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Es war im Sommer des Jahres 1846, als ich auf einer Reise durch Steiermark zum ersten Male über die Grenze der hochstämmigen Bäume in die Heimat der Alpenpflanzen emporgelangte ile Weg, Meer aus dem Thale von Aflenz zur Höhe des .Hochschwab* hinaufführt, hatte damals meine im Bergsteigen noch wenig eingeübten jungen Beine gewaltig ermüdet, und ich glaubte auf. der halben Höhe des Berges, fast darauf verzichten zu müssen, die höchste Kuppe, welche hie und da mit ihren kleinen Schneefeldern zwischen den dunklen Fichtenästen durchblickte, erreichen zu können. Endlich aber war ich doch am oberen Wald- saume angelangt, und vor mir lag im hellen Sonnenschein eine üppige grasige Halde, an deren einem Rande. ein langer Streifen dunkler Legföhren sich emporzog. Auf der grünen Fläche wölbten sich unzählige, mit tausenden von kleinen rothen Blüten bedeckte polsterförmige Rasen der zierlichen Silene acaulis, und dazwischen hatten die goldige Potentilla aurea, die azurblaue Gentiana pumila - und der prachtvolle Dianthus alpinus ihre hellleuchtenden Kronen geöffnet. Längs dem Legföhrendickichte zog ein Saum von Alpenrosengebüschen hin, und einige Schritte weiter sah ich aus den Ritzen der schroffen Kalkmauern die reizende Potentilla Clusiana und das zottige Edelweiss herabwinken. — Alle Müdigkeit war jetzt verschwunden * IV und vergessen. Jeder Schritt brachte einen neuen Fund, und von jeder Felswand blickten neue nie gesehene Pflanzen- formen entgegen. . Als ich endlich die höchste Kuppe erreicht hatte und bald darauf durch den hereinbrechenden Abend gemahnt wurde, wieder den Rückweg anzutreten, nahm ich nur mit schwerem Herzen Abschied von der wunderbaren Pflanzenwelt. deren Anblick mich so sehr entzückt und bezaubert hatte. Wenige Tage später kam ich’ in den botanischen Garten zu Lilienfeld im niederösterreichischen Traisenthale. Wie erstaunte und erfreute ich mich da, auf netten kleinen Felsterassen einen grossen Theil jener Pflanzen im culti- virten Zustande wiederzufinden, welche mich auf der Höhe des obersteirischen „Hochschwab“ so wunderbar angezo- gen hatten. J. Gottwald ein Priester des Stiftes Lilienfeld und mit ihm der Arzt Dr. Lorenz hatten dort mit unsäg- licher Mühe und unverdrossenem Fleisse seit Jahren lebende Pflanzen aus allen Theilen der ósterreichischen Alpen zu- sammengebracht und es versucht, dem Besucher des Lilien- felder Gartens auf engem Fiihié ein móglichst anschau- liches Bild der Alpenflora zu verschaffen. ass der Anblick dieser Alpenpflanzenanlage in mir den Wunsch aufkeimen liess, eine ähnliche Anlage zu schaffen, brauche ich wohl kaum zu sagen. Ich wandte mich daher auch an Gottwald dem Schópfer des Lilienfelder Alpengartens , um von ihm Andeutungen über die Cultur der Alpinen zu erhalten. Seine Aufschlüsse waren aber leider nicht sehr ermuthigend.. „Die erste Zeit des An- pflanzens versprechen die meisten Alpinen viel, das nächste Jahr treiben sie im ersten Frühling hoffnungsvoll an, im Sommer aber schlafen die meisten ein, um nicht mehr zu erwachen“, war der traurig klingende Schlusssatz der Mittheilungen , welche er in einem an mich gerichteten Briefe vor Jahren niederschrieb. — Das waren nun frei- lich traurige Aussichten. Demungeachtet aber liess ich mich nicht abschrecken, die Cultur der Alpinen in Angriff y zu nehmen. Jeder Sommer fand mich und meinen Bruder in den Alpen, um von dort lebende Pflanzen in den heimat- lichen Garten zu bringen, und schon in wenigen Jahren hatten wir die Freude, dort mehrere der niedlichsten kleinen Alpenpflanzen zur schönsten Blüte kommen zu sehen. Freilich mussten wir nur zu oft auch die Wahrheit des Ausspruches erfahren, welchen Gottwald gethan hatte; aber gerade die Schwierigkeit manche Alpinen zu erhalten, drängte zu Studien und Versuchen, und so gelang es nach und nach dennoch einige Mittel ausfindig zu machen, mit deren Hülfe den Pflanzen zum guten Gedeihen verholfen werden konnte. Als ich später die Heimat verliess und nach Ungarn übersiedelte, nahm ich einen Theil der mir lieb gewor- enen Alpinen nach Ofen mit und zog sie dort nicht ohne Glück in Töpfen am Fenster. Ich lernte bei dieser Ge- legenheit den nachtheiligen Einfluss kennen und bekämpfen, welchen ein trockenes continentales Klima auf die Alpinen ausübt, und danke meiner kleinen Fensterflora aus jener Zeit manche wichtige Erkenntniss der Lebensbedingungen der alpinen Pflanzenwelt Vor einigen Jahren führte mich nun ein glückliches Geschick in das Herz der Alpen, in die Berge des Tiroler- landes. Ich übernahm die Leitung des botanischen Gartens der Innsbrucker Universität und fand in dem botanischen Gärtner Zimmeter einen Mann, der ganz mit derselben Lust und Freude sich dem Studium der Alpenpflanzen widmete, welche mich selbst von Jügend auf beseelt hatte. Auch er hatte sich seit Jahren mit der Cultur der Alpinen bescháftiget und war daher schnell zur Hand, als ich ihm den Plan entwickelte, eine umfangreiche Anlage zur Pflege der tirolischen Alpenflora aufzubauen. Viele Tausende von Alpinen mussten jetzt in unsere Botanisirbüchsen und Körbe wandern und mit uns von den hohen Zinnen der Berge niedersteigen in das breite Innthal, um dert die Anlage des botanischen Gartens zu schmücken. — Die - VI Erfahrungen, welche ich und Zimmeter in früheren Jahren gewonnen hatten, wurden ausgetauscht, neue zahlreiche Culturversuche, die sich auf unbefangene Beobachtungen des Vorkommens der Pflanzen in der freien Natur stützten, durchgeführt und so nach und nach eine ziemlich reich- haltige Reihe von Regeln festgestellt, welche man bei der Cultur der Alpinen zu beobachten hat, wenn diese von einem günstigen Erfolge gekrönt sein soll. Diese Erfahrungen und Regeln- nun einem grösseren Publicum zugänglich zu machen, ist die Aufgabe der nachfolgenden Arbeit. Möchte sie die Veranlassung sein, dass der Cultur der Alpenpflanzen zu Nutz und Frommen der Wissenschaft zahlreiche neue Freunde gewonnen werden. Innsbruck im Februar 1864. Kerner. | | "Seren e der r der schaft Uebersicht. Erstes Capitel. Zweck und Bedeutung der Cultur der Alpenpflanzen. Wichtigkeit der Cultur der Alpenpflanzen für die Morpho- logie, Systematik und Geschichte der Pllanzenwelt. Bedeutung derselben für phänologische, Planzengeogre phische ‘und pflanzenphysiognomische Stud Die Alpenpflanzen als Object der ee en Zweites Capitel. Auswahl der zu eultivirenden Pflanzen. Schwierigkeiten einer consequenten en m Alpen- en. — Versuch einer Definition. — wahl der zu cultivirenden Alpinen je nach den dee Mo- tiven, durch welche die Cultur veranlasst wird Drittes Capitel. Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Region. Climatische und phünologische Verhältnisse der Alpenregion. — Ausmass und Vertheilung der Wärme, — Einfluss des Lichtes auf die Form und auf die Ver biian der Alpen- pflanzen. — Luftdruck. — Kleinbleiben der Alpenpflan- Seite - VII — Resultat der Untersuchungen über. die Lebens- bedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Region . Viertes Capitel. Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in. niederen Gegenden. Parallele zwischen der Alpenwelt und den polaren Gegenden. — Auffallendes Vorkommen der Alpenpflanzen an ein- zelnen Localitäten in niederen Gegenden und zwar: an Rinnsalen kalter Quellen, an See- und Flussufern, in tief eingeschnittenen felsigen Schluchten und engen To- beln, in Torfmooren, im Geröll und Kies der Flüsse. — Ex ced dieses tiefen Vorkommens der Alpenpflanzen. Hoffnungen und Regeln, die sich hieraus in Betreff dë ae der Alpine in niederen Gegenden ergeben . Fünftes Capitel. Lage und Form der Alpenpflanzenanlage. des des Ortes, an welchem die Alpenpflanzen- age errichtet werden soll. — Cultur der Alpenpflanzen Paper am Fenster in Sandkästen. — Cultur in Pe. Beeten. — Cultur in Gruben mit terassenförmig aufgestuften a — Cultur auf Steinhügeln Sechstes Capitel. Boden. ern, der pneri zu der Menge des anorgani- en Materiales. — Chemische Verhältnisse des Bodens ewinnung god incer uci zur Cultur der Alpinen nöthigen Erdarten. — Tabelle zur BEER der Bo- denbedürfnisse der Alpenpflanzen . . s Siebentes Capitel. Bewásserung. Begiessen und Bespritzen. — Bewässerung der am Fenster cultivirten Alpinen. Bewässerung der in Gruben culti- or Seite u virten Alpinen. — Anwendung von Regenwasser. — Apparat zur Entfernung des Kalkes aus hartem Quell- und Brunnenwasser . . insi. 2 aea e a Achtes Capitel. Vertheilung der Alpenpfianzen auf der An age. Systematische Gruppin lung. — V LM der Alpinen mit Rü cksicht auf die Bodenbedürfni — Auswahl be- stimmter Plätze für die Pflanzen En Schutthalde en, für Meg Pflanzen der Felsen, für die alpinen Leguminosen, Umbelliferen und Gentianen, für die alpinen Sumpf- und e E an für die Pflanzen subalpiner moosiger Wälder, alpinen Rhinantaceen und Orchideen. — 29 E ou der Alpinen nach poer und pflanzenphysiognomischen Grundsátze s er IU Neuntes Capitel. Vermehrung der Alpenpfianzen. a der Alpinen durch Samen. — Methoden von Moe zur Anzucht der Ericineen, Vaccineen, Filices, e 4 UE, Orchideen und Pyrolaceen aus Samen 55 Vermehrung der alpinen Weiden und anderer alpinen Sträucher durch Stecklinge. — Behandlung der Steck- n ei en. os ee Zehntes Capitel. Behandlung der Alpenpflanzen bei Excursionen im Hochgebirge, beim Transporte in niedere 75 Gegenden und bei der Einpflanzung im Garten. ` Die beste Zeit zur Einsammlung lebender Pflanzen im Hoch- gebirge und zur Versendung der in Gärten cultivirten Alpinen. — Auswahl der Alpenpflanzen bei den Excur- sionen. — Die mit sammt dem Erdballen auszuhebenden und zu verschickenden Alpinen . s s > 42 Eilftes Capitel. Behandlung der Alpinen auf der Anlage im aufe des Jahres. Winter. — Bedeckung der Alpinen. — Schneewälle. — Frühling. — Umpflanzungen. — Revision der Arten. — mer üsser | Nachfüllen der Erde. Umpflanzung WM Exemplare. — Käinhalling der Anlage. — inde der Alpenpflanzen. — Herbst — — gg —— Seite 149 — 149 Die v Cultur der Alpenpflanzen. Erstes Capitel Zweck und Bedeutung der Cultur von penpflanzen. Die Motive, welche die Cultur von Alpenpflanzen ver- anlassen können, sind sehr mannigfaltiger Art. Bei vielen Freunden der ne dürfte der Wunsch, sich an dem Anblicke der Pflanzenformen des ee zu erfreuen und zu erquicken, das Entstehen einer Alpenanlage im Gefolge haben. Wie mancher „botanische Invalide* möchte sich in seinen alten Tagen, in welchen ihm die Beine den Dienst versagen, und ihm nicht mehr gestatten, an Ort und Stelle die Vegetationsdecke der hochgelegenen Berg- rücken zu schauen, in seinem Garten oder vor seinen Fenstern einen niedlichen Alpenflor hervorzaubern. Der Anblick der aus den kalten Regionen stammenden Pygmäen mahnt ihn vielleicht an längst vergangene Zeiten, in welchen er zu den Kümmen und Spitzen der Alpen emporkletterte, um dort die fremdartige Pflanzendecke zu schauen und den Blick hinausschweifen zu lassen in die weite Welt der blau und weiss schimmernden Eisberge. Auf den Flügeln der Erinnerung getragen, sieht er sich vielleicht auch auf die grünen Berghalden und an den Rand der Schneefelder versetzt, an welchen er einst die violetten Glóckchen der zierlichen Soldanella pflückte, und wo er aus den Ritzen schroffer Felswánde sich die aromatisch duftenden, silber- haarigen Rautenstócke herabholte, die ihm nal ferne von Kerner, Alpenpflanzen. 2 dem ursprünglichen Boden in seinem Garten willig die Blüten entfalten. Der Botaniker von Fach dagegen vermag an den culti- virien Alpinen, welche er an dem natürlichen Standorte nur flüchtig zu beobachten in die Lage kommt, und die er dort oben häufig nur in einer Phase der Entwicklung erhascht, alle Stufen des jährlichen Lebenseyklus, vom Keimen und Knospen bis zum Blätterfallen und Frucht- reifen zu verfolgen. Er vermag mit ihnen Versuche in Betreff der Umwandlung der Formverhältnisse anzustellen, und wird nur zu bald finden, welch reiches Feld sich ihm in dieser Richtung noch erschliesst. Ich darf hier nur an die Versuche und Beobachtungen Regels erinnern, unter dessen Händen sich Möhringia polygonoides in Móh- ringia muscosa, Plantago alpina in Plantago montana, und Sagina saxatilis in Sagina procumbens umwandelten, oder an die Beobachtung Rochels, in dessen Garten zu Rownye sich aus dem Juniperus nana allmälich Juniperus com- munis entwickelte. Füge ich diesen Notizen noch bei, dass ich in den letzten Jahren im Innsbrucker botanischen Garten Artemisia nana in Artemisia campestris, Aster al- pinus in Aster Amellus, Senecio incanus in Senecio carnio- licus, Potentilla micrantha in Potentilla Fragariastrum und Potentilla frigida in Potentilla grandiflora sich umwandeln sah, so ist damit wohl genügend die Bedeutung von Cultur- versuchen mit Alpenpflanzen dargethan. Wir werden durch dieselben schliesslich eine sehr bedeutende Zahl jener Ge- wächse, die gegenwärtig unsere Ebenen bevölkern, zu den Pflanzen der benachbarten Hochgebirge in nähere Bezie- hungen bringen können und wichtige Beiträge für die Geschichte unserer modernen Pflanzenwelt zu liefern im Stande sein. | Neben dieser Perspektive auf Resultate für die Mor- phologie, Systematik und Geschichte der Pflanzen- welt eröffnet sich aber durch die Cultur der Alpinen auch noch ein weiterer Ausblick auf reiche Ausbeute für phä- Y tandon, 3 nologische Studien. Bei der Vergleichung verschie- dener Localitäten, an welchen phänolögische Beobach- tungen ausgeführt werden, war es bisher immer eine höchst missliche Sache, dass nur wenige Pflanzenarten auch gleichzeitig an allen Stationen beobachtet werden konnten. Der Flachländer hatte ganz andere Gewächse als Beobachtungsobjekt vor sich, als der Bewohner hoch- gelegener Berglandschaften, und ihre beiderseitigen Auf- zeichnungen boten nur wenige Vergleichungspunkte dar. In den meisten botanischen Gärten spielte zudem bis in die letzte Zeit die Cultur von ‘Alpinen eine sehr unter- geordnete Rolle, und so war daher die Phänologie bisher nicht im Stande, die Verspütung der Vegetationsent- wieklung mit zunehmender Seehóhe zu ermitteln und durch Zahlen bestimmter auszudrücken. Eine sorgfültige Auf- zeichnung der Entwicklungsphasen der Pflanzen eines Alpen- gartens dürfte nun diesem Uebelstande- einigermassen Ab- hilfe schaffen. Es wird jetzt eine wichtige Aufgabe für Besucher von Bergspitzen werden, in genau gemessenen Hóhen den Stand der Vegetationsentwicklung zu notiren und diese Notizen mit den Aufschreibungen zu vergleichen, welche aus dem Alpengarten in der Ebene herstammen. Es wird sich weiterhin durch die phänotogischen Beob- achtungen an den Pflanzen des Alpengartens und die gleich- zeitige Beobachtung eines dort angebrachten Thermometers, die Wärmesumme ermitteln lassen, welche jede Alpen- pflanze von dem Erwachen der Vegetätionsthätigkeit bis zum Reifen ihrer Samen bedarf, und endlich wird es móglich sein, hieraus einen, wenn auch nur annähernden, aber dennoch höchst wichtigen Rückschluss auf die Wärme- mengen zu machen, welche den Pflanzen in verschiedenen Seehöhen zu Gute kommen. Eine hochwichtige Bedeutung besitzt die Cultur von Alpenpflanzen auch für die Pflanzengeographie und namentlich für die praktische Darstellung pflanzengeogra- phischer Verhältnisse in botanischen Gärten. Auf engem E 4 Raum lässt sich nämlich mit geringen Mitteln in jedem Garten der Wechsel der Pflanzendecke in den verschie- denen Höhenregionen darstellen und damit gleichzeitig ein Abbild des analogen Wechsels in den verschiedenen Zonen unserer Erdveste, von den heissen Länderstrichen der Tropen bis hinauf zum eisstarrenden Norden, im Kleinen entwickeln. Wenn man gerade aus dem feuchtwarmen Raume eines Gewüchshauses getreten ist, in welchem das Auge an der üppigen Fülle der tropischen Vegetation sich ergötzt, und die colossalen Dimensionen der schón- geschwungenen Palmenkronen bewundert hat, und nun etwa zwischen Büumen und Gebüschgruppen, die sich über einen grünen Wiesenteppich emporwölben, zu Felsengruppen hinwandert, auf welchen die Pygmäengeschlechter der pen und des hohen Nordens durch die bezeichnendsten Formen vertreten sind, so hat man mit Hülfe weniger Schritte die ausgeprágtesten Bilder, in welche sich die Pflanzendecke unseres Erdballs abstuft, vorüberziehen ge- sehen. Man baut mit unsüglichen Kosten Palmenhäuser, um dem Publikum den Anblick eines Pflanzenlebens zu verschaffen, das sich unter dem Strahle der tropischen Sonne entwickelt, warum nicht auch Anlagen, auf welchen die Besucher die charakteristischen Gewächse des hohen Nordens und der hohen Alpen zu beschauen Gelegenheit haben. Mich will doch bedünken, dass der Anblick jener leizten Ausklänge des pflanzlichen Lebens, der Anblick jener verzwergien zolllangen Gräser und Weiden, Gen- tianen und Primeln, die mit einer an's Unglaubliche gren- zenden Zähigkeit in den eisstarrenden Regionen ihr Leben fristen und dort in wenigen Wochen ihren jährlichen Lebenscyklus abschliessen, nicht weniger anziehend, an- regend und belehrend sei, als das Bild culminirender Kraft- fülle und strotzender Ueppigkeit, welches uns in den riesenhaften Blättern tropischer Palmen, Aroideen und See- rosen enigegentritt. Ja, gerade in der Darstellung des Contrastes, welcher aus dem Anblick dieser beiden Ex- tion Sich Schön nun etw ber einen 5 treme organischer Entfaltung entspringt, liegt, wie mir scheint, eine wichtige Aufgabe aller jener Gärten. welche der Belehrung des Publikums gewidmet sein sollen, und es kann darum die Anlage und Anzucht einer Alpenflora allen derartigen Gärten nicht warm genng anempfohlen werden. Es versteht sich von selbst, dass sich an diejenigen Pflanzenzüchter, welche bloss aus ästhetischen Rücksichten oder aus Liebhaberei Alpinen cultiviren, und an jene, welche bei ihren Culturversuchen von wissenschaftlichen Motiven geleitet werden, auch noch die Handelsgärtner anreihen, die sich die Aufgabe stellen, dem einen oder andern der eben früher Genannten das Materiale zu liefern und für welche die Cultur von Alpenpflanzen eine einträg- liche Quelle des Erwerbes werden kann. Zweites Gapitel. Auswahl der zu eultivirenden Pflanzen. In einem Buche, welches die Cultur der Alpenpflanzen behandelt, sollte wohl auch die Frage erörtert werden, welche Gewächse man eigentlich unter dem Namen „Alpen- flanzen“ zu verstehen hat und für welche Arten daher das weiterhin zu entwickelnde Culturverfahren seine be- sondere Geltung finden soll. Die Antwort anf diese Frage ist aber, so. sonderbar diess auch für den ersten Augen- blick klingen mag, nichts weniger als leicht zu lösen. Der die Alpen besuchende Tourist denkt wohl bei dem Namen „Alpenpflanzen“ zunächst an Alpenrosen und Edel- weiss, an Speik und Raute, und hat auch vollkommen recht, wenn er diese populärsten aller Alpengewächse mit obigem Namen bezeichnet. Mancher Freund der Pflanzen- welt verbindet wieder mit dem Namen Alpenpflanzen die Vor- stellung von kleinen niedlichen Gewächsen mit kurzen Sten- geln und grossen, lebhaft gefärbten Blumen, und erinnert f sich an die brennendrothen kleinen Nelken und azurblauen Gentianen, an die goldenen und purpurnen Primeln und zierlichen Steinbreche, welche er auf den grasigen Halden und schroffen Felsklippen des Hochgebirges zu bewundern Gelegenheit hatte, und die allerdings zu dem eigenthüm- lichen Bilde der Hochalpen höchst wesentlich beitragen. Es wäre aber jedenfalls theilweise irrig und fehlerhaft, nur diese genannten Pflanzenformen, die dem Besucher der alpinen Region vor allem andern in die Augen springen und in ihm einen so unvergesslichen Eindruck hinter- lassen, als Alpenpflanzen aufzufassen; denn neben diesen kleinen zierlichen Pflänzehen trifft man in der Alpenregion an hochgelegenen Punkten auch zahlreiche urwüchsige Pflanzen an, welche sich weder durch Kleinheit, noch durch lebhaft gefärbte grosse Blumen auszeichnen, und daher der geläufigen Vorstellung von Alpenpflanzen nicht immer ent- sprechen. Ueppige Stauden und hohe Gräser mit unschein- baren Blüten, die in ihrer äusseren Erscheinung oft manchen Pflanzen des ebenen Landes täuschend ähnlich sehen, ragen dort in den feuchten Runsen und schattigen Schluchten, oder zwischen dem dichten Strauchwerk der Buschweiden und Legföhren empor und bilden namentlich im Schiefer- gebirge einen eben so bedeutenden Bestandtheil der alpinen Flora, wie die früher erwähnten niederen Gentianen, Pri- meln und Steinbreche. Viele derselben haben dort oben recht eigentlich ihr ursprüngliches unveräusserliches Hei- malsrecht und sind Alpenpflanzen in des Wortes vollster Bedeutung. Wenn wir demnach die Grösse und äussere Tracht nicht immer als massgebend bei der Feststellung des Begriffes „Alpenpflanzen“ ansehen dürfen, so müssen wir uns wohl um einen anderen Massstab bei der Erörterung dieser Frage umsehen, und es scheint am nächsten liegend, von der Verbreitung der Pflanzen auszugehen und alle jene Gewächse als Alpinen zu bezeichnen, welche unter der Grenze der alpinen Region, oder was dasselbe sagen will, amer ent unschein- t manchen len, rage chluchten, schweide Schiefer- er alpina nen, Pii dort obe ches He- s vollsle vacht nidi Begrillé 7 unter der oberen Grenze des Baumwuchses nicht weiter nach Abwärts angetroffen werden. Wer aber auch nur ein- mal Hochgebirgsgegenden botanisch durchforscht hat, wird die Ueberzeugung gewonnen haben, dass unter gewissen localen Einflüssen die Bewohner der höchsten Alpengipfel bald in einzelnen Exemplaren, bald in grósseren Colonien in die Region des hochstámmigen Fichten- und Buchenwaldes sich verbreiten und sich dort oft dauernd ansiedeln und erhalten. Ja, er wird sich vielleicht erinnern, nicht selten in dem präalpinen Vorlande auf ebenem Boden, weit ent- fernt vom eigentlichen Hochgebirge, im Kies der Flüsse, an feuchten Uferfelsen und in der Mitte von Torfmooren Pflanzen angetroffen zu haben, die in der Flora der al- pinen Region als hóchst wegenkirche und charakteristische Elemente auftreten, und denen man den Namen „Alpen- pflanzen“ darum kaum würde abstreiten können, weil sie von den Jöchern des Hochgebirges stellenweise in das Tieflandsgebiet hinabgewandert sind. Eine scharfe Grenze ist hier um so” schwieriger zu ziehen, als ja in letzter Linie ein sehr bedeutender Theil der Flora unserer Hügel- landschaften und Tiefländer von den hydrographisch damit verbundenen Hochgebirgen herstammt, und viele Pflanzen, die jetzt zu den verbreiteisten Arten der Flachlandsflora gehören, ursprünglich von den höheren Bergen ausgegangen sind. Wollten wir alle jene in der alpinen Region ur- wüchsig einheimischen vobis welche stellenweise auch unter die obere Baumgrenze herabgestiegen sind, aus- schliessen, so würde uns endlich nur noch ein ganz kleines Häufchen von Gewächsen übrig bleiben, und wir müssten schliesslich sogar Pflanzen wie das Edelweiss, das in den óstlichen Karpaten in der Buchenregion vorkommt, oder die Ichemilla alpina und Oxyria digyna, welche in England in der Hügelregion verbreitet sind, aus der Reihe der Alpen- pflanzen ausstreichen. Es dürfte nach allen dem am Besten sein, alle jene durch eigenthümliche gemeinsame Lebens- nn 8 bedingungen verbundenen Gewächse als Alpen- pflanzen zu bezeichnen, welche ganz vorzüg- lich über der Grenze der hochstämmmigen Bäume ursprünglich. verbreitet sind und sich dort oben fort und fort ohne Einfluss und Zu- thun des Menschen in gleicher Form erhalten, vermehren und ersetzen, ganz gleichgültig, ob dieselben unter gewissen localen Bedingun- gen auch unter die Grenze der alpinen Region herabsteigen oder nicht. * Wir verkennen durchaus nicht die Inconsequenzen, welche auch diese Definition in ihrem Schoosse birgt, glauben uns aber immerhin mit derselben begnügen zu dürfen, da sie für den Zweck dieser Schrift jedenfalls als zureichend betrachtet werden kann. — Schliesslich bleibt es ja doch jedem Züchter von Alpenpflanzen überlassen, sich aus der grossen Summe von Gewächsen, welche die obige Definition umschliesst, dasjenige auszuwählen, was ihm ge- rade zusagt, und jeder wird, entsprechend den Motiven, welche ihn bei der Anlage eines Alpengartens leiten, seine eigene Wahl zu treffen in der Lage sein. Der Freund der Pflanzenwelt, welcher bei der Anlage seines Alpengartens einzig und allein durch das ästhetische Interesse geleitet wird, dürfte sich vorzüglich Gewächse mit grossen und lebhaft gefärbten schönen Blüten oder winzige Formen, die sich in die Steinritzen und Felsklüfte hineinschmiegen, auswählen ; er dürfte insbesondere auch jene Alpinen wäh- len, welche in der Poésie des Aelplers eine grosse Rolle spielen und deren Name im Munde aller die Alpen be- suchenden modernen Touristen so weit wiederhallt, als die blauen Berge ihre Arme ausstrecken., Er wird sich wohl auch nicht scheuen, stellenweise neben den Pflanzen des Hochgebirges manche Pflünzchen tieferer Regionen hinzupflanzen, wenn sie ihm dort leicht gedeihen und in den harmonischen Eindruck seiner kleinen Pflanzenwelt keinen Misston hineinbringen. So wird es seiner Alpen- 9 anlage gar nicht schlecht anstehen, wenn er die untersten Absätze des ganzen Felsenbaues mit Linaria Cymbalaria, Saponaria ocymoides, Gypsophila repens, Teucrium mon- tanum und Selaginella helvetica überkleidet, die doch nichts weniger als den Namen von Alpenpflanzen verdienen. r wird die Nischen und Lücken seines Alpengartens etwa mit dem duftenden Cyclamen europaeum und mit der zier- lichen Linnaea borealis und Trientalis europaea schmücken, oder hie und da die reizende Atragene alpina herum- schlingen, obschon diese alle die obere Grenze des Fichten- waldes nicht übersteigen und daher gleichfalls weit ent- fernt sind, auf den Namen „Alpenpflanzen“ Anspruch machen zu können. — Umgekehrt wird der Botaniker, welcher in der Anlage die Vegetationsstufen verschiedener Höhenregionen zur Anschauung bringen will, auf die möglichst genaue Einhaltung der durch pflanzengeogra- phische Forschungen festgestellten Sätze über die Verbrei- tung der Gewächse Rücksicht zu nehmen haben. Er wird sich über manche ästhetische Bedenken hinaussetzen müssen, und insbesondere solche Pflanzen cultiviren, welche durch ihr massenhaftes Auftreten für die einzelnen Regionen be- sonders charakteristisch sind, wenn sie auch nicht immer durch zierliche Formen und lebhaft "gefärbte Blüten sich auszeichnen. Im Interesse des Phänologen und Syste- matikers wird es liegen, möglichst viele Arten in gedeih- licher Entwicklung verfolgen zu können, und der Handels- gärtner endlich wird sich selbstverstándlich nach den Wünschen des zahlenden Publikums richten und vor Allem jene Alpinen in Cultur nehmen, welche er mit dem grössten Vortheile auf den Markt zu bringen im Stande ist. Es wird die Aufgabe späterer Capitel sein, in dieser Beziehung noch so manche Winke zu geben, und so den verschiedenen hier angedeuteten Interessen so viel als möglich Rechnung zu tragen. inınnnnnnn Drittes Capitel Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Region. Die erste Grundlage eines jeden Culturverfahrens ist die möglichst genaue Kenntniss der Lebensbedingungen, unter welchen die zu cultivirenden Gewächse in der freien Natur vorkommmen. Ohne diese Kenntniss tappt jeder Pflanzenzüchter im Dunklen herum und wird nur selten ein erfolgreiches Resultat zu erzielen im Stande sein. Wenn es ihm überhaupt gelingt, einen Erfolg zu gewinnen, so ist dieser einzig und allein dem Zufall zuzuschreiben, und somit einer Macht zu verdanken, der man sich schliess- lich doch nicht immer gerne anvertraut. ei der grossen Mehrzahl unserer Pflanzenzüchter war leider diese Macht bisher sehr massgebend. Ein charakte- ristisches Zeichen der jüngst vergangenen Perioden war es, dass einerseits die Gärtner es verschmähten, sich um die Resultate der wissenschaftlichen Forschungen zu be- kümmern, und anderseits die Herren, »welche sich auf dem gelehrten Kothurn bewegten, und die sich gar zu gerne die Männer der Wissenschaft nennen hörten, es unter ihrer Würde fanden, die Ergebnisse theoretischer Forschung in das Leben einzuführen. Wir sind in eine Zeit getreten, deren Schlagwort die Anwenduug der Wissenschaft auf das praktische Leben geworden ist und in welcher durch das gemeinsame Zu- sammenwirken von Theorie und Praxis ein Umschwung in allen bestandenen und bestehenden Verhältnissen theils angebahnt, theils schon zur Wahrheit geworden ist: Auch die glänzenden Erfolge, welche die Gartenkunst einerseits und die Botanik anderseits in der letzten Zeit gewonnen haben, sind ein Ausfluss jener glücklichen Verschmelzung von Forschung und Arbeit, welche die Gegenwart auf n d fahr elig N h schlieg, . üchler wy n Charakt- ioden wi n, sich w ren zu be e sich al ch gar örten, & eoreliscit agwort Ù che Lee nsame Dr 11 ihre Fahne geschrieben hat und aus welcher noch manches wichtige Resultat in der Zukunft hervorgehen wird. Die „praktischen Gärtner“ mögen es darum auch nicht verschmähen, die im Nachfolgenden gegebenen theoreti- schen Betrachtungen zu würdigen und zu berücksichtigen. Sie werden in denselben keine um theures Geld aus Eng- land oder Frankreich erworbenen Rezepte von Geheim- mitteln, und auch keine neuen fremdklingenden imponirenden Namen finden, wohl aber sollen sie durch die nachfol- genden Zeilen in die Werkstatt der grössten Firma der Welt, in die Werkstatt der Natur selbst, eingeführt wer- den, und zusehen, wie dort diese einige aller Lehrmeisterinen mit sehr einfachen Mitteln die zierlichen Pflanzen der Alpenwelt züchtet. Es liegt vor Allem nahe, den wichtigsten Factor des Pflanzenlebens, nämlich die ärme, mit der unteren Grenze der Alpengewächse in Verbindung zu bringen. Da wir von den Gipfeln der Alpen gegen die Thalsohle zu, geradeso wie von den Polen gegen den Aequator zu, eine Zunahme der Wärme wahrnehmen und in der gleichen Richtung hier und dort untere, beziehungsweise äqualo- riale Grenzen auftreten. sehen, so móchte man zu dem Gedanken verleitet werden, dass diese nordischen und Hoch- gebirgspflanzen ein gewisses Uebermass von Wärme nicht vertragen, und dass sie daher unterhalb der genannten Grenze zu Grunde gehen. Es scheint diese Auffassung für den ersten Augenblick um so annehmbarer, da ja be- kanntlich auch das umgekehrte Verhältniss, nämlich die Abnahme der Wärme gewissen Gewächsen, wie nament- lich den hochstämmigen Bäumen, gegen die Hochgebirgs- gipfel und Pole zu eine Grenze zu setzen vermag. Eine solche Erklärung würde aber, so bequem sie auch wäre, den wirklichen Verhältnissen durchaus nicht entsprechen. s können wohl Pflanzen in Folge eines Mangels von Wärme erfrieren oder es nicht zum Blühen und Samen- bilden bringen, aber nicht unter dem Einflusse einer 12 grösseren Wärmemenge zu Grunde gehen. Wir sehen ja viele Pflanzen auch in den Thälern und Ebenen der wär- merem Climate, welche zum Abschlusse ihres jährlichen Lebenscyklus die Wärmesumme, welche ihnen die Sonne jührlich zur Disposition stellt, nicht verbrauchen, ohne dass sie darum nachträglich zu Grunde gehen müssten. Um nur ein paar Beispiele aus der Nühe zu nehmen, ver- weisen wir auf Isopyrum, Galanthus und Crocus und die andern Lenzverkünder unserer Zone, welche bei einem sehr geringen Ausmass der Würme schon ihre Blüten ent- falten und ihre Früchte reifen, dann aber ihre oberirdischen Theile einziehen und nur mehr in ihren unterirdischen Organen eine kaum merkbare Vegetationsthätigkeit unter- halten. Sie scheinen dann oft spurlos verschwunden, halten unter der Erde einen 3— 5monatlichen Sommer- schlaf, dem sich unmittelbar der eben so lange dauernde Winterschlaf anschliesst, und zeigen erst wieder mit dem erwachenden Frühlinge eine erneuerte erhöhte Lebens- thátigkeit. Ganz analog verhalten sich die Ranunkeln, Lloydia, Primeln und Gentianen der Alpenregion, wenn man sie im Thale oder in der Ebene nach dem später zu entwickelnden Verfahren cultivirt. Sobald sie abgeblüht und ihre Samen gereift haben, tritt ein anscheinend voll- ständiger Stillstand ihres Lebens ein. Die oberirdischen Organe verwelken oder bleiben unverändert, starr und wie versteinert durch Sommer, Herbst und Winter über dem Boden stehen, bis die ersten Lenztage plötzlich wieder den langen Schlummer unterbrechen und in kurzer Frist das frischeste Grün und den herrlichsten Blumenflor her- vorrufen. Das grössere Ausmass der Wärme ist es da- her gewiss nicht, welches die Alpenpflanzen auf ihre Stand- orte bannt. — Vielleicht ist es aber die eigenthümliche Vertheilung der Wärme in der Alpenregion, v welche den Alpenpflanzen Grenzen setzt, die sie ohne Nachtheil für ihre Existenz nicht zu überschreiten vermögen? kurzer Fi yenflor W ist © i ihre St enthümi” jon. v e yachi gen? 13 Um hierüber in's Klare zu kommen, versuchen wir es, uns ein Bild der. climatischen und phänologischen Ver- hältnisse der Alpenregion zu entwerfen und dann diese Verhältnisse mit jenen der tiefer gelegenen Landschaften zu vergleichen. Bis in die zweite Hälfte des Mai deckt die winterliche Schneedecke das Gelände der Alpenregion. Die warmen Winde und Regen, welche aus dem Süden und Südwesten kommen, lösen endlich die eisige Rinde, und der Boden wird jetzt zur angegebenen Zeit der directen Besonnung zugünglich. Ende Mai überziehen sich die Halden ober er Baumgrenze mit einem zarten Anflug jungen Grüns, der namentlich in den schiefen Strahlen der untergehenden Sonne vom Thale aus schón und deutlich sichtbar wird. Aber noch immer treten einzelne Erniedrigungen der Tem- peratur unter den Eispunkt ein und Reife und Schneefälle sind bis Ende des Mai so häufig, dass sie die anderen me- teorischen Niederschläge, nämlich Thau und Regen, sogar an Zahl noch übertreffen. Ja selbst im Juni, Juli und August, in welchen Monaten allerdings Regen und Thau vorherrschen, sieht man nicht selten nach kalten hellen Nächten den Boden dicht bereift oder nach einem Wetter- sturz die schon ergrünten Halden wieder mit Schnee über- streut. Kein Monat des Jahres ist vor Schneefällen sicher und seit 25 Jahren weiss man in den nordtirolischen und angrenzenden bairischen Alpen nur wenige Sommer, in welchen die alpine Region durch ein ganzes Monat keinen Schneefall erlebt hätte. Die Schneefälle im Juni, Juli und August haben aber auf die Vegetation meist nur einen sehr untergeordneten und nur selten nachtheiligen Einfluss. Die Schneedecke ist in der Regel sehr dünn und zart, und wird gewöhnlich schon am andern Tage durch den Ein- fluss der Sonne und durch den aufsteigenden warmen Luft- strom schnell wieder weggeleckt. Sie bedingt wohl einen Stillstand in der Vegelationsentwicklung, aber selten eine Zerstörung des pflanzlichen Lebens, und selbst die zar- 14 testen Blütentheile, wie die Korollen der Primeln und Gentianen, zeigen bei langsamem Abschmelzen keinerlei Nachtheil und Verunglimpfung. — Im Juni und Anfang Juli erreicht die Thätigkeit des pflanzlichen Lebens in der Alpenregion schon ihren Culminationspunkt. Zu dieser Zeit stehen die Alpenrosen in der Seehöhe zwischen 5000 und 6000 Fuss in voller Blütenpracht, und mehr als die Hälfte der Gewächse, die da oben ihre eigenthümliche Hei- mat haben, wetteifern gleichzeitig mit ihnen an Pracht und Schmelz der Blumenkronen. Anfang August haben an den günstigen Stellen alle der Alpenregion eigenthüm- lichen Pflanzenarten bereits abgeblüht und selbst die Korb- blütler, Weidenróschen und Fettkräuter, welche sich dort am meisten Zeit Isssen und den Herbstblüten unserer Thäler entsprechen, haben zu dieser Zeit schon ihre Blumen geüffnet. Mitte August und später entfalten nur noch Nachzügler an den ungünstiger gelegenen Standorten, am Rande der mit Schneemassen angefüllten Kessel und Tobel, sowie an schattigen Felswänden und Abstürzen ihre Blumen- kronen. An den halbwegs begünstigten Stellen aber haben zu dieser Zeit schon alle Arten der alpinen Region ihte Samen gereift und ihre Knospen für den nächsten Sommer fertig gemacht. Die Vegetation hat abgeschlossen und fängt an, sich herbstlich zu färben. Der jetzt einfallende Frost trifft sie schon gerüstet zu dem langen Schlafe, den sie mit den Murmelthieren und Schneemäusen unter dem weissen Mantel des Winters durchzuschlafen haben, und fällt jetzt auch ein tieferer, länger bleibender Schnee, so wird die Alpenpflanzenwelt in ihrem Bestande nicht mehr dadurch beeinträchtiget. Im October werden die Schnee- fälle und Reife schon so häufig, dass sie über die Thau- bildung und den Regen wieder das Uebergewicht erlangen. Der Schnee bleibt zu dieser Zeit häufig schon 14 Tage ununterbrochen liegen und wird stellenweise von der tiefer stehenden Sonne gar nicht mehr weggeschmolzen. Frei- lich kommen dann manchmal auch noch vereinzelte Süd- E : jetzt einfal jusen unter! t 15 winde, welche das Hochgebirge bis weit hinauf schneefrei machen und dort selbst einzelne Frühlingsblüten hervor- locken, aber solche Fälle gehören nur zu den Ausnahmen und vermögen die Vegetationsdecke im grossen Ganzen eben so wenig zum neuen Aufgrünen zu bringen, wie die milden Tage, die oft im Dezember und Jünner ihren blauen Himmel über unsere Thäler und Ebenen spannen. Das Eintreten von Reifen ünd vereinzelten Schnee- füllen in allen Monaten des Jahres macht es sehr schwierig. die eigentliche Vegetationsperiode in der alpinen Region festzustellen. Am besten gelingt es noch, wenn wir uns an die Pflanzenwelt selbst halten und den Zeitraum vom Aufgrünen und Erwachen der ersten Knospen bis zum Reifen der zuletzt aufgeblühten Pflanzen festhalten. Es ergiebt sich auf solche Art für die Region, welche nach Abwärts durch die obere Grenze des hochstämmigen Holz- wuchses und nach Aufwärts durch die obere Grenze der Sträucher bezeichnet wird, eine Periode von beiläufig drei Monaten, und für den schmalen Hochalpengürtel, der noch über dem eben begrenzten Gebiete mit hóher organisirten Pflanzen bekleidet ist, ein Zeitraum von zwei, ja selbst nur von einem Monat. Wenn wir nun die hier flüchtig skizzirten elimatischen und phänologischen Verhältnisse der Alpenregion mit den gleichnamigen Verhältnissen der angrenzenden Thäler und Tiefländer vergleichen, so finden wir zunächst, dass die eit des Lenzes in der Alpenregion im Vergleiche zur Ebene um ein gutes Stück hinausgerückt ist. Die Frühlings- pflanzen, welche von der Ebene bis hinauf in die Alpen verbreitet sind, und welche im Thale ihre Blüten nach dem Schmelzen des Schnees im März entfalten, *) blühen oben erst Ende Mai auf, und man möchte hieraus wohl *) Z. B. Daphne Mezereum, Erica camea, Polygala Chamae- buxus, Sesleria coerulea, Gentiana verna, Crocus vernus, Primula elatior, Aurieula, farinosa. 