"0 NAUMANN. NATURGESCHICHTE DER VÖGEL MITTELEUROPAS. Neu bearbeitet von Prof. Dr. R. Blasius in Braunschweig, Geh. Hofrat Prof. Dr. W. Blasius in Braunschweig, Dr. R. Buri in Bern, Stefan Chernel von Chernelhäza in Köszeg (Ungarn), Dr. Chr. Deichler in Berlin, Bruno Geisler in Dresden, Dr. A. Girtanner in St. Gallen, Prof. A. Goering in Leipzig, F. Grabowsky in Breslau, E. Hartert in Tring (England), Dr. F. Helm in Chemnitz, Dr. Carl R. Hennicke in Greera, Pastor O. Kleinschmidt in Volkmaritz, J. G. Keulemans in Southend on Sea (England), Dr. ©. Koepert in Dresden-Striesen, Hofrat Dr. P. Leverkühn in Sofia, Oskar von Löwis of Menar in Wenden (Livland), E. de Maes in Bonn, P. Müller-Kaempff in Ahrenshoop i. M., Stefan von Nöcsey in Budapest, Jos. von Pleyel in Wien, Othmar Reiser in Sarajevo (Bosnien), Dr. E. Rey in Leipzig, Alex. Reichert in Leipzig, J. Rhamm in Braunschweig, J. Rohweder in Husum, Dr. Walter von Rothschild in London, Oberförster ©. von Riesenthal in Charlottenburg, J. Alb. Sandman in Helsingfors, Prof. Dr. ©. Taschenberg in Halle a. SS. J. Thienemann in Rossitten, Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen in Villa Tännenhof bei Hallein, Reg.- und Forstrat Jacobi von Wangelin in Merseburg, Dr. D. F. Weinland in Hohen -Wittlingen, Hofrat Dr. W. Wurm in Bad leinach. Herausgegeben von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. X1. Band. (Pelikane, Fregattvögel, Tölpel, Fluss-Seharben, Tropikvögel, Möven.) Mit 42 Chromotafeln, GERA-UNTERMHAUS. LITHOGRAPHIE, DRUCK UND VERLAG VON FR. EUGEN KÖHLER. Ä behalten. vor e E u) Sr eb) — Al per Hz) le m Te ae Fb xl. Inhalts- Verzeichnis, X. Ordnung: Ruderfüssler, Er uoeadn R Be . Familie: Pelikan: Belkeunidne 1. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. [R. Br ar R. ® 1. Art: en Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. IR BL], 2. Art: Hosentarbiser kn Parts roseus GM. [R. BL.] 8. Art: Krausköpfiger Pelikan, Polen crispus BruchH [O. R.]. 2. Familie: Fregattvögel, Fregatidae 1. Gattung: Fregattvogel, Fregata L. 1. Art: Fregattvogel, Fregata aquila (L) FR. Br 3. Familie: Tölpel, Sulidae e, Ver eG 3} 1. Gattung: Tölpel, Sula Brıss. [R. Br. und R. B.] | l. Art: Bass-Tölpel, Sula bassana (L.) [R. Bu.] 4. Familie: Fluss-Scharben, Phalaerocoridae l. Gattung: Scharbe, Phalacrocorax Brıss. [R. BL. and-h:Sterna minuta L., Zwerg-Seeschwalbe. chen im Winterkleide. Sterna macrura NAUM., Küsten-Seeschwalbe. im Winterkleide. Sterna hirundo L., Fluss-Seeschwalbe. 1 Männ- 2 altes Männ- 2 altes Männ- 5 alter 1 altes Männ- 2 Männchen 4 Männchen, 5 Weib- 1, 2 Männ- 4 Winterkleid. Tafel 16. Hydrochelidon fissipes (PALL.), Weissflügelige See- 3 Weibchen | Tafel 13. Sterna minuta L., Zwerg-Seeschwalbe. 1 Jugendkleid. Sterna hirundo L., Fluss-Seeschwalbe. 2 Jugendkleid, 3 Dunen- kleid. Sterna macrura NAUM., Küsten-Seeschwalbe. 4 Jugendkleid. Tafel 14. Sterna nilotica HasseLqu., Lach-Seeschwalbe. 1 Sommerkleid. | Sterna cantiaca GM., Brand-Seeschwalbe.. 2 Sommerkleid. . Sterna fuliginosa GM., Russbraune Seeschwalbe. 3 Sommer- kleid. Tafel 15. Sterna media Horsr., Rüppellsche Seeschwalbe. 1 alter Vogel im Sommerkleide. | Sterna tschegrava LEPECH., Raub-Seeschwalbe. 2 alter Vogel im Sommerkleide, 3 Dunenjunges. Sterna tschegrava LEPECH., 1 Winterkleid. Sterna cantiaca GM., Brand-Seeschwalbe. 2 Winterkleid. Sterna nilotica HASSELQU., Lach-Seeschwalbe. 3 Winterkleid. Tafel 17. Sterna nilotica HASSELQU., Lach-Seeschwalbe. 1 Jugend- kleid. | Sterna tschegrava LEPECH., Raub-Seeschwalbe. 2 Jugendkleid. Sterna cantiaca GM., Brand-Seeschwalbe. 3 Jugendkleid. Tafel 18. Larus minutus PALL., Zwerg-Möve. 1 alter Vogel im Sommerkleide. | Larus ridibundus L., Lach-Möve. kleide, 3 erstes Sommerkleid. | Larus melanocephalus NATT., Schwarzkopf-Möve. 4 alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 19. Larus minutus PALL., Zwerg-Möve. im Winterkleide. | Larus melanocephalus NATT., Schwarzkopf-Möve. 2 alter Vogel im Winterkleide. Larus ridibundus L., Lach-Möve. 3 alter Vogel im Winter- kleide, 4 erstes Winterkleid. Larus philadelphia OrnD., Bonapartes Möve. 5 erstes Winter- kleid. Tafel 20. Larus minutus PALL., Zwerg-Möve. 1 Jugendkleid. Larus ridibundus L., Lach-Möve. 2 Jugendkleid, 53 Dunenkleid. Larus melanocephalus NATT., Schwarzkopf-Möve. 4 Jugend- kleid. Tafel 21. Larus canus L., Sturm-Möve 1 Sommerkleid. Larus argentatus BRÜNN., Silber-Möve. 2 Sommerkleid. Tafel 22. Larus argentatus BRÜNN., Silber-Möve. 1,3 Winterkleid. Larus canus L., Sturm-Möve. 2 Winterkleid. Tafel 23. Larus canus L., Sturm-Möve. 1 Jugendkleid. Larus argentatus BRÜNN., Silber-Möve 2 Jugendkleid, 3 Dunenkleid. Tafel 24. Larus fuscus L., Herings-Möve. 1 Sommerkleid. Larus marinus L., Mantel-Möve. 2 Sommerkleid. Larus glaucus BRÜNN., Eis-Möve. 3 Sommerkleid. Tafel 25. Larus fuseus L., Herings-Möve. 1 Winterkleid. Larus marinus L., Mantel-Möve. 2 Winterkleid. Larus glaucus BRÜNN., Eis-Möve. 5 Winterkleid. Tafel 26. Larus fuseus L., Herings-Möve 1 Jugendkleid. Larus marinus L., Mantel-Möve. 2, 4 Jugendkleid. Larus glaucus BRÜNN., Eis-Möve. 3 Jugendkleid. Raub - Seeschwalbe. 2 alter Vogel im Sommer- 1 altes Männ- VI Tafel-Verzeichnis. Tafel 27. Pagophila eburnea (PHıPpps.), Elfenbein-Möve. 1 Dunen- kleid, 2 altes Männchen im Sommerkleide, 3 Jugendkleid. Larus leucopterus FABER, Polar-Möve. 4 Jugendkleid, 5 alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 28. Rhodostethia rosea (MAcGILL.), Rosenfarbige Möve. 1 altes Männchen im Sommerkleide. Xema Sabinii (SAB.), Gabelschwänzige Möve. 2 alter Vogel im Sommerkleide, 3 Jugendkleid. Rissa tridactyla (L.), Dreizehen-Möve. 4 altes Männchen im Sommerkleide, 5 Jugendkleid. Tafel 29. Rhodostethia rosea (MAcGILL.), Rosenfarbige Möve. 1 Winterkleid. Xema Sabinii (SAaB.), Gabelschwänzige Möve. 2 Winterkleid. Rissa tridactyla (L.), Dreizehen-Möve. 3 Winterkleid. Larus leucopterus FABER, Polar-Möve. 4 Winterkleid. Tafel 30. Stercorarius parasiticus (L.), Schmarotzer-Raubmöve. 1 alter Vogel im Sommerkleide. Stercorarius skua (BRÜNN.), Grosse Raubmöve. 2 alter Vogel im Sommerkleide. Stercorarius pomarinus (TEMM.), Mittlere Raubmöve. 3 alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 31. Stercorarius parasiticus (L.), Schmarotzer-Raubmöve. 1 junger Vogel im Winterkleide. Stercorarius pomarinus (TEMM.), Mittlere Raubmöve. 2 Weib- chen im Winterkleide. Stercorarius longicaudus VIEILL., Kleine Raubmöve. 3 junger Vogel im Winterkleide. | Tafel 32. Stercorarius longicaudus VIEILL., Kleine Raubmöve., 1 altes Männchen im ausgefärbten Kleide, 2 Vogel in der Mauser, 3 junges Weibchen im ersten Herbste. Stercorarius parasiticus (L.), Schmarotzer-Raubmöve. 4 Weib- im vierten Sommer, 5 junger Vogel im Herbste. Tafel 33. Eiertafel. Tafel 34. Eiertafel. Tafel 35. Eiertafel. Tafel 36. Eiertafel. Tafel 37. Eiertafel. Tafel 38. Eiertafel. Tafel 39. Eiertafel. Tafel 40. Eiertafel. Tafel 41. Eiertafel. Tafel 42. Eiertafel. en m r Er . + en. .- ; En u 5 „8; il ana nel un Zain De a BaBdn „2.2 Auhl umeliun nn Zu LE ul ZUBE nn X. Ordnung, Ruderfüssler, Steganopodes. Die Vögel dieser Abteilung haben einen gestreckten, mittelmässig oder sehr langen Schnabel, dessen Spitze bei einigen bloss herabgebogen,*) bei den meisten aber ein eingekeilter Haken ist, mit sehr scharfen Schnabelschneiden, die zuweilen gezähnelt sind, und mit Nasenlöchern, welche an den Seiten des Schnabels in einer Längsfurche liegen, aber so enge sind, dass sie von aussen kaum bemerkt werden. Die Haut zwischen den weit vor gespaltenen Gabeln der Unterkinnlade und die an der Kehle ist nackt und bildet einen sehr dehnbaren Kehlsack. Die Füsse sind kurz und dick, mit vier mittellangen Zehen, von denen bald die äusserste die längste, bald diese und die mittlere von gleicher Länge sind, deren mittellange Hinter- zehe stark nach innen gerichtet und mit der inneren Vorderzehe, gleich den übrigen, durch eine volle Schwimmhaut verbunden ist. Ihre Flügel haben lange Armknochen, sind schmal und bei vielen sehr lang; bei mehreren reichen am zusammengelegten Flügel die Enden der Schwungfedern dritter auf die erster Ordnung. Der Schwanz ist kurz oder mittellang; das Gefieder sehr knapp und hart; der Hals ziemlich lang und der Rumpf gestreckt. Die meisten Vögel dieser Abteilung, zu denen sehr grosse Arten gehören, sind Bewohner des Meeres, doch leben auch viele, besonders in der Begattungszeit, auf süssen Gewässern. Sie nähren sich von lebenden Fischen, deren sie eine grosse Menge zu ihrem Unterhalte bedürfen, und fangen diese teils aus der Luft auf sie ins Wasser herabstürzend, teils durch tiefes Untertauchen aus dem Schwimmen. Sie bauen grosse kunstlose Nester auf Bäume oder Felsen, auf starke Büsche von Wasser- pflanzen oder auf kleine vom Wasser umgebene Hügel, legen wenige, verhältnismässig kleine und sehr längliche, weisse und ungefleckte Eier, die mehr oder weniger mit einer kalkartigen Kruste überzogen sind. Ihren Jungen bringen sie das Futter in der Speiseröhre und dem Kehlsacke und würgen es ihnen vor; jene bleiben so lange im Neste, bis sie völlig fliegen können und haben dann ein anders gefärbtes Gefieder als die Alten, bei denen es auch erst nach einigen Jahren beständig bleibt. Einige haben eine teilweise Doppelmauser. [— FÜRBRINGER sagt in seinem schon oft angeführten grossen Werke über die Steganopodes: „Die durchweg als treffliche Flieger bekannten Steganopodes repräsentieren eine an Gattungen arme (6 Genera mit circa 65 Species), aber durchaus nicht eng geschlossene Gruppe von Schwimmvögeln, welche im grossen und ganzen eine pelagische Verbreitung besitzen, aber auch zum Teil dem Laufe der Flüsse folgend in das innere Land eindringen. Sie bevorzugen, doch nicht ohne Ausnahme, die wärmeren Klimate; die in mancher Beziehung am tiefsten stehende Gattung (Phaöton) beschränkt sich in der Regel auf dieselben. Ob deshalb auch die ursprüngliche Heimat der Gruppe hier zu suchen und die Ausbreitung nach den Polen hin als eine sekundäre zu beurteilen sei, steht sehr dahin; das wärmere Tertiär zeigt das Vorkommen gewisser Vertreter (.Pelecanidae) in höheren Breiten (z. B. in England und an anderen entsprechenden Orten der gemässigten Zone) als in der Gegenwart. Die paläontologische Kenntnis der Steganopodes ist etwas mehr entwickelt als die der vorhergehenden Familien.) Die ersten als Steganopodes angesprochenen Formen wurden in der oberen Kreide Amerikas gefunden (Gracularus MARSH in mehreren Arten); Europa zeigt sie erst seit dem mittleren und oberen Eocän (Carbo, Sula, Pelecanus). Es ist klar, dass hier immerhin noch grosse Lücken vorliegen. Zahlreicher werden die Reste im Miocän (Phaeton? in den Siwalickhügeln Indiens, mehrere Arten von Felecanus in Frankreich, Deutschland, England, Indien, Sula aus Frankreich und Nordamerika, Phalacrocorax aus Europa, Amerika und Indien); dazu kommen noch zwei eigentümliche Formen (Pelagornis LARTET, Chenornis PORTIS). Schliesslich sei noch daran erinnert, dass der Ichthyornithide Apatorn:s aus der mittleren amerikanischen Kreide in einzelnen Charakteren an Phalacrocorax erinnert.“ Er führt dann aus, dass von den meisten Autoren Plotus, Sula, Phalacrocorax, Pelecanus und Fregata vereinigt, Phaöton von einzelnen dagegen abgetrennt worden sei und giebt an, dass die Gruppe von den verschiedensten Autoren zu den ver- schiedensten Ordnungen in Beziehung gebracht worden sei. Er selbst ist der Ansicht, dass die Colymbidae und die Tubinares ı) Die Gattung Sula, bei welcher die Spitze auch eine schwache Andeutung eines eingeschobenen Hakens verrät, schliesst sich zwar nach ihrer Lebensart an Sterna an, muss jedoch des nackten Kehlsackes, der echten Ruderfüsse und anderer Merkmale wegen unbedingt zu den 'Pelikaniden gestellt werden. Während nun auch Fregata hier am richtigen Platze steht, so möchten wir Phaöton nicht hierher, sondern neben Sterna und Larus zu den Langschwingern zählen, sowohl des völlig mövenartigen Schnabels, mit offenen Nasenlöchern und ohne nackten Kehl- sack, als der sonderbar gestalteten Füsse wegen, deren viel kleinere Hinterzehe seitwärts nur mit einem Streifehen Schwimmhaut an die innere Zehe geheftet ist und eine wahre Übergangsform zwischen dem Fuss einer Möve und dem eines Pelikans darstellt. | Beiläufig verdient hier erwähnt zu werden, dass zwar die Arten der Gattung Phaeton, Tropikvogel, die Meere unter den Wendekreisen bewohnen, mithin keine Europäer sind; dass jedoch mein Freund Reımers auf Helgoland, ein bewährter Vogelkenner und höchst achtbarer Mann, in jüngster Zeit, zwei Jahre nacheinander, einen Vogel in der Nähe jener Insel gesehen, welcher nach jenes schriftlichen und mündlichen Mitteilungen kein anderer als ein Tropikvogel gewesen sein kann. Er sah den seltenen Fremdling beide Male auf etwa 80 Schritt, zu weit, um sein Gewehr mit . sicherem Erfolge auf ihn abfeuern zu können, und nahe genug, um bald darauf an einem bei einem Händler gesehenen Balge aus den Tropenländern zu erkennen, dass er bei Helgoland dieselbe Vogelart gesehen. — Dass jedoch, wie ferner verlautete, um jene Zeit bei Brunsbüttel ein solcher Tropikvogel wirklich erlegt worden wäre, beruht auf einem Irrtum; dies war ein sehr alter Vogel von Stercorarius crepidatus s. Buffoni, mit un- gewöhnlich langen Schwanzspiessen. Naum. GÄTKE erwähnt den Tropikvogel in seiner „Vogelwarte Helgolands“ nicht. €. H. ?) Colymbidae, Podicipidae, Procellaridae CO. H. Naumann, Naturgeschichte Bd, XI. 1. 2 I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. gewisse verwandtschaftliche Beziehungen zu den Steganopoden haben, dass aber die Steganopoden eine sehr alte Abteilung mit in morphologischer Hinsicht sehr hoher Fntwickelung sei, und schliesst mit den Worten: „Ich habe das Gefühl, dass die wirkliche, d.h. genealogische Klassifikation der Steganopodes noch in den Windeln liegt und noch vieler Nahrung, sei es durch die morphologische Untersuchung, sei es durch neue paläontologische Funde, bedarf, ehe sie stehen kann.“ I. Familie. Pelikane, Pelecanidae. Die Pelikane sind kenntlich an dem langen, grossen Schnabel, dessen Oberkiefer platt gedrückt ist und an der Spitze einen scharfen Haken trägt, während die Haut zwischen den Unterkieferästen einen weiten Hautsack bildet. Die erste Zehe ist tief angesetzt, die Nägel sind stumpf. Die ziemlich langen Flügel erreichen die Spitze des kurzen, geraden Schwanzes. Die Läufe sind höher als bei anderen Ordnungsgenossen und erreichen fast die Länge der Mittelzehe. (REICHENow.) —] l. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. Schnabel: Sehr gross und lang, ziemlich gerade, durchaus platt niedergedrückt und besonders an der Spitze äusserst niedrig; der Firstenteil von der Stirn bis zur Spitze jederseits durch eine Furche von den Seitenteilen gesondert, erhabener und gerundeter als diese, nach vorn allmählich niedriger und schmaler werdend und endlich ohne Absatz in den schmalen, im Viertelszirkel herab gekrümmten, krallenförmigen Nagel der Spitze übergehend, seine sehr scharfen Schneiden etwas, aber ganz kurz, einwärts gebogen, doch glatt und ungezähnt; inwendig ist er mit einem erhabenen, scharfen, ganz feinen Gaumen- leistchen und jederseits mit einer mit diesem und der Schneide parallel laufenden, viel höheren und doppelschneidigen Leiste von der Wurzel bis zur Spitze durchzogen, der Nagel unten ausgehöhlt und seine zugerundete Spitze scharfschneidig. Er hat eine ziemliche, gleichmässige Breite, ist jedoch meistens vor der Mitte am schmalsten, nimmt von hier nach vorn an Breite wieder sanft zu, endet aber nachher ebenso mehr oder weniger bald lanzettförmig. Der Unterschnabel besteht bloss aus zwei langen, dünnen, grätenähnlichen, sehr biegsamen Knochenarmen, die hinten bloss etwas weiter auseinander stehen, dann in gleichmässiger Weite des Oberschnabels vorgehen und so erst an der Spitze vereinigt sind, die einen kleinen, kurzen Nagel bildet, welcher in den weit über sie wegreichenden oberen Haken eingreift; sie haben eine eingebogene, scharfe Schneide, und an ihrer unteren Kante (dem Kiel) bildet die nackte, schlaffe Kinn- und Kehlhaut von der Schnabelspitze an bis auf den An- fang der Gurgel einen ausserordentlich dehnbaren, sehr grossen Kehlsack. Hierdurch wird ein sehr srosser Rachen gebildet, in dessen Tiefe die winzige, wenig bemerkbare Zunge liegt. — Das Gesicht ist nackt. | Nasenlöcher: Ein kleiner, kaum bemerkbarer Ritz, seitlich nahe an der Stirn ‚ in der Furche liegend, welche den Oberschnabel dreiteilig macht. Füsse: Nicht sehr gross, aber höher als bei Phalacrocorax; der Unterschnabel kurz und glatt befiedert; das ganze Fersengelenk, auch oft noch ein Stückchen über ihm, nackt; die starken Läufe wenig zusammengedrückt; die Zehen, von denen die mittelste der drei vorderen die längste, haben gleich von der Wurzel an eine weitere Spannung durch die sehr grossen Schwimmhäute, welche auch die Hinterzehe einschliessen, die jedoch die kürzeste von allen ist. Ihr weicher Überzug ist an den Läufen in kleine sechseckige Schildtäfelchen, auf den Zehenrücken in längere und schmälere Querschilder geteilt, alles übrige fein genarbt oder undeutlich gegittert. Die Krallen sind nicht gross, aber stark, ziemlich gebogen, unten aus- gehöhlt mit zugerundeter Spitze und scharfem Rande, welcher an der vorderen Mittelzehe nach innen ziemlich vorsteht, aber nicht gezähnelt ist. Flügel: Sehr gross, mit ausserordentlich langen Armknochen und vielen, aber kurzen Schwungfedern, daher lang und schmal; von den Primärschwingen bald die zweite, bald die dritte oder vierte die längste. Schwanz: Kurz, breit, abgerundet, aus 20 bis 24 steifen Federn zusammengesetzt. Das kleine Gefieder ist im ganzen weich, knapp und liegt glatt an. Am Rumpfe, an den Schultern und den Deck- federn des Ober- und Unterflügels ist es von gänseartiger Textur, aber ganz anders geformt, sehr schmal und sehr schlank zugespitzt, bei alten Vögeln dies im hohen Grade, die Umrisse deutlich, die Ränder aber nur locker geschlossen, die Schäfte biegsam; am Halse und Kopfe ohne deutliche Umrisse, bei vielen ganz dunenartig, beides am wenigsten am Genick, wo bei Alten verlängerte, bei manchen sogar gekräuselte Federn hervortreten. Auf der Mitte der Brusthöhle ist das Gefieder an einer Stelle ganz zerschlissen, viel harscher als anderswo und gewöhnlich gelblich gefärbt; es zeigt die Stelle an, wo der Vogel ruhend gewöhnlich die Spitze des langen Schnabels aufzustützen pflegt. Die grossen Flügel werden nicht von Trag- federn unterstützt; die Federn, welche dazu dienen sollten, sind viel zu kurz und liegen zu knapp an. Die Pelikane haben in der Gestalt etwas vom Schwan, aber ganz anders gestaltete Flügel, die sie in Ruhe nur lose an den Rumpf anschliessen, einen weniger langen ‚ auch etwas stärkeren Hals, zeichnen sich aber vor allen Vögeln durch ihren gewaltigen Schnabel mit seinem sehr grossen Kehlsack aus. Ihre Füsse sind Gänsefüsse, an welchen die Hinterzehe verlängert und mit der Innenzehe durch eine Schwimmhaut verbunden ist. — Es sind Vögel erster Grösse und gehören auch. unter den Schwimmvögeln zu den grössten. Manche übertreffen hierin die grösste Schwanart noch um vieles; auch der Kriegsschiffvogel (Diomedea exulans), oft für den grössten Schwimmvogel gehalten, muss mehreren von ihnen noch nachstehen. | Die Gattung Pelikan (Pelecanus) vereinigte seit LINNE auch die Tölpel, die Scharben und die Fregattvögel in sich, die man in neueren Zeiten mit Recht davon getrennt hat. Sie konnten nicht einmal als Untergattungen (Subgenera) oder Familien ihnen einverleibt bleiben, weil die Gattung Pelecanus, wie sie jetzt besteht, als eine sehr abgeschlossene und in der Natur dieser Vögel begründete betrachtet werden muss. Die entfernteste Ähnlichkeit, die in der That weit hergeholt ist, — haben sie mit den Gattungen Sula und Fregata; sie fällt zu sehr in die Augen, als dass einander zu setzen. Minder entfernt scheinen die Pelikane zwar der Gattung Phalacrocoraw zu ähneln, wenigstens der nicht sehr verschiedenen Lebensart wegen; jedoch diese schwarzen Vögel, alle von untergeordneter Grösse, mit ihrem ganz anders konstruierten, stark glänzenden Gefieder, ihren ganz anders gestalteten, kürzeren Schnäbeln und Füssen, dürfen durchaus nicht zu einer Gattung mit ihnen gezählt werden, indem die Pelikane als wahre Riesen unter den Tauchvögeln es nötig schien, sie weitläufig aus- I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. 3 allgemein, jenen entgegen, in Weiss gekleidet, mit einem weicheren, nicht glänzenden, eigentümlich und ganz anders ge- stalteten Gefieder, mit einem höchst verschiedenen Schnabel- und Fussbau und dadurch bedingter Veränderung in der Lebens- weise sich scharf genug von ihnen absondern. Diese Gattung ist an Arten nicht sehr reich. Man kennt deren etwa sieben bis acht,!) es sind jedoch manche nicht genau geschieden, andere einstweilen noch bekannten zugezählt, während sie vielleicht eigene Arten bilden, sodass bei wieder- holten und genauen Prüfungen ihre Zahl sich schwerlich vermindern wird, wie denn auch nicht unwahrscheinlich vor der Hand noch manche unentdeckt sein mag. In der Gattung dieser Riesenvögel ist ein einförmiges Weiss allgemein vorherrschend Es kommt ihnen in ihrem zweiten Lebensjahr aus einem mehr oder weniger braunen und grauen Jugendkleide, worin die verschiedenen Arten ein- ander sehr ähnlich sehen. Später bekommt das weisse Gefieder der Alten leichte Anflüge oder ganz schwache Färbungen von einem lieblichen Rot oder Gelb, im hohen Alter bei den meisten Arten am Genick verlängerte, sehr schmale oder auch gekräuselte, schlaffe Federn, welche einen flatternden, öfters mähnenartigen Federbusch bilden. Schwarz sind bei ihnen ge- wöhnlich bloss die grossen Schwungfedern oder auch alle drei Ordnungen dieser, selten grössere Partien. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in den Farben nicht, aber das letztere ist gewöhnlich ohne Federbusch. Am meisten unterscheidet es sich jedoch in der Grösse; es ist nicht allein um vieles kleiner, sodern hat auch einen viel kürzeren Schnabel als das Männchen, beides sehr auffallend. Sie mausern nur einmal im Jahre, und der Federwechsel geht wie bei vielen anderen grossen Vögeln sehr langsam von statten. Er bringt ihnen mit jedem Jahre ein schöneres Gewand, dies ist jedoch nur bis zu gewissen Jahren bemerklich. Noch langsamer geht es mit dieser Verschönerung in der Gefangenschaft, worin sie bei guter Wartung sehr alt werden, man sagt 80 und mehrere Jahre, und dann wäre demnach wohl vorauszusetzen, dass sie in der Freiheit gewiss noch ein- bis zweimal älter werden müssten. | Sie gehören den Tropenländern an und gehen nicht hoch in die gemässigte Zone herauf, die sie dann nur im Sommer bewohnen, zum Winteraufenthalt aber wieder die heisse aufsuchen, und sind deshalb für jene Zugvögel. Die beiden Zug- perioden, im Herbst und Frühling, scheinen sie jedoch nicht strenge nach Wochen und Tagen zu halten, sondern sich mehr nach Beschaffenheit der Witterung zu richten. Sie wandern gesellig, bald in kleineren, bald in grösseren Haufen, bisweilen zu mehreren Hunderten beisammen, wobei sie sehr hoch fliegen und eine gewisse Ordnung beobachten, wenn nicht viele bei- sammen, in einer schrägen Linie hintereinander, wenn mehrere, in zwei solchen, vorn im spitzen Winkel vereinigten fliegen, und in solchem hinten offenen Dreieck ist gewöhnlich der eine Schenkel kürzer als der andere. Sie bewohnen in warmen Ländern teils die Meeresbuchten und weiten Flussmündungen, die grossen Landseen und mit solchen durchzogene Niederungen, ausgebreitete tiefe Sümpfe, grosse Ströme, besonders, wo diese viele kleine Inseln haben, aber nicht das weite offene Meer. Sie tragen auf dem Lande ihren Körper sehr aufrecht, den Hals S-förmig gebogen und den grossen Schnabel höchst selten wagerecht, sondern diesen nach vorn herabgesenkt, gewöhnlich mehr als andere langschnäbelige Vögel, ja sie stützen ihn oft, wenn sie ruhen, mit der Spitze auf die Brusthöhle oder biegen den langen Hals so weit rückwärts, dass er auf dem gekrümmten Oberrücken und der Schnabel mit Kehlsack auf der Gurgel ruht. Die grossen Flügel, welche der Unterstützung von Tragefedern entbehren, hängen dann mit ihren Enden oft schlaff an den Seiten herab, zu anderen Zeiten ruhen ihre Spitzen auf dem Schwanze. Sie stehen stets auf der Spur, fest und sicher, gehen aber ungern, langsam und wankend, brauchen dabei den Schwanz nie zur Unterstützung und setzen sich zuweilen auch auf Bäume. — Sie schwimmen sehr rasch, aber mit tief ins Wasser gesenktem Rumpfe und tragen dabei den Hals mehr oder weniger S-förmig. Merkwürdig ist, dass diese grossen Vögel auch fertige Taucher sind, mit Leichtigkeit unter- und auftauchen, unter der Fläche sich schnell fortbewegen und ziemlich lange verweilen können. Sie tauchen aus dem Schwimmen; es ist wenigstens nicht erwiesen, dass sie es auch aus dem Fluge könnten. Ihr Betragen im freien Zustande ist überhaupt wenig beobachtet, daher sehr zu wünschen, dass naturforschende Reisende hierauf besser als früher ihr besonderes Augenmerk richten mögen. — Wegen fast beispielloser Pneumatizität des Knochengerüstes ist das spezifische Gewicht dieser Vögel, trotz ihres umfangreichen Körpers, verhältnis- mässig sehr gering; es gestattet ihnen, mit Hilfe ihrer sehr langen Flügel, einen leichten und sehr hohen Flug, in welchem sie die Flügel nur langsam, abwechselnd auch sozusagen gar nicht, zu bewegen brauchen, häufig schweben, schwebend grosse Kreise beschreiben und sich in einer grossen Spirallinie bis zu den Wolken zu erheben vermögen. In diesem raubvogelartigen Fluge haben sie auch der Form der Flügel wegen grosse Ähnlichkeit mit den Geiern. Nach älteren Beobachtungen sollen sie fliegend Hals und Schnabel geradevor ausstrecken, wie ein Storch und andere, nach einer neueren aber nach Art der Reiher den Hals zurückbiegen und den Schnabel auf die Gurgel niederlegen, dies namentlich, wenn sie sich hoch oben in den Lüften in Kreisen drehen oder weit weg wandern wollen. — Ihr schöner, ungemein leichter Flug lässt sie, wenn er gerade- aus geht, in kurzer Zeit weite Räume durchstreichen, über grosse Länderstrecken hinweg steuern, woher auch die weite Ver- breitung einzelner Arten und unter den europäischen das zufällige Vorkommen vereinzelter, mehrere Breitengrade nordwärts von ihrem gewöhnlichen Aufenthalte und in Gegenden, wo sie völlig unbekannt waren. — Auf dem Lande sind sie träge und unbehilflich; sie stehen oft stundenlang, in obiger Stellung ruhend, auf demselben Plätzchen, sehen ungemein scharf, sind vorsichtig und scheu, daher schwer zu schiessen, mit Ausnahme mancher und an Orten, wo man ihnen nie nachstellte. So gesellig unter sich, sind sie es auch mit einigen anderen, besonders oft mit den Scharben. Sie lassen sich leicht zähmen. — Ihre Nahrung besteht in Fischen, die sie tauchend fangen, wozu ihnen ihr biegsamer Unterschnabel mit dem grossen Kehlsack wie ein Fischhamen dient. Nach jedesmaligem Fange lassen sie, den Schnabel herabgebogen, das miteingeschöpfte Wasser auslaufen, und wenn Magen und Speiseröhre angefüllt sind, wird im Kehlsacke noch Vorrat an Fischen aufbehalten, bis dieser, sowie durch die schnelle Verdauung unten Platz wird, nachrücken kann. Sie fangen meistens grosse Fische, bis gegen 1 kg schwere, und sind unersättliche Fresser. — Ihre Brutplätze sind in einsamen Gegenden die Ufer und Inseln grosser Seen, Flüsse und ausgedehnter, tiefer Sümpfe, wo sie meistens in einzelnen Paaren leben, aus Holzreisern, Schilf, Rohr und der- gleichen ihr grosses, kunstloses Nest auf dem Boden oder auf umgebogenen Schilfbüschen bauen, in welche das Weibchen seine zwei bis vier einfarbig weissen Eier legt, die für die Grösse des Vogels klein und von länglicher Gestalt sind, die grösste Bauchwölbung ziemlich in der Mitte und eine dicke Kalkkruste haben, die sie von aussen sehr rauh macht und leicht fremden Schmutz annimmt. Ihre Brutzeit dauert länger als vier Wochen, nach 'einigen Nachrichten gegen sechs Wochen, und die mit grauweissem Flaum bekleideten Jungen werden mit Fischen aus dem Kehlsacke, den ihnen die Alten geöffnet vorhalten, auf- gefüttert, grössere Fische ihnen auch im Anfange zerstückelt vorgelegt. Da es hierbei auf seiten der Fische nicht ohne Blut- !) Es sind jetzt neun Arten und zwei Unterarten bekannt. R. Bl. 1* 4 I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. vergiessen abgehen mag, fabelten unsere Altvordern: Der Pelikan ernähre die Jungen mit seinem Blute. — Ihr Fleisch wird, weil es schlecht schmeckt, gewöhnlich nicht gegessen; ihre Federn, namentlich die Dunen, benutzt man hin und wieder wie Gänsefedern; auch wird die Haut gegerbt, namentlich der Kehlsack als Beutel zu verschiedenem Gebrauch, der hohle Öber- schnabel als Messerscheide benutzt. — Sie sind wahre Fischvertilger und den Fischereien äusserst nachteilig. Anatomische Charakteristik der Gattung Pelecanus von RUDOLPH WAGNER. Die Gattung Pelecanus zeigt nach Untersuchung von Pelecanus onocrotalus, crispus und rufescens folgenden Bau: Der Schädel ist breit, gewölbt, hat mittelmässig entwickelte Muskelgräten; die Lamellen sind, besonders auf der Scheitel- und Stirngegend, weit voneinander entfernt und zeigen ansehnliche Luftzellen der Diplo&, fast so stark als bei Buceros; überhaupt sind fast alle Schädelknochen pneumatisch. Die Augenscheidewand ist durchaus knöchern, wodurch sich diese Gattung von den übrigen Steganopoden unterscheidet. Das Hinterhauptsloch ist nach hinten gekehrt und wirklich vier- eckig. [— Bei Pelecanus thajus und Phalacrocorax carbo wurde es sogar etwas nach oben gerichtet gefunden. (SELENKA.) —| Die hinteren Schläfendornen [— (Processus zygomatici) —] sind wenig, die vorderen [— (Processus orbitales posteriores) —| stärker entwickelt. Das Stirnbein ist sehr breit: unter demselben, an der oberen Augenhöhlenwand, befindet sich eine lange, ziemlich tiefe Grube für die Nasendrüse. Der absteigende, dicke Ast des Thränenbeines berührt den Jochbogen, mit welchem es durch Syndesmose verbunden ist. Die Muschelteile des Oberkiefers [— (Processus palatini masillae), —] dann die langen Zwischen- kiefer sind bis zur harten Spitze mit feinzelligem Knochengewebe ausgefüllt, ähnlich wie bei den Kalaos und den Pfeffer- fressern, jedoch sind die Fasern und Lamellen nicht so zart und dünn. Die Flügelbeine (Ossa communicantia) [— (Ossa pterygoidea) —] sind auffallend kurz, dick und hoch und entbehren der dritten Gelenkung [— mit dem Keilbein. —] Die Gaumenbeine sind mit dem Pflugschar verschmolzen, sodass ein starkes, senkrechtes Blatt weit nach unten vorspringt [— und sogenannte desmognathe Gaumenbildung zu stande kommt. —] Die beiden Schenkel des Quadratbeines sind nicht tief gespalten. [— Die Bildung des Naseneinganges ist holorhin, die Nasenscheidewand nur bei Phaeton durchbrochen. (GADow.) —] Der Unterkiefer ist ohne Lücke, hinten dick, dreieckig, ins Rundliche, mit vielen pneumatischen Zellen ver- sehen [—; ein hinterer Fortsatz (Processus angularıs posterior) fehlt ihm. „Eigentümlich ist dem Carbo cormoranus und C. graculus, aber auch nur diesen beiden, ein an dem Occipitale superius!) durch Bandmasse verbundener, dreieckig pyramidenförmiger, nach hinten gerichteter Knochen, welcher die Ansatzfläche der den Kopf bewegenden Muskeln sozusagen vergrössert; er ist ein Sehnenknochen und gehört nicht zum Schädel.“ (SELENKA.) —| Halswirbel finden sich 16; sie sind alle dick, durchsichtig und sehr pneumatisch und selbst die mittleren nicht besonders lang. [— Nach FÜRBRINGERsS Angaben existieren bei Phaeton und Freyata 15, bei Pelecanus 17, bei Sula 18, bei Plotus und Phalacrocorae 20 Halswirbel, von denen bei Pelecanus 1, bei Fregata 1 bis 2, bei Phaeton 1 bis 3, bei Plotus und Phalacrocorax 2 bis 3 und bei Sula 3 als cervicodorsale Übergangswirbel zu betrachten sind. An Rückenwirbeln notiert FÜR- BRINGER bei Sula, Plotus und Phalacrocorax 5, bei Pelecanus 4. —] Von den sechs Brustwirbeln sind merkwürdigerweise nur die beiden vorderen frei, ohne untere Dornen und ganz wie die Halswirbel, während die vier hinteren Brustwirbel mit dem Kreuzbein und den Darmbeinen vollkommen verschmolzen sind. Das Schwanzbein [— (Pygostyl) —] besteht aus sieben Wirbeln von der gewöhnlichen Form, alle, auch das letzte, sind jedoch aufgetrieben und pneumatisch. Das Brustbein ist sehr kurz und breit, fast viereckig; hinten auf jeder Seite nur wenig halbmondförmig ausgeschweift. Der Kamm ist wenig vorspringend und geht nach hinten nur etwas über die Hälfte; es wird durch ein Paar andere, in der Mittellinie zwischen der Gabel gelegene Luftlöcher und durch zahlreiche hintere, seitliche Löcherchen mit Luft gefüllt. [— Das Brustbein mit einer Längenausdehnung, die bei Fregata 4,6, bei Pelecanus 4,8, bei Phalacrocorax 6 und bei Sula 6,2 Rückenwirbellängen gleichkommt, ist bei Pelecanus gerade so lang als breit, wogegen bei Fregata die Länge etwas hinter der grössten Breite zurückbleibt, bei Phaeton, Plotus, Phalacrocorax aber dieselbe um fast das Anderthalbfache, ja bei Sula manch- mal annähernd das Doppelte übertrifft. Die Längskrümmung der Sternalplatte ist nur bei Pelecanus und Fregata einigermassen gut ausgeprägt, bei welchen, insbesondere bei Fregata, auch die Breitenkrümmung bedeutend ist; letztere ist im Gegensatz zu ersterer jedoch auch bei Sula und Phalacrocorax ansehnlich. Der Seitenrand der Sternalplatte ist überall, bei Pelecanus sogar um ein Viertel kürzer als die Mittellinie, nur bei Plotus sind beide gleich lang. Das Xiphosternum umfasst bei Pelecanus, Sula und Fregata eirca ein Drittel des ganzen Brustbeins, bei Phaeton dagegen schon die Hälfte, um sie bei Sula und besonders Plotus sogar zu übertreffen. Die Breite des Xüphosternums ist bei Phaeton, Sula und Plotus etwas grösser, bei Phalacrocoras, Fregata und Felecanus etwas geringer als die des Costosternums. In der Verteilung der Knochensubstanz. des Xiphosternums herrschen bei den Stegamopoden die verschiedenartigsten Verhältnisse. Gewisse Phalacrocorax- und Pelecanus-Arten besitzen gar keine Ineisuren, bei anderen, sowie bei Plotus, Sula, Fregata und Phaeton ist eine kleine bis mitteltiefe Incisura lateralis Vor- handen. Einige Arten von Plotus, Phaeton und Fregata zeigen hinwiederum nur eine kleine /ncisura impar, wieder anderen Repräsentanten der Genera Phaeton, Phalacrocorax und Fregata Kommt neben einer Incisura lateralis jederseits auch noch eine Ineisura intermedia zu, von welchen bald die eine, bald die andere grösser ist. (Näheres siehe bei FÜRBRINGER, |]. c.) Die Impressto siermocoracoidea auf ‚der Unterseite des praecostalen Teils der Sternalplatte ist seicht und undeutlich, ebenso sind die Frocessus laterales stermi mässig entwickelt, und die Spina externa des Vorderrandes fehlt Pelecamus, Sula, Plotus so gut wie ganz oder ist doch wie bei Fregata und gelegentlich auch bei Pelecanus nur sehr kurz. Die bei Pelecanus und Fregata recht dicke und wenigstens bei Pelecanus ‚nicht scharf abgegrenzte Crista sterni erstreckt sich nur bei Fregata über die ganze Länge des Brustbeins, bei Fhaeton lässt sie das letzte Fünftel, bei Pelecanus die letzten drei Achtel bis drei Siebentel, bei Sula und Phala- Be die letzten drei Siebentel, ja oft sogar die ganze hintere Hälfte frei. Ihr freier Rand ist bei Fregata stark gerundet, or ee BT eg v5 er Narr wie bei Plotus fast gerade verläuft. Der wenig konkave Vorderrand bildet hose Ch e Be a einen Winkel von circa 98 Grad; derselbe A durch ‚die Reihe Pelecanus, Phalacrocoraz, , grösser, bis er bei Phaeton 130 bis 153 Grad beträgt. Die Höhe der Orista ist nirgends bedeutend, wurde sie doch bei Phalacrocorax, wo sie am grössten, nur zu 2,3 Dorsalwirbellängen bestimmt, bei Sula misst sie 2,2, bei Fregata 2, 1) Hinterhauptsschuppe. R. B. I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. 5 bei Pelecanus nur 1,8. Auf die bedeutende Pneumatizität des Steganopoden-Brustbeins wird hingewiesen durch die in T-Form angeordnete Gruppe grosser Luftlöcher und die über die ganze Innenfläche zerstreuten kleinen Luftlöcher. Bei Fregata kommt individuell auch bloss eine Längslinie von Luftporen vor. (FÜRBRINGER.) —] Von den sechs Rippen ist nur die vorderste unecht, hat aber wie die drei folgenden einen Rippenast [— (.Processus uncinatus) —], der den beiden letzten fehlt. [— Sechs Sternalrippen sind zu finden bei den Gattungen Sula, Fregata, Phaeton ; fünf bei Phalacrocorax, Plotus, Pelecanus und auch bei einigen Arten von Sula uud Phaetornis; ja etliche Vertreter von Phala- crocorax, Plotus und Pelecanus weisen nur vier wahre Rippen auf (FÜRBRINGER). —] Alle Rippen, sowie ihre den Rippen- knorpeln entsprechenden Rippenknochen [— (Ossa sternocostalia) —] sind pneumatisch. Die [— V-förmige bis parabolische (Sula) —]) Gabel ist bei alten Individuen mit ihrer Spitze am Brustbein durch Knochenmasse fest und ohne Grenze ver- schmolzen. [— Eine. derartige Verschmelzung ‚wurde beobachtet bei Plotus, Pelecanus, Phaeton, Fregata, manchmal, es mag da das Alter eine Rolle spielen, sitzt die Furcula auch nur dem Vorderrand der Orista einfach auf, so auch bei Sula und Phala- crocorax. Die beiden Branchen (COlaviculae) sind bei Phalacrocorax und Sula oben stark, unten schwach nach hinten gekrümmt, bei Pelecanus und Fregata ist der untere Teil gerade bis konkav. Am Vereinigungspunkte der Äste kommt es bei Sula und Phalacrocorax zu keiner Fortsatzbildung, nur Pelecanus, Fregata und Phaeton besitzen ein Kleines, nach hinten gerichtetes T’uber- culum interclaviculare. Die Entfernung der Branchen voneinander beträgt bei Phalacrocorax 3,8, bei Sula 4, bei Pelecanus 4,4 und bei Fregata 5,5 Dorsalwirbellängen (FÜRBRINGER). —| Das obere, mit dem hinteren Schlüsselbeine [— (Rabenschnabelbein, Coracoideum) —]| artikulierende Ende ist sehr dick und pneumatisch aufgetrieben. Das Schulterblatt [—, bei Pelecanus und Phalacrocorax ungefähr die Länge des Coracoids erreichend, —] ist sehr schmal und gerade, aber fast rundlich dick und, wie alle Armknochen, pneumatisch. [— Es misst bei Pelecanus circa 4, bei Sula, Plotus, Fregata und Phalacrocorax annähernd 6 Rückenwirbellängen. Die grösste Breite, welche bei Pelecunus, Plotus und Phala- crocorax etwas weniger, bei Sula ein kleines mehr als eine halbe Rückenwirbellänge ausmacht, kommt bei Pelecanus um 1!/,, bei Sula !/,, bei Fregata */,;, bei Phalacrocorax und Plotus sogar '/, der grössten Länge gleich. Das hintere Ende erreicht bei Phalacrocorax und Sula gerade den Rand des Darmbeins, selten überragt es ihn bei Phalacrocorax ein wenig. Das Acromion ist ziemlich gross, besonders bei Phalacrocorax und Fregata. Das Schulterblatt verbindet sich bloss mit dem Coracoid und zwar bei Pelecanus, Plotus, Sula und Phalacrocorax durch Bandmaße, nur bei Fregata kommt es zu einer knöchernen Verwachsung. Der Winkel, den das Schulterblatt mit dem Coracoid bildet, ist von mittlerer Grösse, er variiert zwischen 60 und 70 Grad Sula 60 Grad, Plotus 61 Grad, Phalacrocorax 64 Grad, Pelecanus 68 Grad, Fregata 0 Grad) (FÜRBRINGER). | Die weit von der Furcula entfernten, 4 (Sula, Pelecanus) bis 5 (Plotus, Phalacrocorax) oder 6 (Fregata) Rückenwirbel messenden Coracoide sind bei Fregata mit ihren Basen verwachsen, während sie bei Pelecanus, Plotus, Phalacrocorax und Sula etwas voneinander getrennt bleiben. Der Winkel, den sie zusammen bilden, ist bei Sula am grössten (57 bis 62 Grad), bei Phaeton am geringsten (36 Grad), bei Pelecanus misst er 45 Grad, bei Phalacrocorax nur 40 Grad und bei Plotus 38 Grad. Die grösste Breite eines Coracoids ist auf durchschnittlich 2 Rückenwirbellängen respektive einhalb (Sula, Pelecanus) bis ein Drittel (Plotus, Phalacrocorax) der Coracoidlänge selbst zu veranschlagen; die schmalste Stelle dagegen umfasst ungefähr zwei (Plotus, Phalacrocorax) bis drei (Fregata, Pelecanus) Zehntel der breitesten. Der bei Sula abwärts, bei Phalacrocorax aufwärts steigende Seitenfortsatz (Processus lateralis) ist bei einigen Fregata-Species minimal entwickelt, indem er nur ein bis zwei Zehntel der grössten Coracoidbreite erreicht, bei anderen, sowie bei Pelecanus und Phaeton steigt er auf drei bis vier Zehntel, um bei Phalacrocorax und (Sula mit fünf bis sechs Zehnteln eine Grösse zu erreichen, wie sie nur noch bei Upupa und Merops gefunden wurde. Ein Loch für den N. supracoracoideus fehlt bei Phalacrocorax, Plotus, Sula und F'regata, bei Pelecanus ist es vorhanden und befindet sich nahe am inneren Rande des Coracoids (FÜRBRINGER). —] Die Luftlöcher der Phalangen liegen aussen an der Wurzel derselben. Alle diese Knochen sind sehr gestreckt, am längsten aber die Vorderarmknochen. [— Die Länge des Humerus schwankt zwischen 10 (Pelecanus) und 16 (Fregata) Rückenwirbel- längen. (FÜRBRINGER.) Er besitzt nur einen kleinen Processus supracondyloideus externus. (GADOW.) —|] Am Becken sind die Darmbeine schmal, die Schambeine lang, grätenförmig und konvergierend, das Sitzbein pneumatisch. Der Oberschenkelknochen ist merkwürdigerweise markig, während die Tibia, deren Fortsätze nicht auffallend ent- wickelt sind, pneumatisch ist. Die Kniescheibe ist sehr klein. [— Die Sehnenrinne auf der Vorderseite des unteren Schien- beinendes ist von einer knöchernen Querspange (Tibialbrücke) überspannt. (GADOw.) —] Die Luftlöcher des dicken, rundlich viereckigen [—, auf der Hinterseite des oberen Endes mit einem für die Beuge- sehnen kanalisierten Anbaue (Aypotarsus) versehenen —]| Laufes liegen oben und innen am Fersenhöcker; auch der Metatarsal- knochen für die grosse Zehe ist dick und pneumatisch. Die Zehenglieder scheinen alle markig zu sein. Hier ist es der Ort, sogleich von der ungemein merkwürdigen, ausgedehnten Verbreitung der Luft zu sprechen, die beim Pelikan und ganz ähnlich bei Sula bis unter die Haut dringt. Die Seitenzellen im Rumpfe sind schon ungemein gross und durch zwei Scheidewände in drei grosse Kammern geteilt; aus der vordersten Abteilung derselben gelangt die Luft unter der Achselhöhle bis zur Haut und erfüllt hier den Raum auf der Brust und dem Bauche, von der Gabel bis zum Schambein. Es finden sich mehrere grössere und verschiedene kleinere Zellen; das sonst sehr reichliche Fett fehlt hier. Besonders stark ist die Luftzelle über dem grossen Brustmuskel und am unteren Teile des Halses; hier bildet das zarte Zellgewebe Scheide- wände, welche mehrere Millimeter grosse Zellen einnehmen, die zwischen den Spulen der Konturfedern bis nahe unter die Oberhaut dringen; diese zelligen Lufträume dringen ferner unter die Deckfedern des Flügels und zwischen die Spulen der grossen Schwungfedern. Am mittleren und oberen Teile des Körpers fehlen diese Hauptluftzellen; eine isolierte und wieder in kleinere zellige Räume abgeteilte Zelle liegt am Hinterkopf unter den krausen Kopffedern; sonst fehlen diese Haupt- zellen am Kopf. [— Der stets besonders interessante Muskel- und Sehnenapparat der vorderen Flughaut ist bei den einzelnen Gattungen der Steganopoden recht verschieden ausgestaltet; von Muskeln sind daran beteiligt der Deltoideus, der Pectoralis und der Biceps, deren jeder seine Aberration an die Spannsehnen des Propatagiums sendet. Die Mm. deltoideus propatagialis brevis und longus bilden eine einheitliche, meist dünne und mässig breite Muskelplatte, welche vor ihrem Übergang in die lange und kurze Flughautspannsehne durch eine starke, bei Fregata doppelte (d. h. eine elastische und eine sehnige) Ankerung mit der Orista lateralis .humeri verbunden ist. An den Anfang des, abgesehen von Phalacrocorax, mit ansehnlicher Elastik versehenen Tendo propatagialis longus tritt bei Sula ein sehr kleiner, bei Plotus ein nur wenig grösserer M. biceps propatagialis, ein Muskel, der Pelecanus und Fregata ganz abgeht. Nirgends fehlt dagegen die Vorderarmankerung des Tendo longus, welche bei Fregata an der Insertionsstelle an der oberflächlichen Sehne des M. extensor metacarpi radialis die Entwickelung eines Sesambeinchens ver- 6 I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. ursachte. Der bei Pelecanus sehnige, bei Plotus und Fregata muskulöse M. pectoralis propatagsalıs zerfällt entsprechend den beiden Spannsehnen in einen M. pectoralis propatagialis longus und einen M. pectoralis propatagialis brevis. Eine besondere Eigentümlich- keit liegt im Verhalten des ersteren bei Pelecanus, indem er dort nochmals in zwei deutlich getrennte Partien, M. pectoralis propatagialis longus anterior und posterior, zerfällt. Bedeutend komplizierter als der Tendo longus gestaltet sich der T'endo pro- patagialis brevis. Bei Sula bildet er zwar noch eine breite einheitliche Platte mit einfachem Ende, aber schon bei Plotus geht von derselben am Insertionsende ein Zipfel nach vorn zum M. extensor metacarpi radialıs. Auch bei Phalacrocorax ist die Kurze Flughautsehne noch breit, teilt sich aber am Insertionsende in zwei schmale Zipfel, von denen der vordere wiederum in zwei zerfällt. Ganz ähnlich sind die Verhältnisse bei Fregata, nur ist dort die Sehne schmaler, und von den zwei Endzipfeln ist es der hintere, welcher sich in zwei sekundäre Züge spaltet; an der Verbindungsstelle des vorderen der beiden letztgenannten Sehnenfascikel mit der Sehne des M. extensor metacarpi radialis enthält diese ein zweites kleines Sesambeinchen. Ausserdem sondert sich bei Fregata aus dem Hinterrande der den M. deltoideus propatagialis fortsetzenden Sehnenplatte ein weiterer Sehnen- zug ab, der sich bald nach der Teilung in Tendo propatagialis longus und brevis mit letzterem wieder vereinigt. Bei Pelecanus ist die kurze Flughautsehne ganz verdoppelt, aber nur die vordere von beiden teilt sich in zwei Endzipfel. So findet FÜR- BRINGER bei Fregata die „höchste Differenzierung unter den untersuchten Steganopodes, die aber nicht von dem Verhalten bei Pelecanus, sondern eher von dem bei Sula abgeleitet werden kann. Die Entwickelung der beiden Sesambeinchen repräsentiert den Endpunkt der Differenzierung, der sich der Bildung bei den Zaridae und Tubinares annähert, zu diesen im Verhältnisse einer konvergenten Differenzierung, nicht so sehr dem einer primitiven Verwandtschaft steht.“ Der M. delioideus major ist nirgends vom N. brachialis longus superior durchbohrt. Bei Pelecanus ist er ziemlich klein, bei Plotus und Phalacrocorax dagegen ziemlich kräftig, wenn auch nicht sehr in die Länge entwickelt. Bei F'regata, wo er eine Weiterentwickelung der Bildung von Phalacrocorax darstellt, ist er ebenfalls nur mässig gross, enthält aber ein kleines, rundliches Os sesamordeum humerocapsulare. Auch der M. deltoideus minor zeigt nur geringe Ausbildung; am besten ist dieselbe noch bei Pelecanus, wo die Differenzierung einer Pars ventralis beginnt. Am kleinsten wird der Muskel bei Sula gefunden, etwas grösser ist er schon bei Phalacrocorax und noch mehr bei Plotus. Im Metapatagium inserieren ein gut entwickelter M. serratus superficialis metapatagialıs und ein bei Sula und Phalacrocorae ziemlich breiter, bei Pelecanus und Fregata dagegen schmaler, überall aber nur dünner M. latissimus dorsi metapatagialıs, der bei Plotus ganz fehlt. Der M. pectoralis thoracicus zeigt überall deutlich einen Zerfall in zwei Schichten. Der bei Pelecanus nur in seiner Pars anterior entwickelte M. pectoralis abdominalis geht Sula, Fregata, Plotus und Phalacrocorax ganz ab. Der M. supracoracoideus ist zwar breit, aber kurz und bei Pelecanus ausserdem noch ziemlich dünn. Der M. coracobrachialis posterior, der nur bei Plotus einigermassen ansehnlich genannt werden kann, ist bei Pelecanus sogar kleiner als der anterior. Die Subcoracoscapular-Muskulatur hat ziemlich einheitlichen Charakter. Einen quergestreifte Fasern führenden M. anconaeus cora- coideus fand FÜRBRINGER nur bei Pelecanus, wo er ziemlich stark. war, und bei Embryonen von Phalacrocorax, nicht aber bei Er- wachsenen; auch Plotus und Sula fehlt er (FÜRBRINGER).') Von der Muskulatur der hinteren Extremität sei erwähnt, dass ein M. ambiens existiert, dass die accessorische Femurportion des .M. caudilioflexorius bei Phaeton vorhanden ist, bei Phalacrocorax, Sula und Pelecanus dagegen fehlt, und dass sich vom M. caudilio- femoralis nur die Pars caudalis vorfindet. Die Mm. flexor digitorum profundus und flexor hallucis longus sind durch einen starken, die direkte Fortsetzung des letzteren bildenden Sehnenast aneinander gekuppelt, sodass die Sehne zur Innenzehe nur als schwacher Seitenzweig erscheint. Es ist somit der Anteil des M. flexor hallucis longus an der Beugung der Vorderzehen ein sehr bedeutender (GADow). —|] Eine auffallende Bildung ist die des häutig-muskulösen Kehlsacks; zwischen der äusseren stärkeren und der inneren Haut desselben liegen nämlich zahlreiche platte Muskelpartien, welche offenbar teils den Muskeln des Zungenbeins, teils denen des Schlundlochs entsprechen. Die Zunge ist äusserst rudimentär, ein rundlicher, etwas hakenförmig gekrümmter Zapfen ohne Warzen, eigentlich ein blosser, mit dem Epithelium der Kehlsackhaut überzogener Knorpel des Zungenbeins [—, die z. B. bei Pelecanus onoerotalus nur eine 4 mm lange, im Grunde des gewaltigen Kehlsackes liegende Papille darstellt. (MARSHALL.) —]| An letzterem ist der Körper |— (Basibranchiale I) —] klein [—-; er ist bei Sula mit dem auch bei Phalacrocorax und Pelecanus nur einen kleinen einfachen Knorpel repräsentierenden Zungenkern (Basi- s. Glossohyale) total verschmolzen. (GADOW.) —] Die Hörner [—, deren jedes aus einem langen, knöchernen vorderen und einem sehr kurzen knorpeligen hinteren besteht, —]| sind stark und kräftig, der mittlere Fortsatz [— (Basıbranchiale II s. Urohyale) ist —) fadenförmig [—, fehlt indessen nach GADow öfter, sodass die Hörner hinter dem Zungenbeinkörper unmittelbar aneinander stossen. Auch die Glandulae parotides (Öhrspeicheldrüsen), sowie bei Pelecanus die Glandulae linguales fehlen. (GADoWw.) —] Der Schlund ist sehr weit, häutig-muskulös, inwendig faltig. [— Er bildet ausser bei Pelecanus auch bei Phalacrocorax einen geräumigen Kehlsack. Ein Kropf fehlt zwar, doch ist bei Phalacrocorax eine einfache Erweiterung des Oesophagus zu bemerken. Der Ubergang in den Drüsenmagen ist bei Pelecanus und Phalacrocorax ganz allmählich, nicht so bei Phaeton, und bei Plotus ist er sogar durch eine Querfalte abgegrenzt. (GADow.) —] Der Vormagen ist sehr dickwandig, ungemein entwickelt und übertrifft den eigentlichen, sehr kleinen, schwach muskulösen Fleischmagen fünf- bis sechsmal; die sehr ansehnlichen Drüsenbälge sind einfach. Es ist ein eigener, deutlich abgeschnürter, dem Fleischmagen an Grösse nicht sehr viel nachgebender Pylorus-Magen vorhanden. [— Die Vormagen- drüsen sind bei Phalacrocorax auf zwei Längshaufen, bei Plotus Levaillanti auf zwei, bei P. anhinga auf eine runde, prominierende Stelle beschränkt. Der Ubergang des Vormagens in den Muskelmagen ist bei allen Steganopoden ganz allmählich, sodass letzterer bei Pelecanus fast nur wie das rundliche, umgebogene Ende des Drüsenmagens erscheint; überhaupt erstrecken sich beide Magen weit, fast bis zum After hinab. Die Muskulatur ist weich und schwach, schwache Sehnenspiegel sind jedoch vorhanden. Die ‚Innenwände bilden Längsfalten teils mit feinen Drüsen, lederartige Auskleidung und Reibplatten fehlen ent- sprechend der Fischnahrung gänzlich. Der überall vorhandene Pylorusmagen ist bei Pelecanus, Plotus und Phalacrocorax am stärksten ausgeprägt und beiderseitig durch Ringfalten abgegrenzt. Er bildet fast ein Drittel des Hauptmagens, seine Schleim- haut ist in Längsfalten gelegt und trägt Zotten; bei Plotus anhinga ist die Innenwand nahe dem Pylorus mit haarartigen, dicht stehenden Gebilden ausgestattet, welche an der Offnung besonders lang sind und so diese wie ein Sieb gegen jegliche nicht flüssige Nahrung verschliessen. Bei Plotus Levaillanti. erhebt sich nahe dem Pylorus ein konischer, stark behaarter Fort- satz, der den Pylorus ganz verschliessen kann (GADow). —] ; s N : 2 ) Vergleiche auch: FÜRBRINGER, Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulterapparates und der Schultermusk j ö i xel . . Te L . Zeitschrift f. Naturwissenschaft, XXXVI. Bd. N. F. XXIX. 1902. R. B. en I. Gattung: Pelikan, Pelecanus Linn. E. Der Darmkanal ist lang; das Divertikel ist unbeständig; die Blinddärme setzen sich etwas tiefer an als bei Phala- crocorax und sind 47 mm lang. ni | [— Der Dünndarm ist lang, ziemlich eng und trägt bei Phalacrocorax und Sula innen beträchtliche, dicht stehende Zotten, die gegen das Rectum an Grösse abnehmen. Die Blinddärme sind klein und schmal; bei Phalacrocorax, besonders aber Phaeton, noch wesentlich kleiner als bei Pelecanus. Bei Plotus anhinga fand FORBES nur ein Coecum. Der Enddarm ist kurz und endigt in eine weite Kloake. Das Darmdivertikel fand GADow bei einem Phalacrocorax carbo 150 cm vom After entfernt, „mithin ist der Afterdarm, wie bei den Pygopoden, kürzer als der Magendarm.“ (GADow.) GADoWw giebt folgende Darmmaße in Centimetern an: Länge des absolute | relative! Coecums | Enddarms Darmlänge Pelecanus rufesceens . . . 4 — 250 8-9 Phalacrocorax carbo . . . 45 20 350 11—12 R orlophus . . men! — 300 11—12 s eristatus =. 0,7 15 198 8—9 Phaeton flavirostris . . . 0,8 2 19 6 R sulphureus! . ... 0,5 2 _ = Plotus Levalllanti . . . . 2,0 8 69 an „ amhinga, Männchen 10 6) 110 GARROD. —] 5 n Weibchen 1,0 15 152 An der zweilappigen Leber ist der rechte Lappen viel grösser als der linke, welcher sehr klein ist. Eine Gallen- blase ist vorhanden, sowie die beiden gewöhnlichen Gallengänge gefunden werden. [— Die Leber von Phalacrocorax zeichnet sich durch einen zwischen dem Hauptlappen liegenden kleinen Nebenlappen aus. (GADoWw.) —] Die Milz ist länglichrund. | Die Bauchspeicheldrüse besteht aus zwei Lappen und mündet mit ihrem Ausführungsgange zwischen die beiden Gallengänge. [— Sie füllt im Gegensatz zu den Pygopoden die Duodenalschlinge nur in den ersten zwei Dritteln aus. Die Leber-, Gallenblasen- und Pankreasgänge münden bei Phalacrocorax carbo in folgender Reihe: erster Pankreasgang, Lebergang, zweiter und dritter Pankreasgang, Gallenblasengang. (GADow.) —] Am oberen Kehlkopf fehlen alle Warzen; es findet sich ein deutlicher, beweglicher, verknöcherter Knorpel für die Epiglottis; die innere kammförmigeLeiste des Schildknorpels [— (Oricoideum nach neuerer Auffassung) —] ist ungemein stark entwickelt; die Luftröhre besteht aus verknöcherten Knorpeln und ist ganz drehrund, sodass sie nicht kollabiert wie bei den Scharben; besondere Muskeln des unteren Kehlkopfs fehlen; die Bronchien sind ungemein gross und weit, bestehen aus grossen, weichen er der Durchmesser eines aufgeblasenen Bronchialstammes übertrifft den Durchmesser der Luftröhre be- trächtlich. Das Herz ist rundlich und breit. Merkwürdigerweise ist bloss eine linke Carotis vorhanden. [— Nach GADow existiert auch bei Plotus und Sula nur eine linke Carotis, bei Sula finden sich jedoch oft auch beide tiefen Carotiden vor, wie stets bei Fregata und Phalacrocorax. —] Die Nieren sind eigentümlich; sie zerfallen in die gewöhnlichen drei Hauptlappen, von denen die untersten bei weitem am grössten, die mittleren am kleinsten sind; ausserdem sind sie wieder durch Einschnitte unvollkommen in kleinere Lappen geteilt und ähneln so in etwas den Nieren mehrerer Säugetiere, wie z. B. denen des Rindes. Die Neben-Nieren haben die gewöhnliche Form und Lage. Ich habe bloss weibliche Tiere untersucht; ich fand bloss einen linken Eierstock und Eileiter. [— Die Steganopoden besitzen eine grosse 3 bis 5 cm lange Bursa Fabrieii mit enger, nur bei Plotus weiter Öffnung; bei Phalacrocorax und Sula ist ein deutlicher Hals vorhanden. Die dicken Wände tragen innen circa sieben durch Längsfalten getrennte Reihen von Follikeln ; an anderen Stellen erheben sich die Follikeln über die Innenfläche. (GADow.) —] | Die Augen enthalten einen nur mit neun ziemlich gleich hohen, mit Endlappen und hakenförmigem Endzipfel ver- sehenen Fächer. Die Linse ist ziemlich flach, besonders an der vorderen Hälfte. Der Knochenring in der Sklerotika ist nicht beträchtlich entwickelt und besteht aus 15 Schuppen. Die [— mit Federkranz versehene —] Bürzeldrüse ist ziemlich stark eine. jedoch nicht so sehr als bei den Enten. Die anatomische Untersuchung der Weichteile wurde an Pelecanus onocrotalus und crispus angestellt. * ES * In Europa kommen drei Arten dieser Gattung vor, von denen sich bisher die eine (Pelecanus roseus GM.) noch nicht in Deutschland [—, wohl aber in Ungarn —|] gezeigt hat. ‘) Rumpflänge = 1 gesetzt. R. B. Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. Tafel 1. Fig. 1. Altes Männchen im Prachtkleide. Tafel 41. Fig. 10. Ei. Pelekan oder Pelikan, grosser Pelekan, Riesenpelekan, Kropfpelekan, Kropfvogel, Kropfgans, Beutelgans, Sackgans, Löffelgans, Meergans, Seegans, Schneegans, Schwanentaucher, Vielfrass, Wasservielfrass, Nimmersatt, Onvogel, Ohnvogel, Esel- schreier, Vogelheine oder Vogel Haine. [— Fremde Trivialnamen: Arabisch: Abu Djemel, Djemel el Bahar, Abu Schilbah, Badja. Armenisch: Kyschkar-dak Böhmisch: Pelikan obecny. Croatisch: @em, Prosti pelikan, Nesit ruficasti. Dänisch: Pelikan. Englisch: Roseate Pelican, White Pelican. Finnisch: Pelekaani. Französisch: Pölican blanc. Griechisch (auf den Cykladen): Sakkas. Japanisch: Garancho. ‚Italienisch: Onocrotalo, Pellicano, Gröto, Tambäu, Saccu, Sassla, Pilucani. Lettisch: Pelikans. Maltesisch: Sassla. Persisch: Murgi-Saefit. Polnisch: Pelikan baba. Portugiesisch: Pelicano. Russisch: Rosowaja baba. Schwedisch: Hvit Pelikan, Pelikan. Slovenisch: Pelikan, Nesit, Nenasit. Suahelisch: Jahasi. Talysch: Sijja-Kutan. Tatarisch: Berkasan, Kisdl-Kutan. Ungarisch: Rözsds gödeny. Pelecanus onocrotalus. Linne, Syst. Nat. (Ed. X.) p. 132 (1758). —]| — -Pelecanus onocrotalus. Linn. Syst (Edit. XIL) T. I. p. 315. n. 1. — Gmel. (Edit. XIII.) I. 2. p. 569. n. 1. — Lath. Ind. II. p. 882. n. 1. — -Pelecanus roseus. Sonner. it. p. 91. t. 54. — Lath. Ind. II. p. 883. n. 2. — Gmel. Linn. 1. e. p. 570. n. 9. — Pallas, Zoogr. rosso-asiat. II. p. 296. n. 1. — Brandt. Anim. ross. nov. icon. Fasc. I. p. 44. tab. V. — Onoerotalus albus. Briss. Orn. VI. p. 519. n. 1. — Le Pölican. Buff. Ois. VIII. p. 282. t. 25. — Edit, de Deuxp. XVIl. p.5 t. L£.1. — Id. Pl. enl. 87. — Ge&rard, Tab. elem. II. p. 306. — Pelican blane. Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 891. et IV. p. 560. — Great Pelecan. Penn. arct. Zool. II. p. 578. n. 505. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 538. n. 505. — Great white Pelican. Lath. Syn. VI. p. 275. n. 1. — Übers. v. Bechstein, III. 2.8. 496. n. 1. — Onocrotalo o Pellicano. Stor. deg. Ucc. V. Tav. 499. e. 500. — Pellicano. Savi, Orn. tosc. III. p. 99. — Bechstein, Gem. Naturgesch. Deutschl. IV. S. 738. — Dessen Taschenb. II. S. 390. n. 1. — Wolf u. Meyer, Naturg. d. Vög. Deutschlds. Heft 17. — Deren Taschenb. II. S. 574. — Meisner u. Sehinz, Vög. d. Schweiz. S. 314. n. 276. — Koch, Baier. Zool. I. S. 387. n. 242. — Brehm, Lehrb. II. S. 915. — Dessen Naturg. aller Vög. Deutschl. S. 824. — Gloger, Schles. Faun. S. 54 n. 244. — Landbeck, Vög. Württembergs S. 72. n. 256. — Hornschuch u. Schilling, Verz. d. Vög. Pommerns, S. 24. n. 305. — Keyserling u. Blasius, Wirbelt. Europ. I. S. 234. — Frisch, Vög. I. Taf. 186. — Naumanns Vög., Nach- träge, S. 449. Tafel LXIII. Fig. 119. Männchen im mittleren Alter. — [— FPelecanus onocrotalu. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. XI. p. 132. Taf. 282 (1842). — Pelecanus onocrotalus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXIL (1844). — Pelecanus Onocrotalu. Nilsson, Skand. Faun. Tom. II. p. 521 (1858). — Pelecanus onocrotalus. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 168 (1860). — Pelecanus onocrotalus. Fontaine, Faune Luxemb. Ois. p. 257 (1865). — Pelecanus onocrotalus. Holmgren, Skand. Fogl. II. p. 940 (1866—71). — Pelecanus onoerotalus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 342 (1867). — Pelecanus onocrotalus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1496 und 1509 (1869—74). — Pelecanus onocrotalus. Wrihgt, Finl. Fogl. II. p. 549 (1873). — Pelecanus onocrotalus. Dresser, Birds Eur. Tom. VI. p. 193. pl. 589 (1879). — Pelecanus onocrotalus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. IV. p. 161 (1882—84). — Pelecanus omocrotalus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15. Nr. 325 (1885). — Pelecanus onocrotalus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa. p. 93 (1886). — Pelecanus onocrotalus. Giglioli, Avif. ital. p. 269 (1886); p. 424 (1889). — Pelecanus onocrotalus. Ar&valo y Baca, Av. Espaäa. p. 400 (1887). — Pelecanus onocrotalus.. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. II.p 565 (1891). — Pelecanus onocrotalus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 183 (1891). — Pelecanus onocrotalus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 101 (1892). — Pelecanus onocrotalus. Reiser, Orn. balcan. II. p. 190 (1894). — Pelecanus onocrotalus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI. p. 462 (1898). — Pelecanus onocrotalus. Chernel, Magyarorszäg madarai p. 77 (1899). — Pelecanus onocrotalus. Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I. S. 99 (1900). —] Pelecanus fuscus. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 570. n. 10. — Lath. Ind. II. p. 883. n. 3. — Pelecanus philippensis. Gmel. Linn. ]. ce. p. 571. No. 12. — Lath. I. c. p. 883. No. 5. — Pelecanus manillensis. Gmel. Linn. 1. c. n. 11. — Lath. l.e. n. 4. und späterer Schriftsteller sind zwar auch als junge Vögel zu Pelecanus onoerotalus gezogen, allein es bleibt sehr zweifelhaft, ob sie gerade dieser Art angehören mögen, da, so viel zurzeit bekannt, die meisten Pelikanarten im Jugendkleide ein mehr oder weniger grau und braun gefärbtes Gefieder tragen und einander ausser- ordentlich ähneln.') | [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. XCIII. Fig. 7 (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 38. Fig. 2 (1859. — Seebohm, Hist. of Brit. Birds, III. p. 660, pl. 34 (1885). — id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 19 (1896). —] \) Pelecanus fuscus GMEL. und Pelecanus philippensis GmeEL. sind selbständige gute Arten, Pelecanus manillensis GmEL. ist synonym mit dem weiter unten anzuführenden Pelecanus roseus GmeL. R. Bl. Kennzeichen der Art. auch wahrscheinlich noch nicht alle gesondert, da es selbst Die Befiederung des Kopfes reicht auf der Stirn nur in | mit den in Europa lebenden bis in die neuesten Zeiten ge- einer Spitze bis in die Nähe der Schnabelfirste, auf den Wangen | dauert hat, ehe man sich überzeugen konnte, dass sie nicht lange nicht bis an den Mundwinkel vor, wodurch das Nackte | einer, sondern drei Arten angehören, von welchen die hier der Zügel und Augengegend einen bedeutenden Umfang erhält. | zu beschreibende noch am häufigsten in Deutschland gesehen An den an ihrer Spur sehr breiten Füssen ist der Lauf kaum | wurde, wie es scheint, auch sonst eine der häufigsten und zweimal so lang als die Hinterzehe. Scheitel und Genick sind | weitest verbreiteten ist und darum den Beinamen: „die ge- kurz befiedert, letzteres nur in höherem Alter mit einem meine“ erhalten hat. Obwohl der zweitnächsten Art. die hängenden Büschel schmaler, schlichter, flatternder Federn | früher immer mit der gemeinen für identisch gehalten ae geziert. Der Schwanz hat 24 Federn. Grösser als der Höcker- | sehr ähnlich, ist doch zum Unterscheiden beider kaum mehr Schwan. nötig, als eine genaue Beachtung der gegebenen Artkennzeichen. | Ca; | Auch bei den Jugendkleidern beider Arten sind sie aus- Die Gattung Pelikan ist mit einer anderen nicht zu ver- reichend, obgleich sie sich in diesen noch mehr als in den wechseln und auffallend genug von allen verschieden; allein | ausgefärbten ähneln und ungefähr in gleicher Weise braun die zu ihr gehörenden Arten sind sich oft sehr ähnlich, daher | und grau gefärbt sind, die Jungen der gemeinen Art nur Beschreibung. ‚ossgag 'Tanyeu */, prapyrgpeLIg WI uoyauugw say "UENIIOT AOUIEWSN 7T SNTEIOIIOUO SNUEISIOIT a SHELL a ir - ed RE Ära ' ; J r Pu DER Se a TEEN IE NEN hl La NT Ba ne A * Ne srrhere a 02 n ' ei N ar t N ! “ y \ ı } ' , h d mar - {Per a ai n r Er ! en ar y Aa un Ge | v ur ı t a N A ir u rl Be = ws K Bi Ad NT al I Ge = re n N ee nt Ka = he a AU [ ni a I a Ne ee ee en Sal De ER RE > mn a v hal IN ar! NR ZEN Y Eu (% . ds rip \ 1 F EN 7 Ar Ih I neh N $ AN N AIR IN 2% — ae EST. eh BE SETZT, en = = Eee m Ei De wenn . > Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. 9 etwas dunkler und weniger mit Grauweiss durchmischt; auch ist ihr dunenartiges Gefieder am Genick und Nacken ganz schlicht, bei jenen schon etwas gekräuselt. Die herrschende Färbung im Gefieder alter Vögel unterscheidet sie ebenfalls sehr auffallend; denn bei der gemeinen Art ist es reines Weiss, hin und wieder mit einem schwachen Anhauch von Rosenröte oder Fleischfarbe, welche in späteren Jahren sehr auffallend stark wird, bei der krausköpfigen aber niemals vorkommt; dagegen ist bei dieser das herrschende Weiss nie ein reines oder blendendes, sondern stets mit einem mehr oder weniger starken Anstrich von Perlgrau (ein sanftes, schwaches, bläuliches Aschgrau, wie auf dem Mantel mancher Möven und Meerschwalben) überzogen und gedämpft. Die auffallend kleinen Füsse, im Vergleich zur gewaltigen Körpergrösse, sind beim krausköpfigen Pelikan sehr zu beachtende Kennzeichen; der gemeine hat dagegen verhältnismässig viel längere Zehen, grössere Schwimmhäute, daher eine Spur (Palma) von viel grösserem Umfange. Er steht ferner in der Grösse, obwohl er hierin, gleich den meisten Tauchvögeln, ganz erstaunend variiert, stets unter der krausköpfigen Art, geht aber auf der anderen Seite hierin in eine andere über, nämlich in Pelecanus roseus GM. Dieser kleine Pelikan kommt am Schwarzen Meer und in der Moldau, besonders häufig in Ägypten vor, ist viel kleiner als P. onocrotalus, kaum wie der Höckerschwan, oft nicht viel grösser als eine starke Hausgans; bei ihm geht die Befiederung des Kopfes auf der Stirn spitz aus, bis an die Wurzel der Schnabelfirste auf den Wangen bis unmittelbar an die Unterkieferäste vor; der Lauf ist fast dreimal so lang als die Hinterzehe. Diese Kennzeichen reichen hin, ihn von der semeinen Art zu unterscheiden, mit welcher er aber in der Färbung des Gefieders grosse Ähnlichkeit hat. In Grösse übertrifft unser gemeiner Pelikan einen alten Singschwan meistens um vieles, abgesehen von mancherlei individuellen Verschiedenheiten, welche häufig vorkommen, aber natürlich bei so grossen Vögeln immer mehr in die Augen fallen, als bei kleinen. Die Ausmessungen geben folgendes Resultat: Länge (von der Stirn bis zur Schwanzspitze): 113 cm bis 130 oder 155 cm, Flügellänge: 70 bis 72 cm, Flugbreite 255 bis 270 cm, Schwanzlänge 14,7 bis 17,7 cm, die Länge des Halses 49 bis 49,5 cm. Beides sind die Maße von männ- lichen Individuen, die kleineren von einem im ersten Lebens- jahr und im Jugendkleide, die grösseren von einem wenigstens vier Jahre alten und ansehnlich grossen. Die Weibchen sind stets kleiner; sie messen in der Länge oft mehr als 5 cm, in der Flugbreite wohl zuweilen gegen 14 cm weniger, als ihre gleichalten Männchen, auch ist ihr Schnabel stets etwas, zu- weilen über 2,3 cm kürzer. Die Gestalt dieses Pelikans, wie aller übrigen Arten der Gattung, ist gänseartig, der Hals aber viel stärker. Die Flügel sind, wegen ungewöhnlich. langer Armknochen und vieler, jedoch kurzer Schwungfedern, ausserordentlich lang und dabei sehr schmal. Am zusammengelegten Flügel hat daher dessen hintere Spitze beinahe oder völlig dieselbe Länge als die vordere. Von den Primärschwingen ist die vorderste wenig kürzer als die zweite und diese die längste, auch die dritte nur etwas kürzer, die folgenden nehmen dann schneller an Länge ab; sie haben starke, etwas einwärts gebogene Schäfte, schmale, sehr harte Fahnen und stumpfspitze Enden. Die Flügel reichen, in Ruhe liegend, mit ihren Spitzen bis auf das Ende des Schwanzes oder wohl noch ein wenig darüber hinweg; sie werden von keinen Tragfedern unterstützt. Der kurze, breite, am Ende abgerundete Schwanz ist aus 20 Federn zusammen- gesetzt, welche hart, schmal, spitz, an den Enden aber meistens verstossen sind. Die Federn am Halse sind sehr klein, schmal, abstehend und dunenartig, oder fast ganz wie Dunen gestaltet und sehr weich; die auf dem Kopfe und an allen übrigen Teilen, die grössten Flügeldeckfedern, die längsten Schulter- federn, die Schwung- und Schwanzfedern ausgenommen, haben eine ganz besondere Gestalt; sie sind nämlich ungemein schmal und dabei so schlank zugespitzt, dass sie denen am Halse des Naumann, Naturgeschichte. Bd. XI. Haushahnes gleichen, sie decken aber, weil sie sehr dicht stehen, dennoch sehr gut, geben eine knappanliegende, derbe, aber dennoch weich anzufühlende Bedeckung, weil ihre Fahnen ausserhalb einen sammetartigen Überzug, sie auch wenig harte Schäfte haben. Die Gestalt dieser Federn ist so gestreckt und schlank, dass die von mittlerer Grösse, z. B. von der Mitte des Flügels oder der Schultern, bei einer Länge von 16 cm, in ihrer Mitte nur 1,8 cm breit sind. Die zweite und dritte Ordnung Schwungfedern, so auch die längsten der Schulterfedern sind ziemlich gleichbreit, am Ende abgerundet. Die Federn am Genick übertreffen ihre Nachbarn an Länge nur wenig; allein wenn der Vogel mehrere Jahre alt wird, zeigen sich dort in einem schmalen Längsstreifen besonders gestaltete, lange, sehr schmale, zugespitzte Federn, welche einen schlaffen, flatternden Federbusch bilden, welcher, weil er immer lose herabhängt, nicht sehr bemerkt wird, obgleich seine längsten Federn beim Männchen gegen 12 cm lang werden. — Das Gefieder der jungen Vögel im ersten Jahre ist von etwas anderer Beschaffenheit, am Kopfe und Halse zwar auch kurz, zerschlissen, völlig dunenartig und sehr weich, an den übrigen Teilen aber härter, nicht so schmal und auch nicht so schlank zugespitzt als an den alten. Diese letzteren haben gleich anderen Pelikanarten vorn an der Kropfgegend (der Brusthöhle) eine handgrosse Stelle, an welcher die Federn äusserst schmal, sehr hart und borstenartig sind, aber glatt anliegen, glänzen und eine gelbliche Farbe haben; es ist die Stelle, worauf sie, wenn sie ruhen, die Spitze des Schnabels stützen. Der wunderbar gestaltete, ausserordentlich grosse Schnabel hat eine sehr bedeutende Länge, eine ziemliche Breite, aber eine geringe Höhe. Er ist nicht schnurgerade, sondern gegen die Spitze allmählich um ein geringes abwärts gebogen, an der Wurzel schmal und etwas hoch, an der vorderen Hälfte wieder etwas breiter, aber auch niedriger, dann lanzettförmig stumpf und dazu sehr niedrig endend. Der Oberschnabel scheint aus drei Längsleisten zusammengesetzt, von denen die mittelste sich rundlich erhebt, eine flachrunde Firste bildet, hinten beiderseits als eine Erhabenheit weit in die Stirnseiten zurücktritt, nach vorn sich aber allmählich verjüngt und zuletzt in einen grossen, im Viertelkreise gebogenen, unter der Spitze ausgehöhlten, klauenförmigen Nagel übergeht, während die Leisten zu jeder Seite jener fast wagerecht niedergedrückt und abgeflacht und ihre scharfen Schneiden sehr kurz einwärts gebogen sind. Die Firstenleiste hat längs der Furche, die sie jederseits von den Seitenteilen trennt, meistens auch noch einen fortlaufenden, sehr kleinen Wulst oder Karnies. Die innere Fläche des Oberschnabels hat in der Mitte der Länge nach ein feines, scharfes Gaumenleistchen, neben diesem jederseits, in gleicher Entfernung von ihm und der Randschneide, parallel bis vor und unter den Haken auslaufend, eine doppelschneidige, höhere Leiste, sodass zusammen, die beiden Randschneiden dazu gezählt, längs der inneren Fläche des Oberschnabels sieben eben nicht hohe, aber sehr scharfe Schneiden hinlaufen und an der Spitze zusammentreffen. Der ganze Oberschnabel besteht ringsum aus einer dünnen, aber sehr festen Knochen- wand, hat dagegen zwischen dieser inwendig einen weiten hohlen Raum, welcher bloss mit einem weitmaschigen, zelligen Knochengewebe lose angefüllt, daher im stande ist, eine grosse Menge Luft aufzunehmen, wodurch er sehr leicht wird. — Der Unterschnabel besteht bloss aus zwei sehr dünnen, niedrigen, bloss hinten etwas höheren, ausserordentlich biegsamen, gräten- artigen Knochenarmen, die hinten etwas weiter auseinander- stehen, übrigens bis vorn nach der Form des Oberschnabels fortlaufen, mit ihrer kurzeingebogenen, scharfen, hinterwärts doppelten Schneide in diesen eingreifen, endlich vorn sich in eine stumpfe Spitze vereinigen, die einen kleinen, ganz kurzen Haken bildet und in die untere Aushöhlung des oberen Hakens eingreift. An ihrer unteren Seite, dem Kiel entlang, ist von der Spitze bis zur Wurzel und seitwärts der Gurgel eine nackte, schlaffe, aber ausserordentlich dehnbare, zu einem sehr grossen Kehlsack sich erweiternde Haut befestigt, die unangefüllt in 9) a! 10 Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. die Kielspalte zurücktritt, jedoch immer, auch im Profil, sehr sichtbar bleibt. Dieser Kehlsack, dessen Grenze vom Mund- winkel abwärts bis 21 cm auf die Gurgel herabgeht, besteht eigentlich aus zwei Hautschichten, deren äusserste auf ihrer äusseren Fläche glatt, aber dabei mit kaum sichtbaren, kurzen, äusserst zarten Härchen sehr dünn besetzt ist. In der Tiefe des sehr weiten Rachens, am Eingange zum Schlunde, ist die winzig kleine, leicht zu übersehende Zunge auf der Kehlhaut angeheftet. — Noch ist die äussere Fläche des Schnabels, be- sonders seiner oberen Teile, merkwürdig, die Firstenleiste ziemlich eben oder nur ganz seicht der Länge nach gestreift, nach vorn aber etwas schartig, der Haken ganz glatt; die Seitenleisten dagegen so voll tiefer, unregelmässiger, fast zick- zackförmiger Striche und Scharten, die ihre Richtung schräg vorwärts, von der Mitte nach aussen nehmen und auf dem Rande und an der glatten Schneide verlaufen; sie machen die obere Schnabelfläche sehr rauh, schieferig und uneben; am Unterschnabel finden sich dagegen dergleichen Unebenheiten nur an seinem hinteren Teile, und bei jungen Vögeln sind sie auch am Oberschnabel nur erst in ganz schwacher Anlage vorhanden. Der Schnabel ist von der Stirn an bald nur 33, bald 35, bald 35 cm, aus dem Mundwinkel 38 oder 40 oder 42 cm lang; an der Basis 3,8 bis 4,7 cm breit, vor der Mitte etwas schmäler, weiter vor wieder 4 bis 4,7 mm breiter; hinten 5 cm hoch, nach vorn abnehmend niedriger, nahe am Haken sogar nur 8 bis 12 mm hoch. Das Nasenloch liegt nahe an der Schnabelwurzel, in der Furche zwischen dem oberen und seitlichen Schnabelteil, ist aber ein so unbedeutender Ritz, dass man, um sich von seiner Anwesenheit zu überzeugen, diesen suchen muss. Die Färbung des Schnabels ist nach dem Alter sehr ver- schieden und wird weiter unten bei Beschreibung des jungen und alten Vogels angegeben werden; hier wollen wir bloss be- merken, dass sie, wie die des Kehlsackes und anderer nackter Kopfteile, bei in Gefangenschaft gehaltenen Individuen stets bleicher ist als bei denen in natürlicher Freiheit lebenden, und dass sie im ausgetrockneten Zustande an Bälgen düster und unscheinbar, z. B. was schön gelb war, ockergelb, was blei- blau, schwärzlich wird, das Rot (bei alten Vögeln) aber am dauerhaftesten ist, jedoch sich auch vermindert. Ausserdem ist noch das ganze Gesicht nackt, nämlich an den Zügeln und den Stirnseiten, wie in einer weiten, hinten stumpfspitzen Umgebung des Auges, von da noch hinter dem Mundwinkel herabgehend und unter diesem mit der Haut des Kehlsackes zusammenfliessend. Das ziemlich kleine Auge liegt nahe am Schnabel, hat ebenfalls nackte Lider und in der Jugend einen graubraunen, dann nussbraunen, im Alter einen hell- oder dunkel rotbraunen, kirschroten oder blutfarbigen Stern. Die Füsse sind sehr stark, klotzig, über der Ferse sehr wenig nackt; der Lauf ziemlich hoch, doch nicht stark zu- sammengedrückt; die Zehen lang und stark, allein nach Ver- hältnis nicht so lang als die der Schwäne; die Hinterzehe sehr einwärts gerichtet, aber mit der inneren Vorderzehe durch eine ebenso volle Schwimmhaut verbunden wie die drei vorderen, wodurch die Spur einen weiten Umfang erhält. Der weiche Überzug ist an den Läufen in kleine sechseckige Schildchen, die auf dem Spann am grössten, an der Sohle am kleinsten sind, auf den Zehenrücken in schmale Querschilder geteilt, die Zehensohlen fast feinwarzig, die Schwimmhäute klar gegittert, genau besehen, mit sehr kleinen eckigen Schildchen be- deckt. Die Krallen sind nicht gross, stark, sehr gekrümmt, rundlich, unten wenig ausgehöhlt und stumpfspitzig, die der mittleren Vorderzehe auf der Seite nach innen mit vorstehender, scharfer Schneide, welche glatt und ohne Zahnung. Manchmal ist von der Beuge des Fersengelenks bis an die Befiederung des Unterschenkels ein Raum von 4,1 cm nackt, oft ist dies aber viel weniger und bei manchen blos das Fersengelenk allein nackt; der Lauf 11,8 bis 14,1 cm lang; die äussere Vorderzehe mit der 1,5 cm langen Kralle 11,8 bis 12,4 cm; die mittlere mit der 1,5 oder 1,8 cm langen Kralle 13 cm; die innere mit ihrer über 1,2 cm langen Kralle gut 8,8 cm; die Hinterzehe 6 bis 6,5 cm, wovon etwas über 1,2 cm auf die Kralle kommt; so nach ge- nauen Messungen mehrerer junger und alter Individuen. Die Färbung der Füsse ist stets eine sehr. blasse Fleisch- farbe, an den Schwimmhäuten meist ins Gelbliche spielend; die Krallen braun, an den Enden in Schwarz übergehend. Die Jungen kommen sehr klein und völlig nackt aus den Eiern, bekommen aber bald ein weissgraues Dunenkleid aus dichtstehendem, sehr weichem, wolligem Flaum; sie sollen sehr unbehilfliche, hässliche Geschöpfe und einigermassen den | jungen Eulen nicht unähnlich sein. Das Jugendkleid, welches der junge Pelikan nach dem Dunenkleide erhält und ein volles Jahr trägt, ist von dem folgenden ausgefärbten sehr verschieden. Es hat im ganzen ein düsteres, erdfarbiges oder vielmehr staubiges Aussehen. In ihm ist sein Schnabel noch bedeutend schmäler und dessen Oberfläche glatter, weil die später schuppigen und zersplitterten oder schartigen Unebenheiten nur erst leise angedeutet sind. Die Farbe des Schnabels ist ein trübes Gelb, fast Ockergelb, an den Rändern, besonders spitzewärts, mit schmutzig blei- blauer Mischung, am Haken schwärzlich; noch bleicher gelb sind die nackten Augenkreise, Zügel und der Kehlsack, dieser noch mit äusserst feinen, kurzen, bräunlichen Härchen dünn besetzt, die das bleiche Gelb noch verdüstern. Die Augen- sterne sind dunkelbraun, die Füsse wie oben angegeben. Das weiche, kurze, dunenartige Gefieder des Kopfes und Halses ist an der Stirn und auf dem Scheitel bräunlichweiss, an den Kopfseiten, dem Genick und dem ganzen Halse matt erdbraun, nach dem Kropfe zu sanft in trübes Weiss übergehend, ebenso die erdbraune Halswurzel zum Oberrücken in eine ähnliche schmutzig- oder bräunlichweisse Färbung übergehend; die Schulterfedern erdbraun mit bräunlichweissen Spitzenkanten und schwarzen Schäften, die grössten mit lichtem Aschgrau stark überlaufen oder wie überpudert; Unterrücken, Bürzel und Oberschwanzdecke lichtgrau mit bräunlichen Federenden; die Kropfgegend und von hier bis an den Schwanz alle unteren Teile schmutzig bräunlichweiss. Die kleinen Flügeldeckfedern sind erdbraun mit bräunlichweissen Spitzen und braunen Schäften; die mittleren Deckfedern ebenso, nur etwas dunkler und die lichten Spitzen verhältnismässig grösser; die grossen noch dunkler, dunkel aschgrau überpudert und an den schwarzen Schäften etwas dunkelbraun gewölkt; die hinteren Schwung- federn aschgrau, an den Kanten sehr hell, fast weissgrau; die mittleren Schwingen samt ihren Schäften schwarz, auf ihren Aussenfahnen aber stark aschgrau überpudert; die Primär- schwingen braunschwarz, mit weissen, gegen die Spitze schwar- zen Schäften; die Fittichdeck- und Daumenfedern braunschwarz, von aussen stark aschgrau überpudert, mit schwarzen Schäften; der Unterflügel bräunlichweiss, an den Schwingen schwarz; die Schwanzfedern aschgrau, am schwarzen Schafte am dunkel- sten, nach aussen breit weissgrau gekantet und an den Enden gelblich, diese etwas abgestossen; die untere Seite des Schwanzes grauweiss. Die Weibchen sind in diesem Kleide noch etwas dunkler gefärbt; sie haben eine etwas geringere Körpergrösse und einen etwas kürzeren Schnabel, unterscheiden sich aber übrigens weiter in nichts von den Männchen. In ihrer ersten Mauser, wenn sie etwas über ein Jahr alt, bekommen sie schon ein ganz weisses Gefieder, bis auf die schwarzen Schwingen, die bloss schwarz gesäumten Hinter- schwingen und grössten Schulterfedern, haben aber am Genick nur wenig verlängerte Federn, die im Bau ganz den übrigen am Kopfe und Halse gleichen. Während der Mauser sehen sie wegen hervorkommender neuer weisser Federn zwischen den grauen und braunen oft sehr weissscheckig aus, und das Weisse bildet nicht selten dreieckige Flecke, weil diese neuen Federn viel schärfer zugespitzt sind als die alten. Ein im Früh- jahr getötetes, d. h. ein Jahr altes Individuum hatte schon einzelne weisse Federn auf dem Rücken, den Schultern und Oberflügeln zwischen den alten dunkelfarbigen. Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. 11 Ist dies weisse Kleid, welches das ausgefärbte heissen kann, völlig hergestellt, so sieht es folgendergestalt aus: die Iris ist rotbraun; der Schnabel gelb, auf der Firste des oberen und an der Wurzel des unteren Teiles bleiblau, die gelben oberen Seitenteile bleiblau und etwas rot gelleckt, der Nagel hochrot; der Kehlsack blassgelb; das nackte Gesicht gelbweiss, der Augenkreis oft ganz weiss; die Füsse leischfarbig; die grossen Schwingen nebst den Fittichdeckfedern und den Daumen- federn schwarz; die mittleren Schwingen bloss mit schwarzen Innenfahnen, übrigens aschgrau mit breiten weissen Kanten; die hinteren Schwingen und einige der grossen Deckfedern über diesen nebst den längsten Schulterfedern mit sehr schmalen, schwarzen Rändern, übrigens, wie das Gefieder an allen anderen Teilen, rein weiss, dies jedoch nicht recht klar, mehr Perl- weiss oder ein wenig ins Graubläuliche ziehend und am Kropfe mit einem rostgelblichen Fleck. Am Genick sind die Federn etwas verlängert und dünn zugespitzt, doch beides beim Männ- chen auffallender als beim Weibchen, auch ist bei jenem am Kopfe, Halse, der Brust, auf dem Rücken und dem oberen Teile der Schulterpartie ein schwacher Anhauch von Rosen- oder Fleischfarbe bemerklich, welcher dem Weibchen ge- wöhnlich fehlt. Dieser schwache Schein von Rot ist indessen von weniger Dauer; Luft, Sonne und Witterung bleichen ihn nach und nach aus, sodass man ihn bald nur dann entdeckt, wenn man die weissen Federenden etwas aufhebt oder die Federn stark verschiebt, bis er, wenn der Vogel einer neuen Mauser sich nähert, gänzlich verschwindet. Nach dieser, seiner zweiten Mauser, oder im dritten Lebensjahr des Vogels, ist das ganze Gefieder, die längsten Schulter- und Schwungfedern ausgenommen, welche wie im vorigen Kleide aussehen, sanft rosenrötlich (wie die Blumen der Feldrose, Rosa canina), oder blass fleischfarbig, oder auch _ lieblich aurorafarbig, das ist ein ins Gelbliche spielendes sanftes Rot. Alle diese Nuancen von Rot, welche jede für sich allein bei verschiedenen Individuen vorkommen, bald stärker, bald schwächer, sind eine vergängliche Färbung, die nur am frischen Gefieder ungeschwächt und in ihrer ganzen Lieblichkeit er- scheint, nach und nach aber bleicher wird und gegen eine künftige Mauser zum grossen Teil verschwindet oder in Weiss übergeht, das nur noch einen ganz matten Schein davon be- hält. Am stärksten ist dieser am Kopfe, Halse, der Brust und dem Rücken, am schwächsten und fast ganz weiss an den srösseren Flügel- und Schulterfedern und am Schwanze. Vor dem Kropfe ist ein Fleck harter, haarartig zerschlissener, rost- gelblicher oder olivengelblicher Federn, fast eine flache Hand gross; er zeigt die Stelle an, wo der ruhende Vogel die Spitze des Schnabels aufzustützen pflegt. Am Hinterkopf und dem Genick hängt ein schmaler Büschel bis gegen 12 cm langer, sehr schmaler, zugespitzter, schlaffer und flatternder Federn herab, welche rein weiss aussehen oder sehr wenig rötlich an- geflogen sind. Die Iris ist bei solchen blutrot, der Schnabel lebhafter gefärbt, besonders mit mehr Hochrot gefleckt oder gestrichelt, der Nagel noch schöner rot als bei jüngeren Vögeln, aber auch die Scharten und Risse auf seiner Oberfläche stärker ausgedrückt und hässlicher als bei jenen; ebenso auch die Haut des Kehlsackes und des Gesichts lebhafter gelb, bei in Frei- heit lebenden fast hochgelb, bei gefangen gehaltenen nur blass schwefelgelb, und wenn jener ausgedehnt wird, zeigen sich viele zarte rote Blutadern im Gelben. Die Füsse sind fleisch- farben, bei in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln sehr blass. Die kleineren Weibchen haben stets einen kürzeren Schnabel, einen kürzeren oder auch gar keinen eigentlichen Federbusch, und der rötliche Anflug in ihrem Gefieder ist um vieles schwächer als bei den Männchen. Es ist nicht ausgemacht, auch kaum wahrscheinlich, dass die eben beschriebene Tracht drei Jahre alten Vögeln dieser Art schon zukomme. Ihr seltenes Vorkommen streitet dagegen und auch der Umstand, dass diese grossen Vögel, wie die grossen Adler, nur langsam der völligen Ausbildung ihres Ge- fieders und seiner Farben entgegen schreiten. Das ganze äussere Ansehen solcher rotgefärbter und gehaubter Pelikane, ihre ansehnlichere Grösse, die grössere Länge ihres Schnabels, die zahlreicheren und viel tieferen Scharten auf der Ober- fläche desselben und mancherlei andere Merkmale, vorzüglich auch die Versicherung derer, die sie lange Jahre lebend unter- hielten, ehe sie jene hohe Schönheit erreichten, stellen den Zeitpunkt, in welchem sie diese erlangen, viel weiter als auf drei oder vier Jahre hinaus, obwohl zu bedenken ist, dass es, der Analogie mit anderen Vögeln zufolge, damit wohl in der Gefangenschaft viel langsamer gehe als in der freien Natur; ein Eingesperrter hatte sogar nach 26 Jahren noch keinen Federbusch und blieb wahrscheinlich für immer ungehaubt. Die rote Färbung in ihrer ganzen Frische gehört übrigens weder allein dem Hochzeitskleide an, noch ist sie infolge einer Doppelmauser entstanden. Ich sah das schönste In- dividuum, was mir je vorgekommen, ganz wie ins lieblichste, sanfteste Morgenrot getaucht, mit schönem, fast 14 cm langen Federbüschel im Genick, vor ein paar Jahren in einer reisenden Menagerie, lebend, zu Anfang Oktober, nach eben vollendeter Mauser, im ganz frischen Gefieder, ohne Spuren alter Federn ‚zwischen diesem, und der Besitzer versicherte, dass es diese Färbung schon seit einigen Jahren, aber mit jedem schöner, bekommen habe, dass sie aber in jedem Jahr durch den Winter und das Frühjahr allmählich abbleiche und der Vogel fast Jeden Sommer fast weiss werde, ehe eine abermalige Mauser be- ginnt. Andere bestätigen dies vollkommen; ich sah nämlich ein herrliches altes Paar, das noch in voller Mauser stand, an dem (am Männchen mehr als am Weibchen) Kopf, Hals, Brust, Bauch und Rücken schon mehr neue als alte Federn zeigten, wo diese ganz weiss, jene (die neuen) lieblich fleischfarbig, beinahe rosenfarbig waren, und auch an anderen Teilen zeigten sich schon viele neue Federn, die auf den Flügeln, den Schultern, im Schwanze und Federbusche jedoch weiss oder perlweiss waren, zwischen den alten. Die Mauser hatte hier begonnen und war schon ziemlich im Gange. Diese Vögel waren auch in beständiger Beschäftigung, sich der losen oder nur noch locker sitzenden weissen Federn zu entledigen. Sonderbarerweise war dies jedoch hierzu noch etwas früh im Jahre, Anfang Mai, was bei im freien lebenden wohl schwerlich vorkommen mag. Wenn aber dort die Mauser im Juli beginnt, so ist sie dennoch wohl kaum vor dem Oktober beendet, denn sie schreitet, wie schon bemerkt, bei diesen wie bei vielen anderen Vögeln nur ganz langsam vorwärts. An allen und zu verschiedenen Jahreszeiten gesehenen und genau betrachteten Individuen hat sich, wie. an den in der Frei- heit getöteten, ergeben, dass diese Vögel eine Doppelmauser nicht haben, dass ihre einzige jährliche Mauser der Regel nach in die Sommermonate fällt, bei dem einen langsamer, bei einem anderen schneller von statten geht, bei einem früher, beim anderen später anfängt u. s. w., sodass Individuen, welche noch Spuren des Federwechsels an sich tragen, zumal unter eingesperrten, zu allen Jahreszeiten vorkommen. [— Von BARBOZA DE BocAGk ist (Proc. Zool. Soc. 1870, >. 173 und 409 und 1871, S. 632 und Taf. LI) eine eigentüm- liche Form mit ockergelblichem Unterkörper und rotbraunen Kropfflecken als Pelecanus Sharpei beschrieben. Von Dupoıs ist sie (Bull. Belg. 1883, 8), ebenso von REICHENOW in seinen „Vögeln Afrikas“ als Varietät von Pelecanus onocrotalus auf- gefasst. Ich habe keine Gelegenheit gehabt, den Vogel zu ver- gleichen, fand auch bei meiner diesjährigen Anwesenheit im Museum in Lissabon kein derartiges Exemplar dort vor, es dürfte daher nach REICHENOW „noch festzustellen sein, ob hier nur eine zufällige Abweichung oder ständig unter- schiedene Form vorliegt.“ Als Vergleichsmaterial standen mir bei der Beurteilung zur Verfügung: 1) ein altes Männchen, sehr schön weiss ausgefärbt, aus der Sammlung E. von Ho- MEYERS, mit schönem Schopfe; 2) und 3) zwei alte, sehr schön ausgefärbte Weibchen ohne Schopf, erlegt am 11. Juli 1874 an den Dardanellen in der Türkei, ebenfalls aus der Samm- lung E. F. vov HOMEYERS. 9# 12 Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. Der abgebildete Vogel ist ein altes Männchen aus Astrachan, im Dresdener Museum befindlich. —| Aufenthalt. Der gemeine Pelikan ist für uns ein südöstlicher Vogel und in viel wärmeren Klimaten als das unsere über sehr aus- sedehnte Länderstrecken verbreitet. Nicht allein das südöst- liche Europa, und dies auch nur im Sommer, sondern mehr die wärmeren und heissen Gegenden von Asien und Afrika sind sein wahres Vaterland. Er ist am Schwarzen und Kaspischen Meer, am Uralsee und allen anderen Seen der grossen Tartarei und Songarei im Sommer sehr gemein, zieht aber im Winter nach dem wärmeren Asien bis zum persischen und arabischen Meerbusen hinab und in Afrika nicht allein nach Ägypten und Senegambien, sondern selbst bis zum Kafferlande und der südlichsten Spitze von Afrika hinunter. [— Im äthiopischen Afrika kommt er nach REICHENOW vor in Senegambien, bei Kitta, Daranka, Kasengo (var. Sharpei), Mozambique, am Shirwasee, Manjarasee, Nguru- mansalzsee, am weissen Nil auf dem Zuge (NUTTALL). —] Als sehr selten, und bloss zufällig vorkommend, enthalten seinen Namen auch die Verzeichnisse der Vögel von den Küsten der mittleren Vereinsstaaten (CH. BONAPARTE) und den südlichen Seen Kanadas (NuTTALL) inNordamerika.!) — In Europa wohnt er auf dem Asowschen und faulen und am Schwarzen Meer, in der Krim, in Taurien, Bessarabien, namentlich in grosser Anzahl auf den vielen Gewässern in der Nähe der Donaumündungen, ferner: in Podolien bis nach Volhynien hinauf, in der ganzen Türkei, in Griechen- land, in Ungarn und Dalmatien. In der Moldau lebt er einzelner als die kleine Art (Pelecanus roseus GM.) und ebenso diese auch in Ägypten viel häufiger, aber beide überwintern daselbst. An der serbischen und bosnischen Grenze des süd- lichen Ungarn ist er ein allgemein bekannter Vogel, jedoch noch häufiger, oft zu vielen Hunderten beisammen, in den fischreichen Gegenden an der Theiss, vorzüglich im Toron- thaler, Tschongrader und Tschanader Komitat. [— In Ungarn kommterjetztnach brieflicher Mitteilung von OTTO HER- MAN noch vor am See von Velencze, Dedäs, Ujpanat im Komitat Arad; in dem siebenbürgischen Landesteilen bei@yeke, Fogaras, Toplicza und Scekler Alpen; in Süd-Ungarn im Draueck. Vor der Flussregulierung hatte er riesige Brutkolo- nien in den Rieden der Theiss, jetzt brütet er noch hin und wieder in den Sümpfen von Temes und Bäcs. vV. ÜHERNEL schreibt mir, dass heute sicher kein Pelikan in Ungarn mehr brütet, oder ganz ausnahmsweise vielleicht. —] So wie er sich von Dalmatien aus einzeln über manche Teile von Italien, einerseits bis ins südliche Frankreich, andererseits bisweilen bis in die Schweiz verfliegt, wo er auf den grossen Landseen mehrmals einzeln, auf dem Bodensee einmal sogar in einer Herde von 130 Stück sich sehen liess, so kam vielleicht auf diesem Wege, vielleicht auch gerade von Ungarn herüber, zu verschiedenen Zeiten hin und wieder ein einzelner auch nach Deutschland, sogar bis in dessen Mitte, wo er freilich zu den seltensten Erscheinungen gehört. So ist einmal in früherer Zeit ein solcher Pelikan auf dem ehemaligen Schwanensee bei Erfurt erlegt, und wir sahen vor vielen Jahren im Augustmonat hier im Anhaltischen einen solchen über uns hinweg fliegen, gar nicht zu hoch, um ihn sogleich zu erkennen. Auch in Schlesien ist er mehrmals geschossen, z. B. bei Ratibor, auch bei Liegnitz; aber als eine unerhört seltene Erscheinung darf wohl gelten, dass vor vielen Jahren ein solcher Vogel bei Königsberg in Preussen erlegt worden ist, dessen Abbildung, in Öl gemalt, noch jetzt vorgezeigt wird.?) [— Ausser der erwähnten Schar von 130 Peli- ) Unser europäischer Pelikan kommt nicht in Amerika vor. R. Bl. ?) Wenn ich nicht irre, stellt diese unseren Pelikan im jugendlichen Gewande dar und wird noch im Berliner Museum aufbewahrt. Naum. Dies Bild ist, wenn auch etwas defekt, in voller Lebensgrösse, wie ich mich letzthin bei meiner Anwesenheit in Berlin persönlich überzeugt kanen, die am 8. Juli 1768 sich nach JÄCKEL bei Lindau auf dem Bodensee niederliessen, erwähnt letzterer in seinen „Vögeln Bayerns“ noch folgende in Bayern vorgekommenen Pelikane: 1786 wurde einer bei Ingolstadt geschossen, 1806 einer bei Fussach erbeutet, am 18. Mai 1811 einige auf dem Bodensee beobachtet und einer davon auf dem Sameistersee bei Füssen erlegt, Mitte der vierziger Jahre im 19. Jahrhundert eine „Kropf- sans“ auf der Krautinsel im Chiemsee erbeutet, am 31. August 1879 ein junger Vogel auf dem Ammersee geschossen. Im Erlanger Museum findet sich nach Dr. A. GOLDFUSS (Übersicht der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten des Museums derK. Frie- drich-Alexander-Universität, 1813, $. 22) ein im ehemaligen Markgrafentum Bayreuth erlegtes Exemplar. — Nach J. A. Link (Vögel der Hassberge, S. 32) befinden sich im zoologischen Museum in Würzburg zwei Exemplare, die zu Hassfurt a. Main erlegt wurden. — Nach GLOGER (Schlesiens Wirbeltierfauna, S. 54) wurde einige Jahre vor 1833 in der Gegend von Namslau in Schlesien ein Stück geschossen. — Nach FLÖRICKE (Journ. f. Ornith. 1891, S. 286) sollen 1853 und 1854 Pelikane in der Bartschniederung vorgekommen sein. — Nach SCHALOW (Journ. f. Ornith. 1890, S. 9) soll Ende September 1882 bei Guben an der Oder ein Pelikan erlegt sein, näheres war aber nicht in Erfahrung zu bringen. — HARTERT (Ornis Preussens, $. 53) erwähnt den 1708 bei Johannisburg erlegten Pelikan, dessen Ölbildnis später in das Museum in Berlin gebracht wurde, und drei bei Danzig erlegte Exemplare. — Nach R. BLasıus (Be- richt über die 14. Versammlung der Deutschen Ornithologen- gesellschaft 1862, S. 73) ist er einmal bei Richmond bei Braun- schweig erlegt. — WIEPKEN (Vögel Oldenburgs, S. 66) erwähnt, dass er einmal im Juli 1858 im Damme im Grossherzogtum Oldenburg geschossen ist und das Skelett im Naturalienkabinett in Oldenburg aufbewahrt wird. — Nach RENE PAQUET (Vogel- kunde des Metzer Thales, S. 154) ist im September 1877 auf der Mosel in der Nähe der Insel Faine ein Männchen von einem Fährmanne beobachtet worden. — Nach ROHWEDER (in litteris) ist er einige Male an der Westküste von Schleswig- Holstein vorgekommen. (Vögel Schleswig-Holsteins.) In den nördlichen und westlichen Provinzen Österreichs, in der Schweiz, in Italien, in Frankreich, Russland und Schweden sind vereinzelt auch Pelikane beobachtet worden. So ist nach KELLER (Vögel Kärntens, S. 298) im Dezember 1882 einer auf der Drau bei Lavamünd erlegt, ferner nach demselben am 10. April 1898 einer auf der Unterdrau gesehen, nach SEIDEN- SACHER (Vögel von Cilli, S. 34) in dortiger Gegend meh- rere erlegt, nach v. TscHausı (Ornith. Jahrb. 1899, S. 72) am 8. Oktober 1896 ein Exemplar im Revier Hartessenreuth bei Eger in Böhmen geschossen. — O. REISER (Journ. f. Ornith. 1899, 8. 419) hat ihn bei Sarajevo nachgewiesen, Anfang der sechziger Jahre sollen in den Küstenlanden bei Aquileja circa 80 Stück eingefallen sein. — In Italien ist er nach GIGLIOLI (l. ec.) in fast allen Provinzen von Piemont bis südlich nach Sizilien hin gelegentlich und dann meistens in grösseren Schwärmen vorgekommen; dasselbe berichtet WRIGHT über Malta. In der Schweiz ist der Pelikan nach FATIo und STUDER (Katalog der schweizerischen Vögel, 8.59) sehr selten, meistens einzeln, bisweilen in grossen Flügen auf den grossen Seen im Norden und Süden der Alpen beobachtet. — In Frankreich ist er sehr selten vorgekommen. Nach Baron p’ HAMONVILLE (Oiseaux de la Lorraine, $. 274) wurden am 4. Oktober 1835 ein junger Vogel auf dem Teiche bei Fourligny (Moselle) er- legt (jetzt im Museum in Metz) und zwei Exemplare, Männchen und Weibchen, auf dem Teiche von Morinyal bei Laheycour (Meuse); nach MARCHANT (Oiseaux Cöte d’Or, S. 78) ist er zweimal im dortigen Departement vorgekommen, nach DUBALEN (Oiseaux des Landes, 8. 53) ein Exemplar an den Dünen von La Teste gefunden, einer an der Küste von Soulac und im Juni 1849 drei Exemplare bei Cubzac erlegt. — Nach DEGLAND habe, noch vorhanden, mit der Bezeichnung „Diese Kropfgans ist ge- schossen worden in Oberpreussen Anno 1708.“ R. Bl. Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus U. 13 und GERBE (l. c.) wurden Ende Juni 1849 mehrere Pelikane an verschiedenen Punkten Frankreichs gesehen, einer bei Guöte und drei andere nicht weit von Libourne (Gironde) erlegt. — Nach GURNEY (Ibis 1901, S. 393) ist er bei Hyeres jetzt sehr selten, während er früher nach JAUBERT und BARTHELEMY dort gemein gewesen ist. — Nach Lacroix ist er in den französischen Pyrenäen vorgekommen. — In Spanien befindet sich nach AREVALO Y Baca (l. c.) im Naturalienkabinett der Universität Valencia ein bei Albufera erlegtes Stück (hier als synonym mit P. minor aufgeführt!); in Adudio (Balearen) ist nach REyzs Y PROSPER (l. c.), teste SERRER, 1773 einer am Himmelfahrts- tage erlegt. — In Portugal ist er nach demselben Autor, teste GIRALDES, vorgekommen. — Auch weiter nach Norden zu ist er in Europa beobachtet, nach TAczanowskı in Polen, nach Russow (Vögel Esth-, Liv- und Kurlands, S. 186) einer bei Breten- feld (jetzt im Museum in Mitau) und nach WRIGHT (l. c.) am 11. Oktober 1839 in Karis in Finland einer erlegt (jetzt in der finnischen Vogelsammlung). — In Skandinavien kam er vor nach NILsSoN (l. c.) am 8. Juni 1850 bei Rämensee in Dalarne, nach HOLMGREN (l. c.) 1859 in Kalmar (wahrscheinlich aus KREUTZBERGs Menagerie entflogen) und im Oktober 1874 nach SUNDSTRÖM (K. Sv. Vet. Akad. Handl., Bd. 16, Afd. IV, N. 3, S. 51) bei Falsterbo (Statthalterschaft Malmöhus). In Dänemark ist er zu verschiedenen Malen gesehen worden. Nach DRESSER (l. c.) ist einer im Anfang des Winters 1821/1822 bei Traneskjaer Castle in Borgsö erlegt, ferner in Schleswig einer bei Rapsted, im Sommer 1857 bei Friederich- stadt, einmal auf Föhr und zweimal an der Widau bei Tondern. In England sind nach YARRELL (l. c.) zwei Exemplare erlegt worden, einer in Horsey Fen (Norfolk) im Mai 1863 und einer Anfang April 1883 bei Exmoor, beide höchstwahrschein- lich aus Parken der Umgegend oder Menagerien entflogen. Auch DRESSER (l. c.) und SEEBOHM (l. c.) führen den Pelikan ebenso wie YARRELL (l. c.) nicht mit unter den wild in Eng- land vorgekommenen Vögeln auf. Nach SCHRADER (Ornith. Jahrb. 1892, S. 53) überwintert er vielfach auf dem Menzaleh-See in Unterägypten und wird dort von den Arabern gefangen und verspeist. Viele ziehen weiter südlich. So wies ihn NEUMANN auf dem Viktoria Nyansa nach (Journ. f. Ornith. 1895, S. 482) und im Oktober bis De- zember am Manjara- und Nguruman-Salzsee (Journ. f. Ornith. 1898, S. 253). — In Asien geht er südlich bis Indien; JESSE (Ibis 1901, S. 605) fand unter vier bei Lucknow geschossenen Pelikanen drei P. roseus und einen P. omocrotalus. —] Fast für alle südöstlichen Länder unseres Erdteils ist er Zugvogel, d.h. er kommt, um zu brüten, im Frühjahr daselbst an und verlässt sie im Herbst wieder, um unter einem wärme- ren Himmelsstriche in Asien oder Afrika zu überwintern. Als ein sehr hoch, leicht und auf die Dauer fliegender Vogel ist er im stande, in kurzer Zeit ungeheuere Räume zurück- zulegen, daher auch seine grosse Verbreitung über ungeheuere Länderstrecken, sein schnelles Verschwinden und plötzliches Wiedererscheinen in manchen. An der serbisch-bosnisch- ungarischen Grenze sieht man ihn alle Frühjahre in grossen Herden ankommen, die meisten aber tiefer landeinwärts ziehen, doch bleiben einige auch in den tiefen Gegenden des bana- tischen und slavonischen Militärgrenzlandes, um daselbst zu brüten, was die noch nicht flugbaren Jungen beweisen, welche dortige Bauern eben nicht selten lebend auf den Markt bringen und zum Verkauf feilbieten. Sie ziehen schon im April durch jene Gegenden an der unteren Temes, der Save und Donau, und kommen auch auf dem Rückzuge wieder durch dieselbe. Diesen scheinen sie ziemlich früh anzutreten, denn Dr. RosEn- HAUER aus Erlangen sah schon am 19. Juli einen Flug von mehr als 500 Stück in jener Gegend über dem Dorfe Oppowa herumschweben, welcher sich nachher in einem nahen grossen Sumpfe niedergelassen und dort einige Tage verweilt hatte. Da sie so früh schon den Rückzug antreten, haben sie keine Ursache, sehr zu eilen, zumal wo sie viel Nahrung finden und nicht gestört werden. Dabei vereinzeln sich dann manche von der Schar, bleiben länger da und warten auf andere Gesell- schaften. Als ich Anfang September dort war, bekam ich keinen zu sehen, weil nach Versicherung dortiger Jagdliebhaber der Durchzug schon vorüber sei; allein ein erhaltener frischer Schnabel von einem in den ersten Septembertagen bei Panc- sowa erlegten Exemplar bewies mir, dass damals noch nicht alle dies Land verlassen hatten. Ehe dies wirklich erfolgt, treiben sie sich mehrere Wochen lang auch in Herden im Lande umher, aber vermöge ihrer grossen Flugkraft. auf so weiten Räumen, dass dieselbe Herde heute hier, morgen viel- leicht 20 Meilen und noch weiter davon, nachher an dem ersten Platze, nach Gelegenheit früher oder später, wieder gesehen wird, dass darüber Wochen verstreichen, bis sie endlich ganz aus dem Lande wandern. Daher kommt es, wenn jemand eine Gegend bereist, wo bestimmt Pelikane vorkommen, sehr auf Zeit, Zufall und Glück an, ob er sie gerade heimisch findet oder ob sie eben auf einer ferneren Ausflucht begriffen sind; er wird im ersteren Falle dann finden, was ihm die Leute davon erzählt hatten, in anderem Falle dies für Lügen halten. Die Natur verlieh den Pelikanen die Fähigkeit, ohne grossen Kraft- aufwand in kurzer Zeit weite Flächen zu durchfliegen und dies zum Öfteren Wechsel ihres Aufenthalts zu nutzen, gewiss auch mit darum, weil sie sonst bei geringem Flugvermögen bald Nahrungs- mangel leiden oder solche Gewässer, auf denen sie brüten oder länger ausbleiben müssen, zu bald rein ausfischen würden. Sie wandern meistens in grossen Herden, und man sieht sie dann auch in Ungarn oft zu 400 bis 500 Individuen bei- sammen. Sie streichen dabei ausserordentlich hoch durch die Luft und bilden, wenn etwa nur 20 beisammen, eine horizontale, schräge Linie, sodass ein Vogel hinter dem anderen fliegt, wenn es aber mehr sind, zwei, vorn in einem spitzen Winkel vereinigte Linien, wie Kraniche und wilde Gänse. Wo sie dann Halt machen wollen, löst sich jene Ordnung auf; sie drehen sich nun eine Zeitlang in grossen Kreisen unordentlich durch- einander, schwebend wie die Geier, und senken sich endlich in grossen Spirallinien aus der Höhe herab. — Sie überwintern ebenfalls scharenweise in heissen Klimaten, z. B. am unteren Euphrat und Tigris und dessen Mündungen, in Afrika am Nil und am Senegal u. s. w. [— Interessante Beobachtungen über das Ziehen der Peli- kane teilt uns RADDE in seiner Ornis caucasica (8. 473) mit: „In der Suram-Ebene habe ich zu wiederholten Malen grosse Schwärme des gemeinen Pelikans sich aufhalten und kreisen sehen. Dies fand im April und anfangs Mai statt. Um dahin zu kommen, mussten die Vögel mit dem Suram-Passe (Meskisches Gebirge) das Rionsystem verlassen und in das Gebiet der mittleren Kura gelangen. Was sie hierher gelockt hatte, ist schwer zu sagen. Es giebt in dieser Ebene keine Seen, die Kura ist reissend und schmal, im Norden und Süden lagern bewaldete Gebirge. Diese bauen sich dort rasch zum grossen Kaukasus heran, hier zum Armenischen Randgebirge. Die Vögel rasten nur kurze Zeit, bleiben ein, zwei Tage und verschwinden. Ich denke immer, es sind dies solche Individuen, welche sich zur Sommerzeit zu den hochgelegenen armenischen Seen begeben, die dort aber nicht brüten. In jenen Schwärmen, welche ich in der Suram-Ebene beobachtete, gab es nur alte Vögel. Es war ein prächtiger Anblick, im herrlichsten Früh- lingsgrün diese alten Pelikane mit ihrem lachsfarbenen Gefieder ruhen oder gar unter klarem, blauem Himmel kreisen zu sehen. Ich glaube, es sind das Reisegesellschaften, denen die Forellen der Alpenseen besonders mundeten, die über das Alter des Familienlebens hinfort sind und es sich auf ihre alten Tage gut ergehen lassen. Früher zu erscheinen, wäre nicht ratsam, weil in einer Höhe von 6000 Fuss über dem Meere alles noch im April im Schnee liegt und erst mit dem Mai die Seen für die Pelikane bewohnbar werden.“ —] | Sein Aufenthalt ist nie das hohe Meer; allenfalls seichte Busen und Buchten desselben, und von diesen am liebsten solche, in welche grosse Ströme ausmünden. Wenn er weit über Meere muss, fliegt er so hoch wie über Land. Er wohnt 14 Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. viel lieber auf und an grossen Landseen, seichtufrigen Flüssen, wo sich Seen, Teiche und tiefe Sümpfe in der Nähe befinden, die ausser vielem Schilf und Rohr an ihren Ufern auch Bäume und Wassergebüsch haben und zugleich recht fischreich sind, namentlich in einsamen, wenig bewohnten Gegenden, auch mitten in grossen, unzugänglichen Morästen. Nur beim Fischen sieht man ihn daselbst auf und in dem Wasser schwimmen, sonst viel öfter ruhig und lange an einer Stelle am Ufer, auf einem niedergetretenen Schilfbruche oder einem aus dem Wasser ragenden Erdhügelchen stehen, sogar zuweilen auf den freien, starken Ästen der Bäume sitzen. Eigenschaften. Die Pelikane gehören bei einer riesenhaften Grösse und wegen ihres grossen, langen und dabei platt niedergedrückten Schnabels mit dem gewaltigen Kehlsacke zu den auffallendsten Gestalten in der Vogelwelt. Unsere gemeine Art steht hierin den übrigen in nichts nach; der grosse weisse Vogel zeichnet sich aber im Alter durch jene sanfte Färbung in Rosenfarbe oder Morgenrot vor anderen vorteilhaft aus, diese mildert wenigstens den unangenehmen Eindruck, welchen die Umrisse seiner Gestalt machen mögen. Er trägt stehend und gehend den Vorderkörper stets er- haben, oft sehr steil aufgerichtet und unterscheidet sich hierin, gleich anderen Pelikanen, sehr von Schwänen und Gänsen, welche ihren Rumpf wagerecht tragen. Der Hals wird ent- weder senkrecht und ziemlich gerade ausgestreckt oder mit geringer S-Krümmung, diese am stärksten gleich unter dem Genick, der Schnabel aber selten, und dann nur auf Augen- blicke, wagerecht getragen, sondern an der Spitze mehr oder weniger, aber stets auffallend, gegen die Erde gesenkt. Teils mag, wenn der Vogel ruhen will, die Wucht des Schnabels und Kehlsacks, teils die Nacktheit des letzteren dazu auffordern, die Spitze des ersteren auf die Brust zu stützen, gerade in die Brusthöhle, von dem Gabelbein gebildet, woselbst ein ander- artiges, härteres, gelblich gefärbtes Gefieder diese Stelle be- zeichnet. Da nun der Schnabel nur um einige Centimeter kürzer als der Hals, so ist diesem, ausser gleich unter dem Genick, eine bedeutende Krümmung hierbei nicht erlaubt; da- durch ruht nun der eingezogene nackte Kehlsack einigermassen auf der befiederten Gurgel, indem seiner ganzen Länge nach eine Art von Unterstützung und ein Warmhalten desselben stattfindet. Die in diese sonderbar verzerrte Gestaltung ver- zogenen Teile erinnern an die Form eines zusammengelegten Taschenmessers, wenn man den Schnabel für die Klinge, den Hals für die Schale nimmt. Man kann dabei nicht unterlassen daran zu denken, dass die andere Beschaffenheit des Gefieders an jener Stelle durch den immer wiederholten Druck der harten Hakenspitze, ihre gelbliche Färbung durch eine aus der Schnabelspitze ausdünstende, beizende Feuchtigkeit herbei- geführt worden sein könnte. — In dieser sonderbaren und sehr gezwungenen Stellung verbleibt der Vogel jedoch nie sehr lange. Um anhaltender zu ruhen, zumal wenn er schlafen will, was er beiläufig oft bei Tage thut, senkt sich der Rumpf vorn etwas, dann zieht sich der Hals ganz zurück, um mit dem Genick auf dem Öberrücken zu ruhen, dadurch verliert nur die Schnabelspitze ihre Stütze, dagegen ruht aber der ganze Schnabel mit dem Kehlsacke in seiner ganzen Länge in wagerechter Lage dicht auf der Gurgel, daher weich und warm, und die Flügel hängen nachlässig an den Seiten des Rumpfes. Er steht immer auf der Spur, geht auch so, in langsamen, bedächtigen Schritten, etwas wankend; seine Bewegungen sind überhaupt langsam, jedoch eben nicht schwerfällig, eher träge zu nennen. Er ist ein stiller, phlegmatischer, wie es scheint immer trübe gelaunter Vogel. Stundenlang in träger Ruhe oder auch schlafend oder sein Gefieder putzend, weicht er keinen Fuss breit von der eingenommenen Stelle; er legt sich aber selten, gewöhnlich nur bei nächtlicher Kühle, mit der Brust auf die Erde nieder, wobei dann ebenfalls der Schnabel auf der Gurgel ruht, wie in obiger letzterwähnter Stellung. Auch auf dem starken, freien Aste eines Baumes hat man ihn bisweilen lange Zeit fast unbeweglich stehen sehen. Diese träge Gemütlichkeit zeigt er jedoch nur, wenn er nicht auf dem Wasser ist, wogegen er hier viel beweglicher sein, mit tief eingetauchtem Rumpfe schnell schwimmen und gewandt unter- tauchen soll. Man sagt zwar, dass es ihm schwer werde, seinen umfangreichen und doch sehr leichten Körper unter- zutauchen oder aus dem ruhigen Schwimmen schnell unter die Wasserfläche zu zwingen, und dass er dazu jederzeit einen Anlauf nehmen müsse, wie wir dies öfters von zahmen Gänsen sehen; da jedoch diese auch ohne solchen Anlauf, wenn sie wollen, -recht schnell untertauchen können, so dürfen wir es wohl auch dem Pelikan zutrauen und jene Ansicht für eine theoretische oder in der Natur nicht begründete halten. Die bedeutende Länge seines Halses und Schnabels deutet gewiss auch darauf hin, dass er bei seinen Beschäftigungen auf seichtem Wasser, das er dem sehr tiefen sogar vorziehen soll, sehr häufig nur Kopf und Hals bis an die Brust eintauchen mag. Ein fühlbarer Mangel an genauen und zuverlässigen Beobach- tungen über seine Lebensweise im Freien lässt uns leider über vieles noch in Ungewissheit und bietet ferneren Forschungen noch ein weites Feld. Wegen des sehr hohlen Baues der einzelnen Teile seines umfangreichen, deshalb aber doch ungemein leichten Knochen- gerüstes (man sagt, das ganze Skelett wiege nur 1,5 Pfund)?) und seiner grossen Flügel hat dieser Riesenvogel dennoch einen ausserordentlich leichten, ausdauernden und zugleich schönen Flug. Er erhebt sich vom Wasser wie vom Lande mit grosser Leichtigkeit, schwingt die weit von sich gestreckten Flügel in langsamen Schlägen, schwebt und schwimmt dazwischen in der Luft auch ohne Flügelschläge wie ein Storch, dreht sich in weiten Kreisen und schraubt sich in einer grossen Spiral- linie bald himmelar, bis in die Nähe der Wolken, so hoch, dass er nur noch die Grösse einer Schwalbe zu haben scheint, und auf gleiche Weise schwebt er auch wieder sanft aus der Höhe herab. [— Ich habe Pelikane nur einmal in meinem Leben in freier Natur wild beobachten können. Das war gelentlich meiner Reise nach dem Kaukasus am 23. August 1885 auf dem Asowschen Meere in der Nähe von Berdjansk. In der Ferne sahen sie auf dem Meere aus wie ein grosses „weisses Schiffszeichen“, wie wir sie gewohnt sind an unseren grossen Flussmündungen zu sehen. Ganz klassisch benahmen sie sich, wenn sie das herannahende Dampfschiff (demselben den Rücken zudrehend) erst mit schräg nach hinten schielendem Auge von der einen, dann von der anderen Seite betrachteten, dann entschlossen sie sich bei der nötigen Nähe des Schiffes (etwa 80 Schritt) aufzufliegen; zunächst hoben sie langsam den rechten Flügel, als wenn unsereiner einen Paletot anziehen will, streckten ihn aus, dann hoben sie den linken Flügel, streckten ihn aus und hoben sich nun vom Wasser, machten circa sechs bis acht Flügelschläge, immer noch mit den Füssen nachpatschend, ähnlich wie der Schwan, dann die gelben Füsse stramm hinten wegstreckend, vorher schon den Kopf und Hals wie Reiher hintenüber gelegt; — nun thun sie zehn bis zwölf Flügel- schläge und schiessen dann einige Sekunden horizontal weg, dann kommen wieder zehn bis zwölf Flügelschläge, dann schiessen sie gerade weg u. s. w. Meistens fielen sie, nachdem sie einige tausend Schritte geflogen waren, wieder ein, plumps ins Wasser, oft so ungeschickt, dass sie ordentlich mit Kopf und Schnabel unter Wasser zu kommen schienen. Nie- mals sah ich sie untertauchen, aber auch nicht mit dem Schnabel fischen. Offenbar war ihnen das Schiff zu nahe, ') Ein im Herzoglichen Naturhistorischen Museum zu Braunschweig befindliches Skelett wiegt nach Angabe des Assistenten MEERWARTH 1030 8; ein lebender Vogel im zoologischen Garten in Breslau (laut brieflicher Mit- teilung von GRABOWSKY) nach der Überwinterung im Stalle am 27. Februar dieses Jahres 22,5 Pfund, also voraussichtlich nach einigen Monaten Sommer- pflege im Freien eirca 24 Pfund. R. BL Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. 15 sodass sie doch einigermassen in ihrer Behaglichkeit gestört wurden. —|] Von seinem Wanderfluge, in welchem, wenn wie ge- wöhnlich mehrere beisammen, diese in einer einzigen schrägen Reihe fliegen oder in zwei solchen vorn im spitzen Winkel vereinten (wie ein verkehrt liegendes V) in horizontaler Ri chtung fortstreichen, ist schon oben gesprochen, ebenfalls dass diese Ordnung öfters durch Schweben in grossen Kreisen unter- brochen wird, wo dann eine Herde Pelikane einer Schar Geier sehr ähnlich sieht. Auch der einzelne, wenn er nicht weit will, schwebt oft, indem er weite Kreise beschreibt, lange über einer Gegend und kann leicht für einen Geier ( Vultur) gehalten werden, weil der Pelikan im hohen Fluge seinen Hals nach Art der Reiher ganz zurückbiegt und den Schnabel auf die Gurgel legt, wie in der oben beschriebenen ruhenden Stellung.') Ausserdem unterscheidet sich der fliegende Pelikan dem ge- übten Auge noch durch die etwas kleineren Flügel und den kürzeren Schwanz von dem fliegenden Geier. Wo eine Schar Halt machen will und in weiten Kreisen anscheinend ohne Ordnung durcheinander schwebt, handeln sie dabei doch immer in einer gewissen Übereinstimmung; denn, sobald sich einer der Gesellschaft nach einer Seite schwenkt, so schwenken in demselben Augenblick sich alle dahin. Diese schnellen Wendungen nehmen sich herrlich aus, zumal bei heiterem Himmel und Sonnenschein, wo bei der einen bald alle zugleich im hellsten Weiss gegen den blauen Himmel glänzen, bei einer anderen wieder plötzlich schwarz zu sein scheinen. Nach äller Augenzeugen Versicherung gehört ihr Flug gewiss zu einem der grossartig-schönsten. Nicht selten kreist eine solche Schar stundenlang über einer Gegend, aber nicht lärmend, wie viele andere scharenweise fliegende Vögel, sondern so still und ruhig, dass ihre Anwesenheit oft nur ein gutes Auge, aber nie das Ohr gewahrt. Aus dem Gesagten ergiebt sich schon, dass der gemeine Pelikan ein sehr geselliger Vogel ist, wie es scheint aber nur gegen seinesgleichen. Wenn man ausser der Brutzeit und der Nistgegend einen einzelnen sieht, so ist dies bestimmt ein Ver- irrter, wie alle waren, die sich bis nach Deutschland, in die Schweiz, nach Lothringen oder gar nach England ver- flogen haben; sie wurden durch Missgeschick von ihrer Ge- sellschaft getrennt und nachher in ihnen fremde Gegenden verschlagen. In heissen Ländern sollen sie sich an ihren Winteraufenthaltsorten oft in Haufen zu vielen Hunderten oder gar zu Tausenden zusammen halten und dort auch gar nicht scheu sein; in bewohnten Gegenden und wo sie Nachstellungen fürchten, sind sie dies aber in hohem Grade. Dass sie sich als vorsichtige und sehr scheue Vögel leicht zähmen lassen, finden wir auch bei wilden Gänsen und Kranichen wieder. Seine Stimme wird ein heftiges Brüllen genannt, dem Eselsgeschrei sehr ähnlich, weshalb er auch im Griechischen wie im Deutschen den Namen Eselsschreier erhalten hat. Eine andere Stimme, die er im Unwillen und bei verschiedenen anderen Veranlassungen ausstösst, welche überhaupt viel öfter als jene von ihm gehört wird, ein tiefes Grunzen, dem eines Schweines nicht unähnlich, im tiefen Basse wie Rö, — Rö, — klingend, aber nie schnell oder oft nacheinander ausgestossen, !) Diese Beobachtung ist so neu als sicher und von meinem Freunde Baron von LOEBENSTEIN bei seinem Aufenthalte im südlichen Ungarn gemacht. Er bemerkte damals nur einen einzelnen Pelikan, weleher aber langsam und lange genug in einem kleinen Raume, den Wolken nahe, über ihm schwebte, um mittelst seines guten Frauenhofers sich vollkommen zu überzeugen, dass jener nicht mit ausgestrecktem Halse wie ein Storch, sondern mit zusammengelegtem, wie ein Reiher, dahin schwebte, des- halb auch auf den ersten Blick einem fliegenden Geier, welcher im Fluge seinen Hals auch nie vorstreckt, wirklich ähnlich sah. Dass es mit dieser Beobachtung seine völlige Richtigkeit habe, bestätigt auch, gerade wie bei den Reihern, die ganz ähnliche Biegung des Halses in ruhender Stellung des stehenden Vogels. — Einem anderen Beobachter, Dr. ROSENHAUER, welcher eine hoch in den Lüften kreisende Schar von wenigstens 500 Peli- kanen ebenfalls durch den Tubus beschaute, scheint dieser Umstand ent- sangen zu sein, wenigstens enthält seine — leider nur allzu kurze — brief- liche Mitteilung an mich nichts davon. Naum. klingt ebenfalls keineswegs angenehm. Die Weibchen lassen diese wie jene weit seltener hören als die Männchen, die sich wenigstens in der Begattungszeit häufiger als sonst ver- nehmen lassen, obwohl sie im ganzen überhaupt nicht oft laut werden. Der alt eingefangene Pelikan, wenn er z,B. durch einen Schuss am Flügel gelähmt wurde, zeigt sich als ein harter Vogel und wird ziemlich bald zahm; noch zahmer und zu- traulicher werden jedoch die aus dem Neste genommenen Jungen. Dieses wie seine stattliche Grösse und auffallende Gestalt machen, dass man ihn gern in Menagerien hält und auch in herumziehenden Tierbuden oft genug antrifft. Sein stilles, zufriedenes Betragen macht ihn dazu sehr geeignet. Er lernt sehr bald seinen Wärter von fremden Leuten unter- scheiden, findet unter diesen auch manche, welche er gern leiden, andere, die er nicht leiden mag, sucht diese, besonders wenn sie sich unvorsichtig nähern oder ihn gar necken, mit dem grossen Schnabel zu kneipen, kann damit aber nicht leicht wehe thun, noch weniger verletzen. Selten zeigt sich einer hämisch, und dies am wenigsten die Weibchen. Von seinem Wärter lässt er sich misshandeln, ohne böse zu werden oder nachher Furcht vor ihm zu verraten; denn eine Misshandlung darf man es wohl nennen, wenn jener ihm den Schnabel ge- waltsam öffnet, den biegsamen Unterschnabel mit den Händen auseinanderspreizt und seinen Kopf in den Kehlsack des Vogels steckt wie in eine Mütze oder ihn gar von unten herauf sich über den Kopf und die Schnabelladenteile von oben über seine Ohren zieht, den Kehlsack also förmlich umwendet, oder wenn er gar mit den Stiefeln an den Beinen mit diesen zwischen die Schnabelladen in den Kehlsack hineinfährt. Alles dieses zeigen die Wärter solcher Vögel dem schaulustigen Publikum, so oft die Reihe an den unglücklichen Vogel kommt, ohne dass es dieser übel nähme oder nachher Unwohlsein verriete. Er bleibt bei solcher, auch übrigens eben nicht sorglicher Be- handlung und bei knapp zugemessener Nahrung dennoch viele Jahre lang gesund, ja in stehenden Menagerien hat man Bei- spiele von einzelnen Pelikanen, welche bei guter Pflege 50 bis 80 Jahre gesund und am Leben blieben. Es setzt in Erstaunen, wenn man bedenkt, dass nach allgemeinen Erfahrungen das Alter dieser Vögel im freien Naturzustande mindestens auf noch einmal so viel Jahre anzuschlagen sein dürfte. [— In der interessanten Zusammenstellung über das Alter der Vögel, die GURNEY (Ibis 1899, S. 32 u. 38) giebt, findet sich die Angabe, dass im Rotterdamer Zoologischen Garten nach Angaben von BÜTTIKOFER 1899 ein 41 Jahre altes Exemplar lebte. Nach ALFRED BREHM (siehe dessen Tierleben, 1. c.) „stehen sie an Sinnesschärfe hinter anderen Ruderfüssern schwerlich zurück; an Verstand scheinen sie ihre Verwandten zu über- treffen. Sie zeigen sich da, wo sie dem Menschen nicht trauen, ungemein vorsichtig, an anderen Orten dagegen so vertrauens- selig, dass sie sich wie zahme Vögel benehmen, schwimmen z. B.in den Hafenstädten des südlichen roten Meeres unbesorgt zwischen den Schiffen umher und lassen sich von den Schiffern füttern wie unsere Schwäne von Spaziergängern. Aber sie merken sich jede Verfolgung und unterscheiden einen Menschen, der sie einmal bedrohte, sicher von allen übrigen. Gefangene können äusserst zahm und ohne sonderliche Vorkehrungen zum Ein- und Ausfliegen gewöhnt werden; es genügt, ihnen mehrere Male nacheinander die Schwingen zu verkürzen oder auszuziehen, sie an einem bestimmten Orte zu füttern und von diesem aus mit sich zu nehmen, um sie einzugewöhnen. In der Nähe der Fischerdörfer an den ägyptischen Strandseen sieht man zahme Pelikane, die des Morgens ausgehen, ihr Futter selbst fangen und des Abends zurückkehren; einzelne besuchen die Fischmärkte, stellen sich hier neben den Käufern auf und betteln, bis diese ihnen etwas zuwerfen; andere stehlen mit wirklicher List etwas von den aufgespeicherten Vorräten. Anfänglich setzen sie sich ihrem Pfleger zur Wehr, bedrohen ihn wenigstens mit dem ungeheueren, aber sehr ungefährlichen 16 Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. Schnabel; später lassen sie sich alles gefallen, was dieser mit ihnen vorzunehmen beliebt. Sie sind ebenso gutmütig wie klug, vertragen sich mit allen Tieren und scheinen froh zu sein, wenn ihnen nichts zu Leide gethan wird. Nur ihr kaum zu stillender Heisshunger treibt sie zuweilen an, kühn sich vor- zudrängen oder selbst einen Kampf mit anderen Fischliebhabern zu wagen; doch muss es weit kommen, wenn sie ihre gewöhn- liche Feigheit verleugnen. Unter sich leben die gleichen Arten ausserordentlich friedlich und betreiben auch ihre Geschäfte so viel wie möglich gemeinschaftlich; verschiedene Arten aber vereinigen sich nie.“ —] Nahrung. Der gemeine Pelikan nährt sich in der Freiheit allein von Fischen, und zwar von lebenden, die er selbst fängt. Unter denen, welche in fliessenden und stehenden Süsswassern leben, verschmähi er keine Art, die er zu überwältigen und ungeteilt zu verschlucken vermag. Er liebt vorzugsweise die Karpfen- arten (Uyprinus) und soll anderthalb bis zwei Pfund schwere verschlingen. Man sagt auch, dass er sogar bis gegen drei Pfund schwere Teichkarpfen (Cyprinus carpio) aufnehmen könne; wenigstens füllt ein solcher den Kehlsack immer noch nicht ganz, und wenn es sein müsste, so würde dieser immer noch nicht zur Ungebühr ausgedehnt werden, wenn man zwei solche hineinlegen wollte. Man darf indessen wohl billig bezweifeln, dass der Vogel in seinen Halsmuskeln Spannkraft genug habe, ein solches Gewicht zu erheben und, was noch mehr sagen will, dem kräftigen Schnellen eines so grossen Fisches hin- länglichen Widerstand entgegen zu setzen. — Gewöhnlich be- gnügt er sich jedoch mit etwa 28 cm langen und bis zu einem Pfund schweren Fischen; kleine, unter der Länge einer Manns- hand, nimmt er dagegen nur im Notfall, wenn er keine grösseren bekommen kann. Sein ausserordentlich dehnbarer Kehlsack, ein Fischer- hamen im kleinen, fasst solche Fische von mittlerer Grösse in bedeutender Anzahl und leistet nicht allein wichtige Dienste beim Fangen, sondern dient auch als Vorratsbehälter der ge- fangenen Fische, wenn Magen und Speiseröhre bereits angefüllt sind, so lange bis unten im Magen durch die Verdauung Platz für die nächstfolgenden in der Speiseröhre wird und jene nach- rücken können, was nach und nach, wegen rascher Ver- dauungskraft aber bald genug, erfolgt. Merkwürdig ist, dass alle Fische im Kehlsacke, ohne dass man es sieht, so gewendet werden, dass beim Hinterschlucken der Kopf stets vorangeht. Es ist, da der Pelikan gar nicht stark kneipen kann, nicht recht klar, auf welche Weise er die Fische tötet, vielmehr gewiss, dass die bei voller Lebenskraft verschluckten noch lange im Kehlsacke zappeln und mit dem Tode ringen, was man an ihren Bewegungen auch von aussen und bei ge- schlossenem Schnabel deutlich durch die Haut sehen kann. Mit dem Fangen eines Fisches muss er stets auch eine Menge Wasser in den Kehlsack schöpfen, dessen er sich, so- bald er aufgetaucht, dadurch entledigt, dass er die Schnabel- spitze senkt, den Sack zugleich gegen die Gurgel drückt und es so an der Spitze auslaufen lässt; jetzt erst kann er den Fisch, den Kopf desselben vorangewendet, in die Speiseröhre und den Magen hinabgleiten lassen, und dies wiederholt sich mindestens so oft, bis diese bis oben herauf angefüllt sind. Da er jedoch, wenn dies geschehen, noch so viel Fische ver-. schluckt, bis auch der Kehlsack angefüllt ist, er im Wasser | aber wohl schwerlich jemals mehr als einen Fisch auf einmal zu erwischen im stande sein mag, bei jedem das mit ge- schöpfte Wasser auslaufen lassen muss, ehe er einen zweiten und noch mehr fangen kann, so begreift man ebenfalls nicht, wie er es möglich macht, dass ihm beim Fangen eines frischen (wozu er doch jedesmal den Schnabel öffnen muss) nicht die zuerst gefangenen Fische aus dem offenen Kehlsacke wieder entwischen; dieser muss daher notwendig mit einem Mecha- nismus versehen sein, um während des Fanges eines frischen Fisches die erstgefangenen einstweilen festzuhalten. Vielleicht hätten gefangen gehaltene Pelikane darüber Aufschluss geben können, wenn man sich die Mühe genommen hätte, sie beim Fressen genau zu beobachten. Dies ist jedoch nicht das einzige Wunderbare beim Fische- fangen unseres Pelikans. Was eigentlich die enorme Grösse des Schnabels und Kehlsacks bezwecken soll, ist überhaupt schon schwer zu erklären, da andere Fischfresser ohne solchen riesenhaften Apparat sich doch auch recht gut zu nähren ver- stehen. Dass der grössere Körper mehr Ernährungsstoff be- darf und er solchen in grösseren Portionen zu sich nehmen muss, liegt wohl am Tage; auf welche Weise er aber zu der erforderlichen Menge von Fischen gelangt, weiss man dagegen noch nicht recht. Manche sagen, er sei ein Stosstaucher, schwebe wie Tölpel oder Meerschwalben über dem Wasser, stürze sich beim Erblicken eines Fisches aus der Luft kopf- lings in dasselbe u. s. w.; wir können jedoch aus mehr als einem Grunde, namentlich darum hieran nicht glauben, weil es von allen neueren und zuverlässigen Beobachtern geradezu gseleugnet wird. Diese sahen dagegen nur die Pelikane auf freiem Wasser sich niederlassen, aus dem Schwimmen in die Tiefe tauchen und so Fische fangen. Andere sahen sie in ganzen Gesellschaften auf dem Wasser, wo sie vor dem Unter- tauchen, unverkennbar mit allem Fleiss, durch Aufschlagen mit den Flügeln und Beinen ein grosses Geräusch machten und die Wasserfläche in Bewegung setzten, bemerkten aber, dass dieses nicht als ein genommener Anlauf zum Tauchen zu betrachten sei, wie etwa bei auf dem Wasser spielenden Gänsen, von welchen man auch auf jene geschlossen hat, sondern wahr- scheinlicher geschieht, um die Fische zuvor einzuschüchtern oder in die Enge zu treiben. [— ALFRED BREHM, dieser ausgezeichnete Naturforscher, schreibt in seinem Tierleben (l. c.): „Alle Pelikane machen keinen Unterschied zwischen seichten und tieferen Gewässern. Nur eine einzige Art der Familie, die in Mittelamerika lebt - (gemeint ist Pelecanus fuscus GMELIN) erwirbt sich ihre Nahrung durch Stosstauchen, alle übrigen sind nicht im stande, in dieser Weise zu fischen, sondern können dies nur von der Oberfläche des Wassers aus thun. Gerade wegen des Luftpolsters, das unter ihrer Haut liegt, sind sie ganz unfähig, ihren Leib unter das Wasser zu zwingen, liegen vielmehr wie Kork auf der Oberfläche und halten sich demgemäss nur in denjenigen Tiefen auf, die sie mit Hals und Hamenschnabel ausbeuten können. Zu diesem Ende versammeln sie sich auf seichteren Stellen der Gewässer, verteilen sich in einer gewissen Ordnung über einen weiten Raum und fischen nun, mehr und mehr zusammen- rückend, das zwischen ihnen liegende Wasser aus. Auf dem See und den seichten Meeresteilen bilden sie einen weiten Halbmond und rudern gegen den Strand an oder schliessen selbst einen Kreis und verringern diesen mehr und mehr; auf schmalen Flüssen oder Kanälen teilen sie sich in zwei Haufen, bilden eine geschlossene Reihe auf dieser, eine auf jener Seite, schwimmen gegeneinander an und fischen so den betreffenden Teil ebenfalls rein aus. Ihr Hamenschnabel leistet ihnen hierbei unübertreffliche Dienste, weil er ihnen leichtes Erfassen und Festhalten gestattet. Für gewöhnlich fressen die Pelikane nur Fische; zuweilen greifen sie jedoch auch andere Wirbeltiere an. Junge Schwimmvögel, die sich in ihre Nähe wagen, sind immer gefährdet; sie schlingen halb erwachsene Enten hinab. Ihr Schlund ist so weit, dass er eine geballte Mannesfaust be- quem durchlässt; ich habe mehr als einmal meinen gefangenen Pelikanen grosse Fische mit der Hand aus ihren Magen gezogen. Das tägliche Leben der Pelikane ist geregelt. Die frühen Morgenstunden werden zur Jagd benutzt. Kleinere oder grössere Flüge ziehen dahin, die ersteren in einer schiefen Linie, die letzteren in der bekannten Keilordnung; die einen wenden sich seichten Buchten zu, die anderen kommen von diesen bereits gesättigt zurück. Einzelne fischende Pelikane habe ich nur in Griechenland gesehen; gewöhnlich waren es sehr zahlreiche Schwärme, welche sich zu diesem Thun vereinigt hatten. Gegen 10 Uhr vormittags haben sich alle gesättigt und wenden ee“ - Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. 17 sich nun einer beliebten Baumgruppe oder Sandbank zu, um auszuruhen, zu verdauen und dabei das Gefieder zu putzen und neu einzufetten. Letztere Thätigkeit nimmt viel Zeit in Anspruch, weil der ungefüge Schnabel das Geschäft erschwert und sehr sonderbare Stellungen nötig macht, namentlich wenn es sich darum handelt, die Federn des Halses zu bearbeiten. Nachdem das Putzen vorüber, nehmen die durch das Gefühl der Verdauung träge gewordenen Vögel verschiedene Stellungen an, je nachdem sie auf Bäumen oder auf dem Boden sitzen, Dort stellen sie sich gewöhnlich mit tief eingezogenem Halse gewöhnlich sehr senkrecht auf die Äste, hier legen sie sich nicht selten glatt auf den Bauch nieder. Bis gegen Mittag kommen beständig neue herbei, und die Versammlung wächst demnach von Minute zu Minute. Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr beginnen die Reihen sich wieder zu lichten; gesellschafts- weise ziehen sie zu neuem Fange aus. Die zweite Jagd währt bis Sonnenuntergang, dann fliegt die Gesellschaft dem Schlaf- platze zu. Nur da, wo es an Bäumen mangelt, ist dieser eine flache Sandbank oder eine einsame Insel; da, wo es baum- bedeckte Inseln giebt, schlafen sie stets auf solchen.“ HEUGLIN (l. c.) schreibt über den Pelikan: „Die Vögel sind unfähig zu tauchen. sie stossen, den Kopf und Hals so tief als möglich unter die Oberfläche schnellend, nach ihrer Beute, die sie des ungemein trüben Wassers wegen: offenbar nicht zu sehen im stande sind. Kleinere Fischbrut wird ohne weiteres verschlungen, stärkere Fische dagegen hebt der Pelikan hoch auf und wirft sie, nachdem er ihnen eine mund- gerechte Lage gegeben, in den Rachen. Hartschuppige Arten liebt er weniger als schuppenlose oder feinschuppige. Haupt- sächlich fand ich verschiedene Siluriden (Stlurus auritus, Schilbe, Bagrus, Synodontis, Clarias, Heterobronchus) und Mormyriden im Kropfe und Magen und zwar nicht selten Stücke von 1 bis 3 Pfund Gewicht. Nach eingenommener sehr reichlicher Nahrung begeben sich die Vögel ans Land, entweder auf niedere Land- zungen und Sandbänke oder in die weite Wüste, auf Hügel und Dünen, die ihnen eine freie Aussicht gestatten. Gewöhnlich drängen sich diese Gesellschaften auf einen engen Raum zu- sammen, während einzelne, vielleicht als Wachtposten, ferner stehen. In der glühenden Sonnenhitze scheinen sie sich recht wohl zu befinden, aber die Kälte sagt ihnen offenbar nicht zu. In nebeligen, windigen und kühlen Morgenstunden kauern sie sich zitternd zusammen.“ —] Die alte Erzählung, dass, wenn Pelikane in Gesellschaft fischten, sie sich in eine Reihe aufstellten, so einen Halbkreis formierten, dann mittels Aufschlagen der Flügel und Beine ein heftiges Geräusch auf der Wasserfläche erregten, damit die Fische an seichte Stellen zusammentrieben, um nun durch Eintauchen mit leichter Mühe ihre Kehlsäcke zu füllen, ist eine Sache, welche in den Ländern, wo Pelikane wohnen, von niemand in Zweifel gezogen wird, sodass auch Dr. ROSENHAUER aus Erlangen, welcher im Frühling 1838 im südlichen Ungarn sammelte, auf Aussage zuverlässiger Augenzeugen gestützt, sich für die Wahrheit derselben verbürgt hielt. Sie bringt uns auf neue Vermutungen. Schon die Beobachtung, dass sich die Pelikane nicht gern auf gar zu tiefem Wasser aufhalten, scheint darauf hinzudeuten, dass sie ungern mittels völligen Unter- tauchens in der Tiefe fischen, und wenn sie demnach die Fische absichtlich auf Untiefen treiben, so könnte ja auch neben der Absicht, alle auf einen kleinen Raum zusammen zu scheuchen, noch eine wichtigere dabei vorwalten, nämlich die, dass sie jetzt nicht den ganzen Körper tief unter Wasser zu tauchen, sondern bloss mit Schnabel, Kopf und Hals hinein zu fahren brauchten. Diese Vermutungen, so nahe sie auch der Wahrheit liegen mögen, bedürfen jedoch noch der Bestätigung, die fortgesetzte Beobachtungen versprechen. !) Dass beim geselligen Fischen der Pelikane sich oft auch Kormoranscharben einfinden und Teil daran nehmen, ver- sichert man in Ungarn allgemein auch, und weil diese die Fische vom Boden heraufholen und die, welche sie nicht fangen, beiläufig doch mit aufscheuchen, so lässt sich leicht begreifen, Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. dass ihre Gesellschaft den Pelikanen, die, wie es den Anschein hat, ungern bis auf den Boden des Wassers tauchen, nur an- genehm sein könne. Es wird vom Pelikan auch gesagt, „wenn er den Kehl- sack mit Fischen angefüllt habe, begebe er sich an das Ufer oder sonst auf eine trockene Stelle und verzehre sie hier ganz semächlich.“ Dies will aber wohl bloss sagen: Er warte hier in Ruhe ab, bis ein Fisch nach dem anderen, sobald durch den schnellen Verdauungsprozess unten Platz zum Nachrücken wird, den Weg zum Schlunde hinab findet, bis auf diese Weise der Kehlsack nach und nach wieder leer geworden; denn dass er diesen hier auf der Erde ausleeren und die Fische noch einmal, einen nach dem anderen, wieder auflesen und ver- schlucken sollte, ist nicht denkbar. — Ob er auch im stande sei, grössere Fische zu zerstückeln und dies besonders, wie gesagt worden, beim Füttern der Jungen thue, ist nicht recht wahrscheinlich, weil er in seinem biegsamen Schnabel zu wenig Gewalt hat. Er ist übrigens ein gewaltiger Nimmersatt, stopft sich, wo er es haben kann, tüchtig voll und wartet dann in träger Ruhe die Verdauung ab wie die Geier, mag aber wohl auch wie diese oft mit schmäleren Bissen fürlieb nehmen müssen. Für Befriedigung seiner grossen Bedürfnisse, mit welchen der gefrässige Vogel die Gewässer, auf welchen er sich länger aufhalten muss, namentlich wo er brütet, bald von Fischen gänzlich entvölkern und nachher samt den Fischen sehr Not leiden würde, sorgte die allweise Vorsehung dadurch, dass sie ihn mit einem leichten und ausdauernden Flug begabte, ver- möge dessen es ihm ein leichtes ist, mit den Besuchen der fischreichen Gewässer in einem viele Meilen weiten Umkreise täglich mehrmals zu wechseln oder bald auf diesem, bald auf jenem zu fischen. Durch diese dadurch bedingte Gewohnheit ist dem Vertilgen aller Fische an seinem Brutorte allein vor- gebeugt; er braucht nun nicht bloss einem Fischbehälter seine alleinige Aufmerksamkeit zu widmen, sondern alle der weiten Umgegend müssen zu seiner Ernährung abwechselnd beitragen. Es ist schon oben erwähnt, dass auch die wandernden Scharen aus gleicher Ursache darum in ihrem Aufenthalt so unstät sind und auf allen fischreichen Gewässern im Lande herumstreichen, ehe sie es wirklich verlassen, aber nie lange auf einem Platze verweilen. Hierdurch wird es allein möglich, dass eine Schar von mehreren Hunderten dieser Fresser nicht allein sich sättigen oder gut durchbringen, sondern auch noch etwas für das nächste Mal übrig lassen kann. Man rechne, wenn jeder Vogel täglich nur 2 Pfund Fische verzehrt (er kann sogar gegen 3 Pfund fressen), so würde eine Schar, aus 500 bestehend, in einem Tage an 1000 Pfund bedürfen; welch eine ungeheure Masse von Fischen gehört demnach zur Ernährung dieser Vögel! Nur ungewöhnlich fischreiche Gewässer, wie besonders die im südlichen Ungarn, namentlich die Theiss, können solche Gäste für einige Zeit befriedigen, ohne von Fischen ganz entleert zu werden. | An in Gefangenschaft gehaltenen Pelikanen wäre noch recht vieles, was in diese Rubrik gehört und mehr Aufschluss über ihre Lebensweise geben könnte, zu beobachten; es ist jedoch bis jetzt hierin wenig geschehen oder wenigstens nichts davon bekannt geworden. Da sie sehr viel fressen, so ist ihre Unterhaltung, wo Fische keine ganz gemeine Ware sind, ziem- lich kostspielig. Man füttert sie gewöhnlich mit lebenden Fischen (doch fressen sie im Notfalle auch abgestandene), setzt sie ihnen in Wasser vor oder wirft sie ihnen einzeln zu, wo sie von ihnen mit dem Schnabel sehr geschickt aus der Luft aufgefangen oder weggeschnappt werden. Wenn es mitunter an Fischen mangelt, ersetzt allenfalls auch in schmale Stücke !) Es gehört wohl in die Kategorie der naturgeschichtlichen Märchen, wenn man liest, dass die Pelikane aus kleinen Tümpeln das Wasser mit den Kehlsäcken ausschöpften und fortschafften, um nachher die darin leben- den Fische bequemer fangen zu können. Es deutet aber vielleicht doch auf die Gewohnheit hin, dass sie viel lieber in seichtem Wasser und ohne dabei mit dem ganzen Körper untertauchen zu müssen, als in tiefem fischen. Naum. 3 18 Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. zerschnittenes Kalbfleisch ihre Stelle, besonders wenn man es | neste ähneln, ein anderes Mal dagegen ein so ärmlicher Bau ihnen stückweise zuwirft und aus der Luft auffangen lässt, wobei sie es geniessen lernen, und dann nachher auch bloss vorgelegt, besonders aus dem Wasser, aufnehmen und ver- schlingen. Sogar ihnen zugeworfene, zuvor gerupfte, kleine Vögel, tote Mäuse und andere kleine Säugetiere schlingen diese Fresser gierig hinunter. Sie baden sich gern im Wasser und suchen durch sorgfältiges Putzen, wobei sie oft mit dem Schnabel klappern, ihr Gefieder immer ziemlich reinlich zu erhalten. Strenge Kälte ist ihnen sehr unangenehm; sie kauern sich dann nieder, zittern am ganzen Körper vor Frost, und legen dann besonders den Hals auf den Rücken, den Schnabel und Kehl- sack auf die Gurgel, um so die Wärme besser zusammen zu halten. Fortpflanzung. Als südlicher Vogel nistet der gemeine Pelikan nur unter einem wärmeren Himmelsstriche, so häufig in den Umgebungen des Schwarzen Meeres, besonders am Asowschen und Faulen Meere, und in den wilden wasserreichen Gegenden der Donaumündungen; von diesen herauf mag Ungarn wohl für ihn eins der nördlichsten und uns am nächsten gelegenen Länder sein, in welchem er sich bis gegen dessen Mitte herauf hin und wieder fortpflanzt. Von den südlichen Grenzen des Landes an ist er vorzüglich über die ungeheuere, mit zahllosen Sümpfen und stehenden Gewässern abwechselnde und wenig kultivierte Ebene zu beiden Seiten der Theiss, bis zur Maros und zum Teil auch der Körös hinauf, wenigstens in der Nähe der Mündungen dieser Nebenflüsse in die Theiss, welche wie diese sehr langsam fliessen, meistens in tiefen Sumpf verlaufende Ufer haben und beiläufig unglaublich fischreich sind, zur Fort- pflanzungszeit überall verbreitet, und nistende Pelikane sind dort allenthalben keine Seltenheit. Auch in den grossen Morästen, durch welche sich die Bega windet, nisten sie, doch weniger oft, noch einzelner in denen des banatischen und slavonischen Militärgrenzlandes. Ob in den Gegenden, wo er häufig nistet, wie in manchen am schwarzen Meere, sein Hang zum geselligen Beisammensein ihn auch hierbei nicht verlässt und viele Nester an gemein- samen Brutplätzen nahe bei einander vorkommen, konnte ich nicht erfahren; in Ungarn mag es wenigstens nicht der Fall sein. In Syrmien, wo in den weiten Sümpfen des Savethales zuweilen ein einzelnes Pärchen sich fortpflanzt, lebt solches ganz einsam, und hier kommt es daher öfter vor, dass man im Frühlinge, wo kein Zug mehr ist und Scharen solcher Vögel sich dort zeigen, hin und wieder bloss einen einzelnen fliegen sieht. Sie nisten. dort an den wasserreichsten, tiefsten und un- zugänglichsten Orten, nach Aussage der Einwohner meistens da, wo viel hohes Schilf wächst, in welchem die Pelikane, wenn sich nicht zufällig ein passendes, etwas über dem Sumpf erhabenes Erdhügelchen findet, sich durch Niedertreten des Schilfes eine Stelle für das Nest bereiten, darauf ein sehr breites, aber flaches Nest von dürrem Rohr, Schilf und allerlei Wasserkräutern aufbauen, diesen Bau auch wohl nach oben mit etwas feinerem Material, mit dürrem Grase und dergleichen belegen. An anderen Orten soll es auf niederen, wüsten Inseln, in einsamen Gegenden am Rande der Gewässer, auf Landzungen oder von den grösseren Gewässern entfernt, auf sumpfigen Stellen der grünen Steppen, ja zuweilen sehr weit vom Wasser, auf dürrem Boden gefunden werden. In etwas bewohnten Gegenden soll sehr schwer zu ihm zu gelangen sein, in un- bewohnten und öden aber keineswegs. Gewöhnlich werden erstere um die Zeit, wenn die Jungen bereits ziemlich heran- gewachsen sind, zugänglicher, weil bei der Hitze des Sommers der Wasserstand in jenen Sümpfen bedeutend sinkt, ja viele ganz austrocknen. Zum Neste sind bald mehr bald weniger von den ge- nannten Materialien verwendet und diese kunstlos aufeinander geschichtet. Manchmal soll es einen grossen Umfang haben (man hat 170 cm Durchmesser angegeben) und einem Schwanen- UI nn nn sein, dass die Eier beinahe auf dem blossen Boden liegen. Nicht selten soll diese erste Grundlage desselben von Holz- reisern gebildet werden. Ich habe leider nie selbst eins gesehen. [— Nach voN DER MÜHLE (teste REICHENOW, l. ec.) „stehen, wo schwimmende Inseln sich befinden, auf diesen, dicht an- einander gedrängt, die grob aus Rohr und Schilf zusammen- getretenen, meist nassen und feuchten Nester. Die ganze Um- gegend ist mit dem dünnflüssigen, weissen Unrate der Vögel bedeckt, und die Ausdünstung desselben, sowie einer Menge faulender Fische, die beim Füttern verloren gingen, verbreitet einen ekelerregenden, unerträglichen Gestank.“ —|] Zur Begattungszeit soll vorzüglich beim Männchen an der Schnabelwurzel vor der Stirn ein runder, weicher oder schwammig anzufühlender, fleischfarbiger Höcker entstehen und (nach BECHSTEIN und anderen) bis zu der Grösse eines Borstorfer-Apfels anschwellen, nach jener Zeit aber wieder verschwinden. Anin Gefangenschaft gehaltenen Pelikanen habe ich nie etwas dem ähnliches bemerken können, beim Neste getötete frische nie in den Händen gehabt und an den trockenen Bälgen davon auch keine Spur gefunden. Die Zahl der Eier wird sehr verschieden angegeben, von zwei bis zu fünf. Ich habe jedoch Ursache zu glauben, dass die Zahl drei wahrscheinlich die höchste sei, indem in langer Gefangenschaft gewesene Weibchen mehrmals Eier gelegt haben, doch in jedem Frühlinge nie mehr als zwei; indem ferner in Ungarn in einem Neste auch nur zwei gefunden waren, wovon das eine noch in meinem Besitze ist; und indem endlich in Semlin versichert wurde, dass, wenn wie zuweilen vorkommt, Bauern lebende junge, noch nicht flug- bare Pelikane auf dem Markte feil böten, sie auf einmal nie mehr als zwei gebracht und dabei gesagt hätten, sie wären aus einem Neste. Dass bisweilen drei in einem Neste vor- kommen mögen, könnte wohl sein; ich erinnere mich wenigstens dunkel, irgendwo gehört zu haben, dass in einem Neste neben zwei jungen Pelikanen auch noch ein faul gebrütetes Ei ge- funden worden sei. Diese Eier gehören im Verhältnis zur Grösse des Vogels zu den kleinsten Vogeleiern, indem sie in der Grösse denen eines Schwanes um so vieles nachstehen, dass der kubische Inhalt eines Schwaneneies hinreichen würde, zwei Pelikaneier daraus zu machen; denn diese Eier sind kaum etwas grösser als die von zahmen Gänsen. In ihrer Gestalt und übrigen Beschaffenheit sind sie von beiden ebenfalls ganz verschieden, denn sie gleichen hierin, bis auf die ansehnlichere Grösse, denen der Scharben und anderer Steganopoden vollkommen. Die nahe Verwandtschaft der Pelikane und Scharben ist also auch in den Eiern unverkennbar dargestellt. Sie sind 88 mm lang, 57 bis 59 mm breit, und dieses ziemlich in der Mitte ihrer Länge oder dem stumpfen Ende kaum ein paar Millimeter näher als dem spitzen; ebenso ist das letztere nur wenig schlanker zugerundet als das entgegengesetzte, dabei beide ziemlich spitz, wodurch sie eine ganz eigentümliche Form er- halten, in welcher sie, genau genommen, nur einzelnen Exem- plaren unter denen der Kormoranscharbe ähneln, nicht der Mehrzahl dieser, die an beiden Enden mehr abgerundet sind. Die haben eine ungemein dicke, grobkörnige oder poröse, doch sehr haltbare Schale, von welcher man aber, wegen des eben- falls sehr dicken kalkartigen Überzuges nichts zu sehen be- kommt, wenn man diesen zuvor nicht abkratzt. Er gleicht einer dicken erhärteten Kalktünche und ist so ungleich auf- getragen oder, als er im Legekanal noch weich war, stellen- weise so verschoben oder mit allerlei groben Eindrücken und Erhöhungen versehen, worunter hin und wieder sogar einzelne erhabene Körner vorkommen, dass sich die Aussenfläche ganz uneben anfühlen lässt und aussieht, als sei dieser Überzug von Gyps, durch ungeschickte Hand mehr darauf geschmiert als darauf gestrichen, doch so, dass er die eigentliche Schale überall deckt. Die Färbung dieser zeigt sich nur, wo man Der gemeine Pelikan, Pelecanus onocrotalus L. jenen gewaltsam entfernt, als ein fleckenloses, bläuliches Weiss; der Überzug sieht trübe weiss aus wie Gyps und nimmt auch wie solcher leicht fremden Schmutz auf, wodurch länger be- brütete Eier olivenbräunlich gefärbt und gewölkt werden. Unter denen anderer europäischer Vogelgattungen sind keine, mit denen diese Eier zu verwechseln wären, wenn man die anderer Pelikanarten davon ausnimmt, welche ihnen gewiss sehr ähneln mögen. [— Die Regel ist, dass in einem Gelege sich zwei Eier finden, zuweilen kommen drei vor. In meiner Sammlung finden sich unter elf Eiern ein Gelege von drei und drei Gelege von zwei Eiern aus dem Donaudelta. In der Grösse und dem Ge- wichte finden sich bedeutende Unterschiede. Längsdurehmesser Q@uerdurchmesser Gewicht a 98,5 mm, 60,5 mm, 21.0. b Gelege 87,2 n 60,5 n 19,5 n e 97,0, , 60,1, 235, a5 92 63,1 , 26,0 „ a gez ur 59,8 „ 24,0 „ ‚| Gelege 39 , 593 21,0 , a 88,0 „ 60,9 „ 21,5 , ‚| Gelege Bi 579 „ 19,0 „ a 90,8 „ ER 24,5 „ b | ne 58,0, 238 , 5 93,8 n 62,5 n 24,0 n Ein von mir gemessenes Ei aus der Sammlung HOLLANDTS (jetzt im Museum brunsvicense) hat folgende Grössenverhält- nisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 93,2 mm, 60 mm, 42,5 mm. Ein Ei der Rryschen Sammlung hat eine Grösse von 89,3 x 57,9 mm und ein Gewicht von 17,10 8. Im Britischen Museum (Catalogue of eggs, Vol. II, S. 217) werden 15 Eier aufgeführt aus Südeuropa, Dobrudscha (3. April), Südrussland (20. Juli), Wolga, Koor-Mooza (Persien) (15. Januar und 7. Februar), Kingane Mouth, Zambesi (Mai). Man sagt, Männchen und Weibchen brüteten abwech- selnd fünf bis sechs Wochen lang. Die Jungen kommen nackt aus den Eiern, sind anfänglich ausserordentlich klein, haben dicke Köpfe, sehr kleine Schnäbel und Füsse und bekommen später erst eine dichte, weichwollige Dunenbekleidung. Sie werden im Anfange von den Alten mit halbverdauten Fischen gefüttert, die diese durch die Speiseröhre in den Kehlsack auf- würgen und bei weit geöffnetem Schnabel die Jungen aus jenem, wie aus einer Schüssel, fressen lassen, was sie auch späterhin noch mit den im Kehlsacke zugetragenen kleineren frischen Fischen zu thun pflegen. Diese Art und Weise zu füttern mag wohl Anlass zu der Fabel gegeben haben, dass die alten Pelikane ihre Brust aufrissen, um die Jungen mit ihrem Blute zu tränken,*) weil sie dabei vielleicht auch zum Verschlingen für die Jungen zu grosse Fische zerreissen und dann auch wohl Blut bei diesen fliessen mag. Man sagt auch, dass sie ihnen Wasser zum Trinken im Kehlsacke zutrügen, besonders wo die Jungen weit vom Wasser auf dürrem Boden ausgebrütet wären, und dass sie deshalb von manchen asia- tischen oder afrikanischen Völkern Wasserkamele oder Wasser- träger genannt würden. Dass sie, wo sie sich nicht sicher glaubten, die Eier oder kleinen Jungen im Kehlsacke an einen anderen Ort und weit weg trügen, wird ebenfalls erzählt. — Dies alles sind lange schon bekannte und oft wiedererzählte Sagen, die wir, ohne sie verbürgen zu können, nur berühren, weil uns neue und genauere Beobachtungen gänzlich fehlen. !) In den bildlichen und figürlichen Darstellungen aus altehristlicher Zeit gilt der Pelikan aus Anlass dieser Fabel als Sinnbild aufopfernder Mutterliebe. Er wird vielfach dargestellt, seine Brust mit dem Schnabel verwundend und mit dem hervorquellenden Blute seine Jungen fütternd. Weiter knüpft sich daran die christliche Legende, dass er dadurch die Jungen ins Leben zurückbringt. In dieser Auffassung gilt er als Symbol des Opfertodes Christi. R. Bl. 19 Feinde. Hierüber fehlt es ebenfalls noch an Beobachtungen. Früher fabelte man sogar, die Löwen und andere Raubtiere der Wüste fügten den Pelikanen darum nichts zuleide, weil diese beim Zuschleppen des Trinkwassers für ihre Jungen auch einen Teil an jene abgäben. Im Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten, und die ge- zähmten Pelikane sind sogar sehr damit geplagt. [— Es sind beschrieben: Lipeurus forficulatus N., Menopon titan und Colpo- cephalum eucarenum. —) Von Würmern, welche in ihrem Innern hausen, ist die in der Bauchhöhle lebende Ascaris spiculigera bekannt [—, sowie Ascaris nasuta SCHNEIDER, von welcher Spezies J. THIENEMANN in einem aus der Bukowina stammenden Pelikan am 21. Dezember 1903 314 Stück fand, von denen die grössten etwa 4 cm lang waren, ferner sSclerostomum Pelecani CHATIN, Distomum coleostomum Loos, Distomum fraternum LO0s, Ligula monogramma ÜREPL., Distomum (chinostomum) mordax Loos und Monostomum pumilio Loos. —] Jagd. Der gemeine Pelikan wird allgemein für einen so scheuen Vogel gehalten, dass er ungesehen erlauert oder hinterschlichen werden muss. An den Winteraufenthaltsorten in heissen Län- dern, wo oft Tausende beisammen angetroffen werden, z.B. in den unermesslichen Sümpfen Mesopotamiens, sollen sie dagegen so wenig scheu sein, dass sogar Schüsse, unter eine Schar abgefeuert, die übrigen nicht zum Fortflliegen bewegten. In seinem hohen Fluge ist er gewöhnlich vor allem Schiess- sewehr gesichert; denn er fliegt auch auf seinen Wanderungen mindestens doppelt so hoch als die Saatgänse. Nutzen. Das Fleisch der Alten soll zähe und wegen schlechten Geschmacks völlig ungeniessbar, das der Jungen wohl besser, doch auch nicht besonders wohlschmeckend sein. — Das Fell, mit dem Gefieder gar gemacht, mag ein brauchbares Pelzwerk geben. Die gar gemachte Haut des Kehlsacks giebt ein zartes und dabei doch haltbares Leder, zu allerlei Beuteln sehr be- liebt, die man oft mit Stickereien von Gold und Perlen ver- ziert. Ein solcher Beutel zu Tabak soll gegen zwei Pfund davon fassen. — Der Oberschnabel wird, wenn das weitläufige, netzförmige Knochengewebe in seinem Innern und der Mitte entlang zerstört wird und dann nur die knöchernen Umfangs- wände allein übrig bleiben, als Scheide für eine lange, schmale Messerklinge oder Dolch benutzt, wozu er, mit leichter Mühe eingerichtet, sich ganz vortrefflich eignet, indem er leicht und doch sehr haltbar ist. Diese Benutzung des Oberschnabels wie des Kehlsacks kommt in der Türkei oft vor. Auch sieht man hin und wieder die sehr langen Knochenröhren des Unter- arms zu Mundstücken auf Tabakspfeifen angewandt. Weil der gemeine Pelikan sehr zahm wird, so hat man auch versucht, ihn zum Fischfange abzurichten, ungefähr auf dieselbe Weise wie den Kormoran oder andere Scharben. Dieser belustigende Fischfang soll in Ostindien vorkommen, aber auch in deutschen Menagerien versucht und bewährt gefunden sein, wobei noch gesagt wird, dass der grosse Vogel auch hier zuvor die Fische einzuschüchtern und in die Enge zu treiben suchte. Schaden. Es soll vorkommen, dass manche nicht zu grosse und nicht zu tiefe Teiche in sehr kurzer Zeit von Pelikanen rein ausgefischt werden, zumal solche, auf welchen sie sich in mehr- facher Anzahl und öfter wiederholt niederlassen. In kulti- vierten Ländern würden daher diese Riesen unter den Fisch- räubern für sogenannte zahme Fischereien von grossem Nach- teile sein, während man in jenen öden oder zum Teil noch wüsten Gegenden, welche sie hauptsächlich bewohnen, wo es Fische im Überfluss ohne Zuthun menschlichen Fleisses giebt, ihnen diese gerne gönnt. 3% Der rosenfarbige Pelikan, Pelecanus roseus Gm. Fremde Trivialnamen: Englisch: Rose-colowred Pelikan; Manilla- Pelican, Javan Pelican. Französisch: Pelican rose de TV Isle de Lucon, Pelican brun de U Isle de Lugon. Russisch: Malaja Buba. Pelecanus roseus. Gm. S. N. II. p. 570 (1788). — Pelecanus manillensis. Gm. >. N. II. p. 571. (1788). — Pelecanus Javanieus. Horsf., Trans. L. S. XIII. p. 197 (1822). — Pelecanus minor. Rüpp. Mus. Senckenb. II. p. 185 (1837); S. Ub. T. 49. p. 132, 140 (1845). — Pelecanus mitratus. Licht, Abh, Akad. Berl. T. III. p. 436 (1838). — Pelecanus mitratus. Heugl., N.-O.-Afr. II. p. 1500 (1873). — Pelecanus calirhynchus. Hods., Gray Zool. Misc. p. 36 (1844). — Pelecanus pygmaeus. Brehm, Vogelfang p. 362 (1855). — Pelecanus giganteus. A. Brehm, Journ. f. Ornith. 1855, p. 94. — Pelecanus megalophus. Heuglin, Sitzungsber. Akad. Wien. p. 324 (nom. nud.) (1856). — Pelecanus onocrotalus var. minor. Dub., Bull. Belg. II. p.7 (1883). — Pelecanus roseus. Kennzeichen der Art. Ähnlich dem gewöhnlichen Pelikan, aber kleiner, mit kürzerem Schnabel und 22 Schwanzfedern. Beschreibung. Nach den Notizen im Kataloge der Vögel des Britischen Museums (l. ec.) haben die rosenfarbigen Pelikane folgende Grösse (in Centimetern): Totallänge Schnabel Flügel Schwanz Lauf mehrere alte Männchen aus Pegu 158 35,6—40,1 45,7 20,3 14 mehrere alte Weibchen aus Pegu 131 27,4—830,5 38,1 3 a I a 4 Im Gefieder gleicht er vollständig dem gemeinen Pelikan in allen Altersklassen. Nach W. R. OGILvVIE-GRANT (Cat. Birds Brit. Mus., 1. c.) kommen in Persien Exemplare vor, die in der Grösse zwischen dem gemeinen und rosenfarbigen Pelikane stehen. Mir standen zur Beschreibung keine Exemplare zur Ver- fügung. Aufenthalt. Der kleine Pelikan kommt vor in Südosteuropa, Afrika (Humbe, Walfischbucht, Sandwichhafen, Ngamisee, Onandowa- Cat. Birds Brit. Mus. Bd. XXVI. p. 466 (1898). — Pelecanus roseus. Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I. p. 101 (1900). see, Rnysna, ÖOranjefreistaat, Kapland, Kafferland, Natal, Weisser Nil und Nordostafrika), Kleinasien, Indien, Sunda- Inseln, Philippinen. | Nach brieflicher Mitteilung von OÖ. HERMAN ist er im Sumpfe von Mosorin in Ungarn 1868 einmal erlegt und wird daher hier mit erwähnt. Eigenschaften und Nahrung scheinen dieselben zu sein wie bei dem gewöhnlichen Pelikane. Fortpflanzung. Ein Ei aus der Sammlung NEHRKORNS aus der Dobrudscha hat folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Gewicht 86,6 mm, 57,8 mm, 19,6 g. In der Schale gleicht das Ei vollständig den Eiern von Pelecanus omocrotalus. Jagd, Nutzen und Schaden. Hierin wird kein Unterschied von dem gewöhnlichen Pelikan sein. —] Der krausköpfige Pelikan, Pelecanus erispus Bruch, Tafel 2. Fig. 1. Altes Männchen. Tafel 41. Fig. 8. Ei. Krauser Pelikan, frisierter Pelikan, Riesenpelikan, [— grosse Kropfgans. Fremde Trivialnamen: Armenisch: Hawalus. Croatisch, Herzegowinisch und Montenegrinisch: Nesit panjac, Nesit sakka. Czechisch: Pelikan kaderavy. Englisch: Dalmatian Pelican. Französisch: Pelican frise Griechisch: Sakkas. Italienisch: Pellica no riccio. Persisch: Lamber. Polnisch: Pilikan kedeierzawy. Russisch: Kudrawaja Baba. Tatarisch: Kutän. Ungarisch: Borzas Gödeny. Le Pelican de Smyrne. Bonnaterre, Tabl. enc. möth. p. 43 (1790). —] — Pelecanus crispus. Bruch, Isis 1823, S. 1109. — Brandt, Anim. rossie. nov. icon. fase. I. p. 59. tab. VI. — Pelecanus onocrotalus var. orientalis. Linn. Syst. edit. XII. T. I. p. 215. n. 1. a. — Edw. Glean. II. t. 92. — Pallas, Zoogr. rosso-asiatica. II. p. 292. — Schinz, Naturg. d. Vög. S. 382. Taf. 132. — Keyserling u. Blasius, Wirbelth. Europ. I. S. 233. — I— Pelecanus crispus. Naumann, Naturg. d. Vög. 2. Ed. XI. p. 180. Taf. 283 (1842). — Pelecanus patagiatus. Brehm, Vogelfang p. 233 (1855). — Pelecanus crispus. v. d. Mühle, Beitr. z. Orn. Griechenl. p. 132 u. 133 (1844). — Pelecanus erispus. Schlegel, Rev. erit. p. OXXII (1855). — Pelecanus crispus. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 168 (1860). — Pelecanus crispus. Degl. u. Gerb., Orm. Eur. II. Ed. Vol. II. p. 344 (1867. — Pelecanus crispus. Heuglin, Orn. N.-O.-Afrik. p. 1507 (1869—1874). — Pelecanus crispus. Dresser, Birds Eur. VI. p. 199. t. 394 (1879). — Pelecanus crispus. Reyes y Prosper, Av. Espaüa p. 95 (1886). — Pelecanus crispus. Giglioli, Avif. ital. p. 268 (1886); p. 423 (1889). — Pelecanus crispus. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 401 (1887). — Pelecanus crispus. Frivaldsky, Av. Hung. p. 193 (1891). — -Pelecanus erispus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 565 (1892). — Pelecanus crispus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 100 (1892). — Pelecanus crispus. Reiser, Orn. bale. II. p. 192 (1894); IV. p. 140 (1896). — Pelecanus crispus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 468 (1898). — Pelecanus cerispus. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 80 (1899). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög., Taf. XCIII. Fig. 8 (1845—1853). — Bädeker, Eier europ. Vög., Taf. 38. Fig. 1 (1855— 1863). —] | | Kennzeichen der Art. | auch kommt bei dieser Art im zweiten Jahre ein Zwischen- Die Befiederung des Kopfes geht auf der Stirn sehr breit, | Kleid mit noch viel mehr Weiss und kleineren grauen Flecken, sodass sie seitlich noch die Nasengrube bedeckt, und bis an | besonders auf der Mantelpartie, vor, desgleichen jene nicht die Schnabelwurzel vor, bildet, von oben gesehen, einen grossen | hat; endlich ist das herrschende Weiss des ausgefärbten Bogen, in welchem die Schabelfirste einen kleinen Ausschnitt | Kleides nie rosen- oder fleischfarbig tingiert, aber auch nie macht, geht aber auf den Wangen spitzwinkelig bis an die | rein weiss, sondern dies stets mehr oder weniger perlgrau Mundwinkel vor, wodurch eine sehr kleine Nacktheit um das | oder sanft bläulich aschgrau überflogen, sodass man diese Auge und am Zügel gebildet wird. An den verhältnismässig | Färbung perlweiss nennen möchte, zumal auf dem Mantel, wo kleinen Füssen ist der Lauf fast dreimal oder doch zweieinhalb- | es der Mantelfarbe bei Sierna minuta und anderen sehr ähnelt. mal so lang als die Hinterzehe. Hinterscheitel, Genick und | Vom kleinen Pelikan (Pel. minor Rürp.) unterscheidet ihn Nacken sind mit zarten, gekräuselten Federn besetzt, die im | Schon die sehr grosse Verschiedenheit in der Grösse auf den Alter, am Genick verlängert, einen losen, lockigen, flatternden | ersten Blick, der krause Kopf und anderes mehr. Busch bilden. Der Schwanz hat 22 Federn. Viel grösser als Er ist viel grösser als der gemeine Pelikan, und das der gemeine Pelikan. alte Männchen erreicht folgende Maße: Länge (von der Stirn zur Schwanzspitze) 140 cm; die Länge des Flügels (vom Hand- Eigenschaften. gelenk zur Spitze) 76 cm; die Flugbreite 310 cm; Länge des Diese Art steht hinsichtlich ihrer Grösse an der Spitze | Schwanzes 19 cm. aller europäischen, wo nicht sämtlicher Schwimmvögel. Die Weibchen sind bedeutend kleiner, auch der Schnabel Sie übertrifft hierin den berühmten Kriegsschiffvogel oder | kürzer; doch giebt es auch unter den Männchen individuelle Albatros (Diomedea exulans) noch um ein Bedeutendes oder | Verschiedenheiten in der Grösse genug. Obige Maße sind zwar "ähnelt darin, dem Rumpfe nach, fast dem indischen Kasuar | die bei diesen am häufigsten vorkommenden, doch werden sie (Casuarius orientalis). Er ist also auch bedeutend grösser als unser | von manchen Exemplaren noch bedeutend übertroffen. Ich gemeiner Pelikan, von welchem die ältesten und stärksten | füge noch die eines jungen männlichen Vogels in seinem ungefähr die Grösse der einjährigen des krausköpfigen, doch | zweiten Jahre bei: Länge 129,5 cm; Flügellänge 67,5 cm; nicht immer, erreichen. Ausser den gegebenen Artkennzeichen | Flugbreite 282,7 cm; Schwanzlänge 17,7 cm. und der Grösse finden sich noch mehrere Unterscheidungs- Die Gestalt ist die des gemeinen Pelikans, die Flügel zeichen zwischen dieser und jener Art; seine viel kleineren | sind aber, im Verhältnis zur Körpergrösse, kleiner; sie reichen Füsse und der viel schmälere Schnabel fallen sogleich in die | daher, in Ruhe liegend, mit den Spitzen nur bis auf den An- Augen; weniger standhaft ist dagegen die meistens bedeutendere | fang des Schwanzes oder lassen 13 bis 15 cm von ihm un- Länge des letzteren, weil diese beider gemeinen Art indivi- | bedeckt. Die ausserordenlich langen Armknochen, besonders duell und nach dem verschiedenen Geschlecht bestimmt sehr | die des Vorderarms, machen, dass am ruhenden Flügel die variiert, was wahrscheinlich auch bei der krausköpfigen | Sekundärschwungfedern die Primärschwingen fast verdecken so sein mag. Das Jugendkleid der letzteren soll nach An- | und die Tertiärfedern über die Spitze dieser hinausreichen. sichten anderer dunkler aussehen, nach der eigenen ist es aber | Von den Primärschwingen ist die vorderste 4,7 cm kürzer als im ganzen genommen viel lichter gefärbt, oder der weissgraue | die zweite und dritte, welche ziemlich gleich lang und die Grund tritt zwischen den braunen Zeichnungen mehr hervor; | längsten, die vierte aber viel kürzer, doch noch ein wenig 22 Der krausköpfige Pelikan, Pelecan 'ıs erispus BRUCH. länger als die erste. Sie haben starke, spitzewärts etwas nach innen gebogene Schäfte, etwas schmale Fahnen und enden spitzrund; die gleichbreiten Sekundärfedern sind viel breiter, am Ende abgerundet mit einem Spitzchen; die übrigen Schwingen und die grössten Schulterfedern lanzettförmig zugerundet. Die 22 Federn des kurzen, breiten Schwanzes haben starke Schäfte, breite Fahnen und ein kurz zugespitztes Ende; dabei sind die mittelsten die längsten, die übrigen nach aussen in kleinen Stufen an Länge abnehmend, sodass das äusserste Paar 3,5 bis 4,7 cm kürzer als das mittelste ist, mithin das Schwanzende abgerundet erscheint. Das kleine Gefieder ist in seinen Umrissen, wie nach seiner übrigen Beschaffenheit, dem des gemeinen Pelikans ganz ähnlich, auf dem Rücken, den Schultern, der Flügeldecke, am Kropfe, der Brust und dem Bauche lanzettförmig, schmal und sehr spitz, am schmalsten und härtesten am Kropfe; auch am Kopfe und Halse ist es wie bei jenem, doch etwas weniger dunenartig, aber auch schon am Jugendkleide nicht schlicht, sondern auf dem Nacken etwas gekräuselt; bei den Alten auf der breiten Stirn, dem Hinterhaupte und Oberhalse un- gemein weich, zart und seidenartig, diese Federn, besonders an beiden letzteren Teilen, wenn man jede einzeln betrachtet, sehr schmal, spitz, sonderbar nicht nach einem Gange gekrümmt, daher die ganze Partie fast lockig gekräuselt und auf dem Hinterhaupte in einen prächtig flatternden Busch zu 12 cm verlängert. — Das erste Jugendgefieder ist ebenfalls wie bei der gemeinen Art, die einzelnen Federn breiter und auch kürzer oder stumpfer zugespitzt als an den nachherigen Kleidern, auch das Halsgefieder dunenartiger oder wolliger. | Der ungeheure Schnabel ist im ganzen ebenso gestaltet wie beim gemeinen Pelikan, aber von viel gestreckterem Aussehen, nämlich, wo nicht wirklich länger, doch viel schmäler und niedriger, mit kleinerem Haken. Er ist beinahe noch weniger abwärts gebogen, gegen die Spitze, wo er am platte- sten, auch etwas aufsteigend, der Haken aber weniger auf- geschwungen und viel schmäler; das Firstenstück ist platter und weniger an der Stirn als weiter vorwärts breiter, daher erst kurz zuvor, ehe es in den Haken übergeht, so schmal als bei jenem; dadurch wird nun eine geringere Breite der Seiten- teile bedingt, welche da am auffallendsten ist, wo das Firsten- stück die grösste Breite hat. Seine Oberfläche ist zwar runzelig und uneben, doch bei weitem weniger schartig, die ziekzack- artigen Eindrücke weit flacher und ihre Rändchen nichi so scharf. Bei jungen Vögeln ist er fast ganz eben. Der Unter- schnabel ist wie beim gemeinen Pelikan, doch wurzelwärts etwas höher und stärker, wobei sich dieser Teil auch etwas tiefer (bis hinter das Auge) in den befiederten Kopf hinein- zieht; der untere Haken, welcher von der Spitze des oberen um 8 bis 12 mm überragt wird und in ihn hineingreift, ist sehr klein; seine Mundkante stumpf; die scharfe des Oberschnabels aber bei weitem weniger oder kaum eingezogen; übrigens das Innere mit eben solchen scharfen, nur etwas schwächeren Leistchen versehen, eine längs dem Gaumen, eine doppel- schneidige jederseits zwischen dieser und der Randschneide parallel bis in die Spitze auslaufend, wie bei jenem. Die Nasen- öffnung ist eben nicht deutlicher, die nackte, schlaffe, sehr dehnbare Haut des ungeheuren Kehlsackes reicht ebenfalls bis an die untere Schnabelspitze vor und vom Mundwinkel 16,5 bis 19 cm auf den Anfang der Gurgel herab. Der Schnabel misst bei alten Vögeln in der Länge 44,7 cm, wovon 3,5 cm auf den Bogen des Hakens kommen; in der Höhe an der Stirn (den Unterschnabel mitgerechnet) 5 bis 5,5 cm, während nahe am Haken der ganze Schnabel nur 1,2 cm hoch ist; die Breite an der Basis des Oberschnabels für diesen 3,9 cm, für den Unterschnabel 6,5 cm, die jenes auf dem letzten Drittel seiner Länge 3,5 cm, während er bei der gemeinen Art an gleicher Stelle stets über 4,2 bis 4,8 cm breit ist. Von oben gesehen steht der Rand des ganzen Unter- schnabels ein wenig vor den des Oberschnabels vor, dies am stärksten an der Wurzel, nach vorn abnehmend schwächer und an der Spitze sich verlierend. Bei einem zweijährigen Männchen habe ich ihn nur 37 cm lang, hinten 5 cm hoch und 3,5 cm, den Unterschnabel 6 cm, breit gefunden, wobei er vorn ebenfalls nur 1,2 cm hoch und etwas weiter zurück (an der breitesten Stelle) 4,5 cm breit war. Die Färbung des Schnabels ist ziemlich verschieden von der bei der vorigen Art; der Haken ist nie rot, sondern hoch- gelb, der untere kleine etwas matter gelb; die Grundfarbe der übrigen Schnabelteile ein blasses Gelb, nur an den Rändern: rein, übrigens grau gemasert, am dichtesten auf dem Firsten- teil, dieser zunächst der Stirn fast ganz grau; der Unter- schnabel meistens einförmig blassgelb, etwas ins Rötliche spielend, unter dem Mundwinkel, wo sich der Kehlsack diesem anschliesst, mit einem grossen violettgrauen Flecke, welcher bei jungen Vögeln fehlt. Bei diesen ist der Schnabel grau- gelblich, braungrau gemasert und geflammt, die Firsten- und Seitenteile wurzelwärts fast ganz braungrau, der Haken schön gelb. Im getrockneten Zustande ist die Färbung eine gelblich hornfarbige, zum Teil dunkel gefleckte geworden, welche die frühere nicht mehr gut erkennen lässt. Mit der Farbe des Kehlsacks ist es ebenso; sie ist an getrockneten Bälgen ein bleiches Horngelb, auf welchem braunrote Adern durch- schimmern, und kann im Leben nur ein helles Gelb (Ocker- gelb?), nicht Rot sein. [— Diese Farbe besitzt nur der Kehl- sack bei jungen Vögeln während der ersten zwei Lebensjahre und bei Alten ausser der Paarungszeit:. Nach Eintritt der letzteren färbt er sich leuchtend blutrot, welche prächtige Färbung nach dem Trockenwerden Geschossener sich in braun- rot verwandelt. —] Dieselbe Farbe, nämlich Gelb, hat auch der nackte Augen- kreis und Zügel, welche aber einen weit geringeren Umfang einnehmen als bei der gemeinen Art, zwischen dem und dem Mundwinkel auch die Befiederung der Wangen in einem Winkel hereintritt, was bei jener nicht ist. Die nackte Haut am Zügel ist gegen den Schnabel hin etwas violettgrau überlaufen. Die nackten Augenlider umschliessen ein Kleines Auge, das an- geblich einen blass rötlichgrauen, bei Alten einen graubraunen Stern hat. Diese nackte Umgebung des Auges ist oben schmäler, im ganzen aber bei Alten nur 2,4 cm breit und 9,5 em lang, bei Jungen aber grösser, und bei diesen ist auch das Eintreten der Wangenbefiederung zum Mundwinkel viel undeutlicher, dieser Zwickel ein rechtwinkeliger, bloss bei jenen spitzwinkelig. Die Füsse sind in Betracht der kolossalen Grösse des Vogels wirklich auffallend klein, auch in der That kleiner als die der vorigen Art, die Zehen besonders viel kürzer, dabei die Läufe auch etwas mehr zusammengedrückt. Die Fersen- gelenke sind bedeutend stark, über ihnen der Unterschenkel nur wenig nackt; die Zehen weder sehr stark noch lang; die Hinterzehe stark einwärts gerichtet; die Schwimmhäute voll bis vor, doch die Vorderzehen wurzelwärts etwas enger ge- spannt als bei der gemeinen Art. Der weiche Überzug ist an den Läufen in sechseckige Täfelchen geteilt, die vorn herab am grössten sind, nach hinten aber sehr klein werden, auf den Zehenrücken in schmale Querschilder zerschnitten ;dieSchwimm- häute und die Spursohle fein gegittert und gekörnt; die nicht grossen, kurzen, starken Krallen wenig gekrümmt, unten etwas ausgehöhlt, vorn zugerundet, aber scharfschneidig, die der Mittelzehe auf der Seite nach innen mit stark vorstehender Randschneide, diese aber nicht gezähnt. Die Nacktheit von der Beuge des Fersengelenks bis an die ersten Unterschenkel- federn misst selten über 3 em; der Lauf 12,5 cm; die Mittel- zehe mit der 1,7 cm langen Kralle ebenfalls 125 cm; die Hinterzehe mit e 1,8 cm langen Kralle 4,5 cm. — Bei einem zweijährigen Vogel maß die Nacktheit des Unterschenkels von der Mitte der Fussbeuge an 38,6 cm; der Lauf 11,8 cm; die äussere Vorderzehe mit der 1 ‚o cm hass Kralle 12, Diem; die mittlere mit ihrer 1,6 cm Be Kralle 13 em; die innere Vorderzehe mit der 1,6 cm langen Kralle 9,5 cm; die Hinter- zehe 5,5 cm, wovon ebenfalls 1 ‚cm auf ihre Kralle kommen. 'ossgag "unyeu r uoyouugmy sofy "UeYI1load 4991JAdOYSneuy yonıdg sndsLı9 SnUey9aT9AI EN nn Kakamin Auen SENDEN la i Er ER Pre ee SE En ee re | Der krausköpfige Pelikan, Pelecanus crispus BRUCH. 23 Bei diesem war also der Lauf kürzer, die Hinterzehe aber be- deutend länger als bei jenem alten Vogel. — Dies beweist, dass die Maße von verschiedenen Individuen einer Vogelart nie pünktlich übereinstimmen, dass aber der Unterschied bei grossen Vögeln vielmehr auffällt oder augenfälliger wird als bei kleinen. Die Füsse haben eine dunklere Farbe als bei der vorigen Art, in der Jugend eine schmutzige, bleigrau überlaufene Fleisch- farbe, und bei zweijährigen ist das Fleischfarbige schon fast ganz vom Bleigrau verdrängt, besonders auf dem Spann an den Aussenseiten der Läufe und auf den Zehenrücken. Nach zwei Jahren oder im ausgefärbten Kleide sind sie an allen ihren Teilen dunkel bleigrau, fast schwarzgrau, und dies wird, wenn sie ausgetrocknet, wie am ausgestopften Vogel, noch dunkler oder schwarzgrau, während sie dann bei jungen Vögeln mehr oder weniger licht hornbraun werden. Die Farbe der Krallen ist schwarzbraun, bald lichter, bald dunkler, ge- wöhnlich mit in lichtes Hornbraun übergehenden Spitzen. [— Die Jungen sind nach dem Ausfallen aus dem Ei in schneeweisse Dunen gehüllt. Sie wachsen rasch heran und erreichen nach zwei Wochen die Grösse einer mittleren Henne. Zu dieser Zeit spriessen auch die bräunlichgrauen Steuerfedern und Schwingen hervor. Eine Woche später sind die Jungen dank der enormen Fütterung so gross wie eine Hausgans und bekommen dann erst nach und nach das übrige Gefieder. —] Das Jugendkleid soll graubraun, an den unteren Teilen heller, jedoch stets dunkler und grauer als bei der vorigen Art, der Kehlsack grünlich aussehen. — Ich finde es dagegen, wenigstens an den oberen Teilen, viel heller gefärbt, freilich auch nur nach Ansicht eines einzigen Exemplars. Nach diesem ist der Oberkopf und Nacken grauweiss; das dunenartige und etwas flockige Gefieder des übrigen Halses hell braungrau; der ganze Unterkörper schmutzig weissgrau; der Oberkörper auf weissgrauem Grunde mit braungrauen Schaftflecken, die auf den Schultern sehr gross werden und die Enden der grössten dieser Federn, bis auf einen schmalen Saum, ganz braungrau färben; die kleinen Flügeldeckfedern graubraun, nur mit grauweissen Käntchen, daher diese Partie sehr dunkel, zumal in der Gegend des Ellbogens; die mittleren wegen viel srösserer weisser Enden viel heller; die grossen aber wieder mit sehr grossen graubraunen Lanzettflecken (doch meistens bloss auf den Aussenfahnen) nahe an den Enden, die nur schmale grauweisse Kanten haben; die Fittichdeckfedern und Sekundärschwingen dunkelbraun, grau überpudert, mit schmalen weissbräunlichen Käntchen, bloss an den Wurzeln und an einem Teil der Innenfahnen weiss, ihre Schäfte im Braunen schwarz; die Primärschwingen matt braunschwarz, mit schwarzen Schäf- ten; die Schwanzfedern an den Wurzeln und einem grossen Teil der Innenfahnen weiss, übrigens dunkel braungrau, so weit dies reicht mit schwarzen Schäften und mit weisslichen Spitzen und Seitenkäntchen. — Die dunkelbraungrauen, zum Teil fast schwarzbraunen Flecke und Enden aller grösseren Federn haben im frischen Zustande einen samtartigen, wie darauf gestäubten, aschgrauen Überzug, welcher die dunkle Grundfarbe sehr mildert, sie heller und grauer macht, sich nach und nach abscheuert und dann erst jene deutlicher hervortreten lässt. Daher sieht das frische Gefieder im ganzen viel heller als das abgetragene aus oder die dunklen Zeichnungen treten später viel auffallen- der hervor. Diesem Abscheuern folgt jedoch auch bald ein Abbleichen, und alle jene Schaftflecke und Federenden gehen in ein lichtes Braun über, ganz verschieden von ihrer ursprüng- lichen Färbung, dieses verfliesst auch mehr in die weissen Federkanten und Spitzen, und diese erscheinen dann, zumal auf dem Mittelflügel, so gewaltig verstossen und abgerieben, dass die mittleren Deckfedern an den Enden bis über ein Viertel ihrer Länge herauf fast von allem Bart entblösste Schäfte zeigen, auch an den grössten Schulterfedern, an den Tertiär- schwingen und den Schwanzfedern sind die Schäfte an den Spitzen ganz entblösst von ihren Fahnen. — Bekanntlich ist das Gefieder in heissen Ländern lebender Vögel dem Entstellen durch Einfluss der Witterung und der Sonnenstrahlen noch weit mehr unterworfen als das der nordischen Vögel; so auch bei den Pelikanen; und weil das erste Gefieder des jungen Vogels oder sein Jugendkleid wie allgemein von einem weicheren und zarteren Gewebe ist, so ist es jenen Verände- rungen noch weit mehr unterworfen als das derbere, härtere und dauerhaftere Gefieder der alten Vögel. Nur ein paar Monate sieht man es vollständig, und unsere jungen kraus- köpfigen Pelikane haben dann ein wo nicht helleres, doch ein mehr in Aschgrau als in Braun übergehendes Gefieder, später, etwa zu Anfang des nächsten Frühjahres, hat es hellere Ränder bekommen, durch das Abreiben des puderartigen, grauen Überzugs treten jedoch die dunklen Zeichnungen auch greller hervor, und jetzt hat es, im Vergleich mit dem der Jungen von der gemeinen Art, schon eine allgemein hellere Färbung, welche mit dem Herannahen des Sommers immer heller und endlich kurz vor der Mauser viel weisslicher wird als bei jenen. So finden wir dies Jugendkleid von seinem Ent- stehen bis zum Ablegen im Laufe eines Jahres fast jeden Monat etwas verändert, weil diese Veränderungen unter Einfluss eines heissen Klimas so stark sind, dass endlich dieses fast ganz in Weiss abgebleichte, sebr abgeriebene und hässlich gewordene Gefieder kurz vor der neuen Mauser kaum noch das nämliche vom Neste her und dieser junge Vogel jetzt ein durchaus anderer als der damals eben dem Neste entflogene zu sein scheint. Es ist ausgemacht, dass beim krausköpfigen Pelikan das ausgefärbte oder ganz weisse Kleid nicht gleich auf das braune Jugendkleid folgt, sondern ein anders gezeichnetes Zwischen- kleid erst den Übergang zu jenem bildet. Ein mir vorliegen- des, in der Mauser befindliches Exemplar beweist dies un- umstösslich; es hat vom ersten Jugendkleide noch fast sämtliche Schwingen, die meisten der grossen und mittleren Flügeldeckfedern, einzelne von den grossen Schulterfedern und Hinterschwingen und mehrere Schwanzfedern, die, im hohen Grade abgenutzt und abgebleicht, sich ungemein von dem neuen Gefieder unterscheiden, das an allen übrigen Körper- teilen bereits vollständig da steht und gegen das alte ganz gewaltig absticht. Merkwürdig ist an ihm besonders der Ober- fügel, wo das alte Gefieder so gewaltig abgerieben ist, dass die früher an den Enden dieser Federn gesessenen, braun- grauen Flecke gänzlich verschwunden sind und diese Partie nun ganz weiss erscheint, worauf jetzt die rein aschgrauen, mit schwarzen Schäften und weissen Spitzen versehenen neuen Federn, die sich haufenweise zwischen ihnen zeigen, ausser- ordentlich abstechen. — Die Färbung dieses Kleides, dass diese Vögel in ihrem zweiten Lebensjahr tragen, nähert sich wegen des vorherrschenden Weiss schon mehr dem der alten Vögel, steht aber der vielen grauen Schaftflecke wegen recht eigent- lich im Mittel zwischen diesem und dem noch mehr grauen Jugendkleide. — Mir ist ebenfalls ein vollständig ausgemauser- tes Exemplar zur Hand, um folgende ausführliche Beschreibung dieses Kleides geben zu können, dass in eben dem Maße, wie das vorhergehende, gleich nach der Mauser am dunkelsten und auffallendsten gefleckt, nachdem es aber fast ein Jahr getragen ist, fast ganz weiss wird. In diesem Zwischenkleide im Anfange ihres zweiten Lebensjahres sind bei diesen Pelikanen der Schnabel mit seinen nackten Teilen und die Füsse, wie oben beschrieben, im trocke- nen Zustande durchaus bleicher als bei den Alten, dies also wahrscheinlich auch im frischen; am Genick und dem oberen Nacken sind die Federn schon ziemlich verlängert und schwach gekräuselt, das übrige Gefieder des Halses sehr dünn und locker, doch eigentlich nicht recht dunenartig, auf dem Kopfe etwas dichter; es ist an den Wurzeln der Federn dunkelgrau und geht durch Aschgrau in weisse Federenden über, die am Kopfe und dem Genick am längsten sind, daher diese Teile weisser aussehen als der übrige Hals, welcher wegen Hervor- schimmern des tiefersitzenden Grau mehr grauweiss oder 24 Der krausköpfige Pelikan, Pelecanus crispus BRUCH. weissgrau ist. Von der unteren Gurgel abwärts bis an den Schwanz sind alle unteren Teile rein weiss; der Oberrücken ist weiss mit schwarzen Federschäften und aschgrauen Schaft- strichen oder kleinen Lanzettflecken; Unterrücken, Bürzel und Oberschwanzdecke rein weiss, bloss die längsten Federn der letzteren mit schwarzen Schäften; die Schulterfedern weiss, teils spitzewärts bloss mit schwarzen Schäften, teils neben diesen noch mit aschgrauem Anstrich, die grössten dieser Partie aber an ihren Endhälften, ausser den schwarzen Schäften, ganz dunkel braungrau, hell aschgrau überpudert, mit schmalen bräunlichweissen Endkanten. Die kleinen Flügeldeckfedern sind aschgrau, an den schwarzen Schäften am dunkelsten, an den Wurzein und Spitzen weiss; die mittleren Deckfedern ebenso, doch mit viel mehr Weiss an den Wurzeln; die grossen Flügeldeckfedern weiss, auf den Aussenfahnen von der Mitte bis zur weissen Spitze mit einem grossen, tief aschgrauen Fleck und, so weit dieser reicht, mit schwarzem Schaft; die Tertiär- schwingen wie die grössten der Schulterpartie; die Sekundär- schwungfedern bloss tief an den Wurzeln und in einem breiten Streif auf den Kanten der Innenfahnen weiss, übrigens braun- schwarz, auf den Aussenfahnen aschgrau überpudert, mit weiss- bräunlichen Käntchen am Aussenrande und der Spitze, ihre Schäfte im Dunkeln schwarz; ihre Primärschwingen matt braunschwarz mit glänzend schwarzen Schäften; ihre Deck- federn ebenso, aber seitlich noch weiss gesäumt; der Unter- flügel bis auf die fahl braunschwarze Spitze rein weiss ohne alle Flecke; die Schwanzfedern an den Wurzeln ganz und auf den Innenfahnen grösstenteils weiss, übrigens dunkel aschgrau, ihre Schäfte, soweit dies gegen die Wurzeln hinaufreicht, schwarz und das Aschgrau zunächst diesen am dunkelsten, nach den Aussenkanten aber hell aschgrau bepudert, die Spitzen weiss; auf der unteren Seite ist der Schwanz weiss, das Graue von oben hier blass oder silbergrau. Von dem Aschgrau der Flecke und Zeichnungen dieses Kleides wird im Laufe der Zeit nach und nach der hellgraue Puder abgerieben und jene zeigen sich dann erdbraun; nach noch längerem Gebrauch verbleicht dieses in ein sehr blasses Braun; noch später verschwindet es hin und wieder, besonders gegen die Spitzen der Federn, namentlich auf dem Oberrücken, den Schultern und auf der Mitte des Flügels, sogar fast ganz, sodass, wenn dies Gefieder ungefähr zehn bis elf Monate ge- tragen ist, es in einiger Entfernung bis auf die dunklen Schwungfedern fast ganz weiss aussieht und dem der Alten sehr nahe kommt. Die Weibchen sind bedeutend kleiner und ihr Gefieder mehr dunkel gefleckt, d. h. die dunkelfarbigen Flecke sind grösser und auch häufiger; das letztere Unterscheidungszeichen bleibt jedoch trüglich, wenn man zum Vergleichen nicht auch Männchen hat, deren Gefieder vom gleichen Alter ist. Nach Ablauf des zweiten Lebensjahres erhält dieser Pelikan sein ausgefärbtes Kleid. Den Hinterkopf, das Ge- nick und den Anfang des Nackens zieren nun bis auf einige Zoll verlängerte, seidenweiche, schmale, nach verschiedenen Richtungen gekrümmte, lockige Federn, die einen gekräuselten, mähnenartigen, flatternden Busch bilden, welcher am Genick am längsten ist. Diese Federn, wie die des übrigen Kopfes und Halses sind im Grunde licht bläulichaschgrau, an ihren Enden weiss, diese am Genick und Nacken ins Gelbliche spielend und wie rohe Seide aussehend; der ganze Unterkörper licht bläulichaschgrau mit weissen Federenden, die an einem handgrossen Flecke auf dem Kropfe seidengelblich angeflogen sind; Oberrücken und Schultern sanft aschbläulich (schwach mövenbläulich), nur die Federspitzen weiss, die Federschäfte schwarz; die Flügeldeckfedern ebenso, doch etwas mehr weiss; die Sekundärschwungfedern licht aschgrau, längs den schwarzen Schäften mattschwarz, auf dem Rande der Innenfahnen breit weiss, auf der äusseren Fahne bedeckt ein weissgrauer Puder (wie bei Seeschwalben) ein dunkleres Grau, und den äusseren Rand bezeichnet eine feine weisse Linie; die Tertiärschwingen und die längsten Steuerfedern sind in der Mitte licht asch- grau, dies oft nur einseitig, an der Wurzel und an der Kante der Innenfahnen weiss, und um die Spitze geht eine nach aussen in Weiss verwaschene Kante, die Schäfte aller schwarz; die Fittichdeck- und Daumenfedern, sowie die Primärschwingen braunschwarz, letztere am dunkelsten, diese an den Enden und jene an den Aussenfahnen weissgrau überpudert, die Schäfte aller schwarz. Der Unterflügei ist weiss, nur an der Spitze dunkel rauchfahl, die Schäfte der Primärschwingen hier braun, längs ihrer Mitte mit einer weissen Linie. Die Schwanz- federn sind grauweiss, an den Kanten in reines Weiss über- gehend, ihre Schäfte spitzewärts braungrau; die untere Seite des Schwanzes silberweiss; Schnabel, Füsse und andere nackte Teile wie oben beschrieben. Das Gefieder wird durch das Abbleichen weisser und durch das Abscheuern unansehnlicher, beides bloss gegen eine neue Mauser hin oder im Sommer bemerklicher, sonst viel weniger verändert als das junger Vögel. Das Weibchen unterscheidet sich durch die geringere Grösse, den etwas kürzeren Schnabel, den kleineren Federbusch und durch grössere dunkelgraue Flecke auf den hinteren Schulter-Flügelfedern vom gleich alten Männchen. Im hohen Alter wird dieser Vogel noch weisser, der bläulichgraue oder perlgraue Anstrich schwächer, jedoch fehlt dieser keinem oder niemals ganz; er ist wenigstens bei ver- schobenem oder aufgehobenem Gefieder am Rumpfe, oben wie unten, immer sichtbar genug, wenn er auch an den Enden der Federn, deren Spitzen vom Anfange an weiss waren, ein Stück herauf ganz ausgebleicht ist; rein weiss ist demnach das Gefieder niemals, aber auch nie wie bei der vorigen Art mit einem rötlichen Schein. Die lockigen Federn des Hinterkopfes verlängern sich bei recht alten Vögeln bis gegen 15 cm und bilden eine dicke gekräuselte Haube, die mähnenartig auf dem Nacken verläuft, und auch die kürzeren Federn an den Seiten des Hinterkopfes und des Halses nach hinten sind an den Enden so nach verschiedenen Richtungen gekrümmt, dass sie locker und kraus übereinander liegen; dieser sonderbare Feder- schmuck, welcher nie glatt angelegt werden kann, giebt sol- chem alten Vogel ein sehr dickköpfiges Aussehen. Wie bei anderen Pelikanen ist auch bei diesem die Mauser einfach und fällt in die Sommermonate, doch ist nicht genau bemerkt, in welchen. Dies mag individuell auch etwas ver- schieden sein, denn man traf mausernde und nicht mausernde Individuen beisammen, und der Federwechsel scheint über- haupt, wie bei vielen anderen grossen Vögeln, eben nicht schnell von statten zu gehen. [— Bei der Bearbeitung stand mir folgendes, im Landes- museum zu Sarajevo aufbewahrtes Material zu Verfügung: 1. altes Männchen, erlegt am 23. Januar 1894 im Sku- tari-See; 2. altes Weibchen, erlegt am 24. Januar 1894 in Govedji brod, Skutari-See; 3. altesWeibchen, erlegt am 21.Februar 1894 im Skutari-See; 4. altes Weibchen, erlegt am 22. Februar 1894 im Humsko blato; 5. altes Weibchen, erlegt am 15. März 1894 im Skutari- See (alle fünf Stück von L. v. FÜHRER); 6. altes Männchen, erlegt im April 1897 im Zaton-See in der Dobrudscha von Dr. v. Aumasy; T. etwa einjähriges Männchen, erlegt am 11. März 1897 in der Bucht von Prokopanisto (Akarnanien) von O. REISER; 8. junges Männchen, erlegt am 28. September 1899 im Utovo blato (Deransko jezero) Herzegowina von M. SARAG; 9. junges Exemplar, lebend gefangen 1886 im Utovo blato in der Herzegowina. Die Maße von sechs der oben angeführten ausge- wachsenen Exemplare sind: Flügel Schnabel Tarsus Männchen 73cm 45cm 13cm Männchen 70 „ ang 2 N Weibchen 69 „ 40 „ Intrıns, Der krausköpfige Pelikan, Pelecanus crispus BRUCH. 25 Flügel Schnabel Tarsus Weibchen 69 cm 40 cm 10 cm Weibehen BB y 1086 4 10, Weibchen 66 „ or 197, Der abgebildeteVogel ist ein altes Männchen aus Astrachan, befindlich im Dresdener Museum. —|] Aufenthalt. Der krausköpfige Pelikan ist gemein auf dem Kaspi- schen Meere, wie auf anderen grossen Seen, Flüssen und Sümpfen des mittleren und wärmeren Asien, auch in Afrika, namentlich in Ägypten und Senegambien, doch, wie es scheint, nirgends in so grosser Anzahl angetroffen worden als die gemeine Art. Am Schwarzen Meere und den Donau- mündungen kommt er in noch viel geringerer Anzahl Vor, Ver- breitet sich in solcher auch über die europäische Türkei, Griechenland und Dalmatien, erscheint aber schon etwas seltener im südlichen Ungarn, von wo er jedoch bis an die Theiss herauf geht und dort mehrmals erlegt worden ist. [— In Dalmatien und Ungarn ist dieser Pelikan jetzt sehr selten geworden. Von einem Nisten desselben ist gar keine Rede mehr, und nur hier und da wurden einzelne Vögel beobachtet und noch seltener erlegt, welche aus den Nachbar- ländern auf kurze Zeit erschienen, um etwa einen ergiebigen Fischbeutezug auszuführen. Dagegen bevölkert er gegenwärtig noch die Seen, Sümpfe und versumpften Flussniederungen in Montenegro, ÖOber- albanien und Akarnanien. —] Der zu GESNERS Zeiten auf dem Zuger See gefangene Pelikan scheint, soviel sich aus der dürftigen Beschreibung erraten lässt, zu unserer krausköpfigen Art gehört zu haben. Baron vOoN FELDEGG unterschied diese Art zuerst vom gemeinen Pelikan. Er fand ihn gar nicht selten in Dal- matien, auf den Sümpfen des Flusses Cettina bei Spalatro, in denen bei Vergoracz und auf dem Flusse Narenta. Er er- schien dort im Frühjahr und verschwand im Herbst wieder, ist also Zugvogel, mag auch wohl dort nisten und wurde ge- wöhnlich zu fünf bis sechs Stück, selten in noch grösseren Vereinen beisammen angetroffen. Er ist so wenig Seevogel wie die gemeine Art; nur die stillen Meeresbuchten, namentlich die Mündungen grosser Flüsse, Landseen und ausgedehnte, tiefe und fischreiche Moräste sind seine wahren Aufenthaltsorte. Eigenschaften. Dieser Riese unter den Schwimmvögeln ist bis jetzt noch so wenig beobachtet, dass uns über seine Lebensweise noch viel Aufschlüsse fehlen und vieles, was jene mehr ins Licht stellen könnte, zu wünschen und für spätere Forschung übrig bleibt. Das wenige, was von ihm bekannt geworden, besteht bloss in oberflächlichen Vergleichen mit der gemeinen Art. In Stellung, Gang, Schwimmen, Tauchen und Fliegen soll er nämlich dieser sehr ähneln, stundenlang in träger Ruhe, die Schnabelspitze auf die Brusthöhle gestützt oder den Hals auf den Rücken, den Schnabel auf die Gurgel gelegt, auf seinem Plätzchen verweilen, zu anderen Zeiten auf dem Wasser schwimmen und in dasselbe tauchen. In seinem häufig schwebenden Fluge erhebt er sich wie ein Geier bis zu den Wolken, sodass er nur noch die Grösse einer Schwalbe zu haben scheint, und im Wanderfluge sah man ihn, wenn mehrere beisammen waren, eine schräge, horizontal fortrückende Reihe bilden. Er ähnelt hierin auch wieder der vorigen Art. Wahrscheinlich fliegt er auch, wenn noch mehrere beisammen, ebenso in zwei schrägen, vorn im spitzen Winkel vereinten Reihen; doch sieht man ihn in Europa selten in solchen Haufen, noch weniger wie jenen in Scharen von mehreren Hunderten, selbst am Kaspischen Meere nicht oft zu mehr als zehn Individuen beisammen. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. [— Nach der Brutzeit zerstreut sich alt und jung auf weite Gebiete, aber zu Anfang Februar ziehen sich die fort- pflanzungsfähigen Vögel doch wieder in der Nähe der Brut- orte zusammen. —|] | Soweit man bis jetzt diese Art und ihre Aufenthalts- gegenden kennt, scheint sie überhaupt viel weniger zahlreich an Individuen zu sein als jene, welche deshalb auch häufig in Sammlungen lebender merkwürdiger Tiere gehalten und bei uns in herumziehenden Menagerien sehr oft gezeigt wird, ohne dass jemals, so viel ich deren auch gesehen zu haben mich erinnere, ein krausköpfiger Pelikan darunter vorgekommen wäre. Nahrung. Auch dieser Pelikan nährt sich nur von lebenden Fischen bis zu solcher Grösse, dass er sie eben noch ganz verschlingen kann. Dass er, so wenig wie die vorige Art, sich aus hohem Fluge ins Wasser stürze, um unter die Fläche zu fahren und so die aus der Höhe schon zum Ziel erwählten Fische zu fangen, hat mir die glaubhafte Versicherung eines Augenzeugen ebenfalls bestätigt, welcher in Dalmatien unter Oberstleutnant v. FELDEGG selbst Anteil an der Jagd dieser Vögel genommen und die krausköpfigen Pelikane zu fünf bis sechs Stück bei- sammen sich ohne Sturz auf das Wasser niederlassen, darauf herumschwimmen und, um zu fischen, aus dem Schwimmen unter die Fläche tauchen sah. Wenn demnach die Erzählung vom Fischen der Pelikane nach Art und Weise der Stosstaucher nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, so mögen dabei wohl noch ganz abweichende Umstände übersehen worden sein. Ebenso ist es auch nicht wahrscheinlich, dass sie durch den Fall des Körpers aufs Wasser in Begleitung heftigen Schlagens mit Flügeln und Füssen beabsichtigten, die hochgehenden Fische zu betäuben, um solche in demselben Augenblicke durch blosses Hineinstossen des Kopfes und Halses mit dem Schnabel zu er- greifen. [— Die erschöpfendste Darstellung über die Art und Weise des Fischens, des täglichen Nahrungsverbrauches und anderer charakteristischer Eigenschaften lieferte E. HODERK sen. in den Verhandlungen der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien (XXIII, S. 73.) —] Fortpflanzung. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Pelikan in Dal- matien auch brütet und dass dies von einzelnen Paaren zu- weilen auch im südlichen Ungarn geschehen möge. Ich habe jedoch nicht erfahren können, ob er in Europa von jemand dabei beobachtet sei. Dass er in Asien, in den Sümpfen am Kaspischen und dem Aral-See, auch anderwärts sich fortpflanze, weiss man gewiss; es ist jedoch über Nest, Eier, Junge u. s. w. etwas Näheres nicht bekannt. Hier finden demnach nach- folgende Forschungen ein noch ganz unbekanntes Feld. [— Auch dieser Pelikan pflanzt sich im südöstlichen Europa fort, besonders häufig in den weiten Morästen der unteren Donau. Im südlichen Ungarn, in den weiten Banater Morästen, brütet gegenwärtig kein Pelikan mehr. Das Nest und dessen Standort sind dieselben wie bei dem gemeinen Pelikan. Auch legt er, wie dieser, zwei bis drei Eier und wohl nur ausnahmsweise, wenn überhaupt, werden vier in einem Neste gefunden. Das könnte aber wohl nur durch das Zu- sammenlegen zweier Weibchen in ein gemeinsames Nest er- klärt werden. Die Eier sind von denen des gemeinen Pelikans nicht zu unterscheiden, denn obschon sie im allgemeinen etwas grösser sind als diese, so erreichen und übertreffen doch die grösseren von dieser Art die kleineren des P. crispus. Im Gebiete der westlichen Balkanhalbinsel beginnt die Paarung unter heftigen Kämpfen um die Weibchen im Februar. Auch hier werden die Eier am Rande des dichtesten Rohr- wuchses auf zusammengeknicktem und von den Vögeln fest- getretenem Rohrwuste niedergelegt, sodass das ganze einem eigentlichen Neste nur entfernt ähnlich sieht. Stets muss sich in der nächsten Nähe offenes, zum Schwimmen taugliches Wasser 4 26 Der krausköpfige Pelikan, Pelecanus crispus BRUCH. befinden. Gewöhnlich brüten mehrere Paare in nächster Nähe beisammen, sodass oft die Eier eines Paares in die flache Nest- mulde des benachbarten hinüberrollen. Die normale Gelege- zahl ist zwei, doch kommen auch Bruten mit nur einem Jungen vor, und drei Eier sind sehr selten. Es wäre auch den alten Pelikanen geradezu unmöglich noch mehr von der gefrässigen Nachkommenschaft gross zu füttern. Maße und Gewichte von vierzehn Eiern, die ich ge- messen, sind: Mittel 93x 56,2 mm, Gewicht 17,69 cg; Maximum 101,4 x 60,2 mm, Gewicht 20,80 cg; Minimum 84,2 x 54 mm, Gewicht 13,54 cg. 16 Eier der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt: 93,2 x 59,4 mm; die grössten 101,5 x 57,7 und 94 x 63,5 mm; die kleinsten 83,3 x 60,5 und 84,2 x 54,1 mm, und das Durch- schnittsgewicht beträgt 16,197 g. | | Man kann von Ende Februar bis Ende März frische Ge- lege, welche sich durch gesättigt blutrote Dotterfärbung aus- zeichnen, antreffen. Werden die Eier der ersten Brut zerstört, so legen später die Pelikane oft noch im Mai nach. Die Brutzeit dauert nach L. v. FÜHRER vier bis fünf Wochen, doch giebt es auch Angaben, welche dieselben für viel kürzer annehmen. —| Feinde. Etwas Gewisses lässt sich hierüber gar nicht sagen, da selbst die in und auf ihm lebenden Schmarotzertierchen wissen- schaftlich nicht untersucht zu sein scheinen. [-—- Bekannt ist als Federschmarotzer nur Lipeurus bifasciatus. —] Jagd. Er soll weniger scheu als der gemeine Pelikan, deshalb leichter zu hinterschleichen und zu erlegen sein. Man ist ge- neigt zu vermuten, dass jene Flüge von Pelikanen, die man längs dem unteren Euphrat antraf, aus welchen man einzelne Exemplare schiessen konnte, ohne dass die übrigen wegflogen, zu unserer krausköpfigen Art gehört haben möchten. [— Am ehesten gelingt die Jagd noch, wenn der Pelikan auf einer Sandbank fest eingeschlafen ist. Bei solcher Ge- legenheit fallen oft einem einzigen gut angebrachten Schusse mehrere zum Opfer. —] | Nutzen. [— Jung aufgezogen wird dieser Pelikan sehr zahm und fällt auf jedem Teiche dann durch seine stattliche Erscheinung - sehr auf. In südlichen Ländern verwendet man den Kehlsack getrocknet zu Tabaksbeuteln und schreibt dem sorgfältig ge- sammelten Fette in abergläubiger Weise grosse Heilkraft zu. —|] Schaden Hierin wird er ohne Zweifel der gemeinen Art gleich zu | stellen sein. u} a" R Tachypetes aquila. — Il. Familie. Fregattvögel, Fregatidae. Nur die Basishälfte der vier Zehen ist durch Schwimmhäute verbunden. Der sehr kurze Lauf ist zum grössten Teile befiedert. Der Nagel der dritten Zehe lang, gestreckt und gezähnelt. Die langen Flügel reichen fast bis zur Spitze des langen Gabelschwanzes. (REICHENOW.) | l. Gattung: Fregattvogel, Fregata L. Charakterisiert durch die Merkmale der Familie. —] Der Fregattvogel, Fregata aquila (L.). Tafel. „Fig. 2,9003. Fremde Trivialnamen: Englisch: Frigate Bird, Man of War Bird, Frigate Pelican, White-headed Frigate Pelican, Palmerston Frigate Pelican; Hurricane Bird, Cobbler (auf Barbados). Französisch: Fregate marine, Grand Fregate de Cayenne. Auf der Insel Curacao: Tijereta. Japanisch: Gunkandori. Auf der Loyalty-Insel: Wette. Auf Samoa: Atafa. Spanisch (auf Cuba): Rabihorcado; (auf Portorico): Tjerilla (Rabihorcado), irrtümlich Rabijunc. An den Küsten von Süd- und Centralamerika: Alcatraz, Grapira. Slovenisch: Burjevka, Burnica. Pelecanus aquilus. Linn. Syst. Nat. XII. I. p. 216. n. 2. —] — Pelecanus aquilu. Linne&, Syst. Nat. Ed. X. p. 133 (1758). — Pelecanus minor. Gmelin, Syst. Nat. I. pt. II. p. 572 (1788). — Pelecanus leucocephalus. Gmelin, Syst. Nat. I. pt. HD. p. 572 (1788). — Pelecanus Palmerstoni. Gmelin, Syst. Nat. I. pt. II. p. 573 (1788). — Pelecanus minor. Latham, Ind. Orn. II. p. 885 (1790). — -Pelecanus leucocephalus. Latham, Ind. Orn. II. p. 885 (1790). — Pelecanus Palmerstoni. Latham, Ind. Orn. II. p. 886 (1790). — Carbo aquilus. Meyer und Wolf, Taschenb. d. Vög. Deutschl. II. p. 580 (1810). — Tachypetes aquila. Vieill., N. Dict. d’Hist. Nat. XII. p. 143 (1817). — Tachypetes minor. Vieill., N. Diet. d’Hist. Nat. XII. p. 144 (1817). — Audubon, Birds America VII. p. 169 (1839). — Tachypetes aquilu. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. Nachträge p. 287 (1860). — Fregata aquila.. Schlegel, Mus. Pays-Bas VI. Pelecan. p. 2 (1863). — Attagen aquilu. Jerdon, Birds India III. p. 853 (1864). — Fregata marina. Degl. et. Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 359 (1867). — Attagen aquila. G. R. Gray, Hand-List Brids III. p. 131 (1871). — Fregata minor. Buller, Birds N. Zaaland p. 342 (1873). — Fregata aquila. Salvadori, Uce. Borneo p. 364 (1874). — Fregata aquila. Legge, Birds Ceylon III. p. 1204 (1880). — Fregata aquila.. Salvadori, Orn. Pap. III. p. 400 (1882). — Fregata aquila. Oates, Birds Burmah II. p. 227 (1883). — Fregata aquila. Taczanowski, Orn. Perou III. p. 427 (1886). — Atagen aquwila.. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 569 (1891). — Fregata aquila. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI.p. 443 (1898). — Fregata aquila. Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I. p. 87 (1900). — Fregata aquila. Campbell, Nests and Eggs Austr. Birds, p. 989 (1901). Abbildungen des Vogels: Edwards, Glean. N.H. pt. II. pl. 309, altes Weibchen (1760). — Brisson, Orn. VI. pl. XLIII. Fig. 2 (1760). — Buffon, Hist. Nat. Ois. VII. pl. XXX (1781). — Bonnat, Tabl. Encyel. Meth. I. pl. XIV. Fig. 2 (1790). — D’Aubenton, Pl. enl. IX. pl. 79 (Nr. 961). — Vieill., Gal. Ois. II. pl. 274 (1825). — Spix, Av. Bras. II. pl. CV (1825)..— Steph. in Shaws Gen. Zool. XIII. pl. 13 (1826). — Möneville, Icon. R£g. Anim. Ois. pl. 64. Fig. 2 (1829—38). — Lesson, Trait&e d’Orn. pl. 115 (1831). — Schinz, Nat. Abbild. Vög. pl. 133 (1833). — Audubon. Orn. Biogr. III. pl. 271 (1835). — Audubon, Birds America VII. pl. 421 (1839). — Reichenbach, Natatores pl. XXXI. Nr. 372 und 373 (1850. — Maynard’s Contributions to Seience Vol. I. pl. XIV (2 Tage altes Junges). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XCIO. Fig. 10 (1845—53). | Beschreibung. Die ganze Länge beträgt gegen 85 bis 94 cm, die Länge des Schwanzes fast 45 cm, die des Flügels vom Bug bis zur 77T em. Der Flügel ist spitz; die erste Schwungfeder die längste; die folgenden stufen sich rasch ab, dass die achte schon unter die Länge der oberen Deckfedern hinab geht. Der Schwanz ist gegabelt, die Mittelfedern sind um fast 26 cm verkürzt. Der Schnabel ist längs der Mundspalte 13,2 cm, längs der Firste 10,5 cm lang, sehr schlank, nach vorn etwas ansteigend, an der Spitze beider Kiefer mit deutlich abgesetztem, abwärts sekrümmtem Nagel versehen. Die schmal ritzförmigen Nasen- löcher liegen an der Schnabelbasis und setzen sich in einer Nasenfurche fort, die der Firste parallel bis an den Nagel verläuft. Die befiederten Läufe sind sehr kurz, ungefähr 2,75 cm, die Mittelzehe 5,5 cm und deren Kralle 1,2 cm lang. Die Zehen sämtlich durch halbe Schwimmhäute miteinander ver- bunden. Die Mittelkralle ist sägenartig eingeschnitten. Schnabel, Füsse und die nackte Kehlhaut rot. Das alte Männchen hat ein ganz schwarzes Gefieder und eine bis zum Kropf nackte Kehlhaut. Bei jüngeren Männchen ist das Gefieder der Brust und am Grunde des Halses weisslich grau, der Oberflügel längs dem Unterarme fahlbräunlich. Das übrige Gefieder braun- schwarz, oben mit etwas heller abschattierten Federrändern. Kehlhaut am Kinn erweitert. | Bei dem Weibchen ist Kopf, Hals, Brust und ein Teil des Bauches schmutzig weiss. Der Öberflügel längs dem Unterarm hell fahlbräunlich. Das übrige Gefieder schwarz- braun, oben mit heller abschattierten Kanten. Die Kehlhaut am Kinn erweitert, nach dem Kropfe hin in einem schmalen Streifen fortgesetzt. [— Nach GUNDLACH (Journ. f. Ornith. 1857, S. 239) ist bei dem Weibchen der Schnabel bleigrau, die nackten Teile des Gesichts graulichblau, etwas dunkel, die Beine rosenrot, nach innen schmutzig weiss, Iris dunkelbraun. Nach J. J. VON | Tschupı (Journ. f. Ornith. 1856, $. 146) bildet „die unbefiederte 4* 28 Kehlhaut einen etwas vorragenden, seitlich komprimierten fleischfarbenen Kropf, nicht aber, wie einige Naturforscher an- gaben, zwei blutrote Fleischsäcke. Das grosse Auge ist mit einem nackten schwarzbraunen Ringe umgeben“. Die Jungen haben nach PLEUROSE (Ibis 1879, S. 276) ein ganz weisses Dunenkleid. Die ungefähr dreiviertel flug- fähigen haben im allgemeinen Ähnlichkeit mit den Alten, ausser dass einige der Federn auf der Mitte des Rückens mit Gelblich- weiss gerändert sind. Ausser dem grösseren Fregattvogel, unserer Fregata aqua (L.), ist noch ein kleinerer Fregattvogel, Fregata ariel (GOULD) unterschieden, vorkommend im Tropischen, Indischen und Stillen Ocean. Nach dem Catalogue of the Birds in the British Museum unterscheidet sich, abgesehen von der Grösse, Fr. aquıla dadurch, dass sie bei den alten Männchen keine weissen Flecken an den Seiten hat und bei den alten Weibchen kein weisses Halsband um den hinteren Teil des Nackens, während bei Fr. ariel die Männchen einen weissen Fleck an jeder Seite und die Weibchen ein weisses Halsband um den hinteren Teil des Nackens tragen. FInscH ist anderer Ansicht und setzt in einem längeren Artikel, der sehr schön seine zahlreichen Beobachtungen der Fregattvögel zusammenfasst, auseinander, dass beide sich nur durch die geringere Grösse unterscheiden, „die, abgesehen von den meist viel grösseren Weibchen, individuell so variiert, dass Zwischenformen eine Unterscheidung der grossen Art (Fr. agula (L.)) mit der kleinen (Fr. ariel (GOULD)) sehr schwierig, ja fast unmöglich machen“ (Ornith. Monatsschr. XXV, S. 446 bis 452). In der Ornithologischen Monatsschrift (XXVL, S. 412) be- richtigt Dr. WALTER ROTHSCHILD diese Behauptung FINnscHs. Auf Grund von sehr zahlreichen Untersuchungen (es standen ihm zur Verfügung 16 Exemplare von F. ariel aus West- australien (vom Brutplatze), von den Tenimber- und Kay-Inseln, Borneo, Madagaskar, 36 Exemplare von F! aquila von Laysan, den Galapagos-Inseln, der Westküste Amerikas, Aruda und Madagaskar aus seiner eigenen Sammlung, ausserdem 20 der kleinen und 50 der grossen im Britischen Museum) „unter- scheidet sich das Männchen der kleineren Art ausser durch seine meist bedeutend geringere Grösse durch einen grossen weissen Fleck an den Körperseiten, der bei F\ aquila fehlt. Das alte Weibchen von F. ariel scheint in der Färbung mit dem von F. aquıla übereinzustimmen, ist aber kleiner, der junge Vogel hat aber unten eine andere Farbenverteilung als der von F. aguila. Übrigens ist auch die Verbreitung der beiden Formen Keine gleiche, denn während F. aguila die warmen Teile aller Meere bewohnt und zumal im Stillen Ocean weit nach Norden hinauf (Ponape, Laysan) brütet, ist die Kleine Art, F. ariel, nur aus den südlichen Teilen des Stillen und Indischen Oceans, meist südlich und nur wenig nördlich des des Äquators, beobachtet worden.“ HARTERT schreibt (Nov. Zool. VI, 1899, S. 175): „RIDGwAY (Proc. U. S. Nat. Mus. XIX, S. 590 u. 591) und GRANT (Cat. Birds Brit. Mus. XXVI], S. 443) haben ganz richtig den Namen F. ariel für die kleine Art angenommen, die im südlichen Stillen . Ocean und im Indischen Ocean gefunden wird, von Madagaskar bis Australien und den Gesellschaftsinseln, und bezeichnen Fy. minor (Pelecanus minor GMELIN) als einen Namen, der den kleinen Individuen der gewöhnlichen grossen Art, Fr. aquila (L.), ge- geben ist. Auf der anderen Seite regt Rınaway (l. c.) die Frage an, ob Fr. aquila minor es wert ist, als besondere Form von Fr. aquila aguila getrennt zu werden oder nicht. Wenn dies der Fall, würde die kleine Form nur gelegentlicher Be- sucher der Galapagos-Inseln sein, während Fr. aquila agquila regelmässig nach Rıpaway dort vorkommen würde. — Unser Material von den Galapagos-Inseln beweist, dass die kleine Form Standvogel auf den Inseln ist, und wir glauben, es be- weist auch, dass die grosse und die kleine Form vollständig in denselben Kolonien ineinander übergehen und dass sie des- halb als Subspecies nicht voneinander getrennt werden können.“ | m 10 00000000720207022020002 Land mn mm nn mn m Tg sjäzpsrzpfpfj[ elle LLLLILLLLLLLLLLL_LL([( Der Fregattvogel, Fregata aqua (L.). Bei dem geringen Material, das mir hier im Braun- schweigischen Museum vorliegt (ein Exemplar von dem grossen und ein Exemplar von dem kleinen Fregattvogel), kann ich mir in betreff der Entscheidung dieser Frage durch den Augen- schein kein sicheres Urteil bilden, möchte mich aber der Auf- fassung von OGILVIE-GRANT, HARTERT und ROTHSCHILD zuneigen. Jedenfalls gehört das von BECHSTEIN erwähnte auf deutschem Boden an der Weser erbeutete Exemplar dem grösseren Fre- gattvogel, Fregata aquila (L.), nach der Beschreibung zu. Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom 3. Oktober aus Rio de Janeiro, befindlich im RoTHScHILDschen Museum in Tring, sowie ein Weibchen. —|] Aufenthalt. Der Fregattvogel gehört zu den Bewohnern der Tropen- meere, die sich einzeln nach nordischen Breiten verfliegen. Nach dem Zeugnisse BECHSTEINS (Naturgeschichte Deutschlands, zweite Ausgabe III, S. 756) ist im Januar 1792 sogar einer auf der Weser bei Hannöverisch-Münden erlegt worden. Wenn auch die Thatsache nicht weggeleugnet werden soll, so kann man sie doch als eine so isolierte betrachten, dass sie mit dem Erscheinen einzelner verschlagener Wanderer aus Asien oder Nordamerika nicht in Vergleich zu stellen ist. [— Folgende einzelne Beobachtungen liegen vor: I. Aus dem Atlantischen Ocean: Jamaica nach Scott (Auk VIII, S. 363) das ganze Jahr hindurch; auf Cuba nach GUNDLACH im Juli und August regelmässig nistend (Journ. f. Ornith. 1861, S. 303); auf Florida in der Oaloosa- hatchic-Region brütend (Auk IX, S. 211); auf den Windward- Inseln in den Kleinen Antillen nach TAyLoR (Ibis 1864, S. 172); in der Samana-Bai auf San Domingo (nach Dr. CHRISTY in Ibis 1877, S. 342); auf Aruba (Kleine Antillen) (Ibis 1893, S. 308), Curagao (ebenda S. 326), Bonaire (ebenda S. 836) nach HARTERT; auf Barbados, der östlichsten der Kleinen Antillen, nach H. W. FEILDEN (Ibis 1889, S. 501); an der Küste von Yucatan, Halbinsel von Mexiko (Ibis 1889, S. 376); auf Andros-Island (der grössten der Bahama-Inseln), das früher nach NORTHROP (Auk VIII, 1891) Brutplatz war. Auf St. Vincente (Kleine Antillen) wurde er von der „Gazelle“ gesammelt (Journ. f. Ornith. 1876, S. 329). Auf Fernando Noronha (Insel 4 Grad südlicher Breite, östlich von Brasilien) nach RıpLrY (Ibis 1891, S. 141) kommt er vor. Auf der Bar- buda-Insel (Kleine Antillen) (Cat. of eggs of brit. Mus., II, S. 212) ist ein Brutplatz. Auf der Ascension-Insel (nord- westlich von St. Helena) ist er häufiger Brutvogel nach PLEU- ROSE (Ibis 1879, S. 276), ferner kommt er brütend auf einem flachen Tafellande von Boatswain-Island, wo der Guano zwei Zoll tief liegt, vor. Auf St. Helena (Ibis 1870, S. 105) waren sie früher häufiger als jetzt. Auf den Capverdischen Inseln ist er 1892 bei Bonavista von ALkx. BoGDAnow be- obachtet (Ibis 1898, S. 90); auf dem Felsen einer kleinen Insel gegenüber Sal Rei brütet er (Ibis 1898, S. 114). An der Küste von Gambia, unter dem Äquator an der afrikanischen Küste und am Kongo kommt er nach REICHENow vor (Vögel Afrikas l. c.) und auf den Azoren ist er zufälliger Gast (Journ. f. Ornith. 1891, 5. 14), Auch an der Küste von Mexiko, Cozumel- Insel, an der Küste von Brasilien (Bahia, Rio de Janeiro) (Cat. B. Brit. Mus. 1. c.), auf der Insel Trinidad (Cat. B. Brit. Mus. 1. ce.) und an der Belize-Küste in Britisch Honduras (Cat. B. Brit. Mus. 1. c.) ist er beobachtet. U. Im Indischen Ocean ist er auf Ceylon nach HART- LAUB (Journ. f. Ornith. 1854, S. 180) und LEoGE (l. c.) be- obachtet. Auf Diego Garcia (Maladiven-Insel) von FinscH beobachtet (Ornis 1887, S. 3), aber nicht nistend gefunden. Auf den Kerguelen von der Gazelle gesammelt (Journ. f. Ornith. 1876, S. 329). Auf Lombok (kleine Sunda-Insel bei Java) nach WALLACE beobachtet (Nov. Zool. III, 1896, S. 599). Auf Saparoea (Molukkeninsel zwischen Celebes und Neu-Guinea) am 9. Januar 1874 erlegt (Journ. f. Ornith. 1877, S. 382). Auf den Seychellen (Cat. B. Brit. Mus,, l. c.), in Malacca, auf woypgeMm g TpooA de zg "IESoANEeZB1A '"T) eiınbe eIESI1 4 wopuugm I [9S0ANYIdoAL "T SNIIAYI9E UOIIEUT rar KERSEIETRNREE L d . A Ir I jur»; EL rg i $ u uer rw TV aaa apa ROSEN ER; jr VRR A BL WE LAN BF, er a Die AR BT a NENNE EUER, i ar Arepenhehigs RR ie, ie le LVA ‘ k SER NEIN, z j Er Br i re Basar: u h f BaRe 1 ') Pr F e h £ N EEE > ‚d " , Ra TREE Ya A, ‘ DE LAS R yRlrt f . - } EN F ei R ey IT 2, Lu EZ DE AANTUTE We D BEN TEL. LA ' A RR 00 Ve IHRER aan ae er an A ern, ni Re Ey. a { v. ! 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Auf den Fidschi- Inseln (Eier in der Sammlung NEHRKORN stammen von dort), dem Malden-Island (Eier im Britischen Museum), den Pau- motu-Inseln (Journ. f. Ornith. 1857, 8. 170), in Lölla-Hafen (Kuschai) der östlichen Karolinen-Inseln (Journ. f. Ornith. 1880, S. 296) ist er beobachtet, vielleicht nisten sie dort in der Nähe. Auf Christmas-Island wurde er am 6. Oktober von MAC-FARLANE brütend gefunden (Ibis 1868, S. 218). Auf den Hawai-Inseln kommt er nach Fınsch vor (Ibis 1880, S. 17). Auf Salas y Gomez wurde er am 5. März von MAc-FARLANE brütend gefunden (Ibis 1887, S. 210) und auf Ellice-Attols (Gilbert-Inseln) (Ibis 1895, S. 215) beobachtet. Auf den Galapagos-Inseln wurden Eier gefunden am 30. Juli auf Wenman-Island, am 27. Juli auf Culpepper-Island, am 31. Oktober auf Gardner-Island und am 27. und 28. Oktober auf Hood-Island (Catalog der Eier des Britischen Museums, Vol... H; 8. 1212). " In Kalifornien ist er an der Humboldt-Bai und in North-Pasadena 1882 beobachtet (Auk I, S. 362), ebenso bei San Francisco, La Paz (Cat. B. Brit. Mus., l. c.). An der Küste des westlichen tropischen amerikanischen Hon- duras ist er gemein (Ibis 1860, S. 316) an der Bai von Fon- seca, Half-Moon Key und Man-of-War Key brütend (Eier vom 1. Januar von dort im Britischen Museum laut Katalog, Vol. II, S. 212). | Ferner ist er beobachtet an der Küste von Queens- land, Raine-Island, Samoa (Cat. B. Brit. Mus., 1. c.), an der Küste von Peru (Payta) (Cat. B. Brit. Mus., l. c.), an der Küste von Guatemala (Champerico) (Cat. B. Brit. Mus., 1. e.), Pa- nama. Zuweilen gehen sie weit nach Norden. So wurde am 13. August 1844 einer in Godbaut, Provinz Quebec, Kanada, an 40 Meilen westlich flussabwärts beim Lichtschiffe des Mani- cougan (eines Nebenflusses des Lawrence-River unter circa 49 Grad nördlicher Breite) gesehen (Auk I, 1885, S. 113). Seltener sind die Beobachtungen im Innern des Landes. So wurde einer am 16. August 1880 in Osborne-County in Kansas am Salomon-River (eines Nebenflusses des Missouri) erlegt (Auk III, 1886, S. 113). Am 4. Juli 1896 wurde ein junges Männchen nach Shelbyville in Indiana verschlagen (Auk XIV, 1887, S. 200) und im Jahre 1880 einer nach dem Ohio- T'hale. — Im Jahre 1863 wurde einer in Rio Grande (Texas) erlegt (Journ. f. Ornith. 1866, S. 45). Als ein derartig weit verschlagenes Exemplar ist auch das nach BECHSTEIN auf der Weser vorgekommene anzu- sehen. —] Eigenschaften. „Der scharfe Flug“, sagt von TscHupI, „das plötzliche Hinunterstürzen aus beträchtlicher Höhe auf die Beute, die Gier, mit der er sie, kaum erhascht, hinunterwürgt, seine tapfere, fast wütende Verteidigung, wenn er angegriffen wird, charakterisieren diesen Vogel als den „Geier der Meere“. Die Kraft seines Schnabels ist sehr bedeutend, und ich zweifle keinen Augenblick an der Richtigkeit der Angabe unseres ersten Steuermannes, der versicherte, eine Fregatte habe seinem Bruder einen Finger völlig abgebissen (!). Das oben erwähnte, unter 14 Grad 51 Minuten ans Schiff kommende Individuum setzte sich — es war abends — in der ersten Nachtwache auf die grosse Rae des Marssegels, wo ihn eine Stunde später ein Jungmann im Schlafe überraschte und ihn mir brachte. Es es auf dem Verdecke frei — auch diesem Vogel gestatten die langen Flügel nicht, sich ohne Anlauf von einer ebenen Fläche zu erheben — als sich ihm Türk, ein riesenhafter Hund von den Falklandsinseln, näherte; der Vogel schlug gleich nach ihm, der Hund nahm die Herausforderung an, musste sich aber nach kurzem Kampfe als Besiegter mit blutigem Kopfe zurück- ziehen. Seine ausgezeichneten Flugwerkzeuge befähigen ihn zu einem „äusserst schnellen“ und dauerhaften Fluge, und die Behauptung Lessons, dass er sich nie über einen Grad vom Lande entferne, ist durchaus irrig. Unser Exemplar wurde mehr als 70 geographische Meilen vom nächsten Lande ge- gefangen, und nach den Berichten aller Seefahrer entfernen sie sich auch in der Südsee auf bedeutende Distanzen vom Lande. Dort begegnen sie aber auch wenigen Schiffen und sind auch weniger scheu. CHAMIsso erzählt, dass sie auf die roten Wimpel des „Rurik“ wie auf Beute schossen.“ GUNDLACH teilt uns über ihre Lebensweise (Journ. f. Ornith. 1875, S. 406) Folgendes mit: „Sie können nicht schwimmen, weil sowohl ihre sehr kurzen Beine nicht dazu dienen, als auch die Länge der Flügel es nicht erlaubt. Ihr Flug ist majestätisch, in wiederholten Kreisen, mit ruhig fast ohne Flügelschläge ausgestreckt gehaltenen Flügeln, also ähnlich dem Fluge der Aasgeier, von welchen sie sich sehr leicht durch die spitze Form der Flügel unterscheiden. Nie setzen sie sich auf den flachen Erdboden, sondern entweder auf Felsen oder auf Baumäste oder auf Pfähle, welche aus dem Meere hervorstehen. Die Stimme ist ein Krächzen und wird selten ausgestossen. Bisweilen sieht man den Vogel weit über Land fliegen und dann und wann über einer Stelle Kreise beschreiben, selbst wenn unten kein Wasser und keine Teiche sind. Es scheint, als ob in dem von einer Küste zur anderen Fliegen ein Vorgefühl von starken Witterungsänderungen läge. So sah ich sie in grosser Zahl vor dem Orkane im Jahre 1844 und zu anderen Zeiten.“ Zuweilen scheinen sie aber doch auf ihren weiten Flügen über das Meer zu ermüden, wie die oben mitgeteilte Beobachtung v. TSCHUDIS zeigt. | Nach SCHAUINSLAND (l. ce.) ging auf Laysan (25 Grad 46 Minuten nördlicher Breite und 171 Grad 49 Minuten west- licher Länge, 800 Seemeilen von Honolulu) ihre Zutraulichkeit bisweilen bis zur Frechheit. Ein Fregattvogel nahm einst rasch von hinten heran- schiessend einem heimkehrenden japanischen Arbeiter die Mütze vom Kopf, hob sie hoch in die Lüfte und liess sie erst nach einiger Zeit wieder fallen; dieses Spiel wiederholte er an mehreren Tagen hintereinander. Wenn sie hoch in der Luft schweben, ist keine Bewegung an den Flügeln zu bemerken; nur der tief gegabelte Schwanz ist bald ganz geöffnet, bald nimmt er die Keilform an, der Vogel scheint jedoch unbeweglich (Ibis 1859, S. 369; Proc. Zool. $. 1858, 8. 318). Dies Öffnen und Schliessen des Schwanzes gleicht dem Öffnen und Schliessen einer Schere, daher wohl der Name „Tigerilla“, d.h. „Kleine Schere“ auf Cuba kommt. Der grosse amerikanische Ornithologe AUDUBON beschreibt (Ornith. Biographie vol. III, S. 499, siehe Journ. f. Ornith. 1855, S. 21) sehr interessante Beobachtungen über den Gebrauch der sägenartig eingeschnittenen Mittelkralle als Kamm zum Reinigen des Gefieders vom Ungeziefer: „Ich hatte oft beobachtet, dass der Fregattvogel sich im Fluge mit den Füssen am Kopfe kratzt. Nun geschah es eines Tages, dass, als der Vogel hierbei, wie er dies zu solcher Zeit gewöhnlich thut, sich aus der Luft herabsenkte, er mir bis auf Schussweite herankam, sodass ich ihn fast über meinem Kopfe erlegte. Ich konnte ihn daher schnell aufnehmen. Schon jahrelang aber war ich begierig gewesen, zu erfahren, welches der Nutzen des kammähnlichen Randes an dem einen Nagel mancher Vögel sein möge. Indem ich nun schnell beide Füsse 30 Der Fregattvogel, Fregata aquila (L.). jenes Fregattpelikans mit einem ’Vergrösserungsglase betrach- tete, fand ich die Zähne (rags) der Nägel voll solcher Insekten, wie sie auf dem Kopfe des Vogels, besonders in der Gegend um die Ohren, sich vorfinden. Zugleich nahm ich wahr, dass die ausgezackten Krallen der Vögel dieser Art weit länger, flacher und kammähnlicher sind, als die irgend eines mir be- kannten anderen. Deshalb fühle ich mich jetzt überzeugt: dass, wie nützlich auch dieses Werkzeug noch bei anderen Gelegenheiten sein möge, es doch ganz gewiss angewendet wird, um Teile der Haut und des Gefieders zu reinigen, welche die Vögel mit dem Schnabel nicht erreichen können. In der That würde letzterer gerade bei einem Fregattvogel wegen der grossen Länge des Schnabels und weil dabei immer haupt- sächlich nur dessen Spitzenteil wirksam ist, selbst in betreff des ganzen Halses (nicht bloss des Kopfes) offenbar noch weniger möglich sein, als bei irgend welchem anderen Vogel. Und doch sind bei ihm, im Gegensatz zu allen übrigen pelikan- ähnlichen, die Federn des Kopfes und Halses ziemlich breit und so lang oder spitz auslaufend: wie bei den meisten (edlen) Raubvögeln, denen er ja auch sonst in so hohem Grade ähnelt. Dazu kommt aber noch,, dass er sich weder badet noch schwimmt, ja nur höchst selten einmal auf dem Wasser aus- ruht, sich also hier gar nicht „reinigen“ kann. Darum bedarf er gewiss eines derartigen Werkzeuges mehr als jeder andere, noch mehr, als die Scharben, die AUDUBoN sich derselben gleich- falls bedienen sah. Denn hiernach können sich bei ihm die Schmarotzerinsekten besser ungestört verstecken und festsetzen, als vielleicht bei jedem anderen Vogel mit gezähneltem Nagel- rande. Daher bei ihm die stärkere Entwickelung dieses Werk- zeuges. Dagegen braucht er dasselbe, obgleich er sein Nest auf die Oberfläche der niedrigen, trauerweidenartig hängenden Mangrove-Bäume baut, zum Festhalten auf diesen offenbar weniger, als jeder andere pelikanartige, da ihm die sehr kurzen, gleichsam nur angedeuteten Schwimmhäute dies ohnehin mehr erleichtern, als jedem anderen von ihnen.“ Nahrung. Diese besteht aus Fischen und anderen lebenden und ‚toten Seetieren, Abfällen der Schiffsküche u. s. w. Ihre grosse Gier und immerwährender Hunger zeigen, dass sie starke Fresser sind, wie fast alle Seevögel. Ob die Seeluft auch ihren Appetit reizt? [— Man sieht ihn nach GUNDLACH (Journ. f. Ornith. 1875, 5.406) auf Cuba in Habanna „täglich in mehreren Exemplaren über dem Hafen schwebend, nach Beute und Nahrung spähend und sie durch Niederstossen aufnehmend. Sie stürzen sich jedoch nicht in das Wasser, denn ihre langen Flügel würden das Auffliegen aus demselben hindern, sondern kurz vor Be- rührung des Wassers ändern sie die Richtung des Fluges und steigen durch die Gewalt desselben wieder in die Höhe, nach- dem sie im Vorüberfliegen mit dem Schnabel die Nahrung ergriffen haben. Diese besteht aus fliegenden Fischen, anderen an der Oberfläche schwimmenden oder tot auf derselben liegen- den und aus anderen Seetieren und ins Meer geworfenen Ab- fällen von Fleisch. Sie zwingen auch durch Stossen auf See- schwalben, Möven, Scharben und andere mehr diese Vögel, ihre aufgenommene Nahrung auszubrechen und verschlingen sie dann. Ganz dasselbe bestätigt Professor Dr. SCHAUINSLAND uns in seinen packenden Schilderungen in seinem Artikel: Drei Monate auf einer Koralleninsel (Laysan), Bremen 1899. Es heisst dort (Seite 60 bis 61): „Die meiste Veranlassung zu Zank und Streit unter den Vögeln auf Laysan bot der grosse Wegelagerer, der Fregatt- vogel; an anderen Wohnplätzen soll derselbe ja wohl wie andere Vögel seine Nahrung aus dem Meere holen, hier auf Laysan habe ich ihn nur als Räuber kennen gelernt. Kommen die Sturmvögel, die Tölpel (S.cyanops SUNDEVALL und $| piscatrix L.), die Tropicvögel (Ph. rubricauda BoDD.) beladen vom Fischfange zurück, so erspäht sie der diebische Geselle schon von weitem und sucht sich ihrer Beute zu bemächtigen. Mit sausendem Fluge, dem an Schnelligkeit kein anderer auch nur entfernt _ sleichkommt, erreicht er gleich einem Pfeil sein Opfer und zwickt dasselbe mit seinem langen, scherenartigen, vorne hakigen Schnabel so lange, bis es, um nur entweichen zu können, seinen gefüllten Kropf entleert; wie ein Blitz schiesst der Räuber hinterher und hat den für ihn leckeren Bissen . schon lange in seinem unersättlichen Schlund geborgen, bevor dieser fallend das Meer hätte erreichen können. Bemerkenswert ist es, dass die Fregatten dabei die kleineren Vögel nur zwicken und quälen, nie aber ernstlich verletzen noch töten, denn sonst würden sie sich ja ihrer Er- nährer berauben.“ Verwundete Exemplare brechen nach GUNDLACH (l. c.) die Nahrung wieder aus. Gefangene Vögel in zoologischen Gärten konnten trotz aller Bemühungen nur durch künstliches Einstopfen von Fischnahrung erhalten werden. —] Fortpflanzung. Der Fregattvogel scheint sich nur innerhalb der Tropen fortzupflanzen. So berichtet Dr. GUNDLACH von Cuba, während er auf den Bermudas nicht brütet. Er legt sein Nest auf Felsen in der Nähe des Meeres an; es enthält ein verhältnismässig sehr kleines Ei. Es misst nur zwischen 49 bis 53 mm in der Länge bei 35,3 bis 37,3 mm Breite, ist gestreckt eiförmig und gleicht in der Gestalt, wie in dem Überzuge von weissem, kohlensaurem Kalk den Eiern der grossen Scharbenarten, ist aber im ganzen etwas bauchiger und also ovaler als diese, deren grössere Exemplare es an Grösse nicht übertrifft. Die Schale ist dünner als bei ihnen und auch der Überzug weniger stark aufgetragen, sodann leuchtet es innen gelblich durch, während jene einen grünlichen Schein haben. [— Häufig scheinen sie auch auf Bäumen zu nisten. So schreibt GUNDLACH (l. c.): „Im Mai bildet diese Art, meistens in Gesellschaft, auf horizontalen Ästen der am Meere stehenden Bäume aus Reisern ein flaches, kunstloses Nest und legt zwei bis drei längliche, glanzlose, weisse Eier von 67%<50 mm. Die frischgeborenen Jungen sind mit einem gelblichweissen Flaum bedeckt. BRYANT beobachtete 1859 (Journ. f. Ornith. 1861, S. 57) eine Brutkolonie auf den Bahamas-Inseln auf Felsen. „Am höchsten und mittleren Teile des Tölpelfelsens brüteten un- gefähr 200 Paare auf einer Fläche von 40 Quadratfuss, zwischen ihnen brüteten kleine Tölpel. Junge und Alte konnte man mit den Händen greifen, und nach einem Flintenschusse flogen sie zwar mit betäubendem Geräusche in die Luft, kehrten aber sogleich wieder zu ihren Nestern zurück. Das einzige weisse Ei bebrüten Männchen und Weibchen abwechselnd. Beide füttern das Junge zuerst aus ihrem Kropfe.“ SCHAUINSLAND (l. c.) beobachtete sie auch auf Laysan in einer Brutkolonie, die auf den Wipfeln einer strauchartigen Melde angelegt war. Er schreibt (5. 57): „Von ihrer Eltern- liebe zeigte die Mehrzahl der Vögel einen grossartigen Zug von Selbstlosigkeit. Bei den Fregattvögeln musste man, waren die Jungen erst ausgeschlüpft, geradezu Gewalt anwenden, um den sich heftig und empfindlich wehrenden Vogel von seinem Neste zu verscheuchen. Gerade beim Fregattvogel, dem sonst an List und Tücke reichen Räuber, war das am auffallendsten; scheute er sich doch andererseits gar nicht, in einem un- bewachten Augenblicke nicht nur die Kinder der schwächeren Vögel, sondern sogar die seiner eigenen Sippe zu verschlingen.“ Drei Eier aus der Sammlung NEHRKORNs haben folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: Längs- "- N durchmesser hier ee Dezember 1894, St. Paulo 66,3 mm 49,2 mm 5,8 8 Viti-Inseln 69,4 „ 46,7 „ Doy Viti-Inseln 202 48 M Saar a} Der Fregattvogel, Fregata aquila (L.). ol Die Eier sind ohne allen Glanz, weiss mit einem leichten | und Pt. pteröcolurus var. velata (TRT.), ferner T’rouessartia coni- Stich ins Gelbliche, weisslich durchschimmernd. Die Schale ist ähnlich wie bei den Scharben mit einer dünnen, porenlos erscheinenden äusseren, weisslichen Schicht überzogen, die.an einigen Stellen (offenbar war sie beim Legen noch ganz weich) äussere Eindrücke und Abschabungen zeigt. Die beiden Eier von den Viti-Inseln sind langgestreckt oval, das von St. Paulo dickbauchig, kurzoval. | Ein von mir gemessenes Ei aus der Sammlung HOLLANDTS (jetzt im Museum brunsvicense) hat folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 64,3 mm . 45,8 mm 29 mm Nach REICHENnOWw (l. c.) haben die Eier eine Grösse von 64 bis 70x 45 bis 49,5 mm und wiegen 5600 bis 6070 mg. Ein Ei aus der Sammlung Reys hat die Grösse von 70,9 x 45,6 mm und ein Gewicht von 7,65 g. 24 Eier im Britischen Museum haben nach dem Katalog (vol. II, S. 212) folgende Grössen- verhältnisse: 59,44 bis 72,39 x 41,81: bis 50,80 mm. Feinde. In den Eingeweiden wurden gefunden: Ascaris granulosa SCHNEIDER, Distomum cochleariforme RuD., Taenia Pelecanı aquilae RUDOLPHI, Distomum (Microlistrum) cochleariforme RUD., Ascarıs spiculigera RUD. Im Gefieder kommen vor: Pieralloptes pterocolurus (TRT.) ventris (TRT.). Jagd. Die Angaben darüber widersprechen sich zum Teil; die eine z. B. findet den Vogel scheu und schwer zu schiessen oder zu angeln, die andere meldet das Gegenteil. Dass er unter Umständen leicht zu erhalten ist, beweist die obige Er- zählung von dem im Schlafe ergriffenen Exemplare. Nutzen. Nach GUNDLACH (Journ. f. Ornith. 1875, 5. 406 u. ff.) ist ihr Fleisch hart und dunkel und mit einem Fischgeschmack verbunden, daher wohl zum Genusse für Menschen nicht ge- eignet. In früheren Zeiten hielt man das Fett für heilkräftig sesen rheumatische Schmerzen. Schaden. Man kann wohl nur theoretisch von einem Schaden des Fregattvogels sprechen, da er zahlreiche Fische verzehrt. Da aber in den tropischen Meeren ein. so unendlicher Reichtum an Fischen sich befindet, dürften diejenigen, die den Fregatt- vögeln zum Opfer fallen, für den Menschen gar nicht in Be- tracht kommen, abgesehen davon, dass der Fregattvogel ja sehr häufig anderen Vögeln nur die schon gemachte Beute abjagt. —] (— Ill. Familie. Tölpel, Sulidae. Vierte Zehe deutlich kürzer als die dritte. Die erste Zehe ist so tief angesetzt wie die übrigen. Die Nägel sind lang und spitz, der der Mittelzehe gezähnelt. Der mässig lange Schwanz ist spitz keilförmig. Die Flügel reichen fast bis zur Schwanzspitze. (REICHENOW.) —|] I. Gattung: TÖölpel, Sula Brısson. Schnabel: Gross, stark, hinten dick und rundlich, vorn zusammengedrückt, gerade, die Spitze ein wenig unterwärts gebogen. Der Oberschnabel ist aus drei Teilen der Länge nach zusammengefügt, welches äusserlich durch tiefe Längsfurchen angedeutet ist, und am unteren Teile wird am Anfang des Kopfes noch eine Querfurche bemerklich, welche eine ungewöhnliche Ausdehnung des bis weit hinter das Auge gespaltenen Rachens zulässt, weil dort der Knochen durchschnitten ist und bloss durch Bänder zusammengehalten wird. Der Unterschnabel ist ganz hinten ziemlich hoch, seine Seitenflächen sind geebnet; der Kiel bis nahe an die Spitze gespalten und diese wie ein Keil eingeschoben; die Firste gerundet; die Schneiden gerade, sehr scharf, fein gezähnelt, nahe an der etwas herabgesenkten Spitze meistens mit einem grösseren Einschnitt. — Die Haut, welche die Kielspalte überspannt, wie die auf der Mitte der Kehle herab und unten spitz endend, ist nackt und sehr dehnbar. Auch die Haut an den Zügeln, um das Auge und am Mundwinkel ist nackt, letztere ebenfalls dehnbar und zur Erweiterung des tiefen Rachens geeignet. Nasenlöcher: Seitlich, unfern der Stirn, in der bis nahe an die Spitze vorgehenden Seitenfurche des Oberschnabels liegend, einen kleinen, kaum bemerkbaren Ritz vorstellend. ! Füsse: Sehr kurz, stark, von oben bis an die Ferse befiedert und fast ebenso weit in die Bauchhaut eingeschlossen; die Ferse stark; der Lauf ziemlich zusammengedrückt; die Zehen schlank, die äussere und mittlere von gleicher Länge und die längsten; die Daumenzehe stark nach innen gerichtet, mit der inneren Vorderzehe, gleich den übrigen, durch eine volle Schwimmhaut verbunden; die Krallen mittelmässig, ziemlich scharf, die. der mittleren Vorderzehe auf der Seite nach innen mit vorstehender, fein gezähnelter Schneide. Die weiche Haut der Füsse ist nur auf dem Spann und den Zehenrücken fein geschildert, übrigens äusserst zart gegittert. Flügel: Wegen der sehr langen Ober- und Unterarmknochen, aber ziemlich kurzen, jedoch starken Schwungfedern ausserordentlich lang und schmal; die erste Primärschwinge mit der zweiten meistens von gleicher Länge und die längste von allen. Die Schwungfedern haben sehr starke Schäfte; ihre Spitzen erreichen bei ruhendem Flügel fast das Schwanzende. Schwanz: Keilförmig, von mehr als mittlerer Länge, die äussersten Federn die kürzesten, die beiden mittelsten die längsten, diese lanzettartig und lang zugespitzt, jene schmal zugerundet, alle mit starken Schäften. Das kleine Gefieder ist sehr knapp und fühlt sich derb an, weil die einzelnen Federn sehr wenig gewölbt, ihre Schäfte nur flach gebogen sind. In der Textur gleicht es dem Gänsegefieder. Nur am Kopfe, Halse und dem Bauche ist es zerschlissen, sonst allenthalben mit deutlichen Konturen. Die Vögel dieser Gattung haben einen starken Kopf und Hals, eine sehr niedrige, flache Stirn; die Augen liegen der Schnabelwurzel sehr nahe; der Rumpf ist ziemlich gestreckt, aber die kurzen, stämmigen Füsse geben ihnen, ungeachtet der sehr langen Flügel und des ziemlich langen Schwanzes, auf festem Boden ein unbehilfliches Aussehen; sie haben von ihren hier nur langsamen und tölpelhaften Bewegungen ihren deutschen Namen erhalten. Die Arten dieser Gattung sind alle von einer mittleren Grösse und darüber. Es giebt ihrer nicht sehr viele, manche sind auch noch nicht hinlänglich unterschieden,t) aber die einzelnen bekannten Arten an den ihnen eigentümlichen Wohnorten meistens zum Erstaunen zahlreich an Individuen. Die europäische Art scheint dies vor allen anderen im hohen Maße zu sein, denn ihre Menge an manchen und vielen Brutplätzen grenzt an das Fabelhafte. Sie ähneln in manchen Stücken den Möven und Meerschwalben, in anderen den Scharben und Pelikanen; aber man zählte sie früher mit Unrecht den letzteren zu, indem ihre Lebensart eine durchaus andere ist. Ebenso wenig können sie mit den Fregattvögeln, Fregata, die Linn& gleichfalls zur Gattung Pelecanus zählte, zusammen gebracht werden, indem sie diesen nur in wenigen Stücken, in vielen gar nicht ähneln. — Sowohl ihrer Lebensweise als ihrer Gestalt nach stehen sie auf einer vermittelnden Stufe zwischen den mövenartigen und den pelikanartigen Schwimmvögeln und bilden mit Recht eine abgesonderte Gattung der Sippe. Ihr Gefieder zeichnet sich durch eine sehr einfache Färbung aus, und Weiss ist die herrschende in dieser Gattung, während, wie in der Gattung Sterna, auch ein einfarbiges Nussbraun vorkommt. Ihre Mauser scheint bloss einfach und sie ihr Gefieder jährlich nur einmal zu wechseln, sie geht daher auch langsam von statten; denn die J ungen tragen das erste Gefieder, ihr Jugendkleid, ein volles Jahr, erhalten dann ein Üb ergangskleid, das sie erst nach dem zweiten Jahre mit ‘) Es sind bis jetzt bestimmt elf Arten und drei Unterarten beschrieben. R. Bl. I. Gattung: Tölpel, Sula Brısson. 33 dem ausgefärbten vertauschen und in diesem erst fortpflanzungsfähig werden.') Das jugendliche Gewand hat, im Gegen- satze zu dem ausgefärbten, eine sehr dunkle Färbung; denn bei den meisten Arten ist dieses weiss, jenes russ- oder rauch- farbig, mit weissen Punkten an den Federspitzen besetzt; dass mittlere Kleid ist aus dem braunen und weissen zusammen- gesetzt. Diese auffallenden Verschiedenheiten machen dem Sammler viel zu schaffen und gaben oft Veranlassung zur Annahme von Arten, wo nur Altersverschiedenheiten von einer waren. Das Nestkleid sind dichtstehende wollige Dunen, die erst vom ordentlichen Gefieder verdrängt werden, wenn der Körper dieser Jungen beinahe die Grösse des der Alten erreicht hat; in der ersten Zeit nach dem Ausschlüpfen sind sie indessen ohne alle Bekleidung, und ihre nackte Haut sieht bleifarbig aus. Ein äusserer Geschlechtsunterschied ist nicht bemerkbar, weder unter Alten noch Jungen; doch sind in den meisten Fällen die Weibchen etwas kleiner und schmächtiger als die Männchen, was besonders auch am Schnabel bemerkbar wird. Die Tölpel sind Meervögel im strengsten Sinne; denn sie fühlen sich hoffnungslos, sobald sie der Zufall so weit vom Meere entfernt, dass sie es aus den Augen verlieren, daher gehen ins Land verschlagene bald zu Grunde. Sie bewohnen die Meere aller Zonen, doch nicht die der kalten über den 65. Grad hinauf, sind meistens nicht sehr weit vom Lande und in Scharen beisammen, sodass sie den Schiffern die Nähe des Landes oder die von Inseln anzeigen. In der Brutzeit nähern sie sich noch mehr dem Lande, namentlich weit ins Meer hinausragenden Vorgebirgen und kleinen Felseninseln, wo sie sich dann auch, um zu nisten, auf festem Boden niederlassen, in solcher Anzahl und so dicht nebeneinander, dass grosse Räume von ihnen ganz bedeckt erscheinen. Ausser dieser Zeit ruhen sie fast nie auf festem Boden, sondern auf dem Meere schwimmend aus und schlafen auch so, wobei sie auf den Wellen oft weit weg treiben. Sie wechseln zu gewissen Zeiten zwar die eine Gegend mit einer anderen, bald hier, bald dort länger verweilend, jedoch wird dabei ein geregelter Wanderungstrieb nicht bemerklich, sodass sie nicht Zugvögel, wohl aber Strichvögel heissen können. Heftige und anhaltende Stürme aus einerlei Richtung bringen sie oft in Gegenden, wo man sie sonst nicht sieht, und auch diese kräftigen und ausdauernden Flieger er- liegen nicht selten den Anstrengungen gegen die empörten Elemente. Auf der Erde oder auf Felsen stehen die Tölpel sehr aufgerichtet, die Brust hoch gehalten, während der Bauch fast schleppt und der starre Schwanz ihnen, als dritter Fuss, zur Stütze dient. Auf Bäume setzen sie sich niemals. Sie stehen auf der Spur, gehen auch so, dies aber höchst selten, langsam, schwerfällig und wankend. Ihr Benehmen auf festem Boden hat in der That etwas Tölpelhaftes und Einfältiges, sowohl bei solchen, welche man als Verirrte tief im Lande antraf, als bei ganz Freien an den Brutorten, wo sie sich ebenfalls wie dort mit Knütteln erschlagen oder mit den Händen fangen lassen. Sie ruhen meistens nur schwimmend, haben hierbei einen Anstand wie Meerschwalben, rudern jedoch rascher als diese, schlafen auch schwimmend, wobei sie Schnabel und Gesicht zwischen den Schulterfedern verbergen, oft sehr fest und lassen sich, ohne zu rudern, vom Winde treiben, wobei sie oft in die Nähe der Fahrzeuge geraten und erschlagen werden können. Aus dem Schwimmen tauchen sie schlecht und nur in höchster Not; dagegen können sie dies, als wahre Stosstaucher, aus der Luft und ihrem kräftigen Fluge mit grösster Gewandtheit; hoch über dem Meere schwebend, um so höher, je tiefer sie tauchen wollen, stürzen sie sich köpflings mit meist angezogenen Flügeln, bald lotrecht, bald schräg gegen die Fläche des Wassers und dringen tief in dasselbe ein, um ihren Fang daraus hervorzuholen. Sie fliegen viel mehr als sie schwimmen oder sitzen, und ihr kräftiger Flug ähnelt dem eines grösseren Raubvogels, weil sie häufig ohne sichtliche Flügelbewegung schweben und sich nicht selten so in Kreisen drehen. Die Tölpel sind ausserordentlich gesellig. Gewöhnlich halten sich Tausende beisammen und bilden eine einzige Schar, oft von solchem Umfange, dass sie fliegend gleich Mückenschwärmen die Luft anfüllen oder sitzend grosse Strecken dicht be- decken. Auch gegen andere Seevögel sind sie duldsam und teilen die Brutorte nicht selten mit Myriaden von Lummen, Alken, Sturmvögeln, Möven und anderen mehr. Dass sie in vielen Fällen grosse Einfalt an den Tag legen, ist schon er- wähnt; aber an Orten, wo sie ausser der Brutzeit zufällig herumstreifen und fremd sind, dabei aber sonst keinen Mangel leiden, sind sie nicht ohne alle Vorsicht. — Ihre Stimme, die sie besonders an den Brutplätzen hören lassen, sind rabenartige, rauhe Töne. Die Nahrung der Tölpel sind lebende Fische, namentlich aus der Heringsgattung, von denen sie vermöge ihres weit auszudehnenden Rachens ziemlich grosse verschlingen können, seltener Weichtiere. Sie sind sehr gefrässig, schweben daher immer über dem Meere, stürzen sich auf jeden sich ihnen zum Fange darbietenden Fisch in dasselbe und verfehlen, selbst bis zu mehreren Fuss Tiefe, ihr Ziel selten. Auch schräg fahren sie unter der Fläche zuweilen mehrere Fuss hinter dem zu fangenden Fische her, was man manchmal an den Luftblasen in Gestalt eines Schaumstreifes auf der Oberfläche bemerkt haben will. In dem Augenblick, wo der Kopf des Vogels wieder auftaucht, wird auch die Beute verschlungen, und jener er- hebt sich wieder in die Luft, um eine neue Jagd zu beginnen. Ihr starker Schnabel mit den Sägezähnchen ist vortrefflich zum Fangen und Festhalten eingerichtet, aber es ist nicht bekannt, doch wahrscheinlich, dass sie damit auch zu grosse Fische zerstückeln können. | Die Tölpel nisten auf hohen Gestaden des Meeres auf Felsenvorsprüngen oder oben auf den Plattformen der Felsen, auf kleinen Felseninseln und Klippen, hoch genug, um von den Brandungen nicht erreicht zu werden, oft auf dem die Felsen bedeckenden Rasen. Hier vereinigen sich immer viele Paare, oftmals viele Tausende auf einem Platze, auf dem sie ihre Nester nahe nebeneinander bauen, hin und wieder auch wohl noch anderen Seevögeln ein Nistplätzchen dazwischen gönnen oder ihnen sich anzuschliessen erlauben. So herrscht an ihren Brutplätzen ein ausserordentliches Gewimmel, wogegen man aber nirgends ein einsam nistendes Paar dieser Vögel angetroffen hat. Sie bauen von verschiedenen Tangarten grosse, tiefe Nester, die nie ganz trocken werden; manche legen die Eier auch ohne Unterlage hin. Jedes Weibchen legt nur ein einziges, längliches, ziemlich kleines, weisses Ei, dessen Schale von aussen etwas rauh oder mit einem schwachen kalkartigen Über- zuge belegt ist. — Da sie in unbedingter Monogamie leben, brüten Männchen und Weibchen abwechselnd, ohne Brutflecke zu haben, und beide sorgen so auch für Ernährung des Jungen, dem sie die gefangenen Fische aus der Speiseröhre vor- würgen. Sie brüten ausserordentlich lange, und die Jungen wachsen ungewöhnlich langsam. Sie kommen nackt aus dem Ei, bekommen aber bald eine sehr dichte, weiche Bedeckung von wolligen Dunen, tragen dies Dunenkleid, bis sie eine bedeutende Grösse erlangt haben, und bedürfen eine noch längere Zeit, bevor sie zum Ausfliegen tüchtig werden. Wenn sie selbständig | geworden, verlassen Alte und Junge den Nistplatz, und die letzteren trennen sich von den ersteren, wählen meistens ganz andere Meeresgegenden zu ihrem Aufenthalt und kommen erst dann wieder in Gesellschaft der Alten an die Brutplätze, wenn sie, nach zwei Jahren ausgefärbt,’) ein dem der Alten ähnliches Kleid erhalten haben. Weil die Tölpel nur ein Ei legen und !) Dr. WALTER ROTHSCHILD teilt brieflich mit, dass die europäische Art erst Ende des vierten Jahres ihr ausgefärbtes Kleid anlegt, in welchem es brütet. Einige der kleineren tropischen Arten dagegen brüten, demselben Autor zufolge, oft schon im unausgefärbten Gefieder, z. B. auf den Galäpagos-Inseln. R. Bl. 2, Bei unserer europäischen Sula erst nach vier Jahren. R. Bl. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 5 34 I. Gattung: Tölpel, Sula BRISSON. nur einmal im Jahre brüten, und da noch dazu in vielen Gegenden die Jungen von Raubtieren und Menschen häufig weg- genommen werden, so kann ihre Vermehrung eben nicht stark sein, was aber gar nicht so scheint, wa man die unermess- lichen Scharen an vielen Brutplätzen sieht und jährlich beobachtet, wo man allenthalben versichern hört, dass ihre Zahl eher zu- als abnehme. | i arte Da die Tölpel meistens von Fischen leben und deren viele bedürfen, so würden sie nur in kultivierten Gegenden als schädlich erscheinen; weil sie aber auf dem Meere leben, wo unbeschadet des menschlichen Eigennutzes LuJAnE ER, für ihren Unterhalt gesorgt ist, so darf man ihnen das Fischefangen nicht hoch anrechnen. Nutzen gewähren sie vielen Küsten- oder Inselbewohnern, öfters auch Seefahrenden, vorzüglich, wo sie in grosser Anzahl beisammen nisten, durch ihr F leisch; man geniesst das der Alten jedoch nur im Notfall, schätzt dagegen das der Jungen, welche gewöhnlich sehr fett sind, als recht wohlschmeckend. Die Eier werden seltener gegessen. — Den Schiffenden zeigt ihr Erscheinen in Menge die Nähe des Landes oder doch von Inseln an, weil sie sich selten so weit aufs offene Meer entfernen, dass sie nicht alle Abende im Angesicht jener übernachten könnten, wozu sie als rasche Flieger bald gelangen, weil sie im stande sind, in kurzer Zeit grosse Strecken . zurückzulegen, wo dann die Richtung ihres Fluges des Morgens gewöhnlich seewärts, des Abends landwärts ist, wonach sich jene richten können. Zur Anatomie von Sula') von R. WAGNER. „Der Schädelteil von Sula hat viel Ähnlichkeit mit dem von Pelecanus, nur sind die Muskelgräten am Hinterhaupte stärker entwickelt und die Schläfengruben viel tiefer. Die Grube für die Nasendrüse unter dem Stirnbeine in der Orbita ist deutlich und ansehnlich., Die Augenscheidewand ist bloss häutig; der untere Ast des Thränenbeines ist stark, dick, zellig und stösst an das Jochbein; die Flügelbeine sind lang und stabförmig. Es finden sich siebzehn Halswirbel, die breit und kurz sind, acht Brustwirbel und eben so viele Schwanzwirbel. Der letzte Wirbel [— ( Pygostyl) —] ist ganz anders als bei den übrigen Steganopoden und bei den meisten Vögeln; er ist nicht seitlich komprimiert, sondern sehr lang und stellt eine dreieckige Pyramide mit abgerundeten Kanten und nach hinten gerichteter Spitze dar. Kein Wirbel hat untere Dornen. Das Brustbein ist dem der Scharben und Pelikane sehr ähnlich, jedoch etwas länger und hat hinten ebenfalls die beiden seichten halbmondförmigen Ausschweifungen. Der Kamm springt weit nach vorn vor, hört aber gegen die Mitte auf. Die Gabel ist bei Sula am meisten gespreizt unter den Steganopoden und durch Syndesmose mit der Spitze des Brustbeinkammes verbunden. Am unteren Gelenkkopf des Oberarmbeins findet sich der hakenförmige spitze Dorn [— (Processus supracondylordeus exsternus) —] der Longipennen (Larus, Puffinus ete.), welcher den übrigen Steganopoden fehlt. Das Schulterblatt ist etwas säbelförmig. . Das Becken ist dem der Scharben ähnlich, namentlich durch den ziemlich starken Sitzbeinstachel, welcher bei Pele- canıs kaum angedeutet ist; das Darmbein ist ziemlich breit, das Foramen ischiadicum sehr lang, das Kreuzbein überhaupt schmal und lang und stark getrennt vom Sitzbein; die Schambeine sind rippenförmig und konvergieren. Das Oberschenkelbein ist bei dieser Gattung allein unter den Steganopoden (nämlich Pelikan und Scharbe) luft- haltig; das Luftloch liegt oben und vorn. Die Kniescheibe ist länglich und platt. Der Metatarsalknochen zeigt bei den einzelnen Gattungen der Steganopoden Verschiedenheiten. Bei Sula ist er besonders breit, abgeplattet von vorn nach hinten und vorn in der Mitte rinnenförmig ausgehöhlt; der Fersenhöcker ist viel schwächer als bei Phalacrocorax carbo, selbst schwächer als bei Pelecanus. Das Skelett von Sula zeigt eine Pneumatizität in derselben Ausdehnung, ja durch die Luftaufnahme des Oberschenkels in noch grösserem Mafse als bei Pelecanus, wo diese Bildung, wie die merkwürdige, auch der Gattung Sula zukommende Aus- dehnung der Luftbehälter bis unter die Haut, vorher beschrieben wurde. Der ganze Bau des Knochengerüstes zeigt die enge Verwandtschaft der Gattung mit den übrigen Steganopoden, namentlich mit dem Pelikan, was auch für die Eingeweide zu gelten scheint. Jedoch sind hier die. vorhandenen Beschrei- bungen sehr mangelhaft, und ich habe bis jetzt leider nur Fragmente untersuchen können, welche zu einer anatomischen Charakteristik der Gattung nicht hinreichen. Es ist indessen ein leiser Übergang von den Steganopoden zu den Longipennen (Sturmvögel, Möven u. s. w.) nicht zu verkennen. Die obige kurze osteologische Beschreibung ist nach den Skeletten von Sula bassana und brasiliensis entworfen. Über die interessante Verschiedenheit der einzelnen Arten dieser Gattung in Bezug auf die vorhandenen oder fehlenden Nasenlöcher weise ich auf die interessante Abhandlung von SCHLEGEL: Over de Newgaten by Sula door Dr. H. Schlegel.“ * [— Es sind bis jetzt elf Arten und drei Unterarten dieser Gattung beschrieben, tropischen Küsten, eine brütet in Südafrika, eine in Neuseeland und Austr Ocean. Mit Bestimmtheit ist nur diese eine europäisch, welche sich von verfliegt. Wir beschreiben hier also nur eine Art. —| acht bewohnen die Tropen und sub- alien, und eine bewohnt den nördlichen atlantischen den nördlichen Küsten zuweilen nach Deutschland 1 . .. . . v + .. . . ” ) Weiteres über die Anatomie von Sula und den übrigen Steganopoden ist bei der Anatomie von Pelecanus namhaft gemacht. R. B. .. de Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). Fig. 1. Altes Männchen. Tafel 4. ! Fig. 2. Junges Weibchen. Fig. 3. Nestkleid. Tölpel vom Bass, Tölpel von Bassan, bassanscher Tölpel, weisser Tölpel, Bassaner, Bassaner-Pelikan, bassanischer Pelikan, Bassaner-Gans, schottische Gans, Schotten-Gans, Soland- öder Solend-Gans, Solend, Gannet, Bassaner-Gannet, weisse Sule, weisser Seerabe, Rotgans. [— Fremde Trivialnamen: Böhmisch: Terej. Croatisch: Biela bluna. Dänisch: Havsule, Tossefugl, Sule, Jan van Gent, Englisch: Booby, Gannet, Solan Goose, Souler oder Sulais (auf St. Kilda, wo die Jungen „@ughaa“ heissen). Färisch: Sula, Gräsula. Finnisch: Suula. Französisch: Fou, Fou de Bassan, Grand Fou, Oie d’Ecosse, Oie de Bassan, Fow blanc, Boubie, Harenguier. Marga, Margas, Margast, Sagan gris (die Jungen). Gälisch: Sulaire, Guga. Grönländisch: Konksuk. Helgoländisch: Gent. Hollän- disch: Jan van Gent, Basaangans. Isländisch: Sula, Hafsula, Havsüla. Italienisch: Sula, Sula bianca. Maurisch: Bou-grana. Nor- wegisch: Sula, Havsula, Jan van Gent. Oberwendisch: Culpak. Polnisch: Gap biaty. Portugiesisch: Ganso-patola, Mascato, Facdo. Schwedisch: Hafsula, Sillebas, Bergshammar, Bergsman, Spansk mäse, Bossgäs, Jan van Gent. Spanisch: Alcatraz, Alcatrdn, Mascato. Ungarisch: Szula. Walisch: Gan. Pelecanus Bassanus. Linn&, Syst. Nat. Ed. X. p. 133 (1758). —] — Dysporus bassanus. Illiger, Prodromus p. 279 und Lichtensteins Doublettenverzeichnis S. 86. n. 911. — Pelecanus bassanus. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 577. n. 5. — Linn. Faun. suee. p. 52. n. 147. — Retz. Faun. suec. p. 146. n. 105. — Lath. Ind. II. p. 891. n. 26. — Sula bassana. Briss. Av. VI. p. 503. n. 5. t. 44. — Sula alba. Wolt u. Meyer, Taschenb. II. S. 582. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 258. n. 258. — Le Fou de Bassan. Buff. Ois. VIII. p. 376. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 118. t.3.£.2. — Id. Pl. enl. 278. — Gerard. Tab. &l&m. II. p. 317. — Fou blanc ou de Bassan. Temm. Man. d’Orn. nouv. Edit. I. p. 905. et IV. p. 569. — The Gannet. Lath. Syn. VI. p. 608. n. 25. — Übers. v. Bechstein, III 2. 8. 521. n. 25. — Penn. arct. Zool. II. p. 582. n. 510. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 541. n. 428. — Jan van Gent. Sepp. Nederl. Vog. V.t.p. 401. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. (2. Ausg.) IV. S. 765. — Dessen Taschenb. II. S. 394. n. 5. — Teutsche Omith. v. Borkhausen ete. Heft II. Taf. 2. — Brehm, Lehrb. H. S. 675. — Dessen Naturg. a. V. Deutschlds. S. 812. u. 813. — Horn- schuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vög. 8. 23. n. 306. — Naumanns Vög. alte Ausg. 8. Nachtr. S. 389. Taf. LVI. Fig. 106. Altes Männchen. —] — Sula') Bassana. Keys. u. Blas., Wirb. Bur. p. LXXXIX und 234 (1840). — Dysporus bassanus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. XI. p. 14. Taf. 278 (1842). — Sula bassana. Schlegel, Rev. erit. p. CXXIII (1844). — Sula bassana. Schlegel, Vog. Nederl. p. 571 (1854—58). — Sula Bassana. Nilsson, Skand. Faun. Tom. II. p. 510 (1858). — Sula bassana. Fontaine, Faun. Luxemb. Ois. p. 258 (1865). — Dysporus bassanus. Holmgren, Skand. Fogl. II. p. 941 (1866-1871). — Sula bassana. Degl. et Gerb., Orn. Europ. II. Ed. p. 347 (1867). — Sula bassana. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 230 (1869—74). — Sula bassana. Wright, Finl. Fogl. II. p. 560 (1873). — Sula bassana. Dresser, Birds Europ. Tom. VI. p. 181. pl. 392 (1880). — Sula bassana. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. IV. p. 155 (1882—84). — Sula bassana. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15. Nr. 329 (1885). — Sula bassana. Olphe-Galliard, Om. Eur. oce. fasec. VIII. p. 39 (1886). — Sula bassana.. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 94 (1886). — Sula bassana. Giglioli, Avif. ital. p. 274 (1886); p. 428 (1889), — Sula bassana. Arcvalo y Baca, Av. Espana p. 402 (1887). — Sula bassana. Brehm, Tierlebeu, Vög. 3. Aufl. II. p. 561 (1891). — Sula bassana. Collett, Norg. Fuglef. p. 321 (1893—1894). — Sula bassana. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI. p. 425 (1898). — Sula bassana. Reichenow, Vögel Afrikas, Bd. I. p. 83 (1900). —|] Jugend- und Übergangskleider. Pelecanus maculatus.. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 579. n. 32. — Sula mejor. Briss. Av. VI. p. 497. n. 2. — Le grand Fou. Buff. Ois. VII. p. 372. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 113. — Le Fou tachete. Buff. Ois. VIII. p. 375. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 117. — Id. Planch. enl. 986. — Great and spotted Booby. Lath. syn. VI. p. 610. and 610. — Übers. v. Bechstein, III. 2. S. 522. n, 25. A. u. S. 526. n. 30. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. XCIIL. Fig. 4 (1845—1853). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 38. Fig. 3. (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 633. pl. 34 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 19 (1896). —] Abbildungen des Jugendkleides: Ibis pl. I (1866). — Booth, Rough Notes III, pt. V. Taf. I—-VI (1883). —] 1) Sula oder Salu kommt vom Schwedischen Svala (deutsch Schwalbe, englisch Swallow, französisch Härondelle). Die schwedischen Fischer nennen sie auch Hafsule (Ström, Beskr. ov. Fogderiet, Sondmör, I, p. 233. — Hafsula. OLars., Reise igiennem Island, p. 233. — Sule. Des»s, Fer. Beskr., p. 132). — Sula ist auch ein isländisches Wort, das nach FABER Schwalbe bedeutet. — Da Sula lateinisch klingt, wurde es von ULusıus und dann von Brısson als Gattungname benutzt. AR. Bi. Kennzeichen der Art. scheint?!) keine besondere Art, sondern bloss ein jüngeres Indivi- In der schwarzen Flügelspitze haben die zehn vordersten duum zu sein, das die dunklen Schwanzfedern vom Jugend- Schwungfedern auf ihrer unteren Seite weisse Schäfte. — | Nchen Kleide noch nicht mit weissen verwechselt hat. — Mit Alter Vogel: Meistenteils einfach weiss und ungefleckt; junger | la capensis von der Südspitze Afrikas hat unsere Art viele Vogel: Matt schwarzbraun, weiss getüpfelt; nach zwei [— bis Ahnlichkeit, aders ist aber a kleiner, ausgefärbt zwar auch vier —] Jahren in Weiss übergehend, bloss mit schwarzen | WS, aber nicht bloss die Primärschwingen, sondern sämtliche Primärschwingen und Daumenfedern. Schwung- und auch die Schwanzfedern sind schwarz. [— Der Hauptunterschied von &. capensis ist aber der bei letzterer Art ungefähr doppelt so lange nackte Kehlstreif (W. von ROTH- Beschreibung. SCHILD in litteris). —|] a Erona Keine Ahnliche, mit welchersie ') Sie ist identisch mit Sula bassana (L.) und stellt nach Mitteilungen zu verwechseln wäre; denn die neuerdings von GOULD in von Dr. W. RoTHSCHILD das regelmässige Gefieder des vierten Jahres dar. dessen Birds of Europe aufgeführte Sula melanura aus Island R Bl. * -. o” 36 Der Bass-Tölpel In der Grösse gleicht unser Tölpel einer der grössten Mövenarten und würde darin mit Larus marinus oder L. glaucus übereinkommen, wenn bei ihm Flügel und Schwanz nicht noch länger wären, sein ganzer Körper aber eine mehr gestreckte Gestalt hätte, worin er den Meerschwalben näher kommt, durch die ansehnlichere Grösse des Kopfes und Schnabels, wie die Länge des Halses, auch durch den schmaleren Flügel mit kürzerer Spitze doch auch von diesen bedeutend abweicht. — In der Länge, von der Stirn bis auf die Spitzen der längsten Schwanzfedern, misst er 78 bis 85 cm; die Länge des Flügels vom Handgelenk (oder Bug) bis zur Spitze 49,5 cm; die Flug- breite gegen 1,70 m, selten etwas darüber; die Schwanzlänge an den beiden Mittelfedern, welches die längsten, 23 bis 28 cm. — Männchen und Weibchen sind wenig verschieden, letz- teres aber immer etwas schmächtiger. Die individuellen Ver- schiedenheiten in der Grösse scheinen vor dem Ausmessen oft bedeutender, als sie es in der That sind. Unter den völlig erwachsenen, über ein halbes Jahr alten Jungen findet man manche, deren Maße denen der Alten nichts nachgeben; ein solches besonders starkes Exemplar maß in der Länge schon 76,5 cm; die Flügellänge war 47 cm; die Flugbreite 1,65 m; die Schwanzlänge an den Mittelfedern 19 cm, an den Aussenfedern 9,5 cm; häufiger sind jedoch alle diese Maße etwas geringer. Die Stirn ist sehr flach, der Hals etwas dick, und die sehr kurzen, in der Bauchhaut verwachsenen Schenkel sind bis an die Ferse befiedert. Das kleine, am Kopfe, Halse und dem Bauche bloss zerschlissene, sonst an allen anderen Teilen mit deutlichen Konturen versehene Gefieder liegt sehr knapp an, namentlich das letztere, dessen einzelne Federn klein und wenig gewölbt sind und eine dichte Bedeckung bilden, welche sich derb anfühlen lässt; es hat in der Zusammensetzung seines Gewebes Ähnlichkeit mit Gänsegefieder, aber weder die Fahnen noch die Schäfte haben so starke Wölbungen, und der Umfang der einzelnen Federn ist um vieles geringer. Die Flügel sind wegen der langen Knochen des Ober- und Unterarms und der Hand von ungewöhnlicher Länge und wegen Kürze der Schwungfedern zweiter und dritter Ordnung sehr schmal, vorn lang zugespitzt, die Federn mit sehr starken Schäften, be- sonders die der ersten Ordnung, von welchen entweder die vorderste allein oder mit der gleichlangen zweiten die längste ist. Der aus zehn oder zwölf Federn zusammengesetzte, mittel- lange Schwanz ist nicht gabelförmig (wie MEYER und andere unrichtig angaben), sondern keilförmig; denn seine beiden Mittelfedern ragen über alle weit weg, sind an ihrem letzten Drittel sehr verschmälert und laufen in lange schmale Spitzen aus; während die folgenden nur wenig zugespitzt nach aussen in grossen Stufen so an Länge abnehmen, dass das nächste Paar schon 7 cm, das äusserste über 14 cm kürzer als das mittelste ist, sodass, wenn dieses zwischen 26 und 28 cm lang ist, das äusserste Paar nur 10,5 cm misst. Diese Federn haben harte Bärte, sehr starke, elastische Schäfte, und die Spitzen, besonders der mittelsten, erscheinen meistens etwas abgerieben oder verstossen, weil der Schwanz dem Vogel im Stehen und Gehen oft als Stütze dient. Die ruhenden Flügel kreuzen sich mit den Spitzen über dem Schwanze, wobei sie mit diesem selten gleiche Länge haben, oft aber bis gegen 6 cm kürzer erscheinen. Der Schnabel ist gross und stark, gerade, am Kopfe dick und rundlich, nach vorn mehr zusammengedrückt; die gerade Linie der Firste senkt sich an der Spitze sanft abwärts, und diese Spitze sieht aus, als wäre sie besonders eingesetzt, aber wieder so mit dem Oberschnabel verwachsen, dass man jenes kaum bemerkt; auf der plattrunden Firste erhebt sich längs ihrer Mitte noch ein besonderes scharfes Längsleistchen; der Unterschnabel ist allmählich zugespitzt, sein Spitzenteil aber viel deutlicher eingeschoben als der des oberen, wie ein Keil als Schluss der beiden Kieferäste, wodurch eine sehr weit vor- reichende, aber schmale Kielspalte entsteht. Die Mundkante ist bis gegen die Spitze gerade; die Schneiden beider Hälften etwas eingezogen, sehr scharf und mit vielen, sehr kleinen ‚ Sula bassana (L.). Quereinschnitten fein gezähnelt, sodass die beiden Schneiden zwei aufeinander passenden kleinen Sägen gleichen, deren Zähnchen mit ihren scharfen Spitzen rückwärts gerichtet sind, während sich vorn, wo die Schnabelspitze angesetzt scheint, noch ein grösserer Ausschnitt als alle übrigen zeigt; in diesen läuft nämlich eine feine Rinne aus, die von der Wurzel des Oberschnabels anfängt und an dessen Seite in gerader Linie bis gegen die Spitze vorgeht, in welcher unfern der Stirn das Nasenloch liegt, das sich in einen so feinen Ritz öffnet, dass man es kaum auffindet. Die Seiten des Unterkiefers sind etwas platt und ganz eben. Die senkrecht durchbrochene und wieder verbundene, dem Anfang der Stirn gegenüber liegende Stelle des hintersten Teils vom Oberschnabel (des Knebelrandes, Margo mastacalis ILLIG.) ist auch von aussen sehr bemerklich; sie lässt in Verbindung mit der den weit hinter das Auge ge- spaltenen Mundwinkel umgebenden nackten Haut eine be- deutende Ausdehnung des ohnedem schon sehr weiten und tiefen Rachens zu. Die Länge des Schnabels von .der Stirn zur Spitze be- trägt 9,5 bis 11 cm, von der Spitze bis in den Mundwinkel 14,5 bis fast 16,5 cm; seine Höhe an der Stirn 2,8 bis 3 cm; seine Breite hier 2,4 bis 2,5 cm. Die Wurzel des Schnabels umgeben mehrere unbefiederte Stellen, denn die Zügel, ein schmaler Augenkreis, die Haut zwischen diesem und dem Knebelrande bis an den Mund- winkel und hier in eine lanzettförmige, mit der Spitze nach unten und hinten zeigende Fläche auslaufend, desgleichen die sackförmig auszudehnende Haut am Kinn und an der Kehle, hier nach unten in einem schmalen Streif spitz endend, sind sämtlich nackt und wie der Schnabel nach dem Alter ver- schieden gefärbt. Bei ganz jungen Vögeln ist fast alles blei- farbig, die Schnabelspitze weiss; nachher alles schwärzlich, bis auf letztere, welche bräunlichweiss; später, bei völlig flug- baren, wird der Schnabel grünlichbraun, die Spitze licht horn- farbig, Kehlsack, Zügel, Augenkreise und Mundwinkel schwarz; nach und nach verwandelt sich diese düstere Färbung am Schnabel in lichtes Bleiblau mit hellgelbbräunlicher Spitze und solchem Anstrich auf der Knebelkante, an den Augenkreisen ebenfalls in Bleiblau, an allen übrigen nackten Teilen des Kopfes aber in tiefes Schwarz. Diese Färbung hält sich an getrockneten Bälgen in so weit, dass sie sich noch leicht er- kennen lässt, obwohl sie um vieles düsterer wird. Das Auge in seinen nackten Umgebungen liegt dem Schnabel sehr nahe und ist verhältnismässig sehr klein; seine nackten Lider sind in der Jugend schwärzlich, im Alter lichtblau; die Iris anfänglich weiss, dann braungrau oder grau- weiss, dann perlweiss, dann gelblichweiss und endlich bei alten Vögeln weissgelb, bei den ältesten bis zu einem recht lebhaften Schwefelgelb. | Die Füsse sind kurz und sehen darum noch niedriger aus, weil die ohnehin kurzen Unterschenkel bis in die Nähe des Fersengelenkes von der Bauchhaut umschlossen und auch. die Läufe sehr kurz sind; ihre Spur ist dagegen wegen ziem- licher Länge der Zehen etwas gross. Die letzteren sind schlank, die Läufe dagegen stark, von den Seiten bedeutend zusammen- gedrückt, das Fersengelenk etwas dick. Ihr Überzug hat nur auf dem Spann und den Zehenrücken kleine Schilder in einer Reihe und ist übrigens gegittert, je näher den Sohlen, desto feiner. Die Zehen sind mit mittelmässig grossen, flach ge- bogenen, spitzen, unten ausgehöhlten ‚ daher randschneidigen Krallen besetzt, von welchen die der mittleren Vorderzehe auf der Seite nach innen einen vorstehenden, scharfen, sehr fein kammartig gezähnelten Rand hat, wie bei den Reihern. Die Höhe des Laufs (bis in die Beuge des Fersengelenkes) ist 5,5 bis 6 cm; die äussere und mittlere Vorderzehe von gleicher Länge, nur die Kralle der letzteren grösser, mit der 10 bis 12,5 mm langen Kralle 10 cm; die Hinterzehe mit der 5 mm langen Kralle 3 cm. Die Farbe der Füsse ändert mit der des Schnabels nach dem Alter ab, zeigt aber eine merkwürdige Eigentümlichkeit . A 12 essgag junyeu "/, PRIMSN 8 uoyogr m sodunl z ‘ueyouurm soye | jedjojsseg ' j) euesseqg eins N a Sa an sh RI vn AN: ee en ER De Dear ERee Hrame La nn te a ITE Ba TEE ey een nn m Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). 37 darin, dass sie, an sich dunkel und unscheinbar, auf dem Spann herab mit einer sehr hellen Linie bezeichnet ist, die sich unten teilt und auf allen Zehenrücken bis an die Kralle hinläuft. Bei ganz jungen Vögeln, welche bleifarbige Füsse haben, ist diese Linie nebst den Spitzen der Krallen weiss; bei älteren, wo die Füsse schon viel dunkler und schwärzlicher geworden, gelblich; bei flugbaren, wo die Fussfarbe olivengrün, ist sie licht olivengelb; bei alten Vögeln sehr dunkel olivengrün oder grünschwärzlich, die auf dem Spann herab und auf den Zehenrücken geteilt bis an die Kralle jeder Zehe fortlaufende Linie blass meergrün oder vielmehr erbsgrün. Diese Linie bleibt allen auch in getrocknetem Zustande ausgezeichnet, wird aber hier, wie das übrige, brauner, fällt daher nicht so hübsch in die Augen. Die Krallen sind braun oder schwärz- lich, gegen ihre Spitzen meistens lichter, manchmal hier ins Hornweissliche übergehend. Der junge Vogel kommt ganz nackt aus dem Ei, und die Haut desselben, nebst Schnabel und Füssen, sieht bleifarbig aus. Nach und nach zeigen sich ziemlich lange, sehr weiche, weisse Dunen,!) und wenn nach mehr als acht Tagen diesDunen- kleid vollständig ausgebildet ist, erscheint es als eine dichte, wollige Bedeckung, von der ausser Schnabel und Füssen nur die Zügel, die Kopfseiten und Kehle frei bleiben. Die jungen Tölpel sehen darin den jungen Eulen nicht unähnlich, zumal der Ober- und Hinterkopf durch seine dicke Wollbedeckung sehr gross aussieht, und behalten es ohne Spur anderer her- vorkeimender Federn mehrere Wochen lang, wachsen in dem- selben bis weit über zwei Drittteile ihrer späteren normalen Grösse, und diese grossen, unbehilflichen Klumpen sehen dann darin nichts weniger als hübsch aus. Mit der Körpergrösse wächst auch der anfänglich sehr kleine [—, an der Spitze horn- farbige —] Schnabel allmählich heran, erlangt aber seine völlige Länge und Stärke erst, wenn diese jungen Vögel eine längere Zeit geflogen haben. Die Farbe der nackten Teile mit ihren Veränderungen ist oben schon beschrieben. Ihr erstes Federkleid, in welchem diese Jungen die Nestgegend verlassen, welches ebenfalls sehr langsam jenes Dunenkleid nach und nach verdrängt hat, sieht ganz anders aus als das ausgefärbte Kleid der Alten. Es hat eine sehr düstere Färbung ohne weisse Federpartien. Der Schnabel ist dann grünlichbraun, an der Spitze lichthornfarbig; die nackten Augenkreise, Zügel und Kehlsack matt schwarz, der Augen- stern grauweiss, die Füsse grünlichgraubraun mit gelblich- weissen Streifen vorn an den Läufen und auf den Zehenrücken. Das ganze Gefieder an allen oberen Teilen, nebst Kopf und Hals, ist dunkelaschgraubraun (fuscus), an den beiden letzteren am lichtesten, an den Schwingen, den Fittichdeckfedern und dem noch etwas kürzeren und weniger zugespitzten Schwanze am dunkelsten, diese drei Federpartien einfarbig, die Federn aller übrigen Teile, jede an ihrer Spitze, auf dem Schafte mit einem kleinen schmutzigweissen Tropfenfleck, sodass diese am Kopfe und Halse am dichtesten stehen und auf den Öber- schwanzdeckfedern am grössten sind. Die unteren Teile vom Kropfe oder von der Öberbrust bis an den Schwanz. sind schmutzigweiss, dicht aschgraubraun gefleckt, indem jede ein- zelne Feder an beiden Seiten einen solchen Streif hat, in der Mitte bis zur Spitze aber weiss ist; die Schäfte der Schwanz- federn weiss: die der vordersten grossen Schwungfedern von unten ebenso, von oben in Gelbbraun und weiterhin bald in Dunkelbraun übergehend; die Flügel unten wie oben, nur viel lichter, fast dunkel braungrau mit weissen Fleckchen, welche an den grössten Deckfedern grösser als an den übrigen, die grossen Schwingen wurzelwärts auch in Grau übergehend. Dieses Jugendkleid behalten die jungen Tölpel [— fast —] ein volles Jahr, und beide Geschlechter zeigen nichts darin, was sie äusserlich unterscheiden liesse. Die nächste Mauser scheint vollständig oder wenigstens sehr langsam von statten zu gehen. Während sich dann der Schnabel und Augenkreis bleiblau zu 1) Abbildung siehe Ibis 1860, vol. II, pl. 1. R. Bi. färben anfängt und die Füsse hell gelbgrüne Streifen be- kommen, zeigt sich am Kopfe, Halse, auf dem Oberflügel und an der ganzen Unterseite des Rumpfes viel weisses Gefieder, das sie sehr scheckig macht. Ist diese Mauser aber grössten- teils vollendet, nämlich im dritten Sommer ihres Lebens, so sehen sie ganz anders aus. In diesem Zwischenkleide ist der Schnabel und Augen- kreis bereits blau, aber noch dunkler und schmutziger als an den Alten, der Augenstern perlweiss, und die schwärzlich olivengrünen Füsse haben weissgrünliche Rückenstreifen. Kopf und Hals sind weiss, von oben her mit rostgelbem Anfluge; der ganze Unterkörper rein weiss; Rücken, Schultern und Flügeldeckfedern einfarbig dunkel aschgraubraun, die kleinen Flügeldeckfedern aber mit sehr vielen weissen Federn durch- mischt und das Weisse oft vorherrschend; Bürzel und obere Schwanzdeckfedern aschgraubraun, ebenfalls mit Weiss durch- mischt; Schwanz- und Schwungfedern einfarbig braunschwarz; die unteren Flügeldeckfedern weiss, schwarz gefleckt, die grossen grau. Im dritten (nach anderen erst im vierten) Lebensjahr erhält dieser Tölpel erst sein ausgefärbtes Kleid, welches ihn zeugungsfähig macht und das nun, durch jähriges Mausern erneuert, fortwährend ein weisses bleibt. Die Übergänge dazu zeigen häufig noch Spuren der vorigen dunkelgefärbten Partien, und ein solches Exemplar, an dem zufällig die Schwanzfedern vom jugendlichen Kleide noch nicht von weissen verdrängt sind, scheint dasjenige zu sein, von dem GouLp, Birds of Europ. part. XVL, eine Abbildung giebt, es für eine eigene Art hält und ihm den Namen: Sula melanura beilegt. Auch TEMMINCK (s. d. Manuel d’orn. IV. p. 569) ist unserer Meinung, dass dieser schwarzschwänzige Tölpel aus Island, von dem GoULD Seine Abbildung genommen, nur eine zufällige Er- scheinung im zweiten Federwechsel unseres Bass-Tölpels, aber keineswegs eine besondere Art sei.!) [— Das zweite Gefieder sieht nach W. ROTHSCHILD (in litt.) oben und unten wie das erste aus, nur hat die Oberseite keine weissen Tropfenflecke, Brust und Kropfgegend sind weiss ohne braune Längsstriche. Das dritte Gefieder ist zuerst wie das zweite, nur Kopf und Hals wie bei den Alten, es erscheinen aber bei vielen Stücken weisse Federn unter den braunen der Oberseite. Das vierte Kleid ist ganz wie das des alten Vogels, nur ist der Schwanz schwarz. Die grösste Mehrzahl brütet, auf den Bass-Felsen wenigstens, erst im fünften Lebens- jahre. —] Nach vollendeter zweiter Mauser erhält dieser Vogel das für seine übrige Lebenszeit nun nicht mehr veränderliche oder sein ausgefärbtes Kleid. Nur die Schwungfedern erster Ordnung mit ihrer Deckfederpartie (den Fittichdeckfedern) und den Daumenfedern (auch Afterflügel genannt) sind schwarz oder braunschwarz, die Schäfte der ersteren auf der Unter- seite weiss; alles übrige Gefieder, auch der Schwanz, ist ein- förmig weiss. Dieses Weiss scheint ursprünglich ganz rein zu sein, zeigt aber bei vielen Individuen später auf dem Kopfe und Halse einen mehr oder weniger bemerklichen Anflug von einem reinen Rostgelb; dieser ist an manchen zuweilen sogar recht lebhaft. Auch die Rücken- und Flügeldeckfedern haben bei manchen Individuen schwach gelbbräunlich verwaschene Kanten, besonders an dem länger getragenen Gefieder oder nahe vor einer neuen Mauser; sie scheinen ein äusserer Schmutz, das Rostgelb auf dem Kopfe und Halse aber zwar auch etwas Zufälliges, doch Besseres, etwa wie bei den Schwänen, wo ein ganz ähnlich gefärbter Anflug auch nur zufällig in ähn- licher Art und an denselben Teilen vorkommt. Zwischen Männchen und Weibchen bemerkt man am Gefieder keinen Unterschied, aber das letztere ist stets etwas schmächtiger und hat einen etwas kleineren Schnabel, auch sind die beiden Mittelfedern des Schwanzes etwas, oft über 2,4 cm, kürzer als am Männchen. !) Siehe oben. R. Bl. w 38 Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). Der Augenstern ausgefärbter Vögel zieht oft nur un- bedeutend aus dem Weissen ins Gelbliche und wird erst bei ganz alten hell schwefelgelb oder rein und leuchtend gelb. Die jährliche Mauser ist nur einfach und dauert wie bei anderen grossen, nur einmal mausernden Vögeln etwas lange. Ihre Zeit ist der Anfang des Herbstes, aber bei vielen Indivi- duen tritt sie auch später ein, was wohl daher kommen mas, dass die Jungen zu sehr verschiedenen Zeiten aus den Eiern schlüpfen, weil diese viel früher oder später gelegt wurden, was natürlich Verzögerungen des ersten Erscheinens ihres Ge- fieders herbeiführt, welche sich erst nach Jahren ausgleichen. [— Bei der Bearbeitung lag mir folgendes Material vor: 1. alter schön ausgefärbter Vogel mit hellem Schnabel — aus dem Museum brunsvicense; 2. alter Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 3. alter Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 4. alter Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 5. alter Vogel, ebenso, aus Irland — aus dem Museum brunsvicense; 6. altes Männchen vom 27. August 1874 von den Färöern vollständig schön ausgefärbt — aus der Sammlung E. vON HOMEYERS; 7. alter Vogel, schön ausgefärbt, dunkler Schnabel mit heller Spitze — aus dem Museum brunsvicense; 8. jüngerer Vogel im Übergange, Unterseite ganz weiss, Oberseite von den Schultern an braunschwarz, einige weisse Federn erscheinen auf dem Mittelrücken und zwischen den oberen Flügel- und Schwanzdeckfedern. Oberseite des Kopfes und Nackens weiss, mit einigen schwarzbraunen Federn unter- mischt — aus dem Museum brunsvicense; 9. jüngerer Vogel, etwas jünger wie Nr. 8, an Kropf und Kropfseiten noch viele schwarzbraune Federn, auf den schwarz- braunen Flügeldecken noch keine weisse Feder zu sehen — aus dem Museum brunsvicense; 10. jüngerer Vogel im Übergange, ähnlich wie Nr. 9, von Helgoland, auf Kopfplatte, Mitte des Nackens und Halses finden sich noch dunkle Federn, auf den dunklen Flügeldecken und dem dunklen Rücken erscheinen einige weisse Federn — aus dem Museum brunsvicense; 11. junger Vogel von den Färöern, typisches Jugend- kleid, sehr kleiner Schnabel, Oberseite braun mit weisslichen Endsäumen der einzelnen Federn — aus dem Museum bruns- vicense; 12. janger Vogel von Borkum von 1868, ebenso wie Nr. 11, dunkler Schnabel mit heller Spitze — aus dem Museum bruns- vicense; | 13. junger Vogel, Weibchen, von Helgoland, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 14. junger Vogel (zweijährig bezeichnet) aus Dänemark vom Mai, ähnlich wie Nr. 12 und 13 — aus der Sammlung E. von HOoMEYERSs; Vortreffliche Abbildungen der verschiedenen Altersstufen des Vogels finden sich nach den Beobachtungen von BooTH in „Rough Notes“ III, pt. V, pls. I-VI; die Zeitangaben der Federwechsel sind aber für wild lebende Vögel nicht alle zu- verlässig, da diese Vögel in Gefangenschaft vermausert sind. (W. ROTHSCHILD in litt.). Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen vom April, ein junges Weibchen aus Helgoland, beide befindlich im Braunschweigischen Museum, sowie ein Dunenjunges von den Orkney-Inseln, befindlich im Stuttgarter Naturalien-Kabinett. —] Aufenthalt. Unser Tölpel vom Bass ist über alle Meere der nörd- lichen Erdhälfte!) verbreitet, doch nicht bis zum 70. Grad nördlicher Breite hinauf, sondern vielmehr erst vom 65. Grad an, bis teilweise gegen den 30. Grad herab, so weit südlich aber schon selten. Er ist unter diesen Breitengraden auf den !) Nur über den nördlichen Atlantischen Ocean. R. Bl. Meeren sowohl zwischen Europa und Amerika, als zwischen Asien und Amerika!) zu Hause; aber nicht, wie man wohl früher geglaubt hat, in der antarktischen Erdhälfte; die dort lebenden gehören anderen Arten an. — An der Küste des mittleren Norwegens kommt er nicht oft, nur als Streifer, so auch über das südlichste Grönland hinauf nicht vor; da- segen ist er bei Island in grosser Anzahl, doch auch hier mehr an der südlichen als nördlichen Küste, bei den Färöern, den Orkaden und Hebriden an mehreren Stellen und auf einzelnen Klippeninseln oder Schären der Küste von Schott- land und dem oberen Irland in überaus grosser Menge. Ebenso wird er an der Küste von Amerika, von Grönland herab bis zu den mittleren Vereinsstaaten, stellenweise in ebenso grosser Anzahl angetroffen. Die von den Hebriden weit nach Westen ins Meer hinausgeschobene kleine isolierte Insel St. Kilda, ein Aufenthaltsort von Myriaden des ver- schiedenartigsten Seegeflügels, wird auch von ihm in un- beschreiblichen Scharen bewohnt, und einer seiner (soviel zur Zeit bekannt) südlichsten?) Sommerwohnsitze ist die kleine schottische Insel Bass, in der Mündung des Meerbusens von Edinburg (Firth of Forth), unfern der Küste, dem Städtchen North-Berwick gegenüber, ziemlich unter dem 56. Grad nörd- licher Breite und genau unter dem 2. Grad östlicher Länge von Greenwich gelegen. Diese kleine, von Menschen nicht bewohnte, etwa eine Seemeile im Umfange haltende, hohe Felseninsel ist ein Sommeraufenthalt von Millionen vielartiger Seevögel, unter denen die Tölpel die Mehrzahl bilden; dieser- wegen schon von alters her berühmt, hat man unserer Art auch von ihr den Beinamen bassanus (Bassaner u. s. w.) bei- gelegt. — An den Küsten von Portugal sieht man den Bass- tölpel oft in Scharen, weniger häufig bei Gibraltar und an der atlantischen Küste von Nordafrika, sehr einzeln noch bis in die Nähe der Kanarischen Inseln [—, nicht selten (nach E. HARTERT) auch an der südlichen amerikanischen Küste, mindestens bis Mogador hin —|. An den Küsten Englands und des südlichen Norwegen kommt er meistens nur vereinzelt vor, noch seltener zuweilen an denen des nörd- lichen Frankreichs, Hollands und Norddeutschlands, bei Helgoland und in der Elb- und Wesermündung wohl noch am häufigsten, wo er sich manchmal sogar in mehrfacher Anzahl sehen lässt, besonders wenn heftige Stürme aus Norden undNord- westen einige Zeit anhielten. Als man im Frühjahr 1824 mit dem Heringsfange in der Elbmündung beschäftigt war, erschienen unter Tausenden von Möven, Tauchern, Alken, Lummen und anderen befiederten Fischfressern auch sogar sehr viele Tölpel, die bis spät in den Frühling sich dort herum trieben und dann erst nach und nach verschwanden. Sie waren diesmal den wandernden Heringszügen anscheinend freiwillig gefolgt; denn ihr Betragen unterschied sich sehr von dem solcher, die zu anderen Zeiten, von heftigem Sturm und Regen gepeitscht, abgemagert und völlig erschöpft auf das Land geworfen wurden, wie im Winter 1818, bei Nordweststurm und heftigem Regen, in Brunsbüttel geschah, wo drei Stück in das Gehöft meines lieben Freundes P. v. WÖLDICKE stürzten, die sich mit den Händen fangen liessen, ohne dass sie Kraft oder Willen zu entfliehen gezeigt hätten. — An der Westküste Jütlands sieht man diese Vögel öfter, doch auch nur einzeln, noch viel seltener aber auf der Ostküste, wie denn überhaupt auf der ganzen Ostsee nur hin und wieder ein einzelner vorgekommen ist, den man für einen Verirrten hat halten müssen; so auch, wie sehr wenige Fälle bewiesen haben, auf deutscher Seite, Allein von den Küsten der Nordsee aus, fast in allen Teilen Deutschlands, tief im Festlande und bis in die Schweiz, sind dagegen von Zeit zu Zeit einzelne Verschlagene vorgekommen, die sich alle in einem mehr oder minder ermatteten und hoffnunglosen Zustande be- fanden, sodass sie leicht zu töten waren. Es könnten deren, ‘) Das ist nicht richtig. R. Bl, °) Die Sulagans brütet auch bei Grasholm (Süd-Wales), Lundy Island (Bristol Channal) und an verschiedenen Stellen an der Westküste von Irland nach brieflicher Mitteilung von ©. R. Jourvam. R. Bl. Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). 39 freilich in einer ziemlichen Reihe von Jahren vorgekommen, eine ziemliche Anzahl aufgezählt werden, wir wollen uns aber bloss auf die beschränken, welche in unsere Nähe kamen, wie vor vielen Jahren einer bei Wittenberg, 1824 zwei im Magdeburgischen und einer in Sachsen, welche allesamt erschlagen worden sind, dann 1825 Mitte April einer bei Schöne- beck unweit Magdeburg, welcher geschossen wurde; und so war es im westlichen Deutschland ebenfalls. [— An den östlichen Küsten des Atlantischen Oceans ist er bis Madeira und zu den Kanaren südlich vorgekommen, nach HARTLAUB auch am Gambia. Nach J. F. von BRANDT (teste SCHALOW, Journ. f. Ornith. 1891, S. 266) soll er von STELLER im nördlichen Teile des Grossen Oceans bei den Aleuten gefunden sein, doch BRANDT bezweifelt es. Neuere Beobachter haben ihn dort nicht gesehen. Von Könıg wurden bei Tunis zwei Exemplare beobachtet (Journ. f. Ornith. 1894, S. 105). In Ungarn, speziell Siebenbürgen, soll er nach STETTER (teste OsATo, Zeitschrift f. d. ges. Ornithologie 1885, S. 515) vorgekommen sein, CsarTo selbst kann nichts über das Vor- kommen angeben, und FRIVALDSZKY und CHERNEL führen ihn nicht unter den Vögeln Ungarns auf. An der Atlantischen Küste Amerikas ist er bis zum Golfe von Mexiko hin südlich vorgekommen, in Europa auch bis ins Mittelmeer verflogen und von GIGLIOLI (l. c.) einige Male für Italien nachgewiesen, nach ANTONIO VALLE (Journ. f. Ornith. 1886, S. 389) auch bei Triest erlegt. An der westlichen norwegischen Küste ist er bis zum Nordkap hin beobachtet und auch an der norwegischen und russischen Eismeerküste gesehen (siehe PLESKE, Übersicht der Säugetiere und Vögel der Kola-Halbinsel, Th. I, S. 230). Von Vorkommen in Deutschland sind folgende zu er- wähnen. Nach dem Journal für Ornithologie (1885, S. 357) wurde am 16. April ein Männchen bei Oldenburg erlegt. Bei Husum und auf den Inseln wurden im Spätherbste 1883 mehrere ge- griffen, darunter nur ein altes Tier. Den Insulanern und Küstenbewohnern ist „Jan van Gent“ ein ziemlich bekannter Vogel, der alljährlich, bei anhaltend stürmischem Wetter vom West- und Nordwest getrieben, in unserer Gegend erscheint; es sind meistens junge und jüngere Vögel. Nach dem Journal für Ornithologie (1871, S. 73 und 223) wurde am 2. September 1871 bei Gieboldehausen, zwei Meilen nördlich von Göttingen, ein altes Männchen gefangen, das sich plötzlich aus der Luft zwischen eine Herde weidender Gänse niederliess. Es wurde 14 Tage lang mit eingestopften Fröschen ernährt. Wahrscheinlich war es durch die Stürme der vorhergehenden Tage dorthin verschlagen. — In der Darmstädter Sammlung findet sich nach der Ornis (1891, S. 497) ein vor vielen Jahren im Odenwalde gefangenes Exem- plar. — Nach A. RÖMER (Vögel Nassaus, S. 67) wurden im August 1857 bei Eisenbach, Amt Idstein, aus einer grossen Herde sechs Stück geschossen und von armen Leuten gegessen. Nach WÜSTNEI und CLopıus (Vögel Mecklenburgs, S. 330) wurden Bass-Tölpel beobachtet: 1824 am Neustädter See, im Winter 1854 in einem heftigen Schneesturme auf Gut Markow bei Teterow, 1872 am Tage nach der Sturmflut bei Bützow, im Winter 1898 bis 1899 bei Poel mehrfach. — Nach TOBIAS (teste FLÖRICKE, Journ. f. Ornith. 1891, S. 194) ist er auf dem Schraden bei Ortrand in Schlesien erlegt und soll nach NEUMANN auch anderweitig in Preussisch-Schlesien im Spätherbst vor- gekommen sein. Nach LaAnnpoıs (Vögel Westfalens, S. 327) wurden Bass- Tölpel in Westfalen mehrfach Anfang des 19. Jahrhunderts, z. B. bei Riesenbeck, Rheine, Bevergern und Gimpte von Bauern auf dem Felde gegriffen, bei Öld fiel 1844 einer bei heftigem Regenschauer aus der Luft tot herab. Nach Baron D’HAMONVILLE (Oiseaux de la Lorraine, S. 274) wurde ein Exemplar bei Toul im Winter 1849 erlegt und eins an der Mosel (altes Exemplar) zwischen Pagny und Pont-aA-Mousson. Nach dem Journal für Ornithologie (1876, S. 6) nennt L. BREHM ein märkisches Exemplar, welches sich in der FEHR- MAnNschen Sammlung befand. Ein altes ausgefärbtes Exemplar aus Gross-Schönebeck bei Joachimsthal findet sich im landwirt- schaftlichen Museum in Berlin. Nach GÄTKE „kommt er bei Helgoland nur vereinzelt vor, aber fast während aller Monate des Jahres und in allen Ab- stufungen vom dunklen Jugend- zum rein weissen ausgefärbten Kleide, Ausnahmen dürften Januar und Februar bilden, wenn solche von strengem Frostwetter begleitet sind.“ —] Zugvogel ist der Basstölpel nicht; man Könnte ihn eher Standvogel nennen. Da er jedoch ausser der Fortpflanzungs- | zeit den eigentlichen Nistort öfters auf längere Zeit verlässt, wenigstens in der Mehrzahl, und sich in anderen, wenn auch nicht sehr entfernten Gegenden aufhält, sich mehr zerstreut und dabei wohl auch in solche kommt, wo er weniger bekannt ist, endlich aber sich wieder zur rechten Zeit in grossen Massen an dem alten Brutorte einfindet, so kann er allenfalls zu den Strichvögeln gezählt werden. Seine ünregelmässigen Streifzüge werden teils von lokalem Mangel oder Überfluss der Nahrungs- mittel bedingt, teils mögen auch anhaltende Stürme und böse Witterung aus einerlei Gegend das Ihrige dazu beitragen. Sie geschehen stets in grösseren oder kleineren Gesellschaften, sodass vereinzelte Vögel dieser Art immer als von jenen unwillkürlich getrennt oder als Verirrte betrachtet werden müssen. i Er ist so ganz Bewohner des Meeres, dass er die Nähe der Küsten nur sucht, um sich da bequemer nähren zu können und da zu brüten; sobald er aber zufällig so weit über Land zu fliegen gezwungen wird, dass er das Meer aus dem Gesicht verliert, ist es aus mit ihm, alle Besinnung schwindet, er fliegt, so lange er kann, über Berg und Thal, Feld und Wald, ohne viel auf Flüsse und andere Binnengewässer zu achten, ohne sich nach Nahrung umzusehen, bis er endlich ermattet hinsinkt und sich der Hand nicht mehr zu entziehen sucht, die sich nach ihm ausstreckt, oder dem Knüttel nicht ausweicht, welcher gegen ihn aufgeschwungen wird. Alle bis in die Mitte von Deutschland verschlagenen Vögel dieser Art fand man in solcher hoffnungslosen Abspannung. Sie gleichen hierin allen echten Meervögeln, welche schon an ungewohnten Orten sich un- heimlich fühlen, vom Meere entfernt sich ganz verloren geben und sogar umzukehren vergessen, wie z.B. die Schwalben- sturmvögel. Wo unser Tölpel freiwillig die Nähe des Landes zu seinem Aufenthalte wählt, sind es immer hohe und schroffe Felsen- sestade, mit tiefen Einschnitten und vielen Buchten oder ganz vom Meere umgebene Klippen, von wo aus er zwar das hohe Meer im Umkreise von vielen Meilen bestreicht, aber gegen Abend meistens wieder zu jenen zurückkehrt, anscheinend weil er da, wo das Wasser weniger in Bewegung ist, bequemer zu seiner Nahrung gelangen mag. Dass er bei der Wahl für einen längeren Aufenthalt den Gegenden, welche mehr Fische und klares Wasser als andere haben, den Vorzug giebt, ist augenfällig; dass er aber manche, welchen beides und, nach menschlichem Ermessen, nichts fehlt, was ihm angenehm sein kann, dennoch nie zum Wohnsitz wählt, bleibt ein Rätsel. Wir finden dem ähnliches jedoch auch bei anderen Vogelarten, ohne uns erklären zu können, warum sie diesem oder jenem Platze den Vorzug vor vielen anderen, uns ganz ähnlich scheinenden geben. Nackte oder nur hin und wieder mit etwas Rasen bedeckte Klippen scheint er besonders zu lieben, er lässt sich aber, ausser beim Neste, selten auf festem Boden, noch seltener auf flachem Strande nieder, doch thut er dies, wo er es haben kann, noch lieber als auf dem Wasser, um schwimmend aus- zuruhen. Fühlt er sich vom unablässigen Fliegen zu sehr er- müdet, so lässt er sich, wo kein Land in der Nähe, auch wohl aufs Wasser nieder, ruht einige Zeit oder überlässt sich, mit unter die Schulterfedern verstecktem Schnabel und ohne fort- zurudern, vor dem Winde treibend, dem Schlafe, der oft so fest ist, dass er das annähernde Boot nicht bemerkt und zu- weilen mit dem Ruder erreicht werden kann. An seinen ge- 40 Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). wöhnlichen Wohnorten hält er seine Nachtruhe entweder beim Neste oder auf aus dem Meere sich erhebenden Klippen. Eigenschaften. Die Tölpel sind mehr für das Fliegen als für das Stehen und Gehen oder Schwimmen geschaffen; nur in jenem zeigen sie sich als schlanke, gewandte und kräftige Vögel, im übrigen aber sehr unbeholfen. Unser Bass-Tölpel würde in seinem weissen Gewande in der Ferne einer grossen Möve ähneln, wenn nicht Flügel und Schwanz viel schmäler und seine Be- wegungen kräftiger und rascher wären, die ihn einer grossen Meerschwalbe noch ähnlicher machen, sich jedoch auch noch sehr von dieser unterscheiden. Stehend sieht er viel schlechter aus als diese und jene. Ihnen gar nicht ähnlich, die kurzen, breiten Füsse zu weit nach hinten liegend, ruht der Bauch fast auf dem Boden, und der steife Schwanz dient als dritter Fuss, über welchem sich die langen Flügel, fast gar nicht von Trag- federn unterstützt, hoch kreuzen, wobei die Brust sehr auf- gerichtet und der dicke Hals eingezogen ist; nur wenn er auf etwas aufmerksam wird, dehnt sich letzterer lang aus; Kopf und Schnabel behalten dabei meistens eine wagrechte Lage, zuweilen wird die Schnabelspitze auch noch über diese ge- halten. Er sieht dann sehr einfältig aus. Mit den Sohlen der Zehen und Schwimmhäute, auch Spur genannt, steht er fest auf dem Boden und schreitet auch so fort; allein sein Gang, wobei er den Schwanz schleppt, ist sehr schwerfällig, langsam, wankend und stolpernd. Auf un- ebenem Boden würde er oft fallen, wenn er nicht schnell genug die Flügel und den Schnabel zu Hilfe nähme und sich im Stolpern auf sie stützte. Will er den Gang gar beschleunigen, so hüpft er wie eine Elster; ein Gezähmter that dies besonders auf glattem Eise. Wo er Herr seiner Flugkraft ist, sucht er das Gehen, das ihm so viel Anstrengung macht, zu vermeiden, so viel er nur kann; er lässt sich zwar manchmal nieder, beim Neste muss er dies sogar sehr oft thun, wandelt aber nicht herum und erhebt sich von derselben Stelle wieder in den Flug. — Zum Schwimmen hat er auch wenig Neigung und zieht, um auszuruhen, wo er es haben kann, einen Sitz auf festem Boden vor. Doch sieht er sich oft, wo dieser fehlt oder unsicher ist, dazu gezwungen, rudert aber schlecht und lässt sich viel gewöhnlicher vom Winde treiben. Wenn er nicht auf diese Weise schlafen will, schwimmt er nie anhal- tend, wie man da, wo Fischer beschäftigt sind und er einen Anteil an der Beute erwartet, oft ganz in der Nähe der Boote be- obachten kann; es dauert selten länger als einige Minuten, wobei das Niederlassen etwas hart mit der Brust gegen das Wasser geschieht, sodass dieses nicht selten über den Kopf geht, ebenso das Aufsteigen etwas schwerfällig aussieht,” weil ihm ein Zappeln mit den Füssen und dem Schwanze voran geht. Im Schwimmen unterscheidet er sich sehr von Möven und Meer- schwalben; bei sehr eingezogenem Halse hält er die Flügel hinten noch weit höher als diese, sie kreuzen sich hoch über dem Bürzel fast im rechten Winkel, und der Schwanz wird nicht wie bei jenen hoch getragen, sondern schleppt auf dem Wasser so, dass seine Endhälfte sogar meistens unter Wasser ist; dies zusammen giebt dem Vogel eine ganz eigentümliche Gestalt. Er ist ein gewaltiger Taucher, doch mehr aus dem Fluge als aus dem Schwimmen. Es ist wohl behauptet worden, dass er das letztere gar nicht vermöge, aber mit Unrecht; mehrere glaubwürdige Beobachter unter meinen Bekannten haben mehr- mals gesehen, dass flügellahm geschossene Tölpel wiederholt lange und tief tauchen, wenn man sie im Schwimmen, was ihnen nicht rasch von statten geht, mit dem Boote einzuholen suchte. Dass sie wirklich tief tauchen, bewies einer, welcher dabei in ein Fischernetz geriet, das im Beisein meines lieben Freundes P. v. WÖLDICKE sogleich aufgezogen wurde, daher den Vogel noch lebend heraufbrachte, welchen jener an sich nahm und lange Zeit am Leben erhielt. Sich zu ernähren, versteht der Tölpel freilich nicht anders, als durch Stosstauchen aus dem Fluge, und dies nicht bloss durch oberflächliches, sondern auch auf mehrere Fuss tiefes, wie man an dem gänzlichen Verschwinden des Vogels von der Oberfläche und an dem späteren Heraufkommen leicht beurteilen kann. Oft schiesst er schräg ins Wasser und kommt dann in einiger Entfernung von der Stelle des Eintauchens wieder zum Vorschein. Zu- weilen soll er sogar ziemlich wagerecht und sehr flach unter der Oberfläche hin fahren, was jedoch übertrieben scheint, weil man dann voraussetzen müsste, dass er seiner Beute im Wasser nachjagte, was aber bloss die Schwimmtaucher können, bei echten Stosstauchern aber nie vorkommen kann. Er schwebt über dem Wasser, seine spähenden Blicke auf dieses gerichtet, und stürzt sich mit angezogenen Flügeln fast senkrecht in das- selbe hinein, je nachdem sein Ziel flach oder tief unter der Oberfläche steht, mit minderer oder grösserer Kraft, welche er, wie man sagt, dadurch zu erlangen wisse, dass er, wenn er für eine zu tief gehende Beute zu niedrig flöge, zuvor sich erst höher aufschwinge und so den Gesetzen des Falles nach- zukommen verstehe. Er mag sich jedoch dabei manchmal ver- rechnen. Sein Flug ist sehr eigentümlich, dem der Möven und Meer- schwalben nicht ganz unähnlich, doch auch abweichend genug, viel kräftiger als der beider, die Länge und dabei so geringe Breite seiner Flügel darin sehr auffallend. Die Flügelschläge folgen stets rascher als bei grossen Möven, werden aber sehr oft durch wirkliches Schweben ohne sichtbare Bewegung unter- brochen, wodurch er etwas Raubvogelartiges erhält oder dem eines Storches ähnlich wird, zumal die Tölpel sich häufig ebenso in kleineren und grösseren Kreisen drehen und in einer Spiral- linie oft zu grösster Höhe hinaufschweben. Dieses häufige Schweben, mit bald schnelleren, bald langsameren Flügel- schlägen wechselnd, mit vielen kühnen und unerwarteten Schwenkungen vermischt, geben diesem Fluge sehr viele Ab- wechselungen, besonders an ihren Fischplätzen, wo manche niedrig, andere hoch fliegen, manche niederstürzen, andere sich aufschwingen, einer dem anderen im Bogen oder sich schnell schwenkend ausweicht, manche dabei auch wohl in Streit geraten u.s.w. Zuweilen fliegen die Tölpel ganz niedrig über den Wellen, vermutlich weil genug hochgehende Fische zu fangen sind, ein anderesmal wieder sehr hoch, wahrschein- lich weil jene dann tiefer gehen. Aller Kraftäusserung und Ausdauer seines Fluges ungeachtet unterliegt doch so mancher dieser kühnen Flieger im Kampfe mit den aufgeregten Elementen oder wird ein grausames Spiel der tobenden Wogen wie des rasenden Sturmes, zuweilen, ohne länger widerstehen zu können, mit reissender Gewalt fortgeschleudert an ihm sonst unbekannte Küsten, ja tief ins Land verschlagen, bis er gänzlich ver- loren geht. Entfernt vom Nistorte benimmt sich unser Tölpel nicht so ganz einfältig; wo er sich verfolgt sieht, kann er sogar recht misstrauisch werden und den Schützen von dem schlichten Fischer oder Matrosen sehr wohl unterscheiden lernen. So hat man ihn zuweilen sogar ziemlich vorsichtig gefunden. Ganz anders zeigt er sich wieder, wo er ein gutes Mahl zu erwarten hat; denn seine grosse Fressgier lässt ihn vieles wagen. Bei dem Aufziehen der Heringsnetze ist er wahrhaft dummdreist und wetteifert darin mit den grossen Möven, sodass er noch viel häufiger von den Fischern mit dem Ruder erreicht werden kann, als eine von jenen; aber auch hier tritt bald Vorsicht an die Stelle der kecken Zudringlichkeit, sobald jemand zu- gegen ist, welcher Schiessgewehr gegen die anwesenden Vögel handhabt, zumal wenn er zu vielen Lärm damit macht. Da- gegen ist er am Nistorte fast ohne alle Furcht, zumal auf dem Brutplatze selbst, wo viele gar nicht von den Nestern fliegen, wenn auch der zwischen denselben herum wandelnde Mensch sie fast mit den Füssen berührt, manche sogar ruhig sitzen bleiben, wenn er sie streichelt oder gar bei den Flügeln nimmt, abhebt und wieder auf ihr Ei setzt, wo ferner das Ab- und Zufliegen der Alten zu den Jungen und das Füttern derselben ohne allen Verdacht, ohne alle Ängstlichkeit ebenso fortdauert, Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). 41 als wenn ein Mensch gar nicht da wäre. Freilich werden solche Orte von denen, die das Recht auf diese Vögel zu haben vermeinen, oder, wie auf dem Bass, erpachtet haben, in dieser Zeit vor allen Störungen bewahrt, neugierige Fremde ungern und selten zugelassen, alte Vögel nicht getötet, noch weniger dort geschossen, und da eine so sorgliche Behandlung schon seit Jahrhunderten alljährlich wiederkehrt, so muss sich auch das Zutrauen der Vögel gegen die Menschen in einem hohen Grade gemehrt' haben. So gesellig die Tölpel, auch die von unserer bassanschen Art, sind, sowohl unter sich als gegen andere Seevögel, so zeigen sie doch allenthalben einen zänkischen und hämischen Sinn. In den grossen Vereinen, die oft aus vielen Hundert- tausenden bestehen, hat das Zanken und Kämpfen gar kein Ende, und wo sich andere Vögel unter sie mischen, müssen diese gegen unversehene schmerzhafte Schnabelhiebe stets auf ihrer Hut sein. Sie binden selbst mit den grössten Möven an, müssen aber der Mantel- oder der Eismöve gewöhnlich weichen. Bei solchen Gelegenheiten entwickeln sie grosse Gewandtheit im Fluge; denn nur in der Luft ist der Tölpel in seinem rechten Elemente, auf dem Wasser oder der Erde scheint er dagegen ein ganz anderer, plump, träge, misslaunig und dabei heimtückisch genug, unerwartete Schnabelhiebe gegen jedes Geschöpf zu schleudern, das sich ihm zu vertrau- lich nähert. Mit seinem starken Schnabel kann er schwer ver- letzen; die Schneiden seiner beiden Spitzen haben die Schärfe eines Messers, und wo ein Hieb auf die blosse Haut fällt, fliesst sogleich Blut. Bei seiner Grösse, als kräftiger Vogel, mit dieser Waffe versehen, würde er dieses Übergewicht andere Vögeln noch viel häufiger fühlen lassen, wenn ihn nicht seine grosse Trägheit nur zu oft daran verhinderte. Dieser ist es allein zuzuschreiben, dass er an den Brutorten auch anderem schwächeren Geflügel gestattet, seine Brut dicht um und neben sich zu machen. Seine Stimme sind kurz abgebrochene, rabenartige, rauhe Töne, die er aber meistens nur ausstösst, wenn er unwillig wird. Sie klingen in einem ziemlich tiefen Tone wie Rab, rab, rab!, werden aber im Zorn viel hastiger ausgestossen und lassen sich dann wie Rabrabrabrab vernehmen. Wo viele Tölpel beisammen sind, hört man dieses Geschrei unab- lässig, weil sich hier immer Gelegenheit dazu findet, wenn sich .zwei zu nahe kommen, miteinander nach einer Beute zielen, diese einer dem anderen wegfischt und was sonst noch Neid und Zorn aus ihnen laut werden lässt; auch wenn sie mit anderem Geflügel gemeinschaftlich fischen und grosse Möven darunter sind, die ihnen die Spitze bieten, schreit der einzelne, sobald ihm eine solche zu nahe kommt, heftig. Der einsam herumstreifende Tölpel lässt dagegen fast niemals eine Stimme hören; nur wenn er erschreckt wird, stösst er ein kurzes Ack oder Rap aus. Vielen Lärm sollen sie an den Brutorten. machen und bei Anwesenheit eines Menschen dort unablässig schreien. Ausser jenem Rab, rab, rab, rab, rabrabrab sollen sie dort noch schnarrend-quakende Töne ausstossen, die dem Geschrei zahmer Enten mitunter täuschend ähnlich sein sollen, die hungernden Jungen aber ein kreischendes Ge- schrei erheben, wenn sie die Alten mit Futter ankommen sehen.') ı) Dies nach ERNST FLEISCHER, welcher Ende Juni des Jahres 1820 die berühmte Felseninsel Bass besuchte und höchst schätzbare Beobach- tungen über das Leben der dort wohnenden Vögel, namentlich der Haupt- art, unseres Tölpels, machte, mir alles mündlich und umständlich mitteilte, auch zugleich veröffentlichte in der Isis, Jahrg. 1821, Heft XII, Litt. Anz., S.330. Mein verstorbener Freund war zu guter Beobachter und zu sehr Mann von Ehre, als dass man im entferntesten Misstrauen in seine Angaben setzen dürfte, wenn sie auch mit anderen nicht so genau übereinstimmen, wie be- sonders die Angabe der Stimme, die bekanntlich von verschiedenen Be- obachtern oft verschieden aufgenommen und ebenso verschieden wieder- gegeben wird und namentlich von FABER (Prodromus d. isl. Ornith., S. 85) mit der Silbe Orrr bezeichnet ist. — Beiläufig gesagt, verdanke ich aber das meiste über Betragen und Lebensweise unseres Vogels den gütigen Mitteilungen eines sehr fleissigen praktischen Ormithologen, meines lieben P. v. WöLDIcKE zu Brunsbüttel, am rechten Ufer der Elbmündung. Naum. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. ; Im gefangenen Zustande beisst der Tölpel grimmig um sich und macht, wo er die Haut fasst, bei jedem Bisse eine blutende Wunde. Träge und fast unbeweglich wie ein Drei- fuss hingestellt, kommt es ihm selten bei, aus freiem Willen einige Schritte fortzuwatscheln. Tritt ein Mensch ihm zu nahe, so setzt er sich in Positur, ihm Schnabelhiebe zu versetzen; Tiere greift er sogleich an und treibt sie damit in die Flucht. Der, welchen mein Freund P. v. WÖLDICKE besass, hielt sich oft dessen drei grosse Hunde vom Leibe, wusste gewöhnlich einem einen Hieb zu versetzen, dass er laut aufschrie, worauf auch die anderen davonliefen. Dieser Vogel war meistens übelgelaunt und hämisch, doch hatte er auch gutmütige Inter- valle, in welchen ihn dann mein Freund am Kopfe und Rücken streicheln konnte, ohne dass jener Miene machte, diesen in die Hand zu beissen. Es wollte meinen Freund bedünken, dass, wenn er den Vogel beunruhigte, neckte und böse machte, sich jedesmal die nackte dunkelblaue Haut in nächster Um- gebung des Auges verfärbte und ein helleres Blau annahm; wenn er ihn aber wieder in Ruhe liess und besänftigte, wieder eine dunklere Farbe auftrat. Sein plumpes Wesen und seine Trägheit, wobei er sich jedoch ziemlich reinlich hielt und öfters ins Wasser ging, langweilen sehr oder empfehlen ihn doch keineswegs. [— Die Tölpel sollen sehr alt werden, auf dem Bass- Felsen hat man einzelne, an Besonderheiten erkennbare Exem- plare über 40 Jahre lang beobachtet (Ibis 1866, S. 29). —] Nahrung. Fische, und zwar lebende, die er sich selbst fängt oder lebend aus den Fischernetzen raubt, dienen ihm vorzugsweise zum Unterhalt; seltener Tintenfische und andere Weichwürmer; er füttert aber namentlich seine kleinen Jungen mit diesen. Unter den Fischen werden ihm hauptsächlich solche zu Teil, die gewohnt sind, sich häufig der Oberfläche des Wassers zu nähern, wie vorzüglich die Heringsarten, die Sprotten, Sardellen, auch Makrelen und andere. Er ist im stande, bis gegen 28 cm lange Fische zu verschlingen, und wenn sie sich auch zufällig umbiegen, so ist sein Rachen doch. weit genug und so dehnbar, dass er sie hinunterwürgen kann, selbst solche, welche gegen 9 cm breit sind. Er ist ein gewaltiger Fresser und stopft sich, wo er es haben kann, Magen, Speise- röhre und Kehlsack so voll, dass sich oft der Schnabel für einige Zeit nicht schliessen lässt. Aber er verdaut auch sehr schnell und bedarf daher sehr viel zu seiner Erhaltung. Er gelangt nie anders zu seiner Beute als durch Stoss- tauchen; d. h. er fliegt, schwebt und schaukelt sich in der Luft, niedriger oder höher über der Wasserfläche, den spähen- den Blick nach unten gerichtet, hält einen Augenblick an, wenn er einen zum Stosse bequem stehenden Fisch gewahrt, und stürzt sich sogleich, Schnabel und Kopf voran, mit an- gezogenen Flügeln ins Wasser, nach Erfordernis mit mehr oder weniger Kraft, je nachdem sein Ziel tiefer oder flacher im Wasser steht. Zu manchen Zeiten, wo die Fische sehr hoch oben ziehen, kommt er leicht dazu, und dann bleibt beim Ein- tauchen immer noch etwas von den Flügeln und dem Schwanze über der Wasserfläche sichtbar; dagegen dringt er bei tief- sehenden Fischen wohl einige Fuss tief ein, und dann ist er dem Zuschauer auf einige Augenblicke ganz verschwunden. Man sieht es schon an dem kräftigeren Stosse und an dem Anziehen der Flügel, wenn er tief eindringen will; er fliegt dazu auch gewöhnlich höher, um sich mehr Fall zu geben. Dass er dies aber genau abzumessen verstünde, scheint nicht der Fall; denn er stösst dann viel öfter fehl als bei flach- gehenden Fischen. Seinen Fang verschlingt er nicht unter dem Wasser, sondern in dem Augenblick, wenn Schnabel und Kopf wieder auftauchen. Auch das Futter, das er dem Jungen bringen will, behält er nicht bloss im Schnabel, sondern ver- schlingt es und füllt seine Speisebehälter erst tüchtig an, ehe er es jenem bringt und ihm dann vorwürgt. 