16 den Schluss ziehen, dass dort oben die climatischen Ver- hältnisse im Mai dieselben sind, wie herunten im März, Wenn aber auch einige ee in dieser Beziehung nicht in Abrede gestellt werden kann, so ergiebt sich doch bei nä- herem Eingehen ein shr wichtiger Unterschied zwischen den climatischen’ Verhältnissen des Alpenfrühlings nnd Thal- frühlings, der darin besteht, dass zur Zeit des Erwachens der Vegetation aus dem Winterschlafe in der Alpenregion die Länge der Tage schon eine sehr bedeutende ist, und dass daher Wärme und Licht dort täglich durch viel längere Zeit auf die erwachenden Pflanzen einwirken, als auf die Frühlingspflanzen der Thäler in den correspon- direnden Lenzmonaten. Die Frühlingstage der Alpen- region, welche in das Ende des Monates Mai fallen, über- treffen nämlich die correspondirenden Frühlingstage unserer Thäler und Ebenen, welche auf den Monat März fallen, um volle 4 Sudana und in der Hochalpenregion, in welcher das Erwachen aus dem Winterschlafe erst im Juni erfolgt, zeigen die Lenztage sogar eine relative Verlängerung um 5 Stunden. Hiezu kommt noch, dass auch die Seehöhe eine Verlängerung der Tage bedingt, indem bekanntlich auf Berghöhen die Sonne am Morgen früher eintrifft und am Abend etwas länger femp als in den Thälern und Ebenen der gleichen Breite. * *) Die durch die Seehöhe bedingte Verlängerung des Tages beträot für ^s Fuss hohe Gipfel 10 Minuten 13 Secunden, 600 0 » 1 » = » 7000 » » ” 12 » 5 *» RE sU esie re paleis 9000 ? ?) 2 13 2) 42 » 10000 14 27 Freilich um er Ar eine BON nur geringe, aber dasie sich Tag für Tag wiederholt, so summirt sich durch sie am Ende dennoch ein Licht- und Wärmequantum ZU sammen, welches für das vegetative Leben nicht ohne Einfluss bleiben kann, TE schen) en im LA * eintrifft u | Thälern u rung des Ty cunden. > = Xx d - j so S í megunt P ohne F unissmäsit ” omnit [ 17 In dieser grossen Länge der Frühlingstage, welche die Alpenregion mit den polaren Gegenden gemein hat, liegt wohl ein wichtiger Gegensatz zur Tieflandsregion und gleichzeitig eine der wichtigsten Lebensbedingungen der Alpenpflanzen. ie Wirkung, welche die grössere Tageslänge zur Zeit des Erwachens der Vegetation auf die Pflanzen ausübt, ist eine doppelte. Einerseits wird in langen Tagen die den Pflanzen beim Beginn ihrer Entwieklnng täglich zu- geführte Wärmemenge eine relativ viel grössere sein, als die Wärmemenge, welche den aufknospenden Pflanzen in kurzen, durch lange Nächte unterbrochenen Tagen zu Gute kommen würde, anderseits wird auch der Lichtreiz, wel- cher mit der Respiration und überhaupt mit dem ganzen Er- nährungsprozesse der Pflanzen in so innigem Zusammen- hange steht, an längeren Tagen natürlich auch um so länger auf die Pflanzen Einfluss nehmen und dadurch auf die auf- knospenden Alpinen eine tief eingreifende Wirkung hervor- bringen. — Wir finden in der That auch nach beiden Richtungen hin den Einfluss der grossen Tageslänge zur Zeit des Erwachens der alpinen Vegetation ober der Baum- grenze an den Alpenpflanzen ausgesprochen. Entsprechend der verhältnissmässig grösseren Menge der täglich zugeführten Wärme sehen wir die Pflanzen in der alpinen Region sich viel rascher entwickeln, als die Frühlingspflanzen in der Ebene und auf den flachen Thal- sohlen. Wie in den Steppen folgt Knospen, Blühen und Fruchten in unglaublich kurzen Zeiträumen auf einander, und je höher wir in den Alpen hinansteigen und je grösser daher die Tageslänge zur Zeit des Erwachens der Vege- tation aus dem Winierschlafe ist, desto rascher schliessen dort die Pflanzen ihren jährlichen Lebenscyclus ab. Unstreitig hängt hiemit auch die Erscheinung zusammen, dass die Verspätung der Vegetation mit zunehmender See- höhe nicht gleichmässig anwächst, sondern an höheren Orten verhältnissmässig geringer wird. Während nämlich Kerner, Alpenpflanzen. 2 18 nach meinen Beobachtungen in den Alpen die Vegetations- entwicklung unterhalb der Seehöhe von 3000 Fuss beim Auf- würtssteigen um 500 Fuss eine Verspätung von 8—10 Tagen erkennen lüsst, zeigt sich über dem Niveau von 3000 Fuss auf je 500 Fuss Erhebung nur eine Verspätung von 4 pis 5 Tagen, was sich gewiss zum Theile dadurch erklärt, dass die Pflanzen, welche in der Ebene im Márz erwachen, zu dieser Zeit nur sehr geringe tügliche Portionen von Wärme erhalten, während sie oben, wo das Erwachen aus dem Winterschlaf im Mai oder Juni stattfindet, täg- lich um 4 bis 5 Stunden länger dem Einflusse der Wärme des Tages ausgesetzt sind, und daher an ihnen die durch die Wärme des Tages begünstigten Lebensprozesse viel rascher ablaufen müssen. Zu dieser Begünstigung-in Beziehung auf Wärmezufuhr, welche die Pflanzen der Alpenregion in Folge der grösseren Tageslänge ihres Frühlings voraus haben, kommt nun auch noch der länger dauernde Einfluss des Lichtes. - Wir wer- den diese länger dauernde Beleuchtung, welcher die Alpen- pflanzen an ihren natürlichen Standorten alsogleich nach dem Abschmelzen des Schnees ausgesetzt sind, um so weniger unterschätzen, wenn wir uns an den mächtigen Einfluss erinnern, welchen das Licht auf die Pflanze aus- übt. Die leuchtenden Sonnenstrahlen sind es ja, welche alle Gestaltungsvorgänge in der Pflanze hervorrufen. Durch sie wird die grosse chemische Verwandtschaft des Kohlen- stoffes zum Sauerstoffe gelöst und so ein Theil des Sauer- stoffes frei der Atmosphäre zurückgegeben, während ander- seits durch sie der Kohlenstoff mit den Elementen des Wassers in jene Verbindungen übergeführt wird, aus welchen der Pflanzenkórper zum grössten Theile aufgebaut erscheint. Im Lichte der Sonne formt sich der Pflanzenleib, im Dunkel der Nacht oder an trüben wolkigen Tagen wird diese Ge- staltung nur durch Auflösungsprozesse vorbereitet. Die bildende Thätigkeit der Pflanze, die reproductive Sphäre derselben wird durch vermehrtes Licht in vermehrte Thätig- as Erma, (finder, N Värmezuf ler grösser amt nun ay 3. Wir e jj] des Su ementen kb cive SPP ehrle Ti 19 keit gesetzt, der Gang der Metamorphose wird abgekürzt, die erhöhte Energie der Gestaltungsvorgünge führt die vorhandenen Elemente rascher in jene Verbindungen ein, aus welchen sich die Blüten und Früchte gestalten, wäh- rend anderseits die Bildung der vegetativen Organe mehr in den Hintergrund iritt. Mit einem Worte, die Blüten- und Fruchtbildung erfolgt im Lichte rascher als in der Dunkelheit, und der ganze jährliche Lebenseyclus der Pflanze fliesst desto schneller vorüber, je länger und intensiver das Licht seinen Einfluss geltend machen kann. Die Alpenpflanzen sind nun aber ebenso wie die Ge- wächse der polaren Zone rechte Kinder des Lichtes. Lichtscheue Pilze und chlorophylllose Schmarotzerpflanzen sind der Alpenregion fremd; ja man kann auch gerade- zu behaupten, dass es in den Hochalpen fast keine Schatten- pflanzen giebt. Schattige Stellen beherbergen dort ge- wöhnlich die armseligste und artenärmste Vegetation, und eine reiche Flora bieten dort nur die sonnigen Gräte und Spitzen, die kleinen nach Süden sehenden Felsgesimse und Terrassen, wo der Sonnenstrahl vom frühen Morgen bis zur Tagesneige seinen Einfluss geltend zu machen im Stande ist. Dort glühen die Nelken und Gentianen mit dem brennendsten Roth und dem schmelzendsten Blau, dort erzeugt sich der tiefe Purpur der fast stengellosen Primeln, und dort bekommen auch die Frühlingspflanzen des Thales, welche ihre vereinzelten Vorposten bis auf die Berghóhen hinaufschieben, grössere und intensiver ge- fárbte Blüten. Das Waldvergissmeinnicht des Thales hat dort oben auf den sonnigen Halden seine Kronen um das Doppelte vergrössert und seine duftenden Blüten mit einem Blau geschmückt, welches mit dem dunkelsten Himmel des Hochgebirges an Lieblichkeit wetteifert. Die Goldruthe und der schmalblättrige Weiderich (Solidago Virgaurea und Epilobium angustifolium), deren Samen durch den aufsteigenden Luftstrom manchmal aus dem Wald- lande zu den höchsten Felsklippen emporgeführt werden, 93 20 keimen und treiben dort oben neben den genuinen Alpen- pflanzen, neben Raute und Edelweiss auf kleinen sonnigen Felsterrassen nicht selten lustig empor. Die Internodien ihres Leibes erscheinen aber dann gewaltig verkürzt, die Zahl der Laubblätter ist um die Hälfte kleiner als an den gleichen Pflanzen der Ebene, und die Blüten, deren Zahl gleichfalls bedeutend abgenommen hat, haben nicht nur ein grösseres Ausmass ihrer Kronen, sondern auch inten- sivere Farben bekommen. Und ganz dieselben Umwand- lungen lassen sich an Phyteuma orbiculare, Campanula rotundifolia, Thymus Serpyllum, Gentiana germanica, ascle- piadea, Hieracium Pilosella, Centaurea phrygia, Centaurea Scabiosa, Knautia silvatica, Valeriana officinalis, Dianthus Carthusianorum, Helianthemum vulgare, Parnassia palustris, Linum catharticum, Viola tricolor, Trollius europaeus, An- thyllis Vulneraria und noch vielen anderen beobachten, Je höher man gegen die Gipfel emporsteigt, desto niederer werden die Stengel, desto grösser werden die Blüten und desto intensiver wird das Colorit der Korollen. Manche Pflanzen, die im Thale weisse Blüten zeigen, wie z. B. Pimpinella magna und Achillea Millefolium, be- kommen oben sogar rothe Blüten. Dieselbe Erscheinung wiederholt sich auch in den nordischen Gegenden. Die zierliche Trientalis europaea, die in den Alpen, in den sudetisch-herzinischen Bergen und in der baltischen Nie- derung weisse Blumen besitzt, findet man dort auch mit purpurnen Blütensternen. Göppert erzählt bei Gelegen- heit einer Schilderung der Vegetationsverhältnisse Nor- wegens: „Zuerst überraschten uns bei der Landung in ^hristiania, wie auch überhaupt im ganzen Verlaufe un- serer Reise die merkwürdigen Farbenänderungen vieler [m el Blüten, wie sie bei uns hohe alpine Lagen zu veranlassen pflegen, unter denen ich als eine der bekanntesten auf die in 3—4000 Fuss Höhe schon vorkommende Bergform der gemeinen Schafgarbe hinweise, die mit schwärzlichen grösseren Blütenhüllen und schön rothgefärbten Blüten —————— EZ s. 21 erscheint. Die in Schlesien weissblühende Lychnis vesper- tina sah ich häufig mit blassröthlichen, den Baldrian mit dunkelrothen Blüten. die Wiesenscabiose, wie alle blau blühenden Distelarten, die Kartoffel auffallend dunkler ge- färbt, die fette Henne mit schwefelgelben Blumen und röthlich gefärbten Kelehblüttern ; gelbe Blüten, wie An- themis tinctoria und Senecio Jacobaea an der Westküste bei Bergen, mit goldgelben, fast orangegelben Blüten, auch unsere Gentiana der Ebene,. Gentiana Pneumonanthe so veründert dunkelblau, dass ich sie kaum erkannte; unsere blauen Gartenblumen, wie Pfefferkraut, Ysop, áhn- lich verändert, die gelben Blüten von Impatiens noli tangere mit braunem Anflug, das Bilsenkraut dunkler purpurroth und dergleichen mehr.“ enau die umgekehrten Formänderungen sehen wir eintreten, wenn irgend ein Naturereigniss die Pflanzen sonniger Alpengipfel ihrer lichten Heimat entnimmt und an dunkelschattige Standorte verschlägt, oder wenn der Mensch die lichtfreundlichen Alpinen an schattige Plätze der Gärten verpflanzt. Die Internodien verlängern sich dann ganz ausserordentlich, die Zahl der Laubblätter wird grösser, die Blumen werden kleiner und weniger lebhaft gefärbt, und endlich kommt es gar nicht mehr zur Bil- dung von Blüten und Früchten. Die Pflanzen vergeilen und gehen gewöhnlich schon nach kurzer Frist zu Grunde. Alle diese Erscheinungen weisen uns darauf hin, dass das intensive Licht der langen Frühlingstage in der alpinen Region und in den Polargegenden den Gang der Meta- morphose verkürzt, die reproduetive Sphäre mehr anregt, den Pflanzenkörper zur raschen Blüten- und Fruchtbildung führt und seinen Blüten ein grösseres Ausmass und leb- hafteres Colorit ertheilt. Da nun aber gerade diese Gestaltungsvorgänge für die Alpenpflanzen die normalen sind, da gerade die charakte- ristische Form der meisten Alpenpflanzen in den wenigen Blättern, kurzen Stengeln und wenigen aber grossen und 22 lebhaft gefärbten Blüten liegt, da wir endlich bei Mangel des intensiven, lange dauernden Lichtreizes die Alpen- pflanzen unkenntlich werden und absterben sehen, so kann es keinem Zweifel uuterliegen, dass der plötzliche, nach dem. Sehneeschmelzen eintretende, in unsern Alpen täglich 15—16 Stunden einwir- kende Lichtreiz, welcher auf viele Thalpflanzen zu Zeit des Erwachens aus dem Winterschlafe eine höchst un- günstige Wirkung hervorbringen würde, für die Alpen- pflanzen eine höchst charakteristische und wichtige Lebensbedingung ist. Wo diese Lebensbedingung fehlt, erleiden die an sie geknüpften Pflanzenformen entweder eine Formveränderung, oder sie gehen zu Grunde, oder was dasselbe sagen will: der Mangel des langdauern.den täglichen Licht- einflusses und somit die Verlängerung der Frühlingsnächte setzt den Alpenpflanzen und den Pflanzen der polaren Landschaften eine untere, beziehungsweise äquatoriale Grenze. Nächst den Strahlen der Sonne braucht die Pflanze zum Aufbau ihres Leibes das Wasser. — Wir sehen hier zunächst ab von der Rolle, welche dieses Element als Lösungs- und Transportmittel für die mineralischen Bestandtheile des Bodens spielt, und untersuchen hier vor- läufig nur das Verhältniss der Alpenpflanzen zu der Luft- feuchtigkeit und zu den meteorischen Niederschlägen, welche als Schnee, Regen und Thau dem Boden zu Gute kommen. Die in der Luft enthaltene absolute Dampfmenge nimmt mit der Höhe ab, die relative Luftfeuchtigkeit aber nimmt in den Alpen mit der Höhe zu. Für Pflanzen kommt na- türlich nur die letztere in Berücksichtigung, und es wäre daher zunächst die Frage zu erörtern: welchen Einfluss die grössere relative Luftfeuchtigkeit auf die ihr ausge- setzten Gewächse auszuüben vermag. Da es nachgewiesen ist, dass auch in einer mit Feuchtigkeit überladenen Luft die Transpiration der Pflanzen unverändert vor sich geht mi © T len die "T MVeränden, )e Sagen y chen Lig erung i, lanzenu raften ei e Grenz t die Plu - Wir s jeses Ele mineralisck hen hier ve 1 zu der Li lägen, welt 23 und sich gerade so, wie in einer an Feuchtigkeit armen Luft nach dem wechselnden Einflusse der Tageszeiten, des Lichtes und der Wärme richtet, und da es ferner jetzt feststeht, dass- der oberirdische Theil der Pflanzen, ins- besondere die Pflanzenblätter, kein dunstförmiges Wasser aufnehmen, sondern im Gegentheile Wasser an die Atmo- sphäre abgeben, so fällt die Annahme, dass die grössere relative Feuchtigkeit direet auf die Pflanzen einwirken könne, jedenfalls weg. Wohl aber wird eine feuchte Luft indirect auf die Pflanzen Einfluss zu nehmen im Stande sein, indem sie dieselben vor zu rascher Verdampfung des Zellinhaltes und somit vor dem zu raschen Verwelken schützt. Bedenkt man, wie sehr die Verdunstung in der verdünnten Luft der Alpenregion begünstigt sein muss, so wird man diesen Einfluss gerade nicht gering anschlagen dürfen, und es würde demnach die Sache etwa so auf- gefasst werden können, dass die grössere relative Luft- feuchtigkeit in der Alpenregion gewissermassen ein Com- pensationsmittel des Einflusses darstellt, welchen die ver- dünnte Luft auf die Alpenpflanzen nothwendig ausüben müsste. Eine viel bedeutendere Rolle spielt die grosse re- lative Luftfeuchtigkeit übrigens insoferne, als sie in Be- rührung mit dem porösen Humus und der porósen Erde von diesen letzteren aufgenommen wird, und somit ohne eine uns sichtbare Condensation zu erleiden, den Boden durchfeuchtet und den Pflanzenwurzeln zu Gute kommt. Auch wird begreiflicherweise durch die grosse relative Luftfeuchtigkeit in der Alpenregion die Bildung von Nebel und Thau sehr begünstigt. Da nämlich der Thaupunkt in der alpinen Region von der dort herrschenden Temperatur im Sommer nur wenig abweicht, so wird bei gleichzeitiger grosser relativer Luftfeuchtigkeit der geringste Temperatur- wechsel die Condensation der Dämpfe veranlassen können. Der aus den Thälern aufsteigende warme Luftstrom, welcher bei schweigenden Winden regelmässig längs dem Gehänge der Berge emporfliesst, veranlasst eine fast ununterbrochene 24 Bethauung des kälteren Bodens und des den Boden be. kleidenden Pflanzenwuchses. Zudem werden durch die in den Alpen so gewöhnlichen Unregelmässigkeiten des Terrains, durch den bunten Wechsel von beschatteten und besonnten Felsen, von kleinen und grossen mit Schnee ausgefüllten Mulden und steilen warmen Halden fortwährend locale Schwankungen und Fluthungen in den verschieden erwärmten Luftmassen herbeigeführt, deren Resultat in der Regel die Bildung von Nebel und Thau ist, welcher das Gestein, den Erdboden und die Pflanzen befeuchtet. Herrscht trübes Wetter vor, so jagen die Nebel über den Boden hin, um ihre Wassertröpfehen an die unersättliche Erde abzugeben; wölbt sich ein klarer Himmel über das Hoch- gebirge, so strotzt alles von überströmendem Thau. Die Erdkrume ist darum in der Alpenregion fortwährend feucht. Manche Felswände triefen oft den ganzen Tag von Wasser, obschon an ihnen nirgend eine Fuge und Spalte zu sehen ist, durch welche Wasser durchgesickert sein könnte. Die zähe Erde und der feine Sand, welche regelmässig im Grunde der Steingerölle und Schutthalden die Zwischen- räume ausfüllen und in denen die Wurzeln der dort sich ansiedelnden Pflanzen stecken, sind immer so feucht, dass man sie wie plastischen Thon kneten und formen kann. Der Humus ist dort fast immer wie ein Schwamm mit Wasser getränkt, und aus den Moospolstern, die auf den Gesimsen der Felsen wuchern, vermag man durch geringen Druck mit der Hand tropfendes Wasser auszupressen. Die eigenthümlichen Regenverhältnisse in der Alpenregion wagen wohl gleichfalls wesentlich dazu bei, jene gleich- mässige Durchfeuchtung des Bodens zu erhalten. Wir legen hier ein geringeres Gewicht auf den Umstand, dass die jährliche Regenmenge von den Ebenen gegen die Ge- birge und von der Tiefe gegen die Höhe continuirlieh zunimmt, als vielmehr auf die Thatsache, dass in unseren pen die Zahl der Regen in der Vegetationsperiode (Juni, Juli, August) so bedeutend ist, dass im Mittel auf jeden EEE v Lc h ä ~ l Un "m ~, e x44 " e. n e ng —— D m e a D. o— -—- m=i 0 'gelmissi i ie Zwisde der dort s 0 feucht, à formen ku Schwamm 1 . die au k urch gering auszuprtst 25 dritten Tag ein Regenfall kommt. Allerdings ist hiebei wegen geringer Dichtigkeit der einzelnen Regen die nieder- fallende Wassermenge verhältnissmässig geringer, als in den tiefer liegenden Gegenden; aber gerade darin liegt für das vegetative Leben der Alpen insoferne ein grosser Vortheil, als bei dieser Vertheilung des atmosphärischen Niederschlages die Alpenpflanzen niemals jenen grellen Gegensätzen von anhaltender Dürre und übermässiger Feuchtigkeit ausgesetzt sind, welche in den Niederungen so häufig höchst nachtheilig auf das Pflanzenleben ein- wirken. Schalten wir noch ein, dass nach dem einstimmigen Urtheile aller Züchter von Alpenpflanzen einer der ge- fährlichsten Feinde des Gedeihens der Alpinen im Thale der dort herrschende Wechsel in dem Feuchtigkeitszustande des Bodens sei, so werden wir kaum mehr daran zwei- feln, dass die ununterbrochene und gleichmässige Durchfeuchtung des Bodens, wie sie in der alpinen Region durch die grosse relative Luft- feuchtigkeit, die häufige starke Thau- und Nebelbildung und die eigenthümliche Regen- vertheilung bewirkt wird, eine der wichtig- sten Lebensbedingungen der Alpenpflanzen ist und dass die Aenderung dieser Lebens- bedingung den Pflanzen der Alpenregion auch “eine untere Grenze zu setzen im Stande sein wird. Es bleibt uns nun von den wichtigeren Factoren des Climas nur noch der Luftdruck zu besprechen übrig, der mit zunehmender Höhe ein geringerer wird, und von dem die meisten Forscher annehmen, dass seite Grösse auf die Pflanzenwelt von dem wesentlichsten Einflusse sei. Wir dürfen nun allerdings nicht ganz in Abrede stellen, dass derselbe auf die Cirkulation der Säfte in den Pflanzen einen Einfluss zu üben vermag, und dass er namentlich in- direct durch Erhöhung oder Verminderung der Verdunstung 26 sich geltend machen wird. Zumal in einer Luft, die nur geringe Grade relativer Feuchtigkeit enthält, müsste die Ver- dunstung des Zellsaftes in dünner Luft eine sehr ener- gische sein, und würde dort nothwendigerweise eine Be- schleunigung der Cirkulation im Organismus der Pflanze nach sich ziehen müssen. In der dünnen Luft unserer Alpen aber wird diese Anregung zur rascheren Verdunstung durch die dort herr- schende grosse relative Luftfeuchtigkeit compensirt. Je höher wir hinansteigen und je geringer daher der Luft- druck wird, desto grósser ist auch gleichzeitig die rela- tive Luftfeuchtigkeit. Die Gewächse, welche dort ihre Blätter in eine Luftschichte emporstrecken, deren Tem- peratur gewöhnlich von dem Thaupunkte nur wenig entfernt ist, werden keine Anregung finden, mehr zu verdunsten und ein grösseres Wasserquantum an die um- gebende Luftschichte abzugeben, als die Pflanzen, welche in der dichteren, aber auch relativ trockneren Luft im Thale vegetiren. Einige Bedeutung für die Pflanzen dürfte dagegen die dünne Luft der alpinen Region insoferne haben, als durch sie die Intensität der Licht- und Wärmestrahlen erhöht wird. Wenn wir uns nämlich erinnern, dass gerade in der intensiven, lange dauernden Einwirkung der Sonnen- strahlen auf die aus dem Winterschlafe erwachenden Ge- wächse eine der wichtigsten Lebensbedingungen der alpinen Pflanzenwelt liegt, so kann der Verdünnung der Atmo- sphäre, welche die Permeabilität für Wärme- und Licht- strahlen und insoferne die Intensität derselben erhöht, der indirecte Einfluss auf die Alpenpflanzen gewiss nim ab- gesprochen werden. Irgend ein directer Einfluss des Luftdruckes auf w- sere Alpenpflanzen findet aber gewiss nicht statt, und die- jenigen, welche sich die Pflanzen als eine Art Barometer denken und sich vorstellen, dass der Luftdruck die Länger- axe der Pflanzen in demselben Grade und in ähnliche ineren Lufi te dagega aben. alsi en erhöht! wiss nich! uckes " 27 Weise verkürzt und verlängert, wie etwa die Quecksilbersäule in dem langen Schenkel des Barometerrohres , verweisen wir einfach auf den hohen Norden, wo die Pflanzen un- serer Alpen an den ebenen Küsten des Meeres ihre Heimat haben und dort unter dem grossen Luftdruck dasselbe An- sehen besitzen, wie auf den 8000 Fuss hohen Rücken unserer Hochgebirge. Die elimatischen Factoren, welche wir in dem Früheren berührt haben, reichen auch ohne Zuhilfenahme eines di- recten Einflusses der Luftschwere vollständig hin, das Kleinbleiben der Alpenpflanzen zu erklären. Die lang dauernde intensive Einwirkung der Sonnenstrahlen des Alpenfrühlings, welche den Zellinhalt der Pflanzen in der Weise umstimmt, dass er rascher in jene Verbindungen eingeht, aus denen sich die Blüten aufbauen, und die demnach, die Metamorphose beschleunigend, die Pflanzen anregt, sich weniger mit der Bildung vegetativer Organe, mit Erzeugung langer Axen und zahlreicher Blütter zu befassen, als vielmehr der reproductiven Sphäre ihre Thätigkeit zuzuwenden, ist wohl eine der wesentlichsten Ursachen des Kleinbleibens der Alpenpflanzen. Zudem steht der Umfang und die Masse des jührlich gebildeten organischen Gewebes jedenfalls mit der Vegetationszeit und mit der Wärmemenge, welche den Pflanzen jährlich zu Gute kommt, in einem, wenn auch nicht genau ziffer- mässig nachweisbaren, aber dennoch nicht wegzuleugnen- den Zusammenhange. In unseren ebenen Landschaften, welche sich durch eine 7- oder Smonatliche Vegetations- zeit auszeichnen und wo die Moers in dieser Periode über eine Wärmesumme von 200 00 Graden ver- fügen, wird sich auf demselben es jedenfalls eine viel rössere Masse von organischem Gewebe bilden können, als in der Alpenregion, in welcher die Vegetationszeit auf 3 bis 4 Monate eingeschránkt ist, und wo selbst jenen Pflanzen, die durch diese ganze Vegetationszeit thätig sind, nur eine Wärmesumme von 1000 bis 1500 Graden zur 28 Disposition steht. Die Wärmemenge, welche z. B. zu Bildung der colossalen jährlichen Holzzilinder und dep vielen tausend Blätter nothwendig ist, die eine hohe Eiche jährlich erzeugt, und von deren bedeutender Menge wir uns überzeugen könnten, wenn wir die in einem Jahre zugewachsene organische Masse verbrennen, und so die latent gewordene Wärme wieder aus ihren Fesseln erlösen würden, beträgt von einem einzigen Baum gewiss doppelt so viel, als die Wärmemenge, welche von den Legföhren und Grünerlen verbraucht wird, die sich auf der Alpe unter sonst gleich günstigen Verhältnissen über eine Bodenfläche ausbreiten, welche jener gleichkommt, die der Eichenbaum in der tieferen Region des Hügellandes beschattet. — In der alpinen Region würde demnach den hochstámmigen Bäumen weder die Zeit, noch die Wärmemenge genügen, um alle jene Phasen durchlaufen zu kónnen, die ihren eigenthümlichen jährlichen Lebenslauf charakterisiren, und hierin liegt eine wichtige Ursache der oberen Baumgrenze und des Kleinwerdens der Pflanzen mit zunehmender Höhe. Berücksichtigen wir endlich noch den Umstand, dass mit zunehmender Hóhe die Bodentemperatur nicht so rasch abnimmt, als die Temperatur der Luft, und dass daher die Triebe vieler Pflanzen sich nur dann erhalten können, wenn sie sich an den relativ wärmeren Boden anschmiegen und es bei ihrem „Kampfe um das Dasein“ vermeiden, ihre Zweige und Blätter in die kalte Luft hinauszustrecken, so haben wir wohl hinreichende Erklärungsgründe für das - Kleinwerden und Kleinbleiben der Pflanzen in der Alpen- region, und wir brauchen nicht erst zu kühnen Hypothesen unsere Zuflucht zu nehmen. Fassen wir zum Schlusse die im Früheren erörterten Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Re- gion unserer Gebirge kurz zusammen, so ergeben sich als die wesentlichsten und für das Culturverfahren be- achtenswerthesten Momente: die intensive und lang dauernde Einwirkung der Sonnenstrahlen ZU! Ae un [ul un ilinde eine | 10 l UN eSchattet, _ ‚hochstänn; menge gui, nen, dij akterisiren y ren Baumm ehmender Hi Umstand. & r nicht sor dass daher! halten kön en anschmg in“ vermek nauszustre sgründe fir in der A nen Hypo 29 Erwachens aus dem Winterschlafe, gleichmässige Durchfeuch- Thau- Zeit des und anderseits die tung des Bodens dur und Nebelbildung. ch vermehrte Regen-, Viertes Capitel. Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in niederen Gegenden. Es wird jedenfalls unsere weitere Aufgabe sein, die in dem früheren Capitel entwickelten Sätze praktisch aus- zubeuten und ein auf sie gegründetes Verfahren auszu- mitteln, mit dessen Hülfe wir die genannten Lebensbedin- gungen auch in der Ebene soweit als möglich herstellen, um dann unter den nachgeahmten künstlich geschaffenen Verhältnissen die Alpenpflanzen im Thale zu cultiviren. Jedenfalls aber dürfte es früher noch gut sein, sich um- zusehen, wie es die Natur anstellt, wenn sie Alpenpflanzen in tieferen Lagen vorkommen lässt, und weiterhin zu unter- suchen, wie es an den Localitäten aussieht, an denen wir in der Ebene oder in der Hügelregion, weit entfernt vom Hochgebirge, vereinzelte oder gruppenweise vereinte Al- pinen anireffen. Zunächst werden wir da auf die polaren Land- schaften hingewiesen, welche mit unserer Alpenregion im Typus der Gewächse die grösste Uebereinstimmung zeigen, und zum grossen Theile sogar dieselben Arten be- herbergen, die in unseren Hochgebirgen über der Grenze des E agen Holzwuchses zu Hause sind. — Da wir in diesen jenseits des Polarkreises liegenden Gebieten schon in den flachen Küstengegenden mitten in der Alpen- region stehen, und dort die Alpenpflanzen hart am Meeres- strande in gedeihlicher Entwicklung vorkommen sehen, so 30 gewinnen wir dort zunächst die Ueberzeugung, dass es nimmermehr der geringe Luftdruck sein kann, welche als Lebensbedingung der Alpenpflanzen erscheint. Wohl aber finden wir dort eine glänzende Bestätigung der Ansicht, dass der lang dauernde Lichteinfluss für die Alpenpflanzen ein wesentliches Lebensmoment ist. Gegen Ende des Monats Juni schmilzt nämlich dort die Schnee- und Eisdecke des Winters und „der Sommer bricht mit einem Male herein. In wenigen Tagen ist die Landschaft mit lebhaftem Grün .bekleidet. Die Sonne verschwindet jetzt wochenlang nicht mehr vom Horizonte. Ihre un- unterbrochen auf den Boden fallenden Strahlen lassen die Temperatur nicht zum Abkühlen kommen, und so wird trotz des geringen Hóhenstandes der Sonnenscheibe ein Wärmegrad hervorgebracht, wie er unter anderen Ver- hältnissen unmöglich wäre.“ Um die Mitte des Octobers bricht endlich der lange Winter herein und begräbt die Pflanzenwelt wieder auf 9 Monate unter seinen tiefen Schneelasten. — Wir haben demnach hier Lebensbedin- gungen, welche denjenigen der Alpenregion ganz analog sind. Freilich ist hier der Lichteinfluss ein noch viel länger dauernder, als im Hochgebirge, da das leuchtende Gestirn wochenlang gar nicht unter den Horizont hinabsinkt. Was aber die Polarlandschaft durch diese ununterbrochene Insolation voraus hat, scheint in der alpinen Region un- serer Gebirge durch den hohen Stand der Sonne und die damit verbundene kräftigere Insolation im Laufe der Vegetationszeit eingebracht zu werden, und so viel ist jedenfalls gewiss, dass die polaren und alpinen Gelände zur Zeit des Erwachens der Vegetation lang dauerndes Tageslicht gemein haben. Ueber die Feuchtigkeitsverhältnisse der polaren Ge- genden liegen nur wenig benutzbare Angaben vor. Dem- ungeachtet können wir wohl aus mehr als einem Grunde voraussetzen, dass jenseits des Polarkreises der zweite wichtige Lebensfactor, welchen wir im Früheren für die * ELLLLILLLLECLLLEI!LEULUÓXZLELLLLLLÉEQCOCOLCLKLULULULLIANAZAAMANGN ZOnte, ls rahlen lassa "n. und 801 nnenseley 'T anderen tte des (gj und begrij er Seinen j er Leben) ion ganz ai s ein nod: a das leudi rizont hinabi ununterbrot inen Regit! der Some! n im Lait und so Y alpinen e lang due dm ler polare! 31 alpinen Pflanzen unserer Hochgebirge ermittelten, nämlich die ununterbrochene und gleichmässige Befeuchtung des Bodens während der Vegetationszeit, an den mit Pflanzen- wuchs bedeckten Orten zutreffen werde, und wir können daher die oben aufgeworfene Frage, unter welchen Be- dingungen die Alpenpflanzen in den polaren Ebenen wachsen, dahin beantworten, dass diese Bedingungen im Allgemeinen nur eine Wiederholung derjenigen sind, welche wir für die alpine Region unserer Gebirge festgestellt haben. Noch weit wichtiger als diese Erkenntniss der Ver- hältnisse, unter welchen die Alpenpflanzenwelt in den po- aren Ebenen gedeiht, ist übrigens für die Zwecke der Cultur jedenfalls das Studium jener Localitäten unserer one, an welchen Alpenpflanzen in einer See- höhe, die tief unter der gewöhnlichen unteren Grenze der alpinen Region zu liegen kommt, im spontanen Zustande gefunden werden. — Mitten im Waldlande, in der Region der Buchen und Eichen, in den dem Hochgebirge vorgelagerten Berg- und Hügellandschaften, und selbst in den weiten Niederungen trifft man nämlich stellenweise vereinzelte oder gruppen- weise vereinte Alpenpflanzen an, die dort blühen und Früchte reifen, und häufig sogar ununterbrochen an den einmal gewählten Punkten sich erhalten. Dort lernt uns die Natur am besten die Mittel kennen, mit deren Hülfe wir Alpenpflanzen in unseren niederen Gegenden zu züchten im Stande sind, und dort werden wir auch hingehen müssen, um der grossen Lehrmeisterin das Geheimniss der Cultur der ee abzulauschen. Orte, an denen aber in unseren Breiten die Alpen- Eo auffallend tief herabgehen, sind zu bezeichnen: ie Rinnsale von kalten Quellen ; die Ufer von Gebirgsseen und Gebirgsbächen ; enge Tobel und tief eingeschnittene felsige Schluchten ; Torfmoore ; Geróll und Kies der PPer: Flüsse. T 32 1. Das Vorkommen und Gedeihen von Pflanzen höherer Regionen an den Ursprungsstellen kalter tief liegender Quellen ist eine in den Alpengegenden sehr verbreitete Erscheinung. Um nur einige Beispiele für dasselbe zu bringen, sei hier folgender Fälle gedacht, In den niederösterreichischen Voralpenthälern irifft man regelmässig in den Quellen, welche zwischen 6 und 80R, schwanken, schon in einer Höhe von 1500 Fuss über dem Meere: Saxifraga rotundifolia, Arabis alpina, Geum rivale und Ranunculus aconitifolius an. Im tirolischen Unter- innthale wuchern in einer Seehöhe von 1600 Fuss am Rande der Quellen bei Maria-Stein, deren Temperatur sich zwischen 5 und 69 R. hält, Saxifraga aizoides und Viola biflora. In den Quellen, welche ober der Achner Mauer am Göller in Niederösterreich in einer Höhe von 3100 Fuss ent- springen und eine Temperatur von 50.1 R. besitzen, wölben sich riesige blühende Polster von Saxifraga stellaris und Silene quadrifida, und auf dem Sattel zwischen Achen- kirchen und Steinberg in Nordtirol, dessen Höhe ich mit S0 Fuss bestimmte, sprudeln Quellen hervor, deren Temperatur 5°. 3 bis 49. 5 beträgt, und an deren Rinnsale neben den beiden zuletzt genannten Arten überdiess noch Ranunculus alpestris, Soldanella alpina, Hutehinsia alpina und Salix retusa gedeihen. An quelligen Stellen ober dem Bärenbad im tirolischen Stubaithale finden sich in einer Seehöhe von 3834 Fuss: Saxifraga aspera, Sibbaldia pro- cumbens, Stellaria Frieseana und Cardamine resedifolia, und an der Quelle, welche ober den Längenthaler Alpen- hütten im Sellrainerthale bei Innsbruck in einer Höhe von 6274 Fuss entspringt, gedeiht Ranunculus glacialis in grösster Fülle und Ueppigkeit. Es muss hier ausdrück- lich hervorgehoben werden, dass alle diese Pflanzen a anderen Localitäten derselben Regionen nicht beobachtet werden, und dass sie in der Regel.erst um beiläulig 2000 Fuss höher oben ihre untere Grenze finden. be merkenswerth ist auch, dass fast alle diese Pflanzen, die UU UMS —. mm SM MOL. X em É— (ee Cu —— ue Ua einige *. T Pile T n überdies! Hutchinsia d | Stellen obe! den sich int a. Sibbaldia} einer Quelle zu sehen ist, 33 in tieferen Lagen Quellenpflanzen sind, in hóheren Lagen auch auf nicht quelligem Boden gedeihen. Saxifraga ro- tundifolia, Arabis alpina, Geum rivale, Ranunculus aconiti- folius, Viola biflora bevölkern höher oben in der alpinen Region gewöhnlich den Grund junger Legföhrengehölze ; Saxifraga stellaris und aizoides, Ranunculus alpestris, Sol- danella alpina und Salix retusa blühen auf den Bergjóchern auch in Runsen und felsigen Thälchen, in denen keine Spur und Ranunculus glacialis ist eine spezifische Pflanze des Morünenschuttes und der Schutthalden der hóchsten Schieferberge. as bewegt nun diese Alpenpflanzen, sich hier in viel tieferen Lagen an den Quellen anzusiedeln, und welche den Alpenpflanzen zusagende Eigenthümlichkeiten hat das Quellenrinnsal vor anderen Localitäten voraus? Dass der Boden, welcher unmittelbar die Ränder des Quellenursprunges und Quellenrinnsales bildet, durch das ununterbrochen fliessende Wasser ebenso ununterbrochen und gleichmässig befeuchtet wird, wie die Erdkrume der Alpenregion, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung. Aber auch die etwas abseits von dem Rinnsale liegenden Stellen, denen eine unmittelbare Berieselung nicht zu Gute kommt, werden indirect durch das Quellwasser mit Feuch- tigkeit versorgt. Die Atmosphäre, welche über der Quelle lagert, besitzt nämlich immer eine grössere relative Feuch- tigkeit, und da gleichzeitig durch das kalte Wasser der Quelle eine fortwährende Abkühlung der angrenzenden Luftschichten eingeleitet wird, so werden die Wasser- dämpfe hier fast ununterbrochen verdichtet und dem Boden und seinen Pflanzen zugeführt. Wie uns die Erfahrung zeigt, sind auch die nächsten Umgebungen der Quellen immer durch reichliche Nebel-, Thau- und Reifbildung ausgezeichnet, und wohl jeder Leser dieser Zeilen erin- nert sich, im Spätherbste die Ränder von Quellwässern mit weissem starrendem Reife bedeckt gesehen zu haben, während die weitere Umgebung der Quelle diese Erscheinung Kerner, Alpenpflanzen. 3 34 noch nirgends wahrnehmen liess. Die Pflanzen, welche in der Umgebung der Quellen ihre Wurzeln in den Boden - senken, befinden sich demnach in Betreff der Befeuchtung auch in tieferen Lagen unter ganz ähnlichen Verhält- nissen, wie die Pflanzen der Alpenregion, und es liegt wohl sehr nahe, diesen Umstand als eine der wichtigsten Ursachen für das ausnahmsweis tiefe Herabgehen der Alpenpflanzen in der Umgebung der Quellen anzusehen. Auffallend ist, dass gerade jene Pflanzenarten, welche herunten im Thale an den Quellen blühen, hoch oben in der Alpenregion den Schatten aufsuchen und daher offen- bar nicht jenen intensiven Lichtreiz nóthig haben, welcher für die viel grössere Mehrzahl der anderen Alpinen einen so wichtigen Lebensfactor bildet.*) Hiemit soll aber nur gesagt sein, dass diese Pflanzen keine lang dauernde di- recte pou bedürfen, nicht aber, dass sie auch das lange dauernde Tageslicht entbehren (res Vielmehr wird aus der nachfolgenden Betrachtung gerade hervor- gehen, dass für die oben genannten Gewächse das lange einwirkende Tageslicht allerdings eine wahre Lebens- bedingung bildet und dass sich daher diese Gewächse auch insoferne als rechte Alpenpflanzen manifestiren. Es lässt sich nicht verkennen, dass bei gleichen Tem- peraturen der Quellen gewóhnlich auch dieselben Pflanzen auftreten und dass sich diese Pflanzen sogar in Gruppen ordnen lassen, aus deren Vorhandensein mit ziemlicher Sicherheit wieder auf die Temperatur der Quelle zurück- geschlossen werden kann. Es giebt darunter Pflanzen- gruppen, welche nicht in würmeren Quellen vorkommen, und das muss überraschen, da die mässig höhere Quellen- *) Es wurde ja schon früher erwähnt, dass z. B. Saxifraga rotundifolia, Arabis alpina, Geum rivale u. dgl. oben in der Alpen- region den Schatten der Legföhrengehölze jE, Saxifraga stellaris, Viola biflora, Soldanella alpina finden sich oben vor züglich in schattigen Schneethälchen und an schattigen Fels: wänden m ^i Ber De ^ TA der SN len "1 ki. ‚enarten, " l, hoch % und daher i r haben, "i Alpinen ei soll aber, ng dauern) ISS sie auch) inten. Vie ei gleichen fi- ieselben Plu gar in Gry | mil zieni - Quelle zu runter Plur len vorko höhere 35 temperatur ja doch nur auf die Schnelligkeit der Ent- wicklung günstig einwirken, nicht aber das Zugrunde- gehen der Pflanzen veranlassen kann. Die Erklärung dieser Erscheinung ist nun folgende. Die verhältniss- mässig niedere Temperatur des Quellwassers wirkt hier offenbar als ein Mitiel, um die Vegetationsentwicklung zu verzögern. Wenn auch das Quellenrinnsal fast das ganze Jahr mehr oder weniger grün bleibt, so beobachtet man doch im Frühlinge dort nicht nur keinen Vorsprung, son- dern ein entschiedenes Zurückbleiben der vegetativen Ent- wicklungsstadien im Vergleich zu dem angrenzenden, mehr trockenen Gelände. Die Pflanzen, welche mit ihren Polstern das Rinnsal der kalten Quellen. einfassen, blühen erst zu einer Zeit auf, in welcher die Sonne schon hoch am Himmel steht und in welcher das Licht bereits durch 15 Tagesstunden auf die Pflanzenwelt einwirkt. Die Pflanzen finden daher an den kalten Quellen der Thäler ganz ähnliche ‚Verhältnisse, wie sie ihnen höher oben in der Alpenregion an nicht wem Stellen geboten werden, und das ausnahmsweise tiefe Vorkommen von Alpenpflanzen an den Quellenrinnsalen der Waldregion wird uns daher nach dieser Erörterung nicht mehr Wunder nehmen. 2. In noch bei weitem grossarüigerer Weise, als an den Quellenrändern, lässt sich die Erscheinung des auf- fallend tiefen Herabgehens der Alpenpflanzen an den Ufern der Seen und Flüsse beobachten. Am Ufer des Bodensees findet sich z. B. Saxifraga oppositifolia, eine Pflanze, die sonst nur die höchsten Kämme der Alpen bewohnt, bis zur Seehöhe von 1200 Fuss herab verbreitet. Am Rande des 1860 Fuss über dem Meere liegenden Leopoldsteiner Sees in Obersteiermark gedeiht und blüht wunderbarer Weise der überaus zierliche Papaver Burseri, und am Ufer des 1880 Fuss hoch gele- genen Kochelsees in Baiern finden sich Rhododendron hir- sutum, Viola biflora und Carex tenuis. Noch viel reicher ist der Alpenflor am Rande des in einer Seehöhe von 1906 Fuss 3^ 36 liegenden Königssees und seines nur um 50 Fuss höheren Nachbarn, des reizenden Obersees. In grösster Ueppig- keit trifft man dort Rhododendron Chamaecistus, hirsutum, Atragene alpina, Heracleum austriacum, Adenostyles albi- frons, Betonica Alopecurus, Primula Auricula und Scolo- pendrium officinarum an. Am Würmsee in Baiern finden sich in der Höhe von 1900 Fuss Gentiana lutea und Lo- nicera alpigena, und am Ufer des 2930 Fuss über dem Meere gelegenen Achensees in Nordtirol glaubt man sich stellenweise geradezu in die Knieholzregion versetzt. Dichte Gehölze von Pinus Mughus und Betula pubescens um- säumen dessen Ufer, und an den Halden, Gesimsen unl Felswänden, die dort aus dem blauen Wasserspiegel auf- ragen, beobachtete ich neben dem Buschwerke des Rhodo- dendron Chamaecistus und hirsutum, Sorbus .Chamae- mespilus, Daphne striata und Arctostaphylos officinalis al besonders hervorhebenswerthe Arten: Bartsia alpina, Aster alpinus, Arabis pumila, Saxifraga caesia, Alchemilla alpina, Globularia nudicaulis, Rhamnus pumila, Salix retusa, Sol- danella alpina, Pinguicula alpina, Sedum atratum, Pedicu- laris foliosa und Jacquinii, Carex ferruginea und firma, durchwegs Pflanzen, die sonst wohl nicht unter der Höhe von 4—5000 Fuss Seehöhe angetroffen werden. Aelu- liche Verhältnisse lassen sich auch noch an vielen andere Gebirgsseen und ebenso auch an den Uferfelsen vieler aus den Alpen in das Vorland strömenden Flüsse wahr- nehmen. — Um aber nicht zu weitläufig zu werden, þe- gnügen wir uns hier mit den oben angeführten Beispielen, welche wohl schon hinreichend sind, um das tiefe Herd- gehen der alpinen Flora an die Ufer jener Gewässe! n constaliren. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diesem Herab- gehen im Ganzen dieselben Ursachen zu Grunde liegen, welche an den Rändern der Quellen wirksam sind. e Ufer der Seen und Flüsse sind ja vor Allem durch ihre reichliche Thau- und Nebelbildung ausgezeichnet. diesen k ss a Grunde Ë u rksam * Allem ir | gereit" 37 relative Feuchtigkeit, welche der Seeatmosphäre zukommt, ist in der Regel so gross, dass schon eine sehr geringe Temperaturschwankung hinreicht, um eine Condensation der Dämpfe zu veranlassen, die dann natürlich auch eine Befeuchtung des Bodens nach sich zieht. Der Humus- boden auf den Terrassen und Gesimsen der Uferfelsen ist daher auch Jahr aus Jahr ein von Feuchtigkeit so durch- tränkt, dass er sich ganz teigig anfühlt, und die Moos- rasen, welche über die Steinleisten der Seeufer überwalien, triefen von dem Wasser, das sie aus den reichlichen Nebeln und Thauniederschlägen empfangen haben. Da überdiess die Wassermasse des Sees im Sommer als ein Kältereservoir aufgefasst werden muss, welches auf die angrenzenden Schichten der Atmosphäre abkühlend wirkt, und somit mittelbar die Entwicklung der Vegetation am Seeufer im Frühling verzögert, so wird dort der Be- ginn der Vegetationsthätigkeit ganz ähnlich wie in der Alpenregion in eine Zeit hinausgeschoben, in welcher die Länge der Tage schon eine bedeutende und daher der Lichtreiz schon ein ziemlich lange andauernder ist. Die Eigenthümlichkeiten des Climas an den Ufern tief liegender Gebirgsseen sind demnach gerade in jenen Be- ziehungen, welche für die Pflanzenwelt die grösste Be- deutung haben, ein getreues Abbild der climatischen Ver- hältnisse der Alpenregion, und es darf uns daher auch nicht wundern, wenn wir Hand in Hand mit jenen clima- tischen Factoren die Alpenpflanzenwelt bis an die Seeufer herabwandern und sich dort eine tief gelegene Heimat gründen sehen. Um dem Leser auch das auffallend tiefe Herab- gehen der Alpenpflanzen in engen feuchten Thal- schluchten anschaulich zu machen, schalten wir im Nachfolgenden eine Reihe von Pflanzenverzeichnissen ein, durch welche die Flora mehrerer, gerade in dieser Be- ziehung höchst interessanten Localitäten im Gebiete der tiro- lischen, baierischen, steirischen und österreichischen Alpen 38 charakterisirt wird. Es finden sich nänlich in ganz aug. nahmsweise tiefen Lagen: Im Pfossenthale, einem tief eingehen Seiten- arm des Schnalserthales in Tirol, in der Seehöhe vo 4900 Fuss: Artemisia mutellina, Phyteuma hemisphaericum, Arenaria laricifolia, Koleria hirsuta, Saxifraga exarata, Potentilla grandiffora, Juncus trifidus. Nigritella angustifolia, Aster alpinus, ` Campanula barbata, Gnaphalium Leontopodium, Gentiana nivalis, Silene acaulis, Erigeron alpinus, Saxifraga aspera, Trifolium saxatile. Bei der Alpe Moosen im Hintergrunde des Unterau- thales bei Achenkirchen in Nordtirol, in der Seehöhe von 3097 Fuss: Anemone alpina, Cirsium spinosissimum, Meum Mutellina, Bartsia alpina, Arctostaphylos alpina, Carex ferruginea, Ranunculus alpestris, . Sempervirens, Salix arbuscula, s HEEL » hastata, Homogyne alpina, retusa, Achillea atrata, reticulata, Soldanella alpina. cda der Mae pi Klamm bei Innsbruck, in der See- hóhe von 2950 Fuss Avena distichophylla, Rhododendron hirsutum, Lonicera alpigena, Pinus Mughus Hieracium bupleuroides. Bellidiastrum Michelii, pumilum, Gnaphalium Leontopodium. Thlaspi rotundifolium. Carex firma, Hutchinsia alpina, , "fenis Linaria alpina, „mucronata, Möhringia polygonoides, Rosa alpina, ? Salix arbuscula, Gentiana acaulis, lich in ù * ite, der EN ML Srandiflon, Angrustifo | barbata, livalis. ilpinus, saxatile, unde des ly n der Seehih pinosissimun, npervirens, na, e alpina. atrata, | alpina. bruck, in de dron hirsi ghus. — um Michel m Leon na. uis. cronalà: na. i Salix glabra, Chrysantl Adenostyles alpina, Gentiana asclepiadea, Geranium silvaticum. Viola biflora, Atragene alpina. Heracleum asperum. In der „Eiskapelle“ der Seehóhe von 2586 Fuss: bei Berchtesgaden in Baiern i — — Soldanella alpina, Juncus Hostii, Carex tenuis, Ranunculus alpestris, Saxifraga Burseriana, caesia, : Ächillen atrata, i Betonica Alòpecurus. In der „Felz“ bei Aflenz in Ober- Steiermark in der Seehöhe von 2498 Fuss: Pinus Mughus, Silene alpestris, Saxifraga caesia, izoon, Papaver Burseri, Alsine laricifolia, Campanula pusilla, Rhododendron hirsutum, E octopetala, " Chamaecistus. Coronilla vaginalis, Linum alpinum, eracleum austriacum, Adenostyles alpina, Betonica Alopecurus, Selaginella spinulosa. In den Achner Mauern am Fusse des Nu in Niederösterreich, in der Seehöhe von 2287 F Achillea Clavenae, Soldanella pusilla Heracleum austriacum, Primula Clusiana, - Auricula, Carex firma, Thesium alpinum, Rhododendron iii ina. irsutum, Pinus Micha; Betonica Alopecurus, Dryas octopetala, Hieracium porrifolium, Athamanta cretensis, coronopifo- Carex mucronata, lium, Linum alpinum, Silene quadrifida, Gentiana acaulis, Linaria alpina Avena alpestris, Saxifraga rotundifolia, Bellidiastrum Michelii, Petasites niveus. Cochlearia saxatilis, 40 Am Lassingfall bei _— in Niederösterreich einer Seehöhe von 2154 Fus 9 in Pinus Mughus Arabis alpina, Rhododendron Are » bellidifolia, hamaecistus, Alsine laricifolia, Doe alpigena, Linaria alpina, Atragene alpina, Coronilla vaginalis, Primula Clusiana, Dryas octopetala, Achillea Clavenae. Heracleum austriacum, Carex firma, Pleurospermum austriacum, ». lenuis, Valeriana saxatilis, | mucronata, Gentiana acaulis, Silene alpestris, is asclepiadea, Senecio abrotanifolius, Veronica saxatilis, Thlaspi alpinum, Betonica Alopecurus, Saxifraga caesia, Pinguicula alpina, = mutata, Thesium alpinum, Campanula caespitosa. Juncus Hostii, pusilla, Avena alpestris, Salix glabra, Selaginella spinulosa, ». grandifolia, Crepis Jacquinii. In der Felsenenge beim Fischerischen Kreuz nächst Holoni in Niederösterreich, in einer Seehöhe von 1653 Fuss Athamanta cretensis, Helleborus niger, Senecio abrontanifolius. Salix grandifolia, Rhinanthus alpinus, Aconitum Napellus, Potentilla caulescens, Gentiana asclepiadea, Campanula caeśpitosa, Adenostyles alpina, Silene alpestris, Saxifraga Aizoon, Carex tenuis, Euphrasia salisburgensis. Lonicera alpigena, Valeriana saxatilis, etasites niveus, Thesium alpinum, Arenaria laricifolia, Juncus Hostii. der; "leti Na, fois" na, Aginalis, etala, n Kreuz mii r Seehöhe! dort die Pflanzen aus 4 In feuchten felsigen Schluchten bei Kufstein in Nord- tirol, in einer Seehöhe von 1620 Fuss: Valeriana saxatilis, Euphrasia salisburgensis. tripteris, Helleborus niger, Boos octopetala, Carex tenuis, Rhododendron hirsatum, Bellidiastrum Michelii, Potentilla caulescens, Carex firma. us diesen Verzeichnissen wird wohl zur Genüge er- sichtlich, dass die untere Grenze der meisten Alpenpflanzen nicht als eine in derselben Seehóhe gleichmássig am Ge- birge hinlaufende Linie gedacht werden darf, sondern dass diese Grenze in den engen Tobeln und Schluchten des Gebirges oft weit nach abwärts rückt und dort nicht sel- len um ein paar tausend Fuss tiefer zu liegen kommt, als die gleichnamige Grenze an den freien Bergabhängen. Offenbar sind auch hier wieder ganz dieselben Ein- flüsse thätig, welche an den Ufern der Seen und an den Rändern der Quellen die untere Grenze der Alpenpflanzen stellenweise so bedeutend deprimiren. Die engen Schluch- ten bleiben oft bis in den Sommer mit Schnee angefüllt. Erst zur Zeit der grössten Tageslänge vermögen daher dem Winterschlafe zu erwachen und ihre Blätter und Blüten zu entfalten. Gewöhnlich durchziehen auch kleine Bäche diese Felsenengen, und immer findet man die kühlen Wände der tief eingeschnit- tenen Schluchten von reichlichen wässerigen Niederschlägen befeuchtet. Ob die Alpenpflanzen, die man an solchen Localitäten in so auffallend niederen Seehöhen findet, erst ‚in historischer Zeit aus grösseren Höhen herabgewandert sind, oder ob dieselben als Sprösslinge von Gewächsen angesehen werden müssen, die einst in der Diluvialzeit unsere Thäler bevölkerten, und welche durch die zu- sagenden Lebensbedingungen an einzelnen Localitäten ge- fesselt, auch nachträglich der tieferen Region einverleibt blieben, ist eine Frage, die nicht hieher gehört. Hier genügt es uns, zu constaliren, dass in engen Felsschluchten 42 auch in geringer Seehöhe climatische Verhältnisse her schen, welche mit jenen der Alpenregion eine grosse Uebereinstimmung zeigen, und dass in diesen Schluchten die grössere relative Feuchtigkeit der Atmosphäre, re. spective die hiedurch veranlasste ununterbrochene und gleichmässige Durchfeuchtung des Bodens, sowie ande seits der Umstand, dass in jenen Schluchten der Beginn der Vegetationsentwicklung möglichst weit gegen den Sommer hinausgerückt ist, das Gedeihen von Pflanzen der Alpenregion in verhältnissmässig geringer Seehöhe mög- lich machen. m ausgedehniesten Massstabe findet sich das Phänomen des tiefen Herabgehens der Alpenpflanzen auf den Geröllhalden des Gebirges und auf den Ge- schiebablagerungen der aus dem Hochgebirge herstammenden Gewässer. Pflanzen, die man nu auf den hóchsten Grüten und Kümmen vermuthet, siedeln sich nicht selten auf den Schutthalden und Schotterbünken der Thäler und Niederungen an und gedeihen oft viele Jahre lang, weit entfernt von der Hóhenzone, welche man als Alpenregion zu bezeichnen übereingekommen isl. Auf den Geröllablagerungen der Hlér in der Gegend von Sonthofen und Immenstadt finden sich nach v. Mohl in einer Seehöhe von 2846 Fuss noch Valeriana saxatilis, Galium helveticum, Erigeron alpinus, Chrysanthemum co- ronopifolium, - Veronica alpina, aphylla, Globularia nudi- caulis, Plantago montana, Saxifraga caesia, patens, alz0l- des, Silene quadrifida, alpestris, Möhringia polygonoides, Cerastium alpinum, Potentilla aurea, Geum montanum; Alchemilla alpina, Arabis pumila, bellidifolia und Ranun- culus alpestris. Einzelne Alpinen, wie Linaria alpina Salix glabra und Cerinthe alpina gehen sogar bis zur Seehöhe von 1494 nach Ulm hinab. — Ganz ähnlich ver- hält es sich mit der Verbreitung der Alpenpflanzen ent- lang dem Flusslaufe der Isar. Bei dem Passe Scha mit beobachtete ich auf den Kalkgeróllen des Isarbettes; " findet i Alpenpfay, nd auf dy m Hochge) Zen. diem vermuthet, ġ ind Schotteri redeihen qf öhenzone, v^ ereingekom | der Gegen nach v. M Valeriana sU 43 einer Seehöhe von 2948 Fuss, Silene quadrifida, Cher- leria sedoides, Saxifraga aizoides, caesia, Achillea atrata, Carex firma, tenuis, Adenostyles alpina, Arabis pumila, Möhringia polygonoides, Arabis bellidifolia, Thesium al- pinumi, Euphrasia salisburgensis. Weiter abwärts, bei Freising und München, finden sich noch in einer Seehöhe von 1612 Fuss; Dryas octopetala, Saxifraga mutata, Ga- lium helveticum, Gentiana asclepiadea, Poa alpina, cenisia, Valeriana montana, Petasites niveus, Chrysanthemum co- ronopifolium, Crepis alpestris, Polygonum viviparum, Sela- ginella spinulosa und Gypsophila repens, und selbst noch bei Landshut, in einer Seehöhe von 1250 Fuss trifft man in dem Isargerölle: Arabis alpina, Cochlearia saxatilis, Huichinsia alpina, Aethionema saxatile, Bellidiastrum Mi- chelii, Campanula pusilla und Linaria alpina an. — In dem Flussbette des Lech werden von Sendiner bei Füssen in einer Seehöhe von 2547 Fuss: Sedum atratum und Ce- rinthe alpina, und bei Augsburg in der Höhe von 1559 Fuss: Bellidiastrum Michelii, Euphrasia salisburgensis, Cortusa Mathioli, Polygonum viviparum, Gentiana asclepiadea, Cam- panula pusilla und Linaria alpina angegeben. Sauter fand in den Geröllen der Enns bei Steier in Oesterreich, in einer Seehöhe von 1400 Fuss noch Athamanta cretensis, Cerastium ovatum, Linaria alpina, Arabis alpina, bellidi- olia, Thesium alpinum, Hutchinsia alpina, Helleborus niger, Petasites niveus, Primula Auricula und Silene alpestris. n der Ibs bei Waidhofen in Niederösterreich, beobachtete ich in den Ufergeröllen, bei einer Seehöhe von 980 Fuss: Campanula caespitosa und pusilla, Anemone trifolia, Arabis bellidifolia, Salix grandifolia, Bellidiastrum Michelii, Euphra- sia salisburgensis und Hieracium porrifolium. Helleborus niger lässt sich mit Erica carnea längs diesem Flusse sogar bis gegen Amstetten, zu einer Seehöhe von 800 Fuss hinab verfolgen. n diese Beispiele könnten wir noch zahlreiche andere anschliessen. — Sie alle beweisen, dass das Vorkommen - 44 von Alpenpflanzen in den Kiesbetten der aus den Alpen in das niedere Vorland ausgetretenen Flüsse eine weit Ver- breitete und ganz allgemeine Erscheinung ist. Ueberraschen muss es übrigens, wenn man im Wei- teren Verfolgen dieser Erscheinung findet, dass die aus den Alpen in das Vorland verschleppten Pflanzenarten im Westen und Osten so ziemlich dieselben sind. Immer finden wir die gleichen Cruciferen, Saxifragen, Caryo- phylleen und Compositen, und es lässt diese Gleichmässig- keit wohl schon im Vorhinein vermuthen, dass derselben auch eine gewisse Gesetzmässigkeit zu Grunde liegen müsse. Und in der That hat auch jene Gleich ihren guten Grund. Verfolgen wir einmal die in das Vorland strömenden Gewässer. von den höchst gelegenen Ursprüngen in den obersten Mulden und Runsen des Hochgebirges bis hinaus in das niedere, den Alpen vorgelagerte Flachland. Beim Schmelzen des Sabitas bringen Lawinen und Schneeabrut- schungen massenhaftes Steingerölle, Erde, ja selbst ganze Gesträuche und Wasenflecken und mit diesen unzählige Pflanzensamen in die Mulden und Schluchten der tieferen Regionen herab. Das abschmelzende Wasser bringt dam die leichten Samen mit-raschem Gefälle in noch grössere Tiefen hinab, und Regengüsse und Winde führen neuer- dings im Sommer unglaubliche Mengen von Pflanzensamen den abwärtsströmenden Gewässern zu. Die an tieferen Stellen abgelagerten Schlamm-, Sand- und Geröllmassen sind daher ganz durchspickt von Samen, die aus höheren Regionen herstammen. — Die Samen keimen jetzt auf. — Aber nur ein Theil derselben vermag sich auch weiter 7! entwickeln. Am günstigsten gestalten sich die Chancen für die weitere Entwicklung auf den Geröllhalden, un mittelbar am Fusse der Bergrücken, von denen die Samen herabgeführt worden sind; denn hier finden die aufkei- menden Pflanzen noch einen Boden, der mit jenem ihres heimatlichen Bergjoches übereinstimmt, und werden daher land strip, "Sprüngen i birges bis h Flachland. | und Schnee >, ja selbst diesen un hten der tik sser bringt! in noch gri le führen x on Pflanzas Die an lé ind. Geröllns die aus N men jet h auch ye ich die eróllhalit: i y denen ' Ý die nden mit jt ind 45 in den chemischen Verhältnissen der neuen Unterlage kein Hinderniss ihres Fortkommens finden. Je tiefer und ent- fernter aber der neue Ansiedlungspunkt von dem ursprüng- lichen Standorte liegt, je mehr Bäche und Flüsse bereits zusammengeströmt sind, und je mehr sich daher die Ge- schiebe des Flusses gemengt haben, desto mehr wird auch die Möglichkeit des Gedeihens eingeschränkt. Alle jene Pflanzen des Schiefergebirges, für welche der Kalk ein tödtliches Gift ist, gehen in jenen Ufergebieten, wo sich schon die Gerölle des Schiefergebietes mit den Ge- röllen des Kalkgebirges gemengt haben, während des Keimens oder kurz nach dem Aufsprossen zu Grunde. Man kann diese Erscheinung sehr schön in allen jenen Alpengegenden beobachten, wo Kalk- und Schiefergebirge an einander grenzen. So weit die aus den centralen Schieferalpen kommenden Bäche in einem Terrain ver- laufen, welches kalklos ist, oder doch nur ausserordentlich geringe Mengen von Kalk besitzt, finden sich auch in tiefen Lagen im Ufersande zahlreiche Pflanzen der höheren Gipfel vor. Geum reptans, Artemisia mutellina, Hieracium albidum, Chrysanthemum alpinum, Achillea moschata, : Oxyria digyna, Juncus trifidus, Trifolium badium, Hiera- cium alpinum und Veronica fruticulosa sprossen dort oft in grossen Mengen aus dem Quarzsande und zwischen den Schiefergeröllen in der Region des cultivirten Landes empor und kommen sogar zu ganz schönen und gut ent- wickelten Blüten. Sobald aber der Bach ein kalkreiches Terrain betritt oder Seitenbäche aufnimmt, welche aus Kalkgebirgen herstammen und Kalkgeschiebe und kalk- hältiges Wasser mitbringen, sind alle diese Pflanzen plötz- lich wie spurlos verschwunden. Da nun aber unsere centralen Schieferalpen ringsum von Kalkzügen einge- schlossen sind, und die aus den Centralalpen kommenden Gewässer die Querthäler des Kalkgebirges passiren müssen, da endlich die Ufergeschiebe in dem alpinen Vorlande zum grösseren Theile aus Kalksteinen und Kalksand þe- 46 stehen, so ist es erklärlich, dass alle jene kalkfeindlichen Pflanzen, welche in den Centralalpen in so grosser Menge verbreitet sind, nicht in den Ufergeschieben der präalpinen Ebenen vorkommen. Nebst diesen Gewächsen fehlen in den Ufergeschieben der präalpinen Ebenen auch alle.jene Alpenpflanzen, welche ihre langen Pfahlwurzeln in bündiges thoniges Erdreich einsenken wollen. Namentlich die "alpinen Leguminosen, die Phaca-, Oxytropis- und Astragalus-Arten, welche auf der tieferündigen zühen Bodenkrume mancher Alpenjócher so verbreitet sind, finden in dem Gerölle der Flussufer keinen zusagenden Standort und gehen daher dort, wenn sie auch aufgekeimt sind, bald wieder zu Grunde. Endlich fehlen auf den Ufergeschieben der präalpinen Ebenen auch alle jene Pflanzen, welche in den Alpen vorwaltend nur auf tiefem Humus vorkommen. Die immergrünen Rhodo- dendron-Arten, das Empetrum nigrum und die zwergige Azalea procumbens gedeihen im Hochgebirge in der Regel nur auf der Humusschichte, welche ihnen vorhergegangene Pflanzengenerationen vorbereitet haben. Sie finden sich auch dort oben nie in der ersten Generation, welche auf dem offe- nen Boden sich entwickelt, sendern müssen immer ihre Vor- männer haben, welche den Boden zu ihrer Aufnahme ge- eignet machen. Da ist es wohl natürlich, dass sie auch auf den humuslosen Geschieben der Flussufer nicht auf- kommen und daher dort niemals in vollkommen entwickel- ten Exemplaren angetroffen werden. Wenn wir aber erstens die kalkfeindlichen Pflanzen der Centralalpen, dann die Alpenpflanzen, welche thoniges Erd- reich verlangen, und endlich diejenigen Gewächse, welche erst über den vermoderten Resten vorhergegangener Gene- rationen sich ansiedeln können, ausschliessen, so bleibt uns ein verhältnissmässig nur kleines Häufchen von Alpen- pflanzen übrig. Wir haben dann schliesslich nur mehr jene Pflanzen, welche den Kalk vertragen, keines Humus bedürfen und daher in den Alpen auf Kalkfelsen, Schutt- |, dass st! sufer nidi mmen l Ikfelse": 47 halden und Grieslehnen vorkommen und dort die Rolle der ersten Ansiedler spielen. Und merkwürdig, — alle diese Pflanzen sind auch richtig schon hier oder dort in niederen Gegenden in den Geschieben der Bach- und Fluss- ufer aufgefunden worden. Nach der allgemein verbreiteten Ansicht soll ihr Vor- kommen auf den Kiesbänken der Alpenflüsse freilich nur die Bedeutung eines Zufalles besitzen und als eine ephe- mere Erscheinung aufzufassen sein. Wir können aber auf Grundlage unserer Beobachtungen und Erfahrungen diese Ansicht durchaus nicht theilen. Man kann aller- dings häufig-sehen, dass durch Veränderungen im Flussbett oder durch Ueberwuchern anderer Gewächse nachträglich manche einmal auf dem Flusskies angesiedelte Pflanze ver- schwindet. Diese Erscheinung kommt aber in ganz ana- loger Weise auch an den hochgelegenen Stammsitzen der Alpinen, nämlich auf den Felsen, Geröllen und Schutt- halden des Hochgebirges vor. Auch dort vernichten ja nicht selten Lawinengänge und Muhrbrüche die ersten Ansiedler der Pflanzenwelt, und auch dort wird ja die erste Generation früher oder später durch eine zweite überwuchert und in den Hintergrund gedrängt. Zudem lehrt uns ja die Erfahrung, dass das Auftreten der im Früheren aufgezählten Pflanzen an ihren näher bezeich- neten Standorten in Wirklichkeit kein ephemeres sei. Die ngaben über das Vorkommen der oben genannten Alpinen im Ufergeschiebe der Niederungen lassen sich in vielen Fällen in der Literatur weit zurück verfolgen, und wir finden manche fragliche Pflanze heute richtig noch in denselben Gegenden, wo sie vor mehr als einem halben Jahrhundert Schrank und Wulfen, oder noch früher Clusius und andere Väter der Botanik angegeben haben. Auch spricht der Um- stand, dass die Erscheinung sich an so vielen den Alpen entströmenden Flüssen, von der Iller hinab bis zur nieder- österreichischen Schwarza, so gleichmässig wiederholt, ganz gegen die Annahme eines blossen Zufalles, und wir 48 glauben daher vielmehr die Behauptung aussprechen zu dürfen, dass für alle jene Alpenpflanzen, welche die Rolle erster Ansiedler spielen, und weder den Kalkboden scheuen. noch einen tiefgründigen Lehmboden verlangen, das Vor- kommen auf den Flussgeschieben der Niederungen ein ganz natürliches sei. Die Linie, welche die Flachlandsgrenze die- ser Gewüchse bildet, darf nicht, wie bei vielen anderen Pflanzen, als eine gerade und gleichmássig fortziehende ge- dacht werden, sondern verläuft mit unregelmässigen viel- fachen Krümmungen, die sich als langgezogene schmale Ausbuchtungen, entlang den Flussläufen, zungenförmig gegen das Flachland vorstrecken. Für unsere Zwecke ist das Vorkommen der Alpen- pflanzen auf den Schotterbänken der präalpinen Flüsse ganz besonders lehrreich. Im ersten Augenblick kann man sich natürlich nicht vorstellen, wie die Alpinen auf den dürren schattenlosen Schotterbänken, wo sie im Sommer der grössten Sonnenhitze ausgesetzt sind, Lebensbedin- gungen finden sollen, welche mit jenen der alpinen Re- gion übereinstimmen oder wenigstens als ein Surrogat jener alpinen climatischen Verhältnisse dienen sollen. Und dennoch ist es so. Giebt man sich die Mühe, die . Wurzeln der auf den Schotterbänken angesiedelten Alpen- pflanzen bis zu ihren letzten Endigungen zu verfolgen, $0 staunt man über die verhältnissmässig grosse Tiefe, zu der sie hinabsteigen. Immer findet man, dass sie in einen feinen Sand eingebettet sind, welcher ununterbrochen durchfeuchtet ist. Blickt uns auch die Schotterflüche an- fänglich als ein dürres Land entgegen, so überzeugen WI! uns doch schon nach Wegräumung der obersten Gerüll- stücke, dass ihr permeabler Boden von dem angrenzenden Flusswasser fort und fort befeuchtet wird. Selbst Jene Stellen, welche über dem Niveau des Flusses liege saugen in Folge der Hygroscopieität des Sandes ununter- brochen Wasser auf, und haben an dem Flusswasse! eine reichliche und ausgiebige unterirdische Quelle v0? en. ZUNgeN, nmen der Präalpinen } Augen | 49 Feuchtigkeit. Und auch die relativ feuchtere Atmosphäre. welche über dem Flusse lastet, ist wohl für das Gedeihen der Alpenpflanzen nicht gering anzuschlagen. Wir brauchen nur an die Nebelbänke zu erinnern, welche sich über den Flussbetten mit grósster Hartnäckigkeit noch stundenlang halten, wenn von dem angrenzenden Lande schon längst jede Spur des Nebels verschwunden ist, um damit die reichlichere Condensation von Dämpfen im Gebiete der Flussläufe zu constatiren. Auch auf die reichliche Thau- bildung, welche man am besten auf den Dampfschiffen be- obachten kann, wenn man Morgens aus der Cajüte auf das Verdeck heraufgestiegen ist, mag noch hingewiesen wer- den, um zu zeigen, dass die Feuchtigkeitsverhältnisse im Bereiche des Flussrinnsales gerade diejenigen sind, welche die Alpenpflanzen zu ihrem Gedeihen bedürfen. Die brennen- den Sonnenstrahlen, welche auf die schattenlosen Schotter- bänke fallen, und von denen man zu glauben versucht wird, dass sie die Kinder der kalten Alpenregion über kurz oder lang in dürres Heu umwandeln könnten, thuen in der That nicht den geringsten Schaden. Im Gegentheile sind die- selben gerade für die Alpenpflanzen . eine wahre Lebens- bedingung und fórdern nur ihr frisches blühendes Aus- sehen. — Dass dureh die Nühe des Flusses, der in der Regel noch zu einer Zeit mit Eis bedeckt ist, wenn sich anderwürts schon die ersten Frühlingsblüten zeigen, und der auch nach dem Eisgange noch durch geraume Zeit Schmelzwasser aus dem Gebirge mitbringt, welches sich wenig über 1? erhebt, die Vegetationsentwicklung auf den angrenzenden, nieht vom Hochwasser überfluteten Schotterbünken verzögert werden kann. braucht wohl kaum einer weiteren Auseinandersetzung , ebensowenig als es einer weiteren Erörterung bedarf, dass die Entwicklung jener Pflanzen, die erst nach Ablauf des Frühlingshoch- wassers aus dem abgelagerten Gerölle aufwachsen, schon in eine Zeit hinausfállt, in welcher die Länge der Tage bereits eine sehr bedeutende ist. -— Es sind demnach auf Kerner, Alpenpflanzen. [mm 50 den Schoiterbänken der Flüsse in der Ebene gerade jene Lebensbedingungen erfüllt, welche nach den im früheren Capitel gegebenen Erörterungen für die Pflanzen der Alpen- region von grósster Wichtigkeit sind, und es darf uns daher durchaus nicht mehr befremden, wenn wir so viele Alpinen ihren Verbreitungsbezirk bis auf die Flussgeschiehe der Niederungen ausdehnen sehen. 5. Es erübrigt jetzt nur noch, das Vorkommen der Alpenpílanzen in den Mooren der Niederungen zu besprechen. Das auífallendste Beispiel in dieser . Beziehung sind wohl die Torfmoore der südbairischen Ebene. In einer Seehöhe von 1800 — 2300 Fuss finden sich dort nach Sendiner: Cerastium alpinum, Lonicera coerulea, Gentiana lutea , acaulis, verna, Bartsia alpina, Pinguicula alpina, Primula farinosa, Auricula, Polygonum viviparum und Allium sibiricum. Die Legfóhre Pinus Mughus ist dort, wie überhaupt in allen am Nordrande der Alpen liegenden Hochmooren, eine der gewöhnlichsien Pflanzen. -An einigen Orten, nämlich bei Rothenbuch, Ammergau und Kempten, ist sogar das rostfarbige Alpenröschen Rhododendron fer- rugineum in die Torfmoore herabgestiegen, und Zwanziger fand auch das gewimperte Alpenróschen Rhododendron hirsutum in einem Torfmoore, dem sogenannten Ursprung- moore in der Gegend von Salzburg. — In den Torf- mooren bei Seefeld in Nordtirol beobachtete ich in einer Seehöhe von 3700 Fuss Carex capillaris und Gentiana excisa, und in den Mooren südöstlich von Wien finden sich in einer Seehöhe von 530 Fuss Pinguicula alpina, Primula farinosa und Gymnadenia odoratissima vor. — Noch viel bemerkenswerther als diese Fälle sind wohl die Vorkommnisse von Alpenpflanzen in den weiten Flach- ländern, welche sich an den Küsten der Nord- und Ost- see ausbreiten. Wir sehen natürlich ab von den zahl- reichen Gewächsen, die sich, wie z. B. Calluna vulgaris. idaea und Nardus stricta, in einer une Vaccinium Vitis Vork le d e ry p, Bezie Ebene. | y sich EP Pinguicula à n viviparım, Mughus isi Alpen lig nzen. And au und liar Inododendrul n und Zwan Rhodode imnten Urs - In dal ıtete ich à " 51 unterbrochenen Kette von Standorten von den 8000 Fuss hohen Rücken der Centralalpen und den höchsten Kuppen der sudetisch-herzynischen Berge in die nördliche Niede- rung und bis an den Saum des Belies ausgebreitet haben, und weisen hier vielmehr nur auf vereinzelte Vorkomm- nisse hin. So macht Boll auf den merkwürdigen Anblick aufmerksam, den die Flora der Moorwiesen am Tolense- fluss in Neubrandenburg und im nordöstlichen Meklenburg- Strelitz zeigt, und erwähnt z. B. dass dort nebst meh- reren anderen subalpinen Anklängen auch Primula fari- nosa zu Tausenden den kaum 40 Fuss über dem Spiegel der Ostsee erhabenen Boden bedeckt. Grisebach führt unter den Pflanzen der Emsmoore Empeirum nigrum und Lycopodium Selago auf, die in unseren Alpen kaum je- mals unter der oberen Baumgrenze aufgefunden wurden. Die Ursache aller dieser merkwürdigen Erscheinungen liegt wohl unzweifelhaft wieder in dem Umstande, dass die aufgezählten Pflanzen in den Mooren der Niederungen Lebensbedingungen finden, welche jenen der Alpenregion sich verähnlichen. Die gleichmässige ununterbrochene Durchfeuchtung des Bodens findet sich ja nirgends vollkom- mener, als in den Mooren, welche durch Torfbildung aus- gezeichnet sind, und was das Hinausschieben des Beginnes der Vegetationsentwicklung in die Zeit der langen Tage an- belangt, so können wir uns an jedem Torfmoor von dem- selben die genügende Ueberzeugung verschaffen. Wenn ringsum auf dem trockeneren Lande schon alles grünt und blüht, so liegt der durch stete Verdunstung abgekühlte Torf- moor*) noch wie eine braungelbe Insel ausgebreitet. an *) Gümbel hat gezeigt, dass die Quellen Mine aus Torf nooren entspringen, entschieden kälter sind, als A OH a aus nicht versumpftem Boden. S em Poe 8 asselbe beobachtete ich im oberösterrei- ehischen en Vergl. Verhandl. des z. b. Vereins in Wie pag. 214 4* 52 welcher der Lenz spurlos vorübergegangen zu sein scheint, Erst zu Ende April beginnt auch dort ein junges frisches Pflanzenleben zu erwachen. — Was noch insbesondere die Torfmoore der nördlichen Küstengegenden anbelangt, so darf uns dort das Vorkommen von Alpenpflanzen um so weniger wundern, weil dort zu den in mehr südlich und continental gelegenen Torfmooren wirksamen Ver- hältnissen auch noch der Einfluss des feuchten Seeclimas und der nördlicheren Lage kommt. Die feuchte Luft des Küstenclimas und die durch die nördlichere Lage ver- grösserte Länge der Sommertage sind ja auch die Ur- sache, dass in jenen Landschaften die meisten unteren Pflanzengrenzen viel tiefer herabrücken. und dass z. B in den Niederungen an der Ostsee Pflanzen, wie Ane- mone vernalis, Linnaea borealis, Arctostaphylos officinalis, Ajuga pyramidalis, Trientalis europaea und Poa sudetica vorkommen, die in dem Gebiete der Alpen nirgends unter der Hóhe von 3000 Fuss Seehóhe angetroffen werden. Zum Schlusse müssen wir hier noch einschalten, dass zahlreiche Pflanzen, welche wohl nicht auf den Namen Alpenpflanzen Anspruch machen können, wie z. B. Par- nassia palustris, Succissa pratensis, Molinia coerulea, die aber nichtsdestoweniger auch in der Alpenregion ange- troffen werden, in Betreff ihres Standories die Eigen- thümlichkeit zeigen, dass sie in der Ebene in den For- mationen der Sümpfe, auf den Hochgebirgen dagegen auf nicht sumpfigen Wiesen vorkommen. — Die Erklärungs- weise dieser Erscheinung ist wohl ganz dieselbe. wie sie gerade früher für das Vorkommen der Alpenpflanzen in Torfmooren angegeben wurde, und wir erachten es daher für überflüssig, dieselbe nochmals des Breiteren ausein- anderzusetzen. Wenn wir nun alle im Früheren mitgetheilten Be- obachtungen und Erläuterungen über das spontane Vor- |penregion & orles die È bene in da! Breiteren # night, g spi 53 kommen der Alpenpflanzen in niederen Gegenden über- blicken. so kommen wir zu folgenden Resaltaten: Der Wechsel von Durchfeuchtung und Austrocknung des Bodens ist für die Alpenpflanzen hóchst nach- theilig und setzt in unseren Gegenden ihrer Ver- breitung gegen das Tiefland zu in den meisten Fällen eine untere Grenze. Diese untere Grenze erscheint überall dort bedeutend hinabgerückt, wo durch eigenthümliche locale Ver- hältnisse der nachtheilige Wechsel in dem hygro- scopischen Zustande des Bodens eliminirt und eine gleichmässige und ununterbrochene Durchfeuchtung des Substrates herbeigeführt wird. Dabei ist es im Allgemeinen ziemlich gleichgültig, auf welche Art die gleichmässige Befeuchtung zu Stande kommt. Am günstigsten aber scheint doch jene zu sein, welche durch grosse relative Luftfeuchtigkeit und durch