42 Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). Am gewöhnlichsten und in grösster Mehrzahl sieht man ihn an solchen Stellen fischen, an welchen das Wasser weniger bewegt ist, die im Schutze gegen den Wind liegen, daher meistens in der Nähe des Landes, in stillen Buchten und hinter hohen Klippen, auch ist ihm die grössere oder geringere Durch- sichtigkeit des Wassers nicht gleichgültig. Er hat daher in den von ihm bewohnten Gegenden seine Lieblingsplätze, wo man ihn am häufigsten und in grösserer Thätigkeit sieht als an anderen, die er nur einzeln durchstreift. Den Fischzügen folgt er indessen auch durchs offene Meer und wird daher zu- weilen viele Meilen vom Lande entfernt beim Fischfang an- getroffen. Seine Sehkraft muss ausgezeichnet scharf sein, da man ihn sehr häufig Fische auch aus den schäumenden Brandungen der Wellenrücken holen sieht, wie denn überhaupt das Meer auch an den ruhigsten Stellen nie ohne alle Bewegung ist, und auf das Erblicken eines Fisches auch fast augen- blicklich der Stoss folgen muss, wenn dieser nicht vergeblich sein soll. Leichter kommt er dazu, wo die Fischer eben ihre Netze aufziehen; er fehlt daher auch in der Begleitung der Heringsfischer selten und raubt hier den viel langsameren Möven oft die Beute vor dem Schnabel weg. Das Getümmel und Gewimmel der Menge der vielartigsten befiederten Fisch- fresser, die sich bei solchen Gelegenheiten an einem ÖOrte versammeln und ihren Anteil von dem Fange verlangen, lässt sich Kaum beschreiben, wenigstens nicht so versinnlichen, dass auch der, welcher es nie selbst sah, einen richtigen Begriff davon bekäme; so versammeln sich bei der Heringsfischerei am Ausflusse der Elbe in manchen Jahren Tausende und Aber- tausende von Möven aller Art, von den grössten bis zu den kleinsten, Scharben, Seetaucher, Lummen, Alken, Lunde und andere mehr, und unser Tölpel fehlt selten darunter. Es wird den Fischern schwer, diese ungebetenen Gäste ohne Schiess- gewehr abzuhalten, selbst von den schon im Boote befindlichen Fischen. Alle diese Vögel fanden sich schon auf weiter See im Gefolge der Fischzüge und begleiteten sie bis in jene Gegend, um hier in grösserer Gemächlichkeit ihre schwelgerischen Mahlzeiten halten zu können, wozu ihnen die Menschen be- hilflich wurden. Er ist ein gewaltiger Fresser und verdaut sehr schnell, kann aber im Notfalle auch länger als einen Tag unbeschadet ohne Nahrung bleiben. Der, welchen P. v. WÖLDICKE besass, bedurfte des Tages zwölf Heringe, frass deren aber, wenn er sie erhielt, zuweilen achtzehn Stück an einem Tage, und nicht selten verschlang er drei bis vier gleich nacheinander, wobei dann .der Hals meistens ausgestreckt bleiben musste und un- förmlich dick aussah. Er verschlang ohne Unterschied lebende wie abgestandene. Da bekanntlich die meisten Seefische ab- sterben, sobald sie aus dem Wasser kommen, zumal die Herings- arten, so bekam er selten andere; faulende mochte er aber nicht, und an etwas anderes als Fische ging er vollends gar nicht. Wahrscheinlich hätte er bei der guten Pflege, die mein Freund ihm angedeihen liess, mehrere Jahre ausgehalten; allein das unablässige Herbeischaffen frischer Fische während der Sommermonate, sowie das Austrockenen des kleinen Teiches, welcher ihm zum Aufenthalte angewiesen war, in welchem er sich oft badete und reinigte, doch selten umherschwamm, be- stimmte endlich jenen, nachdem er ihn über sechs Monate unterhalten hatte, sich dieser Last zu entziehen und den Vogel für andere naturhistorische Zwecke zu töten. Wahrscheinlich nährt sich der Tölpel, wenn er nicht Fische genug haben kann, auch von Tintenfischen (Sepia offi- cinalis und Loligo vulgaris), die man ihn in Menge seinen J ungen vorwürgen sah, so lange diese zum Verschlucken von Fischen noch nicht gross genug waren. Die einzelnen Vögel dieser Art, welche sich tief ins Land und bis in die Mitte von Deutsch- land verirrten, hatten gewönhlich gar nichts im Magen und waren völlig abgemattet, selbst solche, welche noch herum- flogen und sich beim Wasser, z. B. der Elbe aufhielten, sah man nichts fangen, und nachdem sie erlegt waren, fand man auch ihren Magen leer. | | Fortpflanzung. In den oben beim Aufenthalt angegebenen Gegenden der nördlichen Meere unseres Erdteiles kennt man viele Brutplätze, welche von unzähligen Vögeln dieser Art alljährlich besetzt gehalten werden. Nie findet man ein einsam nistendes Paar; immer sind sie in zahlloser Menge beisammen, zu Tausenden und Hunderttausenden, vielleicht zu Millionen; sie bedecken, wo sie ihre Nester haben, die Felsen, sodass diese in einiger Entfernung, teils von den Vögeln, teils von ihrem weissen Koth, Schneegefilden gleichen; ihre ungeheueren Flüge durchwirbeln die Luft so dicht, dass sie die Tageshelle beschränken, und ihre tausendfachen Stimmen betäuben die Sinne desjenigen, welcher sich an solchen Plätzen aufhält. An den Küsten von Island giebt es mehrere einzelne kleine Felseninseln oder Schären, wo die Tölpel grosse Brutplätze haben, z.B. einige von der Gruppe der Westmanöer, die Vogelschären und Grimsöe. Der letztere ist wahrscheinlich der nördlichste Brutplatz dieser Art in Europa. Dann ist die kleine Insel Myggenaes, eine der Faröer Gruppe, ferner einige von den Orkaden und Hebriden, als solche bekannt, wovon sich wahrscheinlich der grösste von allen auf St. Kilda ‘befindet, sowie in Europa der südlichste,!) der auf dem Bass, im Firth of Fortb, an der Ostküste von Schottland, ist. [— Soweit ich die Litteratur verfolgen konnte, befinden sich zur Zeit noch Brutplätze an folgenden Stellen mit schätzungs- weiser Angabe der nistenden Paare: | 1. Sula S’Geir, ein Felsen, ungefähr 35 Meilen nördlich von der Butt of Lewis (circa 150000 Paare). 2. Stack-Island oder Stack of Suliskerry, halbwegs zwischen Sula S’Geir und den Orkney-Inseln (circa 25000 Paare). ö. Insel Borrera und einige naheliegende 300 m hohe Felsen in der St. Kilda-Inselgruppe an der Westküste von Schottland, Stack-an Armin und Stack-an Lii nach C. Dixon (Ibis 1885, S. 91) und ELWES (Ibis 1869, S. 30) (circa 25000 Paare). 4. Ailsa Kraig an der Mündung des Firth of Clyde an der Westküste von Schottland (circa 6000 Paare). 5. Bass-Rock an der Mündung des Firth of Forth an der Ostküste von Schottland (circa 75000 Paare). 6. Lundy-Island (kleine Kolonie) an der Küste von Devon im Bristol Chanuel. 1. Küste von Pembrokeshire auf Grasholm (1886 250 Paare). 8. Bull-Rock an der Südwestspitze von Island (circa 100 Paare). (Nach Errichtung eines Leuchtturmes daselbst in den Jahren 1884—1885 sollten sich alle nach Little Skellig verzogen haben (Ibis 1891, S. 8); nach „Birds of Ireland“, S. 157 sind sie jetzt nach Bull-Rock zurückgekehrt, USsHER fand 1899 dort mehrere Nester. 9. Little-Skellig, etwas entfernter von Bull-Rock (146 m hoch), eine viel grössere Kolonie als die auf Bull-Rock. 10. Grand Menan Rock mit einigen kleinen nahe ge- legenen Felsen in Nordamerika an der Bai von Fundy. 11. Magdalene-Island und nahe gelegene Felsen im Golf von St. Lawrence in Nordamerika (1860 brüteten dort nach BREYAnT (Auk, V, 1888, S. 132 bis 155) noch 50000 Paare (Great Bird oder Gannet Rock, Little oder North Bird Rock, Perc& Rock bei Gasp& und Gannet Rock bei Mingan (Ibis 1866, S. 15, in einer vortrefflichen Monographie vonR.O. OUNNINGHAM). 12. Myggenäsholm, eine der westlichen Färöer. 13. Grimsey bei Island. 14. Reykjanes Klippen (Island). 15. Westmannaeyjar (Island). —| Myriaden dieser Vögel bewohnen zur Fortpflanzungszeit nebst einer ungeheueren Anzahl von Möven, Alken und Lummen den eine Seemeile im Umfange haltenden, 123 m hohen, nackten, nur oben teilweise mit Rasen bedeckten Bass- Felsen, dessen schroffe Wände nur an zwei Stellen einen Aufgang haben, welchen eine Thür verschliesst, durch die man auf natürlichen Stufen auf die Oberfläche der Insel gelangt, ‘) Siehe Bemerkung oben. R. Bl. zer : auch nach ganz anderen Gegenden fort. Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). 43 die von Menschen nicht bewohnt ist und auf welcher bloss eine kleine Anzahl Schafe weidet. Man gelangt, auf nach- gesuchte Erlaubnis, nicht anders als vom Städtchen North- Berwick, auf der schottischen Küste, dem Bass 3 Meilen südlich gegenüber gelegen, auf einem Segelboote dahin, und da die Vögel unter dem Schutze der Jagdgesetze stehen, darf dort nicht geschossen oder auf andere Weise Störung gemacht werden. Auch an den hochnordischen Brutplätzen behandelt man sie, um nachher die Jungen auszunehmen, mit möglichster Schonung. Hierdurch erreicht man, dass eine solche Schar alle Jahre denselben Platz wieder bezieht und dass fast alle Nistplätze schon seit Jahrhunderten dieselbe Berühmtheit be- hielten, dass die Anzahl der Vögel, ein Jahr in das andere gerechnet, weder zu- noch abnimmt, weil niemals zu allen Jungen zu gelangen ist u.s.w. An einem solchen Platze sieht es demnach heutigen Tages noch ebenso aus, wie vor zwanzig bis dreissig Jahren oder noch früher. Gegen Ende April erscheinen die brütelustigen Scharen an den Nistplätzen, und im. Oktober verlassen sie diese wieder. [— Dieser Zeitpunkt erscheint zu spät angegeben. Nach MÜLLERS Vogelfauna der Faröer (Journ. f. Ornith. 1869, S. 99) rechnet man dort die Ankunft insgemein auf den 25. Januar, jedoch sieht man den ganzen Winter einzelne — Sie brüten und lassen sich nicht einmal an anderen Stellen der Faröer nieder als auf Myggenäsholm und zwei naheliegen- den einzelnen Klippen. Nur wenn sie ihr Nest bauen, machen sie eine Ausnahme, indem sie das Material von der naheliegen- den Insel Myggenäs holen. Früh im Februar sitzen einzelne Tölpel am Tage auf der Nordseite der Holme, und um den 25. März verweilen sie dort auch des Nachts. Sie sind als- dann sehr fett, werden aber gegen die Legezeit mager. An- fang April bauen sie ihren Horst von den gleichen Materialien, von gleicher Festigkeit und auf die gleiche Weise wie die Riden (Dreizehenmöven). Sie bauen vorzüglich auf den alten Horsten. Der Horst ist so hoch, dass er einem Manne bis zum Knie reicht. Am 14. April legen sie ihr Ei, doch legen sie sehr unregelmässig, sodass schon Junge flugbar sind, wenn andere kaum ausfielen. — Vor dem 8. September sind die Jungen niemals flugbar, und bis zum 29. September pflegt man sie auszunehmen, und manche bleiben dann noch zurück. Wenn die Jungen das Nest verlassen, ziehen die Alten mit, doch sieht man sie bis zum 14. Oktober auf dem Horste sitzen, und sie besuchen die Inseln bis zum Advent. —|] In anderen Jahreszeiten sieht man sie wohl in der Um- gegend, aber nicht auf dem Nistplatze, und viele streichen Sie nisten auf hohen, vom Meer umspülten Felsen, so hoch, dass sie keine Brandung erreicht, teils auf Absätzen an den schroffen Felswänden, teils, und gewöhnlich die meisten, oben auf dem mit Rasen bedeckten Rücken der Klippen. Auf dem Bass ist dies namentlich an der Abendseite der Fall. Ihre Nester und Brutstellen sind nicht auf eine grosse Fläche zerstreut, sondern dicht beieinander, sodass an vielen Stellen kaum einen Fuss breit leerer Raum dazwischen bleibt; wo sie einzelner stehen, haben oft Alken oder Lummen ihre Eier dazwischen gelegt, während sich solcher Kolonie wohl auch Möven seitwärts anschliessen, doch nicht unter sie mischen. Ein entsetzlicher Lärm beginnt an solchen Orten mit der Auswahl der Niststellen und beim Bauen der Nester, wo die ver- schiedenen Pärchen oft aneinander geraten, sich bekämpfen, das Nestmaterial wegstehlen und dergleichen mehr. Das letz- tere müssen sie freilich mühsam und oft aus der Ferne herbei- holen; es ist deswegen eine beliebte Ware, und es geht beim Bauen der Nester etwa so zu, wie in einer Saatkrähen-Kolonie. Das Paar, welches viel auftreiben kann, baut sich ein grosses Nest, während ein anderes neben diesem mit viel weniger zu- frieden sein muss; manche unterlassen sogar wegen Mangels oder aus individueller Trägheit den Bau ganz und legen ihr Ei auf den nackten Boden hin. Manche Nester sind tüchtige Klumpen von 42 cm Durchmesser und 18 bis 23 cm Höhe, in der Mitte tief ausgehöhlt, unordentlich geflochten oder bloss aufeinander geschichtet, von verschiedenen Tangarten, meistens Fucus vesiculosus, digitatus, serratus und anderen, die auf dem Meere treiben und im Umkreise mehrerer Meilen von den Vögeln aufgesammelt und im Schnabel herbeigeschleppt werden, auch von Meergras (Zostera marina), allerlei Landgräsern, Heu, Stroh und anderen Pflanzenstengeln, was sie am Strande oder auf ihrem Felsensitze zusammensuchen. Alles Material liegt ohne Ordnung durcheinander, nur wenige sind so gute Bau- meister, dass sie die feineren Dinge, namentlich die Landgräser, in der Mitte zur eigentlichen Unterlage der Eier anwenden, jenen auch wohl gar noch aufgefundene Mövenfedern zufügen. Beide Gatten bauen daran, und wenn der eine ausgeflogen ist, um Material zu suchen, hält gewöhnlich der andere Wache bei dem Bau. Auch die besseren Nester werden später vom häufigen Niedertreten sehr platt und unansehn- lich, zumal sie immer nass sind, wodurch sich vieler Schmutz ansammelt. Die Legezeit ist sehr verschieden, denn manche Weib- chen legen sogar einige Wochen später als die ersten, sie fängt auch an verschiedenen Orten früher oder später an; wahr- scheinlich ist dies auch nicht ein Jahr wie das andere, und von der Frühlingswitterung und Temperatur abhängig. Daher die abweichenden Angaben der verschiedenen Beobachter, die den Beginn des Eierlegens bald für die Mitte Mai, bald um einen vollen Monat später feststellen. Warum man aber an einem und demselben Brutplatze so viel individuelle Verschie- denheiten in der Zeit des Legens findet, wo es gar nicht selten vorkommt, dass neben dem Neste, worin ein Junger, fast von der Grösse der Alten, in seinem Dunenpelz sitzt, in einem anderen ein erst vor kurzem gelegtes Ei gefunden wird, ist schwer zu erklären, weil so verspäteten Gelegen mehr als ein anderes vorhergegangen sein müsste, was einzeln wohl auch vorkommen kann; weil aber die Menschen diese Eier, so viel bekannt, nirgends essen, vielmehr, um Junge daraus zu er- halten, schonen und von grossen Larus- und Lestris- Arten wegen kräftigen Widersetzens der Tölpel auch selten eins ge- raubt wird, so könnte es gar so häufig nicht vorkommen. Übrigens will man beobachtet haben, dass, wenn man einem Weibchen sein Ei nimmt, es nachher ein zweites, und wenn man ihm dieses auch nimmt, ein drittes legt. Das Weibchen legt für eine Brut nie mehr als ein Ei, das in der Regel grösser ist, als verhältnismässig die Eier der Schar- ben, der Grösse des Vogels angemessen, häufig aber auch klein heissen kann. Es ist meistens sogar viel kleiner als das des Fulmarus glacialis, was freilich im Verhältnis zum Vogel ein sehr grosses Ei ist. Die am häufigsten vorkommende Grösse ist 6,5 bis 9,6 cm Länge und 4,3 bis 4,5 cm Breite; dies scheint die Normalgrösse, so wie eine etwas gestreckte Ei- sestalt die normale zu sein. Sie weichen jedoch in beiden ganz erstaunend ab, denn es kommen so kleine vor, welche nur 5 cm in der Länge und 3,3 cm in der Breite messen, was einen gewaltigen Unterschied ergiebt; so wie die Gestalt aus der bezeichneten in eine noch mehr gestreckte, bei manchen an beiden Enden fast gleich starke, gleichmässig zu- oder ab- serundete übergeht, oder, diesem entgegen, ein sehr abgerun- detes und ein sehr zugerundetes Ende, eine starke Bauchwöl- bung und eine kreiselförmige Spitze, wie bei den Eiern der Schnepfenvögel, vorkommen, und ausser diesen auch noch eine Menge eigentlicher Verkrüppelungen nicht selten sind, zum Beispiel schiefe, auf einer Seite eingedrückte, und andere mehr. [— Vier von mir gemessene Eier aus der Sammlung HOLLANDTs (jetzt im Museum brunsvicense), haben folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 77,0 mm 48,0 mm 35,0 mm 83,0 „ 48,8 „ 38,0 „ 80,8 „ AI, 37,0 „ 80,4 „ 502 „ 37,0 6* 44 Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). Sieben Eier meiner Sammlung, die ich mir selbst 1881 vom Bass-Felsen bei Edinburg mitbrachte, zeigen folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmssser Gewicht 79,53 mm 52,0 mm 135328 80,2 „ 50,2 125 „ TTS 513 „ EEE 803 „ 484 10,5 „ TB 450 „ 9,0, 133 , 50,0 „ 10,2 „ BB, 40,8 „ 8,00, Zehn Eier aus der Sammlung von Dr. Rey hatten im Durchschnitt die Grösse von 78,51 x 49,96 mm, Maximum: 86 X 50,6 bez. 83,6 x 52 mm, Minimum: 73,3 x 49,7 bez. 77 x 47,9 mm, und ein Durchschnittsgewicht von 11,592 mg. —] Sie haben eine starke Schale, von grobem Korn, und darüber einen kalk- oder kreideartigen Anstrich, welcher einen dünnen, anfänglich weissen Überzug bildet, den man abkratzen kann, ohne die eigentliche Schale zu verletzen. Diese ist bläulich weiss, frisch ins Grünliche spielend, ohne alle Flecke, der Überzug kreideweiss, dies aber nur bei frischgelegten ; denn weil er sehr weich oder ohne innere Festigkeit ist, nimmt er leicht allen Schmutz auf, an welchem es im Neste niemals fehlt, wird gelblich, bräunlich, dunkler oder heller, einfarbig oder gewölkt, je länger bebrütet, desto schmutziger, wie die Eier der Lappentaucher oder auch der Scharben. Auch von Schmarotzerinsekten werden sie, wie die letzteren, oft be- klext. Dieser Überzug muss beim Legen des Eies noch sehr weich sein, weil man nicht selten Eindrücke von harten Körpern, sogar von kleinen Federn an ihm sieht, auf welche das Ei gelegt wurde. Nicht dieser kalkartige Überzug ent- steht erst im Verlaufe des Brütens, wie man irrig angegeben findet, sondern bloss jene schmutzige Färbung desselben. [— Das Eiweiss des Tölpel-Eies soll nicht weiss werden, wenn es gekocht wird, sondern klar und farblos bleiben. (Ibis 1866, p. 17). —] Die Fortpflanzungsgeschäfte gehen bei unserem Tölpel äusserst langsam von statten, obgleich beide Gatten abwech- selnd und sehr anhaltend brüten, ihr einziges Junges gemein- schaftlich auffüttern und es fortwährend reichlich mit Futter versehen. Mindestens sechs Wochen sind zum Ausbrüten des Eies erforderlich, vielleicht noch längere Zeit; denn man hat im Innern drei Wochen lang bebrüteter Eier noch keine sehr in die Augen fallende Veränderung gefunden.!) Darum muss an den Brutplätzen auch jener Umstand, dass oft neben dem Neste mit einem halberwachsenen Jungen noch eins mit einem ganz frischen Ei vorkommt, um so mehr auffallen. Das Junge schlüpft nackt aus dem Ei und bekommt erst nach sechs bis acht Tagen seine weisse Nestwolle.. Ungefähr bis zu dieser Zeit geben ihm die Alten die halbverdauten Nahrungsmittel in den Mund, würgen sie aber von jetzt an bloss vor ihm aus, worauf es sie gierig aufnimmt und verschlingt. Unablässig sind beide Alten bemüht, diesem jungen Fresser auf diese Weise Futter zu bringen; und dennoch sitzt dieser, den Hals und Kopf beständig in die Höhe haltend, mit aufgesperrtem Schnabel, jedem sich nähernden Geschöpf mit kreischendem Geschrei sein Verlangen nach Speise so dringend kund thuend, wie wenn ihm seit langer Zeit nichts geboten sei. Dessen- ungeachtet wächst dieser Nimmersatt äusserst langsam, wird aber dabei gewaltig fett. Diese weissen Wollklumpen mit ihrem nackten, schwarzen, einer Larve ähnlichen Gesicht sehen ganz sonderbar aus, besonders weil sie in dieser Bekleidung eine Grösse erlangen, die dem Rumpfe nach der ihrer Eltern fast gleichkommt, dabei so unbehilflich sind, dass sie nicht von ‘) Die Bewohner von Grimsöe versicherten Dr. THIENEMANnN, dass der Tölpel zum Ausbrüten seines Eies gegen zehn Wochen brauche, was wohl übertrieben scheint. ($. THıEnemanns Eierwerk V,8. 48.) Naum. Von einer Haushenne wurde ein Ei in 39, das andere in 42 Tagen ausgebrütet; nach BoorHs aviary sind 43 bis 45 Tage, vom Legetag ab ge- rechnet, nötig (Ibis 1891, S. 8). R. Bl. der Stelle gehen, und so träge, dass sie das Futter, das ihnen nicht nahe genug liegt, um es ohne viel Anstrengung erreichen zu können, nicht einmal mögen. Die faulenden Überbleibse] von Fischen, Tintenfischen und dergleichen auf und neben den nassen Nestern, und ihr häufiger weisser Unrat dazu, machen die Stellen zwischen den Nestern ganz schlüpfrig und ver- breiten einen hässlichen Geruch, welcher auch Jungen und Alten anhängt, sodass er bleibend wird und selbst ausgetrocknete Bälge ihn unter allen Umständen behalten. Erst nach vier Wochen, vom Entschlüpfen des Eies an, zeigen sich die ersten ordentlichen Federn an den Flügeln, den Schultern und dem Schwanze, aber es vergehen auch von jetzt an noch ein paar Wochen, ehe diese Jungen so weit befiedert sind, dass sie es wagen können, ihren Felsen fliegend zu verlassen und den Alten aufs Meer zu folgen, wo sie von diesen Anweisung er- halten, sich selbst Nahrung zu verschaffen. In allen Kolonien dieser Vögel wurde die Bemerkung ge- macht, dass viele ihre Eier faul brüten. FABER sah eine solche, wo fast ein Drittel von den Nestern faule Eier hatte. Bei vielen musste er einen irregeleiteten Instinkt bewundern, mit dem die Alten eben sowohl vor den Nestern mit faulen Eiern, als vor denen mit Jungen Futter ausgewürgt hatten. Die Alten zeigen bei den Nestern eine unerhörte Sorglosigkeit, sowohl für ihre eigene Sicherheit als für die ihrer Nachkommenschaft; sie fliegen ab und zu bei den Nestern, obgleich ein Mensch daneben steht, oder bleiben ruhig darauf sitzen, wenn dieser sie streichelt oder gar bei den Flügeln aufhebt und sachte wieder nieder- setzt, verraten dabei weder Furcht noch Widersetzlichkeit, alles, wie es das zahmste Hausgeflügel nur selten geschehen lässt, ohne wenigstens heftigen Widerwillen zu zeigen. Sie denken nicht daran ihre Brut zu verteidigen und lassen gleich- gültig damit geschehen, was kommt, kaum dass sie ihre Stimme etwas häufiger erheben als zu anderen Zeiten. — Die Zeit, wo man die Jungen holt, ist, wenn diese so weit befiedert sind, dass ihnen bloss noch das Vermögen, wegzufliegen, abgeht. Sie beginnt auf dem Bass mit dem 1. August und dauert ge- wöhnlich den September hindurch, bei den nördlicheren Brut- plätzen erst gegen Ende des ersten Monats, auf Grimsöe sogar erst um Michaelis und dauert hier den ganzen Oktober hin- durch. Mit den flugbaren Jungen verlassen die Alten für dieses Jahr den Brutplatz; dieser verliert nun, durch immer häufigeres Abgehen, von Woche zu Woche an Lebhaftigkeit, bis endlich alle ihn verlassen haben. Auf dem Meere fliegen sie nun mit den Alten herum und lernen es diesen sehr bald ab, sich selbst etwas zu fangen und wie sie zu nähren, bleiben auch bei ihnen und schwärmen mit ihnen in fremden Gegenden herum, bis . gegen das Frühjahr, wo sie sich einzeln oder in kleinen Gesell- schaften absondern und fern von jenen an ganz anderen Orten herumtreiben. Sehr selten wagt es ein solcher Vogel, so lange er das russbraune Gewand trägt, zwischen einer Schar alter Vögel an deren Nistplatze zu erscheinen, wo ihn diese auch nicht leiden. Merkwürdig ist, dass in die Mitte von Deutsch- land immer bloss Alte, im völlig ausgefärbten, weissen Kleide, aber nie einer im jugendlichen, braunen Gewande verschlagen wurde. Vielleicht geschah es darum nicht, weil junge Vögel viel weniger Dauer als alte haben, sodass solche schon früher ermatteten und umkamen, ehe sie zu uns gelangten. [— An der Westküste Schleswigs werden nach J. RoH- WEDER durchgehends mehr junge als alte Vögel gesehen und gefangen. Wie ich bei einem Besuche des Museum Boorus in Brighton im Spätsommer 1881 erfuhr, ist es BOOTH zuerst in diesem Jahre gelungen, die Sulagänse in der Gefangenschaft zum Brüten zu bringen. Derselbe holte sich mehrere Junge und alte Vögel mit eigenem Dampfer vom Bass-Rock und ver- pllanzte sie auf einen kleinen künstlichen Teich in seinem Parke. Das in diesem Sommer daselbst erzielte Junge hatte Anfang September noch einige Dunen auf dem Kopfe, liess sich noch von seinen Eltern füttern, war aber ausserordentlich zutraulich und zahm und in seinem Benehmen höchst possier- Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). 45 lich. Fische von Heringsgrösse verschwanden mit einer Schluck- bewegung. Das tägliche Besorgen frischer Seefische erschwert die Pflege der Sulagänse sehr, trotzdem waren sämtliche iu Brighton gehaltene Exemplare, sieben alte und ein junges, in sehr gutem Stande. —|] Feinde. Die Seeadler, wenn sie in der Nähe einer Tölpelkolonie sich aufhalten, rauben manches Junge, zuweilen auch einen alten Vogel. Jene sind, wie die Eier, auch den Räubereien der grossen Möven und Raubmöven ausgesetzt, doch nicht oft, obgleich die Alten sie schlecht zu verteidigen wissen. Sie sind viel von Schmarotzerinsekten und Eingeweide- würmern geplagt. |— Nach GURLT leben auf Sula bassana: Docophorus Bassana D., Lipeurus pullatus N. und L. staphylinoides DENNY, Menopon pustulosum N., ausserdem Docophorus lari und ferner die Milbe Freyana (Michaelia) caput-medusae TRT. — Von Eingeweidewürmern verzeichnet v. LINSTOw folgende: Ascaris spec.? Monostomum semifusum OLSSON, Hemistomum spataceum DIES., Holostomum erraticum DUJARDIN, Bothriocephalus fissiceps RUD., Tetrabothrium spec.? — Im Zellgewebe der Haut lebt Mularia bassanı MONT. —| Jagd. Der Tölpel ist da, wo es für ihn viel zu fangen giebt und er ein Augenmerk hauptsächlich darauf wendet, wie namentlich, wo Fischnetze aufgezogen werden, leicht zu schiessen; vor- sichtiger zeigt sich dagegen der einzeln herumschwärmende auf dem Striche. Er hat ein zähes Leben, verträgt daher einen tüchtigen Schuss, den auch sein dichtes Gefieder etwas schwächen mag. Gegen hoch fliegende ist nicht viel aus- zurichten, weil der Schütze sich leicht bei Beurteilung der Höhe irren kann. In der Nähe der Brutorte kann dagegen ein ruhiger Flugschütze mit leichter Mühe so viele erlegen, als er will. Auf dem Brutplatze selbst bedarf es vollends keiner anderen Waffe als eines Knüttels oder auch dieses kaum, weil sich hier auch alte Vögel genug mit den Händen fangen lassen. Von solchen, welche sich bis zu uns verirrten, lässt sich nicht viel sagen; sie waren ausser Fassung, ganz erschöpft an Kräften und nahe am Hungertode, daher leicht zu töten, sodass einige Fälle vorkamen, bei denen ein blosser Stock das tötliche Werkzeug war. [— Das ist nach brieflicher Mit- teilung von J. ROHWEDER in Nordfriesland die Regel, wenn nicht etwa Hunde die Abwürgung besorgen. —|] Nutzen. Dieser ist nicht unbedeutend für die Menschen, in deren Nähe es Brutplätze dieser Vögel giebt. Den nordischen Völkern gewähren sie jährlich einen Teil ihres Unterhaltes. Soviel zur Zeit bekannt, nützt aber keins von allen die Eier, weil sie sehr schlecht schmecken sollen, sondern man lässt sie ruhig ausbrüten, um die Jungen zu erhalten, und nimmt diese, wenn sie eben flügge sind, doch noch nicht wegfliegen können. Vor dieser Zeit lässt man sie möglichst in Ruhe und tötet auch nie einen Alten. Weil aber die Jungen in solchen Kolonien zu sehr verschiedenen Zeiten fligge werden, so be- ginnt man das Absuchen, nach vorhergegangenem öfterem Nach- sehen, wenn die ältesten unter den Jungen sich anschicken, . ihre Flugwerkzeuge zu üben, und wiederholt es in kurzen Zwischenräumen, bis auch die am spätesten ausgebrüteten so weit erwachsen sind, worüber öfters sechs Wochen vergehen. Die Anzahl junger Vögel, welche an den grösseren Brutplätzen auf diese Weise jährlich ausgenommen wird, setzt allerdings in Erstaunen; doch mag es vielleicht übertrieben sein, wenn man sie auf St. Kilda (bloss vom Tölpel) zu 22 Millionen an- schlägt, eine Angabe, die trotz aller Fülle, welche dort herrschen mag, doch sicher auf Überschätzung beruht, weil dazu mindestens 60 Millionen alter Vögel gehören müssten, indem hierbei die Zahl derer, welche kein Junges ausbrachten oder das glücklich aufgezogene auch glücklich entführten, noch viel zu niedrig angeschlagen wäre. Dass sie indessen an manchen Orten ins Ungeheuere geht, wird auch in neuesten Zeiten noch bestätigt. Um zu den Jungen zu gelangen, werden die Klippen meist nicht ohne Lebensgefahr erklommen und die flüggen mit einem Stocke erschlagen oder ihnen der Hals umgedreht; an den Abhängen oder auf Absätzen an der senkrechten Seite des Felsens gelangt man an einem Seile von oben zu den Jungen, die man dann, nachdem sie getötet sind, hier wie dort, ge- wöhnlich in die See hinab wirft, wo sie von anderen in einem Boote aufgesammelt werden. Selbst auf dem Bass kennt man noch keine andere, weniger Grausen erregende Methode des Vogelfanges, die überall, wo sie angewendet wird, mit grösster Lebensgefahr verknüpft is. So wie die nordischen Völker die Seevögel als freies Eigentum betrachten, haben sie auch ihre Anordnungen übereinstimmend so getroffen, dass sie ihnen den möglichsten Nutzen geben; so auch beim Tölpel; auf dem Bass hat dagegen die Zivilisation diese und andere Vögel be- reits Jagdgesetzen unterworfen, nach welchen der Vogelfang auf diesem Felsen jährlich für 35 Pfund Sterling verpachtet wird, wo bei Strafe von 5 Pfund Sterling kein Ei genommen oder kein alter Tölpel getötet werden darf, auch der neugierige Fremde nur gegen Entrichtung gewisser Gebühren Erlaubnis zum Besteigen des Felsens, durch eine unter Verschluss ge- haltene Thüre u. s. w. erhält. Obgleich die Tölpelkolonie auf dem Bass keine der grössten ihrer Art ist, ausser dass wie anderwärts aus vielen Eiern keine Jungen kommen, auch viele Junge nicht erreicht werden und ausfliegen, so erhält man deren doch, vom 1. August bis in den Oktober, gegen 1000 Stück, die man nach Edinburg und anderen Städten auf den Markt bringt, wo sie willige Käufer finden, welche das Stück bis zu Mark 2,50 bezahlen. Dieser Preis ist für Vögel dieser Grösse ein hoher, sodass sie nur von Wohlhabenden gekauft werden können; sie müssen also wohlschmeckend sein oder sonst einen Beigeschmack haben, welcher sie beliebt und teuer macht. Vielleicht schmecken sie besser als sie riechen, denn ihre Ausdünstung ist sehr thranig und höchst widerlich. Ihr Körper ist so dick mit Fett überzogen, dass die erwachsenen Jungen grösser aussehen als ihre Eltern, die nie so fett sind und ein zähes Fleisch haben, deshalb auch nirgends gegessen werden. — Die armen Völker des Nordens bewahren die jungen Tölpel eingesalzen oder geräuchert für den Winter auf. Das Fett wird teils wie Butter benutzt, teils zu anderen Zwecken auf- bewahrt. [— Als ich im Spätsommer 1881 die Umgebung des Bass- Felsens bei Edinburg besuchte, hatten sich die Nutzungsverhält- nisse gegen die NAUMANNSche Schilderung in mancher Be- ziehung geändert. „Jährlich (siehe 3. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig für 1881/1882 und 1882/1883 „Über den Bass-Rock bei Edinburg“ von R. BLasıus, S. 116 u. ff.). werden circa 75000 Eier auf der Insel gelest. Der Jagdpächter hat das Recht, 1000 Eier fortzunehmen, 1000 junge und 1000 alte Vögel zu schiessen. Am Tage vorher war Jagd gewesen, und Dutzende von schönen alten weissen Vögeln und schwärzlichen Jungen lagen zerschellt am Strande von North-Berwick. Die Eier werden gegessen, wenn sie auch nicht sehr wohlschmeckend sind. Die Jungen entwickeln sich sehr langsam, sind anfangs ganz mit weissen Dunen bedeckt und erst nach circa zwei Monaten flügge. Der Wirt in Canty Bay Inn (dem Bass-Rock gegenüber am Festlande) hatte circa 60 Stück Junge getötet in seinem Stalle liegen. Sie wurden gerupft, die Dunen verkauft und die Tiere ausgebraten, das ausgebratene Fett gegessen oder als Schmiere in den Handel gebracht. Jeder Besucher wird der Kuriosität halber auf- gefordert, eine Solan goose zu verspeisen, früher sollen die- selben in Edinburg als Delikatesse gegessen sein, es gehört aber ein sehr guter Magen und wenig ausgebildete Zunge zu einem ungestörten Genusse, da sie sehr stark zugleich nach Hering und Thran schmecken.“ Von YARRELL (l. c.) wird die Ernte am Bass-Felsen fol- 46 gendermaßen im Jahre 1885 geschildert: „Anfang August ist die gewöhnliche Zeit für die Ernte. Die jungen Vögel werden sefangen, getötet und ins Meer geworfen, wo ein Boot bereit liegt, um die Tiere aufzulesen. Diese werden gerupft, gereinigt und halb geröstet, dann verkauft, und kosten 8 Pence bis 1 Schilling das Stück; aber dem Schreiber dieses wurde vom Wirt des Gasthauses zu Canty Bay, welcher den Bass ge- pachtet hat, erzählt, dass die alte Generation der Gänseesser im Aussterben begriffen sei, und dass bald nur wenig Leute mehr eine Gans nach ihrem Wert zu würdigen wissen würden; die meisten kauften die Vögel, ohne zu wissen, was es wäre und weil sie viel Fleisch fürs Geld lieferten. Das Fett wird Der Bass-Tölpel, Sula bassana (L.). zu Öl seschmolzen, und die Federn, nachdem sie gut ge- trocknet, werden für Betten verbraucht; ungefähr 100 Vögel ergeben 8 Pfund Federn.“ —] | | Schaden. Sie bedürfen zu ihrem Unterhalte zwar eine ungeheure Menge von Fischen; da diese jedoch im Meere stets im Über- fluss vorhanden sind, so kann man sie ihnen nicht hoch an- schlagen, zumal der Nutzen, welchen sie auf obige Weise ge- währen, den Nachteil, im immerwährenden Fischefressen be- sründet, auf jeden Fall sehr mildert. 2 n Be. [— IV. Familie. Fluss-Scharben, Phalacrocoracidae. Die lange vierte Zehe, die deutlich die dritte an Länge übertrifft, unterscheidet die Flussscharbe von den anderen Ruderfüsslern. Die Hinterzehe ist immer ebenso tief angesetzt als die vorderen und etwa halb so lang als die dritte oder wenig kürzer als diese. Der Lauf hat höchstens die Länge der Innenzehe, die Flügel sind mässig lang oder verhältnismässig kurz, die Schwanzfedern ziemlich lang. (REICHENoOW.) —|] ‚l. Gattung: Scharbe, Phalacrocorax Bkısson. Schnabel: Mittellang, gerade, an den wie angesetzt aussehenden Spitzen beider Teile herabgebogen, die obere als stark gebogener Haken länger als die untere; seitlich sehr zusammengedrückt, der Oberschnabel jederseits von der Stirn bis an den Ansatz des Hakens mit einer tiefen Furche; die Firste gerundet, der Kiel sehr weit vor gespalten; die etwas ein- gezogenen, sehr scharfen Schneiden meistens gerade; der Mund sehr tief bis hinter das Auge eingeschnitten, der Rachen sehr weit; die Zunge ausserordentlich klein, kurz, von sonderbarer Gestalt. — Die Haut, welche zwischen beiden Gabeln der Unterkinnlade ausgespannt ist, nackt und dehnbar; die Befiederung der Kehle läuft in einem schmalen Striche auf der Mitte dieser Haut herauf. — Die Zügel und die Augenkreise sind meistens nackt. Nasenlöcher: Unfern der Stirn in der Seitenfurche liegend, aber von aussen nicht bemerkbar. Füsse: Kurz und stark, mit langen Zehen. Die Unterschenkel bis auf das halbe, sehr starke Fersengelenk befiedert, die Federn der Aussenseite jener verlängert oder sogenannte Hosen, wie bei Raubvögeln, bildend; die sehr kurzen Läufe von beiden Seiten sehr zusammengedrückt, daher, so gesehen, ausserordentlich breit, von vorn oder hinten ungewöhnlich schmal; die schlanken, gegen die Wurzel stark niedergedrückten Zehen, von denen die äusserste Vorderzehe die längste und viel länger als die zweite, diese länger als die dritte, und die stark einwärts gerichtete, obgleich noch ziemlich lange Hinterzehe die kürzeste von allen ist, sind allesamt nach innen herum durch Schwimmhäute verbunden, sodass es drei Schwimmhäute giebt, die wie Uhagrin äusserst fein genarbt, die Zehen von obenher mit sehr schmalen und langen Schildern etwas schräg belegt sind, während der Überzug der Läufe in Reihen kleiner, nach hinten sehr kleiner, sechs- und achteckiger Schildchen geteilt ist. Die Schwimmhäute zwischen den Vorderzehen haben von der Wurzel bis zur halben Länge dieser eine auffallend enge Spannung. — Die Krallen sind mittelmässig, stark, ziemlich gebogen, sehr spitz, unten ausgehöhlt; die der mittelsten Vorderzehe auf der Seite nach innen mit einem vorstehenden scharfen, fein kammartig gezähnelten Rande; die der Hinterzehe umgelegt, mit der Spitze vorwärts gekehrt, in einer Ebene mit der Schwimmhaut liegend und stärker als die anderen gekrümmt. Flügel: Wegen sehr langer Armknochen zwar lang, aber mit kurzer Spitze, weil die Federn der Handwurzel nur wenig länger als die an jenen Teilen. Von den Primärschwingen ist die erste stets kürzer als die zweite und dritte, von welchen bald diese, bald jene die längste oder auch beide gleich lang, ihre Fahnen von der Mitte an schnell verschmälert, ihre starken Schäfte spitzewärts sanft nach innen gebogen sind. Die langen Armknochen und die kurzen Primärschwingen machen, dass am zusammengelegten Flügel die vordere Flügelspitze mit der hinteren, von den Tertiärfedern gebildeten, meistens von einerlei Länge ist. Schwanz: Von sehr merkwürdiger Gestalt, zwölf- bis vierzehnfederig, wenig oder gar nicht gewölbt, mit äusserst kurzen Ober- und Unterdeckfedern, sodass es aussieht, als sei er von Menschenhand ungeschickt eingesteckt. Er ist von mittlerer Länge. Seine Federn haben ungewöhnlich starke, harte, fischbeinartige, zurückschnellende Schäfte, von denen die der äusseren spitzewärts sanft nach innen gebogen; sehr schmale, wurzelwärts noch verschmälerte, gar nicht gewölbte, manch- mal sogar umgekehrt gewölbte, starre Fahnen, und ein zu- oder abgerundetes Ende. Die Mittelfedern sind die längsten, die äussersten die kürzesten, das Schwanzende daher ab- oder zugerundet, bald in grösseren, bald in kleineren Stufen. Der Kopf ist klein und hat eine äusserst niedrige Stirn oder einen ganz allmählich sich erhebenden Scheitel und ein starkes Genick; der Hals ist lang und stark, der Rumpf sehr gestreckt und walzig; die Füsse weit nach hinten gestellt, mit freien Unterschenkeln. Das kleine Gefieder ist dicht, aber sehr kurz und liegt ungemein knapp an, am Kopfe, Halse, der Brust, dem Bauche, Bürzel und den Schwanzdecken zerschlissen, an den übrigen Teilen enge geschlossen, mit scharfen Umrissen, wie Schuppen, überall sehr derb anzufühlen; nur zu manchen Zeiten mit sonderbar gestalteten, zarten, flockenartigen Federchen vermischt. Die Tragfedern sind so Kurz, dass sie wenig Dienste zu leisten vermögen und selten zur Unterstützung der Flügel an- gewandt werden. Die Scharben sind Vögel von mittlerer Grösse und darüber, sodass die meisten Arten ungefähr die Grösse einer Hausente haben. Sie wurden von LInNnE zur Gattung Pelikan, Pelecanus, gezählt, von anderen unter diesen in eine eigene Familie gestellt, haben aber zu viel Abweichendes, um nicht als eigene Gattung betrachtet zu werden; denn sie unterscheiden sich von den wahren Pelikanen schon durch eine ganz andere Körpergestalt im allgemeinen, Te den verhältnismässig weit kürzeren oder kleineren Schnabel und kleineren Kehlsack, durch die ganz anders gestalteten Füsse, durch den längeren 48 I. Gattung: Scharbe, Phalacrocorax BRISSON. aus wenigeren, aber viel schmäleren Federn zusammengesetzten Schwanz, durch eine sehr dunkle und glänzende allgemeine Färbung des ganz anders gestalteten Gefieders und endlich auch durch sehr verschiedenen Aufenthalt und Lebensweise. Auf der anderen Seite unterscheiden sie sich ebenso sehr von voriger Gattung, dem Tölpel, Sula, die LInn£ mit ihnen ebenfalls den Pelikanen zugesellt hatte. Auch den Fregattvögeln, Fregata, von LIinn& ebenfalls zur Gattung Pelecanus gezählt, ähneln sie nicht mehr als jenen. Viel näher stehen sie in den meisten Beziehungen noch der Gattung Schlangenhalsvogel, Plotus, selbst in der Beschaffenheit und Färbung des Gefieders und in den Hauptzügen ihrer Lebensweise; allein diese Gattung ist durch einen ganz anderen Schnabelbau, Hals und anderes mehr unterscheidend genug ausgezeichnet. P Dass die Scharben eine gute natürliche Gattung bilden, wird wohl niemand in Abrede stellen; allein es ist ein Übel- stand für die ornithologische Litteratur, dass man sich nicht einigte über den Namen der Gattung, sodass man sie bei einem Schriftsteller Hydrocorax oder Phalacrocorax (Wasserrabe), bei dem anderen Carbo (Scharbe), bei noch anderen Halieus (Fischer) benannt findet und jeder dabei seine Meinung mit Gründen unterstützt hat. Diese Gattung zeigt in der Färbung.ihres Gefieders viele Eigentümlichkeiten; in allen Arten und allen Lebensperioden dieser hat allgemein Schwarz die Oberhand, das bei den Jungen mehr braun, bei den Alten aber von tiefster Färbung ist und mit metallischem Glanze in verschiedenen Farben prangt; bei allen, namentlich alten Vögeln, hat der Mantel eine etwas lichtere Färbung, mit schmalen, sehr stark glänzenden, tief schwarzen Federkäntchen, und die speziell verschiedene Form der Umrisse dieser Federn dient oft zu unterscheidenden Kennzeichen. Die alten Vögel haben teilweise durch eine Doppel- mauser, zwischen dem kleinen Gefieder zerstreut, eine Menge kleiner, flockenartiger oder pinselförmiger Federchen, welche an einigen Teilen auch dichter stehen und hier, da sie gewöhnlich weiss aussehen, grosse Flecken bilden; manche bekommen auch einen Federbusch; einige von sonderbarer Form. In allem diesem sind sich Männchen und Weibchen gleich, ersteres bloss etwas schöner und grösser als dieses. Aber erst nach mehreren Jahren erhalten sie ihr ausgefärbtes Kleid und den be- sonderen Federschmuck. Ihre allererste Bekleidung ist ein kurzer, dichter, einfarbig rauchfahler Flaum; diesem folgt eine Befiederung, welche an den oberen Teilen glänzend schwarzbraun oder dunkelgrau, auf der Mitte des Unterkörpers weiss ist. Im zweiten Jahre bekommen sie noch einmal ein diesem ähnliches, doch viel dunkleres, auf dem Mantel dem der Alten ähnlicheres Kleid, im dritten folgt das ganz dunkle, doch fehlt diesem noch der gegen das Frühjahr erscheinende Feder- schmuck der ganz Alten, oder er ist nur sehr unvollkommen vorhanden; sie sind jedoch in diesem Kleide zeugungsfähig. Die Mauser ist einfach, nur bei den völlig ausgefärbten Vögeln gewissermassen doppelt und dies häufig unregel- mässig. Die alten Vögel erhalten nämlich jene sonderbaren, zarten Federchen, ohne von den anderen Federn welche zu verlieren, nur bei manchen Arten mit Ausnahme des Kopfes, eines Teiles des Halses, einer Stelle aussen auf den Schenkeln und einer Haube, die bei einigen am Hinterkopfe, bei anderen auf der Stirn oder am Anfange des Scheitels ihren Sitz hat. Manche bekommen nur im vorgerückten Alter eine Haube und behalten diese das ganze Jahr; wogegen jener besondere Federschmuck alter, zeugungsfähiger Vögel alle Jahre regelmässig im Spätherbst erscheint, im Winter sich ausbildet, bei manchen Arten aber im Anfange der Begattungszeit schon wieder verschwindet, bei anderen jedoch auch, zwar viel schlechter geworden, bis in den Sommer und gegen eine Mauser hin bleibt. Er ist offenbar ein hochzeitlicher Schmuck und darf darum nicht „Winterkleid“ heissen, weil er bei manchen kaum bis in die Fortpflanzungszeit hinein dauert, wie dem ähnliches auch bei manchen Entenarten (z. B. bei Harelda hyemalis, mit wenig Unterschied selbst bei A. boschas) vorkommt. Um Miss- verständnissen vorzubeugen, halte ich für ratsam, das Kleid mit dem überkompletten Schmuck, das effektiv hochzeitliche „das Prachtkleid“, das andere schlichte, ohne jenen, „das Sommerkleid“ zu nennen, sowohl hier als früher bei den Entenarten. . Bemerkenswert ist, dass unter den Scharben von einerlei Art ungewöhnliche Verschiedenheiten in der Grösse vor- kommen, dass auch der Schnabel an Länge und Stärke variiert und dass sogar die Länge des Schwanzes zwischen Individuen von einer Art verschieden sein kann. — Wo viele beisammen nisten, kommt dies alles vor. — Es erschwert nicht selten das Erkennen der Arten und hat andererseits manchen verleitet, Arten zu ahnen, wo nur Zufälligkeiten stattfanden. Die Arten dieser Gattung sind, da sie sich oft schwer unterscheiden lassen, vielleicht nicht so zahlreich, als man bis- her meinte, und bedürfen noch einer genaueren Sichtung.!) Die wenigen, welche die Grenzen Deutschlands überschreiten, sind indessen schon besser bekannt. Die Scharben sind fast über alle Meeresgegenden unserer Erde verbreitet, doch nicht sehr hoch gegen die Pole hinauf, obgleich sie in der kälteren Zone sehr häufig sind. Sie leben meistenteils auf dem Meere, nur wenig Arten oder eine geringe Anzahl zur Fortpflanzungszeit auch auf süssen Gewässern. Einige wandern, andere verändern bloss zu Zeiten ihren Aufenthalt wie Strichvögel. Manche erscheinen zuweilen in Gegenden, wo sie sonst unbekannt waren, bleiben längere Zeit daselbst und verschwinden erst nach Jahren wieder. An ihren wahren Aufenthaltsorten sieht man sie meistens in kleineren oder grösseren Scharen beisammen, zuweilen in sehr grosser Anzahl, dagegen selten vereinzelt, und ihr Geselligkeitstrieb macht, dass sie sich auch den Vereinen anderer Vögel anschliessen. Die Scharben haben in ihrem Betragen viel sonderbares. Sie stehen und gehen zwar auf der Spur, aber nicht gern, daher selten, stützen sich dabei auf ihren starren Schwanz und tragen die Brust sehr aufrecht. Öfter ruhen sie aber so, dann jedoch auf den Fersen und ebenfalls auf den Schwanz gestützt. Hier zeigen sie häufig die ihnen eigentümliche Ge- wohnheit, manchmal stundenlang mit den halb ausgebreiteten Flügeln eine fächelnde Bewegung zu machen. — Sie sitzen gern an erhabenen Plätzen, wo sie nicht beunruhigt werden, immer wieder an denselben, auch gern an solchen, wo der lange Schwanz herabhängen kann, daher auch auf Bäumen, wo es dergleichen giebt, auf Gebüsch, Pfählen, grossen Steinen und dergleichen. Ihr häufig verspritzter kalkartiger Unrat färbt solche Plätze ganz weiss, und da ihn der Regen nicht leicht abwäscht, bleiben sie lange Zeit kenntlich. Niedrige Klippen erklettern sie vom Wasser aus, an hohe Orte begeben sie sich liegend. Auf dem Aste eines Baumes oder auf einem Pfahle stehen sie bald auf der Spur, bald auf dem Lauf, stets ganz aufrecht, den Schwanz senkrecht herabhängend. Den langen Hals strecken sie häufig ganz aus, wissen ihn jedoch auch s0 einzuziehen oder in sich zu verkürzen, dass man von seiner S-förmig geschwungenen Biegung wenig bemerkt oder seine an- !) Staatsrat und Professor Dr. BrAnpt in Petersburg ist soeben damit beschäfti Monographie dieser schwierigen Gattung entgegen zu sehen. etwas Vorzügliches erwarten. Naum. Von BrAnpr sind, aber schon vor der Herausgabe von NAUMANN, über Kormorane erschienen: „Observations sur plusieurs esp&ces nouvelles du genre Carbo (Bull. Ac. Se. St. Petersb. 1838, S. 53); ferner über Östeologie von P. carbo und P pygmaeus (M&m. Ac. St. Petersb. (6) V. pt. U, S. 82, 98, 127, 175. Taf. II, III (1839)); Notice sur une nouvelle espöce du senre des Cormorans (Carbo nudigula) (Bull. Ac. Se. St. Petersb. 1840, 5. 290). — Spätere grössere Arbeiten von BrAnpr über die Kormorane sind mir nicht bekannt geworden. ra Im Catalogue of the Birds in the Britsh Museum sind 1898 im ganzen 86 Arten beschrieben. R. Bl. st und wir dürfen uns freuen, bald einer vollständigen JOH. NATTERER in Wien bemüht sich gleichfalls um diese Arbeit. Wir können demnach Br u = I. Gattung: Scharbe, Phalacrocorax BRISSON. 49 sehnliche Länge nicht ahnt. — Sie sind hurtige Schwimmer, senken dabej den Körper tief ins Wasser, sodass häufig nur der Rücken emporragt, verstehen es auch, diesen dabei ganz unter Wasser zu halten, sodass nur Kopf und Hals oberhalb bleibt. — Das Tauchen verstehen sie meisterhaft, begeben sich mit einem kleinen Sprunge unter Wasser; gehen bis auf den Grund desselben, oft viele Klafter tief, bleiben daher meistens lange untergetaucht, rudern unten, die Flügel angeschlossen, bloss mit den Füssen und ausserordentlich schnell. Sie tauchen nach Nahrung und in Gefahr. Da sie häufig auf den Grund gehen, mag ihnen ihr starker elastischer Schwanz das Aufsteigen befördern, indem sie ihn ausgebreitet gegen den Boden drücken und eine schnellende Bewegung damit machen; deshalb seine flache Lage und die Spuren des Abschleifens an den Feder- enden. — Ihr Flug hat Ähnlichkeit mit dem Entenfluge und geht schnell von statten; aber auch dem Fluge der Rabenarten ähnelt er, weil er auch oft schwebend ist und sie sich darin zu grosser Höhe aufzuschwingen verstehen. Sie fliehen vor ihren Feinden auf dem Wasser gewöhnlich erst durch ein langes Untertauchen, ehe sie sich zum Fortfliegen anschicken. Die Scharben sind schlaue Vögel und fliehen den Menschen; nur an den gemeinschaftlichen Nistorten sind sie dies weniger; unmittelbar beim Neste, hauptsächlich an Orten, wo man sie selten beunruhigt, setzen manche Arten sogar alle Vor- sicht beiseite und betragen sich furchtlos und einfältig. Plötzlich erschreckt, z. B. durch einen nahen Flintenschuss, zeigen die Scharben eine ganz sonderbare Gewohnheit, die auch die Schlangenhalsvögel mit ihnen gemein haben sollen; sie stürzen sich nämlich, wenn sie am oder über dem Wasser, auf einer Klippe oder einem Baume, Strauche, Pfahle oder dergleichen sitzen, kopflings und mit angezogenen Flügeln, meistens senkrecht, wie ein fallender Stein, urplötzlich ins Wasser, verschwinden unter demselben und kommen weit vom Orte des Falles wieder auf die Oberfläche, um nun schnell fortzufliegen. Diese Eigen- tümlichkeit hat schon manchen Schützen in seinen Erwartungen getäuscht. — Sie sind hämisch gegen andere Vögel, drängen sich aber häufig in anderer Gesellschaften ein, ohne Zeichen einer Art von Vertraulichkeit, manchen wissen sie sogar den Nistplatz streitig zu machen und ihn zuletzt als Sieger zu behaupten. — Ihre Stimme sind tiefe, rauhe, rabenartige Töne; sie werden aber, ausser an den Brutorten, selten laut. — Ihre Nahrung besteht einzig in Fischen, die sie auf keine andere Weise als durch Untertauchen fangen, ihnen in der Tiefe nachschiessen und sie vom Boden und aus dem Schlamme heraufholen. Sie fischen nicht allein im Meere, sondern auch in süssen Gewässern auf gleiche Weise, verschlucken die Beute beim Auf- tauchen, können ziemlich grosse Fische verschlingen, die sie im Schnabel immer so wenden, dass der Kopf vorangeht, ver- stehen es auch, zu grosse Fische, besonders beim Füttern der Jungen, zu zerstückeln. Sie sind fast unersättlich, recht voll gepfropft aber auch für einige Zeit, die Verdauung an einem ruhigen Orte auf einem erhabenen Sitze abwartend, sehr träge. An ähnlichen Orten, die sie immer wieder wählen, schlafen sie auch; auf dem Wasser schwimmend sehr selten. — Ihren Fortpflanzungsgeschäften obzuliegen, begeben sich gewöhnlich mehrere Pärchen an einen Ort, zuweilen Hunderte, sogar Tausende. Am Meer nisten sie auf Klippen und Absätzen hoher Felsen oder auf Bäumen, an Süsswassern auf diesen, sowohl hohen als niederen, selbst auf niederem Gebüsch, auf Schilf- und Binsenhorsten. Sie leben in Monogamie, bauen grosse, in- wendig immer nasse Nester von trockenen Wasser- und Landpflanzen, bedienen sich zur Unterlage derselben auf Bäumen gern anderer Vögel Nester, die sie verlassen finden oder deren Besitzer sie vertreiben, und legen drei bis vier Eier, welche nach Verhältnis der Körpergrösse des Vogels zu den kleinsten in der Vogelwelt gehören. Diese Eier haben eine sehr langgestreckte Form, eine ungefleckte, grünlichweisse, starke Schale, welche noch ein etwas lockerer kalk- oder kreideartiger Überzug um- giebt, welcher leicht fremden Schmutz aufnimmt, der sich abwaschen lässt. Beide Gatten brüten abwechselnd, bringen ebenso den Jungen ihr Futter in der Speiseröhre und würgen es diesen, wenn sie noch klein, in den aufgesperrten Schnabel, später bloss vor ihnen aus. Diese sind anfänglich nackt, nachher mit kurzem, düster gefärbtem Flaum dicht bedeckt, bekommen halbwüchsig nach und nach Federn und bleiben so lange im Nest, bis sie völlig fliegen können, worauf sie den Alten aufs Wasser folgen, wo sie sogleich untertauchen und bald Fische fangen lernen. — Als unersättliche Fischfresser thun die Scharben, wo sie, wie manche Arten, bei fischreichen Gewässern und sogenannten zahmen Fischereien in grosser Menge erscheinen, ge- waltigen Schaden; müssen daher mit Gewalt vertrieben werden, was aber, auch bei den grausamsten Verfolgungen, nicht so- bald gelingt. Unter den europäischen Arten hat besonders eine sich hierin berüchtigt gemacht, weil sie ihren Wohnsitz auch weit vom Meer aufschlägt. — Ihr Fleisch, namentlich das der Jungen, wird nur von einigen armen Völkerschaften und in Notfällen gegessen; für zivilisierte Schmecker ist es nicht bestimmt, weil diese Vögel eine äusserst widrige, thranige oder bisamartige Ausdünstung haben, die selbst dem trockenen Balge, wenngleich schwächer, doch für immer verbleibt. Anatomische Charakteristik der Gattung Phalacrocorax') RUDOLPH WAGNER. „Der Schädel der Scharben zeigt die allen Steganopoden gemeinsamen Bildungen, namentlich in Bezug auf Breite des Scheitels, Stellung des Hinterhauptloches, Enge der Nasenlöcher, flache Grube für die Thränendrüse an der oberen Augen- höhlenwand, Bau des Thränenbeins, welches, wie in dieser Familie immer, mit dem Jochbein zusammenstösst und hier mit dem Riechbein und Schädel zu einem Ringe verwachsen ist. Die Augenhöhlenscheidewand ist wie bei Sula ganz durchbrochen; die Gaumenbeine sind flacher als beim Pelikan und ohne senkrechtes Mittelblatt. Figentümlich dieser Gattung ist der pyramidale, dreieckige, zugespitzte Knochen, welcher mit dem Schuppenteile des Hinterhauptbeins artikuliert und wagrecht nach hinten gekehrt ist. Er wird bei den grösseren Arten an 16 mm lang und reicht fast bis zum Ende des dritten Halswirbels. Das übrige Skelett weicht etwas mehr vom Typus der Steganopoden ab, namentlich unterscheidet sich dasselbe sehr von Sula und Pelecanus durch das Minimum der Knochenpneumatizität. Nicht einmal das Oberarmbein scheint pneumatisch zu sein. Es finden sich 17 bis 18 Halswirbel, 8 Rückenwirbel, 7 bis 8 Schwanzwirbel. Die Rückenwirbel und die beiden letzten Halswirbel unterscheiden sich sehr wesentlich von denen beim Pelikan und Tölpel durch die seitlich stark komprimierten Körper und die sehr starken unteren Dornen. Der letzte Rückenwirbel ist zuweilen, jedoch nicht immer, mit dem Heiligbein und Darmbein verwachsen. Das Brustbein ist dem bei Sula ähnlich, nur etwas kürzer; dasselbe gilt vom Becken, welches den allgemeinen Charakter der Familie hat; jedoch sind die hinteren Kreuzbeinlöcher auffallend gross. !) Weitere anatomische Thatsachen von Phalacrocorax sind bei der anatomischen Charakteristik von „Pelecanus“ namhaft gemacht worden. R.B. Naumann, Naturgeschichte. Bd. XI. 7 50 I. Gattung: Scharbe, Phalacrocorax BRISSON. Von den Extremitäten verdient nur die Bildung der Kniescheibe und des Tarsalknochens nähere Erwähnung, da beide verschieden sind von der Bildung der verwandten Gattungen. Die Kniescheibe ist nämlich ein sehr ansehnlicher, dicker, unförmlicher, jedoch etwas pyramidenartiger Knochen. Der Tarsalknochen hat einen starken Fersenhöcker und ist mehr seitlich komprimiert. Die Zunge ist sehr klein; ein lanzettförmiges, hinten eingeschnittenes Blättchen. Der Anfangsteil des Schlundes ist zu einer Art Kehlsack erweitert. Der Vormagen ist mittelmässig entwickelt und hat einfache Drüsenbälge. Der Muskelmagen ist dünn, rundlich, auf jeder Seite mit einer schwachen Sehnenscheibe. Einen eigenen Pylorus- magen konnte ich nicht finden. | Das Divertikel am Darm ist ansehnlich. Die beiden Blinddärme sind 12 bis 24 mm lang. Der rechte Leberlappen ist grösser als der linke. Die Milz ist scheibenförmig. Die Nieren bestehen aus drei Lappen, von welchen die untersten die grössten, dabei sehr länglich und fast eylindrisch sind. Das Herz ist ziemlich breit und platt. Die Luftröhrenringe sind weich, bilden in ununterbrochener Reihe den nicht deutlich abgesondert geformten unteren Kehlkopf und gehen in die fast ganz ringigen, hinten bloss mit einer schmalen häutigen Lücke versehenen Bronchien über. Besondere Muskeln scheinen zu fehlen.“ u * * Diese Gattung enthält von Europäern für Deutschland nur drei Arten. Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). Tafel 5. Fig. 1. Männchen im Prachtkleide. Fig. 1. Weibchen im Sommerkleide. Tafel 6. | Fio. 4. Nestkleid. Tafel 7. Fig. 1. Jugendkleid. Tafel 41. Fig. 1—3. Eier. Eisscharbe, Baumscharbe, Kormoran, Kormoran-Pelikan, schwarzer Pelikan, kohlschwarzer Pelikan, Pelikan oder Pelekan, Wasserrabe, schwarzer Wasserrabe, Seerabe, grosser Seerabe, grosser schwarzer Seerabe, See-Wasserrabe, schwarzer Gänstaucher, Haldenente, der oder die Scharbe oder der Scharb, Skalver, Skaluer, Scholver, Schulver, Schuluer, Skalucher, Schalucher, Schaluchhorn, Stolucherez, Schlucker, Vielfrass, Bisamvogel, Feuchtarsch, Morfex [—, Ahlkreye, Schlucker. Fremde Trivialnamen: Arabisch: Agag, Abu Ghattas. Armenisch: Ds Knkul. Bömisch: Kormorän obeeny. Croatisch: Vranac veliki, Vranac, Morski gavran, Morovran veliki, Morovan biela gola, Veliki lapisdo, Vodeni gavran. Dalmatinisch: Korovran. Dänisch: Kormoran-skarv, Aalekrage, Skarv, Kormoran, Söravn, Oaletyv. Englisch: Cormorant, Black Cormorant, Common Cormorant, Black Scarf, Cole Goose (auf den Shetlands-Inseln), Zvering (alt), Brongie (jung) (auf den Orkney-Inseln), Palmer. Färisch: Hiblingur. Finnisch: Merimetso, Kalakorppa, Haikara. Französisch: Cormoran, Grand Cormoran, Courmaran, Corman, Dauphin, Orot pescherot, Cro marin, Scorpi, Cormorin, Mot-vran. Gälisch: Bailliare-bodhain, Sgarbh-busll. Georgisch: Karabaklach. Grönländisch: Okaitsok. Helgoländisch: Klewff-Skwarwer. Holländisch: Aalscholver, Waterraaf, Rotgans, Schollevaar. Japanisch: Kawatsu. Isländisch: Dilaskarfur, Skarfur, Utileguskarfur, Hnuplungar. Italienisch: Cormorano, Marangone, Corvo marino, Corvo aquatico, Orov martin, Smägo, Smergon, Corv maren, Cuormouran, Magrun grosso neigro, Corvo di mare, Mergollo, Margone, Corvastro, Mierne marino, Lenfia, Liufia, Cuorvu marinu, Marguni, Maraguni, Marauni, Orobu anguiddargiu, Cuörvo d’ acgua. Lappisch: Skarffa. Lettisch: Juhras krauklis. Maltesisch: Margun. Maurisch: Gharrak. Montenegrinisch: Vranac. Norwegisch: Skarv, Kvitlaarskarv, Aale kraake, Storskarv, Kvitlaaring. Polnisch: Kormoran kruk morski. Portugiesisch: Corvo marinho. Russisch: Baklaun, Baklaun :bolchoi. Schwedisch: Hafstjäder, Älkrok, Älkräka, Skarf, Storskarf, Pillkan, Kormoran. Slovenisch: Morski vran, Pomorski vran, Povodni vrarn, Velrki kavran, Vran. Spanisch: Cwervo gallo, Cormora, Corba marina, Corba, Cuervo marino, Cuervo calvo, Cuervoran grande, Pato cuervo, Corb de mar. Talysch: Karabattog, Gimbel. Tatarisch: Karabakla, Karabattoy, Gimbel. Ungarisch: Nagy karökatona. Pelecanus Carbo. Linn&, Syst. Nat. Ed. X. p. 133 (1758). —] — Halieus Carbo. Illig. Lichtenstein, Doublettenverzeichniss. S. 86. — Carbo cormoranus. Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 576. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands S. 265. — Temminck, Man.I. Edit. p. 589. — Nilsson, Orn. suee. II. p. 254. n. 256. — Pelecanus Carbo. Linn. Faun. suec. p. 5l. n. 145. — Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 5:3. n. 3. — Lath. Ind. II. p. 886. — Retz. Faun. suec. p. 144. n. 103. — FPhalacrocorax. Gesner, Av. p. 683. — Aldrovand, Av. II. p. 261. — Briss. Av. VI. p. 511. n. 1. t. 4. — Brünn. Orn. bor. p. 31. n. 120. 122. — Le Cormoran. Buff. Ois. VII. p. 310. t. 26. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 37. t. 1. £.2. — Id. Planch. enl. 927. — Grand Cormoran. Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 894. — G6rard. Tab. &l&m. II. p. 313. — Corvorant. Penn. arct. Zool. II. p. 581. n. 509. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 540. n. 427. — Lath. Syn. VI. p. 59. n. 13. — Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 508. n. 13. — Bewick, Brit. Birds IL p. 381 (Sommervogel). p. 388 (Prachtkleid) p. 390 (Juggndkleid). — Marangone, ossia Corvo aquatico. Stor. deg. Uee. V. tav. 501 und 502. tav. 513 und 514. — Marangone. Savi, Orn. tose. III. p. 103. — De Aalscholver of Schollevaar. Sepp. Nederl. Vog. I.t.p. 89 — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 750. — Dessen Taschenb. II. S. 391. n. 2 — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 316. — Koch, Bayer. Zool. 1. S. 885. n. 241. — Faber, Prodrom. d. Isl. Orn. S. 53. — Brehm, Lehrb. II. S. 903 u. 906. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. S, 816 bis 819. — Gloger, Schles. Faun. S. 60. n. 275. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 72. n. 255. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vögel. S. 21. n. 279. — Homeyer, Vög. Pommerns. S. 78. n. 262. — Frisch, Vög. II. Taf. 187 (zweijährig). 188 (einjährig). — Naumanns Vög., alte Ausg. Nachtr. 8. 454. Taf. LXIV. Fig. 120. alt. M. im Prachtkl. Fig. 121. Jugendkleid. — [— FPhalacrocorax Carbo.. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. LXXXVIII und 232 (1840). — Halieus cormoranus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Edit. XI. p. 52. Taf. 297 (1842), — Carbo cormoranus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXII (1844). — Phalacrocorax carbo. Schlegel, Vog. Nederl. p. 574 (1854--58). — FPhalacrocorax carbo. Nilsson, Skand. Faun. Tom. I. p. 544 (1858). — Phalacrocorax carbo Linder- mayer, Vög. Griechenl. p. 166 (1860). — Carbo cormoranus. Fontaine, Faune Luxemb. Ois. p. 257 (1865). — Phalacrocorax carbo. Holmgren, Skand. Fogl. II. p. 985 (1866—71). — Phalacrocorax carbo. Deg]. u. Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 352 (1867). — Graculus carbo. Heuglin, Vösg. N.-O.-Afrik. p. 1486 (1869—74). — Pelecanus carboe. Wright, Finl. Fogl. II. p. 552 (1873). — Carbo cormoranus. Fallon, Ois. Belg. p. 229 (1875). — Phalacrocorax carbo. Dresser, Birds Eur. Tom. VI. p. 151. pl. 388 (1879). — Phalacrocorax carbo. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. IV. p. 143 (1884). — Carbo cormoranus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15. Nr. 327 (1885). — Phalacrocorax carbo und medius. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. 8. p. 13 und 17 (1886). — Phalacrocorax carbo. Reyes y Prosper, Av. Espaüa p. 94 (1886). — Phalacrocorax carbo. Giglioli, Avif. ital. p. 271 (1886); p. 425 (1899). — Phalacerocorax carbo. Ar&valo y Baca, Av. Espana p. 402 (1887). — Phalacrocorax carbo. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 55 (1891). — Graculus carbo. Frivaldszky, Av. Hung. p. 182 (1891). — Phalacrocorax carboe. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 102 (1892). — Phalacrocorax carbo. Collett, Norg. Fuglef. p. 322 (1893—94). — Phalacrocorax carbo. Reiser, Orn. balcan. II. p. 194 (1894); IV. p. 143 (1896). — Phalacrocorax pygmaeus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI p. 340 (1898). — Phalacrocorax carbo. Chernel, Magyarorszäg madarai p. 70(1899). — Phalacrocorax carbo. Reichenow, Vög. Afrik. Bd. I. S. 90 (1900). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XCIIIL. Fig. 1 (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 54. Fig. 2 (1854), — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 650. pl. 34 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 19 (1896). —] Kennzeichen der Art. allergrösste.*) Durch ihren stärkeren Körperbau und die ge- Der Schnabel ist stark, nur so lang als der Kopf, an der | gebenen Artkennzeichen unterscheidet sie sich leicht von den Wurzel sehr viel stärker als in der Nähe des Hakens; der | übrigen, namentlich auch von der Krähenscharbe, hier be- Schwanz hat vierzehn Federn. Grösse der männlichen | sonders, wenn man auf den sehr verschiedenen Schnabelbau Bisamente. Br Tee 5 ; = Beschreibung. ) Sowohl der anscheinend ausgestorbene RR. perspicillatus PArr. als Dicke Scharbe; gewöhnlich b ra dran REN auch Ph. Harrisi RoTHSCHILD sind grösser, der letztere wenigstens am r i 5 : 5 Körper, hat aber ganz verkümmerte Flügel wie der Riesenalk (E. HArRTERT, ist eine der grössten in dieser Vogelgattung, vielleicht die | in litt). R. Bl. mr. = ( 52 | Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). Acht hat. Den älteren Ornithologen muss dies aus Mangel mehrerer Bekanntschaft nicht so leicht gewesen sein, weil manche die Kormoranscharbe im Jugendkleide für die Krähenscharbe halten konnten, weshalb selbst zu BECHSTEINS Zeiten über die Artverschiedenheit des Lınn&schen Pelecanus carbo und P. graculus oder der gegenwärtigen und der hier zu- nächst folgenden Scharbe sich noch Zweifel erhoben. Bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft und besserer Kenntnis des Gegenstandes ist es nun leichter geworden, diese beiden, in der Natur wohl begründeten Arten sicher zu unterscheiden, auch in ihren Jugendkleidern nach beiderlei Arten. Die Körpergrösse, welche schon zwischen Männchen und Weibchen (auch bei anderen Scharben) sehr abweichend ist, variiert bei unserem Kormoran nach Wohnort oder nach ‚anderen Umständen und individuell oft ganz ausserordentlich. So sind die Kormorane aus dem hohen Norden meistens um vieles grösser und stärker als die aus den südlichsten Gegenden, welche diese Art bewohnt. Jedoch nicht allein dieses Faktum, sondern auch, dass an grossen Brutplätzen der mittleren Gegen- den unter der Menge ebensolche Grössenverschiedenheiten unter den Kormoranscharben vorkommen, desgleichen auch eine in- dividuell oft sehr verschiedene Länge des Schwanzes, liessen bei manchem der Vermutung Raum, dass damit Artverschieden- heiten bezeichnet sein könnten. Nach sehr sorgfältigen Unter- suchungen und Vergleichungen sehr vieler Exemplare aus allen Gegenden Europas und anderer Länder durch sehr bewährte Männer und ganz neuerlich erst durch BRANDT und NATTERER hat sich jedoch die Nichtigkeit solcher Vermutungen erwiesen. Nach unsäglichem Aufwand an Mühe und Zeit ist es letzt- genannten erfahrungsreichen und vorurteilsfreien Forschern gelungen, behaupten zu dürfen, dass der Norden von Europa nur zwei Scharbenarten besitze, nämlich unseren Ph. carbo und Ph. graculus, dass beide bis in den Süden unseres Erdteils hinabgehen und hier mit einer dritten Art, mit unserem Ph. pygmaeus, zusammen treffen. — Auch bei mir ist die schon längst gehegte Meinung, dass die verschiedenen Abweichungen unter den Kormoranscharben nichts als Individualitäten einer Art seien, zur völligen Gewissheit geworden, seitdem ich Ge- legenheit hatte, eine sehr bedeutende Anzahl und viele frisch in allen Abstufungen zu untersuchen, welche alle an demselben Brutorte (an der unteren Oder) erlegt waren. Ganz analog ist es bei dieser und vielleicht den meisten Scharbenarten, wie bei Möven, Tauchern und vielen anderen Wasservögeln. ... Unter den mancherlei kleinen Abnormitäten, welche bei den Kormoranscharben vorkommen ‚ machen sich zuweilen auch dergleichen am Schwanze bemerklich; nicht allein dass dieser, wie schon erwähnt, in der Länge variiert, zeigen sich zuweilen sogar auch Abweichungen in der Zahl seiner Federn. Die Zahl 14 darf beim Kormoran allerdings die Normalzahl heissen, weil die allermeisten Individuen 14 Steuerfedern haben; allein es kommen ausnahmsweise hin und wieder auch Indivi- duen mit 12, manchmal sogar, doch noch viel seltener, mit 16 Steuerfedern vor, diese haben also 2 mehr, jene 2 weniger als gewöhnlich, ohne dass an ihnen sonst irgend etwas anders als bei den übrigen ihrer Art wäre. Sehr unrecht wird oft die Grösse des Kormorans mit der einer Gans verglichen, weil man dabei unwillkürlich an die Hausgans denkt; er möchte darin aber nur einer der kleinsten Gänsearten, kaum der Ringelgans, gleichen. Am nächsten kommt er darin der türkischen oder Bisamente (CO. moschata), bald dem Männchen, bald nur dem Weibchen dieser, und es giebt grosse Hausenten, die er an Grösse wenig übertrifft, — Wegen der sehr verschiedenen Grösse sind die Maße ausser- ordentlich verschieden; die durchschnittlichen, frischen Exem- plaren entnommen, ungefähr folgende: Länge, von der Stirn bis zum Schwanzende: 77,7 bis 82,4 cm; Flugbreite: 132 bis 159 cm; Flügellänge vom Bug bis zur Spitze: 33 bis 35 cm; Schwanzlänge: 15,3 bis 16,5 cm. — Männchen und Weibchen sind sehr verschieden, bei gepaarten Paaren ersteres immer grösser, manchmal gegen 7 cm länger und 9,5 bis 12 cm breiter als letzteres. Schon bei den Jungen im Neste, die gewöhnlich, wenn sie flugbar, noch etwas kleiner als die Alten sind, zeigt sich dieser Unterschied der Geschlechter. Doch kommen an einem und demselben Brutplatze zuweilen Männ- chen vor, die viel kleiner als manche Weibchen, und aus- seflogene Junge, die grösser als manche Alte sind. Im Berliner Museum stehen unter anderen zwei Exemplare, welche zu enorm voneinander abweichen, als dass ich unter- lassen könnte, ihre Maße gegeneinander zu vergleichen. Beide sind frisch an das Museum eingesandt (daher vorzüglich natur- getreu aufgestellt), das eine, sehr grosse, noch im völligen Jugendkleide, aus der Altmark, das andere, ungemein kleine, im vollständigsten Prachtkleide, aus dem Oder- bruch. Sie sind so gewaltig in der Grösse verschieden, dass man den jungen Vogel beinahe mit einer schwachen Saat- sans (Anser fabalis), den alten nur mit einer zahmen Ente vergleichen könnte. Doch hier stehen die Maße: Am Am jungen Vogel| alten Vogel Länge von der Stirn bis an das Schwanzende sauör 80,00 cm 66,00 cm Breite von einer Flügelspitze zur BOÄEIN, „Acer Sea Sr ra OO | 22,00 Flügellänge vom Bug bis zur Spitze der längsten Schwungfeder SENLONT, 31,80 „ Länge des Schwanzes . . .. 43:10:24 14,70 „ Länge des Schnabels von der Stirn über den Haken Be 1,00 „ DD. Höhe des Schnabels an der Wurzel 250 „ Ile Breite a ch 2,0072: 140 „ Länge des Laufes . . . ... 00 5,5044 Länge der äusseren Vorderzehe ohne Kralle 10,60 „ 845 „ ihre Kralle . 1 91) Fa 1:00, Länge der Hinterzehe ohne Kralle 3;10,, +, 3,00 „ ihre Kralle . 1,40 „ 120 Wer sollte unter so bewandten Umständen sich nicht ge- zwungen sehen, einzustimmen in GRABASs treffendes Urteil über das Ausmessen der Vögel, das er in seiner „Reise nach Färö“, S. 102 bis 104 so naturgetreu als wahr ausspricht! Diese Stelle verdient nicht bloss gelesen, sondern auch beachtet zu werden.!) Das Gewicht kommt so verschieden vor, als die Maße, von 5 bis zu 8 Pfund. Bei den meisten Exemplaren, welche ich wog, war es jedoch nicht unter 5 oder wenig über 6 Pfund, natürlich frisch und samt den Eingeweiden, aber im mageren Zustande. Der Kormoran hat einen kleinen, sehr flachstirnigen, vorn spitzen, nach hinten breiten Kopf mit starkem Genick, einen langen und dicken Hals, einen sehr gestreckten, schmalen Rumpf und grosse, ziemlich lange Schenkel. Das Auge liegt sehr nahe an der Schnabelwurzel. Wenn die Haut mit den Federn entfernt ist, zeigt sich das Auge in viele Häute ein- gehüllt, ein mittelgrosser Augapfel, das eigentliche Auge aber sehr klein; an den Schläfen und im Genick decken ungeheure Muskeln den kleinen Schädel, sodass der Kopf einem ab- geschundenen Marderkopf sehr ähnlich sieht, wobei man sich bloss den Schnabel wegzudenken braucht. — Die Zunge ist sehr sonderbar und liegt tief im Rachen; sie ist ausserordent- lich klein, knorpelig, oval, vorn abgerundet, mit niedergeboge- nem Seitenrande, hinten spitz, hier an den Seiten schief ab- geschnitten und ganz ohne Eck, mit dachartig erhabenem, kantigem, aber gerunzeltem Rücken. Diese merkwürdige Zunge ist nur 14 mm lang und an der vorderen Hälfte etwas über ‘) Ich will sie hier aus Schonung des Raumes nicht wiedergeben, ob- gleich mancher nicht oft genug an diese Wahrheiten erinnert und darauf hingewiesen zu werden verdiente, besonders aber, weil das so unterhaltende, als belehrende Werkchen in vieler Hände ist, auch überhaupt keinem, den Ornithologie, wenn auch nur entfernt interessiert, fehlen sollte. Es erschien 1830 in Hamburg bei Pertuns und BESSER. Naum. Nov) Al Sprpyderg wr uoypouuemw sole zZ ossorn "Tanyeu'®/, PPPPHPFIT m usypuurw g "aqgeypssiemz (ed) snaewäAd xe1osomejeyg sqteyssusyeiy (I) snin9e13 xeiooomefeyg PpPppyprıg wi uoypuurw [ ">qleydsueliounoy (I) oqıea xe1Io90o10efeydg rrila ll “ i Kon AR hl [ u. ER are r ai a az GERFZ Fer u IT, Bere en ee? 5 ED fee Fe ET Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). 53 6 mm breit. — Die Speiseröhre ist enorm weit und dehnbar, so auch die Halshaut (dieses erleichtert daher das Abbalgen sehr), der Magen ein grosser Sack. Hoden und Eierstöcke sind bei noch nicht brütefähigen Vögeln ungemein klein. Das kleine Gefieder ist wie bei den übrigen Arten dieser Gattung kurz, aber dicht, knapp anliegend und hart anzufühlen; dabei aber glatt und glänzend, nur an den zugerundeten Mantel- federn mit deutlichen Umrissen, so dicht geschlossen, dass sie ein schuppenartiges Aussehen haben. Die Federn der Brust- seiten sind zu kurz, um wirkliche Tragfedern vorzustellen; die Schenkelbefiederung, nach aussen verlängert, bildet sogenannte Hosen wie bei den Raubvögeln. Der Flügel hat ebenfalls sehr lange Armknochen, die Schwungfedern aber sind kurz, schmal, mit starken, etwas einwärts gebogenen Schäften. — Die erste Schwungfeder ist unter den vordersten die kürzeste, aber nur 18 mm kürzer als die zweite und dritte, welche fast gleich lang und die längsten sind. Am zusammengelegten Flügel haben die erste und die allerletzte Schwungfeder gleiche Länge, sodass (am ruhenden Flügel) die letztere die Spitze der ersteren deckt. Von den vordersten Primärschwingen werden drei bis vier von der Mitte an schnell schmäler und sind am Ende zu- gespitzt, die übrigen fast alle abgerundet, die letzte ziemlich stumpf. Die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel reichen bis auf die Schwanzwurzel. Der Schwanz ist fächerförmig, fast gar nicht gewölbt, an der Wurzel sehr schmal und sieht wegen der sehr kurzen (zerschlissenen) oberen und unteren Deckfedern aus, als wenn eine ungeschickte Hand ihn mechanisch eingesteckt hätte. Er besteht in der Regel aus 14 Federn, die an der Wurzel merk- lich schmäler sind als gegen das Ende, sehr starke, starrende fischbeinartige, gerade Schäfte und ziemlich gleichbreite, jedoch sehr schmale, harsche, wenig gewölbte Fahnen haben. Von diesen Federn ist das mittelste Paar das längste, das nächste, wo nicht von derselben Länge, doch kaum etwas kürzer, beide am Ende kurz abgerundet; die nächstfolgenden nach aussen stufenweise kürzer und dabei schmäler zugerundet, sodass das äusserste Paar 3,5 bis über 4,7 cm kürzer als das mittelste erscheint; denn dies Verhältnis gestaltet sich ebenfalls bei einem Individuum nicht genau so wie bei dem anderen. Schon bei den zweijährigen, noch nicht ganz ausgefärbten Vögeln zeigen sich hin und wieder einzelne Proben von jenen flockenartigen Federchen, welche das Prachtkleid dieser Art, wenn der Vogel ausgefärbt ist, in grossen Massen schmücken. Ausser diesen schneeweissen, zarten Federchen, welche beim Kormoran nur auf dem Hinterkopfe und oberen Hinterhalse, neben der Kehle und auf der Aussenseite der Schenkel stehen, hier und an der Kehle so dicht, dass sie einen grossen weissen Spiegelfleck bilden, dort aber nur zwischen die gewöhnlichen, dunkel gefärbten mehr oder weniger häufig eingestreut sind, hat in diesem Kleide zugleich auch der Hinterkopf viel längere, sehr schmale Federn, die einen mähnenartigen Federbusch am Genick bilden, und das übrige Gefieder ist viel schöner sefärbt, glänzender, am Vorderkopfe auch etwas verändert. Es stellt das Hochzeitskleid vor, ist aber im Winter!) am schönsten und dauert, bis auf wenige Spuren, bei manchen Individuen kaum bis in die Begattungszeit, bei wenigen bis zum Ende dieser. Der Schnabel hat ungefähr die Länge des Kopfes, ist gerade (nur in getrocknetem Zustande zuweilen ein wenig auf- wärts gebogen), bloss der Haken etwas aufgeschwungen, an der Wurzel sehr stark, gerundet oder fast stumpfkantig, nach vorn allmählich schwächer, am schwächsten da, wo der Haken eingekeilt ist, hier auch ein wenig zusammengedrückt; von den Seiten der Stirn läuft jederseits eine vertiefte Linie an der Seite des Öberschnabels bis an den Haken und teilt ihn in drei Teile, wovon das Firstenstück auf dem Rücken entlang abgerundet; vorn ist der grosse, krallenförmige, sehr spitzige Haken wie ein Keil eingefügt. Der Unterschnabel ist am Kiel BE ı) Ende des Winters, im Februar und März. bis in die Nähe der Spitze gespalten, hier ein etwas kleinerer und kürzerer, in den oberen passender Haken, mittelst eines kleinen, unten vorstehenden Keils eingeschoben, welcher die beiden Zinken der Gabel vereinigt. Die Spitze des oberen Nagels reicht einige Millimeter über die des unteren hinweg. Die Haken sind eben und glatt, wie bei jüngeren Vögeln auch die ganze Aussenfläche des Schnabels, bei alten diese aber uneben, schuppig oder schartig, zuweilen auch die Hakenspitze so. Er hat gerade, sehr scharfe Schneiden, die am Unter- schnabel doppelt und etwas eingezogen sind, und die Mund- spalte reicht bis hinter das Auge, wo der Kopf anfängt sehr breit zu werden, deshalb ein breiter, tiefer Rachen. — Das Nasenloch liegt in der Seitenrinne des Oberschnabels unfern der Stirn, ist aber äusserlich geschlossen und kaum bemerklich; die Stelle ist etwas aufgetrieben. Der Schnabel ist von der Stirn an und über den Haken gemessen 7,4 bis 7,9 cm, vom Mundwinkel bis zur Spitze 9,4 bis 10 cm lang, an der Stirn 1,7 bis 2,1 cm hoch und hier 1,7 bis 1,8 cm breit, an frischen Vögeln gemessen; die Maße kommen aber, wie schon oben bemerkt, ziemlich ver- schieden vor. — Seine Farbe ist bei alten Vögeln auf dem ganzen oberen Rücken entlang schwarz, an den Schneiden grau, übrigens bleigrau, rötlich durchschimmernd, an der Wurzel der Unterkinnlade ins Gelbe übergehend; bei jüngeren und jungen Vögeln längs der Firste grauschwarz, am Haken etwas bräunlich, an den Schneiden graulich, übrigens schmutzig rötlichweiss; Rachen und Zunge fleischfarbig, etwas bläulich gemischt. Ausgetrocknet wird der Schnabel noch unscheinbarer, von oben her schmutzig braun, an den Seiten und unten horn- gelblich, zuweilen hornweisslich, und es zeigen sich an den Seiten bei mehreren dunkle Querfleckchen, die an frischen Schnäbeln selten bemerklich werden. Die Haut am Kinn, welche bis auf die Vereinigung beider Gabelteile des Unterschnabels vorreicht, an den Seiten der Kehle bis dem Mundwinkel gegenüber, von da über demselben und zwischen dem Auge, ein schmaler Kreis um dieses, nebst den Augenlidern und den Zügeln, ist nackt, an den letzteren mehr oder weniger deutlich, mit sehr kleinen, in Reihen stehen- den Federchen besetzt, welche die Haut durchscheinen lassen, die bei den Alten hier graugrünlich, bei den Jungen gelb- srünlich, an den übrigen nackten Teilen aber bei jenen trübe pommeranzengelb, bei diesen schwefelgelb aussieht. Nach dem Austrocknen werden diese Farben unscheinbar, hell hornfarbig. Bei den Alten ist diese Haut oft schäbig, aber eigentlich nicht warzig, dies einigermassen nur in der Begattungszeit, bei den Jungen glatt. Dort sind dann die kleinen Erhabenheiten ge- wöhnlich viel heller gelb als die zuweilen sogar schwärzlichen Zwischenräume. Die Befiederung der Wangen grenzt bei jenen vom Anfang der Schläfe, dicht hinter dem Mundwinkel herab gegen die Kehle ziemlich geradlinig, bei letzteren geht aber zwischen dem Auge und Mundwinkel eine kurze Schneppe, eine andere noch kürzere unter dem Mundwinkel hinein, und die Befiederung der unteren Kehle steigt auf ihrer Mitte auf- wärts und endet nach oben spitz, sodass die dehnbare Haut, welche den Kehlsack bildet, nur an ihren beiden Seiten und unter dem Schnabel nackt ist. Das Auge ist ungewöhnlich klein und hat einen tückischen Blick wie Marderaugen, wozu ihre Färbung auch beiträgt. Seine Umgebung ist nackt und die Iris in frühester Jugend braungrau, später dunkelbraun, bei den Alten aber schön dunkelgrün. | Die starken, stämmigen, weichhäutigen, schwammig an- zufühlenden Füsse haben starke, oberhalb nicht nackte Fersen- gelenke, kurze, seitlich sehr breit gedrückte Läufe; lange, an ihrem Ursprunge sehr breite Zehen, die alle vier durch drei volle Schwimmhäute verbunden sind. Ihr Überzug ist auf dem Spann und seitwärts mit etwas kleinen, meist sechseckigen Schildern bekleidet, an der eigentlichen Sohle in sehr feine, chagrinartige übergehend, die lachen Zehenrücken mit einer Reihe ganz schmaler Schilder, wie Reifchen, bedeckt; die 54 Schwimmhäute, wie die ganze Spur, sehr fein gegittert oder vielmehr chagriniert. Die Krallen sind von mittelmässiger Grösse, stark, ziemlich krumm, schmal und spitzig; auf der Innenseite der Mittelzehe tritt die fein kammartig gezähnelte Schneide der Kralle bedeutend vor, und die sehr krumme Kralle der Hinterzehe ist niedergelegt. Die Farbe der Füsse und Krallen ist bei Jungen ein mattes, bei Alten ein tiefes und glänzendes Schwarz, nur unten auf der Spur, in den Gelenk- falten am Ursprunge der Zehen zeigen sich bald mehr, bald weniger weissliche Flecken. Getrocknet ist alles hornschwarz. Die Maße sind am häufigsten folgende: der Lauf 5,6 cm; die äussere Vorderzehe mit der 1,2 cm langen Kralle 9,7 cm; die mittlere mit der 1,5 cm langen Kralle 8 cm; die innere Vorderzehe mit der 1,2 cm langen Kralle nur 6 cm; die Hinter- zehe mit ihrer 1,2 cm langen Kralle 3,8 cm lang. Die jungen Kormorane kommen nackt aus dem Ei, be- kleiden sich aber nach einigen Tagen mit einem kurzen, dichten, weichen Flaum. In diesem Dunenkleide ist das nackte Ge- sicht und der Schnabel fleischfarbig, dieser spitzewärts ins Graue übergehend; die Augensterne braungrau, die Füsse schwarzgrau; die ganze Dunenbekleidung einförmig und gleich- mässig rauchfahl oder sehr dunkel graubraun. Sie sehen nicht hübsch aus, zumal wenn sie erst grösser geworden; denn sie sind wenigstens dreiviertelwüchsig, ehe das ordentliche Gefieder den Flaum zu verdrängen anfängt. Am ersten kommen die Schwung- und Schwanzfedern und die Schulterfederpartie zum Vorschein; am längsten dauert der Flaum am Kopfe, wo er noch nicht verschwunden ist, wenn sie schon fliegen lernen. Das Jugendkleid, welches jenem folgt, ist durch eine mehr braune als schwarze und an den unteren Teilen in schmutziges Weiss übergehende Färbung von dem der alten Vögel sehr verschieden. Schnabel und Füsse sind wie oben bei der Beschreibung dieser Teile angegeben; die Iris dunkel- braun. Die Farben des Gefieders eines am 11. Juli erlegten sind folgende: eine Stelle an der Kehle, die sich an den Wangen bis um den Mundwinkel herum zieht, ist weiss, mit rostgelblichen Federspitzen; die Federn auf dem Oberkopfe und ganzen Hinter- halse braunschwarz, grünlich glänzend, mit lichtbräunlichen Seitenrändchen, die nur an der Stirn und am Scheitel etwas mehr in die Augen fallen, sonst im ganzen verschmelzen; der ganze Vorderhals bräunlichweiss, dicht schwarzbraun gestreift und gefleckt, weil die dunkelbraunen, am Schafte schwarz- braunen Federn gelblich- oder bräunlichweisse Seitenränder haben; Öberrücken- und Schulterfedern dunkelbraun, an den lanzettovalen Enden graurötlich wie überpudert, mit einer sehr glänzenden, schmalen, dunkel braunschwarzen Einfassung, alles mit Bronzeglanz; der ganze Unterrücken, Bürzel, die kurzen oberen und unteren Schwanzdeckfedern, die Seiten der Brust, Weichen und die langbefiederten Schenkel schwarz mit mattem, blaugrünem Seitenglanze; die ganze Brust und der Bauch hell weiss, etwas gelblich angeflogen und nur einzeln braun und schwarzbraun gesprenkelt, was die so gefärbten Spitzen mancher Federn hervorbringen. Die Achselfedern und der Flügelrand sind schwarzbraun, die Flügeldeck- und letzten Schwungfedern wie die der Schultern; die der zweiten Schwungfederordnung grünlichschwarzgrau, mit dunklen, glänzend schwarzen Säumen; die Schwungfedern erster Ordnung und die Fittichdeckfedern braunschwarz, auch ihre Schäfte wie die des ganzen Mantels; die untere Seite der Schwingen glänzend dunkelgrau, ihre Schäfte schwarzgrau, die unteren Flügeldeckfedern schwarz- braun, gegen den Flügelrand am dunkelsten. Die Schwanz- federn sind schwarz, an den Enden mit einem bräunlichweissen Säumchen; ihre Schäfte oben glänzend dunkelgrau, unten schwarz. Über den Schenkeln zeigen sich schon einige einzeln eingestreute, kleine, flockenartige, weisse Federchen. Von einem Federwechsel sah man an vorliegendem, frischem Exem- plare noch keine Spur, das Gefieder befand sich im schönsten Zustande, die Enden der Schwanzfedern noch gar nicht ver- stossen, und doch war es seinem Aussehen nach, mit höchster Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). Wahrscheinlichkeit, schon im vorigen Jahre geboren oder mindestens 13 Monate alt. Es war weiblichen Geschlechts. In der lichteren oder dunkleren allgemeinen Färbung und dem mehr oder weniger Weiss der unteren Teile kommen vielerlei Abwechselungen unter diesen jungen Scharben vor, ohne dass man ein bestimmtes Merkmal zum Unterscheiden beider Geschlechter darin finden kann; aber die Männchen sind immer etwas grösser als die Weibchen, besonders merk- lich, wenn sie Geschwister sind. Das frische Gefieder ist auf- fallend dunkler, besonders viel glänzender als das abgetragene, Im zweiten Jahre erhalten sie ein Zwischenkleid, das dem Jugendkleide mehr ähnelt als dem ausgefärbten, aber von obenher viel dunkler braun und glänzender ist, an der Kehle und bloss auf der Mitte der Brust noch Weiss hat, das an den Seiten zwischen braunen Flecken verschwindet, und die Schwanzfedern sind einfarbig schwarz. Erst nach einer zweiten Mauser, im dritten Herbste ihres Lebens, erhalten sie das ausgefärbte Kleid und das überzählige Prachtgefieder. Ausgefärbt haben die alten Kormoranscharben grüne Augensterne, am Genick und Hinterhaupte etwas verlängerte buschige Federn, sowie folgende Farben und Zeichnungen: hinter der nackten, pomeranzengelben Haut der Kehle und des Mundwinkels ist das Gefieder schmutzig rostgelblichweiss, was sich auf den Wangen verliert; Oberkopf, Hals, Brust, Bauch, Schenkel, untere Flügeldeckfedern, Unterrücken, Bürzel], obere und untere kurze Schwanzdeckfedern, auch der obere Flügelrand sind gleichförmig tief schwarz, mit seidenartigem blaugrünem Glanze; Oberrücken-, Schulter- und Flügeldeck- federn zwar auch schwarz, jedoch, so weit sie von ihren Nach-. barn unbedeckt bleiben, dunkel rotgrau mit gleichbreiten, sehr stark glänzenden, tief schwarzen, schmalen Kanten, die scharf vom Rotgrau getrennt sind, und mit schwarzen Schäften; alle hinteren Schwungfedern grauschwarz (wie bepudert) mit tief schwarzen Käntchen; die Primärschwingen mit ihren Deck- federn tief braunschwarz, die Schäfte schwarz, grau marmoriert; die Schwanzfedern kohlschwarz, ihre Schäfte schwarzblaugrau. Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt, das Gefieder des ersteren hat aber mehr Glanz. In diesem Kleide erhält man die meisten alten Kormorane, weil sie es in dieser Gestalt die längste Zeit im Jahre tragen. Ich habe es das Sommerkleid genannt, indem die alten Vögel vom Frühling bis in den Herbst damit bekleidet sind. Es hat alle Farben des Prachtkleides, aber mit viel geringerem Glanze und Metallschimmer und ohne jenen überzähligen Federschmuck. Wenn im Herbste nach vollendeter Mauser sämtliches Gefieder vollständig hergestellt ist, sind alle jene Farben und Zeichnungen des eben beschriebenen Sommerkleides in vor- züglicher Frische zu schauen, und der Metallglanz derselben ist dann am stärksten. Bald darauf erscheinen nun am Genick und Anfang des Nackens etwas längere, schmale, flatternde Federn, die den Hinterkopf dick machen und eine Art Feder- busch mähnenartig zieren, und zwischen den gewöhnlichen, grünschwarzen auch schneeweisse vom zartesten Bau, die am Oberhalse bis über die Mitte der Halslänge herab sehr häufig sind, doch aber den grünschwarzen Grund stark durchblicken lassen, an den Seiten des Kopfes aber so sparsam werden, dass bier ziemlich deutlich ein schwarzes Band übrig bleibt, welches über dem Auge anfängt, sich über die Wange herab- krümmt, bis zur Kehle, und so die Einfassung eines weissen Feldes bildet, das Kehle und Wangen einnimmt, bis an die Schläfe und das Auge hinauf reicht und nach vorn die Nudi- täten der Kehle und Mundwinkel begrenzt; hier sind die kleinen überzähligen Flockenfederchen besonders dicht eingemischt, und da sie auch auf weissem Grunde stehen, so leuchtet das ganze Feld weiss und hat ein seidenartiges Ansehen; sie sind übrigens hier bedeutend kürzer als am oberen Hinterhalse. Ein noch grösseres, fast viereckiges, weisses Feld wird von noch längeren, breiteren und viel dichter stehenden Federn dieser Art auf der Aussenseite des Schenkels gebildet; diese Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). | 55 Federn sind hier grösser als dort und decken das darunter liegende Schwarz völlig. Alle diese Federn, die wie weisse Seide aussehen, haben unendlich dünne, sehr schlaffe Schäfte, sehr schmale, ungemein zarte, unzusammenhängende Fahnen oder Bärte und flaitern bei jedem Luftzuge. Sie sind auf den Wangen ungefähr 6 mm, am Hinterhalse über 24 mm und auf den Schenkeln über 47 mm lang, die kleinsten nur 1 mm, die grössten wenig über 4 mm breit oder in der Breite so zart vergehend, dass diese sich nicht messen lässt. — Dieser über- zählige Federschmuck, welchen das Männchen wenig schöner als das Weibchen hat, erscheint bald nach seinem Entstehen in den Wintermonaten!) in seinem vollkommensten Zustande; allein er ist von zu zartem Bau, um sich lange erhalten zu können. Wenn die Begattungszeit heranrückt, wird er schon schlechter, viele jener Federchen sind schon abgebrochen, und während der Begattung, des Nestbaues und Brütens verschwindet er, mehr durch Abstossen als durch Ausfallen, vollends ganz, sodass beim Füttern der im Neste sitzenden Jungen selten ein Alter noch einzelne Überbleibsel davon aufzuweisen hat, noch seltener, wenn die Jungen ausgeflogen sind, oder bei einem zweiten Gehecke. Das gewöhnliche Gefieder, wenn es jetzt diesen zarten Federschmuck wieder abgelegt hat, ist dann das sogenannte Sommerkleid. Ich glaube wenigstens nicht daran, dass zu dieser Zeit ein, wenn auch nur teilweiser, Federwechsel stattfinden sollte, um dies herzustellen; denn dazu sieht das ganze Gefieder um diese Jahreszeit schon zu abgetragen aus, und bei genauerem Nachsehen finden sich hin und wieder noch Reste von jenen Schmuckfedern oder wenigstens Kiele, deren Schäfte abgebrochen sind. Bei Ph. pygmaeus kommt ganz das- selbe und in derselben Weise vor. Wo diese Vögel in grosser Anzahl beisammen wohnen, kommen zuweilen auch Ausartungen oder sogenannte Spiel- arten, nämlich mehr oder weniger weissgescheckte vor. Die Zeit der Mauser ist nicht genau beobachtet. Man darf daher noch über manches näheren Aufschluss wünschen, den nur fortgesetzte, genaue Beobachtungen geben werden. Je öfter sie bei einem Individuum wiedergekehrt ist, desto schöner und glänzender wird sein Gefieder, desto vollständiger jener überkomplette Federschmuck, welcher nach aller Ana- logie sein Hochzeitsschmuck ist und seinem Hochzeits- kleide angehört; deshalb darf das Kleid, das ihn trägt, auch nicht „Winterkleid“ genannt werden. |— In Betreff der Mauser steht jetzt so viel fest, dass die Kormorane nur einmal im Jahre, im Herbste, mausern. Das dann erhaltene Winterkleid besitzt den weissen Federschmuck an Kopf, Nacken und Schenkeln nicht. Dieser erscheint erst vor der Paarungszeit vor Beginn des dritten Lebensjahres sehr früh, gegen den Februar, verschwindet aber schon in der Brut- periode, sodass das Sommerkleid dem Kleide im Beginn des Winters sehr ähnlich ist und sich von diesem nur durch die abgetragenen Federn unterscheidet. In DRESSERs Birds of Europe (l. c.) ist im Hintergrunde ein alter Vogel im Sommer- kleide dargestellt, der den weissen Federschmuck an Kopf und Nacken schon verloren hat und dem nur die weissen Schmuck- federn an den Schenkeln geblieben sind, während der alte Vogel im Vordergrunde in dem Kleide zur Paarungszeit (nicht im Winter), etwa Februar oder März, abgebildet ist. Bei der Bearbeitung lag mir folgendes Material vor: 1. sehr alter Vogel mit nackten Wangen, weissen Schmuck- federn am Kopf und Nacken, vom März 1889 aus Kamtschatka — aus dem Museum brunsvicense; 2. sehr alter Vogel, ebenso — aus dem Museum bruns- vicense; 3. sehr alter Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 4. sehr altes Männchen — aus der Sammlung E. von Ho- MEYERS; 5. altes Männchen, ähnlich wie Nr. 4, aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 1) Im Februar oder März. R. Bl, 6. altes Weibchen vom Frühjahr 1854 aus Rügen, noch einige weisse Schmuckfedern am Halse — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 7. alter Vogel aus Island, Kopf ganz dunkel ohne Schmuck- federn, Wangen hell — aus dem Museum brunsvicense; 8. altes Weibchen, erlegt am Horste am 27. Mai 1879 im Oderbruch bei Stettin, wie Nr. 7 — aus dem Museum bruns- vicense; 9. alter Vogel, wie Nr. 8 — aus dem Museum bruns- vicense; 10. zweijähriger Vogel aus Island, dunkel, Wangen be- fiedert, etwas bräunlich, aus dem Museum brunsvicense; 11. alter Vogel, gesammelt 1895 in Neu-Seeland, wie Nr. 10 — aus dem Museum brunsvicense; 12: junger einjähriger Vogel im typischen Kleide — aus dem Museum brunsvicense; 13. junger einjähriger Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 14. junger einjähriger Vogel, ebenso — aus dem Museum brunsvicense; 15. junger einjähriger Vogel aus Grönland, oben dunkel, unten weisslich, Seiten bräunlich — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 16. junger einjähriger Vogel, am 28. Mai 1864 bei Danzig erlegt, ähnlich wie Nr. 15 — aus der Sammlung E. von Ho- MEYERS; 17. junger Vogel, Männchen, vom 28. Juni, auf dem Rücken erscheinen einige glänzend dunkelgrüne Federn — aus der Sammlung E. von HOMEYERS;. | 18. junger Vogel, Unterseite weiss, auf der Oberseite er- scheinen zahlreiche dunkelgrüne Federn — aus der Sammlung E. VoN HOMEYERS; 19. junger Vogel im ersten Herbst — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 20. junger Vogel im ersten Herbst — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; | 21, 22, 25, 24. Dunenjunge, am 27. Mai 1879 im Oder- bruche bei Stettin erbeutet — drei aus dem Museum bruns- vicense, eins aus der Sammlung E. von HOMEYERS. Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen im Pracht- kleide aus Muschalalk vom März 1889, ein Männchen im Sommerkleide aus Island, ein Dunenjunges vom Mai 1872 aus Astrachan und ein Vogel im Sommerkleide ohne nähere An- gaben, sämtlich im Herzoglichen Museum in Braunschweig be- findlich. —|] Aufenthalt. Die Kormoranscharbe ist über ganz Europa, das nörd- liche Asien und Nordamerika verbreitet. Sie geht im Norden von Norwegen viel höher hinauf, als Island liegt, und über die Lofoten hinaus, von den finländischen und euro- päisch-russischen grossen Seen bis an das Weisse Meer; sie ist in ganz Sibirien gemein, auch in vielen Teilen des mittleren Asien, selbst in Ostindien vorgekommen. Auf der anderen Seite bewohnt sie Grönland, die Länder um die Hudsensbai und ganz Kanada und soll von dort zuweilen bis in die südlichen Vereinsstaaten herabgehen. In unserem Erdteil ist sie von den schon genannten Ländern abwärts nach Süden, Osten und Westen verbreitet auf Island, den Färöern und allen von Schott- und Irland nördlich gelegenen Inseln, wie an den Küsten der skandinavischen Halbinsel gemein, so auch an vielen grossen Binnenwässern Schwedens, wie der diesseitigen Ostseeküste und des dänischen Staates, wenigstens stellenweise und in manchen Perioden; so auch an der Küste unserer Nordsee, vorzüglich in Holland, so hin und wieder in England und Frankreich. Auch auf dem Mittelländischen Meere kommt sie an vielen Orten, bei Sardinien sogar häufig vor, desgleichen vom Adriatischen Meer durch den griechischen Archipel und den Bosporus bis zum Schwarzen Meer, ist an den Ausflüssen der Donau unsäglich häufig und in vielen Teilen Ungarns sehr gemein. In der Schweiz ist sie sehr selten, 7 56 Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L,). kaum weniger auch in den südwestlichen und mittleren Teilen von Deutschland; in den östlichen und nördlichen Teilen war sie es sonst auch, ist aber in neueren Zeiten hier bekannter geworden. Seitdem sich nämlich die Kormorane in grosser Anzahl in den unteren Odergegenden und in Pommern häus- lich niederliessen, streiften von da so viele nach allen Rich- tungen umher, nach Preussen, Schlesien und den Marken, bis nach Sachsen und Anhalt, dass seit ein paar Dezennien ihrer viele sich zeigten und mancher auch in unserer Gegend erlegt werden konnte, so bei Dessau, bei Zerbst, in den Elb- und Saalgegenden, z. B. bei Lödderitz, bei Giebichen- stein und anderen Orten, die bald einzeln, bald zu drei bis fünf beisammen angetroffen wurden. [— Der Kormoran brütet an den Ostküsten des nördlichen Amerika, Labrador, im Golf von St. Lawrence, in der Fundy-Bai, an den Küsten Südgrönlands, Islands, Eng- lands, Schottlands und Irlands, der Färöer, an den Küsten des ganzen Westeuropa, von der Kola-Halbinsel an bis nach Frankreich hin, die Ostsee eingeschlossen, an den nörd- lichen Küsten des Mittelmeeres und in Algier, an den Küsten des Schwarzen und Kaspischen Meeres, in Turkestan, Südsibirien, Kamtschatka, Nordindien und Burmah, den Inseln des Malayischen Archipels, Australien, Tasmanien und Neuseeland. In Centraleuropa hat er sich auch an vielen fischreichen Partien des Inlandes, namentlich an den Flussniederungen brütend angesiedelt, so in Norddeutschland (Odergebiet) und im Donaudelta. Die Kormorane der südlicheren Gegenden sind Stand- vögel beziehungsweise Strichvögel, die der nördlichen bleiben nur zum Teil im Winter an ihren Brutplätzen, viele ziehen südlich bis zur Delaware-Bai in Amerika, in der Alten Welt nach Südfrankreich, Portugal und Spanien, nach dem Mittelmeer und Afrika bis zum Kaplande (im äthiopischen Gebiete von Afrika ist er nach REICHENOW (l. c.) beobachtet in Ogowe, von der Walfischbucht bis Tafelbucht, am Kap der guten Hoffnung, im COaledondistrikt, Kroonstad, Kipini (junge), Somali, Sennar), in Asien nach Persien, durch die Mongolei nach Japan und China, nach Süd- indien und Ceylon. Als Brutvogel wird er vertreten in Japan und Nord- china durch Phalacrocorax capillatus, an der westlichen Küste von Nordamerika durch Phalacrocoras: penicillatus. Sie ziehen offenbar in der Nacht. Nach WIEDEMANN (XI. Jahresbericht der Beobachtungsstationen der Vögel Deutsch- lands für 1886) wurde in Göggingen in Bayern in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober einer durch das elektrische Licht angelockt, flog an einen Schornstein und wurde gefangen. — | Der Wandertrieb ist beim Kormoran ziemlich beschränkt, fehlt ihm jedoch nicht ganz. Er verlässt im Herbst zwar den Ort seines Sommeraufenthalts fast durchgängig, bezieht andere Gegenden und streift im Winter weit umher und oft in süd- licher Richtung fort, scheint dabei aber einer bestimmten nicht immer und einer, die ihn weit über festes Land ohne grosse Gewässer führt, gar nicht zu folgen. Die einzelnen oder wenigen Kormorane, welche bis ins mittlere Deutschland kamen, ‘hatten sich bloss verflogen, denn es geschah zu allen Jahreszeiten; wir haben solche im Anfange des Juli, des September, im Oktober und anderen Monaten erhalten, auch waren die meisten dieser bloss junge Vögel. Im August und September scheinen sie am meisten zu schwärmen oder ihren Aufenthalt nach anderen wasser- und fischreichen Gegenden zu verlegen, einige Zeit da zu verweilen und dann wieder nach anderen zu ziehen. Ich sah zu dieser Zeit auf der Donau in Ungarn (in der Gegend von Raab und Comorn) viele in mehreren ansehnlichen Flügen sich herumtreiben. Wenn sich ein solcher Flug erhebt, wird man es ihm bald ansehen, was er vor hat; denn wenn er in der Nähe bleiben will, fliegen alle ohne Ordnung durch- einander; will er dagegen weit weg, so formieren sie nach kurzem Kreisen (um einige Höhe zu gewinnen), eine schräge Linie, in welcher ein Vogel hinter dem anderen fliegt. In Ungarn folgt ihr Zug meistens dem Laufe der Donau, am Meere aber den Küstenstrichen, auf demselben jeder beliebigen Richtung, doch immer so, dass er sie gegen den Winter süd- licher, im Frühjahr dagegen nach Norden bringt. Der Kormoran ist ein Meervogel; denn die Mehrzahl lebt stets auf dem Meere, und die geringere, welche, um zu nisten, sich an grossen Binnengewässern hin und wieder ziemlich tief ins Land hinein begiebt, sucht doch auch bald nach voll- brachten Fortpflanzungsgeschäften das Meer wieder auf, um dort die übrigen Zeiten des Jahres zu verweilen. Eine Ge- wohnheit, hier gewissen Strichen den Vorzug vor anderen zu geben oder nach Beschaffenheit der Umstände diese bald oder nicht bald mit anderen zu wechseln, mag durch Mangel oder Überfluss an Nahrungsmitteln bedingt werden; aber sie bringt ihn oft in Gegenden, wo er früher unbekannt war und umgekehrt. Bei denen, welche er unter einem gemässigteren Himmelsstriche zu Nistplätzen erwählt, kommt dies öfter vor als im hohen Norden, wo diese alljährlich ungefähr immer dieselben bleiben, die dazu seit Jahrhunderten dienten; der Wechsel beschränkt sich hier bloss auf die nächsten Klippen, dort dehnt er sich oft auf so viele Meilen Entfernung aus, dass niemand weiss, woher diese Vögel kamen. Auf den dänischen Inseln der Ostsee waren sie z. B. vor etwa 30 Jahren eine seltene Erscheinung; man hatte bis hierher nur zuweilen einen einzelnen gesehen, als im Jahre 1810 zuerst so viele bei der Insel Fühnen erschienen und ihren Nistplatz in einer Waldung nicht weit vom Seeufer wählten, dass jedem diese fremden Gäste auffallen mussten, deren Zahl in jedem Frühjahre in so starker Progression fortwuchs, dass nach fünf Jahren viele Tausend Bruten dort auskamen, dass man sie allen Ernstes verfolgen und zu vertilgen trachten musste, Hunderte der Jungen an manchen Tagen tötete und sie erst nach und nach aus der Gegend zu vertreiben vermochte. Sie erschienen dann wieder in anderen, früher ihnen fremd gewesenen Orten jener Gegenden auf gleiche Weise, erst in kleinerer, aber alle Jahre wachsender Anzahl; so auch auf dem Drigge, einer Landspitze der Insel Rügen, wo man seit Menschengedenken einen solchen Vogel nicht gesehen hatte, und es ging bald ebenso wie dort; nach übermässiger Vermehrung und unablässiger Verfolgung blieben sie endlich weg, hatten sich aber in die Odermündungen be- geben und zogen den Fluss hinauf, bis in Gegenden, wo es fischreiche Altwasser, Seen und Wälder giebt, und siedelten sich zuerst bei Oderberg oder Neustadt-Eberswalde an. Hier ging es ihnen ebenso, wie in anderen kultivierten Gegen- den, man setzte sich ihrer allzugrossen Vermehrung mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegen, sah aber vor der Hand keinen anderen Erfolg, als dass sich die Kormorane an der Oder hinauf immer tiefer landeinwärts zogen und an anderen Orten mehrere neue Kolonien gründeten, sodass sie bis zu den Gegenden in der Nähe der Spree kamen und sich z. B. beim Dorfe Klein-Schönebeck ansiedelten, wo sie sich un- geheuer vermehrten, sodass man im Jahre 1835 dort an einem einzigen Tage 400 Stück, meistens junge, erlegte. So haben sie sich in mehreren Abteilungen auch jenseits der Oder über viele Gegenden verbreitet, wo man sie sonst nicht kannte, und noch in neuester Zeit giebt es an mehreren Orten dieser und jener Gegenden STosse Nistplätze, die sie, wenn nicht beson- dere Hindernisse eintreten, alle Jahre wieder beziehen, aber jedesmal nach vollbrachten Fortpflanzungsgeschäften bis auf wenige einzelne verlassen, der grosse Haufen aber, in mehrere Flüge zerteilt, die übrige Zeit des Jahres fern von da auf dem Meere zubringt, sich aber im Frühjahre in einzelnen Ab- teilungen, in wenigen Tagen nacheinander, wieder einstellt. Obgleich unser Kormoran an den Küsten des Baltischen Meeres, besonders an denen des finnischen und botnischen Busens ‚ Seit Jahrhunderten bekannt war, so fehlt es doch an Nachrichten, dass er dort jemals und irgendwo in solchen Massen aufgetreten sei, wie in den neusten Zeiten an einigen Stellen der deutschen Küsten dieses Meeres, namentlich in so schnell anwachsender Menge wie hier. Vor seinem er- XI SpIopy4oumuog wr [o8oA Ale g Sqreysssiemz '('jfeq) snaewsAd xeioaoisereyg SPP[FI2WWOS wi uoypuuem sale Z sqzeydsusyeiy (I) sundeıd xelooomereyg PRppsoN F PPPINIIWWOoS wı yoyauuem I SAJEUISUBJOULIOM ‘(7) OQUJIED XZEIOIOIIEIEU u ARTE. MAR ” fi ne” N RE nn u PRRLE _ a TR. ı ser ER Sraesake) N nah HN Ne RE “ Pam Ee = R= ne rn EEE | = = a et 2. E = EIER er Fe a we EERESERERIE Fr wi z A + EI 7 3 L) ” % E u, ee: BEER: fr Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). 57 wähnten Erscheinen auf Fühnen scheint ein grosser Zeitraum zu liegen, in welchem so etwas nicht vorgekommen ist; aller Welt war dieses damals etwas Neues und Unerhörtes. Was bewog wohl die ersten Ansiedler, die vielleicht vom Norden, aus dem Meere von Norwegen oder aus Nordosten vom Weissen Meer und den grossen Landseen zwischen diesem und dem finnischen Meerbusen in die Ostsee herabzogen, in diesen südlicheren Gegenden sich häuslich niederliessen und sich hier so zu gefallen schienen, zu diesem unerwarteten Wechsel ihrer Wohnsitze? Dies ist ein Rätsel, zu dem der Schlüssel fehlt, bei dem uns nur das hohe Wort von HALLERS umschwebt: „In das Innere der Natur dringt kein erschaffener Geist!“ — Man fühlt sich ferner bewogen, zu fragen: Wird das jährlich wiederholte Erscheinen dieser Vögel nun so fort- bestehen für alle Zukunft? Werden sie nach und nach immer weiter ins Innere der südlicheren Länder vordringen und sich dabei alle folgenden Jahre fortwährend in so sehr wachsender Zahl vermehren, wie sie es thaten, solange sie auf deutschem Boden hausten? Oder wird ihnen hier wieder einmal und wann ein Ziel gesteckt sein? [— Die Brutkolonien der Kormorane sind ausserordent- lichen Schwankungen unterworfen, namentlich wo sie sich auf Bäumen in grösseren Forsten befinden. Werden diese abgeholzt, so verschwinden die Kolonien; werden die Kolonien so stark, dass sie der Fischerei zu kolossalen Schaden thun, und tritt Ausrottung seitens des Menschen ein, so ziehen die übrig ge- bliebenen nach anderen Nistplätzen. Es ist deshalb sehr schwer, ein nur einigermassen sicheres Bild über die Ver- breitung der Kormoran-Brutkolonien in Centraleuropa zu geben. Nach Dusoıs (Bull. du Mus. royal d’ Hist. nat. de Belgique, Tom. V, 1885, S. 157) nisten sie in Belgien alljähr- lich auf dem Fort du Nord bei Antwerpen. — Nach ALBARDA (Aves neerlandicae, S. 63) brüten sie in kleinen Kolonien in Nord- und Süd-Holland. Derselbe Autor giebt an (Tijdschrift der Nederlandshe Dierkundige Vereenigung 1896, S. 46), dass sich Ende April eine kleine Kolonie in Reigersbosch bei Olde- berkoop in Friesland angesiedelt hat. Eine von H. SEEBOHM 1880 am Horster Meere in der Nähe einer Kolonie von Löffel- reihern gefundene Kolonie von circa 200 Nestern konnte F. ©. R. JOURDAIN (nach brieflichen Mitteilungen) während seines Aufenthaltes in Holland in den Jahren 1900 bis 1902 nicht mehr nachweisen, er beobachtete dort nur zwei oder drei einzelne Kormorane. Auf den Britischen Inseln brütet der Kormoran an vielen Plätzen an den Küsten nach F. ©. R. JOURDAIN auf Felsen und Klippen, hat aber auch Brutplätze auf Bäumen, so finden sich in Irland mehrere Kolonien, z. B. eine von 50 bis 60 Paaren auf der Insel Mayo, zusammen mit Fischreihern. USSHER giebt in seinen Vögeln Irlands mehrere andere Kolonien an, so in Galway, Roscommon und Sligo. Dann findet sich in Wales ungefähr 4 Meilen vom Meere entfernt eine Kolonie auf einem mächtigen, über 600 Fuss hohen Felsen, Craig-y-deryn ge- nannt. In Schweden findet sich nach SUNDSTRÖM (Rev. Sv. Vet.- Akad. Handl., Band 17, Afd. IV, No. 4, S. 96) eine Brutkolonie bei Krageholm in der Nähe von Ystad. In Österreich und Ungarn finden sich an der Donau noch zahlreiche Brutkolonien. Nach Kronprinz RUDOLF (Journ. f. Ornith. 1879, S. 129) ist er sehr häufiger Brutvogel in den Auwäldern bei Wien; auf der Insel Adony (Ibidem, S. 3) in der Donau unterhalb Pest findet sich eine Brutkolonie; auf den Inseln und an den Donauarmen bei Pressburg brüten sie nach VON CHERNEL (IV. Österreichischer Jahresbericht, S. 299) häufig; in Ungarn noch bei Bellye und Buzicka (II. Österr. Jahresber.., S. 363). Nach kürzlich erhaltener brieflicher Mitteilung von OTTO HERMAN kommt der Kormoran in Ungarn jetzt von Pressburg ab an der Donau vor, hat eine Brutkolonie auf der Insel Adony, findet sich an der Theiss an mehreren Punkten und ist ver- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. In Montenegro besteht nach von FÜHRER (Ornith. Jahrb. 1901, S. 78) die einstige Brutkolonie von Govedi Brod nicht mehr, seit die Bäume, auf denen die Nester standen, gefällt wurden. In Deutschland giebt es in Oldenburg nach WIEPKEN (Vögel Oldenburgs, S. 66) keine Brutkolonie. In Mecklenburg waren nach WÜSTNEI und CLoDIus (Vögel Mecklenburgs, S. 328) früher Kolonien am Müritz-See, Tollensee, auf Fischland, bei Fürstenberg, am Pinnower-See bei Schwerin, bei Hohen- Wischendorf am Seestrande, zur Zeit wurden viele bei Warne- münde beobachtet. Nach dem IX. Jahresbericht des Aus- schusses für Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands (1884, S. 383) brüteten sie damals einzeln an der Müritz. Dies scheint noch jetzt der Fall zu sein. Pastor CLODIUS schreibt mir kürzlich darüber: „Ich beobachtete Anfang Sep- tember 1897 östlich von Warnemünde auf der Rostocker Heide (dem grössten Forst Mecklenburgs) circa 70 bis 90 Kormorane auf dem Breitling und auf der See; ein Fischer sagte mir, dass sie seit circa 10 bis 15 Jahren hier seien (das trifft mit der Zerstörung der Hohen-Wischendorfer Kolonie zusammen). Im Jahre 1901 war ich wieder dort und fand die Vögel genau wie vier Jahre vorher etwa in gleicher Anzahl. Wahrschein- lich ist die Kolonie in der Rostocker Heide nahe der See.“ Nach J. ROHWEDERS brieflicher Mitteilung vom März 1903 scheint der Kormoran in alten Zeiten Schleswig-Holstein nicht bewohnt zu haben. Erst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts haben sich ein paar Gesellschaften in den östlichen Teilen der Provinz niedergelassen. Im Gebiete der ostholsteinischen Seen hatten sie sich dann in den nächsten Jahren rasch vermehrt, und an den Busen der Ostsee gab es in den fünfziger Jahren verschiedene Kolonien. Nachdem man aber die Schädlichkeit der Vögel recht erkannt hatte, verfolgte man sie so nachdrücklich, dass sie Ende der siebziger Jahre aus Schleswig-Holstein verschwunden zu sein scheinen. Mitte dieses Jahrzehnts erhielt er das letzte junge Exemplar vom Haderslebener Damm. In Pommern war im Jahre 1879 eine grosse Brutkolonie im Oderbruch, oderaufwärts von Stettin, die gelegentlich der Ornithologenversammlung besucht wurde. Dem Vernehmen nach ist dieselbe später ausgerottet worden. Nach gütiger brieflicher Mitteilung von RÖHL in Stettin vom März 19053 sind jetzt die Kolonien sowohl im Bodenberger, als auch im Korower Bruche fast decimiert und kommen nur noch vereinzelte Nester vor, deren Inhaber sich auf den Reusenstangen des Dammschen Sees zeigen. In Westpreussen war (IX. J. d. A.f.B.d. V.D., S. 383) im Jahre 1884 eine Kolonie bei Pröberau auf der Danziger Nehrung. Nach Gerichtsassessor Dr. F. Henricı (Mitteilung vom März 1903) war bis etwa Anfang der neunziger Jahre eine Kolonie auf der Frischen Nehrung bei dem Kirchdorf Stutthof (Oberförsterei Steegen, Schutzbezirk Bodenwinkel), gemischt mit Fischreihern. Durch die unablässige Schiesserei — nach Mitteilung des Försters wurden die letzten sechs brütenden Weibchen auf dem Neste mit der Kugel erlegt — wurde die Kolonie zerstört. — Bis in die siebziger Jahre haben die Kor- morane an der Küste des Frischen Haffs zwischen Frauenburg und Tolkemit bei Wick gebrütet. Bei Elbing am Frischen Haff werden auch jetzt noch vereinzelte Kormorane erlegt, in den letzten Jahren häufiger wie früher. In dem nördlichen Teile der Danziger Bucht (etwa 3 bis 6 Kilometer östlich von Putzig) finden sich alljährlich im Sommer, etwa im August, sehr viele Kormorane (wohl an 100 Stück) ein, deren Heimat (Geburts- ort) HENRICI sich nicht erklären kann. Nach brieflicher Mitteilung von Oberleutnant VON LUCANUS vom März 1905 horsten die Kormorane in Westpreussen noch „in nachweisbarer Zahl im Kreise Schlochau, wo ein Besitzer, der Baron VON DER GOLTZ, sie nicht vertilgt, weil er ‚ an den schönen interessanten Vögeln seine Freude hat.“ Auf flogen nach Mezö-Zah in den siebenbürgischen Landesteilen. | der Frischen Nehrung, wo jahrelang zahlreiche Kolonien 8 58 waren, sind sie nach dem Berichte des Landrats VON ETZDORF durch unbarmherzige Vertilgung seit 1901 ausgerottet, eine Vermehrung der Fische hat sich noch nicht feststellen lassen. In Ostpreussen waren nach den Jahresberichten der Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands 1884 grosse Kolonien am Kurischen Haff, auf der Frischen Nehrung, bei Steinort am Mauersee in Masuren, bei Mohrungen am Moh- runger-See. Von HARTERT (Versuch einer Ornis Preussens, S. 53) wurde 1884 noch ein Nest am Kissain-See gefunden. Nach LINDNER (Ornis der Kurischen Nehrung, S. 45) ist er dort 1857 eingewandert und seit 1900 ausgerottet. Nach Mit- teilung von J. THIENEMANN wurde am 8. September 1898 ein Kormoranweibchen in Rossitten geschossen; die früher bei Schwarzort auf der Kurischen Nehrung bestehende Kolonie ist schon seit Jahrzehnten verschwunden. In der Provinz Brandenburg wurden (nach IX. Jahres- bericht d. A. f. B. d. V. D., S. 383) eine grosse Kolonie bei Rathenow durch Zerstören der Bruten auf sechs Paare herab- semindert. Nach SCHALOwW (Zur Ornis der Mark Brandenburs, S. 4, aus der Zeitschrift f. d. g. Ornithologie 1885) war gegen 1880 eine Kolonie am Schwielow-See, die 1883 verlassen wurde. Nach demselben Autor ist der Kormoran in der Mark über- haupt seltener geworden. Nach FRIEDEL und BoLLE (Wirbel- tiere der Provinz Brandenburg, S. 28) findet sich bei Werbellin eine sehr grosse Brutkolonie. In der Neumark hat der Kormoran nach Mitteilung des Oberleutnants von LucAnus (März 1903) bis 1895 auf zwei Inseln des 4000 Morgen grossen Bahrenort-Sees im Kreise Arens- walde in der Neumark dicht an der westpreussischen und posenschen Grenze und auf dem benachbarten Pätzrick-See ge- brütet. Infolge systematischer Verfolgung fanden sich seit 1890 nur noch einzelne Paare ein, die aber alljährlich bisher be- obachtet wurden. Glücklicherweise sind beide Seen jetzt in den Besitz des Fiskus übergegangen und hat der jetzige dortige Oberförster WAGNER versprochen, die Kormorane, soweit sie nicht überhand nehmen, zu schonen. Der genannte Oberförster erzählte folgende interessante Geschichte über das Wandern der Kormorane: „Bis Mitte der siebziger Jahre befand sich in der Oberförsterei Pudagla auf der Insel Usedom eine grosse Kormorankolonie, die damals zerstört wurde. In demselben Jahre hörte der betreffende Oberförster von einem Freunde, welcher Revierverwalter der Oberförsterei Lubiathfliess, südlich der Stadt Driesen an der Ostbahn gelegen, war, dass sich in der Oberförsterei Lubiath- fiiess plötzlich eine grosse Kolonie Kormorane eingefunden habe. Man konnte vermuten, dass die Kormorane von Pudagla nach Lubiathfliess gezogen waren. Diese Vermutung wurde zur Gewissheit, als nach Zerstörung der Lubiathfliesser Kolonie infolge Abtreibens des Bestandes plötzlich sich in Pudagla wieder eine Kormorankolonie niederliess.“ Dieser Fall ist höchst interessant, da er die Anhänglichkeit des Kormorans an seine alten Brutplätze zeigt. Nach brieflicher Mitteilung von H. SCHALOW besteht die Kormorankolonie auf einer Insel bei Lubiathfliess noch jetzt. Eine zweite in der Provinz Brandenburg am Schwielow-See zwischen Oaputh und Ferch bei Potsdam ist seit einem Jahre verlassen. In Schlesien fand Louis ToBIAs 1852 in der Reiher- kolonie in dem grossen Carolather Forste (in der Nähe des Schlawäer Meeres, jenseits der Posenschen Grenze) mehrere Pärchen brütend (Ornith. Centralbl. 1879, S. 144). Im II. Jahresberichte des Ausschusses für Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands für 1878 (S. 95) wird er als in Trachen- berg nistend angegeben, nach SPALDING (Journ. f. Ornith. 1891, S. 291) sollten dort 1891 noch einige Paare brüten. — HırscH erwähnt ihn (Journ. f. Ornith. 1887, S. 612) als Brutvogel bei Falkenberg. Notar KoLLısBaY teilt mir jetzt (März 1905) brief- lich mit, dass Oberförster RiCHTER daselbst an den dortigen Teichen noch einen Kormoran beobachtete. — Am Rhein haben die Kormorane nach DEICHLER (Journ. f. Ornith. 1896, m —A(6MHm 27 GEEEBEREEBENEEEESESEEEBENEESEB EEE EEE EEE EEE Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). S. 479) früher auf der „Krähenau“ oberhalb Rüdesheim nach mündlichen Berichten häufig gebrütet, während sie jetzt nur auf dem Zuge beobachtet werden. —] In der Wahl seines Aufenthaltes zeigt unser Kormoran, wie zum Teil schon das eben Gesagte beweist, so höchst merk- würdige Abweichungen, wie sie in dem Maße kaum bei einer anderen Vogelart vorkommen. Im hohen Norden, Jahraus, jahrein auf salzigem Wasser, auf und an dem Meere, bewohnt er mit anderen Meervögeln nur menschenleere, armselige, kahle, baumlose Gegenden, hohe, rauhe Felsengestade und Klippen; südlicher sucht er schon mit Bäumen besetzten und bewaldeten Strand; noch weiter nach Süden wohnt er oft so weit vom Meer, dass er es für lange Zeiträume entbehren muss, in fruchtbaren, mit Wald wechselnden Gegenden und an süssen Gewässern. Wenn der Kormoran das weite Meer verlässt und tief in das Land eindringt, von jenem oft weit entfernt an süssen Gewässern seinen Wohnsitz aufschlägt, so wählt er dazu weniger die schnellströmenden Flüsse als deren stille Alt- wasser, grosse Landseen, sumpfige Gegenden, deren Gewässer viele kleinere Seen und grosse Teiche bilden, mit Rohr und Schilf bewachsene aber nur dann, wenn sie auch viele Flächen freies und tiefes Wasser haben, überall aber nur solche Ge- wässer, welche von sehr vielen Fischen belebt werden. Hier an den süssen Gewässern bedarf er keiner hohen Ufer, keiner Felsen; dagegen darf es aber einer solchen Gegend nicht an Bäumen fehlen, und es muss Wald in der Nähe sein. Hier wird dieser Seevogel ein halber Waldvogel, nistet auf Bäumen, sitzt gern auf ihren Asten, selbst auf den höchsten Gipfeln derselben, und hält sogar seine Nachtruhe meistens auf ihnen. So wie er am Meer gern auf den niedrigsten Klippen ausruht und manchen so den Vorzug vor anderen giebt, dass er abwartet, bis sie bei niederem Wasser aus demselben hervorragen, so sitzt er anderwärts gern auf Pfählen und schwimmenden Baum- stämmen. Er nimmt seinen Sitz am Wasser so nahe über dessen Fläche wie möglich, an abgeflachten Ufern sogar bis an die Fersen im seichten Wasser stehend; entfernt vom Wasser dagegen so hoch wie möglich und auf den höchsten Bäumen. Seine Ruhe pflegt er fast immer an derselben Stelle, die sich leicht bemerklich macht, weil sie von seinem dünnflüssigen, beizenden Unrat stets ganz weiss gefärbt ist. Eigenschaften. Auf dem Lande ist unser Kormoran ein unbehilflicher, träger Vogel, in der Luft dies bei weitem weniger, im Wasser dagegen ein sehr lebhafter und flinker. Wenn er steht, ist seine Brust sehr aufgerichtet und der Schwanz womöglich gegen den Boden gestemmt, zumal wenn er länger an einer Stelle verweilt und dabei sich wie gewöhnlich auf die Lauf- sohle miedergelassen hat. Sonst steht und geht er auf der Spur. Beim Sitzen auf einem wagerechten Aste oder der ab- gestumpften Spitze eines Pfahles oder auf der schmalen Kante eines Gesteins ist sein Rumpf fast lotrecht aufgerichtet, und so hängt auch der Schwanz herab, der sich dann überall, wo es sein kann, mit seiner Unterfläche anstemmt und den Vogel im Gleichgewicht halten hilft; die Fersen sind dabei stark ge- bogen, wodurch das Anklammern der Zehen verstärkt wird, der Hals aber in sehr verschiedene Formen gezogen. Wenn der Vogel aufmerksam oder sar ängstlich ist, wird dieser aus- gestreckt, doch nie ganz gerade, sondern mehr oder weniger als ein S gebogen und der Schnabel nach der Spitze zu etwas über die wagerechte Linie erhoben. Oft giebt er jenem eine so stark gedrückte S-Form, dass der mittlere Teil des Hinter- halses beinahe auf dem Oberrücken liegt; in völliger Ruhe weiss er ihn aber auch in sich selbst zu verkürzen, sodass er wieder ein ganz anderes Aussehen erhält. Wenn der Vogel recht ängstlich wird, legt er das Gefieder am Kopfe und Halse 50 dicht an, dass jener sehr klein und dieser sehr dünn aus- sieht, wobei sich beide eigentümlicherweise schlangenartig mit a Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). dem Schnabel bald nach dieser, bald nach jener Seite be- wegen, was sehr an die Vögel der Gattung Plotus erinnert. Er geht selten, wenn er aber muss, eben nicht viel schlechter als Enten, trägt dazu auch den Körper mehr wage- recht als im ruhigen Stehen, etwa so wie die Tauchenten, wackelt dabei auch so wie diese hinüber und herüber und schreitet so zwar nicht schnell, doch auch nicht schwerfällig vorwärts. Dass er sehr gern auf Bäumen sitzt, ist schon er- wähnt; mit seinen breiten Ruderfüssen umklammert er den Ast sehr fest, so gut an fast gerade aufsteigenden als an wage- rechten, dort so sicher und anhaltend wie hier. In seinen Bewegungen auf dem Wasser zeigt er vor allem die meisten Fertigkeiten. Er schwimmt vortrefflich, schnell und anhaltend, kann sich dabei nach Belieben mehr oder weniger tief in die Fläche einsenken, sodass, wenn er ganz ruhig schwimmt, der ganze Rücken und von den Flügeln das Meiste, wenn er aber besorgt oder ängstlich wird, von ersteren bloss noch ein kleiner Teil, wenn er sich aber gar verfolgt glaubt, gar nichts mehr über dem Wasser sichtbar bleibt, als Kopf und Hals. Der Hals ist im Schwimmen fast beständig ziemlich ausgestreckt oder nicht sehr stark gebogen und sieht sehr dünn aus. Der seinem Verfolger schwimmend ausweichende Kormoran sieht daher einem Lappentaucher von den grösse- ren Arten sehr ähnlich, zumal ihm auch der Schwanz, weil er ihn im Wasser schleppt, zu fehlen scheint. .Er schwimmt überhaupt tiefer eingesenkt als andere Scharben, fällt deshalb auch trotz seiner ansehnlichen Grösse in der Ferne nicht sehr in die Augen. Im Tauchen besitzt er eine grosse Meisterschaft; mit grösster Leichtigkeit, zuvor den Hals gegen das Wasser ge- bogen, schlüpft er, zwar mit einem kleinen Ruck, aber ohne Geräusch, unter dasselbe und bleibt minutenlang verschwunden, ja man behauptet, dass er drei bis vier Minuten, ohne Luft zu schöpfen, unten aushalten könne. Er durchstreicht unter- getaucht das Wasser in allen Richtungen, taucht manchmal in einer Entfernung von 28 m, ja 56 m erst wieder auf, geht auch häufig bis auf den Boden hinab; man hat ihn sogar Fische, die bloss auf dem Meeresgrunde wohnen, heraufbringen sehen, wo dieser über 28 m tief war. Bei Verfolgungen auf dem Wasser taucht er gewöhnlich erst ein oder ein paarmal, kommt allemal weit von der Stelle des Eintauchens erst wieder zum Vorschein, und wenn sich dann die Gefahr noch nicht entfernt hat, erhebt er sich endlich zum Fluge. Man behauptet allgemein, dass er unter der Wasserfläche wie ein Fisch dahin- schiesse, dazu bloss mit den Füssen rudere, die Flügel aber dabei an den Rumpf lege und nicht bewege. Ob dies sich jedoch immer genau so verhält, möchte man fast bezweifeln, weil nach oftmaligem Untertauchen seine Flügel nass werden, weshalb er denn auch nach solcher Arbeit gern einige Zeit ausruht, deshalb auf die schräg aus dem Wasser aufsteigenden Klippen klettert oder sonst ein trockenes Plätzchen, meistens zu Fuss, erklimmt, hier auf die Fersen und auf den Schwanz gestützt, mit aufgerichtetem Körper und ausgestrecktem Halse, die Flügel vom Körper abgehalten (wie etwa der Adler des ehemaligen kaiserlich-französischen Wappens) und mit ihnen unablässig fächelnd stundenlang an derselben Stelle sitzt, um sich wieder zu trocknen, hauptsächlich die Flügel. Dieses Fächeln oder Fächern ist allen Scharbenarten eigen. Gewöhn- lich sind dabei mehrere von einer Art beisammen und alle haben ausser diesem noch eine andere sonderbare Gewohn- heit, nämlich die, dass sie bei ihrem Fächeln oder auch, wenn sie ganz ruhig dasitzen, was gewöhnlich nicht hoch von der Wasserfläche ist, dass sie hier, plötzlich erschreckt, z. B. nach einem Fehlschuss, sich alle zugleich in demselben Augen- blick wie getroffen oder getötet ins Wasser stürzen. Wo sie sich nicht senkrecht herabfallen lassen können, nämlich auf bloss abhängiger Fläche, da gleiten sie fast ebenso schnell herab. Sowie sie die Wasserfläche berühren, sind sie auch sogleich unter dieser verschwunden, bis nach Verlauf etwa einer Minute einer nach dem andern, meistens in ziemlicher 59 Entfernung, bloss mit dem Kopfe und Halse sich wieder über derselben zeigt, um sogleich wieder zu tauchen oder auch wegzufliegen. Wo der Kormoran sehr hoch und nicht dicht an oder über dem Wasser sitzt, zeigt er von dieser Gewohn- heit nichts, sonderbarerweise aber zuweilen wieder eine ent- gegengesetzte; namentlich an ihm ganz fremdartigen Orten, wohin er vom Zufall verschlagen wurde, hält er manchmal sogar mehrere Fehlschüsse nacheinander aus, ohne sich von der Stelle zu rühren. Wir werden weiter unten noch einmal hierauf zurückkommen, wenn von der Jagd dieser Vögel die Rede sein wird, und sehen, dass das Leben derselben voll von höchst merkwürdigen Eigentümlichkeiten ist. An seinem Fluge ist der Kormoran dem Geübten sehr kenntlich. Den Hals lang vorgestreckt, die langen, schmalen Flügel weit vom Körper, bald in kürzeren und schnelleren, bald in grösseren und langsameren Schlägen schwingend, bald ohne diese bloss schwebend, sogar in Kreisen zu grosser Höhe sich hinauf schraubend oder so herablassend, bald sehr gemäch- lich, bald rascher, dann aber etwas unstät und ungleichförmig, ähnelt er bald dem einer grossen Entenart, bald dem eines Raben, in manchen Momenten auch wohl manchen grösseren Meerschwalben. Eben diese Veränderlichkeit und das öftere Schweben machen ihn sehr kenntlich. Das Erheben und Nieder- lassen geschieht unter einigem Flattern, dem Niedersetzen auf das Wasser folgt aber oft ein kurzes Tauchen. Wo sich eine Gesellschaft Kormorane an einem flachen Ufer niederlässt, geschieht es häufig so, dass alle bis an die Ferse im Wasser stehen und eine einfache Reihe längs dem Ufer bilden. Doch lassen sie sich viel gewöhnlicher auf tiefem Wasser nieder, schwimmen gegen das Ufer zu und stellen sich dann in einer Reihe auf. Einen Sitz, welchen sie aus dem Wasser erklettern können, ziehen sie dem vor, wo sie dazu auch die Flugwerk- zeuge gebrauchen müssen; da sie aber auch gern sehr hoch sitzen, und nicht immer nahe am Wasser, so müssen sie sich dazu allerdings aufschwingen. Es ist namentlich da immer der Fall, wo sie ihre Nester in bedeutender Höhe haben, auf Felsen oder Bäumen; und wenn sie dann hier beunruhigt werden, besonders durch Schiessgewehr, so schwingen und schrauben sie sich so lange zu einer so grossen Höhe hinauf, dass sie kein Schuss erreichen kann, und steigen ebenso nicht eher wieder herab, bis sich die- Gefahr entfernt hat. Der Kormoran (wie überhaupt alle Scharben) fliegt zwar bei weitem nicht so viel wie die Tölpel oder Möven, aber doch viel mehr als andere taucherartige Schwimmvögel, besonders in der Fortpflanzungszeit; er ähnelt darin ungefähr den nichttauchen- den Entenarten und fliegt auch beinahe ebenso leicht, doch nicht so schnell wie die meisten dieser. Er gehört unter die schlauen und vorsichtigen Vögel, legt zwar am Brutorte viel hiervon ab, merkt aber auch hier bald, wenn es gefährlich für ihn wird, und weiss sich der Ge- fahr besonders dadurch zu entziehen, dass er über Schusshöhe in die Luft steigt. Wie bei vielen’anderen Seevögeln ist es auch bei diesen vorgekommen, dass einzelne tief ins Land Verschlagene die Besinnung verloren und sich einfältig be- nahmen. Er scheint immer düster gelaunt, ist hämisch gegen andere Geschöpfe, so gern er auch sonst ihre Gesellschaft sucht, ja ihrer bedarf, wie an vielen Brutorten. Der kleine, vorn spitze, hinten starke Kopf mit der ungemein abgeflachten Stirn, das kleine, dicht am Schnabel stehende, blitzende Auge mit seinem heimtückischen Blick bilden Gesichtszüge, die denen eines Marders gleichen oder mit einem Schlangengesicht Ähn- lichkeit haben, wenn man sich dabei den Schnabel weg denkt. Dieser ist keine unbedeutende Waffe und wird oft ganz un- versehens gegen das sich ihm nahende Geschöpf geschleudert, mit Hieben, nach denen häufig Blut fliesst. Der flügellahm Geschossene verteidigt sich damit wütend gegen Menschen und Tiere und haut ihnen gerne nach dem Gesicht und den Augen. Auf der Haut der blossen Hand, gegen welche er seine Hiebe schleudert, hinterlässt der scharfe Haken stets blutige Spuren, macht oft schmerzhafte Wunden und kann 60 . sich zuweilen so fest einhaken, dass durch eine andere Gewalt der verbissene Schnabel geöffnet werden muss. Er verteidigt sich damit auch gegen Raubvögel, und selbst den Seeadler hat man einen schweren Kampf mit ihm bestehen sehen. Gegen andere Vögel ist er eigentlich ungesellig, aber er sucht oft ihre Gesellschaft aus besonderem Eigennutz und lebt dann in beständigem Streite mit ihnen. Auf dem Meere genügt er sich selbst, ist aber nicht gern einsam, sondern immer in Gesellschaft von seinesgleichen, doch nie in sehr grossen Scharen vereint, am häufigsten zu 30 bis 50 Stück beisammen; auch dort an den meisten seiner Brutorte in nicht viel stärkeren Vereinen. Allein an Orten, welche ihm mehr als die nackten Felsen des Nordens zusagen, vereinigt er sich zu den Fort- pflanzungsgeschäften oft in Scharen von mehreren Tausenden. Hier sucht er sich gewöhnlich in die Kolonien anderer, be- sonders der Saatkrähen oder Fischreiher, die bekanntlich gesellig beisammen nisten, zuerst einzudrängen, jene dann nach und nach zu verdrängen und den Platz zu behaupten, wobei er fortwährend im heftigsten Kampfe mit ihnen liegt und gegen die ebenfalls gut bewaffneten Reiher zwar einen schweren Stand hat, zuletzt aber doch den Sieg zu erzwingen weiss. | Bei solchen Kämpfen und überhaupt am Nistorte macht er vielen Lärm, ist sonst aber ein stiller Vogel und lässt nur selten einen abgebrochenen Ton hören. Seine Stimme ist schnarrend oder rauh, wie Rabengeschrei, bald wie Kra kra, bald wie Krav oder Krau klingend, das bei manchen beinahe wie fernes Hundegebell zu vernehmen ist. Die Jungen im Neste stossen hässlich kreischende Töne in verschiedenen Tonarten aus und lassen sich oft genug hören, am meisten, wenn ihnen die Alten Futter bringen. Diesen fehlt es hier auch nicht an Anlässen zum Schreien; denn an vielen Brut- orten haben sie mit anderen Vögeln um die Niststellen zu zanken oder sie davon zu verdrängen, und weil diese auch nicht gutwillig weichen und dann die streitenden Parteien aus Leibeskräften dazu schreien, so giebt dies, zumal wo die Gegner Saatkrähen oder Fischreiher sind, an solchen Orten einen furchtbaren Lärm. Der alt eingefangene oder flügellahm geschossene Kor- moran wird nie zahm; er scheint immer trübe gelaunt und heimtückisch nur darauf zu lauern, jedem sich ihm nähernden Geschöpf einen Schnabelhieb zu versetzen. Zwei Dachshunde, auf einen solchen gehetzt, wurden bald in die Flucht ge- schlagen, und als man zwei Puterhähne auf ihn zutrieb, die ihn sogleich angriffen, wehrte er sich so kräftig, dass er den einen wütend packte, sich an ihm verbiss, sodass man, um diesen zu befreien, sich genötigt sah, dem Kormoran den Schnabel mit Gewalt aufzubrechen. Den Menschen haut ein solcher Vogel nach den nackten Teilen, den Händen, dem Gesicht, besonders aber nach den Augen, und kann daher namentlich Kindern sehr gefährlich werden; selbst jungen aus dem Neste geholten Kormoranen ist hierin nicht zu trauen, weil sie es ebenso machen. Diese lassen sich jedoch mit der Zeit besänftigen, lernen ihren Wärter kennen, lassen sich von ihm streicheln u. s. w., bleiben aber für jeden anderen immer ge- fährlich, weil sie ihre Heimtücke nie ganz ablegen. So unbehülf- lich und stumpfsinnig, wie sie sich anfänglich auch gebärden, sind sie indessen nicht, und man darf sie nicht ohne alle intellektuelle Fähigkeiten glauben; denn sie lernen den, welcher sie richtig zu behandeln versteht und ihnen Gutes erweist, sehr bald von anderen Menschen unterscheiden, sogar an der Stimme und dem Gange, folgen seinem Rufe, wohin er will, begleiten ihn zum Wasser und wieder nach Hause und lassen sich sogar abrichten, für ihn Fische zu fangen; mit demselben Erfolg, wie die chinesische Scharbe (A. chinensis),') eine der unseren ähnliche, aber etwas grössere Art. 1!) Halieus chinensis ist als solcher in der Litteratur nicht beschrieben. Wahrscheinlich meint NAUMANN die in China brütende Kormoran-Art Phala- crocorax capillatus oder filamentosus Temm., die etwas kleiner ist als unser Ph. carbo. Dieser besucht China nur als Wintervogel. R. Bl. Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). [— Auch der Kormoran scheint ziemlich alt zu werden, nach GURNEY (Ibis 1899, S. 38) sind Exemplare bis 23 Jahre lebend in zoologischen Gärten beobachtet. —] Nahrung. Es ist nicht bekannt, dass der Kormoran neben Fischen auch noch von etwas anderem lebe. Unter den Gattungen und Arten der Fische scheint er nicht sehr wählerisch; nur die Panzer-, Kugel- und Stachelfische mag er nicht, nimmt aber sowohl breite als schmale, die Schollen wie den Aal, wenn sie nur nicht zu gross sind und er sie überwältigen kann; doch will man bemerkt haben, dass einer dem anderen bei- stände, wenn er an einen zu grossen Fisch gekommen wäre, Er kann Fische von 28 em Länge und 7 cm Breite ver- schlingen, von den schmäleren noch viel längere, z. B. Aale von fast 56 cm Länge, und es hindert ihn nicht, wenn auch das Schwanzende solange noch zum Schnabel heraushängt, bis der Kopf im Magen verdaut wird, und dann erst das Übrige allmählich nachrücken kann. Zu grosse oder zu breite versteht er auch zu zerstückeln, und wenn seine Jungen noch zu klein sind, um ganze Fische, welche er ihnen vorwürgt, zu verschlucken, zerstückelt er sie ihnen zuvor in verschling- bare Bissen. So gewandt er sich auch im Schwimmen auf der Ober- fläche zeigt, so ist er es doch unter derselben noch ungleich mehr. Er schiesst unter der Oberfläche, gleich einem Fisch, in jeder Richtung durchs Wasser und erhascht so die flinkesten, sie mögen nun hoch gehen oder sich auf dem Grunde auf- halten, oder gar im Schlamme versteckt haben. Aus dem tiefsten Wasser holt er so den Aal herauf, ja man hat ihn Schollen, die bekanntlich auf dem Grunde liegen, aus der Tiefe des Meeres heraufbringen sehen, wo diese über 42 m betrug, wobei er doch nur einige Minuten unter Wasser war. Wie schnell muss also sein Geschäft in der Tiefe abgemacht, wie schnell ein so langer Hin- und Herweg zurückgelegt werden! Drei bis vier Minuten kann er nacheinander unter Wasser sein, bevor er wieder Luft zu schöpfen braucht, und selten kommt er herauf ohne einen Fisch im Schnabel, den er zuvor tüchtig kneipt und dann so zu wenden sucht, dass beim Hinunterschlingen der Kopf voran geht. Sie zappeln, schnellen und winden sich gewöhnlich nicht lange, und wenn sie klein sind, verschwinden sie augenblicklich im Schlunde des Vogels, sobald dieser nur den Kopf aus dem Wasser empor reckt. Ist der gefangene Fisch aber zu gross, so wird er im Schnabel den Jungen zugetragen und dort zerstückelt, zu anderen Zeiten wohl auch gleich auf dem Wasser, wo der Vogel aber nach dem Abreissen einzelner Stücke den unter- sinkenden Fisch durch Untertauchen so lange immer wieder heraufholen muss, bis er völlig aufgezehrt ist. Es ist merkwürdig, dass er gerade die Fische vor anderen zu lieben scheint, welche auf dem Grunde des Wassers sich aufhalten, im Meer besonders Cottus scorpio, Clupea sprattus und die Schollen, besonders den Flunder, Pleuronectes flesus, die Heiligebutt, Pi. hippoglossus und andere mehr, sowie im süssen Wasser den Aal, die Karpfen und andere; denn auch Süsswasserfische verschmäht er nicht. Hechte, Weissfische, Barsche habe ich selbst in seinem Speisebehälter gefunden, und von allen übrigen Arten haben die nächsten Umgebungen seines Nestes Überbleibsel aufzuweisen. Der Aal scheint ihm von allen am besten zu schmecken; er mag sich auch wohl am bequemsten verschlucken. Man hat unter den Bäumen, worauf Nester mit Jungen, zuweilen Aale, welche zufällig herabgefallen waren, von fast 56 cm Länge aufgefunden, an denen der Kopf, welcher im Magen des alten Vogels gesessen, bereits von der Verdauung angegriffen und zum Teil zerstört war, während das Schwanzende noch Leben und Bewegung zeigte. Seine Gefrässigkeit ist gross und Folge einer ungemein schnellen Verdauung. Ein Augenzeuge des Treibens einer grossen Kormorankolonie sagt: „Sie sind geschäftig wie Ameisen Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). und gefrässig wie Wölfe.“ Fängt er lauter kleine, ungefähr eine Hand lange Fische, so ruht er nicht eher, bis Magen, Schlund und Kehlsack so vollgepfropft sind, dass er kaum den Schnabel schliessen kann. Nicht sehr breiteFische, wie Sprotten oder wie Dölbel und andere Weissfische, von 14 bis 21 cm Länge können jene Behälter acht bis zehn Stück fassen. Dann erst fliegt er, so mit Beute beladen, seinen Jungen zu und würgt sie diesen vor oder schwimmt oder fliegt damit, wenn er bloss für sich allein zu sorgen hat, seinen gewöhnlichen Ruheplätzen zu, wo er die Verdauung abwartet, sich von den Anstrengungen seiner abgehaltenen Fischjagd ausruht und dabei unter dem schon bemerkten Fächeln mit den Flügeln sein Gefieder trocknet, das sonderbarerweise bei oft wieder- holtem und lange anhaltendem Untertauchen etwas Nässe an- nimmt. Da dies besonders an den Flügelfedern bemerklich wird, so möchte man verleitet werden zu glauben, er rudere unter Wasser auch mit den Flügeln wie die Lummen und Alken; dem widersprechen jedoch FABER, GRABA und andere Beobachter. — Sein Ruheplätzchen verlässt er dann, wenn ihm Erholung so nötig ist, ungern, teils weil ihm dann das Fliegen schlecht abgeht, teils weil er, wenn er nahe am Wasser sitzt und sich unmittelbar in dieses stürzen könnte, sich scheuen mag, sein Gefieder so bald wieder nass zu machen. Erst nach ruhig abgehaltenem Verdauungsprozess, nach ein paar Stunden, beginnt eine neue Fischjagd. Seine Ruheplätze sind schon von weitem zu erkennen an der weissen Tünche, womit sie und die nächsten Umgebungen ziemlich haltbar überzogen sind, die sein dünnflüssiger, kalkartiger Un- rat giebt, welchen er bei hoch aufgebogenem Schwanze weit von sich zu spritzen pflegt. Dieser soll beizende Eigenschaften auf Bäume und Stauden verraten, was jedoch nicht eben wahr- scheinlich ist.!) In älteren Werken findet man eine besondere Vorkehrung erwähnt, welche der Kormoran bei seinen Fischereien treffen soll. Nach diesen Angaben solle er nämlich meistens gesell- schaftlich fischen, in einer Reihe und im Halbkreise schwimmend die Fische in enge Buchten oder auf seichte Stellen am Ufer zusammen treiben, um sie hier desto bequemer fangen zu können; ja die Kormorane sollten sogar auch den Pelikanen, denen man eine ähnliche Art zu fischen zuschreibt, auf die nämliche Weise behilflich sein und so mit ihnen sich in die Beute teilen, von den zusammengetriebenen Fischen dann die Pelikane die grossen, die Kormorane die kleinen fangen. Die Sache scheint jedoch, wenigstens hinsichtlich der letzteren, auf einem Irrtum zu beruhen. Dass die Kormorane, wie schon oben erwähnt, an langen, freien und seichten Stellen sich längs dem Ufer nicht selten in eine Reihe aufstellen, habe ich selbst gesehen, aber niemals, dass sie auf diese Weise oder im Halb- kreise geschwommen und untergetaucht hätten. Auch auf der Ostsee hat man sie in Untiefen lange Reihen bilden, doch diese nie zugleich untertauchen sehen. [— Dass die Kormorane in grossen Scharen zusammen systematisch fischen, ist unter anderen von RADDE sicher be- obachtet. Er schreibt in seiner Ornis caucasica (S. 468) von dieser Fischerei an der Mündung des Murdab in der Bucht von Enseli folgendes: „Die Kormorane hielten sich geschart an der Mündung dieses grossen und überaus fischreichen Ge- wässers auf. Wenn ich von 6000 bis 8000 Individuen spreche, so ist das keineswegs übertrieben. Schon ganz früh am Morgen bei Tagesanbruch erschienen die Kormorane, ebenso- wohl von dem Meeresufer heranziehend als auch aus dem Innern des Murdab. Sie liessen sich alle im Meere vor der Mündung der Enseli-Bucht nieder und finger nun an zu tauchen. !) Ich kann mir nicht vorstellen, dass das häufige Bespritzen der Blätter und jungen Baumzweige nicht schädlich für das Wachstum der Bäume sein sollte..e Bei Kormoran-Kolonien besitze ich hierüber keine eigenen Erfahrungen, weiss nur, dass bei Saatkrähen-Kolonien, deren Ex- kremente sich doch wenig von denen der Kormorane in der chemischen Zusammensetzung unterscheiden, die Forstbeamten eine Schädigung des Baumwuchses dureh das fortdauernde Beschmutzen mit Exkrementen an- nehmen. AR. Bl. TG TG u 61 Namentlich frequentierten sie die Barre, weil sie dort flaches Wasser und festen Grund vorfanden. Die ganze Gesellschaft avancierte während des Tauchens mehr und mehr vorwärts in die Bucht. Jeden Augenblick sah man auftauchende Kor- morane mit dem Fische im Schnabel. So trieb die Gesell- schaft es etwa 20 Minuten und hatte in dieser Zeit eine Strecke von einer halben Meile bei ihrer eifrigen Arbeit zurückgelegt. Sodann erhoben sich die Vögel in einzelnen Schwärmen, kehrten zum Meere zurück und begannen aufs neue ihren Fischzug. Bis gegen 9 Uhr wurde die gemeinsame Arbeit in immer gleicher Weise betrieben. Dann zogen die geselligen Vögel in kleinen und grösseren Banden davon, und zwar zur Ruhe an ihre Lieblingsplätze. Diese liegen meistens am Meeres- ufer, oft auf dem festen Sand und Muschelrande. Dort setzen sich die Kormorane in lange, eng gesehlossene Reihen und verdauen. Nachmittags wird der Fang zum zweiten Male zwischen 3 und 4 Uhr begonnen und währt bis Sonnenunter- sang. Im Mittel dürfte ein erwachsener Kormoran 4 Pfund Fische in 24 Stunden zu seiner Ernährung beanspruchen. Die Bucht von Enseli muss also, wenn auch für nur 6000 dieser Vögel den Bedarf im Frühling deckend, täglich 24000 Pfund Fische liefern. Das ist freilich für diese Gegend nicht sehr viel, wenn man weiss, dass an guten Fangtagen im April bis zu 10000 sechs bis acht Pfund schwere Kutume (Oyprinus cephalus PALL.) durch die Menschen in der Bucht von Enseli gefangen werden. Mit einem edleren Fisch verfährt derselbe Vogel im Winter in der Bucht von Batum in gleicher Weise, doch sind die Kormorane dort nicht so zahlreich. Immerhin dürften es doch ein paar tausend sein, die sich am jungen Kephal (Mugü cephalus) mästen.“ —|] Ebenso ist es ein Irrtum, wenn man glaubt, der auf einem Pfahl oder Baumstrunke ausruhende Kormoran lauere da auf vorüberziehende Fische, um sich von seinem Sitze sogleich auf sie zu stürzen, etwa wie man vom Eisvogel zu sehen gewohnt ist. Er stürzt sich nur dann köpflings und augen- blicklich von solchem Ruhesitze ins Wasser, wenn er unerwartet erschreckt wird, z. B. nach einem Gewehrschusse, um sich durch Tauchen zu retten, aber nicht um zu fischen.” — Von jenem ist auch nur so viel wahr, dass an solchen Stellen der Gewässer, wo sich eben viele Fische aufhalten, auch viele Kormorane versammeln und sich äusserst thätig mit dem Fange jener beschäftigen, wobei aber jeder einzelne, unabhängig von dem anderen, bloss nach eigenem Antriebe den Fischfang be- treibt. Man weiss, dass ganze Flüge den wandernden Zügen mancher Fische folgen und dass mit den Heringszügen alle Jahre auch Kormorane bis in die Mündungen grosser Flüsse, namentlich der Elbe, kommen. Der gezähmte Kormoran ist nicht gut mit etwas anderem als Fischen zu unterhalten; er verschluckt zwar auch kleine Stücken frischen Fleisches von anderen Tieren, gerupfte kleine Vögel oder Mäuse, wenn man sie ihm zuwirft und aus der Luft auffangen lässt, worin er eine grosse Fertigkeit besitzt; diese unnatürlichen Nahrungsmittel sollen ihm jedoch nicht gut bekommen. 5 Vom beständigen Fischefressen und von der fauligen Aus- dünstung aus seinem ‚Magen und Schlunde mag wohl der spe- zifische Geruch des Vogels herkommen, welcher sehr stark und widerlich ist. Von diesem am frischen Vogel fischthran- ähnlichen Geruch ist an ihm alles so durchdrungen, dass ihn auch der ausgestopfte Balg behält, so lange als noch ein Stück von diesem übrig ist. Er wird zwar nach Jahren schwächer und bekommt dann mehr Ähnlichkeit mit Bisam- oder Moschus- geruch, bleibt aber dennoch ein sehr unangenehmer, den meisten Menschen widerlicher. Fortpflanzung. Die Fortpflanzungsgeschichte unseres Kormorans enthält so ausserordentlich viel Merkwürdiges, dass sich Zweifel er- hoben haben, ob so grosse Verschiedenheiten in den Nistorten wohl nicht auch verschiedene Arten bezeichnen möchten, dem 62 wir jedoch nach den neuesten Beobachtungen widersprechen müssen. — Oben beim Aufenthalt ist schon berührt, dass er unter sehr verschiedenen Himmelsstrichen lebe und sich fort- pflanze, vom Eismeer bis an die deutschen und holländi- schen Küsten herab, vom nördlichen Asien und aus Osten her bis nach Ungarn herauf und anderwärts. Ebenso ist be- reits erwähnt, dass er bald mehr, bald weniger Seevogel, und ersteres besonders im Norden, letzteres im Süden ist. Wo es keine Bäume giebt, nistet er auf steil aus dem Meere auf- steigenden und von den Wogen umbrausten Klippen und Felsen- gestaden, einige hundert Fuss über dem Meeresspiegel, so auf Island, besonders den nördlichen Teilen, an den Küsten Nor- wegens, auf den Färöer und anderen Inseln, bis an die Küsten von Schott- und Irland herab, auch noch an manchen Stellen der östlichen Küste Englands, z. B. in nicht un- beträchtlicher Anzahl auf den Farninseln. Ein einzeln nisten- des Paar findet man kaum jemals; immer sind mehrere, oft Hunderte auf einem kleinen Raume beisammen, den sie selten mit anderen Vögeln teilen, aber oft ganz in der Nähe von grossen Kolonien der Lummen, Alken und anderer wählen, auch in den sogenannten Vogelbergen ihr eigenes Plätzchen behaupten, das gewöhnlich eins von den höher gelegenen ist. In Holland waren diese Scharben, dort nistend, schon seit langen Zeiten als gewöhnliche Vögel bekannt; da es aber daselbst keine hohen, kahlen Felsen giebt, so nisteten sie auf Bäumen, als es an Waldbäumen fehlte, auf Kopfweiden, auf Weidenbüschen, ja sogar auf Binsen- und Schilfbüschen, und zwar überall auch in Gesellschaften und an allen diesen Orten mehr oder weniger vom Meeresstrande entfernt, nicht unmittel- bar am Meer wie in jenen Gegenden. — Ganz denen in Hol- land gleichen die in Ungarn, wo sie in vielen Gegenden dieses grossen Landes, besonders in südlichen, in Scharen bei- sarmmen nisten, kolonienweise bald auf Waldbäumen, bald auf Weidenköpfen, auf Weidengesträuch oder auf Schilfbüschen, je nachdem sich die Gelegenheit dazu bietet, bald nahe an srossen Flüssen, bald auch nicht nahe, bald nur in grossen Sümpfen; diese leben dort aber vor allen anderen ihrer Art vielleicht am weitesten vom Meer entfernt. Dort ziehen sie auch wie in Norddeutschland nach vollbrachten Fortpflan- zungsgeschäften weit weg und grösstenteils ganz aus dem Lande, vermutlich dem fernen Meere zu, wobei ihnen die Donau zur Strasse dient. In den Ländern am finnischen Meerbusen waren sie lange genug schon bekannt, auch in Preussen, aber weiter auf der Ostsee herab wurden sie es erst in neueren Zeiten. Wie schon oben bemerkt, erschienen sie vor 30 Jahren als unbekannte Vögel in der Nachbarschaft der Insel Fühnen, wo sie zuerst in wenigen Paaren beisammen nicht weit vom Seeufer in einem Walde der Insel auf hohen Bäumen nisteten. Nachher wurden alle Jahre an immer mehr Orten Vögel dieser Art bemerkt. Im Frühling 1812 fanden sich auch auf einem Gute in der Nähe der Stadt Lütjenburg vier Paare ein und siedelten sich dem Seestrande nahe auf sehr hohen Buchen in einem Gehölze an, welches seit vielen Jahren einer grossen Anzahl von Saat- krähen und Fischreihern zum Brutorte gedient hatte. Sie vertrieben einige Reiherfamilien, um deren Nester für sich zu benutzen, machten sogar zwei Bruten, eine im Mai, die andere: im Juli, und verliessen im Herbst desselben Jahres, zu einem Flug von einigen dreissig angewachsen, die Gegend. Im Früh- ling des folgenden Jahres kamen sie, wie in allen folgenden, in immer mehr verstärkter Anzahl wieder, sodass man diese bald zu 7000 brütende Paare anschlug. Fr. BoIE (von dem ich diese Nachrichten erhielt) zählte damals (im Juni 1815) in einem kleinen Kreise auf einigen wenigen Bäumen an 50 Schar- bennester, und die Menge der zu- und abfliegenden, mit den Reihern und Saatkrähen vermischt, erfüllte die Luft, und ihr wildes Geschrei betäubte die Ohren; die Bäume samt ihrem Laube waren weiss gefärbt von ihrem Unrat, und die Luft unter denselben verpestet von den aus den Nestern herab- gefallenen und faulenden Fischen. Als man diese argen Fisch- I ILIIIIIUIIUUmm LI nm nn 1 (1 T TTTTTT Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). räuber mit aller Macht verfolgte und zu vertreiben suchte, was aber erst nach einigen Jahren gelang, schienen sie sich in mehrere Haufen geteilt und diese verschiedene Gegenden bezogen zu haben, von welchen vermutlich auch der war, welcher sich an den Ufern der Schlei ansiedelte, und ein an- derer, der um dieselbe Zeit in der Mitte des April auf dem Drigge, einer kleinen bewaldeten Halbinsel oder Landzunge zwischen Rügen und dem Festlande, ankam und hier einen Platz einnahm, wo die höchsten, schlankesten Bäume, Eichen und Erlen, und dichtes Unterholz wuchs, eine Stelle, welche schon seit Jahren einer Fischreiherkolonie zum Nistplatz diente. Auch hier suchten sie die Reiher aus ihren Nestern zu ver- treiben, bauten aber noch neue dazu, und bald waren alle tauglichen Zweige der schlanken Eichen und Erlen mit Schar- bennestern besetzt. Es ging hier wie dort, sie vermehrten sich in ein paar Jahren bis zum Unglaublichen und mussten mit aller Gewalt vertrieben werden. Jetzt drängte eine Schar durch die Odermündung bis zur alten Oder bei Oderberg hinauf; hier in einem Walde ebenfalls einen Reiherstand usur- pierend, wuchs sie schnell zur Unzahl an, wurde hart ver- folgt, ohne ganz vertrieben zu werden, aber sie versandte ihre Abkömmlinge noch tiefer landeinwärts, bis in die Waldungen an der Spree. So entstand ein grosser Verein beim Dorfe Klein-Schönebeck. Man ist neugierig, wohin sie sich wenden werden, wenn man sie auch aus diesen Gegenden vertrieben haben wird, wozu man sich überall gezwungen sieht, weil sie die Fischereien zu Grunde richten. Gewöhnlich kommen sie schon anfangs April bei den Brutorten an, im hohen Norden um die Mitte dieses Monats, und schreiten dann gleich zum Nestbau. In dieser Zeit haben die meisten noch ihren hochzeitlichen Federschmuck, viele aber schon sehr abgetragen oder unvollständig; von jetzt an ver- liert er sich aber mit jedem Tage mehr und mehr, und wenn sie Junge haben, ist bei der Mehrzahl kaum noch eine Spur vorhanden. Auf den hohen Felsen am Meere, wo sie bald ganz kahle, bald bemooste oder mit Gras bewachsene Stellen zu Nistorten wählen, auf breiten Vorsprüngen oder auch ganz oben bauen sie ihre grossen, breiten Nester in geringer Ent- fernung voneinander, am Meere meistens aus verschiedenen Tangarten und Seegras, wo sie es aber haben können, ver- wenden sie zur ersten Anlage Reiser und starke Pflanzen- stengel. Die Nester sind inwendig immer nass und sehr schmutzig, wozu das salzige und schleimige Wesen der Meer- pflanzen das meiste beiträgt. Sie haben nebst den Mantel- und Eismöven unter allen hochnordischen Seevögeln der so- genannten Vogelberge am frühsten Eier und Junge, und diese sind schon flugbar, wenn Lummen und Alken erst Eier legen. In südlicheren Gegenden, wo sie auf Bäumen nisten, haben sie mehr Arbeit, ehe sie den Grundbau zum Neste zwischen den Zweigen befestigen; deshalb vertreiben sie so gern Raben, Krähen oder Reiher aus ihren Nestern, um diese zu Grundlagen der ihrigen zu benutzen, obgleich sie dabei harte Kämpfe mit den rechtmässigen Besitzern zu bestehen haben. Auf einem Baume bauen sich öfters so viele Pärchen an, als sich auf seinen Ästen und Zweigen Stellen zu Nestern finden. Die sie von Grund aus selbst bauen, haben zuerst meistens eine Lage gröberen Reisigs, mitunter ziemliche Stecken dazwischen, dann folgen dünnere Reiser oder auch Rohrstengel, dann dürre Schilfblätter und trockenes Gras. Sehr häufig sind sie aber viel schlechter gebaut, die verschiedenen Materialien durch- einander gemischt, ohne alle Ordnung, und kein besonderes Auspolstern bemerklich. Auf dem Drigge waren damals die meisten Nester einzig aus Dornen gebaut. Anfänglich sind sie ziemlich hoch, in der Mitte gut ausgehöhlt; aber die Vögel treten sie am Rande herum bald nieder, weshalb sie zuletzt ganz flach werden. So kunstlos sie geflochten sind, so halten sie doch fest genug zusammen, um nicht von Stürmen herab- geworfen zu werden, was bei einzelnen jedoch auch vorkommt. Alle sind im Innern feucht und schmutzig. Die auf Weiden- köpfen oder Weidenbüschen, wie die auf Schilf- und Binsen- Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). 63 büschen sind jenen ganz ähnlich und aus demselben Material gebaut, doch zu den letzteren gewöhnlich mehr trockenes Rohr, Binsen und Schilfblätter verwendet. Beide Gatten bauen sehr emsig am Neste, wozu sie die Materialen nicht immer ganz aus der Nähe nehmen und im Schnabel herbeitragen. Das Weibchen legt drei bis vier Eier für eine Brut, welche für die Grösse des Vogels sehr klein sind und eine eigentümliche, sehr schlanke Gestalt, mit einem kürzer und einem länger zugerundeten Ende haben, an denen die schwache Bauchwölbung der Mitte näher als dem stärkeren Ende liegt. Sie haben eine sehr feste Schale, mit einem äusse- ren kalkartigen, etwas lockeren Überzug, welcher mit einem dicken Kreideanstrich Ähnlichkeit hat und bis zum Augenblick des Austretens aus der Darmöffnung ziemlich weich sein muss, weil er bei der ersten Berührung mit harten Gegenständen mancherlei Eindrücke erhält, die nachher bleiben, sich dabei auch wohl etwas schiebt oder Einschnitte bekommt, was ihn sehr rauh und uneben macht. Die eigentliche Schale ist blau- grünlichweiss, der Überzug grünlichweiss, später ganz weiss, wie Kreide; aber er ist nur rein, wenn das Ei eben aus dem Mutterleibe gekommen, und wird bald vom Schmutze des nassen Nestes so besudelt, dass er olivengelblich oder gelbbräunlich marmoriert erscheint. Oft sind diese Eier, die von Natur ganz einfarbig und ungefleckt, auch mit vielen dunkelbraunen Punkten übersät; dies ist ebenfalls etwas Fremdartiges, das sich wie jener Schmutz mit warmem Wasser abwaschen lässt. Sie haben dieses Schmutzes und ihrer schlanken Gestalt wegen viel Ähn- lichkeit mit den Eiern der Colymbus-Arten; allein keine von diesen legt so grosse Eier, und sie übertreffen hierin die des Colymbus eristatus, als der grössten Art, noch um vieles. Mit denen der folgenden Art, unseres Ph. graculus, haben sie, auch sogar in der Grösse, so viele Ähnlichkeit, dass sie leicht zu verwechseln sind. In der Breite kommen sie ungefähr den Eiern gewöhnlicher Haushühner gleich, übertreffen diese aber in der Länge um vieles; diese misst gewöhnlich 51 bis 53 mm, jene 37 bis 39 mm. [— 19 Eier meiner Sammlung zeigen folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Gewicht 62,1 mm 39,0 mm 5,0 8 Gelege | 642 „ 390 „ 9,2 7 62,4 „ ann 5, Us 64,5 „ 41,0 „ 040: ı ER vom | 65,0 , 392 5,4, „ März 65,7, 38,9 „ 5,8, 642 „ SD 0, 3 ı5 Gelege | 63,1 n 40,8 ” 9,3 n GT DAR, 45,0 „ 0,0 645 „ DIS, Zu 9,993 Er vom 640 , 10,9 „ 5, . März 649 , Sry 50 „ 64,0 n 39,9 7) 9,2 n BE vom] 638 , 36,8 „ 51, ‚März | 596 , SED 4,8, 65,0 „ 42,0 „ 6,9% Gelege von | 66,8 n 41,6 n 6,7 n der Wolga 65, l n 38, 3 N 5,8 n | 61,8 388,8 „ 6,0 „ Fünf Eier aus 3 Rerschen Fe hatten eine Därch. schnittsgrösse von 61,38 x 28,6 mm; Maximum von 64 x 57,8 beziehungsweise 62,3 x 40 mm; Minimum von 585 x 38,9 beziehungsweise 61,5 x 37,3 mm, und ein Durchschnittsgewicht von 5,188 g. Drei von mir gemessene Eier aus der Sammlung HoL- LANDT (jetzt im Museum brunsvicense) haben folgende Grössen- verhältnisse: Längsdurchmesser @Querdurchmesser Dopphöhe 61,5 mm 38,7 mm 25 mm 64,4 „ 39,0 , 30 „ 61,9 „ 38,8 „ 27, | der Nähe solcher Kolonie, Im Catalogue of the collection of Birds Eggs in the British Museum (vol. II, S. 198, 1902) von E. W. OATEs werden 96 Kormoraneier aufgeführt von: Nordamerika, Grönland, den Orkneys, Farn Islands, den Isle of Wight, Dorsetshire in Eng- land, Horster Meer in Holland, Skage in Norwegen, Eastern Narra in Sind, Bellary in Südindien, Pegu, Sittang River, Westaustralien und Tasmanien, mit folgenden Grössenverhält- nissen: Längsdurchmesser 55,88 bis 73,66 mm; Querdurch- messer 35,56 bis 44,45 mm. Die Eier des Cormoran variieren also offenbar sehr im Längs- und Querdurchmesser. —| Beide Gatten brüten abwechselnd, ohne Brutflecke zu haben, ungefähr vier Wochen!) lang sehr eifrig, doch wird sewöhnlich eins von den Eiern faul gebrütet. Die Jungen tragen ihren kurzen, dichten, rauchfahlen Flaum, bis sie un- sefähr drei Viertel ihrer Grösse erlangt haben, wo an den Flügeln und dem Schwanze die ersten Federstoppeln ihn zu verdrängen anfangen; das ganze ordentliche Gefieder ist aber erst völlig ausgebildet, wenn sie fast die Grösse der Alten haben; jetzt sind sie auch flugbar und verlassen das Nest. Sie wachsen viel schneller heran als die jungen Tölpel und werden von den Alten sehr geliebt, doch nicht verteidigt. Diese fliegen, von den Nestern aufgescheucht, lange herum, schweben und kreisen über denselben in grosser Höhe und begeben sich erst wieder auf sie herab, wenn sich die Gefahr gänzlich ent- fernt hat. Mit grosser Emsigkeit tragen sie den Jungen un- ablässig Fische zu, mit welchen sie ihre Speiseröhre oft so weit angefüllt haben, dass sie den Schnabel nicht ganz schliessen können oder von langen Fischen noch ein Stück heraushängt. Zuweilen, wenn der gefangene Fisch zum Verschlingen zu gross, tragen sie ihn auch bloss im Schnabel und ganz zum Neste, um ihn auf diesem für die Jungen zu zerstückeln; viel gewöhnlicher werden jedoch die verschluckten dort aus- gewürgt und jenen ganz oder stückweise vorgelegt. Hierbei fügt es sich denn oft, besonders wo sie auf Bäumen nisten, dass von der Beute manches herabfällt, worunter zuweilen lange Fischarten vorkamen, deren Kopf im Magen des alten Vogels bereits von der Verdauung angegriffen war, während die hinteren Teile sich noch regten. Nicht leicht holen sie solche herabgefallene Fische wieder herauf; diese bleiben fast immer dem Verfaulen überlassen und verbreiten hässliche Gerüche in solcher Gegend. Unbeschreiblich ist der Lärm in welche Junge hat, wo die ohne Unterlass ab- und zufliegenden, Futter holenden und bringenden Alten, wie die Futter verlangenden und empfangenden Jungen um die Wette schreien, zumal wenn an solchen Orten auch noch Fischreiher und Saatkrähen zur Gesellschaft gehören; es ist wirklich zum Betäuben, und der, welcher es einige Zeit mit anhörte, glaubt es immer und stundenlang nachher noch zu vernehmen, wenn er sich schon weit davon entfernt hat, dass dazu gar keine Möglichkeit mehr vorhanden ist. Wer zu solcher Zeit jemals bei einer Saatkrähenkolonie verweilte, kann sich nur eine schwache Vorstellung machen von dem sräulichen Wirren und Toben bei einer von jenen Arten zu- sammengesetzten. Wenn unter den mit Nestern und Jungen besetzten Bäumen neben jenen auch noch der Gestank faulen- der Fische, zumal bei schwüler Luft, kaum zu ertragen ist, so belästigen die Jungen auch noch durch den gar oft über das Nest hinausgespritzten weissen Unrat, mit dem bereits die Bäume und zum Teil was auf dem Boden steht und liegt weiss gefärbt ist, und verderben damit dem unter ihnen Wandelnden die Kleider, denen sie, wegen beizender Eigenschaften, häufig unauslöschliche Flecke geben. Im hohen Norden fliegen die Jungen noch vor Ende Juni aus, in den oben bezeichneten Gegenden von Deutschland wohl eine Woche früher. Dort hat man nicht bemerkt, dass sie zwei Bruten in einem Sommer machten, aber hier soll es gewöhnlich der Fall sein und die Jungen der zweiten im August !) Nach Ibis 1891, S. 69, 28 bis 29 Tage. R. Bl. 64 | Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). ausfliegen. Dass sie sogar drei Gehecke in einem Sommer machen sollten, wie man auch hat behaupten wollen, ist ein Irrtum und kann nur ausnahmsweise bei solchen Paaren vor- kommen, denen die ersten Eier noch während des Brütens genommen wurden, sonst würde die Zeit nicht hinreichen, weil vom zuerst gelegten Ei bis zum Ausfliegen der Jungen ein Zeitraum von wenigstens zwei vollen Monaten erfordert wird, wonach die Jungen einer dritten Brut nicht vor Anfang des November ausfliegen könnten, was niemals vorgekommen ist. Selbst in Ungarn haben Alte und Junge schon anfangs Sep- tember die Brutgegenden verlassen, um sich auf entfernten Gewässern zum Fortzuge zu versammeln. Wenn die Jungen ausfliegen, werden sie von den Alten gleich auf das Wasser geführt, wo jene im Schwimmen und Tauchen es diesen sofort nachthun und ihren Unterricht im Fischfangen nur ganz kurze Zeit bedürfen. Ihre Fertigkeit in allen Bewegungen auf und am Wasser scheint ihnen an- geboren und wird nicht erst durch Übung erlernt; man sah solche, die noch nicht fliegen konnten, zufällig von ihrem hohen Felsensitze ins Meer hinabstürzen, welche darum gar keine Verlegenheit zeigten, sondern sogleich keck fortschwammen und untertauchten, wie wenn sie dies lange schon eingeübt gehabt hätten, und doch war es das erste Mal in ihrem Leben, dass sie sich dem Wasser anvertrauten. Währenddem nun die Alten zu einer zweiten Brut Anstalten machen, gewinnen die des ersten Geheckes Zeit sich zu sammeln, sich in Gesell- schaften auf ferne Gewässer zu begeben, besonders aber die fischreichen Buchten am Meere aufzusuchen. Mit denen des letzten Geheckes begeben sich auch die Alten in andere Gegenden und verschwinden mit den Jungen bald auf dem weiten Meere, sodass am Brutplatze ungefähr vom September bis Ende März eine völlige Leere und Stille eintritt. Die Jungen sind im nächsten Jahre noch nicht zeugungsfähig, kommen aber mit den Alten im Frühjahre in die Nähe der Brutplätze zurück, halten sich aber, wo sie am Meere wohnen, nur auf niedrigen Klippen unterhalb jener, an anderen Orten bloss in der Nähe auf den Gewässern auf. Sie streifen oft nach anderen Gegenden und verirren sich vereinzelt zuweilen in solche, wo sie als eine seltene Erscheinung zu betrachten sind. So waren die meisten, welche von der unteren Oder bis in die hiesige Umgegend verschlagen und hier erlegt wurden, Vögel im jugendlichen Gewande. Feinde. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein schwächerer Raub- vogel als der Seeadler mit dem Kormoran, wenn dieser bei vollen Kräften ist, anbindet. Man hat beobachtet, dass er sich sogar diesem erst nach hartnäckigem Kampfe ergab. Man sah einem solchen Kampfe in der Luft zu, bis beide einander gepackt hatten, der Adler samt seiner Beute, die sich an ihm verbissen, auf die Erde stürzte, wo beide sich noch wütend herum tummelten, bis es der Seeadler überdrüssig ward und den Kormoran losliess (vermutlich weil Menschen in der Nähe waren), der letztere aber, an der Brust und Seite so aufgerissen, dass die Eingeweide heraustraten, seinen Geist aufgab. Wenn er auf dem Wasser ist oder dieses bald genug erreichen kann, ist er durch Untertauchen stets vor allen Raubvögeln gesichert. In seinem Gefieder wohnt ein Schmarotzerinsekt, schwarzbraun mit weissen Einschnitten des Hinterleibes, sehr häufig, von dem mir der Name unbekannt ist. In den Ein- geweiden hausen verschiedene Würmer als: Ascaris spiculigera, Ligula simplieissima und unbestimmte Arten aus den Gattungen Capillaria, Distomum, Monostomum, Scolex, Taenia und andere. — Ich selbst fand bei einem Exemplar im Rachen zwei dünne Würmer und, wunderlich genug, inwendig in der Nasenhöhle einen kleinen Blutegel. [— Ausser den genannten Arten sind jetzt folgende aus den Eingeweiden des gewöhnlichen Kor- morans beschrieben: Hystrichis papillosus RUD., Trichosoma Car- bonis RUD., Echinorhynchus hystrix BREMS, Echinorhynchus striatus GOEZE, Distomum echinatum ZED., :Holostomum platycephalum Duy., Hemistomum trilobwm RUDOLPHI, Taenia scolecina RuD., Filaria squamata v. LINSTOW, Holostomum varıegatum DuJ., Distomum erraticum STOSSICH, Ligula monogramma ÜREPL. — Im Gefieder kommen vor: Docophorus bassanae, Nirmus interruptus, Lipeurus longicornis, Lipeurus toxoceros, Lipeurus crenatus, Menopon brevipalpae und Tachypetes lewcocephalus. —|] Jagd. Der Kormoran ist ein so scheuer Vogel, dass er da, wo er nicht ungesehen hinterschlichen werden kann, nicht schuss- recht aushält. Selbst beim Neste hält es schwer, einen alten Vogel zu erlegen, wenn es nicht mit der Kugelbüchse ge- schehen kann. Am Meere, wenn mehrere die niederen Klippen erklettert haben, hier die Verdauung abwartend und im Sonnen- schein, unter dem erwähnten Fächeln mit den Flügeln, ihr Gefieder trocknend, halten sie die Annäherung eines Bootes noch am ersten aus, weil sie dann ungern schon wieder ins Wasser gehen, was gewönlich durch Herabgleiten geschieht. Auf dem Wasser sind sie schwer zu erlegen, weil sie so tief eingetaucht schwimmen, dass nur der obere Teil des Rückens herausragt, ja wenn sie sich verfolgt sehen, gar nur Kopf und Hals herausrecken, und wenn sie hier nicht auf der Stelle ge- tötet sind, augenblicklich untertauchen und gar nicht wieder zum Vorschein kommen, weil sie sich vermutlich unten an irgend etwas festbeissen und so verenden. Der flügellahm Geschossene ist für den Schützen in der Regel verloren. — Die beste Art, ihrer habhaft zu werden, ist die, dass man sich bei ihren gewöhnlichen Ruheplätzchen, die ihr häufiger Unrat bezeichnet, versteckt anstellt und sie erlauert, wozu es freilich an kahlen Felsen selten Gelegenheit giebt. Auf manchen Bäumen halten oft mehrere nahe bei einander zugleich Nacht- ruhe, und hier sind sie ebenfalls auf dem Anstande sehr leicht zu schiessen. Auf solchen Bäumen lassen sie sich auch bei Mondschein anschleichen. Man hat die sonderbare Bemerkung gemacht, dass sie es hier zuweilen machen wie manche Raub- vögel, z. B. die Bussarde, dass sie nämlich nach mehreren Fehlschüssen gar nicht wegflogen, ja bis zu Anbruch des Tages auf derselben Stelle sitzen blieben. An ihnen fremden Orten kommt dies sogar bei hellem Tage vor. LATHAM (a. a. 0.) erzählt einen solchen Vorfall, wie ein einzelner Kormoran auf einem hohen Kirchendache sass, wo zwanzigmal ohne Erfolg auf ihn geschossen wurde (vermutlich weil er zu hoch sass), ohne dass er wegflog, bis endlich jemand hinauf stieg und ihn erlegte. Übrigens hat dieser Vogel ein zähes Leben und ver- langt deshalb einen tüchtigen Schuss. Auf dem Wipfel eines hohen Baumes sitzend, wo die Entfernung leicht täuscht, ist daher der Schuss oft sehr unsicher und die Kugelbüchse hier besser am Platze. Es darf wohl nicht übergangen werden, der Metzeleien zu gedenken, die man in kultivierten Gegenden an den Brut- orten dieser Vögel anstellt, um ihre allzugrosse und den Fischereien zu gefährliche Vermehrung zu beschränken, oder um ihnen die Gegend ganz zu verleiden. Man schiesst selbst meistens bloss die Jungen, wenn sie ziemlich erwachsen, aber noch nicht fähig sind, weit wegzufliegen, weil bei solchem Skandal die Alten gewöhnlich so hoch fliegen, dass sie kein Flintenschuss erreicht und nicht jeder Schütze geschickt genug ist, die Kugelbüchse dabei zu handhaben. Schon FR. Bols (S. WIEDEMÄNNS Archiv I, 3, 8. 151) erzählt, dass in den oben erwähnten Kormoranständen auf Fünen an einzelnen Tagen 400 bis 500 Stück erschossen wurden, dass diese grässlichen Verfolgungen in den nächsten Jahren wiederholt wurden, bis endlich keiner mehr wiederkehrte, um da zu nisten. An anderen obengenannten Orten ging es ihnen nicht besser; aber sie hielten so heftige Verfolgungen allenthalben mehrere Jahre nacheinander aus, ehe sie sich abhalten liessen, im nächsten Frühjahr wiederzukehren. Im Jahre 1835 wurden bei Klein- Schönebeck in der Mark unter anderen an einem einzigen Tage ebenfalls über 400 Kormorane geschossen, wobei viele A a u Te >. ne a Mn Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). Alte, weil unter mehreren Büchsenschützen ein ganz vorzüg- licher, ein junger Forstmann war, welcher für sich allein 84 Stück, alle mit der Kugelbüchse, erlegte. Es geht dabei ungefähr zu, wie in den meisten Gegenden Deutschlands, wo es Saatkrähen-Kolonien giebt, oder wie hin und wieder auch gegen die Fischreiher verfahren wird; man führt plan- mässig einen Vertilgungskrieg gegen sie und vergnügt sich am Morden derselben. [— Einmal in meinem Leben habe ich die Kormoranjagd mitgemacht, nämlich an. der Brutkolonie im Oderbruch bei Stettin 1879, gelegentlich der Jahresversammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft in Stettin. Es war nicht schwierig, die Vögel in der Nähe der Nester aus der Luft herunter zu schiessen, während sie am Rande des Waldes viel zu hoch flogen, um mit Schrot erfolgreich beschossen zu werden. Für Kugelschuss fliegt der Kormoran bei ungeübten Schützen zu schnell. —|] | Nutzen. Der widerliche Geruch, welcher dem ganzen Vogel und auch seinem Fleische anhängt, wie überhaupt die schlechte Beschaffenheit des letzteren, machen, dass unter den nordi- schen Völkerschaften, bekanntlich keine Kostverächter, es dennoch nur wenige für essbar halten. Auch die Eier, welche einen blassgrünlichgelben Dotter haben Und beim Kochen nicht leicht hart werden, findet man ungeniessbar; selbst die Grön- länder mögen sie nicht. Nur die jungen Kormorane holt man in manchen Gegenden aus den Nestern, um sie zu verspeisen; sie sind nie so fett wie die Jungen vieler anderer Seevögel- arten und ebenfalls von schlechtem Geschmack. Die abgestreifte und zubereitete Haut wird wegen ihres festen Leders von den Eskimos gern zu Kleidungsstücken verarbeitet, und die Haut des Kehlsacks, nachdem sie vorher möglichst ausgedehnt, zugenäht und mit Luft angefüllt, ge- brauchen sie gern als Schwimmblase an eine Art kleiner Wurf- pfeile. Man kann diesen Vogel, jung aufgezogen, auch zum Fisch- fange abrichten und traf ihn sonst in manchen Falknerien an, besonders wo deren Wärter oder Falkoniere Holländer waren, die ihn aus ihrem Vaterlande mitbrachten. So sah ich ihn vor vielen Jahren in der ehemaligen herzogl. Anhalt-Bern- burg’schen Falknerie zu Ballenstedt, war aber damals nicht so glücklich, diesem anziehenden Fischfang selbst mit bei- zuwohnen. Der Vogel, mit dem er betrieben wurde, war noch zahmer als die damals vorhandenen Falken; er folgte dem Rufe des Wärters, wie dieser es wünschte. Dieser verfügte sich, wenn jener fischen sollte, mit ihm in einen Kahn und liess ihn dann auf dem Wasser los, worauf der Vogel sogleich untertauchte, bald mit einem gefangenen Fisch im Schnabel wieder zum Vorschein kam und diesen seinem Wärter über- brachte. Um jedoch zu verhindern, dass der Vogel den Fisch zu tief hinabschlinge, war jenem ein Ring, von einem Riemen gemacht, um den Hals gelegt; wenn der Mann aber merkte, dass der Vogel das Fischen überdrüssig wurde, nahm er ihm den Ring ab und warf ihm einen Fisch nach dem anderen zu, die er geschickt im Fallen aufzufangen wusste, bis er ge- sättigt war. Dass ein solcher Fischfang keinen anderen Nutzen gewähre, als den einer angenehmen Unterhaltung, liegt am Tage. — Die Chinesen richten aber auf gleiche Weise eine andere Scharbenart (C. s. H. chinensis)') ab, mit denen sie ihre Mühe reichlich belohnt sehen, sodass ein gut abgerichteter Vogel dieser Art bei ihnen in hohem Preise steht oder auch als Familienbesitz betrachtet und vom Vater auf den Sohn fortgeerbt werden soll. Sie betreiben diesen Fischfang aber nicht mit einem einzelnen Vogel, sondern mit mehreren zugleich, welche, wenn sie an grössere und für eines Kräfte zu starken Fische geraten, einander beistehen. [— YARRELL (]. c.) bildet einen Chinesen ab, der zwei 1) Ph. capillatus s. filamentosus, beziehungsweise unser Ph. carbo L. R. Bl. Naumann, Naturgeschichte Bd XI. 65 Kormorane zum Fischen mit auf sein Boot genommen hat, und schildert in historischer Weise diesen Sport sehr anziehend: „Es scheint, dass von undenklichen Zeiten an bis heutigentags Chinesen und Japaner die Kormorane zum Fischfang abrichten. Der Vogel wird ans Ufer gebracht; einen Metallring oder Leder- streifen ihm als Halsband anzulegen, ist gebräuchlich, doch nicht unbedingt notwendig; dann wird er freigelassen, um einen Fisch zu fangen, welchen er bringt, wenn er gerufen wird. Eine leichte Kordel ist am Vogel befestigt, um seine Rückkehr zu sichern. Wenn der Herr genügend mit Fischen versorgt ist, wird das Halsband abgenommen und der Vogel darf nun für sich selbst fischen. Sind die Vögel sehr gut abgerichtet, so nimmt der Fischer auch wohl zwei auf einmal auf einem Floss mit aufs Wasser. Sie ruhen dann abwechselnd, und der Fischer hilft dem Fischenden mit einer Stange wieder aufs Floss. Aus einer interessanten Monographie über das Fischen mit Kor- moranen, welche J. E. HARTING in seinen „Essays über Sport und Naturgeschichte“ (S. 423 bis 440) giebt, geht hervor, dass diese Fangart im Anfang des 17. Jahrhunderts als ‚Zeitvertreib nach Europa importiert wurde; wahrscheinlich durch die Hol- länder. LupwıG XIII. und JAKOB I. von England bildeten sie weiter aus. Der letztere betrieb diesen Sport leidenschaftlich, ebenso sein Sohn und Nachfolger. Nach PENNANT hatte WHITE- LOCKE eine Anzahl Kormorane wie Falken abgerichtet, auf die Hand zu gehen, welche ihm viel Freude machten. Der beste, welchen er hatte, war ihm mal von Herrn Woop, dem Hüter der Kormorane Kartıs I. geschenkt worden. WILLUGHBY be- schreibt in seiner Ornithologie von 1678 die Methode des Abrichtens und Fischens, welche, nachdem sie lange dar- nieder gelegen hatte, durch den bekanrten Falkonier Kapitän F. H. SALvIn in diesem Lande wieder neu belebt war. In „The Field“ vom 27. Mai 1882 findet sich ein Bericht über das Brüten von zwei abgerichteten Vögeln, das Weibchen Karwang, 19 Jahre alt, und das Männchen Sub-inspector, 8 Jahre alt, im Zoologischen Garten von London im Jahre 1882. Die Vögel paarten sich im März, bauten ein grobes Nest aus Stöcken auf einem ab- sesägten Baum in der Möven-Abteilung, am 25. des Monats waren drei Eier gelegt, und Männchen und Weibchen fingen abwechselnd an zu brüten. Am 22. April waren zwei Junge ausgeschlüpft und wurden ausschliesslich vom Männchen ge- füttert. Nachdem der Alte gefüttert worden war und den Fisch ungefähr eine Stunde übergeschluckt hatte, stieg er auf den Rand des Nestes, und wenn die beiden Kleinen unter der Henne hervorgekrochen waren, öffnete er seinen grossen Schnabel, und herein kroch das Junge, so weit als seine ausgebreiteten Flügelchen es erlaubten, und frass von dem nun zerkleinerten Fisch im Kropfe des Alten. Dabei machten die Jungen viel Lärm und bewegten die oberen Enden ihres Steisses wie schnelles Fächeln, gerade wie die Alten es thun, wenn ihnen die Sonne zu heiss auf den Rücken brennt.“ In Foochow wird der Kormoran (nach J. D. DE LA TOUCHE, Ibis 1892, S. 487) auch zu Fischzwecken verwandt. „ich traf einmal“, schreibt derselbe, „ein paar Männer, welche mit Kor- moranen fischten. Sie befanden sich auf einem schmalen Floss, aus vier bis fünf Bambusstäben gemacht, mit nach oben gebogenen Spitzen. In der Mitte war ein Korb für die Fische, und der Eigentümer stand hinten, sich mit einem langen Bambus den Strom hinunterpaddelnd.. Die Kormorane hatten statt Ringe Halsbänder von Stroh, um das Überschlucken der Fische zu verhindern.“ In China werden sie überhaupt zum Fischfang benutzt. So schreibt F. W. STYan (Ibis 1891, S. 491) aus dem Yangtse- Gebiete: „Auf den klaren Wasserläufen, welche das Delta nach allen Richtungen durchziehen, werden die Kormorane viel zum Fischen benutzt, ebenfalls auf den Strömen, welche von den Bergen kommen, und auf den Landseen. Man hält sie ge- wöhnlich in Herden von 30 bis 100 Stück und bringt sie, wohin sie gerade gebraucht werden. Manche Herden werden Hunderte von Meilen flussabwärts getrieben, um neue Fischgründe zu erreichen.“ —] 9 66 Die Kormoran-Scharbe, Phalacrocorax carbo (L.). Schaden. Bei seinem Aufenthalt auf weitem Meer denkt man nicht daran, dass dieser von Fischen lebende Nimmersatt den Menschen beeinträchtige. Allein an den fischreichen Stellen der Küsten kultivierter Länder wird seine Schädlichkeit höchst auffallend, noch mehr, wo sich grosse Kolonien dieser Vögel an fischreichen Gewässern im Lande und bei sogenannten zahmen Fischereien ansiedeln. Hier thun sie unsäglichen Schaden, fischen oft in kurzer Zeit manche gut besetzte Teiche rein aus und sind im stande, mit einem nach dem andern so fortfahrend, einen fischreichen Umkreis sehr bald in einen fiicharmen zu verwandeln. In stillen Meeresbuchten, in tiefen Altwassern und Landseen holen sie die Aale aus dem Schlamm herauf, so lange es welche giebt, in anderen die Karpfen u. a. Von den Süsswasserfischen ist uns nicht eine Art bekannt, welche sie verschmähten. Aus den Karpfenteichen fangen sie zuerst die kleinen Fische, kommen dann an die grösseren, endlich an die grossen, die ein Vogel nicht überwältigen kann, wobei dann wohl einer dem anderen beisteht, es sich aber doch oft ereignet, dass ihnen der Fisch zuletzt noch entkommt, aber, von ihren Schnabelhieben beschädigt, krank wird und über lang oder kurz ihnen doch noch zur Beute dient. Bei Fischerei-Besitzern und Fischern stehen sie daher mit vollem Recht im übelsten Verruf, und es ist diesen gar nicht zu ver- denken, dass ihr Hass gegen diese gierigen Fischräuber sich so hoch steigert, dass man sie gänzlich vertilgt gesehen wünscht, was auch die erwähnten Metzeleien unter Jungen und Alten bezwecken sollen, es aber nur teilweise thun, oder sie aus einer Gegend in die andere vertreiben. In unkultivierten Land- gegenden, wie Ungarn so viele hat, Kümmert man sich wenig um sie, weil dort die Gewässer ohne Zuthun des Menschen meistens buchstäblich von Fischen wimmeln; allein in Deutsch- land, wo auch das kleinste Geschenk der allgütigen Natur möglichst benutzt wird, müssen wir diesen unseren Gewerbfleiss störenden und unsere Genüsse schmälernden Vogel für einen der schädlichsten halten. | Bun Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). Tafel 5. Fig. 2. Altes Weibchen im Prachtkleide. Tafel 6. Fig. 2. Altes Männchen im Sommerkleide: Tafel 7. Fig. 2. Jugendkleid. Tafel 41. Fig. 4—5. Eier. Gehaubte Scharbe, Haubenscharbe, grüne Scharbe, kurzschwänzige Scharbe, kleiner Kormoran, grüner Kormoran, Krähen-Pelikan, Raben-Pelikan, Wasserrabe, gemeiner Wasserrabe, See-Wasserrabe, Wasserkrähe, Seekrähe, Schwimmkrähe, Seehäher, brauner Ganstaucher, Kropftaucher, Kropfente, Sackente, Schlucker, Skarv. [— Fremde Trivialnamen: Böhmisch: Kormoran chocholaty. Croatisch: Vranac huholjac. Dänisch: Topskarv. Englisch: Shag, Green Cormorant, Orested Cormorant, Sa Orow, Cowt, Crane. Färisch: Skarvur. Finnisch: Karimetso. Französisch: Cormoran-largup, Petit cormoran, Nigaud. Gälisch: Scarbh. Griechisch: Kalikatzou. Helgoländisch: Lüt} Klewff-Skwarwer. Holländisch: Geküfde Aalscholver, Gekuifte Wateraaf. Isländisch: Toppskarfur, Hraukur. Norwegisch: Topskarv, Smaaskarv. Polnisch: Kormoran gawronek. Portugiesisch: Corvo marinho. Schwedisch: Kräkskarf, Toppskarf. Slovenisch: Mal kavran, Mali morski vran. Ungarisch: Üstökös kärökatona, Böbäs karakatna. —| Halieus graculus. Illig., Lichtenstein, Doubletten-Verzeichniss S. 86. n. 906 bis 907. — Carbo graculus. Wolf und Meyer, Taschenb. II. S. 578. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 256. n. 257. — Faber, Prodrom. d. isl. Orn. S. 53. — FPelecanus graculus. Linn. Faun. suec. 146. — Brünn. Orn. boreal. p. 31. n. 121. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 574. n. 4 — Latn. Ind. II. p. 887. n. 15. — Pelecanus cristatus. Fabric. Faun. Grönl. n. 58. — Brünn. Orn. boreal. p. 31. n. 123. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 575. n. 21. — Olaffsen, Reise in Island. II. Taf. 44. — Lath. Ind. I. p. 888. n. 16. — Retzius, Faun. suec. p. 145. n. 104. — Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 900. et IV. p. 565. — Phalacrocorax minor. Briss. Orn. I. p. 495..— Cormoran Largup. Temminck, l. ce. et Pl. color. t. 322. — Shag or common Shag and crested Shag. Penn. arct. Zool. II. p. 581. n. 508. u. p. 583. A. — Übers. v. Zimmermann, I. S. 540. n. 426. u. S. 542. A. — Lath. Syn. VI. p. 598. n. 14. and p. 600. n. 15. — Übers. v. Bechstein, II. 2. $. 512. n. 14 u. S. 514. n. 15. — Marangone Largup. Savi, Orn. tose. III. p. 106.) — Bechstein, Naturgesch. Deutschl. IV. S. 762. — Dessen .orn. Taschenb. II. S. 392. n. 3. — Brehm, Lehrb. d. europ. Vög. II. S. 908. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 820. u. 822. — Graf Keyserling u. Blasius, Wirbelt. Europ. I. S. LXXXVIH u. 233. n. 425. — [-— Hoalieus graculus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. XI. p. 88. Taf. 280 (1842). — Carbo graculus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXIII (1844). — Phalacrocorax graculus. Schlegel, Vog. Nederl. p. 576 (1854—58). — Phalacrocorax Graculus. Nilsson, Skand. Faun. Tom. II. p. 419 (1858). — Phalacrocerax graculus. Holmgren, Skand. Fogl. I. p. 939 (1866—71). — Phalacrocorax cristatus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 354 (1867). — Phalacrocorax graculu. Wright, Finl. Fogl. II. p. 558 (1873). — Carbo cristatus. Fallon, Ois. Belg. p. 229 (1875). — FPhalacrocorax graculu. Dresser, Birds Eur. Tom. VI. p. 163. pl. 389 (1879,. — Phalacrocorax graculu. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. IV. p. 151 (1882—84). — Carbo graculus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15, Nr. 328 (1885). — Carbo graculu. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. VII. p- 25 (1886). — Phalacrocorax cristatus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 94 (1886). — Phalacrocorax cristatus. Artvalo y Baca, Av. Espaia p. 404 (1887). — Phalacrocorax graculus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl II. p. 552 (1891). — Phalacrocorax graculus, Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 103 (1892). — Phalacrocorax graculus. Collett, Norg. Fuglef. p. 323 (1898—94). — Phalacrocorax graculus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI. p. 364 (1898). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XCIII. Fig. 2 (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 54. Fig. 3 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 656. pl. 34 (1884). — Id. Ool. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 19 (1896). —] Anmerkung. Es ist nicht leicht, sich aus dem Wirrwarr der Synonymen dieser Art herauszufinden. Dieser Zustand wurde namentlich von TEMMINCK dadurch keineswegs verbessert, dass er unsere Art — die fast alle Schriftsteller vor ihm (mit Ausnahme sehr weniger) mit dem Beinamen „Graculus“ bezeichneten — in (. ceristatus umtaufte, den Namen Graculus aber einer anderen Art beilegte, die das Berliner Museum nebst SPIX, jedenfalls vorzüglicher, (©. brasilianus benannt hat, weil Amerika von Neufundland oder wenigstens von Florida an bis zum Kap Horn ihr wahres Vaterland ist, von welcher aber H. T. bei Holland Exemplare erlegt zu haben versichert, eine Art, die in vorliegendem Werk nicht aufgenommen ist, weil uns nicht bekannt‘ geworden, dass ein Exemplar derselben an Deutschlands Gestade vorgekommen und erlegt worden wäre. — Es würde überhaupt anzuraten sein, den Beinamen cristatus, welcher so viel Verwirrung angerichtet hat, für die Scharben-Gattung ganz auszumerzen, zumal er etwas bezeichnet, was die meisten Arten miteinander gemein haben. Leider ist er aber erst neuerdings für H. brasilianus (graculus TEmm.) genommen und damit die Verwirrung noch nicht gehoben worden. Naum. 1) Das ist wohl auf die südliche Form, Phalacrocorax Desmaresti (PAYRAUDEAU), zu beziehen. R. Bl. Kennzeichen der Art. Schnabel länger als der Kopf, gestreckt, in der Nähe des Hakens wenig schwächer als an der Wurzel. Die Federn des Mantels haben abgerundete Enden mit einer kleinen Spitze; der Schwanz zwölf Federn. Grösse einer zahmen Ente. Beschreibung. Unsere Krähenscharbe unterscheidet sich von der Kor- moranscharbe ziemlich leicht durch die viel geringere Grösse und schwächlichere Gestalt, durch den verhältnismässig viel längeren, an der Wurzel niedrigeren oder nach vorn weniger abnehmenden Schnabel, durch eine verhältnismässig um vieles kleinere Nacktheit an der Kehle oder überhaupt kleineren Kehl- | sack und durch etwas kürzere Flügel und Schwanz, welcher amerikanische, Ph. vigua VIEILL. (= Ph. brasilianus LicHT.), unterscheidet sich dagegen von unserem graculus durch etwas geringere Körpergrösse, etwas kürzeren Schnabel und längeren Schwanz, welcher bei dieser zwar auch zwölffederig, aber - sehr viel länger und am Ende schlanker (fast keilförmig) zu- gerundet ist; ihre Mantelfedern sind auch viel länger, schmäler und zugespitzter, wie denn auch im Prachtkleide Kopf, Hals und Unterkörper mit einer grossen Menge kleiner, zarter, flockenartiger, weisser Federchen zwischen den gewöhnlichen geziert sind, welche jene Art zu keiner Zeit und in keinem Alter hat. — Die unserem graculus noch weit ähnlichere Art vom Kap, Ph. capensis (Sparrm. Mus. Carlson. t. 61), ist auch ein wenig kleiner, mehr violett als grün, ihre Mantelfedern haben gerundete Enden ohne Spitzen, wogegen die von graculus nur 12 (bei jener 14) Ruderfedern hat. — Die ähnlichere , an der Rundung stets noch eine kleine Spitze haben, wie denn 9* 68 auch der Schwanz bei dieser nur 12, bei capensis 14 Federn hat. — Diese letztere darf wiederum nicht verwechselt werden mit Ph. africanus, welche viel kleiner und hierin unserem Ph. pygmaeus ganz ähnlich ist. Noch bleibt uns eine südeuropäische Art, Ph. Desmaresti PAYRAUDEAU,!) mit unserem graculus zu vergleichen übrig. Sie kommt auf dem Mittelländischen Meere, namentlich an den Küsten von Korsika, Sardinien und Dalmatien [—, am Schwarzen und Kaspischen Meere —] vor, wo sie bei erster Insel vor nicht langer Zeit von PAYRAUDEAU entdeckt wurde. Sie soll sich besonders durch einen längeren und schwächeren Schnabel, durch heller gefärbte (gelbliche) Füsse und einen vierzehnfederigen Schwanz von graculus des Nordens unter- scheiden. Indessen, alle Ornithologen — ich nenne nur SAVI, TEMMINCK, BRANDT, JOH. NATTERER, LICHTENSTEIN — welche sie sehr genau an allen dafür ausgegebenen Exemplaren, auch nach denen in Paris, die PAYRAUDEAU selbst gesammelt hat, untersucht und mit unserem graculus verglichen haben, konnten jene Unterschiede nicht finden, sogar nicht einmal ein Exemplar, das 14 Schwanzfedern gehabt hätte; alle hatten nur 12, die Zählung PAYRAUDEAUS muss daher auf einem Irrtume beruhen. Sie hielten und halten deshalb noch bis jetzt jene Vögel für identisch mit Ph. graculus. Ich selbst sah ausser einem schönen alten Vogel im Prachtkleide (angeblich von jener neuen Art, unstreitbar aber ein alter graculus) von der Insel Cypern nur noch ein Exemplar im Jugendkleide, bei Fiume am Adriatischen Meere geschossen, im National-Museum zu Pest, wo ich es genau gezeichnet, sorgfältig untersucht, beschrieben und auf diese Weise (weil kein graculus aus Norden zur Hand war) später mit anderen von diesen verglichen habe, wobei ich aber ebenfalls keinen erheblichen, zum Feststellen einer eigenen Art hinreichenden Unterschied auffinden konnte. Ich muss jedoch gestehen, dass der erste Eindruck, welchen dies Stück auf mich machte, eine Sache, die mich wenigstens noch nicht oft irre geleitet hat, mich etwas fremdartiges ahnen liess. Vielleicht ging es KEYSERLING und BLASIUS ebenso; denn sie haben in ihrem eben begonnenen, in jeder Hinsicht aus- gezeichneten Werke „Die Wirbeltiere Europas“ den Ph. Des- maresti als eigene Art gelten lassen. — Zweifelhaft bleibt diese Art jedenfalls bis zu wiederholten genauen Untersuchungen vieler und namentlich frischer Exemplare, im Vergleich mit solchen vom graculus aus Nordeuropa oder auch aus dem Mittelmeere, wo dieser bestimmt auch vorkommt.”) — Das fragliche Exemplar aus Pest (welches auch nur 12 Schwanz- federn hat) ist übrigens auf Tafel 280 unter Fig. 3 [— in der Il. Ausgabe von NAUMANN —| treu dargestellt. Die Grösse dieser Scharbe ist ungefähr der von Anas boschas gleich; auch nach beiden Geschlechtern; doch sind alle Extremitäten am fliegenden Vogel länger. Die Ausmessungen sind durchschnittlich folgende: Länge von der Stirn bis zum Schwanzende 66 bis 68 cm; Flugbreite von einer Flügelspitze bis zur anderen 92 bis 108 cm; Länge des Schwanzes 11,7 bis 14 cm. Nur selten kommen unter den stets grösseren Männ- chen Exemplare vor, welche in der Länge um 2,3 cm, in der Flugbreite um 4,7 bis 7 cm mehr messen; allein die Weib- chen sind oft gegen 4,7 cm kleiner. Die Schwanzlänge variiert verhältnismässig am meisten und am stärksten. Die Gestalt ist wie beim Kormoran, die Flügel sind aber etwas kürzer, und von den Primärschwungfedern ist die erste nur wenig kürzer als die zweite, welches die längste und von gleicher Länge mit der dritten ist; bei manchen Individuen soll auch erst die dritte mit der vierten die längste sein; die Gestalt und Beschaffenheit der Flügelfedern wie bei jener Art. Die Flügel reichen in Ruhe liegend mit den Spitzen nur bis an oder auf die Schwanzwurzel. Der flach liegende oder sehr ‘) Ann. des Seiene. nat. 1826. Aoüt. p. 460. — GouLD, Birds of Europe. tab. 411. — Savı, Orn. tosc. III. p. 106. Nota. — Temminck, Man. IV. p. 566. Naum. *?) Ich halte die Mittelmeerform, wie weiter unten auseinander gesetzt wird, für eine vollberechtigte Unterart von Ph. graculus. R. Bl. [Er a ee EIER Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). wenig gewölbte Schwanz besteht aus zwölf starren Federn, welche nach aussen stufenweise so an Länge abnehmen, dass das äusserste Paar gewöhnlich bei jungen Vögeln 17,5 bis 20 mm, bei zweijährigen 31,5 bis 33,5 mm, bei alten 41 bis 47T mm kürzer als das .mittelste ist, welches Verhältnis ihm namentlich bei den letzteren ein weit mehr zugerundetes Ende giebt als beim Kormoran. Seine Federn haben sehr starke, fischbeinartige Schäfte, die an den äusseren Federn spitzewärts etwas nach innen gebogen sind, wodurch das Schwanzende noch mehr zugerundet wird; ihre harschen Fahnen sind sehr schmal, ziemlich von gleicher Breite, bloss an der Wurzel etwas schmäler; ihre Enden schön zugerundet, aber selten un- beschädigt, oft anscheinend 6 bis 8 mm lang abgebrochen, und zwar an allen, auch an den kürzeren Seitenfedern. Dieses Abschleifen oder Abstossen ist hier stärker und auffallender als bei irgend einem anderen Tauchvogel. — Das kleine Ge- fieder ist sehr derb, dicht, aber von nicht grossem Umfange, die Fahnen nicht so hart anzufühlen, wie bei vielen anderen Arten dieser Gattung, zerschlissen, bis auf die der Rücken-, Schulter- und Flügeldeckfedern, welche dicht geschlossen, deren scharfe Konturen beim alten Vogel ein gerundetes, mit einer ganz kleinen Spitze versehenes Ende bilden, deren Schäfte ziemlich starr sind; dieses Gefieder schliesst sich auf den Schultern und dem Öberrücken in schrägen Reihen so regel- mässig aneinander wie Fischschuppen. Von jenen der Scharben-Gattung eigentümlichen über- zähligen weissen Flockenfedern, als Zierde des hochzeit- lichen Kleides, bemerkt man an dieser Art wenig oder gar nichts. Die alten Vögel bekommen etwas verlängerte Federn am Hinterkopfe, wodurch dieser sich etwas buschig darstellt, im höheren Alter aber auf der Stirn zwischen den Augen einen kleinen beweglichen Federbusch von 47 bis Tl mm langen, schmalen, etwas steifen, an den Rändern zerschlissenen Federn, die bald senkrecht aufgerichtet, bald niedergelegt werden, im letzten Falle in der Ferne gar nicht, im ersteren aber sehr in die Augen fallen. Bei sehr alten Vögeln sind die längsten Federn dieses Stirnbusches an den Spitzen etwas nach vorn übergekrümmt, er wird daher bei solchen auch be- merklich, wenn sie ihn niedergelegt haben. Dicht hinter diesem Büschel ist die Haut nackt und rauh, eine Art kleine Glatze bildend, die jener bedeckt, wenn er niedergelegt ist. — Bei jungen Vögeln in ihrem ersten Federkleide sind weder die Hinterhauptfedern merklich verlängert, noch eine Spur vom Stirnbusche zu entdecken. — Nach diesem, in ihrem Zwischen- kleide, das sie im zweiten Jahre anlegen, sind aber bei ge- nauerer Untersuchung die Federn am Hinterhaupt schon um 4 mm, die zwischen den Augen um 2 mm länger als die zwischen beiden liegenden, welche nämlich nur 12 mm lang sind. Schon wird bei solchen, wenn sie die Kopffedern sträuben, ein kleiner Hügel auf der Grenze der Stirn und des Vorder- scheitels bemerkbar, etwa wie beim hochzeitlich geschmückten, alten Vogel der Zwergscharbe. — Im nachherigen Kleide, welches man das ausgefärbte nennt, sind die Federn am Hinterkopfe noch mehr verlängert und buschiger, die auf der Stelle des später hervortretenden Stirnbusches dies aber kaum mehr als beim zweijährigen Vogel; sie werden ebenso nur be- merklich, wenn sämtliche Kopffedern aufgesträubt sind und wenn man es weiss, was man sucht. Darum wurde dieses un- bedeutende Federhügelchen auch von den allermeisten Be- obachtern übersehen und die Bedeckung des Vorderkopfes für ganz eben gehalten. Wie viele Jahre der Vogel aber zurück- legen muss, ehe er jene 47 mm hohe Stirnhaube bekommt und ehe an ihr sich die Spitzen der längsten Federn nach vorn überkrümmen, ist nicht bekannt; ebenso das im Zusammen- hange mit jener stehende Ausbilden der erwähnten kleinen Glatze. Man hatte bis auf GRABA und noch spätere Beobachter die Stirnhaube für ein Requisit des hochzeitlichen Gewandes aller ausgefärbten Vögel gehalten, wonach sie solche gegen den Sommer ablegen und ungehäubt bleiben sollten, bis zum Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). Oktober, wo diese Crista frontalis abermals zum Vorschein käme, u. w. Weil sich nun gegen dieses periodische Ablegen und Wiedererscheinen in einem so langen Zwischenraume die Frage aufstellen lässt, was mittlerweile aus der erwähnten Glatze werde, deren Haut gar nicht das Ansehen hat, als dass je. wieder Federn aus ihr hervorwachsen können, und weil man doch niemals einen glattstirnigen Vogel gesehen, welcher einen kahlen Fleck auf der Mitte des Scheitels gehabt hätte; weil ferner ein Beobachter diese Stirnhaube nur in den Winter- monaten, ein anderer sie in der Fortpflanzungszeit, in den Monaten Mai, Juni und Juli, alle sie aber nur bei wenigen, und zwar den stärksten und prächtigsten Vögeln, gesehen haben, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass sie, wie oben beschrieben, nur allen Vögeln erst nach mehrmals überlebten Fortpflanzungsperioden zukomme, dann beim gewöhnlichen jährlichen Federwechsel entstehe und bis gegen den nächst- folgenden, wenn auch nur in Bruchstücken, aushalte, was GRABA (Ss. d. Reise nach Färö, S. 155 u. f.) alles bereits treff- lich auseinander gesetzt hat. Dass nur die älteren Vögel sie bekommen, ist auch daraus zu ersehen, dass unter den vielen alten Scharben dieser Art, welche GRABA bei ihren Nistplätzen erlegte, nur fünf Stück jene Stirnhaube trugen, und dass FR. BoIE auf seiner Reise in Norwegen (s. d. S. 141, 174, 227 und 343) im Sommer 1817 sehr viel Vögel dieser Art sah und erlegte, aber nicht einen, bei welchem die Stirnhaube zu be- merken gewesen wäre. BoIE erwähnt aber (S. 142 in der An- merkung) ein Exemplar, an welchem sich am Halse eine ge- ringe Spur von jenen flockenartigen weissen Federchen zeigte, die den Kormoran (wie auch TEMMINOKS graculus — H. brasi- lianus SPIX) auszeichnen, die aber weder FABER an den Isländi- schen, noch GRABA an den Färöeschen fand und ich ebenfalls an keinem der Bälge, sowohl der vielen aus den nordischen Meeren wie an den einzelnen vom Mittelmeer, welche ich in Händen hatte, haben finden können. Ein eigentliches besonderes Hochzeitskleid, in dem Sinne wie es z. B. bei Schnepfenvögeln und anderen vorkommt, hat demnach unsere Krähenscharbe nicht. Der Schnabel ist dem des Kormorans zwar ähnlicher als dem der Zwergscharbe, aber doch noch viel gestreckter, viel länger, an der Wurzel niedriger und vor dem Haken ver- hältnismässig höher als bei jenem. Er ist bald ganz gerade, bald gegen die Spitze sanft aufwärts gebogen, dies jedoch nur ganz schwach und seltener im frischen als im getrockneten Zustande bemerklich. Wie die abgerundete Firste, ist er auch im ganzen mehr abgerundet, spitzenwärts wenig zusammen- gedrückt, seine geraden Scheiden stark eingezogen und sehr scharf; seine Höhe nach vorn nur wenig abnehmend, auch der vorn eingekeilte Haken wenig aufgeschwungen, überhaupt dieser nicht gross. Der kleine untere, in den oberen eingreifende Haken ist sehr zusammengedrückt, unten mit den beiden Gabel- enden der sehr langen Kielspalte durch ein eingeschobenes dreieckiges Keilstückchen verbunden, was ein ziemliches Eck bildet. An jeder Seite läuft von der Stirn an eine feine, ge- rade Längsfurche bis an den Haken, wo sie sich im stumpfen Winkel gegen die Schneide herabsenkt und hier ausläuft. In ihr liegt in der Nähe der Stirn das Nasenloch als ein feiner, von aussen Kaum sichtbarer Ritz. Seine Oberfläche ist bei jungen Vögeln glatt, bei alten ziemlich uneben und etwas schartig oder schieferig; der Rachen ist bis hinter das Auge gespalten und hier sehr breit; die sehr kleine, nur 12 mm lange Zunge ist anders als am Kormoran, hinten dreieckig und am breitesten, vorn spitz, aber auch knorpelig. Die Länge des Schnabels von der Stirn bis zur Spitze des Hakens ist 59 bis 65 mm, vom Mundwinkel zur Spitze 88 bis 92 mm, seine Höhe an der Wurzel 14 mm, seine Breite hier 12 mm. Von Farbe ist er bei alten Vögeln ganz schwarz, die Hakenspitze horngrau, zuweilen hat er an der Wurzel des Unterschnabels noch etwas Gelb, das im mittleren Alter ziem- lich weit vorreicht, im Anfange auch die Wurzel des Öber- schnabels und seine ganze Schneide einnimmt; inwendig ist 69 er nach vorn schwarz, so auch die Zunge, der Rachen aber gelb. Beim jungen Vogel ist er längs dem Rücken grau- schwarz, übrigens schmutzig rotgelblich, etwas dunkel gefleckt; wenn er trocken ist, wird er von oben schwarzgrau, das übrige rötlichgrauweiss, dunkelfarbig marmoriert; das Hakenende hier wie dort ins Hornweissliche übergehend. Das sehr kleine, aber lebhafte Auge steht der Schnabel- wurzel sehr nahe und hat eine nackte Umgebung, aber die nackten Zügel sind oberhalb mit durchsichtigen Reihen sehr kleiner Federchen besetzt, die man bei jungen Vögeln kaum bemerkt; vom hinteren Augenwinkel geht ziemlich gerade her- ab die Grenze einer nackten Haut, welche den Mundwinkel breit umgiebt, sich an der unteren Schnabelwurzel herum zieht und sich mit der ebenfalls nackten Haut des Kinns vereinigt, während die Befiederung der Kehle breit heraufgeht und spitz auf der Mitte der Kinnhaut endet, weshalb der ohnehin kleine Kehlsack nur an beiden Seiten in einem ganz schmalen Streifen nackt ist, was nur bemerklicher wird, wenn er angefüllt ist. Diese nackten Stellen sind nach dem Alter verschieden ge- färbt, beijungen Vögeln schmutzig blassgelb, später hellocker- gelb, bei alten alies bräunlichgelb, ums Auge und an den Zügeln sehr dunkel, die Kinnhaut schwärzlichgelb punktiert; bei ganz alten, besonders in der Begattungszeit, sind die Augenlider und Zügel schwarz, ein grosser rhomboidaler Fleck am Mundwinkel lebhaft gelb, wie die Blumen des Orocus vernus, das Nackte des Kehlsacks und die Kinnhaut entweder auf blauschwarzem Grunde gelb getüpfelt oder dunkelblau und saffrangelb gefleckt, wie der Bauch der Feuerkröte (B. bimbina) in der Begattungszeit. Alle diese Färbungen werden an der ausgetrockneten Haut blass und düster. Das Auge hat in der Jugend eine graubraune, später eine dunkel grasgrüne, bei den Alten eine lebhaft meer- grüne Iris. Die Füsse sind nicht gross, aber recht stämmig; der Unter- schenkel bis auf die Hälfte des Fersengelenkes stark befiedert, doch nach aussen selten hosenartig; der Lauf kurz, sehr zu- sammengedrückt, mit scharfkantiger Sohle und schmal ab- geplattetem Spann; die äussere Vorderzehe sehr lang, die zweite viel kürzer, die dritte wieder kürzer als diese, die Hinterzehe ziemlich kurz und stark nach innen gezogen. Die weiche Haut der Füsse ist vorn auf dem Lauf klein getäfelt, und dies wird an den Seiten viel kleiner, nach hinten sehr klein; auf den schlanken, wurzelwärts stark niedergedrückten Zehen sehr schmal geschildert, die Schwimmhäute sehr fein gegittert, die Sohlen dieser und der Zehen ungemein zart ge- narbt. Die Krallen sind mittelgross, stumpfspitzig, flach ge- bogen, die der Hinterzehe die kleinste, aber auch die krummste, alle unten etwas ausgehöhlt, die der vorderen Mittelzehe nach innen mit stark vorstehender Randschneide, welche äusserst fein kammartig gezähnelt ist. Der Lauf misst 53 mm, selten ein paar Millimeter darüber; die äussere Vorderzehe mit der 10 mm langen Kralle 9,4 bis 10 cm; die mittlere Vorderzehe mit der 12 mm langen Kralle 70 bis 71 mm; die innere Vorderzehe mit der 10 mm langen Kralle 51 bis 53 mm; die Hinterzehe mit der 10 mm langen Kralle 34,5 bis 39 mm. Die Krallen sind bei alten Vögeln, weil ihre Spitzen ab- geschliffen, stets kürzer als bei jungen. Die Farbe der Füsse ist nach dem Alter sehr verschieden, bei den Alten glänzend schwarz, an den Schwimmhäuten, besonders der Sohle derselben, oft mit weisslichen Flecken, auch das Fersengelenk oberwärts manchmal weisslich; sind sie ausgetrocknet, so sieht man hiervon nichts. Die Krallen sind schwarz. — Bei Zweijährigen sind die Füsse bloss an der Aussenseite des Laufes und seinen Gelenken, sowie an der Aussenseite der äusseren Zehe, oben auf deren Gelenken und auch noch auf denen der mittleren Zehe, hier als schwarze Flecke, schwarz, das übrige dieser beiden, die ganze innere und hintere Zehe, desgleichen die innere Seite der Läufe schmutzig gelbweiss, so auch die Schwimmhäute, diese aber in der Mitte schwärzlich beschmutzt; die Krallen schwarzbraun. — 70 | Die Krähen-Seharbe, Phalacrocorax graculus (L.). Bei Einjährigen sind die Füsse von noch lichterer Färbung, die äussere Seite des Laufes und der äusseren Zehe braun- schwarz, die innere an beiden hell rötlichgelbgrau, die übrigen Zehen gelbrötlichweiss, die erste und zweite, seltener auch die dritte, auf den Gelenken schmutzig braun gezeichnet, die Schwimmhäute an den Zehenwinkeln gelbrötlichweiss, von der Mitte nach dem Rande zu in schmutziges Braun übergehend; die Krallen dunkelbraun, an der Basis lichter als an der Spitze. Am lebenden Vogel soll diese blasse Fussfarbe ein reines helles Ockergelb sein. Die ganz junge Krähenscharbe, die dem Ei ganz nackt entschlüpft, bekommt erst nach mehreren Tagen ihre dunen- artige erste Bekleidung, und ihre bis dahin nackte Haut sieht bleifarbig aus. Etwas über eine Woche alt, bedeckt bereits ein kurzer, dichter, weicher, einfarbig russfarbiger Flaum ausser den Füssen, dem Schnabel und Gesicht, den ganzen Vogel ziemlich gleichförmig; nur auf dem Hinterkopfe und auf dem Rücken entlang ist dieser Flaum ein wenig länger als anderwärts. Seine Augensterne sind anfänglich blaugrau, werden aber nach und nach graubraun; der Schnabel ist, wie die Füsse grösstenteils, sehr blass, fast ganz weiss, nur die Aussenseite der letzteren dunkel bleifarbig. Von den jungen Kormoranen, denen sie ausserordentlich ähneln, unter- scheiden sie sich dennoch sehr leicht, sowohl an dieser hellen Färbung ihrer Füsse als an den weit dünneren, einem Schnepfenschnabel ähnlich sehenden Schnäbelchen. Die wirkliche Federbedeckung kommt in gleicher Ordnung wie bei diesen, nachdem sie fast vier Wochen alt und bei- nahe so gross wie die Alten sind, zum Vorschein, und in einem Alter von fünf bis sechs Wochen sind sie erst völlig flugbar. Auch dieses erste Jugendkleid hat eine viel lichtere, allgemeine Färbung, mit mehrerem und reinerem Weiss an den unteren Teilen, wodurch sich diese jungen Vögel sehr leicht von denen der vorhergehenden grösseren Art unter- scheiden lassen. — Schnabel, Auge, Füsse und andere nackte Teile sind wie oben beschrieben; Stirn, Scheitel und Genick schwarzbraun, weissgelblich bespritzt, weil ihre schwarzbraunen Federn gelbbräunlichweisse Spitzchen haben; Wangen, Nacken und Halsseiten ebenso, aber etwas matter; die Halswurzel hinten schwarzbraun, gelbbräunlichweiss geschuppt; Ober- rücken und Schultern sehr dunkel graubraun mit schwachem Bronzeschimmer und nicht glänzenden kaffeebraunen, in Bräunlichweiss schnell übergehenden (daher doppelten) Feder- kanten, die ein ziemlich geregeltes, schuppiges Ansehen geben, zumal die einzelnen Federn von beiden Seiten ziemlich geradlinig zugespitzt sind; Unterrücken, Bürzel und die kurze Oberschwanzdecke schwarzbraun, mit zerschlissenen, licht- braunen Federspitzchen; ebenso die Seite des Bürzels und die Aussenseite der Ober- und Unterschenkel, letztere nach vorn mit einem lichteren Braun überflogen. Die Kehle ist rein weiss wie Schnee; die Gurgel nur vorn herab und schmal rein weiss, seitlich sehr licht gelbbraun gefleckt; die Kropf- gegend weiss, verloschen gelbbräunlich gefleckt; Ober- und Unterbrust gelblichweiss; die Weichen weiss, kaum merklich gelbbräunlich gewölkt; der Bauch schneeweiss; die kurze Unterschwanzdecke und die innere Seite der Unterschenkel sehr matt gelbbraun. Am Flügel ist die Achsel schwarzbraun; der Flügelrand graubraun; alle Deckfedern erdbraun, am schwarzen Schafte fast schwarzbraun, an den Rändern in gelbbräunliches Weiss übergehend; von den Schwungfedern die hinteren und mittleren schwarzbraun, mit hellbraunen Spitzensäumen, die grossen, nebst ihren Deck- und den Daumen- Federn, braunschwarz, mit hellbräunlichen Säumen, allesammt schwach ins Grünliche schimmernd. Die 12 Schwanzfedern sind schieferschwarz, mit schmalen weissen Käntchen, an welche sich nach innen eine undeutliche, braune Linie (meistens nur wie ein schwacher Schein) anschliesst, ihre Schäfte schwarz. Die ganze untere Seite des Flügels ist einfarbig, matt braun- schwarz, — die des Schwanzes an den braunen Federschäften schwarzbraun, nach aussen allmählich lichter, in eine weiss- bräunliche Kante übergehend!'). Das Zwischenkleid, welches der junge Vogel nach seiner ersten Mauser erhält, wo er jenes erste Jugendkleid abgelegt hat, trägt eine viel dunklere Färbung und ist leicht von diesem zu unterscheiden; jetzt hat der Augenstern schon eine Farbe, wie dunkelgrünes Flaschenglas, auch Schnabel und Füsse haben mehr Schwarz, am ersteren ist aber die helle Farbe ein reineres und schöneres Gelb, am Unterschnabel dagegen oft schon mit schwarzen Flecken besetzt; der Ober- kopf ist braunschwarz, jede Feder an der Spitze aus Grau in Bräunlichgelb übergehend, welches aber nur ganz feine Spitzen- fleckchen bildet; Hinterhals und Kropfseiten ebenso, die hellen Flecke aber grösser; die Wangen und Halsseiten ähnlich ge- zeichnet, aber von bleicherer oder mehr ins Graue ziehender Färbung; Oberrücken, Schultern und Flügeldecke dunkelbraun oder matt schwarzbraun mit dunkel rostgelben Federkanten, besonders an den Enden der Federn; Unterrücken, Bürzel, obere und untere Schwanzdecke und die Aussenseite der Schenkel- befiederung dunkel aschgraubraun, seidenartig dunkelgrün und purpurrötlich schimmernd; die Kehle weiss; die Gurgel, in einem schmalen Streifen, grauweiss; der übrige Unterkörper bräunlich aschgrau, auf der Mitte der Unterbrust und am Bauche in Weiss übergehend; die Unterflügel einfarbig dunkel- braun; Schwung- und Schwanzfedern matt schwarz, von hell- farbigen Säumen an ihnen selten eine Spur, alle mit schwarzen Schäften. Dass das Ende des Schwanzes bei diesen weniger zugerundet ist, als am alten Vogel, doch mehr als am jungen, wurde schon oben erwähnt, ebenso dass bei genauerem Nach- sehen an diesem zweiten Federkleide sich schon eine geringe Spur einer Stirnhaube zeigt. Äusserlich sichtbare Geschlechtsunterschiede, als die der verschiedenen Körpergrösse, lassen sich so wenig hier als beim vorigen Kleide finden; die Männchen sind immer etwas, oft bedeutend grösser als die Weibchen, und dies natürlich in allen Kleidern. Nach der zweiten Mauser erscheint der Vogel in seinem dritten, dem ausgefärbten Federkleide, das eine einfache, aber prächtige Färbung auszeichnet. Schnabel, Füsse und andere nackte Teile sind oben schon beschrieben und auch bemerkt, dass, wenn man die Federn aufsträubt, hinter der Stirn schon um ein paar Millimeter verlängerte Federn die Stelle anzeigen, wo in späteren Jahren jener schöne Stirnbusch in viel längeren Federn hervortritt. Der Augenstern ist jetzt lebhaft blaugrün. Kopf, Hals, alle unteren Teile des Rumpfes, Unterrücken, Bürzel und Schwanzdecke sind dunkel schwarz- grün oder schwarz mit schön grünem Seidenglanze, von präch- tigem Aussehen, Oberrücken, Schultern, Flügeldeckfedern und, ausser den grossen Schwingen, alle übrigen Flügelfedern matt schwarz, mit schwachem Kupferglanze und tief samtschwarzen, schmalen Federkäntchen, eine geschuppte Zeichnung, die auf dem Oberrücken und den Schultern, der regelmässig im Ver- bande eingereihten und glatten Federn wegen, sich wie Fisch- schuppen ausnimmt; die grossen Schwingen und der Schwanz schwarz ohne anderen Farbenglanz, auf der unteren Seite matter, auch der ganze Unterflügel schwarz. Das Weibchen ist etwas kleiner, sein Gefieder glänzt etwas weniger, und an der Unterbrust und dem Bauche sind öfters viele hellgraue oder weissliche Federn eingemischt. Im höheren Alter unterscheidet es sich, die geringere Grösse ausgenommen, kaum durch etwas schwächeren Glanz vom Männchen. ') Diese Beschreibung ist, wie die Abbildung der Fig. 3 auf unserer Tafel [— der alten Ausgabe, —] nach einem Exemplar vom Adriatischen Meer mit möglichster Genauigkeit entworfen, aber von anderen jungen Vögeln dieser Art aus den Eismeerländern nach sorgfältigsten Vergleichen nicht im mindesten abweichend gefunden. H. Gra»BA (Reise nach Färö, S. 154) hatte zu seiner Beschreibung ohne Zweifel einen Vogel im zweiten Jahre vor sich, denn auf das erste Jugendkleid passt bloss, was er dabei zuletzt sagt: „Mehrere Male habe ich Junge Vögel gesehen, welche eine stark glänzende dunkelgelbe Bronzefarbe u.s. w. hatten. Naum. Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). 1 Dieses prächtige Gefieder sieht in geringer Entfernung ganz schwarz aus, strahlt aber, besonders von der Sonne beschienen, im herrlichsten Glanze, den Mantel ausgenommen, immer in Grün, aber nicht in Blau und Violett wie bei Ph. capensis und ganz anders wie bei Ph. brasilianus, dessen Gefieder zwar auch in Grün schillert, an dem dieses aber bei weitem matter und auch bläulicher ist. Wenn unser Vogel dieses eben beschriebene Kleid in der nächsten Mauser mit einem neuen vertauscht, trägt dieses wie alle folgenden dieselben Farben, aber ihre Pracht und ihr Glanz vermehren sich (obgleich nicht auffallend) von Jahr zu Jahr. In welchem Lebensjahre sich jedoch zuerst jene be- rühmte Crista frontalis zeigt oder zu der Höhe von ein paar Centimetern erhebt, ist noch nicht ermittelt worden.!) Die Pracht des übrigen Gefieders, und dass sie verhältnismässig nur wenige alte Vögel haben, zeigt wohl zur Genüge, dass sie nur ganz alten eigen sein mag, zumal wenn diese Federn bis 7 cm Länge und vorwärts zurückgekrümmte Spitzen haben, indem solche Exemplare äusserst selten vorkommen. Das Gefieder ist am schönsten und mit dem stärksten Glanze geziert bald nach der Mauser, im Herbst und Winter; im Frühjahr befindet sich seine Schönheit bereits in Abnahme, und im. Sommer sieht es am schlechtesten aus. Wo es sehr viele dieser Scharben giebt, sollen zuweilen Spielarten mit weissen Flecken vorkommen, ja auf Färö will man sogar einmal eine ganz weisse angetroffen haben. Neuere Beobachter berichten indessen darüber nichts. [— Zur Vergleichung stand mir bei der Bearbeitung fol- gendes Material zur Verfügung: 1. ein altes Weibchen, im Frühjahr an den Orkney-Inseln erlegt, vollständig ausgefärbt, mit sehr schöner Haube und dunklem Schnabel — aus dem Museum brunsvicense; 2. alter Vogel mit Hollen, prachtvoll ausgefärbt — aus dem Museum brunsvicense; 3. alter Vogel mit prachtvollem Hollen, 1850 in Island er- legt, sehr schön ausgefärbt — aus der Sammlung E. F. v. Ho- MEYERS. Die abgebildeten Vögel sind ein altes Weibchen im Pracht- kleide von den Orkney-Inseln, Nr. 1 der obigen Aufzählung, ein Männchen im Sommerkleid aus Griechenland, befindlich ' im Dresdener Museum, und ein Vogel im Jugendkleide, von 1828, befindlich im Stuttgarter Naturalien-Kabinett. —] Aufenthalt. Die Krähenscharbe bewohnt die nördlichen Meere des Alten und zum Teil des Neuen Kontinents. Sie ist gemein in Grönland,’) auf Island und den Färöer, längs der Küste von Norwegen bis zu denen von Lapp- und Finland, in den grossen Buchten des Eismeeres über dem europäischen und asiatischen Russland entlang, bis nach Kamtschatka hin;?) auch viel südlicher an den grossen Seen in Sibirien) namentlich auf dem Baikal,?) in grosser Menge angetroffen worden. Vom europäischen Eismeer und den erwähnten Inseln geht sie bis zu denen von Schott- und Irland und an den Küsten dieser Länder bis zu denen des nördlichen [— und west- lichen —] England herab. Am westlichen Gestade Europas wird sie selten und meistens bloss einzeln bemerkt. Sie ist in- dessen auch, wiewohl in geringerer Zahl, auf dem Mittel- ländischen und Adriatischen Meere*) heimisch, bei Korsika, Sardinien und anderen Inseln und Küsten, bis Kandia und Cypern hinab, noch in nicht unbedeutenden Gesellschaften bei- sammen angetroffen worden. Nach genauester vergleichender Untersuchung waren Exemplare von Cypern anderen von Färö, Island und Norwegen in allem so vollkommen gleich, dass ') Nach neueren Beobachtungen scheint dies in der Mauser des dritten Lebensjahres stattzufinden. R. Bl. :) Sie kommt nicht in Grönland vor. ®) Das ist nicht richtig. R. Bl. *) Das bezieht sich auf die Unterart Ph. graculus Desmarestü, die Mittelmeerform der Scharbe. R., Bl. R. Bl. an Artverschiedenheit zwischen diesen und jenen gar nicht zu denken ist. — Auf der Ostsee scheint sie nur in den Buchten der gegenüberliegenden Küste im Winter und eben nicht oft vorzukommen; auf der diesseitigen nie. Es ist viele Wahr- scheinlichkeit vorhanden, dass sie früher einzeln, aber sehr selten, bei Helgoland erlegt ist, wo man sie für die Zwerg- scharbe gehalten hatte. Gewiss ist es jedoch von einem wirklich erlegten und mehreren gesehenen Exemplaren in der Elbmündung (bei der Heringsfischerei), und dass wir sie des- halb zu den Vögeln Norddeutschlands zählen dürfen. [— Die Krähenscharbe kommt als Brutvogel vor an den Küsten Westeuropas, in Island, auf den Färöern, an den ganzen Küsten der Britischen Inseln, an der Küste von Norwegen, Frankreich und den atlantischen Gestaden von Spanien und Portugal. Im Winter verlässt sie zum Teil ihre Brutplätze und wandert südlich, immer nur an den Meeres- küsten hin. Sehr selten ist sie im Binnenlande beobachtet worden. Nach GÄTkE (Vogelwarte Helgoland, II. Aufl., S. 586) ist die Krähenscharbe ein sehr seltener Besucher Helgolands, „erscheint aber fast nie vereinzelt, sondern meist in drei bis fünf Stücken, fischt am Tage auf dem Meere und kommt gleich seinem grösseren Vetter für die Nachtruhe nach Sonnenunter- gang in die Felsen der Insel.“ GÄTKE machte einmal in seinem Leben eine Doublette darnach. — Nach Lanpoıs (Vögel West- falens, S. 326) ist im Münsterlande bei Schloss’ Westerholt ein Exemplar geschossen. — Im X. Jahresbericht des Ausschusses für Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands, S. 612, 1885, wird erwähnt, dass nach Gotha acht Stück sich verflogen haben und ein Exemplar davon gefangen sei, vor 15 Jahren sei mitten in der Stadt Jena einer in der Nacht gefangen, an- gelockt durch das Gaslicht. — Nach WALCHNER soll er im Winter auf dem Bodensee und nach LANDBECK ebenda und auf der württembergischen Donau höchst selten erlegt worden sein. Bestätigung, schreibt JÄCKEL in seinen Vögel Bayerns, S. 344, bleibt abzuwarten. Nach Dr. Mepıcus (Ibidem) ist die Krähen- scharbe in der Pfalz vorgekommen. In Schleswig-Holstein ist die Krähenscharbe nach RoH- WEDER (in litteris) im Januar 1898 im Dithmarschen erlegt und im Herbste 1899 bei Laboe am Eingange zum Kieler Hafen. In dem uns benachbarten Holland ist sie auch sehr selten beobachtet. Nach ALBARDA (Aves neerlandicae, S. 64) wurde am 25. Februar 1860 ein Weibchen im Übergangskleide ge- schossen. SNOUCKAERT VAN SCHAUBUR@ (Ornith. Monatsber. VIII, 5. 115) führt noch folgende Vorkommnisse dort an: am 19. Februar und 25. Dezember 1898 je ein Weibchen bei Alk- maar (Nord-Holland) geschossen, am 22. Februar 1900 bei Hornhuizen (Groningen) ein Weibchen auf dem Watt in einem Stellnetze gefangen. —] Sie scheint noch weniger einen regelmässigen Wanderungs- trieb zu haben als die Kormoranscharbe. Sie streicht bloss aus einer Meeresgegend in die andere ‘und dies meistens in kleineren oder grösseren Gesellschaften, auch in bedeutenden Scharen, als ein auch strenge Kälte wenig achtender Vogel, aber keineswegs, um ein milderes Klima aufzusuchen, sondern anderen unbekannten Trieben folgend. Diejenigen, welche man in ungewöhnlichen Gegenden antrifft, sind gewöhnlich vereinzelte, die ein widriges Geschick von der Gesellschaft der übrigen getrennt hat oder die sich verflogen haben. Von den Nistorten, wo sie sich im März bis tief in den Sommer hinein in schwächeren oder stärkeren Vereinen aufhalten, begeben sich bald nach beendigten Fortpflanzungsgeschäften die aller- meisten hinweg, um an anderen und mehreren, doch nicht sehr weit entfernten Orten den übrigen Teil des Jahres zu verleben, diesen Aufenthalt gelegentlich zwar manchmal zu wechseln, aber auch öfter wiederzukehren und so bis zum Frübjahr sich herumzutreiben, wo sie abermals, und zwar ge- wöhnlich an den vorjährigen Brutorten, wieder erscheinen, welche überhaupt manche gar nicht zu verlassen scheinen. Die Krähenscharbe ist noch mehr Meervogel als der ı Kormoran, obgleich auch eine grosse Anzahl weit vom Meer 12 Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). entfernt lebt, wie unter anderen die an den grossen Seen im Innern Sibiriens.!) Die in Europa wohnenden, namentlich im nordwestlichen, werden nur auf dem Meer, an dessen Küsten und Inseln angetroffen, immer im Angesichte desselben oder vielmehr auf dem vom Meer bespülten Gestade, nie im Innern der Inseln, kaum in nicht ganz engen Buchten. An den schauerlich wilden Gestaden der Lofoten und der Färöer wohnt diese Scharbe in überaus grosser Anzahl, sodass man in einer einzigen Bucht bei den letzteren in einem Winter 500 Stück erlegen konnte, wozu nur geringe Mittel zu Gebote standen. — sie liebt solche Gegenden, wo niedrige Klippen sich aus dem Meer erheben, die sie vom Wasserspiegel aus erklettert, um sich darauf auszuruhen, sich zu sonnen und ihr Gefieder zu trocknen, und von welchen sie auch zu Fuss wieder ins Wasser hinabgleiten kann. Ihre Brutorte liegen dagegen viel höher, auf eigenen Plätzen und Felsabsätzen wohl 42 m über dem Wasserspiegel, an schroffen Felswänden, aber nicht leicht höher und noch weniger ganz oben, wo bei 280 m Höhe und noch höher noch andere Seevögel nisten. Sie liebt die Felsen so, dass sie sich fast nur allein an solchen hohen Felsen- gestaden aufhält, bei denen sich teils jene erwähnten niedrigen Klippen, teils jähe, senkrechte oder zum Teil überhängende, himmelhohe Felswände wildromantisch aus dem Meer erheben. Alle diese Aufenthaltsorte sind rauhe, meist nackte oder mit wenig Grün, von kurzem Rasen und einzelnen niedrigen, in den Spalten der Felsen vegetierenden Pflanzen geschmückte, völlig baumlose Gegenden. Sie scheint für solche eine be- sondere Vorliebe zu haben, da sie ganz ähnliche auch in milderen Klimaten, z. B. auf dem Mittelmeer, am Baikal und anderwärts aufsucht und anderen vorzieht. Am Baikal soll sie so häufig sein, dass ihre unermesslichen Scharen ganze Felsenmassen bedecken.”) Man sagt zwar, dass sie in milde- ren Gegenden auch an bewaldeten Seeufern wohne, sich auf Bäume setze oder gar auf ihnen niste; allein, da diesen Nach- richten völlige Gewissheit mangelt und man hierbei an eine Verwechslung mit dem Kormoran denken kann, so können wir sie nur als ungewisse Sage betrachten.?) Eigenschaften. Obgleich sehr einfach gefärbt, so macht doch die tiefe Schwärze des Gefieders, hauptsächlich aber sein ausserordent- lich starker Glanz und Schiller, meistens ein sehr lebhaftes prächtiges Grün, zumal wenn es im höchsten Lichte steht oder gar von der Sonne beschienen wird, die alte Krähenscharbe zu einem recht schönen Vogel. Trägt sie dazu bereits ihre sonderbare Stirnhaube, so giebt ihr diese einen ganz eigentüm- lichen Schmuck, den sie aber vornehmlich nur im Schwimmen zeigt, wo er lotrecht aufgerichtet, zuweilen sogar noch etwas vorgebogen ist. Im Sitzen, besondere Affektionen ausgenommen, legt sie ihn dagegen nieder, sodass er dann kaum zu bemerken ist, wenn nicht bereits die Enden seiner Federn vorwärts ge- krümmt sind, was bloss sehr alte haben. Sind, wie bei jüngeren Vögeln, diese Federn noch schlicht und gerade, so kann sie ihn so glatt niederlegen, dass man ihn nicht bemerkt, bevor man den Vogel in die Hände bekommt. Bei solchen, wo die Federn an dieser Stelle nur erst ein paar Millimeter länger als ihre Nachbarn sind, wird diese leise Andeutung der Stirn- haube nur bemerklich, wenn man sämtliche Federn des Ober- kopfes aufsträubt, und beim lebenden Vogel gar nicht, weil man ihm schwimmend, wo er sie allein zeigt, selten nahe genug ist, um das kleine Stirnhügelchen, das diese Federn bilden, zu unterscheiden. Von der Kormoranscharbe unterscheidet sie sich schon in bedeutender Ferne sowohl durch die viel geringere Grösse, als an der schlankeren Gestalt und durch eine grössere Be- weglichkeit. Sie geht und steht zwar auf der Spur, doch beides ungern und wenig anhaltend. Wenige Augenblicke nach dem ‘) In Sibirien kommt Ph. graculus nicht vor. R. Bl. ?) Dies bezieht sich auf Ph. carbo. R. Bl. ®) Die Scharben brüten nur auf Felsen. R. Bl. Auftreten lässt sie sich schon auf die Laufsohle nieder, und so, zugleich auf den starren Schwanz gestützt, hält sie dann stundenlang aus. Der Rumpf ist dabei sehr steil aufgerichtet, der lange Hals, je nachdem sie mehr oder weniger sich sicher glaubt, schwächer oder stärker S-förmig gebogen, die grösste und stärkste Biegung gleich am Genick, wodurch dieses nach hinten verlängert erscheint. Sie kann wie andere Arten den Hals in sich hinein verkürzen, dehnt ihn aber gewöhnlich ganz aus und dreht dazu den Kopf bald auf diese, bald auf jene Seite, wenn ihr eine vermeintliche Gefahr näher rückt, um | den Gegenstand ihrer Besorgnis bald mit dem rechten, bald mit dem linken Auge zu betrachten; eine eigentümliche Be- wegung, die auch anderen Scharben eigen zu sein scheint. Ihre gewöhnlichen Ruheplätze, aus dem Meer sich nicht ganz steil und nicht sehr hoch erhebende, bei hoch gehender See vielmehr oft überflutete Klippen, und zwar in dieser Gegend immer dieselben, erklettert sie vom Wasser aus mit vieler Ge- schicklichkeit und nimmt dann oben, wo sie die Brandung nicht mehr belästigt, Platz. Da sie die einmal gewählten Felsen, sobald sie ausruhen will, immer wieder besteigt, ja selbst dasselbe Plätzchen immer wieder inne hat, so sind diese Stellen von ihrem kalkartigen Unrat so bespritzt und besudelt, dass sie schon von weitem ganz weiss in die Augen fallen; es sei denn, dass sie kurz vorher bei sehr bewegter See von den Wogen erreicht und rein gewaschen wären. Bei Stürmen müssen sie sich freilich nach höheren Ruheplätzen umsehen; sobald er aber vorüber und die alten wieder vom Wasser frei sind, geben sie ihnen auch wieder den Vorzug vor allen anderen. Ganz sonderbar sieht sie aus, wenn sie auf einer vom Wasser schräg aufsteigenden Fläche, das Gesicht dem Meere zu, gleichsam wie ein Hund auf dem Hintern sitzt und der stützende Schwanz hinter ihr auf der aufsteigenden Ebene aus- gebreitet ist. In dieser Stellung sonnen und putzen sich diese Vögel stundenlang; hier trocknen sie ihr Gefieder, das sonder- barerweise nach anhaltendem Tauchen und Schwimmen auf und im Wasser viel Nässe annimmt, die Flügel besonders so viel, dass es ihnen zuweilen das Fliegen ganz unmöglich machen soll. Darum öffnen sie, sobald sie ihren Sitz erklettert und eingenommen haben, ihre Flügel ungefähr so weit, wie der Adler im Wappen des französischen Kaiserreichs, und fächern unablässig stundenlang damit, bis sie ganz trocken geworden sind. Werden sie hier durch Herannahen von Menschen ängst- lich gemacht, so lassen alle, auf die Brust niedergelegt, sich schnell ins Meer hinabgleiten; werden sie aber erschreckt, z. B. durch einen Schuss, so stürzen sich alle in demselben Augenblicke kopflings ins Meer, verschwinden unter der Fläche und tauchen weit davon erst wieder auf. Die Krähenscharbe schwimmt zwar sehr flink, aber nicht so tief in der Fläche wie der Kormoran, und ein Teil des Rückens ist dabei immer über dem Wasser zu sehen, der Schwanz schleppt aber ebenfalls im Wasser. Sie reckt dazu den Hals gerade in die Höhe oder giebt ihm doch nur wenig von jener S-Biegung, am meisten noch oben am Genick. Dem grossen Haubentaucher sieht die schwimmende Krähen- scharbe in der Ferne sehr ähnlich, der Farbe wegen Junge noch mehr als Alte. Ihr Tauchen aus dem Schwimmen be- ginnt aber auf andere Weise; den Schnabel gesenkt, den Hals stark gekrümmt, den Rücken erst vorn erhoben, im Eintauchen dessen Hinterteil und den Schwanz aufschnellend, verschwindet sie mit einem kleinen Sprunge ebenso schnell, doch nicht so leicht aussehend, von der Oberfläche wie die Lappentaucher, schneller freilich noch, wenn sie sich, wie oben schon erwähnt, in einem Augenblicke köpflings von ihrem Ruhesitze ins Wasser stürzt. [— Nach Sysselmaand MÜLLERS Beobachtungen (Journ. f. Ornith. 1869, S. 389) auf den Färöern kann man sie an dieser Art und Weise des Untertauchens schon von weitem von den Kormoranen unterscheiden. Die Scharben springen, um zu tauchen, in einem Bogen von der See auf, während die Kormorane direkt vorwärts ins Wasser schiessen. —] Sie Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). 13 hält nach GrABAs Versicherung drei bis vier Minuten lang unter Wasser aus, ehe sie wieder Luft zu schöpfen braucht, und durchschwimmt zwischen der Fläche und dem Boden des Wassers in dieser kurzen Zeit unglaublich grosse Strecken, sodass sie zuweilen erst mehrere hundert Fuss von der Stelle des Eintauchens wieder auftaucht oder auf den Grund geht, . wo das Wasser 28 bis 42 m Tiefe hat, welches sie dadurch bewies, dass sie mit Arten von Fischen im Schnabel herauf- kam, die nur auf dem Boden des Meeres sich aufhalten. Nach den Angaben desselben Beobachters, wie FABERs und anderer, gebraucht sie zum Rudern unter Wasser bloss die Füsse und schliesst dazu die Flügel fest an den Leib. Käme diese Be- hauptung nicht von so bewährten Männern, die sich um die Aufklärung der Naturgeschichte aller hochnordischen Vögel wahrlich grossen Ruhm erworben, so möchte uns der Umstand, dass nach anhaltendem Tauchen namentlich die Flügel so nass werden, dass sie zum Fliegen in der Luft einige Zeit unbrauch- bar bleiben, weshalb sich die Scharben bemühen, sie bald wieder in der Luft und Sonne zu trocknen, so möchte uns diese Thatsache fast verleiten, zu glauben, dass die Scharben, so gut wie Alken und Lummen, unter Wasser getaucht, nicht allein mit den Füssen, sondern zugleich auch mit den Flügeln ruderten. Die starre Beschaffenheit der Flügelfedern scheint diese Ansicht auch nicht zu schwächen. — Der harte, elastische Schwanz dient ihr nicht bloss zur Stütze beim Stehen und Gehen, sondern auch, dem Auffliegen von der Wasserfläche mit einem schnellenden Druck gegen diese nachzuhelfen, leistet ihr aber wohl den wesentlichsten Dienst beim Aufsteigen vom Boden des Wassers, wo sie ihn gegen jenen stemmt und durch einen damit verbundenen kräftigen Druck den Körper auf- wärts schnellt, weshalb seine Federn an den Enden auch bald nach der Mauser schon Spuren des Abschleifens und Abstossens zeigen, die mit der Zeit sehr auffallend werden und ihre Länge oft gegen 1,2 cm verkürzen. Ihr Flug ähnelt dem einer Ente, abwechselnd aber auch dem einer Krähe und Dohle. Bei gerade ausgestrecktem Halse werden die weit ausgespannten Flügel bald hastig bewegt, bald still gehalten, um schwebend fortzugleiten, wobei dieser Flug ziemlich fördert, aber ohne besondere Schwenkungen in einfacher Linie fortgeht, darin aber der Körper etwas wackelt oder abwechselnd von einer Seite auf die andere wankt. Sie fliegt nicht gern, daher selten sehr weit weg oder lange an- haltend, weicht auf dem Wasser den ihr drohenden Gefahren lieber schwimmend und tauchend aus, entgeht dem Boote, das sie in die Enge treiben will, oft dadurch, dass sie in der Tiefe unter ihm wegzieht, dann in entgegengesetzter Richtung und weit davon erst wieder auftaucht, um jetzt ohne Gefahr sich fliegend zu entfernen. Nur beim Nest ist diese Scharbe zutraulich genug gegen die Annäherung des Menschen, an allen anderen Orten aber sehr scheu und vorsichtig. Wie eben gesagt, weichen sie auf dem Wasser bei Zeiten allem aus, was ihnen Gefahr bringen könnte, und auf ihren Felsenspitzen bemerkt man schon in grosser Entfernung an dem häufigen Hin- und Herdrehen des kleinen Kopfes auf dem dünnen beweglichen Halse ihre wachsende Unruhe, und ehe man noch daran denkt, gleitet schon die ganze Gesellschaft ins Meer hinab. Die vereinzelte Krähenscharbe ist weniger scheu, als die, wo mehrere bei- sammen sind, wie wir dies auch von anderen Vögeln sehen. Unsere Scharbe ist übrigens sehr gesellig, ausser der Fort- pflanzungszeit oftin Scharen von vielen Hunderten, ja Tausenden, beisammen, in dieser zwar in kleinere verteilt, doch aber nie ganz vereinzelt, auch wohnen dann die kleineren Vereine oft nur in geringer Entfernung voneinander. Hier mischen sie sich mit ihren Nestern nicht unter andere Vögel, wohnen aber dicht neben ihnen auf abgesonderten Plätzen beisammen. Aber sie sind auch deshalb nicht ungesellig zu nennen; denn auf dem Wasser, wie auf ihren Ruheplätzen, sitzt oft Jung und Alt traulich zwischen Kormoranen, Eiderenten und anderen Schwimmvögeln. Naumann, Naturgeschichte. Bd. XI. Ihre tieftönende, schnarrende Stimme lassen sie anders- wo als beim Neste kaum jemals, auch hier nur äusserst selten hören; dagegen schreien die Jungen im Neste fast beständig in einem kreischend schnarrenden Tone. [— Sie haben eine sehr kleine Zunge, diese ist kaum mehr als ein Rudiment. Nach Sysselmaand MÜLLER (l. c.) geht deshalb auf den Färöern die Sage, dies sei eine Strafe dafür, dass die Scharbe dem Raben das Nest des Eidervogels ver- rate. —| Nahrung. Wie andere Arten dieser Gattung, nährt sich auch die Krähenscharbe ausschliesslich von Fischen, welche sie sich selbst fängt. Sonderbarerweise sind dies meistens tiefgehende oder auf dem Grunde des Wassers sitzende, welcher sie sich nicht anders zu bemeistern vermag, als durch ausserordentlich tiefes und langes Untertauchen und welche sie in dem Augenblicke verschlingt, wenn sie eben den Kopf wieder über die Wasser- fläche emporreckt. Selbst ziemlich breite und eine Hand lange vermag sie, obwohl nicht ohne einige Anstrengung, zu verschlingen und sucht sie dabei im Schnabel stets so zu wenden, dass der Kopf des Fisches vorangeht. Etwas grössere weiss sie auch zu zerstückeln; zu grosse mag sie jedoch nicht. Man erstaunt, wenn man liest, wie GRABA (s. Reise nach Färö, S. 161) beobachtet hat, dass diese Scharben an Stellen, wo das Meer eine Tiefe von 28 bis 42 m hatte, eintauchten und erst nach drei bis vier Minuten, mit einem Fische im Schnabel, wieder auftauchten und hier COottus scorpio, Olupea sprattus und Junge des Pleuronectes hippoglossus heraufbrachten; alles zu dieser Zeit auf dem Grunde des Meeres liegende Fische. Wie andere Scharben, gehen auch diese nur am Tage ihrer Nahrung und ihren übrigen Geschäften nach, verbringen aber die Nächte schlafend, meistens auf einem trockenen Plätzchen und in Gesellschaften vereint. Ihren häufigen, dünnflüssigen, kalkartigen, weissen Un- rat spritzt sie mit aufgehobenem Schwanze weit von sich. Er färbt das Nest mit seinen Umgebungen und an ihren Ruhe- sitzen ebenso die Felsen ganz weiss und sitzt so fest auf den- selben, dass ihn nur lang anhaltende Nässe aufzuweichen und wegzuwaschen vermag. Fortpflanzung. Die Krähenscharbe pflanzt sich an den Küsten des Eis- meeres und der in demselben gelegenen Inseln an vielen Orten häufig fort, sehr häufig auf den lofotischen Inseln und den Färöern, wo sie an sehr vielen Stellen in Menge beisammen nistet. Übrigens ist sie an der ganzen Küste des oberen Nor- wegen, auf Island und anderen oben schon genannten Ländern auch in dieser Zeit gemein genug und hat daselbst ihre vielen Nistplätze, auf denen sie im März und April er- scheint und zum Nisten Anstalt macht, d. i. um anderthalb Monat früher als Alken, Lummen und andere sogenannte Bergvögel. Diese Plätze liegen stets dicht am Meer, meistens an von noch vielen anderen Seevögelarten bewohnten Stellen, doch sind ihre Nester nicht zwischen denen dieser, sondern auf eigenen Plätzen angebracht, zu welchen 10, 20 oder noch mehr Paare gehören. Solcher kleiner Kolonien giebt es aber viele in einem nicht gar grossen Umkreise. Hier stehen ihre Nester auf breiten, oft überhangenden Absätzen und in den Spalten meistens senkrecht aufsteigender Felswände, zu welchen der Mensch gewöhnlich nur mit Lebensgefahr und durch ausserordentliche Mittel gelangen kann, in einer Höhe von 42 m, nicht leicht höher, aber auch nicht oft niedriger als 25 m über dem Spiegel des Meeres. An solchen Orten stehen die eines und desselben Nistvereins gewöhnlich ganz nahe beisammen und nehmen deshalb keinen grossen Raum ein. Das Nest ist ansehnlich gross, anfänglich auch ziemlich hoch und in der Mitte vertieft; aber durch das Betreten der Inhaber wird es zuletzt, ehe die Jungen ausfliegen, sehr 10 14 niedrig und ganz flach. Beide Gatten bauen es aus verschiedenen Tang-Arten (am häufigsten Fucus vesiculosus) und von Meergras (Zostera marina) auf und schleppen das Material im Schnabel herbei. Weil nun diese Seegewächse viel salzige und schleimige Teile enthalten, so werden sie nie ganz trocken und ziehen immer wieder von neuem Feuchtigkeit an sich, so ..dass also diese Scharbennester gewöhnlich ganz nass und in ihrer Mitte sehr schmutzig sind. Dies und ihr häufiger Unrat, mit welchem sie alles umher wie mit Kalk übertünchen, und später das Auswürgen halbverdauter Fische vor den Jungen machen solche Stellen sehr schlüpferig und ekelhaft. [— E. W. H. Braag (Ibis 1893, S. 353) schildert uns sehr anschaulich den Besuch einer grossen Scharbenkolonie auf den Klippen von Noss in den Shetlands-Inseln, am 28. Mai: „Unzählige Nester waren in den Höhlen und unter Felsen an- sebracht. Beim Betreten derselben zogen sich die Scharben mit furchtbarem Lärm gegen das Ende der Höhle zurück. Ebensoviele Nester enthielten Eier, als solche mit Jungen. Diese waren in allen Altersstufen vorhanden, manche Eier waren noch frisch. Sie schienen, wie viele andere Vögel, während der Brutzeit ihr Nest zu vergrössern, viele derselben mit Jungen hatten grüne Pflanzen am Rande. Der Geruch war furchtbar, das Schlimmste aber die Unmasse von Scharben- läusen, die an den Vögeln, Nestern, Eiern, den Höhlen und Felsen vorhanden waren und sich nun an die Kleider der Be- sucher setzten und unausstehlich juckten.“ —|] Manche Weibchen legen schon im April, die Mehrzahl aber erst im Mai, und. wenn man Ende Juni und später noch Eier in den Nestern findet, so gehören diese wahrscheinlich durch unbekannte Ursachen verspäteten Gelegen an und zu den Ausnahmen. Ein Nest enthält nie weniger als drei und nie mehr als vier Eier,!) welche in jedem Betracht denen der Kormoranscharbe täuschend ähnlich sind. Sie sind aller- dings ein wenig kleiner, aber oft nur so wenig, dass sie von manchen zufällig etwas kleineren jener Art kaum zu unter- scheiden sind. Ich habe sie, von BOIE und FABER gesammelt, in mehreren Exemplaren verglichen und sie 59 bis 65 mm lang und 37 bis 39 mm breit gefunden. Ihre Normalgestalt ist eine sehr gestreckte, schlanke, die stärkste Wölbung beinahe in der Mitte, von den beiden zugerundeten Enden das eine wenig spitzer als das entgegengesetzte. Etwas kürzer und dicker geformte sind selten. Sie ähneln in der Gestalt denen der Lappentaucher am meisten. Ihre ziemlich feste Schale ist blaugrünlichweiss, ohne alle Flecke, von ihr aber wenig zu sehen, vor dem kalkartigen Überzuge, welcher sie gleich- förmig bedeckt, beim Legen aber noch sehr weich sein muss, daher mancherlei Eindrücke erhält, worunter Striche oder Fleckchen vorkommen, an welchen die Schale davon befreit ist, auch solche, wo sich dieser Überzug etwas zusammen ge- schoben hat. Er macht die Aussenfläche des Eies ziemlich uneben, wenigstens bei manchen Exemplaren, und fühlt sich fast an wie trockene Kalktünche. Seine Färbung ist ursprünglich auch eine schwach blaugrünliche und ungefleckte, weil er aber allen fremden Schmutz leicht aufsaugt, so erscheint er bald olivenbräunlich besudelt, gefleckt und marmoriert, und wenn die Eier lange bebrütet sind, fast ganz mit dieser Farbe über- zogen ‚oder doch stark gewölkt. Zuweilen sind sie auch über und über dunkelbraun bespritzt uud fein punktiert, dies von den Exkrementen der im Gefieder des brütenden Vogels häufig wohnenden Schmarotzerinsekten. Dieser wie jener zufällige Schmutz lässt sich, im warmen Wasser erweicht, leicht ab- waschen und so die ursprüngliche Färbung wieder ziemlich rein herstellen. [— Drei von mir gemessene Eier aus der HOLLANDTschen Sammlung (jetzt im Museum brunsvicense) haben folgende Grössenverhältnisse: ‘) Nach Cotterr sind in einem Neste in Norwegen acht Eier ge- funden worden, JOURDAIN fand mehrfach auf den Britischen Inseln fünf Eier. Auch Saxgy (Birds of Shetland, S. 320) und BrAa« (Ibis 1898, S. 354) sagen, dass oft fünf Eier gelegt werden. R. Bl. u Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 62.7 mm 36,5 mm 27,0 mm 665 „ 393 DB 69,7 „ 393 , aba, Drei Eier meiner Sammlung haben folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: Längsdurchmesser (Juerdurchmesser Gewicht Gelege vom 63,0 mm 38,4 mm 5,6 g 30. Mai 1872 Ba 38,0 „ 55, Shetlands-Inseln Do,B 5 98:0. 42, Zwei Eier aus der Rryschen Sammlung haben folgende Grösse: 61,4x 36,3 mm und 60,2 x 38,3 mm und ein Gewicht von 5,215 g. 38 Eier in der Sammlung des Britischen Museums haben nach dem Katalog (Vol. II, S. 201) folgende Grössenverhältnisse: 57,15 bis 66,04 x 35,56 bis 40,64 mm. —] Beide Gatten brüten abwechselnd, ohne Brutflecke zu haben, 24 bis 27 Tage und zeigen viel Liebe für die Eier, von denen häufig eins faul gebrütet wird. Wenn sich den Brütenden ein Mensch nähert, gebärden sie sich, als wollten sie Futter aufwürgen, halten sehr nahe aus, ehe sie vom Neste fliegen, und kehren sehr bald auch wieder auf dasselbe zurück.. Der andere Gatte umschwebt indessen gewöhnlich die Neststelle ebenfalls in geringer Entfernung, aber sie schreien selten da- bei, eher noch, wenn sie schon Junge haben und diese durch ihr Schreien sie dazu aufmuntern. Auf der bleifarbigen nackten Haut dieser Jungen zeigen sich nach einigen Tagen gelbliche Dunen, die nach und nach bräunlicher werden und, wenn sie den Körper völlig bedecken, ganz graubraun aussehen. Nach vier bis fünf Wochen erhalten sie ihr ordentliches Gefieder, in derselben Folge wie die Jungen der vorigen Art, und sind zum Ausfliegen bereit. Sie werden von den Alten reichlich mit Futter versehen, anfänglich mit halbverdauten kleinen Fischen, die sie ihnen in den Schnabel auswürgen, später auch mit grösseren, welche sie ihnen bloss vorspeien, und zum Ver- schlingen zu grosse ihnen zuvor auch zerstückeln. In dieser Zeit fliegen die Alten unablässig mit dick angefüllter Speise- röhre und vollem Kehlsacke zum Neste, um den beständig regen Hunger dieser jungen Fresser zu beschwichtigen. Die gierigen Jungen empfangen das Futter meistens unter heftigem Schreien von ihrer Seite. Flugbar und von ihrem Felsensitze auf das Wasser geführt, werden sie von den Alten, nach Art der Taucher, im Fischefangen unterwiesen, was sie ihnen auch in sehr kurzer Zeit ablernen. Sie bleiben dann bei diesen und meistens in der Gegend, wo sie ausgebrütet sind. Gewöhnlich entfernen sich die Alten auch nachher.nicht weit von ihren Brutorten oder sind doch mit Eintritt des Frühlings wieder daselbst anzutreffen. Die besonderen Plätze auf den Felsen, wo sie ihre Nester haben, suchen sie alle Jahre wieder auf, und so kennt man Stellen, auf welchen schon seit Jahrhunderten Scharben dieser Art nisteten, sodass in mehreren Gegenden des hohen Nordens manche Felsen und Vorgebirge ihre Namen davon erhielten. Feinde. Man darf bloss vermuten, dass der Seeadler diese Vögel gelegentlich auch nicht verschont. Etwas Gewisses hat niemand darüber bemerkt. Dass ihr Gefieder von Schmarotzerinsekten zahlreich be- wohnt wird und in ihren Eingeweiden verschiedenartige Würmer hausen, ist vielseitig beobachtet und gewiss; allein nicht, zu welchen Gattungen und Arten diese oder jene gehören mögen, weshalb sie auch hier nicht namentlich angeführt werden können. [— In den Eingeweiden wurden gefunden: Ascaris spiculigerd RuD., Distomum spinulosum RuD., Echinorhynchus hystrix BREMS, Distomum croaticum STOSSICH. —] Jagd. Die Krähenscharbe ist zu scheu, als dass sie auf dem Freien schussrecht aushalten sollte, und zum Anschleichen fehlt es an ihren Aufenthaltsorten meistens an einem Hinter- Die Krähen-Sceharbe, Phalacrocorax graculus (L.). 715 halt. Auf dem Wasser sucht sie durch sofortiges Untertauchen sich zu retten, nur wenn man sie mit dem Boote sehr be- hutsam gegen das Land zu treiben sucht, soll es manchmal gelingen, sich ihr auf Schussweite zu nähern; aber sie bietet, weil sie sehr tief schwimmt, auf dem Wasser ein sehr kleines und für den Schuss unsicheres Ziel, taucht nach einem Fehl- schuss augenblicklich unter, zieht im Wasser unter dem Boote durch und erscheint in weiter Ferne erst wieder oben. Wo sie selten gestört werden, halten die Gesellschaften, auf den niedrigen Klippen sitzend, während des Fächerns mit den Flügeln zuweilen die Annäherung eines Bootes aus, wo dann nach einem Schuss in demselben Augenblick alle zugleich ins Wasser stürzen und tauchend verschwinden, was den Schützen schon oft getäuscht hat, er habe alle getroffen, während er nicht eine erhielt. Bei den sonstigen Feuerschlössern an den Schiessgewehren ging es auf dem Wasser wie bei den Tauchern, der Vogel tauchte beim Blitzen der Pfanne, und der Schuss traf auf die leere Stelle. Auf den Nistplätzen und bei den Nestern würden sie leicht zu erlegen sein, wenn jene nur nicht meistens mit Lebensgefahr zu erklettern wären. Die angeschossene Krähenscharbe taucht augenblicklich und kommt gewöhnlich niemals wieder zum Vorschein; auch flügellahm geschossene verschwanden oft auf diese Weise spurlos. Trotz der Schwierig- keiten dieser Jagd war es doch den Färingern bei Westmann- haven einmal gelungen, in einem Winter 500 dieser Scharben zu erlegen. Nutzen. Auch diese Art hat eine widerliche Ausdünstung, die dem Balge auch nach dem Austrocknen verbleibt. Ihretwegen würde sie schon von zivilisierten Nationen für den Tisch ver- schmäht werden, wogegen aber die hochnordischen Völker ihr Fleisch wohlschmeckend finden und das der Jungen sogar für eine Delikatesse halten. Sie holen daher die erwachsenen Jungen auf eine lebensgefährliche Weise aus den Nestern, ehe sie völlig fliegen können. H. GRABA vergleicht den Geschmack ' dieses, auf Färö sehr gesuchten Gerichts nur mit dem von Mergus serrator; wir würden es demnach ein elendes Essen nennen. [— Nach Sysselmaand MÜLLER (Journ. f. Ornith. 1869, S. 339) sollen sie im Geschmack dem Hasenbraten gleichen. —|] Die Eier sind so wenig schmackhaft, dass sie sogar von mehreren hochnordischen Nationen nicht gegessen werden; weder das Weisse noch der fahlgelbe Dotter werden durch anhaltendes Kochen hart. Die Grönländer sollen die Häute, welche ein festes Leder geben, mit den Federn gern zu Kleidungsstücken verarbeiten. Schaden. In kultivierten Gegenden würde man diese Vögel bald als Fischräuber verfolgen und auszurotten trachten: auf dem Meere gönnt man es ihnen dagegen gern, von dem Überfluss an Fischen, den dieses enthält, auch ihr Teil unbeneidet in Anspruch zu nehmen. [— Unterart. Die Mittelmeer-Scharbe, Phalacrocorax graculus Desmarestii (PAYRAUDEAT). Fremde Trivialnamen: Croatisch: Zmirak. Dalmatinisch: Galica, Mrkulj, Strkoe, Vran, Vranac. Englisch: Mediterranean Shag. Italienisch: Marangone col ciuffo, Marangone largup, Cormorano medio, Magrun gianco, Corv maren, Marguni, Maranguni pettu biancu (die Jungen), Cuorvu marınu tupputu, Orobu di mari, Crobu anguiddargiu (die Alten), Crobu brenti gianca (die Jungen), Marguni svarın, Cuorvi di mari. Phalacrocorax Desmarestii. Payraudeau, Ann. Sci. Nat. (I.) VIII. p. 464 (1826). — FPhalacrocorax Desmarestii. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p- LXXXVIH u. 233 (1840). — Halieus Desmarestii. Gloger, Journ. f. Ornith. 1857, p. 5. — Halieus leucogaster. Gloger, Journ. f. Ornith. 1857, p. 14. — Carbo Desmaresti. E. v. Homeyer, Journ. f. Omith. 1858, p. 237 und 1859, p. 132. — Phalacrocorax graculus. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 167 (1860). — Phalacrocorax Desmarestiü. Lindermayer, ibidem (1860). — Phalacrocorax graculus. Giglioli, Avif. ital. p. 272 (1886), p. 427 (18891. — Phalacrocorax graculus croaticus. Brusina, Glasnik hrvatskoga naravoslovnoga druztva, V, Zagreb, 1890, p. 72 und Ornith. Jahrb. II, 1891, p. 23. — Phalacrocorax graculus (var. Desmaresti). Reiser, Orn. balcan. IV. p. 144 (1896). — Phalacrocorax graculus, subspec. «. desmaresti. Cat. Birds Brit. Mus, XXVI. p. 368 (1898). — Phalacrocorax graculus. Chernel, Magyarorszäg madarai p. 74 (1899). Die Mittelmeer-Form der Krähenscharbe unterscheidet sich dadurch von dem nordeuropäischen Ph. graculus, dass der Schnabel länger und schlanker ist und bei den alten Vögeln weisslicher erscheint und dass die Jungen auf der Unterseite weiss sind. Bei der Beschreibung stand mir folgendes Vergleichs- material zur Verfügung: 1. altes Männchen, erlegt am 26. Februar bei Abbazia, sehr schön ausgefärbtes Exemplar, mit Haube und hellem Schnabel — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 2. alter Vogel, erlegt am 16. Mai 1861 in der Türkei, ohne Haube, mit hellem Schnabel, sehr schön ausgefärbt — aus dem Museum brunsvicense; 3. zweijähriges Weibchen, erlegt am 12. Oktober im Quarnero-Golf bei Fiume, Brust und Unterseite braun, Rücken dunkelgrün, Kehle und Hals weisslich gesprenkelt, Schnabel hell — aus der Sammlung R. BLasıus; 4. junger Vogel im Übergange, erlegt am 23. Mai 1887 an der Nordostküste von der Insel Cherso im Quarnero-Golfe. Auf dem Rücken erscheinen einige dunkelgrüne Federn — aus der Sammlung E. von HOMEYERS; 5. junges Männchen, erlegt am 1. September 1858 bei Filsita (Nord-Afrika.) Typisches Jugendkleid, noch kleine dunkle Federn auf dem Rücken, heller Schnabel — aus dem Museum brunsvicense; 6. junger Vogel, erlegt am 2. Juni 1873 in Südfrankreich, wie Nr. 5, heller Schnabel — aus der Sammlung E. von HoMEYERS; 1. Exemplar, noch jünger als Nr. 5 und 6, auf dem Rücken braune Federn mit hellen Säumen — aus dem Museum brunsvicense. SALVADORI (Journ. f. Ornith. 1865, S. 419) beschreibt eine interessante Färbung der Federn der Oberseite des Rückens. Nach den Untersuchungen des Botanikers P. Savı in Pisa be- steht die grüne Färbung, die an den Spitzen der Federn vor- kommt, die nicht beständig beim Schwimmen untergetaucht sind, aus einer Ulva involvens, einer Ulvacee, die die Feder- bärte und Bärtchen überzieht. Die Mittelmeerscharbe brütet an den Küsten Korsikas, Sardiniens, Italiens, in der Bucht von Fiume und im Ungarisch- Kroatischen Litorale, an den Küsten der Türkei und Griechen- lands und den griechischen Inseln und an der Nordküste Afrikas, am Schwarzen und Kaspischen Meere. In Deutschland ist sie bisher nicht vorgekommen. An der Insel Pervicchio im Quarnero-Golfe beobachtete ich überall (siehe weiter unten) die Nisthöhlen, rundliche Löcher, in die Spalten der Felsen hineinführend, aussen weiss von der Aufzucht der Jungen her. Die Brutplätze liegen von den Partien dicht über der Meeresfläche an bis 80 bis 100 m hinauf. In der ersten Hälfte des April beginnen sie zu brüten. — MUNN (siehe Ibis 1897, S. 53) fand anfangs Mai am Kap Negro in 98 76 Die Krähen-Scharbe, Phalacrocorax graculus (L.). Marokko, südlich von Ceuta, schon ausgewachsene Junge in den Nestern. — GÖBEL (Journ. f. Ornith. 1870, S. 141) fand in einer Brutkolonie auf der Beresan-Insel an der Dnjepr-Mündung Ende Mai zwei Eier im Neste. Die Eier gleichen in ihrer Schale und Grösse denen der nordischen Krähenscharben. Im Britischen Museum findet sich nach dem Katalog (Vol. II, S. 201) ein Ei aufgeführt von der Wolga, 5842 x 38,10 mm. Sehr eigentümlich ist die Jagd auf die Krähenscharben. Am 12. Oktober 1899 hatte ich Gelegenheit, unter Führung des Direktor BaraC in Fiume diese Jagd im Quarnero-Golfe auszuüben (siehe meine Schilderung in der Ornith. Monatschr. 1900, 85. 380 u. fl). Wenn man Scharben auf dem Felsen sitzen oder auf dem Meere schwimmen sieht und sich ihnen nähert, ohne vorher mit der Büchse eine Kugel hingesandt zu haben (zuweilen auf 300 Schritt), so fliegen sie so zeitig auf, dass man mit der Flinte nicht schiessen kann, sendet man ihnen aber eine Kugel, so fliegen sie, wie die Herren aus Fiume sagten und wie wir es in jedem einzelnen Falle be- obachteten, niemals auf, sondern suchen sich durch Tauchen und Schwimmen zu retten und werden dann leichter die Beute der auf geschickt geführten Schiffen befindlichen Schützen. Von den kleinschnäbeligen Scharben sind jetzt fünf Arten bekannt (nach Cat. of Birds Brit. Mus., 1. c.). 1. Phalacrocorax melanoleucus (VIEILL.). (Australien, Neu- Seeland, Neu-Kaledonien, Neu-Guinea, Molukken, Pelew-Inseln und Lombok); 2. Phalacrocorax brevirostris GOULD. Schatsam-Inseln); 3. Phalacrocorax javanicus (HORSFIELD). (Indien, Ceylon, Indo-Burma, Malayische Halbinsel, Java, Borneo); 4. unser Phalacrocorax pygmaeus (PALL.) und | 5. Phalacrocorax africanus (GMEL.). (Afrika, südlich von 29,5 Grad nördlicher Breite, Madagaskar). Die Unterschiede sind in der Bestimmungstabelle (l. c.) (Neu-Seeland und von W. R. ÖGILVIE-GRANT folgendermassen angegeben für die Kleider der alten Vögel: I. Brutkleid. a) Kinn, Kehle und Unterseite rein weiss Ph. melanoleucus. b) Kinn, Kehle und bisweilen der Vorder- nacken weiss, übrige Unterseite SCHWARZ Ian te a ee: c) Kinn und Kehle rötlichbraun, übrige Unterseite. schwalz an. ad ae PR, Kinn, Kehle und Unterseite schwarz. a. Rücken und Schulterfedern dunkel- aschgrau, mit Schwarz gebändert Ph. javanicus. ß. Rücken und Schulterfedern bräun- lich aschgrau, mit schwarzem Fleck in Ende ee ee, II. Nicht-Brutkleid. ) Kinn, Kehle und Unterseite rein weiss Ph. b) Kinn, Kehle und bisweilen der Vor- dernacken weiss, übrige Unterseite SCHWATZIRN a BSR EGPITEDIRTIE DE ED c) Kinn und die die nackte Kehle begren- zenden Federn weiss, übrige Unter- seite schwarz mit etwas schmutzig öl- Erunem Glan2er 2 WE EBEN d) Kinn und Kehle weiss, Vordernacken bräunlichweiss. @. Brust und übrige Unterseite bräun- lich weiss gesprenkelt, Schulter- federn dunkel aschgrau, gerändert mit Schwarz und schmal aussen ge- säumt mit Bräunlichweiss . . . Ph. ß. Brust und übrige Unterseite weiss- lich, Schultern bräunlich aschgrau, mit einem schwarzen Fleck am Ende und aussen schmal gesäumt Di Bräunlichweiss..v sn... to brevirostris. Pygmaeus. d Ed africanus. melanoleucus. = brevirostris. Ss Javanzcus. Ppygmaeus. africanus. Die Zwerg-Scharbe, Phalaerocorax pygmaeus (Par«.). Tafel 5. Fig. 3. Männchen im Prachtkleide. Tafel 6. Fig. 3. Sommerkleid. Fig. 5. Erstes oder eigentliches Jugendkleid. Fig. 4. Zweites Jugendkleid oder Zwischenkleid. Tafel 41. Fig. 6—7. Eier. Tafel 7. Kleine Scharbe, Zwerg-Wasserrabe, Zwergkormoran, europäische Zwergscharbe. [— Fremde Trivialnamen: Arabisch: Fesichah. Böhmisch: Kormoran maly. In Bosnien und der Herzegowina: Kaloser. Croatisch: Vranac kaloser, Lapisdo, Mali ritski gavran. Dalmatinisch: Kaloser. Englisch: Dwarf Shag, Pigmy Cormorant, Pigmy Shag. Französisch: Cormoran pygmee. Griechisch: Laggona. Italienisch: Marangone minore, Marangone nano, Cormoramo pigmeo, Corvo marin picolo, Corveto marın, Corveto marin foresto, Marangöon picolo, Müzzaro dindio picolo, Kaloser. Montenegrinisch: Fendak. Polnisch: Kormoran kazel. Russisch: Malyi Baklan. Slovenisch: Mali morskivran. Talysch: Karabattog, Gimbel. Tatarisch: Karabattog, Gimbel. Ungarisch: Kis karökatona, Törpe karakatna. —] Halieus pygmaeus. Illig., Lichtenstein, Doubletten-Katalog. S. 86. n. 910. (Wenn nicht H. africanus?) — Pelecanus pygmaeus. Pallas, Reise, II. S. 712. t. G. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 574. n. 19. — Lath, Ind. I. p. 890. n. 25. — Carbo pygmaeus (Cormoran pygmöe.. Temminck, Man. d’Orn. nouv. Edit. IL. p. 901. — Le Cormoran pygmee. Sonnini, Nouv. Edit. de Buff. Ois. XXIV. p. 77. — Dwarf-Shag. Lath. Syn. VI. p. 607. n. 24. — Übers. v. Bechstein, III. 2. S. 520. n. 24. — Meyer, Bere u. Zus. (III) zu Taschenb. S. 235. — Brehm, Lehrb. II. S. 913. — [— Phala- crocorax pygmaeus. Keys. u. En. Wirb. Eur. p. LXXXIX u. 233 (1840). — Halieus pygmaeus. Naumann, Vög. Dan II. Ed. XI. p. 112. Taf. 281 (1842). — Carbo pygmaeus. Sekte) Rev. erit. p. OXXIII (1844). — Phalacrocorax pygmaeus. Schlegel, Vog. Nederl. p. 167 (1854—58). — Phala- crocorax pygmaeus. Degl. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. p. 356 (1867). — Graculus pygmaeus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1491 (1869-74). — Phalacrocorax pygmaeus. Dresser, Birds Eur. Tom. VI. p. 173. pl. 891 (1876). — Microcarbo pygmaeus. Giglioli, Avif. ital. p. 273 (1886); p. 427 (1889). — Phalacrocorax pygmaeus. Brehm, Tierleben, Vög. IH. Aufl. II. p. 553 (1891). — Graculus pygmaeus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 183 (1891). — Phalacrocorax pygmaeus. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 105 (1892). — Phalacrocorax pygmaeus. Reiser, Orn. balcan. II. p. 195 (1894); IV. p. 143 (1896). — Phalacrocorax pygmaeus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI. p. 405 (1898). — Phalacrocorax pygmaeus. Chernel, Magyarorszäg madarai p. 75 (1899). Abbildung der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XCIII. Fig. 3 (1845-53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 54 Fig. 4 (1854). —] Kennzeichen der Art. klimatische Abweichung, scheint auch stets etwas kleiner, ihr Schnabel klein und kurz, kürzer als der Kopf, mit Gefieder härter zu sein, sieht aber meDr im Jusendkleiäe als schwachem Haken; Schwanz ziemlich lang, aus zwölf Federn | !m alten Sommerkleide der europäischen ähnlich; es stände bestehend; die Federn des Mantels länglich lanzettförmig, | MR allenfalls noch a Sn, ob en anders gezeich- dunkelgrau, mit schwarzen Rändern, ohne Fleck an der Spitze. NEID: r rachtkleid habe, was mir nicht bekannt ist. — Die Base der Knukänte dritte ausländische Art ist Phalacrocorax melanoleucus (VIEILL.). Diese habe ich jedoch nicht selbst vergleichen können, um Unterscheidungsmerkmale anzugeben. Sie hat mit den anderen drei kleinen Arten gleichen Schnabel- und Fussbau, sodass alle Die Zwergscharbe kann nicht leicht mit einer der vorher- | vier Arten eine eigene Unterabteilung oder Familie in der gehenden Arten verwechselt werden, weil sie um vieles kleiner | Gattung Phalacrocorax bilden könnten. !) als jene ist, dass sie hierin, wäre ihr Hals und Schwanz nur In der Grösse des Rumpfes übertrifft die Zwergscharbe nicht viel länger, die männliche Anas querquedula wenig über- | die männliche Knäkente (A. querquedula) nicht viel, aber der treffen würde; wozu auch noch ein ganz anderer Schnabelbau, | stärkere und dabei viel längere Hals nebst dem ebenfalls viel dieser ist nämlich viel kürzer und höher oder stärker zu- | längeren Schwanz geben ihr ein weit grösseres Aussehen. Nach sammengedrückt, sowie eine ganz anders, in sehr feine sechs- | mehreren in Ungarn und Bulgarien getöteten und genau und achteckige Schildchen zernarbte Haut der Fusswurzeln | untersuchten Exemplaren verschiedenen Alters stellen sich die kommt, die bei jenen mehr denen der Lappentaucher ähnelt. | Ausmessungen folgendermassen heraus: Länge 47 bis 54 cm, Allein sie hat unter den ausländischen Arten drei, welche ihr | Flugbreite 74 bis 80 cm, die Länge des Halses ungefähr 19 cm, ausserordentlich ähnlich sind und häufig mit ihr verwechselt | die Länge des Fittichs (d.h. des Flügels vom Bug bis zur wurden, indem sie auch gleiche Grösse mit ihr haben. — Die Spitze) 19 bis 21 cm, Länge des Schwanzes 13 bis 15 cm. eine Art, Phalacrocorax africanıs (GM.), ist noch ziemlich leicht | Die Weibchen sind etwas schwächlicher als die Männchen ; an den anders gezeichneten Mantelfedern zu erkennen; denn | ohne dass dies auf die Maße einen bedeutenden Unterschied diese sind zwar auch grau, mit schwarzen Einfassungsränd- | machte; auch die erwachsenen Jungen weichen in der Grösse chen, haben aber ausserdem an der Spitze noch einen grossen | von den Alten nur unbedeutend ab. runden oder nierenförmigen schwarzen Fleck; auch sind diese Federn nicht lanzettförmig spitz wie bei Ph. pygmaeus, sondern ') Sehr viele Aufklärung über die Scharben verdanke ich der zu- am Ende wieder etwas zugerundet. — Weniger deutlich unter- | vorkommenden Güte des Staatsrats und Professors Dr. BRAnDT zu Peters- scheidet sich die zweite Art, Phalacrocorax javanicus (HORSFIELD), | P*"S; von are u: ee Jo. Narturens in Wien nächstens j } . eine Monographie dieser schwierigen Gattung zu erwarten haben. Naum. von der unseren. Sie kommt nicht allein von Java, sondern i Was über Scharben von BRANDT erschienen, ist oben bei Ph. carbo auch aus Ostindien und von Japan, und ist nicht bloss angegeben. R. Bl. Beschreibung. 78 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). - Etwas auffallender findet man die Abweichungen in der Länge der Schwanzfedern, die sogar bis zu 23 mm kürzer oder länger vorkommen, was bei einem Vogel dieser Grösse schon viel-ist und zugleich an dieselben Verhältnisse bei Ph. carbo und bei Ph. graculus erinnert. Die Gestalt ist fast ganz die der Kormoranscharbe, der Hals aber verhältnismässig etwas, der Schwanz viel länger, der Schnabel bedeutend kürzer und höher, die Füsse aber, ob- wohl auch etwas kürzer, doch ebenso stark und klotzig; die kurz aussehenden Flügel etwas gewölbt u. s. w. Das Gefieder ähnelt dem der übrigen Arten; es ist kurz, knapp oder glatt anliegend, derb und meistens hart, nur an den unteren Teilen milder anzufühlen, zerschlissen und ohne Umrisse, diese nur auf den Schultern, den Flügeln und am Schwanze deutlich. Es zeigt bei alten Vögeln einen starken Glanz, doch nur schwachen Metallschiller, mit Ausnahme der Schulter- ‚und Oberflügeldeckfedern, die nur solche Kanten haben, während sie innerhalb dieser grau bepudert sind, was sich, nur etwas schwächer, auch schon am Jugendkleide zeigt, dessen Gefieder überhaupt auch von etwas weicherer Beschaffenheit ist. Die hervorragendsten dieser Federn haben eine lanzettartige Gestalt, deren Spitze aber bei den Alten weniger scharf endet als bei den Jungen. Nicht allein die Schäfte, sondern auch die Bärte dieser Federn sind rein fisch- beinartig, und die starresten unter dem kleinen Gefieder sind die unten auf der Gurgel, vorn und an den Seiten des Kropfes und am Anfang der Schulterpartie, deren Fahnen ganz zer- schlissen und deren Schäfte platt niedergedrückt, breit, wie poliertes Fischbein glänzen. — Alle grösseren Flügel- und sämtliche Schwanzfedern haben schmale, sehr starre Fahnen und starke, fischbeinartige, straffe Schäfte. Die letzteren sind an den: Primärschwingen etwas einwärts gebogen, die Fahnen dieser von der Mitte an schnell verschmälert, endlich schräg zugespitzt, die allererste Feder ein wenig kürzer als die zweite und dritte, doch von allen dreien die zweite die längste, die folgenden alle in kleinen Stufen kürzer werdend. Die Sekun- därschwingen sind gegen jene bedeutend lang und breit, etwas nach hinten gebogen, am Ende zugerundet; die letzten dieser oder die sogenannte dritte Ordnung Schwungfedern sehr ver- längert, lanzettartig, spitz, so lang, dass bei zusammengefalte- tem Flügel die hintere Flügelspitze nahe an oder gar etwas über die vordere hinweg reicht. — Die ruhenden Flügel werden fast nie von den dazu viel zu kurzen Tragfedern unter- stützt und reichen mit ihren Spitzen kaum bis an die Schwanz- wurzel. — Der ganz flach liegende, schmale Schwanz hat sehr kurze, zerschlissene Ober- und Unterdeckfedern, und besteht aus zwölf fischbeinartigen, langen, schmalen, stumpf zugespitz- ten Federn von ungleicher Länge, indem das mittelste Paar das längste, das folgende entweder noch von gleicher Länge oder meistens schon etwas, von 4 bis zu 10 mm, kürzer, das dritte vom mittelsten an schon 9 bis 15 mm kürzer als dieses, das vierte kaum oder auch reichlich 23 mm, das fünfte 35 mm und das sechste oder äusserste 60 mm kürzer als das mittelste Paar ist. Dies giebt ein sehr zugerundetes, manchmal sogar keilförmiges Schwanzende; doch sind diese Verhältnisse indi- viduell nicht immer genau dieselben, und bei Exemplaren, wo die beiden mittelsten Paare gleiche Länge haben, ist das äusserste nur 47 mm kürzer als diese. Diese Federn haben ungemein starke, zurückschnellende Schäfte und sehr schmale, nur auf der Innenseite breitere Fahnen, das äusserste Paar aber eine ungemein schmale Aussenfahne, schmal zugerundete Enden, die an den beiden äussersten Paaren mehr zugespitzt sind, und bei diesen, besonders dem alleräussersten, sind auch die Schäfte stark nach innen gebogen. Dieser Schwanz liegt ganz horizontal, sieht aus, als wäre er kunstlos in den Rumpf gesteckt, und ähnelt, bis auf die schmäleren und weniger spitzen Federn, manchmal einem Spechtschwanze sehr. Wie bei anderen Scharben sind auch hier die Unter- .schenkel bis auf die Ferse befiedert, die Federn an der Aussen- seite der Schenkel verlängert und wie bei Raubvögeln so- senannte Hosen bildend. Diese Eigentümlichkeit vermehrt das Wunderliche in der Gestalt der Vögel dieser Gattung sehr, Auch diese Art hat ein mit ganz eigentümlich gestalteten Federn ausgeziertes Hochzeitskleid, das wir nur das Pracht- kleid nennen, weil es, im Winter ausgebildet, kaum bis durch die Fortpflanzungszeit dauert. Die Stirn ziert dann eine kleine Haube, den Kopf und Oberhals ein etwas wulstiges, dichtes, feines, seidenweiches, zerschlissenes Gefieder; um das Auge, am Halse, dem ganzen Unterkörper und auf dem Bürzel, überall, wo das ordentliche Gefieder haarartig und glänzend ist, stehen zwischen denselben zarte, pinselartige oder auf den Spitzen äusserst feiner, haarartiger Schäfte sitzende, Kleine, weisse Flocken, ungemein zarte, schmale Federchen, die wahr- scheinlich ursprünglich, als ihre Bärte noch unversehrt waren, weisse Striche bildeten, wenn jene aber abgerieben, nur an der Spitze noch ihre Fahne als ein kleines Schildchen tragen, bis endlich gar nur der blosse Schaft bleibt und zu- letzt auch dieser zerbricht und ausfällt. Der Schnabel ist klein und kurz, viel kürzer als der Kopf und am kürzesten unter den bekannten einheimischen Arten der- Gattung. Er ist gerade, sehr zusammengedrückt und schmal, aber viel höher und dies nach vorn wenig abnehmend, wo jenes zunimmt; die Firste schmal, aber abgerundet; an jeder Seite des Oberschnabels mit der Firste parallel läuft eine tiefe Längsfurche, worin nahe an der Stirn das geschlossene Nasenloch liegt, über welchem dieser Teil etwas mehr gewölbt ist und beim frischen Vogel fast wie eine Wachshaut aussieht; diese Furche endet vorn, wo der Spitzenteil als ein schön ge- krümmter Haken eingekeilt ist, dessen Spitze zwei Millimeter lang über die des Unterschnabels hinweg ragt, an dem, jenem oberen gegenüber, ebenfalls ein besonderer Teil eingeschoben ist, dessen Seitenfläche übrigens glatt und dessen untere Kante in gerader Linie und Breite bis dem Mundwinkel gegenüber fortläuft; der eingeschobene untere Spitzenteil steht nur etwas vor, bildet aber kein merkliches Eck; bis zu ihm läuft die sehr schmale Kielspalte, die nur hinten zwischen den Kinn- laden mehr erweitert und mit einer nackten Kinnhaut aus- gespannt ist, die sich sackförmig erweitern lässt und in welche die Kehlbefiederung auf der Mitte in einer langen Spitze aus- läuft. Die etwas eingezogenen scharfen Schneiden der Mund- kante sind gerade bis an die Hakenkrümmung, wo die des Unterschnabels denselben schwachen Bogen macht wie der Haken. Der Rachen ist bis fast 6 mm hinter das Auge ge- spalten, daher gross und weit. Die äussere Schnabelfläche ist selten ganz glatt, bei den meisten Vögeln an den Seiten schräg, von hinten nach vorn nach den Schneiden zu faserig gerieft. Der Schnabel misst von der Stirn bis zur Spitze über die Krümme des Hakens 27 bis 29 mm, von hier bis in den Mundwinkel 49 bis 5 mm, seine Höhe an der Wurzel 12 mm, seine Breite hier kaum 8 mm. — Von Farbe ist er in der Jugend schmutzig gelb, an den Seiten etwas braun marmo- riert, auf der Firste entlang schwarzbraun, der Haken auf dem Bogen braun. Später wird er dunkler, bei Alten im Sommer oben schmutzigbraun, die Firste am dunkelsten, an der Schneide rötlichgelb mit schwärzlichen Flecken, der Unter- schnabel wurzelwärts fast einfarbig braunschwarz, übrigens gelblich, zuweilen mit rötlich schwarzbraunen Queradern und Flecken, der Nagel rötlichbraun. Bei ganz alten Vögeln im Prachtkleide ist er durchaus tief schwarz. Die Zügel sind bei dieser Art nicht nackt, die Stelle aber, die es wie bei anderen Scharben sein sollte, sonderbarer Weise dadurch angedeutet, dass sie nur ganz dünn mit ganz kleinen schuppenartigen Federchen besetzt ist, zwischen welchen die schwarze Haut fast reihenweis zu sehen ist. Beijungen Vögeln sind diese Federchen grösser, weicher und decken besser, aber es ist bei ihnen gewöhnlich eine Stelle über dem Mundwinkel und ein schmaler Kreis rings um das Auge ganz bloss und die Haut, wie die des Kehlsacks, welcher bei den Alten schwarz aussieht, schmutzig rötlichgelb. — Das kleine, dem Schnabel XI 'propgpuaanp 7 'propypuesnp sofamz F ‘propypuedup sojsıo € SAJEYUISSIOMZ Ted snaeulsAd XEIOIOTIETEUT "SAQAJEYUISUSYEIY | snnJ9e1d XEIOIOJIETEUT "propypuosnp I "SQJEYUISUEJOULIOYM A OQIEI XEIOIOIIETEU.T Doris es Es: ft 1 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). nahe stehende Auge, hat immer einen dunkelbraunen oder nussbraunen (nie grünen) Stern und gewöhnlich nackte Lider. Die Füsse sind stark, fleischig und weich anzufühlen und haben, wie die anderer Scharben, ein plumpes Aussehen. Die dichte Befiederung der Unterschenkel reicht bis auf die halben Fersengelenke herab, und die Aussenseite der Schenkel ist so lang, dass sie meist Federhosen bildet, wie bei einem Raub- vogel, doch bei einem Individuum weniger, beim anderen mehr. Die niedrigen, starken Läufe sind so stark von beiden Seiten zusammengedrückt, dass sie breite Seitenflächen bilden, vorn und hinten aber ganz schmal erscheinen; die Zehen, von denen die äusserste die längste, die Hinterzehe die kürzeste und alle in einer Ebene stehen, sind wurzelwärts sehr nieder- gedrückt und breit, sodass die drei Vorderzehen bis ans erste Gelenk nahe nebeneinander liegen, zwischen der inneren und Hinterzehe aber ein grösserer Raum für die Schwimmhaut bleibt, die alle vier Zehen nach innen verbindet. Der Überzug der Läufe vorn herab ist in Reihen sechseckiger Schildchen ge- teilt, die an den Seiten und nach hinten immer kleiner und kleiner werden, auf den Zehenrücken mit einer Reihe der Gattung eigentümlicher, sehr schmaler, langer Schilder etwas schräg belegt; die Schwimmhäute äusserst fein gegittert, dies noch mehr die Spursohle. Die Krallen sind mittelmässig, nicht sehr stark gekrümmt, spitz, sehr zusammengedrückt, unten mit einer sehr schmalen Rinne, die der Mittelzehe, nächst der der Hinterzehe die grösste, auf der Innenseite mit vorstehender, kammartig gezähnelter Schneide, die der Hinterzehe mit der Krümme niederliegend, die Spitze nach vorn gebogen. Der Lauf misst 33 bis 35 mm; die Aussenzehe mit der fast 8 mm langen Kralle 61 bis 63 mm; die Mittelzehe mit der 8 bis 10 mm langen Kralle 53 mm; die Innenzehe mit der 8 mm langen Kralle 27,5 bis 29,5 mm. — Die Farbe der Füsse ist bei jungen Vögeln braun und schwarzbraun, bei den Alten ganz schwarz, die der Krallen hier giänzend schwarz, dort braunschwarz. | Das Dunenkleid ist ein rauchfahler, kurzer, dichter Flaum. Ein dem Ei entnommenes, dem Ausschlüpfen nahes Junges hatte einen auffallend dicken Kopf, das kleine Schnäbel- chen war blau, mit weisslicher Spitze und weissem Köpfchen, Mundwinkel und Kehle fleischfarbig, so auch die Füsse, diese nach aussen blau, die hellbleifarbige Haut des Vogels nur ganz einzeln mit faserigen Dunen besetzt. Im Jugendkleide, wo Schnabel und Füsse wie oben angegeben gefärbt sind und der Augenstern ein blasseres Braun hat, ist ein kleiner Kreis um das Auge, nebst dessen Lide und von da gegen den Mundwinkel eine kleine Stelle nackt, der eigentliche Zügel aber weissbräunlich befiedert. Die Kehle zunächst der nackten Kinnhaut ist rein weiss, nach der Gurgel aber bald in eine rostbräunliche, sehr blasse Mischung übergehend, die auf der ganzen Gurgel schmal herabläuft und über dem Kropfe einen weisslichen Schein hat; die Stirne ist dunkelbraun, stark weissbräunlich geschuppt; der Kopf oben und an den Seiten ebenso gefärbt, aber wegen der zerschlissenen Federkanten’ nicht eigentlich geschuppt; die zerschlissenen Federn des Halses erdbraun, mit sehr licht rostbräunlichen Spitzen; die Kropfgegend in der Mitte der Federn düster kastanienbraun, an ihren Rändern weissbräunlich; der Anfang der Brust. und ihre Mitte abwärts weissbräunlich, braun ge- fleckt und grau gemischt, aus verschiedenem Lichte bald weiss- licher, bald mehr braun gefleckt scheinend; die Brustseiten und der Bauch übergehend in Braunschwarz, das in den Weichen, an den Schenkeln und der kurzen Unterschwanz- decke völlig einförmig herrschend ist, das sich auch über den Unterrücken, Bürzel und die Oberschwanzdecke verbreitet, an letzterer aber rötlichbraune Federspitzen hat. rücken ist schwarzbraun, mit schmalen hellbraunen, etwas zer- schlissenen Federkäntchen; die Schultern diesem ähnlich, aber in der Mitte der Federn dunkel aschgrau überpudert, mit schwarzen Schäften und schwarzen Seitenkanten, die aber nicht scharf gezeichnet sind und an den Federspitzen ganz in Der ÖOber- | 19 Braun übergehen, wo sie noch weissbräunliche Endsäume und Spitzchen haben. Die Achselgegend und der obere Flügelrand breit braunschwarz; die übrigen Flügeldeckfedern wie die Schultern, doch in ihrer Mitte mit mehr Grau und ihre Kanten schwärzer und etwas deutlicher; so auch die hinteren Schwingen, die mittleren aber düsterer und undeutlicher grau bepudert und schwarz gerändelt; die grossen Schwingen und ihre Deck- federn braunschwarz, erstere an ihren Spitzen mit feinen weiss- bräunlichen Säumchen; der Unterflügel einfarbig braunschwarz; der Schwanz schwarz, an den Enden der Federn ins Braune übergehend, auf der Unterseite bloss matter als oben, die Feder- schäfte oben glänzend schwarz, unten mattschwarz. Dieses Kleid, in welchem Männchen und Weibchen äusserlich nicht zu unterscheiden sind, ist auf den oberen Teilen des Rumpfs und den Flügeln viel dunkler, die Zeichnungen, mit Ausnahme der weissbräunlichen Federspitzchen, undeutlicher, namentlich auch das Gefieder kleiner oder die einzelnen Federn von geringerem Umfang, auch etwas spitzer, dabei aber doch gut und sehr dicht deckend, und hieran sehr leicht von dem folgenden zweiten Jugend- oder Zwischenkleide zu unterscheiden; Kopf und Hals sind auch lichter gefärbt als in dem nachherigen, dessen Beschreibung jetzt folgt. Das mittlere Kleid, in welchem Schnabel und Füsse wenig dunkler als im Jugendkleide, Kopf und Hinterhals dunkler gefärbt, vorzüglich aber die schwarzen Kanten der srauen Schulter- und Oberflügelfedern deutlicher ausgeprägt, die Zügel mit braunen Federchen besetzt sind, ist von der Stirn an, auf dem Scheitel, dem Genick, Hinterhals, bis zu dessen Wurzel hinab, dunkelbraun, die Mitte der Federn fast schwarz, daher schwärzlich gestrichelt; Wangen und Hals- seiten auf ähnliche Weise, aber viel lichter braun, oben in einen grossen weissen Kehlfleck, auf der Gurgel herab in ein lichtes rostiges Braun übergehend, das in der Kropfgegend am stärksten ist und beinahe schmutzig kastanienbraune Feder- kanten bildet; der Oberrücken ist braunschwarz, mit feinen licht- bräunlichen Federsäumen; die Schulterfedern dunkelgrau mit tief und glänzend braunschwarzen, scharf gezeichneten Kanten und an diesen an den Enden der Federn mit feinen hell- bräunlichen Säumchen; Unterrücken, Bürzel und die kurzen, zerschlissenen Oberschwanzdeckfedern ganz braunschwarz, ersterer glänzend. Die Brust ist schmutzigweiss, grau und rostbräunlich gefleckt, weil die Federn von der Wurzel graulich, dann rostbräunlich, an den Enden aber bräunlichweiss gefärbt sind. An den Seiten der Brust geht diese Färbung in die ganz braunschwarzen Weichen und unterwärts in den ebenso sefärbten Bauch über; die langen Schenkelfedern (Hosen) und die untere Schwanzdecke glänzend braunschwarz; die Achsel- gegend und der Flügelrand braunschwarz; die kleinen Flügel- deckfedern ebenso, doch die Mitte der grösseren schon etwas sraulich; die mittleren und grossen Deckfedern nebst den hinteren Schwungfedern dunkelgrau, mit scharfgezeichneten braunschwarzen Kanten und feinen hellbräunlichen Umfassungs- säumchen, auch wie die gleichgezeichneten Schulterfedern mit braunschwarzen Schäften; die mittleren Schwingen wie die Deckfedern, aber bloss an den Enden mit hellbräunlichen Säumchen, diese Federn aber, wie die des ganzen Mantels, mit starkem Glanz und besonderem Schiller, nach verschiedenem Lichte in Braun und Grau (nicht metallfarbig), und die Mitte der Fahnen mit Aschgrau wie überpudert; die grossen Schwingen, Fittichdeck- und Daumenfedern glänzend braunschwarz, auf den Innenfahnen und spitzewärts bloss etwas matter, an den Enden lichtbräunlich gesäumt; der ganze Unterflügel braun- schwarz. Die Schwanzfedern sind schwarz, spitzewärts etwas ins Braunschwarze gehend, auf der Unterseite bloss matter; ihre fischbeinartigen, wie poliert glänzenden Schäfte oben kohlschwarz, unten schwarz und etwas bläulichgrau gescheckt. Männchen und Weibchen unterscheiden sich wenig; letzteres ist kaum kleiner oder schmächtiger, an der Stirne weisslicher geschuppt, am Halse lichter braun, die Kehle nur zunächst dem Kehlsack weiss, abwärts gleich eine rostbräunliche 80 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). Mischung anfangend, die auf der Gurgel einen weisslichen Schein hat, an den Kopfseiten stark mit rötlichkem Braun gefleckt ist; die Brustmitte lange nicht so viel Weiss, mehr braun gefleckt; von oben her die Zeichnungen undeutlicher, namentlich die Kanten der dunkelgrauen Mantelfedern schmäler, mehr braun als schwarz, ihre weissbräunlichen Endsäumchen aber vorzüglich an den Federspitzen deutlicher; übrigens das Gefieder wie beim Männchen mit einem sonderbaren Glanze. Durch den Gebrauch und den Einfluss der Witterung verändert sich die Färbung des Gefieders etwas, Kopf und Hals bekommen ein viel lichteres, mit Rostgrau vermischtes Braun; auf den Schultern und dem Mittelflügel reibt sich das puderartig aufgetragene Aschgrau von den Federn, deren tief brauner Grund nun mehr hervortritt und diese Partien düsterer macht; nach und nach verstossen sich auch die Federränder, und die Schwanzfedern schleifen sich an den Enden sichtbar ab. Sehr erheblich sind indessen alle diese Veränderungen nicht, da sich selbst von dem eigenen Glanze des Gefieders wenig verliert. In einiger Entfernung sieht dieser junge Vogel, mit Aus- nahme der weissen Kehle, des Weisslichen der Brustmitte, des Rostbräunlichen des Vorderhalses und des grauen Schillers des Mantels, viel dunkler aus und scheint von oben her, wie an den Seiten des Unterkörpers, ganz einfarbig braunschwarz zu sein. Er ist überhaupt auch viel dunkler gefärbt als der junge Vogel von Phalacrocorax africanus. Wahrscheinlich erst im dritten Lebensjahr bekommt diese Art ihr ausgefärbtes Kleid, das schon dem darauffolgenden Prachtkleide sehr ähnelt, aber doch noch wichtige Unterschiede genug darbietet. In ihm ist der Schnabel schon mehr schwarz und schwarzbraun als früher, an den Schneiden und Mund- winkeln schmutzig gelb, sonst nur noch wenig gelb gefleckt, die zwischen den kleinen braunschwarzen Schuppenfederchen, die mit weisslichen vermischt sind, hindurchschimmernde Haut der Zügel, wie die des Kehlsacks, schwarz; die Füsse ganz schwarz. Die Kehle, soweit sie befiedert, ist schmutzig weiss; der Oberkopf und ganze Hinterhals schwarzbraun; Wangen und Halsseiten etwas heller, fast kaffeebraun; Gurgel und Kropfgegend noch lichter braun, die Federn der letzteren an den Enden zart weisslich angeflogen; die Mitte der Brust und des Bauches dunkelbraun, hin und wieder der Quere nach weisslich gefleckt; die Seiten der Brust und des Bauches, die Schenkel und Unterschwanzdecke schwarz, mehr oder weniger (dem Geschlechte nach) mit brauner und weisslicher Bei- mischung, erstere und die Aussenseite der Schenkel am tiefsten schwarz, mit blaugrünlichem Schiller, so auch die Oberschwanz- decke, der Bürzel und Unterrücken, manche dieser Federn zart bräunlich gesäumt; der Oberrücken schwarz, gegen die Wurzeln der Federn graulich, an ihren Enden zart licht- bräunlich gesäumt; die Schultern, wie die mittleren und grossen Flügeldeckfedern, tief aschgrau, mit schwarzen Schäften und schmalen, scharfgezeichneten, tief schwarzen Kanten, die an vielen Spitzen dieser schuppenartigen Federn noch ein feines bräunliches Säumchen tragen; die hinteren und mittleren Schwungfedern ebenso, die letzteren jedoch mit etwasschmäleren schwarzen Käntchen; die Schwingen erster Ordnung schwarz, mit aschgrauem und grünlichem Schimmer, ihre Schäfte schwarz; der vordere Flügelrand ebenfalls schwarz. Der Unterflügel ist an den kleineren Deckfedern schwarz, grünlich schimmernd, die grösseren und hinteren schwarzgrau, die Schwingen grau- schwarz; der Schwanz von oben matt schwarz, von unten srauschwarz. Auf dem Ober- und Unterrücken und an den Seiten des ganzen Unterkörpers bis an den Schwanz, weniger am Hinterhalse, strecken schon zerstreute, zarte, etwas ver- längerte, schneeweisse Federchen ihre pinselförmigen Enden ziemlich zahlreich zwischen dem ordentlichen Gefieder hervor und zeigen bereits den Übergang zum hochzeitlichen Pracht- kleide an, das sie, später noch viel mehr ausgebildet und in weit grösserer Anzahl, schmücken. Das stets etwas grössere Männchen unterscheidet sich von seinem Weibchen durch ein reineres, tieferes, stärker srün schimmerndes Schwarz auf dem Unterrücken, Bürzel und an den Seiten des Unterkörpers; die Mitte der Unterbrust ist mehr schwarz als braun, ohne alle weissliche oder andersartige Flecke; die Kehle hat nur sehr wenig Weiss; aber jene weissen Pinselfederchen zeigen sich bei ihm viel häufiger als beim Weibchen, bei dem man sie oft nur ganz einzeln, die meisten noch auf der Aussenseite der Schenkel, antrifft. In diesem Kleide bekommt man noch die meisten alten Vögel dieser Art zu sehen!), wenigstens öfter als solche im vollständigen Hoch- zeitskleide, das man nur in der Begattungszeit kaum anders als am Brutorte selbst erhält. Sehr verschieden von diesem ist das eigentliche Hoch- zeitskleid, das diese Vögel, wie andere der Gattung, schon im Winter haben und manche Individuen zum Teil schon wieder ablegen, wenn die Begattungszeit kaum begonnen hat, andere bis durch dieselbe konservieren und noch im hohen Sommer Überbleibsel davon vorzuzeigen haben. Es ist hier, wie bei manchen Entenarten (z. B. Harelda hyemalis), muss aber den- noch für das genommen werden, was es sein soll. Da das Hochzeitskleid stets das prächtigste ist, so darf es nicht Winter- kleid heissen, so wenig wie das vom Männchen der Anas boschas, das in ganzer Pracht schon im November hergestellt ist und bereits wieder abgelegt wird, wenn sein Weibchen brütet. Wir wollen es, um Verwechselungen zu vermeiden, das Pracht- kleid, jenes schmucklose das Sommerkleid nennen. In diesem Prachtkleide hat die Zwergscharbe einen kohlschwarzen Schnabel, schwarze Füsse, dunkelbraune Augensterne (niemals grüne), eine nackte schwarze Kehlhaut, schwarze Haut an den Zügeln, die mit kleinen schuppigen, schwarzen und weissen Federchen dünn besetzt ist. Der ganze Kopf und halbe Hals, von oben und an den Seiten, hat ein wulstiges, dichtes, ungemein feines und seidenweiches, kurzes Haargefieder, das in seiner Beschaffenheit dem Pelze des Maulwurfs ähnelt und auch ähnlich spiegelt, das gleich hinter der Stirn, über dem Auge, auf dem Anfange des Schei- tels verlängert ist und hier eine kleine Holle oder Haube bildet, deren Federn aber nicht über 12 mm lang, doch noch einmal so lang als die hinter ihnen stehenden des Scheitels sind, weshalb der Vogel diese, obgleich kleine Haube, nicht ganz verbergen kann; die Farbe dieses sonderbaren Gefieders ist schön kaffeebraun, in Kastanienbraun spiegelnd, an der Stirn, am Mundwinkel und dem Kehlsacke ins Schwarze über- gehend, hier mit grünlichem Seidenglanze. Die Gurgel und der ganze übrige Hals, der ganze Rücken bis an den Schwanz und alle unteren Teile des Körpers, ebenfalls bis an den Schwanz, sind mit einem andersartigen, längeren, aber doch knapp anliegenden, zerschlissenen, haarartigen, derben Gefieder vom tiefsten Schwarz bekleidet, das ausserordentlich vielen Glanz hat, aber nur schwach ins Stahlgrüne schillert. Die Federn auf der Untergurgel und dem Kropfe, besonders auf den Seiten dieses und oben auf dem Anfang der Schultern, haben sehr starre, ganz plattgedrückte, polierte Schäfte, wes- halb diese Teile einen sehr starken Glanz zeigen. Die kleinen Flügeldeckfedern und der Anfang der Schultern haben noch dieselbe Farbe; die übrigen äusseren Schulter- und die Flügel- deckfedern nebst den Schwingen dritter und zweiter Ordnung sind dagegen dunkel aschgrau, mit scharfgezeichneten, tief- schwarzen Kanten und schwarzen Schäften; das übrige des Flügels matt schwarz (auch auf der ganzen Unterseite), auf den Aussenfahnen der grossen Schwingen wurzelwärts etwas mit Aschgrau überpudert; der Schwanz blauschwarz mit etwas Seidenglanz, von unten matt schwarz. Das Sonderbarste an diesem merkwürdigen Kleide sind jedoch eine unzählige Menge ‘) Unter anderem verdanke ich auch der zuvorkommenden Gefällig- keit des Staatsrats Dr. BRAnpr zu Petersbu rg eine naturgetreue Abbil- dung und ausführliche Beschreibung dieses bisher kaum bekannten Kleides nach einem Exemplar vom Kaspischen Meer, einem Landstriche, von woher PALLAS diese Art zu allererst beschrieb. Naum. Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). 81 überzähliger, feiner, weisser, flockenartiger Federchen, die sich, aber nur sehr klein, schon zwischen Schnabel und Auge und in dessen Umkreise, etwas grösser, aber sparsamer im Braun des Kopfes und Halses, in grösserer Anzahl aber im grünlichglänzenden Schwarz des übrigen Halses, des Rückens und der ganzen unteren Seite des Vogels zeigen, sehr häufig auf dem Bürzel und am allerhäufigsten auf den Schenkeln stehen; hier sind sie zugleich auch am grössten. Das Kontur- gefieder der Schultern ist frei davon, aber nicht ganz das des Oberflügels, wo sich hin und wieder auch einzelne zwischen den gewöhnlichen Federn zeigen, sogar manchmal noch zwischen denen der Ala nota Möhringi des Unterflügels. Diese überzähligen Federchen haben ungemein dünne Schäfte (wie das schwächste Menschenhaar) und äusserst zarte, sehr schmale Bartfahnen, sodass die grössten noch nicht die Breite von 2 mm, die meisten nur 1 mm und die längsten gegen 35 mm Länge haben. Wahr- scheinlich haben sie neu und vollständig vom Kiel bis zur Spitze gleichbreite Bärte und erscheinen dann auf dem dunklen Grundgefieder als schneeweisse Strichelchen; sie reiben aber ihre Fahnen von der Wurzel herauf, zwischen dem härteren Gefieder, nach und nach bis gegen die frei herausstehende Spitze ab, wo nun das Übriggebliebene der Bärte pinselartig ein kleines, tropfenförmiges Scheibchen darstellt, das auf der Spitze eines weissen Haares (des Schaftes) sitzt und eine un- . gemein zarte Verzierung bildet. So sind denn diese weissen ‚Flocken bald Striche, bald Schmitze, bald kleine Tröpfchen, bald wie kleine Hirsenkörner oder wie Grassamen mit einer Granne versehen, deren Spitze in der Haut steckt, geformt; dies letztere namentlich alles bei solchen Vögeln, die man beim Neste erlegte. Ä Das Exemplar, von dem ich Beschreibung und Abbildung dieses Prachtkleides genommen, wurde einst im Mai am Neu- siedlersee erlegt und mir nebst anderen durch die freund- schaftliche Güte JoH. NATTERERs übersandt, wofür ich hiermit verbindlichst danken muss. Wäre dies Exemplar ein paar Monate früher erlegt worden, so möchte sein weisses Flocken- zierat gewiss noch ganz anders ausgesehen haben. Es ist mir aber in keiner Sammlung ein alter Vogel in solchem Pracht- kleide, was ohne Zweifel im Januar und Februar in höchster Vollkommenheit sein möchte, vorgekommen. ÖObiges ist als altes Männchen bezeichnet. Seitdem (im Frühjahr 1840) war Baron VON LOEBENSTEIN, ein trefflicher Ornithologe, an den Brutorten dieser Vögel und versah mich nachher mit der grössten Bereitwilligkeit nicht allein mit Exemplaren nach verschiedenem Geschlechte und in ihren hochzeitlichen Kleidern nebst Eiern derselben, sondern auch mit den von ihm gemachten höchst interessanten Be- obachtungen über ihre bis jetzt noch ganz unbekannte Lebens- weise. Ich fühle mich dem edlen Freunde für ein so uneigen- nütziges Zuvorkommen und so viele Güte im Namen der Wissenschaft zum wärmsten Danke verpflichtet. Die auffallend kleineren Weibchen unterscheiden sich von den stets grösseren und schöneren Männchen im all- gemeinen durch ihr weicheres, weniger dunkles und weniger glänzendes Gefieder; durch einen etwas heller braun gefärbten Nacken; durch die bräunlichweiss stark gefleckte Mitte der Unterbrust und des ganzen: Bauches, eine fleckige, aus Weiss, Graubraun und Schwarz gemischte Färbung, die bei manchen selbst bis auf die Oberbrust und in einzelnen Federn bis an die Kropfgegend heraufreicht, wo sie, wie an einigen der schwarzen Brustseitenfedern, in einzelnen grauweissen Feder- käntchen verschwindet; endlich an der weit geringeren An- zahl jener, auch kleineren, weissen Schmuckfedern. Junge, das Hochzeitskleid zum ersten Mal tragende Weibchen haben sogar bloss auf dem Öberhalse und längs dem Rücken nur wenige einzelne, an anderen Teilen gar keine von diesen Schmuckfedern aufzuweisen, und bei solchen haben auch die schwarzen Federn am Anfange des Rückens und am Bürzel noch zarte braune Säumchen, die Unterbrust und der Bauch aber viel weniger mit Braun und Schwarz gemischtes und Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. vorherrschenderes Weiss. Im hochzeitlichen Kleide sind demnach beide Geschlechter, auch ohne Obduktion, recht leicht zu unterscheiden, doch auch die jungen Männchen, welche es zum ersten Male tragen, den ganz alten Weibchen sehr ähnlich. | Die Zeit der Mauser dieser für Deutschland so sehr seltenen Vögel ist nicht bestimmt bekannt. Bis zum ausgefärbten Kleide haben sie gewiss keine Doppelmauser, und in diesem beschränkt sich dieselbe auch nur auf die Schmuckfedern des hochzeitlichen Kleides, die im Spätherbst zwischen dem ge- wöhnlichen Gefieder sich hervordrängen, im Winter am voll- ständigsten sind und während oder nach der Brutzeit wieder verschwinden, d. h. ausfallen, wozu bei der Zwergscharbe auch das seidenartige, dunkel kastanienbraune Gefieder des Kopfes, mit der Stirnhaube, in so fern gehört, als an dessen statt ein dem ähnliches, aber kürzeres, glattes, von matterem Braun hervortritt, wie man an dem oben beschriebenen Exem- plar schon deutlich wahrnehmen konnte. Das ganze übrige Gefieder bleibt nun bis zu der Hauptmauser im Herbst und bildet, jenes überflüssigen Schmucks entledigt und mit etwas verändertem Gefieder des Kopfes, Halses und der Mitte der Oberbrust, das schlichte, von uns so genannte Sommerkleid, in welchem man in Sammlungen noch die meisten alten Vögel dieser Art zu sehen bekommt. - In Larmams Ind. orn. I. $. 890. n. 25. £. ist ein Vogel (aus Iter posegana, S. 25.) als Varietät der Zwergscharbe erwähnt, welches der kurzen Beschreibung nach ein mauserndes, im Übergange aus dem zweiten Jugendkleide in das ausgefärbte und hochzeitliche Kleid übergehendes Individuum ist. [— Zur Bearbeitung stand mir folgendes Material zur Verfügung: 1. altes Männchen, erlegt am 22. Mai 1882, Kopf und Hals braun, übrigens dunkelgrün mit weissen Tropfenflecken — aus der Sammlung E. v. HOMEYERS; 2. altes Weibchen, erlegt am 2. Mai 1882, gefärbt wie Nr. 1 — aus der Sammlung E. v. HOMEYERS; 3. alter Vogel aus dem Banat, ebenso gefärbt wie Nr. 1 — aus dem Museum brunsvicense; 4. sehr altes Exemplar, Männchen, aus Algier, Sammlung LoCHE, bez. Ph. algeriensis BoNAP., nur Kopfplatte, Nacken und ÖOberhals braun, Kopfbefiederung rings herum am Schnabel grün, Kinn und Hals vorn auch grün, zahlreiche weisse Tropfen- flecke auf dem übrigen dunkelgrünen Gefieder — aus der Sammlung E. v. HOMEYERS; 5. altes Weibchen aus Ungarn, erlegt am 16. Mai 1840, typisch gefärbt wie Nr. 2 — aus der Sammlung E. v. Ho- MEYERS; \ 6. alter Vogel, erlegt am 17. August 1889, ganz gleich- mässig dunkelgrün, auch am Kopfe, keine Tropfenflecke, etwas weissliche Federn am Kinn und Schnabelbasis — aus dem Museum brunsvicense; 7, altes Männchen, von mir erlegt am 1. Oktober 1899 am Utovo blato in der Herzegowina, Ober- und Unterseite des Rumpfes dunkelgrün, nur an der Oberbrust noch einige braune Federn, Kopf und Hals braun, am Kinn weissliche Federn, weisse Tropfenflecke zahlreich an Rumpf und Hosen, einzeln auch an den Flügeldeckfedern — aus der Sammlung R. BLASIUs; 8. altes Männchen im Übergangskleide, oben dunkelgrün, unten braun meliert, einzelne weisse Tropfenflecke auf Flanken und Rücken, aus Algier — aus dem Museum brunsvicense; 9. altes Weibchen aus Smyrna, im Übergangskleide, oben dunkelgrün, unten hellbräunlich — aus dem Museum bruns- vicense; 10. alter Vogel, erlegt am 1. August 1840 in Ungarn, oben dunkelgrün, unten ziemlich gleichmässig braun, kein Tropfen- fleck — aus der Sammlung E. v. HOMEYERSs; 11. altes Männchen im Übergangskleide, erlegtin Griechen- land 1845, oben dunkelgrün, unten bräunlichweisslich, mit einzelnen dunklen Federn, zwei bis drei Tropfenflecke auf den Flügeln — aus der Sammlung E. v. HOMEYERSs; a 82 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). 12. altes Männchen, oben dunkelbraungrün, unten dunkel- braun, Kehle weiss, Kopf und Hals dunkelbraun, nicht einen einzigen Tropfenflleck, vom Kaspischen Meere — aus dem Museum brunsvicense ; 13. junges Weibchen im Übergange, brauner Hals und Kopf, oben braun mit zahlreichen dunkelgrünen Federn, unten hellbräunlich, Kehle weisslich — aus dem Museum brunsvicense; 14. junges Weibchen im Übergange aus Griechenland, oben srün und braun gemischt, unten braun, in der Mitte hellbraun, Kopf und Hals hellbraun — aus dem Museum brunsvicense; 15. junges Männchen, von mir erlegt am 1. Oktober 1899 am Utovo Blato in der Herzegowina, oben dunkelbraun mit grün- lichem Anfluge, unten braun, in der Mitte heller, Hals und Kopf braun, Kehle weisslich — aus der Sammlung R. BrLasıus; 16. junges Weibchen, erlegt am 5. Dezember 1845 in Senaar (Sammlung CHR. L. BREHM), oben gleichmässig braun, unten gleichmässig bräunlichweissliich — aus der Sammlung E. v. HOMEYERS. Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen im Pracht- kleide aus dem Banat (Exemplar Nr. 3), befindlich im Braun- schweigischen Museum, ein Vogel im ersten und einer im zweiten Jugendkleide, sowie einer im Sommerkleide ohne nähere An- gaben, befindlich im Berliner Museum. —|] Aufenthalt. Die Zwergscharbe ist für uns ein südöstlicher Vogel, dessen Wohnorte von Ungarn und Dalmatien bis zum Kaspischen Meer und dem Aralsee nachgewiesen sind. Sie scheint aber in Asien noch viel weiter verbreitet. Am Kaspischen Meer, wie auf allen grossen Flüssen und Gewässern des wärmeren russischen Asien ist sie sehr häufig, so auch noch am schwarzen Meer und an den vielen Gewässern in der Gegend der Donaumündungen bis an die Moldau und Wallachei herauf. An der übrigen Donau und ihren Nebenflüssen in Bulgarien und Serbien kommt sie auch noch häufig genug vor, aber viel seltener in Dalmatien, dagegen an der west- lichen Küste von Oberitalien fast gar nicht. Dass sie an der Donau in Ungarn, nach TEMMINCK, sehr gemein sein soll, beruht wahrscheinlich auf einem Irrtum, obgleich auch mir in Semlin versichert wurde, dass sie in den diesem Orte gegenüberliegenden grossen Sümpfen des Banatischen Militär- srenzlandes zur Brutzeit häufig vorkomme. In den Monaten August und September, wo ich die Donau von Pressburg bis Belgrad und weiter bereiste, sah ich weder auf diesem Strome und anderen Flüssen, noch in den vielen weiten Morästen des südlichen Ungarn, so weit ich gekommen, einen einzigen Vogel dieser Art, und mein lieber Freund H. JoH. NATTERER, welcher in früheren Jahren an der Donau, dem Franzens- und Bega-Kanal und in den von diesen durchschnittenen weit- ausgedehnten Sümpfen Monate lang forschte und sammelte, fand sie nur an einer Stelle, bei Perlasz, aber gar nicht häufig, vielmehr öfters bloss einzeln. Und vom Neusiedler See ver- sichert mir derselbe, dass sie da höchst selten und in dreissig Jahren wohl nur ein paarmal vorgekommen sei. Von dort oder vom diesseitigen Oberitalien, wo sie eine ebenso seltene Erscheinung ist, mag sie auch wohl einmal die Grenze Deutsch- lands überschritten haben, wovon mir jedoch etwas Zuver- lässiges nicht bekannt geworden ist. Man will sie früher ein paarmal bei Helgoland geschossen haben; nach genauerem Erkundigen scheinen mir dies jedoch Krähenscharben ge- wesen zu sein. Für Ungarn ist sie Zugvogel, erscheint dort an den Brutorten in der ersten Hälfte des April, vertauscht nach voll- brachten Fortpflanzungsgeschäften vorerst die Nistgegend mit einer anderen und verlässt gegen den Herbst das Land ganz, um erst im kommenden Frühjahr wieder zurückzukehren. Einzelne sollen bis in den Oktober bleiben. [— Das Brutgebiet der Zwergscharbe dehnt sich aus über Südost-Europa, Nord-Afrika, Südwest- und Central-Asien bis Ost-Sibirien, Indien, Java und Borneo. In Ungarn brüten sie zur Zeit nach brieflichen Mitteilungen von OTTO HERMAN an folgenden Stellen: Draueck, Obedska bara, Titel, Sumpf der unteren Donau. In der Dobrudscha brüteten sie 1877 an dem Sumpfe von Vlatjo bei Karsova zu Tausenden nach SıytExis (Journ. f. Ornith. 1877, 8. 68). LORENZ beschreibt (Annalen des K.K. naturhistorischen Hofmuseums, VII, S. 135 u. ff.) eine am 1. Juni besuchte Brutkolonie auf der Insel Katnovoc in Ru- mänien. Nach REISER (l. c.) brüten sie in den bulgarischen Donausümpfen, wenn auch bei weitem nicht so zahlreich als am Vlatjo-Sumpfe, und am Skutari-See, namentlich auf alba- nesischem Gebiete. In der Herzegowina hatte ich Gelegenheit, mich 1899 von den zahlreichen Brutplätzen auf dem Utovo-Blato zu überzeugen. SEEBOHM (Hist. of Brit. Birds II, S. 488) be- schreibt eine brütende Kolonie (circa 5000 Nester) nahe Hirsova an der unteren Donau. Hier brüten auch P. pygmaeus, A. anser, H. garzetta, N. nycticorax und Ardeola ralloides in Tausenden. Die Mehrzahl, namentlich der nördlicher brütenden, ziehen im Winter nach Süden, so überwintern viele auf dem Skutari- See und in Afrika, vereinzelt streichen sie nach Westen und Norden. So ist die Zwergscharbe nach DEGLAND und GEREE (l.c.) einmal im November 1856 in Frankreich bei Dieppe er- legt!), nach GIGLIOLI (l. c.) mehrfach in Italien vorgekommen, nach FATIO und STUDER (Katalog der schweizerischen Vögel, S. 59) wurden sie ausnahmsweise auf dem Vierwaldstädter-, Züricher- und Bodensee erlegt, P. L. SCLATER sah im Züricher Museum ein am 25. Oktober 1856 bei Dietikon im Kanton. Zürich erlegtes Exemplar, nach KELLER (Vögel Kärntens, S. 299) wurde am 14. April 1889 ein Weibchen bei Lavamünd an der Drau erlegt. In Steiermark ist sie nach Graf PLATZ (Ornith. Jahrb. 1892, S. 71). bei Radkenburg einmal erbeutet. In Deutschland ist sie nur sehr selten vorgekommen. Nach WILLIAM BÄR, „Zur Ornis der preussischen Oberlausitz“ (Separat- abdruck a. d. Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft, Bd. XXII, S. 98) befindet sich in der Sammlung der Natur- forschenden Gesellschaft zu Görlitz ein 1856 bei Leopoldshain erlegtes junges Männchen. Nach WIEDEMANN (Vögel Schwabens, S. 213) ist am 16. November 1856 auf einem Altwasser der Iller bei Buxheim unweit Memmingen ein Exemplar erlegt, das sich jetzt in der Sammlung des naturwissenschaftlichen Vereins zu Augsburg befindet. — Nach JäckEL (Vögel Bayerns, $. 344, und Württembergische Jahreshefte, 1863, S. 8) findet sich in der Stuttgarter Sammlung des Vereins für vaterländische Natur- kunde ein altes Männchen, das 1862 auf dem abgelassenen Weiher bei Wurzach, Oberamt Leutkirch, gefangen wurde. In Polen ist sie nach Taczanowskı (Ornis IV, S. 504, 1888) sehr selten beobachtet, ähnlich bei St. Petersburg nach J. voN FISCHER (Journ. f. Ornith. 1872, S. 390). —] Ihren Aufenthalt mag sie, wie der Kormoran, bald aut dem Meere, bald auf Landseen, bald und am häufigsten in weit- läufigen, tiefen Morästen nehmen, dagegen auf Flüssen viel seltener angetroffen werden. Baron von LOEBENSTEIN be- obachtete sie mehrfach in der Nähe der Donau und Save, sah sie aber niemals auf einem von diesen Flüssen und konnte auch nicht ermitteln, ob dies vielleicht in der Zugzeit eine Ausnabme erleide In den ausgedehnten tiefen Sümpfen mag sie, wenn diese, wie im südlichen Ungarn alle, recht fisch- reich sind, sich am liebsten aufhalten, besonders in solchen, welche neben vielem hohem Schilf (T’ypha) und Rohr (Arundo) auch recht vieles Weidengebüsch und anderes Gestrüpp, da- bei aber auch grosse freie Flächen tiefen Wassers haben. Man sieht sie hier immer weit vom Ufer, an den Rändern der Rohrwälder und Schilfbüsche, meistens an einige umfasste Kohrstengel dicht über dem Wasserspiegel angeklammert oder auf den Weidenbüschen oft ganz oben auf dünnen Zweigen, ') Von GADEAU DE KervILLg (Faune de la Normandie, S. 406) werden aus dem Departement Seine inferieure drei Fälle erwähnt: ein junges Weib- chen, erlegt am 5. November 1856 bei Dieppe, ein Weibchen, erlegt am 5. November 1856 und der hier von DEGLAnD und GeErBR erwähnte Fall. Es scheint mir, als wenn sich vielleicht alle drei Fälle auf ein und denselben Vogel beziehen. R. Bl. Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). 83 auch wohl auf Pfählen oder aus dem Wasser ragenden Baum- stämmen sitzen, aber kaum jemals auf dem platten Ufer und auch nie auf hohen Bäumen. Baron von LOEBENSTEIN!) fand allerdings bestätigt, was mir hinsichtlich unserer Zwergscharbe im Jahre 1835 in Ungarn von dortigen Jagdliebhabern versichert worden war, dass sie nämlich in mehreren Gegenden an der Grenze von Serbien und Bosnien ziemlich häufig vorkomme und daselbst brüte. Er fand dort unter mehreren Brutplätzen besonders einen ausserordentlich belebten bei Kupinova in Syrmien oder dem slavonischen Militärgrenzlande, westlich, zehn Minuten von jenem Orte, in einem etwa eine viertel Meile langen Sumpfe, welcher, mit Ausnahme eines schmalen bloss mit niedrigem Seggenschilf besetzten Randes, einen dichten hohen Rohrwald bildete, aus welchem hin und wieder Weidengebüsch hervor- ragte. Unmittelbar an diesen Sumpf lehnte sich einerseits ein schöner Eichenwald, welcher mit den im Hintergrunde sich stattlich erhebenden und herüberschauenden serbischen und bosnischen Gebirgen dem Bilde ein recht malerisches Ansehen verlieh. In dieser von Menschen selten besuchten Sumpfgegend wimmelte es buchstäblich von Vögeln, die daselbst ihren Fort- pflanzungsgeschäften oblagen; wohl mehr als 100 Paare des weissen Löfflers (Platalea leucorodia) und mehr noch als ein- mal soviel des Seidenreihers (Herodias garzetta) in ihrem blendend weissen Gefieder, nebst Hunderten der hellgelben Schopfreiher (Ardeola ralloide)), waren die Glanzpunkte, die zahllosen Paare der Nachtreiher (Nycticorax nycticorax) über- strahlend, wohl einige hundert Paare vom braunen Ibis (Plegadis falcinellus) und endlich ebensoviele von unserer Zwerg- scharbe, bildeten die kräftigen Schatten in diesem reizenden Gemälde. Das Getümmel aller dieser Vogelarten durcheinander konzentrierte sich auf gewissen Punkten, nämlich auf dem Weidengesträuch, das von vielen Hunderten ihrer Nester ganz bedeckt war, und das unaufhörliche Ab- und Zufliegen des so verschiedenartigen als verschiedenfarbigen und verschieden- stimmigen Geflügels gab ein Schauspiel ohnegleichen. Eigenschaften. Die Zwergscharbe hat die sonderbare Gestalt und den- selben Anstand wie die grösseren Gattungsverwandten. Ich kann über ihr Betragen nur geben, was Baron VON LOEBEN- STEIN mir im Folgenden gefälligst mitgeteilt hat. „Sie sitzt stets mit ganz lotrecht aufgerichtetem Rumpfe, den Schwanz gerade herabhängend, den Hals stark S förmig gebogen, dabei aber auch zugleich in sich hinein noch ver- kürzt; er dehnt sich mehr aufwärts, sobald sie aufmerksam auf etwas wird, aber sehr selten reckt sie ihn in seiner ganzen Länge in die Höhe, wo sie ihn dann auch sehr dünn macht und den Federbusch auf der Stirn niederlegt, diesen dagegen im ruhigen Sitzen und im Schwimmen stets aufgerichtet trägt. — An der grösseren Gestalt, der schwärzeren Farbe und dem srösseren Stirnbusch kann man schon in einiger Entfernung die Männchen von den Weibchen unterscheiden. Auf der Erde habe ich sie niemals, auch nie auf höheren Bäumen sitzen gesehen, wohl aber oft und anhaltend auf den höchsten Zweigen des 2 bis 3 m hohen Weidengesträuchs, auf welchem sie ihr Nest hatte. Ihre gewöhnlichsten und häufigsten Sitze sind jedoch merkwürdigerweise die senkrecht aus dem Wasser aufstrebenden Rohrstengel, deren sie wohl immer mehrere zu- !) Besitzer von Lohsa u. a. bei Hoyerswerda in der Lausitz. Er reiste im Frühjahr 1840 aus keiner anderen Absicht nach dem süd- lichen Ungarn, als um dort recht eigentlich wissenschaftlich zu sammeln und die uns bisher wenig oder gar nicht bekannte Lebensart der weissen und kleinen Reiherarten, des braunen Ibis, der Zwerg- scharbe und anderer mehr an ihren Brutorten zu studieren, was ihm auch auf das glänzendste gelungen ist. Meine Sammlung verdankt seiner hohen Güte beiläufig auch die Eier sämtlicher Reiherarten, der braunen Ibisse, kleinen Scharben und auch die bis hierher gänzlich unbekannt gebliebenen Eier des Halsbandgiarols, alle von diesem aus- gezeichneten Vogelkenner selbst aus den Nestern genommen. Naum. gleich mit ihren langen Zehen umfasst, unten, dicht über der Wasserfläche; in völlig lotrechter Stellung des Körpers stemmt sie den Schwanz unten gegen die Stengel und sitzt so ganz fest und sicher. In gänzlicher Ruhe hat sie dann den Hals noch mehr verkürzt und stärker gebogen, am stärksten oben am Genick, das dann wegen seines Knochenanhängsels und seiner vielen starken Muskeln sehr nach hinten hinaustritt und scheinbar den Hinterkopf verlängert. Oft Stunden lang sitzt sie auf solcher Stelle in gemütlicher Ruhe, sich sonnend und ihr Gefieder putzend, und man muss sich wundern, wie sie einen anscheinend so unbequemen Sitz, wobei der eine Fuss (zu oberst) sehr stark gebogen, der andere (zu unterst) sehr aus- gestreckt werden muss, so lange aushält.!) Auch auf dem Gebüsch ist es ihr ganz gleichgültig, ob sie auf einem wag- rechten, schräg aufsteigenden oder auf einem lotrechten Zweig zu sitzen kommt, oder ob der Zweig nicht dicker als ein Rohr- stengel oder so stark als der Daumen einer Mannshand ist. Sie hat ihre gewissen Ruheplätze, auf denen man sie immer, auch meistens an denselben Rohrstengeln, sitzen sieht. Solche befinden sich gewöhnlich an der Sonnenseite eines dichten Rohrwaldes oder an einer freien Stelle mitten in dem letzteren und da, wo sich vor ihnen ein freier Wasserspiegel ausbreitet. Nur selten sieht man sie hier einzeln; wo mehrere in derselben Gegend weilen, sind an solchen Plätzen gewöhnlich auch mehrere vereint. Wirken dann die erwärmenden Strahlen der Sonne zu heftig, so strecken jene den Hals hoch empor und keuchen mit geöffnetem Schnabel, bis abwechselnd eine nach der anderen ins Wasser hinabgleitet, um sich abzukühlen, immer aber kurz darauf ihr Plätzchen über demselben wieder einnimmt. Fast so behende als sie an den Rohrstengeln hin- abgleiten, klettern sie auch wieder an denselben in die Höhe, was freilich niemals höher ist, als bis die Schwanzspitze einige Centimeter über der Wasserfläche ist. Erschreckt man sie an solcher Stelle plötzlich, besonders mit Abfeuern eines Schusses, so stürzen sich alle zugleich in demselben Augenblicke, wie wenn alle getroffen wären, ins Wasser, verschwinden tauchend unter demselben und tauchen sehr weit von dieser Stelle erst wieder auf, um nun fortzufliegen. | Gehend mag sie sehr unbehülflich sein; die schwerfälligen Bewegungen, wenn sie von einem Zweige auf den anderen tritt, scheinen dies wenigstens zu verraten; mit vorgestrecktem Kopfe und Halse, etwas gelüfteten Flügeln und durch be- sondere Unterstützung des Schwanzes führt sie mit sichtlicher Ängstlichkeit und wankend die wenigen Schritte aus. Sie schwimmt meisterhaft, flink und gewandt, sowohl auf als unter der Wasserfläche, und schwerlich möchte ein anderer Vogel es ihr darin zuvorthun. Schwimmend lässt sie nur wenig von ihrem Oberkörper über dem Wasser sehen, der Schwanz schleppt dabei meistens ganz im Wasser, und der Hals ist Sförmig gebogen, am stärksten oben unter dem Genick. Sie gleicht so einem Lappentaucher, wenn er in Angst ist und tiefer als gewöhnlich schwimmt, kann dann leicht für einen solchen gehalten werden oder der kleine Vogel, wo er vereinzelt ist, unbemerkt bleiben. Wo sie sich nicht sicher glaubt, steckt sie auch bloss den Kopf und halben Hals heraus, und das übrige bleibt im Wasser verborgen, taucht dann auch wohl wiederholt ganz unter und entflieht erst fliegend, wenn sie sich tauchend schon weit von der Ge- fahr entfernt hat. So ausserordentliche Fertigkeit sie auch im Schwimmen und Tauchen zeigt, so sieht man sie, wie es scheint, doch nicht aus besonderem Wohlbehagen diese Künste üben; nur wenn sie muss, beim Fischen oder in Angst und Not, ist sie auf dem Wasser. Mit gekrümmtem Halse, zusammengelegten ‘) Offenbar hilft hierzu und zum Klettern nicht allein die Länge der Zehen und die auffallende Stärke ihrer Verbindungshäute, sondern ganz vorzüglich der Umstand, dass die Kralle der Hinterzehe mit ihrem Bogen be) ? oO umgelegt, ihre Spitze vorwärts gekehrt ist, und dass die Spannung zwischen dieser und der Innenzehe weiter, diese Zehe daher freier und beweglicher ist als die anderen. Naum. 11% 84 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). Flügeln und gegen die Wasserfläche gedrücktem Schwanze, alles zugleich und ein Augenblick, verschwindet sie geräusch- los in die Tiefe, kaum dass eine ganz kleine Welle die Stelle bezeichnet, wo es geschah, und kommt dann, gewöhnlich weit davon, ebenso unbemerkt wieder auf der Oberfläche zum Vor- schein. Sonst bemerkt man sie gewöhnlich ausser dem Wasser. Lässt sie sich auch aus dem Fluge darauf nieder, so eilt sie doch gewiss bald den nächsten Rohrstengeln oder Wasser- weidengebüschen zu, um wieder auszutreten. Der Flug der Zwergscharbe ist mittelhoch, schnell, ja zuweilen reissend, durch rasch wiederholte Flügelschläge be- wirkt; in Zeiträumen von einigen Minuten durch ein kurzes, gleitendes Fortziehen oder Schweben, ohne Flügelbewegung, unterbrochen. Abgesehen von dieser Auszeichnung gleicht er ganz dem der Märzente (Anas boschas) so, dass ab- und zu- fliegende Zwergscharben in der Ferne gesehen nur durch dieses abwechselnde Ziehen oder Schweben von jenen Enten zu unterscheiden sind. Den Hals und Kopf streckt sie dabei gerade von sich, den Schwanz schmal zusammengelegt ebenso nach hinten hinaus. Vor dem Niederlassen pflegt sie einige- mal im Kreise herum zu ziehen oder zu schweben, worauf sie dann, ebenfalls wie Enten, schnell herabschiesst, und wenn sie sich dann auf einen Weidenbusch oder anderes Gesträuch niederlässt, so geschieht dieses auf eine ganz eigentümliche Weise, mit gesenktem Unterrumpfe, vorgestreckten Füssen und Halse und horizontal gehaltenem Schwanze, worauf sie beim Erfassen des Zweiges mit hoch erhobenen Flügeln flattert oder ganz kurze Schläge macht. Lässt sie sich aber aufs Wasser nieder, so bleibt sie fast ganz in der gewöhnlichen Haltung wie während des Fluges. Pfeilschnell und mit vorgestrecktem Halse gleitet sie auf der Fläche noch ein ganzes Stück fort, wenn sie diese schon leise mit dem Unterkörper berührt und dazu bereits alle Flügelschläge eingestellt hat, gleich einem Lappentaucher. Erhebt sie sich dagegen vom Wasser, so stemmt sie den Schwanz, damit von einer Seite zur anderen schnellend, gegen die Wasserfläche, um sich dadurch nach- zuhelfen, was beiläufig oft etwas ungeschickt, wo nicht schwer- fällig aussieht. Die ist gegen ihresgleichen gesellig und auch gegen andere Vögel sehr verträglich, was sie besonders an ihren Brutorten zeigt, wo sie mit mehrartigem Geflügel in vertrauter Nähe und in bester Eintracht lebt. Obgleich sie dort wohl immer in mehreren, oft in sehr vielen Paaren beisammen leben, so machen sie doch ihre Ausflüge meistens einzeln, seltener zu zweien hintereinander her, und Ausnahmen hiervon führt mehr der Zufall herbei. Wenn zwei miteinander flogen, so war es gewöhnlich ein Pärchen, von welchem, wie es mir schien, wie bei Enten stets das Weibchen voranflog und das Männchen diesem nachfolgte. Dass sie sich zum Wegzuge im Herbste in grössere Flüge vereinen, konnte ich zwar nicht selbst be- obachten, hörte aber davon sprechen und finde es, eingedenk derselben Gewohnheit beim Kormoran, auch gar nicht un- wahrscheinlich. Die Zwergscharbe ist ein scheuer und misstrauischer Vogel und weiss den Verfolgungen mit vieler Schlauheit aus- zuweichen; am Nistplatze dagegen, wenn sie durch wieder- holtes Verscheuchen nicht schon unruhig gemacht wurde, ist sie völlig harmlos. Während sie zu einer anderen Zeit und an anderen Orten den Menschen meistens schon von weitem flieht, lässt sie ihn hier bis auf fünfzehn, ja zehn Schritte nahe kommen, umkreist aufgejagt dann einigemal den Ruhestörer und lässt sich hierauf immer wieder ganz nahe bei ihm nieder. Wurde jedoch mehrfach auf sie geschossen, so werden sie auch hier vorsichtiger; doch macht die Liebe zu ihrer Brüt alle Kränkungen bald wieder vergessen, und sie kehren zurück in die gefährliche Nähe des Menschen. Eine Stimme habe ich von ihr nie deutlich vernehmen können. Von Vereinzelten hörte ich nie einen Ton, und an den Brutplätzen, wo unsere Scharbe mitten unter vielen Hun- derten von auf einen kleinen Raum zusammengedrängten kleinen Reihern (Ardea garzetta, A. comata, A. Nyclicorax), weissen Löfflern (Platalea leucorodia) und braunen Ibissen (Ibis falcinellus) nistet, vermag kein menschliches Ohr es aus dem ununterbrochenen, wirren, tausendstimmigen und in der That betäubenden Gekrächze aller dieser herauszuhören. Wahr- scheinlich sind es ebenso hässliche, rauhe Töne. Um sie aus dem Chaos von Tönen herauszufinden, versuchte ich mittelst meines scharfen Gesichts an dem Öffnen des Schnabels oder an der Bewegung der Kehle der mir ganz nahen Schreier zu erkennen, welcher Vogelart diese oder jene Art des quakenden Gekrächzes angehöre; doch unsere Scharben bewegten weder Schnabel noch Kehle und schienen dennoch zu schreien. So oft ich auch darauf ausging, diese Töne kennen und von denen ihrer Gesellschafter unterscheiden zu lernen, so gelang es mir doch nicht ein einziges Mal.“ Nahrung. Sie nährt sich bloss von kleinen Fischen, von denen sie höchstens bis zu einer Hand lange Weissfische zu verschlingen vermag. Ob sie im stande sei, auch grössere zu fangen, als sie ganz verschlingen kann, und sie deshalb zu zerstückeln verstehe, ist nicht beobachtet; 8 bis 12 cm lange, überhaupt solche, welche sie ohne grosse Anstrengung sogleich ganz hinunterschlucken kann, dienen ihr am gewöhnlichsten zum Fange. Dieser geschieht tauchend, wobei sie zuweilen minuten- lang unter dem Wasser verweilt, aber stets mit einem Fische im Schnabel auftaucht, welcher in dem Augenblicke, als sie Kopf und Schnabel über der Fläche zeigt, auch verschluckt wird. Sie scheint häufig bis auf den Grund des Wassers zu gehen, und hier mag ihr der elastische straffe Schwanz, welcher ihr, wie oben erwähnt, auch beim Eintauchen wichtige Dienste leistet, besonders auch das Auftauchen befördern, indem er, gegen den Boden gedrückt, sie desto leichter aufwärts schnellt. Vielleicht ist er ihr darum grösser gegeben als anderen Schar- ben, weil sie häufiger über schlammigem Boden fischt und dieser dem Druck weniger widersteht als ein festerer. Aus demselben Grunde sind die Enden seiner Federn auch wohl weniger abgenutzt als bei anderen Arten. Baron VON LOEBENSTEIN fand ebenfalls im Magen aller von ihm erlegten Zwergscharben keinen anderen Nahrungsstoff als Fische, besonders eine in den Gewässern Syrmiens häufig vorkommende COyprinus-Art. Fortpflanzung. Es hat sich allerdings bestätigt, was mir im allgemeinen hiervon im Herbste 1835 von Jagdliebhabern in Semlin er- zählt wurde. Mein mehrerwähnter Freund, angefeuert vom edelsten Triebe für Bereicherung der Wissenschaft, durch- forschte erst neuerlich (im Jahre 1840) jene für den Ornitho- logen so sehr anziehenden als belehrenden Gegenden, und zwar in der Fortpflanzungszeit der Vögel; er machte die wich- tigsten Entdeckungen und war so gütig, mir über die Fort- pflanzungsweise unserer Zwergscharbe folgendes mitzuteilen: „In den tiefliegenden Teilen des slavonischen Militär- grenzlandes, an der Grenze von Serbien und Bosnien und längs der Save, schlägt sie in grösseren oder kleineren Vereinen, oft zu Hunderten beisammen und in Gesellschaft der kleinen Reiherarten, der weissen Löffler und braunen Ibisse, jede dieser Arten in ähnlicher Anzahl und alle auf einer Stelle vereint, mit diesen ihren gemeinschaftlichen Nistplatz auf, und zwar in den unzugänglichsten, tief morastigen, abwechselnd mit dichtem Rohr und Wasserweidengesträuch besetzten Ge- wässern. Es ist zu bewundern, wie friedlich es unter der bunten Menge so sehr verschiedenartiger Geschöpfe hier hergeht; jedes ist für denselben Zweck, nach seiner Weise sich fortzupflanzen, so vollauf beschäftigt, dass ihm gar keine Zeit übrig bleibt, sich um seinen Nachbar zu bekümmern oder mit ihm zu hadern, und wenn ja ein Streit entsteht, so sind es immer 5 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). 85 zwei von derselben Art, die aneinander geraten, aber nie die Scharben mit den reiherartigen Vögeln oder umgekehrt. Von lauter Lust und Freude beseelt, bewegt sich hier alles bunt durcheinander in bester Eintracht; denn gar nicht selten sieht man an solchen Orten auf einem einzigen, nicht zu grossen, etwa 3 bis 5 m breiten und ebenso hohen Seilweiden- oder Werftstrauche drei bis vier Nester unserer Zwergscharbe, ebensoviele des braunen Ibis, noch mehrere des Seiden- reihers, wie des Nachtreihers, zwei bis drei des Schopf- reihers, und auf den untersten Zweigen ein oder auch zwei Nester des weissen Löfflers. Es steht hier begreiflicher- weise Nest bei Nest, dicht neben- und übereinander; oft kaum mit Zwischenräumen von 30 cm breit drängen sich die Nester auf einem so kleinen Raume so dicht aneinander, als wenn anderwärts nirgends noch ein Platz für sie zu finden wäre. So waren in jenem Sumpfe bei Kupinova alle Weidenbüsche be- setzt, und der Lärm und das Gewimmel der Vögel, die sich hier fortzupflanzen begannen, unbeschreiblich. Bloss die ge- nannten Vogelarten waren dort vereint, nur einzelne Paare des Fischreihers (Ardea cinerea) zeigten sich darunter, aber weder ein grosser Silberreiher (Ardea egretta), noch ein Purpurreiher (Ardea purpwurea) liess sich hier sehen; diese haben, beiläufig, ihre Brutplätze an ganz anderen Orten, und jeder bewohnt denselben bloss gesellschaftlich mit seiner eigenen Art. Aber es ist keine kleine Aufgabe, zu den Nestern jener Vögel und denen unserer Zwergscharbe zu gelangen, weil der sehr tiefe und breite Morast an den meisten Stellen, nament- lich wo die Nester standen, nur mit lebensgefährlicher An- strengung zu durchwaten sein möchte. Es nahm daher nicht wenig Mühe und alle pekuniäre Generosität in Anspruch, einige kräftige Raazen (Serbier oder Illyrer, wie sie sich nennen), deren Aberglaube gerade in diesen Sumpf alle Wasserteufel gebannt wähnte, zu überreden, das Wagestück zu bestehen, bis unter die Arme oder mitunter bis an den Hals hinein zu waten und mich in einem kleinen Schinakel (ein aus einem einzigen Stück Holz gehauenes kahnartiges Fahrzeug) zu den Nestern und bis an die Nester zu schleppen, die einzige Art und Weise, durch welche es möglich ward, meine wichtigsten Wünsche, mit welchen ich nach diesem Lande gereist war, erfüllt zu sehen. Ich nahm Eier und schoss Vögel, welche und soviel mir beliebten. Auf solchen mit Nestern bedeckten Weidenbüschen nahmen die der Zwergscharbe fast immer die höheren und höchsten Stellen ein; unter 1,9 m hoch habe ich keins gesehen, über 1,9 bis 2,5 m dagegen die meisten und, nach Maßgabe der Höhe eines solchen Strauches, bis gegen 2,8 m über dem Wasser oder Moraste, auf den höchsten Zweigen. Ihre Nester sind denen ihrer Kameraden, der Ibisse und kleinen Reiher, ganz ähnlich; vielleicht benutzt sie auch solche, welche diese verlassen haben, wie der Kormoran die des Fischreihers, zu ihrem Gebrauch. Man möchte es, gewiss nicht unpassend, mit dem der Ringeltaube (Columba palumbus) vergleichen; denn esist, wie dieses, aus dürren, doch etwas stärkeren Holz- reisern erbaut, diese aber, auch ohne Beimischung eines anderen Materials, in grösserer Menge oder etwas höher aufeinander geschichtet, und das Nest oben in der Mitte mehr vertieft oder mehr kesselförmig. Schon aus der Ferne unterscheidet es sich leicht von denen der Reiher und des Ibis durch sein weisses Aussehen; es ist nämlich von den Exkrementen seinesBe- wohners über und über wie mit Kalktünche übergossen. Es sieht demnach eben nicht reinlicher aus, als die anderer Scharben.!) Gegen Ende des Mai?) enthält ein solches Nest gewöhnlich !) SEEBOHM (Hist. Brit. Birds II, S. 490) sagt, dass die Zweige in den Nestern von 4A. cinerea und P. pygmaeus bogenförmig um deren Mittel- punkt, ungefähr -_QS während jene in den Nestern von N. / folgendermassen (“” )) nyeticorax, A. ralloides und H. garzetta —_ angeordnetsind: NZ nach Art der Radien liegen, etwa so: RT \ LI R. Bi. ?) SEEBOHM fand noch frische Eier von P. pygmaeus am 12. Juni in der Hirsova-Kolonie. R. Bl. fünf, seltener sechs Eier; die Zwergscharbe legt also mehr Eier als eine der anderen europäischen Arten dieser Gattung. Sie haben eine ähnliche Gestalt und Farbe, eine gleiche Be- schaffenheit der Schale, sind aber verhältnismässig noch kleiner und gehören im Vergleich mit der Grösse des Vogels zu den kleinsten in der Vogelwelt, indem sie kaum etwas grösser, eigentlich bloss länger, als die der Ringeltaube sind. Sie enthalten ein sehr klares, durchsichtiges Eiweiss und einen etwas kleinen, fahlgelben Dotter.“ Diese Eier haben eine mehr oder weniger gestreckte oder sehr schlanke Gestalt, bei manchen Exemplaren nähert sie sich sogar, wegen geringer Bauchwölbung, dem Walzenförmigen, und in dieser Form ähneln sie dann denen der Gattung Apus sehr. Bei vielen liegt die stärkste Bauchwölbung in der Mitte, und die zugerundete Spitze des einen Endes über- trifft die des entgegengesetzten kaum etwas an Stärke; bei den mehr walzentörmigen sind dagegen beide Enden mehr ab-, als zugerundet, dabei ist aber dass ganze Ei nach dem Ende zu etwas eingeschnürt. So wie in der Form, so variieren sie auch in der Grösse, wo dann die oft vorkommenden Extreme folgende Maße zeigen: die grössten eine Länge von vollen 47 mm und eine Breite von reichlich 29 mm, die gerade in der Mitte ihrer Länge liegt; die kleineren aber eine Länge von kaum 45 mm und eine Breite von 27,5 mm; Länge und Breite differieren also um 2 mm, was zwar nicht viel scheint, aber bei Eiern von dieser Grösse doch einen bedeutenden Unterschied macht; es sollen aber noch kleinere darunter vorkommen. Ihre Schale ist zwar etwas dick, aber porös und daher ziem- lich zerbrechlich; sie ist von einer besonderen Kalkkruste bedeckt, mit welcher sie ursprünglich wohl ganz gleichförmig überzogen sein mag, die sich aber während des Austretens aus dem Legekanal, wo sie noch weich, hin und wieder drückt oder stellenweise verschiebt, endlich hier und da wohl gar in kleinen Flecken oder Strichen abblättert, so dass die eigentliche Schale sich an diesen ganz frei davon zeigt, was ihre Aussenfläche uneben und rauh macht. Die stets ungefleckte Färbung der Schale ist ein ziemlich stark ins Blaugrünliche ziehendes Weiss, ihr Kalküberzug schmutzig grünlichweiss oder fast kreideartig weiss; dieser nimmt aber bald fremden Schmutz auf in dem feuchten und unreinlichen Neste, so dass man ihn durch Waschen im warmen Wasser wegbringen muss, wenn man seine natürliche Färbung sehen will. Zu ver- wechseln sind diese Eier mit denen eines anderen europäischen Vogels gar nicht. Sie sind nur halb so gross als die der Kormoranscharbe. [— Zehn Eier meiner Sammlung zeigen folgende Grössen- und Gewichtsverhältnisse: | Längsdurchmesser Querdurchmesser Gewicht | 45,0 mm 50,0 mm 1,8 8 | 498 „ DO I ln Gelege von 1874. . | 416 > 31,0 , 1,8, 48,4 5 312 „ 20, i 480 „ SER I 20,7 46,7 „ 0,9 ,5 1,8%, Bosnien, 16. Juni. . | 454, 29,3 _ 1,6, 46,0 „ 30,8 „ 1 90. Juni 1869 (Algier) DA. 276 „ 1.8 5 1. Juli 1869 aus einem Gelege von 3 Eiern 40,9 „ DI, 1,572, Drei von mir gemessene Eier aus der Sammlung HoL- LANDTS (jetzt im Museum brunsvicense) haben folgende Grössen- verhältnisse: Längsdurchmesser @Querdurchmesser Dopphöhe 47,0 mm 28,58 mm 21,5 mm 45,2 N” 29,5 N 21,0 N 44,0 , 30.1, 0.0: 15 Eier der Reyschen Sammlung haben eine Durch- schnittsgrösse von 46,92 x 30,18 mm, ein Maximum von 49,2 x 29,6 bez. 48,9x 32,1 mm, ein Minimum von 39,7% 29,8 bez. 46,5 x 28,9 mm und ein Durchschnittsgewicht von 1,981 g. 86 Die Zwerg-Scharbe, Phalacrocorax pygmaeus (PALL.). 50 Eier im britischen Museum (Catalog, Vol. II, S. 206) messen 42,67 bis 49,53 x 27,94 bis 32 mm. —|' Beide Gatten brüten abwechselnd, ohne Brutflecke zu haben, aber wie lange, ist nicht beobachtet. Sie sind um die Eier sehr besorgt, sitzen wohl nicht auf, sondern nahe bei dem Neste auf viel längere Zeit, als sie zum Aufsuchen ihrer Nahrung verwenden, lassen den Menschen sehr nahe kommen, ehe sie auffliegen, umflattern ihn auch dann noch in nahen Kreisen. Wahrscheinlich steigt ihre Besorgnis noch mehr, wenn sie Junge haben. Meinem mehrerwähnten Freunde war es nicht vergönnt, die ganze Fortpflanzungsperiode hin- durch in jenen Gegenden zu verweilen. — Dafür war aber Herr Dr. ROSENHAUER aus Erlangen vor zwei Jahren in Ungarn und im Banat, in den Gegenden an der unteren Temes, wo er diese Vögel in der erwähnten Gesellschaft jener kleinen Reiherarten und der braunen Ibisse in den grossen Sümpfen und an den Altwassern der Donau, nicht weit vom Dorfe Oppova, ebenfalls auf Weidenbüschen in grosser Menge nistend antraf. Da er sich jedoch mehr für Entomologie als für Vögel interessierte, so wagte er sich anfänglich nicht in die zu hoch angeschwollenen Gewässer dieser wilden Gegenden, kehrte aber Anfang Juli, wo das Wasser schon etwas ab- genommen hatte, dahin zurück, fand nun die Nester der Zwerg- scharben, Ibisse und Reiherarten bereits samt und sonders mit Jungen besetzt und erhielt neben den Alten auch Junge von allen Arten. Als gegen Anfang August das Wasser so weit gefallen war, dass man mit weniger Lebensgefahr zu den Nestern konnte, waren die jungen Zwergscharben bereits aus- geflogen und mit den Alten aus der Gegend verschwunden; nur die jungen Reiher und Ibisse standen noch auf und neben den Nestern und stiegen auf den Zweigen des Gebüsches herum, liessen sich von den Alten füttern u. s. w., doch waren jetzt auch die meisten dieser Jungen bereits flugbar. Ich selbst konnte bei meiner Anwesenheit in jenen Gegenden, An- fang September 1835, wegen zu weit vorgerückter Jahreszeit von dergleichen nichts mehr zu sehen bekommen, und weil damals diese ungeheueren Sümpfe infolge eines sehr dürren Sommers beinahe gänzlich ausgetrocknet waren, trafich auch nicht einen einzigen Vogel dieser Art mehr an, obgleich es noch von ihren Brutgesellschaftern, den braunen Ibissen, den Seiden-, Schopf- und Nachtreihern, an einzelnen noch mit Wasser versehenen Stellen buchstäblich wimmelte. Feinde. Von diesen ist mir nichts bekannt geworden, als dass die Wiener Helminthologen in den Eingeweiden der Zwergscharbe verschiedene Würmer fanden, als: Ascaris spieuligera, Hystrichis papillosus, Ligula simplieissima, nebst einer neuen Species der Gattung Distomum. [— Ausserdem wurde in den Eingeweiden gefunden: Distomum echinatum ZED. und im Gefieder Trinotum pygmaeum. — | Auch Baron VON LOEBENSTEIN fand in ihren Eingeweiden ziemlich lange, fadenförmige Würmer, und am Unterhalse, zwischen diesem und der Haut, eine ungefähr 12 bis 18 mm lange und 6 mm breite, einem Blasenwurm ähnliche Art, der- gleichen sich fast bei allen grösseren Sumpf- und Wasservögeln Ungarns an bezeichneter Stelle vorfinden. Jagd. Dass die kleine Scharbe sehr vorsichtig und scheu ist, wurde oben schon gesagt; sie muss daher meistens ungesehen beschlichen oder erlauert werden, wenn sie von einem Sumpfe nach dem anderen streicht. Beim Neste ist sie dagegen ganz unbesorgt und leicht zu schiessen. Da sie sich nach jedem Schusse ins Wasser stürzt und unter diesem verschwindet, wenn sie über demselben sass, so glaubt der Schütze stets, der Schuss habe sie getroffen und schaut ihr dann staunend nach, wenn sie 30 bis 40 Schritte davon wieder heraufkommt und frisch und gesund davonfliegt. Die flügellahm geschossene thut, bis auf das Davonfliegen, dasselbe, ist aber für den Schützen auch so gut wie verloren und selbst dem flinkesten Wasserhunde unerreichbar. Überhaupt taucht jede, welche der Schuss nicht augenblicklich tötete, wenn sie zum Tauchen noch Kraft genug hat, unter, gewöhnlich um gar nicht wieder zum Vorschein zu kommen; sie beisst sich auf dem Grunde des Wassers an irgend etwas fest und endet daselbst, was bei anderen Tauchvögeln auch oft vorkommt. Nutzen. Es ist mir nicht bekannt, inwiefern man sie irgendwo für nützlich halten möchte. Auch sie hat eine widerliche Aus- dünstung, doch nicht so heftig als andere grössere Scharben- arten. Ihr dunkelrotes, grobfaseriges Fleisch scheint ohne Not nirgends gegessen zu werden, und die kleinen schlecht- schmeckenden Eier verlohnen die Mühe auch nicht, des Essens wegen aufgesucht zu werden. Schaden. In den fischreichen und menschenarmen, wenig angebauten Gegenden ihres Aufenthalts wird ihnen das Fischefressen nicht beneidet. Sogenannte zahme Fischereien, denen sie nachteilig werden Könnte, giebt es dort nicht. — Ill. Familie. Phaetontidae. Nasenlöcher durchgehend und deutlich sichtbar, nahe der Basis. Gaumenknochen getrennt. Vomer vorhanden. Der Kiel des Brustbeines beinahe die ganze Länge des corpus stern: hinziehend. Schnabel etwas länger als der Kopf, seitlich zu- sammengedrückt, leicht gebogen, die Schneiden unregelmässig gezähnt. Gefieder fest und dicht, Flügel lang und spitz, erste Schwinge etwas länger als die zweite und am längsten. Schwanz keilförmig, kurz, nur das mittelste Paar riesig verlängert und schmal, länger als der Körper. Lauf sehr kurz, kürzer als die mittelste Zehe. Bewohner der tropischen und Teile der subtropischen Meere. Nur eine Gattung. I. Gattung: Tropikvogel, Phaeton L. Charakterisiert durch die Merkmale der Familie. Übersicht der Arten und Unterarten. Flügeldecken und Schulterfittiche rein weiss, Handschwingen weiss, mit Ausnahme der Schäfte, verlängerte Schwanz- federn rot: 2, Ko Be und Schulterfedern mit mehr oder minder Schwarz, Aussenfahnen der Armschwingen grösstenteils schwarz, verlängerte Schwanzfedern weiss oder gelb: 3. | Gefieder weiss, Flügel etwas kürzer, Schnabel etwas geringer (Tropische Teile des Stillen und Indischen Oceans): Ph. rubricauda rubricauda BODD. DD ae mit schön rosenrotem Schimmer, Flügel etwas länger, Schnabel stärker (Kermadec, Norfolk und Lord Howes-Inseln in den australisch-neuseeländischen Meeren): Ph. rubricauda erubescens ROTHSCH. Schnabel gelblich, Rücken einfarbig, Spitzen der Schulterfittiche grösstenteils schwarz, ein breites schwarzes Band quer durch den Flügel: 4. | Schnabel rot oder orange, Rücken- und Schulterfittiche mit Schwarz gebändert, kein auffallendes schwarzes Band durch den Flügel: 6. (refieder weiss: 5. | | Geier salmfarben oder aprikosengelb (Brutvogel auf der Christmas-Insel südlich von Java): Ph. lepturus fulvus BRANDT. | [ Das Schwarz der ersten Schwinge 3 cm oder mehr von der Spitze zurückbleibend (tropische Meere im allgemeinen, aber im südlichen Indischen Ocean und an der Nordostküste Amerikas durch andere Formen vertreten): Ph. lepturus lepturus LACEP. und DAuD. Das Schwarz der ersten Schwinge bis 1 oder höchstens 2 cm von der Spitze reichend (vertritt Ph. lepturus lepturus | an der Nordostküste Amerikas, wo er von Bermuda bis Westindien brütet): Ph. lepturus americanus GRANT. | Schnabel ganz rot, vom Auge zum Nacken ein breiter schwarzer Streif, mittlere Steuerfeder sehr lang (tropische Teile | des Atlantischen und Stillen Oceans): Ph. aethereus aethereus L. | | 4. D» .] Schnabel orangerot, an den Schneiden und an der Basis schmal schwarz gesäumt, der schwarze Streif hinterm Auge undeutlich, die mittelsten Steuerfedern nicht so lang, höchstens bis 31 cm (vertritt Ph. aethereus aethereus im Indischen Ocean, vom Roten Meere bis zur Malakka-Strasse): Ph. aethereus indicus HUME. Der Tropikvogel, Phaöton aethereus L. Tafel 3. Fig. 1. Männchen. Fremde Trivialnamen: Englisch: Tropic-bird, Boatswain Bird, White-tailed Tropic-bird. Slovenisch: Belorepi zrakoplovec. Phaöton aethereus. Linn, Syst. Nat. Ed. X. I. p. 134 (1758). — Phaeton aethereus. Naumann, Vög. Deutschl. Bd. XIII. p. 284 (1860). — Phaöton aethereus. Degl. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. II. p. 361 (1867). — Phaeton aethereus. Brehm, Tierleben, II. Aufl. III. p. 573 (1892). — Phaöton aethereuss. Dresser, B. Europe, Suppl. p. 425 (1896). — Phaethon aethereus. Cat. Birds Brit. Mus. XXVI. p. 457 (189). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzgesch. d. Vög. Taf. VC. Fig. 2 (1845—54). Beschreibung. Schnabel rot. Vor dem Auge ein halbmondförmiger schwarzer Fleck. Vom Auge zum Nacken ein schwarzer Streif. Oberkopf, Hals und ganze Unterseite rein weiss. Die Federn des Kopfes mit schwarzer Basis, die der Unterseite ganz weiss. Oberseite schmal schwarz quer gebändert. Handschwingen weiss, Aussenfahne und schmaler Streif der Innenfahne am Schafte entlang schwarz. Armschwingen weiss, die letzten schwarz mit weissem Saum. Steuerfedern weiss, die Schäfte an der Basis schwarz. An den Brustseiten einige schmal schwarz sebänderte Federn. Die verlängerten weichen Weichenfedern srösstenteils schwarz. Unterflügeldecken und Achselfedern weiss. Iris tiefbraun, Lauf und oberer Teil der Zehen gelb, Rest der Zehen und Nägel schwarz. Ganze Länge mit Schwanz- federn etwa 1 m, Flügel etwa 50 cm, Schwanz 60 bis 66, ohne die verlängerten Mittelfedern 11 bis 12, Schnabel 65 bis 69 mm, Lauf 27 bis 50 mm. | Die Geschlechter sind gleich, der junge Vogel aber hat schwarz gefleckten Oberkopf, breitere Querstreifen auf der Oberseite und an den Enden schwarz gefleckte Steuerfedern, das mittelste Paar nur 2 bis 3 cm länger als die anderen. Schnabel gelblich und braun. Das Dunenjunge ist weiss, die Oberseite mit bräunlich- grauem Schimmer, Schnabel gelb. Der abgebildete Vogel ist ein Männchen von den Gala- pagos-Inseln, befindlich im ROTHsCHILDschen Museum in Tring. Aufenthalt. Ph. aethereus ist über die warmen Teile des Pacifischen und Atlantischen Oceans verbreitet. Das Vorkommen in euro- päischen Meeren und gar an den mitteleuropäischen Küsten ist sehr unwahrscheinlich. REIMERS glaubt ihn zweimal bei Helgoland gesehen zu haben, aber selbst GÄTKE hat diese un- sichere Beobachtung nicht in seiner „Vogelwarte“ erwähnt. DEGLAND und GERBEs ganz vage Angabe vom Vorkommen bei Norwegen verdient keiner weiteren Beachtung, ebensowenig die Thatsache, dass LEIGH den Tropikvogel in der 1700 er- schienenen Naturgeschichte der Grafschaft Lancashire in Eng- land erwähnt. Dagegen soll vor etwa einem halben Jahr- hundert ein Exemplar in Herefordshire, zu Cradley, unweit Malvern, tot gefunden sein (GURNEY, Trans. Norfolk N.H. Soc. V, S. 659). Das Stück befand sich lange Zeit in der Sammlung WALCcOTs, ist aber seit dem Verkaufe der Sammlung im Jahre 1867 verschollen. Wenn sich wirklich einmal ein Tropikvogel in die euro- päischen Meere verfliegen sollte, so dürfte es mit ebensogrosser Wahrscheinlichkeit Ph. lepturus americanus sein, der auf den Bermuda Inseln brütet,!) dahingegen brütet allerdings Ph. aethe- 1) Brasıus und BALDAMUS beschreiben diesen unter dem Namen Phaeton aethereus im Ergänzungsbande zu NAUMANNs Naturgeschichte der. Vögel folgendermassen: „Die ganze Länge beträgt gegen 86 bis 89 cm, von denen nur 32, bis 35 em auf den Rumpf mit Kopf und Schnabel kommen. Der Flügel vom Bug an ist 31 bis 32,5 em lang. Der Schnabel längs der Mundspalte ist 8 em, der sehr kurze Lauf kaum 2,5 em und die Mittelzehe mit der 5mm langen Kralle 4,3 em lang. Der Flügel ist spitz, die erste und zweite Schwungfeder am längsten, keine derselben aussen verengt. Der Schwanz ist stufig zugespitzt, die Mittelfedern setzen sich lineal ausgezogen noch gegen 33 em, ungefähr um die ganze übrige Körperlänge, über die übrigen Federn verlängert fort. Der hellfarbige Schnabel ist weit höher als breit, lang zugespitzt, die Firste flach gekrümmt bis zur Spitze, die Kieferränder unregelmässig gesägt. Die Läufe hellfarbig, genetzt. Die Zehen dunkel, oben getäfelt; sämtliche Zehen durch Bindehäute verbunden. Das Gefieder ist oben und unten blendend weiss, mit rosenrotem An- flug, vor und hinter den Augen schwarz. Die Flügel vorherrschend weiss. Die ersten grossen Schwungfedern mit Ausnahme der weissen Spitze schwarz; die Hinterschwingen und die nahegelegenen langen Schulterfedern an der Spitze breit schwarz mit weissen Kanten. Der Schwanz weiss. Bei jüngeren Vögeln ist das Gefieder, besonders auf dem Kopf, dem Hinterkörper schwarz quergefleckt. Breite Schaftflecken an den Weichen. Eine breite schwarze Querbinde über dem Flügel. In der Jugend ist der Schnabel dunkel. Der Scheitel mit dunklen grauschwarzen Schaftflecken bezeichnet, die auf dem Halse und der Ober- seite in dunkle Querbinden übergehen. Die auffallende Schwanzbildung des Phaeton macht es zwar erklär- lich, dass die Erscheinung eines solchen Vogels einen lebhaften Eindruck hinterlasse und über das Vorkommen vielleicht kaum ein Zweifel bestehen kann; aber die Thatsache ist so sehr ausser allem Zusammenhang mit allen regelmässigen Naturereignissen, dass man für die Fauna Europas von der- selben absehen kann. Aufenthalt. Der Tropikvogel hat seine Heimat besonders auf den Inseln und felsigen Küsten der tropischen und subtropischen Meere, d. h. er geht im Frühjahr über die Wendekreise hinaus, um sich fortzupflanzen. Doch scheint er freiwillig über den 40. Breitengrad nicht hinauszugehen. Wo das vorkommt, ist er durch Stürme verschlagen, und in den seltensten Fällen mag dies in solcher Weise geschehen, dass er sich bis nach Europa verirrt. Als nördlichster Wohnplatz, den er zur Brutzeit häufig bewohnt, sind die Bermuda-Inseln neuerdings bekannt geworden. Hier kommt er regelmässig im März und April aus seinen südlieheren Winterquartieren an und zieht anfangs Oktober samt den Jungen fort. Eigenschaften. Die hübsche Gestalt, die gegen das tiefe Blau der Tropenluft hell abstechende blendend weisse Farbe und sein leichter, schwebender, graziöser Flug machen den zutraulichen Vogel zum Lieblinge der Schiffer, die er, ohne scheinbare Bewegung der langen schmalen Flügel, oft mehrere Tage lang begleitet, ohne gerade Bote nahen Landes zu sein. So leicht und schnell aber seine Bewegungen in der Luft sind, ebenso schwerfällig und ungeschickt sind diese auf dem Erdboden: die sehr kurzen und weit zu- 4 Der Tropikvogel, Phaeton aethereus L. reus auf den Inseln des grünen Vorgebirges, die etwas näher an Europa sind, als die nördlicher gelegenen Bermudas.!) Eigenschaften. BOLLE schreibt (Journ. f. Ornith. 1856, S. 29) von den Inseln des grünen Vorgebirges: „Ferner hat Santiago den prachtvollen Tropikvogel (Phaöton aethereus), den Rabo de junco oder Binsenschwanz der Kreolen, der z. B. die lange steile Felsenwand von Porto Praya in Menge bewohnt und mit seinem geraden, langsam schwimmenden und doch so majestätischen rückgestellten Füsse machen ein eigentliches Gehen unmöglich; nur mit grosser Anstrengung vermag er sich „mit aufliegender Brust und gelegent- licher Entfaltung der Flügel von Stelle zu Stelle vorwärts zu arbeiten.“ Nahrung. Fische, hauptsächlich wohl auch Mollusken und andere Seetiere machen seine Nahrung aus. Der ziemlich scharf gezähnte Schnabel ist zum Ergreifen und Festhalten der Fische sehr geeignet. Fortpflanzung. Der Tropikvogel pflanzt sich nach den Mitteilungen der Herren WEDDERBURN und Hurpıs (The Naturalist in Bermuda etc. by JoHn MATTHEW JONES, Esq., assisted by Major J. W. WEDDERBURN and J. L. Hurvıs Esq., London 1859) auf mehreren Inseln der Bermuda-Gruppe (32 Grad 15 Mi- nuten nördlicher Breite), besonders auf der Felseninsel Gurnet-Nead fort. Er kommt daselbst früher oder später im März und April an und beginnt das Eilegen anfangs Mai. Er legt nur ein Ei, und zwar ohne alle Unter- lage in Felsenlöcher, die mehr oder weniger, zuweilen über drei Fuss, tief sind. Die Eier variieren in der Färbung und in der Grösse der Flecken, schokoladenfarbig mit grossen und kleinen braunen Flecken. Ein Ei meiner Sammlung ist wie mit einer bleichen Schokoladenfarbe überzogen und hat am stumpfen und spitzen Ende grössere und kleinere verwaschene und ineinander fliessende Flecke von einer etwas dunkleren Nüance der Grundfarbe, ist von rein ovaler Form, sehr dünner, aber ziemlich rauher, glanzloser Schale, deren Poren dicht und netzartig, von unregelmässiger Gestalt und ziemlich tief sind. Es misst 58 mm in der Länge bei 38 mm grösster Breite. Männchen und Weibchen sitzen in der Bruthöhle und können beim Nest mit der Hand ergriffen werden, beissen aber mit ihrem Schnabel recht scharf. Die Jungen bleiben im Neste, bis sie fliegen können. Sie haben auf dem Rücken und den Flügeln schwarze oder braune Quer- streifen und haben die zwei langen Schwanzfedern noch nicht. Was die übrigen Rubriken anlangt, so ist darüber wegen Mangel exakter Nachrichten nichts weiter zu berichten, als dass sie wegen ihrer Zutraulichkeit selbst vom Schiffe aus leicht geschossen und bei ihren Nestern leicht gefangen werden können. Der Sehaden, den sie wegen ihrer Nahrung thun mögen, ist gar nicht in Betracht zu ziehen. Feinde mögen sie ausser dem Menschen wenige haben; in ihrem Elemente, der Luft, wohl gar keine“ E. H. !, Alle Angaben über Tropikvögel von den Bermudas und den west- indischen Inseln beziehen sich auf Ph. lepturus americanus, die von HEUGLIN (Orn. N.-O.-Afr., S. 1467) auf dem Roten Meere und dem Golf von Aden auf Ph. aethereus indieus. E. H. 89 Fluge durch die hohen Lüfte, blendend weiss mit rotem Schnabel, den langen Schweif kometenartig hinter sich, dem Reisenden wie ein grussbringender Bote vom Äquator erscheint. Es waren herrliche Augenblicke für mich, als ich unter jenem azurblauen Himmel, vom schönsten Meere der Welt sanft ge- wiegt, angesichts einer langgedehnten reichen Küste und fern am Horizont auftauchender Eilande, den ersehnten Tropik- vogel zum ersten Mal erblickte. Wie manche Gefahr wog den Genuss auf, für wie manche Enttäuschung tröstete er nicht! Das sind Erinnerungen, die den Menschen durchs Leben be- gleiten und oft spukhaft inmitten des civilisierten Alltagstreibens vor dem Auge des Geistes wieder emporsteigen. — Der Tropik- vogel muss übrigens auch auf Sal vorkommen, da dort ein Kap einen Namen: „Panto do rabo de junco“ trägt.“ In der That kann man die Begeisterung eines Natur- forschers beim Anblick des Tropikvogels begreifen. Es ist ein unbeschreiblich schöner Anblick, ihn scheinbar ohne jede An- strengung in dem Sonnenglanz tropischer Meere über den blaugrünen Wogen schweben zu sehen. Das seidenweisse Ge- fieder sieht so schneerein aus, man denkt unwillkürlich an einen Boten aus einer anderen, reineren Welt. Die Vögel sind auf offenem Meere zwar nicht besonders scheu, aber doch einigermassen vorsichtig, an ihren Brutplätzen dagegen lassen sie sich auf den Nestern ohne weiteres ergreifen, beissen aber heftig in die Hände. Der Ruf ist ein helles Krächzen; wenn man sie auf den Nestern stört oder ergreift, vollführen sie ein unaufhörliches, betäubendes, krächzendes Gekreisch, bis man sie in Ruhe lässt. Fortpflanzung. Auch Ph. aethereus bewohnt felsige Inseln in den tro- pischen Meeren und legt ein einziges Ei in flache oder tiefe Löcher an Felsen, meist hoch, oft aber auch nahe am Wasser. Die Eier haben ungefähr die Grösse guter, grosser Hühnereier, auch etwa die Gestalt, nur dass sie meist etwas spitzer sind. Die Grundfarbe ist ein gelbliches Weiss, das aber so mit rot- braunen Flecken und Punkten bedeckt ist, dass man wenig davon sieht und das Ei fast ganz rotbraun oder auch wie Milchschokolade mit tiefbraunen Fleckchen aussieht. Einzelne Eier sind gelblich mit weit voneinanderstehenden Punkten und Flecken. Die Eier messen 61,4x 43,7, 60,4x 45,6, 59,7 42,9, 63,1 x 43,2, 61x 42,4, 62,5 x 43,5, 62,4% 42,5, 63,7>x 44 mm u. Ss. w. (siehe auch Cat. Eggs Brit. Mus., II, S. 216). Nahrung. Die Nahrung der Tropikvögel besteht aus Fischen und Abfall von Schiffen. —] Naumann, Naturgeschichte”Bd. XI. Elfte Ordnung. Seetlterer»-Longipenines. An ihnen sind die Flügel am meisten ausgebildet, sehr lang, schmal und spitz; ihr Schnabel mittellang, sehr zu- sammengedrückt, mit scharfen Schneiden, vorn entweder gerade zugespitzt oder an der Spitze etwas gekrümmt, oder diese ein besonderer Haken; an der Unterkinnlade tritt da, wo die Kielspalte aufhört, ein eigentümliches Eck hervor, das in manchen Gattungen sehr auffallend ist. Ihre Füsse sind nur von mittlerer Grösse, in einigen Gattungen sogar sehr klein und haben Schwimmhäute zwischen den drei Vorderzehen, eine freie, etwas höher gestellte Hinterzehe, die sehr klein, oder nur als eine Warze mit kleinem Nagel angedeutet ist oder auch gänzlich fehlt. Sie sind Stosstaucher, d. h. sie suchen gewöhnlich ihre Nahrung, die meistens in Fischen und anderen Wasser- geschöpfen besteht, indem sie über dem Wasser hinfliegen, und wenn jene sich der Oberfläche nähern, sich aus der Luft ins Wasser stürzen, kurz untertauchen, ihre Beute mit dem Schnabel ergreifen, sich damit wieder in die Luft erheben und sie gewöhnlich fliegend verzehren. — Sie fliegen sehr leicht, gewandt und viele so anhaltend, dass sie viel längere Zeit in der Luft als auf dem Wasser oder der Erde zubringen. Ihr Niederlassen auf die Erde oder das Wasser ist, wenn sie nicht nach einem lebenden Nahrungsmittel stossen, sehr sanft, und mit grosser Leichtigkeit erheben sie sich auch wieder in die Luft. — Manche Gattungen schwimmen selten, sehr oberflächlich und können sich nur ganz langsam auf dem Wasser fortbewegen. Auch auf dem Trocknen gehen nur einige gut und öfter, viele schlecht, daher selten. Einige sind räuberischer Natur, manche fressen auch Aas, die meisten fangen sich jedoch selbst lebende Geschöpfe und verschmähen jenes. — 1. Familie. Möven, Laridae. Nasenlöcher an beiden Seiten des Schnabels gelegen, schlitzförmig. Mittelzehe länger als die Aussenzehe. Hinter- zehe vorhanden. | Nach FÜRBRINGER (l. c., 8. 1158) stellen die Laridae eine äusserlich ziemlich gut abgegrenzte kosmopolitische Familie von etwa 160 Arten gutfliegender Schwimmvögel dar, von denen fossile Reste mit Sicherheit meist im unteren Miocän nach- gewiesen worden sind. Er hält die von verschiedenen Autoren behaupteten Verwandtschaften der Laridae mit den Colymbidae und Anseres für nicht vorhanden, die Beziehungen zwischen den Tubinares und Laridae für nicht allzu nahe, dagegen die zwischen den Alcidae, Limicolae und Laridae bestehenden für so nahe, dass die Abtrennung der Laridae und Limicolae von einem gemeinsamen Stamme erst in einer jüngeren geologischen Zeit (vielleicht in dem Ende der Sekundär- oder dem Anfang der Tertiär-Periode) gesucht werden muss. —] I. Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. Schnabel: Kaum so lang oder wenig länger als der Kopf; hart, fast gerade oder der Firste nach nur sanft gebogen; am Kiel, wo dessen Spalte aufhört, mit einem schwachen Eck, vorn zugespitzt ohne Haken; sehr zusammengedrückt, die Schneide etwas eingezogen, sehr scharf und scherenartig etwas ineinander greifend; der Rachen bis unter das Auge gespalten und etwas erweitert. Die Zunge ist fast so lang als der innere Raum im Schnabel, pfriemenförmig, spitz, die Spitze etwas geteilt, auf der Oberfläche eben, auf der unteren mit stumpfkantigem Kiel. Nasenlöcher: Seitlich, in einer kleinen, vorn zugespitzten Höhle, nicht weit von der Stirn, ein gleichmässig er- weiterter, oft fast länglichovaler, durchsichtiger Ritz, parallel mit der Schnabelfirste. Füsse: Sehr klein, mit kaum bemerklich zusammengedrücktem Lauf, starkem Fersengelenk, über ihm etwas nackt; mit drei ziemlich kurzen Vorderzehen, welche Schwimmhäute verbinden, die vorn mehr oder weniger ausgeschnitten sind; mit einer freien, etwas höher gestellten, sehr kleinen Hinterzehe und mit etwas kleinen, randschneidigen, wenig gebogenen, ziemlich spitzen Krallen. Der häutige Überzug hat nur vorn am Lauf, auf dem sogenannten Spann, etwas grössere, auf den Zehenrücken schmale Schilder, übrigens kleine und sehr kleine sechs- und achteckige Schildchen. Flügel: Ungewöhnlich lang, schmal und spitzig, Schwalbenflügeln ähnlich, mit noch etwas längeren Armknochen, obgleich diese auch hier nicht lang. Die grossen Schwungfedern, von denen die vorderste die längste von allen, die folgenden I. Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. 9] stufenweise, aber schnell an Länge abnehmen, sodass die letzten sehr grosse Stufen bilden, sind ungemein lang und stark; die unter sich fast gleichlangen zweiter Ordnung sehr kurz; alle haben sehr starke, steife, gegen die Spitze sanft aufwärts gebogene (säbelförmige) Schäfte, die längsten aussen ganz schmale, innen viel breitere Fahnen, die gegen das Ende all- mählich schmäler werden und so in die Spitze übergehen. Schwanz: Mittellang, gabelförmig, bei manchen sehr tief, bei anderen seichter, nur bei sehr wenigen kaum aus- geschnitten, einem Schwalbenschwanz ähnlich, zwölffederig, die äusserste Feder oft noch einmal so lang als eine der mittelsten und in einen langen, sehr schmalen Spiess auslaufend. | Das kleine Gefieder ist nicht lang, nicht sehr dick, aber dicht, knapp anliegend und sehr weich, meist zerschlissen und ohne deutliche Umrisse, im ganzen von sehr zartem Äusseren. Die Schwungfedern erster Ordnung haben auf der Aussenfläche ihrer Fahnen einen eigentümlichen puder- oder samtartigen Überzug, der eine viel lichtere (weissgraue) Farbe hat als der eigentliche (schwarzgraue) Federbart, sich leicht von diesem abscheuert, am ersten an der ganzen Aussenfahne der vordersten Feder und an den Enden der vier bis fünf folgenden, weshalb er nur am ganz frisch erhaltenen oder eben entstandenen Gefieder sich vollständig zeigt, wenn er aber abgerieben, dem Vogel eine weit dunkler, oft schwärzlich gefärbte Flügelspitze verschafft. Die Meerschwalben bilden eine deutlich gesonderte, an Arten ziemlich zahlreiche Gruppe. Als Verwandte stehen ihnen die Scherenschnäbel (Rhynchops) am nächsten, weniger die Möven (Larus), obgleich sie manches mit ihnen gemein haben und einige kleinere Arten, der Gestalt nach, zu den der Meerschwalben Übergänge bilden. Es sind mittelgrosse, auch kleine Vögel, und die verschiedenen Arten in der Grösse sehr abweichend. Ihre grossen oder vielmehr sehr langen, spitzigen Flügel und der meistens auch mehr als mittellange Schwanz geben ihnen, zumal fliegend, eine scheinbare Grösse, die sich gewaltig vermindert, wenn der Vogel sitzt oder wenn man ihn in den Händen hat, wo dann der sehr kleine Rumpf, der etwas kurze, schwache Hals, der vorn nach allen Seiten zugespitzte, flachstirnige Kopf, endlich die unverhältnismässig kleinen Füsse nicht zu jenen zu passen scheinen, während bei vielen durch einen langen und stärkeren Schnabel der Kopf ein grösseres Aussehen gewinnt und das der ganzen Figur eben nicht verbessert. So wie sie weder zum Gehen und Sitzen, noch zum Schwimmen geschaffen, zeigen sie auch nur im Fluge die eigentümliche Schönheit ihrer Gestalt, deren leichter Bau den Luft- bewohner verrät und das Auge mit Wohlgefallen darauf verweilen lässt, wenn es ihren so gewandten als zierlichen Bewegungen in diesem Elemente folgt. In dieser Gruppe ist eine sehr einfache, zarte Färbung, namentlich die weisse Farbe die vorherrschende, nächst ihr ein sanftes, bläuliches Aschgrau. Die Mehrzahl der Arten hat ein ganz weisses Gefieder, bloss am Mantel einen schwachen Anstrich von bläulichem Aschgrau, mit etwas dunkleren Flügelspitzen, und einen tiefschwarzen Oberkopf und Nacken. Diese einfache, bei so vielen Arten gleichförmige Verteilung jener drei Farben, weiss, grau, schwarz, lässt im allgemeinen die Gattung sehr leicht erkennen, erschwert aber das Erkennen und Unterscheiden der Arten sehr. In einer Unterabteilung wird das Aschgrau dunkler und zur herrschenden Farbe, vom Scheitel und Nacken steigt das Schwarz tiefer herab, und reines Weiss ist nur an einzelnen Körperteilen zu schauen. Von diesem allgemeinen Gattungs-Typus weicht indessen eine dritte Unterabteilung, dem fünften Erdteil angehörig, auf eine heterogene Weise ab; in ihrem Gefieder ist nämlich schwarz, statt weiss, die herrschende Farbe, und während unsere weissen Meerschwalben eine schwarze Platte auf dem Kopfe haben, ist diese bei jenen weiss. Es erinnert uns an die schwarzen Schwäne Neuhollands und an andere wunderliche Abnormitäten jenes Erdteils. Auch setzen sich die Noddis, wie man diese fremden schwarzen Meerschwalben zu nennen pflegt, ganz gegen die Gewohnheit der unsrigen, oft auf Bäume und sollen sogar darauf nisten; eine Art derselben, Anous stolidus, hat auch keinen gegabelten Schwanz. Dessenungeachtet würden wir die Noddis nicht als Gattung von den übrigen Meerschwalben trennen, weil sie in ihrer übrigen Gestalt und Lebensart sich diesen völlig gleichstellen. Unter beiden Geschlechtern herrscht bloss in der Grösse ein geringer Unterschied, die Weibchen sind nämlich ein wenig kleiner als die Männchen und haben in einigen Arten einen etwas kürzeren Schnabel und kürzere Schwanzspiesse. Die Ver- schiedenheit in Farbe und Zeichnung ist ebenso unbedeutend; ein etwas tiefer herabgehendes Schwarz des Nackens, eine etwas tiefere Färbung an den grauen Teilen, eine höhere Färbung der Füsse und des Schnabels, wenn diese hellfarbig, sind kaum bemerkbare Vorzüge des Männchens. Weil diese Vögel aber zweimal im Jahre wenigstens das kleine Gefieder, obgleich nicht immer an allen Körperteilen, wechseln, so entsteht am Winterkleide eine etwas andere Zeichnung als am Sommer- kleide. Bei den weissen Meerschwalben wird die ganz schwarze Kopfplatte des Sommerkleides im nachfolgenden Winter- kleide von der Schnabelwurzel bis zwischen die Augen rein weiss, und der übrige Teil derselben behält das Schwarz nur in länglichen, kleinen Flecken auf weissem Grunde; alles übrige Gefieder behält die Farbe jenes, nur dass diese ein frischeres Aussehen haben. Bei den grauen Meer- oder Seeschwalben entsteht durch die Herbstmauser ein mehr in die Augen fallender Unterschied; es werden nämlich im Winterkleide derselben alle unteren Teile, auch die Stirn, rein weiss, der Hinterkopf schwarz gefleckt; es unterscheidet sich demnach gar sehr von dem viel dunkler gefärbten Sommerkleide. Noch anders ist das Jugendkleid, worin sich jedoch alle Arten mehr oder weniger ähneln; es hat hinsichtlich der Kopfzeichnung, bei den grauen Seeschwalben auch des Unterkörpers, Ähnlichkeit mit dem Winterkleide, allein auf dem Mantel, bei manchen auch auf dem Schwanze, stehen vor der weissen Endkante der bläulichgrauen Federn braune Mondfleckchen oder Wellenlinien, bei einer Art dunkler, häufiger, bei der anderen bleicher, sparsamer u. s. w. Das Nestkleid wird gebildet aus sehr dichten, weichen Dunen, oben graulich oder bräunlich, mit schwarzen, oft in Streifen gestellten Flecken, unten weiss. Durch die Herbstmauser geht das Jugendkleid in das Winterkleid über; durch eine nochmalige Mauser im Früh- jahr entsteht das Sommerkleid, und in diesem ist der junge Vogel vom vorigen Jahr zeugungsfähig, wodurch sich die Meer- schwalben sehr bedeutend von den ihnen sonst so nahe verwandten Möven unterscheiden, von denen wenigstens die grösseren Arten nicht vor dem zweiten und dritten Jahre mannbar und ausgefärbt werden. Die Schwungfedern und die äusseren Schwanzfedern wechseln die mehr als ein Jahr alten Meerschwalben jährlich nur einmal in der Herbstmauser; bei jungen bleiben sie dagegen, mit Ausnahme der Schwanzfedern, vom Jugendkleide her durch ihr erstes Winter- und Sommerkleid dieselben und erscheinen daher im letzteren, zumal kurz vor der zweiten Herbst- mauser, weit stärker abgerieben als bei jenen, woran sich Alte und Jungen leicht unterscheiden lassen. Der Wechsel der Schwungfedern geht bei allen sehr langsam von statten. Die Meerschwalben sind Bewohner der heissen und, gemässigten Zone, wandern aber im Sommer auch in die kalte und manche Arten hoch nach Norden hinauf, um dort sich fortzupflanzen, halten sich aber in dieser bloss vom Mai bis zum August, also etwa nur ein Vierteljahr auf. Die meisten sind echte Seevögel, wohnen nur am Meere, an dessen Küsten und auf Inseln; wandern auch bloss über dem Meere hin oder an dessen Gestade entlang, meistens des Nachts, in kleinen Gesell- 12* 92 I Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. schaften oder auch in Scharen, hoch durch die Lüfte. Manche Arten bewohnen nicht die salzigen, sondern süsse Gewässer im Lande und folgen bei ihren Wanderungen dem Laufe der Flüsse und der Richtung stehender Gewässer, der Landseen, grossen Teiche und Sümpfe und verweilen auch auf ihren Reisen nie lange am Meeresufer. Diese lieben Schilf und hohe Gräser an ihren Aufenthaltsorten, dagegen die meisten, und fast alle jener, kahle, niedrige, sandige oder kiesige Ufer, auch steinige und Felsen, ohne Grün oder mit nur kurzem Rasen. Wenn sie nicht auf der Wanderung begriffen sind, bringen sie die Nacht ganz ruhig und schlafend zu, wobei sie sich einige Fuss vom Wasserrande auf die Brust niederlegen, das Gesicht aber stets der Wasserseite zukehren. Am Tage schwärmen sie dagegen ohne Ruhe und Rast meistens über dem Wasser hin und her und entfernen sich oft meilenweit vom eigentlichen Wohnorte. Sitzend nehmen sich die Meerschwalben eben nicht vorteilhaft aus; sie stehen auf ihren kleinen Füsschen mit steifer Ferse, den Rumpf wagerecht, nach hinten oft höher gehalten, um die zarten Schwanzfedern nicht zu beschädigen, die langen Säbelflügel hoch über dem Schwanze ins Kreuz gelegt, den Hals so sehr eingezogen, dass die schwarze Kopfplatte an den Rücken grenzt und mit ihm beinahe in einer Flucht liegt. Nur bei stürmischem Wetter ruhen sie öfter eine kurze Zeit auf dem Erdboden, auf aus dem Wasser ragenden Pfählen oder kleinen Steinen und kehren dann dem Winde das Gesicht zu; denn starker Wind und kalte Regenschauer sind ihnen sehr zuwider. Jener behindert ihren Flug sehr, deswegen suchen sie ihm stets die Spitze zu bieten; wenn er das federleichte Geschöpf mit dem umfangreichen Gefieder von der Seite fasst, wird es jedoch oft sein Spiel und weit fortgeschleudert, wobei es sichtlich angegriffen wird. Ihr Gang sind kurze Schrittchen, und sie trippeln nur kurze Strecken fort. Nur bei stillem Wetter lassen sie sich zuweilen auf der Spiegelfläche des Wassers nieder und ruhen schwimmend aus, wobei der Körper beinahe nur oben auf der Wasserfläche ruht und sehr wenig eintaucht, die Spitzen der über dem Bürzel gekreuzten Flügel aber sehr hoch gehalten werden. Sie bleiben dabei auf einer Stelle oder rudern sehr selten ein Stückchen weiter. Leicht und geräuschlos lassen sie sich nieder und ebenso schwingen sie sich wieder auf. Im Fluge ähneln sie der Gestalt nach den Schwalben, besonders die kleineren Arten; allein obgleich derselbe sehr leicht, gewandt, zierlich und schnell ist, so kann man ihn doch nicht mit dem dieser vergleichen, dessen reissende Schnelle er wenigstens nicht oder doch nicht in jener Ausdauer erreicht. Fliegen sie gemütlich einher, so strecken sie die Flügelspitzen nicht weit von sich, bewegen die Flügel in weit ausholenden, nicht schnellen Schlägen, wobei bei den meisten Arten der Körper sich etwas hebt, wenn die Flügel herabgedrückt, und wieder etwas senkt, wenn sie aufgehoben werden, wodurch der Vogel in einer sanften Wellenlinie fortgeschoben wird, was dem Fluge etwas Unstetes giebt. Eilen sie, so wird dies nicht bemerklich, weil dann die kürzeren Flügelschläge schneller folgen. Sie können auch schweben, wobei sie die Flügel ganz von sich strecken, auch schwebend, d. h. ohne sichtliche Bewegung der ganz ausgebreiteten Flügel, sich an einer Stelle hoch in der Luft erhalten, schnell im Bogen herabschiessen und sich wieder heben, sich überpurzeln, durch schnelles Flattern an einer anderen Stelle in der Luft erhalten (rütteln), sich kopflings und fast senkrecht auf das Wasser stürzen und durch die Wellen fahren, um sich alsbald, gewöhnlich mit einer Beute im Schnabel, wieder zur vorigen Höhe hinaufzuschwingen u. s. w. Weil sie fast beständig fliegen, so ist ihr Flug so abwechselnd wie der Flug der Schwalben, und das Auge wird nicht müde, seinen herrlichen Bewegungen zu folgen. Gewöhnlich fliegen sie niedrig, wo sie sich nicht sicher wähnen ‚ höher, auf ihren Reisen aber sehr hoch. Wenn sie nicht hoch fliegen oder wenn sie nach Nahrung umherstreifen, zeigen sie in ihrem Fluge eine Eigentümlichkeit, die ihn vor dem der meisten Vögel auszeichnet; der spitze Kopf und lange Schnabel wird dann nicht wie sonst wagerecht vorgestreckt, sondern die Schnabelspitze senkrecht und der Kopf im rechten Winkel gegen die Erd- oder Wasserfläche geneigt, vermutlich, weil sie dann schärfer sehen und die lebenden Nahrungsmittel besser erspähen können. Sie sind sämtlich höchst unruhige und dabei scheue Vögel und nur an den Brutorten, wo sie noch keine Nachstellung erfuhren, und neben den Jungen weniger furchtsam; dies nur mit einzelnen Ausnahmen. Im hohen Grade gesellig, lieben sie nicht allein die Gesellschaft ihresgleichen, sondern auch die anderer, oft nicht verwandter Wasservögel, zumal an den Nist- orten. Manche Arten versammeln sich zu vielen Tausenden an einem Orte um zu brüten oder um zusammen zu wandern; manche pflanzen sich stets nur in Schwärmen bei einander wohnend fort, und von den meisten Arten sind einsam nistende Pärchen ein seltenes Vorkommen. Das häufig vorkommende Zanken einzelner unter der Menge scheint so böse nicht gemeint, sondern nur ein augenblickliches Aufbrausen, oft blosse Neckerei zu sein. Ihre Feinde, selbst ungleich stärkere, verfolgen sie mit grosser Kühnheit und vielem Lärm. — In der Stimme haben alle Arten Ähnlichkeit miteinander; unter verschiedener Modulation kommt ein krähender Ton bei gross und klein in dieser Gattung vor, und Sterna minuta oder H. nigra schreien so gut ihr Kriäh wie St. ischegrava oder St. hirundo, nach Verschiedenheit der Grösse nur in einem höheren oder tieferen, schwächeren oder kräftigeren Tone. Sie nähren sich von lebenden kleinen Fischen, die sie sich selbst fangen, rühren aber abgestandene nicht an. Ausser- dem fangen sie auch Wasserinsekten, Landinsekten, kleine Frösche, manche zuweilen sogar Regenwürmer. Nur die beiden letzteren fangen sie auch auf dem Lande, indem sie sich im Augenblicke des Ergreifens neben ihnen niederlassen, die Fische aber, indem sie von 1 bis 4 m Höhe über dem Wasserspiegel hinfliegen, und sobald sie einen flachgehenden erblicken, sich entweder sogleich auf ihn herabstürzen oder, um ihn besser aufs Korn zu nehmen, einige Augenblicke über ihm anhalten, rütteln und jetzt erst herabstossen. Mit angezogenen Flügeln und kopflings fahren sie so, meist senkrecht, sehr schnell herab, dringen aber mit wenigem Geräusch und nie sehr tief unter die Fläche des Wassers, aus dem sie ebenso schnell wieder auf- tauchen und mit dem gefangenen Fisch im Schnabel davonfliegen. Die meisten Arten tauchen dabei nicht so tief ein, dass nicht noch einiges von den Flügeln und dem Schwanze über der Wasserfläche sichtbar bliebe. — Einige grössere Arten ver- raten in der Fortpflanzungszeit auch Raubsinn, indem sie anderen in der Nähe nistenden Sumpf- und Wasservögeln die Eier und zarten Jungen stehlen und verschlingen. In der Fortpflanzungszeit sind die meisten in grosser Anzahl beisammen und haben ihre Nester auf einem kleinen Raume nahe nebeneinander, vermutlich um mit vereinten Kräften die Feinde desto besser davon abhalten zu können. Auch schliessen sich nistende Scharen einer Art an die von einer anderen, und wo dies nicht sein kann, an Möven an, oder mischen sich unter andere Wasser- und Sumpfvögel. Nur wenige Pärchen nisten einsam. Ihre Nistorte sind die Ufer der Gewässer, am meisten des Meeres; bei manchen auch Landseen, Flüsse und Sümpfe. Sie leben in Monogamie. Die zur einen Gruppe gehörenden Arten bauen kein Nest; sie legen ihre Eier in eine vorgefundene oder selbst bereitete, unbedeutende Vertiefung auf den nackten Sand, Kies, ganz kurzen Rasen oder auf platten Felsen. Die einer zweiten Gruppe angehörigen nisten auf BISucH Schlammhügelchen und geben ihren Eiern eine leichte Unterlage, die bei manchen zu einem kunstlosen Nest und auf höhere Schilf- oder Rohrbüsche gestellt wird; hierdurch schliessen sich diese an eine dritte Gruppe (welche ausländisch) an, deren Nester auf den Asten hoher Bäume stehen. Die Eier sind ziemlich gross, bei manchen länglich-, bei anderen Kurz ad I. Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. 99 eiförmig, auf schwach gefärbtem Grunde grau, braun und schwarz gefleckt, Möveneiern am ähnlichsten, auch ebenso ver- änderlich. Die Normalzahl ist drei, und vier oder zwei kommen nur ausnahmsweise vor. Beide Gatten haben Brutflecke, jederzeit zwei auf der Mitte des Bauches, entweder über- oder nebeneinander; sie brüten aber bei schönem Wetter am Tage [— wenig andauernd, einige Arten —] fast gar nicht, bei schlechtem mehr, doch mit vielen Unterbrechungen, bloss die Nächte hindurch anhaltend. Die Jungen verlassen die Neststellen bald und verbergen sich gut zwischen Kräutern, im lockeren Sande u.8. w. Sie empfangen von den Alten ihr Futter aus dem Schnabel, werden noch gefüttert, wenn sie bereits sehr gut fliegen können, wo es ihnen jene nach Art der Schwalben im Fluge darreichen, und die Alten lieben sie noch mehr als früher die Eier; viele sonst sehr scheue Arten wagen daher bei der Brut ihr Leben, scheuen sich nicht, dieselbe gegen stärkere Ge- schöpfe mit Schnabelstössen zu verteidigen oder sogar in Berührung mit dem einzelnen Menschen zu kommen. Erst wenn jene völlig erwachsen und im stande sind, sich selbst zu ernähren, verlassen die Alten sie und zugleich auch den Nistort, um sogleich die Wanderung anzutreten, zu der sich die Jungen etwas später anschicken, die so meistens für sich allein ab- gesonderte Reisegesellschaften bilden. Feinde haben die Meerschwalben an den grossen Möven, die ihnen oft Eier und Junge rauben, wenn sie in deren Nähe nisten, so auch an den Raubmöven, die ihnen ausserdem auch die gefangenen Fische abjagen, an mehreren Raubvögeln und Raubtieren, am meisten leiden sie aber an ihrer Brut durch plötzliche Überschwemmungen, wodurch oft die ganze Nach- kommenschaft eines Jahrganges mit einem Schlage vernichtet wird. Sie sind nicht leicht zu schiessen, teils weil ihre Dimen- sionen das Auge täuschen, teils wegen ihrer Scheuheit, welche einsame Paare auch am Brutplatze nicht, in grossen Vereinen nistende aber daselbst so weit ablegen, dass sie leicht zu töten sind. In manchen Ländern fängt man sie auch auf dem Durchzuge und benutzt dazu eine Art Neugier, die fast allen Arten anhängt. — Ihre Eier geben eine nahrhafte, sehr wohlschmeckende Speise und werden ihnen an ‚manchen Orten, wo die grösseren Arten in Scharen nisten, planmässig ein paar Wochen lang täglich genommen, worauf man sie endlich die zuletzt gelegten ruhig ausbrüten lässt. Auf diese Weise geben manche Plätze alljährlich ein angenehmes und nicht unbedeutendes Einkommen, und die Vögel kehren regelmässig im nächsten Jahre wieder, wenn auch nicht in vermehrter, doch in gleicher Anzahl; wo es der Platz erlaubt, wird jedoch auch das Anwachsen der Masse bemerklich, oder es entstehen in deren Nähe neue Kolonien, bis einmal wieder unbekannte Ursachen die wiederkehrende Zahl vermindert haben. Ihr Fleisch dient seltener zur Speise, obgleich es nicht ganz unschmack- haft ist. — Schaden würden sie der Fischzucht zufügen, wenn sie nicht meistens am Meere und an Orten wohnten, wo die Natur so sehr reichlich für ihre Nahrung gesorgt hat und der Mensch auf die Masse junger Fischehen, die dort das Wasser beleben, keinen Wert lest. Anatomische Charakteristik der Unterfamilie Sterna RUDOLPH WAGNER. Die Seeschwalben stimmen in ihrem ganzen Bau so mit den Möven überein, dass fast alles, was bei der letzteren Gattung gesagt werden wird, auch von jenen gilt. Was das Skelett betrifft, so findet man ein rundliches Hinterhauptsloch; der Schädel ist gewölbt, die Gräten- und Schläfedornen [— (Processus zygomatici) —] sind nicht so stark entwickelt wie bei den Möven; die Gruben für die Muskeln am Hinterkopf sind ziemlich tief; seitliche Fontanellen sind nicht vorhanden. Das Stirnbein ist schmal, schmäler als bei den Möven; eine lange, schmale, bogenförmige Grube für die [— grosse —] Nasendrüse liegt auf dem Stirnbein am oberen Orbitalrand und erstreckt sich bis nahe an den Schläfedorn. Die Augenhöhlenscheidewand ist durchbrochen; der obere (Orbital-) Ast des Thränenbeins ist seitlich stark vorspringend; das ganze Thränenbein ist mittelmässig entwickelt, stösst nicht ganz an den Jochbogen und hat unten als Anhang den zuerst von NITZScH ‘) beschriebenen eigentümlichen, kleinen, nagelförmigen, durch ein Kapselband artikulierenden, sehr beweglichen Knochen.?) Die Flügelbeine sind lang, schlank, fast stabförmig, ohne dritte Gelenkung [— mit dem Kielbein, weshalb diesem letzteren auch die Basipterygoid- fortsätze fehlen. Am Quadratbein sind beide Schenkel ziemlich gleichlang, der vordere etwas breit, löffelförmig; der Pflugschar hat eine tiefe Furche; die Gaumenbeine sind mässig vertieft; der Unterkiefer ist hinten breit und abgestutzt; [— hintere Gelenkfortsätze fehlen, dagegen besitzt jeder Unterkieferast ein Loch. Die Nasenscheidewand ist durchbrochen, der Gaumen nach schizognathem, die knöcherne Nase nach holorhinem Typus gebaut. Die Seitenfortsätze des Riechbeins sind sehr stark. (GADow.) —| Man zählt [— bei allen Möven —] 13 ziemlich kurze [— eigentliche —] Halswirbel, [— 2 cervico-dorsale Über- gangswirbel, 6 (bei Larus gelegentlich nur 5) —] Rückenwirbel, 12 verschmolzene Kreuzbeinwirbel, 7 Schwanzwirbel mit ziem- lich starken Querfortsätzen, bis auf den [— sogenannten —] letzten [—, das Pygostyl oder Steissbein. —|] | Von den acht Rippen ist eine vordere und eine hintere falsch [— sodass also 6 Sternalrippen übrig bleiben; —] fünf haben den ansehnlichen Querast [— (Processus uncinatus). 6 Sternalrippen wurden ausserdem gefunden bei Zarus, Stercorarius und Anous; Stercorarius weist deren gelegentlich auch 7 auf. (FÜRBRINGER.) —]| Wahrscheinlich kommt aber auch bei Sterna all- gemein noch eine sehr kleine neunte Rippe, als vorderste falsche, wie bei Larus vor, die bei der Präparation sehr leicht verloren geht, sodass eigentlich nur 12 Halswirbel vorhanden sind. a Das Brustbein ist oben schmaler, unten breiter, im ganzen aber breit; der Kamm ist stark, springt besonders oben und vorne vor; hinten finden sich jederseits zwei kurze Abdominalfortsätze, die kaum den achten Teil der Länge des Brust- beins ausmachen und ebenso kleine Hautbuchten (zwei jederseits) abgrenzen. Die oberen seitlichen und mittleren Fortsätze sind wenig entwickelt. [— Das sowohl in der Quer- als auch in der Längsrichtung eine Krümmung von mittlerer Stärke aufweisende Brustbein der Möven hat eine grösste Länge von 7,9 (Sterna) bis 8,4 (Larus), und eine grösste Breite von 4,1 (Sterna) bis 4,8 (Zarus) Rückenwirbellängen; beziehungsweise es übertrifft erstere die letztere 1,7 (Sterna, Stercorarius) bis 1,8mal (Larus). ') Osteographische Beiträge zur Naturgeschichte der Vögel, 8. 77. „In der Sterna hirundo hingegen bemerke ich einen solchen eingelenkten Fortsatz am Ende der Thränenbeine u.s. w. Er ist sehr dünn, grätenförmig, kaum 4 mm lang und dem Zygoma parallel von vorne nach hinten ge- richtet.“ Nirzsch giebt weiter an, dass er ihn zwar an den trockenen Schädeln von St. minuta und fissipes nicht finden könne; ‚dass er aber leicht beim Präparieren verloren gehen könne, wahrscheinlich aber bei allen Sterna-Arten und auch wohl bei den sehr nahe verwandten Möven vorkomme. Ich finde ihn allerdings auch bei Sf. minuta, nur verhältnismässig kleiner. Naum. *) Nach SELENKA kommen bei Sterna auch mehrere solcher Ossa infraorbitalia, welche auf dem Jochbogen ruhen, vor. R. B. 94 I. Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. Die Länge des Seitenrandes bleibt bei Sterna und Larus etwas hinter derjenigen der Mittellinie zurück; bei Stercorarius ist es umgekehrt. Das Xiphosternum, welches jederseits eine (Larus, Stercorarius) oder zwei (Larus, Dterna, Anous) ziemlich seichte Incisuren, von denen die intermediäre durch eine Fenestra vertreten sein kann, (Stercorarius) besitzt, ist bei Stercorarius um zwei Zehntel weniger breit als das Costosternum. Bei Larus und Sterna wird letzteres aber vom Xiphosternum um ein bis zwei Zehntel an Breite übertroffen. Auf der Bauchseite des präcostalen Abschnittes, welcher kürzer ist als der costale, befindet sich eine scharf ausgeprägte Impressio sternocoracoidea von grosser Ausdehnung; sie zieht bei Sierna bis gegen das zweite, bei Larus bis gegen das dritte Rippengelenk. Von der Mitte des Vorderrandes der Brustbeinplatte, dessen Coracoid-Gelenkflächen mit der Mittellinie Winkel von 55 (Rissa, Darus) bis 60 (Sterna, Stercorarius) Grad bilden, erhebt sich eine ziemlich lange, rundliche Spina externa. Seitlich setzt sich der Vorderrand in die mässig entwickelten transversal gerichteten Processus laterales sterni fort. Die recht beträchtliche, scharf abgesetzte, bei Sterna und Anous ziemlich dünne, bei Larus etwas dickere Orista sterni erstreckt sich über die ganze Länge des Brustbeines und hat an ihrem hervorragendsten Punkte die ziemlich beträchtliche Höhe von 2,8 (Larus) bis 3,2 (Sterna) Rückenwirbellängen. Der gut gerundete Bauchrand bildet beim Übergang in den besonders bei Larus stark konkaven, mit der Basis einen Winkel von 72 (Larus) bis 80 (Sterna) Grad ausmachenden Vorderrand eine an- sehnliche Spitze. (FÜRBRINGER.) —| An der Gabel [— (Furcula) —] sind die Äste [— frontal —] stark [—, sagittal schwach —] gekrümmt; sie ist mässig ausgeschweift [— und von parabolischer bis U-Form; —] beide Äste stossen in einem ziemlich entwickelten unteren Fortsatz [—, der aber doch nur als Tuberculum interclaviculare aufgefasst werden kann, —] zusammen. [— Die grösste Breite der Gabel misst bei Larus 4, die grösste Länge des Knochens 4,6 Dorsalwirbellängen; er ist bei derselben Gattung um 0,2 bis 0,3 solcher Einheiten vom zweiten ventralen Sechstel der Orista sterni, recht weit dagegen von dem Coracoideus entfernt und verbindet sich rückenwärts durch Bandmaße mit dem Processus procoracoideus allein (Rissa Sterna) oder auch noch mit dem Acromion (Larus, Sterna, Stercorarius). (FÜRBRINGER). —| Die hinteren Schlüsselbeine |— (Coracoidea) —]| sind ziemlich kurz [—, indem sie nur 4 (Stercorarius) bis 5,9 (Rissa, Sterna) Rückenwirbellängen messen; —] unten [— sind sie —] breit [— und berühren sich dort bei Sierna und Larus, nicht ganz bei Stercorarius. Die grösste Breite misst zwei bis drei Rückenwirbellängen, beträgt also ungefähr die Hälfte der Länge beziehungs- weise das Dreifache des Durchmessers der schmalsten Stelle. Der nur mittelstarke, somit weniger als die Hälfte der grössten Coracoidbreite ausmachende, stumpfe Processus lateralis ist genau quer gerichtet. Jedes Rabenschnabelbein besitzt ein Loch (Foramen coracoideum) für den Nervus swpracoracoideus und einen grossen, aber nur bei Sterna bis an die Furcula reichenden Processus procoracoideus. Der mit dem Schulterblatt gebildete Winkel misst gegen 70 Grad. Der Intercoracoidalwinkel jedoch wurde zu 32 (Sterna), 35 (Feissa, Larus), 38 (Stercorarius), ja sogar 49 (Stercorarius) Grad bestimmt. (FÜRBRINGER.) —] Die Schulterblätter sind schmal und ziemlich gerade. [— Bei den meisten Laridae ist jedoch eine mässige Krümmung und eine nach hinten fortschreitende unbedeutende bis ansehnliche Verbreiterung zu konstatieren. Das mässig spitze Ende ist bei Larus wenig abgebogen, dagegen ist am oberen Rande im letzten Fünftel (Larus) bis Viertel (Sterna, Anous), die Ab- srenzung einer Basis scapulae ziemlich deutlich. Das Acromion ist nur mittelgross. Die Länge der ganzen Scapula ist ziemlich bedeutend; sie beträgt bei Larus 6,6 und 7,8, bei Stercorarius 7,1 und bei Öterna 8,1 Dorsalwirbellängen und übertrifft die grösste Breite 12 (Rissa, Sterna) bis 13 (Larus, Stercorarius) mal. Das hintere Ende der Scapula erreicht bei Larus das Ileum, bei Anous bleibt es um eine Rückenwirbellänge davon entfernt. —| Am Öberarmbein ist der äussere Höcker [— (Orista lateralis humeri) —] des vorderen Gelenkkopfes [— (Caput humeri) —] stark, fast hakenförmig nach unten gebogen, der Knochen im ganzen kurz, nur um ein Vierteil länger als der Vorderarmknochen. [— Der Processus supracondyloideus exiernus ist sehr gross. Die Länge des Humerus ergab nach FÜRBRINGER bei Stercorarius 10,8, bei Sterna 11,7 bis 12,1, bei Rissa 13, bei Larus 13,4, 13,6 und 13,8 Rückenwirbellängen. Nach diesem Forscher gehört also der Humerus der Möven zu den längsten Vogelhumeri. —] Die Hand ist sehr lang und schlank, besonders sind die Phalangen des Zeigefingers lang; die erste Phalanx ist von zwei Öffnungen durchbrochen. | Am Becken sind die Darmbeine breit, besonders nach hinten, die Schambeine schmal und grätenförmig, divergierend. Die Oberschenkelbeine sind markig, die Tibialfortsätze mittelmässig, das ganze Schienbein ungefähr noch einmal so lang als das Oberschenkelbein. [— Auf der Vorderseite des unteren Tibia-Endes befindet sich eine knöcherne Querspange, welche die Strecksehnen überbrückt, und auf der Hinterseite des oberen Tarsometatarsus-Endes ein knöcherner Aufsatz, durch dessen Rinnen die Beugesehnen gleiten. (GADOW.) Zum Spannapparat der vorderen Flughaut begeben sich Teile der Mm. deltoideus, pectoralis und biceps. Der M. del- toideus propatagialıs stellt eine einheitliche, mässig breite und ziemlich schwache Muskelplatte dar, welche in eine breite, am Humerus verankerte Sehnenplatte ausläuft, mit der sich eine ebensolche als M. pectoralis propatagialis verbindet. Gleich nach- her zerfällt die Sehnenplatte in drei Endsehnen, mit der äussersten derselben, dem Tendo propatagialis longus, vereinigt sich alsbald ein M. biceps propatagialis, der innerhalb der Laridae verschiedene Ausbildung zeigt und z. B. bei Larus marinus grösser als bei Larus ridibundus und hier wiederum ansehnlicher als bei Anous stolidus gefunden wird. Die srosse Elastik des T'endo propatagialis longus ist durch eine breite, häutige Ankerung mit der Sehne des M. extensor metacarpi radialis verbunden; an der Verbindungsstelle kommt es zur Bildung eines Sesambeinchens. Bei Larus ridibundus ist diese Ankerung doppelt. Die beiden anderen Flughautsehnen repräsentieren zusammen den Tendo propatagialis brevis; die innere endet am M. extensor metacarpi radialis und der Vorderarmfascie, ebenso der innere Endzipfel der äusseren, während deren äusserer stärkerer an der Exten- sorensehne allein, dicht neben der Ankerung des T'endo longus inseriert. Dieser ganze Apparat hat grosse Ähnlichkeit mit demjenigen der Alcidae und Pelecanidae. Ein M. cucullaris propatagialis ist bloss angedeutet, besser ausgeprägt ist die Aberration des M. cucullarıs zur Rückenhaut, ‚der M. cucullaris dorsocutaneus. Das Metapatagium regieren ein dreizackig entspringender, breiter, langer M. serratus superficialis metapatagialis und ein schmaler, dünner M. latissimus dorsi metapatagialis. Die beiden Mm. latissimi dorsi anterior und posterior sind weit voneinander getrennt, der Anterior ist dünner, aber breiter. Ein M. latissimus dorsi dorsocutaneus kommt nicht zur Ausbildung. Der M. pectoralis thoracicus ist ein ansehnlicher, einheitlicher Muskel. Die zwei Portionen des M. pectoralis abdominalıs sind durch einen Zwischenraum voneinander geschieden. Der M. supracoracoideus ist grösser als bei den Tubinares, aber kleiner als bei den Alcidae, seine Endsehne bildet zwei Zipfel. Ziemlich klein ist bei den Laridae der M. deltoideus major, trotzdem veranlasst derselbe bei verschiedenen Species in der Schultergelenkskapsel die Entwickelung einer Fbrocartilago sesamoidea humeroscapularis, welche besonders bei Anous bedeutend erscheint ;‚ auch Sterna hat dieselbe, bei Larus jedoch findet sich nur eine schwache Andeutung davon. Der M. deltoideus minor ist klein und greift nicht auf die Membrana sternocoracoclavicularis über. Eine fast einheitliche Muskelmasse stellt der M. subcoracoscapularis dar, während I. Unterfamilie. Seeschwalben, Sterninae. 95 der M. biceps brachii diese Einheitlichkeit durch Spaltung in eine Pars coracoidea und eine Pars coracohumeralis aufgegeben hat; erstere endet an Radius und Ulna, letztere nur am Radius. Von der Anconaeus-Gruppe ist bloss zu erwähnen, dass die End- sehne des M. anconaeus scapularis kein Sesambein und der sehnige M. anconaeus coracoideus keine quergestreiften Muskelfasern aufweist. (FÜRBRINGER.) | An der unteren Extremität ist der M. ambiens typisch entwickelt. Der M. caudilofemoralis ist bei den Sterna-Arten nur in Form der Pars iliaca, bei den Larusarten nur als Pars caudalis vorhanden; dagegen ist die accessorische Femurportion des M. caudilioflexorius gut ausgebildet und total mit dem mittleren @astrocnemius-Kopf verschmolzen. Die Sehnen der Mm. flexor digitorum profundus und flexor hallucis longus kreuzen sich unter einfacher Zusammenkuppelung durch ein Bändchen ( Vinculum). (GADOW.) Die Eingeweide [— der Sternina —] sind denen der Möven überaus ähnlich; die Zunge ist [— meist weich, —] lang [—, spitz —] und schmal und ziemlich tief gefurcht; [— Folliculi linguales, Glandulae sublinguales und parotides sind vorhanden. Das Zungenbein der Laridae ist ähnlich gestaltet wie bei den I/mpennes und Mergidae. Auch bei ihnen ist der Zungenkern (Basihyale) lang pfeilförmig, vorn knorpelig, hinten knöchern; ein Loch kommt ihm auch zu. sStercorarius weicht durch den nicht einfachen, sondern geteilten Zungenkern von den übrigen Möven ab. Den Möven und einzelnen Uria eigentümlich scheint der die beiden Glieder jedes Hornes verbindende Knorpelteil zu sein. (GADow.) —] Der [— stets kropflose —] Schlund ist sehr weit [— und infolge der besonders bei Larus argentatus, canus und ridibundus, sowie bei Stercorarius stark ausgebildeten Längsfaltelung der Schleimhaut auch sehr erweiterungsfähig, was zur Aufnahme der meist aus Fischen bestehenden und ganz verschluckten Beute sehr notwendig ist. Der Schlund geht ganz allmählich in den Drüsen- oder Vormagen über, in welchem die Längsfalten, meistens zu zwei und drei zusammenstehend, grössere und breitere längslaufende Wülste bilden, die haupt- sächlich bei Larus argentatus stark ausgeprägt sind, wo der Drüsenmagen zugleich dicke, schwammige Wände besitzt. Bei Larus canus, ferner bei Stercorarius und Sterna sind nur feine, aber zahlreiche Längsrillen vorhanden; bei Larus marinus fehlen auch sie im Vormagen. Ausgezeichnet ist derselbe bei allen Möven durch die grosse Anzahl feiner, kleiner, runder Drüsen, die meistens nach oben und nach unten scharf abgesetzt aufhören; bei Stercorarius und Larus bilden sie so einen circa 2 cm breiten Drüsengürtel. (GADOoW.) —] Die Drüsenschicht im Vormagen [— der Seeschwalben —|] ist nicht besonders stark; [— gegen den Muskelmagen auch äusserlich ziemlich scharf abgesetzt bei Sterna, weniger bei den einen schwachmuskulösen Magen besitzenden eigentlichen Möven (Larinae). —| Der Muskelmagen klein und rundlich, aber fleischig und dick, mit harter Cuticula [—, die hänfig Reibplatten bildend, bei Stecorarius am stärksten ausgebildet ist als Ersatz für die hier nur schwache Muskulatur. Der Muskel- magen liegt weit vorn und stark links und nimmt bei Sierna nur einen kleinen Teil der Bauchhöhle ein; bei Larus canus da- gegen reicht er tief herab. Ein Pylorusmagen fehlt gänzlich, und der Pylorus liegt nahe bei der Cardia. Der festwandige, weite, abgesehen vom mehr gräulichen Rectum hell rötlichgelb gefärbte Darm verengert sich gegen den Enddarm hin all- mählich. (GADow.) —) Der Dickdarm ist kaum weiter als der Dünndarm; [— ausser bei Larus glaucus, wo Duodenum und Enddarm die doppelte Weite des Dünndarmes haben. Innen trägt der Darm Zickzackfalten, die bei Larus marinus und minutus im Dünndarme in Längsreihen stehen; bei Larus ridibundus beginnen diese aber erst im letzten Darmdrittel. Der Enddarm enthält zahlreiche Querfalten. Bei Larus argentatus und Stercorarius ist er glatt, der übrige Darm aber innen mit sechs Längsreihen von Zotten besetzt. Der sehr flüssige Kot sammelt sich in einer mittelgrossen Kloake. (GADow.) —|] Die doppelten Blinddärme sind stets klein, nur einige Millimeter lang, aber blattförmig, abspringend und daher sehr deutlich hervortretend. [— Sie sind bei Zarus und Sterna circa 1 cm lange, rundliche, harte, verkümmerte Auswüchse, welche bei Larus argentatus nur drei, bei L. canus 7 cm vom After entfernt sind. Sonderbarerweise bilden sie bei ötercorarius aber 6 bis 9 cm lange kolbige Schläuche. (GADOWw.) GADOW giebt folgende Darmmaße an: Länge des absolute | relative') Blinddarms | Enddarms Darmlänge LORRSFTUSCHEN SL DIT se 1 — 65 5) Larus-marınus . » » =. 0,75 0,75 180 52 Larus ridibundus . . . . 0,8 0,8 75 7 Larus canus (d', &). - - N Kae! 100—90 8—9 Larus canus JUV. . . .. . — — 80—61 — Loarus glauus . : 2... — — 144 — Stercorarius sua . . . . _ = | SR 3 (sehr eng) Larus argentatus . . . . 41 1,1 18 1—8 Sterna hirund . . . . — — 40 6 —7 Ein Divertikel fand ich nie, es ist daher gewiss ganz unbeständig. Der linke Leberlappen ist wenig kleiner als der rechte. [— Das Verhältnis ist bei Larus wie 2:3, bei Sterna wie 2:5, wo auch noch an jedem Lappen im Gegensatze zu den Larinae viele Läppchen sitzen. An der gewöhnlich breiten Kommissur hängt bei Zarus argentatus noch ein kleiner dritter Lappen. Im ganzen ist die Leber gross und trägt eine grosse Gallenblase. Gross ist auch das Pankreas, welches zwei bis drei lange, im Winkel der von ihm ganz ausgefüllten Duodenalschlinge verwachsene Lappen bildet. Larus argentatus hat nahe am Pylorus einen vierten Nebenlappen. Ausführungsgänge besitzt das Pankreas zwei bis drei. Folgendes ist die Reihenfolge derselben und der Gallengänge: Zwei Ductus pancreatici, hepaticus, eysticus. (GADOW.) —] Die Milz ist drehrund und sehr länglich, wurstförmig. Das Herz ist sehr länglich und drehrund; die Karotiden sind doppelte [— (Carotides profundae). Am unteren Kehlkopf (Syrinx) sind sowohl äussere als innere Trommelfelle vorhanden (Membranae tympaniformes externae et internae). Die Membranae tympaniformes externae sind zwischen dem ersten und zweiten Bronchialringe ausgespannt. Bis zu ersterem reichen auch die Mm. tracheo-bronchiales. (GADOW.) —| Die Nieren liegen enge beisammen, sind aber unverschmolzen, breit; die hinteren Lappen sind am grössten, die mitt- leren schmal, die oberen rundlich. [— Bei Larus canus, marinus und argentatus kann der hintere Lappen mit dem der Gegen- seite sich verschmelzen; bei Larus canus ist das auch mit dem sehr kleinen mittleren oft der Fall. (GADow.) —|] !) Rumpflänge = 1. R B. 96 I. Gattung: Graue Meerschwalben oder Seeschwalben, Hydrochelidon Bo1E. Von den rundlichen Hoden fand ich in der Paarungszeit den linken, wie gewöhnlich, viel grösser, fast noch einmal so gross als den rechten. Der Eierstock scheint stets einfach und nur links vorzukommen. Die Sinnesorgane u. s. w. scheinen ganz analog wie bei den Möven gebildet zu sein. [— Bei ZLarus canus fand NITzscH 15 Fächerfalten im Auge und einen aus 15 Knochenschuppen bestehenden Skleralring. Von diesen Schuppen wird die fünfte und elfte ganz bedeckt, während die erste und neunte ringsum unbedeckt bleiben. —] Die [— sehr grosse —] Nasendrüse weicht jedoch auch bei den grösseren Arten, 2. B. Sterna tschegrava von der Bildung bei Larus ab; bei Sterna ist sie nämlich allgemein sehr schmal und lang und liegt mehr am Orbitalrand sichelförmig nach hinten gekrümmt. Die [— mit Federkranz versehene —] Bürzeldrüse ist zweilappig oder vielmehr herzförmig oder ziemlich ansehn- lich; bei weitem jedoch nicht so tief gespalten wie bei den Enten und Sägern. Die anatomischen Untersuchungen sind von mir vorzüglich an St. hirundo und minuta angestellt worden. * ” * Wie schon bemerkt, halten wir für nötig, die verschiedenen Arten dieser Unterfamilie, sowohl ihres Äusseren, als ihrer Lebensart, Aufenthalt und dergleichen wegen, in drei verschiedenen Gruppen oder Gattungen aufzustellen, von welchen jedoch die dritte, als ausländisch, für dieses Werk ausgeschlossen bleibt. I. Gattung: Graue Meerschwalben oder Seeschwalben, Hydrochelidon Borır. Ihr Gefieder ist meistens grau. Sommer- und Winterkleid sind nicht allein am Kopfe, sondern auch an allen unteren Teilen verschieden. Der Schwanz ist flach gegabelt. Die Schimmhäute, zumal die inneren, sind sehr tief aus- geschnitten. Ihr Aufenthalt sind stehende oder langsam fliessende Gewässer und grosse Sümpfe, mit Schilf und Gräsern abwechselnde Wasserflächen, schlammiges Wasser enthaltend; nicht das Meer. — Sie leben hauptsächlich von Insekten, die sie, ohne ganz einzutauchen, nahe an der Oberfläche des Wassers oder über derselben [—, sowie auch auf dem Lande —|] fangen, fressen auch kleine Fröschchen, Froschlarven und kleine Fischchen, diese jedoch seltener. — Sie nisten selten einsam, gewöhnlich in kleinen Gesellschaften von gleicher Art, nie in so unermesslichen Schwärmen beisammen wie viele der echten Meer- schwalben. Ihre drei bis vier sehr kurz eiförmigen, etwas kreiselförmigen Eier legen sie auf feuchten Boden und geben ihnen eine Unterlage von einigen trockenen Kräutern, oder sie bauen davon ein kunstloses Nest auf Schilfbüsche, sogar zuweilen auf höhere, sich oben kreuzende Rohrstengel und Gebüsche. Die Jungen bleiben meistens im Neste, bis sie fliegen können. Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (Parı.). Tafel 8. Tafel 9. Fig. 2. Sommerkleid. Fig. 2. Winterkleid. Fig. 1. Jugendkleid. A ldyı Fig. 2. Dunenkleid. Tafel 58. Fig. 1—6. Eier. Schnurrbärtige Meer- oder Seeschwalbe, schnurrbärtige Wasserschwalbe, bleigraue Seeschwalbe. _ [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Öigra bjelobrada. Czechisch: Rybak bahni. Englisch: Whiskered Tern. Franzö- sisch: Härondelle de mer moustac, Guifette hybride, Hydrochelidon cendre. Italienisch: Mignattino bigio, Roudine di more piombata. Mal- tesisch: Cirleua. Maurisch: Merschik. Polnisch: Rybotowka biatowasa. Spanisch: Paino mayor. Ungarisch: Fattyü szerkö,. Sterna hybrida. Pallas, Zoogr. Rosso-Asiat. II. p. 338 (1811). — Sterna leucopareia. Temminck, Man. d’Orn. II. p. 746 (1820). —] — Sterna leucopareia. Joh. Natterer, in litt. — Sterna de la Motte. Eneyclop. methodique 1820. — Hirondelle de mer moustac (Sterna leucopareia), Temminck, Man. d’Orn. nouv. Edit. II. p. 476. — Vieillot, Ornith. frane. planch. 355. — Rondine di mare piombata. Savi, Orn. tose. III. p. 92. — Meyer. Zu- sätze z. Taschenb. (III.) S. 189, — Brehm, Beitr. III. S. 674. — Dessen Lehrb. II. S. 694. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. 8. 797. — [— Sterna leucopareia. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 168. Taf. 255 (1840). — Sterna hybrida. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVIII (1840). — Sterna leucopareia. Schlegel, Rey. crit. p. CXXXI (1844). — Sterna hybrida. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 180 (1860). — Hydrochelidon hybrida. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 468 (1867). — Hydrochelidon hybrida. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1449 (1869— 74). — Sterna leucopareia. Fallon, Ois. Belg. p. 196 (1875). — Hydrochelidon hybrida. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 315. pl. 588 und 589 (1877). — Hydrochelidon hybrida. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 527 (1882—84. — Hiydrochelidon hybrida. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — -Pelodes hybrida. Olphe- Galliard, Orn. Eur. occ. fasc. XI. p. 41 (1886). — Hydrochelidon hybrida. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 99 (1886). — Hydrochelidon hybrida. Giglioli, Avif. ital. p. 419 (1886); p. 634 (1889). — Hydrochelidon hybrida. Ar&valo y Baca, Av. Espaäa. p. 428 (1887). — Hydrochelidon hybrida. Frivaldszky, Av. Hung. p. 181 (1891). — Hydrochelidon hybrida. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 99 (1892). — Hydrochelidon hybrida. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 157 (1892). — Hydrochelidon hybrida. Reiser, Orm. balcan. II. p. 195 (1894). — Hydrochelidon hybrida. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. ‚p. 72 (1900). — Hydrochelidon hybrida. p- 10 (1896). — Hydrochelidon hybrida. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 63 (1899). — Hydrochelidon hydrida. Dresser, Manual of Palaearctie Birds p. 807 (1903). Reichenow, Vögel Afrikas I, Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXV. Fig. 1. a—f (1845—53). — Bädeker, Eier europ. Vög. Tab. 32. Fig. 1 (1855—63). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III, pl. 49 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 29 (1896). —] Kennzeichen der Art. „ ber starke Schnabel ist blutrot, in der Jugend schmutzig gelbrötlich mit schwärzlicher Spitze; der stark gegabelte Schwanz hell aschgrau, weisslich gekantet; im Sommer bei den Alten bloss die Kopfplatte tief schwarz; der Lauf der zinnoberroten Füsse 21 mm hoch. Beschreibung. Diese Seeschwalbe ist die grösste in dieser Abteilung; sie übertrifft darin die schwarze um ein Bedeutendes und ist auch viel robuster gebaut. Ihr Schnabel und ihre Füsse sind viel stärker und stämmiger als bei den folgenden Arten. Dieses und die kräftigere Gestalt unterscheiden sie in allen Kleidern auf den ersten Blick von Hydrochelidon nigra und H.leucoptera, von denen sie noch durch eine lichtere Färbung ihres Gefieders, wodurch sie sich der folgenden Gattung zunächst anschliesst, auch in der Ferne leicht kenntlich macht. Ihre weit geringere Grösse und kürzere Gestalt, namentlich der kürzere und weniger tief ausgeschnittene Schwanz unterscheiden sie je- doch noch auffallend genug von Sterna hirundo oder St. macrura in allen Kleidern, wenn auch das reine Winterkleid denen dieser sehr ähnlich ist. Der Schnabel ist ebenso stark, ebenso ge- staltet, nur um vieles kürzer, die Füsse sind aber bedeutend grösser, stärker, höher, die Zehen und Krallen viel länger, aber auch die Schwimmhäute weit tiefer ausgeschnitten als an den beiden letztgenannten. — Alles dieses genau erwogen macht, dass man unsere weissbärtige Seeschwalbe, welche JOHANN NATTERER Zuerst entdeckte und der er den Beinamen leucopareia beilegte, sowohl für sich allein, als zwischen den übrigen Arten dieser Vogelgattung nicht leicht mit einer anderen verwechseln kann. Naumann, Naturgeschichte Bd, XI. Dass in der Gruppe Sterna für die einzelnen Arten unter- scheidende Benennungen sich äusserst schwer aufsuchen und feststellen lassen, finden wir bei dieser Art ebenfalls wieder. Nur sehr alte Individuen im reinen Hochzeitskleide rechtfertigen die Benennung: „weissbärtig,“ während schon bei jungen in diesem Kleide und noch weit weniger in allen anderen, weder im Jugend- noch im Winterkleide, an einen weissen Schnurr- bart zu denken sein kann. Wer also bloss junge und Herbst- vögel vor sich hatte, aber niemals den alten Vogel im Pracht- kleide sah, wird gar nicht ahnen, dass man einen Vogel weissbärtig nennen kann, der um die Bartgegend gar nicht anders aussieht als alle anderen Meerschwalben. Wer dagegen die Idee des weissen Schnurrbarts so verstand, wie sie ge- nommen sein will, nun aber einen alten Vogel der St. macrura früher zu Gesicht bekam als einen der hybrida, wird vielleicht die erstere des Beinamens „weissbärtig“ würdiger halten als die letztere. In der Körpergrösse steht sie im Mittel zwischen $. macrura und H. nigra. Nach den genauen Messungen sehr vieler frischer Exemplare weichen alte Vögel unter sich wenig in der Grösse voneinander ab, sodass nur die Weibchen in der Länge um 6 mm und in der Breite 23 mm weniger messen als ge- wöhnlich ihre Männchen, deren Länge ich selten etwas über 25 cm, sowie deren Breite 68 cm gefunden habe. Bei den Jungen, wenn sie zum Fortziehen tüchtig, ist die Länge selten mehr als 23 cm, die Breite nicht über 62,5 cm. Der Flügel vom Handwurzelgelenk bis zur Spitze misst 23,5 bis 24,5 cm; der gabelförmige Schwanz an der äussersten Feder 8,9 cm, an einer der mittelsten 7,1 cm; die ruhenden Flügel kreuzen sich über demselben und ragen mit ihren Spitzen 5,3 bis 6,5 cm weit über ihn hinaus. 13 98 Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PALL.). Das Gefieder ist wie bei anderen Meerschwalben an der Brust am dichtesten, auch die Gestalt der Flügel und ihrer Schwungfedern nicht abweichend, von den letzteren die erste nicht viel länger als die zweite. An dem graugefärbten Ge- fieder, besonders an dem letzten, bemerkt man sehr deutlich jenen puderartigen Überzug, der sich durch den längeren Ge- brauch abreibt und die dunkler graue, an den Schwingenspitzen schwärzliche Grundfarbe zu Tage bringt. Der Schwanz ist von mittlerer Länge, am Ende nur 1,3 cm tief ausgeschnitten, und seine Gabelspitzen bloss an den äussersten Federn weniger stumpf zugespitzt, die mittelsten gleichförmig, die übrigen schief zugerundet; seine 12 Federn haben ziemlich breite, weiche Fahnen. Der Schnabel ist stark, ziemlich hoch und dabei nicht lang, der Firste nach, vom Nasenloch an, sehr sanft gebogen, am Kiele von einem schwachen Eck gerade in die äusserst scharfe Spitze auslaufend, an der Wurzel etwas breit, allmählich segen die Spitze hin sehr stark zusammengedrückt, die Schneiden wenig eingezogen und scharfschneidend, die Firste und der vordere Teil des Kiels scharfkantig, der hintere- Teil dieses schmal bis an das Eck gespalten. Vor dem tiefgespaltenen Mundwinkel tritt die Kante des Oberkiefers etwas wulstig über die des unteren vor. Vergleicht man diesen Schnabel mit dem der Sterna macrura, so findet sich, ausser dass sich die Spitze des der letzteren um 6 mm mehr in die Länge streckt, im übrigen viel Übereinstimmung. Das Nasenloch, ein erweiterter, durchsichtiger, 4 mm langer Ritz, liegt unfern der Stirn, seitlich, wo die Federn der Stirnseiten als eine Spitze in den Schnabel gehen und diese eben aufhört. Vorn gehen aus dem Nasen- loch einige vertiefte, mit der Schnabelfirste parallele Striche, die aber bald aufhören. In seiner völligen Ausbildung, bei wenigstens dreijährigen Vögeln, ist der Schnabel 29,5 mm lang, im Durchschnitt an der Basis 7 mm hoch und fast etwas breiter; bei jüngeren ist er dagegen oft etwas weniger hoch und breit, bei denen im ersten Jahre noch schwächer und wenig über 23,5 mm lang, wie er denn bei eben flugbaren Jungen nur 19,5 mm lang, kaum 6 mm hoch und etwas über 5 mm breit vorkommt. Die Farbe des Schnabels ist bei alten Vögeln im Früh- Jahr lebhaft blutrot, das im Herbste besonders spitzewärts schwärzlich überlaufen ist, an den Mundwinkeln aber stets in ein brennendes Hochrot übergeht, der Rachen, die Zunge und der innere Schnabel blass gelblich rot; bei jungen ausgeflogenen blass rotbräunlich, an den Mundwinkeln und im Rachen gelbrot. Die Schnabelfarbe ist wenig dauernd, wird im Tode bald dunkler und an ausgestopften alten Vögeln in Rotbraun, an manchen in schwärzlich gemischtes Rotbraun verwandelt und geht bei jungen, bis auf die lichte und etwas rötlicher bleibende Wurzel und Mundwinkel, fast ganz in Braunschwarz über. Das Augenlidrändchen ist oben schwarz, unten weiss, bei Jungen ganz weiss befiedert. Das etwas kleine Auge hat bei diesen eine mattbraune, bei den Alten eine tief nuss- braune oder dunkelbraune Iris. Die Füsse sind, wenn man sie mit denen anderer Meer- und Seeschwalben vergleicht, ziemlich gross, hoch und stark, letzteres besonders am Fersengelenk. Über diesem ist der Unterschenkel eben nicht hoch hinauf nackt; der Lauf nicht sehr stark zusammengedrückt; die Vorderzehen schlank, mit nur halben Schwimmhäuten, weil diese so tief in einem Bogen ausgeschnitten, dass der tiefste Ausschnitt desselben zwischen der äusseren und mittelsten Zehe bis in die Mitte der Zehen- länge, zwischen der mittleren und der viel kürzeren Innenzehe aber ebenfalls bis zur Mitte dieser eindringt, sodass diese fast zu einer sogenannten Spannhaut wird, doch laufen die Ränder an den Seiten der Zehen weiter vorwärts sanft aus. Die Hinterzehe ist klein, kurz und etwas über dem Zehenballen eingelenkt. Der Überzug der Füsse ist nur vorn an den Läufen und auf den Zehenrücken grob, übrigens ganz fein geschildert, die Schwimmhäute und Zehensohlen äusserst fein gegittert. Die Krallen sind ziemlich lang, sehr schlank, wenig gebogen, dünn zugespitzt, unten etwas ausgehöhlt, die der Mittelzehe, zugleich die grösste, auf der Seite nach innen mit einer an- sehnlichen, sehr dünnen, vorstehenden Randschneide; die der Hinterzehe eben nicht klein und fast ganz gerade. Die langen Krallen geben den Zehen den Anschein einer grösseren Länge, Die Maße der Füsse sind folgende: Der nackte Teil über der Ferse 8 mm; der Lauf fast 22 mm; die äussere Zehe mit der über 6 mm langen Kralle 22,5 mm; die Mittelzehe mit der 9 mm langen Kralle 26,5 mm; die innere Zehe mit der 7” mm langen Kralle 17,5 mm und die Hinterzehe mit der fast 4 mm langen Kralle 8 mm. Die Farbe der Füsse ist ein schönes Blutrot, heller als das des Schnabels, und im Frühjahr am lebhaftesten; bei den Jungen anfänglich schmutzige Fleischfarbe, wenn sie erwachsen, d. h. schon einige Zeit geflogen, blass rotbräunlich; die Krallen bei allen schwarz. — Auch die Füsse verändern im Tode ihre Farbe bald in braunrot, völlig ausgetrocknet in hornfarbiges Rotbraun, bei den Jungen in eine unansehnliche gelblichbraune Hornfarbe. Das Dunenkleid ist mir nicht bekannt geworden; nach den Individuen, die noch Reste davon trugen, muss es von obenher eine starke Mischung von Rostbraun, an den unteren Teilen aber meistens Weiss haben. [— Nach SAUNDERS ist der Nestling auf der Oberseite hell gelbbraun und schwarz gestreift, die Unterseite ist lohfarbig-weiss. DRESSER beschreibt ihn folgendermassen: „Er unterscheidet sich von dem Jungen von H. nigra dadurch, dass er grösser ist. Die oberen Teile sind heller gefärbt und mehr sandbräunlich, die Unterbrust und der Bauch sind rein weiss“. —| Das Jugendkleid zeigt an Individuen, die bereits recht gut fliegen können, namentlich am Kopfe, vorzüglich an der Stirn und überhaupt im Gesicht, noch Spuren graulich rost- farbiger Dunen, welche die weisse Stirn verdecken, indem das ordentliche Gefieder an diesen Teilen am spätesten hervorkeimt und jene verdrängt. An so jungen Vögeln sind die zarten Farben des jungen Gefieders noch in völliger Frische zu schauen, weshalb sie etwas anders aussehen als die, welche schon einige Wochen geflogen haben; wir haben daher nicht für überflüssig gehalten, eine Abbildung eines solchen zu geben und fügen ebenso hier eine Beschreibung desselben bei. — Wie schon erwähnt, ist die weisse Stirn mit dem schwärzlich gefleckten Vorderkopf noch mit rostgrauen oder graulich rostfarbigen Dunen verdeckt; vor dem Auge steht ein kleines, aus schwarzen Härchen gebildetes Fleckchen; über dem Auge ein weisslicher Strich; die Schläfe mit einem Teil der Ohrenbedeckung schwarz mit zarten weisslichen Rändern an den Spitzen dieser Federn; der Hinterscheitel und das Genick schwarz mit rostbräunlichen Spitzenrändern; der Nacken graulich; der Ursprung des Halses und der Oberrücken schwarz, mit dunkelrostgelben Federkanten; auf den Schultern und den dem Rücken am nächsten grossen Flügeldeck- und Schwungfedern ist die letzte Farbe herrschend mit breiten, meistens gezackten schwarzen Querbändern durch- zogen, eine schön gefärbte und eigentümliche Zeichnung. Der Unterrücken und Bürzel sind licht aschgrau mit weisslichen Federspitzen; die Oberschwanzdeckfedern wie der Schwanz ebenfalls licht aschgrau, erstere an den lichteren Spitzen blass rostgelb, letztere vor der breiten, dunkelrostgelben Endkante mit einem mattschwarzen Mondfleck; der ganze Oberflügel hell aschgrau, an den Federkanten lichter, an den Spitzen der kleinen ‚und mittleren Deckfedern rostgelbbraun angeflogen, an denen ter grossen weisslich; die Schwungfedern von aussen hellaschgrau mit noch lichteren Säumchen, die vorderste auf der Aussenfahne, sowie alle auf den inneren, schwarzgrau, die grossen hier mit einem grossen Längsstreifen, der jedoch lange nicht bis zur Spitze reicht, und mit weissen Schäften, die sich ebenfalls spitzewärts schwärzlich färben; der Flügel- rand weiss aschgrau gSeschuppt, der ganze Unterflügel weiss, die Schwingen längs den weissen Schäften und an den Enden silbergrau; die unteren Teile des Vogels, vom Kinn bis zum Schwanze, sind rein weiss, bloss an den Seiten der Brust die ‘assoLn "Tınyeu ®/, SPIOJY19WWOS U ! f PPuWOoS g "Sqfemysssas sdnıe InBINAU In wie By kino a N aa Buniriehaens ( INS | NıegssaM "CITe yuss WC e13 Cie) eprıgAy uopreysoapAy Preppeuwog | ah a a maöngsseM "Clied) sedıss ! ISS5 UOpINay9o1pÄyJ are ET 4 ei 1 SUWTPTZTER v vr £ RS IN. Ten r EZ a ne Re ern BLZ ne Aaer DE E Sn, u _ > » , R > : en > See Eu 10% Et a8, nt art pm A DE Er, a BE E Poren Sn BA De Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PAL1.). Federspitzen leicht rostgrau angeflogen. — Der Schnabel ist bei solchen Jungen noch klein, dem der Alten wenig ähnlich, die Füsse am Fersengelenk und gleich unter demselben sehr dick, übrigens schon ziemlich gross. Wie wenig im allgemeinen bei Vögeln dieser Grösse auf Ver- schiedenheiten von einem oder einigen Millimetern in den Maßen des Schnabels und der Fussteile ankommt, zeigte sich mir oft an diesen Seeschwalben, von denen ich eine bedeutende An- zahl selbst erlegt und frisch untersucht habe. An einem, dem eben beschriebenen jungen, kaum flugbaren Vogel sind die Läufe um 2 mm, die Mittelzehe um 3 mm länger, die Schwimm- häute bei weitem voller und nicht so tief ausgeschnitten wie bei einem wenigstens um 2 Wochen älteren Vogel, dessen Beine daher auffallend klein erscheinen, da sie doch eher grösser sein müssten als bei jenem. Beide Individuen sind indessen an einem und dem nämlichen Orte nebst ihren ganz gleich gefärbten und sich ganz gleich betragenden Alten erlegt und müssen unbedingt nur einer Art angehören. Es würde mir nicht einfallen, über diese bekannten kleinen individuellen Abweichungen auch nur ein Wort zu verlieren, wenn sie nicht in manchen Köpfen spukten und zu Träumereien von Arten verleitet hätten, die nicht in der Natur, sondern bloss in manchen Büchern existieren. Der ängstliche Musealornithologe, ohne praktische Kenntnis vom Leben seines Objektes, kann freilich durch solche Variationen, wie sie unter den Meer- und See- schwalben und noch mehr unter den Möven vorkommen, wie solche denn überhaupt bei von Natur grösseren Geschöpfen noch mehr in die Augen fallen, leicht in Verlegenheit geraten, oder von Gattungsverschiedenheiten (im Sinne BREHMSs) träumen, welche die Naturgeschichte dieser an sich schon schwierigen Gattungen, statt aufzuhellen, nur noch mehr verwirren. Ein zuverlässiger äusserer Geschlechtsunterschied lässt sich bei diesen jungen Seeschwalben nicht erkennen. Ist das Jugendkleid schon einige Zeit getragen, so zeigen sich einige Abweichungen, weil das nun ganz vollständiges Gefieder wie bei anderen jungen Vögeln wegen zarterer Be- schaffenheit in kurzer Zeit bedeutend abbleicht. Solche zum Wegzuge sich anschickende junge Seeschwalben dieser Art, an denen nun der Schnabel viel mehr ausgebildet und die Fersengelenke weniger dick erscheinen, sehen im Ganzen weniger schön aus, und das jugendliche, eigentümliche, dunkle Rostgelb an den oberen Teilen ist in ein bleiches Isabell oder ganz schwaches Rostgelb verwandelt, alles Schwarz, mattes und bräunliches, überhaupt die ganze Färbung bleicher ge- worden; nur das schwarze Genick ist reiner gezeichnet, weil die lichteren Federränder sich meistens abgerieben haben. Die Stirn ist nun rein weiss; der Vorder- und Mittelscheitel weiss mit schwarzen Längsflecken; die Zügel weiss, vor dem Auge fein schwarzgestrichelt und an diesem mit einem schwarzen Fleckchen; die Schläfe und der angrenzende Teil der Ohr- bedeckung nebst dem Genick schwarz, abwärts noch mit feinen weisslichen Spitzensäumchen; der ‚Nacken dunkelgrau mit lichteren Säumen; die untere Halswurzel und der Oberrücken matt braunschwarz mit schmalen licht rostgelben Federkanten; die Schultern, hinteren grossen Flügeldeckfedern und Schwingen dritter Ordnung ebenfalls matt schwarzbraun, an den Wurzeln in Grau übergehend, mit breiten blass rostgelben Kanten und einzelnen Querbinden; auf dem Oberflügel, übrigens wie oben beschrieben, werden die sehr bleich rostgelblichen Spitzen- kanten an manchen Exemplaren dadurch deutlicher, dass vor ihnen eine mondförmige oder auch nur getüpfelte braun- schwärzliche Zeichnung steht; am Schwanze geht die Spitze nur noch in Schwarzgrau über, und die breiten Endkanten sind rostgelblichweiss; das Grau des Nackens zieht sich an den Seiten des Kropfes etwas deutlicher vor, aber der rostgraue Anflug an den Federspitzen der Brustseiten ist fast verschwunden, alle unteren Teile des Vogels übrigens vom reinsten Weiss. Je länger sie das Jugendkleid tragen, je mehr zeigt sich zwischen der bunten Rückenzeichnung von einem lichten Grau, bis jene endlich durch wirklich neue, licht aschgraue 99 Federn des folgenden Winterkleides nach und nach ganz ver- drängt wird. Übrigens herrschen in diesem Jugendkleide sehr auffallende Verschiedenheiten. Während die oberen Teile bei der Mehrzahl sehr bunt aussehen, ist die Färbung wie die Zeichnung bald kräftiger, bald matter, ja ich besitze ein (sehr junges) Exemplar, an dem die Zeichnung und Farben des Oberrückens und der Schultern in einem solchen Grade in einander fliessen, dass dadurch eine gewölkte, mehr rostgraue als rostgelbe Zeichnung entsteht, in der sich nur einzelne nierenförmige Flecke vor den rostgelben Endsäumen durch ein dunkleres Braun aus- zeichnen, an dem die Schwanzfedern gar keine bunte End- zeichnung haben, sondern spitzewärts bloss in ein wenig dunk- leres Grau übergehen, das ein schlichtes, weisses Endsäumchen hat. Dies Stück ist so abweichend, dass es eine Abbildung verdient hätte, und ich habe mehrere so gezeichnete in den Händen gehabt. | Das Winterkleid dieser Art zeigt sich bei jungen Vögel vor ihrer Abreise im Herbste nur erst in einzelnen neuen Federn auf dem Rücken und den Schultern und wird in ihrer Abwesenheit in südlichen Ländern vollendet, das der alten Vögel ist dagegen noch bei ihrem Hiersein schon viel weiter vorgerückt, bei einem Individuum mehr, bei dem anderen weniger, bei vielen jedoch soweit ausgebildet, dass an manchen Teilen vom vorigen Kleide nur noch einzelne alte Federn zwischen den neuen vorkommen. Es ist viel lichter als das Frühlingskleid, an der Stirn und dem Vorderscheitel weiss, auf der Mitte des Oberkopfes weiss, mit schwarzen Schaft- lecken; die Zügel weiss, vor dem Auge ein schwarzes Fleckchen; von den Schläfen an der ganze Hinterkopf bis auf den Nacken hinab tief schwarz; Wangen, Kinn, Kehle, Vorderhals und alle unteren Teile bis an den Schwanz rein weiss; vom hellaschgrauen Nacken zieht sich etwas von dieser Farbe nach den Seiten des Kropfes; Oberrücken, Schuitern und Oberflügel licht bläu- lich aschfarbig; der Unterrücken etwas dunkler, auf dem Bürzel, besonders aber den Enden der ÖOberschwanzdecke wieder lichter; der Schwanz von eben der Farbe, an den Aussen- rändern der äusseren Federn weisslich und an der alleräusser- sten meistens die ganze Aussenfahne, wie die Schäfte aller Schwanzfedern und die untere Seite des Schwanzes, weiss. Die frisch vermauserten Schwungfedern sind an den Aussen- fahnen ebenfalls hell bläulichaschfarben, an den Enden etwas dunkler, nur die vorderste Schwungfeder mit schwarzgrauer Aussenfahne, alle Schwingen erster Ordnung mit ebenso ge- färbten inneren Fahnen, am schwärzesten in einem schmalen Strich längs dem weissen Schafte und am inneren Rande spitze- wärts, dazu kommt von der Wurzel herab ein weisser breiter, bis an den Innenrand reichender, nach und nach sich ver- jüngender und sich vom Rande abziehender und so im Schwarz- grau nicht weit vom Ende der Federn spitz verlaufender Streif, der an den kürzeren Schwingen in hellgrau übergeht, an denen der zweiten Ordnung aber fehlt, wo die Innenfahnen nur am dunkelgrauen Schafte grau, gegen den Rand zu weiss sind und diese Farben sanft ineinander übergehen. Der Flügelrand und der ganze Unterflügel sind schneeweiss, an den Schwungfedern mit der in silbergrauen Streifen durchschimmernden dunklen Färbung der Innenfahne und Spitze der oberen Seite. Männchen und Weibchen sind gleichgefärbt, der Schna- bel des letzteren oft etwas schwächlicher, die Körpergrösse standhaft nicht verschieden. Vom folgenden Kleide darf ziem- lich dasselbe gelten, wenigstens sind die vorkommenden ge- ringen Verschiedenheiten nur bei gleichalten Vögeln als äussere Geschlechtsunterschiede geltend. Das hochzeitliche oder Frühlingskleid ist das dunkel- ste und hat folgende Farben: Eine atlasschwarze Kopfplatte nimmt die Stirn, die Zügel, den ganzen Oberkopf, das Genick ein und endet erst auf der Mitte des dunkelaschgrauen Nackens; das Auge öffnet sich halb im Schwarzen, halb im Weissen, denn unter ihm und der schwarzen Kopfplatte sind die Kopf- seiten, Wangen, Kinn und Anfang der Kehle rein weiss; am 13* 100 unteren Teil der Wangen und Kehle geht das Weiss sanft in lichtes Schieferblaugrau und, allmählich immer dunkler werdend, von der Oberbrust abwärts, an der Unterbrust und den hinteren Tragfedern in wirkliches Schieferschwarz über; der Bauch ist licht aschfarbig; die Schenkel und unteren Schwanzdeckfedern rein weiss. Von obenher ist der ganze Vogel, Flügel und Schwanz nicht ausgenommen, hell bläulichaschgrau, etwas dunkler als im Herbstkleide, Schwung- und Schwanzfedern mit denselben Abzeichen wie in diesem, die Aussenfahne der ersten Schwungfeder aber völlig schwarz, überhaupt die schwärzliche Färbung an den übrigen Schwingen etwas kräftiger gezeichnet, die Unterflügel ebenfalls weiss, an den Spitzen silbergrau. Die sanfte Färbung wird durch das glühende Rot des Schnabels und der Beine nebst der schwarzen und weissen Kopfzeichnung sehr gehoben, und diese Art giebt in diesem Kleide den nächsten Verwandten an Schönheit wenig oder nichts nach. Das helle Weiss, vom Schwarz der Kopfplatte begrenzt und vom Kinn bis an den Nacken reichend, fällt sehr auf, wenn man diese Art unter anderen ähnlichen sieht, und wegen dunklerer Fär- bung des Unterkörpers auch weit mehr als bei St. macrura; sie hat den Beinamen „weissbärtig“ davon bekommen, weil dieser hellweisse Streif einem Schnurrbarte nicht ganz unähn- lich ist. Männchen und Weibchen sind in diesem Kleide etwas leichter zu unterscheiden als in den übrigen, weil die ersteren stets eine viel dunkler gefärbte Brust haben, an der die Schiefer- farbe in wirkliches Schieferschwarz übergeht, was bei den Weibchen nie so dunkel vorkommt. Doch findet sich auch zwischen älteren und jüngerenVögeln ein bedeutender Unter- schied; die einjährigen Männchen sind daher leicht mit den mehrere Jahre alten Weibchen zu verwechseln. Je älter der Vogel, desto schwärzer wird im Hochzeitskleide die Brust, doch erlangt sie nie ein so reines Schwarz wie der Scheitel. Die aschgraue Hauptfarbe verliert im Laufe des Sommers durch das Abreiben jenes puderartigen Überzugs sehr an ihrem sanften Aussehen und wird dunkler, weil die Grundfarbe der grauen Federbärte dunkler ist als jener. Dies wird an den grössten und stärksten, den Schwungfedern, am auffallendsten, zumal wenn schon Federwechsel eingetreten ist und neue Federn zwischen den alten stehen. Ehe dies noch der Fall ist, hat sich jener puder- oder schuppenartige Überzug an den von ihrer nächsten Nachbarin unbedeckten Teilen, der Spitze und Aussenfahne, so abgerieben, dass diese schwarzgrau oder fast grauschwarz erscheinen; hebt man jedoch eine solche Feder an der Spitze auf, so sieht man an der unter ihr liegen- den noch den ursprünglichen lichtgrauen Überzug in der Form und genau so weit, als sie von der aufgehobenen bedeckt war, und so bei allen. Wie es kommt, dass diese merkwürdige, bei allen Arten dieser Gattung vorkommende Erscheinung an manchen Individuen auffallender wird als an anderen, habe ich nicht erforschen können. Es giebt nämlich welche in der- selben Zeit, deren Schwungfedern mehr und viel gleichförmiger abgerieben sind und wo sich auch an den verdeckten Teilen der Federn wenig oder nichts von jenem Überzuge mehr zeigt, die daher nicht bloss an den Spitzen und Aussenfahnen, sondern fast bis gegen die Wurzel, auch auf den bedeckten Innenfahnen, entblösst und daher durchaus viel dunkler geworden sind. — Vom Abreiben der Ränder des Gefieders bemerkt man weniger, am meisten noch an den Flügel- und Schwanzspitzen und sonderbarerweise an den Enden der grössten Reihe Deck- federn quer über dem Flügel. Das Übergangskleid vom hochzeitlichen zum herbst- lichen ist oft, auch bei alten Vögeln, sehr bunt, weil das kommende Winterkleid ein viel lichteres Grau an den oberen Teilen, reines Weiss an den unteren, sowie an der Stirn und dem Vorderscheitel hat. Solche im Übergange begriffene haben dann oft einen von düsterer Aschfarbe mit hellem Bläulich- aschgrau gemischten und gefleckten Mantel, eine weiss und schwarz gefleckte Stirn und Scheitel, eine weisse, von mehr oder weniger alten, schiefergrauen Federn noch verschieden- Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PALL.). artig gefleckte Brusi, hellgraue neue und schwarzgraue alte Schwungfedern machen auch die Flügelspitze bunt, und wo schon neue Schwanzfedern vorhanden, stechen auch diese von den alten durch reineres und lichteres Grau bedeutend ab, Je nachdem nun die Mauser bloss angefangen hat oder schon sehr weit vorgerückt ist, zeigen sich auch zahllose Verschieden- heiten unter den mausernden Vögeln, die, so wie die alten Federn von neuen verdrängt werden, sich täglich verändern, bis das neue Kleid ganz vollständig dasteht. Die Mauser der alten Vögel dieser Art beginnt in der zweiten Hälfte des August und ist in der Mitte des September schon so bedeutend vorgerückt, dass man behaupten darf, sie sei im Oktober, wenigstens bei sehr vielen Individuen ganz beendet. Die Jungen mausern später, doch zeigen sich bei den erwachseneren auch Anfang September schon einzelne neue Federn an den oberen Teilen, deren Farbe zeigt, dass ihr nachheriges Winterkleid von dem ihrer Eltern wesentlich nicht verschieden sein mag. Der Federwechsel beginnt auf dem Mantel, dann an den unteren Teilen bis an den Hals, zu- gleich an Schwung- und Schwanzfedern und endet am Kopfe; so können alle Teile über die Hälfte oder zu zwei Dritteln mit neuen Federn besetzt sein, während sich auf dem Vorder- kopfe noch so viele alte befinden, dass die wenigen neuen kaum erst die beginnende Farbenveränderung desselben an- deuten. Dass zuweilen viele Federn dicht nebeneinander und auf einmal durch neue ersetzt werden, mag zufällig sein. Ich erlegte z. B. am 1. September in Syrmien ein altes Männ- chen, das ausser zwei neuen Schwingen, zwei neuen Mittel- schwanzfedern und einigen wenigen auf dem Mantel, am Kropfe, in dem alten Schiefergrau, schon ein grosses schneeweisses Feld neuer Federn, im übrigen aber noch sein volles Sommer- kleid hatte; vielleicht waren ihm die alten Federn an der letzten Stelle, die nach der Regel sich später erneuert haben würde, gewaltsam verloren gegangen. [I— Die abgebildeten Vögel sind ein Vogel vom 1. Juni 1901 von Peiston Neisa, einer vom Dezember aus Ceylon und ein junger Vogel vom September aus Persien, sowie ein Dunen- junges ebendaher, sämtlich befindlich im Tring-Museum. —| Aufenthalt. Diese Seeschwalbe scheint ein südöstlicher Vogel; wie weit sie sich aber nach Asien verbreitet, war [— 1840 —] noch nicht bekannt; in Afrika geht sie bis Nubien und wohl noch weiter hinab. [— Ihre Brutplätze reichen in Europa höchstens bis zum 50. Grad nördlicher Breite. Pfarrer JÄCKEL fand sie nistend bei Hochstädt a. d. Aisch (Bayern). Ihr eigentliches Wohn- gebiet in unserem Erdteil liegt im Süden, wo sie sich von Andalusien durch Spanien, Frankreich (Camargue), Italien, die Balkanhalbinsel bis in die Länder des Schwarzen und Kaspischen Meeres (Astrachan) ausbreitet, im allgemeinen von Westen nach Osten häufiger werdend. Die weiter nordwärts (Belgien, Schlesien u. s. w.) sogar bis 54,5 Grad nördlicher Breite (Schleswig) vorgekommenen einzelnen Exemplare haben sich wahrscheinlich durch H. nigra zu solcher Irrfahrt ver- leiten lassen; denn sie wurden hier meist in Gesellschaft ihrer nächsten Verwandten angetroffen. — In den Küstenländern Nordafrikas, Marokko, Algier, Tunis und Ägypten ist sie teils Durchzügler, teils Brutvogel. König erhielt ihre Eier in Tunis. Im Winter streift sie durch ganz Afrika bis zur Süd- spitze. Im Britischen Museum befinden sich Stücke vom Weissen Nil, dem Ngamisee, Oranjefreistaat, Natal und dem Kap der guten Hoffnung. — Ostwärts breitet sie sich durch das gemässigte und warme Asien von Keilnasien bis China und an die Küsten des Stillen Oceans aus, und nach Südost weiter über die Malayischen Inseln bis auf das Festland von Australien, hier vom Kap York bis zum 35. Grad südlicher Breite. Das Britische Museum erhielt Exemplare vom Persischen Golf, Kabul, Sind, Kaschmir, Allahabad (Juni), Dacca (Januar), Kalkutta (Dezember), Madras, Ceylon (März, April, August und Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PAL1.). Dezember), Cochinchina (August), Futchou (Oktober), Formosa (August und September), Java, Luzon, Kap York, Queensland, Neu-Süd-Wales. Das Tring-Museum erhielt sie von Celebes. — Ein einziges Mal ist sie auch auf amerikanischem Gebiete ge- funden worden, und zwar von R. SCHOMBURGK auf der Insel Barbados. —|] Sie ist einmal in der Picardie in einigen Exemplaren beobachtet; kommt an der südfranzösischen Küste sehr selten, nicht viel öfter an der Westküste Italiens unter Flügen der schwarzen Seeschwalbe vor, ebenso bei Capo d’Istria, häufiger erst in Dalmatien. In den ebenen Teilen Ungarns ist sie von der Mitte dieses grossen Landes an nicht mehr selten, weiter südlich häufig, in Syrmien und dem Banat, namentlich dem banatischen und slavonischen Militärgrenz- iande in sehr grosser Anzahl anzutreffen. In allen grossen Sümpfen in der Nähe der Donau und Save wimmelt es dort von dieser Seeschwalbenart [—, so auch im Donaudelta. —] In Deutschland ist sie sehr einzeln nur erst an wenig Orten beobachtet; vom südlichen ist mir kein Beispiel bekannt; vom nördlichen bloss, dass im Sommer 1824 mehrere dieser Vögel bei Brunsbüttel in Süderdithmarschen bemerkt und er- legt wurden; in unserem Anhalt ist noch keiner dieser Art vorgekommen. Als grosse Merkwürdigkeit ist, wegen so später Jahreszeit, am 16. Dezember 1822, bei 5 Grad Reaumur unter Null, ein junger Vogel in sehr abgemagertem Zustande auf der Schlei bei Schleswig geschossen. [— Auf den Britischen Inseln wurde die weissbärtige Seeschwalbe nach JOURDAIN gegen zehnmal angetroffen. —|] Sie ist auch in Ungarn Sommervogel, kommt gegen Aus- gang April, in den mehr nördlichen Teilen auch wohl erst im Mai an und zieht im August, doch erst gegen Ende desselben, südlicher, aus den südlichsten Teilen aber erst im September weg, wo viele, deren Junge sich nicht stark genug zur Reise nach fernen Ländern fühlen mochten, mit diesen noch bis in die Mitte dieses Monats in allen Sümpfen anzutreffen waren, als ich 1835 in jenem merkwürdigen Lande sammelte. Jene Jungen waren indessen aus verspäteten Bruten, die Alten fütterten sie noch, und manche waren noch so jung, dass auf dem ganzen Kopfe, auch an manchen anderen Teilen der Flaum vom Dunenkleide noch auf den Federspitzen sass. An manchen Orten flogen sie mit H. nigra und zwischen diesen, an anderen für sich abgesondert, aber in grosser Anzahl herum; überall wohin man blickte, sah man diese beiden Arten, bald diese, bald jene häufiger, die weissflügelige aber nur einzeln noch. Ihre Aufenthaltsorte findet sie nie unmittelbar am Meere, auch nur notgedrungen, nämlich auf dem Zuge und wenn es der Gegend an stehenden Gewässern fehlt, auch an Flüssen; allein ihre wahren Wohnorte hat sie nur in ausgedehnten Sümpfen mit vielen freien Wasserflächen, auch bei Landseen und grossen Teichen an Stellen, wo diese in Sumpf verlaufen. Ob sie am Neusiedler- und Plattensee vorkommt, weiss ich nicht, weil ich nicht dort war; vom letzteren vernahm ich es, sah sie selbst aber nur von den Sümpfen der unteren Theiss an bis zur serbischen Grenze und je südlicher desto häufiger. Damals waren viele Sümpfe Ungarns ausgetrocknet; manche dieser Vögel, die nahe bei der Donau ausgebrütet haben mochten, hatten sich mit ihren Jungen hin und wieder auch an den Strom in stille Winkel desselben begeben, bei Inseln oder Halbinseln, verliessen diese aber, als sie da be- unruhigt wurden und zogen sich in fernere Moräste zurück. Die beiden ungeheueren, mehrere Geviertmeilen bedeckenden Sümpfe des Banats, der weisse und der schwarze Sumpf ge- nannt, wimmelten von diesen Vögeln. [— v. CHERNEL traf sie am Neusiedler- und Plattensee während des Zuges. Am Velenezer See fand er eine kleine Brutkolonie. MADARATZ schreibt: „In Ungarn zur Zugzeit in fast allen grösseren Sümpfen anzutreffen; nistet im südlichen Teile des Landes in stehenden Wässern nahe zur Donau und Theiss in kleineren oder grösseren Kolonien.“ —|] 101 Sie liebt nicht klares, sondern schlammiges Wasser, das als Morast in Viehweide oder Wiesen verläuft, wo teils Binsen und niedrige Seggenarten in abgesonderten Büscheln wachsen oder auch, wo viel schwimmende Pflanzen, z. B. Nymphäen, Wassernüsse und die niedliche Salvinia natans die Oberfläche teilweise bedecken, aber auch noch Stellen derselben frei lassen, wo das Wasser nicht tief: ist, desto tiefer man aber daselbst in den Schlamm einsinkt, wenn man sich hinein wagen wollte, Moräste in denen die slavonischen Schweineherden, nur Nase, Augen und Ohren über der Oberfläche gehalten, die heissen Mittagsstunden so gern in stiller, gemütlicher Ruhe zubringen. Ihre Nachtruhe halten diese Seeschwalben gesellig auf kleinen aus dem Wasser emporragenden Schlammhügelchen, schwimmendem Wuste, und begeben sich am Abend, wenn es bereits dunkelt, an diese Plätze, über denen sie vor dem Niederlassen eine Zeitlang herumschwärmen, aber ganz still dabei sind. Eigenschaften. Die grösste in dieser Gattung ist die weissbärtige See- schwalbe, leicht hieran von den beiden anderen Arten, auch in der Ferne schon zu unterscheiden, wenn sie sich zwischen diese gemischt hat; nicht so leicht ist dies, wenn sie allein fliegt oder nicht nahe genug ist, um die Zeichnung des Ge- fieders erkennen zu lassen. An der nur in mässiger Entfernung vorüberstreichenden fällt dagegen eine Zweideutigkeit auf, welche den, der diese Art zum ersten Male im Freien sieht, sehr überrascht, in der sie nach Grösse, Gestalt, Farbe, Zeich- nung und zum Teil sogar nach ihren Manieren gerade im Mittel steht zwischen Sterna hirundo und H. nigra. Im Sitzen ähnelt sie ganz den übrigen Arten, doch fallen die hübschen Kopffarben, der rote Schnabel, die schwarze Kopfplatte und der helle weisse Wangenstreifen schon von weitem auf und lassen sie leicht erkennen. Sie lässt sich öfter auf kleinen Erhöhungen, näher oder entfernter vom Wasser, zum Sitzen nieder als manche andere Art, hat aber auch an einer Stelle nicht lange Ruhe. Aber sie läuft auch besser als die meisten, zwar in kleinen Schrittchen und auch nur auf kurze Strecken, doch sehr behende und öfter als eine ihrer nächsten Verwandten. Schwimmen sieht man sie fast nie, und wenn es geschieht, so ist es nur ein ganz kurzes Ausruhen auf der Wasserfläche ohne fort zu rudern, mit demselben An- stande der anderen Arten. Rastlos fliegt sie den ganzen Tag über den Sümpfen hin und her oder von einem offenen Platze zum anderen, aber nicht, wie es scheint, mit solchem Kraftaufwande wie viele der zweiten Gattung, sondern langsamer, sanfter, darum aber mit nicht minderer Leichtigkeit und Gewandtheit. In grossen, weit ausholenden Schlägen schwingt sie die langen Flügel auf und nieder, wenn sie gerade fort streicht, und man bemerkt dabei wenig von dem abwechselnden Heben und Senken des Körpers, oder es ist hier wenigstens nicht so auffallend wie bei vielen anderen Arten. Eilt sie, so schlägt sie die Flügel, deren Spitzen immer weit vom Körper abgehalten werden, viel hastiger, ohne dass dadurch alles Sanfte der Bewegungen verloren ginge. Plötzlich weiss sie sich aufzuhalten, auf der Stelle um- oder seitwärts zu drehen, eine andere Richtung ein- zuschlagen, kurze oder längere Bogen nach oben, nach unten oder seitwärts zu machen oder an der Stelle, wo sie etwas bemerkt, durch Rütteln sich aufzuhalten. Letzteres kommt Jedoch nicht sehr oft vor, ihr langsames, sanftes Fortbewegen macht es meistens überflüssig. Sie fliegt über dem Wasser nur wenige Fuss hoch, auch nicht viel höher von einem Sumpfe zum anderen, nur wenn sie weit weg will, steigt sie höher, anfänglich in grossen Bogen, nachher schwebend in einer Schraubenlinie bis zu grösster Höhe hinauf. Vergleicht man ihren Flug mit dem der schwarzen Seeschwalbe, so ist er diesem sehr ähnlich, aber ein wenig langsamer oder viel- mehr gemächlicher, und dies fällt auch nur dann auf, wenn beide Arten gemischt durcheinander fliegen. 102 [— Fliegt sie während eines Regens umher, so schüttelt sie öfters mit einer kurzen zitternden Flügelbewegung die Tropfen von sich ab. Auch kratzt sie sich zuweilen im Fluge mit dem einen Füsschen am Kopfe, wobei sie dann eine sehr eigentümliche Figur bildet. (JÄCKEL.) —] Starke Gemütsbewegungen scheint sie selten zu haben, dagegen ein gewisser Gleichmut mit den sanften Bewegungen des Körpers überein zu stimmen. Still und gemütlich treibt sie ihr Wesen für sich allein oder unter die schwarzen See- schwalben gemischt, ohne mit einer von diesen oder ihres- gleichen zu hadern oder zu zanken, und wenn nicht an den Brutplätzen zuweilen Aufregungen von Eifersucht oder sonst dergleichen zwischen ihnen vorkämen, so würde man sie für die friedfertigsten und harmlosesten Vögel halten müssen. Wo man ihnen nie etwas zuleide that, sind sie auch hier sehr zu- traulich, ja einfältig, doch werden sie misstrauischer, wo sie sich verfolgt sehen, und an Orten, wo sie nicht heimisch sind, weichen sie dem Schützen, den sie recht gut vom Bauer oder Hirten zu unterscheiden wissen, weit genug aus, um nicht so leicht in seine Gewalt zu fallen. Höchst vertraulich sah ich sie gegen Weiber oder Kinder, sodass sie mutwillige Knaben oft aufzufordern schienen, nach ihnen zu werfen. Dies war freilich an Orten, wo sich niemand um sie kümmert. Aber während sie an anderen Orten Männern und Weibern, welche Hanf ins Wasser legten, dicht um die Köpfe flogen oder dicht neben dem Schweinehirten Nahrungsmittel aufnahmen, so er- regte doch meine oder meiner Begleiter Annäherung sogleich ihren Argwohn, als wenn sie die Flinten gekannt oder unsere Absicht erraten hätten, wenn wir uns auch nicht ohne alle Vorsicht näherten. Am häufigsten kamen sie jedoch bei solcher Gelegenheit immer in unsere Gewalt, zumal bei den Vieh- herden. Sie ist gesellig in hohem Grade, weshalb selten eine See- schwalbe dieser Art einsam umherschweifend gesehen wird; denn die vereinzelten mischen sich gewöhnlich unter die Flüge der schwarzen, mit der sie am vertrautesten zu sein scheint. An der unteren Donau, wo auch St. hirundo und St. mınuta damals noch vorkamen, sah ich sie nie bei diesen, obgleich einzelne oft an dem Aufenthaltsort dieser vorbeistrichen, wohl aber unter die Scharen von H. nigra gemischt. Für sich allein ist sie gewöhnlich in Paaren oder Familien, in kleinen und grösseren Geseilschaften beisammen. An den Brutorten bildet sie oft grosse, abgeschlossene Vereine. Mit allen anderen, oft in grösster Menge in ihrer Nähe wohnenden Sumpf- und Wasser- vögeln hält sie keine Gemeinschaft. Ihre Stimme, welche der der schwarzen Seeschwalbe nicht sehr ähnlich ist, lässt die vereinzelte selten, die mit den Ihrigen fliegende öfter hören, doch schreien auch zu manchen Zeiten diese weniger oder mehr, überhaupt aber alle nicht sehr viele Angenehm sind die Töne, die sie hervorbringt, übrigens keineswegs; sie haben etwas Rauhes, schallen auch nicht weit und klingen wunderlich, wenn recht viele zusammen schreien. Der gewöhnliche Ton, den man am häufigsten hört und mit dem sie sich zu unterhalten scheinen oder den Jungen ihre Anwesenheit anzeigen, ist ein unangenehmes, knarrendes, eben nicht sehr lautes Schrähb, das nur einzeln ausgestossen oder nie schnell nacheinander wiederholt wird. Kommt man ihrer Brut näher, so wird es heftiger; steigt ihre Angst und Besorg- nis aber noch höher, dann schreien sie Skihrerrerk, und wiederholen dies oft, jedoch in bedeutenden Intervallen; auch flügellahm geschossene stossen es zuweilen im Herabstürzen aus. Sonst schreien sie oft auch Skrieh (ein oder zweisilbig)! Sie rufen damit einander zu, aber der wahre Lockton, den man in ihrem gewöhnlichen Treiben weniger als auf weiteren Ausflügen hört, hat ebenfalls, wie bei allen Arten der Gattung Sterna, etwas Krähenartiges und klingt wie Schriä oder zu- weilen auch wie Skriä, wird aber nicht so lang gedehnt wie bei vielen anderen. Die Jungen piepen anfänglich kläglich, aber später, wenn sie den Alten nachfliegen, schreien sie Krie (bald ein-, bald zweisilbig) und wiederholen diesen Ton in Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PALL.). mässigen Zwischenräumen immerfort, noch öfter und hastig folgend, wenn sie eben Futter von jenen empfangen. Nahrung. Wasserinsekten und deren Larven mögen wohl ihre Haupt- nahrung ausmachen; allein sie fangen auch ganz kleine Fisch- chen, Froschlarven und ganz kleine Wasserfröschchen, wovon ich mich durch Öffnung vieler wie durch Beobachten der lebenden hinlänglich überzeugt habe; auch dass sie oft Land- insekten und hin und wieder Regenwürmer mit aufnehmen. Die weissbärtige Seeschwalbe findet ihre Nahrungsmittel viel häufiger in stehenden als in fliessenden Gewässern, wes- halb sie sie auch in jenen Gegenden auf der Donau nur an solchen Stellen, die weniger Strömung haben, bei weitem häufiger aber auf stehenden Gewässern und freien Stellen der Sümpfe sucht. Hier fliegt sie suchend, den Schnabel herabhängend und bald mit dem einen, bald mit dem anderen Auge spähend, wenige Fuss über dem Wasserspiegel unablässig hin und her, fällt schnell auf das Wasser nieder, sobald sie einen Fang zu machen gedenkt, der entweder oben oder ganz nahe oben schwimmen muss, weil sie nie mehr als Schnabel und Kopf dabei untertaucht. Das Ergreifen, Verschlucken und Wieder- erheben sind Werke des Augenblicks, und das Suchen geht von neuem los. So treibt sie es bis zum Ermüden des Zu- schauers stundenlang oft in einem nicht grossen Bezirke. Nur über tieferem Wasser sah ich von ihr auch das sogenannte Rütteln, aber nicht oft; sie scheint ohnedies ihres Fanges die meisten Male gewiss zu sein. Sie mag schnell verdauen und scheint beständig Hunger zu haben, fängt freilich von Insekten und deren Larven gross und klein, ist aber dennoch fast den ganzen Tag emsig mit Aufsuchen derselben beschäftigt. Die Larven der Libellen, in jenen Gewässern in unsäglicher Menge vorhanden, gehören zu ihren häufigeren Nahrungsmitteln. Die Schweineherden, die in den tieferen Sümpfen Slavo- niens den Schlamm aufwühlen und damit das wenige Wasser über demselben hin und wieder in ganz kleine Pfützchen ver- teilen, aus denen die Insekten oder kleinen Fischchen nicht entweichen können, verhelfen diesen Seeschwalben zu einem bequemen und reichlichen Fang, weswegen diese auch jene oft besuchen. Hier habe ich sie namentlich auch kleine Fische fangen sehen. Über Rasenplätze hinfliegend sieht man sie ebenfalls oft niederstürzen, ein Landinsekt oder einen Regen- wurm aufnehmen und damit davoneilen. Feuchter, nicht weit vom Wasser entlegener, häufig vom Vieh teilweise zertretener Rasen, der Aufenthalt ganz kleiner Wasserfrösche und in jenem Lande besonders damit angefüllt, giebt ihr zum Fange dieser die beste Gelegenheit. Wie alle anderen Arten der Meer- schwalbengattung stösst auch sie niemals aus der Luft ohne weiteres auf ein Geschöpf herab, das auf festem Boden sitzt, sondern sie stürzt sich auf die Erde und setzt sich neben das- selbe, ergreift es und fliegt damit davon, dies alles in schnell- ster Folge aufeinander. Oft hüpft das Fröschchen schneller fort als sie es ergreifen kann; dann folgt sie ihm halb laufend, halb fliegend und erwischt es dennoch bald. Ich habe sie besonders häufig diese kleinen Fröschchen (Rana esculenta) fangen sehen, wo ihr die fast erwachsenen Jungen immer- während Futter abverlangten, um diesen das Maul damit zu stopfen, in welchen Betracht genommen es mir immer possier- lich vorkam. Sie müssen oft lange daran würgen, ehe ein solches den Schlund hinab will; doch geschieht es, wie das Füttern, auch im Fluge. Fortpflanzung. Die weissbärtige Meerschwalbe nistet in kleinen oder auch in sehr grossen Gesellschaften in den unermesslichen Sümpfen des südlichen Ungarns. Im Banat und im Militär- srenzlande von Syrmien gehört sie zur Brutzeit zu den gemeinsten Vögeln, und alle Moräste sind voll von ihnen. KR 0 Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon hybrida (PALı.). Selten am Rande derselben, sondern gewöhnlich tiefer in den- selben, an etwas lichten Stellen, wo Schilf und Rohr nur büschel- weise wachsen, haben sie ihre Brutplätze, und die Nester eines solchen Vereins stehen alle auf einem Platze von geringem Umfange, die einzelnen wenige Fuss von einander entfernt. Es herrscht dann ein reges Leben an solchen Plätzen, und die Vögel machen dabei ungleich mehr Lärm als zu allen anderen Zeiten. Die Nester stehen entweder auf kleinen, niedrigen, wenig begrasten Schlammhügelchen oder auf vom Winde zusammen- getriebenen alten Stengeln und Wurzeln von Schilf und Rohr oder anderem Wuste, oder auf niedergedrückten Schilfbüscheln, oder, wenn das Wasser in den Sümpfen zu hoch angeschwollen, auf den sich dicht durchkreuzenden Zweigen der über das Wasser emporragenden Weidenbüsche und niedrigen Bäume. Nicht allein diese Seeschwalben, sondern auch viele andere dort nistende Sumpfvögel, die ihre Nester sonst ins Schilf oder auf die Erde bauen, sehen sich in solchen Zeiten gezwungen, es wie jene zu machen z. B. Plegadis falcinellus, Ardeola ralloides und andere mehr. [— REISER (l. c., I, S. 196) erzählt vom See von Swistov in Bulgarien, dass sie dort bereits am 27. Mai 1890 einzeln oder in kleinen Trupps längs der Rohrwände umhergeflogen sei, dabei ununterbrochen ihre an den Wachtelkönig erinnernde knarrende Stimme ertönen lassend. Die Blätter der Seerosen, die dazu ausersehen waren, die Eier der Vögel zu tragen, waren bereits damals mit einem dürftigen Kranze von Halmen und Schilfstücken versehen, aber nur auf zweien in der Mitte des Sees und auf einem in der Bucht am Westende lagen je ein erstes Ei. —| Das Nest ist nachlässig aus trockenen Teilen von Schilf, Rohr und kleineren Gräsern gebaut und enthält meistens drei, und wie man sagt, öfter auch vier Eier. Diese sind denen der schwarzen Seeschwalbe ähnlich, aber bedeutend grösser und von einer viel lichteren Grundfarbe. Sie sind bedeutend grösser als Wachteleier, mit denen sie an Gestalt und Farbe einige Ähnlichkeit haben. Sie sind beinahe 35,5 mm lang und 25,5. mm breit, daher von einer kurzen, sehr bauchigen Ei- gestalt, wie niemals eins von denen aus der Gattung Sterna; die stärkste Bauchwölbung liegt in der Mitte, und von da an wird die Wölbung abnehmend schwächer gegen die zugerundete Spitze, während sie gegen das stumpfe Ende abgerundet sind, wodurch diese Eier etwas, doch nur schwach, kreiselförmig werden, eine Form, welche auch die der beiden folgenden Arten haben. [— Sechs Stück der REYschen Sammlung messen im Durch- schnitt 37,3 xX28,7 mm; im Maximum: 42x29 mm; im Mini- mum: 34,9 X 27,7 mm. Das Gewicht beträgt: 0,833 g. Vier in Tunis gesammelte Eier maßen nach KoENIG 40x28, 41x28, 42x29, 39x29 mm, ihr Gewicht betrug 0,78, 0,85, 0,88, 0,87 @. Nach Messungen von R. BLAsıus an drei Eiern aus der Samm- lung HOLLANDTS (jetzt im Museum brunsvicense) betrug die Dopphöhe der Längsdurchmesser der Querdurchmesser 85,9 mm 27,4 mm 16 mm 39,9 2) 28,4 n 17 n 38,0 „ REN 8: 18 I 69 Eier im Britischen Museum, aus Spanien, Algerien, der Dobrudscha und Indien, messen in der Länge zwischen 35,3 und 41,9 mm und in der Breite zwischen 25,9 und 30,4 mm. —| | Ihre Schale ist von sehr feinem Korn, doch ohne Glanz, blass, aber nicht schön olivengrün gefärbt, ins Olivengelb- liche spielend, mit vielen Flecken und Punkten, die in der Schale bräunlich aschgrau, aber nicht zahlreich, auf der Oberfläche schwarzbraun und schwarz sind; von diesen sehr abstechenden Zeichnungen, die an beiden Enden einzelner stehen und viel von der Grundfarbe frei lassen, während sie hinter der stärksten Wölbung oft zusammenfliessen und einen dicken, mehr oder weniger zusammenhängenden Fleckenkranz bilden, haben die wenigsten gerundete Umrisse, vielmehr hängen oft mehrere auf die regelloseste Weise zusammen und sind auch wohl mit kurzen Schnörkeln und Wischflecken ver- 103 mengt. Sie variieren in den Zeichnungen auf das mannig- faltigste, weniger in der Grundfarbe, sind aber stets grünlicher und viel heller gefärbt, weniger, aber viel dunkler oder ab- stechender gefleckt als die der H. nigra. In der Sammlung verschwindet nach und nach das Grünliche ganz, und die Grundfarbe wird ein bleiches Olivengelb. In Farbe und Zeich- nung werden sie dann wohl manchen der $t. hirundo ähnlich, allein ihre viel geringere Grösse und die auffallend kurze, dicke Gestalt unterscheiden sie auf den ersten Blick. [— A. v. HOMEYER fand in Algier eine Kolonie von wohl 50 Nestern, alle dicht beisammen auf dem Wasser schwimmend, doch an die Stelle gebunden durch die bis an die Oberfläche kommenden Wasserpflanzen. Die Nester sassen 2, 3 bis 5 Schritt voneinander und enthielten durchschnittlich drei Eier. Wenn nun auch in der Regel gleichgefärbte Eier das Gelege aus- machten, so fanden sich doch auch grosse Abweichungen vor, namentlich dass bei zwei normalen Eiern ein fast weisses, d. h. eins ohne Unterfärbung lag, mit nur sehr matter und sparsamer Oberzeichnung (Journ. f. Ornith. 1864, S. 325). —] Über die Art zu brüten und die Zeit, in der die Jungen ausgebrütet werden, habe ich keine Beobachtungen anstellen können. Die Jungen sitzen, wie die der folgenden Art, so lange im Neste, bis sie fliegen können und werden nicht nur bis dahin, sondern auch noch lange nachher und bis sie völlig erwachsen sind, von den Alten reichlich mit Futter versehen, und diese sind um ihre Brut ungemein besorgt, umschwirren den, der sich ihr nähert, in grösster Nähe und fürchten dabei die augenscheinlichste Lebensgefahr nicht. Wenn die Jungen ausgeflogen sind, werden sie von den Alten nur im Anfange noch sitzend, später aber bloss im Fluge geätzt; sie folgen ihnen deshalb überall mit verlangendem Schreien und schreien noch mehr, wenn sie soeben Futter empfangen. Sie setzen sich oft, um auszuruhen, nahe ans Wasser oder auf empor- ragende Hügelchen über demselben, wobei ihnen die liebevollen Alten dann und wann Gesellschaft leisten, ab- und zufliegen, sie jedoch nie ganz aus den Augen lassen, bei jeder an- rückenden Gefahr schnell herbeikommen, sie aufmerksam machen, wo möglich zum Entfliehen anregen und mit sich fortnehmen. Dies will den Alten bei noch zu jungen, matten und keine Gefahr kennenden oft nicht so bald gelingen, als sie es wünschen mögen, und ihre Angst wird aufs höchste gesteigert, oft mit Hintansetzen aller Gefahr für das eigene Leben. Ist in der Gegend noch nicht auf sie geschossen worden, so verlassen die Alten nicht sogleich die eben erschossenen Jungen; in anderen ergreifen sie aber nach solchem Vorfall unter klagendem Geschrei sogleich die Flucht. Feinde. Die Rohr- und Wiesen-Weihen (ÖOircus aeruginosus und Oircus pygargus) sind ihrer Brut sehr gefährlich, wo sie nicht in hinlänglicher Menge beisammen nisten; denn wo ihrer genug beisammen sind, greifen sie den Räuber mit vereinten Kräften an und schlagen ihn auch gewöhnlich in die Flucht, was ein- zelne Paare nicht vermögen. In ihren Eingeweiden hat man eine besondere Art aus der Gattung Fillaria [— (Filaria bilabiata Dies.) —| und einige andere Würmerarten gefunden [—, in ihrem Gefieder Docophorus larıcola und Nirmus anagrapsus. —] Jagd. Es ist schon oben gesagt, dass ihre sonstige Zutraulichkeit sich da gewaltig vermindert, wo man öfter nach diesen Vögeln schiesst. Im allgemeinen ist sie zwar etwas scheuer als ge- wöhnlich die folgende Art, doch ist es noch leicht genug, sich ihr schussrecht zu nähern, wenn man weiss, dass man bei nicht ganz einfältigen Vögeln nie gerade auf sie zugehen und sie nicht starr ansehen darf. Sitzend hält jedoch auch diese Art sehr selten schussrecht aus. Wo sie kein Nest oder keine 104 Jungen hat, mag sie wohl vorsichtiger sein als manche andere, | denn ich habe sie auch in Ungarn hin und wieder scheuer als z. B. St. macrura gefunden. Im Fluge ist sie leichter zu schiessen als die schwarze Seeschwalbe, wegen ihres stärkeren Körpers und weniger wankenden oder verlässigeren Fluges. Nutzen. Ihr Fleisch schmeckt nicht besonders, und ihre Eier werden auch nicht gesammelt und genossen, weil sie zu klein sind. [— Allerdings gilt dies nicht für alle Gegenden. So werden die Eier in Spanien nach LoDGE in grosser Zahl zum Essen gesammelt, und derselbe Forscher erzählte JOURDAIN, dass er häufig Omeletts aus diesen Eiern in Andalusien gegessen habe. —| | Die weissbärtige Seeschwalbe, Hydrochelidon. hybrida (PALL.). Ob sie den Menschen durch Vertilgen mancherlei lästiger Geschöpfe nützlich werde, ist schwer zu behaupten. Sie hilft die unwirtbaren Sümpfe auf eine angenehme Weise beleben. Schaden. Die wenige Fischbrut, die sie mitunter verzehren, miss- gönnt ihnen kein Mensch, und sonst thun diese hübschen Vögel auch nichts, was den Menschen Nachteil brächte. Zusatz. BECHSTEIN beschreibt in seiner gemeinnützigen Naturgesch. Deutschlands, IV, S. 695 sehr deutlich einen Vogel dieser Art als das Weibchen der schwarzen Meerschwalbe, seiner St. fissipes und St. nigra. Er sagt ausdrücklich, dass er welche gesehen habe, die so aussahen, wie er sie beschreibt, aber nicht wo sie geschossen wurden. Naum. PpropgtojuM 7 OA[EMUISIIS 3ZIEMUIS ‘(7I) eıdıu uopmoy9o1pAy PPPHSWUM g "sqfeMmysssag adnıeqsspM (Ted) eprıqAy uopmayoospArJ prgssuesisqn eg Pepejuy I sqfemypsaas »drpadngssis A ‘(Irea) sedıssy uopıpyaoıpÄd ee PPRRRe nenn PL) \ ra N 1 nn TG | a N { \ 7 uns Mn WR akrzun [Brise u Be ” er a ET BER Nr ra 2 N ee Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). Fig. 3. Weibchen im Sommerkleide. Tafel 8. Fig. 4. Männchen im Sommerkleide. Tafel 9. Fig. 4. Winterkleid. Tafel 10. Fig. 4. Jugendkleid. Tafel 38. Fig. 7—8. Eier. Kleine schwarze Seeschwalbe, schwarze, schwarzkehlige, spaltfüssige Meerschwalbe, schwarze, schwärzliche, dunkle Wasserschwalbe, schwarze Schwalbenmöve, Amselmöve, schwarze Möve, Kleinmövchen, kleinste Möve, klein Mübesslin, Spaltfuss, Brandvogel, Maivogel, Maivögelchen, [— Blaubacker, swarte Bicker. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Öigra erna, Kalebic musicar. Czechisch: Rybäk Cerny. Dänisch: Sort Terne, Blaaterne, Moseterne, Glitter, Sortkirre, Klövermaage, Klöftmaage. Englisch: Black Tern, Blue Darr, Car Swallow. Finnisch: Musta tiira. Fran- zösisch: Hirondelle de. mer &powvantail, Guifette fissipede, Hydrochelidon noirätre, Sterna epouvantail, Guifette, Guifette noire, Gachet. Helgoländisch: Lütj swart Kerr. Holländisch: Zwarte Stern, Zwarte Zeezwaluw, Zwarte Meeuw. Italienisch: Mignattino, Colombino, Mignattone, Pannelbagio, Petto-bianco. Lettisch: Melnais sihrinsch. Maltesisch: Oirleua. Norwegisch: Sort Türne. Polnisch: Rybotowka krzyczek. Portugiesisch: Gaivina, Ferreirinho. Russisch: T'schernaya-martyschka. Schwedisch: Svart tärna. Slovenisch: Örna digra, Örna mahalka, Ormi ribie, Mohalka. Spanisch: Fumarell, Espumaell, Alsiö, Cencerillo, Paino. Ungarisch: Kormos szerkö, Sterna nigra. Linne&, Syst. Nat. Ed. X. p. 137 (1758). —] — Sterna nigra. Brisson, Av. VI. p. 211. n. 11. t. 20. f. 1. — Linn. Faun, Suec. n. 159. (2) — Retzius, Faun. suec. p. 164. n. 125. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 160. n. 212. — Sterna fissipes. Linn. Syst. Edit. XII. I. p. 228. n. 7. — Gmel. Linn. I. 2. p. 610. n. ”. — Lathn. Ind. I. p. 810. n. 93, — Sterna obscura. (?) Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 608. n. 20. — Lath. Ind. II. p. 810. a) Hirondeile de mer ü tete noire ou Cächet. Buff. Ois. VIII. p. 342. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 75. — La Guifette noire ou l’ Epouventail. Buff. Ois. VIII p. 341. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 73. — Id. Pl. enl. 333. — G&rard. Tab. el&m. II. p. 329. — Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 749. — Black Tern, Lesser Sea-Swallow and brown Tern. Lath. Syn. VI. p. 366. n. 22. and Var. A. and n. 23. — Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 323. u. 324. n. 22, 23, 24. — Black Tern. Penn. aret. Zool. n. 450. — Übers. v. Zimmermann, I. S. 486. n. 867. — Bewick, Brit. Birds u, p. 203 (ohne Abbildg.). — Colombino, Mignattone, Pannelbagio. Stor. deg. Uce. V. Tav. 542. et 543. — Mignattino. Savi, Ormn. tose. III. p. 79. — Zwarte Ikstern. Sepp. Nederl. Vog. II. t. p. 131. — Becehstein, Naturgeseh. Deutschl. IV. S. 693 und 697. — Dessen Taschenb. II. S. 381. u. 383. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 461. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 262. n. 237. — Koch, Baier. Zool. I. S. 367. n. 229. — Brehm, Beitr. III. S. 708. — Dessen Lehrb. II. S. 695. — Dessen Naturg. aller Vög. Deutschl. S. 793—795. — Gloger, Schles. Faun. 8. 52. n. 230. — Landbeck, Vög. Württembergs S. 71.n. 253. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vög. 8. 17. n. 222. — v. Homeyer, Vög. Pommerns S. 66. n. 213. — Frisch, Vög. II. Taf. 220. — Naumanns Vög., alte Ausg. III. S. 194. Taf. XXXVI. Fig. 53. Altes Männchen im Frühling. Fig. 54. Junger Vogel im ersten Winterkleide — [— Sterna nigra. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 189. Taf. 256 (1840). — Sterna nigra. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVIII (1840). — Sterna nigra. Schlegel, Rev. crit. p. OXXX (1844). — Sterna nigra. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 181 (1860). — Sterna nigra. Holmgren, Skand. Fogl. II. p. 957 (1866—71). — Hiydrochelidon nigra. Degl. u. Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 466 (1867). — Hydrochelidon nigra. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1447 (1869— 1874). — Sterna nigra. Wright, Finl. Fogl. II. p. 579 (1873). — Sterna nigra. Fallon, Ois. Belg. p. 197 (1875). — Hydrochelidon nigra. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 327. pl. 592 (1876). — Hydrochelidon nigra. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 516 (1882—84). — Hydrochelidon nigra. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Hydrochelidon nigra. Olphe-Gallliard, Orn. Eur. oce. fase. XI. p. 49 (1886). — Hydrochelidon nigra. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 99 (1886). — Hydrochelidon nigra. Giglioli, Avif. ital. p. 420 (1886); p. 636 (1889). — Hydrochelidon nigra. Ar&valo y Baca, Av. Espaha p. 429 (1887). — Sterna nigra. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 588 (1891). — Hydrochelidon nigra. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 99 (1892). — Hydrochelidon nigra. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 157 (1892). — Hydrochelidon nigra. Collett, Norg. Fuglef. p. 118 (1893—94). — Hiydrochelidon nigra. Reiser, Orn. bale. II. p. 195 (1894); IV. p. 144 (1896). — Hydrochelidon nigra. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 17 (1896). — Hiodrochelidon nigra. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 65 (1899). — Hiydrochelidon nigra (L.). Reichenow, Vögel Afrikas I. p. 70 (1900). — Hydrochelidon nigra. Dresser, Manual of Palaearctie Birds p. 805 (1903). —|] Junger Vogel. Bunte, gefleckte Meer- oder Seeschwalbe, Kirrmöve, Girrmöve, Halbmöve, Scheerke, mövenartige Ralle, graue Ralle. Sterna naevia. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 609. n. 5. — Sterna Boysü var. A. Lath. Ind. II. p. 806. n. 10. A. — Rallus lariformis. Linn. Syst. edit. X. I. p. 153. — Scopoli, Ann. I. n. 156. — Übers. v. Günther, I. 8. 125. n. 156. — La Guifette. Buff. Ois. VII. p. 339. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 70. — Id. Pl. enl. 924. — Gerard. Tab. elem. II. p. 327. — Sandwich-Tern var A. Lath. syn. VI. p. 358. — Übers. v. Bechstein, III. 2. S. 315. n. 9. var. A. — Lesser sea Swallow. Albin, Birds II. t. 90. — Sterna Petto bianco. Stor. deg. Uce. V. tav. 546. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 688. — Dessen Taschenb. II. S. 379. n. 3. mit einer guten Abbildung. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög., Taf. LXXXV. Fig. 5, a—f (1845—1853). — Bädeker, Eier eur, Vög. Taf. 32. Fig. 3 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds II. p. 488. pl. COXXXV (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. pl. 49 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 31 (1896). —] —] Anmerkung. Gewöhnlich zieht man auch GmeLIns Sterna nigra (Linn. syst. nat. edit. XIII. T. I. P. 2. p. 608..sp. 3) zu den Synonymen dieser Art, allein die Worte: pedibus rubris und collum et peetus superius nigrum, inferius cum abdomine crisso, alis et cauda album passen nicht auf diesen, wohl aber auf das Sommerkleid des alten Vogels der folgenden Art. Die von GmELIN beigefügten Allegate gehören indessen, nur eins viel- leicht ausgenommen, zu unserer St. nigra. Kennzeichen der Art. Beschreibung. Der sehr schlanke Schnabel schwarz; der schwach ge- Die schwarze Seeschwalbe istin Deutschland, d.h. auf gabelte Schwanz aschgrau; im Sommer bei den Alten Kopf | dem Festlande, die gemeinste Art der ganzen Gattung. Sie und Hals schieferschwarz; der Lauf der rötlichschwarzen Füsse | gehört unter die kleineren Arten, übertrifft an Grösse die fol- 15 bis 17 mm hoch. gende nicht viel, weit auffallender aber die Zwergmeer- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 14 106 schwalbe, besonders hat sie viel längere Flügel. Ihr längerer und schwächerer, daher sehr schlanker Schnabel macht sie vor den nächsten Verwandten in jedem Kleide kenntlich. Im Ge- fieder des alten Vogels im Sommerkleide ist die aschgraue Farbe die herrschende, der ganze Vogel damit wie übergossen, nur am Kopfe in Schwarz, unter den Flügeln in Weiss über- gehend, rein weiss nur allein der After und die unteren Schwanzdeckfedern, — während bei der weissflügeligen Seeschwalbe der ganze Schwanz, auch der Bürzel nebst den oberen Deckfedern weiss und die Oberflügel so hell gefärbt (weissgrau) sind, wie bei der schwarzen die Unterflügel. Sie möchte viel bezeichnender die aschgraue heissen, weil sie nie so viel und so tiefes Schwarz hat wie die folgende. — Im Winter- wie im Jugendkleide, wo sie gleich den Familienver- wandten an allen unteren Teilen vom Kinn bis zum Schwanze weiss aussieht, unterscheidet sie vorzüglich der schwächere und viel gestrecktere Schnabel. Ihr Körper hat ungefähr die Grösse des der Hauben- lerche (Galerida cristata) oder höchstens der Rotdrossel; der grosse Schnabel, eine viel grössere Befiederung, der längere Schwanz und die sehr langen Flügel geben ihr aber ein ganz anderes Aussehen und hauptsächlich fliegend eine Grösse, in der sie jene weit übertrifft; wegen des ungemein leichten Baues aber wiegt sie kaum 67 g. Sie ist (ohne Schnabel) 20,6 bis 21,5 cm lang, 61,2 bis 63,6 cm breit; .der Flügel vom Hand- gelenk bis zur Spitze 22,1 cm lang; der Schwanz aussen 8,3 cm, in der Mitte 6,8 cm lang. Männchen und Weibchen sind in der Grösse kaum verschieden. Das Gefieder ist ungemein zart und sieht aus oder fühlt sich an wie Seide; es ist am Genick und Nacken nicht ver- längert. Die Flügel sind sehr gross, aber schmal und spitzig in hohem Grade, die Schwungfedern im Vergleich zum übrigen Gefieder härter, die sehr langen erster Ordnung säbelförmig gebogen, stumpf zugespitzt, mit sehr starken Schäften; die sehr kurzen zweiter Ordnung fast gleichbreit, mit schräg nach vorne und etwas bogig abgeschnittenen Enden, die hintersten (dritter Ordnung) zugerundet. Der Schwanz ist nicht lang, besteht aus zwölf weichen, etwas breiten Federn, deren Enden zu- gerundet, nur das der äussersten schräg nach aussen ver- schmälert und stumpf zugespitzt, deren abnehmende Länge nach der Schwanzmitte einen nur 17 bis 20 mm tiefen Aus- schnitt bilden, weshalb das Schwanzende nur seicht gegabelt genannt werden kann. Die unteren Schwanzdeckfedern sind so lang, dass das Ende der grössten bis an das der mittelsten Schwanzfedern reicht. Die in Ruhe liegenden Flügel kreuzen sich über dem Schwanzende und reichen mit ihren Spitzen gegen 4,5 bis 5,5 em über dasselbe hinaus. Der Schnabel ist gestreckter und schlanker als bei allen - einheimischen Arten, lang, niedrig, sehr schmal; von der Seite gesehen der Firste nach sehr sanft und wenig bogenförmig, dem Kiel nach fast gerade, nur in der Mitte, wo die Kielspalte aufhört, als ein sehr schwaches Eck über die gerade Linie vorstehend; von oben gesehen keilförmig und gegen die Spitze äusserst schmal; die Enden beider Teile sehr schlank zugespitzt, die Schneiden etwas eingezogen; von dem vorderen Ende der grossen Nasenhöhle laufen ein oder zwei feine Riefchen vor- wärts gegen die Schneide; die Mundwinkel bis unter das Auge gespalten; der Rachen nicht sehr weit. Das einen kurzen durchsichtigen Ritz vorstellende Nasenloch öffnet sich, wo die Stirnfedern aufhören. Er ist bei alten Vögeln von der Stirn an 25 bis 23 mm, vom Mundwinkel 40 mm lang, an der Wurzel 6 mm hoch und ebenso breit. Von Farbe ist er glänzend schwarz, die Mundwinkel mehr oder weniger rot, der Rachen blassrot, nach vorn und gegen die Zungenspitze ins Schwärz- liche übergehend; bei den Jungen mattschwarz, wurzelwärts noch lichter, an den Mundwinkeln und inwendig fleischfarbig. Das Auge hat einen tiefbraunen, fast schwarzbraunen Stern, ist aber bei den Jungen von einem blasseren Braun. Die Füsse sind zwar auch klein, doch höher und mit längeren Zehen als bei den Arten der Gattung öterna, aber verhältnismässig Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). schwächer als bei der weissbärtigen Seeschwalbe. Die Fersen- gelenke sind stark, der Unterschenkel über ihnen nicht hoch hinauf nackt; die Läufe schlank; die dünnen Zehen sehr ge- streckt; die Schwimmhäute sehr tief, bis fast zur Hälfte aus- geschnitten, was an den inneren am auffallendsten wird; die Hinterzehe sehr klein, etwas über den gemeinschaftlichen Ballen der Vorderzehen eingelenkt; ihr weicher Überzug auf dem Spann und den Zehenrücken grob, übrigens sehr fein geschildert, die Schwimmhäute sehr zart genarbt, alle Einschnitte ganz seicht. Die Krallen sind schwach, an den Vorderzehen sehr gestreckt, an der mittelsten besonders lang, sehr dünn zugespitzt, unten doppelt gerinnt, die innere Schneide, zumal der Mittelzehe, etwas vorstehend. Sie sind über der Ferse noch 4 bis 6 mm nackt; der Lauf 16 bis 18 mm hoch; die Mittelzehe mit der 6 mm langen Kralle über 21 mm, die Hinterzehe 6 mm lang, wovon bei dieser die Hälfte auf die Kralle kommt. Die Füsse haben eine sehr dunkle, aber sonderbare Farbe, ein mattes Schwarz mit schwach durchscheinendem Blutrot, wie schwarze Kirschen, aber matter; die Krallen sind schwarz. Bei jungen Vögeln sind die Füsse düster rotbraun, bei sehr jungen rötlich graubraun und viel blasser; die Krallen braun- schwarz. Das Nestkleid ist eine dichte Bedeckung von äusserst zarten, sehr weichen und etwas langen Dunen, an den oberen Teilen licht rostbräunlich, braun und schwarz gefleckt, an den unteren weiss. Eine genaue Beschreibung kann ich nicht geben, weil ich es nicht vor mir habe; aus der Erinnerung ist mir noch so viel gegenwärtig, dass es dem der jungen Wachteln ziemlich ähnlich sah. [— Es ist hellbraun mit grossen schwarzen Flecken auf der Oberseite, fahlbraun auf der Unterseite, an der Kehle dunkler. —|] Das eigentliche Jugendkleid, ihr erstes ordentliches Gefieder, sieht dem Winterkleide der Alten, wenigstens an den unteren Teilen, sehr ähnlich und hat folgende Farben: Stirn und Zügel sind weiss, auf dem Vorderscheitel graulich, weiterhin schwarz geschuppt, auf dem Hinterscheitel in gleich- förmiges Schwarz übergehend, das sich über das Genick hinab erstreckt und schmal auf dem oberen Nacken endet, während sich ein fast dreieckiger, grosser,‘ ebenfalls schwarzer Fleck der Ohrbedeckung seitwärts anschliesst und spitz an den Hals- seiten verläuft; ein starker schwarzer Mondfleck, dessen untere Spitze sich oft noch unter das Auge hinzieht, steht dicht vor dem Auge; Kinn, Kehle, Hals, Brust, Bauch und die unteren Schwanzdeckfedern sind rein weiss; an den Seiten des Kropfes steht ein dunkel schieferfarbiger oder schieferschwarzer Fleck, der sich an die Farbe des Oberrückens anschliesst, die nebst den mittleren und grossen Flügeldeckfedern, desgleichen den hintersten Schwungfedern bläulich aschgrau (ziemlich dunkel) aussehen, bräunlichweisse Endkäntchen haben und diese vom Grauen durch einen rötlich dunkelbraunen Halbmond geschieden werden, wozu sich an den längsten Federn spitzewärts noch feine schwarze Schaftstriche gesellen; das Flügelrändchen ist weiss, aber die kleinen Flügeldeckfedern längs den Unterarm- knochen in einem breiten Streifen dunkel schieferfarben, fast schwärzlich. Die Schwungfedern sind aschgrau, an den weisslich gekanteten Spitzen und die vorderste auf der ganzen Aussen- fahne schieferschwarz, alle mit weissen, spitzewärts ins Schwärz- liche übergehenden Schäften und die der ersten Ordnung mit weisser, inwärts verwaschener Kante längs der Innenfahne; der Unterflügel weiss, an der Spitze dunkelgrau. Unterrücken, Bürzel und der Schwanz mit seinen oberen Deckfedern sind heller bläulich aschgrau als der Mantel, die grösseren Federn, namentlich die des Schwanzes, mit bräunlich- oder rostgelblich- weissen Spitzenkanten und die äusserste Feder des letzteren mit weisslichem Aussensaum. Unter den jungen Vögeln dieser Familie sind sie auf dem Mantel am dunkelsten gefärbt. In der Zeichnung giebt es mancherlei kleine Abweichungen, namentlich ist die geschuppte des Mantels bald dunkler, bald lichter, deutlicher oder un- deutlicher, letzteres vorzüglich, wenn sie schon länger geflogen Proppuodn[ 7 'sqfemyssaag 3ZIeMUysS ‘(I) eıSru uopip>y9o1pAr 'Pprgpussn[ g vafemypsaag adıpdngssıa q\ ‘(Ied) sedissyg uopısyooapkry prepfueundg z Propipuosnf 7 "sqemysssag sAnıggsseM ‘(ITed) epııgAy uopmsysosp%Ary N is 4 Er rain, - i DO NT BEE PETE ERE nn ae 5.1) 4 : ur ' PIrru ar ! u a auch az {r’ h ? A > { rt PR t Per, 27, ver ne file: "rd a NE I: ' Re TREU x v n "ray De al 1053 10 SEE re \ TE En - SA, Yan RR Re au nn Pe rw De ee Te inne rueriverernn, Ba AR - Fön E> 3 Y j Furl - : au FE a: ee BEI Re ee IIRKTT I Zei TG - r, mh < sn 7 AR HR er ‘ a u Ku ee Se eh IE men wi. IR A Ö) . f IE uch + | | | / | N “re u Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). haben; auch kommen Individuen vor, bei denen sie mit dem Aschgrau zusammenfliesst. Das Schwarze am Auge, dem Ohr und den schläfen, sowie der Fleck neben dem Kropfe zeigen auch manche Verschiedenheiten, ohne dass diese oder jene ein standhaftes Kennzeichen zum Unterschiede der verschiedenen Geschlechter abgäben; Männchen oder Weibchen sind näm- lich im Jugendkleide ohne Hilfe der Zergliederung nicht zu erkennen. Dem Herbst- oder Winterkleide, das im allgemeinen dem Jugendkleide sehr ähnlich ist, fehlen hauptsächlich jene braunen Doppelkanten an den Federenden der Mantelpartie; es unterscheidet sich aber auch noch am Kopfe und ander- wärts, wenngleich weniger in die Augen fallend. — Der Schnabel ist ganz schwarz, die Füsse sind matt rötlichschwarz; vor dem Auge steht ein schwarzes Mondfleckchen, kleiner als bei jenen; die Stirn bis zum Scheitel hinauf, Zügel- und Augenbrauen, Schläfe, Ohrgegend, Kinn, Kehle, Gurgel, Halsseiten und alle unteren Teile bis zum Schwanz sind rein weiss; den Scheitel, das Genick und den oberen Nacken, auf diesem spitz aus- laufend, deckt eine tiefschwarze Platte; an der Seite des Kropfes steht ein bläulich aschgrauer Fleck, der sich dem ebenso gefärbten Oberrücken und den Schultern anschliesst, auch der ganze Oberflügel, bis auf ein schmales weisses Flügel- rändchen, ist von dieser angenehmen Farbe; die erste grosse Schwungfeder auf der Aussenfahne schieferschwarz, die anderen alle schiefergrau, hell aschgrau überpudert; die Innenfahnen längs den weissen, spitzewärts bräunlichen und endlich schwärz- lichen Schäften in einem breiten Streifen dunkler schiefergrau und von diesen allmählich in die weisse Innenkante über- gehend, die Schwungfedern zweiter Ordnung, desgleichen die Fittichdeckfedern rein aschgrau, von ersteren die mittleren mit einem feinen weissen Endsäumchen; der Unterflügel nur am vorderen Rande weiss, übrigens weissgrau, gegen die Spitze silbergrau, längs den ganz weissen Schäften der grössten Schwungfedern mit dem durchscheinenden dunklen Streif von oben. Unterrücken, Bürzel, die oberen Deckfedern des Schwanzes und dieser selbst sind hell bläulichaschgrau, lichter als der Mantel, die äusserste Schwanzfeder mit weisslichem Aussensaum, diese und noch einige mit ganz weissen, die übrigen mit bloss unten weissen, oben grauen Schäften; der Schwanz von unten weissgrau. — Auch in diesem Kleide sind äussere und zugleich standhafte Kennzeichen für die beiden Geschlechter nicht aufzufinden. Sehr verschieden von den eben beschriebenen beiden ist das Sommer- oder Hochzeitskleid dieser Art. Es ist zu- gleich das einfachste von allen. Rote Mundwinkel zieren den glänzend schwarzen Schnabel, und die Füsse haben die Farbe rotschwarzer Kirschen; das tiefste Schwarz bedeckt von der Stirn an den ganzen Oberkopf, wird an den Kopfseiten etwas matter, geht allmählich am Halse in Schieferschwarz, das bis an den Anfang des Rückens reicht,. am Kropfe aber in dunkle Schieferfarbe über, welche die Brust in ihrer ganzen Länge und Breite (bis unter die Flügel und zum Anfang des Bauches) bedeckt;!) die Bekleidung des Unterschenkels ist aschgrau; der eigentliche Bauch bis an die Seiten des Bürzels hinauf und die unteren Schwanzdeckfedern schneeweiss; der Oberrücken, die Schultern, Flügeldeckfedern und hintersten Schwungfedern einförmig und sehr sanft bläulichaschgrau, das übrige des Flügels wie im Winterkleide, die grossen Schwingen von aussen nur etwas dunkler, weil der puderartige Überzug sich schon sehr stark abgerieben hat; Unterrücken, Bürzel, Oberschwanz- decke und der Schwanz hell bläulichaschgrau, lichter als der Mantel, die äusserste Schwanzfeder mit weisslichem Aussen- käntchen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in diesem !) Nieht anders als „Schieferfarbe“ (heller oder dunkler bis zum Schieferschwarz) darf diese Farbe genannt werden. Dagegen giebt „Russ- schwarz, russ- oder gar rauchfarbig*, wie sie mehr als ein Schriftsteller be- zeichnete, einen ganz unrichtigen Begriff von ihr; sie müsste dann ins Braune fallen, was aber nie der Fall ist. Naum. 107 Kleide besser als in allen anderen, denn letzteres hat überall eine lichtere Färbung, sein Kopf ist oft nur dunkel schiefer- grau, Hals und Brust bloss schieferfarbig oder etwas dunkler grau als der Mantel, was, wenn man beide nebeneinander stellt, oft sehr auffallend ist. So bei den alten, wenigstens zweijährigen Vögeln. Doch bei jüngeren und einjährigen gilt dies nur zum Teil; denn diese zeichnen sich noch be- sonders aus: sie haben nämlich eine mehr oder weniger weiss- gefleckte Kehle, die dadurch entsteht, dass die Federn hier im Grunde weiss sind und bloss an den Spitzen schieferschwarz oder schiefergrau aussehen. Diese weissgefleckte Kehle haben aber nicht bloss die Weibchen oder ebenso wenig bloss die Männchen, wie man das eine oder das andere sonst wohl behauptet hat, sondern alle jüngeren Vögel beiderlei Ge- schlechts; weshalb denn auch die, an denen keine weissen Flecke an der Kehle durch die dunkle Farbe hervorleuchten, weit seltener als solche mit ihnen sind. Im Sommer wird das Gefieder wenig schlechter und die Farben wenig bleicher, bloss an den grossen Schwungfedern bemerkt man, dass jener zarte hellaschgraue Überzug nicht mehr vollkommen da, besonders an den äusseren Kanten fast ganz abgerieben ist, weshalb die Flügelspitze dunkler erscheint. Die Mauser beginnt bei manchen der Alten schon mit Anfang des Juli, geht während ihres Fortzuges von uns nur langsam von statten, fängt am Kopfe zuerst an, rückt dann an den unteren Teilen, dann auf dem Rücken vor, die Schwung- und Schwanzfedern sind aber nicht die letzten, sie fallen in Zwischenzeiten nur einzeln und so langsam nacheinander aus, dass ein junges Federpaar beinahe schon seine gehörige Länge erreicht hat, ehe ein anderes ausfällt u. s. w. Wenn sie die letzteren wechseln, haben sie gewöhnlich unser Land schon verlassen, weshalb wir hier eine rein vermauserte Seeschwalbe dieser Art nicht erhalten. Nur solche können bei uns vor- kommen, an denen die Mauser im kleinen Gefieder bereits so weit vorgerückt ist, dass die meisten Federn durch neue er- setzt sind und das anders gefärbte Winterkleid deutlich zu er- kennen ist. In Ungarn, namentlich gegen die südlichen Grenzen Slavoniens, sah ich sie in der letzten Woche des August und in der ersten des September allenthalben noch in so unsäglicher Menge, dass ich vermuten durfte, dies seien meistens Durchwandernde aus nördlichen Gegenden; sie standen alle in voller Mauser, und viele zeigten Lücken zwischen Flügel- und Schwanzfedern; ihr Federwechsel war um vieles weiter vorgerückt, als wir dies in Norddeutschland je bei einem Individuum sehen, und es war ein leichtes, sich so viele zu verschaffen, bei denen die Mauser bis auf wenige Schwung- oder Schwanzfedern vollendet war, als man nur wollte. Da- gegen waren an den meisten diesjährigen Jungen um jene Zeit nur erst geringe Spuren des beginnenden Wechsels ihres kleinen Gefieders zu bemerken; sie mausern also viel später und er- halten ihr vollständiges erstes Winterkleid in den fernen Gegenden ihres Winteraufenthalts, worin ihnen die Schwung- und Schwanzfedern bleiben, die sie überhaupt erst nach einem Jahre wechseln. — Von der Frühlingsmauser, die auch noch in ihrer Abwesenheit vor sich geht, sehen wir bei ihrer Zu- rückkunft in unser Land selten noch bei einzelnen einige Spuren. [— Spielarten der Trauerseeschwalbe gehören jedenfalls zu den Seltenheiten. Könıe erhielt in Tunis einen Albino, und LEVERKÜHN erwähnt eines schlohweissen Exemplars mit hell- gelben Füssen und ebensolchem Schnabel aus Lilienthal im Museum zu Göttingen. Die abgebildeten Vögel sind ein Männchen vom 12. Juni 15856 und ein Weibchen vom 12. Juni 1856 aus Barcelona, aus der BREHMschen Sammlung, ein alter Vogel aus Malaga vom Oktober, sämtlich im Tring-Museum befindlich, und ein junger Vogel vom Oktober aus Holland. —] Aufenthalt. Die schwarze Seeschwalbe ist ein über viele Teile der Erde verbreiteter Vogel. Ausser Europa, wo sie aber nirgends 14* 108 bis zum arktischen Kreise, sondern bloss bis ins mittlere Schweden hinauf geht, ist sie nur über einen Teil von Asien, bis Persien und Turkestan, desgleichen in Amerika von der Hudsonsbai ab durch alle Teile der nördlichen Hälfte und in der anderen vom Südpol herauf bis Brasilien ver- breitet.!) Im nördlichen Afrika ist sie ebenfalls. In unserem Erdteile wird sie etwa vom 60. Grad nördlicher Breite ab in allen Ländern, weniger an den Meeresküsten als vielmehr im Innern überall angetroffen, doch mehr in ebenen als in ge- birgigen Strichen. Sie ist hauptsächlich in sumpfigen Gegenden, nahe oder fern vom Meere, gemein, kommt so an den Küsten von ganz Europa, von der Ostsee an bis zum Schwarzen Meere, überall und im Innern der gemässigten Teile ebenfalls in allen wasserreichen Strichen häufig vor und bewohnt manche, wie z.B. Holland und Ungarn, in unsäglicher Menge. Auch in England [— war sie früher gemein”) —| und in Dänemark ist sie gemein. Deutschland hat sie, die wasserarmen Ge- birgs- und Waldstrecken ausgenommen, in allen Gegenden, in der Zugzeit selbst an den wenigen Gewässern der trock- neren, in allen niedrigen und nassen aber die ganze Zeit ihres Hierseins, hin und wieder in sehr grosser Anzahl. Auch in unserem Anhalt kommt sie alljährlich und an geeigneten Orten ebenfalls in Menge vor. Sie ist in enormer Anzahl über so viele Striche der Erde verbreitet, dass man sie unter den übrigen Arten der Meer- schwalbengattung für eine der zahlreichsten halten muss. Als Sommervogel kommt auch sie zu Ende des April oder erst im Anfange des Mai in unseren Gegenden an und verlässt sie wieder mit Ende des Juli und im Anfange des August; einzelne Nachzügler werden wohl noch nach der Mitte dieses Monats gesehen. Die noch später, aber sehr selten bis Anfang Oktober vorgekommenen waren stets vereinzelte Junge einer verspäteten Brut, wie denn überhaupt die Alten wohl einen Monat früher als die Jungen wegziehen. — In den Ost- seeländern kommen sie einen halben Monat später an und ziehen einen halben Monat früher weg; dagegen geschieht ersteres in Slavonien einen Monat früher und letzteres andert- halb Monat später als bei uns. Sehr selten macht sie diese Wanderung vereinzelt — dies mögen zufällig Verschlagene sein —, sondern in kleineren oder grösseren Gesellschaften. Bei uns sieht man sie in beiden Wanderperioden zu 2, 10 bis 30 Stück, an anderen Orten aber in noch viel grösseren Flügen, in Ungarn oft zu vielen Hunderten beisammen auf der Reise. Ich sah auf der unteren Donau Schwärme von ihnen, die den majestätischen Strom in seiner ganzen Breite und so weit das Auge reichte bestrichen, weil sie emsig Nahrung suchten, zwar nicht sehr dicht flogen, jedoch auf mehrere Tausende zu schätzen waren, und dies war nicht blos an einer Stelle, sondern an unzähligen so. Weil ich gerade in der Zugzeit dieser Vögel auf der Donau von Pressburg bis Belgrad reiste, vom 20. August bis zum 9. September (mit Unterbrechung) diese Scharen beobachten konnte, sie von einem Ende jenes srossen Landes bis zum anderen antraf, auch des Zufliegens 1) Sie hat eine beschränktere Ausbreitung als die meisten anderen Seeschwalben. In Amerika wird sie vertreten durch die ihr sehr nahe stehende H. surinamensis Gm. (plumbea WıLs.), deren Artberechtigung freilich nicht von allen Forschern anerkannt wird. Die Angaben über Ostasien mögen auf einer Verwechselung mit leucoptera beruhen. Die aus Deutsch - Ostafrika eingebrachten schwarzen Seeschwalben haben sich jedenfalls als weissflügelige erwiesen. Unter diesen Voraussetzungen kann als ihr Verbreitungsgebiet folgendes angegeben werden: Europa bis kaum zum 60. Grad nördlicher Breite als Brutvogel, ausnahmsweise als Irrgast einige Male im südöstlichen Finland und einmal auf den Färöern be- obachtet; südwärts brütend bis in die Länder des Mittelmeeres und von Portugal bis in die Länder des Kaspischen Meeres. In Afrika vielleicht noch in den nördlichen Küstenländern (Tunis nach Könıe) brütend, in der Winterherberge jedenfalls bis Loango im Westen und Abessinien im Osten. In Asien ist ihre Verbreitung ostwärts nur bis Westturkestan mit Sicherheit nachgewiesen. J. R. ?) Nach JOURDAIN war sie früher ein gemeiner Brutvogel in Lincoln- shire und Norfolk, ist aber jetzt verschwunden bis auf wenige Paare, die gelegentlich in Lincolnshire nisten. J. R. En TE TE Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). und des Fortströmens dieser Vögel nach Süden kein Ende sah, der Myriaden von anderen Sumpf- und Wasservögeln nicht zu gedenken, so wurde meine längst gehegte Vermutung, dass die Donau, wegen ihres südlichen Laufes, eine der Haupt- strassen unserer Zugvögel sein müsse, mir zur völligen Ge- wissheit. | [— Ihren Frübjahrszug auf dieser Wasserstrasse schildert BREHM in seiner Arbeit „Zwölf Frühlingstage an der mittleren Donau“ (Journ. f. Ornith. 1879): „Der Tag der wirklichen An- kunft war der 3. Mai. Schon am Morgen zogen Schwärme von 20, 30 und 40 Stück an uns vorüber, alle dem Strom entgegen- wandernd. Während unseres Ausfluges nach dem oft genannten Sumpfe (beim Dorfe Kovil) beobachteten wir fortwährend neue Flüge, und als wir einmal auf einem Damme zwischen zwei geeigneten Wasserflächen festes Land betreten konnten, sahen wir rechts und links mehrere Hunderte dieser See- schwalben eifrig fischen. Auf der Rückfahrt begegneten wir fort und fort neuen Ankömmlingen und konnten feststellen, dass dieselben Gewässer, die am Morgen nur spärlich bevölkert waren, inzwischen wohl die zehnfache Bewohnerschaft erhalten hatten. Die Anzahl der Seeschwalben, die an diesem Tage aufwärts wandernd an uns vorüberflogen oder fischend uns zu Gesicht kamen, entzieht sich jeder Schätzung; mehrere Tausende aber waren es ganz gewiss, um die es sich handelte. Der Zug hielt auch während der beiden folgenden Tage an, und daher fanden wir auf der Rückreise auch alle diejenigen Brutgewässer, die bei der Thalfahrt noch nicht besetzt waren, stark bevölkert.“ —| Sie ziehen teils des Nachts, teils am Tage; hier, wenn sie weit über Land müssen oder eilen, in so grosser Höhe, dass man sie kaum noch sieht, in dichten Flügen gerade fort; wenn sie über ein Wasser kommen, das ihnen Nahrungsmittel verspricht, drehen sie sich schreiend in Kreisen und kommen in den herrlichsten Schwenkungen auf dasselbe herab, halten sich stundenlang daselbst auf, steigen dann kreisend wieder zu einer unermesslichen Höhe und verschwinden bald den ihnen folgenden Augen des Beobachters, ohne dass dieser die Richtung ihres Zuges recht wahrnehmen kann. Über einer Wasser- strasse, wie sie ihnen die Donau bietet, folgen sie meist dem Laufe derselben und fliegen dort viel niedriger. Ihr Strich ist unregelmässig, wenn sie keine Eile haben, und sie besuchen dann alle ihnen vorkommenden Gewässer auf längere oder kürzere Zeit, bleiben sogar, selbst in der Zugzeit, auf solchen, die ihnen besonders zusagen, zuweilen einige Tage, kehren auch, selbst einzelne, nachdem sie gestört worden und weg- flogen, manchmal des anderen Tages wieder dahin zurück. Etwas sehr Unregelmässiges zeigen sie auch darin, dass sie in manchen Jahren Gegenden besuchen, wo man seit vielen Jahren keine gesehen hatte, oder dass sie aus solchen Jahre lang verschwunden schienen, in denen sie sonst sehr häufig waren. An den Nistorten zeigt sich dies noch weit auffallender. Unmittelbar an oder auf dem Meere ist diese Seeschwalbe nur eine vorübergehende und seltene Erscheinung; sogar Wo sie die Binnengewässer vom Meer umfluteter Inseln und Halb- inseln bewohnt, vermeidet sie es so viel wie möglich, eine bedeutende Strecke über das Meer zu fliegen, gleichsam als fürchtete sie sich vor einer so grossen freien Wassermasse. Auf Pellworm in der Nordsee wohnte eine beträchtliche An- zahl schwarzer Seeschwalben auf einem grossen, sumpfigen Binnenwasser der Insel, dicht hinter den Deichen, und dennoch wagte nur höchst selten eine solche eine kleine Ausflucht jen- seits des Deiches über eine ganz kleine Meeresbucht hinweg und eilte bald wieder dem Lande und jenem Süsswasser ZU. In Ungarn, wo die Salzwasser nicht selten, aber anderer Art als das Meerwasser sind, ist sie wohl auch an solchen, doch nicht an denen, die eine zu ärmliche Vegetation haben und gar zu wenig animalisches Leben zeigen. Bei uns besucht diese Seeschwalbe wohl in der Zugzeit die Flüsse, wohnt aber nie unmittelbar an denselben. Ein anderes ist es freilich mit solchen, die sich durch weitläufige Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). Sümpfe ziehen, wie z. B. auf grossen Strecken der Theiss in Ungarn. Überall sind Sümpfe oder Brüche und Moräste ihre liebsten Aufenthaltsorte und in denselben namentlich die grös- seren, vom Pflanzenwuchs freien, tiefmorastigen Stellen. An Landseen und grossen Teichen, deren Ufer, wenigstens teil- weise, weithin in Sumpf und Morast verlaufen, wohnt sie ebenfalls häufig; allein an solchen, denen Stellen der Art und von bedeutendem Umfange fehlen, ist sie nur eine vorüber- gehende Erscheinung. Auf dem Durchzuge besucht sie nicht nur Alle süssen Gewässer, sondern verweilt oft selbst an kleineren Teichen stundenlang, zumal wenn sie in einer ein- samen Gegend liegen; doch scheut sie sich keineswegs, vVorY- übergehend auch an solchen einzusprechen, die dicht an Dörfern und an frequenten Wegen liegen, oder an solchen, die zum Teil von Gehöften umgeben sind. Solche Besuche sind indessen etwas sehr Zufälliges, selbst in der Zugzeit nicht alle Jahre an demselben Gewässer zu erwarten, und zwar darum, weil ihre wirklichen Wohnorte nicht alle Jahre die- selben sein können, indem in trockenen Jahren viele Brüche ohne Wasser, in nassen wieder zu sehr damit überfüllt sind und diese Seeschwalben in jenen nicht nisten können und in anderen passenden Gegenden sich Brutplätze suchen müssen, in diesen durch starke Gussregen oft plötzlich um ihre Brut kommen. Nach diesem letzten Falle sieht man sie im weiten Umkreise an allerlei Gewässern heimatlos umherschwärmen und in Gegenden, wo sie sonst zu den seltensten Erscheinungen gehören. Unsere Brüche unweit der Vereinigung der Saale mit der Elbe geben den Beleg hierzu; diese Vögel erscheinen nämlich hier jedes Frühjahr; finden sie aber zu wenig Wasser vor, so verschwinden sie für dieses Jahr nach einiger Zeit ohne zu nisten gänzlich wieder; ist mehr Wasser vorhanden, so bleiben sie da und nisten, bei wenig veränderlichem Wasser- stande glücklich, bei sehr abnehmendem oder plötzlich sehr anschwellendem unglücklich, und hiervon hängt dann ihr Er- scheinen oder Nichterscheinen an den Gewässern einer weiten Umgegend ab.') Ganz im Gegensatze zu den Arten der Gattung Sterna liebt sie nicht klares, sondern schlammiges Wasser, nicht Sand-, sondern Schlammboden, ja sie zieht stinkenden Morast reinem Teichwasser vor, und wo sie an Flüssen weilen muss, geschieht es nur an den am langsamsten fliessenden Stellen, nie an solchen, über die das Wasser schnell dahin rauscht. Sie wohnt gern in der Nähe von Rohr, Schilf und anderen hohen Sumpfpflanzen, wo diese zwar in Menge, aber in abgesonderten Büschen wachsen, das Wasser nicht ganz be- decken, wo stellenweise auch niedrigere Arten von Sharganium, Sceerpus, Juncus, Butomus, Carex, Sagittaria, Alisma und dergleichen in kleineren und einzelnen Büscheln sich über das Wasser erheben, wo in grösseren und kleineren Zwischenräumen, die diese frei lassen, die Wasserfläche zum Teil wieder schwimmende Pflanzen aus den Gattungen Nymphaea, Trapa, Potamogeton, Menyanthes, Hydrocharıs, Ranunculus, Polygonum und dergleichen bedecken, in unseren Brüchen auch, wo die hohe Sumpfeuphorbie büschelweise in Menge beisammen wächst und es dazwischen nicht an etwas freieren Stellen fehlt. Ihre Lieblingsplätze sind überhaupt nicht die ganz mit höherem Pflanzenwuchs bedeckten, sondern die freiesten Stellen und der tiefste Morast, oft begrüntes, schwimmendes Moor, für Menschen daher häufigst unzugänglich. Die schwarze Seeschwalbe liebt die nämliche Beschaffen- heit des Wassers und Sumpfes, welche die Lachmöve (Larus ridibundus) bei einem längeren Aufenthalte verlangt, und teilt daher häufig ihren Wohnsitz mit dieser. Sie übernachtet mitten im Sumpfe oder auf Teichen sehr weit von den Ufern, oft in der Nähe von Rohr und Schilf, auf kleinen über das Wasser emporragenden Schlammhügelchen oder auf altem, vom Winde zusammengetriebenem Wust, oder ‘) Plötzliches Anschwellen der Flüsse kann dieser Art nur dann schaden, wenn die von ihr bewohnten stehenden Gewässer mit jenen in ganz naher Verbindung stehen. Naum. 109 auf umherschwimmenden Schilf- oder Rohrstengeln. Die ver- schiedenen Glieder einer Gesellschaft bleiben auch hier nahe beisammen, umschwärmen nach Sonnenuntergang das Ruhe- plätzchen, lassen sich erst darauf nieder, wenn es schon be- deutend dunkelt, sind dann die Nacht hindurch ganz ruhig und erheben sich zu den Tagesgeschäften noch vor Sonnenaufgang wieder. Wo sie sich länger aufhalten und nicht heftig gestört werden, bleibt das Plätzchen für lange Zeit ihre Schlafstelle. Eigenschaften. Die schwarzgraue Seeschwalbe tritt hinsichtlich ihrer Farben gegen andere Arten der Gattung bedeutend zurück, nicht so in der Gestalt, die eben jene schlanken Verhältnisse zeigt, wobei ihre Flügel sogar noch länger und schmäler scheinen; es genügt dem Geübten völlig, sie daran in weiter Ferne von allen Arten der Gattung Sterna zu unterscheiden. Schwieriger ist es, sie bloss an der etwas kleineren und schlankeren Gestalt von der vorigen Art, und an der grösseren und schmalflügeligeren von der folgenden zu unterscheiden, wenn nicht etwa (wie ich in Ungarn sah) alle drei Arten auf demselben Platze sich herumtreiben und das Vergleichen da- durch nahe legen, wo dann auch bei alten Sommervögeln die Verschiedenheit der Färbung der unteren Teile sehr in die Augen fällt. Im Sitzen zieht sie den Nacken sehr ein, trägt den Rumpf wagerecht, die Brust noch etwas tiefer, und die langen Flügel kreuzen sich hoch über dem Schwanze. An den Brutorten setzt sie sich öfter, an anderen seltener, an kleinen Teichen, zumal wo sie sich bemerkt glaubt, niemals. Ausser bei der Nachtruhe sitzt sie nie lange an einer Stelle, bei stürmischer Witterung gern an solchen, wo sie vor dem Winde etwas ge- schützt ist, hinter Rohr und dergleichen. Ihre Ruheplätzchen sind schwimmende Pflanzenstengel, alte, vom Winde zusammen- getriebene, oder auch losgerissenes grünes Rohr oder Schilf, Stückchen Holz und dergleichen, zuweilen die schwimmenden grünen Blätter der Nymphäen und anderer, kleine aus dem Wasser ragende Schlammhügelchen oder auch Pfähle und Steine, selten das platte Ufer; nur die Jungen lassen sich hier öfters nieder. [— V. CHERNEL sah gelegentlich einer grossen Überschwemmung an der unteren Donau kleine Trupps auf den Spitzen der aus dem Wasser herausragenden Weiden aufgebäumt. —] Sie geht in kleinen Schrittehen, trippelnd und nie über ein paar Fuss weit, auch dies nicht oft oder nur da, wo sie mit dem Nestbau beschäftigt ist und Materialien dazu aufsucht, wobei ihr Benehmen ganz dem der Schwalben gleicht. — Die Alten schwimmen äusserst selten und dann nie von der Stelle; die Jungen auch nur im höchsten Notfall, z.B. wenn sie im Fluge, noch ungeübt und ermattet, ein festeres Ruheplätzchen nicht erreichen konnten. Die meiste Zeit ihres Lebens bringt sie, wie die Schwalben, liegend zu, und des unablässigen Herumtreibens sieht man kein Ende. Ihr Flug ist sanfter als der vieler anderer Arten, die langen, sehr schmalen Flügel werden gemächlicher ge- schwungen, dies aber mit einer so zierlichen Leichtigkeit, dass man über die vielseitigen Wendungen, die ebenso unerwartet als schnell ausgeführt werden, erstaunen muss. Die in weit ausholenden Schlägen geschwungenen Flügel sind darin ziem- lich ausgestreckt, aber der Körper wird von den Flügelschlägen nur sehr wenig aus der geraden Linie auf- und niedergedrückt; auch ist in diesem gemächlichen Fluge, besonders beim Er- spähen von Nahrungsmitteln, gewöhnlich der Schnabel senk- recht herabgerichtet, hier jedoch weniger oft und selten so im rechten Winkel wie bei anderen Arten. Über dem Wasser oder Morast fliegt sie gewöhnlich sehr niedrig und in den mannig- faltigsten Abwechslungen, schneller, langsamer, bogenförmig aufsteigend, senkend, sich überschlagend, bald ungemein schwankend, bald stätiger u. s. w. Sich rüttelnd an einer Stelle in der Luft erhalten hält sie länger aus als irgend eine andere Art. Sie schwebt auch schön, steigt in Kreisen himmelan, wenn sie den Ort verlassen will, oder schwebt in Schrauben- 110 linien aus den Wolken herab, wo sie an ein Gewässer herab- will. Nur wenn sie sehr eilt, wird der vordere Teil der Flügel fast parallel mit Rumpf und Schwanz gehalten, die Flügel hastiger und gleichmässiger geschwungen; dann wird ihr Flug auch reissend schnell, geht aber gewöhnlich so hoch in den Lüften fort, dass nur ein scharfes Auge ihr noch eine kurze Strecke zu folgen vermag. Starker Wind macht dem leicht- gebauten Geschöpf viel zu schaffen, und sie bekämpft ihn mit sichtlicher Anstrengung. Rauhe Witterung und Regenweiter sind ihr- zuwider und machen sie sehr niedergeschlagen; da- segen ist sie bei schönem, heiterem Himmel desto munterer, und es zeigt wohl ein besonderes Wohlbehagen an, wenn dann eine beim Niederlassen auf ein Ruheplätzchen ihre Flügel noch ein paar Augenblicke senkrecht in die Höhe hält, ehe sie sie zusammenfaltet und an den Leib schmiegt. Unruhig und lebensthätig ist unsere schwarzgraue See- schwalbe im höchsten Grade; immerwährend fliegt sie hin und her, auf und ab; selbst bei scheinbarem Überfluss an Lebens- mitteln gönnt sie sich am Tage selten und nur auf Augenblicke Ruhe. Sie ist dabei, wo sie noch keine Nachstellungen erfuhr, höchst zutraulich, harmlos und treibt ihren Verkehr ohne alle Furcht oft ganz in der Nähe der Menschen. Wo sie so häufig ist und man sich so wenig um sie kümmert, wie in Ungarn, grenzt ihre Zutraulichkeit wirklich an Einfalt; wenige Schritte von am oder im Wasser beschäftigten Menschen holt sie sich die Nahrungsmittel aus jenem. Durch scharfes Beobachten wird sie freilich schon aufmerksam, durch wirkliche Verfolgung misstrauischer, und dies sind überhaupt alle an ungewöhnlichen Orten zufällig vorkommende, scheu können jedoch auch diese nicht genannt werden. Gross ist ihr Hang zur Geselligkeit, doch nicht gegen andere Vogelarten, sondern bloss gegen die eigene. Nur widrige Zufälle mögen sie hin und wieder vereinzeln; sonst kommt ein einzelnes Paar schon nicht oft vor, weil sie ge- ‘ wöhnlich in mehreren, ja oft bei Hunderten zusammen leben und auf dem Zuge nach und nach sich Tausende zu einer Schar vereinigen. Vorübergehende Neckereien abgerechnet, leben solche in bester Eintracht und bezeigen ihren Schmerz, wenn einem Gliede der Gesellschaft ein Unglück zustösst, durch ängstliches Schreien und Flattern dicht über demselben. Ein aus der Luft herabgeschossener Gefährte wird auf diese Weise beklagt, und erst nachdem dies geschehen, entfernen sich die übrigen, wenn sie weit weg wollen, in Kreisen hoch in die Lüfte steigend und dann fortstreichend. Wenn ein weitläufiger Morast von einer grösseren oder kleineren Gesellschaft dieser Vögel bewohnt wird, so drängt diese sich doch nur auf einen kleinen Raum zusammen, um da zu nisten, und wenn sie von diesem Mittelpunkte ihres regsten Lebens Ausflüge in andere Teile des Sumpfes oder nach benachbarten Gewässern macht, so unternehmen solche nie einzelne, sondern viele beisammen, doch selten der ganze Schwarm zugleich. Mit anderen Meer- schwalben machen sie nie gemeinschaftliche Sache, aus- senommen mit den nächstverwandten, der vorhergehenden und folgenden Art, und es kommen aus allen dreien gemischte Flüge vor. Mit den Lachmöven halten sie, obgleich diese oft in ihrer Nähe wohnen, keine Gemeinschaft. Noch gleich- gültiger sind sie gegen sie umgebende Sumpf- und Wasser- vögel aus anderen Gattungen. Sie sind friedliebend und feige. Ich habe nie gesehen, dass sie sich gegen einen anderartigen Vogel feindselig benommen hätten, wohl aber, dass mutwillige Kiebitze im Fluge, wie zur Belustigung, nach ihnen stiessen, was sogar von Haus- und Uferschwalben, denen sie sich jedoch gewöhnlich widersetzen, recht oft geschieht, wobei sie dann ungewöhnlich viel schreien. Lässt sich ein Raubvogel blicken, den sie mehr ihrer Brut als des eigenen Lebens wegen zu fürchten haben, z. B. aus der Familie der Weihen oder auch der Krähen, so verfolgt ihn der ganze Schwarm schreiend und nach ihm stechend bis weit über ihren Nistbezirk hinaus; ist er aber aus der der Edelfalken oder Habichte, so er- greifen sie stillschweigend und schleunigst die Flucht, d.h. sie Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). beeilen sich, jenem die Höhe abzugewinnen und steigen in Kreisen ungemein schnell bis zu einer solchen hinauf, dass sie dem menschlichen Auge entschwinden. Ihre Stimme gehört unter die weniger unangenehm klingen- den, ist auch, wie die Gemütsart des Vogels, sanfter als bei den meisten Arten der Gattung, kann jedoch, wo man sie häufig in der Nähe hören muss, darum lästig werden, weil sie wie ein sanftes Klagen und Wimmern klingt, woher der Name Wimmer- oder Girrmöve. Die Gesellschaften unter- halten sich häufig mit einem weichen, kurzen, von einzelnen jedoch nur sparsam oder in langen Intervallen ausgestossenen Gick oder Gik und einem girrenden Kier oder Kirr. Letzteres hat mit einem der St. macrura nicht geringe Ähnlichkeit, klingt jedoch noch zarter. Dieses Girren hört man am meisten von jungen Vögeln, zumal so lange sie noch ihr Futter von den Alten erhalten und deshalb diesen beständig folgen. Vereinzelte Alte, besonders wo sie nicht heimisch sind, werden selten laut, ausser bei Ankunft oder Abgange von einem ihrer Besuchs- orte, wo dann gewöhnlich auch ihr eigentlicher Lockruf er- tönt, der meerschwalbenartig und langgedehnt, doch nicht so kreischend wie bei anderen, wie Kliiäh klingt und um so länger gedehnt wird, je mehr er Eindruck auf die Kameraden machen soll. Wenn man diesen Ruf in einem mit dem Auf- suchen seiner Nahrung beschäftigten Fluge vernimmt, so ist er gewöhnlich das Zeichen zum Aufbruche desselben. Auch in Angst und Not, so von Flügellahmgeschossenen, wird er gewöhnlich ausgerufen. Die Jungen piepen anfänglich; dies seht aber bald in einen wimmernden Ton und zuletzt in jenes Girren über. Nahrung. Die schwarzgraue Seeschwalbe nährt sich hauptsächlich von Woasserinsekten und den Larven derselben, zum Teil auch von Landinsekten, seltener von kleinen Fischen, kleinen Fröschchen, jungen Froschlarven und Regenwürmern. Wo es Wasserinsekten genug giebt, genügen ihr diese allein; daher findet man diese auch am gewöhnlichsten bei der Öffnung des Magens oder Schlundes getöteter. Dass sie aber auch alle übrigen der ebengenannten Geschöpfe zu manchen Zeiten nicht verschmäht, haben uns langjährige ge- naue Beobachtungen und die Sektionen vieler dieser Vögel ebenfalls zuverlässig dargethan. Unaufhörlich schwingt sie sich, gewöhnlich nur wenige Fuss hoch, über dem Wasser oder Moraste hin und her, den spähenden Blick auf das flüssige Element herab gerichtet, um sich bei Entdeckung eines oben oder doch ganz flach schwimmenden Insektes blitzschnell darauf zu stürzen, es zu ergreifen und zu verschlucken. Gewahrt sie, wie bei trüber Witterung häufig, ein zu tief im Wasser gehendes, so hält sie in einem kleinen aufsteigenden Bogen plötzlich an, rüttelt einstweilen über dem- selben, bis es sich der Oberfläche genähert hat, und stürzt sich jetzt auf dasselbe, oder giebt es auf und fliegt weiter, weil es vermutlich tiefer ging. Da sich alle diese Geschöpfe lang- samer bewegen als Fische, so wird das öftere oder meist un- gleich länger anhaltende Rütteln bei diesen Seeschwalben be- sreiflich, wenn man sie hierin mit den sich von Fischen nährenden Arten der Gattung vergleicht. Bei den im Wasser lebenden grösseren Insektenlarven kommt den Seeschwalben das öftere Atemholen jener an der Oberfläche des Wassers sehr zu statten; die Larven der Schwimm- und Woasserkäfer, der Libellen, Hafte und vieler anderen, auch die ratten- schwänzigen Larven mancher Fliegen (Helophila) sind daher namentlich eine Hauptnahrung dieser Vögel. Ausserdem nehmen sie auch auf der Oberfläche schwimmende, z. B. Drehkäfer, Wasserspinnen (Hydrachna), Schwimmwanzen (Hydrometra) und alle Arten von Insekten, die zufällig ins Wasser fielen, sogar Maikäfer heben sie begierig auf, wobei sie in einem kurzen Bogen auf das Wasser schiessen und beim Ergreifen jener nicht viel mehr als den Schnabel benetzen, bei den unter- tauchenden dagegen sich platt aufs Wasser werfen, aber auch nicht viel weiter als bis an die Flügel eintauchen. Die an u Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). Sumpfpflanzen, Gräsern und Getreidehalmen sitzenden Libellen, Wasserjungfern, Hafte, Phryganeen und auf Wiesen und nahen Äckern auch Heuschrecken, Schnaken, Fliegen, Spinnen und viele andere nehmen sie im Fluge hinweg, können aber kein fliegendes Insekt fangen. [— HEUGLIN sah sie in den Steppen Nordafrikas der Heu- schreckenjagd obliegen und die fliegenden Kerfe geschickt er- haschen. Eine eigenartige Weise des Insektenfanges kann man auf den Viehweiden unserer Nordseemarschen beobachten. Um die im Sommer hier auf den zahllosen Kuhfladen sitzenden Fliegen zu fangen, streicht sie in abwärtsgerichtetem, fllachem Bogen dicht über einen Fladen dahin, scheucht durch ihre Annäherung die Kerbtiere auf und ergreift aus ihrem Schwarm leicht eine Beute in dem Augenblick, wo dieser sich von seinem Lieblingssitz erhebt. Da die trägen Zweiflügler sich meist so- fort wieder niederlassen, so macht die Seeschwalbe in kurzer Schwenkung Kehrt und wiederholt von der anderen Seite her dasselbe Manöver. Auf diese Art pendelt sie oft mehrere Male über einem Fladen hin und her, und es gewährt einen eigentümlichen Anblick, wenn über den einer Kolonie be- nachbarten „Fennen“ eine grössere Menge unserer zierlichen Vögel dieselben anmutigen Bewegungen ausführt. —| Ganz kleine Fische, selbst kleine Froschlarven, können sie nur da zuweilen fangen, wo solche auf den Schlamm in ganz kleine Pfützchen geraten sind, nie in tieferem Wasser. Ganz junge Wasserfröschcehen erwischen sie dagegen meist auf dem Lande, nahe am Wasser, wo ihnen diese oft durch Forthüpfen zu entkommen suchen, sie ihnen aber, possierlich genug, manchmal halb fliegend, halb laufend nachsetzen. So oft kommt dies jedoch hier nicht vor wie bei der vorigen Art, aber dass es, besonders an Tagen, wo der Insektenfang schlecht geht, vorkommt, sah ich bei dieser wie bei jener; auch H. JuST (s. d. Beobachtungen S. 72) fand im Schlunde einer geschossenen Seeschwalbe dieser Art einen kleinen Frosch. Das Hinab- würgen eines solchen, wenn auch sehr kleinen, geht bei ihnen nicht ohne einige Anstrengung vor sich. Am frühen Morgen, besonders wenn sie Junge haben, suchen sie die nahen Rasenplätze und Viehtriften, bei nass- kalter Witterung auch nahe Brachäcker nach Regenwürmern ab. Es ist schon in einigen der vorigen Beschreibungen er- wähnt, dass man sehr irrt, wenn man meint, dass Meer- oder Seeschwalben nichts Lebendes vom festen Boden aufnehmen könnten, oder wenn man meint, sie müssten es dabei ebenso machen, wie wenn sie etwas von oder aus dem Wasser holten. Sie flattern dort suchend und niedrig über dem Erdboden hin und her, wie zu anderen Zeiten über dem Wasser, setzen sich, sobald sie einen Wurm (oder auch Käfer und dergleichen) er- blicken, schnell neben ihm nieder, ergreifen ihn in demselben Augenblicke und sind eben so schnell wieder im Fluge. Sie machen es also ungefähr ebenso wie Würger, Kuckucke, Fliegen- fänger und andere mehr, welche die Insekten auf dem Erd- boden auch nicht laufend oder hüpfend aufsuchen u. s. w. BECHSTEIN hat also recht, BREHM (s. d. Beiträge, III. S. 721) unrecht. Da man diese Seeschwalben fast den ganzen Tag, vom frühen Morgen bis zum späten Abend, in immer gleicher Emsigkeit mit dem Aufsuchen ihrer Nahrungsmittel beschäftigt und beständig etwas fangen sieht, so müssen sie arge Fresser sein und schnell verdauen, selbst wenn sie von lauter kleinen Insekten lebten. Sie sind daher auch meistens wohlbeleibt, im Spätsommer oft fett, können aber auch, wie man an Ge- fangenen sah, Hunger nicht lange ertragen. Fortpflanzung. Unsere schwarzgraue Seeschwalbe bewohnt auch in Deutschland zur Fortpflanzungszeit eine Menge grosser Teiche und Landseen, vornehmlich aber grosse Brüche und in diesen die Plätze, die das meiste freie Wasser und den tiefsten Morast haben, dort die Ufer, an welche tiefer Sumpf grenzt. Sumpf und Morast verlangt sie durchaus. Wo daher dieser fehlt, wo 111 Seen oder Teiche trockene und kahle Ufer haben, wie dies auch an Flüssen gewöhnlich ist, da weilt, um zu nisten, nie eine. Sehr oft teilt sie den Brutort mit den Lachmöven, doch nicht buchstäblich genommen, weil beide Arten zwar eine gleiche Beschaffenheit des Sumpfes lieben, ihre Schwärme auch nahe bei einander nisten, jedoch jede ihren besonderen Brutplatz hat und nicht zwischen der anderen nistet. — Für Menschen schwer zugängliche, auch vom Vieh vermiedene Stellen sind ihnen die liebsten, denn sie beziehen unter günstigen Umständen solche alle Jahre wieder, und die Zahl der da- selbst nistenden Pärchen richtet sich gewöhnlich nach dem Umfange der übrigen nassen Umgebungen. $o trifft man an Teichen mit wenigem Sumpf nie sehr viele beisammen, in grösseren Brüchen oft Stellen mit 20 bis 40 oder noch viel mehr Paaren besetzt und, wo es die Weite des Sumpfes ge- stattet, auch mehrere solcher Brutplätze in nicht sehr grosser Entfernung voneinander. Immer nistet sie in Gesellschaft sehr vieler oder doch mehrerer Pärchen ihrer Art, und so viele ich dieser Brutplätze gesehen, war die kleinste (an einem Teiche dicht neben dem Eisleber-Salzsee) nur mit 5, in einem Jahr auch nur mit 3 Paaren besetzt. Ein einsam nistendes einzelnes Paar habe ich nirgends angetroffen, doch erwähnt BREHM (8. d. Beiträge III, S. 722) eines solchen; dieser Fall muss deshalb zu den seltensten Ausnahmen gezählt werden. Der Platz, der die Nester eines Vereines enthält, hat nie einen grossen Umfang, und die einzelnen Nester stehen nur wenige Fuss voneinander entfernt. Ihr Standort ist höchst verschiedenartig, in einem solchen Vereine aber gewöhnlich bei jedem Neste ein ähnlicher. Er richtet sich nach der Ört- lichkeit und ist am gewöhnlichsten der nasse Boden entweder in Gruppen aus dem Wasser auftauchender, kleiner, grüner Schlammhügelchen oder ganz niedriger, kleiner, nahe bei ein- ander stehender Gras- oder Seggenkufen, oder die schwimmen- den Inselchen aus vom Winde zusammengetriebenen alten Wustes von vorjährigem Schilf und Rohr, oder solche Plätze, wo die Ranken und Blätter der Wassernüsse (Trapa natans), [— der Krebsschere (Stratiotes aloide) und anderer —]| das Wasser so dick bedecken, dass sie stellenweise schwimmende Inseln darstellen, oder auch wo die Blätter der Nymphäen die Fläche hierzu dicht genug bedecken, um die Nester und so weiter dieses leichtgebauten Geflügels tragen zu können. Solche Plätze wählen sie nie in der Nähe fester Ufer, in Brüchen liegen sie im Gegenteil fast immer sehr entfernt von diesen, und die nächsten Umgebungen der Neststellen bestehen gewöhnlich in dem tiefsten, oft unzugänglichen Morast, in bodenlosem Sumpfe, meist in der Nähe von grösseren Büschen der Wasser- binsen (Seirpus lacustrıs und Butomus umbellatus), von mancherlei Schilfarten, von Rohr und anderem hohen Gestrüpp, oder auf freien Stellen zwischen zusammenhängenderen Büschen von diesen und anderen hohen Sumpfpflanzen. Den Platz, den sich ein Schwarm einmal für diesen Sommer zum Nisten auserwählt hat, verlässt er auch bei bedeutenden Umwandlungen nicht leicht und richtet sich dabei mit dem Nestbau nach den obwaltenden Umständen, wenigstens vertreibt ihn nicht leicht zu vieles Wasser, eher eine zu grosse Abnahme desselben in Folge zu anhaltend trockener Witterung. Die Nester schwimmen oft oder sind doch so wenig über. dem Wasserspiegel erhaben, dass sie bei jedem starken Gussregen und plötzlichem Steigen des Wassers in Gefahr kommen, ver- nichtet zu werden. Geschieht dieses und bleibt der Wasser- stand fortwährend höher als früher, so bauen sie sich, wenn die Jahreszeit noch nicht zu weit vorgerückt ist, an höheren Orten, aber immer nahe bei den ersten Stellen an, nämlich sie drücken dann die Blätter dieser Schilfbüschel oben nieder und gewinnen so, wo sich die Blätterspitzen durchkreuzen, Stände für die Nester, sogar die doldenartigen Büschel der srossen Sumpfwolfsmilch (Euphorbia palustris) wissen sie so ein- zuknicken, dass sie die Nester tragen, die dann hier wie dort zwischen 1 und 2 Fuss über der Wasserfläche schweben; aber auch hier stehen alle eines Vereines stets nahe bei einander. 112 Noch wunderlicher bauen sie manchmal ihre Nester auf dicht stehendes hohes Rohr (Phragmites communis), wo sie durch Nieder- biegen und Einknicken der Spitzen desselben ebenfalls Stellen für ihre Nester anzufertigen wissen, die dann zuweilen 1 bis 1!/, m über dem Wasser schweben, von keiner Überschwemmung erreicht, dagegen aber nicht selten von Stürmen herabgeworfen werden. Zuweilen kommen in einem Verein auch beide Bau- arten vor; wenn nämlich die niedrigen Stellen nicht für alle Pärchen ausreichen, nehmen die übrigen, um sich nicht von der Gesellschaft trennen zu müssen, dicht daneben lieber zu dem mühsameren hohen Bau ihre Zuflucht. — Auch in Ungarn hörte ich davon sprechen, das sie bei zu hohem Wasserstande in den Sümpfen ihre Nester auf dichtes Weidengebüsch und anderes hohes Gestrüpp machten. Hierdurch schliessen sie sich an die Noddis in Australien an, die sogar stets auf Palmen und anderen hohen Bäumen nisten sollen. Beim Bauen ihrer Nester sind sie ungemein geschäftig, mit den niedrigen auch bald fertig, wogegen ihnen aber die Einrichtung der Stellen für die höheren desto mehr zu schaffen macht, weil das geringe Gewicht ihres Körpers nicht Druck senug gibt und zum Einknicken der Pflanzenstengel oft auch der Schnabel zu Hilfe genommen werden muss. Dann ist zu diesen auch immer mehr und dabei gröberes Material ver- wendet als zu jenen, manchmal fast zwei Hände voll, zuerst trockene Rohrblätter und Stückchen Schilf, dann dürre Gras- hälmchen, Teile von Rohrrispen und allerlei kleinere trockene Pflanzenteile, wogegen bei den niedrig stehenden Nestern viele vorkommen, die nur aus wenigen trockenen Grashalmen, Würzelchen und dergleichen bestehen. Obgleich bei den besser gebauten die Materialien etwas sorgfältiger in die Runde ge- legt sind, so sieht man doch keins, das ein Geflecht von einigem Zusammenhange bildete, und die Vertiefung, in der die Eier liegen, ist nur ganz flach, auch keineswegs künstlich gerundet. Beim Zusammentragen der Materalien, die sie in möglichster Nähe zusammenlesen, benehmen sie sich ganz wie Schwalben, heben manche vom Wasser auf, wie wenn sie ein Insekt fingen, die meisten indessen vom Lande, während sie sich einen Augen- blick daneben niederlassen, seltener auch ein wenig herum- trippeln und zu Fuss darnach suchen oder unter einer Menge auswählen. Ihr erstes Gelege machen sie nie vor Anfang des Juni; geht es ihnen zu Grunde, so machen sie wohl noch ein zweites, den Umständen nach an demselben oder an einem anderen, oft weit entlegenen Orte, sodass manche Vereine auch Anfang Juli noch beim Eierlegen und Brüten angetroffen werden. Dies darf jedoch nicht der Vermutung von einer regelmässig zwei- maligen Brut in einer Fortpflanzungsperiode Raum geben, weil zu erwägen ist, dass die Jungen dieser und anderer Meer- oder Seeschwalben der elterlichen Pflege sehr lange Zeit be- dürfen, daher die Alten selbst bei durchaus glücklicher Brut auch mit einem Gehecke bis zu ihrem Wegzuge beschäftigt sind. Die Eier, deren man gewöhnlich drei, seltener nur zwei, aber noch seltener vier in einem Neste antrifft, haben stets eine etwas kurze und häufig eine starkbauchige Eiform, die meisten sind am dicken Ende kurz abgerundet, am entgegen- gesetzten gewölbt und stumpf zugespitzt, wobei die grösste Bauchwölbung der Mitte nahe liegt; schlankere, von echter Eigestalt, kommen selten vor, ebenso solche von etwas kreisel- förmiger Gestalt. Sie sind 29,4 bis 33,4 mm lang und 21,6 bis 25,5 mm breit, haben eine zarte Schale von sehr feinem Korn, aber keinen Glanz. [— Das Durchschnittsmaß von 19 Exemplaren der REY’schen Sammlung beträgt 34,5 x 25,4mm; das Maximum 36,2 x 25,3 und 35,0 x 26,3 mm; das Mini- mum 31,7 x 24,1 mm; das Gewicht 0,688 gr. Messungen von R. BLAsıus an acht Eiern aus der Samm- lung HOLLANDTSs (jetzt im Museum brunsvicense) ergaben: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 31,5 mm 23,5 mm 14,0 mm 334 „ aan], 1200 35,7%, 24,9 , 15,0 n Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 34,5 mm 25,0 mm 14,5 mm 532 25,0 145 „ 3 N 25,4 15,0 „ 34,3% 25,1 „ 145 „ 35,8 h) 24,2 ” 14,0 n I) Ihre Farbe ist eine etwas düstere, der Grund ein sehr blasses Olivenbraun, bald ins Olivengelbe, bald ins Oliven- srüne übergehend, an sich immer nur bleich, aber durch viele braungraue und graubraune Schalenflecke, die bald grösser, bald kleiner, zum Teil sehr verdüstert und auf der Oberfläche mit zahlreichen, vielgestaltigen Flecken, Tüpfeln und Punkten bestreut, von einer teils rötlich dunkelbraunen, teils braunschwarzen Farbe, und diese Zeichnungen, bald und zum Teil recht klar, bald verwischter dargestellt, sind oft über die ganze Fläche ziemlich gleichmässig verteilt, doch am gewöhnlichsten an beiden Enden nur sparsam, aber auf der stärksten Bauchwölbung oder dem stumpfen Ende noch näher in einen grossen, dicken Fleckenkranz zusammen- seflossen. Diesen Fleckenkranz haben, mehr oder weniger auffallend, die meisten dieser Eier, und die, welche ihn am stärksten zeigen, haben gewöhnlich auf der übrigen Fläche nur wenig und kleine Zeichnungen, wodurch er noch besonders kräftig in die Augen fällt. Form, Farbe und Zeichnung, obgleich sie darin, doch in gewissen Grenzen, gewaltig variieren, machen sie vor allen mir bekannten der folgenden Gattung leicht kennt- lich; nicht so leicht sind sie dagegen von denen der nächst- verwandten Arten, der vorhergehenden und nachfolgenden, zu unterscheiden. Von denen der ersteren (FH. hybrida) unter- scheiden sie sich noch am leichtesten durch ihre viel geringere Grösse und eine ganz andere, viel braunere Grundfarbe; von denen der AH. fissipes aber fast allein durch die ansehnlichere Grösse und gröbere Zeichnung. Sie ähneln Wachteleiern, sind aber bedeutend grösser und weniger birnförmig. Beide Gatten brüten abwechselnd die Eier, nachdem die Witterung günstig oder ungünstig ist, binnen 14 bis 16 Tagen aus, wobei jedoch das Weibchen öfter und auch die Nächte hindurch allein brütet. Auch diese Seeschwalben liegen bei schönem, warmem Wetter ungleich seltener und immer kürzere Zeit über den Eiern als bei schlechtem und wenn es regnet. Im ganzen brüten sie jedoch mehr als jene Arten, die ihre Eier auf trocknen Sand oder Kies legen. Eins der Eier wird nicht selten faul gebrütet, und die Zahl der Jungen übersteigt selten zwei oder ist oft nur eins. Sie lieben die Eier sehr, stechen nach Hunden und Menschen, die sich denselben nähern, noch mehr aber bei den Jungen, wo sie im Verteidigen der- selben tollkühn die eigene Sicherheit aufs Spiel setzen. Die Jungen bleiben so lange im Neste, bis sie, etwa nach zwei Wochen, fliegen lernen, und werden währenddem von den Alten fleissig mit Insekten gefüttert. Wenn sie ausgeflogen sind, folgen sie den Alten überall hin, anfänglich noch im matten Fluge, sich öfter setzend und länger ausruhend, später unablässig unter immerwährendem Wimmern Futter verlangend, wohin sich diese auch wenden mögen, deren Jagdbezirk sich aber täglich weiter ausdehnt. Anfänglich erhalten sie es noch oft sitzend, später aber stets im Fluge. Es dauert sehr lange, ehe sie sich selbst ernähren lernen, und oft sind Alte und Junge bereits auf dem Wegzuge begriffen, wenn mitunter noch solche zärtliche Fütterungsszenen zwischen ihnen vorfallen. Feinde. Sie ist wie die anderen kleineren Arten den Anfällen der flüchtigen Edelfalken und Habichte ausgesetzt, vor deren Stössen sie sich, wenn sie nicht überrascht wird, durch Übersteigen derselben bis zu unermesslicher Höhe in die Luft zu retten sucht. Ihre Brutplätze plündern Rohr-, Korn- und Wiesenweihen, auch Raben und Krähen, doch richten manche, wenigstens von den letzteren, bei grösseren Vereinen gewöhnlich nichts aus, weil der geängstigte Schwarm, sobald sich ein solcher Räuber dem Brutplatze nähert, kühn über Die schwarze Seeschwalbe, Hydrochelidon nigra (L.). 113 ihn herfällt, unter heftigem Schreien ihm mit Schnabelstichen zusetzt und so fast immer abhält und vertreibt. Sehr oft wirken die Elemente zerstörend auf ihre Fort- pflanzung, ihre Brut geht nämlich bei grosser Dürre, noch _ häufiger aber bei plötzlichem Anschwellen der Gewässer nicht selten wie mit einem Schlage zu Grunde. Schmarotzerinsekten [— (Docophorus laricola, Nirmus phae- onotus, Colpocephalum maurum und Colpocephalum sulcatum) —] wohnen häufig in ihrem Gefieder, in den Eingeweiden mehrere Würmer: Monostomum denticulatum RUD., Ligula monogramma CREPL., Taenia [— inversa RUD., Taenia oligotoma NITZSCH, Schistocephalus dimorphus CREPLIN, Ascarts sternae nigrae RUD. und Filaria elongata RuD. —| Jagd. Auch diese Seeschwalbe, obgleich eigentlich nicht scheu, hält im Sitzen nie schussmässig aus. Desto öfter kommt sie nahe genug an den Schützen herangeflogen, zumal wo man noch nicht nach ihr geschossen hat; allein sie ist ihres zwar nicht schnellen, aber aus vielerlei Bogen und plötzlichen Schwenkungen zusammengesetzten und unsichern Fluges wegen nicht leicht zu schiessen. Der Schütze muss, wie beim Schwalbenschiessen, kaltes Blut behalten, einen geraden Strich abwarten und dann schnell schiessen. Ist man nahe genug, wenn eine rüttelt, so ist sie am wenigsten zu fehlen; aber auch hier muss man rasch sein. Stürzt eine Geschossene, zumal flügellahm, wo sie zappeln und schreien kann, aufs Wasser, so kommen die übrigen sogleich herbei, flattern unter vielem Schreien dicht über ihr, und es können dann leicht noch einige derselben erlegt werden. Bei einem Fehlschuss macht sie gewöhnlich eine herabstürzende Schwenkung und täuscht damit den Schützen. Mehrere Fehlschüsse machen sie oft vorsichtig genug, die Schussnähe zu meiden; über diese hinaus aber ohne Furcht ihre Nahrung suchen, einen mässig grossen Teich darum nicht verlassen, den Tag über da bleiben, auch wohl am nächsten wieder dahin kommen und unter gleicher Vorsicht sich auf ihm herumtreiben ‚ Ist uns bei ein- zelnen mehrmals vorgekommen. Sehr leicht sind sie am Nist- platze zu erlegen, weil sie da den Störer ganz nahe um- schwärmen. Die angeschossene kann tüchtig um sich beissen. In Italien, wo man alle unsere Zugvögel häufig zu fangen versteht, wird auch die schwarzgraue Seeschwalbe in grösster Menge gefangen. Schlagwände, wie sie in diesem Werk, Bd. IV. S. 200, be- schrieben wurden, nur bedarf es hier nicht, wie dort zum Schwalbenfang so enger Maschen. Diese Netze stellt man an . Teichen oder Sümpfen im seichten Wasser nahe am Ufer auf, wo einige Binsen oder auch schwimmende Pflanzen wachsen, die das zu tiefe Einsinken der Netze verhindern müssen. Die Zugleine geht in eine kleine Schilf- oder Rohrhütte, nicht weit vom Herde, in der sich der Vogelsteller verbirgt. Der Balg Man bedient sich dazu solcher leichter einer solchen Seeschwalbe oder auch nur ein wie ein fliegender Vogel ausgeschnittener Lappen, die mittelst eines Schnürchens bewegt werden können, locken bald einige herbei, die niedrig senug über jene flattern, um im Fluge unter die rasch zu- gezogenen Garne zu geraten. Diese werden nun lebend so auf dem Heerdplatze oder den Netzen angebunden, dass sie etwas flattern können, wozu man sie auch wiederholt anregt; ihr Angstgeschrei ruft bald mehrere herbei, die dann auf gleiche Weise gefangen werden, und so fängt man in den beiden Zugperioden eine enorme Anzahl dieser Vögel weg. Die vorher- gehende und folgende Art, beide (nach Savı) in Italien, oder wenigstens in Toskana, nicht häufig, Kommen einzeln unter den schwarzgrauen vor und werden dann mit ihnen ebenfalls auf diesen Heerden gefangen, aber sehr selten und nur in der Nähe des Meeres zuweilen auch eine einzelne Zwergmeer- schwalbe. Nutzen. Das Fleisch der Alten ist zähe und unschmackhaft, das der jungen besser, dies beim Wegzuge auch meistens recht fett; es wird jedoch bei uns gewöhnlich nicht gegessen, desto häufiger dagegen in Italien. In Toskana werden sie nach SAvI (a.a. O0.) zu vielen Tausenden zum Verkauf auf den Markt gebracht, und zwar ohne Flügel, die man ihnen vorher abhackt, teils um eine Art kleiner Kehrbesen daraus zu machen, teils um ihr Gewicht zu vermindern, weil nach diesem der Eingangszoll entrichtet wird. Viele werden auch lebend verkauft, an mutwillige Buben, die sich auf öffentlichen Plätzen damit belustigen, indem sie ihnen einen langen Faden an die Füsse binden, dessen anderes Ende in der Hand halten, sie nun fliegen lassen, so lang dieser reicht, und so weiter, ungefähr wie bei uns wohl auch hier und da mit Maikäfern geschieht, und so diese Unglücklichen lang- sam und schmählich zu Tode martern; ein Nationalvergnügen der italienischen Jugend. [— Auch kommen ihre Flügel oder die ganzen Bälge in den Handel, um zum Aufputz von Damenhüten Verwendung zu finden. Mit Recht beklagt es KOENIG, dass grosse Mengen dieser angenehmen Vögel alljährlich den Launen der Mode geopfert werden und infolge der fortwährenden Nachstellungen ganze Kolonien veröden. —|] Die Eier sind schmackhaft, aber zu klein, um einen be- deutenden Gewinn für die Küche abzugeben. Mittelbar mögen uns diese Vögel nützlich werden durch das Vertilgen unsäglich vieler lästiger Insekten und Gewürme. Daneben beleben sie auch die morastigen Gegenden für den Naturfreund auf eine angenehme Weise. Schaden. Wie die übrigen zur Familie der Seeschwalben gehörenden Arten gehört auch diese unter die völlig unschädlichen Geschöpfe. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 15 Die weissflügelige Seeschwalbe, Hydrochelidon fissipes (Par). Tafel 8. Fig. 1. Sommerkleid. Fig. 1. Winterkleid. Tafel 9. Fig. 3. Übergangskleid. Tafel 10. Fig. 3. Jugendkleid. Tafel 38. Fig. 9—14. Eier. Weissschwingige, weissflügelige, schwarzrückige, schwarze See- oder Meerschwalbe; weissschwingige Wasserschwalbe. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Cigra bjelokrila. Englisch: White-winged black Tern. Polnisch: Rybotowka biatoskrzudta. Spanisch : Paino, Paino carbonero, Cencerillo, Fumarell. Schwedisch: Hovitvingad tärna, Hovitvingad svarttärna. Ungarisch: Feherszärnyü szerkö, Ozechisch: Rybäk be&lokridly. Dänisch: Hovidvinget Terme, Französisch: Hirondelle de mer leucoptere, Guwifette noire, Sterne leucoptere, Guifette fissipöde. Italienisch: Mignattino ali-bianche, Sterna nera, Mignattino zammpe-rosse. Maltesisch: Oärlena. Slovenisch: Beloperutna mahalka, Lettisch: Baltspahrnu sihrinsch. Sterna fissipes. Pall. Zoogr. Rosso - Asiat. II. p. 338 (1811). —] — Sterna leucoptera.a Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 264. n. 238. nebst Abbildung als Titelkupfer. — Hirondelle de mer leucoptere. 545. — Mignattino zampe-rosse. Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 215. 257 (1840). — Sterna leucoptera. erit. p. OXXXI (1844). — Sterna leucoptera. (1866— 71). — Hydrochelidon fissipes. p. 1445 (1869— 74). — Sterna leucoptera. leucoptera. Hydrochelidon leucoptera. Hydrochelidon fissipes. Hydrochelidon fissipes. Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 747. — Sterna nera. Savi, Orn. tose. III. p. 8. — Meyer, Zusätze z. Taschenb. (III) S. 190. — Brehm, Beiträge III. S. 676. — Dessen Lehrb. II. S. 697. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 796. — v. Homeyer, Vög. Pommerns. S. 65. n. 212. — [— Sterna leucoptera. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVIII (1840). — Sterna leucoptera. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 181 (1860). — Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 465 (1867). — Hydrochelidon fissipes. Wright, Finl. Fogl. II. p. 581 (1873). — Sterna leucoptera. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 321. pl. 590 u. 591 (1875). — Hydrochelidon leucoptera. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 522 (1882—84). — Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (18855). — .. Reyes y Prosper, Av. Espaha p. 29 (1886). — Hydrochelidon leucoptera. Arevalo y Baca, Av. Espaäa p. 480 (1887). — Hydrochelidon leucoptera. Breh m, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 99 (1892). — = 4 Tab add Storia deg. Uce. Tav. 544 u. Naumann, Schlegel, Rev. Holmgren, Skand. Fogl. p. 99 Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. I. Fallon, Ois. Belg. p. 197 (1875). — Hydrochelidon Sterna leucoptera. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. XI. p. 46 (1886). — Giglioli, Avif. ital. p. 419 (1886); p. 685 (1889). — Hydrochelidon fissipes. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 157 (1892). — Hydrochelidon leucoptera. Reiser, Orn. bale. II. p. 195 (1894); IV. p. 144 (1896). — Hryydrochelidon leucoptera. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 6 (189%). — Hiydrochelidon leucoptera. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 64 (1899). — Hydrochelidon leucoptera (Schinz). Reichenow, Vögel Afrikas I. p. 71 (1900). — Hydrochelidon leucoptera. Dresser, Man. Palaearctic Birds II, S.806 (1903). —] Ganz gewiss gehört hierher auch Sterna nigra Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 608. n. 3, doch nicht die ihr beigefügten Citate. Ebenso: Zarus fissipes alius. Aldrov. Ornith. III. Tab. 83. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög., Taf. LXXXV. Fig. 4a— f (1845 -1853). — Bädeker, Eier europ. Vög., Taf. 32. Fig. 2 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds, III, pl. 49 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 29 (1896). —] Kennzeichen der Art. Der Schnabel rötlichschwarz; der sehr schwach gegabelte Schwanz mit seinen Deckfedern nebst dem Bürzel weiss; — im Sommer bei den Alten Kopf, Hals, Rücken, Schultern, Brust und untere Flügeldeckfedern tief schwarz; — der Lauf der scharlachroten Füsse 17,5 bis 19,5 mm hoch. Beschreibung. Die Ähnlichkeit in Gestalt, Zeichnung nnd Färbung unter den zahlreichen Arten dieser Gattung und ihrer Familien ist so gross und die Übergänge von einer zur anderen sind oft so sanft, dass es bei vielen der Sprache an Worten gebricht, dies kurz und deutlich genug bezeichnen zu können. Auch gegenwärtige Art hat eigentlich nie weisse Flügel, nur im Sommerkleide von obenher weisslichere oder lichter graue als die ihr zunächststehenden Arten, ja nicht einmal ganz weisse, sondern dann sogar tief schwarze Unterflügel- deckfedern, worin sie von allen einheimischen Arten der ganzen Gattung ganz abstrakt abweicht. — Auch weissgeschwänzt würde sie, streng genommen, nur im Sommerkleide heissen können, wie ebenfalls die schwarze Seeschwalbe nur im Sommerkleide dunkler, doch eigentlich nicht schwärzer aus- sieht als andere; dazu hat sogar in diesem ZH. fissipes viel mehr und tieferes Schwarz als H. nigra. Sie die schwarz- brüstige nennen zu wollen, weil sie unter den nächstverwandten Arten im Sommer nicht allein die schwärzeste Brust, sondern überhaupt das meiste Schwarz hat, würde wieder nicht passen, weil H. hybrida in dieser Jahreszeit ebenfalls eine schwarze, wenn auch nicht so dunkelschwarze Brust hat.!) Unsere weissflügelige Seeschwalbe hat eine so grosse Ähnlichkeit mit der schwarzgrauen, dass sie früher oft mit ihr verwechselt worden ist. Sie ist jedoch merklich kleiner als diese, die Flügel, besonders aber der Schwanz (fast 1,8 cm) kürzer, die Beine länger und überhaupt grösser, der Schnabel im Verhältnis zu seiner Länge viel stärker; dies alles fällt genug in die Augen, zumal wenn man beide Arten neben- einander stellt. Weiter entfernt steht sie der weissbärtigen Seeschwalbe, die nicht allein ihre weit beträchtlichere Grösse, sondern auch in: allen Kleidern eine andere Färbung sehr unterscheidet. Sie ist eine der kleinsten in der Gattung und übertrifft an Grösse die Zwergmeerschwalbe nur um ein weniges. Ihre Länge beträgt 20 bis 21,2 cm, auch wohl etwas darüber; die Flugbreite 49,5 bis 57,3 cm; die Flügellänge, von der Handwurzel bis zur Spitze, 19 cm; die Schwanzlänge an den äussersten Federn etwas über 7 cm. An flugbaren jungen Vögeln sind alle diese Maße bedeutend geringer. Das kleine Gefieder hat vor dem der nächstverwandten Arten nichts Ausgezeichnetes, die Schwungfedern scheinen ‘) Wäre das Umtaufen nicht verpönt, so würde ich vorschlagen: die weissbärtige S. (um vom Sommerkleide, als dem ausgezeichnetsten, aUS- zugehen) St. ardesiaca und die weissflügelige S. 8. aterrima zu nennen, der schwarzgrauen aber den Namen St. nigra belassen, weil ich jene Namen für bezeichnender halte als die jetzt üblichen. Die weissflügelige Seeschwalbe, Hydrochelidon fissipes (PALL.). jedoch etwas breiter, haben ebenfalls sehr starke und harte Schäfte, und die vorderste ist nur um 2 mm länger als die. zweite, was zusammen einen etwas breiteren Vorderflügel giebt, aber nur im Vergleich mit ZH. nigra auffällt. Das Schwanz- ende ist sehr wenig gegabelt, nur 1,2 cm tief, bei Jungen fast gar nicht ausgeschnitten, und die Spitzen der ruhenden Flügel reichen bei alten Vögeln über 7 cm, bei jungen nur etwas über 4,7 cm über die Schwanzspitze hinaus. Der Schnabel unterscheidet sich sehr von dem der A. nigra; er ist lange nicht so schlank, sondern kürzer, stärker, an der Wurzel breiter und höher, das Eck am Ende der Kiel- spalte auch viel deutlicher; die Spitze scharf wie eine Nadel, doch weniger am unteren Teil als vorzüglich am oberen; im übrigen ist er allerdings jenem und auch dem der AH. hybrida ähnlich und bildet nach allen Verhältnissen eine Mittelgestalt zwischen diesen beiden. Das Nasenloch, ein kurzer, durch- sichtiger Ritz nahe an den Halfterfedern, liegt in einer vorn zugespitzten Höhle. Der Schnabel ist von der Stirn an bei den meisten 2,4 cm, bei manchen Alten auch 2,6 cm, bei erwachsenen jungen Vögeln gewöhnlich nur 2 bis 2,2 cm lang, völlig ausgebildet an der Basis 7” mm hoch und beinahe 6 mm breit. Von Farbe ist er durchaus schwarz, frisch, besonders in der Fort- pflanzungszeit rötlich durchschimmernd, bei den Jungen grau- schwarz. Das Auge hat einen tiefbraunen Stern, nur bei jungen Vögeln eine weniger dunkle Färbung. Die im ganzen wohl klein zu nennenden Füsse sind dennoch, im Verhältnis zur Körpergrösse und mit denen der H. nigra verglichen, viel grösser als bei dieser, besonders höher und langzehiger, auch die Tibia etwas höher hinauf nackt und überhaupt etwas länger, die Fersengelenke noch stärker, die Schwimmhäute aber (vorzüglich die inwendigen) ebenso tief ausgeschnitten und der Überzug der Beine auf ähnliche Weise eingekerbt; die Krallen lang, schlank, flach gebogen und dünnspitzig, die der Mittelzehe mit einer stark vortretenden, scharfen Randschneide nach innen, wodurch sie schief zu sein scheint, wobei sie noch wie alle übrigen unten ausgerinnt ist. Die nicht sehr erhöht stehende Hinterzehe ist nicht so klein und kurz wie bei vielen anderen Arten dieser Gattung. Der Unterschenkel ist fast 10 mm hinauf nackt, der Lauf 17,5 bis 19,5 mm lang; die Mittelzehe mit der 7 bis 10 mm langen Kralle 2,4 cm, auch etwas darüber, die Hinter- zehe mit der 3 mm langen Kralle fast 8 mm lang. Die Schwimmhaut zwischen der äusseren und mittleren Zehe reicht in der Mitte fast 8 mm, die zwischen der mittleren und inneren nur etwas über 4 mm vor; dieser mondförmige, sehr tiefe Ausschnitt macht jedoch, dass die Schwimmhäute an beiden Seiten als ein kleines Rändchen an den Zehen herauf laufen und weit nach vorn erst ganz verschwinden. Die Farbe der Füsse ist im Frühjahr ein glühendes Gelb- rot, fast Scharlachrot; im Herbste mehr Rotgelb; beijungen Vögeln schmutzige Fleischfarbe; in zarter Jugend ein rötliches Weiss. Getrocknet werden sie bei den ersten schmutzig rot- gelb; bei den anderen gelbbraun; bei der letzten hellbräun- lich. Die Krallen sind stets schwarz. Das Dunenkleid ist mir nicht vollständig bekannt ge- worden, doch sieht man an kaum flugbaren Jungen am Kopfe und Halse oft noch so vielen Flaum, dass man bemerken kann, seine Farbe sei von obenher ein lichtes Rostbraun mit schwarzen Flecken, von unten meistens reines Weiss und diese Vögelchen darin denen der vorigen beiden Arten sehr ähnlich. [— DRESSER beschreibt dieses Kleid nach einem Exemplar vom Juli von der Wolga: „Die oberen Teile rötlich leder- braun, auf dem Scheitel, dem Nacken, dem Rücken, den Flügeln und dem Rumpf deutlich schwarz gefleckt. Unterseite grau- bräunlich mit einem russigen Anflug, an der Oberbrust schmutzig- grau gefleckt. Der Raum um das Auge herum nahezu weiss.“ —| Die erste Federbedeckung, wenn sie vollständig, oder das Jugendkleid, ist zwar dem der A. nigra sehr ähnlich, jedoch 115 an allen Teilen viel lichter gefärbt. Vom grauschwarzen Schnabel an ist die Stirn bis auf den Scheitel hinauf, auch Zügel und Vorderteil der Wangen weiss; dicht vor dem Auge steht ein schwarzes Fleckchen; Hinterscheitel und Genick bis auf den halben Hinterhals schmal hinab hellbräunlich, mit grossen braunschwarzen Schaftflecken; Schläfe und Ohrgegend schwarz; alles übrige des Kopfes und Halses, desgleichen der . ganze Unterkörper nebst dem Bürzel rein weiss, ebenso die Flügelkante und der ganze Unterflügel, dieser nur längs den weissen Schäften der grossen Schwungfedern und an deren Enden dunkel und glänzend aschgrau; der Oberrücken matt braunschwarz mit licht rostbräunlichen Federkanten, zwischen denen etwas abwärts Aschgrau durchschimmert, oben am weissen Nacken aber dunkel rostgelb verläuft; die Schultern und Tertiärschwungfedern hell aschgrau, jede Feder vor der weissbräunlichen Endkante mit einem halbmondförmigen rost- braunen Fleck, diese ganze Zeichnung jedoch wie verwischt und ohne scharfe Grenzen; die kleinen Deckfedern längs der weissen Kante des ÖOberflügels, als ein dunkler Querstreif, schwarzgrau mit weisslichen Federsäumen; die übrigen Flügel- deckfedern hell aschgrau, jede mit gelblichweissem Endsaum und vor diesem mit einem blassen, rostbraunen Halbmond; die Sekundärschwungfedern aschgrau, schwärzlich gesäumt, an den Enden mit weissen Säumchen; die Primärschwingen asch- grau, an den Spitzen schwärzlich mit weissen Endsäumchen; die vorderste an der ganzen Aussenfahne schwarz, an der inneren nur in einem breiten Streifen längs dem Schafte und an der Spitze braunschwarz, übrigens weiss, und dieses Weiss haben auch die übrigen, doch wird es, je kürzer die Federn folgen, desto’ grauer; die Schäfte auf der oberen Seite bräun- lichweiss. Der Unterrücken hat etwas mehr helles Aschgrau, aber weniger Braun als der Oberrücken; vom weissen Bürzel abwärts geht die Oberschwanzdecke in lichtes Grau über; an dem kaum merklich ausgeschnittenen Schwanze sind die Mittel- federn hell aschgrau, die folgenden immer bleicher, die äussersten endlich weiss, alle haben vor den bräunlichweissen Endsäumen rostbraune Schatten. Das Winterkleid dieser Art zeichnet sich schon in der Ferne sehr von dem der H. nigra aus, hauptsächlich durch seine sehr lichte Färbung, die sogar noch lichter als die der H. hybrida oder die lichteste oder weisslichste in gegenwärtiger Gruppe der Meerschwalben ist. — Der Schnabel ist darin ganz schwarz, die Füsse sind orangefarbig;: dicht vor dem Auge steht ein schwarzes Mondfleckchen; Schläfe und Ohrgegend sind schwarzgrau, weiss gemischt; Oberkopf, Genick und Nacken, die letzteren in einem schmalen Streifen ebenfalls schwarzgrau mit verwischten weissen Federkanten, daher weisslich geschuppt; vom Schnabel an der ganze Vorderkopf, oben bis zwischen die Augen, ferner die Seiten des Genicks hinter den Ohren, Kinn und Kehle, desgleichen der ganze Unterkörper bis an den Schwanz schneeweiss. Nahe bei der Endspitze des dunkeln Nackenstreifs entsteht abermals ein schwarzgraues Feld, das aber noch auf dem Oberrücken und dem Anfang der Schultern in reines Hellaschgrau übergeht, das auf dem Unterrücken noch lichter wird, besonders auf dem Bürzel, und auch den Oberschwanz bedeckt. Auch sämtliche Flügeldeckfedern nebst den hinteren Schwungfedern haben dies weissliche, ins Möven- bläuliche spielende Aschgrau, aber an der weissen Oberkante des Flügels trennt diese und jenes ein schwarzgrauer Streif, der am ersten Herbstkleide dunkler, daher auffallender ge- zeichnet ist als an den nachherigen; die Sekundärschwungfedern tief aschgrau, mit weisslichen Spitzensäumchen; die Primär- schwungfedern aschgrau, an den Enden zunächst den Kanten schwarzgrau, an den Spitzen mit weisslichen Säumen, die sich aber an den längeren verlieren; die drei vordersten tief asch- grau, wenn ihr grauer Sammetüberzug etwas abgetragen, schwarzgrau; an den Enden braunschwarz; diese drei haben trübweisse, alle übrigen grauschwarze Schäfte, deren Unter- seite aber sowie die aller Schwungfedern ohne Ausnahme rein weiss ist. Die inneren Fahnen der grossen Schwungfedern 41r% 80 116 sind matt braunschwarz, mit einem grossen weissen Längs- streifen an der Innenkante, der von der Wurzel aus sehr breit, weit vom Ende aber spitz und verwaschen verläuft, schon auf der zweiten mätter erscheint und auf der vierten oder fünften sanz verschwindet. Der Unterflügel ist weiss, nur an den Enden einiger grossen Deckfedern mehr oder weniger schwarz- srau, bei älteren Vögeln dies viel stärker als bei solchen, die dies Kleid zum ersten Male tragen; die Schwungfedern silberweiss, auf der inneren Fahne längs dem weissen Schafte, doch nur an den zwei vordersten, mit dunkelgrauem Streif und alle an den Enden glänzend dunkelgrau. Der wenig aus- seschnittene Schwanz ist an den Mittelfedern licht bläulich- aschgrau, nach aussen fast weiss, die Enden aller weissgesäumt; auf der unteren Seite des Schwanzes ist alles, auch die Feder- schäfte, wie seine unteren Deckfedern, rein weiss. Männchen und Weibchen lassen sich im Äusseren nicht unterscheiden. Je älter der Vogel, desto lichter ist die Färbung seines Winterkleides, namentlich ist das Grau auf den mittelsten und einigen diesen am nächsten liegenden Schwanzfedern auch viel schwächer als bei Vögeln im ersten Jahre; bei diesen ist daher im nachherigen Frühlingskleide, in das sie die Schwung- und Schwanzfedern vom Herbste mit hinübernehmen, — mit Ausnahme höchstens des mittelsten Schwanzfederpaares, — der Schwanz nicht so blendend weiss wie bei den alten, wo jener schwächere graue Anflug spurlos verschwunden ist. Die einjährigen Vögel in ihrem ersten Hochzeitskleide unter- scheiden sich daher leicht, nicht allein- an den weit mehr ab- senutzten Schwungfedern, vom Jugendkleide, sondern häufig auch noch an einem gräulichen Anfluge der mittleren Schwanz- federn von älteren und ganz alten Vögeln. Sehr schön ist das Hochzeits- oder Frühlingskleid, gewöhnlich das, Sommerkleid genannt, zumal von einige Jahre alten Vögeln; es hat das meiste und tiefste Schwarz unter allen einheimischen Arten dieser Meerschwalbengattung. Der ganze Kopf, der Hals, die Brust, der Anfang des Bauches, die Tragfedern längs den Seiten der Brust und die unteren Flügeldeckfedern, mit Ausnahme des weissen Flügelrandes, sind schwarz, Kopf und Hals am tiefsten und mit grünlichem Seidenglanze; auch der ganze Oberrücken und die Schultern sind schwarz, doch etwas matter und an den Enden der letzteren in Schieferschwarz, bei jüngeren in Schiefergrau übergehend. Der Flügelrand ist weiss, die nächsten kleinen Flügeldeckfedern nicht ganz rein, die folgenden immer merklicher bläulichgrau angeflogen und stufenweise allmählich an den grossen Deck- federn in lichtes Aschblau, an den hinteren Schwungfedern in noch dunkleres Bläulichaschgrau übergehend; rein weiss ist also am Öberflügel nichts als ein schmaler oberer und vorderer Rand bis an die Daumenfedern, die nebst den Fittich- deckfedern grauweiss sind; die Primärschwungfedern aschgrau, am dunkelsten an den Enden und an der Aussenfahne der allerersten, auch fehlt dieser der weissgraue puderartige Über- zug, der an allen übrigen die Grundfarbe verdeckt und ihnen ein weissschimmliges Aussehen giebt; die Sekundärschwung- federn etwas lichter hell aschblau als, wie schon erwähnt, die allerletzten, auf den Innenfahnen aber meistens weiss; alles übrige der Schwingen, auch von unten, wie im Herbstkleide. Der Bürzel, die oberen und unteren Schwanzdeckfedern und der ganze Schwanz sind rein weiss. | Männchen und Weibchen sind im hochzeitlichen Kleide äusserlich kaum zu unterscheiden, denn ersteres ist kaum etwas schöner, das Schwarz dunkler und glänzender, das bläu- liche Grau des Oberflügels matter oder am Flügelbuge breiter weiss, auch selten merklich grösser als letzteres. Manche von diesen Vögeln haben im Hochzeitskleide auf dem Oberflügel auch noch eine Andeutung des dunklen Querstreifs vom Winterkleide her, aber nicht etwa aus noch vorhandenen Federn von diesem, sondern aus frischen mit grauen Enden gebildet. Die Fortpflanzungszeit hindurch verschlechtert sich das Aussehen des Gefieders eben nicht auffallend, aber die bald Die weissflügelige Seeschwalbe, Hydrochelidon fissipes (PALL.). erfolgende Sommermauser macht diese Seeschwalben gewöhn- lich sehr bunt; je nachdem sie mehr oder weniger weit vor- gerückt ist, sehen sie dann auch mehr oder weniger weiss- und schwarzscheckig aus. Die Mauser beginnt im Juli und im Anfange des August, wo sie die Brutgegenden verlassen, geht langsam vorwärts und wird erst in ihren Winteraufenthaltsorten vollendet. Rein vermauserte, in ihrem Winterkleide befindliche können daher nur von dorther erhalten werden. Noch weniger sehen wir hier von der zweiten Mauser, die in den letzten Wintermonaten vor sich gehen mag; denn im Frühlinge kehren alle bereits völlig vermausert an die Brutorte zurück, und Ausnahmen hiervon kommen sehr selten vor. [— Die abgebildeten Exemplare sind ein Vogel vom 3. Juli 1882 aus Russland, ein Vogel im Winterkleid vom No- vember aus Japan, einer im Übergangskleid vom Januar aus Ost Ledaw (BREHMsche Sammlung) und einer im Jugendkleid vom September aus Japan, alle befindlich im Tring-Museum. —|] Aufenthalt. Die weissflügelige Seeschwalbe ist eine südliche oder süd- östliche Art, ihre Verbreitung aber zur Zeit [— (1840) —] noch wenig bekannt. Ausser einigen südlichen und südöstlichen Teilen von Europa, als: das südliche Spanien, Italien, bis an die Seen Como, Lugano, Garda und anderen, einzeln auch bis an den Genfer See herauf, ebenso Dalmatien, am häufig- sten vielleicht Ungarn, — ist sie auch in Nubien angetroffen worden und bewohnt gewiss auch noch mehrere Teile Afrikas, wie sich solches wohl von Asien ebenfalls, wenigstens von Syrien, vermuten lässt. [— In Europa erreicht ihr Brutgebiet etwa den 50. Grad nördlicher Breite. Nach JÄCKEL nistete sie ausnahmsweise bei Höchstadt an der Aisch (Oberfranken) mit einer grossen Schar von nigra zusammen (Journ. f. Ornith. 1860, S. 300), nach BUCHNER auf den Lechinseln bei Kaufbeuren (Journ. f. Ornith. 1887, S. 615); nach PRAZAK erscheint sie in der ersten Hälfte des Mai in ÖOstgalizien, die ersten frischen Eier wurden am 2. Juni gefunden, gegen Ende August verschwinden die letzten Vögel (Journ. f. Ornith. 1898, S. 359); auch in der Umgegend von Kiew ist sie nach GOEBEL nicht seltener Brutvogel. In Gesellschaft der nächstverwandten Art streifen einzelne zu- weilen über diese nördliche Brutgrenze hinaus. In Sachsen- Altenburg wurde am 2. Juli 1887 ein Exemplar auf dem Pfahl- eisen gefangen (KOEPERT). Zu Anfang des Sommers 1889 wurden zwei alte Vögel in einer Kolonie der Trauerseeschwalbe im Kreise Samter (Provinz Posen) erlegt und an das Berliner Museum eingeliefert (ScHÄFF). Am 31. Mai wurde ein altes Männchen aus einer Gesellschaft von nigra in der Nähe ‚Berlins erlegt (E. F. v. HOMEYER). Weiter südwärts bewohnt sie alle Länder Europas. In Spanien (bei Valencia), Frankreich (Pro- vence), auf den Balearen (Mallorca), auf Sardinien, in Italien, Griechenland, Bosnien kommt sie meist mit ihrer nächsten Verwandten zusammen vor, ist aber in der Regel weniger zahlreich als diese. Häufig ist sie in Ungarn, besonders an der Donau. — In Nordafrika wurde sie auf dem Durchzuge angetroffen in Marokko (Mai), Tunis, Ägypten (April und Mai), ferner in Abessinien und Nubien, und während der Winter- monate im ganzen übrigen Afrika: am Gambia, in Benguela (November), Njassaland, am Zambesi, in Damaraland, Transvaal und Kapland. Die in Deutsch-Ostafrika von BÖHM und FISCHER gesammelten und unter dem Namen nigra eingegangenen See- schwalben stellten sich sämtlich als jissipes heraus; diese wurde dadurch festgestellt vom Lualaba-, Tanganjika-, Katuma,-, Naiwascha- und Nguruman-See; durch Emin und STUHLMANN vom Njansa- und Albert-Edward-See, durch Jackson vom Jipe- see. OSKAR NEUMANN schreibt in seinen Beiträgen zur Vogel- fauna von Öst- und Central-Afrika: „Während der Monate Oktober und Dezember traf ich die Weissflügelseeschwalbe in Schwärmen von vielen Hunderten vereint auf dem Manjara- see. Oft erhob sich ein solcher Schwarm bis zur Unsichtbar- Die weissflügelige Seeschwalbe, Hydrochelidon fissipes (PALL.). 117 keit hoch in die Wolken, um sich dann brausend auf die | nämliche Beschaffenheit des Sumpfes und der Gewässer, dass Wasserfläche hernieder zu stürzen. Ihre Nahrung bildete ein im Manjarasee lebender kleiner Fisch (Chromis spec). Ende November zogen kolossale Heuschreckenschwärme am See entlang. Da liessen die Seeschwalben vom Fischen, und man konnte sie zu Hunderten am Seeufer mit Heuschreckenfang beschäftigt sehen. Mai bis August 1894 vereinzelt auf dem Nyansa.“ — Durch das gemässigte Asien verbreitet sie sich bis ins Amurland (E. F. v. HOMEYER), und Po@GE beobachtete sie Ende Mai 1901 im nordöstlichen China. Die japanischen Inseln aber erreicht sie nicht. Von ihrer asiatischen Brutheimat aus sucht sie Winterherberge in den Küstenländern und auf den Inseln des Indischen Oceans (Ceylon, Bengalen, Pegu, Anda- manen, Malakka), sowie im südlichen China (Canton); und über die Inseln des ostindischen Archipels (Philippinen, Borneo, Java, Celebes) verbreitet sie sich nach dem Festlande von Australien und bis zur Südinsel von Neu-Seeland. HEINROTH fand am 1. Januar 1901 ein Exemplar unter einem Schwarm von St. longipennis im Bismarck-Archipel; es befand sich im Jugendkleide und mauserte aus einem abgenutzten braungrauen Kleide in ein oben silbergraues, auch der Schwanz hatte die- selbe Farbe (Journ. f. Ornith. 1902, S. 398). — Ausnahmsweise ist sie einmal im Staate Wiskonsin und einmal auf der Insel Barbados (am 24. Oktober von H. W. FEILDEN) angetroffen. (Nach Cat. Birds Brit. Mus.) —] In Ungarn kommt sie nicht allenthalben, doch in vielen Gegenden vor, namentlich in den sumpfigen Gegenden des Neusiedler und des Velenzer Sees, und ich traf sie auch am Tapjo, an der unteren Theiss und in einigen Gegenden der unteren Donau hin und wieder unter den schwarzgrauen Seeschwalben an, doch aber nirgends in solcher Menge wie die weissbärtige. Vielleicht war aber hieran die vorgerückte Jahreszeit schuld, und als ich dort war, mochten die meisten schon fortgezogen sein. Von Ungarn herüber verfliegt sie sich auch öfter nach Deutschland, besonders nach Österreich, seltener nach Schlesien, doch auch zuweilen bis in die Lau- sitz; sogar nach Pommern. In unserer Nähe, bei Ahlsdorf, unweit Herzberg in Sachsen, ist sie von B. VON SEYFFERTITZ in nassen Jahren mehrmals einzeln und bis zu fünf Stück (namentlich im Jahre 1832) unter den schwarzen See- schwalben beobachtet und erlegt, aber in Anhalt von uns noch nicht bemerkt worden, weshalb wir jedoch nicht be- zweifeln wollen, dass dies nicht schon, doch unerkannt, ge- schehen sei oder noch geschehen könne. Sie kommt als Zugvogel mit den schwarzen Seeschwalben im Mai an und zieht mit Ende des Juli schon wieder weg. Ich sah gegen Ende des August in Ungarn überall nur noch ein- zelne, während H. hybrida noch in grosser Menge und A. nigra in unermesslichen Scharen sich dort herumtrieben, darf also wohl vermuten, dass sie jenes Land, wo sie nach allen Aussagen hin und wieder häufig vorkommt, früher verlässt als die ebengenannten Arten. Dass sie ihre Winteraufenthaltsorte wahrscheinlich mit der schwarzen Seeschwalbe teilt, wird wohl dadurch erwiesen, dass sie so oft in Gesellschaft dieser wandert, namentlich im Frühjahr wohl vorzüglich durch diese verleitet wird, einzeln bis in unsere Gegenden zu kommen. VON SEYFFERTITZ sah sie auf dieselbe Weise mit jener am Tage sich in eine höhere Luftregion aufschwingen und östlich weiter ziehen. Sie zieht jedoch auch des Nachts, aber jederzeit in Gesellschaft, wenn auch nur der schwarzen Seeschwalbe, weniger, wie es mir geschienen, mit der weissbärtigen. Ihre Aufenthaltsorte sind die nämlichen der ebengenann- ten beiden Arten, stehende Gewässer, Sümpfe und Moräste, aber für ein längeres Bleiben nicht Flüsse, noch weniger das Meer. Ich traf sie zwischen den schwarzen Seeschwalben an grossen, flachen, zum Teil morastigen Teichen, in tiefen, weitschichtigen Sumpfgegenden an ganz gleichen Stellen und mit jenen, unter den wandernden Scharen dieser zwar auch auf der unteren Donau, aber nur an solchen Stellen, wo die Strömung des Wassers schwach war. Sie liebt so ganz die sie überall häufig zwischen und neben ihr wohnt, weshalb nicht wiederholt zu werden braucht, was in vorhergehender Beschreibung ausführlicher über den Aufenthalt derschwarzen Seeschwalbe angegeben wurde. Eigenschaften. Sie ist die schönste unter den Arten dieser Gattung, namentlich im Hochzeitskleide, wo das viele und tiefe Schwarz der oberen und vorderen Teile gegen das sanfte Weissgrau eines grossen Teils des Flügels und das blendende Weiss der hinteren Extremitäten, gehoben durch das glühende Rot der Füsse, herrlich absticht und alle zusammen ein lieb- liches Bild gewähren. Schon in weiter Ferne unterscheidet sich das schöne Geschöpf durch die grossen, scharf gesonder- ten Partieen dieser Farben, namentlich durch den. weissen Ober- und schwarzen Unterflügel, so auffallend von der schwarzen wie von der weissbärtigen Seeschwalbe, dass man sie augenblicklich erkennt. In anderen Kleidern ist dies freilich schwerer, und bei Jungen wird dem geübten Auge nur die geringere Körpergrösse und die hellere Färbung auffallend, um sie bald von denen der schwarzen Seeschwalbe zu unter- scheiden, wenn sie sich zwischen diesen aufhält. Ihre Stellung im Sitzen und Gehen ist dieselbe wie die ihrer nächsten Verwandten; beides, wie auch das Schwimmen, sieht man ebenso selten von ihr; dagegen ist sie desto un- ermüdeter und beweglicher im Fluge. Sie fliegt viel schneller und noch gewandter als dieschwarze Seeschwalbe, schwenkt sich zum Erstaunen schnell in jedweder Richtung und gehört zu den flinkesten der ganzen Gattung. Die schwarze Seeschwalbe erscheint unserer Art gegenüber langsam und schwerfällig, woran niemand denken wird, wenn er jene allein beobachtet, und so zeichnet sich die einzelne weissflügelige Seeschwalbe in einem Schwarme von schwarzen durch grössere Beweg- lichkeit und raschere Wendungen schon in weiter Ferne aus, obgleich die Art und Weise des Fluges eine ganz ähnliche ist. Sie scheint jene ebenso gern zu dulden als von ihr ge- duldet zu werden, denn eine aus beiden Arten gemischte Ge- sellschaft beseelt nur ein Geist, der des gegenseitigen Wohl- wollens. Mit anderen Vögeln macht sie sich dagegen nicht gemein; auch sah ich sie allein nie in Gesellschaft der weiss- bärtigen Seeschwalbe, was ich jedoch für Zufall halte, ‚öfter aber alle drei Arten in einem Fluge beisammen, für den Be- obachter ein sehr interessantes Zusammentreffen. — Sind ihrer viele beisammen, so bilden sie eigene Vereine; doch mag dies selten sein, weil sich solchen immer wieder vereinzelte schwarze Seeschwalben anschliessen. Sie ist klüger und gewöhnlich misstrauischer als beide Verwandte, weicht dem Menschen aus, sobald sie sich scharf beobachtet glaubt, wird immer vorsichtiger und endlich sehr scheu; doch sticht sie zuweilen nach dem Hunde und beim Neste auch nach den Menschen herab. Ihre Stimme hat mehr Ähnlichkeit mit der der weiss- bärtigen als mit der der schwarzen Seeschwalbe und unterscheidet sich von dieser so, dass sie dem Kennerohr so- gleich auffällt. Sie ist ziemlich lauttönend, aber weniger an- senehm, schnarrend oder schnarchend, mit der Silbe Cherr oder Kerrr zu vergleichen. Diese knarrende Stimme hat Ähnlichkeit mit der junger Drosselrohrsänger, entfernter mit der einer Uferschwalbe, tönt aber viel lauter. Ob sie der einzige Ton dieser Art sei, bezweifle ich, habe jedoch keinen anderen von ihr gehört, sie aber immer, ehe ich sie sah, schon daran erkannt. Nahrung. Diese besteht hauptsächlich in Insekten und Insekten- larven, die sie sich meistens aus dem Wasser holt. Höchst- wahrscheinlich nährt sie sich von denselben Geschöpfen und genau so wie die schwarze Seeschwalbe, weil sie so häufig in deren Gesellschaft und mit ihr an denselben Orten lebt, auf gleiche Weise den ihr zur Nahrung angewiesenen Ge- 118 schöpfen nachstellt, mit ihr nicht allein über dem Wasser, über Wiesen, sondern zuweilen auch über vom Wasser nicht sehr entfernten Getreidefeldern herumfliegt und die an den Ähren und Halmen sitzenden Fliegen, Spinnen, Heuschrecken und andere mehr wegfängt, ebenso manchmal auch ein kleines Fischehen oder Fröschehen erwischt oder einen Wurm von der Erde aufnimmt. Bei all diesem benimmt sie sich ganz wie die beiden nächsten Gattungsverwandten, ist aber viel behender, fliegt in den mannigfaltigsten Abwechselungen, immer Nahrung suchend und findend, rastlos und unaufhörlich hin und her, auf und ab, rüttelt oft lange über einem zu fangenden Gegenstande, stürzt dann pfeilschnell herab und ergreift ihn, aus dem Wasser aber stets nur flach gehende und ohne ganz in dasselbe ein- zutauchen. Sie scheint unersättlich, obgleich sie immerwährend etwas fängt, und wenn dies oft auch nur kleine Geschöpfchen sind, so muss man doch bei genauerem Beobachten über die Menge erstaunen, die man einen solchen Vogel in kurzer Zeit nacheinander fangen und verzehren sieht, weshalb er sich denn aber auch fast immer in wohlbeleibtem Zustande befindet. Fortpflanzung. Die weissflügelige Seeschwalbe pflanzt sich in südöstlichen Ländern, namentlich in Ungarn, in vielen Gegenden alljährlich fort. Sie nistet in kleinen oder grösseren Vereinen an ganz ähnlichen Orten wie die beiden vorhergehenden Arten, oft dicht neben, wo nur einzelne Pärchen, auch wohl zwischen ihnen, am häufigsten zwischen den schwarzen Seeschwalben. Dies letztere soll sehr wahrscheinlich auch schon bei Ahls- dorf in Sachsen der Fall gewesen sein. Ihre Brutplätze sind tief in den Sümpfen, oft an un- zugänglichen Orten, und das fröhliche und unablässige Um- schwärmen der Vögel bezeichnet solche Stelle schon von weitem. Die Nester sind an ganz ähnlichen Orten, von gleichem Material und auf dieselbe Weise angefertist wie bei der schwarzen Seeschwalbe beschrieben ist. Jedes Nest enthält gewöhnlich drei, sehr selten vier Eier, die denen der ebengenannten Art sehr ähnlich, doch merklich kleiner, meistens auch lichter gefärbt und klarer gefleckt oder nur getüpfelt sind. Ihre Länge ist 27,5 bis 29,4 mm, ihre Breite 21,6 bis 23,5 mm; ihre Gestalt kurz eiförmig und etwas kreiselförmig. [— 15 Stück der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 34 x 24,9 mm; im Maximum 35,9 x 26,2 mm; im Minimum 35 x 23,5 und 32,5 x 23,6 mm; das durchschnitt- liche Gewicht ist 0,625 g. Messungen von R. BLAsıus an elf Eiern aus der Sammlung HOLLANDTS (jetzt im Museum brunsvicense) ergaben: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 29,4 mm 22,7 mm 12,5 mm 32,0 N 23,1 N 14,5 N BE ae 14,0 „ ZÜEN 1r,, 94,3, EN. IT. 24,5, an); 30,0 5 23,8%, 13,50, LT „ 23,1 n 15,0, 32,7 , aan 13,5 29,5 n 23,1 n 15,0 ” 31,8 „ PER ER 14,0 , 29,8 , 24,27; ae Sie haben eine zarte, äusserlich glatte Schale ohne Glanz. Ihre Grundfarbe ist ein düsteres Olivengelb oder bleiche Olivenfarbe; die nicht tief sitzenden Schalenflecke sind grau- Die weissflügelige Seeschwalbe, Hydrochelidon fissipes (PALL.). braun, meistens nur als Tüpfel und Punkte in grosser Menge über die ganze Fläche verteilt; die äussere Zeichnung röt- lich schwarzbraun oder schwarz, meistens in Tüpfeln, Punkten und Gekritzel bestehend, am stumpfen Ende häufiger, unfern von ihm auch oft in einen wenig dichten Kranz vereinigt, doch habe ich nie solche unter ihnen gefunden, die dieses so auffallend und überhaupt so grosse Flecken gehabt hätten, wie sewöhnlich die der schwarzen Seeschwalbe. Sie lieben die Eier und Jungen sehr, kommen dem, der sich diesen naht, mit ängstlichem Schreien sehr nahe, selbst bei augenscheinlicher Gefahr für das eigene Leben. Im Brüten und Erziehen ihrer Jungen verhalten sie sich ganz wie die beiden Gattungsverwandten. Feinde. Auch diese sind, so weit sie mir bekannt geworden, die bei der vorigen Art schon erwähnten. [— Im Gefieder leben: Docophorus melanocephalus, Docophorus lobaticeps, Nirmus phaeonotus und Colpocephalum maurum. —] Jagd. Sie ist viel scheuer als die schwarze Seeschwalbe, auch wegen noch viel grösserer Beweglichkeit schwerer zu schiessen. Es gehört eine ungewöhnliche Gewandtheit dazu, den raschen und unerwarteten Abwechslungen des Fluges zielend zu folgen und im richtigen Zeitpunkte das Gewehr auf den flüchtigen Vogel abzudrücken. Stürzt der Schuss einen aufs Wasser nieder, so umflattern ihn die übrigen heftig schreiend, und hierbei ist mit dem zweiten Rohr der Doppelflinte leichter noch einer zu erlegen. Selbst wenn sie unter schwarzen Seeschwalben sind und eine von diesen herabgeschossen wird, kommen auch die weissflügeligen herbei und umflattern jene; auf diese Weise gelangt man gewöhnlich eher zu der einzelnen, als wenn man ihr zuerst und ausschliesslich nachschleichen wollte, weil sie zu bald merken würde, dass es auf sie ab- gesehen sei und dann sich vor dem Schützen zu sehr in acht nehmen möchte. I— Wie sie den Jäger von anderen, ihr ungefährlichen Personen zu unterscheiden vermag, davon überzeugte sich KoEnIG, als er an einem Tümpel bei Gabes in Tunis ein Exem- plar dieser Art beobachtete. „Sie liess sich von den am Tümpel waschenden Beduinenweibern nicht stören und flog in an- mutigen Bogen um deren Köpfe herum, nahm auch alle Augen- blicke dicht vor den Frauen ihre Nahrung, bald von der Ober- fläche des Wasserspiegels, bald stosstauchend auf, rüttelte dann einen Augenblick, schüttelte die anhaftenden Wassertropfen von ihrem Gefieder und begann das alte Spiel von neuem. So hatte ich ihr bereits lange aus der Ferne zugeschaut, und meiner Ansicht nach konnte sie mir gar nicht entgehen. Als wir uns aber dem Tümpel näherten und ich mit dem Gewehr in der Hand von meinem Reittiere absprang, stieg sie höher und höher und entschwand bald gänzlich unserem Gesichts- kreise“ (Journ. f. Ornith. 1893, S. 98). —] Nutzen. Diese Seeschwalben helfen die Sümpfe und unwirtbaren Gegenden beleben und vertilgen eine unsägliche Menge von Insekten. | Schaden. Schwerlich möchten uns diese lieblichen Vögel auf irgend eine Art nachteilig werden. II. Gattung: Weisse Meerschwalbe, Sterna L. Ihr Gefieder ist meistens weiss. Sommer- und Winterkleid sind nur am Kopfe auffallend unterschieden. Die Nacken- federn alter Vögel sind etwas verlängert und zugespitzt. Ihr Aufenthalt ist das Meer, nur einige wenige kommen auch an Landseen und Flüsse; sie lieben überall grosse, freie Wasserflächen, klares Wasser und kahle Ufer. Sie nähren sich hauptsächlich von Fischen, nach denen sie in das Wasser stossen, nur selten von kleinen Fröschchen, Froschlarven und Insekten; einige grosse Arten fressen auch Vogeleier und junge Vögel. Sie nisten selten einsam, sondern entweder unter anderen Sumpf- und Wasservögeln, neben anderen Arten ihrer Gattung, oder für sich in Gesellschaften, oft in ungeheuren Scharen vereint. Ihre zwei bis drei eiförmigen Eier legen sie auf das Trockene an eine wenig vertiefte Stelle, ohne weitere Unterlage auf Sand, Kies, Erde, ganz kurzen oder halbverdorrten Rasen oder kahles Gestein. | In Deutschland haben wir sieben Arten [—, wozu noch als Irrgäste vier Ausländer hier kurz beschrieben werden. — | Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. Fig. 4. Männchen im Sommerkleide. Tafel 11. | Fig. 5. Weibchen im Sommerkleide. Tafel 12. Fig. 1, 2. Männchen im Winterkleide. Tafel 135. Fig. 1. Jugendkleid. Tafel 57. Fig. 16—24. Eier. Kleine See- oder Meerschwalbe, kleine Schwalbenmöve, kleinste Möve, kleinste Fischmöve, kleinste zweifarbige Möve, spaltfüssige, pommersche, dänische Zwergseeschwalbe, kleiner Fischer, kleines Fischerlein, [— Steenbicker, lütje Backer, Plitik, Schirtmöve. | | | Fremde Trivialnamen: Arabisch: Dighez. Croatisch: Öigra mala. Czechisch: Rybäak maly. Dänisch: Dvaergterne, Benterne, Snipterne, Schönntjernk, Gnispe. Englisch: Lesser Tern, Little Tern. Finnisch: Prikkutira. Französisch: Petite hirondelle de mer, Sterne naine. Helgoländisch: Lit) Kerr. Holländisch: Dwerg-Zeezwaluw, Kleime Stern. Italienisch: Fraticello, BRondine di mare minore, Sterna minore. Lettisch: Masais sihrinsch. Polnisch: Rybotowka biatoczelma. Russisch: Kratchka malaya, Malaya-Martyschka, Malaja Martyschka. Schwedisch: Smätärna. Slovenisch: Malamabalka. Spanisch: Oatalintta, C'harranes, Moucheta, Xatrac. Ungarisch: Kıs scer. Linne, Syst. Nat. Ed. XII. p. 228 (1766). —] — Sterna minuta. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 608.n.4. — Lath. Ind. II. p. 809. Gmel. Linn. Il. c.n. 23. — 8. G. Gmelin. Nov. comm. Petrol. XV. p. 475. Buff. Ois. VIII. p. 337. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 68. — Id. Pl. enl. 996. — Sterna minuta. n. 19. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 162. n. 213. — Sterna metopoleucos. t. 12. £. 1. — Lath. Ind. II. p. 809. n. 22. — La petite Hirondelle de mer. Gerard. Tab. lem. II. p. 325. — Temm. Man. 2. Edit. II. p. 752. — Lesser Tern. Lath. Syn. VI. p. 364. n. 18. and Hooded Tern. p. 365. n. 21. — Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 320. n. 18. u. S. 322.n. 21. — Bewick, Brit. Birds II. p. 201. — Sterna minore. Stor. deg. Uce. V. tav. 541. — Fraticello. Savi, Orn. tose. III. p. 9. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 699. — Dessen orn. Taschenb. II. S. 383. n.7. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 463. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 265. n. 239. — Koch, Baier. Zool. I. S. 368. n. 230. — Brehm, Beitr. III. S. 724. — Dessen Lehrb. II. S. 692. — Dessen Naturg. a. V. Deutschlds. S. 790—791. — Gloger, schles. Faun. S. 52. n. 232. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 71. n. 252. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vög. S. 17. n. 223. — v. Homeyer, Vög. Pommerns S. 66. n. 214. — Naumanns Vög. alte Ausg. IH. S. 198. Taf. XXXVII. Fig, 55. Männchen im Frühlinge, Fig. 56. Jugendkl. u. Nachtr. S. 86. — [— Sterna minuta.. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 145. Taf. 254 (1840). — Sterna minuta. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVII (1840). — Sterna minuta. Schlegel, Rev. crit. p. CXXIX (1844), — Sterna minuta. Lindermeyer, Vög. Griechenl. p. 178 (1860). — Sterna minuta. Holmgren, Skand. Fogl. p. 955 (1866—1871). — Sterna minuta. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 461 (1867). — Sternula minuta. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1441 (1869— 74). — Sterna minuta. Wright, Finl. Fogl. II. p. 577 (1873). — Sterna minuta. Fallon, Ois. Belg. p. 198 (1875). — Sterna minuta. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 279. pl. 582 (1876). — Sterna minuta. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 559 (1882—84). — Sterna minuta. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Sternula minuta Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. XI. p. 35 (1886). — Sterna minuta. Reyes y Prosper, Av. Espaäa. p. 99 (1886). — Sternula minuta. Giglioli, Avif. ital. p. 418 (1886); p. 632 (1889). — Sterna minuta. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 427 (1887). — Sterna minuta. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 586 (1891). — Sterna minuta. Frivaldszky, Av. Hung. p. 180 (1891). — Sterna minuta. Brehm, Tierleben, Vög. 3. Aufl. III. p. 96 (1892). — Sterna minuta. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 156 (1892). — Sterna minuta. Oollett, Norg. Fuglef. p. 318 (1893—9. — Sterna minuta. Reiser, Orn. balcan, Il. p. 196 (1894); IV. p. 145 (1896). — Sterna minuta. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 116 (1896). — Sterna minuta.. Chernel, Magyarorszäg madarai Il. p. 62 (1899). Sterna minuta L. Reichenow, Vögel Afrikas I. p. 66, (1900). — Sterna minuta. Dresser, Man. of Palaearctie Birds, II, p. 815 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. LXXXV. Fig. 3, a—f (1845—1853). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 7. Fig. 3. (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, II, pl. CXXXIV, Fig. 1 (1856), — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 289. pl. 46 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds pl. 29 (1896). —] Kennzeichen der Art. ‚ Ihr sehr ähnliche Sterna argenten Pr. MAx VON WIED in Brasilien Die Stirn ist weiss, die zwei oder drei allerersten Schwung- federn sind dunkelschieferfarbig, auf den inneren Fahnen breit weiss gekantet; der Schwanz ganz weiss; die Fusswurzeln wenig über 13,5 mm hoch; Schnabel und Füsse bei den Alten orangegelb. Beschreibung. Dies ist unter den europäischen Meerschwalben die kleinste Art, vielleicht die kleinste aller bekannten; denn die soll etwas grösser sein. Mit einer anderen ist sie nicht zu ver- wechseln; denn selbst die kleineren Arten der vorhergehenden Gattung sind grösser und dunkler gefärbt. Ihr von Federn entblösster Körper hat ungefähr die Grösse des einer Feldlerche, die grossen Flügel, der lange Schnabel und Gabelschwanz geben ihr aber eine scheinbare Grösse, worin ihr jene nachstehen muss. Sie ist zwischen 18,8 und 21,2 cm lang; 47,1 bis 48,3 cm breit; die Flügel 17,1 cm lang; 120 der Schwanz aussen 7,4 bis 7,7 cm, an den Mittelfedern 4,7 cm lang. Die weiblichen Vögel sind oft bedeutend kleiner und 2,35 cm kürzer, nicht selten auch von gleicher Grösse mit den Männchen. Das Gefieder ist ganz wie an St. hirundo, an der Brust besonders dicht und pelzartig, im Nacken wenig verlängert, im Übrigen äusserst zart; die Flügel sehr lang, schmal und spitz, die etwas säbelförmig gebogenen Primärschwungfedern mit sehr starken, zurückschnellenden Schäften; der Schwanz anders als an Sterna macrura und St. hörundo, zwar tief gabel- förmig gespalten, die äussersten Federn aber nicht so schmal spiessartig, sondern mehr nach und nach in die eben nicht sehr schlanke Spitze auslaufend; die folgenden stufenweisse kürzer und von der Spitze herauf bald breiter, die mittelsten mit zugerundetem Ende. Die sich über ihn kreuzenden Flügel reichen mit ihren Spitzen 3 cm über die der Schwanzgabel hinaus. Der Schnabel ist verhältnismässig etwas gross und sehr schlank, doch lange nicht so wie bei St. cantiaca und St. Dougalli die Biegung der Firste auch viel schwächer, der Kiel bis zu Ende der sehr schmalen Spalte gerade, hier ein schwaches Eck bildend und dann schlank in die scharfe Spitze auslaufend; er ist sehr zusammengedrückt, nach vorn sehr schmal und sehr spitz, die äusserste Spitze oft abgebrochen, die scharfen Mundkanten etwas eingezogen und die obere Schneide ein wenig über die untere hinweggreifend; der Rachen ziemlich weit und tief bis unter das Auge gespalten. Das Nasenloch ist ein offener, kurzer, kaum 4 mm langer Ritz, 2 mm von den Stirnfedern anfangend. Der Schnabel ist 2,75 bis 3,1 cm lang, an der Wurzel fast 6 mm hoch und ziemlich 5 mm breit. Seine Farbe ist ein prächtiges Orangegelb, die Spitze hornschwarz, doch das äusserste Spitzchen oft licht hornbraun; der innere Schnabel, die Zunge und der Rachen ebenfalls orangegelb, etwas heller als von aussen. Diese rotgelbe Farbe ist sehr dauerhaft, wird im Tode nur etwas röter, am ausgetrockneten blassgelb. — An jungen Vögeln ist er anfänglich gelblichflleischfarben, spitze- wärts schwarzgrau. Das lebhafte Auge hat bei den Alten eine sehr dunkle, fast schwarzbraune, in der Jugend etwas lichter braune Iris, hier weisse, dort weiss und schwarzbefiederte Lider. Die Füsse sind klein und schwächlich; sie haben schlankere Läufe und Zehen als St. macrura und St. hörundo und sehr tief ausgeschnittene Schwimmhäute, besonders die zwischen der Mittel- und Innenzehe, sodass erstere oft bis beinahe ans erste Gelenk davon frei ist. Diese Ausschnitte sind bei manchen Individuen stärker, bei anderen schwächer, aber immer sehr auffallend. Die Hinterzehe ist sehr klein und schwächlich; die Krallen sind schlank, flach gebogen, schwach, sehr spitzig, auf der unteren Seite gefurcht, am inneren Rande scharf und der der Mittelzehe etwas vorstehend. Der häutige Überzug der Füsse ist auf dem Spann und den Zehenrücken seicht ge- schildert, übrigens alles sehr zart genarbt. Die Nacktheit über der Ferse ist gering, nur 2 bis 4 mm, der Lauf bis 15 mm lang, die Mittelzehe mit der 5 mm langen Kralle 15,7 bis 17,5 mm lang, die Hinterzehe mit der Kralle gegen 4 mm lang, wovon die Hälfte auf letztere kommt. Die Farbe der Füsse ist ein sehr lebhaftes Orangegelb, das im Tode eine etwas rötere Färbung erhält, an ausgestopften aber blassgelb wird; die Krallen sind schwarz. Bei jungen Vögeln sind die Füsse fleischfarbig, die Krallen braun mit schwärzlichen Spitzen. Das Dunenkleid sieht dem der Flussmeerschwalbe sehr ähnlich, aber die Kehle ist rein weiss. Die Jungen sind in demselben sehr kleine, niedliche Geschöpfchen, und ihre Bekleidung ist ungemein weich und zart. Das Jugendkleid, wo Schnabel und Füsse noch nicht gelb, sondern wie schon beschrieben aussehen, wo bei manchen das Schwärzliche des ersteren von der Spitze sich auf der ganzen Firste ausdehnt, hat folgende Farben und Zeichnungen: Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. Stirn und Oberkopf gelbbräunlichweiss, auf dem Scheitel etwas grau geschuppt, an den Zügeln etwas schiefergrau, in ein schwarzes Fleckchen vor dem Auge übergehend; die Schläfe und der hintere Teil der Ohrgegend grauschwarz, der Hinter- kopf und Nacken gelbbräunlich und stark schwarzgrau gewellt und geschuppt; der Oberrücken und Anfang der Schulter blass gelbbräunlich, mit schmalen schwarzgrauen Mondfleckchen vor dem gelblichen Endsaum der Federn; die grösseren Schulter- federn blass gelbbräunlich, mit durchschimmerndem Lichtgrau, mit schwarzgrauen feinen Schaftstrichen und einem eben so gefärbten Bogenstreif vor der braungelblichweissen Federkante; die hintersten Schwung- und Deckfedern ebenso gefärbt, die schwarzgraue Zeichnung aber mehr gezackt, an den Federenden fast pfeilförmig gezeichnet; die übrigen grossen und mittleren Flügeldeckfedern licht bläulichgrau, an den Enden braungelblich- weiss, die kleinen vor der Endkante, von letzterer Farbe, noch mit einem dunklen Mondfleckchen, die oberen längs dem Unterarmknochen schiefergrau, etwas lichter gesäumt; die Sekundärschwungfedern hell bläulichgrau, mit weissen oder selblichen Endkanten; die Primärschwingen schieferfarbig, an den Enden und auf den Innenfahnen mit weissen Kanten; die Fittichdeck- und Daumenfedern noch dunkler schieferfarbig, mit rostgelblichen Spitzenkanten; Flügelrändchen und Unter- flügel bis auf die silbergraue Spitze weiss; der Unterrücken gelblich und hellgrau geschuppt, auf dem Bürzel mit vielem sich vordrängenden Weiss; der Schwanz weiss; gegen seine Mitte aussen bläulich angeflogen, an den Spitzen der Federn schwach braungelblich und vor ihnen jede mit einem grauen Mondfleckchen, seine Unterseite, wie alle unteren Teile des Vogels bis zum Kinn herauf, rein weiss. Das Winterkleid, das diese jungen Vögel im ersten Herbste ihres Lebens, wenn sie nicht mehr in unseren Gegen- den angetroffen werden, anlegen, unterscheidet sich von dem der alten bloss an den Schwung- und Schwanzfedern des Jugendkleides, die sie ein volles Jahr behalten, die daher sehr kenntlich sind, obgleich an dem ebenfalls noch weniger tief segabelten Schwanze nach und nach der blaugraue Anflug nebst den gelblich und grau gezeichneten Federenden ver- schwindet und alles in Weiss abbleicht, wie es auch bei anderen jungen Meerschwalben stattfindet und öfter erwähnt ist. — Das Winterkleid der Alten ist nur wenig von ihrem hoch- zeitlichen oder Sommerkleide verschieden. Ist es ganz vollständig, — in welcher Gestalt wir sie nur aus den Ländern ihres Winteraufenthaltes erhalten können, — so hat der Kopf dieselbe Zeichnung und Farbe, sowie auch alle unteren Teile nur rein und blendend weiss sind; allein das sanfte, lichte Bläulichgrau des Mantels ist viel frischer (um nicht zu sagen dunkler) und überzieht vom Unterrücken abwärts auch den Bürzel, die Oberschwanzdecke und den Schwanz von obenher in einer kaum schwächeren Anlage, verläuft aber sanft an den Aussenseiten des Schwanzes in Weiss. Dieses Grau auf den obengenannten Teilen, die im Frühlings- und Sommer- kleide rein weiss sind, giebt den einzigen nicht unwich- tigen Unterschied von diesen; denn es ist, wenigstens auf dem Bürzel, den oberen Schwanzdeckfedern und den beiden Mittelfedern des Schwanzes, kein blosser Anflug, sondern eine die Federn durchdringende Färbung. Ausserdem sind auch die neuen Schwungfedern viel dunkler gefärbt, die drei vordersten wirklich schieferschwarz, nur durch den bekannten samt- artigen lichten Überzug, der jedoch bei dieser Art sehr schwach ist, etwas bedeckt und wie bestäubt. Die hochgelbe Farbe des Schnabels und der Füsse zieht etwas weniger ins Rote als im Frühjahr. Im hochzeitlichen oder Sommerkleide hat der Kopf folgende Zeichnung: Die Stirn bis zum Vorderscheitel ist weiss, und dies zieht an den Seiten, wie breite Augenbrauen, bis über das Auge, sodass es, von oben gesehen, in einem halbmond- förmigen Ausschnitt die Farbe des Scheitels begrenzt; ein mehr oder weniger breiter Zügel, von der Nasengegend bis ans Auge, die Schläfe, der ganze Oberkopf, Genick und Nacken samt- X SPWISWULOG VOPIOTYIOWUOGS "sog "Tınyeu °/, | wg uoyogiom q 'ueypuurw $ | 'SqfeMyssaag-31aMZ I ejnumm eulsIs oploppewwog un uoyauue z "SAqeMUYUOSS2g-usjsnyY “wneN einmeur eula]g uw uoysuurm see g "Oqfemudssag sıeönoq Juop !fesnoqg euls)S "PPPJWUMOoS mr uoyauuem see [| SATeMU9SSaS-ssn]J I opunuy eulsıg = PER -.- ung dreh 1 re ee aut » BEER HR ai Y M i Naar Ye Nr N Seel nes, ER SEEN, 3 rz _ nn a IR _ a DIYRT KAREL! ah y % $ x ER er ee zn > ze Fe ek u nr N x en REN u 2 ! 1 gt Fl) ! i N | | | u d i . ae ö af, u pr RA en Ri BRRSEMN BrR Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta LU. schwarz, neben diesem die Kopfseiten rein weiss. Auf dem unteren Nacken, am Schwarzen, fängt ein bläulichgrauer An- flug des weissen Grundes an und wird auf dem Rücken, den Schultern, den hinteren Schwung- und allen Flügeldeckfedern die herrschende Färbung, ein sehr lichtes, ungemein zartes Bläulichaschgrau (ebenso licht wie bei St. cantiaca und lichter als bei St. hirundo); gegen den Bürzel, wie an den Endkanten der längsten Schulter- und letzten Schwungfedern, verläuft diese liebliche, schwache Färbung in Weiss; die drei (selten zwei) vordersten Schwungfedern sind schieferschwarz, die erste mit sehr feinem weissem Aussensäumchen und weissem Schaft, die beiden folgenden mit mattschwarzen Schäften, alle sehr breit weiss auf der Kante der Innenfahne, eine Farbe, die mit dem Schafte parallel läuft, aber weit von der Spitze der Federn spitz endet; der weissgraue, puderartige Überzug ist an diesen Federn schon zum Teil abgerieben; die folgenden Primär- schwungfedern sind hell aschgrau mit weisser Kante an den Innenfahnen und bräunlich weissen, wurzelwärts braunen Schäften; die Sekundärschwungfedern licht bläulichgrau, an den Spitzen und einem grossen Teile der Innenfahnen weiss mit bräunlichen Schäften; die Fittichdeckfedern schiefergrau. Auf der unteren Seite des Flügels sind alle Federschäfte weiss, die längsten Federn mit einem dunkel silbergrauen Streifen längs dem Schafte und mit solchen Enden; der übrige Unter- flügel und das Flügelrändchen, sowie der Bürzel, der Schwanz mit seinen oberen und unteren Deckfedern und alle unteren Teile des Vogels bis zum Kinn herauf sind von einem blenden- den, an der Brust seidenartig glänzenden, ungemein reinen Weiss. Das herrliche Orangegelb des Schnabels und der Füsse hebt diese einfachen, sanft ineinander verfliessenden, nur am Kopfe abstrakten Farben des zarten Gefieders ausserordentlich. Sehr alte Vögel sind immer etwas grösser, besonders ihr Schnabel etwas länger und stärker, oft aber auch dessen äusserstes Spitzchen abgebrochen, dass es aussieht, als wäre dieser kleine Teil in meisselartiger Weise abgeschnitten. Die Körpergrösse ist indessen auch unter alten Vögeln recht verschieden und kann daher auch kein zuverlässiges Unter- scheidungszeichen zwischen Männchen und Weibchen, die sich auch in allem Übrigen gleich sehen, abgeben, obgleich wohl durchschnittlich die letzteren etwas kleiner als die ersteren sind. Bei einem von mir selbst bei einem Neste erlegten Pärchen war das Weibchen so auffallend kleiner, dass es in der Länge 2,3 cm weniger mass als sein Männchen, woran die etwas kürzeren Schwanzspiesse nur einen sehr geringen Anteil hatten; dabei waren beide alte Vögel. Im Laufe der Zeit, während der sie brüten und ihre Jungen erziehen, leidet das ungemein zarte Gefieder dieser Meerschwalben bedeutend durch Reibungen und den Einfluss der Witterung, das Weisse wird trüber, das bläuliche Grau noch bleicher, aber unsauberer, die ersten Schwungfedern dunkler, weil jener Überzug verschwindet, das Schwarz des Kopfes matter, von den Schwanzspiessen sind oft die eine oder beide Spitzen abgebrochen, und so sehen wir an demselben Gefieder das in seiner Art unvergleichlich schöne Aussehen vom Mai her zu Ende des Juli gewaltig verschlechtert. Der Hauptfederwechsel beginnt Ende Juli, wenn uns diese Vögel verlassen, bei vielen auch wohl erst im August, und wird in ihrer Abwesenheit unter einem milderen Himmel voll- endet. Auch die zweite Mauser geht dort, vermutlich im Februar und März, vor sich. Bekanntlich erstreckt sich diese nicht über die Schwung- und Schwanzfedern, von letzteren scheint jedoch das mittelste Paar auszuschliessen zu sein, weil es im Winterkleide ganz hell bläulichgrau aussieht und schwerlich in jenes reine Weiss, das es im Frühlingskleide hat, ab- bleichen kann, was vom blossen Anfluge der folgenden Schwanz- federpaare auf ihrer Aussenfahne eher zu glauben ist. [— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen vom 8. Juli 1866 aus Borkum und ein Weibchen ohne nähere An- gaben, befindlich im Braunschweigischen Museum, ein altes Männchen vom November von den Azoren aus dem Tring- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI, 121 Museum und ein junger Vogel vom 4. August 1898 von Föhr aus DE MAESs’ Sammlung. —|] “ Aufenthalt. Die Zwergmeerschwalbe ist eine ziemlich weit verbreitete Art, geht aber nicht so hoch nach Norden hinauf wie mehrere andere, in Europa und Asien wohl schwerlich bis zum 58. Grad nördlicher Breite. Sie ist im südlichsten Norwegen schon selten,!) weniger im südlichen Schweden, dann über viele Teile des südlichen europäischen und asiatischen Russ- land, namentlich am Schwarzen und Kaspischen Meer, am Irtisch und anderen Flüssen Sibiriens verbreitet, von der anderen Seite ausser den dänischen Inseln und den deutschen Küsten der Ost- und Nordsee, sowie der britischen Inseln, über sämtliche Küsten von Europa; doch wie es scheint, sind ihre Sommerwohnsitze häufiger die nördlichen und westlichen als die südlichen Küsten, die sie dagegen wieder im Winter häufiger bewohnt, wo sie in jenen gar nicht ist. [— In Europa finden sich ihre nördlichsten Brutplätze am Limfjord im nördlichen Jütland, im südlichen Schweden und im Gouvernement St. Petersburg (60. Grad nördlicher Breite). In den Ostseeländern tritt sie überall nur sparsam auf, und auch in südlicher gelegenen Küstenländern der Nord- see und des Atlantischen Oceans brütet sie nirgends in grosser Menge. Noch weniger ist dies im Binnenlande der Fall, ob- gleich manche Flüsse und Seen, soweit sie ihr steinige Ufer und Sandbänke bieten, von ihr bewohnt werden. In den europäischen Mittelmeerländern nistet sie von Spanien bis Griechenland und von den Balearen bis Cypern, im allgemeinen zahlreicher als weiter nördlich. KRÜPER berichtet: „Die Zwergmeerschwalbe ist sehr häufig in Griechenland und Kleinasien und kommt ziemlich spät an. Von Ende April ab findet man ihre Eier; am 29. April 1859 erhielt ich schon 16 Stück.“ Und HARTLAUB stellt folgende Beobachtungen zusammen: „Zugvogel auf den Oykladen; gemein im Frühlinge auf den Ionischen Inseln; im Frühling einzeln auf Corfu auf dem Zuge; brütet in Menge in den Lagunen von Missolunghi; gemein an den Küsten des Schwarzen Meeres.“ (MOMMSEN, Griechische Jahreszeiten.) In der Dobrudscha ist sie sehr gemein, besonders auf den Sandbänken im See Sinoe (SINTENIS). Auch die Nordküste Afrikas gehört noch zu ihrer Sommerheimat. Könıe schreibt (Journ. f. Ornith. 1888, 5. 287): „Sie überwintert nicht in Tunis, sondern erscheint dort mit Ausgang April oder Anfang Mai. Ihre Ankunft in Tunis fällt demnach ziemlich auf dieselbe Zeit (vielleicht acht Tage früher) wie bei uns zu Lande. Die wenigen Exemplare, die ich sah, waren am Rande des Elbahira-Sees bei Rades oder auf der Landenge zwischen Rades und Goletta. Mir schienen die beobachteten Stücke daselbst Brutvögel zu sein.“ Das letztere wird von SPATZ bestätigt (Journ. f. Ornith. 1893, S. 98). Im Winter zieht sie, besonders an der Westküste Afrikas, ab- wärts bis zum Kap der guten Hoffnung. REICHENOW traf sie am Strand von Guinea und HARTERT am unteren Niger, bei Lokodscha bis Loko am Benuö. Auch auf Madeira kommt sie hin und wieder vor, und in Ägypten ist sie nach KAISER Stand- und Strichvogel. Durch Asien verbreitet sie sich von den Lagunen Smyrnas über die Küsten des Schwarzen und Kaspi- schen Meeres und des Golfs von Persien, der Salzseen Persiens, Turkestans und Nordindiens bis China. Im Winter geht sie südwärts bis Ceylon und nach den Sundainseln. Nach SAUNDERS wird sie in Ceylon indessen ebenso wie in China durch Sterna sinensis GM. vertreten. —|] Sie kommt auch in Nordamerika von New York bis zum mexikanischen Meerbusen sehr häufig vor.) An der Küste von Pommern und Mecklenburg ist sie hin und wieder ge- mein, so an der Westküste von Jütland, an der von Schleswig- Holstein, Friesland, Holland und Nordfrankreich, aber im Innern der Länder ist sie es nur an manchen Flüssen und an einzelnen Landseen, so in Deutschland [— an den süd- !) COLLETT erwähnt nur ein zweimaliges unsicheres Vorkommen. J.R. ?) Das ist ein Irrtum. Hier wird sie durch Sierna antillarum Less. und Sterna superciliaris VIEILL. vertreten. J. R. 16 122 bayrischen Seen und am Lech, —] häufig an der Elbe bis hoch nach Sachsen hinauf und an mehreren Nebenflüssen; an der Oder bis weit in Schlesien, auch an der Weser, aber hauptsächlich am Rhein und seinen Nebenflüssen bis an den Bodensee, übrigens aber in der Schweiz [—, wenn auch an verschiedenen Seen, doch im ganzen —| selten. An der Donau mit ihren Nebenflüssen ist sie in manchen Gegenden ebenfalls häufig, und ich habe selbst noch am 1. September, einer Zeit, wo in Norddeutschland keine mehr gesehen wird, Belgrad gegenüber auf einer sandigen Donauinsel einige Pärchen angetroffen, die dort den Sommer über gewohnt hatten. Solche Gegenden Deutschlands, die zu entfernt von jenen Flüssen liegen, sehen sie selten und manche nie. Unser Anhalt hat diese Art häufig aufzuweisen; denn sie bewohnt die Elbe bis über Dresden hinauf, unsere Mulde stellenweise noch bis in die Gegend von Wurzen, die Saale aber nur bis ein paar Meilen von ihrem Ausflusse und wird auf dieser meistens nur als Streifer gesehen, weil ihr dieser Fluss weniger zusagt als jene beiden. Auf dem Zuge oder durch andere Veranlassungen dazu gebracht zeigt sie sich wegen der Nähe jener Wohnsitze dann auch oft genug auf Teichen und anderen stehenden Ge- wässern im Lande, besucht aber entferntere, z. B. den Salz- . und Süsssee im Mansfeldischen äusserst selten. Unsere Zwergmeerschwalbe scheint eine der am wenigsten zahlreichen Arten. Für Europa ist dies wenigstens aus- gemacht. Wenn man sie auch zu den gemeinen Vögeln zählen möchte, so wird man sie doch nirgends in so staunenerregender Anzahl beisammen treffen wie viele andere Arten dieser Gattung. An vielen deutschen Flüssen, namentlich an der Elbe und Mulde, ist sie jedoch die gemeinste oder viel häufiger als die Flussmeerschwalbe. Dass sie Zugvogel ist, geht schon aus dem Gesagten hervor. Sie gehört bei uns unter die wahren Sommervögel, kommt im Mai, oft erst gegen die Mitte desselben, zu uns und zieht im Juli und Anfang August schon wieder weg. Sehr selten wird noch in der letzten Hälfte dieses eine spät aus- gekommene junge bemerkt; noch später ist hier nie eine vor- gekommen, wogegen Süddeutschland schon einen Unterschied macht, wenn wir von LANDBECK (a. a. OÖ.) vernehmen, dass einmal noch am 18. September an einem Landsee im Württem- bergischen eine Gesellschaft durchziehender bemerkt und zwei davon geschossen wurden, wie ich denn selbst auch An- fang dieses Monats, wie schon erwähnt, auf der Donau an der serbischen Grenze noch einige antraf, die dort noch ganz heimisch waren. An der Ost- und Nordsee verschwinden sie auch Anfang August, und diese scheinen die nämliche Strasse zu wandern, wie andere dort im Sommer wohnende Meer- schwalben, nämlich längs der europäischen Küste, also süd- westlich, bis an die des westlichen Afrika, weil man sie in der Zugperiode vorzüglich häufig auch auf den Kanarischen Inseln angetroffen hat. Diejenigen aber, welche die ersten Sommermonate an den Gewässern des Festlandes zubringen, mögen dagegen gewisse Striche über Land haben oder grossen- teils dem Laufe der Flüsse auf ihren Reisen folgen und des- wegen viele Gegenden nicht berühren, wo dann die Donau vielleicht eine ihrer Hauptstrassen ist. Sie ziehen teils am Tage, teils des Nachts, oft einzeln oder paarweise, gewöhnlicher aber in kleinen Gesellschaften, am Meere auch wohl in grösseren, aber nie in solchen Scharen wie viele andere dieser Gattung. Sie fliegen dabei unermesslich hoch, und es gewährt einen herrlichen Anblick, diese flugfertigen, kühnen Luftsegler, die man vorher nicht sah, aus dieser Höhe in den schönsten Schwenkungen auf einen ihnen gelegenen Teich herabkommen, sich sättigen und dann wieder immer höher und höher steigen zu sehen, bis sie den Augen entschwinden. Wenn sie besuchs- weise zu einem vielleicht 7 bis 15 km vom Nistorte entfernten Gewässer kommen, fliegen sie lange nicht so hoch, und ihr ganzes Betragen zeigt auch nicht jene vom Wanderungstriebe angefachte Eile. Merkwürdigerweise ist unsere Zwergmeerschwalbe eine Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. Bewohnerin bald der salzigen (rewässer oder des Meeres, bald der süssen und fliessenden Gewässer, und wenn sie hierin auch der Flussmeerschwalbe ähnelt, so zeigt sie dabei doch noch eine besondere Eigentümlichkeit, nämlich die, dass sie für einen längeren Aufenthalt durchaus nur Sand- oder Kiesboden mit seichtem und klarem Wasser will. Sie wohnt daher nur an solchen Flüssen oder an Stellen derselben, deren Bett sehr weit und deren Boden sandig oder kiesig ist, mit vielen seichten Wasserstellen, über die sich Kies- oder Sandbänke erheben; nie an solchen, deren Bette steinig ist, deren Ufer aus hohen Felsen besteht, die das Wasser einengen und die dann gewöhn- lich auch tiefes Wasser haben. Wo ein Strom meistens lehmigen Boden hat, wie im allgemeinen die Donau von Wien abwärts, schlägt keine dieser Meerschwalben ihren Wohnsitz anderswo auf, als an den einzelnen Stellen, wo auch Sand- oder Kies- bänke vorkommen, und dies sind bis zur serbischen Grenze nicht viele. Ohne Vergleich mehr dergleichen hat die Elbe; aber es liegt auch in deren weitem Bette kein Kies- oder Sand- häger von nicht ganz unbedeutendem Umfange, der im Sommer nicht von diesen Vögeln bewohnt würde, oft sogar an recht lebhaften Orten. Ebenso sucht sie am Meer nur solche Küsten und Inseln, wo es stellenweise sandige Ufer, sandige Landzungen und Sandbänke giebt. In der oft erwähnten Gegend an der schleswig-holsteinischen Küste, wo man sie übrigens überall herumfliegen sieht, traf ich sie nur sehr häufig auf der kleinen Insel Südfall, weil diese an der einen Seite sandig ist, und dann auf der einzigen Sandstelle an der Südseite der fetten Insel Pellworm. Dass sie nicht Amrum, nicht Sylt bewohnte, wo es Sand genug gab, machte eine andere Eigentümlichkeit, nämlich der Hang zu einer Art von Einsamkeit, weil sie nicht gern unter anderen Vögeln, am wenigsten unter anderen Meer- schwalbenarten wohnen mag.!) Dies scheint nun zwar bei denen an unseren Flüssen wohnenden, wo sehr gewöhnlich auch andere Vögel und die Flussmeerschwalbe denselben Kieshäger zum gemeinschaftlichen Wohnplatze haben, nicht so; allein der aufmerksame Beobachter wird auch hier finden, dass die Schuld mehr an jenen liegt, dass, wo es der Platz erlaubt, die Zwergmeerschwalben sich immer absondern, am wenigsten sich mit ihrer Gattungsverwandtin gemein machen. Oft hat der Fluss auf lange Strecken ein zu enges Bett, daher zu tiefes Wasser und die nötigen Sandbänke nur an wenigen Stellen, wo dann alles Geflügel sich auf diesen zusammen drängen muss. Wo das Flussbett sehr weit ist und jene ihr zusagenden Eigenschaften hat, ist es ihr gleich, ob das eigentliche Ufer nackt oder bewaldet sei, oder ob neben den kahlen Kies- und Sandbänken auch mit dichtem und hohem Weidengebüsch besetzte vorkommen. Sie bestreicht den Fluss unaufhörlich, oft Stunden weit auf und ab, unterlässt es nicht, die nahen Altwasser, Teiche und Wasserlachen mit abzustreichen, entfernt sich aber nur bei Überschwemmungen weiter ins Land hinein, um einstweilen frei liegende klare Teiche zu besuchen. In Brüchen oder Morästen trafen wir sie nie an. Auf den Teichen bei meinem Wohnorte, die dicht am Dorfe liegen, erscheint sie auf ihrem eigentlichen Zuge sehr selten, aber in der Nist- zeit Öfter und immer ganz unerwartet, um ihren Hunger zu stillen und dann weiter zu streichen; ihr Erscheinen ist aber dann ein untrügliches Zeichen davon, dass die drei bis vier Stunden entfernte Elbe oder Mulde plötzlich angeschwollen sei, ihre Wohnplätze überschwemmt und ihre Brut vernichtet habe. Ihren Aufenthalt nimmt sie am liebsten an einsamen Orten, und dies wird am Meere am auffallendsten. An unseren Flüssen scheint es oft nicht so; ungescheut sieht man sie hier stromauf-, stromabwärts an Häusern, Mühlen, Brücken und bei Städten vorüberstreichen, sogar ihren Wohnsitz zuweilen im Angesicht derselben aufschlagen, z. B. auf einem sehr grossen Kieshäger im dort mehrere hundert Schritt breiten Bette des Elbstroms neben der sehr lebhaften Überfahrtstelle bei Aken. !) Sie ist damals nur NAUMANNS Beobachtung entgangen; thatsächlich kommt sie auf allen nordfriesischen Inseln vor, die ihr zum Nisten passende steinige Ufer bieten, und ich wüsste keine, bei der dies nicht der Fall. J. R. Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta 1. 133 Gegen Abend versammeln sich alle zu einer Gesellschaft gehörenden aufdem gemeinschaftlichen Wohnplatze und machen, ehe sie sich zur Ruhe begeben, vielen Lärm; erst mit Ende der Dämmerung nimmt jede ihr Plätzchen auf trockenem Boden und oft mitten auf der Kiesbank ein, wobei ihr Geschwätz bis in die Nacht hinein. dauert; dann ruhen sie, nicht sehr entfernt von einander, auf dem Bauche liegend, bis in die Morgen- dämmerung, lassen sich jetzt wieder fleissig hören, verweilen aber gewöhnlich bis nach Sonnenaufgang in der Nähe ihrer Schlafstellen und beginnen jetzt erst ihre fernen Streifzüge. Eigenschaften. Die Zwergmeerschwalbe giebt an Schönheit keiner anderen ihrer Gattung etwas nach, und dass man hier alles im verjüngten Maßstabe sieht, erhöht den Reiz für den Beschauer. Die schlanke Gestalt, prächtige Farbe des Schnabels und der nied- lichen Füsschen, die Zartheit des Gefieders, seine Reinheit, seine sanften Farben sind unvergleichlich beim eben getöteten Vogel, aber noch ungleich schöner und von unbeschreiblicher Lieblichkeit am lebenden, wovon auch der noch so sauber und gut erhaltene ausgestopfte keinen Begriff geben kann. Man zaudert, das zarte Geschöpf zu betasten, um nicht sein unvergleichlich sauberes Aussehen zu verletzen, und es that mir immer leid, einen flügellahm geschossenen oder sonst nicht gleich tötlich getroffenen von diesen herrlichen Vögeln töten zu müssen. Nie und durch keine Kunstwäsche ist dem einmal mit Blut oder sonst besudelten Gefieder jene ursprüngliche Reinheit und Anmut wiederzugeben. Sie unterscheidet sich schon in der Ferne durch ihre geringe Grösse und ihre ungemeine Beweglichkeit sehr leicht von allen anderen Arten. In letzterer ähnelt sie der Brand- meerschwalbe, unterscheidet sich aber sehr von den gemäch- licheren kleinen Arten der folgenden Familie. Ihr Stehen und Gehen ist dem aller übrigen ähnlich; sie übt es nicht oft, sitzt auch nie lange an einer Stelle, auf einer Sandbank oder an andern wenig erhabenen Orten und trippelt daselbst auch wohl ein wenig umher, ohne jemals anhaltend und weit weg- zulaufen. Bei stürmischer Witterung ruht sie öfter, aber auch nie lange an einem Orte aus. Noch seltener ruht sie auf dem Wasser, schwimmt dabei nicht weiter und thut dies hier, wie jenes auf festem Boden, mit demselben Anstande wie die anderen. Viel vorteilhafter ist ihr Aussehen im Fluge, worin das niedliche, schlanke Geschöpf die grösste und anmutigste Be- hendigkeit entwickelt. Nur wenn sie gemächlich gerade fort- streicht, wird etwas Wankendes oder Unstätes darin sichtbar, weil sich bei jedem Flügelschlage der leichte Körper etwas hebt, bei jedem Ausholen aber wieder etwas senkt und dadurch in einer schlängelnden Linie fortgeschoben wird; dann sind dazu die langen Flügel nicht ganz, nur bis an die Handwurzel, gerade ausgestreckt, vom Handgelenk bis zur Spitze aber in einer mehr parallelen Lage mit dem Rumpfe und Schwanze gehalten; im anderen Fluge machen sie dagegen am Hand- gelenk einen mehr oder weniger stumpfen Winkel. Langsam sieht man sie selten fliegen; sie scheint beständig Eile zu haben, schwingt dann die Flügel hastig in weiten Schlägen auf und nieder, dies zuweilen sehr unregelmässig, erhält sich flatternd an einer Stelle, schiesst in Bogen auf und ab, macht blitz- schnelle Wendungen nach jeder Richtung, und man wird nicht müde, den zahllosen Schwenkungen, die von grosser Kraft und ausserordentlicher Gewandtheit zeugen, mit den Augen zu folgen. [— Sie giebt (nach DROSTE) in der Behendigkeit keiner einzigen Art etwas nach, ja, dürfte eher alle darin über- treffen. Sie gleicht in ihren Bewegungen einer kentischen Meerschwalbe, fliegt wie diese rascher als die anderen Arten und schlägt die Flügel schneller. Trotzdem scheint sie sich, wie GÄTKE richtig bemerkt, dem weiten Meere nicht sewachsen zu fühlen, denn bei Helgoland ist sie eine nur höchst aus- nahmsweise und vereinzelte Erscheinung. —] Schweben, ohne sichtliche Flügelbewegung, und sich in Kreisen drehen kann sie auch, dies oft beim Herablassen aus der Höhe, aber ihr Aufsteigen geschieht unter einigem Flattern, wie sie denn beim Aufsetzen auf die Erde die Flügel meistens noch einige Augenblicke ausgestreckt senkrecht emporhält und dann sie erst an den Leib und über dem Schwanze ins Kreuz legt. Sie ist eine der lebhaftesten und die flinkste ihrer Gattung, immer unruhig und heiteren Sinnes, zumal bei heiterem und warmem Wetter; denn Regen und Sturm machen sie sehr miss- launig. Begegnen sich zwei dieser munteren Vögel, so drücken sie ihre Freude durch lautes Schreien aus; bald kommt eine dritte, eine vierte hinzu, das Geschrei vervielfacht sich, die Töne folgen hastiger, und es beginnt ein gegenseitiges Necken, wobei sie die herrlichsten Schwenkungen machen; solche Scenen des Frohsinns und Übermutes wiederholen sich an gut besetzten Wohnplätzen täglich viele Male. Sie machen sich dadurch sehr bemerklich, selbst Leuten angenehm, die sonst auf dergleichen nicht zu achten pflegen. Selten scheinen ihre Neckereien und Spiele in wirklichen Zank auszuarten, wenigstens ist es dann nur ein kurzes Aufbrausen und bald vorüber. Bei allen ihren Handlungen verliert die listige Zwerg- meerschwalbe den nahenden Menschen nicht aus den Augen, und ihr Misstrauen verliert sich nur da etwas, wo sie oft und viel Menschen zu sehen bekommt, aber von keinem verfolgt wird. An solchen Orten würde sie leicht oder oft geschossen werden können; an einsamen Plätzen ist sie dagegen viel vor- sichtiger und wird es selbst am Nistplatze um so mehr, als sie daselbst wiederholt Nachstellungen erfuhr; sie hat solche sogar im nächsten Jahr noch nicht vergessen und darf deshalb auch wohl unter die klugen Vögel gezählt werden. Gesellig ist sie eigentlich nur gegen ihresgleichen, dies auch nicht in dem Grade, wie manche andere dieser Gattung; denn nur am Meer und in der Zugzeit sieht man bisweilen wohl Hunderte beisammen, aber nie so viele an einem Brutorte, am wenigsten an unseren Flüssen, wo sie vielmehr verteilt, in kleinen Vereinen von weniger als zehn Paaren und noch viel öfter nur in einzelnen oder einigen Paaren beisammen leben. Es ist schon berührt, dass sie sich nicht zur Gesell- schaft der Flussmeerschwalbe drängt und unter welchen Umständen sie dennoch oft mitihr denselben Brutort teilt. Beide Arten kommen auch oft genug für sich allein vor, und auf weiten Kiesbänken brüten sie auch nie beisammen. Viel auf- fallender ist die Zuneigung der Zwergmeerschwalbe zu den kleinen Regenpfeiferarten; vielleicht ist es auch umgekehrt. Doch hat an unseren Flüssen der Flussregenpfeifer (Charadrius dubsus) hin und wieder Brutplätze für sich allein; dagegen sah ich nicht einen der Zwergmeerschwalben, an welchem jene munteren Vögel gefehlt hätten, immer waren daselbst beide gar nicht verwandte Arten vertraulich unter einander gemischt. Ebenso kommt es am Meer, wo bekanntlich jener nicht nistet, mit dem Seeregenpfeifer (Char. alexandrinus) zuweilen vor, doch nicht oft, weil beide dort eine besondere Beschaffenheit des Nistplatzes verlangen und diese Verschiedenheit sich selten in einem vereinigt. [— Auf den Inseln und Halligen der Nordsee ist es eigentlich Regel, dass mit der Zwergseeschwalbe der Deeregenpfeifer zusammen nistet; Stellen, die allen Ansprüchen beider genügen, finden sich fast überall. —] An die lebhaften bunten Vereine von vielerlei Strandvögeln schliesst sie sich so wenig an, wie an die in grossen Haufen beisammen lebenden anderer Meerschwalbenarten. Ihr Hang zur Abgeschiedenheit wird auf von sehr vielerlei und zahlreichem Geflügel bewohnten Inseln sehr auffallend. Ihre Stimme lässt sie häufig hören und ist daran sehr kenntlich. [— Schweigsamkeit ist, wie VON DROSTE schreibt, nicht ihre Tugend, und gleichviel was sie unternimmt, sie ver- bindet es mit einem gelegentlichen Gespräche, das bei grösseren Vereinen in ein kreischendes Stimmengewirr ausartet. —] Ob- gleich die Töne denen der übrigen Arten nicht unähnlich sind, so haben sie doch bei grösserer Höhe nicht das unangenehme Kreischende, dabei aber doch mehr Härte als die der vorher- gehenden Gattung. Am Nistorte schreit sie viel, wo sie nicht heimisch ist, seltener. Am häufigsten hört man ein scharfes Chrek 16* 124 oder Krek, seltener ein längeres Kräik, dies nur wenn sich ihnen etwas Auffallendes oder eine Gefahr zeigt. [— Ich habe ihren gewöhnlichen Ruf immer mit einem etwas knarrenden wriet „verdeutscht“. —] Häufig oder oft, doch nicht schnell nach- einander, stossen sie jenes Kreck und Keck aus, wenn ihrer Brut Gefahr droht, auch wenn sich mehrere begegnen und bei ihren Neckereien, wo dann die Silben aber so hastig folgen, dass es sich in keckerreck, kickerek u. s. w. umwandelt, auch wohl wie käckedderekek klingt, so dass aus mehreren Kehlen zugleich ein eigentümliches Schäckern daraus entsteht, das man in weiter Ferne noch vernimmt. Wenn sich diese fröhlichen Geschöpfe gegen Abend am Wohn- und Schlaforte versammeln, machen sie den meisten Lärm, und das dazwischen ertönende flötenartige Trillern der neben ihnen wohnenden Flussregenpfeifer belebt unsere Flüsse dann auf eine an- genehme Weise. Der allen Meerschwalben eigene krähenartige Ton ist auch ihr Hauptlockton; er lässt sich mit den Silben Kriäh und Kliiäh versinnlichen, wenn man sie langsam und vorn schnarchend ausspricht, und ist weit hörbar. [— VOIGT, der sich eigens zum Zweck des Studiums der Vogelstimmen längere Zeit auf unseren Nordseeinseln aufhielt, schreibt (Seite 235 seines Exkursionsbuches): „Das typische Krrjä hörte ich nicht oft, obwohl es am Platze sehr lebhaft zuging. Am meisten riefen sie witt, witt oder wätt, wätt, ähnlich, aber lauter und härter als Rauchschwalben, oft zwei-, dreimal in tieferer Lage, dann ein höheres dazwischen mit hartem Stoss nach oben und dies mehrmal im Wechsel. Dazu kamen harte Trrr oder krrt.“ DROoSTE vermerkte auch einen zweisilbigen Kirek- Ruf. Im Herumjagen verbinden sie die Laute zu wechselvollen Reihen. —] Die Jungen piepen kläglich, bis sie selbständig werden und das Piepen nach und nach in die Töne der Alten übergeht. | Nahrung. Auch bei dieser Art sind Fische, und zwar ganz junge oder sehr kleine, bis zu 6 cm lang, die Lieblingsnahrung; ein 7 em langer Ukelei (Oypr. alburnus) macht ihr, weil sie keinen Fisch zerstückeln kann, schon viel zu schaffen, wenn sie ihn sanz hinunterwürgen will. Das Wasser unserer Flüsse ist so sehr von dieser Fischart, die sich vor allen anderen meistens an der Oberfläche aufhält, bevölkert, dass man annehmen darf, sie sei es vorzüglich, die ihr den Aufenthalt an jenen so an- senehm macht. Auch Gründlinge (Cottus gobio) und Stich- linge (Gasterosteus aculeatus) fängt sie, sonst auch junge Brut srösserer, aber nicht der breiteren Arten. ‘ Ausserdem fängt sie auch Insekten und deren Larven, die im Wasser leben, z. B. von Schwimm- oder Wasserkäfern, Libellen, Haften und anderen, doch nur, wo sie nicht Fische genug hat oder wenn diese, wie an manchen Tagen, sich der Oberfläche des Wassers zu wenig nähern. Am Meere ist die junge Brut der Garnelen und Krabben (Orangon vulgaris) eins ihrer häufigsten Nahrungsmittel. Alle muss sie lebend haben und sich selbst fangen können. Den ganzen Tag fliegt sie über dem Wasser auf weite Strecken hin und her, um jene Nahrungsmittel aufzusuchen, wobei sie den Blick unverwandt auf das Wasser richtet, so dass der Schnabel lotrecht herabhängt und der Kopf bald auf diese, bald auf jene Seite gewendet wird, je nachdem sie mit dem einen oder andern Auge schärfer sehen will. Nur im eilenden Fluge und wo es nichts zu fangen giebt, ist der Schnabel ziemlich wagerecht vorgestreckt. Ihre Sehkraft muss sehr gross sein; denn sie fliegt beim Aufsuchen jener nicht immer niedrig, nicht oft unter zehn Fuss, häufig aber viel, zuweilen wohl drei- mal höher, hält augenblicklich an, wo ihr scharfer Blick etwas Taugliches im Wasser bemerkt, flattert oder rüttelt, an der Stelle bleibend, bis sich ein Geschöpfchen ihrem Stosse darbietet und stürzt jetzt mit angelegten Flügeln blitzschnell, wie ein fallender Stein aufs Wasser, ohne jedoch gänzlich unter die Oberfläche einzutauchen, stösst selten fehl und verschluckt die Beute, wenn sie nicht zu gross oder für die Ihrigen bestimmt ist, sobald sie sich aus dem Wasser und einige Fuss hoch Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. wieder in die Luft erhoben hat. [— Ob und wie häufig sie fehl stösst, hängt namentlich von der Beschaffenheit und Be- wegung des Wassers ab. Nicht selten taucht sie auch so tief in die Flut, dass sie für einen Augenblick ganz verschwindet. — Mit einem zu grossen Fischchen trägt sie sich oft lange im Schnabel herum, weil sie vor dem Verschlucken es erst durch fortgesetztes Kneipen biegsamer machen muss; es ereignet sich daher häufig, dass ihr eine andere ihrer Art während dem begegnet, es ihr abtreibt, eine dritte es dieser. ebenso macht und so das Fischehen von Schnabel zu Schnabel geht, ehe es eine verschlingen kann, zuletzt auch wohl auf die Erde herab fällt und allen verloren geht. Bei allen diesen Beschäftigungen entwickelt sie eine Flugfertigkeit und eine Anmut in den Be- wegungen, die in Erstaunen setzen. Hierin ist sie nur der Brandmeerschwalbe gleich zu stellen; alle andern werden darin von ihr übertroffen, und an Beweglichkeit bleibt auch jene noch hinter ihr zurück. Fortpflanzung. An den im Vorhergehenden näher bezeichneten Sommer- aufenthaltsorten hat die Zwergmeerschwalbe ihre Brutplätze sowohl an den Strömen und Flüssen tief im Innern der Länder als am Meeresstrande und auf Inseln im Meer: hier, wo die Küste niedrig und sandig ist, dort, wo jene ein sehr weites Bett und in diesem bei gewöhnlichem Wasserstande trocken liegende, ausgedehnte Sand- und Kieslagen, Bänke und flache Inselchen haben. Bei ihrer Ankunft im Mai merkt man es ihnen sehr bald an, welchen Platz sie für die Fortpflanzungs- geschäfte ausgewählt haben; sie sind die meiste Zeit in dessen Nähe, treiben da herum ihre fröhlichen und lärmenden Spiele, lassen sich am Tage viel öfter als sonst und anderswo auf ihm nieder und übernachten auch daselbst. Teilen ihn mehrere Pärchen, so wird ihr munteres Treiben um desto auffallender; überhaupt kommen einsam nistende Paare selten vor. Eine Hauptsache bei solchem Platze ist, dass er eine einsame oder doch eine solche Lage habe, wo ihn selten Menschen betreten. An Flüssen sind es immer die abgelegensten Orte, häufig solche, wo ihr Lauf eine schnelle Wendung macht und daher an einer Seite Sand und Kies in grossen Massen angeschwemmt wurden; an grossen Strömen nicht allein Ufer, sondern auch oft die aus dem Wasser sich erhebenden grossen Kies- und Sandbänke, entfernt genug vom Lande und ohne Fahrzeug nicht so leicht zu betreten, von Menschen daher sehr selten besucht, obwohl oft im Angesicht oder wenige hundert Schritte von sehr leb- haften Übergangsstellen gelegen. An der See nisten sie auf bewohnten Inseln auch nur an den abgelegensten Orten, auf einsamen Landzungen oder auf kleinen unbewohnten Inseln. Es ist schon vorläufig bemerkt, dass sie sich an andere Meerschwalbenarten nie anschliessen, dass nur die Flussmeer- schwalbe oft in ihrer Nähe nistet, dass aber ein geselliger Verband mit ihr nicht bemerkt wird. An unseren Flüssen, wo [— die Zwergmeerschwalbe ungleich häufiger als jene ist, findet man gar viele Brutplätze, wo —|] keine von jenen in ihrer Nähe nistet und wo beide Arten einen grossen Kies- häger bewohnen, hat ebenfalls jede ihre besonderen Stellen inne. Am Meere nistet sie fern von allen Gattungsverwandten, in Vereinen von oft vielen Paaren, aber bloss von ihrer Art. Sonderbar genug steht dieser Hang zur Abgeschieden- heit im Widerspruche zu ihrer Neigung für ein geselliges Bei- sammensein mit einer gar nicht verwandten Vogelart, dem Flussregenpfeifer, mit dem sie, wenigstens an der Mulde und Elbe, stets ihren Brutplatz teilt. Nicht einen ihrer Brut- plätze an diesen Flüssen sah ich, wo nicht auch Pärchen des Charadrius dubius ihre Nester zwischen den ihrigen, auf mehrere oder nur einige Schritte entfernt, angebracht gehabt hätten. Am Meere tritt, wo es sein kann, der Seeregen- pfeifer (Oh. alexandrinus) an die Stelle jenes, d.h. wo an aus- gedehnte Rasenflächen sich ein sandiger Strand unmittelbar an- schliesst, auf dem die Zwergmeerschwalbe ihre Eier gleich ihm zwischen verwitterte Conchylien legt. Auf Pellworm propyısjuuM F OGIEMUISASS-SSnIJ 77 opunımy eu121g 'Spjy.15jurL MN wIr uoydguM € DATEMYISSSS-uUSIsSnN 'wuneN eınıdeuw eulsJg Sprapyojury WE uoyouugW zZ 'T DAIEMUISS2S-313MZ 77T ejnumu eulsIS ANA AB NN Bann, Yu v en RT AN Sr RN Tu 5 198 "BR ge A a TEL EEE % las . d GER VT YET, al 2 ERTTENERERT NTI Ver N a a - re 1 ee An, REN, a pie nn N nn ur 25 per % a ET ER ee = r En an a ae Lan e Be ee; 2 rn ge en nF ne ’ Erser 2) Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. sah ich an dessen Südküste eine solche Stelle, wo die Nester beider Arten sich untereinander mischten, die grosse Mehrzahl aber unserer Zwergmeerschwalbe angehörte; der Ort lag ebenfalls fern von menschlichem Verkehr und fern von allen andern reich besetzten Brutplätzen dort gewöhnlicher Strand- und Seevögel. Das Nest ist bloss eine zum Teil vorgefundene oder ganz selbst bereitete kleine Vertiefung des Bodens. Im reinen Sande habe ich es nie gefunden, ungeachtet ich hunderte dieser Nester sah und schon in meinen Kinderjahren diesen lieblichen Vögeln nebst ihren Nistkameraden nachgeschlichen bin. Zwar . habe ich am Meere gar viele auf sandigem Boden gefunden, weil Kies dort selten vorkommen mag, allein niemals auf dem reinen Sande, sondern allemal an solchen Stellen, wo von den Wellen angetriebene, wenn auch nicht von weitem schon in die Augen fallende, kleine Bänke oder Streifen verwitterter Muscheln und dergleichen lagen, allemal zwischen diesen; eine Eigenheit, die der Seeregenpfeifer mit ihnen teilt. Warum dieser wie jene ihre Eier nie auf den nackten Sand legen, ist nicht schwer zu erraten; denn auf diesem liegend würden sie jedem Feinde schon von weitem in die Augen fallen, während sie zwischen den Fragmenten von Schnecken, Muscheln, Krebs- schalen, Tangstückchen und dergleichen viel schwerer zu ent- decken und selbst vom darnach suchenden Menschen nicht so ganz leicht aufzufinden sind. Ebenso ist es bei den an unseren Flüssen nistenden Meerschwalben dieser Art; sie legen, vom Instinkt geleitet und ganz gewiss aus demselben Grunde, ihre Nester, gleich dem mit ihnen vergesellschafteten Fluss- regenpfeifer, niemals auf dem nackten Sande, sondern allein auf Kiesboden an, und die Eier sind hier von den gleich- farbigen und häufig gleichgrossen Kieselsteinchen der nächsten Umgebungen wirklich so schwer zu unterscheiden, dass selbst das geübte Auge Mühe hat sie herauszufinden. —!) [— Dagegen berichtet REISER (l. c., IV, S. 145), dass im Delta der Bojara alle Zwergseeschwalben ihre Eier ohne die geringste Unter- lage auf den feinen warmen Dünensand hingelegt hatten. —|] Übrigens sind diese Nester, auch wenn sie mit denen jener Regenpfeifer abwechseln, nie dicht neben einander angelegt, sondern es bleibt zwischen einem von diesen und jenen durch- einander immer oder mit wenigen Ausnahmen ein Raum von einigen, oft mehreren Schritten, und eine eben nicht sehr zahl- reiche Gesellschaft braucht daher oft einen Platz von ziem- lichem Umfange dazu. Wo indessen der Raum beengter und die Gesellschaft zahlreicher ist, sollen sie die Nester auch etwas dichter nebeneinander anlegen. — An der Elbe und Mulde sieht man oft auch den Flussuferläufer (Tringoides hypoleucus) die Gesellschaft der Meerschwalben und Regenpfeifer vermehren, weil sein Nistort, aber von ganz anderer Art, gewöhnlich nicht ganz fern von denen jener liegt. Gegen Ende des Mai sieht man am Nistplatze oft, wie nach längerem oder kürzerem Herumtreiben die Gatten sich auf den Boden niedersetzen und unter vielem Herumtrippeln und Flattern die Begattung vollziehen; dies geschieht fast immer in der Nähe des Wassers und der Neststelle, die gewöhnlich auf dem sich mehr erhebenden Teil der Bank, näher oder ent- fernter, zuweilen wohl 30 bis 40 Schritte vom Wasserrande, stets auf trockenem Boden, sich befindet, sodass in Flüssen das Wasser 1 bis 3 Fuss über den gewöhnlichen Stand an- schwellen kann, ehe es manche Nester erreicht, was jedoch gar häufig vorfällt und dann alles zerstört wird. Die Eier liegen auf dem blossen Boden; ich habe wenigstens nie ein Nest gesehen, das etwas mehr als einige unbedeutende Hälmchen, die ich für zufällig vom Winde zusammen getrieben hielt, ent- halten hätte. Vondenen desFlussregenpfeifers unterscheiden sie sich leicht an der noch grösseren Kunstlosigkeit, und nie findet man eins, aus dem die grösseren Steinchen so sorgfältig !) An Orten, wo es ziemlich klares Steingeröll am Meere giebt, sollen sie ihre Nester zwischen solchem anlegen und sie davon den bei den Be- wohnern der Inseln auf der Westküste Schleswigs bekannten Namen Steen- pieker erhalten haben. Naum. 125 entfernt wären, dass die übrigen, wie bei jenem, einem gleich- förmigen Pflaster ähnlich würden; es ist auch weder so tief noch so nett gerundet. Manchmal noch im Mai, oft auch erst mit Anfang des Juni, fängt das Weibchen an zu legen. Die Zahl der Eier für ein Nest ist drei, oder auch nur zwei, diese aber wohl nur, wenn es die Eier schon mehrmals verloren hat und die Lege- kraft schwächer wird; niemals habe ich deren vier in einem Neste gefunden, und an der Zahl drei lehrten mich schon in früher Jugend meine Mitschüler sie von den Nestern der Flussregenpfeifer (die bekanntlich vier legen) unterscheiden. Diese Eier haben die Grösse und Gestalt der Elstereier, (Pica pica), dabei aber eine ganz andere Färbung. Sie sind 30,4 bis 33,4 mm lang und 20,6 bis 23,2 mm breit, meistens schön eiförmig, doch am schwächeren Ende etwas schnell zugespitzt, zuweilen auch etwas bauchig, die höchste Wölbung nämlich der Mitte nahe, auch sehen manche etwas dick aus, weil das stumpfe Ende ziemlich kurz zugerundet ist. [— Nach 50 von Rey gemessenen Exemplaren beträgt das Durchschnittsmaß 31,9x 23,6 mm; das Maximum 34,3 x 24,0 und 32,8 x 25,0 mm; das Minimum 30,0 x 23,0 und 31,0 x 21,0 mm; das durchschnitt- liche Gewicht 0,571 g. Nach 30 von SCHALOW gemessenen mär- kischen Eiern betrug das Maximum 33 x 25, das Minimum 30 x 22, der Durchschnitt 31,58 x 23,18 mm? 28 Eier, die BLasıus photographiert und gemessen, zeigen folgende Maße: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 32,1 mm 24,9 mm 14,0 mm 31,6 „ Ber 145 „ SLT n 228 1350, 334 5 230 150 „ 30,8 „ DA Fr 135 „ 30,3 2:0: 135 „ 32,1 ; 24,0 , IERCREN Ir;Bn., 22,2, 15,0 „ 35,6 , 25,0 „ 16,0 , 35,0 „ a,b); #55 Jo; 330% 242 , 15,0 „ 35,1 n 23,5 N 15,9 n 34,0 24,0 „ 16,0 , 33:1%,,, 243 , 145 „ 30,0 , 248 „ 15,0« % 337 240 „ 145 , SE, 246 145 , e: i 23,0 „ 14,0 „ Gelege! 32,2, 230 „ 15,9: ,, le; 23,0, 13,50 337, 23,0 , 15,5 , 33,0 „ Bahr 12003 Bar: 5 22,50, 140 „ 33,2. , 23,87 yola hd, Or, 3l2 „ 228 7 155 „ 31,6 „ 24,0, 140 „ HR, 233 , 145 , 32,0 „ SSdR. 140 Ihre Schale ist von sehr zartem Aussehen, aber glanzlos; ihre Grundfarbe von einem trüben Rostgelb durch alle Abstu- fungen von blassem Ockergelb in Rostgelblichweiss und in Thon- weiss. Die Zeichnung besteht bei den hellgrundigen in schön hell- aschgrauen, bei den dunkleren in violettgrauen grösseren und kleineren Schalenflecken und Punkten, auf der Oberfläche in tief- braunen, auch braunschwarzen Flecken und Punkten, auch wohl einzelnen Schnörkeln. Bei der Mehrzahl sind die Flecke gross und wenig Punkte dazwischen, dann aber die ganze Zeichnung spar- sam; wogegen diejenigen, an denen die Zeichenfarbe fast lauter feine Punkte mit wenigen stärkeren Tüpfeln vermischt bildet, sehr viel Zeichnung haben, die bei vielen ziemlich gleichförmig über die ganze Fläche verteilt ist, bei anderen gegen das spitze Ende viel sparsamer als am entgegengesetzten steht, bei noch anderen gegen das stumpfe Ende einen unzusammenhängenden Fleckenkranz bildet; endlich giebt es auch welche, an denen 126 hin und wieder ein paar Punkte oder Tüpfel durch eine krumme Linie aneinander gehängt oder sonst mit einigen kurzen Schnörkeln besetzt sind. Alle diese Verschiedenheiten sind in- dessen nicht so erheblich, dass diese Eier nicht stets kenntlich blieben, lange nicht so gross, wie bei vielen anderen Arten der Gattung. Mit denen der St. hirundo haben sie viel Ähnlich- keit, sind aber um vieles kleiner, auch heller und reiner gefärbt. Die grösste Ähnlichkeit haben sie, sonderbar genug, in Gestalt, Zeichnung und Abstufung der Farben, kurz in allem, mit denen der St. tschegrava, diese sind aber gerade noch einmal so gross. — Die kreiselförmigen, gelblichen, viel feiner gezeichneten, auch kleineren Eier des Charadrius dubius sind leicht zu unterscheiden; etwas schwerer die gleichgrossen, doch anders, obgleich nicht sehr kreiselförmig gestalteten, aber anders gezeichneten Eier des Charadrius alexandrinus, was einer Erwähnung verdient, weil diese oder jene oftin der Nähe unserer Zwergmeerschwalbeneier gefunden werden und der Unkundige sich da leicht täuschen und nachher auch Andere täuschen kann. Männchen und Weibchen lösen sich im Brüten, das 14 bis 15 Tage dauert, zwar ab, allein ersteres brütet viel weniger als letzteres und dieses oder beide bei warmer Witterung und Sonnenschein am Tage fast gar nicht. Stunden lang liegen die Eier wie verlassen da, und wenn dann ja einmal einer der Gatten kommt und sich darauf legt, so verlässt er sie doch oft in weniger als einem Viertelstündchen schon wieder für mehrere Stunden u.s. w. Nur anhaltendes Regenwetter hält sie länger über den Eiern fest. Sie lieben sie sehr und gebärden sich ungemein ängstlich, wenn sich ein Mensch oder grösseres Tier denselben nähert, kommen aber dabei den Menschen nicht an allen Orten so nahe, wie viele andere ihrer Gattung. Wenn man an nicht stark besetzte Brutorte bei schönem Wetter um die Mittagszeit kommt, findet man oftmals nicht einen der Vögel gegenwärtig; es dauert aber nicht lange, und alle kommen, einer nach dem andern, mit vielem Geschrei herbeigeflogen. An grösseren Brutplätzen am Meer ist es etwas anders; diese sind nie ganz verwaist, immer einzelne Vögel in der Nähe, deren Schreien bald mehrere und in kurzem den ganzen Schwarm herbeilockt, weil sie dort eine freiere Aussicht über die ganze Umgegend haben und jeder Feind schon von weitem wenigstens von einzelnen bemerkt wird, durch deren Geschrei bald mehrere zusammen zu rufen sind, dies alles in viel kürzerer Zeit als es ihnen an den Flüssen, wegen des oft krummen Laufs dieser, durch Waldungen und sonst verdeckte Gegenden möglich wird. [— W. CHRISTOLEIT berichtet nach seinen diesjährigen Be- obachtungen über Zwergseeschwalben — vielleicht als ver- schwindenden Rest einer durch die Anlage des Seekanals ver- nichteten Kolonie — am Nordufer des Frischen Haffs: „In den letzten Tagen des Monats Mai kamen die Vögel an und hielten sich von da an auch stets in der Nähe ihres Brutplatzes auf. Am 4. Juni fand ich in unmittelbarer Nachbarschaft von brüten- den Halsbandregenpfeifern die beiden — es hielten, wie mich spätere Beobachtungen lehrten, sich nur zwei Pärchen auf — vollständigen, aus je drei Eiern bestehenden Gelege. In einer flachen Mulde ganz ohne jegliche Unterlage lagen die Eier regellos nebeneinander in kiesischem, mit Muscheln vermischtem Sand, durch einen etwa 100 m breiten Wiesenstreifen von dem sehr belebten Königsberger Seekanal getrennt. Die Alten be- trieben ihre Nahrungsjagd hauptsächlich auf diesem und flogen nicht nach dem unweit liegenden freien Haff. An heissen Tagen — bei einer Temperatur von circa 18 Grad Celsius auf- wärts — wurde das Brutgeschäft der lieben Sonne überlassen, und die Vögel hielten sich dann recht still und heimlich, waren aber sofort da, sobald sich eine Gefahr zeigte, um den Stören- fried unter lebhaftem Geschrei zu umkreisen, und waren dabei dem Menschen gegenüber recht dreist. Näherte man sich je- doch dem Brutplatze am Abend oder bei kühlem Wetter, so flogen die brütenden Vögel schon auf sehr grosse Entfernung lautlos davon, kamen dann aber gleich bei weiterer Annäherung unter lautem Geschrei herbeigestrichen. Meine Hoffnung, die Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta L. Aufzucht der Jungen beobachten zu können, erfüllte sich leider nicht. Als ich einmal, durch lebhaftes Geschrei der Alten auf- merksam gemacht, den Sumpf durchwatete, um auf die Kies- bank zu gelangen, bemerkte ich auf derselben einige Nebel- krähen. Durch Schilf gedeckt gelang es mir bis auf Schussnähe heranzukommen, und ich konnte eine derselben noch gerade erlegen, als sie sich das vorletzte Ei gutschmecken lassen wollte. Die Seeschwalben stiessen wohl recht heftig auf die Räuber, jedoch ohne rechten Erfolg. Zu einer zweiten Brut schritten die Alten nicht und entschwanden etwa Mitte Juli.