ver- mehrte Thau- und Nebelbildung eingeleitet wird. Es ist für die Alpenpflanzen eine höchst wichtige Lebensbedinguug, dass der Beginn ihrer Vegetations- thätigkeit in eine Periode fällt, in welcher die Tages- länge schon eine sehr bedeutende ist, und in welcher daher das Tageslicht und die Tageswárme durch móglichst lange Leitráume ununterbrochen auf die Pflanzen einwirkt. Standorte, an welchen durch was immer für einen Einfluss im Frühling die Entwicklung verzógert wird. zeigen daher bei gleichzeitigen günstigen Feuchtigkeitsverhältnissen des Bodens auch in ge- ringer Seehöhe Pflanzenarten. welche sonst nur in hóheren Regionen vorkommen. Directe Besonnung ist für das Gedeihen der meisten Alpenpflanzen im Thale nicht nur ohne allen Nach- theil, sondern geradezu förderlich, wenn anders die im Früheren aufgezählten Lebensbedingungen erfüllt sind. w 2" > Q 54 6. Der grössere Luftdruck in den niederen Gegenden ist für die Alpenpflanzen ohne nachtheiligen Einfluss, T. Niedere Temperatur ist für die Alpenpflanzen keine Lebensbedingung. Diese Resultate sind nun für denjenigen, welcher sich in niederen Gegenden mit der Cultur der Alpenpflanzen abgeben will, gewiss nicht entmuthigend; denn sie zeigen, dass wir jene Eigenthümlichkeiten der Alpenregion, welche für das Gedeihen der Alpinen von grösster Wichtigkeit sind, auch im Thale künstlich herstellen können, und dass anderseits jene Verhältnisse, welche wir im Thale nicht nachahmen könnten, für die Alpenpflanzen ohnedies ganz gleichgiltig sind. Niedere Temperatursgrade und geringen Luftdruck könnten wir den Alpenpflanzen in den niederen Gegenden unsererer Breiten nicht bieten. ausgenommen, wir würden sie unter den Rezipienten einer Luftpumpe stellen und einen Eiskeller zu Hülfe nehmen, was wohl wenig Anklang in der practischen Gärtnerei finden dürfte, Zum Glücke bedürfen wir aber auch dieser Hülfsmittel nicht, da uns die Erfahrung zeigt, dass die Alpenpflanzen auch unter dem Gewichte einer höheren Luftsáüle noch nicht den Athem verlieren und sich auch aus einer hohen Sommertemperatur nicht viel machen, wenn nur für eine möglichst lange Verzögerung der Vegetationsentwicklung im Frühlinge, und für eine ununterbrochene und gleich- mässige Befeuchtung des Bodens Sorge getragen ist. Und diese letzteren Lebensbedingungen herzustellen, kostet in der That eine im Verhältnisse zu dem Erfolge ansser- ordentlich geringe Mühe. ie Aufgabe der folgenden Zeilen wird es nuh sein. das Verfahren anzugeben. welches sich zur Herstellung der für das Gedeihen der Alpenpflanzen in niederen Ge- genden nothwendigen Bedingungen am meisten empfiehlt. und welches uns die umfangreichen Versuche im Innsbrucker botanischen Garten als das zweckmässigste bewährt haben. rei finden d eser Hill die Alpen Luftsäule ı | aus einer enn nur fir: itionsentwiti vene und g etragen ist | stellen, Kost Erfolge 1 (ird es pui * zur in m yeisten y im In he IM m jg Dew Fünftes Capitel. Lage und Form der Alpenpflanzenanlage. Die Meinung. dass die Alpenpflanzen als Sprösslinge einer kalten Heimat sich in der wärmeren Luft unserer niederen Gegenden unbehaglich fühlen, hatte zur Folge, dass man in früherer Zeit die Alpinen immer in die kühlsten Winkel der Gärten setzen zu müssen glaubte. Man wählte für sie Plätze aus, welche von mächtigen Laubkronen überwölbt waren, und pflanzte, um den Schatten recht dicht zu machen, noch überdiess rings um die An- lage zahlreiche Sträucher und Bäume an. Die Kinder des Lichtes wurden nun in diese kühlen, dunklen, dicht- schattigen Winkel zwischen Steintrümmer in Haideerde gepflanzt, und sollten in dieser Verbannung denselben Schmelz der Blumenkronen zeigen, mit welchen sie an den sonnigen Felsgräten des Hochgebirges prangen. Eben erst von den Alpen mit ihren ganzen Wurzelballen ent- nommen. schienen sie auch, an solche Stellen verpflanzt. im ersten Jahre sich nicht ganz schlecht zu gefallen, ent- wickelten sogar willig Knospen und Blüten und brachten es mitunter sogar zum Reifen der Samen. Aber ge- wühnlich schon im darauffolgenden Jahre wollte es mit dem Blühen nicht mehr recht vorwärtsgehen. Die meisten Pflanzen trieben nur mehr Blátter, vergilbten endlich mehr und mehr und waren schliesslich nach einigen Sommern spurlos verschwunden. An der Stelle der mit grosser Mühe und grossen Kosten von den Berggipfeln eninom- menen und in den Alpengarten verpflanzten Gewächse. wucherte jetzt in dem schattigen Dunkel ganz lustig die üppig grüne Marchantia polymorpha und verdrángte schliesslich auch noch die wenigen standhafteren Arten, die sich sonst aus schattigen Standorten eben nicht viel daraus machen. Noch gegenwärtig kann man in solche mit Marchantien überwucherte welche als Alpenpflanzenplantage gezei die man, um den Schein zu retten , Erfahrungen früherer Jahre‘, Bergen herabgeholte Opfer Grunde gehen lässt. Nach der aus den früheren Capiteln gewonnenen Er- kenntniss der Lebensbedingungen der Alpenpflanzen giebt es aber zu einer Anlage für diese Gewächse keine un- geeigneteren Orte, als solche dichtschattige Winkel, von denen jeder Sonnenstrahl durch die überwölbenden Baum- kronen abgehalten wird. — Je mehr Licht die Alpen- pflanzen während ihrer Vegetationszeit bekommen können, desto besser. So lautet der Wahlspruch, den wir bei der Anlage eines Alpenpflanzengartens festhalten müssen, und der uns in der Weise leiten wird, dass wir freie Plätze, die im Sommer von frühem Morgen bis zum späten Abend Sonnenlicht haben und zu dieser Jahreszeit gar nicht oder möglichst wenig beschattet sind. allen anderen Locali- täten zur Anlage eines Alpengartens unbedingt vorziehen. Aus unseren früheren Untersuchungen ging nun aber auch weiter hervor, dass, wenn anders die Alpinen ein gedeihliches Fortkommen zeigen sollen, ihr Erwachen aus dem Winterschlafe erst in eine Zeit fallen dürfe, in welcher die Tageslänge schon eine sehr bedeutende ist. Dieser Bedingung in unseren ebenen Landschaften Rech- nung zu tragen, ist nun allerdings etwas schwierig. Das einzige Mittel. welches wir zur Verzógerung der Vege- tationsentwicklung in Anwendung bringen können. besteht darin, dass wir = Winter die Anlagen mit hohen Wällen von zusammengeschaufeltem Schnee umgeben und über- diess für den Fall, als die Alpenpflanzenanlage die Form von Steinhügeln besitzt, auch jene Zwischenräume, welche sich als Wege zwischen den Steingruppen durchziehen. mit Schneemassen ausfüllen. Dieser Schnee wird fest zahlreichen Gärten Steinhaufen sehen. gt werden und auf trotz der traurigen immer wieder neue von den jährlich einpflanzt und zu hlreją leinha N uf, | We a MHz der N ler Neng pa A rect auf die Alpinen einfallen lässt.*) ^ 57 zusammengeballt, zusammengestampft und | zusammenge- treten, und am Beginne kalter Nächte fleissig mit Wasser überschüttet, so dass er sich schliesslich in eine körnige Eismasse umwandelt. Ueberdiess bedeckt man diese Eis- masse noch mit dürrem Laub und Tannenreisig oder mit einer Schichte von Moos. Stroh oder Sägespähnen. und kann dann sicher sein. dass dieselbe selbst den warmen Regen des Frühlings eine geraume Weile zu widerstehen vermag. — Die körnige Eismasse entzieht natürlich bei ihrem langsamen Schmelzen der umgebenden Luft und der umgebenden Erde fort und fort eine grosse Menge von Wärme und erhält hiedurch die angepflanzten Alpinen noch durch ziemlich lange Zeit im Winterschlafe. — lóchst zweckmässig ist es auch. die Eismassen vor di- reeter Insolation durch irgendeine schattengebende Wand zu schützen. Man erreicht diess wohl am besten durch eine Mauer, welche die ganze Alpenanlage gegen Süden zu abgrenzt, und die gerade so hoch ist, dass sie bis Ende April die Alpenplantage beschattet und erst bei dem höheren Stande der Sonne im.Mai die Sonnenstrahlen di- Durch eine solche Mauer wird beiden im Früheren erörterten Lebensbedin- gungen Genüge geleistet. In der Zeit unseres Thalfrühlings wird nämlich dadurch auf der Alpenanlage das Erwachen der Vegetation möglichst hintangehalten, und im Mai, und Juli die für das Gedeihen der Insolation doch nicht behindert. Juni Alpinen so wichtige Es versteht sich wohl *) Zur Bestimmung dieser Höhe diene folgende Tabelle: Höhe der schattenwerfenden Wand, wenn die Breite des Mittags- sch l werden soll: chattens = Geogr. Breite l. April 1. Mai 1. Juni 30 1. 1390. 15 67191. 2. 2602 47° 1. 1003. 1. 6149. 2. 1576. 48° 1. 0624. pow. 2::0625 49* 1. 0259. 1. 4956. 1. 9740 58 von selbst. dass eine solche Mauer auch durch die Front eines Gebäudes, etwa eines Glashauses, ersetzt sein kann. Ja es würde ein solcher Ersatz sogar insoferne sehr zweckmüssig sein, als man dabei das auf die Bedachung des Gebäudes niederfallende Regenwasser gewinnen und in Bottichen, die neben der Alpenanlage zu stehen kommen, tl Ey sammeln könnte. *) Da wir endlich ermittelt haben, dass eine ununter- brochene und gleichmässige Durchfeuchtung des Bodens für das Gedeihen der Alpenpflanzen eine nicht zu um- gehende Lebenshedingung ist, so wird bei der Anlage des Alpenpflanzengartens auch wesentlich darauf gesehen werden müssen, dass eine zur Bewässerung hinreichende Wassermenge zu allen Zeiten vorräthig sei. — In einem Garten, welcher den Vortheil eines durchfliessenden Baches oder einer Quelle besitzt, oder der sich am Ufer eines Sees, Teiches oder Stromes ausbreitet, bringe man die Alpenpflanzenplantage in möglichster Nähe dieser Gewässer an. Die glücklichste Localität wäre jedenfalls eine kleine Insel in der Mitte eines Teiches oder fliessenden Was- sers. — Dort aber, wo alle diese Vortheile nicht vor- handen sind, sorge man wenigstens für ein paar Bassins in der Mitte oder am Rande des Alpengartens, die stets mit zugeleitetem oder gepumptem Wasser leicht versorgt werden kön‘.en. Auf dem mit Berücksichtigung der eben gegebenen Vorschriften. gewählten Platz mag man nun getrost die Alpenpflanzenanlage errichten. ie Form, welche man nun der Alpen pflanzenanlage giebt, und die Art und Weise, wie man das Substrat für die anzupflanzenden Gewächse zurechtlegt, richtet sich zum Theile nach dem Geschmacke des Cultivateurs und nach den Zwecken, welche bei der ' : üsseruDg Wir werden später bei Besprechung der Bewässerlfr ) 1 hierauf nochmals zurückkommen. Del ipe ef Dui | | duty, e tse, r Lu u ae n. n "ung hinreig sel, liessenda ] ch am Ule, . bringe m e dieser (ni enfalls eint Niessenden | theile idi: ein paar lé rartens, dei er leicht và eben ve |j nun der Al Art und ý T dem 0% p zende g der p^ — li . 59 Cultur verfolgt werden, zum Theile nacli den zur Dispo- sition stehenden Räumlichkeiten und nach dem Baumate- ridlien, welche man in der Umgebung eerade vorräthig findet. Wir wollen nun im Nachfolgenden versuchen, alle bisher in Anwendung gebrachten Alpenpflanzenanlagen, die sich als zweckmässig bewährten, zu besprechen, und glauben, dass sich unter denselben wohl für jeden Ort. für jeden Zweck und für jeden Geschmack eine passende und zusagende Form werde finden lassen. 1. Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen. Will man Alpenpflanzen am Fenster ziehen, so eignet sich hiezu nur eine Anlage, zu welcher Töpfe in Ver- wendung gezogen werden. Am zweckmässigsien wird eine solche Anlage in folgender Weise zugerichtet. Man lässt sich 6 Zoll hohe Blechkisten anfertigen, deren Um- fang dem Raume entspricht, welchen man am Fenster zur Verfügung hat. Nahe dem Boden wird an jeder der beiden gegenüberliegenden schmalen Seiten der Kiste ein Loch angebracht, und entsprechend 'der hier eingeschal- teten Durchschnitiszeichnung in das eiue dieser Löcher eine unten knieförmig gebogene. nach Aufwärts trichterförmig erweiterte Glasröhre, in das andere eine kurze Röhre, welche durch einen Hahn ver- schliessbar ist, eingekittet. Etwa einen Zoll über dem Boden wird an der inneren Seite der vier Kistenwände eine Leiste angebracht, welche als Stütze für einen zweiten Böden (A) dient, der in die Kiste eingelegt wird. Dieser zweite Boden besteht aus einem grossmaschigen Draht- 60 gitter und trägt die in die Kiste einzusetzenden Töpfe mit Alpenpflanzen. Um die Krümmung dieses zweiten Bo. dens, welche allenfalls durch die Schwere der Töpfe veran- lasst werden könnte, unmöglich zu machen, wird das Gitter mit einigen kreuzweise verlaufenden Stäben und einem festen Rahmen aus Eisen versehen. Auf das Gitter, welches also gewissermassen einen oberen Boden der Kiste bildet, wer- den nun, wie schon erwähnt, die Töpfe gestellt, deren Boden von 3 bis 4 ziemlich grossen Löchern durehbohrt sein muss. Die zwischen den Töpfen sich ergebenden Zwischenräume werden mit Moos (B) ausgestopft, welches man am besten von den Arten der Gattung Sphagnum nimmt, Auf welche Weise den am Fenster cultivirten Alpinen mit Hülfe des eben geschilderten Apparates eine fort- währende gleichmässige, aber nicht übertriebene Feuchti- keit zugeführt werden kann. soll noch später bei Be- sprechung der Bewässerung angeführt werden. Hier sei nur soviel erwähnt, dass der untere Raum der Blechkiste fortwährend mit einer Schichte von Wasser (C) gefüllt blei- ben muss, und dass man den Wasserstand dieses unteren Raumes, über dessen Höhe die Höhe der Wassersäule in der Glasröhre Aufschluss giebt, durch Zugiessen in den Glastrichter und Ablassen aus dem mit einem Hahne ver- sehenen Abzugsrohre leicht regeln kann. Zu bemerken kommt nur. noch, dass es auch zweckmässig ist, eine etwa 5 Zoll lange Glasröhre, deren untere Oeffnung in den theilweise mit Wasser gefüllten unteren Raum der Kiste ausmündet, zwischen das Moss zu stecken. damit die Luft, welche durch nachgegossenes Wasser aus dem unteren Raume verdrüngt wird, leicht entweichen kann. Wührend des Winters werden die in der eben ge- schilderten Kiste enthaltenen Tópfe mit den Alpenpflanzen in einen kühlen schattigen Winkel des Gartens. am besten an der Nordseite einer Mauer. in Sand eingesenkt, auf die später noch ausführlicher zu besprechende Weise zU- gedeckt und ringsum mit einem mächtigen Wall von 61 Schnee umgeben. den man durch Uebergiessen mit Wasser in eine Eismasse umzuwandeln sucht. Man lässt dort die Töpfe solange, als sieh die Alpinen im Winterschlafe erhal- ten. ruhig stehen, und erst dann, wenn man ein Aufbrechen der Knospen und ein Hervordrängen der jungen Blätter und Blütenstände bemerkt, was bei sorgsamer Einhaltung der im Früheren gegeben Verhaltungsmassregeln kaum vor Ende April oder Anfang Mai stattfindet, bringt man die Töpfe wieder in die mit Moos gefüllte Kiste an das Fenster, wo sie dann bis zum Herbsie verbleiben können. Handelt es sich darum, mit möglichst einfachen Mitteln und mit móglichster Sparung des Raumes viele Alpen- flanzen das ganze Jahr über im Freien zu ziehen, so ist gleichfalls die Cultur in Töpfen ganz zweckmässig, und zwar würde sich in einem solchen Falle eine Anlage als besonders geeignet empfehlen, von welcher wir hier eine Durchschnittszeichnung einschalten. | Man füllt den Raum einer ringsum mit Brettern aus- gekleideten Vertiefung mit einer zwei Zoll dicken Lage groben Schotters und schichtet darüber etwa 6 Zoll hoch Quarzsand (A) in der Weise auf, dass der Rand der Bretter- verkleidung an der Nordseite 6 Zoll, an der Südseite 2 Zoll über die Oberfläche der Sandschichte emporragt. In den Sand werden dann die mit Alpenpflanzen besetzten Töpfe oder Tróge in der Weise eingesenkt, dass sie mit ihrem Rande einen Zoll über die Oberflüche des Sandes emporragen. Die Räume, welche sich zwischen den etwas emporragenden Tópfen oder Trógen ergeben, stopft man 62 dann mit Moos (B) aus, und wählt dieses wieder am Zweck. mässigsten von den Arten der Gattungen Sphagnum oder Hypnum. Diese letztere Vorsicht ist darum unerlässlich, weil sonst bei Gewitterregen der Sand durch die niederfallen- den schweren Tropfen in die Töpfe geschlagen wird und hiedurch die eultivirten Pflanzen Schaden leiden könnten, Neben den Beeten hält man Bretier vorräthig, welche hei argem Unwetter und im Winter auf die hölzerne Einfassun des Beetes in schwach geneigter Stellung gelegt werden. Die Töpfe müssen aus sehr hartem Töpfergut sein, um dem Einflusse des Frosies widerstehen zu können. Immer muss man aber bei der Anwendung von Thongeschirren in den eben geschilderten Erdkisten darauf gefasst sein, alljährlich einige derselben durch den Frost zersprengt zu sehen und auf diese Weise zu verlieren. Hölzerne Tröge sind dieser Gefahr nicht ausgesetzt, doch haben diese wieder den Nachtheil, dass sie über kurz oder lang morsch werden und diher ein . Umsetzen der cultivirten Pflanzen nothwendig machen. Da es übrigens nichts weniger als bequem ist, die in flachen Beeten eingesenkten kleinen Alpinen von einem Wege aus zu beobachten, der mit den Beeten in fast gleicher Hóhe liegt, so hat man es auch versucht, zwischen den mit Tópfen besetzten Beeten tief eingeschnittene Wege anzubringen, in der Art, dass man dann, auf dem Wege stehend, die zu pflegenden Pflanzen beiläufig in Brust- höhe vor sich hat. Braucht man dabei einige Kosten nicht zu scheuen, so lässt man die Sandbeete mit den eingesenkten Töpfen auf gemauertem Untergrunde al bringen und mit hölzernen Rahmen einfassen. Einer der- arligen Anlage dürfte dann am zweckmässigsten die Form gegeben werden, welche durch die hier folgende sche- matische Zeichnung ersichtlich gemacht wird. " Thon auf gelas Frost lieren, li etzi, dod | er kurz ole en der cli »equem isti \lpinen va: en i ‚ersucht, s yeschnittar! i, auf den! yeiláulig in? ei einige ! andbeele 5 Unter" | asse. ^. — er folg wird. 63 ^ EZ Gr 7 WR Zwei Wege führen der ganzen Länge nach durch den Raum der Anlage und sind in der Mitte und an den beiden Enden durch kleine Querwege mit einander in Verbindung gebracht. An den beiden schmalen Seiten der Anlage führen Stiegen zu den vertieften Wegen hinab. Die ge- mauerten Untersätze, welche die Sandbeete tragen, dürfen nicht zu breit'sein, um nicht die Pflege der zu culti- virenden Pflanzen unbequem zu machen. Am besten eignei sich für das mittlere Beet eine Breite von 3 Schuh, für die beiden seitlichen Randbeeten eine Breite von 1 Y, Schuh. Zur Bedachung können entweder Bretter oder Glasfenster mit Schattendecken benützt werden, wobei sich wohl von selbst versteht, dass diese nur im Winter, und nur bei Hagelschlägen, heftigen Regengüssen u. dgl. auch im Sommer in Verwendung gezogen werden. Am zweck- mässigsien richtet man die Bedachung in der Art ein, dass sich die Bretier oder Fenster von beiden langen Seiten der Anlage emporheben und über dem mittleren Beete in einen First vereinigen. Die Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen hat jedenfalls einige nicht zu läugnende Vortheile. Sie ermöglicht näm- lich eine sehr genaue Uebersicht und eine leichte Rein- haltung der Anlage. Sie macht es auch leicht möglich, die Alpinen nach ihrer systematischen Verwandtschaft zu gruppiren, was bei keiner der anderen Culturen so con- 64 sequent durchgeführt werden kann, und endlich, was uns das Wichtigste scheint, die Cultur in Tópfen gestattet zy jeder Zeit, die Pflanzen mit ihrem Topfe auszuhehen, dieselben in das Zimmer zu bringen, dort bequem zu studiren, allenfalls nach dem Leben zu zeichnen und sie endlich wieder ganz unversehrt in die Anlage zurück zu versetzen. — Die Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen wird darum auch in mehreren Gärten allen anderen vor- gezogen. Am grossarligsien und erfolgreichsten wird dieselbe wohl von unserem ausgezeichneten Schott in Schönbrunn ausgeführt. Im botanischen Garten zu Halle werden die Alpinen gleichfalls in Tópfen cultivirt. Hampe in Blankenburg am Harz, der sich seit vielen Jahren mit ausgezeichnetem Erfolge der Cultur der Alpenpflanzen widmet, hat gleichfalls neben seinen fünf Felsengruppen eine Pflanzschule, in welcher er Alpinen in Töpfen zieht. Ebenso haben wir im Innsbrucker botanischen Garten neben dem für Alpinen bestimmten, noch später zu besprechen- den Felsenbau eine Pflanzschule, in welcher viele Tausend Doubletien in hölzernen, in Sand eingebetteten Trögen culüvirt werden. Ueberhaupt wird jeder. der sich eine der später zu schildernden Anlagen für Alpenpflanzen er- richtet, immer gut thun, nebenbei auch eine Pflanzschule mit Töpfen anzubringen, da es jedenfalls vortheilhaft sein dürfte, Doubletten zum Tausche vorräthig zu halten und anderseits nur zu häufig auch erwünscht ist, einzelne auf der zweiten Anlage zu Grunde gegangene Exemplare aus einem Reservefond zu ersetzen. une 2. Cultur der Alpenpflanzen in flachen Beeten. ohne Anwendune von Tö pfen. An Orten, wo weit und breit kein Stein zu finden ist und wo man aus was immer für Gründen die Cultur in Töpfen vermeiden will. eignet sich für die Alpenpflanzen am besten eine Anlage, welche auf folgende Art zuge- ne Exempli lachen Bi i pfen 65 richtet wird. Man hebt an der Stelle, welche zur Auf- nahme der Alpenpflanzen dienen soll, die gewöhnliche Erde CA) in einer Tiefe von 6 bis 8 Zoll aus und verkleidet die Ränder der hiedurch entstandenen Vertiefung mit Bretter- wänden, welche durch eingeschlagene Pflöcke gefestiget werden. Die Bretter, welche sich hiedurch zu einem Rahmen für das herzustellende Beet vereinigen, lässt man entsprechend dem hier eingeschalteten Durchschnitte ein paar Zolle über den Rand der Vertiefung emporragen. Den Grund der Vertiefung füllt man mit einer dünnen Lage von Schotter (B) aus und versieht überdiess die tiefste Stelle mit einer Drainageróhre (D), welche zur Entfernung des überflüssigen Wassers dient. Ueber der Schotterlage wird die Erde, welche die Alpenpflanzen aufnehmen soll (C), aufgeschüttet und dann fest nieder- gedrückt, so zwar, dass die Oberfläche der aufgeschütteten Erde ein paar Zoll unter das Niveau des umgebenden Erdreiches zu liegen kommt. Die aufgeschüttete Erde wird je nach den Gewächsen, die man gerade an einer Stelle anzupflanzen beabsichtiget, auch entsprechend ge- wählt und wir verweisen in dieser Beziehung auf das sechste Capitel, in welchem das Substrat der Alpen- pflanzen einer ausführlichen Besprechung unterzogen wer- den soll. Die in der angegebenen Weise hergerichteten Beeten werden am zweckmässigsten nach dem umstehend einge- schalteten Plane gruppirt. Sie sollen die Breite von 4 Schuh Kerner, Alpenpflanzen. 5 SN SS E E Tj; ` nicht überschreiten, damit man die angepflanzten Gewächse immer von der einen oder anderen Seite leicht erreichen kann. Die Länge der Beeten aber, so wie die Zahl der- selben richtet sich natürlich ganz nach dem Raume und Bedürfnisse, so wie nach dem Geschmacke des Pflanzen- züchters. Diese Art der Alpenpflanzenanlage wurde vor Jahren in dem botanischen Garten zu Töien bei Christiania in's Leben gerufen, und hat sich dort nach den Mittheilungen des für sein Fach wahrhaft begeisterten Obergärtners Moe*) auf das glänzendste bewährt. Sie ist ‚jedenfalls unter allen Culturarten die einfachste und billigste, hat aber das Unbequeme, dass man aufrechtstehend die Pygmäen er Alpen in den flachen Beeten nur schlecht beobachten kann, und daher jedesmal, so oft man die nähere Bekannt- schaft mit einer der cultivirten zwergigen Arten machen will, sich an den Rand des Beetes niederknien muss. Aus diesem Grunde würden wir auch überall dort, wo €s nicht an Steinen mangelt, einer der beiden nachfolgenden Methoden vor der eben geschilderten entschieden den Vor- zug geben. 7) Veiledning til Dyrkning af glaciale, alpinske og arctiske Planter af N, Moe. Christiania 1862, nachfol® reden de : insk® % n 67 3. Cultur der Alpenpflanzen in Gruben mit terrassenförmig aufgestuften Steinwänden. Um die hier in der Ueberschrift bezeichnete Art der Alpenpflanzenanlage herzustellen, wird an jener Stelle des Gartens. zu welcher fliessendes Wasser mittelst einer Röhre am leichtesten zugeleitet werden kann, eine kreis- förmige Grube gegraben, deren Tiefe etwa 6 Fuss beträgt und deren Breite beiläufig 18 Fuss Ausmass zeigt. In der Mitte dieser Grube wird, wie es in. dem hier ein- geschalteten Durchschnitt der Anlage ersichtlich ist, ein K^, om eap A Umm Gl 222A e 5 es » I, 7. 7 r 7; a 1 DIE 7 7A 7] ED kleines Bassin angebracht und dieses mit einem Spring- brunnen versehen, dessen Wasserstrahl natürlich selbst dort, wo das dem Garten zukommende Wasser ein kaum merkbares Gefälle hat, ein paar Schuh hoch steigen wird, da die Mündung des Leitungsrohres um 6 Schuh unter der Oberfläche des Gartenterrains zu liegen kommt. Rings um das Bassin (A) wird ein Kiesweg (B)*) angebracht, von dem an zwei gegenüberliegenden Seiten der Grube steinerne Stiegen (C) zum Rand der Grube hinaufführen. Die Wände der Grube werden mit Bruchsteinen bekleidet und zwar in der Weise, dass sich das Gestein (D) in zwei oder drei Terrassen (E) gegen den oberen Rand der Grube aufstuft. Dabei muss darauf Rücksicht genommen *) Vergleiche die Zeichnung auf der nächsten Seite. 5% 68 werden, dass zwischen den Steinen zahlreiche Vertiefungen, Nischen und Klüfte übrig bleiben, die man mit der Erde ausfüllt, in welcher die Alpinen wurzeln sollen. iese Art der Anlage, von welcher der hier ein- geschaltete Plan eine richtige Vorstellung geben dürfte, z SS eignet sich vor allem für sehr trockene Gegenden, in welchen es grossen Schwierigkeiten unterliegt, den Boden gleichmässig und ununterbrochen feucht zu halten. Sie wird im königlichen botanischen Garten zu München mit gutem Erfolge angewendet. SI 4. Cultur der Alpenpflanzen auf Steinhügeln. Die Anzucht der Alpinen auf Steinhügeln ist unter allen Culturarten die beliebteste und wohl auch verbrei- tetste. — Entsprechend den Zielen, die man aber mit der 69 Cultur anstrebt, und entsprechend der Form des zur Ver- fügung stehenden Raumes, unterliegt dieselbe manchen nicht unwesentlichen Modilicationen. Hat man z. B. den Raum längs einer niederen Mauer, einer Felswand oder einer Erdscarpirung zur Anlage der Alpenplantage aus- ersehen, so ist es am zweckmässigsten, die Steine in der Art am Fusse der Mauer oder Felswand aufzustappeln, dass durch dieselben schmale. langgestreckte Terrassen gebildet werden, welche mit der Mauer oder Felswand parallel laufen iid sich stiegenfórmig gegen dieselbe em- porheben. Diese Methode findet sich z. B. im Parke des Stiftes Lilienfeld, im Binder gsti oahiselian Fraisenthale in Anwendung gebracht. * at man dagegen die Wahl des Platzes ganz frei, so ist es vorzuziehen, Steingruppen aufzubauen, welche sich von allen Seiten terrassenfórmig aufstufen und daher ringsum bequem zugänglich sind. Man gewinnt hiedurch eine viel grössere Mannichfaltigkeit von Standorten und kann die Pflanzen je nach ihrer Vorliebe für. südliche, ‚östliche, westliche oder nördliche Seiten auf den Stein- hügeln entsprechend vertheilen. Dabei halte man den Grundsatz fest, statt einigen grossen Steinhügeln lieber recht viele kleine, dicht gedrängte, steil aufgeböschte *) Neben vier kleineren Alpenpflanzen- "Anlagen, deren zwei sich an Felsen anlehnen, findet sich dort auch ein Alpenpflanzen- garten, der sich in einer Breite von 2 — 2!/, Schuh und in bedeutenden Länge von 30 Klaftern längs der oberen Mauer des Stiftsparkes hinzieht. Diese Anlage datirt vom Jahre 5 her und bot seiner ia unter den sorgfältigen Händen der Herren ick Gottwald Dr. Lorenz einen prachtvollen Anblick, dar. Leider hatte prr in spüteren Jahren durch die Beschattung der in der Nähe angepflanzte dud inzwischen zu gewaltiger Hóhe angewachsenen Bäume, sowie durch die Vernachlässigung von Seite’ des ps sehr gelitten. Erst in der neuesten Zeit, seitdem Got wald wieder in das Stift Pics ist und dort das Amt nes Kümmerers versieht, steht zu hoffen, dass sie den alten Glanz und nes Bo erlangen werde. 70 Steingruppen zu errichten. Es. werden nämlich auf die el letziere Weise zahlreiche Zwischenräume erzielt, welche $i sich als Wege zwischen den Steinpartien durchwinden, y und durch deren rechtzeitige Ausfüllung mit Schnee und yé Eis das Erwachen der Alpenpflanzen aus dem Winter- E schlafe durch ziemlich lange Zeit hinausgeschoben werden ke kann. *) i sí Die Höhe der Steinhügel soll nicht mehr, als 6 Schuh pl erreichen und die Basis nicht über 4 Schuh breit sein; ei denn nur bei diesem Ausmasse hat man den Vortheil, zu — U jeder Stelle der Anlage ohne Turnerkünste bequem mit al den Händen hingelangen und die einzelnen Pflänzchen D ohne Rückenverkrümmung gut beobachten zu können — H Der hier eingeschaltete Plan stellt eine Anlage dar, welche d ap 7 is in Zi w er 80 de lai en C ge in ihren Dimensionen den eben gestellten Anforderungen EM entspricht und mit der Zweckmässigkeit auch eine ge- ze fällige Form vereiniget. ka In manchen Gärten, welche sich die Aufgabe stellen, auf das Publicum belehrend und anregend zu wirken, dürfte es gewiss auch recht zweckmässig sein, die Ver- theilung der Steinhügel in der Art vorzunehmen. dass sie den Gebirgsgruppen oder Bergzügen eines Landes i *) Vergl. S. 56. 71 entsprechen. -Man kann dann auch die. Alpinen auf den Steinhügeln: in ähnlicher Weise vertheilen, wie sie in Wirklichkeit auf dem dargestellten Gebirge im Grossen verbreitet sind; und wählt, man noch überdies zu den einzelnen Sieinhügelu Gesteine aus, welche in Wirklich- keit den Gesteinen des dargestellten Terrains entsprechen. so bietet die Anlage dem Publicum gleichzeitig ein orogra- phisches, geognostisches und pflanzengeographisches Bild eines Gebirges oder ganzen Landes dar. | Im «botanischen Universitätsgarten zu Innsbruck erscheint z. D. auf die angegebene Weise das Land Tirol im Kleinen dargestellt. Die dort errichteten acht Gesteinsgruppen stellen die Haupigruppen der tirolischen Alpen dar. Die mittlere, den Centralalpen entsprechende Partie der ganzen Anlage ist aus kristallinischen Schiefern aufgebaut. und zerfällt in vier getrennte Massivs. welche den Ortles-, Oetzthaler-. Zillerthaler- und Glockner- Stock repräsentiren, und so wie an der einen Seite dieser Stöcke die aus Kalksteinen errichteten Steinhügel die nördlichen Kalkalpen darstellen, so bilden die Steinpartien an der anderen Seite ein i der Höhenzüge im südlichen Theile des- tirolischen Berg- landes. Die unmittelbaren Einrahmungen der Wege wurden entsprechend dem tertiären Mittelgebirge auch aus tertiärem Conglomerat aufgebaut, und die Wege selbst verlaufen genau in derselben: Weise, wie die tirolischen Hauptthäler. Noch muss hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass es durchaus nicht gleichgültig ist, wie man die ein- zelnen: Steingruppen der Anlage aufbaut. Im Allgemeinen kann wohl die hier eingeschaltete Zeichnung. welche den 72 Durchschnitt zweier Steinhügel darstell t, als Vorbild dienen, Immer muss man aber auch darauf achten, dass die up. teren Schichten und das Innere des hügelförmigen Baueg aus einem Materiale bestehen;. durch welches das Wasser leicht durchsickern kann. Schotter, Ziegeltrümmer und Sand im bunten Gemenge, abwechselnd geschichtet mit grösseren und kleineren Steinen und mit Ballen von Torf- moos, bilden am zweckmässigsten den Kern der einzelnen Hügel, welchen man dann mit Bruchsteinen derart ver- kleidet, dass möglichst viele kleine Nischen, Ritzen und Terrassen entstehen. Was die Steine anbelangt, welche man zu dem Baue benützt, so wird man sich in der Regel wohl nach der Gegend richten müssen, in welcher der Alpengarten in's Leben gerufen werden soll. Mit Ausnahme von leicht verwitterndem mürbem Kalktuff und lockerem Sandstein, kann man auch alle Gesteine in Verwendung ziehen. Gut wird es aber immer sein. darauf Rücksicht zu nehmen, - dass einzelne Hügel bloss aus kalkhaltigen, andere da- gegen ausschliesslich nur aus möglichst kalkfreien Ge- steinen aufgebaut werden. Die Cultur der Alpinen auf Steinhügeln erfordert eine stete Ueberwachung und Pflege und insbesondere eine unausgeseizie Sorgfalt in der Entfernung von anderen, unberufen sich ansiedelnden Pflanzenarten. Stets rein gehalten bietet sie aber auch unter allen Culturformen den zierlichsten Anblick dar, und entspricht jedenfalls den natürlichen Verhältnissen. unter welchen sich die Alpen- pflanzen in ihrer Heimat befinden, am allermeisten. Sie eignet sich vorzüglich für jene Pflanzenzüchter, welche mit der Alpenpflanzenanlage ein Vegetationsbild der al- pinen Region darzustellen beabsichtigen, und denen es weniger um eine systematische Gruppirung der einzlenen Arten zu thun ist. Ausserdem besitzt die Cultur der Alpinen auf Steinhügeln den Vortheil leichter Zugänglich- keit, den Vortheil einer grossen Mannichfaltigkeit von andere i 73 Standorten, und insbesondere den Vortheil, dass man durch rechtzeitiges Ausfüllen der engen Wege mit Schnee und Eis das Erwachen der Vegetation im Frühlinge mit den geringsten Schwierigkeiten auf geraume Zeit hinaus zu verzögern im Stande ist. Sechstes Capitel. Boden. Eine der wichtigsten Bedingungen für das gute Ge- deihen der Alpinen in unseren Gärten ist die möglichst sorgfältige Wahl der Bodenart. Drei Dinge sind es insbesonders, welche in dieser Beziehung bei der Cultur der Alpenpflanzen berücksich- tiget werden müssen, nämlich 1. das Verhältniss der Humusmenge zu der Menge des anorganischen Materiales, 2. die chemischen Verhältnisse, und 3. die physicalischen Verhältnisse des Bodens. 1. Verhältniss der Humusmenge zu der Menge des anorganischen Materiales. Es lässt sich nicht verkennen, dass die Pflanzen un- serer Alpen nach der Menge des in dem Boden enthal- tenen Humus in drei Gruppen zerfallen. Die erste Gruppe umfasst Pflanzen, welche die Colonisation eines öden, früher voRetktiönslosän und humusleeren Bodens über- nehmen und sich daher vorzüglich auf den Geröllen der Bachufer, auf Schutthalden, Erdrissen. Felsen und Moränen ansiedeln. Es gehören hieher meistens isolirt wachsende Arten, deren Sporen und Samen in der Regel ausser- ordentlich klein, geflügelt oder mit Haarkronen versehen sind und daher durch den leisesten Luftzug zu den ent- 74 legensten Felsgesimsen und in die abgelegensten Thal: winkel getragen werden kónnen. Auf dem durch diese erste Generation zugerichteten und mit geringen Mengen von Humus versehenen Boden siedeln sich dann Gewächse an, von welchen die meisten die Tendenz besitzen, den Boden mit geschlossener Vegetationsdecke zu überziehen, Es sind dies meist rasige oder ausläufertreibende Arten. insbesonders Gräser und Riedgräser, und neben diesen alle jene Pflanzen, welche wie gewisse Rhinanthaceen und Orchideen nur in der geschlossenen Grasnarbe gedeihen. Von den Gewächsen dieser zweiten Generation wird nun der Boden im Laufe der Zeit mit immer grösseren Mengen von Humus versehen. Endlich wird der Humus über den anorganischen Aniheil der Erde sogar vorwaltend. und an die Stelle der zweiten Generation treten jetzt Pflanzen. welche, selbst noch fort und fort den Humus durch ihre absterbenden Theile vermehrend. schliesslich mit ihren Wurzeln nur mehr in einer braunen torligen Masse stecken. die verbrannt. fast keinen anorganischen Rückstand mehr ergiebt. Von diesem Euiwieklungsgange finden wir in den Alpen nur dori eine theilweise Ausnahme. wo durch die Verwitterung des unterliegenden Gesteins eine zähe, tho- nige kalklose Erdkrume entstanden ist. Dieser tiefgründige kalklose Thonboden, der sich in der feuchten Atmosphäre der alpinen Region immer gleichmässig durchfeuchtet zeigt. veriritt nämlich manchmal für gewisse Pflanzen. die über felsigem oder sandigem Substrate nur in der dritten. Ge- neration vorkommen. wie z. B. für Azalea procumbens, Rhododendron ferrugineum und Lycopodium alpinum $0 vollständig den Humus, dass man auf ihm die genannten Arten hie und da auch unmittelbar als erste Ansiedler - auftreten sehen kann. Aus dieser Betrachtung ergiebt sich natürlich für die Cultur der Alpenpflanzen das Resultat. dass man alle jene Gewächse, welche die Rolle ersier Ansiedler spielen, 75 in fast humuslosem Boden. die Arteır der zweiten Gene- ration dagegen in einer etwa zur Hälfte mit Humus ge- mengten Erde. und die Arten der dritten Generation in reinem Humus oder in dem stellveriretenden zähen Thon- boden zu cultiviren habe. Da aber nicht allen Pflanzen- züchtern geläufig sein dürfte, welche Rolle jeder einzelnen Pflanzenart in unseren Alpen zukommt. und. welche Ge- wächse als erste, zweite und dritte Ansiedler auftreten, so wird in der Tabelle, welche den Schluss dieses Ca- pitels bilden soll, das Verhältniss der Humusmenge für eine möglichst grosse Zahl von Alpenpilanzen ersichtlich gemacht werden. In allen jenen Fällen aber. wo die Tabelle keinen Aufschluss geben sollte. wird man nicht viel fehlen, wenn man die fragliche auf die Alpenanlage zu verselzende Pflanze. in Betreff der Bodenmischung ge- rade so behandelt. wie die Mehrzahl der anderen in der Tabelle enthaltenen Arten gleicher Gattung; denn es kann als allgemeine Regel gelten, dass die Arten einer und derselben Gattung sich in den verschiedenen Gegenden gewissermassen erseizen und bei der Colonisation des Bodens eine ganz analoge Rolle spielen. Vielleicht ist es übrigens in dieser Beziehung noch zweckmässig, wenn wir hier die Bemerkung einschalten, dass die Arten der Gattungen Epilobium. Papaver, Salix, Valeriana. so wie fast alle Compositen, Alsineen, Sileneen, Cruciferen un Crassulaceen einen möglichst humusarmen Bo en. die Arten der Gattungen Potentilla und Draba, sowie die meisten Primulaceen Gentianeen. Rhinanthaceen, Orchideen, ` Legu- minosen, Ranunculaceen. Umbelliferen. Gramineen und Cyperaceen einen Boden, in welchem sich die Mengen des Humus und der anorganischen Bestandiheile das Gleich gewicht halten, und endlich die Arten der Gattungen Ly- copodium, Luzula, Juncus, Eriophorum, Vaccinium, Em- peirum, sowie die meisten Ericaceen, Lonicereen und Filices einen an Humus möglichst reichen Boden ver- langen. 