“ —] Die zarten Jungen bleiben nicht lange im Neste; sie ver- kriechen sich in den Umgebungen, hinter kleinen Steinen, in kleinen Vertiefungen niedergedrückt und stillliegend, wo die Farben ihres Dunenkleides sie sehr schwer von denen der bunten Kiesel unterscheiden lassen; auch zwischen Muscheln, Tang oder hinter dürren Pflanzenbüscheln. Auch durch ihr Piepen verraten sie sich nicht, sobald sie Menschen in der Nähe wittern. Nach weniger als zwei Wochen lernen sie schon flattern und bald den alten mit verlangendem Schreien folgen, und diese reichen ihnen dann die Insekten und Fischchen nicht mehr im Sitzen dar, sondern fliegend, wie Schwalben, und es dauert, wie bei diesen, sehr lange, ehe die Jungen die Fertig- keit erlangen, sich selbst zu ernähren. [— REISER betont die grosse Ähnlichkeit der Zeichnung der Eischalen mit den eben ausgeschlüpften Dunenjungen. Er sagt von den letzteren: „Sie hatten 83mm Länge und waren wirklich allerliebste Dingerchen. Die Angst der alten Vögel war gross, drückte sich aber nicht so deutlich aus wie bei den anderen dort brütenden Vogelarten. —] Feinde. Auch sie muss dem Lerchenfalken zuweilen zur Beute dienen, wenn er sie überraschen oder müde machen kann; er besucht daher, wenn er in der Nähe wohnt, ihren Brutort öfter und greift sie auch auf der Wanderung an. Bei einem Wettstreit zweier so ausgezeichneter Flieger bleibt der Ausgang sewöhnlich lange zweifelhaft, doch muss der Falke öfter an Kräften erschöpft abziehen, wenn sein Angriff auf einen alten Vogel gerichtet ist, während er bei jungen leichter zum Zweck kommt. — Ihre Brut wird ihnen am Meere sehr oft von grossen Möven und Meerschwalben, an den Flüssen von Raben, Krähen und Elstern geraubt. Hier werden ihnen die Eier auch zuweilen von Menschen zufällig oder auch absichtlich zu Grunde gerichtet. In ihrem Gefieder wohnt ein mehreren verwandten Vögeln eigenes Schmarotzerinsekt, Docophorus melanocephalus, [— sowie Docophorus laricola, Colpocephalum ochraceum und Nirmus nyethe- merus, im Innern Echinorhynchus striatus GOEZE, Distomum cochlear Rup. und Schistocephalus dimorphus OREPLIN. —|] Durch das bei uns oft vorkommende Anschwellen und Austreten der Flüsse, gerade zu der Zeit, wenn sie Eier oder Junge haben, wird ihnen die Brut vertilgt und nur zu oft das Fortpflanzungsgeschäft für das Jahr hoffnungslos untersagt; auch am Meere kann bei ungewöhnlich hohen, mit Sturm ver- gesellschafteten Springfluten ein solcher Fall vorkommen. Jagd. Ihr vorsichtiges Betragen, ihr kleiner Körper, dem die grossen Flügel eine scheinbare Grösse geben, die er nicht hat, wozu auch das weisse Gefieder beiträgt, ihr unstäter, an schnellen, unerwarteten Abwechslungen und plötzlichen Wen- dungen reicher Flug erschweren den Schuss auf diese flinken Vögel, die selbst beim Neste nicht allenthalben dem Schützen nahe genug kommen. Im Sitzen hält keine schussrecht aus. An Flüssen ist ihnen indessen da leicht beizukommen, wo der Lauf des Wassers eine Krümmung macht, wenn sich da Busch- weiden oder sonst ein Hinterhalt befindet, aus dem sie der Schütze bei ihrem Hin- und Herstreichen ungesehen erlauern kann, zumal in der Nähe des Brutplatzes. Wenn sie, wie oft, paarweisse fliegen, so wird ein guter Schütze mit einem mit Vogeldunst geladenen Doppelgewehr, am richtigen Platze an- Die Zwerg-Meerschwalbe, Sterna minuta UL. gestellt, gewöhnlich beide Gatten erhalten; denn sowie der eine stürzt, schreit der andere jämmerlich und bleibt schwebend und flatternd über dem Unglücklichen hinreichend lange genug, um den tödlichen Schuss vom zweiten Rohre zu empfangen. Wird, wo sie es nicht ahnte, nach ihr geschossen ohne sie zu verletzen, so überschlägt sie sich im Fluge und macht Purzel- bäume bis fast auf das Wasser oder die Erde herab, erhebt sich dann und fliegt gemütlich weiter. Der Schütze, der diese Eigenheit, die man übrigens noch bei mehreren Meerschwalben- und Möven-, besonders bei den Raubmövenarten wiederfindet, nicht kennt, wähnt in den ersten Augenblicken, er habe sie getroffen und erstaunt nicht wenig, wenn er sie gleich darauf ganz gesund wegfliegen sieht. Der Raubvogel mit einer Beute in den Klauen lässt diese nach einem Schreckschusse sogleich fallen, nicht so die Meerschwalbe; diese giebt das Fischchen, das sie im Schnabel trägt, auch während der auf solchen Schreckschuss folgenden Purzelbäume nicht verloren, ja wenn sie wirklich tötlich getroffen ist, behält sie es noch fest im Schnabel und giebt so ihren Geist auf. Fangen könnte man sie auf dem Neste in Schlingen oder mit Leimruten. Nutzen. Dieser kann nur ganz gering sein, weil der kleine Körper, obwohl sein Fleisch etwas besser schmeckt als das der grösseren Arten, für die Küche keine Beachtung verdient, ebensowenig die ebenfalls zu kleinen, obgleich wohlschmeckenden Eier, die auch, meines Wissens, nirgends zum Verspeisen aufgesucht werden. [— Auf dem Markte in Pisa fand SCHALOW eine 127 Menge dieser Seeschwalben, die hier als Nahrungsmittel verkauft wurden. Die Eier werden auf den nordfriesischen Inseln wie die von anderen kleinen See- und Strandvögeln beim Suchen der grösseren Eier mitgenommen, bei der Aufteilung der Beute aber nicht mitgezählt. —|] Die munteren, regsamen Zwergmeerschwalben beleben die Gewässer auf eine sehr angenehme Weise; ihr weisses Gefieder, ihr rastloses Treiben, ihr schneller und gewandter . Flug mit den herrlichsten Abwechslungen, ihre Gewohnheit, überall auch durch ihre laute Stimme sich bemerklich zu machen und dergleichen mehr gefallen selbst Leuten, von denen man es oft nicht erwartet hätte. Schaden. Auch dieser kann nur höchst unbedeutend sein; wenigstens nimmt es ihnen am Meere kein Mensch übel, dass sie vorzugs- weise von kleinen Fischchen lebt, obwohl unverständige Fischer an unseren Strömen und Flüssen dies tun, den armen Zwerg- meerschwalben um der ganz kleinen Ukelei u.a. willen, von denen sie ihnen freilich manchen wegfischen, von Herzen gram sind, ihre Eier zertreten und die Jungen totschlagen, wenn sie selbige bei ihren Fischereien zufällig auffinden; ja auf dem Flusse fahrend bloss darum an einem Brutplatze landen, die Eier sorgfältig aufsuchen und sie dann zertreten, sahe ich mehrmals von ergrimmten Fischern, wo das Unglück dann natürlich nicht bloss die Meerschwalben, sondern auch die noch unschuldigeren kleineren Regenpfeifer zugleich mit traf. Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. Tafel 11. Fig. 1. Altes Männchen im Sommerkleide. Tafel 12. Fig. 4. Winterkleid. Tafel 13. ) Fig. 2. Jugendkleid. Fig. 3. Nestkleid. Tafel 35. Fig. 1—12. Eier. Gemeine, grosse, rotfüssige, aschgraue, schwarzköpfige, schwarzplattige, europäische Meer- oder Seeschwalbe, grosse Seeschwalbe mit gespaltenem Schwanze, schwarzplattige, gemeine Schwalbenmöve, kleinere Möve, kleine Fischmöve, Fisch- meive, [— Fischmeise, —] grauer Fischer, Rohrmöve, Rohrschwalm, Schwarzkopf, Spirer, Schnirring, Tänner, [— Kirre, Pink- meev, Bicker und Backer in Nordfriesland für alle Seeschwalben, Kasteen. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Öigra obiena, Striga, Galebic, Djipalo, Kadit, Fikelj, Artina, Artinica, Ribie. Czechisch: Rybäk obeeny. Dänisch: Almindelig Terne, Haetteterne, Stritte. Englisch: Common Tern, Sea-Swallow, Kirmew, Picket, Tarney, Pic- tarney, Tarrock, Spurre, Scraye, Gull-teaser. Finnisch: Kalatirra, Tiira, Tirro, Liiru, Kirra, Kalakaija. Französisch: Hürondelle de mer, Pierre-Garin, Sterne Hürondelle, Hirondelle-de-mer vulgaire, Sterne Pierre-Garin. Grusinisch: Metowla. Helgoländisch: Road-futted-Kerr. Holländisch: Zee-Zwaluw, Vischdiefje, Starre, Splitstaart, Jkstern, Sterentje. Italienisch: Rondina di mare, Pescarin. Lettisch: Upes sthrinsch. Madeirensisch: Garajao. Norwegisch: Makrelterne, Terne, Tedne. Polnisch: Rybotowka zwyezajna. Portugiesisch: Gaivina, Andorinha do mar. Russisch: Martyschka, Krashka rashnaya. Schwedisch: Fisktärna, Türna, Hüttentärna, Makrilltärna, Gliben, Trärp. Slovenisch: Bela &igra, Mahalka, Ribic, Beli ribic, Navadna mahalka. Spanisch: Oharrän de nuca negra, Gavina, larrdn. Ungarisch: Küszvdgo_cser. Sterna Hirundo. Linn. Syst. Nat. Ed. X. p. 137 (1758). —]) — Sterna Hirundo. Linn. Syst. I. p. 227. — Ibid. Faun. suec. p. 158. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 606.n.2. — Lath. Ind. II. p. 807. n. 15. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 156. n. 210. — Härondelle de mer Pierre-Garin. Buff. Ois. VII. p. 331. t. a. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 61.t.2.f£.1. — Id. Planch. enlum. 987. — Gerard. Tabl. &l&m. II. p. 322. — Temm. Man. 2. Edit. IL p. 740. — Greater and common Tern. Lath. Syn. VI. p. 361. — Übers. v. Bechstein, III. 2. 8. 317. n. 14. — Penn. arct. Zool. II. p. 524. — Übers. v. Zimmer- mann, I. S. 485. n. 365. — Bewick, Brit. Birds. II. p. 199. — Wilson, Amer. Orn. VII. p. 76. t..60. £. 1. — Rondine di mare. Savi, Orn. tose. III. p. 85. — Zee-swaluw. Sepp, Nederl. Vog. II. t. p. 105. — Bechstein, Naturgesch. Deutschl. IV. S. 682. — Dessen orn. Taschenb. II. S. 380. n. 4. — Wolf und Meyer, Taschenb. II. S. 459. —Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. S. 229. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 261. n. 236. — Koch, Bair. Zool. 1. 5. 866. n, 228. — Brehm, Beitr. III. S. 678. — Dessen Lehrb. II. S. 688. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 779—781. — Gloger, schles. Faun. S. 52. n. 231. = Landbeck, Vög. Württembergs. S. 71. u. 251. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommersch. Vög. 8. 17. n. 224. — v. Homeyer, Vög. Pommerhs,\S..66, n. 215. — Frisch, Vög. II. Taf. 219. — Naumanns Vög. alte Ausg. II. 8. 189. Taf. XXXVII. Fig. 52. Männchen im Frühlinge, u. Nachtr. 8. 173. — [— Sterna hürundo. Naum. Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 89. t. 252 (1840). — Sterna Hirundo. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVIL (1840). — Sterna hirundo. Schlegel, Rev. crit. p. OXXIX (1844). — Sterna hirundo. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 178 (1860). — Sterna hirundo. Holm- gren, Skand. Fogl. p. 950 (1866—71). — Sterna hirundo. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 456 (1867). — Sterna flwviatilis. Heuglin, Vög N.-O.-Afrik. II. p. 1418 (1869— 74). — Sterna flwviatilis. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 263. pl. 580 (1871). — Sterna hirundo. Wright, Finl. Fogl‘ II. p. 568 (1873). — Sterna hirundo. Fallon, Ois. Belg. p. 195 (1875). — Sterna flwviatilis. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. II. p. 549 (1882—84). — Sterna fluviatilis. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Sterna major. Olphe-Galliard, Orm. Eur. oec. fasc. XI. p. 28 (1886). — Sterna hirundo. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 99 (1886). — Sterna fiwiatilis. Giglioli, Avif. ital. (1886) p. 415 (1889) p. 630. — Sterna hirundo. Arövalo y Baca, Av. Espata p. 426 (1887). — Sterna hirundo. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 585 (1891). — Sterna hirundo. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 93 (189). — Sterna hirundo. Collett, Norg. Fuglef. p. 314 (1893—94). — Sterna flwviatilis. Frivaldszky, Av. Hung. p. 179 (1891). — Sterna hirundo, Brusina, ‚Croato-Serb. Vög. p. 156 (1892). — Sterna flwviatilis. Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 54 (1896). — Sterna hirundo. Reiser, Orn. balcan. II. p. 196 (1894). IV. p. 145 (1896). — Sterna hirundo. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 58 (1899). — Sterna hirundo. Reichenow, Vög. Afr. I. 1. Hälfte p. 64 (1900). — Sterna flwviatilis. Dresser, Man. of Palaearctie Birds II. p. 809 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXIV. Fig. 1 a—m (1845—1853). — Bädeker, Eier eur. ' Vög. Taf. 7. Fig. 1 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds II. p. 480 pl. CXXXIII Fig. 3 (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 280. pl. 46 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds p. 102. pl. 29 (1896). —] Anmerkung. Von den vorstehenden Citaten sind die aus älteren Werken alle unsicher, weil in vielen auch die folgende Art gemeint sein kann, die man in früheren Zeiten noch nicht von der hier gemeinten zu unterscheiden wusste. Selbst von LINNk weiss man es nicht ganz gewiss, welche Art er unter $. hirundo verstand. — Wenn bei früheren Schriftstellern von Varietäten die Rede war, wie z. B. im Latham (a. a. O.) die mit schwarzen Füssen von der Hudsonsbai, so sind es andere Arten, so wie GRABAS (Ss. dessen Reise nach den Färöern, 8. 218) St. brachytarsa gewiss weder zu dieser noch zur folgenden gehört, sondern eigene Art ist. Naum. um das Jahr 1819 entdeckten mehrere Forscher zugleich die Artverschiedenheit beider, worauf ich schon zwei Jahre früher durch NırzscH, der damals mehrere in Spiritus von der Nordsee und zugleich von unserer Mulde und Elbe durch mich erhalten hatte, aufmerksam gemacht worden war. Sie unter- scheidet sich von der etwas kleineren oder nur schwächlicheren Kennzeichen der Art. Die Füsse und der Schnabel scharlach- oder mennigrot, dieser von der schlanken Spitze weit herauf schwarz; der dunkle Streif auf der Innenfahne der ersten Schwungfeder, T cm vor der Spitze, 4 bis 5 mm breit; die Fusswurzel 17,5 bis 20,5 mm hoch; [— der Lauf länger als die Mittelzehe ohne Nagel. —] — Das Jugendkleid auf dem Mantel mit sehr bleichen Wellen und Mondflecken. Beschreibung. Unsere gemeine Flussmeerschwalbe wurde früher mit der Küstenmeerschwalbe für eine Art gehalten. Erst St. macrura, ausser obigem, an dem etwas robusteren Körper- bau, dem längeren, dem Rücken nach gebogeneren und schlanker zugespitzten Schnabel, an den grösseren Füssen, den etwas kürzeren und breiteren Schwanzfedern, kürzeren Spiessen und an dem stets weisseren Unterkörper. Hat man zum Vergleichen beide nebeneinander, oder kann man beide im Freien be- propyueunet "DgfeMmuyassag-ssnig I opunımy eulsıg < SAEMUYISSIS-uUSJSHYN 'wneN eınmew euUIsIS F opıoTapussnf SaTemy9saag-ssn[J I opunımy euls]sS z 'aqlemussaas-Zismz 7 ejnumu eulsIg j un neu %), ar u) y hr Nm van EEE LA I EN Ne Te ee ra ee Muh art anne neh = . ee en ir, El DEATIHT SS. en Fe ge . u 4 =. En N et Sr ae mer 2 a N Be EEE Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. obachten, so hält es gar nicht schwer, der wichtigen Unter- schiede, die sie als Arten trennen, so viele zu finden, dass alle Zweifel dagegen schwinden müssen. In der Grösse, bloss dem Rumpfe nach, kommt sie einer Misteldrossel nahe, allein ihre ungemein langen Flügel und der lange Gabelschwanz geben ihr ein ungleich grösseres Aussehen. Sie misst in der Länge 30,6 bis 33, selten 35,3 cm, die Flugbreite 73 bis 77,6 cm; der Flügel vom Handgelenk bis zur Spitze 26,5 bis 27,1 cm; der Schwanz aussen 14,7 bis 15,8 cm, wegen seines oft gegen 9,5 cm tiefen Ausschnittes aber die Mittelfedern nur 7 cm. Wegen der etwas kürzeren Schwanzspiesse messen die Weibchen in der Länge gewöhn- lich etwas weniger. Das Gefieder ist wie bei den anderen Arten, das am Ge- nick und auf dem Nacken nicht auffallend verlängert; die schwach säbelartig gebogenen Primärschwungfedern haben sehr starke Schäfte und ebenfalls jenen hell aschgrauen sammet- artigen Überzug, der sich durch den Gebrauch stark abreibt, wovon aber die schmale Aussenfahne der vordersten frei ist. Der Schwanz hat schmale, doch noch etwas breitere Federn als der der folgenden Art, von denen die mittelsten kurz, die folgenden schmal zugerundet sind, die vierte schon etwas mehr schräg nach aussen, die fünfte ebenso noch stärker verschmälert, die sechste oder äusserste endlich ganz schmal und spitz aus- läuft und 3,5 bis 4 cm länger als die vorige ist. Die Spitzen der ruhenden Flügel ragen immer etwas, oft 3,5 bis 4,7 cm über die Schwanzspitze hinaus [—, doch ist dies Verhältnis bei verschiedenen Individuen sehr wechselnd. —] Der mittelgrosse Schnabel ist der Firste nach sehr schwach aber gleichmässig bis zur Spitze gebogen, am Kiel, soweit die Spalte reicht, das ist bis in die Mitte, gerade, wo ein schwaches Eck vortritt, von dem er schräg und sanft in die Spitze aufsteigt, wodurch im ganzen eine sehr schlanke, dünne und scharfe Spitze entsteht, die bei dem der folgenden Art viel kürzer ist. Auch die Schneiden sind etwas, aber nur sehr schwach bogenförmig, merklich eingezogen, sehr scharf und scherenartig etwas ineinander greifend, der ganze Schnabel sehr zusammengedrückt, an Firste und Kiel bedeutend schmal; der weite Rachen bis unter das Auge gespalten. Das Nasen- loch liegt in einer schmalen Höhle nahe neben den Stirnfedern und ist ein 5 mm langer, gleichweiter, durchsichtiger Ritz. Der Schnabel ist bis an die Stirn 3,4, bis in den Mund- winkel 4,9 cm lang, an der Stirn 8 mm hoch und 6 mm breit. Rachen und Zunge sind lebhaft orangerot, das Äussere des Schnabels röter, prächtig mennig- oder scharlachrot, die Schnabelspitze 6 bis 12 mm lang schwarz, ja dieses Schwarz zieht sich, besonders am Öberschnabel, oft bis in die Mitte herauf, wo es im Roten verläuft. Die jüngeren Vögel haben mehr Schwarz am Schnabel als die alten, aber auch diese stets viel mehr davon als jemals ein Individuum der folgenden Art. An einem einjährigen Weibchen (am 19. Juni erlegt) war der orangerote Schnabel auf der Firste von der Stirn bis fast zur Mitte stark schwarz angelaufen, das Schwarz der Spitze reichte auch 13 mm herauf und schloss sich oben sogar an ersteres an. — In früher Jugend ist der Schnabel fleischfarbig, später gelbrötlich, die Firste und Spitze braunschwarz. Die Iris der etwas kleinen Augen ist lebhaft rötlich- schwarzbraun oder tief nussbraun, die Augenlider bei den Alten gewöhnlich schwarz, bei einzelnen auch an einer kleinen Stelle nach unten weiss befiedert. Junge Vögel haben früher eine mattbraune, später eine rotbraune Iris und weiss befiederte Lider. Die Füsse sind stark und stämmig, für die Grösse des Vogels zwar klein, doch verhältnismässig viel grösser als die der folgenden Art. Sie haben wenig zusammengedrückte Läufe, starke Gelenke, sind über der Ferse wenig nackt; die Vorderzehen kürzer als der Lauf, die etwas höher stehende Hinterzehe sehr klein; die Schwimmhäute wenig ausgeschnitten, dies bloss bei einzelnen Stücken an der inneren Schwimmhaut etwas bemerklicher; die hintere Kralle sehr klein, die vorderen Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 129 grösser, am grössten die der Mittelzehe, alle sehr schmal, sanft gebogen, nadelspitz, unten gerieft, die mittelste auf der Seite nach innen mit scharfer Schneide. Der Überzug der Füsse ist nur auf dem Spann grob, auf den Zehenrücken feiner, übrigens sehr fein geschildert, dieSchwimmhaut ausserordentlich zart genarbt. Der Unterschenkel ist 6 mm von der Ferse hinauf nackt, aber dies wird gewöhnlich von den Schenkel- federn verdeckt; der Lauf 18 bis 20, selten 20,5 mm lang; die Mittelzehe mit der über 6 mm langen Kralle 21,5 bis 22,5 mm, die Hinterzehe mit der 2 mm langen Kralle gegen 6 mm lang. Die Füsse samt Schwimmhäuten und Sohlen haben eine sehr lebhafte Farbe, besonders im Frübjahr; sie sind hell scharlachrot, dem Orangerot sich nähernd, oder hoch mennig- rot, so lebhaft wie die Blumen des Papaver orientale; im Herbste hell orangerot; die Krallen stets glänzend schwarz. Bei den Jungen sind sie anfänglich fleischfarben, später blass rotgelb. Die rote Farbe der Füsse wie des Schnabels der alten Vögel ist eine sehr dauerhafte; sie wird nach dem Ableben etwas dunkler, wenn aber jene Teile völlig ausgetrocknet sind, selbrot, und dies hält sich lange Jahre, bis es nach und nach endlich bleich wird, jedoch seine ehemalige Schönheit ahnen lässt. Die der Jungen werden, wenn sie ausgetrocknet, hell und dunkel hornfarbig. | Wenn die junge Meerschwalbe dieser Art dem Ei ent- schlüpft ist, trägt sie ein aus äusserst weichem, dichtem, ziemlich langem, auf dem Kopfe haarartigem Flaum bestehendes Dunen- kleid von folgender Färbung: Kopf, Hinterhals, sowie der Rumpf oben und an den Seiten sind blass gelbbräunlichgrau, auf dem Hinterkopfe und Nacken, auch an den Schläfen mit zerstreuten schwärzlichen Flecken, auf und neben dem Rücken mit grösseren schwarzgrauen Flecken, die vier etwas undeut- liche Längsreihen bilden, auch auf dem Flügel und an den Seiten noch mit einzelnen solchen Flecken; ein Fleckchen vor dem Auge und die ganze Kehle matt rostbraun; von hier an aber alle unteren Teile rein weiss. Hinsichtlich der Grund- farbe und Flecke an den oberen Teilen sind sich alle Jungen ganz gleich, bald heller oder dunkler, bald mehr oder weniger gefleckt. Das Schnäbelchen ist gewöhnlich fleischfarbig, vor der Spitze schwärzlich, diese weiss; die Füsse gelblich fleisch- farben; die Iris graubraun. Das Jugendkleid, wenn der Vogel völlig flugbar, ist viel heller gefärbt als das der Küstenmeerschwalbe in diesem Alter. Der Schnabel ist oben braun, an der Spitze schwärzlich, nach hinten schmutzig, am Mundwinkel und Unter- kiefer mit einem gelbroten Anstrich; die Iris rötlichbraun; die Füsse rötlichgelb. Vor dem Auge steht ein schwarzes Mond- fleckchen; die Stirn und der Vorderscheitel sind weiss, beide mit schwächer oder stärker bräunlichem Anfluge und letzterer mit mattschwarzen Schaftfleckchen oder Schaftstrichen, der Hinterkopf bis auf den Nacken hinab mattschwarz oder braun- schwarz, an den Seiten der Federn etwas graulich gerändert; der Rücken, die Schultern, mittleren Flügeldeck- und hinteren Schwungfedern sanft und sehr licht bläulichaschgrau, jede Feder mit gelbweissem (früher düster rostgelbem, jetzt schon verbleichtem) Ende, vor dem ein halbverloschener dunkel brauner Mondfleck, der an den grösseren Federn hinten über dem Flügel meistens noch eine zickzack- oder wellenförmige schwarzbraune Begrenzung zwischen dem gelbweissen Ende zeigt. Das Flügelrändchen ist weiss, die kleinen Deckfedern auf dem Unterarm, in einem Streif, schwarzgrau, aschgrau ge- kantet; die Sekundärschwung- und ihre Deckfedern licht asch- grau mit weissen Enden; die Primärschwungfedern hell asch- grau, an den weiss (früher rostgelblich) gekanteten Enden und die vorderste auf der ganzen Aussenfahne dunkel schiefergrau, mit weissen Schäften und auf dem Rande der Innenfahne mit einem, an den vordersten nicht bis zur Spitze reichenden weissen Längsbande; die Schwanzfedern weiss, auf den Aussenfahnen sehr licht aschgrau, was am Rande der äussersten in Schiefer- grau übergeht, alle mit rostgelblichen Spitzen; alle unteren 17 150 Teile, vom Kinn bis zum Schwanzende rein weiss; an den Seiten des Kropfes zeigt sich bei manchen ein aus rostgrauen Federspitzen gebildeter dunkler Fleck; der Unterflügel weiss mit grauer Spitze. Der Schwanz ist nicht tief gespalten und hat noch keine eigentlichen Spiessfedern. Die dunklen Zeichnungen auf dem Mantel dieser jungen Meerschwalbe sind nie stark aufgetragen, oft sogar, zumal wenn das Individuum schon lange geflogen hat, sehr bleich und undeutlich, bei manchen nur noch an den grösseren Schulter-, den letzten Schwung- und einigen grösseren Deck- federn des Hinterflügels deutlich. Von der jungen Dougalls- meerschwalbe unterscheiden sie sich schon hierdurch, auch sind bei dieser die braunen Zeichnungen mehr wellenartig und zusammenhängender, und der Nacken hat viel mehr und seit- wärts verbreiteteres Schwarz. Noch viel auffallender unter- scheiden sich beide von den Jungen der Küstenmeer- schwalbe, die einen viel dunkler gefärbten und gezeichneten Mantel haben, überhaupt stets stärker gefleckt sind. Die jungen Vögel verlassen unsere Gegenden noch un- vermausert und legen ihr erstes Winterkleid im fernen Süden an. Es ist mir nicht bekannt, wahrscheinlich aber von dem der Alten nicht bedeutend verschieden. Das Winterkleid alter Vögel ist [— 1840 —] eben so wenig vollständig bekannt, weil sie es fern von uns anlegen und selten bei ihrem Wegzuge, noch seltener bei ihrer Rückkehr einige Federn desselben bemerkbar sind; dies namentlich am Kopfe, wo sich an den Zügeln und der Stirn mehr oder weniger weisse Federchen zwischen den schwarzen zeigen, die darauf hin- deuten, dass auch bei dieser Art im Winterkleide Stirn und Zügel (diese bis auf ein kleines Fleckchen vor dem Auge) weiss, der Mittelscheitel weiss, fein schwarz gefleckt oder gestrichelt, Hinterkopf und Nacken aber meistens schwarz sind. Ein am 19. Juni erlegtes einjähriges Weibchen berechtigt mich am meisten zu dieser Annahme; es hatte nämlich noch so viel weisse Federn, — hier nämlich alte, vom nicht ganz abgelegten Winterkleide, — an jenen Teilen, dass jene Zeichnung sich herausfinden liess und keinen Zweifel gestattete. [— Das Winterkleid ist dem Sommerkleid ähnlich, aber die Stirn und der Scheitel sind weiss gestrichelt und gefleckt, Schnabel und Füsse sind vom September ab viel stumpfer, die Unterseite blasser. —| Das Sommer- oder Hochzeitskleid zeichnet sich eben- falls durch grosse Einfachheit und zarte Färbung aus, zu der das Scharlachrot des Schnabels und der Füsse sich vortrefflich ausnimmt. Eine tief schwarze Kopfplatte nimmt die schmale Stirn, die obere Hälfte der Zügel, die Schläfe, den ganzen Ober- kopf, das Genick und den Nacken tief hinab ein und schneidet scharf ab von dem Weiss der unteren Zügelhälfte, der Wangen und Halsseiten; das Auge steht noch im Schwarzen, aber hart an der Grenze, und das untere Augenlid ist gewöhnlich schon ein Stückchen weiss befiedert; Rücken, Schultern und Ober- fügel sanft hell bläulichaschgrau, jedoch diese in der Meer- schwalben- und Mövengattung allgemeine und vorherrschende liebliche Farbe, wenigstens im frischen Zustande, hier etwas gesättigter als in verschiedenen anderen Arien; die Daumen- federn und die Fittichdeckfedern etwas dunkler; die Primär- schwungfedern von aussen mit jenem samtartigen, weisslich aschgrauen Überzuge auf einem dunkel schieferfarbigen Grunde, der an den Enden der vordersten am ersten hervortritt; die Aussenfahne der allerersten frei von jenem, schieferschwarz, wurzelwärts fast ganz schwarz; die starren Schäfte aller weiss, an der Seite nach innen mit einer schwarzen Linie begrenzt; nächst dieser auf der Innenfahne mit einem schieferfarbigen Streif, der an der ersten am dunkelsten und zugleich am schärfsten begrenzt ist, an der Wurzel schmal anfängt, in ge- rader Linie an Breite zunimmt und endlich in die ganz so ge- färbte Spitze ausläuft, wo das reine Weiss des übrigen Teils der Innenfahne, das wurzelwärts sehr breit ist, an der Innen- kante 2,4 cm vor dem Ende sehr spitz endet. Nach diesem Muster sind auch die folgenden, aber je kürzer, desto bleicher Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. und breiter gezeichnet, doch mit dem Unterschiede, dass vom Hinterrande der Spitze rückwärts ein schwarzgrauer Streif mit weissen Aussensäumchen die innere weisse Hälfte der breiten Fahne ein Stück hinauf begrenzt; die Sekundärschwungfedern licht aschgrau, längs den schwärzlichen Schäften etwas dunkler, mit weissen Endkanten und vielem Weiss auf den Innenfahnen, die letzten wie die Schultern, an den Enden in Weiss ver- waschen. Auf der unteren Seite sind die Schwungfedern atlas- weiss, die dunklen Zeichnungen von oben nebst den Spitzen dunkel silbergrau, die unteren Flügeldeckfedern und das Flügel- rändcehen weiss. An allen unteren Teilen, vom Kinn und den Wangen ab bis zum Schwanz, herrscht die weisse Farbe, an der Brust aber bis auf den Kropf herauf nicht rein, sondern mit einem lichten silbergrauen Anfluge, der bei älteren und bei männlichen Vögeln stärker ist als bei den Weibchen und bei jüngeren Vögeln. Bei recht alten Männchen zieht er an den Seiten der Unterbrust, wo er stets am stärksten ist, ziemlich stark ins Hellblaugraue und hat bei solchen in der Fortpflanzungszeit, besonders wenn sie recht wohlbeleibt sind, einen angenehm purpurrötlichen Schein. Der Bürzel nebst den oberen und unteren Deckfedern des Schwanzes und dieser selbst sind weiss, die Aussenfahne der äussersten (längsten) Schwanzfeder schieferfarbig oder doch dunkel aschgrau; die der beiden folgenden aschgrau; die der vierten sehr licht asch- grau und die fünfte nur grau angeflogen, bloss die Mittelfedern rein weiss; bei vielen ist jedoch dies Aschgrau mit Ausnahme der äussersten Feder sehr licht, bei manchen sind nur zwei bis drei Federn grau und alle übrigen rein weiss, sowie auch durch Abbleichen viel davon verloren geht, sodass es im Früh- jahr viel deutlicher dasteht als in den Sommermonaten. Das Weibchen ist schwer vom Männchen zu unter- scheiden, die schwarze Kopfplatte reicht gewöhnlich nicht so tief auf den Hinterhals hinab; die Schwanzspiesse sind etwas kürzer; die äussere Fahne der längsten Schwanzfeder ist nicht so dunkel, die der anderen auch blasser, oft nur noch eine oder zwei derselben grau, alle übrigen weiss; auch die Aussen- fahne der ersten Schwungfeder ist heller schieferfarbig. In der Brutzeit ist der Unterkörper vermutlich von dem Liegen auf gelbem Boden bräunlichgelb überlaufen, beim Weibchen mehr als beim Männchen. Alle diese geringen Abweichungen können jedoch nur dann mit Sicherheit zum Unterscheiden der Geschlechter dienen, wenn man beide nebeneinander hat; ein- zeln bleiben sie immer unzuverlässig, weil die jüngeren Männchen den älteren Weibchen darin ganz gleich kommen. Im Laufe des Sommers bleicht das zarte Aschblau des Mantels sehr auffallend ab, und das sämtliche Gefieder verliert durch Abreiben sehr viel von seiner früheren Anmut; auch das Weisse wird trübe, der blaugrauliche Anflug der Brust ver- schwindet und wird gelblicher, einem beschmutzten Weiss ähn- lich; an den nicht von den anderen bedeckten Teilen der Schwungfedern reibt sich jener samtartige Überzug so sehr ab, dass die dunkelgefärbten Fahnen teilweise mehr und mehr ganz frei davon werden und daher dunkel schieferfarbig er- scheinen; auch sind von den Schwanzspiessen oft einer oder gar beide an den Enden stark verletzt oder abgebrochen. Hält man einen im Anfang des Mai erlegten Vogel dieser Art gegen einen im August getöteten, so wird man keine geringen Unter- schiede zwischen beiden finden. Die Hauptmauser tritt zu Ende des Juli oder erst im August ein, gerade, wenn sie die Brutgegend und überhaupt unser Land verlassen, um unter einem wärmeren Himmelsstrich zu überwintern, wo sie erst die Mauser spät im Herbst be- endigen, auch die Frühlingsmauser vollbringen. Sowohl beim Abgange als bei der Ankunft zeigen sich nur einzelne Spuren eines beginnenden oder eben vollendeten Federwechsels, aber nur bei wenigen Individuen. Am meisten bemerkt man noch vom Federwechsel an Jungen, die sich aus unbekannten Ur- sachen zuweilen einzeln bis in den September verspäten. I— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen vom t. Juli 1866 aus Borkum, im Braunschweigischen Museum be- m Be. Die Fluss Seeschwalbe, Sterna hirundo L. findlich, ein alter Vogel vom Dezember aus Bahia, im Tring- Museum befindlich, ein Vogel im Jugendkleide vom 4. August 1898 von Kunzen auf der Kurischen Nehrung, in der Samm- lung von LE Ro1I befindlich, und ein Dunerjunges aus Ungarn, im Besitz von WILH. SCHLÜTER. —|] Aufenthalt. Früher, als man die Flussmeerschwalbe von der folgenden noch nicht als Art unterschied, hielt man sie fast über alle Teile der Erde verbreitet, indem man beider Aufenthaltsorte zusammen nahm. Dies hat sich nun nach neueren Be- obachtungen dahin berichtigen lassen, dass St. hirundo nie so hoch nach Norden hinaufgeht als St. macrura, dass diese nur am Meer und in der Nähe desselben wohnt und Salzwasser nie ganz entbehren mag, und wenn sie sich auch auf Inseln und an in tiefe Meeresbuchten mündenden Flüssen eine Zeit lang etwas davon entfernt, so wird sie doch an den Süss- wassern tief im Festlande nie angetroffen; — wogegen jene an allen süssen Gewässern, Flüssen und Seen im Innern der Länder vorkommt und, wo sie am Meer wohnt, meistens Fluss- mündungen dazu wählt und das Flusswasser dem anderen wenigstens vorzieht. [— Dies geht so weit, dass z. B. die eingeschlossenen Teile der schleswig-holsteinischen Ostseebusen (Kieler Hafen, Schlei, Flensburger Förde u. s. w.) nur von der Flussmeerschwalbe bewohnt werden, während vor dem Ein- gang in jene Busen das Gebiet der Küstenseeschwalbe beginnt. Ebenso ist es an den norwegischen Fjords und wohl überall. —] Sie soll an allen Küsten [-- und in fast allen Binnen- ländern —]) Europas vorkommen, bis ein gutes Stück Nor- wegens hinauf, dort abwechselnd mit der folgenden, im oberen Norwegen aber nur diese allein.) In den von mir bereisten Gegenden der Nordsee habe ich sie nicht angetroffen, doch aber von Helgoland ein daselbst erlegtes Exemplar erhalten. An denen der Ostsee ist sie nicht häufig, mehr an denen von Grossbritannien, Frankreich u. s. w. Am mittel- ländischen Meer ist sie auch, wie es scheint aber an den Küsten Italiens überhaupt nicht häufig. Ob diese oder die folgende Art an den grossen Binnenseen des asiatischen Russlands und am schwarzen Meere wohne, war [— 1840 —] ungewiss, weniger von Nordamerika. — Sonst bewohnt sie alle Seen der Schweiz, überhaupt sehr viele Landseen des europäischen Festlandes bis nach Russland hin, jedoch mit Auswahl, und wo sie Flüsse mit weiten Betten hat, viel lieber diese. In Holland ist sie gemein, besonders an sandigen Flussmündungen und am seichten Seestrande. [— Mit Ausnahme von Australien bewohnt sie alle Erd- teile. In Europa dürfte sie doch wohl nur ausnahmsweise den nördlichen Polarkreis überschreiten; die Angaben über hochnordisches Vorkommen werden auf Irrtum beruhen, nament- lich auf Verwechslung mit St. macrura, die mit Recht den Namen der „arktischen“ trägt. Von der Breite des mittleren Schweden und Finnlands an aber bewohnt sie, man darf wohl sagen, sämtliche Länder Europas, soweit sie ihr geeignete Aufenthaltsorte bieten, einige (Portugal, Spanien) sparsam, andere (Akarnanien, Rumänien) in zahlloser Menge. In den nord- und mitteleuropäischen Ländern Zugvogel, findet sie schon in den europäischen Mittelmeerländern hier und da ihr zusagende Winterquartiere (Andalusien, Griechenland). Aber auch noch in Nordafrika (Algier, Tunis), auf den Azoren, Madeira und auf den kanarischen Inseln (nach BoLLE) brütet sie. Ein grosser Teil zieht im Herbst weiter nach Süden, um in Mittel- und Südafrika bis hinunter zur Tafelbai Winter- herberge zu nehmen. — Durch das gemässigte und warme Asien breitet sie sich ostwärts aus bis China, im Sommer bis an die Flüsse und Seen des mittleren Sibirien hinaufgehend, im Winter die südlichen Halbinseln und Inseln bewohnend. — In Nordamerika ist sie Brutvogel zwischen der Hudsonsbai und dem Golf von Mexiko: im westlichen Teil scheint sie zu fehlen und die Küste des Stillen Oceans nicht zu berühren; t) Letzteres ist nicht der Fall. J. R. 151 im Winter verbreitet sie sich nach Süden über die Antillen, Venezuela, Guyana und jedenfalls bis zum mittleren Brasilien (Bahia). —] In Deutschland ist sie in vielen Gegenden sehr bekannt, in manchen nicht; hier wohnt sie vorzugsweise an Flüssen, aber bei weitem nicht an allen Landseen. Den Bodensee, Züricher- und Bieler-See, [— die bayrischen Seen, —] den Rhein, Main, die Iller, Donau und viele andere Gewässer des süd- lichen Deutschland besucht sie alljährlich oder bewohnt sie im Sommer. Längs der ganzen Donau, von Linz bis an die serbische Grenze, traf ich sie an vielen Stellen, wegen vor- gerückter Jahreszeit aber nur noch einzeln an. Auch in Nord- deutschland ist sie in vielen Gegenden gemein, an Flüssen und Landseen, in anderen Strichen selten. [— Auf den nord- friesischen Inseln fehlt sie, wenigstens zur Brutzeit, völlig. Um so auffallender ist, dass v. DROSTE sie für Borkum als häufig bezeichnet und dass GÄTKE über Helgoland schreibt, sie sei nächst der kentschen die gewöhnlichste Seeschwalbe; man treffe sie dort den ganzen Sommer, am zahlreichsten je- doch unmittelbar nach Beendigung der Brut, wenn Alte und Junge zusammen fischen. —]| Im Mecklenburgischen sind mehrere Seen sehr zahlreich von dieser Art bewohnt, dagegen unser schöner Salz- und Süsssee im Mansfeldischen nie; selbst auf dem Zuge berührt ihn selten eine einzelne Da- gegen lebt sie in bedeutender Anzahl an allen in die Ost- und Nordsee mündenden Flüssen und Strömen, worunter die Elbe ihr wohl am häufigsten Aufenthalt giebt, an der sie auch bis oberhaib Dresden hinauf noch einzeln vorkommt, ebenso an den in diesen Strom mündenden Flüssen, soweit sie breit und flachufrig genug sind. In unserm Anhalt, wo die durch- strömende Elbe ebenfalls ihr Hauptwohnsitz ist, wo aber auch die Mulde mehrere Meilen von der Mündung hinauf, weniger die Saale, weil deren Ufer bald zu hoch und bergig werden, vielfach von ihr bewohnt werden, ist sie an den Ufern jener ein allgemein bekannter, häufig „Seekrähe“ genannter Vogel, aber auch im Lande, an grösseren Teichen, die sie von dort aus zuweilen besucht, nicht unbekannt. Die steigende Kultur hat jedoch an vielen Orten unseres Landes seit einem Menschen- alter die Zahl dieser angenehmen Vögel bedeutend vermindert. Sie ist, wie andere der Gattung, Zug- und Sommer- vogel, d.h. sie kommt spät im Frühjahr, in den letzten Tagen des April oder erst im Anfange des Mai, je nachdem die Witterung früher oder später günstig wurde, zu uns und ver- lässt unsere Gegenden in der letzten Hälfte des Juli und der ersten des August schon wieder. [— HENNICKE beobachtete ihre Ankunft an den Rohrbacher Teichen einmal bereits am 28. März und sah daselbst ein anderes Mal noch ein Exemplar am 17. Oktober (Ornith. Monatsschr. 1891, S. 175). —] An der Elbe erscheint sie oft mehrere Tage früher als an den Neben- flüssen; umgekehrt ist dies beim Wegzuge; doch sah ich auch dort im Jahre 1820 am 1. August schon einen Flug von 25 bis 50 Stück auf dem Zuge. Sie ziehen oft am Tage, fliegen dabei so hoch, dass man sie kaum sieht, aber langsam, und da sie sich fast auf jeden an ihrer Strasse liegenden Teich herablassen, was beiläufig mit grosser Anmut geschieht, einige Zeit über demselben sich aufhalten und fischen, so mögen sie keine grosse Strecke in einem Tage zurücklegen. Wir sahen sie oft im Sommer einen südwestlichen, seltener einen ganz westlichen Strich nehmen. Übrigens ziehen sie noch öfter des Nachts, wo sie dann aber nirgends anhalten, daher gewiss schneller reisen. An den Brutplätzen kommen sie im Früh- Jahr gewöhnlich in der Nacht oder am frühen Morgen an. Sie machen ihre Reisen selten vereinzelt, sondern paarweise oder in kleinen Scharen von 20 bis 40 Stück. Wird unter- wegs von einer reisenden Gesellschaft eine oder die andere getötet, so eilen die übrigen bald weiter; waren aber nur zwei Individuen beisammen, wovon eins erlegt wurde, so zaudert das andere lange, ehe es sich entschliesst, die Reise allein fortzusetzen. Von den einzelnen, die man zuweilen an un- gewöhnlichen Orten antrifft, sind die meisten blosse Herum- 17* 152 streifer und nicht auf der Wanderung. Bei ausserordentlichen Vorfällen, wie bei plötzlicher Überschwemmung der Brutplätze, oder auch, wenn man ihnen daselbst zu hart mit Schiessgewehr zusetzte, durchstreifen sie paar- und truppweise oft mehrere Tage nacheinander die Umgegend, meilenweit von jenen, und besuchen alle freiliegenden Teiche und grossen Wasserflächen in den Brüchen. Erscheinen diese Vögel in ihrer Brutzeit auf den Teichen bei meinem Wohnorte, so ist dies ein sicheres Zeichen, dass ihnen, zwei Meilen von hier an der Elbe oder Mulde, ihre Brut durch Überschwemmung vernichtet worden ist. Dass die Flussmeerschwalbe mehr den süssen Gewässern angehört als dem Meer, ist schon erwähnt, ebenso, dass sie sich dadurch von der folgenden sehr auffallend unterscheidet. [— Wenn irgendwo, so sind hier die deutschen Namen — Fluss- und Küstenseechwalbe — bezeichnend. —| Nur solche Stellen am Meer, die einen flachen, sandigen Strand, auch weit hinein seichtes und klares Wasser haben, dienen ihr zu einem längeren Aufenthalt. Sie liebt die Flussmündungen ganz vorzüglich, so dass selbst an von ihr bewohnten Landseen solche Stellen ihr die liebsten sind, wo grössere oder kleinere Flüsse hineinströmen, wovon z.B. der Bodensee unweit Bregenz und anderwärts Zeugnis giebt. Sind die Landseen auch von bedeutendem Umfange, fehlt esihnen aber an sandigen, niederen und ganz nackten Ufern und solchen Inseln, desgleichen an seichten Stellen und klarem Wasser, oder wenn alle diese da sind, an Ruhe und Abgeschiedenheit, so wählt sie keine zu einem anhaltenden Wohn- und Nistort. Überall zeigt sie dagegen einen entschiedenen Hang zu fliessendem Wasser und wohnt daher im Innern der Länder vorzüglich häufig an Strömen und Flüssen. Nur solche Flüsse, die sehr weite Betten haben, die bei gsewöhnlichem Wasserstande vom eigentlichen Ufer in weiten Sandlagen flach ins Wasser verlaufen, wo sich flache und nackte Sand- oder Kiesbänke und Inselchen nur einige Fuss über die Wasserfläche erheben, wo an recht vielen Stellen das seichte Wasser klar über den Sand hinrieselt, solche Ströme liebt sie vor allen, mag auch das eigentliche Ufer sich bedeutend er- heben, in kahlem Boden oder Viehweide bestehen, mit Busch- weiden oder gar mit Hochwald besetzt sein, wie dies an der Elbe oder Mulde häufig der Fall ist. Dagegen hat denen ähnliche Stellen unsere Saale nur bis in die Gegend von Bern- burg, weiter aufwärts aber ein zu enges Bett und zu steile hohe Ufer, auch Felsen, alles Dinge, die ihr nicht zusagen, weshalb die obere Saale nur einzelne Herumstreicher und auch diese nur selten sieht. Ein Haupterfordernis bei Aufenthalts- orten, wo sie länger verweilen und nisten soll, ist Stille und Abgeschiedenheit von menschlichem Verkehr; obgleich sie über einem solchen Flusse den ganzen Tag hin und herstreicht, neben arbeitenden Menschen vorbei, über oder unter Brücken hinweg, an Mühlen, Häusern und Städten vorüber, so verweilt sie doch am ordentlichen Nistplatze, der oft fern genug liegt, stets am längsten. Sie sucht diesen auch, wenn in ihrer Ab- wesenheit nicht wesentliche Veränderungen dort vorfielen, alle Jahr wieder auf; wir kennen mehrere solcher, die ihr seit langen Jahren wiederholt zum Nisten dienten und wahrscheinlich noch länger dienen werden. Ihre Nachtruhe hält sie stets nahe am Wasser, auf die Brust niedergelegt und das Gesicht jenem zugekehrt. Sind mehrere beisammen, so liegen sie nicht weit von einander. Sie gehen mit Anbruch der Dämmerung zur Ruhe, halten dann sewöhnlich noch ein lautes Geschwätz, bis es völlig Nacht seworden, worauf sie ruhig bleiben bis in die Morgendämmerung,, nun wieder zum Fischfang ausfliegen, wenn sie aber das Früh- stück eingenommen, sich gewöhnlich wieder an demselben Platze, der ihnen zum Nachtlager diente und gewöhnlich auch der Nistplatz ist, versammeln und ein Stündchen in der Morgen- sonne mit Putzen und Sonnen ihres Gefieders sitzend hin- bringen. Eigenschaften. Die Flussmeerschwalbe ist ein sehr schönes Geschöpf, besonders wenn man sie fliegen sieht, wo sie sich vor der Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo UL. Küstenmeerschwalbe sogleich durch den kürzeren und breiteren Schwanz auszeichnet. Stehend ist sie nicht 50 schön; der wagerecht gehaltene Rumpf hängt gewöhnlich vorn noch etwas tiefer, der Nacken ist sehr eingezogen, sodass Schnabel- rücken, Scheitel und Rücken fast in einer Flucht liegen, wozu die säbelförmigen Flügel sich über dem hochgehaltenen Schwanze kreuzen. Obgleich ein unruhiger Vogel, sitzt sie doch öfter und manchmal anhaltender als viele andere Meerschwalben, be- sonders bei stürmischer und unfreundlicher Witterung. Sitzend wie fliegend kehrt sie dem Winde gern die Brust zu. Ihre Ruheorte sind entweder der platte Boden nahe am Wasser, auf dem sie auch zuweilen in kleinen Schrittchen herumtrippelt und ein Stückchen recht behende aber etwas wackelnd fort- läuft, oder aus dem Wasser emporragende Steine, Pfähle, auch wohl ein schwimmendes Stück Holz. Sie lässt sich mit un- semeiner Leichtigkeit nieder und erhebt sich auch ebenso wieder. Wenn sie fort will und grosse Eile nicht not thut, dehnt sie sich oft behaglich und streckt erst den Flügel und Fuss der einen, dann der anderen Seite weit von sich, oder sie reckt beide Flügel senkrecht in die Höhe und erhebt sich nun. Auch beim Niedersetzen hält sie oft die Flügel auf ein paar Augenblicke so in die Höhe gerichtet. Seltener lässt sie sich auf das Wasser nieder um zu schwimmen, wobei sie die Brust sehr wenig eintaucht und dazu Flügel und Schwanz sehr hoch hält, aber noch seltener ein Stückchen fortrudert. Sie hat einen ungemein leichten und sanften Flug, der aber trotz aller Gewandtheit in seinen zahllosen und kühnen Schwenkungen etwas langsam oder matt erscheint, doch ist er dies weniger als bei der folgenden Art. Streicht sie gerade aus, so schwingt sie die grossen Flügel in nicht schnellen, weit ausholenden Schlägen, worin die niedergehenden Flügel den leichten Körper etwas heben, dieser aber wieder ein wenig sinkt, wenn jene aufgehoben werden, wodurch eine schlängelnde Linie entsteht, die diesem Fluge ein mattes und unstätes Aus- sehen giebt. Im eilenden Fluge wird dies weniger bemerklich. Streicht sie niedrig über dem Wasser hin, so wird er oft plötzlich durch eine kühne Schwenkung aufgehalten, weil sie etwas im Wasser erblickte, das ihre Aufmerksamkeit erregte; ist es ihrem Scharfblick entschwunden, so segelt sie weiter, aber immer hat sie dabei den Schnabel gerade herab gerichtet; bald entdeckt sie etwas neues, flattert (rüttelt) über demselben und stürzt sich, nach festgenommenem Ziel, pfeilschnell darauf, dass das Wasser hoch aufspritzt. Häufig beschreibt sie grössere oder kleinere Bogen in den verschiedensten Richtungen, schwebt aber nicht oft. Sie fliegt zuweilen sehr hoch, zumal auf ihren Reisen oder Ausflüchten. Unvergleichlich schön ist dann ihr Flug, wenn sie über einem Wasser anlangt und sich zu ihm herablässt; es geschieht sehr allmählich, doch meistens ohne Schweben und ohne Drehen, sondern mit einem Wiegen bald auf die eine bald auf die andere Seite, mit leichtem Schwenken ab- und seitwärts, mit grossen, langsamen, äusserst sanften Flügelschlägen, und diese herrlichen Bewegungen bringen sie, wenn sie gleich langsam scheinen, sehr schnell herab. Noch mehr muss man über ihre Geschicklichkeit im Fliegen staunen, wenn man sie von dem so sehr flüchtigen Lerchenfalken verfolgt sieht, wo sie den kräftigen Stössen desselben durch die schnellsten Wendungen geschickt auszuweichen weiss, ihn immer zu übersteigen sucht, bis er endlich entkräftet, den Wolken nahe, sein Vorhaben aufgeben muss. Wo sie nicht heimisch ist, weicht sie dem Menschen, zu- mal wenn dieser sie zu scharf ins Auge fasst, weit über Schuss- nähe aus und darf da wohl zu den sehr scheuen Vögeln ge zählt werden. Am Nistorte ist das freilich ganz anders, doch wo sie bereits Nachstellungen erfahren hat, wird sie dadurch auch schon misstrauischer und vorsichtiger. In jedem Falle ist sie weit scheuer als die viel gemütlichere Küstensee- schwalbe. Sie lernt ihren Feind bald kennen und entwickelt viel Klugheit, seinen Nachstellungen zu entgehen. Gegen ihres- gleichen ist sie gesellig, und wo mehrere beisammen wohnen, Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. sind sie sich immer nahe, zumal wenn es zum Verteidigen ihrer Brut kommt. Hinsichtlich ihrer Geselligkeit steht sie jedoch allen anderen Arten auffallend nach. — Aber diese Vögel sind auch jähzornig und zu scherzhaften Neckereien unter sich weniger geneigt als die Zwergmeerschwalben und andere, können auch, wenn es zum wirklichen Raufen kommt, oder wenn sie sich gegen einen stärkeren Feind ver- teidigen müssen, tüchtig um sich beissen. Mit St. minuta und mit Charadrius dubius teilen sie an unseren Flüssen sehr oft den Nistplatz, ohne sich jedoch um diese zu kümmern, und erstere scheint vielmehr ihre Gesellschaft zu suchen als sie die jener. Ihre grösseren Vereine mit ihresgleichen sind auch nie so enge als bei vielen anderen Meerschwalben. Ihre Stimme enthält, wenn man so sagen darf, die Normal- töne der Meerschwalbengattung, die bei allen Arten, nur mehr oder weniger moduliert, vorkommen; dies ist hauptsächlich ein heller krähenartiger Ton, wie Kriäh klingend, und ein schleppendes oder sehr gedehntes Kriiäh oder Kliiäh und Kriääh. Dies scheinen ihre Locktöne und zugleich die, wo- mit sie einander warnen, zu sein; dagegen schreien sie aus Besorgnis um ihre Brut: Keck oder Kick, auch Kreck, was sie bei wachsender Not sehr oft, bald schneller, bald langsamer nacheinander, wiederholen. Wenn sich die Gefahr zu ver- mindern scheint, rufen sie einzeln Kraik. Im Zanke, wenn z. B. ein paar Männchen aneinander geraten, stossen sie die Silbe keck oder kreck so oft und hastig nacheinander aus, dass daraus ein Schäckern wird, das dem eines Würgers (Lanius) ähnelt. Sie schreien im ganzen nicht oft, zumal wo nur ein einzelnes Paar wohnt und es daher keine Gelegenheit zu Zänkereien giebt. Die zarten Jungen piepen, was sich, wenn sie etwas heranwachsen, in einen kläglichen Ton umwandelt, bald aber in jenes Keck und Kreck übergeht; beim Wegzuge lassen sie endlich auch ihr Kriäh ertönen. Nahrung. Lebendige kleine Fische, die sie sich selbst fängt, sind die Lieblings- und Hauptnahrung dieser Meerschwalbe, vor- züglich ist es der Ukelei (Cypr. alburnus), ein in unseren Flüssen und klaren Seen ungemein häufiges Fischchen, das sie am gewöhnlichsten fängt, weil es meistens seicht schwimmt und seine Nahrung an der Oberfläche sucht. Ich glaube, dass die häufige Anwesenheit dieser Fischart die Hauptsache bei der Wahl der Wohnorte dieser Vögel ist. Langsam und in geringer Höhe über dem Wasser hin- streichend, Schnabel und Gesicht senkrecht gegen dieses ge- halten, zum Erspähen einer Beute bald das eine, bald das andere Auge gebrauchend, daher den Kopf bald etwas auf die eine, bald auf die andere Seite gebogen, streicht sie suchend und den Blick unverwandt aufs Wasser gerichtet meistens den Fluss entlang, hält durch plötzliches Schwenken an von Fischen belebten Stellen an, fliegt entweder kreisend oder hält sich sogleich durch geschwindes Flattern (Rütteln) an einer Stelle, um ihre Beute recht sicher aufs Korn zu nehmen, fällt dann wie ein Stein aufs Wasser, dass dieses hoch aufspritzt und fliegt im Augenblick mit dem gefangenen Fischchen im Schnabel davon, verschluckt es alsbald oder trägt es den Ihrigen zu. Auf diese Weise suchen sie den Fluss stundenweit hinauf und wieder herab rastlos ab, zumal dann in so weiten Strecken, wenn, wie an manchen Tagen und bei schlechtem Wetter, die Fische nicht hoch gehen oder sich ihrem Stosse nur wenige darbieten. Wo Altwasser, Teiche und Wasserlachen in der Nähe des Flusses liegen, werden auch die fleissig mit abgesucht. Dann kann es sich ereignen, dass man zu ihrem Wohnplatze kommt, ohne eine einzige daselbst anzutreffen und man manch- mal wohl eine Stunde lang auf ihre Zurückkunft warten muss, besonders wenn sie überhaupt nur in einem oder wenigen Paaren daselbst wohnen. Bei schönem Wetter bedarf es so weit ausgedehnter Ausflüge nicht; sie finden dann schon in der Nähe genug für ihren Schnabel, sind auch lebhafter und mm mm terre BE BEER Br Bi a TER a Fe u 7 a 133 besser gelaunt, weil da der Fischfang gut geht. Sie fliegen fast den ganzen Tag ununterbrochen nach Nahrung umher und setzen sich nur bei starkem Winde öfter, sonst selten und auf kurze Zeit, auf einen Stein, Pfahl oder Sandbank nieder, um etwas auszuruhen. Beim Herabstürzen, auf eine Beute tauchen nur Schnabel, Kopf, Hals und Brust unter, Flügel, Schwanz und Rücken bleiben dagegen meistens über der Ober- fläche des Wassers. Nicht von Fischen allein, sondern nur vorzugsweise, nährt sich diese Meerschwalbe; sie fängt auch grössere Wasserinsekten und die Larven derselben, besonders die vonSchwimmkäfern und Libellen. Beim Besuchen kleinerer Teiche muss sie oft bloss mit diesen fürlieb nehmen, ja hier fängt sie auch kleine Wasserfröschchen und sogenannte Kaulpadden oder Frosch- larven. Wir haben sie oft beim Fangen dieser und mit den eben verschluckten, ihre Speiseröhre anfüllenden Geschöpfen dieser Art auf unseren Teichen erlegt, wo sie übrigens auch zuweilen ein junges Weissfischehen (Öypr. erythrophthalmus und rutilus) erwischt. Es ist nicht unwahrscheinlich, was BECHSTEIN (a. a. OÖ.) sagt, dass sie bei anhaltendem Regen und stürmischem, schlack- kaltem Wetter auch auf naheliegende, frischgepflügte Äcker fliege, um die ausgeackerten Regenwürmer und Engerlinge (Maikäferlarven) aufzulesen. Ich habe dasselbe bei der ihr so ähnlichen folgenden Art, aber noch nicht bei dieser beobachtet, muss aber der Analogie nach daran glauben. Man denke sich Meerschwalben hier nicht etwa wie Krähen oder Möven, in den Furchen dem Pfluge nachlaufend; sie flattern und schwenken hier, suchend und spähend, auf gleiche Weise niedrig über dem Erdboden hin und her, wie sonst über dem Wasser, setzen sich bei einer entdeckten Beute schnell daneben, ergreifen sie in demselben Augenblick, fliegen ebenso schnell damit auf und verschlucken sie erst fliegend. | I— RÖRIG (Arb. a. d. biolog. Abt. f. Land- und Forst- wirtsch. im K. Gesundheitsamte) veröffentlicht folgende Magen- befunde: = = » Ort Datum 8 2 e 3 Mageninhalt 9 F Swinemünde 8. Juli 1898 || 2,0 &| Fischgräten. Alt-Rehse 30. Juli ? | 1,5 „| Kleine Mücken, Fliegen, Li- bellen. Misdroy . 29, ulı juy.| 1,0 „| Fischgräten. : Fur 1. August 9) — | eine’Fliege, Rüdersdorf . 1. August co'\ 2,5 „| Fischgräten u. einGammarus. Marienwalde 8. August o'| 1,0 „| Fischgräten. Heringsdorf. 10. August [7|10, 3 Gülssw nad 10. Ausut |7|10, R Waldenberg (Nm.) 15. August 2 110,0 „| ein Weissfischehen. Misdroy . i 21. August ? ı 3,0 „| Ohrwürmer. “ 21. August 2.210 „| Baschreste, e 21. August BAAR, 5 » 21. August ? | 2,0 „| Ohrwürmer und wenig Fisch- gräten. n 21. August ? | 2,0 „| Fischreste, y ee 21. August ee RE R 1 21. August ale 2 008 A h Are 21. August NG 2. . 21. August ? | 30 „| Ohrwürmer. n 21. August ?, 40 „| ein kleines Fischchen. Merseburg 28. August ? | 1,0 „| Fischreste. Carlshorst 19. September | "| 2,0 „ el Fortpflanzung. Wie es scheint, bewohnt die Flussmeerschwalbe zur Fort- pflanzungszeit die nördliche Hälfte von Europa häufiger als die südliche; es ist jedoch nicht genau angegeben, bis zu welchem Breitengrade sie noch nistend vorkommt, weil sie immer noch zu häufig mit der folgenden Art verwechselt ist.!) Dass sie an den stehenden Gewässern, hauptsächlich aber an den grösseren Flüssen Deutschlands, in vielen Gegenden in Menge sich 1!) Vergl. den Abschnitt „Verbreitung“. J. R. 154 fortpflanze, jene hier aber niemals vorgekommen ist (ausser sanz in der Nähe des Meeres), ist bekannt genug. Die Elbe scheint einer der zur Nistzeit am häufigsten von ihr bewohnten Ströme; man sieht sie vom Mai bis August überall wenigstens einzeln über deren Bette hin und her fliegen, trifft an vielen Stellen Nistorte von mehreren und bis zu zehn bis zwölf Paaren besetzt, aber fast nie einsam nistende Pärchen; diese kommen nach meinen Beobachtungen nur an den kleineren Nebenflüssen, z. B. unserer Mulde, aber auch nicht oft vor, weil auch kleinere Brutplätze meistens von einigen Paaren besetzt ge- halten werden. Ihr stetes Hin- und Herfliegen über dem Wasser entlang und ihre weiten Ausflüge machen, dass man sie an der Elbe allenthalben bemerkt. Sie kehrt alljährlich auf den früheren Nistplatz zurück, wenn er nicht in ihrer Abwesenheit vom Wasser gänzlich ruiniert oder durch Menschenhände völlig umgewandelt ist. Ihre Nistplätze sind grosse niedrige Inseln und Bänke oder weite, flach in das Wasser verlaufende Ufer im eigent- lichen Flussbette, ganz von allem Pflanzenwuchs entblösste, sandige oder kiesige Stellen.!) Kies ziehen sie dem Sande stets vor, und je ausgedehnter solche Flächen sind, desto lieber oder von desto mehr Paaren werden sie bewohnt. Sie kommen am sgewöhnlichsten da vor, wo dass Flussbett einen etwas kurzen Bogen bildet, an dessen hohler Seite. An kleineren Flüssen muss ein solcher (hier sogenannter) Heger oder Häger eine abgelegene, selten von Menschen besuchte Lage haben; an grösseren Strömen, deren Bett mehrere hundert Schritt, auch wohl noch breiter, nisten sie dagegen auch oft im An- gesicht der Städte und eines lebhaften Verkehrs. Die Zwerg- meerschwalbe, die so oft mit ihr an demselben Orte brütet, ist indessen darin noch weniger bedenklich. Nahe bei der Stadt Aken und dicht neben der sehr frequenten Fährstelle erhebt sich bei niederem Wasserstande ein zuweilen mehrere hundert Schritt langer, auch bedeutend breiter Kieshäger aus der Mitte des Elbstroms, zu niedrig und zu veränderlich, als dass die mehrmals darauf versuchten Weidenpflanzungen hätten Wurzel fassen können; er ist aber trotz der Nähe eines ausser- ordentlich lebhaften Verkehrs alle Jahr mit dieser und noch mehr der ebengenannten Art besetzt, denen sich immer auch Flussregenpfeifer (Char. dubius), in der Zugzeit auch noch mancherlei andere Wat- und Schwimmvögel anschliessen, deren munteres Treiben den Leuten, die dort überfahren, vorbei schiffen oder am Ufer hinwandeln, viel Vergnügen gewährt. Dieser Häger liegt freilich von beiden Ufern sehr entfernt und wird auch nie von Menschen oder doch nur selten von Fischern oder Schiffern betreten. Solcher Kiesbänke hat die Elbe gar viele; aber alle von diesen Meerschwalben bewohnten erheben sich zu wenig über einen mittleren Wasserstand, als dass sie nicht bei ungewöhnlichem Anschwellen des Flusses überströmt würden, eine Gefahr, die diesen Vögeln alle Jahre droht und ihnen nur zu oft alle Hoffnung zur Vermehrung vernichtet. Ihr Instinkt leitet sie wohl bei Anlage der Wahl des Plätz- chens, ihre Eier nicht zu nahe ans Wasser, auch nicht an eine zu niedrige Stelle zu legen, sodass sie zuweilen wohl vierzig Schritt vom Wasserrande und auf stets mehr als einen Fuss über dem dermaligen Wasserstand erhabenen Plätzen liegen; allein er sagt ihnen nicht dass das Wasser während der Lege- und Brutzeit anschwellen, noch weniger wie hoch es steigen könne. Auf hohen Inseln und auf hohen Ufern, wenn sie sich acht Fuss über den Wasserspiegel erheben, fand ich ihre Eier niemals und ebensowenig auf noch höheren. Es ist mir da- her nicht wahrscheinlich, dass sie in anderen Gegenden an felsigen Gestaden ihre Eier auch auf hohe Felsen legen soll. ') Sand besteht aus lauter feinen, dem unbewaffneten Auge von gleicher Grösse erscheinenden Körnern; Kies aus lauter kleinen Steinchen, von welchen die der mittleren Grösse der von Haselnüssen gleichen, aber die, welche scheinbar die Mehrzahl bilden, viel grösser sind. Ich bitte, diesen in meinen Beschreibungen stets genau genommenen Unterschied wohl zu beachten; er ist von ornithologischer Wichtigkeit. Naum. & Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. Sie legen ihre Eier ungleich lieber auf Kies als auf Sand. Unzähligemale habe ich sie in meinem Leben gefunden, aber nnr ein einziges Mal auf Sand. Ebenfalls Instinkt mag ihnen sagen, dass sie auf Kiesboden wegen der sie umgebenden bunt- farbigen Kieselsteinchen viel schwerer zu entdecken sind als auf dem feinen Sande, unter welchem Steine, selbst einzelne, selten vorkommen, und wo man auf der viel glatteren, gleich- farbigen Fläche die Eier schon von weitem liegen sieht, Auf srünem Boden habe ich sie nie gefunden, nicht einmal auf solchem, dem nur hin und wieder ein dürftiges Pflänzchen entsprosst, sondern stets auf ganz kahlen Plätzen. [— Auch LEVERKÜHN fand auf einem „Warder“ im Plöner See, der eine Kolonie von 500 bis 600 Vögeln beherberste, sämtliche Nester im Kies, nahe dem Wasser (keines im Rasen!) angelegt (Ornith. Monatsschr. 1886, 5. 290). WÜSTNEI dagegen beobachtete, dass sie dort, wo kiesige Ufer fehlten, fast immer auf dem kurzen Grase von Wiesen und Brachäckern nistete (Vögel Mecklenburgs). Auch in Ost- und Westpreussen bindet sie sich nach einer brieflichen Mitteilung von E. CHRISTOLEIT lange nicht so an Kies- und Sandboden wie in Mitteldeutsch- land. Und PrAZAK glaubt festgestellt zu haben, dass die Eier mit lichterer Grundfarbe auf dem sandigen, die mit dunklerer auf sumpfigem Boden zu finden seien, und dass dieser Umstand nicht nur ein Beweis der Schutzfärbung sei, sondern auch mit der Wärmeökonomie im Zusammenhang stehe; auch seien die dunklen Eier grösser als die hellen, nämlich: lichtere Eier (38 Stück) im Maximum 45,2x 31,6 mm, im Minimum 38 x 29,3 mm, Normalgrösse: 41,5 x 30,3 mm; dunk- lere Eier (49 Stück) im Maximum 50 x 32,7 mm, im Minimum 42 >< 31,5 mm, Normalgrösse: 44x 31,5 mm (Journ. f. Ornith. 1898, S. 357). — LEVERKÜHN berichtet (eine Reise nach Ungarn im Frühjahr 1891) über Flussseeschwalbennester auf schwimmen- den Baumstümpfen. — An den Küsten von Schottland legt die Flussseeschwalbe nach JOURDAIN ebenso wie St. macrura ihre Eier oft auf den blossen Felsen. Er hat hunderte von Eiern gesehen, wo weder Sand noch Kies vorhanden war. In Hol- land sah er Nester im Gras in den „Polders“ und auf Haufen abgestorbener Pflanzen im Wasser der holländischen „Meere“. — Die Begattung geschieht nach vorhergegangenem Herum- trippeln unter vielem Flattern auf dem Boden nahe am Wasser- rande. Die Gatten sind einander immer nahe, und trifft man auch zuweilen nur einen, so kommt auf das mehrmalige Schreien dieses der andere doch sogleich oder so schnell herbei, dass man oft nicht weiss wie und woher. Wo sie in Gesellschaft von mehreren oder vielen Paaren einen gemeinschaftlichen Nistplatz haben, machen sie doch ihre Nester nie so nahe nebeneinander, als manche andere Meerschwalben, und von drei bis vier Paaren ist oft eins nicht unter 20 Schritt von dem anderen entfernt. Das Nest besteht bloss aus einer kleinen, grösstenteils selbst bereiteten Vertiefung, und auf dem Kiese, der manchmal sehr dicht liegt, erleichtern sie sich diese Arbeit, indem sie eine schon vorgefundene zufällige Vertiefung dazu einrichten. Man sieht es deutlich, dass sie ohne dies keine dazu nehmen. [— v. CHERNEL fand am Velenczer See in Ungarn die Vögel ausschliesslich in Nestern brütend, die aus Rohrstengeln und Schilfblättern erbaut waren. —| Im lockeren Boden ist sie gewöhnlich etwas tiefer als im festeren. Ob ihre gewöhnlichen Gesellschafter an unseren Flüssen, die Zwergmeerschwalben und die Flussregenpfeifer, ihre Nester nahe oder entfernter bei dem ihrigen anlegen, scheint ihnen wie diesen ganz gleichgültig; meistens findet man die aller drei Arten bunt durcheinander, viel seltener jede für sich allein, auf besonderen Plätzen und weit voneinander; dies letztere geschieht fast immer nur von vereinzelten Paaren. Selten früher als gegen Ende des Mai!) legt das Weib- chen in den kleinen, flachen, meist hübsch gerundeten Napf eine zwei bis drei Eier; vier habe ich niemals darin gefunden, ') SAnDMmaN fand fertige Gelege auf Karlö 1886: Anfang Juni, 1887: am 6., 11., 13. und 14. Juni, 1888: 31. Mai, 2. und 5. Juni, 1889: 7. und 8. Juni, 1890: 2., 9., 19. und %0. Juni. J. R. Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo UL. und muss es für einen Irrtum halten, wenn dies andere be- haupten wollen. Sie haben ungefähr die Grösse wie Krähen- eier und sind 37,2 bis 41,2 mm lang und 27,5 bis 30,4 mm breit. [— Nach 38 Stück der Reyschen Sammlung beträgt das Durchschnittsmaß 40,6 x 30,4 mm; das Maximum: 44x 30,7 und 41,9xX31,8 mm; das Minimum: 36,5>x 27,3 und 41,5x283 mm; das durchschnittliche. Gewicht beträgt 0,997 g. SANDMAN (Fägelfauna pä Karlö) giebt die Maße einer Anzahl Gelege: 44,7 x 30,4, 43,9 x 28,8, 41,2% 30,8 mm; 44,4 x 30,3, 42,1xX 30,7 mm; 45,5 x 31,3, 43,1x30,6 mm; 41 x29,5, 41x 29,4, 39,9 x 29,4 mm; 40,5 x 31, 40,5 x 30,1, 39,6 x 30,7 mm; 39 x 29,1, 38,6><30 mm. Drei Windeier, die er fand, maßen: BR2>022,8 3152. 22.5, 262.21 3,:mm: Messungen nach Photographien ergaben nach BLaAsıus: Längsdurchmesser @Querdurchmesser Dopphöhe ’ 41,2 mm 28,9 mm 17,0 mm Aal 29045, 18:08 ı, AKT 30,9 „ 175, A 30,111«- 185 „ 40,1 „ 30,1 „ 1014 1) Ihre Gestalt ist meistens eine schön eiförmige, doch sind viele am spitzen Ende schlanker zugespitzt, andere daselbst wieder stumpfer zugerundet, es kommen sogar sehr bauchige, an denen die stärkste Wölbung beinahe in der Mitte liegt, vor. Ihre glatte Schale ist von sehr feinem Korn, aber ohne Glanz; die Grund- farbe meistens ein sehr trübes, rostgelbliches Weiss, das bis zu einem matten schmutzigen Rostgelb oder auch in sehr bleiches Gelbbraun abwechselt, sodass die Grundfarbe an ver- schiedenen Eiern zwar ziemlich verschieden, aber stets sehr bleich ist.!) Die Zeichnung besteht in violettgrauen, grösseren und dann einzelneren oder kleineren und zahlreicheren Flecken und in mehr oder wenigeren Punkten unter der Oberfläche; auf derselben in rötlich- oder auch tiefschwarzbraunen, runden oder länglichen, oft schrägen und zuweilen mehrere in einen zusammengeflossenen Flecken, in Tüpfeln und Punkten, die, wenn sie, wie an manchen Eiern, Klein sind, dichter, wenn sie, wie an anderen, gross sind, einzelner stehen, wobei aber alle am spitzen Ende weniger Zeichnung haben als am stumpfen, wo sich auch an manchen die meisten Flecke zu einem lockeren Fleckenkranz zusammendrängen. [— Bisweilen kommen auch fast ungefleckte Eier vor (SANDMAN, Meddel. af Societ. pro faun. et flor. fenn. XVII, S. 249). —] So herrscht allerdings eine grosse Verschiedenheit unter diesen Eiern, aber lange nicht eine so grosse wie bei denen der folgenden Art. Frisch, noch nicht ihres Inhalts beraubt, scheinen sie sehr schwach und kaum bemerklich ins Grünliche; dieser Schein verschwindet aber in der Sammlung ganz, und bei manchen derselben wird die Grundfarbe mit der Zeit düsterer und bräunlicher. Sie sind denen der Küstenmeerschwalbe so ausserordentlich ähnlich, dass manche Spielarten in Sammlungen sich nicht unterscheiden lassen. Im frischen Zustande sind diese indessen an der bei allen Spielarten viel mehr ins Grüne ziehenden Grundfarbe leicht zu unterscheiden; leider verschwindet aber in Sammlungen das Grün an den meisten ganz, und bei vielen wird es nach und nach in lichtes Olivenbraun verwandelt, das gewöhnlich mit der Zeit düsterer wird. Die der Flussmeerschwalbe giebt man gewöhnlich für etwas grösser aus; dies ist aber auch so wenig, und beide Arten laufen hierin so ineinander, dass keine Grenze festgestellt werden kann. Ferner sollen die der Fluss- meerschwalbe (nach THIENEMANN, Eierwerk, Hft. V, S. 12 u. 13) sich durch lebhafter gefärbte, grössere und sparsamere Schalen- flecke unterscheiden; wogegen ich aber noch viele selbst ein- gesammelte der folgenden Art aufzuweisen habe, die gerade das Gegenteil bezeugen. Männchen und Weibchen brüten zwar abwechselnd, doch ‘) An dem Tafel XIX Fig. 8 des Tuıenemannschen Eierwerks ab- gebildeten Ei dünkt mich die Grundfarbe viel zu dunkel; ich habe wenigstens unter Hunderten kein so dunkles gesehen. Vielleicht liegt die Schuld in meinem Exemplar dieses Werkes bloss am falschen Ausmalen; doch will es mir auch scheinen, als wären die Zahlen 8 und 9 verwechselt. Naum. 135 ersteres seltener, und in der Nacht bloss letzteres. Sie sitzen oder liegen aber am Tage nicht oft und nie lange, bei schönem, heiterem Wetter fast gar nicht über den Eiern, überlassen dann den Sonnenstrahlen das Erwärmen derselben, und ihre Unterlage, die erwärmten Steinchen mögen dies ebenfalls be- fördern. Sie lieben sie sehr und kommen dem, der sich dem Plätzchen nähert, mit Schreien entgegen und ziemlich nahe, machen aber einen Unterschied und trauen nicht jedem, am. wenigsten dem Schützen; ist schon öfter, wenn auch in ver- sangenen Jahren, dort auf sie geschossen worden, so weichen sie schon von weitem aus. Ofters kommt man an einen solchen Ort, ohne nur eine bei den Eiern anzutreffen, selbst auf einer langen Strecke des Flusses eine zu sehen; allein man braucht nicht lange auf sie zu warten, und hat erst eine Lärm ge- macht, so sieht man sich bald von der ganzen Gesellschaft umkreist. Das Betasten der Eier mögen sie nicht gern leiden, zumal wenn diese noch nicht lange bebrütet sind; sie verlassen sie dann oft; auch ist mir dies vorgekommen, wenn ihnen nur ein einziges gelassen wurde. Haben sie aber schon lange ge- brütet, so sind sie in diesem Punkte weniger empfindlich. In 16 bis 17 Tagen entschlüpfen die Jungen den Eiern, laufen bald aus dem Neste und verbergen sich hinter den grösseren Steinen des Kiesbodens, hinter dürftigen Pflanzen und der- gleichen durch Niederdrücken. Durch ihr klägliches Piepen verraten sie sich nur dann, wenn die Alten weggeschossen oder sonst auf lange verhindert wurden, ihnen Futter zu bringen; auch sind sie vorsichtig genug, sich nicht zu melden, wenn ein Mensch oder grösseres Tier in ihrer Nähe ist. Einige Tage nach dem Ausschlüpfen keimen schon ordentliche Federn, zu- erst an den Schultern, auf dem Rücken und an den Brustseiten, bald auch an den Flügeln und dem Schwanze, aber zu aller- letzt am Kopfe hervor; sie können zwei Wochen alt schon ziemlich weit flattern. In der dritten Woche folgen sie schon den Alten fliegend, freilich noch matt und wankend, auch öfters, später an bestimmten Plätzen, ausruhend, aber unter fortwährenden verlangenden Tönen, und empfangen nun das ihnen dargereichte Futter nicht mehr sitzend, sondern wie junge Schwalben im Fluge, wobei sie am meisten schreien. Jetzt werden diese klagenden Töne denen der Alten immer ähnlicher, aber es dauert lange, ehe sie sich ihre Nahrung selbst fangen lernen. Gewöhnlich trifft man sie, namentlich die von verspäteten Bruten, noch allein am Geburtsorte, wenn die Alten schon längst fortgezogen sind, zuweilen noch gegen Ende des August. Wenn diesen Vögeln, wie sehr oft geschieht, das erste Gelege, namentlich durch Überschwemmungen, zu Grunde ging, so machen sie, wenn der Wasserstand wieder normal geworden, wohl ein zweites Gelege; geht aber auch dieses verloren, so bleiben sie in solchem Jahre ohne Nachkommenschaft, weil die wieder vom Wasser frei gewordenen Nistorte nicht so bald wieder abtrocknen und ihnen dadurch zu viel Zeit ver- loren geht. Ist der Juni bald zu Ende, so legen sie in diesem Jahre keine Eier wieder. Büssen sie gar ihre Jungen durch die überströmende Flut ein, so hören ihre diesjährigen Fort- pflanzungsgeschäfte sogleich auf. Ihre Vermehrung ist über- haupt, wenigstens so weit ich sie an unseren Flüssen beobachten konnte, sehr schwach; häufigst sieht man nur ein Junges einem Paar Alter folgen, zwei schon nicht so oft und drei Junge sehr selten bei einem Paar. Die vielen Unglücksfälle, die ihre Brut treffen können, sind auch Ursache, dass nach einem Jahre, in dem namentlich Überschwemmungen stattfanden, im nächsten Frühjahr weniger Pärchen zurückkehren als in einem früheren an demselben Orte wohnten; dagegen sind Jahre, worin der umgekehrte Fall eintritt, sehr selten. Feinde. Nur den flüchtigsten Edelfalken wird diese Meerschwalbe zuweilen zur Beute; wir sahen es einige Male nur vom Lerchenfalken (Falco subbuteo), und der Kampf zweier so ausgezeichneter Flieger gewährt ein unvergleichlich reizendes 156 Schauspiel. Das gewöhnliche Rettungsmittel der Schwimmvögel und mancher anderer, sich sogleich ins Wasser zu stürzen, sahen wir die Verfolgte hier nicht ergreifen, dagegen aber die Meerschwalbe den gewaltigen Stössen des Falken mit einer bewundernswürdigen Gewandtheit ausweichen, sie nach jedem Stosse höher steigen, bei manchem auch senkrecht ein Stück herabfallen oder eine kühne Seitenwendung machen, dabei aber doch sich mehr und mehr den Wolken nähern, bis end- lich des Falken Kräfte erschöpft wurden und er unverrichteter Sache abziehen musste. Junge fängt er indessen mit grösserer Leichtigkeit; doch kann ihm eine völlig erwachsene, wie sie es auf ihrem Wegzuge sind, auch schon sehr viel zu schaffen machen. Er scheint ein Hauptfeind der Meerschwalben zu sein und mag ihnen die eben flugbaren Jungen nicht selten wegkapern; denn ich sah ihn mehrmals, besonders gegen Abend, an den Brutplätzen derselben vorbei streichen und diese Vögel in Schrecken setzen. — Raben, Krähen und Elstern stehlen ihnen nicht selten die Eier, wenn die Alten nicht zugegen sind, müssen aber ihren Schnabelstössen weichen, wenn sie sie herannahen sehen. Ertappen sie den Räuber mit der Beute im Schnabel, so setzen sie ihm wohl so zu, dass er sie fallen lassen muss, aber Ei oder Junges ist dann auch verloren. Die letzteren lassen sie indessen selten so lange allein, dass sie ihnen von jenen geraubt werden könnten. — Wahrscheinlich schleppen ihnen nächtliche Raubtiere auch manches Junge weg. In ihrem Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten, oft ziem- lich häufig Docophorus melanocephalus NITSCH, [— sowie Docophorus lobaticeps, Docophorus laricola, Nirmus selliger, Lipeurus gyricornis und Lipeurus parviceps, —| in ihren Eingeweiden ZLigula mono- gramma CREPLIN, Distomum denticulatum RuD., Taenia |— sternae hirundinis M. v. Rup. —] und einige andere [—, von denen bekannt sind: Ascaris sternae hirundinis BELLINGHAM, Spiroptera acanthocephalica MOLIN, Speroptera capillarıs MOLIN, Holostomum pileatum DwuJ., Schistocephalus dimorphus CREPLIN und Bothrio- cephalus fissiceps DIESING. —| Das ihnen zu ihrer Unterhaltung unentbehrliche Element, das Wasser, wird ihnen gar häufig auch sehr verderblich, namentlich ihrer Brut, denn Überschwemmungen vernichten ihnen oftmals für dasselbe Jahr alle Hoffnung zum Erzielen von Nachkommenschaft wie mit einem Schlage. Die so- genannten Johanniswasser, von denen unsere Flüsse so oft plötzlich anschwellen, thun ihnen daher, wie anderen in den Flussbetten nistenden Vögeln, gar häufig grossen Schaden. Auch von Menschen wird ihnen, wenn auch oft nicht vorsätzlich, wie bei den Beschäftigungen der Fischer, viel Leids zugefügt; ja ich sah öfters gefühllose Leute dieser Klasse ihnen aus Nahrungsneid die Eier sogar absichtlich zertreten. Jagd. Wo sich diese Meerschwalbe nicht heimisch findet, ist sie ziemlich scheu, wo sie sich aber noch dazu verfolgt sieht, ist sie es noch mehr, doch steht sie hierin vielen anderen nach. Im Sitzen hält sie nie schussrecht aus, dies ist aber auch nicht nötig; denn wenn sie auf einem kleineren Gewässer, z. B. einem Teiche von nicht zu grossem Umfange angetroffen wird, so darf der Schütze nur Ruhe genug behalten und keinen Die Fluss-Seeschwalbe, Sterna hirundo L. weiten Schuss auf sie wagen; sie wird sich dann an seinen Anblick gewöhnen, immer näher an ihm vorüber streichen und endlich auf einem ihrer näheren Kreisflüge herabgeschossen werden können. Bei allen Meer- und Seeschwalben wird, wenn sie fliegen, das Auge des Schützen getäuscht wegen der mächtigen Flügel und selbst wegen der in die Ferne leuchtenden hellen Farben; sie sehen grösser aus und scheinen näher als sie sind und werden deshalb leicht gefehlt. Hat man die Flussmeerschwalbe nahe genug und die Flinte mit etwas grobem Vogeldunst (Bekassinenschrot) geladen, so ist sie sehr leicht zu schiessen, am leichtesten beim Neste und wo mehrere Paare nebeneinander nisten. Die einzeln nistenden Pärchen sind jederzeit scheuer. Kann sich der Schütze da, wo er sie öfters hin und her streichen sah, in einen Hinterhalt stellen, so kommt er am sichersten zum Schuss. Zu fangen ist sie nicht so leicht, weil ihre Ruheplätzchen, die man mit Schlingen oder Leimruten belegen könnte, nicht immer die nämlichen sind. Auf dem Neste ginge dies eher mit den letzteren, weil erstere sich an dem Kiesboden schwer befestigen lassen, was mit kleinen Pfählchen geschehen müsste, die man aber gewöhnlich nicht ganz verbergen kann. Findet sie an den Umgebungen des Nestes zu vieles verändert, so erregt es bei ihr Verdacht, und sie kehrt nie wieder auf die Eier zurück. Ich fänd einstmals nicht weit von einem solchen Neste eine zerbrochene Flasche, nahm diese dort weg, legte sie näher an das Nest, befestigte daran ein Stück Bindfaden, von etwa zwei Fuss Länge, und an dieses die Schlingen, welche die Eier umgaben; ein anderes Mal hatte ich einen Pflock ein- getrieben, an dem die Schlingen durch eine Schnur befestigt waren, aber sonst am Boden um das Nest herum wohlbedächtig nichts verändert, und doch verliess in beiden Fällen das Pärchen seine Eier. Ein anderes Mal sah ich von weitem zu, wie der Vogel ehe er sich auf die Eier legte, die Schlingen mit dem Schnabel entfernte und wegzupfte, sich aber dabei nicht fing. Diese Beispiele mögen beweisen, dass das Fangen auf dem Neste bei vielen Vögeln eben so leicht nicht geht. Nutzen. Wo diese Art in Menge beisammen wohnt, möchten ihre Eier als wohlschmeckende Speise ebenso zu benutzen sein, wie die vieler anderer verwandter Vögel. Ihr Fleisch zu geniessen ist nicht üblich, obgleich es nicht ganz schlecht schmeckt und oft auch ziemlich fett ist. Haut und Fett der Alten, besonders im Frühjahr, sind schön orangen- farben, bei den flugbaren Jungen hochgelb. Sie beleben die Gewässer auf eine sehr angenehme Weise und ergötzen durch ihr munteres Betragen. Schaden. Bei den Fischern stehen sie in dem üblen Rufe des Fisch- raubes, zwar nicht ganz mit Unrecht, weil sie sich meistens von kleinen Fischehen nähren, und sie werden deshalb von jenen, wie schon berührt, oft unbarmherzig verfolgt, ihnen die Eier weggenommen oder diese nutzlos zertreten, auch die Jungen oft erschlagen u.s. w. Es werden indessen hierbei Eigendünkel und Selbstsucht des Menschen wohl ein wenig zu weit getrieben. DEE Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Tafel 11. Tafel 12. Fig. 2. Männchen im Sommerkleide. Fig. 3. Weibchen im Winterkleide. Tafel 13. Fig. 4. Jugendkleid. Tafel 33. Fig. 19—50. Eier. Arktische, nordische, langschwänzige, silberfarbene, silbergraue Meer- oder Seeschwalbe, Böspicker, [— Kirren, Backer. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Cigra dugorepa. Dänisch: Kyst-terne, Haetteterne, Havterne, Kirre, Kropkirre, Split- Tar. Englisch: Arctic Tern. Esthnisch: Meretür. Färisch: Tedna, Terna. Hirondelle de mer macroure, Hirondelle-de-mer arctigue, Sterne paradıs. Finnisch: Lapintüra, Tirro, Punanokka-tira. Französisch: Helgoländisch: Roadnabbed Kerr. Isländisch: Kria, Perna. Italienisch: Rondine di mare arctica, Rondine di mare coda-hınga. Lappisch: Cerrik. Lettisch: Garastsihrinsch. Portugiesisch: Gai- Russisch: Krashka morskaya, Kraschka dlinnochwostaja. Spanisch: Gavina. —] vind. vertärna, Polartärna. Sterna macrura. 2. Edit. II. p. 742 (Jahrg. 1820). — Sterna argentata. a. Vög. Deutschlds. S. 782 bis 785. — Arctic Tern. Schottisch: Tarrock, Piccatarries. Naumann, Isis, Jahrg. 1819. Heft XII. S. 1847 (1819). — Sterna arctica (Hirondelle de mer arctique). Brehm, Beiträge z. V. III. S. 692 (Jahrg. 1822), — Dessen Lehrb. II. S. 689. — Dessen Nature. Eyton, Hist. rar. Brit. Birds p. 68. — Rondine di mare coda-lunga. Savi, Ornith. toscana III. p. 86. — Schwedisch: Rödnäbbad tärna, SüUf- Temminck, Man. Meyer, Zusätze z. Taschenbuch (III) S. 187. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pomm. Vög. S. 17. n. 225. — v. Homeyer, Vög. Pommerns S. 66. n. 216. — [— Sterna macrura. p. XCVL. (1840). — Sterna macrura. arctica. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1421 (1869— 74). — Sterna arctica. p. 169 (1875). — Sterna hırundo. (1882— 84). — Sterna hirundo. (1889). — Sterna macrura. macrura. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 156 (1892). — Sterna macrura. Mus. XXV. p. 62 (189). — Sterna macrura. Palaearctie Birds II. p. 808 (1903). Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 114. Taf. 253 (1840). — Sterna macrura. Schlegel, Rev. cerit. p. CXXIX (1844). — Sterna arctica. Fontaine, Faun. Luxemb. Ois. p. 265 (1865). — Sterna Holmgren, Skand. Fogl. p. 954 (1866—71). — Sterna paradisea. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 458 (1867). — Sterna hirundo. Wright, Finl. Fogl. I. p. 573 (1873). — Sterna arctica. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 255. pl. 579 (1874). — Sterna macrura. Olphe-Galliard, Orn. Eur. occ. fase. XI. p. 21 (1886). — Sterna macrura. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 585 (1891). — Sterna macrura. Collett, Norg. Fuglef. p. 316 (1893 —94). — Sterna macrura. Reichenow, Die Vög. Afrikas I. Bd., 1. Hälfte, S. 63 (1900). — Sterna macrura. Dresser, Man. of. Keys. u. Blas., Wirk. Eur. Fallon, Ois. Belg. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 553 Giglioli, Avif. ital. p. 416 (1886); p. 632 Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 94 (1892). — Sterna Cat. Birds Brit. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXIV Fig. 2, a—m (1854—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 7. Fig. 2 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds II. p. 481. pl. OXXXIII, Fig. I, II (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 284, pl. 46 (1885). — Id. Col. Fig. of Eges of Brit. Birds, pl. 29 (1896). —] Wahrscheinlich gehört hierher Sterna Hirundo, Brünn., Orn. bor., und gewiss die p. 45 beschriebene angebliche Varietät mit weisser Stirn (als Winterkleid). — Ob LinnE unter St. Hirundo diese oder die vorhergehende Art gemeint hat, bleibt ungewiss. Kennzeichen der Art. Die Füsse und der Schnabel hochkarmin- oder zinnober- rot, dieser an der weniger schlanken Spitze gar nicht oder sehr wenig schwarz; der dunkle Streif auf der Innenfahne der ersten Schwungfeder 7 cm von der Spitze nur 2,5 bis 3 mm breit; die Fusswurzel 14 bis 16 mm; [— der Lauf kürzer als die Mittelzehe ohne Nagel; —] das Jugendkleid auf dem Mantel mit sehr dunklen Wellen und Mondflecken. Beschreibung. Erst seit ein paar Dezennien ist diese Meerschwalbe für das gehalten, was sie unbestreitbar sein muss, für eine von unserer Flussmeerschwalbe durchaus verschiedene Art. Damals gelang es mehreren Forschern, NITZSCH, TEMMINCK, SCHILLING, BREHM und anderen, wozu ich auch mich zählen darf, fast zu gleicher Zeit, sie dafür zu erkennen; es bleibt indessen sehr gleichgültig, wer von uns ein paar Monate früher oder später hinter das bisherige Geheimnis kam. Schon ein paar Jahre zuvor von NITZSCH, nach in Spiritus erhaltenen Vögeln, aufmerksam auf die zu vermutende Artverschiedenheit dieser Meerschwalben gemacht, sah ich die Küstenmeerschwalbe zuerst im Jahre 1819 an der Nordsee in ihrem freien Leben und Wirken, wo mir augenblicklich jene Vermutung zur un- umstösslichen Gewissheit wurde, weil sie sich durch ein anderes Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Betragen, anderen Flug,!) andere Stimme?) u. s. w., fliegend durch ihre ganz andere Figur und ganz besonders durch den schmäler gehaltenen und viel längeren Schwanz sogleich unter- schied. Ich gab ihr damals auf Nırzschs Veranlassung den Beinamen macrura, langschwänzige, weil ihr langer Schwanz das zu allererst in die Augen fallende Unterscheidungsmerkmal ist, wodurch die fliegende Küstenmeerschwalbe schon in der Ferne auffällt und die Flussmeerschwalbe dagegen wahr- ') Die Verschiedenheit des Fluges ist Lomwıs besonders beim Hoch- kreisen der angstvoll über dem Tummelplatz der noch unflüggen oder erst halbflüggen Jungen schwebenden und pausenlos schreienden alten Küsten- seeschwalben aufgefallen. Die Flügel erscheinen dabei eigentümlich ge- spreizt und stark nach vorne, also kopfwärts, vorgebogen, sodass sie beider- seits ziemlich regelmässige Halbbogen bilden. Bei lichtem Himmel und hellem Sonnenschein um die Mittagszeit scheint das Licht zwischen den Spreizungen der Flugfedern stärker als in der Nähe der Federkiele durch- zuschimmern, sodass hellere und schattigere Lichtstreifen dem Auge sich darbieten, wobei die durchschimmernden oberen dunkleren Töne mit- spielen. — Bei den gleichzeitig kreisenden Flussseeschwalben trat solches weit weniger hervor und war die Spreizung weniger stark und halbmond- förmig. J. R. °) Beim gleichzeitigen Girren beider um ihre Brut kläglich besorgten Eltern-Arten ist eine stimmliche Verwechslung nach Loswis’ Ansicht aus- geschlossen. Die Küstenseeschwalbe hat einen weicheren, milderen, sanft klagenden Ton, der angenehm von dem Gekreisch der Flussseeschwalbe absticht. — Sie haben einige durchaus im Tempo und der Silbenzahl ab- weichende Stimmäusserungen. J. R. 18 138 haft kurzschwänzig aussieht. Wer gewohnt war, wie ich bis zu jener Zeit, immer nur die letztere gesehen, beobachtet und erlegt zu haben, dem muss sich, wenn er nun auf einmal nur jene sah u. s. w., der Name „langschwänzige M.“ gewisser- massen aufdrängen. Er ist jedoch ohne Not von mehreren verworfen, aber nicht durch einen bezeichnenderen ersetzt worden, denn arctica und argentata könnte als Beiname noch viel mehr Arten beigelegt werden als der obige. Ausser obigen Artkennzeichen unterscheidet sie sich von der vorhergehenden Art auch im toten Zustande durch den kürzeren und nach Verhältnis stärker oder höher aussehen- den Schnabel und durch die nicht allein niedrigeren, sondern auch viel kleineren Füsse. Der mehr oder weniger tiefere Ausschnitt der Schwimmhäute, besonders der inneren, bei dieser Art überhaupt nie stark, verdient als etwas Zufälliges so wenig Beachtung wie bei der vorherigen Art. In der Körpergrösse steht sie der Flussseeschwalbe merklich nach, — man möchte sie mit einer Wacholderdrossel vergleichen, — ihr Rumpf ist schwächer und schlanker, wo- durch der Schwanz ein noch längeres Aussehen bekommt, und die Flügel sind etwas schmäler. Die alten Vögel mit voll- ständigen Schwanzspiessen messen von 37 bis 39 em, jüngere und weibliche stets nur 2 bis 4 cm weniger in der Länge, in der Flugbreite 72 bis 77 cm; die Länge des Flügels von der Handwurzel bis zur Spitze 26 bis 27 cm; die Länge des Schwanzes ist an den Mittelfedern nur 7 bis 7,5, wegen des sehr tiefen Ausschnittes an der äusseren Seitenfeder aber 17 bis 19 cm, auch wohl noch etwas darüber; diese laufen näm- lich in sehr lange, schmale Spiesse aus, die bei dem Weib- chen stets etwas kürzer sind. Das Gefieder ist noch viel zarter und weicher als das der vorhergehenden, auch das im Nacken bei älteren Vögeln ein wenig merklicher verlängert, sonst die Gestalt der Schwung- federn, welche ebenfalls sehr starke und straffe, gegen das Ende sanft aufwärts gebogene Schäfte haben, ebenso; allein die Schwanzfedern unterscheiden sich auffallender von denen der Flussmeerschwalbe. Sie sind sämtlich viel schmäler, nämlich von der Wurzel bis zur Mitte, dann schnell ab- nehmend zugespitzt; der Gabelausschnitt an seinem Ende bis zu 12 oder mindestens 8 cm tief; die Mittelfedern an den Enden zugerundet, die folgenden von innen nach aussen schräg zu- gespitzt, das Ende jedoch noch stumpf, stufenweise aber immer schmäler und spitzer, an der dritten von aussen schon etwas, an der zweiten noch weit mehr, an der äussersten sehr lang spiessförmig, sodass Exemplare vorkommen, bei denen trotz der sehr langen Spiesse die äusserste Feder nur 5,5 cm länger als ihre Nachbarin ist. — Die Spitzen der letzteren reichen wenigstens sehr nahe an die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel oder sind mit ihnen von gleicher Länge, oder ragen, wie bei recht alten Vögeln immer, über sie oft 5 cm weit hinaus; ein Verhältnis, das dem der Flussmeerschwalbe zwar ähnlich ist, bei dieser aber wegen grösserer Breite und weniger tiefen Ausschnitts des Schwanzes, bei einem grösseren und stärkeren Rumpf ohne Messung oder vielmehr nach dem Augenmaß noch weit mehr auffällt. [— Bei einem im Helis- Sund auf Spitzbergen von LERNER gesammelten Exemplar überragten die Spitzen der zusammengelegten Flügel die äusser- sten Steuerfedern um ungefähr 58 mm. SCHALOW bemerkt dazu: „Dieses Moment variiert ungemein und bildet absolut kein sicheres diagnostisches Kennzeichen zur Unterscheidung der beiden nahe verwandten Arten“ (Journ. f. Ornith. 1899, S. 384). —] Bei hörundo ist auch nur die äusserste Schwanz- feder eigentlich spiessförmig, bei macrura sind es aber zwei bis drei, und diese gehen auch schneller in die deshalb viel längere Spiessgestalt über. Der Schnabel ist etwas kleiner als bei St. hirundo, zugleich aber etwas höher, weswegen er kürzer aussieht, obgleich er dies nur sehr wenig ist. Der Oberkiefer ist der Firste nach in einem sanften Bogen abwärts gegen die Spitze geneigt, der jedoch noch schwächer als bei jener ist; der Kiel bis zur er Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Mitte gerade, dann ein stumpfes Eck bildend und von hier schräg in die Spitze auslaufend, die, an beiden Schnabel- hälften zusammen genommen, weniger schlank ist als bei der vorigen Art. Er ist von den Seiten sehr zusammengedrückt, daher viel mehr hoch als breit, an den scharfen Schneiden etwas eingezogen, dies schwächer als bei jener; der Rachen auch nicht so tief gespalten, kleiner und schmäler. Das schmale, längliche, durchsichtige Nasenloch ist 2 mm von den Stirnfedern entfernt, etwas über 4 mm lang, liegt an einer schwachen Vertiefung, und aus seinem vordersten Winkel läuft ein erhabener Streif vorwärts, der gegen die Schnabelspitze hin sich auf der Schneide verliert. Die Länge des Schnabels beträgt gewöhnlich 3 bis 3,1 cm, selten darüber; nur bei einem Exemplar fand ich ihn 3,4 cm lang; von der Spitze bis in den Mundwinkel misst er fast 4,7 cm; seine Höhe an der Wurzel ist gewöhnlich 8, selten 9 mm, die Breite daselbst 6 mm. Die Farbe des Schnabels ist ein prachtvolles Karminrot, wie wenn man feinen Karmin mit dem feinsten Zinnober ver- mischt, eine herrliche Farbe, wie man sie ganz ähnlich an den Blumen des Papaver bracteatum wiederfindet. Im Tode wird es etwas dunkler, später und wenn die Teile, welche sie tragen, völlig ausgetrocknet sind und dies allmählich geschah, wird es ein mattes Zinnoberrot und bleibt es, wenig ausbleichend, viele Jahre, auch stets röter als das der Flussmeerschwalbe. — Er ist bei alten Vögeln und bei der Mehrzahl einfarbig; nur selten, vielleicht bloss bei jüngeren Individuen, zeigt sich am Oberschnabel, dicht vor dessen Spitze, ein kleiner schwarzer Längsstrich. Der innere Schnabel, Zunge und Rachen sind hochrot, bei jüngeren Vögeln orangerötlich, auch der Schnabel an der hinteren Hälfte, zumal nach unten, ebenso, spitzewärts schwärzlich braun und die Spitze selbst horngelblich; in frühester Jugend hat er eine ähnliche, aber noch blassere Färbung. Das Auge hat stets einen sehr dunkelbraunen Stern, nur in der Jugend ist das Braun desselben lichter, und befiederte Lider. Die Füsse sind für einen Vogel von dieser Grösse aulf- fallend klein, dabei aber von starkem und stämmigem Bau, niedriger und kleiner als die der Flussmeerschwalbe im Verhältnis zu ihrer Körpergrösse sind. Sonst haben sie eine sanz Ähnliche Gestalt, auch hinsichtlich der Einschnitte ihrer Bedeckung, ebenfalls sehr wenig ausgeschnittene Schwimm- häute; bloss an den inneren wird der Ausschnitt bemerklicher, und sie variieren darin auch individuell etwas. Die Krallen sind mittelgross, aber schwach, sehr gebogen, spitz, unten ausgerinnt, die der Mittelzehe die grösste, mit einer stark vor- tretenden Schneide auf der innern Seite, die der hinteren Zehe sehr klein. — Die Federn des Unterschenkels decken diesen bis beinahe an die Ferse, selten sieht man über derselben eine 2 bis 4 mm lange nackte Stelle; die Fusswurzel ist 14, seltener bis gegen 16 mm lang; die Mittelzehe misst ohne Kralle 16 mm und diese für sich noch 6 bis 8 mm; die Hinterzehe ist sehr klein, nur 4 mm lang, ihre Kralle ist oft so kurz, dass sie ganz zu fehlen scheint. Die Füsse nebst den Schwimmhäuten haben ein ebenso prachtvolles Rot wie der Schnabel; es ist auch ebenso dauer- haft und lange Jahre noch an Ausgestopften zu erkennen, aber auch hier stets dunkler als bei St. hirundo. Die Krallen sind an den Wurzeln braun oder rötlich, übrigens schwarz. — Die Füsse junger Vögel sind gelbrötlich, die Krallen hornbraun. Das Dunenkleid ist von dem der vorigen Art bedeutend verschieden, aber sehr variabel. Schnabel und Füsse sind un- gemein klein, ersterer, wenn das weisse Knöpfehen auf der oberen Spitze, das zum Aufbrechen der Eierschalen diente, noch vorhanden ist, zunächst diesem mattschwarz, im übrigen gelblich fleischfarben, die Füsschen mit ihren vollen Schwimm- häuten auch von letzterer Farbe, die Augensterne blaugral. Die Bekleidung der übrigen Teile besteht in einem langen, dichten und sehr weichen Flaum, der an der Stirn, in einem Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Fleckchen vor dem Auge und in einem von grossem Um- fange an der Kehle schwarzgrau ist; der Kopf von oben und an den Seiten, Hinterhals, alle oberen und seitlichen Teile des Rumpfes sehr hell bräunlichgrau, verschiedenartig schwarz gefleckt; die Flecke bald grösser, bald nur ganz klein, bald dunkler, bald ganz undeutlich, ebenso verschieden jene grau- liche Grundfarbe, bis zum ungefleckten Grauweiss; alle unteren Teile vom grauen Kehlfleck an rein weiss. Dr. SCHILLING (Ss. BREHM a. a. OÖ.) vermutet wohl nicht grundlos, ‘dass das gewaltige Abändern des Äusseren der Eier mit dem der dar- aus hervorgehenden Jungen sich in Verbindung bringen lasse. Die Farbe des Kehlflecks, hier stets nur schwärzlich, ohne rostbraune Beimischung, auch dass dieser noch etwas weiter auf der Gurgel herabreicht, sind Kennzeichen, wodurch sich diese Jungen leicht von denen der Flussmeerschwalbe unter- scheiden lassen. Sie bekommen bald Federn, und dann unterscheiden sich diese jungen Vögel weit auffallender von denen der Fluss- meerschwalbe als die Alten beider, schon durch den kürzeren Schnabel, hauptsächlich aber durch die dunkleren Farben des Mantels, dessen Flecke überhaupt eine ganz andere Farbe haben. — Bei ihrem Fortzuge, also im ganz vollendeten Jugend- kleide, wo aber der Schnabel nur erst 2,5 cm misst, bis auf die lichte Spitze braunschwarz oder schwärzlich aussieht und meistens bloss auf der Schneide der Unterkinnlade, gegen den Mundwinkel zu einen ziegelroten oder orangefarbenen Streifen zeigt, wie auch Rachen und Zunge gefärbt sind, wo die Füsse nur an den Sohlen orangefarben, übrigens braunrötlich aus- sehen, ist der Schwanz noch viel kürzer und die äusserste seiner Federn nur 11 bis 11,75 cm lang, hat, weil sie wie alle viel breiter ist, noch nicht die spiessförmige Gestalt. Die Farben des Gefieders sind folgende: die Stirn ist weiss, auf der Mitte des Scheitels durch längliche Flecke in die schwarze Platte übergehend, die hier dicht vor dem Auge anfängt, sich an den Schläfen und Ohren hinzieht und auf dem Nacken endet; die Zügel weiss, sehr fein schwarz gestrichelt; Kehle, Wangen, Vorderhals und der übrige Unterkörper, Bürzel und Schwanzdeckfedern, sowie die unter den Flügeln, nebst dem Flügelrändchen rein weiss. Auf dem Mantel herrscht im ganzen ein sehr lichtes sanftes Blaugrau (etwas dunkler als an der jungen Flussmeerschwalbe) mit weissgelblichen und weissen Kanten an den Enden der Federn, die meistens ein matt schwarzbrauner Streifen oder halbmondförmiger Fleck von der Grundfarbe scheidet, dies am schärfsten an den Schulter- und hintersten Schwungfedern, — und die auf dem Öber- flügel längs der weissen Kante der Unterarmgegend in einen fast schieferfarbigen breiten Streifen zusammenfliessen. Die aschblauen grossen Schwungfedern gehen an den Enden in Schieferfarbe mit weissen Endkäntchen über, haben auf der Innenfahne einen weissen Längsstreifen, weissen Schaft und die vorderste eine schieferschwarze Aussenfahne, dergleichen auch an den äusseren Federn des “aschblauen, auf den Innen- fahnen und seinen Federschäften weissen Schwanzes sich finden, dessen Federn übrigens auch noch vor der weissen Endkante mit einem dunkelbraunen Halbmond bezeichnet sind. Wenn sie eine Zeitlang geflogen haben, wo dann Schnabel und Füsse schon etwas röter geworden, werden die dunklen Flecke des Mantels etwas lichter, doch nie so bleich wie bei den Jungen der vorigen Art; so haben auch die etwas ab- gestossenen und in reines Weiss abgebleichten Federspitzen eine kleine Veränderung der Zeichnung bewirkt. Ihre erste Herbstmauser beginnt zwar schon auf dem Wegzuge, wird aber erst in den Winterquartieren beendet. Sie giebt ihnen ein dem der Alten ähnliches Winterkleid, das sich aber leicht unterscheiden lässt an den vom Jugendkleide verbleiben- den Schwung- und Schwanzfedern, von denen die letzteren auch die dunklen Flecke hinter der Spitze durch Abbleichen nach und nach verlieren. Auch ihr erstes Frühlingskleid ist noch an den bleibenden Schwingen vom Jugendkleide leicht zu erkennen. 139 Das Winterkleid unterscheidet sich wie bei anderen Meerschwalben hauptsächlich an der Färbung der Kopffedern von dem hochzeitlichen. Stirn und Vorderscheitel sind weiss, der Mittelscheitel weiss mit schmalen, hinterwärts breiter werdenden, schwarzen Schaftflecken; ein Fleck vor dem Auge, die Gegend hinter demselben und das Genick bis auf den Nacken hinab tief schwarz; die Augenlider weiss; das frische Gefieder des Mantels von einer etwas dunkleren, aber immer noch sehr lichten und sanften blaugrauen Färbung, der Unter- körper aber viel weniger von dieser Farbe angeflogen als im Sommerkleide, bei vielen nur gräulichweiss; das herrliche Rot des Schnabels und der Füsse etwas lichter; sonst alles wie in diesem. Das hochzeitliche oder frische Sommerkleid dieser Art, mit den sanft ineinander übergehenden Farben des un- gemein zarten Gefieders und seiner samtschwarzen Kopfplatte, wird ausserordentlich gehoben durch das glühende Rot des Schnabels und der kleinen Füsse. Den Oberkopf von der Stirn an, die obere Hälfte der Zügel, die Augengegend und das Genick mit inbegriffen, bedeckt eine samtschwarze Platte, die meistens bis auf den etwas buschigen Nacken hinab- reicht, wobei das Auge noch im Schwarzen, aber hart an der Grenze, steht und schwarze Lider hat; diese schwarze Platte begrenzt vom Schnabel an, über die Wangen hin bis an das Genick, ein schneeweisser Streifen, der besonders bei recht alten Vögeln am stärksten hervortritt, weil unter ihm gleich eine andere Färbung beginnt; auch das Kinn ist noch rein weiss; Kehle und Vorderhals aber sehr licht bläulichweiss, welches abwärts immer dunkler wird und an der Brust, am Bauch und an den Seiten in ein sanftes, sehr lichtes Blaugrau übergeht. Von eben dieser zarten Färbung, nur ein wenig dunkler (auch in Bezug auf die des Mantels der vorigen Art), sind der Ober- und Unterrücken, die Schultern, die Flügel- deckfedern und hinteren Schwungfedern, die letzteren und die längsten Schulterfedern mit weissen Spitzen; die Primärschwung- federn dunkel schiefergrau, auf der Aussenfläche hell aschgrau überpudert: alle mit starken weissen Schäften, die vorderste auf der Aussenfahne ohne jenen puderartigen Überzug, schwarz, welches spitzenwärts in Aschgrau übergeht; die Innenfahnen längs dem weissen Schafte mit einem schmalen dunkel schiefer- farbenen, gegen die Spitze breiter werdenden Längsbande, von dem sich das Weiss des übrigen Teiles dieser Fahne scharf und in gerader Linie abschneidet; an den etwas lichter grauen Sekundärschwungfedern nimmt das Weiss die Innen- fahne fast ganz ein, bildet eine weisse Endkante und läuft von dieser als ein schmales Aussenrändchen noch auf der äusseren Fahne herauf, ist auch nach innen nicht scharf vom Grauen abgeschnitten. Das Flügelrändchen und die ganze Unterseite des Flügels sind weiss, nur die Spitze silbergrau, mit der durch- scheinenden dunklen Zeichnung von oben; der After, Bürzel, die oberen und unteren Schwanzdeckfedern sowie der Schwanz rein weiss, die äusserste Spiessfeder desselben mit schiefer- farbiger Aussenfahne, die nächste mit aschgrauer, die dritte nur mit grau angeflogener äusserer Fahne, doch ist dies ver- änderlich, ausser der äussersten oft nur noch die zweite, stets aber etwas blasser grau, alle anderen weiss (dies gewöhnlich an den ältesten Vögeln), bei anderen verbreitet sich dagegen der graue Anflug in stufenweiser Abnahme über mehrere und verliert sich erst auf den Mittelfedern; bei den meisten ist auch die Innenfahne der äussersten Feder silbergrau angeflogen. Die untere Seite des Schwanzes ist glänzend weiss mit silber: grauen Aussenrändchen. Zwischen beiden Geschlechtern habe ich keinen sehr auf- fallenden und feststehenden äusseren Unterschied finden können. Zwar sind die Weibchen ein wenig kleiner, ihre Schwanz- spiesse kürzer und der Unterkörper weniger schön und nicht so dunkel bläulichgrau wie an den gleich alten Männchen; allein hierin ähneln jene wieder und bis zum Täuschen den jüngeren Männchen. Alle jüngeren Vögel unterscheiden sich leicht von den alten an der blasseren Färbung der unteren 18% 140 Teile, die oft nur grauweiss oder silberweiss oder bloss grau angeflogenes Weiss, aber von der Kehle bis weit auf die Gurgel herab rein weiss sind; gewöhnlich reicht bei ihnen auch die schwarze Kopfplatte nicht so weit auf den Nacken hinab, und die äussere Einfassung der Seitenfedern des Schwanzes ist blasser grau, aber über mehrere Federn verbreitet. — Stets sind die ältesten Vögel an den längsten Schwanzspiessen und an der viel dunkleren Färbung der unteren Teile, besonders der Brust, leicht zu erkennen, und ihre erhöhte Schönheit des Gefieders wird noch durch eine prächtigere Färbung der nackten Teile vermehrt. Im Laufe des Sommers leiden die ausserordentlich sanften Farben ihres zarten Gefieders durch atmosphärische Einwirkung und Reibungen sehr bemerklich, am meisten das dem frischen Gefieder nur wie aufgehaucht scheinende lichte Blaugrau des Unterkörpers, das in Silbergrau, bei manchen, besonders dem Weibchen, sogar ins Lehmgelbliche abschiesst, und von den längsten Schwanzspiessen ist nicht selten einer oder gar beide abgebrochen; auch die Flügelspitze ist durch das Abreiben des äusseren samt- oder puderartigen Überzugs viel dunkler geworden. Das Gefieder samt seinen Farben hat gegen die Herbstmauser hin an Reinheit und Zartheit auf diese Weise unendlich verloren. Auch bei dieser Meerschwalbe fängt die Herbstmauser schon im August bei ihrem Wegzuge an und wird erst in fernen Ländern vollendet, weil sie gleichfalls sehr langsam von statten geht. Nur von dorther würde ein frisch und fertig vermauserter Vogel in seinem Winterkleide zu erhalten sein, dessen äussere Umwandlung wir nur durch teilweise erneuertes Gefieder noch während ihres Hierseins erraten können. Gegen das Frühjahr mausern sie zum zweiten Male in ihrer Abwesenheit, behalten aber Flügel- und Schwanzfedern vom Herbst her. Wenn sie dann im Frühlinge zu uns zurückkehren, 'so haben die aller- meisten, namentlich alle älteren Vögel, bereits ihr vollständiges Hochzeitskleid; nur wenige machen eine Ausnahme hiervon, indem sie noch Spuren des abgelegten Winterkleides, besonders am Kopfe, durch untermischte alte weisse Federn zeigen und zu Ende des Mai den Federwechsel noch nicht beendet haben. Zu den Seltenheiten gehört wohl, dass ich selbst einmal auf Dieksand an der holsteinischen Küste noch am 21. Juni eine Meerschwalbe dieser Art antraf, die noch in vollem Winter- kleide war. [— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen im Sommerkleide aus Guatemala, befindlich im Dresdener Museum, ein Vogel vom Januar aus Westafrika, befindlich im Britischen Museum, und ein Weibchen im Jugendkleide vom 8. August 1898 von Föhr, befindlich in DE MAzs’ Sammlung. —|] “ Aufenthalt. Die Küstenmeerschwalbe ist über viele Teile der Erde und über noch weit mehrere als die vorhergehende verbreitet. Wahrscheinlich lebt sie am nördlichsten von allen, denn man traf sie in den Sommermonaten sogar in der Baffinsbai, in der Davisstrasse, in Grönland und Spitzbergen, oft zwischen und auf den Eisbergen. Auch die arktischen Küsten Sibiriens und Kamtschatkas nebst den Inseln in diesen Meeren bewohnt sie. [— Nach SAUNDERS Zusammenstellung sowie nach den Fundorten der im britischen Museum befindlichen Exemplare sei über ihre Ausbreitung hier folgende kurze Übersicht gegeben: Circumpolar in den nördlichen Gegenden der Alten und Neuen Welt; brütend vom 82. Grad nördlicher Breite (oder höher?) abwärts bis etwa zum 50. Grad in Europa und 42. Grad in Amerika. Küsten und Inseln des britischen Reiches und anderer europäischer Länder am Atlantischen Ocean und dessen Teilen (Orkneys, Hebriden, Island, Lappland etc.); Petschora, Ob, Jenissei, Amur, Kanada, Labrador, Grönland, Hudsonsbai, Davisstrasse, Grinell-Land, Sklavensee, Barrowspitze, Berings- strasse, Alaska, unter 82 Grad 17 Minuten nördlicher Breite am 30. Juni erlegt. — Im Winter südwärts bis zur Tafelbai und bis zum 66. Grad südlicher Breite (von der antarktischen bu Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Expedition unter 66 Grad südlicher Breite und 157 Grad wegst- licher Länge auf See erlegt); Küsten und Gewässer von Peru, Chili, Brasilien. Im südlichen Atlantischen Ocean wird unsere Sterna macrura durch Sterna virgata, Sterna vittata und Sterna hirundinacea vertreten. —|] Im nördlichen Europa und Amerika ist sie an vielen Küsten und Inseln gemein, so an den Küsten von Gross- britannien und Irland, von Dänemark und zum Teil von Norwegen, auf den Hebriden, Orkaden, Shetlands, den Färöern und auf Island ausserordentlich häufig, auch auf den beiderseitigen Küsten und vielen Inseln der Ostsee wird sie hin und wieder in Menge angetroffen,!) nicht minder auf und an vielen der deutschen Nordsee, namentlich an der friesischen und holsteinischen Küste und den vor ihnen gelegenen Inseln der Nordsee,”) auf denen ich sie im Jahre 1819 in grösster Anzahl beobachtet habe [—, sowie auf und an der Halbinsel Jütland. —| Obgleich sie auch an den Küsten des südlichen Afrika angetroffen worden ist, so ist sie dagegen an den europäischen Küsten des Mittelländischen Meeres selten und an denen von Italien nur einzeln vor- gekommen. Da sie als echter Seevogel nie in das Innere der Festländer kommt, auch ihre Wanderzüge nur am Meere ent- lang macht, so wird jenes klar, wenn man annimmt und, durch Beobachtungen unterstützt, annehmen darf, dass alle den Norden und Nordosten von Europa bewohnenden Scharen längs unseren Küsten der Ost- und Nordsee und des Atlantischen Oceans um die Spitze von Europa bis an die West- und Süd- westküste Afrikas hinab wandern, so können sie immer- während am Meere bleiben, brauchen nie über Land zu fliegen und kommen, ausser einzelnen durch Stürme verschlagenen auch nicht auf das Mittelländische Meer. Weil sie ferner Binnenwasser nur wenn sie ganz nahe am Meere liegen und Flussmündungen auch selten mehrere Meilen tief ins Land hinein besucht, so ist sie im Innern von Deutschland auch noch niemals vorgekommen, wenigstens ist kein Beispiel davon bekannt. [— Auf Oesel lebten die meisten Seeschwalben am etwas brackig versumpften Meeresstrand; landeinwärts an brackigen Seen fand sie v. Löwıs auf circa 1 km noch ziemlich häufig, aber schon in der sogenannten grossen Wiek, 3 bis 5 km vom Strand, war sie recht rar, und in der kleinen Wiek, circa 2 km landeinwärts, gab es keine. —)] An dem hol- steinischen Strande zwischen den Mündungen der Eider und Elbe ist sie sehr gemein; allein an letzterer aufwärts sah ich sie nur sehr einzeln noch bis in die Gegend von Glückstadt und Stade, dann keine mehr, bis auf eine einzige oberhalb Lauenburg, im Zanke mit einer Flussmeerschwalbe, die dort heimisch war und den anderartigen Fremdling zu vertreiben suchte. Ich glaube, dass sie für diese Gegend schon eine höchst seltene Erscheinung ist und sich schwerlich jemals noch weiter stromaufwärts verirrt. Als Zugvogel kommt sie an den Küsten und auf den Inseln der Nordsee seltehi vor Ausgang des April, viel öfter erst im Mai an und verlässt sie wieder im August, sodass höchst selten Nachzügler (gewöhnlich Junge) noch um die Mitte des September dort gesehen werden. Ebenso ist es an der Ostsee der dänischen Staaten und nicht viel anders auf Island, wo sie (nach FABER) um die Mitte des Mai ankommt und einzeln bloss an der Südküste dieser Insel noch bis gegen 1) So ist sie nach v. Löwıs an manchen Uferstellen der Insel Oesel in Massen angetroffen worden, aber nie isoliert, sondern in Gemeinschaft vieler sehr verschiedener Kiiriennzel Bar fand sie zahlreich bei Piwarotz, auf den Inseln Rui und Kiwisaar am esthländischen Strand, auch am Pernauschen Strande ist sie nicht selten. J. R. °) Dieser Teil des Meeres gehört wohl unbestreitbar zur Nor dsee; TEnmnIScK nennt ihn aber (a. a. O., wo er meiner, in der Isis 1819, Hft. ar beschriebenen Reise dahin een Baltique he dies ist in „Ostsee“ übersetzt ihm mehrfach blindlings nachgeschrieben worden. Ich sammelte aber nie an der Ostsee, — sondern an den Mündungen der Elbe und Eider, die beide in die Nardzke fliessen, und auf der interessanten Inselgrupp®, die sich an der Westküste es hinauf zieht und gleichfalls in der Nordsee liegt. — Eine Namensverwechselung der Art kann viele Missverständnisse erzeugen. Naum. Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. 141 Ende des September gesehen wird. An der pommerschen | [— Auf Oesel in den Grenzen der Besitzung Casti fand Küste verliert sie sich allmählich vom Ende des Juli bis Mitte des August, und später wird selten noch eine bemerkt. — Auf ihren Wanderungen fliegt sie sehr hoch, doch zieht sie fast immer bloss des Nachts und in grossen Gesellschaften, oft zu vielen Hunderten vereint, von denen immer einige von Zeit zu Zeit ihre Stimmen hören lassen, woran man dann die Richtung, in welcher der Zug forteilt, und die im Herbst stets eine süd- westliche ist, sehr deutlich wahrnehmen kann. Mein Freund Fr. BoIE zu Kiel hörte einstmals in einer ziemlich finsteren Nacht vom letzten August zum 1. September einen sehr grossen Zug derselben von Nordost nach Südwest durch die Luft streichen, und dem ähnliches ist von mehreren meiner Be- kannten an jenen Küsten beobachtet. Im Frühjahr ist die Richtung des Zuges natürlich eine umgekehrte; auch sah man sie dann oft am Tage am vorjährigen Wohnorte ankommen, in solcher Höhe, dass man sie eher hörte als sah, wo sie dann in grösster Höhe unter freudigem Schreien sich in Kreisen über dem Platze schwebend herum drehten, so immer niedriger kamen, aber dazwischen auch mit den anmutigsten Schwen- kungen abwechselten. Der Name: „Küstenmeerschwalbe“ bezeichnet ihren Aufenthalt, der ihr im Äusseren so ähnlichen Flussmeer- schwalbe gegenüber, wie mich dünkt, sehr gut; denn wenn die letztere auch hin und wieder am Meere vorkommt, so ist es doch nicht ihr gewöhnlicher Wohnsitz, und sie schlägt diesen stets nur in der Nähe von süssen Gewässern auf,!) ja die grosse Mehrzahl lebt einzig an Flüssen, oft in sehr grosser Entfernung vom Meer und tief im Innern der Festländer. Unsere Küsten- meerschwalbe gehört dagegen den salzigen Gewässern des Meeres an, entfernt sich nie weit von ihnen, kommt niemals an den Flüssen im Innern der Festländer vor, und wenn sie auf grösseren Inseln und Halbinseln auch an den tiefen Buchten und grossen Landseen, selbst an solchen mit süssem Wasser, lebt, so stehen diese doch gewöhnlich auch mit dem Meer in Verbindung, und wo sie ihre Wasser in dieses ergiessen, lebt sie dann freilich auch am fliessenden Wasser, das jedoch den Namen eines Flusses nicht verdient, z. B. am Abfluss des grossen, von Tausenden der vielartigsten Wasservögel belebten Sees Myvatn auf Island. Wenn sie die vielgestaltigen Gewässer des oberen Jütland so gut wie viele Stellen der offenen Meeres- küste in enormer Anzahl bewohnt, so nimmt das kein Wunder, da diese mit dem Meere, wenn auch oft nur mittelbar, in Ver- bindung stehen, wie z. B. die Seen Siörring und Sperring, welche diese Meerschwalbe in Myriaden bewohnt;?) von welchen diese Vögel, sobald sie sich nur etwas höher in die Luft er- heben, das offene Meer im Auge behalten und sich schnell dahin begeben können, so oft sie wollen. Das obere oder eigentliche Jütland (die Provinz) ist auch vielleicht unter allen in dieser Hinsicht bekannten Ländern der Erde dasjenige, das diese Art am zahlreichsten bewohnt und wo sie sich am weitesten vom offenen Meeresstrande entfernt. Auf kleinen Inseln und Landzungen ist sie stets am Meer, aber nicht auf den hin und wieder vorkommenden Binnenwassern, wenn sie nicht unmittelbar mit jenem in Verbindung stehen und auch salziges Wasser haben. Pellworm hatte ein recht ansehn- liches süsses Binnenwasser, zahlreich von der schwarzen Seeschwalbe, aber nicht von unserer Sterna macrura bewohnt; sogar bei ihrem beständigen Umherschweifen liess sich äusserst selten eine solche dort sehen, so selten wie jene jenseits der Deiche am Meer. An den obengenannten beiden Seen Jüt- lands leben jedoch beide Arten (nach Fr. BoIE) in vertrau- licher Nähe, doch ‘auf verschiedenen Plätzen nebeneinander. !) Das ist nach Löwıs, wenigstens an den Küsten Livlands, nicht derart der Fall, da er die Flussmeerschwalben weit entfernt von jedem Süss- wasser auch am Meeresstrande und in brackigen Uferlachen fand. Meine Beobachtungen in Schleswig-Holstein stimmen mit denen NAUMANNs überein. J. R. ®) Durch Trockenlegung der beiden Seen sind die Vögel längst von hier vertrieben. J. R. von Löwıs an Brackwasser-Seen und Lachen beide Arten im buntesten Gewirr beisammen hausend und zwar in beiden Formen sehr zahlreich vertreten. —] Sie bewohnt zwar auch hohe und felsige Gestade, doch viel öfter solche, die allmählich in die See verlaufen, so auch niedrige Inseln mehr als hohe. Auch auf sandigen Inseln und an sandigem Strande kommt sie vor, wenn ihr sonst die Gegend zusagt; doch liebt sie vor allem einen niedrigen grünen Strand mit fettem Boden und schlammigen Watten, die bei der Ebbe mit sogenanntem Schlick bedeckt sind, und kommt, wo sie diese hat, nicht auf die, wenn auch nahe liegenden, Sandwatten und Sandbänke. Auf dem von mir besuchten Teil der Nordsee fällt diese Auswahl so deutlich in die Augen, dass, wenn manche kleine Inseln auf einer Seite Sand, auf der anderen fetten Boden haben, sie immer diesen zum eigent- lichen Wohnsitz wählt und jenen nur vorübergehend besucht; ihre Brutplätze sind daher dort nie auf nacktem Sandboden, nie auf ganz sandigen Inseln. Namentlich wohnt sie dort am liebsten, wo sich weite, mit ganz kurzem, gewöhnlich vom Vieh abgeweidetem Graswuchs bedeckte Rasenflächen am Meer hin ausdehnen oder wo viele höhere Salzpflanzen den Boden so weit bedecken, dass solche Flächen in einiger Entfernung ganz grün aussehen; auf sandigem Boden nur dann, wenn er noch Kraft genug hat, einen ziemlich dichten und lebhaft grünen Graswuchs in weiter Ausdehnung hervorzubringen. Dieser Unterschied zwischen totem und nicht ganz unfruchtbarem Sandboden ist vielen Vogelarten wichtig, obgleich von Schrift- stellern nicht immer gehörig beachtet worden. Die Gegenden ihres Aufenthaltes haben meistens ein kahles, wenn auch nicht unfruchtbares Aussehen, keinen Baum und keinen Strauch; oft ist in weiter Ferne nichts hiervon zu sehen. Auch vermeidet diese Art auf Gewässern im Lande hohes Schilf und Rohr. Auch hier sucht sie die mit dem kürzesten Grase bedeckten Stellen auf, lägen sie auch nicht ganz nahe am Wasser, [— Das trifft aber nicht immmer zu; denn voN Löwıs fand sie auch in hohen Schilfröhrichten und Weiden- gestrüpp zur Zeit, wenn die Jungen noch nicht fliegen konnten; auch in einem von Wäldern umgebenen See mit etwas brackigem Wasser, an dessen Ufern einzelne Erlen- und Weidenbäume nicht selten waren, traf er einige wenige Paare. —] Selten findet man diese Meerschwalbe vereinzelt oder nur in einzelnen Paaren, denn sie lebt meistens in grösseren Vereinen, mischt sich dann noch gern unter andere Strand- vögel und teilt ihren Wohnsitz mit ihnen, doch nicht leicht mit anderen Meerschwalben; namentlich ist dies von den Nist- orten zu verstehen, wo im Verein mit jenen oft das bunteste Gewimmel herrscht. Sie schwärmt den ganzen Tag umher, ruht sich zwar oft, aber immer nur auf kurze Zeit auf einem hohen oder flachen Ufer in der Nähe des Wassers, selten auf diesem schwimmend, aus, kommt zwar schon in der Dämmerung an die erwählte Schlafstelle, begiebt sich aber erst mit an- brechender Nacht zur Ruhe, ebenfalls nahe am Wasser oder auf dem Brutplatze, selbst wenn dieser weit vom Wasser läge. Mit Anbruch des Tages wird sie wieder rege, und mit Sonnen- aufgange beginnt ihr gewöhnliches Herumschweifen. Eigenschaften. Diese Meerschwalbe giebt an einfacher Schönheit den übrigen nichts nach, besonders werden die unvergleichlich sanften Farben des Gefieders durch das glühende Rot des Schnabels und der Füsse so vortrefflich gehoben, dass ihr manche andere Art darin nachstehen muss. Ihr Gefieder ist noch weicher und zarter als das der Flussseeschwalbe, von der sie sich durch geringere Grösse, schlankeren Rumpf, schmäleren und längeren Schwanz wie durch sanftere Be- wegungen dem geübten Blick auch schon in bedeutender Ent- fernung unterscheidet. Sieht man beide Arten im freien Leben nebeneinander, so ist der Unterschied so auffallend, dass ihn 142 auch der Bedenklichste augenblicklich zugeben muss und die Identität beider anerkennen wird, während dies an Bälgen und Ausgestopften nicht so sehr in die Augen springt oder strenger abgewogen sein will. Ihre Stellung im Sitzen ist wie bei anderen Arten, den Hals sehr eingezogen, die Brust etwas tiefer als den Hinter- körper, die Flügel hoch über dem Bürzel gekreuzt, den langen Schwanz zwar etwas unter diesen, aber doch so hoch ge- halten, dass er den Flügelspitzen nahe bleibt, und entfernt genug vom Boden, damit seine langen Gabeln nicht beschädigt werden u. s. w.; auch hier sieht dieser, selbst in bedeutender Entfernung, viel länger aus als der bei einem sitzenden Vogel der vorigen Art. — Ihr Gang ist trippelnd, in kleinen Schritt- chen und geht nie über ein paar Fuss weit. Noch seltener schwimmt sie, dann sehr oberflächlich, Flügelspitzen und Schwanz hochgehalten; aber sie rudert nicht von der Stelle und erhebt sich von derselben ebenso leicht wieder in den Flug als sie sich aus demselben herabgelassen hatte. Dieses Schwimmen kommt jedoch bei ihr so sehr selten vor, dass ich, obgleich ich mehrere Wochen lang diese Vögel in Menge be- obachten konnte, es nur ein einziges Mal gesehen habe. [— Flügellahm geschossene Exemplare schwimmen leidlich und rudern ziemlich rasch in der Todesangst dahin. —| Sie setzt sich viel öfter als andere Arten, doch immer nur auf eine oder ein paar Minuten, ausgenommen bei stür- mischem Wetter, wo sie oft lange an einer Stelle ausruht und dazu, näher oder entfernter vom Meer, meistens solche Plätze aufsucht, die ihr Schutz vor dem Winde gewähren, z. B. hinter den Dünen oder hinter hohen Deichen (Dämmen), auf Äckern u.s. w. So sah ich einst bei einem heftigen Sturme alle auf der Insel Nordstrand wohnenden Meerschwalben dieser Art nebst anderen Strandvögeln auf einem frisch ge- pflügten Acker versammelt, der dicht hinter dem sehr hohen Deiche lag, an dem sich auf der anderen Seite Wind und Wellen brachen und ihn oft überschäumten. Sie fliegt ungemein leicht und sanft, anscheinend lang- samer als manche andere Art dieser Gattung, weil sie darin die Spitzen der grossen, schmalen Flügel nicht weit vom Körper wegstreckt und sie in weit ausholenden Schlägen bedächtig auf und nieder bewegt, wobei der leichte Körper sich abwechselnd ein wenig hebt und senkt, daher in einer schwach wellen- förmigen oder doch nicht ganz geraden Linie fortgeschoben wird, hauptsächlich, wenn sie in gerader Richtung fortstreicht und keine Eile bezeigt. Oft beschreibt sie aber auch grosse ungeregelte Bogen, auf-, ab- oder seitwärts und mit den selt- samsten Wendungen, schwenkt sich schnell und leicht, schlägt plötzlich eine andere Richtung ein u.s. w. Gewöhnlich fliegt sie niedrig; allein sie kann sich auch sehr hoch aufschwingen, ohne Flügelbewegung schweben, sich drehen oder sanft fort- gleiten, dies besonders bei ruhiger Witterung und heiterem Himmel, wo sie bisweilen so hoch aufsteigt, wie sie es nur auf dem Zuge gewohnt ist. Starker Wind ist ihr sehr unbehaglich; das leicht gebaute und jenem zu grosse Flächen darbietende Geschöpf wird oft ein Spiel desselben; sie muss sich in acht nehmen, dass er sie nicht von der Seite oder gar von hinten ansaust, weil er sie dann ganz aus der Richtung schleudern würde; sie muss ihm vielmehr die Spitze bieten, sich mit sicht- licher Anstrengung ihm entgegenstemmen, kann sich aber dann auch nur langsam fortarbeiten, wobei jener auch das Gefieder knapp auf den Körper andrückt, sie noch schlanker macht und weil auch der Schwanz dann sehr zusammengedrückt wird, eine lange sonderbare Figur aus ihr macht. Obgleich es bei diesem gemütlichen, gar nicht anstrengend aussehenden Fluge den Anschein haben möchte, als sei sie eine der trägsten ihrer Gattung, so ist sie doch das Gegenteil; denn von einer rastlosen Unruhe beseelt, gestattet ihr diese nirgends ein langes Verweilen und treibt sie unablässig bald hier-, bald dorthin; aber alles wird mit einer wunderlichen Ge- mächlichkeit und zugleich in so gemütlicher Stimmung aus- geführt, dass man ihrem Treiben mit Wohlbehagen zusehen Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. muss. In ihrem Betragen herrschen Sanftmut und Frohsinn, Mässigung und Vertrauen, und sie scheint geistig viel vorteil- hafter ausgestattet als die Flussmeerschwalbe, bei der stets ein gleichgültiger Ernst die Oberhand behauptet, die überall den Menschen wie anderen Geschöpfen misstraut, sehr un- gesellig gegen alle anderen Vogelarten ist, selbst nie in sehr grossen Vereinen der eigenen Art lebt; wogegen die Küsten- meerschwalbe ein viel grösseres Talent der Geselligkeit ent- wickelt, sich nicht genügen lässt, bloss mit sehr vielen von ihresgleichen beisammen zu sein, sondern an den Brutorten sich so auch noch unter anderartige Strandvögel mischt und mit ihnen verträglich und vertraut lebt. Sonderbar genug, dass bei diesem starken Triebe zum geselligen Beisammensein ihre Scharen sich doch nicht so enge verbinden wie viele der grösseren Arten, namentlich der Brandmeerschwalbe, und zugleich auch sich nie einer anderen Meerschwalbenart innig anschliessen, dies dagegen aber gegen nicht verwandte Vögel thun; ich sah gemeinschaftliche Brutplätze, die ausser ihnen mit Avosetten, Rotschenkeln, Alpenstrandläufern, See- regenpfeifern, Austernfischern, sogar Silbermöven, alles bunt durcheinander, besetzt waren, an anderen Orten kommen oft noch viel mehr, sogar auch Entenarten zu solchen Vereinen gehörig vor, und unsere Meerschwalben sind zwischen diesen allen so verteilt, dass zwischen zwei Nestern derselben sich oft mehrere Nester von anderen verschiedenartigen Vögeln befinden. Mit allen diesen Vögeln leben sie höchst verträglich, und diese haben noch den Vorteil von ihnen, dass sie ihre Eier bewachen helfen, weil die Meerschwalben an so einem Platze, wenn sich ein Feind naht, immer zuerst Lärm schlagen und jene aufmerksam machen. Ganz abgesondert und ver- einzelt mag keine wohnen; allein an einsam und weit vom Wohnorte herumschwärmenden fehlt es auch unter ihnen nicht, sowie sie denn ihre Streifzüge immer vereinzelt machen und nur bei gewissen Gelegenheiten sich an Orten zusammen rottieren, die sie sonst nur als Streifer sehen. Dem, der vorher St. hirundo fleissig beobachtet hat, muss besonders auch die sanftere Gemütsart der St. macrura sehr auffallend sein. Obgleich auch auffahrend und nicht ohne Jähzorn, fehlt es zwar nicht an sich wiederholenden Zänkereien unter diesen Stillvergnügten; aber jene sind von so kurzer Dauer und blossem Mutwillen so ähnlich, dass man sie mehr für vorübergehende Neckereien halten muss. Die erstgenannte ist dagegen viel heftiger, man möchte sagen empfindlicher gegen ihresgleichen, auch ungesellig gegen andere Vögel, und wer weiss, ob nicht diese verschiedene Gemütsart beider sich ı sonst so ähnlichen Arten Ursache ist, dass sie sich nicht leiden mögen und sich bekämpfen und verfolgen, wo sie zusammen- treffen, wobei dann die zärtlichere Küstenmeerschwalbe natür- lich den kürzeren ziehen muss. Ein sonderbarer Zug in ihrem Betragen ist eine gewisse Neugier. Wo etwas Neues passiert, kommt bald ein solcher Vogel herbei, beschaut es sich in der Nähe, lässt, darüber herumflatternd, seine Stimme erschallen, und in kurzem ist eine ganze Gesellschaft versammelt, die sich nach gestillter Neu- sierde nach und nach wieder zerstreut. Wirft man einen frischen Erdhügel auf oder verliert man ein Taschentuch, ein Stück Papier, oder sehen sie einen eben geschossenen Vogel liegen oder einen gefangenen zappeln, so sind sie gleich bei der Hand, flattern und schwenken sich niedrig und schreiend eine Zeitlang über dem Gegenstande ihrer Bewunderung umher, und wenn sie ihn genug begafft und sich mit Schreien ermüdet haben, zieht jede einzelne wieder ihre Strasse. — Bei den grossen Möven ist es jedoch mehr als-Neugier, was diese Meerschwalben antreibt, die angeschossenen schreiend zu Vel- folgen oder ihnen wohl gar Schnabelstösse zu versetzen oder über den tot niedergestürzten besonders viel zu schreien oder zu lärmen, weil sie ihnen als Räuber ihrer Eier und Jungen bekannt sind, die Meerschwalben sich aber leider oft gefallen lassen müssen, dass jene, um den Zeitpunkt des Bestehlens recht abpassen zu können, ganz in ihrer Nähe nisten. Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Die Küstenmeerschwalbe ist harmlos und zutraulich im höchsten Grade, und wo sie nistet und keine Nachstellungen kennt, erregt ihre Vertraulichkeit in der That oft freudiges Erstaunen und ein eigenes wohlthuendes Gefühl; man meint, diese liebe Einfalt müsse geradeswegs aus dem Paradiese stammen. Ohne Furcht fliegt nicht selten das schöne Geschöpf so nahe an dem Menschen vorüber, dass er ihm ins Auge schauen kann, zumal wenn er sich stellt, als bemerke er es nicht. Bei den Nestern und in der Nähe des Brutortes kommt dies oft vor, auch noch an entfernteren, auf mehr als eine Meile im Umkreise. Dort ist diese Meerschwalbe unter allen mit ihr in Gesellschaft lebenden Vögeln der zahmste. Bald scheint sie Furchtlosigkeit allein, bald diese mit Neugier ver- mischt in die Nähe des Menschen zu ziehen, sowohl wenn er im Boote als wenn er auf dem Lande ist. Bei den Nestern kommt natürlich noch Besorgnis hinzu, und sie kann daselbst so böse über den Störenfried werden, sogar in solche Wut ge- raten, dass sie nach Hunden und anderen Tieren, selbst nach Menschen, stösst und ihnen nicht selten Schnabelstiche ver- setzt, weshalb ihr die Bewohner jener von mir bereisten Inseln den Namen Böspicker beigelegt haben, den sie aber nur in dieser Bezugnahme verdient. So ungewöhnlich zahm ist sie jedoch nicht allenthalben, und es zeigt dies deutlich, dass jene zu grosse Furchtlosigkeit nicht aus Mangel an Klugheit ent- springt. Ich habe sie an manchen Orten so vorsichtig ge- funden wie die meisten Strandvögel, und sie wussten daselbst so gut wie Austernfischer und andere mehr den Schützen vom Fischer oder Bauer zu unterscheiden, obwohl sie sich immer noch weniger scheu zeigten als die meisten mir be- kannten Meerschwalbenarten. Sonderbar genug hält keine Küstenmeerschwalbe sitzend die Annäherung des Menschen aus; sie erhebt sich vielmehr bald und meistens über Schuss- weite, kommt dann aber nicht selten im Fluge nahe an ihm vorüber. Ihre Stimme charakterisiert diese Art auffallend genug. Sie lassen sich im Fluge oft genug hören, zumal, wenn meh- rere beisammen sind, weniger die einzeln herumschwärmenden, in einem eigentümlichen, sanften oder etwas klagenden Kier oder Krier (meist zweisilbig), einem Ton, welchen man nie von St. hirundo hört. Begegnet eine der anderen, so begrüssen sie sich gewöhnlich mit einem sanften Ki, kikikieh, krieh (das E nur schwach hörbar), oder auch Gib gib, gib gib gib gie gieh, ebenfalls nie bei jener vorkommend, sowie im Un- mut ein schnarchendes Rrä, oder beim Zanken und Necken ein heftigeres Räh räh tetätetetterieh, rieh! Alle diese Töne mit ihren vielfältigen Modulationen sind so verschieden von denen der Flussmeerschwalbe, dass sie mir gleich bei der ersten, die ich schreien hörte, als einer anderen Art gehörig auffielen. Weniger ist dies beim Lockton, der Normal- stimme der Meerschwalbengattung, einem schleppenden, nicht angenehmen Kreeäh oder Krreäh der Fall, das allein dem der St. hirundo ähnlich aber doch weniger rauh klingt, sich daher dem geübten Ohr auch etwas unterscheidet. Sämt- liche Töne haben, mit denen der eben genannten Art ver- glichen, wie das Betragen etwas sanfteres oder gefälligeres und klingen weniger rauh. GRABA (Ss. d. Färöische Reise, S. 218) bezeichnet sie nicht übel mit folgenden Silben: Bebereii, beberei, bebebiäh, und kriäh. — Die Jungen piepen an- fänglich, und dies wird, während sie flugbar werden, nach und nach in kier oder krier umgewandelt, mit dem sie unab- lässig den Alten nachfliegen. Nahrung. Die Küstenmeerschwalbe nährt sich hauptsächlich von kleinen Fischen, namentlich Stichlingen (sowohl Gasterosteus pungitius als @. aculeatus), auch von Jungen grösserer Arten, besonders der Gattung Clupea, von welchen sie, nach FABER, Olupea sprattus, wenn sie noch klein, vorzugsweise lieben soll. Kleine Krabben (Orangen vulgaris), auch kleine Garnelen (Palaemon squilla) und den sogenannten Strandfloh (Gammarus 145 gammarellus) frisst sie auch häufig. Ferner gehören auch In- sekten, Insektenlarven und Regenwürmer nicht ungewöhnlich zu ihren Nahrungsmitteln, und wo sie den Uferwurm (Arenicola lumbricoides) erwischen kann, auch dieser. Fische scheinen vor allem ihre Lieblingsnahrung zu sein; aber sie frisst nur lebende, die sie sich selbst fängt. Immer- fort mit guter Esslust versehen, beschäftigt sie das Aufsuchen der Nahrungsmittel fast den ganzen Tag; sie fliegt nicht nur beständig, sondern oft weit nach ihnen umher, auf meilenweit entlegene Inseln und Küsten oder ganze Strecken ins Land hinein, an fangreiche Gewässer oder auf Wiesen und Äcker. Überall, wo sie Hoffnung hegen darf, etwas für ihren Schnabel zu finden, fliegt sie ganz niedrig, langsam und bedächtig, das Genick so gebogen, dass die Schnabelspitze senkrecht herab- gerichtet ist, wobei sie den Kopf bald auf die rechte, bald auf die linke Seite wendet, je nachdem sie das eine oder das andere Auge zum Beschauen eines Gegenstandes gebrauchen will. Nach den Fischen streicht sie niedrig über dem Wasser entlang, den Blick fest auf dieses geheftet, und wenn sie etwas entdeckt, hält sie sogleich an, rüttelt über den Fischchen bis sich ihr eins von solchen, die der Oberfläche am nächsten stehen, bequem genug gestellt hat; jetzt stürzt sie wie ein fallender Stein auf dasselbe herab, dass das Wasser hoch auf- spritzt, und fliegt gleich darauf mit dem gefangenen im Schnabel davon. sie taucht indessen dabei nie so tief unter, dass man nicht noch etwas von ihr über der Oberfläche sähe; sie schiesst dagegen in schiefer Richtung oftmals nur mit Kopf und Schnabel durch die Wellen, fischt jedoch nicht gern, wo viel Wellenschlag ist, sondern viel lieber in wenig beweg- tem Wasser und kann bei Sturm und hohem Wellengang nichts schaffen, so auch nicht in den Brandungen. Bei solchem Wind und Wetter, welche der Brandmeerschwalbe gerade recht sind, kann sie nicht in der See fischen; sie sucht dann die stillen Buchten, Binnenwasser oder gar Wiesen und Äcker, um, wenn der Fischfang nicht gehen will, Insekten und Würmer aufzusuchen. Es ist schon oben erwähnt, dass sie zu leicht gebaut ist und nicht Kräfte genug hat, dem Sturm zu trotzen. [— Als ich mich vor einigen Jahren im Juli längere Zeit in List (Sylt) aufhielt, herrschte mehrere Tage nacheinander bei unfreundlich nasskaltem Wetter ein stürmischer Wind aus Nordwest, der tagelang das Meer in starker Bewegung hielt. Die einer Ansiedelung am westlichen Teile des Königshafens angehörenden „Kirren“ strichen vom frühen Morgen bis zum späten Abend rastlos am Strande auf und ab, um für ihre etwa 14 Tage alten Jungen Nahrung aufzutreiben. Das Land bietet ihnen hier gar nichts, und in der aufgeregten See war der Fischfang fast unmöglich. Nur am östlichen Strande, in einem kleinen Winkel, den eine Sandbank mit dem Ufer bildete, war unter dem Schutz der Dünen der Wellenschlag verhältnis- mässig gering. „Spierlingshuck“ nennen die Lister diese Küsten- ecke nach dem hier häufig vorkommenden kleinen Sandaal (Ammodytes tobianus). Hierher richtete sich der Zug fast sämt- licher Seeschwalben von jener Kolonie. Hunderte waren unter- wegs, und über Spierlingshuck wirbelte es in einer weissen, wie vom Sturm zerrissenen und hin und her gezausten Wolke. Ich sass unter der Düne am Strand und schaute der beschwer- lichen und erfolgarmen Fischerei der Vögel lange Zeit nicht ohne Mitleid zu. Wiederholt fasste ich eine bestimmte Kirre ins Auge und zählte die vergeblichen Taucherstösse, bis ein Fischchen gefangen wurde. Ich zählte bis 10, bei einer anderen bis 15, dann bis 8, aber auch bis 20 und darüber. Mit der so mühsam erworbenen winzigen Beute flog dann die Mutter oder der Vater, direkt dem Sturme entgegen, den 4 Kilometer ent- fernt auf dem Brutplatz hungernden Kindern zu. Und ver- hungerte junge Seeschwalben fand ich zu Hunderten im Grase, als ich nach ein paar Tagen diesen Brutplatz besuchte. N) —] '!) Auch den Rauchschwalben ging es hier damals schlecht. Erst starben die Jungen, nachher sassen auch die Alten tot auf den verhunserten Kleinen im Nest. J. R. 144 Sie verschlingt ihre Beute stets unzerstückelt, gewöhnlich bald nach dem Erheben aus dem Wasser, d.h. im Fluge. Ich habe sie nie im Sitzen verzehren sehen, selbst solche Geschöpfe nicht, die sie von der Erde aufnahm, will jedoch nicht be- streiten, dass sie es vielleicht bei solchen Fischen thue, die etwas zu gross sind, um ohne besondere Anstrengung sogleich verschluckt werden zu können. Mit einem solchen im Schnabel fliegt sie oft lange herum, gewöhnlich so lange, bis er ihr von einer anderen, ihr begegnenden abgejagt wird, der es aber- mals so geht, bis ihn endlich doch eine recht hungrige hinab- würgt. Kommt eine Raubmöve dazu, so ist es dieser gerade recht, und die Meerschwalbe mag sich einen anderen Fisch fangen. Ein auf dem Wasser schwimmendes Insekt hebt sie gleich auf; es geschah oft vor meinen Augen; aber fliegende sah ich sie nie fangen. Während der Ebbe ist sie sehr thätig; sie fischt dann aus den auf den Watten zurückgebliebenen Pfützen die Brut von jenen kleinen Crustaceen aus den Gattungen Crangon, Palaemon, Gammarus und anderen mehr, von denen jene kleinen Wasserpfützen an manchen Orten wimmeln, auch blieb wohl hier und da ein Fischehen für sie darin zurück, sowie ihr denn hier auch der Uferwurm zuweilen zu teil wird. Bei schönem, heiterem Wetter sucht sie ihre Nahrung selten anders als auf oder an dem Meere, bei stürmischem und nasskaltem dagegen oft im Lande, hinter Dünen oder hohen Deichen und wo sonst etwas Schutz vor dem Winde ist. Sie schwärmt dann über den Wiesen und fängt die an den Grashalmen sitzenden Insekten oder liest auf Rasenplätzen und frisch ge- pflügten Äckern Regenwürmer auf. Ich sah sie in Menge dem Pfluge folgen und ausserdem dort auch allerlei Käferlarven aufnehmen. Sie sucht diese nicht etwa zu Fuss, sondern flattert hier über dem Erdboden ganz so wie über dem Wasser, niedrig und immer dicht hinter dem Pflüger her, ergreift den aus- geackerten Wurm oder die Made in demselben Augenblicke als sie sich neben ihm niederlässt, erhebt sich ebenso schnell wieder und verschlingt ihn fliegend. Ich sah mehrmals starke Gesellschaften dieser Vögel sich auf solche Weise beschäftigen. Zuweilen fliegen sie weit vom Meere nach solchen Plätzen, immer aber nur, wenn sie wegen schlechten Wetters dort nicht fischen können. Fortpflanzung. An den oben genannten Küsten und auf vielen Inseln des Eismeeres, der Nord- und Ostsee, entweder am Meere selbst oder auf den Binnenwassern der Inseln und Halbinseln oder auf nahen Landseen, auch wohl an den Ausflüssen derselben nach dem Meere — aber nie an Strömen und Flüssen grösserer Länder — findet sich diese Meerschwalbe als haufenweise bei- sammen lebender Vogel im Mai ein, um da bis in den August zu verweilen und während dessen sich fortzupflanzen. Ein ein- zelnes, einsam nistendes Paar findet man nirgends; immer nisten mehrere und oft Hunderte beisammen, aber nie so dicht aneinander gedrängt, wie dies von mancher anderen, namentlich von St. cantiaca, bekannt ist. Sehr merkwürdigerweise mischen sie sich hier nicht unter andere Meerschwalben, wohl aber unter andere Strand- und Seevögel aus gar nicht verwandten Gattungen. Ihre Brutplätze können nahe neben denen der genannten Art, auch wohl von A. nigra und anderen liegen, selbst an die verschiedener Mövenarten grenzen, aber ihre Nester mischen sich nicht unter diese; dagegen teilen sie buch- stäblich die Brutplätze mit vielerlei schnepfenartigen Vögeln und im hohen Norden auch mit vielen Entenarten; ihre Nester befinden sich zerstreut zwischen denen dieser, und alle dulden die Meerschwalben gern unter sich, was auch begreiflich ist; denn diese sind von Natur wachsamer, sehen wegen be- ständigen Herumfliegens jede Gefahr früher nahen und sind zugleich die kühnsten Verteidiger der Eier und Jungen sämt- licher Bewohner eines solchen Brutplatzes, der so viel des Höchstinteressanten bietet, dass auch das kälteste Gemüt beim Zuschauen solch bunten Treibens nicht teilnamslos bleiben kann. Die Zutraulichkeit der Vögel an solchen buntgemischten Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Brutplätzen erhöht den Reiz, den sie dem Beobachter gewähren, ganz ungemein; denn an Orten, wo unsere Meerschwalbe un- gewöhnlich zahm ist, sind es meistens auch ihre Gesellschafter, obwohl sie darin stets alle übertrifft. FABER (siehe dessen Prodromus u. s. w., S. 88) fand sie am See Myvatn auf Island, wo sie häufig brütet, so zahm, dass ganze Haufen ruhig auf ihren Eiern liegen blieben, während die Einwohner wenige Schritte von ihnen bei einem grossen Feuer und unter lautem Getümmel mit Waschen beschäftigt waren. Auch in Jütland giebt es Gegenden, wo man es ganz ähnlich findet; in den von mir bereisten waren sie dagegen im allgemeinen etwas furchtsamer, doch bewiesen einzelne Vorfälle zur Genüge, dass jener Forscher im obigen nicht zu viel gesagt hat. In den Gegenden, wo ich die Küstenmeerschwalbe be- obachtete, zieht sie die fruchtbaren Inseln und Küsten, deren Watten aus fettem, schwarzem Schlamm (Schlick) bestehen, den sandigen und weniger fruchtbaren unbedingt vor; nur auf jenen fand ich die am zahlreichsten besetzten Brutplätze, auf sandigen Inseln, wo es wenige Rasenplätze gab, auch nur wenige dieser Vögel nistend, auf nacktem Sandboden gar keine. Ich will zwar nicht bestreiten, dass es anderswo noch anders sein könnte; allein, da gar zu oft bei solcher Gelegenheit in den Angaben anderer die genaue Angabe der Beschaffenheit des Bodens vernachlässigt ist, so muss ich mich vor allem bloss an das halten, was ich mit eigenen Augen sah. Sandige Inseln oder Küsten können allerdings auch Rasenstriche und auf diesen unsere Küstenmeerschwalbe ihre Brutplätze haben; aber auf nacktem, totem Sande sah ich wenigstens solche nie. Von den an der Westküste Schleswigs gelegenen hatten die sandigen Inseln Amrum und Sylt nur wenige und sehr schwach besetzte, die fetten Inseln Föhr, Pellworm, Süderoog und mehrere andere dagegen ganz ungemein belebte Brutplätze, obgleich das letztgenannte Eiland grossenteils sandige Watten hat. Frischer Rasenboden, die Gräser aber von weidendem Vieh kurz gehalten oder ein grossenteils mit niedrig bleiben- den Salzpflanzen bedecktes Marschland, wie es sich in der Nordsee auf den sogenannten Halligen und Aussendeichen findet und mit wirklichem Rasen wechselt, diese grünen Vorlande, von Poa distans, Juncus bulbosus, Triglochin maritimum, Plantago maritima, Armeria maritima, Arenaria maritima, Statice Limonium, Salicornia, Salsola, Ohenopodium und dergleichen bedeckt, die auch manche kleine unbebaute Eilande ganz überziehen, dienen ihnen am häufigsten zu Brutplätzen, da wo ich sie nämlich selbst beobachtete. — Wäre dieses allenthalben so, so würde sich diese Art dadurch von der vorhergehenden, die immer nur auf nackten Sand- oder Kiesbänken (oder Felsen) nistet, höchst auffallend unterscheiden. Dagegen wird jedoch ver- "sichert, dass die Küstenmeerschwalbe an der Ostküste Jüt- lands sowie auf vielen dänischen Inseln der Ostsee und auch an der pommerschen Küste sehr oft ihre zahlreich besetzten Brutplätze auf nackten Sandbänken habe, wie sie denn an anderen Orten hin und wieder auch auf nackten Felsen, auf Grimsey bei Island auf Basaltgruppen mehr als 10 m über der Meeresfläche ihre Eier ausbrütet. Dass sie auch an Süss- wasserseen, nicht sehr weit vom Meere oder durch ihren Ab- fluss mit diesem verbunden, häufig niste, ist ebenfalls erwiesen. Ihre Brutplätze fand ich oft sehr nahe am Meere und auf so wenig erhabenem Boden, dass bei ungewöhnlichen Fluten Eier und Junge mit fortgerissen werden; manchmal sind die Nester bei gewöhnlicher Flut nur wenige Schritte vom Wasserrande entfernt, an einem anderen Orte liegt der Brut- platz wohl 100 Schritt, an noch anderen mehr als 500 Schritt vom Meer entfernt. Das Plätzchen selbst findet man bald, wenn man auf das ununterbrochene Ab- und Zufliegen der Vögel acht hat, nämlich nicht allein der unruhigen Meer- schwalben, sondern auch der mitihnen in Gesellschaft nistenden Rotschenkel (Totanus totanus), Seeregenpfeifer (Charadrius alexandrınus), Avosetten (Recurvirostra avosetta) , Austern- fischer (Haematopus ostrilegus) und anderer mehr. An den Brut- platz haben alle diese Vögel eine besondere Anhänglichkeit, Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. sie nehmen ihn, wenn man ihnen denselben nicht durch gar zu heftige Verfolgungen verleidete, alle Jahre wieder in Besitz, sogar suchen sie ihn dann noch wieder, wenn er durch be- sondere Ereignisse ganz und gar umgewandelt wurde Auf der Halbinsel Dieksand, zwischen den Elbe- und Eider- mündungen, fand ich z. B. in dem damals neu eingedeichten und in Ackerland verwandelten Teil der grünen Halbinsel einen Nistplatz von jenen Vögeln mit mehreren Pärchen unserer Küstenmeerschwalbe vermischt, wo vordem ein sehr aus- gedehnter gewesen, dieser jetzt aber mit Hafer besät war, der zufällig an vielen Stellen sehr dünn stand; auf einer solchen hatten sämtliche Vögel ihre Nester zwischen hand- langem Hafer. Auf der Insel Nordstrand hatte eine ziemliche Anzahl, mit jenen Arten vermengt, ihren Brutplatz auf einem Brachfelde, das nicht lange vorher gepflügt war. Der zahlreichste von allen Vereinen dieser Meerschwalben- art, die ich auf meinen Reisen sah, bewohnte in Gesellschaft von Tausenden anderer Strand- nnd Seevögel die kleine niedrige Insel Süderoog, die ausser dem Strandvogt mit seiner Familie keinen menschlichen Bewohner hatte, und, weil sie nicht eingedeicht war, bloss zur Viehweide benutzt wurde. Jener bunte Schwarm hatte zum Brutplatze eine mit kleinen grünen Hügelchen!) bedeckte Rasenfläche so besetzt, dass man fast mit jedem Schritte ein Nest, bald von ihnen, bald von einem der erwähnten Vögel fand, an die sich einerseits bis nahe an den sandigen Strand sogar eine ziemliche Anzahl Nester von Silbermöven anschloss. Da die Nester aller dieser Vögel sich höchst ähnlich sehen, nichts als eine kleine, sehr wenig vertiefte Aushöhlung des Bodens sind, die sie meistens selbst bereiten, so mag hin und wieder ein Vogel, wenn ihn das zum Legen reife Ei drängt, nicht so schnell sein eigenes Nest wieder- finden, sich deshalb notgedrungen auf dem ersten besten seiner Bürde entledigen, unbekümmert, wem die schon darin liegenden Eier gehören. So erklärt es sich wenigstens mit Wahrschein- lichkeit, dass ich unter diesem Gewirr auch einmal in einem Neste vier Meerschwalbeneier (da sie doch sonst nie mehr als drei legen) fand, oder wie es möglich war, ein Meerschwalbenei mit zweien des Austernfischers in einem Neste, oder sogar auch eins von diesem Vogel bei den Eiern einer Silbermöve zu finden, was ich dort alles selbst sah und was nach anderen Beob- achtern an so stark besetzten Brutplätzen öfter vorkommen soll. Ich erinnere nochmals, dass ich die Nester dieser Art stets nur auf hartem Boden, aber nicht auf totem Sande, ob- gleich dieser häufig ganz nahe war, gefunden habe; die aller- meisten waren stets auf Rasenboden. Nur ein einzigesmal hatte ein Pärchen am Rande eines solchen Brutplatzes seine Eier auf einen vom Meer auf den Sand geworfenen Streifen von Tang und Meergras, welche alt und trocken waren, gelegt. Wenn sie sich das Nest selbst bereiten, so sieht man auf Rasen- boden kaum mehr als das Gras etwas bezupft oder nieder- getreten, auf hartem, aber freiem Boden oft noch weniger, aber häufig ist eine vorgefundene kleine Vertiefung dazu eingerichtet. Die Eier liegen gewöhnlich auf dem blossen Erdboden, sehr selten auf einer ganz unbedeutenden Unterlage von einigen trockenen Pflanzenteilen, Stückchen von Graswurzeln, Blättern oder Hälm- chen; vielleicht haben sie solche nicht einmal selbst bereitet, sondern andere neben ihnen nistende Vögel sie ihnen überlassen. Gegen Ende des Mai oder auch erst im Anfange des Juni*) findet man ihre Eier, deren ein Weibchen nie mehr als drei für ein Nest, häufig auch nur zwei legt. [— An den bal- tischen Gestaden ist nach von LoEwıs das Legen von nur zwei Eiern nicht häufig, sondern kommt nur ziemlich selten vor, t) Diese Hügelchen schienen früher durch Ameisen oder Maulwürfe entstanden, obgleich es ein Rätsel bleibt, wie auf einem solchen flachen Eilande, das bei allen hohen Springfluten dem Überschwemmen ausgesetzt ist und mehr als einmal im Jahr überflutet wird, sich jene Geschöpfe so weit sollten vermehrt haben können. Naum. Maulwürfe sind freilich auf den Halligen nicht vorhanden, aber die kleinen Ameisen, die Erbauer jener Hügel, scheinen sich nichts daraus zu machen, dass ab und zu die Flut über ihre Bauten hinweggeht. J. R. 2) SAnpMAN fand Gelege am 11. und 12. Juni. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. J. R. 145 indem fast immer drei Eier gelegt werden. — Auch auf den Nordseeinseln ist es eine Seltenheit, dass ein Weibchen nur zwei Eier legt; es sei denn, dass ihm das erste und zweite Gelege genommen worden. —| Unter hunderten von Nestern sah ich nur ein einziges mit der oben erwähnten Ausnahme, und darf behaupten, dass 3 die Normalzahl für diese Meer- schwalbenart ist. Diese Eier gehören nach Gestalt und Färbung zu den wandelbarsten in der Vogelwelt. Häufig ist erstere zwar eine schön eiförmige, aber diese ist bald bauchiger, bald schlanker, bald kolbiger, bald spitzer und artet auch zuweilen ins Un- gewöhnliche aus; ich sah z. B. eine fast walzenförmige, eine sehr verkleinerte, rundliche (sogenannte Spureier) und besitze selbst noch ein solches Ei von der Gestalt einer sehr langen, über der Mitte stark eingedrückten Birne oder ganz so geformt wie die lange grüne Herbstbirne. Eine etwas kurze, ziem- lich bauchige Eiform ist indessen die gewöhnlichste. Die Schale ist von sehr feinem Korn, ziemlich glatt, aber ohne Glanz. Von ihrer Grundfarbe lässt sich im allgemeinen bloss sagen, dass sie auf ein sehr blasses Olivengrün basiert sei, allein sie seht aus dieser in allen Abstufungen, bei einigen in trübes srünliches Weiss, bei anderen in grüngelbliches oder gelb- bräunliches Weiss, auch in grünliches Tonweiss, bei noch anderen in grünliches Rostgelb und in blasse Olivenfarbe über. Ebenso variieren die Zeichnungen, von denen die in der Schale bald dunkel aschgrau, bald violett-, bald braungrau, die auf der Schale meistens schwarzbraun, einzeln ganz schwarz, bei anderen sehr dunkel olivenbraun sind, während sie bald als blosse Punkte und Tüpfel sehr einzeln oder sehr sedrängt, bald als Tüpfel und Kleckse sparsamer, bald als wenige Punkte, daneben aber noch als einzelne grosse und sehr grosse Flecke ins Unendliche variieren. Bei feingefleckten und bloss punktierten verbreiten sich die Zeichnungen dichter oder sparsamer, meistens gleichförmig über die ganze Fläche; bei den grobgefleckten hat dagegen gewöhnlich das spitze Ende nur wenig Zeichnung, aber oft häufen sich die grössten Flecke gegen das stumpfe Ende zu einem losen Kranz. Die weissgrünen, wenig oder fast gar nicht punktierten sind die seltensten; die olivengrünlichen, grob und einzeln oder fein und dicht gefleckten die gemeinsten; auch die grünlich rost- gelben, stark gefleckten sind nicht selten. Ich habe aus meh- reren Hunderten selbst gesammelter Eier dieser Art ein Dutzend der abweichendsten in Farbe und Zeichnung vor mir, von denen jedes einer besonderen Beschreibung wert wäre, muss mich jedoch auf das oben im allgemeinen Gesagie, das natür- lich auch auf diese bezüglich ist, beschränken. Diese Eier sind denen der Flussmeerschwalbe ausser- ordentlich ähnlich, wenn man sie im Kabinette sieht, weniger, wenn sie frisch sind. Sie scheinen im allgemeinen allerdings ein wenig kleiner zu sein als jene, messen aber in der Länge 97 bis 44 mm, in der Breite 27 bis 31 mm, daher die Maße keinen wesentlichen Unterschied machen. [— Nach 38 von REY gemessenen Exemplaren beträgt das Durchschnittsmaß 41,1><29,3 mm, das Maximum: 46,2% 29,3 und 39,85x 31,8 mm, das Minimum: 39x29 und 44,8>x27,4 mm, das Durchschnittsgewicht 1,125 g. Drei auf der Berenline- Insel im Store Fjord (Spitzbergen) gesammelte Eier hatten nach SCHALOW folgende Maße: 43 x 30, 41,5 x 29,5, 39,5 x 30,5 mm; im Durchschnitt: 41,53% 30 mm. Drei Gelege, die SANDMAN untersuchte, zeigten folgende Maße: 39 x 29,2, 38,730 mm; 38,7 x 28,4, 36,2% 28,3 mm; 36,9% 27,5, 36,6 x 27,4, 36,4% 29,2 mm. Messungen von BLAsIus (nach Photographien) ergaben: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 40,7 mm 29,8 mm 17,0 mm 405 „ 29,8 „ 18,85-0. 40,0 „ 30,0 „ MS, 42,0 „ 31,0 , 17,897 44,7 , 312 , 20,0 „ 41,0 „ SHE 18:0= 7, Das durchschnittliche Gewicht der vollen Eier beträgt 21 g. —] 19 146 Vergleicht man eine nicht geringe Anzahl beider Arten mitsammen, so wird man bald bemerken, dass es unter denen der Flussmeerschwalbe viele giebt, die nicht grösser sind als die Mehrzahl von denen der Küstenmeerschwalbe, und dass es unter den Eiern dieser ebenfalls wieder welche und zwar nicht wenige giebt, die jenen in der Grösse gleichkommen. Ich kann also ein so sehr schwankendes Kennzeichen nicht für gut halten. Ferner sagt Dr. THIENEMANN in seinem Eierwerk, die inneren oder Schalen-Flecke seien bei St. macrura von einer anderen, mehr braungrauen Farbe und viel kleiner als bei St. hirundo,; ich habe mich aber hiervon nicht nur nicht überzeugen können, sondern möchte fast das Gegenteil be- haupten, weil ich an mehreren Eiern, alle von mir selbst ge- sammelt, bei St. macrura so sehr grosse und zum Teil so schön violettaschgraue Schalenflecke finde, als ich bei keinem der St. hirundo, ebenfalls selbst aus den Nestern genommen, habe finden können. Meine Eiersammlung würde es jedem deutlich vor Augen legen, dass auch dieses Unterscheidungszeichen nicht vorhanden ist oder nicht Stich hält. Endlich bleibt noch ein drittes Kennzeichen, und dies ist das einzige, das sich in den allermeisten Fällen bewährt, am besten freilich nur an frischen, ihres Inhalts noch nicht entledigten Eiern, nämlich die Grundfarbe, die bei St. macrura stets eine viel stärker ins Grüne übergehende ist, wovon auch die rostgelblichen Eier, denen der &t. hirundo am ähnlichsten, nicht ausgeschlossen sind.. Wenn auch die frischen Eier der letzteren gleichfalls ein wenig ins Grünliche ziehen, so ist dies doch lange nicht so auffallend als selbst bei den am wenigsten grünlichen der St. macrura, während die Mehrzahl dieser vom Apfelgrünen bis zum schmutzigen Olivengrün u. s. w. wechselt und auch später immer einen stärkeren grünen Schein behält. Liegen sie eine Zeitlang, wenn auch noch so sorgfältig verwahrt, in der Samm- lung, so geht, wie bei allen grünen Eiern, sehr viel von ihrer eigentümlichen Farbe verloren, das Grün verschwindet bis auf einen schwachen Schein, den auch nicht einmal alle behalten, und diese letzteren sind dann durchaus nicht von denen der Flussmeerschwalbe zu unterscheiden. Einige, deren Grund- farbe im frischen Zustande olivengrün, werden in den Samm- lungen olivenbraun und dunkler als jemals welche von St. hirundo. Beide Gatten brüten, unordentlich sich ablösend, aber bei Sonnenschein und warmer Witterung wenig oder mit sehr vielen Unterbrechungen, doch liegen sie viel öfter über den Eier als man dies von der Flussmeerschwalbe sieht. Bei schlechtem Wetter brüten sie viel anhaltender, und dann trägt der eine Gatte dem brütenden oft Futter im Schnabel zu. Die Nacht hindurch sitzt das Weibchen ununterbrochen über den Eiern, und das Männchen hält dicht neben ihm Nachtruhe. Es ist ihnen selten vergönnt, die ersten Eier auszubrüten, weil diese von den Menschen aufgesucht und gern verspeist werden. Wiederholt sich das Wegnehmen der Eier aber zu oft und bis über die Mitte des Juni, so hören die Vögel auf zu legen und bleiben für dieses Jahr ohne Nachkommenschaft. Wo indessen ein solcher Brutplatz regelrecht behandelt wird, sucht man die Eier nur zwei Wochen lang alle zwei bis drei Tage ab und lässt nachher die Vögel ruhig ausbrüten. Das Ausbrüten der Eier dauert 15 bis 16 Tage. Sobald sich die ausgeschlüpften Jungen etwas fühlen, verlassen sie das Nest oder die Stelle, wo die Eier ausgebrütet wurden. An ruhigen Orten bleiben sie wohl auch länger als einen Tag in demselben; jetzt laufen sie zwar fort, das eine hier-, das andere dorthin, doch nie sehr weit weg. Gewöhnlich suchen sie sich solche Stellen, die nicht ganz kahl, hin und wieder uneben, mit allerlei Planzen bedeckt sind, auf denen Steine oder Muschelhaufen umherliegen, hinter denen sie sich recht gut zu verbergen wissen, indem sie sich still niederdrücken, oft auch, possierlich genug, bloss den Kopf zu verbergen suchen. Wo Sand genug und dieser trocken ist, wühlen sie sich gern und oft so tief in denselben ein, dass nur der Kopf heraus- ragt; sie bewirken dies mit den Füssen und dem Hinterkörper rückwärts, wie sich Kröten in lockere Erde einzuwühlen pflegen. Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAUM. Sie werden mit Insekten, Würmern und kleinen Fischen auf. gefüttert, die ihnen die Alten fleissig zutragen. Mit Regen- würmern, welche diese besonders frühmorgens oder nach Regen- wetter auf Rasenplätzen, auch wohl hinter dem Pfluge auf Äckern aufnehmen, werden sie sehr häufig geätzt. Die Alten sind sehr .besorgt um sie, kommen gleich herbei, wenn ein Mensch oder ein grösseres Tier in die Nähe derselben kommt, schreien und gebärden sich ängstlich, versetzen Hunden häufig Schnabelstiche, stossen sogar Menschen zuweilen gegen die Kopfbedeckung und sind in Verteidigung ihrer Jungen toll- kühner als alle anderen viel grösseren Meerschwalbenarten. — Die Jungen wachsen sehr schnell, bekommen bald Federn, in der bei anderen Arten dieser Gattung gewöhnlichen Folge, und können nach zwei Wochen schon fliegen und den Alten folgen, was sie unter immerwährendem verlangendem Schreien thun, unter solchem auch im Fluge, wie junge Schwalben, das Futter empfangen und sich sehr lange füttern lassen. Es sieht wirklich sonderbar aus, wenn so grosse, dem Anschein nach völlig erwachsene Junge immer noch die elterliche Pflege nicht entbehren können, deshalb unausgesetzt den Alten ihr Ver- langen nach Nahrung zu erkennen geben und ihnen in jeder Richtung nachfliegen, aber gar nicht darauf zu achten scheinen, wie diese zu den Nahrungsmitteln gelangen und ihnen dies so oft zeigen, oder nicht den Mut haben, es ihnen nachzumachen. [— KoLTHoFF sagt (l. c. S. 74) über ihre Fortpflanzung im hohen Norden: „In Spitzbergen ist sie ziemlich gewöhnlich und brütet in grossen Kolonien auf kleinen Inseln, gewöhn- lich weit drin in den Fjords. Weder in Nordostgrönland noch in Spitzbergen habe ich jemals gefunden, dass diese Seeschwalbe mehr als zwei Eier legt, während sie an der Ostsee in der Regel drei legt. Am 1. Juli 1898 hatte sie auf Spitzbergen stark bebrütete Eier, und am 27. August sah ich das erste Mal flügge Junge. Wenn man sich einer Insel nähert, auf der diese See- schwalbe Junge hat, die noch nicht fliegen können, begeben sie sich schwimmend hinaus ins Meer. Hier drücken sie sich so tief ins Wasser, dass nur der Rücken und der obere Teil des Kopfes über der Oberfläche sichtbar sind. Sie gleichen hier in einiger Entfernung mehr einer schwimmenden Schlange als einem Vogel.“ —] Feinde. Die kleinen flüchtigen Edelfalken, Falco subbuteo und F‘. aesalon, fangen nicht selten eine solche Meerschwalbe. Ihre Brut hat noch viel mehr Feinde; Raben und Krähen, auch wohl Weihen, z. B. Cürcus aeruginosus, stellen ihr nach, sowohl Jungen als Eiern; allein die gefährlichsten dieser Art sind ihnen die grossen Meerschwalben (St. tschegrava und St. nilotica), die grossen Möven (Larus argentatus, L. marinus, und andere mehr) und im höheren Norden die Raubmöven (Stercorarius), weil sie zu oft in ihrer unmittelbaren Nähe wohnen und jeden günstigen Zeitpunkt abpassen können, ihnen Eier oder Junge wegzustehlen. Die Räuber hintergehen die grosse Wachsam- keit der Meerschwalben und üben ihr Vorhaben aus, wenn diese nicht daheim, d. h. allesamt weit nach Nahrung aus- geflogen sind; denn sobald nur eine zugegen ist und ein solches Vorhaben ahnt, so ruft sie durch ängstliches Schreien sogleich um Hilfe, ihre Kameraden kommen von allen Seiten herbei- gestürzt, der Räuber wird mit vereinten Kräften angegriffen und gewöhnlich in die Flucht seschlagen; was der einzelnen nicht gelingen würde, erreicht hier die Menge. Dies geschieht unter vielem Lärm, der desto toller ist, je mehr Vögel dieser Art beisammen wohnen, und sich um so öfter wiederholt, als jene Räuber in grösserer Anzahl in der Umgegend hausen. [— Die in den „Reitfleets der Marsch nistenden Rohrweihen, die schlimmsten Nesträuber unserer Gegend, streifen zuweilen in die Aussendeiche hinüber. Die erste Küstenmeerschwalbe, die den Feind gewahrt, fliegt ihm entgegen und setzt ihm der- artig zu, dass er eiligst das Gebiet zu verlassen strebt. Die ängstlichen Bewegungen des Flüchtenden, der bald durch Auf- steigen, bald durch rasches Herabsenken, durch Wendungen Die Küsten-Seeschwalbe, Sterna macrura NAuUM. auf diese und jene Seite sich zu helfen sucht, und die ausser- ordentliche Schnelligkeit, Geschicklichkeit und Mannigfaltigkeit in dem Fluge des aufgeregten Verfolgers gewähren ein sehr interessantes Schauspiel. —| Ihr Hass gegen die grossen Möven geht so weit, dass sie durch einen Schuss verwundete sogleich und zahlreich mit frohlockendem Geschrei verfolgen und so heftig nach ihnen beissen, dass es aussieht, als suchten sie solchen den Gnadenstoss zu geben; stürzt eine, so schwingen sich die Meerschwalben jubelnd noch eine lange Weile über der toten herum. Die Stercorarius-Arten sind auch zu jeder anderen Zeit ihre heftigen Feinde, weil sie ihnen die gefangene Beute ab- jagen; sie üben ihr Schmarotzerhandwerk gar gern gegen die schwachen Meerschwalben aus, weil sich diese ohne Wider- stand in ihren Willen fügen, ja oft den Fisch früher fallen lassen, als es jenen möglich wird, ihn, ehe er wieder ins Wasser fällt, aufzufangen. Ungewöhnliche Fluten rauben ihnen oft die Eier oder Jungen, und der Mensch trägt durch zu oft wiederholtes Wegnehmen der ersteren auch viel zur Verminderung dieser Vögel bei. Die in ihrem Gefieder zuweilen ziemlich häufig wohnen- den Schmarotzerinsekten, worunter auch .Docophorus melano- cephalus (NITZSCH), sowie einige Arten von Eingeweidewürmern scheinen ihnen wenig Beschwerde zu machen. [— Die letzteren sind: Holostomum pileatum DUJ., Schistocephalus dimorphus CREPLIN, Taenia sternina KRABBE, Taenia Gennarii PARONA. —] Jagd. Unter allen Arten der Meerschwalben unserer ersten Ab- teilung ist diese am leichtesten zu schiessen, teils wegen ihres zutraulichen, oft einfältigen Betragens, teils wegen ihres sanften und etwas langsamen Fluges. Im Sitzen hält freilich keine, oder doch nur höchst selten eine, schussrecht aus; desto näher kommt sie aber, besonders wo sie noch wenig Nachstellungen erfahren hat, an den Schützen vorübergeflogen, entweder aus Neugier oder aus Furchtlosigkeit; im Aufsuchen ihrer Nahrung vertieft, scheint sie den dabei stehenden Menschen oft gar nicht zu bemerken. Wer Übung im Flugschiessen erlangen will, findet an diesen harmlosen Geschöpfen die beste Gelegen- heit dazu, und wenn ich hierin BREHMs Angaben (s. dessen Beiträge, III, S. 706) gänzlich widerspreche, so berufe ich mich auf das Zeugnis meiner damaligen Reisegefährten, des älteren VON WÖLDICKE und des älteren BoIE, mit denen ich 1819 die Küsten und Inseln der schleswigschen Nordsee bereiste, um dort zu sammeln, wo wir versuchsweise allerlei ungewöhnliche Manieren des Schiessens auf diese dort unsäglich gemeinen Vögel anwandten, weil sie den Schiesslustigen dazu aufforder- ten, die aber zum Teil so wunderlicher Natur waren, dass ich sie nicht näher beschreiben mag. Mit der Doppelflinte aus freier Hand (par pistolet) einen solchen, eben vorbeischaukeln- den Vogel herunter zu schiessen, war kein grosses Kunststück; wir liessen die Tote liegen; die nächste desselben Weges kommende Meerschwalbe machte, jene zu betrachten, über ihr Halt und hatte gleiches Schicksal; sie blieb ebenfalls liegen und der nächstfolgenden ging es nicht besser; und so lagen in der kürzesten Zeit ein halbes Dutzend oder soviel wir wollten, von diesen schönen Vögeln zur Auswahl vor unseren Füssen u.s.w. Es ist dabei gar nicht nötig, sich zu verstecken; man darf nur, wenn auch völlig frei, ganz ruhig stehen oder sitzen bleiben, am besten natürlich auf einer ihrer Flugbahnen, — die sie jedoch so strenge nicht halten wie die Brandmeer- schwalbe, — um desto sicherer ein solches Blutbad anrichten zu können; auch versteht es sich, dass die Ladung des Ge- wehrs auf sie feiner Hagel (Vogeldunst) sein muss. — Ihre Neugier führt sie unsäglich oft ins Verderben. Bei heftigem Winde auf einem unbewohnten Inselchen (Hallig), wo sie be- sonders niedrig fliegen, streckte mein Schuss einst einen vorüber- 147 streichenden Austernfischer herab, eine Meerschwalbe kam desselben Wegs, stand über dem Toten in der Luft still, um ihn zu begaffen, und der zweite Schuss des Doppelgewehrs stürzte sie auf ihn herab; kaum mit dem Laden eines Rohrs fertig, stürzte dessen Schuss eine zweite, so eine dritte auf jene; endlich kam auch eine Silbermöve, beschaute den Leichenhaufen und half ihn vergrössern; jetzt war es mir im Ernste genug, zum Scherz schon zuviel; ich nahm die schönen Toten auf und ging meines Wegs. — Auch einen auf nicht ganz kahlem Boden auf den Rücken hingestreckten Menschen werden alle einzeln vorüberziehenden Meerschwalben dieser Art gleich begaffen wollen, deshalb über ihm schweben, sodass er, solange er in dieser Lage bleibt, in grösster Ruhe so viele derselben nacheinander herabschiessen kann, als er will. — Ihre Neugier zu reizen, sind, wie schon erwähnt, ein hin- geworfenes Taschentuch oder Stück Papier ein untrügliches Mittel, selbst an Orten, wo sie den Schützen sonst auszuweichen pflegen, zieht sie dieses in Schussnähe herbei. — Durch vieles Fehlschiessen werden sie, besonders an Orten, wo sie nicht so sehr häufig sind, natürlich zuletzt auch vorsichtiger; ich habe sie in solchen Fällen immer höher und höher steigen und zuletzt hoch über der Schusshöhe ruhig und schön fort- schweben sehen. Auf ihren Wanderungen, an fremden Orten und bei kurzem Aufenthalt, sind sie wohl viel vorsichtiger, doch auch weniger scheu als die meisten Familienverwandten. Es giebt sogar Gegenden, wo sie nisten und doch ungleich misstrauischer sind, als ich sie oben geschildert habe; denn an den Nistorten, wo ich sie sah, war ihr Betragen wirklich einfältig und dummdreist zu nennen. Auf dem Neste kann man sie auch sehr leicht in Schlingen oder mit Leimruten fangen; der Vogelleim verdirbt aber das zarte Gefieder. Die Gefangenen muss man bald auslösen; sonst zieht ihr Zappeln und Schreien alle Vorüberziehenden herbei, welche bei dem Flattern über denselben mit ihrem Unrat das Gefieder der Gefangenen unauslöschlich beschmutzen. Nutzen. Die Vögel isst man gewöhnlich nicht;!) allein die sehr wohl- schmeckenden Eier werden sehr häufig aufgesucht und ver- speist. Von den grösseren Brutplätzen sucht man das weidende Vieh abzuhalten und betreibt das Einsammeln der Eier plan- mässig, wie bei den grösseren Meerschwalbenarten. Dies ge- schieht indes an sehr vielen Orten nicht, an den meisten dagegen nach Willkür, weil man diese zu kleinen Eier weniger achtet, zumal wo sie nicht in sehr grosser Anzahl gefunden werden. Einen mittelbaren Nutzen möchten sie dem Menschen vielleicht durch Vertilgen vieler Regenwürmer und anderer lästiger Geschöpfe gewähren. In ihren Brutgegenden nützen sie dem Schützen dadurch, dass sie ihm durch ihr Betragen anzeigen, ob sein Schuss einen grösseren Vogel, namentlich eine grosse Möve, verwundet hat oder nicht, oder ihm die Stelle anzeigen, wo ein toter herab- gestürzt ist. Sollte dies eine grosse Möve sein, so muss man bald hinzueilen, weil zu befürchten steht, dass sie auf obige Weise das zarte Gefieder desselben verunreinigen und sie wenigstens zum Ausstopfen untauglich machen. Schaden. Am Meere fällt es niemand ein, diesen anmutigen Vögeln die kleinen Fischchen, von denen sie sich meistens nähren, zu beneiden oder sie deshalb für schädlich zu halten, zumal sie vorzugsweise Stichlinge fangen, die ihrer Kleinheit wegen nirgends beachtet werden. ) Doch ist auch hier der „Geschmack“ verschieden. Halbflügge und kürzlich ausgewachsene Junge wurden in einem Lokwıs verwandten Hause in Arensburg auf Oesel gerne verspeist, während man die alten Vögel als unschmackhaft verwarf. J. R. 19% Die Lach-Seeschwalbe, Sterna nilotiea HasskLau. Tafel 14. Fig. 1. Sommerkleid. Tafel 16. Fig. 3. Winterkleid. Tafel 17. Fig. 1. Jugendkleid. Tafel 37. Fig. 1—6. Eier. Lachseeschwalbe, baltische, südliche, amerikanische Lachseeschwalbe, Ackerlachseeschwalbe, englische See- oder Meerschwalbe, mövenschnäbelige, dickschnäbelige See- oder Meerschwalbe, Spinnenmeerschwalbe, kleine Lachmöve. [— Arabisch: EI Uög, Lueg. Croatisch: Cigra debelokljuna. Czechisch: Rybäak anglicky. Dänisch: Engelsk Terne, Sand-Tar, Sandterne. Englisch: Gull-billed Tern. Französisch: Hürondelle de mer hansel, Hürondelle de mer anglaise, Heürondelle-de-mer rieuse, Sterne hansel. Helgoländisch: Lunn- Kerr. Holländsich: Lach Stern, Lach Zeezwaluw. Italienisch: Beccapesci inglese, Rondine dj mare zampe-nere. Polnisch: Rybotöwka krötkodzioba. Russisch: T'schernonosaya Martyschka. Schwedisch: Enngelesk Tärna. Spanisch: Cägalo, Golondrina de mar, Cagara, Charrdn, Tesoreta, Ourroe, Correu, Gavina. Ungarisch: Kaczagö cser. | Sterna nilotica. Gmel. Linn. Syst. Nat. I. p. 606 (1788 ex Hasselq.) — Sterna nilotica. Latham, Ind. Orn. II. p. 805 (17%). —] — Sterna anglica (Gull-billed Tern). Montagu, Omithol. Dietionary, Supp. — Jenyns, Man. of Brit. Vert. — Selby, Illustr. of brit. Ornith. — Eyton, Rar. Brit. Birds. p. 97. — Sterna aranea. Wilsson, Amerie. Orm. VII. p. 143. t. 72. f. 6. — Hürondelle de Mer Hansel. Temminck Man. nouv. Edit. IL p. 744. — Rondine di mare zampa-nere. Savi, Ornit. Tose. IIL.:90. — Meyer, Zus. z. Taschenb. III. S. 188. — Sterna risoria. Brehm, Beitr. III. 8. 650. — Dessen Lehrb. II. $S. 682. — Gelochelidon balthica, — agraria, — meridionalis, — aranea. Dessen Naturg. a. V. Deutschl. S. 772—775. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 70..— Hornschuch u. Schilling, Verzeieh. der in Pommern vork. Vögel. S. 17. n. 227. — V. Homeyer, Vög. Pommerns, S. 66. n. 217. — [— Sterna anglica. p. XCVIII (1840). — Sterna anglica. Sterna anglica. anglica. Fallon, Ois. Belg. p. 196 (1875). — Sterna anglica. Birds. 4 Ed. III. p. 531 (1884). — Sterna anglica. p. 98 (1886). — Gelochelidon anglica. Sterna anglica. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 587 (1891). — Sterna nilotica. Vög. III. Aufl. III. p. 97 (1892). — Sterna nilotica. IV. p. 146 (1896). — Gelochelidon anglica. Gelochelidon nilotica. p. 814 (1903). Naumann, Vög. Deutschl. X. p. 18. t. 249 (1840). — Sterna anglica. Schlegel, Rev. crit. p. CXXX (1844). — Sterna anglica. Degl. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. II. p. 450 (1867). — Sterna anglica. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 295. pl. 585 (1877). — Sterna anglica. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Sterna anglica. Giglioli, Avif. ital. p. 414 (1886); p. 629 (1889). — Sterna anglica. Frivaldszky, Av. Hung. p. 179 (1891). — Sterna anglica. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 155 (1892). — Sterna nilotica. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 25 (18%). — Sterna nilotica. Reichenow, Die Vög. Afrikas, I. Bd, I. Hälfte. S. 51 (1900). — Sterna anglica. Keyserling u. Blasius, Wirb. Eur. Lindermeyer, Vög. Griechenl. p. 180 (1860). — Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1425 (1869— 74). — Sterna Yarrell, Bit Reyes y Prosper, Av. Espaäa. Arevalo y Baca, Av. Espaäa. p. 424 (1837). — Brehm, Tierleben. Reiser, Orn. balcan. II. p. 197 (189%); Chernel, Magyarorszäg madarai I. p. 57 (1899). — Dresser, Man. of Palaearctie Birds. U. Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsges. Vögel. Taf. LXXXII. Fig. 7. a—i (1845—53). — Bädeker, Eier europ. Vög. Taf. 24. Fig. 3 (1855—63). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, II. p. 476. pl. CXXXI. Fig. 1 (1856). — Seebohm, Hist of Brit. Birds. III. p. 263 (1885). — North, Nests and Eggs Australian Birds. p. 355. pl. XVII. Fig. 2 (1889). — Seebohm, Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. pl. 31 (1896). —] Kennzeichen der Art. Der schwarze Schnabel ist etwas mövenartig, kurz und stark; die Läufe der schwarzen Füsse schlank, 31 bis 35 mm lang; der Schwanz nicht tief gegabelt. Beschreibung. Diese Meerschwalbe trägt an allen Teilen, sowohl den nackten als den befiederten, dieselben Farben wie die nächst- folgende Art, unterscheidet sich aber von dieser, unserer Brandmeerschwalbe, $t. cantiaca, der sie auch an Grösse gleichkommt oder die sie kaum übertrifft, doch höchst auf- fallend durch den viel kürzeren, dickeren Schnabel, — durch viel höhere und schlankere Fusswurzeln — und durch einen kürzeren, stumpferen Schwanz, dessen Federn auch viel breiter als an dem jener sind. Sie gehört zu den grösseren Arten, ist (ohne Schnabel) 30,6 bis 32,4 cm lang, selten noch um 2 bis 3 cm länger; 87 bis 96 cm breit; die Länge des Flügels, vom Handgelenk bis zur Spitze, 31 bis 32 cm; die Länge des Schwanzes an den äussersten Federn 11,5 bis 12,5 cm, selten noch länger, an den. mittelsten aber nur 9 bis 10,5 cm, daher sein Aus- schnitt nicht tief und die Gabelenden ziemlich kurz; die Spitzen der ruhenden Flügel ragen 6,5 bis 7 cm und darüber über die letzteren hinaus. | Die kleineren der oberen Maße sind von weiblichen Vögeln, denen indessen die der erwachsenen Jungen auch noch nachstehen. Der Schwanz hat sehr breite Federn, die mittelsten zu- gerundete, die nach aussen an der breiten Fahne mehr und mehr schräg zugespitzte Enden, nur das äusserste Paar endlich etwas spiessartige. Im übrigen hat die Befiederung nichts, woran sie sich von der anderer Arten unterschiede. Die Schwungfedern haben ebenfalls auf der Aussenseite jenen sonderbaren schimmelartigen Überzug, der sich nach und nach abreibt und dann erst die eigentliche, viel dunklere Färbung derselben zeigt. Der Schnabel ist etwas kurz und verhältnismässig stärker als bei irgend einer anderen Meerschwalbenart, an der Firste nach vorn sanft herab gebogen, am Kiel, soweit die Spalte reicht, gerade, dann aufsteigend, daher hier ein merkliches Eck bildend; die Schneiden etwas eingezogen, sehr scharf; aus den länglich ovalen Nasenlöchern laufen einige kleine Riefen vorwärts der Schneide zu. Er ähnelt im ganzen dem Schnabel der St. tschegrava sehr, ist aber verhältnismässig noch etwas kürzer. Die Haut in den Mundwinkeln ist stark, aber sehr dehnbar und lässt eine bedeutende Erweiterung des Rachens zu. Die Länge des Schnabels von der Stirn an be- trägt 3,5 bis 4 cm, vom Mundwinkel bis zur Spitze 5,7 bis 6 cm; dabei ist er an der Stirn 12 mm hoch, hier immer etwas weniger, zuweilen sogar nur 8 mm breit. Von Farbe ist der Schnabel durchaus tief schwarz, nur bei etwas jüngeren Vögeln an der Spitze bräunlich und am unteren Eck mit einem gummigelben, durchscheinenden Fleck- chen, das mit zunehmendem Alter unbemerklich wird; inwendig "sssgIg 'ınyeu °, A9PIOTAIIULIUOS "SATEMUISSSS sunelgssmny "wun esoursıng EUISIS € saqlemysssag-pueig “wn esenues eulsIg Z safemysssas-y9e7 "nbiassepgy eanofiu eusıg I : dt ee # . e z NER E 4 Do m Re k i - u i 2 ; N us Lie En AR, DE Griechen. ee ln nv La Er? a EL 2727175, DNB Aka b Ne Ne: l i nA Mn h Men W a { 2 , \ Er, “ hr van RN ZI ri Bi a 2 | n ER" RN EEREERE eee “r ee FE A ENANAFSHEN ’ rt ae in 9 SIE Be, Pech Die Lach-Seeschwalbe, Sterna nilotica HASSELQU. ist er hinterwärts nebst Zunge und Rachen gelbrot oder orange- gelb. So lange der junge Vogel sein Jugendkleid trägt, ist der Schnabel nur schwarzbraun, an der Spitze hellbraun, an der Wurzel nach unten schmutzig fleischfarbig. Die Iris der eben nicht grossen Augen ist braun, in der Jugend graulich und lichter, später sehr dunkel, fast schwarz- braun. Die Füsse sind, mit denen anderer Meerschwalben ver- glichen, nicht so sehr klein, sehen aber der langen Läufe wegen besonders hoch aus, haben starke Fersengelenke, etwas tief ausgeschnittene Schwimmhäute und grosse, schlanke, ziemlich gekrümmte, mit einer Schneide auf der inneren Seite ver- sehene Krallen, die Hinterzehe eine wie gedrehte und fast gerade. Der Überzug der Fusswurzel und Zehen ist oben gross, aber seicht getäfelt, an ersterer hinten fein geschildert, die Schwimmhäute chagriniert. Die Nacktheit des Unterschenkels über der Ferse (vom Gelenkpunkte dieser an bis zu den ersten Federwurzeln) misst 12 bis 13,5 mm; die Fusswurzel (von eben jenem Punkte bis ins Mittel der Zeheneinlenkung herab) bis zu 3,5 cm; die Mittelzehe, mit ihrer fast 8 mm langen Kralle, über 3 cm; die Hinterzehe, mit der 5 mm (also auf- fallend) langen Kralle, 10 bis 12 mm. Füsse und Krallen sind schwarz, bei jungen Vögeln braun, bei noch jüngeren schmutzig fleischfarbig. Im Nest- oder Dunenkleide ist das sehr kurze Schnäbel- chen blass rötlich, in der Mitte grau, an der Spitze weiss; die Iris braungrau; die Füsse schmutzig weissrötlich; die Krallen weiss, später grau u.8.w. Die dichte, weiche, auf dem Kopfe haarartige Dunenbedeckung ist am Kopfe, die reinweisse Kehle ausgenommen, weissgrau, auf dem Hinterhaupte und Nacken mit einzelnen kleinen, grauschwarzen Flecken, mit einem grösseren auf dem Ohr und einem gebogenen vom Mundwinkel unter der Wange herum, von eben der Farbe; der Oberkörper hellgrau, etwas dunkler als Oberkopf und Hinterhals, mit grau- schwarzen Flecken, die sich in mehrere Längsstreifen reihen, von denen die vier dem Rückgrat am nächsten die deutlichsten sind; der Vorderhals weissgrau; der übrige Unterkörper rein weiss. Sobald sie befiedert sind und das vollständige Jugend- kleid erhalten haben, haben sie folgende Farben: Der Schnabel . unterwärts und an der Wurzel ist schmutzig gelbrötlich oder blass fleischfarbig, in der Mitte, besonders die Firste entlang, schwarzbraun, die Spitze hellbräunlich; die Füsse blass rötlich- braun mit dunkelbraunen Krallen; Kehle, Stirn, Wangen, Hals, Brust, Bauch, untere und obere Schwanzdecke, der Flügelrand und grösste Teil des Unterflügels rein weiss; vor dem Auge steht ein kleiner, hinter ihm ein grösserer schwarzer Fleck; der weisse Oberkopf hat nach vorn nur sehr schmale schwarze Schaftstriche, die aber nach hinten zu grösser werden, auf dem Genick vom Weissen nur noch schmale Rändchen lassen, worauf das Schwarz auf dem Nacken endet; der Rücken, die Schultern, die mittleren und grossen Flügeldeckfedern nebst den Schwungfedern dritter Ordnung sind hell bläulichaschgrau, vor der gelblichweissen Endkante der Federn an den ersteren und letzten mit einem braunen, stark gezeichneten, auf der Mitte des Flügels aber grauen, undeutlicheren, mondförmigen oder gezackten Querfleck und ziemlich bunt; die kleinen Flügel- deckfedern neben dem Unterarmknochen entlang schwarzgrau; die Schwungfedern erster Ordnung schwarzgrau, mit weissen Endkäntchen und Schäften, die der zweiten silbergrau mit weissen Spitzen; der wenig gegabelte Schwanz hat silbergraue Federn mit weissen Spitzen, vor denen meistens noch ein braunes Mondfleckchen steht, das aber auch öfters kaum mit etwas dunkler Farbe in einzelnen Tüpfeln angedeutet ist. Das Herbst- oder Winterkleid dieser zweimal mausern- den Vögel ist, bis auf die Zeichnung des Kopfes, dem hoch- zeitlichen Kleide ganz ähnlich. Die Stirn ist weiss, gegen den Scheitel geht aber dies reine Weiss allmählich in ein sanftes Weissgrau über, das auf Genick und Nacken am stärksten auf- getragen ist, jede Feder hier mit einem schmalen, kurzen, 149 schwarzen Schaftstrich; diese Striche fangen sehr zart, oben erst auf der Mitte des Scheitels, an und werden nur hinterwärts nach und nach stärker; die Zügel fein schwarz gestrichelt; vor dem Auge ein schwarzes Mondfleckchen, hinter ihm, längs den Schläfen, ein mattschwarzer Streif. Alles übrige sieht aus wie im Sommerkleide, das eben vermauserte Gefieder des hell bläulichgrauen Mantels hat aber eine frischere Färbung, und wenn auch neue Schwungfedern schon da sind, so sehen diese viel heller aus und stechen von den dunklen alten sehr ab, weil jene den puderartigen weissgrauen Überzug vollständig haben, derselbe aber an diesen durch ein Jahr langen Gebrauch völlig abgerieben ist; denn die Schwungfedern werden, wie bei anderen Arten dieser Gattung, jährlich nur einmal, nämlich in der Herbstmauser, mit neuen vertauscht. Im hochzeitlichen oder Sommerkleide, das sie fern von uns in einer Frühlingsmauser anlegen und bei ihrer An- kunft im Frühjahr meistens schon ganz vollständig haben, sind die Farben ihres Gefieders ganz die der Brandmeerschwalbe, wobei das Schwarz der nackten Teile die Ähnlichkeit dieser sonst in der Gestalt sehr abweichenden beiden Arten sehr vermehren hilft. Ein Streifehen über dem Mundwinkel, Kehle, Wangen, Hals, Brust, Bauch, untere Schwanzdecke, untere Seite des Schwanzes, Flügelrand und untere Flügeldeckfedern sind blendend weiss; eine scharf begrenzte, seidenartig glän- zende, tief schwarze Platte oder Kappe bedeckt von der Stirn . und den Zügeln an und gleich den Schläfen, so, dass das Auge noch im Schwarzen, aber dicht am Rande, wo Schwarz und Weiss sich scharf begrenzen, steht, den ganzen Oberkopf, das Genick und endet tief auf dem Hinterhalse, wobei die Federn der letzteren Teile etwas verlängert sind und schmale Spitzen haben; die Halswurzel oben, der daran grenzende ganze Rücken, die Schultern, Oberflügel und der Schwanz sehr sanft licht bläulichweissgrau, die äusserste Seitenfeder im letzteren auf der Aussenfahne fast rein weiss; die grossen Schwungfedern licht aschgrau, an den Enden und auf den inneren Fahnen dunkel- oder schwärzlichgrau, die vorderste auch auf der ganzen Aussenfahne so, alle mit weissen Schäften, auch einem breiten weissen, von der dunklen Farbe scharf abgeschnittenen Innenrande, der aber nach und nach mit dem immer lichter werdenden Grau verschmilzt, sodass die Schwungfedern zweiter Ordnung bloss bläulichweissgrau sind, dazu aber grosse weisse Enden haben. Auf der unteren Seite sind die grossen Schwingen silbergrau, an den Enden dunkler oder glänzend bräunlichgrau. Wie bei anderen Meerschwalben leidet das zarte Gefieder mit seinen sanften Farben im Laufe des Sommers bedeutend; es wird heller und unansehnlicher, das Weisse trüber, die Flügelspitze, wegen des Abreibens des mehrerwähnten Überzugs von der äusseren Oberfläche der Federn, wird dagegen dunkler. Männchen und Weibchen sind in allen Kleidern ein- ander gleich gefärbt und unterscheiden sich äusserlich kaum anders, als durch die etwas verschiedene Grösse, die bei letz- terem geringer ist als bei ersterem. Aber auch dieses ist sehr unsicher, weil ältere Individuen immer etwas grösser als jüngere sind, sodass von diesen die Männchen, von jenen die Weib- chen einander nahe kommen müssen. Gegen Ende des Juli beginnt bei den Alten schon die Mauser, die aber langsam vorschreitet, sodass die meisten mitten im Federwechsel sich auf die Wegreise begeben und wir hier rein vermauserte Individuen nur aus südlichen Län- dern, ihren Winterwohnorten, erhalten können. [— Die abgebildeten Exemplare sind ein alter Vogel vom Juni 1883 aus Sarepta und einer vom 14. September 1850 aus Ägypten, beide befindlich im RorkscHinpschen Museum in Tring, sowie ein junger Vogel vom Oktober aus Persien im Britischen Museum befindlich.: —|] Aufenthalt. Die Lachmeerschwalbe ist über mehrere Erdteile ver- breitet, kommt in Europa [— etwa vom 57. Grad nördlicher Breite südwärts —] hin und wieder, wie es scheint, aber nir- 150 gends in sehr grosser Anzahl, am wenigsten in etwas nörd- lichen Teilen, in Afrika, in Nord- und Südamerika, (wahr- scheinlich) auch in Asien [— und Australien —] vor. In der neuen Welt wurde sie sowohl in den Vereinigten Staaten wie in Brasilien häufig beobachtet. Aus Ägypten und Nu- bien ist sie ebenfalls zu uns geschickt worden, und vermutlich kommt sie noch in mehreren Ländern jenes grossen Erdteils vor. In dem unserigen mögen Schottlands Küsten!) und das Kattegat ihre nördlichsten Besuchsorte sein; sonst sind es vorzugsweise die südöstlichen Länder, die sie strichweise regelmässig und häufig bewohnt. Bekannt davon sind einige Gegenden von Ungarn, namentlich am Neusiedler-See, mehrere Küstenstriche in Illyrien und Dalmatien; aber auf der Westküste von Italien scheint sie selten zu sein; weniger ist sie dieses auf der Südküste von Frankreich. In England ist sie ein seltener Vogel; nicht viel weniger in Dänemark, wo sie zwar an mehreren Orten, aber nur einzeln und in langen Zeiträumen einmal, namentlich auch an den Seen Sperring und Siörring im Nordwesten der Halbinsel Jütland, vor- sekommen ist. Dagegen habe weder ich noch ein anderer sie auf den nordfriesischen Inseln gesehen, und dortigen Jagdlieb- habern war sie ebenfalls unbekannt [—, istes auch heute noch —]. An der Ostsee ist sie an der pommerschen Küste und in der Nähe der Insel Rügen beobachtet, auf der kleinen Insel Lips, auf letzterer auch nistend vorgekommen. Wenn es auch nur Vermutung wäre, dass sie am Bodensee oder der Iller ge- sehen worden, so ist sie doch ebenfalls im Württembergi- schen, bei Heidenheim 1832, wirklich erlegt worden. Auch sagt eine vom jetzt leider verstorbenen Prof. WAGLER Ver- bürgte Nachricht, dass neuerdings sogar ein Pärchen an der Isar unweit München genistet habe. [— In Südbayern ist sie im Flussgebiet der Isar, des Lech und der Wertach ge- meiner Sommervogel (Journ. f. Ornith. 1886, S. 386). LEVER- KÜHN sah Ende Juli 1892 alte und junge Lachseeschwalben über dem weiten Lechfeld schweben und querfeldein fliegen, um aus grösserer Ferne vielleicht Atzung zu holen. Nach dem zweiten Jahresbericht des Ornithologischen Vereins Mün- chen ist sie bei Augsburg mehrfach Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts von FISCHER und von BESSERER als Brutvogel beobachtet worden. Neuerdings soll sie infolge der Flussregulierung verschwinden. —]| Dies sind indessen die einzigen Nachrichten von ihrem Vorkommen im Innern von Deutschland; von der nördlichen Hälfte ist uns kein Beispiel der Art bekannt, auch ist in unserem Anhalt niemals eine gesehen worden. [— Die Lachseeschwalbe ist in der That Weltbürgerin; doch scheint sie nirgendwo auf kleinem Raum in so grosser Zahl vorzukommen, wie manche ihrer Gattungsverwandten. Ihre Sommerwohnplätze liegen in der gemässigten Zone der nördlichen Erdhälfte. In Europa von Jütland bis zu den Küsten und Inseln des Mittelmeeres und hinüber nach der Nordküste von Afrika; in Asien durch das südliche Sibirien und Turkestan bis an die Grenzen des eigentlichen China; in Amerika von Kanada bis zu den westindischen Inseln. In den Wintermonaten durchstreift sie das südliche Afrika, Südasien, die Inseln des Malayischen Archipels bis nach Australien hinüber, Südamerika bis Argentinien. Aus Asien erhielt das Britische Museum Vögel vom persischen Golf im August, aus dem Hafen von Bombay im Februar, von den Andamanen im November, von Rangoon im Dezember, von Labuan (Borneo) im September und von Java im Winter; ebenfalls im Winter von Australien. In Nordamerika bewohnt sie mehr die östlichen Länder zwischen den grossen Seen und dem Golf von Mexiko und zieht im Winter ebenso in die östlichen Länder Südamerikas, sodass sie die Küsten des Grossen Oceans nur auf der schmalen Verbindungsbrücke von Mittelamerika (Guatemala u. s. w.) be- rührt. Es möge hier noch erwähnt werden, dass nach Saun- DERS die amerikanischen Vögel oft ein wenig kleiner sind als 1) Nach JOURDAIN ist Sterna milotica noch nicht in Sehottland be- obachtet worden. J. R. Die Lach-Seesehwalbe, Sterna nilotica HASSELQU. europäische Exemplare, während die australischen dagegen zu etwas grösseren Maßen neigen; doch giebt es hiervon zahl- reiche Ausnahmen. — Die Lagunen und Sümpfe Nordafrikas von Algier bis Unterägypten besucht sie jedenfalls regelmässig auf dem Zuge; doch nistet sie hier unter anderen auch auf der Insel Knais in Tunis (v. ERLANGER). Im Winter besucht sie wahrscheinlich die sämtlichen Länder Südafrikas, wo sie passenden Aufenthalt findet; FISCHER beobachtete sie im De- zember in Deutsch-Ostafrika. — In Europa finden sich ihre nördlichsten Brutplätze gegenwärtig noch auf ein paar Inseln im Limfjord (Jütland); doch hat sie hier wie am Ringkjöbing- fjord an mehreren Plätzen der Kultur weichen müssen, und die Gesamtzahl der Brutvögel ist nur noch gering. Auch die beiden in Schleswig-Holstein bekannten Kolonien (im Hostrupersee und Gotteskoogsee) gehen ihrem Ende entgegen. Die in den Küsten- ländern Westeuropas vereinzelt beobachteten Vögel mögen noch von diesen Ansiedelungen herstammen; so die auf Helgo- land von GÄTKE in Zwischenräumen von fünf bis zehn Jahren angetroffenen wenigen Exemplare und die auf den ostfriesi- schen Inseln, in Oldenburg, im Münsterlande, in den Nieder- landen und weiter südwestwärts beobachteten Durchzügler. In den Mittelmeerländern scheint sie von den Küsten Spaniens und der Inselgruppe der Balearen in östlicher Richtung bis nach Griechenland als Brutvogel an Häufigkeit zuzunehmen. Auf den Lagunen von Missolunghi und an den Gewässern Akarnaniens traf KRÜPER sie vom April an in grösserer An- zahl. —|] Gleich anderen Meerschwalben ist auch sie Zugvogel, und unter einem gemässigten Himmelsstriche verweilt sie nur so lange, als es die Fortpflanzungsgeschäfte erheischen, den Frühling und Sommer hindurch. Erst im Mai, und zwar meistens in der letzten Hälfte oder am Ende desselben, er- scheint sie am Strande der Ostsee und verschwindet dort wieder im Anfange des September. In England ist es un- gefähr ebenso; an der Südküste Frankreichs kommt sie da- gegen noch spät im Herbste im völligen Winterkleide vor, überwintert aber doch wohl meistens in Afrika. In Ungarn am Plattensee erscheint sie schon anfangs Mai und verliert sich um die Mitte des September wieder. In anderen Gegen- den von Ungarn sah ich sie nicht. Ihre Aufenthaltsorte haben mit denen unserer Fluss: meerschwalbe einige Ähnlichkeit, denn sie lebt wie diese bald am Seestrande, bald weit von diesem’an Landseen, auch an Flüssen, wo jene fehlen. Obgleich, strenge genommen, sie nicht Seevogel heissen kann, so liebt sie doch den Meeres- strand vor allem und kümmert sich, wenn sie am Meere wohnt, so wenig um die Gewässer im Lande, dass sie auch die nächst- gelegenen äusserst selten besucht. Sie liebt vorzüglich seichte Buchten und niedrige Inseln mit sandigen, kahlen, mit Gras- wuchs abwechselnden Flächen und die grünen Vorlande. An anderen Orten wohnt sie tief im Lande an grossen [—, bis- weilen jedoch auch an recht kleinen —] Landseen, welche ihr das Meer ersetzen und entbehrlich machen; aber auf den grossen freien Wasserflächen weitschichtiger Sümpfe kommt sie nur zufällig, noch seltener auf Flüssen vor. Ob die Ufer bloss niederen Graswuchs oder auch Schilf, Binsen u. dergl. haben, scheint ihr ziemlich gleichgültig. Eigenschaften. Die Lach-Meerschwalbe ähnelt in ihrem Betragen am meisten der Raub-Seeschwalbe; ihre Bewegungen sind, wenn auch nicht langsamer, doch kräftiger als die der kleineren Arten, auch weniger flüchtig und gewandt als die der freilich alle übertreffenden Brandmeerschwalbe. Von dieser gleich- grossen und gleichgefärbten Art unterscheidet sie sich in der Ferne durch den steteren Flug, den kürzeren und stärkeren Körper und Schnabel, wobei aber der Kopf weniger dick er- scheint als bei jener, und durch den stumpfer gegabelten, da- her kürzer aussehenden Schwanz; von anderen Arten aber hauptsächlich durch ihre mittlere Grösse. Die Lach-Seeschwalbe, Sterna nilotica HASSELQU. Sie setzt sich äusserst selten, steht dann mit wagerechtem Rumpf, sehr eingezogenem Halse steif auf den Beinen und kann auch recht behende laufen. Das Schwimmen ist ihr so zuwider, dass sie es nur im Notfall wagt, sich aufs Wasser herabzulassen, dann aber auch nicht von der Stelle rudert, sondern still ausruht und bald wieder wegfliegt. Ihr Flug ist leicht, gewandt, schnell, bald in weit aus- holenden, langsameren, bald in kürzeren und schnelleren Schwingungen der langen Flügel, oft auch schwebend und kreisend, und meistens hoch. Er sieht steter aus, weil die Flügelschläge in langsamem Fluge nicht den Rumpf abwech- selnd heben und sinken lassen, was bei den kleineren Arten, wenn sie langsam fliegen, so auffallend ist. Übrigens ist er reich an kühnen Schwenkungen, schnellen Abänderungen, an auf- und absteigenden Bogen und dabei von grösster Ausdauer. Sie ist gesellig gegen ihresgleichen, lebt daher in kleineren oder grösseren Gesellschaften, selten vereinzelt oder in ein- samen Paaren, mischt sich aber nicht unter andere Meer- schwalben, und wenn es die einzelne that, so sah man es ihr an, dass sie sich nicht wohl in dieser Gesellschaft befand, ob- gleich sie jene duldeten. Auch in der Brutzeit, wo sie den kleineren Arten Ärgernis genug giebt, wird sie nicht so von diesen verfolgt, wie es gewöhnlich der Raubmeerschwalbe geschieht. [— In den Kolonien Jütlands und Schleswigs nistet sie in der Regel mit Lachmöven zusammen, im Gotteskoogsee auch mit Küstenseeschwalben, an anderen Stellen noch mit Fluss- und Ben —| An Orten, wo sie sich nicht recht sicher vor Nscheter: lungen weiss, ist sie ausserordentlich scheu und vorsichtig; an anderen, wo man sie sehr selten beunruhigte, namentlich mit Schiessgewehr, ist sie dagegen weit zutraulicher. Sie darf jedoch unbedingt den scheuesten Arten beigezählt werden. Flügellahm geschossene oder sonst gefangene verteidigen sich heftig, und ihr spitzer, scharfschneidiger, starker Schnabel ver- setzt so Kräftige Hiebe, dass leicht Blut danach fliesst. Ihre Stimme ist gellend und ganz meerschwalbenartig. Das gewöhnliche Geschrei ähnelt dem Lachen eines Menschen und klingt wie Hä hä hä oder hähähä, auch einzeln hä. Es wird auf mannigfache Weise nach den verschiedenen Ge- mütsbewegungen abgeändert, bleibt jedoch immer sehr kennt- lich und unterscheidend. Nach einem Fehlschusse, wo sich die Lacherin zu grosser und sicherer Höhe aufschwingt, mag es dem Schützen wie ein Hohngelächter klingen. Am Brut- platze und beim Neste schreien sie sehr viel, auf ihren Streife- reien weniger und auf dem Zuge gewöhnlich gar nicht. Ob sie noch andere Töne als diese hören lassen, ist mir nicht bekannt. [— SEEBOHM giebt ihre Stimme in Griechenland und Kleinasien mit den Silben ef ef ef oder af af af wieder, während er sie am Schwarzen Meere wie käy-vek, kay-vek hörte. LEGGE verdeutlicht die Stimme in Ceylon mit che-äh und IrBY in Algerien mit kuk-wük. REISER schreibt über ihr Treiben in Montenegro: „Die zierlichen Gestalten waren emsig mit Heuschreckenfangen auf den eben abgemähten Wiesen beschäftigt, zeigten sich nicht besonders scheu und kehrten selbst nach wiederholtem Schiessen nach einiger Zeit immer wieder zurück, indem sie dabei fort- während ihr feines „Kä, kä“ hören liessen. Tags darauf waren über dem freien Wasserspiegel des Zogajsees ihrer noch viel mehr versammelt, und da die Lach- meerschwalbe in hohem Grade die Eigentümlichkeit besitzt, ihren verunglückten Genossen unter ängstlichem Geschrei und Geflatter zu Hilfe zu kommen, konnten wir uns leicht mit einer genügenden Anzahl der schöneh Vögel versorgen. Auch über dem Meere sahen wir sie längs der Küste ziehen. Sämtliche erlegte Exemplare trugen das reine Alters- Sommerskleid, zeigten aber ganz bedeutende Grössenunter- schiede, namentlich bezüglich des Schnabels.. Die Länge ‘dieses letzteren schwankt, über den First gemessen, von 30 bis 42 mm. Jene Lachmeerschwalbe mit dem längsten Schnabel, ein altes Männchen, unterscheidet sich von allen übrigen noch | jungen (noch ganz kleinen) Kiebitz, sol dadurch, dass die Kopfplatte nicht schwarz mit grünlichem Schimmer, sondern kaffeebraun mit helleren Federspitzen und segen die Schnabelwurzel zu lichter werdend gefärbt er- scheint. Vielfach klebt an den Schnäbeln noch eine rotbraune Erdkruste, welche‘ die Nahrungssuche am Boden verrät.“ (Orn. balcan. IV, p. 146). —] Nahrung. Sie nährt sich von kleinen Fischen (was früher und mit Unrecht bezweifelt wurde), von allerlei Wasserinsekten und deren Larven, mitunter auch von Froschlarven und Regen- würmern. Sie erspäht sie im niederen Fluge über dem Wasser, holt die nahe an der Oberfläche befindlichen durch Nieder- stossen heraus, taucht dabei aber nicht mit dem ganzen Körper, sondern oft nur mit Kopf und Schnabel ein. Bei unfreund- lichem Wetter folgt sie auf nahen Äckern dem Pfluge und be- schäftigt sich teils fiegend, teils laufend mit dem Auflesen der in den Furchen liegenden Regenwürmer und Käferlarven. Sie soll vorzüglich gern Spinnen fressen. [— Übrigens sucht sie ihre Nahrung mehr als irgend eine andere Seeschwalbe auf dem Gelände. Über einem Gewässer dahingleitend, stösst sie zwar manchmal auch auf ein erspähtes Fischchen herab, stellt aber doch viel regelmässiger Kerbtieren, insbesondere Heuschrecken, Libellen, Schmetterlingen, grossen Käfern, Engerlingen nach, fängt sie im Fluge wie im Sitzen, erscheint mit Milanen, Turm- und Rötelfalken, dem Gaukler und anderen Raubvögeln, Bienenfressern, Brachschwalben und Störchen vor der Feuerlinie der brennenden Steppe und stürzt sich hier, wie HEUGLIN sehr richtig sagt, mit ebenso viel Gewandtheit wie Kühnheit durch die dichtesten Rauchsäulen, um Beute zu sewinnen. (BREHM.) Auch Young und SEEBOHM sahen sie über Feldern Fliegen fangen. —| In der Fortpflanzungszeit wird sie zum argen Räuber und Plünderer anderer Vogelnester. Sie raubt dann allen schwächeren Vögeln [—, selbst denen ihrer nächsten Verwandt- schaft, —] Junge und Eier, ja sie scheint in dieser Zeit aus- schliesslich von diesen zu leben und durchsucht einen sehr weiten Umkreis ihres Nistortes, so lange es jene giebt, täglich mehrmals nach ihnen. Dr. SCHILLING (8. BREHM a. a. O.) fand in dem Magen von sechs solchen Meerschwalben keine Spur von Fischgräten oder Insekten, wohl aber bei mehreren Knochen, Federn oder Dunen junger Seevögel, bei einer einen bei einer anderen ein noch unversehrtes Ei unserer Küstenmeerschwalbe im Schlunde oder Magen. Fortpflanzung. Diese Art nistet in den meisten oben beim Aufenthalt bezeichneten Ländern auch unseres Erdteiles, häufigin Ungarn, am Plattensee, seltener und weniger zahlreich in einigen Gegenden der Ostsee. Die schon erwähnte kleine Insel Lips, neben Rügen, war, nach Dr. SCHILLInGs Bericht, im Jahre 1818 und dem darauffolgenden von einigen Pärchen zum Brüteplatz ersehen. Sie hatten ihre Nester auf Rasen und sehr nahe bei- sammen, sodass daraus hervorgeht, dass diese Art, wie die meisten der Gattung, auch gesellig und nahe nebeneinander nistet. Dass vor einigen Jahren ein einzelnes Pärchen in der Umgegend von München an der Isar [— und andere bei Augsburg am Lech —] nistete, ist schon oben erwähnt. Bald nach ihrer Ankunft, [— an den nördlichen Nist- stätten gegen —]| Ende des Mai oder Anfangs Juni, [— an den südlichen Wohnplätzen schon Anfang April, —] machen sie Anstalt zum Nisten. [— KrÜPER fand in Akarnanien bereits am 29. April 26 Eier, bemerkt aber zu dieser Mitteilung: „Da die Bruten oft zerstört werden, findet man noch spät im Mai und im Juni frische Eier; am 12. Juni 1872 fanden wir bei Smyrna frische und bebrütete Eier sowie Junge in den Nestern.“ —] Auf einem etwas erhabeneren Plätzchen scharren sie eine kleine Vertiefung in den kurzberasten oder auch sandigen 152 Boden, die sie mit einigen Graswurzeln und Hälmchen ganz sparsam und unordentlich belegen, was aber gar nicht ver- dient, ein Nestbau zu heissen. Nisten mehrere Pärchen da- selbst, so legen sie diese Nester nahe beisammen an, so, dass eins von dem andern nur ein paar Fuss entfernt ist. Die Zahl der Eier für ein Nest ist zwei bis drei. Sie sind ein wenig kleiner als die der Brandmeerschwalbe, fallen stets mehr oder weniger ins Grünliche und sind durch beide Merkmale leicht von jenen zu unterscheiden. — In der Grösse wechseln sie zwischen einer Länge von 41 bis 47 mm und zwischen einer Breite von 29 bis 32 mm.!) [— Nach 32 Stück der Reyschen Sammlung beträgt das Durchschnittsmaß 41,9 35,1 mm, das Maximum 51,7 36,9 und 48,8 x 37,4 mm, das Minimum 43,5 x 34,6 und 49,2 x 32,1 mm, das Gewicht 1,888 g. VonR. BLAsIUs vorgenommene Messungen ergaben folgende Dimensionen: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 48,0 mm 54,5 mm 21,0 mm 49,7, 2 00 22,0 , 5, 36,7 „ IE 5 36,9 „ Bao, 50,0 „ 343. Bel: 533 „ BT;pEn 33.0.4, 538 „ Bud EP RTBERR 53,0 „ 34,5, 1 ee Sie haben entweder eine schöne Eigestalt, oder diese ist durch stärkeres Abstumpfen des einen, oder durch schwächeres Zu- spitzen des anderen Endes etwas verunstaltet; ebenso nähert sich die Bauchwölbung des einen mehr dem stumpfen Ende, bei dem anderen mehr der Mitte; es giebt demnach auch kurz oder bauchig geformte. Die eben nicht glatte, glanzlose Schale hat eine ziemlich verschiedene, aber blasse Färbung, schmutzig und grünlich, bald ins Gelbliche, bald ins Olivengrünliche, bald ins Olivenbräunliche übergehend, mit aschgrauen Flecken unter der Oberfläche von verschiedener Grösse und Gestalt, zum Teil nur verwaschen, andere scharf begrenzt, und auf der Oberfläche mit zahlreicheren und grösseren Flecken, Klecksen und Punkten von schwarzbrauner, bald ins Olivenbraune, bald ins Rötlichbraune ziehender Farbe. Die Flecke sind nach Grösse, Gestalt und Anzahl sehr verschieden und häufen sich an manchen am stumpfen Ende zuweilen zu einem Flecken- kranz, während andere Eier dieser Art nur sehr sparsam ge- fleckt sind. [— HAGERUP fand bei einer Brutgesellschaft im Limfjord zwei Nester, die je fünf Eier enthielten, und am Rande des einen Nestes lag noch ein sechstes Ei; in beiden Fällen hatten zwei Weibchen in dasselbe Nest gelegt. Ein anderes Nest enthielt drei Lachmöveneier und ein Ei der Lach- seeschwalbe; es war sicher ein Mövennest, sodass die See- schwalbe der Eindringling war. —|] ‘) In Brennms Beitr. III. S. 662 scheinen die Mafse zu gross; vielleicht wurden sie über die Wölbung genommen? Naum. Die Lach-Seeschwalbe, Sterna nilotira HASSELAU. Über das Brüten ist weiter nichts [— abweichendes ; bekannt, als dass auch diese Art am Tage wenig oder gar nicht über den Eiern liegt. Die Alten lieben ihre Brut sehr; aber das Aufbringen der Jungen und das Verhalten der Alten zu diesen ist bis jetzt noch nicht [— als abweichend von dem der Verwandten —] beobachtet worden. Feinde. Die grossen flüchtigen Edelfalken sollen. zuweilen eine Alte fangen; die Kolkraben, Krähen und grossen Möyen ihnen aber noch öfter die Eier oder zarten Jungen rauben. [— Auf einer kleinen Insel im Ovesee fand HEIBERG im Jahre 1879 ungefähr 100 Nester, HAGERUP 1888 wohl 30 bis 50 Nester, OLSEN aber im Jahre 1893 weder Möven noch Seeschwalben. Der Eigentümer der Insel glaubte, dass die Ratten (wohl „Wasser- ratten“, Arvicola amphibius) sie vertrieben hätten; HAGERUP ist aber der Ansicht, dass die weidenden Rinder das Verschwinden der Vögel verursacht haben. Mit dieser Ansicht stimmen die Erfahrungen überein, die ich auf den Kobbehalligen im Gottes- koogsee gemacht habe. —| Jagd. Als scheuen Vögeln ist ihnen mit dem Schiessgewehr kaum anders als beim Neste beizukommen, wo sie sich bei anrücken- der Gefahr gewöhnlich in eine Höhe begeben, in welcher der Schuss nicht mehr tödlich wirken kann. Am leichtesten sind sie ausserdem zu erlegen, wenn sie eben fischen und der Schütze sich in einem Hinterhalte gut versteckt hält, wohin er sich freilich lange vorher begeben haben muss. Kommen sie nahe genug, so sind sie viel leichter zu erlegen als die kleinen Arten, nicht allein, weil sie dem Schusse eine grössere Fläche bieten, sondern auch keine so unerwarteten kurzen Schwenkungen machen können wie jene. Über den Eiern kann man sie in Schlingen fangen. Nutzen. Es ist nicht bekannt, ob sie uns durch Wegfangen schäd- licher Geschöpfe nützlich werden, und einen unmittelbaren Nutzen, welchen wohl die wohlschmeckenden Eier gäben, können sie uns ihrer Seltenheit wegen nicht gewähren. Schaden. Auch dieser ist nur ein mittelbarer, durch Zerstören der Bruten und Wegfangen junger Vögel von nutzbaren Arten. Das Vernichten vieler Fischbrut wird ihnen an den von ihnen bewohnten Orten in wenig kultivierten Gegenden auch nicht so hart angerechnet werden können. Zusatz. Es war mir leider nicht vergönnt, diese für Deutschland so seltene Art selbst im Freien und genügend beobachten zu können. In Ungarn war ich zu spät im Jahr, um ihretwegen einen sogenannten Ab- stecher nach dem Plattensee mit Hoffnung eines guten Erfolgs zu machen. Ich habe daher im Vorliegenden nur geben können, was ich bei anderen vorfand und was mir von anderen, glücklicheren Beobachtern mündlich oder schriftlich mitgeteilt ward. Auf die Zuverlässigkeit dieser und jener vertrauend, hoffe ich jedoch nichts Unwahres aufgestellt zu haben. Naum. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. Tafel 14. Fig. 2. Sommerkleid. Tafel 16. Fig. 2. Winterkleid. Tafel 17. Fig. 3. Jugendkleid. Tafel 34. Fig. 8—21. Eier. Kentische, Stübbersche, Kamtschatkaische, Cayennische, Mexikanische, Kapsche, Sandwich-Meerschwalbe, weissliche, weissgraue, schwarzschnäblige Meerschwalbe, Meer- oder Seeschwalbe mit brandgelber Schnabelspitze, kleine Stübbersche Kirke, taubenförmiger Fischvogel, Haffpicker. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Öigra rijeöka. Czechisch: Rybäk severni. Dänisch: Kentisk Terne, Split- Tar. Englisch: Sandwich Tern, Cat-Swallow. Französisch: Hürondelle-de-mer caugek, Sterne Caugek. Helgoländisch: Kerr. Holländisch: Groote Stern, Kaugek, Groote Ikstern, Groote Zeezwaluw. Italienisch: Beccapesci, Sterna mezzana. Norwegisch: Kentsk Terne. Polnisch: Rybotowka czubata. Portugiesisch: Garajau. Schwedisch: Kenisk Tüärna, Dubbeltärna, Kent-tärna. Slovenisch: Plavka, Stvkasta mahalka. Spanisch: Golondrina de mar, Charrän, Gavina. Ungarisch: Kenti czer. —] Sterna cantiacaa Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 606. n. 15. — Sterna cayennensis. Ibid. p. 604. n.9. — Sterna africana. Ibid. p. 605. n. 12. — Lath. Ind. II. p. 805. n. 5. — Sterna Boysi. Lath. Ind. II. p. 806. n. 10. — Sterna stübberica. Otto, in Übers. v. Buffons Vögeln. XXXI. 8. 104, n. 27. nebst Abbildgn. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 679. — Sterna canescens. Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 458. — Nilsson, Orn. Suee. II. p. 158. n. 211. — Sterna columbina.. Schrank, Faun. boie. I. p. 252. n. 215. — L’Hirondelle de mer de Sandwich-r Bonnaterre, p. 9. n. 18. — L’Hirondelle de mer & dos et ailes bleuätres. Sonnini, nouv. edit. de Buffon Ois. XXIV. p. 121. — Hirondelle de mer Caugek. Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 735. — Greater Sea Swallow. Albin, Birds II. tab. 8. — Sandwich-Tern. Lath. Syn. VI. p. 356. n. 9. — Übers. v. Bechstein, III. 2. S. 313. n. 9. — African Tern. Ibid. p. 354. n. 5. — Übers. S. 311. n. 5. — Kamtschatka Tern. Penn. arct. Zool. II. p. 225. — Übers. von Zimmer- mann II. S. 487. A. — Bewick Brit. Birds. II. p. 204. — Sterna mezzana, di becco, piedi, et occipite die color nera. Savi, Orn. tose. III. p. 87. — Bechstein, ornith. Taschenb. II. S. 378. n. 2, — Brehm, Beiträge III. S. 664. — Dessen Lehrb. II. S. 685. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 776 bis Beccapesct. Wiedemanns Zool. Mag. I. 3. S. 122. 777. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pomm. Vög. S. 17. n. 226. — [— Sterna cantiaca. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVII (1840). — Sterna cantiaca. Holmgren, Skand. Fogl. p. 957 (1866—71). — Sterna cantiaca. Eur. II. Ed. II. p. 452 (1867). — Sterna cantiaca. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1428 (1869— 74). — Sterna cantiaca. Fallon, Ois. Belg. p. 194 (1875). — Sterna cantiaca. Yarrell, Brit. Birds 4 Ed. III. p. 540 (1882—84). — Sterna cantiaca. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc, XI. p. 11 (1886). — Sterna cantiaca. Sterna cantiaca. mayer, Vög. Griechenl. p. 179 (1860). — sSterna cantiaca. (1873). — Sterna cantiaca. cantiaca. Giglioli, Avif. ital. p. 413 (1886); p. 628 (1889). — Sterna cantiaca. Helgol. p. 583 (1891). — Sterna cantiaca. p. 155 (1892). — Sterna cantiaca. Sterna cantiaca. Man. of Palaearctie Birds II, p. 812 (1903). —] Arevalo y Baca, Av. Espana p. 425 (1887). — Sterna cantiaca. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 92 (1892). — Sterna sandvicensis. Collett, Norg. Fuglef. p. 318 (1893—94). — Sterna cantiaca. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 75 (1896). — Sterna cantiaca. Storia deg. Uce. V. tav. 546. — — Koch; bayern 2001. 1.19,.309.70.227 222 Er. /Boie, Naumann, Vög. Deutschl. X. p. 50. t. 250 (1840). — Schlegel, Rev. erit. p. CXXIX (1844). — Sterna cantiaca. Linder- Desl;set Gerb, Om; Wright, Finl, Fogl. II. p. 577 Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 301. pl. 586 (1877). — Sterna Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Actochelidon cantiaca. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 98 (1886). — Thalasseus cantiacus. Gätke, Vogelw. Brusina, Croato-Serb. Vög. Reiser, Orn. balc. II. p. 197 (1894); IV. p. 145 (1896). — Reichenow, Vögel Afrikas I, p. 62 (1900). — Sterna cantiaca. Dresser, Junger Vogel. Sterna striata. Gmel. Linn. Syst. I. 2. Faun. Suee. p. 165. n. 127. — Hürondelle de mer rayee. Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 316. n. 10 mit Abbilde. p. 609. n. 24. — Lath. Ind. II. p.. 807. n. 11. — Sterna nubilosa.? Mus. Carls III. n. 63. — Retz, Sonn. Nouv. &dit. de Buffon Ois. XXIV. sp. 124. — Striated Tern. Lath. syn. VI. p. 358. — [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. LXXXII. Fig. 3a—b (1845-1853). — Bädeker, Eier europ. Vög., Taf. 24. Fig. 2 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, II, p. 478, pl. CXXXI, Fig. II, III (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds, III, p. 272, pl. 48 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, p. 100, pl. 30 (1896). —] | Kennzeichen der Art. Der schlanke, schmale, über 47 mm lange Schnabel ist schwarz, an der Spitze gummigelb, welches sich auch bis zur Mitte, ja bis an die Wurzel verbreiten kann. — Die schwarzen Füsse haben gelbe Spursohlen und einen 25 mm langen Lauf. Beschreibung. Die Brandmeerschwalbe, die ihren Namen entweder von der brandgelben Schnabelspitze oder von der Gewohnheit, gern in und neben Brandungen zu fischen, haben mag, gehört zu den grösseren Arten, kommt in der Grösse der Lachmeer- schwalbe gleich und trägt am Gefieder dieselben Farben, hat aber an den viel niedrigeren, ebenfalls schwarzen Füssen gelbe Sohlen und an dem viel längeren und schlanker zu- gespitzten Schnabel nach vorn oder wenigstens an der Spitze viel Gelb, dabei einen viel tiefer ausgeschnittenen Gabel- schwanz mit dünneren Spiessen, einen etwas schlankeren Rumpf, auch länger befiederten Hinterkopf und Nacken, unter- scheidet sich also leicht von jener. Auch die ähnlich gefleck- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. | ten Jungen unterscheiden sich an der verschiedenen Länge und Stärke der Schnäbel leicht. — Mit der viel kleineren Dougalls-Meerschwalbe, die einen auch an der Spitze schwarzen, viel dünneren Schnabel, durchaus hochrotgelbe Füsse und ungleich längere Schwanzspiesse hat, kann sie noch weniger verwechselt werden. Dass die südamerikanische Abänderung (St. cayennensis) mit ganz gelbem Schnabel und unsere Brandmeerschwalbe (St. cantiaca s. canescens) mit schwarzem, bloss an der Spitze gelbem Schnabel, zu einer und derselben Art gehören, be- weisen Übergänge in allen Abstufungen von erster und letzter Schnabelfärbung. Das Berliner Museum erhielt vom Mittel- ländischen Meer Stücke, an denen der Schnabel schon zur Hälfte (von der Spitze an), und aus dem südlichen Frank- reich eins (im Winterkleide), an dem er ganz gelb war; aus Mexiko wieder welche, deren Schnabelspitze kaum mehr Gelb hatte als die unserer norddeutschen; aus Brasilien wieder andere, neben ganz gelbschnäbeligen, die noch Schwarz an der Schnabelwurzel hatten, das bei einigen ziemlich weit vor- 20 154 reichte. Dass alle zu einer Art gehören, bestätigte mir auch mein lieber JOH. NATTERER, der sowohl die europäischen als die südamerikanischen an den Brutorten und sonst noch viel- fältig beobachtete, aber Betragen, Stimme, Fortpflanzung und dergleichen so übereinstimmend fand, dass sie als Arten gar nicht getrennt werden können, die Gelbschnäbel also bloss als klimatische (nicht einmal ganz konstante) Abänderung zu betrachten sind. Unsere Brandmeerschwalbe ist 36 bis 37,5 cm lang; 84,5 bis 89,5 cm breit; bei einer Flügellänge von 28,3 cm; der Schwanz 15,5 cm lang, wegen des sehr tiefen Ausschnitts an den beiden Mittelfedern (als den kürzesten) nur 7,6 cm lang. Die Weib- chen messen nur darum etwas weniger, weil sie kürzere Schwanzspiesse als die gleich alten Männchen haben. Das Gefieder ist wie bei den nächstverwandten Arten, aber am Genick und Nacken mehr verlängert als bei irgend einer, sodass der alte Vogel, wenn er es aufsträubt, eine an- sehnliche mähnenartige Holle zu haben scheint und sehr dick- köpfig aussieht, was man sogar auch im Fluge bemerkt. Die Flügelspitze ist besonders schmal und lang, die ihr zugehören- den schwach säbelförmig gebogenen Schwungfedern hart, mit sehr starken Schäften und schmal zugerundeten Spitzen; an denen der zweiten Ordnung, welche kurz und breit, ist das Ende der Innenfahne etwas länger als das etwas ausgeschnittene der äusseren. Der ziemlich lange Schwanz besteht aus zwölf schmalen Federn, von denen die kürzesten in der Mitte gleichseitig, die anderen schräg nach aussen zugerundet, die äussersten aber sehr lang und schmal zugespitzt sind und an jeder Seite des Schwanzes einen langen Spiess bilden. Die ruhenden Flügel reichen mit den Spitzen bei recht alten Vögeln wegen der längeren Schwanzspiesse bis an, bei jüngeren etwas über das Schwanzende hinaus. Der Schnabel ist so lang oder noch etwas länger als der Kopf, sehr gestreckt und schlank, nach vorn viel schmäler als hoch, an Firste und Kiel gerade bis fast zur Mitte, dann oben sehr sanft in die Spitze abwärts gebogen, unten vom sehr wenig bemerkbaren Eck, dem Ende der schmalen Kielspalte an, in die schlanke Spitze aufsteigend. Diese ist, wie die ein- gezogenen Schneiden beider Hälften, sehr scharf, die letzteren greifen scheerenartig ein wenig übereinander, und die Mund- spalte reicht bis unter die Augen, deshalb ein weitgespaltener Rachen. Er ist gewöhnlich 53 mm lang, zuweilen auch länger, bis gegen 59 mm, bei manchen, gewöhnlich jüngeren Vögeln, auch kürzer, vom Mundwinkel aus bis zur Spitze über 70 mm lang, an der oberen Wurzel im Durchnitt 12 mm hoch und ziemlich 10 mm breit, nach vorn aber verjüngt und namentlich viel schmäler. Bei jungen, eben erst flugbaren Vögeln hat er gewöhnlich kaum die Hälfte jener Länge. — Das Nasenloch ist sehr länglich oval, durchsichtig und nur einige Millimeter von den seitlichen Stirnfedern entfernt. Die Farbe des Schnabels ist ein glänzendes Schwarz, an der Spitze, ungefähr 12 mm lang, ein durchscheinendes Gummi- gelb, wie recht gelbes Gummi arabicum. Dass dieses Gelb in südlicheren Ländern sich weiter, bald über die ganze vordere Schnabelhälfte und endlich über den ganzen Schnabel ver- breitet und bei manchen alles Schwarze verdrängt, ist schon oben erwähnt. Der Schnabel der erwachsenen Jungen hat eine bräunlichweisse Spitze, unterwärts gegen die Wurzel eine schmutzig- und blass gelbrötliche, im übrigen aber eine bloss schwärzliche Färbung. Das lebhafte Auge hat bei den Alten eine Iris vom dunkel- sten Braun, das bei Jungen lichter ist und ins Grauliche fällt, befiederte Augenlider, die bei diesen und im Winterkleide jener mit weissen, im Sommerkleide von oben zu zwei Dritteilen mit schwarzen Federchen bekleidet sind. Die Füsse sind klein, niedrig, aber stämmig und stark, zumal an den Fersen; vorn und auf den Zehenrücken grob, übrigens fein Börchildert: die ziemlich tief ausgeschnittenen Schwimmhäute genarbt oder chagriniert; die mittelmässigen Krallen sehr gebogen, unten gefurcht, auf der inwendigen Seite Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. mit einer Schneide versehen, aber eben nicht sehr Spitzig. Der nackte Teil des Unterschenkels misst 12 mm, die Fusswurzel 25 mm, die Mittelzehe nebst ihrer gute 6 mm langen Kralle wenig über 24 mm; die Hinterzehe mit der 3 mm langen Kralle 6 mm. Die Füsse sind schwarz gefärbt, die Zehensohlen und die untere Seite der Schwimmhäute ockergelb; die Krallen meist schwarz, manchmal auch ins Hornbraune übergehend. Die Jungen haben rötlichschwarzgraue Füsse mit gelblichen Sohlen und braungrauen Krallen. Das Dunenkleid ähnelt dem der vorhergehenden Art sehr; das Vögelchen hat darin einen blassrötlichen, in der Mitte grauen, an der Spitze weissen Schnabel und blasse, miss- farbige Füsse, am Oberkopf und auf den oberen Teilen des Rumpfs stehen auf hellgrauem Grunde grauschwarze Flecke, die sich längs dem Rücken in mehrere Längsreihen ver- einigen oder streifenartig werden, während Kehle, Brust und Bauch rein weiss sind. Der Bladn ist dicht, haarartig und giebt allen Teilen eine warme Bedeckung. Im Jugendkleide, wenn sich dieses auch schon voll- ständig ausgebildet hat, sind diese jungen Meerschwalben gleich anderen Arten noch viel kleiner als oben angegeben und messen wegen des weit kürzeren, nicht so tief gabelig aus- geschnittenen, nach aussen noch nicht spiessartig verlängerten Schwanzes selten mehr als 33 bis 34 cm in der Länge, und ihr Schnabel ist dann kaum 35 mm lang, die lange noch nicht ausgebildete Spitze desselben oft etwas herabgebogen und stets viel stumpfer als an den Alten. Er ist schwarzbraun, an der Spitze weisslich, an den Schneiden, besonders nach den Mund- winkeln zu, schmutzig gelbrötlich, die Füsse wie oben be- schrieben, die Iris braun. — Der ganze Oberkopf bis unter die Augen und über das Genick hinab ist schwarzgrau, mit bräunlichweissen Federkanten, die an den Stirnfedern am breitesten sind, daher alle diese Teile ein schwarzgrau: und schmutzigweiss geschupptes und gesprenkeltes Aussehen er- halten; vor und hinter dem Auge sind diese Federkanten am schmalsten, weshalb diese Stellen am dunkelsten aussehen. Die Federn am Anfange des Nackens sind schon merklich verlängert und oft dick abstehend. Der Rücken, die Schultern, mittleren Flügeldeckfedern und die letzten Schwungfedern sind weiss (früher sanft grau), mit weissgelben Endkanten, alle mit einem mond- oder bohnenförmigen schwarzbraunen Fleck nahe am Ende, und die grösseren noch mit einigen unregelmässigen Querflecken und Zickzackstreifen von dieser Farbe, die an den hinteren Schwungfedern zusammenzufliessen scheinen. Die kleinen Flügeldeckfedern längs dem Unterarmknochen sind lichtgrau, in der Mitte dunkler, mit gelblichen Säumen; die mittleren Schwungfedern lichtgrau, mit weissen Enden; die grossen Schwingen mit ihren Deckfedern aschgrau, an den Enden, auch auf den Kanten der Innenfahnen, breit weiss ge- säumt; die Schwanzfedern weiss, vor der ann. mit einem Beier und einem grösseren an Fleck, der an den äusseren sich mehr und mehr nach der Wurzel zu ausdehnt und am Schafte herauf in Aschgrau verläuft. Bürzel, obere und untere Schwanzdecke, der Flügelrand und die unteren Flügeldeckfedern, Kehle, Hals, Brust und Bauch sind rein weiss. — Die Stirn, bis aber ME Mitte des Scheitels hin, ist bei einigen mehr, bei anderen weniger mit einem rostgelb- lichen Braun überlaufen, besonders wenn das Gefieder noch sehr jung ist und auf vielen Federspitzen noch Reste des vor- maligen Flaums sitzen. Das Winterkleid unterscheidet sich von dem nachher zu beschreibenden hochzeitlichen Kleide nur am Kopfe sehr auffallend, im Übrigen fast gar nicht; sind nämlich vom letzteren her die Bedeokung des Rückens ind Oberflügels nebst den Schwungfedern vorhanden, so sind diese, weil sich ihr äussere! hellgrauer Überzug abseschöuert hat, dunkler, schwarzgrau, jene aber wegen Abbleichens der Farbe lichter und nicht mehr von einem vormals so zarten Aussehen; sind sie aber schon durch neue ersetzt, so ist der Mantel StarsE dunkler, die Flügel- spitze aber viel heller, diese nämlich darum, weil der merk- u ai I — Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. würdige, staub- oder schimmelartige Überzug, womit die neuen Schwungfedern aussen auf den Fahnen bedeckt sind, noch ganz vollständig vorhanden ist und die viel dunklere Grundfarbe völlig überdeckt. Der ganze Oberkopf ist dagegen ganz anders gefärbt als im nachherigen Kleide, Stirn und Anfang des Scheitels rein weiss, der übrige Scheitel weiss, mit feinen schwarzen Schaftstrichen, die hinterwärts immer stärker, zu kleinen, dann grösseren und längs den Schläfen, auf dem Genick und Anfang des Nackens endlich zu grossen Schaftflecken werden, sodass diese letzteren Teile schwarz und bläulichweiss ge- schuppt erscheinen; vor dem Auge steht ein halbmondförmiger schwarzer Fleck. Der junge Vogel bekommt schon in seiner ersten Herbst- mauser jene Kopfzeichnung und den ganz ungefleckten Mantel, behält aber die Schwungfedern und die Schwanzfedern vom Jugendkleide ein volles Jahr; letztere bleichen dann im Früh- jahr an den dunkeln Zeichnungen in Grauweiss ab, erstere werden dagegen sehr abgerieben und hässlich dunkelgrau, und wenn sie dann gleichfalls eine ganz schwarze Kopfplatte haben, wie die Alten, so sind sie doch an jenen leicht von diesen zu unterscheiden, zumal auch die Schwanzgabeln sehr kurz sind und ihnen die Spiesse noch fehlen. Erst in der zweiten Herbst- mauser erhalten sie neue Schwung- und Schwanzfedern, denen älterer Vögel gleich. Das hochzeitliche und Sommerkleid ist, seiner teils scharf begrenzten, teils sanft ineinander übergehenden ein- fachen Farben und der ungemeinen Zartheit des Gefieders wegen, sehr schön, besonders aber in seiner schönsten Rein- heit am lebenden Vogel oder ganz kurz nach dessen Tode. Die Federn des Genicks und oberen Nackens sind am alten Vogel sehr verlängert, schmal, zugespitzt und bilden einen bedeutenden Busch, wenn sie sich erheben, lassen dieses aber auch niedergelegt schon ahnen. Sie sind nebst dem ganzen Oberkopf vom tiefsten, wie Seide glänzenden Schwarz; die Grenze dieser schwarzen Kopfplatte zieht sich seitwärts der Stirn von der Nasengegend ziemlich gerade nach dem Auge, schliesst dieses (dessen unteres Augenlid schon weiss) grössten- teils ein, läuft längs den Schläfen zum Nacken hinab und ist auf der ganzen Linie scharf vom angrenzenden Weiss getrennt. Der untere Teil des Nackens, Rücken, Schultern, Flügeldeck- federn und hintere Schwungfedern sind ungemein zart und sehr licht bläulichaschgrau oder hellbläulichsilbergrau, eine äusserst sanfte Färbung, die an den Enden der ganzen Partie in Weiss verschmilzt; die grossen Schwungfedern (mit dem vollen Überzuge) hellaschgrau, die äussere Fahne der vordersten und die Häfte der inneren Fahnen an den übrigen, längs dem weissen Schafte, dunkelaschgrau, die übrige Hälfte der Innen- fahnen sowie die breiten Endkanten weiss; die Schwungfedern zweiter Ordnung sehr licht aschgrau, an den Enden weiss; die Enden der hintersten Schwung- und der grössten Schulter- federn noch breiter weiss; der obere Flügelrand, die unteren Flügeldeckfedern, der Schwanz mit seinen oberen und unteren Deckfedern, der Bürzel und alle unteren Teile von den Kopf- und Halsseiten und der Kehle an bis zum Schwanze rein und blendend weiss. In der Begattungszeit, namentlich bei alten Männchen, sind die unteren Teile, besonders die Brust, sanft rosenfarben überhaucht, denn diese herrliche Färbung sieht wirklich aus, als wenn nur ein Hauch davon sich auf das zarte Gefieder gelegt hätte. Sie lässt sich zwar nicht ab- wischen, verbleicht aber nach dem Tode bald und verschwindet an Ausgestopften, zumal wenn sie zu hellem Lichte ausgesetzt werden, in wenigen Jahren ganz. Recht fette Individuen haben sie gewöhnlich am stärksten, und sie verschwindet beim Ab- magern. Die Weibchen haben sie auch, aber selten und dann nur ganz schwach, im Anfange der Begattungszeit. Ausserdem unterscheiden sich die Weibchen kaum durch etwas kürzere Nackenfedern und Schwanzspiesse von den Männ- chen, auch sind sie gewöhnlich etwas kleiner als diese. Im Sommer verschwindet der matte Rosenschimmer an den unteren Teilen ganz, Weiss und Silbergrau verlieren ihre 155 Reinheit und ihr zartes Äussere, das letztere ist bleicher und nicht mehr so sehr sanft wie früher, an den Schwungfedern hat sich der lichtgraue Überzug beinahe ganz abgerieben, und die dunkle Grundfarbe ist hervorgetreten, endlich sind die Schwanzspiesse mehr oder weniger beschädigt, manchmal so- gar beide abgebrochen, und das ungemein schöne Aussehen des Vogels vom Frühjahr hat sich um gar vieles verschlechtert; wer ihn damals kannte und jetzt sieht, wird ihn sehr verändert finden, ob er gleich noch dasselbe Gefieder trägt. Die Hauptmauser fängt bei den Alten schon Ende Juli oder doch im August an, geht aber so langsam vorwärts, dass eine völlig vermauserte an der deutschen Küste selten ist, weil sie dann die Brutgegenden alle schon verlassen und sich auf die Wegreise begeben haben. Sie wechseln in dieser Mauser auch Flügel- und Schwanzfedern. Die Jungen mausern um einen halben oder ganzen Monat später und vertauschen darin ihr Jugendkleid mit dem ersten Herbst- oder Winter- kleide, das dem der Alten ganz ähnlich ist, worin sie aber, wie schon erwähnt, Flügel- und Schwanzfedern nicht wechseln und durch alle Kleider behalten bis zur Herbstmauser des nächsten Jahres, nämlich ihrer zweiten. — Die Frühlings- mauser tritt in den letzten Wintermonaten ein, wo sie noch abwesend sind, die allermeisten kehren aber völlig vermausert zu uns zurück. Wenn auch hin und wieder eine einzelne von tausenden eine Ausnahme macht, so begreift man doch nicht recht, wie es zugeht, dass sich bei manchen der Federwechsel noch viel weiter hinaus verspätet. Ich habe selbst Anfang Juli noch Vögel derart erlegt und gesehen, die auf der Stirn und dem Vorderscheitel noch so viele weisse Federn vom vorigen Winterkleide hatten, dass diese schon von weitem in die Augen fielen; die, welche ich in Händen hatte, waren freilich Junge vom vorigen Jahr. Von den Jungen wäre noch zu bemerken, dass, wenn diese ihr Dunenkleid ablegen, die jungen wirklichen Federn zuerst an beiden Seiten der Brust, neben dem Brustkamme, dann die des Oberrückens, der Schultern, dann Flügel und Schwanz und zuletzt die des Halses und Kopfes den Flaum verdrängen; daher kommt es, dass man schon längst lugbare erlegt, an denen auf den Spitzen der Befiederung des Kopfes noch die Überreste der vorigen Dunen mehr oder weniger zu sehen sind. Das Hervorkeimen des ersten wirklichen Gefieders geht indessen bei den Jungen anderer Meer- und Seeschwalben- arten auch partienweise und in derselben Folge vor sich. [— Die abgebildeten Exemplare sind ein alter Vogel vom 22, Mai aus Frankreich und ein ebensolcher vom 20. November 1898 aus Südafrika, beide befindlich im ROTHSCHILDSchen Museum in Tring, sowie ein junger Vogel von Helgoland, be- findlich im Britischen Museum. —| Aufenthalt. Die Brandmeerschwalbe ist ein über fast alle Hauptteile unserer Erde verbreiteter Vogel und lebt in den von ihr be- wohnten Strichen zugleich in grosser Anzahl beisammen. Sie gehört einer gemässigten und mehr warmen als kalten Zone an und übersteigt in Europa. den 57. Grad nördlicher Breite selten, bewohnt solche Breiten auch bloss im Sommer. Sie soll in Kamtschatka wie auf Neuseeland,!) gewiss am Vor- sebirge der guten Hoffnung wie in anderen Teilen Afrikas, so in Mexiko, in Brasilien, Cayenne und anderen Ländern von Nord- und Südamerika vorkommen. [— HOWARD SAUN- DERS giebt ihre Verbreitung folgendermaßen an: Atlantische und Nordseeküste von den Orkney-Inseln (59. Grad nörd- licher Breite) südwärts bis zum Mittelmeer, das Schwarze Meer und das Kaspische Meer (brütend); im Winter längs der Westküste von Afrika bis zum Kap der guten Hoffnung und Natal, am Roten Meer, durch Mesopotamien bis an den Persischen Golf, die Mekranküste und das Indus- delta. Die Ostseite Amerikas von New-England bis Britisch Honduras, die Küste des Grossen Oceans nur in Guatemala 1) Dies ist nicht der Fall. J. R. 20% 156 und dessen Nachbarschaft erreichend, dort, wo der Kontinent sehr schmal. — Das Britische Museum besitzt ausser den europäischen Exemplaren solche aus Tanger (Dezember und März), Kap Verde, Senegal, Cape Coast Castle, Walfischbai, Kap der guten Hoffnung, Tafelberg, Durban, Ägypten, Mekran- küste, Sind; Süd-Karolina, Florida, Texas (Mai), Yukatan (Februar), Honduras und Kolumbien. Von SEEBOHM wird die amerikanische Form subspezifisch geschieden als Sterna cantiaca acuflavida.. Doch behält er sich die endgültige Entscheidung noch vor, ob die Form konstant ist. —)| In Europa sind vorzüglich die Küsten und viele Inseln der Nordsee ihr Hauptaufenthalt, wo sie zahllose Sommeraufenthaltsorte hat, welche durch die Fortpflanzungszeit von Myriaden dieser Vögel belebt werden. Berühmt sind darin mehrere Küsten Eng- lands, [— Schottlands und Irlands, —] namentlich die von Kent [—,, den Farne-Inseln, der Walney-Insel u. s. w., —|] und bei Sandwich,!) auch mehrere an der Küste Frank- reichs; ferner die holländischen und friesländischen Küsten, vor allen die Insel Eierland nahe beim Texel, die alljährlich im Frühjahr und Sommer von einer so enormen Anzahl dieser Vögel bewohnt wird, dass die Beschreibungen davon dem, der so etwas noch nie sah, übertrieben vorkommen müssen, was sie aber ganz gewiss nicht sind. Ferner ist der ganze Küstenstrich mit seinen seichten Gewässern und niederen Inseln von dort bis an die Wesermündung voll von ihnen und namentlich die Inseln Rottum, Norderney und Wangeroog berühmt wegen der auf ihnen wohnenden grossen Menge dieser Meerschwalbenart. [— Leider haben sich diese Verhältnisse seit NAUMANNS Zeiten zu Ungunsten der friesländischen Vogelwelt vollständig geändert. Nach einer brieflichen Mitteilung von O. LEEGE kommt die Brandseeschwalbe seit einigen Jahren auf den ost- friesischen Inseln überhaupt nicht mehr vor; die Bor- kumer Kolonie beherbergte vor etwa fünf Jahren noch eine srössere Anzahl, etwas früher auch die Langeooger, ferner eine Sandbank im Südwesten von Juist; neuerdings ist sie überall verschwunden. Auf Rottum, wo vor 50 Jahren gegen 20000 Paare ansässig waren, brüteten nach Mitteilung der . dortigen Vogelwärter in diesem Jahre (1903) nur noch etwa 2000 Paare. Während der Brutzeit schwärmen auf den Watten viele umher, weshalb Unkundige annehmen, dass sie auch jetzt noch an all jenen Orten heimisch sei; es handelt sich aber nur um Streiflinge von der Rottumer Kolonie. —|] Folgen wir dem Lauf der Nordseeküste bis an die West- küste Schleswigs, so finden wir wieder auf den Inseln in der Nähe dieser viele und stark, bis zum Unglaublichen, be- setzte Sommerwohnplätze dieser Vögel. Im Mai, Juni und Juli des Jahres 1819 bereiste ich jene interessanten Inseln, sammelte und forschte auf ihnen und teilte damals die haupt- sächlichsten Ergebnisse dieses Ausfluges kurz in der Isis, Jahrg. 1819, XII. St. mit.) Das kleine Eiland Norderoog (54 Grad 30 Minuten nördlicher Breite) war damals von einer Kolonie dieser Meerschwalben bewohnt, die gewiss mehr als eine halbe Million Vögel zählte. Ich sah dies flache, bloss mit Rasen bedeckte, zur Weide für einige Schafe benutzte Insel- chen zuerst in der Entfernung von einer Seemeile und hätte es, wenn es nicht Juni war, für eine Schneeinsel halten mögen, weil gerade die von den Vögeln bewohnte Seite sich mir ent- gegenstellte und diese den Erdboden so buchstäblich bedeckten, dass alles schneeweiss aussah und einen hellweissen Streifen gegen die aufgeregten dunkelfarbigen Meereswogen darstellte. Der Zufall wollte, als mein Staunen sich kaum gelegt hatte, dass ein Mann, vielleicht um Eier zu sammeln, sich unter den a Das ist nach JOURDAIN ein Irrtum, Das erste beschriebene Exem- plar stammte von Sandwich, aber es ist dort kein Brutplatz. J. R. ?) Ich reiste damals in Gesellschaft zweier würdiger und gleich- Sestimmter Freunde, dem älteren BoIs und dem älteren v. WÖLDICKE, und danke ihnen heute noch ebenso innig, wie ich es vor zwanzig Jahren that, für ihre mir so nützliche als lehrreiche Begleitung. Mit Entzücken ge- denke ich noch jener Tage, als ich mit ihnen unter den vielen Tausenden der dort nistenden Vögel herumwandelte. Naum. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. Vögeln zeigte; der ganze unermessliche Schwarm erhob sich plötzlich und wirbelte über des Mannes Haupt in der Gestalt einer ungeheuren, weissen, hin und her schwankenden, in sich selbst höchst lebhaft sich bewegenden und wunderlich kriebeln- den Wolke, was in dieser Entfernung, wo die einzelnen Vögel nicht zu unterscheiden waren, einen höchst seltsamen Anblick sewährte und einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich machte. — Die nahen Inseln Süderoog, Pellworm und Amrum wurden von dieser Kolonie bestrichen, ja ihre Streife. reien erstreckten sich bis an den Strand Eiderstedts und in die Mündung der Eider. Auf Amrum bewohnte eine kleine Schar, aber doch wohl aus mehreren tausend Köpfen be- stehend, eine Sandbank; sie war wahrscheinlich eine Tochter jener grossen Mutter und von ihr ausgegangen. Eine dritte Kolonie, an Anzahl der Vögel der ersten aber lange nicht gleichend, doch zu den bedeutenderen gehörend und die zweite mehr als um das Drei- und Vierfache übertreffend, wohnte auf den Sandwatten hinter den Dünen von List, auf der nördlichsten Spitze der Insel Sylt, dicht neben einer grossen Kolonie der Raubmeerschwalbe (St. tschegrava).!) Ob es noch weiter hinauf am westlichen Strande der Halbinsel Jütland viele solcher so überaus zahlreich besetzter Wohnorte dieser Meerschwalbe giebt, weiss ich nicht?); allein ganz oben im Nordwesten der Halbinsel und ganz nahe an deren Weststrande bewohnen nach Fr. BoIE (s. Isis 1822, S. 8) noch ein paar ungeheure Vereine die Seen Sperring und Siörring (in der Nähe des 57. Grades nördlicher Breite, da- her fast die nördlichsten Wohnplätze in Europa [—, mit Aus- nahme der Kolonien auf den Orkney-Inseln —]) neben Bienen- schwärmen ähnlichen Scharen von Lachmöven, wo beide Arten, aufgescheucht, in zwei Schichten, jede für sich, die Möven niedriger, die Meerschwalben höher, in der Luft sich hin und her bewegen, wolkenähnlich die Sonne verfinstern und mit ihrem Lärm die Sinne betäuben. [— Auch diese beiden Kolonien sind bereits vor etwa 30 Jahren eingegangen (vergl. Ornithol. Centralblatt 1878, S. 1). —] Es ist sehr sonderbar, dass diese auf der Nordsee so sehr häufige Meerschwalbe nach allen neueren Beobachtungen auf der Ostsee so selten und stets nur vereinzelt vorkommt, selbst an Schleswig-Holsteins Ostküste, dessen entgegengesetzte sie doch in so grosser Menge bewohnt. Auf der Möveninsel bei Schleswig kommt sie zuweilen, aber gar nicht zahlreich, an der pommerschen Küste noch seltener und auch an der schwedischen wie auf allen dänischen Inseln nur ganz einzeln vor. Wie es zugeht, dass sie seit OTTO, wo sie die damalige Insel Stübber, die jetzt bis auf eine unbedeu- tende Sandbank, Stubersandbank genannt, vom Meere ver- schlungen ist, in grosser Menge bewohnt haben soll, heut- zutage dort in der ganzen Umgegend gar nicht mehr gesehen wird, ist schwer zu begreifen, wenn man nicht mit BREHM (a. a. OÖ.) annehmen will, OTTO habe nicht St. cantıaca, sondern St. anglica vor sich gehabt, wogegen aber die am angeführten Orte gegebene Abbildung wie die Beschreibung offenbar strei- ten. — Das Gegenteil vermutet übrigens LATHAM (a. a. O.) von der britischen Küste, welche die Brandmeerschwalbe in früheren Zeiten nicht bewohnt haben soll. Es erscheint also vielleicht als eine Eigentümlichkeit dieser Art, einen längeren Wohnort plötzlich für immer zu verlassen und einen anderen mehr oder weniger entfernten für lange Zeiträume zu beziehen. Etwas ganz ähnliches sagt man auch von der öt. tschegrava, und die Besorgnis, dass vieles Schiessen und Lärmen an grossen Brutplätzen den Vögeln diese verleide, ist gewiss nicht ohne Grund. Das plötzliche Erscheinen und, nach zu harten Ver- folgungen, Wiederverschwinden der Kormorane in Gegenden, wo man sie vorher nicht kannte, selbst die Saatkrähen, geben zu ganz ähnlichen Betrachtungen Veranlassung. ‘) Die beiden letztgenannten Kolonien sind längst verschwunden. J.R. 2) JOURDAIN fand 1903 im Ringkjöbing-Fjord auf einer kleinen Insel eine Kolonie von 170 bis 200 Paaren, zusammen mit einer Kolonie von Larus ridibundus und wenigen Becurvirostra avosetta. J. R. u Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. Ob sie über viele diesseitige Küstenstriche des Mittel- ländischen Meeres in grossen Haufen verbreitet sei, ist nicht bekannt, nur von denen des südlichen Frankreichs weiss man, dass sie häufig da wohnt und zum Teil auch dort über- wintert, dass sie an der Küste von Genua und Toskana aber bloss einzeln vorkommt. [— Auf Sardinien ist sie nach SALVADORI sehr gemein und kommt dort das ganze Jahr hindurch vor. Bei Pirano am Golf von Triest erscheint sie als Zugvogel im Oktober und November häufig; auch im Januar wurde sie daselbst be- obachtet. In Griechenland erscheint sie nach KRÜPER nur auf ihren Durchzügen und im Winter; dagegen ist sie an den Küsten des Schwarzen Meeres gemeiner Sommervogel. —|] Da sie bloss am offenen Meere lebt und nicht einmal gern tief in das Festland einschneidende Meeresbuchten be- sucht, auch nur Salzwasser will, so kommt sie im Innern der Länder gar nicht vor, entfernt sich selbst bei grossen Fluss- mündungen nie weit vom Meer, kommt auch nicht auf nahe Landseen, und von letzteren machen, soviel bekannt, bloss jene jütländischen, hart an der Küste gelegenen eine Aus- nahme, welche Lage und besondere Beschaffenheit des Wassers herbeiführen. Die Brandmeerschwalbe ist daher auch nie im Innern von Deutschland, nicht einmal einzeln oder von Stürmen verschlagen und verirrt, irgendwo gesehen worden, daher auch niemals bei uns in Anhalt vorgekommen. [— Nach einer Mitteilung von FEUSTEL (Ornith. Monats- schr. 1900, S. 287) hielten sich am 20. April 1900 bei Zwötzen (Reuss-Gera) ungefähr 30 Stück den ganzen Tag fischend an der Elster auf; ein Exemplar wurde geschossen. Nach GOELDLIN erscheint sie fast alljährlich am Boden- und Untersee (Journ. f. Ornith. 1879, S. 383). —] Dass sie ebenfalls zu den Zugvögeln gehört, ist schon berührt worden. Sie kommt in Holland wie an der West- küste Schleswigs mit Ende des April, auch wohl erst an- fangs Mai an und verlässt nach eben beendeten Fortpflanzungs- geschäften schon im August bis spätestens Mitte des September diese Länder. Gewohnt, immer in grosser Anzahl beisammen zu sein, wandert sie auch in Scharen, weshalb an dem vorjährigen Wohnplatze im Frühjahr sich alle in einer Nacht oder wenigen Tagen nacheinander einstellen. Sie ziehen meistens des Nachts, und man sieht sie daher selien ankommen. Gewöhnlich schickt das Heer einige kleine Abteilungen voraus, die mit freu- digem Geschrei den wohlbekannten Ort von neuem begrüssen, und bald folgt ihnen die Menge nach. [— Bei Norderoog er- scheinen die ersten aus der Winterherberge zurückkehrenden Vögel in der letzten Hälfte des April; sie halten sich dann noch einige Zeit auf dem Wattenmeer in der Umgebung der Insel auf; erst gegen Mitte Mai beziehen sie den Brutplatz, und um den 18. dieses Monats beginnt das Eierlegen. —| Un- bemerklicher wird ihr Wegzug, weil viele, wahrscheinlich ohne Nachkommenschaft gebliebene, sich schon früh zusammen rottieren und auswandern, andere dagegen wegen spät aus- gebrachter und noch zu pflegender Junger länger verweilen müssen. Letztere machen immer den Beschluss des Zuges, sehen sich jedoch gewöhnlich gezwungen, wenn auch gesell- schaftlich, doch ohne alte Führer die Reise anzutreten; sie zeigen sich oft noch zu Ende des September am Geburtsorte. Weil diese Meerschwalben wahre Seevögel sind und das Meer nie aus den Augen lassen, so wandern sie auch bloss den Küsten entlang, um unter einen wärmeren Himmelsstrich zu kommen. Wenn man weiss, dass sie beim Wegzuge sich in südwestlicher Richtung fortbegeben, so brauchen sie von Jüt- land an bis zur Westküste Afrikas, ohne eine bedeutende Landstrecke überfliegen zu müssen, bloss den Küsten zu folgen, um in gerader Linie dorthin zu gelangen. Es darf uns daher gar nicht wundern, dass nie [— oder doch nur ausnahms- weise —]| ein solcher Vogel ins Innere von Deutschland ver- schlagen und hier vorgekommen ist; die Heerstrasse für seine Reisen ist ihm zu deutlich vorgezeichnet, wie er denn auch überhaupt auf seinen Streifereien vom Nistplatze aus nach es ss zz zz en) 157 reicheren Futterplätzen, oft über 50 km weit, stets auf ge- wissen Bahnen hin und zurück zu fliegen gewohnt ist. — Eine ganz andere, vielleicht nicht so regelmässige Strasse, wahr- scheinlich auch ganz andere Winterquartiere mag St. tschegrava haben. So gewiss die Brandmeerschwalbe nur am Meere wohnen will, so hat man doch keine Vermutung, warum sie dort den einen Platz einem anderen ganz ähnlichen vorzieht. Seichtes, klares und von vielen kleinen Fischen belebtes Wasser scheint sie vorzüglich anzuziehen, weniger die Gestaltung des Ufers; denn sie wohnt an felsigen Gestaden wie an ganz niedrigem Strande, der sanft in das Meer verläuft, auf Sandbänken und Sanddünen wie auf mit kurzem Rasen bedeckten Flächen, sogar wo Schilf und Rohr am Rande wachsen, wie an den oben erwähnten jütländischen Seen, verschmäht dazwischen liegende, mit kurzem Graswuchs bedeckte Inseln nicht. Am häufigsten wohnt sie jedoch in ganz kahlen Gegenden. Sie liebt die Brandungen, namentlich die weit vom Strande ent- fernten, auf unterseeischen Riffen sich erhebenden, und keine andere Meerschwalbenart, ja kein anderer Vogel ist bei Sturm so sehr um dieses hier in schauderhafter Grösse aufsteigende Wogenspiel beschäftigt, als unsere Brandmeerschwalbe, die daher den von jenen entlehnten Beinamen sehr wohl verdient. Ihre Nachtruhe halten sie, wie andere am Meere wohnende Arten dieser Gattung, immer nahe am Wasser, auf dem Erd- boden oder auf Felsen, auf Brust und Bauche liegend und stets so, dass das Gesicht dem nächsten Wasser zugekehrt ist.!) Nach Untergang der Sonne nähern sie sich den Ruheplätzen, aber es ist schon ganz düster, ehe alle zum Sitzen kommen. Dabei halten sie ein unaufhörliches Geschwätz wie die Mauer- segler, und dies dauert bis tief in die Nacht hinein; erst um Mitternacht wird es in grossen Vereinen ganz stille. Nach- träglich gesagt, werden sie auch auf ihren nächtlichen Wande- rungen beständig laut, und man kann an den bekannten Tönen recht gut, wenn man den Flug auch nicht sieht, die Richtung, in welcher er fortstreicht, wahrnehmen. Mit dem grauenden Morgen sind sie wieder wach, bleiben aber noch auf dem nächtlichen Ruheplatze und in dessen Nähe, meistens: sitzend und ihr Gefieder putzend, bis nach Aufgang der Sonne, wo ihre Streifereien beginnen, die sie, wenn sehr viele beisammen leben, auf mehr als 50 km weit ausdehnen. Eigenschaften. Die Brandmeerschwalbe ist im Leben ein herrliches Ge- schöpf und kann an Schönheit jeder anderen Gattungsver- wandten an die Seite gestellt werden. Der samtschwarze, nach hinten buschige Oberkopf entstellt sie nicht, wenn er gleich durch das lange Gefieder des Nackens eine täuschende Grösse erhält, das Mövenblau des Mantels ist hier von der sanftesten Blässe, das Weiss der übrigen Teile von der blendendsten Rein- heit, unvergleichlich, wenn es von untenher mit jener lieb- lichen Rosenfarbe überhaucht ist, sodass das Auge des Be- schauers mit Wohlgefallen auf dem schlanken Geschöpf ruht, dessen Schönheit der gar nicht begreift, der es nur im trockenen Balge oder ausgestopft sah. Im Fluge unterscheidet sie der allerdings etwas dicke Kopf mit dem langen schwarzen Schnabel und der gegen die sehr langen und sehr schmalen Flügel kurz scheinende Gabelschwanz in weiter Ferne schon von den drei Arten Dougalli, hirundo und macrura, die freilich schlanker und auch kleiner sind; aber auch ihr Flug ist ganz anders, energischer, finker und noch viel abwechselnder. Mit der viel grösseren, langsameren, schwerfälligeren, ihr gegenüber tölpischen Raub- meerschwalbe wird dies ungemein bewegliche Geschöpf auch im Fluge niemand verwechseln können. Sie setzt sich äusserst selten, dann immer nur in der Nähe des Wassers, steht dann wie die anderen Arten, aber weil sie ruhend gewöhnlich die Nackenfedern aufsträubt, so !) Richtiger ist, dass sie stets mit dem Schnabel dem Winde entgegen gerichtet sitzen. J. R. 158 erscheint dann ihr Kopf so dick, dass man sie daran ebenfalls schon von weitem erkennt. Noch seltener schwimmt sie, dies sehr flach, mit hochgehaltenen Flügeln, rudert aber selten von der Stelle. Wie die Schwalben bringt sie die meiste Zeit ihres Lebens fliegend zu. Ihr Flugvermögen setzt in Erstaunen. Mit bewundernswerter Leichtigkeit durchsegelt sie die Luft in grosser Höhe, wenn ihr Ziel fern liegt, sonst gewöhnlich in mittlerer Höhe, und nur da niedriger, wo sie fischen oder zu ihrer Brut herab will. Selten und nur, wenn sie Eile hat, streicht sie mit reissender Schnelle und weiten, sehr geschwinden Flügelschlägen eine Strecke gerade aus und entschwindet bald dem Auge. Streicht sie auf kürzeren Ausflüchten auch einmal in gerader Linie fort, so unterbricht sie doch bald und oft diese Einförmigkeit durch allerlei Schwenkungen, die meistens ganz unerwartet kommen, sie nicht selten im rechten Winkel ab-, auf- oder seitwärts werfen, engere oder weitere Bogen bilden u. s. w. Alle ihre Bewegungen in der Luft sind kräftig, lebhaft, unternehmend und äusserst geschickt, selbst der Sturm behindert nur wenig ihre grosse Beweglichkeit, wenn er ihr nicht rückwärts ins Gefieder kommt. Ich sah sie bei haushohen Brandungen mehrmals in voller Beschäftigung und dem Sturme mit bewunderungswürdiger Gewandtheit die Spitze bieten. Schweben sah ich sie selten und nur ganz kurz, zuweilen auch in einem Stück von einer herabsteigenden Schneckenlinie, aber gleich wieder die Flügel schwingen. Gewöhnlich schlägt sie die langen schmalen Flügel schnell und fast immer in weiten Räumen auf und nieder, schwenkt sich im schnellsten Fluge plötzlich, flattert einige Augenblicke an einer Stelle, schlägt plötzlich die vorige oder eine andere nicht geahnte Richtung ein, und man wird nicht müde, diesem unvergleichlichen Flieger mit den Augen zu folgen. Beim Fischen und wenn am Brut- platze sich ein Feind zeigt, ist ihr Flug am allerabwechselndsten. [— von FÜHRER berichtet: „Ich machte die Beobachtung, dass sie stets die Brandung, namentlich aber klares, zum Fischen geeignetes Wasser aufsucht und infolge dessen die Nähe der Küste zur Zeit des Scirocco meidet. Bei Bora, Nordwest-, West- und Ostwind sind sie dagegen genötigt, die Küste auf- zusuchen, weil die See in diesen Gegenden bei den letztgenannten Winden nur am Ufer brandet. Das Innere des Landes besucht sie stets nur ungern, und selbst auf dem der Küste so nahe gelegenen Zogajsee stellten sich nur hie und da einzelne zu flüchtigem Aufenthalte ein. Es war eine schwierige Aufgabe, einer Brandmeerschwalbe habhaft zu werden, denn die meisten geschossenen wurden mir erbarmungslos von der hochgehenden See dadurch entrissen, dass trotz der gegen den Strand sich überstürzenden Wogen der schwimmende Vogel durch den heftig von der Landseite her blasenden Wind fortgetrieben wurde.“ (Orn. balcan. IV., S. 146.) —] Eine unübertreffliche Lebhaftigkeit und stete Unruhe zeichnen sie vor allen aus; Mutwillen und Neckerei entspringen aus diesen, aber selten eigentlicher Zank, sodass ein vor- kommender kleiner Zwist ebenso schnell vorübergeht, als er sich entspann. Dabei ist sie äusserst scheu, vorsichtig im hohen Grade, und BREHM (a. a. O.) ist sehr unrecht berichet, wenn er sagt, sie komme an Klugheit den vorhergehenden nicht gleich. Sie giebt, so weit ich sie kenne, darin sogar der Raubmeer- schwalbe durchaus nichts nach, ja sie ist bei wirklichen Verfolgungen noch vorsichtiger, und ich muss sie deshalb für die scheueste von allen Meerschwalben halten. Schon von ferne weicht sie dem Menschen aus und würde häufig unbemerkt bleiben, wenn sie, da sie nicht lange schweigen kann, sich nicht durch ihre Stimme verriete, zumal wenn einige beisammen sind. Freilich sind sie so scheu nicht bei ihren Nestern; wer sie bloss hier sieht, würde sie, wo nicht für dummdreist, doch für höchst unvorsichtig, vielleicht für tollkühn halten, da es in grossen Vereinen vorkommt, dass sie den, der ihnen die Eier nehmen will, dann und wann mit den Flügeln an den Kopf schlagen. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. Ihre Geselligkeit ist, wie schon aus dem Vorherigen ergeht, sehr gross, und man trifft Schwärme von ihnen, die Wolken gleichen und aus vielen Hunderttausenden bestehen, und die einzelnen, welche man hin und wieder sieht, gehören immer zu irgend einem grösseren oder kleineren Verein, von dem sie sich nur auf kurze Zeit entfernten. Vereinzelte sieht man kaum anders, als -wenn sie ihre Fischereien betreiben oder nach guten Fischplätzen fliegen, wo jedoch wenige von der Luftbahn dahin abweichen, auf der das Hin- und Herfliegen deshalb kein Ende nimmt. An den Brutplätzen leben sie sehr enge beisammen, dulden dann aber auch andere Vögel nicht unter sich, doch in der Nähe. Auf Norderoog lebten ausser ihnen nur noch einige Pärchen Austernfischer und einige Rotschenkel; die Sandbank bei Amrum hielten sie allein besetzt; hinter den Dünen von List auf Sylt wohnten sie einerseits nahe neben jener grossen Kolonie der Raubmeer- schwalbe, andererseits waren Silber- und Sturmmöven ihre Nachbarn; aber nirgends sah ich kleinere Meerschwalben- arten nahe bei ihnen nisten oder sich mit ihnen gemein machen, was jedoch hin und wieder auch, wo die Brandmeerschwalben die Minderzahl ausmachen, aber sehr selten, vorzukommen scheint. Wo mehrere Meerschwalben- und Mövenarten einen semeinschaftlichen Brutplatz haben, halten sich die Brand- meerschwalben jedoch so streng abgesondert, dass sie nie unter andere geraten, aber auch keine andere unter sich dulden, Modifiziert soll dieser Trieb ihres engen Beisammenseins, der ihre Sicherheit bezweckt, bloss da vorkommen, wo nur wenige Paare wohnen, wie z. B. auf einigen Inseln in der Mündung der Schlei im Schleswigschen, woselbst sie sich in andere Ge- sellschaft eindrängen, entweder von öt. macrura, St. minuta U. &., oder sogar von Larus ridibundus. Ihre Stimme ist sehr ausgezeichnet, aber keineswegs eine unserm Ohr angenehme; der Geübte wird indessen an den Tönen die einer Meerschwalbe gleich erkennen, obgleich das der Gattung eigentümliche Krähen ziemlich selten und auch sanz anders betont vorkommt und wie kree oder krree klingt. Viel gewöhnlicher schreien sie laut und kreischend: kirreck —, kerreck —, kirräike —, auch kräike und keikeike, wo- runter sich auch wohl Töne wie kikiki klingend einmischen. Alle diese Töne in vielerlei Modulationen und aus vielen tausend Kehlen, wie an den grossen Brutplätzen, geben einen gewaltigen, fast betäubenden Lärm. Aber auch anderwärts und auf ihren Streifereien schreien sie gar viel, die einzelne weniger, als wenn zwei oder mehrere miteinander fliegen, welche immer etwas zu schwatzen haben. Schon von weitem unterscheidet sich ihre gellende Stimme von denen anderer bekannter Meer- schwalben und Möven, und wer sie einmal gehört hat, wird sie allezeit wieder erkennen. Überraschend war es mir, als ich auf einem Jagdausfluge in Mittel-Ungarn jene meinem Ge- dächtnisse tief und unauslöschlich eingeprägte Meerschwalben- stimme zu hören glaubte, nicht einmal eine Meerschwalbe, sondern die @lareola torguata als den Urheber derselben kennen lernte. Nahrung. Diese besteht einzig in kleinen Seefischen, die sie jedoch lebendig haben und sich selbst fangen müssen, nämlich in jungen Heringen bis zu 13 cm Länge, in Sardellen, See- stichlingen und dergleichen. [— Die von den Nistplätzen auf den nord- und ostfriesischen Inseln nach Helgoland hinüber- streichenden und die Insel umschwärmenden Vögel sieht man dort nach GÄTKE ununterbrochen aufs Meer herunterfallen, um die dort sehr häufigen sogenannten Sandspieren (Ammodyies tobianus) zu fangen, anfangs als eigene Nahrung, später, UM sie ihren Jungen zuzutragen. —| Wenn diese Meerschwalbe Nahrung suchend einher fliegt, hält sie den Schnabel senkrecht herab, während der Rumpf in wagerechter Lage bleibt, sodass, wenn man sich vom Rücken über den Hals bis ins Gerick eine gerade Linie und eine andere solche von der Schnabelspitze bis ins Genick denkt, beide auf diesem Punkte in einem rechten Winkel zusammentreffen würden. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. Dies thun zwar andere Meerschwalbenarten auch, doch ist es an der Brandmeerschwalbe wegen des sehr langen Schnabels ungleich auffallender. Sie fliegt bei ihren Fischereien nicht hoch [— etwa 3 bis 6 m —], flattert oft an einer Stelle in der Luft (rüttelt), wo sie einen Fisch gewahrt, bis er ihr zum Stosse recht steht und stürzt sich dann plötzlich auf ihn herab. Oft fährt sie, wo es hohe Wellen giebt, nur durch die schäumenden Spitzen der- selben, dies namentlich bei Brandungen, in denen sie sehr gern fischt und die durch das Schlagen der aufbrausenden Wogen ermatteten und oben schwimmenden Fischchen wegfängt. Hier sind aber nicht Brandungen am Ufer, sondern weit von dem- selben, über unterseeischen Riffen sich auftürmende zu ver- stehen, deren z.B. eine Seemeile westlich von Amrum eine lange, von Norden nach Süden streichende Reihe, deren südliches Ende der überseeische Felsen Helgoland ist, bei Sturm mit fürchterlichem Gebrüll sich turmhoch erheben und vielen Schiffen den Untergang bringen; bei diesen sah ich nie andere Vögel, sie aber stets von sehr vielen Brandmeerschwalben umschwärmt, die in diesem Aufruhr der Elemente, wie ich einmal ganz in der Nähe sehen konnte, ihre Fischereien mit vielem Glück betrieben. — Viele fischen aber auch bei Sturm an solchen Küsten, wo die Wogen nicht so hoch gehen als auf offenem Meer. Ist die See ruhig, so stürzen sie sich beim Erblicken eines Fischehens auch häufig wie ein fallender Stein aus der Luft aufs Wasser, dass dieses hoch aufspritzt; doch sah ich sie nie ganz unter das Wasser tauchen, wenigstens blieben Flügel und Schwanz immer sichtbar oder meistens über der Oberfläche. Erst wenn sie sich aus dem Wasser und ein Stück über dasselbe erhoben, verschlingt sie den gefangenen Fisch, den sie vorher tot kneipt und so im Schnabel wendet, dass sein Kopf voran geht, was das Werk weniger Augenblicke ist. Trotz ihrer grossen Gewandtheit stösst sie doch auch manchmal fehl. Oft trägt sie sich auch lange mit einem gefangenen Fische herum, den sie quer im Schnabel hält und so fest gepackt hat, | dass ich einige Male solche herabschoss, die ihr Leben aus- hauchten, ohne den Fisch fallen zu lassen. Manchmal tragen sich einzelne so lange mit einem Fische herum, dass es aus- sieht, als erwarteten sie nur die Ankunft einer Raubmöve, um ihn an diese abgeben zu können. So scheinen sie oft mehr zum Vergnügen als aus Hunger Fische zu fangen, wie unsere Würger, selbst die Sperlinge, sehr häufig Maikäfer u. a. bloss zum Vergnügen und um sich zu beschäftigen tot machen. Es ist begreiflich, dass in den nächsten Umgebungen eines starkbesetzten Wohnorts die vielen Konsumenten einander die Nahrung schmälern müssen und diese bald knapp werden muss. Sie sehen sich daher gezwungen, ihre Nahrungsmittel von weit her zusammen zu holen. Der grosse Verein auf Norderoog verbreitete sich deshalb auf mindestens 50 km Weite und hatte aus dem Mittelpunkte nach den entferntesten Fischplätzen ordentliche Strassen durch die Luft (wie Ameisen ihre Bahnen), auf denen diese Vögel hin- und zurückflogen, auf denen ein fröhlicher Verkehr herrschte und des Ab- und Zufliegens vom frühen Morgen bis zum späten Abend kein Ende war. In den Mittagsstunden fand ich den Verkehr etwas weniger lebhaft, was auch leicht zu erklären ist; auch sind ihre Strassen keines- wegs schnurgerade, sondern mit mehreren, oft nicht unbedeu- tenden Krümmungen versehen, wie die Bahnen der Ameisen, und nebenher wird auch das beiläufig ihrem Schnabel sich darbietende Fischehen ebenfalls mitgenommen, ohne dass sie sich dadurch weit von der Bahn ableiten lassen. Das Be- obachten des munteren Treibens auf einer solchen ist ungemein unterhaltend. Es giebt dergleichen, welche 5 Seemeilen [— und | noch weit mehr —] vom Nistplatze bis zum Ziele lang sind | und zu Stellen führen, welche seichtes und vorzüglich klares, sehr fischreiches Wasser haben; so war es dort zwischen der Hever-Strömung und dem Strande Eiderstedts bis zur Eider- 159 einzelne. [— Sogar die über 50 km vom Nistorte entfernten Fischgründe in der Umgebung von Helgoland werden regel- mässig besucht. Eine lebensvolle und, wie ich nach den Beobachtungen der Norderooger Kolonie bestätigen kann, durchaus lebens- wahre Schilderung des Fischereibetriebes unserer Vögel ent- wirft v. DRoSTE in seiner „Vogelwelt der Nordseeinsel Borkum“ nach den Beobachtungen der grossen Ansiedelung auf der holländischen Insel Rottum. „Kaum dass der erste Morgen graut, so sind die Seeschwalben munter, und schon in der Morgendämmerung vernehmen wir ihr kreischendes Ge- schwätze. Den Aufbruch selbst aber verschieben sie, bis die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne aus dem Meere auf- tauchen. Jetzt verlassen sie einzeln die Insel und fliegen in gerader Linie auf die See hinaus, bis sie den Augen ent- schwinden. Weil aber der ersten eine zweite genau auf dem- selben Wege folgt und dieser andere und wieder andere, so gewahrt man eine langgezogene Reihe fliegender Seeschwalben auf dem Meere, die alle unaufhaltsam auf demselben Wege dahineilen. Doch nicht auf einer Strasse verlassen sie die Insel, sondern wir sahen hier und dort vier, fünf dergleichen sternförmig auseinander laufen... Sie suchen niemals ihre Nahrung in den eigentlichen Watten, nie in schlammigen Rillen und Buchten, sondern nur an der Seeseite der Inseln oder in solch bedeutenden Fahrwassern wie die Oster- und Westerems. Sodann liegen ihre Fischgründe bald dicht am Strande, bald weiter davon entfernt, bald in tiefem Wasser, bald in seichtem, je nachdem die Witterungsverhältnisse es mit sich bringen. Bei ruhig-windstiller Luft und spiegelnder See halten sie sich vom Strande entfernt und streifen weit und einsam umher, nur selten eine Beute findend.. Wenn aber die Flutwellen in mässiger Bewegung am Strande überrollen, fischen sie mit srösserer Lebhaftigkeit in der Brandung. Je lebhafter das Meer ist, je mehr der vielen Schaumwellen im Riff sich bäumen und je polternder die Wogen am Strande überrollen, um so lieber ist’s ihnen, um so schriller kreischen sie auf. Doch ihre Aufregung ist nur gering, ihr Geschrei nur schläfrig, ihr Ge- fliege nur schlaff gegen das bei einem herannahenden Gewitter. Wenn im Horizont sich Meer und Wolken schwarz aneinander schmiegen, dann schau, wie lustig ihre hellen Haufen am Strande tänzeln. Es erzittert das Meer in Vorempfindung der Böe, grell ziehen Blitze feurige Striche durch die dunkle Ferne. Horch! ist das Donner, den man hört, oder nur das entfernte Grollen des Meeres? In der Ferne steigen tausende der weiss- sipfeligen Wogenberge aus dem grauschwarzen Wasser und zeigen, dass bis dorthin der Elementenaufruhr gedrungen ist, und grauverbrämte Wolkenzüge künden uns des Sturmes bal- digen Besuch an. Die unbändige Lebhaftigkeit der Seeschwalben in diesen Momenten macht einen eigentümlichen Eindruck. Scharf stechen ihre weissen Gestalten gegen die gewitter- schwarze Ferne. Hunderte flattern über den schon recht hohen Brandungswellen, fortwährend schiessen einzelne, oft vier bis fünf zu gleicher Zeit dicht hinter der Brandung in die See und steigen daraus hervor; und in dem Poltern und Brausen des Meeres dringt dennoch dann und wann ihr heiseres Gekreische zu uns herüber. Schon hoch hinauf verbreitete sich das dräuende Gewölk, und mit jedem Anlauf bäumen höher die walzigen Wogen. Mächtige Blitze zucken unweit in das Wogen- gewirr, und zum Brüllen der Brandung mischt sich der pol- ternde Donner; und immer noch treiben die Seeschwalben ihre Fischerei, als ob sie sich für Wochen verproviantieren müssten. Jetzt fährt der erste wirbelnde Wind daher, und bald folgt ein gleich ungestümer Kamerad. Da plötzlich zerstreuen sich die Seeschwalben, und der nun losbrechende Sturm trifft sie an den Dünen ruhend. Ihr Benehmen hängt jedenfalls innig mit dem der kleinen Fische, die ihre Nahrung ausmachen, zu- sammen. Bekanntlich sind die Süsswasserfische bei Gewitter- luft unruhig und steigen zur Wasseroberfläche auf, verschwin- den aber wiederum, wenn der Wind das Wasser abkühlt. So mündung, ja bis zur Halbinsel Dieksand streiften zuweilen | mögen es auch wohl die Seefische halten.“ Dies ruhelose Thun 160 und Treiben dauert bis nach Sonnenuntergang, ja ich habe im Hochsommer bis gegen Mitternacht noch einige von ihrem Streifzuge heimkehren sehen; solange kommt auch die ganze Ansiedelung nicht völlig zur Ruhe, denn jede Ankommende wird mit Gekreisch empfangen. Dies verstummt überhaupt nur auf kurze Zeit ganz, sodass man, wenn man einmal eine Sommer- nacht an Bord eines unter Norderoog vor Anker liegenden Fahrzeuges durchwacht hat, sich unwillkürlich fragt: mit wie wenig Schlaf müssen diese Tiere auskommen. — Auch ergiebt sich aus dem vorstehenden, dass man am Tage immer nur einen Teil der Bevölkerung daheim trifft, und dass man bei der Ab- schätzung der Stärke der ganzen Kolonie zu der Zahl der Orts- anwesenden mindestens noch ein Drittel hinzuzuzählen hat. —| Fortpflanzung. In allen oben genannten Nordseeländern nistet die Brand- meerschwalbe in Scharen, auf einzelne Stellen dicht zusammen- gedrängt, und ich glaube, dass man von dieser so ungemein geselligen Art gänzlich einsam nistende Pärchen schwerlich irgendwo antrifit. Ich habe sie wenigstens nie so gefunden. Dass sie, wenn nur wenige Paare beisammen, sich auch zwischen andere Arten eindrängen, ist schon erwähnt, kommt aber nur höchst selten vor. Es ist sogar ein nicht häufiges Vorkommen, eine Kolonie von nur hundert Paaren zu sehen; immer sind es Tausende, ja zuweilen Hunderttausende, die sich auf einen verhältnismässig kleinen Platz zusammendrängen und nur einen einzigen Verein bilden. Nicht mehrere Inseln zugleich, nicht eine einzige ganz und gar, überzieht ein solcher Schwarm, sondern auf einer bloss einen besonderen Raum von nicht sehr grossem Umfange. So hat z. B. das Eiland Nor- deroog, [— eine Fläche von kaum 17 ha, —] ungefähr eine halbe Stunde im Umfange; es wurde 1819 nur von einem Manne (wenn ich mich recht erinnere, bloss im Sommer) be- wohnt, der das wenige darauf weidende Vieh beaufsichtigte und die Eier der Brandmeerschwalben einsammelte;!) von dieser Insel hielt die unermessliche Schar im Sommer 1819 nur ein Kleines Stück besetzt, den Nord- und ÖOststrand in einem langen, aber meistens nicht sehr breiten Streifen, auf dem sich das ganze Gewimmel zusammendrängte und Vogel an Vogel, Nest an Nest gereiht war. Tritt man unter sie, so um- schwirrt die Masse ganz niedrig den Ruhestörer, und die zahl- losen flatternden Gestalten verfinstern die Luft, ihre durch- einander wirbelnden, kreischenden Stimmen verwirren die Sinne; während man nun ganz langsam und mit aller Vorsicht fortschreitet, um nicht Eier zu zertreten, weil oft die Nester so nahe beisammen sind, dass kaum der fortschreitende Fuss Raum dazwischen findet, weshalb man die Augen nur auf den Boden gerichtet haben muss, so werden die Vögel so keck und umflattern den Sucher so nahe, dass sie mit ihren Flügel- spitzen [— und mit dem Schnabel —] nicht selten an dessen Kopf oder Hut stossen, übrigens aber noch obendrein ihren Unrat mehrfach auf ihn fallen lassen und ihm die Kleider so beklecksen, dass sie nachher aussehen, als wären sie mit Kalk ‚bespritzt. Die Vögel selbst fliegen dabei so dicht neben- und übereinander, dass sie häufig mit ihren Flügeln zusammen schlagen, was oft ein hörbares Klappern verursacht. Ein solches Wirren und Wimmeln, Schwirren und Toben vermag auch die lebendigste Schilderung nicht genügend zu versinn- lichen; niemand, der sich nicht selbst dazwischen befand, kann sich einen richtigen Begriff machen von diesem Leben und Weben, von diesem Drängen und Treiben so ungeheurer Vogelmassen. Do wie auf jener Insel, ist es auf allen ihren Brutplätzen, nur dass die mindere Anzahl einer kleinen Kolonie natürlich auch weniger Aufsehen macht. Jene auf Norderoog bewohnte früher (damals noch vor wenigen Jahren) das eine Meile süd- licher liegende Eiland Süderoog, verlegte aber aus unbe- kannten Ursachen und ganz unerwartet ihren Wohnsitz nach 1) Seit 1825 ist diese Hallig unbewohnt. J. R. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. erstgenannter Insel. Der noch auf Süderoog wohnende Strand- vogt, mit seiner Familie die einzigen Bewohner dieser eben- falls ganz grünen und baumlosen Insel, versicherte, dass es allgemeine Erfahrung sei, wenn am Brutorte viel unter diese Vögel geschossen und sonstiger Lärm gemacht würde, so blieben sie zwar in diesem Jahre noch da, kehrten aber im nächsten und für viele Jahre nicht wieder dahin zurück. Man wollte mehr solcher Erfahrungen gemacht haben, und die Sache scheint, wenn man sie der grossen Furchtsamkeit.und Vorsicht dieser ängstlichen Vögel gegenüberstellt, gar nicht unwahr- scheinlich. Vielleicht vertrieben ehedem ähnliche Ursachen sie auch von der vormaligen Insel Stübber und zugleich aus der ganzen Umgegend. Ihre Nistplätze sind entweder weite Rasenflächen, die aber nur ganz kurzen Graswuchs haben dürfen und ganz nahe am Meere liegen müssen, [— oder spärlich mit Sand- hafer bewachsene dünenartige Erhöhungen aus Sand und Muschelgeröll, —| oder trockene Sandwatten und vom Meere umgebene Sandbänke, oder Felsen mit von Natur abge- platteten Stellen, ebenfalls dicht am oder über dem Meere, alles kahle Orte, ohne Bäume, Gesträuch und andere hohe Pflanzen. Auf den Seen im oberen Jütland sollen sie eben- falls auf mit kurzem Graswuchs bedeckten, sandigen Inseln \ nisten, diese aber zum Teil mit Rohr und Schilf umgeben sein, was als Ausnahme von der Regel zu betrachten wäre. Einen Nestbau machen sie nicht; auf dem Sande scharren sie eine kleine napfförmige Vertiefung, um ihre Eier hinein zu legen; auf dem Rasen versuchen sie dasselbe, aber wegen des här- teren Bodens ohne ihren Zweck vollständig zu erreichen, und häufig bemerkt man kaum, wo sie sich bemühten, eine kleine Stelle zu vertiefen; auf Felsen legen sie die Eier auf das platte Gestein. Höchst merkwürdig ist ihr enges Zusammendrängen der Nester, das wirklich so arg ist, sogar in kleineren Vereinen und wo es nicht an Platz fehlt, dass sich stellenweise die darauf sitzenden Vögel berühren und einander behindern müssten, wenn sie nicht die Gewohnheit hätten, allesamt und stets so zu sitzen, dass sie das Gesicht dem Wasser zukehren'!) und auf diese Weise höchstens beim Aufsetzen oder Abfliegen aneinander geraten. Es ist Thatsache, dass der zwischen den Nestern herumgehende Sammler bei grösster Behutsamkeit es dennoch öfters versieht und Eier zertritt, weil die Nester stellen- weise häufigst noch keinen vollen Fuss breit voneinander ent- fernt sind. Es ist ein reizender Anblick, so viele Nester mit Eiern auf einem so kleinen Raume mit einem Male zu über- schauen; die Eier nehmen sich auf dem grünen (freilich da herum etwas weiss beklecksten) Rasen sehr hübsch aus, nicht so, wo sie auf dem mehr gleichfarbigen Sande liegen. Auf Sandbänken legen sie öfters so nahe an das Wasser, dass die Eier bei hoher See weggespült werden. Man findet im Juni?) in jedem Neste nie mehr als drei, viel gewöhnlicher nur zwei Eier. Sie haben eben nichts Be- sonderes in der Gestalt; die häufigste ist eine echt eiförmige, bald etwas länglicher, bald kürzer, bald schlanker, bald bauchiger; seltener kommen kürzere und dickere, an einem Ende ziemlich spitze, am entgegengesetzten sehr abgerundete vor, ebenso solche, an denen die höchste Bauchwölbung dem stumpfen Ende näher als der Mitte liegt. In der Grösse halten sie das Mittel zwischen den Eiern der zahmen Tauben und Hühner, sie sind nämlich (im Durchschnitt gemessen) 47 bis 52 mm lang und 32,8 bis 34,3 mm breit. [— Zwanzig Stück der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 50,5 x 35,8 mm, im Maximum 54,25% 28,25 mm, im Minimum 47x35 und 49x 24,25 mm. Das durchschnittliche Gewicht von 24 Stück beträgt 2,182 g. Das Durchschnittsgewicht der vollen Eier beträgt 36 g. —| Bie ‘) Das ist ein Irrtum; sie richten sich stets dem Winde entgegen, auch dann, wenn sie dabei landeinwärts sehen müssen. J. R. . ?), JOURDAIN berichtet, dass sie in Jütland 1903 bereits am T. u zu legen begannen. Am 12. Mai sah er bereits gegen 170 Eier auf einer kleinen Insel. Auf den Farne-Inseln (England) beginnen sie gegen Mitte Mai zu legen. J. R. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL, haben eine matte Oberfläche mit sichtbaren Poren und ein eben -nicht feines Korn. Ihre Grundfarbe ist bei der Mehrzahl rostgelblichweiss, wechselt aber einerseits zum Thonweiss und reinen Weiss, andererseits in ein blasses Rötlichgelb und in ein wirkliches Rostgelb ab. Die Schalenflecke sind aschgrau, bald nur Punkte und Tüpfel, bald grosse ‘und breite Flecke, diese dann oft sehr einzeln; die äusseren Zeichnungen schwarz- braun, zuweilen ins Rotbraune ziehend, auch dunkel braun- schwarz, und bestehen an manchen nur aus Punkten und kleinen, runden, sehr dichten Flecken, zumal am stumpfen Ende; an manchen scheinen diese sämtlichen Zeichnungen nach einer Seite hin verwischt; bei anderen bestehen sie aus grösseren, unregelmässigen, aber einzelneren Flecken und wenigen Punkten; bei noch anderen sind meist runde und grosse Flecke am stumpfen Ende sehr hänfig, sonst aber wenig Zeichnung vor- handen; bei solchen fliessen sie am stumpfen Ende zuweilen auch in einen schönen, einem schwarzen Gürtel ähnlichen Fleckenkranz zusammen, und diese sehen sehr schön aus; bei noch anderen bestehen sie bloss aus wenigen zarten Punkten; endlich sind manche nur mit Braunschwarz fein bekritzelt und zum Teil bespritzt. Am stumpfen Ende haben die meisten mehr und gröbere Zeichnungen als am spitzen. So sind denn manche sehr grob, manche fein, manche fast gar nicht ge- zeichnet, und es herrscht eine unendliche Verschiedenheit unter ihnen; [— man findet auch manche, besonders gegen das Ende der Legezeit, die rein weiss sind. —] Etwas Grünliches haben sie nie, und daran unterscheiden sie sich noch am leichtesten von den ihnen sonst in allem sehr ähnlichen der Lach- meerschwalbe. In der Farbe, zum Teil auch in der Zeich- nung, sehen viele denen der Raubmeerschwalbe ähnlich; allein diese sind um so vieles grösser, dass sie niemand mit ihnen verwechseln kann. Sie brüten die Nächte hindurch anhaltend, am Tage aber bei schönem Wetter weniger, wenn die Sonne die Eier er- wärmt, gar nicht; [— wenn man aber bei kühlem Wetter durch den Nistplatz geht, dann erheben sich die Vögel erst etwa 30 Schritt vor uns, und hinter uns lassen sich in ungefähr 40 Schritt Entfernung die meisten schon wieder auf die Eier herab. —] Zu diesen verschiedenen Zeiten sind die Nistplätze auch sehr verschieden besetzt, am leersten bei heiterem Wetter; es dauert jedoch, wenn ein Mensch sich denselben nähert, nicht lange, um wenigstens die kleinere Hälfte durch das Schreien und Rufen der Zurückgebliebenen aus allen Richtungen herbei- strömen zu sehen; je länger er bei ihnen verweilt, desto mehr wird er staunen müssen über das Wachsen der Menge, doch aber eigentlich nur am späten Abend oder des Morgens, bald nach Anbruch des Tages oder kurz vor Sonnenaufgang alle beisammen sehen, die zu diesem Verein gehören, und hier erst den richtigen Begriff von der dazu gehörigen Anzahl be- kommen. Dass sie häufig ihre Nester verwechseln, ist nicht unwahrscheinlich, dass es aber von einzelnen sowohl beim Legen wie beim Brüten öfter geschieht, ist gewiss; man hat es an Vögeln, die der Zufall an den Schwanz- oder Schwung- federn gezeichnet hatte, mehrfach wahrgenommen; und daher kommt es auch, dass manchmal vier oder gar fünf Eier in einem Neste gefunden wurden. Die Überzähligen waren ge- wiss von Weibchen, die, als das reife Ei sie zum Legen drängte, ihr Nest schon von einem anderen besetzt fanden und dann in das erste beste, in dem Augenblicke unbesetzte sich ihrer Bürde entledigten. Das Bebrüten der Eier soll drei Wochen dauern; nur an den Orten, wo die Eier planmässig ein- gesammelt werden, ist dies bei hinlänglicher Aufmerksamkeit des Sammlers zu beobachten. Die ausgeschlüpften Jungen bleiben nur wenige Tage auf dem Nestplatze, vereinzeln sich bald in den Umgebungen, verstecken sich hinter Steine, Gras- büschel, in Vertiefungen des Sandes und dergleichen und werden mit ängstlicher Sorgfalt von den Alten mit kleinen Fischchen aufgefüttert, was auch, wenn sie ihnen schon fliegend folgen können, wie bei den Schwalben, im Fluge geschieht, wobei die Empfängerin viel schreit, um welche Zeit aber die früher Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 161 piependen Töne schon in denen der Alten ähnliche sich um- gewandelt haben. Die letzteren haben dann volle Beschäftigung und entfernen sich mit jenen nach und nach immer weiter vom Nistplatze, kehren jedoch abends jederzeit wenigstens in dessen Nähe zurück; das enge Band, das den Verein früher zusammen- hielt, wird wohl etwas ausgedehnt, aber nicht ganz aufgelöst, bis sich einzelne Abteilungen auf die Wegreise begeben, denen endlich der Haupttrupp folgt u. s. w. Ihre Liebe zur Brut ist sehr gross, was schon zum Teil aus dem oben gesagten und daraus hervorgeht, dass sie die ihnen weggenommenen Eier gegen zwei Wochen lang täglich durch frischgelegte (in dasselbe Nest) ersetzen, wenn man ihnen auch nur hie und da ein sogenanntes Nestei liegen liess, damit eine gänzliche Entleerung des Platzes nach dem Ab- suchen nicht einen zu sehr schreckenden Eindruck auf sie machen möge. Diese sonst so misstrauischen, scheuen und vorsichtigen Vögel fürchten die augenscheinlichste Gefahr nicht, wo sich ihren Eiern oder Jungen ein fremdes Geschöpf nähert; sie gehen dem nahenden Feinde mit vereinigter Macht ent- gegen, greifen ihn mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. und mit Verachtung jeder Gefahr tollkühn an, um ihn zu ver- treiben, was ihnen auch, selbst bei grösserem Widerstande stärkerer Räuber, fast immer gelingt. Nistorte, wo sie der Mensch schont, sie ihrer Eier nicht zur Ungebühr beraubt, sie nicht mit unnötigem Lärm oder gar mit vielem Schiessen wiederholt beunruhigt, beziehen sie alle Jahre wieder, in man- chem augenscheinlich in sehr verstärkter, in anderen auch wohl in geringerer Anzahl, ohne dass man die Ursachen dieses Wechsels kennt; aber solche Kolonien bestehen auch ein Menschenalter und länger bei diesem Wechsel und dem der jährlichen Zu- und Abreisen. Feinde. Den füchtigsten Edelfalken muss die Vereinzelte zu- weilen zur Beute dienen; sind viele beisammen, so vereiteln sie sein Vorhaben durch heftiges Schreien und Umschwirren, auch wohl durch Schnabelstösse, und sogar der Seeadler weicht ihren vereinten tollkühnen Anfällen. Grossen Möven und den Raubmeerschwalben geht es nicht besser, wenn sie ihnen Eier oder ein Junges wegkapern wollen und viele Alte dabei antreffen; zu ersteren gelangen jene daher selten, von letzteren wird ihnen aber dennoch manches weggestohlen. [— Im Anfange der Legezeit habe ich jedoch auf Norderoog gesehen, wie Silbermöven von der Nachbarhallig Süderoog sämtliche Eier gefressen hatten; auch beobachtete ich, wie eine Larus argentatus sich bemühte, eine auf den Eiern sitzende Seeschwalbe gewaltsam vom Neste zu stossen; ein wohl- gezielter Hieb mit dem spitzen Schnabel vertrieb diesmal den Räuber. —] Krähen, Raben und dergleichen dürfen sich ihnen vollends nicht nähern. Das Abhalten der Feinde, was die einzelne nicht vermöchte, wird der Menge leicht, und klar wird es uns dadurch, warum diese und sehr viele andere See- vögel in grossen und so engen Vereinen beisammen leben. Vor Plünderung ihrer Nester durch nächtliche Raubtiere schützt sie gewöhnlich schon die Lage der Nistplätze. In ihrem Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten von eigener Art [—, Docophorus melanocephalus, Nirmus selliger, Nermus longicollis, Menopon fuscofasciatum, Colpocephalum maurum —]; in den Eingeweiden mehrere Würmer, nach dem Wiener Ver- zeichnis: Distomum denticulatum RuD. (auch in anderen Arten der Gattung vorkommend), von Echinorhynchus und Amphisto- mum aber ein paar neue, noch unbenannte Arten. [— von Linstow führt noch an: Echinorhynchus linearis WESTRUMB, Distomum cochlear RuD., Distomum Sternae cantiacae DE LA VALETTE und Holostomum pileatum Dus. —|] Zu ihren grössten Feinden gehört der Mensch, weil er ihre Eier wohlschmeckend und nahrhaft findet, sie ihnen des- halb raubt und, wo er dies ohne Plan thut, ihnen gewaltigen Schaden zufügt, indem die Vögel durch wiederholtes Legen 21 162 endlich ganz erschöpft und unfähig werden, in diesem Jahre Junge zu erziehen u. s. w. Das Wasser, ihnen sonst unentbehrlich und zur Erhaltung durchaus notwendig, zeigt sich ihnen auf einer anderen Seite auch oft als mächtiger Feind; ungewöhnlich hohe Springfluten wälzen bei Sturm ihre Wogen zuweilen über die niedrigen Inseln und sogenannten Halligen, häufig die Brutplätze auch vieler anderer Seevögel, hinweg, reissen alles mit sich fort, und tausende von Eiern oder Jungen finden in den Fluten ihren Untergang. Nisten diese Meerschwalben auf einer blossen und oft nur flachen Sandbank, so sind sie jenem Unglück noch öfter ausgesetzt, da bei jedem hohen Wogengange die auf das Land rollenden Wellen etwas Ähnliches, doch nicht in so grossem Umfange anrichten. Der grossen Kolonie auf dem Nordende von Sylt!) war tags vorher, als ich sie sah, das nämliche Unglück widerfahren und alle Eier weggeschwemmt worden. Jagd. Da sie ausserordentlich misstrauisch und vorsichtig sind, so glückt es da, wo sie nicht heimisch sind, selten, einen dieser flüchtigen Vögel zu schiessen, wenn sich der Schütze nicht in einem Hinterhalte befindet. Plattes Niederlegen auf die Erde ist schon besser als aufrechtes Sitzen oder freies Stehen. Selten glückt es, durch ein hingeworfenes weisses Tuch oder Stück Papier ihre Neugier zu wecken und sie in die Schussnähe zu ziehen, was bei allen kleineren Arten der Gattung mit vielem Glück anzuwenden ist. Auch haben sie die Gewohnheit mit anderen Meer- und Seeschwalben gemein, dass sie über einem gefangenen und geschossenen Kameraden herumflattern, ihn zu beklagen scheinen, aber auch, weil sich gewöhnlich mehrere um ihn versammeln, jenen tüchtig mit ihrem Unrat beklecksen. Bei solcher Gelegenheit kann man oft mehrere nacheinander herabschiessen. [— KOENIG schreibt in seiner „Avifauna von Tunis“: „Am Hafen der Stadt sieht man sie häufig auf den Holzpfosten sitzen und kann, wenn man erst einen Vogel erlegt hat, in bekannter Weise einen wahren Massenmord unter ihnen anrichten, da mit lautem Ge- schrei eine nach der anderen angeflogen kommt, ihren toten Kameraden ansieht und ihn umschwärmt. Zu schiessen ist diese Art überhaupt ausserordentlich leicht, wenn man nur einigermassen mit den Gewohnheiten der Seeschwalben ver- traut ist.“ —] — Am sichersten erlegt man sie aus einem wenn auch nur dürftigen Hinterhalt, z. B. in einer nur mässigen Vertiefung des Bodens liegend, auf einer ihrer Heerstrassen vom gemeinschaftlichen Nistorte nach entfernten Fischplätzen, weil jene den Tag über von hin und her fliegenden Vögeln nicht leer werden und sie auf solchen, wenigstens stellenweise, nicht sehr hoch streichen. Eine solche Luftbahn führte einst von Norderoog°’) nach der Küste Eiderstedts über das Eiland Süderoog hinweg, wo ich mich gerade befand, und am richtigen Plätzchen angestellt, am 31. Mai 1819, in einer Stunde ein Dutzend dieser Meerschwalben erlegte, und wenn ein nützlicher Zweck damit zu verbinden gewesen wäre, ein wahres Blutbad unter ihnen hätte anrichten können. An ihren gemeinschaftlichen Brutplätzen ist freilich alles ganz anders. Wollte man da schiessen, so würde ein einziger gut angebrachter Schuss leicht mehrere zugleich aus der Luft herabschmettern. Wo aber streng auf Ordnung gehalten wird, ist das Schiessen daselbst nicht erlaubt, auch nicht in der Nähe, und das mit Recht, zumal es andere, mit keinem Lärm verknüpfte Mittei giebt, ihrer dort habhaft zu werden. Wie alle anderen Vögel fürchten auch sie hauptsächlich den Menschen, der seinen Blick scharf und unverwandt auf: sie ‘) Eine treu nach der Natur entworfene Abbildung dieser Kolonie, nebst der benachbarten von St. tschegrava, gab ich in meiner Schrift: „Über den Haushalt der nordischen Seevögel Europas“, Leipzig, Ernst Fleischer, 1824. Naum. (Neu abgedruckt als Anhang zu Bd. XII dieses Werkes.) °) Gerade heute vor 20 Jahren und zur nämlichen Stunde, als ich dies aus meinen Notizen hier eintrage, Sonderbarer Zufall!! — Naum. Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. richtet, ohne Vergleich weit mehr als den, der sich stellt, als bemerke er sie gar nicht. Geht man daher, wie der Rier- sammler, langsam, bedächtig, mit unverwandt auf den Erd- boden gerichtetem Blick zwischen den Nestern umher, so um- flattern einen diese weissen Gestalten bald in so dichten Massen und in solcher Nähe, dass das plötzliche und kräftige Umsich- werfen eines etwas langen und gewichtigen Stockes mehr als eins dieser kecken Geschöpfe wo nicht tot, doch, und gewöhn- licher, mit zerschmettertem Flügel herabreisst. In der kürzesten Zeit und ohne beschwerliche Vorrichtungen ist der Sammelnde auf diese Weise im stande, sich mit so vielen herrlichen Brand- meerschwalben zu versehen, als er zu haben wünscht.) Fangen kann man sie sehr leicht in Schlingen, die man um das Nest legt, aber man muss bald bei der Hand sein, weil, wenn die Gefangene zappelt und schreit, sich eine Menge anderer versammelt, dicht über ihr herumflattert und sie zu beklagen scheint, aber dabei so viel Unrat auf sie herabfallen lässt und sie damit so sehr beschmutzt, dass sie zum Abbalgen untauglich werden, indem der grünlich gemischte Kot wie eine Beize in das zarte Gefieder eindringt und sich nicht wieder herauswaschen lässt. Nutzen. Ihr Fleisch wird gleich dem anderer Meerschwalben nicht für essbar gehalten, obgleich das der Jungen nicht übel schmecken mag. Desto mehr schätzt man die Eier, die wirk- lich sehr wohlschmeckend sind, ein zartes Eiweiss, — gekocht viel zarter als Hühnereier, aber auch wieder nicht so gallert- artig zart wie Kiebitzeier, — und einen hoch orangegelben Dotter haben. Ich habe sie auch sehr delikat und nichts von dem meersalzigen Beigeschmack an ihnen gefunden, der die Eier der grossen Möven vielen Personen widerlich macht. Die haben einen reinen Eiergeschmack, übertreffen die der Raubmeerschwalbe um vieles und sind die besten aller von mir versuchten Seevogeleier. Man weiss dies auch in jenen Gegenden, sucht und kauft sie gern, weil sie gewöhnlich nicht so teuer als Hühnereier sind. Auf den von mir gesehenen Inseln wird beim Aufsuchen der Eier nicht nach Willkür verfahren, denn nur einer Person, gewöhnlich dem Strandvogt (einer Art niederer Beamten), ?) ist das Eigentumsrecht auf eine solche Vogelkolonie zugestanden, und eine so grosse, wie die auf Norderoog, giebt ein nicht unbedeutendes Einkommen. Der Inhaber mit seiner Familie schwelgt alle Jahre eine Zeitlang im Genusse von Speisen, zu denen diese Eier, die zu jedem Gebrauche der Küche taugen, den Grundstoff geben; aber die grosse Mehrzahl wird zu vielen Tausenden in Körbe verpackt, zu Schiffe in grosse und volk- reiche Städte versendet, dort gern gekauft und gut bezahlt. Er hält aber auch streng auf Ordnung, damit seine Vögel nicht gestört werden, lässt durch seine Leute täglich die Eier auf- suchen oder verrichtet dieses selbst, wobei ebenfalls alles un- nötige Lärmen vermieden, auch sonst darauf gehalten wird, dass niemand zu anderen Tageszeiten die Vögel beunruhige. Da wohl die meisten über Nacht legen, so wird das Ein- sammeln der Eier meistens vormittags verrichtet,?) nicht gleich in der ersten Zeit, wenn die Vögel mit Legen beginnen, damit angefangen, sondern erst dann, wenn wenigstens die Hälfte der Nester Eier enthält; dann werden nicht alle hinweg- genommen, sondern hie und da ein einzelnes liegen gelassen, ‘) Mein Freund und Reisegefährte, der ältere von WÖLDICKE, wal ein Jahr früher schon einmal auf Norderoo &, durfte auch nicht schiessen, hatte auch keinen anderen Stock als den Ladestock seiner etwas langen Flinte, mit dem er, wenn ihn die Vögel zu oft mit den Flügeln berührten, kräftig um sich hieb und auf diese einfache Weise ebenfalls bald so viel erhielt, als er bedurfte. Naum. ’) Wo die Halligen nur von einer Familie bewohnt werden, wie zu NAUMANNS Zeiten Norderoog, ist natürlich das Oberhaupt dieser Familie für die Umgebung seines Eilands auch Strandvogt. Der Eigentümer der jetzt unbewohnten Hallig: ist Eingesessener auf der Nachbarinsel Hooge und hat mit dem Strandwesen nichts zu schaffen. J. R. °) Da der jetzige Besitzer zu diesem Zweck jedesmal von Hooge mit seinem Fahrzeug hinüber muss, so richtet sich die Zeit der Überfahrt, also auch die des Eiersammelns nach dem Flutwechsel, J..R, u u Fr A uE nr, . 3 Br 4 & Die Brand-Seeschwalbe, Sterna cantiaca GMEL. und ungefähr zwei Wochen (auch nach Umständen etwas länger) so fortgefahren, doch in den letzten Tagen dieses Zeit- laufs in jedem Neste ein Ei gelassen, bis man merkt, dass viele Weibchen des Legens überdrüssig werden; jetzt hört das Einsammeln der Eier ganz auf, die Vögel können nun ihre zuletzt gelegten ruhig ausbrüten, erziehen ungestört ihre Jungen, und man darf versichert sein, dass so schonend behandelte Meerschwalbenvereine im nächsten und alle Jahr wiederkehren. Eine gleiche Anordnung zur Benutzung der Eier dieser Vögel soll auch auf sämtlichen Inseln der deutschen und holländischen Nordseeküste stattfinden; von letzteren mag wohl Eierland eine der einträglichsten sein. Es giebt Vogelkolonien, die alle Jahre, eins in das andere gerechnet, weit über 300 Mark Gewinn abwerfen. [— Auf Norderoog wird vom Beginn der Legezeit der Brutplatz täglich abgesucht und aus den Nestern von Anfang an jedes zweite Ei fortgenommen. Auf anderen Eierinseln wird das erste Ei, das durch die Bebrütung bald faul wird, mit Rotstift gezeichnet, um es von dem hinzugelegten frischen unterscheiden zu können. Hier, wo es sich um tausende von Nestern handelt, wäre dies Verfahren sehr mühsam. Ebenso sicher und viel bequemer ist das folgende. In einem kleinen Gefäss mit Wasser, das der Sammler immer mit sich führt, benetzt dieser von Zeit zu Zeit seine Finger und kann nun auf den ersten Griff an dem noch frischen schleimigen Über- 165 zuge das zuletzt gelegte Ei unterscheiden von dem älteren, dessen Umhüllung durch die kurze Bebrütung bereits hart und rauh geworden ist. Vom 10. oder 12. Juni an werden in der Regel keine zwei Eier in einem Neste mehr gefunden, und die „Eiersaison“ hat ihr Ende erreicht. — Während der Haupt- legezeit beläuft sich der tägliche Ertrag der Eierernte auf durchschnittlich 800 bis 1000 Stück, doch wurden auch schon gegen 2000 an einem Tage gesammelt. Früher wurden die nach dem Festlande versandten Eier für 40 Pf. das Stieg (20 Stück) verkauft. Jetzt liefert der Eigentümer der Hallig die leeren Schalen für das mehrfache dieses Preises an eine Schokoladenfabrik, von der sie, neu gefüllt, als Konditorware in alle Welt verhandelt werden. Der ursprüngliche Inhalt aber dient, soweit der Lieferant ihn nicht für seine Küche verwenden kann, zur Schweine- und Kälbermast. —|] Schaden. Keinen Strandbewohner, selbst keinen Fischer hörte ich, der ihnen die kleinen Fische beneidet hätte, obgleich solche in grosser Menge von ihnen vertilgt werden, weil das Meer, namentlich an den Aufenthaltsorten dieser Meerschwalben, buchstäblich von Fischbrut wimmelt und kleine Fische dort gar nicht beachtet werden, zumal solche, die niemals gross werden, wie Stichlinge und andere mehr. N a Die Dougalls-Seeschwalbe, Sterna Dougalli Montags. Tafel 11. Fig. 3. Altes Männchen im Sommerkleide. Tafel 37. Fig. 7—10. Eier. Die Dougallsche Meer- oder Seeschwalbe, Paradiesmeerschwalbe. [— Fremde Trivialnamen: Dänisch: Dougalls Terne. Englisch: Roseate Tern. Französisch: Herondelle de mer Brunnich, Hirondelle de mer Dougall, Sterne de Dougall. Italienisch: Roudine di mare des Mac Dougall, Roudine di mare zampe-gialle Schwedisch: Dougalls tärne, Rosentärne. —| Sterna Dougalli (Roseate Tern.. Montagu, Ornith. Dietionary. Suppl. (1815). — Selby, Verzeichn. d. V. auf den Farninseln u. s. w. siehe Isis 1830. Heft X. — Jenyns, Man. of Brit. Vertebr. — Sterna paradisea. Brünnich, Ornith. bor. p. 46.1) — Hirondelle de mer Dougall. 'Temminck, Man. 2 edit. II. p. 738. — Rondine de mare Zampe-gialle. Savi, Orn. tose. III. p. 9. — Meyer. Zusätze z. Taschenb. (III.) S. 187. — Brehm, Beitr, III. S. 673. — Dessen Lehrb. II. S. 686. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 779. — Hornschuch u. Schilling, Verzeichn. Pommerscher Vösg. S. 23. n. 203. — [— Sterna Dougali. Naumann, Vög. Deutschl. X. p. 50. Taf. 250 (1840). — Sterna paradisea. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVII (1840). — Sterna paradisea. Schlegel, Rev. cerit. p. OXXX (1844. — Sterna paradisea.. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 170 (1860). — Sterna Dougalli. Holmgren, Skand. Fogl. p. 957 (1866—71). — Sterna Dougalli. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 459 (1867). — Sterna Dougalli. Wrisht, Finl. Fogl. II. p. 577 (1873). — Sterna Dougalli. Fallon, Ois. Belg. p. 195 (1875). — Sterna dougalli. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 273. pl. 581 (1876). — Sterna Dougalli. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 544 (1882—84). — Sterna paradisea.. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. XI. p. 19 (1886). — Sterna Dougalli. Reyes y Prosper, Av. Espaüa. p. 99 (1886). — Sterna Dougalli. Giglioli, Avif. ital. p. 417 (1886); p. 632 (1889). — Sterna Dougalli. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 584 (1891). — Sterna Dougalli. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 94 (1892). — Sterna dougalli. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 70 (1896). Sterna Dougalli. Reichenow, Vög. Afrik. I. S. 63 (1900). — Dresser, Man. of Palaeardie Birds I. p- 810 (1903). : Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXV. Fig. 2. a—d (1845—53). — Hewitson, Eges of. Brit. Birds, II. p. 479 pl. OXXXII Fig. 1 (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 277 pl. 46 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds p. 101, pl. 29 (1896). —] ') REICHENOW (Vög. Afrik. I. S. 63) erklärt Sterna paradisea BRÜNN. für nicht identisch mit Sterna Dougalli Mont. J. R. Kennzeichen der Art. Färbung des Schnabels und der Füsse findet sich bei keiner Der sehr schlanke Schnabel schwarz; die starken Füsse | So. Schwerer unterscheidet sie sich im Jugendkleide von gelbrot; der Lauf so lang wie die Mittelzehe ohne Nagel; der | den Jungen der nächstfolgenden Arten, wo sie bloss die gegabelte Schwanz mit so langen schmalspitzen Spiessen, dass | schwächere Wellenzeichnung des Mantels, das einen viel diese einige Zoll über die Spitzen der ruhenden Flügel hinaus | grösseren und breiteren Raum einnehmende Schwarz des ragen. Der junge Vogel mit sehr breit schwarz gefärbtem | Nackens, endlich auch der schwächere oder schlankere, Nacken und ungefleckten Schwanzfedern. dünner zugespitzte Schnabel unterscheiden, wenn man jene | mit ihr nebeneinander stellen kann. Beschreibung. Sie ist bedeutend kleiner als Sterna hirundo oder St. macrura, Diese Meerschwalbe ist wohl eine der schlanksten ihrer | obgleich in den Ausmessungen ihnen gleich; dies wegen der Gattung. Ihres sehr gestreckten Schnabels wegen, der an | langen Extremitäten bei einem viel schlankeren Körperbau und alten Vögeln auch ganz schwarz ist, schliesst sie sich an die | dessen weit geringeren Volumens. Eine S$t. hirundo, für sich kentische oder Brand-Meerschwalbe, ihrer gelbroten Füsse | allein gesehen ein schön gestalteter und unbedingt schlank zu und ihres tiefgegabelten Schwanzes wegen an die rotfüssigen | nennender Vogel, sieht daher neben der ungemein zier- Meerschwalben an. Sie hat die längsten Schwanzspiesse von | lichen $t. Dougalli wahrhaft noch plump aus; auch der Schnabel allen, und ihre ganze Figur erhält dadurch ein noch schlankeres | der letztgenannten ist viel schlanker. Dagegen bietet sich dem Aussehen als sie ohnedem haben würde. Wer so weit gehen | Auge ein anderes Verhältnis in den Füssen; denn diese sind wollte, wie manche neuere Systemmacher gethan haben, die | nach allen Teilen srösser als bei St. hirundo. — Schnabel und kentische oder Brand-Meerschwalbe zu einer eigenen | Kopf sind im verjüngten Maßstabe ganz die der St. cantiaca, Gattung zu erheben, müsste auch für gegenwärtige Art eine | aber von St. hirundo wie von St. macrura sehr verschieden. solche aufstellen, denn sie bildet zwischen jener und den rot- Der alte Vogel misst von der Stirn bis an das Ende der füssigen einen so interessanten Übergang oder steht so im | Schwanzspiesse 35,5 cm, wovon aber der Schwanz allein die Mittel zwischen beiden, dass sie, so streng genommen, keiner Hälfte wegnimmt; seine Flugbreite ist 70,5 cm; die Länge des anderen angereiht werden dürfte. Aber gerade solche Über- | Flügels vom Bug bis zur Spitze 23,5 cm; der Schwanz aussen gangsformen weisen darauf hin, dass man Gattungen nicht zer- | 18,5 cm, an den Mittelfedern nur 7 cm lang, wobei in ruhender splittern sollte, in denen solche Arten gerade für ein Bei- | Stellung die Flügel sich über diesen tiefen Ausschnitt kreuzen, sammenbleiben so deutlich sprechen, wie auch noch andere | mit den Spitzen aber noch 5,3 cm vom Ende eines der Schwanz- in der Meerschwalbengattung. Es würde zu weit führen, den | spiesse entfernt bleiben. Begriff von Gattung dahin auszudehnen; die Zahl derselben Der erwachsene junge Vogel ist wegen der noch kurzen würde dann fast der der Arten gleichkommen und dies das | Schwanzgabel nur 25,5 cm lang und ungefähr 61 cm breit; der Studium der Ornithologie gewiss nicht erleichtern. Schwanz ist an solchen nur 4 cm tief ausgeschnitten, einer Unsere Dougalls-Meerschwalbe ist im Prachtkleide mit | der Schwanzspiesse also noch gegen 8 cm kürzer als bei einer anderen nicht zu verwechseln; schon die verschiedene | den Alten. Die Dougalls-Seeschwalbe, Sterna Dougalli MoNTAGU. Das Gefieder ist wie bei den anderen Arten der echten Meerschwalben dichter und zarter als bei St. hirundo, und hierin wie überhaupt dem der St. cantiaca am ähnlichsten, auch die Schwungfedern mit ihren starken, etwas säbelförmig ge- bogenen Schäften und ihrem sehr starken, dem schuppenartigen Staube auf Schmetterlingsflügeln (besonders Nachtfaltern) ähn- lichen Überzug auf den Bartstrahlen der Aussenfahnen und Enden. Die vorderste Primärschwungfeder ist die längste von allen und 1,2 cm länger als die zweite. Der Schwanz ist tiefer ausgeschnitten als beiirgend einer Art der Gattung, die Mittel- federn zugerundet, die nächsten schief zugespitzt, ihre Spitze nach aussen immer schmäler und länger, die äusserste Feder endlich schon vom ersten Drittel an allmählich schmäler und zuletzt in eine fast näadelförmige Spitze auslaufend, die oft durch das Abreiben der Bärte an der nun nackten Spitze ihres haardünnen Schaftes völlig wie die zarteste Nadel endet; bei keiner verwandten Art sind sie so schlank und dünn zugespitzt wie hier. Der sehr gestreckte Schnabel hat fast ganz die Gestalt des der kentischen Meerschwalbe; von der Seite gesehen beschreibt die Firste einen sanften, äusserst schwachen Bogen, der Kiel hat in der Mitte der Schnabellänge, wo die sehr schmale Kielspalte aufhört, ein ganz stumpfes Eck und steigt von diesem in gerader Linie allmählich zur nadelförmigen Spitze des Unterschnabels auf, die nur ein wenig kürzer als die bis vorn ausgehöhlte, daher stumpfer aussehende des Ober- schnabels ist. Er ist sehr schmal und ausserordentlich zu- sammengedrückt, seine Seitenflächen nicht eben; denn am Öberschnabel läuft oben nahe der Firste und mit ihr parallel ein ganz seichtes Riefchen bis in die Nähe der Spitze, des- gleichen von der Nasenhöhle eine Vertiefung schräg nach vorn gegen die Schneide, am Unterschnabel eine andere von der unteren Kante, weit hinten anfangend, schräg nach vorn; die scharfen Schneiden beider Teile sind auf eine besondere Weise so eingezogen, dass die eingebogene Fläche der Länge nach vom übrigen in einer freilich äusserst schwachen Kante sich sondert, etwa wie die Fazette am Rande eines geschliffenen Spiegelglases; die des Oberschnabels greift etwas über die des unteren, weshalb der Unterschnabel inwendig ausserordent- lich schmal ist; der Rachen tief gespalten und die Mundränder vor dem Winkel etwas geschweift, nach vorn als Schnabel- schneiden durchgehends fast gerade oder kaum ein wenig ge- bogen. Der Hornüberzug des Schnabels sieht aus wie Fisch- bein. Das Nasenloch ist länglich, weiter als bei vielen anderen, an den Enden gerundet, durchsichtig, 5mm lang und von den Stirnfedern 3 mm entfernt. Er ist von der Spitze bis an die Stirnfedern 3,5 bis 3,6 cm lang, an der Wurzel im Durchschnitt 7 mm hoch und hier nur gut 4 mm, unfern der Spitze aber noch nicht 2 mm breit; bei erwachsenen Jungen ist er nur 2,4 cm lang. An den Alten ist der Schnabel ganz schwarz, fischbein- artig glänzend, die Mundwinkel gelbrot. An manchen Exemplaren zieht die schwarze Farbe an der Wurzel der Unterkinnlade ins Lichte und ein wenig ins Rötliche; bei den erwachsenen Jungen ist er braunschwarz, an der Unterkinnlade wurzelwärts fleischrötlich, hier im getrockneten Zustande licht hornfarbig. Das mittelgrosse Auge hat eine tief braune Iris und be- fiederte Lider. Die Füsse sind klein, als Meerschwalbenfüsse aber mittel- mässig zu nennen, stärker, an den Läufen höher, an den Zehen länger als die von St. hirundo, was alles der geringeren Körper- grösse und schlankeren Leibesgestalt wegen nur bei den Alten auffällt, wenn man beide Arten gegeneinander hält. Die Nackt- heit über der sehr starken Ferse ist nicht sehr gross, der robuste Lauf von der Länge der Mittelzehe (ohne Kralle), auch die Zehen nicht schwächlich, die hintere sehr kurz und etwas höher gestellt; die Schwimmhäute zwischen der äusseren und mittleren Vorderzehe gar nicht, zwischen dieser und der inneren kaum bemerklich ausgeschnitten; der Überzug der Beine zart, vorn auf dem Spann mit einer Reihe ziemlich grosser, im ee ha u Een a en ee me un IE u Ma LE m nn u nn m mn 2 nn En nn u 165 übrigen mit ganz kleinen, auf den Zehenrücken mit schmalen Schildern belegt, die Schwimmhäute äusserst fein gegittert, die Zehensohlen sehr fein und flach warzig. Die Krallen sind klein, die mittelste die ansehnlichste, mit einer vorstehenden Schneide auf der Seite nach innen, übrigens alle mittelmässig gekrümmt und sehr spitz. Der Unterschenkel ist 6 bis 8 mm hoch nackt; der Lauf 20 mm hoch; die Mittelzehe mit der 7 mm langen Kralle 21,5 bis 23,5 mm, die Hinterzehe mit der sehr kleinen Kralle nur etwas über 4 mm lang. — An einem völlig flugbaren jungen Vogel waren die Maße folgende: Die Nacktheit der Tibia nicht volle 6 mm, der Tarsus noch nicht 17,5 mm, die Mittelzehe mit der kaum 6 mm langen Kralle gegen 19,5 mm. Die Farbe der Füsse ist bei den Alten im Leben ein ungemein schönes Gelbrot oder Rotgelb, das im Tode zwar sehr verändert erscheint, sich jedoch auch ausgetrocknet noch erraten lässt, die der Krallen schwarz; bei Jungen sehr gelb- liche Fleischfarbe, diese braunschwarz, erstere im getrockneten Zustande düster graurötlich. [— Das Dunenjunge ist auf der Unterseite weiss, auf der Oberseite grau, braun und weiss gefleckt. Es ist viel heller in der Färbung als das von Sterna hirundo und Sterna macrura. Sehr ähnlich ist es dem der Sterna cantiaca. —)] Der völlig flugbare junge Vogel!) sieht, wie schon be- merkt, denen der beiden folgenden Arten sehr ähnlich. Die Stirn ist weiss, etwas trübe, und dies Weiss zieht sich bis auf die Mitte des Scheitels, wo es noch mehr bräunlich überlaufen und übrigens grauschwarz gefleckt ist, auf dem Hinterscheitel aber allmählich ganz vom Schwarz verdrängt wird; an den Zügeln stehen schwarze Stippchen, vor und unter dem Auge ein grosser schwarzer Fleck; das ganze Hinterhaupt nebst Genick und Nacken unter den Schläfen bis beinahe über die Wangen (oder mehr als die ganze Ohrdecke) und über einen Teil der Halsseiten ausgedehnt, ist alles schwarz, die schwarze Nackenkappe hat daher eine Breite, wie bei keiner der nahe- stehenden Arten und endet hinten auf der unteren Halswurzel in einem grossen Halbkreise. — Der ganze Mantel ist licht bläulichaschgrau mit undeutlichen gelblichweissen Kanten an den Enden der Federn und vor diesen, an denen des Ober- rückens und der Schultern mit einem schmutzigbraunen, ge- bogenen Querstreifen, der undeutlich, wie darauf gespritzt und wieder verwischt, aussieht, wodurch eine sehr schwach ge- wellte Zeichnung entsteht, von der aber auf dem Öberflügel wie auf dem Unterrücken nichts bleibt als die weisslichen Endkanten; längs dem Unterarm, der oberen weissen Flügel- kante parallel, zieht sich ein dunkelgrauer Schatten quer über den Oberflügel; von den letzten Schwungfedern, die sehr grosse weisse Endkanten haben, sind einige stärker mit Braun ge- zeichnet als die nächsten Schulterfedern; die Sekundärschwung- federn fast ganz weiss und viel weniger grau als bei den Jungen von Sierna hirundo und macrura; die Fittichdeckfedern dunkel aschgrau mit helleren Endkanten; die grossen Schwingen aschgrau, nach innen und an den Spitzen dunkler, an den längsten in schwarzgraue Spitzen übergehend, die der kürzeren aber breit weiss gekantet, die Aussenfahne der vordersten Schwungfeder schwarz, die Schäfte aller weiss, die Innenfahnen aller, soweit sie verdeckt sind, weiss, bloss längs dem Schafte ein schmaler Streifen schwarzgrau, das an den kürzeren in Aschgrau übergeht; die Unterseite der Flügel weiss, an den Spitzen silbergrau. Der Schwanz ist weiss, seine Federn nach aussen längs der Kante gräulich angeflogen, das an den drei äussersten immer stärker, an der vorletzten zu einer dunkel- grauen, an den alleräussersten zu einer völlig grauschwarzen Aussenfahne wird, während sämtliche Innenfahnen und Schäfte allein rein weiss sind; von unten ist der Schwanz rein weiss mit grauem Aussensaum. Alle unteren Teile vom Kinn bis zum Schwanz, auch der Bürzel und die obere Schwanzdecke, ‘) Nach einem Exemplar in der sonst Prossischen, jetzt dem aka- demischen Museum zu Leipzig einverleibten Sammlung, geschossen am 10. Oktober 1819 an der Küste von Norfolk in England. Naum. 166 sind rein weiss. — Zu den schon oben angegebenen Unter- scheidungszeichen der Jungen dieser Art von denen von Sterna hirundo und macrura kann man die noch fast ganz weissen Schwungfedern zweiter Ordnung, vorzüglich aber den Mangel brauner oder dunkler Mondflecke vor den Spitzen der Schwanzfedern zählen. Das Winterkleid ist noch nirgends beschrieben und auch mir nie zu Gesicht gekommen. Dürfte man analogisch folgern, so möchte es nur dem der kentischen Meerschwalbe gleichen, also einen weissen Vorderkopf, einen fein schwarz gefleckten Hinterscheitel und Genick haben, im übrigen aber dem Sommerkleide ähneln. [— Es ist dem Sommerkleid sehr ähnlich, doch ist die Stirn weiss gefleckt, die Unterseite fast weiss, nur leicht rötlich gefärbt, der Schnabel fast schwarz. —|] Das Sommerkleid des alten Vogels dieser schlanken, zierlichen Art ist ebenso einfach gezeichnet wie das anderer Arten dieser Familie, aber darum nicht minder angenehm in die Augen fallend. Stirn, Oberkopf, Genick und Nacken sind tief atlasschwarz, und die Grenze dieser hinten bis fast auf die untere Halswurzel hinabreichenden, am Nacken sehr lange schmale Federn tragenden, schwarzen Kopfplatte schneidet den Zügel vom Schnabel zum Auge in der Mitte scharf durch, färbt auch noch das untere Augenlid, zieht zwischen Schläfen und Ohr, dann auf dem Hinterhalse hinab, wo sie wenig schmäler wird, und schliesst endlich mehr abgerundet als spitzig. Unter ihr ist noch ein Stück vom Hinterhalse, die ganzen Seiten desselben und des Kopfes, die Kehle, der Vorder- hals, die Brust und alle unteren Teile nebst dem Bürzel und der oberen Schwanzdecke blendend weiss, an der Untergurgel, dem Kropfe und der ganzen Brust mit einem ungemein lieb- lichen rosenfarbenen Schein, der am frischen Gefieder noch stärker sein mag. Der Mantel, d. i. Ober- und Unterrücken, Schultern, Flügeldeckfedern und die zweite Ordnung Schwung- federn sehr blass und ungemein zart hell bläulichaschgrau, kaum stärker aufgetragen als bei St. cantiaca, die letzteren und die längsten Schulterfedern mit in Weiss übergehenden End- kanten; die Schwingen erster Ordnung aschgrau, die kürzesten am lichtesten, die längeren aber dunkler, nach und nach grau- schwarz, hell aschgrau bepudert, nur die Aussenfahne der ersten nicht, sondern völlig schwarz, nur spitzewärts grauer; die Schäfte sowie eine Endkante, die auf der breiten Fahne hinterwärts sehr breit wird, an allen weiss; die Innenfahnen der drei vordersten weiss, längs den Schäften mit einem schwarzgrauen, wurzelwärts schwarzen, aber auch schmäleren und spitz anfangenden Streifen, der auf den folgenden grauer und breiter wird und an den kürzesten erster Ordnung in eine hell aschgraue Fahne mit weisser Innenkante übergeht. Der Flügelrand und ganze Unterflügel sind weiss, an den grossen Schwungfedern mit den als glänzendes Grau von oben durch- schimmernden Längsstreifen der Innenfahnen. Der Schwanz ist weiss, aber nicht rein, dies sind nur die mittelsten und alle Enden der Federn, die Aussenfahnen der übrigen Federn haben einen ganz schwachen bläulichgrauen Anflug;?) auf der unteren Seite ist er rein weiss. Ob die Mauser, wie zu vermuten steht, auf dieselbe Weise und in der nämlichen Zeit stattfindet wie bei anderen Meerschwalben, ist nicht beobachtet. Bei den J ungen mag die erste Herbstmauser auch wohl etwas spät vor sich gehen, weil an einem am 10. Oktober erlegten sich noch keine Spur davon zeigt. [— Der abgebildete Vogel ist ein Männchen ohne nähere Angabe aus dem Dresdener Museum. —|] Aufenthalt. [— NAUMANN schrieb im Jahre 1840: —] „Diese Meer- schwalbe ist erst in neueren Zeiten aufgefunden worden, an ‘) Ohne Zweifel ist dieser Anflug am frischen Gefieder des Winter- kleides, sowie auch die Farbe des Mantels, stärker aufgetragen, wie man es bei anderen ähnlich gefärbten Arten ebenfalls findet. Naum. Die Dougalls-Seeschwalbe, Sterna Dougalld MOoNTAGU. den Küsten Englands und Schottlands, an denen der Picardie und an einigen von Norwegen. Sie soll an mehreren Küsten des Weltmeeres vorkommen, ohne dass die Namen der Länder angegeben sind. Auf der Schleimündung vor Schleswig wurde sie einmal (1820) gesehen, und ich traf ein Jahr zuvor zwei Pärchen auf Amrum, einer der Inseln unfern der Westküste des Herzogtums Schleswig an und war, obgleich keine erlegt wurde, fest überzeugt, dass ich nur diese und keine andere Art vor mir hatte. An der deutschen Küste der Ostsee scheint sie höchst selten, an der der Nordsee aber zuweilen vorzukommen. Am Strande des Mittelmeeres mag sie auch sehr selten sein, doch wurde bei Genua eine ge- schossen. Nur an einigen Orten der englischen und schotti- schen Küste ist sie in zahlreichen Vereinen beobachtet, weniger zahlreich an der französischen, an allen übrigen nur paar- weise und einzeln. Auf den Farninseln, einer Gruppe ganz kleiner Inseln an der Nordküste von Northumberland, un- weit Bamborough, traf sie SELBY (a. a. O.) häufig?) an, sagt aber, dass sie es dort früher nicht gewesen und sich erst seit 14 Jahren so ansehnlich vermehrt habe.“ [— Auch gegenwärtig zeigt die Kenntnis der Verbreitung dieser Art noch manche Lücken, wohl deshalb, weil sie von den nächstverwandten Arten, mit denen sie oft zusammen vor- kommt, nicht immer unterschieden wurde. Doch wissen wir, dass sie bei einer ausserordentlich weiten Ausbreitung die ge- mässigten und warmen Küstenländer und Inseln des Atlantischen und Indischen Oceans und des westlichsten Teiles vom Stillen Ocean bewohnt. An der Ostseite des Atlantischen Oceans kommt sie vom 56. Grad nördlicher Breite bis zum 34. Grad südlicher Breite, von Jütland und dem mittleren Schottland bis zum Kap der guten Hoffnung vor. Der früher als der nörd- lichste bekannte Brutplatz auf einer kleinen Insel im Sperring- see (im nordwestlichen Jütland, 57 Grad) ist vor ungefähr 30 Jahren eingegangen, weil der See trocken gelegt wurde. Auch am Ringkjöbingfjord (südwestliches Jütland), wo KJAER- BÖLLING sie Anfang der fünfziger Jahre als Brutvogel antraf, ist sie seit Jahrzehnten nicht mehr beobachtet worden. Dass sie trotzdem hier und da noch an der Westküste Jütlands in wenigen Paaren unter St. macrura niste, ist damit nicht aus- geschlossen. Jedenfalls halte ich mich nicht berechtigt, sie Jetzt schon aus der Liste der schleswigholsteinischen Brut- vögel zu streichen, obgleich ich sie seit drei Jahren nicht be- obachtet habe. Bis 1899 besuchten allsommerlich einige Paare die Insel Amrum; und da ich sie viele Jahre im Anfang des Juni stets an derselben Stelle traf, so glaube ich mit Sicher- heit annehmen zu dürfen, dass sie dort genistet haben, auch wenn ich ihre Eier unter denen der Küstenseeschwalbe natür- lich nicht mit Sicherheit herauszufinden vermocht habe. Die wenigen auf der Halbinsel Hörnum (Sylt) von mir angetroffenen Exemplare (allerdings meist paarweise) sind wahrscheinlich von Amrum herübergeflogen. Aber — auf den nordfriesischen Inseln sind die Jahre der Dougallschen Seeschwalbe gezählt. Wenn sie nicht etwa andere Nistplätze hier aufsucht (ich wüsste ihr ausser ein paar einsamen Halligen keine zu empfehlen, und diese scheint sie nicht zu lieben), von Amrum und Sylt wird das Badeleben sie bald vertrieben haben. Maßnahmen zu ihrem und anderer Seevögel Schutze, wie eine Gesellschaft englischer Naturforscher sie für die Vogelwelt der von NAU- MANN erwähnten Farne-Inseln getroffen haben, sind hier nicht anzubringen. Auch auf dieser Inselgruppe schien im Jahre 1892 die Zahl der brütenden Dougalls-Seeschwalben auf zwei Paare herabgekommen zu sein, doch hofft man von den Schutz- bestrebungen für ihre Vermehrung besten Erfolg.’) (LEVERKÜHN, Ornith. Monatsschr. 1894, S. 228.) | Weiter südwärts von diesen nördlichsten Nistplätzen scheint sie an den europäischen Küsten des Atlantischen Oceans ') Von Norwegen soll es sich in neueren Zeiten nicht bestätigt Naum. °) Heute sind dort nach JOURDAINS Mitteilung nicht mehr als ein oder zwei Paare vorhanden. J. R. haben. Die Dougalls-Seeschwalbe, Sterna Dougalli MoNTAGU. als Brutvogel (Britische Inseln bis zu den Scilly, Frankreich, Spanien) wie als Durchzugsvogel (Ostfriesland, Niederlande, Belgien, Azoren) nur zerstreut und spärlich vorzukommen. Ebenso ist es im Gebiet des Mittelmeeres. — Auf Madeira und an der westafrikanischen Küste ist sie Zugvogel, der bis zur Südspitze des Erdteils herab seine Winterquartiere sucht. Das Britische Museum besitzt Exemplare vom Kap der guten Hoff- nung und Port Elisabeth. — An der Westseite des Atlantischen Oceansist sie als Sommervogel bekannt von der Küste von Massa- chusetts südwärts bis Honduras und den Grossen und Kleinen Antillen, ferner von den Bermudas und den Küsten von Vene- zuela. Im Britischen Museum befinden sich Stücke aus Massa- chusetts, Connecticut, Florida, Honduras, Antigua, Guadeloupe und St. Vincent. Wie weit sie in Südamerika auf ihrer Winter- wanderung abwärts geht, ist nicht festgestellt. — Nach SAUN- DERS sind die nordamerikanischen Vögel durchschnittlich grösser als östliche Exemplare. — Die Küstenländer und Inseln des Indischen Oceans bewohnt sie von den Maskarenen über Vorder- indien mit Ceylon, den Andamanen und der Halbinsel Malakka bis nach den grossen Sundainseln. Ihr Vorkommen in Deutsch- Ostafrika zuerst festgestellt zu haben ist das Verdienst OSCAR NEUMANNS, der bei Tanga im April 1895 ein Männchen er- legte. — Ferner ist sie auf den westlichen und nordöstlichen Inseln Australiens (von ROSENBERG zuerst auf den Aru-Inseln bei Neu-Guinea) und der Inselgruppe Neu-Caledoniens (als Brutvogel) angetroffen. — Über die Molukken und andere Inseln des malayischen Archipels verbreitet sie sich bis an die Ost- küste Asiens und an der chinesischen Küste aufwärts bis zu den Liu-Kiu-Inseln. In Neu-Seeland wird sie durch die nahe verwandte Sterna frontalis vertreten. —|] Sie wandert zu derselben Zeit und oft auch mit anderen Meerschwalben, ist ganz Seevogel und im Innern der Länder an süssen Gewässern bis jetzt noch nicht vorgekommen. [— Nach SAUNDERS verweilt sie in den nördlichen Teilen ihres Verbreitungsgebietes eine sehr kurze Zeit, ist die letzte, die ankommt und die erste, die ihr Brutgebiet verlässt. — Bei Jerwerd an der niederländischen Küste wurden im Herbst 1886 fünf Stück, zwei alte und drei junge, bei rauhem Wetter im Stellnetze gefangen (Journ. f. Ornith. 1892, S. 431). Darnach scheint es, als ob sie auf der Wanderung sich familienweise zusammenhalten. —| Es wird gesagt, dass sie ihren Aufent- halt gewöhnlich auch da habe, wo andere Meerschwalben wohnen; ich habe es, doch vielleicht bloss zufällig, nicht so gefunden. Auf der Insel Amrum bewohnten die von mir ge- sehenen beiden Paare eine dürre, sandige, mit Heidekraut, Rauschbeeren (Empetrum) und halbdürrem Sandhafer (Carex arenaria) stellenweise mehr oder weniger dicht besetzte, etwas erhöhte Fläche, gleich hinter den hohen Dünen der Insel; die Küstenmeerschwalbe sah ich dagegen nicht da, überhaupt dort nur sehr einzeln, auf einer frischen Rasenfläche in der Nähe des Wassers; jene weit von diesem. [— Ich habe sie in den Remsender Dünen auf Amrum stets mit ö. macrura ZU- sammen getroffen, nur auf Hörnum gänzlich für sich allein. —|] Eigenschaften. Die Dougalls -Meerschwalbe ist ein ungemein zarter, schlanker, sehr lieblicher Vogel und wohl die schönste unter ‚den europäischen Arten dieser Gattung. Ihre schlankere Ge- stalt, die schmäleren Flügel und der längere Gabelschwanz mit seinen ausserordentlich langen Spiessen machen sie so- gleich kenntlich und unterscheiden sie von allen mir bekannten Arten schon in bedeutender Ferne. Sie ähnelt im Fluge einem Tropikvogel (Phaeton), bewegt sich luftig und leicht und soll darin viel Eigentümliches ent- wickeln. Ich sah sie bloss im hohen Fluge schweben, kreisen und mit langsamen Flügelschwingungen hin- und herstreichen, worin sie der Küstenmeerschwalbe nicht unähnlich war, wobei aber der auffallend längere Schwanz wie ein angehängtes dünnes Band ihr folgte, 167 Dass sie so gesellig wie fast alle Meer- und Seeschwalben sei, wird von mehreren Seiten her versichert. Die von mir Gesehenen schienen es im minderen Grade und machten sich, wenigstens am Brutplatze, nichts mit St. macrura zu schaffen; andere. waren nicht dort. Mit letzterer scheint sie im Betragen die meiste Ähnlichkeit zu haben, jedoch viel scheuer zu sein, sogar beim Neste. Als ich mich diesem näherte, erhoben sie sich kreisend bald zu einer Höhe, wo sie vor dem Schusse sicher waren. [— Dieselbe Beobachtung machte ich auf Amrum. Als ich mich am gemeinsamen Brutplatze der Küsten-, Zwerg- und Dougalls-Seeschwalbe befand, schossen die ersten beiden in nicht allzugrosser Höhe aufgeregt hin und her, die letztere dagegen schwebte in ganz beträchtlichem Abstand über diesem Gewimmel ruhigen Fluges dahin. Ihr Flugbild war auffallend und von denen der anderen Arten dadurch unterschieden, dass sie die langen Schwanzfedern zu einem spitz verlaufen- den Spiess zusammengelegt hatte. —|] Die Stimme, welche ich von ihnen hörte, war ein schleppen- des Krijäh oder Kreeäh, dem der Flussmeerschwalbe am ähnlichsten, von dem der ähnlicheren Küstenmeerschwalbe aber sehr verschieden. Nach SELBY soll sie an der Stimme sich sehr von allen Arten unterscheiden, hauptsächlich durch ein rauhes Kräke (englisch crake), was ich nicht hörte. Nahrung. Sie nährt sich von kleinen Seefischen, die sie auf Art der anderen Meerschwalben sich selbst fängt. Fortpflanzung. Sie soll in ziemlich zahlreich besetzten Vereinen für sich allein oder auch in einzelnen Paaren zwischen anderen Meer- schwalben nisten, auf Felsen oder auf Sandboden, hier in kleinen, selbst bereiteten Vertiefungen. Der Ort, wo ich jene beiden Pärchen auf Amrum nistend antraf, ist oben schon beschrieben. Ich fand nur das Nest des einen Paares und zwar an einem Plätzchen, wo ich nie eins der Küstenmeerschwalbe gesucht haben würde, weil ich deren schon Hunderte an Orten von höchst verschiedener, aber doch ganz anderer Beschaffenheit gefunden hatte. Der halbverdorrte Sandhafer stand auf dem Platze etwas dichter, in 19 bis 23 cm hohen Büscheln, mit niedrigem Heidekraut und dergleichen vermischt, und einer jener Büschel enthielt das Nest; jener war in der Mitte tief eingedrückt, diese Ver- tiefung ziemlich gerundet und so ein Nest gebildet, das künst- licher aussah als die gewöhnlichen Meerschwalbennester. Die Eier lagen also nicht unmittelbar auf dem Erdboden, sondern die eingedrückten Hälmchen und Grasblätter gaben ihnen eine, wenn auch nur dürftige Unterlage.!) Die zwei Eier [—,in der Regel legt sie drei, —] waren an Grösse, Gestalt und Farbe denen der Küsten- und der Flussmeerschwalbe zwar sehr ähnlich, besonders einigen Varietäten der ersteren, hatten aber dabei auch wieder so viel eigentümliches, dass ich sie augenblicklich für einer anderen Art angehörig halten musste. Das Unter- scheidende war freilich nicht so in die Augen springend, dass es durch blosses Besehreiben einem jeden so deutlich gemacht werden könnte, dass er es eben so auffallend fände wie ich damals; aber für mich, der ich in jenen Tagen so sehr viele Meerschwalbeneier sah, war es völlig hinreichend und über- zeugend. Beide Eier glichen einander sehr genau; sie waren 41,2 mm lang und 29,4 mm breit, etwas kurz eiförmig, das spitze Ende etwas dünn zugespitzt, sonst aber im ganzen ziemlich bauchig, die stärkste Wölbung der Mitte näher als dem stumpfen Ende; die ziemlich schwache Schale von zartem Korn und matter Oberfläche. [— Vier Stück der Revschen Sammlung messen im Durchschnitt 44,1x<30,5 mm, im Maximum 46 x 30,5 und 42,7 x 30,9 mm, im Minimum 42,1 x 30,3 und 45,6 x 30,1 mm. Das Durchschnittsgewicht ist 1,130 g. ‘) Häufig liegen sie aber ohne jede andere Unterlage auf dem blossen Sand. J. R. 168 Sechs Eier aus der Sammlung HoLLANDTs (jetzt im Herzogl. Naturhistorischen Museum zu Braunschweig) zeigten nach R. BrLasıus’ Messungen folgende Grössenverhältnisse : Längsdurchmesser @uerdurchmesser Dopphöhe 40,5 mm 80,3 mm 18,0 mm 400. Son. IT ar 0 ame AD 30,0 „ a 418 „ 2 18,0 „ 370 „ 28,7 U E, N Ihre Grundfarbe ist ein mattes gelbliches Olivengrün oder bleiche Olivenfarbe, eine Färbung, die bei denen der St. macrura selten so gesättigt, bei den stets gelblicheren der St. hirundo mir aber nie vorgekommen ist. Die Zeichnung besteht in ‘grossen rundlichen Flecken, von denen oft mehrere in einen zusammengeflossen sind, in wenigen Tüpfeln und fast gar keinen Punkten, wobei die Minderzahl deren unter der Oberfläche braungrau oder violettgrau, dunkler oder heller, die auf der Oberfläche (die Mehrzahl) aber schwarzbraun, manche völlig schwarz aussehen; zwischen diesen groben Zeichnungen bleiben viele leere Räume, welche die Grundfarbe rein zeigen, und sie sind auf diese Weise auch über die ganze Fläche verteilt. Die Grundfarbe verliert, wenn sie länger in der Sammlung sind, das Grünliche ganz und wird zu einem bräunlichen Olivengelb.?) |— BREWER (Water Birds of N. Amer. II, S. 306) schildert ihr Verhalten am Brutplatze folgendermassen: „Manche machen nur eine kleine Vertiefung im Sande, andere legen ihre Eier auf die Steine, während einige wenige etwas dürres Gras und Strandpflanzen sammeln. Bisweilen werden vier Eier im Neste gefunden, aber wo das der Fall ist, unterscheidet sich das eine von dem anderen und ist wahrscheinlich von einem anderen Weibchen gelegt. Das Männchen füttert sein ?) Das eine von den beiden auf Amrum gefundenen Eiern teilte ich meinem Freunde Dr. H. R. ScHinz mit, der es in seinem Eierwerk, Taf. XIII, Fig. 7 abbilden liess, sämtliche Figuren dieser Tafel sind aber misslungen und unkenntlich. Naum. Die Dougalls-Seeschwalbe, Sterna Dougalli MONTAGU. Weibchen, während dieses brütet. Während des Juni werden 100 Eier oder mehr jeden Tag genommen, aber nur an den Aussengebieten der Kolonie Die Jungen sind gegen den 20. August flugfähig, und wenn es viel Fische giebt, die ihre einzige Nahrung zu sein scheinen, bleiben sie bis zum 1. Ok- tober.“ —|] Feinde. Diese hat sie wahrscheinlich mit anderen Meerschwalben von ähnlicher Grösse gemein. [— Von Federschmarotzern ist bekannt Nirmus anagrapsus. —|] | Jagd. Die beiden Paare, die ich auf jener Insel, noch dazu an ihrem Nistorte antraf, waren so scheu, dass ich sie nicht schiessen konnte. Dass sie überrall so scheu wäre, lässt sich jedoch kaum vermuten, wenn man sie mit der Küstenmeer- schwalbe vergleicht, die an einigen Orten auch, sogar in der Nähe der Nistplätze, ebenso scheu sein Kann, während sie an allen übrigen die grösste Zutraulichkeit an den Tag legt. Alle Vögel zeigen, wo sie nicht recht heimisch sind, ein scheueres Betragen als an solchen Plätzen, die sie alle Jahre bewohnten, da glücklich brüteten u. s. w. Jene zwei Paar Dougalls-Meer- schwalben schienen mir auch Fremdlinge auf der Insel Amrum und wollten vielleicht zum ersten Male auf derselben brüten. Hätte ich sie früher und nicht erst dann entdeckt, als unsere Abreise schon ganz nahe war, so hätte ich die Eier nicht weggenommen, mich aber in der Nähe in einen Hinterhalt ge- legt und die Vögel dabei erlauert. Nutzen. Wo man ihre Eier in Menge haben kann, geben sie eben- falls eine wohlschmeckende Speise. Schaden. Die vielen kleinen Fischchen, die ihr zur Nahrung dienen, rechnet ihnen am Meere niemand an, weil das Meerwasser zum Überfluss voll davon ist. sosunlusun.] E oprfymwwog wr [odoA ae Z "SAJEMUISOOS-ANEeNy 'y2ad97T BAELSAUDS] EUISIS SprTTWWwog wur [ogoA 1eyfe [ "BAJEMUYISBOAS eyssjeddny 'SIOH EIpaw eUulsIS AiT BR NERELDT Kar E u cl Dar Uwe: er A IT VER firk MARFFTANENT r . Rh I E12 PENeR. ” An u " \ Mr BEE FEAT, d pet { ri p A ua 4 au Al wa an >= e3 ee = wen 27° ) ) T % Ne EZ a a en er ie es ee . H SEI " 1 ER y „ j \ ; IHN ) \ LER habt er R j ' ' | N s y" Nnır KArA Bet % 14 He AM x ei Eee « => BR IR 6 am a H Ka u re .7# [— Anhang. Die Rüppellsche Seeschwalbe, Sterna media HORSE. Tafel 15. Fig. 1. Sommerkleid. Tafel 34. Fig. 1. Ei. Mittelseeschwalbe. Fremde Trivialnamen: Arabisch: Abu Queschesch. Englisch: Allied Tern. Französisch: Hirondelle de mer voyageuse, Sterne voyageuse. Italienisch: Beccapesci forestiero. Roudine di mare viaggiatrice, Sterna del Rüppell. | Sterna media. Horsf. Linn. Transact. XIII. p. 198 (1820). — Sterna affinis. Rüppell, Atlas, p. 23. Taf. 14 (1826). — Sterna affinis. Schlegel, Rev. erit. p. OXXIX (1844). — Sterna affinis. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 454 (1867). — Sterna media. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1430 (1869— 74). — Sterna media. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 285. pl. 583 (1878). — Sterna affinis. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 99 (1886). — Thalasseus medius. Giglioli, Avif. ital. p. 413 (1886); p. 629 (1889). — Sterna affinis. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 426 (1887). — Sterna media. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 92 (1892). — Sterna media. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 86 (1896). — Sterna media. Reichenow, Vög. Afrik. I. S. 60 (1900). — Sterna media. Dresser, Man. of Palaearctic Birds II. p. 811 (1903). Kennzeichen der Art. Der abgebildete Vogel ist ein alter Vogel vom 15. Mai 1883 aus Tanger, befindlich im RortuscHILpschen Museum in Tring. Schnabel gelb, wenigstens noch einmal so lang wie der Lauf, Füsse schwarz; die Flügel überragen die Spitze der seitlichen Steuerfedern Nuten harke wenigstens um einen Centimeter. Die längste der grossen Flügeldeckfedern g E. BETEN EN, erster Ordnung ist ungefähr einen Centimeter kürzer als die achte der ) Die Rüppellsche Beeschwalbe bewohnt Südindien, das Rote Meer, grossen Schwungfedern. die Küste von Südafrika und Ostafrika bis nach Madagaskar und Nordaustralien. In Europa zeigt sie sich besonders im griechischen Archipel, im Bosporus, an der Mündung der Donau und in der Strasse von Gibraltar; auch in Sizilien ist sie nach SCHLEGEL VOTr- Beim alten Vogel im Sommerkleide ist die Stirn, der Scheitel und | gekommen... der Hinterkopf tiefschwarz, der Nacken silberweiss und die ganze Oberseite In der aschblau; die Unterseite des Körpers, die Vorderseite des Halses und die Lebensweise und Fortpflanzung Wangen silberweiss, die oberen Flügeldeckfedern wie der Rücken, die | ähnelt sie der Brandseeschwalbe. Sie brütet in Kolonien. Das Gelege Schwungfedern dunkel aschgrau, innen weiss gesäumt; der Schwanz bläulich | besteht aus zwei bis vier Eiern, die von gelblichweisser Grundfarbe und aschgrau, dunkler als der Mantel, die äusserste Steuerfeder auf jeder Seite | braunschwarz oder braunrot und verschiedenartig grau gefleckt sind. Sie dunkelgrau; der Schnabel lebhaft gelb, die Füsse schwarz. Beim Männchen | messen nach DEGLAND und GERBE 45 bis 48 zu 33 bis 34mm. Ein Ei der und Weibchen im Winterkleide, ebenso wie bei den jungen Vögeln, ist die | Revschen Sammlung misst 52,9 x 34,9 mm und wiegt 2,2 @. Stirn und die vordere Hälfte des Scheitels weiss mit schwarzen Punkten, Zwei Eier aus der Sammlung HouLAxprts (jetzt im Herzogl. Natur- die hintere Hälfte und der Hinterkopf schwarz mit weissen Flecken; das | historischen Museum zu Braunschweig) zeigten nach R. BLasıus’ Messungen übrige Gefieder wie im Sommer, aber der Schnabel nicht so lebhaft gelb. | folgende Grössenverhältnisse: Beschreibung. Die Gesamtlänge beträgt 43 em, die Länge des Schnabels 6,1 em, die Längsdurchmesser @uerdurchmesser Dopphöhe Flügellänge 30 em, die Schwanzlänge 17 cm und der Einschnitt im Schwanz 49,0 mm 34,0 mm 21,0 mm 7,5 em, der Lauf 2,5 cm und die Mittelzehe mit Kralle misst 2,3 cm. Aa, SarE ae ge Die Eil-Seeschwalbe, Sterna Bergii LICHT. Tafel 34. Fig. 2—7. Eier. Fremde Trivialnamen. Englisch: Great crested Tern. Französisch: Sterne de Berge. Sterna bergü. Licht. Verz. Doub. p. 80 (1823). — Sterna Bergü. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 455 (1867). — Sterna bergii. Brehm, Tierleben. Vög. III. Aufl. III. p. 90 (1892). — Sterna bergi. Dresser, Birds Eur. Tom. IX. p. 424 (1896). — Sterna bergii. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 89 (1896). — Sterna bergei. Reichenow, Vög. Afrik. I. S. 57 (1900). Kennzeichen der Art. der ganzen Oberseite fahl steinfarbig mit umbrabraunen Flecken und Schnabel gelblich in der vorderen Hälfte, grünlich oder schwärzlich Strichen versehen, auf der Unterseite schmutzig weiss, der Schnabel und an der Basis, mindestens noch einmal so lang wie der Lauf, Füsse schwarz; die Füsse ockergelb. die längste der grossen Flügeldeckfedern erster Ordnung ebenso lang wie Ihre Gesamtlänge beträgt 51 bis 53 cm, der Schnabel misst 7,5 em, die achte grosse Schwungfeder oder nur wenig kürzer, länger als die der Flügel 85 bis 36 cm, der Schwanz, der 9 em gegabelt ist, 9 cm, der neunte, Stirn in allen Kleidern weiss. Lauf 3,3 em und die Mittelzehe mit der Kralle 3,5 em. Beschreibung. Aufenthalt. Die alten Vögel haben im Sommer eine weisse Stirn; der Scheitel Die Eil-Seeschwalbe bewohnt beide Seiten von Afrika, das Rote und der Hinterkopf sind dunkel schwarz; die Oberseite des Körpers, | und Arabische Meer, den Indischen Ocean, das chinesische Meer bis hinauf die Flügel, die Oberschwanzdeckfedern sind dunkel bläulichgrau, rötlich- | nach Japan, die Küste von Australien, die polynesischen Inseln und den grau angeflogen; die Schwungfedern haben die Farbe des Mantels und | Grossen Ocean bis zum hawaischen Archipel. In Neu-Seeland kommt weisse oder weissliche Schäfte. Die Steuerfedern sind oben aschgrau, unten | sie nicht vor. Bisweilen zeigt sie sich auf den Inseln des Mittelmeeres. weiss, das ganze übrige Gefieder ist schneeweiss. Der Schnabel ist in der | Auch an der Küste Irlands soll sie vorgekommen sein. Diese Mitteilung vorderen Hälfte gelblich, in der hinteren Hälfte grünlich; die Füsse schwarz, | wird aber von DRESSER und NEwTrox bestritten. die Iris dunkelbraun. Im Winterkleide ist der Mantel blasser und der Kopf Ihre weiss gefleckt, der Schnabel mehr grün, sonst gleicht es dem Sommerkleide. Lebensweise Beim jungen Vogel ist die Stirn weiss, dicht braunschwarz gestrichelt. Der | ist ganz ähnlich der der Raubseeschwalbe. Sie nistet auf Inseln. Ihre Kopf und der Nacken sparsamer weiss gestrichelt, der Mantel schwarz und | Eier ähneln denen der Rüppellschen Seeschwalbe Ein Ei der Reyschen braunweiss gefleckt. Die Schwungfedern erster Ordnung sind in der | Sammlung misst 58,3 41,8 mm und wiegt 3,82. Ein Ei aus der Sammlung Hauptsache dunkel bräunlichgrau, die Schäfte braun, die Schwanzfedern | HoLLANDTS (jetzt im Naturhistorischen Museum in Braunschweig) misst dunkelgrau, weiss gefleckt. Die Unterseite ist weiss, der Hals und die Brust | nach R. BrLasıus im Längsdurchmesser 66,1, im Querdurchmesser 42,6 und braun gestrichelt; der Schnabel ist olivgelb. Das Dunengefieder ist auf | in der Dopphöhe 24,5 mm. —] Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. DD DD Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava Lerecn. Fig. 2. Sommerkleid. Tafel 15. | Fig. 3. Nestkleid. Tafel 16. Fig. 1. Winterkleid. Tafel 17. Fig. 2. Jugendkleid. Tafel 34. Fig. 22—24. Eier. Kaspische, baltische, Schillingsche Raubseeschwalbe, kaspische Meer- oder Seeschwalbe, grosse, grossschnabelige Meerschwalbe, grösste Seeschwalbe, grosse Schwalbenmöve, Wimmermöve, Kreischmöve, grosse stübbersche Kirke, [— grote Haffbacker oder -bicker (in Nordfriesland heissen alle Seeschwalben „Backer“ oder „Bicker“), Tiarenk. Fremde Trivialnamen: Arabisch: Abu Djireh, Abu Beldeh. Croatisch: Öigra kotorska. Czechisch: Rybak kasbichr,. Dänisch: Rov-Terne, Skraal- Terne, Skrieltjernk, Skrafaning, Stor-Recke. Englisch: Caspian Tern. Finnisch: Raukutüra. Französisch: Hürondelle-de-mer tschegrava, Sterne tschegrava, Hirondelle-de-mer Caspienne. Helgoländisch: @root Keer. Holländisch: Reus-Stern. Italienisch: Beccapesci maggiore, Sterna maggiore, Bondine di mare maggiore. Lettisch: Leelais sihrinsch. Polnisch: Rybotöwka wielkodziöba. Russisch: Kraschka tschegrava, Tschegrawa. Schwedisch: Skräntärna, Skrätärna, Skriktärna, Shränmäse, Skrimave, Skrimöv, Reftärna. Spanisch: Garnica. Ungarisch: Löcser. — | Sterna Tschegrava. Lepechin, Nov. Comm. Acad. Petrop. XIV. 500. n. 2. t. 13. f. 2 (1769). — Sterna caspia. Pallas, Nov. Comm. Petr. XIV, 582. n. 5 (1769). — Sparm. Mus. Carls III. t. 62. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 608. n. 8. — Lath. Ind. II. p. 803. n. 1. — Retz. Faun Suee. p. 164. n. 126. — Nilss. Orn. Sueec. II. 155. n. 209. — Sterna megarhynchos. Wolf u. Meyer, Taschenb. II. 457. — Hirondelle de mer Tschegrava. Sonnini, Nouv. Edit. de Buff. Ois. XXIV. p. 117. — Otto, in der Übers. von Büff. Vög. XXXI. 63 mit 2 Abbildgn. — Temminek, Man. nouv. edit. II. 733. — Caspian Tern. Lath. Syn. VI. 350. — Übers. v. Bechstein, III. 2. S. 308. n.1. — Penn. aret. Zool. II. 526 — Übers. v. Zimmermann, II. 487.B. — Eyton, Rar. brit. Birds, p. 66. — Sterna maggiore. St. degl. uce. V. Tav. 540. — Rondine di mare maggiore. Savi, Ornit. Tose. III. 96 — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. 674. — Dessen orn. Taschenb. II. 377. — Wolf u. Meyer, Vög. Deutschl. II. Heft 18. Taf. 6. — Brehm, Beitr. II. $. 630. n. 641 (88. caspia et St. Schillingii. — Dessen Lehrb. II. S. 680. u. 681. — Dessen Naturg. a. V. Deutschl. S. 769 u. 770. — Hornschuch u. Schilling Verz. Pommersch. Vög. 8. 18. n. 229. — v. Homeyer, Vög. Pommerns. 8. 67. n. 218. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. $. 188. u. Nachtr. 8. 85. — [— Sterna caspia. Naumann, Vög. Deutschl. X. p. 18. Taf. 248 (1840). — Sterna caspia. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVII (1840). — Sterna caspia. Schlegel, Rev. crit. p. CXXVIII (1844). — Sterna caspia. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 181 (1860). — Sterna caspia. Holmgren, Skand. Fogl. p- 948 (1866— 71). — Sterna caspia. Degl. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. II. p. 448 (1867). — Sterna caspia. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1434 (1869 — 74), — Sterna caspia. Wright, Finl. Fogl. II. p. 564 (1873). — Sterna caspia. Fallon, Ois. Belg. p. 193 (1875). — Sterna caspia. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 289. pl. 584 (1877). — Sterna caspia. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 536 (1884). — Sterna caspia. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 16 (1885). — Thalasseus caspius. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. XI. p. 5 (1886). — Sterna caspia. Reyes y Prosper, Av. Espaäa. p. 98 (1886). — Sylochelidon caspia. Giglioli, Avif. ital. p. 411 (1886); p. 627 (1889). — Sterna caspia. Artvalo y Baca, Av. Espaüa. p. 423 (1887). — Sterna caspia. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 586 (1891). — Sterna caspia. Frivaldszky, Av. Hung. p. 179 1891). — Sterna caspia. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 89 (1892). — Sterna tschegrava. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 154 (1892). — Sterna caspia. Reiser, Orn. balcan. II. p. 197 (1894). — Hydroprogne caspia. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 32 (1896). — Sterna caspia. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 56 (1899). — Sterna caspia. Reichenow, Vög. Afrik. I. S. 56 (1900). — Sterna caspia. Dresser, Man. of Palaearctie Birds. II. p. 813 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXII. Fig. 1. a—e (184553). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 24 Fig. 1 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Bird II. p. 477. pl. OXXXI. Fig II. III (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds, IIT. p. 268. pl. 47 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 100. pl. 31 (1896). —] Anmerkung: Dass Sterna Schillingii keine besondere, von St. ischegrava verschiedene Art sei, wird von P. BreHm, der sie in seinen Bei- trägen a.a. O0. zuerst als solche aufstellte, zum Teil schon Baden von ihm selbst widerrufen, dass er sie in seiner Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands nur noch als et: von St. tschegrava trennt. Wir glauben indessen auch hieran noch nicht, sondern halten sie für eine unter verschiedenen Individuen einer Vogelart vorkommende, ganz gewöhnliche Abweichung, vielleicht gar nur Altersverschiedenheit: wenigstens habe ich wie noch mehrere Ornithologen, denen man auch wohl eine Stimme zugestehen muss, mehrere Exemplare von der Ostsee und von Dr. ScHiLuing selbst mit von anderswo erhaltenen auf das Genaueste verglichen, aber einen wesentlichen Unterschied, der eine spezielle Trennung beider erheischte, durchaus nicht finden können. Uns allen hat es geschienen, als seien in Breuus Beiträgen unter Sterna caspia recht alte, unter St. Schillingii bloss ein- jährige Vögel beschrieben. — Die Grösse des Körpers wie des Schnabels und anderer Teile kann bei Möven und Meerschwalben einer Art sehr verschieden vorkommen, was sich an den Brutplätzen, wo viele beisammen sind, gar häufig zeigt, wo demnach ein aufmerksamer Beobachter dergleichen Abweichungen genug bemerken kann; wo es ihm aber auch nicht entgehen en die vermutlichen Ursachen zu finden, wenn er sieht, wie viele Male solche Vögel vergeblich Eier legen, wie dadurch ihre Kräfte erschöpft werden und am Ende der Legezeit viel schwächlichere Eier zur Welt kommen, aus denen dann auch schwächlichere Junge schlüpfen u.s. w. Man betrachte nächstdem den Sehnabel einer erwachsenen, d. h. völlig flugbaren Meer- schwalbe und vergleiche ihn mit dem einer mehrere Jahre alten derselben Art; welch ein Unterschied! Da nun in der langen Zeit, die der Schnabel (andere Teile nicht zu erwähnen) bedarf, um vollkommen ausgebildet Heide! zu können, auch mancherlei Störungen, dieses teilweise zu behindern, vorkommen können, zumal in der Jugend, wo er noch weich, so kann es gar nicht fehlen, dass der Zufall und Ale unbekannte Ursachen allerlei kleine Nhnsmmitäten herbeiführen. Auch ist bei den Maschen das mehr oder: weniger Ausgeschnittensein der Schwimmhäute keineswegs SO streng konstant als mancher glaubt, und es kommen individuelle Verschiedenheiten genug vor; zudem kann sich das Auge leicht täuschen, zumal an ganz ausgetrockneten Füssen; es lässt diese Sache wenigstens kein genaues Messen nach en und Millimetern zu. Beiläufig mag noch zu bemerken sein, dass die ee der Fusswurzel, die bei den Meerschwalben so oft zu den Artkennzeichen gezogen werden muss, nicht immer ganz pünktlich nach dem angegebenem Mafse genommen werden kann, teils wegen verschiedener Messung, indem ein Schriftsteller das ganze, der andere richtiger das halbe Fersengelenk zur Länge des Laufes gesöchnet, mancher wohl gar das ganze en davon ausgeschlossen hat; teils weil der Fuss ebenfalls an jüngeren Vögeln nicht ganz ausgebildet ist. Kennzeichen der Art. Beschreibung. Der grosse starke Schnabel rot, in der Jugend rötlich; Diese Meerschwalbe ist unter allen europäischen Arten die Füsse schwarz, bei Jungen bräunlich; die Fusswurzel 40 bis | die grösste, überhaupt eine der grössten der ganzen Gattung. 47 mm hoch; der kurze Schwanz nicht tief ausgeschnitten. Sie stellt zwar in den Umrissen ihrer Gestalt den Typus der "IOPIOTYISJUL MN "SAJEMUYISY3S-UIe7 nbiosserf eINO]TU EUIIIS 8 ‚Sq[eMmy9Sa9S-pueug WIN) TIENUEI EUIIIG 7 'sqjemyoseas-qney 'y9adaT eAre1sayds) TUIIG I aan Ge BUN N LP FORAIRFEENGEHER aa EN RAR A u r T hi \ ua, 2 nr ETETEN ee FAFt, } N UN \ BER VINILLUE AT ETRRNE TUE haare ’ RN Abe R' Die Raub-Seeschwalbe, Sternn tschegrava LEPECH. Meerschwalben deutlich, aber nicht in so schönen und schlanken ! Verhältnissen dar wie viele andere; ein mehr gedrungener, weit kräftigerer Bau zeichnet sie vor ihren zierlichen Ver- wandten aus, selbst wenn man die Grösse nicht in Anschlag bringt. Sie ist unter ihnen, was der Kolkrabe unter den Krähen. Der bedeutend grosse Kopf mit dem langen und sehr starken Schnabel, dazu der kurze, nur wenig gegabelte Schwanz scheinen im Missverhältnis zu den sehr langen schmalen Flügeln mit den säbelförmig gebogenen grossen Schwungfedern zu stehen und geben ihr als Meerschwalbe ein etwas plumpes Aussehen. Sie ähnelt so an Gestalt wie im Betragen etwas den Möven und kommt an Grösse der Heringsmöve (Larus fuscus) nahe oder übertrifft doch die Sturmmöve (L. canus) um vieles. Die Länge dieses Vogels (ohne Schnabel gemessen) be- trägt gegen 47 cm, oft aber auch bis 50 und 5l cm; grösser habe ich aber keine gefunden. Die ersteren sind dann ge- wöhnlich 127 bis 132 cm und die grössten 137 cm breit; die Flügellänge 40 bis 42 cm. Der Schwanz ist verhältnismässig kurz, zwar gabelförmig, doch nicht sehr tief ausgeschnitten, indem die Mittelfedern noch nicht volle 47 mm kürzer als die ziemlich schmal, doch kurz zugespitzten Seitenfedern sind, diese nämlich 15 cm und die Mittelfedern 11 cm messen. Die in Ruhe liegenden Flügel reichen mit ihren Spitzen weit (über 7 cm) über die Schwanzspitzen hinaus; sie kreuzen sich fast in der Gegend, wo die Mittelfedern des Schwanzes enden. Das kleine Gefieder zeichnet sich wenig vor dem anderer Meerschwalben aus und ist ebenso im Sommerkleide unter dem Genick etwas verlängert und hier gegen das Ende der Federn schmal. Von den grossen Schwungfedern ist die erste die längste, alle haben sehr starke und harte Schäfte, die sich an den vorderen spitzewärts sanft säbelartig in die Höhe biegen. Sie haben ebenfalls die puderartige Bedeckung aussen auf den in die Spitze sehr schmal endenden Fahnen, welche sich im Gebrauch abreibt und dann erst die eigentliche, viel dunk- lere Farbe der Federn sehen lässt. Auch die Schäfte der zwölf Schwanzfedern sind stark und elastisch, die Enden der mittelsten Federn zugerundet, die der übrigen von innen nach aussen zugespitzt, die äusseren sehr spitz. Der verhältnismässig grosse und starke Schnabel ähnelt in seinem Profil dem Schnabel der Saatkrähe (Corvus frugilegus) oder vielmehr dem des Nachtreihers (Nyecticorax nycticorax). Der Rücken des Oberschnabels sowie auch seine Schneiden machen einen sanften Bogen abwärts; der Unterschnabel ist dagegen von der Wurzel aus bis auf zwei Drittel seiner Länge gerade, dann steigt er in gerader Linie zur Spitze auf, bildet aber kein merkliches Eck und auch keine sehr scharfe Spitze. Nach vorn ist der Schnabel sehr zusammengedrückt und schmal, nach hinten aber ansehnlich, fast 16 mm breit und an der Wurzel im Durchschnitt 21 mm hoch. Die sehr scharfen Schneiden ziehen sich nur wenig einwärts, nur über den Mund- winkeln merklicher, weil da der Oberschnabel über der Schneide wulstartig vortritt; aus einer länglichen Vertiefung, in der das Nasenloch liegt, gehen feine Streifen mit dem Schnabelrücken parallel in schräger Richtung gegen die Schneide, wo sie sich verlieren. Diese erhabenen Streifen sind nur an den Schnäbeln sehr alter.Vögel recht deutlich; ja bei manchen zeigen sich ähnliche Streifchen auch am Unterschnabel, an jungen Vögeln ist dagegen die Oberfläche des Schnabels meist ganz glatt. Seine Länge beträgt von der Stirn bis zur Spitze 65 mm und bei grossen Exemplaren volle 70 mm, vom Mundwinkel bis zur Spitze aber 95 bis 100 mm; denn er spaltet sich bis unter das Auge, daher der Rachen sehr weit wird. Das schmal länglichrunde, durchsichtige Nasenloch be- findet sich in einer seichten Vertiefung 6 bis 8 mm von der Schnabelwurzel entfernt, ist 9 mm lang und etwas über 2 mm hoch. Die Zunge ist vorn pfriemenförmig mit etwas ab- gestutzter Spitze, hat aber sonst nichts, wodurch sie von den Zungen der übrigen Meerschwalben zu unterscheiden wäre, als ihre Grösse. LT mm 111 171 Die Farbe des Schnabels ist ein brennendes Hochrot oder Korallenrot, an der Spitze mehr oder weniger schwärzlich, die Spitze selbst, aber nur in einem sehr kleinen Raum, rötlich- gelb. Das Schwarze nahe an der Spitze zeigt sich auf beiden Kiefern oft nur als ein kurzer Strich oder länglicher Fleck, der weder die Schneide noch den Rücken derselben berührt; nur sehr selten fehlt diese schwarze Zeichnung. Die Zunge hat ganz die Farbe des Schnabels, nur die rote Farbe mehr dem Orangeroten sich nähernd, welche Farbe auch der weite Rachen hat. Im Herbst ist das Rot des Schnabels viel lichter, an der Firste, dem Kiel und Mundwinkel in Orangegelb über- gehend, das Schwärzliche vor der Spitze rückwärts sehr aus- gebreitet, die Spitze licht horngelblich. Bei jungen Vögeln, wenn sie völlig flugbar und zum Weg- ziehen bereit sind, ist der Schnabel noch um vieles kleiner, ge- wöhnlich von der Spitze bis zur Stirn nur 47 mm, von jener bis in den Mundwinkel 82 mm lang, stark, von noch mehr mövenartigem Ansehen, wozu besonders das bemerklichere Eck am Unterkiefer, nicht weit von der Spitze, viel beiträgt. Von Farbe ist er bei diesen matt rotgelb, spitzewärts schwarz- braun oder mattschwarz. Es ist sehr merkwürdig, wie dieser Schnabel mit dem Alter an Grösse und Stärke zunimmt, daher ein gewaltiger Unterschied zwischen dem eines einjährigen und dem eines dreijährigen Vogels (von wo an er nicht mehr merklich zu- nimmt) stattfindet, sodass es verzeihlich war, wenn man wegen solcher Abweichungen verschiedene Arten unter diesen Meer- schwalben vermutete. Das Auge ist von mittlerer Grösse und hat eine sehr dunkel- oder schwarzbraune Iris, die nur bei Jungen ins Graue übergeht. Die Füsse sind nach Verhältnis klein, aber stark und stämmig, mit starken Läufen, noch stärkeren Fersengelenken, kurzen Vorderzehen, deren Schwimmhäute wenig oder kaum ausgeschnitten, und tiefstehender, sehr kleiner Hinterzehe. Der Überzug ist netzartig fein geschuppt, an den Schwimmhäuten fast chagrinartig, der Lauf fein geschildert, nur der Spann mit etwas gröberen Schildern und die Zehenrücken mit schmalen Schildchen belegt. Weil die Maschen in der Mitte erhaben sind, so wird die Oberfläche dadurch rauh oder körnig. Die kleine Hinterzehe steht tief und hat eine fast gerade spitzige Kralle, die übrigen Zehen mittelmässige, scharfe und krumme Krallen, die alle auf der inneren Seite eine scharfe Schneide haben, die besonders gross an der Kralle der Mittelzehe ist, deren sehr verlängerte Spitze sich auch nach aussen krümmt. Über dem Fersengelenk ist der Unterschenkel noch 16 bis 20 mm weit nackt; der Lauf misst 41 bis 47 mm; die äussere Zehe mit der Kralle 35 mm; die Mittelzehe mit der 10 mm langen Kralle 39 bis 41 mm; die innere Zehe mit der Kralle 25 bis 23 mm und die Hinterzehe mit der 6 mm langen Kralle fast 12 mm. — Die Farbe der Füsse samt den Schwimm- häuten und Krallen ist schwarz, nur die Spitzen der letzteren etwas lichter, bräunlich. Zuweilen zeigen sich auf den Zehen- sohlen und an der unteren Seite der Schwimmhäute olivengelbe Flecken, doch sind Individuen mit solchen selten. Die Füsse flugbarer junger Vögel haben noch auffallend dicke, vorn herab mit einer Furche versehene Fersengelenke, wegen noch nicht ausgewachsener, daher sehr kurzer, dicker, stumpfer, fast gerader Krallen kürzer aussehende Zehen und volle Schwimmhäute, wie denn überhaupt auch bei dieser Meerschwalbenart das mehr oder weniger Ausgeschnittensein der Schwimmhäute individuell variiert und bei den Jungen gewöhnlich am geringsten ist. Ihre Farbe ist bräunlich und braungelb, die der Krallen dunkelbraun. Das Dunenkleid soll dem der Silbermöve ähneln, doch kenne ich es aus eigener Ansicht nicht und habe auch nirgends eine Beschreibung von ihm gefunden. [— Der einen Tag alte Nestvogel ist auf der oberen Seite hell gelbbraun, unmerklich gesprenkelt mit einem schmutzigen Braun; die unteren Teile sind schmutzig weiss; ältere Nestlinge weisen oben mehr ins Graue spielende Farbentöne auf (SAUNDERS). —| 22* 172 Das Jugendkleid am völlig flugbaren Vogel hat folgende Farben: Schnabel und Füsse wie angegeben, die Augensterne düster braun; den ganzen Oberkopf, an den Seiten bis über die Hälfte der Wangen herab und hinten bis auf den Nacken, deckt eine dunkle, schwarz und weiss gestrichelte Kappe, in- dem die braunschwarzen Federn der Stirn, des Scheitels und Genicks, der Zügel und Wangen schmutzigweisse Käntchen, und diese mehr an ihren Seiten als an den Spitzen haben, am wenigsten aber dicht vor dem Auge und an den Schläfen. Nacken-, Schulter- und Flügeldeckfedern sind hell aschgrau (hell mövenblau), sehr blass, mit gelblichweisser Endkante und vor dieser mit einem ziekzackförmigen braunen Querstreif an jeder Feder; diese Querstreifen sind zum Teil schwärzlich ge- mischt, am Oberrücken und an den Schultern am deutlichsten, auf dem Flügel, besonders den kleinen Deckfedern, wie ver- loschen; der Flügelrand weiss gesäumt; die hinteren Schwung- federn wie die Schultern; die zweiter Ordnung aschgrau, mit weisser Endkante; die grossen Schwungfedern aschgrau, längs dem starken weissen Schaft am lichtesten, am Rande dunkler, und die längsten an den Enden in bräunliches Schwarz aus- laufend, auf der unteren Seite an der breiten Fahne und Spitze fast ganz schwarz, das übrige silbergrau; die unteren Flügel- deckfedern weiss; ebenso die obere und untere Schwanzdecke und der Bürzel, der Unterrücken aber rein hellaschbläulich; die Federn des nur seicht ausgeschnittenen, doch ziemlich spitz segabelten Schwanzes sehr licht aschgrau, an den Rändern und Spitzen weiss, vor letzteren mit einem bräunlichen, halb- zirkeligen Zickzackstreif; Kinn, Kehle, die unteren Kopfseiten, der Hals und alle unteren Teile des Vogels rein weiss. — Männchen und Weibchen sind einander gleich gefärbt, letz- teres bloss etwas kleiner als ersteres. Das Winterkleid unterscheidet sich namentlich am Kopfe bedeutend vom nachherigen Sommerkleide. Der Schnabel ist viel heller und gelblicher als in diesem, hat auch gegen die Spitze zu mehr Schwarz; die Stirn und ihre Seiten zunächst der Schnabelwurzel sind weiss, sehr wenig und fein schwarz- grau bespritzt; das übrige des Zügels auf weissem Grunde schwarz gestrichelt, dicht vor dem Auge in einen grossen schwarzen Fleck zusammengeflossen; ein eben solcher noch srösserer, aber hellgrau gemischter nimmt die Wangen und OÖhrgegend ein; der übrige Oberkopf bis auf den halben Nacken hinab auf weissem, licht aschgrau gemischtem Grunde mit zahl- losen abgerundeten, schwarzen Längsfleckchen bezeichnet, in- dem jede Feder einen solchen auf ihrem Schafte hat, weshalb am Genick, weil hier die grössten Federn, auch die grössten Fleckchen stehen. Rücken, Schultern, sämtliche Flügeldeck- federn nebst den hinteren Schwungfedern sind rein hellasch- bläulich (hellmövenblau), eine äusserst sanfte Farbe, aber etwas dunkler als die des Sommerkleides, so auch das Aschgrau der Sekundärschwungfedern, deren Endkanten weiss; die Primär- schwingen bald heller, bald dunkler, je nachdem sie frisch hervorgewachsen oder noch die vorjährigen alten sind; denn, wenn sie jenes sind, so bedeckt der erwähnte puderartige Samt- überzug die Aussenseite der Fahnen, und von dem viel dunk- leren, gegen die Spitze des Flügels beinahe völlig schwarzen Grunde wird wenig sichtbar; — sind sie aber letzteres, so ist der Samtüberzug nur an den Teilen der Fahnen noch ziemlich vollständig, die von anderen verdeckt werden, aber die ab- geriebenen Ränder und Enden der grossen Schwingen sind dann so rein davon entblösst, dass sie nun völlig schwarz (mattschwarz) erscheinen. Das schwache Blaugrau des Unter- rückens verläuft auf dem Bürzel sanft in reines Weiss, doch ist die obere Schwanzdecke spitzewärts wieder etwas graulich angelaufen; der Schwanz ist blass bläulichaschgrau, an den beiden Mittelfedern am lichtesten, an dem äussersten und längsten Federpaare nur noch vor der Spitze in schwachem Anfluge graulich, sonst dieses, wie die Endkanten aller Schwanz- federn weiss; die Unterseite des Schwanzes rein weiss, nach innen silberweiss. Bei einigen Individuen zeigen sich neben der Schnabelwurzel auf der befiederten Unterkinnlade noch Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LEPECH. verschiedene kleine schwarzgraue Fleckchen, sonst ist alles übrige, Kinn, Kehle, Hals, Brust, Bauch, Schenkel und untere Schwanzdecke, das Flügelrändchen und der Unterflügel mit Ausnahme der schwarzen Primärschwungfedern rein weiss; die Unterseite der schmalen Fahne der letzteren silberweiss, die starken Schäfte weiss. [— V. ERLANGER, der am 14. No- vember 1896 ein Pärchen in Tunis erlegte, giebt folgende kurze Charakteristik des Winterkleides: „Der im Sommer glänzend schwarze Kopf ist im Winter mit Weiss durchsetzt und erhält ein gesprenkeltes Aussehen. Ein grösserer Backenstreif unter dem Auge bleibt schwarz. Der Schnabel des Männchens ist, wie bei fast allen Seeschwalben, stärker als der des Weib- chens; er ist im Sommer intensiver rot gefärbt als im Winter; ferner hat im Winter die Schnabelspitze hornbräunliche Fär- bung“ (Journ. f. Ornith. 1900, S. 72). —] Das Sommer- oder Hochzeitskleid unterscheidet sich folgendermassen: Die Farben seines Gefieders sind wie bei den meisten Meerschwalben und Möven besonders einfach, aber darum doch schön. Eine tiefschwarze, seidenartig schwach grün ‘glänzende Platte bedeckt den grossen Kopf von oben; sie fängt am Schnabel an, geht zur Seite desselben aber nur bis gleich dem Nasenloch herab und bildet gleich im Anfang eine Ecke oder Bucht, nimmt die obere Hälfte der Zügel, die Stirn, den Scheitel, Hinterkopf und das Genick ein, endet spitz oder zugerundet auf dem oberen Hinterhalse oder Nacken und schliesst auch das Auge noch etwas ein. Ein von dem Schwarzen scharf abgeschnittenes zartes Weiss nimmt die untere Hälfte der Zügel, Wangen und Kehle ein und verbreitet sich über den Hals, die Brust, den Bauch, die unteren Flügel- decken und über die ganze untere Seite des Vogels. Bei manchen ist ein ganz schwacher graulicher Anflug auf der Brust, aber kaum bemerklich; wenn er vorhanden, trübt er nur das Weisse daselbst ein wenig. Ein sehr sanftes, lichtes, dem Weissen sich näherndes Bläulichgrau verbreitet sich über den Rücken, die Schultern und Flügel, verläuft sanft in den weissen Hinterhals und wird abwärts nach dem weissen Schwanze hin immer lichter, sodass es auf den mittleren Schwanzfedern nur noch ein graulicher Anflug bleibt und an den Seitenfedern nach und nach so verläuft, dass man an den äussersten, ganz weissen Federn der meisten Exemplare nichts mehr davon bemerkt. Die grossen Schwingen haben starke weisse Schäfte, sind aschgrau, ziemlich dunkel gegen die Spitze, dazu aber auf den Aussenfahnen bläulichweiss überpudert. Auf der unteren Seite sind die Schwingen weit dunkler als auf der oberen und gehen an den Spitzen der vordersten ins Schwärz- liche über; hier fehlt ihnen auch jener puderartige Überzug. Zwischen Männchen und Weibchen habe ich kein standhaftes äusserliches Unterscheidungsmerkmal auffinden können. Dass einige Vögel mehr oder weniger Schwarz am Schnabel hatten, dass die Kopfplatte bei einigen tiefer über das Genick hinabreichte als bei anderen, und dass sie in der Grösse um einige Zoll verschieden waren, fand ich unter den Männchen wie unter den Weibchen abwechselnd, und ich glaube, dass diese kleinen Abweichungen mehr Folge des ver- schiedenen Alters sind. An vielen weiblichen Exemplaren fand ich jedoch die obere Seite des Schwanzes mehr grau an- geflogen als bei den Männchen, bei einigen war auch noch an der Aussenfahne der dritten Schwanzfeder, nahe am Ende, ein dunkelgrauer Anstrich oder Fleck, der bei manchen sich auch auf die nächsten Federn in schwacher Anlage ausdehnte. Mitte August fängt die Hauptmauser an, die, während diese Vögel fortziehen, vor sich geht, wo dann die schwarze Kopfplatte allmählich verschwindet, die Stirn und der Ober- kopf weiss gefleckt wird und ausser dem kleinen Gefieder nach und nach die Schwung- und Schwanzfedern mit neuen vertauscht werden. Sie sind aber längst in ferne Länder ge zogen, ehe sie den Federwechsel vollenden; rein vermauserte Individuen können wir daher nur von dorther erhalten. In ihrer Abwesenheit, gegen das Frühjahr, mausern sie zum zweiten Male, und viele kommen noch in der Mauser begriffen Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LEPECH. zu uns zurück. Sie bekommen dann die rein schwarze Kopf- platte wieder, und es scheint nicht, dass sich auch andere Teile des Körpers zum zweiten Maule mauserten; denn die blassere Farbe des Mantels, die dunklere der Schwingen und die weisse des Schwanzes beim Sommerkleid sind teils Folgen des Abbleichens, teils des Abreibens. Dies letztere sieht man deutlich an den Schwung- und Schwanzfedern, und diese werden zuverlässig nur einmal im Jahre gewechselt. — Durch die Fortpflanzungszeit leidet das Gefieder häufigere Reibungen, deren Folgen sich an den Schwungfedern und am Schwanze am meisten zeigen; desgleichen verliert das sanfte Bläulich- grau des Mantels sehr an Zartheit, es wird auch bleicher, alles Weiss unsauberer, und am Oberkörper nimmt das Gefieder bei vielen einen gelbbräunlichen oder schmutzig gelblichen Anflug an, der vermutlich vom häufigen Berühren mit dem sandigen oder lehmigen Boden beim Brüten und dergleichen entsteht und gewöhnlich bei den Weibchen stärker als bei den Männ- chen ist. Durch alle diese kleinen Veränderungen wird nun gerade keine sehr auffallende Verschiedenheit herbeigeführt, aber das früher so einfach gefärbte und lieblich in die Augen fallende Gefieder verliert dadurch ausserordentlich an Schönheit. [— Die abgebildeten Vögel sind: ein alter Vogel vom 22. März 1848 aus Ägypten, ein Dunepjunges vom 10. August 1869 . aus der Türkei und ein alter Vogel vom 14. Dezember 1901 vom Niger, sämtlich befindlich im ROTHSCHILDschen Museum in Tring, sowie ein junger Vogel vom September von der Ost- see, im Britischen Museum befindlich. —|] Aufenthalt. Diese grosse Art, die man die Königin der Meerschwalben nennen möchte, soll in grosser Menge die Ufer und kleinen Inseln des Kaspischen Meeres, überhaupt viele Teile von Asien, Indien und China, sogar dieSandwichs- undFreund- schaftsinseln bewohnen, häufig am Schwarzen Meere und im Griechischen Inselmeere sein, auch in Nordafrika, namentlich in Ägypten vorkommen. An den südlichen Küsten des europäischen Festlandes scheint sie nicht überall vor- zukommen, wenigstens wird sie an denen des nördlichen Italiens für eine seltene Erscheinung gehalten. Dies ist sie freilich auch an vielen nordeuropäischen, z. B. an denen vonHollandund Frankreich, an der Ostküste der britischen Inseln, während sie in grösster Anzahl nur an einzelnen Stellen der südlichen Küste von Schweden, an mehreren der Küsten und Inseln Dänemarks den Sommer über wohnt, nicht höher nach Norden hinauf vorkommt und also zu den osteuropäischen Vögeln gezählt werden muss. [— Nach SAUNDERS erstreckt sich ihre Heimat in Europa etwa vom 60. Grad nördlicher Breite südwärts, in Asien bis China (nicht bis Japan) und auf die malayischen Inseln; sie bewohnt Australien und Neuseeland, Afrika, Nordamerika von Florida am Atlantischen bis Kalifornien am Grossen Ocean und nordwärts bis gegen den Polarkreis. — PALMEN berichtet (allerdings schon aus dem Jahre 1876), dass sie in den äusseren Schären des Finnischen Meerbusens, jedoch nur in dessen westlicher Hälfte, brüte, im südwestlichen Finland häufig sei und von hier aus im Bottnischen Busen, gegen Norden all- mählich seltener werdend, bis Uleäborg und Torneä sich ver- breite. Im Innern dieser nördlichen Länder sei sie nie be- obachtet. BÜCHER berichtet, dass „erst zwei Exemplare“ im Gouvernement St. Petersburg nachgewiesen seien. HoLTz traf sie 1868 brütend auf Gotland und dem benachbarten Eilande Margesholm. Im Jahre 1880 nisteten nach BRANDT noch einige Paare auf den Meeresklippen von Helsingfors.. Da neuere Beobachter von diesen Brutplätzen der St. tschegrava nicht be- richten, scheint sie hier wenigstens regelmässig nicht mehr vorzukommen. Ähnlich verhält es sich mit Jütland und den dänischen Inseln. „Sie soll früher unweit Ribe gebrütet haben, und noch jetzt wird sie daselbst nicht allzuselten angetroffen, — wahrscheinlich von der Kolonie auf Sylt kommend. Die früheren Brutgesellschaften von gegen 20 Paaren auf den Inseln 173 im Kattegat sind nach späteren Nachrichten bis auf ein bis vier Paare zusammengeschmolzen, und die „Königin der See- schwalben“ wird wohl bald nicht mehr unter die Brutvögel Dänemarks gezählt werden können“ (HAGERUP, Ornith. Monats- schrift 1894, S. 157). —] Sehr einzeln kommt sie an den deutschen Küsten der Ostsee und zum Teil auch der Nordsee vor. Auf der Insel Stübber, beim Ausfluss der Oder in die Ostsee, soll sie nach OTTO sonst häufig gewesen sein; sie kommt aber dort nicht mehr vor, weil, wie erst neuerlich [— (d. h. 1840) —] versichert wurde, jene in der Ornithologie durch genannten Schriftsteller berühmt gewordene Insel jetzt bis auf eine unbedeutende Sand- bank vom Meere verschlungen sei, eine an den deutschen Küsten nicht ungewöhnliche Erscheinung. Auch auf der Insel Rügen ist sie nur höchst einzeln. [— Nachdem die „Insel“ Stübber schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch Sturmfluten in eine „ganz un- bedeutende, kleine, kiesige Sandbank“ umgewandelt worden ist, nisten dort überhaupt keine Seevögel mehr. Andere Ur- sachen haben bewirkt, dass die kaspische Seeschwalbe auch auf Rügen und Hiddensoe, wo sie früher einzeln gebrütet hat, nur mehr als unregelmässiger Durchzugsvogel vorkommt. Das- selbe gilt (nach BALLOWITZ, Journ. f. Ornith. 1900, S. 165 ff.) für die ganze pommersche und (nach WÜSTNEI, die Vögel der Gross- herzogtümer Mecklenburg) für die mecklenburgische Küste. —] Ein paar Male wurde sie, auf dem Zuge begriffen, auf der Schlei bei Schleswig geschossen. Auf einem Ausfluge nach den schleswigschen Inseln der Nordsee [— (1819) —] traf ich sie nirgends als auf der nördlichsten Spitze der Insel Sylt, bei den Dünen von List, wo neben Myriaden von anderen See- vögeln auch ein Schwarm von gegen 300 Pärchen dieser Meer- schwalben brütete.') Zu diesem Brüteplatz kamen sie alljähr- lich und schon seit langen Jahren immer wieder zurück, doch waren sie in dem, als ich sie sah, wie versichert ward, lange nicht so zahlreich wie in vielen vorhergehenden. [— Über die Schicksale dieser interessanten Kolonie be- richtet LEVERKÜHN ausführlich in der Ornithologischen Monats- schrift (1894, S. 257 ff.). Die Aussichten auf Erhaltung der- selben sind seitdem noch geringer geworden. Mehrmals suchten und fanden die auf dem „Ellenbogen“ verfolgten Vögel Zuflucht auf der einsamen Halbinsel Hörnum, dem südlichen Teile Sylts. Das ist seit dem vorigen Jahre (1902) nicht mehr möglich; eine Eisenbahn durchzieht die ganze schmale Dünenkette, und bald wird alles Vogelleben hier verschwunden sein. Auf dem alten Brutplatze erschienen im vorigen Sommer nur noch etwa 10 bis 15 Paare, — der Rest der einst so imposanten Brutgesellschaft, der einzigen „Kolonie“ in den Küstenländern Westeuropas. Auf den britischen Inseln, an den Küsten der Niederlande, Belgiens, Frankreichs und Spaniens gehört unsere Seeschwalbe zu den Seltenheiten. Auf Sardinien erscheint nach SALYADORI alljährlich im April und Mai das eine oder andere Individuum; an der Strasse von Bonifacio sollen sie häufiger sein; hier wurde ein Weibchen auf dem Neste gefunden. Bei Pirano in Istrien zeigt sie sich nach ScHiavuzzı als seltener Durchzugs- vogel im Winter und Frühjahr. KRÜPER beobachtete sie öfters im Winter zwischen den Lagunen von Missolunghi, Powys spärlich auf Corfu und an den Küsten von Epirus. Die Gebrüder SINTENIS fanden sie zahlreich mit anderen Seeschwalben („zu Hunderttausenden“) zusammen brütend auf den Sandbänken des Sees Sinoe in der Dobrudscha (Journ. f. Ornith. 1877, S. 68). — König schoss am 18. Mai 1891 ein Paar in der Sebkha-Niede- rung von Monastir (Tunis) und vermutete, dass das Paar in ') Diese und andere nicht unwichtige Beobachtungen im Frühjahr 1819, auf einer Reise an und auf die Nordsee gesammelt, machte ich gleich darauf in der Isis 1819, Heft XII, bekannt. H. P. Breum scheint indessen den Teil des Meeres, der die Westküste Schleswigs und ihre Inseln umspült, nicht für die Nordsee zu halten, indem er in seinen Beiträgen II, 8. 697, sagt: die kaspische Seeschwalbe brüte nicht an der Nordsee. Später, in seiner Naturgesch. a. Vög. Deutschlds., S. 770, giebt er dies insofern zu, als er die von mir auf Sylt beobachtete Art für seine Subspeeies Sterna (Hydrochelidon) Schillingii hält. Naum. 174 der Nähe brüten wollte, suchte aber vergeblich nach den Eiern. Seine Vermutung, dass die Raubseeschwalbe Brutvogel in Tunesien sei, wurde im Frühjahr 1892 durch M. BLAanc be- stätigt, der ihre Eier auf der Insel Djerbe fand. Auch v. ERr- LANGER bemerkt in seinen Beiträgen zur Avifauna Tunesiens, dass sie Brutvogel auf der Insel Knais sei, woselbst PAUL SPATZ mehrere Gelege sammelte. Am Elbahirasee traf KönıG sie überwinternd, doch war sie dort nicht häufig. FLECK er- legte sie an der Walfischbai im Juli und beobachtete sie längs der Küste des deutsch -südwestafrikanischen Schutzgebietes. Die von dorther stammenden Eier unterscheiden sich nach KuscHEL in Keiner Beziehung von europäischen Stücken; sie maßen 62 bis 65 >< 45 mm und hatten ein Durchschnittsgewicht von 4,68. Auch in Ostafrika wurde sie an den unterägyptischen Seen, den Sümpfen Ostkordofans, am Weissen Nil, südwärts an der Küste und auf Madagaskar angetroffen, und zwar im Sommer wie im Winter, sodass HARTMANN mit Recht ver- mutet, sie müsse in Afrika Standvogel sein. Noch sei bemerkt, dass NELSON sie am Yukonflusse in Alaska beobachtete und FınscH auf Neu-Seeland ihre Eier sammelte (Brutzeit vom November bis Januar); dass sich also der Sommeraufenthalt unseres Vogels unter annähernd denselben Meridianen von ungefähr 65 Grad nördlicher Breite bis etwa 55 Grad süd- licher Breite erstreckt, — wie er in der Richtung der Parallel- kreise den ganzen Erdball umspannt. Im tropischen und subtropischen Amerika wird die Art durch die verwandte Sterna maxima vertreten, die auch die Westküste von Afrika besucht. —| Sie ist für das innere Deutschland ein noch weit selte- nerer Vogel, und nur wenige Naturforscher möchten sich rühmen können, sie irgendwo auf einem Gewässer unseres Festlandes angetroffen zu haben. BECHSTEIN sah ein Pärchen auf dem Frühlingszuge bei einem grossen Teiche in Thüringen, wovon das Männchen geschossen wurde; mein Vater erhielt einst ein auf einem Teiche in hiesiger Gegend erlegtes Individuum, und ich traf vor vielen Jahren ebenfalls ein Paar dieser Vögel zu Anfang September am Salzigen See im Mansfeldischen an. Wie die anderen Meerschwalben gehört auch sie zu den Zugvögeln, die spät ankommen und uns bald wieder ver- lassen. Obgleich ihre Ankunft und ihr Abzug mit denen der anderen ziemlich oder oft zusammentrifft, so kommen doch manchmal Ausnahmen vor, welche andeuten, dass unsere Art die kalte Witterung weniger scheut; man sah z. B. einmal einen Flug von 12 Stück schon Mitte Februar bei Rügen vorbei gegen Nordost steuern, wozu sie freilich wohl der ge- linde Winter des Jahres (1822) verleitet haben mochte; beim Wegzuge ist sie dagegen in guten Jahren noch Ende September einzeln gesehen worden. In der Regel kommt sie jedoch erst in der letzten Hälfte des April an den Brüteorten an und ver- lässt sie im August wieder, oft nicht früher und nicht später als die Brandmeerschwalbe und andere. [— Auf Sylt soll sie nach den Beobachtungen des Feuermeisters RINKEN um den 20. April ankommen und in den ersten Tagen des Sep- tember von dort verschwinden. —] Sie zieht am Tage oft sehr hoch durch die Luft, wahrscheinlich aber auch öfter des N achts, wie zuweilen ihr tags vorher noch nicht geahntes frühes Er- scheinen am nächsten Morgen beim Nistplatze vermuten lässt. Sie ist ganz Seevogel, liebt das Salzwasser und findet sich an süssen Gewässern nicht heimisch. Trübes Wasser und schlammiger Boden sind ihr ebenfalls zuwider; ich sah sie wenigstens niemals da, obgleich ihre Wohnsitze nicht ferne lagen. Immer waren dies, wie mir auch andere Beobachter bestätigten, solche Stellen an der Küste, die ganz klares, wenn auch tiefes Wasser hatten, und zwar am offenen Meere oder in tiefen Buchten. Dass sie solche Plätze auch an felsigen Gestaden finde und ihre Eier auf den Felsen ausbrüte, wird versichert; ich selbst sah sie jedoch nur an sandigen Ufern, die so flach ins Meer verliefen, dass sie bei ungewöhnlicher Flut von den Wellen überströmt werden mussten, in der Nähe hoher Sanddünen oder auch Watten und Sandbänke. Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LEPECH. Sie verlässt das Meer so äusserst selten, dass sie selbst auf grossen und ganz nahen Laandseen und Flüssen eine ganz ungewöhnliche Erscheinung ist. Ihre Streifereien vom Nist- platze aus treibt sie auch nie so weit, als wohl oft die anderen Arten, und es ist eine Seltenheit, 30 km davon an derselben Küste eine zu sehen, während die Brandmeerschwalbe in mehr als doppelter Weite von ihrem Brutplatze umherschweift; ihre Streifzüge scheinen dagegen mehr seeeinwärts gerichtet, was man deutlich an dem Herbeiströmen der Menge bemerkt, wenn man sich ihrem Brutplatze nähert. Wird sie an ihrem Wohnorte oder nur gelegentlichen Aufenthalte beunruhigt, so sucht sie stets die hohe See und verschwindet wenigstens auf eine viel längere Zeit den ihr folgenden Blicken, als andere Arten der Gattung. Ihre jährlichen Reisen mag sie, wie viele andere Seevögel, auch längs der Küste hin machen; aber es ist dermalen noch ein naturgeschichtliches Rätsel, wo diese Meerschwalben, die den Sommer an der Ost- und Nordsee . verleben, ihre Winterquartiere aufschlagen mögen. Vermutlich wandern sie in meistens südwestlicher Richtung weg, aber bis wohin? Denn an den Südküsten Frankreichs kommen sie im Winter auch bloss einzeln vor. [— Im Frühling habe ich hier (Husum) vielfach kleine Gesellschaften, meist nur zwei bis fünf Stück, aus südöstlicher Richtung kommend vorüber- ziehen sehen; über die Richtung des Herbstzuges liegen auch - jetzt noch keine bestimmten Angaben vor. —] Die im Innern Deutschlands vorgekommenen sehr wenigen Individuen sind durch widriges Geschick von der gewohnten Strasse abgekommen und als Verirrte zu betrachten. Sie müssen, da sie kein Salzwasser finden, mit jedwedem fürlieb nehmen und kamen an kleinen und grossen Teichen, Flüssen und Landseen vor. Das Pärchen, das ich an jenem Landsee antraf, schwebte dort über dem Wasser, liess sich einige Male auch schwimmend auf dasselbe nieder, hatte aber die Seite des Sees, wo seine Ufer sehr seicht verlaufen und sandig sind, wo auch das Wasser immer ganz klar ist, besonders zu seinem kurzen Aufenthalte ausgewählt und lief hier oft ziemlich lange und behende am Wasserrande entlang. Ihre Nachtruhe hält sie ganz nahe am Wasser, auf freiem Boden und auf der Brust stets so liegend, dass sie den Schwanz dem Lande zukehrt, und wenn Hunderte beisammen liegen, auch am Tage und bei den Nestern, so hat nicht eine ihr Ge- sicht anders als dem Meere zugewandt.!) Eigenschaften. Die kaspische Meerschwalbe ist ein prächtiger Vogel; der korallenrote grosse Schnabel, die atlasschwarze Kopfplatte, das vorherrschende blendende Weiss mit der sanften bläulichen Schattierung von oben her und den schwärzlichen Schwingen- spitzen, bei ihrer als Meerschwalbe kolossalen Grösse, fesseln das Auge, doch würde es mit noch mehr Wohlgefallen auf ihr ruhen, wenn nicht der zu grosse Schnabel und Kopf, wie der etwas kurze und wenig gegabelte Schwanz die Schönheit etwas verminderten, indem dies Missverhältnisse zu sein scheinen, wenn man auf andere und viel schlankere Meerschwalben- gestalten hinüberblickt. Sitzend sieht sie daher wirklich etwas plump aus; sie trägt dann den Rumpf ganz wagerecht, die Brust oft tiefer als den Schwanz, die langen Flügel hoch über diesen gekreuzt, den Hals ganz eingezogen, und dieser dehnt sich erst dann, wenn sich etwas Verdächtiges nähert, mehr aufwärts, aber nur erst in ganzer Länge aus, wenn sie ihre unliebliche Stimme hören lässt. Sie geht in kleinen Schrittchen und trippelnd. Ihr ganzes Wesen entspricht der Bildung ihres Körpers; es ist nicht der leichte Sinn, das fröhliche oder gemütliche, kecke und rastlose Treiben fast aller anderen ihrer Gattungs- verwandten, nicht diese uns oft lächerliche Neugier, alles Un- gewohnte zu begaffen, zu umkreisen, zu beschreien u. S. W;, sondern ein trüber Ernst, eine zwar kräftige, doch mit Ge- ‘) Vergleiche jedoch Seite 176. J. R. Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LEPECH. 175 mächlichkeit gepaarte Gewandtheit, immer unnötiges Aufsehen vermeidend, überall stilles Misstrauen verratend, kein vertrau- liches Anschliessen an andere ihr nahe wohnenden Vögel; dies sind Züge, durch die sie sich von den übrigen einheimischen Meerschwalbenarten sehr unterscheidet. Langsamer und schwerfälliger als alle übrigen Arten dieser Gattung, aber doch noch flüchtiger und gewandter als die Möven, ähnelt sie in ihren Bewegungen der einen Gattung wie der anderen. Lässt man, von fern gesehen, die schmäleren, spitzigeren Flügel unbeachtet, so kann man sie leicht für eine Möve halten; denn der wenig ausgeschnittene Schwanz, der grössere Kopf und Schnabel fallen nur in der Nähe als Unter- scheidungsmerkmale genügend in die Augen. Wenn sie über den Beobachter gerade hinwegfliegt, so scheinen die Flügel- spitzen ganz schwarz zu sein, und die schwarzen Füsse bilden einen dunklen Fleck am Bauche. Sie schwimmt viel lieber als die anderen Arten, aber ebenso schlecht; läuft auch ziemlich schnell, doch seltener, am Gestade entlang und fliegt mit langsamen, kräftigen Flügel- schlägen, zuweilen schwebend, wie die Möven; beim Aufsuchen ihrer Nahrungsmittel jedoch auch schneller, oft auch kreisend wie ein Rabe. Es scheint, dass sie die Gesellschaft der Brand- meerschwalbe gern habe, denn ich sah beide in vertrau- licher Nähe und in grossen Scharen bei einander. Das ist bei anderen gesellig lebenden Vögeln nicht immer der Fall, dass sie auch andere Vögel so in ihrer Nähe leiden, zumal wenn der stärkere ein so unfreundlich gesinnter ist wie hier. Andere Meerschwalben als jene sah ich nie in ihrer Gesellschaft; sie scheinen aus triftigen Gründen der kaspischen auszuweichen. Eigentlich ist sie auch nur gegen ihresgleichen gesellig, wie man auf dem Zuge und an den Brutplätzen deutlich genug sehen kann. Man darf sie unbedingt unter die schlauen und sehr scheuen Vögel zählen, ob sie gleich da, wo sie nistet, diese Eigenschaften zum Teil abzulegen scheint; jedoch bleibt sie auch hier vorsichtiger als die sonst weit scheuere Brand- meerschwalbe. In der Not beisst und stösst sie mit ihrem starken Schnabel fürchterlich um sich, und man hat sich bei flügellahm geschossenen vor den Hieben dieser gewaltigen Waffe sehr in acht zu nehmen, sowie er ihr gegen die An- sriffe der grossen Möven, wenn sie auf ihre Eier und Jungen gerichtet sind, dieselben Dienste leistet. Wenn jene sie ihnen nicht in ihrer Abwesenheit wegstehlen, so erwischen sie keins; denn sie bindet mit den grössten Möven an und schlägt sie in die Flucht. Dass manche Vögel gesellig brüten, um dadurch ihre Brut mehr vor räuberischen Angriffen zu bewahren, zeigt sich besonders bei den Meerschwalben, die am Tage so wenig auf den Eiern liegen, sehr deutlich. Obgleich die meisten Brut- vögel unter ihnen den Tag über weit umherschweifen, so bleiben doch immer noch viele am Brutplatze zurück, um gleichsam Wache zu halten und bei jedem bedenklichen Vor- fall Lärm zu machen, damit die nächsten, die ihn vernehmen, auch noch zu Hilfe kommen können. Auf diese Weise erklärt sich denn auch, dass die Brandmeerschwalben so ganz in der Nähe der räuberischen kaspischen brüten Können, ohne ihre Brut mindestens zur Hälfte. von diesen vernichtet zu sehen, was einzelnen Paaren ganz gewiss, wie so vielen anderen schwächeren Strandvögeln, widerfahren würde, wenn sie selbige nicht gemeinschaftlich verteidigten. Denn die kaspische oder Raub-Meerschwalbe ist allem schwächeren Geflügel ein gefähr- licher Nachbar wegen ihrer Raubsucht, worin sie sich den grossen Mövenarten völlig gleichstellt. Ihre Stimme hört man, wenn sie nach Nahrung umher- fliegen, selten, öfter aber auf dem Zuge und häufig an ihren Brutplätzen, jedoch hier auch nur, wenn sich diesen ein Mensch nähert. Sie schreit überhaupt bei weitem nicht so viel wie die anderen Arten ihrer Gattung. Ihr starktönendes, rauhes und kreischendes Geschrei hat grosse Ähnlichkeit mit der Stimme des gemeinen Reihers; es klingt unangenehm wie krräik! — krräike! — undkrräi! und lässt sich nachahmen, wenn man diese Töne hinten am Gaumen hervorzubringen sucht. Ausser diesem hört man auch noch an ihren Brutplätzen ein weniger lärmendes, schnarchendes Krräe — und Kräe! Beim Ausrufen der ersteren Stimme dehnen sie, auch fliegend, den Hals in ganzer Länge aus, blasen die Kehle auf und sperren die Kiefer des grossen Schnabels weit voneinander; es scheint, als müssten sie zum Hervorbringen der hässlichen Töne alle Kräfte aufbieten. Nahrung. Diese besteht, wie es scheint, hauptsächlich in lebenden Fischen, namentlich aus der Gattung Clupea, die sie sich selbst fangen. Wegen ihres weiten Rachens sind sie im stande, über handlange Heringe zu verschlingen, wie die sich oft im Magen findenden, sehr starken Rückenwirbel bestätigen; aber sie fangen stets nur solche Fische, welche nahe an die Oberfläche des Wassers kommen. Sie schweben und flattern deshalb in seringer Höhe über dem Wasser, erhalten sich oft eine kurze Zeit flatternd auf einer Stelle, um ihr Ziel recht aufs Korn nehmen zu können (rütteln), und stossen dann plötzlich aufs Wasser herab. Ich habe sie jedoch nie gänzlich untertauchen, aber am häufigsten den Fisch so fangen sehen, dass dabei bloss Kopf und Schnabel ins Wasser kamen. Dies Nieder- stossen geschieht immer mit vielem Kraftaufwande, und man glaubt oft, der Sturz müsse sie jetzt tief unter die Wasser- fläche drücken, während sie dennoch bloss mit dem Schnabel durch die Oberfläche der Wellen fahren und doch fast immer mit einem gefangenen Fische davonfliegen. Sie fischen mehr an den Küsten und in ruhigen Buchten als auf offener See und lieben hauptsächlich solche Gegenden, wo das Meerwasser recht klar ist. Sie verschlingen alle Fische ganz, ohne jemals einen zu zerfleischen, fangen daher auch keine grösseren, als solche, die sie noch so eben verschlucken können. Unmittel- bar nach dem Auftauchen den gefangenen Fisch totkneipen, ihn so drehen, dass der Kopf vorangeht, und ihn verschlingen ist alles das Werk weniger Augenblicke. Während so der Kopf des Fisches bereits in den Magen hinabreicht, steckt der übrige Teil noch in der Speiseröhre; die Verdauung geht indessen sehr schnell, ist unten am stärksten, und sowie der scharfe Magensaft den Kopf des Fisches auflöst, rückt das übrige nach; bald ist alles in Brei verwandelt, und nur die einzelnen Knochen sind noch kenntlich; alles in bewundernswürdig kurzer Zeit. [— Öfter fand ich beim Nest neben den Eiern mehrere eingetrocknete Fische von mittlerer Grösse aus den Gattungen Ölupea und Plewronectes, die vermutlich vom Männchen als Nahrung für das brütende Weibchen herbeigetragen waren. —| Ob sie vielleicht auch andere kleine in der See lebende Geschöpfe, Würmer oder Krustaceen, und bei ihren Irrwegen durch das feste Land wohl gar auch Amphibien fresse, habe ich nicht erfahren können; an der See fand ich stets nur Überbleibsel von Fischen in ihrem Magen. Es ist gewiss, dass sie anderen Strandvögeln die kleinen Jungen und die Eier raubt und verzehrt, wie auch die grossen Möven thun. H. SCHILLING (Ss. BREHMS Beitr. III, S. 639) fand in dem Magen einer auf Rügen geschossenen einen jungen halbverdauten Kiebitz. Dies wird auch noch von anderen Seiten her bestätigt. Ich selbst konnte mich jedoch nicht da- von vergewissern, weil ich zu kurze Zeit an ihrem Brutplatze und seinen nächsten Umgebungen verweilen konnte. Fortpflanzung. Da die kaspische wie andere Meerschwalben und Möven gern gesellig lebt, so trifft man auch nur selten ein einzelnes Pärchen nistend an. Weil diese Art jedoch nicht so zahlreich wie manche andere dieser Gattung ist, so kann es auch nicht so zahlreich besetzte Nistplätze geben. Die grösste Kolonie, aber auch die einzige, die ich auf meinen nordischen Reisen selbst sah, bewohnte die Sandwatten hinter den Dünen von List (55 Grad 6 Minuten nördlicher Breite) auf dem nördlich- sten Ende der Insel Sylt. Sie bestand aus ungefähr 200 bis 176 300 Pärchen, sollte aber in manchem vergangenen Jahr bei weitem zahlreicher daselbst gewesen sein, als gerade in diesem Jahr, 1819. Unvergesslich bleibt mir der höchst überraschende erste Eindruck, den diese Kolonie auf meine Sinne machte. Wohl wissend, wohin man mich führte, daher in der gespann- testen Erwartung, durchwanderte ich damals jenes weitläufige, interessante Dünengebirge, von tausenden der hier brütenden grossen Möven umschwebt, die, je weiter ich vorrückte, in wachsender Anzahl mich schreiend begleiteten; wo einige Eidervögel dicht vor meinen Füssen schwerfällig vom Neste latterten und wenige Schritte von mir ihr Schicksal erwarteten; wo ich, als ich das Ende dieser Sandberge fast erreicht hatte, jenseits dieser sandigen Watten nahe am Meer bereits eine Schar von vielen Tausenden der Brandmeerschwalbe er- blickte, die mir mit unsäglichem Lärm entgegenschwirrte; end- lich aber unter meinen Füssen, am Rande der Berge, sich die herrliche Kolonie der Königin unserer Meerschwalben plötzlich von ihren Nestern erhob und mir mit ihrem durchdringenden (Gekrächze entgegenkam; als nun die Luft von schreienden Vögeln wimmelte und fast verdunkelt ward, wo die wechseln- den, ununterbrochenen, kreischenden Stimmen aller dieser Schreier das Gehör betäubten; da mag nur der sich mein Entzücken denken, der selbst eifriger Ornithologe ist und so etwas mit eigenen Augen und zwar zum ersten Male sah.!) — An der Ostsee giebt es auch einige Brutplätze, so viel mir bewusst, aber keinen von solchem Umfange oder mit einer so grossen Anzahl solcher Vögel besetzt, wie der auf Sylt. Ehe- dem soll auf der jetzt ziemlich weggeschwemmten Sandinsel Stübber unweit Stralsund eine bedeutende Kolonie genistet haben, die jetzt spurlos verschwunden ist. Bei Rügen nistet nur hin und wieder ein einzelnes Paar, und dies auch nicht alle Jahre. Von solchen hört man überdies noch aus mehreren Gegenden des Ostseestrandes oder einiger Östseeinseln, Fühnen, Bornholm und anderen, sie scheint aber dort nirgends in starker Anzahl vorzukommen. Die Eier liegen auf dem blossen Sande in einer kleinen Vertiefung, welche sich die Vögel selbst scharren, nicht ganz nahe am Wasser, doch im Angesichte desselben.?) Die Nester sind, wo ihrer viele beisammen nisten, kaum 2 Fuss eins von dem andern entfernt. Es liegen in einem Neste meistens zwei, öfters jedoch auch drei Eier, aber nie mehr als drei Stück?) die, wie mir versichert wurde, in noch nicht vollen drei Wochen ausgebrütet werden. Diese Eier sind grösser als Hühnereier, sie haben vielmehr ganz die Grösse der Eier von zahmen Enten und auch die Form derselben. [— Sieben Stück der ReYschen Sammlung messen im Durchschnitt 62,7 x 42,9 mm; das Maximum beträgt 64,3 x 41,5 und 60,5 44,9 mm; das Minimum 60,5>< 44,9 und 64,3 x41,5 mm; das Gewicht 4,323 g. Zwei Gelege, die SANDMAN untersuchte, maßen: 64,5x<41,5, 62,6x41,8 und 61,9%x43,5, 60,5>< 44,9 mm und drei Eier aus der Sammlung HoLLANDTs (jetzt im Herzog- lichen Naturhistorischen Museum zu Braunschweig) zeigen nach R. BLasıus’ Messungen folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser @Querdurchmesser Dopphöhe 61,5 mm 45,5 mm 27,0 mm 60,3 „ 43,8 „ 26,0 „ 62, 450 „ rt Ihre Schale ist ziemlich glatt, doch ohne Glanz, die Farbe schmutzig gelblich- oder bräunlichweiss, mit aschgrauen und schwarzbraunen Punkten und Flecken bestreut. Sie variieren in der Grundfarbe wie in der Zeichnung gar sehr; denn erstere 1 Über den jetzigen Zustand dieser Kolonie sowie bezüglich der folgenden Angaben über ehemalige 7 an der Ostsee vergleiche Seite 173. J. R. 2) Wo es felsige Ufer giebt, sollen sie die Eier auf den kahlen Felsen so auf einigen Schären der Ostsee in der Nähe der schwedischen Naum. | ®) Zwei ist entschieden die regelmässige Anzahl; Lister Kolonie ein einziges Mal drei Eier in einem Neste gefunden wurden, so vermute ich, dass in diesem Falle ein anderes Weibchen das dritte Ei hinzugelegt hatte. J. R. legen, Küste. und wenn in der Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LiEPECH. geht vom schmutzigen Weiss ins Rostgelbliche, Rostbräunliche, Roströtliche, bald mit, bald ohne einen grünlichen Schein über; letztere besteht oft in lauter Punkten verschiedener Grösse, manchmal sind dazwischen grosse Flecke eingestreut, ein andermal wenig Punkte und viel Flecke, dann mal wieder um- sekehrt, oft haben sie viel, manchmal sehr wenig Zeichnung; kurz, es herrschen darin gar mannigfaltige Abänderungen, ob- gleich es damit noch nicht so arg wie bei manchen anderen Wasservögeln ist. Erst in der zweiten Hälfte des Mai fangen sie an zu legen.!) Man nahm ihnen früher auf Sylt mehrmals die Eier und liess sie erst acht bis vierzehn Tage vor Johannis brüten. [— Seit Jahren ist das Eiersammeln auf List überhaupt ver- boten, auf ROHWEDERs Antrag lässt die königliche Regierung in Schleswig die interessante Vogelwelt der Dünen durch einen Gendarm während der „Eiersaison“ überwachen, und die Feuer- meister auf dem Ellenbogen, zwischen deren beiden Leucht- türmen sich der Brutplatz der kaspischen Seeschwalbe befindet, haben Befehl, die kleine Kolonie nach Kräften zu schützen, Trotzdem werden die Eier fast alljährlich genommen, und zwar — da ihre geringe Anzahl den gefährlichen Raubzug für Küchenzwecke nicht mehr lohnt — meist von rücksichtslosen „Dammlern“. —] Wenn man sich den Eiern nähert, so fliegen einem beide Gatten mit grässlichem Geschrei über dem Kopfe herum, und das Männchen ist hierbei dreister als das Weib- chen.?’) Die Jungen, welche mit oben graulichem, schwarz- geflecktem, unten weissem Dunenkleid bekleidet sind, laufen bald aus dem Neste und werden von den Alten mit kleinen Fischen gross gefüttert; auch das brütende Weibchen wird oft vom Männchen mit dergleichen versorgt. Beim Legen oder Bebrüten der Eier hat eine wie die andere ihr Gesicht dem Wasser zugekehrt [—; dies jedoch nur bei stillem Wetter oder leisem Winde; bei stärkerem Winde richten sich alle dem frischen Luftzuge entgegen. —] Sie brüten zwar mit vielen Unterbrechungen, sitzen jedoch viel öfter über den Eiern als andere Gattungsverwandte. Sind sie einmal aufgescheucht, so dauert es lange, ehe sich einzelne wieder auf die Eier herab- lassen; denn solche Störungen machen auf diese scheuen Vögel einen anhaltenderen Eindruck als bei vielen anderen, und die Besorgnis, dass öfteres Beschiessen ihnen einen Brutplatz so verleiden könne, dass sie solchen im nächsten Jahre nicht wieder blanke wie die Leute auf Sylt behaupteten, schaut mir nicht ganz grundlos. Feinde. Ausser den Menschen sind mir keine bekannt. Gegen die grossen Möven und anderen Raubvögel, die ihren Eiern oder Jungen nachstellen, verteidigen sie sich, wenn sie gerade anwesend, mit ihrem grossen Schnabel nicht ohne Erfolg; ob nicht aber zuweilen der Seeadler eine Alte erwischt, ist nicht unwahrscheinlich, da sie, wie ich selbst gesehen, mit anderen grösseren Seevögeln viel Furcht vor ihm bezeigen. Dass sie zuweilen den grösseren Edelfalken zur Beute dienen mussten, ist indessen auch schon vorgekommen. Hohe Fluten schwemmen ihnen oft die Eier weg, wie zwei Tage vorher, als ich jene herrliche Kolonie besuchte, mit allen dieser und der Brand-Meerschwalbe geschehen war. Wiederholt sich ein solches Unglück mehrmals, besonders gegen Ende der Fortpflanzungszeit, so muss eine solche Kolonie ZU- weilen für dieses Jahr ganz ohne Nachkommen bleiben. [— MM ihrem Gefieder wohnen Docophorus melanocephalus, Nirmus caspius und Nirmus griseus; im Innern Spiroptera acanthocephalica MOLIN und Hemistomum commutatum DiEsING, sowie Hemistomum pilea- tum BRANDES. —] 1) Sanpman fand auf Karlö Gelege 1886 am 25. Juni, 1887 am 13. Junl, 1888 am 1. Juni. J. R. °) Um die Eier ist das Männchen, um die Jungen mehr das Weibchen bekümmert. Diese Erfahrungssache habe ich bei allen Seevögeln bestätigt gefunden. Von Meerschwalben, Möven, Austernfischern und anderen mehr habe ich bei den Eiern stets Männchen und nur selten ein Weibchen 30 schossen; bei den Jungen war es umgekehrt. Naum. "sqjemuyas sqjemyassag- De Kun pw eseyue [ ere199 Sean UIS} BUIIIG 3 a b n PsseH] eII | 1JO]IU eUI9IG 1 I9pIoypuean [ nn > 0. Se R BRAIN SUN. „ORTE NE E ae ii L u Pe ph ae i z eahe a I 7 g EN ae een ui, . FR Rene e uhr er ea Er re [ een en ar nen Dual a) DE Die Raub-Seeschwalbe, Sterna tschegrava LEPECH. Jagd. Da sie sehr scheu und vorsichtig sind, so ist ihnen schwer schussmässig beizukommen. Kann man sie nicht ungesehen beschleichen, wozu es am Meere nicht oft Gelegenheit giebt, so flieht die einzelne den Schützen schon auf mehr als hundert Schritt, streicht weit in die See hinaus und kommt lange nicht wieder zurück. Sie aus einem Hinterhalte zu belauern, hält in der Nähe der Brutplätze und da, wo man sie öfters hin und her fliegen sieht, eben nicht schwer. Am leichtesten bekommt man sie freilich auf ihren Brutplätzen, wenn sie Eier oder Junge haben. Hat man aber erst einige Male geschossen, so werden sie auch hier vorsichtiger, und man muss ihnen dann eine Zeitlang Frieden lassen, ehe man wieder mit Sicherheit etwas gegen sie unternehmen kann; denn sie haben ein zähes Leben, ein dichtes Federkleid, und vertragen daher einen tüchtigen Schuss, zumal ihre Grösse leicht das Auge täuscht, dass man zu weite Schüsse wagt, die dann nicht tödlich werden. — Sind sie angeschossen, so fliehen sie, wie die meisten Seevögel, dem Wasser zu und gehen so dem Schützen verloren. Flügellahm geschossene beissen fürchterlich um sich und können mit ihrem scharfen Schnabel blutrünstig und sehr schmerzhaft verwunden. Fallen solche ins Meer, so schwimmen sie sehr ungeschickt, tauchen nicht und suchen baldmöglichst wieder an das Land zu kommen; auch ander- artig verwundete thun dies und warten ihr Ende lieber am Lande ab. 177 Nutzen. Man sammelt ihre Eier und verspeist sie. Diese Eier haben einen sehr dunkel orangegelben Dotter und sind sehr wohlschmeckend, weil sie nicht nach Meerwasser schmecken, ein unangenehmer Beigeschmack, der beim Genuss der grossen Möveneier manchem widerlich wird. Wo diese grossen Eier eine bestimmte Zeit lang planmässig gesammelt werden, wie dies auf der Nordspitze Sylts mit denen dieser, wie sämt- licher dort nistender Seevögel früher der Fall war, geben sie dem Besitzer des Stückes Land, auf dem solche Meerschwalber- kolonie nistet, einen bedeutenden Ertrag. — Das Fleisch ist zähe, soll unschmackhaft sein und wird für gewöhnlich nicht gegessen. Die Schwanzfedern taugen zum Zeichnen, und die übrigen Federn würden zu Betten zu benutzen sein, wo diese Vogelart freilich häufiger vorkommen müsste. Schaden. Dass sie Fische fressen, kann ihnen an den Seeküsten und Inseln nicht hoch angerechnet werden, weil sie doch nur kleine Fische fangen, auf die der Mensch dort keinen Wert lest. Ein anderes möchte es sein, wenn sie häufiger ins innere Deutschland kämen und die Gewässer mit den sogenannten zahmen Fischereien besuchten, da würden sie bald in Verruf als schädliche Fischräuber kommen. DBeneidet man doch unseren kleinen Meerschwalben die kleinen Ukelei und Stich- | linge, die sie aus unseren Flüssen und Teichen holen. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Die russbraune Seeschwalbe, Sterna fuliginosa Gmer Tafel 14. Fig. 3. Alter Vogel im Sommerkleid. Tafel 33. Fig. 1—9. Eier. [— Fremde Trivialnamen: Englisch: Sooty Tern, auf Ascension: Wide-awake. Italienisch: Rondine di mare fuliginosa, Beccapesci oscuro, Sterna indiana. Französisch: Sterne fuligineuse. Spanisch: Gaviota monja. —|] Sterna fuliginosa. Gmel. Linn. Syst. XIIL p. 605. n. 11. — Lath. Syn. III. 2. p. 352. n. 4& — Wilson, Am. Orn. ed. Jard. II. p- 182. tab. 72. fig. 7. — |— Sterna fuliginosa. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. XIII (Nachträge) p. 267 Taf. 387 (1860). — Sterna fuliginosa. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 463 (1867), — Hydrochelidon fuliginosa. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1458 (1869-74). — Sterna fwliginosa. Dresser, Birds Eur. Tom. VIIL p. 307. pl. 587 (1877). — Sterna fuliginosa. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. IH. p. 562 (1882—84). — Onychoprion fuliginosum. Giglioli, Avif. ital. p. 415 (1886); p. 630 (1889), — Sterna fuliginosa. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 94 (1892). — Sterna fuliginosa. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 106 (1895). — Sterna fuliginosa. Reichenow, Vög, Afr. I. S. 53 (1900). — Sterna fuliginosa. Dresser, Man. of Palaearetie Birds. II, p. 818 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXIIL Fig. 5 (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 32. Fig. 5 (1854). — Milne Edwards und Grandidier, Hist Nat. Madagas., Ois. II. p. 660. pl. 308. Fig. 7, 7a (1885). — Seebohm, Hist. of Brit, Birds III. p. 292. pl. 48 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 104. pl. 30 (1896) —|] Kennzeichen der Art. Der lange schlanke Schnabel und die Füsse schwarz. Die Oberseite ist schwarzbraun, die Unterseite weiss. Die Schwanz- federn braungrau, nach der Wurzel heller. Beschreibung. Sie erreicht eine Länge von ungefähr 38 cm; der Schwanz ist 17,5 cm; der Flügel vom Bug bis zur Spitze 28 cm lang. Der Flügel ist sehr schlank und spitz, die erste Feder am längsten, die oberen Deckfedern ragen fast bis zur Spitze der achten vor, und die Mittelschwingen gegen 3 cm unter die oberen Deckfedern hinunter. Keine einzige Schwungfeder ist auf der Aussenfahne verengt. Der Schwanz ist tief gabel- spaltig, die Miitelfedern um mehr als 9,5 cm verkürzt, die äusseren Federn verschmälert zugespitzt. Die ganze Länge des Kopfes mit dem Schnabel. beträgt 1,5 bis 8,3 cm, die der Mundspalte 5 bis 6 cm, die der Firste 4 bis 4,2 cm. Schnabel und Füsse sind schwarz. Der Lauf 2,6 cm, die. Hinterzehe 6 mm, deren Kralle 4 mm, die Mittel- zehe 2,2 cm und deren Kralle 8 mm lang. Die Vorderzehen sind durch ganze, tief eingebuchtete Schwimmhäute verbunden. Die Alten haben eine bis auf den Hinterhals ausgedehnte schwarze Scheitelplatte; die Stirn, die Zügel bis zur Gegend der Nasenlöcher und ein jederseits von der Stirn bis vor die Augen ausgedehnter Streifen weiss. Die Zügel dicht vor den Augen bis an den Öberkieferrand schwarz. Die ganze Ober- seite, der Rücken, Bürzel und die oberen Schwanzdeckfedern und Oberflügel dunkel braunschwarz. Die Wangen, Halsseiten und die Unterseite rein weiss. Die Schwungfedern seitlich schwarz, auf der verdeckten Innenfahne heller. Die unteren Flügeldeckfedern weiss. Die Schwanzfedern braungrau, auf der Unterseite und der verdeckten Innenfahne heller gefärbt. Bei den Jungen ist das Gefieder trüb braun, auf dem Oberflügel und dem Hinterrücken mit scharf abgesetzten weissen Federspitzen. Die Unterseite ist licht graubraun, auf dem Bauche und den unteren Schwanzdeckfedern weisslich. Die Flügel- und Schwanzfedern schwarz; die Mittelschwingen und die Schwanzfedern mit schmalem, weissem Endsaum. [— Das drei Tage alte Junge ist auf der Oberseite gräulich- braun und schmutzig weiss gestreift, am dunkelsten an der Stirn, und auf der Unterseite hauptsächlich schmutzigweiss. Das eben ausgekrochene Junge hat nach GUNDLACH Schnabel und Beine schwarzbraun, Embryohöcker weiss, die Schwimm- haut blass schwarzbraun, das Auge dunkelschwarz. Der schwarze Flaum, der den Vogel bedeckt, hat am Halse, Rücken, Oberkopf und an den Flügeln gelblichweisse Spitzen, die dem Gefieder ein fleckiges Aussehen geben. Das abgebildete Exemplar ist ein alter Vogel vom Juli 1896 aus Laysan, befindlich im RoTHscHILDschen Museum. Aufenthalt. Diese Seeschwalbe ist über einen grossen Teil der Küsten der tropischen und subtropischen Meere verbreitet. Sie ist auf dem Grossen, dem Atlantischen und dem Indischen Ocean beobachtet worden. Nach QUERHOENT ist sie besonders zahl- reich während der Fortpflanzungszeit auf Ascension. Auf Diego Garcia kommt sie nach FınscHs Mitteilungen im Juni an und bleibt bis November. THIENEMANN erwähnt in der Rhea {8 S. 24), dass er im Jahre 1843 auf der Fahrt von Hamburg nach Helgoland jenseits Neuwerk fünf grössere, dunkel gefärbte See- schwalben, die er für Sterna fuliginosa habe halten müssen, neben dem Schiffe habe fliegen sehen. Am 15. Juni 1854 wurde die Art lebend bei Verdun und in demselben Jahre bei Magde- burg gefangen. Auch in Grossbritannien ist sie fünfmal erbeutet worden (1853, am 21. Juni und 17. Juli 1869, im Oktober 1885 und im Oktober 1903) und einmal in Italien, in Piemont, am 28. Oktober 1862. Eigenschaften. DE QUERHOENT berichtet, dass ihre Stimme aus einem scharfen Schrei bestehe, der dem der Schleiereule sehr ähnlich sei, AUDUBON bezeichnet sie mit den Silben 0oo—ee. Ihr Flug ist sehr schnell und reissend und sie hält sich gern nicht allzu- weit von der Küste auf. Sonst finden wir über ihre Eigen- schaften nichts besonderes zu erwähnen. Fortpflanzung. Die russbraune Seeschwalbe nistet in grossen Kolonien und legt ihre Eier auf die Erde ab. Fast stets findet man nur ein Ei, doch DE QUERHOENT und andere geben an, dass sie bisweilen, wenn auch selten, zwei lege. Die Eier sind gelblich mit braunen und fahlvioletten Flecken, die sich am dicken Ende häufen. 26 Eier der Reyschen Sammlung messen IM Die russbraune Seeschwalbe, Sterna fuliginosa GMEL. Durchschnitt 50,4 x 35,3 mm, im Maximum 54,2% 34,7 und 52x38 mm, im Minimum 46,3 x 34 und 51,6 x 32,4 mm. Ihr Durchschnittsgewicht beträgt 2,031 g. R. BLasıus beschreibt (Ornis III, S. 380) genau 18 Eier. Er giebt folgende Maxima und Minima an: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe Maximum 54,5 mm 37,8 mm 24,5 mm Minimum 46,7 „ 20,5 , Die Eier zeichnen sich nach ihm durch ein wenig stärkeren Glanz als die von Anous stolidus, eine mehr milchweisse Grund- farbe mit schwachem gelblichem Anfluge aus, ein deutliches Hervortreten und Überwiegen der leuchtend braun gefärbten oberflächlichen Flecken und relativ viel weniger mattgrau tieferliegende Flecken. Nach GUNDLACH (Journ. f. Ornith. 1857, S. 233) werden die Eier auf Cuba im Juni entweder auf dem blossen Felsen fast ausschliesslich der Sonne zum Ausbrüten überlassen oder unter einem Gebüsch ausgebrütet. In dem letzteren Falle kann man die Alten, da sie sich wegen ihrer langen Flügel nicht leicht aus dem Gesträuch erheben können, leicht mit der Hand greifen. Die Eier sind nach seiner Beschreibung bläulich oder blass lilafarben mit helleren und dunkleren, lilafarbenen, rost- braunen und schwarzen Flecken oder Streifen, besonders am stumpfen Ende, doch findet man auch Eier mit graubräunlich- weissem Grunde. SEEBOHM schreibt über das Brüten der russbraunen See- schwalbe auf Ascension: „Die Ausdehnung der Insel ist un- gefähr 88 Quadratkilometer, und verschiedene Vögel brüten da: Tölpel, Tropik- und Fregattvögel, sowie drei oder vier Arten Seeschwalben. Von den letzteren ist die russbraune See- schwalbe die zahlreichste. Sie brütet in drei Kolonien. Eine von diesen, weit grösser als die anderen, liegt in einem ge- schützten Thale. Die Brutzeit wechselt sehr in den verschiedenen Jahren, man kann aber sagen, dass sie in der unseres Winters liegt. Sie wird künstlich verlängert durch die Wegnahme 179 zahlreicher Eier, 2000 bis 3000 am Tage. Infolgedessen müssen die Vögel zahlreiche Eier legen, wahrscheinlich in Pausen von einer Woche oder mehr, bis sie das Glück haben, einen Winkel zu finden, in dem sie brüten können. Die Eier und Jungen sollen den Erdboden so dicht bedecken, dass es meist unmöglich ist, zwischen ihnen hindurchzugehen, ohne auf sie zu treten. Es wird behauptet, dass das Gelege nur aus einem Ei bestehe. Aber das ist sicher die Folge des fortgesetzten Eierraubes, der so lange ausgeübt wird, bis die Kraft, Eier zu produzieren, erschöpft ist. HuMmE, der den Vogel auf den Lakkadiven brütend fand, giebt an, dass drei Eier das volle Gelege sind.“ Auch AUDUBON sagt, dass die russbraune See- schwalbe, wenn sie ungestört ihre Fortpflanzungsgeschäfte er- ledigen kann, auf den Tortugas-Inseln drei Eier lege. Dagegen berichtet FınscH, dass das Gelege auf Diego Garcia stets nur aus einem Ei bestanden habe. Auch alle anderen Beobachter stimmen darin überein, dass sowohl die russbraune Seeschwalbe, wie auch die ihr am nächsten Verwandte Sterna panayensis stets nur ein Ei lege. Das Dotter ist nach demselben Forscher hoch orangerötlich und unterscheidet sich dadurch deutlich von dem des Anous-Eies, das gelb ist. Die Vögel waren auf Diego Garcia sehr wenig scheu und liessen sich auf dem Neste bis auf sechs Schritt und weniger nahe kommen, wie sie bald wieder zu dem Ei zurückkehrten, sobald man sich etwas entfernt hatte. Sobald die Jungen ausgebrütet und Hlugfähig sind, verlassen die Vögel Diego Garcia, bleiben in See und kommen nie mehr ans Land zurück. FINScH schliesst daraus, dass auf Diego Garcia eine bestimmte Brutzeit statt- findet (Ornis III, S. 368). Feinde. In ihrem Gefieder wohnen Docophorus melanocephalus und Nirmus birostris. Auf Diego Garcia sind nach Finsch die einzigen Feinde ausser den Eingeborenen deren Hühner, doch werden im ganzen nur wenig Eier genommen. —| [— Anhang. Der gemeine Noddi, Anous stolidus (L.). Tafel 33. Fig. 10—18. Eier. Fremde Trivialnamen: Englisch: Noddy. Französisch: Noddi commun, Mouette brune, Noddi Niais. Sterna stolida. Linn., Syst. Nat. Ed. X. p. 137 (1758). — Megalopterus stolidus. Keys. u. Blas., Wirb Eur. p. XCVIII (1840). — Sterna stolida. Schlegel, Rev. erit. p. OXXXI (1844). — Anous stolidus. Degl. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. II. p. 445 (1867). — Anous stolidus. Heuglin, Vög, N.-O.-Afrik. II. Ed. II. p. 1450 (1869— 74). — Anous stolidus. Yarrell, Brit. Birds 4 Ed. III. p. 567 (1884). — Anous stolidus. Brehm, Tierleben , III. Aufl. III. p. 103 (1892). — Anous stolidus. Dresser, Birds Eur. Tom. IX. p. 424 (1896). — Anous stolidus. Cat. Birds Brit. Mus.XXV. p. 136 (1896). — Anous stolidus. Reichenow, Vög. Afrik. I. S. 74 (1900). — Anous stolidus. Dresser, Man. of. Pälaearetiec Birds. UL p. 819 (1903), Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXI. Fig. 4 (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 3. Fig. 4 (1854). — Milne Edwards u. Grandidier, Hist. Nat. Madagas. Ois. II. p. 658. pl. 308. Fig. 4 (1885). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p: 294. pl. 49 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 105. pl. 31 (1896). Kennzeichen der Art, Scheitel grau, Schnabel zweimal so lang wie der Lauf, die grösste der Flügeldeckfedern erster Ordnung etwas kürzer als die achte der grossen Schwungfedern und viel länger als die neunte. Beschreibung. Beim alten Vogel ist der Kopf oben aschgrau, an den Seiten der Stirn in Weiss übergehend, auf dem Kopfe dunkelgrau. Die Zügel sind schwarz, die Wangen und die Kehle bräunlich aschgrau. Das ganze übrige Gefieder, die Flügel und Steuerfedern schwärzlichbraun, nur an den ver- schiedenen Teilen des Körpers mehr oder weniger dunkel. Schnabel und Füsse schwarz. Die jungen Vögel haben eine weniger weisse Stimm; das Auge ist von einem schmalen weissen Bande umgeben; die Wangen, die Kehle und das ganze übrige Gefieder dunkelbraun, die Schwungfedern und Steuer- federn schwärzlichbraun, der Schnabel schwärzlich und die Füsse braun, Ein Dunenjunges von fünf Tagen aus Britisch Honduras zeigt Stirn und Scheitel mattweiss, die Zügel schwärzlich, die Oberseite mäusebraun, Nacken und Kehle am dunkelsten, die Unterseite fahler. Ein anderes eben ausgeschlüpftes ist fast gleichmässig russbraun. Aufenthalt. Der Noddi wohnt im tropischen und subtropischen: Amerika, be- sonders auf der atlantischen Seite, aber auch am Grossen Ocean, im Atlantischen Ocean bis hinab nach Tristan d’Acunha, im subtropischen Afrika und auf den Inseln des Indischen Oceans und in Australasien bis hinab zu 35 Grad südlicher Breite. In Europa ist er mehrfach beobachtet worden, und zwar soll er zweimal in Irland und zweimal in Frankreich festgestellt worden sein, Lebensweise. Der Noddi ist ein sehr zutraulicher Vogel, der in grossen Schwärmen lebt und unter fortgesetztem Schreien fischt. Seine Lebensweise ist eine halb nächtliche. Fortpflanzung. Er nistet gewöhnlich auf Bäumen, bisweilen aber auch auf dem blossen Erdboden, und legt ein rötlichgelbes Ei,t) das mit vielen kleinen braunroten und grauvioletten oder purpurfarbenen Flecken und Punkten versehen ist. Es misst nach DEGLAnD und GeERBR 48 bis 50 zu 34 bis 35 mm. 20 Eier der Reyschen Sammlung haben ein Durchschnittsmaßs von 51,07 35,21 mm, das Maximum liegt bei 53,6 33,7 und 51,2><37,2 mn, das Minimum bei 48%x33,6 mm. Das Durchschnittsgewicht beträgt 2,4118. R. Brasıus giebt eine genaue Beschreibung von acht Eiern (Ornis II, S. 386). Es betrug bei diesen das Maximum im Längsdurchmesser 55,4 mm, im Querdurchmesser 27 mm, in der Dopphöhe 26,5 mm, das Minimum ent- sprechend 49,5, 34,3, 21,5 mm. —|] ') BÄDEKERs Angabe von zwei bis drei Eiern beruht auf einem rn ER; Ei. II. Unterfamilie. MöSöven, Larinae. Schnabel: Hart; nicht kurz, nicht lang; meistens stark, selten schwächer; bis gegen das Ende der grossen Nasen- höhle gerade, dann die Firste mehr oder weniger bogenförmig in die etwas überragende Spitze ausgehend; der Kiel bis an das Ende der langen Spalte gerade, dann ein deutliches, stumpfwinkliges Eck bildend und von da mehr oder weniger schräg in die Spitze aufsteigend; im ganzen hoch und schmal, über den Nasenlöchern schmäler als unter denselben; die Schneiden gerade, spitzewärts etwas bogenförmig, etwas eingezogen und scherenartig übereinandergreifend, sehr scharf; der weite Rachen bis an das Auge gespalten, die häutigen Mundwinkel dehnbar; die Zunge fleischig, schmal, unten rund oder gekielt, oben mit einer Längsfurche, die harte Spitze oft geteilt. Nasenlöcher: Seitlich, in einer grossen länglichen Höhle, ganz vorn und nach unten geöffnet, also fast in der Schnabelmitte; ritzartig, aber vorn erweitert; durchsichtig. Füsse: Mittelgross, nicht schwach; meist mit schlankem, seitlich zusammengedrücktem Lauf; vierzehig; die drei mittel- langen Vorderzehen durch volle Schwimmhäute verbunden und mit zum Teil aufliegenden, kurzen, starken, unten ausgehöhlten, scharfrandigen und zugespitzten Krallen; die freie Hinterzehe etwas über dem Zehenballen eingelenkt, kurz und schwächlich, bei manchen nur rudimentär. Der häutige Überzug ist auf dem Spann herab in eine Reihe grosser, hinten in eine Reihe kleinerer, mitten auf den Zehenrücken in schmale Schilder, übrigens in ganz kleine Schildehen geteilt; so auch über der Ferse der nackte Teil des Unterschenkels; die Schwimmhäute zart gegittert; die Zehensohlen noch feiner genarbt. Flügel: Gross, lang, breit, mit schmaler Spitze, manchen Raubvogelflügeln ähnlich; mit langen Armknochen und Schwungfedern, von denen die erste die längste; alle mit starken, fast geraden, nur die mittelsten der zweiten Ordnung mit säbelförmig gebogenen Schäften. Schwanz: Mittellang, breit, meist mit geradem Ende, aus zwölf starken, breiten, am Ende abgerundeten oder fast gerade abgeschnittenen Federn bestehend; niemals mit Gabelspiessen. Das kleine Gefieder ist sehr dicht, am Unterkörper dick und pelzartig, sehr weich, meist zerschlissen und ohne deut- liche Umrisse, von ebenso zartem Äussern, aber eine weit reichere Bedeckung bildend als bei den Meerschwalben. Die Möven bilden eine gut gesonderte, an Arten sehr zahlreiche Gattung, die an Gestalt, Farbe, Lebensart und Aufenthalt zwar viele Ähnlichkeit mit der Gattung Sterna hat, jedoch in vielen Stücken auch wieder sehr abweicht, obgleich eine Abteilung sich letzterer in der Schnabelbildung zu nähern scheint. Der Gattung Procellaria ähneln die Möven noch ent- fernter. Mit der Gattung Stercorarius, obgleich die Arten dieser der Gattung Larus sonst beigezählt wurden, haben sie noch weniger gemein. Ihr stärkerer, spitzewärts von oben mehr hakenförmiger, von unten mit einem viel grösseren Eck versehener Schnabel, — ihre grösseren und höheren Füsse mit den vollen Schwimmhäuten, — ihre viel breiteren, vorn weniger sichelförmigen Flügel, — ihr fast gerade abgeschnittener Schwanz, — endlich ihr mehr erhöhter Scheitel, etwas längerer und stärkerer Hals und robusterer Körperbau unterscheiden die Möven auffallend genug von den Meerschwalben, so wie diese Verschiedenheiten auch eine andere Lebensweise bedingen; denn sie fliegen zwar auch sehr leicht, viel und mit Ausdauer, gehen und schwimmen aber auch so, was jene nicht können, nähren sich daher auch auf eine ganz andere Weise. Die Grösse der Mövenarten ist sehr verschieden; wenn die kleinsten die einer Dohle nicht übertreffen, so sind unter den grössten manche, welche die eines Adlers mittlerer Grösse erreichen. Die meisten Arten wechseln auch individuell sehr in der Grösse, was bei den grösseren oft sehr auffallend ist und in Sammlungen leicht eine Vermehrung der Arten herbei- führen kann, die in der Natur nicht existieren. In dieser Gattung ist die weisse Farbe durchaus die vorherrschende, vorzüglich haben sie alte Vögel aller Arten in der blendendsten Reinheit. Eine zweite allgemeine und eigentümliche Farbe ist ein — auch bei den Meerschwalben ähnlich vorkommendes — sanftes bläuliches Aschgrau (Mövenblau), durch alle Abstufungen, einerseits in Weiss, andererseits bis in Schiefergrau und Schwarz übergehend und die verschiedenen Arten charakterisierend; es bedeckt gewöhnlich nur den Mantel des Vogels. Schwarz haben bei den meisten Arten die Flügelspitzen. An dieser allgemeinen und nach einerlei Muster zusammengestellten Färbung des Mövengefieders scheint die schaffende Natur besonderes Wohlgefallen gehabt zu haben, indem sie in den verschiedenen Arten dieselben Zeichnungen so oft wiederholte; man vergleiche z. B. L. minutus mit melamocephalus, glaucus mit leucopterus, canus mit argentatus, fuscus mit marinus und andere. — Der Kopf ist. bei der grossen Mehrzahl von Arten im Sommerkleide weiss, bei manchen braun, bei noch anderen schwarz, und zwar nicht bloss der Scheitel, sondern der ganze Kopf; im Winterkleide anders, bei jenen bis auf den Hinterhals hinab braun gefleckt, bei diesen weiss; denn alle Mövenarten mausern jährlich zweimal, aber sie sind im Winter gewöhnlich nur am Kopfe und Halse anders gefärbt als im Sommer. — Ehe sie jedoch diese beiden beständigen, jährlich zweimal wechselnden Kleider erhalten, vergehen zwei bis vier Jahre; denn das Jugendkleid ist ganz anders, bei allen braun gefleckt, entweder in grossen Partien oder an fast allen Teilen; das vom zweiten Jahre ist dem wieder ähnlich, das des dritten diesem teilweise auch noch, und die braun gefleckte Zeichnung verliert sich von Jahr zu Jahr, bis sie in die der Alten übergeht, wobei der Schwanz von allen Teilen am letzten seine schwarz gefleckte Zeichnung verliert und bei allen europäischen Arten rein weiss wird. Fast alle Arten haben im 182 II. Unterfamilie. Möven, Larinae. Jugend- wie im Winterkleide vor dem Auge ein aus borstigen Federchen öder blossen Federschäften bestehendes Schwarzes Fleckchen. — Mit dem Gefieder verändert sich auch die Schnabelfarbe. Sie ist im ersten Jahre meist schwarz; dies nimmt in dem folgenden ab, und sowie das Gefieder dieser Vögel zur einen Hälfte noch die Farben der Jungen, zur anderen aber schon die der Alten hat, ist er nur noch gegen die Spitze hin schwärzlich, endlich dies nur noch in kleinen Blecken, bis er sich in einem gewissen Alter bei vielen Arten ganz gelb oder rot färbt. Das prächtige reine Gelb des Schnabels der grossen Arten mit einem hochroten Fleck am Eck der Unterkinnlade geziert, die lebhaft, meistens gelb gefärbte Iris der mittelgrossen Augen mit den orangefarbenen Lidern und Mundwinkeln, das blendende reinste Weiss des Gefieders mit dem bläulichen oder schwarzen Mantel u. s. w. gewähren den alten Vögeln trotz aller Einfachheit eine Schönheit ohnegleichen, auf der das Auge mit Wohlgefallen ruht, wozu bei mehreren kleineren Arten zur Fortpflanzungszeit noch ein zarter Anflug des weissen Gefieders der unteren Teile vom lieblichsten Rosenrot oder von Aurorafarbe kommt und das hinlänglich ersetzt, was ihnen gegen die grossen sonst an Schönheit abgehen möchte; leider ist jedoch dieser blosse Hauch jener lieblichen Farben sehr vergänglich und verschwindet nach dem Tode bald und spurlos aus dem Gefieder, vermutlich, weil der zarte Farbstoff vom Fette des Vogels gebildet wurde, indem er nur bei fetten Individuen vorkommt, zu seinem Entstehen aber auch wohl die Begattung u.s. w. beitragen mag. Übrigens ist in der ganzen grossen Gattung nicht eine Art, von der man in ihrem hochzeitlichen Kleide sagen möchte, sie stände den anderen an Schönheit nach; jede hat ihre anziehenden Eigentümlichkeiten; aber nur der lebende Vogel spricht unsere Bewunderung in so hohem Grade an; sehr viel verschwindet bald nach dem Ableben, noch viel mehr nach dem Austrocknen der Haut, und ist das zarte, unvergleichlich saubere Mövengefieder einmal beschmutzt, von fremd- artigen Stoffen durchdrungen, so wäscht es keine menschliche Kunst wieder rein, und seine Schönheit ist für immer dahin. Die herrschende Gleichförmigkeit in der Färbung des Gefieders bei den zahlreichen Arten dieser Gattung macht das Unterscheiden derselben sehr schwierig, zumal bei Vögeln in den jugendlichen und mittleren, d.i. braun und grau gefleckten Kleidern, und weil die Möven nicht allein langsam zu einer bleibenden Grösse heranwachsen und die Jüngeren oft viel kleiner als die älteren sind, sondern weil auch aus unbekannten Ursachen gewaltige Verschiedenheiten in der Grösse unter alten Vögeln einerlei Art, ja oft auch an Schnabel und Füssen vorkommen, wie man unter der Menge an den Brutplätzen einer Art zur Genüge sehen kann. Darum muss das Unterscheiden der Arten für den, der sie nie im freien Leben beobachten konnte, grosse Schwierigkeiten haben und ihn oftmals in Zweifel lassen, weil nur ein sehr geübter Blick im stande ist, sich zwischen diesen schwankenden Kennzeichen zurecht zu finden, die zudem oft zu subtil sind, als dass sie verständlich genug beschrieben werden könnten. Das Nestkleid der jungen Möven ist eine dichte Bedeckung von weichen Dunen, gewöhnlich graulich, braun oder schwärzlich verschiedentlich, aber nicht stark gefleckt, unten weiss. Der Schnabel ist bei solchen sehr klein, kurz und die spätere Gestaltung, die sich erst nach Jahren vollig entwickelt, noch nicht zu erkennen. An den kleinen Füssen sind die Läufe oben gegen das Fersengelenk unförmlich dick, wie angeschwollen, mit einer Längsfurche mitten auf dem Spanne und sehr weich. | Beide Geschlechter unterscheiden sich bloss in der Grösse etwas; das Männchen ist zuweilen bedeutend, gewöhnlich nicht viel grösser als das Weibchen, öfters sind auch beide von gleicher Grösse. Dass verschiedene Individuen von einerlei Art ohne Bezug auf das Geschlecht häufig auffallend in der Grösse variieren, nimmt nicht wunder, wenn man weiss, dass ihre Eier so gern zur Speise aufgesucht und ihnen mehrere Gelege genommen werden, dass die Legekraft nach und nach er- schöpft wird, darum schwächlichere, zuletzt oft ganz kleine Eier gelegt werden, was an grösseren Nistplätzen sich alle Jahre bestätigt, und dass aus schwächlichen Eiern auch schwächliche Junge schlüpfen. Es ist daher nichts Ungewöhnliches, auch Männchen zu sehen, die viel kleiner als die allermeisten Weibchen sind. Manchmal ist bei ersteren auch der Schnabel grösser oder stärker und die Fusswurzel höher. Die Farben der nackten Teile sind fast immer prächtiger bei alten männ- lichen Vögeln als bei weiblichen, aber in den Farben des Gefieders finden sich keine Verschiedenheiten. Die Mauser der Möven hat viel Merkwürdiges. Das Dunenkleid der Jungen wird sehr bald von ordentlichem Ge- fieder verdrängt, zuerst am Rücken und an der Brust, dann an den Schultern, den Flügeln und dem Schwanze, dem Halse und zuletzt am Kopfe. Dieses Jugendkleid wird bei den kleinen Arten zum Teil, bei den grossen ganz mit in den Winter genommen, bis zur Frühlingsmauser im März und April, die bei ihnen zur Hauptmauser wird oder in sie übergeht, weil sie äusserst langsam fortschreitet und erst im nächsten (ihrem zweiten) Herbst beendet ist, also ein halbes Jahr dauert. Dieser Kederwechsel bringt den grossen Arten abermals ein dem Jugendkleide ähnliches, aber feiner geflecktes Kleid, das sie wieder mit in den Winter nehmen, im nächsten Frühjahr (ihrem dritten) erst abzulegen anfangen, den ganzen Sommer hindurch diese Mauser fortsetzen und sie erst im Herbst vollenden. Diese giebt ihnen dann ein Winterkleid, das dem der Alten bis auf den noch braun oder schwarz gesprenkelten Schwanz ganz ähnlich sieht, bis sie im nächsten F rühjahr (ihrem vierten) endlich ein dem der Alten ähnliches Frühlingskleid anlegen, das nun schon binnen ein paar Monaten fertig wird. Von jetzt an mausern sie bis an ihr Lebensende jährlich zweimal, im Herbst ganz vollständig, im Frühjahr nur das kleine Ge- fieder, besonders am Kopfe und Halse, und dieser Zeitpunkt tritt bei den grössten Arten wohl noch ein Jahr später, bei den kleinen dagegen wohl bis zwei Jahr früher als oben gesagt ein. Die Mannigfaltigkeit und Buntheit der jungen und jüngeren Möven muss begreiflicherweise nach dem gesagten ins Unendliche gehen, wenn man bedenkt, dass fast jeder Tag Federn von anderer Farbe und Zeichnung hervorbringt und die Vögel, nachdem sie in der Mauser und im Alter mehr oder weniger vorgerückt, auch mehr oder weniger mit anderen Farben gefleckt sind. Nur dann erst, wenn die jungen Möven das hochzeitliche Kleid der Alten angelegt haben, in ihrem dritten, vierten oder fünften Lebensjahre (die kleinen früher, die grossen später) sind sie zur Fortpflanzung ihrer Art reif oder zeugungs- fähig, und wahrscheinlich darum nicht früher, weil bis zu diesem Zeitpunkte jeden Sommer ein halbes Jahr hindurch der ununterbrochene Federwechsel ihre physischen Kräfte so sehr in Anspruch nahm, dass das Fortpflanzungsvermögen nicht auch zugleich mit ausgebildet werden konnte. Sie unterscheiden sich dadurch gar sehr von den Meerschwalben, die schon in ihrem zweiten Lebensjahre zur Fortpflanzung ihrer Art tüchtig sind. Die Möven sind über alle Teile unserer Erde verbreitet, doch häufiger in der kalten und gsemässigten als der heissen Zone. Die meisten Arten sind ungeheuer zahlreich an Individuen und häufig in Scharen beisammen, die grosse Flächen be- decken und deren Grösse Staunen erregt. Alle grösseren und grossen Arten bewohnen das Meer an seinen Küsten, Inseln, Klippen und Felsengestaden; von den kleinen kommen dagegen manche auch an stehenden süssen Gewässern und in Sümpfen vor, wo diese auch nisten, was jene nur am Meere thun. Diese sind Zugvögel und durchwandern auch das Festland, die grossen, teils Strich-, teils Zugvögel, machen ihre Reisen nur über und an dem Meere entlang, entfernen sich aber see einwärts gewöhnlich nicht über 150 km von den Küsten, weshalb sie den Schifffahrern ein Zeichen des nahen Landes sind, II. Unterfamilie. Möven, Larinae. 183 kommen dagegen aber an die Gewässer im Innern der Länder niemals oder nur als einzelne Verirrte und bloss in den Jugendkleidern. Ihre Gestalt ist nicht die überaus schlanke der Meerschwalben, doch keineswegs eine plumpe, vielmehr eine sehr gefällige; ihre Stellung auf festem Boden auch eine weit edlere, worin der starke Rumpf wagerecht auf den senkrechten, in der Ferse nicht gebogenen Beinen im Gleichgewicht ruht, der kaum oder nicht eingezogene, sanft gebogene, hoch aufgerichtete Hals den wagerecht gehaltenen Kopf und Schnabel trägt, die Enden der grossen Flügel, von starken Tragfedern unterstützt, sich über dem Schwanzende kreuzen und dieses nie sehr weit überragen. In übler Laune sinkt wohl auch die Brust etwas unter die Horizontallinie herab, und der Hals wird dazu stärker eingezogen, kann dies aber vermöge seiner Länge so stark nie werden als bei jenen. — Sie sind nicht wie die Meerschwalben ausschliesslich zum Fliegen geschaffen, sondern auch zum Gehen und Schwimmen eingerichtet. Sie gehen viel und leicht, nicht ohne Anstand, die grossen Arten in langsamen Schritten, die kleinen behender, und diese können auch ziemlich schnell laufen. Um sich auszuruhen, stehen oder sitzen sie bald auf steifen Füssen und stets auf der Spur (den Zehensohlen, Palma), bald auf die Brust niedergelegt, oft lange an einer Stelle, auf dem Lande oder auf Felsen, aber nie auf Bäumen; ruhen auch oft auf dem Wasser schwimmend, während sie bei diesem die Brust nie tief eintauchen, den Hals ziemlich einziehen, die Enden der Flügel aber sehr hoch tragen. Sie rudern auch recht gut, halten dies lange aus, selbst bei hohem Wellengange, und schwimmen nicht allein vorwärts, sondern wissen sich auch durch geschicktes Rudern und, ohne vom Winde getrieben zu werden, an einer Stelle zu halten, zumal wenn sie schlafen, was sie bald auf dem Wasser, bald auf dem Lande thun. Sie sind Tagvögel. — Tauchen können viele, aber nur, wenn sie sich aus der Luft aufs Wasser stürzen, wobei sie jedoch nie sehr tief unter die Oberfläche eindringen; aus dem Schwimmen vermag es keine. — Sie fliegen mit langsamen Flügelschlägen und oft schwebend, viel und anhaltend, leicht und schön, doch lange nicht so schnell und mit so vieler Abwechselung wie die Meerschwalben, die grossen Arten Bussarden, die kleinen Krähen oder Dohlen ähnlich; sie können ohne sichtliche Bewegung ihrer ganz ausgebreiteten Flügel und des Schwanzes in der Luft an einer Stelle still stehen und lange darin beharren, zumal bei etwas starkem Winde, den sie über- haupt nicht scheuen wie sie jeden Sturm mächtig zu bekämpfen verstehen, sich sehr sanft auf die Erde oder das Wasser niederlassen und sich ebenso und mit grösster Leichtigkeit wieder aufschwingen. [— Ja sie können auch in der ganz stillen Athmosphäre mit bewegungslos ausgebreiteten Flügeln zu beliebigen Höhen aufwärts schweben. (Vergl. die interessanten Beobachtungen GÄTKEs, Vogelwarte, S. 570 ff.) —] Die kleinen Arten sind lebhafter, weniger langsam und gemächlich, die grossen träger, ernster gestimmt, neidisch, raufsüchtig, obgleich ebenso gesellig und so gern in Vereinen der eigenen Art beisammen, als sie auch schwächere um und neben sich dulden. Misstrauen und Vorsicht zeigen sie überall in reichem Maße; sie scheuen den Menschen allenthalben, ausser an den Brutplätzen und da wo sie die Erfahrung lehrt, dass sie nichts von ihm zu fürchten haben und einen guten Fang machen können. Eine zugefügte Unbill vergessen sie sobald nicht wieder; sie scheuen den Ort, ja selbst die Person, die sich feindselig gegen sie benommen hatte. — Ihre Stimmen sind bald stark, bald schwächer schallende, kreischende, un- angenehme und widerliche, verschiedenartige, zum Teil krähenartige Töne, wovon sie hin und wieder „Seekrähen“ heissen. In Gesellschaft schreien sie ungewöhnlich viel, zumal an grossen Brutplätzen, und werden damit gar sehr lästig. Sie nähren sich von so vielerlei, doch meistens animalischen Stoffen, dass man sie fast unter die Allesfressenden zählen möchte, und die kleinen Arten füglich die Krähen oder Raben, die grossen die Geier und Aasvögel der Gewässer vorstellen. Fische sind freilich ihre Hauptnahrung und zwar nicht allein lebende, sondern auch tote und bereits in Fäulnis übergehende, selbst die blossen, von Menschen weggeworfenen Eingeweide derselben und Abgänge, sowie Fischrogen; ausser- dem aber auch Krustentiere, Schaltiere, Weichtiere, Würmer, Insekten und deren Larven, sowie kleine Säugetiere, kranke und tote Vögel, selbst von eigener Art, junge Vögel und Vogeleier, endlich Aas aller Art, im Notfall auch manche vegetabi- lische Stoffe. Die grossen Arten sind räuberischer Natur, die kleinen weniger, aber alle sind heisshungrige Vielfresser, voll- gestopft sehr träge, aber auch fähig, lange Hunger zu ertragen. — Sie fliegen beständig niedrig und langsam, gewöhnlich dem Ufer entlang oder über dem Wasser auf langen Strecken suchend hin und her, erlangen ihre Nahrungsmittel meistens durch Stosstauchen, dadurch aber nur oben oder sehr flach schwimmende Geschöpfe, sind besonders bei den Zügen der Fische und wo diese durch Phoken oder Raubfische vom Grunde gegen die Oberfläche aufgescheucht werden, auch bei der Ebbe sehr thätig, lesen vieles Gewürm auch schwimmend von der Oberfläche, anderes gehend am Ufer, sogar oft von Wiesen und Äckern auf, zanken sich häufig um die aufgefundene Beute und reissen sie einander vor dem Schnabel weg. Gierig verschlingen sie alles in grossen Portionen, zu deren Zerstückelung der starke, hakenartige Schnabel vortrefflich eingerichtet ist, was möglich ist indessen ganz, so kleine Vögel samt allen Federn, kleine Säugetiere mit Haaren und Knochen, kleine Crustaceen mit den Schalen, und ihr scharfer Magensaft lässt nur weniges unverdaut abgehen. Im weiten Schlunde werden die verschluckten Nahrungsmittel bald mit scharfem Schleim überzogen, doch geben sie solche im Schreck und bei anderen Veranlassungen durch Erbrechen leicht wieder von sich. Ihre Exkremente sind weiss, dünnflüssig, aber oft mit unverdaulichen Resten des Genossenen vermischt. Sie sind nicht selten recht fett, baden sich oft im Wasser und erhalten, so lange sie ge- sund sind, ihr zartes Gefieder ungemein reinlich und sauber. Die Möven nisten fast nie in vereinzelten Paaren, vielmehr stets in Kleinen und orösseren Vereinen, oft zu Hunderten, ja zu Tausenden beisammen, am Meere, auf Felsenabsätzen, Klippen und Schären, auf höheren oder niedrigen Inseln und flachem Strande, manche auch in Sümpfen und auf stehenden Gewässern im kurzen Schilfe und Binsen. Durch unaufhörliches Schreien und Umschwärmen sind ihre Brutplätze sehr belebt, und es giebt im Norden gar viele, wo die ruhenden Vögel die Felsen wie in einen weissen Schleier hüllen, die fliegenden eines solchen Vereins die Sonne fast verfinstern und mit ihrem Geschrei die Sinne betäuben. Ihre Nester sind stets nahe nebeneinander, bald ziemlich gross, bald kleiner, aber immer kunstlos oder sehr locker und nachlässig aus trockenen Wasser- und Strandpflanzen geflochten oder diese bloss aufeinander gehäuft. Ihre Eier sind gross, eigestaltig, die Schale stark, von grobem Korn, daher mit etwas rauher Aussenfläche, schmutzig und blassgrünlich, braungrünlich, grünbräunlich oder gelbbräunlich, aber nie weiss, immer aschgrau und schwarz- braun mehr oder weniger gefleckt, sehr selten ohne Flecke. Die Normalzahl der Eier ist drei, bei den grossen Arten oft nur zwei, bei den kleinen sehr selten auch vier. Sie werden von Männchen und Weibchen, die am Bauche einen oder einige Brut- fleecke haben, wechselweise drei Wochen lang, bei schönem Wetter nicht so anhaltend als bei schlechtem, bebrütet und von ihnen sehr geliebt, noch mehr aber die Jungen, die sie oft mit eigener Lebensgefahr verteidigen. Diese tragen ein dichtes, meist geflecktes Dunenkleid, laufen, wo ‘es sein Kann, sehr bald aus dem Neste und verbergen sich im Sande, hinter Erd- schollen, Steinen, in Höhlen oder unter Pflanzen, schwimmen im Notfalle auch oder bleiben im Neste, bis sie den Alten liegend talsen können, wachsen sehr schnell und werden von diesen aus dem Schlunde geätzt, indem sie Ran die Nahrungs- 184 II. Unterfamilie. Möven, Larinae. mittel aufwürgen und, so lange jene noch klein, in den Schnabel geben; wenn sie ausgeflogen sind, kümmern sie sich aber wenig mehr um sie. Wenn die Jungen erzogen sind, verlassen alle die Brutplätze, zerstreuen sich oder streichen scharen- weise, jedoch die Jungen von den Alten abgesondert, nach anderen Gegenden und endlich weiter weg. Ihren Feinden, den grossen Raubvögeln, Raubmöven, Raben und Krähen widerstehen die Scharen gewöhnlich mit vereinten Kräften, und diese fallen überhaupt über alle grösseren Vögel her, die sich ihren Brutplätzen nähern, und suchen sie mit Schnabelstössen und Bissen zu vertreiben, während einzelne und unwachsame kleinere Vereine öfter von jenem Raubgesindel überlistet werden. Die Raubmöven zwingen die schwächeren Arten, die eben gemachte Beute fallen zu lassen oder die bereits verschluckte wieder auszuspeien, um sie für sich aufzufangen. Die Möven sind argwöhnisch und vorsichtig, listig und scheu, daher nur an den Brutorten leichter, sonst überall schwer zu schiessen. Durch eine Art von Neugier lassen sich einzelne herumstreifende Möven nicht selten in die Nähe des Schützen locken, wenn dieser z. B., sobald er eine in der Ferne gewahr wird, sich in dem Striche, den solche vermutlich machen wird, platt auf die Erde de und ganz still liegt, bis sie über ihm anhält oder doch nahe genug vorbei kommt. Wenn er nach einer Vorbeistreichenden ein Rohr, wenn auch zu weit, um sie zu treffen, abfeuert, kommt sie, wunderlich genug, gewöhnlich stracks auf ihn losgeflogen und nahe genug, um mit dem zweiten Rohr der Doppelflinte erlegt werden zu können. Ein geschossener toter Vogel, bei dem er in einiger Entfernung still stehen bleibt, nicht selten auch ein hingeworfenes Taschentuch oder Stück Papier reizen auch oft ihre Neugier und ziehen sie in Schussnähe. Fangen kann man sie an Angelhaken, an denen ein kleiner, verschlingbarer Fisch zum Köder dient. Für naturgeschichtliche Zwecke verlangen die geschossenen Möven eine sehr sorgfältige Behandlung, weil das einmal mit Blut, Schlamm und sonst besudelte zarte Gefieder, wenn es nicht auf der Stelle mit aller Sorgfalt wieder gereinigt wird, seine ursprüngliche Reinheit und Nettigkeit nie wieder erhält; weil ferner, wenn der Schlund angefüllt ist, Fische, oder was er sonst enthält, leicht in Gärung übergehen, zumal bei warmer Witterung, und die Haut angreifen, so dass sich die Epidermis samt den Federn an der Kehle u.s. w. ablöst; oder weil auch der Magensaft für sich allein, wenn auch der Oesophagus leer, leicht aus dem Rachen und der Nase ausläuft und wenn er in die befiederten Teile des Kopfes dringt, wie eine Beize wirkt, so dass die Federn am Kinn, den Zügeln u. s. w. ausfallen oder das nachherige Abstreifen und Umwenden der Haut nicht aushalten ohne auszugehen. Das Fleisch der Möven ist hart und unschmackhaft, wird deshalb gewöhnlich nicht gegessen; desto lieber isst man aber die Eier, sammelt sie deswegen in Menge und bezieht daraus an grossen und zahlreich besetzten Brutplätzen einen bedeutenden Gewinn, zumal aus denen der grossen Arten, welche die Grösse derer von zahmen Gänsen ziemlich erreichen, zwar etwas nach Meersalz, aber sonst sehr gut schmecken, einen schön orangefarbenen Dotter und zartes Eiweiss haben und in der Küche zu jedem Gebrauch taugen. Mehrere der unfern der deutschen und friesischen Nordseeküste und uns am nächsten liegenden Nistplätze grosser Mövenarten, obgleich hinsichtlich der Menge der Vögel noch lange nicht mit einem (der dreizehigen Möve) im oberen Norwegen oder bei Island zu vergleichen, geben dennoch jährlich einen Gewinn von mehreren hundert Thalern; denn man führt diese Eier nach entfernten Orten und grossen Städten aus, wo sie sehr gern ge- kauft und gut bezahlt werden. Wo solche Plätze im Besitze vernünftiger Privatleute sind oder als Eigentum der Regierung jährlich verpachtet werden, wird das Aufsuchen der Eier planmäßig, jedes Frübjahr nur etwa 2 Wochen hindurch, getrieben, dann die zuletzt gelegten Eier den Vögeln zum Ausbrüten überlassen, damit ihnen der Ort nicht verleidet werde und sie im nächsten Jahre wiederkommen mögen, was sie denn auch gewöhnlich thun; man hat daher solche Brutplätze, die schon ein Jahrhundert und länger so fortbestanden und, wenn nicht zu grosse Umwandlungen damit vorgehen, auch ferner fortbestehen werden. Die Federn der Möven sind für den Gebrauch, namentlich zum Ausstopfen der Betten, ebenso vortrefflich wie Gänse- federn. Die kleinen Mövenarten nützen auch noch durch Vertilgen vieler uns nachteiliger Insekten und anderer lästiger Geschöpfe. Der Schaden, den uns die Möven zufügen, ist sehr unbedeutend, weil selbst die kleineren Arten an den mehrfach genutzten Wässern des Festlandes weniger von Fischbrut, die grossen aber nur am Meere leben, wo auf solche Fische kein besonderer Wert gelegt wird, ausser wenn sie sie den Fischern aus den Netzen oder von den Trockenplätzen hinwegstehlen Anatomische Charakteristik der Gattung Larus') von RUDOLPH WAGNER. Was über die Osteologie der Gattung Sterna gesagt worden ist, gilt fast alles auch für Zarus; auch die Zahlen- verhältnisse der Wirbel sind dieselben. Die grösseren Möven-Arten zeichnen sich in manchen Stücken von den kleineren aus und unterscheiden sich dadurch auch von den Seeschwalben.”) So finde ich die Nasenscheidewand nicht so stark durchbrochen wie bei Sterna, dagegen die Gruben für die Nasendrüse viel grösser, aber mit spezifischen Nüancierungen; so stossen z. B. bei Zarus camus, argentatus, marinus die Gruben beider Seiten in der Mittellinie zusammen, sind breit und tief und haben hinten Löcherchen für die Gefässe. Bei Larus ridibundus sind die Gruben viel kleiner. Am Thränenbein vermisse ich den Anhang oder er ist sehr verkümmert. Das Brustbein ist dem der Seeschwalben sehr ähnlich, nur sind die Abdominalbuchten ein klein wenig grösser, aber verschieden; bei Larus ridibundus ist die äussere Bucht etwas grösser und tiefer, bei L. canus die innere. Der äussere Höcker des Oberarmbeins [— (Processus lateralis humeri) —] ist sehr stark und hakentösnne nach innen gebogen und, wie bei Sterna, durch eine Sehnenfurche von dem anderen Teil des Kopfes abgesetzt. Ebenso findet sich hier ein besonderer, fast hakenförmiger, spitzer Fortsatz [— (Processus supracondyloideus externus) —] oberhalb des Oondylus externus am unteren Ende des Oberarmbeins. In den Eingeweiden herrscht die grösste Übereinstimmung mit Sterna; die Blinddärmchen scheinen etwas grösser zu sein (zZ. B. bei Larus argentatus 10 mm lang) und ebenfalls stark abspringend; die Milz ist sehr lang und mehr platt. Vom Divertikel fand ich ebenfalls keine Spur. Die Atem- und Stimmwerkzeuge sind übereinstimmend mit Sterna; am oberen Kehlkopf ist vor der Stimmritze ein kleiner wallartiger Vorsprung als Rudiment der Epiglottis; am hinteren Rand findet man die sewöbnlichen spitzen, weichen Warzen. Die Luftröhre ist rund; der untere Kehlkopf ist nicht sehr gross, der oberste Bronchialring durch das 1) Weitere Angaben zur Anatomie von Larus finden sich bei Sterna verzeichnet. R. B. ?) Leider habe ich bisher die kleinsten Mövenarten, z. B. Larus minutus und die grösseren Seeschwalben, wie St. ischegrava nicht untersuchen können; es müsste dies zu einer vollständigen anatomischen Woretsichung beider Gattungen von Interesse sein. Wagner. II. Unterfamilie. Möven, Larinae. 185 einfache Muskelpaar stark emporgezogen, so dass eine längliche Membrana tympaniformis externa gebildet ist; keine Pelotte; die Bronchialringe anfangs nur halb; der Bügel mittelmässig breit; die Sternotrachealmuskeln sind schwach. Am Auge besteht der Knochenring der Sklerotika aus 15 ziemlich ansehnlichen Knochenstücken, von denen zwei einander entgegengesetzte bloss deckend sind; die Linse ist flach, hinten etwas mehr gerollt; der Fächer ist ziemlich gross, besteht aus 13 Falten, von denen die letzten schnell an Grösse abnehmen und in einen kurzen Endlappen endigen. Die Hardersche Drüse ist ziemlich ansehnlich; die Nasendrüse, den Eindrücken auf dem Stirnbein entsprechend, sehr gross und platt. Man sieht aus den angegebenen Beschreibungen, dass die Gattungen Larus und Sterna nichts besonders anatomisch Merkwürdiges haben und nur das zeigen, was man überhaupt gewöhnlich als der Mehrzahl der Vögel zukommend beschreibt. Die sehr langen und schlanken Formen in den Knochen der oberen Extremitäten hängen mit dem sehr entwickelten Flug- vermögen zusammen, und dieser Bau findet sich in noch ausgedehnterem Maßstab bei den Tubinaren, mit denen diese beiden Gattungen überhaupt viele Ähnlichkeit haben, so dass sie früher von NITzscH in eine Familie (Longipennes) vereinigt, später dagegen von ihm nach dem Vorgange von ILLIGER wieder getrennt wurden. Die Angaben über die anatomischen Verhältnisse der Gattung Larus beziehen sich auf die von mir untersuchten Arten: L. marinus, argentatus, canus und ridibundus. [— Wir spalten heuzutage die Unterfamilien der Möven in mehrere Gattungen.!) Bei der Gattung Larus bleiben von den mitteleuropäischen Arten neun, wozu dann noch acht Arten kommen, die teils als Gäste in Mitteleuropa vorgekommen sind, teils nahe an die Grenzen des Gebietes herankommen. —|] ') Naumann fasste sämtliche Mövenarten in eine Gattung zusammen und begründete dies folgendermassen: „Die zahlreichen Arten dieser Gattung sind einesteils einander ungewöhnlich ähnlich, andernteils wieder sehr voneinander verschieden, nicht allein in der Grösse, sondern auch in Gestalt, Betragen und Lebensart, dies indessen durchgängig so, dass der Gattungs-Typus dennoch und stets unverkennbar hervortritt; wer eine Mövenart kennt, wird trotz aller Abweichungen die ihm zunächst aufstossende, bisher ihm unbekannt gewesene sogleich auch für dieser Gattung angehörig erkennen müssen. So gewiss dies nun auch durchgängig fest steht, so hat es doch nicht an Versuchen gefehlt, zu einer leichteren Übersicht der Menge von Arten diese in mehrere Unterabteilungen zu stellen. Da jedoch die Übergangsformen von einer Abteilung zur anderen die Grenze zwischen diesen schwankend machen, so kann eine solche nie völlig genügen. Wollte man z. B. die Arten, die sich den Meerschwalben zunächst anschliessen (eine sogar auch wegen des etwas gegabelten Schwanzes), ihres schwachen Schnabels, ihrer ganz anderen Kopffarbe und ihrer etwas abweichenden Lebensart wegen absondern, so würde den kleinsten und kleinen, dem Anschein ihres Äusserlichen nach, auch eine der grössten Arten, L. ichtyaötos, beigesellt werden müssen, deren Lebensart aber zu wenig bekannt ist, um diese Stellung zu rechtfertigen; — L. canus würde sich, der Lebensart und Grösse wegen, jenen kleineren Arten anschliessen, während sie in allem übrigen Z. argentatus ebenso nahe steht; — L. tridactylus stände ganz allein, — ebenso Z. eburneus, u.s.f. Ein solches Verfahren würde demnach eine Menge Abteilungen geben, die die Übersicht des Ganzen schwerlich erleichtern möchten, ebenso wenn man gar diese alle, wie in neueren Zeiten bereits mit mehreren geschehen, zu besonderen Gattungen erheben wollte. Ein solches Unternehmen scheint aber viel zu gewagt, so lange sämtliche auf unserer Erde lebenden Arten der Mövengattung (nach gegenwärtiger Fest- stellung) nicht auch nach ihrer verschiedenen Lebensweise hinlänglich beobachtet sind. Wir begnügen uns deswegen vor der Hand, sämtliche Arten in einer Gattung, ohne besondere Unterabteilungen, zu belassen und in der Reihenfolge nach ihren natürlichen Verwandtschaften aufzuführen, und beschreiben im Folgenden als einheimisch einstweilen elf Arten.“ J. R. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 24 - I. Gattung: Möve, Larus L Das untere Drittel des Unterschenkels nackt. Schwanz nicht ausgeschnitten. Die Gattung umfasst 44 Arten, die fast die ganze Erde bewohnen, davon kommen neun Arten im mitteleuropäischen Gebiet vor. —] Der Lauf ungefähr ebenso lang wie die Mittelzehe mit der Kralle. Der Die Zwerg-Möve, Larus minutus Parnas. Tafel 18. Fig. 1. Männchen im Sommerkleide. Tafel 19. Fig. 1. Männchen im Winterkleide. Tafel 20. Fig. 1. Jugendkleid. | Tafel 36. Fig. 18—25. Eier. Zwergschwalbenmöve, kleine Möve. [— Fremde Trivialnamen: Arabisch: Seketi. Croatisch: Galeb maleni. Ozechisch: Racel; mal). Dänisch: Dovaergmaage. Englisch: Little Gull, Russian Maw oder Mew. Finnisch: Pikku lokki, Französisch: Mouette pygmee, Goeland pygmee. Helgoländisch: Stenn-poahl. Holländisch: Dwergmeeuw. Italienisch: Gabianello. Lettisch: Masais kihris. Polnisch: Mewanajmniejsza. Russisch: Tschaika malaya. Schwedisch: Dvärgmäs. Spanisch: Gaviota, Gavina. Ungarisch: Kis siräly. Larus minutus. Pallas, Iter, II. p. 702. n. 35 [— (1776). —] — Oedmann, nov. act. Stockh. 1783. II. p. 120. n. 1. — Gmel. Linn. Syst. 1. 2. p. 595. n. 12. — Lath. Ind. II. p. 813. n. 5. — Nilsson, Om. suee. II. p. 179. n. 221. — Larus atricilloide. Falk, Iter, III. p. 355. tab. 24. — Gmel. Linn. Syst. 1.2. p. 601. n. 19. .— Lath, Ind. IL p. 818.n,3. — La plus petite des Mowettes. Sonnini, nouv. edit. de Buffon. Ois. XXIV, p- 288. — Mouelte rieuse de Siberie. Id. ibid. p. 287. — Monuette pygmee. 'Temm. Man. see. edit. II. p. 787. — Little Gull. Lath. Syn. VI. p. 391. — Übers. v. Becehstein, II. 2. 8. 343.2. 17. u. S. 346. n.20. — Eyton, rar. Brit. Birds p. 61. — Gabbianello. Savi, Orn. tosc. III. p. 68. — Wolf und Meyer, Taschenb. III. S. 488. u. III. S. 205. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 277. n. 246. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. 8. 237. — Benicken, Wetterauesche Ann. IH. S. 141. — Brehm, Lehrb. II. 8. 727. -— Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 763. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommersch. Vög. S. 18. — Naumanns Vög. Nachtr. 8. 258. Taf. XXXVI. Fig. 72. Altes Männchen im Juli. — [— Larus minutus. Naum. Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 242. t. 258 (1840). — Larus minutus. Keys. u. Blas.,, Wirb. Eur. p. XCV (1840), — Larus minutus. Schlegel, Rev. crit. p. OXXVII (1844). — Larus minutus. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 173 (1860). — Larus minutus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 964 (1866-71). — Larus minutus. Degl. et Gerb., Orm. Eur. II. Ed. I. p. 441 (1867). — Larus minutus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1409 (1869— 74). — Larus minutus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 373. pl. 599 (1871). — Larus minutus. Wright, Finl. Fogl. II. p. 616 (1873). — Larus minutus. Fallon, Ois. Belg. p. 203 (1875). — Larus minutus. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 589 (1882— 84). — Xema minutum. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Hiydrocolaeus minutus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. X, p. 104 (1886). — LDarus minutus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. % (1886). — COhroocephalus minutus. Giglioli, Avif. ital. p. 422 (1886); p. 638 (1889). — Larus minutus. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa p. 422 (1887). — Larus minutus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 578 (1891). — Larus minutus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 177 (1891). — Larus minutus. Brehm, Tier- leben, Vög. III. Aufl. III. p. 112 (1892). — Hydrocolaeus minutus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 159 (1892). — Larus minutus. Collett, Norg, Fuglef. p. 306 (1893—94). — Larus minutus. Reiser, Orn. balcan. II. p. 198 (1894); IV. p. 147 (1896). — Larus minutus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p- 173 (1896). — Larus minutus. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 52 (1899). — Larus minutus. Dresser, Man. of Palaearctic Birds Il. p. 8285 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVII. Fig. 4 a—c (1845—1853). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 72. Fig. 5 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds II. p- 301. pl. 54 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds p. 107. pl. 36 (1896). —] Kennzeichen der Art. Alter Vogel: Die grossen Schwungfedern hellgrau, mit weissen Enden und schwarzer Aussenfahne der äussersten. Junger Vogel: Der Hinterkopf, ein grosses Feld auf der unteren Halswurzel und die kleinen Flügeldeckfedern dunkel schokoladenbraun. Der sehr schwache Schnabel wie auch der Lauf 2,4 cm lang. Drosselgrösse. bloss fliegend sah, gewiss nie in Zweifel geraten wird, welcher von beiden Gattungen er sie zuzählen soll. Ihre Länge beträgt 26 bis 29,5 cm; ihre Flugbreite 62, 66 bis 70,3 cm; die Länge des Flügels vom Handgelenk bis zur Spitze 20,3 bis 21,4 cm; die des Schwanzes 8,1 bis 8,3 cm. Die kleinsten dieser Maße kommen ausgewachsenen jungen Vögeln zu, ‚unter denen wohl noch etwas kleinere vor- kommen. Dagegen sind beide Geschlechter von einem Alter wenig verschieden, die Weibchen wenig kleiner als die Männ- chen. [— KLEINSCHMIDT fand durch Messung frischer Vögel Beschreibung. Diese Art ist die kleinste der Gattung und schon darum nicht leicht mit einer anderen zu verwechseln, selbst nicht mit der ihr im übrigen sehr ähnlichen schwarzköpfigen Möve, die an Grösse eine Feldtaube übertrifft, während die Zwergmöve darin nur einer der grössten Drosselarten gleicht. Unter allen Möven ähnelt sie den Meerschwalben noch am meisten, besonders am Schnabel und in der schlanken Gestalt, jedoch des Baues der Füsse und des nicht gegabelten Schwanzes wegen doch mehr noch den Möven, weil überhaupt das Möven- artige durchgängig so vorherrschend ist, dass, wer sie nicht im Fleisch folgende Maße: Länge mit Schnabel 30 cm; Flug- breite 7I cm; Länge des Flügels 22,4 cm; Länge des Schwanzes 10,1 cm. —] Die Beschaffenheit des Gefieders ist dieselbe wie bei anderen Mövenarten, sehr weich, dicht, am Unterkörper pelz- artig, die Schwungfedern nicht so schmal, auch weniger hart und die Schäfte gerader als bei Meerschwalben, der Schwanz am Ende fast ganz gerade, wie mit der Schere abgeschnitten, nur bei jungen ganz seicht, daher nicht sehr auffallend aus- SAOWUIET "I Snpungipli snieT 7 »Aaowsiemz “eg smynum snıieT | | | PPPOWWOS segsi] "aAQawyDeT] "T SnpungIpll SnIeT 5 SPPJWWWOS wı EIoA AV | oprpslowwog wi [o8oy aoJV "3A0UNdogziemuysg "pen snjeydaaouejau snıe7 F REN ANLE K NINR Le u r 1 AN Pat Io ER vera. nn a t - Manga Bea HIT, ’ \ h u 4 R . . vr Dr Dez EN ee j ki. e - , Pe. DIS j OR) £ r . ’ Pe 2 " . a ee \ v yon RN" aha Aula ; i hl \ N Fi ir Pe. RR" a Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. geschnitten, und die ruhenden Flügel reichen mit ihren Enden immer nur etwas, bei Jungen 1,2 cm, bei Alten 3,5 cm über das Ende desselben hinaus. Du >>> ae 1% Be 5) I RER u e SS sa 7 . N | \ Q. vn ! GG EEE —_— — —L_, \_ ÜÜÜÜÄÜÜ 0 TG DISS RIISS Die fünf ersten Schwungfedern der Zwergmöve im Winterkleide. Der Schnabel ist sehr schwach, schlank, der Firste nach von der Mitte an sanft im seichten Bogen nach unten in die scharfe Spitze übergehend; am Kiel, so weit dessen Spalte reicht, gerade, dann schräg in die Spitze aufsteigend, ohne dort ein auffallendes Eck zu bilden; er ist von den Seiten stark zusammengedrückt, am meisten spitzewärts; die ein wenig übereinander greifenden und etwas eingezogenen Schneiden sehr scharf; der Rachen ziemlich tief gespalten, aber nicht sehr weit. Die schmalen, kurz ritzartigen, aber durchsichtigen Nasenlöcher liegen unfern der Stirn, seitlich in einer schmalen, nach vorn spitz auslaufenden Höhle. Der Schnabel ist bei Alten von der Stirn bis zur Spitze gewöhnlich 2,4 cm, von dieser bis in den Mundwinkel 3,5 cm lang, an der Wurzel im Durchschnitt fast ” mm hoch und 5 mm breit; bei er- wachsenen jungen Vögeln aber oft nur 17,5 mm lang, nicht über 5 mm hoch und nur 3 mm breit. — Bei den letzteren ist er hornschwarz, an der Wurzel der Unterkinnlade etwas lichter, zuweilen ins Gelbliche oder Fleischfarbige ziehend; bei alten Vögeln schwarz, mit durchschimmerndem, dunklem Rot, wie schwarze Kirschen, oder auch schwärzlich rotbraun, aber stets sehr dunkel, im getrockneten Zustande bräunlich schwarz; der Rachen bei lebenden Alten dunkelrot, bei Jungen fleischfarbig. Das Auge hat eine tiefbraune Iris, bei Alten rötlich schwarze, nackte, bei Jungen weissbefiederte Lider. Die Füsse sind im Verhältnis zum Körper nicht gross, nicht hoch, überhaupt etwas schwächlich; die drei vorderen Zehen mit vollen Schwimmhäuten; die Hinterzehe sehr klein mit einer winzigen geraden Kralle, während die der Vorder- zehen viel grösser, ziemlich gebogen und spitz und rinnen- artig, daher scharfkantig sind und dieser scharfe Rand an der inneren Seite der Mittelzehe stark vortritt. Ihr weicher Überzug ist zart gekerbt, auf dem Spann in grössere, auf den Zehenrücken in schmale, übrigens in sehr kleine Schilder, dazu die Schwimmhäute und Sohlen sehr fein genarbt; dies alles wie bei anderen Möven, aber viel zarter, die Füsse daher weicher und glatter anzufühlen. Der Unterschenkel ist über der Ferse 6 bis 8 mm nackt, das aber meistens von den etwas langen Schenkelfedern verdeckt wird; der Lauf misst 2,4 bis 2,8 cm; die Mittelzehe mit der 4 bis 6 mm langen Kralle 2,4 bis 2,9 cm; die Hinterzehe mit der kaum 1 mm langen Kralle 3 bis 4 mm. Die Farbe der Füsse ist bei jungen Vögeln fleisch- farbig, bei den alten im Herbste scharlachrot, wie aus Karmin und Zinnober zusammengesetzt; die der Krallen schwarz. [— KLEIMSCHMIDT fand die Füsse auch beim alten Weibchen nicht ganz so lebhaft rot wie beim Männchen. —) Das präch- 187 tige Rot wird zwar nach dem Austrocknen an Ausgestopften viel bleicher und schlechter, bieibt aber lange noch ziemlich kenntlich. [— Das Nest- oder Dunenkleid ist hellbraun, dunkel- braun gefleckt und gestrichelt. —] Das Jugendkleid des völlig flugbaren Vogels zeichnet sich vor anderen jungen Möven durch seine eigentümliche Zeichnung sehr aus; man darf es zu den hübschesten in dieser Gattung zählen. — Stirn, Zügel, die sehr breiten Augenbrauen, überhaupt das ganze Gesicht, bei vielen bis über die Mitte des Scheitels hinauf, der ganze Hals, der ganze Unterkörper, die untere und obere Schwanzdecke nebst Bürzel sind rein weiss; der Scheitel und das Genick, jener bald über der Stirn, bald erst über der Mitte anfangend, rötlich schwarzbraun (schokoladenbraun), hinten am dunkelsten, bald mit, bald ohne etwas lichtere Federkanten; vor dem Auge steht ein mehr oder weniger deutlich gezeichnetes, aus borstigen Federchen gebildetes schwarzes Fleckchen, ein rundlicher schokoladen- brauner Fleck auf dem Ohr; ein grosses dreieckiges oder dreilappiges Feld von dieser Farbe, aber sehr dunkel und einfarbig, nimmt den ganzen Oberrücken und die Halswurzel ein, wo seine oberen Lappen jederseits mondförmig sich nach den Kropfseiten herumbiegen, jedoch vorn lange nicht zu- sammenreichen; die Schulterpartie dunkel schokoladenbraun mit weissen Querbändern, die am Anfange sehr breit, nach hinten viel schmäler und aus den breiten weissen Endkanten der Federn gebildet werden, wozu an den gleichgefärbten der hintersten Schwungfedern noch weisse Seitenkanten kommen. Das Flügelrändchen ist weiss, übrigens sämtliche kleine Flügel- deckfedern dunkel und einfarbig schokoladenbraun; die mittleren Flügeldeckfedern in scharfer Begrenzung von jenen grauweiss, die grossen nebst den Sekundärschwungfedern weissgrau, letztere mit in Weiss auslaufenden Enden; der Fittich schwarz, die Deckfedern wurzelwärts mehr oder weniger weiss; die vordersten grossen Schwungfedern, 3 bis 4 an der Zahl, an der Aussenfahne und Spitze tief schwarz, mit weisslichen Spitzensäumchen, auf der Innenfahne bis gegen die Spitze weiss, am schwarzen Schaft graulich; die 3 bis 4 folgenden von aussen matt schwarz, bei manchen wurzelwärts aschgrau überlaufen, alle mit weissen Spitzen und zunehmendem Weiss rückwärts, die nächstfolgenden noch mehr weiss, mit schwärz- lichem Strich längs dem Schafte und schwarzem Fleck vor der weissen Spitze, bis an den letzten erster Ordnung alles Schwarz aufhört. Der Unterflügel ist vorn und am Rande weiss, an den grösseren Deckfedern grau, an den grössten schwarzgrau mit weissen Endkanten, die Schwungfedern von unten mit viel mehr Weiss als von oben. Die längsten der weissen Oberschwanzdeckfedern sind entweder an den Enden graulich angeflogen oder haben ein mondförmiges schwarzes Fleckchen am Spitzenrande. Der Schwanz ist weiss, vor der weissen Endkante mit einem tiefschwarzen, mehr oder weniger breiten Querbande geziert, das nach aussen stets schmäler als in der Mitte und an der äussersten Feder meistens nur noch als ein kleiner rundlicher Fleck auf der Innenfahne an- gedeutet ist. Es herrschen mancherlei Verschiedenheiten in den Zeich- nungen dieser jungen Möven; bei manchen ist z. B. das Weiss nur über den Anfang der Stirn, bei anderen bis weit über die Mitte des Scheitels verbreitet, bei diesen daher nur das Ge- nick, bei jenen der ganze Oberkopf schokoladenbraun; das schwarze Fleckchen vor dem Auge besteht bei manchen nur aus einigen wenigen schwarzen Schäften, bei anderen fällt es schon von weitem auf; bei manchen vereinigt sich der dunkle Ohrfleck mit dem des Genickes, bei anderen ist er durch breiteres Weiss von ihm getrennt; die bänderartige Zeichnung der Schultern ist bei manchen sehr gross und sehr geregelt, bei anderen verworren, enger und mit einem helleren Braun vermischt; das Mittelfeld des Flügels (die mittleren und grossen Deckfedern nebst den Sekundärschwingen) ist gewöhnlich licht- grau, ringsum weisslich, bei vielen aber auch ganz weiss; noch 24* 188 Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. viel wandelbarer ist die Farbe und Zeichnung der kürzeren | licht aschbläulich, die letzteren mit weissen Enden und vielem Primärschwingen von der dritten oder vierten von vorn an, wie auch die des Schwanzes und seiner oberen Deckfedern. Diejenigen, die das tiefste Schokoladenbraun und dies in den grössten Massen und am reinsten zeigen, zugleich die grössten, sind gewöhnlich Männchen, die kleineren, lichter gefärbten und auf den Schultern verworrener gezeichneten dagegen Weibchen und so beide Geschlechter in vielen Fällen ziem- lich leicht zu unterscheiden. Das erste Winterkleid dieser jungen Vögel, wie man es zu Ende des Novembers findet, hat einen licht aschblauen Rücken, Schultern und Mittelflügel, sonst noch alles wie oben beschrieben, und wird so mit dem Jugendkleide vermischt mit in den nächsten Frühling hinüber genommen, die Mauser aber dann noch, jedoch sehr langsam, fortgesetzt, wobei endlich die schwarzen und schokoladenbraunen Partien sehr verschiessen, nach und nach von neuen und anders gefärbten Federn ver- drängt werden und erst in nächster Herbstmauser sich ganz verlieren. Wenn diese endlich vollendet ist, sind sie in einem dem der Alten sehr ähnlichen Winterkleide, worauf im kommen- den Frühjahr ein dem der Alten ähnliches Hochzeitskleid folgt, das sie nun, im dritten Frühling ihres Lebens, fort- pflanzungsfähig macht. Im zweiten Sommer ihres Daseins haben sie daher gewöhnlich ein sehr buntscheckiges Aussehen, aber das hierauf folgende vollständige, ihr zweites Winterkleid, unterscheidet sich von dem der späteren Jahre nur noch in wenigen Stücken, nämlich an den grossen Schwungfedern, von denen ausser dem schwarzen Aussenrand der vordersten mehrere vor der grossen weissen Spitze noch einen schwarzen Fleck zu beiden Seiten oder auch nur an einer des Schaftes haben, desgleichen an der viel dunkleren und ausgebreiteteren schwärzlich grauen Farbe des Genicks und Öhrflecks, auch an der lichteren Farbe der Füsse. Das ausgefärbte Winterkleid, ihr drittes, ist an der Stirn, über den Augen, an den Schläfen, auf den Wangen, an Kinn und Kehle, Hals, Brust, Bauch, Schenkeln, dem Schwanze, seinen Deckfedern und am Bürzel rein und blendend weiss, an den weissen Zügeln dicht vor dem Auge steht ein schwarz- borstiges Fleckchen; auf dem Ohr ein dunkelaschgrauer Fleck, und dieselbe Farbe bedeckt den Hinterkopf und zieht sich, aber bleicher werdend, noch ein gutes Stück auf dem Nacken hinab; Rücken, Schultern, Flügeldeckfedern und die Schwung- federn zweiter Ordnung sanft und sehr licht aschblau, letztere an den Enden und der Innenfahne, wie auch das Flügelrändchen weiss; die Fittichdeckfedern und Schwungfedern erster Ord- nung ebenfalls licht aschblau, wenig dunkler als der Ober- fügel, letztere mit sehr grossen, weissen Enden, auf der Kante der breiten Fahne, spitzewärts, doch nicht nahe an der Spitze, mit einem schwarzen Strich und die vorderste mit schwarzer Aussenfahne, das Schwarze jedoch nicht bis zur Spitze und auch nicht bis an die Wurzel reichend. Der Schnabel ist schwärzlich rotbraun, die Füsse sind scharlachrot. — Männ- chen und Weibchen haben eine gleiche Färbung, aber etwas verschiedene Grösse, und das erste ist immer ein wenig grösser als das letzte. | Im nun folgenden Hochzeitskleide, auch Sommer- kleid genannt, ist auch diese Möve erst ganz ausgefärbt. Der Schnabel hat die Farbe sogenannter schwarzer Kirschen, die Füsse ein glühendes hohes Rot, dem des feinsten Karmins (als trockenes Pulver) ähnlich. Der ganze Kopf mit allen befiederten Teilen ist tief schwarz, bei recht alten mit grün- lichem Seidenglanze, bis auf die halbe Länge des Halses herab und hier ringsum gerade abgeschnitten von dem nun folgenden reinen Weiss der unteren Halshälfte, während auch der Kropf, die Brust, der Bauch, der Schwanz mit seinen unteren und oberen Deckfedern, der Bürzel und das Flügel- rändchen blendend weiss sind; in dem Schwarz des Kopfes steht ein ganz kleiner, weisser Halbmond dicht hinter dem Auge, sonst ist es völlig einfarbig; Rücken, Schultern, sämt- liche Flügeldeckfedern und Sekundärschwungfedern sind sehr Weiss auf den Innenfahnen; die Schwungfedern erster Ord- nung von der nämlichen 'sanften und zarten aschbläulichen Farbe, mit sehr grossen, meistens 2,4 cm langen, weissen Enden und von der zweiten oder dritten an mit einem schwärz- lichen Anstrich hinten auf der Kante der breiten Fahne unfern der Spitze, die vorderste aber auf der ganzen Aussenfahne schwarz, das an beiden Enden spitz ausläuft und weder ganz zur Spitze noch zur Wurzel reicht. Auf der unteren Seite hat der Flügel folgende Farben: der obere und vordere Rand sind weiss, an den mittleren Deckfedern in Weissgrau und aus diesem an den grossen in Aschgrau übergehend; alle Schwungfedern unten grauschwarz, mit grossen, weissen Enden, beide Farben quer durch scharf getrennt, die Schäfte weiss, ‘— Männchen und Weibchen sind ganz gleich gefärbt, ersteres aber stets etwas grösser als letzteres. Im Frühjahr, besonders die Fortpflanzungszeit hin- durch, ist bei alten Vögeln, vorzüglich den Männchen, das weisse Gefieder der Brust und des Bauches mit einer herr- lichen Aurorafarbe angeflogen, die sich an den Enden der Federn ganz schwach, wurzelwärts, wenn man sie aufhebt, aber viel stärker zeigt. Diese ungemein liebliche Färbung, womit das Gefieder dieser Teile gleichsam angehaucht ist, kann man eine bloss zufällige nennen, indem sie vom rotgelben Fette des Vogels herrührt, aus der Haut in die Federn dringt und sich, nachdem jenes häufiger oder spar- samer vorhanden, auch stärker oder schwächer zeigt, bei mageren Individuen dagegen gar nicht vorkommt, nach dem Ableben des Vogels bald verbleicht und nach dem Austrocknen der Haut an ausgestopften gänzlich verschwindet. — Dem Ähnliches findet sich im zarten weissen Gefieder vieler Schwimm- vögel und entsteht immer aus der nämlichen Ursache, wie man deutlich an solchen Individuen sieht, die damit begabt in Ge- fangenschaft gerieten, im Verlauf derselben aber nach und nach abmagerten und endlich so an jenen Teilen auch wieder rein weiss wurden. Wenn diese Möve (wie alle anderen) rein ausgefärbt ist, wechselt sie ihr Gefieder jährlich zweimal regelmäßig und zu bestimmten Zeiten, im Herbst das ganze, im Frühjahr nur das kleine Gefieder, und der Wechsel zwischen dem eben beschriebenen Sommer- und dem Winterkleide dauert dann ihre ganze übrige Lebenszeit hindurch fort. Wie bei anderen Möven ist auch hier die Mauserzeit individuell verschieden, oft um Monate, die Art selbst aber zu selten und zu wenig beobachtet, um den Grund solcher Abweichungen angeben zu können. Im Spätsommer erlegte alte Vögel zeigten schon die Mischung des Sommer- und Winterkleides besonders am Kopfe, an den vielen neuen weissen Federn zwischen den schwarzen, und im März geschossene hatten zwischen den alten weissen Federn des Kopfes (vom Winterkleide) nur erst so viele neue schwarze, dass das Sommerkleid zu erkennen war, während mit ihnen fliegende es bereits vollständig an- gelegt hatten. Zu Ende des Juli erlegte man Alte noch im vollständigen Sommerkleide, ohne Spur eines Anfangs der Mauser; Junge, deren Jugendkleid Anfang Oktober noch un- verändert war, andere zu Ende des November, die ihr erstes Winterkleid schon deutlich zeigten. [— KLEINSCHMIDT erhielt Mitte August alte Vögel in voller Mauser, besonders des Kopf- gefieders; beim Männchen war sie weiter vorgeschritten als beim Weibchen. Die abgebildeten Vögel sind ein Männchen aus dem Frühling von Rossitten und ein Vogel im Jugendkleide von Rossitten, beide in LINDNERS Sammlung, sowie ein Männ- chen im Winterkleide vom .15. Januar 1898 aus Tarent in HENNICKEsS Sammlung. —| Aufenthalt. Die Zwergmöve ist für Europa ein östlicher Vogel, haupt- sächlich aber im mittleren Asien zu Hause, über viele Teile der Tatarei und das ganze gemässiste Sibirien verbreitet Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. [— bis zur Amurmündung und in die Küstenländer des Ochots- kischen Meeres, doch ist sie in der Mongolei und in China nicht angetroffen und nur zufällig einmal im nördlichen Indien. —] Dort an Seen und Flüssen, namentlich am Kaspischen Meere und der Wolga häufig, weniger am Schwarzen Meere, geht sie im Sommer auch ziemlich hoch nach Norden hinauf. [— In Amerika ist sie ausnahmsweise einmal im Staate New-York erlegt worden (Cat. Birds Brit. Mus.). —] In Europa bewohnt sie vorzüglich die südlichen Provinzen Russlands, einen Teil der Türkei, die Moldau, weniger Ungarn und Italien wurde aber auch an verschiedenen Stellen der Ost- und Nordsee angetroffen, von Liv- und Esthland an bis Hol. land, selten bis nach England hinüber. Auf diesem ganzen Küstenstriche ist sie hin und wieder an manchen Stellen, z.B. in der Schlei-, Eider- und Elbmündung, eben nicht selten, oft in Gesellschaften von mehreren und vielen Stücken, am Ausfluss der Elbe sogar schon zu Hunderten vorgekommen, und zwar zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kleidern, so dass ihre Brutplätze mutmasßlich nicht sehr fern liegen mögen. Wenn es wahr ist, dass sie in den Sümpfen auf den Inseln Gotland und Oeland brüte, so wäre dies erklärlich; an der übrigen schwedischen Südküste soll sie jedoch selten gesehen werden. Sehr selten kommt sie bis auf die Seen der Schweiz, dagegen ist sie, obwohl auch als seltener Vogel, doch viel öfter in vielen Gegenden Deutsch- lands, besonders der grösseren Flussgebiete, vorgekommen. Obgleich sie in Anhalt unseres Wissens noch nicht erlegt wurde, so geschah dies doch in unserer Nähe im Mans- feldischen auf jenem oft erwähnten Salzsee und dessen nächsten Gewässern in einem Zeitraum von 30 Jahren mehr- mals; sie erschien dort nicht immer einzeln, sondern oft auch paarweise und in kleinen Gesellschaften zu fünf bis sieben Stücken. [— In Nordeuropa dürften ihre regelmässig und reichlich besuchten Brutplätze nicht weit über das Gebiet des Ladoga- sees und Onegasees hinausgehen, obgleich ein mehrjähriges Brüten auf Karlö sicher festgestellt ist. Jedenfalls waren es verschlagene Exemplare, die bei Archangelsk (65 Grad nörd- licher Breite) erlegt wurden. Südwärts von hier nistet sie häufig in den See- und Sumpfgegenden der russischen Ostsee- provinzen, an der Ostküste des kurischen Haffs, vereinzelt auf der kurischen Nehrung und am Drausensee bei Elbing, wo sie unter 19!/, Grad östlicher Länge nach sicheren Beobachtungen die Westgrenze ihres Brutgebietes erreicht. Die übrigen Länder Nordosteuropas, Schweden, Norwegen, Dänemark!), die britischen Inseln besucht sie entweder nur auf dem Zuge oder, durch besondere Umstände verschlagen, als Irrgast; als solcher ist sie sogar mehrfach auf den Färöern vorgekommen. (Vidensk. Medd. Nat. Foren. Kjöbenhavn 1902, S. 364.) Im Winter zieht sie nach Süden bis in die Mittelmeerländer, tritt aber im süd- westlichen Europa meist spärlich auf. Auch in den deutschen Öst- und Nordseeländern (Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Oldenburg, Nord- und Ostfriesland) erscheint sie ebensowenig regelmässig oder gar häufig wie im Innern Deutschlands; wenigstens ist es nach den bis jetzt vorliegenden Berichten nur für die Umgebung Helgolands zutreffend, was GÄTKE (Vogelwarte Seite 578) schreibt: „Wenngleich alle Mövenarten vor Herannahen des Winters ihre nördlichen Brutstätten ver- lassen, um sich in gemässigtere Breiten zu begeben, so kommt dies doch bei keiner derselben so als wirklicher Zug zur An- schauung, als bei dieser kleinen, niedlichen Möve. Man sieht dieselbe am Schluss des September und in der ersten Hälfte ı) Im Februar 1901 wurde freilich von LARSEN bei Kjerteminde ein junger Vogel gesehen und am 31. Mai, 10. Juni und 26. Juni im Rödby- Fjord von OLsen ein Schwarm von zehn bis zwölf Zwergmöven, teils junge, teils alte, beobachtet und ein alter Vogel mit geschwollenen Testikeln und Brutflecken erlegt (Vidensk. Medd. Nat. Foren. Kjöbenhavn 1902, S. 319); aber so lange nicht positive Beweise für die Fortpflanzung der Zwergmöve an den genannten Orten beigebracht werden, halte ich es für wahrschein- licher, dass bisweilen Vögel von den nächsten der oben angegebenen Brut- plätze nach den dänischen Inseln hinüberfliegen. J. R. 189 des Oktober in langgestreckten Scharen an der Insel vorbei über das Meer dahinwandern; aber es ist dies eine ganz andere Bewegung, als man von den meisten ziehenden Vögeln ge- wohnt ist zu sehen, denn solche Gesellschaften, die aus hundert bis zweihundert Stücken bestehen, fallen, während sie in buntem Gewimmel ganz niedrig über das Meer dahinfliegen, fortwährend nach Nahrung herunter, dabei aber dennoch in fast westlich eingehaltener Richtung sehr schnell dahineilend und sehr bald den Blicken entschwindend. Ausserdem kommen während aller Wintermonate bei heftigen West- und Nordweststürmen diese Möven in bedeutender Menge unter ihre grossen Ver- wandten gemischt hier vor, indem sie mit diesen zusammen zeitweilig Schutz im Lee der Insel suchen.* Da bedarf es denn noch der Aufklärung, warum sie in den beiden Insel- reihen, zwischen denen Helgoland gerade in der Mitte liegt, den nordfriesichen und ostfriesichen Inseln, bisher so spärlich beobachtet wurde. Nach meinen Erfahrungen muss ich sie für jene noch immer als einen unregelmässig und gewöhnlich nur bei Sturmwetter auftretenden Gast bezeichnen, VON DROSTE führt sie unter den Vögeln Borkums gar nicht auf, und LEEGE berichtet von einem auf Juist gefangenen Exemplar als von einer Seltenheit. W. BAER berichtet über seine Beobachtungen im Memeldelta um Pfingsten 1896 (Ornith. Monatsschr. 1903, S. 366): „Die Zwergmöve war überall an der Atmath, dem Russstrom, der Minge und den grossen Zu- und Abflüssen der Krakerorther Lank und Knaup nicht nur eine häufige, sondern bei der Seltenheit der Lachmöve sogar die auffallendste Vogel- erscheinung und bildete durch ihre Anmut zugleich eine Zierde der Flüsse. Nach ihrem Neste habe ich freilich vergeblich gesucht, doch habe ich wenigstens ein Pärchen bei der Be- gattung beobachtet und durch die Erlegung eines weiteren Pärchens sowie noch eines einzelnen Männchens festgestellt, dass sich die Vögel bei der Fortpflanzung befanden. Die Männchen zeigten nämlich stark entwickelte Testikel, und das Weibchen ein vollwüchsiges, wenn auch noch schalenloses Ei.“ —|] Dass die Zwergmöve aus ihren nördlichen Brutgegenden im Winter oder vielmehr gleich nach vollbrachten Fort- pflanzungsgeschäften wegwandert, ist bestimmt; auch mag dies in den Deutschland zunächst liegenden wohl auch um die Zeit geschehen, wie bei den Lachmöven, sie aber wahr- scheinlich von jetzt an eben so unregelmässig umherschweifen und später erst das Land wirklich verlassen wie diese, weil man sie bei uns ebenfalls zu allen Zeiten antraf, ausgenommen im Winter und wenn die Gewässer mit Eis bedeckt waren. Es sind nämlich Alte und Junge in verschiedenen Kleidern im Frühjahr, Sommer und Herbst in Deutschland erlegt worden, ohne dass sich daraus eine bestimmte Zugperiode genau ermitteln liess. Sie kamen gewöhnlich aus grösster Höhe an die Gewässer herab, suchten an diesen eine Zeit lang ihre Nahrung und begaben sich nachher auf ähnliche Weise wie sie gekommen waren wieder weg, ohne dass man die Richtung ihres Weges wahrnehmen konnte. Manchmal hielten sie einen oder einige Tage an einem solchen Orte aus und verschwanden erst, wenn sie sich verfolgt sahen. [— HEnRICI schreibt: „Die Ankunft der Zwergmöve auf dem Drausensee erfolgt etwa gegen Mitte April. Zu dieser Zeit bildet der See noch eine grosse, freie Wasserfläche; er ist noch nicht wie später im Sommer mit Wasserpflanzen be- wachsen. Die Zwergmöven jagen dann in kleineren Scharen niedrig über der Oberfläche des Sees hin und zeigen dabei so wenig Scheu, dass sie oft an unserem Kahne in nächster Nähe vorbeifliegen. Auch sieht man sie an klaren (aber kalten) Tagen, die wir hier im Osten im April und Mai so häufig haben, in ganz ungeheurer Höhe am heiteren blauen Himmel ihre Flugübungen ausführen, so hoch, dass sie dem Auge nur noch als kleine Pünktchen erscheinen oder gar nicht mehr sichtbar sind. Man würde sie überhaupt nicht sehen, wenn man nicht durch ihren Ruf, den sie dann oft ununterbrochen ertönen lassen, auf sie aufmerksam gemacht würde.“ (Orn. Monatsschr. 1903, S. 201. —] 190 Seevogel ist sie nicht, und wo sie auf ihren Streif- oder Wanderzügen am Meere vorkam, war es immer nahe am Strande, bei Inseln, in stillen Buchten, an Flussmündungen, oder auf stehenden Gewässern in der Nähe der Seeküste, im Lande aber mehr an Landseen und grossen Teichen als an Flüssen. Ihre Sommeraufenthaltsorte mögen ähnliche sein wie die der Lachmöve und der schwarzgrauen See- schwalbe, und sie gesellt sich auch auf dem Zuge sehr gern zu diesen. Eigenschaften. Die Zwergmöve ist ein ungemein niedliches, allerliebstes Geschöpf und giebt an Schönheit keiner ihrer grösseren Gattungs- verwandten etwas nach. Diese schöne Mövengestalt im ver- jüngten Maßstabe, mit dem herrlichen, ausserordentlich zarten Gefieder, dessen unvergleichlich sanfter Färbung und blendenden Weisse, bei alten Vögeln durch das tiefe Schwarz des Kopfes und das glühende Rot der Füsse gehoben, auch bei jungen Vögeln das so eigentümlich buntscheckige Gewand, machen sie zu einem ungemein lieblichen Vogel, dessen Schönheit bei alten fetten Individuen durch die den unteren Körperteilen aufgehauchte herrliche Aurorafarbe noch sehr erhöht wird, In ihrem Betragen hat sie einige Ähnlichkeit mit den Meerschwalben. Sie sitzt und schwimmt weniger oft als andere Möven, fliegt aber desto mehr und hat den leichtesten und gewandtesten, zugleich auch schnellsten Flug von allen. Mit raschen Schwingungen der Flügel streicht sie, wie Dohlen, gerade aus und hoch durch die Luft, wenn sie fort will, schwebt aber auch prächtig und schraubt sich in grossen Kreisen zur grössten Höhe auf oder herab, macht im niedrigen Fluge die unerwartetsten Schwenkungen und Bogen in jedweder Richtung, widersteht auch dem stärksten Sturme, schwebt oft ohne sichtliche Flügelbewegung dem Winde entgegen, meistens dicht über den Wellen hin, Berg und Thal derselben in gleicher Höhe folgend. Sie ist sehr unruhig und die beweglichste unter den Gattungsverwandten. Ziemlich misstrauisch und vorsichtig, auch klug genug, weiss sie den Schützen von anderen Leuten gut zu unterscheiden; denn während sie oft ganz dicht an diesen vorüberfliegt und sich ihnen bei ihren Hantierungen mit vielem Vertrauen nähert, weicht sie jenem fast immer über Schussweite aus. Es scheint Neugier, alles Ungewöhnliche in der Nähe zu beschauen; z. B. ein frisch aufgeworfener Erd- hügel, ein hingeworfenes Taschentuch oder Stück Papier, nicht selten sogar ein platt auf die Erde hingestreckter Mensch erregen gewöhnlich ihre Aufmerksamkeit und ziehen sie in die Nähe, zumal die einzeln herumschweifenden. Ihr Hang zum geselligen Beisammensein vereint sie oft mit mehreren und vielen, zuweilen sogar bis zu hunderten, nicht allein von ihrer Art, sondern auch von anderen, den Sturm- und Lach- möven, selbst den grösseren Mövenarten, oder auch den schwarzgrauen Seeschwalben, und die einzelnen wie ganze Scharen mischen sich gern unter die jener und leben auch an guten Futterplätzen in bester Einigkeit mit ihnen. [— Eine sehr ausführliche und anziehende Schilderung des Vogels giebt SANDMAN (Meddel. af soc. pro faun. et flor. fenn. XVII. S. 253). Er schreibt: „Die Zwergmöve ist ein äusserst gemütlicher und geselliger Vogel. Obgleich eine so grosse Zahl der Art ihre Nahrung aus demselben See (auf Karlö) holte, wo ausserdem auch eine ganze Menge anderer Vögel (Larus ridibundus, Sterna hirundo, Podiceps, zwei Arten, Fuligula marila, cristata, Anas boschas u- Ss. w.) brüteten, sah ich doch nicht ein einziges Mal einen Streit zwischen den Zwergmöven. Bald schwammen sie auf dem Wasser umher und ernährten sich von den unzähligen Stichlingen, Mollusken und Crustaceen, die der See barg, bald verschlangen sie fliegend die unzähligen Fliegen, die das Rohr bevölkerten. Das Männchen und das Weibchen brüteten abwechselnd und mit grosser Hingebung. Damals, den 6. Juni, war das Seeeis noch nicht vollständig geschmolzen, sondern ganze Eisfelder trieben noch in der un- mittelbaren Nähe der Insel umher. Oft stiegen deshalb von Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. dem Meere kalte Nebel auf, die sich über die kleine Insel legten und die Vögel zu besonderer Aufmerksamkeit zwangen, Schon um 6 oder 7 Uhr abends geht die ganze Kolonie zur Ruhe und erst nach Sonnenaufgang, gegen !/,6 oder 6 Uhr morgens, beginnt man Leben unter den Vögeln wahrzunehmen. Der Teil der Vögel, der nicht auf den Eiern sitzt, fliegt da aus um zu speisen und löst dann die brütenden Vögel ab. So seht es den ganzen Tag fort, nur während der heissen Mittags- zeit wird eine gemeinsame Siesta gehalten. Während einer solchen Ruhezeit herrscht eine Totenstille auf dem See. Aber es ist nur das Krächzen einer Krähe oder der trillernde Laut einer Sumpfschnepfe nötig, um Leben in die Kolonie zu bringen. Zuerst fliegt ein einzelner Vogel auf, und sobald er einen Laut von sich gegeben hat, erfüllen in einem Augenblick alle Mitglieder der Kolonie die Luft mit ihrem Geschrei. Ist keine Gefahr vorhanden, beruhigen sich die Vögel bald, und nach einer Weile ist es wieder vollkommen still, bis irgend ein verdächtiger Laut wieder Unruhe unter die Vögel bringt. — Ihre Ausflüge erstrecken die Vögel bis zu dem nahegelegenen Meeresstrande, dürften aber dort kaum Nahrung suchen.“ —| Ihre Stimme ist ein kurzer kreischender Ton, im Aus- druck von allen mir bekannten Möven- und Meerschwalben- stimmen verschieden, dabei jedoch einen Vogel aus diesen Gattungen verratend. — Die einsame schreit selten, desto mehr hört man aber diese Töne, wenn viele beisammen sind und soeben an einem Gewässer anlangen, oder wenn sich ein Glied solcher Gesellschaft zu vereinzeln fürchtet. [—- Henkiıcı berichtet über die Stimme folgendes (Ornith. Monatsschr. 1903, S. 201): „Diese Stimme, über die, so viel ich gesehen habe, noch niemand eingehend berichtet hat, ist so charakteristisch, dass, wenn man sie einmal kennt, man sich niemals mehr irren und Zwergmöven aus anderen Möven allein vermöge des Gehörs herausfinden kann. Sie ist erst abweichend von den Stimmen anderer Möven und Seeschwalben und erinnert vielmehr in gewisser Weise an das didel-lidel- lidel-lidel u.s. w. von Totanus totanus (L.), indem der Ton in gleicher Weise taktmässig in ununterbrochener Folge ausgestossen wird; nur erfolgen die einzelnen Töne nicht ganz so schnell wie beim Rotschenkel, aber immer noch in leb- haftem Tempo. Die hervorgebrachten Töne lassen sich — 80 unvollkommen eine derartige Wiedergabe ja immer sein wird — meines Erachtens am besten durch die Silbe „kei“ darstellen. Auf eine betonte Silbe folgt immer eine unbetonte, sodass folgende Strophe entsteht: kei-keikei-keikei-keikei-keikej u.s.f., oft zwanzig- bis vierzigmal wiederholt. Diese regel- mässigen Töne hört man oft von mehreren Exemplaren, die sich zusammenhalten, gleichzeitig, wodurch ein eigenartiges Konzert entsteht. Ich habe den Ton aber nur gehört, ent- weder wenn die Möven niedrig im schnellen Fluge dahin- Jagen oder wenn sie sehr hoch in den Lüften ihre Flugspiele ausüben. Der Ton ist sehr laut und durchdringend und wird scheinbar mit aller Macht hervorgebracht. Man hört ihn deutlich aus dem hellen Kreischen der Sterna hirundo L. und den tieferen Schreitönen des Larus ridibundus L. heraus. Ab- gesehen von diesem charakteristischen Tone hat die Zwerg- möve noch andere Laute, die sie ausstösst, wenn sie sich mehr in Ruhe befindet, also wenn sie sitzt, oder wenn sie in der Luft sanfte Schaukelbewegungen ausführt. So hörte ich ein leises tok, tok, tok im Sitzen oder ein kie, kie oder ke, ke, ke im leichten Fluge sanft hervorgestossen. Niemals aber ist der Ton kreischend, niemals habe ich einen (schnarrenden) r-Laut unter den Tönen vernommen, während doch bei der Flussseeschwalbe („kirrr“) und der Lachmöve („kriä“) dasr bei jedem Schrei zum Vorschein kommt.“ —| Nahrung. In ihrer Speiseröhre und im Magen fand man gewöhnlich Wasserinsekten, Larven von Libellen, Haften, Wasserkäfern und dergleichen, auch Weichtierchen; nicht selten auch kleine Fischchen. H. Just (siehe dessen Beobachtungen über die Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. am Eisleber Salzsee vorkommenden Vögel S. 114) fand im Magen und Schlunde einer am 11. September 1831 erlegten sechs kleine Weissfischchen. [— Könıg fand im Magen eines Männchens am 7. De- zember 18958 einen kleinen Fisch und Gräten, zusammen 2 g schwer. Nach SANDMAN fängt sie auch Fliegen. —] Sie fängt diese Geschöpfe meistens nach Art und Weise der Seeschwalben, stürzt sich jedoch nie so ungestüm aufs Wasser wie diese, sondern nimmt, im Bogen herabschiessend und viel sanfter, teils die an der Oberfläche, teils die dicht unter dieser oder nur ganz flach schwimmenden hinweg, wobei sie selten mehr als Schnabel, Kopf und Hals eintaucht. Un- ablässig fliegt sie deshalb und suchend nahe über dem Wasser auf und ab, flatternd, schwebend, sich hin- und herwiegend und beständig etwas fangend. An guten Fangplätzen weilt sie oft lange, besucht manche mehrere Tage nacheinander, kehrt auch, wenn sie verscheucht wurde, gewöhnlich bald wieder dahin zurück, ein Umstand, der für den Sammler und Schützen von Wichtigkeit ist. Fortpflanzung. Von dieser ist (1840) sehr wenig bekannt. Sie soll in grossen Sümpfen, auf morastigen Teichen und Landseen, an ähnlichen Orten wie die Lachmöve nisten, ihr Nest in kurzes Schilf oder auf Binsenhügel bauen und drei bis vier (?) grünliche, dunkel gefleckte, denen der Lachmöve sehr ähnliche, aber um vieles kleinere Eier legen. [— In den Nachträgen erhält das Vorstehende noch folgende Ergänzung: „Die Zwergmöve ist für Europa ein östlicher Vogel, dessen Sommerheimat nach Westen zu sich wohl kaum über den 20. Längengrad hinaus erstreckt. Vom südöstlichen Europa und Kleinasien aus geht sie bis ins nördliche Russland hinauf. BLasıus fand sie am Ladogasee in Menge brütend. Sie scheint grössere Binnenseen den kleineren vorzuziehen, wählt dort die seichten, morastigen Ufer und Inseln wie die Lachmöven und baut auch ihr Nest wie jene. Die drei Eier sind aber bedeutend kleiner als die der eben genannten Art und von anderer Gestalt. Sie sind 38 bis 43 mm lang und 29,4 bis 31,4 mm breit, von rundlicher, an der Höhe oft zugespitzter Gestalt, wie die der Schwarzkopf-Möve, denen sie auch im Korn, in Färbung und Zeichnung näher stehen, als den Lachmöven- eiern. Die Grundfarbe durchläuft nämlich die ganze Stufen- reihe der gelblichen Olivenfarbe von grünlichgelbweiss bis zum gesättigten Olivenbraun. Die Schalen- und Zeichnungs- flecke — erstere in den Nüancen von Rot- oder Violettgrau, letztere vom dunkeln Rot- und Olivenbraun bis zum tiefen Schwarzbraun — variieren in Grösse und Gestalt ebenso wie bei den übrigen Möveneiern; jedoch scheint die gelbe Grund- färbung und die Rundflecken-Zeichnung das Vorherrschende zu sein.“ 33 Stück vom Ladogasee in der Rryschen Sammlung messen im Durchschnitt 41,6>< 30,6 mm, im Maximum 45x32 mm, im Minimum 40,2 x 29,3 und 40,3 x 29,2 mm. Das durchschnitt- liche Gewicht beträgt 1,155 g. Nachdem E. von HOMEYER im Juni 1847 ein brütendes Paar auf dem Drausensee gefunden, HARTERT dagegen im Jahre 1887 berichtet, die Zwergmöve werde hier nicht mehr bemerkt, traf Hrnrıcı im Sommer 1899 wieder eine Anzahl von Pärchen auf dem westpreussischen Teil dieses Sees nistend an und giebt von deren Brutgeschäft folgenden interessanten Bericht: „Die Nester sind ähnlich denen der Lachmöve, doch lange nicht so hoch und umfangreich, sondern erheblich kleiner und von feinerem Material erbaut. Die Oberfläche des Wassers war an der Niststelle völlig von den Büscheln der Wasseraloö (Stratiotes aloides) bedeckt. Schilfkufen, die diese grüne Fläche stellenweise unterbrechen, waren dicht mit den Nestern der Lachmöve besetzt, während ich kein einziges Nest der Zwerg- möve auf ihnen fand. Es stand vielmehr regelmässig auf der dichten, grünen Fläche der Wasseralo& und war fast in allen Fällen auf eine vereinzelt dastehende Schierlingspflanze, die 191 sich etwa in der Höhe des Wasserspiegels in mehrere Äste teilte, gestützt. So hatte das Nest, obwohl gleichsam schwimmend, einen festen Halt. Der untere Teil bestand aus vorjährigen dünnen, ziemlich kurzen Rohrstengeln, der innere Teil aus trockenen Halmen und Würzelchen. Der Durchmesser des ganzen Nestes betrug 16 bis 17 cm, der der flachen Mulde 9 bis 10 cm. Das Nest war stets so stark gebaut, dass das Innere desselben vollkommen trocken war. Es ist also eben- so wie die Nester der anderen Möven ein ordentlicher Bau im Gegensatze zu denen der Seeschwalben, bei denen man j& kaum von einem Neste sprechen kann. Insbesondere ist nach meinem Dafürhalten eine Verwechslung zwischen einem ZLarus minutus- und einem Sterna hirundo-Neste völlig ausgeschlossen. Die Eier gleichen denen von Larus ridibundus sowohl in Form wie in Färbung, natürlich abgesehen von der viel geringeren Grösse. Es kommen ebenso wie bei jenen die verschiedensten Typen vor. Nur blaue Abnormitäten, wie man sie bei der Lachmöve findet, beobachtete ich nicht.) Gewöhnlich sind die Eier von einer regelmässigen Eigestalt, indessen kommt auch eine kugelige (37 x 29 mm), wie eine langgestreckte (43,5 ><29 mm) Form vor. Das Durchschnittsmaß von 29 von mir gemessenen Eiern beträgt 41,08 x 29,55 mm; das Maximum 44 x 30 beziehungsweise 42x31 mm; das Minimum 37x 29 beziehungsweise 43 x 285 mm. Die zarte, dünne Schale ist von feinem Korn, glatt und mit einem öligen Glanze versehen. Die Grundfarbe variiert vom Olivenbraun bis Olivengrün, ja sie ist im frischen Zustande mitunter, aber seltener, grasgrün, welche Färbung dann aber in der Sammlung mehr und mehr einen olivengrünlichen Ton annimmt, die Fleckung ist über das ganze Ei verteilt, häuft sich jedoch am stumpfen Ende, wo die Flecken auch etwas grösser werden und nicht selten einen Fleckenkranz bilden. Ihre Farbe ist grösstenteils braun, geht jedoch öfters in grau- bis schwarzbraun, selten in ein helleres Braun über. Violettgraue Schalenflecke, die in nicht allzu grosser Anzahl vorhanden sind, haben meist eine geringe Grösse. Gegen das Licht gehalten scheinen die Eier grün durch. — Von Sterna hirundo-Eiern, mit denen sie hinsichtlich der Grösse und Färbung am leichtesten verwechselt werden könnten, unterscheiden sich die Eier unseres Vogels folgender- massen: Die Gestalt eines Eies von Larus minutus lässt sich im Gegensatze zu der gedrungeneren, plumperen Form eines Sterna hirundo-Eies zierlich nennen. Auch ist das Korn bei minutus noch feiner. Ferner sind die Zwergmöveneier stets mit einem ziemlich starken Ölglanze versehen, während Sterna hirundo-Eier glanzlos oder fast glanzlos erscheinen. Der oliven- bräunlich-grünliche Grundton, der bei minutus stets vorhanden ist, findet sich bei Sterna hirundo nur selten und zeigt sich auch dann nicht in jenem Maße. — Nach meinen Erfahrungen findet man Gelege der Zwergmöve zwischen dem 28. Mai und 18. Juni. In den ersten Tagen des Juni (4. bis 10.) scheinen die meisten frischen und vollzähligen Gelege vorhanden zu sein. — Ein Ei der Zwergmöve fand ich in einem Larus ridi- bundus-Nest mit zwei Eiern: Das eine Lachmövenei war faul, das andere ziemlich stark bebrütet, während das Zwergmövenei erst mässig bebrütet war.“ (Ornith. Monatsschr. 1900, S. 216.) Später (Ornith. Monatsschr. 1903, 8. 202) fügt er dann hinzu: „Die Zwergmöven brüten ebenso wie andere Möven in Kolonien. Sie halten sich auf dem Drausensee auch mit den anderen dort vorkommenden Mövenarten (Larus ridibundus L., Sterna hirundo L., Hydrochelidon nigra (L.)) in gewisser Weise zusammen, doch stehen ihre Nester stets von den Nestern dieser anderen Arten gesondert und bilden innerhalb der all- gemeinen Brutkolonie eine Kolonie für sich. Auch stehen die einzelnen Nester nicht dicht bei einander wie bei der Fluss- seeschwalbe, sondern sind immer ungefähr in einem Abstande von 6 bis 10 m angelegt. Stets sind die Nester in die dichte grüne Fläche der Wasseralo& (Stratiotes aloides) hineingebaut, 1) STOLL, der die Zwergmöve auf dem Babit-See am Rigaschen Meer- busen in Livland in Menge brütend antraf, fand daselbst ein blaues Ei (Journ, f. Ornith. 1900, S. 459). J. R. 192 und zwar stets jedes Nest, obwohl es ein ordentlicher Bau ist, so niedrig, dass der Rand nicht die Blätter der Wasseralo& überragt, sodass man es, auch wenn man nur einige Schritte entfernt ist, leicht übersehen kann. Diese Anlage des Nestes ist so charakteristisch, dass eine Verwechslung von Eiern der Zwergmöve mit den ähnlichen Eiern der Flussseeschwalbe, die jetzt ebenfalls in einer ziemlichen Anzahl auf dem Drausen- see brütet, am Fundort ausgeschlossen ist. Die Zwergmöve hat ein ordentliches, gefügtes Nest, das, gestützt auf die Stauden der Wasseraloö, gewisser- massen auf dem Wasser schwimmt; die Flusssee- schwalbe legt ihre Eier auf die Schlammhügel, die sich im Laufe der Jahre im See gebildet haben, in eine kleine Vertiefung ab. Hinsichtlich der Brut- zeit hat sich meine An- nahme, dass die Zwergmöve erst anfangs Juni zur Brut schreite, vollkommen be- stätigt. Bis gegen Ende Mai sieht man die Vögel überall aufdemSee unter dem lauten charakteristischen Schreien sich umherjagen. Dann aber wird es still; die Vögelhaben sich zu ihrem Brutplatz be- geben, und man sieht sie nur, wenn man sie dort stört. In den Jahren, in denen wir die Möve zu beobachten Gelegenheit hatten, war die Brutzeit eine sehr konstante: zwischen dem 3. und 8. Juni sind die Gelege vollzählig. In der Regel besteht das Gelege aus drei Eiern, doch findet man auch öfters nur zwei Eier in einem Nest. Nachdem die Jungen flügge geworden sind, scharen sich die Möven zu kleinen Flügen zusammen und durchstreichen wieder wie vor der Brutzeit das ganze Gebiet des Sees. Je- doch dauert dies nur noch kürzere Zeit, denn bereits Anfang August haben sie den See verlassen.“ Die bei- gefügten Bilder geben den Nistort und ein Nest der Zwergmöve wieder. Auch SANDMAN (l. c,, S. 250 bis 254) schildert die Fortpflanzung der Zwerg- möve sehr ausführlich: „Schon im Vorsommer 1886 hörte ich von einer kleinen, vorher noch nie gesehenen Mövenart sprechen, die auf der Insel (Karlö) angekom- men sei und wahrscheinlich dortbrütensollte. Aufmeinen Exkursionen in demselben Sommer hatte ich keine Ge- legenheit eine neue von mir noch nicht gesehene Mövenart zu sehen, aber schon gegen die letzte Hälfte des Sommers hin wurde mir ein Nest der genannten kleinen Mövenart gebracht, die zu meiner Verwunde- rung und Freude die kleine, hübsche Zwergmöve gewesen war. Die Eier, welche drei an der Zahl waren und ein voll- ständiges Gelege darstellten, waren auf einem Hügelchen ge- nommen worden, der sich auf der Vatunki-Landspitze befand an dem tief einschneidenden Kirchdorfbusen. An derselben Stelle hatten angeblich drei Paare der Art zusammen gebrütet. Gleichwohl hatte der Finder der Eier doch nur die Eier aus einem Neste genommen, weil die Eier in allen Nestern sehr Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. stark bebrütet waren. Sie wurden nämlich am 20. Juni ge- funden und dürften sicherlich die ersten Eier der Zwergmöve sein, die in Finland entdeckt wurden. Die Maße dieser drei Eier sind: 42,7 x 30,2, 42,4 x 30, 39,1 x 29,5 mm. Als ich im Frübjahr 1887 die Insel besuchte, war einer der Hauptgründe für meine Reise die Konstatierung des Vor- kommens der Zwergmöve. Und ich war so glücklich, nicht nur die Art wiederzufinden, sondern sogar in einer unerwartet grossen Zahl. Als ich mich auf einer Exkursion nach dem südlichen Teile von Han- hinnen dem kleinen See Syväkari näherte, hörte ich schon von weitem mir un- bekannte Vogellaute, und alsich mich dem See näherte, wurde ich zu meiner Über- raschung und Freude von einem grossen Schwarm von Larus minutus begrüsst. Im Anfange hielten sich die Vögel höher oben in der Luft auf, aber je mehr ich mich ihrem Brutplatze näherte, desto näher kamen sie, und bald hatte ich den ganzen Schwarm mit sausendem Flügelschlag um meinen Kopf. Das war am 4. Juni. Die Art hatte da eben mit Brüten begonnen, denn nur drei der Nester enthielten je ein Ei. Alle anderen Paare der Art bauten an ihren Nestern, ja einige hatten noch nicht damit begonnen. Die Nester waren alle ohne Aus- nahme draussen im Wasser gebaut, auf der Wasseroberfläche schwimmend. Vor allen Dingen schienen die Haufen von Phragmites, welche auf dem Wasser herumschwammen oder sich in höheren Rohrhalmen verankert hatten, einen beliebten Platz für das Nest der Art darzubieten. Hier hatte der Vogel dann nur etwas Scirpus ZU- sammenzuhäufen gebraucht um sein Nestfertig zu haben. Ein Teil der Vögel hatte da- segen sein Nest von Grund auf selbst gebaut. Dadurch, dass ich mich mehrere Tage hintereinander an dem See aufhielt, konnte ich beobach- ten, wie die Vögel vom ersten Anfang an ihr Nest zu bauen begannen. Die erste Grundlage zum Nest wurde gebildet durch einige in Form eines gleichschenke- ligen Dreiecks zusammen- gelegte Scirp.ıs-Halme. Wenn diese Grundlage fertig wat, begannen die Vögel, ohne scheinbare Ordnung, eine ganze Masse Scirpus-Halme zusammenzutragen, um so einen trockenen und einigermassen hohen Grund für das Nest zu bekommen, das aus einer an- spruchslosen, seichten Vertiefung in der obersten zusammen- gelegten feineren Seirpus-Schicht bestand. Bemerkt sei, dass die Art als Material zu ihrem Nest nur Scörpus lacustris yeB wendet, obgleich Phragmites und Carex-Arten in Menge IM der Nähe zu finden sind. Während der Tage, während der ich mich am See aufhielt, um die Art zu beobachten, hatten inzwischen die meisten Paare ihr Gelege zu drei Eiern ab- gelegt. Den 6. Juni enthielten mehrere der Nester zwei und drei Eier und an den folgenden Tagen, am 7., 8., 9. und 10, 7 2 u BEN Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. hatten kurz gesagt sämtliche Mitglieder der Zarus-Kolonie volle Gelege. Nach der Zahl der Nester berechnet, die ich sah, be- stand die Kolonie ungefähr aus 75 Paar Vögeln, die, da sie einen relativ kleinen See bewohnten, mit ihrem lebhaften und wachsamen Wesen der Gegend eine besonders lebhafte Färbung gaben. Was die Eier von dieser Mövenart anlangt, so gleichen sie in vielen Fällen den Eiern von Sterna hirundo in erstaun- lichem Grade, und nur die Struktur der Schale ist in vielen Fällen ein Erkennungszeichen. Man hat be- hauptet, dass das Gelb bei den Eiern der Zwergmöve aussergewöhnlich dunkelgelbrot sei, und dass dadurch die Eier von denen der Flusssee- schwalbe unterschieden werden kön- nen; aber das scheint mir nicht stich- haltig zu sein. An demselben See, an welchem die Zwergmöve brütete, hatten sich auch einige Seeschwalben niedergelassen, und das Gelb in deren Eiern war vollständig gleich dunkel, wenn nicht dunkelrotgelb wie bei de. Zwergmöve. Die intensive Farbe des Gelbs in den Eiern der Flusssee- schwalbe dürfte in diesem Falle da- rauf beruht haben, dass sowohl die Seeschwalben wie die Zwergmöven an dem fraglichen See zum grossen Teil von demselben Futter lebten. Was die Grundfarbe und die Zeich- nung der Eier anlangt, so ist sie über- haupt sehr konstant. Die Grundfarbe ist dunkelgrün, mehr oder minder in (Gelbbraun übergehend (die Grund- farbe gleicht meist der von Numenius arquatus) mit einer sehr lichten Zeichnung von dunkel Umbra- braun und etwas helleren grauvioletten Flecken, die sich bis- weilen an dem dicken Ende zu einem Kranze häufen. Unter der Menge von Eiern (zwölf Gelege), die ich augenblicklich zur Vergleichung hier habe, befinden sich mehrere in der Färbung sehr abweichende | Gelege. Die Eier des einen Geleges haben eine licht- grüne Grundfarbe, während ein anderes Gelege wieder- um eine sehr dunkel braun- gelbe Farbe zeigt, die der bei gewöhnlichen Lummen- eiern gleicht. In der Regel ist die Schale des Eies von gewöhnlichem Glanze, bei einem Teil in hohem Grade an den eigentümlich nebe- ligen Glanz der Lestris-Eier erinnernd. Ein Gelege wie- der hat vollkommen glatte Schale. In einem Gelege kommt unter Eiern von ge- wöhnlicher Grösse ein ab- norm kleines Ei vor von der Grösse von 32,1» 24,7, wäh- rend die beiden anderen Eier die Maße 42 x 30,3, 41x 29,6 mm haben. Das abnorm kleine Ei war das im Gelege zuerst gelegte. Als ein eigentümlicher Fall mag angeführt sein, dass ich in einem Nest von Larus minutus zwei Eier von Larus minutus und ein Ei von Podiceps rubricollis fand: die Sache ist nicht anders zu erklären, als dass der Taucher, von dem Nester in reicher Menge um die Nester der Zwergmöve gefunden wurden, sich versehen hat im Bau und sein Ei in das Nest der Zwergmöve, das ja auch auf dem Wasser,schwamm, gelegt hat. Die Grösse Naumann, Naturgeschichte Bd, XI, 193 einer Anzahl gemessener Eier ist: 45,8 x 30,9, 44,7 x 31,8, 44x 31,5 mm; 44,6 x 29,2, 41,1 30, 41,5 xx 29 mm; 44,5 x 30,2, 44,4x 29,5, 43x 30,1mm; 42,8x 30,8, 42,2% 31,4, 41,5xX 30,9 mm; 42 x 30,3, 41 x 29,6, 32,1 x 24,9 mm; 40,5 x 29,8, 40,3 x 30,4, LIFE 2 IT, IE DR 29 BErehn 39,4 29,1, 38,4 29,8, 38,330 mm; 43,8x 30,1, 40,2x29,4mm; (54,1 x 35,2 mm Podiceps rubricollis). Die 1886 brütenden Vögel hatten im Gegensatz zu ihrem Verhalten 1887 an dem vom Meere herein- springenden langen Kirchdorfbusen gebrütet, der bei gewöhnlichem Wasserstande Brackwasser hat. Im Sommer 1888 hat der Vogel die Insel nicht besucht; ein Verhalten, das um so eigentümlicher ist, als auch die Paare der Art, welche 1887 ihrer Eier beraubt wurden, sofern sie ein neues Gelege legten, dasselbe, soweit mir bekannt ist, in Frieden aus- brüten konnten. Im Sommer 1889 kam indessen die hübsche Zwerg- möve zurück. Dieses Mal wählte sie indessen als Brutplatz weder die Nähe des süssen oder Brackwassers, sondern brütete an der südlichsten Spitze des Landes am Meere. Hier fanden sich von der Art am 13. Juni drei Nester, zwei mit drei und eins mit zwei Eiern. Die Nester waren auf Erdhügelchen auf der Strandwiese gebaut. Auch die Sommer 1890 und 1891 hat die Zwergmöve die Insel besucht und auf dem Meeresstrande auf der südlichen Spitze der Insel sebrütet. Bei einem Besuche 1891 bestand die Kolonie aus un- gefähr 15 Paaren, und die Gelege waren am 15. Juni vollzählig (acht Nester). Ein Nest wurde schon am 6. Juni gefunden. Das Auftreten dieser östlichen Vogelart so weit nach Norden und Westen scheint mir sehr bemerkenswert. Offen- bar waren die wenigen Paare der Art, die 1886 auf der Inselbrüteten, verirrteExem- plare, die beim Frühlings- zugeihren Verwandten Larus ridibundus u. Ss. w. gefolgt waren. Das Vorkommen der grossen Menge Individuen, die 1887 die Insel besuchten und dort brüteten, scheint mir so erklärt werden zu können, dass die 1889 auf der Insel brütenden und ausge- schlüpften Exemplare auf ihrem Zuge zu ihrem vor- jährigen Wohnplatze eine grössere Zahl Vögel verlockt hat zu folgen. Das voll- ständige Fernbleiben der Art 1888 schliesst ja nicht ihr . Vorkommen auf einem See Auch ihr Wiederauftreten 1890 und 1891 widerspricht dieser Annahme nicht.“ Sehr genaue Beobachtungen über das Leben der Zwerg- möve am Brutplatz hatte auch E. CHRISTOLEIT am Ostufer des kurischen Haffs zu machen Gelegenheit. Er giebt darüber mir folgenden ausführlichen brieflichen Bericht: „Wie ihre nächste Verwandte, die Lachmöve, erscheint auch die Zwerg- möve am Brutplatze ganz anders als im Winterquartier. Zierlich und anmutig ist sie hier wie dort, weitaus die lieb- 25 des nächsten Festlandes aus. 194 lichste unserer Möven und eine Zierde jeder Gegend, die den Vorzug hat, sie noch zu ihren Bewohnern zu zählen; aber zu der der Seeschwalbe, an die sie im Winter, zumal im mittleren Kleide, so deutlich erinnert, steht ihre Zierlichkeit doch in sehr entschiedenem Gegensatze. Dort knappe Befiederung, schlanke, scharf umrissene Formen, Kraft und Energie in jeder Bewegung, hier auffallend reiches Gefieder, das mit seiner braunschwarzen Maske und den seltsamen dunklen Unter- fligeln zunächst fast den Eindruck einer geschmackvollen Vermummung macht, weiche, rundliche Linien, leichte, sanfte, gefällige Bewegungen. Von dem seeschwalbenartig takt- mässigen, kraftvollen Flügelschlage, dem kühnen, scharfen Stosstauchen der Winterszeit bekommt man am Brutplatze so gut wie nie etwas zu sehen; der Flug ist jetzt vollkommen typischer, nur eben ganz besonders leichter und zierlicher Mövenflug (wobei der Hals nicht so stark eingezogen wird wie im Winter), ausgezeichnet höchstens durch öfteres Rütteln, das ihr natürlich auch ganz besonders leicht und gefällig steht. Mit dem Charakter ihres Aufenthaltsortes und ihres Nahrungs- erwerbes ändert sich eben auch ihr Betragen. An ihren mir bekannten ostpreussischen Brutplätzen, die sie mit der Fluss- und der schwarzen Seeschwalbe in im Ganzen genommen ziemlich gleicher Anzahl aller drei Arten teilt, während die Lachmöve dort ganz fehlt, erscheint die Zwergmöve erst seit Mitte Mai. Man sieht sie dann gewöhnlich zu zweien oder oft auch dreien, ohne dass man im letzteren Falle Streitigkeiten bemerkt, ziemlich eng und ausserdem in grösserer Vereinigung lockerer zusammenhalten und fast den ganzen Tag über sich in der Luft tummeln, teils Nahrung suchend, teils — namentlich bei klarem Himmel — in ziemlich engen Spiralen anhaltenden Schwebefluges aufsteigend und in hoher Luft lange Zeit kreisend, sich mit anderen herumjagend und schliesslich mit halb zurück- gelegten Handschwingen in langen flachen Schwenkungen herab- steigend, um oft gleich wieder aufwärts zu streben. „Fleder- mausartige, geknittertte Wendungen“ habe ich dagegen am Brutplatze (wie auch im Winter) nie gesehen, ohne sie deshalb aber für unmöglich zu halten, zumal ich ähnliches auch bei der Lachmöve auf dem Frübjahrszuge und im Spätsommer bemerkt habe, zu welchen beiden Jahreszeiten ich die Zwerg- möve noch nicht habe beobachten können. Sitzend und selbst schwimmend ausruhen trifft man sie selten; ersteres am liebsten auf etwas erhöhten Punkten, im Sommer auch viel auf den Mummelblättern, wie — ausser am Nest — auf dem Wiesen- rasen; gehen habe ich noch keine einzige jemals gesehen. Anfang Juni sind die Gelege vollzählig. Die Nester stehen entweder auf Wasserpflanzen oder auf etwas kurzgrasigem Wiesenboden; im ersteren Falle mit denen beider genannter Seeschwalben, im zweiten nur mit denen der Flussseeschwalbe in kleineren oder grösseren Kolonien unterschiedslos vereinigt und oft nur wenige Schritte voneinander entfernt (zuweilen jedoch auch mehr einzeln). In einem Falle schienen sogar beide Arten in ein Nest gelegt zu haben. Von nun an scheinen die Zwergmöven sich im Gegensatze zu den Fluss- seeschwalben vom Brutplatze überhaupt nicht mehr zu ent- fernen und entfalten hier auf kleinem Raum die ganze Mannig- faltigkeit ihrer Lebensäusserungen, wie man denn hier auch alle ihre Stimmlaute zu hören bekommt. Ihre Stimme ist entschieden der der Lachmöve verwandt, im übrigen aber recht eigenartig. Die gewöhnlichen Rufe sind ein auffallend gedämpftes, kurz schmelzendes „kek“, erheblich tiefer als bei der Lachmöve, welche Laute bei einiger Aufregung nicht nur in sehr kurzen Zwischenräumen wiederholt, sondern auch in eigentümlicher, sehr ausdrucksvoller Betonung zusammen- sefügt, selten etwas kreischend verlängert werden, und ein höheres und stärkeres hartes, aber ziemlich reines „keh*, das zuweilen etwas abweichend moduliert auch zu kurzen aufsteigenden, gleich hoch bleibenden oder absteigenden Laut- reihen verwandelt wird, namentlich, wie es scheint, im Fluge als Unterhaltungslaut, während es in der höchsten Aufregung beim Stosse auf einen gefährlichen Gegner entweder besonders NN nn nn nn nn nn Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. hart und stark hervorgestossen (jedoch stets nur einmal) oder durch einen in der Klangfarbe sonst gleichen, aber hart schnarrenden Laut ersetzt wird, den einzigen schnarrenden Ton, den die Zwergmöve besitzt. In anderer Weise modifiziert, nämlich noch erheblich lauter und voller, aber auch viel weicher ausgesprochen, bildet es dagegen den von HEnRıcı be- sonders hervorgehobenen charakteristischen Balzruf ‚kehkch- kehke6h-kehkeh...“, wobei eine höhere unbetonte und eine tiefere betonte Silbe regelmässig aufeinander folgen und so eine oft ziemlich lang ausgedehnte Tonreihe in ganz regel- mässig jambischem Rhythmus entsteht, indem stets eine un- betonte Silbe den Anfang und eine betonte Silbe den Schluss macht. Nur selten wird eine betonte Silbe verdoppelt oder es geht der Ruf am Schlusse in die vorher beschriebene Reihe von gewöhnlichen „keh“-Lauten über. Diesem Balzrufe, den die Zwergmöve fast stets fliegend — sei es hoch oder niedrig — und nur ganz ausnahmsweise und abgebrochen einmal sitzend oder schwimmend hören lässt, entspricht bei ihr auch eine besondere Balzstellung. Der Vogel streckt den Hals auf- fallend und eigentümlich gebogen aus, drückt den Hinterkopf nieder, hebt auch den Schwanz etwas, sodass seine ganze Oberseite eine konkave Form annimmt und lässt nun, sonst nicht geänderten, höchstens etwas verlangsamten Fluges dicht hinter dem Weibchen herziehend, wie in höchster Entzückung mit voller Kraft seinen Minnegesang erschallen, bis er ihn, dann wieder zur gewöhnlichen Stellung übergegangen, in einigen tieferen, sanfteren, leiser und langsamer werdenden Jamben (kehkeu kehkeu kehkeuh) wie befriedigt ausklingen lässt. Es geschieht dies am häufigsten natürlich im Anfange der Brutzeit, aber auch später bis zum Flüggewerden der Jungen nicht selten. Was ich mir dabei bis jetzt nicht habe erklären können, ist, dass auch in der späteren Brutzeit dabei oft drei Vögel sich eng zusammenhalten; allerdings habe ich ganz Entsprechendes z. B. auch bei der schwarzschwänzigen Ufer- schnepfe nicht selten beobachtet. Kürzer und abgebrochener hört man die Balzlaute dagegen auch ohne die beschriebene Stellung die ganze Brutzeit hindurch, "namentlich gegen deren Ende; übrigens oft ganz heiser, wohl infolge wirklicher, durch zu vieles Rufen veranlasster Heiserkeit wie beim Kuckuck. Bei starker Erregung — wahrscheinlich nur dem Menschen gegenüber — hat unser Vogel endlich noch einen, zwar wohl als starke Steigerung des „keh“ aufzufassenden, aber doch ganz abweichenden Laut, der mich immer noch am meisten an die Heringsmöve erinnert hat, ein wie mit Anstrengung und stets nur einmal hervorgestossenes „Kwie-uh“ (die letzte Silbe statt abwärts auch ebensooft aufwärts schlagend) in starkem, vollem, aber nicht gerade angenehmem, fast heulendem Tone mit nur wenig schnalzendem Beiklange. Einen eigent- lichen Unterhaltungs und Lärmlaut, dem „krieäh“ der Lach- möve und in anderer Aussprache auch der Seeschwalben ent- sprechend, besitzt die Zwergmöve somit nicht, da auch die Reihe von „keh“-Lauten dazu viel zu selten gebraucht wird, und so bleibt dann der im Ganzen ziemlich weich und nicht unangenehm klingende, wenn auch laute Paarungsruf die hervorstechendste Stimmenäusserung, von der abgesehen diese Art ganz im Einklange mit ihrem sonstigen Wesen auch am Brutplatze keineswegs besonders laut und schreilustig genannt werden kann, und wenn den Beobachter im Anfange der Brut- zeit an den Nestern ein Dutzend dieser Vögel in geringer Höhe umschwebt, ohne einen anderen Laut als das tiefe schnalzende „keck“, das mehr zum Anlocken als zum Abschrecken ge- eignet zu sein scheint, so kann man sich ob solchen Kontrastes ihres Verhaltens mit der Situation eines Lächelns nicht er- wehren. Sonst aber scheinen sie von Anfang an auch an warmen Tagen ziemlich treu zu brüten und gehen bei ihrer andauernden grossen Zutraulichkeit dem Menschen gegenüber auch sehr bald nach Entfernung der Störung wieder auf die Eier. Mit vorrückender Brutzeit werden sie dann solchen unliebsamen Besuchen gegenüber auch wesentlich lebhafter, und wenn sie Junge haben, stossen sie regelmässig und recht u ee Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. anhaltend energisch nach dem Kopfe des Störers, aber auch dann im Augenblicke des Stosses nur einmal den beschriebenen Laut ausstossend und überhaupt verhältnismässig still. Auch Nebelkrähen und Rohrweihen gegenüber ist die Zwergmöve zwar lange nicht so lebhaft, wachsam und aggressiv wie die Flussseeschwalbe, steht aber durchaus ihren Mann; ich habe auch niemals gesehen, dass eine Rohrweihe die so bequem daliegenden Nester geplündert hätte, mehrfach dagegen, dass eine solche bei ihrem „Revieren“ den Brutplatz in grossem Bogen umging, und ebensowenig scheinen die so dreisten und beutegierigen Nebelkrähen hier etwas auszurichten. Wo letztere in grösserer Anzahl auftreten könnten, stände es ja natürlich anders; so aber ist der einzige wirksame Feind dieses reizenden Vogels der Mensch. Einmal sah ich übrigens auch, wie die ganze Bevölkerung einer grösseren Kolonie sich plötzlich zu- sammenballte und in einer einzigen geschlossenen Masse wild aufwärts stürmte, um sich dann freilich rasch wieder zu zer- streuen; den daraufhin zu erwartenden Falken, Habicht oder Sperber (Weibchen des letzteren waren an den betreffenden Stellen Sumpfvögeln gegenüber sehr thätig) aber gelang es mir nicht zu Gesicht zu bekommen. Gegen die umwohnenden Sumpfvögel zeigen sich die mutigen Verteidiger ihrer Brut dagegen durchweg friedfertig und verträglich (namentlich Kampfläufer scheinen auch den Brutplatz mit ihnen zu teilen), und auch zu den beiden Seeschwalbenarten ist das Verhältnis ein durchaus gutes; nur wenn der Mensch sie an den Nestern stört, macht sich wie bei anderen Möven und auch bei Sumpf- vögeln ihre Erregung in vorübergehenden Angriffen auf ihre andersartigen Gefährten Luft (gegen Artgenossen wohl nie), wobei es wohl nur von dem Entwickelungszustande der Bruten abhängt, welcher Art dabei die thätige und welcher die leidende Rolle zufällt. In letzterer Lage begnügt sich unser Vogel stets damit, still und geschickt auszuweichen, während er sich, wo er zum Angreifer wird, meist gefallen lassen muss, dass wenigstens die weniger duldsame Flussseeschwalbe den von oben geführten Stoss nicht nur durch eine rasche Schwenkung pariert, sondern auch & tempo erwidert, übrigens aber auch ohne sich auf weiteres einzulassen. Sobald sich aber die Vögel über die Störung beruhigt haben, herrscht wieder voll- kommener Friede in der Kolonie. Die Jungen halten sich, sobald sie das Nest verlassen haben, ganz wie die der Lach- möven im Schilf und Wasserpflanzendickicht sorgfältig ver- steckt und mögen sich hier einen Teil ihrer Nahrung wohl bald selbst suchen; wenigstens scheint, wie bereits bemerkt, auch die Sorge für sie den Alten die Zeit zu ihren Flug- und Paarungsspielen niemals ganz zu rauben. Hinsichtlich der Nahrung weicht die Zwergmöve am Brutplatze von allen ihren Verwandten (ob Xema Sabine: ihr darin ähnlich sein mag?) am meisten ab. Schon W. BAER hat ja beobachtet, dass sie Insekten im Fluge fängt; ich muss nach meinen bisherigen Wahrnehmungen annehmen, dass diese Art der Nahrungs- aufnahme am Brutplatze die vorherrschende ist. Stoss- tauchen habe ich sie nicht ein einziges Mal gesehen (wie- wohl es freilich im frühen Frühjahr und bei trübem Wetter gewiss vorkommen wird); aber auch von Wasserpflanzen oder gar vom Boden scheint sie die Insekten nicht gerne abzulesen, während sie insbesondere die schon von Ende April an wahrscheinlich in mehreren Generationen erscheinenden und an ihren Aufenthaltsorten fast stets massenhaft vorhandenen Haffmücken (Chironomus riparius MG.), wenn sie am späten Nachmittag und Abend in grossen geschlossenen Massen schwärmen, ganz regelmässig jagt. Sie fliegen dabei in zwei bis acht Meter Höhe (höher scheinen die Haffmücken über freien Flächen meist nicht zu schwärmen) am liebsten über dem Wasser, aber auch über den Wiesen, in sanftem, stetigem, fast etwas nachtschwalbenähnlichem Fluge hin und her und schnappen alle Augenblicke unter wenig merk- lichem Erheben des Vorderkörpers und ohne aus ihrer Bahn zu kommen ein solches Kerbtier fort, grösseren Beute- stücken jedoch zuweilen auch etwas im Zickzack nachfliegend. 195 (Übrigens fangen hier auch die schwarzen und selbst die Fluss- seeschwalben ganz regelmässig Haffmücken aus den fliegenden Schwärmen, doch nicht so eifrig und allgemein wie die Zwerg- möve). Libellen und etwa verirrte Schmetterlinge und Mai- käfer werden ihr unter solchen Umständen jedenfalls besonders begehrte Jagdobjekte sein; doch habe ich das selbst zufällig noch nie gesehen. Offenbar zieht die Zwergmöve auch ihre Jungen mit Insekten auf. Sind diese aber flugfähig geworden, so fliegen sie den Alten mit zwitschernd -trillerndem, fast wimmerndem Geschrei von anfangs rein pfeifender, später . mehr kreischender Klangfarbe, das dann schliesslich auch schon anfängt, sich in die einsilbigen, freilich mehr kreischend aus- gesprochenen „keck“-Laute der Alten aufzulösen, um Futter bittend auch in die Luft nach und werden vermutlich auch hier von ihnen gefüttert. In Gegenwart des Menschen thun dies die Alten trotz ihrer sonstigen Zutraulichkeit jedoch nicht, stossen vielmehr andauernd auf die Jungen, um sie zu be- wegen, wieder in das schützende Schilfdickicht einzufallen, was diese anfangs auch stets thun; je sicherer sie freilich im Fluge werden, desto weniger geneigt sind sie dazu, wiewohl sie von den immer wieder stossenden Eltern öfters bis fast auf die Erde geworfen werden.!) Übrigens scheint die be- Schriebene Stimme der Jungen anderen sich langsam ent- wickelnden Vögeln analog von ihnen auch noch im Winter beibehalten zu werden, während man von den zweijährigen (d.h. im zweiten Kalenderjahre ihres Lebens stehenden) Vögeln im Frühling allerdings nur die Rufe der Alten hört. Diese zweijährigen Exemplare sind anderweitigen Angaben über andere Mövenarten entgegen in einiger Anzahl den ganzen Sommer über mit am Brutplatze anzutreffen, halten sich mit den anderen Angehörigen der betreffenden Kolonie unter- schiedslos zusammen und betragen sich auch wie sie, zeigen sich insbesondere ganz eben so lebhaft, wenn sich ein Mensch den Nestern nähert, nur dass sie nicht stossen. Ihr Feder- wechsel resp. ihre Verfärbung scheint sehr wenig regelmässig vor sich zu gehen, wenigstens bemerkt man unter ihnen zu gleicher Zeit und an demselben Orte verschiedene Farben- abänderungen, insbesondere auch solche mit teilweise schwarzem Kopfe; ein Exemplar trug Mitte Juni das typische ausgefärbte Winterkleid. Sobald die Jungen völlig flugbar geworden sind, was in der Regel um die Mitte des Juli der Fall ist, beginnt der Abzug von den Brutplätzen, und bereits Anfang August sieht man Keine mehr.“?) —|] Feinde. Es ist weiter nichts bekannt, als dass ein eigentümliches Schmarotzerinsekt in ihrem Gefieder wohnt, von NITSCH ent- deckt und Nirmus eugrammicus benannt wurde. [— Ausserdem kommt noch im Gefieder Docophorus lari und im Inneren Fklaria lari RuD., Distomum spinulosum RuD. und Taenia dodecacantha KRABBE vor. Im übrigen werden die Feinde der anderen kleineren Möven auch die ihrigen sein. Gegen die Plündereien ihrer Nester durch Weihen und Krähen wissen sie sich sehr erfolg- reich zu schützen. Das einzige Wesen, das ihrer Brut wirk- lichen Schaden zufügt, scheint der Mensch zu sein. —|] Jagd. Als scheuer Vogel muss sie im Sitzen hinterschlichen oder an ihren Fangplätzen aus einem Hinterhalt erlauert werden. 1) Absolute Sicherheit will ich übrigens dieser Beobachtung, die ja auch für die Beurteilung des „Seelenlebens“ der Tiere nicht ohne Wert wäre, insofern sich dieses Verhalten wohl kaum allein auf den Instinkt zurückführen liesse, nicht beimessen, da es doch nicht völlig zweifellos festgestellt ist, ob es sich nicht um fremde Alte handelt, welche die plötzlich fliegend erscheinenden abweichend gefärbten Vögel verfolgen. Christoleit. 2) Als nicht mehr ungewöhnlichen traurigen Epilog zu vorstehenden Angaben muss ich leider mitteilen, dass, wie ich eben erst erfahre, durch für die nächsten Jahre geplante umfassende Meliorationsanlagen nicht nur die Existenz der Zwergmöve an den mir bekannten Stellen, sondern über- haupt ein Stück reichen Sumpf- und Wasservogellebens mit völliger Ver- nichtung bedroht ist. Christoleit. 25% 196 Ihre oben erwähnte Neugier bringt einzelne oft ganz unerwartet zum Schuss. Nicht selten kommt eine solche, wenn sich ihr der Schütze zum erstenmal zeigt, gerade auf ihn zugeflogen, vor- züglich, wenn er den Schein annimmt, als sähe er sie gar nicht. Fliegt sie zu weit an ihm vorüber, so darf er nur, wenn auch hoffnungslos, einen Schuss nach ihr thun; sie kommt dann sonderbarerweise augenblicklich und stracks auf den Schützen zugeflogen und kann nun sicher mit dem zweiten Rohr der -Doppelflinte herabgeschossen werden. Zuweilen sticht sie bei solchem Vorfalle auch nach dem aufs Wasser gefallenen Pfropfen des erstgethanen Schusses. Stück Papier und dergleichen ihre Neugier reizt, so kann sie leicht dabei erlegt werden; mehrere Fehlschüsse machen sie Da ein so eben hingeworfenes - Die Zwerg-Möve, Larus minutus PALLAS. jedoch zuletzt so vorsichtig, dass solche Mittel nichts mehr fruchten und sie wohl gar die Gegend, wo nicht für immer, doch für einige Zeit verlässt. Nutzen und Schaden. Hierüber ist gar nichts bekannt. Es mag wohl keiner von beiden erheblich sein. !— Jedenfalls trägt sie durch ihr liebliches Weseu derart zur Verschönerung der Landschaft bei, dass ihr entschieden überall Schutz gewährt werden sollte, um so mehr, als durch Meliorationsanlagen und andere durch die Kultur hervorgerufene Veränderungen des Bodens ihre Lebensbedingungen — wie die der Sumpf- und Teichvögel überhaupt — in erheblichem Maße vermindert werden. er ze er ’n n (— Bonapartes Möve, Larus philadelphia Or». Tafel 19. Fig. 5. Winterkleid. Tafel 35. Fi8, 27. Ei: Fremde Trivialnamen: Englisch: Bonaparte’s Gull, Bonapartian Gull. Französisch: Goeland Bonaparte. Larus philadelphia, Ord, in Guthries Geogr. II. Amer. ed. II. p. 319 (1815). — Larus Bonapartü. Swains. u. Richards, Faun. Bor. Amer. Birds. p. 425. pl. 72 (1831). — Larus bonapartü. Degl. et Gerb., Om. Eur. II. Ed. II. p. 439 (1867). — Larus philadelphia. Yarrell, Brit. Birds. 4, Ed. III. p. 584 (1882—84). — Larus Bonaparti. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 577 (1891). — Larus philadelphia. Dresser, Birds Eur. Tom. IX. p. 387. pl. 717 (1896). — Larus philadelphia. Cat. Birds Brit. Mus. XXV.p. 185 (1896). — Larus philadelphia. Dresser, Man. of Palaearctic Birds. II. p. 826 (1903) Abbildungen der Eier: Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 307. pl. 54 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 106. pl. 36 (1896) Kennzeichen der Art. halb des Ohres einen grau angeflogenen Hinterkopf und grauen Alter Vogel. Erste Schwungfeder weiss, mit schwarzer | Nacken. Der Rücken und die Flügel sind bläulich grau, die Spitze und schwarzem Saum, die beiden folgenden Schwung- | Schwung- und Steuerfedern wie im Sommer. Der Schnabel federn weiss, an der Spitze schwarz, ist weniger schwarz, und die Füsse sind fleischfarben. Die mit einem kleinen weissen Fleck am Ende. Krallen sind schwarz. 3 Der junge Vogel hat eine braungraue Kappe. Die > Ä Federn des oberen Nackens und des Mantels sind mit braunen \ /)) V) und fahlgelben Spitzen und Kanten versehen, und die Schulter- ) federn schmutzig weiss gesäumt. U. \ N! Das Dunenjunge ist von schmutzig gelber Farbe mit % | / \ß \ zahlreichen dunkelbraunen Flecken, besonders auf der Oberseite. E . ‚ ‘L \ Die Gesamtlänge des alten Vogels ist 33 em, der Schnabel I Ä misst 3,8, der Flügel 26,3, der Schwanz 11,4, der Lauf 3,6, | die Mittelzehe mit Kralle 3,6 cm. | Das abgebildete Exemplar ist ein Vogel im ersten Winter- kleide aus Süd-Kalifornien, im Braunschweigischen Museum befindlich. a wa SMILE LS >>>> Aufenthalt. Bonapartes Möve ist eine Bewohnerin von Nordamerika, von Alaska bis Labrador. Es ist nicht bekannt, dass sie jenseits des Polarkreises gebrütet hätte. Sie besucht auf dem Die drei ersten Schwungfedern von Larus philadelphia juv. Zuge die Bermudas-Inseln und die südlichen Staaten und Junger Vogel. Erste Schwungfeder weiss mit schwarzer überwintert am Golf von Mexiko und an den Küsten von Spitze und Aussenfahne, zweite und dritte Schwungfeder weiss | Kalifornien. In Europa ist sie zehn- bis zwölfmal vor- mit schwarzer Spitze und teilweise schwarzer Aussen- und | 8ekommen, fast stets nur in Grossbritannien; nur einmal Innenfahne. ist sie auch auf Helgoland beobachtet und im Winter 1845 Schnabel von der Stirn bis zur Spitze gemessen kürzer erbeutet worden. Sie bewohnt in Amerika das Binnenland als die Aussenzehe, Mittelzehe ebenso lang wie der Lauf. Im und beginnt ihren Zug nach dem Norden im April. Der Zug Hochzeitskleide erstreckt sich die Kappe auf dem Nacken | nach dem Süden geht im August und September vor sich. Im nahezu ebenso weit herab wie nach vorn. Winter ist sie ausschliesslich eine Bewohnerin der Küste. Bere SIIISISITII>> \ IN Beschreibung. Alter Vogel im Sommer. Kopf und oberster Teil des In ihren Eigenschaften gleicht sie sehr der Zwergmöve, Halses bläulich schwarz, der übrige Teil des Halses und die | der sie überhaupt sehr nahe steht. Sie hat denselben ruhigen, Unterseite des Körpers rein weiss, leicht rötlich angehaucht, | graziösen Flug, der mehr dem der Seeschwalben als dem der die oberste bläulich schwarzgrau; die erste Schwungfeder weiss | grossen Möven ähnelt. Sie ist ein Vogel, der die Gesellschaft mit schwarzer Aussenfahne und schwarzer Spitze, die zweite | sehr liebt, und auch im Winter hält sie sich in grossen Schwungfeder weiss mit schwarzer Spitze und auf ein Drittel | Scharen zusammen um Futter zu suchen und umher zu schwarzer Aussenfahne, die beiden folgenden mit schwarzer | schwärmen. Wie die Zwergmöve gleitet sie bei der Verfolgung Spitze und grauen Innenfahnen, die übrigen grau mit schwarzer | von Insekten durch die Luft oder schwebt hernieder auf das Spitze und einem grauen Fleck an der Spitze, die Steuerfedern | Wasser, um ihre Beute von der Oberfläche abzulesen. rein weiss; der Schnabel schwarz, an der Basis des Unter- kiefers blasser. Die Füsse rot. Der alte Vogel im Winter hat den Kopf, den Hals, Die Nahrung von Bonapartes Möve besteht hauptsächlich die Unterseite des Körpers und den Schwanz weiss mit einem | aus Insekten, Krebsen und deren Larven und kleinen Fischen. rötlichen Anhauch, auf dem Bauche einen kleinen schwärz- Sie scheint sowohl bei Nacht wie bei Tage der Nahrung nach- lichen Fleck, vor dem Auge einen schiefergrauen Fleck, unter- | zugehen. Eigenschaften. Nahrung. 198 Fortpflanzung. Bezüglich der Fortpflanzung unterscheidet sich Bona- partes Möve sehr von ihren Verwandten. Sie scheint sehr selten ihr Nest auf dem Erdboden anzulegen, sondern gewöhn- lich auf hohen Bäumen und Büschen. MAc FARLANE fand nach SEEBOHM die Möve brütend in der Waldregion nahe bei Fort Anderson. Alle Nester, die er sah, waren entweder auf Bäumen oder auf Büschen angelegt, keines tiefer als 4 Fuss hoch, und andere standen 15 bis 20 Fuss hoch über der Erde. Eins, das er am 23. Juni fand, war auf einem Baume 12 Fuss über der Erde erbaut und stand zwischen zwei kleinen Teichen, ungefähr 40 m von beiden entfernt. Ein anderes Nest stand auf einem dürren Ast eines Nadelbaumes, gegen 10 Fuss vom Erdboden entfernt. 23 Nester, die MAc FARLANE beschreibt, standen alle erhöht auf Baumstümpfen, Büschen oder Bäumen und waren aus Zweigen gebaut und mit dürrem Gras ge- füttert; in einem Falle waren auch Moos und Flechten dazu verwandt. Sie waren in der Regel auf horizontalen Ästen etwas vom Stamme entfernt angelegt. Bonapartes Möve, Larus philadelphia ORD. Eier wurden in der Zeit vom 10. Juni bis 10, Juli ge- funden. Die gewöhnliche Zahl der Eier war drei, in wenigen Fällen vier. Auch KennIcorTT fand gleiche Verhältnisse bei Fort Yukon, und ebenso RiICHARDSON. Die Eier von Bonapartes Möve ändern in der Grundfarbe von hellbraun bis dunkelbraun und olivenbraun ab; die Flecken sind im allgemeinen gleich- mässig über die ganze Oberfläche verteilt, bisweilen aber bilden sie auch einen Gürtel am dicken Ende. In der Grösse wechseln sie sehr. Die Zeichnungsflecke sind dunkelbraun, und die Schalenflecke bei den Eiern, deren Grundfarbe hell ist, braungrau und deutlich; bei denen, wo die Grundfarbe dunkler ist, graubraun und undeutlich. Die Grösse der Eier beträgt 48x34 bis 52x36,8 mm. Nutzen und Schaden. Über Nutzen und Schaden dürfte nichts anderes zu sagen sein als bei der Zwergmöve. —|] 19 PIOfyIoJurM soIs0 g 'DA0M SSJıedeuog 'pIQ eiydjspepiyd snıe "PlopgiojurM $S0Jsıo F ‘opıopgaayuıy wı Pony oe g "sAowu3e] "I Snpungiptii snIe7 eyhaniinne: unse zz ER EIERN De Ley 2 2 ze "OPIOTNAJuI A WI [950 A0e z 'sAaouydogziemuyas pen Snjeydaoouejsw snıe7 OpropjiogurM wı uoypuuep see [| "AgwSIMZ "eg Snynuruı snreT } Ve TE ET ara AN BSLAESN nn 4) + i ne) > Die Schwarzkopf-Möve, Larus melanocephalus NArrErkRr. Tafel 18. Fig. 4. Sommerkleid. Tafel 19. Fig. 2. Winterkleid. Tafel 20. Fig. 4. Jugendkleid. Tafel 36. Fig. 10—17. Eier. Die schwarzköpfige Möve. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: @eleb jadranski. Czechisch: Racek dernohlavy. Englisch: Adriatic G@ull, Medi- terranean Black-headed Gull. Französisch: Mouette & capuchon noir, Goeland melanocöphale. Italienisch: Gabbiano corallino, Gabbiano cenerino, Moretta, Machera corallino, Gabbiano capinero. Maltesisch: Gauja. Polnisch: Mewa czarnogtowa. Spanisch: Gaviota, Gavina, Gavinot. Ungarisch: Szerecsen siräly. Larus melanocephalus. Natterer, Isis. p. 816 (1818). —] — Larus melanocephalus. Man. d’Orn. Edit. 2. II. p. 777. — Gabbiano corallino, cinerino. Natterer in litt. — Mouette & capuchon noir. Temminck, (Sommerkleid). — @abbiano corallino. Stor. degli Uccelli. Tav. 526 (Winterkleid). — Moretta, o maschera corallina. Tav. 527 Savi, Ornith. toscana III. p. 65. — Meyer, Zusätze (oder III. Teil) z. Taschenbuch. S. 201. — Brehm, Lehrb. II. S. 721. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 757. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 70. n. 247. — [— Larus melanocephalu. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 254. Taf. 250 (1840). — Larus melanocephalus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV. (1840). — Larus melanocephalus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXVII (1844). — Larus melanocephalu. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 173 (1860). — Larus melanocephalus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 437 (1867). — Larus melanocephalus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1407 (1869—74). — Larus melanocephalus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 365. pl. 597 (1878). — Larus melanocephalus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 604 (1882—84),. — Melogavia melanocephala. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 94 (1886). — Larus melanocephalus. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 97 (1886). — Chroicocephalus melanocephalus. Giglioli, Avif. ital. p. 423 (1886); p. 639 (1889). — Larus melanocephalus. Ar6valo y Baca, Av. Espaäa. p. 421 (1887). — Hydrocolaeus melanocephalus. Salvadori, Elen. Uce. Ital. p. 283 (1887). — Larus melanocephalus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 112 (1892). — Hydrocolaeus melanocephalus.. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 159 (1892). — Larus melanocephalus. Reiser, Orn. balcan. IL p. 198 (189€; IV. p. 147 (1896). — Larus melanocephalus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 180 (1896). — Larus melanocephalus. Chernel, Magyarorszäg madarai. II. p. 51 1899). — Larus melanocephalus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds. II. p. 825 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVIM. Fig. 3 (1854—53). — Bädeker, Eier europ. Vög Taf. 72. Fig. 4 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 315. pl. 53 (1884). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 108. pl. 34 (1896). —| Kennzeichen der Art. Alter Vogel: Schwungfedern fast ganz weiss, nur die vorderste auf der Aussenfahne mit einem langen schwarzen Längsstreifen. Junger Vogel: Kopf und Hals weiss, nur ein Streifen durch das Auge und die Schläfe grauschwarz. Beschreibung. Diese Möve scheint ein Larus minutus im vergrösserten Maßstabe und sieht auf den ersten Blick dieser viel ähnlicher als irgend einer anderen europäischen Art, ist indessen um so vieles grösser, hat einen so ganz anders gestalteten, im % Verhältnis zur Körpergrösse kürzeren und stärkeren Schnabel 17) i und so viel längere Beine, dass sie niemand mit jener ver- \ 2 \) wechseln kann. — Vergleicht man sie mit Larus ridibundus, r , \ ZN so ist der Unterschied trotz der fast gleichen Grösse doch D N, \ noch auffallender; sie ist etwas stärker oder gedrungener am \. \ \ Rumpfe, viel hochbeiniger, dies weniger durch die grössere 7 \ \ Länge der Tarse als vielmehr der Nacktheit des Unterschenkels \ZBsız SEN CHE IN TE, UN und ihr Schnabel kürzer aussehend, weil er viel höher, breiter und stärker ist als bei der Lachmöve. Auch an den Farben des Gefieders und an der Zeichnung der Flügelspitze ist sie GGG —z HH HE IIIRINI \ | dieser weit weniger ähnlich als der Zwergmöve. Viel ähn- \ 72 4 licher sind unserer schwarzköpfigen Möve zwei ausländische \ //): \ 17 | Arten, am meisten Zarus cucullatus des Berliner Museums aus W777 \ ZN j | Mexiko, aber diese hat ausgefärbt einen viel dunkler asch- \ \ - | \ ' blauen Mantel, viel Schwarz an der Flügelspitze und ganz \ IN schwarze Füsse; an der anderen, L. albipennis aus Chili, geht { die Kappe des Kopfes hinten nicht so tief herab und ist auch nur schwarzbraun, die Flügelspitze hat noch mehr Schwarz, besonders nach hinten zu; diese Möve steht daher im Mittel zwischen L. melanocephalus und L. ridibundus. ı— | NN. Die ersten drei Schwungfedern von Larus melanocephalus juv. y [— Schwungfedern schwarz, mit einem weisslichen Streifen, Ihre Länge ist 34,7 bis 36,5 cm, die Flugbreite 80 bis der auf der vordersten schmal ist, aber nach und nach breiter | 82,5 cm, die Länge des Flügels von der Handwurzel bis zur wird und bei den sechs ersten nur auf der Innenfahne er- | Spitze 28,8 bis 29,7 cm, die Schwanzlänge 10,6 bis 11 cm; scheint. —] Der sehr starke Schnabel 2,9 cm, der Lauf 4,7 cm die kleineren Maße den Weibchen und jüngeren Vögeln zu- lang, die Nacktheit der Tibia halb so lang als dieser. Tauben- kommend. grTösse. Das Gefieder ist wie bei anderen Möven, das kleine un- 200 gemein zart, weich, dicht, fast überall ohne geschlossene Um- risse, an der Brust und dem Bauche pelzartig dick; die grossen Schwungfedern mit wenig säbelartig gebogenen, aber starken Schäften, übrigens an der Wurzel breit, nach vorn allmählich schmal, endlich spitz, die erste die längste, die, wenn der Flügel an den Leib gelegt, 4 cm über das gerade oder sehr wenig abgerundete Ende des zwölffederigen Schwanzes hinausragt. Der Schnabel ist stark und hoch, sieht wegen seiner Höhe kurz aus, je älter der Vogel, desto auffallender, ist nach vorn bedeutend zusammengedrückt, und beide Teile sind nur schwach gewölbt; die Firste ist abgerundet (breiter als bei L. ridibundus), von der Stirn an gerade, von der Mitte aus im sanften Bogen zur Spitze hinabgehend; der Kiel, so weit er gespalten, gerade, hier (zwei Drittteile seiner Länge) mit stark vorspringendem Eck, von diesem schnell und in gerader Linie zur Spitze aufsteigend, hier besonders schmal, diese Spitze aber in die etwas überragende des Oberschnabels eingreifend; die scharfen Schneiden einen schwachen Bogen beschreibend und etwas eingezogen. — Das Nasenloch liegt vor der Mitte des Schnabels in einer länglichen Vertiefung, so dass unter dieser, über der Schneide, ein schwacher Wulst vortritt, und ist ein enger, etwas gebogener, 6 mm langer Ritz, dessen Anfang 6 mm von den Halfterfedern entfernt liegt. Der Schnabel ist von der Stirn bis zur Spitze 2,9 bis ö,1 cm, von dieser bis in den Mundwinkel 4,1 bis 4,3 cm lang, an der Wurzel im geraden Durchschnitt 10 bis 11 mm hoch und 6 bis 8 mm breit. Bei jüngeren Individuen sieht er immer schlanker aus und dem von L. ridibundus ähnlicher, ich habe sogar ein zweijähriges vor mir, an dem er sich von dem des daneben stehenden sehr alten Vogels so gewaltig unterscheidet, dass er für den Liebhaber eine neue Subspecies hervorrufen könnte, zumal er auch schmäler erscheint als gewöhnlich an älteren Vögeln. Solche Abweichungen unter den Schnäbeln einer Mövenart sind jedoch ein so häufiges Vorkommen, dass man dabei an Artverschiedenheit gar nicht denken darf. Dieser Schnabel ist übrigens auch bei jungen Vögeln bedeutend dicker und der Oberkiefer an der Spitze hakiger als bei L. ridibundus. Die Farbe des Schnabels ist bei Alten im Frühjahr ein prächtiges, gesättigtes Zinnober- oder fast Karminrot, dieses ganz gleichförmig, auch der Rachen rot; im ausgetrockneten Zustande alles horngelb, das jene glühende Färbung nicht ahnen lässt; — im Herbst orangerot oder nur rotgelb, nach vorn röter und an der Spitze hochgelb, der Rachen gelbrot; ausgetrocknet der Schnabel dann bloss horngelb, nahe der weisslichen Spitze etwas rötlich schimmernd, bei jüngeren Individuen an den Seiten beider Hälften, vom Eck gerade aufwärts, mit einem schwarzen, nach hinten verlaufenden Fleck bezeichnet. — Bei jungen Vögeln ist er an den Mund- winkeln und der Wurzelhälfte des Unterschnabels bräunlich fleischfarben, alles übrige schwarz, und an ausgestopften wird er hornbraun und schwarz. Die Iris ist dunkelbraun, bei jungen Vögeln weniger dunkel als bei alten, das nackte Augenlidrändchen bei diesen im getrockneten Zustande braun.!) Die Füsse sind ziemlich stark und hoch aussehend, beides wenigstens im Vergleich mit L. ridibundus, an der nicht allein der Tarsus, sondern auch die Tibia und ihre Nudität bedeutend länger sind; auch die Zehen sind, obwohl nicht länger, doch stärker; die Schwimmhäute der drei vorderen voll, doch bei einigen Individuen scheinen sie auch ein wenig ausgeschnitten; die freie Hinterzehe sehr kurz, aber etwas hoch gestellt. Der Überzug des nackten Unterschenkels und des Laufes sind vorn herab seicht in eine Reihe grosser Schilder, das übrige in ganz kleine, meist sechseckige, die Zehenrücken in schmale Schilder gekerbt, die Schwimmhäute sehr fein genarbt, unten ‘) Im Leben bei alten Vögeln im Frühlinge hochrot? — Micha- helles, Isis, Jahrg. 1833, St. IX. Naum. Die Schwarzkopf-Möve, Larus melanocephalus NATTERRR. wie die Zehensohlen, dies etwas deutlicher; die Krallen mittel- mäßig, stark gebogen, unten ausgerinnt, die innere Schneide der mittelsten stark vorstehend, diese Kralle überhaupt die srösste, die Spitzen aller abgerundet, aber scharfrandig. — Die Nacktheit des Unterschenkels misst 17,5 bis 20 mm; der Lauf 5,1 cm, die Mittelzehe, nebst der 8 mm länpen Kralle, 3,8 cm; die Hinterzehe an 58 mm, wovon die Hälfte auf die Kralle kommt. Die Farbe der Füsse ist die des Schnabels, bei alten Vögeln im Frühjahr ein gesättigtes prächtiges Zinnoberrot oder Korallenrot, im Herbste oder bei jüngeren etwas lichter, ins Gelbrote ie. bei jungen im ersten Lebensjahr bräun- lich fleischfarbig; im getrockneten Zustande dort horngelb, düsterer als de Schnabel, am Herbstvogel lichter, an den Jungen sehr bleich. Die Krallen sind schwarz, an den Spitzen braun. Von den allerersten Ständen, dem Dunen- und Nest- kleide u. s. w. ist (1840) nichts bekannt. [— Nach SAUNDERSs ist der Nestling von dunkelgrauer und braungelber Färbung, an der oberen Seite gesprenkelt und gestreift mit Dunkelbraun; die untere Seite ist einfach grau; der Schnabel ist verhältnis- mäßig kurz und stark. —] Das Jugendkleid des völlig flugbaren Vogels, wie er noch zu Ende des September vorkommt, mit blassrötlich braunen Füssen und wie oben beschriebenem Schnabel, sieht am Kopfe, Halse und an allen unteren Teilen nebst Schwanz- deckfedern und Bürzel rein weiss aus; auf den Zügeln fängt etwas matt, dann stärker, ein ehe Streifen an, geht durch das Auge und vereinigt sich mit einem breiteren und dunkleren an den Schläfen, der neben dem Genick endet; die Schultern sind schokoladenbraun (dunkler als bei gleichalten Lachmöven) mit weisslichen Federkäntchen; Rücken- und Flügeldeckfedern hell aschblau; die zweite und dritte Ordnung Schwungfedern ebenso mit weissen Endkanten; die der ersten Ordnung schwarz, mit schmalen weisslichen Endsäumen und einem weissen Streifen, der auf der vordersten schmal, auf den folgenden nach und nach breiter wird, bei den sechs ersten nur auf den Innenfahnen erscheint, bei der siebenten aber auch auf die äussere heraustritt u. s. w., bei zusammen- gelegten Flügeln sind jedoch diese Streifen nicht sichtbar; der Schwanz im ganzen weiss mit schwarzer Endbinde und zuletzt weiss gesäumt, im einzelnen die äusserste Feder ganz weiss, an der zweiten vor dem Ende eine nur 10 mm breite Binde, die an den folgenden stufenweise an Breite zunimmt bis zur fünften, wo sie 2,4 cm breit, auf dem mittelsten Paar aber nur 8 mm breit und wie ein Hufeisen gestaltet ist. Am ersten Winterkleide, d. i. nach vollendeter Herbst mauser, bleiben Schwung- und Schwanzfedern dieselben, allein die Schultern sind hell aschblau wie der Rücken, am weissen Kopfe zeigt sich vor dem Auge ein schwärzliches Fleckchen, auf dem Ohr ein etwas grösseres dunkelgraues, und über diesem steigt auch ein grauer Schein nach dem Scheitel auf- wärts; der Schnabel am Mundwinkel und der Spitze gelb; die Füsse schmutzig gelbrot. Im zweiten Winterkleide hat der weisse Kopf vor dem Auge noch ein schwärzliches Fleckchen, auf dem Ohr einen blassgrauen, am Genick einen schwach graulichen Fleck, übrigens ist die Färbung des übrigen Gefieders dem nächsten Frühlingskleide ganz ähnlich, nur die grossen Schwung- federn haben weniger Schwarz als im jugendlichen und mehr als im nächstfolgenden ausgefärbten ; — der Schnabel an der Wurzel rotgelb, dann oben und unten auf etwas röl- licherem Grunde mit schwärzlichem Fleck und mit hochgelber Spitze; die Füsse orangerot. Das dritte Winterkleid ist endlich das ausgefärbte, das nun alle Jahr im Herbste so wiederkehrt. In ihm sind Kopf, Hals, alle unteren Teile, auch die ganzen Unterflügel, der Sehwaz und seine Deckfedern nebst dem Bürzel rein weiss, an der Brust selten mit einem leisen Hauch einer lieb- lichen Rosenfarbe; — Ober- und Unterrücken, Schultern, Flügel- PRPISUTG "saAgwyde] “IT snpungıipu snıeg c u propgpuodnf “AQoUuNdogzIemuasS "pen Ssnjeydssouejw snıe] 7 Br BROS ie RN 19PIo[ypuoSn f "»A9wuyJ9e7] 'TJ Snpungiptiu SAOAWSIMZ "Ifeg snynurw nr AUT ee te Ska e Kr Ben Die Schwarzkopf-Möve, Larus melanocephalus NATTERER. deckfedern und hintere Schwingen ungemein zart und sehr blass aschblau (mövenblau), die Sekundärschwungfedern ebenso, aber mit weissen Enden, auch ein schmales Rändchen des Oberflügels weiss; die Primärschwingen ebenfalls sehr blass mövenblau, an ihren Enden allmählich in Weiss übergehend, mit weissen Schäften, die vorderste Schwungfeder, und nur diese allein, auf ihrer schmalen oder äusseren Fahne von der Wurzel an samtschwarz, welches 4,! cm von der Spitze schmal und sanft in das Weiss dieser verläuft. Der Schnabel ist gelbrot, mit hochgelber Spitze, ohne schwarze Flecke; die Füsse scharlachrot. Im dritten Frühlinge ihres Lebens erhält diese Art ihr ausgefärbtes Sommerkleid zum ersten Male, das sie in nächster Herbstmauser mit dem vollkommenen Winterkleide, dieses im folgenden Frühjahr wieder mit dem Sommerkleide ‚ vertauscht und in diesem zweimaligen Wechsel der Tracht in jedem Jahr bis an ihr Lebensende fortfährt. — Dieses hoch- zeitliche oder Sommerkleid ist sehr schön. Ausser der viel prächtigeren glühend roten und ungefleckten Färbung des Schnabels und der Füsse ist der ganze Mantel noch blasser mövenblau, daher von noch viel zarterem Aussehen als im Winterkleide, und die Verschmelzung dieser sanften Farbe mit dem Weiss am Anfange des Rückens, noch mehr aber an der Flügelspitze, ist so unmerklich, dass, namentlich an letzterer, ein noch allmählicherer Übergang zweier so zarter Farben kaum denkbar ist; der schwarze Streif auf der vordersten 'Primärschwinge wie im Winterkleide (weil Schwung- und Schwanzfedern in der Frühlingsmauser nicht gewechselt werden), die untere Halshälfte hinten und vorn, alle unteren Teile, wie Schwanz und Bürzel, blendend weiss, in der Begattungszeit vom Kropfe bis zum Bauch aber oft, leiser oder bemerklicher, mit einer lieblichen Rosenfarbe angehaucht, die weniger nach aussen als gegen die Wurzeln des Gefieders ihren Sitz hat und nach dem Tode so vergänglich ist, dass sie sehr bald blasser wird und, wenn Haut und Gefieder ausgetrocknet sind, in kurzer Zeit spurlos verschwindet. Vor allem unterscheidet sich indessen das Hochzeits- und Sommerkleid vom Winter- kleide an dem schwarzen Kopf; denn dieser ist nebst einem Teile oder fast der halben Länge des Halses rein und tief samtschwarz, und dies schneidet scharf und ringsum ohne Absatz vom Weiss des übrigen Halses ab; in diesem echten Schwarz, das kaum, wenn es länger in den Sommer hinein getragen ist, ein wenig ins Bräunliche spielt, nehmen sich zwei schneeweisse Fleckchen, eins über, das andere unter dem Auge, dicht am Augenlide und scharf begrenzt, sehr schön aus. In der Färbung des Gefieders herrschtin den verschiedenen Kleidern zwischen beiden Geschlechtern kein erheblicher Unter- schied; die Weibchen unterscheiden sich übrigens auch kaum durch etwas geringere Grösse von den gleich alten Männchen. Über die Veränderung der Farbe an den nackten Teilen dieser Mövenart nach dem Alter wird noch bemerkt, dass der Schnabel am lebenden Vogel im ersten Hochzeitskleide orange, nach vorn hornbraun, nach der Spitze zu korallenrot, endlich weisslich, die Füsse braunrot, — im folgenden Winter- kleide jener korallenrot, am Eck und über ihm dunkelbraun aussehe, — dass im zweiten Frühlingskleide letzteres bis auf ein paar Fleckchen verschwinde, er aber übrigens bis auf die orangegelbe Spitze schon ganz korallenrot sei, die Füsse hier, wie im vorigen Kleide, hochkorallenrot. Das nackte Augen- lid soll bei ausgefärbten jungen Vögeln orangefarbig, bei alten hochrot sein. | Das ausgefärbte Sommerkleid dieser schönen Art hat mehr Ähnlichkeit mit dem der Zwergmöve, als mit dem irgend einer anderen Mövenart, namentlich des schwarzen Kopfs, der fast weissen, so wenig schwarz gezeichneten Flügelspitze und der gleichfalls sehr lichten aschbläulichen Färbung des Mantels wegen. Man hat diese ungemein zarte Farbe, die der Meer- schwalben- und Mövengattung eigentümlich ist, mit ver- schiedenen Benennungen bezeichnet, aber ohne weitläufige Um- schreibung nicht genügend versinnlichen können, weil der Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 201 Maler, um sie herzustellen, wenigstens vier Farben, Weiss, Schwarz, Blau und etwas Rot im gehörigen Verhältnis zu- sammenmischen muss. „Perlblau,“ „Silbergrau“ und andere Be- nennungen sind nicht entsprechend, „Blaugrau* oder „Asch- blau“ scheinen zu hart u. s. w.; man wird daher entschuldigen, dass ich dafür ein neues Wort einführe und sie „Mövenblau“ nenne, hat man doch auch schon Zeisiggrün, Entengrün und andere mehr. Von mittlerem Gehalt ist dieses Mövenblau auf dem Mantel von ZL. ridıbundus und L. canus; am schwächsten, dem Weissen am nächsten, bei Z. melanocephalus und L. minutus; am dunkelsten oder gesättigtsten bei R. tridactyla; noch dunkler als hier wird es zu Schieferfarbe oder Schieferblau, das dann wieder in Schieferschwarz und endlich in wirkliches Schwarz übergeht. Das sanfte Aussehen bei diesem Mövenblau wird vorzüglich dadurch bewirkt, dass das Gefieder äusserst zart und die Strahlen der einzelnen Federn grossenteils, vorzüglich am Rande herum, getrennt sind oder doch nur ganz lose zusammenhängen und nur an den grösseren Flügelfedern be- stimmte, doch keine harten Umrisse zeigen. [— Die abgebildeten Vögel sind ein Vogel im Sommer- kleide aus Smyrna, ein Vogel im Jugendkleide vom 12. Aug. 1875 aus der Dobrudscha und ein Vogel im Winterkleide ohne nähere Angabe, sämtlich im Braunschweigischen Museum be- findlich. —] Aufenthalt. Der berühmte Reisende JOHANN NATTERER entdeckte diese Mövenart vor einigen Dezennien im österreichischen Littorale und stellte sie unter dem obigen ihr beigelegten Namen in der K.K. Naturaliensammlung zu Wien auf. Später wurde sie von MICHAHELLES, FELDEGG, SAYI und anderen ebenfalls beobachtet. [— Die Schwarzkopfmöve scheint mehr oder weniger das ganze Littorale des Mittelländischen und Schwarzen Meeres zu bewohnen, wo dasselbe nämlich ausgedehntere Süsswasser- oder Salzwassersümpfe, weitläufige seichte Seen und Moräste hat. Einzeln geht sie dann wohl auch weiter von der Küste auf die Binnenseen, wenn sie ihr sonst die Bedingungen ihrer Existenz bieten. So fand ich einzelne Paare in den Banater Morästen, und ein einzelnes mitten unter einer Kolonie weiss- bärtiger Seeschwalben brüten. Ferner hat man sie brütend an der südfranzösischen Küste beobachtet; auch an der anatolischen Küste ist sie neuerdings aufgefunden worden, wie an der griechischen. —] Sie ist zuverlässig ein südlicher Vogel. Ihr Aufenthalt scheint indessen sehr beschränkt, wenigstens weiss man bis jetzt nichts weiter davon, als dass sie an den Küsten des Mittel- meeres [—, sowie des Schwarzen Meeres —] vorkommt; [— zu Zeiten findet sie sich auch an den Küsten des Atlantischen Ozeans, unter anderen wurde sie in der Bai von Cadix, in Portugal, im südöstlichen Frankreich, an der Somme- Mündung und in England angetroffen. —|] An der Küste von Dalmatien soll sie nach einigen Beobachtern häufig, nach anderen selten sein; am häufigsten mag sie jedoch nach aller Anzeigen in den Lagunen Venedigs vorkommen, wo sie vom März bis zu Ende des August bleibt und sich daselbst fortpflanzt. Bei stürmischem Wetter sieht man sie oft auch in der Nähe von Triest, im Winter an der Küste von Genua und auch von Toskana, hier auch zu anderen Zeiten, aber stets selten. [— Das Britische Museum erhielt Exemplare von Malaga (80. Januar), vom Golfvon Genua, Sizilien, Malta (Februar), Korfu, Athen, dem Bosporus (April), dem Schwarzen Meer (Juni), Cypern, sowie aus Tunis und Algier (Februar). Nach v. MÜLLER ist sie in der Camargue (Rhone-Mündung) das ganze Jahr hindurch ziemlich gemein. Auch bei Genua fand SCHALOW sie im Februar 1876 in grosser Menge, des- gleichen bei Livorno und weiter südwärts. Für Sizilien be- zeichnet SALYADORI sie als häufig, und bei Pirano (Istrien) ist sie nach SCHIAVUZZI im September häufiger Zugvogel, Für 26 202 Griechenland und seine Nachbarländer stellt HARTLAUB (in MOoMMSEN, Griechische Jahreszeiten) folgende Beobachtungen zusammen: Im Winter in Macedonien gemein. Ebenso auf den Jonischen Inseln; verschwindet um den 1. April. Am 28. April einmal auf Kreta. Dauernd ansässig auf dem Schwarzen Meer und in der Levante. Im Winter auf Korfu und an den Küsten des Festlandes gemein; brütet in den Sümpfen von Albanien und Dalmatien (Powys). In Bulgarien seltener. Nach SınTEnis brütet sie zu Tausenden auf den Sandbänken im See Sinoe in der Dobrudscha. Ver- einzelt wurde sie angetroffen im Banat (FrITscH) und bei Galatz (PrAzar) an der Donau. GOEBEL beobachtete sie in der Krim, KRÜPER bei Smyrna. —| Noch seltener verirrt sich eine solche Möve ins Innere von Deutschland, nämlich bis auf den Bodensee und den Mittelrhein, wovon nur ein paar Beispiele vorgekommen sind, namentlich von einem jungen Vogel in der Gegend von Mainz, am 30. September 1822. Sie bewohnt im Sommer Sümpfe und stehende morastige Gewässer, nicht eigentlich die Meeresküste, aber gern in der Nähe derselben, hält sich aber zu anderen Zeiten meist am Meere auf und scheint hierin viel mehr der Zwergmöve als der Lachmöve zu gleichen. [— In dem von ihr bewohnten, verhältnismässig be- schränkten Gebiet scheint sie weniger ausgeprägter Zugvogel, als vielmehr Strichvogel zu sein und im Winter nur bis Nord- afrika abwärts zu gehen. BeiSmyrna beobachtete KRÜPER ihre Ankunft am 5. April, 10. April und 25. April; bei Salo- niki kam sie 1869 am 13. April an. —| Eigenschaften. Die schwarzköpfige Möve in ihrem vollkommenen hochzeitlichen Schmuck, mit der tief schwarzen Kappe, dem herrschenden blendenden Weiss, dem ungemein zarten, in Weiss verschmolzenen, sehr blassen Mövenblau des Mantels u.s. w., gehoben durch das Rot des Schnabels und der Füsse, zugleich auch durch die angenehmste Körpergestalt und höchste Sauberkeit des bei fetten alten Individuen von unten her mit der lieblichsten Rosenfarbe angehauchten Gefieders, ist ein unvergleichlich schönes Geschöpf. Sie soll in ihrem Betragen, gehend und fliegend, am meisten der Lachmöve ähneln, sehr anhaltend, leicht und zierlich fliegen, dabei sehr gesellig sein, gewöhnlich in grösseren oder kleineren Vereinen beisammen leben und bei allen ihren Verrichtungen viel schreien. Ihre Stimme ist in- dessen [— (1840) —| noch von niemand beschrieben worden. [— KRrÜPER berichtet, dass sie bei ihren täglichen grossen Ausflügen über den Meerbusen von Smyrna und tief ins Land hinein fortwährend ein „Kau, Kiau“ ausstösst, „was weithin hörbar ist und ein schönes Konzert abgiebt.“ REIseEr schildert sein erstes Zusammentreffen mit ihr wie folgt: „Das erste Mal traf ich mit der Schwarzkopfmöve am 6. Oktober 1894, eine Marschstunde südlich von Sozopol, zusammen. Es ergiesst sich hier eine starke Süsswasserquelle im Schatten einer Gruppe alter Silberpappeln, sich mühsam durch den Dünensand Bahn brechend, in das Meer. Die Bodenwellen ringsum sind mit üppigen Weingärten erfüllt. Hier trieb eine Mövenschar ihr munteres Spiel, der Landschaft ein ganz wunderbares Gepräge verleihend. Die Möven waren emsig mit Insekterjagd in den Pappelkronen beschäftigt und streiften ab und zu auch in die Weingärten. Die Höhe, in der sie unablässig auf- und ab- schwenkten, war eine sehr bedeutende, sodass ich mich erst nach geraumer Zeit entschloss, zu feuern. Die betreffende Möve zog anscheinend unverletzt dem Meere zu, stürzte aber plötzlich in die Düne herab. Die auf die Gefallene stossenden Artgenossen gaben mir Gelegenheit zu einem zweiten erfolg- reichen Schuss. Beide Vögel sind Weibchen. Der eine trägt das Winteralterskleid, aber die erste Schwungfeder mit der charakteristischen schwarzen Aussenfahne steckt noch zu Die Schwarzkopf-Möve, Larus melanocephalus NATTERER. zwei Dritteln im Kiel, sodass noch nichts Schwarzes zu sehen ist. Der andere ist etwas jünger, etwa im zweiten Winter, wie der gelbliche Schnabel deutlich beweist. Bei demselben zeigen die ersten fünf Schwungfedern noch viel Schwarz welche Farbe indes deutlich im Verschwinden begriffen Er Es muss daher der Federwechsel bei dieser Möve ein sehr unregelmässiger sein, wenn es Exemplare im Alterskleide giebt, welche noch so viel Schwarz in den Schwingen haben wie der in DRESSERS Werk abgebildete Vogel.“ (Orn. balc. 19, Ss. 199). —] Nahrung. Sie nährt sich weniger von Wasserinsekten und deren Larven, als von kleinen Fischen, auch abgestandenen, und von kleinen Weichtieren, sucht diese Nahrungsmittel, unaufhörlich herumschwärmend, bald in der Nähe des Ufers, bald sehr entfernt von diesem und erlangt die meisten durch Stoss- tauchen, wobei sie jedoch nicht viel mehr als den Kopf be- netzt, seltener im Schwimmen. Bei stillem Wetter fischt sie gewöhnlich auf hoher See, sehr weit vom Lande, bei Stürmen aber nahe am Strande oder auf abgelegenen kleineren und stillen Gewässern, wobei sie sich zuweilen tief ins Land hinein verfliegt. Fortpflanzung. Die schwarzköpfige Möve nistet gewöhnlich auf stehenden Gewässern und in Sümpfen nicht fern vom Meer in grösseren oder kleineren Gesellschaften beisammen. In den weit- schichtigen sumpfigen Niederungen hinter den Lagunen von Venedig soll sie sich alljährlich in ziemlicher Menge fort- pflanzen; es ist dies aber auch der einzige bis jetzt bekannte Brutort dieser seltenen Art. In kurzem, dünnstehendem Schilf und Binsen macht sie dort ihr kunstloses Nest auf kleine Büschel von jenen Pflanzen, oder auch auf Grasboden, von Seegras und Stroh, und dieses nebst den drei olivengrünlichen, braun und schwarz gefleckten Eiern soll denen der Lach- möve sehr ähnlich sehen. Leider ist ausführlicheres darüber nicht bekannt. [— In den Nachträgen wird hierzu hinzugefügt: „Sie brütet ähnlich wie alle Süsswasser-Möven, d. h. auf kleinen Inseln, schwimmendem Rasen, Schilfpulten, altem Geröhricht, in der Nähe des Meeres oder auch in weiterer Entfernung davon. Das Nest ist ein ziemlich hoher und mit einiger Sorg- falt gemachter Aufbau von gröberen und feineren Stengeln und Blättern verschiedener Wasserpflanzen, der Napf ziemlich flach. Sie legt, wie alle Möven, drei Eier, die bedeutend kleiner sind als die der Lachmöve — sie messen 49 bis 54 mm in der Länge, bei 38,25 bis 40,5 mm Breite — auch eine ganz andere Gestalt haben, wie das Verhältnis der Durch- messer schon anzeigt: sie sind nämlich — mit denen von Larus minutus — die rundlichsten aller Möveneier, regelmässig wenigstens von sehr kurz ovaler Gestalt. In der Färbung und Zeichnung gleichen sie denen der Zwergmöve gleichfalls, nur dass die helleren Grundfärbungen noch häufiger sind und Regel zu sein scheinen. Das Korn ist fast ebenso fein, die Schale zart und dünn und von mattem Glanze. Von den Eiern der Sterna anglica, die grosse Ähnlichkeit mit ihnen haben, unterscheidet sie das feinere Korn, die Gestalt und — wenn man beide in Menge nebeneinander sieht — auch die Färbung.“ Nach fünfundzwanzig in der Rry’schen Sammlung 8% messenen Eiern beträgt deren Durchschnittsmaß 55,5 x 39 mm, das Maximum 60<38,5 und 59,6>< 40,6 mm, das Minimum 51,9 x 38,8 und 56 x 37,2 mm; das durchschnittliche Gewicht ist 1,751 g. Drei Eier aus der Sammlung HoutAnDrs, be findlich im Braunschweigischen Museum, messen nach BLAsIUs‘ Messungen: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 56,4 mm 37,2 mm 25,0 mm 59:54 8 3 239 54,2, 38,6 „ ET En Die Schwarzkopf-Möve, Larus melanocephalus NATTERER. Feinde. Wahrscheinlich sind die meisten Feinde anderer Möven- arten von untergeordneter Grösse auch die ihrigen. Jagd. Sie soll ziemlich scheu sein, dem Schützen vorsichtig ausweichen, daher am sichersten aus einem Versteck erlegt werden, jedoch an den Brutplätzen auch ohne diese Vorsicht auf sich zum Schuss kommen lassen. 203 Nutzen und Schaden. Wenn man ihre Lebensweise mit der von L. ridibundus vergleichen kann, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass sie weder nützt noch schadet. Anmerkung. Mit Bedauern muss ich bemerken, dass ich nie Gelegenheit hatte, diesen herrlichen Vogel selbst im Freien zu beobachten, während ich jedoch mit innigem Dankgefühl anerkennen muss, dass mir die Benutzung der reichen Sammlungen zu Berlin und Wien gestattete, viele ausgestopfte Exemplare zu sehen, zu beschreiben und miteinander zu vergleichen, wodurch ich dann in den Stand gesetzt wurde, wenigstens diesen einen Teil seiner Naturgeschichte zu vervollständigen. Naum. 26* (— Die Fisch-Möve, Larus ichthyaetus Part, | Tafel 39. Fig. 9—10. Eier. Grosse Schwarzkopfmöve, Adlermöve. Fremde Trivialnamen: Englisch: Great black-headed Gull. Französisch: Mouette ichthyacte, Goeland ichthyacte. Russisch: Rybak, Gluchar. Tatarisch: Charabalta. Larus ichthyaetos. Pall., It. II. p. 713 (1773). — Larus Ichthyaetus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Larus ichthiaötos. Schlegel, Rev. crit. p. OXXVII (1844). — Larus ichthyaeto. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 173 (1860). — Larus ichthyaetus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. UI. p. 433 (1867). — Larus ichthyaetus. Heuglin. Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1401 (1869—74), — Larus ichthyaetus. Dresser, Birds Eur. Tom, VII. p. 369. pl. 598 (1873). — Larus ichthyaetus. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 609 (1882—84). — Larus ichthyaetus. Gätke, Vogelw. Helgol p. 576 (1891). — Larus ichthyaetus. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. III. p. 112 (1892). — Larus ichthyaetus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 176 (1896). — Larus ichthyaetus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds. II. p. 827 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel Taf. LXXXVNM. Fig. 1a—c (1845—53). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 315. pl. 53 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 109. pl. 35 (1896). | Kennzeichen der Art. schwarzen Längsränder, wie sie jüngere Vögel besitzen. Auf Erste Schwungfeder an der Spitze weiss, wie auch der den Schwingen nimmt das reine Weiss soweit überhand, dass grösste Teil der Innenfahne, am übrigen Teil der Innenfahne.|, die hinter den weissen Mondflecken der Spitzen stehenden und an der Aussenfahne schwarz, zweite Schwungfeder in schwarzen Querbinden nur bei der dritten, vierten und fünften gsrösserer Ausdehnung schwarz mit einem weissen Fleck vor Schwinge durchgehen. Die Aussenfahne der ersten Schwinge der Spitze; Schnabel länger als die Aussenzehe, Füsse braun- | ist nicht bis zur Spitze schwarz. Bei so alten Vögeln reicht rot, Mittelzehe kürzer als der Lauf. das Weiss der hinteren Halsseite bis weit auf den Rücken und | verschwindet allmählich im Silbergrau des Mantels. Der Beschreibung. Flügelbug ist weiss. Dergleichen alte Vögel habe ich aber Beim alten Vogel im Sommerkleide ist der Kopf und die | auch im Sommer, oder doch wenigstens Ende April und Mai obere Hälfte des Halses schön schwarz und zwar vorn weiter | auf der Insel Sari erlegt, und zwar bei dem Neste. sie hatten nach unten als hinten, über und unter den Augen ein weisser | zu dieser Zeit alle das schöne Prachtkleid an. Ich muss be- Strich, der übrige Hals und die ganze Unterseite rein weiss, | merken, dass die Zeit der Vermauserung der Kopf- und Hals- Mantel und obere Flügeldecken bläulichgrau. Erste Schwung- | federn zum Sommerkleide bei diesen Vögeln zu sehr verschie- feder in ihrem hinteren Teil und auf der Aussenfahne schwarz, | denen Zeiten beginnt. Während einige alte Individuen schon sonst weiss, die vier folgenden weiss mit schwarzer Spitze, | Mitte Dezember die Mauser begonnen haben, sind andere Mitte die bis zur fünften immer kleiner wird, die sechste nur mit | Februar damit noch nicht weiter als jene, und jüngere Vögel, einem schwarzen Fleck auf der Innenfahne versehen; die | am 11./23. März geschossen, tragen das bunteste Übergangs Schwungfedern zweiter Ordnung grau, mit einem schiefen | kleid am Kopf und Halse, wogegen wiederum andere schon weissen Bande an der Spitze; Schwanz rein weiss; Schnabel | lange ausgefärbtes Gefieder besitzen. Zum 1./13. März tragen gelb, nach der Spitze zu orangefarbig mit zwei schwarzen, | die meisten alten Vögel das frische Hochzeitskleid. senkrechten Binden; Füsse braunrot; Iris gelblich braun. Das Ganz altes Weibchen (14./26. Februar, Tiflis. Nur in Weibchen ist ähnlich gefärbt, nur etwas kleiner. der Verteilung der schwarzen Farbe am Kopfe weicht der Der alte Vogel im Winterkleide zeigt einen weissen Kopf, | Vogel vom eben besprochenen Männchen ab. Dass dieses der mehr oder weniger schwarzbraun gestrichelt ist, sonst | Weibchen sehr alt sei, beweist der rein weisse Schwanz, dem gleicht er dem Sommerkleide. jegliche Andeutung schwarzer Längsränder nahe vor der Spitze Der Vogel im Jugendkleide ist auf dem Kopfe, auf den | an den Fahnen fehlt. Das matt schwarze Gefieder des Kopfes Halsseiten und auf dem Mantel braun gefleckt; die Schwung- | besitzt an den meisten Federn mehr oder weniger breite federn erster Ordnung sind umbrabraun, die zweiter Ordnung | weisse Spitzen und erscheint schon von der Schnabelbasis an braun, gross weissgefleckt, und mit einer deutlichen weissen | über dem Kopfe zum Nacken hin dadurch in Schwarz und Binde an ihren Aussenfahnen versehen. Die Steuerfedern sind | Weiss gescheckt. Auf den Wangen waltet reines Schwarz an der oberen Hälfte weiss, an der Endhälfte dunkel schwarz- | vor, an den Seiten des Halses beginnt das Weiss zu domi- braun, mit undeutlichem, weissem Saume, die unteren Teile | nieren, die Kehle ist vom Beginn des Unterkieferwinkels an sind weiss, der Schnabel hornfarbig mit schwärzlicher Spitze. | rein weiss. In der Gegend, wo die schwarze Zone endigen RADDE schildert sehr genau vier von ihm selbst erbeutete | sollte, stehen überall am Halse vorne und auch an den Seiten Exemplare vom Kaspisee (Orn. caucas., S. 480): „Ganz altes | schwärzliche Flecken :in rundlicher Gestalt. Sieht man die Männchen (18. Februar /2. März, Tiflis. Der Kopf und Ober- | dazu gehörenden Federn an, so sind sie bis auf den fast hals an diesem Vogel sind überall schön pechschwarz und | thränenförmigen Fleck in der Mitte der abgerundeten Spitze ohne irgend welche Beimischung von Weiss, sei es auch nur | schneeweiss. An dieses Exemplar schliessen sich Weibchen, an den Spitzen der einzelnen Federn; der obere und der | die bei Lenkoran zuerst am 10./22. Dezember und Mitte untere weisse Augenrand setzen scharf ab, vereinigen sich | Februar erlegt wurden. Solche Vögel sah ich im Sommer nicht. aber nach hinten hin nicht. Der Schwanz ist schneeweiss, Ein jüngeres, aber im Mantel und in den Schwingen und es fehlen den einzelnen Steuerfedern die schmalen, | bereits vollständig ausgefärbtes Weibchen (14./26. Februar, y - Die Fisch-Möve, Larus ichthyaetus PALL. Tiflis) besitzt an den Aussenrändern der vierten und fünften Schwanzfeder, kurz vor der Spitze, schwarze Einkantungen in Zolllänge, welche als letzter Rest von der in der Jugend des Vogels hier stehenden breiten Querbinde zu betrachten sind. Dieser Vogel ist noch viel scheckiger in Weiss und Schwarz als der eben vorher besprochene. Es stehen zwischen ganz schwarzen auch einzelne ganz weisse Federn. Die meisten aber haben dunkle Basis und helle, breite Spitzen. Alle diese Federn sind entschieden gleichen Alters, und ich kann keine frisch hervordringenden finden, also auch von keiner jetzt statthabenden Mauser sprechen. Die Wangengegend ist wiederum am reinsten schwarz, die beiden Augenlinien sind ganz deutlich. Die Kehle, die Halsseiten sind rein schnee- weiss, ohne jene oben erwähnte Fleckung, nur zwei Federn auf der Mitte des Halses, in der Gegend, wo die schwarze Zone endigen sollte, deuten durch ihre schwarzen Spitzen dieses an. Ein junges Männchen im Übergangskleide (22. Feb- ruar /6. März, Tiflis) besitzt einen weissen Kopf, die beiden Augenlinien deutlich ausgeprägt, hinter der unteren, in der Ohrgegend, wird das Gefieder grau, vorn am Halse und auf der Kehle ist es schneeweiss. Das Hinterhaupt zeigt auf weissem Grunde hier und da sehr zarte Trübung in Grau, und die ganze hintere Seite des Halses ist in Schiefergraubraun gefleckt, der Art, dass nach oben hin die Flecken kleiner und kleiner, nach dem Rücken hin aber grösser werden, oben breite weisse Einfassungen besitzen, welche zum Rücken hin immer schmäler werden und zuletzt ganz fehlen. Der mittlere Teil des Mantels und die grösseren oberen Flügeldecken sind schon blaugrau, ähnlich wie bei alten Vögeln, doch weniger rein und etwas ins Gelbliche ziehend. Den Unterarm entlang erscheint oben das kleine Gefieder ebenso wie am Flügelbug in der schiefergraubraunen Farbe des Jungendkleides. Die Schwingen erster Ordnung sind schwarz, nur die Ränder der Innenfahnen von der zweiten an schmal weiss. Eine zwei Zoll breite schwarze Querbinde legt sich über die Schwanz- spitze. Ebenfalls jüngere Vögel, Mitte März bei Lenkoran er- legt, haben im Mantel noch graubraune Federn des letzten Kleides (stehen im dritten Lebensjahre) und vermausern den Kopf von Weiss in Schwarz.“ Das alte Männchen misst: Gesamtlänge 60 bis 68 cm, Schnabel 5,5 bis 6,5 cm, Flügel 46,5 bis 49 cm, Schwanz 19,5 bis 21 cm, Lauf 7,6 bis 8,0 em, Mittelzehe mit Kralle 6,3 bis 6,6 cm. Das Dunenjunge ist auf der Oberseite gleichmäßig grau- weiss, mit einem leichten bräunlichen Anflug auf der Brust, der Schnabel ist an der Spitze schwarz, an der Basis gelb, die Läufe und Zehen sind braun. Aufenthalt. Die grosse schwarzköpfige Möve ist eine Bewohnerin von Nordafrika und Südasien. Namentlich ist sie vom Roten Meer, Palästina, Ägypten, Nubien, vom Caspi-See, Turkestan und Tibet nachgewiesen. Im Winter besucht sie den Persischen Meerbusen, die Küste von Balutschistan bis nach Ceylon und Burma, nicht aber China und Japan. Nach DEGLAND und GERBE ist sie auch auf den Jonischen 205 Inseln, in Ungarn und in der Schweiz, nach Ross in Grossbritannien einmal vorgekommen. Auf Helgoland ist sie nach GÄTKE einmal sicher, ein zweites Mal wahrscheinlich beobachtet worden. Lebensweise. RADDE beschreibt ihre Lebensweise am Caspi-See folgender- maßen (l. c. S. 482): „Während meiner früheren Reisen am Westufer des Caspi sah ich den Vogel im Sommer nur selten, mehrmals auf der Insel Sari, gesondert von der dort gemeinen Larus leucophaeus lebend. Auch am östlichen Ufer, in der Bucht von Krasnowodsk, war diese Möve im Sommer selten. L. ichthyaetus, die schönste aller Möven (im Sommerkleide), bleibt meistens Strandvogel. Ich habe sie freilich zum Fischen am frühen Morgen den Lenkoranka-Fluss auf- und abwärts wandernd angetroffen, aber niemals, wie es viele andere Mövenspecies thun, Wiesen oder Wald besuchen sehen. Auf den Fischereien ist sie im Frühlinge ebenfalls anzutreffen und benimmt sich ganz wie die anderen Arten, aber hält sich möglichst getrennt von ihnen. So war sie zur Zeit des Sander- fanges (Lucioperca) an der Mündung des Kumbascha-Baches Ende April sehr häufig und lebte vom Abfalle, der beim Reinigen der vielen Fische ins Wasser geworfen wurde. Am 20. Mai / 2. Juni besuchte ich die grosse Brutkolonie am äussersten Nordende der Insel Sari, wo auf flachstem Muschelboden etwa 60 Paare dem Brutgeschäfte nachgingen. Es gab dort schon Junge, die aber nicht so weit entwickelt waren als die von ZL. leucophaeus, deren Kolonie aus vielen Hunderten von Paaren bestand, tiefer landeinwärts auf höherem Boden gelegen. Die Eier von ZL. ichthyaetus waren so stark bebrütet, dass wir nur wenige brauchen konnten; gewöhnlich ı liegen nur zwei im Neste, höchstens drei. Der Brutplatz lag so flach und so weit gegen Norden vorgeschoben, dass bei anhaltendem, starkem Nordwinde er sicher überflutet worden wäre, aber zu dieser Jahreszeit ist der Oaspi stille. Die vor- sichtigen alten Vögel erhoben sich, nachdem einige erlest waren, ausser Schussweite sehr hoch und kreisten, dabei den rauhen einsilbigen Ruf ausstossend. Zu ihnen gesellte sich Sterna caspia.“ Ihre Stimme ist laut und rauh klingend. Ihre Nahrung besteht nach PALLAS aus Fischen, die sie durch Stosstauchen erhascht. Zwei Eier der REYschen Sammlung messen 80,1 x 53,0 bez. 72,0x55,0 mm. Das durchschnittliche Gewicht ist 8,778 g. Zwanzig Eier im Britischen Museum von Astrachan, dem Caspisee und Südrussland messen zwischen 73 und 84 mm in der Länge und zwischen 51 und 56 mm in der Breite. Sechs Eier aus der Sammlung HOLLANDTs befindlich im Braun- schweigischen Museum, messen nach BLAsıus Angaben: Längsdurchmesser @Querdurchmesser Dopphöhe 71,5 mm 51,0 mm 29,0 mm 68,0 , AAN Sn 532 + 36,0 „ N ; 5315 „ 350 „ 1889, BB 35,0 „ en 543 , Ze Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Fig. 2. Männchen im ausgefärbten Sommerkleide. Tafel 18. Fre 3. Erstes Sommerkleid. Fig. 3. Männchen im ausgefärbten Winterkleide. Tafel 19. Fig. 4. Erstes Winterkleid. Fig. 2. Jugendkleid. Tafel 20. Fig. 3. Dunenkleid. Tafel 36. Fig. 1—9. Eier. Grosse, gemeine, rotfüssige, braunköpfige, schwarzköpfige Lachmöve, graue Möve mit dem Mohrenkopf (schwarzköpfige Möve), Braunkopf, Mohrenkopf, [— Swartkopp, —] Rotschnabel mit schwarzem (oder braunem) Kopf, Rotbein, Pfaff, Lach- schwalbenmöve, Hutschwalbenmöve, Hutmöve, Kapuzinermöve, grosse, rotköpfige Seeschwalbe oder Seeschwalm, Seemöve, Fischmöve, aschgraue Fischmöve, Speckmöve, Seekrähe, grosse Seekrähe, graue, gemeine graue, weissgraue, grosse graue, kleinere graue, kleine aschgraue, kleine graue, kleine bunte, kleine, kleinere Möve, Holbrod, Gyritz, in hiesiger Gegend ge- wöhnlich Seekrähe. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb obiöni. Czechisch: Racek chechtav). Dänisch: Haettemaage, Hattaer. Englisch: Black-headed Gull, Brown-headed Gull, Red-legged Gull, Peewit Gull, Sea Crow, Blackcap Meuw. Färisch: Fransatedna, Fransaterna. Finnisch: Naurulokkı. Französisch: Mouette rieuse, Goeland rieur, Mouette & capuchon brun, Petite Mouette cendree, Petit Goeland. Gälisch: Ceaun-Dhuban. Helgoländisch: Lachmööw. Holländisch: Zwart-Kop, Zwartkop Meeuw, Kokmeeuw, Kopmeeww. Italienisch: Gabbiano, Gabbiano commune, Oorallina cenerina sprukzata. Lettisch: Kihris. Norwegisch: Lattermaage, Haettermaage, Polnisch: Mewa Smieszka. Portugiesisch: Gaivota, Chapalheta. Russisch: Tschöäika, Kloucha. Schwedisch: Skrattmäs, Hattman, Svarthattsmave. Slovenisch: Galeb, Pijal, Pijalo, Piulk, Plavka, Posavka, Kudedenoga Cajkü, Rudecenoga BRHTER, Tonovseica. Spanisch: Gavina, Gaviota peguena, Gaviota. Ungarisch: Danka siräly. Larus ridibundus. L.inne&, Syst. Nat. Ed. XII. p. 225 (1766). —] — Larus ridibundus. Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 601. n. 9. — Lath. Ind. II. p- 811. n. 2. — Retz. Faun. suec. p. 159. n. 120. — Nilsson, Orn. suec. II. p. 176. n.220. — Larus cinerarius. Gmel. Linn. |. ce. p. 59. n.4. — Larus procellosus. Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 648. Z. 10—15. — Dessen Taschenb. II. S. 373. n. 6. b. — Larus capistratus. Temm. Man. sec. Edit. II. p. 785. — Xema ridibundum, X. pileatum & X. capistratum. Brehm, Naturg. all. Vög. Deutschl. S, 760-762 — Mouette rieuse & pattes rouge. Briss. Av. VI. p. 196. n. 14. — La Mouette rieuse Buff. Ois. VIII p. 433. -— Edit. de Deuxp. XVI. p. 186. t. V. f. 1. — Id. Planch. enl. 970. — Gerard. Tab. el&m. II. p. 325. — Mouette rieuse ou @ capuchon brun, & Mouette & masque brun. Temminck, Man. sec. Edit. II. p. 780. & p. 785. — La petite Mouetie cendree. Briss. l. ce. p. 178. n. 9. t. 17. F.1. — Buff. 1. e. p. 430. — Edit. d. Deuxp. p. 182. — Id. pl. enl. 969. — Ge&rard. Tab. el&m. 1. ec. p. 3822. — Black headed Gull, and Red-legged Gull. Lath. Syn. VI. p. 380. n. 9. and p. 381. n. 10. — Übers. v. Bechstein, II. 2. 8. 334. n. 9. u. 335. n. 10. — Penn. aret. Zool. I. p. 529. n. 455. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 490. n. 372. — Bewick, Brit. Birds II. p. 222. — Gabbiano o Corallina cenerina spruzzata. Stor. deg. Ucc. V. tav. 528. — Gabbiano commune. Savi, Orn. tose. III. p. 62. — Bruinkop Meeuw. Sepp. Nedenl. Vog. II. p. t. 153. — Kleine Zee-Meeuw. Ibid. III. p. t. 281. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 635. n. 649. — Dessen Taschenb. II. 8. 366. n. 1. -— Leislers, Nachträge zu Bechsts. Naturg. I. S. 6. — Wolf u. Meyer, Taschenk. II. S. 482. n. 6. u. III. (Zusätze) S. 204. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. S. 234. n. 4 — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 272. n. 248. — Koch, Bayer. Zool. 1. 8. 377. n. 237. — Brehm, Beitr. IH. $. 8%. u. 8. 839. — Dessen Lehrb. I. S. 723 u. S. 725. — Gloger, Schles. Faun. S. 52. n. 233. — Landbeck, Vög. Württembergs. $. 70. n. 248. u. 249. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vögel. S. 18. n. 231. u. 232. — Homeyer, Vög. Pommerns. $. 67. n. 219. u. 220. — Naumanns Vög,, alte Ausg. III. S. 163. Taf. XXXII. Fig. 44. M. im Sommerkleide, Fig. 45. Jugendkleid. u. Nachtr. S. 263. Taf. XXXVI. Fig. 70. Winterkleid. — [— Larus ridibundus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Edit. X. p. 264. Taf. 260 (1840). — Larus ridibundus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Larus ridibundus. Schlegel, Rev. erit. p. OXXVI (1844). — Larus ridibundus. Linderm ayer, Vög. Griechenl. p. 174 (1860). — Larus ridibundus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 965 (1866— 71). — Larus ridibundus.. Deg]. u. Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 485 (1867). — Larus ridibundus.. Heuglin, Vög. N.-O.- Afrik. p. I. 1404 (1869— 74). — Larus ridibundus. Wright, Finl. Fogl. II. p. 612 (1873). — Larus ridibundus. Fallon, Ois. Belg. p. 202 (1875). — Larus ridibundus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 357. pl. 596. 597 (1878). — Larus ridibundus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed, III p. 594 (1884). — Xema ridibundum. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Gavia ridibunda.. Olphe- Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 97 (1886). — Larus ridibundus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 97 (1886). — Chroicocephalus ridibundus. Giglioli, Avif. ital. p- 424 (1886); p. 641 (1889). — Larus ridibundus. Ar&v alo y Baca, Av. Espaia p. 420 (1887). — Larus ridibundus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 577 (1891). — Larus ridibundus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 177 (1891). — Larus ridibundus. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. II. p- 112 (1892). — Hydrocolaeus ridibundus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 159 (189). — Larus ridibundus. Collett, Norg. Hasler p- 304 (1893—94). — Larus ridibundus. Reiser, Orn. balcan. II. P2199 (1894); IV. p. 147 (189%). — Larus ridibundus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 207 (18%). — Larus ridibundus. Chernel, aan madarai II. p. 42 (1899). — Larus ridibundus. Reichenow, Vögel Afrikas I. 5. 47 (1900). — Larus ridibundus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds, IL. p. 824 (1903). —] Jüngerer und junger,Vogel. Larus erythropus. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 597. n. 15. — Larus canescens. Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. 8. 649. — La petite Mouette grise. Briss. Av. VI. p. 173. n. 1. — Red- legged Gull. Penn. Arct. Zool. II. p. 533. — Übers. v. ee II. $. 495. E. — Brown-headed. Gull. Lath. l. e. Syn. VI. — Übers. v. Bechstein, III. 2.8. 336. n. 11. — Red-legged Gull. Variety. Lath. l. e. n. 10. Var. A. — Übers. v. Bechstein, ebendas. S. 336. n. 10. Var. A. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. S. 173. Taf. XXXIII. Fig. 46. junges Männchen, im beginnenden zweiten Frühling seines Lebens. [= Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVII. Fig. 2 a—k (184553). — Bädecker, Eier eur. Vög. Taf. 72. Fig. 3 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, II. p. 491. pl. OXXXVI (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III p. 310. pl. 58 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, p. 108. pl. 34 (1896). — Red variety. Harvie Brown u. Br Vertebrate Fauna of Sutherland, Caithness (1887). &e. —] Anmerkung: Dass Larus capistratus (Mouette & masque brun), von TEMMINoK zuerst als besondere Art: beschrieben, dies so wenig ist wie die kleine bunte Möve meines Vaters zu ihr, sondern diese wie jene zu Larus ridibundus gehört, leidet wohl keinen Zweifel mehr, wenigstens kommt Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. 207 eine solche Art, die jener Name bezeichnen soll, in De utschland bestimmt nicht vor. Man sieht sich genötigt zu glauben, dass TEMMINcK seine Entdeckung neuerdings selbst aufgegeben habe, weil er auf Anforderungen von verschieden en Seiten her an niemand einen solchen zu der von ihm entdeckten Art zu zählenden Vogel hat abgeben können. Ich habe mich im Suchen nach diesem sogenannten L. capistratus unter zahllosen Indi- viduen von L. ridibundus Jahre lang umsonst abgemüht, sowohl in freier Natur wie in Sammlungen, habe aber nicht ein einziges Exemplar darunter gefunden, das für eine andere, besondere Art zu halten gewesen wäre. Unserem hochverehrten LICHTENSTEIN ging es nicht besser wie mir, und erst ganz neuerlich (1838) machte auch Jomann NATTERER eine Rundreise durch alle bedeutenderen Sammlungen des mittleren und nördlichen Deutschland, Dänemarks, Schwedens bis Petersburg und über Berlin, Dresden und Prag zurück, um sich mit den neueren Ent- deckungen in der nordeuropäischen Ornithologie ebenso vertraut zu machen, wie er es auf seinen 17 Jahre langen Reisen in Brasilien mit der südamerikanischen wurde, namentlich aber um jene in jüngster Zeit neu aufgestellten, hin und wieder bezweifelten Arten kennen zu lernen, fand aber gleichwohl bei der umsichtiesten Musterung der in grösster Anzahl vorgefundenen verschiedenen Mövengestalten ebenfalls nicht ein einziges Exemplar, das Temminors Bescheibung seines Larus capistratus ganz entsprochen oder so wesentliche Verschiedenheiten von L. ridibundus gezeigt und ihn aufgefordert hätte, es für eine besondere Art zu halten. TEMMINCKS Larus capistratus soll höher nach Norden hinauf gehen als unser L. ridibundus, auf den Orkaden, Hebriden, in Grönland und anderen Nordpolländern sehr häufig vorkommen; allein ich habe unter vielen von dorther ge- kommenen zwar manche recht kleine, aber ebenso recht grosse Exemplare gesehen und alle auf das Genaueste mit unseren deutschen Lachmöven verglichen, aber nichts gefunden, was auf etwas anderes gedeutet hätte, als dass es unter Individuen dieser Mövenart ebensolche zufällige und auf- fallende Abweichungen in der Grösse gäbe wie fast bei allen Arten dieser Gattungen. — Dass kleinere Individuen auch schwächlichere Schnäbel und Füsse haben, kommt ja nicht allein unter Möven, sondern auch unter anderen Vögeln häufig genug vor. — Dass bei manchen Lachmöven die mittleren Schwanzfedern ein paar Millimeter kürzer als die übrigen, das Schwanzende daher bei solehen nicht gerade, sondern ein wenig ausgeschnitten ist, kommt namentlich bei frisch vermausertem Gefieder oft genug vor, darf also keineswegs dem sogenannten L. capistratus allein zugeschrieben werden, wie wohl geschehen ist. — Ebenfalls nichtig ist die Behauptung, dass im Hochzeitskleide die braune Kappe des Kopfes bei L. capistratus hinten nicht so weit über das Genick reichen soll als bei Z. ridibundus, ein vermeintlicher Unterschied, worauf BREHM so viel Wert legt, dass er sich in seinen Beiträgen (III, S. 844) zu der sonderbaren Bemerkung (Z. 12 bis 22) veranlasst fand; jenes wird aber später von ihm (s. Naturg. a. Vög. Deutschlds., S. 761) durch eine beschriebene Ubergangsform, seine Subspezies: Xema pileatum, stillschweigends aufgehoben. Übrigens irrt er in jener Bemerkung gewaltig, wenn er meint, ich habe damals jene Abbildung (alte Ausg. III, Taf. XXXIII, Fig. 46) von einem falsch ausgestopften Exemplar entnommen; wogegen ich aber versichern muss, dass mir ein am Eislebener Salzsee dazumal selbst erlegtes s, ganz frisches Exemplar dazu diente, wie überhaupt mein sel. Vater mir in jener Zeit nur im höchsten Notfalle erlaubte, eine Abbildung für unser Werk nach einem ausgestopften Exemplare zu entwerfen ; so lange nur irgend Hoffnung blieb, die gewünschte Vogelart frisch zu erhalten, gab er jenes nicht zu, weil um das Jahr 1800 die Ausstopfekunst noch sozusagen in ihrer Kindheit lag. — Ich kann übrigens versichern, dass es mit dem Auffinden einer Artverschiedenheit zwischen Larus ridibundus und L. capistratus, ausser meinen oben genannten beiden hochverehrten Freunden und mir, auch noch mehreren achtbaren Forschern ebenso gegangen ist. Wie wenig Gehalt Breums Methode hat, die bekannten Vogelarten in mehrere Unterarten (Subspeeies) zu teilen, zeigt sich auch bei der Teilung unseres Larus ridibundus in seiner Naturg. a. Vög. Deutschl., S. 760 u. 761 bei den ersten beiden, seiner Xema ridibundum und seiner Xema püeatum, wo er zur ersteren, aus der alten Ausgabe d. Werkes, III, Taf. XXXII die Fig. 44, zur letzteren die Fig. 45 dieser Tafel zitiert, — wobei ich aber versichern darf, dass damals, als diese Vögel gemalt werden sollten, beide, sowohl der junge als der alte Vogel, zu diesem Zwecke von meinem Vater an einem Brutorte und aus demselben Heckeverein geschossen wurden, vielleicht sogar Blutsverwandte sein konnten. Kennzeichen der Art. | Die Schäfte der beiden vordersten Schwungfedern sind bis auf die schwarze Spitze weiss. Taubengrösse. Beschreibung. Die Lachmöve, in Deutschland die gemeinste, gehört zu den kleineren Arten, übertrifft hierin aber die Zwergmöve um vieles. Wenn sie der Schwarzkopfmöve auch an Grösse fast gleich kommt, so unterscheidet sie sich doch leicht an dem schwächeren, schlankeren, daher länger scheinenden und weniger hakenförmigen Schnabel wie an den scheinbar niedri- geren Füssen in allen Kleidern sehr leicht, und auch diese —— Die fünf Schwungfedern von Larus ridibundus ad. Wollte man die Möven, als Gattung, in besondere Unter- abteilungen bringen, so würde L. ridibundus der Repräsentant einer solchen und zwar die der braunköpfigen Möven vor- N \ N N N N \ N ha UEEGEEERDIZIIIDDen 7 Aa AN / | | , ))) 17, \ Die fünf ersten Schwungfedern von Larus ridibundus ad. , 2 \ . zeigen in allen Abstufungen nach Alter und Jahreszeiten unter- N ZN 9 scheidende Abweichungen genug. Auf der anderen Seite steht f \ \ | ihr die Sturmmöve sehr nahe; allein diese ist merklich E \ n \ . grösser, robuster gebaut, auch viel stärker än Schnabel und 2 \ _ _ Füssen, im vollkommenen Hochzeitskleide ohne Kappe auf F , _ \ . / i ; . i 7), \ 7, N Q 7 dem Kopf, in anderen viel mehr, dichter und klarer gefleckt E 2 \ 2 , ) und überhaupt, in Verteilung der dunklen Zeichnungen des IE zN N Gh Y Gefieders sehr abweichend. Die fünf Schwungfedern von Larus ridibundus juv. 208 stellen, und ihr nächster Verwandter L. maculipennis des Berliner Museums aus Montevideo sein, welche Art bei sonst sehr grosser Ähnlichkeit durch das etwas anders verteilte Schwarz der Flügelspitze, vorzüglich an den weissen Spitzenflecken der grossen Schwungfedern, die auch der junge Vogel schon hat, — obgleich denen des Z. canus ähnlich, doch auch von diesem abweichend genug, — sich von unserm L. ridibundus gut unterscheidet. Es würde hierher ausser den Arten mit blei- grauer Kappe auch noch X. Sabinei mit dem seicht gegabelten Schwanze, wozu mehrere oder fast alle Arten dieser Abteilung sich hinneigen, — wie auch L. albipennis aus Chile zu zählen sein. Letzterer stände indessen schon auf der Grenze zu den schwarzköpfigen Möven, eine andere Abteilung, in der als Repräsentant L. melanocephalus mit seinem nächsten Verwandten L. cucullatus aus Mexico, mit L. minutus, aber auch mit dem prächtigen L. ichthyaötus (also die grösste und kleinste Art der Gattung beisammen) stehen müsste. — Hätte man alle Möven- arten der Welt beisammen, so würden sich demnach in dieser Gattung, so leicht als zweckmässig, noch viele solcher natur- gemässen Abteilungen machen lassen, zumal mit dem Charakter der Farbenverteilung immer auch die Lebensweise im Einklange steht. Freilich ständen nach jetzigem Stande unseres Wissens doch auch manche Arten, so R. tridactyla, so P. eburnea, allein und ohne Familienverwandte da. Unsere Lachmöve hat ungefähr die Grösse einer Feld- taube, aber viel längere Flügel und einen viel schlankeren Körperbau, sodass sie, zumal fliegend, viel grösser aussieht. Wie unter allen Mövenarten, findet man auch in dieser, und zwar an einerlei Orten und in derselben Schar, sehr ab- weichende Grössenunterschiede; Verschiedenheiten, die nicht das Klima, nicht Mangel an Nahrung hervorbringt, die noch weniger Artverschiedenheit bezeichnen, sondern vom Ei an sich bilden, sodass man schon im Neste sehr grosse und sehr kleine Individuen beisammen findet. Die Extreme in den Maßen alter Vögel, wenigstens zwei Jahre alt, sind folgende: Länge, von der Schnabel- wurzel bis zum Schwanzende, 33 bis 39,4 cm; Flugbreite 84,8 bis 100,6 em; Flügellänge, vom Bug bis zur Spitze, 29,2 bis 33 cm; Schwanzlänge 10 bis 11,8 cm, und die Spitzen der ruhenden Flügel reichen 5,3 bis 6,5 em über das Ende des Schwanzes hinaus. Die Extreme in den Maßen junger, eben flugbarer Vögel sind von zwei Individuen entnommen, welche Ge- schwister und beide aus einem Nest waren; sie stellen sich so heraus: Länge 30,6 bis 35,3 cm; Flugbreite 82,5 bis 89,5 cm; Flügellänge 24,7 bis 28,3 cm; Schwanzlänge 9,4 bis 10,6 cm, und die Spitzen der an den Leib geschmiegten Flügel reichen 2,4 bis 3,5 em über dessen Ende hinaus. Zwischen diesen seltenen kleineren und den grösseren Maßen, die an frischen Exemplaren genommen, liegen nun die gewöhnlicher vorkommenden in der Mitte. Wenn nun bei einer Mövenart von dieser Grösse ein Unterschied im Längenmaß von 4,7 bis 7,1 cm vorkommen kann, so darf man sich nicht wundern, wenn es bei den grössten, gerade noch einmal so grossen Arten um 12 bis 14 cm differiert. — In diesem Stücke gleichen sich die Mövenarten alle, und jede Mövenkolonie kann den Beobachter davon überzeugen, wenn er es nicht schon in Sammlungen ausgestopfter gefunden oder diesen misstraut hätte, Das Gefieder ist bei der Lachmöve von derselben Be- schaffenheit wie bei anderen, von den grossen Schwungfedern die vorderste wenig, meistens nur um 2 oder 3 mm länger als die zweite, die folgenden dann in grossen Stufen in der Länge abnehmend u. s. w. Die Schwanzfedern sind ziemlich und gleich breit, am Ende sehr wenig, die beiden mittelsten stärker abgerundet, diese sehr oft, zumal bei jungen Vögeln, ein wenig kürzer, und wenn sie dieses sind, das Schwanzende sehr unbedeutend ausgeschnitten, bei den allermeisten Alten jedoch, sowie bei vielen Jungen ganz gerade, wie mit der Scheere verschnitten. ET ik LLLÜÜÜÜÜIIÜII((Ü(IJÜ(Ü((I(I(ILL[[_[LLLL[L[[[[[U[UUIIIIII Tr Te, , Tr u Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Der Schnabel ist, mit anderen Mövenschnäbeln (von Z, minutus ausgenommen) verglichen, etwas schwächlich, der ab- gerundeten Firste nach von der Mitte an im sanften, sehr schwachen Bogen in die Spitze ausgehend, unten am Ende der Kielspalte mit einem ganz schwachen Eck und dann in die etwas schlanke Spitze endend, diese gewöhnlich kaum kürzer als die obere, die sich jedoch bei manchen auch, doch selten, wie ein kleines Häkchen über die untere herab biegt; dis geraden, eingezogenen, sehr scharfen Schneiden bei manchen spitzewärts ganz fein gezähnelt, bei vielen auch ganz glatt; übrigens ist er von den Seiten stark zusammengedrückt, doch an der Wurzelhälfte über der Schneide etwas aufgetrieben; die Nasenhöhle lang und schmal; in ihr öffnet sich das ritz- förmige, vorn erweiterte, durchsichtige, 6 mm lange Nasen- loch nicht weit von der Stirn. Der Rachen ist tief gespalten und ziemlich weit. Der Schnabel ist auch in der Grösse verschieden, obwohl meistens, doch nicht immer, nach der Grösse des Vogels. Man findet ihn bei Alten von etwas über 3 bis 3,4 cm Länge, von der Stirn an, hier von 8 bis 10 mm Höhe und von 6 bis 8 mm Breite; bei flugbaren Jungen von 2,6 bis 2,9 em Länge (vom Mundwinkel zur Spitze von 4,1 bis 5 cm), von 7 bis 10 mm Höhe und 6 bis 7 mm Breite. — Von Farbe ist er sehr verschieden, in frühester Jugend ganz fleisch- farbig, beiflugbaren blass fleischfarbig, an der Spitze Schwarz, und dieses zieht auf den Schneiden oft ein ganzes Stück rück- wärts; später bräunlich fleischfarbig, nachher rotgelb, dann orange- oder ziegelrot, dann braunrot, endlich im aus- gefärbten Frühlingskleide dunkel karmin- oder hell blut- rot. Der Rachen und innere Schnabel hat die Farbe wie aussen, aber stets etwas lichter. Diese Farben werden im Tode alle düsterer und im getrockneten Zustande ganz un- scheinlich, heller oder dunkler hornfarbig. Das eben nicht grosse Auge hat einen sehr dunkel- braunen, fast schwarzbraunen Stern, in der Jugend dick und weiss befiederte, im Alter nackte ziegel- oder karminrote Lider. Die Füsse sind weder auffallend hoch noch stark; die Zehen etwas kurz; die Schwimmhäute zwischen den vorderen voll, auch manchmal ein wenig ausgeschnitten; die Hinterzehe kurz und nicht sehr hoch gestellt; die Krallen kurz, wenig gebogen, stark, scharfrandig, aber nicht spitz, die mittelste mit vorstehender Schneide nach innen, wie bei den meisten Arten; der Unterschenkel über der Ferse weit nackt; der Überzug der Füsse wie an anderen Arten seicht eingekerbt, vorn herab getäfelt, hinten geschildert, auf den Zehenrücken schmal ge- schildert, Schwimmhäute und Zehensohlen fein gegittert. Die nackte Tibia misst 12 bis 17,5 mm; der Lauf 4,1 bis 4,7 cm; die Mittelzehe mit der 6 bis 8 mm langen Kralle 3,3 bis 3,8 cm; die Hinterzehe mit der 3 bis 4 mm langen Kralle, 8 bis 10 mm. Die Farbe der Füsse ist meistens die des Schnabels, in der Jugend blass fleischfarbig, später braunrötlich, dann hell- rot, endlich bei ausgefärbten Alten karmin- oder hell blut- rot. Sie wird ebenfalls nach dem Ableben bald düsterer, bei jenen blass rötlichgrau, ausgetrocknet hell hornfarbig, bei letzteren zuletzt rötlich hornbraun. Gewöhnlich wird sie an ausgestopften so hässlich, dass sie nicht mehr zu erkennen ist, am ersten noch das hellere Rot der alten Herbstvögel. Die Krallen sind schwarz, bei jüngeren braunschwarz, oft an den Spitzen lichter. Das Nest- oder Dunenkleid ist ein eben nicht langer, aber dichter und sehr weicher Flaum, von obenher blass gelb- lichbraun, schwarzbraun verschiedentlich, mehr oder weniger gefleckt; Zügel, Kehle und Wangen sehr dunkel, fast schwarz- braun; der ganze übrige Unterkörper rein weiss; das kleine Schnäbelchen rötlich weiss; die Füsschen bleifarbig, dicht unter der Ferse sehr dick. — Dies kleine Geschöpf hat in den ersten Tagen seines Daseins viel Ähnlichkeit mit dem Jungen von Sterna hirundo, die Kehle ist aber meistens dunkler, der Schnabel kürzer und die Füsse etwas grösser. Die Lach-Möve, Larus ridibundus L: . Das nach einigen Tagen hervorkeimende ordentliche Ge- fieder kommt zuerst an den Flügeln und dem Schwanze, zuletzt am Halse und Kopfe hervor; noch sitzen die Dunen auf den Spitzen vieler Federn der letzteren Teile, wenn diese jungen Möven bereits fliegen und sich selbst nähren können. Jetzt sind sie in ihrem vollständigen Jugendkleide und sehen folgendergestalt aus: Der Schnabel sieht an diesen jungen Vögeln nie gelb (wie man ihn oft beschrieben findet), sondern im Leben blass und etwas schmutzig fleischfarbig oder weissrötlich, bald nach dem Ableben rötlichgrau aus, mit braunschwarzer Spitze; ebenso haben die Füsse jene blasse, im Tode mehr rötlich- graue Farbe, das Auge eine schwarzbraune Iris und dick- befiederte schneeweisse Lider. Das Gesicht ist weiss, an den Zügeln zuweilen bräunlich oder graulich, auf der Stirn oft rostgelb angelaufen; vor dem Auge steht ein halbmondförmiger tief schwarzer Fleck, ein schwärzlich braungrauer viel grösserer fast dreieckiger auf der Ohrgegend, der sich gewöhnlich mit der hinteren Spitze bis auf das weisse Genick zieht; der Scheitel von vorn nach hinten aus dem Weissen in rötliches Braungrau oder Graubraun übergehend, seitwärts über den Schläfen mit einer mehr oder weniger deutlichen weissen Stelle, die sich meistens nur am lebenden Vogel als ein ovaler Fleck darstellt; Kinn, Kehle, der halbe Hals ringsum, mit dem oberen Nacken weiss, dieser unterhalb, auf der Halswurzel, mit einem sehr grossen, dreieckigen, braunen, mit hellbraunen, in Rostgelb übergehenden Endkanten der Federn bezeichneten Fleck, dessen seitliche Spitzen, in Rostgelb verlaufend, sich gewöhnlich bis auf die Gurgel herum ziehen oder hier eine Art von Halsband bilden; die Kropfgegend gelblichweiss, an den Seiten in dunkles Rostgelb übergehend, von hier bis an den Schwanz alle unteren Teile weiss, an den PBrustseiten oder den Tragfedern mit einem mehr oder weniger starken düster rostgelben Anstrich. Das Gefieder am Oberrücken und an den Schultern ist braun, mit helleren, in Rostgelb über- gehenden Endkanten; der Unterrücken mövenblau, auf dem Bürzel in Weiss übergehend; die oberen Schwanzdeckfedern weiss, meistens mit rostgelb angeflogenen Federrändern; das Flügelrändchen schneeweiss; die kleinen Flügeldeckfedern blass mövenblau, mit bräunlichen Endchen; die mittleren braun mit helleren rostgelblichen Endkanten und mit durchscheinendem mövenblauem Grunde der Federwurzeln; die grossen möven- blau mit hellbraunen Spitzchen, die hinteren wie die hinteren Schwungfedern ziemlich dunkelbraun mit hellen, ins Rostgelbe übergehenden Endkanten; die mittleren Schwingen auf der Aussenseite bald schieferschwarz, bald bloss schiefergrau, mit weissen Säumen, übrigens mövenblau; von den Primärschwingen ‘ die hintersten noch mövenblau, nach vorn allmählich blasser werdend, die vorderen rein weiss, alle mit schwarzen Enden, und das Schwarze geht auf der Aussenkante nach und nach immer weiter herauf, sodass es an den beiden vordersten fast die ganze Aussenfahne, bis gegen die Wurzel herauf, einnimmt, ihre Schäfte, die schwarze Spitze ausgenommen, rein weiss; oft sind noch schwärzliche Flecke im Weissen der Flügelspitze, und die Spitzen der Federn haben weisse Säumchen; die Fittichdeckfedern weiss, hinterwärts mövenblau, nach vorn mattschwarz; die Daumenfedern weiss, an den Enden schwarz mit bläulichweissen Spitzchen. Von unten ist der Flügel an den kleinen Deckfedern rein weiss, an den grossen silberweiss, an den Schwungfedern das Schwarz von oben bloss glänzendes Schwarzgrau. Der Schwanz ist weiss, mit einem bis 3 cm breiten braunschwarzen Ende und bräunlichweissen Spitzen- säumchen; das Schwarz nimmt jedoch, wenn man die Federn einzeln betrachtet, nach aussen stufenweise so ab, dass der äussersten nur ein kleines Fleckchen bleibt, das aber selten ganz fehlt; von unten ist er wie oben, das Schwarze nur blasser. Kaum sind zwei dieser jungen Möven einander vollkommen gleich gefärbt und gezeichnet, sondern bald heller, bald dunkler, am Kopfe mehr oder weniger weiss, am Kropfe und den Trag- federn mehr oder weniger bräunlichgelb, so das Mövenblau Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 209 des Oberflügels mit seinen braunen Flecken, selbst die schwarze Zeichnung der Primärschwingen und die Schwanzbinde; aber ein standhafter Unterschied, der das verschiedene Geschlecht bezeichnete, ist darin nicht aufzufinden. Ungemein bald wird dieses Jugendkleid schon mit einem Übergange zum nächstfolgenden Herbstkleide bezeichnet; man erhält diese Jungen nicht selten sogar noch mit Spuren der früheren Dunen auf den Spitzen der Federn des Kopfes und Oberhalses, während sich an anderen Teilen schon der Anfang der Mauser in einzelnen mövenblauen, die braunen des Rückens und der Schultern verdrängenden Federn zeigt; zuvor bleicht aber auch schon das Rostgelb an den Seiten des Kropfes und der Brust wie an den Kanten der Federn in schmutziges Weiss ab, und das Braune wird auch fahler. Rein und vollkommen, in seiner jugendlichen Frische, ist es daher nur in der Nähe des Geburtsortes und kurz nach dem Ausfliegen des Vogels zu erhalten. Dagegen tragen alle jungen Möven dieser Art im Spätsommer oder wenn sie bereits auf dem Zuge be- griffen sind (mit Ausnahme einzelner von sehr verspätetem Gehecke) ein mit dem folgenden vermischtes Kleid, das sich durch das mehrere Weiss des Kopfes und das Mövenblau des Rückens und der Schultern, dies aber meistens noch mit braunen Federn des jugendlichen Kleides gemischt, kennt- lich macht. Erst im Spätherbst ist dies letztere dann als erstes Winterkleid so weit vermausert, dass es folgendergestalt aussieht: Schnabel und Füsse ziehen jetzt schon stark ins Rötliche, mehr oder weniger mit bräunlicher oder gelblicher Beimischung, und die Spitze des ersteren zeigt weniger Schwarz; dicht vor dem Auge (mit seinen weissbefiederten Lidern) steht ein schwärzliches Fleckchen, von dem sich ein sraulicher Schein quer über den Scheitel nach dem der. anderen Seite zieht; auf dem Ohr ein grösserer dunkelgrauer Fleck, von dem ebenfalls ein stärkerer grauer Schein quer über den Hinterkopf zieht; ausser diesem ist der ganze Kopf und Hals sowie die ganze untere Seite des Vogels rein weiss, ebenso der Bürzel und die obere Schwanzdecke; Rücken und Schultern rein mövenblau; der Oberflügel zwar ebenfalls möven- blau, doch nicht rein, sondern noch mit sehr vielen von den kleinen, mittleren und den hintersten der grossen Deckfedern vom Jugendkleide vermischt, an denen das Braun aber sehr abgeschossen ist, die Federkanten sich sehr abgerieben haben und ins Braungelblichweisse übergehen; das Übrige des Flügels und der Schwanz sind vollständig noch die des Jugend- kleides, das Schwarze an ihnen aber schon sehr abgeschossen und die weissen Endkäntchen der grossen Schwungfedern srossenteils abgerieben. Dieses unvollkommene Winterkleid nehmen nun die jungen Lachmöven in den nächsten, ihren zweiten Frühling mit hinüber, und die Mauser schreitet dabei, zwar äusserst langsam, immer vorwärts; im Mai sieht man schon einzelne erdbraune Federchen zwischen den weissen am Kopfe hervor- streben, der Schnabel und die Füsse haben sich lebhafter rot gefärbt und die schwarze Spitze an jenem verloren. Immer langsam fortmausernd, erscheint endlich bei den nun einjährigen Lachmöven zu Ende des Juni oder erst im Juli kurz vor Beginn einer neuen Mauser am Kopfe die mehr oder weniger vollständige braune Kappe der Alten, hier bloss erdbraun, am Rande herum am dunkelsten, an der Stirn oder um den Schnabel oft nur mäusegrau oder weisslich gemischt, übrigens auch mit dem halbmondförmigen weissen Fleckchen hinter dem Auge; dabei haben sich nicht allein Schnabel und Füsse braunrot gefärbt, sondern auch das Augenlid ist nackt und braunrot geworden; übrigens aber sind die Flügel und der Schwanz wie oben beschrieben geblieben oder durch starkes Verstossen, Abreiben und Verbleichen der Federn bloss dahin verändert worden, dass das Schwarze in ein fahles Schwarz- braun oder Rauchfahl verwandelt ist und die vielen ebenfalls vom Jugendkleide verbliebenen Flügeldeckfedern noch un- scheinlicher geworden sind als sie im Winter oder zu Anfang 27 210 des Frühlings waren. — Bei vielen bleibt der Kopf auch bloss braungefleckt oder nicht rein vermausert bis zum folgenden Federwechsel. In diesem nun, im zweiten Herbst ihres Lebens, wird endlich das ganze Gefieder, auch die jetzt einundeinviertel Jahr alten braunen Flügeldeckfedern samt allen Schwung- und Schwanzfedern mit neuen vertauscht, und diese erste Haupt- mauser wiederholt sich um diese Zeit von jetzt an alle Jahre bis ans Lebensende des Vogels. Diese erste ganz vollständige Mauser giebt unserer Lach- möve ihr erstes ausgefärbtes Winterkleid. In diesem hat ‚sie einen auswendig prächtig mennig- oder orangeroten, in- wendig gelbroten Schnabel, auch das nackte Augenlidrändchen und die Füsse haben jene lebhafte Färbung; dicht vor dem Auge steht ein schwärzliches Fleckchen, auf dem Ohr ein srösseres graues, zuweilen ist auch noch quer über dem Hinter- kopf ein graulicher Strich angedeutet, aber meistens sehr schwach; übrigens sind der Kopf, der Hals bis an den Rücken, alle unteren Teile des Vogels, auch der Unterflügel und das Flügelrändchen, desgleichen der Schwanz mit seinen unteren und oberen Deckfedern nebst dem Bürzel rein und blendend weiss; der Mantel, das ist Rücken, Schultern, Flügeldeckfedern und hinterste Schwungfedern, sehr zart und rein mövenblau, gesättigter als bei der Zwerg- und Schwarzkopfmöve und lichter als bei Rissa tridactyla. — Von den Schwungfedern erster Ordnung sind die vier ersten nebst den Schäften von aussen weiss, die Spitzen tief schwarz, an der ersten kurz, an den folgenden zunehmend länger und so weit auch die Schäfte schwarz, die allererste von der Wurzel her auf der Aussen- fahne auch schwarz, aber dies nach der äusseren Kante immer schmäler und endlich 5 cm vor dem Ende ganz spitz aus- laufend, auch die zweite hat noch auf der Aussenkante 6 cm vor der Spitze einen feinen schwarzen, aber nur bis 2 cm langen Strich; die Innenfahnen der ersten drei Federn sind, an der Spitze ausgenommen, weiss, die erste mit einer schmalen schwarzgrauen Kante, die schon 3,5 cm vor der Spitze ganz schmal ausläuft; an der zweiten ist diese Kante schwärzer, viel breiter, wurzelwärts nach innen aschgrau begrenzt, spitze- wärts schmäler und in das Schwarz der Spitze auslaufend; die dritte mit noch breiterem schwarzem Innenrande, der wurzel- wärts mit noch mehr Aschgrau nach innen begrenzt ist; die vierte Feder hat eine fast ganz aschgraue, am Rande in mattes Schwarz verlaufende Innenfahne; von der fünften an sind alle übrigen auf beiden Fahnen bläulich aschgrau, mit licht- srauen Schäften, die zwei längsten mit schwarzer Spitze und. schwärzlichem Rande der Innenfahne; die folgende mit schwärz- lichem Doppelfleck vor der Spitze und am Rande der Innen- fahne schwarzgrau; die übrigen ganz ohne Schwarz; die der zweiten Ordnung mövenblau, die allerletzten weiss an den Enden und auf den Innenfahnen nach dem Rande zu; von den Fittichdeckfedern sind die vier ersten weiss, zuweilen an den Spitzen grau angeflogen, die fünfte blass, die übrigen wenig dunkler mövenblau. Von der unteren Seite sind die Schäfte aller Schwungfedern weiss, die Spitze dieser mattschwarz, der Rand der Innenfahne glänzend schwarzgrau, das übrige weiss; die der zweiten Ordnung silberweiss. Männchen und Weibchen sind im Äusseren einander so gleich, dass sie sich nicht unterscheiden lassen. Dieses Winterkleid verändert sich nun im Frübjahr durch eine teilweise Mauser in das hochzeitliche, und erst in diesem, wenn sie fast zwei Jahre alt geworden, ist die Lachmöve aus- sefärbt und zugleich zeugungsfähig. Dieses Hochzeits- oder Sommerkleid, in welchem sie im Frühjahr an ihren Brutplätzen erscheint, ist das prächtigste. In ihm sind Schnabel, Füsse und das nackte Augenlidrändchen lebhaft blutrot, fast karminrot, der innere Schnabel und Rachen hochrot; den Kopf ziert eine kaffeebraune Kappe, die hinten nicht weit über das Genick, vorn aber viel tiefer und ein gutes Stück auf die Gurgel herabreicht, während sie sich an den Seiten in einem Bogen nach unten und rundum scharf von dem angrenzenden LT Te u Die Lach-Möve, Larus ridibundus. L. Weiss des Halses abschneidet; sie ist tief braun, heller oder dunkler, am unteren Rande am dunkelsten, und im Braunen steht dicht hinter dem Auge ein halbmondförmiges weisges Fleckchen, der übrige Hals, Brust, Bauch, Schwanz, dessen Deckfedern unten wie oben und der Bürzel rein und blendend weiss, an Brust und Bauch oft, zumal bei fetten Individuen, mit einer lieblichen Rosenfarbe sanft angehaucht, die mit dem Ableben des Vogels verbleicht und bei ausgestopften nach und nach ganz verschwindet. Der Mantel ist hell mövenblau, wenig lichter als im Winterkleide, die Flügel ganz wie in diesem, weil sie die nämlichen blieben und erst in der nächsten Herbstmauser und, nebst den Schwanzfedern, nur in dieser mit neuen vertauscht werden. Im folgenden Herbst, dem dritten ihres Lebens, legt sie abermals, wie in jedem nachfolgenden Jahr, ein dem oben beschriebenen ähnliches Winterkleid an, das sich von jenem bloss dadurch unterscheidet, dass der rein weisse Kopf nur ein schwärzliches Fleckchen vor dem Auge und ein grösseres sraues auf dem ÖOhre hat und dass die nackten Teile ein noch höheres Rot ziert. — Aus diesem Kleide geht dann durch die Frühlingsmauser abermals das hochzeitliche, ihr zweites vollständiges hervor, das dem ersten gleicht, kaum prächtiger an den nackten Teilen gefärbt ist und eine etwas dunklere Kappe hat. Diese ist an solchen und noch älteren echt kaffeebraun, zuweilen fast schokoladenbraun, am unteren Rande in Schwarzbraun übergehend, letzteres aber oft auch kaum bemerkbar, während viele jüngere Vögel vorkommen, bei denen dies auffallender wird, weil hier das Braun der Kappe überhaupt lichter ist und bei manchen am Vorderkopfe, zumal im Sommer, fast in Mäusegrau übergeht. Wenn übrigens diese braune Kappe bei recht alten Vögeln manchmal sehr dunkel vorkommen kann, so darf sie doch nie schwarz genannt werden, und der Beiname „schwarzköpfig“ passt deshalb durchaus nicht für die Lachmöve. Im Laufe des Sommers wird das Braun der Kappe etwas lichter, der mövenblaue Mantel auch blasser, und das sämtliche Gefieder hat besonders durch das Abreiben der Spitzen u. s. w., sehr an seiner ursprünglichen Zartheit und Sauberkeit verloren, wenn sie sich einer neuen Mauser nähern. Das Wechseln des Sommer- und Winterkleides durch zweimalige Mauser kommt nun alljährlich bis zum Tode des Vogels vor. Die Zeit dieser Federwechsel ist bei älteren Vögeln bestimmter als bei jüngeren, weil nach einigen Jahren auch die Spätlinge einer Brutzeit nach und nach in die Reihe mit den andern kommen. Die Hauptmauser der Alten fängt zwar schon im August an, rückt aber, wie bei allen Möven so auch hier, sehr langsam vorwärts und wird erst spät im Herbste, wenn alle bereits das mittlere Deutsch- land verlassen haben, vollendet; den Vogel im reinen Winter- kleide kann man daher nur von den Orten her erhalten, wo diese Art überwintert. So mag es in der Regel sein. Wir wissen jedoch, dass auch gegen Ende des August Gesell- schaften von zehn bis zwölf Stück vorkamen und einige davon erlegt wurden, die schon im vollständigen Winterkleide waren. Dies sind nämlich die Jungen vom vorigen Jahr, die dies Kleid zum erstenmal rein bekommen haben. — Die Frühlingsmauser findet ebenfalls dort statt, geht aber viel schneller und geregelter, fängt gegen Ende des Februar an und dauert den März hindurch. Nach Beendigung derselben begeben sie sich auf die Reise nach den Brutorten, wo sie dann im vollständigen hochzeitlichen Kleide erscheinen bis auf einzelne Ausnahmen, wahrscheinlich jüngere oder vielleicht durch Unwohlsein verhinderte Individuen, die noch einzelne weisse Federn zwischen den braunen des Kopfes, sehr selten einen noch fast ganz weissen Kopf als Überbleibsel vom Winterkleide mitbringen, jedoch auch bald mit braunen vollends vertauschen. — Mit den Jungen ist es, wie schon ge sagt, anders; sie tragen ihr reines Jugendkleid nach dem Ausfliegen nicht mehr volle zwei Wochen, um welche Zeit ungefähr sich bereits der Anfang ihres künftigen Winter- ä Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. kleides in einzelnen neuen Federn zeigt; dies kann bei zu gewöhnlicher Zeit ausgekommenen Individuen schon mit Ende des Juni, bei denen von sehr verspäteter Brut wohl erst zu Ende des August vorkommen. Sie stehen von diesen ersten Zeichen an ihr ganzes erstes Lebensjahr hindurch im langsamen und fortwährenden Federwechsel, durchlaufen in dieser Zeit noch zwei verschiedene Mauserperioden, ohne dass eins dieser Kleider vollständig würde, und behalten durch alle noch ansehnliche Partieen des Gefieders vom Jugendkleide bis zum zweiten Herbste ihres Lebens, wo nun die obige regelmässige Folge des zweimaligen jährlichen Mauserns zum erstenmal, mehr als einen Monat früher als bei den Alten eintritt. Jenes fort- währende Mausern und physische Ausbilden bis über das erste Lebensjahr hinaus ist auch wahrscheinlich Ursache, dass die Periode des erlangten Mannbarwerdens dieser jungen Möven erst im dritten Frühling ihres Lebens, oder wenn sie zwei Jahre alt sind, eintritt. Dies ist bei allen kleineren Möven- arten so; bei den grossen stellt sich diese Periode noch ein bis zwei Jahr später hinaus. An den Brutorten sieht man daher, ehe die Jungen aus- kommen, nur Alte im hochzeitlichen Kleide, und diese dulden die Einjährigen in der aus dem Jugend-, Winter- undSommerkleide gemischten unregelmässigen Tracht nicht unter sich, und diese treiben sich, meist gesellig, an anderen entfernten Orten umher. An den Winteraufenthaltsorten sind dagegen alle beisammen, jung und alt, bunt durcheinander. [— Die abgebildeten Vögel sind ein Männchen im Sommer- kleide aus Rossitten, befindlich in LINDNERs Sammlung, ein alter Vogel im Winterkleide aus Südfrankreich und ein Dunen- junges vom Juli 1872 aus Hiddensee, und ein Vogel im ersten Sommerkleide, ohne nähere Angabe, im Braunschweigischen Museum befindlich, sowie ein junger Vogel vom 15. August 1901 von der Insel Föhr und ein Vogel im ersten Winterkleide, vom Dezember aus Frankfurt am Main, beide in DE MAEs’ Sammlung befindlich. —| Aufenthalt. Die Lachmöve ist über viele Teile unserer Erde, nament- lich deren nördlichen Hälfte, verbreitet. Von Europa bewohnt sie nicht die hochnordischen Länder, nicht Island, auch nicht die oberen Teile von Norwegen und Schweden.!) In Asien bewohnt sie [— alle gemässigten Länder ostwärts bis Kamt- schatka, also einen grossen Teil von —] Sibirien, kommt häufig [— im Amurlande, in Japan, dem nördlichen China, ferner —] am Ural, aber auch in Syrien und Arabien vor, [— im Winter südwärts wandernd bis ans rote Meer, den persischen Meerbusen, Indien und die Philippinen. —|] In den meisten Ländern Nordafrikas [—, von Senegambien bis Nubien, ist sie Wintergast, —] namentlich in Agypten. [— Ein nach Madeira verschlagenes Exemplar wurde dort am 10. Februar 1892 erlegt. —] In Europa geht sie im Sommer, nur in manchen Lagen, höchstens bis zum 65. Grad nördlicher Breite, aber von da ab ist sie durch alle Teile bis zu den west- lichsten und südlichsten Grenzen [— allgemein verbreitet —|. Sie ist sehr gemein in den Ländern vom Schwarzen Meer herauf, im südlichen Russland, der Moldau, Ungarn,‚Italien, hier in vielen Gegenden, z. B. um Rom, in überaus grosser Anzahl, so in Frankreich, Grossbritannien, Holland, der Schweiz, in Dänemark, dem südlichen Schweden und anderen Ostseeländern, in Preussen und Polen, und end- lich in ganz Deutschland. Sie ist inmitten des Festlandes die gemeinste und zahlreichste Mövenart. Auch unserm Anhalt ist sie nicht fremd, zur Brutzeit an manchen Orten im Lande und in der Nachbarschaft sehr gemein, auch in der Zugzeit allenthalben vorgekommen. - 1) Die Mitteilung Naumanns: „Dagegen soll sie an den vielen Ge- wässern des oberen Nordamerika sehr gemein sein, bis Grönland und durch die Davisstrasse bis in die Baffinsbai hinein“ beruht auf einem Irrtum. Die Lachmöve wurde nur einmal in einem Exemplar am 14. Juni 1885 an der Sidostküste von Grönland von KoLtHuorr beobachtet (Kgl. Svensk. Vetensk. Akad. Handl. XXXVI. S. 69). J. R. 211 In allen nördlichen Ländern ist sie Zugvogel, in ge- mässigten und südlicheren Strichvogel. Sie überwintert schon unter einem gemässigten Himmelsstriche, z. B. im südlichen Frankreich, in Italien u. s. w., viele sogar schon auf dem Züricher und anderen Seen der Schweiz, in gelinden Wintern bleiben sogar viele in Holland [— und sogar in Schleswig- Holstein —] zurück, das wohl ihre nördlichsten Winterquartiere enthalten mag. Die in solchen gelinden Wintern an grossen offenen Gewässern in Deutschland, namentlich an grossen Flussmündungen, zuweilen zurückbleibenden müssen wir zu den Ausnahmen zählen. [— So überwintern gelegentlich einige bei Memel. In den letzten Jahren haben unzählige Scharen in Hamburg an der Alster überwintert. BOLAU berichtet darüber im Hamburger Correspondenten (1892, Nr. 575): „Sie sind wieder da, die leichtbeschwingten Scharen, unsere Möven! Sie haben ein vortreffliches Gedächtnis, sie haben den letzten langen, strengen Winter nicht vergessen. Da hatten sie sich, die armen Notleidenden, bei den Ham- burgern zu Gaste geladen, und sie hatten eine so freudige, eine so gute Aufnahme gefunden, dass ungezählte Scharen, Tausende und Tausende sich an der reichbesetzten Tafel sättigen konnten. Als dann der Frühling ins Land kam, Eis und Schnee vor den warmen Strahlen der Sonne zergingen, als es draussen zu Sprossen - und zu grünen begann, da haben sie uns wieder verlassen, da haben sie ihren altgewohnten, schönen Sommer- aufenthalt wieder aufgesucht, sind fortgezogen aufihre Familien- sitze an den klaren Seen und Flüssen und in den Sümpfen und Brüchen unserer näheren oder ferneren Umgebung und haben ein frohes Liebesleben begonnen und haben ihre Jugend gross gezogen und erzogen. Dann begann für alt und jung eine Zeit ungebundenen, freien Umherstreifens über die Gewässer und durch die Fluren in der Nähe ihrer Brutstätten, und es dürfte ihnen an dem, was zu des Lebens Nahrung und Notdurft gehört, nicht gefehlt haben. Jetzt aber, wo früher als sonst gewöhnlich eine strenge Kälte Seen und Teiche und Flüsse in ihre eisigen Fesseln ge- schlagen hat, wo der Boden -bereits felsenhart gefroren ist, haben unsere Möven die ganze Not der Nahrungssorgen von neuem kennen gelernt. Da haben sie sich in Dankbarkeit an die Gastfreundschaft, die sie in Hamburg im vorigen Winter genossen hatten, er- innert, und so sind sie denn wieder gekommen. Von neuem haben sie ihre natürliche Scheu vor dem Lärm der Grossstadt, vor dem verwirrenden Menschengetümmel, vor Rauch und Russ überwunden und sind zur Freude der Hamburger wieder ein- gekehrt an den Ufern unserer schönen Alster. Immer ist das nicht so gewesen. Früher sah man auch im Winter nur wenige Möven, selten kleine Schwärme auf unserer Alster, insbesondere auf der kleinen Alster bei den Arkaden. Vorigen Winter stellten sie sich zum erstenmal in grösseren Scharen ein, die bald zu Tausenden und Aber- tausenden anwuchsen, als auf die von uns gegebene An- regung die hungrigen Gäste fleissig gefüttert wurden. Und in diesem Winter haben die Hamburger ihre Möven ebenso freundlich willkommen geheissen wie vor einem Jahr. Rasch hat sich ein ebenso reger Verkehr entwickelt wie da- mals. Vor der Reesendammsbrücke sammeln sich alltäglich | die Scharen der Möven, dort stehen an schönen Tagen Hunderte von Menschen und erfreuen sich an dem lebendigen Treiben; mancher eilige Geschäftsmann hemmt seine Schritte und be- wundert mit Interesse das fesselnde Bild. Hier besonders, aber auch an anderen Stellen des Ufers unserer Binnenalster, wird fleissig gefüttert. Da giebt es Brot- stücke und Küchenabfälle mancherlei Art, da opfert manches Schulkind einen Teil seines Frühstücks den hungrigen Vögeln, vor allem aber suchen unsere Möven die Fische zu erhaschen, die hoch in die Luft hinaus unter sie geworfen werden. Die 27% 212 Verkäufer von „Mövenfutter* — einem für Hamburg ganz neuen Handelsartikel — finden für ihre kleinen Fische, es sind meistens Stint und kleine Heringe, einen reissenden Absatz und einen guten Verdienst. Die sonst so scheuen Vögel wagen sich schon wieder ganz nahe heran an die Menschenmenge, die an der vorsichtigen Zutraulichkeit der schönen Tiere augenscheinlich ihre grosse Freude hat; sie nehmen im raschen, gewandten Fluge den Fisch, den man ihnen auf das steinerne Brückengeländer legt, ja einige Vorwitzige setzen sich sogar einen Augenblick, um das Fischchen sicherer ergreifen zu können. Mancher Fisch, mancher Brotbissen wird freilich nicht sofort gefasst und fällt hinab auf das Eis der Alster oder gar ins offene Wasser. Da giebt es dann immer einen lebhaften Streit um die Beute und — sehr viel Geschrei. Im Lärmen und Schreien sind unsere Möven, wie ja die meisten Wasservögel, wahre Meister; es giebt für sie kaum irgend ein Thun, das nicht von Geschrei begleitet wäre. Die Stimme unserer Lachmöven ist übrigens bei weitem nicht so laut und durchdringend, wie die ihrer grösseren Verwandten, der Silber-, der Sturm- und der Mantel- möven. sie ist erträglich, und wir möchten den Schrei, den Laut der Erregung, in dem lebensvollen Bilde, das unsere Alster augenblicklich zeigt, nicht entbehren! . Aber nicht dauernd fliegen alle unsere Möven am Ufer auf und ab; zeitweilig lassen sich Hunderte auf dem Eise nieder oder ruhen schwimmend auf den offenen Stellen im Wasser. Erhebt sich dann eine solche Schar, so zieht sie wundervolle Bogen durch die Luft und überlässt sich erst nach Minuten wieder der unterbrochenen, friedlichen Ruhe oder dem reichlich gebotenen Genuss. Unsere „Alstermöven“ — so nennen wir sie in der Er- wartung, dass sie sich von jetzt ab ganz bei uns eingewöhnen und alljährlich, in strengen Wintern zahlreicher, in milden minder zahlreich, wiederkehren werden — unsere Alstermöven sind Lachmöven.