76 2. Die chemischen Verhältnisse des Bodens. Um sich in allen Fällen günstiger Culturerfolge erfreuen zu können, ist es nothwendig, dass auch die chemische Zusammensetzung des anorganischen Theiles der Erde entsprechend berücksichtiget werde. Gerade die Alpen- flanzen sind nämlich in. Beireff dieser Verhältnisse sehr empfindlicher Natur und zeigen sich in der Regel bezüglich der Bodenart bei weitem wählerischer, als die ‚Pflanzen des niederen Landes. — In flachen niederen Gegenden mit alluvialem und diluvialem Boden stellt das Erdreich gewöhnlich ein Gemenge aus dem Detritus der verschie- densten Gesteine dar. Die chemischen Gegensätze des Bodens sind dort mehr nivellirt, und der Einfluss der Unterlage auf die Verbreitung der Gewächse tritt daher dort fast ganz in den Hintergrund. In reich abgestuften Hochgebirgsgegenden aber, wo die geognostischen Sub- strate in ihren chemischen Gegensätzen sich schroffer gegenüberstehen, gliedert sich auch die Pflanzenwelt nicht nur nach physicalischen Zuständen der Erdkrume in be- stimmte zusammenhängende Gruppen. sondern auch nach den chemischen Verhältnissen der unterliegenden Gesteine und der aus ihnen hervorgegangenen Erdkrume. Diese Gliederung und dieser Gegensatz der Pflanzen- decke auf geognostisch und chemisch verschiedenen Sub- straten ist auch den Botanikern längst aufgefallen, und es ist schon geraume Zeit her, dass man die Namen „Schieferflora* und „Kalkflora“, ,Schieferpflanzen, Ur- gebirgspflanzen und Kalkpflanzen* u. dgl. in die Wissen- schaft eingeführt hat. Vor allem ändern war nämlich der Gegensatz zwischen der Flora des Kalkgebirges und jener der kristallinischen Schiefer und Massengesteine, das ist also jener geognostischen Bildungen, welche man einstens als Urgebirge zusammenfasste, aufgefallen. Und da man auf den Kalkbergen eine Erdkrume vorfand, die in der Regel viel Kalkerde und wenig Kieselerde enthielt, und | — ME u BR s eL — 38 — a oea 77 aus den Silicaten der Schiefer- und Massengesteine um- gekehrt eine Erdkrume sich entwickeln sah, die- reich an Kieselerde und sehr arm an Kalkerde war, so glaubten die Pflanzengeographen, das Vorwalten oder Fehlen dieser beiden Stoffe, nämlich des Kalkes und der Kieselerde, mit dem Vorhandensein oder Fehlen gewisser Pflanzen in Ver- bindung bringen zu können. Sie meinten, dass gewisse Pflanzen des Kalkes, andere wieder der Kieselerde zum Aufbau ihres Leibes nothwendig bedürfen, und dass diese. Pflanzen daher überall dort fehlen, wo ihnen der be- treffende Stoff von dem Boden nicht in hinreichender Menge geboten wird. Die Pflanzengeographen hatten da- rum auch später statt dem Namen .Urgebirgspflanzen* und „Schieferpflanzen“ die Bezeichnung „Kieselpflanzen * eingeführt und die mit diesem Namen belegten Gewächse gewissermassen den „Kalkpflanzen“ gegenübergestellt. Sie wurden in ihrer Ansicht, dass der Boden als Träger der alk- und Kieselerde von der grössten Bedeutung für die Vertheilung der Pflanzenwelt sei, noch insbesonders dadurch bestärkt, dass -man in den Alpen überall dort, wo thonige, an Kieselerde reiche Schichten zwischen Kalksystemen eingeschlossen vorkommen, regelmässig auch Oasen sogenannter Kieselpflanzen auftreten sah, von denen man sich natürlich zu glauben berechtigt hielt, dass sie nur darum auf der beschränkten Localität ihren Wohn- ‚sitz aufgeschlagen ‚haben, weil sie daselbst die zu ihrer Entfaltung unumgänglich nothwendige Kieselerde in den anstehenden thonigen Schichten vorfanden. Wenn ich aber meine eigenen über den chemischen Einfluss des Bodens auf die Gewächse in den Alpen ge- machten Beobachtungen in Berücksichtigung ziehe, und weiterhin die Resultate der eigens zur Lösung dieser Frage angestellten Culturversuche erwäge, so muss ich gestehen, dass ich mit der bisherigen Ansicht und der bisherigen Eintheilung der Gewächse in Kiesel- und Kalkpflanzen, oder in kalkstete, schieferstete, kalkholde, 78 kieselholde u. dgl. mich nicht ganz einverstanden eri klären kann. Wohl ist der Boden als Träger abweichender Nahrungsmittel für die Pflanzen von grosser Bedeutung aber nicht ausschliesslich in dem Sinne, wie dies bisher gewöhnlich aufgefasst wurde. Nur für wenige ist ein bestimmter anorganischer Stoff der Bodenkrume “als un. entbehrliches Nahrungsmittel und dessen Vorhandensein als nothwendige Lebensbedingung anzusehen. Die meisten Pflanzen, bei denen man eine Verschiedenheit in der Ver- theilung nach der Unterlage beobachtet, werden vielmehr von gewissen Localitäten entweder durch das Vorhanden- sein eines anorganischen Stoffes ferne gehalten, oder sie werden dort durch das Vorhandensein eines anorganischen Stoffes in ihrer Gestalt umgewandelt und treten dann als andere Arten (richtiger Parallelformen) in Erscheinung. Der einfachste Culturversuch zeigt; dass die meisten sogenannten Kalkpflanzen in vollständig kalklosem Boden recht gut fortkommen, dass aber viele sogenannte Schiefer- pflanzen in kalkhältigem Boden gebaut oder mit kalkhäl- tigem Wasser begossen, rasch verkümmern und aussterben. Schon Sendiner hatte auf diese Erscheinung mit den Worten aufmerksam gemacht: „Wenn man ein Torfmoor mit sogenannten Kieselzeigern oder Deutern, wie es im Hoch- und Pangerfilz bei Rosenheim geschah, mit einem Sande beschlämmt, der kalkreich ist, ferner, wenn man dieselben mit ihrem ganzen Torfrasen, worauf sie wachsen, in einen botinischek Garten versetzt, wo ihnen (wie z. B. im Münchener Garten) kalkreiches Wasser zufliesst, s0 gehen sie alle sammt und sonders zu Grunde. Es gibt also Pflanzen, werden wir schliessen dürfen, "welchen ein gewisses Uebermass von Kalk, mit Berücksichtigung anderer gleichzeitiger Bestandtheile im Boden schädlich ist.“ — Lorenz’s Beobachtungen in den salzburgischen Toktnanr haben neue Belege dafür gebracht, dass kalk- hältiges Wasser dem Gedeihen zahlreicher Pflanzen un- zuträglich ist und ihr Aussterben veranlasst, und je mehr 79 man jetzt von diesem Gesichtspunkte aus den Einfluss des Bodens auf die Gewächse in der freien Natur ver- folgt, desto mehr lósen sich die Widersprüche und zahl- reichen Räthsel auf, welche bisher das Terrain der Boden- frage so sehwankend und unsicher gemacht haben. Von jeher hatten nämlich die Vorkämpfer der Ansicht, nach welcher den sogenannten Kalkpflanzen eine gewisse Menge Kalk, und den sogenannten Kieselpflanzen eine bestimmte Menge vou Kieselerde unentbehrlich sein sollte, ihre schwere Noth mit der Ungereimtheit und dem Mangel aller Ueber- einstimmung in den Verzeichnissen von Kalk- und Kiesel- pflanzen gehabt, weiche in verschiedenen Gegenden von verschiedenen, sonst ganz zuverlässigen und gewissenhaften Beobachtern angefertigt. worden waren. Geht man diese Verzeichnisse durch und beobachtet man die Pflanzenwelt auf unbefangene Weise in der freien Natur, so kommt man in der That auch zu der Ueberzeugung, dass es verhältniss- mässig nur ganz wenige Gewächse giebt, welche nur auf kalkreichem und nicht hie und da auch auf kalklosem Boden zu finden wären. Mit den sogenannten Kiesel- oder Schieferpflanzen geht es nicht viel besser. Wohl scheinen sie im Ganzen dem Boden, auf welchen ihr Name ‚hinweist, getreuer zu bleiben, als die Kalkpflanzen, aber auch hier gibt es der Ausnahmefälle gar viele, und jedes neue Verzeichniss bringt immer neue Berichtigungen und Widersprüche. Es ist dies auch gar nicht zu wundern, weil eben der Gesichtspunkt, von welchem aus man dieses Verhältniss verfolgte, . ein unrichtiger war. Die Existenz er meisten Pflanzen, welche man Kieselpflanzen nannte, hängt eben nicht mit dem Vorhandensein einer gewissen Menge von Kieselerde, sondern mit der Abwesenheit des Kalkes zusammen, und überall dort, wo daher den Wur- zeln kein Kalk geboten wird, werden solche Pflanzen auf- wachsen können. Es ist hiebei ganz gleichgiltig, ob das tiefer liegende geognostische Substrat noch kalkhältig ist oder nicht. Der Lehm, welcher sich über den thonreichen 80 Kalksteinen in der Weise gebildet hat, dass das kohlen- säurehältige atmosphärische Wasser im Laufe der Zeit an der Oberfläche allen kohlensauren Kalk entführte, vermag den Pflanzenwurzeln eben so wenig Kalk zu bieten, als der Lehm, welcher durch Zersetzung von Silikaten aus kristallinischen und nichtkristallinischen Schiefern ent- standen ist. Ja selbst eine mächtige Humusmasse, welche die Pflanzenwurzeln von dem unterliegenden kalkreichen Boden trennt, vermag die Erscheiung zu bieten, dass sie an ihrer Oberfläche sogenannte Kiesel- oder Schiefer- pflanzen, oder richtiger kalkfeindliche Pflanzen trägt; denn da nach den neuesten Erfahrungen der Humus die Fähig- keit hat, aus wässrigen Lösungen die gelösten Stoffe so vollständig zu absorbiren, dass beim Durchfiltriren einer Lösung fast chemisch reines Wasser von dem als Filtrum benützten Humus abfliesst, so ist es begreiflich, dass dort, wo sich in einem Kalkrevier aus zahlreichen Pflanzen- generationen vergangener Jahrhunderte eine gewaltige Humusschichte aufgespeichert hat, der tieferliegende Kalk- stein auf die Wurzeln der über dem Humus wachsenden Pflanzen gar nicht mehr einzuwirken vermag. Die An- siedlung von Sphagnumpolstern über Riedgrassümpfen, deren Unterlage kalkhältig ist,” sowie über dem Humus. in den Krummholzwäldern der Kalkalpen und überhaup! das Auftreten von kalkfeindlichen Pflanzen auf tiefem Humus im Kalkgebirge sind Erscheinungen, welche hier- her gehören und die, so räthselhaft sie früher geschienen haben mochten, sich jetzt ganz ungezwungen deuten lassen. — Die chemische Seite der Bodenfrage ist auf Grundlage dieser Anschauungen jedenfalls einer gründ- lichen Reformation zu unterziehen; und wird sich nach meiner Ueberzeugung nur von dem hier entwickelten Ge- sichtspunkte aus, befriedigend lösen lassen. Die Bezeichnung ,Kieselpflanzen* wird entweder gan zu eliminiren oder nur auf sehr wenige Pflanzen einzu- schränken sein, und die meisten der bisher mit den Namen: 81 Kieselpflanzen, Schieferpflanzen, Kieseldeuter u. s. f. be- zeichneten Gewächse werden als Pflanzen aufzufassen sein, für welche der Kalk ein tödtliches Gift ist, geradeso wie für viele Gewächse grössere Mengen von kohlensauren Alkalien, von Ammoniakverbindungen, von Kochsalz u. s. f. die Rolle eines tödtlichen Giftes spielen. Man wird dem- nach zunächst eine Abtheilung von Pflanzen fest- stellen müssen, deren Gruppen man als kalk- feindlich, alkalienfeindlich u. s. f. zu bezeichnen hat, und welche nicht bestimmté mineralische Stoffe verlangen, sondern durch xoc. de ferne gehalten werden. Aus dieser ersten Abtheilung interessiren uns hier zu- nächst die kalkfeindlichen Alpinen, aus deren Reihe bei- spielsweise: Ajuga pyramidalis L., Anemone vernalis L., Blechnum Spicant Roth, Cardamine alpina Willd., Carex curvula All., Chrysanthemum alpinum L., Hieracium albi- dum Vill., Linnaea borealis L., Oxyria digyna Cambd., Primula glutinosa Wulf., Salix helvetica Vill., Saxifraga aspera L., Senecio carniolicus Willd., Sesleria disticha Pers. angeführt werden mögen. Dieser ersten Abtheilung von Gewächsen stellt sich dann eine zweite Abtheilung gegenüber, für welche das Vorhandensein gewisser anorgani- scher Verbindungen im Boden allerdings eine wahre Lebensbedingung ist, so zwar, dass mit dem Fehlen dieser Stoffe im Boden auch die Pflanzen unfühig werden, sich weiter zu ent- wickeln und ihren Organismus weiter zu bilden. Es scheint, dass bei diesen verhältnissmässig seltenen Pflanzen iitéd ein in dem Boden enthaltener und in den Pllanzenkórper aufgenommener mineralischer Stoff einen wesentlichen Bestandtheil jener chemischen Verbindungen bildet, welche eben für die bestimmte Pflanzenart charakte- ristisch sind und ihre chemische Qualität bedingen. Wir übergehen die Kochsalz, kohlensaures Natron u. dgl. ver- Kerner, Alpenpflanzen. 6 82 langenden Halophyten, welche zum gróssten Theile i in diese Abtheilung gehören, und führen als Beispiele für diese Categorie aus der Reihe der uns zunächst interessirenden Alpenpflanzen nur Aethionema saxatile R. Brwn., Ane- mone trifolia L., Avena distichophylla Vill., Campis caespitosa Scop., Cochlearia saxatilis, Bhim alpinum acq., Petrocallis pyrenaica Brw., i Potentilla Clusiana Mrr., Rhododendron Chamaecistus L., Salix glabra Scop., Série fraga caesia L. und Soyeria hyoseridifolia Koch als Kalk- erde verlangende Gewächse, und Asplenium Selosii Leyb. Androsace Hausmanni Leyb., Woodsia glabella R. Br. als Bittererde verlangende Pflanzen auf. Für eine dritte Abtheilung von Gewächsen. scheint sich endlich das Verhältniss zum Bo- den in der Weise zu gestalten, dass unter dem Einflusse verschiedener von dem Boden gebo- tener Nahrungsmittel ein Pflanzentypus ver- schiedene üussere Merkmale annimmt und in zwei oder mehrere Parallelformen gespalten wird. Wenn z. B. der Same einer Pflanze, die früher auf kalkreichem Boden gestanden hatte, auf einen kalk- losen Boden gelangt und aufkeimt, so stirbt die junge Pflanze in Folge des Mangels an Kalk noch nicht aus, sondern bekommt nur eine etwas andere äussere Gestalt, und stellt jetzt eine Parallelform der über dem kalkreichen Boden aufgewachsenen Mutterpflanze dar. Es scheint, dass sieh viele Pflanzen in dieser Beziehung analog den anorganischen in einem bestimmten Formenkreis erschei- nenden Kürpern verhalten. .So wie nümlich bei einer anorganischen Verbindung eine fremdartige, zur Qualität der Substanz nicht unumgünglich nóthige Beimengung zwar nicht das Kristallsystem zu ändern, wohl aber das Auftreten einer eigenthümlichen Kristallcombination, einer besonderen Farbe u. dgl. zu bewirken vermag, ebenso scheint bei manchen Gewächsen ein für die Existenz des Pflanzenkörpers weder nothwendiger noch schädlicher 83 . mineralischer Grundstoff bestimmte Modificationen in der äusseren Gestalt, in der Farbe u. dgl. veranlassen zu können, und es würde demnach eine Pflanze, die an der einen Stelle gewisse mineralische Stoffe in dem Boden vorfindet und aufnimmt, an der andern Stelle hingegen sie nicht vorfindet und entbehren muss, auch in den äusseren Merkmalen an den beiden Standorten Verschie- denheiten zeigen. In wie weit aber die Verschieden- heit im Chemismus der Pflanzenkörper die Gestalt der Pflanzen zu ändern vermag, ist bisher noch nicht fest- gestellt. Nur soviel erscheint gewiss, dass der Grad dieser Formänderung ein sehr verschiedener sein kann. Von den unbedeutendsten Modificationen, welche sich schwächere Behaarung, verschiedenes Ausmass der Blüten oder Blätter oder Aenderung der Farbe beschränken, bis zu einer durchgreifenden Gestaltungsänderung, welche uns beide Parallelformen in fast allen Organen verschie- den erscheinen lässt, scheinen alle möglichen Zwischen- stufen zum Ausdruck kommen zu können. *) Viele sogenannte „gute Arten“ der Systematiker werden sich schliesslich als einfache, durch die Verschiedenheit der chemischen Constitution erzeugte Parallelformen heraus- *) Soweit sich auf Grundlage der bisherigen Beobachtungen ‘Schlüsse ziehen lassen, ergeben sich bei Betrachtung der Parallel- formen folgende, die Formverhältnisse berührende Resultate: - Die Pflanzen des kalkreichen Bodens sind im Vergleich zu ihren auf kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen ge- wöhnlich reichlicher und dichter behaart. Sie sind je weiss oder graufilzig, während ihre Parallelformen — wen sie überhaupt behaart sind — drüsig erscheinen - Die Pflanzen des Baer Teen Bodens besitzen häufig bläulich- grüne, ihre auf ka Vae Viae wachsenden Parallelformen dagegen grasgrüne ; i Blütter der auf leen. Boden Rh enasi Pflanzen ind meistens mehr und tiefer zertheilt, als jene der auf illod Boden gewachsenen Parallelformen. ` 6 A Iv 84 stellen. So ist es mir nach mehreren in letzter Zeit in der freien Natur gemachten Beobachtungen unzweifel- haft, dass sogar Rhododendron ferrugineum und hirsutum nur als solche durch den Boden bedingte Parallelformen aufzufassen sind. Ueberall dort, wo die Wurzeln der Alpenrose mit kalkreichem Boden in entschiedene Be- rührung kommen, trifft man in den nördlichen Kalkalpen Rhododendron a an. Wird durch Aufspeicherung von Humus der Einfluss des unterliegenden Kalkes all- mälig verringert, so verlieren die Blätter mehr und mehr ihre Wimperhaare, werden steifer und heller grün, die Blüten bekommen ein intensiveres Roth und die Pflanze entspricht jetzt der Diagnose des Rhododendron inter- medium Tausch. Und wenn endlich die Humusschichte, in welcher die Wurzeln stecken, so mächtig geworden ist, dass sie allen Kalk des unterkiär ia Gesteins von den Wurzeln der Alpenrose abhält, so wird diese schliess- lich in Rhododendron ferrugineum umgewandelt. Diese Beobachtung entspricht wohl auch vollständig der Er- scheinung, dass auf dem kalklosen Boden, der Central- alpen die wimperhaarige Alpenrose vollständig fehlt und dort durch die rostfarbige Schwester ersetzt wird. Sie steht ferner mit der Erscheinung im Einklang, dass die Kalkgebirge immer eine reichere Flora zeigen, als die 4. Sind die Blätter der auf kalkreichem Boden gewachsenen Pflanzen ganzrandig, so erscheinen jene der auf kalklosem oden gewachsenen Parallelformen nicht selten drüsig gesägt. . Die Pflanzen des kalkreichen Bodens zeigen im Vergleich zu ihren auf kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen meistens ein grösseres Ausmass der Blumenkrone. Die auf kalkreichem Boden gewachsenen Pflanzen besitzen gewöhnlich matter und lichter gefärbte Blüten, als ihre auf kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen. Ist die Blütenfarbe der greleren weiss, so erscheint die n letzteren häufig roth, blau oder gelb. Vergl. hiemit a > erh, d. z. b. Ges. 1863, p. 245. o eg "E EE À À R5 kalklosen Schieferberge, weil im Kalkgebirge nebst den Formen des Kalkes auch die Formen der Schieferberge an allen jenen Localitäten auftreten können, wo der Einfluss des Kalkes auf die Pflanzen durch eine tiefe Humusschichte oder kalklose Lehmschichte eliminirt wird. Endlich vermag die oben entwickelte Ansicht manche Aufklärung über den Wechsel der Vegetationsdecke in historischer Zeit und über das Auftreten gewisser Pflanzen an Punkten, wo man sie bisher nicht beob- achtet hatte, zu geben. Das Auffinden von Rhododen- dron intermedium und Rh. ferrugineum an Stellen, wo man in früherer Zeit nur Rhododendron hirsutum beobach- tete, wird z. B. nach dem Mitgetheilten nichts besonders Auffallendes mehr an sich haben, und wenn es die Bo- taniker nur erst einmal über sich gewinnen werden, die Pflanzenwelt in ihrem Zusammenhang mit den Eigenthüm- lichkeiten des Standortes in der freien Natur, und nicht nur an den getrockneten Exemplaren der Herbarien zu siudiren, so werden sich in dieser Richtung gewiss noch zahlreiche interessante Resultate ergeben. Fassen wir hier die bisher als muthmassliche Parallel- formen angenommenen Alpenpflanzen zusammen, so er- geben sie uns folgende Doppelreihe: Auf kalkreichem Boden: Auf kalkfreiem Boden : Achillea atrata L. Achillea moschata Wulf. Achillea Clavenae L. > Achillea Clavenae 5. glabrata oppe. Alchemilla pubescens M. B. — Alchemilla fissa Schum. Alyssum montanum L. Alyssum Wulfenianum Bernh. Androsace lactea L. Androsace carnea L. : Androsace helvetica Gaud. Androsace glacialis Hoppe. Anemone alpina L. Anemone sulfurea L. Arenaria ciliata L. Arenaria multicaulis L. Artemisia lanata Willd. Artemisia mutellina Vill. Astrantia alpina Schltz. Bip. Astrantia minor L. 86 Auf Eod cR Bd. Betula alba L. Dianthus alpinus L. Draba aizoides L. Draba tomentosa Wahl. Epilobium Dodonaei Vill. Erigeron alpinus L. Gentiana Pneumonanthe L. Gentiana angustifolia Vill. Herniaria incana Lam. Hieracium villosum L. - Hutchinsia alpina R. Br. Hypochoeris maculata L. Juncus Hostii Tausch. Luzula maxima D C. Oxytropis montana D C. Papaver Burseri Critz. Pedicularis Jacquini Koch. Phyteuma orbiculare L. . Polypodium robertianum H. Primula Auricula L. Primula Clusiana Tausch. Ranunculus alpestris L. Ranunculus anemonoides Z. Rhododendron hirsutum L. Ribes alpinum L Salix retusa L. Salix Waldsteiniana Willd. Salix Jacquiniana Host. Salix glabra Scop. Saussurea discolor D C. Saxifraga muscoides Wulf. Saxifraga rotundifolia L. Scorzonera austriaca Willd. Sempervivum hirtum L. Auf kalkfreiem Boden: Betula pubescens Ehrh. Dianthus glacialis Haenk. Draba Zahlbruckneri Host, Draba frigida Saut. Epilobium Fleischeri Hochst. Erigeron uniflorus L Gentiana frigida Haenke. Gentiana excisa Presl. Herniaria glabra L. Hieracium alpinum L. Hutchinsia brevicaulis Hoppe. Hypochoeris helvetica Wulf. Juncus trifidus L. Luzula spadicea D C. Oxytropis triflora Hoppe. Papaver aurantiacum Lois. Pedicularis rostrata L. Phyteuma hemisphaericum L. Polypodium Dryopteris L. Primula villosa Jacq. Primula integrifolia L. Ranunculus crenatus Bert. Ranunculus rutaefolius L. Rhododendron ferrugineum L. Ribes petraeum Wulf. Salix serpyllifolia Scop. Salix foetida Schleicher. Salix Myrsinites L. Salix hastata L. ` Saussurea alpina D C. Saxifraga moschata Wulf. Saxifraga fonticola Kerner. Scorzonera rosea W. K. Sempervivum arenarium Koch. -— -— -3 in un te Do a m eu odo Uu" un 87 Auf kalkreichem Boden: Auf kalkfreiem Boden: Silene alpesiris Jacq. Silene rupesiris L. Thlaspi montanum L. Thlaspi alpestre L. Thlaspi rotundifolium Gd. Thlaspi cepeaefolium Koch. Veronica saxatilis Jacq. Veronica frutieulosa L. Für den Gärtner enthalten nun diese beiden Verzeich- nisse, ebenso wie die früheren Bemerkungen zwar schon sehr wichtige Anhaltspunkte für die Wahl der Bodenart bei der Cultur der Alpenpflanzen. Um aber diese Wahl demjenigen, der unser Buch praktisch ausbeuten will, möglichst bequem zu machen, werden in der Tabelle, welche am Schlusse dieses Capitels die Bodenverhältnisse der Alpinen übersichtlich darstellen soll, auch die chemi- schen Verhältnisse der Unterlage unter einer eigenen Ru- brik für eine möglichst grosse Zahl von Alpinen noch spezieller angegeben werden. 3. Die physicalischen Verhältnisse des Bodens. ` Von den physicalischen Eigenschaften des Bodens sind für uns von besonderem Interesse, einmal der Grad der mechanischen Zertheilung des durch Verwitterung aus dem unterliegenden Gestein entstandenen Detritus und die damit zusammenhängende Festigkeit und Consistenz des “Bodens, und dann zweitens die Hygroscopizität desselben, das ist die Fähigkeit, das Wasser aus der Atmosphäre zu absorbiren und zurück zu halten. Was zunächst den Grad der mechanischen Zer- theilung anbelangt, so können wir den Boden, welcher in der freien Natur mit Pflanzen bewachsen erscheint, mit Ausserachtlassung jener Modificationen, welche durch Bei- mengung von Humus veranlasst werden, in drei Klassen eintheilen. Die erste Klasse umfasst jene Böden, welche aus ver- hältnissmässig wenig zertrümmertem Gestein, also aus 88 Felsmassen, grobem Geröll und Schotter bestehen , die zweite Klasse begreift die Böden mit fein zertheilter, aber nur lose zusammenhängender Masse, die im Allgemeinen als Sandböden bezeichnet werden können, und die dritte Klasse endlich umschliesst alle jene aus ausserordentlich fein zertheilter, gut zusammenhängender Masse bestehen- en Bodenarten, welche man mit dem Namen Lehmböden belegen kann. Auf den Flächen der Felsmassen haften nur Flechten und Moose. Wenn dort eine höher organisirte Pflanze auf den ersten Augenblick auch in dem nackten Gestein zu wurzeln scheint, so zeigt sich doch bei näherer Unter- suchung, dass ihre Wurzeln nur in einem feinen Detritus oder in einer Humusmasse stecken, welche die Nischen, Risse und Klüfte des Felsens ausfüllt. ^ Aehnlich verhält es sich auch auf den aus grossen Steintrümmern gebil- deten Geróllhalden und Schotterbünken. Die hóher, organi- sirten Pflanzen, welche dort aufwachsen, wurzeln eigent- lich nicht in dem Gerólle, sondern nur in dem Schlamm, Sand oder Lehm, welcher tief unten die Zwischenräume der Geröllmassen ausfüllt. (Vergl. S. 48.) Wir können darum auch die erste der drei oben aufgestellten Boden- kategorien immer auf eine der beiden anderen Bodenarten beziehen, und es genügt zu unseren Zwecken vollkommen, wenn wir den Boden in Betreff seiner mechanischen Zer- theilung in Sand- und Lehmboden eintheilen. Bei der Cultur der Alpinen verwenden wir auch immer nur die eine oder andere dieser Bodenarten, und sind bis jetzt damit immer noch ganz gut ausgekommen. Die Erfahrung hat uns aber auch gelehrt, dass bei einer un- richtigen Anwendung des Sandes oder Lehmes viele Alpen- pflanzen in kurzer Zeit zu Grunde gehen, und dass daher auf die richtige Wahl des einen oder anderen die grösste orsicht verwendet werden muss. Manche Lehm verlan- gende Pflanzen, wie z. B. Saxifraga biflora und stenopetala sterben, wenn man sie in sandigen Boden pflanzt schon 89 in wenigen Monaten ab und zwar selbst dann, wenn man den Sandboden fortwährend feucht erhält, und dadurch die gleichmässige Durchfeuchtung, welche der Lehm vor dem Sande voraus hat, herstellt. Umgekehrt verlangen manche Pflanzenarten, wie z. B. Herhiaria alpina, möglichst losen Sandboden, und würden in Lehm gepflanzt rasch vergilben und verdorren. Welche Ursachen hier wirk- sam sind, ist uns noch völlig räthselhaft. Es ist daher auch nicht möglich, auf Grundlage wissenschaftlich fest- gestellter Sätze eine Regel für die praktische Cultur ab- zuleiten, und wir müssen uns vorläufig ausschliesslich an die Erfahrung halten. Aus diesem Grunde habe ich auch -in der Tabelle, welche am Ende dieses Capitels das Ver- halten der Alpinen zum Boden übersichtlich darstellt, alle in der freien Natur und im Garten in der eben besprochenen Richtung gewonnenen Erfahrungen benützt, und jedesmal, so gut als ich es wusste, angegeben, welche Bodenart für eine gegebene Pflanze zu wählen sei. Welche grosse Bedeutung die zweite oben berührte physicalische Eigenschaft des Bodens, nämlich die wasser- haltende Kraft und die Fähigkeit, das Wasser ausder Atmosphäre zuabsorbiren, für die Alpen- pflanzen haben muss, geht wohl aus den in früheren Ca- piteln erörterten Lebensbedingungen der Alpinen hinreichend hervor. Es ist uns bekannt, dass die ungleichmässige und zeitweilig verminderte oder unterdrückte Durchfeuch- tung des die Wurzeln der Alpinen umgebenden Erdreiches geradezu tödtlich auf die meisten Alpenpflanzen einwirkt, und dass in der Hintanhaltung einer solchen Ungleichmäs- sigkeit eine der wichtigsten Aufgaben der Alpenpflanzen- cultur liegt. Nun weiss aber jeder . Pflanzenzüchter aus der Erfahrung nur zu gut, wie ausserordentlich schwierig es ist, das Substrat der Alpinen in unseren niederen Ge- genden mit Erfolg in jenen gleichmässigen Feuchtigkeits- zustand zu versetzen, welcher in der alpinen Region eine so grosse Rolle spielt. — Der reine Humus hält wohl 90 die Feuchtigkeit eine gute Weile zurück. N weise beobachtet man aber, dass derselbe in unseren Gärten selbst jenen A isis sak die.in ihrer Heimat sich ganz reinen tiefen Moder aufsuchen, nicht recht zusagt. Es scheint, dass in der hóheren Temperatur unserer niederen Gegenden der Humus ganz andere chemische Umwand- lungen erleidet, als in der niederen Temperatur der alpinen Region, und dass seine in hóherer Temperatur gebildeten Zerseizungsproducte den alpinen Pflanzen nicht so gut be- hagen. Man hat aus diesem Grunde auch den Humus so weit als möglich bei der Cultur der Alpenpflanzen aus- zuscheiden und ihn durch schweren Lehmboden zu er- seizen gesucht. Allerdings hält nun der schwere Lehm- boden die Feuchtigkeit recht gut durch lange Zeit zurück und vermag durch diese seine Hygroscopieität in vielen Füllen den Humus vollstándig zu vertreten, aber für viele Alpenpflanzen ist derselbe geradezu tödtlich- und daher für diese durchaus nicht anwendbar. Der lockere Sand- boden endlich wird in unseren Gärten nur ausserordent- lich schwierig in jenem gleichmässigen Feuchtigkeitszu- stande erhalten, welchen die in ihm gepflanzten Alpinen verlangen. Diese Schwierigkeiten drängten mich zu Versuchen, welche sich die Aufgabe stellten, für jede Bodenart einen Feuchtigkeitsregulator zu finden, der mit dem Vortheile grosser Hygroscopieität nicht die eben berührten Nach- theile des Humus und der Thonerde verbindet. Nach mannigfaltigen Experimenten kam ich dabei auf die Idee, das Torfmoos (Sphagnum), welches bekanntlich durch seinen ganz eigenthümlichen anatomischen Bau geeignet ist, das Wasser wie ein Schwamm zurückzuhalten, welches ferner der Fäulniss vollkommen widersteht, und welches bei dem Umstande, als es fast aus reiner Cellulose be- steht, auch durch anorganische Bestandtheile auf keine Pflanzenart nachtheilig einwirken kann, in. Anwendung. zu bringen. Es wurde zerhacktes Sphagnum mit Thon- - dep 91 erde, Sandboden u. dgl. gemengt, und siehe da, allé in diese Gemenge gepflanzten Alpinen gediehen nun in aus- gezeichneter Weise. Pflanzenarten, welche früher über kurz oder lang regelmässig zu Grunde gegangen waren, senkten jetzt in die durch das Sphagnum gleichmässig feucht gehaltene Erde ihre tiefgehenden Wurzelfasern hinab und brachten zu unserer grossen Freude die schönsten ' Blüten und Früchte hervor. — Der lockere Sand wird durch die Beimengung von zerhacktem Sphagnum stets feucht erhalten, der schwere Lehmboden wird durch Unter- mischung des genannten Mooses locker und porós und daher für die Pflanzenwurzeln viel leichter durchgängig, und selbst der schwarze Humus mit Sphagnum gemengt, zeigt nicht mehr jene nachtheiligen Einflüsse, deren wir oben Erwühnung gethan haben. Viele Pflanzen, welche in den Alpen in der Regel nur in tiefem Humus gedeihen, wie z. B. Rhododendron ferrugineum, Empetrum nigrum, Linnaea borealis, Lycopodium alpinum, Blechnum boreale, Daphne striata, Lloydia serotina, Trientalis europaea u. dgl. pflanzten wir geradezu mit dem besten Erfolge in ein Gemenge aus schwarzem Humus und zerhacktem Spha- gnum, und in der Anwendung dieses Mittels liegt daher jedenfalls eines der gróssten und wichtigsten Geheimnisse der Cultur der Alpenpflanzen. Die Menge des der Erde zuzusetzenden Sphagnums ist sehr ungleich. Gewöhnlich genügt der Zusatz von einem Drittel Torfmoos. Nur bei den humusliebenden Pflanzen wenden wir mit Erfolg auch eine grössere Quantität an, und es kann wohl im Allgemeinen als Regel gelten, dass man desto mehr Torfmoos nimmt, je mehr die Pflanze an ihrem ursprünglichen Standorte den -Humus aufsucht. Aus den bisherigen Erórterungen über die Zusammen- setzung des bei der Cultur der Alpenpflanzen anzuwen- denden Erdreiches geht hervor, dass man stets eine hin- - 92 reichende Menge von Torfmoos, Humus, kalklosem und kalkhältigem Lehm und Sand vorräthig halten muss. — Es sind dies Materialien, die man wohl in den meisten Ge- genden sich aus nächster Nähe verschaffen oder doch ge- wiss mit geringen Kosten aus nicht grosser Ferne bringen lassen. kann. Da es manchem vielleicht erwünscht sein könnte, über die Gewinnung dieser Materialien selbst noch einige Winke zu erhalten, so möge hier tolgdadits beigefügt werden. Das Torfmoos aai man am besten aus irgend einem Hochmoor. Besonders gut eignet sich Sphagnum cymbifolium. In Ermanglung dieser Art kann aber auch jede andere Sphagnumspezies mit Erfolg verwendet werden. r beste Humus zur Cultur der Alpenpflanzen ist jener, welcher aus Coniferenwaldungen herstammt. Auch ausgelagerter Torf aus Hochmooren kann mit Vortheil benützt werden. Am wenigsten eignet sich Torf aus Grünlandsmooren und Humus aus Laubwäldern. Was den kalkfreien Lehm anbelangt, so benützen wir eine Lehmerde, welche durch Verwitterung des Thon- schiefers entstanden ist. Lehm, welcher durch Verwit- terung eines anderen, Thonsilicate enthaltenden Gesteins (Granit, Gneis etc.) sich bildete, wird übrigens dieselben Dienste thun. Man unterlasse aber ja nicht, den Lehm vor seiner Benützung zu prüfen, ob er nicht etwa doch kalkhältig ist, da bekanntlich selbst die aus gewissen Graniten hervorgegangene Lehmerde manchmal etwas Kalk enthält, und selbst eine noch so geringe Menge auf einige Pflanzen ungünstig einwirken würde. Der beste kalkreiche Lehm ist der Löss, d. i. diluvialer Lehm, wie er sich im Stromgebiete des Rheins, der Donau u. s. f. als mächtige Decke über anderen Ab- lagerungen vorfindet. Ausserdem natürlich auch jede an- dere durch Verwitterung aus thonhältigen Kalksteinen, Mergelschiefern u. dergl. entstandene Lehmerde, wenn s Thor- | - N 93 ihr durch das atmosphärische Wasser noch nicht aller Kalk entführt worden ist. Guten kalkfreien Sand liefert fast jedes Bachufer in Granit-, Gneis- und Quadersandsteingebirgen. Auch tertiäre und diluviale Sandhügel geben manchmal kalk- freien Sandboden, der zum Zwecke der Cultur vortrefflich benützt werden kann. Was schliesslich den kalkhältigen Sand anbelangt, so kann in Gegenden, wo Kalk ansteht, oder wo Flüsse - und Bäche verlaufen, die aus Kalkgebirgen herkommen, der gewöhnliche Flusssand benützt werden. Dort wo der tertiäre oder diluviale Sand kalkhältig ist, kann auch dieser mit Erfolg in Verwendung gezogen werden. Zum Schlusse dieses Capitels schalten wir nun die schon im Vorhergehenden erwähnte Tabelle ein, welche in übersichtlicher Weise das Verhalten zahlreicher Alpen- pflanzen zum Boden darstellt, und zu deren Erläuterung wir hier nur noch beifügen, dass die Zahlen 1, 2, 3 in der Rubrik „Generation“ anzeigen, ob die nebenbei ver- zeichnete Pflanze in der freien Natur die Rolle einer ersten Ansiedlerin spielt und daher auch bei der Cultur keines Humus bedarf, oder ob.sie erst in der zweiten Generation als Element einer geschlossenen Vegetations- decke auftritt und eine beiläufig zur Hälfte mit Humus versetzte Erde verlangt, oder ob sie endlich als Bestand- theil der dritten Generation zum guten Gedeihen einen fast auschliesslich aus Humus gebildeten Boden zum guten Gedeihen nothwendig hat. Tabelle zur Erläuterung der Bodenbedürfnisse der Alpenpflanzen.*) | FI ANE : Mec Name der Pflanzen. ck E a nische Qua- Ws E Qualität. Vitát. S Achillea atrata L. PS | gleichg. | lehmig " Clavenae L i | kalkh. |. , »„ . Clusiana Tsch ies > 2 „ macrophylla L. 2 | gleichg. | gleichg. schata Wulf. | 1 kalkfrej | sandig Aconitum Anthora L | 2 | gleiche. wi j Napellus L. | 2 » gleichg. & paniculatum Lmk. | 2 “ t Thelyphon. Rchb. | 2 kalkfrei sandig 2 Vulparia Rchb. 2 kalkh. | , » variegatum L. 2 | gleichg. z Adenostyles albifrons Rchb. 2 kalkh. 3 " alpina h 2 gleichg. " Aethionema saxatile . R. Br. 1 kalkh. " Agrostis alpina Scop. 2 PP lehmig " rupestris All. 2 ^ Aira montana L. 2 kalkfrei sandig Ajuga pyramidalis L. o5 » lehmig Alchemilla alpina L. |, 2 | gleichg. | gleichg. a fissa Schum. | 4—2 | kalkfrei ; sandig » pentaphylla L. 2 á » *) Es wurden in die Tabelle auch einige Pflanzen, wie z. B Arnica montana, Atragene alpina, Cyclamen europaeum, Linnaea borealis etc. aufgen ee: rc streng genommen den Namen Alpenpflanzen nicht erdienen, welche aber in Gärten doch am zweckmässigsten ar ar Albenpil anzenanlage cultivirt werden. Was die Abkürzungen in der Tabelle anbelangt, so bede utet gleichg. dug kalkh. kalkhältig und dolom. dato mitisch. — In B s der Bedeutung der "Zahlen lazo weisen wir auf S. Name der Pflanzen. Allium re Willd. Victorialis L. Allosurus oris Bernh. Alnus viridis L. Alsine aretioides M. K. „ laricifolia Whlbg. recurva Whlbg. Alyssum alpestre L. ulfenianum Bernh. Andromeda polifolia L. Androsace carnea 3$ e a = E £2 e £2 un = e == un E helvetica Gaud. lactea Vill. obtusifolia All. . one alpina L. baldensis L. narcissiflora L. Pry x >. = © EN u qos = "3 SE i [«7] $5 Aniliemis dio ina L. Aposeris'foetida Less. Aquilegia alpina = atrata Bauhini Schott Arabis alpina L. » bellidifolia Jacq. cher die Pflanze an- getroffen wi wird. Generation, in wel- || | ww oo NEST) — [iv] — w | D o o kk 4 29 — — t2 i ; [ov] e home RO RO RO UO C» RO RO tO tO ] vo GAS Qualität. iege: kalkfrei N, kalkh. gléichg. kalkfrei kélkftei kalkh. » ? kalkfrei gleichg. kalkh. sandig lehmig » sandig lehmig N gleichg. sandig S S 3 3 Name der Pflanzen. Arabis ciliata R. Br. rul „ coerulea Haenk. » pumila Jacq. » ir Vill. sis Wulf. Arctostaphylos alpina Spr. officinalis W. e. G. Arenaria ` biflora L 5 grandiflora All. t multicaulis Wulf. Marschlinsii Koch. Arbüd Vitaliana L. Armeria alpina Willd. Arnica montana L. Aronia rotundifolia Pers. Aronicum Clusii Koch gla ciale Rchb. corpioides Koch Artem janata Willd. tellina Vill. nana Gaud. cata Wulf. pu neuleatum Döll achitis Sw. Ürooht eris Sw. Asplenium S nigr. L. ynii Retz. 5 septentrion. Sw. E Selosii Leyb. » E Kit = viri Aster alpinus L. ar = E P Cheniliélid Mecha- E z E | Qualität. nishi Qua- KE E lität. E55 og ho š | pama lehmig 1. | kalkh. | sandig 1—2 | mi Eci 1 kalkfrei 3 3 | gleichg. | lehmig 2—3 » » 1 kalkfrei ^ 1 kalkh. “ 1 ?» N 1—2 | kalkfrei | gleichg. 