“ —] Sobald im Frühjahr nach einigen freundlichen Tagen das Eis zu schmelzen anfängt, hört man hoch oben in den Lüften die bekannten Töne der Lachmöven, oft schon im März, ge- wöhnlicher aber mit Anfang des April, je nachdem jenes früher oder später eintritt. Sie scheinen den grösseren Gewässern zu folgen und auch, wie zu anderen Zeiten, gewisse Luft- strassen zu haben, bleiben aber auf der Frühlingswanderung selten länger an einem Orte als eben nötig ist, ihren Hunger und Durst zu stillen und Nachtruhe zu halten, denn sie ziehen gewöhnlich am Tage und fliegen dabei sehr hoch. Die Scharen beeilen sich dann, sobald als möglich an den Brutorten an- zulangen und sich sogleich daselbst einzurichten. Die alten brutfähigen Vögel sind unter den Ankömmlingen immer die ersten, obgleich man oft im Mai eben solche in kleinen Ge- sellschaften auf Gewässern und durchwandernd, so einzelne selbst Anfang Juni noch antrifft. Diese scheinen nicht Lust zu haben, in diesem Jahr noch zu brüten; denn in den letzten Tagen des Juni und den ersten des Juli erscheinen die Jungen jener schon wieder, bald in grossen, bald in kleinen Ge- sellschaften, in denen man aber selten eine alte bemerkt, auf dem Wegzuge begriffen. Häufig sind jene Verspäteten bei genauerer Betrachtung aber auch bloss vorjährige Junge, die in diesem Jahr noch nicht brutfähig sind, in der Ferne aber leicht für alte gehalten werden können. Weil diese noch nicht vom Fortpflanzungstriebe zu einem bestimmten Ziele hingetrieben werden, so haben sie auch keine Eile, dürfen sich aber auch nicht unter nistende Scharen mischen. Im Sommer ziehen die Alten viel früher wieder von uns weg als ihre Jungen; sie verlassen den Nistort schon im Juli oder spätestens zu Anfang des August, ebenfalls in grösseren Vereinen, während die Jungen beinahe einen Monat später aus unseren Gegenden wegwandern, meistens in Scharen, oft zu Hunderten, ja Tausenden beisammen, wobei sie vielen Lärm machen und wenig eilen, öfters in der Luft anhalten und sich halbe Stunden lang in grossen Kreisen herumdrehen, wo es Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. ihnen gefällt auch Rasttage halten und sich auf den Gewässern einer Gegend wohl mehrere Tage lang umhertreiben. Wo eine solche Schar auf einem Teiche oder See Halt machte, viel Nahrung fand und keine Nachstellungen erfuhr, wird es ihr oft schwer, ihn wieder zu verlassen; die ersten, denen jetzt das Reisen in den Kopf kommt, erheben sich, schweben und kreisen über den noch sitzenden und mahnen sie durch ihr Schreien zum Aufbruch, haben aber oft viele Mühe, ehe sich alle in Bewegung setzen; endlich erheben sich nach und nach alle in Kreisen zu grösserer Höhe und eilen zuletzt im schnellen Fluge gerade nach West oder Südwest fort. Haben sie viel Eile, so fliegen sie noch höher und bilden dann eine einzige, regelmässige, schräge Linie, oder manchmal auch zwei solche, vorn im spitzen Winkel vereinigte, wie Kraniche oder wilde Gänse, zerreissen diese Ordnung aber alle Augen- blicke, stellen sie auch ebenso schnell wieder her und ver- schwinden unter solchem Wechseln bald den ihnen folgenden Blicken. — Sehr selten sieht man eine einzelne Lachmöve auf der Wanderung; dies sind gewöhnlich aus verspäteter Brut hervorgegangene, noch zu wenig erstarkte Junge, die auch sehr gemächlich reisen, wo es ihnen gefällt wochenlang ver- weilen, tagsüber mehrere kleine Gewässer in der Runde wiederholt besuchen und so zuweilen bis zu Ende des Oktober sich bei uns herumtreiben. Die Lachmöve ist eine Bewohnerin der süssen Gewässer; nicht Seevogel; zu manchen Zeiten zwar gern in der Nähe des Meeres und vorübergehend auch am Strande desselben, niemals aber auf hoher See, oder höchstens nur dann, wenn sie auf der Wanderung darüber hin muss. Nahe Binnenwasser, solche Seen und Flussmündungen, ebenso aber auch weit da- von und tief im Festlande gelegene Landseen, grosse Teiche, weite wasserreiche Sümpfe und in Sumpf verlaufende Fluss- ufer, sobald sie stellenweise nicht sowohl mit Rohr als mit Schilf, hohen Gräsern, Binsen und anderen Sumpfpflanzen be- setzt oder auch mit grünen Inseln, Halbinseln und Landzungen versehen sind, die viel freie, aber auch viel grün bewachsene Flächen und überhaupt schlammiges Wasser haben, geben ihnen überall, sowohl in ebenen wie in bergigen Gegenden, einen Sommeraufenthalt von gewünschter Beschaffenheit; da- gegen werden die klaren, von Pflanzenwuchs entblössten Ge- wässer mit nackten, zumal sandigen Ufern und die schnell strömenden Flüsse nur auf dem Durchzuge besucht oder dienen in milderen Klimaten dieser Art zu Winteraufenthaltsorten, weil sie dort fast immer vom Eise befreit bleiben. Unsere herr- lichen Geschwisterseen im Mansfeldischen, der salzige und süsse (wegen verschiedener Beschaffenheit des Wassers so genannt und beide angeblich über 200 Hufen Fläche bedeckend), sind viel zu weite freie Wasserflächen, ihre nur stellenweise srünen Ufer enthalten zu hohes und dichtes Rohr in viel zu grossen Massen, als dass sie diesen Vögeln weiter etwas sein sollten, als angenehme Erholungsorte auf ihrer Durchreise; da- gegen waren ehedem, als die steigende Kultur sie noch nicht verdrängt hatte, die nahe bei diesen Seen gelegenen Teiche mit ihren sumpfigen Umgebungen die wahren Aufenthaltsorte der Lachmöven für längere Zeit und jene grossen Wasser- spiegel nur sichere Zufluchtsorte für die dort ausgeflogenen Jungen. Allenthalben, wo einzelne Gewässer von Lachmöven be- wohnt sind, durchstreifen diese, gemeiniglich auf besonderen Luftstrassen, in unsicheren Gegenden jedoch hoch fliegend auch die übrigen, in einem meilenweiten Umkreise täglich und oft wiederholt, aber nicht bloss Brüche, Teiche, Seen und der- gleichen, sondern auch die umliegenden Wiesen und Felder. Hier trifft man sie bald auf frisch gepflügten, bald auf brach liegenden Äckern, seltener auf Stoppel- oder Saatfeldern, und bei dieser Gelegenheit besuchen sie auch die kleinsten Feld- teiche uud Pfützen abwechselnd, weil sie das Wasser nicht lange entbehren können. Auch bei ihrer oft zu voreiligen An- kunft im Frühjahr, wenn sie Teiche und stehende Gewässer noch mit Eis belegt finden, lassen sie sich häufig auf den vom Die Läach-Möve, Larus ridibundus L. geschmolzenen Schnee in den Vertiefungen der Felder zu- sammengelaufenen Wasserflächen nieder und folgen in solcher Zeit vorzüglich dem Lauf der vom Eise freien Flüsse. Sie scheuen sich nicht vor Bäumen, mögen jedoch nicht an Gewässern wohnen, wo Wald ringsum ihnen die Aussicht in die Ferne versperrt, obgleich sie oft auch in waldreichen Gegenden an solchen wohnen, die sich teilweise durch Wald ziehen, anderenteils aber ganz frei liegen und bloss von Wiesen und Feldern umgeben sind. Auf Bäume setzen sie sich nie.!) Sie lieben die niedrigen grünen Inseln der stehenden Gewässer wie der Flüsse, um so mehr, wenn diese selbst oder ihre seichten Umgebungen mit kurzem Schilf und Gras be- wachsen sind. Häufig wohnen sie an belebten Orten, nahe an Wegen und Strassen, kommen jedoch menschlichen Wohnungen nicht zu nahe, ausgenommen, wo sie ihre Winterquartiere auf- schlagen, bei starkem Froste, wo, nach SCHINZ, z. B. die des Züricher Sees, wenn dieser sich meist mit Eis bedeckt hat, auf der Limmat mitten in die Stadt kommen und dicht bei den Häusern ihre Nahrung suchen. Ihre Nachtruhe halten sie schwimmend, mitten auf der freien Wasserfläche eines Sees, Teiches und dergleichen. Sie begeben sich spät erst zur Ruhe und sind mit dem grauenden Morgen schon wieder wach. Bei Sturm suchen sie in stillen Buchten Schutz, während sie bei schwachem Luftzuge, ehe sie fest einschlafen, durch geschicktes Rudern dennoch auf derselben Stelle zu bleiben verstehen, in der Nacht aber nicht selten in die Nähe des Ufers getrieben werden. Wo mehrere dieser Möven beisammen sind, haben sie auch eine gemeinschaftliche Schlafstelle, auf der alle einzelnen nahe nebeneinander schwimmen und der Ruhe pflegen. Eigenschaften. Die alte Lachmöve in ihrem hochzeitlichen Schmuck ist unbestreitbar eine der schönsten Möven; das ungemein zarte, lichte Mövenblau, die samtschwarze Flügelspitze, die kaffeebraune Kaputze auf dem allerreinsten und allerweissesten Weiss, welches das Auge blendet, oft von unten her mit der lieblichsten Rosenfarbe angehaucht, dazu das prächtige Blutrot der nackten Teile, vereinigen sich zu einem herrlichen und unvergleichlichen Ganzen, wobei nur zu bedauern ist, dass es bloss am lebenden Vogel von so hoher und höchster Schönheit, von dieser unbeschreiblichen Reinheit und Sauberkeit ist, aber im Tode sehr bald so unglaublich an seiner Pracht verliert, dass es mit jenem gar keinen Vergleich mehr aushält, zumal das liebliche Rosa an dem weissen Gefieder der unteren Teile auch bald spurlos verschwindet. — Die Alte im reinen Winter- kleide, ohne braune Kappe, mit heller rotem Schnabel und Füssen, ist kaum minder schön; aber selten findet sich bei ihr ein leiser Hauch von jener Rosenfarbe, die zwar, wie bei anderen, vom eigenen Fett des Vogels herrührt, aber nicht bei allen, gewöhnlich nur bei sehr alten in der Begattungs- zeit, auch bei den Weibchen selten so bemerkbar als bei Männchen vorkommt. Gewöhnlich steht diese Möve auch mit ziemlich ein- ‚gezogenem Halse, den sie nur etwas mehr in die Höhe reckt, wenn sie auf etwas aufmerksam wird oder fort will; den Rumpf mit dem Schwanz trägt sie dabei ganz wagerecht, die Flügel vorn unter den Tragfedern, an der Spitze über dem breiten Schwanze kaum gekreuzt, die Füsse im Gleichgewicht des Körpers, vom eigentlichen Knie ganz senkrecht gestellt und in der Ferse nicht gebogen. Ist sie in trüber Stimmung, so ist der Hals ganz eingezogen, die Brust nach vorn noch unter die Horizontallinie herabgesenkt und das Gefieder etwas auf- gebläht, Sie beharrt zuweilen längere Zeit in solcher Stellung, obgleich sie sonst vom Stillsitzen wenig hält. Zuweilen steht sie nur auf einem Beine und steckt den Schnabel unter die Rückenfedern; dies letztere thut sie immer, wenn sie schläft, 1) Dagegen teilt E. CHRISTOLEIT mir mit, dass auf dem Rossitter Bruche die Lachmöven sich regelmässig und oft dichtgedrängt auf ziemlich hohe Weidenäste setzen. J. R. 213 auch schwimmend. Unmittelbar nach dem Niedersetzen aus dem Fluge auf festen Boden macht sie eine schüttelnde Be- wegung mit dem Schwanze von einer Seite zur andern. Sie ist sehr gut zu Fuss, schreitet sehr behende unter Kopfnicken bei jedem Schritt vorwärts, fast wie eine Dohle, und ist auch imstande, sich so in Lauf zu setzen, dass man z.B. eine flügellahme nicht ohne Mühe einholen kann. An den Ufern (wo sich eine Alte überhaupt selten niederlässt) oder auf kleinen Inseln geht sie noch seltener umher; desto öfter und emsiger sieht man sie aber auf Brachäckern oder in frischgepflügten Ackerfurchen herumlaufen, dabei jedoch auch häufig mit kurzem Fliegen abwechseln. Wenn sie ausruhen will, lässt sie sich gewöhnlich auf den Wasserspiegel, wäre er auch nicht gross, sehr sanft nieder, streckt im Niedersetzen die Füsse vor, wo- durch sie dem Fortgleiten vorbeugt, kreuzt dann die langen Flügel hoch über dem auch schon etwas erhobenen Schwanze und Hinterleibe, und ruht so nur vorn bis an die Füsse, aber nur sehr wenig ins Wasser getaucht, auf dessen Fläche. Ge- wöhnlich fliegt sie bald wieder auf, doch versteht sie auch, wenn sienach Nahrung herumsucht oder auch vor dem Schlafen- gehen weiter zu rudern und anhaltend, obwohl langsam umher zu schwimmen. Tauchen scheint sie nicht zu können, aus- genommen die Jungen und eine ihrer Flugkraft beraubte Alte, wenn sie der Jagdhund packen will, wo sie es auch weder tief noch lange vermag, sowie es überhaupt auch selten vorkommt. | Äusserst leicht und sanft erhebt sich diese Möve vom Boden oder Wasserspiegel; ihr Flug ist überhaupt geräuschlos, ihre Bewegungen darin sanft, leicht, gewandt, nicht anstrengend; es leuchtet vielmehr etwas Gemächliches daraus hervor, ohne dass man ihn träge oder nur langsam nennen darf, vielmehr fehlt es ihm nicht an schnellen und kühnen Schwenkungen und mancherlei Abwechslungen. Die Spitzen weit vom Körper weggestreckt, werden die Flügel darin meistens in langsamen, ofi weit ausholenden Schlägen auf und nieder bewegt, schneller geschwungen wenn sie eilt, ganz schwebend und grosse Kreise beschreibend, wo sie herab- oder aufsteigen will. Mit diesen Kreisen nähert sie sich zuweilen den Wolken, aber bei ihrem gewöhnlichen Herumtreiben, zumal über dem Wasser, fliegt sie niedrig. Hat sie Eile, namentlich auf dem Zuge, so schwingt sie die Flügel hastig, fast wie eine Dohle und streicht dann in grosser Höhe geradeaus, wenn, wie gewöhnlich, mehrere beisammen, in schon oben bemerkter Ordnung fort. Die Luft ist mehr ihr Element als Erde und Wasser, denn von ihrer Lebenszeit bringt sie mindestens zwei Dritteile fliegend hin. Die Lachmöve ist ein sehr unruhiges Geschöpf, bald hier, bald da, und in einem bedeutenden Umkreise ihres Wohn- ortes fast unaufhörlich beschäftigt; überall sucht sie etwas, allenthalben bemerkt und findet sie etwas, das ihr Nutzen oder Nachteil bringen könnte, und so geht dies ununterbrochen vom frühen Morgen bis zum späten Abend fort, zumal in der Fortpflanzungsperiode. Es ist schon erwähnt, dass sie vom Wohnorte nach entfernteren Futterplätzen ordentliche Luft- strassen hat, wo den Tag über des Ab- und Zufliegens kein Ende ist, aber die Hinfliegenden sich nicht um die Herkom- menden bekümmern. Ihre Geselligkeit ist gross; denn wenn auch auf der Reise sich hin und wieder eine vereinzelt, so ist dies doch bloss Sache des Zufalls, und sie ergreift gewiss die erste beste Gelegenheit, sich mehreren von ihresgleichen baldigst wieder anzuschliessen; dieser Trieb macht, dass sie, wo nur möglich, immer in Gesellschaften, oft zu Tausenden beisammen, lebt und ihre Scharen oft Bienenschwärmen gleichen, die bei den Nestern, in einer dichten Schicht fliegend, die Sonne verdunkeln und mit ihren tausendfachen Stimmen die Sinne betäuben. Sie dehnt indessen diesen Geselligkeitstrieb nicht auch auf andere Arten aus, mischt sich nie unter sie, duldet aber auch keine in ihren Vereinen; obgleich einige, wie Hydrochelidon nigra und, namentlich im oberen Jütland, sogar St. macrura und St. cantiaca, ganz in ihrer Nähe wohnen oder sich ihnen unmittelbar anschliessen, so bleibt doch jede 214 Art abgesondert; selbst wenn ihre Schwärme sich in die Luft erheben, fliegt jede Art in einer besonderen Schicht, wovon die Lachmöven die unterste bilden. Auch auf ihren Wande- rungen im Herbst dulden sie selten einzelne Sturmmöven, noch seltener eine Heringsmöve unter sich, im Frühjahr noch weniger, und an den Brutorten dürfen es sogar die vor- jährigen Jungen nicht wagen, sich ihnen beizugesellen. Wäh- rend nun kleine Vögel sich schon von selbst hüten, unter diese hämischen Geschöpfe zu geraten, so fallen im Gegenteil diese Möven über alle grösseren sogleich feindselig her, besonders über solche, denen sie nichts gutes zutrauen, und suchen sie durch Stossen und Zwicken mit vereinter Macht sofort zu ver- treiben, sodass ihnen, wie wir mehrmals sahen, sogar der Schwan weichen muss. | Sie ist misstrauisch und vorsichtig, besonders während der Zugperiode, weicht daher dem Menschen, der ihr ver- dächtig vorkommt, weit genug aus, um nicht in Gefahr zu kommen, weiss aber klugerweise einen Unterschied zu machen zwischen diesem und dem Fischer, Bauern oder Hirten, gegen die sie mehr Vertrauen zeigt. An den Nistorten macht sie indessen die Liebe zur Brut kecker und tollkühner; sie kommt dort jedem anderweitigen Geschöpf schon mit ängstlichem oder wütendem Geschrei entgegen, selbst dem Schützen und nach wiederholtem Schiessen. An den Winteraufenthaltsorten soll sie ebenfalls wenig scheu sein, zumal, wenn steigende Kälte ihr die Nahrung schmälert, oft alle Vorsicht bei Seite setzen, dann, wie ScHinxz erzählt, z. B. vom Züricher See auf der Limmat zuweilen bis in die Mitte der Stadt vordringen, nahe bei Brücken und Häusern sich aufhalten, ohne auf die wenige Schritte von ihr verkehrenden Menschen zu achten. Sie ver- schwanden aber einstens auf mehrere Tage, als man dort einige von ihnen weggefangen hatte. So werden sie auch an anderen Orten durch fortgesetzte Nachstellungen zuletzt ausser- ordentlich scheu. Die Lachmöve hat eine keineswegs angenehme, heisere, doch durchdringende Stimme. Ihr Hauptlockton ist ein krei- schendes Kriäh, — krähenartig und dem vieler Meerschwalben ähnlich, doch selten so langgedehnt, — wovon sie auch wohl, ihr krähenartiges Betragen dazu genommen, vom Landmann den Namen „Seekrähe“ erhalten hat. Man hört es besonders, wenn vorüberziehende etwas auffallendes erblicken, wenn eine von der Schar zurückbleiben will, wenn entferntere anderen zurufen, aber sonst nicht häufig. Überhaupt schreien sie auf dem Zuge wenig, an anderen Orten dagegen zum Überdrusse viel. Mehrere beisammen unterhalten sich mit einem kurzen, in langen Zwischenräumen wiederholten, einzelnen Käk oder Chräck, auch Schärb. Dieses aus verschiedenen Kehlen und durch besondere Anlässe verschiedentlich moduliert, bei Betrachtung von etwas Verdächtigem auch wohlin Käckäckäk verwandelt, hat von mehreren durcheinander Ähnlichkeit mit einem neiseren Gelächter und ihr zu dem Namen „Lachmöve“ verholfen. In der Wut, wenn sie einen Feind anfallen, schreien sie heftig Krrr kräck äck äck oft wiederholt; auch hört man unter den mannigfaltigsten Abwechslungen aller dieser Töne, die aber alle nichts Angenehmes haben, öfter auch ein heiseres Kirrr und andere noch wunderlicherer Art. — Auf der Wanderung schreit die einzelne selten Kriäh; je mehr aber beisammen sind, desto öfters lassen sie es hören, doch ist dies noch lange nicht zu vergleichen mit ihrem unaufhör- lichen Toben und Lärmen an den Brutorten. Hier ist es bei Tage nie ganz still, sogar in der Nacht lässt sich dann und wann eine hören, und das Schreien ist um so ärger, je grösser die Anzahl der zu solchem Verein gehörigen Vögel ist, und an denen, wo Tausende beisammen wohnen, wird es wahrhaft unerträglich und so betäubend, dass man sich die Ohren ver- stopfen möchte. Es macht einen so widrigen und dauernden Eindruck auf das Gehör, dass man es immer noch zu hören wähnt, wenn man sich schon so weit entfernt hat, dass dies gar nicht mehr möglich ist. In der Nähe einer recht grossen Kolonie dieser einförmigen, jämmerlichen Schreier stundenlang Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. aushalten zu wollen, würde eine Qual sein, da sie ihre An- strengungen verdoppeln, so lange ein Mensch daselbst ver- weilt. Begiebt sich dieser in ein dichtes Versteck, in eine dazu eingerichtete Hütte, um sie besser beobachten zu können, so dauert es sehr lange, ehe der Lärm sich etwas legt; so- bald er sich aber wieder blicken lässt, geht das grässliche Toben von neuem los, wie denn ausserdem jeder vorüber- fliegende grössere Vogel die ganze Schar in den heftigsten Alarm setzt, wobei sie ihm aus vollem Halse schreiend nach- zieht und ihn fortjagt, was nicht allein Krähen, Raben und Raubvögeln, sondern auch Reihern, Störchen, Enten und anderen schuldlosen Wasservögeln widerfährt. Ihr Kriäh bildet in dieser hässlichen Musik stets den Grundton, aber auf verschiedene Weise und individuell zwischen halben und viertel Tönen schwankend, in Misstöne überschlagend; dann mit den oben bezeichneten Tönen, endlich mit dem kläglichen Piepen und späteren Kreischen der Jungen vermischt, überbietet eins das andere an Heftigkeit. Die Lachmöve lässt sich auch im gefangenen Zustande am Leben erhalten, aber nicht eigentlich als Stubenvogel, besonders weil sie viel Wasser verlangt, sich oft badet u. s. w. Am besten ist es, ihr einen geräumigen, übergitterten Behälter an einem Wasser im Freien anzuweisen. Eines Jahres am 1. August wurde mir eine völlig erwachsene Junge überbracht, die man bei Sturm und heftigem Regen ganz durchnässt im hohen dichten Roggen mit den Händen gefangen hatte. Ich brachte sie in die Stube und ergötzte mich sehr am Betragen dieses netten Geschöpfes. Sie gewöhnte sich sehr bald, stand immer, wie oben beschrieben, steif auf den Füssen, diese weit vorgezogen, liess aber die Flügel, ohne sie zu kreuzen, auf ‘dem sehr breit gemachten Schwanze ruhen, häufig auch ohne sie vorn unter die Tragfedern zu stecken, flog ohne Ungestüm, vielmehr ganz gemächlich in der Stube umher, sass am liebsten hoch auf Schränken und flog von da gewandt, leicht und sehr sanft zu ihrem Wasserbehälter herab, oder auch in der Höhe herum, wobei sie fast nie gegen die Fenster, desto öfter aber gegen die weisse Decke flog, aber weder dort noch hier hart anstiess. Jedesmal, wenn sie sich wieder setzte, wedelte sie mit dem Schwanze schnell hinüber und herüber. Nur einen leisen Ton, kack, — kack, liess sie manchmal hören, der stärker, aber auch nur einzeln ausgerufen wurde, wenn ein Hund in die Stube kam. Sie hatte schon angefangen zu mausern und trug bereits einzelne Zeichen des ersten Winter- kleides. Als ich ihr nach fünf Tagen die Freiheit wieder schenkte und sie an einem Teiche laufen liess, überschwamm sie denselben sogleich, badete sich am gegenseitigen Ufer recht sorgfältig und lange, machte darauf kleine Versuche zum Fliegen, fing Wasserinsekten, badete sich abermals tüchtig, erhob sich endlich in die Luft und flog davon. Nahrung. Die Lachmöve nährt sich meistens von Insekten, sowohl Wasser- als Landinsekten, deren Larven und von Würmern, seltener von kleinen Fischen, auch toten, und anderen Äsern, gelegentlich auch von Mäusen. Sie fischt zwar vieles, was oben oder sehr flach schwimmt, aus dem Wasser auf, weshalb sie denn auch immerwährend spähend über demselben, bald niedrig, bald höher, in allerlei anmutigen Schwenkungen herumschweift und nach einiger Zeit gewöhnlich auf demselben Striche, den sie anfänglich nahm, wieder zurückkommt oder kleinere Gewässer umkreist; jedoch taucht sie dabei für den Augenblick, wenn sie aus der Luft im Bogen herabfährt, nie tiefer als mit dem Kopfe ins Wasser. Bei solchem Herabschiessen macht sie keinen grossen Bogen, und wenn sie dazu zu hoch fliegt, dreht sie sich schwebend erst in ein paar Spiralwendungen so weit herab, dass sie das Wasser nun in einem kurzen Bogen erreicht. — Oft fischt sie auch auf seichtem, morastigem Wasser schwimmend, zuw eilen anhaltend und lange an einer Stelle, im emsigen Picken oder Auflesen begriffen, ohne weiter etwas als den Schnabel dabel Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. einzutauchen. Welches Nahrungsmittel sich ihr an solchen Stellen in solcher Menge darbietet, ist indessen noch nicht bestimmt ermittelt; doch sind es höchst wahrscheinlich sehr kleine Weichtierchen oder Larven von Mücken und anderen kleinen Insekten; denn im Magen bei solcher Beschäftigung erlegter fand man bloss eine breiartige grüngraue Masse, darin jene nicht deutlich zu erkennen waren, weil man ge- wöhnlich unterliess, solche Vögel zur Stelle zu öffnen, bald nach dem Tode aber schon Fäulnis eintritt, die jene zarten Geschöpfe sogleich unkenntlich macht. Auch kleine Fischchen fängt sie auf seichtem, schlam- migem Wasser schwimmend, besonders wo jene in Pfützen gerieten und das sie bildende Wasser schon grossenteils ver- dunstet war; hier fährt sie auch, so oft es nötig wird, mit dem ganzen Kopfe unter das Wasser. Bei solcher Beschäftigung haben wir eine erlegt, die Schlund und Magen ganz mit kleinen Fischen angefüllt hatte. Eine Gelegenheit, wo kleine Fische in flache Wasserpfützen geraten oder gewissermassen stranden, lässt sie nie unbenutzt, selbst eine Hand lange ermattete oder tote nimmt sie gierig auf und verschlingt sie ganz oder zer- stückelt, hauptsächlich in kalter Jahreszeit, wo sie selbst noch grössere aufgefundene Fische zerhackt und in verschlingbaren Bissen aufzehrt. Ihre Sommernahrung besteht indessen meistens in In- sekten, und sie sind auch die Hauptnahrung der Jungen. Ausser allerlei Wasserkäfern, Wasserwanzen, Libellen und anderen, nebst den Larven derselben, nimmt sie alle im Wasser ver- unglückte Landinsekten ebenso begierig auf; aber sie sucht die letzteren auch auf trockenem Lande und weit vom Wasser selbst auf. Maikäfer frisst sie sehr gern, und wo sie ihrer hab- haft werden kann, in Menge; wir waren mehrmals Augenzeugen, wie ganze Gesellschaften deshalb die Bäume umiflatterten, an denen sie welche hängen sahen, und sie eine der anderen vor dem Schnabel wegschnappten. Haben sie sich damit voll- sestopft, so fliegen sie zum Wasser, trinken sich satt und kehren nach kurzem Verweilen bald wieder zum Käferfange zurück. Gierig und futterneidisch wird hier in der Hast oft der Käfer samt dem Blättchen, woran er nagte oder, wenn er herab fiel, mit zufällig gepackten Grasspitzchen verschlungen, was oft auch beim Aufnehmen anderer Nahrungsmittel vor- kommt, obgleich sie sonst absichtlich aus dem Pflanzenreiche nichts geniessen. — So sehr sie jene Käfer lieben, ebenso be- gierig sind sie nach den Larven derselben, den sogenannten Engerlingen. Sie begeben sich deshalb gesellschaftlich aufs Feld, besonders wo eben gepflügt wird, flattern und laufen dort dicht hinter dem Pflüger her und holen aus den frischen Furchen die ausgeackerten Käferlarven, Käfer, Spinnen und Regenwürmer, fangen hier sogar auch manche auf gleiche Weise zu Tage geförderte Feldmaus weg. Ihre Begierde nach allen diesen Geschöpfen zeigt sich hier in ihrer ganzen Grösse, indem sie sich oft, wenn eine der anderen zuvorkommen will oder im Zanke um eine von zweien oder dreien zugleich ent- deckte Beute, so in diese Beschäftigungen vertiefen, dass sie vor dem Ackersmann und seinem Zugvieh alle Furcht aus den Augen setzen. Da sie das Wasser nie lange entbehren können, so giebt ihnen ein Ackerstück, das eben gepflügt wird, einen sehr lebhaften Verkehr, und das Hin- und Herfliegen zwischen ihm und dem nächsten Wasser hat kein Ende, so lange dort sepflügt wird. Wasserlachen und kleine Teiche in solchen Feldern sind ihnen dazu sehr gelegen; sie trinken sich satt, schwimmen und schnattern eine Weile im Wasser oder nehmen wohl gar ein Bad, fliegen dann wieder auf den Acker und wechseln so den ganzen Tag über, am lebhaftesten, wenn sie Junge haben und diesen Futter zuschleppen. Auf anderen Äckern, besonders Brachfeldern, suchen sie Laufkäfer und andere, des Morgens besonders Regenwürmer, diese auch auf feuchten Rasenplätzen und Wiesen, wo sie auch Heuschrecken, Libellen und andere Insekten fangen, doch fliegende nicht zu erhaschen verstehen. [— Wahrscheinlich fangen sie vielfach auch fliegende 215 Kerbtiere, nur wird man dies, wenn es einzeln geschieht, in der Regel nicht wahrnehmen können. Dass sie bei günstiger Gelegenheit sogar sehr grosse Mengen von Insekten im Fluge fangen, beweist folgende Beobachtung. Im August und Sep- tember kommen nach und nach zahllose Lachmöven von ihren Brutplätzen in den Ostseeländern nach der hiesigen (schleswig- holsteinischen), im Sommer nicht von ihnen bewohnten Nordsee- küste herüber. Vor ein paar Jahren nun, als ich gegen Ende August an einem warmen, windstillen Nachmittage der Hühner- jagd oblag, hatte ich stundenlang den fesselnden Anblick eines ununterbrochenen Zuges dieser einfach-schönen und flug- gewandten Vögel. In aussergewöhnlich langsamem Fluge, meist schwebend, kamen sie über die östlichen Geesthügel daher, alle in derselben Richtung westwärts ziehend und die gerade Linie nur zuweilen durch geringe Wendungen und sanfte Schwenkungen unterbrechend. Ihr ganzes Gebahren machte den Eindruck der behaglichsten Ruhe. Aber weiterhin, über einer grösseren Ebene von trockenen Wiesen, änderte sich das Bild. Die Vögel schossen hastig bald rechts, bald links, flatterten ein Stück senkrecht empor oder stürzten plötzlich mehrere Fuss abwärts; aus dem gleichmässigen Nebeneinander war ein buntes Durcheinander geworden. Es war augen- scheinlich, dass sie sich hier mit dem Fange von schwärmenden Kerbtieren beschäftigten. Um dies und die Art der gefangenen Tiere festzustellen, mussten ein paar Vögel geschossen werden. Das war nicht leicht. Zwar wichen sie weder mir noch meinem Hunde aus, aber sie hielten sich stets in einer Höhe, zu der ich mit Hühnerschrot kaum hinaufreichen konnte. Nach langem Abwarten und mehreren vergeblichen Versuchen gelang es mir doch, mit einem Doppelschuss zwei Stück herunter zu holen. Im Schnabel hatten sie viele, zum Teil noch lebende schwarzbraune Ameisen (Formica fusca), und der Schlund war bis zum Platzen mit diesen Tierchen angefüllt, die also in einer Höhe von ungefähr dreissig bis vierzig Metern in grossen Schwärmen ihren Hochzeitsreigen aufführten. —] Am Meeresstrande stellen sie auf den bei der Ebbe frei gewordenen Sandwatten dem Uferwurm (Arenicola lumbricoides) sehr nach. Auf den Feldern, besonders auf Stoppeläckern, schwärmen sie der Mäuse wegen ganz niedrig hin und er- wischen manche, die sie sogleich tot hacken und auf der Stelle verschlingen. Einzelne Mäuse fanden wir gar nicht selten, sogar einige Male zwei zugleich im Magen oder Schlunde beim Zurückkehren vom Felde erlegter Lachmöven. Im Winter, wo Insektennahrung freilich nicht zureichend vorhanden ist, sollen sie meistens von Fischen, lebenden und toten, und anderen tierischen Überresten leben. Die auf dem Züricher See überwinternden kommen dann bei strenger Kälte, nach SchHınz (s. d. Naturg. d. Vögel, S. 410), auf dem Flusse bis in die Stadt und greifen dort bei den Schlachthäusern gierig nach allen weggeworfenen Fleischabgängen, Gedärmen und dergleichen, mit Hintansetzen aller Furcht, dass sie sich den Leuten, die sich nicht um sie bekümmern, bis auf wenige Schritte nähern und selbst hingeworfene Brocken Brot ver- schlingen. Als man einstmals solche Bissen, in Krähenaugen- absud eingeweicht, ihnen vorwarf und einige davon betäubte fing, kamen die anderen lange nicht mehr dahin und wurden in diesem Jahre nicht wieder so zutraulich. Sie ist, wie fast alle Möven, gierig und futterneidisch in hohem Grade, verdaut sehr schnell und hat daher immer Hunger. Alles Verschluckte wird in der Speiseröhre bald mit Schleim überzogen, ehe es in den Magen rückt, daher auch leicht wieder ausgespieen, was nicht allein beim Futtern ihrer Jungen allemal geschieht, sondern auch oft, wenn sie bei an- gefülltem Schlunde heftig erschreckt, z. B. unerwartet nach ihr geschossen wird. Ihr Neid giebt oft belustigende Auftritte, wenn eine der anderen etwas wegzuschnappen sucht, noch mehr, wenn ein Schwarm bei seinem Herumschweifen einen Fund entdeckt, z. B. einen toten Fisch. Alle gleich lüstern darnach, umkreisen sie schreiend den Gegenstand, aber keiner einzelnen gestatten die übrigen ihn aufzunehmen; der Schwarm 216 zieht schreiend ab, eine einzelne kehrt um, die anderen sehen dies, kehren sämtlich um und verhindern jene daran; dies wiederholt sich gewöhnlich mehrere Male und so lange, bis es zuletzt doch einer gelingt, verstohlen umzukehren und den Bissen wegzukapern. [— RÖRIG veröffentlicht folgende Magenbefunde (Arb. a. d. biol. Abt. f. Land- und Forstwirtsch. am Kaiserl. Gesundheitsamte): Be » Fundort Datum © S e = Mageninhalt | | 2| Anklam 8. Juli 1898 | 5 |2,0g! Steinchen. Stettin . 14. Juli 1,0 „| EtwasSand und Reste von kleinen - Käfern. Swinemünde . 13. Juli juv.!1,5 „| Häute von Raupen und Reste von kleinen Käfern. Mecklenburg. 27. Juli 2 \1,9 „| Fischreste. Pommern . 26. Juli co’ |1,0 „| Steinchen. Konitz . 30. Juli oc’ |1,0 „| Sand. Torgau. . .| 5. September | 4 |2,0,„|Fischreste und kleine Steinchen. au 5 5. September | ' |5,0 „| Reste von einer Maus. Stettin . 19. Oktober | 0’ |1,0 „| Haferkörner. Potsdam 20. Oktober | co’ |1,0,,|Fischsechuppen und Gräten. Stettin . 19. Oktober Q [2,0 „| Fischreste. Crampa 2. November | 0’ |1,0 „| Kleine Steinchen und Fischgräten. Brusenfelde 5 A Steinchen, Fisch- und Käferreste, bABiadiehom 7% Dezember 280511 7" einige Weizenkörner. Löwenberg (Mark). 9. Februar 1899| 2 |1,0 „| Fischreste. Kgr. Sachsen . 6. Februar 2, & n 5 6. Februar 2 | 1,0 „| Algen. Geestemünde 12. März 2 — — Rey schoss am 1. Juli 1902 bei Naunhof ein Exemplar, das nichts als neun grosse Regenwürmer im Magen hatte. —] Dass sie oft und viel trinken, ist schon erwähnt; sie nehmen dabei den Mund voll, halten den Schnabel in die Höhe und lassen so das Wasser in den Schlund hinabrinnen. So baden sie sich auch sehr oft, nicht selten des Tags zweimal, stellen sich dazu bis an die Fersen ins Wasser, wo es recht klar ist, schlagen dasselbe mit den Flügeln, ohne diese ganz zu öffnen, schütteln sich, tauchen mit dem Kopfe ein und schnell wieder auf, damit das Wasser ihnen so über den Rücken herablaufe, doch so, dass nach tüchtigem Schütteln kein Tropfen an ihnen hängen bleibt; nachdem sie nun bald ihr Gefieder aus der Schwanzdrüse frisch eingefettet, fliegen sie gereinigt weiter. Dieses sorgfältige und oft wiederholte Baden ist allen Mövenarten eigen und erhält eben ihr zartes Gefieder so unvergleichlich sauber und nett. Will man eine gefangene Lachmöve für längere Zeit im Wohlsein und beim Leben erhalten, so darf man ebenfalls nicht versäumen, sie hinlänglich und oft mit frischem Wasser zu versehen. Die oben erwähnte, die ich mehrere Tage in der Stube hielt, schnurrte oft mit dem Schnabel im Wasser wie eine Ente, nahm am liebsten aus diesem kleine Fische, auch grössere, aber zerstückelt, dann Wasserinsekten, nament- lich Rückenschwimmer (Notoneca) und Schwimmkäfer (Dyticus), ziemlich gern auch Regenwürmer, aber ungern Blutegel. Sie fing sehr geschickt Fliegen, sonderbarerweise nicht allein sitzende, durch Beschleichen, sondern auch solche, die, wenn sie still stand, ihr um den Kopf herum summten, schnappte sie sehr geschickt im Fluge weg. Im klaren Wasser einer grossen, flachen Schüssel, die. um das Einsteigen zu erleichtern und Schmutz zu verhindern, aussen bis an den Rand mit Sand umschüttet war, badete sie sich fast alle Tage zweimal, und doch, als ich ihr, wie oben erzählt, die Freiheit schenkte, badete sie auch erst, ehe sie sich gänzlich auf und davon machte. — Man soll solche auch mit Brot, in kleinen Bissen ins Wasser getan, und mit klein geschnittenem Fleisch erhalten können, wenn man sie nach und nach daran gewöhnte. Fortpflanzung. Auch in Deutschland hat die Lachmöve viele Gegenden, in denen sie gegen Anfang des April sich häuslich nieder- lässt, ihren Fortpflanzungsgeschäften obliegt und sie bald nach Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Beendigung derselben für dieses Jahr verlässt, sie aber im nächsten und alle Jahre und so lange immer wieder bezieht, als Kunstfleiss und Anbau oder auch Zerstörungssucht der Menschen den Ort nicht untauglich für sie machen oder mit Gewalt vertreiben. Nicht allein in der Nähe der Meeresküsten, sondern auch mitten im Festlande giebt es der Orte gar viele, wo diese Art in Menge, oft zu vielen Tausenden beisammen nistet. Landseen, umfangreiche Teiche und stehende Gewässer mit grossen freien Wasserflächen, aber auch mit vielem Rohr und Schilf abwechselnd, namentlich mit niedrigen Schilf-, Seggen- und Binsenbüscheln oder sogenannten Kufen auf grossen tief- morastigen Flächen, mit kleinen nassen, begrünten Inseln, mit weit in Sumpf verlaufenden, übrigens wenig nackten Ufern, wie auch die tiefsten und wasserreichsten Stellen in grossen Brüchen sind ihre Nistorte; in der Nähe des Meeres auch die süssen Binnenwasser; seltener schilfreiche, morastige Ufer und Inseln langsam strömender Flüsse. Nur an solchen Ge- wässern, — aber nie unmittelbar am Meere, — pflanzen sich diese Möven in grösster Anzahl fort, von den Süsswassern mehrerer Inseln des Kattegats und vielen anderen der Ostsee an, namentlich den sehr ausgedehnten des oberen Jütland, wo vorzüglich die Seen Sperring und Siörring mit ihren sandigen, grösstenteils berasten, mit Schilf um- gebenen Holmen oder kleinen Inseln dadurch berühmt sind), — bis zu unzähligen anderen in Preussen, Pommern, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Oldenburg u. s. w,, in der Mark, der Lausitz, Schlesien [—, Sachsen —] und auch in Anhalt, hier wenigstens in früheren Zeiten, ebenfalls in grosser Anzahl. Ja, in früheren Zeiten war es freilich für die Vögel unseres Landes im allgemeinen viel besser; überall weniger Menschen, weniger Nahrungssorgen, weniger Anbau, konnten sich die Vogelarten an ihrer Lebensweise angemessenen Plätzen, die sich in Menge fanden, ungehindert fortpflanzen und dies ein Jahr wie das andere. Wir brauchen in diesen Betrachtungen nicht auf Jahrhunderte zurückzugehen; die Beweise davon liegen zum Teil noch im Bereiche unserer Erfahrungen. So waren vor einem halben Jahrhundert zwischen den Dörfern Langenbogen und Cölme, unfern des in diesem Werke oft er- wähntensogenanntenEislebenerSalzsees, nochumfangreiche, in tiefen Sumpf verwilderte Teiche, von denen uns alte Leute Wunder erzählen, von den ungeheuren Massen ehedem, als das ganze Thal noch ein einziger freier Sumpf war, dort nistender Möven und anderer Wasservögel; jetzt sind diese Flächen, durch menschliche Kunst und Fleiss entwässert, die trefflichsten Äcker und Wiesen. — Nicht weit von diesem Elysium der Lachmöven, dem grossen See noch näher, lag ein zweites, ein sehr grosser, langer, meistens nicht sehr tiefer, flachufriger, einerseits sumpfiger Teich, die Wietschke ge- nannt, an und auf dem wir vor vierzig und einigen Jahren noch oft wiederholt die interessantesten Jagden und Be- obachtungen machten, von dem damals eine bienenschwarm- ähnliche Lachmövenschar alljährlich einen grossen Teil zu ihrem Nistplatze inne hatte und sich zu Tausenden vermehrte. Die Entdeckung eines mächtigen Braunkohlenlagers dicht an einem Ende des Teiches erheischte die Anlage eines Berg- werks (jetzt eins der ergiebigsten in der preussischen Monarchie) und machte das Abzäpfen des Teiches notwendig, worauf die Fläche in Ackerland verwandelt und somit den Vögeln ein sehr vorzüglicher Aufenthalts- und Brutort für immer geraubt wurde. Aus alter Anhänglichkeit für die Gegend siedelten sich die Lachmöven zwar anfänglich auf ein paar anderen nahen, minder grossen Teichen (den Dömicken), aber aus Mangel an Platz in viel geringerer Anzahl, an; doch auch diese vertrieb bald auch die bis ins Wasser hinab vordringende sie ‘) Die beiden dureh Boızs Schilderung (Isis 1822) einstmals berühmt gewordenen Seen sind vor etwa 30 Jahren entwässert, die „Tarholmen“ in Kultur genommen und damit die Brutstätten Tausender von Lachmöven eingegangen. (Siehe „Ormnithol. Centralblatt“ 1878, S. 1 ff.) J. R. Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Kultur. Heutzutage besuchen die Lachmöven jene stattlichen Seen, den salzigen wie den süssen, nur noch auf dem Zuge durch jene, sonst so ausserordentlich von ihnen belebte Gegenden, weil ihnen keiner der Seen geeignete Brutplätze bietet. — Sogar menschliche Selbstsucht, Neid, falsche An- sichten haben die Lachmöven hin und wieder vertrieben, wovon BREHM (siehe die Beiträge III, S. 834) ein Beispiel er- zählt, während folgendes uns noch näher liegt. Auf dem sehr grossen Fischteiche bei Badetz im Anhalt-Zerbstischen pflanzte sich ehedem alle Jahre eine unermessliche Schar von Lach- möven fort. Als man endlich darauf kam, der Lärm dieser könnte wohl die vielen damals dort nistenden Gänse und Enten stören, die Möven auch wohl obendrein der Fischerei nachteilig sein (beides später als unwahr erkannt), so gab man sie jedem preis, die Landleute holten Eier und Junge Trag- körbe voll aus den Nestern und fütterten sie den Schweinen, wodurch nebst anderen Verscheuchungsmitteln bald erzielt wurde, dass sich die Möven nach ein paar Jahren ganz weg- gewöhnten. — Aus den meisten unserer Brüche vertrieb sie schon längst die durch menschliche Einsicht und beharrlichen Fleiss errungene Umwandlung in Ackerland und fruchtbare Wiesen; nur an wenigen Stellen finden kleine Gesellschaften in nassen Jahren noch Brutplätze, während bei so trockenen wie sie im letzten Dezennium fast durchgängig waren, wegen Zugänglichkeit der morastigen Stellen von ihrer Brut selten etwas aufkommt, weshalb sich auch die Zahl der im Frühjahr wiederkehrenden Alten von Jahr zu Jahr vermindert. Da nun in einem Menschenalter die Zahl der Lachmöven sich bei uns so ausserordentlich vermindert hat, so steht zu erwarten, dass ein halbes Jahrhundert später eine Lachmöve für unsere Gegend eine seltene Erscheinung sein wird.') Der Trieb zum geselligen Beisammenleben wird, wie bei den Saatkrähen, an den Brutorten am auffallendsten. Ein einsam brütendes Paar kommt nirgends, ein Verein von sechs bis zehn Paaren schon selten vor; viel öfter sind es Hunderte und Tausende, die eine einzige Gesellschaft bilden und auf einem kleinen Raume nahe beisammen nisten. Es giebt Scharen, die an Zahl und Beweglichkeit Bienenschwärmen, im Aufsteigen einem Rauche zu vergleichen sind, der die Luft erfüllt. Unbeschreiblich ist ein solches Gewimmel, dessen tausendfache Stimmen die Sinne betäuben, wenn ein Mensch sich solchem Platze nähert, wo schon ohnedies des Schreiens kein Ende ist. Es ist schon erwähnt, dass sie jedes feindliche, jedes verdächtige, auch jedes ihnen bloss auffallende, sonst ganz unschuldige Geschöpf unfern vom Nistplatze mit Schreien empfangen, schreiend begleiten und schreiend aus der Grenze ihres Bezirks vertreiben; noch viel weniger gestatten sie einem anderen Vogel, dass er zwischen ihnen niste, höchstens solchen in ihrer Nähe zu wohnen, die in eigenen grossen Vereinen beisammen nisten und sich ihnen gemeinschaftlich zur Wehr stellen können, wie manche Meerschwalbenarten. Übrigens fordern so enorm besetzte Brutplätze noch zu manchen anderen Betrachtungen auf, namentlich ein solcher wie der auf den oben genannten Seen im Nord-Westen der Halbinsel Jütland, von Fr. BoıE in der Isis, 1822. VIII. Stück sehr anziehend beschrieben. Die Nester einer Schar stehen alle in einem kleinen Um- kreise nahe bei einander,am häufigsten auf kleinen, von lachem Wasser und Moraste umgebenen, abgesonderten Büscheln kurzen Schilfes oder Binsen, wo auf jedem nur ein Nest Platz hat, oder auf sogenannten Kufen. Auch auf alten Rohrstoppeln und Haufen vom Winde zusammengetriebenen alten Geröhrichts kommen diese Nester vor. Auf sumpfigem Boden, nahe am Wasser oder auf kleinen Inseln stehen sie im Grase, eins so nahe wie möglich neben dem andern. Zuweilen sollen sie, besonders bei zufällig verspäteter Brut, ihre Nester auch ins nahe Getreide machen, oder gar (nach PALLAs) auf Bäume, 1, Ob im Anhaltischen noch Lachmöven brüten, ist mir unbekannt. Im Königreich Sachsen dagegen sind sie an verschiedenen Orten Brut- BB: Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. vögel. en —— — ——_———— U 217 vermutlich in verlassene Reiher- oder Saatkrähennester; beide Nistarten sind uns indessen noch nicht vorgekommen. [— LixD- NER berichtet von einer Brutkolonie auf der kurischen Nehrung: „Die Lachmöven haben ihre Nester massenhaft bei einander am Rande des einen Schilfbestandes; teils sind es schwimmende Nester, die dann aber so hoch aus Schilfhalmen aufgeführt sind, dass die Eier trocken liegen; teils befinden sich die Nester auf Baumstubben, auf kleinen schlammigen Inseln und an trockenen Stellen im Schilf.“ —] Zu dem Platze, auf dem die Nester stehen, ist gewöhnlich nicht leicht zu gelangen. Sie wählen ihn in den ersten Tagen ihrer Ankunft im Frühjahr und verraten ihr Vorhaben durch längeres Verweilen, wieder- holtes Umschwärmen, vieles Schreien und häufiges Nieder- setzen auf denselben. Bald nachher, im April, nach Umständen früher oder später, fangen sie den Nestbau unter vielem Zanken um die einzelnen Nestplätzchen damit an, dass sie einzelne Schilf- und Grasbüschel in der Mitte niederdrücken. Einige Tage später holen sie trockenes Schilf und Rohr, Stroh, dürre Grasstöckchen und dergleichen herbei, häufen es kunstlos, manchmal ziemlich hoch und locker auf einander und lassen oben nur eine geringe Vertiefung. Beide Gatten, die sich schon gepaart zu haben scheinen, wenn sie am Brutorte anlangen, bauen am Neste, auf dem sie auch die Begattung am gewöhn- lichsten vollziehen. Manchmal noch im April, doch öfter erst mit Anfang des Mai!) legt das Weibchen seine zwei, selten drei Eier und nach unseren Erfahrungen nie mehr. [— Die Normalzahl beträgt drei. —| Wenn gesagt wird, dass zuweilen vier Eier in einem solchen Neste vorkommen sollen, so sind diese höchst wahrscheinlich nicht von einem Weibchen, son- dern ein anderes hat die Überzahl dazu gelegt, ein Vorkommen, das auch bei anderen in solcher Menge und so dicht neben- einander nistenden Vogelarten nichts Seltenes ist. [— HAGERUP fand im Oerum-See ein Nest mit drei Möveneiern und einem Ei des Haubentauchers, OLSEN daselbst ein solches mit drei Möveneiern und einem Austernfischerei. Ein Nest wurde ge- funden mit fünf Eiern, die sicher von zwei Weibchen her- stammten. BARFOD und LEHN fanden auf Vaarholm sogar acht Möveneier in einem Nest (Ornith. Monatsschr. 1894, S. 158). —] Diese Eier sind, wie alle Möveneier, im Verhältnis zur Grösse des Vogels sehr gross, um vieles grösser als die des Kolkraben, obgleich die Lachmöve beinahe nur halb so gross ist. Sie sind 43 bis 53 mm lang und 33 bis 37 mm breit, also wie die der anderen Arten in der Grösse sehr verschieden. [— 53 Stück der Reyschen Sammlung haben ein Durchschnittsmaß von 52,6 x 36,8 mm. Das Maximum ist 57,8% 38,7 und 54 x 38,5 mm, das Minimum 49x37 und 54x 34,3 mm, das durchschnittliche Ge- wicht 2,269g. Ein Spurei derselben Sammlung misst 32,6x26,2 mm bei einem Gewicht von 0,980 g. LEVERKÜHN fand im Molfsee bei Kiel drei Spureier, von denen das kleinste (ohne Dotter) 80x23 mm maß. Die Maße einer Anzahl von SANDMAN unter- suchter Gelege sind: 55,3 x 35,9, 55,2 x 37,1, 54,7 x 37,5 mm; 99,2 X 39,5, 92,5 x 37,7, 50,9 x 38,4 mm; 54,2 x 38,8, 53,2 x 38,4, 51,6 x 38,8 mm; 53,8 x 37,2, 53,0 x 37, 50,2 x 36,4 mm; 52,5 x 34,6, 52,4 x 34,2, 49,8 x 36,3 mm; 51,9 x 37,8, 51,7x 38,1, 49,6 x 38,1 mm; 57,2 x 38,6, 53x 373 mm; 52,8 x. 36,3, 51x38 mm; 51,5 x 36,5, 50,2% 36,4 mm. —] Noch verschiede- ner sind sie in der Gestalt, die ebenso oft sehr gestreckt oder schlank als kurz und bauchig vorkommt, an dem einen Ende bald kürzer, bald schlanker zugerundet, an dem entgegen- gesetzten mehr oder weniger abgerundet ist. Auch ihre Farbe und Zeichnung ist ebenso variabel. Ihre starke, grobkörnige, etwas rauhe, daher fast glanzlose Schale hat eine bei ver- schiedenen Stücken sehr verschiedene Grundfarbe, bald ein sehr bleiches, schmutziges Meergrün, bald ein blasses Oliven- gelb, bald ein ganz mattes Olivengrün, bald ein schwaches Olivenbraun, mit allen möglichen Übergängen von einer dieser ') SANDMAN fand auf Karlö vollzählige Gelege 1886 am 29. und 30. Mai, 18857 am 25. Mai, 15. Juni, 1888 am 22. Mai, 1889 am 28. Mai, 1890 am 24. Mai. Er sagt, die Brutzeit habe begonnen, sobald das Eis auf den kleinen Seen der Insel geschmolzen sei. Seit 1891 fehlt die Art dort vollständig. J. R. 28 218 Hauptverschiedenheiten zur anderen. Die Zeichnungen sind Flecke, Tüpfel und Punkte, an den hellfarbigen in der Schale rötlichaschgrau oder rein aschgrau, bei den dunklen braungrau; die äusseren Flecke dunkel olivenbraun bis zum Schwarzbraun, am dunkelsten auf hellem Grunde; manche haben über die sanze Fläche zerstreute grössere Flecke und wenig Punkte; andere grosse, oft bleichere, zerrissene Flecke, häufiger am dicken Ende als am entgegengesetzten; wieder andere haben mehr gerundete, aber keine grossen Flecke und desto mehr Tüpfel, über die ganze Fläche zerstreut; noch andere haben viel mehr Punkte, wenig Tüpfel, die gegen das stumpfe Ende kranzartig dichter stehen, sonst aber wenig Zeichnung und sar keine grösseren Flecke; endlich giebt es auch blassmeer- grüne, fast ohne alle Zeichnung. Man sieht hieraus, welche grosse Abweichungen unter diesen Eiern vorkommen müssen. In den Sammlungen werden sie, auch bei sorgfältigstem Ver- schluss, bald blasser und sehr blass, besonders geht vom Grün so viel verloren, dass sie nach einigen Jahren den frischen wenig mehr ähneln. Die olivengrüne Farbe geht, wie bei vielen anderen Sumpf- und Wasservogeleiern, hier gewöhnlich auch in Olivenbraun über, und sie kommen draussen so braun nie vor als in Sammlungen.!) [— Bisweilen kommen auch rotgefleckte Eier bei der Lachmöve vor, wie bei Corvus fru- gilegus (Band IV, Tafel 47, Fig. 26), Oorvus corax (NEWTON, Ootheca Wolleyana, S. 524, $ 2796), Larus argentatus (SEEBOHM, Col. Fig. Eggs, pl. 32 und Ibis 1874, 8. 236). Abbildungen von zwei solchen roten Eiern finden sich in „The Vertebrate Fauna of Sutherland, Caithnet etc.“ von HARVIE BROWN und BUCKLEY. Drei Eier wurden am 11. Mai 1882 in Loch Rogart, Schottland, ausgenommen. Zwei befinden sich im Dunrobin-Museum und eins wurde im Juli 1903 für 80 Mark verkauft. —] Männchen und Weibchen brüten abwechselnd, aber keins lange anhaltend, ausser letzteres die Nächte hindurch. Am Tage, besonders bei schönem Wetter, brüten sie wenig; oft haben sie sich nur soeben auf die Eier gelegt, manchmal auf steifen Beinen bloss über sie hingestellt, so fliegen sie schon wieder weg, weil der Lärm der anderen soeben wächst, vielleicht wegen einer ungewöhnlichen Erscheinung oder bloss, weil sich in dem Augenblicke zwischen zweien ein Zank ent- spann (unter diesen regsamen Geschöpfen eben nichts seltenes), woran jede gern Anteil nehmen möchte u. s. w., kurz der Ab- haltungen vom Brüten und der Gelegenheiten zum Schreien kommen täglich, ja stündlich so viele, dass nur dann ein Weil- chen einige Stille eintritt, wenn die eine Hälfte dieser Vögel auf den Nestern liegt, die meisten der zweiten aber nicht zu Hause und anderswo beschäftigt sind; denn keine schreit, so- lange sie auf dem Neste legt oder brütet. Nach 16 bis 18 Tagen schlüpfen die Jungen aus den Eiern. Wenn ihnen das erste Gelege genommen wird, so legen sie noch einmal; geht auch dies zweite verloren, so legen sie zum dritten, zuweilen wohl gar viermal Eier in einem Jahr, aber nur, wenn man ihnen nicht Zeit liess, ein Gelege lange zu bebrüten. Wenn dies der Fall ist, hören sie meistens nach der zweiten Beraubung auf zu legen. Wenn ihnen die Eier frisch weggenommen werden, legen sie schon nach einigen Tagen wieder; haben sie aber schon lange gebrütet, so dauert es auch viel länger, ehe sie wieder legen. In einem zeitig warmen Frühling und wenn sie die Eier des ersten Geleges glücklich ausbringen, können um die Mitte des Juni schon Junge ausfliegen; wenn dagegen über einen Monat später der- gleichen unbehülfliche noch vorkommen, so gehören solche Eltern an, die einige Male ihre Eier eingebüsst hatten. Zwei- mal in einem Frühling zieht kein Pärchen Junge auf. 1) In meinem u.s. w. Eierwerk, Heft 4. Taf. VII. Fig. 4, a, b, e, hat der Maler das Grün an diesen Eiern allerdings ein wenig zu stark auf- getragen; dagegen ist in 'THIENEMANNS Eierwerk, Taf. XXI. Fig. 2. (F. 3. gehört wahrscheinlich auch dazu) die Grundfarbe viel zu weiss, wie sie selbst bei ganz ausgebleichten nicht vorkommt, die Flecke viel zu schwarz, diese Abbildung daher, wenigstens nach dem mir vorliegenden Exemplare, sanz unkenntlich. Naum. man un ln u nn en EB ne Le u ne m mn m rm Ze % Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Die Jungen sitzen, wo sie nicht gestört werden, zumal wo die Nester mit Wasser umgeben sind, so lange in ihrem Neste, bis sie notdürftig fliegen können. Die Alten bringen ihnen das Futter im Schlunde und würgen es vor ihnen aus; es besteht anfänglich in kleinen Insekten, Insektenlarven a Gewürm. Durch häufiges Betreten und Beschmutzen wird das Nest zuletzt zu einem elenden, dichten, flachen Klumpen, von dem die Jungen oft herabpurzeln und manches umkommt; denn anfänglich können sie nicht schwimmen, und wenn sie dann in den nächsten Umgebungen kein trockenes Plätzchen finden, sterben sie an Erkältung. An grossen Brutplätzen findet man daher viele dem Tode und der Verwesung über- lassene herum liegen. Eine Woche alt haben sie jedoch am Unterkörper schon so dichte Federn unter dem Flaum, dass sie das Schwimmen gut aushalten und sich trockene Ruhe- plätzchen aufsuchen können; in der zweiten Woche lernen sie schon flattern und bald ein Stück fliegen. Jetzt schwimmen sie viel auf freiem Wasser und lernen bereits selbst Nahrungs- mittel aufsuchen. Ununterbrochene Wachsamkeit für das Wohl der Jungen beschäftigt die Alten so, dass anfänglich eins von diesen stets in der Nähe jener bleibt, und das lärmende Ge- tümmel wird an solchen Orten um diese Zeit noch durch das kreischende Piepen der lungernden Jungen vermehrt. Mehr noch als bei den Eiern fallen die Alten dann mit Wut und Ausdauer über jeden sich nahenden Feind her, schon wenn er sich ihnen nur erst in der Ferne zeigt; sie stechen auf Hunde bis zum Berühren und fliegen den Menschen ganz nahe um den Kopf herum. Erst wenn die Jungen selbständig werden, überlassen die Alten sie ihrem Schicksal, verlassen die Brut- plätze und wandern sogleich weg. Jene schlagen sich dann in eigene Trupps zusammen, suchen sich anfangs meistens auf dem Wasser zu nähren, gehen aber später auch auf die Felder, verlassen den Geburtsort und zuletzt das Land, dies mehr als einen Monat später als die Alten. An einem reichbesetzten Brutplatze, wo vom April bis in den Juni ein so lärmendes Treiben und Drängen stattfand, wo Ausgelassenheit und über- schwengliche Wonne herrschte, wo Freude im Übermass sich überlaut erhob, obwohl zuweilen auch mit Angst und Besorg- nis wechselte, hier ist im Juli eine Öde und Stille eingetreten, die jene früheren Herrlichkeiten nicht ahnen lassen; faulende Nester, verwesende Überreste verunglückter Jungen, auch hin und wieder einer lebensmüden Alten, zerstreute Federn und schmutzige Abgänge aller Art bekunden den Wechsel alles Irdischen. Feinde. Die Lachmöve wird öfters dem Taubenfalken (wahr- scheinlich auch anderen grösseren Edelfalken), seltener dem Hühnerhabicht zur Beute. Wenn sie sie überrumpeln, was indessen nur den vereinzelten, namentlich jungen Vögeln, be- segnet, so helfen ihr alle kühnen Schwenkungen, mit denen sie den Stössen des Falken auszuweichen sucht, nicht; sieht sie ihn aber früh genug, so beeilt sie sich, ihm die Höhe ab- zugewinnen, steigt in Kreisen zu Wolkenhöhe auf und ist ge- rettet. — Die Bruten kleiner Vereine werden oft von Rohr-, Korn- und Wiesenweihen, von Raben, Krähen, auch wohl Störchen und Reihern geplündert und ihnen hin und wieder Eier oder kleine Junge gestohlen, weil ihrer zu wenige sind, um sich einem oder dem anderen jener Räuber mit Nachdruck entgegenstellen und ihn von seinem bösen Vorhaben wirklich abhalten zukönnen; dagegen an zahlreich besetzten N istvereinen, wo gleich Hunderte über einen solchen Störenfried herfallen, sobald er sich nur blicken lässt, erreicht schwerlich jemals ein solcher seine Absicht. Die erste der Möven, die einen solchen erblickt, schreit sogleich aus allen Kräften Lärm; im Augenblick erhebt sich der ganze Schwarm, stürzt dem Feinde entgegen, umkreist ihn mit grässlichem Geschrei, stösst grimmig und unaufhörlich nach ihm, sodass er an nichts mehr denken kann, als nur so geschwind wie möglich sich den Anfällen dieser Rasenden zu entziehen und schleunigst sich zu entfernen, wobei sie ihm dennoch weit hinaus das Geleit geben. Die % Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Rohrweihe, den Storch, den Fischreiher sahen wir bei solchen Vorfällen in der lächerlichsten Angst, letzteren zuweilen alles Genossene von sich geben und heftig schreien. Ein ganz eigener Vorfall mit einem solchen ist früher, in diesem Werk, VI, S. 214, erzählt und dort nachzuschlagen. — Auch Hunde und den Fuchs verfolgen sie äusserst heftig; letzterer soll sich jedoch zuweilen des Nachts auf den Brutplatz schleichen und dort alles in fürchterliche Verwirrung setzen. [— Wie ausnahmsweise selbst eine Muschel unserem Vogel zum Verderben werden kann, wird aus Riddagshausen bei Braunschweig mitgeteilt. Dort wurde, um ausgefischt zu werden, einer der vielen Teiche abgelassen. Zu diesem Feste hatten sich auch einige Lachmöven eingefunden, um an der gedeckten Tafel sich eine Güte zu thun. Eines Tages bemerkten nun die Fischer, wie an einer ziemlich entfernten, schon wasser- freien Stelle eine Möve fortgesetzt flatterte und sich offenbar in irgend einer Weise gefangen hatte. Es machte sich daher ein Fischer auf den Weg, um der Sache auf den Grund zu sehen; er fand hier nun, dass der eine Fuss der Möve von einer Schwanenmuschel (Anodonta cygnea) derartig festgehalten wurde, dass die Möve vollständig gefangen war (Orn. Monatschr. 1894, S. 70.) —] Im Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten, namentlich Nirmus punctatus und der bei mehreren Möven- und Meer- schwalbenarten vorkommende Docophorus melanocephalus NITZSCH [—, sowie Docophorus lari, Nirmus selliger, und Menopon phaeopus. —] In den Eingeweiden hausen nach dem Wiener Verzeichnis mehrere Würmer, Taenia fusus KRABBE, Ligula digramma ÜREPLIN, [— sowie nach von Linstow ausserdem: Ascaris ları GMEL., Taenia porosa RuD., Filaria obvelata OREPLIN, Flaria tridentata VON LINSTOW, Cosmocephalus papillosus MOLIN, Sclerostomum cyattos- tomum DiIEs., Trichosoma contortum CREPLIN, Nematoideum lari ridibundi OREPLIN, Trichina affınis DIES., Echinorhynchus longveollis VILLOT, Distomum spinulosum RUD., Distomum elongatum MEHLIS, Monostomum macrostomum RUD., Holostomum platycephalum BUJ., Holostomum longicolle DUJ., Holostomum bursigerum BRANDES, Bothrio- cephalus dentriticus DIES. und Tetrabothrium eylindraceum RUD. —|] Jagd. Wo diese Möven nur auf dem Durchzuge vorkommen, sind sie scheu, und der Schütze muss sie ungesehen zu hinterschleichen suchen. Die alten Vögel sind, wie immer, noch viel scheuer als die jungen. Diese lassen sich oft am Rande der Gewässer oder auf dem Ufer selbst, jene meistens nur auf der Mitte des Wasserspiegels nieder; dadurch sichern sich diese noch mehr. Einen Kahn fliehen sie sehr. Wenn man aus einer Gesell- schaft eine aus dem Fluge herabschiesst, umschwärmen sie die übrigen mit vielem Schreien, und es ist dann ein leichtes, einen zweiten Schuss mit Glück auf diese anzubringen; bei jungen Vögeln bewirkt sogar oft ein Fehlschuss, dass sie nun dem Schützen näher kommen und sich für das zweite Rohr der Doppelflinte besser darbieten. Eine zu weit vorüber- streichende junge wird bisweilen sogar durch einen absicht- lich nach ihr gethanen Schreckschuss näher herbeigelockt. [— Rey hat sie mehrfach vor dem Uhu gehabt, den sie schreiend längere Zeit umkreisten. —] Auf dem Felde, wo eben gepflügt wird, muss man sich dicht neben dem Pflüger halten und sich das Ansehen geben, als achte man gar nicht auf sie und ihr Treiben; ohne diese Vorsicht würden sie, wenn man auch kurz zuvor ihre Vertraulichkeit gegen den Pflüger zu bewundern Ursache gehabt hätte, des Schützen Absicht bald erraten, ihm gehörig ausweichen oder sich ganz entfernen; wie denn auch nach ein bis zwei Schüssen eine solche Jagd überhaupt am Ende ist. — Zu erlauern sind sie, wenn man sich in einem Erdloche gut verbirgt, an Feld- teichen, wohin man sie von den Äckern ab- und zufliegen sieht. Dass sie bei den Nestern äusserst leicht zu schiessen sind, geht aus ihrer Fortpflanzungsgeschichte hervor; wer Lust hat, mag sich dort im Flugschiessen an ihnen üben. Auch 219 im Winter, durch Hunger und Kälte zahm gemacht, wie jene bei Zürich, mögen sie leicht genug zu schiessen sein. Fangen soll man sie auch können an Angelhaken, woran als Lockspeise ein Fischehen, Wurm oder grosser Käfer steckt; wir haben es jedoch nicht selbst versucht [— und möchten selbstverständlich diese grausame Fangart keinem Menschen empfehlen. —] Dass sie bei grossem Hunger in Krähenaugen- absud (Decoct. nucis vomicae) eingeweichte Bissen verschluckten, davon betäubt und dann gefangen wurden, ist schon oben erzählt. Nutzen. Ihr Fleisch ist zähe und unschmackhaft, wird daher ge- wöhnlich nicht gegessen, obgleich sie oft, zumal junge Vögel, sehr fett sind. Dagegen sucht man die wohlschmeckenden Eier, die einen sehr grossen, dunkel orangefarbenen Dotter haben, sehr gern auf und verspeist sie in Menge, obgleich sie nicht jedem Gaumen behagen wollen, weshalb man an Orten, wo man diese Möven nicht leiden will, die Schweine damit füttert, wozu natürlich auch bebrütete Eier, selbst die noch nicht flugbaren Jungen taugen. Planmässig und mit Be- dacht auf Erhaltung der Art scheint man sie leider nirgends einzusammeln.!) Manche Sammler haben eine besondere Fertig- keit, die frischen von den bebrüteten Eiern am Gewicht in der Hand, ohne Hilfe des Schwämmens im Wasser, zu unter- scheiden. — Ihre Federn sind zum Ausstopfen der Betten Entenfedern gleich. | Mittelbar nützen uns die Lachmöven, wo sie sich in Menge aufhalten, ganz ausserordentlich und vielfältig durch das Weg- fangen der Maikäfer und deren Larven, der Maulwurfsgrillen und zahlloser anderer, schädlicher oder beschwerlicher Insekten, durch Verminderung der Regenwürmer und vieler anderer, durch das Wegfangen vieler Feldmäuse, endlich durch Aufzehren der abgestandenen Fische und mancherlei Aases. Dass sie viel Nahrung bedürfen und fast unersättlich sind, vermehrt ihre Nützlichkeit. Unter den Wasservögeln gehören die Lach- möven zuverlässig zu den allernützlichsten; sie verdienen daher eher Duldung und Schutz als Verfolgung, wenigstens sollte man sie nicht gänzlich vertilgen wollen. Für die Gewässer sind diese herrlichen Vögel eine wahre Zierde. Schaden. Obschon sie lebende kleine Fische gern fressen, so sind sie doch viel zu langsam und zu wenig Taucher, um sich solcher in tiefem Wasser bemächtigen zu können; selten er- wischen sie hier eins dieser flinken Geschöpfe, nur wenn es zufällig an die Oberfläche kommt; dagegen aber freilich eine Menge, wo solche in flaches Wasser geraten oder in kleinen Pfützen auf dem Schlamm stehen und schon ermattet sind. Man rechnet ihnen aber auch diese noch viel zu hoch an und verfolgt sie als Fischräuber ungerechterweise, an manchen Orten viel zu hart, wenn man sie zu gewissen Zeiten jedem preisgiebt, wie z.B. bei Schleswig, wo im Juni alles zu ihrer Vernichtung ausziehen darf und sie bei Tausenden metzelt, ebenso wie früher in unserer Nachbarschaft das Vernichten der Eier und Jungen erlaubt wurde. — Man beschuldigt sie ferner, dass sie die nützlicheren Enten von ihren Brutplätzen vertrieben oder doch verdrängten, was zwar teilweis wahr, doch auch so arg nicht ist, wie die Entenjagden auf solchen Gewässern oft genug bewiesen haben. — Dass sie dem, der in der Nähe einer ihrer Kolonien wohnt, durch ihr immer- währendes Schreien sehr beschwerlich fallen, ist freilich auch wahr, jedoch nur eine bald genug vorübergehende Unannehm- lichkeit. [— Von dem Schleswiger sogenannten „Mövenpreis“ ent- wirft im Jahre 1797 der Chronist BRINCKMANN in lebhafter Schilderung ein Bild, das uns einen in ornithologischer wie kulturgeschichtlicher Beziehung interessanten Rückblick ge- währt. Seine Ausführungen mögen daher abgekürzt hier mit- 1) In Schleswig doch seit einigen Jahren (siehe weiter unten) und wohl auch noch anderswo. J. R. 28% 220 geteilt werden. Dort, wo die Schlei an Schleswigs Boden sich schmiegt und ihre friedlichen Wellen in einen grösstenteils von der Stadt gebildeten zirkelförmigen Busen sich wälzen, erhebt sich in ihrer Mitte ein Hügel, von den bekannten See- vögeln, die ihn im Frühling und einem Teil des Sommers be- wohnen, der Mövenberg genannt. Sein grasreiches Haupt, seine von der Natur recht artig abgerundete Form, das Völkchen, das ihn bewohnt und sich an heiteren Tagen jubelschreiend über ihn erhebt, gewährt einen lächelnden Anblick und manches reine Vergnügen. Während der Brutzeit der Möven wurde auf der Schiffbrücke, wo man das Eiland ziemlich gut im Auge hatte, eine Wache ausgestellt, welche die Störung der Vögel bei dem Brutgeschäft verhindern musste und die Eierdiebe von dem Hügel fernzuhalten hatte. Gegen die An- griffe der Falken wussten sich die Möven selbst zu verteidigen. Schlimmer waren sie an dem Tage daran, an dem sie preis- gegeben wurden. — Dies „Preisgeben“ der Möven war für viele Schleswiger ein Fest. und man vermuten konnte, dass die letzte Mövenbrut grössten- teils erwachsen sei, wurden die Vögel gegen Ende Juli an einem Nachmittage „preisgegeben“. Liebhaber der Mövenjagd aller Art, alte und junge, mit oder ohne Gewehr, ausserdem viel Volks kamen dann an den Ufern der Schlei zusammen, teils um Möven zu schiessen oder zu greifen, teils um Zu- schauer dieses etwas barbarischen Schauspieles zu sein, oder um sich an der Menschenmenge und den mancherlei Äusse- rungen der Volksfreude zu ergötzen. Fischer mit ihren Kähnen bedeckten die Ufer, um die zahlreichen Leute an den Hügel zu bringen. Der letztere war mit Wachen besetzt; bis auf 100 Schritte durfte sich ihm niemand nähern, bevor das Zeichen des Preisgebens erteilt war, das von allen vollbesetzten Kähnen und Boten mit Spannung erwartet wurde. Die Fischer sassen auf ihren Ruderbänken, die Ruder zum Einschlagen bereit haltend, um nach gegebenem Zeichen ihre Passagiere in möglichster Schnelle an den Hügel zu bringen. Zwischen 1 und 2 Uhr gaben obrigkeitlich dazu beorderte Jäger das Wenn die Heuernte beendet war: Die Lach-Möve, Larus ridibundus L. Zeichen, indem sie nach ihrer Landung am Mövenberg drei aufeinander folgende Schüsse abgaben. Nach dem dritten Schuss wetteiferten die Fischer um den Vorzug der ersten Landung am Hügel, und im Nu waren Hunderte von Menschen auf demselben. Aber die Möven-Kolonie schien die auf sie gerichtete feindliche Absicht zu ahnen: Schrecken und Un- ruhe verbreitete sich unter derselben. Ängstlich schreiend erhoben sich die Tiere in die Luft, raubten dem Hügel unter ihnen durch ihre Menge das Licht und schienen weniger um ihr eigenes als um das Leben ihrer im Grase liegenden Jungen besorgt zu sein; denn sie liessen sich durch fortwährende Schüsse nicht abhalten, dem stärksten und zu- gleich schönsten Naturtriebe zu folgen und ihre Jungen schützend zu bewachen. Erst dann, wenn viele von ihnen dem tötlichen Blei zum Opfer gefallen und ihnen der Raub ihrer Jungen durch die Häscher ohne Gewehr nicht mehr verborgen blieb, entfernten sich die Möven ein wenig vom Hügel, um sich selbst zu retten, doch blieben sie immer nahe; denn ihr Wohn- ort war ihnen zu lieb, ihre Brut ihnen so teuer, und ihr Klag- geschrei drückte die Empfindungen derer aus, die das Liebste zu verlieren in Gefahr sind. Von den Booten aus wurde die Jagd auf die immer mehr sich entfernenden Vögel bis zum anbrechenden Abend fortgesetzt. Erst mit beginnender Dunkel- heit wurde es am Hügel ruhiger: die Möven waren zerstreut, und die Menschen, nach Befriedigung der Jagdbegierde, wurden durch die schöne Jahreszeit und die anmutige Lage des Ortes zur Freude eingeladen, der sie in der Stadt bei Musik und Gesang Ausdruck gaben. — Im Juli 1868 wurde diese „artige Volksbelustigung“ zum letzten Male abgehalten und jede Nach- stellung der Möven und ihrer Brut gesetzlich verboten. seit 1894 ist ein geregeltes Eiersammeln unter behördlicher Auf- sicht bis zum 30. April gestattet. Es wird von fünf zu fünf Jahren verpachtet. Die jährliche Pacht beträgt gegenwärtig 450 M., der Preis der Eier 30 bis 10 Pfennige. Der Pächter scheint sich gut dabei zu stehen; die Möven thun’s erfahrungs- mässig auch. —] [— Anhang. Die bleigrauköpfige Möve, Larus atrieilla L. Tafel 57. Fig. 11—15. Eier. Kapuzenmöve. Fremde Trivialnamen: Englisch: Laughing Gull. Französisch: Mowette & capuchon plombö, Goeland atricille, Mouette rieuse. Larus atrieilla Linn., Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758). — Larus Atrieilla. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840). — Larus atricilla. Schlegel, Rev. cerit. p. OXXII (1844). — Larus atrieilla. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 175 (1860). — Larus atricilla.. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 431 (1867). — Larus atricilla. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 606 (1882—84). — Larus atricilla.. Reyes y Prosper, Av. Espana. p- 98 (1886). — Larus atrieilla.. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 113 (1892). — Larus atricilla. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 194 (1896). — ' Larus atrieilla. Dresser, Birds Eur. Tom. IX. p. 424 (1896), Abbildungen der Eier: Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 72 Fig. 2 (1854). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 315. pl. 52 (1885). Kennzeichen der Art. Fleck an der Spitze versehen, die zweiter Ordnung weisslich gesäumt. Die Aussenfahne der ersten drei Schwungfedern schwarz, wie auch | Der Schwanz ist an der Basis grau, sodann bräunlich und gelblichweiss ge- der grösste Teil der Innenfahne, der untere Teil der Innenfahne grauweiss, | säumt. Der Schnabel ist schwarz, die Füsse braun. bisweilen ein kleiner weisser Spitzenfleck. Die Grössenverhältnisse sind folgende: Gesamtlänge 43 em, Schnabel Schnabel von der Stirn bis zur Spitze länger als die Aussenzehe, | ? em, Flügel 33 cm, Schwanz 10,75 em, Lauf 5,3 cm, Mittelzehe mit Mittelzehe kürzer als der Lauf. Die Kappe erstreckt sich im Hochzeits- | Kralle 4,6 cm. kleide nicht ganz so weit nach hinten wie nach vorn. Aufenthalt. h Die Kapuzenmöve ist eine Bewohnerin des nördlichen Amerika. Beschreibung. Sie soll nach einer Mitteilung MontrAaGus im August 1774 bei Winchelsea Alter Vogel im Sommerkleide: Kopf und Oberhals bleigrau, ein | in England erlegt sein. Diese Behauptung bedarf aber ebenso näherer weisser Fleck oberhalb und unterhalb des Auges. Oberseite des Körpers | Begründung, wie die Angabe DEGLANDs und GERBES über ein Vorkommen braungrau, untere Hälfte des Halses, Brust, Unterleib und Unterschwanz- | in Frankreich und Illyrien. deckfedern weiss mit einem rötlichen Anfluge. Oberflügel, Deckfedern und Schwungfedern zweiter Ordnung wie der Rücken, die letzteren mit Eigenschaften. weisser Spitze. Schwungfedern erster Ordnung vollständig schwarz, oder In ihren Eigenschaften scheint sie sich von den übrigen Lachmöven nach der Mauser mit einem kleinen weisslichen Fleck an der Spitze ver- | kaum zu unterscheiden. Sie nistet in Sümpfen und legt drei weisslichgelbe sehen, der aber durch Abnutzung nach und nach verschwindet. Schwanz | Eier, die mit vielen und regelmässigen, rötlichbraunen Flecken ver- weiss, Schnabel und Füsse siegellackrot. sehen sind. Zehn Eier der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt Alter Vogel im Winterkleide: Kopf und Hals weiss, Hinterkopf und | 56,16 ><49,4 mm, im Maximum 61x<39,6 bezüglich 59,8><41,9 mm, im Ohrgegend schwärzlich grau; vor den Augen ein blaugrauer Fleck; Ober- | Minimum 51,4><38 mm. Ihr Gewicht ist im Durchschnitt 5,01 g. Vier Eier seite bläulich grau, Unterseite rein weiss. Die Seiten der Brust und des | der Sammlung HoLLAnpTs, jetzt im Braunschweigischen Museum, messen Halses gräulich angeflogen, Oberflügeldeckfedern und Schwungfedern | nach RUDOLF BLAsIUSs: zweiter Ordnung wie der Mantel gefärbt, die letzteren mit weissen Spitzen, Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe Schwungfedern erster Ordnung und Schwanz ohne weisse Spitze. 54,6 mm 88,8 mm 24,0 mm Jugendkleid: Auf der Oberseite sind sämtliche Federn fahl braun- 53,4 „ BED 4 ZANDER ‘grau, aschgrau gesäumt. Die Kehle, die Halsseiten, die Brustseiten und DO SOHLE 5 BI 5 die Weichen erdbraun, die übrige Unterseite weiss. Die Schwungfedern 56,0. 7, DER, LE, 205, sind braunschwarz, die erster Ordnung mit einem kleinen rötlichgrauen In ihrem Gefieder ist Docophorus lari gefunden worden. Die Weissaugen-Möve, Larus leucophthalmus LicHT. Fremde Trivialnamen: Arabisch: Adjameh. Croatisch: Galeb africki. Englisch: White-eyed Gull. Französisch: Goeland & iris blanc, Godland leucophthalme. Italienisch: Gabbiano dagli occhi biancht. Larus leucophthalmus. Licht. u. Temm. Pl. Col. 366 (1825). — Larus leucophthalmus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXVI (1844), — Larus leucophthalmus (?). Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 177 (1860). — Larus leucophthalmus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 430 (1867). — Larus leucophthalmus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. I. p. 1396 (1869—74). — Larus leucophthalmus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 113 (1892). — Larus leucophthalmos. Brusina, Crot.-Serb. Vög. p. 163 (1892). — Larus leucophthalmus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 219 (1896). — Larus leucophthalmus. Dresser, Birds Eur. Tom. IX. p. 425 (1896). — Larus leucophthalmus. Reichenow, Vög. Afr. I. p. 48 (1900). braungrau, der Vorderhals, die Mitte der Brust, der Unterleib und die Unterschwanzdeckfedern rein weiss, Seiten der Brust und Flanken bläulich- grau, obere Flügeldecken wie der Mantel. Die drei ersten Schwungfedern erster Ordnung schwarz, die vierte und fünfte an der Spitze mit einem kleinen weissen Fleck. versehen, der im Laufe der Zeit verschwindet, die Schwungfedern zweiter Ordnung bläulich aschgrau mit schwarzen Aussen- Beschreibung. fahnen und weisser Spitze, Schwanz rein weiss, Schnabel korallenrot mit Beim alten Vogel im Sommer ist der Kopf und der obere Teil des | schwarzer Spitze, Füsse orangefarben, Iris weiss. Zwischen Männchen und Halses grauschwarz oder rein schwarz, ober- und unterhalb des Auges mit | Weibchen besteht kein Unterschied. einem kleinen weissen Fleck. Ven der Mitte des Nackens erstreckt sich Im Winterkleide ist der Kopf und der Oberhals dunkel aschbraun, die bis auf die Seiten des Halses ein rein weisses Band. Die Oberseite ist | Oberseite schieferbraun, die Halsseiten, Brustseiten und Flanken schiefer- Kennzeichen der Art. Die ersten drei Schwungfedern ganz schwarz; der Schnabel länger als die Mittelzehe, die Füsse orangegelb, Mittelzehe etwas kürzer als der Lauf, Kappe im Hochzeitskleide auf dem Nacken und an der Seite des Halses von einem weissen Bande begrenzt. 222 grau, die Mitte der Brust und der ganze übrige Unterkörper rein weiss. Die Schwungfedern erster Ordnung sind schwarz mit einem kleinen, weissen Fleck an der Spitze versehen, der an den ersten drei Schwungfedern kaum sichtbar ist. Die Schwungfedern zweiter Ordnung haben einen grossen weissen Fleck an der Spitze; der Schwanz ist rein weiss, der Schnabel rötlichgelb, die Füsse mattgelb und die Iris weiss. Im Jugendkleide sind die Federn der Oberseite matt graubraun mit rötlich aschgrauen Rändern. Die Unterseite ist weiss, nur die Kehle, die Halsseiten und die Flanken graubraun. Die Schwungfedern sind schwarz- braun, die zweiter Ordnung an der Spitze weiss; der Schwanz an der Basis grau, dann braun mit gelbgrauem Endsaum, der Schnabel ist schwarz, die Füsse grünlich braun. Die dünnschnäbelige Möve, Larus gelastes LICHT. Die Mafse des erwachsenen Vogels sind folgende: Gesamtlänge 39,5 cm, Schnabel 5 em, Flügel 31 em, Schwanz 12 em, Lauf 4,5 em, Mitte]- zehe mit Kralle 4 cm. Aufenthalt und Lebensweise. Die weissäugige Möve ist eine Bewohnerin des Roten Meeres, kommt aber auch auf den Ionischen Inseln vor und soll auch auf Sizilien be- obachtet worden sein. Sie nistet ohne irgendwelche Unterlage auf dem sandigen Ufer und legt zwei bis drei milchweisse Eier, die mit zahlreichen gSrauvioletten und schwärzlichen Punkten und Flecken versehen sind. 54 ><40 bis 56 ><41 mm. Die Eier messen Die dünnschnäbelige Möve, Larus gelastes LICHT. "Tafel 35. Rosensilber-Möve. Fig. 20—26. Eier. Fremde Trivialnamen: Arabisch: Qaragati. Croatisch: Galeb hrvatski. Englisch: Slender-billed Gull. Französisch: Mouette & bec grele, Goöland raüleur. Italienisch: Gabbiano roseo, Gaimone del Lambruschini, Gabbianello Lambruschini. Spanisch: Gaviota. Larus gelastes. Licht., Mus. Berol. Thienem. Fortpfl. Vög. Europ. V. p- 22 (1838). — Larus gelastes. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p- XCV 1840). — Larus gelastes. Schlegel, Rev. erit. p. OXXVII (1844). — Larus gelastes. Lindermayer, Vög. Griechen]. p. 178 (1860). — Larus gelastes. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 422 (1867). — Larus gelastes. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1412 (1869-—74). — Larus gelastes. Birds Eur. Tom. VII. p. 389. pl. 601 (1878). — Chroicocephalus gelastes. Radde, Orn. eaucas. p. 483 (1884). — Gelastes columbinus. Orn. Eur. oee. fase. X. p. 90 (1886). — Larus gelaste. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 97 (1886). — Gelastes Genei. (1886); p. 642 (1889). — Larus gelastes. Ar6valo y Baca, Av. Espana p. 418 (1887). — Larus gelastes. Dresser, Olphe-Galliard, Giglioli, Avif. ital. p. 45 Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 109 (1892). — Gelastes gelastes. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 160 (1892). — Gelastes gelastes. Reiser, Orn. balcan. II. p. 197 (1894). — Larus gelastes. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 230 (1896). — Larus gelaste. Reichenow, Vög. Afrik. I. p- 43 (1900). — Larus gelaste. Dresser, Man. of Palaeartie Birds II. p. 830 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vo TAI RC AB Bädeker,, Eier.eur. Vög. Tat,:%. Fig. 1 (1854). Kennzeichen der Art. Das Nasenloch ist kürzer als der Kiel; Kopf immer weiss. Schnabel ebenso lang und oft länger als die Aussenzehe, Mittelzehe kürzer als der Lauf. ELF IN Die drei letzten Schwungfedern von Larus gelastes. Beschreibung. Beim alten Vogel im Hochzeitskleide ist der Kopf, der Nacken, der Schwanz und die Unterseite weiss, alles bis auf den Kopf mit einem wundervollen rosenfarbigen oder lachsfarbigen Anflug, Mantel perlgrau, Flügeldecken etwas dunkler. Erste Schwungfeder weiss, schwarz gesäumt, die zweite, dritte und vierte weiss mit immer breiter werdendem Saum, die fünfte und sechste grau mit schwarzer Spitze und breiter schwarzer Kante an der Innenfahne. Der Schwanz rein weiss, Schnabel karminrot, die Füsse orangerot, Iris weiss. Der junge Vogel ist ohne den rosenfarbenen Anflug, vor dem Auge und in der Ohrgegend graulich gefärbt. Unter den oberen Flügeldeckfedern und den Schwungfedern zweiter Ordnung befinden sich einige braune Federn. Die vier ersten Schwungfedern sind weiss mit braunen Spitzen und Säumen. Der Schwanz ist weiss mit einer braunen Endbinde; die Füsse, der Schnabel und die Zehen gelb. Die Gesamtlänge des alten Vogels beträgt 39,5 bis 40,5 em, der Schnabel 5,75 em, die Flügel 31 cm, der Schwanz 12,75 cm, der Lauf 5 em, die Mittel- zehe mit Kralle 3,75 cm. Aufenthalt und Lebensweise. Die Rosensilbermöve bewohnt Osteuropa und Nordafrika, sowie das südliche Ostasien, Kleinasien, Turkestan und Südrussland. Mehrfach ist sie in Südspanien als Brutvogel beobachtet worden. Ihre Eier sind milchweiss mit regelmässig verteilten Flecken auf der ganzen Oberfläche, die sich nach dem dicken Ende zu etwas häufen. Die Flecke sind teilweise punktförmig, teilweise grösser, häufig zusammen- fliessend. Die Schalenflecke sind grau, die Zeichnungsflecke dunkelbraun bis schwärzlich. Auch reinweisse Eier kommen vor. Zwei Eier der RaY- schen Sammlung messen 55x 38,9 und 54,4><36,7 mm und wiegen 2,930 8. 66 Eier im Britischen Museum von Spanien, der Donau, dem Roten Meere, der Wolga, Smyrna, Ägypten, dem persischen Meerbusen u. s. w. messen von 93,8 bis 57,5 mm in der Länge und von 3,7 bis 4 mm in der Breite. —| 33 Die Sturm-Möve, Larus canus L. Tafel 21. Fig. 1. Alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 22. Fig. 2. Alter Vogel im Winterkleide. Tafel 23. Fig. 1. Jugendkleid. Tafel 38. Fig. 20—27. Eier. Aschgraue, graue, grosse graue, nordische Möve, Wintermöve, blaufüssige Wintermöve, Sturmvogel, Stromvogel, [— Piepmöve. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb burni. Czechisch: Racek bowini. Dänisch: Stormaage, Graanakke. Englisch: Common Gull, White Gull, Sea-Maw, Mew, Mall, Winter Mew; an den Shetland-Inseln: Small Maa, Blue Maa. Färisch: Ujslands- mäasi. Finnisch: Kalalokki, Kalakaja. Französisch: Goeland ü pieds bleus, Mouette & pieds bleus, Mouette cendree, Goöland cendre, Grande mouette cendree, Moutte d’hiver. Helgoländisch: Buhr. Holländisch: Kleine Zeemeeuw. Italienisch: Gavina, Zafferano, Megza mosca. Lettisch: Kajaks. Norwegisch: Fiskemaage. Polnisch: Mewa pospolit«. Russisch: Klusha, Baklusha, Sisaja- Tschaila. Schwedisch: Fiskmäs, Mäs, Mäse, Mäk, Fiskmäke, Mäka, Fiskmäg, Liten mäge, Liten grämäve, Vürpemüve, Müga, Sing, Fismäns, Mave, Löfgjuse. Slovenisch: Siva Cajka, Siva tonovsäica. Spanisch: Gavinote, Gabina de mar. Ungarisch: Vihar siräly. Larus canus. Linn. Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758). —] — Larus canus. Linn, Faun. suec. p. 54. n. 153. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 596. n. 8. — Retz. Faun. suec. p. 158. n. 119. — Nilsson, Orn. Sueec. II. p. 172. n. 218. — Larus canus et L. cyanorhynchus. Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 475. u. 480. — Briss, Orn. VII p. 182. n. 10. t. 16. £. 2. — Mouette ü pieds bleus, ou grande Mouette cendree. Buff. Ois VII. p. 428. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 179. t. 4. £. 3. — Id. Planch, enl. n. 977 (plumage d’hiver). — Mouette & pieds bleus. Temminck, Man. sec. Edit. II. p. 771. — Comon Gull. Lath. Syn. VI. p. 878. — Übers. v. Bechstein, II. 2. 8. 333. n. 8. — Penn. arct. Zool. II. p. 530. n. 358. — Übers. von Zimmermann, I. S. 491. n. 375. — Bewick Brit. Birds. II. p. 218. — Zafferano, o Gavina, o Gabbiano cenerino. Stor. deg. Uee. V. tav. 530. — G. mezza mosca. tav. 531 (abito d’inverno). — Gavina. Savi, Orn. Tose. III. p. 59. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 645. — Dessen Taschenb. III. S. 582. n. 3. — Leisler, Nachtr. z. Bechst. Naturg. I. S. 15. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. S. 232. — Germann, in den Wetteraueschen Ann. I. 2. S. 240. — Meisner und Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 269. n. 242. — Koch, Bayer. Zool. I. S. 374. u. 375. n. 234. u. n. 235. -—- Brehm, Lehrb. II. S. 707. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 750 bis 753. — Gloger, Schles. Faun. S. 53. n. 235. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 69. n. 245. — Horn- schuch u. Schilling, Verz. pomm. Vög. S. 18. n. 234. — F- v. Homeyer, Vög. Pommerns. S. 68. n. 222. — Just, Beobachtgn. d. V. am Eislebener Salzsee. S. 115. — [— Larus canuss Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 301. Taf. 261 (1840). — Larus canus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840), — Larus canus. Schlegel, Rey. crit. p. OXXV (1844). — Larus canus. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 175 (1860). — Larus canus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 968 (1866—71). — Larus canus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 424 (1867). — Larus canus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1376 (1869—74). — Larus canus. Wright, Finl. Fogl. II. p. 596 (1873). — Larus canus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 381. pl. 600 (1873). — Larus canus. Fallon, Ois. Belg. p. 201 (1875). — Larus canus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 613 (1882—84). — Larus canus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Larus canus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 76 (1886). — Larus canus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 97 (1886). — Larus canus. Giglioli, Avif. ital. p. 428 (1886); p. 644 (1889). — Larus canus. Ar6&valo y Baca, Av. Espaäa p. 418 (1887). — Larus canus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 574 (1891). — Larus canus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 176 (1891). — Larus canus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 109 (1892). — Larus canus. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 160 (1892). — Larus canus. Collett, Norg. Fuglef. p- 306 (1893—94). — Larus canus. Reiser, Orn. bale. II. p. 200 (1894); IV. p. 147 (1896). — Larus canus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 277 (1896). — Larus canus. Chernel, Magyarorszäg madarai. II. p. 42 (1899). — Larus fuscus. Reichenow, Vög. Afrik. I. p. 41 (1900). — Larus canus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds II. p. 829 (1903). —|] Jugend- und erstes Herbstkleid. Larus hibernus. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 596. n. 13. — Larus procellosus. Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 648 nur die Beschreibung des reinen Jugendkleides, von Z. 16 bis 24. — La Mouette d’hwer. Buffon, Ois. VIII. p. 457. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 191. — Briss. Om. VI. p- 189. n. 12. — La grande Mouette. Gerard. Tabl. elem. HU. p. 321. — Winter-Gull. Lath. Syn. IV. p. 3854. — Übers. v. Bechstein, IH. 2. S. 338. n. 13. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. S. 178. Taf. XXXIV. Fig. 48. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. XC. Fig. 3 a—f (1845—1853). — Bädeker, Eier europ. Vög, Taf. 39. Fig. 3 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, DI. p. 495. pl. CXXXVIII (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 316. pl. 52 (1884). — Id., Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 34 (1896). —|] Kennzeichen der Art. Die Schäfte der beiden vordersten Schwungfedern sind schwarz. Beinahe Krähengrösse. Beschreibung. Die Sturmmöve unterscheidet sich von der Lachmöve ausser den angegebenen Artkennzeichen in allen Kleidern durch ihre grössere und kräftigere Gestalt, an dem viel stärkeren und robusteren Schnabel und an den höheren und stärkeren Beinen sehr leicht; dann ist die Farbenverteilung eine ganz andere, das Jugendkleid nicht jener, sondern mehr dem der Silbermöve ähnlich; das erste Winterkleid durch seine vielen braunen Fleckchen auf dem Kopfe, Nacken und der Brustseite ganz verschieden, das der Alten ebenfalls durch die zahlreichen braunen Tüpfel und Fleckchen des Hinterkopfes und Hinterhalses ausgezeichnet; im Sommerkleide der Alten ist endlich der ganz weisse Kopf und Hals auffallend genug, um eine Verwechslung mit der braunbekapptenLachmöve nicht aufkommen zu lassen. — Noch in die Augen fallender unter- scheidet sie sich von R. tridactyla, die übrigens durch den Mangel der Hinterzehe genugsam vor allen der ganzen Gattung aus- gezeichnet ist. — Von der Silbermöve, der sie nach allen Teilen höchst ähnlich ist, die auch in allen Kleidern fast die- selben Farben und Zeichnungen trägt, unterscheidet sie sich durch etwas höhere Füsse und durch eine etwas längere Flügel- spitze; ganz vorzüglich aber durch ihre auffallend geringere Grösse; sie stellt die Silbermöve im verjüngten Maßstabe oder um ein Dritteil verkleinert vor; dieFlügelbreite differiertzwischen beiden Arten gerade um ein Dritteil, die Grösse des Rumpfes kaum weniger, wenn er bei der Sturmmöve die einer Saat- 224 krähe erreicht und bei der Silbermöve die des stärksten Kolkraben noch übertrifft. | Eine ausländische Art, Larus lacrimosus des Berliner Museums aus Bengalen, steht unserer Sturmmöve am nächsten von allen; sie ist nur wenig grösser und hat auch einen grösseren Schnabel, sonst ist sie ihr in allem gleich. Die Sturmmöve misst in der Länge 39 bis 42 cm; in der Flugbreite 108 bis 119 cm; der Flügel vom Bug bis zur Spitze 35,5 bis 37,3 cm; der Schwanz 12 bis 14 cm. Ge- wöhnlich sind die Männchen grösser als die Weibchen, jedoch kommen auch unter diesen Möven so viele Abweichungen in der Grösse — unter Vögeln von einerlei Geschlecht oder einerlei Alter — vor, wie unter anderen Arten dieser Gattung. Es giebt unter ihnen so kleine und unter den Lachmöven so grosse, dass jene und diese an Körperlänge und Flügelbreite sich völlig gleichen, ich besitze selbst ein sogar sehr altes Männchen in seinem vollkommensten Prachtkleide, das die grösseren Exemplare der Lachmöven in der Grösse um nichts übertrifft. Unter jungen Herbstvögeln findet man schon frappante Abweichungen und zuweilen grössere und kleinere beisammen. N \ N N. \ Ne N N \ e NE N \ 0 N Nu N EDDIE HISDL GGG DD & Am Gefieder ist etwas besonderes nicht zu bemerken, als dass die Primärschwingen bedeutend lang und stark sind und mit ihren Enden, wenn die Flügel an den Leib geschmiegt sind, 5,5 bis 7” cm über das abgerundete Ende des ziemlich breiten Schwanzes hinausreichen. Der Schnabel ist stark, viel höher und breiter, die Spitze weniger gestreckt und hakenförmiger, das Eck am Unter- schnabel viel stärker und schärfer bezeichnet als an dem viel schwächeren, schlankeren und spitzeren der Lachmöve; er hat in den Umrissen weniger Ähnlichkeit mit dem der folgenden Art als mit dem (freilich viel stärkeren und grösseren) der Silbermöve; bei manchen ist er auch vor den Nasenlöchern ein wenig aufgeschwungen. Er kommt überhaupt von sehr verschiedener Grösse und Stärke vor, ohne dass damit so- genannte Subspezies angedeutet wären. Die Schneiden sind vorn sanft gebogen, hinten gerade, sehr scharf, der Rachen weit und tief gespalten; die Nasenlöcher ein kurzer, vorn erweiterter, durchsichtiger Ritz, fast in der Schnabelmitte. Er ist von der Stirn an 3 bis 3,5 cm, vom Mundwinkel aus 4,7 bis 5,35 cm lang; an der Wurzel 10 bis 12 mm hoch und 7 bis 8 mm breit. Von Farbe ist er sehr verschieden, in der Jugend gelblichfleischfarbig, oberwärts und an der Spitze braunschwarz; der Rachen rötlichweiss; später wird er etwas dunkler fleischfarbig, die vordere Hälfte schwarz, der Rachen fleischfarbig; noch später färbt er sich rotgelblich, die äusserste Spitze hell hornfarbig, und von dem Schwarz sind nur noch zwei Flecke an der Seite, die sich nach und nach verlieren; dann wird er (im zweiten Herbste) hell graublau mit hellgelber Spitze, deren Rachen rotgelb; endlich aus- Die Sturm-Möve, Larus canus L. gefärbt ist er an der Wurzelhälfte grünlichgelb, an der Spitze zitronengelb, der Rachen orangerot und die äusseren Mund- winkel von derselben Farbe, aber noch prächtiger. Im ge- trockneten Zustande bekommt der Schnabel jüngerer Vögel eine lichte gelbliche Hornfarbe mit schwarzer Spitze, an den Alten wird er mehr oder weniger grüngrau mit gelber Spitze, Das Auge hat in der Jugend eine graubraune, später eine dunkelbraune Iris, die sich im hohen Alter in Silbergrau ver- wandeln soll. Ich habe sie aber stets nur sehr dunkelbraun gefunden. Die Augenlider sind bei jungen Vögeln weiss be- fiedert, bekommen später ein nacktes schwarzes Rändchen, das sich nach und nach braunrot, im hochzeitlichen Kleide der Alten endlich hochorangerot färbt. Die Füsse sind etwas hoch und stark, nämlich im Ver- gleich mit Möven von ähnlicher Grösse, sonst wie bei der vorigen Art, so Überzug, Schwimmhäute und Kralle. Sie sind über der Ferse 14 bis 16 mm hoch nackt; der Lauf 4,7 bis 5,2 cm hoch; die Mittelzehe mit der 8 mm langen Kralle 3,9 bis 4,4 cm lang, die Hinterzehe mit der 4 mm langen Kralle 8 mm lang. Die Farbe der Füsse ist nach Alter und Jahreszeit eben- falls verschieden; in zarter Jugend bleigrau; dann fleisch- farbig; später schmutzig fleischfarbig, an den Gelenken bläulich; endlich bei den Alten im Herbst hell graublau, im Früh- jahr rötlich blassgelb, an den Gelenken grünlich, zuweilen fast ganz schwefelgelb. Das Gelb erscheint zuerst in Flecken, die sich mehr und mehr ausbreiten und endlich das Graublau sanz verdrängen. Die Krallen sind braunschwarz, heller oder dunkler. Im Tode verändert sich die Farbe der Füsse und wird, wenn sie völlig ausgetrocknet sind, ganz unkenntlich, meistens licht hornfarbig. Das Nestkleid sind sehr weiche, dichtstehende Dunen, die hell bräunlichgrau, am Bauche weisslich aussehen und auf dem Kopfe, dem Oberhalse und dem ganzen Oberkörper schwarzgrau gefleckt sind; die weichen, unter der Ferse sehr dicken Füsschen und das kleine Schnäbelchen an der Wurzel- hälfte sind bleifarbig, die vordere Schnabelhälfte fleischfarbig mit schneeweisser Spitze. Zahl, Grösse und Stellung der sehr dunkeln Fleckchen sind individuell sehr verschieden. Im Jugendkleide, d. i. ihrem ersten Federkleide, ist der Schnabel vorn und oben braunschwarz, übrigens, wie die ganzen Füsse, fleischfarbig; Kinn und Kehle weiss; die Zügel und ein Streif über dem Auge schmutzigweiss; vor dem Auge steht ein aus haarähnlichen Federn bestehendes schwarzes Fleckchen; die Federn auf dem Scheitel sind braurgrau, an den Kanten in schmutziges Weiss verwaschen; Genick und Nacken ebenso, aber lichter und undeutlicher gefleckt; die Wangen weisslich, hinterwärts braungrau gemischt; die Kropf- gegend und die Seiten der Brust schmutzig gelblichweiss, licht braungrau gefleckt; die Mitte der Brust weiss, grau überflogen und bespritzt; Rücken, Schultern, die kleinen und mittleren Flügeldeckfedern im Grunde hell aschgrau, wovon bei ge- schlossenem Gefieder nur wenig bemerkt wird, übrigens grau- braun, dunkler gegen die scharf begrenzte mondförmige, bräunlichweisse Endkante; dies giebt diesen Teilen ein weiss- bräunlich und graubraun, eigentümlich geschupptes Aus- sehen, und zwischen den kleinen Flügeldeckfedern schimmert mehr Grau durch als anderwärts. Die grossen Deckfedern sind aschgrau mit weisslicher Endkante; die zweite Ordnung Schwungfedern ebenso, nur gegen die weisse Endkante dunkler aschgrau, die hintersten in der Mitte braun, an der Seite wurzelwärts grau, übrigens breit weissbräunlich gekantet und diese Kanten vom Braunen durch dunkelbraune zackige Striche und Flecke scharf getrennt, auch mit einem solchen Pfeilfleck am Schafte dicht vor der weisslichen Endkante; die Fittich- deckfedern und grossen Schwungfedern braunschwarz, an den Enden mit lichteren Säumen, schwarzen Schäften und auf den Innenfahnen wurzelwärts srau, was an den kürzeren zU- nimmt, an denen auch die Endsäume breiter und weisser werden. Auf der Unterseite ist der Flügel weiss, schwach saaumegqlIs 'uunIg snyejussie se] 3 sAAWWANIS 7 SNnURI SHIeT ı HAHN Er VAREL { 7. RNIT 3 N, RS Kur ; ER: | 2 u; SURSRRRRTT, SR er! ) x 5 . \ ! x u “ ui IN an at! ( 2 a \ \ EN TEN R ha NT N 5 e) r . \ \ t \ ee; " ne i N m a EN RAN RENT OREIRHNN a Ko FM RENT RTL BETEN RE NER NL Re ER MEY: . f he r de &E RENNER e . are \ Mn; wi j { \ NV 29 “ , RS i U er Die Sturm-Möve braun gefleckt oder auch ganz weiss, wie das Flügelrändchen immer, die Spitze glänzend schwarzgrau, die Schäfte hier weiss. Der Bürzel ist weiss, die Oberschwanzdeckfedern ebenso, doch oft mit esse Halbmonden vor der weissen Endkante; Schenkel, Bauch und untere Schwanzdecke rein weiss. Der Schwanz ist weiss, mit einer breiten braun- schwarzen Querbinde vor dem biöenlich weissen Endkäntchen, die jedoch auf der äussersten Feder nur durch ein kleines, rundes, schwarzes Fleckchen angedeutet ist; übrigens das Weiss der Wurzelhälfte des Schwanzes auf den beiden mittel- sten Federn, die Kante ausgenommen, mit hell aschgrauem Anstrich, der sich auch noch, aber schwächer und abnehmend, auf einem oder zweien der nächsten Federpaare findet; von unten ist der Schwanz weiss mit schwarzgrau up chend Binde von oben. sie verlieren dies Kleid teilweise eben so bald wie die Jungen Lachmöven und erscheinen zu Ende des Sommers schon in einem mit dem nächstfolgenden gemischten, worin sie von der Silbermöve und anderen grossen Arten abweichen, also nicht erst im vierten, sondern, wie die kleinen Arten alle, im dritten Frühling ihres Lebens (den, worin sie geboren, allemal mitgezählt) ausgefärbt und mannbar werden. Dieses erste Herbst- oder Winterkleid ist dasjenige, in welchem im Innern von Deutschland die meisten dieser Möven vorkommen. Der Schnabel und die Füsse sind etwas düsterer fleischfarbig als in jenem, die Schnabelspitze allein schwarz, die Gelenke an den Füssen meist bläulich überlaufen. Die Stirn, die Zügel und ein Streif über dem Auge sind weiss, braun sehr fein gestrichelt; vor dem Auge ein schwarzborstiges ‚Fleckchen; der Oberkopf auf weissem Grunde mit kleinen ovalen oder länglichen braunen Fleckchen; Genick und Hinter- hals ebenso, aber mit grösseren und bleicheren braunen Flecken, die sich an den Seiten nach dem Kropfe herumziehen; Kinn, Kehle und Obergurgel rein weiss, die Wangen hinterwärts blass braun gestrichelt; die ganze Brust auf trübweissem Grunde matt braun gefleckt, am stärksten an den Tragfedern; Rücken und Schultern mövenblau, nicht so schön wie bei alten Vögeln, aber noch mit mehreren zum Teil nebeneinander stehenden alten braunen, an den abgetragenen Kanten weiss- bräunlich verlaufenden Federn, deren Schäfte schwarzbraun, vermischt; der Unterrücken bräunlich, der Bürzel, die oberen und unteren Schwanzdeckfedern rein weiss, zuweilen auch mit zerstreuten braunen Fleckchen; der weisse Bauch braun bespritzt. Das ganze Gefieder des Flügels ist zwar noch vom Jugendkleide, aber durch Abscheuern der Ränder unkenntlich geworden, weil dadurch alle Federn eine zugespitzte Gestalt erhalten haben, auch die braune Farbe sehr verschossen ist, zumal gegen die Kanten zu, wodurch aber der braunschwarze Schaft mehr in die Augen fällt; auch ist durch Verminderung des Umfangs der Federn die aschgraue Grundfarbe mehr hervorgetreten; das dunkle Aschgrau oder Schwarzgrau gegen die weissliche Endkante der Sekundärschwungfedern ist un- scheinlich und erdbraun geworden, die Primärschwungfedern an den Enden oder wenigstens an deren Kanten viel brauner oder lichter; am Schwanze ist die schwarze Binde auch fahler geworden und der aschgraue Anflug an der Wurzelhälfte der mittleren Federn beinahe ganz verschwunden, nämlich aus- gebleicht. Ein paar Monate später ist dies erste Winterkleid schon mehr ausgebildet, und man findet dann bei im Dezember er- legten jungen Sturmmöven schon den Rücken und die Schultern ganz mövenblau und alle alten braunen Federn hier ver- schwunden; Kopf und Hals weisser, die Mitte der Brust fast ungefleckt; das Schwarz am Schnabel noch mehr vermindert, die äusserste Spitze horngelb; das übrige wie oben beschrieben. Im nächsten Frühjahr, dem zweiten ihres Lebens, haben sie sich noch wenig verändert, weil Flügel und Schwanz immer noch die vom Jugendkleide sind, jedoch durch langsam fortgesetztes Mausern auf den Flügeldeckfedern die alten braunen Federn immer mehr von neuen mövenblauen verdrängt werden, Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. ‚ Larus canus U. 225 was sich so bis in den zweiten Herbst fortsetzt, wobei aber der Schnabel, bis auf zwei kleine schwarze Fleckchen nicht weit von der hellgelblichen Spitze, sich blass rotgelblich und dem ähnlich auch die Füsse gefärbt haben. Das Schwarz der Schwung- und Schwanzfedern vom Jugendkleide, die ihnen über ein Jahr verbleiben, sieht in der letzten Zeit, im zweiten Lebenssommer, fast nur noch rauchfahl aus, und die Kanten, namentlich an den Spitzen, haben sich sehr abgerieben. Im zweiten Herbst ihres Lebens mausern sie zum ersten Male das ganze Gefieder vollständig und legen somit ihr erstes ausgefärbtes Winterkleid an, das dem der Alten bis auf unbedeutende Abweichungen gleich kommt, es zeigen sich darin, doch auch nicht an allen Individuen, noch ein paar schwärzliche Fleckchen am Schnabel, und die zweite Primär- schwungfeder hat zunächst der schwarzen Spitze entweder gar keinen oder (öfter) einen kleinen weissen Fleck, auch ist die Stelle auf den Schwanzfedern, wo auf den vorhergehenden das schwarze Band sass, bei manchen noch schwarz bespritzt, doch gewöhnlich nur an den Mittelfedern; sonst ist alles wie an den Alten. In diesem ausgefärbten Winterkleide hat die alte Sturmmöve einen hellgraublauen, an der Spitze blassgelben Schnabel, ein braunrotes Augenlidrändchen und hellblaugraue Füsse. Das Gesicht ist weiss; vor dem Auge steht ein schwarz- borstiges Mondfleckchen; Scheitel, Genick, Ohrgegend, Seiten- und Hinterhals sind auf weissem Grunde mit mehr ovalen als länglichen braunen Fleckchen besetzt, die an den ersteren kleiner und dunkler, an den letzteren grösser und blasser sind; vom Kinn bis zum Schwanze nebst diesem und dem Bürzel ist alles rein und blendend weiss, auch der Unterflügel und das Flügelrändchen; Rücken, Schultern und Flügeldeckfedern (der Mantel) schön mövenblau, ein wenig gesättigter als bei Larus ridibundus, aber nicht so dunkel wie bei R. tridactyla, die längsten Schulterfedern und die hintersten Schwungfedern mit in Weiss übergehenden Spitzen; die eigentlichen Sekundär- schwingen gegen die weisse Endkante etwas dunkler blaugrau und auf den Innenfahnen grösstenteils weiss, die Fittichdeck- federn bläulich aschgrau; ebenso die kürzesten Primärschwung- federn bis an die grosse weisse Spitze, die, sowie sie an Länge zunehmen, durch Schwarz scharf vom Grau getrennt wird; dieses Schwarz nimmt an den folgenden zu, sowie das Grau stufenweis ab, sodass die zweite von vorn nur wenig, die vorderste beinahe gar nichts Graues oder bloss eine von den Deckfedern verdeckte geringe Spur davon hat; so sind denn die beiden vordersten Schwungfedern, mit Ausnahme einer über 4,5 cm langen weissen Stelle, auf beiden Fahnen vor der schwarzen, zuletzt weiss gesäumten Spitze tief schwarz, die weisse Stelle jedoch an der zweiten nur 2,4 cm lang und die schwarze, weiss endende Spitze viel länger; die folgenden zu zwei Drittel, einhalb, ein Drittel, endlich nur noch als ein mässiger, bloss auf der Aussenfahne weiter heraufsteigender Fleck schwarz, alle mit weissem Spitzenfleck, dieser an Grösse zunehmend je kürzer die Federn werden; Schwarz, Weiss und Grau sind scharf begrenzt; auf den Innenfahnen sind die mittleren am Schafte entlang weissgrau, die hinteren meistens weiss; auf der unteren Seite die grossen Schwingen glänzend grauschwarz, die vordersten mit der weissen Stelle vor der Spitze wie oben. Die Zeichnung der Flügelspitze ist der der Silbermöve fast gleich, die Abweichungen, nur sehr gering, beruhen fast allein auf dem wenigeren Weiss der zweiten Schwungfeder bei den Alten dieser Art, worin ihnen aber die Sturmmöven, die das hochzeitliche Kleid zum ersten Male tragen, völlig gleichen. Das hochzeitliche oder Sommerkleid, im vierten Frühlinge ihres Lebens, nämlich im nun vollkommenen Zu- stande, ist vom ausgefärbten Winterkleide bloss an dem Mangel aller Flecken im Weiss des Kopfes und Halses und durch andere Färbung der nackten Teile verschieden. Der Schnabel ist an der Wurzelhäfte grünlichgelb, an der anderen schön schwefelgelb, am lichtesten an der Spitze; Rachen und Mund- 29 226 winkel, so auch das nackte Augenlidrändchen, hoch orange- rot; die Füsse blass rötlichgelb, an den Gelenken schwach grünlich überlaufen, zuweilen auch beinahe rein schwefelgelb. Sonderbar sehen sie aus im Übergange vom Winter- zum Sommerkleide, wo die blaugraue Farbe des ersteren der gelblichen des letzteren in abgesonderten grossen Flecken weicht. — Kopf, Hals, Brust, Unterflügeldeckfedern, Bauch, der Schwanz mit seiner unteren und oberen Decke nebst dem Bürzel sind rein und blendend weiss; der Mantel und die Flügel wie im vollkommenen Winterkleide. In allen Kleidern ist zwischen beiden Geschlechtern in der Farbe und Zeichnung kein Unterschied; nur die Füsse sind. am Männchen meistens schöner gelb, der Mundwinkel und das Augenlid von einem noch glühenderen Orangerot; übrigens ist es stets auch etwas grösser als das Weibchen. Bei recht alten Männchen, wenn sie recht wohlbeleibt sind, haben Brust und Bauch in der Begattungszeit einen leisen Anflug von einer lieblichen Aurorafarbe, die tief im Grunde des Gefieders am stärksten ist, aber, wie diese Fettfarbe immer, bald nach dem Tode verbleicht und am ausgetrockneten Balge ganz verschwindet, auch bei mageren Individuen überhaupt nicht vorkommt. Bei den Weibchen und bei Herbstvögeln findet man sie auch nicht. Im Laufe des Sommers verliert das Äussere des Ge- fieders sehr an seiner ursprünglichen Zartheit unb Sauberkeit, die mövenblaue Mantelfarbe wird durch Verbleichen etwas heller, und das Schwarz der Flügelspitze verliert an Tiefe. Im Juli beginnt schon die Mauser, auch bei alten Vögeln, dauert aber meistens bis in den Oktober und November. Die nicht auf Schwung- und Schwanzfedern sich erstreckende Frühlingsmauser geht im März vor sich, und im Mai an den Brutorten sind alle im reinsten Prachtkleide. Fortpflanzungs- fähig sind diese Möven im dritten Frühlinge ihres Daseins. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom April aus Deutschland, ein alter Vogel vom März aus Deutschland, ein junger Vogel vom September 1877 aus Schottland, alle drei in dem Tring-Museum befindlich. —|] Aufenthalt. [— Die Sturmmöve ist eine Bewohnerin des Nordens. Als Brutvogel bewohnt sie Europa von ungefähr 53 Grad nörd- licher Breite bis an die Küsten des Eismeeres. In Irland und in dem nördlichen Teile von Grossbritannien,!) auf den Hebriden, Orkney- und Shetlandsinseln ist sie heimisch; ebenso an den Küsten und Meerbusen Jütlands und den dänischen Inseln; die Färöer dagegen besucht sie nur ab und zu im Frühjahr, und auf Island ist sie eine seltene Erscheinung. In Skandinavien ist sie überall häufig, und nicht bloss an den Meeresküsten bis hinauf zum Varangerfjord, sondern sie belebt dort nach NILSSON sogar die zwischen ewigen Schneefeldern gelegenen Gebirgsseen, deren Ränder oft noch im Juli mit Eis bedeckt sind. In Russland findet man sie in grossen Mengen nistend von den Küsten der Ostsee und deren grossen Buchten, sowie von den grösseren Landseen der baltischen Provinzen bis an die Küsten des arktischen Meeres. — Weiter ostwärts ver- breitet sie sich durch das ganze nördliche Asien bis an die Küsten des Stillen Ozeans, an allen grösseren Gewässern Sibiriens in mehr oder weniger zahlreichen Gesellschaften brütend.?) In Amerika kommt sie regelmässig nicht vor; ein junger Vogel ist einmal in Labrador vorgefunden. Sie wird dort. vertreten durch Larus brachyrhynchus und Larus delawarensis. — In Deutsch- land brütet sie nur auf wenigen Inseln und Strandplätzen der beiden begrenzenden Meere. In der Nordsee besitzt nur die Insel Sylt eine eigentliche Brutkolonie; einige verstreute Paare nisten gelegentlich auf Amrum. Dagegen brütet sie nach t) In England ist sie nach JOURDAIN nur Wintergast. J. R. ?), Die dort lebende, angeblich grössere, aber durch viele Zwischen- stufen mit der europäischen verbundene Form wird als Larus canus niveus getrennt. J. R. Die Sturm-Möve, Larus canus U. BraAuw auf den nord-holländischen Inseln. An der Ostsee finden sich verschiedene Nistgesellschaften, so z. B. bei Heiligen- hafen im östlichen Holstein, auf der Insel Poel und dem langen Werder an Mecklenburgs Küste; wahrscheinlich giebt es auch noch weiter ostwärts, besonders an den ostpreussischen Küsten und Landseen (Spirdingsee ?), Brutplätze. Während der Wintermonate verbleibt ein grosser Teil schon in den südlichen Ländern des Brutgebietes, sodass hier demnach die Art das ganze Jahr vertreten ist. Die meisten aber ziehen sich nach vollendeter Brut weiter südwärts, und zwar besonders nach den Küstenländern der Nordsee und des Atlantischen Ozeans, sodass die Mehrzahl in den Gewässern des britischen Reiches, Deutschlands, der Niederlande, Belgiens, Frankreichs und Spaniens überwintert. Auch in den Östsee- ländern bleibt eine grosse Zahl zurück. Hier wie dort suchen sie meistens die schützenden Meerbusen und die Mündungen der Flüsse auf. Ein verhältnismässig geringer Teil findet Winterherberge in den Mittelmeerländern, wenn auch in ein- zelnen Häfen und Buchten diese Wintergäste als häufig be- zeichnet worden sind, wie besonders die Umgebung Griechen- lands; die Nordküste Afrikas, von Algier bis Ägypten, bilden die südlichsten Aufenthaltsorte in diesem Gebiet. Die Sommer- vögel Asiens ziehen im Winter bis an die südlichen und öst- lichen Meeresteile, vom persischen Golf bis zur chinesischen Küste und zu den Inseln Japans.!) —] Schon an den deutschen Küsten der Ost- und Nord- see, besonders in weiten Flussmündungen, wie der Elbe, Weser u.a., überwintern sie in grosser Menge. An den nord- deutschen Küsten ist sie sehr gemein und an manchen Orten in jeder Jahreszeit in grosser Anzahl vorhanden [—; so kommt sie z. B. in und vor dem Kieler Hafen das ganze Jahr hin- durch vor und ist hier nächst ridibundus die häufigste Art (Journ. f. Ornith. 1888, Seite 569). —| Im Innern Deutsch- lands ist sie dagegen selten; nur in der Zugzeit, besonders im Spätherbst, sind einzelne oder kleine Gesellschaften in vielen Gegenden bis in die Schweiz hinein vorgekommen, jedoch waren dies fast immer nur junge Vögel im ersten Herbstkleide. [— An den grösseren Seen Oberbayerns und der Schweiz wird sie öfter beobachtet; aber auch an den grösseren Flüssen zeigt sie sich tief im Binnenlande nicht selten, und selbst an kleineren Seen wird man sie bei aufmerksamer Be- obachtung öfter antreffen können. —| So haben wir an den beiden oft erwähnten Seen im Mansfeldischen solche ein- zeln, selten zu drei bis vier Stück, fast alle Jahr, vom Sep- tember bis in den Winter hinein und bis das Eis zu sehr über- ‘hand nahm, angetroffen, und in Anhalt ist sie auch schon geschossen worden. [— Über das Vorkommen der Sturmmöve auf der kurischen Nehrung schreibt mir CHRISTOLEIT: „FLÖRICKEsS Angaben über das „recht spärliche* Ankommen der Sturmmöve auf der Kurischen Nehrung sind mir unbegreif- lich; nach meinen Wahrnehmungen ist diese Art an der ganzen ostpreussischen Küste und auf dem kurischen (etwas weniger dem frischen) Haffe die weitaus häufigste Seemöve, auch zur Brutzeit in einzelnen jüngeren Exemplaren stets vertreten, gleich nach derselben gerade das Haffufer der kurischen Nehrung zur Zeit in grossen Schwärmen belebend (an der See dann weniger), wobei sie sich oft mit den allerdings noch zahl- reicheren Lachmöven mischt, und auch den Winter hindurch, so lange die See offen ist, in jungen und alten Exemplaren beständig anzutreffen. Im Frühling (Ende März bis eventuell Ende April) bedeckt sie regelmässig, öfters zu Tausenden, die überschwemmten Pregelwiesen von Insterburg bis zur Mündung oft mehrere Wochen bis zum Aufhören der Überschwemmung, in manchem Jahr stark mit Lachmöven gemischt. Wovon sich diese vielen Vögel die ganze Zeit ernähren, ist mir trotz viel- facher Beobachtung unklar geblieben; auf die Felder gehen sie dort nicht.“ —] Sie ist Striehvogel; nur die im Sommer hoch nördlich ‘) Dieser Abschnitt bedurfte der Umarbeitung. J. R. "assoid) "[ınyeu ®, ‚OPTOpLISJUr MN sAgwwuanIg 77T SNuUe) SNIeT 3 eAawuegıs 'uUnIEg snyejussre snıe] ET 13 ang . a w rn reten TER BE FR ESPRIT For = POS EEE. " N TER ONE je —h w Die Sturm-Möve, Larus canus L. 997 wohnenden mögen wohl dort zu den Zugvögeln gehören. Stand- vögel kann man sie darum wohl nirgends heissen, weil alle ihre Brutplätze verlassen, sobald sie die Fortpflanzungsgeschäfte für dieses Jahr beendigt haben, dann zwar nicht aus dem Lande wandern, jedoch in ganz anderen Gegenden unregel- mässig herumschwärmen und sich da in Scharen versammeln, wo sie die meiste Nahrung finden. Dabei streicht jedoch die grosse Mehrzahl längs der Nordküste des europäischen Fest- landes im Spätherbst südwestlich fort bis zum westlichsten Ende unseres Erdteils, und im Frübjahr umgekehrt wieder zurück, ohne dabei gewisse Monate zu halten, vielmehr sich nach der Witterung richtend. So treibt sie früh eintretende und heftige Kälte früher und in Massen südlicher, während sie in gelinden Wintern kaum zu wandern scheinen. Diese grösseren Reisen machen sie in Scharen, oft zu vielen Tausenden ver- eint, weshalb sie an manchen Orten der Küste zweimal im Jahr, im Herbst und Frühjahr, viel häufiger erscheinen als zu anderen Zeiten. Die Sturmmöve muss zu den Seevögeln gezählt werden, weil sie das Meerwasser mehr liebt als alles andere, die längste Zeit im Jahr am Meere lebt und nur zu gewissen Zeiten an die entlegeneren grossen Gewässer im Lande kommt. Hier zieht sie die stehenden den fliessenden bei weitem vor, sucht ‚aber an allen solche Stellen auf, die sandigen oder steinigen Boden haben, auf denen gewöhnlich das Wasser am durch- sichtigsten ist, und verweilt hier länger als anderswo. Die Flüsse verlässt sie, sobald sich beim Anschwellen das Wasser trübt, sowie sie ihr überhaupt auch nur ein blosser Notbehelf sind, wenn der Gegend grosse stehende Gewässer fehlen. An süssen Gewässern verweilt sie nur dann länger, wenn sie von grossem Umfange und sehr fischreich sind. Sie will grosse, ganz freie Wasserflächen mit kahlen Ufern und diese mit vielen seichten Stellen und klarem Wasser. Letzteres liebt sie so, dass sie sich auch an der See bald aus solcher Gegend entfernt, wo, wie an Mündungen soeben sehr an- seschwollener Flüsse, das Wasser plötzlich und ein Stück in die See hinein trübe geworden ist. Rohr und Schilf sind ihr zuwider, nämlich wo es sehr hoch und dicht wächst und grosse Wälder bildet; doch liebt sie auch in der Fortpflanzungs- zeit solche grosse Binnenseen, deren Ufer teilweis weit und breit in grünen Sumpf und nasse Wiesen verlaufen. Am Meer ist sie sowohl am seichten Strande und auf niedrigen Inseln als auf Klippen und felsigem Gestade; aber auf dem hohen Meer, fern von allem Lande, wird sie sehr selten gesehen. Sie bewohnt am Meer vorzüglich solche Gegenden, wo es in der Nähe kultivierte Felder giebt, weil sie sich gern auf gepflügten Äckern aufhält und weite Aus- flüge darnach unternimmt. Sie scheut Bäume und grössere Baumgruppen nicht, ohne sie zu suchen, setzt sich sogar zuweilen auf die dürren Zacken und Wipfel derselben, sowie sie dies auch auf hingestellten Stangen und hohen Pfählen versucht, gewöhnlicher aber auf aus dem Wasser ragenden Steinen und Klippen, auf felsigem oder seichtem Strande, auf Sandbänken oder Erdzungen aus- ruht. Beim Herannahen eines Sturmes verlässt sie das Meer und streicht einstweilen tief und mehrere Meilen weit ins Land hinein, auf den grösseren Gewässern und abwechselnd auf den Äckern herum, bis der Sturm sich wieder gelegt hat. Daher kommt es, dass sie manchmal ganz unerwartet in grosser Anzahl an Orten erscheint, wo sie übrigens sehr selten oder nur einzeln gesehen wird, dass sie daselbst bisweilen einige Tage verweilt und dann plötzlich wieder verschwindet. Dies ereignet sich am häufigsten bei Herbststürmen. [— In einer Beschreibung des „winterlichen Vogellebens auf der Alster bei Hamburg“ berichtet GEBHARDT (Orn. Monatsschr. 1900, S. 395): „Wenn während der winterlichen Hälfte des Jahres die Stürme die Meere unserer norddeutschen Küsten heimsuchen und die Vögel der See von ihren Nahrungs- gebieten vertreiben, dann ergiessen sich an besonders stürmischen Tagen ganze Schwärme von Möven (zur Hauptmasse 2. canus) in das Mündungsgebiet der Elbe bis Hamburg hinauf, bevölkern den Hafen, der selbst an ruhigen Tagen nie ganz ohne Möven ist, halten sich in einzelnen Gruppen in den Strombuchten oder auf den Weiden der Marschinseln auf und kommen endlich auch auf unsere Binnen- und Aussenalster. Auf Beute lauernd sitzen sie auf Pfählen, an denen Schuten und Ruderboote be- festigt werden. Auf diesen Pfählen, die sich nicht weit von der Strasse ab befinden, halten sie auch ihre Nachtruhe; während des Nachmittags sieht man sie auch oft dort auf einem Beine stehend der Ruhe pflegen oder ihr Gefieder putzen. Bei sehr stürmischem Wetter halten sich hier ganze Schwärme von Möven auf, in einer Anzahl von im ganzen hundert bis hundertundfünfzig Stück und darüber. Bessert sich das Wetter einigermassen, so verschwinden sie bald wieder.“ —|] Ihre Nachtruhe hält sie, wie andere Möven, an unruhigen Orten auf der Mitte eines stillen Wasserspiegels schwimmend, wo es ruhiger ist auch auf Sandbänken und in der Brutzeit bei den Nestern auf dem Lande sitzend. In dieser Zeit halten sie auch in der Nacht wenig Ruhe, wozu sie freilich durch die ausserordentliche Helle der nordischen Sommernächte ver- anlasst werden. Eigenschaften. Die Sturmmöve im ausgefärbten Hochzeitskleide giebt den anderen ihrer nächsten Verwandten an Schönheit wenig oder nichts nach; die wahrhaft blendende Reinheit des Gefieders mit seinen sanften Farben am lebenden Vogel erweckt Be- wunderung, und das Auge verweilt mit Wohlgefallen auf dem einfach prächtigen Geschöpf. — So ähnlich sie in mehreren Kleidern auch der Silbermöve ist, so leicht unterscheidet sie schon in weiter Ferne nicht allein die geringere Grösse, sondern vorzüglich noch ihre schlankere Gestalt mit den längeren und schmäleren Flügelspitzen und ihre grössere Beweglichkeit im Fluge. Ebenso leicht lässt sie sich fliegend im Gegenteil an ihrer grösseren und viel stärkeren Figur und an den ernsteren (um nicht zu sagen schwerfälligeren) Bewegungen von der Lachmöve unterscheiden. Ihr Betragen steht im Mittel zwischen beiden oder scheint aus dem beider Arten zusammen- gesetzt oder gemischt. Ihre Stellung beim Stehen und Gehen ist der der Lach- möve ähnlich, aber hochbeiniger, der stärkere Rumpf auch in der Ferne bemerklich. Die Orte, wo sie gern ausruht, sind oben schon näher bezeichnet; zuweilen lässt sie sich auch auf Fischerhütten und andere niedrige Bauten am Wasser nieder oder ruht auf Heuschobern und Getreidehaufen aus. Sie geht auch sehr gut, oft anhaltend, doch nicht so behende wie die Lachmöve, :wie sie denn in allen ihren Bewegungen etwas langsamer und gemächlicher ist, ausgenommen beim Stossen ı nach einer Beute, wobei sie Kraft und Schnelligkeit genug entwickelt und sich hier im Gegenteil gewandter zeigt als jene. Letzteres ist sie auch gegen die viel schwerfälligere Silber- möve in allen Verhältnissen. — Sie schwimmt oft auf ruhigem Wasserspiegel, doch ist ihr Schwimmen mehr ein Ausruhen auf dem Wasser, als dass es ein weiteres Fortrudern bezweckte, wie sie denn auch selten lange darin verweilt, ihre Nahrung gewöhnlich nicht auf diese Art, sondern fliegend sucht, sich auch ungern auf eine vom Winde stark bewegte Fläche nieder- lässt. Schon Junge, ehe sie fliegen lernen, schwimmen vor- trefflich und können so schnell und gewandt fortrudern, dass sie aus einem Boote kaum zu erhaschen sind. | Ihr Flug ist sanft, leicht, schön, bald mit weit ausholenden, bald mit kurzen Flügelschlägen, oft auch ganz ohne diese oder schwebend, ganze Strecken so fortgleitend oder an einer Stelle in der Luft fast unbeweglich stillhaltend. Bei starkem Winde, den Kopf stets gegen diesen gerichtet, kommt dies letztere oft vor; sie späht dabei nach unten und stürzt, sobald sie etwas gewahrt, im Bogen oder in einer anderen Schwenkung schnell auf dasselbe herab, wenn es etwas Geniessbares ist. Ihr Flug hat sehr viele Abwechslungen, aber auch, wie bei anderen Möven, etwas Wankendes und Unbestimmtes. Sehr gemächlich und langsam sieht man die einzelne oft eine lange 29* 228 Strecke einher fliegen, diese anscheinende Ruhe und Gleich- förmigkeit jedoch, ehe man es sich versieht, durch eine schnelle Schwenkung, einen Schuss im Bogen nach der Wasserfläche ab und auf, oder auf andere Weise unterbrechen, dann ge- mässigt wieder weiter steuern und so stundenlang nicht er- müden in dieser Art von Behaglichkeit. Viel regsamer und aufgeheiterter zeigen sich dagegen diese sonst dem Anschein nach so ernst gestimmten Vögel an ihren Brutplätzen, wo dann auch ihr Flug mehr Lebensthätigkeit andeutet. Wenn sie sich zu grosser Höhe in die Luft erheben oder aus solcher herab- lassen wollen, geschieht es immer nur schwebend in einer grossen Schraubenlinie. Ihr Niederlassen oder Erheben auf dem Wasser oder Lande ist gleich sanft und, wie der Flug überhaupt, ganz geräuschlos. Stürmisches Wetter ist ihr so zuwider, dass sie, wie schon bemerkt, bei hohem Wellengange die See eine Zeit lang ver- lässt und weit davon an ungewöhnlichen Orten im Lande Schutz sucht. Man sagt, sie habe eine gewisse Vorempfindung vom Sturme oder fliehe ihn schon in seinem ersten Beginnen, woher ihr Name „Sturmmöve“. [— Thatsächlich flüchtet sie früher als irgend eine andere Möve vor dem beginnenden Un- wetter hinter die schützenden Deiche, und mit einem gewissen Recht prophezeit das Volk stürmische Witterung, wenn sie zahlreich in den Marschkögen sich zeigt. —] Im Lande nennt man sie nicht mit Unrecht, wenigstens der Lachmöve gegen- über, „Wintermöve“, weil sie gegen die Kälte ohne Vergleich weniger empfindlich ist als jene. Wir trafen sie am Eis- lebener Salzsee oft in der gemütlichsten Stimmung, wenn dieser nur noch wenig offene Stellen zeigte und tiefer Schnee das Land bedeckte. Deshalb überwintern viele auch bei heftiger Kälte an den deutschen Küsten, während von den Lach- möven weniger dort zurück bleibt. Sie ist in manchen Gegenden sehr zahm, in anderen und den meist südlicher gelegenen vorsichtig und misstrauisch, selbst an den Brutplätzen scheuer als die Silbermöve, daher auch hier nicht leicht zu schiessen und klug genug, den Schützen vom Fischer, Hirten oder Bauer zu unterscheiden. Sind mehrere beisammen, so sind sie gewöhnlich scheuer als die einzelnen, die zuweilen an den Gewässern tief im Lande erscheinen, welches freilich fast immer nur junge Vögel im ersten Herbst- kleide sind. — In ihrem Betragen zeigen sich übrigens mancher- lei Eigentümlichkeiten, durch die sie recht eigentlich in die Mitte gestellt ist zwischen Larus ridibundus und L. argentatus, indem sie auch von diesen beiden manches aufzuweisen hat. Die Sturmmöve ist ebenfalls ein sehr geselliger Vogel, nicht nur in kleineren und grösseren Vereinen, sondern oft zu Tausenden beisammen, hauptsächlich an den Orten, wo sie überwintert. Wenige schwärmen einzeln herum, und diese mischen sich auch zwischen Lachmöven u.a. Mit den grossen Arten der Gattung ist sie, einzeln wie in Scharen, im Winter und an guten Futterplätzen völlig vereint, so hin und wieder mit der Silbermöve an einem gemeinschaftlichen Brutorte. Sie wird von den Stärkeren geduldet und duldet wieder die Schwächeren, ohne dass auf der einen oder anderen Seite eine besondere Zuneigung bemerklich würde. [— Eine völlig für sich abgeschlossene Brutgesellschaft befindet sich am ÖOstrande der Lister Dünen auf Sylt. Ihr aus mehreren kleinen Dünenthälern bestehendes Nistgebiet wird nach Westen hin durch verschiedene Dünenketten von den Wohnplätzen der Silbermöven getrennt; und diese Hügel- reihen bilden zugleich die streng abschliessende Grenze zwischen den beiden verwandten Vogelarten: Jeder Vogel der einen oder anderen Art, der diese Grenze überschreitet, wird sofort von mehreren Exemplaren der Nachbargesellschaft zurückgewiesen. Dagegen nisten in anderen Dünenteilen noch einige zerstreute Paare von Sturmmöven, um die die Silber- möven sich wenig zu kümmern scheinen. Auch auf den Lofot- inseln, wo sie fast so häufig ist wie die Silbermöve, hält sie sich nach BARTH. von den grösseren Arten gesondert und kon- zentriert sich an einzelnen Örtlichkeiten. —] Die Sturm-Möve, Larus canus L. Auch mit Meerschwalbenvereinen verschiedener Arten wohnt sie oft an denselben Orten, jedoch ohne sich zwischen diese zu mischen; jede hält da ihr eigenes Plätzchen besetzt; wohl aber drängen sich an manchen Orten Eidervögel und andere einzeln nistende Arten mit ihren Nestern zwischen die ihrigen. Ihre Stimme ist ein lautes Skiah, stärker und tiefer als die der Lachmöve. Dies ist der eigentliche Lockton; einen anderen, rauhen, wie Skack klingend, lässt sie, wenn sie ängstlich ist, sich mit anderen um etwas streitet und bei vielen anderen Gelegenheiten am Nistorte wie es scheint zur blossen Unterhaltung hören, wozu denn noch in höchster Besorgnis, z. B. bei den Jungen, ein kreischendes Kiri kommt. [— v. DROSTE schreibt in seiner „Vogelwelt Borkums*: „Ihre Stimme zerfällt in zwei Laute, von denen der eine tiefere „kak, kak“, der andere kreischend „Klijrrah“ oder „kljiah“ klingt.“ Ich habe in dem letzteren Ton nichts Kreischendes finden können; er klingt nach meiner Auffassung fein, hoch und wie mit einer Art nasaler Dämpfung „gnjiiäh“, die letzte Silbe so wenig betont, dass die Bewohner Lists den sehr be- zeichnenden Namen „Piep-Maage“ (Pfeifmöve) für unsere Art erfunden haben. —| Alle diese Töne, mannigfaltigst moduliert, lassen die Scharen an den Brutorten so unablässig vom frühen Morgen bis spät in die Nacht hinein, ja in dieser sogar oft genug noch hören, dass sie dem, der sich einige Zeit dort aufhält, bald überaus unangenehm und lästig werden. Die einsam umher- irrenden einzelnen schreien dagegen sehr selten, nur manch- ‘mal Skack, heiser und wenig laut, und auch in nicht sehr grossen Vereinen hört man ausser der Fortpflanzungszeit selten eine andere Stimme als diesen Ton hin und wieder von einer einzelnen. Nur wo sich ihrer recht sehr viele auf einem guten Futterplatze versammelt haben, wo öfters eine der anderen die Beute vor dem Schnabel wegzufischen trachtet, giebt es mehr Gelegenheit zum Lautwerden. Nahrung. | Fische, sowohl lebende als tote, allerlei Seegewürm, kleine Crustaceen und Conchylien, Regen- und Uferwürmer, auch Insektenlarven und Mäuse sind die Nahrungsmittel der Sturm- möve. [— Nach v. DRoSTE beteiligt sie sich mit der Lachmöve, in deren Gesellschaft sie vielerorts ihre Streifzüge unternimmt, gelegentlich sogar an der Käferjagd. In der Regel aber hatten die erlegten eine gröbere Kost genossen als die Lachmöven. Sie verzehrt nämlich vorzugsweise Seesterne, Krabben und Muscheln und was sonst vom Meere aufs Land geworfen wird. Ihre Nahrung kommt also viel mehr mit der der grossen Möven ' überein. —] Im langsamen und niedrigen Fluge über dem Wasser, gewöhnlich dem Ufer entlang oder doch nicht sehr weit davon entfernt, bald mit trägen Schwingungen der Flügel, bald schwebend, späht sie nach den der Oberfläche nahe kommenden kleinen Fischen und stürzt plötzlich in einer schnellen Wendung oder Bogen auf ihr Ziel herab, das sie selten verfehlt, obgleich sie in dem Augenblick nicht tiefer als mit Kopf und Hals durch das Wasser fuhr. Während die Meerschwalben sich mit Ungestüm auf’s Wasser stürzen, schiessen die Möven in einem Bogen gegen die Fläche herab und wieder hinauf, nur jene Teile allein durch das Wasser, und gelangen eben so sicher zum Ziel wie jene. In dieser Fertigkeit wie an Fress- gier wird die Sturmmöve von wenig anderen übertroffen. Sie kneipt den gefangenen Fisch gleich tot und verschlingt ihn entweder sogleich oder trägt ihn, wenn er dazu zu gross ist, ans Ufer und verzehrt ihn stückweis; dies kommt jedoch viel seltener bei lebenden Fischen als bei toten vor. Bei Wellengang oder nur mässig bewegter See sah ich sie nie fischen; sie sucht dann die stillen Winkel oder Buchten oder verlässt die See und streicht landeinwärts. Wo die Raubfische Scharen kleiner Fische aus der Tiefe des Meeres an die Ober- fläche heraufscheuchen, haben die Möven den leichtesten und "ossoIg "ınyeu °, 'propyuoun(] g 'piopypusänf zZ "SOAONI-ASGQJIS uunIg snjejuss.ie snIe”T 'propypueonp I "SAON-WANIS A snue) SNIETT NN) BE SE SREREAN Ki ER RL NITE NEE 7 nz er Re EFEER Ren Er ei x ee a FI Zr nen Bi er mn er 4 Ede ar nn er; 4 er, Re u Koh u v Dr vi IXR 3 PN .. 2 Pe Die Sturm-Möve, Larus canus L. ergiebigsten Fang. Bei den Zügen der Fischer finden sie sich ebenfalls und oft in grosser Anzahl ein, teils der kleinen, von jenen nicht beachteten Fische, teils des mancherlei Seegewürms wegen, das dabei in Menge vorkommt; sie sind an solchen Orten in grösster Thätigkeit, kommen zudringlich und dumm- dreist ganz in die Nähe der Menschen, und die Gier, mit der oft mehrere zugleich über eine Beute herfallen und eine der andern den Bissen vor dem Schnabel wegzuschnappen sucht, belustigt den Beobachter ungemein. Wo es ihr an Gelegenheit mangelt, lebende Fische in erforderlicher Menge zu erwischen, nimmt die Sturmmöve gern auch mit toten und halbfaulen, mit allerlei Abgängen von Fischen und anderen Tieren, mit toten Vögeln, kleinen Säuge- tieren und allerlei Aas fürlieb. [— NORDMANN beobachtete, dass ein Flug Wachteln, der beim Zuge über das Schwarze Meer ermüdete und in den Fluten umkam, eine Beute zahlreicher Sturmmöven wurde. (Journ. f. Ornith. 1857, S. 106.) —] Am Strande, namentlich auf den bei der Ebbe vom Wasser frei- gewordenen Watten sucht sie kleine Conchylien, kleine Krebse und dergleichen, fischt die zurückgebliebenen kleinen Pfützen aus, stellt hier namentlich auch dem Uferwurm (Arenicola lumbricoides s. littoralis) sehr nach, kann aber zu dem tief in seinem Loche steckenden Wurm freilich nur dann gelangen, wenn er sich beim Kopfe erwischen lässt. Öfters fanden wir Vogelfedern in ihrem Magen. Als einst- mals mein seliger Vater auf einem See ein Wasserhuhn (Fulica atra) geschossen und sich am Ufer niedergesetzt hatte, um abzuwarten, bis der Luftzug ihm jenes zuführen würde, kam eine Sturmmöve — dort sehr selten — auf dasselbe zu- seflogen, liess sich dicht neben dem toten Vogel aufs Wasser nieder und rupfte sogleich auf ihn loss, dass die Federn weit umherflogen, wobei sie denn erlegt wurde. Auf den Feldern fängt sie allerlei Insekten, Insektenlarven, Regenwürmer und, wie man behauptet, auch Ackerschnecken (Limax agrestıs), hauptsächlich aber Mäuse. Sie schwärmt nach letzteren auf den Feldern nahe über dem Boden hin und stürzt sich sogleich auf solche, die ausserhalb ihrer Löcher herumlaufen. Sie folgt sehr häufig dem Landmanne, wenn er seinen Acker pflüst, liest hier ohne alle Furcht die ausgeackerten Würmer und Insektenlarven aus den frischen Furchen auf und erhascht die ausgepflügten Feldmäuse. Dies Geschäft treibt sie zu allen Zeiten so gern und oft, dass man sie mit noch mehr Recht als die Lachmöve die „Ackermöve“ nennen könnte. Dem Pfluge folgend, trifft sie nicht nur oft mit jener, sondern auch mit der Küstenmeerschwalbe und der schwarzen $See- schwalbe in einerlei Absicht zusammen; solche frohe Gesell- schaften werden höher im Norden gar oft auch von Raub- möven gestört, die jenen die eben gemachte Beute wieder abjagen. Wenn es auf der See zu stürmen anfängt, kommt sie am häufigsten und in Scharen auf die Äcker; sie geht dann noch viel tiefer ins Land hinein als sonst gewöhnlich. Auf solchen Feldern besucht sie dann auch die kleinen Teiche und Wasserlachen abwechselnd, um da zu trinken oder ein Bad zu nehmen, ein Bedürfris, dessen Befriedigung sie nicht lange entbehren mag. [— Im Winter kommt sie häufig in die Häfen der Küsten- plätze, um von den Abfällen aus den Schiffen sich zu nähren. Auch auf den Dungablagerungsstätten in der Nähe der Städte findet sie sich ein, wo sie dann sehr oft mit Nebel- und Saat- krähen zusammentrifft. „Da giebt es nun fast immer Streitig- keiten zwischen dem schwarzen und weissen Heerlager, die oft interessant zu beobachten sind. Ich muss jedoch den Krähen, die sonst hinter jedem Raubvogel her sind, zum Ruhme nachsagen, hier sind sie nicht die Störenfriede, hier sind es ausschliesslich die Möven. Diese stossen mit durchdringendem Geschrei auf die Krähen los, mögen diese mit einem Bissen beschäftigt sein oder sonst friedlich umherfliegen oder irgendwo zwecklos auf dem Felde sitzen, die Möven lassen ihnen keine Ruhe. An eine ernste Wiedervergeltung scheinen die Krähen nicht zu denken, nur wenn ihnen eine freche Möve einen 229 Bissen vor dem Schnabel weggeschnappt hat, reisst ihnen die Geduld, und sie verfolgen dann die mit der Beute davon- eilende Möve, denen sich noch andere Vögel von beiden Parteien anschliessen. Nun giebt es auf einer anderen Stelle eine Balgerei, bis irgend ein Glücklicher mit dem eben er- haschten Stücke wieder davonfliegt. Aber auch hier sind die Krähen meist im Nachteil; denn während diese sich die Zeit nehmen müssen, ein grösseres Stück mit dem Schnabel zu zerlegen, können die Möven schon ein gutes Stück ohne weiteres wegschlucken, und dann müssen selbst die berechtigten An- sprüche der Krähe aufhören.“ (WÜsTtNneı, Journ. f. Ornith. 1900, S. 347). RörIg (l. ce.) veröffentlicht folgende Magenbefunde: == = » Fundort Datum 8828| o9© Maeeninhalt °3| 0% ! > = == Pillau . . 14. März 1898) 2 | — = Wesermündung| 28. März ? |2,08,| Regenwürmer. . 5 ? ,2,5,|Zwei kleine Rüsselkäfer, einige kleine Steinchen und Pflanzen- reste. ) ) sr > " ? ‚1,5 „|! AmStrande aufgelesene Pflanzen- reste. R is ? |1,5 „|! Am Strande aufgelesene Pflanzen- reste und einige Käfer. Saargemünd .,38. September Q I1,5,|Käfer und Mücken. —] Fortpflanzung. Im nördlichen Europa brütet die Sturmmöve in vielen Gegenden der beim Aufenthalt angegebenen Länder, entweder unmittelbar am Meere oder an grossen Gewässern in dessen Nähe, auch auf sehr grossen Landseen, wie z. B. dem Peipus und anderen [—, in Norwegen auch nach COLLETT auf Gebirgs- seen und Flüssen. —] An den östlichen Küsten und vielen Buchten des oberen Jütland, auf vielen Ostseeinseln bis ins Kattegat hinauf pflanzen sich zahllose Scharen fort. Ihre Brutplätze sind bald der See nahegelegene Sümpfe, bald nackter, niedriger Boden auf Inseln und Halbinseln, bald höhere, nackte, vom Meere umgebene Felsen oder felsiges Gestade, endlich auch mit wenigem, kümmerlichem Pflanzenwuchs nur teilweise bedeckte Sanddünen. In denen der nördlichen Spitze der Insel Sylt, an der Westküste Schleswig-Holsteins, wohnte im Jahre 1819, als ich dort war, eine aus zwei- bis dreihundert Pärchen!) bestehende Schar dieser Möven, die sich auf einer Seite an eine mehr als zehnmal zahlreichere Kolonie der Silber- möve anschloss, sich aber, einzelne Vögel und sehr vorüber- gehend ausgenommen, nicht unter diese mischte, sowie sie auch den Kolonien der Raub- und Brandmeerschwalben auswich. Dies ist überhaupt meistens so, wo mehrere Vogel- arten in grossen Vereinen beisammen nisten, dass jede Art ihr eigenes Plätzchen behauptet; bloss Lummen und Alken scheinen teilweise eine Ausnahme hiervon zu machen. Unsere Sturmmöve nistet gewöhnlich in grossen Vereinen, oft zu Tausenden beisammen, seltener in kleineren, wie der obenerwähnte; aber nie findet sich ein einsam nistendes Paar, und wenn nur wenige beisammen, mischen sich solche zwischen Meerschwalben- oder Mövenvereine von anderen Arten ein. Man fand Brutplätze, wo diese und Lachmöven nebst Sierna macrura und Hydrochelidon nigra einen einzigen Schwarm bildeten. Der Trieb, in Menge beisammen zu brüten, gründet sich wohl hauptsächlich auf gemeinsame Verteidigung der Brut gegen ihre Feinde. Zu Anfang des Mai erscheinen diese Möven an ihren Brutplätzen und kündigen ihr Vorhaben durch ungewöhnliche Beweglichkeit und vieles Schreien an; um die Mitte dieses Monats beginnen die Fortpflanzungsgeschäfte mit dem Nestbau. [— In Schottland werden nach JOURDAIN die ersten Eier in der ersten Woche des Mai gelegt. SANDMAN fand auf Karlö 1) Es waren in den letzten Jahren keine hundert Paare vorhanden. HF R. 230 frische Gelege 1883 am 8., 12., 20., 26., 30. Juni, 1884 Anfang Juni, 1885 zur selben Zeit, 1886 am 24., 29. Mai und 4. Juni, 1887 am 4., 10., 13., 14., 18. Juni, 1888 Ende Mai und Anfang Juni, 1889 am 20., 23., 26. Mai, 3., 4., 6., 18., 21. Juni, 1890 am 15., 16., 18., 19. Mai, 6., 12., 15. Juni, 1891 am 11. Juni. —] Ihre Nester stehen an sumpfigen Orten auf Gras- oder Binsenbüscheln, anders- wo auf trockenem, ganz freiem Boden, in manchen Gegenden sogar im Getreide. [— Auf der Insel Poel (Mecklenburg) und dem benachbarten Werder fand WÜSsTNEI die Nester auch auf dem Kiesdamme des Seestrandes. Ja, im Sommer 1900 hat die Sturmmöve mehrfach auf den in der See beziehungsweise in den Binnengwässern liegenden grossen Steinen genistet, wahrscheinlich, weil ihr auf dem langen Werder die Eier oft geraubt werden. Sie sucht sich hierzu solche Steine aus, bei denen der Wellenschlag die Nester nicht gefährden kann; diese sind auch etwas grösser und fester gebaut als die auf dem Lande, damit die Eier eine sichere Grundlage haben. SANDMAN fand die Nester auf Karlö sogar auf den Dächern von Schuppen (wegen der Füchse dort angelegt?), und mehr- fach wurden sogar auf Nadelbäumen Nester der Sturmmöve gefunden und ausgenommen, auf Karlö von SANDMAN (l. c., S. 256) und bei Stockholm von ELGENSTJERNA (Sv. Jägareförb. nya tidsk. 1886). COLLETT sah sie ein verlassenes Nest von Corvus cornix benutzen. —] In den Dünen von List auf Sylt standen sie meistens auf einzelnen halbdürren Büscheln des sogenannten Dünenhafers (Carex arenaria), des Rausch (Empetrum nigrum), der gemeinen Heide (Calluna vulgaris) oder auch zwischen solchen auf plattem oder nur bemoostem Boden. [— Im Unterschied von ihrer Nachbarin, der Silbermöve, die hier meistens in den Dünenthälern nistet, bevorzugt sie den Dünenkamm und die Spitzen einzelner Dünenkegel. —] In wenigen Tagen sind sämtliche Nester fertig, die an manchen Orten nahe nebeneinander, an anderen, wie in jenen Dünen, mehrere Schritte eins vom anderen entfernt stehen, hier wohl einige hundert Schritte vom Wasser, anderwärts auch nahe neben demselben. Diese Nester sind nachlässig, bald aus wenigem Material, bald aus vielem aufgehäuft; dürres Heidekraut [— und Dünen- hafer, —| Salicornien, Grasstöckchen samt den Wurzeln, trockener Tang und Meergras, auch Stroh und Mist, an manchen Orten auch abgestorbene Blätter von Seekohl (Orambe maritima), alles mit Erde vermischt, unordentlich durcheinander und auf- einander gepackt, doch meistens gut in die Runde gelegt und in der Mitte weit und tief ausgehöhlt. [— Häufig findet man ‚ (auf Sylt) in den Nestern einige zierliche Blattkorallen (Flustra foliacea), die dem übrigen groben Nistmaterial wie zum Schmuck eingeordnet sind. —]| An manchen Orten soll sie ihre Eier auch in eine blosse Vertiefung des Sandes, mit weniger oder gar keiner Unterlage von Strand- und Meerpflanzen, legen. In diesem wie in jenem Falle hat es stets eine grosse Ähnlich- keit mit dem der Silbermöve, ist aber natürlich immer um vieles kleiner. Die Eier, von denen man nie mehr als zwei bis drei in einem Neste findet, sind so gross wie gewöhnliche (nicht kleine) Hühnereier, also bedeutend grösser als die der Lachmöve, aber auch um vieles kleiner als die der Silbermöve. So wie die Vögel ähneln sich auch die Eier der Sturmmöve mit denen der letzten Art mehr als mit denen der ersten; sie sind in allem im verjüngten Maßstabe, was jene im Grossen dar- stellen, auch ebenso variabel. Ihre Länge wechselt zwischen 95 bis 59 mm, ihre Breite zwischen 39 bis 43 mm; wo sie ihnen oft weggenommen werden, kommen zuletzt manchmal sehr kleine vor, die aber unter die Ausnahmen gehören. - [— Von 50 in der Reyschen Sammlung befindlichen Exem- plaren beträgt das Durchschnittsmaß 58,4 x 41,5 mm, das Maximum 64,8% 413 und 588x445 mm, das Minimum 98,9 x 40,3 und 57x38 mm. Das durchschnittliche Gewicht ist 3,354 g. Eine Anzahl von SANDMAN untersuchte Gelege messen: 64,2 xX43, 63,7% 42,8, 61,4x 40,6 mm; 62,2x 42,2, 60,6% 43,1, 60,6xX.42,5 mm; 61,3>x<42, 60,842, 60,5>X41,9 mm; Die Sturm-Möve, Larus canus L. 60,5% 42,4, 58,1><41,4, 57,8xX 43,4 mm; 58,9% 39,6, 59,4x 38,3, 58,9 x 8385 mm. —|] Ihre Gestalt ist meistens eine regelmässig eiförmige, se- drungener oder gestreckter, öfter mehr schlank als bauchig; . ihre starke Schale von etwas grobem Korn und mit deutlichen Poren, daher mit wenig oder keinem Glanz, hat eine sehr ver- schiedenartige Grundfarbe, bei den meisten und als Normal- färbung ein blasses Olivengrün, das bei verschiedenen einer- seits in ein sehr bleiches, schmutziges Meergrün, andererseits in grünliches Rostgelb abweicht, das bei einigen sogar ein wenig in rötliche Tonfarbe spielt. Die inneren Schalenzeich- nungen sind bräunlich aschgrau, vielgestaltige Flecke oder Tüpfel und Punkte, mehr oder weniger zahlreich; die äusseren Zeichnungen rötlich schwarzbraune, mehr gerundete als zackige, srosse oder kleine Flecke, Tüpfel und Punkte, letztere auch wohl hin und wieder (aber nicht oft) in einzelne Striche oder Schnörkel zusammengeflossen. An solchen Eiern, die sehr grobe Zeichnungen haben, stehen diese sparsam und sind nicht selten gegen das stumpfe Ende zusammengeflossen und kranz- artig gestellt, was auch bei den fein gezeichneten vorkommt, die blosse Tüpfel und Punkte haben, deren Fläche aber über- haupt weit dichter bezeichnet ist als bei jenen; an noch ande- ren sind die Zeichnungen über die ganze Fläche fast gleich- förmig verbreitet; bei allen bleibt jedoch die Grundfarbe stets in mehreren grösseren oder vielen kleineren Flächen ganz un- bedeckt. Es ist, als wäre ursprünglich dem einen wie dem anderen Ei die Zeichenfarbe in gleichem Maße zugeteilt, diese haben sich aber bei dem einen in grosse Flecke vereint, bei anderen in Punkte und dergleichen zerstreut. Es giebt welche, an denen die äussere Zeichenfarbe nur einen einzigen grossen Fleck bildet. Dann giebt es auch blass gezeichnete, deren äussere Tüpfel und Punkte nicht schwarzbraun, sondern grössten- teils bloss olivenbraun sind. Nimmt man die Extreme, die dunkelsten zu den hellsten, die sparsam, aber sehr grob ge- fleckten zu den dicht und fein getüpfelten und andere mehr in Vergleich, so sehen sie oft einander so unähnlich, dass man sie für artverschieden halten möchte, wenn man nicht wüsste, dass sie sogar in einem Nest nebeneinander so vorkommen. — Ausgeblasen verlieren diese Eier durch das Verschwinden der grünlichen Beimischung, wodurch die Grundfarbe mehr oliven- bräunlich und düsterer wird, und wenn sie erst mehrere Jahre in der Sammlung aufbewahrt sind, werden sie in der Grund- farbe einander viel ähnlicher und gleichförmiger. Im Brüten und Erziehen der Jungen verhalten sich diese Möven wie die Lachmöven und Silbermöven. Wo die Jungen nicht gestört werden, bleiben sie lange im Neste oder in dessen nächster Umgebung, verkriechen sich hier hinter Pflanzenbüscheln, Steinen, in kleinen Vertiefungen und der- gleichen. In den ersten Tagen scheuen sie sich vor dem Wasser, sobald aber nur die Federn zwischen den Dunen am Unter- körper hervorkeimen, schwimmen sie sehr behende und suchen sich oft dadurch zu retten. An den Brutplätzen nimmt das lärmende Schreien der Alten kein Ende, zumal wenn sich ein Mensch dort sehen lässt; am höchsten gesteigert wird es jedoch, wenn ein Hund dabei ist, auf den sie wie wütend herabstossen und dem sie nicht selten Schnabelstösse versetzen, alles unter dem heftigsten Schreien. Wenn die Jungen nach und nach er- wachsen, fliegen und sich selbst nähren lernen, wird es an solchen Orten ruhiger, denn auch die Alten begeben sich dann weg, und in der Regel werden die eigentlichen Brutplätze im Spätjahr nur sehr wenig oder gar nicht von ihnen besucht; allein im nächsten Frühjahr kehrt die Schar um zu brüten wieder dahin zurück, und wenn ihr nicht gar zu grosse Hinder- nisse in den Weg gelegt werden, für längere Zeiträume immer wieder so. [— Eine hübsche Beobachtung über die Anhäng- lichkeit der Eltern noch an die vorjährigen Jungen teilt Nırsson (Skand. Fauna) mit. Im Sommer trifft man auf den Binnenseen der skandinavischen Gebirge meist junge Vögel von Larus canus (und argentatus). „Inzwischen pflanzen die Alten sich fort und widmen dann all ihre Sorge nur ihrer Die Sturm-Möve, Larus canus L. Nachkommenschaft von dem laufenden Jahre. Wenn diese aber gegen den Herbst zu erwachsen ist, dann finden sich auch die Jungen von dem vorhergegangenen Jahre bei den Alten wieder ein, mischen sich unter ihre dunkleren jüngeren Ge- schwister und werden jetzt wiederum von den Eltern mit ihrer Liebe umfasst. Ich habe so im Herbste aus derartig gemisch- ten Mövenscharen Junge der vorjährigen Brut herunter ge- schossen und gewöhnlich gefunden, dass, wenn alle übrigen sich flüchteten, ein oder zwei alte Vögel über den geschossenen herumschwärmend verweilten und durch Klagetöne sowie durch ihr Betragen ihre Teilnahme und Besorgtheit ausdrück- ten. Glückte es dann, auch sie zu erlegen, so waren es jedes- mal ein Männchen und ein Weibchen. Es kann also kein Zweifel darüber herrschen, dass es wirklich die Eltern der Getöteten waren.“ —|] Feinde. Man weiss, dass sie den grossen Edelfalken, auch wohl dem Seeadler zuweilen zur Beute dient und dass Füchse an manchen Orten des Nachts zu den Nestern gelangen und ihnen Eier oder Junge wegzustehlen wissen. In ihrem Gefieder wohnt die sogenannte Mövenlaus, Docophorus melanocephalus (NITZSCH) [—, sowie Docophorus lari, Docophorus platygaster, Nirmus lineolatus und Trinotum conspurca- tum; in ihrem Inneren Frlaria obvelata CREPL., Spiroptera adunca CREPL., Trichosoma contortum ÜREPL., Distomum ovatum RUD., Holostomum longicolle DUJ., Holostomum platycephalum DuJ., Hemi- stomum spathaceum DuJ., Taenia porosa RuD., Taenia lari cani RuD., Taenia microcantha KRABBE, Taenia cirrosa KRABBE, Ophryo- cotyle proteus FRIS, Ligula digramma CREPLIN, Bothriocephalus dentriticus DIES., Tetrabothrium cylindraceum Run. und Üosmo- cephalus papilosus MOLIN. —|] Jagd. Es ist schon erwähnt, dass sie bei uns viel scheuer ist als die Lachmöve, ja ich habe sie auch am gemeinsamen Brutplatze sogar vorsichtiger gefunden als die Silbermöve, und zwar an einem Orte, wo man niemals, weder nach dieser noch nach jener zu schiessen pflegt. [— Sie versteht es (nach GÄTKE) ganz vorzüglich, sich gerade ausser Schussbereich des Jägers im Boote zu halten, folgt auch durchaus nicht den als Lockmittel aufgeworfenen toten Möven, scheut sogar eher davor zurück, als dass sie sich zu einem unvorsichtigen Schritte ver- leiten liesse. —] Übrigens ist die einzelne, wie andere Möven, leicht zu erlauern, weil sie ebenso auf dem Striche, den sie über dem Wasser, nicht weit vom Ufer und dieses entlang, absucht, auch gewöhnlich bald wieder zurück kommt. Die jungen Herbstvögel halten bei uns zuweilen die Annäherung eines Kahnes aus. In rauher Jahreszeit an frequenten Fisch- plätzen oder gar wo Fischer ihre Netze aufzogen, sind diese Möven, wenn der Schütze nur ruhig den rechten Zeitpunkt abwartet, leicht zu schiessen, nämlich im Fluge; wogegen die sitzende oder schwimmende den frei sich annähernden nie zum Schusse kommen lässt. Wo freilich, wie in einsamen Gegenden des oberen Norwegen, niemals nach ihnen geschossen wird, 231 wo man ihnen nur eine kurze Zeit die Eier nimmt, aber sonst kein Leid zufügt und sie nicht stört, wo sie so zahm sind, dass sie die ihnen hingeworfenen Fleisch- oder Fischabgänge auf wenige Schritte vom Menschen in Empfang nehmen, sind bei dem Schiessen derselben besondere Vorsichtsmassregeln über- flüssig. Die flügellahm geschossene verteidigt sich heftig mit dem Schnabel und versetzt dem auf sie gehetzten Hund oft so derbe Hiebe ins Gesicht, dass er feige abzieht; es ist des- halb überhaupt nicht ratsam, einen jungen Hühnerhund bei allen Möven ohne Unterschied in solchen Fällen zuzulassen, weil er leicht feige gemacht wird oder gar Schaden an den Augen leiden könnte. Nutzen. Das unschmackhafte, obgleich oft sehr fette Fleisch dieser wie anderer Möven findet wenig Liebhaber, destomehr dagegen ihre Eier. Diese haben einen grossen, schön orangefarbenen Dotter und schmecken zwar, gleich anderen, auch etwas nach Meerwasser oder Meersalz, doch weniger als die der grösseren Arten, und sind auch zarter. Man sucht sie deshalb allent- halben gern und in Menge auf. Umsichtige Besitzer einzelner Vogelgehege sammeln sie planmässig nur etwa zwei Wochen lang, lassen die Vögel die später gelegten ungestört ausbrüten, beunruhigen sie weiter nicht, am wenigsten durch Schiessen, und sind dann sicher, dass ein solcher Brutverein im nächsten und alle Frühjahre wieder an den Ort und auf dasselbe Plätzchen zurückkehrt und ihnen ein nicht unbedeutendes Einkommen sichert; denn was sie von den Eiern nicht in der eigenen Küche verbrauchen, wird ihnen von entfernteren Liebhabern. gern und teuer genug abgekauft. . Die Federn sind zum Ausstopfen der Betten zu woran man jedoch oft nicht denkt. Sehr wohltätig werden sie dem Ackerbesitzer, vorzüglich in Marschländern, die sie am häufigsten durchstreifen, durch Wegfangen der Feldmäuse und vieler schädlicher Insekten- larven, die sie, wie auch Regenwürmer und nackte Schnecken, in grösster Menge vertilgen. Die stehenden Gewässer und den Meeresstrand reinigen sie vom Aase aller Art. Sonst beleben diese herrlichen weissen Gestalten die oft sehr einförmigen Gegenden ihres Aufenthaltes auf eine, wenigstens für den Naturfreund, sehr angenehme Weise. benutzen, Schaden. Sie verzehren allerdings eine grosse Menge kleiner Fische; da jedoch nur wilde Fischereien, namentlich das Meer, ihnen den meisten Unterhalt gewähren, wo jene im grossen Überfluss vorhanden sind, so kann man ihnen die Schädlichkeit nicht hoch anrechnen, zumal wenn manihn mit dem Nutzen zusammen- stellt, den sie dem Menschen anderweit durch ihre Nahrung leisten. Freilich geraten sie manchmal wohl auch über Brut- teiche, wo sie bei Abnahme des Wassers durch Verdunsten zuweilen tüchtig unter den kleinen Fischen aufräumen. Durch ihr vieles Schreien an den Brutorten werden sie lästig, doch minder für diejenigen, die sich daran gewöhnt haben. Die Herings-Möve, Larus fuseus L. Tafel 24. Fig. 1. Alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 25. Fig. 1. Alter Vogel im Winterkleide. Tafel 26. Fig. 1. Jugendkleid im September. Tafel 42, Fig. 11-10. Eier. Die gelbfüssige Möve, kleine Mantelmöve, kleine Heringsmöve, grosse Heringsmöve, grosse Haffmöve, Bürgermeister, Ratsherr, kleiner Schwarzmantel, (jung) braune, grosse braune, grosse graue, gefleckte Möve. [— Fremde Trivialnamen: Arabisch: Nurei, Doghäbat, Joka. Croatisch: Galeb &ukavac. Czechisch: Racel; Zlutonohr. Dänisch: Sildemaage, Maroccos. Englisch: Lesser black-backed Gull, Yello-legged Gull; auf den Schettlandsinseln: Said Fool. Färisch: Likka, Lilkeskurt, Skuri. Finnisch: Selkälokki, Haililokki, Kalalokki. Französisch: Petit Goöland 4 manteau noir, Mouette & pieds Jaunes, Mouette manteau brun, Goeland brun, Noir-manteau. Helgoländisch: Lütj Manteldräger. Holländisch: Kleine Mantelmeeuw. Italienisch: Zafferano, Zafferano mezzo-moro, Guairo, Laro fosco, Gabbiano mezzo-moro. Lettisch: Lasü rengu kaiwa, Sildemaage, Guldfötting. Polnisch: Mewa rybolöw. Portugiesisch: Gawvota, Alcatraz. Russisch: Syeldielow. Norwegisch: Schwedisch: Sillmäs, Sılmaka, Trut, Gjuse, Sillgjuse, Gjausa, Gjusa, Gjusrok, Hajgall, Svartskäve, Svartbak, Stormäge, Sillmäve, Silleslygare, Sillstimoisare, Dmägall. Slovenisch: Grahlja, Rujava Cajka, Rujava tonovsäica, Srednja Cajka, Srednja tonovscica. Gavid de mar. Ungarisch: Heringsirdly. Spanisch: Gaviota, Gavinot, Gavild, Larus fuscu. Linn6, Syst. Nat. Ed. X. p- 186 (1758). —] — Larus fuscus. Linn. Faun. suec. p. 154. — Gmel. Linn. Syst. L.2P, BoD Lath. Ind. I. p. 815. n. 8 — Retz. Faun. suee. Pr. 197:2n.,.118, S. 139. — Larus griseus. Briss. Av. VI. p- 162. n. 3. — Larus flavipes. pieds jaunes,. Temminck, Man. d’orn. 2. Edit. II. p. 767. — Gabbiano o Za Bechstein, Naturg. Deutschl. IV S. 658. — Dessen Taschenb. II. 8. 368. Vög. d. Schweiz. S. 276. n. 245. — Meyer. Vög. Liv- u. Esthlands. 8. 231. — Koch, Baier. Zool. I. 8. 373. n. 233. ' Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 747—749, — Gloger, Schles. Faun. S. 53. n. 237. — Nilsson, Orn. suee, II. p. 169. n. 216. — Benicken, Wetterauesche Ann. II. Wolf u. Meyer, Vög. Deutschl. II. Heft 18 (gute Abbildung). — Goeland & Merano mezzo-moro. Stor. deg. Uce. V. t. 532. — Savi, Orn. tose, III p. 57. — n. 2. — Wolf u. Meyer, Taschenb. I. 8. 469. — Meisner. Schinz, — Brehm, Dehrb, IL..S — Landbeck, Vög. Württembergs 8. 69. n. 244. — Horn- schuch u. Schilling, Verzeichn. pommerscher Vög. 8. 18. n. 239. — Homeyer, Vög. Pommerns. $. 68. n. 2%. — Frisch; V08.Talr2]8 — Na manns Vög. alte Ausg. III. Taf. XXXVI. Fig. 51 (Folio-Ausg.) junges Männchen im ersten Herbste, (Okt.-Ausg.) a. Jugendkleid; b. Alt im Hochzeits- kleide. — [— Larus fuscus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 971 (1866-71). — Larus fuscus. Desgl. N.-O.-Ofrik. II. p. 1382 (186974), — Larus fuscus. Wright, Larus fuscus. fuscu. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Olupeilarus fuscus. y Prosper, Av. Espaia p. 96 (1886). — Larus Fuscus. Naumann, Vög. Deutschl. IT. Ed. X. p. 419. Taf. 267 (1840). — Larus fuscus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVU (1840), — Larus fuscus. Schlegel, Rev. erit. p. CXXIV (1844), — Larus fuscus. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 176 (1860). — Larus fuseus. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 415 (1867). — Larus fuscus. Heuglin, Vög. Finl. Fogl. II. p. 604 (1873). — Larus flavipes. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p- 421. pl. 603 (1873). — Larus fuscus. Yarrell, Brit. Birds 4 Ed. II. p. 624 (1882—84). — Larus Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. X. p. 69 (1886). — Larus fuscus. Reyes Giglioli, Avif. ital. p. 431 (1886); p. 645 (1889). — Larus fuscus. Espana p. 415 (1887). — Larus fuscus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 562 (1891). fuscus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 110 (1892). — Larus fuscus. Fallon, Ois. Belg. p. 201 (1875). — Arevalo y Baca, Av. — ZLarus fuscus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 176 (1891). — Larus Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 161 (1892). — Larus fuseus. Collett, Norg. Fuglef. p. 308 (1893—94). — Larus fuscus. Reiser, Orn. bale. II. p. 200 (1894); IV. p. 147 (1896). — Larus fuscus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV p- 250 (1896) — Larus fuscus. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 40 (1899). — Larus fuscus. Dresser, Man. of Palaearetie Birds I. p. 834 (1903). —] Junger Vogel. La Muette grise. Briss. Orn. III, p. 171. n. 6. — Gabbiano guairo. Stor. des. Uce. V. tav. 535. The Herring-Gull. Penn. arct. Zool. II. p. 527. n. 452. n. 452. — Übers. II. S. 488. n. 369. S. 828. n. 8. gehört ganz gewiss nicht zu Larus fuscus, sondern zu L. argentatus, — Lath, Syn. VL p. 372. n. 3. — Übers. II. 2. wie in der Diagnose der Farbe der grossen Schwungfedern und die des Mantels (aschfarbig), sowie die Verbreitung des fraglichen Vogels und anderes mehr deutlich genug beweisen. [— Abbildungen der Eier: Thieneman n, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVIII. Fig. 4 a—£ (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 62. Fig. 2 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, I. p- 496 pl. CXXXIX Fig. III (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 319 pl. 51 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds p. 110, pl. 33 (1896). —] Kennzeichen der Art. Die Spitzen der ruhenden Flügel sind 4,7 bis 9,4 cm länger als der Schwanz. Nur wegen der grossen Flügel an- scheinend grösser als eine Nebelkrähe. Länge des schlanken Laufs wenig über 4,7 cm. [— Die wichtigsten unterscheidenden Merkmale von Zarus fuscus sind (nach SAUNDERS) der verhältnismässig lange Tarsus und der kleine zierliche Fuss. Die Farbe des Mantels und der Flügel ist in ihrer Schattierung so veränderlich 4 dass, die blassesten Exemplare von fuscus verwechselt werden könnten mit affinis, abgesehen von der bedeutenderen Grösse und den gröberen Füssen der letzteren. Die schwärzesten Exemplare der Heringsmöve finden sich auf den Färöern, in Norwegen, Ägypten und am roten Meer; die hellsten hat man vielleicht aus Schottland. Zwischen diesen äussersten Extremen ist aber Jede Abstufung vorhanden. —] Alt: Mantel schieferschwarz;, Füsse hellgelb. Die Schwung- federn stets schwarz. Beschreibung. Die Heringsmöve gehört zu der Abteilung der Schwarz- mäntel, weshalb sie sich auch leicht genug von denen mit blauem Mantel unterscheidet, aber wieder der Mantelmöve ähnlich wird, von dieser aber an der viel geringeren Grösse, an der im ganzen wie nach den einzelnen Teilen viel schlankeren Gestalt und besonders an den längeren Flügeln leicht zu unterscheiden ist; der Unterschied ist ungefähr wie zwischen Astur palumbarius und Aceipiter nmisus, oder zwischen Herodias alba und H. garzetta. "8801 "[ınyen ® poppewmog 'SAQUISIT snone]3 snıe SAaumsjueN I Snunew snıe7 zZ 'sAQwsdunon “ ® 7] snösn snie7 I a. a ne oo u a hnnan zymnen ag EEE Tann een te ee: x UNE CL UF N az PEWRART Auled) E PIYE NE ETERTTN Ehen, ak ES USE N I RT wr er 7 Een er EEE. En. , Eu - ws A (d EN Er BER er BE, Mi NE Are = en Is = a aa #5 £ oe an N Se h IN “ v IN f Y/ BR Y I a = Er 54 Den = ” 2 are en ne | N N » v: | RN N ir A Nu Zach ER N SL Y “ I EN ‚N Die Herings-Möve, Larus fuscus L. Wenn sich nun die jungen Vögel der Heringsmöve von denen der Mantelmöve nach diesen verschiedenen Ver- hältnissen auch noch leicht genug unterscheiden lassen, so wird dies dagegen viel schwerer, wenn man sie mit den Jungen der etwas grösseren und zugleich stärkeren Silber- möve vergleicht, obwohl sie auch hier noch ihr schwächerer, weniger hakenartiger Schnabel, ihre schlankeren, überhaupt kleineren Füsse und ihre längeren Flügelspitzen charakteri- sieren. Auch ist zu merken, dass, wenn gleich das erste Jugendkleid dem jener ausserordentlich ähnelt, dies bei Larus fuscus doch am Kopfe und Halse stets einen rein weisseren III ISIS IR POSINNNSIANIENTEIITII Die fünf ersten Schwungfedern von Larus fuscus ad. Grund und auf dem Mantel ausser den schärfer gezeichneten und hellfarbigen reineren Federrändern eine dunklere Grund- farbe zeigt. Beides wird an dem dem Jugendkleide folgenden Zwischenkleide noch um vieles auffallender und, genau be- trachtet, dem ersten Jugendkleide von ZL. marinus so ähnlich, als es dem von ZL. argentatus unähnlich geworden. Stellt man solche im zweiten Lebensjahre stehende Vögel von ZL. fuscus und Z. argentatus nebeneinander, so unterscheiden sie sich sehr a4) . Die fünf ersten Schwungfedern von Larus fuscus juv. leicht, da der Mantel bei ersterer bereits viel dunkler ist, dunkelbraun, mit ziemlich schmalen, nicht gezackten, beinahe weissen Kanten der etwas zugespitzten Federn. Unter den Ausländern ist unserer Heringsmöve der Larus dominicanus des Berliner Museums aus Brasilien und vom Vorgebirge der guten Hoffnung sehr nahe verwandt; diese gute Art hat bei gleicher Grösse jedoch einen weit stärkeren Schnabel, viel kürzere Flügel und einen völlig oder tief schwarzen Mantel; im Jugendkleide sind sich beide zwar noch ähnlicher, L. dominicanus aber sogleich an dem stärkeren und durchaus glänzendschwarzen Schnabel zu erkennen. — Eine Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 239 andere sehr ähnliche Art ist L. cachinnans PALLAS aus Sibirien und Arabien; der Mantel des alten Vogels dieser ist aber nicht schwarz, sondern hell schieferfarbig, eine Farbe, die zwischen der Mantelfarbe des L. fuscus und des L. argentatus gerade in der Mitte steht. Ob beiläufig dieser L. cachinnans mit L. Michahellesii identisch sei, habe ich nicht bestimmen können,t) weil der letztere dem Berliner Museum, in welchem mir, wie ich mit Dank bekennen muss, verstattet war, die Ver- gleiche mit allen übrigen Arten anzustellen, damals noch fehlte. [— Am nächsten verwandt mit der Heringsmöve ist jedoch Larus ocerdentalis, der die pazifische Küste von Nordamerika be- wohnt. —|] Die Heringsmöve hat die Grösse einer Nebelkrähe (Corvus cornix), aber weit grössere und längere Flügel, weshalb sie, zumal fliegend, viel grösser aussieht. Sie ist etwas grösser als die Polarmöve. Der Silbermöve steht sie in der Grösse bedeutend nach, und ihr Bau ist ein weit schlankerer. Sie misst in der Länge (ohne Schnabel) 47,7 bis 55 cm; in der Flugbreite 126 bis 141,5 cm; der Flügel von der Handwurzel bis zur Spitze 40,6 bis 44,7 cm; der Schwanz 13 bis 14 cm. Ihr Gewicht variiert zwischen 1 bis 2 Kilogramm. In den Ausmessungen finden sich ebenfalls auffallende individuelle Abweichungen, wie bei anderen Arten; wenn auch im all- gemeinen die kleineren weiblichen Geschlechts sind und die Männchen durch ansehnlichere Grösse sich auszeichnen, so kommen doch auch Fälle vor, wo bei gepaarten Pärchen die Länge nur um 1,2 cm, die Breite um 3 cm differiert. Ihr Gefieder ist dem der anderen Arten gleich, ihre Flügel aber sind länger als bei den ihr zunächst verwandten; wenn sie in Ruhe liegen, reichen die Spitzen derselben 6 cm, bei den Alten bis 10,5 cm über das gerade Ende des Schwanzes hinaus. Die erste Schwungfeder ist die längste; die zweite beinahe noch von derselben Länge; die dritte erst bedeutend kürzer u. S. w. Der Schnabel ist bedeutend schwächer als bei Larus argentatus und sieht schlanker aus, weil der Haken weniger lang und krumm, das Eck weniger vorstehend ist; er ähnelt daher mehr dem von ZL. leucopterus. Er ist von der Wurzel an bis über seine Mitte hinaus gerade, oben dann in den mässig gebogenen, an der Spitze die untere nur wenig über- ragenden Haken, am Kiel, wo dessen Spalte aufhört, in die schräg aufsteigende Spitze ausgehend, und das Eck nicht so stark vortretend als bei vielen anderen grossen Arten. Er ist weder sehr lang, noch auffallend stark, auch die übrigens sehr scharfen Schneiden nicht sehr eingezogen und am Oberschnabel unter der Nasenhöhle wulstig, Die Nasenlöcher öffnen sich vorn in der Nasenhöhle als ein seitlicher, 10 mm langer, vorn erweiterter, durchsichtiger Ritz. Die Länge des Schnabels ist in gerader Linie von der Stirn an 4,5 bis 5,5 cm, über dem Bogen gemessen kaum etwas mehr, vom Mundwinkel aus 6,6 bis 7,1 cm; seine Höhe an der Wurzel 13,5 bis 17,5 mm; seine Breite hier 14 bis 16,5 mm, auch wohl etwas darüber. Seine Färbung ist nach dem Alter verschieden; er ist nie ganz schwarz, in der Jugend an der Wurzelhälfte der Unterkinnlade, auch etwas an der oberen, an den Mundwinkeln, an Zunge und Rachen fleisch- farbig, die vordere Schnabelhälfte mattschwarz oder schwarz- grau. später zieht sich das Schwarze mehr nach der Spitze, und der hintere Teil wird rötlichgelb, so auch, aber blasser, derinnere Schnabel; dann wird er wachsgelb, am Eck zeigt sich Rotes, hier oder auf dem Haken nur noch ein kleiner schwarzer Strich oder Fleck, und inwendig ist alles gelb; endlich, nachdem alles Schwarze verschwunden, ist er hochgelb (königsgelb), über dem Eck ein rundlicher Fleck hochrot (zinnober), die Mundwinkel orangerot, der ganze innere Schnabel, Zunge und Rachen etwas blasser oder auch bloss hochgelb, so bei alten Vögeln namentlich im Herbst, und orangegelb, besonders im Frühjahr. 1) Dies ist der Fall. J. R. 30 254 Im toten und ausgetrockneten Zustande werden jene Farben alle blasser und schmutziger, an jüngeren Vögeln hinten hell hornfarbig, vorn matt schwarzbraun, und an den alten wird das Gelb eine blasse gelbe Wachsfarbe, der rote Fleck matt orangerot u. s. w. Das Auge hat nackte, in der Jugend fleischfarbige, dann gelbliche, im Alter orangefarbige oder gelbrote Augenlider, und die Iris ist anfänglich dunkelbraun, wird dann gelb- braun, licht braungelb und endlich nach mehreren Jahren rein schwefelgelb. Die Füsse sind schlank, schön gestaltet, die Läufe ver- hältnismässig höher als bei L. argentatus, die Zehen aber auch kürzer, die Hinterzehe klein und ziemlich hochstehend, im übrigen diesen ähnlich; ihr Überzug vorn am Laufe gross, hinten klein geschildert, die Zehenrücken mit schmalen Schildern, die vollen Schwimmhäute schwach netzartig, die Zehensohlen flachwarzig; die Krallen nicht gross, schwach gebogen, oben rund, unten etwas ausgehöhlt, die mittelste mit vorstehender Innenschneide. Die Nacktheit des Unterschenkels ist 2 bis 2,5 cm lang, der Lauf 5,5 bis 6,3 cm, die Mittelzehe mit der 8 bis 10 mm langen Kralle 5,1 bis 5,6 cm, und die Hinter- zehe mit der 4 bis 6 mm langen Kralle 8 bis 10 mm lang. Die Farbe der Füsse ist in der Jugend ein rötliches Weiss, das sich später gelblich färbt, bei den Alten ein schönes Hochgelb, nur etwas lichter als am Schnabel wird. Die Krallen sind hornschwarz, bei jüngeren mit hell horn- farbigen Spitzen. Die Färbung der Füsse wird, wie bei allen ähnlichen, im ausgetrockneten Zustande ein bleiches Horn- braun oder Horngrau, an denen alter Vögel Horngelb oder ein schmutziges Hellgelb. Das Dunenkleid ist nirgends beschrieben und auch mir nicht bekannt. [— Es besteht nach SELBY aus grauen und braunen Dunen, verschwindet aber sehr schnell durch Hervor- sprossen der Federn. —|] Das erste Jugendkleid hat gleich im Anfange mehr Ähnlichkeit mit dem der Silbermöve als später, wo es sich durch die viel dunklere Färbung des Mantels und überhaupt durch eine dunklere Fleckenfarbe anderer Teile weit auf- fallender unterscheidet. Im September, wenn sie als völlig erwachsen zu betrachten ist, hat diese junge Möve einen vorn grauschwarzen, hinten, besonders unterwärts, blass fleisch- farbigen Schnabel mit licht hornfarbiger Spitze, einen tief braunen Augenstern, fleischgraue Augenlider und schmutzig rötlichweisse Füsse. Vor dem Auge steht ein aus nackten schwarzen Federschäften gebildetes mondförmiges Fleckchen; die Kehle ist rein weiss; Kopf und Hals trübe weiss, mit schmalen dunkelbraungrauen Schaftflecken oder mit dieser Farbe gestrichelt, auf der Gurgel am wenigsten; alle unteren Körperteile weiss, braungrau gefleckt, weniger dicht als bei ähnlichen Arten, an der unteren Schwanzdecke bänderartig; Rücken, Schultern, Flügeldeckfedern und hintere Schwung- federn schwärzlichgraubraun, mit gelbgraulichweissen Feder- kanten, die an den kleinen Flügeldeckfedern ganz schmal, an den grössten und den Schwungfedern dritter Ordnung aber an den Seiten gezackt sind und mehr ins Rostgrauliche ziehen, an deren Enden aber breiter und weisser sind; die grossen Schwungfedern, überhaupt der ganze Fittig, schwarz, an den Federwurzeln etwas grau, von jenen die kürzeren mit weissen Endsäumen, die am breitesten werden, wo sie sich den mehr braunen Sekundärschwingen anschliessen. Die unteren Flügel- deckfedern sind weiss, braungrau gefleckt, die Schwingen unten glänzend schwarzgrau. Bürzel und obere Schwanzdecke sind weiss, mit wenig dichtstehenden, am ersteren kleineren, an der letzteren etwas bänderartigen, schwarzbraunen Flecken; der Schwanz weiss, an der Wurzelhälfte mehr oder weniger schwarz gefleckt und schräg gebändert, an der Endhälfte meist ganz schwarz, nur die äusseren Federn von der Kante aus weiss gefleckt, alle aber mit einer weissen Endkante. Wenn sie dies Kleid ein paar Monate getragen haben, wird es durch Reibungen und den Einfluss der Witterung etwas Die Herings-Möve, Larus fuscus L. verändert, die Federkanten des Mantels reiben sich nämlich an den Seiten der Federn mehr ab als an der Spitze, weil der Schaft hier mehr Widerstand leistet, werden daher zu- gespitzter, und ihre schwache Färbung wird bleicher oder weisslicher. Den Jungen der Silbermöve gegenüber sehen sie diesen nun weit unähnlicher als früher, ihr Kolorit ist aber dadurch denen der Mantelmöve um so ähnlicher geworden. Sie tragen dies Kleid, das auch am Kopfe, Halse und an den unteren Teilen weisser geworden, bis in den nächsten Früh- ling oder bis sie fast ein Jahr alt geworden, wo die erste Mauser beginnt, den Sommer hindurch dauert und erst gegen Ende des Septembers oder im zweiten Herbst ihres Lebens vollendet wird. Diese giebt ihnen ein dem ersten ähnlich ge- färbtes Zwischenkleid, das sich nur in einzelnen Teilen unterscheidet. In diesem, worin der Vogel seinen zweiten Herbst und Winter verlebt und das er in seinem dritten Frühling mit einem anderen zu vertauschen anfängt, ist der Schnabel nach vorn weniger, aber dunkler schwarz, nach hinten gelblich- Hleischfarben, der Augenstern gelbbraun, das Augenlid und die Füsse gelblichfleischfarbig; Kopf, Hals und alle unteren Teile des Vogels sind viel weisser; auf rein weissem Grunde stehen auf dem Scheitel, an den Kopf- und Halsseiten viel weniger und viel schmälere graubraune Schaftstriche, die nur am Genick und Nacken stärkere Längsfleckchen bilden; an der Brust, besonders an deren Seiten, blicken überall dunkelbraun- graue, verschieden gestaltete, meist zugespitzte Flecke aus dem Weiss hervor, aber auch weniger zahlreich als am Jugend- kleide; die weissen Unterschwanzdeckfedern haben einzelne, meist unterbrochene, schwarzbraune Bänder. Der Mantel ist dagegen dunkler als an jenem, matt schwarzbraun, mit un- gezackten, eben nicht breiten, schmutzig rostgelblichweissen Federkanten, die auf dem Flügel längs der Armknochen fast ganz fehlen, an den Seiten der grössten Deckfedern und den Tertiärschwingen aber gezackt und bräunlicher sind. Das übrige des Flügels, Bürzels und Schwanzes ist wie in jenem, aber die weisse und schwarze Zeichnung des letzteren ist überhaupt in beiden Kleidern individuell ungemein verschieden, bald mit mehr, bald mit weniger Schwarz und dieses mit jenem auf sehr verschiedene Weise zusammengestellt, doch sind diese Zeichnungen meistens ziemlich grobe. Alle individuellen kleinen Verschiedenheiten in Farbe und Zeichnung beziehen sich nicht auf das Geschlecht; Männchen und Weibchen unterscheiden sich bloss in der Grösse, worin nämlich dieses jenem stets etwas nachsteht, gewöhnlich auch einen schwächeren Schnabel hat, überhaupt schwächlicher aus- sieht. Im Laufe der Zeit reiben sich die Kanten der bei dieser Art überhaupt spitzeren Rücken- und Schulterfedern bedeutend ab, und diese schmäleren Säume machen, dass bei vielen Individuen dann der Mantel viel dunkler erscheint. Ihre zweite Mauser im dritten Herbst ihres Lebens bringt ihnen endlich ein Kleid, das sich nur wenig vom völlig ausgefärbten unterscheidet; da aber diese Mauser bei manchen sehr langsam fortschreitet und mit einer Frühlingsmauser ver- schmolzen sogar bis durch den nächsten Sommer dauern kann, mithin ihnen in der Fortpflanzungszeit ein sehr gemischtes Kleid giebt, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass sie sich in diesem Alter noch nicht fortpflanzen. Von solchen wurden unter drei Stück dieser Art zwei, Männchen und Weibchen, am 21. Juni 1826 hier erlegt, die ich frisch erhielt. Sie trugen beide, das Weibchen mehr als das Männchen, noch viele Über- bleibsel jenes Zwischenkleides, besonders am Unterkörper und unter den Flügeln braungraugefleckte Federn zwischen den neuen weissen, auf dem Mantel sehr abgeschossene und ab- geriebene braune, hellgesäumte zwischen den neuen schiefer- schwarzen Federn, das Weibchen auch an den Seiten der Brust noch einige alte braun bespritzte und teilweis gefleckte zwischen den neuen. Ausserdem waren bei beiden manche Schwanzfedern, besonders auf den Innenfahnen, schwarz be- spritzt, die übrigen rein weiss, und diese wie jene schienen aus Die Herings-Möve, Larus fuscus L. derselben Mauser vom Herbst her zu sein; denn dass die Mauser dieser Individuen zur Herbstzeit begonnen und weit vorgerückt sein musste, zeigten die schieferschwarzen neuen Federn (bei weitem die Mehrzahl) des Mantels, an welchen schon durch das längere Tragen jener schieferfarbige Duft, den sie gleich nach der Mauser haben, verloren gegangen war, und die jetzt deshalb schon mehr braunschwarz aussahen. Demnach hatte doch wohl die Hauptmauser im Herbst statt- gehabt, wäre aber durch den Winter und das Frühjahr im Gange geblieben bis gegen das Ende des Juni, und da sie hier noch nicht beendet war, wäre dieses vielleicht erst im September geschehen, wo bereits wieder eine neue beginnen sollte. Diese beiden Individuen möchten allerdings wohl zu den Ausnahmen zu zählen sein, beweisen aber, wie wenig sich bei dem Mausern der jugendlichen Möven die Zeit des eigentlichen Federwechsels nach Regeln bestimmen lässt. Eigentlich soll die Mauser, in der sie das graubunte jugendliche Gewand ablegen und mit dem einfacheren, dem der Alten ähnlichen vertauschen, im dritten Herbste ihres Lebens stattfinden und ihnen zum ersten Male ein Winter- kleid geben, das vom nächstfolgenden Sommerkleide sich nur durch die braungrauen schmalen Schaftstriche an den Federn des Scheitels, der Wangen, des Hinterhalses und der Halsseiten unterscheidet, während ausser dem schieferschwarzen Mantel, den schwarzen Fittich- und einigen schwarz bespritzten Schwanzfedern alles übrige Gefieder weiss ist, Schnabel und Füsse sich schön gelb, der Augenstern braungelb gefärbt haben, am Schnabeieck sich der hochrote Fleck zeigt, die Gegend der Schnabelspitze aber noch nicht alles Schwarz abgelegt hat. Ist alles in der Regel, so tritt bei diesen jungen Möven im März ihres nun ziemlich vollendeten dritten Lebensjahres die Frühlingsmauser ein, in der sie die braungrau gestreiften Federn am Kopfe und Halse verlieren und rein weisse dafür bekommen. Ihr Schnabel ist dann hochgelb mit hochrotem Eckfleck, neben oder in diesem, oder auch nur auf dem oberen Haken, mit einem kleinen schwarzen Fleckchen; die Mund- winkel und Augenlidränder hoch orangefarbig; der Augenstern hell bräunlichgelb; der Rachen und die Füsse hochgelb. Der Mantel ist dann schieferschwarz; die Primärschwingen echt schwarz, die vorderste mit einer weissen Stelle vor der Spitze,!) alle mit weissem Endsaum, der an den kürzeren immer breiter, nach und nach zur weissen Spitze wird, und diese immer grösser sich an die grossen weissen Enden der Sekundär- schwingen anschliesst, wobei diese ein weisses Band quer durch den ruhenden Flügel bilden. Kopf und Hals, das Flügelrändchen und alles übrige Gefieder ist rein weiss, nur einige Schwanz- federn sind, besonders auf den inneren Fahnen, schwarz be- spritzt und punktiert. Solche, bei denen diese beiden letzten Mausern zur rechten Zeit vollständig stattfanden, die sich also im März oder April ihres dritten Lebensjahres in dem eben beschriebenen Kleide befinden, paaren sich und nisten in diesem ihrem dritten Lebensfrühlinge. Ist der Federwechsel aber unvollständig und bis in diese Periode unvollendet, wie es bei vielen vorkommt, so werden sie erst im folgenden Jahr zeugungsfähig. Das Winterkleid der Alten, das sie vom vierten Herbst an in einer über sämtliches Gefieder ausgedehnten Mauser (der Hauptmauser) erhalten und das nun alle Jahr in derselben so wiederkehrt bis an ihr Lebensende, sieht folgendergestalt aus: Der Schnabel hat vorn nun alle schwarzen Fleckchen verloren, ist nebst den Füssen schöner gelb und auch der Augenstern rein schwefelgelb geworden; vor dem Auge steht ein kleines schwärzliches Fleckchen; auf dem Kopfe, den Wangen, Halsseiten und dem Hinterhalse braungraue Schaft- striche, übrigens ist alles rein und blendend weiss, bis auf den Mantel und Fittich; jener schön schieferschwarz oder schwarz, mit schieferfarbigem Duft bedeckt, die grössten Schulterfedern, !) Bei dem obenerwähnten Pärchen fehlte dieser weisse Fleck dem Weibehen. Ob dies bei allen Weibchen dieses Alters immer so sei, habe ich nicht erforschen können. Naum. 235 die längsten Tertiär- und Sekundärschwingen mit weissen Spitzen; diese echt schwarz, die vorderste Primärschwinge nahe an der schwarzen, fein weiss gesäumten Spitze mit einem quer durchgehenden 2,3 cm langen weissen Fleck, die zweite an derselben Stelle mit einem eben solchen, doch nicht von einer Kante zur anderen reichenden und auch viel kleineren weissen Fleck, der oft auch nur ganz schwach angedeutet oder sehr klein ist, aber selten ganz fehlt; die folgenden bloss mit weissem Endsaum, der an den kürzeren immer breiter und an den letzten dieser Ordnung zur grossen weissen Spitze wird, die sich noch breiter und reiner an den Enden der Sekundärschwingen fortsetzt und als weisses Band auf dem zusammengelegten Flügel vorn und hinten am meisten sichtbar sind; die Fittichdeckfedern und die des Daumens schwarz; das Flügelrändchen und sämtliche Deckfedern der Unterseite des Flügels schneeweiss; die Schwingen unten glänzend dunkel- grau, spitzewärts grauschwarz, mit der weissen Zeichnung von oben; der Schwanz rein weiss. Im darauffolgenden Frühjahr, meistens im März und April, legen sie ihr vollkommenes Sommerkleid an, wobei sie die braungrau gestrichelten Federn am Kopfe und Halse mit rein weissen vertauschen, während sich am übrigen Gefieder keine >pur eines Federweclisels zeigt, vom schwarzen Mantel aber der schieferfarbene Duft bereits merklich abgerieben ist, „doch lange nicht so sehr, wie es noch im Laufe der folgenden Monate geschieht. Flügel und Schwanz sind unverändert, weil die Federn dieselben bleiben, nur an den längsten Schwung- federn sind durch Abreiben die weissen Spitzensäume etwas schmaler geworden. In diesem Prachtkleide ist nun der Schnabel lebhaft hochgelb oder königsgelb, ohne alles Schwarz an der Spitze, aber mit rein korallenrotem Fleck am Eck des Unterschnabels und glühend orangeroten Mundwinkeln, der innere Schnabel, Zunge und Rachen orangegelb; das nackte Augenlid wie der Mundwinkel; die Iris schön schwefelgelb; die Füsse rein hochgelb; Kopf, Hals, Brust, Bauch, Bürzel, der Schwanz mit seiner oberen und unteren Decke, das Flügel- rändchen und die Unterflügeldeckfedern fleckenlos und blendend weiss; der Mantel schieferschwarz, wenig dunkler als im Herbst, der Vorderflügel schwarz und mit den weissen Abzeichen wie im obenbeschriebenen Winterkleide. Durch die Fortpflanzungszeit und den Sommer bis gegen eine neue Herbstmauser verändert sich das Schieferschwarz in Braunschwarz von matter Anlage, sodass es im August wohl Aschgraubraun (fuscus) genannt werden kann; das Schwarz der Schwingen wird auch fahler, und von den längsten der ersten Ordnung reiben sich die weissen Endsäume fast ganz ab, wobei auch das weisse Gefieder viel von seiner ursprüng- lichen Reinheit verliert. Diese Veränderungen am Gefieder durch Abreiben und den Einfluss der Witterung sind kaum bei einer anderen Mövenart so auffallend wie bei dieser. Zwischen Männchen und Weibchen gleich alter Vögel dieser Art ist kein Unterschied am Gefieder, bloss in der Grösse ein oft sehr geringer. Das stets etwas kleinere Weibchen hat gewöhnlich auch einen schwächlicheren Schnabel und schwächlichere Füsse; oft ist aber auch dieses nur individuell. Die Zeit der Mauser ist oben schon angegeben. Erstere ist eben so unregelmässig wie bei anderen Möven und macht, dass man fast zu allen Jahreszeiten mausernde Individuen an- trifft. Grossen Anteil mag hieran auch wohl der Umstand haben, dass viele Alte durch Wegnehmen der ersten Eier oft zu sehr verspäteten Bruten gezwungen werden. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom Mai aus Norwegen, ein ebensolcher vom November aus England und ein junger Vogel vom September aus Schottland, sämtlich befindlich im Tring-Museum. —] Aufenthalt. Die Heringsmöve gehört dem Norden von Europa an, [— ist aber ostwärts von dor Dwina (wo das Gebiet der von L. affinis 30* 236 beginnt) noch nicht angetroffen; überhaupt ist sie lange nicht —] so verbreitet, als man früher, wo sie mit anderen schwarz- bemantelten Arten gar häufig verwechselt wurde, wohl glaubte. Die Küste von Norwegen bis in den Polarkreis hinauf scheint einer ihrer häufigsten Wohnsitze, und sie kommt dort allent- halben in grossen Scharen vor. An der Küste von Schweden und Finland!) ist sie weit weniger häufig, noch weniger am nördlichen Gestade Dänemarks und an den deutschen Küsten der Ostsee, wo sie im Herbst und Winter eigentlich wohl nicht selten ist, hat man sie nirgends nistend angetroffen. Ob es wahr sei, dass sie auf dem Kaspischen undSchwarzen Meer vorkomme, lassen wir dahingestellt. [— Den nördlichen Teil des Kaspischen Sees und die Ostufer des Schwarzen Meeres besucht sie, allerdings sehr selten. —] Auf Island und in Grönland kommt sie nicht vor, obgleich sie die norwegische Küste unter gleicher Breite und höher hinauf sehr häufig bewohnt. Erst von den Färöern an, wo jedoch nicht viele wohnen, ist sie auf den Shetlands, den Orcaden, Hebriden und vielen kleinen Inseln an den Küsten von Schott- land, des nördlichen [— und westlichen —] England undIrland in vielen Strichen ziemlich gemein. Wenn die Fortpflanzungs- geschäfte beendet sind, streicht sie südlicher und kommt dann, be- sonders im Verfolgen grosser Fischzüge, an die Küsten Deutsch- lands, Hollands, Frankreichs, Spaniens und Portugals, auch bis ins Mittelländische Meer [— und hier bis an die nord- afrikanische Küste, —] ist aber doch ohne Vergleich seltener an denen des südlichen Frankreich und Italiens als stellenweise an denen der Nordsee und des Atlantischen Meeres. [— Sie besucht im Winter Madeira, die Kanarischen Inseln, die Küste von Senegambien und die Nigermündung; ferner Ägypten, Nubien, das Rote Meer (an dem sie sogar ständig vertreten sein soll) und den Golf von Aden, sowie den persischen Meerbusen. Von FISCHER, EMIN und NEUMANN wurde sie im Deengebiet Deutsch - Ostafrikas mehrfach angetroffen. —| In srösster Anzahl folgt sie gewöhnlich den Heringszügen bis in die Buchten und Flussmündungen und erscheint dann namentlich vor der Elbe, auch vor der Weser nicht selten in grossen Schwärmen. Oft verfliegen sich sowohl zu dieser als anderen Zeiten einzelne, seltener kleine Gesellschaften auch land- einwärts in das Innere von Deutschland bis in die Schweiz, wo man sie auf dem Bodensee und anderen, auf dem Rhein, Main, der Fulda, Weser, Elbe, Oder, oder auf Landseen und anderen Gewässern antraf und so einzelne in allen Gegenden Deutschlands erlegte.e Auch am salzigen See im Mans- feldischen war dies einigemal der Fall, und das eine Mal wurden dort (am 13. Oktober 1831) sogar elf Stück beisammen gesehen. Eine einzelne wurde auch von uns an einem Feld- teiche erlegt; drei andere sind schon oben erwähnt. Unter den grossen Mövenarten verfliegt sich diese noch am häufigsten bis ins mittlere und südliche Deutschland, ob- wohl sie nicht zu den an Individuen sehr reichen gehört, darin wenigstens von manchen anderen, wie von L. argentatus, L. canus, R. tridactyla und L. ridibundus übertroffen wird, weil sie, wenngleich an manchen Orten fast in eben solcher Zahl beisammen, doch lange nicht in so vielen Erdgegenden an- getroffen wird. Sie verirrt sich auch im ausgefärbten Kleide und als alter Vogel viel öfter bis zu uns als eine der übrigen grossen Arten, von denen in der Mitte des Festlandes sich fast nie andere als einzelne junge Vögel zeigen. Ausser den oben erwähnten drei Individuen im fast rein ausgefärbten Kleide, die in hiesiger Gegend am 21. Juni vorkamen, sowie hin und wieder einem einzelnen erzählt MEYER (im Taschenb. II. S. 470), dass sich einst am 28. Mai ein grosser Trupp lauter alter Vögel bei Hanau auf einer Maininsel niederliess. ‘) Nach SAnDMAN ist sie jedoch nebst L. canus die am häufigsten vorkommende Larus-Art auf den längs der Küsten im offenen Meere ge- legenen, oft kahlen Inseln. Im Finnischen und Bottnischen Meerbusen ist sie überall sehr häufig und nistet auf geeigneten Plätzen da in nicht un- ansehnlichen Kolonien. Auch an den grösseren Binnenseen Finlands bis zum 65. Grad nördlicher Breite kommt sie nebst L. canus vor und nistet da regelmässig. J. R. u Die Herings-Möve, Larus fuscus L. Sie ist mehr Strich- als Zugvogel, begiebt sich nach vollbrachten Fortpflanzungsgeschäften aus den hochnordischen Gegenden in mildere, teils in Scharen, teils einzeln, und folgt auf ihren Wanderungen besonders den Zügen der Robben und grossen Raubfische, welche die Scharen kleiner Fische aus der Tiefe gegen eie Oberfläche des Meeres aufscheuchen und vor sich hertreiben, zum bequemen Fange der Möven. Namentlich sind es die von Norden nach Süden streichenden unermesslichen Züge der Heringe, denen sie bis an die deutschen Küsten folgt. Die jungen und jüngeren Möven dieser Art treiben sich jedoch zu allen Zeiten einzeln an dem Gestade der ÖOst- und Nordsee herum und streifen von da auch tiefer landeinwärts, bis zu uns und weiter, wo sie zu allen Jahreszeiten vorkommen. Diese halten demnach noch viel weniger eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Strich bei diesen Ausflügen, als die Alten, die doch fast ohne Aus- nahme ihre Sommerwohnsitze verlassen und erst mit dem nächsten Frübjahr dahin zurückkehren. Sie ist ebenfalls Seevogel und lebt zu allen Zeiten vorzugsweise am Meer, wo sie es haben kann, sogar am liebsten auf den am weitesten vom Strande entfernten Inseln und Klippen. Ihre Brutplätze liegen daher stets dicht am Meer oder werden von ihm umspült!.) Seltener wohnt sie im Hintergrunde weiter und tiefin das Land eingreifender Buchten, wo sie den kürzesten Weg von diesen zur See oft über Land streichen muss. Dies thut sie überhaupt mehr als manche andere, fliegt nicht bloss bei stürmischer Witterung, sondern auch bei gutem Wetter Meilen weit vom Wohnsitze im Lande an kleineren Gewässern oder auf Feldern und Wiesen umher, und gleicht hierin der Sturmmöve mehr als anderen grossen Arten. Dies ist auch Ursache, dass sie sich viel öfter als eine von diesen weit auf das feste Land verfliegt. Sie scheut hierbei auch die Nähe von Bäumen und Gebüsch wenig; nur zusammenhängenden Wald überfliegt sie in grosser Höhe. Ein flacher sandiger Strand scheint ihr weniger zuzusagen als ein hohes Gestade, und sie bewohnt in der Brutzeit vor- züglich hohe Inseln und Klippen. Eigenschaften. Auch die Heringsmöve in ihrem frischen Prachtgefieder mit den prächtig gefärbten nackten Teilen giebt an einfacher Schönheit einer anderen Art dieser Gattung nichts nach. Der schwarze Mantel unterscheidet sie schon in der Ferne von den Blaumänteln, ihre viel schlankere und kleinere Gestalt, die längeren Flügel und in der Nähe die gelben Füsse von Larus marinus. Die noch im Jugendkleide befindlichen unter- scheiden sich auch schon in ziemlicher Entfernung durch ihre schlankere Gestalt und den dunkleren Mantel von denen der Silbermöve. In grosser Ferne hat die fliegende, der langen, schmalen Flügel wegen, viele Ähnlichkeit mit der Sturmmöve, zumal ihre leichten Bewegungen ganz denen dieser gleichen. In ihrer Stellung, stehend und gehend, ist sie den andern Arten gleich; dem Kennerblick fallen aber auch hier die schlankere Gestalt und die längeren Flügel auf. Sie steht oft am Strande, besonders auf schmalen Landzungen, um aus- zuruhen, stellt sich nicht selten bis an die Fersen ins Wasser, wandelt aber auch oft auf dem Trockenen einher, auf Wiesen, Viehweiden und Äckern. Zuweilen ruht sie auch schwimmend auf dem Wasser, selbst bei ziemlichem Wellengange, auf kleinen Gewässern aber meistens weit vom Ufer. Ihr Flug ist sehr schön, leicht, reich an zierlichen Wendungen, sehr abwechselnd und einer der anmutigsten unter denen der grösseren Mövenarten. Die Flügelschläge folgen einander zwar auch nicht sehr schnell, doch mit ungemeiner Leichtigkeit, und alle Veränderungen werden behender aus- geführt. Sie schwebt auch oft, beschreibt schöne Kreise, wenn sie hoch aufsteigen oder aus der Höhe sich herablassen will, !) JOURDAIN kennt jedoch in Grossbritannien viele Brutplätze im Moor, entfernt von der See. Erst dieses Jahr (1903) fand er in Wales gegen 50 Paare 10 englische Meilen von der See entfernt brüten. J. R. Di» Herings-Möve, Larus fuscus L. schiesst auch in einem Bogen ab und auf und wechselt da- zwischen mit mancherlei unerwarteten Schwenkungen. Auf dem Meere fliegt sie oft so dicht über den Wogen, dass sie sich immerwährend in auf- und absteigenden Bogen heben und senken muss, weil sie sonst von den Spitzen der Wellen erreicht werden würde. Auch über Land fliegt sie gewöhnlich nicht hoch, selten über Schusshöhe, nur wo sie über Wälder und Gebirge muss, zieht sie sehr hoch durch die Lüfte. Sie ist zwar vorsichtig und klug genug, nicht jedem Menschen zu trauen, doch viel weniger scheu als andere grosse Arten. Wenn auch die sitzende oder schwimmende nicht schussmässig aushält, so kommt doch die fliegende gar oft in die Nähe des Menschen, ja an ihren gewöhnlichen und solchen Aufenthaltsorten, wo selten feindselig gegen sie ver- fahren wurde, kann sie so zutraulich werden wie die Sturm- möve. selbst da, wo sie fremd ist, kommt sie, wie aus einer Art Neugier, nicht selten ganz nahe an dem frei dastehenden Menschen vorüber geflogen. Fast alle, die, so lange ich denken kann, in hiesiger Gegend erlegt wurden, sowohl auf dem Felde als am Wasser, kamen auf diese Weise in die Gewalt des Schützen, zumal wenn er, sobald er sie von fernher auf sich zukommen sah, zwar frei, aber unbeweglich stehen blieb. Ein Fehlschuss reizte sie nicht selten, noch näher zu kommen. Sie ist viel lebhafter als Larus argentatus und marinus aber ebenso gesellig als erstere, hält sich daher, wenn sie das Jugendkleid abgelegt hat, in grösseren oder kleineren Gesellschaften zusammen; denn die einzeln herumschwärmenden sind meistens junge Vögel. Im oberen Norwegen giebt es ebenso zahlreiche Vereine wie von der Silbermöve. Solche dulden zwar andere Arten in der nächsten Nachbarschaft, aber nicht unter sich gemischt, wenigstens am Brutorte nicht, wogegen einzelne anderwärts zwischen anderen, besonders Sturm- oder Lachmöven, oft angetroffen werden und sich sut mit ihnen vertragen. An reichen Fischplätzen sind oft mehrere Arten, gross und klein, untereinander gemischt und die Heringsmöven da, wo eben die Netze aufgezogen oder gefangene Fische zum Trocknen oder Einsalzen zubereitet und die Abgänge weggeworfen werden, nicht die letzten Teil- nehmer und hierbei so dummdreist, dass nicht selten einige ‘ der zudringlichsten von den Fischern mit dem Ruder oder einer Stange erreicht und erschlagen werden. Ihre Stimme ähnelt der der Mantelmöve sehr, nur stösst sie ihr heiseres Agag, agagag in einem höheren Tone aus; so auch bei der ähnlichen, aber doch leicht zu unterscheidenden Hauptstimme. Die vereinzelten, namentlich junge Vögel, lassen selten einen Laut hören. An den Nistorten sollen die Alten zwar viel häufiger als sonst schreien, jedoch auch dort lange nicht so viel Lärm machen wie die kleineren Mövenarten. Nahrung. Diese besteht hauptsächlich in Fischen, in lebenden und toten, auch in Würmern, besonders Regenwürmern, Insekten- larven, Käfern und anderen Insekten. Fische mögen wohl ihre Hauptnahrung sein. Sie fängt sie, wo sie nahe an die Oberfläche des Wassers kommen, durch Stosstauchen, worin sie grosse Gewandtheit besitzt, dabei aber nie ganz untertaucht. Hoch oder niedrig über dem Wasser fliegend oder schwebend, erspäht ihr scharfes Auge den hochgehenden Fisch, auf den sie meistens in einem Bogen herab und mit Kopf und Hals durch das Wasser fährt, ihn mit dem Schnabel ergreift und alsbald verschlingt. Sie fischt vorzüglich da am glücklichsten, wo grosse Raubfische oder Seehunde die kleinen Fische gegen die Oberfläche auf- scheuchen oder wo die dichten Züge dieser, wie bei den Heringen, bis an die Oberfläche des Wassers heraufreichen. Sie folgt daher den Zügen der letzteren unaufhörlich, weil es hier beständig etwas für sie zu fangen giebt, und kann hand- lange Heringe verschlingen, liebt aber vorzüglich die kleineren Arten dieser Gattung, weil ihr grosse, die sie nur stückweise verschlingen könnte, zu viele Mühe machen. Entdeckt eine 237 einzelne einen solchen Fischschwarm an der kribbelnden Be- wegung der Wasserfläche, so ruft ihr Freudengeschrei bald mehrere herbei. Auf die dichten Heringsscharen lässt sie sich manchmal eine Minute lang nieder, zumal wo sie schon von einem umstellten Garn aufgehalten werden, schnappt da fort- während um sich, bis sie Magen und Schlund völlig angefüllt hat, sodass manche in kürzester Zeit 6 bis 8 spannenlange Heringe verschlingt, ehe ihre Fressgier vorderhand gestillt scheint, was aber, da sie sehr schnell verdaut, gar nicht lange vorhält. Sie gehört überhaupt unter die gierigsten und heiss- hungerigsten ihrer Gattung, die eine sucht der anderen immer den Bissen vor dem Schnabel wegzuschnappen, und das Ge- tümmel und Durcheinander in einer solchen Schar über einem Fischzuge ist unbeschreiblich. Wenn die Fischer das mit Heringen angefüllte Netz aufziehen, werden diese Möven so unverschämt, so verwegen, dass sie die Fische ganz in der Nähe jener wegstehlen, und kein Verscheuchungsmittel kann sie davon vertreiben. Wo Fische zum Trocknen oder Ein- salzen zubereitet und die Abgänge weggeworfen werden, schnappen sie diese oft dicht vor den Füssen der Leute weg. Wo sie einzeln umherschwärmen, haben sie gewöhnlich ihren Strich nicht weit vom Strande, auf welchem sie immer diesem entlang fliegen und nach einiger Zeit auf demselben zurückkehren, im langsamen Fluge, den spähenden Blick auf das Wasser gesenkt, das ihnen immer etwas, wenn auch nur ein Insekt, ein totes Fischchen oder sonst ein schwimmendes Aas bietet. Tote Vögel, die auf dem Wasser schwimmen, packt sie auch an und verschlingt kleine samt allen Federn. Wo sie auf Landseen oder Teiche kommt, umkreist sie diese in der Nähe des Ufers gewöhnlich auch so lange, bis sie sich völlig gesättigt hat. Von ihren Nistplätzen schwärmen von Zeit zu Zeit grosse oder kleinere Haufen unter vielem Lärm weit über Land nach Wiesen und Äckern, besonders solchen, wo eben gepflügt wird, laufen hier herum wie Krähen, fangen Mäuse, Heu- schrecken, Käfer oder lesen Regenwürmer und Engerlinge aus den frischen Furchen anf. Hier sind sie oft mit den Sturmmöven in gleicher Absicht vereint. Auch die, welche sich bis in die Mitte von Deutschland verflogen und hier er- legt wurden, hatten oft Überbleibsel von Feldmäusen oder Landkäfern im Magen; bei den zwei oben erwähnten, in hiesiger Gegend geschossenen, enthielt er viele Reste von Scarabaeus stercorarius und Se. vernalis, bei einer anderen bloss Vogelfedern, wie von einer Lerche. Ob sie in der Nähe ihrer Brutplätze die Nester anderer kleiner Strandvögel plündere, ist mir nicht bekannt'!), wohl aber, dass sie oft die gemachte Beute an die mit vereinten Kräften sie verfolgenden Raubmöven abgeben muss. Fortpflanzung. Die Heringsmöve hat ihre Brutplätze in den oben beim Sommeraufenthalt angegebenen Gegenden, namentlich sehr häufig an der Küste von Norwegen bis unter den Polarkreis hinauf. An den Küsten der britischen Inseln scheinen die Farninseln, nächst der Küste von Northumberland, [— sowie Cumberland, Wales, Cornwell und Devon —| ihre südlichsten Brutplätze zu sein. Wenige und nur schwach besetzte Nistplätze sollen auch an der Südküste von Schweden vorkommen. [— Dagegen sind auch Brutplätze an den Küsten von Frankreich, Spanien, an den Ufern des Mittelmeeres, des Schwarzen und Roten Meeres bekannt. —) Es sind dies meistens hoch über das Meer erhabene Gestade, häufig breite Absätze auf schroffen Felsen, aber auch zuweilen die srüne Plattform hoher Inseln und dann nicht in unmittelbarer Nähe des Meeres, zuweilen selbst nahe bei süssen Wassern. In der Wahl ihrer Brutplätze wie im Nestbau scheint sie vieles mit der Silbermöve gemein zu haben. [— So fand HoLTz 1) L. fuscus raubt sehr gern die Eier anderer Vögel. JOURDAIN kennt sie besonders als Plünderin der Nester von Anas boschas und auf den Farne- Inseln als die der Nester von Sterna cantiaca und St. macrura. J. R. 238 auf Skeneholm (Gotland) Nester auf der nahe dem Meere belegenen Fläche der jüngsten Formation der Insel im üppigen Grase. In Cumberland und Wales nistet die Heringsmöve nach JOURDAIN zwischen der Heide in niedrigen Mooren. Ein Brutplatz in Wales ist nach ihm eine niedrige, moorige Heide, 525 Fuss über dem Meer und 10 Meilen von ihm entfernt. —] Sie nistet ebenfalls gesellig, oft in grossen Schwärmen beisammen, ist gegen Ende des Mai am Nistplatze vereint und die Pärchen sind mit dem Bau ihrer Nester beschäftigt, die sie aus Tang, Meergras, Salicornien und dergleichen wie die ‚Silbermöven bauen, manchmal auch von derselben Grösse. Das Gewimmel ist an solchen Orten eben so arg, wie es bei jener beschrieben wird, oder, weil diese Art von noch leb- hafterem Naturell ist, noch geräuschvoller. Im Anfange des Juni legt sie in ein Nest 2 bis 3 Eier), die bedeutend kleiner als die der Silbermöve und grösser als die der Sturmmöve sind und so das Mittel zwischen beiden halten, ihnen übrigens an Gestalt, an Beschaffenheit der Schale, sowie an Farbe und Zeichnung sehr ähneln. Ihre Länge wechselt in verschiedenen Stücken von 61 bis 67 mm, in der Breite von 43 bis 5l mm. [— 29 Stück der ReyY’schen Sammlung messen im Durch- schnitt 66 X 46,5 mm, im Maximum 72,2 x 47,2 und 69» 50 mm, im Minimum 61,8><44,4 und 62,6 >x<44,5 mm; 67,6x45,5, 65,947, 64,2xX44 mm; 75,5 48,7, 71,8>x 46,4 mm; 61,7x45,9, 60,3>x45,7, 57,5x46,8 mm; 69,5>x<48,2, 68,7xX46,1, 64,5><47,8mm; 69,5 x 46,4, 68,8 x 47,8 mm. Vier Eier aus der Sammlung HOLLANDTS, jetzt im Braun- schweigischen Museum befindlich, messen nach BLASIUS: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 59,5 mm 43,5 mm 27 mm 64,7 42,6 „ 28 5 ro er 43 „ 30 65,7 n 45,0 n 28 n =] Ihre Grundfarbe ist ein sehr blasses Olivengrün, bald | bräunlicher, bald grünlicher, seltener ins Rostgelbliche ziehend, den dunkleren Varietäten von ZL. canus ähnlicher als den lichteren. In der Schale sind die Flecke und Punkte braun- srau, auf ihr rötlichschwarzbraun oder braunschwarz; diese sind bald zahlreicher, bald sparsamer, bald grösser, bald kleiner, in grösster Verschiedenheit, wenn man eine bedeutende Anzahl dieser Eier beisammen sieht; aber der. Habitus in Form, Farbe und allem übrigen bleibt stets so sehr möven- artig, dass man sie nur für Möveneier erkennen kann. Ihr viel gröberes Korn und der Mangel an Glanz unterscheidet sie von denen der grösseren Raubmöven, denen die dunkel- gefärbten und grobgefleckten sehr ähneln. Übrigens sehen auch diese Eier im frischen Zustande und unausgeblasen viel srünlicher aus, als man sie später in Sammlungen sieht, wo das Grünliche grösstenteils verschwunden und alles brauner geworden ist. Im Brüten und Erziehen der Jungen, das die Gatten in treuer Gemeinschaft besorgen, verhalten sich diese Möven ganz wie die Silbermöven. Über das Betragen der Jungen fehlen sichere Beobachtungen. Feinde Der Seeadler und die grossen Edelfalken fangen nicht selten eine alte, und die Raubmöven jagen der Herings- möve oft die gemachte Beute ab. Die Schmarotzer im Gefieder und in den Eingeweiden scheinen dieselben wie bei der Silbermöve. [— Bekannt sind aus dem Gefieder Docophorus larıi, Docophorus cordiceps, Nirmus sellüger und Menopon obtusum; aus dem Innern Filaria obvelata 1) SANDMAN fand vollzählige Gelege auf Karlö 1886 am 25. Juni, 1888 am 1. Juni, 1890 am 23. Juni, 1891 am 22. Juni. J. R. Die Herings-Möve, Larus fuscus L. ÜREPL., sÖpiroptera adunca CREPL., Sclerostomum cyathostomum Dies., Trichina affinis DIES. und Holostomum platycephalum Dus, —] Jagd. Unter den grossen Arten ist sie die am wenigsten scheue und daher am leichtesten zu schiessen. An guten Futterplätzen, wie z.B. bei der Heringsfischerei vor der Elbmündung, wobei sie sich oft zu Tausenden versammeln, beseelt sie eine un- ersättliche Fressgier so sehr, dass sie hier dem Schützen Gelegenheit geben, ohne Umstände so viele schiessen zu können, als er wünscht; wo sie sich, wie schon erwähnt, oft so weit vergessen, dass die Fischer viele mit den Rudern erreichen und totschlagen können. Die einzeln herumschwärmende kommt oft, wie es scheint aus einer Art von Neugier, in die Nähe des Schützen, und man hat selbst Beispiele, dass die über freies Feld hinstreichende nach einem in die Weite auf sie abgedrückten Schreckschuss von ihrem Striche umkehrte und nun so nahe an den freistehenden Schützen herankam, dass er sie mit dem zweiten Rohr der Doppelflinte gemächlich herabschiessen konnte. An kleinen Gewässern, wo sie nahrung- suchend gewöhnlich die Runde fern dem Ufer mehrmals macht, ehe sie ein solches verlässt, darf man sich nur nach ihr an- stellen, dann, bei zu weitem Vorbeistreichen, ein Rohr nach ihr abfeuern, um fast immer versichert zu sein, dass sie hierauf sogleich näher kommt und dem tötlichen Schusse mit dem zweiten Rohr entgegeneilt. Die sitzende oder schwimmende kann dagegen nur ungesehen hinterschlichen werden. Zu fangen ist sie sehr leicht an Angelhaken, an denen ein kleiner Fisch steckt, nicht grösser und nicht kleiner, als dass sie ihn, ohne den Haken zu fühlen, noch so eben ver- schlucken kann. Freilich ist ein solcher Fang nur da von baldigem Erfolg, wo viele dieser Möven versammelt sind oder wo viele hin- und her fliegen, und wegen seiner Grausamkeit zu verabscheuen. | Nutzen. Ihr Fleisch wird ebenfalls nicht geachtet, desto mehr aber die Eier, die man deshalb wie die anderer grosser Möven in grösster Anzahl zum Gebrauch für die Küche ein- sammelt. Sie sind eine bedeutende Einnahme für den „ des das Recht hat, einen Nistplatz als sein Eigentum zu betrachten. Wo dies, wie meistens, der Fall ist ‚ betreibt man das Ein- sammeln der Eier planmässig, stellt es zur rechten Zeit ein, damit den Vögeln die letzten Gelege zum Ausbrüten über- lassen bleiben, und darf so versichert sein, dass seine ihm Eier legende Schar im folgenden Jahre wie in diesem auf den nämlichen Platz zurückkehrt. Wie bei anderen Arten, werden auch von dieser nach öfterem Wegnehmen der ersten Gelege zuletzt mitunter weit kleinere Eier gelegt, aus denen dann auch schwächlichere Jungen kommen; ein Umstand, der die oft auffallend verschiedene Grösse auch unter diesen Möven, auch noch wenn sie völlig erwachsen sind, hinlänglich erklärt. Ihre Federn sind, wie Gänsefedern, zum Ausstopfen der Betten zu benutzen. In angebauten Gegenden nützen sie mittelbar dem Ackerbau durch Aufzehren vieler ihm schäd- lichen Geschöpfe. — Den Fischern zeigen sie die Ankunft der Fischzüge beim Lande an. Schaden. Nur den Fischern thun sie Schaden, wo sie über die bereits umgarnten Fische herfallen und davon, wenn sie zahl- reich zugegen, dann wohl in kurzem Tausende verschlingen, wie namentlich bei der Sprotten- und Heringsfischerei. Sonst wird ihnen anderwärts, wo sie nicht mit dem Menschen in gleicher Absicht zusammentreffen, der Überfluss dieser Meer- wasserbewohner gern gegönnt, zumal sie, wo es nur sein kann, bloss kleine Fische wegfangen. [— Sie plündert mit grosser Gier die Nester anderer Vögel. —] — Die Sibirische Möve, Larus affınis REINHARDT, Schiefermöve. Fremde Trivialnamen: Englisch: Siberian Herring-Gull, Siberian Gull, Allied Black-backed Gull. Larus affinis. Reinhardt, Vidensk. Meddel. p. 78 (1853). — Larus affinis. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII p. 417 (1880). — Larus affinis. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 568 (1891). — Larus affinis. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 108 (1892). — Larus affinis. Cat. Birds Brit. Mus, XXV. p. 254 (1896). — Larus affinis. Reichenow, Vög. Afrik. I. p. 43 (1900). — Larus affinis. Dresser, Man. of Palaearctic Birds II. p. 835 (1908) Abbildungen der Eier: Catalogue of the Eggs in the Brit. Mus. I. p. 214. pl. XVII. fig. 4. Kennzeichen der Art. Grösser als die Heringsmöve. Mantel sehr hell schiefer- farben. Beschreibung. Altes Männchen im Hochzeitskleide. Ähnlich wie Larus fuscus, aber entschieden grösser; der Mantel schiefer- farbig und stets etwas heller als bei den blassesten Larus fuscus; die Zeichnung der Primärschwingen ähnlich, aber das Schiefergrau reiner und die Keilzeichnung schärfer abstechend; ein Spiegel auf der zweiten Schwungfeder bei voll entwickelten Vögeln. Der Schnabel gelb mit einem roten Fleck am Winkel des Unterschnabels; Lauf und Zehen gelb. Länge 61 cm, Schnabel 7,3 cm, Flügel 45,75 cm, Schwanz 20 cm, Lauf 7 cm, Mittelzehe mit Kralle 6,3 cm. Das Weibchen ist kleiner und weniger kräftig. Alter Vogel im Winter. Ähnlich dem Hochzeitskleide, aber auf Kopf und Nacken braun gefleckt, selbst bei voll ausgewachsenen Vögeln, die einen Spiegel an der zweiten Primärschwinge aufweisen. Schnabel mit einem grünlichen Farbenton. | Junger Vogel. Wie bei ZL. fuscus, nur ist die Hauptfarbe des Mantels und der Flügel heller. 2 Das Dunenpjunge gleicht genau dem von Larus fuscus. Aufenthalt. Die Sibirische Möve ist eine Bewohnerin des nördlichen Asien, das sie von der Petschoramündung ostwärts bewohnt, sowie Alaskas; das grosse Flusssystem des nördlichen Russ- lands und Sibiriens, von der Dwina ostwärts bis zum Jenissei ist ihre Heimat, ob sie im Lenathal vorkommt, ist allerdings zweifelhaft. Im Winter geht sie bis zur Mekranküste, der westlichen Seite von Indien, der arabischen Küste, Socotra, Somaliland und Aden, aber bis jetzt ist sie nicht mit Sicher- heit im Roten Meere nachgewiesen. Zufällig ist sie einmal in Südgrönland vorgekommen. Auf Helgoland ist sie fünfmal beobachtet worden, davon viermal erlegt, und zwar ein jüngerer Vogel in der Mauser zum ersten Winterkleide, ein alter Vogel im reinen Sommer- kleide, ein zweiter jüngerer und ein zweiter alter Vogel. In der Lebensweise unterscheidet sich die Schiefermöve nicht von ihren nächsten Verwandten, der Silber- und Heringsmöve. Ihre Stimme ist nach SEEBOHM nicht von der von Larus argentatus und Larus cachinnans verschieden, soweit er sie aus dem Gedächtnis ver- gleichen kann. Auch die Eier sind nach SEEBOHM von denen der Silber- und Heringsmöve nicht zu unterscheiden. 24 Eier im Britischen Museum ähneln denen von Larus fuscus und messen von 64,7 bis 79x44 bis 50 mm. —| Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜnN. Tafel 21. Fig. 2. Alter Vogel im Sommerkleide. Fig. 1. Weibchen im Winterkleide. Tafel 22. | Fig. 3. Weibchen im zweiten Winterkleide- Fig. 2. Jugendkleid. ie | Fig. 3. Nestkleid. Tafel 59. Fig. 1—8. Eier. Grosse Silbermöve, silbergraue, silberblaugraue, weissgraue Möve, Blaumantel, grosse graurückige Möve, grosse Sturm- möve, (jung) grosse gefleckte, grosse bunte Möve, Raukallenbeck, [— Haffmöve, Buttlaken. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb srebrnasti. Czechisch: Racek stribritj. Dänisch: Graa Havmaage. Englisch: Herring-Gull, Silvery Gull. Färisch: Fiskjemäasi, Mäsi, Skuri. Finnisch: Harmaa lokkı, Kaija, Kajava, Louve. Französisch: Goöland 4 manteau gris, Mouette & manteau bleu, Mouette argentee, Goeland argente, Goeland cendre. Helgoländisch: Sömmerkubb, Grü Kubb. Holländisch: Zilvermeeww, Kaap, Kobbe. Italienisch: Gabbiano reale del nord. Lettisch: Sudraba kaswa. Norwegisch: Sing, Stor Graamaage, Graamaasi, Galle. Polnisch: Mewa srebrzysta. Portugiesisch: Alcatraz, Gaivota. Russisch: Tichaika serebristarga, Chochotunja. Schwedisch: Grätrut, Silfvermäs, Grämäs, Trut, Hagall, Grägall, Sküre, Hvitsküre, Stor grämäve, Hvitbak, Hvitgjuse, Gjause. Spanisch: Gaviota, Gavinot, Gavinota, Gaivota, Gavild, Gavid de mar. Ungarisch: Ezüstös siräly. Larus argentatu. Brünnich, Orn. bor. p. 44, 45. n. 149 (1764). — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 600. n. 18. — Meyer, Zusätze u. Berichtign. 4. Taschenb. (III) S. 195. — Larus argentatus, argenteus et argentatoides. Brehm, Beitr. II. S. 770-800. — Dessen Lehrb. IL. 8. 710-715. — Dessen Naturg. a. V. Deutschl. 8. 738-743. — Landbeck, Vög. Württembergs S. 69. n. 243. — Hornschuchu. Schilling, Verz. pommersch. Vög. 8. 18. n. 235. u. n. 236. — v. Homeyer, Vög. Pommerns. $. 68. n. 293. Le Goeland cendre. Briss. Orn. VI. p. 160. n. 2. t. 14. — Gotland & manteau gris ou cendre. Buff. Ois. VIII. p. 406. t. 32. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 152. t. 4 £. 2. — Id. Pl. enl. 253. — Goeland & manteau gris et blanc. Buff. ].c.p. 421. — Edit. de Deuxp. 1. ec. p. 170. — Gerard, Tab. &l&m. II. p. 333. — Goeland & manteau bleu. Temminck, Man. d’Orn. II. p. 764. — Sivery-Gull. Penn. arct. Zool. II. 533. ©. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 494. C. — Lath, Syn. VI. p. 375. n. 5. — Übers. v. Bechstein, IIL 2. $. 330.n. 5. — Gabbiano reale o Marino pescatore. Stor. deg. Uce. V.t. 582. — Marino pescatore. Savi, Orn. tose. III. p. 55. — Groote Zee-Meeuw. Sepp, Nederl. Vog. III. p. t. 195. Larus glaucus, Retz. Faun. suec. p. 156. n. 116. — Temminck Man. nouv. Edit. p. 493. — Wolf u, Meyer, Taschenb. II 471. n. 3. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. 8. 268. n. 241. — Benicken, ind. Wetteraueschen. Ann. III. 8.138. — Meyer, ebendaselbst S. 162. — Koch, Baier. Zool. I. S. 372. n. 232. — Nilsson, Orn. suee. II. p. 671. n. 215. Larus minutus var. $. Lath. Ind. II. p. 814. n. 6. — Übers. v. Bechstein, II. S. 493. n. 11. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. 8. 658 in der Anmerkung. — Dessen Taschenb. II. 370. b. [— Zarus argentatus Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 379. Taf. 266 (1840). — Larus argentatus Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840). — Larus argentatus. Schlegel, Rev. crit. p. OXXIV (1844). — Larus argentatus Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 175 (1860). — Larus argentatus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 978 (1866—71). — Larus argentatus. Dee. et Gerbe, Orn. Eur. II. Ed. II. p. 417 (1867). — Larus argentatus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1388 (1869-74). — Larus argentatu. Wright, Finl. Fogl. II. p. 591 (1873), — Larus argentatus. Fallon, Ois. Belg. p. 200 (1875). — Larus argentatus. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p- 399. pl. 602 (1873), — Larus argentatus. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 618 (1884). — Larus argentatus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Zaroides argentatus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. X. p. 55 (1886). — Larus argentatus. Reyes y Prosper, Av. Espana p. 97 (1886). — Larus argentatus. Ar&valo y Baca, Av. Espaüa. p. 416 (1887). — Larus argentatus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 570 (1891). — Larus argentatus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 176 1891). — Larus argentatus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 108 (1892), — Larus argentatus. Brusina, Oroato-Serb. Vög. p. 162 (1892). — Larus argentatus. Collett, Norg. Fuglef. p. 307 (1893—94). — Larus argentatus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p- 260 (1896). — Larus argentatus. Chernel, Masyarorszäg madarai I. p. 39 (1899). — Larus argentatus. Dresser, Man. of Palaearetic Birds. II. p. 832 (1903). —| Zweifelhaft, ob dieser angehörend, bleiben: Herring-Gull. Penn. aret. Zool. II. p. 527. n. 452. — Übers. v. Zimmermann, H. S. 488. n. 369. — Lath. Syn. VI. p. 372. n. 3. — Übers. v. Bechstein, IH. 2. S. 328. n. 3. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XIC. Fig. 4. a—i (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 40 Fig. 1 (1859). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds. II. p. 499. pl. CXL. (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 326. pl. 51 (1884). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 110. pl. 33 (1896). —] Anmerkung. Wer Mövenarten in wandernden Scharen, noch besser aber an wohlbesetzten und verschiedenen Brutorten in solcher grosser Menge beisammen sah, beobachtete und so viele derselben erlegen durfte als er wünschte, ein Glück, das mir bei mehreren Arten und auch der gegenwärtigen zu teil geworden, wird wie ich finden, dass es bei einer und derselben Art Abweichungen von der allgemeinen Grösse oder hinsichtlich des Schnabels und der Füsse Verschiedenheiten giebt, die, wenn man sie weit von jenen Haufen einzeln in blossen Bälgen vor sich hat, wohl den Wahn erzeugen können, dass sie einer anderen Art angehören möchten, wie es P. BREHM erging, der unter unserer Silbermöve drei verschiedene Arten (Species, später nur Subspecies) zu finden glaubte. Ich kann jedoch in vollster Überzeugung behaupten, dass sein Larus argenteus, wie sein L. argentatoides keine besonderen Arten, sondern bloss individuelle Abweichungen sind, die ich unter seinen L. argentatus gemischt an allen von mir besuchten grossen Brutplätzen angetroffen.habe, und zwar ausser ihnen auch die zartesten Abstufungen von einer zur anderen. Sie unterscheiden sich ebensowenig im Betragen, der Stimme, den Eiern, Jungen u. s. w., wie in den Aufenthaltsorten und Nistplätzen. Ich habe z.B. L. argentatoides Br. auf den Inseln an der schleswig-holsteinischen Westküste selbst erlegt und noch öfter zwischen den anderen in ganz gleichen Verhältnissen lebend, dem Anschein nach mit den grösseren verpaart gesehen, und habe dieselbe nebst seinen anderen beiden sogenannten Arten auch aus Holland erhalten. Auch vom Schwarzen Meer erhielt ich unseren Z. argentatus in solchen unbedeutenden individuellen Abweichungen wie dort von der Nordsee. Eine solche Verschiedenheit, wie sie B. in der Gestalt des Schnabels suchte und fand, ist unter Individuen einer Art gar nichts seltenes, wobei im allgemeinen noch zu bemerken ist, dass der Schnabel junger Möven am Vorderteile des Oberkiefers stets weniger hakenförmig oder der Bogen des Hakens immer etwas flacher, bei alten und sehr alten höher gewölbt ist und bei diesen die Firste, von der Seite gesehen, aufgetriebener aussieht. Er wechselt aber auch individuell, sowie Länge und Stärke desselben — versteht sich in gewissen Grenzen wie bei allen anderen Vögeln — und mit wenigen Aus- nahmen haben die meisten ungewöhnlich kleinen Individuen auch ungewöhnlich kleine Schnäbel und meistens ebensolehe Füsse, Dass aber unter 241 Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜnNn. Möven einer Art in der Körpergrösse gewaltige Unterschiede und sehr kleine Individuen vorkommen, sieht man unter den Scharen derselben gar zu oft, und die Ursache dieser Art von Verkümmerung des Wuchses liegt auch klar vor Augen, wenn man sieht, wie die Menschen durch wiederholtes Berauben der wohlschmeckenden Eier die Möven und andere Vögel zwingen, in einer Legezeit wiederholte Gelege zu machen, die Vögel dann aber wegen geschwächter Legekraft nach und nach kleinere und immer kleinere Eier legen; wenn man weiss, dass aus kleineren Eiern auch kleinere Küchelchen schlüpfen und dass endlich dieses verspätete Erscheinen der Jungen in eine Jahreszeit fällt, in welcher der Fortpflanzungstrieb der Alten schon in merklicher Abnahme ist, diese solche Jungen auch mit schon geschwächter Lust und Liebe, daher schlechter pflegen und sie je eher je lieber sich selbst überlassen, wodurch auch nur ein kümmerliches Fortwachsen erfolgen muss, wodurch dem Geschöpf für seine ganze Lebenszeit eine zwerg- hafte Gestalt verbleibt. Dass in der Jugend verbuttete Geschöpfe später nie zu solcher Grösse und Stärke heranwachsen als solche, die von ihrem Entstehen an eine sorgsame Pflege erhielten, weiss jeder Landwirt. Wenn man daher vom Hausgeflügel auf das wilde schliessen darf, bleibt gar kein Raum zum Zweifel über diese Thatsachen. Man sehe noch Isis, Jahrg. 1824, Heft VI II, BENNICKEN, Beitr. z. nord. Zool. und SCHLEEP, ebendaselbst. Ferner: Jahrg. 1826, Heft III, FABER, Bemerk. über BREHMsS neue Arten u.s.w. Nebst anderen in dieser Zeitschrift niedergelegten Beziehungen. [— Im Catalog des Britischen Museums weist HowArD SAUNDERS noch auf ein paar andere Abweichungen hin. „Eine beträchtliche Ver- schiedenheit, so schreibt er, besteht in der Färbung der oberen Teile dieser Mövenart, indem z. B. Exemplare aus Frankreich besonders dunkel er- scheinen, während solche aus dem Norden gewöhnlich heller gefärbt sind. Dies ist namentlich auch bezüglich der Schwungfedern der Fall. Bel einigen Vögeln ist der dunkle Teil des Musters auf den Schwingen kaum mehr als lederbraun, wie z. B. bei einem Exemplar, das von NELSoN in Chicago (27. März) stammt. An diesem Stücke geht ausserdem der helle Fleck auf der zweiten Schwüngfeder in den grauen Keil der inneren Fahne über. Das häufige Fehlen dieses Fleckens auf der inneren Fahne der zweiten Schwungfeder bei amerikanischen Vögeln ist zu einem Hauptunterscheidungs- merkmal für Larus argentatus smithsonianus gemacht worden; aber viele amerikanische Vögel zeigen diesen weissen Fleck. Die letztere Erscheinung sucht man durch die Annahme zu erklären, europäische Silbermöven kreuzten häufig den Atlantischen Ocean; sie hätten in solchem Falle auch Chicago erreicht und — sogar Prinz-Albert-Land jenseits des 110. Grad östlicher Länge und des 70. Grad nördlicher Breite; denn ein Exemplar von diesem Orte ist das genaue Ebenbild zu dem von Chicago. Amerikanische Vögel aus dem ersten Lebensjahre sind allerdings gewöhnlich dunkler als europäische Exemplare, aber in dieser Beziehung herrscht grosse Verschiedenheit selbst bei Jungen, die an demselben Orte und am selben Tage erlegt worden sind.“ —] ein blasseres Erdbraun zeigt, dessen breitere Federkanten, von einer eigentümlichen, sehr bleichen Lehmfarbe, häufiger zackig in die Grundfarbe eingreifen als bei jenen beiden, wo das Braun im allgemeinen dunkler oder schwärzlicher ist, besonders auf dem Mantel, dessen Federkanten schmäler, wenig gezackt und von einer helleren Färbung sind. — Von den im ganzen viel bleicher gefärbten Jungen des L.leucopterus und L. glaucus unterscheidet sie, auch im Jugend- kleide, die schwarze Flügelspitze. Übrigens ist nicht zu leugnen, dass ein recht geübter Blick dazu gehört, um die schwarz- Kennzeichen der Art. Die Schäfte der beiden vordersten, fast ganz schwarzen Schwungfedern sind schwarz oder schwärzlichbraun, ebenso die Enden der folgenden Federn bis zur neunten oder zehnten. Grösse des Kolkraben und darüber. Beschreibung. Von der Eismöve unterscheidet sich die Silbermöve, nämlich beide im ausgefärbten Kleide, allein schon durch das reine tiefe Schwarz der Flügelspitze (hierdurch auch von der Polarmöve) sehr leicht, von jener übrigens auch durch die etwas schlankere Gestalt und geringere Grösse, so wie dies umgekehrt ist, wenn man sie mit der ihr ganz gleichgefärbten flügeligen jungen Möven sogleich und bestimmt von einander zu unterscheiden. Eine sehr nahe mit unserer Silbermöve verwandte, aber —___ u; Ss TE 7G0G ORPOGGGGCGGDG GET 7 DPFIGE FIG FIRST Dr es ET el ELIIIIIIOI I — GODS GCTTSCDGDCA AS DE Die fünf ersten Schwungfedern von Larus argentatus ad. Sturmmöve vergleicht, die dagegen um ein volles Dritt- teil kleiner ist. — Wie unsere lieben Altvordern sie mit der Herings- und Mantelmöve, — unseren Blaumantel mit diesen Schwarzmänteln, — verwechseln konnten, ist schwer zu be- greifen. Freilich sind alle grossen Möven (die @oölands der Franzosen) in ihren ersten Ständen einander ausserordentlich ähnlich, weil alle auf ähnliche Weise braun gefleckt sind; doch unterscheidet sich unser Larus argentatus in seinen jugend- lichen Kleidern dem Geübten noch leicht genug von L. fuscus durch seine viel kürzeren Flügel und gedrungenere Gestalt, von L. marinus durch geringere Grösse, den schwächeren Schnabel und durch die schwächlicheren und niedrigeren Füsse, aber darum viel schwerer, weil die Gestalt eine viel ähnlichere, namentlich das Verhältnis der Flügel zum Schwanze bei dieser fast dasselbe ist. Hierzu wird jedoch auch die Färbung und Zeichnung behülflich, die bei gegenwärtiger Art im allgemeinen eine etwas bleichere ist, auf dem Mantel Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Bi NIS 7a IS TIGE ii TREE < sp e E N TB NIS _ = . ee AGGGRTGG EG 7 „ Sk LU GE N xx 4 II - \ | En ıIı 3 13 Die fünf ersten Schwungfedern von Larus argentatus juv. 2 N U N SIIISINN \ 2 sewiss als Art verschiedene Möve ist 2. leucophaeus des Ber- liner Museums aus Arabien. Sie hat gleiche Grösse, im Alter gleiche Färbung, allein die schwarze Flügelspitze endet mit wenigerem und anders gestelltem Weiss. — Eine andere (viel- leicht die nämliche) Art lebt, nach FELDEGG (s. Isis. Jahr- sang 1832. X. S. 1107) am Adriatischen Meer, namentlich an der Küste von Dalmatien; er nennt sie ZL. Michahellis. Sie ist nach ihm etwas kleiner als unsere Silbermöve, die Läufe und die äussere (?) Zehe nur 4,7 cm lang oder 4 mm kürzer als bei dieser, hat schön gelbe Füsse, der hochgelbe Schnabel ist nicht allein am Eck, sondern auch oben hinter der Spitze hochrot, die Augenlider rot, der Mantel dunkler mövenblau (hell schieferblau) als bei der Silbermöve, ist aber im Jugend- kleide nicht zu unterscheiden. KırrLıtz will dieselbe Art auch auf dem Roten Meer angetroffen haben. Ich sah sie nur flüchtig im K. K. Naturalienkabinett zu Wien, habe sie auch jener des Berliner Museums gegenüber nicht vergleichen Sl 242 können, um mit Bestimmtheit zu sagen, ob beide identisch sind.) So viel ist indessen wohl nicht zu bezweifeln, dass die eine oder die andere der beiden bestimmt nicht zu unserem L. argentatus gehören. Hinsichtlich der Grösse gleicht die Silbermöve vollkommen einem Kolkraben (Corvus corax), aber es kommen Stücke vor, welche die grössten Exemplare von dieser Vogelart noch um ein Bedeutendes übertreffen. Im Fluge sieht sie aber der längeren und breiteren Flügel wegen viel grösser aus, wie ein grosser Raubvogel, Bussard oder fast wie der Fluss- adler (P. haliaetus). Nach dem Ausmessen einer Menge von trischen Exem- plaren stellen sich folgende Maße heraus: In den allermeisten Fällen ist die Länge (von der Stirn bis zur Schwanzspitze) 54,2 bis 56,5 em, bei Alten zwischen 56,5 und 59 cm, bei einzelnen auch auf 61,2 bis 62,4 cm, aber sehr selten noch 2 bis 5 cm darüber; dagegen giebt es auch wieder so kleine Exemplare, namentlich unter den halbjährigen Jungen, dass solche von 49,5 bis 50,7 cm, einzelne selbst nur von 48,5 cm vorkommen. — Die Länge des Flügels wechselt von den kleineren zu den grösseren Exemplaren von 41,2 bis 441 cm, sodass die Flugbreite bei ersteren oft nicht über 127,2 cm kommt, mit allen vorkommenden Zwischenstufen aber bei letzteren bis auf 150,7 cm steigt. — Der Schwanz ist 15,5 bis 17,6 cm lang. — Das Gewicht beträgt zuweilen nur 875, meistens 1000, selten bis 1375 gr. Männchen und Weibchen sind in der Grösse merklich, sehr häufig um 4,7 cm in der Länge und 12 cm in der Breite verschieden, ersteres stets etwas grösser als letzteres, wenn nicht etwa beide zu den seltenen heterogenen Ausnahmen gehören. Man bemerkt dies auch ohne Messung und Abwägen an den lebenden Vögeln bei den grossen Brutplätzen in der Legezeit, wo sich gewöhnlich beide Gatten der verschiedenen einzelnen Pärchen, dicht nebeneinander gestellt, vom sich nähernden Menschen, zumal von einem Wagen herab, oft bis unter einer Entfernung von 20 Schritten furchtlos betrachten lassen, wo sich dann das Männchen immer durch seine stolzere Haltung und durch sein früheres triumphierendes Lautwerden vor dem bescheidenern und stilleren Weibchen sehr zu erkennen giebt. Das Gefieder ist wie bei anderen grossen oder allen Möven- arten; der zwölffedrige Schwanz breit, mittellang, mit fast gerade abgeschnittenem Ende; von den breiten, vom letzten Dritteil allmählich schmäler werdenden, zuletzt schmal zu- gerundeten Schwungfedern erster Ordnung ist die erste die längste. Die Spitze reicht bei zusammengelegtem Flügel am lebenden Vogel stets ein wenig, bei Jungen 2,4 bis 4,7 cm, bei Alten gegen 6 cm über das Ende des Schwanzes hinaus. Wie bei anderen Vögeln kann dies Verhältnis im Tode von einem unvorsichtigen Ausstopfer leicht entstellt werden und zu Unrichtigkeiten in Beschreibungen und bildlichen Dar- stellungen Anlass geben. Der Schnabel ist stark, jedoch kleiner und schwächlicher als an der Eis- und Mantelmöve, dagegen aber stärker als der der Herings- und Polarmöve, die hakige Spitze etwas gestreckt und das Eck am Unterschnabel stark hervorragend. Die abgerundete Firste ist anfänglich gerade, schwingt sich von der Mitte -an ein wenig, bei vielen kaum merklich auf und geht dann im flachen Bogen abwärts in die sanft hakenförmig gebogene, etwas über die des Unterschnabels hinwegragende Spitze über. Das grosse Eck am letzteren entsteht dadurch, dass die Kiellinie sich gegen das Ende der Spalte sanft ab- wärts senkt und von dieser sogleich schräg in die Spitze auf- steigt. Die Mundspalte ist anfänglich gerade, senkt sich aber nach vorn sanft abwärts, am meisten gegen die Spitze, doch nicht sehr stark; ihre Schneiden sind merklich eingezogen, die obere ein wenig über die untere greifend, beide sehr scharf, oft fein, aber kaum bemerklich gezähnelt; über der oberen, 1) Sie sind es. J. R. “ Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. unter der Nasenhöhle oder zwischen dieser und der Schneide tritt ein langer Wulst vor, doch bei vielen jungen Vögeln und auch bei manchen alten Individuen kaum merklich. Der Rachen ist, wie bei anderen, tief gespalten und sehr weit. In der grossen länglichen Nasenhöhle öffnet sich vorn das ritz- artige, vorwärts erweiterte und hier etwas aufsteigende, durch- sichtige Nasenloch fast in der Mitte des Schabels. Die Länge des Schnabels, über den Haken gemessen, also von der Stirn bis an die Spitze dieses, ist 5 bis 9,6 cm, bei recht alten Männchen oft auch noch ein paar Millimeter darüber; seine Höhe an der Wurzel durchschnittlich 15,5 bis 17,5 mm, seine Breite hier 12 bis 15,5 mm. Die Farbe des- selben ändert mit dem Alter des Vogels sehr ab; bei den Jungen ist er nämlich schwarz, mehr oder weniger blass- rötlich an der Basis, besonders der Unterkinnlade; später wird er bräunlichgelb und bleibt nur an der Spitze schwarz, am unteren Eck zuweilen mit durchschimmerndem Rot; noch später wird das letztere bemerklicher, und das Schwarze bleibt nur noch als Flecke zur Seite der Spitze; im Alter, besonders in der Begattungszeit, wird er endlich schön gelb, mit rotem Fleck dicht über dem Eck des Unterschnabels. Im ge- trockneten Zustande wird er bei jungen Vögeln braun- schwarz, an der Basis hornbraun, unten horngelblich; im mittleren Alter horngelb, an der Spitze hornbraun; bei fort- pflanzungsfähigen Alten hell ockergelb, an der Spitze weisslich, der Fleck am Unterschnabel gelbrot. | Das Auge ist verhältnismässig etwas klein und hat in frühester Jugend einen grauen, bei flugbaren Jungen einen dunkelbraunen Stern, dessen Farbe sich mit zunehmendem Alter durch Gelbbraun und Braungelb, endlich bei alten Vögeln in ein reines blasses Gelb (die schöne Farbe reinen Schwefels) übergeht. Das Augenlidrändchen ist eben solchen Veränderungen unterworfen, anfänglich rötlichweiss, dann gelblich und zuletzt orangegelb oder fast mennigrot. Die Füsse sind im Verhältnis zu den übrigen Körper- teilen weder gross noch stark zu nennen, wenigstens schwäch- licher und niedriger als die der Mantelmöve, aber stämmiger als die der Heringsmöve. In der Gestalt sind sie diesen ähnlich, haben aber etwas längere Zehen, die hier mit dem Lauf gleiche Länge haben, dort aber kürzer als dieser sind. Da die Schwimmhäute bis vorn gehen, so machen diese den Fuss (eigentlich die Spur) auch grösser im Umfange. Die Hinterzehe ist sehr klein und hoch genug eingelenkt, um stehenden Fusses den Boden nicht zu erreichen. Der ziemlich weiche Überzug der Füsse ist wie bei anderen Arten der Gattung vorn am Laufe gross, seitwärts klein geschildert, hinten mit groben Netzmaschen, auf den Zehen schmal ge- schildert, unten fein gegittert u.s. w. Die Krallen sind eben nicht gross, doch stark, kurz und ziemlich gekrümmt, unten etwas ausgehöhlt, die Ränder, besonders die nach innen, zumal der Mittelzehe, als Schneiden hervortretend. Der Unterschenkel ist 16 bis 20 mm nackt; der Lauf 6 bis 6,5 cm lang; die Mittelzehe mit der 10 mm langen Kralle ebenso lang oder auch 4 mm kürzer; die Hinterzehe mit der fast 6 mm langen Kralle fast 1 cm lang. Die Füsse sehen in zarter Jugend bleifarbig aus; später erscheinen sie sehr blass fleischfarbig, zum Teil fast schwefel- gelb. Im Tode wird diese Färbung bald düsterer, nach dem Austrocknen bei letzteren in gelbliche, bei ersteren in gelb- srauliche Hornfarbe verwandelt. Die Krallen sind im frischen Zustande matt schwarz, ausgetrocknet dunkel hornbraun. Am ersten Tage ihres Daseins hat die junge Silbermöve noch ein sehr kleines Schnäbelehen und kleine, sehr weiche Füsschen, an denen die Läufe gleich unter dem Fersengelenk eine bedeutende Anschwellung mit vertieftem Längsstrich auf der Mitte herab haben, wodurch sie sehr unförmlich werden. An jenem verliert sich aber das schneeweisse Knöpfchen (womit die Eierschale durchbrochen wurde) noch früher als die Anschwellung an den Läufen, die jedoch nach wenigen Tagen mit dem sichtlichen Grösserwerden der Füsse auch sehr Die Silber-Möve, Zarus argentatus BRÜNN. abnimmt und nach und nach verschwindet. Der Schnabel ist von der Wurzel aus an der grösseren Hälfte dunkel schiefer- farbig, vorn und von diesem scharf abgeschnitten rötlichweiss; der Augenstern braungrau; die Füsse dunkel bleifarbig. Der ganze Vogel ist übrigens mit eben nicht langen, aber sehr dichten Dunen weich und warm bekleidet, und dieses Dunen- kleid hat eine graugelbliche Staubfarbe, die an den unteren Teilen ungefleckt ist und am Kropfe etwas gelblicher aussieht, von oben her aber mit schwarzgrauen und matt schwarzen Flecken unordentlich bestreut ist. Am Kopfe sind diese Flecken am dunkelsten, auf dem Rücken und in den Seiten am mattesten; gewöhnlich steht ein kleines Fleckchen oder ein paar solcher am Zügel, auf der Stirn, auch auf dem Ohr; an den Seiten des Scheitels bildet eine Fleckenreihe eine Art von Augenbraue; unter den Wangen an den Halsseiten querüber steht eine Reihe srösserer Flecke, mehrere kleinere auf dem Genick und Hinter- halse, vor und auf den Flügeln u. s. w. Auf dem Rücken bilden die Flecke keine Reihen. Die Zeichnung dieses Dunen- kleides variiert übrigens sehr in Anzahl, Stellung und mehr oder weniger dunkler Färbung der Flecke. — Innerhalb acht Tagen drängen sich zuerst an den Seiten der Brust die ordentlichen Federn hervor; dann an den Schultern, den Flügeln, dem Schwanze und zuletzt am Kopfe und Halse. In der vierten Woche können sie fliegen. Der völlig Nugbare Vogel hat nun sein vollständiges Jugendkleid, in diesem einen vorn hornschwarzen, an der Wurzel der Unterkinnlade, den Mundwinkeln und einer Ein- fassung der Nasenlöcher rötlichweissen Schnabel, einen blass fleischfarbigen Rachen und Zunge, diese mit grauer Spitze; ein nacktes rötlichweisses Augenlidrändchen; einen dunkel- braunen Augenstern ‚und schmutzig rötlichweisse oder blass- fleischfarbige, auf dem Spann oft noch etwas bleifarbig über- laufene Füsse. Die Kehle ist weiss; vor dem Auge steht ein mehr oder weniger bemerkbares Fleckchen, aus bartlosen schwarzen Federschäften gebildet; Kopf und Hals sind auf ebenfalls weissem Grunde licht graubraun gestrichelt, der Hinterhals mit gröberen Schaftflecken; alle unteren Teile eben- falls weiss, aber unrein, an der Brust mehr oder weniger ge- trübt durch eingesprengtes Grau, übrigens mit vielen hellbraun- grauen oder graubraunen, verschieden gestalteten Flecken, die noch weniger als die am Kopfe und Halse scharf begrenzt, sondern von unbestimmten Umrissen, meist mit der Grundfarbe verwaschen sind und an den Brustseiten am dichtesten stehen. Der ganze Mantel ist graubraun (erdbraungrau), roströtlich- oder rostgelblichweiss (lehmfarbigweiss oder wie Kaffee mit recht viel Milch) gefleckt, d. h. die Federn sind hier graubraun, am dunkelsten an der meistens scharf begrenzten, mondförmigen, rostgelblichweissen Endkante, mit einzelnen solchen Seiten- flecken und dunkeln Schäften, am meisten braun auf den kleinen Flügeldeckfedern, am meisten hell gefleckt auf der Mitte des Oberflügels, weil hier die Federn auch lichte Quer- binden haben; die hinteren Schwingen mit mehr Weiss an der Spitze; die mittleren braungrau, an der Endhälfte der Aussen- fahne dunkelbraun mit kleinen hellgrauen Spitzenkanten. An den Schwungfedern erster Ordnung sind die kürzeren grau, dunkler gefleckt, mit braunschwarzen Enden und weissen Spitzenkanten; die folgenden immer mehr braunschwarz; die vordersten und längsten nebst den Fittichdeckfedern ganz braun- schwarz, nur auf der Innenfahne gegen die Wurzel graulich, mit grauweissem Spitzensaum, alle mit braunschwarzen, wurzel- wärts hornweisslichen Schäften. Auf der unteren Seite sind die Flügel dunkelgrau, an den Deckfedern weissgefleckt, an den Schwingen sehr glänzend und ihre Schäfte weiss. Der Bürzel nebst der oberen und unteren Schwanzdecke ist weiss, ersterer mit einzelnen braungrauen Flecken, die auf letzterer bänderartig sind, aber auch nur einzeln stehen; die Schwanz- federn weiss, mit breitem braunschwarzem Bande hinter der gelblichweissen Spitzenkante und vielen solchen schmalen Zickzacks, Spritzflecken und auf den Innenfahnen marmorierte Zeichnungen, das äusserste Paar mit dem meisten, das mittelste 245 mit dem wenigsten Weiss; auf der unteren Seite ist der Schwanz weiss, mit der bloss dunkelgrau durchscheinenden Zeichnung von oben. Obgleich diese Jungen im allgemeinen untereinander wenig verschieden zu sein scheinen, so findet sich doch bei genauerem Vergleichen vieler Exemplare mancherlei individuell Abweichendes, besonders an der Zeichnung der grossen Schulter- federn und der Enden der Federn des Mittelflügels, desgleichen in der Zeichnung der Schwanzfedern, in dem Gefleckten und Gebänderten dieser Partien wie auch an der häufiger oder sparsamer, gröber oder klarer gefleckten, mehr oder weniger oder gar nicht grau angeflogenen Brust u. s. w. Sie geben indessen kein Kennzeichen für den Geschlechtsunterschied und sind rein zufällig. Wenn auch die graubraune Farbe die weisse bei manchen mehr, bei anderen weniger verdeckt, bei einigen dunkler als bei vielen anderen ist, so bleibt sie doch stets eine viel hellere, als sie die Jungen von Larus fuscus und Larus marinus jemals haben. Sie verbleiben in diesem Kleide durch den ersten Herbst und Winter ihres Lebens, und erst im zweiten Frühlinge (den der Geburt stets mitgerechnet) beginnt ganz langsam, währenddem die Färbung des Jugendgefieders zumal an den Federkanten bedeutend abbleicht, ihre erste Mauser, die erst im September am ganzen Gefieder, auch den Schwung- und Schwanzfedern, beendet ist und sie nun in einem Zwischen- kleide darstellt, das sich schon wesentlich vom Jugendkleide unterscheidet. — In ihm haben sie einen schmutziggelben, hinter der weisslichen Spitze auf beiden Kiefern stark mit Schwarz bezeichneten Schnabel, der inwendig und im Rachen hellgelb - aussieht; einen bräunlichgelben Augenstern; grau- gelbliche Augenlider und schmutzig fleischfarbene Füsse. Kopf und Hals sind auf gleiche Weise, aber weniger, gefleckt als im Jugendkleide, daher weisser; an den Seiten der Brust, an den oberen und unteren Schwanzdeckfedern bilden die braungrauen Flecke mehr Wellen und Zickzacks; der Mantel ist licht bräunlichgrau, gelblichweiss gemischt, mit vielen grau- braunen, schwärzlich gemischten, zackigen, unordentlichen Querstreifen und Flecken übersät; die grossen Flügeldeck- federn und die Schwingen zweiter und dritter Ordnung sind hell aschgrau, an den Enden gelblichweiss, mit dunklem Braungrau gefleckt, marmoriert und punktiert; die grossen Schwingen dunkler als im ersten Jahre, fast schwarz, die vorderste unfern der Spitze mit einem graulichweissen Fleck als Andeutung des weissen, den sie im ausgefärbten Kleide an dieser Stelle bekommt; — der Schwanz zwar auch weiss und schwarz gezeichnet, doch ist das Schwarz nicht als Binde dargestellt, auch der weisse Endsaum undeutlich, die äusserste Feder dagegen fast ganz weiss, nur am Ende etwas schwarz bekritzelt; auf den Mittelfedern bilden dagegen beide Farben besonders schöne Wellen und Zickzacks, die nach der Wurzel zu feiner werden und in Punkte übergehen. — Unter verschiedenen Individuen finden sich mancherlei kleine Abweichungen in der Zeichnung des Gefieders, auch die Andeutung des weissen Flecks zunächst der schwarzen Spitze der ersten Schwungfeder fehlt vielen; doch ist dies Kleid seiner lichteren Färbung und feineren Zeichnungen wegen leicht vom vorigen zu unterscheiden. In ihm befindet sich der Vogel noch im nächsten Früh- jahr, wo sich aber schon der Schnabel schön ockergelb färbt, das Schwarze zunächst dessen Spitze matter wird und an Umfang verliert, wohl auch schon etwas Rot über dem Eck durchschimmert; während nun auch ihre zweite Mauser be- sinnt, namentlich auf dem Mantel sich durch neu hervor- keimende mövenblaue Federn am ersten bemerkbar macht, langsam fortschreitend aber durch den ganzen drittenSommer ihres Lebens dauert und erst im nächsten Herbst (nämlich ihrem dritten) vollendet wird. Solche Vögel erscheinen dann im Juni und Juli in einem bunt gemischten Übergangskleide. Im dritten Herbst, nach ganz vollendeter Mauser, ein Zeitpunkt, der individuell um ein bis zwei Monate früher oder 31* 244 später eintreten kann, sind sie, mit wenigen Ausnahmen, in ihrem ausgefärbten Herbst- oder Winterkleide, doch unterscheiden sie sich von den noch älteren an der Färbung des Schnabels, der noch nicht so schön gelb, an den Mund- winkeln noch nicht rotgelb ist. und an der Spitze zur Seite immer noch etwas Schwarz, wenn auch nur in kleinen Flecken, hat, an den graugelben Augensternen und an der mehr fleisch- _ farbenen als gelblichen Fussfarbe. Zudem sind auch öfters einige der mittleren Schwanzfedern noch mehr oder weniger bemerklich schwarz bespritzt. — Stirn und Kehle sind rein weiss; vor dem Auge steht ein kleines schwarzborstiges Fleckchen; das übrige des Kopfes und der Hals haben auf rein weissem Grunde kleine längliche Schaftflecke von einem matten Graubraun, die auf der Gurgel herab sehr zart sind, am Kropfe sich aber ganz verlieren; alle unteren Teile nebst Schwanz und Bürzel, wie auch die unteren Flügeldeckfedern und ein schmales Flügelrändchen blendend weiss; der Mantel schön mövenblau, dunkler als bei Z. glaucus, heller als bei R. tridactyla, oder ganz wie bei L. canus; — die grössten Schulter- und hintersten Schwungfedern mit weissen Spitzen, die an den mittleren in weisse Endkanten übergehen, bei denen aber auch die Innenfahne viel Weiss hat; die Schwung- federn erster Ordnung hell bläulichaschgrau oder hell asch- grau (weniger bläulich als der Mantel), bis auf die vorderste, die von der Wurzel an ganz samtschwarz ist und eine 4,7 cm lange weisse Spitze hat, in der sich meistens zur Seite noch ein kleines schwarzes Fleckchen oder Querband befindet, das zuweilen auch nur schwach angedeutet ist; an der zweiten erreicht das Schwarze die Wurzel nicht ganz, und ausser der kleinen weissen Spitze steht noch ein runder weisser Fleck vor derselben im Schwarzen; die dritte ist nur an der End- hälfte schwarz, und auf ihrer Innenfahne geht das Graue noch weiter herab, ihre Spitze ist ebenfalls weiss; die vierte hat dieselbe Zeichnung, aber noch weniger Schwarz, und die graue Farbe auf der Innenfahne endet in einem weissen Bogen; die fünfte ist ebenso, das Weisse aber grösser, das Schwarze weniger, kaum noch 2,3 cm lang; die sechste ist ganz grau, nur vor der grossen weissen Spitze noch mit einem kleinen schwarzen Fleck; die folgenden haben grosse weisse Enden, aber nichts Schwarzes mehr. Auf der unteren Seite der Schwingen sieht man die Zeichnung der oberen, aber alle dunkleren Farben nur matt durchscheinen; hier sind ihre Schäfte weiss, hingegen von oben schwarz oder schwärzlich. Im Anfange des Frühjahrs erhalten diese Möven, nun im dritten Lebensjahr befindlich, ihr ausgefärbtes Sommerkleid oder ihr hochzeitliches Gewand, weil sie jetzt zeugungsfähig sind. Es unterscheidet sich von dem der Alten nur an der weniger lebhaften Färbung der nackten Teile, doch ist am Schnabel das Schwarze ganz verschwunden, und bei manchen Individuen (nicht bei allen) an den fein schwarz bespritzten Schwanzfedern, wenn nicht etwa von der Herbstmauser her noch einige alte; so gezeichnete Federn zwischen den neuen verblieben sind, wie es bei solchen auch wohl vorkommt, die sie aber dann noch im Laufe der Fortpflanzungsgeschäfte verlieren. Deralte Vogelin seinemhochzeitlichen Prachtkleide» in dem er im Frühlinge an den Brutplätzen erscheint, hat einen prächtig gelben!) Schnabel, das Gelb auf dem Haken und der Spitze etwas heller, und dicht über dem Eck des Unterschnabels mit einem glühend hochroten Fleck geziert; es zeigt sich auch bei sehr alten, doch sehr selten, ein schwacher Anstrich von Rot am Oberschnabel vor den Nasen- löchern. Die Mundwinkel und der innere Schnabel und Rachen nebst den Augenlidrändchen sind hoch orangegelb, fast orange- rot; die Iris schön schwefelgelb oder weisslichgelb; die Füsse blass fleischfarbig, hellgelb überlaufen, besonders an den Schwimmhäuten und Gelenken. Kopf, Hals, Brust, Bauch, Bürzel, der Schwanz mit seiner oberen und unteren Decke, die Deckfedern unter den Flügeln und das Flügelrändchen sind ') Im Leben ein prächtiges Hochgelb, nicht Wachsgelb, dies wird es erst im Tode, Naum. FE Heer Te n Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. blendend weiss, rein und fleckenlos; der Mantel herrlich möven- blau, ein wenig lichter als im Herbst, mit weissen Enden an der Schulter- und hintersten Flügelspitze; das übrige des Flügels sanz wie im Herbst, weil es noch dasselbe Gefieder ist und sich die Frühlingsmauser nicht über die Schwung- und Schwanz- federn erstreckt. Im Laufe des Sommers bleibt das unvergleichlich zarte Gefieder nicht ohne sichtliche Spuren einer Verschlechterung, das Weiss wird getrübter, das Mövenblau des Mantels lichter, das Samtschwarz der Flügelspitze matter, die von diesem quer- über scharf getrennten weissen Spitzen der Federn kleiner, weil sie durch Reibungen an den Rändern am Umfang ver- lieren, und so geht vom reizenden Aussehen des Vogels manches verloren, was nur das frische Gefieder hat. Männchen und Weibchen sehen sich im Äussern ganz gleich; ich habe wenigstens nie einen erheblichen Unterschied in Farbe und Zeichnung auffinden können, ungeachtet ich Ge- legenheit hatte, so viel frischgetötete und lebende von beiden Geschlechtern miteinander zu vergleichen, als ich nur Lust hatte. Dagegen ist eine Verschiedenheit der Grösse zwischen beiden stets bemerkbar, oft sehr auffallend, und das Männ- chen stets grösser, sehr häufig um 4,7 cm länger als das Weibchen. An den Brutorten, wo diese Möven oft so zahm sind und sich in solcher Nähe betrachten lassen, dass man so- sar die Farbe des Augensterns deutlich unterscheiden kann, wird jenes um so auffallender, weil beide Gatten der einzelnen Pärchen sich gewöhnlich dicht nebeneinander stellen und das kecke Männchen sich leicht vor dem bescheideneren Weib- chen zu erkennen giebt. — Die so sehr verschiedene indivi- duelle Grösse, selbst des Schnabels und der Füsse unter Möven einer Art, ohne Bezug auf das Geschlecht, ist schon mehrmals erwähnt. Es kann daher zuweilen, obschon nur ausnahms- weise, auch ein umgekehrtes Verhältnis eintreten, wie z. B. GRABA (S. d. Reise nach Färö, S. 65) erzählt, der ein gepaartes Pärchen von L. argentatus erlegte, wo beim Weibchen der Schnabel 10 mm, der Lauf 8 mm länger war als bei dessen Männchen. | Die schwarze und weisse Zeichnung der Primärschwung- federn ist bei den allermeisten so, wie sie oben angegeben wurde. Manchen Exemplaren fehlt indessen der kleine schwarze Fleck auf der sechsten Feder, sehr wenigen der in der weissen Spitze der vordersten. Andere Abweichungen habe ich nicht gefunden, noch weniger eine mit ganz weissen Schwingen, wie sie nach den Angaben mancher Schriftsteller zuweilen vorkommen soll, ungeachtet ich Gelegenheit hatte, sie bei Tausenden zu mustern. Wahrscheinlich beruht diese Be- hauptung auf einer Verwechselung mit der Eismöve. Im Monat August ist bei alten Vögeln oder solchen, die mehr als einmal sich fortgepflanzt haben, die Hauptmauser, wo alle Federn gewechselt werden, wo das abgetragene Hoch- zeitskleid von einem neuen Winterkleide verdrängt wird und auch Schwung- und Schwanzfedern ausfallen und durch neue ersetzt werden. In den ersten Frühlingsmonaten tritt die zweite Mauser ein, in der aber nicht das sämtliche Gefieder, sondern nur ein kleiner Teil desselben, wie es scheint bloss das am Kopfe und Halse, gewechselt wird, wo die mit braunen Schaftstrichen bezeichneten Federn ausfallen und an ihrer Stelle rein weisse hervorkommen; wenigstens sieht man, wenn die alten Möven am Brutplatze, wie immer, im hochzeitlichen Gewande ankommen, am Mantel deutlich, dass seine Federn schon etwas von ihrer jugendlichen Frische verloren haben und ihre Farbe etwas lichter geworden ist, was sie nicht sein könnten, wenn sie erst einen Monat alt wären. — Sind diese beiden Mauserperioden einmal eingetreten, so kehren sie all- jährlich zu ihrer Zeit wieder bis zum Tode des Vogels. Woher es aber kommen mag, dass manche Individuen früher, andere später als die grosse Mehrzahl in die eine oder die andere dieser jährlichen Mauserperioden treten oder den Federwechsel überstehen, ist schwer zu beobachten. Bei Jungen könnte ihre frühere oder spätere Geburt solche Abweichungen herbei- Be Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. führen, was sich aber nach Jahren bei den Alten auszugleichen scheint. Und dennoch sind Ausnahmen von dieser angenomme- ' nen Regel gar keine Seltenheit; es kommen nämlich zu allen Jahreszeiten einzelne Individuen im Winter- wie auch im Sommerkleide vor. Dies ist indessen bei allen Mövenarten so und wird hier nur in Erinnerung gebracht, weil es bei den grossen Arten noch auffallender ist als bei den kleinen und, ehe man jene Regel der jährlichen Doppelmauser entdeckte, zu vielen Verwirrungen bei den früheren Schriftstellern An- lass gab. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom April von den Färöern, ein ebensolcher vom Januar 1895 aus Eng- land, ein Dunenjunges vom Juni aus Russland, sämtlich im Tring-Museum befindlich, und ein junger Vogel vom November aus Southend on Sea, in KEULEMANS’ Sammlung befindlich. —] Aufenthalt. Die Silbermöve wäre sehr weit verbreitet, wenn man allen Angaben Glauben schenken dürfte und nicht befürchten müsste, dass hin und wieder eine ihr sehr ähnliche, aber wirklich als Art verschiedene mit ihr verwechselt worden sei. Die schaffende Natur hat sich in der Gestalt wie in der Färbung des Ge- fieders bei den Möven- und Meerschwalbenarten so oft und in so kleinen Abweichungen wiederholt, dass wir mit Sichtung der bekannten Arten zur Zeit noch lange nicht so weit sind, dass man mit unbedingter Gewissheit sagen könnte: es sei so und nicht anders. Infolgedessen möchten wir unsere Silbermöve fast nur als europäischen Vogel betrachten. Es ist entschieden, dass sie an den Küsten von Schweden und Norwegen lebt, bis über den 66. Grad nördlicher Breite hinauf; dagegen aber sonderbarerweise nicht auf Island. — Von den Färöern, die sie häufig bewohnt, abwärts auf den schottischen Inseln und an sämtlichen Inseln von Grossbritannien und Irland ist sie sehr gemein. Sie lebt in. grosser Anzahl auf allen Inseln und Küsten Dänemarks; an der Östsee jedoch, wie an der deutschen Küste dieser, in nicht so übermässig grosser Menge als an denen der Nordsee und auf den. dieser Küste nahen Inseln, wie auf den Inseln und kleinen Eilanden der schles- wigschen Westküste, Sylt, Amrum, Süderoog, Südfall und anderen, bis zur Küste von Holstein und zur Elbmündung herab; dann längs der von Hannover, Oldenburg und Holland, wo viele nahe Inseln einer enormen Anzahl zum Aufenthalt dienen, namentlich Norderney, Rottum, noch mehr [— früher —] Eierland beim Texel!) und andere mehr. Von da an ist sie noch an der ganzen Nordwestküste des europäischen Festlandes ver- breitet und auch an der gegenüberliegenden des Mittelländischen Meeres nicht selten, an der von Toskana zu manchen Zeiten sogar gemein, wie hin und wieder im übrigen Italien, doch (nach TEMMINCK) meistens nur in den jugendlichen Gewändern. Auch das Schwarze Meer bewohnt diese Art, wie mir von dorther erhaltene Exemplare bewiesen haben. Wenn, wie ich glaube, Larus argentatoides BR. keine eigene Art ist (die in Holland, England, Irland leben, sogar bei uns vorgekommen sein soll), so ist sie mit dieser auch im oberen Nordamerika, nach CH. BONAPARTE um New York wie um Philadelphia im Winter sehr gemein. Von Ägypten soll sie ebenfalls zu uns gekommen sein, wenn hierbei nicht eine Verwechselung mit dem ihr sehr ähnlichen L. cachinmans des Roten Meeres zu befürchten stände. [— Nach dem Catalog des Britischen Museums lässt sich ihr Verbreitungsgebiet kurz folgendermassen umgrenzen: das nördliche Europa westwärts vom Weissen Meere, die atlantische Region bis Island und abwärts bis zum nördlichen Frankreich (brütend); Grönland, Baffinsbaiji, Melville-Halbinsel, Parry-Inseln, Prinz Albert-Land (brütend). Südwärts längs der Küste und an den Binnen- sewässern von Nordamerika herab bis gegen 40 Grad nörd- ns war früher eine Insel bei Texel, wo sehr viele Seevögel brüteten. 1835 vereinigte sie sich mit der Hauptinsel, und jetzt brütet dort kaum noch ein Vogel. JR. 245 licher Breite am Atlantischen Ocean. Im Winter bis zu den Bermudas, Cuba und Mexiko, auch an der Seite des Stillen Oceans von der Mündung des Yukon (Alaska) bis zum südlichen Kalifornien. An europäischen Gewässern im Winter bis zum Mittelmeer, Schwarzen Meer und dem Kaspischen See. —|] Da sie von den Seekanten, wenn auch nicht in grossen Scharen, doch oft in kleinen Gesellschaften und noch öfter einzeln im Verfolg der süssen Gewässer tief in das Land ein- dringt, so ist sie auch auf dem Festlande von Europa, selbst bis in dessen Mitte, eben keine grosse Seltenheit und mit Larus fuscus unter den grossen Möven eine derjenigen, welche die Binnengewässer Deutschlands noch am häufigsten be- sucht, doch gewöhnlich bloss einzeln und fast immer nur im Jugendkleide. So ist sie nicht nur an allen nach Norden aus- mündenden deutschen Strömen und Flüssen tief landeinwärts und an grösseren stehenden Gewässern zwischen diesen in allen Gegenden unseres Vaterlandes vorgekommen, ebenso am Rhein aufwärts auch in der Schweiz. Auch vom Schwarzen Meere kommt sie die Donau entlang bis hoch in Ungarn herauf, wo sie mehrmals erlegt wurde und ich selbst eine bei Belgrad herumfliegen sah. — An den beiden uns so nahen und schönen Landseen im Mansfeldischen hat sie sich öfter gezeigt, einmal sogar eine Alte im hochzeitlichen Gewande, und in unserem Anhalt haben wir sie — freilich in einem langen Zeitraum — auch immer nur junge Vögel, manchmal gesehen, mehrmals erhalten und einmal selbst erlegt; sie ist jedoch bei uns jedenfalls eine allerdings seltene Erscheinung und viel seltener noch als L. fuscus, doch weniger als L. marinus. Sie ist mehr Strich- als Zugvogel, sucht jedoch in grossen Massen gegen den Winter eine mildere Temperatur auf, ohne eine regelmässige Wanderzeit zu halten, erscheint dann an Orten, wo sie zu anderen Zeiten nur einzeln gesehen wurde, in Schwärmen, teils für sich, teils zwischen anderen Arten der Gattung. Ihre Hauptzüge mögen wohl auch süd- westlich und bei der Rückreise umgekehrt nordöstlich dem Laufe der Küste folgen; denn die einzelnen, die im Innern der Länder erscheinen, sind ein zu kleiner Teil, als dass man sie für etwas anderes als zufällig Verirrte zu halten hätte, zumal auch meistens nur unerfahrene Junge auf solche Ab- wege geraten. Ein grosser Teil dieser Möven überwintert schon an der Nordküste Deutschlands, besonders vor den Mündungen grosser Flüsse, und ist ein treuer Begleiter der Heringsfischer; weiter nach Westen überwintern noch grössere Scharen, und die meisten wohl an der Küste der Pyrenäischen Halbinsel; sehr viele auch auf dem Mittelmeere. Die einzelnen Jungen von demselben Jahre, die zuweilen bis zu uns kommen, erscheinen öfters schon im September, gewöhnlicher aber erst im Spätherbst, und verlieren sich, sobald starke Fröste ein- treten und die stehenden Gewässer sich mit Eis bedecken. Sie sind bei uns nur eine vorübergehende Erscheinung und verweilen an einem Orte selten über einen Tag, kehren jedoch zuweilen nach einigen Tagen wieder, scheinen sich so in einem weiten Umkreise planlos herumzutreiben und nur da länger aufzuhalten, wo sie Nahrung finden und nicht beachtet werden. Im Frühjahr sieht man bei uns viel seltener eine solche Möve, und es gehört daher zu den unerhörten Ereignissen, dass einst an einem heiteren Apriltage bei starkem Winde ein prächtiger alter Vogel im hochzeitlichen Gewande über dem Süsssee, nahe beim Schlosse Seeburgim Mansfeldischen, lange genug herumschwebte, um mittelst eines Fernrohres deutlich und aufs sicherste erkannt zu werden. Die Silbermöve gehört zu den an Individuen sehr zahl- reichen Arten und ist auf den europäischen Meeren eine der gemeinsten. Sie scheint in noch grösserer Anzahl vorhanden als Larus fuscus, wenigstens hinsichtlich unseres Erdteils; von der Mantel- und Eismöve unterscheidet sie sich hierin sehr .: auffallend. Zwar auch Meervogel und das Salzwasser allem vor- ziehend, schweift sie doch öfter als viele andere grosse Arten ausser der Brutzeit manchmal weit davon ab, vom Meeres- 246 strande an Flüssen grosse Strecken aufwärts oder an benach- barten grossen Süsswassern, Landseen, Teichen umher, zumal, wenn das Meer durch anhaltende heftige Stürme in zu ge- waltiger Bewegung ist; kehrt jedoch in kurzem immer wieder dahin zurück. Auf grösseren Inseln oder in der Nähe tief in das Land einschneidender Buchten wird dieser Wechsel am bemerklichsten; doch erstrecken sich ihre Ausflüge selten weiter, als dass sie das Meer im Auge behalten kann, bei ruhigem Wetter nur längs demselben und über dasselbe hin, dann jedoch oft viele Meilen weit vom eigentlichen Wohn- sitze weg. Vielleicht bewohnt sie die’ Nordsee darum häufiger als andere Meere, weil ihr der Strand derselben um der stärksten Flut und Ebbe willen nach ihrer Art und Weise die meisten Nahrungsmittel darbietet. Darum hält sie sich an solchem Strande, wo bei der Ebbe grosse weite Flächen, sogenannte Watten, vom Wasser frei werden, am liebsten auf, obgleich sie für die Fortpflanzungsgeschäfte mehr erhabenere Orte, erhöhte Ufer, Dünen, selbst hohe Gestade und sehr hohe Felsen bezieht, wenn sich in deren Nähe abwechselnd auch jene finden. Sie liebt mehr den sandigen und steinigen Strand als den schlammigen. Allenthalben hat sie es sehr gern, wenn sich jenen landwärts grüne Flächen anschliessen, und giebt selbst auf Felsen den mit etwas Erde und Gras oder anderem Grün bedeckten Stellen den Vorzug vor den kahlen. Wenn sie zu uns ins mittlere Deutschland kommt, sieht man sie nur an freien Gewässern, auf freiliegenden Feld- teichen, auf den grössten, von allem Schilf oder Rohr ent- blössten freiesten Flächen der Landseen oder Flüsse. Grün besetzte Ufer, Gebüsch und Bäume sind ihr zuwider. Sie streicht von einem Gewässer zum anderen über solche Gegenden in grösster Höhe, über freies Feld dagegen ganz niedrig hin, lässt sich hier auch manchmal nieder. Am Meer thut sie dies gewöhnlich auf flachem Strande, auf Landzungen und Sandbänken oder auf dem hohen Gestade, immer auf so freien Plätzen, dass sie womöglich ringsum freie Aussicht behält, selten in der Nähe hoher Ufer und von diesen an letzterer behindert. Am häufigsten sieht man sie bei der Ebbe auf den feuchten Watten herumwandeln. Ihre Ruheplätze für die Nacht findet sie am Meer an ruhigen Orten, gewöhnlich dicht am Wasserrande oder auch auf hohen Ufern, an den Brutorten stets in der Nähe ihres Nestes; auf kleinen Gewässern meistens mitten auf dem Wasser- spiegel und schwimmend, wobei sie den Schnabel in den Schulterfedern versteckt. Die noch nicht brutfähigen ein- und zweijährigen Vögel halten sich zwar an ganz ähnlichen Orten auf, aber abgesondert von den Alten, die sie nicht in ihrer Nähe leiden, und oft in eigenen Vereinen zusammen. Sie werden beiläufig von diesen verfolgt, als gehörten sie einer ganz anderen Art an. Eigenschaften. Die Silbermöve ist unstreitig eine der schönsten Arten ihrer Gattung. Ihre imposante Grösse, ihre als Möve weder zu plumpe noch zu schlanke Gestalt, das wahrhaft blendende Weiss ihres ungemein zarten Gefieders, mit dem sanften Mövenblau des Mantels, dem tiefen Samtschwarz der Flügel- spitze (gleich kräftigen Schlagschatten in der blendenden all- gemeinen Färbung) mit seinen schneeweissen Federspitzen, alles gehoben durch den prächtig gelben Schnabel mit seinem korallenroten Fleck, das lebhafte schwefelgelbe Auge und anderes mehr geben dem lebenden Vogel unvergleichliche Reize, die das Auge bezaubern. Lebenslang unvergesslich bleibt mir einer der heitersten Maimorgen (am 31. Mai 1819), an dem ich mit zwei gleichgesinnten und gleichgestimmten - Freunden, P. v. WÖLDICKE und Fr. Bo1E, von der Insel Pell- worm hinüber nach dem Eilande Süderoog schiffte, unser Schiff aber wegen eingetretener Ebbe wohl 1000 Schritte vom eigentlichen Strande auf den Sandwatten liegen blieb und uns ein zweispänniger Wagen von hier abholte; wo wir durch “ Scharen dieser Möven fuhren, die auf den weiten Watten zer- Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN, ‘ streut, meistens Paar bei Paar, in den lieblichsten Stellungen gemütlich herum gingen oder standen, uns neugierig angafften, und die Gatten einzelner Pärchen, dicht nebeneinander gestellt, uns furchtlos vorbeipassieren liessen, kaum auf 20 Schritte oder so nahe beim Wagen, dass wir im Glanz der freundlichen Morgensonne in ihrem schönen Auge Stern und Seher deutlich unterscheiden konnten; hier, wo der Forscher, der Zeichner, der Plastiker Stellungen, Mienen und Gebärden nach dem Leben studieren konnte, konnte es nicht fehlen, dass mich, : den weither vom Festlande kommenden, so Herrliches zum ersten Male schauenden Naturfreund eine solche Augenweide in Staunen und Entzücken versetzte. > Unglaublich viel geht von jener hohen, obgleich einfachen Schönheit verloren, sobald dem Vogel kein Leben mehr inne- wohnt, noch mehr dem ausgestopften oder wenn sein Balg völlig ausgetrocknet ist. Mit dem Leben verschwindet zugleich die ursprüngliche Eleganz dieses zarten Gefieders. So giebt ihm jeder fremde Schmutz, trotz aller angewandten Reinigungs- mittel, unvertilgbare Flecke, seine hohe Reinheit ist für immer dahin, und das Gefieder des toten Vogels hält dann keinen Vergleich mehr aus mit dem des lebenden. Unauslöschlich dringt namentlich jener tintenfarbige Schlick (Seeschlamm) in dies weiche und saubere Gefieder ein, wenn die Geschossene mit ihm in Berührung kommt, und hier bleibt selbst das sorg- fältigste Auswaschen fruchtlos, wenn es auch augenblicklich zur Stelle geschähe. Ihr Anstand, wenn die Silbermöve steht oder geht, ist dem anderer grossen Arten gleich, nämlich die Ferse der ins Gleichgewicht vorgezogenen Füsse nicht gebogen, der Rumpf mit dem Schwanze wagerecht, die von den Tragfedern unter- stützten Flügel mit den Spitzen auf dessen Ende kaum ge- kreuzt, der Hals senkrecht, wenig ausgestreckt und wenig gebogen, Kopf und Schnabel wagerecht. Der Hals dehnt sich nur dann und vorgeneigt in ganzer Länge aus, wenn sie stehend mit weit geöffnetem Schnabel ihre Stimme ertönen lässt; in trüber Stimmung wird er sehr eingezogen, und der Kopf tritt stark vor. Ihr Gang ist ein gemässigtes Vorwärts- schreiten, nicht ohne Anstand, selten ein schnelleres Laufen; er hat etwas Krähenartiges, auch das Bücken, um etwas auf- zunehmen. sie geht, besonders auf den feuchten Watten, oft viel und lange herum, steht auch unthätig öfters lange an einer Stelle, zumal auf Landzungen und flachen Sandbänken, wo es ihr besonders zu behagen scheint, wenn ihr leichte Wellen die Füsse benetzen und abwechselnd bis an die Ferse herauf steigen. Wo sich eine niedergelassen hat, kommen gewöhnlich bald mehrere herbei, und so sammeln sich nach und nach zuweilen ganze Scharen an einer solchen Stelle, wo sie Ruhe haben, und verweilen bei fortwährendem Ab- und Zufliegen manchmal stundenlang daselbst. Sagt ihnen ein solcher Platz besonders zu, so sieht man ihn, wenn es der Wellengang erlaubt, alle Tage mehr oder weniger besetzt. Sie schwimmt nicht oft; nur wo sie kein sicheres Ruhe- plätzchen am Lande hat, ruht sie zuweilen auf dem Wasser aus, schwimmt eine Zeitlang und rudert auch wohl ein Stückchen weit, doch alles dieses gewöhnlich nur auf ruhigem Wasserspiegel; bei einigem Wellengange sah ich sie sehr selten und, wenn es geschah, auf noch kürzere Zeit sich auf das Wasser niederlassen, was, wie auch das Aufschwingen, sehr sanft und mit grosser Leichtigkeit vollzogen wird. Das Niedersetzen geschieht zuweilen unter einigem Flattern, und die in die Höhe gereckten Flügel werden nun erst, wenn der Rumpf bereits schwimmt, gemächlich an diesen angeschlossen und beim Fortschwimmen ihre Spitzen etwas hoch gehalten, doch nicht so sehr wie bei den kleinen Arten. Im Fluge ähnelt sie ebenfalls anderen grossen Arten. Sie fliegt nämlich allem Anschein nach nicht schnell, eher matt als kraftvoll, schwingt die grossen, weit ausgestreckten Flügel in langsamen, bald mehr, bald weniger ausholenden Schlägen, rückt aber doch bei aller anscheinenden Langsam- Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. keit mit grosser Leichtigkeit schnell genug vorwärts. Sehr häufig schwebt sie bloss, ohne sichtliche Bewegung der Flügel, und gleitet so sehr sanft weite Strecken durch die Luft fort, dreht sich auf gleiche Weise in grösseren oder kleineren Kreisen oder in einer Spirallinie herab oder zur grössten Höhe aufwärts. Ihr sanftes Dahingleiten wird jedoch oft ganz unerwartet durch eine kühne Schwenkung unterbrochen, eine andere Richtung eingeschlagen oder ein grosser Bogen gegen den Wasserspiegel oder die Erde herab, schnell genug und mit vieler Energie ausgeführt u.s. w. Sehr häufig schwebt sie in grosser Höhe mit ausgebreiteten Flugwerkzeugen, fast minutenlang, unverrückt und unbeweglich an einer Stelle, dies öfters auch niedrig über einem Gegenstande, den sie besonders ins Auge gefasst hat, zumal bei Sturm und diesem, wie immer, entgegen. Versieht sie dieses, und der Sturm fasst sie von der Seite, so wirft er den grossen leichten Vogel oft ganz aus seiner Richtung und schleudert ihn hin und her, wobei er sehr angestrengt zu werden scheint und darum zu solchen Zeiten an Orten Schutz sucht, wo das Wehen (wie es die Schiffer nennen) weniger heftig ist. [— Oft streicht sie bei ruhigem Wetter weithin in geringer Höhe über dem Meeresspiegel fort, sodass uns, wenn wir sie vom hohen Ufer oder von der Spitze einer Düne mit den Augen verfolgen, ihr Flugbild auf dem Hintergrunde der Wasserfläche erscheint. Da ist es nun ganz auffallend, in wie geringer Ent- fernung schon der von uns forteilende Vogel, dessen Farbe und Gestalt wir eben noch klar und deutlich wahrnahmen, unseren Blicken vollständig entschwindet. Es ist eben das makellose Weiss und das zarte Blau ihres Gefieders, das mit der Farbe der ruhenden Meeresfläche und des in ihr sich spiegelnden Himmelsgewölbes so völlig übereinstimmt, dass beide in geringem Abstand für unsere Wahrnehmung ver- schmelzen. —|] Sie hat in ihren Bewegungen, die aber etwas leichter und gewandter sind, viel Ähnlichkeit mit einem Bussard oder anderen grossen Raubvogel, zeigt aber schon von weitem spitzigere Flügel, und in geringerer Entfernung unter- scheidet sie bald ihr hellfarbiges Gefieder. Sie streckt auch den Hals mehr aus, den Schnabel gerade vor; nur wenn sie unten etwas bemerkt, biegt sie diesen senkrecht abwärts und bald auf diese, bald auf jene Seite, um den Gegen- stand abwechselnd immer nur mit einem Auge schärfer an- zuschauen. [— Vieljährige Beobachtungen des Schwebefluges, wie ich sie namentlich an Störchen und Silbermöven während der Sommermonate fast tagtäglich anzustellen in der Lage war, haben auch mich zu der festen Überzeugung gebracht, „dass den Vögeln irgend eine von dem Gebrauch ihrer äusseren Flugwerkzeuge unabhängige Schwebefähigkeit zu Gebote stehen müsse“, und ich stimme vollkommen der Ansicht GÄTKES zu, „dass diese Möven, sowie die Mehrzahl der Vögel mit Eigen- schaften und Fähigkeiten ausgestattet und begabt sein müssen, vermöge welcher sie die allgemeinen Gesetze der Schwerkraft nach Bedürfnis zu neutralisieren im stande sind, ohne sich dabei der mechanischen Kräfte der Flügelbewegung zu be- dienen, noch durch Luftströmungen darin unterstützt zu werden.“ Zum Überfluss bestätige ich hier die Genauigkeit der GÄTKE- schen Beobachtungen und die Unanfechtbarkeit der hieraus gezogenen Schlussfolgerung: „Nicht allein können die Silber- möven während Windstille geradeaus oder seitwärts mit ruhig ausgebreiteten Flügeln dahinschweben, sondern auch in der ganz stillen Atmosphäre mit bewegungslos ausgebreiteten Flügeln zu beliebigen Höhen aufwärts schweben. Das in gleicher Ebene Schweben der Möven geschieht unter allen Wetterphasen, vom heftigen Sturm bis zur vollständigen Windstille, von reissend schnellster Vorwärts- oder Seitenbewegung bis zum langsam- sten Dahingleiten, letzteres oft so langsam, dass die Über- zeugung nicht zurückzudrängen ist: der Vogel müsse unbedingt über ungekannte Mittel verfügen, die sein Sinken verhindern, da sowohl der Flächeninhalt seiner Flügel wie die nicht kon- 247 kave Form derselben offenbar zu unzureichend sind, um ihn fallschirmartig tragen zu können.“!) —] Sie ist ziemlich phlegmatisch, mehr als die Polar- und Heringsmöve, doch aber weniger als die Mantel- und Eismöve. Wenn sie auch mehr fliegt als sitzt, so zeigt sie doch in ihrem ganzen Wesen eine grosse Gemächlichkeit, wo nicht Schlaffheit, selbst am Brutorte. Hier mag sie nicht gern allein wohnen und lebt auch mit andersartigen Vögeln in ziemlich gutem Vernehmen, zeigt jedoch noch mehr An- hänglichkeit zu ihresgleichen und nistet dabei meistens in Ge- sellschaften oder in Scharen beisammen. Auch zu anderen Zeiten ist sie nicht gern allein, und es versammeln sich zu anderen Zwecken, namentlich an guten Futterplätzen, oft viele Hunderte oder schliessen sich in geringerer Anzahl auch anderen Möven an. In solchen Schwärmen zeigt sie sich aufgeregter und beweglicher als sonst, und es fehlt hier nicht an Raufe- reien,: namentlich unter den Mitbewerbern um einen guten Bissen; denn sie ist so fressgierig wie nur irgend eine. Vor- sichtig und klug genug ist sie, um nicht jedem Menschen zu trauen, selbst am Brutorte wird sie nach einigen Schüssen so misstrauisch, dass sie jeder Annäherung des Schützen ausweicht. Wenn sie eine gute Beute ins Auge gefasst hat, ist sie dagegen wirklich dummdreist. Ebenso bringt sie eine Art von Neugier sehr häufig ins Verderben; sie teilt diese in etwas geringerem Grade mit Sterna macrura, die ihr aber übrigens aus anderen Gründen (siehe S. 142 dieses Bandes) von Herzen abgeneigt ist, obgleich sie nicht selten ganz in ihrer Nähe brütet. Es ist höchst merkwürdig, wie sie an manchen Plätzen diesen und anderen am Strande nistenden Vögeln sich gewissermassen aufzudringen scheint und geflissentlich diehtneben oder zwischen ihnen ihren Wohnsitz aufschlägt, was jene freilich nicht ver- hindern können, wenn es auch für sie eine gefährliche Nach- barschaft bleibt. Wenn daher einer solchen Möve dort ein Unglück begegnet, wenn sie z. B. durch einen Schuss ver- wundet oder gar getötet wird, so entsteht ein wahrer Jubel unter den kleineren Vögeln, am meisten unter den reizbaren und äusserst lebhaften Meerschwalben, und diese zeigen dem Schützen allemal ganz sicher an, ob sein Schuss auf eine Silbermöve fehlging oder sie verwundete, weil sie im ersteren Falle gleichgültig bleiben, im anderen die angeschossene aber mit Wut verfolgen und mit vereinten Kräften nach ihr stossen, als beabsichtigten sie, ihr vollends den Garaus zu machen, endlich aber über die tot niedergestürzte von allen Seiten herbei- strömen, niedrig über ihr herumflattern und frohlockend einige Zeit dabei verweilen. | Die Silbermöve gehört lange nicht unter die ärgsten Schreier, ja die einzelne und einsam umherschweifende lässt äusserst selten eine Stimme hören. OÖfters schreit hin und wieder eine, wenn viele beisammen sind, am häufigsten an den Nistorten, doch geht auch hier alles viel stiller zu als an denen vieler anderer Möven. Über dem an solchem Platze umher- wandelnden Menschen oder über dem, der sich auf die Erde hingestreckt hat, zumal wenn er auf dem Bauche liegt, schweben in geringer Höhe bald eine oder einige und abwechselnd wieder andere, bis ihn der Reihe nach alle sich ordentlich beschaut haben, und hierbei stossen sie ein tiefes, heiseres Haha, — Hahahaha (sehr schnell gesprochen) in ziemlichen Intervallen oder gar nicht schnell nacheinander, auch niemals anders als im Fluge aus. Es gleicht dem Lachen mancher Menschen nicht wenig und ist die noch am häufigsten gehörte Stimme dieser Möven. Ganz anders klingt ihr Hauptruf, zwar etwas mauend, doch viel stärker und weiter hörbar als jenes gedämpfte Hahaha, nämlich wie Kjau oder Kiau oder auch Kjauh (alles einsilbig und die Buchstaben ineinander gezogen, ohne einen besonders zu betonen). Es ähnelt übrigens dem anderer srosser Arten nicht wenig, was schon MEYER (s. d. Taschenb. II, S. 474) bemerkt, der auch das der Silbermöve richtig an- giebt, wenn auch mit anderen Buchstaben schreibt. Sie rufen einander damit in der Ferne zu, doch hört man auch dieses ') Vergl. GÄTKE, Die Vogelwarte Helgoland, S. 48 ff. und 8. 570 ff. J.R. 248 nur am Brutplatze häufiger. In der Nähe ist es stark und voll- tönend, am Nistplatze und oft nacheinander ausgestossen auch von einer anderen Bedeutung; denn wenn man sich da diesen herrlichen Vögeln allmählich auf kaum 15 Schritt genähert hat, wo die Pärchen, Männchen und Weibchen von jedem, dicht nebeneinander gestellt und den Ankommenden entgegen- sehend, eins nach dem anderen sich erheben wollen, das nächste zuerst u. Ss. w., streckt kurz zuvor oder während des Auf- schwingens, gewöhnlich allein das grössere Männchen, den vor- geneigten Hals aus und ruft mit weit geöffnetem Schnabel Kjaukjaukjaukjau, und dann klingt es eher wie ein Sieges- ruf, wenigstens nicht wie ein Angstgeschrei. Wenn sie dieses, das ich übrigens immer am häufigsten vom Männchen hörte, auch im Fluge hören lassen, was seltener vorkommt, so wird dazu auch hier der Hals lang gedehnt und der Rachen weit aufgesperrt, bei jenem lachenähnlichen aber immer der Hals nicht gedehnt und der Schnabel fast gar nicht geöffnet. Die Jungen haben anfänglich eine zitternd piepende, später eine kreischende Stimme, die sich, wenn sie fliegen lernen, nach und nach verliert. Von völlig erwachsenen und einjährigen Möven dieser Art habe ich nie einen Laut vernommen. Man kann diese, wie andere grosse Möven, auch in Ge- fangenschaft erhalten, wenn man sie in einem umschlossenen Hofe oder Garten haben kann; es darf ihnen hier aber durch- aus nicht an einem grossen, reinlichen und stets mit frischem Wasser versehenen Behälter mangeln, wenn sie nicht bald im Schmutz umkommen sollen. Es sind harte Vögel, bei denen eine Flügelwunde, wenn sie nicht gar zu weit oben und mit zu vielem Blutverlust verbunden war, bald heilt und ihrem übrigen Befinden nichts schadet. [— „Ganz jung aufgezogene Silbermöven werden ausser- ordentlich zahm; Helgoländer haben es wiederholt so weit ge- bracht, dass solche Stücke, mitihren Verwandten herumfliegend, auf den Pfiff ihres Herrn sofort zu demselben zurückkehrten. Dies nützte ein hiesiger Jäger für Jagdzwecke aus, indem er seine Möve mit sich auf die Klippe nahm und beim Erscheinen wilder Möven erstere aufwarf, die sich dann sofort zu jenen gesellte und mit ihnen umherschwebte, auf einen Lockpfiff ihres Besitzers sich aber sofort zu ihm zurückwandte, gefolgt von den wilden Vögeln, von denen er dann mit leichter Mühe einen oder den anderen erlegen konnte. Eines Tages, als dieser Jäger von einem anderen sehr guten Schützen, JAN AEUCKENS, begleitet war, kam eine Möve dieser Art mit vier anderen zu ihm zurück, und vier schnelle Schüsse brachten sämtliche wilden Vögel herunter. — Dies erschreckte jedoch die zahme Möve derartig, dass sie einem Falken gleich mit angelegten Flügeln herniederstürzte und sich zwischen den Füssen ihres Herrn niederkauerte.“ (GÄTKE, a. a. O., S. 513.) Eine im Sommer 1851 am Ausflusse der Eider in die Nordsee angeschossene Silbermöve, die von einem Landmann in Garding in Pflege ge- nommen wurde, erholte sich gegen den Winter so weit, dass sie kleine und später weitere Ausflüge machen konnte. Gegen Abend kehrte sie regelmässig zurück, um mit dem Hausgeflügel zusammen ihr Futter einzunehmen. So blieb sie, völlig zahm und zutraulich geworden, den ersten Winter. Im Frühjahr aber, als ihre Artgenossen draussen am Strande sich sammelten und Anstalt zum Brüten machten, war sie eines Tages ver- schwunden und kehrte fürs erste nicht zurück. Ende Oktober jedoch erschien sie wieder auf dem Hühnerhof, und den näch- sten Winter verlebte sie abermals in Gesellschaft des Haus- geflügels. Und so, jedes Frühjahr sich empfehlend, jeden Herbst wiederkehrend, trieb sie es 25 Jahre lang. Im Herbst 1876 blieb sie zum erstenmal aus und kam seitdem nicht wieder. Sie war insofern in den Ruf eines zuverlässigen Wetterpropheten gekommen, als ihr Erscheinen und Gehen den früheren oder späteren Eintritt winterlichen oder sommerlichen Wetters vorher verkünden sollte. —] Nahrung. Die Silbermöve nährt sich teils von Fischen, teils von Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. und grossen, lebenden und toten Fischen auch Äser grosser See- und Landtiere, wie tote und junge Vögel und Vogeleier, auch kleine Crustaceen und Conchylien, mancherlei Mollusken, Meerwürmer und Insekten. Im Fangen der lebenden Fische besitzt sie eben keine besondere Geschicklichkeit, denn sie ist langsam, wenig ener- gisch und eine schlechte Stosstaucherin. Zwar leichten, aber sehr langsamen Fluges, oft schwebend, kommt sie nahe dem Ufer entlang oder von einer nahen Küste zur anderen, meistens, wo das Wasser seicht und ruhig ist, in 10 bis 20 Fuss Höhe über: demselben, den spähenden Blick auf dasselbe gerichtet, macht beim Erblicken einer Beute augenblicklich eine schnelle Wendung, beschreibt einen kurzen Halbkreis unterwärts, um sich mehr zu nähern, und schiesst nun in einem Bogen gegen den Wasserspiegel, dass sie nur mit dem Schnabel und Kopfe durch das Wasser fährt, oder, wenn es sein kann, den Gegen- stand lieber noch ohne dieses von der Fläche aufnimmt, mit ihm davon fliegt, oder, wenn er klein ist, ihn sogleich verschluckt. Auf andere Weise sah ich sie nie fischen und dieses sogar nicht einmal oft, weil es nur vom Wellenschlage ermattete, halb und halb gestrandete oder wirklich abgestandene Fische sein können, die sie auf diese Weise erhält. Wenn nicht, wie bei den Heringszügen, die obere Schicht öfters ganz oben auf schwimmt, so können jene Fischereien nie hinlänglich zur Befriedigung ihres steten Hungers ausreichen, denn man sieht sie gewöhnlich lange Strecken vergeblich absuchen, ohne auch nur einen Fang zu machen. Viel besser und gewöhnlicher nährt sie sich dagegen zu Fuss. Sie geht am Strande, auf flachen Bänken, am häufigsten jedoch bei der Ebbe auf den weiten Sandwatten (ungleich seltener auf schlammigen) herum, fischt die zurückgebliebenen kleinen Pfützen aus, worin kleine Fische, Krebse, Krabben und allerlei Gewürm nicht fehlen, hackt aus den grösseren Conchylien die Tiere, auch den Pagurus Bernhardus et Eremita, verschluckt die kleinen samt den Schalen und scheint die Jungen von Cancer moenas bis zu 2,3 cm Durchmesser ganz besonders zu lieben. Bei Süderoog schienen diese jungen Taschenkrebse ihre Hauptnahrung zu sein; die Stücke der nicht ganz verdauten Schalen dieser, woraus dort ihre Ex- kremente bestanden, machten, dass diese bröcklich wie Kalk- mörtel und weiss, mit Rosenrot tingiert, aussahen. [— HENNICKE beobachtete öfter auf Norderney, Helgo- land und Wangeroog, wie sie grössere Taschenkrebse wieder- holt mit in die Luft nahm, um sie dann mehrfach fallen zu lassen, bis sie auseinander fielen. JOURDAIN beobachtete das- selbe auf Farö. —|] Von verschiedenen Muscheln habe ich z. B. Curdium edule, Tellina baltica und andere, einzelne bis fast zu 2,3 cm Durch- messer, samt den Schalen und kleinere oft in Menge in dem Magen von mir erlegter Silbermöven gefunden. Auch diese sammelt sie am Strande und namentlich bei der Ebbe auf den eben vom Wasser frei gewordenen Flächen, watet aber deshalb nicht ins Wasser. Während der Flut macht sie weite Ausflüge, zumal bei Stürmen, auch über Land, Wiesen, Triften und Äcker und nach wenig entfernten Süsswassern; man sieht sie aber hier selten sich niederlassen und etwas Geniessbares. finden. Ebenso selten findet man daher bei solchen einen verzehrten grossen Wasser- oder Landkäfer, einen Regenwurm oder einen kleineren Vogel. Einen solchen, wenn sie ihn tot findet, von Sperlings- oder Drosselgrösse, würgt sie mit allen Federn hinunter, grössere zerreisst sie und bewirkt dies stück- weise; allein sie sind nur Notbehelf. Vegetabilien habe ich nie in ihrem Magen gefunden. [— Sehr gerne frisst sie die reifen Beeren von Empetrum nigrum. Von ihren infolge dieses Genusses schwärzlich gefärbten Exkrementen sieht man im Juli und August die weissen Wanderdünen auf Sylt mit dunklen Flecken übersäet, und die einzelnen Sandkörner in diesen sehen unter dem Vergrösserungsglase genau aus wie kleine Amethyste; der nächste Regen aber wäscht sie wieder anderen Geschöpfen des Meeres, denn sie frisst ausser kleinen | weiss. —] Be Die Silber-Möve, Zarus argentatus BRÜnN. Aas von grösseren Tieren, schwimmend oder am Strande liegend, verschmäht sie im Sommer nicht leicht, im Herbst und Winter nie. Ihr scharfschneidiger Hakenschnabel verfehlt hierbei seinen Zweck nicht, das Fleisch von den Knochen abzubeissen und abzunagen. Bei den Heringsfischereien stiehlt sie die Fische aus den Netzen und greift gierig nach den von den Fischern weggeworfenen Fischeingeweiden und anderen Abgängen. Das Fleisch von Kaltblütern scheint sie allent- halben dem von Warmblütern vorzuziehen oder dieses nur bei Mangel an jenem zu geniessen. Sie stiehlt auch seltener anderen Strandvögeln die Jungen als die Eier. Beides kommt indessen vor und letzteres auch häufig genug, was auch der Hass jener genugsam andeutet. Darum bleibt es um so rätsel- hafter, wenn im Wirrwarr und bunten Gedränge sehr zahl- reich und mit vielartigem Geflügel besetzter Brutplätze, wo die Vögel oft ihre Nester verwechseln, auch der Fall vor- kommt, dass ein anderer in der Hast sein Ei zu denen der Silbermöve legt, wie ich damals auf Süderoog mit eigenen Augen gesehen, dass unter anderen auch ein Austernfischer sein Ei in das Nest und zu den zwei Eiern einer Silbermöve gelegt hatte. Gleich anderen grossen Möven ist sie ein stets bereit- williger Vielfresser, kann aber auch lange hungern. Recht vollgestopft ist sie besonders träge und wartet dann die Ver- dauung sitzend oder schwimmend ruhig ab. Auch sie vomiert sehr leicht, sobald sie will, und es war bei einer Gezähmten, die man dazu gebracht hatte, dass sie auch gekochte Kartoffeln frass, sehr spasshaft, wie sie diese schnell wieder auswürgte, sobald man ihr Fleisch vorwarf, dieses anstatt jener verschlang und jene unnatürliche Speise bis auf weiteres liegen liess. Auch in Wasser geweichtes Brot nahmen in Gefangenschaft gehaltene in Ermangelung von Fleisch, Fischen und tierischen rohen Abfällen der Küche an. [— Den Dampfern und Segelschiffen folgt sie gern, um herausgeworfene Speisereste und Bissen aller Art vom Wasser- spiegel aufzulesen. RÖRIG (l. c.) veröffentlicht folgende Magenbefunde: Re “= Fundort Datum == E: 5 Mageninhalt Westerland-Sylt 6. Juli 1898 | ? | 7,0g| Fischreste. Swinemünde . . . 13. Juli 1898 | J’ | 3,0 „|! Fischgräten. Ä r ....[13. Juli 1898 | S | 1,5 „| Wirbelknochen von einem klei- nen Fisch. " a 16. Juli 1898 | £ 70,0 „| Circa sechs thalergrosse Krab- ben und Reste von solchen. = Er 16. Juli 1898 | 9" |60,0 „| Fünf thalergrosse Krabben und Reste von solchen. Misdnoyı ran. 3. August 1898| g' |26,0 ,„ Drei Krabben von Thaler- grösse, Blaubeeren. ee 3. August 1898| g' | 2,0 „| Blaubeeren. Schmechtenhagen |22.August1898| J' | 8,0 „| Muschelreste. & 22.August1898| | 3,0 „| Reste von Muscheln. Berender;-iur. %.% 12.Septbr.1398| 5° | 1,0 „| Fischreste. 1 REN 16.Septbr.1898| 2? | — er Insel Baltrum . . |16.Januar1899| 2 | 2,0 „| Muschelstückchen. —] Fortpflanzung. Die Silbermöve hat ihre Brutplätze an vielen Orten der Ostsee, auf Inseln, Halbinseln und anderen Stellen der Küsten, namentlich den gegenüberliegenden, weniger den diesseitigen; doch hat die Nordsee deren ungleich mehr oder bei weitem zahlreicher besetzte. An der von Norwegen reichen diese bis in den Polarkreis hinauf, westwärts scheinen aber die Färöer schon ihr nördlichster Sommeraufenthalt zu sein; denn auf Island brütet keine.!) — An den Küsten unserer Nordsee, von Jütland abwärts, an der von Schleswig und Holstein, von Ost- und Westfriesland bis Nordholland ist sie zur Brutzeit die gemeinste Möve und an einzelnen Stellen in srösster Anzahl beisammen. Der ausgedehnteste und stärkste Brutplatz, an dem ich mich am”. Juni 1819 befand, den selbst ') Siehe oben unter „Aufenthalt“. J. R. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 249 FR. BoIE (damals in meiner Begleitung), welcher deren so viele in Norwegen sah, für einen der bedeutendsten von allen hielt, der gewiss auch den längst durch MEYER (®. d. Taschenb. II. S. 474 u. f.) berühmten auf Eierland!) beim Texel an der holländischen Küste wenigstens gleich zu stellen ist oder noch übertrifft, und der bis heute noch so floriert wie damals, — ist die etwas nach Osten sich wendende Nordspitze der Insel Sylt unfern der Westküste Schleswigs beim Orte List. Einige Meilen südlicher, auf Amrum, desgleichen noch mehrere Meilen herab auf dem kleinen Eilande Süderoog befanden sich kleinere, ebenfalls von mir besuchte Nistvereine, und die ganze Inselgruppe dieses Teils der Nordsee war von Tausenden herumschwärmender Möven dieser Art ganz ausser- ordentlich belebt, bis zwischen die Mündungen der Eider und Elbe herab, wo auf der Insel Helmsand und der Halbinsel Dieksand auch noch eine kleine Anzahl brütete. So soll es auch auf Norderney, Rottum und den Inseln längs der ganzen Küste bis Holland, desgleichen an denen von Gross- britannien und Irland sein. Ihre Nistplätze sind bald ein flacher oder nur wenig er- habener, sandiger Strand, landwärts in grünem Rasen ver- laufend; bald erhöhtes Gestade oder dürftig begrünte Dünen- hügel; bald Plattformen oder breite, mit Rasen bedeckte Vor- sprünge schroffer Felswände; sehr selten und bloss ausnahms- weise auch ganz nackter Sand oder nacktes Gestein. Alle solche Orte müssen unmittelbar am Meer liegen oder von ihm umgeben sein. Zuweilen sind die Nester so dicht am Wasser, dass sie bei etwas hoher Flut von den Wellen erreicht, auch wohl weggeschwemmt werden; an anderen erhabeneren Orten manche öfters einige 100 Schritt davon, zumal wo solche Kolonie zahlreich ist und eines weiten Raumes bedarf, und an den nordischen Vogelbergen nehmen die Silbermöven von oben herab die zweite Stelle ein, während die Mantel- möven nebst den Larventauchern die oberste besetzt halten. Wo sie zwischen den Dünen nisten, stellen sie die Nester sowohl auf die Gipfel als an die Lehnen der Hügel und in die weiten Thäler; überall wissen sie ein freies Plätzchen dazu zu finden, denn niemals bauen sie eins an einen ver- steckten Ort, sodass man die Nester, wenn sie nicht gar zu nachlässig angefertigt sind, meistens schon aus einiger Ent- fernung bemerkt. Hieraus ergiebt es sich schon, dass sie stets in Gesellschaft von mehreren ihrer Art brütet und, wo man sie hegt, zu vielen Tausenden beisammen alljährlich an demselben Orte den Fortpflanzungsgeschäften obliegt. An weniger sicheren Plätzen lebt sie in kleineren Gesellschaften oder auch nur in wenigen Paaren beisammen, die ihr Brutgeschäft dann gern da aufschlagen, wo viele andere verschiedenartige Strand- und Seevögel ihren Brutplatz haben, wo sie sich zwar nicht unter diese mischen, doch ihnen sich nahe anschliessen. Ein einsam nistendes Pärchen habe ich nirgends angetroffen; es möchte ein solches wohl schwerlich irgendwo zu finden sein.?) Gegen Ende des April erscheinen sie an den Plätzen, wo sie nisten wollen, und geben ihre Absicht durch unruhiges Herumschwärmen und ungewöhnlich vieles Schreien zu er- kennen. Gewöhnlich sind dies dieselben Orte, wo sie im vorigen und in vielen vorhergehenden Jahren Junge aus- brachten. Sie ertragen es, wenn man ihnen die Eier mehr- mals nimmt, wenn man von den zuletzt gelegten ihnen nur einige auszubrüten gestattet, und kommen dann im nächsten Jahr, um da abermals zu brüten, gewiss wieder. Wieder- holtes Schiessen am Brutplatze ist ihnen dagegen sehr zu- wider, und man behauptet, gewiss nicht ohne Grund, dass sie zu solchen, wo es nämlich in der Fortpflanzungszeit öfters geschah, im folgenden Jahr nicht wiederkehrten. Wo man sie dagegen sorgfältig hegt, alle Störungen in den nächsten ı) Dies ist jetzt vollständig verschwunden. Vergl. S. 245. I. R. 2) Ich fand vor einigen Jahren ein einzelnes Nest mit drei Eiern hinter der Planke einer gestrandeten Bark auf Süderoogsand, sieben Kilo- meter von der nächsten Brutgesellschaft entfernt. J. R. B 32 250 Umgebungen und am Brutplatze selbst vermeidet, streng darauf hält, dass während der Fortpflanzungsperiode daselbst nie geschossen wird, wenigstens nicht nach ihnen, wenn man mit dem Einsammeln ihrer Eier zur rechten Zeit aufhört und sie nachher ein Gelege ruhig ausbrüten und ungestört ihre Jungen erziehen lässt, da kehren sie alle Frühjahr und zwar in manchem in merklich verstärkter, in anderen in wenig ver- minderter Anzahl auf denselben Platz zurück, sodass dieser für lange Zeiten, ein Jahr in das andere gerechnet, in ziemlich gleichbleibender Menge besetzt is. Man kennt solche Brut- plätze, die länger als ein Jahrhundert bestehen und, im Besitz mancher Familien, schon von deren Urvätern ebenso gepflegt und genutzt wurden wie noch heutigentages. Einer der prächtigsten Brutplätze dieser Art, von dem ich als Augenzeuge berichten kann, mag unstreitig der bereits erwähnte auf dem Nordende der Insel Sylt sein. Er ist Besitztum einer sehr ehrenwerten Familie (jetzt zweier Eigentümer) im Örtchen List, über welchem er nördlich, etwa 4 km weit, den ungefähr 50 bis 60 Fuss hohen Hügelzug der westlichen Dünen der Insel einnimmt, von da an, wo er sich plötzlich vom westlichen Gestade nach dem nördlichen wie ein Haken herumzieht oder von Westen stark nach Osten wendet und in dieser Richtung bald endet. Dieser Platz mag ungefähr 7 km im Umkreise halten und ist von einer so grossen Anzahl dieser Möven besetzt, dass, bis auf eine sich bloss anschliessende Kolonie des Larus canus, eine der Sterna tschegrava und eine der St. cantiaca,') der ganze übrige, bei weitem grösste Flächenraum nur von Silbermöven bedeckt ist, zwischen welche bloss etwa hundert Pärchen Eiderenten (dom. mollissima) sich mit ihren Nestern eingezwängt haben. Man darf dreist behaupten, dass sich jährlich mehr als 5000 Pärchen der Silbermöven auf diesem Platze fortpflanzen. Schon in der Ferne erscheinen zu dieser Zeit jene Dünen, weil der Flugsand, aus dem sie bestehen, sich hier dürftig mit mageren und halbdürren Gräsern, vor- züglich mit Carex arenaria, vermischt mit Moos und grauen Flechten, etwas Heidekraut (Calluna) und Rausch (Eimpetrum nigrum) bedeckt hat, in düsteres Grüngrau gehüllt und mit zahllosen weissen Punkten übersät, deren Beweglichkeit diese bald als Tausende lebenden weissen Geflügels bezeichnet, die nach und nach bei weiterer Annäherung sich als Silbermöven zu erkennen geben, in einer Anzahl, die wahrhaft in Staunen versetzt. Betritt man endlich diese Freistatt der Vögel, so entzückt die harmlose Zutraulichkeit dieser herrlichen Ge- schöpfe, die meist Paar für Paar auf der Fläche verteilt sich aufgestellt haben oder auf und neben den Nestern sitzen, einer der Gatten auf, der andere neben den Eiern; denn überall, wohin man blickt, lassen diese Unvergleichlichen in höchster Ruhe, nicht einmal Neugier verratend, die fremden Störer bis auf kaum 15, höchstens 20 Schritt herannahen, ehe sie auf- fliegen, schweben dann dicht über ihnen, und die Zahl der jene Umkreisenden wächst mit jedem Schritte, die Luft ist mit einer gewaltigen Schar schreiender Vögel erfüllt, während der schweifende Blick vorwärts noch Hunderte von sitzenden auf und bei den Nestern trifft, die es eben mit solcher Ruhe ab- warten, bis an sie die Reihe des Auffliegens kommt, wie die ersten, die sich, in umgekehrter Folge als sie aufflogen, nun schon wieder gemächlich niederlassen u. s. w. Allenthalben, hoch und niedrig, gut und schlecht gebaut, stehen die Nester auf dem Platze zerstreut, bald nur zwei, bald zwölf, bald noch mehr Schritte voneinander, aber ringsum, wohin man nur blickt, Nester und wieder Nester. Hier stellen sich diese unvergleich- lich schönen Geschöpfe in ihrer regsten Lebensperiode, in den lieblichsten und abwechselndsten Stellungen und Bewegungen vor dem entzückten Blicke des Forschers auf, in solcher Nähe, dass er kaum weiss, ob er sie mehr der Anspruchslosigkeit, Einfachheit und höchsten Reinheit ihres Gefieders oder der schönen Verhältnisse in den Umrissen ihrer Gestalt, im Stehen, t) Die Kentsche Seeschwalbe ist hier längst verschwunden, J. R. nn ee Te a \ Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. Gehen oder Fliegen, oder ihres ungemein zahmen Betragens wegen bewundern und anstaunen soll. Unwillkürlich drängte sich mir damals in der Begeisterung der Gedanke auf, hier für diejenigen, denen versagt ist, der Natur so ins Antlitz zu schauen, ein Bild nach dem Leben aufzunehmen, um ihnen eine schwache Vorstellung von den gesehenen Herrlichkeiten, freilich nur eine schwache, zu verschaffen; denn welcher Künstler vermag solches Leben mit allen seinen, an Reizen sich überbietenden Abwechselungen auf dem Papier darzustellen. Mein schwacher Versuch sind zwei ausgemalte Kupfer, das eine mit dem Nistplatze der grossen Möven, das andere mit denen der grossen Meerschwalben der Dünen bei List nebst erklärender Beschreibung unter dem Titel: Über den Haushalt der nordischen Seevögel Europas u. Ss. w. Querfolio. Leipzig. ERNST FLEISCHER. 1824.) Unter anderen von mir gesehenen Brutplätzen verdient noch der auf der Insel Amrum einer Erwähnung, nicht der Anzahl der hier nistenden Paare wegen, die darin mit den vielen Tausenden auf Sylt gar nicht in Vergleich kamen, sondern wegen eines anderen Umstandes. Sie hatten hier nämlich auch einen Nistplatz in den Dünen; aber auch sehr weit von diesen, auf dem nach Südwest in ein ausserordentlich srosses, nacktes Sandfeld auslaufenden, sehr flachen Strande standen an einer besonderen Stelle eine Menge frischgebauter Nester, in denen aber noch keine Eier lagen. Die alten Vögel in den entfernten Dünen schienen sich um diese Nester gar nicht zu kümmern, woraus ich schloss, dass sie nicht ihrer Kolonie angehören möchten. Wohl aber trieb sich in der Nähe jener Nester eine kleine Schar junger, vorjähriger Vögel dieser Art herum, mit dem Anschein, als wären sie die Erbauer und Inhaber derselben. Diese damals in der Isis (Jahrg. 1819, Stck. XII) aufgestellte Vermutung hat sich aber seitdem nirgends bestätigt. Auch die Silbermöve wird gleich anderen Arten erst brutfäbig, wenn sie nach dem dritten Lebensjahre ihr ausgefärbtes Kleid angelegt hat. Die einjährigen wie die zweijährigen leben in abgesonderten Gesellschaften, meistens fern von den alten oder brutfähigen, die sie auch nicht in ihren Nistvereinen leiden, und eine dahin Verirrte wird so lange heftig verfolgt, bis sie sich wieder weit genug entfernt hat, zumal einjährige. Eher sieht man manchmal eine zwei- jährige unter den alten, die von diesen aber auch nur un- gern geduldet wird, sich aber schon kräftiger zu verteidigen versteht. In der Mitte des Mai beginnt der Bau ihrer Nester. Sie sind von sehr verschiedener Bauart, bald aus einer ziemlichen Menge Materialien, doch kunstlos, bald aus wenigen und höchst nachlässig angefertigt, bald ist das Nest nur eine blosse Ver- tiefung im Sande mit sehr wenigen Niststoffen belegt oder auch ganz ohne diese. Manchmal scheint ihnen bloss der Zufall einige Hälmchen zugeführt zu haben, wogegen sie an anderen Orten oft einen ziemlichen Haufen trockenen Tang (Fucus vesiculosus und F\ serratus), Meergras (Zostera marina), ab- gestorbene Stauden von Sulicornia herbacea, vertrocknete Blätter von Urambe maritima, Stengel von Atriplex maritima, Statice Limo- nium und andere Salz- und Meeresstrandspflanzen zusammen- tragen und einen wenigstens anfänglich ziemlich tiefen Napf für die Aufnahme der Eier herstellen. Zuweilen legen sie diesen wohl noch mit etwas weicherem Material, dürren Grasstückchen, Strohhalmen und dergleichen aus, doch bleibt das ganze auch in solchen einzelnen Fällen nur ein loses, nachlässiges Geflecht. Es giebt solche Nester, die über einen Fuss Durchmesser und, ehe sie von den Vögeln niedergetreten, einen halben Fuss Höhe haben. Zuweilen, aber nicht oft, bringen sie auch etwas Erde zwischen jenen an. Aber merkwürdig bleibt es, dass sie auf manchen Brutplätzen allesamt bessere Nester bauen, während sie auf einem anderen sich diese Arbeit beinahe ganz ersparen. Die Ursache hiervon ist jedoch leicht zu finden; sie holen nämlich die Baumaterialien nie weit herbei; finden sich nun ‘) Vergleiche Schluss von Band XII. J. R. Die Silber-Möve, Zarus argentatus Brünn. in der Nähe nicht viele vor, so behelfen sie sich mit wenigen, bestehlen beim Bauen auch einander oft, wie die Saatkrähen. Auch da, wo sie gezwungen werden, nach Verlust der Eier ein neues Nest einzurichten, zumal wenn sich dies öfter wieder- holt, werden die Eier zuletzt nur noch in eine blosse Ver- tiefung des Bodens gelegt und ohne Nest ausgebrütet. Der Standort des Nestes richtet sich ebenfalls nach der Beschaffenheit des Platzes, und wo etwas Pflanzenwuchs ist, wie in den Dünen von List, stellen es viele Pärchen in die grösseren Pflanzenbüschel, andere dagegen auf die platte Fläche. An manchen Orten steht es auf kurzem Rasen, aber viel öfter noch auf nacktem Sandboden; doch habe ich die Nester kleinerer Vereine oft namentlich an solchen Stellen beisammen gefunden, wo bei hohem Wellengange kleine Bänke von Conchylien, Tang, Meergras und allerlei Wust zusammengeschoben waren, zwischen diesen. Sonderbar genug ist dies oft so nahe am Bereich einer gewöhnlichen Flut, dass eine höhere, zumal bei starkem Wellengange, ihnen unfehlbar die Eier wegschwemmen muss. Wo die Eier ohne Nestbau auf dem blossen Sande liegen, sieht man sie erst, wenn man ihnen ganz nahe kommt, die grösseren Nester werden dagegen schon in bedeutender Entfernung bemerklich. Wo eine schwache Gesellschaft nur ein kleines Plätzchen mit ihren Nestern besetzt hat, erkennt man jenes schon von weitem am häufigen Verkehr dieser Möven daselbst, sodass man nur da nach den Eiern zu suchen braucht. In der letzten Hälfte des Mai!) legen sie ihre Eier, je zwei bis drei, aber nie mehr in ein Nest. Diese Eier sind so ausserordentlich variabel, sowohl in Grösse und Gestalt als in Farbe und Zeichnung, dass es schwer wird, das eigentliche Normale herauszufinden, um im allgemeinen sagen zu können, ihre Grösse und Gestalt erreiche ziemlich die der Eier von zahmen Gänsen und ihre Färbung sei eine olivengrünliche, schwarzbraun und grau gefleckte. Die grössten unter diesen Eiern kommen den kleineren von Larus glaucus völlig gleich, selbst in Farbe und Zeichnung. Allein dass diesen Möven an allen zugänglichen Brutplätzen die ersten Gelege immer, ja an manchen zur Ungebühr viele genommen werden, weshalb sie in derselben Brutzeit immer wieder neue machen müssen, ehe ihnen eins zum Ausbrüten überlassen wird, schwächt ihre Legekraft, und so legen sie nach und nach immer kleinere Eier und zuletzt mitunter sogar sogenannte Windeier. Ich besitze selbst ein solches, das nur die Grösse eines Elstereies, dabei aber eine so starke Schale und die nämliche Färbung hat, wie andere ihrer Art von gewöhnlicher Grösse.?) -—- An manchen Orten hört man mit dem Einsammeln dieser Möven- eier erst auf, wenn die Abnahme der Grösse gar zu auffallend wird und manche Weibchen schon ganz aufhören zu legen. An solchen Orten ist es dann kein Wunder, wenn grosse und starke Eltern aus ihren letztgelegten Eiern nur schwächliche und ihnen an Grösse weit nachstehende Junge erbrüten, wenn Larus argentatus BREHMII einen Larus argenteus BR. oder gar einen Larus argentatoides BR. ausbrütet und aufzieht. Diese Eier wechseln gewöhnlich in der Grösse von 7,6 cm Länge und 5 cm Breite, bis zu 5,1 cm Länge und 3,5 cm Breite herab; es kommen aber noch kleinere vor, und das er- wähnte Spur- oder Windei ist nur 3,6 cm lang und kaum 2,9 cm breit. [— 30 Stück der Rryschen Sammlung haben ein Durchschnittsmaß von 69,9>< 48,9 mm, ein Maximum von 75x49 und 74x525 mm und ein Minimum von 61x46 und 70,5 44,5 mm. Das durchschnittliche Gewicht beträgt 6,115 gr. — Der bedeutende Unterschied in der Grösse der Eier ergiebt sich auch aus dem sehr verschiedenen Gewicht derselben. Nach einer grossen Zahl von mir gewogener (voller) ') SAnDMAN fand vollzählige Gelege auf Karlö: 1886 Ende Mai, 1887 am 15. Mai, 1888 am 20. Mai, 1889 am 18., 28. Mai, 4. Juni, 1890 am 13. 20. Mai, 1891 am 16. Mai. J. R. °) Auch nach CoLLerr kommen häufig Zwergeier vor. 1889 wurden bei Vardö zwei Gelege gefunden, in deren jedem alle drei Eier Zwergeier | waren. J. R. 251 Eier wechselt es zwischen 80 und 120 g; der Durchschnitt beträgt 95,8 g. — Von SANDMAN gemessene Gelege zeigen folgende Maße: 82,7 x 53,7, 79,1 x 53,9, 78,9% 525 mm; 82 x 53,4, 79,5 x 53,4, 79,3x 53,8 mm; 80x 52,9, 715x352, 14,9 x 53,3.mm; 795x544, 78x 548 77,8% 532 mm; 1:92, 11x32, mm! BLAsIus giebt folgende Maße von Eiern aus der Sammlung HOLLANDTs, befindlich im Braunschweigischen Museum, an: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe [ 67,0 mm 48,5 mm 80,0 mm Gelege | 690 „ 483 30.08 70,50%, ER 30,0 „ age | 1 n 48,2 ” 33,0 n DEU ER 45.09, Saar ne i 48,6 „ 35,0 „ a Gelege 13,6 ” 48,8 n 33,0 2) ur | 735 s AO 35,0 , st 68,0 „ 50,0 „ 30,0 „ = Gelege | g73 } 492, 30:0, 78,0 „ 498 „ 32,0 „ Gelege | 77,5 H EEE } 68,0 „ 482 , 30,0 , Gelege 10,0% 4 a5 , 30,0 „ BB 48,0 „ BD. Inelege | 690, 48,8 „ 320 , 64,0 „ 48,9 „ 30,0 „ 63,0 „ 43, 30,0 „ 122, 50,0 „ 32,0: ., 8,0, 48,8, 330 „ 68,0 „ 50,0 „ 30,0 „ 68,8 „ ALS, 22045 710,0 , HORB Gelege | 06.4 3 ABER share BO, ER Re AO 2 4 weisse 20 „ 49,0 , 30,0 7 Eier von | 00 r 0,0. 30,0 „ 12,6 n 49,0 n 33,0 2) | 67,0 , 289, U SATT | EO & A BO ae ATI u 020,00, ln ra), 50,0 , 320, 710,5 n 48,0 n 30,0 h) De 49,0 , STo, 68,0 „ AA, 30,0 , Ber: 48,0 , 32:02, 69,5, DIE RE 66,0, 49,6 „ 30,0 , 10,0 „ 485 „ 30,0 , 67,6 „ 50,5 „ 29,0 , GEORE Li zn 280. :, 73.241, 49,0, 30. 16,8 2) 50,0 n 34,0 n 692 , Bla 30,0 69,6 „ A HTRLO 15,4 n 90,0 n 31,0 n =] Sie haben meistens eine schöne, mehr schlanke als kurze Eigestalt; kürzere, am stumpfen Ende schneller abgerundete, etwas bauchige oder auch übermässig schlanke kommen viel seltener vor. Ihre starke Schale ist von grobem Korn, von aussen rauh, mit vielen sichtbaren Poren, daher ohne Glanz. Ihre Grundfarbe ist ebenso verschieden wie ihre Zeichnung. Von vielen Hunderten dieser Eier habe ich etwa 15 Stück ausgelesen, die in beiden so verschieden sind und meistens so sehr voneinander abweichen, dass, wenn ich nicht an Ort und Stelle sie unseren Silbermöven selbst weggenommen und mit eigenen Augen nirgends eine andere Art dabei im weiten Um- kreise bemerkt hätte, ich selbst an der Echtheit derselben zweifeln würde. Dies sind aber nur die heterogensten Ab- weichungen, und der Abstufungen von einer zur anderen giebt es begreiflicherweise noch viele mehr. Gewöhnlich ist die 32% 252 Grundfarbe der Eier unserer Silbermöve ein bleiches Oliven- grün, schmutziger, blasser, bräunlicher, grünlicher in allen Nüancen, manche auch etwas ins Rostfarbige, andere ins Rost- gelbliche spielend oder grünlichlehmfarben. Ihre Zeichnungen sind vielgestaltige grössere und kleinere Flecke, Tüpfel und Punkte, die tief in der Schale aschgrau, mehr nach aussen braungrau, ganz auswendig schwarz und schwarzbraun oder auch nur dunkelbraun aussehen, in Zahl, Form und Verteilung ganz erstaunend verschieden und, wenn auch nicht genau ge- nommen, bei jedem Ei anders sind. Manche haben mehr graue, andere mehr schwarzbraune Flecke; diese sind bei manchen gross, mehrere aneinander hängend und wenige Punkte da- zwischen, — bei anderen weniger gross und mehr gerundet, — bei noch anderen lauter Tüpfel und Punkte, ohne alle grösseren Flecke, — bei einzelnen alle schwarzbraunen Zeich- nungen bloss Striche, geschlängelte Zeichen, Schnörkel, Haken, wie arabische oder chinesische Buchstaben,!) — bei anderen ist die Zeichenfarbe sehr fein eingesprengt zwischen zwei bis drei oder doch sehr wenigen, aber auch sehr umfangreichen, aschgrauen und schwarzbraunen Flecken, — bei noch anderen ist ausser einigen aschgrauen nur ein einziger grosser brauner Fleck vorhanden, noch andere haben überhaupt bloss einige aschgraue Flecke, — und endlich giebt es auch gänzlich un- gefleckte. Stellt man sämtliche Verschiedenheiten gegenein- ander, so macht es sich sehr bemerklich, dass mit Abnahme des Geflecktseins auch die Grundfarbe lichter und grünlicher wird, dass endlich die am wenigsten gefleckten Eier in Apfel- grün, in Meergrün und bei völlig ungefleckten in Seladongrün (Grünspanfarbe) übergehen; ein solches rein seladongrünes Ei dieser Möve sähe, wenn es nicht um vieles grösser wäre und ein viel gröberes Korn zeigte, einem Reiherei nicht unähnlich.?) Zu bemerken ist noch, dass die Farbe dieser Eier bald nachdem man sie ihres Inhaltes entleert hat, sich sehr bedeutend verändert, wo vorzüglich das Grüne nach und nach schwächer wird und endlich in den Sammlungen, würden sie auch noch so sorgfältig vor Luft und Licht bewahrt, nach einigen Jahren beinahe gänzlich verschwindet. Das gewöhnliche Olivengrün wird bei vielen entweder ein schmutziges Olivengelb oder bleich olivenbräunlich, bei anderen lehmfarbig, bei manchen fast thonweisslich, und bei sehr wenigen spielt dieses oder jenes noch entfernt ins Grünliche; die wenig gefleckten werden thon- weiss, die fast und ganz ungefleckten schmutzig oder auch rein bläulichweiss, ganz anders als sie frisch aussahen, und 'sind dann von den stark gefleckten noch um vieles mehr verschieden wie damals, als sie noch im Neste neben jenen lagen; denn sie kommen in einem Neste mit gefleckten vor und dasselbe Weibchen, von dem jene bunten kamen, hat auch diese un- gefleckten gelegt. Mustert man eine Anzahl Nester, so fällt die grosse Verschiedenheit dieser Eier schon von weitem auf. Die Gatten zeigen viel Liebe und Anhänglichkeit zu ein- ander, halten sich immer zusammen, stehen gewöhnlich dicht nebeneinander beim Neste, oder, wenn der eine darauf sitzt, steht der andere daneben, so auch des Nachts. Beide Gatten brüten abwechselnd, doch das Weibchen anhaltender als das Männchen, das viel häufiger den Wächter macht, bei heran- nahenden Gefahren zuerst seine Stimme erhebt und die anderen warnt. Beide haben an der Unterbrust an jeder Seite einen Brutfleck, die oft mit einem dritten auf der Mitte des Bauches zusammenfliessen. Sie brüten ziemlich anhaltend, beinahe vier Wochen lang, und lieben die Eier sehr, noch mehr aber nachher die Jungen, kommen gleich herbei, sobald sich ein Mensch denselben nähert, umschweben ihn ganz nahe unter ängstlichem Ausrufen ihres heiseren Haha, hahaha, stossen !) Solche erinnern an die Zeichnung der Eier in der Gattung Uria, sind aber ziemlich selten. Naum. ?) CoLLETT fand häufig in Norwegen Gelege, in denen alle Eier mit einfachen roten Flecken bedeckt waren. SEEBOHM fand auf Vardö Eier mit roten Flecken, die er für solche von Zarus glaucus hielt (Hist. Brit. Birds, pl. 50; Ool. fig. Eggs Brit. Birds, pl. 32), aber PEARSoON und BipweLu wiesen nach (Ibis 1894, S. 236), dass dies Eier von Larus argentatus seien. J. R. u Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. auch öfters im Bogen ganz nahe an ihm vorbei, sind aber da, wo oft nach ihnen geschossen wurde, viel vorsichtiger, obwohl auch nicht so 'sehr, dass sie nicht noch leicht genug erlegt werden könnten. Es ist schon gesagt, dass sie nach wieder- holtem Wegnehmen der Eier immer wieder neue Gelege machen. Sie verlassen darum den Platz nicht, legen-sogar immer wieder in dasselbe Nest, wenn dies aber eben von einem anderen iegenden Weibchen besetzt ist, in das nächste beste leere. Es ist beobachtet worden, dass nach wieder- holtem Wegnehmen der Eier solche Unordnung in einem Nist- vereine manchmal so weit einreisst, dass viele Pärchen die Nester wechseln, dass manches zuletzt nicht einmal über den selbstgelegten Eiern brütet, oder auch, dass zwei Weibchen nacheinander in dasselbe Nest legen. Zu oft beunruhigte kleine Vereine geben indessen nach mehrmaligem Wegnehmen der Eier nicht allein die Stelle, wo diese lagen, die man oft ein Nest nicht nennen kann, sondern auch das Nistplätzchen selbst auf und suchen ein anderes, doch gewöhnlich nicht weit vom ersten, wo sie nun neue Neststellen einrichten, gewöhnlich aber dabei allen Nestbau unterlassen. Die aus den Eiern geschlüpften und abgetrockneten Jungen, gewöhnlich zwei, auch nur eins in einem Neste, weil viele Eier faul gebrütet werden'), in ihrem grauweissen, von oben her schwärzlich gefleckten, wolligen Dunenkleide, sehen jungen Eulen nicht unähnlich, sind anfänglich ziemlich un- beholfen, lernen aber bald recht behende laufen. Wo sie Ruhe haben, bleiben sie ein paar Tage im Neste, auch wohl noch länger; gewöhnlich verlassen sie es aber, sobald sie nur sehen können, bleiben jedoch in den nächsten Umgebungen und verkriechen sich hier zwischen Unebenheiten des Bodens, hinter Steinen, Pflanzen und dergleichen. Die Alten zeigen grosse Liebe zu ihnen und bringen fleissig Futter in der Speise- röhre herbei, aus der sie es ihnen vorwürgen. So lange das hervorkeimende ordentliche Gefieder an den unteren Teilen des Rumpfes noch keine dicke Decke bildet, meiden sie das Wasser, weil es zu bald durch den Flaum bis auf die Haut eindringen und ihnen Erkältung und Tod zuziehen würde; bis dahin suchen sie sich in vorkommenden Fällen bloss durch Entlaufen und Verkriechen zu retten, während sie nachher auch auf dem Wasser durch Schwimmen zu entkommen suchen. Es dauert über vier Wochen, ehe sie fliegen und die Alten begleiten lernen, die sie dann aber bald anhalten, sich selbst ihr Futter zu suchen und sie darauf ganz verlassen. Da man oft gegen die Mitte des Juli noch Eier findet, so ist es eben nichts Seltenes, zu Ende des August hin und wieder ein einzelnes Junges noch bei den Alten zu sehen, die solchen Spätlingen aber gewöhnlich wegen eintretender Mauser früher ihre Pflege entziehen, als sie sonst bei den zur rechten oder naturgemässen Zeit ausgebrüteten thun. Im August verliert sich auch nach und nach jenes frohe Getümmel an den Brut- plätzen; in den letzten Tagen sieht man nur noch hin und wieder ein paar Alte, denen ein Junges mit kläglich zitternder Stimme nachfliegt und Futter abverlangt, bis endlich auch diese verschwinden. Jetzt ist an diesen vor 3 bis 4 Monaten so unvergleichlich belebten Plätzen eine traurige Stille ein- ‘getreten, und die Öde ist der wieder gleich geworden, wie man sie gewöhnlich in anderen Dünen immer findet. Die Alten haben sich nun nach allen Richtungen zerstreut oder versammeln sich in anderen Gegenden an guten Futterplätzen und kümmern sich nicht mehr um die Jungen, die teils einsam umher streichen, teils, in Gesellschaften vereint, sich von jenen entfernt halten und so sich den Anschein geben, als gehörten sie einer ganz anderen Art an. Feinde. Wo der Seeadler, wie oft, in der Nähe ihrer Brutplätze wohnt, soll er nicht allein junge, sondern auch alte Silber- ‘) Merkwürdigerweise soll dies in einem Jahre mehr, im anderen weniger der Fall sein. Vielleicht ist hierbei die Witterung mit im Spiele. Drei Junge kommen sehr selten aus einem Neste. Naum. dä möven öfters fangen. Ich sah zufällig selbst, welche Schrecken das Erscheinen eines solchen Adlers in einer grossen Kolonie dieser Möven verbreitete, jedoch auch ‚wie nach seinem Ent- fernen sich bald alles wieder beruhigte. — Man sagt auch, dass der Fuchs, wo er zu einem Brutplatze gelangen kann, ihnen zur Nachtzeit die Nester plündert und die Vögel in fürchterlichen Aufruhr bring. Am Tage möchte er sich schwerlich nahen. dürfen, da sie einen mässig grossen Hund mit vereinter Macht zu vertreiben wissen. In ihrem Gefieder wohnt der auch anderen Mövenarten eigene Docophorus melanocephalus (Nırzsch), [— sowie Docophorus lari, Nirmus lineolatus und Nirmus selliger, —] und in den Ein- geweiden Ligula digramma CREPL., Taenia porosa RuD., [— sowie Filaria obvelata CREPL., Spiroptera adunca CRFPL., Trichina affınis DIES., Distomum spinulosum RunD., Distomum lingua ÜREPL., Distomum elongatum MEHLIS, Distomum lucipetum RuD., Holostomum variegatum DUJ., Holostomum platycephalum Dus., Holostomum longicolle DUJ., Holostomum spathaceum DIES., sowie Bothriocephalus ditremus DIES. und Schistocephalus dimorphus CREPL. —] Jagd. An ihr ungewohnten Orten ist die Silbermöve so scheu wie irgend eine andere grosse Art, zumal alte Vögel, und die sitzende kann nur ungesehen hinterschlichen werden. Fern vom Brutplatze und ausser der Fortpflanzungszeit überhaupt ist sie auch am Meer scheu und vorsichtig genug, bei ihren Streifzügen am Strande entlang nur aus einem Versteck zu erlauern und zu schiessen. Eine Art Neugier, mit der sie alles Ungewöhnliche gern in näheren Augenschein nimmt, bringt sie noch am häufigsten zum Schuss; wenn sich nämlich der Schütze auf einem Striche befindet, auf dem er öfter solche Möven niedrig hin- und herfliegen sah und gerade eine solche in der Ferne gewahr wird; wenn er sich dann sogleich platt auf die Erde hinstreckt und still liegen bleibt, so darf er versichert sein, dass jene, um ihn näher zu betrachten, dazu gewiss schussrecht herankommt; bleibt er dagegen frei stehen, so weicht sie ihm stets weit genug aus. In der Fort- pflanzungszeit und nicht weit vom Nistplatze, wo sie freilich auch mehr Lebensthätigkeit und eine gewisse Keckheit zeigt, lässt sie bei solchem Beschauen auch ihr tiefes Hahaha ‘hören und steht oft mit stillgehaltenen Flügeln in geringer Höhe an einer Stelle bis gegen eine Minute lang fast un- beweglich in der Luft über dem hingestreckten Schützen, der, wenn er auf dem Bauche liegend ihre Stimme über sich ver- nimmt, sich nur schnell herumzuwälzen braucht, um alsbald seinen Schuss mit Glück anzubringen. Ärgerlich war mir diese Neugier, oder was es sonst sein mag, immer, wenn ich auf jenen Eilanden der Westküste Schleswigs mich irgend einem sehr scheuen Vogel auf dem Bauche fortrutschend schussmässig nähern wollte, weil dies Manöver gewöhnlich eine vorbeistreichende Silbermöve nach der anderen herbeizog, die dann über mir schwebend meinen Bewegungen folgten und ihr Hahaha um die Wette ausstiessen, wodurch jene zu beschleichenden Vögel, z.B. Limosa lapponica, Charadrius squatarola und andere sehr scheue Arten aufmerksam gemacht wurden und gewöhnlich, ohne dass sie mich sahen, die Flucht ergriffen, ehe ich mich hinlänglich hatte nähern können. — Auch einen tot da liegenden Vogel betrachten sich diese Möven gern in der Nähe (wie schon oben, S. 147 dieses Bandes erzählt ist), ohne ihn jedoch anzupacken; ich habe wenigstens damals, in einer Zeit, wo sie Überfluss an Nahrung hatten, dies niemals gesehen, wie mich dünkt, ein Beweis, dass sie das Fleisch der Warmblüter so lange verachten, als sie nicht Mangel an Kalt- blütern leiden ‚ es überhaupt auch erst dann gern geniessen, wenn es gänzlich erkaltet oder halb und halb in Verderbnis übergegangen ist. — Bei Sturm, der ihnen viel zu schaffen macht, scheinen sie öfters teilweise die Fassung zu verlieren und nähern sich dann, manchmal gleichsam unwillkürlich, dem Schützen viel öfter, als dies bei heiterem, stillem Wetter je- mals geschieht. An den Nistplätzen, zumal wenn sie Eier oder a Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. Junge haben, sind sie sehr leicht zu schiessen. 