1 " sandig 2 kalkh. | gleichg 2 gleichg. » 2 | kalkfrei | lehmig 2 kalkh. | gleichg. : gleichg. | lehmig 1 $ , 1 kalkh. " 1 kalkfrei 8 1 F sandig 1 ^ .ehmig | 2—3 | gleichg. | gleichg. 2—3 à lehmig 2—3 | kalkfrei > 2 gleichg. | sandig 2 kalkfrei | © ^ 29 s * 2 | dolomit " 1—2 | kalkh. - 2—3 | gleichg. | gleichg. 1—2 y ? 97 Kerner, Alpenpflanzen. an. Tr = a P ; : Name der Pflanzen. EX De nische Qua- So Z Qualität. Hah B o e SIC . Astrantia € Schlz. Bip. 2 kalkh. gleichg. - niolica Wulf. 2 > IT s z^ major 4 2 gleichg. mino 2 kalkfrei » Athamanta ER i 129 kalkh. sandig > Matthioli Wulf. 19 5 $3 Atragene alpina L. 2 chg. | gleichg. Avena alpestris Host. 2 kalkh. sandig » distichophylla Vill. 1 2 host . sempervirens Vill. 2 5 lehmig „ Subspicata Clairv 1—2 | kalkfrei á versicolor Vill. 2 x 5 Azalea procumbens L. 3 F $ Bartsia alpina L. 2 | gleichg. » Bellidiastrum Michelii Cass. | 1—2 | kalkh. sandig Betonica Alopecurus L 2- x lehmig etula pubescens Ehrh 3 | kalkfrei = Biscutella laevigata L 1—2 | gleichg. | .sandi Blechnum Spicant Roth 3 kalkfrei | lehmig Braya qst Stbg 1—2 , kalkh. sandig » pinnatifida L. 1 kalkfrei > Nalak salicifol. 1—2 | kalkh. | gleichg. Bupleurum i Vahl. 2 gleichg - unculoides L. | 2 5 E Gililügronis nella Hst. | 1—2 | kalkfrei | sandig Calamintha alpina Lmk 1 gleichg. | gleichg. Calluna vulgaris Salisb 1—3 | kalkfrei » Campanula alpina Jacq. 2 kalkh. 5 $ barbata L. 2 kalkfrei | lehmig » caespitosa Scop. 1 kalkh. | gleichg. » Morettiana Rchb. 1 E sandig " pulla L, 2 5 lehmig ? pusilla Haenk. 1 gleichg. TH BRE h :S Chemische ar Name der Pflanzen. 2E Qualität, [mische Qua 23 E lität $$" Campanula en L. 2 gleichg. | lehmig i Wulf. 2 kalkh. | sandig Cardamine ks Willd. 1 kalkfrei > resedifolia L. 1 s : Carex alba Scop., 2 |- kalkh. x » aterrima Hoppe 2 | gleichg. s ». . alrata-L, 2 D " » Capillaris L 2 | gleichg. á , capitata L . 9. |.kalkfrei | lehmig ». curvula Al 2 E X » ferruginea Scop 2 | gleichg. " » firma Hos 2 kalkh. | gleichg. » frigida All 2 | kalkfrei-| sandig » fuliginosa Schk 2 į gleichg. | lehmig » hispidula Gaud. 2 | kalkfrei | gleichg. » -irrigua Sm. EE | lehmig . lagopina Wahl. 1—2 sandig „ membranacea Hoppe | 2—3 gleichg. indt » mucronata All. 2 kalkh. is „ nigra 2 | gleichg = » Persoonii Sieb. 3 | kalkfrei | lehmig » sempervirens Vill. 2 | gleichg. | sandig ost. 2 |. kalkh. u Centaurea Moss: L. 2 z gleichg. » nervosa W. 2 * lehmig phr = L. 2 kalkfrei i Cerastium alpinum L. 1 gleichg. | sandig latifolium L. 1 x » ovatum Hoppe 1 kalkh. ? Cerinthe A Kit. 1 5 x Chamaeorchis alpina Rich. 2—3 | gleichg. | lehmig Cherleria sedoides L 2 » » Chrysanthemum alpinum L. 1 kalkfrei | sandig i Name der Pflanzen. Chrys. coronopifolium Vill. a Lk. Circaea alpina Cirsium acaule All. * Taari. All. pinosiss. Scop. Codhlearià boc Lmk. Crepis alpestris Tsch. s blattarioides yill. Crocus vernus All. Cyclamen europaeum Mill. Cypripedium Calceolus L. Tie alpestris Stbg. inus L. " glacialis Haenke silvestris Wulf. Doronicum austriacum Jacq. cordifolium Sternb. Draba aizoides L » frigida Saut. Sauteri Hopp. tomentosa Whlb 333 bruckneri Host. Zahl Drosera rotundifolia » longifolia L. 5 obovata M. K. Wahlenbergii Hartm. 5a Tr p x Chemische | Mecha- $25 Guanti |" me Qua- E38 lität. E E Bb | 58 kalkh. lehmig 2—3 | gleichg. | sandig 2 kalkh. lehmig 2 kalfrei " 2 , gleichg. * 1 kalkh. sandig 1—2 x 2 gleichg. » 1 kalkh. | gleichg 2 gleichg. | lehmig 2 kalkh gleichg. 2 | kalkfrei | lehmig 1—2 | kalkh sandig 1—2 | gleichg ehmig 2 kalkh gleichg 2 * sandig 2—3 " lehmig 3 » » 2 * sandig 2 ? » 1 kalkfrei * 2 | gleichg. : 2 » » 2—3 | kalkh. » 2 » » 2 | kalkfrei ? 2 kalkh lehmig 2 » 39 x 2. | kalkfrei | sandig 2 » ? 3 » lehmig 3 ^ ^ 3 N Name der Pflanzen. Dryas octopetala L. Elyna spicata Schrad. Empetrum nigrum L un alpinum L. 5 odonäi Vill. » dein Hochst. anifol. Lmk. Epimedium "alpin L. Erica carnea L. Erigeron alpinus L. uniflorus L. Erinus alpinus L. en alpinum L. euchzeri Hppe. e T nanum Schrad. Eryngium alpinum ' -Erysimum Cheiranthus Pers. Euphrasia minima Rch 5 a ae Funk cuspidata Festuca Hallen Vill. Scheuchzeri Gaud. Vill. Galium helveticum Weig. Gentiana acaulis L. " asclepiadea L. : avarica L. » brachyphylla Vill. x excisa Presl. Generation, in wel- cher die Pflanze an- getroffen wird. Chemische Qualität. kalkh. kalkfrei N gleichg. kalkh. kalkfrei gleichg. N kalkh. gleichg. kalkfrei gleichg. kalkfrei kalkh. kalkfrei gleichg. kalkfrei kalkh. gleichg. kalkfrei Mecha- lität. —— gleichg. ! lehmig ». sandig gleichg. ” sandig » ” ?» lehmig lehmig ” N sandig lehmig sandig- gleichg. ? * sandig lehmig nische Qua- FANE NS = = -o lehmig sandig - » d 2E L8 E | Chemische | Mecha- Name der Pflanzen. Ebr & Qualität, nische Qua. : FGE lität. $3 Gentiana High Hke. 2—3 | kalkfrei | gleichg. à mbricata Frl. 2 kalkh. | lehmig 2 leichg. nana Wulf. 2 : $ = x nivalis L. HEU F » » . pannonica Scop. 2 $ $ » prosirata Hke, 2 » » Y pumila Jacq 2 .| kalkh. " " punctata L 2 kalkfrei x purpurea L. 2 gleichg * Mi tenella Rottb. 2 kalkfrei | - „ á verna L. 2 gleichg $ Geranium argenteum L. 2 alkh sandig haeum L 2 | gleichg. | lehmig silvaticum L. 2 » gleichg Geum montanum L. 2 lehmig pue L. 1:38 kalkfrei sandig vale L. 2 | gleichg. | gleichg. Globularia Merian L. 1—23 alkh. : aulis L. 2 . lehmig aan. carpat Whlbg. 2 kalkfrei » » Leontopod. Scop. 2 gleichg sandig 5 ann Gun. 2 | kalkfrei | lehmig » supinum L 1—2 | gleichg : Gymnadenia odoratiss. Rich. 2 kalkh. | sandig Gypsophila repens L. 1 | gleichg. | gleichg. Hacquetia Epipactis DC. 2 7 » Hedysarum obscurum L, 2 » lehmig Helianthemum x di Rchb. 2 kalkh. | gleichg. Helleborus niger L. 2 » » Heracleum asperum M. B. | 1-2 ^ ». ustri Li 2 m sandig Herminium Monorchis R. Br. 2 lehmig in wel- 102 Name der .Pflanzen. . Herniaria alpina Vill. Hieracium albidum Vill. » alpinum " angustifol. Hppe. ; urantiacum 5 bupleuroid. Gml in dentatum VES villosum dis Hippocrepis comosa L. Homogyne alpina Cass. discolor Cass. Horminum pyrenaicum L. Hypericum alpinum W. K. Hypochoeris helvetica Jacq. Hutchinsia alpina R. Br. br a: Hpp. Iberis saxalilis L. Imperatoria Me TERR L. Juncus arctic » igl Juniperus nana Willd. Knautia longifolia Koch Kobresia caricina Willd. Kóleria hirsuta Gd. Laserpitium alpinum W.K. sutum Lmk. Lasiagrostis Ohahg: Lk. cher die Pflanze an- getroffen wird. Generation, in wel- Chemische ‚Qualität. ar [iv] t2 C2 e c2 kalkfrei » » » gleichg. kalkh. » gleichg. kalkh. . kalkfrei * kalkh. kalkfrei kalkh. gleichg. kalkfrei alkh. kalkfrei ” gleichg. kalkh. | kalkfrei » ” » ?» kalkh. | gleichg. Mecha- nische Qua- lität, sandig lehmig ” ?» sandig lehmig gleichg. ” LI sandig gleichg. sandig ?» lehmig p ? p) ? » ? N ed andig leichg. sandig ehmig l : 5A EE: E | E EP Chemische Name der Pflanzen. | SA £ a. nische Qua- SE lität. TEE 58 Leontodon eet Roth. 1 kalkh. sandig 5 nus Schrk 1—2 $ 5 $ Esteneio. Gouan. | 1—2 | kalkfrei » Taraxaci Lois 1 gleichg. | lehmig Lilium bulbiferum L. m) £ * Linaria alpina Mill 1 £ sandig Li a borealis 3 kalkfrei - Linum alpinum Jaeq. 2 kalkh. pac Listera cordata R. Brwn. 3 | gleichg. ndig Lloydia serotina Salisb. 3 | kalkfrei Lonicera alpigena L. 2 kalkh. gleichg. y coerulea L. 3 gleichg. | lehmig |. nigra L. 2 | kalkfrei | gleichg. Lomatogonium carinth. A. Br. 2 1 $ x Luzula lute C. 25 > x » abii DC. 3 kalkh. sandig . nivea D C. 2 á » . spadicea D C. 2 į kalkfrei " spicata D € 2 = lehmig Lyehnis alpina L. c9. | gleichg. | sandig Lycopodium alpinum L. 3 | kalkfrei | lehmig ela ago L. 3 » » Malaxis monophyllos Sw. 3 | gleichg. | sandig Meum athamanticum Jacq. 2 kalkh. Ep, » Mutellina Gaertn. 2 | gleichg. | lehmig Montia minor Gm 1 kalkfrei | sandig Móhringia muscosa L. 1—2 | kalkh. » ». polygonoides M. K. 1 ER ? Mulgedium alpinum Less. 2 gleichg. | gleichg. Myosotis suaveolens Kit. 2 » Myricaria ir ^uid Dw 1 » sandig Nardus str 2 | kalkfrei | lehmig Nigritella angustifolia Rich. 2 | gleichg. ^ 2 $8 |e* imis i | A m Chemische — Mecha Name der Pflanzen. SEG daiat ea nn B lit CES 58 Nothochlaena Marant. R.Br. | 2—3 | gleichg. sandig Oxyria digyna Cambd. 1 kalkfrei » E opis campestris D C. 2 5 lehmig yanea 2 i - ^ foetida D C. 2 á " T Halleri Bung. 2 x » * lapponica Gd. 2 sh » h moniana D C. 2 kalkh. " triflora Hoppe 2 kalkfrei " Paederota ceri L. 2 kalkh. | gleichg. on 2 * »- Papaver auraniacum Lois. 1 kalkfrei | sandig Ts 1 kalkh. = Pedicularis Jenni Koch 2 $ lehmig x tuberosa L. 2 kalkfrei " A versicolr Whg. 2 z » rticillata L, 2 kalkh. * Petasites ius Gaertn. 2 | gleichg. | sandig s Baumg. 1 kalkh. z Peata: DER Brw, 1—2 d » Phaca alpina Jacq. ` 2 | gleichg. | lehmig „ &siragalina D C. 2 kalfrei » , australis 2 gleichg. " » rigida L 2 » x Phleum alpinum E » " » Michelii All 2 = M „Phyteuma comosum L. 1—2 | kalkh. sandig » . Halleri All. 2 | gleichg. i lehmig E hemisphaeric. L. 2 | kalkfrei = humile Schlch. 2 sandig » Michelii Bert. 2 $ lehmig = orbiculare L. 2 kalkh. E = pauciflorum L. 2 kalkfrei I 8. È og BB : Mecha- = 8 Chemische Name der Pflanzen. SEQ UC nische Qua- wg lität. 155 Os — Scheuchzeri All. 2 kalkh. lehmig a Si ca eRsepeng. 2 » Ed spicatum L. 2 ” » Pimpinella ae Retz. 1 " sandig Pinguicula alpina L. 1—3,| gleichg. | gleichg Pinus Cembra L 1—2 | kalkfrei | lehmig Mughus Scop. 1—3 | gleichg. | gleichg Plantago alpina L. 1—2 | kalkfrei | lehmig A atrata Hoppe 2 gleichg. » Br. austr. Hffm. | 4—2 | kalkh. sandig Poa alpina L 4 E ». Cenisia All. 1452. s „ laxa Haenke 1 kalkfrei » „ minor Gaud. 1 gleichg » » sudetica Haenke 2—3 | kalkfrei | lehmig KR amara Jacq. 1-—2 |. akalki sandig maebuxus L. 2—3 5 gleichg Polygonum Bletorta 2 1—2 | gleichg. | lehmig m L. : 2 » Potentilla pesti H Hall. fil. 2 kalkfrei. » ^ 2 gleichg. | gleichg. " RE ee b. 1—2 | *alkh. sandig , Clusiana Mr 1—2 = » " frigida Vill 2 kalkfrei | lehmig " grandiflora L 2 o» * micrantha Ram. 1—92 | kalki: gleichg. á minima Hall. fil. 2 lehmig » multifida 3 kalkfze: » nitida L. 1—2 | kalkh. gleichg. nivea L. 2 j kalkfrei ra Primula poulie Jeq. 1—3 | kalkh. lehmig 5 Auric 2-4 A gleichg. » cen Jeq. sandig aa ; PE Asp «he | Mecha =S Chemische Name der Pflanzen. Ef: Qualität, |mische Qua- E E lität, E” Primula. Clusiana Tsch. 1—2 | kalkh. sandig " rinosa L 1—2 | gleichg. | gleichg. " glutinosa Wulf. 2 kalkfrei sandig ` e integrifolia 2 * » » longiflora Alls 2 | gleichg. | lehmig » Jaaminima L. 2 A&BoM 2 » Salisburg. Flörke 2 kalkfrei T » venusta Hst. 1—2 | kalkh sandig š 2 | kalkfrei | lehmig Ranunculus aconitifolius L. 2 ı gleichg sandig „ alpestris 2 kalkh. ^ > anemonoides Zahlb. 2 z = „ crenatus W: K. 2 | kalkfrei > glacialis L. 1—2 3 - » hybridus Bir. 2 kalkh. | lehmig . montanus W. 1—2 5 leichg. „ parnassifolius L. 2 | gleichg. | lehmig » pygmaeus Wahl 1 kalkfrei | sandig » pyrenaeus L 2 | gleichg. | lehmig „a rutaefolius L 2 kalkfrei 3 » Seguieri Vill. 2 kalkh. x A es) Hoppe 2 x š Villarsii DC. 1—2 | kalkfrei | sandig Rhamnus Huth L 1—2 | kalkh. á Rhinanthus alpinus Baumg. | 2—3 | gleichg. 5 Rhodiola rosea L. —2 5 > Rhododend. Chamaecistus L. | 2—3 | kalkh. » » b re L. 3 | kalkfrei | lehmig sutum L. 3 kalkh. ? Kinoni "ba Val. J | kalkfrei " Ribes alpinum L. 2 kalkh. | gleichg. E WIf. 2 | kalkfrei » Rosa alpina L. 2 | gleichg. | sandig 107 (-H- Bor er Chemische 5 agaa Name der Pflanzen. She Qualit&t. BOB EE OS Rosa rubrifolia Vill. 2 | gleichg. omifera Hrm. 2 5 Rubus saxatilis L. 2 kalkh. Rumex alpinus L. 1—2 | gleichg. arifolius All. 2 - atus L. 1 kalkh. Sagina saxatilis Wimmer 1—2 | gleichg. Salix arbuscula 1—2 Lir » glabra Scop 1 kalkh. » glauca L 1 kalkfrei » hastata L 1 gp " bacea L. 1—2 » `» - helvetica Vill. 1. » » Jaequiniana Willd. 1—2 | kalkh. „ myrsinites L 1—2 | kalkfrei » retusa 1—2 | gleichg. » reticulata L, 1—2 5 » serpyllifolia Scop. 1—2 | kalkfrei „ Silesiaca W. 42 2 Saponaria itd L. 1—2 A ocymoides L. 1—2 | gleichg. Saussurea alpina DC. 2 | kalkfrei discolor DC. 2 kalkh. pygmaea Spr. 2 | gleichg.. Saxifraga ne L. 1—2 , kalkh. "| » des L. 2 | gleichg. | » l'on Jaeq. 1 kalkh. | » androsacea L. ə | gleichg. » aspera L. 2 | kalkfrei » biflora All. 1 n » bryoides L. 2 > » Burseriana L. 1 kalkh. | s caesia L 1 $ | Mecha- nische Qua- lehmig ” gleichg. ?» sandig ?» gleichg. ` sandig ” lehmig » gleichg. sandig » gleichg. ” +: ys Chemische Name der Pflanzen. EE: e Giai nische Qua- Suus litát, Sa” Saxifraga controversa Stbg. 1 kalkfrei | sandig- s stata Vest. 1 kalkh. | gleichg 5 cuneifolia L 3 | gleichg. | lehmig n elatior M. K 14 i d » exarrata Vill 2 kalkfrei | gleichg » Facchinii Koch 1—2 alkh andig » hieracifolia W. K. | 4—2 | kalkfrei » muscoides Wulf. 2 kalkh B = mutata L. 1 T lehmig * oppositifolia L, 4—2 | gleichg. = 5 petraea L. 1—2 | kalkh sandig ^ planifolia Lapeyr. | 4—2 | kalkfrei 5 " rotundifolia L. 2 | gleichg 3 » sedoides L 1 kalkh lehmig " Seguieri Spr 1—2 | kalkfrei * = squarrosa Sb 1 kalkh. A » stellaris L, 2 | gleichg. | sandig » mm Gaud. 1 E lehmi enella Wulf. 2 á sandig Scabiosa lucida Vill. 2 kalkh. | gleichg. Scheuchzeria palustris L. 3 kalkfrei | lehmig Scirpus caespitosus L. 3 3 T » pauciflorus Lightf. 3 4 » Scolopendrium offic. Sw. 2—3 | kalkh. sandig Scorzonera *rosea 2 kalkfrei | lehmig ` Sedum annuum L. 1 » sehr » airatum L. 1 gleichg. | sandig » dasyphylum L. 1 á » , Fabaria Koch 1—2 » » „ hispanicum L. 1—2 | kalkh. ^ » reflexum 1—2 | gleichg. , r s Schleich. 1 kalkfrei = Selaginella heivakioa Spring. | | gleichg. | gleichg. : uH Po BERT. Mecha- nS Chemische Name der Pflanzen. E E ee nische Qua- S B lität. Selaginella spinulosa A. Br. | 2—3 g. | gleichg. Sempervivum arachnoid. L. 1 kalkfrei sandig U Braunii Funk 1 d > ^ Funkii Braun 1 z x » montanum L. 1 » x Wulfenii Hpp. 1 > 5 Senecio abrotanifolius L, 1—2 | gleichg. » » carniolicus. Willd. 2 kalkfrei : $ atu ch 2 | gleichg. | lehmig " Doronicum L Ns. gleichg. " incanus L. 1—2 kalkfrei sandig ) nebrodensis Guss. | 4—2 | gleichg. » $ uniflorus All. 2 kalkfrei * ubalpinus Koch. 1—2 | gleichg. | lehmig Sesleria disticha Pers. 2—3 | kalkfrei » » microcephala D C. 2 | gleichg " sphaerocephala Ard. 2 kalkh m Sibbaldia procumbens L 2 | kalkfrei | gleichg. Silene acaulis L 2 leichg * » alpestris Jacq. 1—2 | kalkh sandig » Pumilio Wulf 2 | kalkfre - » quadrifida L. 2 | gleichg b 5 uc L. 1 kalkfrei | gleichg. axifraga L. 1—2 | kalkh. sandig Sohtanella alpina L. 2 | gleichg. | gleichg. : minima- Hopp. 2 5 2 2 montana W. 2—3 » sandig pusilla Baumg. 2 ei gleichg. Sorbus Chamaemespil. Crtz. 2 kalkh. | lehmig Soyeria ni Koch 1 E $ montana 2 » u^ Spiraea Aruncus E 2 | gleichg. | sandig Stachys alpina L. 2 » gleichg. Si, i BRE <2 q | Chemische echa- Name der Pflanzen. EBE Qualität. nische Qua- SE: lität a & 5 Og Stellaria cerastoides L 2—3 | kalkfrei | lehmig rieseana Ser. 2—3 z sandig Streptopus amplexifol. DC. 2 T gleichg. Struthiopteris EAE WI ds » Sturmia Loeselii Rb J. | gleichg. lehmig Swertia ren L 3 š gleichg. punctata Baumg. 2 -| kalkfrei | sandig Teucrium montanum L. 1—2 kalkh 3 Thalictrum alpinum L. 2 j kalkfrei x » aquilegifol. L. _ 2 | gleichg A foetidum L. 2 kalkfrei á Thesium alpinum L. 2 | gleichg. | lehmig Thlaspi alpestre L. 2 | kalkfrei | sandig » alpinum Je 1—2 | kalkh i A cepeaefolium Koch 1 kalkfrei à undifolium Gaud. 1 kalkh i Tolieldia oral Wahlbg. 3 kalkfrei | lehmig calyculata Wbg. 2 kalkh gleichg. Trientalis europaea L. 3 | kalkfrei | lehmig Trifolium alpinum L. 2 á » » dium Schrb 1 2 sandig » caespitosum Reyn 1 X = pallescens Schrb S > ^ saxatile All 1 e > Trollius europaeus L. 2 | gleichg. | lehmig Vaccinium Oxycoccos È. 3 kalkfrei s x uliginosum L. 3 » ^ Vitis Idaea L. Duci ` m Valeriana celtica L. 2 | gleichg. | sandig i elongata L. 2 kalkh. " » montana L. 1—2 | gleichg. " » saliunca All. 1 kalkh. » x saxatilis L. 1 3 » Valeriana wre L. Veronica alpina L. 2 Vicia oroboides WIf. Viola alpina Jacq. i M L. „ Ccalcarata L x ind bei 2 *8 Ba BRE i echa : ns: Chemische Name der Pflanzen. Ep TU nische Qua RES E litát tr kalkh.- | sandig iripteris L. 1—2 | gleichg. " 1—2 5 gleichg. phylla L. 1—2 | kalkh. lehmig ^ bellidioides Wulf. 2 kalkfrei » s fruticulosa L` 1 i sandig. a saxatilis Jacq. 1 kalkh. 5 urticifolia Lmk. 2 | gleichg. | gleichg * 2 kalkh. sandig 2 2 lehmig iflora 1—2 | gleichg. | sandig 2 » ? 2 kalkfrei 5 pinnata L. 1—2 | kalkh. z Woodsia Inperbore Koch | 2—3 ! kalkfrei x abella R. Br. 2—3 | dolomit. | sandig Wulfenia carinthiaca Jeq. 2 gleichg. | lehmig Zahlbrucknera paradoxa Rb. 1, | kalkfrei | sandig 112 Siebentes Capitel. Bewässerung. Da die jährliche Menge des atmosphärischen Nieder- schlages von der Ebene gegen das Gebirge und von der Tiefe gegen die Höhe continuirlich zunimmt, so müssen wir natürlich in unseren, in der Ebene oder im Thale ge- legenen Gärten den cultivirten Alpinen durch fleissige Bewässerung den Ausfall der Regenmenge zu ersetzen suchen. Dabei ist es aber durchaus nicht gleichgültig, ob die Alpenpflanzen die ihnen zugehörige Wassermenge in wenigen grossen oder in zahlreichen kleinen Portionen bekommen. Die grosse relative Luftfeuchtigkeit, die reich- liche und ansserordentlich häufige Thaubildung und die zahlreichen, wenn auch wenig dichten Regen bewirken in der Alpenregion eine ununterbrochene Durchfeuchtung des Bodens, und diese Erscheinung gibt uns den Finger- zeig, dass wir auch bei der Cultur der Alpinen in nie- deren Gegenden das zu verabreichende Wasserquantum auf móglichst zahlreiche Portionen vertheilen und die ausgabung dieser Portionen in sehr kurzen Zeiträumen auf einander folgen lassen sollen. Die Alpinen sollen also kurz gesagt, recht oft, aber niemals stark begessen werden. . Wollte man diese Art der Bewässerung mit einer Giesskanne durchführen, so würde sie jedenfalls einen be- deutenden Zeitaufwand veranlassen. Eine nur einiger- massen umfangreichere Alpenpflanzenanlage würde fast den ganzen Tag über ein Individuum beanspruchen, welches mit der Giesskanne von Pflanze zu Pflanze geht und all- sogleich wieder von vorne anfüngt, sobald es an der einen Seite zu Ende gekommen ist. Wir halten darum für das Beste und Zweckmässigste, nur Morgens und 113 Abends mit der Giesskanne nachzuhelfen und im Laufe des Tages die Bewässerung der Alpenpflanzen mit Hülfe einer Spritze auszuführen, deren Wasserstrahl die ganze Alpenpflanzenanlage bestreicht. Was insbesonders die Alpenpflanzen-Culturen anbe- langt, welche man in flachen Beeten, in Sandkásten oder auf Steinhügeln ins Werk gesetzt hat, so benützt man zum Ueberbrausen derselben am besten eine Spritze, die mit zwei aneinanderliegenden communicirenden Cylindern versehen ist, von denen der eine als Saugpumpe, der an- dere als Druckpumpe wirkt. Jeder Cylinder ist mit einem Cautschukschlauche versehen. und am Ende des einen, zur Saugpumpe führenden Cautschukschlauches, den man bei der Benutzung in einen Wasserkübel einsenkt, ist ein trichterfórmiger Messingansatz (mit einem feinen Draht- gitter zur Abhaltung von Verunreinigungen) angebracht, am Ende des zur Druckpumpe führenden Cautschuk- schlauches dagegen eine messingene Brause befestiget. — Die Spritze hat unten einen Eisenbügel mit einer breiten Platte, welche gewissermassen die Basis des ganzen Appa- rates: darstellt. Wenn man den Apparat benützt, fixirt man denselben dadurch, dass man mit dem Fusse die Platte fest an den Boden drückt, setzt mit der einen Hand die Pumpen in Bewegung und dirigirt mit der an- dern Hand die Richtung des Wasserstrahles über die ganze Alpenpflanzenanlage. An regenlosen Sommertagen nimmt man das Ueber- brausen wenigstens alle drei Stunden vor. Uebrigens richtet sich natürlich die Häufigkeit des Bespritzens nach der Localität, nach dem Clima des jeweiligen Ortes und nach den zeitweiligen Witterungsverhältnissen, so dass sich in dieser Richtung nur schwer eine andere bestimm- tere Regel aufstellen lässt, als jene, welche schon aus den früheren Erörterungen hervortrat: dass nämlich das Erd- reich, in welches die Alpinen ihre Wurzeln senken, nie- mals einem grellen Wechsel von Trockenheit und 'ülber- Kerner, Alpenpflanzen. S 114 mässiger Nässe ausgesetzt sein darf. Jeder Pflanzenzüchter wird wohl selbst so viel Tact haben, um zu erkennen, wie oft von ihm im Laufe eines Tages das Ueberbrausen vorgenommen werden muss, damit jener Regel entsprochen werde. Hat man die Alpinen auf Steinhügel gepflanzt, so ist es zur Erhaltung einer gleichmässigen Feuchtigkeit auch recht zweckmássig, einzelne Nischen und Gruben zwischen den Steinpartien mit dicken Ballen von Sphagnum auszu- füllen und diese täglich mit einer Kanne voll Wasser zu tränken. Diese Ballen saugen das Wasser wie ein Schwamm auf und geben an die umgebende Luft nur ganz allmählich die aufgenommene Flüssigkeit in Dampf- form ab. Gerade hiedurch aber wird die Atmosphäre, welche die cultivirten Alpinen unmittelbar umgibt, den ganzen Tag über in einen relativ grösseren Feuchtigkeits- zustand versetzt und hiedurch mittelbar auch den culti- virten Pflanzen ein grosser Dienst "geleistet. Dort, wo man die Alpinen in einer Grube mit ter- rassenförmig aufgestuften Steinwänden gepflanzt und im Centrum der Grube einen Springbrunnen angebracht hat, kann man die Bewässerung sehr leicht dadurch vornehmen, dass man an das Ende des Wasserleitungsrohres zeitweilig eine Brause mit feinen Lóchelchen anschraubt, dure weiche die zugeleitete Wassermenge in zahlreiche, nach Seiten hin sprühende Wasserstrahlen aufgelöst wird. den terrassenförmigen Seitenwänden der Grube befindlichen Alpinen können auf diese Weise mehrmals im Tage einem feinen Sprühregen ausgesetzt und das sie umgebende Erdreich ohne grosse Mühe in einem gleich- mässigen Feuchtigkeitszustand gebracht werden. Hat man sich nach der auf Seite 59 geschilderten Methode eine Alpenpflanzenanlage am Fenster zurecht- gerichtet, so muss man dafür ‚Sorge tragen, ' dass der untere Böden der verwendeten Kiste während der ganzen Vegelaltionszeit der Alpinen mit einer beilüufig ?/, —1 Zoll las sie jid derten recht- gs dr yan 1 zoll 115 hohen Wasserschichte bedeckt ist. Zur Regulirung dieses Wasserstandes ist an der einen Seite der Kiste ein glä- sernes Zuleitungsrohr, und an der anderen Seite eine durch einen Hahn verschliessbare Abzugsröhre angebracht. Durch die Wasserschichte wird der untere Raum der Blechkiste fortwährend mit Wasserdampf gesülligt, und hiedurch auch das Torfmoos, mit welchem man die Räume zwischen den Töpfen ausgestopft hat, fortwährend gleich- mässig feucht erhalten. Auch die mit zerhacktem Sphagnum gemengte. in den Töpfen .befindliche Erde zieht fort- während Feuchtigkeit aus diesem unteren Raume an, da die untere Fläche der Töpfe mit 3 bis 4 grossen Löchern versehen ist und daher das verdunstete Wasser direct auf das Erdreich einwirken und von dem zerhackten Sphagnum absorbirt werden kann. — Die Wassermenge, welche auf diese Art mittelbar den Pflanzen zugeführt wird, wäre übrigens viel zu gering, und man muss daher auch von oben her die in den Tópfen cultivirten Alpinen täglich wenigstens einmal begiessen. Wie viel Wasser man hiebei zugiesst, ist ziemlich gleichgültig; denn da der Ueberschuss des zugegossenen Wassers durch die Löcher der Töpfe nach abwärts in den. unteren, mit der Wasserschichte erfüllten Raum der Blechkiste sickert, so darf man sich niemals fürchten, etwa zu viel Wasser zu- gegossen zu haben. : Da das Wasser auch insoferne eine grosse Rolle spielt, als durch dasselbe manche gelöste Salze den Pflanzen zugeführt werden, so muss auch auf die chemi- schen Verhältnisse des zum Begiessen und Bespritzen verwendeten Wassers die entsprechende Rücksicht ge- nommen werden. — Am besten ist man natürlich dort daran, wo das Wasser fast chemisch rein ist oder doch nur ausserordentlich geringe Spuren von Salzen aufge- löst enthält. In Granit- und Schiefergebirgen ist das ge- wöhnlich der Fall® und dort braucht man sich daher um die chemischen Verhältnisse des Wassers in der Regel gx 116 nicht viel zu kümmern. Anders ist dies in Kalkgebirgen, in hügeligen tertiären Landschaften und in niederen flachen Gegenden, deren Quell- und Grundwasser in der grossen Mehrzahl der Fälle mit Salzen, namentlich mit Kalksalzen reichlich geschwängert ist. Würde man dort auch mit der grössten Sorgfalt für die im früheren Capitel als kalkfeindlich bezeichneten Alpinen ein kalkfreies Erdreich zugerichtet haben, so müssten die betreffenden, in dieses Erdreich gesetzten Alpinen dennoch alsbald zu Grunde gehen, wenn man beim Begiessen kalkhältiges Wasser in Anwendung bringen wollte, An solchen Orten gibt es nur zwei Mittel, um das Gedeihen der kalkfeindlichen Pflanzen zu ermöglichen. Das eine besteht darin, dass man zur Bewässerung jener Stellen, auf welchen kalkfeindliche Alpinen gepflanzt wurden, Regenwasser in Anwendung bringt. at man die Alpenpflanzenplantage in der Nähe eines Gebäudes angebracht, so kann das vom Dache abfliessende Regen- wasser in zwei Bassins gesammelt werden, welche an den Seiten der Anlage stehen und aus welchen man jedesmal das zur Bewässerung der kalkfeindlichen Alpinen bestimmte Wasser entnimmt. — Leider unterliegt aber dieses Mittel den ausserordentlich schwankenden Witte- rungsverhältnissen, und ist insoferne nur eine sehr un- sichere Quelle kalklosen Wassers. Man wird daher in der Regel noch auf eine andere Weise sich kalkfreies Wasser zu verschaffen suchen müssen. — Zunächst drängt sich da wohl der Gedanke auf, dass man vielleicht den Kalk durch Zusatz von Soda niederschlagen und auf diese Weise das anzuwendende Wasser früher entkalken könnte. Da man nur sehr geringe Meugen von Soda bedürfen würde, und dieses Salz überdies ausserordentlich billig im Preise steht, so wäre das Mittel vielleicht nicht so übel. So wie ich jedoch die practischen Gärtner kenne, bin ich überzeugt, dass die Anwendufg der Soda nicht viel Anklang finden würde, und ich glaube darum auch 117 die Aufmerksamkeit hier auf ein anderes, noch einfacheres und gewiss auch noch viel billigeres Mittel lenken zu sollen. Mit Berücksichtigung. der Entdeckung, dass der Humus im Stande ist, einer durch ihn sickernden wässerigen Lösung die aufgelösten Salze zu entziehen, versuchten wir es nämlich auf der Alpenpflanzenanlage des Inns- brucker botanischen Gartens eine Vorrichtung in Anwen- dung zu bringen, welche durch die hier eingeschaltete Durchschnittszeichnung ersichtlich gemacht wird. Das kalk- N N N EIG, v REES TONER KIZELLA VIZTHTLLRLLIEZEIKT, 7 / 9; 4274/7) P Z GG EL GOCH, GE 77 hältige Wasser wird durch eine Röhre in ein gemauertes aussen mit rohen Bruchsteinen und innen mit Cement- kalk verkleidetes Becken geleitet. Das Becken selbst ist mit Hochmoortorf ausgefüllt und in zwei Abtheilungen in der Art geschieden, dass das zufliessende Wasser erst dann mit den Pflanzenwurzeln der einen grösseren Ab- theilung von unten her in Berührung kommt, nachdem es früher die Torfmasse der anderen kleineren Abtheilung passirt hat. Während aber das Wasser durch diese Torf- masse durchsickert, wird ihm der Kalk vollständig ent- zogen, und die Wurzeln der in der äusseren grösseren Abtheilung cultivirten Alpinen kommen daher nur mehr mit kalkfreiem Wasser in Berührung. Die Torfmasse in der kleineren Abtheilung, welche demnach als eine Art Filtrum dient, und die natürlich nach einiger Zeit mit Kalk- und anderen Salzen reichlich imprägnirt ist, wird 118 zeitweilig herausgenommen und durch neuen kalklosen Hochmoortorf ersetzt. — Mit Hülfe dieser sehr einfachen Vorrichtung gelang es uns, Pflanzen, wie Drosera rotundi- folia, Vaccinium Oxycoccos u. dgl., welche gegen Kalk ausserordentlich empfindlich sind, nicht nur zu erhalten, sondern auch zur Blüten- und Fruchtbildung zu bringen, und es kann darum dieses Verfahren jenen Pflanzenzüchtern, welchen nur kalkhältiges Wasser zur Verfügung steht, und welche dennoch kalkfeindliche Alpinen cultiviren möchten, nicht warm genug empfohlen werden. ; - zs kommt hier nur noch zu bemerken, dass die "Wasserleitungsrühre mit einem Hahn versehen sein muss, damit man den Zufluss des Wassers ganz nach Bedarf zu regeln im Stande ist, sowie wir hier ausdrücklich be- merken müssen, dass man an jenen Stellen, wo kalkfeind- liche Pflanzen aus der ersten Generation, z. B. Carda- mine alpina, Sedum repens u. dgl. cultivirt werden sollen, die im Grunde des Beckens aufgeschichtete Torfmasse mit Sand oder Lehm bedeckt und in diesen Sand oder Lehm, der durch das entkalkte Wasser der unterliegenden Torfmasse fortwührend feucht gehalten wird, die genannten Alpinen ansäet oder einpflanzt. Beiläufig dürfte hier in Betreff der Bewüsserung noch bemerkt werden, dass man dort, wo die Wahl zwischen Brunnenwasser und Quell-, Bach- oder Flusswasser frei- steht, immer Wasser der letzteren Categorie zur Bewäs- serung der Alpinen benutzen soll. Zum Schlusse dieses Capitels fügen wir endlich noch bei, dass die Zierlichkeit der Alpenpflanzenanlage wesent- lich erhóht wird, wenn an irgend einer Stelle ein frischer Wasserquell zwischen dem Gestein hervorsprudelt. Frei- lich dürfte nicht jeder Pflanzenzüchter in der Lage sein, als ein zweiter Moses an irgend einer beliebigen Stelle ein Quellbächlein entspringen zu lassen; wo es aber nur halb- wegs angeht und wo man einen, wenn auch noch so schwachen fliessenden Wasserfaden zur Disposition hat, LJ no versáume man ja nicht, diesen zur Alpenpflanzenanlage zu leiten und denselben über das Gestein herabrieseln zu lassen. Ein solches fliessendes Wasser, an dessen Rande man mit leichter Mühe üppige Polster von Quellenpflanzen, wie z. B. von Silene quadrifida, Arabis bellidifolia und E stellaris erziehen kann, ist abgesehen davon, dass durch dasselbe das physiognomische Bild der Flora einer Gebirgsquelle geboten wird, auch insoferne von grosser Bedeutung, als den Pflanzen, welche in der Um- gebung der künstlichen Quelle cultivirt werden, das fort und fort verdampfende Wasser mittelbar zu Wee kommt. Achtes Gapitel. Vertheilung der Alpenpflanzen auf der Anlage. Aus den in früheren Capiteln gemachten Mittheilungen geht hervor, dass die grosse Mehrzahl der Alpinen in Betreff der mechanischen und chemischen Verhältnisse des Bodens sehr empfindlich ist und dass man daher bei der Cultur der Alpenpflanzen auf diese Verhältnisse die sorg- samste Rücksicht nehmen müsse. Zieht man die Alpinen in Töpfen, so kann man für jede Art das Erdreich, entsprechend den in der Tabelle des sechsten Capitels enthaltenen Angaben, zurichten, und braucht daher bei der Gruppirung der Pflanzen nicht weiter mehr auf die Bodenbedürfnisse zu sehen. Man kann die Töpfe nach der natürlichen Verwandtschaft der darin cultivirten Pflanzen systematisch an- ordnen und hat etwa nur noch auf die Höhe der ein- zelnen Arten Rücksicht zu nehmen. Die Regeln, welche 120 man’ hiebei befolgt, ergeben sich von selbst, und es wäre wohl überflüssig, hier näher auf dieselben einzugehen. Hat man flache Beeten, Gruben oder Steinhügel als Substrat für die Alpinen hergerichtet, so kann man bei der Vertheilung der einzelnen Arten auf, die systematische Zusammengehörigkeit nicht mehr Rücksicht nehmen, son- dern muss jedesmal jene Arten, welche durch gleiche Lebensbedingungen in der freien Natur zu Gruppen verbunden sind, auch auf der An- lage gruppenweise vereinen, ganz gleichgültig, ob dieselben einer und derselben Pflanzenfamilie angehören oder nicht. Mit Rücksicht auf die Bodenbedürfnisse würden sich zunächst vier Abtheilungen von Alpinen ergeben, von welchen die erste die Pflanzen des kalkhältigen San- des, die zweite die Pflanzen des kalkfreien Sandes, die dritte die Pflanzen des kalkhältigen Lehmbodens, und end- lich die vierte die Gewächse des kalkfreien Lehmbodens umfasst. Jede dieser Abtheilungen zerfällt dann weiterhin wieder in drei Gruppen, entsprechend der Rolle, welche die Pflanzen bei der Colonisation des Bodens in der freien Natur spielen; nämlich in eine Gruppe, welcher ein fast humusloser Boden am besten zusagt, eine zweite Gruppe, für welche der Boden beiläufig zur Hälfte aus Humus be- stehen soll, und endlich eine dritte Gruppe, welche einen Boden verlangt, der vorwaltend aus Humus besteht, und in welehem die anorganische Masse fast ganz in den Hintergrund getreten ist. Neben diesen Verhältnissen ist bei der Vertheilung der Alpinen auf der Anlage weiterhin auch noch der Um- stand zu berücksichtigen, ob eine gegebene Pflanzenart die directen Sonnenstrahlen verträgt, oder ob sie lieber den Schatten aufsucht. Die eigentlichen Alpenpflanzen sind mit wenigen Ausnahmen Kinder des hellen Sonnen- lichtes. Im Allgemeinen kann man annehmen, dass sie desto mehr die directen Sonnenstrahlen verlangen, je dichter behaart sie erscheinen, je lebhafter ihre Blüten- 121 farben sind, und je mehr sich an ihnen die Blüten im Vergleich zu den vegetativen Organen vergrössert zeigen. Von solchen Alpenpflanzen, welche man auf der Anlage an mehr schattige Standorte zu pflanzen hat, sind zu nennen: Androsace obtusifolia, Cardamine resedifolia, Hel- leborus niger, Homogyne alpina, Lloydia serotina, Möh- ringia muscosa, Primula glutinosa, Ranunculus glacialis, Saxifraga androsacea, biflora, stenopetala, Seguieri, Sesleria disticha und Viola biflora. An diese reihen sich dann noch mehrere alpine Farne und Bärlappe, wie Woodsia hyperborea, Cystopteris regia, Asplenium viride und Ly- copodium Selago und endlich einige Pflanzenformen, welche freilich den Namen Alpenpflanzen nicht eigentlich ver- dienen, die man aber in den Gärten dennoch am zweck- mässigsten auf der Alpenpflanzenanlage cultivirt, nämlich: Circaea alpina, Cortusa Matthioli, Galium rotundifolium, Hacquetia Epipactis, Imperatoria Ostruthium, Linnaea bo- realis, Listera cordata, Petasites albus, Saxifraga cunei- folia, Stellaria Frieseana und Streptopus amplexifolius. Berücksichtiget man alle bisher berührten Verhältnisse bei der Einpflanzung der Alpinen in sorgfältiger Weise, so kann man eines günstigen Culturerfolges wohl in den meisten Fállen ganz gewiss sein. — Demungeachtet dürfen wir aber nicht verhehlen, dass es einzelne Pflanzenarten gibt, welche selbst dann, wenn wir uns auf das genaueste an die bisher mitgetheilten Regeln halten, dennoch zu kümmern anfangen und es nicht zum Blühen bringen. Genaue Betrachtung des Standortes der Pflanzen in der freien Natur und Versuche im Garten sind in solchen Fällen die einzigen Anhaltspunkte, um das Culturverfahren zu ermitteln, welches für derlei Pflanzen nothwendig ist, und wir wollen es im Nachfolgenden versuchen, dasjenige, Was wir selbst gesehen, erfahren und erprobt haben, in Kürze mitzutheilen, wenn wir auch nicht immer im Stande Sind, einen triftigen Erklärungsgrund für das Mitzuthei- lende anzugeben. 122 Was zunächst gewisse Arten anbelangt, welche als erste Ansiedler in der freien Natur die Ge- rölle und Schutthalden aufsuchen, wie beispiels- weise Thlaspi rotundifolium und cepeaefolium, Linaria alpina, Saxifraga stenopetala und biflora, so wollen die- selben eine ganz eigenthümliche Behandlung haben. Gräbt man diese Pflanzen in der freien Natur auf dem Felsen- schutte aus, so findet man, dass ihre Stämmchen sich als lange Fäden durch das Gerölle durchspinnen, dass aber ihre Wurzeln immer in einem zähen Lehm oder feinen Sand eingebettet sind, der tiefer unten die Ráume zwischen den Geröllstücken ausfüllt. Werden nun diese Arten auf der Anlage auch in denselben zähen Lehm oder feinen Sand gepflanzt, so entwickeln sie doch nur sehr verlängerte Stämmchen,, bringen es aber nur selten zur Blüten- und Fruchtbildung und zeigen immer ein kümmer- liches krankes Aussehen. Um ihnen zum guten Gedeihen zu verhelfen, ist es unumgänglich nothwendig, dass man. ihre Stämmchen in dem Grade, als sie sich mehr und mehr verlängern, mit zahlreichen kleinen Steinchen umgibt und so gewissermassen eine künstliche kleine Geröllhalde er- zeugt, welche eine Nachahmung des natürlichen Standortes jener Pflanzen bildet. Ganz analog muss man mit einigen Pflanzen ver- fahren, welche in den Alpen am liebsten die schroffen Felsgesimse aufsuchen. Man muss näm- lich auch für sie einen Standort auf der Alpenpflanzenanlage herrichten, welcher dem natürlichen Standorte möglichst genau entspricht. Artemisia mutellina und spicata, Geum reptans, Primula villosa, Potentilla caulescens und Clu- siana, Phyteuma comosum, Eritrichium nanum, Petrocallis pyrenaica, Draba tomentosa, frigida, Sauteri, Rhamnus pumila, Senecio incanus und uniflorus, Silene Saxifraga, Valeriana saxatilis, saliunca, Asplenium Selosii, Woodsia hyperborea und glabella wollen einmal unter allen Um- ständen in Felsritzen stehen. Pflanzt man mehrere Exem- . 