253 Hier ist es ratsam, wenn man die zu erlegenden zum Ausstopfen be- stimmte, die Flinte mit schwachem Hagel zu laden, weil er kleinere und weniger blutende Wunden macht; an allen anderen Orten ist dagegen starker Schrot zu empfehlen, weil der Schütze wegen ihrer imponierenden Grösse und ihres leuchtenden weissen Gefieders leicht getäuscht wird, die grosse weisse Gestalt für näher hält und zu früh schiesst, wobei dann ihr dichter Federpelz die Kraft des Schusses schwächt. Sie verträgt gleich anderen. grossen Möven, wie man zu sagen pflegt, einen tüchtigen Schuss, oder sie hat ein zähes Leben. Die angeschossene entflieht gewöhnlich seeeinwärts, wie dies auch bei anderen See- und Strandvögeln fast immer der Fall ist, und solche gehen dem Schützen fast immer verloren. Eine flüägellahm geschossene verteidigt sich wütend mit ihrem Schnabel und kann mit diesem an entblössten Teilen, nach denen seine Hiebe gewöhnlich gerichtet sind, Stückchen Fleisch ausbeissen, wie wenn sie mit einer Schere herausgeschnitten würden. An Angelhaken, mit einem kleinen lebenden oder toten Fisch oder auch einem Stückchen Fleisch beködert, sind sie ziemlich leicht zu fangen. Mit einem solchen Köder sind sie auch in einem kleinen Tellereisen zu fangen. Am allerleichtesten fängt man sie in Schlingen über den Eiern. [— Mit Recht sind diese Fangmethoden in neuerer Zeit, wenigstens in Deutsch- land, gesetzlich verboten. —] Die Jungen, ehe sie Federn bekommen, wissen sich oft so gut zu verstecken, dass sie ohne Hund schwer aufzufinden sein würden. Sie verkriechen sich manchmal weit vom Strande in Kaninchenhöhlen, wo es diese wie in manchen Dünen giebt, und tief genug, um ganz sicher zu sitzen. Nutzen. Das Fleisch auch dieser Möve, zumal alter Vögel, wird wenig geachtet und selten von Jemand schmackhaft gefunden; das der Jungen findet man geniessbarer, doch wird es auch nicht allenthalben gegessen; desto höher achtet man aber überall die schönen, voluminösen Eier, die einen grossen orangeroten Dotter und gekocht ein ziemlich zartes Eiweiss haben. Sie schmecken indessen, wie die vieler anderer See- vögel, stark nach Meersalz (ein salzigbitter-molstriger Ge- .schmack), was sie einem verwöhnten Gaumen eben nicht angenehm macht, worüber man aber von den Küsten- und Inselbewohnern niemand klagen hört; selbst in Seestädten findet sich mancher Schmecker, der diesen (mir immer etwas widerlichen) Beigeschmack liebt und sie gerade deshalb für recht wohlschmeckend hält. Er scheint sich durch das Kochen mehr zu entwickeln und ist mir beim Genuss roher Eier dieser Art immer viel schwächer und leidlicher vorgekommen. Man sucht die Eier an allen Nistorten dieser Möven begierig auf, und da sie überall ein willkommenes Nahrungsmittel gewähren, so haben die Regierungen sich die Benutzung grosser Brutplätze dieser Art entweder selbst bewahrt, um sie alle Jahr zu verpachten, — oder sie als Emolument der Besoldung eines niederen Beamten (gewöhnlich des Strandaufsehers oder Strand- vogts) zugelegt, — oder sie sind altherkömmlich als Monopol einer Familie zugestanden, auch gewissermassen mit dem Grundbesitz des Platzes vereint. Im entgegengesetzten Falle, wo sie nehmen kann, wer sie will, kommen diese Möven nie zu festen Brutplätzen, weil man gewöhnlich nicht eher mit Einsammeln der Eier aufhört, bis die Vögel keine mehr legen, sie also keine zum Ausbrüten behalten; nach solcher Behandlung suchen sich die Silbermöven im nächsten Jahr fast immer einen anderen Nistplatz. An jenen aber, wo man diese Möven sorgfältig hegt, durch Schiessen nie beunruhigt, von den Eiern ihnen nur die ersten Gelege nimmt (das allererste, wenn zwei bis drei Stück in einem Neste liegen), alltäglich zwar die frisch gelegten immer wieder wegnimmt, dies jedoch nur so lange fortsetzt, bis am sparsameren Nachlegen bemerklich wird, dass die Legekraft der Weibchen zu erschlaffen anfängt oder bis 254 man aus vielen Nestern schon zwei bis drei Gelege genommen hat, erscheinen sie alljährlich in annähernd gleicher Anzahl wieder. Je nachdem nun die Vögel langsamer oder schneller legen, worauf ebenfalls genau geachtet wird, weil es nicht in einem Jahr wie im andern ist, kann dies Einsammeln der Eier etwa 10 bis 15 Tage dauern.!) Von jetzt an lässt man sie die nun gelegten Eier ungestört ausbrüten, wobei der Platz, unberufener Störer wegen, noch einige Zeit unter Aufsicht bleibt, bis sie Junge haben u. s. w. Auf diese Weise behandelt, geben sie einen bedeutenden, alle Jahr wiederkehrenden Gewinn, der, wo es der Platz gestattet, auch wohl zunimmt und so lange fortdauert als diese Behandlungsweise sich nicht ändert oder so lange die Örtlichkeit nicht zufällig oder durch Anbau der Menschen untauglich dazu gemacht wird. Es giebt Nistplätze und Nistvereine dieser Möven, deren Entstehen, der Tradition nach, in vergangene Jahrhunderte zurück reicht, die damals ebenso benutzt wurden, wie noch heutigentages, von denen manche jährlich gegen 600 Mark und mehr noch eintragen, wie z. B. der bei List auf der Insel Sylt, der wohl zu einem der einträglichsten gehören mag, indem mir der brave Inhaber selbst versicherte, dass ihm die Silbermöven, von denen dort mehr als 5000 Pärchen nisten mögen, durchschnittlich alle Jahre an 30000 Stück Eier legten, die er, ausser denen, die im eigenen Haushalt verbraucht wurden, zwischen Moos in Körbe packen liess und zu Schiffe nach Hamburg, Kopenhagen und anderen grossen Seestädten zum Verkauf sendete, wo sie nicht unter fünf Schilling (etwa 40 Pfennige) das Stieg, das ist 20 Stück, oft auch teurer und sehr gern gekauft werden, [— jetzt für etwa zehn Pfennige dasStück.—] Er hielt zum täglichen Einsammeln dieser Eier einige Leute, die in einer bretternen Hütte mitten unter den Vögeln wohnten und so den Platz zugleich vor unbefugten Einsammlern be- wachten, das Legen der einzelnen Pärchen, soweit als thunlich, beobachteten, um nicht manchem zu viel, anderen zu wenig Eier zu nehmen u. s. w. Für dieses Geschäft erhielten sie zum Lohn alle kleinen Eier, als von Larus canus, von Sterna tsche- grava und Sterna cantiaca, deren Zahl sich nach ihrer bestimmten !) An einem so planmässig und richtig behandelten Brutorte hört das Eiersammeln gewöhnlich in der zweiten Woche oder dritten Woche des Juni auf, je nachdem die Möven in dem Jahre früher oder später zu legen begannen. An manchen Orten, die ich aber nicht selbst sah, soll man erst um Johannis (den 24. Juni) damit aufhören, wo dann aber auch viele Pärchen ohne Nachkommenschaft bleiben müssen. Naum. Die Silber-Möve, Larus argentatus BRÜNN. Versicherung in manchem Jahr auf wohl gegen 20000 Stück belief, die sie, was sie davon nicht zum eigenen Genuss ver- brauchten, ebenso verkauften, die noch gesuchter waren, weil sie, zumal die der Meerschwaiben, viel besser schmecken als Möveneier. Eine angenehme Zugabe waren an diesem Platze noch etwa 100 Pärchen Eiderenten (Som. mollissima) die zwischen denen der grossen Möven zerstreut ihre Nester hatten, denen man hier aber nach dem Landesgesetz zwar.keine Eier rauben durfte, aber nachher die köstlichen Dunen den Nestern entnahm, ein ebenfalls nicht zu verachtender Gewinn.!) Sehr gern benutzt man auch die Federn der Silbermöve und anderer grosser Arten wie Gänsefedern zum Ausstopfen der Betten und weicher Kissen; sie eignen sich vortrefflich dazu, und ein Vogel giebt deren eine bedeutende Menge. [— In Badeorten werden aus Mövenbälgen angefertigte Damen- hüte, Muffs und verschiedenartige „Atrappen“ sowie aus- gestopfte Vögel als „Erinnerungen“ zu hohen Preisen feil- geboten. —] Sie beleben die Gegenden ihres Aufenthaltes, zumal in der Begattungszeit, auf eine sehr angenehme Weise und sind dem Seefahrer ein erfreuliches Zeichen von der Nähe des Landes, indem sich besonders diese Art nur ausnahmsweise über 150 km von diesem entfernt. Sie reinigen den Strand von anschwimmenden Äsern. Schaden. Ich habe von niemandem gehört, dass man sie auf irgend eine Weise für schädlich hielt. Die kleinen Fische, Krebse und dergleichen missgönnt man ihnen nicht, und dass sie, wenn sie Junge haben, anderen Strandvögeln die Eier wegschleppen, ausleeren und den Inhalt ihren Jungen füttern, zu diesem Behuf auch die zarten Jungen jener rauben sollen, wird ihnen noch weniger angerechnet. Es scheint übrigens, dass sie beides nur dann thun, wenn sie selbst Junge haben, da (wie ich sehr häufig gesehen) früher jene ihre Eier oft dicht neben die ihrigen legen, ruhig neben ihnen sitzen u. s. w., sodass man solche Unthaten von ihnen in Zweifel ziehen möchte, wenn nicht der sich überall aussprechende Hass aller jener gegen diese Möven deutlich genug darauf hinwiese. ') Vergl. ROHWEDER „$ 6 des Gesetzes über die Schonzeit des Wildes. Betrachtungen über Vergangenheit und Zukunft der schleswig-holsteinischen Nordsee-Brutvögel.“ Zoolog. Garten. Frankfurt 1876. J. R. & — Die Graumantel-Möve, Larus eachinnans ParL | | Tafel 37. Fig. 25-26. Eier. Südliche Silbermöve. 5 ier Fremde Trivialnamen: Croatisch: G@aleb klaukavac, Galeb, Kaleb. Czechisch: Racek st#ibrity var. Michahellesuw. Englisch: Yellow-legged Herring-Gull. Französisch: Goöland de Pallas. Italienisch: Gabbiano reale del Sud, Marino pescatore. Polnisch: Mewa srebrzysta (odmiana). Russisch: Chochotunja. Tatarisch: Ulu-Chailan. Ungarisch: Delhi ezüssös sirdly. Larus cachinnans. Pall., Zoogr. Ross.-Asiat. II. p- 318 (1811). — Glaucus Michahellesii. Bruch., Isis. p. 1107 (1832). — Larus cachinnans. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI. (1840). — Larus cachinnans. Schlegel, Rev. cerit. p. OXXIV (1844). — Glaucus Michahellesii. Bruch, Journ f. Ornith. I. p. 101 (1853). — Larus Michahellesii. Bop., Ber. et Mag. de Zool. p- 16 (1855). — Larus Michahellesii. Bruch, Journ. f. Ornith. II. p. 282 (1855). — Larus cachinnans. Lindermeyer, Vög. Griechenl.p. 176 (1860). — Larus cachinnans. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. p. 1392 (1869 — 74). — Larus argentatus var. cachinnans. Wright, Finl. Fogl. II. p. 595 (1873). — Larus leucophaeus. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 411. pl. 602 (1873). — Laroides cachinnans. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. X. p. 61 (1886). — Larus leucophaeus. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 97 (1886). — Larus cachinnans. Giglioli, Avif. ital. p. 432 (1886); p. 646 (1889). — Larus leucophaeus. Brehm, Tierleben. Vög. III. Aufl. III. p. 109 (1892). — Larus Michahellesi. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 161 (1892). — Larus argentatus michahellesi. Reiser, Orn. balcan. II. p. 200 (1894); IV. p. 147 (1896). — Larus cachinnans. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 226 (18%). — Larus cachinnans (subsp.). Dresser, Man. of Palaearetie Birds, II. p. 833 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XIC. Fig. 1, a—c (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 79. Fig 2 (1854). —] Kennzeichen der Art. | Flussufer nicht allein zu allen Jahreszeiten belebt, sondern Augenlid orangerot, Füsse und Zehen leuchtend gelb, ı an der Bojanamündung auch brütet. Alle Teile des Skutari- sonst sehr ähnlich der Silbermöve. sees, sowie die sich in denselben ergiessenden Gewässer bis weit ins Innere des Landes werden beim Fischen von ihr Beschreibung. sorgfältig abgesucht. Auf den Sandbänken der grösseren Flüsse Die südliche Silbermöve wird von vielen Autoren nur | Sieht man sie oft einzeln oder zu zweien und dreien ausruhen als eine Varietät oder auch als eine klimatische Abänderung | und sich sonnen. So gelangen sie einzeln bis zur Sitnica im der nördlichen Silbermöve angesehen. Wir folgen hier dem | Komanski lug und besonders zahlreich an die Moraöa, von Catalogue of the Birds in the British Museum, der sie als be- | deren Ursprung gegen die Mündung zu immer häufiger auf- sondere Art anerkennt. tretend. Selbstverständlich ist ihnen auch die Bojana ein will- Der alte Vogel im Hochzeitskleide ist Larus argentatus | kommener Wasserlauf und nicht minder der Spiegel des fisch- im Hochzeitskleide sehr ähnlich gefärbt und unterscheidet | reichen Zogajsees. sich nur durch folgende Eigentümlichkeiten: Der Augenring So ist es nicht zu verwundern, dass sich im Sande des ist hell orangerot, der Rachen von derselben Farbe, das Gelbe | Montenegro zugekehrten Teiles der Hada etwa sechs Paare und Rote des Schnabels ist viel heller, die Läufe und Zehen | häuslich niedergelassen hatten, welche bei unserem Besuche sind brillantgelb, der Mantel ist im allgemeinen deutlich | daselbst am 27. Juni 1895 schon recht grosse, aber noch flug- dunkler, während das Schwarz und Grau der Schwungfedern | unfähige Jungen zu ernähren hatten. So wie wir uns der erster Ordnung einen dunkleren Ton haben, und die Mittelzehe | Niststätte näherten, kamen uns die alten Vögel mit Wehe- mit der Kralle ist gewöhnlich kürzer als der Lauf. Die Ge- | geschrei entgegen, welches sich steigerte, als wir den Jungen samtlänge beträgt gegen 58,5 cm, der Schnabel misst 7,5 cm, | ganz nahe gekommen waren. Jetzt stürzten die Alten bis der Flügel 45,5 cm, der Schwanz 19 cm, der Lauf 7 cm | ganz dicht an unsere Köpfe herab. Die Dunenjungen waren und die Mittelzehe mit der Kralle 6,75 cm. Das Weibchen | in dem fast gleichfarbigen Sande durchaus nicht leicht wahr- ist in der Regel etwas kleiner als das Männchen. zunehmen, da sie sich vollständig drückten. Als wir eines Der alte Vogel im Winter ist genau gefärbt wie im | unter einem Busche von Tamarix (Tamariske) entdeckten und Sommer. Die gewöhnlich vorhandene grauliche Strichelung | hervorholten, fing es auf der Düne an zu entlaufen, und die fehlt oder ist doch so schwach, dass sie kaum sichtbar ist. | Alten suchten es hierin dadurch anzuspornen, dass sie Fische, Junge Vögel und Dunenjunge sind von denen von Larus | welche sie eben im Begriffe waren, der Brut vorzulegen, aus argentatus nicht zu unterscheiden. ziemlicher Höhe herab vor sie ausspieen. Diese Fische oder vielmehr Fischreste ignorierten aber die jungen Möven und Aufenthalt. liefen weiter. Wir hoben den Auswurf vom Sande auf und fanden ihn zum Zerfallen mürbe und brühwarm. Ohne einen der alten Vögel geschossen oder einen jungen mitgenommen zu haben, verliessen wir die Brutstelle, dem Mute und der Elternliebe der Silbermöve unsere gerechte Bewunderung zollend.* (Orn. balcan. IV. S. 148.) Und an anderer Stelle sagt er: „In der Dobrudscha brütet sie zu Tausenden auf Rohrinseln im See Sinoe (Sintenis) und Lebensweise. auf Inseln im See Razem (Alleon). An der bulgarischen Küste Über ihre Eigenschaften schreibt REIsER: „Als unvergleich- | ist sie vornehmlich in den Häfen bezw. Anlandungsstellen liche Zierde der Gewässer des südlichen Montenegro ist die | von Varna, Mesembria, Anchialos, Burgas und Sozopol un- südliche Silbermöve zu betrachten, welche die Gestade und | gemein häufig. Die Graumantelmöve bewohnt Südeuropa und das sanze Mittelmeer-Becken, Madeira, die Kanarischen Inseln, vielleicht die Azoren, das Schwarze Meer, den Aral-, den Caspi- und den Baikal-See. Im Winter geht sie nach Süden bis nach Bombay, Persien, dem Roten Meer und Angola. 256 Stundenlang kann man sich an diesen Orten an dem an- mutigen Treiben dieser Möven aus nächster Nähe ergötzen. In Varna haben sie sich insbesonders auf den vielen im dortigen Hafen befindlichen unbewohnten wrackähnlichen Schiffskörpern heimisch gemacht. Das Deck derselben ist mit Federn und dem Unrat der Möven bedeckt. Im Juni sah man dort ausser- ordentlich wenige alte Vögel, ein Zeichen, dass sie daselbst nicht brüteten. Wir schonten sie dort, und erst knapp vor seiner Abreise am 21. Juni erlegte ERNST zwei mit einem Schuss. Dieselben trugen ein interessantes Übergangskleid, indem sie unterseits der Hauptsache nach schon weiss sind und am Rücken sich schon mehrere rein aschgraue Federn zeigen; nur die vordere Schnabelhälfte ist noch schwärzlich. Durch diesen Schuss und einen weiteren Fehlschuss DUSCHEKS auf eine Ente wurden sie derart aus dem Hafen verscheucht, dass sie an diesem Tage nicht wie gewöhnlich auf den Schiffs- körpern übernachteten, sondern erst allmählich am folgenden Morgen sich wieder blicken liessen. Bei Burgas sah ich gleich bei dem ersten Ausfluge zehn Stück über dem ausgetrockneten Athanas-See kreisen und er- fuhr im Hafen zu meiner grossen Verwunderung, dass die Silbermöve in den drei Seestädten Sozopol, Anchialos und Mesembria auf den Dächern der Häuser ihre Jungen ausbrüte und bereits Mitte April mit dem Eierlegen beginne. Wie ich nun festgestellt habe, ist dies thatsächlich der Fall, und zwar hat die erstgenannte Stadt die wenigsten, die zuletzt auf- gezählte die meisten Brutpaare. Ich besuchte am 29. Juni 1890 die Salzstadt Anchialos und das alte Mesembria, berühmt durch den Aufenthalt MoLTKEs daselbst. Eine Schätzung der in den beiden Orten brütenden Paare ist sehr schwer, doch dürften die Zahlen 150 und 200 nicht zu hoch gegriffen sein. Durch Dr. NIEDER jun. erhielt DR. KRÜPER schon 1875 von hier Eier für das Museum in Athen. Mit Staunen sah ich in Anchialos die prächtigen Möven dieht über die Häuser dahinziehen. Überall mischten sich noch die Jungen unter die Eltern, und nur sehr wenige waren noch nicht flügge. Zwei solcher Jungen brachte mir ein Knabe, — liebe, zutrauliche Tiere, die wir lebend bis Jamboli brachten. Nur mit innerem Widerstreben eilte ich zur Spitze der weit ins Meer ragenden Landzunge, welche die Stadt trägt, und begann in den dortigen Salzgärten eine Möve nach der anderen herabzuschiessen. Als die Leute, ungewohnt solcher Störung, von allen Seiten herbeizulaufen begannen, packte ich meine Beute: drei Männchen und ein Weibchen zusammen, übergab sie ZELEBOR zur weiteren Behandlung und eilte nach Mesembria. Die griechische Küstenbevölkerung beschützt die Silber- möve, mit der sie Grund und Boden teilt, bei weitem weniger als z. B. die Bulgaren den Storch, obwohl die Fischer ihre Hilfe beim Fischfange wohl zu schätzen wissen. Sobald nämlich die geschätzten Makrelen (hier Palamyd genannt) in grosser Menge an der Oberfläche des Meeres erscheinen, ver- . Bee. 7 Die Graumantel-Möve, Larus cachinnans PALL. sammeln sich die Silbermöven klumpenweise, stossen an den betreffenden Punkten gegen die Fische und verraten so ihren Aufenthalt. Auch in Mesembria waren die Leute nichts weniger als erzürnt, als ich mir von einem terrassenähnlichen Vorsprung aus noch ein Weibchen, zwei alte und ein jüngeres Männchen holte. Im Gegenteil, als eine der Möven, schwer krank ge- schossen, erst weit draussen ins Meer fiel, holte dieselbe frei- willig ein junger Grieche nach fast halbstündiger Schwimm- tour ein. Bis spät am Abend in einer prächtigen Weinlaube sitzend, beobachteten ZELEBOR und ich das stete Ab- und Zustreichen- der reizenden Geschöpfe und lauschten den verschiedenartigen Lauten ihres Wechselgespräches am Dachfirste, wenige Meter von uns entfernt. Zeitig des Morgens weckte uns ihr Lachen, Bellen und Wiehern. Ich denke, die Erklärung ihrer dortigen Ansiedelung auf den Bauwerken des Menschen ist nicht so schwer, trotz der Absonderlichkeit. Bevor es noch menschliche Ansiedelungen an den Ge- staden des sozusagen insellosen Schwarzen Meeres gab, fanden die Silbermöven an der ganzen Westküste keine passenderen Nistplätze als die felsigen, weit ins Meer ragenden Landzungen, auf welchen später die drei mehrfach genannten Städte ent- standen. Haus reihte sich dann an Haus, und jeder Zollbreit Boden wurde ausgenützt. Da blieb den Möven keine andere Wahl, als entweder auszuwandern oder sich den Veränderungen des liebgewordenen und in der Umgebung unersetzbaren Platzes anzupassen und als Wiege für die Nachkommenschaft die breiten Steindachfirste eines Menschenschlages zu wählen, dem es nach echt orientalischer Sitte niemals einfällt, sich um die leichtbeschwingten Gäste zu kümmern. Im Herbst herrscht an den Brutorten bei weitem kein so reges Treiben. Die meisten Vögel sind draussen auf hoher Doch finden sich an manchen Orten, wie z. B. beim Schlachthaus unweit des Hafens von Burgas, immerhin noch ziemlich viele Möven ein, welche dort gierig auf jeden Bissen lauern. Einst sah ich hier den heftigen Angriff eines See- adlers auf eine Silbermöve. | Sehr gerne mischt sie sich unter die Schwärme der Alpenstrandläufer und dunklen Wasserläufer.“ (Orn. balcan. Il. 8.1202.) Bezüglich ihrer Fortpflanzung unterscheidet sie sich [— ab- gesehen von der oben von REISER angegebenen Eigentümlich- keiten —]| nicht von den nördlichen Silbermöve. Die Maße von vier Eiern, die KÖNIG gemessen hat, sind folgende: 11x52, 71x55, 78x52, 73x53 mm. Sie wiegen 6,83, 7,23, 7,48 und 7,10 g. 26 Eier im Britischen Museum gleichen denen von Larus argentatus und messen 63,5 bis 88,9 x 48,3 bis 50,8 mm. | Auch ihre Feinde dürften die der nördlichen Silber- möve sein. Von Schmarotzern sind bei ihr gefunden Filaria sp? und Holostomum longicolle Dus. —] [— Anhang. Die Korallen-Möve, Larus Audouini PAYRAUDEAU. Tafel 37. Fig. 27—28. Eier. Die Rötelsilbermöve. Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb korsikanac. Czechisch: Racek Audouwinüv. Englisch: Audouin’s Gull. Französisch: Foeland Audowin, Goeland d’Audowin. Larus Audowini. Italienisch: G@abbiano cörso, Cau de mari. Polnisch: Mewa Audouina. Payraudeau, Ann. Soc. Nat. VIII. p. 460 (1826). — Larus Audowini. Schlegel, Rev. erit. p. CXXV (1844). — Larus Audowini. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 177 (1860). — Larus Audouini. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 421 (1867). — Larus Audouinii. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1387 (1869—74). — Larus audouini. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 395. pl. 601 (1878). — Gavina Audouint. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 51 (1886). — Larus Audouwinii. Avif. ital. p. 429 (1886): p. 645 (1889). — Larus Audouini. Reyes y Prosper, Av. Espaäa. p. 97 (1886). — Larus Audouwini. Giglioli Ar&valo y Baca, Av. Espaäa. p. 417 (1887). — Larus audouini. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 109 (1892). — Larus Audouini. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 161 (1892). — Zarus audowini. Cat. Birds Brit. Mus. XXV.p. 271 (1896). — Larus audouini. Dresser, Man. of Palaearctie Birds, II. p. 831 (1903). Kennzeichen der Art. Erste Schwungfeder schwarz mit weisser Spitze, mit einem weissen Fleck vor der Spitze an den Innenfahnen, die zwei folgenden an der Basis grau, in der Mitte schwarz, mit weissen Spitzen, Schnabel länger als die Aussenzehe, Füsse schwärzlich, Mittelzehe kürzer als der Lauf. Beschreibung. Beim Männchen und Weibchen im Hochzeitskleide ist der Kopf und der Hals weiss mit einem leichten rosafarbenen Anflug, der Mantel bläulich- grau, fahler als bei Zarus canus; die Unterseite ist rot angeflogen, ähnlich wie die Farbe des Halses, die oberen Flügeldeckfedern und die Schwung- federn zweiter Ordnung haben die Farbe des Mantels, die Schwungfedern erster Ordnung sind schwarz mit weisser Spitze, die erste hat auf der Innenfahne einen weissen Fleck, der Schnabel ist blutrot mit zwei schwarzen Querbinden ) das Augenlidrändchen rot, die Füsse schwarz, die Iris dunkelbraun. Im Winterkleid ist bei Männcheu und Weibchen Kopf und Nacken mit grauen Längsstrichen versehen, das übrige Gefieder wie im Hochzeits- 1) Diese Querbinden sind nach Graf ARRIGONI DEGLI ODDI ein Zeichen der Unreife. J. R. kleide, nur das Weisse noch rosiger, der Schnabel lackrot mit zwei schwarzen Querbändern, die Füsse’schwarz. Im Jugendkleide ist das ganze Gefieder grau und braun gefärbt, der Mantel ist braun, unregelmässig hellbraun und rötlich gefleckt. Der Schwanz ist mehr oder weniger schwarz und braun gefleckt. Alte Vögel messen: Gesamtlänge 50,8 cm, Schnabel 6,1 cm, Flügel 41 em, Schwanz 15 em, Lauf 5,7 cm und Mittelzehe mit Kralle 4,8 em. Aufenthalt und Lebensweise. Die Korallenmöve ist eine Bewohnerin des westlichen Mittelmeeres, vom Tyrrhenischen Meere bis zur Strasse von Gibraltar. Nach Graf ARRIGONI DEGLI Oppı (Ibis 1902, S. 492, wo sich auch ausführliche Angaben finden), ist sie die seltenste europäische Möve. Sie ist eine reine Seemöve, die auch nur an den felsigen Meeresküsten in geringer Anzahl nistet und zwei bis drei Eier legt, die grünlichen oder gelblichgrünen Grund haben und sehr unregelmässig gefleckt sind. Die Schalenflecke. sind violettgrau, die Zeichnungsflecke schwarzbraun. Die Mafse von drei Eiern, die REISER gemessen hat, sind folgende: 62,2xX 45, 62,2>x42,8 und 72x 473 mm. Die Gewichte sind 3,61, 4,20 und 5,45 g. Zwei Eier der Reyschen Samm- lung messen 67,4><49,3 und 71,5><50,2 mm und wiegen 5,95 und 6,82 @. Vier Eier im Britischen Museum messen 61 ><44,5, 62,2 > 43,9, 62,2 > 45,5 und 64,2.x 42,16 mm. —] Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 39 Die Mantel-Möve, Larus marinus L. Tafel 24. Fig. 2. Alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 25. : Fig. 2. Alter Vogel im Winterkleide. Tafel 26. Fig. 2. u. 4. Jugendkleid. Tafel 38. Fig. 15—19. Eier. Die Seemöve, grosse Seemöve, grosse Heringsmöve, grosse Fischmöve, Riesenmöve, Schwarzmantel, grosser Schwarz- mantel, (jung) grösste bunte Möve, grosse graubraune Möve, gefleckte grosse Falkenmöve, graue Fischmöve, bunte Sturm- möve, Wagel. | [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb veliki. Czechisch: Racek morskıj. Dänisch: Svartbag-Maage, Svartbag, Sort Havmaage, Gaasemaage, Aalemaage, Havgasse. Englisch: Great Black-backed Gull, Cobb, Carrion Gull, Farspach; auf den Shetlands- Inseln: Baagte. Färisch: Svartbeäkur, Bakur, Beükskuri, Skuri. Finnisch: Merilokki. Französisch: Goöland & manteau noir, Mouette marine, Goeland marin, Grisard. Grönländisch: Nutjardluk. Helgoländisch: Manteldräger, Groot grü Kubb. Holländisch: Mantel- meeuw. Isländisch: Svartbakur, Veidibjalla, Kaflabringur, Svartbakr. Italienisch: Mugnaiaccio. Lettisch: Leelä rengu karwa. Norwegisch: Hafmaage, Svartbag. Polnisch: Mewa czarnotbista. Portugiesisch: Gaivota, Aleatraz. Schwedisch: Hafstrut, Hafsmäs, Hafsmäka, Stormäs, Stortrut, Hafsgjuse, Hafgloffs, Gjause, Hafgall, Hagall, Svartskäre, Svartbak, Stormäge, Storgall, Trut, Svarttrut. Slowenisch: Velika cajka, Velika tonovSlica. Spanisch: Gavinot, Gavinote. Ungarisch: Dolmänyos siraly. Larus marinus.‘ Linn. Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758), —] — Larus marinus. Linn. Faun. suec, n. 155. — Brünn. Orn. bor. n. 145. — Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 598. n. 6. — Lath. Ind. I. p. 813. n. 6.— Retz. Faun. suee. p. 156. n. 117. — Nilsson, Om. suee. II. p. 164. n. 214. — Le Goeland “4 manteau noir. Buff. Ois. VIII. p. 405. t. 31. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 150. — Id. Pl. enl. 990. — Noir-manteau. Temm. Man. d’orn. 2. edit. I. p. 760. — Black-backed Gull. Penn. arct. Zool. II. p. 527. n. 451. — Übers. v. Zimmermann, II. 8. 488. n. 368. — Lath. Syn. VI. p. 371. — Übers. v. Bechstein, III. 2. 8. 3827. n. 2. — Bewick, Brit. Birds II. p. 212. — Mugnajaccio. Savi, Orn. tose. II. p. 938. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 653. — Dessen Taschenb. II. S. 369. n. 3. — Wolf u. Meyer, Naturg. Deutschl. 1I. Heft 20 (gute Abbildung). — Deren Taschenb. 11. S. 465. — Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 266. n. 240. — Koch, Baier. Zool. I. S. 370. n. 231. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. S 230. — Faber, Prodromus der isl. Ornith. S. 99. — Brehm, Beitr. III. S. 714 (Z. maximus) u. S. 756 (L. marinus). — Dessen Lehrb. I. 8. 733. u. S. 735. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 728—731. — Gloger, Schles. Faun. 8. 53. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 68. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vög. S. 18. n. 240. u. n. 241. — Homeyer, Pommersche Vög. 8. 69. n. 226. — [— Larus marinus. Naumann, Vög. Deutschl. I. Ed. X. p. 488. t. 265 u. 269 (1840). — Larus marinus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVII (1840). — Larus marinus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXIV (1844), — Larus marinus. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 177 (1860). — Larus marinus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 982 (1866-71). — ZLarus marinus. Degl. et Gerb., Om. Eur. II. Ed. II. p. 413 (1867). — Larus marinus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1579 (1869— 74). — Larus marinus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIH. p. 427. pl. 604 (1872). — Larus marinus. Wright, Finl. Fogl. II. p. 601 (1873). — Larus marinus. Fallon, Ois. Belg. p- 200 (1875). —. Larus marinus. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 631 (1882—84). — Larus marinus Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Dominicanus marinus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 34 (1886). — Larus marinus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 96 (1886). — Larus marinus. Giglioli, Avif. ital. p. 433 (1886); p. 648 (1889). — Larus marinus Arcvalo y Baca, Av. Espata p. 415 (1887). — Larus marinus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 562 (1891). — Larus marinus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 110 (1892). — Larus marinus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 163 (1892). — Larus marinus. Collett, Norg. Fuglef. p. 309 (1898—94). — Larus marinus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV p. 241 (1896). — Larus marinus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds. II. p. 836 (1903). —] Ein- und zweijährige Vögel. Larus naevius. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 598. n. 5. — Larus marinus, junior. Lath. Ind. I. p. 814. n. 6. var. y. — Le Goeland varie ou le Grisard. Buff. Ois. VIII. p. 413. t. 33. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 160. — Id. Pl. enl. 266. — Gerard. Tab. &l&m. II. p. 334. — Wagel-Gull, Lath. Syn. VI. p. 875. — Übers. von Bechstein, III. 2. 8. 331. n. 6. — Penn. aret. Zool. II. n. 453. — Übers. v. Zimmermann, Il. S. 489. n. 370. — Naumanns Vög. alte Ausg. III. S. 186. (Nicht die Abbildungen). [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVII. Fig. 1. a—d (1845—1853). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 62. Fig. 1 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit.. Birds. II. p. 501. pl. OXLI. fig. 1 (1856) — Seeb ohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 323. pl. 52 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 111. pl. 35 (1896). —] Kennzeichen der Art. manchen Individuen ein Unterschied im Längenmaße von 12 bis 14 cm stattfindet, wobei gewöhnlich die kleineren Exem- plare auch einen kleineren Schnabel haben, während dieser bei recht alten und grossen eine Stärke erreicht, in der er noch den der Eismöve übertrifft. Solche allerdings sehr auf- fallende Verschiedenheiten bewogen P. BREHM, die Mantelmöve sich als zwei verschiedene Arten, später als vier Subspecies zu denken, die aber nichts sind als individuelle Abweichungen, Die Spitzen der ruhenden Flügel reichen wenig oder nicht über das Schwanzende hinaus. Grösse einer mittleren Gänse- art. Länge des starken Laufes 7 cm. Alt: Mantel schieferschwarz; Füsse rötlichweiss. Schwungfedern stets schwarz. Die Beschreibung. Die Mantelmöve gehört zu den grössten Arten der Gattung, ähnelt darin wie auch in der etwas kurzen, gedrungenen Ge- stalt der Eismöve, unterscheidet sich aber in jedem Kleide von dieser an der schwarzen Flügelspitze und dem anders gefärbten und anders gezeichneten Mantel. Sie kommt wie jene von sehr verschiedener Grösse vor, sodass zwischen zwischen denen sich in allen Abstufungen Übergänge finden. Wie bei anderen grossen Mövenarten ist es auch bei dieser. Dass die Differenz in den Maßen bei grossen Tieren immer mehr in die Augen fällt als bei kleinen, ist eine bekannte Sache. Sehr verschieden kommt bei unserer Mantelmöve auch der Schnabel hinsichtlich seiner Länge, Höhe, Breite oder der 19pIopJI01ur A "ossgLH "Tınyeu ®/ »AOUISIY “uunig] snanel3 snıey eg kin ahtseae SagaujsjueW “T snunew snıeq z SAQWISSUNSH 'J Snosny snıeq I „. KR N NN, Da 7 Marge rn Ber DE EN REN Iyenakahtı EN a. 3) 1: Rh a x in ER MA ArARLINT N DIE |; UL 2ALE TUR Pure A RT Dir Klar “ 3 te Ri, ER, 3, ER N er ee Kr FB wa } A 4 \ 5 Fun Lei, \ , i\ | Ä | e } \ \ j h . ‚ y 2 he My j i Ip ‘ \ 1 eK - i - x er N ae a > ee SE er K NR ih r ale Dex RT ” Al ’ ai ur de er her * ER Sr mE: Be mn RI > u a u u; ” Die Mantel-Möve, Larus marinus L. 259 Grösse und Stärke im allgemeinen vor; nicht immer haben ! können die Maße verschieden sein, wovon ich mich an vielen die kleinsten Individuen die schwächsten, die grössten die stärksten oder höchsten Schnäbel; so habe ich ein sehr grosses zweijähriges Individuum vor mir, dessen Schnabel weit kleiner ist als der eines daneben stehenden einjährigen, und in einer Suite von diesen Möven, wie man sie in grösseren Sammlungen sieht, zeigen sich ähnliche Abweichungen in Menge. Solche können aber nicht auf Artverschiedenheit hindeuten, sonst müssten sie im Verhältnis zu allen übrigen Teilen immer so vorkommen. Die Mantelmöve steht übrigens, wenigstens in den grössten Exemplaren, als die grösste Mövenart an der Spitze dieser Gattung. Sie ist grösser, stärker, gedrungener als andere mit M D \ ie ) Ü «M, 1) „l N ——— TEL (Z \ 3 \ N \ \ ode IN \ N \ N \ N \ \ N N ua GGG. GEDREGELDL GB L LLC RG GG Die fünf ersten Schwungfedern von Larus marinus ad. Y, I % N 7) j _ N N schwarzem Mantel; die am Vorgebirge der guten Hoffnung lebende [— Art Larus dominicanus —] ist viel kleiner und anders gestaltet, darin eher der Heringsmöve ähnlich. Diese ist stets bedeutend kleiner, schwächlicher, schlanker gebaut und mit längeren Flügeln versehen und unterscheidet sich daher „ NIS ZZ Sa nn. vs GGG GGG DG GGF Fr Fr 3 sv N iR N — N IN V N FR \ j \ Ai. I: 4 Zi 1 | X 7), )) | Die fünf ersten Schwungfedern von Larus marinus juv. SS _ I N N _ in jedem Kleide leicht von der Mantelmöve, wozu auch die höheren und stärkeren Beine dieser beitragen, die sie auch vor allen anderen europäischen Arten auszeichnen. In der Grösse des Rumpfes kann man sie mit einer recht starken Hausente, einer Bisamente oder einer mittleren Gänseart vergleichen; der starke Hals, Kopf und Schnabel, die grossen Flügel, der längere Schwanz, die höheren Beine und das dicke Gefieder geben ihr aber scheinbar eine noch ansehnlichere Grösse. Ihr Gewicht, wobei freilich nicht allein auf die zufällige Grösse, sondern auch auf die Körperbeschaffen- heit des Individuums, ob abgemagert oder sehr fett, viel an- kommt, kann demnach von 1,5 bis 2,5 kg vorkommen. Ebenso Exemplaren, worunter nicht wenig frische, überzeugt habe. Demnach habe ich folgende Extreme gefunden, zwischen denen die am häufigsten vorkommenden Maße in der Mitte liegen; Länge von der Stirn bis zur Schwanzspitze 56,5 bis 73 cm; Länge des Flügels vom Handgelenk zur Spitze 46 bis 49,5 cm, Flugbreite von einer Flügelspitze zur anderen 148,5 bis 174,3 cm; Schwanzlänge 16,5 bis 20 cm. Die Weibchen sind stets etwas kleiner als die Männchen. Das Gefieder ist sehr dick, gross, an der Brust und dem Bauche besonders pelzartig; die Schwungfedern haben sehr starke Schäfte und wurzelwärts sehr breite Fahnen, die erste und zweite sind ziemlich von gleicher Länge; der zwölffederige Schwanz ist am Ende gerade, die breiten Flügel nur so lang, dass sie, in Ruhe liegend, mit den Spitzen meistens gar nicht oder doch höchstens 2,5 bis 3,5 cm über das Ende des Schwanzes hinausragen. Der sehr starke Schnabel ist gewöhnlich für seine Länge zu hoch, als dass man ihn gestreckt nennen könnte; viel öfter möchte man seine Gestalt im ganzen, wenn auch gerade nicht immer eine kurze, doch eine sehr gedrungene oder robuste nennen. Er ist häufig viel stärker als der von Larus glaucus. Seine breitgerundete Firste läuft von der Stirn bis in die Mitte seiner Länge gerade, dann schwingt sie sich mehr oder weniger, doch nie sehr stark auf, um in den grossen Haken überzugehen, dessen Bogen beinahe den vierten Teil eines Zirkelschlages beschreibt. Der Kiel ist nur anfänglich gerade, senkt sich bald allmählich etwas abwärts, wodurch das Eck am Ende der Kielspalte stärker hervortritt, und die von hier nach der Spitze schräg aufsteigende Linie ist auch ein wenig aus- geschweift, was ebenfalls dazu beiträgt, das Eck vorspringender zu machen. Er ist am Ursprunge sehr breit, nach vorn aber in der Breite bedeutend verjüngt, seine Seitenflächen ziemlich eben, nur zwischen der Nasenhöhle und Schneide am Ober- schnabel mehr oder weniger wulstartig. Die Spitze des Hakens ragt 2 bis 4 mm über die des Unterschnabels hinweg. Die Schneiden bilden vorn einen der Firste des Hakens ent- sprechenden, nur etwas flacheren Bogen, laufen dann aber, nur wurzelwärts mit einer schwachen Senkung, ziemlich ge- rade in die tief gespaltenen Mundwinkel aus; sie sind sehr scharf, gewöhnlich glatt, selten ganz fein gezähnelt, und die obere greift ein wenig über die untere; der Rachen ist sehr breit. In der grossen länglichen Nasenhöhle öffnet sich das Nasenloch vorn und unterwärts 8 bis 1O mm von der seit- lichen Stirnfederspitze als ein durchsichtiger, vorn erweiterter, über 8 mm langer Ritz. Die Länge des Schnabels von der Stirn über den Bogen wechselt zwischen 6 bis 7 cm, oft noch darüber, vom Mundwinkel zur Spitze in gerader Linie zwischen 7,7 bis 8,8 cm; seine Höhe an der Stirn zwischen 20 und 22,5 mm; die Breite hier zwischen 15,5 und 18,5 mm. Die geringeren Maße kommen in der Regel jüngeren, die grössten sehr alten Vögeln zu, doch mit mancherlei Aus- nahmen. So erlegte GRABA auf Färoe (siehe dessen Reise, S. 80) ein Stück mit einem 10 mm längeren Schnabel, als er ihn bei allen übrigen gefunden. Die Farbe des Schnabels ist verschieden, in der Jugend grauschwarz, an der äussersten Spitze lichter, an der Wurzel des Unterschnabels schmutzig fleischfarbig; später wird des Schwarzen weniger, des Fleischfarbigen mehr, dieses nach und nach gelblicher; bei noch älteren bis auf weniges Schwarz unfern der Spitze wachsgelb, und dann zeigt sich auch schon Rot über dem Eck; endlich wird er ganz hochgelb, die Spitze etwas lichter und der grössere Fleck am Eck des Unter- schnabels glühend hochrot, alle Spur des Schwarzen ist ver- schwunden, Mundwinkel und Rachen orangerot; diese waren früher gelb und anfänglich bloss fleischfarbig. Im ausge- trockneten Zustande wird er bei den Jungen dunkelhornfarbig, das Fleischfarbige horngelblich, bei Älteren licht horngelb, bei den Alten wachsgelb, sodass sich an diesen seine eigentliche frische Färbung leichter erraten lässt als bei jenen. PREF > [9737 260 Das Augenlid ist in früher Jugend weiss und fast ganz befiedert, später nackt, gelblich fleischfarben, gelb, bei den Alten orangerot. Die Farbe der Iris verwandelt sich nach drei bis vier Jahren aus dem Dunkelbraunen durch Gelbbraun, Braungelb endlich in Zitronengelb. Die Füsse sind verhältnismäßig gegen die der übrigen grossen europäischen Mövenarten gross, stärker und höher als bei einer dieser, haben aber im übrigen dieselbe Gestalt, volle Schwimmhäute, kurze, starke, nicht sehr gekrümmte Krallen, deren Ränder scharf sind, zumal auf der Seite nach innen und am meisten die der Mittelzehe, unten etwas hohl, an der Spitze abgestumpft, der Rand dieser aber scharf. Die Hinterzehe ist ebenfalls klein und sehr kurz; der Überzug der Beine wie an den anderen, vorn am Laufe und auf den Zehen- rücken grob, an den Seiten sehr fein geschildert, die Schwimm- häute noch feiner gegittert u. s. w. Der nackte Teil der Schiene misst 2,3 bis 2,9 cm, der Lauf 6,6 bis 7,1 cm, die Mittelzehe mit der 10 mm langen Kralle 7,1 bis 7,7 cm und die Hinterzehe mit der 6 mm langen Kralle 10 bis 12 mm. Die Färbung der Füsse ist fast in jedem Alter eine bleiche Fleischfarbe, in der Jugend schmutzig, im Alter sehr ins Weiss- liche, eigentlich nur rötlichweiss. Gelb sind sie niemals. Im Tode verliert sich das wenige Rötliche, besonders bei Alten, fast ganz, sodass sie dann beinahe nur matt weiss aussehen; aber wenn sie ganz ausgetrocknet sind, werden sie grau- gelblich. Die Krallen sind braunschwarz, bald an der Spitze, bald an der Wurzel, zuweilen an beiden hell hornfarbig. Das Dunenkleid dieser Art sah ich noch nicht; es findet sich auch nirgends beschrieben. [— Im Katalog des Britischen Museums werden die Nestjungen beschrieben als auf der Ober- seite steinfarbig, mit zerstreuten und markierten schwarzen Flecken auf dem Kopf und mit dunkelbräunlicher Sprenkelung auf dem Rücken; die unteren Teile schmutzig braunweiss; der Schnabel sehr stark und kurz, an der Basis schwärzlich, weiter nach vorne zu gelblich. —] Das erste Jugendkleid ähnelt dem der Heringsmöve am meisten. Der Schnabel ist beinahe ganz mattschwarz, nur an der Wurzel der unteren Hälfte etwas schmutzig fleischfarbig; der Rachen blass fleischfarbig; der Augenstern dunkelbraun; die Füsse blass fleischfarben. Der Anfang der Stirn und die Kehle sind reinweiss; vor dem Auge steht ein Fleckchen, aus schwarzen Federschäften bestehend; Kopf, Hals, Brust, Bauch, untere und obere Schwanzdecke nebst Bürzel sind weiss, auf dem Scheitel, den Wangen und Halsseiten mit braungrauen Schaftstrichen, auf dem Nacken mit etwas dunkleren und grösseren Schaftflecken, die am Kropfe und weiter abwärts besonders viel breiter werden und an den Tragfedern, wo sie am grössten, eine Art gewellter Zeichnung bilden; die unteren und oberen Schwanzdeckfedern haben einzelne, oft unter- brochene, dunkelbraune Querbänder, der Bürzel fahlbraune Querflecke. Rücken, Schultern und Flügeldeckfedern sind fahl- braun oder düster erdbraun, viele Federn am Schafte und spitzewärts am dunkelsten, alle mit gelbbräunlichweissen Kanten, die meistens nach innen keine Zacken bilden, ausser an den grossen Flügeldeckfedern, an den Schwingen dritter und den sich anschliessenden zweiter Ordnung, wo sie stark gezackt sind und auch eine mehr ins Rostbräunliche ziehende Färbung haben, dazu an den Enden breit und ganz weiss sind; die übrigen Schwingen nebst den Fittichdeckfedern braunschwarz die grossen an den Enden mit einem weissen oder auch nur lichtbräunlichen Saum, der bald abgerieben wird. Unten sind die Flügel fast wie oben, aber viel bleicher, nur ein schmales Flügelrändchen weiss; der Schwanz weiss, wurzelwärts schwarz gefleckt und abgebrochen gebändert; an der Endhälfte, ausser dem weissen Spitzensaum, in der Mitte ganz schwarz, an den äusseren Federn mehr in Bändern und an der äussersten nur in einigen Flecken schwarz. Bald ist desSchwarzen am Schwanze mehr, bald weniger, und die Zeichnung desselben fast bei jedem Individuum anders. Wenn sie dies Kleid den Herbst und Winter hindurch Die Mantel-Möve, Larus marinus L. getragen haben, ist es auf dem Mantel viel fahler geworden, die Federkanten haben sich stark verstossen, aber es sind neben diesen an den Wurzeln der Federn verschiedenartig lichtere Flecke hervorgetreten. Im nächsten Frühjahr, dem zweiten ihres Lebens (das der Geburt immer mitgezählt) zeigen sich schon hin und wieder neue Federn des folgenden Kleides, aber dieser Federwechsel dauert, langsam fortschreitend, ein halbes Jahr, und in der Regel ist dieses Zwischenkleid nicht vor dem September oder Oktober ihres zweiten Lebensjahres voll- endet. Hierin hat der schwarze Schnabel an der Wurzel schon mehr Fleischfarbe und ein hornweissliches Spitzchen, das Auge einen gelbbraunen Stern und rötlichgraue Lider, die Füsse eine reine rötlichweisse Färbung. Stirn und Kehle sind fast rein weiss; dicht vor dem Auge steht ein schwärzliches Mondfleckchen; das Übrige des Kopfes und der Hals haben auf weissem Grunde schmale braungraue Schaftstriche, die schmutzigweisse Brust ist braungrau unordentlich gefleckt, bespritzt, auch fein gewellt; der Bauch, die untere und obere Schwanzdecke und der Bürzel rein weiss, mit einzelnen blass- braungrauen Querflecken; der ganze Rücken und die Schultern bräunlichweissgrau, vor dem mondförmigen, fast ganz weissen Ende jeder Feder mit einem wellen- oder zickzackförmigen, braunschwärzlichen Querstreifen, der am schwarzen Schaft oft pfeilförmig aussieht und auf seiner der Wurzel zugekehrten Seite mit einer ganz schwachen Rostfarbe verwaschen ist. Die Flügeldeckfedern sind im Grunde ebenfalls bräunlich weiss- srau, an den Enden weisslich gekantet oder nur gesäumt, übrigens mit vielen bänderartigen braungrauen und dunkler grau- braunen Querflecken bänderartig durchzogen, nur die kleinsten einfach graubraun, mit helleren Käntchen; die hintersten Schwungfedern den grossen Deckfedern ähnlich, nur viel dunkler gezeichnet, mit grossen lichtbräunlichen, weiss gekanteten Enden; die zweite Ordnung graulich dunkelbraun, mit weissen Endkanten; die grossen Schwingen braunschwarz, an den Spitzen lichtbräunlich gekantet oder auch weisslich gesäumt, ihre Schäfte schwarz, diese auf der schwarzgrauen Unterseite jener weisslich; die Unterflügeldeckfedern weiss, matt braungrau gefleckt. Der Schwanz ist weiss, braunschwarz bespritzt, gefleckt und ab- gebrochen gebändert, am meisten an der Endhälfte, wo sich vor dem weissen Endsaum oft eine schwarze Querbinde bildet, die zuweilen auch wohl doppelt erscheint, wie denn überhaupt diese schwarze Zeichnung des Schwanzes ausserordentlich und fast bei jedem Individuum verschieden ist. Dieses Zwischenkleid sieht bedeutend lichter aus als das frühere, noch mehr, wenn es schon durch den Winter ge- tragen ist, wo die erdbraunen und braungrauen Flecke, über- haupt alle dunklen Zeichnungen, sehr abgebleicht, auch die Federränder merklich abgerieben erscheinen. Der Regel nach wird dieses zweite Gewand vom nächsten Frühjahre bis in den Herbst durch langsames Mausern mit einem dritten vertauscht, das nun schon dem ausgefärbten ziemlich ähnlich sieht. Jetzt ist der Schnabel bereits fast ganz gelb geworden, nur in der Nähe der Spitze hat sich noch mehr oder weniger Schwarz in einigen Flecken erhalten, bald am oberen, bald am unteren Teil, bald an beiden zugleich; auch ist der rote Fleck am Eck bemerklich geworden, obwohl jetzt noch, wie das Gelb, nicht besonders schön. Ist die Mauser zur gehörigen Zeit und vollständig gewesen, so bringt ihnen dieser Herbst das dritte Winterkleid, das sich von dem späteren ausgefärbten nur an der eben erwähnten schlechteren Färbung des Schnabels mit den schwarzen Flecken und an den anders gefärbten Schwung- und Schwanzfedern unter- scheidet. Die grossen Schwingen sehen nämlich folgender- massen aus: die erste ist schwarz bis 6 cm von der Spitze, dann beinahe 4,7 cm lang weiss, dann folgt ein schwarzes Querbändchen oder nur ein solcher Fleck und hierauf ein weisses Spitzchen; die zweite ist auch schwarz, doch gegen die Wurzel etwas fahler, hat ebenfalls ein weisses Spitzchen und von diesem 2,3 cm entfernt ein auf der äusseren Fahne schmales, auf der inneren breiteres weisses Band oder nur BR Die Mantel-Möve, Larus marinus L. solche Flecke; die dritte ist schwarz mit einer weissen Spitze und gegen die Wurzel etwas schieferfarbig; die vierte hat eine etwas grössere weisse Spitze, ist von da an schwarz, auf der äusseren Fahne bis über die Mitte, auf der inneren nur einige Centimeter weit herauf, übrigens schieferfarbig, und dies scheidet sich auf letzterer in einem Bogen mit weisslichem Schein vom Schwarzen; die fünfte hat eine noch grössere weisse Spitze, ist von hier an aber nur 3,5 cm herauf schwarz, übrigens schieferfarbig, diese beiden Farben aber in einem Doppelbogen mit weissem Schein scharf voneinander ge- schieden; die sechste ist fast ganz schieferfarbig, vor der grossen weissen Spitze nur mit schwarzem Querbande, das sich von jenem in einem Doppelbogen durch Weiss scheidet; die siebente ist bloss dunkel schieferfarbig mit sehr grosser weisser Spitze wie alle übrigen der zweiten Ordnung; die schieferfarbigen, an der Endhälfte schwarzen Fittichdeckfedern haben weisse Spitzen. Der Schwanz. ist weiss, die drei äusseren Federpaare rein, die folgenden auf der inneren Fahne heller und dunkler braungrau bespritzt und bekritzelt, das mittelste am meisten und auch auf der Aussenfahne grau bespritzt. Der Mantel ist einfarbig wie bei den Alten, aber nicht schiefer- schwarz, sondern nur schiefergrau oder höchstens schieferfarbig, also von einer lichteren Färbung. Wenn nun diese dreijährigen Mantelmöven gleich den älteren im Herbst und durch den Winter am Kopfe und Halse braungraue Schaftstriche haben, so verlieren sie diese ebenso im Frühjahr, und jene Teile werden dann so rein weiss, wie bei den Alten. Allein nur wenige von diesem Alter sind in der Vervollkommnung des Gefieders schon so weit vorgerückt, dass sie in diesem, dem vierten Frühlinge ihres Lebens, sich schon fortpflanzen könnten, denn die meisten macht dann noch ein fortwährender Federwechsel dazu unfähig. Man findet solche, die im Februar noch im buntesten Gemisch zweier Kleider stehen, ja ein am 6. Juni auf der Nordsee bei Sylt erlegtes verdient deshalb eine nähere Beschreibung: Der Schnabel ist schön gelb, an der Spitze blasser, über dem grossen hochroten Fleck am Eck nur noch ein kleiner schwarzer, der Rachen und Augenlidrand gelb; der Augenstern braungelb; die Füsse blass fleischfarbig; Kopf und Hals weiss, hinterwärts nur noch mit sehr wenigen grauen Schaftstrichen (alten Federn); alle unteren Teile des Vogels, das Flügel- rändchen, die Enden der grössten Schulterfedern und der Bürzel weiss; alles übrige an sämtlichen Schulterfedern nebst Ober- und Unterrücken schieferfarbig; der Schwanz und der Fittich nebst allen Schwungfedern erster und zweiter Ordnung wie beim dreijährigen Vogel und oben zuletzt beschrieben, dabei aber der ganze Oberflügel mit Ausnahme weniger Federn, auch die Schwingen dritter Ordnung sowie die unteren Flügel- deckfedern noch vom vorigen Kleide sehr abgescheuert und abgebleicht, die ersteren, nämlich auf dem Oberflügel, meistens düster erdbraun, dunkler gefleckt, gebändert und gemischt, mit abgeschabten schmutzig weissen Rändern, auf dem Unter- flügel weiss, braungrau gefleckt. Ein um diese Zeit noch so sehr in der Mauser begriffenes Individuum, deren ich damals mehrere beisammen sah, konnte jener wegen in diesem Früh- linge noch nicht fortpflanzungsfähig sein, wie auch die bei der Öffnung untersuchten gar nicht angeschwollenen Geschlechts- teile beweisen halfen. Der Federwechsel würde bei ihm ge- wiss noch durch den ganzen Sommer gedauert und erst im nächsten Herbst beendet worden sein. Zu bemerken ist noch, dass die Zeichnung der vorderen Flügelspitze bei allen solchen durch drei Hauptverwandlungen des Gefieders gegangenen Mantelmöven nicht genau die oben beschriebene ist, ja dass sie sogar bei einem Individuum an jedem Flügel verschieden vorkommen kann. Ein in meinem Besitze befindliches Männchen hat sie an dem linken Flügel ganz wie oben beschrieben, während am rechten die erste Schwungfeder bis 6 cm von der Spitze schwarz und dann bis zu dieser ganz weiss ist, bis auf ein schwarzes Fleckchen am inneren Rande, das die Stelle anzuzeigen scheint, wo an jener 261 ein schwarzes Band durch beide Fahnen geht; an der zweiten ist das weisse Band unfern der Spitze nur durch die Innen- fahne gezogen, auf der Aussenfahne aber nur in einem kleinen rundlichen Fleckchen angedeutet. Im vierten Herbst erhält die Mehrzahl dieser Möven erst ihr vollständiges Winterkleid, das in allen nun folgenden Herbstmausern jährlich so, ohne sich sehr bedeutend zu ver- schönern, wieder erneut, wobei aber jedes Frühjahr eine teil- weise, nur über die Kopf- und Halsfedern sich erstreckende Zwischenmauser stattfindet. In diesem vollendeten oder aus- gefärbten Winterkleide ist alles wie im nächsten Sommer- kleide, mit Ausnahme des Kopfes und Halses; sie sind weiss, vor dem Auge mit einem schwärzlichen Fleckchen, die Federn auf dem Scheitel, den Wangen, Halsseiten und dem Hinterhalse mit braungrauen Schaftstrichen. Die nackten Teile haben eine etwas weniger lebhafte Färbung als im Frühlinge. Das ausgefärbte Sommer- oder Hochzeitskleid ist nun bei manchen im vierten, bei anderen erst im fünften Lebensjahr in voller Pracht ausgebildet. Jetzt ist am Schnabel alles Schwarz verschwunden, er sieht rein und prächtig hoch- gelb, die Spitze etwas lichter aus, ein grosser, glühend roter Fleck am Eck des Unterschnabels vermehrt seine Schönheit; inwendig ist er nebst dem Rachen hoch orangegelb, fast orangerot; die Augenlider ebenfalls prächtig orangerot; der Augenstern rein zitronengelb; die Füsse rötlichweiss. Kopf und Hals bis zum Anfang des Rückens, Bürzel und Schwanz mit seinen Deckfedern, Brust, Bauch, Schenkel, Flügelrändchen und Unterflügeldeckfedern sind weiss, von höchster Reinheit und wahrhaft blendend; der Mantel, d. i. Ober- und Unter- rücken, Schultern, Flügeldeckfedern, die Tertiär- und Sekundär- schwungfedern schieferschwarz oder dunkel schieferfarbig, die Enden der letzteren und der längsten Schulterfedern weiss; die Primärschwingen tiefschwarz, die kürzeren von der Wurzel herab, je kürzer sie werden, desto mehr, bloss schieferschwarz, dieses und jenes im Doppelbogen durch eine weisse Zeichnung getrennt, am auffallendsten auf den Innenfahnen, alle mit grossen weissen Spitzen, das Weiss quer fast in gerader Linie vom Schwarzen getrennt, an den beiden vordersten aber bis gegen 6 cm vom Ende heraufreichend, dabei an der zweiten vor der Spitze gewöhnlich noch mit einem schwarzen Fleckchen im Weissen, die Schäfte im Schwarzen schwarz, im Weissen weiss; die Fittichdeckfedern schwarz, ebenfalls mit weissen Spitzen; die Schwingen auf der Unterseite glänzend schwarz- grau, die Spitzen weiss, die Schäfte weisslich. Das Schieferschwarz des Mantels ist kaum etwas lichter als bei der alten Heringsmöve; aber es ist dies gleich nach der Mauser im Anfange des Winters, wo der bläulichschiefer- farbige Duft, der das frische Gefieder bedeckt, noch vorhanden ist; dieser reibt sich aber schon in den Winter- und ersten Frühlingsmonaten bedeutend ab, wodurch die schwarze Grund- färbung am Hochzeitskleide mehr hervortritt, und dieses wird noch weit auffallender, wenn sich der Sommer naht; durch den Einfluss der Witterung wird es kurz vor einer neuen Mauser fast in ein mattes Braunschwarz verwandelt, weshalb denn, da auch das weisse Gefieder an Reinheit verloren hat, diese Möven im Sommer viel schlechter aussehen als im Winter. Männchen und Weibchen sind in allen Kleidern gleich- gefärbt und im Äusseren nicht mit Sicherheit zu unterscheiden. Sind beide beisammen, so zeichnet sich das letztere nur durch die etwas geringere Grösse und schwächlichere Gestalt, auch wohl durch weniger lebhafte Färbung der nackten Teile vor ersterem aus; diese Kennzeichen schwinden jedoch, sobald man sie vereinzelt sieht. Was vom Wechsel der verschieden gefärbten Kleider bereits gesagt ist, beweist, dass die Zeit der Mauser, bis deren wenigstens drei stattgefunden haben, bei dieser Art kaum an- zugeben ist, wenigstens nicht nach Monaten. Ehe sie nicht das ausgefärbte Kleid angelegt haben, findet man zu allen Jahreszeiten mausernde Individuen. Auch unter den Alten ist es nichts Seltenes, mitten im Winter schon manche im 262 völligen reinen Hochzeitskleide, andere dagegen im Mai noch mit vielen Federn vom Winterkleide anzutreffen. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom September aus Holland, ein alter Vogel vom November aus Schottland und ein junger Vogel vom Oktober aus Schottland, sämtlich im Tring-Museum befindlich. — | Aufenthalt. Die Mantelmöve ist ebenfalls ein hochnordischer Vogel oder schliesst sich doch an den Aufenthalt der am nördlichsten wohnenden Mövenarten an und trifft so nördlich mit der Eis- möve, südlicher mit der Silbermöve zusammen. sie wohnt in Europa [— von der Petschoramündung an westwärts —|] an der Küste von Russland und Norwegen bis hoch in die arktische Zone hinauf; dann auf Island, den Färöern, Shetlands, den Orcaden, Hebriden und der Küste von Schottland und Irland, [— wo ebenso wie an den felsigen Küsten von England und Wales einzelne Paare brüten. —] In allen diesen Ländern ist sie an vielen Stellen gemein, aber nirgends in sehr grossen Haufen bei- sammen. In der Ostsee bewohnt sie im Sommer nur die Inseln und Küsten des Bottnischen und Finnischen Meer- busens, die schwedischen Küsten und Inseln bis in die Gegend von Gotland, ist aber auch an der esth- und liv- ländischen nicht selten, dagegen an denen der deutschen Ostsee nur als einzeln herumstreifend bekannt und meistens nur als junger Vogel. Nicht viel häufiger kommt sie auch an die Westküste Jütlands und Schleswig-Holsteins, noch seltener bis in die Mündung der Elbe. [— In der Umgebung von Helgoland ist sie jedoch nach GÄTKE während der stürmischen Herbst- und Wintermonate besonders zahlreich vertreten; bei heftigen Weststürmen sieht man sie daselbst oft in Scharen von Hunderten unter der Lee- seite der Insel versammelt; es tragen diese alle das am Kopf und Hals dunkelgefleckte Winterkleid. Früh im Frühjahr lieben sie es, sich bei schönem Wetter in grosser Anzahl auf dem flachen nördlichen Vorstrand der Düne zu sonnen. Stücke im ausgefärbten reinweissen Sommerkleide erhält man nur höchst selten, dahingegen Junge im ersten Herbst und zweiten Jahre ihres Lebens sehr oft. Auch am Kurischen Haff ist sie nach den Wahrnehmungen von ÜHRISTOLEITS Bruder am Nordufer des Frischen Haffs im Herbst und Winter bei Sturm eine regelmässige Erscheinung, scheint sich dagegen am Ostufer niemals zu zeigen. —| An dem von Schleswig-Holstein aus nach Westen sich aus- dehnenden Nordseestrande des europäischen Festlandes kommt sie allenthalben nur einzeln vor, noch seltener auf dem miittel- ländischen Meer, [— doch besucht sie im Winter noch die Ka- narischen Inseln und streift an den Küsten des Mittelmeeres von Algier bis Ägypten umher. —] Sie lebt auch in Grönland!) und im nördlichen Amerika, [— an der Ostküste bis Labrador und im Binnenlande noch an den grossen kanadischen Seen brütend, —]) und geht im Winter an der Meeresküste selbst bis an die der mittleren Vereinigten Staaten, einzeln sogar bis nach Carolina, [— ja sogar bis Florida hinab, zufällig erschien sie auf den Bermudas. —| Die südliche Hemisphäre scheint sie nirgends zu bewohnen. — Von jenen die deutsche Ost- und Nordseeküste bestreichenden verfliegt sich hin und wieder eine einzelne an Flüssen und Landseen entlang bis in die Mitte von Deutschland, auf dem Rhein auch wohl bis 1) Zu einem Bericht „über eine Vogelsammlung aus Westgrönland“ bemerkt ScuAaLow (Journ. für Ornith. 1895, S. 465): „NEwTon (Zweite deutsche Nordpolfahrt, Bd. II, S. 243) weist darauf hin, dass diese Art im eanzen Gebiete Ostgrönlands fehle. Ich weiss nicht, ob sie inzwischen für jene Gegenden nachgewiesen ist. Auch Epw. Bay führt sie in den Samm- lungen der dänischen Grönland-Expedition (1891—92) nicht auf. Dagegen ist sie aus dem Süden, z. B. aus dem Julianehaab-Distrikt bekannt. HELMS weist darauf hin, dass sie den ganzen Sommer hindurch im Arsuk-Fjord beobachtet wurde, sie brütete dort gewöhnlich auf den Inseln, die der Küste vorgelagert sind.“ KoLTHorr erhielt ein Gelege aus Südgrönland, und Wınge fand sie an der Westküste bis hinauf nach Upemivik. J. R. Die Mantel-Möve, Larus marinus L. auf die Seen Oberbayerns und der Schweiz; dies geschieht indessen von dieser Art bei weitem seltener als von der Herings- und der Silbermöve. In Anhalt haben wir sie in einem sehr langen Zeitraume nur einige Male bemerkt und zwei Stück erhalten, eins im ersten Jugendkleide auf einem Feldteiche, das andere im zweiten Jugendkleide an der Elbe. Alt, im ausgefärbten Gewande, verirrt sich schwerlich jemals eine bis zu uns; es ist kein Beispiel davon bekannt. Als Strichvogel verlassen die Alten nach beendigten Fort- pflanzungsgeschäften ihren Sommeraufenthaltsort und treiben sich in anderen Gegenden zerstreut umher, gegen den Winter der grösseren Kälte ausweichend und südlicher streichend, ohne dabei eine bestimmte Zeit und denselben Strich zu halten. Herrschende Stürme aus einerlei Richtung, auch die Züge mancher Fisch- arten, denen sie folgen, haben daran vielen Anteil; jene bringen ‚sie oft in Gegenden, wo sie sonst nicht oft gesehen werden. Auch im Winter sieht man sie allenthalben am Meer. Die jüngeren, noch nicht brutfähigen Vögel dürfen sich jedoch nicht unter die Alten mischen; sie irren meist einsam oder zu zweien bis dreien in anderen Gegenden umher und zeigen sich in allen Jahreszeiten überall am Meeresstrande und oft viel südlicher als ihre Geburtsorte liegen, bestreichen dabei aber, wo sie nicht reichliche Nahrung fesselt, meistens sehr weite Strecken. Sie kommt oft einzeln und paarweise, oder zu sechs bis zehn Stück beisammen vor, seltener in grösseren Haufen, nie in solchen Scharen wie manche andere, z. B. die Silbermöve; denn die Art scheint eine der am wenigsten volkreichen und überhaupt nicht viel zahlreicher an Individuen als die noch nördlicher lebende Eismöve. Sie ist ganz Seevogel und verlässt das Meer nie freiwillig, wenigstens nie weiter, als dass sie es immer noch im Auge behält. Sie will bloss Salzwasser, und wenn sie auch, unfern von diesem, zuweilen ihren Brutplatz an einem süssen Ge- wässer hat, so streicht sie doch von diesem so oft wie möglich zur See, weil nur diese ihr den gewohnten Unterhalt gewährt. Sie lebt bald am flachen oder wenig erhabenen Strande, bald an hohem und felsigem Gestade oder auf der Plattform sehr hoher Felseninseln. Ausser der Brutzeit hält sie sich oft sehr weit von allem Lande auf offenem Meere auf, nähert sich aber bei anhaltenden Stürmen jenem wieder und kommt in die stillen Buchten. Von den tief in das Land einschneidenden Meeresarmen besucht sie nicht selten auch nahe gelegene Binnenseen, verweilt aber nie lange an diesen. Sie ähnelt in ihrem Aufenthalt wie in vielen anderen Lebensmomenten am meisten der Eismöve. 2 | Eigenschaften. Die Mantelmöve ist lebend in ihrem hochzeitlichen Ge- wande ein prachtvolles Geschöpf, und ihre Schönheit wird durch die riesige Grösse, unbeschadet ihrer etwas zu ge- drungenen Gestalt, um so imponierender; herrlich sticht der schieferschwarze Mantel auf dem blendenden Weiss ab, und die Farbenpracht des Schnabels und des Auges heben das Ganze vortrefflich. Ihre Haltung stehend und gehend ist ganz die der anderen grossen Arten; die Füsse in der Ferse nicht gebogen und weit vorgezogen, der Rumpf wagerecht, die Flügel unter den, Tragfedern und ihre Spitzen auf dem breiten Schwanze ruhend, ohne sich merklich zu kreuzen, der Hals ziemlich eingezogen, der Kropf dann stark vortretend, Schnabel und Kopf wagerecht, steht sie wie die anderen, ist aber meistens schon in der Ferne an der grösseren und plumperen Gestalt und, wenn sie alt, an dem schwarzen Mantel kenntlich. So steht sie, vom rastlosen Umherfliegen sich ausruhend, am Strande, doch am liebsten auf solchen Stellen, wo sie von mehreren Seiten Wasser neben sich hat, wie auf schmalen Landzungen und Landspitzen, Sandbänken, auf niederen oder höheren Felsen, die vom Wasser bespült werden. Sehr oft steht sie auch neben Sandbänken bis an die Fersen im seichten Wasser, wo dieses rubig ist, und scheint dies sehr behaglich zu finden, was ich daraus schliesse, dass eine solche nach Die Mantel-Möve, Larus marinus L. mehrmaligem Ausweichen längs dem Strande immer wieder eine solche Stellung nahm. Aufmerksam oder etwas fürchtend reckt sie ihren Hals höher, und ihre Figur bekommt dadurch ein edleres Aussehen. Auch ihr Gang hat etwas Anständiges; sie wandelt oft am Strande oder auf bei der Ebbe vom Wasser freigewordenen Flächen viel und lange herum, ohne dabei eine besondere Regsamkeit zu verraten; wie denn alle ihre Bewegungen einen Anstrich von Gemächlichkeit oder fast Trägheit verraten. Sie ruht auch oft schwimmend. Wo sie lange auf offenem Meer verweilt, kann sie natürlich nicht anders, fürchtet hierbei aber auch den höchsten Wogengang nicht, und wenn der Sturm ihre Kräfte zum Fliegen erschöpft hat, lässt sie sich aufs Wasser nieder, verschwindet hier abwechselnd zwischen den Wasserbergen und erscheint eben so oft wieder, über deren Gipfel hingleitend, ist so buchstäblich ein grossartiges Spiel der Wogen, ohne dass sie dabei irgend eine Unbehasglichkeit verrät. Wo sie nicht beim Lande oder dem Nistplatze sich aufhält, schläft sie auch schwimmend; wenigstens thun dies die bis zu uns Verirrten und diese gewöhnlich mitten auf dem Wasserspiegel der grossen Teiche oder Landseen. Ihr Flug ist leicht und ausdauernd, aber langsam oder fast träge, doch keineswegs schwerfällig. Sie sieht darin einem grossen Raubvogel, z. B. dem Natternadler, sehr ähnlich. Ihre Grösse und die breiteren Flügel unterscheiden sie von anderen Mövenarten, geben ihr aber grosse Ähnlichkeit mit der Eismöve, wenn sie zu entfernt ist, um ihren dunkleren Mantel und die dunklere Flügelspitze erkennen zu lassen. Die weit ausgestreckten Flügel schwingt sie in langsamen, kürzeren oder längeren Schlägen, beschleunigt diese nur, wenn sie Ge- fahr merkt oder heisshungerig hochgehenden Fischen folgt; wenn sie aber am Strande entlang, nach Nahrung spähend, hinfliegt, so verändert sie ihren gemütlichen Flug, so weit ihm das Auge folgen kann, fast gar nicht, streicht auch so weite Strecken in einem fort, dass ihre Rückkunft gewöhnlich nicht erwartet werden kann. Wenn es eine Beute zu fangen giebt, kommen auch plötzliche Wendungen, kurze Bogen und andere so gewandte als schöne Veränderungen in diesem Fluge vor. Was ihm gegen den vieler anderer Möven auch an Gewandt- heit abgehen mag, wird hier wieder durch Kraft ersetzt. Sie trotzt den ärgsten Stürmen, so lange es ihr gelingt, dem Winde die Spitze bieten zu können, sucht aber nach langer An- strengung, wo sie nicht in der Nähe des Landes ist, selbst hinter den Wogen Schutz, indem sie ganz dicht über dem Wasser fliegend den beweglichen Thälern und Bergen der Wogen folgt, so in einer auf- und absteigenden ungeheueren Schlangenlinie fortstreicht, aber sich doch, trotz der grossen Nähe zwischen und über dem Wasser von keiner Wellenspitze erreichen lässt. Wie von allen anderen Seevögeln mag es dennoch hin und wieder auch einer von diesen Möven be- gegnen, bei mehrere Tage ununterbrochen rasenden Stürmen und Unwettern auf offenem Meer, bereits abgemattet, es zu versehen und sich vom Sturm in der Seite oder von hinten fassen zu lassen und so gegen das Wasser geschleudert zu werden, wo sie endlich im Kampfe mit diesem unterliegt; denn es ist nichts Ungewöhnliches, nach grossen Stürmen hin und wieder tote Seevögel ans Land treiben zu sehen. — Wenn der Wind nicht zu stark weht, steht die Mantelmöve, den Kopf ihm entgegen gerichtet, oft mit ausgespannten unbeweg- lichen Flügeln einige Augenblicke still in der Luft, besonders wo sie unten etwas genauer betrachten will. Sonst schwebt sie gewöhnlich nur, wenn sie sich in weiten Kreisen erheben oder aus grosser Höhe herablassen will, oder wenn sie aus der Höhe nach einem entfernteren Punkte sich in schräger Linie allmählich immer tiefer und tiefer senkt. Sie ist unter den Gattungsverwandten die grösste, stärkste und mutigste Art, ziemlich phlegmatisch, gierig und gefrässig, dabei neidisch, hämisch und streitsüchtig. Alle anderen Möven, selbst die Eismöve, angefeindet werden, wie es sich an guten Futterplätzen oft u müssen ihr weichen, wenn sie von ihr | 263 zuträgt, obgleich sie oft mit mehreren Arten in Gesellschaft lebt. Im ganzen ist ihre Geselligkeit jedoch nicht sehr gross, und man trifft sie viel öfter einzeln und einsam als andere grosse Arten. Nur eine reich besetzte Tafel zieht sie zuweilen in die Gesellschaft der anderen, die sie aber, weil sie oft Zank erhebt und mit Gewalt durchgreift, nicht gern in ihrer Nähe sehen mögen. Die jüngeren, noch nicht zeugungsfähigen Mantelmöven werden von den Alten weder am PBrutplatze noch sonst in der Nähe dieser gelitten, und selbst die ein-, zwei- und dreijährigen sieht man selten untereinander gemischt, sondern gewöhnlich nach den verschiedenen Jahrgängen in eigene, aber stets nur kleine Gesellschaften getrennt und an verschiedenen Orten. Sie ist sehr misstrauisch und vorsichtig, weicht den Menschen überall über Schussweite aus, und wenn sie auf ihrem Striche längs dem Strande einem begegnet, so biegt sie stets seeeinwärts von ihm ab, weit genug, um mit einem Schusse nicht erreicht zu werden. Sie gehört zu den scheuesten ihrer Gattung und verliert auch an guten Futterplätzen, wo andere aus Fressgier ihre Sicherheit so oft vernachlässigen, die Besinnung nicht. Dem Störer am Nistplatze begegnet sie dagegen mit vieler Tollkühnheit, mehr noch als die ihr sonst im Betragen so sehr ähnliche Eismöve. Auch ihre Stimme ist der dieser ähnlich, aber tiefer, wie denn überhaupt diese beiden nebst Larus fuscus und L. argentatus einander darin sehr ähneln, sich nur in der Höhe und Tiefe, aber weniger in der Modulierung der Töne unterscheiden. [— Sie haben beim Schreien auch dieselben Geberden, in- dem sie den vorgestreckten, aufgeblähten Hals bis zur Erde neigen und während dieser Bewegung (nebelkrähenartig) den Ton hervorstossen, der bei der Mantelmöve sehr tief ög, bei der Silbermöve etwas höher, kreischender klingt. Jene stösst dieses ög zuweilen zehn- bis zwölfmal sehr hastig hinter- einander aus, was fast wie ein entferntes Hundegebell klingt. (A. v. HOMEYER.) —| Ein tiefes, heisseres Ag ag, oder Ag ag ag ist ihre ge- wöhnliche Stimme beim Neste, beim Erblicken von etwas Fremdartigem, seltener im Schreck, und ihr Hauptruf ein nicht angenehm klingendes Kjauvihs! Nur an den Nistorten und in Gesellschaft anderer Arten hört man sie öfter schreien, aber eine vereinzelte wird sehr selten laut. Die unerwachsenen Jungen schreien auf ähnliche Art wie die anderer grossen Mövenarten. Gleich diesen ist sie ein sehr harter Vogel und stirbt nicht leicht an einer Flügelwunde. Wenn man diese zu heilen sucht, lässt sich eine solche Möve eingesperrt noch jahrelang beim Leben erhalten, besonders wenn man nicht verabsäumt, neben guter Fütterung auch besonders für Reinlichhalten ihres Aufenthaltsortes Sorge trägt. [— Ein ähnliches Beispiel von Anhänglichkeit an den Pfleger, oder wohl mehr an den Ort ihrer Pflege, wie es oben von einer Silbermöve mitgeteilt wurde, erzählt AUDUBON von einer Mantelmöve, die einem seiner Freunde in Edinburg gehörte, an dessen Garten ein grosser Teich grenzte. Sie war früh, kaum erwachsen, in die Gefangenschaft gekommen, durfte stets frei herumgehen und später auch fliegen. Nachdem sie brutfähig geworden war, also von ihrem dritten oder vierten Jahre ab, verschwand sie stets im Frühling, sechs bis acht oder mehr Jahre hintereinander, kehrte dann im Herbst wieder, begrüsste sofort ihren Herrn sowie ihre gute Pflegerin und brachte das eine Mal sogar ein Junges mit. —|] Nahrung. Die Mantelmöve ist ein sehr gefrässiges, zum Teil räuberisches Geschöpf. Sie nährt sich von lebenden und toten Fischen, von allerlei Aas, sowohl von schwimmendem als am Strande liegendem und von Wasser- wie von Land- tieren, von kleinen Crustaceen, Oonchylien und nackten Würmern, von aufgefundenen toten oder kranken Vögeln wie von jungen und Vogeleiern. 264 Im Fischfangen ist sie nicht besonders geschickt, zu langsam und etwas schwerfällig; sie fährt zwar mit Kraft auf die hochgehenden herab und mit Schnabel, Kopf und Hals durch das Wasser, stösst aber oft fehl, oder der Fisch ent- kommt ihr, weil er zu gross war; denn sie stösst nicht allein auf kleine, sondern auch auf solche, die sie nicht überwältigen kann. Wo die kriebelnde Bewegung des Wassers viele hoch- gehende Fische anzeigt, kommt sie, gleich anderen, bald herbei, um hier zu fischen, oder wenn sie dies selbst nicht vermag, den Schwächeren, aber Geschickteren die Beute zu entreissen. Über gestrandete Fische oder solche, die bei dem Eintritt der Ebbe zurückbleiben, fällt sie gierig her, ver- schlingt sie, oder versetzt ihnen, wenn sie dazu zu gross sind, so kräftige Hiebe mit ihrem scharfschneidigen Hakenschnabel, dass sie in verschlingbare Stücke zerreissen. Die dichten, sehr hochgehenden Heringszüge gewähren ihr einen leichten und ergiebigen Fang, und sie folgt ihnen viele Meilen weit. Wo Fische in seichtem Wasser ihren Laich absetzen, ist sie ebenfalls sehr thätig. Bei Island fängt sie häufig den Lump (Oyclopterus lumpus). Tote Fische und selbst schon in Ver- wesung übergehende sind ihr fast eben so lieb, und kein solcher ist ihr zu gross, weil sie mit Leichtigkeit Stücke davon herausbeissen und das Fleisch von Knochen und Gräten abklauben kann. Hat sie Magen und Schlund recht tüchtig vollgepfropft, so sucht sie nicht fern aavon ein stilles Plätzchen und wartet hier in träger Ruhe die Verdauung ab, bis sie wieder von neuem Esslust bekommt, die eben nicht lange ausbleibt; denn dieser Vielfrass verdaut auch sehr schnell. Die grossen Möven, namentlich diese Art, stellen in dieser wie in mancher anderen Hinsicht das vor, was die Geier unter den Landvögeln sind. Auch auf den Äsern von Walfischen, Robben und anderen grossen Seetieren, schwimmend oder gestrandet, versammelt sie sich in Gesellschaft anderer Arten in grossen Haufen, um mit ihnen die allen willkommene Beute zu teilen. Ebenso- wenig verschmäht sie die am oder im Meer liegenden Äser von Landtieren, und die kleineren, wie Mäuse oder Ratten, ver- schlingt sie mit Haut und Haar, kleine Vögel samt allen Federn. Am Strande, besonders bei der Ebbe, sucht sie noch mancherlei andere Seegeschöpfe, kleine krebsartige oder Krustentiere, Weichtiere und Würmer, auch Schnecken und Muscheln, von denen sie die kleinsten mit den Schalen ver- schluckt, aus grossen aber, wie aus Venus islandica, Pecten islandicus und anderen, bloss die Tiere aus den Gehäusen hackt. Da die grossen Möven keineswegs Kostverächter sind, zu ihrem Unterhalt auch viel bedürfen, aber nicht immer so voluminöse Dinge auffinden, um sich mit leichter Mühe in kurzer Zeit sattfressen zu können, sie dagegen viel öfter recht lange suchen müssen, ehe sich ihnen etwas darbietet und, wie man am Aufnehmen und schnellen Verschlucken desselben aus der Ferne sehen kann, oft mit ganz kleinen Dingen fürlieb nehmen müssen, so ist sehr wahrscheinlich, dass sie Medusen, Quallen und manche andere ähnliche im Meerwasser lebende Geschöpfe auch nicht verschmähen. In der Fortpflanzungszeit und vom Nistorte aus wird sie allen in einem Umkreise von einigen Meilen nistenden See- vögeln eine gefürchtete Räuberin. Wenn sie nicht stark und mutig genug sind, sich ihr widersetzen zu können, was nur wenige vermögen, so holt sie ihnen die Eier oder später die Jungen, oft wenn diese schon einige Tage alt sind, für sich oder ihre Jungen hinweg. [— Namentlich plündert sie die Nester der.Eiderente, von der sie auch zahlreiche Junge raubt, die sie ganz verschluckt. —] Die Eier, besonders die der Alken und Lummen, packt sie mit dem Schnabel, trägt sie so zu ihrem Neste und säuft sie da aus. Alle schnepfenartigen Vögel, Meerschwalben, Sturmvögel haben nebst jenen und allen schwächeren Mövenarten sehr oft dies Schicksal, wo Mantel- möven in ihrer Nähe brüten. Die Eismöve, ihr auch hierin ähnlich, weiss sie zu zwingen, ihr die eben gemachte Beute zu überlassen, wenn sie dieselbe über einem solchen Raub er- Die Mantel-Möve, Larus marinus L. tappt, sowie diese auch bei anderen Gelegenheiten, wenn beide beim Fressen in Streit geraten, gegen die Mantelmöve stets den kürzeren zieht, obgleich sie fast dieselbe Grösse und Stärke besitzt. [— Konservator GrIEG sah nach COLLETTs Mitteilung sogar, wie eine Mantelmöve einen erwachsenen Cepphus gryle anfiel und tötete. RöRIG (l. ce.) veröffentlicht folgende Magenbefunde: = = ‚2|,8 un Fundort Datum 5 E 5 = Mageninhalt Emden de 25. Februar 1899 | od | 14g | Krabbenreste. Gross-Schönebeck a. E. 13. März ? — — Insel Juist . 19. März 2 13 „ | Reste einer Ente, Insel Juist . 19. März ?. 1436, | Fischreste: —] Die meisten Gräten, kleinen Muschelschalen und einzelnen Stückchen von Krebsschalen verdaut sie nicht; sie ballen sich, nachdem die Verdauung des Fleisches vollendet, im Magen zusammen, doch nicht so fest wie etwa bei Raubvögeln, und werden durch den Schnabel ausgeworfen. Wo grosse Möven einige Zeit sitzend und gehend verweilten, findet man überall diese Zeichen, die sich von dem kalkweissen, meist dünn- flüssigen, doch auch etwas bröcklichen Unrat sehr unter- scheiden. Bei anderen grossen Arten findet sich das nämliche. [— Auf Juist fanden LEEGE und SCHUSTER Gewölle der dort zur Sommerzeit in einzelnen Exemplaren sich herumtreiben- den Mantelmöve. Sie waren daumendick und daumengliedlang und bestanden aus Muschelschälchen, die der blaugrauen Miess- muschel (Mytilus edulis), der essbaren Herzmuschel (Cardium edule), dem in allen Farben von Grau zu Gelb und Rot sich vorfindenden Strahlkorb (Mactra stultorum) und vielleicht der ge- drehten Bohrmuschel (Pholas, crispata) angehörten. Die Schalen- stückchen der Miessmuschel waren am grössten — einige von 4 bis 6 cm Länge —, was sich ganz natürlich daraus ergiebt, dass das Beuteobjekt als ganzes von sich schon das grösste ist. In einem 7 bis 8 g schweren Gewöllballen machten die Miessmuschelstückchen zusammen 1,25 g aus; die ge- wöhnlichen Stückchen von Herzmuscheln waren aber an Zahl noch viel stärker vertreten, sie machten, mit Abzug von etwa 1g Sand, das übrige aus; die Schälchen vom Strahlkorb und eventuell der Bohrmuschel waren nur ganz spärlich heraus- zufinden. Jedenfalls zerkleinert der Vogel bei der Äsung die Schalen der Konchylien, um zu dem Tier zu gelangen; an diesem bleiben aber immer jeweilen einige Schalenreste hängen, und diese werden hernach in Ballen ausgespieen. Die Ballen selbst sind sehr lose und zerfallen recht leicht — es fehlt ja das Bindemittel von Haaren, Federn u. s. w. Eines der Ge- wölle enthielt grosse Scheren der Strandkrabbe (Oarcinus müenas) mit einer vollständigen Einkleidung von Muschelschälchen. (Ornith. Monatsschr. 1903, S. 381). . Im Herbste frisst sie nach COLLETT teilweise Beeren, be- sonders von Rubus chamaemorus. —] Die eingesperrt gehaltene Mantelmöve muss mit Fischen und Fleischabgängen gefüttert werden und kann bei guter Abwartung mehrere Jahre aushalten. Fortpflanzung. In der Nähe der deutschen Ost- und Nordseeküste nistet die Mantelmöve nicht, wohl aber an mehreren von Schweden, Fin- und Livland, am häufigsten aber an der von Norwegen und deren vielen Inseln bis zu den Lofotinseln hinauf, auf Island, den Färöern, den Shetlands und anderen der Küste von Schottland, [— England —| und Irland. Gewöhnlich schliesst sie sich den Nistorten anderer Möven- arten oder auch der Alken, Lummen und anderer Seevögel an und nimmt in den sogenannten Vogelbergen den obersten Platz ein. Ihre Nistplätze befinden sich an solchen Orten dicht neben denen anderer Arten, aber die einzelnen Nester immer auf einem besonderen Plätzchen, nicht zwischen die jener gemischt. Überall thront sie über den anderen, auf der Die Mantel-Möve, Larus marinus L, 269 meistens mit Gras bewachsenen obersten Fläche der Felsen und oftmals nahe an deren Absturze, auf kleineren Klippen auf deren abgeplattetem Gipfel. Auf grösseren und sehr hohen Felseninseln liegen ihre Brutplätze auch oft entfernter vom Meere, auf der grossen grünen Fläche, dem sogenannten Field, an moorigen, quelligen Stellen oder Süsswasserteichen und auf den kleinen Inselchen dieser. [— In einem interessanten Berichte über den Besuch einer „Vogelinsel*“ an der Murmanküste (Halbinsel Kola) be- merkt RIEMSCHNEIDER (Ornith. Monatsschr. 1901, S. 214 ff.): „Eigentümlich ist es, wie sich die Bewohner dieser Wand je nach der Gattung, der sie angehören, zu verschiedenen Kolonien vereinigen, die, obzwar unmittelbar aneinanderstossend, doch so geordnet sind, dass Angehörige der einen Gattung sich nicht oder nur selten in den benachbarten Bezirk binein verirren, der von einer anderen Art und deren Anverwandten ein- genommen wird. Die Gipfelplateaus werden von Mantel- und Silbermöven eingenommen, der steile Abhang von Lummen, Alken und Dreizehenmöven; findet sich genügende Erde vor, so ist dazwischen eine Kolonie von Fratercula arctica ein- geschoben, Cepphus gryllie aber liebt die tiefsten Regionen, dicht über der Flutgrenze.“ —] Gewöhnlich sind an einem Nistorte mehrere, oft viele Pärchen vereint; doch nirgends giebt es solche Scharen wie von Larus fuscus und L. argentatus beisammen. Zuweilen findet sich auch ein einsam nistendes Paar oder auch nur zwei bis drei beisammen, aber solche doch nur an von anderen Vögeln belebten Orten und in der Nähe von deren Nistplätzen. An ihren nördlichsten Brutplätzen wohnt sie oft neben der Eis- möve. Ihr grosses Nest ist dem dieser ähnlich, hoch und weit, aus dürren Stengeln, Tang, Meergras und Löffelkraut, mit Erde vermengt, nachlässig gebaut, im Innern mit trockenen Gras- stöckchen ausgelegt, und sie baut es, wenn auch wenig mehr vom alten vorhanden ist, im nächsten Jahre gern wieder an dieselbe Stelle. [— Nach Houtz, der auf Gottska-Sandö (bei Gotland) einige Brutpaare dieser Möve beobachtete, bringt der nest- bauende Vogel das Rohbaumaterial, zu dem auch Holzstücke gehören, die von der Düne zusammengesucht werden, schreitend dem Neste zu, und der Beobachter glaubt auch, dass, wenn die Möve das mit Eiern belegte Nest erreichen will, sie sich nicht aus dem Fluge auf dasselbe niederlässt, sondern, sich eine Strecke vor demselben auf dem Sande niederlassend, dem Neste zuschreitet. (Journ. f. Ornith. 1868, S. 164). —] In der letzten Hälfte des Mai fängt sie an zu legen, und gegen Ende dieses Monats findet man in ihrem Neste ge- wöhnlich drei, seltener nur zwei Eier; man sagt auch: vier, was mir jedoch nicht recht wahrscheinlich vorkommt, weil bei allen.anderen grossen Mövenarten die Zahl drei die höchste ist. Diese Eier sind denen der Eismöve an Grösse, Gestalt, Farbe und allen übrigen Beschaffenheiten so ähnlich, dass sie fern von den Nistplätzen nicht zu unterscheiden sind. Ich habe beide Arten von FABER selbst und in mehreren Exem- plaren erhalten, um dies behaupten zu können. Vielleicht unterscheiden sie sich im frischen Zustande, unausgeblasen, etwas mehr, und auf solche mag sich wohl THIENEMANNS Be- hauptung (s. dessen Eierwerk, V, S. 16—17) beziehen, wenn er sagt, dass sich die von L. marinus durch eine mehr grün- liche Grundfarbe von den mehr braungelblichen des L. glaucus unterscheiden liessen. — In der Grösse gleichen sie den kleineren Eiern zahmer Gänse oder übertreffen darin doch die der Silbermöve, denen sie übrigens in Farbe und Zeichnung sehr ähneln, aber gewöhnlich eine kürzere, bauchigere Gestalt haben. Sie sind 70 bis 74 mm lang und 51 bis 54 mm breit; aber es giebt auch merklich kleinere, namentlich unter denen, welche die Weibchen, weil man ihnen die ersten Gelege ge- nommen ‚hatte, nachlegen mussten. [— Nach 26 in der Rey- schen Sammlung gemessenen Exemplaren beträgt das Durch- schnittsmaß 78,5 x 54,1 mm, das Maximum 87x 55,5 und Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. und ohne Glanz. 19,5x 55,5 mm, das Minimum 72,5x52 und 73x51 mm, das durchschnittliche Gewicht 8,708 g. Sechs Eier aus der Samm- lung HOLLANDTs, befindliich im Braunschweigischen Museum, zeigen nach R. BLaAsıus folgende Maße: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 76,0 mm 52,0 mm 34,5 mm Tach, 52,6 „ ER TER 56,6 „ 320m BED, 533 „ 3225 „ 78,0 „ 56,6 „ 35,0 „ TERE 533 , Bu. Ihre Gestalt ist eine kurzeiförmige, etwas bauchige, ihre starke Schale von grobem Korn, daher aussen etwas rauh Sie variieren sehr, und ihre Grundfarbe wechselt vom Graugrünlichen durch schwaches Olivengrün bis zum blassen schmutzigen Braungelblichen mit wenig grün- lichem Schein. Ebenso verschieden ist die Zeichnung in der Menge oder Grösse der grösseren Flecke, Tüpfel und Punkte, die in der Schale bei dunkelgrundigen braungrau, bei hell- grundigen aschgrau, auf der Schale dunkel olivenbraun oder schwarzbraun sind. Die dunklen Zeichnungen sind nie so sehr gehäuft, dass sie nicht stets sehr viel vom reinen Grunde zwischen sich sehen liessen, meistens über die ganze Fläche zerstreut, seltener am stumpfen Ende häufiger als sonst. Auch an diesen Eiern verliert sich in Sammlungen nach und nach das Grünliche und wird vielmehr Olivenbraun, dunkler als sie früher waren. Beide Gatten haben einen grossen Brutfleck mitten auf dem Bauche, brüten abwechselnd vier Wochen lang und füttern gemeinschaftlich ihre Brut mit Vogeleiern, jungen Vögeln, Fischen und anderen Geschöpfen des Meeres. Die Jungen sind gegen Ende des Juni noch im Dunenkleide, aber fast halb erwachsen, und erst in der ersten Hälfte des August flügge. Wo sie Ruhe haben, sitzen sie im Neste, bis sie Federn be- kommen, wenn sie es aber verlassen, so verkriechen sie sich bei Gefahren hinter Hügelchen, Steinen und dergleichen, bleiben jedoch, bis sie fliegen lernen, in den nächsten Umgebungen des Nestes. Die Alten lieben ihre Brut ausserordentlich, kommen gleich herbei, sobald sich ein Mensch dem Neste oder den Jungen nähert, umflattern ihn schreiend und stossen nach ihm, sind aber doch nicht verwegen genug, ihn zu berühren, was sie aber einem Hunde thun, den sie nicht selten mit Schnabel- stössen in die Flucht jagen. Die Mantelmöve ist demnach im Vertrauen auf ihre Stärke nicht nur eine der raubgierigsten, sondern auch der beherztesten oder übertrifft vielmehr hierin alle anderen europäischen Arten. Feinde. Wahrscheinlich dienen sie oder ihre Jungen dem See- adler zuweilen zur Beute, da sie bei seinem Erscheinen eine ebenso grosse Furcht verraten wie andere grosse Arten. Selten wagt sich die grosse Raubmöve an sie, um sie zu zwingen, den eben verschlungenen Raub wieder auszuwürgen, damit sie ihn auffangen könne. In ihrem Gefieder wohnen Schmarotzerinsekten [—, von denen bekannt sind Docophorus ları und Colpocephalum ları, —] und im Innern Eingeweidewürmer von den nämlichen Gattungen und Arten wie bei anderen grossen Möven. [— Festgestellt sind: Pilaria obvelata CREPL., Spiroptera adunca ÜREPL., Distomum lingua CREPL., Distomum pseudoechinatum OLSSON, Distomum elongatum MEHLIS, ° Holostomum variegatum DwUJ., Hemistomum spathaceum DIES., Taenia porosa RuD., Taenia fusus KRABBE und Tetrabothrium ceylindraceum RUD. —] Jagd. Weil sie eine der scheuesten Möven ist, so müssen, um sie zum Schuss zu bringen, alle jene Vorsichtsmassregeln dabei genommen werden, die bei anderen grossen Arten in den vorhergehenden Beschreibungen empfohlen wurden. Aus einem Hinterhalt, der an einem flachen Strande freilich selten ist, 34 266 wo man sich daher platt auf die Erde niederlegen muss, ist sie am sichersten zu erlauern. Ein Fall ist mir indessen doch vorgekommen, dass eine, bis an die Ferse im seichten Wasser stehend, ganz auf dem Freien zu einem gewagten Schuss aus- hielt, der auch gelang. Sie hat ein zähes Leben, verlangt einen tüchtigen Schuss von grobem Hagel, weil ihr Gefieder viel abhält. Die Angeschossene entflieht immer seeeinwärts und geht dann’gewöhnlich dem Schützen verloren. Die flügel- lahm Geschossene keisst wütend um sich, und man hat alle Ursache, sich vor ibren kräftigen Schnabelhieben, die gewöhnlich ein Stückchen Fleisch mitnehmen oder doch blutende Wunden machen, in acht zu nehmen. An den Brutorten ist sie leicht zu schiessen, und in deren Nähe, oder wo sie sonst häufig hinkommt, auch zu fangen, wenn man einen Angelhaken, mit einem Fischchen oder Stückchen Fleisch beködert, an einer Schnur befestigt, so, dass der Köder schwimmt. An Stellen, wo man diese oder andere grosse Möven öfters stehen und herumwandeln sieht, kann man sie auch in Laufschlingen fangen. Nutzen. Ihr Fleisch wird wenig geachtet; aber ihre Eier sucht man eben so gern zum Verspeisen auf als die der Silbermöve und andere. Sie taugen zu allem Gebrauch der Küche, haben aber jenen meersalzigen, dumpfen Beigeschmack in nicht geringerem Grade wie diese. Ihre Federn sind ebenso zu nutzen wie Gänsefedern; sie Die Mantel-Möve, Larus marinus L. gleichen diesen an Qualität und beinahe auch an Quantität; eine solche Möve giebt nämlich fast eben so viel Federn wie eine nicht ganz grosse Hausgans. In manchen Küstenländern, wo es an Gänsen fehlt, berücksichtigt man die Mövenfedern sehr; man tötet deshalb so viel Möven als man nur bekommen kann und treibt hin und wieder mit den gewonnenen Federn ‘sogar Handel. Die von den grossen Arten werden von manchen noch für besser gehalten als Gänsefedern. [— So erzählt BoLLE von den kanarischen Inseln, dass unter anderen der Besitzer der Desertainsel Alegranza aus den dort häufig vorkommenden „Ganso marino“ eine bedeutende Einnahme erzielt, da ihre Dunen nach England verkauft werden, wo man sie den Eiderdunen fast gleich achten soll. (Journ. f. Ornith. 1855, S. 177.) —] Sie reinigen den Strand von Äsern und beleben die rauhen Gegenden, wo sie brüten. | Schaden. Das Fischfangen wird ihnen am Meer selten von jemand missgönnt; sie schaden aber mittelbar durch ihre Räubereien in den Vogelbergen, die den nordischen Völkern einen grossen Teil ihres jährlichen Unterhaltes gewähren, indem diese Möven vielen Vögeln dort ihre Eier oder Jungen rauben; doch ist auch dieses nicht von grossem Belang. [— Nach den Mitteilungen des Sysselmand MÜLLER über die Vogelfauna der Färöer be- nimmt sie sich dort ganz wie ein Raubvogel, da sie Gänse und kleinere Vögel tötet, ja sogar kleine Lämmer, wenn sie krank sind. Man zahlt daher Schnabelgeld wie beim Raben u. s. w. (Journ. f. Ornith. 1869, S. 384.) —|] Die Eis-Möve, Larus glaucus Brünn. Tafel 24. Fig. 3. Alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 25. Fig. 3. Alter Vogel im Winterkleide. . Tafel 26. Fig. 3. Jugendkleid. Tafel 42. Fig. 1—5. Eier. Grosse, nordische, grosse weissgraue, grosse weisse Möve, graurückige, grauliche, weissschwingige, grosse oder mittlere weissschwingige Möve, weissgraue Sturmmöve, grosse Seemöve, Tauchermöve, Bürgermeister-Möve, der Bürgermeister. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Galeb sjeverni. Czechisch: Racek $edj. Dänisch: Graamaage, Perlemaage, Stor hvid- vinget Maage. Englisch: Glaucous Gull, Large white-winged Gull. Färisch: Mäasi, Valmäasi. Finnisch: Pormestari, 1so lokki. Französisch: Godland bourguemestre, Mouette Burgermeister, Mouette Glauque, Goelnnd & manteau gris-brun, Bourgmester. Helgoländisch: Isskubb. Holländisch: Burgemeester. Isländisch: Grämäfur, Hvitmäfur, Hvitfugl, Hvitmafr. Italienisch: Gabbiano maggiore, Gabbiano bianco. Lettisch: Gaigala. Norwegisch: Stor hvidvinget Maage, Duemaage. Polnisch: Mewa blada. Russisch: Morskaia-Tschaika. Schwedisch: Avzittrut, Ismäsa, Selvermäns, Borgmästure, Stor hvitvingad trut, Stor hvittrut, Skälgumse, Gräskälstrut, Kutgjusa. Slovenisch: Pepelnata cajka, Pepelnata tonovsica. Spanisch: Gavinot. Ungarisch: Jeges sirdly. | Larus glaucus. Brünnich, Orn. bor. p. 44. n. 148 [— (1764). —] — Gmel. Linn. syst. I. 2. p. 600. n. 17. — Lath. Ind. II. p. 814. n. 7. (sine synonym). — Faber, Prodromus 8. 98. — Larus Consul. Boie, in Wiedemanns zool. Magaz. I. 3. S. 126. n. 2. — Goeland Burgermeister. Temm. Man. d’Orn. 2. Edit. II. p. 757. — Glaucous-Gull. Penn. arct. Zool. I. p. 532. — Übers. v. Zimmermann, I. S. 494. B. — Lath. Syn. VI. p. 8374 n. 4. — Übers v. Bechstein, II. 2. S. 329. n. 4. (Nur die Diagnose.) — Martens, Reise nach Spitzbergen S. 60. tab. L. fig. D. — Bech- stein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 662. — Dessen Taschenb. II. S. 374. n. 7. — Meyer, Zusätze z. Taschenb. (Ill.) S. 191. — Brehm, Beitr. III. S. 800. u. S. 810. — Dessen Lehrb. Il. S. 729 u. S. 731. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. S. 732— (36. — Gloger, Schles. Faun. S. 53. n. 236. — Horn- schuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vögel. S. 18. n. 237. u. 238. — Homeyer, Vög. Pommerns S. 68. n. 224. — Naumanns Vög. alte Ausg, Ill. S. 184. Taf. XXXV. Fig. 50. Alt im Sommerkleide. — [— Larus glaucus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Edit. X. p. 350. Taf. 264 (1840), — Larus glaueus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840). — Larus glaucus. Schlegel, Rev. crit. p. CXXV (1844). — Larus glaucus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 981 (1866—71). — Larus glaueus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 409 (1867). — Larus glaucus. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. I. p. 135 (1869— 74). — Larus glaucus. Wright, Finl. Fogl. II. p 585 (1873). — Larus giaucus. Fallon, Ois. Belg. p. 199 (1875) — Larus glaucus. Dresser. Birds Eur. Tom. VIII. p. 433. pl. 605 (1877). — Larus glaucus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. Ill. p. 636 (1884). — Larus glaucus. Homevyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Larus glaucus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 41 (1886). — Larus glaucus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p- 96 (1886). — Larus glaucus. Giglioli, Avif. ital. p. 433 (1886); p. 647 (1889). — Larus glaucus. Ar&valo y Baca, Av. Espaäa p. 414 (1887). — Larus glaueus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 566 (1891). — Larus ylaucus. Brehm, Tierleben, Vög. Ill. Aufl. III. p. 108 (1892). — Larus glaucus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 162 (1892). — Larus glaucus. Collett, Norg. Fuglef. p. 309 (1893—94). — Larus glaucus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 289 1896). — Larus glaucus. Dresser, Man. of Palaearetie Birds, II. p. 837 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. OXII. Fig. 1, a—d (1845—53). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 39. Fig. 1 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, Il. p 504. pl. CXLI. fig. 2 (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 330. pl. 50 (1885). — Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, p. 112. pl. 32 (1896). —|] | Anmerkung. Die naturhistorischen Schriften einer mittleren Periode können grösstenteils hier nicht eitiert werden, weil sie L. glaucus mit Z. argentatus vermengen oder beide für eine Art halten. Nur in neueren Zeiten wurden beide wieder richtig unterschieden. BREHM nahm früher drei wirkliche Species an, die er später in Subspecies herabsetzte und noch mit einer solchen vermehrte, von denen sein L. glaucus, L. Consul und L. minor (früher medius) gewiss, L. glacialis BENICKEN wahrscheinlich auch, keine Artverschiedenheiten sind, weil individuelle Abweichungen mit allen Übergängen von einer in die andere bei unserem L. glaucus vorkommen. Naum. Kennzeichen der Art. Die grossen Schwungfedern bei Alten sehr heli bläulich- grau, bei Jungen licht bräunlichgrau, bei beiden an den Enden allmählich in Weiss übergehend. Die Spitzen der ruhenden Flügel reichen nicht oder äusserst wenig über das Schwanz- ende hinaus. Grösse fast einer mittleren Gänseart. Beschreibung. Die Eismöve ist schon an den Artkennzeichen und, ausser der weit bedeutenderen Grösse, auch an der plumperen Ge- stalt leicht von ZL. leucopterus zu unterscheiden. — Eine viel nähere Verwandte mit weit grösserer Ähnlichkeit hat sie an dem gleich grossen L. glaucescens des Berliner Museums aus Nordamerika, wo diese die unserige zu vertreten scheint. Obgleich nun Grösse und Gestalt, auch des Schnabels und der Füsse, beider einander sehr ähneln, so unterscheidet sich doch L. glaucescens im ausgefärbten Kleide leicht an den anders gefärbten und gezeichneten Schwungfedern erster Ordnung, die gleichförmig bläulichaschgrau aussehen und grosse Schneeweisse Spitzen haben, die sich von ersterer Farbe ie in gerader Linie quer über scharf abschneiden, daher diese weissen Spitzen weit auffallender werden als die sanft in Grau verlaufenden des ZL. glaucus, oder eine Zeichnung haben, die ganz der des L. marinus gleicht, nur dass an den Schwingen dieser tiefschwarz ist, was bei L. glaucescens bloss bläulich- aschgrau aussieht. — Zudem bedeckt auch den Mantel des alten L. glaucescens ein etwas gesättigteres Mövenblau, dem des L. argentatus ähnlich, das bei Z/. glaucus viel heller oder weisslicher ist. — Der junge L. glaucescens unterscheidet sich ebenfalls durch dunkleres Braungrau der grossen Schwingen, deren weisse Spitzen jedoch weniger scharf an dieses grenzen, doch viel auffallender als bei den Jungen von L. glaucus, und auf dem Mantel sind die Flecken grösser, etwas dunkler, doch mehr in die lichten Federränder verflossen, die ganze Partie also gröber, aber verwaschener und undeutlicher gefleckt.') | 1) Eine ausführliche Beschreibung und Abbildung dieser schönen grossen Art, die hinsichtlich ihrer Färbung im Mittel steht zwischen L. marinus und ZL. glaucus, ist mir nicht bekannt. Sie gehört zu den : neueren Entdeckungen. Naum. 34* 268 Hinsichtlich der Grösse unseres ZL. glaucus stösst man auf so bedeutende Abweichungen wie bei anderen grossen Möven- arten; aber alle Individuen, die obige Artkennzeichen tragen und in Europa vorkommen, mögen sie auch 9 bis 12 cm in den Längenmaßen differieren; mag auch, wie gewöhnlich bei den kleineren, der Schnabel schwächer oder schmächtiger sein, während er in der Länge sich fast immer gleich bleibt; mögen die Fusswurzeln des einen die des anderen an Länge auch zwischen 6 bis 8 mm übertreffen, so gehören sie doch alle unbedingt einer Art an und sind nur als individuelle Varia- tionen unserer Eismöve (Z. glaucus) zu betrachten. Ein Larus medius BREHM kann, im Begriff einer wirklich verschiedenen Art, nicht existieren wegen der vorkommenden stufenweisen Übergänge und Zwischenformen und daher ganz unbestimm- baren Grenze zwischen L. medius und L. glaucus. Wenn ich nun dieses, vermöge umfassender Vergleichungen einer grossen Menge von Bälgen und ausgestopften, dreist behaupten darf, so wage ich es jedoch nicht, auch ZL. glacialis BENICKEN mit Bestimmtheit hierher zu ziehen, weil ich dazu bis jetzt zu wenig Exemplare von dieser sogenannten Art (von BREHM später jedoch zur Subspecies herabgesetzt) mit den vielen von L. glaucus vergleichend zu untersuchen in Händen hatte; ver- sichere aber, dass diese wenigen wegen Artverschiedenheit mich sehr im Zweifel liessen.?) Die fünf ersten Schwungfedern von L. glaucus juv. Unsere Eismöve gehört zu den grössten Arten ihrer Gattung, und wenn sie darin die Mantelmöve auch nicht oft übertrifft, so ist sie ihr doch an Grösse völlig gleich. Der Rumpf ohne Federn hat die Grösse einer grossen Hausente oder wohl fast der türkischen oder Bisam-Ente, wobei sie aber der grösseren und längeren Extremitäten wegen den An- schein einer viel ansehnlicheren Grösse bekommt. Das ge- wöhnliche Längenmaß wechselt zwischen 59 bis 65 cm, es giebt indessen noch um 2,5 cm kleinere und auch so viel grössere; die Flügellänge vom Bug bis zur Spitze ist gewöhn- lich zwischen 43,5 bis 46 cm, auch bis 47,7 cm; die Flug- breite von 141,3 bis 160 seltener 165 cm; die Schwanzlänge 17,1 bis 18,3 cm. | Die Weibchen sind gewöhnlich etwas kleiner als die Männchen. Das Gefieder ist sehr reich, am unteren Teile des Halses und des Rumpfes besonders sehr dick und pelzartig, dies jedoch etwas weniger als bei L. leucopterus, ungemein zart und überall, bloss die grösseren Flügel- und die Schwanzfedern ausgenommen, ohne bestimmte Umrisse oder zerschlissen. Zunächst auf der Haut sitzen ausserordentlich weiche, zarte, elastische, schnee- weisse Dunen. Die Schwungfedern sind bedeutend breit, die der zweiten Ordnung am Ende in schräger Richtung nach hinten fast gerade abgeschnitten, die der ersten auf dem letzten 1) Larus glacialis gehört thatsächlich zu Larus glaucus, wie NAUMANN vermutete. J. R. Die Eis-Möve, Larus glaucus BRÜNN. Drittel allmählich schmäler in die abgerundete Spitze aus- gehend, mit wenig gebogenen, sehr starken Schäften; dabei die erste entweder von gleicher Länge mit der zweiten oder auch etwas kürzer, bis zu 6 mm; die zwölf gleich breiten, am Ende wenig abgerundeten Federn des breiten Schwanzes sind fast von gleicher Länge, daher dessen Ende beinahe gerade, wie mit der Schere verschnitten. Die Spitzen der an den Leib geschmiegten Flügel reichen gewöhnlich nur bis an das Schwanzende, in selteneren Fällen nur ein wenig, kaum bis gegen 2,5 cm über dasselbe hinaus. Der Schnabel hat an Grösse und Gestalt viel Ähnlichkeit mit dem des Larus marinus, in mancher Hinsicht auch mit L. argentatus. Er ist als Mövenschnabel stark und gross, manchmal, besonders bei sehr alten Vögeln, sehr stark; der Firste nach von der Stirn aus gerade, nach vorn selten etwas aufgeschwungen, sondern sanft oder im Viertel eines Zirkel- schlags hakenförmig herabgebogen, die Spitze 2 bis 4 mm über die untere hinwegragend; der Kiel anfänglich auch gerade, doch gegen das Ende der langen Kielspalte sanft herabgesenkt, hier das grosse stumpfwinkelige Eck bildend und nun schräg in die Spitze aufsteigend; die Mundkante anfänglich und bis zu zwei Drittel fast gerade, dann spitzewärts sanft herab- sebogen. Er ist an der Firste platt abgerundet, nach vorn mehr zusammengedrückt, der Oberschnabel von der Wurzel an bis unter das Ende des Nasenlochs, dicht über der Schneide und längs dieser bedeutend aufgetrieben und dieser Wulst in schräger Richtung nach vorn flach gerieft; die Schneiden sehr scharf, die obere ein wenig über die untere greifend; der Rachen sehr tief gespalten, breit und daher sehr gross. Das Nasenloch, in einer länglichen Vertiefung liegend, ist ein 10 mm langer, vorn bedeutend und rundlich erweiterter, durchsichtiger Ritz, der 10 mm von den seitlichen Stirnfedern anfängt. Der Schnabel misst von der Stirn und über den Bogen zur Spitze des Hakens 6,5 bis 7,1 cm; in gerader Linie 5,6 bis 6,2 cm; aus dem Mundwinkel in gerader Linie zur Spitze 8,2 bis 8,8 cm; seine Höhe an der Basis 19,5 bis 23,5 mm; seine Breite hier 12 bis 17,5 mm. Seine Färbung ist ver- schieden, nach dem Alter zuerst meistens schwarz, dann schmutzig gelb mit etwas Schwarz gegen die Spitze, endlich ganz gelb mit hochrotem Fleck am Unterschnabel über dem Eck. Alle diese Farben sind, wenn sie allmählich austrocknen konnten, auch noch an Bälgen und Ausgestopften kenntlich, aber freilich lange nicht so prächtig wie am lebenden oder frischgetöteten Vogel. | Das etwas kleine Auge hat in der Jugend weiss be- fiederte, später nackte, gelb und zuletzt mennigrot gefärbte Lider und ebensofrüh einen dunkelbraunen, dann braungelben und im Alter rein schwefelgelben Stern. Die Füsse sind im Verhältnis zur Körpergrösse nicht sehr gross, auch eher etwas niedrig als hoch, dabei aber stark, besonders an den Läufen und Fersengelenken; die Vorderzehen mittellang, mit vollen Schwimmhäuten, die freie, etwas höher gestellte Hinterzehe klein und kurz, aber eben nicht schwach; die Krallen stark, wenig gebogen, stumpf, unten hohl, die mittelste mit stark vorstehender Innenschneide. Ihr starker Überzug ist vorn am: Lauf in einer Reihe grösser als an den Seiten getäfelt, hinten geschildert, dies länger und schmäler auf den Zehen, unter ihnen grobwarzig, die Schwimm- häute undeutlich gegittert. Der Unterschenkel ist von der Ferse 17,5 bis 20 mm nackt; der Lauf 7 bis 7,5 cm hoch; die Mittelzehe mit der 12 mm langen Kralle 6,7 bis 7,1 cm, die Hinterzehe mit der 7 mm langen Kralle 12 mm lang. Die Farbe der Füsse ist in der Jugend blass fleisch- farbig, später gelblich, endlich fast bleichgelb; sie verwandeln sich im getrockneten Zustande in eine licht gelbbräunliche Hornfarbe, Die Krallen sind schwarzbraun, an den Spitzen, besonders der äusseren.Zehe, weisslichbraun. [— Ein Nestling vom 16. Juli 1875 wird im Katalog des Britischen Museums beschrieben als „steingrau, unten mit einem assoan "anyeu ®/, oppppuasn| "»Aouısıg “uunig snonel3 snıe7 eg sAaauj>JueN] “I Snunew snıe7 7 'z SAaawsZulaH] '”J snosny snıe7 I N a SEE min WINP NN ar IL LP ID) AEseene v . ü & Y 2 4 N 2 2 lee Pe en RE ‘ ' ’ a . 3 R N Pr ‚A = y \ v h . N HN En eT 5 . iR, 7 g NEE a % Ps \ mern, \ Li PN 8 I 70 A Fe Ze ann pr IR (4 Fr y „ ER Fam, nn a 35 X. RN hi in N Ber j- Die Eis-Möve, Larus glaucus BRÜNN. leichten Ton ins schmutzig Gelbliche, der Kopf schwarz ge- sprenkelt, der Rücken aschbraun gefleckt.“ Nach HEUGLIN ist beim Dunenjungen der Schnabel bleibläulich ins Fleisch- farbene, nach der Spitze zu dunkler, vor letzterer mit ver- waschen schwärzlichem Querband, Spitze selbst violettweisslich; Schnabelwinkel fleischfarben; Iris bräunlich, trüb; Füsse und Nägel bläulich fleischfarben. —|] Das Jugendkleid unterscheidet sich von dem anderer grosser junger Möven der einheimischen Arten vorzüglich durch eine bleichere Färbung und lichtere Flügelspitze. Der Schna- bel ist matt schwarz, mit lichterer Spitze und mehr oder weniger von einer lichten Fleischfarbe an der Wurzel der Unterkinnlade; der Augenstern braun; das befiederte Augenlid- rändchen weiss; die Füsse blass fleischfarbig. Vor dem Auge steht ein borstiges schwarzes Fleckchen; Kopf und Hals sind auf trübe weissem Grunde mäusegrau gefleckt, ersterer meistens in länglichen Flecken, die Kehle am wenigsten; Brust, Bauch und Schenkel weiss und grau gemischt, mit Graubraun be- spritzt und gefleckt, in den Seiten wie gewölkt; die untere Schwanzdecke weiss, braungrau gebändert; Rücken, Schultern und Flügeldeckfedern nebst den letzten Schwungfedern mäuse- grau (mehr grau als braun), mit bräunlichweissen Federkanten und Flecken an diesen entlang; die Schwungfedern braun- grau, spitzewärts lichter mit schmutzigweissen Endkanten und bräunlichweissen Schäften; der Unterflügel an den Deckfedern weiss, braungrau gefleckt, gegen die Spitze aus dem Glänzend- grauen in Silberweiss übergehend; der Bürzel und die Ober- schwanzdecke weiss mit braungrauen Querflecken, die letzteren fast gebändert; der Schwanz auf trübweissem Grunde grau- braun gefleckt und bespritzt, nach innen fast einförmig braun- grau, die Endkante weiss. In diesem Kleide bleiben die jungen Möven dieser Art den ersten Herbst und Winter hindurch fast unverändert; aber im nächsten Frühjahr, dem zweiten ihres Lebens, zeigen sich Spuren eines Federwechsels, der jedoch äusserst lang- sam fortschreitet, sodass er erst im künftigen September und Oktober beendet ist und sie sich dann zum erstenmal voll- ständig vermausert haben. Dieses zweite Herbst- oder Winterkleid ähnelt zwar dem ersten oder Jugendkleide sehr, unterscheidet sich aber im allgemeinen durch mehr Weiss zwischen dem Grau und durch ein klareres Geflecktsein. Der Schnabel ist schmutzig gelblichfleischfarben, am Haken und Eck braunschwarz, an der Spitze hornweisslich; der Augenstern gelbbraun; die Füsse fleischfarbig; das Gefieder am Kopfe und Halse trübeweiss, mit matt braungrauen Schaftstrichen und Flecken, auf den Wangen, an der Kehle und Gurgel am zartesten oder bleichsten gefleckt; in der Kropfgegend werden die Längs- zu Querflecken; von hier an bis an den After alle unteren Teile schwach röt- lichgrau, mit vielen braungrauen, zerrissenen Querflecken und wenig durchschimmerndem Weiss; die untere Schwanzdecke weiss, mit grossen braungrauen Querbinden; Oberrücken und Schultern weiss, gelblich und silbergrau gemischt, mit wellen- und ziekzackförmigen braungrauen Flecken und Bändern zahl- reich besetzt; der Oberflügel fast ebenso, graulichweiss, mit zahllosen braungrauen, abgebrochenen Wellen- und Zickzack- linien, bunt und zugleich fein gescheckt, das Braungrau am dunkelsten an den hinteren und mittleren Schwungfedern, gegen die weissliche Spitze aber wieder matter, der Flügelsaum auch mehr weiss und nur ganz fein gefleckt; die grossen Schwingen und ihre Deckfedern von aussen schmutzig gelblich- oder bräunlichweiss, innen grauweiss, gegen die Spitze am lichtesten, nach aussen und spitzewärts fein und ganz schwach braun- grau bespritzt und bekritzelt, die Schäfte bräunlichweiss. Auf der unteren Seite des Flügels sind die Deckfedern weiss, dicht braungrau gefleckt und gewellt; die Schwingen unten schmutzig weiss, die Schäfte hell weiss. Der Unterrücken, Bürzel und die oberen Schwanzdeckfedern sind weiss, braungrau gefleckt, gröber und weniger dicht als der Oberrücken; die Schwanz- federn auf weissem Grunde mit dunkelbraungrauen wellen-, ne EL RL LEE nn a Le ee u an I —e u 269 bänder- und ziekzackartigen Flecken, die auf den Innenfahnen zusammenfliessen, und mit weissem Endsaume. Unten sind die letzteren weiss, mit der Zeichnung von oben, diese aber blass glänzend grau. Dieses Zwischenkleid bleibt bis in den dritten Frühling des Vogels unverändert; dann zeigt sich zuerst ein stärkeres Gelb des Schnabels, und das Schwarze hat bis auf ein paar Flecke an den Seiten des Vorderschnabels abgenommen; später zeigen sich auch Spuren der Mauser in neuen blassmöven- blauen Federn auf dem Mantel, die gegen den Sommer immer häufiger werden, bis endlich im September und Oktober das dem der mehrere Jahre alten Vögel ähnliche Winterkleid vollständig hervortritt, in welchem der nun etwas über zwei Jahre alte Vogel einen hochgelben, dicht über dem Eck hochroten, hier aber noch mit einem oder einigen kleinen schwarzen Fleckchen bezeichneten Schnabel, nackte gelbe Augenlider, braungelbe Augensterne und auf den ganz weissen Schwanzfedern meist noch einige braungraue Spritz- fleckchen hat. Diese letzteren unterscheiden sie, wenn sie zum ersten- mal ihr ausgefärbtes Hochzeitskleid, im vierten Frühling ihres Lebens oder beinahe drei Jahr alt, anlegen, von den älteren Vögeln; denn auch am Schnabel sind die letzten Reste des Schwarzen bei den meisten verschwunden, der hochrote Fleck ist mehr ausgebildet, Augenlid und Mundwinkel haben sich röter, die Iris reiner blassgelb gefärbt, und die Füsse haben einen gelblichen Anstrich bekommen. - Im nächsten Herbst, dem vierten ihres Lebens, bringt ihnen nun die Mauser das ausgefärbte Winterkleid. Das Auge hat jetzt eine hell schwefelgelbe Iris bekommen, Schnabel und Füsse die Farben wie im nächsten Hochzeitskleide, nur, wie in jedem Herbste, etwas weniger lebhaft; es unter- scheidet sich aber von diesem hauptsächlich an dem gefleckten Kopfe und Halse. Diese Teile haben nämlich oben, hinten und zum Teil noch seitwärts auf rein weissem Grunde braun- graue schmale Schaftflecke, aber diese lange nicht so zahl- reich oder kleiner als in jenem Zwischenkleide; vor dem Auge steht ein aus borstenartigen nackten schwarzen Federschäften gebildetes Fleckchen; übrigens ist alles, den blass mövenblauen Mantel und die bis gegen die Spitzen blassgrauen Schwingen ausgenommen, rein und blendend weiss. Das ausgefärbte Sommer- oder Hochzeitskleid, in das jenes endlich durch eine teilweise Mauser!) übergeht, zeigt auch diese Art in höchster Pracht. Der Schnabel ist zitronen- gelb, auf dem Haken hochgelb, so zuweilen auch über den Nasenlöchern angeflogen, die Spitze weisslich, am Unterschnabel dicht über dem Eck mit einem glühend roten, in seiner Mitte in Karminrot übergehenden, runden oder ovalen Fleck; Mund- winkel und Augenlidrändchen prächtig orangerot; der innere Schnabel und Rachen schön rotgelb; der Augenstern rein blass schwefelgelb; die Füsse an den Schwimmhäuten fast ganz bleichgelb, im übrigen mit durchscheinender Fleischfarbe, die ganze Färbung aber sehr bleich. Der Mantel, das ist Ober- und Unterrücken, Schultern, sämtliche Flügeldeckfedern, hintere und mittlere Schwungfedern, ist ungemein zart, sanft und sehr blass mövenblau, hier nächst der Polarmöve am bleichsten unter allen grossen Möven; die Enden der grössten Schulter- federn und der hintersten und mittelsten Schwungfedern sowie auch das Flügelrändehen rein weiss; die grossen Schwingen blass mövenblau, nicht so rein wie der Öberflügel, mit in Weiss sanft übergehenden Enden, dieses Weiss aber auch etwas trübe und mit weissen Schäften, die von der Mitte gegen die Wurzel oft einen gelbbräunlichen leichten Anflug zeigen. Auf der unteren Seite sind die Schwungfedern glänzend silberweiss, ihre Schäfte hell weiss; das Übrige des Unterflügels wie der 1) Sie erstreckt sich hier, wie bei anderen grossen Möven, allem An- schein nach bloss über das Gefieder des Kopfes und Halses; über dass des Mantels schwerlich; das frischere Mövenblau desselben im Herbst, mit dem weit matteren im Frühling verglichen, ebenso die verschiedene Be- schaffenheit des Gefieders lassen dies kaum bezweifeln. Naum. 270 Kopf, Hals, ganze Unterkörper, Bürzel und Schwanz mit allen seinen Deckfedern rein und wahrhaft blendend weiss. Im hohen Alter wird das Mövenblau des Mantels noch schwächer, einem aschbläulichen Weiss ähnlicher, wo es dann noch weniger von dem wirklichen Weiss des übrigen Gefieders absticht und namentlich auf dem Ursprung des Halses so sanft in dieses verschmilzt, dass die Grenze zwischen beiden gar nicht zu erkennen ist. Mir sind ein paarmal solche Vögel, die alle Kennzeichen eines hohen Alters trugen, vorgekommen, die wegen dieser ungemein bleichen Färbung des Mantels in einiger Entfernung ganz weiss auszusehen schienen. Gewöhnlich ist das Mövenblau im Frühjahr auch etwas blasser als am frischen Herbstgefieder. Im Laufe des Sommers wird es durch atmosphärische Einwirkung noch bleicher, ver- liert aber mit der Farbe auch an Reinheit durch das Abreiben der Federspitzen, das diesem zarten Gefieder im Laufe der Zeit widerfährt, obgleich es nicht sehr stark und nur dann auffallender ist, wenn man einen solchen Sommervogel einem frischvermauserten Herbstvogel gegenüberstellen kann. [— In der finnischen Vogelsammlung findet sich nach PALMEN ein jüngeres Männchen, geschossen am 18. Mai 1842 bei Helsingfors, das von anderen durch bedeutend stärkeren “ Körperbau und fast ganz weisse Färbung abweicht. Die Federn sind vollkommen weiss, nur eine Andeutung rostgrauer Flecken des Jugendkleides findet sich auf einigen Schulterfedern, an der Flügelkante und auf Stellen der Flügel, die von anderen Federn bedeckt sind. Deutlichere Spuren dieser Flecke zeigen sich auf dem Hinterrücken und der Oberschwanzdecke, sowie auf der Innenfahne der äusseren Steuerfedern und den längeren Unterschwanzdecken. Auch die Handfedern sind ganz weiss mit weissen Schäften. Im zoologischen Museum in Helsingfors findet sich noch ein zweiter jüngerer, auch fast ganz weisser Vogel von normaler Grösse und ein deutlich stärkerer, aber normal gezeichneter im dritten oder vierten Jahre. PALMEN lässt die Frage offen, ob dies nur Farbenabnormitäten seien, oder ob sie vielleicht der von verschiedenen Systematikern abgetrennten Form Larus giganteus, glacialis, arcticus angehören, die noch weiter nach Norden brüten soll als die Hauptart. —] Männchen und Weibchen sind in allen Kleidern gleich- gefärbt; wenigstens lassen sich erhebliche und zugleich stand- hafte Unterschiede darin nicht auffinden. Wie bei allen Möven sind auch hier in der Regel die letzteren etwas, mitunter viel kleiner als die gleichalten Männchen; doch beziehen sich solche Grössenunterschiede nicht immer auf Verschiedenheit des Ge- schlechts oder auch des Alters, sondern auf andere unbekannte Zufälligkeiten. Die Zeit der Mauser ist hier so wenig wie bei anderen Möven nach Monaten und Wochen zu bestimmen, da sie indivj- duell ebenso viele Verschiedenheiten zeigt, sodass schon im Winter alte Vögel im reinsten Hochzeitskleide zwischen anderen im Winterkleide vorkamen, an den Brutorten da- gegen hin und wieder welche erlegt wurden, die zum Teil noch im letzteren waren, und unter den in den früheren bunten Kleidern Abnormitäten noch weit häufiger vorkommen. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom April von Jan Mayen, ein ebensolcher vom Dezember von Flamborough-head in England und ein junger Vogel vom November von den Orkney-Inseln, sämtlich im Tring-Museum befindlich. —] Aufenthalt. Die Eismöve gehört, wie die Elfenbeinmöve, dem höchsten Norden an, [— bewohnt wie diese die ganze zirkum- polare Region —] und ist hier meistens die Gefährtin derselben. Obgleich sie bis zu denselben hohen Breitegraden aufsteigt, höher als bis wohin Menschen gegen den Pol vordringen konnten, so kommt sie doch auch wieder in Länderstrichen vor, wo jene selten oder nie gesehen wird. Wir meinen hier haupt- sächlich Island, wo sie als Standvogel lebt und im Sommer häufig ihre Brutplätze hat, besonders auf dem Süd- und West- Die Eis-Möve, Larus glaueus BRÜNN. lande, wogegen die Elfenbeinmöve diese Insel nicht einmal im Winter besucht. Auf Spitzbergen sind dagegen beide Arten im Sommer sehr gemein bis zum 80 Grad nördlicher Breite, von wo man sie immer noch höher gegen den Pol hin- aufstreichen sah. [-—- Häufig ist sie auf Nowaja-Semlja, ob- gleich nicht in grossen Gesellschaften beisammen, und von hier südlich bis zur Jugorschen Strasse. —] Grönland wird ebenfalls als ihr Sommeraufenthalt bezeichnet, besonders die Ostküste; dann die Küste des oberen Norwegens, aber erst vom 70. Grad an, mit der von Lappmarken. |— Zahlreich brütet sie am Varanger-Fjord, spärlicher allmählich gegen Osten bis Triostrow (67 Grad); aus dieser Gegend zieht sie nach Norwegen und verirrt sich höchst selten nach dem innern nördlichen Lappland. Sie nistet zahlreich auf den Inseln Solowetsk im Weissen Meere, wo man sie hegt; über- wintert jedoch nicht daselbst. Nach neueren Forschungen reicht ihr Verbreitungsgebiet in ununterbrochenem Zusammenhang rings um den Nordpol; bloss solche Strecken der amerikanischen Nordküste, deren Gewässer von einer dauernden Eisrinde bedeckt sind, besucht sie natürlich nur zufällig. —|] Von ihren hohen Sommerwohnsitzen streicht die Eismöve im Winter teils längs den Küsten, teils auf offenem Meere in etwas südlichere Breiten, bis in die Nähe der Färöer, Shet- lands [— und Orkneys; teils auch über Land, wie vom Weissen Meere in den Finnischen Meerbusen und von hier in einige Teile der Ostsee bis an die deutsche Küste; vom Eis- meere selbst bis an das Nordende des Baikalsees; —] von Norwegen bis an die Küste der Halbinsel Jütland, selten noch tiefer herab. An der Ostsee, die erwähnte Küste und einen Fall bei Helsingör im Sunde ausgenommen, ist sie allent- halben eine sehr grosse Seltenheit und nur einzeln im Jugend- kleide vorgekommen. Etwas weniger selten kommt sie an der deutschen Nordseeküste vor, namentlich als Begleiterin der Heringszüge bis vor die Mündung der Elbe. [— An der Westküste Schleswig-Holsteins ist sie ein. regelmässiger Wintergast, und über Helgoland schreibt GÄTKE (Vogelwarte): „Nur höchst selten erhält man hier alte Vögel .dieser Art mit ihrer so überaus zarten weissliengrauen Rückenfärbung, und dann stets nur solche, die das Winterkleid mit geflecktem Kopfe und Hinterhalse tragen; im Sommerkleide, an welchem auch die letzteren Teile rein weiss sind, ist sie hier noch nicht erlegt oder gesehen worden; dahingegen werden junge Vögel in hell graubrauner Färbung alljährlich während der Spät- herbst- und Wintermonate des öfteren geschossen.“ —] Fast alle Winter, besonders nach herrschenden Nordweststürmen, erscheinen einzelne, doch meistens auch bloss junge Vögel, in der Nähe von Cuxhaven; im Februar 1824 wurden dort sogar sehr viele, unter Tausenden von anderen Mövenarten, Ganets und dergleichen gemischt, gesehen und viele erlegt, auch einige alte Vögel. [— An den Küsten des Atlantischen Oceans geht sie im Winter südwärts an der Ostseite bis zum Mittelmeer, an der Westseite bis Florida und Texas; an denen des Stillen Oceans im Östen bis Kalifornien, im Westen bis Japan. — Von europäischen Binnengewässern be- sucht sie bisweilen das Schwarze Meer und den nördlichen Teil des Kaspischen Sees. Im Dezember 1890 wurde ein Exemplar an der zu Trotha gehörigen, an der Saale gelegenen Ziegelei erlegt. (Ornith. Monatsschr. 1895, S. 222). —] Sonst ist nicht bekannt, dass im Innern von Deutschland jemals eine Möve dieser Art angetroffen worden. [— Das Britische Museum besitzt Exemplare von den Britischen Inseln, den Orkney- und Shetlandsinseln, Färöern, dem Varanger-Fjord (Juni und Juli), der unteren Petschora (Juli), Spitzbergen, dem Eismeer, 78 Grad 40 Minuten nördlicher Breite, Island, der Disco-Bai (Grönland), Baffinsbai (Juli), Labrador, Kanada, dem Kotzebuesund (Beringstrasse), Alaska, Japan (Februar und März) und Korea. —] Sie gehört zu den Arten, die nicht sehr zahlreich an Individuen sind, in nicht vielen Weltgegenden und nirgends Die Eis-Möve, Larus glaucus BRÜNN. in so grossen Scharen angetroffen werden als viele andere Arten dieser Gattung. Weniger Standvogel als vielmehr Strichvogel, verlässt diese grosse Möve nach vollendeten Fortpflanzungsgeschäften die borealen Brutgegenden und treibt sich zerstreut in anderen, meist südlicheren herum, doch nur ausnahmsweise in sehr entfernten, wenn man nicht die offene Meeresfläche zwischen dem unteren Norwegen und den Färöern dazu zählen will. Bei Island bringt sie den Winter an der südlichen Küste in weiten Buchten oder auf offenem Meere zu, an der von Nor- wegen geht sie, wie schon gesagt, noch viel weiter herab, einzeln sogar bis an die deutsche Küste [— und bis zum Mittelmeer. —]| Im März verschwinden sie wieder von hier, und im April erscheinen sie schon wieder an den hoch- nordischen Brutplätzen. | Sie ist ganz Meervogel, will immer salziges Wasser und verachtet das süsse, selbst wo sie es ganz nahe haben kann. Sie wohnt und brütet nie anders als am Meere, verliert dieses nie aus dem Gesicht, und man hat fast kein Beispiel, dass sie sich tief in das Land hinein verirrt hätte. Heftige Stürme können sie wohl auf dem Meere in ungewöhnliche Regionen verschlagen, aber dass dies landeinwärts geschehen wäre, soll bis jetzt [-, abgesehen von dem Falle bei Trotha, —] nur ein- mal vorgekommen sein, nach GLOGER (a. a. OÖ.) bei Neisse in Schlesien, wo ein halbverhungertes Individuum auf einem toten Schafe ergriffen wurde. Sie liebt rauhes Felsengestade, hohe Felseninseln und überseeische Klippen, mag aber zu manchen Zeiten an seichten Stellen, wo Fische ihren Laich absetzen und andere Nahrungs- mittel für sie in Menge vorkommen, auch gern verweilen. Auf hoher See kommt sie häufig zwischen Treibeis vor und lässt sich hier gern, um auszuruhen, auf Eisschollen nieder. Wo sie diese nicht hat, ruht sie schwimmend. Eigenschaften. Die Eismöve im ausgefärbten Kleide ist ein prächtiges Geschöpf, noch imponierender als andere durch ihre ansehn- liche Grösse, in der sie fliegend einem Adler mittlerer Grösse ähnlich wird, wie denn in dem Fluge der grossen Mövenarten überhaupt etwas Raubvogelartiges in die Augen fällt. Von anderen grossen Arten unterscheidet sie schon in weiter Ferne das viele Weiss, besonders die weisse oder (bei Jungen) weiss- liche Flügelspitze. Es scheint ihr sehr zu behagen, bis an die Ferse in seichtem Wasser zu stehen, weil sie oft länger darin verweilt als auf dem Trockenen. In ihrer Stellung, stehend, sitzend oder gehend, gleicht sie den anderen grossen Arten, wie auch schwimmend, wobei diese alle die Flügel hinten nicht so hoch tragen, wie es die kleinen Arten thun, sich ohne Furcht auf die Wogen niederlassen, auf ihnen schaukeln und mit eben solcher Leichtigkeit auch wieder vom Wasser sich in die Luft erheben. Ihre Bewegungen im Fluge sind langsam, aber leicht und ungemein sanft, nicht schwerfällig und nur dann etwas träge, wo es keine Aufregung für sie giebt. Die weit ausgespannten Flügel schlägt sie gewöhnlich langsam und nicht tief, rascher und weiter ausholend, wenn sie eilt, sehr häufig aber gar nicht, d. h. sie schwebt oder schwimmt ganze Strecken durch die Luft ohne die Flügel merklich zu bewegen, dreht sich auf diese Weise in horizontalen Kreisen wie in einer Spirallinie und kann sich in dieser bis zu grösster Höhe aufschwingen und wieder herablassen. Sie widersteht den ärgsten Stürmen auf offenem Meere, schwebt dann niedrig über den Wellen dem Winde entgegen und ruht nach solcher Anstrengung nur etwas öfter auf dem Wasser aus oder begiebt sich unter den Schutz des nächsten Landes. Ihr Flug hat viele Ähnlichkeit mit dem eines Bussards (Buteo buteo, Archibuteo lagopus). [— In ihrer Stellung, namentlich wenn sie auf Treibeis- kanten oder Felsen ‚sitzt, hat die Bürgermeistermöve (nach HEUGLin) etwas sanz Eigentümliches. Der Körper wird wenig nach hinten geneigt, der Hals dagegen ganz aufrecht und hoch ı bu 271 gestreckt, er erscheint daher auffallend dünn in Anbetracht des sehr massigen Kopfes und Schnabels. —|] Sie scheint für gewöhnlich von einem trägen Gleichmut beherrscht, giebt diesen aber sogleich. auf, sobald sie sich, zumal an guten Futterplätzen, von anderen beeinträchtigt sieht, wo sie mit ihresgleichen gar oft in Zwist gerät, mit der Mantel- möve harte Kämpfe besteht, wobei sie jedoch gewöhnlich den kürzeren zieht, während alle kleineren Arten nicht mit ihr anzubinden wagen und ihren gefährlichen Schnabelhieben mög- lichst ausweichen. Sie ist unverträglich und viel weniger ge- sellig als andere Möven, auch an den Brutorten nur in kleinen Gesellschaften vereint, sonst auch anderwärts stets in geringer Zahl beisammen, während viele bloss einsam ihren Geschäften nachgehen und nur bei einer zu hoffenden guten Mahlzeit sich wieder mit mehreren auch andersartigen Vögeln versammeln. Sie ist träge, gefrässig, futterneidisch, hämisch, kraftvoll und ungestüm, wenn es gilt, dabei klug und vorsichtig, und ähnelt in ihrem Betragen der Mantelmöve fast ganz, mit der man sie daher auch häufig an denselben Orten sieht, wo eine die andere duldet ohne eine sonstige gegenseitige Anhäng- lichkeit. [— Dagegen schreibt KOLTHOFF: „Obgleich so gross und stark, scheint die Eismöve doch nicht zanksüchtig zu sein. Ich habe ein Eiderentenweibchen zwei solche Möven vertreiben sehen, welche zugleich ihre Eier angriffen. Vor der Elfenbein- möve räumt sie sofort den Platz, auch wenn es sich um eine gute Mahlzeit handelt.“ SCHILLING, der sie im Spätherbst und Vorwinter an der Nordwestküste von Rügen meist einzeln, bei stürmischem Wetter jedoch einigemal in grossen Scharen bei Hiddensee beobachtete, fand sie vorsichtig, gewöhnlich sogar scheu. Eine Eigentümlichkeit von ihnen war, dass sie das Land soviel wie möglich mieden, sich daher nur auf den äussersten Zungen und Sandbänken niederliessen. Ihr liebster Aufenthalt blieb das Wasser selbst, wo man sie gewöhnlich schwimmend, aber auch ruhend fand. —|] Hoch in der Luft fliegend, stösst sie zuweilen einen harten Laut aus, der bald mit dem Geschrei eines Raben, bald mit dem des Fischreihers verglichen wird. Nach FABER hat ihre Stimme viele Ähnlichkeit mit der der Mantelmöve, und sie schreit ebenso, doch nicht in so tiefem Tone, Ahgaga oder Agag, welches man aüch von den bis zu unserer Nord- seeküste gelangenden häufig hört und das den gewöhnlichen Tönen der Silbermöve nicht unähnlich ist. Beim Neste lässt sie nach jenem Beobachter ein klagendes Kniiikniii hören, oder sie klagt Giuhm, das oft in ein heulendes Güowüüü übergeht und am meisten abends, wenn es schon finster, gehört wird. Wenn man die kleinen flaumigen Jungen ergreift, stossen sie einen lauten und hellen Schrei aus, befiedert und erwachsen haben sie eine zitternd pfeifende Stimme. [— KrÜPER fand, als auf der Insel Drangay bei Island schreiende „Grämäfr“ (d. s. Eismöven) über ihn hinwegflogen, dass das Geschrei dem des Seeadlers nicht ganz unähnlich klinge. Nach HEUGLIN klingt ihre Stimme wie „gogäu-gogäu“ und „gaggag“ oder „rogrogrogru“, zuweilen hat sie Ähn- lichkeit mit dem Bellen eines Hundes. —|] Nahrung. Die Eismöve lebt von Fischen, kleinen und grösseren, lebenden, toten und faulenden; von kleinen Krebsen, Conchy- lien und den Tieren aus grösseren Muscheln; von Äsern aller Art, toten Walfischen, Robben und dergleichen, selbst von den Exkrementen dieser, der Walrosse und anderer. Man hat auch Stücke von Tang, Konferven und andere vegetabilische Stoffe in ihrem Magen gefunden. Auch wird gesagt, sie fresse die Beeren des Rausch (Empetrum nigrum) gern. Sie sucht und späht oft am Ufer entlang in niedrigem Fluge nach den Fischen im seichten Wasser, stürzt sich, doch als schlechte Stosstaucherin schwerfällig und ungeschickt, aber mit Kraft auf einen der flachgehenden herab und fängt so im Norden häufig den sogenannten Seehasen (Cyclopterus 212 lumpus) oder Lump, einen sehr langsamen Fisch, aber auch zur Heringsgattung gehörige, wenn sie in Zügen sehr hoch gehen, denen sie deshalb unablässig folgt; auf diese Weise kommt sie bis an die deutsche Küste herab, fängt hier die schon von den Netzen der Fischer umschlossenen Fische weg oder verschlingt gierig, was von jenen an Eingeweiden und anderen Fischabgängen weggeworfen wird. Am Strande lässt sie sich oft nieder und wandelt dort ernst in langsamen Schritten herum, um allerlei kleine Crustaceen, namentlich Cancer araneus, ©. pulex oder Junge von grösseren Arten, auch Conchylien, namentlich Venus islandica, Pecten islandicus, Nerita und andere aufzusuchen, um aus den grösseren bloss die Tiere, die kleineren samt den Schalen zu verschlucken. Fische von mittlerer Heringsgrösse verschlingt sie ganz, grössere zerstückelt sie. Beim Zerlegen eines gefangenen Wal- fisches, Walrosses und dergleichen findet sie sich bald in Ge- sellschaft der Elfenbeinmöven, der Mövensturmvögel und anderer sehr häufig ein und findet dann an dem, was die Menschen unbenutzt liegen lassen und was keine Knochen sind, ein reichliches Mahl. Sie folgt auch dem Zuge jener grossen Seetiere, teils weil sie kleinere Fische und andere Geschöpfe gegen die Oberfläche aufscheuchen, die ihr so zu teil werden, teils auch ihres Unrats wegen, den sie gierig ver- schlingt. Alle tierischen Überreste, schwimmende oder am Strande liegende, dienen zur Befriedigung ihres steten Heiss- hungers, mit dem sie auch über die Äser grösserer Landtiere herfällt, die in der Nähe des Strandes liegen. Aufgefundenen toten Vögeln rupft sie nur so viele Federn aus, als hinreichen, zum Fleische zu gelangen, um sie nun in Stücke zu zerreissen und diese samt den Knochen und den meisten Federn zu ver- schlingen; kleinere würgt sie samt allen Federn hinab. Wenn man die kleineren Mövenarten mit Krähen und Raben vergleichen kann, so darf man die grossen für die Bussarde des Meeres halten. Sie sind ebenso gefrässig als raubgierig. Die Eismöve fällt über jeden angeschossenen oder kranken Vogel her, tötet und verzehrt ihn auf der Stelle. Sie plündert die Nester aller anderen Seevögel, die zu schwach sind, sich ihr kräftig zu widersetzen, oder der stärkeren, wenn diese abwesend sind, säuft ihnen die Eier aus oder schleppt ihnen die Jungen weg, die sie tötet und entweder selbst ver- schlingt oder die eigenen Jungen’ damit füttert. [— MALMGREN erzählt: „Vogeleier und Junge raubt sie rücksichtslos, und ich habe gesehen, wie sie in der Lomme- Bai wie ein Falk auf einzelne schwimmende junge Lummen herabstürzte, dieselben mit dem Schnabel fing und sie auf einem Vorsprunge der nächsten Felswand oder auf dem Ufer- walle verzehrte, woselbst auch mehrere Skelette von der Raubgier dieser Art Zeugnis ablegten.“ Interessant ist eine Anzahl von Gewöllen, die SCHAUDINN und RÖMER von Spitz- bergen mitbrachten. SCHALOW beschreibt dieselben im Journal für Ornithologie (1899, S. 378 £.): „Das eine enthält ein voll- ständiges Junges von Gavia alba. Die langen weissen Steuer- federn stehen unverballt aus dem Gewöll heraus. In dem Knäul zusammengedrehter Federn sieht man den ganzen Tarsus mit den Zehen und Schwimmhäuten. Der junge Vogel ist auf- gegriffen, ganz verschluckt, im Magen verarbeitet und als- dann zum Gewöll zusammengeballt wieder ausgestossen worden. Das Ganze stellt ein Convolut von 200 mm Länge und 25 mm Breite dar. Ein anderes Gewöll hat die Gestalt einer Kugel, 60 mm lang und 48 mm breit. Zwischen den Federn finden sich erdige Bestandteile und Steinchen von 15 mm Länge. Ein drittes Gewöll, aus Federn, Crustaceen-Resten und Erde bestehend, zeigt eine Länge von 185 mm, von denen 105 mm auf die herausragenden Schwanzfedern einer verschluckten jungen Möve kommen. In einem anderen finden sich der Brust- panzer und die eine Seite der Beinpaare einer Platycarcinus sp. Das erste scherenförmige Bein wie auch die folgenden vier mit den spitzen krallenförmigen Endgliedern ragen ca. 60 mm aus dem eigentlichen Gewöllball heraus. Es erscheint einem unbegreiflich, wie das Tier einen solchen ungefügen Klumpen Die Eis-Möve, Larus glaucus BRÜNN. von 154 mm Länge und 45 mm Breite durch den engen Schlund herauszuwürgen vermochte, ohne einen Schaden zu erleiden.“ KOLTHOFF ergänzt dieses Bild mit folgenden Worten: „Während des Sommers greift diese Mövenart auch die Eier und Jungen anderer Vögel an. Auf Spitzbergen raubte sie die Eier der Eiderente in grosser Menge. Auf der Bären- insel schien sie meist von Krustentieren zu leben. Ich fand im Magen, sowohl von Alten wie von Jungen, meistenteils die Reste eines grossen Decapoden (Hyas), von welchem auch eine Menge Schalenstücke rings um das Nest des. Vogels zerstreut lagen. Wie diese Möve diese Tiere fangen kann, die auf dem Grunde des Meeres leben, ist schwer zu be- greifen. Wahrscheinlich gehen sie bisweilen in den Meer- busen in seichtes Wasser, oder werden von dem Meere auf den Strand geworfen. Die Eismöve stösst sofort auf ge- schossene Rentiere oder andere Tiere nieder, tötet krank geschossene Vögel und ist im übrigen ein aasfressender Vogel, der mit Gier tote Tiere aller Art annimmt. Reste von Fischen fand ich auch in ihrem Magen.“ —|] Es ist nicht ausgemacht, ob sie Vegetabilien aus dem Meer, wie Tang (Fucus) und Conferva rupestris, absichtlich oder bloss zufällig, mit zwischen denselben befindlichen animalischen Nahrungsmitteln verschlingee Wenn man auch eine solche Möve erlegt hat, die nur jene Pflanzenstoffe im Magen hatte, so könnte man immer noch daran denken, dass die zugleich mit verschluckten Animalien bereits verdaut gewesen wären. Indessen ist versichert worden, dass dieser gefrässige Vogel zuweilen auch Rauschbeeren (Empetrum nigrum) zur Nahrung aufsuche. Fortpflanzung. Die hochnordischen Brutplätze der Eismöve liegen alle weit über den Polarkreis hinaus, nur auf Island steigen sie bis zum 65. Grad, im oberen Norwegen kaum bis zum 70. Grad nördlicher Breite herab, auf Spitzbergen aber so hoch als Menschen kamen und wahrscheinlich noch höher gegen den Pol hinauf. Sie liegen nie an süssen Gewässern, wenn diese auch nahe wären, sondern stets am Meer oder von diesem ganz umgeben, hoch oben auf den Vorsprüngen schroffer Felsen- wände oder auf isolierten Klippen im Meere. Einer ihrer süd- lichsten und zugleich am stärksten besetzten Brutplätze scheint das Vorgebirge zwischen der Faxebucht und Bredebucht an der Westseite von Island zu sein, wo nach FABER Hunderte dieser Möven in kleineren oder grösseren Vereinen alljährlich den Fortpflanzungsgeschäften obliegen. Sie erscheinen dort in den tieferen und engeren Buchten Anfang April, wo sie eben die gefleckten Federn am Kopfe und Halse mit ganz weissen vertauscht haben und alle im reinsten Sommerkleide sind, während jüngere Vögel in den buntgefleckten, jugendlichen Kleidern sich auch dem Lande nähern, aber an anderen Plätzen, und nicht brüten, auch von den brütefähigen an ihren Nist- plätzen nicht geduldet werden. [— Nach SCHRADER soll die Eismöve auch bei Vardö in Norwegen brüten, doch CoLLETT konnte dort bei mehreren Besuchen keine entdecken und glaubt, da SCHRADER Larus argentatus nicht als Brutvogel erwähnt, an eine Verwechslung mit dieser. —] Sie nistet meistens in Gesellschaft auf einem nicht grossen Raume zu 6, 10 bis 20 Paaren, seltener in noch mehreren bei einander, zuweilen auch in einzelnen Paaren zwischen oder doch in der Nähe anderer Seevögel, aber immer in der ober- sten Region des Felsens. [— MALMGREN, der in Spitzbergen mehrere „Vogelberge* besuchte, fand einen solchen an der Brandywine-Bai, 80 Grad 24 Minuten nördlicher Breite, von unten nach oben von folgenden Arten bewohnt: Cepphus grylle in geringer Zahl, Uria Brünnichz nur „einige Paare, Procellaria glacialis, die einen breiten Gürtel von etwa 600 bis 800 Fuss absoluter Höhe ein- nahm, und ganz oben Larus glaucus in nicht geringer Anzahl. Auf einem Mövenberg an der Murchison-Bai war die Reihen- Die Eis-Möve, Larus glaucus Brünn. folge: Oepphus grylle, Pagophila eburnea bis etwa 150 Fuss, Rissa tridactyla bis gegen 300 Fuss und ganz oben Larus glaucus. —] Auf der Oberfläche der Schären und Felsenabsätze baut sie ihr grosses Nest, das oft über 2 Fuss Durchmesser und 9 bis 14 cm Höhe hat, nachlässig, aber ziemlich fest aus Tang, Meergras, dürren Landpflanzen, Löffelkraut, Moos, mit Erde vermengt und inwendig gewöhnlich mit trockenem Gras samt den Wurzeln unordentlich ausgelegt. Öfters wird das vor- jährige zur Anlage des neuen benutzt. [— KoLTHoFF erzählt von der Nestanlage dieser Art folgendes (Kgl. Vet. Ak. Handl. 36, S. 68): „In West-Grönland traf ich diese Art in kleinen Kolonien auf abschüssigen Fels- wänden, bisweilen aber so niedrig, dass die Nester ohne grössere Schwierigkeit erreicht werden konnten. Auf Jan Mayen brütet sie teils in kleinen Gesellschaften, teils einzeln. Gewöhnlich hatten sie ihre Nester vollkommen unzugänglich auf der Spitze vom abschüssigen Strande abgetrennter Klippen gebaut. Auf der Bäreninsel brütete sie niedrig auf dem abschüssigen Berge oder auf der Spitze losgerissener Felsblöcke und Felsinselchen. Auf der östlichen Seite der Insel hatten kleine Kolonien ihre Nester auf gras- oder moosbewachsenen Hügelchen unter dem hohen Felsen Mount Misery oder auf dem Steingeröll unter der abschüssigen Felswand gebaut, das den Strand auf der nördlichen Seite der Insel bildet. Hier hatten die meisten bei meinem Besuche am 18. Juni eben ausgeschlüpfte Junge. Unter den hohen, steilen und oft überhängenden Felswänden auf der Südseite der Bäreninsel fand ich am 13. Juni Nester mit Eiern sowohl auf dem niedrigen Sandstrande unterhalb des Berges wie auch tief drinnen auf dem Boden einiger Höhlen. Diese von dem Meer ausgewaschenen Höhlen, welche sich 15 bis 20 m in den Berg hineinstreckten, verschmälerten sich nach innen zu. Sie hatten dasselbe Niveau wie der sandige Strand davor, und ihr Boden bestand aus feinem Sande. In der dunklen Ecke einer jeden dieser Höhle hatte ein Paar dieser Mövenart sein grosses Nest aus grünem Moos erbaut und brütete dort seine Eier aus. An den Seiten der Höhle auf kleinen Bergabsätzen brütete Rissa tridactyla und Fulmarus glacialis in Menge. Auf einigen kleinen, sehr niedrigen Inselchen vor der Südküste der Insel fand ich ebenfalls mehrere Nester mit stark bebrüteten Eiern. Diese Nester waren schön aus kleinen Rasen- stücken und Moos gebaut. Mit diesen Rasenstücken waren oft auch Blumen aus dem Innern der Insel herbeigebracht worden und diese wuchsen darin auf den Rändern der Nester weiter. So blühte auf der Aussenkante eines Nestes ein ganzer Kranz von Saxifraga oppositifolia. Auf Spitzbergen, an der West- küste von Prinz Charles-Vorland, fand ich ein Nest mit zwei frischen Eiern dieser Art, das oben auf einer grossen Schnee- wehe gebaut war. Die bemerkenswertesten Nester dieser Art fand ich aber am 8. August 1898 auf König Karls Land. Dort, auf dem unfruchtbaren Kap Weissenfels auf dem schwedischen Vorlande, hatten die Möven auf dem steinigen Boden ihre Nester aus Steinen gebaut. (Dasselbe war auch der Fali bei der Eiderente.) Ein solches Nest, das ich untersuchte, war zusammen- gesetzt aus kleinen, runden Steinen. Die erhöhten Kanten des Nestes waren 100 bis 120 mm hoch und bestanden aus Steinen von der Grösse eines Taubeneies. Innen war das schalenförmige Nest beinahe kunstvoll mit ganz kleinen runden Steinen ausgesetzt, und es war so glatt und eben, dass nicht eine Unebenheit sich fand. Pflanzenstoffe, aus denen der Vogel in der Regel sein Nest baut, fehlten hier vollständig. Schalen von ausgeschlüpften Eiern in und neben dem Neste zeigten, dass Junge dort ausgebrütet worden waren. Diese flogen nun in der alten Möven Gesellschaft umher.“ —|] Das Weibchen legt im Mai in ein solches Nest nie mehr als drei, oft auch nur zwei Eier, wenn sie ihm genommen werden, abermals zwei, und soll dies einige Male wiederholen können. [— Am 18. Juni fand MALMGREN auf der Bäreninsel die Eier schon etwas bebrütet; aber bei den Hornsundinseln, wo dieser Vogel in Menge wohnhaft angetroffen wurde, wurden Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 273 noch am 1. August in einem Neste zwei Eier gefunden, die zwar beschädigt waren, aber sich noch leicht ausblasen liessen. Zar Diese Eier sind denen der Mantelmöve nach FABER an Grösse, Gestalt und Farbe so sehr ähnlich, dass man sie nicht unter- scheiden kann. Nach THIENEMANN (s. d. Eierwerk, V, S. 16 und 17) sollen die der Eismöve eine gelblichere, die der Mantel- möve stets eine grünlichere Grundfarbe haben; ein Unter- scheidungszeichen, das wohl sehr schwankend sein möchte, da diejenigen, die ich durch FABER von beiden Arten in mehre- ren Exemplaren erhielt, und mehrere, die ich in anderen Sammlungen sah, in dieser Hinsicht nicht nur völlig ineinander übergingen, sondern darunter auch umgekehrte Fälle vor- kamen. An Gestalt, Farbe und Zeichnung sind sie denen der Silbermöve ebenfalls sehr ähnlich, aber in der Regel be- deutend grösser, obwohl auch einzelne Ausnahmen vorkommen, wo die grössten unter denen der ebengenannten Art den klein- sten (wahrscheinlich nachgelegten) der Eismöve in der Grösse sehr nahe kommen. Ich besitze ein solches, das nur 78 mm lang und wenig über 47 mm breit ist, während die Mehrzahl eine Länge von 80 bis 82 mm und eine Breite von 53 bis 54 mm hat. [— Zwölf Stück der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 77x 52,6 mm, im Maximum 81,979 und 79x 54,6 mm, im Minimum 70,552 und 81,9>x483 mm; das Gewicht beträgt 8,40 g. — Ein Gelege aus Frederikshaab in Grönland zeigt folgende Maße: 80,3x 55,7, 84,5 x 551, 18,5 x 54,4 mm, Durchschnitt 81,1 x 55,03 mm (Journ. f. Ornith. 1895, S. 464). Drei von R. BLAsıus gemessene Eier zeigen folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 74,0 mm 53,7 mm 81,0 mm a2. IS DENT, Ne DE. 33,0 „ 85 Eier im Britischen Museum messen von 73,7 bis 81,4 mm in der Länge und von 48,5 bis 61 mm in der Breite. —] | Ihre Gestalt ist eine regelmässig eiförmige, die Bauch- wölbung aber oft ziemlich stark. Die starke Schale ist grob- körnig, voller sichtbarer Poren, daher kaum etwas glänzend; ihre Grundfarbe ein sehr lichtes, grünliches Gelbbraun oder ein blasses gelbliches Olivengrün, mit allen Übergängen zwischen diesen beiden; die Zeichnung mehr Flecke und Tüpfel als Punkte, die tieferen in der Schale aschgrau, die höheren sehr dunkel bläulichaschgrau, die äusseren auf der Schale schwarz- braun. Die Flecke sind selten sehr gross, die meisten ge- rundet, dazwischen Tüpfel und Punkte eingestreut, hin und wieder auch einige der Länge nach zusammengeflossen, alle ziemlich sparsam und gleichmässig verbreitet, an manchen Eiern zwar alle Zeichnungen dichter, aber dann auch kleiner. Sie variieren in den Zeichnungen und der Grundfarbe nicht mehr und nicht weniger als andere Möveneier. Nach Jahren in den Sammlungen verschwindet das Grünliche ebenso wie bei anderen und wird bräunlicher. Beide Gatten haben unten mitten auf dem Bauche einen einzigen Brutfleck und bebrüten die Eier vier Wochen lang. Sie lieben ihre Brut sehr, sind gleich dabei, sobald sich ein Mensch derselben nähert, empfangen ihn unter heftigem Schreien, umschweben und begleiten ihn, bis er sich wieder entfernt hat, ohne jedoch nach ihm zu stossen. Mitten im Juni fand man die Jungen im Dunenkleide, gegen Ende des Juli befiedert und zum Ausfliegen bereit Dass sie den Jungen, ausser Fischen und anderen Seetieren, häufig Junge und Eier von anderen Seevögeln zuschleppen, ist schon erwähnt: Feinde. Dies können unter den Vögeln nur Seeadler und is- ländische Edelfalken sein; man hat jedoch darüber keine sicheren Nachrichten. [— Im Gefieder schmarotzen Docophorus lari, Nirmus lineolatus, Nermus striolatus und Menopon phaeopus, im Inneren Taenia micracantha KRABBE, Taenia microsoma CREPL., Taenia larına KRABBE, Taenia fusus KRABBE, Hemistomum pileatum BRANDES und Tetrabothrium cylindraceum RuD. —|] 579) 274 Jagd. > Sie ist sehr scheu, selbst beim Neste nicht ganz unvorsichtig, kann daher nur ungesehen beschlichen oder aus einem Versteck im Vorbeistreichen erlegt werden. Öfter vergisst sie aus Fress- gier an den Plätzen, wo sie eine überreich besetzte Tafel findet und mit vielen anderen nicht weniger heisshungerigen Tisch- genossen gemeinschaftliche Sache macht, ihre sonst gewohnte Vorsicht und ist hierbei am leichtesten zu erlegen. Sie verlangt einen tüchtigen Schuss, und die flügellahm geschossene beisst fürchterlich um sich; sie kann sehr schmerzhaft verletzen, und der scharfschneidige Haken ihres starken Schnabels kneipt, wo er hinfährt, Stücke Fleisch heraus, wie wenn sie mit einer Schere herausgeschnitten wären. Man hat daher alle Ursache, sich vor dessen Hieben in Acht zu nehmen. Zum Schuss auf diese wie auf andere grosse Mövenarten soll man sich stets nur groben Hagels bedienen, weil ihr dichter Federpelz viel abhält und feinen Schrot zu sehr am tieferen Eindringen verhindert. Nutzen. | Man isst für gewöhnlich ihr Fleisch nicht, wohl aber die nur einem hochnordischen Gaumen wohlschmeckenden, grossen | Die Eis-Möve, Larus glaucus BRÜNN. Eier, die deshalb in der Nähe bewohnter Gegenden gleich anderen für die Küche eingesammelt werden, wodurch die Pärchen sich genötigt sehen, mehrere Gelege zu machen, deren Eier zuletzt kleiner ausfallen und die, wenn man sie ihnen, wie gewöhnlich, zum Ausbrüten überlässt, eine schwächlichere Nachkommenschaft geben. Die Federn sind gleich Gänsefedern zum Ausstopfen der Betten und dergleichen zu benutzen. Sie hilft das Wasser und den Strand von faulenden Äsern reinigen und die unwirtbaren Regionen des Eismeeres beleben. Schaden. Dem Menschen würde sie trotz ihrer räuberischen Natur wenig oder keinen Nachteil bringen, wenn sie ihm nicht hin und wieder einen gefangenen Fisch wegkaperte; aber anderen Seevögeln ist sie ein gefährlicher Nachbar, besonders in der Brutzeit, wo sie die Vogelberge fleissig plündert, da- durch aber dem Menschen bloss mittelbar und sehr entfernt schadet. Die Polar-Möve, Larus leucopterus FABER. Fig. 4. Alter Vogel im Sommerckleide. a SD: Jusendkleid | Tafel 29. Fig. 4. Alter Vogel im Winterkleide. Tafel '39,.. Fig. 11-16. Eier. Kleine weissschwingige Möve, kleine weissschwingige Stossmöve. I— Fremde Trivialnamen: Czechisch: Racek belokridiy. Dänisch: Hoidvinget Maage. Englisch: Iceland Gull, Lesser white-winged Gull. Färisch: Mäasi, Mäsi, Valmäsi. Finnisch: Grönlannin lokki. Französisch: Goöland. leucoptere, Mouette leucoptere. Grönländisch: Nyangook. Helgoländisch: Lütj Isskubb. Holländisch: Kleine Burgemeester. Isländisch: Hvltmäfur, Hovitfugl, Grämafur, Majur, Mar. Norwegisch: Fridvinget Maage. Polnisch: Mewa biatoskrzydla: Schwedisch: Hvitvingad trut, Hvidvingad mäse, Polarmäs, Liten hvitirut. Ungarisch: Sarkı sirdly. —] Larus leucopterus. Faber, Prodromus d. isländ. Ornith. $: 91 [— (1822). —] — Larus glaucoide. Temminck, in Meyers Zusätzen z. Taschenb. U1.)5: 197, — Brehm, Beitr. 111.8, 817. — Dessen Lehrb- IE S..715..-. Diesen Naturg. a. Vög. Deutschlds. S. 744—746. — [— Larus leucopterus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 367. Taf. 265 (1840). — Larus leucopterus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840). — Larus leucopterus. Schlegel, Rev. erit. p. CXXYV (1844). — Larus leucopterus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 980 (1866—71). — Larus leucopterus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 411 (1867). — Larus leucopterus. Wright, Finl. Fogl. II. p. 589 (1873). — Larus leucopterus. Fallon, Ois. Belg. p. 199 (1875). — Larus leucopterus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p- 439. pl. 606 (1876). — Larus leucopterus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. II. p. 642 (1882 —84), — Larus leucopterus. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Larus leucopterus.. Olphe-Galliard, Or. Eur. oce. fase. X. p. 47 (1886). — Larus Wwucopterus. Ar&valo y Baca, Av. Espana. p. 414 (1887). — Larus leucopterus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 566 (1891). — Larus leucopterus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 108 (1892). — Larus loucopterus. Collett, Norg. Fuglef. p. 311 (1898—94). — Larus leucopterus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 295 (18%). — Larus leucopterus. Dresser, Man. of Palaearctie Birds. IT. p. 838 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XCII. Fig. 2, a—b (1845—53). — Bädeker, Eier europ. Vög. Taf. 39. Fig. 2 (1854). — Hetwison, Eggs of Brit. Birds, I. p- 498. pl. OXXXIX. fig. 1, 2 (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds II. p- 333. pl. 51 (1884). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 113. pl. 33.(1896). —|] Anmerkung. BREHM nimmt drei Subspecies an, die aber durchaus nicht als wirkliche Arten (Species) betrachtet werden dürfen, sondern alle als individuelle Abweichungen zu FABErs und unserem L. leucopterus gehören. Naum. Kennzeichen der Art. und Z. canus oder wäre L. fuscus zu vergleichen, wenn diese Die grossen Schwungfedern bei Alten rein weiss, bei | nicht viel längere Flügel hätte. — Ihre Länge von der Schnabel- Jungen blass bräunlichgrauweiss, mit durch ein dunkles Mond- | wurzel bis zur Schwanzspitze wechselt zwischen 48,3 bis 61,2 em; fleckchen geschiedener, weisser Endkante. Die Spitzen der | die Flugbreite zwischen 118,5 bis 127,2 cm; die Flügellänge ruhenden Flügel reichen stets etwas, oft gegen 4,7 cm über | von der Handwurzel zur Spitze 40 bis 42 cm; die Schwanz- das Schwanzende hinaus. Grösse zwischen Rabenkrähe und | länge 14 bis 17 cm. Kolkrabe. | Beschreibung. An den gegebenen Artkennzeichen unterscheidet sich die der Eismöve im übrigen sehr ähnliche Polarmöve sehr leicht, noch leichter von dem Larus glaucescens des Berliner Museums; von beiden ist sie nicht allein in der weit geringeren Grösse, sondern auch in der viel schlankeren Gestalt so sehr ver- schieden, dass es kaum mehr als eines oberflächlichen Blickes bedarf, um sie sogleich zu erkennen. Auch die Jugendkleider aller drei ähnlichen Arten unterscheidet die weissliche Flügel- . Spitze, wenn man auch sonst den viel lichter gefleckten Mantel ) nicht auffallend genug finden wollte, von denen anderer Möven gleicher Grösse, an welchen jene schwarz ist, zur Genüge. — Das durch sämtliches Gefieder in jedem Alter auffallend vor- herrschende Weiss und die viel geringere Grösse, die kürzeren / und kleineren Füsse u. s.w. der Elfenbeinmöve lassen an ) eine Verwechselung mit dieser vollends nicht denken. — Von ) der Silbermöve, der die Polarmöve an Grösse auch nicht ganz gleichkommt, unterscheidet diese auch ihr schlankerer Körperbau, ihr kleinerer Schnabel und die ganz andere Färbung So verschieden sind die Maße zwischen jungen, älteren der Flügelspitze leicht genug. und ganz alten Vögeln; selbst unter den letzteren im völlig Sie ist etwas grösser als die grösste Rabenkrähe und | ausgefärbten Kleide kommen Unterschiede in der Länge etwas kleiner als der Kolkrabe, aber von schlankerer Ge- | von 55 bis zu 61,2 cm vor. Eine bedeutende Menge von Bälgen stalt, mit längeren Flügeln u. s. w. Man kann auch sagen: | setzte mich in den Stand, dies beobachten und behaupten zu Sie stehe an Grösse gerade in der Mitte zwischen L. argentatus | können. SUUÜUAÜUIUIAIAIIIIIISI>I>I>I>>>>> | ) Die fünf ersten Schwungfedern von Larus leucopterus ad.. 39* 5, 276 Das kleine Gefieder ist ausserordentlich zart, ohne deut- liche Umrisse, dichter und nach unten zu pelzartiger als bei irgend einer anderen Art; von den starken und langen, mit fast geraden und sehr starken Schäften versehenen grossen Schwungfedern ist die erste am längsten von allen, das Flügel- ende also sehr zugespitzt; der Schwanz mittellang, breit, am Ende abgerundet; die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel haben nur bei Jungen zuweilen einerlei Länge mit ihm, bei Alten reichen sie aber immer etwas, selten unter 2,5 cm, sewöhnlich aber bis gegen 4,7 cm über sein Ende hinaus. Der Schnabel ist im Verhältnis zur Körpergrösse kleiner als der von L. argentatus, vorn stumpfer oder mit kürzerem Haken und kürzerer Spitze, auch niedrigerem, stumpferem Eck; sein Profil ist daher ein ganz anderes und viel ähnlicher dem des Schnabels von ZL. fuscus. — Mit der Färbung des Gefieders erhält er ebenfalls erst seine völlige Ausbildung und ist in der Jugend merklich schwächer, kürzer und stumpfer als nach drei Jahren, wo er an Höhe, Stärke und den Umrissen seines vorderen Teiles sich merklich verändert zeigt. In der Seiten- ansicht ist er an der anfänglich etwas platt abgerundeten Firste bis gegen die Mitte seiner Länge ziemlich gerade, dann am alten Vogel ein wenig, kaum bemerkbar, am jungen fast gar nicht aufgeschwungen, vorn im flachen Bogen in den Haken herabgekrümmt, dessen Spitze nur 2 bis 5 mm über die des Unterschnabels hinwegragt; dieser zwar gerade, aber bei Alten gegen das Ende der Kielspalte, wo er das (hier nur mässig grosse) stumpfwinkelige Eck bildet, bedeutender anwachsend als bei jüngeren und nun schräg aufwärts in serader Linie in die Spitze endend; von oben gesehen ist er an der Wurzel sehr breit und verjüngt sich allmählich gegen die viel schwächere Spitze; seine Seitenflächen ziemlich eben, nur bei alten Vögeln erhebt sich ein ziemlich vortretender Wulst unter der Nasengegend längs der Mundspalte; die Mund- kante fast gerade, an der Spitze sanft abwärts gebogen, die Schneiden sehr scharf, die obere ein wenig über die untere sreifend; der Rachen tief, bis unter den Anfang des Auges gespalten und sehr weit. Die weite, längliche Nasenhöhle reicht an den Seiten bis fast zwei Drittel von der Wurzel aus vor, und hier ist nach unten zu die Nasenöffnung, ein horizontaler, 7 bis 9,5 mm langer, vorn erweiterter, durchsichtiger Ritz, kaum ein paar Millimeter von der weit vorgehenden seitlichen Spitze der Stirnfedern. Die Maße des Schnabels sind in der Länge von der Stirn an bei ein- bis zweijährigen Vögeln 3,2 cm, vom Mund- winkel aus 6,5 cm, die Breite an der Wurzel 9 mm, die Höhe hier 14 mm; bei den Alten die Länge von der Stirn in ge- rader Linie 4,1 cm, über dem Bogen 4,3 cm, aus dem Mund- winkel zur Spitze 7,3 cm, die Breite, wie immer gleich dem oberen Anfang der Stirnbefiederung, 14 mm und die Höhe hier 16 mm. — Seine Färbung ist nach dem Alter verschieden, in der Jugend fast schwarz, mit lichterer Spitze und fleisch- farbiger Wurzel, dies am meisten am Unterschnabel; später wird er gelbrötlich mit immer wenigerem Schwarz vor der Spitze; endlich bei den Alten schön grünlichhellgelb, vor der Spitze hochgelb, über dem Eck des Unterschnabels mit einem hochroten Fleck. Alle diese Farben werden nach dem Aus- trocknen viel blasser, an den Jungen der ganze Schnabel licht hornbräunlich, vor der Spitze mehr oder weniger schwarz- braun; an den Alten bleichgelb, an der Spitze und Wurzel fast weisslich, und der rote Fleck bleibt nur durch einen safran- gelben schwach angedeutet. Das etwas kleine Auge hat in der Jugend eine braune, später eine braungelbe, zuletzt eine schwefelgelbe Iris; bei ersteren weissbefiederte, dann nackte braun- oder rötlichgraue, endlich fleischfarbige oder gelbrötliche Lider. Die Füsse haben als Mövenfüsse weder in der Gestalt noch in Stärke und Höhe etwas auffallendes; ebenso ist ihre Bedeckung am Lauf vorn gröber, hinten feiner, die Zehen oben schmal geschildert, an den Sohlen warzig, die Schwimmhäute fein und undeutlich gegittert, alles wie bei ähnlichen Arten; m [1111er lee ltr nn Die Polar-Möve, Larus leucopterus FABER. auch die nicht grossen, ziemlich krummen, unten etwas hohlen, nach innen scharfrandigen, an der Spitze abgerundeten, aber scharfen Krallen, die bei den Alten viel länger, viel krummer und mit grösseren Schneiden, zumal an der Innenseite der Mittelzehe, versehen sind als bei den Jüngeren. Der Unter- schenkel ist bis 2,1 em nackt; der Lauf 5,6 bis 6,5 cm lang; die Mittelzehe mit der 10 mm langen Kralle so lang wie der Lauf; die nicht sehr erhöht stehende Hinterzehe mit der fast 7 mm langen Kralle nur 10 mm lang. Die Färbung der Füsse ist meistens hell fleischfarbig, bei Alten an den Schwimmhäuten und Gelenken blassgelb über- laufen. Ausgetrocknet werden sie hell hornbräunlich oder horngelblich, auch die Krallen lichter, die frisch braunschwarz aussehen und an den Spitzen in Bräunlichweiss übergehen. Das Dunenkleid kenne ich nicht. Im Jugendkleide herrscht viel bräunliches Grau. In ihm ist der Schnabel matt schwarz, die Spitze ganz vorn licht hornbraun, die Unterkinnlade wurzelwärts schmutzig fleisch- farbig, Rachen und Zunge blaurötlichweiss; die Iris braun; die Füsse blass fleischfarbig, an den Läufen schwach bleifarbig angelaufen, die Krallen braun mit hellerer Spitze. Kopf und Hals sind auf trübweissem Grunde grob und dicht mäusegrau gefleckt; die unteren Teile des Vogels ebenso, aber etwas bleicher und undeutlicher gefleckt; alle oberen Teile mäuse- grau, mit schmutzigweissen Federkanten, die Kleinen Flügel- deckfedern ohne diese und auch die Wurzelhälfte der Sekundär- schwungfedern einfarbig mäusegrau; die Primärschwingen blass fahlgrau, an den Spitzenkanten weisslich, auf der unteren Seite silbergrau, ihre Schäfte gelbbräunlichweiss; die Deckfedern auf der Unterseite des Flügels einfarbig mäusegrau. Der Schwanz ist fahlgrau, wurzelwärts weissgefleckt, am meisten nach aussen. Sie tragen dies Kleid durch den nächsten Herbst und Winter bis zum folgenden Frühjahr unverändert, ausser dass der Schnabel nach und nach eine lichtere Färbung annimmt; jetzt beginnt aber ihre erste Mauser, die immer bemerklicher bis durch den Sommer fortdauert, und wenn sie gegen Ende des September vollendet ist, im zweiten Herbste ihres Lebens sie in folgendes Zwischenkleid versetzt. In diesem oder im Laufe ihres zweiten Lebensjahres 'ist der Schnabel gelblichfleischfarbig, in der Nähe der bräun- lichweissen Spitze braunschwarz; Rachen und Zunge blass fleischfarbig; das nackte Augenlidrändchen rötlichgrau, der Augenstern hellbraun, später ins Gelbliche ziehend; die Füsse blass oder schmutzig fleischfarbig. Der Grund am Kopfe und Halse ist weiss; vor dem Auge steht ein aus schwärzlichen Härchen gebildetes aschgraues Fleckchen; die Zügel, Stirn, der Oberkopf und das Genick haben kleine braungraue Schaft- | fleckchen, Nacken und Halswurzel etwas grössere aber mattere Flecken; die Wangen sind graulich gestrichelt, die Kehle fast rein weiss, die Gurgel bloss graulich gemischt oder schwach gestrichelt, die Kropfgegend aber wieder stärker grau gefleckt. Die Brust nebst den Tragfedern und der Bauch sind sehr bleich aschgrau, ein wenig ins Rötliche spielend, mit braun- grauen Federspitzen, wodurch eine undeutlich gewellte oder gewölkte Zeichnung entsteht; die Unterschwanzdecke weiss, mit bänderartigen graubraunen Querflecken. Rücken und Schultern haben auf weissgrauem Grunde matt graubraune Querflecke, die am ersteren dichter stehen, an den letzteren grösser, wellenförmiger oder bänderartiger und mit solchen Spritzflecken vermischt sind; der Flügelrand weiss, schwach und fein braungrau gefleckt; die übrigen Flügeldeckfedern und hinteren Schwingen blass bläulichgrau, mit matt graubraunen Flecken und Punkten bänder- und wellenartig durchzogen und mit weissen Endkanten und Spitzen; die mittleren und grossen Schwungfedern, auch die Deckfedern dieser, bräunlichgrauweiss oder weissgrau, mit weisser Endkante oder Spitze und matt graubraunem Mondfleck vor derselben, auch sonst spitzewärts noch blassgrau bespritzt, die Schäfte aller weiss; der Unter- flügel an den Deckfedern weiss, graulich gefleckt, an den propyTowwog we [9804 Ay q 'piopppusänep F 'OAQWJIEIOA Belel: ei sn.19}do9n>] SNIETT 'propypuesnp g Opropyrouuog wur uoyouupm say g propgusung T OAQWILUIOA uoJlg (sddiyg) EOUINID ejıydoseg Pads 0 PENITUTUO . rd A ee he ER: TA A a aa nu N; er Lam! 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Diese Schwanzzeichnung ist in der Darstellung individuell ziemlich verschieden. Auf der unteren Seite der Federn scheint sie schwach durch das Weisse. Dieses Kleid verbleibt ihnen, ausser dass sich der Schnabel schöner färbt und das Schwarze immer mehr verliert, den Herbst und Winter hindurch bis zum nächsten Frühjahr, dem dritten ihres Lebens, unverändert; im Mai zeigen sich aber schon merkliche Spuren der Mauser, die von da an langsam fortrückt bis in den September, wo sie mit Ende desselben vollendet ist und dieser Möve ihr erstes vollständiges Winterkleid bringt. Dieses ist nun dem Winterkleide älterer Vögel gleich bis auf eine etwas weniger lebhafte Färbung des Schabels, wobei dieser auch gewöhnlich noch ein kleines schwarzes Fleckchen neben der roten Stelle am Unterschnabel hat, und bis auf ein unreineres Gelb des Augensternes. Die Alten haben in diesem Kleide einen hell grünlichgelben, an der äussersten Spitze in gelbliches Weiss übergehenden Schnabel, der vorn über dem Eck mit einem orangefarbenen Fleck ge- ziert ist, fleischfarbige Mundwinkel und Rachen, eine weisse, ins Rötliche und Bläuliche spielende Zunge, fleischfarbene Augenlidränder und einen hellgelben Augenstern; die Füsse sind rötlichweiss, bleichgelb überlaufen. Kopf und Hals sind weiss, eine kleine Stelle dicht vor dem Auge gräulich, Ober- kopf und Hinterhals mit schmalen, bleichen, braungrauen Schaftstrichen und Längsflecken besetzt, die nur in der Nähe bemerkbar werden; der Mantel ist sehr sanft mövenblau von der hellsten Färbung, die Enden der grössten Schulter- und der hintersten Schwungfedern rein weiss; die grossen Schwingen nebst ihren Schäften weiss, von der Mitte an gegen die Wurzel zu sehr schwach bläulichgrau angehaucht; Flügelrand, Unterflügel, Schwanz und alle übrigen Teile vom reinsten, blendendsten Weiss. Sie tragen dies Winterkleid vom September und Oktober bis zum April des nächsten Frühjahres, vertauschen dann die graugefleckten Kopf- und Halsfedern mit ungefleckten, rein weissen, und bestehen nun eine teilweise Frühlingsmauser und eine über das ganze Gefieder sich erstreckende Herbstmauser alle Jahre bis an ihr Lebensende. Dieses hochzeitliche oder Sommerkleid ist zwar das " prächtigste, aber auch zugleich das einfachste von allen. Der Schnabel ist rein schwefelgelb, nach vorn hochgelb, die Spitze weisslich, der rundliche oder ovale Fleck über dem Eck des Unterschnabels glühend gelbrot; Mundwinkel, Rachen und Augenlidrändchen blass gelbrot; die Iris rein schwefelgelb; die Füsse sind sehr blass rötlichgelb, die Schwimmhäute und das Fersengelenk fast ganz bleichgelb; der Mantel sehr schwach mövenblau, noch etwas lichter als im vorigen Herbste, die längsten Schulter- und hintersten Schwungfedern mit weissen Enden, die grossen Schwungfedern (weil jener graubläuliche Anflug ganz verbleicht ist) rein weiss; der Unterflügel, das Flügelrändchen, Bürzel, der Schwanz mit seiner unteren und oberen Decke und alle übrigen Teile des Vogels, Kopf und Hals nicht ausgenommen, vom ungetrübtesten reinsten Weiss. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nur in der Grösse, denn letzteres ist immer etwas kleiner als ersteres; auch der Schnabel ist bei jenem meistens etwas schwächer. Diese Möve kann vor allen „die weissschwingige* heissen, da sie, die Elfenbeinmöve ausgenommen, die einzige bekannte Art ist, bei der im Alter die Schwungfedern erster Ordnung rein weiss sind. [— Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom Juni aus Grönland, ein alter Vogel vom Februar aus Grönland Tring-Museum befindlich. —|] Aufenthalt. Diese Mövenart wurde erst in den Jahren 1820 und 21 von FABER, wenn auch nicht entdeckt!), doch zuerst auf Is- land beobachtet und als Art von anderen unterschieden. Sie erscheint dort bloss im Winter, während ihre Brutplätze viel höher nach dem Pol hinauf liegen. Man hat keine Nachrichten, dass sie auch auf Spitzbergen, wie an der Eisküste der skandinavischen Halbinsel und weiter nach Osten vor- gekommen sei; sie scheint überhaupt bloss nordwestlich und nördlich von Island Jan Mayen, die Küste von West-Grön- land und die gegenüber liegende von Baffinsland zu be- wohnen. Man weiss, namentlich durch die Nordpolexpeditionen eines ROSS, SABINE und anderer, dass sie an den beiden Küsten der Baffinsbai recht eigentlich zu Hause gehört und im Winter sogar bis an die der nördlichsten Vereinigten Staaten hinab streift, etwa bis zur Breite von Boston (42!/, Grad nörd- licher Breite), aber nur spärlich. Im Verfolgen der Fischzüge, namentlich der Heringe, wahrscheinlich auch durch heftige und anhaltende Stürme getrieben, zeigt sie sich einzeln zuweilen auch an der dänischen und deutschen Küste der Nordsee, ist also auch deutscher Vogel, als solcher zwar eine seltene Erscheinung, doch wurden in manchem Winter, besonders in dem ausserordentlich stürmischen Februar des Jahres 1824, nicht wenige dieser Möven mit unzähligen anderen hoch- borealen Seevögeln bis vor die Mündung der Elbe verschlagen und mehrere hier erlegt. [— Immerhin ist sie an der schleswig-holsteinischen Westküste eine ausnahmsweise und seltene Erscheinung. Am 6. April 1901 wurde ein ermattetes Exemplar bei Westerland auf Sylt von einem Hunde ergriffen (Ornith. Monatsschr. 1901, S. 332). Ebenso ist es in Ostfriesland; im Dezember 1894 fand man in den Dünen der Insel Juist einen ausgefärbten Vogel, der infolge eines Schusses verendet war. (LEEGE). Auch in den deutschen Ostseeländern wird sie nur ab und zu einmal beobachtet; so im Dezember 1859 auf der Insel Hiddensee bei Rügen (QUISTORP); am 18. Februar 1896 wurde auf der Kurischen Nehrung ein Vogel im Jugendkleide erlest und vier ebensolche Vögel aus Pillau eingesandt. (FLÖRICKE). Hier und da erscheint sie an den britischen Inseln, besonders den nördlichen und nordwestlichen. An der europäischen Festlandsküste ist ihr Vorkommen südwärts bis zum Golf von Gascogne (43!/, Grad nördlicher Breite) fest- gestellt (Cat. Birds Brit. Mus.). —] Im Innern von Deutschland sah man sie niemals. Als Zugvogel kommt die Polarmöve regelmässig alle Winter, meistens in grossen Scharen, mit Ablauf des September nach Island, aber gewöhnlich nur an dessen nördliche Küste, um da im Hintergrunde schmaler Buchten zu überwintern. Gegen Ende des April wird ihre Anzahl geringer, und gegen Ende des Mai sind alle wieder von dort nach Norden ab- gezogen. Auf dem Südlande der Insel erscheinen sie seltener, und wenn es geschieht, öfters erst im März. Sie kommen ge- wöhnlich des Nachts an, verweilen dort bis mitten im Mai und verschwinden dann wieder. Die Ursache ihres zufälligen Erscheinens auf der Südküste Islands wird dem grönländischen Treibeis, das in manchen Jahren die Buchten des Nordlandes verstopft, zugeschrieben; es ist aber auch möglich, dass die zuweilen verspätete Ankunft der Züge grosser Raubfische, denen die Möven zu folgen pflegen, dazu beiträgt. [— Nach NORDMANN erscheint sie einzeln am Varanger- fjord und wurde bei Helsingfors am Finnischen Meerbusen erlegt (Journ. f. Ornith. 1864, S. 381). BOIE schoss ein Exemplar auf den Lofotinseln. Regelmässig besucht sie die Färöer; alte Vögel sind hier indes selten, junge dagegen in jedem Winter sehr gemein. Auch die Küsten Grossbritanniens 1) Entdeckt wurde sie 1818 in Grönland vom Kapitän SABıneEe. J.R. 278 besucht sie nur unregelmässig, bisweilen allerdings in ziemlich grosser Anzahl. —| Sie ist ebenfalls Seevogel, verlässt das Meer nie und wurde deshalb auch nirgends an einem süssen Gewässer im Lande angetroffen. Sie liebt die hohen steilen Felsengestade und hält sich in der Nähe dieser bei Felseninseln und aus dem Meer hoch emporstrebenden Klippen auf, fürchtet aber auch das offene Meer nicht und wird, besonders auf ihren Wanderzügen, oft in grossen Scharen auf demselben von allem Lande weit entfernt angetroffen, auch zwischen den Eisbergen und oft auf Eisschollen ausruhend. Eigenschaften. Die Polarmöve übertrifft bei ihrer sonstigen Ähnlichkeit in der Farbe durch ihre weit gefälligere, schlankere Gestalt die Eismöve noch an einfacher Schönheit. In ihrem Betragen weicht sie sehr von dieser ab und ähnelt darin mehr der Silber- und der Heringsmöve. Ihre schlankere Gestalt macht sie sitzend oder gehend schon von weitem kenntlich. Oft sitzen Hunderte auf einer Eisscholle und treiben so meilenweit auf dem Meer, weil ihnen diese Art des Ausruhens vermutlich bequemer ist als das auf dem Wasser selbst, wo man sie jedoch auch häufig schwimmen und sich auf den Wellen wiegen sieht. Im Vorgefühl schlechter Witterung nähert sie sich dem Gestade, und wenn man sie da still und traurig mit aufgeblähtem Gefieder schwimmen sieht, so ist den folgenden Tag Sturm und Schneegestöber zu be- fürchten. Wenn dagegen das Wetter gut wird, ist sie heiter und vergnügt sich durch schöne Schwingungen hoch in der Luft. Sie wird durch dieses verschiedene Benehmen dem Be- obachter zur Wetterverkündigerin. Ihr Flug ist, obgleich auch oft schwebend, viel leichter und beweglicher als der der Eismöve; sie schlägt die Schwingen schneller, schwenkt sich rascher und zierlicher, und was ihm gegen den Flug dieser Art an Kraft abgeht, wird hier durch grössere Gewandtheit ersetzt, weshalb sie sich auch nicht fürchtet, mit dieser viel grösseren und stärkeren Art anzubinden und zu kämpfen, was bei ihren gemeinsamen Fischereien und gleichgrosser Fressgier oft genug vorkommt. Sie ist viel un- ruhiger und viel lebendiger als jene und hat in ihrem ganzen Wesen viel Abweichendes, dagegen in ihrem Betragen grosse Ähnlichkeit mit der Heringsmöve. [— KOLTHOFF schreibt über sie: „Obgleich man nur in der Grösse einige deutliche Merkmale finden kann, durch die sich diese Art von Larus glaucus unterscheidet, so ist doch ihr Auftreten in der Natur, ihre Stimme und ihre Bewegung in so hohem Maße verschieden, dass jeder Beobachter, der den Vogel im Freien studiert hat, ihn als eine besondere Art an- sehen muss. Man hat gesagt, dass seine Schwingen verhältnis- mässig länger als bei Larus glaucus seien; bei vergleichenden Messungen findet man jedoch diesen Unterschied kaum. Aber an dem frischgeschossenen Vogel ist ein Unterschied in der Form der Schwingen leicht zu bemerken, und diesen Unter- schied sieht man auch, wenn der Vogel fliegt. Die Schwingen sind nämlich etwas schmäler und spitziger als bei Larus glaucus. Der ganze Vogel giebt sich sowohl im Fliegen, als wenn er sich auf dem Boden bewegt, schlanker als dieser. Obgleich kein grosser Unterschied in der Grösse zwischen dem Männchen dieser Art und dem Weibchen von Larus glaucus besteht, ist es doch für den geübten Beobachter nicht möglich, die beiden Arten zu verwechseln, wenn man sie nebeneinander sieht.“ (Kgl. Sv. Vetensk. Akad. Handl. XXXVI], 8. 67). —| Die einzelne, zumal an fremden Orten, ist von Natur misstrauisch und vorsichtig; weniger bemerklich wird dieses, wenn mehrere beisammen oder mit anderen Arten vermischt bei ihren Fischplätzen beschäftigt sind. Sie legt aber, wo sie sich nicht verfolgt sieht, viel von ihrer sonstigen Furchtsam- keit ab, gewöhnt sich an die Nähe der Menschen und wird nach und nach zutraulicher und endlich kühner als irgend u Die Polar-Möve, Larus leucopterus FABER. eine andere Art. — Sie ist sehr gesellig, daher meistens in kleineren oder grösseren Vereinen, zuweilen in Schwärmen von Tausenden beisammen. Vereinzelte halten sich zu anderen Arten, obgleich sie oft in Streit mit ihnen geraten, namentlich um eine und dieselbe Beute, wo sie gelegentlich auf dem Strande selbst mit dem Kolkraben zuweilen anbinden. Ihre Stimme ist von der der Eismöve sehr verschieden. Nach FABERr lässt sie gewöhnlich, sowohl im Winter als gegen das Frühjahr ein knirschendes Ik-knirrrr hören, dann schreit sie zuweilen wie ein hungriger Seeadler, manchmal auch Giouv wie die Mantelmöve, aber in einem tieferen (?) Ton. Erschreckt soll sie ein tiefes Hooo ausstossen. Die flüchtigen Jungen haben, wie die mehrerer grosser Mövenarten, ein zitterndes Geschrei. Nahrung. Die. Hauptnahrung der Polarmöve sind lebende Fische von der Grösse, dass sie sie ganz verschlingen kann, auch grössere, die sie dann zerstückelt, und tote, überhaupt Ein- geweide und allerlei Abgänge, die sie gelegentlich findet, von Fischen und anderen Seetieren, mitunter auch ganz kleine Conchylien oder Crustaceen und Mollusken. [— Auch Vege- tabilien soll sie nach SAaxBY bisweilen geniessen. —| Sie ist eine gewandte Stosstaucherin. Die hochgehenden kleinen Fische, z. B. Salmo arcticus, Olupea sprattus, junge Heringe und dergleichen, entdeckt sie, im sanften niedrigen Fluge über dem Wasser hinstreichend, oft auch schwebend und still haltend; sie macht dann beim Erblicken eines solchen plötzlich eine geschickte Schwenkung, stürzt sich sogleich auf ihn nieder, dass das Wasser hoch aufspritzt, oder sie fährt nur im Bogen durch die spitze Kante einer Welle und verfehlt auf diese oder jene Weise selten ihr Ziel, fast mit der Gewandtheit einer Meerschwalbe oder doch ebenso geschickt wie die Dreizehen- möve. Ganze Scharen folgen unter beständigem Schreien den Zügen der Walfische und Robben oder der grossen Raubfische, z. B. aus der Gattung Gadus, die ihnen die kleinen Fische in Menge aus der Tiefe des Meeres gegen die Oberfläche auf- scheuchen und zum Fange bieten, weshalb die Möven hier in srösster Thätigkeit sind. Sie bezeichnen auf diese Weise die Richtung des Ganges jener grossen Seetiere in der Meeres- tiefe, nähern sich mit ihnen dem Lande und zeigen den auf die Möven merkenden Fischern die Ankunft jener an der Küste an, zugleich auch, um nachher die von diesen weggeworfenen Eingeweide und andere Abgänge der gefangenen grossen Fische und dergleichen wegzuschnappen, oder jenen auch wohl hin und wieder ein brauchbares Stück wegzukapern. Diese Möven werden hierbei sehr zutraulich und keck, dass, wie FABER er- zählt, eine sogar so zahm wurde, dass sie alle Morgen zur bestimmten Stunde vor dessen Wohnung kam, sich durch ihr Geschrei anmeldete und vor dessen Thür so lange herumging, bis er ihr einige Nahrung zuwarf, die sie sogleich annahm und dann erst wieder wegflog. Auf toten Walfischen versammelt sie sich mit anderen hochnordischen Arten und geht auch auf am Strande liegendes Aas von grösseren oder kleineren Tieren, doch scheinen ihr frische Fische das liebste Nahrungsmittel zu sein. Fortpflanzung. Die Polarmöve pflanzt sich nur im höchsten Norden fort, vom arktischen Kreise gegen den Pol hinauf, so weit als Menschen vordrangen. Auf Island brütet sie nicht, obgleich sie dies unter gleicher Breite in Grönland thut. SABINE fand die an der Westküste Grönlands unter 70 Grad nördlicher Breite in Scharen beisammen brütend, und später Leutnant HoLBÖLL bei der Kolonie Godthaab an derselben Küste, aber noch unter 65 Grad gelegen, was denn aber auch wohl der südlichste ihrer bis jetzt entdeckten Brutplätze sein mag. — Wenn man auf die Karte blickt und weiss, dass sie viel öfter auf der nördlichen als auf der südlichen Küste von Island Die Polar-Möve, Larus leucopterus FABER. überwintert oder auf jener allemal früher gesehen wird als auf dieser, so möchte man glauben, dass sie auf der bis jetzt noch von keinem Ornithologen untersuchten, überhaupt uns noch gar zu unbekannten Ostküste Grönlands brüten müsse. Ihre Brutplätze sind Absätze und kleine Vorsprünge meist unersteiglicher, sehr hoher, schroffer oder gar überhängender Felswände dicht am Meer oder von diesem umspült, wo sie in kleineren oder auch sehr grossen Scharen beisammen oft in Gesellschaft der Dreizehenmöve, in diesem Falle aber an den höchsten Stellen, über diesen und etwas abgesondert ihre Nester baut, die denen dieser oder der Silbermöve gleichen. [— Nach DALL bestehen die Nester oft auch nur in einer kleinen Aushöhlung im Sande. —] Sie legt gleich anderen Möven in ein Nest zwei bis drei Eier, die ebenfalls denen der letztgenannten Art bis auf ihre geringere Grösse ganz ähnlich sein sollen. Ihre mittlere Grösse beträgt nach zehn Exemplaren der Reyschen Sammlung im Durchschnitt 69,6 x 48,4 mm, im Maxi- mum 72,2xX51,3 mm, im Minimum 65,8><48,2 und 66,4> 46,3 mm. Das durchschnittliche Gewicht ist 5,869 g. R. BLasıus fand folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 64,0 mm 46,0 mm 28,5 mm BO. SER 290 „ 68,0 „ 490 , 30,0 „ 66,6, Ana 4 290°, 6L,44, 43,8 „ 25,00% 644, 458 „ DE Tee. 50,0 „ Bade Mar TSTH OU: 192 , 30,0 „ (28. April 1880) 743 „ 46,5 a (4. Mai 1876) 765 „ I 2707, 20 Eier im Britischen Museum messen von 63,5 bis 69,9 mm in der Länge und von 44,6 bis 50,8 mm in der Breite. Die Schalenflecke sind gross, violettgrau; die Zeichnungs- flecke in der Grösse sehr verschieden, hell bis fahlbraun und über das ganze Ei verstreut. Bisweilen bilden die Flecke einen unregelmässigen Kranz am stumpfen Ende. Nach SEEBOHM sind die Eier von denen von Larus fuscus und Larus affınis nicht zu unterscheiden. —|] | Einzeln brütende Paare hat man nicht gefunden. 279 Feinde. Diese sind wahrscheinlich die nämlichen, wie bei den beiden vorletztbeschriebenen Arten. Jagd. An den Brutplätzen sollen diese lebhaften Vögel mit Schiessgewehr leicht zu erlegen sein; sonst ist die einzelne in fremden Gegenden gewöhnlich ziemlich vorsichtig. Am wenigsten sind sie dieses an den Plätzen, wo die Fischer ihre Netze aufziehen oder mit ihren mit Fischen beladenen Booten landen, die diese Möven scharenmeise umschwärmen, um Teil an der Beute zu nehmen, und mit Gier die Fischeingeweide und andere Abgänge aufschnappen, die jene als unnütz weg- werfen. | Man soll sie auch leicht an einem Angelhaken, an dem ein kleiner Fisch steckt, fangen können. Nutzen. Ob man ihr Fleisch oder ihre Eier zur Speise benutzt, ist nirgends bemerkt. Dass sie den grossenteils vom Fischfange lebenden hoch- nordischen Völkern die Ankunft der Züge grosser Fische, z. B. des Kabeljaus (Gadus morrhua) und anderer grosser Seetiere anzeigen und ihnen dadurch nützlich werden, ist schon erwähnt worden. | Schaden. Dass sie, wo Fische gefangen oder wo die gefangenen am Lande getrocknet werden, zuweilen auch ein brauchbares Stück wegstehlen, ist zu unbedeutend und kommt zu einzeln vor, um es ihnen hoch anrechnen zu können. Um die kleinen . Fische, die sie sich selbst fangen, beneidet sie niemand. Anmerkung. Die mannigfachen Lücken in Beschreibung des Be- tragens, der Fortpflanzung und anderen mehr dieser, der vorhergehenden und der folgenden Mövenart habe ich leider aus eigener Erfahrung nicht ausfüllen oder ergänzen können. weil es mir nicht vergönnt war, sie irgendwo in ihrem Leben und Wirken zu beobachten. Ich konnte daher ‚auch nur bereits Bekanntes hierüber geben, während meine Freunde im Norden mich mit einer so grossen Anzahl von Bälgen aller drei Arten versahen, dass ich wenigstens die Beschreibungen der körperlichen Verhältnisse, soweit dies an Bälgen möglich, und des Gefieders genau und hinreichend voll- ständig zu geben imstande war. Ich danke ihnen hiermit im Namen der Wissenschaft, vornehmlich meinem lieben P. von WÖLDICKE! Naum. — II. Gattung: Elfenbein-Möve, Pagophila Kaur. Unterschenkel bis fast an die Ferse mit Federn bekleidet. Hinterzehe durch einen schmalen, ausgezackten Hautsaum mit der Innenzehe verbunden. Eine Art. Nägel breit, gekrümmt. —|] Die Elfenbein-Möve, Pagophila eburnea (Priprs.) Fig. 1. Dunenkleid. Tafel 27. Fig. 2. Altes Männchen im Sommerkleide. Fig. 3. Jugendkleid. Tafel 36. Fig. 26. Ei. Weisse, kleine weisse, schneeweisse nordische Möve, Schneemöve, der Ratsherr, [— Ratsherr-Möve. Fremde Trivialnamen: Czechisch: Racek bily. Dänisch: Ismaage. Englisch: Ivory Gull. Finnisch: Valkealokki. Fran- zösisch: Goeland senateur, Mouette blanche, Mouette senateur,: Pagophile blanche. Grönländisch: Nagauarsuk. Norwegisch: Hvidmaage, Ismaage, Spitsbergs-Maase, Hav-Rype. Polnisch: Mewa biata. Schwedisch: Ismäs, Hvitmäs. Ungarisch: Hosirdly. Larus albus. Gunnerus in Leems Beskr. Finm. Lapp. p. 285 (1767). — Larus eburneus. Phipps, Voy. N. Pole. App. p. 187 (1774). —] — Larus eburneus. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 596. n. 14. — Lath. Ind. II. p. 816. n. 10. — Nilsson, Orn. suee. II. p. 171. n. 217. — Larus niveus. Martens, Reise nach Spitzbergen S. 77. tab. L. fig. A. — Phipps, Reise nach dem Nordpol S. 187. — Olaffsens, Reise S. 709. — Hammers Faun. Norweg. n. 163. — Larus candidus. Fabr. Faun. Groen. p. 103. n. 67. -- La Mouette blanche. Buff. Ois. VIII. p. 422. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 172. — Id. Pl. enl. 994. — Mouette blanche ou Senateur. Temm. Man. 2. Edit. II. p. 769. — Ivory-Gull. Lath. Syn. VI. p. 377. — Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 332. n. 7. — Penn. aret. Zool..II. n. 457. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 491. n. 374. — Meyer, Zusätze z. Taschenb. (IIl.) S. 200. — Brehm, Lehrb. d. eur. Orn. S. 7038. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutsschl. S. 765—766. — |— Larus eburneus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. 341. Taf. 263 (1840). — Larus eburneus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCVI (1840). — Larus eburneus. Schlegel, Rev. erit. p. CXXVI (1844). — Larus eburneus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 974 (1866—71). — Pagophila eburnea. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 405 (1867). — Larus eburneus. Wricht, Finl. Fogl. II. p. 610 (1873). — Larus eburneus. Fallon, Ois. Belg. p. 201 (1875), — Pagophila eburnea. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 349. pl. 59 (1877). — Pagophila eburnea. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 656 (1882—84). — Pagophila eburnea. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Larus eburneus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 582 (1891). — Gavia alba. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 116 (1892). — Larus eburneus. Collett, Norg. Fuglef. p- 312 (1898 —94). — Pagophila eburnea. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 301 (1896). — Pagophila eburnea. Dresser, Man. of Palaearctie Birds II. p. 821 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. XC. Fig. 2 a—c (184553). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 337. pl. 50 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 115. pl. 32 (1896). — Collet, Ibis 1888. p. 440. pl. XII. —] Kennzeichen der Art. Die vierzehigen, kurzen, starken Füsse haben etwas aus- geschnittene Schwimmhäute und sind über der Ferse kaum etwas nackt. Das Gefieder der Alten schneeweiss, das der Jungen auf den Flügeln und dem Schwanze mit einem schwarzen Fleck vor jedem Federende. Kaum Krähengrösse. Beschreibung. Diese Möve ist an den Artkennzeichen leicht von jeder anderen Art zu unterscheiden. Sie ist an Grösse und Gestalt der Sturmmöve am ähnlichsten, hat jedoch einen robusteren Körperbau, kürzere Flügel, viel niedrigere, stämmigere Füsse, die gegen die der Dreizehenmöve stark, plump und grob aussehen. Schon diese Gestalt und das durchaus herrschende Weiss des Gefieders unterscheiden sie leicht von allen übrigen Möven der mittleren Grösse, in der sie ebenfalls sehr variiert und die grössten Individuen ungefähr der Saatkrähe (Corvus frugilegus) gleichen. | Ihre Füsse haben eine auffallende Ähnlichkeit mit denen der grösseren Meerschwalbenarten. Dies ist aber auch die einzige, die sie mit dieser Gattung hat; denn ihre übrige Körper- gestalt ist nach allen Teilen nur die einer echten Möve. Sie misst in der Länge von der Stirn bis zum Schwanz- ende 40 bis 44,7 cm; in der Flugbreite 94,2 bis 108,3 cm; die Länge des Flügels von dem Handgelenk bis zur Spitze 80,5 bis 34,2 cm; die des Schwanzes 12,7 bis 13,3 cm. Männ- chen und Weibchen sind in der Grösse wenig verschieden, und jene kleineren Maße gehören meistens jüngeren Vögeln an. Das Gefieder ist wie bei anderen Möven dicht, an den unteren Teilen sehr pelzartig, überall sehr zart, ohne scharfe Umrisse, diese, ausser den Schwung- und Schwanzfedern, nur an den grösseren Federn auf den Flügeln und dem Schwanze etwas deutlicher; die grossen Schwingen mit sehr starken, elastischen, fast gar nicht gebogenen Schäften, die vorderste, als die längste, 10 mm länger als die folgende; die zwölf Schwanzfedern breit, am Ende sehr flach abgerundet, die äusseren kaum etwas kürzer als die übrigen, daher das Schwanz- ende fast gerade, wie mit der Schere verschnitten. Die in Ruhe liegenden Flügel reichen mit ihren Spitzen nur wenig, höchstens bis zu 3,5 cm, über das Schwanzende hinaus. Der Schnabel ist als Mövenschnabel nicht lang, aber ziemlich stark, die Spitze nicht sehr stark gekrümmt und das Eck am Unterschnabel auch stumpf, doch bemerklich genug. Er ist an der Wurzel breit und hoch und behält bis zu zwei Drittel vorwärts gleiche Höhe, dann senkt sich die Firste in flachem Bogen zur Spitze, und der Kiel steigt vom Eck schräg gegen diese auf. Die Schneiden sind nur nahe an der Spitze herabgebogen, übrigens gerade, wurzelwärts stark eingezogen und durchgehends sehr scharf. Die Firste ist breit abgerundet, bis über die Mitte gespalten, der Rachen weit und breit. Das kurz ritzförmige, vorn erweiterte Nasenloch endet 10 bis 12 mm von der seitlichen Stirnfederspitze, und es läuft von dort eine Die Elfenbein-Möve, Pagophila eburnea (Puuprs.). seichte Vertiefung vorwärts gegen die Schneide, doch ohne sie zu erreichen. Die Länge des Schnabels ist bei verschiedenen Individuen oben von der Stirn bis zur Spitze in gerader Linie 3,1 bis 3,5 cm, vom Mundwinkel 4,7 bis 5,1 cm; seine Höhe an der Wurzel 11 bis 13 mm, die Breite hier etwa 1 bis 2 mm weniger. Seine Farbe ist nach dem Alter verschieden, zuerst schwärzlich, dann graublau mit gelblicher, dann hochgelber, endlich orangeroter Spitze, so auch der Rachen und die Mund- winkel. Im ausgetrockneten Zustande wird diese Färbung sehr unscheinlich, nur die letzte nicht ganz unkenntlich. Die Iris ist in der Jugend braun, später braungelb, end- lich schwefelgelb; das nackte Augenlidrändchen früher gelb- grau, bei Alten und im Frühlinge hoch orangerot. Die Füsse sind im Verhältnis zum Körper etwas klein, aber stämmig und stark; die Zehen nicht lang, auch nicht schwach; auffallend stark besonders der Lauf und das Fersen- gelenk; auch die Hinterzehe, obgleich diese kurz zu nennen ist. Die Schwimmhäute zwischen den drei Vorderzehen sind nicht voll wie bei anderen Möven, sondern etwas ausgeschnitten, ungefähr wie bei Sierna hirundo. Der Überzug der Füsse ist stärker, härter und rauher (fast wie bei Stercorarius) als an anderen Möven, weil die Ränder der Schilder und Schildchen erhaben vortreten, vorn am Laufe herab oder dem Spann und auf den Zehenrücken in einer Reihe mit schmalen, aber grossen Schildern, übrigens klein geschildert, an den Schwimmhäuten und Sohlen chagrinartig, alles sehr eigentümlich. Über der Fussbeuge wird die geringe Nacktheit von den Schenkelfedern bis ans Gelenk bedeckt; ebenfalls eine Eigentümlichkeit dieser Art. Die Krallen sind stark, aber nicht lang, nicht sehr krumm, mit scharfen Randschneiden, von denen die innere an der Mittelzehe stark vortritt. Wenn man, wie immer, das halbe Fersengelenk oder gerade von der Beuge dieses hinauf misst bis zu den Wurzeln der untersten Federn der Tibia, so beträgt diese Nacktheit kaum 6 mm, bei einem Individuum mehr, beim anderen weniger; der Lauf ist 3,5 bis 3,9 cm lang; die Länge der Mittelzehe mit der 6 mm langen Kralle 3,5 bis 3,7 cm; die der Hinterzehe 8 mm, wovon die Hälfte auf die Kralle kommt. Die Farbe der Füsse ist matt schwarz, in der Jugend schwarzgrau oder nur rötlichdunkelgrau; die der Krallen schwarz. Das Dunenkleid kennt man noch nicht, und vom eigent- lichen Jugendkleide weiss man auch nur, dass in ihm der Schnabel schwarzgrau, an der Spitze horngelblich, der Augen- stern braun und die Farbe der Füsse die erwähnte hellere sei; dass es auf dem Kopfe und an der Kehle dunkel aschgrau mit etwas Weiss vermischt, an allen übrigen Teilen aber weiss sei, am Halse und auf dem Rücken viele kleine schwarzgraue Flecke, auf den Schultern nebst vielen schwarzen Federschäften gegen das Ende der Federn kleine braunschwarze, und nahe der Spitze an den Schwungfedern erster Ordnung und an den Schwanzfedern grössere braunschwarze Flecke habe, von denen die letzteren eine schmale schwarze Endbinde mit weissem Saum bilden. [— So standen die Kenntnisse 1840. Jetzt weiss man besser Bescheid. KOLTHOFF (l. c., S. 64) schreibt z. B. über das erste Jugendkleid: „Die Jungen in ihrem ersten Kleide variieren sehr in der Farbe. Fünf Exemplare, die ich auf König-Karls- Land am 5. August 1898 nahm und die noch nicht flugfähig waren und teilweise noch das Dunenkleid trugen, hatten folgendes Aussehen: In der Länge wechselten sie zwischen 310 und 350 mm. -Der Schwanz war bis auf eine Länge von 60 bis auf 77 mm gewachsen; Kopf, Hals, Bauch und Bürzel waren mit feinen grauen Dunen bekleidet, die am Halse besonders lang waren. Das im Hervorspriessen begriffene Federkleid war reinweiss mit dunkelgraubraunen Flecken auf den Schwungfedern und einem Band von derselben Farbe über den Schwanz, nahe an dessen Spitze. Sie wechselten so in der Farbe, dass zwei nur auf den Spitzen der Schwungfedern und auf der Vorder- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI, 281 kante des Flügels Flecke trugen, während die beiden anderen auch auf den Flügeldeckfedern, auf dem Vorderrücken und der Rückseite des Halses und auf den Federn, die auf dem Kopfe sichtbar waren, gefleckt waren. Der Schnabel war dunkel schiefergrau, gegen die Spitze weisslich, die Füsse und Beine schwarz, die Iris braunschwarz. Von den jungen Vögeln, die auf grönländischem Eise am 28. August 1900 erlegt wurden, waren einzelne sehr fleckig auf dem Kropfe, während andere an diesem Körperteil keine Flecken hatten. Kapitän KJELDSEN, der 1898 die Elfenbeinmöve brütend in Menge auf einer kleinen niedrigen Insel bei Kap Oppolzer auf Franz-Joseph-Land antraf, schenkte mir ein ganz kleines Junges im Dunenkleid, das sich jetzt im Museum der Universität Upsala befindet. Dieses Junge ist ganz grau gefärbt, der Schnabel schwärzlich mit heller Spitze, die Füsse und Beine schwarz.“ —|] Im ersten Herbst- oder Winterkleide ist der Schnabel schon schmutzig gelb, an der Wurzel schwarzgrünlich, welches sich in dunkeln Flecken oder streifenartig nach der Spitze zieht, die allein rein blassgelb ist; die Iris gelbbraun; die Füsse dunkel rötlichgrau. Die Gegend um die Schnabelwurzel ist srau bis zu den Augen hin und unten bis auf. die Kehle her- ab; das ganze übrige Gefieder weiss mit kleinen schwarz- grauen Fleckchen am Halse oder auch ohne diese; auf den Flügeldeckfedern und zum Teil auch den grösseren Schulter- federn und den längsten der oberen Schwanzdecke zeigen sich hin und wieder noch schwarze Federschäfte und zerstreute kleine, meist rhomboidale, schwarzbraune Flecke; die grossen Schwingen und Fittichdeckfedern haben an ihrer Spitze und die Schwanzfedern dicht vor dem Ende jede einen rundlichen oder auch herzförmigen Fleck, wie im Jugendkleide, weil sie nämlich noch dieselben sind und erst in der zweiten Herbst- mauser mit neuen, rein weissen, wie das sämtliche Gefieder mit gänzlich ungefleckten vertauscht werden, wobei sie jedoch am kleinen Gefieder schon im zweiten Frühjahr zu mausern anfangen, wo man dann schon viele unter diesen jungen Vögeln antrifft, die ausser an dem Fittiche und Schwanze, die sie erst im Spätsommer wechseln, wenig oder keine braunschwarzen Fleckchen mehr haben.?) Nach der zweiten Herbstmauser sind sie in ihrem ersten vollständigen Winterkleide, im rein und blendend weissen, sänzlich fleckenlosen Gefieder wie dem der Alten. Ich habe sehr viele dieser Möven zu untersuchen Gelegenheit gehabt und zum Teil selbst besessen, aber einen anderen Übergang zu dem rein weissen Kleide, als den eben beschriebenen nicht sefunden. Der Schnabel wird an seinem vordersten Drittel immer mehr und reiner hellgelb, und diese Farbe zieht sich in einem schmalen Streif auf den Schneiden bis in die schöner selben Mundwinkel, während das Übrige des Ober- und Unter- schnabels sich immer reiner blaugrau färbt; das Augenlid- rändchen ist gelb, der Augenstern schmutzig gelb; die Füsse schwarzgrau. Das erste ausgefärbte Sommer- oder Hochzeits- kleid, im dritten Sommer ihres Lebens, ist dem vorigen sanz gleich, Schnabel und Augenlidrändchen nur noch schöner, die Füsse dunkler gefärbt. Sie scheinen in demselben zeugungs- fähig zu sein. Bei sehr alten Vögeln in ihrem Prachtkleide, nament- lich in der Begattungszeit, ist das unvergleichliche Weiss ihres ‘höchst sauberen Gefieders, sonderbar genug, an den Flügeln, hauptsächlich an den grossen Schwingen und den Fittich- deckfedern mit der lieblichsten Rosenfarbe sanft angehaucht, was dessen Schönheit ungemein erhöht. Bei solchen ist der Augenstern schön schwefelgelb; das Augenlidrändchen und die Mundwinkel, desgleichen die äusserste Spitze am Ober- und Unterschnabel hoch orangerot, das übrige der vorderen Schnabelhälfte schön gelb und dies bald an den Schneiden 1) Sonderbarerweise ähneln sich die Elfenbeinmöve und der weisse Löffler in der Färbung oder vielmehr Farbenlosigkeit des Gefieders, in- dem die Jungen beider sonst so ganz verschiedenen auf gleiche Weise schwarz gefleckt, die Alten rein weiss sind. Naum. 36 282 als schmales Streifchen, bald unten am Kiel ebenso wurzel- wärts ausgedehnt, die Wurzelhälfte beider Schnabelteile blei- blau; die Füsse matt schwarz. — Ich besitze ein Exemplar, dessen Schnabel oben auf der Firste über den Nasenlöchern früher eine Beschädigung erhalten hat, die jetzt ein kleines Absätzchen bildet, das im Blauen nach vorn auch ein gelbes Fleckchen hat. Männchen und Weibchen unterscheiden sich äusserlich durch nichts, als dass letzteres meist merklich kleiner als ersteres ist. Obgleich diese Möven sowohl im Winter- alsim Sommer- kleide ein gleich einfaches, weisses, fleckenloses Gefieder tragen, so ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass sie das für den Sommer, gleich anderen Arten der Gattung, auch erst durch eine Frühjahrsmauser erhalten. [— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen vom Juni von Kap York, ein junger Vogel von Grönland und ein Dunenjunges vom September aus Alaska, sämtlich im Tring- Museum befirdlich. —|] | Aufenthalt. Die Elfenbeinmöve gehört zu den Bewohnern des höchsten Nordens. Vielleicht geht kein anderer Vogel so nahe gegen den Nordpol hinauf als diese Möve, noch höher, als bis jetzt der Mensch dahin hat vordringen können. Sie wohnt im Sommer nur auf den Inseln und an den Küsten des Eismeeres, weit über den Polarkreis hinaus, in Spitzbergen noch unter dem 80. Grad nördlicher Breite, überall nur an jenen eisigen Küsten von Europa bis zum östlichsten Nordasien, hier bis über die Beringsstrasse hinaus, in Nordamerika hoch in die Baffinsbai hinauf, an der Küste von Nordgrönland, der gegenüberliegenden von Labrador und den Inseln zwischen dem 70. und 80. Grad nördlicher Breite, [— also rings um den Nordpol, und zwar ohne Unterbrechung; nur längs solcher Teile der arktischen Küste von Amerika, wo offenes Wasser nicht vorhanden, ist sie natürlich selten. —] Island liegt ihr viel zu südlich; sie besucht es sonderbarerweise nicht einmal im Winter, obgleich sie dann in gleicher Breite mitten im Meer manchmal angetroffen wird. Dagegen kommt sie dann nicht nur in die Hudsons- und Jamesbai, sondern an der äusseren Küste einzeln selbst bis an die der nördlichsten Ver- einigten Staaten, [— doch ist sie hier nicht südlicher als Neu -Braunschweig (etwa 47 Grad nördlicher Breite) be- obachtet; —] im Meer zwischen Amerika und Asien bis zur Insel Unalaschka, [— im übrigen aber im nördlichen Teil des stillen Oceans selten; —] in Europa bis zum Weissen Meer und an die nördliche und nordwestliche Küste von Norwegen, |— z.B.an das Varanger Fjord und einzeln an die tiefer ins Land eindringenden Fjords.. —] Sehr wenige Individuen, wahrscheinlich nur durch Stürme verschlagen, kommen weiter herab an der Küste von Norwegen vor, einzelne erscheinen noch weit seltener an dervonHallandinSchweden oder gar als Begleiter der Heringszüge im Januar oder Februar vor der Mündung der Elbe, [— ausnahmsweise sogar an der Küste Grossbritanniens und des nördlichen Frankreich. —] Nur ein Exemplar wurde bis jetzt in Holland, ein anderes am 10. März 1817, im jugendlichen Winterkleide, sogar am Genfer See erlegt. Im Innern von Deutschland ist sie nie vor- gekommen; auch auf der deutschen Ostsee hat man sie nie- mals bemerkt; [— jedoch befindet sich im Kopenhagener Museum ein dort am Sunde erlegtes Exemplar. —] Nur gegen den Winter verlässt sie jene starre Natur der hochborealen Zone, wo selbst im Sommer fast alle Vegetation aufhört oder auf weniges andere als bloss niedere Kryptogamen beschränkt ist. Sie streicht dann auf weiter See in etwas milderen Regionen umher, zufrieden mit einer Temperatur, die derjenigen unserer meisten Winter noch lange nicht gleich- kommt, und zieht im Frühjahr wieder zu ihren eisigen Sommer- wohnsitzen hinauf, um dort oben ihre Brutgeschäfte zu ver- richten. u Die Elfenbein-Möve, Pagophila ebüurnea (PHıpPs.). Sie ist Meervogel im strengsten Sinne des Wortes, ent- fernt sich landeinwärts nie von der Küste, lebt sogar bloss in der Fortpflanzungszeit an dieser, sonst immer auf offenem Meer. Die Walfischfänger und Robbenschläger fanden sie als Be- gleiterin der Schiffe stets nur unter den höheren Breitegraden und auf offenem Meer, oft zwischen dem Treibeis oder an den Eisfeldern, wo sie allem Wind und Wetter trotzt und nur Eis- schollen ihre Ruheplätze sind. — Es ist daher als ein halbes Wunder zu betrachten, dass, wie oben erwähnt, ein solcher Vogel bis in die südliche Schweiz [— und das nördliche Frankreich —| verschlagen werden konnte. Eigenschaften. Auch die Elfenbeinmöve, von ihrem weissen Gefieder so genannt, ist ein sehr schönes Geschöpf. Durch die etwas ge- drungenere Gestalt und den gemächlicheren Flug, auch durch das einförmige, mit keiner dunkleren Zeichnung abwechselnde blendende Weiss ihres sämtlichen Gefieders ausgezeichnet, nähert sie sich ebenso in Gestalt und Betragen dem Eis- sturmvogel oder Fulmar. Sie setzt sich öfters, geht aber schlecht und wenig, sieht auch hier etwas plump aus; schwimmt auch [— bisweilen, —] aber selten lange anhaltend. Sie hat einen sehr sanften, häufig schwebenden Flug, versteht aber doch den Stürmen Trotz zu bieten, indem sie ihnen gerade entgegen steuert und dicht über den Wogen hinstreicht. [— HEUGLIN berichtet nach eigener Beobachtung auf Spitzbergen über das Thun und Treiben der Elfenbeinmöve: „Einer der häufigsten befiederten Sommergäste des Stor-Fjords ist Larus eburneus, gleichwohl gelang es mir nicht, ihre Brut- plätze mit Sicherheit aufzufinden oder den Vogel im Jugend- kleide zu erlegen. Die Alten dagegen trifft man hier einzeln und paarweise, selten in Gesellschaft ihrer Gattungsverwandten und nur zufällig am Festlande, z. B. an der Mündung von Eisbächen und auf den Moränen der Gletscher. Ihre vor- züglichsten Aufenthaltsorte sind die treibenden Eisberge und grosse Schollen von Packeis. Was ihre Lebensweise, Benehmen und Haltung anbelangt, so weicht die Elfenbeinmöve auch hierin mehr oder weniger von den anderen Lariden ab. Sie ruht und läuft meist mit eingezogenem, nach vorwärts und abwärts gerichtetem Kopf und Hals und schwimmt höchst selten. Der Flug ist leicht, schwebend. Vorgeworfene Fleisch- und Speckstückchen nimmt diese Möve nur fliegend von der Oberfläche des Wassers auf und verzehrt sie nicht an Ort und Stelle, auch zumeist nicht im Fluge, sondern auf einem Eisschemel. Man begegnet ihr vorzugsweise entweder auf dem Gipfel oder der Kante eines Eisblocks ruhend oder — namentlich bei hellem Wetter — ziemlich hoch über dem Meere hin- und herstreifend.“ —]) | Sie soll meistens nicht scheu gefunden werden, beim Zerlegen gefangener Walfische, Robben und dergleichen den Leuten so nahe kommen, dass sie mit einem langen Stecken erschlagen werden kann, hier jedoch an Dreistiekeit von den Möven-Sturmvögeln noch weit übertroffen werden. Man hält sie überhaupt für einen einfältigen Vogel. Sie ist gesellig gegen ihresgleichen wie gegen andere Möven und Sturmvögel; diese sind sogar ihre gewöhnlichen Gesellschafter, obwohl sie zur eigenen Art mehr Zuneigung verrät und sich mehr zu ihr hält, was bei solchen gemischten Gesellschaften deutlich in die Augen fällt. Sie kommt selten vereinzelt, gewöhnlicher in kleinen Vereinen von 20 bis 50, auch wohl noch mehr Individuen, doch wie es scheint, nirgends in so gewaltig grossen Scharen vor, wie viele andere Möven. Man kann sie in dieser Hinsicht wohl mit Larus glaucus Vver- gleichen. Ihre Stimme bezeichnet man als ein tief klingendes „Kar“ [— und ein zirpendes „Grii-grii“. KOLTHOFF giebt (l. c.) folgende anziehende Schilderung ihrer Lebensweise: „Auf meiner Reise zwischen Spitzbergen und Grönland traf ich Elfenbeinmöven mit grossen Brutflecken Die Elfenbein-Möve, Pagophila eburnea (Pruiprs.), noch in einer Entfernung bis zu 150 Minuten von Spitzbergen. Die, welche noch weiter draussen im Meere erbeutet wurden, hatten sich nicht fortgepflanzt und waren meist junge Vögel vom vorhergehenden Jahre. Diese jungen Vögel unterscheiden sich von den alten dadurch, dass die dunklen Flecke zwischen dem Schnabel und dem Auge noch bemerkbar sind. Der dunkle Rand auf den Steuerfedern ist noch auf einem Teil der Federn vorhanden, und bisweilen findet sich auch noch der eine oder andere Fleck auf den Schwungfedern. Diese Funde scheinen zu beweisen, dass einmal die brütenden Vögel von ihrem Brutplatze aus lange Ausflüge unternehmen, bis zu 150 Minuten von ihrer Heimat, und dass andererseits die Vögel, welche sich nicht fortpflanzen, sich während des Sommers weit draussen am Polarmeere aufhalten. Die Beobachtungen scheinen auch zu beweisen, dass die Elfenbeinmöve im Gegensatz zu so vielen anderen Möven-Vögeln schon im Alter von 2 Jahren das Kleid des alten Vogels angelegt hat und sich dann fortpflanzt. In der Nähe des Landes sahen wir nicht einen einzigen dieser jüngeren Vögel. MALMGREN führt als eine Eigenheit der Elfenbeinmöve an, dass sie nie auf dem Meere schwimmt oder sich auf das Wasser legt. Man sieht dies wirklich nur sehr selten, und ich beobachtete es zum ersten Male am 23. August an der Treurenberg-Bai auf Spitzbergen. Dort sammelte sich um. das Schiff eine Menge Elfenbeinmöven, die gierig die Speckstückchen verschlangen, die für sie hinausgeworfen wurden. Dabei sah ich sie in mehreren Fällen sich für eine kurze Weile auf das Wasser setzen. Obgleich ich niemals die Elfenbeinmöve sich in einen Streit mit anderen Vögeln einlassen sah, schien sie ihnen doch immer Respekt einzuflössen. Die Dreizehenmöven wohnten friedlich mit ihnen zusammen, aber wenn es sich um eine Mahlzeit handelte, zogen sie sich stets vor ihnen zurück. Bei König-Karls-Land hatte ich Gelegenheit, Dreizehenmöven zu beobachten, die Polardorsche aus einem dichten Fischhaufen nahe am Lande fingen. Im Anfang hielten sich nur Drei- zehenmöven über dem Haufen auf, aber dann fanden sich einige Elfenbeinmöven ein, und da zogen sich die Dreizehenmöven sofort zurück. Häufig sah ich Z. glaucus auf den Kadavern von Eisbären oder Robben sich sättigen, und diese Vögel über- liessen sofort ihren Platz den Elfenbeinmöven, wenn diese sich näherten. Einmal beobachtete ich drei Bürgermeistermöven, die an einem Robbenkadaver schmausten. Plötzlich kam eine Elfenbeinmöve und setzte sich neben sie, da zogen sich die grossen Möven sofort zurück, überliessen ihren Platz der Elfen- beinmöve und setzten sich abwartend etwas davon entfernt auf das Eis. Das Vermögen der Elfenbeinmöve weit zu sehen ist geradezu bewundernswert. Oft habe ich Gelegenheit gehabt zu beobachten, dass Elfenbeinmöven, wenn man auf dem Eis ein Tier schoss und das Eis von dessen Blut rot gefärbt wurde, dahin kamen, auch wenn man mehrere Stunden vorher keine einzige gesehen hatte. Auf so grosse Entfernung, dass man die Vögel kaum sehen kann, entdecken sie sofort das Blut auf dem Eise und fliegen direkt dahin, ja, man sieht sie bei solchen Gelegenheiten so weit herfliegen, dass sie sicher den Blutfleck auf dem Eise lange vorher entdeckt haben, ehe sie ein Menschenauge sehen konnte. Sie fliegen in der Regel in einer Höhe von 40 bis 50 m über dem Meere und setzen sich oft auf einen hohen Eisblock.* —| Nahrung. Sie lebt von Fischen, die sie sich nach Art und Weise anderer Möven selbst fängt, auch von toten Fischen und dem aufgefundenen Aase und anderen Abgängen von Walfischen, Walrossen, Seehunden und grossen Fischen. [— KOLTHOFF schreibt über ihre Nahrung: „Die Elfenbein- möve ist ein aasfressender Vogel, der sich mit der grössten Gier auf Kadaver niederlässt, dieselben mögen noch so alt sein. Beim Zerstückeln ihres Frasses hält sie diesen fest mit 383 Hilfe ihrer kräftigen Krallen, deren starke Ausbildung hier- durch erklärt wird. Sie verzehrt auch, wie MALMGREN richtig angiebt, die Exkremente der Robben und im übrigen alle Stoffe aus dem Tierreiche, die sie bekommen kann, aber sie fischt auch selbst, und ich sah sie ziemlich grosse Polardorsche fangen. Sie verzehrt auch viel Krebstiere. Die, die draussen auf dem Eise zwischen Spitzbergen und Grönland geschossen wurden, hatten für gewöhnlich den Magen voll von Amphi- poden.* —|] Bei den Fischereiplätzen und da, wo grosse Raubfische und Robben die kleinen Fische an die Oberfläche des Wassers emporscheuchen, ist sie sehr thätig und versammelt sich hier mit anderen Möven bei aufgefundenem Aase, auch mit den Mövensturmvögeln in grosser Menge, nicht selten in Gesell- schaft der weissen Bären. Wo ein Walfisch getötet ist und die Leute im Zerlegen desselben begriffen sind, versammeln sich jene Vögel in grossen Scharen, auch die Elfenbeinmöven bleiben dabei nicht zurück und stehlen wie jene hier und da ein Stück Speck den Leuten unter den Händen weg, sind aber dann erst recht in ihrem Wohlsein, wenn sich jene entfernt und ihnen den Rest überlassen haben. [— HEUGLIN schreibt in seiner „Vogelfauna im hohen Norden“: „Der Magen aller von mir untersuchten Elfenbein- möven enthielt nur geronnenes Blut und Fleischreste. Kleine Krebse (Gammarus), die wir als Köder benutzen wollten, be- rührten sie nicht. Wird ein Seehund geschossen, so ist es üblich, ihn auf ein Stück treibenden Eises zu ziehen und hier Haut und Speck abzunehmen. Kaum ist das Tier geöffnet, so versammeln sich unter eigentümlichem Zirpen, das wie „grii- srii“ oder „zrii-zrii“ klingt, Dutzende dieser Vögel, umflattern die arbeitenden Matrosen und lassen sich womöglich auf er- habenen Stellen des Eises nieder. Die kühneren laufen sofort herzu, nähern sich dem Menschen bis auf wenige Schritte und picken hier den mit Blut getränkten Schnee auf; dabei setzt. es kleine Raufereien. Sobald der abgespeckte Körper des Seehundes verlassen wird, geht es über diesen her, und die Möven suchen sich Brocken vom Fleisch abzureissen, haben es aber auch auf die Eingeweide abgesehen, die sie oft ein Stück weit wegziehen oder niedrig flatternd im Schnabel fort- tragen. Zuweilen teilt Larus glaucus die Beute mit ihnen; Larus tridactylus wagt sich dagegen nicht in diese Gesellschaft. Waren wir längere Zeit am Treibeis oder am Gestade vor Anker, so wichen die Eismöven Tag und Nacht nicht mehr aus der Nähe des Schiffes, da immer Abfälle aus der Küche und vom Präparieren von Tieren ausgeworfen wurden: Mehrere, die abgebalgt werden sollten, vergiftete ich mit Strychnin, da es kaum möglich ist, geschossene Exemplare vollkommen zu reinigen. Trotz seiner unsauberen Lebensweise ist der Vogel immer blendend weiss, höchstens um den Schnabel und am Vorderhals etwas gelblich angelaufen. Hatte man Renntiere erlegt, die am Strande ausgeweidet und abgehäutet wurden, so durfte man ebenfalls mit Sicherheit auf den Besuch unserer Vögel zählen. Einer durchsuchte, während ich wenige Schritte davon am Ufer sass, unser Harpunierboot, lief auf dem ganzen ‚Rande desselben und auf den Ruderbänken hin und her, pickte hier einige Fleischstückchen auf und trank von dem auf dem Boden eingedrungenen und mit Seehundsblut gemischten See- wasser, Übrigens greift diese Möve auch schwimmende junge Vögel an.“ (Journ. f. Ornith. 1871. S. 93.) Eine Schilderung ihres Gebahrens beim Nahrungserwerb giebt MALMGREN in seiner „Fauna Spitzbergens“ (Journ. f. Ornith. 1862 S. 374). „Sie setzt sich niemals in das Wasser wie andere Möven, sondern hält sich stets an der Eis- kante. Ihren Raub fängt sie mit dem Schnabel geschickt im Fluge vom Wasser auf. Elfenbeinmöven finden sich nebst Procellaria glacialıs in Menge ein, wo ein Walross oder eine Robbe zerlegt wird, und da sind sie so wenig scheu, dass man sie durch Hinwerfen von Speckstücken so nahe locken kann wie man will. Bei Zerlegungsstellen schwimmt Procellaria um- her, während die weisse Möve sich aufihren Flügeln beibehält 36* 284 oder auf dem Eise steht. Sie frisst gerne Kadaver, die die Walrossjäger liegen lassen, und nimmt auch fürlieb mit den Bissen, die von den Mahlzeiten der Eisbären übrig bleiben; ihre wichtigste Nahrung aber besteht in den Exkrementen der Robben und Walrosse. Ich beobachtete oft, dass sie sehr lange verweilen bei den Löchern im festen Eise, durch welche die Robben aufzusteigen pflegen, in geduldiger Erwartung auf die Ankunft der Seehunde. Da sitzen drei bis fünf zusammen, still und unbeweglich, rund um jede Öffnung, mit den Köpfen aufmerksam auf das Loch gewendet, durch das eine Robbe kommen soll. Bei solcher Gelegenheit sehen sie aus, als ob sie um einen runden Tisch sitzend Rat hielten, und ohne Zweifel hat diese ihr Sitte Anlass gegeben zu dem von MARTENS 1675 . für die weisse Möve gebrauchten sonderbaren Namen „Rats- herr“, der hinsichtlich seiner Entstehung analog ist mit dem „Bürgermeister“ (Larus glaucus) der Walfischfänger. Rund um das Loch im Eise waren diese Ruheplätze der Robben von den Exkrementen derselben braun gefärbt, diese aber grössten- teils von den Vögeln verzehrt.“ —|] Ob sie, wie nicht unwahrscheinlich, zuweilen auch von Mollusken und anderen kleinen Seetieren lebe, ist nicht bekannt. Fortpflanzung. Hoch oben in der Eiszone, in den unwirtbarsten Gegen- den, wo selten Menschen hinkommen oder noch nie hinkamen, hat die Elfenbeinmöve ihre Brutplätze, wo sie, während die Sonne dort fünf Monate lang nicht untergeht, in grösseren Gesellschaften beisammen nistet. Die Königsbai auf Spitz- bergen, 79 Grad nördlicher Breite, ist neuerdings als ein solcher bezeichnet. Dort baut diese Art ihre Nester auf nacktem Felsenboden von Tang und Flechten, nahe nebeneinander. In jedem Neste werden zwei bis drei olivengrünliche, dunkelbraun gefleckte Eier gefunden. [— HERMANN SCHALOW giebt (Journ. f. Ornith. 1899, S. 380 ff.) eine interessante Abhandlung über die Fortpflanzungsgeschichte der Elfenbeinmöve nach einer „kleinen ornithologischen Samm- lung, die von den Herren Dr. SCHAUDINN und Dr. RÖMER während des Verlaufs der Expedition nach dem europäischen Nordmeere an Bord des Dampfers „Helgoland“ im Jahre 1898 auf Spitz- bergen zusammengebracht wurde,“ aus der hier die wichtigsten Daten und namentlich die genaue Beschreibung der in Samm- lungen noch immer seltenen Eier mitgeteilt werden mögen. „Auf der A'bel-Insel des König-Karl-Landes, im Osten von Spitz- bergen, wurde eine Anzahl Eier dieser Möve gesammelt. Sie brütet hier nach den Mitteilungen der Reisenden zu Hunderten. Die Nester stehen an der Erde etwas entfernt von der Flut- marke. Oft werden verlassene Nester von sSomateria zum Brüten benutzt, oft werden in einem Tanghaufen, der in der Mitte um ein weniges vertieft wird, die Eier abgelegt und das Brutgeschäft vollzogen. Im ganzen liegen nur 19 Eier von Gavia alba vor. Die Schalensubstanz ist dunkelgrün durchscheinend wie bei allen Möveneiern. In Bezug auf die Schalenfärbung lassen sich die gesammelten Exemplare in drei Gruppen sondern: Ein Stück hat einen sehr dunklen olivenbräunlichen Schalengrundton. Die auf der Fläche vorhandenen Flecken sind nicht sehr aus- gedehnt. Am stumpfen Ende ein dunkler Fleckenkranz. Über schwachen kleineren Flecken stehen solche von ausgeprägtem Charakter und sehr dunkler Färbung. Die einzelnen Flecke von unregelmässiger Form und Grösse. Maße: 53 x 40,5 mm. — Die zweite Gruppe der Eier zeigt einen sehr hellen, fast grün- lichen Schalenton. Er erinnert ungemein an eine Färbung, die man oft bei Corvus cornix-Eiern findet. Die Schalendecke sind von unregelmässiger Ausdehnung und unregelmässig über das Ei zerstreut. Darüber stehen dunkle, kräftig ausgebildete rostbraune Flecke, grosse und sehr kleine Schnörkel und starke strichartige Zeichnungen. Vielfach sind die Flecke auf der Gürtelzone am stärksten ausgebildet und dann oft am stumpfen Die Elfenbein-Möve, Pagophila eburnea (PHıpPs.). Ende fast fehlend. Maße: 61 x 41, 62x 43,5, 58,5 x 43 mm. — Die Eier der dritten Gruppe sind in der Gesamterscheinung typische ZLarus-Eier. Eins derselben ist ohne bräunliche Schalen- fleckung am stumpfen Pol, aber über und über mit starken, dunkel aschgrauen Unterschalenflecken versehen, die zum Teil in lange Linien ausgezogen sind und dem Ei ein charakteri- stisches Gepräge geben. Maße: 60 x 41, 58,5 x 43, 59 x 41,5, 60,5 43, 62 x 43,5, 59,5 X 42, 61x43, 60,5 X 43 mm.) Aus den vorstehenden Notizen geht hervor, dass die Eier der Elfenbeinmöve ungemein variieren und denselben Ände- rungen in Bezug auf Schalen- und Fleckenfärbung, wie Grösse, Gestalt und Lage der Fleckungen unterworfen sind wie die Eier der Gattung Larus. Von denen des Larus glaucus sind sie durch die Grösse hinlänglich unterschieden. Sehr enge Be- ziehungen zeigen sie zu den Eiern von Larus canus, mit denen sie auch, besonders in früherer Zeit, vielfach verwechselt worden sind. Im allgemeinen darf man sagen, dass die Eier der Sturmmöve vielleicht als weniger stark und gross gefleckt bezeichnet werden können. Dagegen scheinen den Eiern von Gavia alba jene feinen Haarlinien zu fehlen, die man sehr oft bei denen von Larus canus findet. Die Grössenverhältnisse der Eier beider Arten zeigen kaum nennenswerte Unterschiede. Der Durchschnitt der oben aufgeführten zwölf Eier von Gavia alba. beträgt 59,6 x 42,53 mm und der Durchschnitt von zwölf aus einer grossen Anzahl von Larus canus-Eiern willkürlich ausgewählten Exemplaren 59x 41,7 mm. Eine Verwechselung der Eier beider Mövenarten ist daher sehr entschuldbar. Bei solchen in Spitzbergen gesammelten ist sie jedoch ausge- schlossen, da die Sturmmöve bekanntlich daselbst nicht vor- kommt... | Sechs Brutplätze der Elfenbeinmöve dürften jetzt von Spitzbergen bekannt sein: drei aus dem Norden und drei aus dem Osten des Gebiets. MALMGREN fand 1861 eine Kolonie an der Murchison-Bai. Die von ihm gesammelten Eier befinden sich im Zoologischen Museum in Stockholm. Der Rev. EAToON erwähnt Gavia alba von der Wijde-Bai und von der Lomme- Bai. Kapitän JOHANNSEN fand die Art auf Stor-Oe brütend. Die von ihm gesammelten Eier kamen in das Museum zu Tromsoe. Dr. SCHAUDINN fand die Art auf König-Karl-Land. Aus derselben Gegend stammen wahrscheinlich auch die Eier, die JOHN WOLLEY seinerzeit für seine Sammlung erhielt. End- lich fand Mr. Pık£ die schöne Möve als Brutvogel am Kap Weissenfels auf Schwedisch Vorland im August 1897.“ 1853 fand M’CLINTock ein brütendes Paar auf der Prinz Patricks-Insel, südwestlich von Grinnell-Land bei 77 Grad 25 Minuten nördlicher Breite und 116 Grad westlicher Länge. Das Nest, das ein Ei enthielt, befindet sich jetzt im Dubliner Museum (Ibis 1866, S. 217 und 1888, S. 440). KOLTHOFF ergänzt obige Mitteilungen noch durch folgende Beobachtungen: „Auf Spitzbergen findet man die Elfenbeinmöve überall, und sie geht dort weit hinein in die Fjords. Ich hatte je- doch keine Gelegenheit, einen von ihren Brutplätzen zu besuchen, erst in König-Karls-Land war es mir möglich, am 15. August 1898 den Vogel auf seinem Brutplatze zu bobachten. Bei Kap Weissenfels auf dem schwedischen Vorlande brütete eine kleine Kolonie von 10 bis 15 Paaren zusammen mit Rissa tridactyla. An einer steilen Felswand, die senkrecht ins Meer hinabfiel, hatten die Vögel ihre Nester gebaut. MALMGREN giebt an, dass er auf Spitzbergen die Nester dieser Art am tiefsten an der Bergwand gefunden habe, tiefer als die von Rissa tridactyla. Hier war das Verhältnis umgekehrt, und einige Nester der Elfenbeinmöven waren so hoch oben gelegen, dass vier von ihnen von oben her erreicht werden konnten. Die Nester waren sehr gross, ausschliesslich aus grünem Moos gebaut, glichen also nicht den Nestern, die MALMGREN von Spitzbergen schildert, und zwei von ihnen enthielten je zwei fast er- wachsene Junge, in einem Nest befand sich ein Junges und im vierten ein stark bebrütetes Ei. Ausserdem konnten wir ‘) Ein von R. BLasıus gemessenes Ei hatte folgende Dimensionen: Längsdurchmesser 59,7, Querdurchmesser 40, Dopphöhe 24 mm. J. R, Die Elfenbein-Möve, Pagophila eburnea (Pruıprs.). einige Junge bemerken, die auf kleinen Absätzen auf dem Berge sassen, wo sich keine Nester befanden und wo sich nicht einmal eine Vertiefung zeigte, in der der Vogel hätte die Eier ablegen können. Da diese Absätze durch die steile Felswand von anderen Absätzen getrennt waren und da die Schwungfedern der Jungen noch nicht gewachsen waren, konnten diese also nicht anders auf diesen Platz gekommen sein als dadureh, dass sie dorthin getragen worden waren. Das beweist also, dass die alten Vögel bisweilen ihre Jungen vom Neste fortschaffen. Bevor ich diese Beobachtung gemacht hatte, berichtete mir mein Präparator, dass er auf derselben Stelle gesehen hatte, wie eine Dreizehenmöve ein Junges am Flügel fasste und mit ihm hinüber nach einem nahe gelegenen Bergabsatze flog. Wahrscheinlich war es aber eine Elfenbein- möve, die er diese Handlung ausführen sah. Die Ursache, weshalb die Jungen fortgetragen werden, ist schwer zu er- gründen. Möglicherweise treibt die Unreinlichkeit in den Nestern die Vögel zum Auszuge. Eine andere Möglichkeit scheint mir die zu sein, dass die Menge Poduriden, die sich in den Polarländern bisweilen in den Mövennestern ansammeln, und die ich auf der Bäreninsel die Nester von L. glaucus voll- ständig bedecken sah, den Aufenthalt in den Nestern für die Vögel unerträglich machen. Auf König-Karls-Land brütete die Elfenbeinmöve zu- sammen mit Dreizehenmöven in grosser Menge an drei ver- schiedenen Örtlichkeiten. Die grossen Kolonien bewohnten hohe, steile Felswände und hatten ihre Nester hoch oben am Abhange, wo sie vollständig unzugänglich waren. Auf der östlich von König-Karls-Land gelegenen Abels-Insel wurde 1895 die Elfenbeinmöve von der Lerner-Expedition in grosser Menge brütend angetroffen, und sie hatte hier ihre Nester auf dem ebenen Erdboden. Sowohl Eier wie Junge von allen Altersstufen wurden dort gefunden, und viele hatten die Eier auf den glatten Erdboden vollständig ohne Nest gelegt. Ein Gelege bestand aus höchstens zwei, oft nur aus einem Ei oder Jungen. Auf Giles-Land trafen NATHORST und ich die Elfenbein- möve am 19. August 1898 in grosser Menge brütend. Als wir auf dem eisfreien südwestlichen Teile des Landes ans Land kamen, sahen wir Hunderte von Elfenbeinmöven, die teils auf dem niedrigen Lande sassen, teils darüber schwebten. Das Land war mit einer dünnen Lage frisch gefallenen Schnees bedeckt und schien vollkommen unfruchtbar zu sein. Zwischen den Steinen und dem Geröll und auf der Bergwand selbst hatten die Vögel ihre Nester gebaut. Bemerkenswert ist, dass alle Nester leer waren, obgleich die alten Vögel ängstlich über unseren Köpfen schwebten. Ich untersuchte eine grosse Anzahl von den Nestern, aber weder Eier noch Junge waren zu finden, und obgleich der Boden, wie gesagt, schneebedeckt war, sodass ich die Spuren der Jungen unbedingt hätte finden müssen, wenn diese in der Nähe der Nester gewesen wären, konnte ich doch nicht ein einziges entdecken, obgleich wir vier Personen eine volle Stunde eifrig nach den Jungen suchten. Es ist schwer zu erklären, wo diese Hunderte von Vögeln ihre Jungen hatten; dass sie sie jedoch in der Nähe hatten, geht sicher daraus hervor, dass die alten Vögel sich auf dem Brut- platze aufhielten; und dass die jungen Vögel noch nicht den Platz verlassen hatten, geht daraus hervor, dass nicht ein einziger junger Vogel zu sehen war. Wären diese fortgeflogen 285 gewesen, so würden die alten Vögel nicht in solcher Menge dageblieben sein, und wenn irgend ein Raubtier dagewesen wäre und die Jungen verzehrt hätte, so würde eine Spur davon zu bemerken gewesen sein. Aber keine Fährte, weder von einem Bären, noch von einem Fuchse, war zu entdecken. Es bleibt also kaum eine andere Erklärung übrig, als dass die Jungen von den alten Vögeln vom Brutplatze fortgetragen worden waren. Die Beobachtung, die ich Gelegenheit hatte bei Kap Weissenfels auf König-Karls-Land zu machen, wo einige Junge thatsächlich von den Nestern fortgetragen worden waren, spricht für die Möglichkeit einer solchen Annahme. Die Nester der Elfenbeinmöven auf Giles-Land waren aus Moos gebaut, obgleich dieses dort sehr selten vorkommt. Erst am 25. Juni trafen wir auf der Polar-Expedition 1898 das erste ausgeflogene Junge der Elfenbeinmöve. Es wurde bei Grey- hook auf Spitzbergen erlegt. Auf der Expedition 1900 wurden junge Vögel in so grosser Anzahl zwischen Grönland und Jan Mayen, nahe an der äusseren Eiskante nördlich der letzt- genannten Insel, angetroffen, dass am 28. August 19 Stück ge- schossen wurden. Da die Elfenbeinmöve an der zunächst gelegenen grönländischen Küste nicht vorkommt, beweist dieser Fall, dass die Jungen, sobald sie fliegen können, sich auf sehr weite Ausflüge über das eiserfüllte Meer begeben. Das von mir auf König-Karls-Land genommene Ei ist olivengrau, mit ziemlich grossen dunkelbraunen und kleineren hellgrauen Flecken. Es ist 63 mm lang und 43 mm breit und wiegt ausgeblasen 4 g.“ Vier Eier im Britischen Museum von Spitzbergen und Franz-Josephsland messen von 54,6 bis 59,9 mmin der Länge und von 41,4 bis 44,5 mm in der Breite. —|] Feinde. Der Schneefuchs (Canis lagopus L.) soll öfters ihre Brut- plätze plündern. Ob sie sonst noch Feinde habe, ist nicht bekannt. [— Im Gefieder lebt Docophorus lari, in den Ein- geweiden Taenia micracantha KRABBE. —] Jagd. Sie ist nicht schwer zu schiessen, besonders wenn sie auf Eisschollen sitzt oder gar auf einem Walfisch- oder Robben- aase, wo diese Möven, wie schon erwähnt, mit ihren Gesell- schaftern, den Mövensturmvögeln, an Gier mit diesen wetteifern und mit ihnen auch dabei ihre Sicherheit ganz vergessen. Mehrmaliges Schiessen soll sie jedoch vorsichtiger machen. Man fängt sie auch an Angelhaken, woran man einen ver- schlingbaren Bissen Fleisch als Lockspeise macht. Nutzen. Ob ihre Eier an manchen Orten auch von Menschen auf- gesucht und zur Speise gebraucht werden, ist so wenig be- kannt als eine anderweitige Benutzung des Vogels oder seiner Federn [—; in den für Menschen nicht bewohnbaren Ländern, die allein ihre Heimat bilden, kann überhaupt von einem Nutzen nicht die Rede sein —|. Schaden. Auch hiervon ist nichts bekannt, auch nicht wahrscheinlich, dass sie auf irgend eine Weise nachteilig würden. (— III, Gattung: Dreizehen-Möve, Rissa STEPH. Lauf sehr kurz, nicht so lang wie die Mittelzehe mit Kralle. Hinterzehe fehlt oder ist nur angedeutet. Von dieser Gattung kommt bei uns eine Art vor. —|] Die Dreizehen-Möve, Rissa tridaetyla (L.). Fig. 4. Männchen im Sommerkleide. Tafel 28. | Fig. 5. Herbstliches Jugendkleid. Tafel 29. Fig. 3. Winterkleid. Tafel 35. Fig. 13—19. Eier. Die dreizehige Möve, weisse dreifingerige Möve, Wintermöve, Eismöve, Hafmöve, Fischermöve, graue Fischermöve, Fischaarmöve, schwedische, isländische Möve, Seefächer, Seeschwalbe, Seekrähe, Kittiwaka, Tarrok, Kutgegeaf, Kutgegehef, Kutgejef, Kautkegef. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: G@aleb troprsti. Czechisch: Racek tfiprsty. Dänisch: Tretaaet Maage, Rötter, Lille Sölwet. Englisch: Kettiwake, Kittiwake Gull, Hacket, Hacklet, Tarrok, Annett; auf den Shetlandsinseln: Waeg. Färisch: Rida, Rita, Ritupisa. Finnisch: Kolme varpainen lokki. Französisch: Goöland & pouce imparfait, Mouette tridactyle, Goeland tridactyle, Mouette tachetee, Mouette cendree tachete. Grönländisch: Tattarak. Helgoländisch: Müüsk. Holländisch: Drieteenige Meeuw. Isländisch: Rita, Ritsa, Skegla. Italienisch: Gabbiano terragnola, Galetra, Gabbiano tridattilo. Norwegisch: Krykje, Haakrykje, Tretaaet Maage. Polnisch: Mewa traypalcowa. Portugiesisch: Gawota. Schwedisch: Ringbjäe, Tretäig mäse, Ringtjän, Ringkedja, Säing, Simna, Ringtjäd. Slovenisch: Trikrempljasta Cajka, Trikrempljasta tonovscica. Spanisch: Gaviota, Gabina, Gabineta. Ungarisch: Häromujju csülld, Larus tridactylus. Linn. Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758). —] — Larus tridaetylus. Lath. Ind. II. p. 817. n. 11. — Retz. Faun. suec. p. 154 n. 115. — Nilsson, Orn. Suee. II. p. 174. n. 219. — Larus Riss. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 594 n. 1. — Brünn. Orn. n. 140. — Mouette cendree. Briss. Orn. VI. p. 175. n. 8. t. 16. f. 1. — Mouette tridactyle.e Temminck, nov. Edit. II. p. 774. — Kittiwake-Gull. Lath. Syn. VI. p. 392. n. 19. — Übers. v. Bechstein, IH. 2. S. 345. n. 19. — Penn. arct. Zool. Übers. von Zimmermann, I. S. 490. n. 373. — Bewick, Brit. Birds. II. p. 229. — Gabbiano terragnola. Savi, Orn. Tose. III. p. 70. — Faber, Prodrom. d. isl. Orm. 8. 90. — Bechstein, Naturg. Deutschlds. IV. S. 628. — Dessen orn. Taschenb. II. S. 372. — Wolf u. Meyer, Taschenk. II 8. 486. — Meyer, Vög. Liv- u. Esthlands. S. 236. — Meisner und Schinz, Vög.d. Schweiz. S. 275. n. 244. — Koch, Bayer. Zool. I. S. 376. u. 286. -- Brehm, Lehrb. II. 8. 705. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschlds $. 754 bis 756. — Gloger, Schles. Faun. 8. 52. n. 234. — Landbeck, Vög. Württembergs. S. 69. n. 246. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pomm. Vög. S. 18. n. 233. — Homeyer, Vög. Pommerns. S. 67. n. 221. — Naumanns Vögel, alte Ausg. III. S. 175. Taf. XXXIII. Fig. 47. Männchen im ersten Herbst (in der 8v. Ausg. d. Kupfer, Fig. 47, a. Winterkl. b. Jugendkl.) u. Nachtr. S. 85. u. S. 264. Taf. XXXVl. Fig. 71. Männchen im vollst. Sommer- kleide. — [— Larus tridactylus. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 322. Taf. 262 (1840). — Larus tridactylus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840), — Larus tridactylu. Schlegel, Rev. erit. p. OXXVI (1844). — Larus tridactylu. Lindermayer, Vög. Griechenl. p. 174 (1860). — Larus tridactylus. Holmgren, Skand. Fogl. p. 975 (1866—71). — Larus tridactylus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 428 (1867). — Rissa tridactyla. Heuglin, Vög. N.-O.-Afrik. II. p. 1415 (1869—74). — Larus tridactylu. Wright, Finl. Fogl. II. p. 608 (1873). — Larus tridactylus. ‚Fallon, Ois. Belg. p. 202 (1875). — Rissa tridactyla. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 447. pl. 607, 608 (1878). — Rissa tridactyla. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 650 (1882—84). — Rissa tridactyla. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Larus tridactylus. Reyes y Prosper, Av. Espaäa p. 97 (1886). — Rissa tridactyla. Giglioli, Avif. ital. p. 427 (1886); p. 643 (1889). — Larus tridactylus. Ar&valo y Baca, Av. Espaia p. 419 (1887). — Larus tridactylus. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 575 (1891). — Rissa tridactyla. Frivaldszky, Av. Hung. p. 178 (1891). — Rissa tridactyla.. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 107 (1892). — Rissa tridactyla. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 160 (1892). — Rissa tridaciyla. Collett, Norg. Fuglef. p. 312 (1893—94). — Rissa tridactyla. Cat. Birds Brit. Mus. XXV.p. 305 (1896). — Rissa tridactyla. Chernel, Magyarorszäg madarai. II. p. 53 (1899). — Rissa tridactyla.. Dresser, Man. of Palaearctie Birds II. p. 822 (1905). —| Im Jugend- oder ersten Herbstkleide. Larus tridactylu. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 595. n. 2. — Mouette cendree tachete ou Kutgeghef. Briss. Orn. VI. PS Ha Ban Buff. Ois. VIII. p. 424. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 174. — Id. Pl. enl. 387. — Tarrock-Gull. Lath. Syn. IV. p. 392. n. 18. and Var. A. — Übers. v. Bechstein, II. 2. 8. 344. n. 18. — Penn. arct. Zool. II. p. 583. — Übers. v. Zimmermann, II. S. 494. n. D. — Gabbiano terragnola, e Galetra. Stor. deg. Ucc. V. tav. 529. | [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vögel, Taf. XC. Fig. 1, a-h (1845-1853). — Bädeker, Eier europ. Vög. Taf. 40. Fig. 3 (1859). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds, IT. p. 493. pl. OXXXVII (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. II. p. 340. pl. 50. (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, pl. 32 (1896). —] | Anmerkung. Die in der ersten Ausgabe dieses Werkes, Nachtr. S. 264 und 265 beschriebene und Tafel XXXVI, Fig. 71 im hochzeit- lichen Prachtkleide abgebildete Dreizehenmöve ist von BREHM (s. Naturgesch. all. Vög. Deutschl., S. 750, Z. 31) fälschlich zur Sturmmöve gezogen worden. Naum. Kennzeichen der Art. e Beschreibung. Die fehlende Hinterzehe ist nur angedeutet durch eine Mit einer anderen bekannten Mövenart ist diese durch- warzenartige Erhabenheit mit sehr kleinem Nagel.') aus nicht zu verwechseln, da es keine giebt, der, wie ihr, die *) Die Entwiekelung der Hinterzehe und ihres Nagels ist jedoch einigen | Ocean, sondern sie weisen in der Regel auch eine etwas bedeutendere Grösse Abänderungen unterworfen. So sind z. B. nach HowARD SAUNDERS Vögel | der Hinterzehe auf. Bisweilen findet sich sogar ein, wenn auch minimaler, von der Beringssee und dem nördlichen Teil des Stillen Oceans nicht nur | so doch scharf angedeuteter Nagel an jeder Hinterzehe, wiewohl oft nur überhaupt durchschnittlich ein wenig grösser als die vom Atlantischen | an der einen. Diese Entwickelung beschränkt sich indes nicht auf Exem- "plopgpussnf G Spmpy12wmoS um usysuueM soy F 'DAQWUSYSZISIA (7) eÄpepım essıy 'PIOJ9pusdnf g pPrRywwwog ur [odoA A01Y Z "9A0M >31zueMussjegen) (ges) IDulges ewsxX wm uoyouugpf soy [ AO >dıqıejuasoy fIITdIeM) easoı eıyJs]sopoyy SPRTY19UTWLOS * [ Ir, a BR BOOTE N E12 rare h r r „ I IEZEEEE TEE T ET Er RL ’ ’ verdkeini aan ALLE E17 7 ZIVEEUWITT WET TECH BEREITET NICHET Br LU Ye r Rt er n x f ea en IT IE > ’e ei we Fe: „a 14 N an = n a ee a = ee IE DI \ Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). Hinterzehe fehlte, wenn nicht vielleicht eine solche Art noch entdeckt wird, was jedoch nicht wahrscheinlich ist. Der Grösse nach steht sie im Mittel zwischen der Lachmöve und der Sturmmöve; sie ist auch stärker von Körperbau als erstere, hat aber vorzüglich einen stärkeren Schnabel und kürzere Füsse, worin sie sich noch auffallender von der letzteren unter- scheidet. | Die dreizehige Möve variiert ebenfalls individuell be- deutend in der Grösse. Sie misst in der Länge 36 bis 40,6 em; in der Breite 100 bis 101,3 em; die Flügellänge 31,2 bis 32,9 em; die Schwanzlänge 11,2 bis 12,4 cm. Dies sind die Extreme, wie sie in beiden Geschlechtern vorkommen, obgleich auch bei dieser Art die Männchen etwas grösser als die Weibchen sind. Vom Gefieder ist zu bemerken, dass es an der Brust und dem Bauche ungewöhnlich dick und pelzartig ist, dass die Flügelspitze weniger schmal und schlank, das Ende des Schwanzes zwar bei Alten gerade ist, bei Jungen aber oft etwas ausgeschnitten erscheint, weil die mittelsten Federn ein wenig kürzer als die äussersten sind. Die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel kreuzen sich über dem Schwanzende und überragen dies 3,5 bis 4,7 cm. TI E DIE ET TIEREN, Die ersten Schwungfedern von Rissa tridactyla ad. Der Schnabel sieht etwas stark oder vielmehr hoch aus; er bildet der Firste nach einen schönen flachen Bogen, mit etwas (2 mm) verlängerter Spitze des Oberkiefers; die Unter- kinnlade ist von der Wurzel bis zum Ende der Kielspalte ziemlich gerade, hier mit unbedeutendem Eck; beide Teile hinten weniger, nach vorn sehr zusammengedrückt; die Schneiden® sanft gebogen, etwas eingezogen und sehr scharf. Er ist viel höher und breiter als der der Lachmöve und übertrifft in beidem auch noch den der Sturmmöve. Der Rachen ist weit und sehr tief gespalten; das Nasenloch, ein ? mm langer Ritz, vorn etwas erweitert und wenig durch- sichtig. Die Länge des Schnabels von der Spitze bis zur Stirn ist bei verschiedenen Individuen 3 bis 3,5 cm, bis in den Mund- winkel 5 bis 5,3 cm, seine Höhe an der Stirn 12 bis 13,5 mm, die Breite hier 8 bis 10 mm. Die Farbe des Schnabels ist nach Alter und Jahreszeit verschieden, in der Jugend ganz schwarzgrünlich, inwendig und der Rachen blass rötlich; später gelbgrünlich, gegen die plare aus dem Norden des Stillen Oceans, sondern sie hat sich auch an Vögeln von den britischen Inseln, aus Grönland und von der Ostküste Nord- amerikas gefunden. Vögel, die diese charakteristische Eigenschaft auf- weisen, sind als besondere Species oder Subspecies abgetrennt worden, und zwar unter den Namen Rissa Kotzebui und pollicaris. Man hat sogar be- hauptet, dass einige Exemplare des Stillen Oceans die Hinterzehe und ihre Kralle ebenso voll entwickelt hätten, wie dies beim typischen Zarus der Fall ist Aber diese kühne Behauptung wird ‘durch die Thatsache be- leuchtet, dass wenigstens ein solcher Vogel Rissa tridactyla pollicaris benannt wurde, der überhaupt keine Rissa ist, sondern ein Vogel der Larus canus- Sektion (Birds Brit. Mus.). J. R En 287 Spitze seitwärts mit mehr oder weniger Schwarzgrau, Rachen und Zunge blass pfirsichrot; noch älter verlieren sich die schwärzlichen Flecke, die grüngelbe Farbe wird rein, der Rachen rotgelb; endlich ausgefärbt im Frühjahr ist er citronengelb, wurzelwärts kaum etwas ins Grünliche spielend, inwendig nebst Zunge, Rachen und äusserem Mundwinkel glühend orangerot. Im ausgetrockneten Zustande wird er bei ersteren hornschwarz, bei letzteren hell horngelb. Die Iris der eben nicht grossen Augen ist schwarzbraun oder doch sehr dunkel braun; das Augenlidrändchen in der Jugend weiss befiedert, dann nackt und schwärzlich, bald gelblich, gelb, endlich bei Alten im Frühjahr hoch orange- rot gefärbt. Die Füsse sind als Mövenfüsse klein, schwächlich, niedrig; denn die Mittelzehe ist immer etwas länger als die Fusswurzel; die drei Vorderzehen- haben volle Schwimmhäute; an der Stelle der Hinterzehe steht eine kleine Warze mit winziger Kralle. Übrigens ist der weich anzufühlende Über- zug ähnlich wie bei anderen Möven geschildert und genarbt, nur auf dem Spann und dem Zehenrücken etwas gröber ge- schildert; die Krällen schmal, flach gebogen, ziemlich spitz, mit scharfen Rändern, der innere an der Mittelzehe besonders vorstehend. Der nackte Teil des Unterschenkels über der Ferse misst 8 bis 12 mm; die Fusswurzel oder der Lauf 8 bis 3,5 cm; die Mittelzehe mit der 8 bis 10 mm langen Kralle 4,5 bis 4,7 cm. Die Farbe der Füsse ist in der Jugend matt und trübe fleischfarbig, an den Gelenken gräulich oder schwach grünlich; später gelbbräunlich, bei alten Frühlingsvögeln rotbraun, auf der inneren Seite etwas grünlich überlaufen. So an frischen oder lebenden Vögeln; an ausgestopften werden sie ganz un- scheinlich, heller oder dunkler hornfarbig. Die Krallen sind stets schwarz. [— Das Dunenjunge ist auf dem Rücken grau mit bräun- lichem Anflug, an allen übrigen Körperteilen weiss. —|] Das Jugendkleid unterscheidet sich merklich von allen anderen Arten der Mövengattung und hat nur mit dem der Zwergmöve einige Ähnlichkeit. Schnabel und Füsse sind wie oben bemerkt; der Kopf ist weiss, dicht vor dem Auge steht ein schwarzes Borstenfleckchen, ein braunschwarzer Fleck auf dem Ohr, von dem sich ein dunkler Schatten zu dem der anderen Seite über das Genick zieht, wie denn überhaupt am Hinterkopfe von einem tiefer sitzenden Grau hin und wieder Fleckchen zum Vorschein kommen; der ganze Hals ist weiss; auf dem unteren Nacken haben die Federn breite braunschwarze Endkanten, die hier zusammen einen grossen mondförmigen Fleck bilden; Rücken und Schultern dunkel mövenblau, schwarz- braun geschuppt, weil die Federn schwarzbraune Ränder an den Spitzen haben; das obere Flügelrändchen weiss; längs demselben in einem breiten Bande vom Handgelenk bis an den Ellenbogen sämtliche kleine Flügeldeckfedern braun- schwarz; einige der nächsten mittleren noch mit einigen solchen Flecken zunächst der Spitze, diese übrigens wie die grossen Deckfedern dunkel mövenblau, bis auf die hintersten, welche nebst den hintersten Schwungfedern an der Spitze und Innen- kante weiss und auf der Aussenfahne längs dem Schafte mit einem grossen braunschwarzen Fleck bezeichnet sind; von den Schwungfedern erster Ordnung sind die vier vordersten von aussen und an den Enden schwarz, am Schafte wurzel- wärts und auf der Innenfahne weiss; die folgenden zwei oder drei mit immer kleiner werdenden schwarzen Spitzen und schwarzen Aussenkanten, die übrigen weiss; die der zweiten Ordnung weiss, nach aussen mövenblau; der vordere Flügel- rand braunschwarz gefleckt; der Schwanz weiss, die äusserste Feder und oft noch die zweite ohne Abzeichen, die übrigen aber mit einem 1,8 cm langen schwarzen Ende, eine breite Endbinde bildend; Brust, Bauch, Bürzel, obere und untere Schwanzdecke weiss. [— MALMGREN sah während seines Aufenthalts an der Lomme-Bay (Spitzbergen) am 22. und 23. August zum erstenmal 288 diesjährige Junge fliegen und schreibt darüber: „Ihr von dem der Alten sehr abweichendes Kleid, ihr ausgeschnittener Schwanz und ihr schwerfälliger Flug sind dermassen in die Augen fallend, dass jeder, der die in demselben Jahre aus- gebrüteten Jungen der R. tridactyla zuvor noch nicht gesehen hat, unwillkürlich eine andere Art zu sehen glaubt.“ (Journ. f. Ornith. 1863, 8. 450). —| Das erste Herbstkleid ist vom vorigen wenig ver- schieden; der Schnabel etwas lichter und grünlicher; der Rücken und die Schultern rein mövenblau (etwas dunkel), ohne braunschwarze Mondfleckchen an den Federenden; der dunkle Fleck auf dem Ohr mit seinem undeutlichen Bande auf dem Genick mehr grau als braunschwarz; alles übrige wie im Jugendkleide, weil Flügel- und Schwanzfedern bis ins nächste Jahr verbleiben. Im zweiten Frühlinge und Sommer ihres Lebens sind diese Möven, wie andere Arten, immer im lang- samen Federwechsel begriffen, ohne dass dadurch bedeutende Veränderungen entständen; bloss durch das Abbleichen und Verstossen der Flügel- und Schwanzfedern wird ihr Aussehen mehr oder weniger verändert. Im zweiten Herbst ihres Lebens ist die Mauser vollständig; sie erhalten dann ihr aus- gefärbtes Winterkleid und im nächsten Frühjahr, dem dritten ihres Lebens, ihr vollkommenes Sommerkleid und sind dann zeugungsfähig.t) In diesem Winterkleide (nach einem frisch getöteten Vogel) ist der Schnabel an der vorderen Hälfte und den Schneiden schön schwefelgelb, übrigens gelbgrün, Rachen, Zunge und Mundwinkel hochrot; die Iris dunkelbraun; das Augenlidrändchen schwärzlich, schon in Rot übergehend; die Füsse rötlich dunkelbraun, am lichtesten vorn am sogenannten Knie, den Schwimmhäuten und der Innenseite der inneren Zehe, die Spur (Palma) noch bleicher, nur wenig mit Rot über- laufen; die Krallen schwarz. Kopf, Hals, Brust, Bauch, Bürzel und der Schwanz mit seinen Deckfedern sind blendend weiss, auch das Flügelrändchen und die Unterflügeldeckfedern; dicht vor dem Auge steht ein kleines Fleckchen schwarzer Härchen (Federschäfte ohne Bärte), auf dem Ohr ein runder, dunkel schieferfarbiger Fleck; Genick und Nacken sind schwach bläulich aschgrau überflogen; Rücken, Schultern, Flügeldeck- federn, hintere und mittlere Schwungfedern schön mövenblau, etwas dunkler als bei anderen Arten; die Schwingen erster Ordnung sind hellgrau, nach den Enden zu in Weiss über- sehend, die vorderste mit einem schmalen Streifen auf dem Rande der ganzen äusseren Fahne und langer Spitze auf beiden Fahnen von tief schwarzer Farbe, die drei folgenden bloss mit schwarzer Spitze, die stufenweise an Länge abnimmt, die fünfte am schwarzen Endfleck noch mit einem weissen Spitzchen, die sechste vor dem weissen Ende nur noch mit einem kleinen, ovalen, schwarzen Fleck, der auch oft fehlt, alle übrigen spitzewärts rein weiss, die Schäfte weiss, im Schwarzen schwarz, im Grauen dunkler grau; die Schwingen zweiter Ordnung, be- sonders die hintersten, wie auch die längsten Schulterfedern haben weisse Enden; die Fittichdeckfedern und die Daumen- federn licht bläulich aschgrau, von den letzteren eine oder zwei zuweilen mit einem dreieckigen schwarzen Spitzenfleck- chen, häufig auch ohne diese; der Flügel auf der unteren Seite ist samt allen Schäften schneeweiss, nur die äusserste Spitze schwarz. Das hochzeitliche oder ausgefärbte Sommerkleid ist am Schnabel fast rein zitronengelb, die Spitze schwefelgelb, Rachen, Mundwinkel und Augenlidrändchen glühend orange- oder hochrot, die Füsse dunkelbraunrot, Kopf und Hals ohne alle Flecke; diese Teile bis an den Anfang des Rückens, die !) Man hat diese Periode auch wohl noch ein Jahr weiter hinaus geschoben, auch ein Zwischenkleid dazu beschrieben, das mir aber vor- gekommen ist, als gehöre es noch dem ersten Lebensjahre an. Bei so grosser individueller Verschiedenheit des Mauserns der Möven nach Zeit und anderen veränderlichen Umständen lässt sich mit apodiktischer Ge- wissheit aber weder dieses noch jenes behaupten, und die Entscheidung wird künftigen, mit Eifer in freier Natur fortgesetzten Forschungen an- heim gestellt bleiben. Naum. Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). Brust und ganze Unterseite des Vogels, der Bürzel, sämt- liche Schwanzdeckfedern nebst dem Schwanze sind weiss, von blendender Reinheit; der Mantel ungemein zart und schön mövenblau; die Flügel wie im Winterkleide. Männchen und Weibchen sind in allen Kleidern gleich gefärbt, nur im letzteren die nackten Teile von einer noch prächtigeren Färbung bei dem meistens etwas grösseren Männchen. Das Mövenblau des Mantels ist bei dieser Art dunkler oder gesättigter als bei der Sturm- oder Silbermöve, mithin unter den europäischen das dunkelste, zumal am ganz frischen Gefieder; denn im Laufe des Sommers bleicht es etwas ab, und das Gefieder verliert durch Reibungen etwas von seinem ungemein zarten Aussehen, was ebenso von dem anderer Arten gesagt werden kann und nicht allein am Mantel und an den Flügeln, sondern auch am Weissen bemerklich wird. Die ursprüngliche Zartheit des Mövengefieders wird auch bald nach dem Tode sehr auffallend vermindert. Die Mauser geht ganz in der Ordnung wie bei anderen Möven, namentlich der Sturmmöve, vor sich, und es kommen hinsichtlich der Zeit hier eben solche oft kaum zu erklärende Abweichungen vor. In Deutschland wird keine im eigent- lichen Jugendkleide, sondern die meisten im Übergange zum ersten Winterkleide oder auch im vollendeten Winter- kleide, selten eine im ausgefärbten Sommerkleide erlegt. [— Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen vom Juni von den Färöern, ein junger Vogel vom Oktober aus Eng- land und ein alter Vogel vom Oktober aus Schottland, sämtlich im Tring-Museum befindlich. —|] Aufenthalt. Die Dreizehenmöve gehört dem hohen Norden beider Welten an, geht im Sommer in Norwegen vom 60. Grad, in Grossbritannien vom 50. Grad nördlicher Breite [— und in Irland vom 52. Grad nördlicher Breite —]) an bis in die Eisregion des arktischen Kreises hinauf, bewohnt die Küsten und Inseln des Eismeeres von Europa, Asien und Amerika in grösster Anzahl. [— In dieser zirkumpolaren Region erstreckt sich ihr Brutgebiet bis über die Grenzen der Polarforschung hinaus, in das nördliche Grönland, auf die Inseln Spitzbergens und Franz-Josef-Land, demnach bis mindestens zum 83. Grad nördlicher Breite. Ihr südlichster, wie es scheint völlig isolierter, Brutplatz in Europa befindet sich an der Westküste der Bre- tagne (48 Grad nördlicher Breite), wo eine kleine Gesellschaft in den für Menschen unzugänglichen tiefen Felsspalten der Baie des Trepass&es nistet. An der Ostküste Nord-Amerikas zieht sich ihre Sommerheimat bis zum St. Lorenz-Golf, an der pazifischen Seite Asiens bis zu den Kurilen abwärts (etwa 45 Grad nördlicher Breite.!) —] Auf den Färöern, auf Island, den Lofotinseln ist sie auch unsäglich häufig; so am Weissen Meer und auf Spitzbergen; so von Kam- tschatka und den Fuchsinseln bis über die Berings- strasse hinaus; so in der Baffins- und Hudsonsbai. [— Der zirkumpolare Zusammenhang ihres Brutgebiets ist vollkommen festgestellt zwischen dem Nordkap und der Beringsstrasse durch Sibirien und über die nördlichen Inseln, während im arktischen Amerika allein der kleine Zwischenraum von Prinz-Albert-Land bis zur Barrow- spitze fehlt (SAUNDERS.. An den Küsten und Inseln des Beringsmeeres kommt sie zusammen mit der nahe ver- wandten Rissa brevirostris vor. Im Winter streicht sie südlicher. Sie ist dann häufig an den nördlichen Küstenstrichen des europäischen Festlandes mit Ausnahme der ÖOstseeländer, in denen sie sonderbarer Weise eine seltene Erscheinung ist und meistens nur einzeln vorkommt. Über die östlichen Binnen- gewässer streift sie südwärts bis zum Kaspischen Meer, an der atlantischen Küste aber bis ins Mittelmeer-Gebiet, nach Madeira und auf die Kanarischen Inseln. Auf den ‘) Dieser Teil bedurfte der Umarbeitung. J. R. Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). letzteren scheint sie allerdings nur vereinzelt vorzukommen (KoENIG sah ein im Hafen von Santa Cruz auf Palma er- legtes Exemplar, HENNICKE ein durch eine Logleine ver- unglücktes zwischen Sierra Leone und Las Palmas); auf Madeira aber haben (nach HArTwIG) die Schiffer zwei ver- schiedene Benennungen für alte („Gavina“) und junge („Freira“) Vögel, was wohl ein Zeichen für die Häufigkeit ihres Vor- kommens auf den Gewässern der Insel sein dürfte Die amerikanischen Vögel besuchen im Winter die Bermuda- Inseln und streichen an beiden Seiten des Festlandes bis etwa 35 Grad nördlicher Breite herab. —] Von den nördlichen Küsten unseres Erdteils kommen diese Möven, durch widriges Geschick verschlagen, oft auch in das Innere der Länder, einzeln selbst bis in die Schweiz und das südliche Frankreich, jedoch äusserst selten bis an die Küsten des Mittelländischen Meeres. Heftige und an- haltende Stürme aus Westen und Norden sind die wahrschein- liche Ursache, durch die sie von den Küsten und namentlich den Flussmündungen auch ins Innere von Deutschland kommen, wo sie dann an den Flüssen entlang immer tiefer ins Land hinein geraten und beiläufig auch an Seen, Teichen und anderen Gewässern herumirren. Weil solches nur von Zufälligkeiten abhängt, so kommt es natürlich auch nicht regel- mässig, nicht jeden Winter vor, und während in einer Gegend einmal viele gesehen wurden, zeigten sich in allen anderen gar keine; ein andermal zeigten sich wieder nur einzelne, aber in vielen Gegenden. Von grossen Scharen in ver- schiedenen Jahren und ganz verschiedenen Gegenden Deutsch- lands erzählen BECHSTEIN und MEYER (a. a. O.), und ich füge hinzu, dass wir sie hier in Anhalt, zwar nicht in solcher grosser Anzahl, doch in kleinen Gesellschaften und noch viel öfter einzeln beobachtet und mehrmals erhalten haben. Als ungewöhnliche Erscheinung müssen sie jedoch hier inmitten des Festlandes immer zu den selteneren Vögeln gezählt werden. Mehr Strich- als Zugvogel, verlässt sie die kälteren Regionen, sobald das Eis überhand zu nehmen anfängt, und sucht ihren Aufenthalt in milderen oder auf offenem Meer, weit von allem Lande. Aus Island verschwindet sie bis auf einzelne dort überwinternde schon zu Ende des September und kehrt anfangs März wieder dahin zurück. Höher nach dem Pol hinauf geschieht dieses einen Monat später, jenes so viel früher; tiefer nach Süden wandern sie erst im Oktober und November aus. In tiefen Buchten und grossen Fluss- mündungen an der deutschen Nordsee erschienen sie ge- wöhnlich erst gegen Weihnachten oder im Januar und Februar mit den Heringen, deren Zügen sie folgten, und hier geschieht es am häufigsten, dass ganze Scharen durch Stürme tiefer ins Land verschlagen werden, sich zerstreuen und planlos herum- irren. Solche tragen fast alle das Winterkleid oder ein jugendliches Gewand, doch kommt unter vielen zuweilen auch ein Individuum im hochzeitlichen Prachtkleide vor, in dieser Zeit eine Abweichung von der Regel, was jedoch unter Möven nichts seltenes ist; ebenso haben wir am 5. März noch eins im reinen Winterkleid (ohne Spur einer an- gefangenen Frühlingsmauser) erhalten. Sehr selten verweilen solche verirrte so lange im mittleren Deutschland, wie einst ein alter Vogel dieser Art im ausgefärbten Prachtkleide, den wir im Anfange des April am salzigen See im Mans- feldischen erhielten. Auch haben wir an diesem See zu- weilen schon Anfang N ovember einzelne junge Vögel bemerkt. Eine merkwürdige Erscheinung ist, dass viele dieser Möven, die sich bis zu uns verirrten, ermattet oder tot auf- gefunden wurden. Sie waren sämtlich, auch die noch lebenden, in einem abgemagerten Zustande, in den sie nur durch Mangel an Nahrung, aber nicht durch die Kälte — wie man früher wohl wähnte — versetzt wurden; denn wir fanden oft in gelinden Wintern, namentlich im Februar und März des Jahres 1835, tote Möven dieser Art auf den Feldern, selbst in der Nähe grosser Flüsse, wo damals das Thermometer bei uns wochenlang nicht unter den Gefrierpunkt sank und jene ganz Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. u 289 und selbst stehende Gewässer teilweise frei vom Eise waren. Magen und Schlund solcher aufgefundenen waren stets ganz leer, auch bei denen, die man noch lebend antraf und durch den Schuss erlegte. Die Dreizehenmöve ist ganz Seevogel; nur das salzige Meerwasser sagt ihr zu. Nicht allein an der Küste oder bei Inseln und Klippen trifft man sie an, sondern zu manchen Zeiten auch viele Meilen vom Lande, mitten auf offenem Meere. [— Sie ist häufig tagelang eine Begleiterin der Ozean- dampfer. So erzählt BOLLE, dass der „Retriever“, auf dem er im Februar die Fahrt von Plymouth nach Santa Cruz (Kanaren) machte, beständig von einer kleinen Anzahl dieser Möven um- ringt war; und FInscH berichtet, dass während seiner stürmischen Rückreise von Amerika im Dezember einige dreizehige Möven dem Dampfer folgten und zwar, wie an der Markierung eines Individuums festgestellt werden konnte, dieselben Exemplare von den Küsten Amerikas bis zum Kanal. Auch HENNICKE machte dieselben Beobachtungen. —| Obgleich sie auch hin und wieder in tief in das Land einschneidenden Meeresbuchten wohnt, so lebt doch die Mehr- zahl an brausender offener See; nicht an stillem, niedrigem Strande, sondern am hohen felsigen Gestade, in der Nähe schroffer Klippen, hoher Felseninseln und vom Meer umspülter Schären, an denen die See in tobenden Brandungen aufsteigt oder doch immer in wilder Bewegung ist. Sie lebt am liebsten an schauerlich barocken, von Menschen wenig besuchten, zum Teil unzugänglichen Orten. Ihre Streifzüge von diesen wüsten Wohnsitzen gehen alle seeeinwärts oder längs der Küste hin, nie landeinwärts, weil siein gesundem Zustande allen mensch- lichen Anbau flieht, auf dem Trockenen nichts zu suchen hat und sich auf Feldern, Äckern oder Wiesen freiwillig nie nieder- lässt. Sie ermattet, wo sie gezwungen ist, weit über Land zu reisen. Wie sehr sie sich hierin von der Sturm- und Lach- Möve unterscheidet, wird ein vergleichender Rückblick auf die im Vorhergehenden gegebenen Beschreibungen der Ge- schichte dieser deutlich genug darlegen. Süsse stehende Gewässer sagen ihr so wenig zu, dass sie nur höchst selten und vorübergehend an ihnen erscheint, wenn sie auch in nächster Nachbarschaft des Meeres liegen. Auf vielen grösseren Felseninseln vorkommende süsse Teiche besucht sie vom nahen Wohnorte aus wohl öfter, doch nur des Badens wegens, weil gewöhnlich die Brandung es im Meer- wasser dort verbietet. So gern sie sich zu manchen Zeiten vor weiten Flussmündungen aufhält, so wenig liebt sie das eigentliche Flusswasser, wie denn überhaupt von allen Ge- wässern die mit Bäumen, Buschwerk oder Rohr besetzten ihr am meisten zuwider sind. Die zu uns verirrten streichen freilich durch allerlei Gegenden, über Wiesen und Feldern herum, lassen sich auf allerlei Gewässern, auf Feldteichen und vom weggetauten Schnee entstandenen Feldlachen nieder, finden aber dabei, wie schon erwähnt, ihre Rechnung so wenig, dass sie endlich umkommen müssen. Man sieht diese Möven, um auszuruhen, kaum jemals sich auf lachen Strand, sondern wo dieser ist, lieber auf das Wasser niederlassen, dagegen in dieser Absicht sich oft in Scharen auf nackten Klippen oder auf den Absätzen hoher, jäher Fels- wände lagern, so am Tage zuweilen ausruhen und an solchen Orten gewöhnlich auch übernachten. Beides thun sie auch, wenn sie zu weit vom Lande entfernt sind, auf offenem Meer auf Eisschollen oder ganz schwimmend, wie zu uns ver- schlagene auf dem stillen Wasserspiegel in der Mitte der Gewässer, ebenfalls schwimmend, zu schlafen pflegen. Eigenschaften. Auch die Dreizehenmöve ist im ausgefärbten Pracht- kleide, zumal lebend, ein gar herrliches Geschöpf, un- vergleichlich die Reinheit des blendendsten Weiss ihres zarten Gefieders, von dem das ungewöhnlich stärkere Mövenblau des Mantels, dann wieder das tiefe Schwarz der Flügelspitze vor- trefflich abstechen, während das hohe Gelb des Schnabels, das 37 290 glühende Rot der Mundwinkel und des Augenlidrändchens als Umgebung des sehr dunklen Auges das Ganze prächtig heben; alles zwar einfach, aber in höchster Sauberkeit ge- halten, erregt Staunen und Bewunderung im Beschauer. Leider geht von dieser hohen Schönheit im Tode ebenfalls unendlich viel verloren. Fremder Schmutz verdirbt dies ungemein zarte Gefieder so sehr, dass es keine menschliche Kunst wieder in den früheren Zustand, in dem es beim lebenden Vogel war, zurückzubringen vermag. Ihre Stellung im Stehen ist wie bei anderen Möven wage- recht, den Hals mehr eingezogen als gedehnt, die Füsse weit vorgezogen und in den Fersen nicht gebogen, die Flügel vorn unter den Tragfedern, hinten erst über dem Schwanzende gekreuzt u. s. w., aber ihre niedrigeren Füsse und das dickere Aussehen des Kopfes und Halses unterscheiden sie schon in weiter Ferne von denen ähnlicher Grösse. Dass sie nicht gern auf niedrigem, flachem Boden sitzt, ist schon erwähnt; auf offenem Meer im Norden sitzt sie jedoch häufig, nicht selten ganze Scharen, auf grossen treibenden Eisschollen. Sie geht schlecht und sehr selten, trippelt dann nur wenige Schritte fort, schwimmt aber desto besser, ziemlich oft und auch anhaltend, versteht es, sich auf einer Stelle zu erhalten oder auch nach Belieben weit fortzurudern, selbst bei ziemlichem Wellengange. [— Sie scheint sich nach KOLTHOFF gerne in süssem Wasser zu baden. Er schreibt darüber: „Sie flogen auf der Bäreninsel in grossen Scharen landeinwärts, um sich dort in den Seeen zu baden. Da ich vermutete, sie suchten dort Futter, erlegte ich mehrere, um sie zu untersuchen, fand aber nur Reste von Meeres-Crustaceen in ihrem Magen.“ —] Ihr Flug ist leicht, sanft, voll zierlicher und rasch aus- geführter Wendungen, sehr anhaltend, bald in langsameren, bald in schnelleren Flügelschwingungen, bald auch ganz schwebend oder schwimmend und kreisend, gewöhnlich etwas langsam, zumal wenn sie niedrig über dem Wasser hinstreicht, aber auch in raschen Bewegungen und schneller (fast wie Tauben- oder Dohlenflug) hoch durch die Luft und gerade aus, wenn sie ein Stück Land überfliegt oder überhaupt ihren Aufenthalt in eine andere Gegend und weit weg verlegen will. Sie ist von viel sanfterer Gemütsart, stiller und gemütlicher als viele andere Mövenarten, ausserordentlich gesellig gegen ihresgleichen, daher selten einsam, fast immer in kleineren oder grösseren Gesellschaften, ja oft zu vielen Tausenden beisammen, lebt auch, einzelne Fälle abgerechnet, verträglich mit ihnen und auch mit anderartigen ihr nahe wohnenden Seevögeln. Entspinnt sich ja einmal ein Zank zwischen zweien, so ist er doch weiter nichts als ein augenblickliches Aufbrausen und sehr bald vorüber. Nur an den Nistplätzen giebt es öfter länger dauernde und heftigere Zänkereien. [— BREHM sagt über über die Verträglichkeit: „In der That, man muss sich wundern über die verträglichen Geschöpfe; man wird entzückt, wenn man sieht, wie Millionen untereinander leben, zwar plärrend und kreischend, aber doch ohne sich zu zanken, wie vielmehr jeder sich bemüht, in der Gesamtheit die Stellung einzunehmen, die ihm durch die Umstände zugewiesen wird. Um andere Vögel kümmert sich die Stummelmöve nicht. Ver- wandte leben auf demselben Berge mit ihr, nicht aber im eigentlichen Sinne unter ihr. Denn ebenso wie der Schwarm auf dem Meere sich abgeschlossen zusammenhält, behaupten auch die Brutvögel einen bestimmten Teil des Berges.“ —] In ihrer Heimat fürchtet sie den Menschen wenig; in fremden Gegenden, wenn sie z. B.zu uns kommt und nicht etwa schon krank ist, zeigt sie sich dagegen misstrauischer und vor- sichtiger, doch lange nicht so scheu wie viele andere Arten und bleibt immer eine der zutraulichsten. Von der vereinzelten hört man selten eine Stimme, allenfalls bisweilen ein einzelnes, heiseres Dack, doch auch dieses kaum anders, als wenn mehrere beisammen sind. Ausser der Fort- pflanzungszeit gehören diese Möven zu den stillsten, und selbst verirrte geben äusserst selten einen Laut von sich. Etwas Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). hörbarer werden sie aber schon bei ihren Fischereien, haupt- sächlich wenn ihrer sehr viele beisammen sind. Dies hält jedoch nicht den entferntesten Vergleich aus gegen das un- unterbrochene, entsetzliche Schreien an den Brutorten, wo tausend und abertausend Kehlen fortwährend wetteifern, einan- der zu überschreien. Zum Ekel häufig wird neben jenem oft wiederholten Dack dack ihr klägliches Käkedäi vernommen; selbst wenn sie zum Nestbau Erde im Schnabel haben, unterlassen sie das Schreien nicht, wo es dann natürlich dumpfer und oft sanz anders klingt, überhaupt auch sonst in den mannigfaltigsten Modulationen vorkommt. Ausserdem haben sie noch, doch bloss am Brutorte, eine Stimme, die bald mit dem Schreien eines weinenden kleinen Kindes, bald mit den Tönen einer Kinder- trompete verglichen wird und quäckend wie Häh, hää, hiäh und hüiäh (also doch auch entfernt krähenartig) klingt und den Lärm auf die unangenehmste Weise vermehren hilft. BOIE, FABER, (RABA, alles höchst achtbare und glaubwürdige Beobachter, der erste in den Vogelbergen des oberen Norwegens, der andere bei und auf Island, der dritte auf den Färöern, geben einstimmig die Versicherung, dass der unbeschreibliche Lärm an mit Myriaden dieser Möven besetzten Brutorten wahrhaft betäubend zu nennen sei und des Nachts fast ebenso wie am Tage fort- dauere. Sie soll sich leicht an die Gefangenschaft gewöhnen lassen und als stiller, ruhiger Vogel bald zahm werden. Nahrung. Die dreizehige Möve scheint fast allein von Fischen zu leben und zwar vorzüglich von kleinen, die sie ganz ver- schlingen kann. In ihrer Art und Weise sich zu nähren hat sie viel Ähn- lichkeit mit den Meerschwalben. Langsam, bedächtig und spähend fliegt sie in geringer Höhe über dem Wasser und stürzt. sich, wie diese, nach den der Oberfläche sich nähernden kleinen Fischen auf und zum Teil unter dieselbe, oder fährt in einem unterwärts gerichteten Bogen durch die Wellenspitzen, fischt jedoch viel lieber im seichten Wasser an stillen Plätzen als in zu hoch wogendem, und streift oft Meilen weit vom eigent- lichen Wohnorte weg nach solchen und längs der Küste hin. Doch halten sich auch viele und grosse Scharen, besonders Junger, noch nicht brutfähiger Vögel gegen die Gewohnheit vieler anderer Möven auf offenem Meer in grosser Entfernung von allem Lande auf und nähren sich dort vom Fange kleiner Fische, welche Seehunde und grosse Raubfische in Menge aus der Tiefe des Meeres gegen die Oberfläche aufscheuchen, und folgen so den Wanderzügen jener. Dadurch zeigen die Möven den Fischern und Robbenschlägern gewöhnlich die Ankunft jener beim Lande an, ehe sie noch solche vermuteten. [— Nach MALMGREN (Vogelfauna Spitzbergens) nähren sie sich im Norden ausser von kleinen Fischen und Krusten- tieren vorzugsweise von den nahe an der Oberfläche des Wassers schwimmenden verschiedenen Arten der Ruderschnecken (.Lima- cina archica, Clio borealis, „Walfischaas“), die sie, gegen den Wind schwimmend, auflesen. „Sie verzehren“, so fügt dieser Forscher hinzu, „keine Kadaver oder Speck, wie Larus glaucus und eburneus, und zeigen sich daher nie an Zerlegungsstellen. Vielleicht ist dieser Umstand die Ursache, dass eben diese Möve und nicht die beiden anderen den Verfolgungen der Lestris parasitica ausgesetzt ist.“ (Journ. f. Ornith. 1863, S. 365.) —] Sie folgt vorzüglich den grossen Zügen der zur Gattung Hering (Clupea) gehörigen Fische und kommt mit den Zügen der gewöhnlichen Heringe im Januar und Februar an die nord- deutsche Küste, namentlich in grösster Anzahl vor die Mündung der Elbe, wo sie fast von nichts anderem als jungen Heringen lebt und sie bis zu einer Hand Länge verschlingt. [— Ebenso treibt sie es in den Ostfriesischen Gewässern, und vON DROSTE bemerkt hierzu: „Dass andere Möven sich dabei lebhaft beteiligten, habe ich nicht gefunden, doch sind diese auch allesamt weit schlechtere Stosstaucher. Keine andere Be Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). Mövenart stürzt sich wie ein Stein ins Wasser, dass nur Flügel und Schwanz daraus hervorragen.“ Auf der Bäreninsel füttern nach KOLTHOFF die Dreizehen- möven ihre Jungen hauptsächlich mit Krabben. Obgleich er ein paar Stunden oben auf dem Mövenberge sass und die alten Vögel beobachtete, die ihren Jungen Futter zutrugen, sah er sie doch nicht ein einziges Mal Fische bringen. Auch alle Jungen, die er untersuchte, hatten nur Krabben verzehrt oder andere kleine Krustaceen. Dagegen sah er auf König Karls- land bei mehreren Gelegenheiten die Dreizehenmöven ihren Jungen kleine Polardorsche (Gadus saida) zutragen. Einmal sah er eine Dreizehenmöve einen Polardorsch von mehr als 200 mm Länge fangen, der ihm aber zu Gute kam, da ihn der Vogel auf dem Strande fallen liess. —]) Sie geht nie ins Land oder aufs Trockene, um Würmer oder Insekten aufzusuchen, scheint überhaupt auch Abgänge von warmblütigen Tieren ganz zu verschmähen, daher, wo ihr die Fischnahrung fehlt, in Not zu geraten. Obgleich sie an Fressgier den anderen Mövenarten wenig nachgiebt, oft und viel auf einmal frisst, so mag sie ihnen doch im Ertragen des Mangels nachstehen und Hunger nicht lange aushalten können. Nähme sie, wie die meisten übrigen Mövenarten, im Notfall mit Abfällen aus anderen Tierklassen fürlieb, so würden die im Winter in das Innere der Länder, namentlich bis zu uns verschlagenen, nicht stets mit leerem Magen gefunden werden und nicht, wie gewöhnlich die Mehrzahl solcher, den Hunger- tod sterben müssen. Vergleicht man ihre Lebensart mit der der kein animalisches Lebensmittel verschmähenden Sturm- möve, die nicht so hohen Breitengraden angehört, die Kälte unserer Winter aber sehr gut verträgt, weil sie sich dabei auch notdürftig zu nähren versteht, so bleibt kein Zweifel, dass die im Winter bei uns vorkommenden dreizehigen Möven allein Nahrungsmangel, aber nicht die Kälte aufreibt, weil dann bei uns die Fische, ihre einzige Nahrung, wenngleich die Gewässer nicht mit Eis bedeckt sind, sich versteckt und viel zu sehr in der Tiefe aufhalten. sie nicht hinlänglich mit Fischen versorgen kann, an klein- geschnittene Gedärme und kleine Fleischbissen, sogar an Stückehen Brot gewöhnen lassen. Ein notwendiges Bedürfnis ist solchen recht viel und öfter frisches Wasser, weil sie sich gleich anderen Möven sehr oft zu baden pflegen. Fortpflanzung. Die Farninseln (55. und 56. Grad nördlicher Breite) an der Küste von Northumberland sind vielleicht einer der südlichsten Brutplätze der Dreizehenmöve;!) denn an der von Norwegen lebt sie während der Brutzeit nicht tiefer als 60 Grad. Ihre häufigeren und weit zahlreicher besetzten Brut- orte liegen dem Nordpol viel näher, man sagt auf Spitzbergen sogar bis gegen den 80. Grad, [— nach neueren Beobachtungen im Smithsund wenigstens bis 81 Grad 40 Minuten nördlicher Breite; PARRY sah noch unter 82 Grad 45 Minuten nördlicher Breite unsere Vögel. —] Im ungeheueren Massen, Bienen- schwärmen ähnlich, pflanzt sie sich an den Vogelbergen auf den Färöern, an denen von Island, besonders nach Norden zu und namentlich auf der kleinen Insel Grimsöe in aller- grösster Anzahl fort, ebenso und in Myriaden in vielen Gegenden des oberen Norwegens, auf den Lofotinseln und vielen anderen Küsten und Inseln des Eismeeres. Sie nistet nie einsam oder in einzelnen Paaren, sondern stets in Gesellschaften vereint, und zwar selten in kleinen Vereinen; gewöhnlich sind es Tausende, ja Hunderttausende, die an den Nistorten eine einzige Schar bilden, ja hier meistens | ite | aus Ausflüge unternimmt, aber dass die Individuen, die sich ') Seither sind noch südlichere Brutplätze bekannt geworden. An der Ostküste von Grossbritannien brütet die Dreizehenmöve auf den Klippen von East Yorkshire (Flamborough head) bei 54 Grad; an der Westküste auf den Seilly-Inseln (50. Grad); an der Westküste von Irland in der Graf- schaft Kerry (52. Grad); an der Westküste von Frankreich in der Bretagne (48. Grad nördlicher Breite). J. R. ‚ manchen Orten Mantelmöven, In der Gefangenschaft soll sie sich jedoch, wenn man | 291 noch mit Myriaden anderer Seevögel den gemeinschaftlichen Brutplatz teilen [—, aber stets so, dass jede Art ihren be- sonderen Bezirk innehält. —] Ihre Brutplätze sind senkrecht aus dem Meere auf- steigende Felswände, von mehreren 100 ja bis 1000 Fuss Höhe über dem Spiegel der See, deren Fläche gegen das Meer und gegen die in der Gegend herrschenden Winde gerichtet ist. Auf den Färöern, wo Westwinde die herrschenden sind, stehen z. B. nach GRABA (siehe dessen Reise nach Färöe, 5. 101) alle Vogelberge, deren es wohl 25 dort giebt, nur nach Westen und Nordwesten gegen das Meer, nicht einer nach Osten u. s. w. Auf den Vorsprüngen oder Hammern dieser gigantischen Felsmauern baut die zahllose Menge ihre Nester. Die Felsen erscheinen von der Menge der an ihnen gelagerten Möven dieser Art in der Ferne ganz weiss und werden es in der Folge, samt dem in den Spalten wachsenden Löffelkraut, bald wirklich vom Kote der Vögel, die, wenn sie auffliegen, die Sonne verdunkeln und mit ihrem Geschrei die Sinne be- täuben. BoIE erzählt (siehe dessen Reise in Norwegen, S. 197), dass er an solchen hohen und zugleich sehr breiten Fels- wänden von der Höhe, wo er aus dem Boote die untersten Nester mit der Hand erreichen konnte, in enormer Ausdehnung in der Breite, Nest bei Nest, Vogel bei Vogel sah, bis zu einer Höhe hinauf, wo das Auge kaum noch die einzelnen Vögel unterscheiden konnte. Alle Vorsprünge und jedes Absätzchen solcher Felsenmauer sind mit Nestern und Vögeln besetzt, mit mehreren grösseren oder kleineren Gruppen oder einzelnen, je nachdem es das Plätzchen erlaubt, da kaum vier Geviert- Fuss für ein Nest erforderlich sind.) Gewöhnlich schliessen sich auch Lummen, Alken und andere Seevögel, auf be- sonderen Plätzen vereint, diesen Möven an; manche Berge zeigen dann ein Leben und Treiben, das den Menschen mit Staunen und Bewunderung erfüllt. Ganz oben, wo der Felsen mit Erde bedeckt und mit Gras bewachsen ist, haben an dann Silbermöven, an anderen Puffins oder Larventaucher ihre Nistplätze; dann folgt die Region unserer dreizehigen Möven, die bis tief herab reicht, wo sich die der Teisten und Scharben anschliesst; zu allerunterst, fast im Bereich der Brandung, sitzen die nicht brutfähigen Lummen, Alken und andere. Die ein- und zweijährigen, nicht brutfähigen Vögel dieser Mövenart sind, während die alten Vögel an den Brutplätzen den Fortpflanzungsgeschäften obliegen, gewöhnlich an ganz anderen Orten auf Felsen gelagert, in solchen Scharen, dass jene wie mit Schnee bedeckt aussehen, oder sie treiben sich in grossen Schwärmen auf offenem Meere herum, wo sie von Seefahrenden öfters bei 200 bis 500 km von allem Lande ent- fernt angetroffen wurden. [— KOLTHOFF schreibt darüber: „Auf der Reise zwischen Spitzbergen und Grönland war die Dreizehenmöve sehr ge- wöhnlich, bis wir uns gegen 100 bis 120 Minuten von Spitz- bergen entfernt hatten. In diesem Bezirk zeigten sich zahl- reiche alte Vögel und strebten in Zügen gegen Spitzbergen hin. Nachdem wir weiter nach Westen gekommen waren, nahmen sie der Zahl nach ab, und die Individuen, die wir in grösserem Abstande vom Lande sahen oder schossen, waren meistenteils junge Vögel, die noch ganz oder teilweise den schwarzen Saum auf dem Schwanz hatten. Die meisten alten Vögel, die so weit vom Lande entfernt angetroffen wurden, trugen teilweise noch das Winterkleid, und keins von den ge- schossenen Exemplaren hatte sich in diesem Jahre fortgepflanzt. Diese Beobachtung beweist, dass die Dreizehenmöve in der Fortpflanzungszeit bis zu 100 bis 120 Minuten vom Lande weiter draussen auf dem Meere aufhalten, teils jüngere Vögel sind, die noch nicht zur Fortpflanzung reif sind, teils ältere, ı) Vergleiche auch die lebendige Schilderung des Vorgebirges Syvärt- holm in A. BREum „Das Leben der Vögel“, sowie SCHRADER, Journ. f. Ornith. 1853, S. 312 und HoLsöLL „Ormith. Beiträge zur Fauna Grönlands.* J. R. 37* 292 die aus dem einen oder anderen Grunde sich nicht fortpflanzen. Es wurde dadurch auch der Beweis geführt, dass die alten Vögel, die sich nicht fortpflanzen, nicht das vollständige Sommer- kleid anlegen.“ —] Nur alte Vögel im reinsten Hochzeitskleide, darunter sehr selten einzelne mit noch vorhandenen Resten des Winter- kleides, versammeln sich gegen Anfang des Mai an den Brut- orten, und gegen Ende dieses Monats fangen sie an, ihre Vvor- jährigen Nester auszubessern oder neue zu bauen. Gepaart haben sich die Pärchen schon früher, und die Gatten sitzen jetzt in den lieblichsten Stellungen, sich liebkosend und oft wie Tauben schnäbelnd und zärtlich dabei girrend, neben oder auf den Nestern. Unbeschreiblich ist das Gewimmel, Gewirr und Geschrei der ab- und zufliegenden Vögel zwischen dem Nistplatz und solchen, wo sie viele Baumaterialien beisammen finden; wie schwärmende Bienen erfüllen sie auf solchen Strichen die Luft, und in fröhlichster Regsamkeit sind beide Gatten gleich thätig, daher bald mit dem Nestbau fertig. Das grosse Nest hat fast gleichen Umfang mit dem der Silber- möve und ist zuweilen auch gegen 1 Fuss hoch, von Tang (Fucus) und Meergras (Zostera marina), das die Wellen aus- warfen oder das noch auf dem Wasser schwamm, mit Erde vermischt, die sie von gewissen Plätzen ebenfalls im Schnabel herbeitragen, kunstlos aufgebaut, im Inneren oft noch mit dürren oder halbabgestorbenen Grasstöckchen ausgelegt; später wird es aber vom Kot der Jungen und dergleichen ein dichter schmutziger Klumpen und oben ganz flach gedrückt. [— MALMGREN beschreibt den Nestbau nach seinen Be- obachtungen auf der Bäreninsel folgendermaßen: „Auf Wan- derungen im Lande sah ich Scharen von Hunderten ab- und anfliegen von ihrem Brutplatze und einer vom Schnee befreiten sumpfigen Stelle auf der Insel, woher sie im Schnabel dunkel- farbigen Schlamm, Moos und anderes Baumaterial für ihre künftigen Nester auf einer senkrecht ins Meer stürzenden Fels- wand, 200 bis 400 Fuss hoch, holten. Beim Bauen ihrer Nester legt diese Art bei weitem mehr Kunstfertigkeit an den Tag als irgend eine andere von der Familie der Möven. Eine schmale, vorstehende Kante oder ein unbedeutender Spalt in der Bergwand wird geschickt als Befestigungsort oder als Fundament für das Nest benutzt, und dieses aus Moos und Lehm so zusammengemauert, dass der von dem Berge vor- springende Teil die Gestalt einer ziemlich hohen Schale er- hält, deren äussere gewölbte Seite bedeutend ausser der zum Anhalt dienenden Kante des Felsen hängt, während die andere an dem Berge festgemauert ist. Einige Nester waren so niedrig angelegt, dass ich, im Boote stehend, mit einem Boots- haken die untersten herabstürzen konnte, ‚die meisten aber waren 100 bis 200 Fuss über dem Meere.“ (Journ. f. Ornith. 1865, S. 202.) Nach Sysselmand MÜLLER ist der Horst so fest, dass der Vogelfänger sich dreist darauf stützen darf. —|] Die Zeit des Eierlegens ist gewöhnlich das Ende des Mai und die ersten beiden Wochen des Juni, wenn ihnen an zugänglichen Orten nicht etwa die Eier ein oder mehrere Male genommen wurden, wo sie dann wiederholt neue Gelege machen, bis über die Mitte’ des Juni hinaus. Ein Nest enthält in der Regel drei Eier, auch wohl nur zwei, viel seltener vier. Da an ihren Brutplätzen ein grosser Wirrwarr herrscht, in dem gewiss öfter die Nester von den Vögeln verwechselt werden, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass vier in einem Neste gefundene Eier von zwei Weibchen hineingelegt wurden. — Sie gleichen in der Grösse vollkommen Haushühnereiern und zwar nicht den kleineren unter diesen, sind überhaupt die grössten unter denen der im Vorhergehenden beschriebenen Mövenarten, wenigstens dicker als die der Sturmmöve, und an dieser kurzen Gestalt leicht von allen anderen Möveneiern zu unterscheiden, auch von denen der Sterna tschegrava, denen sie an Farbe sehr ähnlich, übrigens aber kleiner sind. Ihre Länge wechselt zwischen 5,3 bis 5,7 cm, die Breite zwischen 3,7 !) In Tuıenemanns Eierwerk, V. S. 20, ist das Längenmafs von 4,2 em (gegen die Breite von 3,3 bis 3,5 cm) wohlzu gering angegeben ? Naum Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). bis 4,1 cm,!) und die stärkste Bauchwölbung liegt gewöhnlich der Mitte sehr nahe, wobei das dicke Ende sehr abgerundet, das entgegengesetzte meistens ziemlich spitz zugerundet ist. [— 18 Stück der ReYschen Sammlung messen im Durchschnitt 57,1 40,6 mm; im Maximum 61,0 x 43,0 mm; im Minimum 51,9>x 39,2 und 56,0x 38,9 mm; das Gewicht beträgt 2,861 g. Nach Messungen von R. BLASIUS zeigen zwei am 2. Juni 1873 gesammelte Eier folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 53,0 mm 39,5 mm 253,5 mm 57,9 „ 399 „ BANNER Ihre starke, doch nicht sehr haltbare Schale ist von grobem Korn, voll sichtbarer Poren und ohne Glanz. Ihre Grundfarbe (an ausgeblasenen) spielt fast gar nicht ins Grünliche; sie ist ein schmutziges Rostgelblichweiss, bei manchen etwas ins Rost- rötliche oder Rostbräunliche (doch ganz schwach) ziehend, die Mehrzahl blass graugelblich. Ihre Zeichnung sind zerstreute, nicht sehr zahlreiche Flecke, Tüpfel und Punkte, die tief in der Schale hellaschgrau, weniger tief violettgrau, obenauf dunkelbraun aussehen. Diese äusseren Flecke ziehen bei manchen ins rötliche Dunkelbraun, bei anderen ins Schwarz- braune, sind meistens rundlich, nicht sehr gross, nicht häufig, über die ganze Fläche gestreut oder auch am stumpfen Ende häufiger, grösser, auch wohl mehrere zusammengeflossen, aber ohne einen wirklichen Fleckenkranz zu bilden, was jedoch die aschgrauen Schalenflecke zuweilen thun. Es giebt daher eine grosse Verschiedenheit, doch lange nicht so arg wie bei vielen anderen Möven, und kenntlich bleiben diese Eier immer. Wahrscheinlich spielen diese Eier nur im frischen Zu- stande und mit ihrem Inhalt versehen ins Grünliche; denn so nennen sie THIENEMANN, FABER und BOIE, von denen ich sie, natürlich bloss ausgeblasene, mehrfach erhielt und viele in anderen Sammlungen sah, ohne bei einem einzigen auch die schwächste Spur eines grünlichen Scheines entdeckt zu haben. — BOoIE (s. WIEDEMANNSs zool. Magaz. I. 3, S. 130) nennt ihre Grundfarbe schmutzig grünlich; FABER (s. d. Prodrom. S. 90) sagt, dass sie vom Gelbgrau mit braunen Flecken bis zum ganz ungefleckten Blassgrün variieren; THIENEMANN (a. a. O.) nennt sie ebenfalls grünlich u. s. w. Die grünliche Färbung muss also von sehr schlechter Dauer sein. Gerade dass allen denen, die ich besitze und zu sehen Gelegenheit hatte (eine sehr bedeutende . Anzahl), alles Grünliche fehlte, macht sie denen der grossen Meerschwalben ähnlich und in den Samm- lungen sehr kenntlich. Die Eier der Schmarotzer-Raubmöve, denen sie in der Grösse und den Flecken ähneln, sind viel zu srün und haben auch ein viel zu feines Korn, als dass sie mit ihnen zu verwechseln wären. | [— KoLTHorFF schreibt über die Zahl der Eier und die Brütezeit: „COLLETT giebt an, dass die Dreizehenmöve in Nor- wegen 2 bis 3 Eier im Gelege habe. Diese Angabe ist um so bemerkenswerter, als es mir nicht glückte, auf den Färöern auch nur ein einziges Gelege mit mehr als 2 Eiern zu finden. Auf der Bären-Insel untersuchte ich am 14. Juni 1898 40 Nester, von denen 37 zwei stark bebrütete Eier enthielten oder zwei Junge, die in einzelnen Nestern schon so gross waren, dass schon die Schwungfedern begannen sich zu zeigen. In drei Nestern fand ich nur ein Ei. Am 15. Juni untersuchte ich wieder gegen 40 bis 50 Nester, von denen eins drei Eier ent- hielt, alle anderen zwei Eier oder Junge. Unter mehreren Hundert Gelegen habe ich nur dies einzige Mal ein Gelege mit drei Eiern gefunden. Die Angabe der Teilhaber an der LERNER-Expedition nach der Bären-Insel (Fauna arctica, S. 74), dass 3 bis 4 Eier im Neste dieses Vogels gefunden worden seien, dürfte auf einem Druckfehler oder auf einem Irrtum beruhen. Bemerkenswert ist, dass die Dreizehenmöve ihre Eier zu sehr verschiedener Zeit legt. Während ein Teil auf der Bären-Insel Mitte Juni mehr als halb erwachsene Junge hatte, sahen wir Hunderte von Dreizehenmöven, die noch an ihren Nestern bauten und unaufhörlich aus dem Inneren des Landes mit Moos zum Nestbau im Schnabel herbeigeflogen Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). kamen.“ In Irland fand UsSsHER viel häufiger Nester mit zwei Eiern als solche mit drei. JOURDAIN fand in Yorkshire ge- wöhnlich drei Eier. —|] Männchen und Weibchen brüten abwechselnd etwa drei - Wochen und haben drei bis vier Brutflecke, einen quer über den Bauch. An jedem grossen Nistplatze giebt es viele über- zählige Alte, die keine eigenen Nester und Eier haben, ohne dass man die Ursache dieses Mangels zu erklären weiss, wenigstens scheint die Meinung nicht haltbar, dass sie bloss als Reserve da wären, die verunglückten Alten zu ersetzen und deren hinterlassene Eier auszubrüten, obgleich erwiesen ist, dass sie dies wirklich thun, und dass dies nicht bloss bei diesen Möven, sondern bei allen in so unermesslichen Scharen beisammen nistenden Seevögeln auch der Fall und bekannt genug ist. FABER fing auf demselben Neste Männchen und Weibchen nacheinander von den Eiern weg, und dennoch wurden dieselben Eier von einem anderen Mövenpärchen eben- so richtig ausgebrütet und die Jungen aufgefüttert, als wenn sie leiblich die seinigen gewesen wären. Bei Fratercula, Mergulus, Uria und anderen fand er wiederholt dasselbe. Im Anfange des Juli hört man an den Vogelbergen und den Nistvereinen dieser Möven die kleinen Jungen in den Nestern piepen; die Alten tragen ihnen fleissig Futter in der Speiseröhre zu und würgen es vor ihnen aus, wobei ebenfalls von beiden Seiten viel geschrieen wird, zumal wenn die Jungen grösser werden. Von jetzt an ist der Lärm in einer solchen Kolonie am stärksten, weil ihn ein fortwährendes kreischendes Pfeifen der beständig Futter verlangenden Jungen, und dieses noch mehr beim Füttern selbst, verdoppelt, während auch die Alten um diese Zeit noch viel mehr zu schreien haben, be- sonders aus zärtlicher Besorgnis für jene und wenn ihnen eine Gefahr naht. Dies dauert bis um die Mitte des August, wo diese nach und nach flügge werden, mit den Alten die Brutplätze verlassen und sich auf offenem Meer auch bald von diesen trennen und in eigene Scharen zusammenschlagen. Jene drei Monate hindurch so äusserst lebhaften Tummelplätze sind nun, wenn auch die zufällig verspäteten Bruten abgeflogen, wieder völlig verödet bis zum nächsten Frühjahr, wo die Alten ihre Nistplätze wieder so beziehen wie in jedem Frühjahr, und wie es sich schon seit Jahrhunderten an denselben Plätzen alljähr- lich wiederholte. Feinde. Dem Seeadler und dem Jagdfalken müssen sie oft zur Beute dienen. Es giebt Felsen, deren Wände von Myriaden dieser und anderer Seevögel besetzt sind, auf dessen Gipfel, zu alleroberst, auch der Seeadler in seinem Horste thront, damit er seine Beute recht in der Nähe habe, die trotz dieser gefährlichen Nachbarschaft doch alle Jahre wieder von den Tausenden jener bezogen werden. — Die grosse Raubmöve stiehlt ihnen zuweilen wohl auch Eier oder Junge, überfällt aber noch öfter die ausgeflogenen auf dem Meere, sogar alte, versetzt ihnen Schnabelhiebe auf den Kopf, tötet und verzehrt sie, Die kleineren Raubmöven jagen ihnen die gefangenen Fische ab und sind ihnen daher eine nicht geringe Plage. [— Auch der Mensch schädigt sie, indem er sie des Fleisches und des Gefieders wegen verfolgt und ihr, allerdings bisweilen unter grossen Fährlichkeiten, ihre Eier raubt. —] Bisweilen verunglückt eine auch durch Zufall. So er- zählt HENNICKE, dass sich zwischen Sierra Leone und Las Palmas eine Dreizehenmöye in der Art in der Logleine eines Dampfers gefangen hatte, dass die Rückenfedern und die Rückenhaut fest in die Leine hineingedreht und so die Möve, die wahrscheinlich beim Futterholen von der Leine erfasst war, getötet worden war. —| In ihrem Gefieder beherbergen sie viele sogenannte Vogel- läuse, namentlich Docophorus melanocephalus (NITZSCH), [— Doco- phorus lari, Nirmus lineolatus, Menopon transversum und Menopon obtusum; im Innern Ascaris spiculigera RuD., Hemistomum spatha- ceum DIES, Taenia larina KRABBE, Taenia micracantha KRABBE, u 293 Taenia porosa RuD., Taenia tenwirostris RuD., Ligula digramma ÜREPLIN, Bothriocephalus dentriticus DIES., Tetrabothrium cylindra- ceum Run. und Tetrabothrium macrocephalum RuD. —|] Jagd. Die dreizehige Möve gehört unter die weniger scheuen ihrer Gattung und ist daher auch leichter zu schiessen. An den grossen Brutplätzen ist sie so furchtlos, dass sie dort zum Teil mit Stöcken erschlagen werden kann, wo es keine be- sondere Geschicklichkeit erfordert, mit einem Schuss unter die Sitzenden mehr als ein Dutzend niederzustrecken. Der erste Schuss an so einem Vogelberge schreckt die nicht ge- troffenen Vögel fast alle auf; sie beruhigen sich aber bald wieder, und ein zweiter wirkt schon weit weniger schreckhaft; nach mehreren Schüssen fliegen kaum noch die nächsten auf. Auch die noch nicht brutfähigen Dreizehenmöven, die oft in grossen Scharen, dicht aneinander gedrängt, sich auf einzelnen Felsen gelagert haben und diese fast ganz bedecken, lassen sich nicht schwer zum Schuss ankommen, sodass man zwanzig und noch mehr solcher Vögel auf einen Schuss erlegt hat. An Orten, wo sie selten gesehen werden oder sich fremd fühlen, sind sie viel vorsichtiger, zumal einzelne. [— GÄTKE beschreibt die Jagd folgendermassen: „Auf Helgoland bedient man sich zur Jagd auf die „Müüsk,“ wie unsere Möven hier genannt werden, kleiner Ruderboote, be- setzt mit zwei bis drei Mann, von denen jeder eine Doppel- flinte führt; diese können unter sehr günstigen Verhältnissen es im Laufe eines Vormittags bis auf zweihundert Stück bringen. Diese Möven sind sehr einfältig, sie kommen meistens aus eigenem Antriebe ganz nahe herangeflogen, wenn dies aber nicht geschieht, so lockt man sie sehr leicht dadurch heran, dass man die Bewegung der nach Nahrung niederfallenden Vögel nachahmt, indem man einen oder mehrere tote Vögel aufwirft, in Ermangelung solcher thun ein paar zusammen- geknotete Flügel dieselben Dienste. Die Möven umfliegen das Boot in nächster Nähe ein- bis zweimal und ziehen dann, wenn sie nicht erlegt, wieder ihres Weges. Diese harmlosen Tiere scheuen nicht einmal vor dem Schuss, im Gegenteil, wenn ihrer zehn bis zwanzig das Boot umkreisen und man nur fortwährend welche herunterschiesst, so kommen ihrer immer mehr herbei. Mit den jetzigen bequemen Hinterladern muss das sehr leicht sein; in meinen jungen Jahren, als ich diese Jagd noch betrieb, hatte man sich mit dem langsamen Ladestock und Zündhütchen zu behelfen; trotzdem habe ich es nicht selten während der Vormittagsstunden bis auf einige neunzig Stück gebracht.* (Vogelwarte, S. 575.) —|] Auf dem Neste sind die Alten leicht in Schlingen zu fangen. Auch soll man sie hin und wieder an Angelhaken, mit einem kleinen Fische beködert, fangen. Nutzen. Ihr Fleisch wird nur von einigen hochnordischen Völkern gegessen, sonst wenig geachtet, obgleich es zu manchen Zeiten recht fett ist. [— Die während der Herbst- und Wintermonate in der Umgebung von Helgoland erscheinenden Möven, unter denen die Dreizehige weitaus die grösste Menge stellt, werden hier, besonders im November und Dezember, zu vielen Hunder- ten geschossen. Ihr Fleisch wird trotz eines „gewissen grön- ländischen Geschmacks“ von den Inselbewohnern gern ge- gessen, am liebsten in der Form einer originellen Pastete, die, aus Gerstengrütze und Mövenfleisch in schichtweiser Abwechs- lung bestehend, in einer steinernen oder messingenen Form im Backofen geschmort wird. —] Die Eier werden dagegen allgemein sehr schmackhaft gefunden, in grosser Menge ver- speist und deshalb, um zu ihnen zu gelangen, die Felsen so weit wie möglich und mit grösster Lebensgefahr erklettert, teils von unten auf, teils und öfter an einem oben von einigen Personen gehaltenen Seile aus der Höhe herab, nach der in den Vogelbergen des hohen Nordens bekannten, oft und neuer- 294 lich von GRABA in dessen Reise nach Färöe, S. 111 u. f. sehr anziehend beschriebenen Weise. Aus den haltbaren Häuten mit den Federn werden im hohen Norden warme Kleidungsstücke verfertigt, sowie die Federn hin und wieder zum Ausstopfen der Betten oder weicher Polster benutzt. [— Auch auf Helgoland schätzt man die Bälge höher als das Fleisch. Der Schütze erhält für jeden Vogel etwa 40 bis 50 Pfennige von dem Aufkäufer. Die von diesem präparierten Bälge werden, je nachdem die Mode und demgemäss die Nach- frage wechselt, für 80 Pfennige bis 1 Mark 20 Pfennige das Stück an Schmuck- und Modewarenhändler der Grossstädte verkauft. Von einer einzigen ausländischen Grosshandlung sind einmal nicht weniger als 8000 Mövenbälge auf Helgoland in Bestellung gegeben worden. Sie werden besonders zur An- fertigung von Damenhüten, Muffs und dergleichen benutzt. Die Dreizehen-Möve, Rissa tridactyla (L.). „Seit Helgoland ein so hervorragendes Seebad geworden, ist diese „Seemöve“, hübsch gestopft, ein als Souvenir der Insel sehr gesuchter Artikel.“ (GÄTKE.) —) Den Völkern der arktischen Zone, die fast ausschliess- lich nur von dem leben, was ihnen die See giebt, werden diese und andere Möven noch dadurch nützlich, dass sie ihnen auf schon erwähnte Weise Anzeige von der Ankunft grosser Züge von Robben oder grossen Raubfischen beim Lande oder den Fischereiplätzen machen. Schaden. Obgleich die Myriaden dieser Möven in den nordischen Meeren eine ungeheure Menge kleiner Fische vertilgen mögen, so denkt dort doch niemand daran, dass sie dadurch den Menschen Nachteil brächten. I- IV, Gattung: Schwalben-Möve, Xema Lkacn. Schwanz tief gabelförmig ausgeschnitten. Hinterzehe klein. Bei uns kommt als Gast nur eine Art vor. —|] Die gabelschwänzige Möve, Xema Sabinii San, Fig. 2. Alter Vogel im Sommerkleide. Tafel 28. Fig. 3. Junger Vogel. Tafel 29. Fig. 2. Alter Vogel im Winterkleide. | Tafel 37. Eis, 297E1. [— Schwalbenschwanzmöve, Schwalbenmöve. Fremde Trivialnamen: Croatisch: kasljati galebac. ÜOzechisch: Racek Sabinitiw. Dänisch: Klöfthalet Maage. Englisch: Sabines Gull. Französisch: Mouette de Sabine, Goeland de Sabine. Polnisch: Mewa obroöna. —] Xema Sabinii. Leach. in Ross. I. Voy. app. p. 57. — Larus Sabinü. J. Sabine, Trans. Linn. Soe. p. 250. tab. 29. — Sub. Catal. Birds of Grönl. p. 551. n. 23. — Richards. Faun. bor. Amer. p. 428. n. 198. — [— Larus Sabini. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Larus Sabinii. Schlegel, Rev. erit. p. CXXVIII (1844), — Larus Sabiniü. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. XII. (Nachträge) p. 272. Taf. 388 (1860). — ZLarus sabinei. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 443 (1867). — Larus Sabinei. Fallon, Ois. Belg. p. 203 (1875). — Xema Sabinü. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 337. pl. 593 (1874). — Xema Sabiniü. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. II. p. 973 (1882— 84). — Xema Sabinei. Homeyer, Vög. Deutsch. p- 15 (1885). — Xema collaris,. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oee. fasc. X. p. 108 (1886). — Larus Sabinii. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 579 (1891). — Chema sabinii. Brehm, Tierleben, Vög. II. Aufl. III. p. 120 (1892). — Xema sabinii. Collett, Norg. Fuglef. p. 314 (1893—94). — Xema sabinii Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 162 (1896). — Xema sabinii. Dresser, Man. of Palaearetie Birds, II. p. 820 (1903). Abbildungen der Eier: Middendorff, Reis. Sibir., Zool. Taf. XXV. Fig. 1 (1853). — Newton, P. Z. S. 1871, p. 57, pl. IV. fig. 5. — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 298. pl. 54 (1885). pl. XVII. fig. 3 (1901). —] Kennzeichen der Art. Der Schwanz ist gegabelt. Die Alten im Sommerkleide haben einen grauen Kopf mit schwarzem Halsringe, weissen Hinterhals dunkelgrauen Mantel und weisse obere Schwanz- deckfedern. Die Jungen sind oben aschgrau mit scharfen weisslichen Federkanten. Beschreibung. Diese Möve ist wiederholt in Europa, in England und Irland, in Frankreich, Holland, am Rhein und in Westphalen, in der Schweiz und auf der Insel Helgoland, meist im Jugend- kleide, erlegt worden. Die ganze Länge beträgt 33,3 cm, die des Schwanzes 11,8 cm und des Flügels vom Bug bis zur Spitze gegen 27 cm. Der Flügel ist spitz, die erste Schwungfeder am längsten, die zweite etwas kürzer, die folgende stärker verkürzt. Die Schwungfedern sind aussen nicht eingeengt. Die langen oberen Flügeldeckfedern ragen über die zehnte Schwungfeder und über die erste Mittelschwinge hinaus. Die Flügel stehen gegen 4,75 bis 6 cm über den Schwanz vor. Der Schwanz ist schwach gegabelt, die Mittelfedern um 2,4 bis 2,8 cm kürzer als die äusseren. Der Schnabel ist dunkel schwarzbraun mit heller Spitze. Die Mundspalte 3,9 cm, die Firste 27,5 mm, der Schnabel zwischen Nasenloch und Kieferspitze 14,5 mm lang. Die Füsse sind dunkel gefärbt, der Lauf ist 3,3 cm, die Hinter- zehe 1, deren Kralle 0,5, die Mittelzehe 27,5, und deren Kralle 5 mm lang. | Die Alten im Sommerkleide zeichnen sich aus durch einen dunkel aschgrauen Kopf und Oberhals, der durch eine ringförmige schwarze Halsbinde, die vorn von der Mitte des Halses an bogig aufwärts bis an den Hinterkopf verläuft, von dem weissen Unterhalse scharf abgegrenzt wird. Die En — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds, p. 105, pl. 36 (1896). — Cat. Eggs Brit. Mus. I. p. 203, Basis des Hinterhalses ist grauweiss, allmählich in den dunkel- aschgrauen Mantel abschattiert. Die oberen Schwanzdeckfedern weiss. Die Brust und die ganze Unterseite weiss. Die Schäfte der Flügelfedern sind braunschwarz. Die fünf ersten grossen Schwungfedern sind schwarz mit breiter weisser Spitze und, mit Ausnahme einer durchgehenden schwarzen Querbinde vor - der hellen Spitze, mit weisser Innenkante. Die sechste ist schwarz mit breiter weisser Spitze und ganz durchgehender weisser breiter Innenfahne. Die Hinterschwingen 'grau mit weisser Spitze. Durch die schwarze Aussenfahne der ersten grossen Schwungfeder erhält der Flügel eine schwarze Aussen- kante. Die grossen oberen Flügeldeckfedern und die Mittel- schwingen sind weiss und bilden eine schiefe weisse Längs- binde über dem Flügel. Der Unterflügel weiss. Der kurz- gegabelte Schwanz rein weiss. [— Bei etwas jüngeren Exemplaren sind die weissen Spitzen der äusseren Primärschwingen weniger deutlich. Die sechste Primärschwinge zeigt an der Aussenseite reichlich viel Schwarz. An Exemplaren von Alaska sind der Lauf und die Zehen dunkler als bei Vögeln von Grönland. Ein alter Vogel im Winterkleide aus Callao (Peru) vom Dezember ist nach dem Catalogue of the Birds in the British Museum ähnlich, aber der Kopf weiss, mit grauen Streifen, die sich im Nacken vereinigen und hier ein grauschwarzes Aussehen bedingen. Die Federkiele sind abgeschlissen und in der Farbe verblichen und ihre Spitzen plötzlich abgebrochen, als wären sie künstlich abgeschnitten. Der Schnabel ist dunkler, der Lauf braun. Im Anfang April sind die neuen Primärschwingen mit breiten weissen Spitzen voll entwickelt, und der Kopf ist reichlich mit Schiefergrau gesprenkelt. Der unreife, fast zwei Jahre alte Vogel hat den Kopf vorwiegend schiefergrau, weiss gesprenkelt, besonders an der Kehle. Das Halsband ist schlecht ausgeprägt, die Schwanz- 296 federn mit leicht aschgrauer Spitze, der Schnabel mit sehr wenig gelber Spitze. Am jungen Vogel ist die Stirn schmutzig weiss; der Kopf grau, gelbbraun gesprenkelt; die Federn der oberen Teile aschgrau mit Rändern, die zuerst gelbbräunlich sind und im zunehmenden Alter mehr grau werden. Die Schwanzfedern haben eine breite schwarze Spitze. Die Unterseite ist in der Hauptsache weiss. An den Seiten des Nackens befindet sich ein aschgraues Band, das selten vollständig und ausserordent- lich verschieden in der Ausdehnung ist. Der Schnabel ist horn- braun, der Lauf und die Zehen fleischfarbig bis bräunlich. Sehr ausführliche Mitteilungen über die verschiedenen Kleider der Gabelschwanzmöve gab BUREAU (Compte rendu des s&ances du III. congr&s ornithologique international, S. 285 ff.). Er lässt die Frage unentschieden, ob die Möve wie die Lach- möve fünf, oder wie die Dreizehenmöve vier verschiedene Kleider trägt, stellt aber fest, dass sie eine zweifache Mauser in jedem Jahre hat, eine partielle im Frühling aus dem Winter- in das Hochzeitskleid und eine vollständige im Sommer aus dem Hochzeits- in das Winterkleid. Eine Abbildung des Dunenjungen giebt MIDDENDORFF in seiner „Sibirischen Reise“ (Zoologie, Tafel XXIV, Fig. 6 (1853). Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel vom Juli aus Alaska, ein junger vom September 1896 aus Brighton und ein alter vom November aus England, sämtlich im Museum in Tring befindlich. —] Aufenthalt. Die Inseln und das Festland der alten und neuen Welt innerhalb des arktischen Kreises sind der Sommeraufenthalt dieser Kleinen Möve, den sie im Winter verlässt, ohne jedoch in bedeutend südlichere Breiten herabzukommen. Selbst im nördlichen und mittleren Europa sind meist nur junge Vögel vorgekommen und immer nur einzeln. [— So ist sie beobachtet worden auf Helgoland, bei Husum (Ende Oktober 1883), an verschiedenen Orten der französischen Küste und in Grossbritannien. —| An den amerikanischen und ost- asiatischen Küsten geht sie vielleicht weiter hinab. [— Sie ist dort vorgekommen auf den Bermudas, an der atlantischen Küste von Amerika bis nach New-York und an den grossen Seen, sogar an der Küste von Peru. —]| Weniger in Grön- land, wo sie diesseits des Polarkreises immer selten ist. Nach DR. VON MIDDENDORFF erschien die gabelschwänzige Möve am -5. Juni am Taimyr-Flusse unter 73°/, Grad und verschwand darauf gänzlich, bis er sie nördlich vom 74. Grad häufig fand. Sie scheint demnach, wie manche der verwandten Arten, das Süss- und Salzwasser gleich sehr zu lieben, da sie in Nord- Die gabelschwänzige Möve, Xema Sabinii SAB. Grönland am Meere wohnt. [— In der Hauptsache ist sie nach SEEBOHM Süsswasservogel, obgleich sie nicht gern weit vom Meere entfernt brütet. | Eigenschaften. Nach voN MIDDENDORFF ist ihr Flug dem einer See- schwalbe ähnlich, und SEEBOHM nennt ihre Lebensweise ähnlich der anderer schwarzköpfiger Möven. —| Nahrung. Fische, Crustaceen und andere Seetiere bilden ihre haupt- sächliche Nahrung. [— MIDDENDORFF fand ihren Magen gefüllt mit den Larven von Dipteren, und BUREAU fand bei acht von ihm untersuchten Exemplaren einen Magen gefüllt mit Überbleibseln von Coleopteren, die anderen sieben mit kleinen Fischen in so schlechtem Erhaltungszustand, dass sie nicht zu bestimmen waren. —]| Ob sie, wie andere ihresgleichen, ge- legentlich Nester plündert, darüber fehlen Beobachtungen. Fortpflanzung. Nach HoLBÖLL erstreckt sich die Brutzone dieser Möve gewiss am wenigsten südlich vom Pole. An der Westküste von Grönland liegt ihr südlichster Brutplatz noch 250 km nördlich von Upernivik unter dem 75. Grad. DR. von MIDDEN- DORFF fand sie erst jenseits des 74. Grades an den Lachen der Moossteppe und auf den kleinen Alluvial-Inseln des Taimyr- Flusses und -Sees häufig und in Gesellschaft mit Sterna macrura brütend. Ihre Eier waren am 10. Juli schon stark bebrütet und lagen zu je zweien in mit vorjährigen Grashalmen aus- gelegten Vertiefungen des Mooses. Sie sind nur 43 mm lang bei 30 mm grösster Breite und tragen bräunliche Flecken auf schmutzig gelbgrünem Grunde Ein Ei, das ich der nicht senug zu rühmenden Liberalität des genannten Gelehrten ver- danke, gleicht denen der Zwergmöve, die es nur wenig an Grösse übertrifft. [— SEEBOHM beschreibt sie als mehr den Stercorarius-Eiern ähnelnd, aber viel kleiner. Ein Exemplar, das REY durch Professor WARD von der Franklin-Bai erhielt, maß 42,5x33 mm. Im Britischen Museum befinden sich 18 Exemplare aus dem arktischen Nordamerika (Anderson- Fluss, Franklin-Bai, St. Michael, Alaska). Diese Eier messen zwischen 41,1 und 49,5 mm in der Länge und 29,7 und 33,8 mm in der Breite. | Feinde. Im Gefieder schmarotzen Nörmus jejunus und Nirmus latifasciatus. —] “AowIejo ‘Iagey snısJdosnsj snıe7 F '3AQWwUSUYSZIOICT (1) e4j0epın essıy $ (‘139eJN) e2so1 eiyJs}sopous I Musiegen '('qeS) Tulges ewax z '9AQ0W >dtqsejussoy OPIOTLIOJUL A AO >3ızue Sr POREHE RWERANATR ON ALLE Erg PIE DENT TEN TE RENT, D de. BETRITT MANS AN DANN N va 2 hen 1) a hat u ir MET, a N j > br . er 3 - chi KENT U Lrklan i Eh al ne 5 VE eh en CH [ 2 eo en | N DT an, Een Er u SE ne E 2 a © ee] eg An, a ai y \ = 7 = e md ee > we er RS ra FRE SE ee? GEF RE RZ az vn vS re E en EEE Ber ae u * F iR, ir) j 2 RE N — V. Gattung: Keilschwanz-Möve, Rhodostethia MaccıLı Schnabel kurz, dünn, gerade, der Oberkiefer an der Basis gerade, nach der Spitze zu gebogen, seitlich zusammen- gedrückt. Die Nasenlöcher seitlich. Die Schwingen lang und zugespitzt. Die erste Schwungfeder die längste. Der Schwanz mittellang und keilförmig. Der Lauf kräftig, so lang wie die Mittelzehe. Die Zehen mittellang, die vorderen durch volle Schwimmhäute verbunden, die hintere kurz und höher eingelenkt. —] Die rosenfarbige Möve, Rhodostethia rosea (Maceırı.). Tafel 28. Fig. 1. Altes Männchen im Sommerkleide. Tafel 29. Fig. 1. Alter Vogel im September. [— Rosenmöve, Keilschwanzmöve, Ross’ Möve. Fremde Trivialnamen: Englisch: Ouneate-tailed Gull, Ross’s QAull, Französisch: Mouette de Ross, Rhodostetie de Ross. Larus roseus. Macgill., Mem. Wern. Soc. V. p. 249 (1824). — Larus Rossi. Rich ardson, Parry II. voyag. app. p. 359 (1825). — Larus roseus. Jard. et Selby, Zool. Illustr. p. 14 (1826). — Larus roseus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Larus Ross. Schlegel, Rev. erit. p. OXXVIII (1844). — Rossia rose. Bonap., List. of the Birds p. 62. — Rhodostethia Rossü. Bon ap., Compt. rend. XLI. — KRhodostethia rosea. Bonap., Naumannia IV. p. 212. — Larus Rossii. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 403 (1867) — Rhodostethia rosea. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 579 (1882—84). — Larus Rossii. Naumann, Vög. Deutschl. 1I. Ed. XII. (Nachträge) p. 270. Taf. 388 (18601. — Rnhodostethia rosea. Dresser, Birds Eur. Tom. VIII. p. 343 pl. 594 (1877) — Rhodostethia rosea. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 580 (1891). — Rhodostethia rossi. Brehm, Tierleben, BETT ERBE, TIESP. IST EI, — Rhodostethia rosea. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 167 (1896). —] Kennzeichen der Art. Der Schwanz ist zugespitzt. Die Unterseite lebhaft rosenrot überflogen. Der Kopf ist weiss; im Sommer mit schwarzem Halsband, im Winter ohne dunkles Halsband. | Beschreibung. Ihre ganze Länge beträgt 29,4 cm bis etwas über 30,5 cm, die Länge des Schwanzes ungefähr 11,8 cm, die des Flügels vom Bug bis zur Spitze 25,5 cm bis 27,2 cm. Der Flügel ist spitz, die erste Schwungfeder am längsten, die zweite ungefähr 2 mm, die dritte fast gegen 16 mm verkürzt. Die langen oberen Deck- federn ragen über die zehnte Schwungfeder und über die erste Mittelschwinge hinaus. Die längste Hinterschwinge endet un- gefähr an der Spitze der sechsten grossen Schwungfeder, und die Flügelspitze ragt etwa 9,5 cm über die Hinterschwingen hinaus. Keine der Schwungfedern ist auf der Aussenfahne verengt. Der Schwanz ist keilförmig zugespitzt, die äusseren Schwanzfedern um 4 cm verkürzt. Der Schnabel ist schwarz, längs der Mundspalte 3,3 cm bis 3,5 cm, längs der Firste 17,5 bis 20,5 mm, zwischen Nasen- lcsh und Kieferspitze ungefähr 12 mm lang. Die Füsse sind rot; der Lauf ist 3,1 bis 3,3 cm, die Hinterzehe 3 mm, deren Kralle ebenfalls 3 mm, die Mittelzehe gegen 26 mm und deren Kralle 6 mm lang. Die Alten im Sommerkleide haben einen weissen Kopf, mi einem halbmondförmigen schwärzlichgrauen, verwischten Fleck dicht vor und unter den Augen. Ein schmales schwarzes Halsband erstreckt sich vom Hinterkopf an den Halsseiten hinab und verläuft vorn quer über die Gurgel. Der Mantel ist lichtblaugrau bis zum Bürzel; die oberen Schwanzdeckfedern weiss, mit rosenrotem Anflug. Die ganze Unterseite weiss mit einem lebhaften, aber zarten rosenroten Anflug. Die drei ersten grossen Schwungfedern schwarz mit breiter weisser Innenkante und sanz schwarzen Enden; die vierte dunkel- Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Di schwärzlichgrau, mit weisser Innenfahne, dunklem Ende und zuweilen einem weissen länglichen Fleck auf der Aussenfahne, vor der schwarzen Spitze weisslich, auf der Innenfahne weiss. Die Schwungfedern scheinen in höherem Alter mehr weiss zu werden. Die grossen oberen Flügeldeckfedern und Mittel- schwingen lichtblaugrau mit breiten, weissabschattierten Spitzen, die sich zu einer weissen Flügelbinde zusammen ordnen. Die Schwanzfedern weiss. Die Alten im Winterkleide haben einen weissen Kopf mit rosenrotem Anflug, unter den Augen und hinter dem Ohr schwärzlichgrau gefleckt. Der Hinterhals weiss mit blaugrauer Trübung; der Mantel lichtblaugrau; die oberen Schwanzdeck- federn rötlich weiss. Die Unterseite ist weiss mit lebhaft rosenrotem Anflug, vor der Brust grau getrübt; die unteren Schwanzdeckfedern grauweiss. Sämtliche grossen Schwung- federn sind licht blaugrau; die Aussenfahne der ersten Schwung- feder ist schwarz, auf der Unterseite rosenrot. Die weissen Enden der Mittel- und Hinterschwingen bilden eine weisse Flügelbinde. Auch die Spitzen der langen Schulterfedern weiss. Die Schwanzfedern weiss, mit blassrötlichem Anflug. [— Beim unreifen Vogel ist nach dem Catalogue of the Birds in the British Museum der Kopf und die Unterseite weiss; einige wenige duukle Streifen befinden sich um das Auge. Halsband deutlich abgegrenzt, besonders im Nacken; Schultern blassgrau, Mantel perlgrau; die inneren Sekundärschwingen und die oberen Flügeldeckfedern rauchbraun mit weisser Spitze, die übrigen Sekundärschwingen perlgrau, an ihren Rändern in Weiss übergehend. Die drei äusseren Primärschwingen mit schwärzlichen Fahnen an beiden Seiten des Schaftes abwärts bis zur Spitze und ein kleines Stück an der inneren Fahne hinauf, der Rest der Fahne weiss; in der vierten Primär- schwinge ist die Mitte grauweisslich mit einem dunklen End- streifen; an den inneren Federkielen nimmt das Weisse all- mählich zu, bis die neunte völlig weiss ist. Der Schwanz ist rein weiss. 38 298 Der junge Vogel(nach einem Exemplar vom 21.September) ist dem vorigen ähnlich, aber der Scheitel deutlich perlgrau, bisweilen mit einer dunklen Feder oder zweien eine Haube an- deutend; ebenso eine Andeutung eines graufarbenen Halsbandes; mehr Schwarz um die Augen und ein kräftig markierter Fleck am Ohr; mehr schwärzlichbraun auf den Flügeldecken und an den inneren Sekundärschwingen, deren Spitzen graufarbig bis schmutzigweiss sind. Der Rumpf ist dunkelbraun gestreift; die Schwanzfedern vorwiegend weiss, mit schwärzlichbraunen Enden bei allen, ausgenommen das äussere Paar oder zwei an jeder Seite. Dies dunkle Band nimmt mit zunehmendem Alter sehr schnell ab, und im folgenden Frühjahr ist es fast beschränkt auf die beiden mittleren Paare der Schwanzfedern. Lauf und Zehen braun. Die abgebildeten Vögel sind ein altes Männchen im Sommerkleide aus Grönland und ein Vogel im Übergang zum Winterkleide vom 28. September aus Point Barrow (Alaska), beide im Britischen Museum befindlich. KEULEMANSs schreibt dazu: „Ich weiss nicht, ob das letztere Exemplar jemals auf der Brust oder der Unterseite rosa gefärbt gewesen ist. Es ist ganz weiss, und wahrscheinlich ist das Rot ausgebleicht “ Aufenthalt. Die Rosenmöve bewohnt den höchsten Norden. Sie ist bekannt von Nordwest-Grönland, der Melville-Halbinsel, Point Barrow, Boothia, Nord-Alaska, aus dem Eismeer von der Beringsstrasse bis zur Lena-Mündung, aus der Barents-See von Franz-Josef-Land bis Spitzbergen. Einmal ist sie auf den Färöern, einmal in Yorkshire und einmal auf Helgoland vorgekommen. Der letztere Vogel, ein altes Männchen im Winterkleide, wurde am 5. Februar 1858 geschossen. Die rosenfarbige Möve, Rhodostethia rosea (MACGILL.). Lebensweise. Über ihre Lebensweise wie über ihre Fortpflanzung ist so gut wie nichts bekannt. Von ziemlich vielen Nordpolfahrern ist sie beobachtet worden, so zZ. B. von Ross, PARRY, der Österreichischen Nordpol- expedition, NORDENSKJÖLD und NEWCOMB, auf der Jeanette- Expedition. Aber keiner hat über Lebensweise, ihre Nahrung u. s. w. etwas Ausführliches berichtet. Bis zu ihren Brutplätzen ist keiner vorgedrungen. Die neuesten Nachrichten stammen von FR. NAnNSEN, der zwischen dem 3. und 8. August 1894 acht Exemplare unter 81 Grad 8 Minuten nördlicher Breite und 126 Grad 5 Minuten östlicher Länge auf freiem Meer schoss und 1895 sie mehrfach unter 82 Grad 5 Minuten nördlicher Breite und 64 Grad 5 Minuten östlicher Länge in der Nähe von Kronpprinz-Rudolf- und Franz-Josef-Land am 11., 14., 18., 19., 30. Juli beobachtete. Je mehr sich NAnsen der Insel näherte, um so zahlreicher wurden die Vögel. Die letzten erwähnt er am 8. August. Gelegentlich der Erzählung des Zusammentreffens am 19. Juli berichtet er: „Heute Morgen flogen zwei ausgewachsene Rosenmöven, von Nordost kommend, über uns hin nach Westen. Als sie schon in der Ferne waren, stiessen sie ein Geschrei aus, das mich an dasjenige des Wende- halses erinnerte und das ich anfänglich für von einem Krabben- taucher herrührend hielt. Sie flogen ganz niedrig gerade über meinen Kopf hin, sodass ich die Rosenfarbe an ihrer Unterseite deutlich sehen konnte.