123 plare dieser Arten auf den Felsenhügeln im Garten in ein kleines Beet, welches seitlich von Steinstücken eingefasst ist, so kann man regelmässig ‚sehen, dass jene Exem- plare, welche unmittelbar neben der Steineinfassung zu stehen kommen, am besten gedeihen und die zahlreichsten Blüten hervorbringen. Es lässt sich kein rechter Grund angeben, warum diese Pflanzen sich durchaus an Stein- flächen anlehnen wollen, aber dass es so ist, lehrt uns, wie gesagt, jeder ganz einfache Culturversuch, und wir müssen uns daher auch den Capricen dieser Pflanzen möglichst anbequemen. :— Als die zweckmässigste Be- handlungsmethode hat sich uns für diese Pflanzen die folgende herausgestellt. Wir umgeben die Wurzeln mit einer Handvoll der nach den Angaben der Tabelle zuge- richteten Erde, befeuchten diese so weit, dass sie klumpig zusammenhängt, und wickeln dann den Erdballen in eine Hülle von Sphagnum ein. Der so gebildete Ballen wird dann in eine Steinritze eingezwängt und eingepresst und der noch übrige Hohlraum der Ritze mit Sphagnum dicht ausgestopft. Am besten eignen sich für diese Pflanzen solche Steinritzen, welche sich an einem fast senkrechten Abfall der Felsenhügel befinden und in welche daher die Pflanzen so einzuschieben sind, dass ihre Längsaxe eine horizontale Lage bekommt. Beobachtet man noch die Vor- Sicht, dass man am Fuss jener Böschung, in deren Ritzen die obengenannten Pflanzen gesetzt wurden, mächtige Ballen von Torfmoos aufhäuft und diese täglich tüchtig begiesst , so kann man sicher sein, dass diese Felsen- pflanzen, welche sonst nur ausserordentlich schwierig fortzubringen wären, nicht blos gut gedeihen, sondern auch ganz dieselbe Frische und ganz dieselbe Blütenfülle zeigen, mit welcher sie uns von ihren natürlichen Stand- orten im Hochgebirge entgegenblicken. Was weiterhin die alpinen Leguminosen und belliferen und die Gentianen aus der Gruppe elanthe Fröl. beirifft, die fast durchgehends einen Um Co D 4 124 zühen Lehmboden verlangen, so ist bei ihnen dafür Sorge zu tragen, dass die Lehmschichte, in welche man sie ein- pflanzt, möglichst mächtig sei. Manche dieser Pflanzen entwickeln nämlich über einen Fuss lange Pfahlwurzeln. Kommen nun diese schon in geringer Tiefe auf undurch- dringliches Gestein, so fangen die Pflanzen alsbald an zu kümmern und zu vergilben und gehen über kurz oder lang zu Grunde. Bei gehórig tiefgründigem Boden aber gelingt es ganz leicht alle hieher zu rechnenden Pflanzen- arten: Athamanta cretensis und Maithioli, Gaya simplex, Gentiana asclepiadea, lutea, pannonica, nimiae purpurea, Heracleum austriacum, Laserpitium alpinum, hirsutum, Meum Mutellina, Oxytropis campestris, foetida, Halleri, lapponica, pilosa, Phaca alpina, astragalina, australis, fri- gida, Trifolium alpinum "zur Blüte zu bringen. Die alpinen Sumpfpflanzen: Carex irrigua, lago- pina, Persoonii, capitata, chordorrhiza, Eriophorum alpinum, Scheuchzeri, Juncus triglumis, Jacquini, arcticus, Scirpus caespitosus, pauciflorus, Scheuchzeria palustris, alle Arten Drosera, Malaxis monophyllos, Sturmia Loeselii, Primula foh Trientalis europaea, Pinguicula alpina, Stellaria cerastoides, Lycopodium inundatum, Vaccinium Oxycoccos, uliginosum, Andromeda polifolia können nur -dort mit Erfolg gezogen werden, wo man ein kleines Aquarium oder stetig fliessendes Wasser zur Disposition hat. Wo dies der Fall ist, gelingt es aber auch ausserordentlich leicht, diese Arten.fortzubringen. Am zweckmässigsten benützt man dann zur Cultur dieser Pflanzen ein mit Cementkalk ausgekleidetes und mit Hochmoortorf ange- fülltes Becken, welches der Zeichnung entspricht, welche wir auf S. 117 eingeschaltet haben. Man pflanzt die be- treffenden Arten, ohne irgend eine besondere Regel be- obachten zu müssen, in die Torfmasse der äusseren Ab- theilung, und kann sicher sein, dass sie ohne alle weitere Pflege vorzüglich gedeihen. ie alpinen Quellenpflanzen: Saxifraga Clusii, Jusil, 125 stellaris, Arabis bellidifolia, Stellaria Frieseana, Silene qua- drifida, Montia minor, Epilobium origanifolium, Carda- mine resedifolia, Viola biflora werden in ein Gemenge von ausgelagertem Torf, zerhacktem Sphagnum und Sand gesetzt, mit einer Schichte von Sphagnum eingehüllt, und der so gebildete Ballen zwischen eckige Steintrümmer unmittelbar an den Rand des fliessenden Wassers ge- pflanzt. — Ist es leicht möglich, so postire man zwischen die so angeordneten Quellenpflanzen, die in kurzer Zeit das Rinnsal mit üppigen grünen Polstern überziehen, noch einige Steine, welche mit der für kühlfeuchte Ge- birgsthäler so charakteristischen ziegelrothen Veilchenalge : Chroolepus jolithus überzogen sind. ie im Grunde subalpiner Wälder vorkom- menden und dort regelmássig zwischen Moos- polstern eingebetteten Pflanzen: Linnaea borealis, Galium rotundifolium, Polypodium Phegopteris, Aspidium Üreopteris, Blechnum Spicant u. dergl. werden auch im Garten am besten zwischen Moos gepflanzt. Es gelingt sehr leicht, die Moose, welche den Boden unserer sub- alpinen Nadelwälder bedecken, nämlich Hypnum triquetrum, splendens, Schreberi, cupressiforme im Garten anwachsen zu machen, wenn man sie an einer schattigen Stelle der Anlage auf eine mit halbvermoderten Fichtennadeln reich- . lich gemengte Erde setzt und einige Zeit mässig begiesst. Planzt man dann zwischen die so gebildeten Moospolster die oben genannten Gewächse, so kann man schon im nächsten Jahre die Freude erleben, die zierliche Linnaea borealis zahlreiche Blütenglöckchen und die Farne die üppigsten Wedel entwickeln zu sehen. Am schwierigsten ist unstreitig die Cultur der al- Pinen Rhinantaceen und Orchideen. Wir gestehen offen, dass wir in dieser Beziehung bisher nicht sehr glücklich waren. Am besten gelang uns noch die Cultur von Bartsia alpina, von den Arten der Gattung Euphrasia, Yon Gymnadenia odoratissima, Herminium Monorchis, 126 Listera cordata, Corallorrhiza innata, Sturmia Loeselii, Malaxis monophyllos und Cypripedium Calceolus. Die- selben blühten alljährlich und die Euphrasia- Arten ver- mehrten sich sogar von selbst durch Samenbildung, ohne unser Zuthun, und ohne dass wir eine besondere Pflege auf sie anwendeten. Nicht so gut aber wollte es mit den Arten der Gattung Pedicularis, mit Tozzia alpina, Melam- pyrum silvaticum, Rhinanthus alpinus, Orchis globosa, Gymnadenia albida, Coeloglossum viride, Nigritella angusti- folia, Chamaeorchis alpina und Goodyera repens gehen. Obschon wir ‚diese Pflanzen, in der Voraussetzung, dass sie Halbschmarotzer seien, mit der geschlossenen Rasendecke aushoben und in den Garten verpflanzten, so gingen sie doch gewóhnlich in kurzer Zeit schon zu Grunde oder brachten es doch niemals zum Blühen und Fruchten. — Vielleicht, dass zukünftige Versuche das Culturverfahren für diese Pflanzen treffen lassen. In dem Bisherigen wurde die Vertheilung der Arten auf der Alpenpflanzenanlage insoferne behandelt, als sie durch die eigenthümlichen abweichenden Bodenbedürfnisse der verschiedenen Alpinen bedingt ist, Es ist klar, dass bei einer solchen Vertheilung die Pflanzen der verschie- densten Familien kunterbunt durcheinander gewürfelt wer- den, und dass die systematische Verwandtschaft der Arten dabei gänzlich ignorirt werden muss. Dennoch drängt es uns, in diesen bunten Pflanzenteppich Einheit und Ordnung zu bringen und, wenn möglich, nebst den Lebens- bedingungen der Pflanzen noch einen zweiten Eintheilungs- grund zu berücksichtigen. i Dieser Eintheilungsgrund liegt auch ganz nahe; ja, wir werden sogar durch die Vertheilung der Pflanzen nach Bodenbedürfnissen von selbst auf ihn hingeleitet. Wenn wir nämlich im Garten die Pflanzen in Gruppen zusammenfassen, welche durch gemeinsame Bodenbedürf- Arten als sie rfnisse 127 nisse verkettet sind, so werden dadurch nur Gruppen nachgebildet, welche sich auch in der freien Natur in gleicher Zusammensetzung vorfinden. Wir werden da- durch, ohne es vielleicht zu beabsichtigen, Pflanzen- formationen erzeugen, und brauchen daher nur noch die Vertheilung dieser Pflanzenformationen nach der Seehöhe im Kleinen nachzuahmen, um durch die Alpenanlage ein der Natur möglichst entsprechendes Bild der alpinen Pflanzendecke zu liefern er bei der Vertheilung der Alpinen auf Steinhügeln festzuhaltende Eintheilungsgrund wäre demnach kein anderer, als der pflanzen- siognomische und pflanzengeographische; also eigentlich derselbe Eintheilungsgrund, welcher für die Pflanzenwelt unserer tiefer liegenden Regionen in den nach den Prinzipien der „Landschaftsgärtnerei“ angelegten arks — freilich meist in sehr plumper Weise — in An- wendung gebracht erscheint. — Es braucht kaum erst ausführlich begründet zu werden, wie sehr auch dieses Eintheilungsprinzip berechtigt ist und wie sehr dasselbe namentlich in Gärten am Platze wäre, welche anregend und belehrend sowohl auf best. Kreise, wie auc auf das Publicum überhaupt zu wirken die Aufgabe haben. Professor Göppert, welcher sich um die Reformation der botanischen Gärten so vielfache Verdienste erworben hat, war wohl der erste, welcher diesem Eintheilungs- Prinzipe im botanischen Garten zu Breslau die gebührende Geltung verschaffte und sich die Aufgabe stellte, durch mehrere nach pflanzengeographischen Prinzipien vorgenom- mene Aufstellungen und Gruppirungen belehrend auf die Besucher des unter seiner Leitung stehenden Gartens ein- ‚zuwirken. Was insbesonders die arctische und Alpen- Nora anbelangt, so wurden von ihm zur Erläuterung der- selben nachstehende Pflanzengruppen hergestellt. „I. Pflanzen des höchsten Nordens über dem 80. Grad oder der Polarzone, und ihnen entsprechend die Pflanzen der Centralalpen auf Firn- oder Gletscher- inseln über der Schneelinie, zwischen 10 bis al — az] = £5 5 N © 5 der Polar- und arctischen Zone, ent- sprechend der Schnee- oder nivalen Region (von — 8500) und subnivalen Region von 8500 bis 6000 Fuss der Centralalpen, in denen keine Bäume, sondern, von Holzgewächsen nur niedrige Sträucher vorkommen. III. Pflanzen des höchsten Nordens, die in der dee losen Region um den ganzen Pol gehen. IV. Sträucher oder Bäume in Strauchform, die mit den vorigen um den ganzen Pol wachsen. V. Nadelhölzer verschiedener Art, die um den Pol herum die Baumvegetation beginnen. VI. Sträucher der Centralalpen, die nach dem Auf- hören der Baumvegetation vorkommen. VII. Pflanzen der Bergregion oder Pflanzen innerhalb des Baumwuchses in verschiedenen Gegenden Deutsche lands von 2— 6000 Fuss Seehöhe. VIII. Zum Ver gleiche Repräsentanten der Alpenflora des Himalaya. * *) Wenn man nach dem Vorgange Góppert's die Alpinen der mitteleuropäischen Hochgebirge in der Weise zu gruppiren versucht, dass der Besucher der Alpenpflanzen- anlage ein lebhaftes und richtiges Bild der Vegetations- e Pflanzen, welche die arctische und Alpenflora reprä- sentiren, sima sich im Breslauer botanischen Garten theils in öpfen (an 2000), theils im freien Lande zwischen Gesteinen ver- schiedener Art, zum Theil von dem schlesischen ipe ade mit den den hóchsten Regionen en Flechten, wie Lecidea geographica 15-23. Im. ie a 30 Fuss Ay und Fuss lange, einen Raum von etw ı !/ preuss. Morgen ein- nehmende Anlage erstreckt sich am Falke der palüontologischen Partie lings einem Wassergraben, von welchem sie eines Theiles ihrer Länge durch eine Reihe Basaltsäulen abgeschieden wird. 129 decke unserer Alpen bekommt, so tritt dabei zunächst eine grosse Schwierigkeit hervor. Neben den für die Alpenregion vorzugsweise bezeichnenden niederen Sträu- chern, rasigen kurzhalmigen Gräsern und grossblumigen zwergigen Kräutern finden sich nämlich über der Holz- grenze unserer Hochgebirge auch noch manche üppige Stauden und Gräser vor, die oft über eine Elle hoch emporwachsen und mit ihrem umfangreichen Blatt- und Zweigwerk einen bedeutenden Raum einnehmen. Ich er- innere hier nur an die grossen Gentianen .und Cirsien, an den breitblättrigen Petasites niveus, an die hohen alpinen Senecio-, Adenostyles- und Aconitum-Arten, von denen einige in üppiger Entwicklung fast die Brusthóhe er- reichen und daher auch fast halb so hoch sind, als die Steinhügel, welche uns im Kleinen ein Abbild der Alpen geben sollen. Dass hiedurch die Illusion sehr gestört und durch die Anlage der Zweck, welchen wir im Auge haben, nicht erreicht wird, wenn zwischen den zwergigen Nelken, Primeln, Gentianen und Steinbrechen ein hoch- wüchsiger Sonchus alpinus, ein Aconitum Anthora oder ein Cirsium spinosissimum aufragt, welches mit seinem Blütenstande über die Gipfel der Bergepigonen hinaus- lickt, darf wohl nicht geläugnet werden. Und dennoch sind diese Staudengewächse höchst wesentliche Elemente unserer Alpenpflanzenwelt und dürfen nicht übergangen werden, wenn anders unsere Gartenanlage ein getreues Abbild der Alpen sein soll. m nun dieser Schwierigkeit zu begegnen, scheint es das Zweckmässigste, die alpinen und subalpinen Stauden, welche ohnedies in den Alpen meist in grosser Individuen- zahl als Massenvegetation neben einander auftreten und dort an den Rändern der Erlen- und Legföhrengehölze, oder in feuchten quelligen Schluchten und Tobeln ein dichtes, üppiges Gestrüppe bilden, auf einer eigenen Steingruppe mit.den grossblätirigen subalpinen Farnen untermischt zu eultiviren. Es wird dann durch diese Gruppe einerseits Kerner, Alpenpflanzen. 9 130 jene so eigenthümliche Staudenformation dem Besucher der Alpenanlage vor Augen geführt und anderseits doch das Bild der anderen Gruppen, auf welchen man nur nie- dere Alpinen und zwergige Sträucher cultivirt, nicht be- einträchtiget. Folgende Staudenpflanzen, Farne und hohen Gräser wären demnach auf einer besonderen Stelle, die nebenbei bemerkt, auch etwas Schatten haben soll, zu cultiviren: Achillea macrophylla, alle Arten Aconitum, alle Arten Adenostyles, alle Arten Aquilegia, alle Arten Aspidium, Astrantia major, Avena sempervirens, Buph- thalmum salicifolium, Campanula latifolia, Carduus deflo- ratus, Personata, Centaurea montana, phrygia, Cirsium carniolicum, Cervini, Erisithales, heterophyllum , spino- sissimum, Convallaria verticillata, alle Arten Dentaria, Digitalis lutea, alle Arten Doronicum, Epilobium rosma- rinifolium, Eryngium alpinum, Gentiana asclepiadea, lutea, pannonica, punctata, purpurea, Geranium phaeum, silvati- cum, Geum rivale, Heracleum asperum, austriacum, Im- — peratoria Ostruthium, Lasiagrostis Calamagrostis, Lilium bulbiferum, Martagon, Luzula maxima, nivea, ‘Petasites albus, niveus, Phyteuma Halleri, Michelii, Scheuchzeri, spicatum, Pleurospermum austriacum, Poa sudetica, Poly- gonum Bistorta, Polypodium alpestre, Prenanthes purpurea, Ranunculus aconitifolius, Rumex alpinus, arifolius, Sene- cio cordatus, lyratifolius, subalpinus, Sonchus. alpinus, Spiraea Aruncus, Stachys alpina, Streptopus amplexifolius, Struthiopteris germanica, Swertia perennis, punctata, Tha- lietrum aquilegifolium, foetidum, Trollius europaeus, Va- leriana tripteris, montana, Veratrum album. Die subalpinen und alpinen Sträucher, von denen man einige mit der reizenden Liane unserer Alpen, nämlich mit Atragene alpina, überranken lässt, können zum Theile wohl gleichfalls dieser Gruppe einverleibt wer- den. Noch zweckmässiger aber dürfte es sein, die ganze Alpenpflanzenanlage heckenförmig mit solchen Sträuchern 131 einzufassen, die entweder ausschliesslich im Gebiete der Alpen zu Hause sind, oder welche doch bis weit hinauf ins Hochgebirge angetroffen werden. Als solche würden zu nennnen sein: Aronia rotundifolia, Berberis vulgaris, Cotoneaster tomentosa, Daphne Mezereum, Evonymus lati- folius, verrucosus , Hippbphät , Hiündididdg: Ilex Aqui- folium, Juniperus communis, Sabina, Lonicera alpigena, coerulea, nigra, Xylosteum, Myricaria germanica, Ribes alpinum, petraeum, Rosa arvensis, rubiginosa, rubrifolia, sepium, tomentosa, Salix grandifolia, incana, nigricans, silesiaca, Sorbus Aria, aucuparia, Staphylea pinnata, Vi- burnum Lantana. : Was nun weiterhin die Anordnung jener Pflanzen àn- belangt, welche nach Ausscheidung der höheren Stauden- gewächse, Gräser, Farne und Sträucher noch übrig bleiben, so muss darauf aufhören gemacht werden, dass vor allem andern jene Arten besonders zu be- rücksichtigen sind, welche sich in der Alpen- welt durch massenhaftes Vorkommen aus- zeichnen, und die dort das Grundgewebe eigener Formationen bilden. Selbstverständlich müssen diese Arten auf der Anlage, die ja ein möglichst getreues planzenphysiognomisches und pflanzengeographisches Bild der Alpenwelt geben soll, in grosser Individuenzahl ver- treten sein und gewissermassen den Charakter der ein- zelnen Gruppen und Regionen bestimmen. Es würde den ahmen dieses Buches aber weit überschreiten, wenn wir hier auf eine detaillirte Schilderung dieser Formationen eingehen wollten, ° *) und wir bescheiden uns daher damit, iêr nur in den allgemeinsten Umrissen anzugeben, in welcher Weise die Gruppirung. nach Formationen auf der *) Wir verweisen in THU Beziehung auf: Kerner r, Das Planagnleben der x BR Innsbruck: 1863, welchem 01—278 und S. 204—31 iat nnie de Alpen in ausführlicherer Weise bdo erscheinen 132 Alpenanlage vorzunehmen wäre, wenn durch sie ein rich- tiges Abbild des alpinen Pflanzenteppichs geliefert wer- den soll. Auf den Steinhügeln, deren Gewächse die Pflanzen- welt der Kalkalpen repräsentiren sollen, wären an den tiefsten Stellen vor allen anderen Sesleria coerulea, arex humilis und Erica carnea in grösserer In- dividuenzahl zu cultiviren. Zwischen diesen Gewächsen, welche gewissermassen den Ton in der Pflanzendecke der untersten Etagen anzugeben hätten, würden dann Polygala Chamaebuxus, Helleborus niger, Genista pilosa, Cyclamen europaeum, Ariemone Hepatica, Calamintha alpina, Carex alba, Cypripedium Calceolus, Epimedium alpinum, Hippo- crepis comosa, -Potentilla Fragariastrum, micrantha, Pri- mula acaulis, Auricula, farinosa und Bellidiastrum Michelii Platz finden. Am Rande der einzelnen kleinen untersten Terrassen pflanzt man Teucrium montanum, Gypsophila repens, Globularia cordifolia, Saponaria ocymoides, Poten- tilla caulescens und Selaginella helvetica, welche sich. wie kleine Teppiche über die Steine herabhängen ; und an den Bóschungen zwängt man in die Steinritzen zahlreiche Farne, wie Scolopendrium officinarum, Asplenium Ruta muraria, Trichomanes, viride, Adiantum nigrum und einige Crassulaceen, wie etwa Sempervivum hirtum, Sedum album und hispanicum. Hie und da, wo es nicht störend wirkt, können sich allenfalls auch niedere Sträucher von Salix grandifolia, Aronia rotundifolia, Rubus saxatilis, Coronilla Emerus, Rosa alpina, Ribes alpinum und Cotoneaster to- mentosa über die niederen Pflanzen emporböschen. uf die nächst höheren Terrassen sind als tonan-. gebende Arten Pinus Mughus, Rhododendron hirsutum, Agrostis alpina und rupestris, Carex firma, ferruginea und sempervirens anzupflanzen. Die zwischen diese Gewächse einzuschaltenden Pflanzen sind ausserordentlich zahlreich. Zunächst neben Rhodo- dendron hirsutum und Pinus Mughus reiht man Rhodo- gj alpina, "T -133 . dendron Chamaeeistus und Daphne striata. Zur Ueber- kleidung der Steine, welche die Bóschung der Terrassen piden, sind in dieser Region vor allem Dryas octopetala, Avena distichophylla und Arciostaphyllos alpina zu ver- wenden und aus der Reihe der niederen Sträucher sind für diese Region als besonders bezeichnend Salix arbuscula "und glabra, Rhamnus pumila, Juniperus nana und Sorbus Chamaemespilus hervorzuheben. Die meisten den Kalk vertragenden Primeln, Gentianen und Steinbreche, ferner Dianthus alpinus, Silene alpestris, Alchemilla alpina, An- drosace Chamaejasme und lactea, Aretia Vitaliana, Aster alpinus, Silene acaulis, Coronilla vaginalis, Draba aizoides, Gnaphalium Leontopodium, Soyeria hyoseridifolia, Hiera- cium villosum, Homogyne discolor, Armeria alpina, Hut- chinsia alpina, Linaria alpina, Linum alpinum, Pinguicula alpina, Athamanta cretensis, Polygonum. viviparum, Carex capillaris, mucronata, aliformis. Potentilla minima, nitida, Ranunculus hybridus , alpestris , Soldanella alpina , ale- riana celtica, saliunca, saxatilis, Veronica aphylla, saxa- tilis, Viola pinnata, Anemone alpina, narcissiflora gehören dieser Region als mehr oder weniger characteristische Formen an und sind daher zwischen die Büsche der Alpen- . rosen und Legfóhren und die Polster der Carex firma, Agrostis alpina und anderen oben genannten tonangebenden Gräser und Riedgräser einzuschalten. uf die obersten Terrassen der aus Kalksteinem auf- gebauten Hügel pflanzt man endlich als tonangebende Arten noch einige Rasen von Carex firma und nebenan zahlreiche Exemplare der Sesleria microcephala, Primula minima und die niederliegenden viel- zweigigen Sträuchelchen der Salix retusa, re- lieulata, Jacquiniana und Azalea procumbens. Die Steine, welche hier als Spitzen aufragen, sollen wo möglich in Krustenflechten überzogen sein, und in die Ritzen und Klüfte dieser den ganzen Felsenbau krónenden obersten Steine fügt man Petrocallis pyrenaica, Saxifraga 134 oppositifolia, Valeriana supina, Draba tomentosa, Sauteri, Potentilla nitida, Clusiana. : In ganz analoger Weise vertheilt man die vorherr- schend kalkfeindlichen Pflanzen auf den Felsenhügeln, welche ein Abbild der Centralalpen geben sollen. Auf die untersten Terrassen pflanzt man daselbst Nar- dus siricta und Calluna vulgaris mit Vaccinium Vitis idaea, Arctostaphyllos officinalis und Lycopodium alpinum. Dazwischen Campanula barbata, Potentilla aurea, Arnica montana, Silene rupestris, Achillea tomentosa und Allosurus crispus. Die Felsritzen ziert man mit Semper- vivum arachnoideum, Sedum reflexum, dasyphyllum und annuum. In schattige moosige Winkel wird Linnaea bo- realis gesetzt und hie und da mag wohl auch ein Strauch von Alnus viridis und Juniperus Sabina und eine Wedel- gruppe von Struthiopteris germanica aus einer Felskluft sich emporheben. Die nächst höheren Terrassen tragen als die bezeich- nendsten Formen eine möglichst grosse Individuenzahl von Rhododendron ferrugineum, Carex curvula, Sesleria disticha und Juncus trifidus. An diese reiht man dann Empetrum nigrum, Salix myrsinites, hel- . vetica, hastata und überdies als charakteristische Pflanzen . ‚noch Achillea moschata, Alchemilla pentaphylla, Ane- mone vernalis, Arenaria biflora, Artemisia nana und spi- cata, -Astrantia minor, Avena versiċolor, Cardamine alpina, Chrysanthemum alpinum, Dianthus glacialis, Erigeron uni- florus, Gaya simplex, Gentiana excisa, Hieracium albidum und alpinum, Hutchinsia brevicaulis, Köleria hirsuta, Lloy- dia serotina, Oxyria digyna, Luzula lutea und spicata, Phaca astragalina, Phyteuma hemisphaericum, Potentilla grandiflora, Primula glutinosa, Ranunculus rutaefolius, Saxifraga aspera, Senecio carniglicus, Sibbaldia procum- bens, Silene Pumilio, Thalictrum alpinum, Tofjeldia bo- realis, Trifolium alpinum und Veronica bellidioides. — In die Felsritzen pflanzt man Geum reptans, Artemisia 135 utellina , Gnaphalium Leontopodium, Primula villosa, Sempervivum montanum und Waulfenii. % Die Felsstücke, welche die obersten Etagen und die (c Spitzen der Hügel bilden, sollen wieder mit Krusten- fechten, namentlich mit der so charakteristischen Leci- lea geographica bedeckt sein, und auf die kleinen hier befindlichen obersten Terrassen sind vor allem als - lie bezeichnendsten Formen: Aretia glacialis und Sa- lix herbacea und wieder Azalea procumbens und Carex curvula anzubringen. Ausserdem können hier Senecio icanus und uniflorus, Ranunculus glacialis , Saxifraga hryoides, Seguieri und biflora , Primula glutinosa, Draba fahlbruckneri und frigida und Potentilla frigida ein Plätz- chen finden. . Durch diese Gruppirungen ist dem natürlichen Vor- kommen der Pflanzenformen in den Alpen die vollste Rechnung getragen, und der Anblick der in der eben an- gegebenen Weise bepflanzten Steinhügel gibt eine voll- kommen richtige Vorstellung nicht nur von der Verthei- lung der Alpinen, sondern auch von der Physiognomie, mit welcher uns die Pflanzendecke in der Voralpen-, Alpen- und Hochalpenregion der Kalk- und Schieferberge eni- gegentritt. ANAA E Neuntes Capitel. Vermehrung der Alpenpflanzen. Bei sorgfältiger Behandlung kann die Mehrzahl der Alpinen aus Samen gezogen werden. Das Aussäen der Samen darf jedoch nicht wie bei der Cultur der meisten anderen Pflanzen im Frühlinge geschehen, son- dem muss noch im Spätherbsie vorgenommen werden, 136 " und zwar in der zweiten Hälfte October oder zu Anfang sid des Monats November, also jedenfalls so spät, dass die À Samen vor dem nächsten Frühling nicht mehr zum Keimen ferfa kommen können. Die Töpfe oder Tröge, welche die oph Samen aufnehmen sollen, werden nahe bis zum Rande T $ mit einer trockenen, lockeren, aus Humus, Sand und etwas E zerhacktem Sphagnum gemengten Erde gefüllt, diese Erde "e dann mit den Samen bestreut und über die Samen noch ` E eine dünne, etwa '/, Zoll mächtige Schichte derselben "- Erde gesiebt. Nachdem man die Erde fest angedrückt hat, im bringt man die Töpfe oder Tróge an irgend eine luftige N lichte Stelle des Gartens, wo sie weder der Sonne noch men dem Gussregen ausgesetzt sein dürfen und lässt sie uddie dort unbegossen bis zum ersten Frosie unberührt stehen. d. g Nach dem ersten Froste deckt man die Töpfe oder Tröge iige mit Tannenreisig oder dürrem Laubwerk zu und bringt slben sie über Winter an einen möglichst schattigen Platz, an ferfahr welchem man mächtige Schneewälle aufhäuft und hie- wren. durch Sorge trägt, dass die Keimung der Samen im slglt nächsten Frühling.móglichst weit in die Zeit der langen meise Tage hinausgeschoben wird. — Beobachtet man endlich Virift im Frühlinge einzelne die Erde durchbrechende Keime, „Un so entfernt man die Laub- oder Reisigdecke, bringt die mod: öpfe oder Tröge an eine Stelle des Gartens, welche durch t sh Bäume oder Sträucher mässig beschattet ist, und begiesst T" und überspritzt sie in dem Grade mehr und mehr, als die " " Sämlinge kräftiger heranwachsen. à - Nur wenige Arten entwickeln sich so rasch und üppig, N li dass man sie schon im ersten Jahre auf die Anlage ver- ST pflanzen oder im Tauschwege verschicken kann. Die pen meisten derselben bleiben im ersten Sommer noch ziem- V nis lich schwächlich und werden am zweckmässigsten bis zum * Tor folgenden Frühlinge noch in den Tópfen oder Trógen ge- m halten, in welchen sie aufgekeimt sind. Den Winter über "lem bringt man sie in die Sandkästen, welche auf S. 61— 64 "ten beschrieben wurden, und erst im kommenden Frühling 137 können sie dann aus den Töpfen genommen werden, in welchen sie das Licht der Welt erblickt haben. Am leichtesten keimen bei der Anwendung des obigen Verfahrens die Cruciferen, Compositen, Umbelliferen, Ca- ryophylleen, Rosaceen, Ranunculaceen und Papaveraceen, am schwierigsten dagegen alle jene Alpinen, welche peerenartige Früchte erzeugen, wie die Arien von Rubus, Convallaria, Empetrum und Vaccinium, dann die Rhinan- taceen, Orchideen, Gentianaceen, Primulaceen und endlich die immergrünen Ericineen. i oe in Christiania, welcher über die Anzucht der Al- pinen aus Samen sehr reichhaltige Erfahrungen gewonnen und diese in seiner auf Seite 66 zitirten Schrift niedergelegt hat, gibt übrigens auch für diese letzteren Pflanzenarten einige Regeln an und versichert, bei Beobachtung der- selben die besten Erfolge gehabt zu haben. Da wir das Verfahren Moe’s zu wiederholen bisher nicht in der Lage waren, müssen wir uns des eigenen- Urtheils vorläufig enthalten, glauben aber unseren Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir die betreffenden Stellen der Moe’schen Schrift in der Ueberseizung hier mittheilen : „Um die alpinen Ericineen, Vaccineen, Ly- copodiaceen und Filices aus Samen zu ziehen, werden aus schwarzer plastischer Torferde, welche man früher durch geraume Zeit der Luft ausgesetzt hat, ziegelförmige . zwei Zoll hohe und zwei Zoll breite Klumpen . geformt, und die Samen dann an der Oberfläche und an den Seiten dieser Torfklumpen eingerieben. Weiterhin werden diese Klumpen beiläufig einen Zoll tief in Wasserkisten gesetzt und mässig begossen. Ueber Winter bringt man dann jene Torfklumpen, welche mit den Samen der Erieineen und Vaceineen besäet wurden, in ein kühles Mistbeet, in welchem sie auch unbeschadet der Sonne ausgesetzt bleiben können, jene Torfklumpen hingegen, auf deren Oberfläche die Sporen der Filices und Lycopodiaceen eingerieben wurden, in ein warmes Mistbeet, in dem sie vor den 138 Sonnenstrahlen durch Schattendecken geschützt werden müssen. ie aufgekeimien Pflanzen werden im ersten Jahre nicht umgesetzt, sondern verbleiben auf den Torf- klumpen bis zum darauffolgenden Jahr und werden zum Theile (Ericineen und Vaccineen) in einem Kalthaus mit ärme, zum Theile (Filices und Lycopodiaceen) in einem Warmhaus überwintert.* m die so ausserordentlich schwierig zu nn alpinen Orchideen und Pyrolaceen aus Samen zu ziehen, gibt Moe folgende Verhaltungsregeln an: „Man füllt die Töpfe, welche zur Aufnahme der Samen Destin. sind, “mit einem Gemenge aus einem Theil Haide- erde, einem Theil Walderde, einem Theil vermoderten grob zerpochten Fichtenholz, mit einem geringen Zusatz von fein zerschnittenem Mose (am besten von Hypneen) und etwas verwesten Tannennadeln. Dieses Gemenge wird fest im Topfe angedrückt und in dasselbe kleine Moose, am besten Dicranum-Arten, Bryum argenteum, Mnium u. dgl. gepflanzt. Auf und zwischen diese Moose werden die Samen gesäet und die Töpfe dann so weit in Wasser- kisten gesetzt, dass das ganze Erdreich mässig durch- feuchtet wird. Die Kiste bringt man dann durch 14 Tage in ein Mistbeet, das mässig warm und mässig beschattet sein soll und welches die ganze Zeit über nicht gelüftet werden darf.“ Ob vielleicht auch die alpinen Rhinantaceen sich in ähnlicher Weise durch Samen ziehen lassen, haben wir noch nicht erprobt, doch wollen wir hier bemerken, dass mehrere Arten dieser Familie, z. B. Euphrasia minima und salisburgensis sich von selbst auf der Alpenpflanzenanlage des InnSbrucker botanischen Gartens jährlich aussamen und an einer und derselben Stelle erhalten. Wir wollen bei dieser Gelegenheit einschalten, dass es überhaupt das einfachste und zweckmässigste ist, die einjährigen und zweijährigen Alpinen, rend lich die eben genannten Euphrasia-Arten, dann die kleinen 139 Gentianeen: Lomatogonium carinthiacum, Gentiana pro- strata, nivalis, tenella, nana, ferner einige Cruciferen: Braya alpina und Aethionema saxatile, weiterhin mehrere Corniculatae: Sedum repens, annuum, atralum, Saxifraga adscendens, dann noch das winzige Gnaphalium supinum der Selbstaussamung zu überlassen. Man hat hiebei nur Rücksicht zu nehmen, dass der Boden, auf welchem man diese Alpinen cultivirt, zur Zeit der Samenreife etwas ge- lockert werde, und dass die aufkeimenden Pflünzchen nicht durch Trockenheit leiden und nicht durch unberufene Ein- dringlinge überwuchert werden. Was die ungeschlechtliche Vermehrung der Alpinen anbelangt, so kann darüber Folgendes bemerkt werden. Die alpenbewohnenden Weiden, insbesondere Salix helvetica, Lapponum, pyrenaica, arbuscula, glabra, hastata, glauca, myrsinites, Jacquiniana, retusa, reticulata, grandifolia, silesiaca werden durchgehends ohne Schwierig- keiten-durch Stecklinge vermehrt. Man schneidet die Steck- reiser am zweckmässigsten zeitlich im Frühlinge, kurz vor dem Sprengen der Knospenschuppen von zweijährigen Zweigen und pflanzt. dieselben dann entweder in Töpfe in ein Gemenge von lehmiger Erde und zerhacktem Sphagnum oder noch zweckmässiger in einen Ballen von reinem Sphagnum, mit dem man dann ein theilweise mit Wasser gefülltes Glasgefäss so weit ausstopft, dass der Sphagnum- ballen mit dem Wasser in Berührung kommt und von diesem Feuchtigkeit ansaugen kann. Die so gefüllten Glasgefässe bringt man in den Raum eines temperirten Glas- hauses, stellt sie an einen beschatteten Ort und verpflanzt dann, wenn man zwischen dem Sphagnum die Wurzelfasern sich durchspinnen sieht, die Stecklinge ins Freiland. Von anderen alpinen Sträuchern lassen sich die Sommergrünen Arten: Rosa alpina, Ribes petraeum 140° und alpinum, Rhamnus pumila, Alnus viridis und Arcto- staphyllos afpina, sowie die Liane unserer Alpen, Atra- gene alpina, gleichfalls ohne besondere Schwierigkeiten durch Stecklinge vermehren. Man schneidet von ihnen im Juni, Juli oder August die Reiser und- steckt sie in feuchtgehaltenen Sand an mässig beschattete Plätze eines Mistbeetes oder Treibkastens, wo sie sich gewöhnlich schon nach kurzer Frist gut und reichlich bewurzeln. Ohne Erfolg dagegen waren die im Innsbrucker bo- tanischen Garten ausgeführten Versuche, welche sich das Ziel steckten, auch die wintergrünen Sträucher der Alpen, die Erica- und Rhododendron-Arten, das Empetrum nigrum, die Azalea procumbens und Daphne striata durch Stecklinge zu vermehren. Von den zahl- reichen Stecklingen dieser Arten bewurzelten sich in der Regel nur ganz wenige und selbst diese vermochten es nicht zum kräftigen Wachsthum zu bringen, sondern kümmerten eine Zeit lang’ und gingen endlich über kurz oder lang ganz ein. Von krautartigen Pflanzen eignen sich die Arten der Gattungen Dianthus, Silene, Alsine, Arabis, Petrocallis, Thlaspi, Erysimum, Phyteuma, Campanula, Valeriana, Sta- tice, Aretia, Androsace, Veronica, Potentilla und Sibbaldia am besten zur Vermehrung durch Stecklinge. Die im Sommer nach Abschluss des ersten Triebes geschnittenen krautartigen Stámmchen werden wieder ähnlich den früher aufgezáhlten sommergrünen Sträuchern an einer etwas schattigen Stelle des Mistbeetes oder Treibkastens in feuchtgehaltenen Sand gesteckt und sind in der Regel nach 44 Tagen schon mit Würzelchen versehen. Zur Vermehrung durch schlichte Theilung eignen sich vorzüglich jene alpinen und subalpinen Arten, welche kriechende wurzelnde Stämmchen besitzen, wie z. Linnaea borealis; Selaginella helvetica, Saxifraga oppositi- folia und tenella. Ferner können durch Zertheilung der Rhizome und Rasen die meisten kleinen Farne (Asplenium, = 141 Woodsia, Nothochlaena) alle Carices und Gräser, sowie alle Arten der Gattungen Juncus, Luzula und Tofieldia, weiterhin alle Crassulaceen und von niederen krautartigen Pflanzen Saxifraga Seguieri und androsacea, alle Arten von Viola, Soldanella, Ranunculus und alle kleinen Com- positen (Erigeron alpinus“ Gnaphalium Leontopodium, Senecio incanus, carniolicus, Soyeria hyoseridifolia, Homo- gyne discolor und alpina sehi werden. Fast ganz erfolglos sind dagegen Theilungsversuche mit den alpinen Leguminosen und Umbelliferen, welche durch dicke tief- gehende, wenigästige Wurzeln ausgezeichnet sind. Ebenso bleiben in der Regel die Theilungsversuche erfolglos, die man mit jenen dichtrasigen polsterförmigen Pflanzen ausführt, deren zahlreiche gedrängte kurze Stämmchen von einer einzigen, verhältnissmässig schwachen Wurzel ernährt werden, wie z. B. Cherleria sedoides, Silene acaulis, Saxifraga caesia, Androsace helvetica und gla- cialis, Arenaria ciliata, Alsine Gerardi und recurva. — Im Allgemeinen kann man noch sagen, dass sowohl die Vermehrung durch Theilung, wie auch jene durch Steck- linge desto leichter gelingt, wenn die zu theilende Pflanze eine Bewohnerin des sandigen Bodens ist, dass dagegen der Erfolg ein sehr unsicherer wird, wenn die Pflanze einen bündigen lehmigen Boden verlangt. Schliesslich sei noch bemerkt, dass für die wenigen alpinen und subalpinen ee und Knollengewächse, 2. B. Crocus vernus, Gagea Liottardi, Lloydia serotina, Cyclamen europaeum, bei der Vermehrung ganz dieselben Regeln gelten, welche man bei anderen in unseren Gärten cultivirten Zwiebel- und Knollenpflanzen in Anwendung bringt Zehntes Capitel. UI Behandlung der Alpenpflanzen bei Excursionen im Hochgebirge, beim. Transporte in niedere Gegenden und bei der Einpflanzung im Garten. Das vorhergehende Capitel hat unter anderm gezeigt, dass sich gerade mehrere der schönsten, verbreitetsten und bezeichnendsten Alpenpflanzen nur ausserordentlich schwierig aus Samen oder Stecklingen heranziehen lassen. Alle Versuche, die Zierden unserer Alpenflora, die un- vergleichlichen Alpenröschen, nach einer oder der andern Methode aufzubringen, haben nur ungünstige Resultate ge- liefert. Und wenn es auch vielleicht noch gelingen dürfte, ein Verfahren ausfindig zu machen, durch welches man bessere Erfolge erzielt, so ist es doch gewiss recht lang- weilig, ein Dezoriiztih zuzuwarten, bis die aus Samen aufgekeimten Alpenrosenbüsche egune einmal so kräftig werden, dass sie es auch zur Entwicklung von Blüten bringen. Dasselbe gilt auch von mehreren anderen Al- pinen, deren. Anzucht aus Samen weniger grossen Schwie- rigkeiten unterliegt, als jene der früher genannten immer- grünen Alpensträucher. Jeder, der sich einen Alpen- pflanzengarten anlegt, möchte ja schon im nächsten Jahre oder doch wenigstens in ein paar Jahren die gepflanzten Gewächse im Schmucke ihrer vollen Blüte sehen und wird verstimmt, wenn er an der Stelle üppiger Büsche immerfort nur junge, kümmerliche blütenleere Sprossen schauen muss. ; Aus diesem Grunde ist es wohl in sehr vielen Fällen vorzuziehen, sich die anzupflanzenden Alpinen in aus- gewachsenen blühreifen Exemplaren aus anderen Gärten oder aus den Alpen selbst zu verschaffen. Die Alpenpflanzen müssen aber bei der Einsammlung auf Excursionen im Hochgebirge, ebenso wie beim Ver- 143 packen und Verschicken eigenartig behandelt werden, und wir wollen es nun im Nachfolgenden versuchen, dasjenige, was uns in dieser Beziehung die Erfahrung gelehrt hat, den Alpenpflanzenzüchtern und „jenen. die es werden wollen * mitzutheilen. ie beste Zeit zur Einsammlung lebender Pflanzen in den Alpen ist der Monat September. Die Alpinen haben da fast durchgehends ihre Samen ge- reift und sind zu dieser Zeit bereits in eine Phase der Ruhe getreten, welche sie gegen äussere Eingriffe ziem- lieh widerstandsfähig macht. Auch ist im September die Hitze schon so verringert, dass die Alpinen auf der Reise, . welche sie aus dem Hochgebirge ins Thal oder ins Flach- land zu machen gezwungeu werden, nicht mehr viel zu leiden haben. Da, wie erwähnt, die grosse Mehrzahl der Alpenpflanzen im September schon abgeblüht hat, so wird freilich vorausgesetzt, dass derjenige, welcher in diesem Monate aus den Alpen lebende Pflanzen holen will, die Arten auch im nicht blühenden Zustande richtig erkennt und leicht zu finden weiss. Diess vorausgesetzt, hat aber der September auch noch den grossen Vortheil, dass man nebst den lebenden Arten auch zahlreiche Samen ausbeuten und mit nach Hause bringen kann” — Es ist übrigens auch gerade kein Unglück, wenn man in einem anderen früheren Monat in die Berge kommt; nur muss man dann die Verpackung mit doppelter Vorsicht aus- führen und auf den Gewinn der Samen in der Regel ver- zichten Zur Versendung der in Gärten cultivirtén Alpinen wählt man entweder gleichfalls den Monat Sép- tember oder den Vorfrühling, in welchem die Thätigkeit der durch Schneewälle in ihrer Entwicklung zurückge- haltenen Alpenpflanzen noch nicht begonnen hät. Sowohl ie eine wie die andere Jahreszeit hat in Bezug auf den Transport der bereits in Cultur befindlichen Alpinen ge- Wisse Vortheile und Nachtheile. Steht aber die Auswähl & 144 zwischen beiden Zeiten ganz frei, so würden wir doch unbedingt immer den Vorfrühling vorziehen, weil zu die- ser Zeit die Pflanzen unstreitig am ‚besten, schnellsten und sichersten zur Bewurzlung gelangen. Bei der Auswahl der aus den Alpen zu ent- führenden Pflanzen ist nichts unvortheilhafter, als wenn man sein Augenmerk auf recht grosse und alte Exemplare richtet, da gerade diese bei der nachträglichen Cultur im Garten am leichtesten zu Grunde gehen. Am besten wählt man jüngere kräftige, eben blühreif gewor- dene Stócke und zwar — wie sich wohl von selbst ver- steht — von Stellen, an welchen man alle Wurzeln müglichst unbeschüdigt herausbringt. Bei manchen Arten, die nur in Felsritzen wachsen, wie z. B. bei Phyteuma comosum, Campanula Morettiana, Rhamnus pumila u. dgl. wird man freilich hierauf in der Regel verzichten müssen; dort aber, wo die Wahl zwischen üppigen, in Felsritzen eingezwüngten Stücken, und mageren, im lockeren Stein- schutt wachsenden Exemplaren freisteht, gebe man sich ja keine besondere Mühe, die ersteren heraussprengen zu : wollen, und wähle lieber die letzteren, wenn sie auch bei weitem weniger verlockend entgegenblicken. — Die besten Plätze zur Einsammlung von Alpinen sind dem- nach offenbar die Schutthalden, die sandigen Ufer der Alpenbäche und der lockere Moränenschutt. Man macht dort in der Regel die beste Ausbeute und findet dort fast alle jene Pflanzen, welche Felsritzen und Felsgesimse bewohnen und die von diesen Standorten oft nur mit grossen Schwierigkeiten herabgeholt werden könnten, auf leicht zugänglichem Boden im Sande eingebettet. * inige Arten, nümlich die kleinen ausdauernden alpinen Gentianen: G. verna, pumila, imbricata, dann alle Arten von Euphrasia, Thesium, Saussurea, Lycopodium, weiters die alpinen Orchideen und Pedicularis, endlich noch Crepis aurea, grandiflora, Hypochoeris helvetica, Bartsia alpina, Campanula barbata, alpina, Daphne striata und Nardus 145 strieta vertragen es nicht gut. wenn man ihre Wurzeln gänzlich von der Erde entblösst. Diese müssen daher mit sammt dem Erdballen, in welchem sie wurzeln, aus- gehoben, allsogleich in Moos eingewickelt und eingebun- den, in dieser Umhüllung verschickt und am Ziele an- gekommen, mit sammt dem Erdballen eingepflanzt werden. Da es bei diesem Verfahren fast unvermeidlich ist, dass neben den ganz besonders in’s Auge gefassten Pflanzen auch noch einige andere Arten mit ausgehoben werden und diese letzteren selbst dann, wenn man sie gänzlich ent- fernt zu haben glaubt, in einzelnen unterirdischen Theilen im Erdballen erhalten bleiben, nachträglich emporwachsen und vielleicht gerade diejenigen Arten, welche man eigentlich zu eultiviren beabsichtigte, überwuchern und verdrängen, so muss man die oben genannten Alpinen, die sammt ihrem Ballen in den Garten verpflanzt wurden, mit ganz besonderer Sorgfalt überwachen und jeden unberufen auf- wachsenden Nachbarn allsogleich durch Ausziehen oder .Ausschneiden unterdrücken. Alle anderen Arten kann man dagegen unbesorgt von der Erde entblössen und ohne Wurzelballen verschicken. Ja es ist sogar für diese die sorgfältige Auslösung und Sor- tirung an Ort und Stelle dringend anzurathen. Denn thut man dies nicht und pflanzt man alle Alpinen mit dem anhängenden Erdballen in den Garten, so kommen auf der Anlage so zahlreiche unberufene Eindringlinge zum Vorschein, und es entsteht ein solches Gewirre von bunt durcheinander wachsenden Pflanzen, dass man bei einer etwas umfangreicheren Alpenpflanzenplantage - die einzelnen Gewächse nicht mehr gut zu überwachen, zu eliquettiren und zu besorgen im Stande ist. ie zum Transport bestimmten Arten werden auf der Alpe allsogleich, nachdem sie ausgegraben wurden, in feuchtes Moos eingehüllt und sobald als thunlich mit ‚frischem Quell- oder Bachwasser mässig bespritzt. — Handelt es sich blos darum, die Alpinen vom eno d Kerner, Alpenpflanzen. , 146 zur Verpflanzung in den Garten eines nahen Thales zu bringen, so kann man die abwechselnd zwischen feuchtem Moos geschichteten Alpinen in einer Blechkapsel (Bota- nisir-Büchse), einem Korb aus Flechtwerk, oder auch nur zwischen Fichtenzweigen, die man mit festen Bindfäden zusammenschnürt, ganz gut iransporliren. Sollen die Alpinen dagegen eine grössere Reise machen, so ist es am zweckmässigsten, das zu versendende Materiale früher zu sortiren, und eben so viele kleine Päcke zu machen als man Arten gesammelt hat. Die Exemplare jeder Art werden dann nur bis zum Wurzelhalse in feuchtes Moos eingehüllt und mit Bindfüden zusammengebunden; die Blátter und Stengel dagegen müssen aus dem Moosballen frei herausragen. Die so zugerichteten Pácke werden dann in Kisten, Blechbüchsen oder geflochtenen Kórben, zwischen trockenem Moos oder dürrem Buchenlaub in der Weise geschichiet, dass die Blätter und Stengel des einen Packes nicht unmittelbar auf die feuchten Moosballen der anderen Päcke zu liegen kommen. Hat man Sphagnum zur Hand, so ist dieses jeder anderen Moossorte als Verpackungs- material unbedingt vorzuziehen, doch muss dann dafür Sorge getragen werden, dass nur jene Sphagnumballen, welche die: Wurzeln umgeben, durchfeuchtet sind, und dass jene Partien des Mooses, welche als Zwischenlage der einzelnen Packeie dienen, früher mit den Händen gut aus- gepresst oder an der Sonne ausgeirocknet wurden Ist die Menge der zu versendenden Alpenpflanzen eine etwas grössere, so versäume man ja nicht, zwischen den einzelnen Schichten ven Alpenpflanzenpacketen Fichten- zweige einzulegen. Es wird dadurch der gegenseitige Druck der Packete verhindert und das Verschimmeln der Pflanzen am besten hintangehalten. — Noch kommt zu bemerken, dass man die umfangreichen alpinen und sub- alpinen Staudenpflanzen vor der Versendung entsprechend zustutzen und von ihnen alle mastigen Blätter und Stengel entfernen muss. * 147 Bei dem eben mitgetheilten Verfahren, welches auch bei Versendungen eultivirter Alpinen Geltung zu finden hat, kann man sicher sein, dass die Alpenpflanzen eine 8 bis 14tägige Reise ohne wesentlichen Nachtheil ver- tragen. Wir haben zu wiederholten Malen auf die an- gegebene Art Pflanzen aus abgelegenen Theilen der stei- rischen und österreichischen Alpen abgeschickt, welche bis zu ihrer Ankunft in Innsbruck 14 Tage unterwegs waren und dennoch beim Auspacken sich ganz gut er- halten zeigten. Auch werden von uns Jährlich mehrere tausend Exemplare Alpenpflanzen aus dem Innsbrucker botanischen Garten nach allen Theilen Europas versendet, die nach Mittheilung unserer Tauschfreunde mit wenigen Ausnahmen ganz wohlbehalten an ihren oft ziemlich weit entfernten Zielen anlangen.*) — Vereinzelte Verluste wird man freilich immer gewärtigen müssen; am wenigsten aber gewiss bei der Methode, welche oben erläutert wurde. Die von einem längeren Transporte angelangten Alpen- pflanzen werden so schnell als möglich aus ihren Um- hüllungen gelöst, an einem schattigen Platze auf frischem Moos ausgebreitet und dort mit kaltem Wasser tüchtig bespritzt einen halben Tag oder eine Nacht über liegen gelassen. Man schneidet dann die Wurzelspitzen mit scharfem Messer ab und pflanzt die Exemplare nach den auch für andere Pflanzen geltenden Regeln in Töpfe oder Mein in die me nen Erdmischungen. ) w r kö önnen nicht umhin, hier folgendes Factum einzu- schalten. Ende März 1863 wurde zu Innsbruck eine Kiste mit Alpenpflanzen nach Marburg in Hessen aufgegeben, aber durch Verwechslung von Seite der Postbediensteten nach Marburg in Untersteiermark expedirt. Nach 10 Tagen gelangte die Kiste wieder aus Steiermark nach Iunsbruck als no zurück, und als wir dieselbe öffneten, waren die eingepackten Pflanzen alle so wohl erhalten, dass wir keinen Anstand Be en, den Deckel wieder aufzunageln und die Kiste nach Marburg in Hessen Zu expediren, wo ihr Inhalt endlich 14 Tage nach der ersten Ab- Sendung im besten Wohlsein ankam. 10* 148 Sollte die Einpflanzung schon spät im Herbst vorgenommen worden sein, so müssten die Pflänzlinge anfänglich zur Beförderung der Wurzelbildung in ein tem- perirtes Haus gestellt und dort beschattet, nachträglich aber in einem Kalthause überwintert werden. - Ist dagegen die Einpflanzung noch vor dem Monat October vorgenommen worden, so stellt man die Töpfe oder Tröge anfänglich an einem gut beschatteten luftigen Platze im Freien auf und sorgt für eine nicht übermässige aber gleichmässige Durchfeuchtung des die Wurzeln umgeben- den Erdreiches. Ist dann die Bewurzelung eingetreten, so rückt man mit den Tópfen oder Trögen in die Sonne vor, beschattet die Pflanzen dort noch durch einige Tage in den Mittagsstunden und überlässt sie endlich dem Ein- usse der direeten Sonnenstrahlen. Ihre weitere Be- handlung unterliegt dann jenen Regeln, welche auf S. 61 bis für die in Tópfen oder Trógen cultivirten Alpinen im Allgemeinen mitgetheilt wurden. Die Alpinen im Hochsommer oder Herbst allsogleich nach ihrer Ankunft aus dem Hochgebirge auf die Anlage zu verpflanzen, ist bedenklich, und kann nur mit sehr zühen Pfílanzennaturen erfolgreich durchgeführt werden. Weniger schmiegsame Arten würden dort der grossen Mehrzahl nach zu Grunde gehen und zwar vorzüglich darum, weil es nicht móglich ist, sie dort so gut zu be- schatten und doch gleichzeitig so luftig zu halten, dass noch vor dem Eintritte des ersten Frostes eine gute Be- wurzelung eingeleitet sein würde. — Man nimmt darum die Transplantirung jener Alpinen, welche im Herbste in Tópfe oder Tróge eingepllanzt wurden, erst im nächsten oder noch besser im zweitnächsten Frühlinge, und zwar möglichst zeitlich und wenn möglich noch vor dem Er- wachen der Vegetationsthátigkeit , vor. Die inzwischen in den Töpfen oder Trögen gut angewurzelten Exemplare werden mit dem ganzen Wurzelballen und mit sammt der Erde, welche diesen umgibt, sorgfältig ausgehoben und 149 an jene Plätze der Anlage übertragen, welche man nach den im achten Capitel mitgetheilten Regeln ausgemittelt hat. Gebraucht man hiebei noch die Vorsicht, sie dort nach dem Eingiessen durch einige Tage mit Fichten- oder ‚Tannenzweigen zu beschatten, so wird man eines günstigen Erfolges fast in allen Fällen sicher sein können. Eilftes Ca pitel. Behandlung der Alpinen auf der Anlage im Laufe des Jahres. Winter. Sobald der erste Frost des Spátherbstes eingetreten ist und mit ihm der Winter ernstlich an die Thüre ge- klopft hat, ist vor Allem für eine gute und ausreichende Bedeckung der Alpinen zu sorgen. Wie sonderbar, wird hier mancher denken, wie sollte es nothwendig sein, die Pflanzen der frostigen Hoch- alpenreviere vor Frost zu -schützen! — Und dennoch müssen wir wiederholen, dass die sorgfültige Bedeckung der Alpinen über Winter eine der wichtigsten Massnahmen ist und dass ihre Unterlassung unzweifelhaft die Pflanzen zum wenigsten decimiren würde. — enn man näher auf die winterlichen klimatischen Verhältnisse der Alpen- region blickt, so ist übrigens die ganze Sache auch bei weitem nicht mehr so sonderbar. Zu einer Zeit, in welcher sich das die Pflanzenwurzeln umgebende Erdreich noch einige Grade über dem Gefrierpunkt hält, fällt in der Alpenregion schon die bleibende, mächtige winterliche Schneehülle herab und schützt als ein schlechter Wärme- 150 leiter den Boden und die in demselben steckenden zwergigen Pflanzen vor jenen bedeutenden Temperaturerniedrigungen, welchen dort die Luft später im Laufe des Winters aus- gesetzt ist. *) Der Boden der Alpenregion ist daher auch niemals tief gefroren und zeigt selbst in der obersten Schichte, wohl kaum jemals eine Temperatur, die unter — 20 R. herabsinkt. Anders verhält sich dies in unseren ebenen Gegenden. Wie häufig stellen sich da Erniedri- gungen der Temperatur eiu, welche den Boden schon zu einer Zeit gefrieren machen, wenn noch die schützende winterliche Schneedecke fehlt. Die Kálte der Luft wirkt dann unbehindert auf die offene Erde ein und bringt n derselben Kültegrade hervor, welche den Tod zahlreicher s acc Pflanzenarten zur Folge haben. —. Und dass zu diesen empfindlichen Pflanseuarten auch die grosse *) Um zu erfahren, inwieweit die- winterliche Schneedecke den Boden vor dem Einflusse der Lufttemperatur zu sehützen vermag, wurden von mir mehrfache Versuche angestellt Reihe von Beobachtungen, welche ieh mit meinem Freunde r. G. L. Mayr in Wien im Winter des Jahres 1855 ausführte, scheint mir besonders eccles weil in jenem Winter die Lufttemperatur ee grosse Schwankungen zeigte und sich daher die Bedeutung der Schneedecke für die Temperaturs- verbültnisse des Bodea gerade damals recht klar herausstellte Die Kugel des einen Thermometers befand sich in Mayr's Garten einen Zoll unter der Erdoberfläche, die Kugel des zweiten Thermometers ebenda einen Zoll über der Schneeoberflüche. Als Hauptresultat ergab sich am M usse des Winters: óchste Temperatur des von einer E ebd hohen Schnee- schichte bedeckten Bodens + 0*. Tiefste Temperatur des von einer 1 e hohen Schnee- schichte bedeckten Bodens — 1°. 6 R. ährend demnach die Lufttemperatur eine Schwankung von 23 Graden zeigte, betrug die Schwankung der Bodentemperatur kaum mehr als einen Grad, . 0 h ( ( f 151 Mehrzahl unserer Alpinen gehört, hievon kann sich jeder überzeugen, der den sehr einfachen Versuch macht und einige dieser Gewächse den Winter über ohne allen Schutz gehörig durchfrieren lässt. Dass die Alpinen über Winter geschützt werden müssen, darüber kann demnach wohl kaum ein Zweifel herrschen, und die Frage, welche zu beantworten kommt, ist nur die, auf welche Art wir diesen Schutz zu gewähren haben. Dass eine ausgiebige Schneedecke, wie sie sich im Hochgebirge im Winter vorfindet, auch auf der Alpen- pflanzenanlage das beste Schutzmittel gegen die Kälte des Winters wäre, versteht sich wohl von selbst. Leider liegt aber dieses Schutzmittel nicht in unserer Hand, son- dern ist so sehr dem Zufalle unterworfen, dass wir auf dasselbe in unseren niederen Gegenden niemals mit Sicher- heit rechnen können. Die Jahre, in welchen ein so aus- giebiger Schnee fällt, wie wir ihn hier brauchen würden, gehören zu den grössten Seltenheiten; und wenn auch, so ist die Schneedecke doch niemals von jener Dauer, wie sie zu unserem Zwecke sein sollte. Wir werden zwar in jedem Jahre so viel Schnee bekommen, um daraus die im Früheren mehrfach besprochenen Eiswálle erzeu- gen zu können, doch lassen sich solche Eiswälle ohne Nachtheil für die Alpinen nur in den Zwischenräumen und am Rande der Anlage aufrichten, und es wäre ge- wiss sehr bedenklich, auch jene Stellen, an welchen Al- pinen eingepflanzt sind, unmittelbar mit solchen Eismassen u belasten. — Wir müssen darum unsere Zuflucht zu einem anderen Schutzmittel nehmen. . Nach mehrfachen Versuchen glauben wir nun als das oder Tannenreisig empfehlen zu können. Nur muss man bei der Wahl dieses Mittels die Vorsicht gebrauchen, dass das Reisig erst im Spätherbste unmittelbar vor dem Gebrauche von den Bäumen genommen werde, weil von früher geschnittenen Zweigen die Nadeln gegen den Früh- 152 r ling hin leicht abfallen und an manchen Punkten der Anlage zurückbleiben, wo sie nachträglich nicht sehr erwünscht sind und alıch nicht ohne Schwierigkeiten ent- d fernt werden können. — Eine doppelte Schichte von f Zweigen reicht wohl überall vollständig hin. Zweck- d mässig ist es, die Zweige mit einigen faustgrossen Steinen mässig zu beschweren und jedesmal, so oft Schnee fällt, auf die Reisigdecke auch noch eine, wenn auch vergüng- i liche, lockere Schichte von Schnee aufzuschaufeln. B ürres Laub von Buchen, Birken, Ahornen, Haseln : ; und anderen sommergrünen Bäumen und Sträuchern steht f ; als Schutzmittel den Fichtenzweigen weit nach. Gegen | den Frühling zu unterliegen nämlich die untersten un- i; mittelbar dem Boden’ aufliegenden dürren. Laubpartien sehr e. leicht der Fäulniss und dem Schimmel und „ersticken“ | die Pflanzen, welchen sie zum Schutze dienen sollten. d Für TERRA welchen Fichten und Tannen fehlen, wie ; z. B. für die niederen Gegenden Ungarns, würden wir E darum statt der Laubdecke eine Decke von Zweigen des F überall verbreiteten Wachholders anempfehlen. b ächst der Bedeckung der Alpinen ist im Laufe des u Winters weiterhin für mächtige Schneewälle zu sorgen, fi welche bei der Cultur auf Steinhügeln in den Zwischenräumen, ü bei den anderen Culturformen- dagegen an den Rändern g der Anlage anzubringen sind. Um nicht schon einmal N Gesagtes hier zu wiederholen, verweisen wir in die- e ser Beziehung auf Seite 56 und bemerken hier nur noch, a dass wir im Innsbrucker botanischen Garlen die zwischen den Steinhügeln sich durchschlängelnden Wege 3 bis 4 Schuh hoch mit festgestampftem Schnee ausfüllen, i diesen am Beginn kalter Nächte tüchtig mit Wasser be- giessen, ihn weiterhin gegen die warmen Regen durch Stroh nnd Bretter schützen und auf diese Weise unseren Zweck vollkommen erreichen, 153 Frühling. Sobald der Boden vollkommen aufgethaut ist, wird „die winterliche Decke von der Alpenpflanzenanlage ent- fernt. Man wählt zu dieser Arbeit einen Tag, an welchem der Himmel umwölkt ist, oder noch besser einen Tag. an welchem ein sanfter Frühlingsregen auf den Boden niederträufelt. War es durch mächtige Schneewälle gelungen, den Beginn der Vegetationsthätigkeit recht lange hinauszu- schieben, so braucht man gegen die Spätfröste des Früh- lings keine besonderen Vorkehrungen zu treffen. Sollte aber auf einen fast schneelosen Winter ein sehr zeit- licher Frühling gefolgt sein, so dass es in Folge dieser Witterungsverhältnisse nicht möglich war, die Entwicklung der Alpinen bedeutend zu verzögern, so muss man bei eintretenden Spätfrösten die Alpinen jedesmal wieder sorg- fällig bedecken. Man behält aus diesem Grunde das Fichten- oder Tannenreisig, welches als winterliche Decke ‚benützt wurde, in der Nähe der Anlage aufgespeichert und breitet dasselbe an hellen kalten Abenden , welche für den kommenden Morgen einen Frost besorgen lassen, über die Pflanzen der Anlage aus. Für die in Töpfen gezogenen Alpinen, welche nach der auf Seite 61—64 be- schriebenen Weise in Sandkästen gehalten werden, genügt . es wohl zur Abhaltung des Frostes, wenn man Breiter auf den Rahmen der Kästen in dichtem Schlusse neben- einander legt. Gut ist es auch,-in den ersten Tagen nach Entfernung der Winterdecke in der Mittagszeit die von den Son- nenstrahlen getroffenen Stellen der Anlage leicht zu- zudecken. Nach drei- oder vier Tagen aber bedürfen die meisten Alpinen gegen die Sonne keines weiteren Schutzes mehr, und man hat jetzt nur Sorge zu tragen, dass der Boden gleichmässig und regelmässig befeuchtet sei. Das ganze Terrain, auf welchem sich die Anlage befindet, ist 154 > natürlich durch das von den Schneewällen herrührende Schmelzwasser ganz durchweicht, und die Atmosphäre, welche über diesem Terrain lagert, findet in der reichlich mit Wasser getränkten Erde eine ziemlich lange dauernde Quelle von Feuchtigkeit. Diese grosse relative Luft- feuchtigkeit in der Umgebung der Alpenanlage kommt aber den Alpinen mittelbar zu statten, und man braucht darum in dieser Zeit zur Erzielung einer gleichmässigen Durchfeuchtung des die Pflanzenwurzeln umgebenden Erd- reiches nur eine verhältnissmässig sehr geringe Wasser- menge. | Eine der wichtigsten Arbeiten, welche der Frühling mit sich bringt, besteht jetzt darin, dass man Pflanze für Pflanze durchgeht und nachsieht, ob nicht der Boden und die Wurzeln im Laufe des Winters etwas gelockert wur- den. Ist dies irgendwo der Fall, so drückt man die be- treffenden Pflanzen sorgfältig an und füllt in ihrer Um- gebung etwas Erde auf. Doch ‚hüte man sich einerseits, diese Manipulation bei nassem Wetter auszuführen und anderseits beim Nachfüllen der Erde die Köpfe der Pflanzen mit Erde zu verkleben, weil sonst im ersten Falle die Erde nachträglich klumpig und hart wird, und im zweiten Falle bei nachfolgendem Regen leicht eine Erweichung der Pflanzen eintreten könnte. Der Vorfrühling ist auch die Zeit, in welcher die Ueberpflanzung der vor anderthalb Jahren im Herbste vom Hochgebirge gebrachten und anfänglich in Töpfen oder Trögen gehaltenen Alpinen auf die Anlage, die Vermeh- rung der alpinen Weiden durch Steckreiser, die Ueber- setzung der aus Samen gezogenen zweijährigen Pflanzen in andere Töpfe, in flache Beete oder auf Steinpartien vorgenommen werden muss. (Vgl. S.136, 139, 148.) Auch darf nicht übersehen werden, dass von den Töpfen oder Trö- gen, in welche man im vorangegangenen Herbste Samen der Alpenpflanzen gesüet hat, das Laub oder Reisig allso- gleich entfernt wird, sobald man merkt, dass das Erdreich gehoben, und wir beschränken uns daher hier darauf 155 vollkommen aufgethaut ist und sich aus demselben viel- Jeicht schon hie und da ein paar junge Sämlinge her- vordrängen. (Vergl. S. 139.) as Ende des Frühlings, nämlich die zweite Hälfte des Monats Mai, ist die Zeit, in welcher die grosse Mehrzahl der Alpinen in unseren Gärten zur Blüte ge- langt. Reichlicheres Ueberbrausen mit Wasser ist zu dieser Zeit von grosser Wichtigkeit. — Ausserdem ist diese Periode, in welcher die angepflanzten Alpinen am leichtesten bestimmbar sind, auch diejenige, in welcher man alle Arten revidirt und mit Etiquetten versieht, Sommer. . Dass die Bewässerung unter allen Zeiten des Jahres im Sommer am reichlichsten sein müsse, wurde schon mehrmals im Laufe der früheren Erórterungen hervor- , kurz zu wiederholen, dass von Mitte Mai angefangen, die Zufuhr von Wasser bis Ende Juli im steten Wachsen begriffen sein muss, dass man dann allmählich die Wasser- menge restringirt und gegen den Herbst zu den Boden wieder etwas trockener hält. a der Hochsommer die Periode ist, in welcher die meisten Alpinen in unseren Gärten die Früchte reifen, so hat man in dieser Jahreszeit auch die Einheimsung der Samen vorzunehmen. Man wählt hiezu trockene warme Tage, schneidet die ganzen Fruchtstände vom Stamme ab und breitet dieselben an luftigen trockenen Plätzen aus, um sie dort etwas „nachreifen“ zu lassen. Man kann sich in der Regel die Mühe ersparen, die Samen noch von den Kapseln oder sonstigen Umhüllungen zu befreien und bewahrt sie unbeschadet mit sammt ihren Hüllen bis zum Herbste auf; ‘nur beim Aussäen hat man dann natürlich für eine gleichmässige Vertheilung der einzelnen Samenkörner Sorge zu tragen. ~ 156 Eine der wichtigsten Arbeiten des Hochsommers ist auch das Nachfüllen der Erde und das Umpflanzen der überständig gewordenen Alpinen. — Alle jene Alpenpflanzen, welche rasig gehäufte kurze Stämm- chen besitzen, wie z. B. Cherleria sedoides, Gentiana pumila, Primula minima, Saxifraga Burseriana und Silene acaulis zeigen bei der Cultur die fatale Erscheinung, dass sich ihre Rasen lockern und dass die Stämmchen sich verhältnissmässig mehr verlängern, als dies auf dem Hoch- gebirge der Fall ist. Würde man solche Arten auf der Anlage sich selbst überlassen, so bilden sich in ihren Rasen Lücken, welche durch Absterbei eines Theiles der Stämmchen entstehen und allmählich immer grösser und grösser werden. Die Pflanzen kommen dann nicht mehr zum Blühen und gehen endlich ganz zu Grunde. — Um dies nun zu verhüten, ist es unumgänglich nothwendig, dass man zwischen die einzelnen Stämmchen des Rasens mit grösster Sorgfalt sehr feine Erde rieseln lässt, so dass nur mehr die obersten Enden der Stámmchen un- bedeckt bleiben. Die "Rasen schliessen sich dann wieder ganz gut durch Vermehrung der Stümmchen und eni- wickeln im nächsten oder zweitnächsten Jahre gewöhnlich wieder reichliche Blüten und Früchte. Bei jenen hieher gehörigen Arten, welche gleichzeitig Felsenpflanzen sind, wie namentlich Potentilla nitida und Clusiana, die Arten der Gattung Draba, u. dgl. ist es auch sehr zweckmässig, t nebst der Erde kleine Steinchen’ zwischen die Stämmchen einzuschieben, und auch rings um die ganze Pflanze eckige leine Steintrimmer zu legen, so dass nur die Köpfe der Stämmchen aus den Zwischenräumen eines sorgfältig zu- rechtgelegten Steinmosaiks emporragen. Am zweckmässigsten wird diese Arbeit dann vorge- nommen, wenn der erste Trieb der Pflanzen vorüber ist und die Früchte bereits zur vollen Reife gelangt sind. In dieselbe Zeit fällt auch noch das Umpflanzen der auf der Anlage überständig gewordenen Exemplare. Es 157 ist mir zwar nicht gelungen. die Ursache zu ermitteln, "warum manche Pflanzen fast alljährlich ausgehoben , ge- reinigt, zugestutzt und wieder in frisches Erdreich ein- gepflanzt werden wollen; dass ein solches Verfahren aber häufig nothwendig sei, davon habe ich mich aller- dings mehrfach zu überzeugen Gelegenheit gehabt. Die Procedur, die man in solchen Fällen in Anwendung bringt, ist im Ganzen sehr einfach. Sobald man merkt, dass eine Pflanze ohne irgend welchen nachweisbaren Grund im Laufe des Sommers ein kränkliches Aussehen bekommt und. vielleicht gar theilweise abstirbt, so wird sie an einem kühlen trüben Tage ausgehoben, von Erde und dürren abgestorbenen Blättern und Stengeln gereinigt, an ihren Wurzelspitzen scharf abgeschnitten, wieder in frisch aufgeschüttetes Erdreich gepflanzt, gut eingegossen und durch einige Tage mit Fichtenreisig beschattet. Diese, Arbeit ist womöglich noch vor Ende August vorzunehmen, damit man sicher auf eine gute Bewurzelung der um- gepflanzten Exemplare rechnen könne. Als Pflanzenarten, welche diese Behandlung verlangen, sind anzuführen: alle Juneus- und Luzula- Arten, zahlreiche Saxifragen, dann insbesonders viele Compositen, namentlich alle peren- nirenden Gnaphalium- und Saussurea-Arten, ferner noch Erinus alpinus, Arabis alpina, Dianthus glacialis und dann insbesonders alle jene Gräser, welche keine Ausläufer entwickeln. Dass auch die Umpflanzung oder Auspflanzung jener Sämlinge, welche schen im Laufe des Frühlings sich recht kräftig und üppig zeigen, noch vor Ende August vorzunehmen sei und dass man auch zur Bildung von Stecklingen krautartiger Pflanzen am besten die Sommer- monate wählt, wurde bereits auf S.136 u. 140 mitgetheilt. Nächst diesen Umpflanzungen hat man im Sommer auch auf die Reinhaltung der Alpenpflanzen- anlage zu sehen. Die unberufen sich eindrängenden Pflanzen und Thiere zeigen sich nämlich vorzüglich im 158 Sommer in grösster Hülle und Fülle und die Entfernung und Abhaltung derselben bildet daher zu dieser Zeit ein Stück Arbeit, das mit grosser Sorgfalt durchgeführt sein will. Von Bäanken sind es zunächst einjährige Gewächse, eigenen hieher zu zählenden Arten. So keimen z. B. im Innsbrucker botanischen Garten an allen Orten und Enden, wo sich offenes Erdreich zeigt, die vor vielen ‘Jahren einmal zufällig eingeschleppten Oxalis stricta und Veronica peregrina empor. Alljährlich werden tau- sende derselben auf der Alpenpflanzenanlage noch vor der Fruchtreife ausgejätet, und dennoch kommen diese Arten auf eine fast unbegreifliche Weise im nächsten Jahre immer wieder als ungebetene Gäste zum Vorschein. Neben ihnen sprossen gewóhnlich noch mehrere andere Pflanzen, deren Samen durch Winde herbeigeführt werden, namentlich Espen und Weiden, Weidenróschen und ver- schiedene Compositen in grosser Menge empor. Gegen alle diese Eindringlinge gibt es kein anderes Mittel, als sie mit grosser Geduld immer und immer wieder auszu- jüten. Allerdings wird wohl die Zahl dieser angeflogenen dass man jedes noch so kleine Stück offenen Bodens mit Alpenpflanzen besetzt oder wenigstens mit Kies und dürrem Moos belegt; — die zudringlichen Gäste aber ganz zu eliminiren wird trotz allen diesen Massregeln kaum jemals vollständig gelingen. Es ist wohl hier am Platze, darauf aufmerksam zu machen, dass auch von den absichtlich angepflanzten Ge- wächsen sich manche in einer so zudringlichen Weise vermehren, dass man sich derselben kaum mehr zu er- wehren weiss. So z. B. hatten sich auf den Felsgruppen des Innsbrucker botanischen Gartens, welche die süd- tirolischen Bergzüge darstellen, Epilobium Dodonaei, Cen- ee ruber und Polemonium coeruleum so rapid ver- welche allerwärts in unseren Gegenden sich auf ae Boden anzusiedeln versuchen. Jede Gegend hat ihre Arten auch dadurch wesentlich verringert werden können, - Pe A Ze u 0r 159 mehrt und in so weitem Umkreise mit hunderten von Sämlingen verbreitet, dass. wir es gerathen fanden, diese Arten mit sammt ihrer reichlichen Nachkommenschaft lieber ganz zu entfernen. Noch weit gefährlicher übrigens als das Aufkommen aller dieser absichtlich oder unabsichtlich eingeschleppten und durch Winde herbeigeführten: Sämlinge ist die Ueber- ‚ wucherung der Alpenpflanzenanlage durch Marchantia po- lymorpha. — In früherer Zeit, wo man die Alpinen ge- wöhnlich in die dichtschattigen Winkel der Gärten pflanzte, konnte man sich dieser Pflanze überhaupt gar nicht er- wehren. Sie drang Zoll für Zoll über die Anlage vor und unterdrückte nach und nach die grosse Mehrzahl der eultivirten Alpinen so ganz und gar, dass man schliess- lich statt einer zierlichen Alpenflora nur mehr eine üppig grüne Decke von Marchantien vor sich hatte. Ist die Alpenpflanzenanlage an einer luftigen, der Sonne ausge- setzten Stelle postirt, so hat man allerdings von den Marchantien weniger zu leiden. Aber selbst auf der sonnigsten Anlage finden sich ja immer einige mehr beschatiete Plätze vor, und namentlich auf Steinhügeln und in Gruben mit terrassenförmig aufgestuften Seiten- . wänden bringt es schon die Form der Anlage mit sich, dass die eine Hälfte wenig oder gar nicht von den Sonnen- strahlen getroffen wird. Auf den zuletzt genannten An- lagen, zumal auf dem lehmigen zähen Boden derselben, wird man darum das Aufkommen der Marchantien auch niemals ganz vermeiden kónnen und muss froh sein, wenn man dort die schattigen Plätze wenigstens vor einer fórm- lichen Ueberwucherung zu schützen im Stande ist. Die besten Mittel in letzierer Beziehung sind: einmal das Exemplare; dann die Bedeckung aller offenen Stellen der Erde mit grobem losem Kies oder, lockerem Torfmoos, vorzüglich aber das Aufstreuen einer lockeren Schichte alb verwester Fichtennadeln. In jenen Fällen, wo die * * 160 Marchantien sich schon zwischen die angepflanzten Al- pinen eingedrüngt und diese vielleicht schon so weit überwuchert haben, dass ihre Entfernung ohne gleich- zeitige bolo der unterdrückten Alpinen gar nicht mehr möglich wäre, ergab sich mir das Beträufeln der Marchantien mit Ammoniak oder irgend einem gelösten Ammoniaksalz (kohlensaures Ammoniak, oxalsaures Am- moniak) als ein ganz vorzügliches Vertilgungsmittel. Das die Oberfläche des Erdreiches überziehende üppig grüne Lebermoos wird durch dieses Beträufeln rasch gebräunt und getódtet, ohne dass gleichzeitig auch die mit ihren Wurzeln in tiefere Schichten der Erde hinabreichenden Alpinen durch die flüchtigen ammoniakalischen Flüssig- . keiten zerstórt würden. on weit geringerer Bedeutung als die bisher erwähn- ten, dem Pflanzenreich angehörigen Feinde der Alpen- pflanzenanlage sind jene, welche der Thierwelt beizählen. Maulwürfe dürften wohl kaum jemals Lust haben, zwischen den Gesteinen hügelförmiger oder grubenförmiger Anlagen oder zwischen den mit Töpfen durchspickten Sand der Topfeulturen herumzuwühlen, und könnten höchstens in flachen Beeien Verheerungen anrichten. Der Leser wird uns aber verzeihen, wenn wir hier keine Episode über den Maulwurfsfang einschalten und ihn auch in Betreff der Vertilgung anderer Bestien, namentlich der Schnecken, Maulwurfsgrillen, Engerlinge, Rüsselkäfer und Erdflöhe — die leider vor den Alpinen ebensowenig Respect haben, wie vor Salat- und Rettichpflanzen — auf andere Hand- bücher verweisen.*) Nur auf das eine wollen wir hier *) Moe l. c. pag. 13 empfiehlt zur Vertreibung der Rüssel- käfer und Erdflóhe, von welchen die ersteren insbesondere den holz, Auch soll es -— ihm sehr zweckmässig sein, flache Topf- scherben, die man mit eere c füllt, Sie und da zwischen s 161 noch aufmerksam machen, dass man immer gleich dazu- sehen möge, Vertilgungsanstalten zu treffen, sobald man irgendwo bemerkt, dass sich Ameisen ihre Gänge und Colo- nien gründen wollen. Es wird nämlich durch die Wühl- arbeiten dieser Thierchen das Erdreich stellenweise so gelockert, dass die Wurzeln ihren Halt verlieren und end- lich ebenso, wie die Pflanzen, welche sie ernähren sollen, vertrocknen. Das beste Mittel zur Hintanhaltung dieses Uebelstandes scheint uns, dass man jene Stellen; wo man leine Ameisenstrassen bemerkt, zeitlich mit etwas Koch- salz bestreut und die Erde dort möglichst fest andrückt. och wäre vielleicht hier unter den Feinden der Alpen- pflanzen auch „der schrecklichste der Schrecken, der. Mensch in seinem Wahn“ anzuführen; doch überlasse ich es der Weisheit eines jeden Alpenpflanzenzüchters diesen Feind unschüdlich zu machen und jene Mittel zu ersinnen, durch welche raublustige Herren und Damen, die es nicht über sich bringen, an den blühenden Edel- weiss- und Alpenrosengruppen vorbeizugehen ohne die- selben wenigstens mit den Fingern betastet oder vielleicht gar abgepflückt zu haben, im Zaume gehalten werden kónnen. Herbst. Der Herbst ist die Zeit, in welcher die am Fenster in Tópfen cultivirten Alpinen an einen kühlen schattigen Platz des Gartens übertragen werden müssen, um sie dort nach der S. 60 bespróchenen Methode im Sand einge- senkt zu überwintern. Auch ist der Herbst die Periode, in cr t Fe RN die eultivirten Alpinen zu stellen und auch die holzigen Stämm - gefährlich werden, vertreibt man nach ihm am besten dadurch, dass man rings um die betreffenden Pflanzen feinen Sand, Russ oder Asche aufstreut. Kerner, Alpenpflanzen. 11 162 welcher auf die Vermehrung der Alpinen durch Samen, auf die Besorgung der aus den Alpen oder aus ande- ren Gärten bezogenen lebenden Exemplare, so wie auf die Verschickung lebender Alpinen und Samen an Tausch- freunde gedacht werden muss. Da hierüber schon im 9. und 10. Capitel das Wissenswertheste mitgetheilt wurde, so können wir uns hier eine Wiederholung füglich ersparen, und schliessen ‘daher mit dem freundlichen Wunsche, dass diese Zeilen zur Entstehung recht zahlreicher Alpen- pflanzenanlagen Veranlassung geben möchten und dass die Freunde der Pflanzenwelt bei der Zucht der Alpinen eben so viel Freude erleben möchten, wie sie uns durch die Cultur dieser zierlichen Gewächse zu Theil gewor- den ist. \ Im gleichen Verlage sind von demselben Herrn Ver- fasser heao: Das Pflanzenleben der Donauländer. 8°. br. 1863 fl. 3-8:W. — f 3. 30 südd, — Rihlr. 9: er botanische Garten .der die zu Innsbruck. kl. 8°. 15 kr. 0. W 12 kr. südd. — 3 ngr. Herbarium österreichischer d von A. und J. Kerner. 1. Decade. fol. 1863 \ ; 50 6. ed im südd. — Rthlr. 1. Das ganze Herbarium wird in 10 Decaden vollstündig sein. Ferner ist we erschienen : Hausmann, Fr. Flora von Tirol. Ein Verzeichniss der in Tirol und a wild wachsenden und häufiger ge- bauten Gefässpflanzen. Mit Ber bisce ies ihrer Ver breitung und örtlichen Verhältnisse verfasst und nach Koch’s s Synopsis der deutschen Flora ae 3 Bde, 8°. br. 1851—1853. fi. 8ö. W. — fi, 9 südd. — Rthlr, $; 12 ngr. Daraus wurde vs abgedruckt : Hóhenmessungen Tirol und Vorarlberg, mit Beifügung der vor soi cr ium zum Gebrauche für Botaniker Be > nach den vier Kreisen des Landes eordnet, br. 1853, eem — 15 kr. südd, — 5 ngr. Schlüssel zum ER Bestimmen der Gattungen unserer Flora. em ze Systeme. 89. br. 0 kr. 0, W. — 24 kr. südd, — 6 si. Uebersicht der n c Gattungen und Arten der Flora von Tirol, zugleich ihrer Verbreitung über die vier Kreise des Landes und im Vergleiche zu den Floren der Nachbar- länder, 8. 36 kr, 0, W. — 30 kr. südd. — 8 ngr. MER ir im nel NC CUN MI, us Su Teu Dre tcs NR E X aude. 3 bsec mie at jw dn z ci RE TU DM | EAEE E airia N e CR t cir [veio fpes mu A Nt Aou a NRI s SU. N M de er e DIETE er ir rta M ein Dues x ie har E^ 8 we M 5 us TRUER