“ Und JOHANSEN, der Begleiter NANSENS, schildert ihren Flug: „Leicht und graziös kamen sie mit laut- losen Flügelschlägen dahergeflogen und waren gar nicht ängst- lich, sondern hielten sich so dicht über uns, dass wir die rosenrote Farbe ihres Bauches sehen konnten. Vielleicht war dies das Land, wo dieser rätselhafte Vogel nistet.“ Das ist alles was wir über die Rosenmöve wissen. Schlussbemerkung. [— Die Beschreibung der Möven schloss NAUMANN mit den folgenden Worten, die zwar heute nicht mehr durchweg zutreffend sind (schon wegen der Erweiterung des Inhalts dieses Werkes), aber doch hier wiederholt werden mögen: —] „Von den bis jetzt als europäisch bekannten Mövenarten habe ich in diesem Werk, wie vorliegt, elf Arten aufgeführt, aber drei ausgeschlossen, weil es bei diesen ungewiss war, ob sie jemals in Deutschland im Freien vorkamen, selbst wenn wir diesen Kreis über sämtliche preussischen Länder, Däne- mark, die Niederlande, die Schweiz, Illyrien bis zur Mitte von Ungarn ausdehnen wollten. Eine von diesen ist Larus plumbiceps aus dem mittleren Nordamerika, auch in Spanien und Sicilien vorgekommen. Sie steht Larus ridi- bundus nahe, wie dies auch eine zweite, Larus (Xema) Sabinii, eine von den neueren Nordpolexpeditionen in jenen hohen Breiten entdeckte Art, von der zwar ein Exemplar im Jugend- kleide auf Helgoland erlegt worden und im Besitze des Herrn BoIE zu Kiel sein soll, worüber ich jedoch keine völlige Ge- wissheit erhalten Konnte. Die dritte uns fehlende Möve ist eine sehr grosse, hierin der Mantelmöve ähnliche, sonst aber zu den schwarzköpfigen gehörige Art, die prächtige Adler- möve, Larus vchthyattus, vom Kaspischen und Schwarzen Meer. Ein Jagdliebhaber will zwar diesen herrlichen Vogel einige Male auf Helmsand an der holsteinischen Küste angetroffen und einmal sogar geschossen haben; allein auch hierüber Konnte eine authentische Gewissheit nicht erlangt werden; sie musste daher bis auf weiteres von der Liste deutscher Vögel ausgeschlossen bleiben. Ich kann nicht unterlassen, hier noch folgende Be- merkungen einzuschalten. Betrachtet man alle Arten der Gattung Larus zugleich oder gegen einander über, so zeigt sich durchgängig zuerst ein blendendes Weiss als herrschende Farbe des Gefieders, dann eine andere Färbung des sogenannten Mantels; es zeigt sich ferner, wie bei den verschiedenen Arten diese Mantel- farbe auf die anziehendste Weise vom reinen Weiss (wie bei Larus eburneus) durch alle Abstufungen oder in den zartesten Übergängen durch Bläulichweiss, sanftes Aschblau und Schiefer- farbe in völliges Schwarz übergeht, sodass die Arten nach diesen zarten Abstufungen in folgende interessante Reihen- folge passen: Larus eburneus, — minutus, — melanocephalus, — glaucus, — leucopterus, — ridibundus, — canus, — argentatus, — bridactylus, — Michahellis, — cachinnans, — marinus, — fuscus, — dominicanus. Setzt man eine solche Musterung fort, so findet sich, dass fast alle grossen Arten (aber wenige kleinere) im Sommer- kleide am Kopfe und Halse rein weiss, im Winterkleide braungrau gestrichelt sind, und dass die kleinen Arten fast ohne Ausnahme im Winterkleide einen weissen, im Sommer- kleide einen schwarzen Kopf und Oberhals (hinten wie vorn) oder nur eine schwarze, braune oder aschgraue Kappe auf dem Kopfe haben, die an der Kehle tiefer, hinten aber nicht auf den Nacken herabreicht. Mit tiefschwarzem Kopf und ÖOberhals stehen dann zu- sammen: Larus minutus, — melanocephalus, — cucullatus, — schthyaötus und andere; mit der stufenweise aus dem Schwarzen, durch Braun, in Dunkelaschgrau übergehenden Kappe: Larus «albipennis, — maculipennis, — ridibundus, Sabinii, plumbiceps und andere in bester Reihenfolge. Betrachten wir ferner die Jugendkleider aller Arten, so zerteilt sich die Gattung nach Farbe und Zeichnung dieser ebenfalls wieder in verschiedene Gruppen. Bei allen Jungen der grossen Arten (mit weissem Kopf und Hals, denen sich L. canus anschliesst) ist nämlich der Mantel in der ersten Lebensperiode erdbraun und staubfarbig geschuppt, Kopf und Hals gestrichelt; so bei L. fuscus, — marinus, — argentatus, — glaucus, — leucopterus, — canus und anderen. — Im Jugendkleide derer mit schwarzem Kopf und Oberhals hat der Mantel (zwischen Weiss) einige grosse Felder, Kopf und Hinterhals meistens ein paar grosse Flecken von einem eigentümlichen tiefen Braun; so bei L. minutus und den übrigen oben bei | dieser genannten Arten. — Bei den im Alter bloss dunkel bekappten Arten hat dagegen der Mantel ein lichteres und mehr zerflossenes Braun zwischen lichtem Grau, Kopf und Hinterhals ein paar lichtbraune Flecke, so bei L. ridibundus und anderen oben mit ihr genannten, deren Jugendkleider jedoch noch nicht alle hinlänglich bekannt sind. — Sehr ab- weichend und daher in keiner dieser Gruppen unterzubringen sind die Jugendkleider von ZL. tridactylus und von L. eburneus. Keine von diesen natürlichen Gruppierungen nach Farbe und Zeichnung des Gefieders hält jedoch insoweit Stich, dass sie zu Gattungscharakteren zu erheben wären, weil es nicht an vielfältigen Übergängen zwischen ihnen fehlt, die selbst das Abteilen der grossen Gattung Larus in Familien er- schweren. Die Gattung selbst ist im allgemeinen so aus- gezeichnet als leicht zu erkennen, und wenn auch die Arten in der Lebensweise bedeutend abweichen, so ist dies doch nicht so leicht im Äusseren einer Art zu erkennen; eine Zer- splitterung der Gattung in mehrere bleibt daher ganz unnütz. Wollte man indessen die zahlreichen Arten zu einer leichteren Übersicht in Familien gruppieren, bei denen auch die ver- schiedene Lebensweise nicht unberücksichtigt bliebe, so würden derer vorderhand folgende fünf ausreichen: 1. Grosse Möven mit im Sommer weissem, im Winter grau- gestricheltem Kopfe und Halse und mit in der Jugend braun geschupptem Mantel (hierher auch L. canus und L. lacrymosus). 2. Mit schwarzem Kopfe und Oberhals u. s. w. (wozu auch ichthyaelus). 3. Mit einer dunklen Kappe auf dem Kopfe u. s. w. . Dreizehige Möven (hierher allein 2. tridactylus). 5. Ganz weisse Möven (nur L. eburneus allein).“ H 38* III. Unterfanlie. Raubmöven, Stercorariinae. Schnabel: Nicht lang, nicht gross, aber stark, dick, nur vorn mehr zusammengedrückt; bis auf zwei Drittel seiner Länge gerade, von oben gegen die Spitze in einem grossen starken Haken übergekrümmt, unten mit einem ziemlich vortretenden Eck; mit sehr scharfen Schneiden und weitem Rachen. Eine etwas harte Wachshaut am Öberschnabel bedeckt von der Basis bis über seine Mitte die ganze Nasenhöhle, aber nicht den Rand der Schneide. Nasenlöcher: Vorn am Ende der Wachshaut und dem unteren Rande dieser ritzartig, aber vorn erweitert und etwas aufwärts gebogen, durchsichtig. Füsse: Nicht gross, weder sehr hoch noch stark, über der Ferse etwas nackt; die drei mittellangen Vorderzehen durch volle, in der Mitte sogar noch etwas vorstehende Schwimmhäute verbunden; die Hinterzehe sehr kurz, klein oder schwächlich, etwas über dem Zehenballen eingelenkt. Der Überzug der Füsse vorn und auf den Zehen grob, übrigens feiner geschildert, die Schilderrändchen aber abstehend, deshalb der ganze Überzug sehr rauh anzufühlen. Die Krallen nicht gross, aber stark gekrümmt, sehr spitz und auch an den Rändern scharf. Flügel: Gross, lang, etwas schmal und spitzig; mit langen Armknochen und langen vorderen Schwungfedern; von den starken Schwungfedern erster Ordnung die erste bedeutend länger als die zweite und zugleich die längste von allen. Schwanz: Aus 12 Federn bestehend, mittellang, mit abgerundetem Ende, dabei aber die beiden Mittelfedern länger als alle übrigen, zuweilen sehr lang. Das kleine Gefieder ist wie beiMöven und Meerschwalben, sehr dicht, weich, meistens mit zerschlissenen Rändern, daher seidenartig anzufühlen, am Unterkörper dick und pelzartig. Die Vögel dieser Gattung sind von mittlerer Grösse und ähneln in ihrer Gestalt den Möven und Meerschwalben, unterscheiden sich jedoch in so vielen wesentlichen Dingen, dass sie eine genugsam abgesonderte Gattung bilden und es sehr zu loben war, dass man sie in neueren Zeiten.von der Gattung Larus, der sie seit LinNn& einverleibt waren, wieder trennte, wie schon vor jenem geschehen war. Sie unterscheidet sich von Larus wie von Sterna durch den ganz anders gebildeten Schnabel, durch die anders gestalteten Füsse, durch eine ganz anste allgemeine Färbung des Gefieders und durch eine durch- aus andere Lebensweise. Nicht wie in jenen beiden Gattungen ist hier Weiss die herrschende Farbe, es kommt hier sogar nur in sehr kleinen Abzeichen rein vor; sondern ein düsteres Braun breitet sich über das ganze Gefieder der Raubmöven aus, bei den Alten fast einförmig, bei den Jungen an manchen Teilen mit hellfarbigen Federkanten, besonders an denen des Mantels, an anderen Stellen mit trübem Weiss gebändert und gemischt. Eine generelle Eigentümlichkeit der Zeichnung jüngerer Vögel von fast allen Arten sind mondförmige, rostgelbliche Endkanten an den Federn des dunkelschokoladebraunen Mantels, besonders an den Schulterfedern, wo sie, fast wie bei den Gänsen, Querreihen bilden. Nur die grösste Art der Gattung macht, wie in einigen anderen Stücken, hiervon eine Ausnabme. Ihr düsteres Gewand empfiehlt sie im allgemeinen nicht als schöne Vögel; allein für den Naturfreund haben sie hinsichtlich ihrer Lebensart hohes Interesse. Alle Arten gleichen sich in der Farbe der Füsse. An den Jungen sind diese hell bleiblau, an der Einlenkung der Zehen und diese nebst den Schwimmhäuten bis auf ein Drittel vorn weiss, die anderen zwei Drittel schwarz; das Weisse ver- liert sich zuerst, und sie erscheinen später mit bleiblauen Läufen und schwarzen Zehen und Schwimmhäuten; im höheren Alter werden sie ganz schwarz. Das Schwarze an den Läufen zeigt sich auf eine ganz eigentümliche Weise zuerst in einzelnen fast viereckigen oder länglich viereckigen, nicht selten rechtwinkligen Flecken. So wie in der Mövengattung das stufenweise Übergehen der Schnabelfärbung in eine ganz andere das vorrückende Alter darstellt, so hier die der Füsse; alle jungen Raubmöven haben im ersten Lebensjahr Weiss an den Zehenwurzeln, — alle alten, mehr oder weniger bald, ganz schwarze Füsse und Läufe, — während die mit Blau, ohne Weiss (der One von jenen zu diesen), eine zwischen beiden liegende Lebensperiode anzeigen. Da sie auf den Meeren des hohen Nordens leben, sind sie erst in neueren Zeiten besser, allein noch lange nicht genug beobachtet. Eine Doppelmauser haben sie schwerlich;!) hierdurch unterscheiden sie sich abermals sehr wichtig von Möven und Meerschwalben. Dabei sind aber dennoch die Veränderungen der Farben und Zeichnungen ihres Gefieders gross; die Jungen sehen meistens ganz anders aus als die Alten, und manche Arten mögen erst nach mehreren Jahren ein beständiges Kleid erhalten. So sind in der Jugend auch die beiden mittleren Schwanzfedern kaum etwas länger als die übrigen, ragen aber, wenn das Individuum mehrere Jahre alt geworden, bei vielen sehr weit über die anderen hinaus, bei manchen sogar als lange, schmale Spiesse. Darin, dass die einzelnen Arten individuell ebenfalls sehr in der Grösse varrieren, sind sie den ‚obengenannten Gattungen wieder sehr ähnlich. Sie gehören alle den höheren Polargegenden an, wo sie meistens auf offenem Meere leben, im Sommer die Nähe von Inseln und Küsten suchen, um auf ihnen besonders an solchen Orten ihre Fortpflanzungsgeschäfte zu vollziehen, wo im Um- kreise auch recht viele andere Seevögel nisten. Sie sind Strichvögel, machen in der Regel nie grosse Wanderungen, am wenigsten nach Süden; nur einzelne und meistens junge Vögel verirren sich zuweilen in mildere Gegenden und bis aufs Festland des mittleren Europa, besonders nach vorhergegangenen anhaltenden Nord- und Nordweststürmen. Auch für Deutsch- land sind sie seltene Erscheinungen. ') Doch ist in neusten Zeiten diese abermals beobachtet worden, aber noch lange nicht genügend weder erwiesen noch beschrieben. Man sche Isis. 1835. III, S. 254 u. f. Nach unserer Ansicht enthalten diese Angaben manche Widersprüche. Naum. „u > III. Unterfamilie. Raubmöven, Stercorariinae. 301 In ihrem Betragen zeigen sie viel Wunderbares. Sie stehen und gehen auf der Spur mit wagerecht getragenem Rumpf und Schwanz, die Spitzen der langen, vorn von den Tragefedern unterstützten Flügel über dem Schwanzende gekreuzt. Sie gehen geschickt, die kleineren Arten fast so behende wie Kiebitze, zuweilen auch anhaltend; schwimmen recht gut und öfters; Biegen aber mehr als sie schwimmen, gehen und stehen. Ihr leichter und sehr gewandter Flug ist voll so wunderlicher als zahlreicher Abwechselungen und kühnen Schwenkungen, oft in einer Schlangenlinie, aus sehr grossen auf- und absteigenden Bogen zusammengesetzt, zuweilen hüpfend, selten eine Strecke in gerader Linie, bald schnell, bald langsam fortstreichend, noch seltener schwebend. Sie zeichnen sich in diesem unstäten Fluge vor allen anderen europäischen Vögeln schon in grosser Entfernung aus. — Ausser der Brutzeit leben sie unter sich meistens ungesellig, doch gern, wo sich viele andere Seevögel, namentlich Möven und Meerschwalben, aufhalten, und ihre Stimmen, die sie. nur bei besonderen Veranlassungen hören lassen, sind wenige, meist rauhe Töne. Ihre Nahrung besteht meistens, doch nicht auschliesslich, in Fischen, die sie sich nicht selbst fangen, sondern von Meerschwalben, Möven, Gannets, Enten und anderen fangen lassen, indem sie diese im Fluge verfolgen und so lange zwicken, bis sie die eben gemachte Beute fallen lassen oder aus der Speiseröhre aufwürgen und ausspeien, die sie hierauf mit grosser Schnelligkeit und fast immer unfehlbar in der Luft auffangen, noch ehe sie im Fallen den Wasserspiegel erreicht. Da es dem ungenauen Beobachter leicht scheinen kann, als sei dies der Unrat, den die Geängstigten von sich gäben und die Verfolger aufschnappten, so nannten diese die Holländer Strontjaggers, die Deutschen Kotjäger, die Franzosen Stercoraires. — Sie werden deshalb von allen jenen Vögeln gefürchtet, zumal die grossen Arten der Raubmöven den schwächeren von jenen oft so hart mit Schnabelhieben zusetzen, dass sie tot aus der Luft stürzen, zu anderen Zeiten ihnen auch Eier und Junge rauben und diese wie jene ihren Jungen zuschleppen oder selbst verzehren. Sie sind daher halbe Raubvögel und die Bussarde unter den Schwimmvögeln. — Trotz ihres anhaltenden, kräftigen und gewandten Fluges zu ungeschickt und im Stosstauchen zu wenig geübt, um einen flüchtigen. hochgehenden Fisch selbst fangen zu können, scheint es, als wenn ihnen jene Kraft und Gewandtheit nur verliehen sei, um ihren Nachbarn zu schaden. Nur langsame, abgemattete, obenschwimmende oder in wenigem Wasser befindliche Fische, wobei sie nur wenig eintauchen dürfen, fangen sie zuweilen selbst, und hierzu sind ihnen auch abgestorbene oder bloss schwimmende Abgänge von Fischen und anderen Seetieren gut genug. Ausserdem suchen sie am Strande und wo Flut und Ebbe wechseln, gehend allerlei Seegewürm, kleine Krusten- und im Notfalle auch kleine Schalen- tiere, an anderen Orten, auch auf trockenen Feldern, Regenwürmer, Käfer und andere Insekten und deren Larven auf, wissen sich also auch weit vom Meere und ohne ihr Schmarotzerhandwerk zu handhaben, dem Anschein nach recht gut zu nähren. Nach einer sehr irrigen Meinung aus früheren Zeiten sollten sich die Raubmöven bloss als Schmarotzer, aber sonst auf keine andere Weise zu nähren verstehen. Dem ist jedoch nicht also. Man weiss nämlich nach den neuesten und sichersten Beobachtungen jetzt viel besser, dass sie so gut wie alle anderen Vögel und ganz unabhängig von diesen ihr Futter selbst und auf ganz gewöhnlichem Wege suchen, dies auch niemals aus blosser Nachlässigkeit oder Bequemlichkeit unterlassen, dass sie aber manche Geschöpfe, z. B. Fische — die gerade Leckerbissen für sie sein mögen — aus Mangel an Geschick in ge- nügender Anzahl selbst nicht fangen können, sie daher anderen, darin gewandteren Vogelarten mit Gewalt abzunehmen trachten und jede Gelegenheit dazu benutzen, obgleich sie, wo sich diese bietet, dadurch nicht immer bloss zu Fischen gelangen. Ihre hämischen, neidischen und streitsüchtigen Gesinnungen und ihr Mut unterstützen sie auf der einen, die Furcht und eine besondere Geneigtheit zum Erbrechen bei den Verfolgten auf der anderen Seite in diesen Kämpfen. Unbegreiflich bleibt jedoch diese Furcht und Nachgiebigkeit der Geplagten, die meistens viel grösser und stärker als ihre Peiniger sind und gegen welche diese nichts ausrichten würden, sobald sich jene ihren Anmassungen nur ernstlich widersetzen wollten, was man jedoch nur selten sieht. Geschieht es ja, so entfällt dem Geängsteten doch gewöhnlich der Zankapfel während des Kampfes, und der Strassenräuber erreicht dennoch seine Absicht, weil alle solche Angriffe im Fluge stattfinden und dieser im Auffangen aus der Höhe hinabfallender Gegenstände die bewunderungswürdigste Fertigkeit besitzt. Diese merkwürdigen Vögel pflanzen sich wohl auch in einzelne Paare abgesondert fort, doch gewöhnlicher in mehrere, oft bis zu hundert Pärchen vereint. Obgleich echte Seevögel, suchen sie ihre Brutplätze doch nicht unmittelbar am Meer und nicht auf Felsen, sondern oft ziemlich entfernt von diesen auf grösseren Inseln und an den süssen Gewässern dieser, auf ebenen, grünen oder saudigen Flächen. Die Eier legen sie hier ohne allen Nestbau in eine kleine Vertiefung des Sandes oder ins Gras, worin sie durch Niederdrücken der Halme und Drehen ihres Körpers eine Stelle für sie bereiten. Erst nach dem zweiten Jahr werden sie zeugungsfähig, und die jüngeren Vögel halten sich, während die Alten brüten, in anderen Gegenden in besondere Gesellschaften vereint oder vereinzelt auf, suchen aber in dieser Zeit auch häufig das Land. — Sie legen jedesmal nur zwei Eier, die den Möveneiern ähneln, aber kürzer und bauchiger von Gestalt sind, eine feinkörnigere, glattere Schale und auf einem blass olivengrünen Grunde graue und schwarzbraune Flecke haben, aber in Farbe und Zeich- nung sehr variieren. Beide Gatten haben zwei Brutflecke am Bauche nebeneinander, brüten abwechselnd die Eier aus und erziehen so auch die Jungen, denen sie das Futter anfänglich aus der Speiseröhre in den Schnabel würgen, wie Tauben später vorspeien und sie mit dem, was sie anderen Vögeln abjagten, mit Würmern, mit Vogeleiern und jungen Vögeln auf- füttern. Die Jungen sind anfänglich mit 'einfarbigen braungrauen Dunen bekleidet. Sie verteidigen sie heftiger als irgend ein Vogel die seinen, auch gegen den Menschen, dem sie hierbei oft sogar gegen den Kopf stossen. Die flugbaren Jungen halten sich anfangs mehr auf und am Lande auf und wagen sich erst später aufs offene Meer. Sie sind nicht sehr scheu, zumal junge Vögel, daher meistens nicht schwer zu schiessen, lassen sich durch das nach- geahmte Geschrei geängstigter Vögel herbeilocken, gehen auch leicht an für sie aufgestellte Angelhaken. Ihre Eier isst man gern. Über den anatomischen Bau der Gattung Stercorarius') von RUDOLPH WAGNER. „Nach der Untersuchung von Lestris cataractes zeigt das Skelett der Raubmöyven viel Ahnlichkeit mit dem von Larus. Der Schädel ist breiter und kräftiger die Schläfefortsätze sind stärker als bei Larus. Die Nasendrüsengruben oben auf dem Schädel sind kürzer, gehen nicht so weit nach hinten, sind aber viel tiefer und breiter als bei Larus; sie gehen nicht bis an den Orbitalrand, stossen aber in der Mittellinie zusammen, wodurch die Stirngegend viel breiter wird; für den ! « h 2 WEITERER ur ai Storma a Seite 93 dieses Bandes. R. B. 1) Weitere Angaben über die Anatomie von Stercorarius finden sich bei Sterna auf Seite 93 die 302 III. Unterfamilie. Raubmöven, Stercorarüinae, Ausführungsgang der Nasendrüse ist vorn in jeder Grube ein grosses Loch; hinten findet sich, wie bei Larus, ein Kleines Loch für die Gefässe der Drüse. Alle übrigen Verhältnisse des Skeletts sind wie bei den Möven und Meerschwalben: 13 Hals-, 8 Rückenwirbel. Das Brustbein ist in der Mitte und hinten etwas schmäler als bei Larus; es findet sich jederseits nur ein Abdominalfortsatz und eine etwas tiefere Bucht, welche ungefähr den fünften Teil der Länge des Brustbeins ausmacht. Das Oberarmbein ist fast so lang wie die Vorderarmknochen und hat einen starken, hakenförmig umgebogenen Höcker; das Schulterblatt ist etwas mehr säbelförmig gebogen als bei Larus. e Die Zunge ist schmal, vorn lanzettförmig. Der Schlund ist mittelmässig weit und faltig; der davon äusserlich nicht abgesetzte Drüsenmagen bildet, wie bei Larus, nur einen etwa 1,2 cm breiten Streif; die Drüsenbälge sind sehr klein und einfach. Der Muskelmagen ist wie bei Larus, fast noch weniger fleischig, aber mit derberem, sehr hartem Epithelium über- zogen. Es findet sich keine Spur eines dritten Magens. Der Dünndarm ist wie bei den Möven, aber die Blinddärme sind beträchtlich mehr entwickelt und gegen 4,7 cm lang. Von der Leber ist der rechte Lappen nur unbedeutend grösser als der linke. Ein Divertikel fand ich nicht. Das Herz ist sehr länglich und drehrund. Die Nieren bestehen jederseits aus drei Hautlappen und sind unverschmolzen. Der unterste Lappen ist etwas grösser als der oberste, der mittlere der kleinste. Am oberen Kehlkopf findet sich keine Spur einer Epiglottis; hinter der Stimmritze zeigen sich nur wenige kleine und spitze, weiche Warzen. Die Luftröhre besteht aus dünnen und weichen Ringen. Der untere Kehlkopf hat ein ein- faches schwaches Muskelpaar und verhält sich sonst wie bei Larus. Der Sklerotikalring besteht aus 15 Knochenschuppen, von denen zwei, der obere und untere, bedeckend, die übrigen bedeckt sind. Der Fächer hat 12 Falten. So nach Untersuchung des inneren Baues bei Stercorarius pomarinus. — I. Gattung: Raubmöve, Stercorarius Biss, Charakterisiert durch die Merkmale der Unterfamilie. —|] | Alle bis jetzt entdeckten Arten dieser sehr abgesonderten Gattung wohnen in Europa. Es sind ihrer nicht viele, und die, welche auf den nordeuropäischen Meeren vorkommen, verirren sich alle auch zuweilen nach Deutschland. Wir be- schreiben daher folgende vier Arten. eur Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜRNN,.), Tafel 30. Fig. 2. Männchen im Sommer, im mittleren Alter. Tafel 40. Fig. 7—11. Eier. Die Skua, Skua-Raubmöve, Skua-Möve, grösste Raubmöve, Port-Egmonts-Henne. [— Fremde Trivialnamen: Czechisch: Ohaluha velkü. Dänisch: Stor Kjove, Skue, Havskummer, Pibemaage Englisch: Skua Gull, Great Skua, Common Skua, Skua; auf den Shetlandinseln: Bonxie. Färisch: Sküir, Shüggvur. Französisch: Stercorasre catarracte, Labbe catarracte, Stercoraire brun, Goöland brun. Helgoländisch: Groot Skeetenjoager. Holländisch: Groote Jager. Isländisch: Hafsktmur, Hakallaskümur, Hakarla-Sküamur, Shkumur. Italienisch: Labbo maggiore, Stercorario, Stercorario maggiore. Norwegisch: Skua, Storjo. Polnisch: Wydrzy biatopior. Schwedisch: Storlabb. Hafslabb, Skualabb. Ungarisch: Nagy halfarkos. Catharracta skua. Brünnich, Orn. bor. p. 33 (1764). — Lestris Catarracte.. Linn. Syst. Nat. Ed. XII. p. 603 (1766). —] — Lestris catarractes (Stercoraire catarracte,. Temmineck, Man. d’Orn. 2. Edit. II. p. 792. — Larus catarrhactes.. Gmel, Linn. Syst. I 2. p. 603. n. 11. — Lath. Ind. II. p. 818. n. 12. — Larus fuscus. Briss. Av. VI. p. 165. n. 4. — Retz. Faun. suec. p. 161. n. 123. — Le Goeland brun. Buff. Ois. VIII. p. 408. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 155. — Scua Gull. Lath. Syn. VI. p. 385. — Übers. v. Bechstein, II. 2.8. 338. n. 14. — Penn. Brit. Zool. p. 140. t. L. 6. — Arct. Zool. II. p. 531. n. 460. — Übers. v. Zimmermann, I. S. 493. n. A. — Bewick, Brit. Birds IL. p. 233. — Faber, Prodrom. d. isländ. Ornith. S. 102. — Meyer, Zusätze z. Taschenb. (III.) S. 207. — Brehm, Lehrb. II. S. 739. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 715-716. — Gloger, Schles. Faun. S, 53. n. 239. — Hornschuch u. Schilling, Verz. pommersch. Vög. 8. 18. n. 242. — v. Homeyer, Vög. Pommerns. S. 69. — [— Lestris cataractes. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 470. Taf. 270 (1840). — Lestris Catarrhactes. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCIV (1840). — Lestris catarractes. Schlegel, Rev. erit. p. OXXXIV (1844). — Lestris cataractes. Holmgren, Skand. Fogl. p. 991 (1866-1). — Stercorarius catarractes. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. I. p. 392 (1867). — Lestris catarrhactes. Wright, Finl. Fogl. II. p. 621 (1873). — Lestris cataractes. Fallon, Ois. Belg. p. 204 (1875). — Stercorarius catarrhactes. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 457. pl. 609 (1875). — Stercorarius catarrhactes. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 662 (1882—84). — Lestris catarrhactes. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Lestris catarrhactes Olphe-Galliard, Orn. Eur. oee. fasc. X, p. 26 (1886). — Stercorarius catarractes. Reyes y Prosper, Av. Espana p. 96 (1886). — Stercorarius cataractes, Ar&valo y Baca, Av. Espaüa. p. 412 (1887). — Magalestris Catarrhactes. Giglioli, Avif. ital. p. 648 (1889). — Lestris catarractes. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 588 (1891). — Stercorarius catarrhactes. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. II. p. 123 (1892). — Stercorarius catarrhactes. Collett, Norg. Fuglef. p. 297 (1893—94). — Megalestris catarrhactes. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 315 (1896). — Stercorarius catarrhacte.. Chernel, Magyarorszäg madarai II. p. 385 (1899). — Stercorarius catarrhactes,. Dresser, Man. of Palaearcetic Birds. II. p. 839 (1903). —] Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVI. Fig. 1. a—d (1845—53). — Bädeker, Eier Eur. Vög. Taf. 64. Fig. 4 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds. II. p. 505. pl. OLXII (1856. — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 346. pl. 55 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 118. pl. 37 (1896). —] Kennzeichen der Art. An der Wurzel der grossen Schwungfedern des in Ruhe liegenden Flügels ein grosser viereckiger weisser Fleck; die beiden mittleren Schwanzfedern kaum länger als die übrigen. Grösser als ein Kolkrabe. Beschreibung. Die grosse Raubmöve ist mit einem anderen Schwimm- vogel kaum zu verwechseln, sobald man nur die Gattungs- charaktere ins Auge gefasst hat, die deutlich genug ausgeprägt sind. Von den anderen Arten ihrer eigenen Gattung unter- scheidet sie auf den ersten Blick die Grösse, worin sie alle weit übertrifft, und eine kürzere, gedrungenere Gestalt, worin sie den grossen Arten von Larus ähnelt. Zwar ist auch bei ihr ein düsteres Braun über das sämtliche Gefieder aus- gebreitet, aber auf eigentümliche Weise mit heller gefärbten Schaftflecken besetzt, dergleichen an keiner der kleineren Arten vorkommen. Dieses eigentümliche Geflecktsein ist im Jugendkleide undeutlicher als im ausgefärbten. Es Könnte, wenn es nötig schien, dazu dienen, diese Art von den folgenden dreien in so weit zu trennen, dass die Unterfamilien in zwei Gattungen zerfiele, wo dann freilich in der ersten die grosse Raubmöve nur allein stände, die zweite aber die übrigen umfasste. Ein grosser mövenartiger Vogel, von robustem Aussehen und in der Grösse den stärksten Kolkraben oft übertreffend oder hierin der Silbermöve gleichend, beträgt die Länge der grossen Raubmöve von der Stirn bis zum Schwanzende 92 bis 56,5 cm; die Flugbreite 132 bis 133 cm; die Länge des Flügels vom Handgelenk bis zur Spitze 40,6 bis 45,3 cm; die des Schwanzes 14,1 bis 15,3 cm, selten bis 16,5 cm. Die Grösse variiert in der Länge zwischen erwachsenen Jungen und Alten nur um einige Zentimeter; zwischen Männchen und Weibchen ist sie oft Null, dagegen giebt es unter Individuen von einerlei Alter und Geschlecht oft be- deutende Verschiedenheiten in den Maßen. Das Gefieder ist dicht und weich, im ganzen von etwas gröberer Textur und derber als Mövengefieder, auch an mehreren Partien nicht so weitstrahlig, deshalb auf Rücken, Schultern und Oberflügel mit deutlichen Konturen; die Schwung- federn gross, breit, die erste Ordnung stark, lang, gegen das Ende schmäler und dieses zugerundet spitz, ihre Schäfte stark und hart. Die grossen Flügel reichen mit ihren Spitzen bis an das Ende des Schwanzes oder etwas, doch selten mehr als 4,7 cm, darüber hinaus. Der Schwanz besteht aus zwölf starken, gleichbreiten, flach abgerundeten Federn, die von gleicher Länge, bis auf das 1,2 cm kürzere äusserste Paar und das bei Alten 1,2 bis 3 cm längere mittelste Paar. Länger über die anderen vorstehend habe ich die letzteren bei keinem Exemplar gefunden, wohl aber hatte nach GRABA eins, doch unter vierzig erlegten nur eins, sie länger, nämlich 4 cm über die anderen vorstehend. Sie sind bei manchen Alten oft so abgestossen, dass sie nur gleiche Länge mit den übrigen halten. Bei Jungen, bis über ein Jahr alten, sind sie ebenfalls nicht länger als die nächsten Paare. Der eben nicht lange, aber bedeutend starke Schnabel ist von der Wurzel bis über seine Mitte hinaus gerade, dick, fast walzenförmig, die Firste breit abgerundet; sein vorderstes 304 Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNN.). Drittel bildet oben einen grossen, meistens etwas auf- geschwungenen, sehr krummen Haken, dessen Spitze ein paar Millimeter über die untere hinwegragt; unten, am Ende der breiten Kielspalte, ein ziemlich starkes Eck, von wo die Kiel- linie schräg in die Spitze aufsteigt. Der obere Haken sieht wie ein besonders angesetztes Stück aus, doch nicht so arg wie bei den Sturmvögeln, und beide Schnabelteile sind spitze- wärts etwas zusammengedrückt. Von der Stirn bis zum An- fange des Hakens, bier auf der Firste rund ausgeschnitten, an den Seiten den Rand des Oberschnabels freilassend, erstreckt sich eine Art von Wachshaut, die aber nicht viel weicher als die übrige Oberfläche des Schnabels, mit Ausnahme seines hornartig härteren letzten Drittels ist, in dieser Hinsicht wenigstens mit der eines Raubvogels nicht verglichen werden kann. Die Mundkanten sind gerade, nur vorn der Haken- krümmung entsprechend etwas herabgebogen, hinterwärts stark eingezogen, sehr scharf; der Mund tief gespalten und sehr weit. Die lange Nasenhöhle ist längs dem unteren Rande der Wachshaut durch eine schwache Vertiefung angedeutet; unten und am vorderen Ende derselben, an der abgerundeten Ecke der Wachshaut öffnet sich jederseits das ritzförmige, vorn er- weiterte und durchsichtige Nasenloch. Der Schnabel ist von der Stirn bis zur Spitze in gerader Linie 4,5 bis 5,1 cm lang, über dem Bogen gemessen einige Millimeter länger, vom Mundwinkel gerade bis zur Spitze fast T cm oder noch etwas darüber lang; an der Wurzel 17,5 bis 20 mm hoch und 15,5 bis 20 mm breit; wobei die kleineren Maße ausgewachsenen jungen Vögeln zukommen. Seine Farbe ist von der Wurzel bis zum Haken und dem unteren Eck gegenüber, nebst der Wachshaut im ersten Jahre dunkel bleiblau, später blaugrünlichschwarz, das übrige stets ganz schwarz, bei ersteren an der Spitze horngrau. Der innere Schnabel und Rachen rötlichweiss, mit bläulicher Mischung. Im ausgetrockneten Zustande wird die äussere Schnabelfarbe hornschwarz, an der Wurzel und Wachshaut hornbräunlich. Das weisslich befiederte Augenlid hat ein sehr schmales nacktes, in der Jugend rötlichgraues, später grauschwarzes Rändchen. Der Augenstern ist früher graubraun, im Alter sehr tief braun. Die Füsse sehen grösser und stärker aus als sie es bei genauerem Vergleichen mit der Körpergrösse sind; schwächlich sind sie jedoch keineswegs zu nennen. Die Schiene ist über der etwas dicken Ferse ein Stückchen hinauf nackt; der starke Lauf mittelmässig lang, wenig zusammengedrückt; die mittel- langen Vorderzehen mit vollen Schwimmhäuten; die sehr ver- kümmerte kurze Hinterzehe wenig über der Spurebene ein- gelenkt. Ihr Überzug, vorn herab eine Reihe grosser, breiter, auf den Zehenrücken schmälerer Schilder, übrigens eckige kleine und ganz kleine Schildchen, sieht sehr grob aus und fühlt sich uneben oder rauh an, weil die Ränder der starken Schilder nicht glatt anschliessen und die hintere Seite des Laufes (die eigentliche Fusssohle) dadurch fast gezähnelt er- scheint, bei den Alten mehr als bei den Jungen; die Schwimm- häute grob gegittert, unten nebst den Zehensohlen feiner ge- narbt. Die Krallen sind mittelgross, stark, sehr gekrümmt, unten ausgehöhlt, mit scharfen Rändern, besonders auf der inneren Seite an der Mittelzehe, und sehr spitz; sie ähneln darin, zumal bei alten Vögeln, den Krallen der Raubvögel, wozu auch noch kommt, dass die der äusseren Zehe die kleinste, die der innnern die grösste ist, diese auch ihrer fast halbzirkeligen Krümmung wegen (beinahe auch in der Grösse) ganz der eines Bussards (Buteo) gleicht. Bei jüngeren Vögeln haben sie alles dieses in geringerem Maße, so auch die kleinliche Kralle der Hinterzehe, die bei diesen wenig ab- wärts gebogen, bei recht alten aber aufwärts gebogen ist und wie ein kleiner aufwärts gekrümmter Sporn aussieht. Diese steigernd verstärkte Bewaffnung der Zehen mit dem Alter ist merkwürdig. — Die Nacktheit über der Ferse misst 2 bis 2,5 cm; der Lauf 6,7 bis 7 cm; die Mittelzehe mit der 14 bis 17 mm langen Kralle kaum 6,7 bis 7,7 cm; die Hinter- zehe ohne Kralle kaum 4 mm und diese etwas mehr, bei Alten zuweilen bis zu 7 mm. Die Füsse nebst Krallen und Schwimmhäuten sind bei alten Vögeln durchaus schwarz, die Fugen zwischen den grösseren Schuppen grauweisslich; jung sind sie an den Läufen düster bleigrau und in frühester Jugend an dem unteren Fuss- wurzelgelenk nebst dem Anfang der Zehen- und Schwimm- häute weiss. An den ausgetrockneten Beinen sind diese Farben nur als dunkle und hellere Hornfarbe wenig vom Schwarzen verschieden. Im Dunenkleide sind jene Fussfarben am lichtesten, der Schnabel schwarzgrau und der Augenstern braungrau. Die ganze Bekleidung des Vogels besteht dann in dichtem, weichem und ziemlich langem, einfarbig braungrauem Flaum, der auf dem Oberkopfe und Rücken kaum etwas dunkler ist als an den unteren Körperteilen. | Das nachherige Jugendkleid ist sehr einförmig; der Schnabel nur vorn matt schwarz, hinten bis über die Hälfte seiner Länge bleifarbig, der Augenstern braun, die schwarzen Füsse an den Läufen bleifarbig. Das Gefieder ist an den oberen Teilen schwarzbraun, an den unteren dunkelbraun, am mattesten am Bauche; die Federn am Halse und der Brust haben lichtere Schaftstriche oder spitzige Tropfenflecke, kleiner und schwächer angedeutet als im nachherigen Kleide, noch schwächer an den kleinen und mittleren Flügeldeckfedern; die grossen, die hinteren Schwungfedern und die grössten auf den Schultern bloss mit etwas lichteren verwaschenen Kanten; die grossen Schwungfedern braunschwarz, an der Wurzel ein grosses Stück weiss, wodurch auch auf zusammengelegtem Flügel ein weisser Spiegel sichtbar bleibt; der Unterflügel graubraun, die Spitze der Primärfedern grauschwarz, ihre Wurzelhälfte nebst allen Schäften weiss. Die Schwanzfedern sind von gleicher Länge, bloss die äusserste ein wenig kürzer, aber die mittelsten nicht länger, daher das Ende nur wenig abgerundet oder fast gerade, zumal das der einzelnen Federn, die alle ziemlich breite Fahnen haben; sie sind braunschwarz, gegen die Wurzel zu graubraun gekantet, die Wurzel selbst etwas weiss; dieses jedoch durch die Deckfedern nicht sicht- bar; unten ist der Schwanz graubraun, wurzelwärts mit weissem Schein und weissen Schäften. Im zweiten Jahre hat diese Art ein deutlicher geflecktes Gefieder. Der Schnabel ist schwarz, wurzelwärts und an der Wachshaut bloss lichter bläulicher oder auch grünlicher; der Augenstern dunkelbraun; das Augenlidrändchen grauschwarz; die Füsse schwarz, an den Läufen mehr oder weniger ins Bleifarbige ziehend. Den ganzen Vogel überzieht ein düsteres Erdbraun, am lichtesten an der Stirn, der Kehle und auf den Wangen, auch unten gegen den Bauch zu; am dunkelsten auf dem Scheitel, den Seiten des Kropfes, den Schultern und dem Rücken; dazu haben die Federn am Halse gegen den Nacken zu schmale hell ockergelbe Schaftstriche; die am Kropfe, an den Seiten der Brust, an den Schultern und dem Oberrücken eben solche Schäfte, in dunkel rostgelben, wurzelwärts fast rostfarbigen Schaftflecken, die am ersteren bald eine tropfen- artige, bald eine keilförmige, an den übrigen aber eine breit lanzettförmige Gestalt haben. Bürzel und Oberschwanzdeck- federn sind etwas schmäler und weniger deutlich, aber auf dieselbe Weise gefleckt, noch bleicher die untere Schwanz- decke. Die kleinen Flügeldeckfedern haben kleine hell rost- gelbe Schaftstriche, die an den grösseren am Ende abgestutzt sind; die mittleren Deckfedern auch noch rostgelbliche Seiten- kanten, diese noch stärker die grossen Deck- und hintersten Schwungfedern, diese auch noch einen schwärzlichen Anstrich auf den Aussenfahnen, doch nicht dicht am Schafte; die Schwingen zweiter Ordnung schwarzbraun auf den äusseren, graubraun auf den inneren Fahnen; die Primärschwingen an der Wurzel bis auf ein Drittel ihrer Länge rein weiss, übrigens braunschwarz, auf der Kante der Innenfahnen fahl, die Schäfte schwarz, ausser im Weissen, und die drei vordersten bis fast OPIOTFIEWWOS u [980 in Jayfe e W9AOTWIANEN SI9IYIA "'(wu>],) snursewod SNIIBIOIISIS wuoS w »Aa0WaneyN- wu i narısered SNILIE10913) | Son EN SAQUIANEN 9SSOIH) '(uunig) ENNS SNIIEIOHIIYS 'PIOJNHWUOS un [esoA Joe [| 9AQgWwIgqNey-I9ZJ0JIeUIyIS (7) soon I S "SPIOTI-I9WWOS UM [9,00 K% Ü) q R | d ETTWIEE . N Wh ET, FR MIEN N 2 N a tr DE Wen Lan « De SI ch, 3 en er == nn Ge ee en Se) Sage a ES Bee u nn E Fe a anaer Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNN.). zur Spitze weiss; die Fittichdeckfedern braunschwarz. Auf der unteren Seite hat der Flügel graubraune Deckfedern, grau- schwarze Schwingenspitzen, das Weiss ihrer oberen Seite und ganz weisse Schäfte. Der Schwanz ist dunkel erdbraun, in der Mitte der Federn dunkler, mit etwas verstecktem Weiss an der Wurzel; auf der unteren Seite bloss heller als oben und gegen die Wurzel weisslich, hier auch mit weissen Schäften. Seine Mittelfedern sind wenig über 1,2 cm länger als die übrigen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich im Äusseren nicht, aber ein ziemlicher Unterschied ist im Aussehen des Vogels nach nicht lange vorhergegangener Mauser im noch frischen und später im abgetragenen Gefieder. Im ersteren ist die Grundfarbe viel dunkler, die hellen Schaftflecke in ihren Umrissen weit deutlicher, an manchen Teilen wird auch hin und wieder ein lichter Anstrich der Federkanten seitwärts der Spitzen sichtbar. Dieser ist aber am abgetragenen Ge- fieder fast verschwunden, die verstossenen Federkanten haben hin und wieder weissliche Säumchen bekommen, und weil die braune Grundfarbe bedeutend bleicher geworden ist, sind auch die hellen Schaftflecke weniger abstechend; auch an dem nicht gefleckten Gefieder der Wangen und Kehle zeigen sich weiss- liche Seitenrändchen. Dabei sind die beiden mittelsten Schwanz- federn so sehr verstossen, dass sie über die anderen gar nicht vorstehen. | Mehrere Jahre alte Vögel unterscheiden sich etwas von den jüngeren. Sie zeigen unter der Kehle, an den Schenkeln und am Bauche eine starke Beimischung von Rost- farbe; die schwarzgrauen Unterschwanzdeckfedern haben alle einen rostfarbigen Fleck vor der zerschlissenen, rostgelblichen Endkante und die längsten auch noch ein rostfarbiges Quer- band in der Mitte. Der Oberflügel ist sehr dunkel, fast ein- farbig schwarzbraun; die blassgelben Schaftstriche am Hinter- halse sind sehr schmal und doch sehr klar gezeichnet, die übrigen Tropfen- oder Keilflecke am Kropfe, den Brustseiten und Schultern dagegen sehr undeutlich. Am meisten zeichnen solchen alten Vogel seine vollkommen denen eines Bussards ähnlichen Krallen, zumal an der Innenzehe, und die haken- artig aufgekrümmte der Hinterzehe aus. [— Mr. THOMAS EDMONSTON (der Sohn des Dr. LAURENCE E., der 60 Jahre hindurch auf eigene Kosten einen Wärter von April bis August auf der shetländischen Insel Unst unterhielt, um die Bruten der grossen Raubmöve vor Räubern zu schützen) macht folgende interessante Bemerkungen über die Geschlechtsreife dieser Art (mitgeteilt von LEVERKÜHN in der Ornith. Monatsschr. 1894, S. 19): „Es ist unmöglich fest- zustellen, wann die junge Skua ausgewachsen ist und sich zu paaren beginnt. Die Vögel sind so selten und leben dergestalt auf Wanderschaft, dass Gelegenheiten zum Beobachten, aus- genommen während der kurzen Zeit des Brutgeschäftes, gänz- lich fehlen. Andererseits wäre der Einfall, eine Skua auch im heiligsten Interesse der Wissenschaft zu töten, für die drei Generationen von Skua-Hegern hier auf meinen vaterländischen Inseln ganz unerhört; daher ist keine Aussicht vorhanden, dass dieser Punkt durch anatomische Untersuchung und Vergleichung der verschiedenen Altersklassen je aufgehellt wird. Mein ver- storbener Vater vermutete, gestützt auf die Autorität seines weit bekannteren Schwiegersohnes Dr. SAxBy, dass die Skuas nicht vor dem vierten Jahre ihr Alterskleid bekommen oder zu brüten beginnen. Diese Ansicht war auf verschiedene Ex- perimente mit jungen, in der Gefangenschaft gehaltenen Exem- plaren begründet; sie ist nicht absolut genügend, aber ver- mutlich ungefähr richtig; übrigens kenne ich auch niemanden, der besser darüber zu urteilen vermöchte. Demzufolge würden die 1891 erbrüteten Vögel 1895 zum Brüten kommen, und die von heuer (1892) 1896 u. s. w.“ —] Von einer Doppelmauser habe ich an keinem Exemplar, obgleich ich deren viele aufs genaueste untersucht, eine Spur gefunden. Die sewöhnliche Mauserzeit beginnt nach vollendeten Fortpflanzungsgeschäften im August und dauert durch den Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. iu [1 mm 00 nn en ee, 305 September. Diese Vögel sehen daher im Spätherbst, im frischen Gefieder, am schönsten, im abgetragenen, kurz vor der Mauser, am schlechtesten aus. Wenn auch nicht behauptet werden kann, dass die Mauser derselben vollständig beobachtet ist, so ist doch so viel gewiss, dass diese in der Färbung des Gefieders wenig oder doch keine sehr in die Augen fallende Verschiedenheiten hervorbringt. | [— Der abgebildete Vogel ist ein altes Männchen vom 14. Mai 1891 von den Färöern, befindlich im Tring-Museum. —] Aufenthalt. Diese Art gehört den hohen Breiten unserer Erde an. In Europa bewohnt sie im Sommer [— das obere Norwegenbis zu den Lofotinseln nur sehr einzeln oder vorübergehend,!) —] Island, die Färöer und die Shetlandsinseln; sie besucht von dort im Winter die schottischen, irischen und eng- lischen Küsten, viel seltener und sehr einzeln die deutsche Nordseeküste, Holland, die nördlichen Gestade von Frank- reich und die Küste des Atlantischen Ozeans bis etwa abwärts zur Strasse von Gibraltar und Madeira, nur zu- fällig das Mittelmeer; ebenso vereinzelt und nur gelegent- lich besucht sie unsere Ostsee. Im oberen Nordamerika [— bewohnt sie Südgrönland und (möglicherweise brütend) die Länder an der Hudsons- strasse; südwärts geht sie von hier bis auf die Fischerei- sründe gegenüber der Küste von den Neu-England-Staaten. Ob sie auf der pazifischen Seite Nordamerikas im Gebiet der Pelzländer vorkommt, bleibt noch festzustellen. Nach einer Mitteilung in den „OÖrnithologischen Monatsberichten“ (1899, 8. 9) wurde vom Kapitänleutnant v. UsLER während der Expedition des deutschen Kriegsschiffes Olga ein Exemplar in der Recherche- Bucht (77!/, Grad nördl. Breite) erlegt. Wenn auch mit diesem bis jetzt vereinzelt dastehenden Fall ihres Vorkommens in Spitzbergen das gegenwärtig bekannte Verbreitungsgebiet sich um ein bedeutendes Stück erweitert hat, so ist doch ihre Brut- heimat eine so beschränkte und die Individuenzahl im ganzen eine so geringe, dass die Befürchtung nahe liegt, der inter- essante Vogel werde „in nicht gar ferner Zeit das Schicksal von Alca impennis teilen“, wenn er nicht an seinen Niststätten in besonderen Schutz genommen werde. Aus den hier- auf bezüglichen hochinteressanten Mitteilungen LEVERKÜHNS in seinem Artikel „Vogelschutzin England“ (Ornith.Monatsschr.1894, S. 16 ff. und S. 260) mögen hier die wichtigsten Daten wieder- gegeben werden. Auf den britischen Inseln giebt es nur zwei Stellen, an denen diese Raubmöve brütet: 1) auf der enifernt im Ocean liegenden Insel Foula, der westlichsten der Shet- landsinseln; 2) früher auf Roenesshill, der höchsten Erhebung der benachbarten Insel Mainland, 3) auf Unst, der nördlichsten Shetlands- und gleichzeitig britischen Insel. — Über die Kolonie Foula berichtet Mrs. TRAILL vom Jahre 1891, dass trotz ganz energischer- Maßnahmen die Eingeborenen fast alle Eier der ersten Gelege gestohlen hätten, von denen einzelne zum Preise von 10 Shilling das Stück feilgeboten wurden, doch seien noch etwa 60 bis 70 junge Raubmöven gross geworden. Im folgenden Sommer aber wurden fast sämtliche Raubmöven ausgenommen, und Mrs. TRAILL fand auf ihren zahlreichen Wanderungen auf der Insel nicht ein einziges Nestjunges, da vermutlich nicht ein einziges erbrütet worden war. 1891 waren gegen 120 Vögel auf Foula. Seit 1893 wird die Kolonie sorgsam geschützt. Auf Mainland erfreute sich die Kolonie keines sorg- samen Schutzes. Nach Sıxgy hätten dort 1831 nur drei Paare, einige Jahre später nur ein Paar genistet; bis 1874 sei die Kolonie durch eigennütziges Eiersammeln und Schiessen ver- nichtet worden; aber noch einige Jahre später seien daselbst vereinzelte Bruten vorgekommen. — Die Brutgesellschaft auf Unst, die infolge besonderen Schutzes von drei Brutpaaren bis auf das Zehnfache gestiegen war, ging innerhalb der letzten Jahre wieder bis auf ungefähr ein Dutzend herunter. 1891 1) Corzerr hält diese Angabe für sehr zweifelhaft. J. R. 39 306 brüteten dort neun Paare, 1895 sieben Paare, 1897 fünfund- zwanzig und 1898 fünfzehn Paare. — Neuere Berichte liegen uns nicht vor. Aber nach dem Vorstehenden lässt sich an- nehmen, dass trotz der Schonung, Hegung und des Schutzes von seiten einzelner Vogelfreunde, ‘der Londoner zoo- logischen Gesellschaft und des englischen Parlaments gegen- wärtig kaum noch ein halbes Hundert brütender Paare von Stercorarius skua auf britischem Gebiet sich wird nachweisen lassen. — Noch rascher vollzieht sich offenbar das Geschick auf den dänischen Färöern. Um 1782 produzierte nach SVABA allein die Insel Skuö 6000 junge Skuas jährlich; die Insel verdankt diesen Vögeln ihren Namen; ebenso waren diese damals auf den Inseln Vaagö und Stromö sehr zahl- reich. Im Jahre 1872 wurden von FEILDEN die Zahl der Brutpaare auf den Färöern auf im ganzen vielleicht 50 ge- schätzt. Im Juli und August 1893 aber sah dieser Forscher während eines vierwöchigen Aufenthalts auf den Färöern nicht eine Skua fliegen und hörte nur von ganz wenigen Paaren, die hier und da zerstreut auf den verschiedenen Inseln ge- brütet haben sollten. Unter den paar jungen Vögeln, die er selber zu sehen bekam, waren zwei — gekocht, um zum Abend- brot gegessen zu werden. „Die gänzliche Ausrottung der Skuas als Brutvogel auf den Färöern wird bald stattgefunden haben, da der Schutz, welchen sie geniesen, nur den Zweck verfolgt, eine Zuspeise zum Abendessen in Gestalt der Jungen zu erlangen!" — Wenn auch nicht festzustellen, bezw. ab- zuschätzen ist, wie viele Paare auf anderen bekannten (Island, Skandinavien) und etwa noch unbekannten (Hudsonsbailänder ?) Niststätten brüten, so trifft doch bezüglich der Zukunft der grossen Raubmöve jedenfalls zu, was LEVERKÜHN sagt: „Nach alledem handelt es sich um eine auf dem Aussterbe-Etat be- findliche Art. Denn so darf man mit Fug und Recht wohl eine Art bezeichnen, welcher die Naturforscher die einzelnen Brut- weibchen nachzuzählen in der Lage sind.“ Auf der südlichen Halbkugel wird die Art durch die nahe verwandten Arten Stercorarius antarcticus und Stercorarius Maccormicki vertreten. Eine dritte verwandte Art, tere. chilensis, bewohnt die Küste Südamerikas. —|] Ins Innere von Deutschland und anderen europäischen Ländern verirrt sich sehr selten eine; nur zwei Beispiele waren 1840 davon bekannt, wo eine solche Raubmöve nicht weit von Mainz auf dem Rheine und eine andere bei Breslau auf einer Wiese erlegt wurde. [— Heute sind mehr solcher Bei- spiele bekannt. So soll ein Exemplar an der Fichtelnaab bei Riglasreuth, andere auf dem Ammersee, auf dem Bodensee, bei Mannheim und in Mecklenburg erlegt worden sein (JÄCKEL, HÖRMANN, FISCHER, CLODIUS, WÜSTNEI). —| In hiesigem Umkreise ist noch keine vorgekommen. Die grosse Raubmöve ist, gleich ihren Gattungsverwandten, mehr Strich- als Zugvogel. Von den Brutorten vereinzelt sie sich nach erledigten Fortpflanzungsgeschäften, durchstreift andere Gegenden und kehrt in der Mehrzahl erst im nächsten Frühling zu jenen zurück. Die meisten bleiben jedoch auch durch den Winter in der Nähe jener, aber meistenteils auf offenem Meer, und anhaltende, heftige Stürme bringen sie dann nur zuweilen dem Lande näher. Viele mögen auch südlicher streichen und einer milderen Temperatur entgegen gehen, wenn es ihnen in den höheren Breiten zu arg wird, und sie dann in ungewöhnliche Gegenden verschlagen werden. Dies geschieht jedoch nicht immer im Spätherbst und Winter oder nach herrschenden Nordweststürmen, sondern auch zu anderen Zeiten, wie die beiden bei Breslau am 17. Juli und bei Mainz am 17. April erhaltenen Exemplare beweisen. Ihre meiste Lebenszeit bringt sie auf offenem Meere zu, oft in Gesellschaft der Möven und anderer Seevögel. Man hat sie da viele Meilen weit von allem Lande entfernt an- getroffen. Das Meer gewährt ihr ausschliesslich, mit Aus- nahme weniger Monate, den nötigen Unterhalt; sie verlässt es daher nur in der Fortpflanzungszeit insoweit, als ihre Nist- plätze näher oder entfernter vom Strande oder an süssen Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNN.). Gewässern liegen, die sie zu einer anderen Zeit nie besucht, auch in jener beständig hin und her wechselt und das Meer deshalb nie ganz aufgiebt. Sie ist demnach ein echter Meer- vogel. Hohes, felsiges Gestade, überhaupt hohe Inseln liebt sie mehr als niedrige, und die hoch über dem Meer erhabenen grünen Flächen derselben, mit moorigen Stellen, Quellwässern, Bächen, Teichen oder Seen mit süssem Wasser, abwechselnd auch die sandigen Strecken an solchen, wählt sie dort zu Brutorten. Am flachen Meeresstrande, wenn er ununterbrochen meilenweit sich ausdehnt, wird sie seltener gesehen als an den mit hohen Klippen und Inseln abwechselnden. Eigenschaften. Die grosse Raubmöve sieht in den Umrissen im allgemeinen einer grossen Möve ähnlich, aber ihr durchaus düsteres Ge- wand unterscheidet sie von jenen schon in weiter Ferne, wo es fast schwarz zu sein scheint, sowohl sitzend als fliegend. Ihr Anstand im Stehen und Gehen ist ganz wie bei Möven; im letzteren ist sie aber noch behender, in allen ihren Bewegungen jedoch schwerfälliger als die kleineren Arten ihrer Gattung. Sie steht oft bis über der Ferse im seichten Wasser, schwimmt auch gut, ruht oft lange schwimmend aus und scheut dabei das Schaukeln nicht, das die Wogen ver- ursachen. Sie schwimmt eigentümlich, die Brust vorn tiefer eingesenkt, den Hinterleib höher gehalten, wodurch Flügel- und Schwanzspitzen entfernter von der Wasserfläche bleiben als bei anderen schwimmenden Vögeln, ziemlich so wie bei den kleineren Mövenarten. Das Niederlassen und Aufsteigen geschieht mit leichteren und schnelleren Flügelschwingungen als bei Möven. Sie rudert zuweilen auch ganze Strecken fort. Auf stillen Gewässern ruht sie oft mit aufgeblähtem Gefieder und ganz flach schwimmend, besonders wenn sie sich recht vollgefressen hat, und wartet so die Verdauung in langer Unthätigkeit ab. Im Fluge sieht sie einem grossen Raubvogel nicht un- ähnlich, wozu das dunkle Kolorit des Gefieders nicht wenig beiträgt. Die Bewegungen ihrer Flügel haben sehr häufig mit denen der grossen Mövenarten täuschende Ähnlichkeit; aber sie sind viel unbeständiger, mit so vielen unerwarteten als äusserst kühnen Wendungen abwechselnd, worin der Vogel in der Luft und wenn es sein muss, eine Gewandtheit ‚ Kraft und Ausdauer entwickelt, die jenen abgeht, sie dagegen den Raubvögeln näher bringt. In dem raschen, aber gerade fort- streichenden Fluge zeigt sie nicht das Unstäte und Hüpfende der anderen Stercorarius-Arten. Zuweilen schwebt sie auch eine ganze Strecke ohne Flügelschlag fort, besonders, wo sie in schräger Richtung herab will; dann gewinnt dies Schweben aber zu- letzt oft eine reissende Schnelligkeit, wenn es nicht etwa plötzlich durch eine schnelle Schwenkung unterbrochen wird und darauf wieder eine ganz andere Art des Fliegens folgt. Manchmal dreht sie sich auch mit stillgehaltenen Flügeln in Kreisen oder schwebt und kreist, vorzüglich, wenn sie sehr hoch fliegt, zuweilen lange anhaltend, wie ein Adler. Mit einem der letzteren hat sie auch in ihrem Betragen grosse Ähnlichkeit. Ein neidisches, hämisches, heimtückisches, boshaftes und fressgieriges Geschöpf, übertrifft sie an Raub- sucht die grössten Möven bei weitem, worauf auch die Bildung des Schnabels und der Krallen, selbst ihr Flug hindeuten, dessen Kraft, Ausdauer und Gewandtheit mit jenen vereint in ihr den Raubvogel nicht verkennen lassen, den auch Misstrauen, ängstliches Ausweichen und wirkliche Furcht von seiten anderer ihr nahe wohnenden Vögel noch mehr bezeichnen. Mit keiner Art lebt sie in freundlichen Verhältnissen; alle, selbst die kleineren Arten ihrer Gattung, vermeiden so viel wie möglich ihre Nähe; sie blicken scheu auf sie hinüber, wenn sie längs der Küste hinstreicht oder sonst ihrem Aufenthalte zu nahe kommt, oder ergreifen wehklagend die Flucht; nur der kecke Austernfischer erkühnt sich, wenn sie sich seinem Wohn- sitze nähert, mit Hilfe seines schnellen Fluges und kräftiger Schnabelstösse auf sie einzudringen und sie von seiner Brut Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNNM.). abzuhalten. Er scheint der einzige Strandvogel, der es wagen darf, sich ihr ungestraft zu widersetzen, wenn er nämlich wachsam genug ist und den richtigen Zeitpunkt dazu nicht versäumt. Über alle anderen prädominiert sie, selbst die grössten Möven, Gannets, grossen Sturmvögel und Albatrosse müssen ihr weichen, wenn sie mit Wut über sie herfällt; man hat gesehen, wie sie selbst dem grössten unter diesen so hart zusetzte, dass er sich aufs Wasser stürzte und im Untertauchen sein Heil suchte. Sie ist so tollkühn, dass sie am Nistplatze nicht allein auf die sich nähernden grösseren Tiere und Hunde herabstösst und ihnen Schnabelstösse ver- setzt, sondern selbst dem Menschen dies thut, wovon man in der gesamten übrigen Vogelwelt nur wenige solcher Beispiele kennt. Weil sie die Gesellschaft anderer Vögel nur in feindlichen Absichten sucht, so hassen sie diese sehr, und keine andere Art wagt es, ihren Nistplatz dicht neben dem ihrigen zu wählen. Sie selbst wohnt aber in dieser Zeit gern mit mehreren, oft sogar mit vielen ihresgleichen beisammen, genügt dagegen zu anderen Zeiten mehr sich selbst; deshalb trifft man sie auf ihren weiteren Streifzügen viel öfter einzeln an, als zu zweien oder dreien, nie in grösseren Herden. Obgleich die vereinzelten an fremden Orten ziemlich vorsichtig sind und auch, wo sie Nachstellungen merken, bald wirklich scheu werden, so werden sie darin von den grossen Möven doch um vieles übertroffen. [— SEEBOHM (l. c.) schildert das Leben und Treiben des Vogels folgendermaßen: „Die grosse Raubmöve lebt fast nur auf dem Ocean und an den felsigen Küsten der oceanischen Inseln, wo sie ein einsames Leben führt, wie ein Raubvogel, gemieden von den kleineren Seevögeln, die sehr wohl wissen, dass sie ein Feind ist, jederzeit bereit, sie zu ergreifen, wenn sie verwundet sind, oder sie zu verfolgen, bis sie ihre eben verschluckte Beute wieder ausspeien, sie in reissendem Fluge zu begleiten oder die Fortschritte ihres Verfolgers zu hindern. Wenn die Brutzeit herannaht, zeigt sie sich gewöhnlich paar- weise, und gegen Ende April erscheint sie in kleinen Kolonien an ihren Brutorten; aber auch ihre Nester sind selten sehr nahe aneinander angelegt... Die grosse Skua ist ein pracht- voller Flieger, der majestätisch durch die Luft schwebt wie eine grosse Möve, aber im stande ist, nötigenfalls mit grosser Gemächlichkeit sich zu drehen und zu schwenken. Sie ist zugleich vorsichtig und frech — zu vorsichtig, als dass man ihr auf Flintenschussentfernung nahe kommen könnte, ausser an den Brutplätzen, wo ihre Kühnheit sehr hervortritt. sie fährt wenige Fuss vor dem Eindringling in die Höhe, dann flattert sie mit ausgestreckten Füssen und lautem Flügelschlag über seinem Kopfe, bisweilen ihn in der Wut sogar berührend. Immer wieder kehrt sie zum Angriff zurück, von oben nieder- stossend oder über die Erdoberfläche hinstreichend, um gegen den verfolgten Gegenstand sich zu erheben. Sie vertreibt er- folgreich Raben und Seeadler, und wenige Hunde dürften ihren wütenden Angriffen standhalten.“ —|] Ihre Stimme im Fluge, besonders wenn sie hoch in der Luft schwebt, ist ein tiefes Ag ag, dem der Mantelmöve nicht unähnlich; im Sitzen ein rauhes Jia, und beim Herab- schiessen auf den Feind beim Neste stösst sie ein tiefes Hoo aus. Ausser der Fortpflanzungszeit vernimmt man sehr selten eine dieser Stimmen, sogar bei den Kämpfen mit anderen Vögeln schreit sie nicht so oft wie die kleineren Gattungs- verwandten. Sie hat ein zähes Leben, stirbt nicht sobald an einer Flügelwunde, und eine so verwundete kann daher längere Zeit am Leben erhalten werden. Die flügellahmgeschossene wirft Sich auf den Rücken, verteidigt sich wütend mit dem Schnabel und den Krallen, ganz wie es ein Bussard in diesem Zustande macht, Sie kann mit beiden Waffen sehr schmerzhaft ver- letzen. In den ersten Tagen der Gefangenschaft scheint ihr Gang schwerfällig, weil sie dabei die Nägel einbiegt, und ihr Betragen ist ein sehr ungestümes und unbändiges. [— Nur selten wird die grosse Raubmöve in zoologischen Gärten oder anderweitig in Gefangenschaft gehalten. BREHM 307 erhielt ein Paar Junge durch Vermittelung dänischer Freunde und hatte Gelegenheit, sie eine Zeitlang zu beobachten. „Sie unterscheiden sich von den Möven kaum durch etwas grössere Gier und Fresssucht, zeigen sich anderen Vögeln gegenüber sehr friedlich, auch durchaus nicht neidisch, wie ich wohl er- wartet hätte, scheinen sich überhaupt nur mit sich selbst zu beschäftigen. Ihren Pfleger kennen sie bereits nach wenigen Tagen genau und verfehlen nicht, ihn zu begrüssen, wenn er sich zeigt. Die Laute, die sie hören lassen, sind unverhältnis- mässig schwach; sie bestehen nur in einem leisen Pfeifen.“ (Tierleben, Vögel III, Seite 125.) —] Nahrung. Die grosse Raubmöve verschlingt alles, was Fleisch heisst, von lebenden wie von toten Geschöpfen, am meisten Fische, die sie teils anderen Seevögeln abjagt, teils selbst fängt, besonders matte oder tote, allerlei Abgänge von Fischen, welche die Fischer ins Meer warfen, das Aas von kleineren und grösseren Seetieren, Mollusken und auf dem Trockenen zuweilen sogar Landinsekten und Regenwürmer. Ihre räube- rische Natur, vermöge welcher sie der ärgste Raubvogel unter den Schwimmvögeln ist, zeigt sie nicht allein in der Brutzeit, wo sie sich meistens von den Eiern und Jungen anderer Vögel nährt oder ihre Jungen damit füttert, sondern auch überall, wo sie einen schwächeren oder kranken Vogel überwältigen kann. Sie verfolgt im Fluge nicht allein Möven von mittlerer Grösse, sondern zuweilen auch die grössten Arten, Gannets, Enten, Alken, Lummen und ähnliche Fischfänger, zwickt und ängstigt sie, bis sie die eben gemachte Beute wieder von sich geben, aus dem Schnabel fallen lassen oder ausspeien, um diese im Herabfallen für sich aufzufangen, ehe sie noch das Wasser erreicht. Nicht genug an diesem gewaltthätigen Schmarotzen, das sie überhaupt zu manchen Zeiten nicht so häufig treibt als die kleineren Raubmövenarten, greift sie wie ein Raubvogel die schwächeren Vögel sogar selbst an, stösst mit Gewandtheit und Kraft im Fluge nach ihnen, und mit einem einzigen gut angebrachten Schnabelhieb sah man sie einer Dreizehenmöve, Lumme, Alk und dergleichen den Schädel einschlagen, die tot herabstürzende zerreissen und stückweise verschlingen. Angeschossene Vögel oder tote, die auf dem Meer treiben oder am Strande liegen, dienen ihr bald zur Beute; dagegen lässt sie gesunde, auf dem Wasser schwimmende in Frieden, weil sie sich bei einem Überfall stets durch Untertauchen retten; ebenso suchen ihr auch die im Fluge verfolgten durch schnelles Herabstürzen ins Wasser zu entkommen. [— THoMmAs EDMONSTON bemerkt in seinem Bericht über die Kolonie auf der Insel Unst (s. oben), dass nach seiner Meinung an eine besondere Zunahme der Kolonie nicht wohl zu denken sei, da die Raubmöve als Schmarotzer ganz von ihren „Wirten“, d.i. den sie ernährenden Möven (Larus argen- tatus und fuscus) abhängig sei. Nur wenn das Schongebiet für diese letzteren erweitert würde und demzufolge deren In- dividuenzahl zunähme, sei auch eine Vermehrung der Raub- möve zu gewärtigen. —|] Ihre Raubsucht ist in der Zeit am ärgsten, wenn sie selbst Junge hat. Sie plündert dann die Nester derin den sogenannten Vogelbergen nistenden Vögel, holt die Eier oder Jungen aus denselben und schleppt sie den ihrigen zu. Ein allgemeines Angstgeschrei ertönt aus tausend Kehlen zugleich, wenn sich dieser kühne Räuber einem solchen Nistplatze nähert, jedoch wagt es keiner der Geängstigten, sich seinem bösen Vorhaben ernstlich zu widersetzen; er packt das erste beste Junge, und dieses windet sich im Schnabel des Forteilenden, während die unglückliche Mutter schreiend, aber ohne weiteren Erfolg ihm ein Stück nachfliegt; sobald er sich ungestört glaubt, lässt er sich aufs Wasser herab, tötet die Beute und verschlingt sie, fliegt dann seinen Jungen zu und würgt sie diesen vor, Es hindert ihn nicht, täglich mehrmals in solchem Vogelberge ein- zusprechen, selbst wenn dieser 15 km von seinem Neste ent- 397 308 fernt läge. — Auf dem Lande fällt sie auch kleine oder junge, noch unbehilfliche Säugetiere an, schnappt beim Gebären ver- einzelter Schafe die häutigen Abgänge weg und ist nicht selten unverschämt genug, dem neugeborenen Lämmchen die Augen auszuhacken, [— ja selbst Lämmer durch einige kräftige Hiebe mit ihrem scharfen Schnabel zu töten. —] Die grosse Raubmöve stösst oder haut zwar den lebendigen Raub stets nur mit dem Schnabel nieder, gebraucht ihre starken Raubvogelkrallen aber gewiss sehr gut beim Zerstückeln einer grösseren Beute und zum Anklammern auf grossen, schwimmen- den, oft sehr schlüpfrigen Äsern. Auf dem hohen Meer folgt sie gern den Fahrzeugen der Fischer und fällt gierig über das her, was diese nach ge- mäachtem Fange grosser Fische als unnütze Abgänge über Bord werfen. Sich selbst Fische zu fangen, gelingt ihr nur-bei sehr hochgehenden, von den Schlägen brandender Wogen ermatteten oder nur in wenigem Wasser befindlichen, weil sie ein schlechter Stosstaucher ist und dabei nie ganz mit dem ganzen Körper unter das Wasser zu dringen vermag [—, doch fischt sie, wenn es sein muss, auch selber, und in den grossen Heringszügen nicht ohne Erfolg. —] Wo die Ebbe wasserfreie, mit kleinen Pfützen abwechselnde Flächen hinterlässt, sieht man sie eben- falls oft in Thätigkeit, um zurückgebliebene Fische zu er- wischen oder andere kleine Seetiere aufzulesen, darunter auch den Uferwurm. [— In der Nähe ihrer Nester findet man nach JOURDAIN viele Heringe ohne Köpfe, aber sonst nicht verletzt. Im Magen eines Exemplares wurden Reste von Rissa tridactyla gefunden. —|] Im allgemeinen ziemlich phlegmatisch, verlässt sie sich bei ihren Räubereien mehr auf ihre Stärke als auf ihre List und Gewandtheit, obwohl sie im Verfolgen anderer Vögel und beim Wegschnappen dessen, was diese für sie gefangen haben, genug der letzteren zeigt. Sie ist ein zudringliches, gieriges, gefrässiges Geschöpf, das keine Gelegenheit entschlüpfen lässt, wo etwas für den Magen zu erwischen ist, vom Hunger ge- plagt ein verwegener Räuber, und wo es viel zu fressen giebt, fast unersättlich. Schlund und Magen vollgepfropft, wird sie schwerfällig und träge, und eine grössere Regsamkeit kehrt erst wieder, nachdem sie eine Zeitlang in gemütlicher Ruhe die Verdauung abgewartet hat, wobei sie gewöhnlich mit auf- geblähtem Gefieder auf der glatten Fläche eines ruhigen Wasser- spiegels ganz oberflächlich schwimmt, ohne die Stelle zu ver- ändern. Fortpflanzung. Die grosse Raubmöve pflanzt sich in den beim Aufenthalt bezeichneten Ländern jener hohen Breiten des Nordpols fort. In Europa hat sie ihre Brutplätze auf der südlichen Hälfte von Island, auf den Färöern, den Shetlands und in Skan- dinavien.!) Nicht die hohen, steilen Felsengestade und Klippen, die vielen Tausenden anderer Seevögel zu Nistplätzen dienen, sondern weiter vom Meere entfernte, grüne, moorige Hoch- ebenen und flache Bergabhänge, die nächsten Umgebungen süsser Gewässer oder kleine Inselchen auf diesen, wie sie sich häufig auf den Plattformen hoher Felseninseln finden, oder sandige Striche an Bächen oder Landseen wählt sie zu ihren Brutplätzen. Solche liegen oft eine Viertelmeile vom Meer entfernt und manchmal gegen 1000 Fuss über dessen Spiegel. Sie nistet gewöhnlich in Kolonien, früher, als sie noch zahlreich vorhanden war, bis zu 100 und mehr Paaren bei- sammen, ein einziges Paar fast nirgends allein. In unmittel- barer Nähe dieser Brutplätze nistet kein anderer Vogel; selbst die Schmarotzerraubmöve, obgleich in der nämlichen Gegend brütend, hält sieh von jenen entfernt und hat ihre eigenen Plätze. Anfang April kommen die Vögel einzeln vom offenen Meer an das Land zurück und zeigen sich in der Nähe der Brutplätze, nach und nach immer mehr, bis sich im Mai alle Pärchen eingefunden und gepaart haben. Sie fangen jetzt an, ihre Nester einzurichten, die auf sandigem Boden bloss in ') Das ist, wie schon oben bemerkt, sehr zweifelhaft. J. R. “ Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNN.). einer kleinen selbst gescharrten Vertiefung bestehen, auf grünem Boden auch nicht viel besser sind und dadurch entstehen, dass das Weibchen an dem erwählten Plätzchen das Gras oder Moos niedertritt und durch fortgesetztes Herumdrehen des Körpers eine kleine napfförmige Vertiefung bildet. Eine weitere Unter- lage bekommen die Eier nicht. Die einzelnen Nester stehen nie nahe beisammen, zuweilen 10 Schritte und noch weiter voneinander; ein mässig zahlreicher Nistverein nimmt daher schon einen ziemlichen Bezirk ein. Mitte Mai findet man ihre Eier, von verschiedenen Paaren zu etwas verschiedener Zeit, sodass man an einem Nistplatze von einigem Umfange zu derselben Zeit in vielen Nestern die richtige Zahl und manche bereits bebrütet, in anderen nur erst eins, in vielen noch gar keins angetroffen hat. Nie legt ein Weibchen mehr als zwei Eier in ein Nest. Diese Eier haben viel Ähnlichkeit mit denen der grossen Mövenarten, sind aber anders geformt, bauchiger und am spitzen Ende kürzer, aber spitzer zugerundet, unterscheiden sich aber am meisten durch das feine Korn ihrer festen Schale, an der zwar ebenfalis zahllose, aber viel feinere Poren sicht- bar sind, die jedoch nicht verhindern, dass diese Eier einigen Glanz und ein viel glatteres Aussehen haben. Sie gleichen in allem denen der übrigen Stercorarius-Arten, die sie allein in der Grösse um vieles übertreffen, worin sie denen der Silber- möve oder manchen kleineren von der Mantelmöve nahe kommen. sie messen in der Länge 67 bis 71 mm, in der Breite 47 bis 50 mm!) und variieren in der Grösse gleich anderen verwandten Arten. |— Sieben Stück der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 69,21 x 50,84 mm, im Maxi- mum 73,8 x 50,3 und 68x 52,7 mm, im Minimum 64,1 x 51,5 und 72,4% 48,7 mm; das durchschnittliche Gewicht beträgt 6,285 g. 73 Eier im Britischen Museum messen in der Länge zwischen 60,9 und 76,2 mm, in der Breite von 44,5 bis 50,8 mm. Zwei von R. BLASIUs gemessene Eier zeigen folgende Grössenverhältnisse: Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 68,9 mm 49,2 mm ol mm 138, 505 „, re Ihre Grundfarbe ist ein blasses Olivengrün, bei manchen bräunlicher, bei anderen grünlicher oder bläulicher; die Zeich- nungen sind Punkte, Tüpfel und grössere Flecke von mancherlei Gestalt, doch meistens gerundet, die tief in der Schale liegen- den aschgrau, die höher liegenden braungrau, die auswendigen dunkel olivenbraun bis zum Schwarzbraunen. Diese Zeich- nungen sind gewöhnlich am stumpfen Ende des Eies dichter gestellt, fast kranzartig gehäuft, dagegen auf der übrigen Fläche, besonders um die Spitze, sehr sparsam und auch ge- wöhnlich kleiner als dort. Allein, wenn auch dies die am häufigsten vorkommende Zeichnung ist, so kommen doch auch eine Menge von Abweichnngen vor, die (nach FABER und THIENEMANN) bis ins ungefleckte Hellblaugrünliche übergehen sollen. Auch diese Eier entfärben sich nach längerer Zeit in den Sammlungen, nämlich hinsichtlich des Grünen, und werden brauner. | Männchen und Weibchen brüten abwechselnd vier Wochen lang und haben deshalb jedes zwei Brutflecke, nämlich an jeder Seite des Bauches einen. Im Anfang des Juli sitzen in den meisten Nestern kleine, in braungrauen Flaum gekleidete Junge, die aber, sobald sie sich etwas fühlen ,‚ das Nest ver- lassen und in den Umgebungen unter Pflanzen, hinter kleinen Hügelchen und dergleichen sich zu verstecken suchen. Sie werden anfänglich von den Alten mit Mollusken, Würmern, Vogeleiern und andern weichen Dingen aus dem Kropfe gefüttert wie junge Tauben; später speien sie das gröbere Futter, Fleisch, Fische, junge Vögel und dergleichen vor ihnen aus, worauf ‘) Nach genauer Messung mit dem Bogenzirkel oder Taster an einem kleineren und einem grösserem Exemplare. Abermals stimmen jedoch diese Mafse nicht mit denen in THIENEMANNS Eierwerk, V, S. 23, die aber auch mit der dazu gehörenden sehr guten Abbildung, Tafel XXI, Fig. 4, nicht stimmen. Naum. Die grosse Raubmöve, Stercorarius skua (BRÜNN.). die Jungen es verschlingen. Die jungen Vögel zum Futter für ihre Jungen holen die Alten zuweilen 15 km weit aus den grossen Nistvereinen der Sturmvögel, Alken, Lummen und anderer Bewohner jener sogenannten Vogelberge, wenn sie solche nicht näher haben können. Die hin und wieder an den Nistorten wachsenden Blaubeerenbüschel ( Vaceinium uliginosum) dienen den Jungen nicht allein oft zum Versteck, sondern die Beeren derselben auch öfters zur Nahrung; THIENEMANN fand mehrmals den Magen halb und mehr als halb erwachsener Jungen ganz mit diesen Beeren angefüllt. Sie wachsen langsam, bekommen im August Federn, werden erst gegen Ende dieses Monats völlig flugbar und jetzt erst aus der Pflege ihrer Eltern entlassen. Wenige andere Vögel zeigen eine solche Liebe zu ihrer Brut und im Verteidigen derselben einen solchen Mut als diese Alten. Nicht beim blossen Schreien und nahen Umflattern des Störers, der sich dem Brutplatze nähert, lassen sie es bewenden, sondern sie greifen ihn auch wirklich an, schlagen so mit kräftigen Schnabelhieben den beherztesten Hund in die Flucht, stossen dem Menschen sogar den Hut vom Kopfe und verwunden mit ihrem starken Haken- schnabel den Kopf, wenn er sich nicht vorsieht und ihren Stössen ausweicht. Augenzeugen versichern, dass man sich fast unwillkürlich bücke, so oft sie gegen den Kopf herabführen, und dass die Färinger (Einwohner der Färöer) dann zuweilen ein langes scharfspitziges Messer über der Mütze in die Höhe hielten, auf welches sich dann der Vogel nicht selten spiesste. — Mit Anfang des September wird es still und öde an diesen Brutplätzen, Alte und Junge zerstreuen sich nach allen Richtungen auf dem Meere und werden von jetzt an bis zum nächsten Frühjahr nur selten einzeln am Lande gesehen. Feinde. Mut und Kraft allen Feinden entgegensetzend, wird die srosse Raubmöve oder ihre Brut wohl schwerlich von einem Raubvogel angefallen, wenigstens ist solches, so viel mir bekannt, noch von keinem Naturforscher beobachtet worden. Von Schmarotzern im Gefieder und in den Eingeweiden ist sie nicht frei, die Arten dieser sind jedoch nicht [—- alle —] genau untersucht und [— teilweise vielleicht —] noch un- benannt. [— Von Helminthen ist nur bekannt Echinorhynchus campylurus NITSCH. —| Jagd. Wo dieser grosse Vogel einsam herumstreicht, weicht er dem Schützen wohl aus, zeigt sich jedoch weniger scheu als 309 die meisten Möven. Auf dem Meer und bei den Fischerbarken, wo Abgänge für ihn hinausgeworfen werden, ist er sehr dumm- dreist und leicht zu schiessen, nicht weniger in der Nähe seiner Brutplätze. Er nähert sich dem Schützen aber viel öfter fliegend, als dass er im Sitzen an sich kommen liesse, selbst dann nicht, wenn er auf einem stillen Wasserspiegel, die Ver- dauung in Unthätigkeit abwartend, schwimmt oder gar schläft; auch am Strande sitzend nicht. Dass, wo er Eier oder Junge hat, so viele zu erlegen sind, als man wünscht, wird man aus dem oben Gesagten schliessen können;t) selbst anhaltendes Schiessen und Morden macht dort auf die übrigen nur einen schwachen Eindruck. Es ist auch kaum nötig, da man die auf den Kopf herabstossende bei einiger Gewandtheit sogar mit dem tüchtigen Hiebe eines gewichtigen Stockes leicht aus der Luft herabschlagen kann. Dass sie sich zuweilen auf ein über den Kopf gehaltenes Messer spiessen, ist oben schon er- wähnt. An Angelhaken, woran ein Stückchen Fisch oder anderes Fleisch steckt, desgleichen in Schlingen beim Neste ist diese Art ebenfalls auch leicht zu fangen. Nutzen. Das Fleisch der grossen Raubmöve wird gern gegessen. Es soll nach Versicherung eines zuverlässigen Beobachters nicht nur dasaller übrigen Raubmöven undaller anderen mövenartigen Vögel übertreffen, sondern sehr zart und wirklich so wohl- schmeckend wie Schnepfenwildbret sein; was nicht zu ver- wundern wäre, wenn dies bloss ein Nordländer behauptete. Diese finden auch die Eier, die einen sehr grossen orangeroten Dotter haben, sehr wohlschmeckend und suchen sie deshalb fleissig auf. Dass sie faulende Fischabgänge und Äser aufzehrt, macht sie mittelbar nützlich. Schaden. Sie hackt zuweilen neugeborenen Lämmern die Augen aus und soll sie manchmal sogar töten und auffressen. Durch ihre häufigen Räubereien an den Vögeln der sogenannten Vogelberge beeinträchtigt sie den für viele nordischen Völker höchst wichtigen Vogelfang, denn zu jener Zeit, wenn sie Junge. hat, lebt sie nebst diesen fast nur von Vogeleiern und jungen Vögeln. !) Das ist nach dem Obigen jetzt nirgends mehr zutreffend. J. R. Die mittlere Raub-Möve, Stereorarius pomarinus (Temm.). Tafel 30. Fig. 3. Altes Männchen im Sommerkleide. Tafel 31. Fig. 3. Junges Weibchen im Oktober. Tafel 40. Fig. 6. Ei. Breitschwänzige, kugelschwänzige, [— Spatel-Raubmöve, —] pommersche Raubmöve, mittlere Struntmöve, grosser Struntjäger. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Pomornik $irorepi. Czechisch: Chaluha pomorni. Dänisch: Middelkjove, Mellem- kjove, Bredhalei Rovmaage, Struntjaeger, Tyvmaage, Rovmaage, Strandhög, Skue. Englisch: Pomatorhine Skua, Pomarine Skua. Färisch: Tjegvi, Tjoi, Tjöggvi. Finnisch: Leveäpyrstöinen räiskä. Französisch: Stercoraire pomarin, Labbe pomarin, Stercoraire arctique, Stercoraire 4 queue courte. Helgoländisch: Uhrgrootst Sheetenjoager. Holländisch: Middelste Jager. Isländisch: Kjöi. Italienisch: Gabbiano nero, Stercorario di coda lunga, Stercorario mezeano. Lettisch: Melnü kaiwa. N orwegisch: Jo, Tyvjo. Polnisch: Wydrzyk Zöttoszyiny. Portugiesisch: Mandrieo. Russisch: Pomornik srednie. Schwedisch: Bretstjärtad labb, Mellanlabb, Storlabb, Labb, Labbe. Slovenisch: Grahasta govnalka, Grahasti, lajnar, Grahasti otimad, Ungarisch: Szelesfarkı halfarkas. Ä Larus pomarinus. Temminck, Man. d’Orn. p. 514 (1815). —] — Lestris pomarinus (Stercoraire pomarin). Temminck, Man. 2. Edit. II. p. 793. — Larus parasiticus. Wolf u. Meyer, Taschenb. II. $. 490. — Deren Vög. Deutschl. Heft 21. Schöne Abbildung des alten Vogels. — Lestris pomarina. Meyer. Zusätze und Berichtigungen oder III. z. Taschenb. S. 210. n. 2. — Brehm, Lehrb. II. S. 741. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 718. — Gabbiano nero. Savi, Orn. tosc. III. p. 48. — Stercorario di coda lunga. Stor. deg. Uec. V. t. 539. — Pomarine Skua. Eyton, rar. Brit. Birds pP. 93. — Gloger, Schles. Faun. S. 53. n. 240. — Hornschuch u. Schilling, Verzeichn. pommerscher Vög. 8. 19. n. 243. — Ho meyer, Vög. Pommerns. S. 69. n. 227. — Isis 1835, S. 254. von Fr. Boie. — [— Lestris pomarina.. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 487. Taf. 271 (1840). — Lestris pomarinus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCIV (1840). — Lestris pomarina. Schlegel, Rev. crit. p. OXXXIV (1844). — Lestris pomarina. Holm- gren, Skand. Fogl. p. 986 (1866— 71). — Stercorarius pomarinus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. II. p. 394 (1867). — Lestris pomarina. Wright, Finl. Fogl. II. p. 622 (1873). — Lestris pomarinus. Fallon, Ois. Belg. p. 204 (1875). — Stercorarius pomatorhinus. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p- 463. pl. 610 (1877). — Stercorarius pomatorhinus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. II. p. 668 (1882— 84). — Lestris pomarina.. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Stercorarius striatus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase, X. p. 7 (1886). — Stercorarius pomarinus. Reyes y Prosper, Av. Espana p- 96 (1886). — Stercorarius pomatorhinus. Giglioli, Avif. ital. p. 435 (1886); p. 650 (1889). — Stercorarius pomarinus. Arevalo y Baca, Av. Espaia p- 412 (1887). — Lestris pomarina. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 589 (1891). — Stercorarius pomarinus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 175 (1891). — Stercorarius pomatorhinus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p 124 (1892). — Stercorarius pomarinus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 164 (1892). — Stercorarius pomatorhinus. Collett, Norg. Fuglef. p. 297 (1893—94). — Stercorarius pomatorhinus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV.p. 322 (1896) — Stercorarius pomatorhinus. Ohernel, Magyarorszäg madarai II. p. 36 (1899). — Stercorarius pomatorhinus. Dresser, Man. of Palaearetie Birds II. p. 840 (1903). Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVI. Fig. 2. ad (1845—53). — Middendorff, Sibir. Reise. Zool. p. 240. Taf. 24. Fig. 1 (1853). — Bädeker, Eier eur. Vög. Taf. 64. Fig. 1 (1854), — Newton, P. Z. S. 1861. p. 401. pl. XXXIX. Fig. 3. — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III. p. 349 pl. 55 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds p. 116, pl. 37 (1896). — C.B. Hill, Ibis 1900. p. 526. pl. XI. —] Kennzeichen der Art. Obgleich ihre Gestalt eine viel schlankere als die des Die beiden mittelsten Schwanzfedern verlängert, fast | Stercorarius skua ist, so steht sie doch auf der anderen gleich breit, an ihrem abgerundeten Ende kaum etwas Seite den folgenden Arten darin noch bedeutend nach. Sie schmäler als an der Wurzelhälfte; bei Jungen wenig länger | gleicht der Saatkrähe an Gestalt und an Grösse, nur die als die übrigen. Grösse der Saatkrähe. Flügel sind etwas grösser und länger, die Gestalt auch zier- licher. Sie misst in der Länge von der Schnabelwurzel bis an das Schwanzende, die beiden längeren Mittelfedern dieses j & > se nicht berücksichtigt, 40,6 bis 43,6 cm; die Flugbreite 109,5 bis sehr leicht daran, dass sie um ein Drittel kleiner ist und vie 113,2 em; die Länge des Flügels vom Bug zur Spitze 34,2 bis längere Mittelfedern im Schwanze hat; von der viel kleineren 36,2 cm; die des Schwanzes, ohne die 12 bis 7 cm längeren Schmarotzerraubmöve in ersterer Hinsicht umgekehrt, in Mittelfedern 135 cm. der anderen aber wegen ganz anders gebildeter Enden jener ; beiden Federn, die bei der gegenwärtigen Art stumpf zu- und abgerundet, bei der folgenden stets zugespitzt sind, was auch an jungen Vögeln schon bemerklich wird, obwohl nicht so auffallend als an den Alten. ') Beschreibung. Die mittlere Raubmöve unterscheidet sich von der grossen Die kleineren Maße gehören jungen Vögeln im ersten Jahr, die grossen ausgefärbten alten an, und unter den letzteren kommen auch einzelne vor, die gegen 47 cm lang sind. Die Weibchen sind wenig kleiner als die Männchen. Das kleine Gefieder ist sehr dicht, weich, doch etwas !) Unsere beiden hier gemeinten Arten, Sterc. pomarinus und St. para- derb, an der Brust pelzartig, bei den Alten auf dem Mantel siticus, unterscheiden sich demnach sehr leicht; allein man entdeckte vor mit wenig bemerklichen Umrissen, an den Halsseiten neben einiger Zeit in Nordamerika eine dritte Art, welche die Grösse der H ? h . f em Nacken g letzteren und die Gestalt der Schwanzfedern von der ersteren, dazu einen ganz zerschlissen, an den Spitzen seidenartig und sehr kurzen Schnabel hat, Lestris Richardsonii SwAıns., die auch in Eng- | Slänzend; sonst ist es durchgängig glanzlos und von sanftem land und zwar hier häufiger als St. parasiticus vorkommen soll. Ich habe | Aussehen. Die grossen Schwungfedern, von denen die vorderste diese Art selbst nie gesehen, auch der junge Vogel scheint in Deut die längste, haben starke, elastische Schäfte, breite, gegen das land noch nicht vorgekommen zu sein, den Beschreibungen nach mag sie Ende allmählich schmäler werdende, endlich in die schmal aber wohl eine eigene Art bilden. Sie soll mit St. parasiticus von einerlei { ’ { i zugerund . Grösse, also bedeutend kleiner als St. pomarinus sein. Naum. 5 lee SP itze auslaufende F ahnen; die der zweiten Or dnung Lestris Richardsonii SwAıns. ist Stercorarius crepidatus BANKS, also haben sehr nach hinten gebogene Schäfte und schräg ab- synonym mit NAUMANNs Lestris parasitica. J. R. gerundete Enden; die der dritten Ordnung sind ziemlich breit, 2 u VprppojuiMm um [980\ 103unf g "aAgwaney aufs 'IIeIA snpnesrduof SNIIEI0II2IS opppjaoguy "usypgpM g Agwgney op "(wws]L) snunewod snime10si2Ig 'To3oy 103unf | "sagwgneyg-Izjosewyag (71) snonisered snLe100128 hal 17 a En De Er re A Ak er \ ni, NER RE ac a 7 Es 7 va 1 Ja y x N ar BO dei i . ık Bean, a I - i s* ö 2 = - ] . Es ’ P" ” Fe R n i f x _ \ Mh BE | ! u z m we | MR. Bi \ AO er ! ri Re \ f adrch ie Fa : . ö - : u Pa Kae en \ Ne Tan War en \ Jan. Iay ae “ WERBEN angcsen 1 ups — > a rn = nn an En rn Bee ne en > = eu ee E E a ms ET z Er SI =; E er u ee ES De = ee u, ne = 2 Fe 3 ug _ 7 3 er ne r a e . >= = : = N ee ee Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (TEemM.). lanzettförmig, mit geraden Schäften; die hintere Spitze reicht am zusammengefalteten Flügel auf der vorderen bis über das Ende der sechsten Schwungfeder. Der Schwanz ist kaum mittellang, seine 12 Federn ziemlich und gleich breit, weich, mit schwachen Schäften und kurz abgerundeten, fast geraden Enden, daher das gesamte Schwanzende, ausser den in der Jugend 1,2 cm, im hohen Alter bis fast 9,5 cm längeren und über die nen hinausragenden Mittelfedern, fast serade, wie verschnitten, das Ende dieser auch nur wenig schmäler zugerundet als das der übrigen. Die Spitzen der ruhenden Flügelragen über das Schwanzende hinweg, beijun gen Vögeln 3,5 em, bei alten 4,7 cm über die mittleren Schwanzfedern, oder bei jenen fast 4,7 cm, bei diesen 8,2 bis 10,6 cm über das Ende der übrigen a bei sehr alten Vögeln, wo diese mittleren Schwanzfedern im ganzen eine Länge von 21,5 cm erlangen, reichen die Flügelspitzen selten über ihr Ende hinaus. Diese beiden verlängerten Schwanzfedern haben eine ganz sonderbare Eigentümlichkeit, nämlich die, dass sich nach einiger Zeit ihr Schaft etwa 2,4 cm weit von der abgerundeten Spitze in sich selbst herumdreht, sodass an der umgedrehten Stelle des Schaftes die Fahnen beider Seiten eine senkrechte Stellung erhalten, während sie bis zur Wurzel hin und ebenso an der Spitze in der gewöhnlichen wagerechten Lage bleiben. Beim fliegenden Vogel, von unten gesehen, soll es scheinen, wie wenn die gedrehte Stelle des Schaftes ganz nackt wäre und von da die Spitze eine rundliche Scheibe darstellte. An ausgestopften Exemplaren soll sich dieses sonderbare Vor- kommen nicht gut erhalten lassen, und dies giebt der Ver- mutung Raum, dass dieses Verdrehen des Schaftes durch ge- waltsame Einwirkung eines äusseren Umstandes entstehe, vielleicht durch eine ungewöhnliche, öfter wiederholte Bewegung des Vogels. Diese muss auch ziemlich heftig sein; denn der Schaft bricht zuletzt an der verdrehten Stelle, und bei vielen alten Vögeln sind bald nach der Brutzeit beide Mittelfedern daselbst abgebrochen, sodass der Schwanz dann im Fluge aus- sieht wie ein Mövenschwanz. An vielen Alten sieht man gar keine Spur dieser Verdrehung, auch noch kurz vor oder im Anfange der Brutzeit, selbst noch im Anfange des Juni keine. Der Schnabel ist stark, kurz, an der Wurzelhälfte walzig, dann nach vorn etwas mehr, aber doch nicht stark, zusammen- gedrückt, Haken, Eck und übrige Gestalt wie bei anderen Arten. Seine Grösse steht in demselben Verhältnis zu der des Körpers wie bei Stercorarius skua und St. parasiticus, er ist also, für sich allein betrachtet, viel schwächer als der von jener und viel stärker als der von dieser. Übrigens kommt er bei verschiedenen Individuen kleiner oder grösser vor, und dieser Unterschied findet sich oft auffallend zwischen jungen und alten Vögeln. Über der Schneide des Oberschnabels nach dem Mundwinkel zu ist er mehr oder weniger aufgeworfen, und über diesem Wulst liegt nach vorn unter dem unteren Eck der ziemlich harten Wachshaut, 15,5 mm von den Stirn- federn jederseits das ritzförmige, 7 mm lange, vorn erweiterte und etwas aufwärts gebogene, durchsichtige Nasenloch. Der Rachen ist bis unter das Auge gespalten, gross und weit; die Zunge lang, flach, nach vorn ausgehöhlt, hier an den Rändern und an der Spitze pergamentartig, diese ausgerandet oder geschlitzt. Der Schnabel misst bei jungen Herbstvögeln in der Länge, von der Stirn in gerader Linie zur Spitze 3,5 cm, von dieser bis in den Mundwinkel 5,3 cm, die Höhe an seiner Wurzel 16,5 mm, seine Breite hier 12 mm; bei ausgefärbten Alten in der Länge 3,7 cm, wovon 17,5 mm auf die Wachs- haut kommen, vom Mundwinkel zur Spitze fast 6 cm, die Höhe vor der Stirn 15,5 mm, seine Breite hier 13,5 mm. Seine Färbung ist in der J ugend am Haken und der Spitze beider Teile braunschwarz, übrigens hell bleifarbig, die Wachshaut mit schwach grünlichem Anstrich; im Tode wird das Bleiblau rosenrötlich, später rötlichgrau, ausgetrocknet endlich gelb- stünlichgrau. Im Alter hat er bis auf etwas dunklere Farben oll die nämliche Färbung, und die Spitze ist ganz schwarz. Der weite Rachen, die Zunge und der innere Schnabel sind fleisch- farbig, nach vorn ins Bläuliche und Braune übergehend. Das etwas kleine Auge hat einen tiefbraunen Stern; die von aussen grau befiederten Augenlider haben nach innen ein nacktes schwarzes Rändchen. Die Farbe des Augensternes ist bei Alten nicht gelb, wie oft angegeben, sondern dunkel nussbraun. Die Füsse sind nicht gross, niedrig, aber stark und stämmig, über der Ferse nicht hoch hinauf nackt, das Gelenk dieser stark; die drei mässig langen Vorderzehen durch volle Schwimmhäute verbunden; die sehr kleine Hinterzehe etwas über dem Zehenballen eingelenkt. Ihr Überzug ist vorn am Lauf (auf dem Spann) in grosse Schilder, hinten in kleinere, bei Jungen nur etwas, bei Alten sehr rauhe, mit ihren Ränd- chen abstehende und härtere Schuppen geteilt, die Gelenke des Laufes grob, die Schwimmhäute fein gegittert, die Zehen oben schmal geschildert, unten stumpfwarzig. Die Krallen sind nicht gross, aber stark gekrümmt, sehr spitz, unten mit einer Rinne, die der Mittelzehe mit vorstehender Randschneide auf der Seite nach innen, die der Hinterzehe ziemlich lang, wenig gebogen und sehr spitz. Von der Mitte des Fersen- gelenkes aufwärts sind am Unterschenkel 13,5 bis 15,5 mm nackt; der Lauf 5 bis 5,7 cm lang; die Mittelzehe nebst ihrer 8 bis 10 mm langen Kralle 5 bis 5,5 em lang, dagegen die äussere Zehe 6 bis 8 mm, die innere 13,5 bis 17,5 mm kürzer als jene; die ausserordentlich kurze Hinterzehe ist ohne Kralle nur 2 bis 3 mm, die Kralle aber 6 bis 7 mm, beides also zu- sammen 8 bis 10 mm lang. Die Krallen sind stets hornschwarz, unten in der Rinne grau, die Farben der übrigen Fussteile nach dem Alter verschieden. Wie bei allen ötercorarius-Arten, namentlich den folgenden, sind nämlich auch hier an ganz jungen Vögeln der gemein- schaftliche Zehenballen, die Zehenwurzeln bis fast ein Drittel vor und so weit wie diese auch die Schwimmhäute, dann ge- wöhnlich auch die ganze Hinterzehe weiss, die vorderen zwei Drittel der Zehen und Schwimmhäute schwarz, der Lauf bis über die Ferse schön lichtblau. — Später wird das Blau etwas dunkler und verdrängt von oben herab das Weisse, so wie das Schwarz ebenfalls bis an die Zehenwurzeln zurückdrängt und somit alles Weiss verschwindet. — Noch später, wo die Läufe schmutzig bleiblau geworden, wird auch dieses von unten herauf vom Schwarz verdrängt, das sich im Blauen zuerst oft als Flecke, nicht selten von einer länglich- viereckigen Gestalt zeigt, nach und nach überhand nimmt, sodass zuletzt bei ganz alten Vögeln (etwa im oder erst nach dem zweiten Jahr) die ganzen Füsse völlig einfarbig schwarz aussehen. — Jenes lichte Hellblau verschiesst nach dem Ab- leben des Vogels, zuerst hinterwärts, ins Fleischrötliche, wird dann nach und nach immer unscheinlicher und endlich aus- getrocknet schmutzig hellgrau, das Weisse schmutzig hell- gelblich; das Schwarze bleibt natürlich am meisten unverändert und kenntlich, wenn auch jene hellen Farben ganz unkenntlich geworden. Das Dunenkleid soll, wie bei den anderen Arten, in einem dichten, etwas langen, sehr weichen, einfarbig braun- grauen Flaum bestehen. [— Es ist russbraun mit einem Zug ins Rötlichbraune. —|] Das Jugendkleid ist dem der folgenden Art sehr ähnlich, doch am Halse und am Unterrumpfe meistens dunkler, grauer, mit Weiss fast gar nicht gefleckt. Nach einem frisch erhaltenen Männchen, — es wurde auf einer benachbarten Feldflur bemerkt und am 13. November 1837 tot gefunden, — war das Weiss an den Zehenwurzeln schon vom lichten Hell- blau der Läufe und dem Schwarz der Zehen und Schwimm- häute verdrängt, auch die eine Hinterzehe und ein Fleckchen über ihr schon schwarz; Schnabel und Augen wie oben be- schrieben. Das frische Gefieder hat an den oberen Teilen einen schwachen Seidenglanz, im allgemeinen eine düstere, russig schwarzbraune Hauptfarbe, am dunkelsten auf dem 312 Mantel und hier mit rostgelblichen Federkanten, am Kopfe, Halse und Unterrumpfe durch rostgraue Federkanten und Wellen jene fast verdeckt. Genauer betrachtet sind die Augen- kreise weissgrau, und vor dem Auge steht ein halbmondförmiges schwarzes Fleckchen; die Federn am Kopfe russfarbig, mit bräunlichweissgrauen Kanten, die auf dem Hinterhaupt und an der Kehle sehr breit, nicht scharf begrenzt sind und diesen Teilen ein lichteres Aussehen geben; der Hals russfarbig, mit schmalen graulichen und braungelblichen Federkanten; die obere Halswurzel und der Oberrücken dunkel russbraun, mit scharfbegrenzten, mondförmigen, rostgelbbräunlichen Kanten an den Enden der Federn; die Schultern noch dunkler russ- braun, fast schwarzbraun, ebenfalls mit scharfbegrenzten, mondförmigen, rostbräunlichweissen Kanten an den Feder- enden; der Unterrücken dunkel russfarbig, mit dichten Mond- fleckchen von einem sehr lichten Rostbraun; Bürzel und Ober- schwanzdeckfedern ebenso, doch die letzteren noch ausserdem mit Querbändern von jener lichten Farbe durchzogen. Die Kropfgegend und die ganze Brust sind graulich russfarbig, weissgrau und rostgelblich, aber undeutlich gewellt, weil die einzelnen Federn dieser Teile auf grauweissem Grunde braun- graue Querbänder und feine rostgelbliche Ränder haben, diese wie jene aber nicht scharf begrenzt sind, was sie erst an den längeren Tragfedern werden, die daher in dieFärbung desBauches und der sehr langen unteren Schwanzdeckfedern übergehen, die auf ganz weissem Grunde schwarzbraune Querbänder haben, die aber noch ausserdem mit einem bräunlichrostgelben Anflug, der an den Enden der Federn am stärksten ist, versehen sind. Sämt- liche Flügeldeckfedern sind schwarzbraun, die grössten die dunkelsten; die kleinen Deckfedern bloss zunächst des EIl- bogens mit bräunlichrostgelben Mondfleckchen an den Enden, nach vorn nur mit lichteren Säumchen; die mittleren und die grossen Deckfedern kaum lichter gesäumt, nur die hintersten, zunächst dem Rücken, an den Enden mit einem düster rost- gelben, meist geteilten Mondfleckchen; die hinteren Schwung- federn matt. braunschwarz, an den Enden mit einigen rost- gelblichen Randfleckchen; die mittleren Schwingen braun- schwarz, die grossen tief braunschwarz, mit weissen Schäften, die an den kürzeren spitzewärts sich bräunlich färben; die Fittichdeck- und Daumenfedern braunschwarz. Auf der unteren Seite hat der Flügel schwarzbraune, weiss gebänderte und gefleckte Deckfedern, und an den grösseren, unter der Achsel, sind die mond- oder nierenförmigen Flecke an den Spitzen bräunlichrostgelb überlaufen; die grossen Schwingen auf der unteren Seite gehen von den braunschwarzen Enden nach und nach durch Grau, dieses auf der Innenfahne dunkler be- spritzt, in das Weiss ihrer Wurzeln über, das aber durch die Deckfedern ganz versteckt sein würde, wenn es nicht auf allen (die vorderste ausgenommen) als ein glänzend silber- weisser Schein zu beiden Seiten des weissen Schaftes bis in die Nähe der Spitze herabliefe; die der zweiten Ordnung an den Enden matt russbraun, gegen die Mitte in Grau über- gehend, an den Wurzeln weiss, dies aber verdeckt, ihre Schäfte weiss. Die Schwanzfedern, von denen das mittelste Paar nur 1,2 cm länger als die übrigen ist, sind einfarbig braunschwarz, mit kaum bemerklichen lichtbräunlichen Endsäumchen, und am äussersten Paar mit ganz weissen, am zweiten und dritten bloss wurzelwärts weissen Schäften; die untere Seite des Schwanzes am Ende matt braunschwarz, wurzelwärts all- mählich in Grau und zuletzt in Weiss übergehend, dieses aber nur sichtbar, wenn man die Deckfedern wegbiegt; die Schäfte weiss. Dieses Kleid trägt der Vogel ein volles Jahr und brütet darin nicht. Im zweiten Herbst vertauscht er es mit einem anderen, das jenem aber noch sehr ähnlich sieht, aber am Vorderhalse und am Unterkörper stark mit Weiss gefleckt ist; auch zeigen sich am Hinterhalse nun die rostgelblichen, zer- schlissenen, seidenartig glänzenden Federspitzen. Wahrschein- lich vertauscht er dieses Zwischenkleid erst im folgenden, seinem dritten Herbst, mit dem ausgefärbten, in dem er erst Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (TEmM.). fortpflanzungsfähig wird. Dies mit voller Gewissheit behaupten zu können, fehlt es aber noch zu sehr an genügenden Be- obachtungen. Der alte Vogel in seinem ersten hochzeitlichen Ge- wande zeigt nicht selten an einzelnen noch vorhandenen Federn des vorigen deutlich genug den Übergang zu diesem, besonders auch an der Färbung der Füsse, die bei solchen zum ersten Male das hochzeitliche Kleid tragenden Individuen nämlich an den Läufen oft noch bleiblau sind, welche Färbung sich aber in Schwarz verwandelt, ehe noch ihre diesmaligen Fort- pflanzungsgeschäfte ganz vollendet sind. Diese bleiblauen Läufe zu dem Kleide, wie es soeben beschrieben werden soll, bezeugen zuverlässig, dass es das erste ist, das aus dem Jugend- oder Zwischenkleide hervorging, und dem weiter unten zu beschreibenden, am Unterkörper viel dunkleren, vorhergeht. Schnabel und Auge sind wie weiter oben be- schrieben; den Oberkopf deckt eine dunkelschokoladenbraune Platte, die hinten über das Genrick hinabreicht, deren Grenze seitwärts längs den Schläfen, dann vom Auge herab um den Mundwinkel sich neben der weissen Kehle hinzieht und diese schmal weiss lässt; die Wangen und der Anfang der Gurgel sind ebenfalls weiss, bald aber in lichtes Rost- oder Ockergelb übergehend, das sich auf den übrigen Hals bis gegen seinen Ursprung und auf den Kropf verbreitet, hier aber schon mit stärkeren braunen Schaftfleckchen, oberwärts aber bloss mit schwarzbraunen Schäften gemischt ist, wobei die zerschlissenen Spitzen der Federn oben an den Halsseiten nach hinten zu einen seidenartigen Glanz zeigen; von der Halswurzel nach dem Kropfe. herum zieht sich eine mehr oder weniger aus- gebildete Binde von dunkelbraunen Mondflecken oder ab- gebrochenen Bändern auf gelbweissem Grunde, an die sich eine noch dichter schokoladenbraun gebänderte Zeichnung der Brustseiten und Tragfedern anschliesst, während die Mitte der Brust gelblichweiss und meist ungefleckt bleibt; Bauch und untere Schwanzdecke auf weissem Grunde grob und un- ordentlich schwarzbraun gebändert. Der ganze Rücken nebst dem Bürzel, die Schultern und Flügeldeckfedern sind einfärbig rötlichdunkelbraun oder dunkel schokoladenbraun; die obere Schwanzdecke etwas lichter, einige Federn mit undeutlichen weissen Randflecken, die längsten mit breiten weissen Quer- binden; die Fittichdeckfedern braunschwarz, die grossen Schwungfedern an den Aussenfahnen und Spitzen, sowie an den Innenfahnen bis zu zwei Dritteln herauf ebenfalls braun- schwarz, das letzte Drittel dieser bis zur Wurzel weiss, ihre Schäfte bis zu der dunkelbraunen Spitze auch weiss, doch alles Weiss auf zusammengelegtem Flügel nicht sichtbar, so auch das wenige an den Wurzeln der braunschwarzen Sekundärschwingen. Der Unterflügel ist an den Deckfedern weiss, stark und dicht schokoladenbraun gefleckt; die Sekundärschwingen unten glänzend rauchfahl, wurzelwärts fast silbergrau; die Primärschwingen ein Drittel an der Wurzel nebst den ganzen Schäften weiss, die übrigen zwei Drittel glänzend rauchfahl, spitzewärts fast braunschwarz. Die sehr breiten, am Ende fast geraden Schwanzfedern nebst den wenig schmäleren, aber gleichbreiten, am Ende etwas mehr ab- gerundeten, 4,7 cm längeren beiden Mittelfedern rötlich schwarz- braun, nur auf den inneren Fahnen nahe an der Wurzel etwas Weiss (das aber die Deckfedern verbergen), ihre Schäfte hier hellbraun, übrigens braunschwarz; auf der unteren Seite der Schwanz fahlbraun, wurzelwärts graulich, die Schäfte weiss. Männchen und Weibchen haben gleiche Färbung, doch die ersteren oft eine etwas dunklere. Der dunkel gefleckte und gebänderte Halskragen ist bei manchen Individuen nicht sehr deutlich, bei anderen viel breiter und dunkler; bei einigen reicht er mit den Spitzen auf dem Kropfe nicht zusammen, während er bei anderen vorn noch ein geschlossenes Querband bildet, das manchmal bis fast zu drei Finger breit vorkommt; eine Geschlechtsverschiedenheit bezeichnen jedoch diese Ab- weichungen nicht. Es scheint, dass zwischem diesem eben beschriebenen er Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (Temm.). weissbäuchigen Kleide, mit dem diese Art brutfähig geworden, und dem späteren braunbäuchigen es noch ein Zwischen- kleid gebe,!) mit den Hauptcharakteren des ersteren, diese nur noch reiner ausgeprägt. — Wir müssen dieses aus F. BoIss Beschreibung (S. 232 der Reise in Norwegen) schliessen, wenn wir sie mit der unsrigen genauer vergleichen. Sie ist an frischen Vögeln, am 21. Juli erlegt, gemacht und lautet so: „Schnabel, soweit die Wachshaut reicht, bläulich, sonst rötlichhornfarben mit dunkler Spitze;.Iris dunkelbraun; Tarsen, Zehen, Schwimm- häute und Nägel ganz schwarz; der Kopf bis unter die Augen, Nacken (Genick?), Rücken, Flügel, obere und untere Deckfedern derselben, Steiss (Bürzel?) und Schwanz dunkel olivenbraun; Halsseiten und Hinterhals gelblichweiss, die Federn zum Teil mit dunkleren Schaftstrichen und mit zerschlissenen Spitzen; Vorderhals (Kropf?), Genick (Nacken?), Oberbrust und Seiten auf weissem Grunde schwarzbraun in die Quere gebändert, wodurch dicht über der Brust ein vollständiges Halsband ge- bildet wird; Kehle und Bauch (Unterbrust?) bis zu den Schenkeln rein weiss; Schenkelbefiederung, Aftergegend und untere Decken des Schwanzes schwarzbraun, heller als auf dem Mantel; die innere Seite der Schwungfedern erster Ordnung zur Hälfte weiss. Die beiden mittelsten Schwanzfedern ragen drei Zoll über die andern hinaus. Die Weibchen sind etwas kleiner als die Männchen.“ Das endlich völlig ausgebildete Hochzeitskleidalter Vögel ist eben das erwähnte braunbäuchige. Es hat grosse Ähnlichkeit mit dem der alten Schmarotzer-Raubmöve, aber auf dem Mantel eine noch dunklere Färbung. Der Kopf, Rücken, Schultern, Flügeldeckfedern, hintere Schwingen, Bürzel und Schwanz sind dunkel russbraun; Hals, Brust und alle unteren Teile ebenso einförmig, aber viel heller russfarbig, nur an den Seiten des Oberhalses nach hinten mit dunkelrostgelben, zerschlissenen und seidenartig glänzenden Federenden; der Fittich wie im vorigen Kleide, so auch Schnabel, Augen und Füsse; die mittleren Schwanzfedern 9 cm länger als die übrigen. Zwei wohl zu beachtende Umstände sprechen dafür, dass das einfarbige braune Kleid das der ältesten Individuen ist, worauf auch unser trefflicher Gewährsmann FR. BOIE in seiner norwegischen Reise (S.230 und 231) aufmerksam macht; näm- lich 1) dass sich unter einigen zwanzig in der Nistgegend von ihm erlegten Exemplaren nur ein einziges braunbäuchiges befand; 2) dass sich dieses auch durch besondere, die aller übrigen übertreffende Länge der mittleren Schwanzfedern als älterer Vogel auszeichnete. Fr. BoIE bestätigt ferner, S. 233, dass bei mausernden (am 21. Juli erlegten) Individuen die neu hervorkeimenden Federn in der Farbe von den alten nicht verschieden waren, dass also an ein anders gefärbtes Winterkleid bei diesen Vögeln nicht zu denken sei. Dessenungeachtet teilt er später in der Isis, Jahrg. 1835 Stck. III, S. 254 Beobachtungen von einigen Forschern an der französischen Nordküste mit, die das Vorhandensein eines dem Jugendkleide ähnlichen Winter- kleides dieser Art beweisen sollen, aber nicht gründlich genug sind und lange nicht hinreichen, dies darauf behaupten zu können, wenigstens kommen uns alle 1 bis 5 dort aufgestellten Sätze teils zu gewagt, teils zu oberflächlich, zum Teil gar ein- ander widersprechend vor, als dass sie uns geneigt machen sollten, unsere im Obigen ausgesprochene und doch auch auf Beobachtungen gestützte Ansicht über die stufenweisen Über- gänge von einer Altersverschiedenheit zur anderen aufzugeben. [— Neuere Forschungen haben ergeben, dass zwei ver- schiedene Phasen der Färbung bestehen, eine dunkel- und eine hellbäuchige. Bei der einen sind sämtliche unteren Teile genau so dunkel wie die oberen Teile. Bei der anderen sind die unteren Teile weiss, an den Brustseiten, den Unterschwanz- decken dunkelbraun gestreift. Das Weiss der Brust erstreckt Sich bis zu den Seiten des Nackens und ist mit mehr oder weniger Gelb gemischt. ‘) Vergleiche die Bemerkung am Schlusse dieses Abschnitts. J. R, Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 313 Junge Vögel der hellen Phase zeigen im ersten Kleide die oberen Teile dunkelbraun, jede Feder mit einem schmalen fahl gelbbraunen Saum versehen, und die Unterseite fahler braun, jede Feder mit einem breiten fahl gelbbraunen Saum. Junge Vögel der dunklen Phase haben dagegen im ersten Ge- fieder Ober- und Unterseite gleichmässig dunkelbraun, jede Feder mit einem dunklen Saum, der besonders deutlich auf den Unterschwanzdecken ist. Bei beiden Phasen nehmen die Vögel bei jeder folgenden Herbstmauser ein dem Gefieder der Alten ähnlicher gefärbtes Kleid an. BOOTH nimmt an, dass fünf Jahre vergehen, ehe dieses erreicht ist. KOLTHOFF (l. c., S. 72) teilt von den in Nordwestgrönland gefundenen Exemplaren mit: „Von den an dieser Örtlichkeit angetroffenen breitschwänzigen Raubmöven waren einzelne ganz dunkel, ebenso dunkel wie die dunkle Form von Lestris crepidata, während andere an den unteren Körperteilen weiss waren, ganz gleich der gewöhnlichen Form, welche zumeist in Europa angetroffen wird. Zwischen den hellen und den dunklen fanden sich alle Übergänge.“ Die abgebildeten Vögel sind ein alter Vogel aus Alaska im Sommerkleide und ein junges Weibchen vom 20. Oktober 1895 von den Orkney-Inseln, beide befindlich im Tring-Museum. —|] Aufenthalt. Die mittlere Raubmöve ist wie ihre Gattungsverwandten eine Bewohnerin des hohen Nordens und der Polarmeere, [— während der Brutzeit hauptsächlich der Tundras in der arktischen Region von Europa, Asien und Amerika nördlich vom 70. Grad nördlicher Breite. Sie bewohnt im Sommer die obere Küste von Norwegen, unter anderen die Gegend von Varanger, aber in verhältnismässig geringer Anzahl; un- gemein häufig nistet sie dagegen auf der Tundra von Nowaja- Semlja und Waigatsch sowie auf der am Taimyrflusse; an der Boganida traf VON MIDDENDORFF jedoch nur ein durch- ziehendes Exemplar. Über ihr Brutvorkommen in den nörd- lichen Ländern Amerikas fehlen genauere Angaben. Ihr Hauptnistgebiet befindet sich offenbar auf den Inseln und Land- gebieten um den Nordpol, ist demnach zum grossen Teil noch unbekannt. Dr. BunGE sah auf der neusibirischen Insel Ljakow unseren Vogel nordwärts ziehen, und Ross fand ihn noch unter dem 82. Grad nördlicher Breite. Im Winter geht die mittlere Raubmöve südwärts bis Kap York in Australien, bis zur Walfischbai in Südafrika und bis zur Callaobucht in Peru.!) —] | Ebenso streift sie aus den hohen Breiten der euro- päischen Meere ausser der Fortpflanzungszeit in südlichere, kommt dann auf den Orkaden und den Hebriden, an der irischen und schottischen Küste nicht selten, an anderen, wie der dänischen, der deutschen Ost- und Nordseeküste und Holland noch viel seltener vor, so auch an der des nörd- lichen Frankreich, wo jedoch, als ausserordentliche Aus- nahme, in der letzten Hälfte des Oktober 1834 ganze Schwärme sich unter den vielen Tausenden verschiedenartiger Seevögel befanden, die damals durch anhaltende heftige Stürme an diese Küste, namentlich in die Mündung der Somme, verschlagen waren. [— Auch in Grossbritannien kommt sie bisweilen in ungeheueren Schwärmen vor. 1879 kamen sie im Oktober nach NELSON zu Tausenden bei einem Sturme nach York- shire (Zoologist 1880, S. 18). Auch bis nach Irland erstreckte sich dieser Wanderzug nach LLOYD PATTERSON, und USSHER er- wähnt 44 Fälle. SEEBOHM (l. c., S. 351) giebt folgende Schilderung von der Ankunft und dem Aufenhalt in Grossbritannien: „Im Oktober undNovember wird sie zusammen mit grossenSchwärmen von Möven, Tölpeln und Seetauchern gesehen, angezogen durch die Fische, welche die Heringsfischer wegwerfen, wenn sie ihre Netze einziehen und die Fische sortieren. Auch bei solchen Gelegenheiten begnügen sie sich nicht mit ihrem Anteil an 1) Dieser Abschnitt bedurfte der Umarbeitung. J. R. 40 14 der Beute, sondern müssen die kleinen Möven berauben. Bei stürmischem Wetter werden zahlreiche ans Land getrieben in meist hilflosem und halbverhungertem Zustande.“ —|] Auf dem Mittelländischen Meere ist sie eine höchst seltene Erscheinung; es sind nur ein paar Beispiele bekannt, wo sie auf dem Adriatischen Meere bei Bologna und Venedig vor- kam. [— Nach SAvı lassen sich junge Individuen freilich nicht selten in Italien sehen; aber vereinzelt und wohl nur zufällig ist ihr Vorkommen auf Madeira, wo im Herbst 1892 drei junge Vögel dieser Art erlegt wurden. —] Sie scheint dagegen öfter ins Innere des europäischen Festlandes von Norden her verschlagen zu werden, ist einzeln in der Schweiz und in mehreren Gegenden Deutschlands angetroffen worden, so auf dem Rhein, Main, der Elbe, Oder und anderen nach Norden strömenden Flüssen und deren Gebieten, sodass Exemplare in Schlesien, Sachsen, [— Bayern, —] Thüringen, der Mark und anderen erlegt wurden, auch ward eins in Anhalt, eine halbe Meile von meinem Wohnorte, am 13. Navember 1837 tot gefunden. Allein, trotz mancher wohl auch nicht bekannt gewordener Vorfälle dieser Art, kommt sie doch ungleich seltener als Stercorarius parasiticus bei uns vor und gehört durchaus zu den ungewöhnlichsten Erscheinungen. Immer fand man nur vereinzelte und fast immer bloss junge Vögel bei uns, bis auf ein paar alte, die auf dem Main oder Rhein erlegt wurden. Eigentlicher Zugvogel ist sie wohl weniger als Strich- vogel; es scheint jedoch, dass sie gegen den Winter regel- mässiger und auch tiefer nach Süden herab gehe als die anderen, namentlich die vorhergehende Art. Die meisten in Deutschland vorgekommenen Individuen wurden im Spät- herbst bemerkt, auch war die Zeit jenes häufigen Erscheinens dieser Art an der Nordküste Frankreichs die letzte Hälfte des Oktober. Die jungen Vögel, die sich zuweilen bis tief in das Festland verirrten, erschienen hier und da auch im Sep- tember, Oktober oder November, das oben erwähnte Exemplar am 15. des letzteren Monats in hiesiger Gegend. Viel seltener ist ein Vogel dieser Art im Frühjahr auf seinem Rückzuge bei uns bemerkt worden, was nicht zu verwundern ist, weil von so weit Verirrten wohl die meisten über Winter zu Grunde gehen. Dagegen sind einige wenige Beispiele vorhanden von alten Vögeln, die auf deutschen Binnenwassern im Juni und Juli erlegt wurden. Sehr wahrscheinlich zerstreut sich die grosse Mehrzahl dieser Vögel ausser der Nistzeit auf allen Meeren unter einem Himmelsstriche, der milder ist als jener, wo sie ihr Brüten verrichteten oder im Sommer überhaupt sich aufhielten. Auch sie ist eine Bewohnerin des Meeres im strengsten Sinne des Ausdrucks, nähert sich nur in der Fortpflanzungszeit dem Lande, brütet auf Inseln und hohen Küsten in der Nähe des Meeres oder im Angesicht desselben, doch nicht unmittel- bar an ihm, vielmehr an süssen Wassern auf jenen, an moorigen oder quelligen Stellen hoher Plattformen und dergleichen und entfernt sich wieder vom Lande, sobald ihre Fortpflanzungs- geschäfte vollendet sind. Zu allen übrigen Zeiten schwärmt sie auf dem Meere umher. Die süssen Gewässer haben so wenig Anziehendes für diese Vögel, dass sehr weit vom Meere abgekommene viel öfter auf Wiesen und Feldern angetroffen werden, als auf Flüssen, Landseen und Teichen und an diesen vorübergehend nur sehr kurz verweilen, während sie auf jenen sich niederlassen, herumlaufen und längere Zeit in einem kleinen Bezirke bleiben. Diese Gleichgültigkeit eines wirk- lichen Seevogels gegen das Wasser ist höchst auffallend, be- sonders wie sie die bis zu uns verirrten jungen Vögel zeigen, die oft den Anschein geben, als gehörten sie gar nicht zu den Schwimmvögeln. [— KoLTHOFF sagt von ihr (l. c., 8. 73): „Diese Raub- möve scheint weit über das Meer umherzufliegen, und Exem- plare, die sich nicht fortpflanzen, findet man im Sommer über den ganzen nördlichen Atlantischen Ocean und das Eismeer verstreut. So habe ich sie oft von den Färöern erhalten, wo Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (TemM.). sie nicht brütet. Auf einer Fahrt zwischen den Färöern und Island im Juli 1872 sah ich täglich mehrere Exemplare, ebenso auf der Fahrt zwischen Grönland und Schottland 1883 und zwischen Jan Mayen und Norwegen 1900. NATHORST sah einige Exemplare draussen im Atlantischen Ocean bei 62 Grad 15 Mi- nuten nördlicher Breite am 1. Juni 1899. Auf meiner Reise zwischen Spitzbergen und Grönland wurden zwei erlegt, ein älteres und ein jüngeres Exemplar, mitten im Polareis draussen im Meer am 10. Juli. SVENANDER sah zwei. Exemplare auf der Bäreninsel am 7. Juli 1899, von denen eins erlegt wurde. Auch die LERNER-Expedition 1899 erwähnt ein Exemplar von der senannten Insel und giebt an, dass sie bei Storö auf Spitz- bergen und bei König-Karls-Land gefunden worden sei. Da es sich gezeigt hat, dass dieser Vogel so weite Aus- flüge macht und da er sich sicher nicht eher fortpflanzt als bis er drei Jahre alt ist, muss man annehmen, dass die In- dividuen, die nach Spitzbergen kommen, dieses nur zufällig besuchen und dass die Art dort nicht brütet, umsomehr als die Art, wie schon gesagt, auch die Färöer im Sommer oft be- sucht, ohne sich fortzupflanzen.“ —|] Eigenschaften. Ein schöner Vogel hinsichtlich ihres Gefieders ist die mittlere Raubmöve eben nicht, doch ist ihre Gestalt eine nicht unangenehme, weil die verschiedenen Körperteile in guten Verhältnissen zueinander stehen. Wegen Gedrungenheit und kräftigen Aussehens steht sie im Mittel zwischen der grossen und der Schmarotzer-Raubmöve, d.h. sie ist schlanker als jene, aber gedrungener gebaut als diese, oder eine schlankere Mövengestalt, wenn die letztere darin sich schon mehr den Meerschwalben nähert. Sie steht, die Füsse im Gleichgewicht, mit steifen Fersen, wagerechtem Körper und Schwanz, die Flügel vorn unter den Tragfedern, hinten über dem Schwanze etwas gekreuzt, den Hals aufrecht, wenig gedehnt, oft in schöner Biegung ziemlich eingezogen, Kopf und Schnabel horizontal wie eine Möve; geht auch wie diese schrittweise, aber noch viel behender und oft sehr anhaltend. Zuweilen schwimmt sie auch, mit dem Anstande kleiner Mövenarten, und ruht schwimmend besonders gern auf einem stillen Wasserspiegel ohne fortzurudern, wo ihr nichts anderes übrig bleibt, wie auf offenem Meere, auch auf hochwogendem. Niederlassen und Aufschwingen geschieht sehr sanft. [— Von ihren Brutplätzen aus streicht sie nach HEUGLINS Beobachtungen paarweise und in grösseren Gesell- schaften gern weit aufs Meer hinaus, schwimmt gern und lässt sich zuweilen auf Treibeis nieder. —] Auch ihr Flug hält das Mittel zwischen dem der vorigen und fogenden Art; er ähnelt, wenn sie keine Eile hat, dem der Sturmmöve, wobei die sanften Flügelschläge nur lang- sam aufeinander folgen. Mitunter schwebt sie auch ganze Strecken und dreht sich so zuweilen in grosser Höhe in weiten Kreisen. Ganz anders gestaltet sich dagegen der Flug, wenn sie im Verfolgen eines anderen Vogels begriffen ist; dann werden die Flügel hoch und sehr schnell geschwungen, die kühnsten Schwenkungen ausgeführt, bogenförmig hinauf- und - herabgeschossen und in allen Bewegungen grosse Gewandtheit gezeigt. So unstät und gaukelhaft wunderlich wie der der folgenden Arten ist er indessen noch lange nicht, und dieser solidere Flug, bei etwas grösserem und gedrungenerem Körper- bau, unterscheidet sie schon in der Ferne von Stercorarius para- siticus. Sie widersteht darin dem heftigsten Sturme, so lange sie ihm die Spitze bieten kann, und treibt während desselben ihre räuberischen Geschäfte gerade mit recht gutem Erfolg. Sie ist eine Räuberin gleich den übrigen dieser Gattung, hämisch, ungesellig und hinterlistig gegen andere Vögel, von denen sie jeder mit Grund als Feind betrachtet, scheu auf sie hinblickt und ihr ausweicht, wo dies möglich ist. Nur an den Brutplätzen sind zuweilen viele beisammen, aber auch stets von anderen Vögeln abgesondert; zu anderen Zeiten zeigt sie noch viel weniger Hang zur Geselligeit, treibt sich dann einzeln, Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (TEMM.). höchstens zu zweien oder dreien unstät umher, und nur an guten Fangplätzen sammeln sich manchmal mehrere, ohne dass ein gewisses Zusammenhalten unter ihnen bemerklich würde. In ihrem freilich auch grösseren und bedeutend stärkeren Schnabel hat sie viel mehr Gewält als die folgende Art; die flügellahm geschossene kann daher viel schmerzhafter damit verwunden, was diese kaum oder nie in dem Grade vermag. Ihre Stimme, die sie beim Verfolgen anderer Vögel aus- stösst, Klingt etwas anders als bei Stercorarius parasiticus, obgleich ähnlich, doch noch leicht zu unterscheiden. Sie klingt Iäh, — iäh (zweisilbig). Beim Neste, wenn sich ihm ein Mensch nähert, lässt sie eine ganz andere hören, ein dem Kläffen eines kleinen Hundes ähnliches Wew wew! Bei allen anderen Gelegenheiten scheint sie stumm; auch von den auf dem Fest- lande angetroffenen, meist jungen Vögeln, hat man niemals eine Stimme vernommen. Bei den meisten ihrer Beschäftigungen ist jedes Individuum sich selbst genug; es bedarf daher auch keines lauten Zurufes, um mehrere herbeizuziehen, zumal solche ihm nur die Nahrung schmälern würden. Versuche mit eingefangenen haben bewiesen, dass sich diese, wie andere Raubmöven, so leicht oder noch leichter als Möven am Leben erhalten lassen und bei richtiger Behandlung mehrere Jahre in der Gefangenschaft ausdauern. [— GRAZIANO VALLON in Udine erhielt am 2. Oktober 1882 eine im Netz gefangene Spatel-Raubmöve. Sie schien hungrig zusein und frass gleich nach einer Viertelstunde die dargereichten Fleischstücke mit grösster Begierde. Wenn die Stücke zu gross waren, was nicht eben häufig der Fall war, da sie riesige Schlucke machen konnte, so hielt sie das Stück mit den Füssen und zerriss es mit dem starken, schneidigen Schnabel. Der Frei- tag war für die Raubmöve Fasttag und zugleich Festtag, sie bekam nämlich Fische, und es war augenscheinlich, dass sie diese dem Fleische vorzog. Gleichgültig schien es ihr zu sein, ob dieselben gross oder klein waren; sie verfuhr ganz so wie mit den Fleischstücken. Aus einem alten grossen Teller wurde ein Teich improvisiert, in den der Vogel nach Belieben mit seinen Füssen hineintreten konnte. Öfters duckte er sich nieder auf das Wasser und schien sich in dieser Stellung ganz be- haglich zu fühlen. Er lief ganz gut auf dem Boden des Zimmers, in dem er eingesperrt war. Wenn sein Besitzer diesen Raum betrat, lief er ihm entgegen, um Futter zu verlangen, auch wenn dies probeweise jede fünf Minuten wiederholt wurde. Dasselbe geschah bei der Frau des Besitzers; wenn aber ein Fremder dies versuchte, rührte der Vogel sich nicht. Bei Tag war er zu jeder Stunde munter und beschäftigte sich immer mit etwas, was im Zimmer vorhanden war. Wenn er im Wasser stand oder lag, besichtigte er alles mit seinen grossen lebhaften Augen, und nichts schien ihm zu entgehen. Während der Nacht schlief er auf einem Brettchen, das etwas über dem Boden erhöht angebracht war und das er leicht mit einem Sprunge fast ohne jede Beihilfe der Flügel zu erreichen imstande war. Zuletzt war er so zahm geworden, dass er seinem Herrn das Futter aus den Händen riss ohne abzuwarten, bis ihm dasselbe vorgeworfen wurde. Nach ungefähr drei Wochen bekam der Vogel eine starke Dysenterie, und nach weiteren acht Tagen starb er trotz der sorgsamsten Pflege. (Ornith. Monatsschrift 1883, S. 329 ff.) —] Nahrung. Auch in dieser hält die mittlere Raubmöve gewissermassen das Mittel zwischen der grossen und den beiden kleinen Arten. Sie würde ebenso mordsüchtig zu nennen sein als jene, wenn sie die Stärke und Grösse derselben besässe, überragt aber nach demselben Maßstabe wieder in allem die folgende Art. Sie verfolgt im Fluge die Möven, von den kleinen bis zu mehr als mittlerer Grösse, Meerschwalben, Sturmvögel, Taucher, Enten und andere, um ihnen die eben gemachte Beute abzujagen, welche diese, durch das Schreien und Zwicken des Räubers geängstigt, fallen lassen oder auswürgen und die 315 dieser dann mit grösster Geschicklichkeit auffängt, ehe sie im Fallen das Wasser erreicht, oder, wenn dies ja einmal vor- kommt, sie geschwind von der Oberfläche desselben wegnimmt. Gewöhnlich verfolgen die Raubmöven nur solche Möven, die sie eben einen Fang machen sahen, die diesen dann um so williger wieder auswürgen als Möven überhaupt sehr leicht vomieren; sie kommen aber, wo viel Konkurrenz herrscht, zu- weilen auch an eine unrechte, welche nichts gefangen hat, die sie dann ohne Erfolg einige Zeit martern, bis sie sehen, dass sich hier nichts erpressen lässt. Bei solchen Vögeln, welche die gefangenen Fische im Schnabel wegtragen, wie Meerschwalben, Lummen, Alken und anderen, ist dagegen der Erfolg viel sicherer. Die mittlere Raubmöve ist kühn genug, zuweilen der Silber- eder Heringsmöve ihre Beute abzuquälen; manch- mal greifen solche auch mehrere zugleich mit vereinten Kräften an. Wo viele Möven bei hochgehenden Fischzügen versammelt sind und guten Fang haben, stellen sich bald auch. diese Schmarotzer ein, um auf bequemere Weise zu ihrem Anteil an der Beute zu gelangen. Selbst fangen kann sie, gleich den Gattungsverwandten, nur ganz oben schwimmende, meist bloss abgemattete oder tote Fische oder solche, die sich bei der Ebbe in sehr wenigem Wasser befinden, wo sie auch mitunter kleine Krusten- und Schaltiere, Weich- und Ringelwürmer auf- liest. Sie verschmäht kein schwimmendes Aas und sättigt sich oft auf denen von grösseren Seetieren; lässt sich auch, gleich vielen Mövenarten, nicht selten auf den Rücken der Wal- fische nieder, um die auf ihnen lebenden kleinen Schmarotzer- tiere abzulesen. Sie ist sehr räuberischer Natur, säuft in der Brutzeit anderen Vögeln die Eier aus und schleppt ihnen die Jungen weg, um die ihrigen damit zu füttern oder sich selbst davon zu nähren. Zu anderen Zeiten zeigt sie ebenfalls ihre Mord- sier an kranken oder abgematteten Vögeln und an solchen, die sie zu überwältigen gedenkt. Als die fürchterlichen Herbst- stürme im Jahr 1834 diese nebst vielen anderen Seevögeln in grosser Anzahl an die Nordküste Frankreichs brachten, machte unser sStercorarius pomarinus häufig Jagd auf die vom Sturm abgematteten Schwalbensturmvögel (Thalassidroma pelagica), die sie geschickt im Fluge fing, sodass viele dieser Raubmöven geschossen wurden, denen ein solcher kleiner Vogel samt allem Gefieder im Schlunde steckte. Zum Verschlingen zu grosse Vögel schleppt sie fort und zerstückelt sie zuvor. [— In den Tundras von Nowaja-Semlja besteht nach HEUGLIns Beobach- tungen ihre Nahrung grösstenteils aus Lemmingen, denen sie auf der Erde sitzend auflauert oder auf die sie falkenartig herabstösst. Auch sieht man sie lange rütteln. —] Die jüngeren Raubmöven dieser Art, die sich abgesondert von den brutfähigen und meistens an ganz anderen Orten auf- halten, fliegen zur Abwechslung oft von der See eine Strecke landeinwärts, lassen sich auf Wiesen und Brachfeldern nieder, suchen, ‘hier herumlaufend, Regenwürmer, allerlei Insekten- larven, auch Raupen, Käfer, Heuschrecken, Spinnen und andere Insekten auf, und da sie das viel öfter thun als die Alten, vielleicht Zufall sie mehr und mehr von der Küste entfernt, so ist leicht einzusehen, dass sie sich auch viel öfter als diese zu weit vom Meer abwärts aufs feste Land verfliegen. Bei uns erlegte junge Vögel hatten stets Überbleibsel von Käfern und Insektenlarven, selbst von Mäusen im Magen. Der letzte, den ich erhielt, war ziemlich mager, daher sehr leicht, und hatte im Magen ebenfalls einige Käferbeine und Larvenköpfe, deren Arten nicht mehr zu erkennen waren. [— KoLTHoFF untersuchte eine Anzahl Magen und be-. richtet darüber: „Meine Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Raubmöve draussen im Meere sich von kleinen Crustaceen und Fischen ernährt. Im Magen des älteren der beiden am 10. Juli 1900 erlegten Exemplare fand ich eine ganze Menge Otolithen eines kleineren Fisches. Das auf König-Karls-Land am 13. August 1898 erlegte Exemplar wurde auf einem als Luder ausgelegten Robbenkörper geschossen.* —] 40* 316 Fortpflanzung. Die mittere Raubmöve hat ihre Brutplätze auf den Inseln und Ländern innerhalb des nördlichen Polarkreises, [— wie sie oben bei dem Kapitel „Aufenthalt“ bezeichnet sind. —|] Ihre Brutplätze, Wiesen, moorige und sumpfige Stellen, bei Quellen und süssen Gewässern etwas vom Meere entfernt, bald grüne Plattformen und sanfte Abhänge, bald sandige Plätze, liegen stets in der Nachbarschaft der sogenannten Vogelberge oder wo sehr viele See- und Strandvögel beisammen nisten, doch immer, wenn sie auch nur aus einzelnen Pärchen beständen, ganz von jenen abgesondert; denn keine jener Arten wagt es, dem Nistplatz dieser heimtückischen Vögel sich un- mittelbar anzuschliessen. Die verschiedenen Nester eines Vereins sind nie nahe bei einander, und eine etwas zahlreiche Kolonie nimmt daher einen bedeutenden Raum ein. Wo Gras oder Moos wächst, bereitet das Weibchen durch Niedertreten desselben und durch häufiges Drehen des Körpers auf dieser Stelle eine napfförmige Vertiefung, im Sande scharrt es ein kleines Grübchen, und eins wie das andere ist für die Aufnahme der Eier hinlänglich., Ein weiterer Nestbau findet nicht statt. | Zu Ende des Mai oder Anfang Juni findet man Eier in den Nestern, deren keines mehr als zwei Eier enthält. Wie die Vögel, so sehen auch die Eier der Raubmövenarten ein- ander sehr ähnlich nach Gestalt, Farbe und übrigen Beschaffen- heiten. Die der gegenwärtigen Art haben eine mittlere Grösse und stehen in diesem Betracht im Mittel zwischen denen der srossen und der folgenden Art. Sie sind 55 bis 59 mm lang und 39 bis 42 mm breit, ähneln hierin also ungefähr denen der Märzente, aber diesen sonst in nichts; denn sie haben eine ganz andere Gestalt, ein sehr abgerundetes und ein sehr spitzes Ende, und der starke Bauch liegt ersterem viel näher, sodass sie sich der kreiselförmigen Gestalt der Schnepfeneier nähern. [— Ein Ei aus Nordgrönland misst nach SCHALOW 59,5 x 38 mm (Journ. f. Ornith. 1895 S. 464). —] Ihre Schale ist stark und fest, aber von einem viel feineren Korn als bei Möveneiern, die vielen Poren deshalb weniger sichtbar, die Fläche zarter, glatter und glänzender, doch ohne blinkenden Glanz. In der Färbung ähneln sie denen der übrigen Stercorarius- Arten; die Grundfarbe ist ein blasses Olivengrün, mit Punkten, Tüpfeln und Flecken bestreut, von denen die in der Schale sitzenden braungrau, die oberflächlichen tief schwarzbraun oder schokoladenbraun, fast braunschwarz aussehen, entweder auf der ganzen Fläche verbreitet oder, und zwar am häufigsten, die zwischen der grössten Breite und dem stumpfen Ende einen Fleckenkranz bilden, aber übrigens sehr einzeln stehen. Manche haben diese Zeichnung sehr schön, indem alle grösseren Flecke und Tüpfel, wohl noch mit Haarzügen vermischt, einen schönen Kranz bilden, auf der ganzen übrigen Fläche aber nur Tüpfel und Punkte sehr einzeln zerstreut sind. In den Sammlungen wird ihre Grundfarbe bräunlicher. Sie ähneln an Grösse, Gestalt und Färbung manchen kürzeren Formen unter den Eiern der Sturmmöve sehr, jedoch ihre weit zartere und etwas glänzende Oberfläche unterscheidet sie leicht. Andererseits sind sie wieder denen des Regenbrachvogels (Numenius phaeopus) sehr ähnlich, ihre Gestalt aber nie so sehr kreiselförmig und ihre Schale von weniger zartem Aus- sehen, auch ihre äusseren Flecke meistens von einer viel dunkleren Farbe, die Umrisse dieser viel schärfer gezeichnet und dabei mehr gerundet; endlich sind sie auch stets etwas srösser und darum nicht mit ihnen zu verwechseln. Die mittlere Raubmöve, Stercorarius pomarinus (TemM.). Männchen und Weibchen haben auf jeder Seite des Bauches einen Brutfleck und brüten abwechselnd vier Wochen lang. Die Jungen bleiben kaum einige Tage im Neste, doch in den nächsten Umgebungen, und verkriechen sich später unter Pflanzen und hinter kleinen Hügelchen in einem weiteren Kreise. Die Alten betragen sich bei den Eiern oder Jungen wie die der folgenden Art, stossen keck genug, doch nicht so verwegen wie die vorige, auf den Ruhestörer, der sich jenen nähert, und lassen dazu ihr Wew wew häufig hören. Die Jungen werden mit allerlei Seegewürm, Vogeleiern, jungen Strandvögeln und kleinen Fischen aufgefüttert, und es ver- sehen fast zwei Monate, ehe sie flugbar und sich selbst zu nähren imstande sind, wobei sie das letztere nach und nach an Landinsekten, Larven und Regenwürmern in den Um- sebungen lernen und dort auch, wenn ihnen die Alten kein Futter mehr bringen, noch oft wie Dohlen auf dem Trockenen herumwandeln und jene aufsuchen. Auch diese Jungen sollen sich zuweilen von den Beeren des Vaccinium uliginosum und V. Oxycoccus nähren. Die Kunst, anderen Vögeln die Beute abzujagen, scheint ihnen viel später erst beizukommen. Feinde. Vor dem Seeadler und Jagdfalken zeigen sie viel Furcht; es ist also wenigstens sehr wahrscheinlich, dass sie zuweilen von diesen gefangen werden. Füchse plündern zuweilen des Nachts ihre Nester oder rauben ihnen die Jungen. [— In ihrem Gefieder leben Docophorus cordiceps, Docophorus pustulosus, Docophorus euryrhynchus, Nirmus triangu- latus, Lipeurus modestus, Menopon fuscofosciatum und Colpocephalum brachycephalum, in ihrem Inneren Ascaris spiculigera RuD. —] Jagd. Auch die mittlere Raubmöve ist eben nicht sehr scheu; wenn auch alte Vögel sich misstrauischer und vorsichtiger zeigen, so sind es die Jungen doch keineswegs, diese daher leicht genug zu schiessen. Beim Verfolgen anderer Vögel, um diesen eine Beute abzujagen, vergessen jene oft die eigene Sicherheit; sie lassen sich sogar durch das nachgeahmte Ge- schrei von ihnen geängsteter Möven in Schussnähe herbei- locken. Vor allem leicht sind sie am Nistplatze, wenn sie Eier oder Junge haben, zu erlegen. Die bis in unsere Gegenden verirrten Jungen halten auch im Sitzen schussmässig aus; [— sie sind eben meistens von Stürmen oder Unwetter oder aus Nahrungsmangel ermattet. —] Auf dieselbe Art, wie man andere nahverwandte Vögel fängt, kann man auch diese Raubmöven an Angelhaken fangen. Mit Schlingen bei ihrem Neste mag dies auch leicht angehen; auch wissen sie die Nordländer bei den Nestern der Eider- enten, wenn sie diesen die Eier wegstehlen wollen, in Schlingen zu fangen. : Nutzen. Dieser ist gering, denn ihr Fleisch ist von schlechtem Geschmack und wird selbst von den nordischen Völkern nicht geachtet; dagegen findet man ihre Eier sehr schmackhaft und sucht sie deshalb zum Gebrauch für die Küche auf. Schaden. Als Plünderer der Vogelberge bringen sie mittelbar auch den Menschen Nachteil, doch kann ein solcher ihnen nicht hoch angeschlagen werden. Die Schmarotzer-Raubmöve, Stereorarius parasitieus (L.). Tafel 30. Fig. 1. Alter Vogel im Sommerckleide. Tafel 31. Fig. 1. Junger Vogel im Winterkleide. ee Me 4. Weibchen im vierten Sommer. "\ Fig. 5. Junger Vogel im Herbste. Tafel 40. Fig. 1—5. Eier. Schmarotzermöve, Struntmöve, Polarmöve, Polmöve, arktische Möve, Struntjäger, Strandjäger, Mövenbüttel, Scheissfalke, spitzschwänziger, langschwänziger Strandjäger, Nordvogel, Labbe, Jodieb, Johann. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Pornornik kratkorepi. Czechisch: Chaluha obeend. Dänisch: Spidshalet Kjove, Shidtaeder, Troldpipe, Struntjaeger, Tyvmaage, Rovmaage, Strandhög, Shkue. Englisch: Richardson’s Skua, Arctic Skua, Arctic Gull, Boats- wain, Man-of-war bird; auf den Shetlands-Inseln; Shoot, Allan, Scoutie-allan. Färisch: Quittjegei, Quujtibükir, Tjegvi, Tjoi, Tjoggvi. Finnisch: Suippopyrstöinen räıskä, Kalapasko Räiska. Französisch: Stercoraire Richardson, Labbe, Stercoraire parasite, Stercoraire & Iongue queue, Labbe & longue queue, Labbe longicaude. Gälisch: Fosgadir. Grönländisch: Isingak, Meriar-sairsok. Helgoländisch: Skeetenjoager. Holländisch: Kleine Jager. Isländisch: Kjoi. Italienisch: Labbo. Lettisch: Garast-kaiwa. Norwegisch‘: Leverjo, Maagkjew, Maagskidt, Ge-aath, Jo, Tyvjo. Polnisch: Wydrzyk pasoöytny. Portugiesisch: Cagado. Russisch: Pomornik tschujeadnw. Schwedisch: Vanlig labb, Spetsstjärtad labb, Svartlasse, Ge-ut, Et-ut, Elof, Älum, Kustlabb, Smälabb, Labb, Labbe. Spanisch: Cägalo. Ungarisch: Ekfarkü halfarkos. Larus parasiticus. Linn. Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758). — Larus crepidatus. Banks in Hawkesw. Voy. II. p. 15 (1773). —] — Lestris parasitica. Boie, Reise in Norwegen, S. 129. u. f£ — Lestris parasiticus (Stercoraire parasite ou Labbe),. Temm. Man. 2. Edit. II. p. 796 [— part. —] — Lestris parasiticus. Nilsson, Orn. suec. II. p. 181. n. 222 [— part. —)| — Lath. Ind. I. p. 819. n. 15. — Catharacta parasitica et C. coprotheres. Brünn. Orn. bor. p. 37—38. n. 127. et 128. — Le Labbe ou le Stercoraire. Buff. Ois. VIII. p. 441. t. 34. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 195. — Id. Pl. enl. 991. — Arctic-Gull. Penn. arct. Zool. Übers. v. Zimmermann, I. 8. 492. n. 376. — Lath. Syn. VI. p. 889. n. 16. t. 99. — Übers. v. Bechstein, II. 2. S. 3842. n. 16. t. 106 (Abbildg. ohne Wert). — Labbo. Savi, Orn. tose. III. p. 46. — Bechstein, Naturg. Deutschl. IV. S. 665. — Dessen Taschenb. II. S. 875. n. 8. — Meyer, Zusätze u. Berichtigungen z. (III.) Taschenb. v. Wolf u. Meyer, S. 214. n. 4. — Brehm, Beitr. III. S. 853. — Dessen Lehrb. II. S. 744. — Dessen Naturg. a. Vög. Deutschl. S. 719—723. — Meisner, Museum d. N. G. Helvetiens. S. 18—19. A. — Gloger, Schles. Faun. 8. 54. n. 242. — Hornschuch u. Sehilling, Verz. pommerscher Vög. S. 19. n. 245. — Homeyer, Pommersche Vög. S. 69. n. 229. — [— Lestris parasitica. Naumann, Vög. Deutschl. II. Ed. X. p. 506. Taf. 272 u. 273 (1840). — Lestris parasita. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Lestris parasita. Schlegel, Rev. erit. p. OXXXV (1844). — Lestris parasitica. Holmgren, Skand. Fogl. p. 987 (1866—71). — Lestris parasiticus. Degl. et Gerb., Orn. Eur. II. Ed. p. 397 (1867). — »Lestris parasiticaa Wright, Finl. Fogl. I. p. 624 (1873). — Lestris Richardsoni. Fallon, Ois. Belg. p. 205 (1875). — Stercorarius crepidatus. Dresser, Birds Eur. Tom. VII. p. 471. pl. 611, 612 (1876). — Stercorarius crepidalus. Yarrell, Brit. Birds. 4. Ed. III. p. 674 (1882—84). — Lestris parasiticaa Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Stercorarius crepidatus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fase. X. p. 13 (1886). — Stercorarius crepidatus. Giglioli, Avif. ital. p. 436 (1886); p. 651 (1889). — Stercorarius parasiticus. Ar&valo y Baca, Av. Espaia p. 413 (1887). — Lestris parasitica. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 590 (1891). — Stercorarius parasiticus. Brehm, Tierleben, Vög. III. Aufl. III. p. 125 (1892). — Stercorarius crepidatus. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 164 (1892). — Stercorarius crepidatus. Collett, Norg. Fuglef. p. 298 (1893—94). — Stercorarius crepidatus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV p. 327 (1896). — Stercorarius crepidatus. Dresser, Man. of Palaearetie Birds. II. p. 841 (1903). —] Unsere Stercorarius parasiticus existiert dem Namen nach noch in viel mehr ornithologischen Schriften und Verzeichnissen, aber teils unkennt- lich, teils mit der vorigen und folgenden Art vermengt, wie z. B.in Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz. S. 278. — Koch, Baier. Zool. I. S. 381. — Wolf u. Meyer, Taschenb. II. S. 490. — Temm. Man. I. Edit. p. 512—515 und in mehreren anderen so. Junger Vogel. Larus erepidatu. Gmel. Linn. Syst. I. 2. p. 602. n. 20. — Lath. Ind. I. p. 819. n. 14. — Wolf u. Meyers Taschenb. II. p. 463. — Catharacta cepphus. Brünn. Orn. bor. p. 36. n. 126. — Le Labbe ou Stercoraire. G&rard. Tab. elem. II. p. 327. — Black-toed Gull, Lath. Syn. VI. p. 387. n. 15. — Übers. von Bechstein, II. 2. S. 340. n. 15. — Penn. arct. Zool. II. p. 531. n. 460. — Übers. v. Zimmermann, Il. S. 492. n. 377. — Wolf und Meyer, Vög. Deutschl. Heft 20. Ein jüngeres und ein älteres Individuum. — Naumanns Vög. alte Ausg. IIL S. 181. Taf. XXXIV. Fig. 49. Mehrere Synonyme lassen sich mit Sicherheit nicht eitieren, weil auch unter den jungen Raubmöven so grosse Verwirrung herrscht, dass selbst Meyer im III. Teil, S. 212 des Taschenbuchs, ungeachtet er hier unsere vier Stercorarius-Arten zu allererst und sehr gut unterschied, — bei den Jungen von S$t. pomarinus, aus seinem eigenen Prachtwerk: Vögel Deutschlands, Heft 20, die beiden schönen Abbildungen junger Raubmöven eitierte, die doch unverkennbar zu St. parasiticus gehören. Später ging dieser Irrtum auch in andere Werke über. [— Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVI. Fig. 3. a—f (1845—1853). — Bädeker, Eier eur Vög. Taf. 64. Fig. 2 (1854). — Hewitson, Eggs of Brit. Birds. II. p. 509. pl. CXLIIL fig. II (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds. III. p. 353. pl. 55 (1885). — Id. Col. Fig. Eggs of Brit. Birds. p. 116. pl. 37 (1896). —] Kennzeichen der Art. Beschreibung. Die beiden mittelsten Schwanzfedern sehr verlängert, erst Diese Art unterscheidet sich schon durch die geringere vom letzten Drittel an allmählich in die schmale Spitze aus- Grösse und die viel schlankere Gestalt von öt. pomarinus; laufend; bei Jungen wenig verlängert, schmal zugerundet; bei | — etwas älteren spitzer. Hauptfarbe am alten Vogel russ- en. > hoheren EN re ö ; S kann. in Kennzeichen, das ich früher ; f N \ kat Se een a, bei Stercorarius ER (= parasiticus) mindestens vier der äusseren ı) Über die Unterscheidung der beiden Arten St. parasiticus und | Schwingen weisse Schäfte hätten, bei Stercorarius parasiticus Fr longicaudus) St. longicaudus giebt CoLustT (Norg. fuglef. S. 302) an: „Es ist schwer, sichere | nur die zwei äÄussersten, hat sich nicht immer als sicher erwiesen, da bis- Kennzeichen anzugeben, wodurch diese Art in jüngerem Zustande (nicht | weilen auch Junge der erstgenannten Art nur zwei weissschäftige Schwung- 318 Schnabel, Kopf, Rumpf und Füsse sind kleiner und viel schwächer, dagegen Flügel und Schwanz verhältnismässig länger, weshalb die Maße einen geringeren Unterschied zeigen, als ein vergleichender Blick auf beider Gestalten findet. Dazu kommt nun noch bei alten Vögeln ein ganz anderer Bau der beiden mittelsten Schwanzfedern, die bei St. parasiticus nicht nur länger, sondern auch lanzettartig und sehr schlank zu- gespitzt- sind, während die jener dagegen am zugerundeten Ende Kaum etwas schmäler als an ihrer Wurzelhälfte sind. Selbst bei jungen Vögeln beider Arten zeigt sich schon ein ganz verschiedener Zuschnitt der Enden dieser Federn. Schwerer ist sie von unserem St. longicaudus zu unter- scheiden. Obgleich sie wohl stets diese in der Grösse be- deutend übertrifft, so ist dies doch nicht bei allen Individuen so viel, dass nicht zuweilen, namentlich durch ungeschicktes Ausstopfen, zweifelhafte Fälle vorkommen könnten, zumal unter Jungen beider Arten, weil auch unter denen von #t parasiticus so Kleine Individuen vorkommen, dass sie den Alten von #t. longicaudus, wenn die mittelsten Schwanzfedern un- berücksichtigt bleiben, in der Grösse kaum gleichkommen. Die Gestalt des Schnabels, wenn sie gleich individuell auch etwas verschieden vorkommt, bleibt wohl das sicherste Unter- scheidungsmerkmal; er ist bei St. parasiticus stets grösser, namentlich länger und breiter. Wenn man vom Auge über das Nasenloch hinweg zur Schnabelspitze in Gedanken eine Linie zieht, so ist diese hier stets eine ganz gerade; dagegen kann man bei St. longicaudus eine solche nicht annehmen, weil das Schnabelende sich etwas erhebt, indem die zwar gerade Linie der Schnabelfirste gleich von der Stirn an etwas auf- steigt, oder mit anderen Worten, weil die Stirn hier steiler aufsteigt als bei St. parasiticus, wodurch wegen des etwas höher stehenden Auges eine ganz andere Gesichtsform entsteht. Dann hat der Schnabel bei unserem $t. parasiticus keinen Aus- schnitt oder Zahn, der den viel kürzeren, dickeren, walzigeren des St. longicaudus ebenfalls sehr gut charakterisiert. Die Füsse sind in jedem Alter bei St. parasiticus grösser, höher und stärker, und dies alles recht auffallend. So schwer zu unterscheiden nun auch die Jungen beider Arten für den Ungeübten sein mögen, so wenig sind es die alten Vögel. Wenn bei St. parasiticus die mittelsten Schwanz- federn, die im ganzen schon viel breiter sind, bis über die Mitte gleichbreite Fahnen haben, von da an sehr allmählich an Breite abnehmen und spitz auslaufen, aber 4,7 cm von der Spitze noch über 12 mm breit sind, so sind sie bei St. longi- caudus vom Anfange an schon viel schmäler, fangen schon vom: ersten Drittel an allmählich an Breite abzunehmen, und weil sie an Länge jene stets um vieles übertreffen, so werden am Ende die Fahnen so schmal, dass die Breite einer solchen Feder 4,7 cm von der Spitze nur 4 mm beträgt, sodass sie den Spiessen gleichen, wie wir sie bei mehreren Meerschwalben und Schwalben antreffen. Eben so auffallend verschieden ist die Farbe des Mantels, bei St. parasiticus stets viel dunkler, ein düsteres Braun oder Rauchfahl, — bei St. longicaudus stets viel heller, ein bald mehr, bald weniger ins Bräunliche spielendes Aschgrau. Unsere Schmarotzer-Raubmöve ist, wenn auch die viel längeren Flügel- und Schwanzfedern nicht in Betracht kommen, weit grosser als eine Dohle (C. monedula), doch lange nicht so gross wie eine Saatkrähe (Corvus frugilegus); die ein- jährigen Jungen übertreffen jedoch jene nicht viel an Grösse. federn hatten, während die weiteren mehr oder minder deutlich bräun- lich waren. j Die Stellung der Nasenlöcher scheint ebenfalls schwerlich einen konstanten Unterschied darzubieten. Sicherlich ist der Nagel des Schnabels bei dem ausgewachsenen Stercorarius parasiticus (= longicaudus) im Ver- hältnis zu dem übrigen Teil des Schnabels länger als bei Stercorarius crepidatus (= parasiticus), aber das ist bei den Jungen nicht deutlich. Die Länge des Tarsus ist wahrscheinlich das einzige einigermassen sichere Kennzeichen, indem dieser bei Stercorarius crepidatus (= parasiticus) selten unter 42 mm, bei Stercorarius parasiticus (= longicaudus) selten über 35 mm misst.“ J. R. Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasitieus (L.). Man kann sie in dieser Hinsicht auch mit der Lachmöve (Larus ridibundus) vergleichen, aber ihre Gestalt ist viel mehr meerschwalben- oder mövenartig. Die Maße wechseln zwischen jungen und alten Vögeln folgendergestalt: Die Länge, — die beiden Mittelfedern des Schwanzes, soweit sie über das nächste Paar hinausreichen, nicht mit gemessen, 36,2, 39 bis 40 cm, die Flugbreite 89,5, 92 bis 106 cm; die Flügellänge vom Carpus zur Spitze 28,6, 29,5 bis 33,6 cm; die Länge des Schwanzes 11,8, 12,4 bis 14 cm, wovon die ersteren den jungen im ersten Herbst, die folgenden zweijährigen, die letzten alten Vögeln zukommen, worunter es aber noch mancherlei kleine Ab- weichungen giebt. Die Weibchen sollen meistens etwas grösser sein als die Männchen, was ich jedoch auch nicht bei allen habe finden können. | Der Kopf ist mövenartig, mit flacher Stirn und klein; der Hals nicht lang, auch eben nicht stark; die Brust stark und gerundet, diese sehr dick und pelzartig befiedert, dies Gefieder besonders gross; das übrige kleine Gefieder weich und zart, fast überall ohne deutliche Umrisse, wie bei Möven, an den Halsseiten gegen den Nacken die zerschlissenen Federspitzen seidenartig glänzend, dies jedoch nicht am Jugendkleide; die Schwung- und Schwanzfedern ziemlich hart; die grossen Schwingen, von welchen die vorderste die längste und 12 mm länger als die folgende ist, überhaupt sehr lang, mit sehr starken, straffen Schäften und breiten Fahnen, die aber, all- mählich schmäler werdend, in eine schmale zugerundete Spitze verlaufen; die der zweiten Ordnung nicht lang, sehr breit, am Ende schräg zugerundet und ihre Schäfte stark nach hinten gebogen; die dritter Ordnung ziemlich lang, sehr breit, lanzett- förmig, mit geraden Schäften. Der Schwanz besteht aus 12 starken, gleichbreiten Federn, mit mehr zu- als abgerundeten Enden; die des äussersten Paares sind die schmälsten und 3 mm kürzer als die des nächsten, diese wieder ein wenig kürzer als die folgenden, sodass das erste gegen das fünfte Paar fast 13 mm kürzer ist, wodurch das Schwanzende einen flachen Bogen bildet, seltener auch fast ganz gerade erscheint, während das mittelste oder sechste Paar stets länger als das fünfte ist, bei jungen Vögeln gegen 2,5 cm, bei älteren mehr, bei ganz alten 8,8 bis 9,4 cm über letzteres hinaus- ragt, wobei diese beiden Federn bis über die Mitte ihrer Länge eine ansehnliche und gleichförmige Breite haben, von hier an aber nach und nach, immer schmäler werdend, in eine scharfe Spitze auslaufen. Die ruhenden Flügel ragen mit ihren Spitzen nach dem verschiedenen Alter der Individuen von 3 bis 6 cm über das Ende des Schwanzes (ohne Berücksichtigung der beiden längeren Mittelfedern) hinaus. Der Schnabel hat in seinen Umrissen grosse Ähnlichkeit mit dem des &t. pomarinus, aber einen kleineren Haken, ist auch im ganzen viel schmächtiger gebaut; gegen den des St. longicaudus ist sein Profil schlanker, von oben gesehen wurzelwärts aber viel breiter; denn er ist hier meistens nicht so hoch als breit, jener dagegen zylindrischer oder Höhe und Breite gleich. — Die grössere Breite macht hier hauptsächlich der meistens sehr stark aufgeworfene Rand des Oberschnabels unterhalb der Wachshaut, den diese begrenzt, die vorn wie bei anderen, wo die Firste des Hakens sich einfügt, rund aus- geschnitten ist, auch mit zwei Längsfurchen bezeichnet ist, welche die platt abgerundete Firste beiderseits parallel be- grenzen. Bis zu Ende dieser ziemlich harten Wachshaut ist die Firste ganz gerade, dann folgt der Haken, der sich ein wenig aufschwingt, nach vorn sanft herabkrümmt und mit der Spitze ein wenig über die untere ragt, der Kiel gerade bis alıs Ende der langen Spalte, hier das Eck wenig vortretend, dann etwas schräg in die Spitze aufsteigend, dieser Teil, die sogenannte Dillenkante (Gonys) hier bedeutend kürzer und flacher als bei St. Iongicaudus. Die Schneiden sind gerade, nur vorn dem Haken gemäss herabgebogen, sehr scharf, ganz eben, wurzelwärts stark einwärts gezogen. Der Rachen ist tief gespalten und sehr breit. Das ritzförmige, vorn etwas ‘97sq19H wı Jedor 198unl G 'WWIWOoS usyıera un uoypgpM F A DAQOWIANEN -I9ZJOIEUIUIS (1) snanısesed snLIEe10919J8 "9Jsq4off U9ISI9 um usyoqroM Ssosunl g ‘ıosnepy op ur [p8o\ g OPISOI>M uUSIqıepFPSsne wr uoyduueW safe [| "DAQwqney Sum 'IIPIA snpne913uo] SNLIEIOIIIIS Ks GEHEN, e er, nn N 7 veghier hr BE DE EN Tr / Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). 3 erweiterte, durchsichtige Nasenloch liegt am Ende des unteren Randes der Wachshaut. Die Zunge ist etwas fleischig, besonders hinterwärts, dann schmal, oben mit etwas vertiefter Mittelrinne, unten kantig, an der dünnen stumpfen Spitze etwas hornartig, diese in zwei Teile gespalten, am Rande etwas zaserig, doch nicht tief ein- geschnitten, die hinteren Ecken mit kleinen dornartigen Eck- zähnen, von denen jederseits einer merklich grösser als die übrigen ist. Die Länge des Schnabels von der Stirn bis zur Spitze ist 2,6 bis 3,0 cm, aus dem Mundwinkel 3,5 bis 4,7 cm; die der Wachshaut 12 bis 15,5 mm; die Höhe des Schnabels, wo die Stirnfedern anfangen (im Durchmesser) 10 mm, die Breite hier 10, 12 bis 13 mm. — Seine Farbe ist eine matt- schwarze, an der Wachshaut und manchmal auch noch an der oberen und unteren Mundkante zunächst der Schnabel- wurzel eine schmutzig olivengrünliche; bei jungen Vögeln ist er nur vorn schwarz, übrigens, soweit die Nasendecke reicht, unten und oben bleiblau, die Wachshaut am lichtesten, die obere Mundkante hinterwärts weisslich; Rachen und Zunge blass fleischfarbig, bei jenen meistens in der Tiefe ins Weiss- bläuliche übergehend. Im ausgetrockneten Zustande wird die Schnabelwurzel und Wachshaut hässlich, horngrau, ohne Spur vom Grünlichen oder Bleiblauen, die Spitze hornschwarz. Das etwas kleine Auge hat einen mehr oder weniger dunklen tiefbraunen Stern und die befiederten Augenlider nach innen ein nacktes schwärzliches Rändchen. Die Füsse sind etwas klein und schwächlich, über der Ferse wenig nackt, die Läufe etwas stärker als bei der folgenden Art, die Vorderzehen mittelmässig, durch ganz volle Schwimmhäute verbunden; die Hinterzehe gleich über dem Zehenballen eingelenkt, sehr klein und kurz, ihre Kralle von gleicher Länge, die der übrigen Zehen auch nicht gross, schmal, schwach gekrümmt, spitz, unten zweischneidig, die innere Schneide der Mittelzehe vorstehend und in die Spitze auslaufend, wodurch diese breiter wird als an den anderen. Die Bedeckung, Lauf eine Reihe grober Schilder, hinten feine, rundliche, fast maschenartige, wenig rauhe Schildchen, die Zehenrücken sind schmal geschildert, die Schwimmhäute fein gegittert, zumal unten und an den Zehensohlen, fast chagrinartig. Bei alten Vögeln ist dieser Überzug härter und rauher, besonders hinten am Lauf und an den Seiten der Zehen. Die Nacktheit von der Fussbeuge an dem Unterschenkel hinauf misst 8 bis 14 mm; der Lauf 41 bis 4,5 em; die Mittelzehe mit der 6 bis 8 mm langen Kralle 3,5 bis 3,9 cm; die Hinterzehe nebst der Kralle, welche die Hälfte davon einnimmt, 6 bis 8 mm. Die Farbe der Füsse ist nach dem Alter sehr ver- schieden, in frühester Jugend sehr licht, bleifarbig und weiss; bei flugbaren von den Spitzen bis über die Mitte der Zehen herauf nebst den Schwimmhäuten bis dahin bleischwarz, dann bis zum gemeinsamen Zehenballen nebst der Hinterzehe und oft auch deren Nagel weiss, Lauf und Ferse licht bleiblau. Das Weisse an den Zehenwurzeln bezeichnet stets den jungen, noch unter ein. Jahr alten Vogel. Im zweiten Jahr ist dieses (nicht gelblich, sondern rein weiss) nach und nach vom Schwarz, von den Enden der Zehen und Schwimmhäute heraufrückend, verdrängt und spurlos verschwunden, also der ganze Fuss schwarz, nur die Läufe und Fersen noch bleiblau, doch viel düsterer als dort. Diese bleiblauen und schwarzen Füsse ohne Weiss sind stets das richtige Kennzeichen für den Vogel im zweiten Jahr. Nach diesem fängt das Schwarze von unten herauf an auch das Bleiblau zu verdrängen, es zeigt sich zu- erst, aber auf eine sonderbare Weise, in meistens viereckigen und länglichviereckigen Flecken, die von unten herauf an Um- fang und Zahl zunehmend, immer mehr und mehr am Laufe hinaufrücken, wozu später von der Schiene herab auch Schwarz kommt und so endlich alles Bleiblau verdrängt. Der Vogel hat, wenn die Läufe bleiblau und schwarz erscheinen, bereits eine etwas harte Haut, hat nur vorn am 19 oO auch sein erstes Hochzeitskleid, in dem er sich zum ersten Male fortpflanzt, angelegt; wenn er dieses aber mit dem näch- sten vertauscht, sind seine ganzen Füsse von oben bis unten völlig schwarz und bleiben es nun für immer. Manche In- dividuen haben diese Verwandlungen der Fussfarbe auch schon mit der gleichförmig schwarzen vertauscht, ehe sie das zweite Hochzeitskleid, das nun für die ganze Lebenszeit alle Jahre so wiederkehrende, angelegt haben. Da nun unwiderleglich fest steht, dass die mit Weiss an den Zehenwurzeln und mit licht bleiblauen Läufen die jüng- sten, — die ohne Weiss mit düster bleiblauen Läufen im mittleren Alter, — die mit ganz schwarzen Beinen die älte- sten Vögel dieser Art sind, so giebt dies die sicherste Zu- rechtweisung unter ihren nach dem Alter so sehr verschiedenen Farbenkleidern. Die Krallen sind braunschwarz, nur die der Hinterzehe in früher Jugend weiss, aber auch sie wird bald schwarz. Nach völligem Austrocknen werden die Beine bei den Alten braunschwarz; bei den Mittleren horngrau; bei den Jungen an den Läufen hell horngrau, das Weisse an den Zehenwurzeln graugelblich, das Schwarz der Zehen und Schwimmhäute hier wie bei den Mittleren grauschwarz; ihre in der Jugend be- sonders recht angenehme Färbung an Ausgestopften daher sehr unkenntlich. Das Dunenkleid besteht in einem dichten, sehr weichen, einförmig braungrauen Flaum, [— an der untern Seite blasser als an der russbraunen Oberseite; die Dunenjungen von dunklen Eltern sind stets auch tiefer im Farbenton; —] das Schnäbelchen ist rötlichweiss, an der Wachshaut bläulich; die Iris grau; die Füsse mit ihren dicken Fersengelenken lichtbläulich, an den Zehen weiss, nur an den Spitzen dieser dunkel bleifarbig. Das Jugendkieid, in dem sie einen hellbleiblauen, nur vorn schwarzen Schnabel, dunkelbraune Augensterne, licht bleiblaue, an den Wurzeln der Zehen, Schwimmhäute und der Hinterzehe rein weisse, an den vorderen Teilen der Zehen und ihrer Häute bis über die Mitte herauf bleischwarze Füsse haben, ist am Kopfe bräunlich dunkelgrau, mit feinen gelb- bräunlichen Endsäumen der Federn, vor dem Auge mit einem schwarzen Fleckchen; der Nacken graugelblich und dunkelgrau gestreift, so auch die Halsseiten, aber mehr braungrau; die Kropfgegend graubraun, vorn am lichtesten, mit zarten gelb- bräunlichen Federsäumen; Brust, Bauch und Schenkel auf weissem Grunde braungrau gefleckt und gebändert, an den Tragfedern und der untern Schwanzdecke diese Bänder auf noch reinerem Grunde am grössten und deutlichsten gezeichnet; der Rücken dunkel erdbraun mit hellbraungelben mondförmigen Endkanten der Federn; die Schultern ebenso, die Endkanten aber heller gefärbt, an den grösseren Federn auch breiter und (wie bei wilden Gänsen) in Querreihen gestellt; die Flügel- deckfedern dunkel erdbraun, mit gelbbräunlichweissen Mond- fleckchen an den Spitzen und die grossen ausserdem noch mit solchen Randflecken, die eine Querreihe bilden; die hinteren Schwingen diesen ähnlich, die mittleren braunschwarz, mit sehr feinen lichten Spitzensäumchen; die grossen Schwungfedern auch braunschwarz, aber an der Wurzel etwas weiss, was jedoch in gewöhnlicher Lage nicht gesehen wird, und [— die vier bis sechs ersten —] mit weissen Schäften, die nur an den Spitzen braun, wo auch die kürzeren Federn dieser Ordnung lichtbraune Endkäntchen haben; die Fittichdeckfedern braun- schwarz. Von unten ist der Flügel an seinen Deckfedern weiss und dunkelbraungrau gebändert, die Schwingen an den Enden schwarzgrau, die grosse an der Wurzel weiss, alle mit weissen Schäften. Der Bürzel und die obere Schwanzdecke sind dunkel erdbraun, weiss gebändert, diese Federn auch noch mit braungelblichen Endkanten; die Schwanzfedern erdbraun, spitzewärts viel dunkler, am Ende mit einem gelbbräunlichen Saum; die beiden Mittelfedern kaum 2,3 cm verlängert und am Ende schmal zugerundet. Auf der Unterseite ist der Schwanz schwarzgrau, nach der Wurzel zu weisslich und hier auch die Schäfte weiss. 320 Unter zu gleicher Zeit erhaltenen jungen Vögeln finden sich weniger in der Zeichnung als in der helleren oder dunk- leren Anlage der Hauptfarben mancherlei Abweichungen. Ich erhielt einst ein Pärchen, vielleicht Geschwister, das an einem Tage (den 6. September) in hiesiger Gegend erlegt wurde, zwar an verschiedenen Orten, aber nur ein paar Meilen von- einander. Von diesen war das etwas kleinere Weibchen viel dunkler, das Männchen heller gefärbt, und die Gesamt- färbung von diesem näherte sich mehr der des jungen Vogels der folgenden Art. Es ist jedoch nicht zu behaupten, dass dies immer so sei. [— Sicherlich ist es kein unterscheidendes Merkmal der beiden Geschlechter. —| Das zartere Gefieder des Jugendkleides leidet mehr als das der späteren Kleider durch Abbleichen seiner Farben und wird hauptsächlich an der braungelben oder dunkel rostgelben Farbe der mondförmigen Endkanten an den Mantelfedern auffallend, die nach und nach in ein schmutziges Gelbweiss verbleichen, aber durch Abstossen auch merklich schmäler werden. Wie lange sie dies Jugendkleid tragen, ob nur bis in den ersten Herbst ihres Lebens oder bis gegen den zweiten, nur ein paar Monate oder ein volles Jahr, hat man noch nicht mit Gewissheit bestimmen können. Es kommt jedoch ein Kleid vor, das ihm ähnlich sieht, aber dunkler gefärbt ist und an dem sich noch ausserdem Zeichen finden, die keinen Zweifel gestatten, es für ein anderes als ihr zweites, auf jenes un- mittelbar folgendes Kleid zu halten; denn an ihm haben 1) die Füsse noch die Farbe der Jugend, mit Ausnahme des Weissen, welches verschwunden; 2) haben die Hinterhalsfedern die dem Jugendkleid fehlenden, zerschlissenen, seidenartig glänzenden, gelblichen Spitzen, obwohl noch nicht so deutlich wie in den späteren Kleidern; 3) sind in ihm die beiden mittelsten Schwanz- federn zwar nicht viel länger, doch ihr Ende nicht mehr zu- gerundet, sondern wirklich schon lanzettförmig, doch nicht stark zugespitzt. In diesem zweiten jugendlichen Gewande sind Schnabel und Auge etwas dunkler gefärbt als im vorigen, die etwas stärkeren Füsse an den Läufen bleiblau, an Zehen und Schwimm- häuten schwarz; vor dem Auge steht ein schwarzes Fleck- chen; die Federn des Oberkopfes sind graulich schwarzbraun mit sehr feinen licht gelbbräunlichen Endsäumchen; die der Wangen und Kehle erdbraun mit helleren Säumen; der Hals an den Seiten und hinten streifenartig dunkelgrau, mit glänzend rostgelblichen, zerschlissenen Federspitzen; der Vorderhals bräunlich dunkelgrau und gelbbräunlich grauweiss gemischt; die Kropfgegend dunkler, aschgrauer, mit deutlicheren gelb- bräunlichen Federsäumchen; ersteres und letzteres besonders gegen die obere Halswurzel; Brust und Bauch schmutzig weiss, grau gemischt und dunkelbraun gebändert, am stärksten und dunkelsten an den Tragfedern; die untere Schwanzdecke weiss und schwarzbraun gebändert; der ganze Mantel matt schwarz- braun, etwas ins Schokoladenbraune ziehend, mit dunkel rost- gelben mondförmigen Endkanten der Federn, besonders auf den Schultern bindenartig besetzt; alles übrige nebst Flügel und Schwanz wie im vorigen Kleide, doch alles dunkler. Die ganze Färbung ist durchaus viel dunkler als die des ersten Jugendkleides und dies schon von weitem auffallend. Auch auf dieses folgt noch ein Zwischenkleid, ehe der Vogel sein erstes hochzeitliches anlegt. Ich erhielt ein frisches, in der Mauser stehendes Exemplar in diesem Zwischenkleide, das an seinen Beinen noch die jugendliche Färbung im Über- gange zur ausgebildeten trug, was seine Jugend erwies, die übrigens auch noch die zwar sehr zugespitzten, aber nicht viel längeren Schwanzmittelfedern ebenso unverkennbar an- zeigten, um hier nicht etwa an ein Winterkleid zu denken, weil die neuen Federn zwischen den alten schon dem ersten Hochzeitskleide angehörten. In diesem Zwischenkleide, das man das dritte jugend- liche nennen möchte, ist der Schnabel fast so dunkel gefärbt wie bei alten Vögeln; der Augenstern dunkelbraun; die Füsse erst an den Zehen und Schwimmhäuten schwarz, an der Wurzel Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). dieser noch ein wenig, wie übrigens am ganzen Lauf bis über die Ferse hinauf bleiblau, etwas dunkler als bei jenen, und die beginnende Verwandlung aller blaugefärbten Teile in Schwarz schon angedeutet durch einen länglich viereckigen Fleck über der Hinterzehe. — Vor dem Auge steht ein schwarzes Fleckchen; Zügel, Stirn und Scheitel sind dunkelbraun, mit bräunlichweissen verwaschenen Federkanten, daher dunkel- braun und bräunlichweiss gewölkt; das Genick lichter mit schwarzen Federschäften; Kehle und Wangen schmutzig weiss, verloren braun gestrichelt; der Teil des Halses zunächst am Kopfe rundum weiss, hinterwärts mit zerschlissenen, seiden- artig glänzenden, rostgelblichen Federspitzen; dann folgt ein breites dunkelbraunes Halsband, das nach vorn durch lichter sefärbte Federkanten heller gewölkt erscheint; der ganze Mantel einfarbig dunkelbraun, nur einzelne Federn am Öber- rücken haben einige weissliche Seitenfleckchen, die oberen Schwanzdeckfedern aber mondförmige weisse Endsäume und ein bis zwei weisse Querbänder; der Oberflügel wie das übrige des Mantels einfarbig dunkelbraun; die Schwungfedern braun- schwarz, mit wenigem, von aussen nicht bemerkbarem Weiss an der Wurzel, die vordersten mit weissen, die anderen mit hellbraunen Schäften; der Unterflügel an den Deckfedern dunkelbraun und weiss grob gebändert, die Schwingen unten dunkel braungrau mit weissen Wurzeln und Schäften. Der ganze Unterkörper vom Kropfe an ist weiss, an den Feder- enden braun beschmutzt, dies an den Tragfedern in dunkel- braune Querbinden übergehend; die langen Unterschwanzdeck- federn sehr dunkel braun, mit breiten, geraden, weissen Quer- binden oder sehr grob braun und weiss gebändert; der Schwanz von aussen ganz braunschwarz, die Federwurzeln an den Innenfahnen etwas weiss, welches sich an denen nach aussen vergrössert und an der äussersten fast die ganze innere Wurzel- hälfte einnimmt und sich auch über den Schaft erstreckt; die über 2,5 cm verlängerten, sehr zugespitzten, aber an den Spitzen auch sehr abgeriebenen beiden Mittelfedern etwas lichter als die übrigen, auch an der Wurzel mit etwas Weiss, doch alles Weiss am Schwanze von den Deckfedern versteckt; die untere Seite des Schwanzes etwas bleicher als die obere. :-Ob Männchen und Weibchen in diesem Kleide von aussen zu unterscheiden sind, weiss ich nicht; das beschriebene war ein Weibchen, dessen Eierstock bei der Öffnung un- verkennbar zeigte, dass es noch nicht gelegt und gebrütet hatte. Ich erhielt es am 27. Juli im Beginn seines Feder- wechsels mit überall sich zeigenden neuen Federn des folgenden Kleides, aus denen unumstösslich hervorging, dass dieses ein weissbäuchiges sein muss. Auf dem Scheitel sind die neuen Federn schwarzbraun, ohne die weisslichen Ränder der alten; auf dem Mantel dunkel aschgraubraun; in den Weichen und am Bauche heller aschgraubraun; eben solche zeigen sich seitwärts am oberen Teil der Kropfgegend; an dem unteren Teil des Halsbandes, zwischen den alten braunen, wie zwischen den schmutzig weissen der Brustmitte dagegen bereits viele neue Federn, welche rein weiss sind. — Nimmt man nun diese unzweideutigen Zeichen zu der jugendlichen Färbung der Füsse, so haben wir hier den deutlichsten Übergang zum nächstfolgenden Kleide, das ausgebildet nur ein weissbäuchiges sein kann, aus dem nachher erst nach abermaliger Mauser ein braunbäuchiges hervorgeht, welches dann den älteren Vögeln für ihre übrige Lebenszeit verbleibt und durch jede folgende Mauser wieder so, d.h. braunbäuchig, hergestellt wird.!) Je älter diese Art, desto einförmiger wird ihr Gewand, desto länger die Schwanzspiesse, versteht sich, beides inner- halb gewisser Grenzen. In dem ersten hochzeitlichen Gewande, in dem sich diese Art zum ersten Male begattet und fortpflanzt, von dem man aber nicht gewiss ist, ob es im dritten oder erst im vierten Herbste ihres Lebens angelegt wird — früher wohl in keinem Falle —, ist der Schnabel schwarz, an der Wurzel ‘) Vergleiche hierüber am Schlusse dieses Abschnittes. J. R. Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasitieus (L.). noch etwas und an der ganzen Wachshaut olivengrünlich; der Augenstern tiefbraun; die Füsse ganz schwarz; der ganze Scheitel mit dem Genick, vorn bis auf die Mundspalte, hinterm Auge bis an die Schläfelinie, ist schwarzbraun, an der Stirn blasser und an der Schnabelwurzel ins Graulichweisse ziehend; der untere Teil des Kopfes und der Hals weiss, dieser an den Seiten, hinter den Ohren und auf dem etwas graulichen Nacken mit zerschlissenen, seidenglänzenden, hellrostgelben Feder- spitzen; die Seiten des Kropfes bräunlich aschgrau oder asch- graubraun, vorn schmäler und blasser, bald ein geschlossenes Halsband bildend, bald hier offen bleibend und einer bräunlich- weissen Mischung Raum gebend; die ganze Brust und der Bauch rein weiss; die Tragfedern schwach bräunlichaschgrau, diese Farbe aber hinterwärts, dann an den Schenkeln, dem After und der langen unteren Schwanzdecke dunkler, aber dennoch lichter als die Färbung der oberen Teile, diese, näm- lich von der oberen Halzwurzel bis auf den Schwanz, nebst Schultern und Oberflügel einfarbig aschgraubraun; die Unter- flügeldeckfedern ebenso, nur etwas heller; die Schwungfedern braunschwarz, spitzewärts am dunkelsten, die grossen mit weissen, an den Enden braunen Schäften und weisser Wurzel, die sich auf den Innenfahnen weiter hinabzieht und in Bräunlichgrau verläuft, aber alles Weiss von aussen nicht sichtbar, auf der unteren Seite ausgebreiteter und nur die Spitzen der Schwingen hier in Grauschwarz übergehend; die Fittichdecke braunschwarz; der Schwanz aschgraubraun, seine Federn gegen ihr Ende in Braunschwarz übergehend, an der Wurzel, wie hier an den Schäften, sehr wenig und von aussen nicht bemerkbar weiss; die Unterseite des Schwanzes am Ende schwarzgrau, sonst braungrau, an der verdeckten Wurzel weiss, das sich als ein weisslicher Schein neben dem weissen, bloss an der Spitze hellbraunen Schaft herabzieht. Die dunklere Farbe am Ende des Schwanzes bildet bei manchen Exemplaren unten wie oben eine zwei Finger breite Endbinde, deren obere Grenze sich aber nicht scharf von der Grundfarbe trennt. Die beiden mittleren Schwanzfedern bis über die Mitte gleichbreit, dann allmählich schmäler werdend und endlich zugespitzt, sind 4,7 bis 8,8 cm länger als das fünfte Schwanzfedernpaar. Die Länge der mittelsten Schwanzfedern kommt ziemlich verschieden vor und zwar ohne Bezug auf das Geschlecht; doch sind die mit den längsten meistens Männchen. Ausser- dem ist auch, wie schon berührt, die Darstellung des grauen Halsbandes individuell verschieden, bei manchen sogar die Kehle, Gurgel und Mitte des Kropfes nicht rein weiss, sondern rötlichgrau, und nur die Seiten des letzteren gehen in die Farbe des Mantels über. | Das zweite hochzeitliche oder ausgefärbte Kleid ist das am einfachsten gefärbte. Schnabel, Auge und Füsse sind wenig dunkler als im vorigen; der ganze Vogel ist wie in ein russiges Braun getaucht, dies auf dem Hinterscheitel und dem Genick am dunkelsten, am wenigsten dunkel an der Brust, dem Bauche und den unteren Flügeldeckfedern, am hellsten gleich am Schnabel, an der Kehle, Gurgel und den Halsseiten, die Federn dieser gegen den Nacken zu mit zerschlissenen, glänzenden, ockergelben Federspitzen; die Fittichdeckfedern, die Schwingen von aussen und an den Enden, so auch das Ende des Schwanzes braunschwarz, im übrigen diese Teile wie im vorigen Kleide; die mittleren Schwanzfedern 7 bis 12 cm länger als ihre nächsten Nachbarn und am Ende sehr spitz. Das allgemeine Russbraun dieses Kleides ist bei manchen Individuen dunkler, bei anderen heller, bei einigen gleich- förmiger, bei anderen obige Verschiedenheiten deutlicher, doch ist es immer verschieden von der Hauptfarbe des vorigen Kleides, das stets mehr ins Grauliche, zuweilen ein wenig ins Olivengrauliche spielt, während dies ein wahres Bister-Braun bleibt, nur in stärkerer oder schwächerer Anlage vorkommt. Man hat gesagt, die Weibchen wären etwas grösser als die Männchen, was ich jedoch nicht bestätigen kann, wohl aber, dass ich die Schwanzspitze bei letzteren immer etwas länger als bei ersteren gefunden habe. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. 321 Es kommen unter den kleineren Raubmöven auch eigent- liche Spielarten vor, nämlich weissgefleckte, wo an ver- schiedenen Körperteilen ganz weisse Federn und Feder- partien zwischen den braunen oder gewöhnlich gefärbten stehen. Ich habe einige solcher gesehen; unter anderen be- findet sich im Berliner Museum eine solche, an der die Fittich- deckfedern teils ganz, teils längs dem Schafte und an der Spitze schneeweiss sind. Einer ähnlich ausgezeichneten und einer anderen mit fast durchaus weissen Unterflügeln ist in BoIEs Reise in Norwegen, S. 194, Erwähnung ge- schehen. Anzeigen einer Doppelmauser habe ich bei keinem Vogel dieser Art bemerkt, obgleich ich eine grosse Anzahl frisch getöteter Vögel und trockener Bälge zu untersuchen Gelegenheit hatte. Sie ist jedoch in neueren Zeiten wieder behauptet, und das Winterkleid der Alten soll dem oben beschriebenen zweiten Jugendkleide ganz ähnlich sein. Dass jedoch eben jenes oben beschriebene Exemplar kein alter Wintervogel ist, zeigen seine blauen Läufe und dass er im September in hiesiger Gegend erlegt wurde, wo ein Winterkleid noch nicht so weit ausgebildet sein konnte, ohne dass nicht viele alte Federn vom vorigen Kleide vorhanden sein müssten. Die vielen gesprenkelten Federn, welche BREHM (s. d. Lehrb. II, S. 990) am Unterkörper einfach brauner (alter) Vögel fand, welche er wohl irrig für Überbleibsel des Jugendkleides hielt, scheinen mir viel wahrscheinlicher auf ein anders gefärbtes Winterkleid hinzudeuten. Diese Sache ist demnach noch näher zu unter- suchen und keineswegs als erledigt zu betrachten. — Dass an einem zweijährigen Individuum, wie oben erwähnt, der Feder- wechsel zu Ende des Juli schon bedeutend im Gange war, zeigt genügend, dass die Zeit der Hauptmauser älterer Vögel in den August fällt, eben wenn bei Alten die Fortpflanzungs- geschäfte beendet sind; von diesjährigen Jungen aber steht dagegen zu vermuten, dass sie das Jugendkleid entweder ein volles Jahr tragen oder es schon im Spätherbst ihres ersten Jahres mit einem anderen vertauschen, weil sich an spät im September erhaltenen noch keine Spur eines Federwechsels fand. [— Wie bei Stercorarius pomarinus haben auch hier neuere Forschungen ergeben, dass die hellere oder dunklere Färbung der Unterseite keine Alters- oder Geschlechtsunterschiede sind, dass es vielmehr auch bei diesem Vogel zwei Phasen giebt, dass er bald eine hellere, bald eine dunklere Unterseite trägt. Sehr genaue Untersuchungen über diese „Phasen“ hat COLLETT angestellt. Er berichtet darüber (l. c., p. 299); „In den süd- lichen Teilen des Landes scheinen die schwarzbäuchigen Individuen zahlreicher zu sein als die weissbäuchigen, in den nördlichen Teilen umgekehrt, doch ist der Unterschied kaum sehr gross. Von 24 Individuen, die ich während einer Tage- reise, im Januar 1893, längs der Romdals-Küste vom Dampf- schiffe aus wahrnahm, waren 13 schwarzbäuchig, 9 weiss- bäuchig und 2 gehörten Übergangsformen an, wo der Unter- leib nicht ganz weiss, aber immerhin etwas heller als der Rücken war. Von 8 Individuen, welche ich im Juni 1890 auf Jäderen beobachtete, waren 6 schwarzbäuchig und 2 (beide mit schwarzen gepaart) weissbäuchig. Im Juni 1890 untersuchte Kandidat THOME auf Smölen (vor dem Throndhjemfjord) sieben Nester dieser Art; bei diesen waren drei Paar dunkel-, ein Paar weissbäuchig, zwei Paar gemischt, (bei dem einen war das Männchen weiss, bei dem anderen dunkel) ein Paar bestand aus einem dunklen Männchen und einem Weibchen von der Übergangsform (schwarz mit gelbweissem Halsring). Im übrigen ist die Farbe nicht immer genau dieselbe bei zwei sonst gleichartigen Individuen. Bei einem weissbäuchigen Paar ist z. B. bisweilen das Männchen etwas heller als das andere, bisweilen umgekehrt. So war bei einem Paar, das ich auf Tamsö im Porsangerfjord am 8. August 1883 schoss, die Kehle und die Brust des Männchens bräunlich, während die des Weibchens fast ganz weiss war. Bei einem anderen Paare (Aalesund am 23. Juli 1887) war umgekehrt das Weibchen 41 522 mit einem breiten graubraunen Gürtel über die Brust versehen, der beim Männchen nur angedeutet war. Bei den meisten weissbäuchigen Exemplaren ist die Brust mit einem breiten Gürtel von hellbräunlicher Farbe versehen, wie auch die unteren Schwanzdeckfedern bräunlich sind. Aber einzelne Exemplare haben, wie oben erwähnt, diesen bräun- lichen Brustgürtel nicht, und die Unterschwanzdeckfedern sind hier weiss mit braunen Querbinden. Deutliche Zwischenformen zwischen den beiden Phasen sind im allgemeinen nicht ganz selten. Verhältnismässig häufig ist z. B. eine schwarzbäuchige Form, die einen mehr oder minder weissgelben Ring um den Hals hat (bisweilen nur an- gedeutet als ein weisslicher Fleck im Nacken). Andere dunkel- bäuchige Individuen haben die Mitte der Brust weiss.“ Über die Art und Weise, wie die Jungen die verschiedenen Kleider anlegen, berichtet CoOLLETT: „Das Dunenkleid der eben aus- geschlüpften Jungen ist immer gleichmässig braunschwarz. Es ist wahrscheinlich, dass Junge von gleichartigen Eltern immer gleichartig werden, also schwarz- oder weissbäuchig, je nach der Farbe der Eltern. Von gemischten Eltern stammen teils schwarz-, teils weissbäuchige Individuen. Ein Paar halberwachsene Dunenjunge, deren Eltern beide schwarzbäuchig waren (Fröjen vor dem T'hrondhjemfjord, am 22. Juli 1884) waren beides Weibchen, aber von etwas un- gleicher Grösse; bloss bei dem einen schimmerten die Federn durch das Dunenkleid durch, und diese schienen dunkelfarbig zu werden. Ein grosses Junges, dessen Eltern beide weiss- bäuchig waren (Vigerö vor Aalesund, 26. Juli 1837) hatte alle hervorbrechenden Federn weiss und sollte zweifellos weiss- bäuchig werden. In gleichem Masse wie das Federkleid bei den Jungen wechselt, werden auch die braunen Säume auf dem Unterleibe breiter, und die flugfähigen Jungen in ihrem ersten Kleid weisen immerhin nur geringe Unterschiede auf, doch jederzeit wird die zukünftige Farbe deutlich sichtbar, wenn man die Federn lüftet; sicher sind ja diese an der Wurzel immer weisslich oder weiss, aber diese Farbe erstreckt sich bei den späteren weissbäuchigen bis zu dem braunen Saume hin, während hin- gegen bei den späteren schwarzbäuchigen nahezu die ganze äussere Hälfte der Feder braunschwarz ist. Ein paar solche gerade flugfähige Junge, die ich auf Store Tamsö im Porsanger am 4. und T. August 1883 schoss, wiesen die äussersten Grenzen für die zwei Formen in diesem | Stadium auf. Das eine war ein Weibchen, dessen Eltern beide weissbäuchig waren. Die Bauchfedern waren gleichmässig schneeweiss bis an den hellrotbraunen Saum, der breit war, aber in der Mitte ein weissliches Feld zeigte. Das andere, ein Männchen, dessen Eltern beide dunkel waren, war fast schwarz, mit bräunlichem Anflug auf dem Kopfe und fast ohne eine Spur der braunen Federsäume, die nur auf dem Hinter- rücken und auf den Schultern sichtbar waren, während die Federn des Unterleibes nahezu bis zur Wurzel braunschwarz waren. Bei anderen Jungen, welche ich untersuchte, war der Unterschied etwas weniger hervortretend, und die Grundfarbe der Federn war weniger ausgeprägt schneeweiss oder dunkel. Von den braunen Säumen auf dem Unterleibe kann man ausnahmsweise noch im zweiten Jahre Spuren sehen. Das Stavanger Museum besitzt z. B. ein Individuum, in der Nähe von Byen am 20. August 1887 geschossen, das einzelne braune Säume auf dem sonst weissen Bauche zeigt.“ SEEBOHM ist über die beiden Phasen etwas anderer Ansicht. Er sagt (l. c., S. 356): „Wie die mittlere Raubmöve hat auch diese Art eine helle und eine dunkle Form, die in ausgedehntem Maße mit der geographischen Verbreitung in Zusammenbang stehen und zwar so, dass die helle Form nördlich des Polar- kreises vorherrscht und die dunkle Form bei den Brutvögeln südlich des Polarkreises überwiegt. Unter diesen Verhältnissen würde es naheliegen, die zwei Formen als subspezifisch an- zusehen, aber die Unsicherheit bezüglich der Erklärung des Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). Gefieders dieser Raubmöve lässt es noch als zu früh erscheinen die Verschiedenheit der beiden Formen in ihrer Nomenklatur auszudrücken. Soweit ich ein Urteil fällen kann, scheinen mir die Thatsachen folgendermassen zu liegen. Beim erwachsenen Vogel der dunklen Form ist das ganze Gefieder von einem fast gleichmässigen dunklen russbraun, an den oberen Teilen mit einem geringen Anflug von Schiefergrau und mit einem bronzegelben in der Ohrgegend und an den Seiten des Halses. Nach der Herbstmauser ist die Farbe des Gefieders reich und dunkel, aber im Laufe des Sommers verschiesst sie zu einem fahleren und röteren Braun. Bei dem Erwachsenen der hellen Form ist das Schiefergrau auf den oberen Seiten etwas deut- licher als bei der dunklen Form. Die Grundfarbe der Unterseite ist weiss, an den Seiten der Brust, dem Bauch und den Unter- schwanzdecken braun schattier. Das Weisse an der Brust erstreckt sich rings um die Seiten des Halses und über die untere Ohrgegend, meist bis zum Schnabel, und ist mit Gelb überflogen. Der Schnabel ist schiefergrau, an der Spitze schwarz, die Läufe und Füsse schwarz, die Regenbogen- haut braun. Das Junge im ersten Gefieder ist gleichförmig dunkel- braun, jede Feder mit einem helleren braunen Rande versehen, der besonders deutlich an den Flügeldecken und an den Schwungfedern erster Ordnung ist und meist an den Schwanz- federn verschwindet. Es ist nicht bekannt, ob ein Unterschied zwischen den beiden Formen im ersten Gefieder besteht, aber in den Zwischenkleidern ist die grössere Menge weiss, an der Unterseite der hellen Form sehr deutlich. Das Gefieder des erwachsenen Vogels ist wahrscheinlich nicht vor der fünften Herbstmauser vollständig. Junge in Dunen sind gleichförmig dunkelbraun, etwas heller auf der Unterseite. Die helle und die dunkle Form paaren sich gewöhnlich miteinander; und BooTH, der beide Formen während der Brut- zeit in Nordschottland beobachtete, stellt fest, dass in der Mehr- zahl der Fälle ein heller Vogel mit einem dunklen gepaart war. SAUNDERS und HANcock sind der Meinung, dass das Er- gebnis dieser Kreuzungsbruten eine Form sei, die zwischen beiden in der Mitte stehe, aber mir scheint die Wahrheit ge- rade in der entgegengesetzten Richtung zu liegen. Es scheint mir, dass diese Ornithologen noch nicht ausgewachsene Vögel für Zwischenformen gehalten haben. BooTHs Beobachtungen scheinen zu beweisen, dass Zwischenformen an den Brutplätzen nicht gefunden worden sind. Wenn Kreuzungsbruten die Regel wären, wie er versichert, so würden nach wenigen Genera- tionen die beiden Formen verschmolzen sein. Und wenn die Theorie von SAUNDERS und Hancock richtig. wäre, so würden nur Zwischenformen an den Brutplätzen zu finden sein. Richardsons Raubmöve scheint mir wie die mittlere Raubmöve eine Art mit zwei Formen zu sein, und die Nachkommen eines hellen und eines dunklen Vogels scheinen, wenn sie erwachsen sind, einem ihrer Eltern zu gleichen.“ Die abgebildeten Vögel sind ein Weibchen im vierten Sommer und ein junger Vogel im Winterkleide aus NAUMANNS Sammlung in Cöthen, ein altes Männchen vom 9. September 1889 von Point Barrow (Alaska) und ein jüngeres Männchen im ersten Jahre vom 10. November 1884 von Finkenwerder auf der Elbe bei Hamburg, die beiden letzteren befindlich im ROTHSCHILDSchen Museum in Tring. —] Aufenthalt. Die Schmarotzer-Raubmöve ist unter den europäischen Arten ihrer Gattung für Deutschland die gemeinste. Auch sie gehört dem hohen Norden beider Welten an, lebt in der Nähe und innerhalb des Polarkreises bis Grönland und Spitz- bergen hinauf. Sie wohnt im Sommer an der Küste des oberen Norwegen [— und Russlands, —] auf den Lofot- inseln, auf Island, den Färöern, den Shetlands, Orkaden, Hebriden und mehreren Inseln der nördlichen Küsten von Schottland, [— südwärts bis etwa 55 Grad 45 Minuten nördlicher Breite, an den Küsten des Bottnischen und auf m Die* . & = i 2 “Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). den äusseren Schären des Finnischen Meerbusens. —] In Amerika ist sie an den Küsten von Labrador, der Hud- sonsbai, von Neufundland, und zu anderen Zeiten an sämt- lichen Küsten der Vereinigten Staaten angetroffen worden; [— im Winter geht sie hier an der Atlantischen Küste süd- wärts bis Rio de Janeiro. —] Ebenso bewohnt sie die Meere zwischen Amerika und Asien in jenen hohen Breiten und auch das Eismeer längs der Küste des letzteren, besonders die Mündungen der grossen Flüsse Sibiriens, Wenn sie auch oft mit anderen Arten verwechselt sein mag, so hat man sie doch in neueren Zeiten auch oft mit den nahen Verwandten in einerlei Gegenden gefunden; sie scheint jedoch südlicher zu streichen als alle. Nach Beendigung ihrer Fortpflanzungs- geschäfte zerstreuen sich diese Vögel in allen Richtungen auf dem Meere, die meisten in einer südlicheren, und sind dann nicht allein auf den Kanarischen Inseln, sondern auf dem Atlantischen Ozean [—, sogar südwärts bis zum Kap der guten Hoffnung —] noch einzeln angetroffen worden. [— Ebenso traf man sie an den Küsten des Persischen Golfes und der benachbarten Meere, selbst in Australien und Neuseeland. —] Sie kommen dann alle Jahre an sämtliche Küsten der skan- dinavischen Halbinsel, auch an die südlichen, an die von Russland, Preussen und Dänemark, auch an die deutsche Ost- und Nordseeküste, an die von Holland, England, Frankreich, selbst im Mittelländischen Meer einzeln bis an die Küste und die Flussmündungen des nördlichen Italien. Viele verirren sich auch ins Innere der Festländer, dies am häufigsten nur jüngere Individuen, alte viel seltener. Sie sind dann mitten in England, Holland, der Schweiz und auch in Deutschland vorgekommen, viel öfter jedoch in der nörd- lichen Hälfte unseres Vaterlandes als in der südöstlichen. So hat man sie ausser in Oldenburg, Hannover, Schleswig- Holstein, Mecklenburg und Pommern auch in Schlesien, der Lausitz, im Brandenburgischen, in Sachsen, wie in [— Bayern, —] den Rheinlanden an vielen Orten erlegt, und auch hier in Anhalt war (dies öfter der Fall. Sie gehört indessen auch für das mittlere Deutschland schon unter die seltenen Erscheinungen, doch kam sie bei uns unter allen Arten dieser Gattung noch am häufigsten vor. Wir haben sie in einem Zeitraum von 40 Jahren sechsmal erhalten und von un- gefähr ebenso vielen von anderen in der Umgegend erlegten oder gesehenen gehört. Manchmal kam sie in einem Jahr mehrmals, dann wieder in vielen gar nicht vor. Obgleich die gemeinste Art ihrer Gattung, zwar zerstreut lebend, jedoch über weite Meeresstrecken verbreitet, gehört sie doch auch unter diejenigen, welche nirgends in grosser Anzahl beisammen gesehen werden und ärmer an Individuen sind als viele andere Seevogelarten. Wie die anderen, ist auch diese Raubmöve mehr Strich- als Zugvogel. Sie nähert sich im April ihren Brutplätzen und verlässt diese mit Ablauf des August, die Jungen ein paar Wochen später. Von dieser Zeit an werden Alte dort nicht, überhaupt auch anderswo selten am Lande gesehen, Jüngere streichen dagegen an fernen Küsten entlang bis in fremde Gegenden und Länder. Tief ins Land einschneidende Meer- busen und Flussmündungen mögen diese oft verleiten, sich weiter ins Land hinein zu begeben, sodass sie endlich das Meer ganz aus dem Gesichte verlieren. Dies geschieht meistens im September und Oktober, auch noch zuweilen im November. Ganz im Anfange des September habe ich schon einige dies- jährige Junge in hiesiger Gegend erhalten. Ihre Rückkehr im Frühjahr ist ganz unbestimmt, dagegen haben wir später solche herumirrende, nämlich zu Ende des Juni, oder gar erst des Juli, wie z. B. einen am 29. dieses Monats, erhalten. Nur zweimal haben wir hier auch alte Vögel gesehen, einen im August, einen anderen zu Ende des September. Allen scheint jedoch der Trieb inne zu wohnen, sich im Winter unter einen milderen Himmelsstrich zu begeben, sodass man wohl an- nehmen darf, dass viele am Südwestende unseres Erdteils und an der nordafrikanischen Westküste überwintern, während die 323 Mehrzahl so weit nicht kommt und teils freiwillig, teils durch anhaltende Stürme aufgehalten oder verschlagen, sich mit einem rauheren Winteraufenthalt begnügt. Auch diese Art ist ganz Seevogel und hält sich viel längere Zeit auf offenem Meer als am Lande auf. Wegen der Art sich zu nähren lebt sie gern an Küsten und Inseln, an denen sich viele andere Seevögel, besonders Möven- und Meer- schwalben, aufhalten, ja ihr Aufenthalt scheint sich ganz be- sonders an den einer Art, unserer Sterna macrura zu knüpfen, weil gerade diese eine von denjenigen ist, der sie am leichtesten die gemachte Beute abjagen kann und daher am öftersten ab- nimmt. Wo im oberen Norwegen Kolonien dieser Meerschwalben ihren Sommerwohnsitz aufgeschlagen haben, da sind diese Schmarotzer gewiss auch nicht fern zu suchen. Bald halten sie sich an hohem, felsigem Gestade, bald an flachem Strande auf, bald sieht man sie auf offenem Meer sehr weit von allem Lande. [— HEUGLIN traf sie auf Spitzbergen sehr weit land- einwärts an und sah sie auf etwa 2000 Fuss hohen Gebirgen. —|] Nur in der Fortpflanzungszeit verlassen sie das Meer, doch nicht ganz, sind aber dann. mehr an ihren Brutplätzen be- schäftigt und sehen jenes nur abwechselnd; denn diese liegen meistens nicht nahe, oft sogar eine Stunde weit im Innern der Inseln, an feuchten oder moorigen Stellen, an Quellen, Bächen oder stehenden Süsswassern, auf feuchten, grünen Plattformen hoher Inseln oder auf moorigen Heideflächen. Auch die jüngeren, noch nicht brutfähigen Vögel thun fast dasselbe und werden um diese Zeit, doch an anderen, übrigens ganz ähnlichen Orten und nicht neben den nistenden, gewöhnlich in eigenen Ge- sellschaften oft weit vom Strande, in der Mitte der Inseln an- getroffen, wo sie auf ebenen Plätzen nicht selten lange her- umlaufen wie die Dohlen, dies auch am Strande, besonders bei der Ebbe thun und sich hier weniger um andere Vögel bekümmern als jene. Wie wenig ihr Süsswasser zusagen, zeigen auch die bis in die Mitte von Deutschland verschlagenen. Flüsse, Seen, Teiche und andere Gewässer werden von diesen nur beiläufig, ohne dass sie dabei einiges Interesse verrieten, besucht, nie wird lange daran verweilt; sie sind hier Feldvögel geworden und laufen wie Kiebitze [— oder nach Art der Krähen und Lachmöven —] auf Wiesen und Feldern, namentlich auf Brach- äckern herum und suchen hier, ganz wie diese, ihre Nahrung. Fast alle, die wir in hiesiger Gegend beobachteten, waren weit von allem Wasser entfernt und kamen selbst auf ganz trockenen Feldern vor. Nur einer wurde an einem Bache mitten in einem Walde bald dicht am Wasser, bald auf feuchtem Boden neben ihm herumlaufend angetroffen. Merk- würdig genug scheinen aber alte Vögel — jenes waren immer junge und jüngere — am Wasser nicht so gleichgültig vorüber zu eilen oder sich mehr darnach umzusehen als diese; wir sahen wenigstens einen alten Vogel zwar über sehr wasserarme Felder streichen, dabei aber doch seinen Zug immer von einer kleinen Feldlache oder Wasserpfütze zur anderen fortsetzen, jedoch ohne sich am Wasser niederzulassen oder nur länger daran zu verweilen. Nur einmal sah man einen solchen Vogel auf der Mitte eines Teiches schwimmend ausruhen. Alle jüngeren Vögel, die hier bemerkt wurden, zogen, einem kleineren Raub- vogel ähnlich, über die Felder hin, ohne den vorkommenden kleineren oder auch grösseren Gewässern die geringste Auf- merksamkeit zu schenken; man würde sie daher bei uns, wenn sie öfter vorkämen, viel sicherer auf freiem Felde als am Wasser aufzusuchen haben. Sie kamen auch in ziemlich be- waldeten Gegenden, einer sogar im Walde selbst vor; freilich wohl ein unerhörter Fall, da ihre wahren Aufenthaltsorte im Norden ganz baumlose Gegenden sind, wo höchstens einiges niedrige Gestrüpp von Zwergbirken und Zwergweiden, von Gagel, Blaubeeren und Haidekraut vorkommt. Eigenschaften. Auch die Schmarotzer-Raubmöve hat in der Färbung ihres Gefieders nichts Empfehlendes für das Auge; aber ihre 41* 324 Gestalt, die zwischen der der Möven und Meerschwalben das Mittel hält, macht sie etwas anziehender; die langen Flügel und Schwanzspiesse geben ihr ein schlankeres Aussehen, und die wohlproportionierten Füsse heben dieses beim stehenden Vogel mehr als die zu kurzen bei den meisten Meerschwalben- arten. Ihr Anstand im Stehen und Gehen ist wie bei der vorher- beschriebenen, sie sieht aber viel schlanker aus als diese und ist daran schon in der Ferne sehr kenntlich. Sie schreitet sehr behende einher und läuft oft so hurtig wie ein Kiebitz, oft auch lange anhaltend. Sie schwimmt nicht oft, dann die Brust nur flach eingetaucht, die Flügelspitzen und den Schwanz nebst dem Hinterkörper hoch gehalten, ruht aber zuweilen nach abgehaltener guter Mahlzeit mit aufgeblähtem Gefieder auf dem Wasserspiegel treibend, im Lande aber noch öfter auf einem Hügelchen, auf einem Heuschober oder Getreide- haufen, fliegt aber stets viel mehr als sie sitzt. Höchst merkwürdig ist ihr Flug, ja einer der merk- würdigsten und veränderlichsten in der ganzen Vogelwelt. Bald kommt sie mit matten, nur. kurzbewegten Schwingungen der ganz ausgestreckten Flügel, abwechselnd ganz schwebend, träge einher geflogen und ähnelt dann, in der Ferne und von vorn gesehen, einer Wiesenweihe nicht wenig, kann auch, wie diese, ohne Flügelbewegung in Kreisen schweben, wenn sie höher fliegt. Im Profil ist ihre Figur freilich mehr ver- schieden, vorn und hinten viel spitzer, einer Meerschwalbe, in den Verhältnissen der Umrisse besonders öterna macrura höchst ähnlich. — Hat sie Eile, so rafft sie plötzlich alle Kräfte zusammen, schlägt die Flügel, deren Spitzen sie mehr an sich zieht, dass der eigentliche Fittich in parallele Lage mit der Linie des Rumpfes und Schwanzes kommt, sehr hastig, der Körper wird beim Niederdrücken und Aufheben der Flügel auf- und niedergerückt und so in einer schlängelnden Linie, aber schnell, durch die Luft geschoben; es folgen schussweise grössere oder kleinere Bogen in den verschiedensten Rich- tungen, um zum Ziele zu gelangen, das in diesem Fall ge- wöhnlich die einem anderen Vogel abzujagende Beute ist. Noch sonderbarer sieht eine Art zu fliegen aus, wozu uns die Veranlassung verborgen blieb; der ganz ruhig unter gemäch- lichen Flügelschlägen daher kommende Vogel wird auf einmal wie vom bösen Geiste besessen, fängt plötzlich an, seine Schwingen schnell zu schlagen, sehr grosse ab- und auf- steigende Bogen zu beschreiben, um in einer ungeheueren Schlangenlinie sich zu entfernen und bald dem Gesichtskreise des ihm mit Erstaunen Nachschauenden zu entschwinden. So schlaff dieser Flug auch manchmal scheint, so energisch zeigt er sich oft in den nächsten Augenblicken; er ist so voller Wechsel, dass man ihn kraftvoll nennen darf, denn der Vogel widersteht darin den ärgsten Stürmen ohne besondere An- strengungen. Mein sel. Vater befand sich einst auf einem freien ebenen Felde, wo er eben nach kleinen Brachvögeln (Charadrıus mor?- nellus) sein Gewehr abgeschossen hatte und wieder im Laden desselben begriffen war, als er einen ziemlich grossen Vogel gegen sich heranfliegen sah, in einem nie gesehenen, höchst sonderbaren Fluge, in welchem der Vogel eine ungeheuere Schlangenlinie beschrieb, deren niedersteigende Bogen fast die Erde berührten, während er sich in den aufsteigenden wohl über 30 Fuss erhob und so fort. Das Gewehr war noch nicht fertig geladen, als der Vogel ganz nahe an meinem Vater vorbei schob, der daher ganz deutlich einen alten, lang- geschwänzten, weissbäuchigen Vogel unseres St. parasiticus in diesem wunderlichen Flieger erkannte. In diesem Fluge beharrend, schien sein Ziel ein kleiner Feldteich zu sein, an dem mein mittlerer Bruder sich damals gerade in einem Schiessloche verborgen auf der Lauer befand. Über dem Teiche angekommen, schwebte der Vogel ohne Flügelbewegung und fast stillstehend, jedoch in zu bedeutender Höhe, als dass der etwas zu rasch abgefeuerte Schuss meines Bruders weiter etwas bewirkt hätte, als ein allmähliches Herabsenken aus der Luft Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). und ein Niederlassen des Vogels in schräger Richtung auf eine etwas erhabene Erdscholle, einige hundert Schritte vom Teiche. Mein Bruder näherte sich ihm auf dem Bauche kriechend hier abermals auf Schussnähe, der Schuss streckte den Vogel nieder, doch ohne ihn zu töten, und ehe mein Bruder hinspringen und zugreifen konnte, wurde das Zappeln und Flattern des sonder- baren Fremdlings zum wirklichen Fliegen, und zum Erstaunen des unglücklichen Schützen fing der Vogel nun auch jenen wunderbaren Flug von neuem an und rückte in dieser riesen- artisen Schlangenlinie ihm bald gänzlich aus den Augen. Wenn der Vogel auch vom ersten Schusse nichts davon- getragen hatte, so war dies doch ganz gewiss beim zweiten geschehen, darum war es um so mehr zu verwundern, dass er trotz seiner Verwundungen doch seinen Gaukelflug nicht unterliess. Die folgende Geschichte wird noch etwas ganz Ähnliches darthun. Einer meiner Freunde in einem benachbarten Dorfe er- hielt einst (am 29. Juli 1822) Kunde, da sei ein sonderbarer Vogel auf einem Stoppelacker, den man, weil er sich so wenig scheu zeige, mit Steinen habe tot werfen wollen; allein er sei zur grossen Belustigung der Werfer immer hinter den an ihm vorbeirollenden Steinen hergelaufen und habe sie — wie oft Hunde zu thun pflegen — zu erhaschen gesucht. Mein Freund griff eiligst zum Gewehr, verfügte sich an den be- zeichneten Ort und fand den Vogel auf einem Brachacker, wo er herumlaufend und Futter suchend oder aufnehmend völlig einem Kiebitze glich. Er hielt ohne Scheu sehr nahe aus und bekam im Auffliegen einen Schuss, der ihn aber nur streifte und ihm einen Lauf zerbrach; zum grössten Befremden des Schützen kam jedoch im nächsten Augenblick der Vogel wie toll auf ihn zu und umschnurrte in einem engen Kreise in so nahem als reissend schnellem Fluge seinen Kopf, dass er ihn eher, wenn er einen Stock gehabt hätte, würde erschlagen haben, als auf ihn schiessen können. Ungeachtet dieses frappanten Betragens von seiten des beleidigten Vogels blieb der Schütze doch kalt genug, eine andere Wendung ab- zuwarten; nach etwa zehnmaligem Umkreisen bekam es der Vogel endlich satt, und als er sich jetzt entfernen wollte, er- eilte ihn noch zur rechten Zeit der zweite Schuss des Doppel- sewehres. — Auch hier benahm sich der bereits verwundete Vogel noch übermütig und keck, sogar tollkühn. Es war ein wenigstens zweijähriges Weibchen. Ein dritter Vogel wurde mitten in einem, doch etwas lichten Walde an einem Bache von Kindern bemerkt, die den furchtlosen Fremdling zu erhaschen versuchten, auch mit kleinen Holzbrocken nach ihm warfen, wobei er sich ebenfalls wie jener benahm, nämlich nach den Holzstücken lief, bis zu- fällig ein mit dem Vogelfang vertrauter Mann dazu kam; dieser verschaffte sich sogleich ein Wurfgeschoss, einen kurzen, ge- wichtigen Stecken und warf damit den Vogel glücklich dar- nieder, worauf er mir tot überbracht wurde. Ein paar andere Individuen wurden zufällig von nach Hasen und Rephühnern das Feld absuchenden Schützen auf hiesigen Äckern herumlaufend bemerkt und ohne Umstände erlegt, und auch bei noch anderen hin und wieder gesehenen bemerkte man so wenig Furcht vor den Menschen, dass man sie wirklich einfältig nennen konnte. Es ist freilich allgemeine Erfahrungssache, dass Vögel an ihnen ungewöhnlichen Orten und in für sie ganz fremden Gegenden sich ganz anders be- tragen als in den heimatlichen, zumal auf flaches, kultiviertes, wasserarmes Land verschlagene Seevögel oder sonst an grosse Wasserflächen gewöhnte; dort wo sie Raum genug zum Aus- weichen haben, mit allen örtlichen Beschaffenheiten und Ver- hältnissen vertraut sind, weichen sie auch den Menschen mehr aus. So sind denn auch nach allen Berichten beobachtender Reisender unsere Schmarotzer-Raubmöven in ihrer eigentlichen Heimat auf und an dem Meer viel vorsichtiger, wenn auch nicht sehr scheu zu nennen, sehr dummdreist aber wieder am Brutorte. Sie ist gegen ihresgleichen neidisch und zanksüchtig, und Pe Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). wenn zwei aneinander geraten, bekämpfen sie sich unter den künstlichsten Wendungen zuweilen so heftig, dass sie, wenn sie einander gepackt, beinahe bis auf den Boden herabpurzeln, ehe eine wieder los lässt. Sehr gesellig kann sie schon wegen ihrer Lebensweise nicht sein, doch trifft man wohl auch einige und mehrere beisammen, jüngere Vögel auch wohl in kleinen Ge- sellschaften bis zu 20 und mehr Stück, besonders in der: Zeit, wenn die Alten den Fortpflanzungsgeschäften obliegen. Diese sind dann auch selten als Paare vereinsamt, sondern viel ge- wöhnlicher in mehrere, ja oft in viele vereint an einem Brut- orte; dann verbreiten sie sich aber über einen grossen Raum, und das Band, das eine solche Kolonie zusammenhält, bleibt stets ein sehr loses. Gegen andere Vögel sind sie noch un- geselliger, und diese weichen ihnen überall aus, weil alle sie fürchten und hassen. Dennoch kommen merkwürdigerweise an den Brutorten einzelne Annäherungen vor; Bekassinen, Regenbrachvögel und Austernfischer haben hin und wieder ihre Nester zwischen denen dieser Räuber, obgleich nur der wachsame und verwegene Austernfischer von allen allein Mut genug hat, sich ihren räuberischen Absichten auf sein Nest kräftig und mit Erfolg zu widersetzen. Ihre keineswegs angenehme Stimme, ein Schrecken für alle Vögel, die sie schmarotzend zu verfolgen und damit gleich beim Beginnen des Angriffs einzuschüchtern pflegt, ist ein weit schallendes Jah, oder ia, oder io, auch wohl ein gezogenes Jeäu (alle zweisilbig auszusprechen!) — Am Nistplatze hört man diese Töne nicht; hier stösst sie andere, trauriger klingende aus, besonders wenn sie Eier oder Junge hat; dieser ängstliche Ruf klingt wie: Kiauw oder ki auw! Die vereinzelten, die sich weit von der Heimat und bis zu uns verirrten, hat man nie einen lauten Ton ausstossen hören. Nahrung. Die Schmarotzer-Raubmöve nährt sich wie die anderen von Fischen, lebenden und toten, von allerlei Aas, kleinen Krusten- und Schaltierchen, Weich- und Ringelwürmern, Meer- und Landinsekten, auch von Vogeleiern und ganz jungen, kleinen Vögeln. Nur hoch an der Oberfläche schwimmende, namentlich die kleineren aus der Heringsgattung, oder in wenigem Wassre befindliche, langsame oder ermattete Fische ist sie imstande sich selbst zu fangen; zum Fangen anderer, besonders schneller, fehlt es ihr an Geschicklichkeit, denn sie wird im Stosstauchen sogar von manchen Möven übertroffen. Sie weiss aber diesen Mangel zu ersetzen durch Aufmerksamkeit, wenn andere Vögel etwas fangen, und durch Mut, es ihnen abzujagen. Ihren Ver- folgungen in dieser Absicht sind vorzüglich die Meerschwalben ausgesetzt, am meisten Sterna macrura, nächst diesen die Drei- zehenmöven, die Sturmmöven, die Lachmöven, wenn sie in ihren Bereich kommen, seltener einmal eine Herings- möve, weil sie sich nicht oft an so grosse wagt, dagegen viel öfter Enten, Lummen und andere. Wo Möven und Meer- schwalben eine gute Fischerei halten, fehlen in den Polar- gegenden diese Schmarotzer nie. Sobald sich ein solcher nur von ferne zeigt, geraten jene in ängstliche Unruhe, ihre Stimmen lassen sich kläglicher vernehmen als sonst; er beeilt sich, mit Kraft zwischen sie zu fahren und eine besonders aufs Korn zu nehmen, wobei sein Jubelruf schon vor dem Gelingen seines Vorhabens sich in die Angst- und Klagetöne der Verfolgten mischt; er jagt und kneipt die Ausgewählte so lange auf und ab, nach allen Seiten, bis sie sich dessen durch den Schnabel wieder entledigt, was sie vor wenigen Augen- blicken für den eigenen Unterhalt erworben zu haben glaubte. Zuweilen kommt der Peiniger an eine Unglückliche, die lange nichts gefangen hat, sich daher eine Zeit lang nutzlos abmartern lassen muss, weil jener sich nicht so bald abweisen lässt. Oft greifen auch mehrere Schmarotzer zugleich dieselbe Möve oder Meerschwalbe an, weil sie sie soeben einen Fisch fangen und verschlingen sahen; dann dauert das Jagen noch weniger lange, und der wieder aufgewürgte und ausgespieene 325 Fisch wird im Herabfallen, ehe er den Wasserspiegel erreicht, vom nächsten Räuber mit bewundernswürdiger Gewandtheit und stets sicher, ohne fehl zu schnappen, aufgefangen und verzehrt. Die Meerschwalben brauchen in den meisten Fällen den Fisch nicht erst aufzuwürgen, weil sie etwas grosse nicht so leicht verschlingen können und für ihre Jungen bestimmte diesen stets im Schnabel zutragen, auch haben sie, wie oben erwähnt, die Gewohnheit, vermutlich, wenn sie gerade keinen Hunger haben, längere Zeit mit einem gefangenen Fisch im Schnabel herumzufliegen, gleichsam als hätten sie ihn aus besonderem Übermute gefangen und erwarteten nur, dass ein Schmarotzer kommen möchte, um ihn an diesen abgeben zu können. Hat eine Raubmöve einen zum augenblicklichen Verschlingen zu grossen Fisch erbeutet, dann trägt sie ihn an einen sicheren Ort, um ihn da zuvor zu zerstückeln, was, wenn das Land zu entfernt ist, auch auf dem Wasser schwimmend geschieht. | [— Wir können uns nicht versagen, hier noch die inter- essante Schilderung des Raubgeschäftes dieses Schmarotzers beizufügen, die RIEMSCHNEIDER nach seinen Beobachtungen auf Island entworfen hat (Ornith. Monatsschrift 1896 8. 339): „Uber die sumpfigen Wiesen bei Skutastadir und über den Spiegel des Sees konnte man alltäglich einige Exemplare von Lestris parasitica langsam dahinziehen sehen; dann und wann stiessen sie hernieder, um ein Entennest zu plündern oder die junge Brut der Odinshühner (Phalaropus hyperboreus) zu würgen, stets verfolgt und angegriffen von der schreienden Menge der alten Vögel; ausgeleerte Nester, zerbrochene Eierschalen be- zeichneten ihren Weg; von allen Arten war es vielleicht nur der Ohrensteissfuss, dessen Nest nicht angegriffen wurde, wenigstens habe ich das nie gesehen, alle übrigen mussten den räuberischen Vögeln ihren Tribut zahlen, von der Bergente bis zum ÖOdinshühnchen, ja sogar die Eier und Jungen der Seeschwalben wurden geraubt, unbekümmert um das Geschrei und das Stossen der Alten, deren Schwärme doch den Kolk- raben das Raubgeschäft zu verbittern imstande. sind. Aus dem Sumpfe ragten hier und da niedrige Erdhügel empor, auf denen die Schmarotzermöven sich von Zeit zu Zeit niederliessen, um zu verdauen; hier fand sich in Menge das ausgespieene Gewölle, welches nur aus Eischalenfragmenten, Knöchelchen, Ballen von Federn und Dunen bestand. Sogar ausgewachsene Vögel der kleineren Arten werden in mörderischer Absicht angefallen, wie folgende Beobachtung beweist; einst sah ich eine Schmarotzer- möve plötzlich nach einem fliegenden Odinshühnchen stossen; ‘dieses wich mit einer geschickten Wendung aus und ergriff die Flucht, die Raubmöve eilte hinterher. Sicherlich wäre es dem fluggewandten Phalaropus gelungen, zu entkommen, wenn nicht plötzlich wie hergezaubert eine zweite Lestris erschienen wäre, die sich sofort an der Jagd beteiligte; und nun geschahen die Angriffe ganz planmässig: so oft das Odins- hühnchen einen Bogen machte, schoss die eine Raubmöve in der Sehne desselben vorwärts, während die anderen sich zum nächsten Angriff rüstete. Die ganze Jagd entschwand schliesslich aus dem Gesichtskreise, indessen bin ich überzeugt, dass der Phalaropus schliesslich ermüdet seinen grimmigen Feinden zum Opfer gefallen ist. Sobald die düster gefärbten Unholde sich zeigten und ihr katzenartiges, zeterndes „mie“ erschallen liessen, erhob sich sofort ein förmlicher Aufruhr in der Brut- kolonie; schreiend, pfeifend, flügelschlagend und durcheinander- wirbelnd erwarteten die brütenden Eltern in höchster Erregung, welchen nun das Schicksal ereilen würde.“ Ähnliche Be- obachtungen hat KOLTHOFF gemacht. Er berichtet: „Als NATHORST und ich mit einigen Kameraden durch ein Unwetter gezwungen waren auf dem kleinen Edersölt im Belsund auf Spitzbergen den 28. Juni zu bleiben, sahen wir zu unserem Ärger, dass diese Raubmöve ein jedes Eiderentennest angriff und zerstörte, das von dem Weibchen verlassen worden war. Eine grosse Menge Nester wurden so geplündert, da wir nicht umhin konnten, die brütenden Weibchen von ihren Eiern zu verscheuchen. Da sich zeigte, dass nicht mehr als drei bis 326 vier Raubmöven über der Insel sich aufhielten, beschlossen wir diese zu erschiessen, um die Eiderenten von ihnen zu befreien. Es zeigte sich aber, dass, wie viele wir auch schossen, doch immer drei oder vier auf der Insel übrig blieben. Wir schossen so 20 Exemplare, aber die Geschossenen wurden bald von anderen ersetzt, die daraufhin angeflogen kamen. Da der Vogel auf der Insel nicht brütete, beweist diese Beobachtung, dass er von seinen Brutplätzen zu den Eiderkolonien Streifzüge unternimmt, die Eier zu fressen. Alle auf der Insel beobachteten und geschossenen Exemplare gehörten zu der hellen Varietät. — Ausser ihrer wohlbekannten Art, andere Möven ihres Fanges zu berauben und Eier und Junge zu rauben, geht sie gern an Kadaver, besonders wenn diese fett sind. Bisweilen fischt sie selbst, und ich habe nicht selten kleine Urustaceen in ihrem Schlunde gefunden. SVENANDER fand auch Pflanzenstoffe in ihrem Magen.“ ÜCOoLLETT schreibt über von ihm ausgeführte Magenuntersuchungen (l. ec., S. 302): „Der Magen der oben erwähnten eben ausgeschlüpften Jungen enthielt Coleoptera, worunter kleine Stücke von Carabus granulatus kenntlich waren. Bei den grösseren Jungen fanden sich Fische (geraubte junge Heringe), wie einige kleine Zweige, bei den fast erwachsenen Jungen fanden sich ebenfalls nur Fischreste. Im Magen bei zwei erwachsenen Jungen von Tamsö fanden sich nur Beeren von Rubus chamaemorus, die gerade reif geworden waren und auf der Insel im Überfluss vorkommen. Auch bei einem älteren Individuum fanden wir nur Beeren (von Arctostaphylos alpına.)“ —|] In den heimatlichen Ländern versammeln sich oft jüngere Vögel an einerlei Orten, auf Wiesen oder Feldern selbst zu grösseren Gesellschaften, laufen da herum wie Dohlen und lesen Käfer, Heuschrecken, allerlei Insektenlarven und Regen- würmer auf, unterlassen dabei aber nicht, auf jeden vorüber- fliegenden Vogel Jagd zu machen, um zu versuchen, ob sich nicht beiläufig von ihm etwas erpressen lässt. Dies thun aber immer nur einzelne aus dem Haufen, die dann nachher, be- friedigt oder nicht befriedigt, wieder zur Gesellschaft zurück- kehren. Von vereinzelten und bis zu uns verirrten Vögeln sahen wir dies nie; sie scheinen sich dazu nicht behaglich genug zu fühlen, vielleicht wegen zu grosser Entfernung vom Meer, obgleich wir mehrere erhielten, deren körperlichem Wohl nichts abzugehen schien, die zwar nicht fett, aber auch keineswegs abgemagert, also bei vollen Kräften waren. Am Strande, besonders bei der Ebbe, öfters herum- wandelnd, sucht sie allerlei Kleines Seegewürm mit und ohne Schalen, besonders kleine Krebsarten, von deren Schalen- stückchen sich ihr Kot nicht selten rosenrot färbt. Auf dem -auftauchenden Rücken der Walfische und anderer Seeungeheuer lässt sie sich, gleich vielen Mövenarten, gelegentlich auch zu- weilen nieder, um die darauf lebenden kleinen Schmarotzer- tiere abzulesen; aber auch von den schwimmenden Äsern hilft sie Möven und Mövensturmvögeln zehren oder zwingt diese, das Genossene für sie wieder auszuspeien. Auf Rasenplätzen oder gepflügtem Boden geht sie nach Regenwürmern, Insekten- larven, Käfern und anderen Insekten. Sie plündert die Nester anderer Vögel, die sie davon aus Mangel an Kräften oder aus Feigheit nicht abzuhalten vermögen, säuft ihnen zur Stelle die Eier aus, am häufigsten die der Entenarten, oder verschlingt die zarten Jungen kleinerer Strandvögel, teils zur eigenen Sättigung, teils zum Futter für ihre Jungen. Diese sollen halb- erwachsen öfters auch Beeren von Vaccinium uliginosum, V. Oxy- coccus und von Empetrum nigrum fressen. Bei lange und weit vom Meere entfernten, gewöhnlich jungen Vögeln findet man deren Magen meistens bloss mit Insekten und Insektenlarven angefüllt; so hatte ein auf einem Brachfelde erlegter ihn ganz allein mit Ohrwürmern (Forficula auricularia und F. minor) vollgestopft; bei einem anderen ent- hielt er Reste von kleinen Käfern und Larvenköpfe, im Vor- magen viele grünliche und grauliche Erdmaden oder Larven, vermutlich einer Tipula-Art; ein dritter hatte ihn fast voll- sepfropft mit den grauen Erdraupen der Saateule (Agrotes Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasitieus (L.). segetum), dazwischen viele Bruchstücke von Erd- und Lauf- käfern, kenntlich bloss Harpalus aeneus, sogar auch die Knochen und Zähne einer Maus. Sie mögen also auch Feldmäuse zu fangen wissen oder doch tot gefundene verschlingen. Dass sich die Raubmöven recht gut ohne Hilfe anderer Vögel zu nähren und zu erhalten imstande sind, beweisen auch eingefangene, die sich mit kleinen oder grösseren Fischen, diese zerstückelt, mit in verschlingbare Bissen zerschnittenem Fleisch und Gedärmen, mit Regenwürmern, Maikäfern und anderen Insekten und Insektenlarven recht gut füttern und bei sorglicher Pflege jahrelang am Leben erhalten lassen. Fortpflanzung. Schon oben beim Aufenthalt sind bereits die Sommer- wohnsitze der Schmarotzer-Raubmöve genannt worden; dort hat sie auch in einzelnen Gegenden ihre Nistplätze. In unserm Erdteil ist sie nistend auf mehreren Inseln an den Küsten des oberen Norwegen, häufig namentlich auf den Lofotinseln angetroffen worden, nicht weniger auf Island, den Färöern, den Shetlands und den ÖOrkaden, sehr häufig auf den Hebriden, besonders den nordwestlichsten. Alle ihre Nist- orte haben ein hohes Gestade, überhaupt eine hohe Lage; aber sie nistet nirgends nahe am Meer, sondern mehr im Inneren der Inseln, auf kleineren oft in deren Mitte oder bis einige Kilometer vom Meer, in Thälern oder auf niederen Bergebenen, auf ganz geebneten oder auch etwas abhängigen, grünen, moorigen oder sumpfigen Flächen, in der Nähe von Quellen, kleinen Bächen oder grösseren stillstehenden Süss- wasserbehältern. [— Nach BoıE unterscheidet sie sich von den nächst- verwandten Arten in der Wahl des Nistortes in der Weise, dass sie nur in geringer Erhebung über dem Meeresspiegel und in geringer Entfernung vom Strande ihr Nest baut, während sowohl der schwächere longicaudus, wie der kräftigere pomarinus in den Bergen nisten. —] Solche Nistplätze sind zuweilen von 30 bis 50 oder noch mehr Pärchen besetzt, die aber weniger zusammenhalten als andere gesellig brütende Vögel, auch ihre Nester nicht nahe bei einander haben, weshalb deren Nistplatz oft einen sehr bedeutenden Raum umfasst, sodass man, wo ihrer nur wenige beisammen leben, auch sagen kann, sie brüten in einzeln zer- streuten Paaren. In solchen Fällen nisten auch hin und wieder andere Vögel in ihrer Nachbarschaft, Bekassinen, Regen- brachvögel, Austernfischer und andere, die alle mit Furcht und Misstrauen gegen jene erfüllt sind, von denen der letzt- genannte den Wachhalter für die übrigen macht und ge- legentlich auch wohl ihre Brut gegen räuberische Anfälle verteidigen hilft. Gegen Ende des April zeigen sie sich an den zum Brüten auserwählten Orten, wo sich nach und nach mehrere ver- sammeln, länger an den Plätzen verweilen, sich mit einander necken oder im Ernst bekämpfen, bis sich alle gepaart haben und nun in Paaren auf der Fläche verteilt sich aufstellen oder auch so mitsammen fliegen. Gegen Ende des Mai sind alle gepaart, mit Aufsuchen der Neststellen und Bereitung derselben für Aufnahme der Eier beschäftigt. Auf kleinen Erhöhungen, oft von Sumpf umgeben, suchen sie ein kleines Grasstäudchen oder ein noch weniger ausgezeichnetes Plätzchen zwischen Moos und Gras, treten dies nieder und geben dieser Vertiefung durch kreisförmiges Drehen des Körpers eine napfförmige Rundung. Dieses Geschäft verrichtet das Weibchen, während das Männchen unthätig daneben steht. Ein anderes Nest bauen sie nicht, und die Unterlage für die Eier besteht bloss in den niedergetretenen Pflanzenspitzen des Plätzchens. [— COLLETT berichtet über die Fortpflanzungsgeschichte: „Das Nest wird oft mitten in Kolonien von brütenden Seevögeln angelegt, obwohl die Raubmöve ständig im Kampfe mit deren Bewohnern lebt. Sie ist nicht immer selbst der angreifende Teil. So bald sie sich an einer Stelle zeigt, wo sie sonst ihren Ä Aufenthalt nicht hat, wird sie von den anderen brütenden Arten, besonders Larus canus, aber auch von Sterna-Arten, auch selbst von Strepsias collaris mit Heftigkeit verfolgt. Als Brutplatz wählt sie am liebsten eine hügelige, mit " Eimpetrum und Erica tetralix bewachsene Fläche in der Nähe des Wassers, oft wo sich Rubus chamaemorus findet, aber selten auf eigentlich feuchtem Terrain; nur ausnahmsweise brütet sie Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). 827 Längsdurchmesser Querdurchmesser Dopphöhe 52,3 mm 39,9 mm 21,5 mm 56,0 „ 400 „ ER 5, 40,8 5 240 „ BE 42,0 , 240 „ 52 AD 24,0 „, 58,3 „ 40,4 „ B6:0 HL, = in grösserer Entfernung vom Wasser, sodass es nicht mehr sichtbar ist. Schon in grosser Entfernung verlässt der brütende Vogel sein Nest, wenn sich ihm jemand nähert. Im Anfang setzt sich das Paar auf einen kleinen Hügel in der Nähe, oft dicht neben einander, aber dann fliegen sie rastlos um einen herum, unter völligem Schweigen, und in der Regel ausser Schussweite. Sind die Eier bebrütet, oder sind eben ausgekrochene Junge im Neste, so werden sie dreister und kommen ziemlich nahe heran. In einem Neste, das ich am 4. Juli 1886 bei Rott (aussen vor Stavanger) fand, und in dem die Jungen eben ausschlüpften, stiessen beide Alte unaufhörlich und mit so grosser Gewalt auf meinen Kopf herab, dass die Schläge mit den Flügelspitzen zu wiederholten Malen mir einen fühlbaren Schmerz verursachten. | Ein Brutplatz kann viele auf einander folgende Jahre beibehalten werden, selbst wenn eines der Eltern in dem einen „Jahre weggeschossen wird. Ein solcher von einem einzelnen Paar bewohnter Brutplatz auf einer mit Empetrum bewachsenen kleinen Landspitze auf Jäderen wurde 1872 von dem Fischerei- inspektor LANDMARK untersucht. Das Nest, das in diesem Jahre am 16. Juni ein Ei enthielt, gehörte einem schwarz- bäuchigen Männchen und einem weissbäuchigen Weibchen. An dieser Stelle soll nach der Angabe der Einwohner ein Paar in all den späteren Jahren gebrütet haben. Zwischen 1886 und 1893 habe ich fünf mal Gelegenheit gehabt, diesen Brutplatz im Frühling zu besuchen, und jedes Jahr war die Stelle von einem schwarzbäuchigen und einem weissbäuchigen Individuum bewohnt. 1892 schoss ich das weissbäuchige Individuum, das sich als Weibchen herausstellte. 1893 war die Stelle wieder von einem gemischten Paare be- zogen, von denen abermals das am weitesten herangehende, wahrscheinlich das Weibchen, weissbäuchig war. Das Nest war hier immer innerhalb eines Flächenraumes von gegen 100 qm gelegen und enthielt teils ein, teils zwei Eier oder Junge.“ —| Manche Weibchen legen noch vor Ausgang des Mai, andere später, die letzteren oft erst in der zweiten Woche des Juni, in jedes Nest nie mehr als zwei Eier. [— Auf der Bären-Insel fand MALMGREN am 18. Juni Eier, obgleich der Erdboden des Tieflands noch beinahe ganz mit Schnee be- deckt war. —] Die Eier haben in Farbe und Zeichnung viele Ähnlichkeit mit denen der Sturmmöve, aber eine andere Gestalt, eine feinkörnigere, glänzendere Schale und kommen auch in der Grösse nur den kleineren Eiern dieser bei. Ihre Gestalt ist dadurch von allen Möveneiern verschieden, dass sie viel bauchiger und am spitzen Ende viel schmaler zu- gerundet ist, wobei sie, doch nur an diesem, den Eiern der schnepfenartigen Vögel ähnelt, aber nicht am entgegengesetzten, wo sie stets mehr zu- als abgerundet oder weniger stumpf ist als bei jenen. Diese ganz andere Gestalt unterscheidet sie auch leicht von denen der Limosa limosa, denen sie im übrigen bis auf ihr srösseres Volumen sehr ähnlich sehen. Sie ähneln an Gestalt wie in allem anderen denen der übrigen Arten ihrer Gattung und unterscheiden sich hauptsächlich nur in der Grösse, in der sie mit denen der vorigen und folgende Art gerade das Mittel halten, und dies recht sehr auffallend. Sie sind 51 bis 54 mm lang und 37 bis 38 mm breit. [— Sieben Stück der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 56,1 >< 40,9 mm, im Maximum 57,6 x 41 und 56,7 x 42,4 mm, im Minimum 54,6 x 41 und 56,8% 39,1 mm; das durchschnittliche Gewicht ist 2,846 g. R. BLasıus fand folgende Grössenverhältnisse: Die Schale hat sehr viele aber gleichförmige und sehr feine Poren, oder ein feines Korn und etwas Glanz. Ihre Grundfarbe ist ein trübes Olivengrün oder Braungrün in nicht sehr blasser Anlage, die Zeichnungen weniger Punkte als Flecke von verschiedener Grösse und Gestalt, manchmal mehrere zusammenhängend, verschoben oder verwischt, in der Schale von einem düsteren Grau, auf derselben sehr dunkel olivenbraun, auch rötlich schwarzbraun am stumpfen Ende gehäuft, aber nicht kranzartig, hier aber oft noch mit einigen kleinen Klexen, Schlingen oder feinen Haarzügen von fast schwarzer Farbe vermischt. Manche sind mehr, andere weniger, einige gröber, andere feiner gefleckt, die allermeisten dieser Eier aber sehr dunkel gefärbt, so dunkel, wie unter Möveneiern nicht viele vorkommen; hellgefärbte sind. dagegen sehr selten. Sehr dicht gefleckt kommen sie auch niemals, dagegen aber manchmal fast ungefleckt vor; an solchen ist dann die Grundfarbe beinahe apfelgrün. Sie sehören demnach zu den sehr wandelbaren. Die Grundfarbe seht in Sammlungen mit den Jahren aus dem Braungrünen sehr ins Grünbraune. Die Eier werden von beiden Gatten abwechselnd be- brütet, und beide haben Brutflecke, zwei am Anfange des Bauches, nämlich auf jeder Seite einen. Die Zeit des Brütens dauert fast vier Wochen. Die ausgeschlüpften weichflaumigen Jungen bleiben auch ungestört nur noch einige Tage im Neste, verkriechen sich dann in den Umgebungen hinter Pflanzen- büscheln und Grasstauden. Sie werden von den Alten an- fänglich (ganz nach Art der Tauben) mit Vogeleiern, Medusen und anderen weichen Geschöpfen, später durch Vorspeien gröberer Nahrungsmittel, junger Vögel, kleiner Fische und dergleichen, von beiden Eltern fleissig geatzt, wachsen aber langsam und bedürfen der elterlichen Pflege lange; denn man trifft sie mitten im August, völlig befiedert und flugbar, noch am Nistplatze unter Aufsicht der Alten. Diese lieben ihre Brut ganz ungemein und verteidigen sie herzhaft gegen ihre Feinde. Bei den Eiern stossen sie sehr häufig so nahe und so verwegen nach dem Menschen, dass sie nicht selten mit dem Schnabel oder den Flügeln dessen Kopf berühren; bei den Jungen nehmen sie dagegen mehr zur List ihre Zuflucht. Sie stellen sich hier, wie die meisten Entenarten und viele kleine Insektenvögel in ähnlichen Fällen, als wären sie krank oder lahm, werfen sich krampfhaft auf den Boden, schleppen sich mit aufgeschwelltem Gefieder und hängenden Bauchfedern, halb flatternd, halb strampelnd, dazu auch wohl kläglich und ganz leise pfeifend, auf ihm fort und suchen durch solche Verstellung die Aufmerksamkeit des Verfolgers von den ver- steckten Jungen ab und auf sich zu lenken; sie wollen jenen damit glauben machen, dass er sie erhaschen könne, bis sie ihn weit genug von den Jungen hinweg geleitet zu haben ver- meinen, werfen jetzt erst plötzlich die Maske ab und fliegen frohen Mutes davon, gleichsam als freuten sie sich des Ge- lingens ihrer List. Das Männchen ist hierbei zwar dem Weib- chen behülflich, legt aber (nach MALMGREN) augenscheinlich mehr Kälte und Vorsicht an den Tag und kann hieran leicht unterschieden werden von dem ganz gleichgefärbten Weibchen. [— KOLTHOFF schildert dieses Benehmen sehr ausführlich. Er schreibt: „Diese Raubmöve, von der man sagen kann, dass sie auf Spitzbergen überall vorhanden ist, brütet sehr zerstreut über das Land, und man findet niemals mehrere Paare nahe bei einander wohnen. Wie alle Raubmöven, legt sie nie mehr als zwei Eier, die ohne irgend welches Nest auf den glatten Boden gelegt werden. Wenn man sich ihren Eiern oder Jungen nähert, werfen sich beide Gatten unter dem jämmerlichsten 328 Schreien auf die Erde nieder und schleppen sich davon, gerade als wenn sie nicht im stande wären, die Flügel und Füsse zu gebrauchen, Dieses Betragen haben die Herren RÖMER und SCHAUDINN für ein Paarungsspiel gehalten. Sie sagen unter anderem darüber: „Das Männchen führt einen schönen Balztanz aus, kollert sich dabei auf und schleift die herab- hängenden Flügel auf dem Boden.“ (Fauna Arctica S. 12.) Durch dieses Benehmen glückt es ihnen sicher oft, ihre Jungen aus den Klauen des Polarfuchses zu retten. Es ist sicher, dass ein Raubtier sofort nach einem Vogel springt, der nicht fliegen zu können scheint. Auf diese Art wird es von den Jungen fortgelockt. Erst wenn die Raubmöven sehen, dass man ihre Eier oder Jungen entdeckt hat, dass ihre List also nicht geglückt ist, schwingen sie sich hoch in die Luft und stürzen sich einmal nach dem anderen nieder nach dem Kopfe des Friedenstörers.. Dabei haben sie mich jedoch niemals mit den Flügeln geschlagen, wie es Lestris buffoni auf Grön- land that.“ —] Erst anfangs September verschwinden die Alten, gegen die Mitte dieses Monats auch die Jungen vom Brutplatze. Sie verlassen überhaupt jetzt die ganze Brutgegend und zerstreuen sich getrennt und vereinzelt nach allen Richtungen auf dem Meere und zum Teile an ferne Küsten. Feinde. Der Seeadler und Jagdfalke wird ihnen zuweilen ge- fährlich, obgleich sie Mut genug haben, wenigstens den ersteren mit grösster Keckheit zu verfolgen, wenn er sich ihren Brut- plätzen nähert, wo er ihnen dann auch gewöhnlich ohne weiteres das Feld räumt. Dass er sie gelegentlich so wenig verschont wie andere Seevögel, bewies ein solcher, der eine von FR. BoIE (s. d. Reise, S. 179) aus der Luft herabgeschossene und auf das Wasser gestürzte Raubmöve sogleich ergriff und damit seinem Horste zueilte.. Gegen grosse Möven und Raben weiss sie ihre Brut sehr gut zu verteidigen, aber der arktische Fuchs erschleicht sie zur Nachtzeit öfters. In ihrem Gefieder wohnen Schmarotzer-Insekten von mehre- ren Arten, doch sind diese nicht [— alle —| genau bestimmt. [-— Bekannt sind Docophorus pustulosus und Docophorus cordiceps. —]. In den Eingeweiden leben Würmer, unter denen auch die in fast allen Möven vorkommende Ligula digramma ÜREPL. Die Schmarotzer-Raubmöve, Stercorarius parasiticus (L.). Jagd. Scheu sind diese Vögel .nicht, nur die Alten an Orten, wo sie nicht brüten, etwas vorsichtiger; sie werden dieses auch noch mehr, je öfter in der Gegend ihres Aufenthaltes seschossen wurde, doch sind sie auch hier leicht genug mit Schiessgewehr im Fluge zu erlegen. Öfters zieht sie eine Art von Neugier in die Nähe des Schützen, und es ist schon oben ein Beispiel erzählt, wo nach dem ersten Schusse, als dieser sie nicht tötete oder zum Fliegen unfähig machte, sogar eine verwundete noch viel näher kam und den Schützen attakieren zu wollen schien. Beim heftigen Verteidigen ihrer Eier kann man sie bei einiger Gewandtheit mit einem Stocke aus der Luft herabschlagen, ebenso bei den Jungen, wenn sie ganz nahe vor dem Verfolger hintaumeln, totwerfen. Dass man auf diese Weise, wenn junge Vögel bis zu uns kamen, sich ebenfalls in Besitz derselben setzen kann, ist oben auch schon erwähnt. Solchen sich schussrecht zu nähern, wenn sie auf einem Acker herumlaufen, bedarf gar keiner weiteren Vorsicht. Sonst lassen sich die Alten auf dem Meere auch leicht durch das nachgeahmte Angstgeschrei der Möven oder Meerschwalben herbeilocken. Man kann sie auch fangen, an Angelhaken, in Lauf- schlingen oder in Schlingen über den Eiern. Nutzen. Ihr Fleisch ist für einen auch nicht sehr verwöhnten Gaumen ungeniessbar, weil es wie das von Eulen riecht und schmeckt. Ihre Eier findet man dagegen geniessbarer. Durch Aufzehren der Engerlinge, Raupen und mancher Insekten, auch wohl hin und wieder durch Wegfangen einer Feldmaus nützen sie bloss mittelbar und auch nicht erheblich, weil diese serade ihre Hauptnahrung nicht ausmachen. Schaden. Dass sie sich, gleich anderen Raubmöven, gegen viele Vögel feindselig zeigen und darauf angewiesen sind, sie zu be- rauben, schadet bloss diesen und steht in zu geringem Bezug zum Menschen, als dass sie dieser darum für schädliche Vögel halten sollte. Die kleine Raubmöve, Stercorarius longieaudus VIEILL, Tafel 31. Fig. 3. Junger Vogel im Winterkleide. | Fig. 1. Altes Männchen im ausgefärbten Kleide. Tafel 32.! Fig. 3. Junges Weibchen im ersten Herbste. Fig. 2. Vogel in der Mauser zum Winterkleide. Tafel 40. Fig. 12—16. Eier. Kurzschnäbelige, langschwänzige, Buffonsche Raubmöve, Felsenraubmöve, Falkenmöve, schwarzzehige Möve, kleine Polarmöve, kleiner langschwänziger, Kleiner spitzschwänziger, kleiner Strunt- oder Strandjäger, Nordvogel, Labbe, Live. [— Fremde Trivialnamen: Croatisch: Pomornik dergorepi. Czechisch: Chaluha obeend Buffonovd. Dänisch: Lille Kjove, Struntjaeger, Tyvmaage, Rovmaage, Strandhög, Skue. Englisch: Buffon’s Skua, Long tailed Skua. Färisch: T)jegvi, Tjöi, Tjoggvi. Finnisch: Tunturi räiskä. Französisch: Stercoraire parasite, Labbe longicaude, Labbe parasite, Labbe, Stercorawre, Labbe ü longue queue. Helgoländisch: Lütj Skeetenjoager. Holländisch: Kleinste Jager. Isländisch: Kjöi. Italienisch: Labbo coda-lunga. Jakutisch: Träkı. Lappisch: Skastz, Haskil. Lettisch: Kliju-kaiwa. Norwegisch: Fjeldjo, Hai-tyo. Polnisch: Wydrzgk pasoöytny. Russisch: Fomka. Samejedisch: Furbaja. Schwedisch: Fjällabb, Längstjärtad labb, Stjörtlabb,. Berglabb, Labb, Labbe. Slowenisch: Rujava govnacka, Rujavi lajnar, Rujavi obimac. Spanisch: Cdgalo. Ungarisch: Nyilfarkü halfarkos. Stercorarius longicaudus. Vieill., Nouv. Diet. Hist. Nat. XXXI. p. 157 (1819). —] — Lestris crepidata. Brehm, Beitr. III. S. 861. — Dessen Lehrb. II. $. 747. — Dessen Naturg. all. Vög. Deutschl. S. 724—725. — Lestris Buffonii (nach H. Boie). Meyer, Zusätze u. Berichtigungen z. (III.) Taschenb. S. 212. n. 3. — Stercorarius longicaudus. Briss. Orn. VI. p. 155.n. 3. — Le Labbe & longue queve. Buff. Ois. VIII. p. 445. — Edit. de Deuxp. XVI. p. 200. t. V. f. 2 (kenntlich). — Id. Pl. enl. 762. — Aretic-Bird. Edw. Glean. t. 148 (1750). — Seeligmanns Vög. V,t.43. — Arctic-Jager. Eyton, rar. Brit. Birds. p. 55. mit sehr guter Abbildung. — Meisner, Museum d. N. G. Helvetiens. S. 18—20. B. mit einer guten Abbildung des alten Vogels, sowie in der Note**) mit Beschreibung des Jungen. (Die erstere als L. parasitica in Meisner u. Schinz, Vög. d. Schweiz, S. 278. n. 247.) — Lestris crepidata. Gloger, Schles. Faun. $. 53. n. 241. — Homeyer, Vög. Pommerns. 8. 69. n. 228. — Lestris Buffoni. Hornschuch u. Schilling, Verz. pommerscher Vög. S. 19. n. 244. — Isis 1822, S 874. u. 1835, S. 253. von F. Boie. — [— Lestris crepidata. Naumann, Vög. Deutschl. II Ed. X. p. 534. Taf. 274 (1840). — Lestris cephus. Keys. u. Blas., Wirb. Eur. p. XCV (1840). — Lestris Buffonüi. Schlegel, Rev. crit. p. OXXXV (1844), — Lestris buffonii. Holmgren, Skand. Fogl p. 990 (1866-71). — Stercorarius longicaudus. Degl. et Gerb,., Orn. Eur. II. Ed. II p. 399 (1867). — Lestris Buffoniü. Wricht, Finl. Fogl. II. p. 627 (1878). — Lestris parasitica. Fallon, Ois. Belg. p. 205 (1875). — Stercorarius parasiticus. Dresser, Birds Eur. Tom. VIH. p. 481. pl. 612 (1876). — Stercorarius parasiticus. Yarrell, Brit. Birds 4. Ed. III. p. 680 (1882—84). — Lestris Buffomi. Homeyer, Vög. Deutschl. p. 15 (1885). — Stercorarius longicaudatus. Olphe-Galliard, Orn. Eur. oce. fasc. X. p. 20 (1886). — Stercorarius parasiticus. Reyes y Prosper, Av. Espana. p. 96 (1886). — Stercorarius parasiticu. Giglioli, Avif. ital. p. 437 (1886); p. 651 (1889). — Stercorarius longicaudus. Ar&valo y Baca, Av. Espaa p. 413 (1887). — Lestris Buffoni. Gätke, Vogelw. Helgol. p. 590 (1891). — Stercorarius parasiticus. Frivaldszky, Av. Hung. p. 175 (1891). — Stercorarius longicauda. Brehm, Tierleben. Vög. III. Aufl. II. p. 126 (1892). — Stercorarius parasiticu. Brusina, Croato-Serb. Vög. p. 164 (1892). — Stercorarius parasiticus. Collett, Norg. Fuglef. p. 302 11893 —94). — Stercorarius longicaudus. Reiser, Orn. balcan. II. p. 202 (1894). — Stercorarius parasiticus. Cat. Birds Brit. Mus. XXV. p. 334 (1896). — Stercorarius parasiticus. Chernel, Magyarorszäg madarai -Il. p. 37 (1899). — ‚ Stercorarius parasiticus. Dresser, Man. of Palaearetic Birds, II. p. 842 (1903). | Abbildungen der Eier: Thienemann, Fortpflanzungsgesch. d. Vög. Taf. LXXXVI. Fig. 4, ad (1845—53). — Eee Ejer eur. Vög. Taf. 64. Fig 4 (1854). — Hetwison, Eggs of Brit. Birds, II. p. 508, pl. OXLINI. fig. 1 (1856). — Seebohm, Hist. of Brit. Birds III: p. 358. pl. 59 (1885). — Id. Col, Fig. Eggs of Brit. Birds, p. 117, pl. 37 (18%). —] Anmerkung. NAUMANN schrieb hierzu: „Alle Synonyme der Stercorarius-Arten in allen bis hierher erschienenen Werken aufzusuchen und zu sichten, war in meiner beschränkten und isolierten Lage, wo mir eine ganz vollständige Büchersammlung nicht zu Gebote stand, eine sehr schwierige und nur teilweise zu lösende Aufgabe, zumal ich an dies so zeitraubende als undankbare Geschäft nicht noch grösseren Zeitaufwand knüpfen mochte. Mir fehlten unter anderen die vielen Schriften ausländischer Gesellschaften, die neusten Prachtwerke fremder Zungen, wie auch sehr vieles aus der ganz alten Litteratur. Ich bin überzeugt, dass beim genauen Durchsuchen und Vergleichen, sowohl für St. longicaudus als für St. pomarinus sich noch manches Zitat aufgefunden haben würde; denn ein jetzt neuentdeckter Vogel ist weder die eine noch die andere. Unsere kleine Raubmöve wurde fast zu gleicher Zeit (1822) von Meyer (Taschenb. III) und von BREHM (Beitr. III) von dem St. parasiticus als selbständige Art getrennt und unterscheidend beschrieben. Erkannt hatte ich sie dafür auch schon, als ich 1820 den ersten alten Vogel dieser kleinen Art erhielt und mit vielen anderen der grösseren verglichen hatte. Ich habe Breums Trivialnamen (crepidatus) beibehalten und dem ihr zuerst von H. Bors beigelegten (Buffonii) vorgezogen, nicht allein, weil in neuester Zeit mit Huldigungsnamen wirklich au ziel Unfug ge- trieben wird (besonders von Engländern und anderen), sondern auch, weil jener der zeläufigere war, obgleich nicht zu leugnen ist, dass ‚Mn vielen Werken, in denen dieser Name vorkommt, unter ihm nicht bloss Junge von St. parasiticus, sondern unter diesen auch viele von dem echten $t. crepidatus beschrieben und abgebildet sind. Wenn dieser Name von „Ürepida, Pantoffeln,“ abgeleitet ist, wird er freilich auf die Jungen von mehreren Arten der Gattung anwendbar, weil die weissen, vorn schwarzen Zehen und Schwimmhäute unserer kleinen Art nicht ausschliesslich zukommen. Es ist: indessen nicht gut, auch nur in den dringendsten Fällen gut zu heissen, einen einmal geläufigen Namen zu verwerfen und einen neuen darur einführen zu wollen; wir erlebten gar oft, dass bei solehem Wechsel nichts gewonnen wurde, indem nicht selten die neue Benamung weit weniger bezeichnend auIIeh als es die alte war. Der Trivialname der Art (Species) einer Gattung (Genus) soll etwas bezeichnen, das entweder an dem Ausseren des Vogels sichtbar, oder auf seinen Aufenthalt, seine Lebensweise, Sitten und dergleichen bezüglich ist, auch die Art, wo möglich, vor einer anderen aubaeichineN, BIEGEN, imprimieren sich solehe um so leichter und dauernder dem Gedächtnis; was spricht dagegen für die oft korrumpierten und viel schwerer im Gedächtnis festzuhaltenden Huldigungsnamen, zumal aus anderen Sprachen in die lateinische übertragene, von denen man oft nicht weiss, wie man sie aussprechen soll? Nichts, als dass sie Mode geworden. Doch sollte in der Wissenschaft nichts Mode werden als Verbesserungen alter Irrtümer und Erweiterungen, auf eifriges Erforschen der Natur gestützt; aber nicht nutzlose Ziererei.“ Heute, wo das Prioritäts-Prinzip überall durchgeführt Ist, sind diese Anslasshns ch nicht mehr gültig. Diesem Prinzip folgeud, ist die kleine Raubmöve hier mit dem Namen „longicaudus“ belegt worden. Für die Feststellung dieses Namens als ältesten des Vogels bin ich Herrn E. HArTerT zu besonderem Danke verpflichtet. J. R. 42 Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Kennzeichen der Art. Die Schneide des Oberschnabels dicht neben dem Haken hat einen kleinen Ausschnitt. Die beiden mittelsten Schwanz- federn sind ausserordentlich verlängert, schon vom ersten Drittel an schmäler, nach und nach in sehr lange und äusserst schmale Schwanzspiesse auslaufend; bei Jungen nur etwas länger als die übrigen, aber auch schon etwas spitz. Hauptfarbe am alten Vogel aschgrau. Dohlengrösse. [— Über die Unter- scheidung der jungen Vögel von denen von St. parasiticus Vver- gleiche bei dieser die betreffende Bemerkung. —] Beschreibung. Die stets kleinere, schwächlichere und noch schlanker gebaute Gestalt, der kürzere Schnabel und die längeren oder viel schmäleren Schwanzspiesse unterscheiden diese Art leicht genug von der vorigen, namentlich bei alten Vögeln. Ein vor- züglich gutes Kennzeichen für St. longicaudus ist ein manchmal freilich nicht sehr deutlicher, zahnartiger Ausschnitt der Schneide des Oberschnabels dicht neben dem Haken, während an dieser Stelle die Schnabelschneide bei St. parasiticus ganz eben ist, und dann noch eine etwas längere Dillenkante (Gonys) am Unterschnabel. — In den Jugendkleidern sind beide Arten schwerer zu unterscheiden, die der kleinen jedoch am Kopfe, Halse und der Brust auffallend lichter und viel weisslicher, auch die mittelsten Schwanzfedern schon länger und spitziger als bei der vorhergehenden. Obgleich beide Arten sehr in der Grösse variieren und es unter den Jungen von der vorigen sehr kleine Individuen giebt, so ist mir. doch kein einziges von jenen vorgekommen, das in dieser Hinsicht nicht noch alle von St. longicaudus übertroffen hätte. In der Körpergrösse kommt sie einer Dohle (C. monedula) ziemlich gleich, ihre Flügel sind aber viel grösser und länger, so auch der Schwanz, besonders älterer Vögel. Sie übertrifft die Lachmeerschwalbe (Sterna nilotica) kaum an Grösse. Die Maße, wovon die kürzeren jungen, die langen alten Vögeln angehören, wo aber zur Länge die mittleren Schwanz- federn nicht mit gemessen, sondern diese von der Stirn bis auf das Ende des nächsten (fünften) Schwanzfederpaares ge- nommen wurde, betragen in der Länge 33,6 bis 37,7 cm; in der Flugbreite: 89,5 bis 94,2 cm; die Flügellänge 30,6 bis 32,4 cm; die Schwanzlänge am fünften Federpaar 12,6 bis 14,1 em. Männchen und Weibchen sind in der Grösse fast gar nicht verschieden, wenigstens nicht standhaft. Das kleine Gefieder ist noch zarter als das der vorigen Art, die vordere Flügelspitze im Vergleich mit der hinteren auch schlanker und länger als bei dieser und ihre Federn etwas schmäler, sonst aber von ähnlicher Gestalt und ebenso mit sehr starken straffen Schäften; die vorderste Primärschwinge die längste. Der Schwanz hat dagegen am Ende mehr zu- gerundete, sehr breite Federn, von denen die von der Mitte nach aussen stufenweis sehr an Länge abnehmen und: so das äusserste 2,5 cm kürzer als das fünfte Paar ist; sie sind von der Wurzel bis an die Rundung der Spitze von gleicher Breite, das mittelste (sechste), aber schon an der Wurzel schmälere wird vom zweiten Drittel an allmählich immer schmaler und schmaler und läuft am Ende in nur 4 mm breite dünne Spiesse aus. Bei einjährigen sind bloss die Spitzen dieser beiden Federn lang und schmal zugerundet, aber viel schmäler und spitzer als bei der vorigen. Bei diesen ragen sie nur 2,3 cm, bei Alten 14,1, 16,5 bis 18,8 cm über das nächste Schwanz- federpaar hinaus, sind also viel länger und viel schmaler als jemals bei St parasiticus. Sie ähneln denen des alten Männchens der Eisente (H. glacialıs) sehr. Die Unterschwanzdeckfedern sind so lang, dass die längsten ziemlich bis an das Ende des fünften Schwanzfederpaares reichen. Die Spitzen der in Ruhe liegenden Flügel reichen bei jungen Vögeln wenig, höchstens bis 3,5 cm über das Schwanzende hinaus, bei alten sind sie 7 cm länger als das fünfte Paar. Der Schnabel ist kürzer als bei St. parasiticus, aber fast ebenso stark, weshalb er dicker aussieht; cylindrisch, die obere Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus VIEILL. ı Mundkante weniger aufgetrieben; der Haken etwas krummer, die Schneide da, wo dieser dem übrigen Teil angefügt ist, mit einem kleinen Ausschnitt; das untere Eck etwas mehr vor- stehend und der Teil von da bis zur Spitze, die Dillenkante (Gonys), länger als bei jener, wodurch natürlich der übrige Teil des Kiels gegen die Wurzel zu um so kürzer wird. Da er einmal im ganzen kürzer ist, so muss es auch die Wachs- haut sein, weil seine Gesamtgestalt eine sehr ähnliche ist. Dies sind die Hauptverschiedenheiten, die ihn hinlänglich charakterisieren. In allem übrigen gleicht er dem der vorigen Art, auch hinsichtlich der Beschaffenheit der Wachshaut, der Nasenlöcher, des Rachens und der Zunge. — Seine Länge von der Stirn zur Spitze ist bei jungen Vögeln 21,5 mm, bei alten 2,6 bis 2,7 cm, aus dem Mundwinkel dort 3,8 cm, hier 4 cm; seine Höhe an der Stirn bei jungen kaum 10 mm, bei alten etwas über 10 mm; seine Breite hier bei jenen 8 mm, bei diesen fast 10 mm; die Wachshaut beim ersteren kaum 12 mm, beim letzteren 14 mm. Die Farbe des Schnabels ist wie bei St. parasiticus und auch bei St. pomarinus, in der Jugend bis an das vordere schwarze Drittel nebst der Wachshaut hell bleiblau, der Rachen rötlich- und bläulichweiss; bei den Alten jener schwarz, Wachs- haut und Mundwinkel olivengrünlich, der innere Schnabel und Rachen weissbräunlich. — Wie bei anderen Arten wird das Bleifarbige im Tode dunkler, ausgetrocknet ganz unkenntlich, heller hornfarbig als die braunschwarze Spitze, und auch bei den Alten zeichnet sich die grünlich gewesene Partie bloss durch eine lichtere Hornfarbe aus. Das Auge hat in der Jugend weiss befiederte Lider, deren Rändchen später nach innen nackt und schwärzlich werden und einen dunkelbraunen Stern, dessen Farbe im Alter nur etwas frischer, fast dunkel nussbraun, wird. Die Füsse sind viel kleiner und schwächlicher als bei St. parasiticus, auch im Verhältnis zu den übrigen Körperteilen, haben aber sonst die nämliche Gestalt und Bekleidung, doch weniger rauhe Schuppen und etwas längere oder schlankere Krallen; auch ist verhältnismässig die Hinterzehe, wenn man ihre Kralle nicht berücksichtigt, noch winziger. Die Schiene ist über der Ferse 12 mm nackt; der Lauf 3,9 bis 4,1 mm lang; die Mittelzehe nur 4 mm kürzer, mit der 6 bis 7,8 mm langen Kralle 3,5 bis 3,7 cm lang; die Hinterzehe mit der 4 bis 4,1 mm langen Kralle 7 bis 8 mm, diese also länger als die Zehe. Die Farbe der Füsse ist der bei St. parasiticus sehr ähnlich, bald nach dem Flugbarwerden an den Läufen hell bleiblau, an den Zehenwurzeln und Schwimmhäuten weiss, die vorderen zwei Drittel dieser und der Zehen schieferschwarz; später- ohne Weiss, die ganzen Schwimmhäute und Zehen schwarz; endlich wird das Bleiblau der Läufe düsterer, und das dunklere Schwarz des unteren Fusses rückt an ihnen herauf, aber nicht allmählich, sondern es zeigt sich hin und wieder im Blauen gleich als meistens viereckige Flecke, die, anfänglich klein, sich dann nach allen Seiten ausdehnen, endlich jenes ganz verdrängen und den Fuss, so weit er nackt, gleichförmig mit Schwarz überziehen. Diese Periode der ganz schwarzen Füsse scheint bei ihnen viel später einzutreten als bei St. parasiticus, da ganz alte oder wenigstens in ihrem vierten Lebensjahre stehende Individuen noch mit blauen, jetzt erst schwarz ge- fleckten Läufen vorkommen, abermals ein wichtiger Unter- schied für beide Arten. — An ausgestopften Exemplaren, wenn die Füsse ganz ausgetrocknet, sind jene lichten Farben nicht mehr zu erkennen, denn die blaue ist in ein düsteres Horn- braun, die weisse in schmutziges Horngelb .verwandelt, und bei den Alten sind die Füsse fast einfarbig hornschwarz oder, wo sie blau waren, etwas mehr hornbraun. — Die Krallen sind stets schwarz, nur bei Jungen die der Hinterzehe nebst dieser weiss. Im Dunenkleide soll sie der vorigen Art sehr ähneln. [— Nach dem Catalog des Britischen Museums ist der Nestling auf der oberen wie auf der unteren Seite graubraun, aber Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus VIEILL. 391 viel blasser und das Grau weit mehr vorherrschend als bei $t. parasiticus. Überhaupt ist der ausgezeichnete graue Farbenton sehr charakteristisch für diese Art in allen Alterszuständen. —|] Das erste Jugendkleid ist lichter als das der vorigen Arten, besonders am Kopfe, Halse und dem Unterkörper. Schnabel und Füsse sind wie oben beschrieben, nämlich am vorn schwarzen Schnabel so weit die Wachshaut reicht hell bleiblau, so auch die Läufe, an den Zehenwurzeln weiss, Zehen und Schwimmhäute von den Nägeln bis über die Hälfte herauf schwarz und beide Farben scharf voneinander geschieden; der Augenstern dunkelbraun. Gesicht, Oberkopf und Genick sind sehr licht bräunlichgrau mit matten, schwarzbraunen, kleinen, ovalen oder länglichen Schaftflecken; Wangen und Kopfseiten von gleicher Farbe und Zeichnung, aber mehr ge- strichelt, an Kehle und Öbergurgel mehr weisslich; Unter- gurgel und Kropf graugelblichweiss, schwach und verloren schwarzgrau gefleckt; Halsseiten und Nacken braungelblich- weiss mit feinen schwärzlichen Schaftstrichen; die Kropfseiten dunkel braungau- gewölkt; Brust und Bauch rein weiss, an den Seiten aber rostgelblich oder bräunlichgelb angeflogen "und dunkel braungrau gebändert; die untere Schwanzdecke, die fast bis ans Ende der Schwanzfedern reicht, weiss, rostgelb überflogen und weitläufig schwarzbraun gebändert. Der Mantel ist schokoladenbraun, ins Graue spielend, mit mondförmigen, trübe gelblichweissen Endkanten der Federn, die an den Schultern gross sind und einigermassen Querreihen bilden; die Tertiärschwingen haben dieselbe Zeichnung; die Sekundär- schwingen braunschwarz, wurzelwärts fahl; die Primärschwingen braunschwarz mit sehr unbedeutendem und verdecktem Weiss an der Wurzel, die längeren [— (die erste und zweite) —| mit weissen, die kürzeren mit hellbraunen Schäften und diese auch noch mit bräunlichweissen Endkanten; der Unterflügel an den Deckfedern weiss, schwarzgrau und schwarzbraun ge- fleckt, die Schwungfedern wurzelwärts weisslich, gegen die Spitze grauschwarz mit weissen Schäften; Bürzel und ÖOber- schwanzdecke dunkel schokoladenbraun, rostgelblichweiss ge- bändert; der Schwanz schwarzbraun, wurzelwärts gräulich, jede Feder mit einem gelblichweissen Endkäntchen, seine untere ‘Seite viel heller, mit weisslichem Schein an der Wurzel und weissen Schäften. Die allgemeine Färbung ist bei diesen Jungen bald heller, bald dunkler, aber immer nach obigem Muster gezeichnet, allein ein standhafter Unterschied im Äusseren, der das verschiedene Geschlecht bezeichnete, lässt sich nicht finden. Wenn sie dies Jugendkleid, wie ich vermute nach einem Jahre, abgelegt haben, erscheinen sie in einem von jenem etwas verschiedenen Zwischenkleide. Schnabel und Füsse haben eine etwas dunklere Farbe als im Jugendkleide, und das Weisse an den Zehenwurzeln ist fast ganz vom Schwarzen verdrängt. Der Scheitel ist dunkel rötlichbraungrau, etwas lichtgrau ge- streift; das Gefieder an der Stirn, den Kopfseiten, dem Halse und an der Brust im Grunde bleich schokoladenbraungrau, an den Halsseiten gelblichweissgrau gestrichelt, an der Kehle und am Kropfe mit noch stärkeren weissgrauen Federsäumchen, die an der Brust in getüpfelte und zerrissene Wellen über- gehen; die Tragfedern, der Bauch und die untere Schwanz- decke dunkel schokoladenbraun und weiss gebändert; Schwung- federn und Unterflügel denen im vorigen Kleide ähnlich; das Übrige des Vogels von obenher dunkelschokoladenbraun, am dunkelsten gegen das Schwanzende, mit trübe rostgelblich- weissen Mondkäntchen an den Enden der Federn. Die beiden Mittelfedern des Schwanzes 2,4 cm länger als die nächsten, auch spitzer oder noch schmäler zugerundet als im vorigen Kleide. J Dieses Kleid unterscheidet sich durch seine sehr dunkle Färbung auffallend genug vom vorigen, ist auch dunkler als das des St, parasiticus und hierin dem des St. pomarinus sehr ähnlich. Man hat es auch für das Winterkleid alter Vögel halten wollen, wogegen aber die jugendliche Färbung der Füsse und des Schnabels streiten, wenigstens an dem oben beschriebenen Exemplar, das dazu auch im September erlegt wurde, einer Zeit, wo eine so reine Ausbildung eines Winter- kleides noch nicht möglich ist. Auf dieses Zwischenkleid folgt das erste Hochzeits- kleid, worin sich diese Vögel zum ersten Male fortpflanzen. Der Schnabel ist dann bis auf sein hornschwarzes Ende blei- blau, ziemlich dunkel; die Füsse von derselben Farbe, an Zehen und Schwimmhäuten schwarz; eine abgesonderte Kopfplatte, deren Grenze sich von der Wurzel des Unterschnabels unter dem Auge und den Schläfen entlang bis auf das Genick zieht, schwarzbraun, an der Stirn am lichtesten, auf dem Genick in Braunschwarz übergehend; die an diese angrenzenden Teile der Kopfseiten nebst der Kehle und Gurgel und Mitte der Brust weiss, die Halsseiten hinterwärts gräulich und mit glänzenden, zerschlissenen, ockergelben Federspitzchen untermischt; der untere Hinterhals, nach den Kropfseiten herabziehend, die Trag- federn, Bauch, Schenkel und untere Schwanzdeckfedern sanft aschgrau; Rücken, Schultern, Bürzel, Oberschwanzdecke, Flügel- deckfedern und hintere Schwungfedern braungrau, an bräun- liches Aschgrau grenzend, eine viel lichtere Farbe als bei den weissbäuchigen Alten der vorigen Art; der Fittich von aussen braunschwarz; der Schwanz braungrau, gegen das Ende dunkler und zuletzt fast braunschwarz, seine beiden Mittel- federn schon 14 bis 16,5 cm länger als ihre nächsten Nachbarn, sehr schmal und am Ende spiessförmig. Das Männchen hat längere Schwanzspiesse; sonst ist es vom Weibchen nicht zu unterscheiden. In MEISNERS Museum Helvetiens (I, S. 17 bis 19B.) ist ein solcher Vogel in diesem Kleide beschrieben und eine sehr kenntliche Ab- bildung beigefügt, nur Schnabel und Füsse nach dem aus- getrockneten Exemplar ausgemalt, daher ohne Blau. Zwei andere ausgestopfte. Exemplare in demselben Kleide stehen zwischen mehreren von’ dieser Stercorarius- Art im Berliner Museum, das eine aus Unalaschka, das andere aus Grönland. Das ausgefärbte oder zweite hochzeitliche Gewand, das auf das nächstvorhergehende folgt, ist so verschieden von allen des St. parasiticus, dass, wer es damit vergleichen will, gar nicht daran denken kann, es mit jener für identisch zu halten. Der Schnabel ist schwarz, an der Wachshaut und den Mundwinkeln schmutzig blaugrünlich; die Iris lebhaft dunkelbraun; die Füsse gewöhnlich ganz schwarz, am vor- liegenden Exemplar an den Läufen noch düster bleiblau, doch bereits mit mehreren grossen schwarzen Flecken, un- symmetrisch, nicht an einem Fusse wie an dem anderen. Eine sehr dunkle Kopfplatte, ähnlich wie bei Meerschwalben, dagegen bei Stercorarius parasiticus nie so dunkel, nie so scharf abgegrenzt vorkommend, bedeckt den ganzen Oberkopf bis auf das Genick und wird an den Seiten, vom unteren Schnabelwinkel, unter dem Auge und den Schläfen hindurch vom klaren Weiss der Kopfseiten scharf geschieden; sie ist an der Stirn ein wenig braungrau, aufwärts allmählich dunkler, dann schwarzbraun, gegen das Genick braunschwarz und end- lich dieses selbst völlig schwarz. Kehle, Gurgel und Kropf sind rein weiss; Wangen, Halsseiten und ein Band unter dem Genick hindurch im Grunde auch weiss, doch dieses zwischen den zerschlissenen, seidenglänzenden, angenehm ockergelben Federenden nur wenig durchschimmernd; die Mittelbrust grau- ‘weiss; die Seiten der Brust, weniger die Kropfseiten, vom Weissen in ein lichtes Aschgrau sanft übergehend, dieses die Tragfedern, den Bauch, die Schenkel, die untere Schwanzdecke und auch die Deckfedern auf der Unterseite des Flügels ein- nehmend; der untere Nacken, der ganze Mantel, Bürzel und obere Schwanzdecke sanft aschgrau, wenig dunkler als die genannten unteren Teile, aber in verschiedenem Lichte bald rein aschgrau aussehend, bald ins Bräunliche spielend, eine ganz eigentümliche Färbung; sämtliche Schwungfedern und Fittichdeckfedern braunschwarz, wurzelwärts lichter oder fahler, die Schäfte der grossen an den Spitzen schwarzbraun, übrigens weiss, die der kürzeren hellbraun; nur die vordersten Primär- schwingen haben an der Wurzel sehr wenig Weiss, das auch 42* 332 verdeckt ist; auf der unteren Seite, wo sich dieses in einem weisslichen Schein auf den Innenkanten etwas tiefer herabzieht, sind die Schwingen glänzend braungrau, an den Spitzen am dunkelsten, alle mit ganz weissen Schäften. Die Schwanzfedern sind matt braunschwarz, an den Spitzen am dunkelsten, an den Seitenkanten, noch mehr aber gegen die Wurzel zu aus Braungrau in Aschgrau übergehend; auf der unteren Seite viel lichter als von oben, mit weisslichem Schein an der Wurzel und hier weissen Schäften, beides nur beim Aufheben der Deck- federn bemerklich. Das mittelste Schwanzfedernpaar ist hier 19 cm länger als das ihm zunächststehende; seine Federn fangen schon 4,7 cm von der Wurzel an allmählich schmäler zu werden und laufen endlich in so schmale Spiesse aus, dass ihre Fahnen nicht weit von der Spitze nur noch 2 mm oder solche Feder nur 4 mm breit ist. Sie ähneln denen der männ- lichen Eisente vollkommen, nicht wenig auch denen der Tropikvögel (.Phaöton). Beide Geschlechter unterscheiden sich in der Grösse kaum, — dies liesse sich nur beim Vergleichen vieler Stücke im frischen Zustande ermitteln, — sind sich auch im Gefieder ganz ähnlich, die Weibchen scheinen bloss etwas kürzere Schwanzspiesse, eine wenig dunklere Kopfplatte und weniger gelbe Halsseiten zu haben; es können jedoch auch hinsichtlich dieser individuelle, auf Verschiedenheit des Geschlechts nicht bezügliche Verschiedenheiten vorkommen. [— Zwei Phasen sind bei diesem Vogel nicht bekannt.!) —] Auch Spielarten kommen bei dieser Art vor. Das Ber- liner Museum besitzt einen weissgescheckten jüngeren Vogel, dessen Gefieder etwas dunklere Farben und Zeichnungen als Fig. 2 der Kupfertafel?) hat, an welchem übrigens einige Flecken an der Kehle, aus mehreren Federn zusammen- gesetzt, mitunter auch bloss einzelne Federn, die kleinen Flügeldeckfedern an dem einen Flügel alle, an dem anderen nur zum Teil, der Flügelrand, einige der Fittichdeck- . federn, viele Sekundärschwingen, ein Teil des Bauches und einer Seite der Brust, dicht über den Schenkeln, in einem grossen Felde blendend weiss sind. | [— An der Eiskante von Grönlands südöstlicher Küste wurde am 14. Juni 1883 nach KOLTHOFF eine kleine Gesellschaft ein- jähriger Vögel angetroffen, die alle von dem gewöhnlichen Jugendkleid dadurch abwichen, dass der Kopf sehr hell, fast weiss, war. Einen anderen Unterschied konnte KOLTHOFF an einem geschossenen Exemplare, das jetzt im Zoologischen Reichsmuseum in Stockholm aufbewahrt wird, nicht finden. Die abgebildeten Vögel sind ein junges "Männchen im ersten Herbst vom 18. September 1841 von Weida, ein junger Vogel (Weibchen?) im ersten Herbst vom 8. September 1844 aus dem Orlathale, beide aus der BREHMschen Sammlung, ein alter Vogel vom 16. Mai 1890 von „Hehullea“ und ein Vogel in der Mauser aus England, auf dem Markt in London ge- kauft, alle im Museum in Tring befindlich. —|] Aufenthalt. Die kleine Raubmöve scheint am höchsten von allen gegen den Pol hinauf zu gehen. [— Sie brütet auf den Inseln und in den Ländergebieten der ganzen zirkumpolaren Region, doch selten südlich des nördlichen Polarkreises. —]| Man hat sie auf Spitzbergen und längs der ganzen Küste des Eismeeres von Europa und Asien, in den Mündungen der in jenes strömenden grossen Flüsse Sibiriens, auf Kamtschatka und Unalaschka und anderen Inseln in diesen Meeren bis zur Breite der Aleuten herab, — auf der anderen Seite von Nord- !) KLEINSCHMIDT macht hierzu jedoch folgende Bemerkung. „Ein junger Vogel aus Hessen (Gegend von Marburg), den ich, weil er stark beschädigt war, nicht behielt, war viel heller und namentlich am Kopf viel lichter (weisslicher) als ein hier bei Volkmaritz erlegtes junges Stück. Beide Vögel waren gleichaltrig, in gleicher Gefiederbeschaffenheit und zu gleicher Jahreszeit erlegt.“ J. R. 2) In der alten Auflage. J. R. Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus VIEILL. amerika in der Hudsonsbai, auf Labrador und besonders häufig auf Neufundland, weniger in Grönland und selten auf Island oder an der Küste von Norwegen, unter gleicher Breite angetroffen. [— Bei Varanger brütet sie meist nicht fern von der Küste, doch kommt sie auch im Binnenlande bis zum nördlichen Polarkreis vor. Im Varanger-Fjord findet sie sich zuweilen in ‚grossen Gesellschaften ein, wo sie dann von den Lappen in Mengen an beköderten Angeln, die sie be- sierig annimmt, gefangen wird. Ziemlich häufig ist sie auch an den Küsten von Nowaja Semlja, sowohl einzeln als auch in zerstreuten Gesellschaften. —] Dort hat sie ihre Sommer- wohnsitze, die sie im Herbst verlässt, wo sie sich auf den Meeren zerstreut und eine mildere Temperatur aufsucht, dann einzeln bis an die dänischen und deutschen Küsten der Ostsee kommt, aber viel seltener als St. parasıticus. Ebenso wird auf allen über Schottland hinaus gelegenen Inseln und an den englischen und irischen Küsten unsere Art weit seltener gesehen als jene, und auch nur einzelne Vögel kommen auf der Nordsee bis an die Küste von Deutschland, Hol- land und des nördlichen Frankreich [—, ausnahmsweise jedoch selbst bis zur Strasse von Gibraltar —]|. Im nörd- lichen Amerika geht sie ebenfalls tief nach Süden und ist zu manchen Zeiten an der Küste der mittleren Vereinsstaaten nicht selten [--; vereinzelt streicht sie hier bis ungefähr zum 40. Grad nördlicher Breite herab und an der Küste des Stillen Oceans noch etwas weiter südwärts —|. An der sibirischen Küste geht sie in tiefen Meerbusen an den in sie ausmündenden Strömen aufwärts und an ihnen zuweilen 700 km vom Meer landeinwärts. An der preussischen, mecklenburgischen, schleswig-holsteinischen und ganzen friesischen Küste entlang ist dies ungleich seltener der Fall als bei den vor- hergehenden, doch ist sie einzeln in Schlesien, der Mark, Sachsen, bis über die Mitte von Deutschland, so vom west- friesischen Strande nach den Rheinländern, bis [— nach Bayern und —] in die Schweiz hinauf hin und wieder vor- gekommen, bei Brienz einmal sogar ein alter Vogel, da sonst fern vom Meere gewöhnlich nur junge Vögel vorkommen, was ebenfalls hier in Anhalt der Fall war, wo uns auch nur ein paar Beispiele der Art bekannt geworden sind. Wie die anderen Arten hält sie keinen bestimmten Strich auf ihren Streifzügen, und sobald sie das Meer aus dem Ge- sicht verloren hat, irrt sie nach allen Richtungen umher. Sie mag zwar anfänglich dem Lauf der Gewässer folgen oder von einem grösseren Gewässer den nächsten Weg zu einem anderen nehmen, später aber auch, ohne durch jene geleitet, ihren Strich durch wasserarme, selbst waldige Gegenden fortsetzen. Zu der Zeit, da gewöhnlich junge Vögel der vorigen Art im Innern von Deutschland bemerkt wurden, liess sich hin und wieder auch einer von dieser kleinen Art sehen, nämlich im September und Oktober; viel seltener erschienen solche oder auch zweijährige im Frühjahr, noch seltener alte Vögel, diese dann im Juli oder Anfang September. Ganz Meerbewohner, verlässt sie die See sehr selten und gewiss bloss zufällig, meistens durch anhaltende Stürme ver- schlagen, und scheint an süssen Gewässern ihre Rechnung keineswegs zu finden. Sie weilt daher auch an grösseren Landseen nie lange, hält sich dagegen, sobald sie das eigent- liche Meer entbehren muss, viel lieber auf freiem Felde auf. Sie ähnelt hierin der vorherbeschriebenen Art ganz und wurde . bei uns, wenigstens junge Individuen, auch nur auf Äckern und freien, ohne oder doch nur mit äusserst unbedeutenden a Wasserbehältern versehenen Flächen angetroffen. Wenn auch vom Meer aus manche, besonders jüngere Vögel, oft kleine Ausflüge landeinwärts auf Äcker und Wiesen machen, so kehren sie doch in der Regel immer und bald wieder zu jenem zu- rück; nur ausserordentliche Ereignisse mögen sie hieran ver- hindern und in der Folge zu planlosem Umherirren verleiten, worauf sie dann bei uns in allen Gegenden, sogar, wie ein Beispiel bewies, im Walde vorkommen können. [— Im nörd- lichen Skandinavien zeigt sie sich nach NıLsson als wirklicher Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus VIEILL. Alpenvogel, der noch innerhalb der Schneeregion an vielen Stellen vorzukommen scheint. —| | Eigenschaften. Die kleine Raubmöve ist die schönste ihrer Gattung; die ungemein schlanke Gestalt des alten Vogels, der einer Meer- schwalbe viel ähnlicher als irgend eine, dazu die angenehmen Farben ihres zarteren Gefieders unterscheiden sie sehr vor- teilhaft. Stehend und gehend ist sie jedoch einer kleinen Möve ähnlicher als einer Meerschwalbe, denn sie schreitet noch behender und zierlicher einher als jene. Die längeren Flügel und die viel längeren Schwanzspiesse, mit dem überhaupt schmächtigeren Körperbau und der geringeren Grösse unter- scheiden den alten Vogel schon in der Ferne von der alten Scehmarotzer-Raubmöve, sowohl sitzend als fliegend. Sie - sieht im Fluge einem Tropikvogel (Phaeton) sehr ähnlich und ist wahrscheinlich schon einige Male für einen solchen gehalten worden; es hat nämlich ein Sammler auf Helgoland behauptet, er habe ein paarmal einen ähnlich gestalteten Vogel in der Nähe dieser Insel bemerkt, ihn aber nicht gekannt; als ihm aber ein Hamburger Naturalienhändler einen Tropikvogel vorgezeigt, habe er gleich den bei jener Insel gesehenen un- bekannten Vogel darin erkannt. Nach meiner Meinung wäre es aber viel wahrscheinlicher, dass er dort bei Helgoland einen alten Vogel unserer kleinen Raubmöve gesehen haben möchte. In ihrem Fluge ähnelt sie der vorigen Art sehr, sie be- wegt sich darin aber noch leichter, häufig sogar mit noch mehreren sonderbaren Abwechselungen, in Bogen, Schlangen- linien, hüpfend und schwebend, auf die verschiedenste Weise; [— aber nicht so schnell und kühn. —] Sie fliegt sehr an- haltend und auf die Dauer, ruht zuweilen auf dem Wasser schwimmend, aber nie lange, läuft dagegen, wo sie sich auf dem Lande niedergelassen hat, zuweilen ziemlich lange herum, die jungen Vögel mit dem Anstande eines Kiebitzes. Sie scheint von etwas sanfterem Naturell als die übrigen der Gattung, ist gar nieht scheu, sodass einst ein in unsere Gegend verirrter junger Vogel von Knaben tot geworfen wurde. Nach einem solchen Vogel sah man einen verwegenen Kiebitz einige Male stossen und jenen fliehen, was eben nicht von vielem Mute zeugt; doch mag es bei Alten und in ihnen heimischen Gegenden wohl anders sein. [— Im Matotschkin-Scharr (Nowaja Semlja) sah HEUGLIN ein Paar auf der Verfolgung eines Polarfuchses begriffen, der ihrer Brut zu nahe gekommen war. „Sie stiessen wie toll, grimmig schreiend auf den verblüfften Reinecke, der mit ein- geklemmter Rute sich längs einer Schlucht nach einem Fels- bau flüchtete. Einer der Vögel strich oft eine Zeitlang kaum einige Spannen hoch über dem Fuchse hin, bis sich dieser für einen Augenblick zur Wehr setzte und um sich biss. Endlich erreichte der Geängstigte eine Steinkluft, in der er verschwand, aus der ich ihn dann hervorstöberte und ohne Gnade nieder- schoss.“ (Journ. f. Ornith. 1872, S. 126.) —] Gesellig unter sich sind sie dem Anschein nach auch wohl nur an ihren frequenteren Nistorten, sonst nicht, und von anderen Vögeln werden sie gemieden. Ihre Stimme ist von keinem Beobachter beschrieben, wird auch nur in den heimatlichen Gegenden öfter vernommen, während bis zu uns verschlagene nie einen Laut von sich gaben. [— Nach Hrusrın klingt ihre Stimme wie „wieh-wi- wi-wi“ oder einfach „zieh“. An ihren Brutplätzen lassen sie nach LÖWENHJELM ein rauhes, zorniges „i-i-i-äh* oder „je- äh-je, äh-je-äh“ hören. COLLETT sagt, dass sie sich sehr von der von St. parasiticus unterscheide. Sie werde oft aus- gestossen, wenn sie am Erdboden sitze und erinnere etwas an die von Haematopus oder Colaeus monedula. —| Nahrung. Sie nährt sich ganz auf ähnliche Weise wie st. parasiticus von Fischen, lebenden wie toten, von allerlei kleinen See- 333 geschöpfen mit und ohne Schalen, seltener auch von Land- insekten und Larven. Vielmals sucht sie ihre Nahrungsmittel ohne fremde Hilfe; wo sie es haben kann, jagt sie aber die gefangene Beute auch anderen Vögeln, den Meerschwalben und kleineren Mövenarten ab. Bei Gelegenheit des Auftauchens der Walfische lässt sie sich auf deren Rücken nieder, um ihnen die plagenden Schmarotzergeschöpfcehen abzulesen, wie dies auch von Möven oft zu geschehen pflegt. — Die mitten auf dem Festlande vor&ekommenen jungen Vögel suchten, wie Brachvögel, ihre Nahrung auf Äckern und Brachfeldern und hatten allerlei kleine Käfer, Ohrwürmer, Spinnen und Insekten- larven im Magen, einer auch einige Knochen, wie von einem kleinen Vogel. [— In Island wurde eine geschossen, als sie sich vom Körper eines toten Pferdes erhob, wo sie sich Nahrung ge- sucht hatte (Zoologist 1877, S. 351). Über seine Beobachtungen auf Spitzbergen berichtet MALMGREN (Journ. f. Ornith. 1865, S. 207): „Sie jagten niemals Möven, sondern hielten sich am Lande ziemlich weit vom Strande entfernt, getrennt von allen Vögeln, ausser von .Eimberiza nivalis, mit der sie die sparsame Kost zu teilen scheinen, welche die Insektenwelt ihnen hier zu bieten hat. Auf hohen Steinen, von wo sie nach allen Seiten hin Aussicht hatten, sah man sie lange sitzen, gleichsam spähend nach fliegenden Insekten. Wahrscheinlich verschmähen sie auch nicht die Eier von Tringa, Emberiza und anderen allein nistenden Vögeln; doch bei Vogelbergen sah man diese Art nicht.“ Im Magen eines in Mähren (Oktober 1882) erlegten Exem- plares fand TALskY eine entschieden nach Fischen riechende braungelbe, breiige Flüssigkeit. Sie enthielt reichlich Quarz- körnchen, zwischen denen Stücke eines Regenwurmes als die einzigen animalischen Nahrungsreste zum Vorschein kamen; überdies waren hoch drei hanfkorngrosse Fragmente einer Pflanzensamenschale und ein 4 cm langes und 3 mm breites Stückchen eines Grashalmes vorhanden. Nach Kırruız scheint der Vogel in Kamtschatka im Herbst sich vorzugs- weise von den Beeren der „Schickscha“ (Empetrum nigrum) zu nähren; der Saft derselben giebt nicht nur seinen Exkrementen eine dunkel violette Färbung, sondern beschmutzt auch das Gefieder mehr oder weniger. KLEINSCHMIDT fand im Magen eines bei Volkmaritz, etwa eine Stunde vom Eislebener See am 18. Septemver erlegten jungen Weibchens, das sich längere Zeit an einer Chaussee auf dem Erdboden herumgetrieben hatte, viele Weberknechte, ferner Ohrwürmer, Käfer, eine grosse Heuschrecke und zwei Eulenraupen. Von COLLETT untersuchte Sommervögel hatten in der Regel Myodes-Reste im Magen, ein Exemplar ausser einem jungen Lemming auch Insekten (Blattwespen). Nach den An- gaben dieses Forschers scheint sogar das Auftreten des Vogels südlieh vom Polarkreise in Norwegen hauptsächlich vom Auf- treten des Myodes lemmus abzuhängen, sodass die Raubmöven sich zahlreich zeigen, wenn diese zahlreich auftreten, aber sofort verschwinden, wenn diese fehlen. Auch Beeren von Empetrum, Crustaceenreste, Schneckengehäuse von Litorina litorea, Fischreste und einzelne Beeren von Vaccinium vitis idaca fand er in den untersuchten Magen. KOLTHOFF berichtet über die Nahrung dieser Raubmöve: „Im Gegensatz zu Lestris parasitica lebt diese Art friedlich mit anderen Vögeln zusammen. Sie nährt sich von Fischen und Krustentieren, aber geht auch mit Gier auf tote Tierkörper. In Nordostgrönland fing sie kleine Polardorsche, Amphipoden und andere Crustaceen, die an oder nahe an der Meeresoberfläche lebten, sowie Lemminge und Insekten am Lande. Sie hatte in ein paar Fällen auch Blumen im Magen, die sie möglicherweise mit Schmetterlingen oder anderen Insekten verschluckt hatte. SVENANDER erzählt, (Beiträge zur Fauna der Bäreninsel, Bihang till K. Vet. Akad. Förh. Band 26 Afd. IV, Nr. 3, S. 26), dass er auf der Bären- insel gefunden habe, dass Lestris parasitica Pflanzenstoffe ver- zehrt.“ —|] 934 Wegen grosser Ähnlichkeit mit der gemeineren Art hat man wahrscheinlich mancherlei Abweichungen in der Lebensart für zu unbedeutend gehalten, sie als unterscheidend auf- zuzeichnen; dies bleibt daher späteren genauen Beobachtungen vorbehalten. Fortpflanzung. Sie brütet hin und wieder an den Küsten der oberen Teile der Skandinavischen Halbinsel, auf Island, im nörd- lichen Grönland, auf Spitzbergen, ‘in Sibirien, auf Neu- fundland, [— überhaupt nördlich des Polarkreises im ganzen Gebiet des Eismeeres. Südlich vom Polarkreis brütet sie nach COLLETT nur auf Hochgebirgen in Norwegen und Schweden, und auch nur sporadisch und nicht jedes Jahr in derselben Gegend. —| Ihre Brutplätze sind ebenso gelegene und ihre Nester auch nicht weiter gebaut als die der Schmarotzer-Raub- möve; auch legt das Weibchen ebenfalls nur zwei Eier. [— In Lappmarken brütet sie nach SCHRADER zerstreut auf hügeligem Torf- und Heideboden, meist in der Nähe des Meeres; einige Nester fand er jedoch auf sonst gleichem Terrain wohl 7 km weit von der Küste entfernt. Dagegen hat er sie nie, wie HOLBÖLL angiebt, in Gesellschaften brütend angetroffen. Das Nest bildet nur eine vom Vogel niedergetretene Stelle und ist wegen der gleichmässigen Umgebung schwer aufzufinden. Über ihr Betragen an den Brutplätzen im gebirgigen Innern von Lappland schreibt LÖWENHJELM (Ornith. Jaktagelser): „Auf den in der Schneeregion liegenden weitgestreckten Heiden der Aly Paliekaisin traf ich das erste Exemplar, das auf der Erde liegend geschossen wurde. Je weiter wir in die Alpen vor- drangen, um so zahlreicher waren sie, am häufigsten bei Alle- ware. Während der Weitereise über sumpfige Alpenplateaus wurden sie sowohl an Bächen, Seen und auf Mooren, als auf trockenen, steinigen Alpenhügeln zwischen @wigem Schnee be- merkt. Paarweise flogen sie umher, genau jeden ungewöhn- lichen Gegenstand betrachtend. Unaufhörlich sah man diese leichten Luftsegler hüpfenden Fluges die Räume durchschneiden und die schönsten Wendungen machen, um entweder auf er- blickte Beute herabzustürzen, oder indem sie sich mit Kame- raden jagten. Die erlegten waren sehr fett, und der Magen enthielt Beeren von Empetrum nigrum, eine grosse Mücke (Tipula speculum), Alpenmäuse, Vogeleier und Käfer.“ SANDMAN (l. c., S. 259) sagt von Karlö: „Als Nistplatz wählt sie in der Regel eine in das Meer hinausragende grasbewachsene Land- spitze, wo sie ihr Nest an einem trocken gelegenen Platz an- legt. Das Nest ist sehr anspruchslos und besteht häufig nur aus einer seichten Vertiefung im Strande. Bisweilen findet man eine Andeutung von Baumaterial in Form von einzelnen Grashalmen, Tang u. s. w. Auf Karlö legt diese Raubmöve nie mehr als zwei Eier, und diese sind oft auffallend variierend nach Form wie Farbe im selben Neste. Bisweilen können sie nur mit der Lupe von den Eiern von Larus canus unterschieden werden, denen sie bisweilen in erstaunlichem Maße gleichen. Sie zeichnen sich aber durch einen matten Glanz aus, der den Eiern beider Raubmöven eigen ist.“ —] Die Eier, die ich aus Grönland erhielt, ähneln in ar denen der vorhergehenden, sind aber um so vieles kleiner, dass man sie gar nicht verwechseln kann. Sie [— werden Mitte oder Ende Juni!) gelegt und —] sind die kleinsten in dieser Gattung, 49 bis 5l mm lang und 35 bis 37 mm breit. [— 15 Eier der Reyschen Sammlung messen im Durchschnitt 98,4% 39,6 mm, im Maximum 62,4% 422 mm, im Minimum 52,2 x 41,3 und 60,6 x 381 mm. Das Gewicht von fünf Eiern beträgt durchschnittlich 2,540 g. SANDMAN fand folgende Maße: 65,7 x 39,1, 60,8 x 38,8; 62,4 x 42,2, 58,1 x 40,3; 60,6 x 38,1, 60,1 38,45 58,6 ><41,3, 55,940; 57,640, 56,9% 39,4 mm. 30 Eier im Britischen Museum messen in der 1) SAnDMAN fand frische Gelege 1884 Anfang Juni, 1886 Mitte Juni, 1881 am 31. Mai, 13. und 18. Juni, 1888 am 12. und 15. Juni, 1889 am 1., 4., 6., 15. und 20. Juni, 1890 am 28. Mai, 8., 15., 16. und 20. Juni, 1891 am 6., 7. und 12. Juni. J. R. Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus \VIEILL. Länge von 49,5 bis 57,1 mm, in der Breite von 35,5 bis 40,6 mm. Fünf Eier des Braunschweigischen Museums messen nach R. BLaAsIus: Längsdurchmesser @uerdurchmesser Dopphöhe 52,5 mm 57,9 mm 22 mm DIA 392 4 Zar 51,8 n 31,0 ) 25 ” DZ SER 2a. Sl 3149 23, —] An Gestalt, Beschaffenheit 17 Schale, an Farbe und Zeichnung sind sie denen der anderen an vollkommen ähnlich, wie denn überhaupt die interessante Bemerkung hier am Platze ist, dass selten eine Vogelgattung in diesem Punkte eine so merkwürdige Übereinstimmung zeigt, wie gerade die der Raumöven. Die Grössenverhältnisse der Eier im Einklang mit denen der Vögel unserer vier Arten bilden dabei zwischen einer zur anderen Art einen so starken - Zwischenraum, dass, wenn man erst die eine besitzt, es leicht wird, auch die übrigen zu bestimmen, wenn man sie auch durch Leute erhalten hätte, welche die Vögel nicht kannten oder nach den Arten nicht zu bezeichnen verstanden. Die unseres St. longicaudus sind um vieles kleiner als die des St. parasiticus; sie sind nicht grösser als die der Lachmöve oder die kleineren Exemplare der Brandmeerschwalbe; ihre Gestalt aber eher der Mehrzahl dieser als der vorletzten ähnlich, weil sie bei diesen selten so starkbäuchig und am schwachen Ende so spitz vorkommt. Zu der geringeren Grösse steht auch noch die Feinheit des Korns im Verhältnis, und sie haben ebenso etwas Glanz. Ihre Grundfarbe ist ein schwaches Olivengrün, die der Zeichnungen in der Schale, je nachdem sie tiefer oder flacher sitzen, blasser oder dunkler bräunlich- aschgrau, die äusseren dunkelbraun und schwarzbraun bis zum Braunschwarzen; es sind Punkte, Tüpfel und grössere Flecken, manchmal einige zusammengehängt, andere verwischt, alle aber nur sparsam vorhanden, sodass sie den Grund in grösseren Massen frei lassen, nur zwischen der höchsten Bauchwölbung und dem stumpfen Ende stehen die grösseren Flecken einander näher, bilden jedoch nur einen losen Flecken- kranz, in welchem sich oft noch einzelne stärker gefärbte Tüpfel oder Schnörkel befinden. Manche dieser Eier sind fast ungefleckt; sie scheinen überhaupt in gleicher Weise wie die des St. parasiticus und ebenso häufig zu variieren; ihre Grundfarbe wird in Sammlungen ebenfalls dunkler und brauner. [— SCHRADER fand zwei, selten drei Eier in einem Nest und beschreibt sie als „von feinstem Korn, mit glänzender Schale, bei den einen lichtere, bei anderen dunklere oliven- grüne Grundfarbe, an den Höhenhälften mit sehr weitläufig stehenden grösseren und kleineren braungrünen Flecken, an der Basis dergleichen dichtstehende und bei vielen ausserdem noch feine dunkle Schnörkel. Die schönsten Eier sind die, bei denen sich Flecke und Schnörkel zu einem Kranz ver- einigen.“ —| Da beide Gatten Brutflecke haben, brüten auch beide; sie sind wie bei St. parasiticus. Ihr Betragen beim Neste, dem Brüten, Futtern und Verteidigen der Jungen ist ebenso wie bei jener; wenigstens hat man etwas auffallend Verschiedenes darin nicht gefunden, was nach unserer Überzeugung aber wohl der Fall sein möchte, sobald man sie erst häufiger und genauer an den Brutptätzen beobachtet haben wird, was bis jetzt aber leider noch nicht geschehen ist, wie denn überhaupt ihre ganze Naturgeschichte noch vieler Ergänzungen bedarf. [— Es mögen deshalb auch KOLTHOFFSs Mitteilungen hier noch angeführt sein. Er sagt: „Den 12. August waren die meisten Jungen an der ak enziesbuch Nugfähig. Beide Gatten ver- teidigten ihre Jungen mit Wut, wenn man diesen nahte. Das Weibchen war am eifrigsten. In mehreren Fällen stürzte es sich auf mich nieder und schlug mich mit seinen Schwingen über Kopf und Arme. Bemerkenswert ist, dass von zehn im Juli beim westlichen Spitzbergen te Exemplaren nicht eine gebrütet hatte und dass alle die Geschlechtsorgane un- Die kleine Raubmöve, Stercorarius longicaudus VIEILL. 335 entwickelt hatten. Diese 'Thatsachen deuten darauf hin, dass | Brut im Fluge dem Wanderer so nahe, dass man mit Steinen die Art dort nicht brütet, ein eigentümliches Verhalten, da sie so gemein ist. Vielleicht brütet sie doch auf Spitzbergen und in dem Falle weiter drinnen im Flachlande bei der Van-Nijens- Bay.” —| | Besude, "Etwas Genaueres ist hierüber noch unerforscht geblieben. Vermutlich sind es ähnliche oder dieselben der vorigen Art. [— Als Federschmarotzer sind bekannt Docophorus lari und Nirmus triangulatus. —] Jagd. Sie ist ebenso leicht zu schiessen wie die Schmarotzer- Raubmöve, zumal junge Vögel, die sich tief ins Festland verirrt haben, von deren einfältiger Zutraulichkeit schon oben ein Beispiel angeführt wurde. [— Nach LÖWENHJELM kommen sie aber auch an ihren Brutplätzen aus Besorgnis für ihre oder Stöcken nach ihnen werfen und sie mit dem feinsten Vogelschrot herunterschiessen kann. —|] Nutzen. Ihr Fleisch riecht und schmeckt wie Eulenfleisch, und nur wenige möchten es deshalb für geniessbar halten; ihre Eier sollen dagegen recht gut schmecken. Wie die vorige Art, wird sie zu manchen Zeiten auch für die Felder durch Aufzehren vieler Insektenlarven und anderer schädlicher Insekten einigermassen nützlich. Schaden. Vom Schöpfer angewiesen, andere Vögel zu plagen und zu berauben, wird sie bloss diesen, aber nicht dem Menschen nachteilig, [— und jenes auch in weit geringerem Maße als ihre nächsten Verwandten. —| Nachträge und Ergänzungen. . Phalaerocorax earbo (L.). Seite 63. Spalte 1 Zeile 6 von oben ist zu „vier“ eine Fussnote zu setzen: „JOURDAIN hat mehrmals in Irland 5 Eier in einem Neste gefunden, ja es sollen sogar 6 vorgekommen Bern.ıe ih. Die: Sterna tschegrava LEPECH. Seite 173. Spalte 2 Zeile 22 von unten ist hinter „Selten- heiten“ einzufügen: „In Ungarn wurde nach VON CHERNEL ein Exemplar am Velenceer See erlegt.“ Xema Sabinii SAB. S. 296. Spalte 1. Zeile 22 von oben ist hinter „(1853)“ einzufügen: „und beschreibt dasselbe folgendermassen: „Das Flaumjunge ist von unten her weisslichgrau, von oben aber rostgelb, über und über schwarz gefleckt. Die auf dem Rücken hervorspriessenden blauschwarzen, rostgelb umsäumten Federn verändern im Vergleiche mit dem Flaumkleide das Aussehen in der ersten Zeit fast gar nicht.“ 1—9 Sterna fuliginosa Gm., Russbraune Seeschwalbe; 10—-18 Anous stolidus (L.)., Noddi; 19—30 Sterna macrura Naum., Küsten-Seeschwalbe. Natürl. Grösse. . 9 Seeschwalbe. l-Seeschwalbe i E 24 Sterna tschegrava Lepech =) ht — 7 Sterna Bergü. Lie 2 I lsche Seeschwalbe üppe R = Gmel., 1 Sterna media Horsf Raub- Sl 22 — 9 Brand-Seeschwalbe 1aCa 1 Sterna cant 2 8 xl 1—12 Sterna hirundo L., Fluss-Seeschwalbe; 13—19 Rissa tridactyla (L.), Dreizehen-Möve; 20-—26 Larus gelastes Licht., Dünnschnäbelige Möve; 27 Larus philadelphia Ord., Bonapartes Möve Natürl. Grösse. . « * . 5 ” [3 HER) » A fercher 32 ny. 1 X - 1-9 Larus ridibundus L., Lachmöve; 10—17 Larus melanocephalus Natt., Schwarzkopfmöve; 18—25 Larus minutus Pall, Zwergmöve; 26 Pagophila eburnea (Phipps.), Elfenbeinmöve. Natürl. Grösse. xl 37 Natürl. Grösse. 37 1—6 Sterna nilotica Hasselqu., Lach-Seeschwalbe; 7”—10 Sterna Dougalli Mont., Dougalls Seeschwalbe ; 11—15 Larus atrieilla L., Bleigrauköpfige Möve; 16—24 Sterna minuta L., Zwerg-Seeschwalbe; 25—26 Larus cachin- nans Pall., Südliche Silbermöve; 27—28 Larus Audouini Payraudeau, Korallenmöve; 29 Xema Sabinei (Sab.), Gabelschwänzige Möve. LITH.AnaT fe FUsEN KÜHLER ‚ SERAHUNTERMHAUS >14 Rerch erh, ? InKT Natürl. Grösse. en 1—6 Hydrochelidon hybrida (Pall.), Weissbärtige Seeschwalbe; 7—8 Hydrochelidon nigra (L.), Schwarze See- schwalbe; 9-—14 Hydrochelidon fissipes (Pall.), Weissflügelige Seeschwalbe; 15—19 Larus marinus L. Mantelmöve: 20—27 Larus canus L, Sturmmöve. y oVve Grosse Schwarzkopfm 6 Pall —10 Larus ichthyaötus 9 Öve; tatus Brünn., Silbermö Larus argen 6) —_ s leucopterus Fab., Polarmöve u Yr=-IR Gar Natürl. Grösse. Natürl, Grösse. u 1—5 Stereorarius parasiticus (L), Schmarotzer-Raubmöve; 6 Stercorarius pomarinus (Temm.), Mittlere Raub- move; 7—11 Stercorarius skua (Brünn), Grosse Raubmöve; 12—16 Stercorarius longicaudus Vieill., Kleine Raubmöve; 17 Phaöton aethereus L., Tropikvogel. - A Reherf zung . N atürl. Grösse. 8 10 1—3 Phalacrocorax carbo (L.), Kormoranscharbe; 4—5 Phalacrocorax graculus (L.), Krähenscharbe ; 6—7 Phalacrocorax pygmaeus (Pall.), Zwergscharbe ; 8 Pelecanus crispus Bruch, Krausköpfiger Pelikan; 9a—d Sula bassana (L.), Basstölpel; 10 Pelecanus onoerotalus L., Gemeiner Pelikan. 6—11 Larus fuscus L, Heringsmöve. .. . ’ 15MOVe 5 Larus glaucus Brünn. E he Natürl. Grösse. f j ee P ER Aale kraake 51. Aalekrage 51. Aalemaage 258. Aalscholver 51. Aasgeier 29. Aasvögel 183. Abu Beläeh 170. — Djemel 8. — Djireh 170. — Ghattas 51. — Queschesch 169. — Schilbah 8. Aceipiter nisus 232. Ackerlachseeschwalbe 148, Ackermöve 229. Actochelidon eantiaca 153. Adjamek 221. Adler 11.59.64. 72 181. 253. 271. 306. Adlermöve 204. 299, Adristic Gull 199. African Tern 153. Ahlkreye 51. Albatros 21. 307. Alca impennis 305. Alcatran 35. Alcatraz 27. 35. 232. 240. 258. Alecidae 90. 94. Alken 33. 38. 42. 43. 61. 62. 73. 229. 264. 265. 291. 307. 309. 315. Älkräka 51. Älkrok 51. Allan 317. Allied Black-backed Gull 239. — Tern 169. Almindelig Terne 128. Alpenstrandläufer 142. 256. Alsio 105. Älun 317. Amselmöve 105. Anas boschas 48. 68. 80. 84. 190.237 — querquedula 77. Andorinha do mar 128. Annett 286. Anous 93. 94. 179. — stolidus 91. 94. 179. 180. Anser anser 82. — fabalis 52. Anseres 90. Apatornis 1. Apus 85. Agaq 51. Archibuteo lagopus 271. Arctic Gull (Arctie-Gull) 317. — Skua 317. — Tern 137. Arctie-Bird 329. Arctic-Jager 329. Ardea cinerea 85. — comata 84. Ardea egretta 85. — garzetta 84. — nycticorax 84. — purpurea 85. Ardeola ralloides 82. 83. 85, 103. Artina 128. Artinica 128. Astur palumbarius 232. Atafa 27. Atagen aquila 27. Attagen aquila 27. — aquilus 27. Audouin’s Gull 257. Austernfischer 142. 143. 144. 145. 147. 158. 176. 217. 249. 306. 325. 326. Avosetten 142, 144. Baagie 258. Backer 128. 137. 170. — lütje 119. Badja 8. Bailliare-bodhain 51. Baklaun 51. — bolschoi 51. Baklusha 223. Bakur 258. Baltspahrnu sihrinsch 114. Basaangans 35. Bassaner 35. 38. Bassaner-Gannet 35. Bassaner-Gans 35. Bassaner-Pelikan 35. Bassanischer Pelikan 35. Bassanscher Tölpel 35. Basstölpel (Bass-Tölpel) 35. Baumscharbe 51. Beäkskuri 258. Beccapesci 153. — forestiero 169. — inglese 148. — maggiore 170. — oscuro 178. Bekassine 136. 325. 326. Bela ligra 128. Beli ribiö 128, Beloperutna mahalka 114. Belorepi zrakoplovec 88, Benterne 119. Bergente 325. Berglabb 329. Bergshammar 35. Bergsman 35. Bergvögel 73. Berkasan 8. Beutelgans 8. Bicker 128. 170. — swarte 105. Biela bluna 35. Bienenfresser 151. Binsenschwanz 89. Bisamente (Bisam - Ente) 51. 52. 259. 268. Naumann, Naturgeschichte Bd. XI. Regl STET. (Die fett gedruckten Zahlen geben Überschriften an.) Bisamvogel 51. Blaaterne 105, Black Cormorant 51. — Scarf 51. — Tern 105. Black-backed Gull 258. Blackcap Meuw 206. Black-headed Gull 206. Black-toed Gull 317. Blaubacker 105. Blaumantel 240. 241. Blue Darr 105. — Maa 223. Boatswain 317. — Bird 88. Böobäs karakatna 67, Bonaparte’s Gull 197. Bonapartes Möve 197. Bonapartian Gull 197. Bonxie 303. Booby 35. Borgmästare 267. Borzas Gödeny 21. Böspicker 137. 143. Bossgäs 35. Boubie 35. Bou-grana 35. Bourgmester 267. Brachschwalbe 151. Brachvögel 333. Brachvogel, kleiner 324. Brandmeerschwalbe (Brand- Meerschwalbe) 123. 124. 142. 143. 147. 148. 149. 150. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 164. 174. 175. 176. 229. 334. Brandseeschwalbe (Brand- Seeschwalbe) 151. 153. 169. Brandvogel 108. . Braunkopf 206. Bredhalet Rovmaage 310. Bredstjärtad labb 310. Brongie 51. Brown Tern 105. Brown-headed Gull 206. Bruinkop Meeuw 206. Buceros 4. Buffons Skua 329. Buhr 223. Burgemeester 267. Bürgermeister 232. 267. 284. Bürgermeistermöve (Bürger- meister-Möve) 267. 271. 283. | Burjevka 27. Burnica 27. Bussard 64. 183. 242. 247,271. 272. 301. 304. 305. 307. Buteo 304. — buteo 271. Cächet 105. Cagado 317. Cagalo 148. 317. 329. Cagara 148. Cairina moschata 52. Car Swallow 105. Carbo 1. 48. aquilus 27. brasilianus 67. chinensis 65. comoranus 4. 5]. eristatus 67, Desmarestii 75. graculus 4. 67. nudigula 48, pygmaeus 77. Carrion Gull 258. Caspian Tern 170. Casuarius orientalis 21. Catalinita 119. Catharacta cepphus 317. — coprotheres 317. — parasitica 317. Catharracta skua 303. Cat-Swallow 153. Cau de mari 257. Ceaun-Dhuban 206. Cemerillo 105. Cepphus grylle 264. 265. 272. 273. Cerrik 137. Chaluha obecna 317. — — Buffonovä 329. — pomoini 310. — velka 303. Chapalheta 206. Charabalta 204. Charadrius alexandrinus 123. 124. 126. 144, — dubius 123. 124. 126. 133. 134. — morinellus 324, — squatarola 253. Charran 148. 153. — de nuca negra 128. Charranes 119. Chema sabinii 295. Chenornis 1. Chochotunja 140. 255. Chroicocephalus gelastes 222. — melanocephalus 199. — ridibundus 206. Chroocephalus minutus 186. Cigra bjelobrada 97. bjejokrila 114. erna 105. debelokljuna 148. dugorepa 137. kotorska 170: mala 119. obicna 128. rijecka 153. Circus aeruginosus 103. 146. Buttlaken 240. — pygargus 103. Cirlena 114. Cirleua 97. 105. Clupeilarus fuseus 232. Cobb 259. Cobbler 27. Colaeus monedula 318. 330. 333. Cole Goose 51. Colombino 105. Columba palumbus 85. Colymbidae 1. 90. Colymbus 63. — cristatus 63. Common Cormorant 51. Gull 223. — Shag 67. Skua 303, Tern 128. Corrallina cenerina zata 206. Corb de mar 51. Corba 51. — marina 51. Corman 51. Cormora 51. Cormoran 48. 51. 63. — grand 51. — Largup 67. — petit 67. — pygmee 77. Cormoran-largup 67. Cormorano 5]. — medio 75. — pigmeo 77. Cormorant 51. Cormorin 51. Correu 148. Corv maren 51. 75, spruz- Corvastro 51. Corveto marin 77. — — foresto 77. Corvo aquatico 51. — di mare 51. — marinho 51. 67. — marin picolo 77. — marino 51. Corvorant 51. Corvus corax 218. 242. — cornix 230. 233. 284. — frugilegus 171. 218. 280. 318. Courmaran 51. Cowt 67. Crane 67. Crested Cormorant 67. — Shag 67. Crna digra 108. — mahalka 105. Crni ribiö 105. Cro marin 51. Crobu anguiddargiu 51. 75. — brenti gianca 75. — di mari 75. Crot pescherot 51. Crov marein 51. Cuervo calvo 51. — gallo 51. — marino 51. Cuervoran grande 51. Culpak 35. Cuneate-tailed Gull 297. Cuormouran 51. Cuorvi di mari 75. Cuörvo d’acqua 51. Cuorvu marinu 51. — — tupputu 75. Curroe 148. Dalmatian Pelican 21. Danka siraly 206. Dauphin 51. Deli ezüssös siraly 255. Djemel el Bahar 8. Dighez 119. Djipalo 128. Dilaskarfur 51. Diomedea exulans 2. 21. Doghäbat 232. Dohle 73. 181. 183. 190. 213. 290. 316. 317. 318. 323. 326. 329. 330. Dolmänyos siraly 258. Dominicanus marinus 258. Dougalls tärne 164. — Terne 164. Dougallsmeerschwalbe (Dou- galls-Meerschwalbe) 130. 153. 164. 167. 168, Dougalls-Seeschwalbe 164. Dreizehenmöve (Dreizehen- Möve) 43. 265. 278. 279. 280. 283. 285. 286. 296. 307. 325. Drieteenige Meeuw 286. Drossel 186. 248, Drosselrohrsänger 117. Ds Knkul 51. Dubbeltärna 153. Duemaage 267. Dvaergmaage 186. Dvaergterne 119. Dvärgmäs 186. Dwarf Shag (Dwarf-Shag) 77. Dwergmeeuw 186. Dwerg-Zeezwaluw 119, Dysporus bassanus 35. Edelfalken 110. 112. 146, 152. 161. 176. 218. 231. 238. — isländische 273. Eiderente 71. 250. 254. 264. 271. 272. 273..816.325, 326. Eidervogel 73. 176. 228. Eil-Seeschwalbe 169. Eisente 330, 332. 43 338 Eismöve (Eis-Möve) 41. 62. 241. 242. 244. 245. 247. 258. 262. 263. 264, 265. 267. 275. 278. 288. 286. Eisscharbe 51. Eissturmvogel 282. Eisvogel 61. Ekforkü halfarkos 317. El Ueg 148. Elfenbeinmöve (Elfenbein- Möve) 270. 271. 272. 275. 277. 280. Elof 317. Elster 40. 125. 126. Be Emberiza 333. — nivalis 333. Engeleesk Tärna 148. Engelsk Terne 148. Ente 73. 216. 256. 264. — türkische 52. 268. — zahme 52. 67. 176. Enten 7. 16. 48. 49. 59, 80. 84. 96. 142. 144. 201. 214. 217. 219. 301. 307, 315. 325. 326. 327. — nichttauchende 59. — zahme. 41. Epouventail 105. Eselschreier (Eselsschreier) 3.15. Epumaell 105. Et-ut 317. Eulen 10. 37. 252. 334, Ezüstös siräly 240, 136. Facäo 35. Falco aesalon. 146. — subbuteo 135. 146. Falken 65. 136. 195. 218. 220. 248. 272. 315. Falkenmöve 329. — gefleckte grosse 258. Farspach 258. Fattyü szerkö 97. Feherszärnyü szerkö 114. Feldtaube 186. 208. Felsenraubmöve 329. Fendak 77. Ferreirinho 105. Fesichah 77. Feuchtarsch 51. Fjällabb 329. Fjeldjo 329. Fikelj 128. Fischaarmöve 286. Fischer 48. — grauer 128. — kleiner 119. Fischerlein, kleines 119. Fischermöve 286. — graue 286. Fischmeise 128. Fischmeive 128. Fischmöve (Fisch-Möve) 204. 206. — aschgraue 206. — graue 258. — grosse 258. — kleine 128. — kleinste 119. Fischreiher 57. 60. 62. 63. 09, 30.0219, 274, Fischvogel, taubenförmiger 153. Fiskemaage 223. Fiskjemäasi 240. Fiskmäg 223. Fiskmäs 223. Fisktärna 128. Fismäns 223. Fliegenfänger 111. Flussadler 242. Flussmeerschwalbe 120. 122. 123. 124. 131. 132, 133, 135. 136. 137. 138, 139. 140. 141. 142. 143. 145. 146. 150. 167. — gemeine 128, Flussregenpfeifer 123. 124. 134, Flussscharbe 47. Flussscharben (Fluss-Schar- ben) 47. Flussseeschwalbe (Fluss-See- schwalbe) 128. 137. 138. 1471.. 151.190. 792,193. 194. 195. Flussuferläufer 125. Fomka 329. Fosgadir 317. Fou 35. — blanc 35. de Bassan 35. — grand 35. tachete 35. Fransatedna 206. Fransaterna 206. Fratercula 293. — arctica 265. Fraticello 119. Fregata 1. 2.4. 5.6, 7. 27. 32. 48. aquila 27. — aquila 28. — minor 28. ariel 28. marina 27. minor 27. 28. Fregate, grand, de Cayenne 27. — marine 27, Fregatidae 27. Fregatte 29. 30. Fregattpelikan 30.. Fregattvogel 237. — grosser 28. — grösserer 28. — kleiner 28. — kleinerer 28. Fregattvögel 2, 27. 28. 32, 48. 179. Freira 289. Frigate Bird 27. — Pelican 27. — — Palmerston 27. — — white-headed 27. Fulica atra 229. Fuligula cristata 190. — marila 190. Fulmar 282. Fulmarus glacialis 43. 273. Fumarell 105. 114. Furbaja 329. Gaasemaage 258. Gabbianello 186. — Lambruschini 222, Gabbiano 206. bianco 267. capinero 199, cenerino 199. 223. commune 206. corallino 199. cörso 257. dagli occhi bianchi 221. guairo 232. maggiore 267. mezza mosca 223. mezzo-moro 232. nero 310. reale 240. — del nord 240. — — Sud 255. roseo 222. terragnola 286. tridattilo 286. Regi Gabelschwanzmöve 296. Gabianello 186. Gabina 286. — de mar 223. Gabineta 286. Gachet 105. Gaigala 267. Gaimone del Lambruschini 222. u Gaivina 105. 128. 137. Gaivota 206. 232. 240. 258. 286. Galeb 206. 255. — africki 221. burni 223. Cukavac 232. hrvatski 222. klaukavac 255. korsikanac 257. maleni 186. obicni 206. sjeverni 267. srebrnasti 240. troprsti 286. veliki 258. Galebi& 128. Galerida ceristata 106. Galetra 286. Galica 75. Galla 240. Gan 35.. Ganet 270. Gannet 35. 301. 307. Gans (Gänse) 2. 4. 9. 14. 16. 32. 36. 39. 46. 52, 184, 217. 238. 254. 258, 259. 266. 267. 274. 300. — schottische 35. — wilde 13. 15. 212. — zahme 14. 18. 184. 265, Ganso marino 266. Ganso-patola 35. Ganstaucher, brauner 67. Gänstaucher, schwarzer 51. Gap biaty 35. Garajao 128. Garajau 153. Garanchö 8. Garast-kaiwa 317. Garast-sihrinsch 137. Garnica 170. Gauja 199. Gaukler 151. Gavia alba 272. 280. 284. Gavia de mar 232. 240. Gavia ridibunda 206. Gavila 232. 240. Gavina 128. 137. 148. 153. 186. 199, 206. 223. 289, — Audouini 257. — larran 128. |Gavinot 199. 232. 240. 258. 267. Gavinota 240. Gavinote 223. 258. Gaviota 186. 199. 206. 222 240. 286. — monja 178, — pequena 206. | Ge-aath 317. ; Geier 3. 13. 15. 17. 25. 183. 264. — der Meere 29. Geküfde Aalscholver 67. Gekuifte Wateraaf 67. Gelastes columbinus 222. — gelastes 222. — Genei 222. Geleb jadranski 199. Gelochelidon agraria 148. — anglica 148, — aranea 148. — balthica 148, |— meridionalis 148. ster. Gelochelidon nilotica 148. Gem 8. Gent 35. Ge-ut 317. Gharrak 51. Gjausa 232. Gjause 240. 258. Gimbel 51. 77. Girrmöve 105. 110. Gjusa 232. Gjuse 232. Gjusrok 232. Glareola torquata 158. Glaucous Gull (Glaucous- Gull) 267. Glaucus Michahellesii 255. Gliben 128. Glitter 105. Gluchar 204, Gnispe 119. Goeland & pieds bleus 223. atricille 221. Bonaparte 197. ichthyaete 204. leucophthalme 221. melanoce&phale 199. railleur 222. Goeland & iris blanc 221. — manteau gris 240. — gris-brun 267. — noir 258. — — — petit 232. pouce imparfait 286. argent6 240. Audouin 257. bourguemestre 267. brun 232. 308. Burgermeister 267. cendr& 223. 240. d’Audouin 257. de Pallas 255. — Sabine 295. leucoptere 275. marin 258. pygme6e 186. rieur 206. senateur 230. tridactyle 286. varie. 258. Goelands 251. Go£@land & manteau bleu 240. — — — gris 140. — — — — et blane 240. — cendre 240. Golondrina de mar 148, 153, Graa Havmaage 240. Graamaage 267. Graamaasi 240. Graanakke 2923, Gracularus 1. Great Booby 35. — crested Tern 169. — Pelecan 8. — Skua 303. — white Pelican 8. Greater Sea Swallow 153. — Tern 128. Green Cormorant 67. Grisard 258. Grönlannin lokki 275. Groot grü Kubb 258. — Keer 170. — Skeetenjoager 303. Groote Jager 303. — Ikstern 153. — Stern 153. — Zee-Meeuw 240. Zeezwaluw 153. Gröto 8, Grü Kubb 240. Guairo 232. Guga 35. Gughaa 35, Guifette 105. — fissipede 105. 114. — hybride 97. — noire 105. 114. Guldfötting 232. Gull-billed Tern 148. Gull-teaser 128. Gunkandori 27. Gyritz 206. Haakrykje 286. Habicht (Habichte) 110. 112. 195. Hacket 286. Hacklet 286. Haematopus 333. — ostrilegus 144. Haettemaage 206. Haettermaage 206. Haetteterne 128. 137. Haffbacker, grote 170. Haffbicker, grote 170. Haffmöve 240. — grosse 232. Haffpicker 153. Hafgall 232. 258. Hafgloffs 258. Hafmaage 258. Hafmöve 286. Hafsgjuse 258. Hafskümur 303. Hafslabb 303. Hafsmäka. 258. Hafsmäs 258. Hafstjäder 51. Hafstrut 258. Hafsula 35. _ Graculus 67. — carbo 51. — pygmaeus 77. Grägall 240. Grahasta govnacka 310. Grahasti lajnar 310. — ostimac 310. Grahlja 232. Grämafur 275. Grämäfur 267. Grämäs 240, Grand Cormoran 51. — Fou 35. — Fregate de Cayenne 27. — mouette (Mouette)cendr&e 22. Grapira 27. Gräskälstruit 267. Gräsula 35. Grätrut 240. Graumantelmöve mantel-Möve) 255. Hafsule 35. Hagall 240. 258. Haikara 51. Haililokki 232. Hai-tyo 329. Hakallaskumur 303. Halbmöve 105. Haldenente 51. Halieus 41. — africanus 77. brasilianus 67. 69. Carbo 51. chinensis 60. 65. cormoranus 51. Desmarestii 75. graculus. 67. leucogaster 75. pygmaeus 77. Halsbandgiarol 83. Halsbandregenpfeifer 126. (Grau- |Harelda glacialis 330. — hyemalis 48. 80. Great Black-backed Gull 258. Harenguier 35. — black-headed Gull 204. |Harmaa lokki 240. Häromujju csüllö 286. Haskil 329, Hattaer 206. Hättentärna 128. Hattman 206. Haubenlerche 106. Haubenscharbe 67. Haubentaucher 217. — grosser 72. Hausente 47. 52. 259, 268. Hausgans 9. 23, 52. 265. Hausgeflügel 44. 241. 248. Haushahn 9. Haushenne 44, Haushühner 63. 292. Hausschwalbe 110. Havgasse 258. Hav-Rype 280. Havskummer 303. Havsula 35. Havsule 35. Havterne 137. Hawalus 21. Henne 23. Heringsiräly 232. Heringsmöve (Herings-Möwe) 171. 194. 214. 232. 239. 241. 242. 247. 259. 260. 261. 262, 278. 315. 325. — grosse 232. 258. — kleine. 232. Herodias alba 232. — garzetta 32. 83. 85. 232. Herring-Gull 232. 240. Hiblingur 51. Hirondelle 35. de mer 128. — — a dos et ailes bleuätres 153. — — a tete noire 105, anglaise 148, arctique 137. Brunnich 164. Caugek 153. de Sandwich 153. Dougall 164. epouvantail 105. — (Mer) hansel (Hansel) 148, leucoptere 114. _ macroure 137. — moustac 97. Pierre-Garin 128, rayee 153. Tschegrava 170. voyageuse 169. Hirondelle-de-mer aretique 137. — Caspienne 170. — caugek 153, rieuse 148, tschegrava 170. vulgaire 128. Hnuplungar 51. Höckerschwan 8. 9. Holbrod 206. Hooded Tern 119. Hosiraly 280. Hraukur 67. Hühner 89. 162. 176. 179. 230. — zahme 160, Hühnerhabicht 218. Hurricane Bird 27. Hutmöve 206. Hutschwalbenmöve 206. Hvidmaage 280. Hvidvingad mäse 275. Hvidvinget Maage 275, — Terne 114. Hvit Pelikan 8. Hvitbak 240, Hvitfugl 267. 275. Hvitgjuse 240. Hvitmafr 267. Hvitmafur (Hvitmäfur) 267. 275. Hvitmäs: 280. Hvitskäre 240. Hvitstrut 267. Hvitvingad tärna 114. — trut 275. — svarttärna 114. Hydrochelidon 96. fissipes 112. 114. fuliginosa 178. hybrida 97. 112. 114. Ilse re leucoptera 97. 108. 114. nigra 92. 97. 98. 100. 101. 102. 103. 105. 114. 115. 116., 117. 144. 191. 213. 229. noirätre 105. plumbea 108. Schillingii 173. surinamensis 108. Hydrochelidon cendr& 97. Hydrocolaeus melanocepha- lus 199. — minutus 186. — ridibundus 206. Hydrocorax 48. Hydroprogne caspia 170. — — — Jagdfalke 293. 316. 328. Jahasi 8. Jan van Gent 35. 39. Javan Pelican 20, Ibis 85. — brauner 83. 84. 85. 86. — faleinellus 84. Ibisse 85. 86. Iceland Gull 275. Ichthyornithiden 1. Jeges siräly 267. Ikstern 128. Impennes .9. Jo..8310. 317. ' Jodieb 317. Johann 317. Joka 232. Isingak 317. Ismaage 280. Ismäs 280. Ismäsa 267. Iso lokki 267. Isskubb 267, Juhras krauklis 51. Ivory Gull (Ivory-Gull) 280. Kaap 240. Kaciö 128. Kaczag6 cser 148. Kaflabringur 258. Kajaks 223. Kajava 240, Kaija 240. Kalakaja 223. Kalakaija 128. Kalakorppa 51. Kalalokki 223. 232. Kalaos 4. Kalapasko Räiska 317. Kalatirra 128. Kaleb 255. Kalebi& muSilar 105. Kalikatzoü 67. Kaloser 77. Kampfläufer 195. Kamtschatka Tern 153. Kapuzenmöve 221. Kapuzinermöve 206. Karabakla 51. Karabaklach 51. Karabattog 51. 77. Karimetso 67. Kasteen 128. Register. Kasuar, indischer 21. Krähe 62. 73. 102. 110. 112. Kaugek 153. 124. 126. 133. 136. 146. Kautkegef 286. 152. 161. 171. 183. 184. Kawatsu 51. 190. 195. 214, 215. 218. Keilschwanzmöve (Keil- 223. 229. 237. 246. 272. schwanz-Möve) 297. 280. 323. Kenti czer 153. Krähen-Pelikan 67. Kentisk Terne 153. Krähenscharbe (Krähen- Kentsche Seeschwalbe 250. Kentsk Tärna 153. — Terne 153. Kent-tärna 153. Kerr 153. Kiebitz 110. 151. 162. 175. B01.. 523 324 333% Kihris 206. Kj01 310. 317. 329, Kirke, grosse stübbersche 170. — kleine Stübbersche 153. Kirmew 128. Kirra 128. Kirre 128. 137, 143. Kirren 137. 143. | Kirrmöve 105. Kis kärökatona 77. — scer 119. — siraly 186. Kisil-Kutan 8. Kittiwaka 286. Kittiwake 286. — Gull (Kittiwake -Gull) 286. - [Kleine Burgemeester 275. — Jager 317. — Mantelmeeuw 232. — Stern 119. — Zeemeeuw 223. — Zee-Meeuw 206. Kleinmövchen 105. Kleinster Jager 329. Klewff-Skwarwer 51. Kliju-kaiwa 329. Klöfthalet Maage 295. Klöftmaage 105. Kloucha 206. Klövermaage 105. Klusha 223. Knäkente 77. Kobbe 240. Kokmeeuw 206. Kolkrabe 152. 171. 217. 224. 241. 242. 275. 278. 303. 329: Kolme varpainen lokki 286. Konksuk 35. Kopmeeuw 206. Korallenmöve (Korallen- Möve) 257. Kormoran 19. 51. 52. 53. 56. 97...58. 59,60. 61. 63. 64. 65. 68. 69. 71. 72. 82. 34, 85. 156. chocholaty 67. gawronek 67. grüner 67. kazel 77. kleiner 67. kruk morski 51. maly 77. Kormoran obeeny 51. Kormorane 48. 52. 54. 55. 56. °97. 258, 595602:61, 64. 65. 70. 72. 73. Kormoran-Pelikan 51. Kormoranscharbe (Kormoran- Scharbe) 17. 18. 51. 67. 71. 72. 74. 78. 85. Kormoran-skarv 51. Kormos szerkö 105. Kornweihe 112. 218. Korovran 51. Kotjäger 301. Krabbentaucher 298. |— tschegrava 170. Scharbe) 51. 52. 67. 75. 76. 82. — nordische 76. Kräkskarf 67. Kranich 13. 15. 212. Kraschka dlinnochwostaja 137. Krashka morskaya 137. — rashnaya 128. Kratschka malaya 119. Kreischmöve 170. Kria 137. \Kriegsschiffvogel 2. 21. Kropfente 67. Kropfgans 8. 12. — grosse 21. Kropfpelekan 8. Kropftaucher 67. Kropfvogel 9. Kropkirre 137. Krykje 286. Kuckuck 111. 194. Kudrawaja Baba 21. Küstenmeerschwalbe 128. 129. 130. 132. 135, 137, 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 151. 167. 229. Küstenseeschwalbe (Küsten- Seeschwalbe) 131. 132. 137. 151. 168. Küstenvögel. 140. Kustlabb 317. Küszvägö cser 128. Kutän 21. Kutgegeaf 286. Kutgegehef 286. Kutgeghef 286. Kutgejef 286. Kutgjusa 267. Kvitlaaring 51. Kvitlaarskarv 51. Kyschkar-dak 8. Kyst-terne 137. La Mouette grise 232. — petite Mouette cendree 206. — — — grise 206. — plus petite des Mouettes 186. Labb 310. 317. 329. Labba 317. Labbe 310. 317. 329. — ä& longue queue 317. 329. — catarracte 303. — longicaude 317. — parasite 329. — pomarin 310. Labbo 317. — coda-lunga 329. — maggiore 303. Lach Stern 148. — Zeezwaluw 148. Lachmeerschwalbe (Lach- Meerschwalbe) 149. 151. 153. 161. 330. Lachmööw 206. Lachmöve 109. 110. 151. 152. 156. 189. 191. 193. 194. 195. 200. 202. 206. 223. 227. 228. 229. 230. 287. 289. 296. 318. 325. 334. — braunköpfige 206. 111. 190. 199. 224. 231. 323. Lachmöve, gemeine 206. — grosse 206. — kleine 148. — rotfüssige 206. - schwarzköpfige 206. Lachmöven 221. 224. 225. 226. 228. 229. 237. — deutsche 207. Lachschwalbenmöve 206. Lachseeschwalbe (Lach-See- schwalbe) 148. — amerikanische 148. — baltische 148, — südliche 148. Laggöna 77. Lamber 21. Langschwinger 1. Längstjärtad labb 329. Lanius 133, Lapintiira 137. Lapisdo 77. Lappentaucher 44,. 59. 72. 74. 77. 83. 84. Large white-winged Gull 267. Laridae 6. 90. 94. Lariden 282. Larinae 95. 181. Laro fosco 232. Laroides argentatus 240. — cachinnans 255. Larus 1. 34. 43. 91. 93. 94. 95. 96.. 181. 184. 185. 186. 193. 236. 284, 287. 298. 299. 300. 301. 302. 303. affıinis 232. 235. 239. 279. albipennis 199. 208. 299. albus 280. arcticus 270. argentatoides 240. 245. 251. argentatus 95. 146. 161, 181. 184. 185. 218. 228. 230. 232. 233. 234. 236. 237. 239. 240. 255. 256. 263. 265. 267. 268. 272. 275. 276. 299. 307. — michahellesi 255. — smithsonianus 241. — var, cachinnans 255. argenteus 240. 251. atrieilla (Atrieilla) 221. atricilloides 186. Audouini (Audouinii, au- douini) 237. Bonapartii lgire brachyrhynchus 226. cachinnans 233. 239. 245. 255. 299. candidus 280. canus 95. 96. 171. 181. 184. 185. 201. 208. 223. 236. 238. 244. 250. 254. 257. 275. 284. 287. 299. 327. 334. — niveus 226. capistratus 206. 207. catarrhactes 303. cinerarius 206. Consul 267. crepidatus 317. cucullatus 199. 208. 299. cyanorhynchus 223. _ delawarensis 226. dominicanus 233. 23% eburneus 185. 280. 282. 290.- 299, erythropus 206. fissipes alius 114. flavipes 232. (bonapartii) 259. Larus fuscus 95. 171.181.223, 232. 239. 241. 243 245. 263. 265. 275. 276. 279. 299. 303. 307. gelastes 222, giganteus 270. glacialis 267. 268. 270. glaucescens 267. 275. glaucoides 275. glaucus 36. 95. 181. 240. 241. 244. 251. 252. 259. 265. 267. 278. 282. 283, 234, 285. 290. 299. griseus 232. hibernus 223. ichthyaötus (ichthyaetus, Ichthyaetus, ichthyaetos, ichtyaötos, ichthiaötos) 185. 204. 208. 299. — lacrimosus (lacrymosus) 224. 299, — leucophaeus 205. 241. 255. — leucophthalmus (leucoph- thalmos) 221. leucopterus 181. 233. 241. 267. 268. 275. 299. maculipennis 208, 299. marinus 36. 94. 95. 146. 181. 184. 185. 233. 236. 237. 241. 243. 245. 258, 267. 268. 299. maximus 258. medius 267. 268. melanocephalus 181.199. 208. 299. Michahellesii 233. 255. — Michahellis 241. 299. — minor 267. — minutus 95. 181. 184. 186. 199. 201. 202. 208.| 299. — var. ß 240. naevius 258. niveus 280. occidentalis 233. parasiticus 310. 317. 324. philadelphia 197. plumbiceps 299. pomarinus 310. procellosus 206. 223. ridibundus 94. 95. 109. 156. 158. 184. 185. 190. 192, 1.93,2199:.220022034 203. 206. 225. 226. 228, 236. 299. 318. Rissa 286. roseus 297. Rossi (Rossii) 297. Sabinii (Sabini, Sabinei, Sabine, sabinei, sabini) 295. 299. tridactylus 185. 283. 286. 299. Larventaucher 249. 291. Lasa rengu kaiwa 232. Lattermaage 206. Laughing Gull 221. Leela rengu kaiwa 258. Leelais sihrinsch 170. Lenfia 51. Lerche 237. Lerchenfalke 126. 132. 135. Lesser black-backed Gull 232. — Sea-Swallow (sea Swal- low) 105 — Tern 119. — white-winged Gull 275. Lestris 43, 193. 325. — buffoni (buffonii, Buffoni, Buffonii) 328. 329. — cataractes (catarractes, Cataractes, Catarrhactes, catarrhactes) 301. 303. 339 Lestris Cephus 329.: — crepidata 313. 329. — parasita 317. parasitica 290. 317. 325. 329. 333. parasiticus 317. pomarina 310. pomarinus 310. Richardsonii soni) 310. Leveäpyrstöinen räiskä 310, Leverjo 317. Liiru 128, Likka 232, Likkeskuri 232. Lille Kjove 329. — Sölvet 286. Limicolae 90. Limosa lapponica 253. — limosa 327. Liten grämäve 223. — hvittrut 275. — mäge 223. Little Gull 186. — Tern 119. Liufia 51. Live 329. Löcser 170. Loering 51. Löffelgans 8. Löffelreiher 57. Löffler, weisser 83. 84. 85. 281. Löfgjuse 223. Longipennen 34. Longipennes 90. 185. Longtailed Skua 329. Louve 240, Lueg 148. Lumme 33. 38. 42. 43. 61. 62. 78::193. 229.264, 265. 272. 291. 307. 309. 315. 325. Lund 24. Lunn-Kerr 148. Lütj Isskubb 275. — Kerr 119. i — Klewff-Skwarwer 67. — Manteldräger 232. _ — Skeetenjoager 329. — swart Kerr 105. (Richard- Maagkljew 317. Maagskidt 317. Mäasi 267. 275. Macheta corallino 199. Mäga 223. Magalestris Catarrhactes 303, Magrun gianco 75. — grosso neigro 51. Mahalka 128. Mäjur 275. Maivogel 105. Maivögelchen 105. Mäk 223. Makrelterne 128. Makrilltärna 128. Malaja Buba 20. — Martyschka 119. Malamabalka 119. Malaya-Martyschka 119. Mali kavran 67. — morski vran 67. — morskivran 77. — ritski gavran 77. Mall 223. Malyi Baklan 77. Man of War Bird 27. Mandriäo 310. Manilla-Pelican 20. Man-of-war bird 317, Manteldräger 258. Mantelmeeuw 258. — kleine 232. 43* 340 Mantelmöve (Mantel-Möve)|Meerschwalbe, silbergraue. AN, 62, 2312.02327 238: 234. 237, 241. 242. 245, 247. 249. 258. 268. 271. 273. 278. 291. 299. 307. 308. — kleine 232. Mär 275. Maraguni 51. Marangön picolo 77. Marangone 51. — col ciuffo 75. Largup 67. — largup 75. minore 77. nano 77. Maranguni pettu biancu 75. Marauni 51. Marga 35. Margas 35. Margast 35. Margone 51. Margun 51. Marguni 51. 75. — svariu 75. Marino pescatore 240. 255. Maroccos 232. Martyschka 128. Märzente 84, 316. Mäs 223. Masais kihris 186. — sihrinsch 119. Mascato 35. Maschera corallina 199. Mäse 223. Mäsi 275. Mäsi 240. Mauersegler 157. Mave 223. Mäzzaro dindio picolo 77. Mediterranean Black-headed Gull 199. — Shag 75. Meergans 8. Meerschwalbe 9. 16. 32. 33. 36. 40. 59. 127. 129. 133. 135. 136. 137. 140. 141. 143. 144. 146. 147. 148. 158. 164. 166. 170. 171. 174. 278. 324. 325. 332. arktische 137. aschgraue 128. bunte 105. Cayennische 153. dickschnäbelige 148, Dougallsche 164. englische 148. europäische 128, gefleckte 105. gemeine 128. grosse 128. 170. grossschnäbelige 170. Kamschatkaische 153. Kapsche 153. kaspische 170. 174, 175. kentische 123. 153. 164. 165. 166. kleine 119. langschwänzige 137. 138. Mexikanische 153. mit brandgelber Schnabel- spitze 153. mövenschnäbelige 148. nordische 137. rotfüssige 128. 164. schnurrbärtige 97. schwarze 104. 105. 114, schwarzkehlige 105. schwarzköpfige 128. schwarzplattige 128. schwarzrückige 114. schwarzschnäbelige 153. silberfarbene 137. 137. spaltfüssige 105. Stübbersche 153. weissbärtige 102. weisse 119. weissflügelige 114. weissgraue 153. weissliche 153. weissschwingige 114. Meerschwalben 91. 92. 93. ‚902798, 799, 7102, 108: 110. 111.- 121.°122.123, 124. 125. 126. 127. 132, 133. 134. 136. 137. 139. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 154. 155. 156. 157. . 159. 162. 163. 164. . 167. 168, 170. 171. . 173. 174. 175. 176. . 181. 182. 183. 185. . 190. 201. 214. 217. . 228. 229. 245. 247. . 264. 290. 300. 301. . 314. 315. 318. 323. 324. 325. 328. 333. echte 96. 165. einheimische 175. europäische 119. graue 91. grosse 146. 250. 292. grössere 147. 280. kleine 177. kleinere 158. schwarze 91. weisse 91. Meervögel 33. 56. 58. 71. 245. 271. 282. — echte 39. 306. Megalestris catarrhactes 303. Megalopterus stolidus 180. Megza mosca 223. Mellanlabb 310. Mellemkjove 310. Melnäa kaiwa 310. Melnais sihrinsch 105. Melogavia melanocephala 199: Meretiir 137. Mergollo 51. Mergidae 95. Mergulus 293. Mergus serrator 75. Meriar-sairsok 317. Merilokki 258. Merimetso 51. Merops 5. Merschik 97. Metowlia 128. Mew 223. Mewa Audouina 257. biala 280. bialoskrzydla. 275. blada 267. czarnogtowa 199. czarnotbista 258. obrozna 295. pospolita 223. rybotöw 232. Smieszka 206. srebrzysta 240. — (odmiana) 255. trzypalcowa 286. Mewanajmniejsza 186. Microcarbo pygmaeus 77. Middelkjove 310. Middelste Jager 310. Mierne marino 51. Migmnattino 105. — ali-bianche 114. — bigio 97. — zampe-rosse 114. Mignattone 105. Register. Milan 151. Misteldrossel 129. Miitelmeerscharbe (Mittel- meer-Scharbe) 75. Mittelseeschwalbe 169. Mohalka 105. Mohrenkopf 206. Moretta 199. Morfex 51. Morovan biela gola 51. Morovran veliki 51. Morskaia-Tschaika 267. Morski gavran 51. — vran 5l. Moseterne 105. Mot-vran 51. Moucheta 119. Mouette & bec gröle 222. — capuchon brun 206. — noir 199. — plombe 221. — — manteau bleu 240. masque brun 206. pieds bleus 224. — jaunes 232. argentee 240. blanche 280. brune 180. Burgermeister 267. cendree 223. 286. — grande 223. — la petite 206. — tachetee 286. d’hiver 223. - de Ross 297. — Sabine 295. Glauque 267, grande, la 223. grise, la 232. — — petite 206. ichthyasıe 204. leucoptere 275. manteau brun 232. marine 258. pygme6e 186. rieuse 206. 221. — ä& pattes rouges 206. — de Siberie 186. senateur 280. tachetee 286. tridactyle 286. Mouettes, la plus petite des 186. Möve 1. 40. 175. 186. 189. 192. 198. 199. 205. 213. 219. 228. 234, 245. 246. 247. 249. 252. 253. 256. 263. 265. 266. 270, 277. 280. 282. 283. 290. 293. 295. 296. 314. 325. arktische 317. aschgraue 223. bleigrauköpfige 221. braune 232. dreizehige 184. 286. 237, 289 290. 291. 293. dünnschnäbelige 222. echte 280. gabelschwänzige 295. gefleckte 232. gelbfüssige 232. gemeine graue 206. graue 206. 223. — mit dem Mohrenkopf 206. grauliche 267. graurückige 267. grosse 147, 267. 271. 306. 307. — braune 232. — — bunte 240. — gefleckte 240. 188. 202. 229. 248. 257. 272. 284. 299. Möve, grosse graubraune 258. graue 206. 223. 232, graurückige 240. schwarzköpfige 205. weisse 267. weissgraue 267. weissschwingige 267. grösste bunte 258. isländische 286. kleine 186. 206. 296. 332. aschgraue 206. — bunte 206. graue 206. — weisse 280. weissschwingige 275, kleinere 128. 206. — graue 206. kleinste 105. 119. — zweifarbige 119. mittlere weissschwingige 267. nordische 223. 267. rosenfarbige 297. nordische schneeweisse 280. schwarze 105. schwarzköpfige 186. 199, 202, 206. 210. 296. schwarzzehige 329. schwedische 286. Sibirische 2339. silberblaugraue 240. silbergraue 240. weisse 280. 283. 284. — dreifingerige 286. weissgraue 206. 240. weissschwingige 267. 277. — zahme 248. Möven 9. 30. 32. 33. 34. 36. 38. 40. 41. 42. 43. 52. 59. 65. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 99. 126. 127 133. 144. 148. 152. 156. 157. 158. 170. 171. 172, 175. 176. 181. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. 194. 195. 199. 201. 202. 203. 205. 208. 209. 210. 211 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 231. 235. 237. 238. 240. 241. 242, 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250. 251. 253. 254. 255. 256. 259. 261. 262. 263. 264. 265. 266. 268. 269. 270. 271. 272. 273. 275. 276. 277. 278. 279. 280. 281. 282. 283. 284. 285. 286, 287. 288. 289. 290. 291. 292. 293. 294. 299. 300. 301. 302. 303. 306. 307, 309. 311. 313. 314. 315. 316. 318. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 333. braunköpfige 207. dreizehige 299. eigentliche 95. europäische 288. 299. ganz weisse 299. grosse 40. 41. 45. 142, 146. 147. 152. 162. 175. 176. 177. 207. 228. 236. 238. 242. 245. 248. 249, 253. 254, 258. 263. 265. 266. 268. 269. 272. 274. 278. 283. 299. 307. 308. 328. — —- europäische 260.. — grössere 184. 190. 236. — grösste 306. 307. 93. 161. 197. 241, 250. 264, 271. 298. Möven, kleine 184. 192. 298. 314. 315. kleinere 195. 237. 272. 298. 306. 333. kleinste 184. mit blauem Mantel 232. schwarzflügelige 241. schwarzköpfige 208. 299. wilde 248. Mövenartige Schwimmvögel 32. — Vögel 303. 309. Mövenbüttel 317. Mövensturmvogel 272. 232. 283. 285. 326. Möven-Vögel 283. Mrkulj 75. Mübesslin, klein 105. Mugnaiaceio (Mugnajaccio) 258. Murgi-Saefit 8.. Musta tiira 105. Müüsk 286. 293. Nachtreiher 83. 85. 86. Nachtschwalben 195. Nagauarsuk 280. Nagy halfarkos 303. — karökatona 51. Naijardluk 258, Natternadler 263. Naurulokki 206. Navadna mahalka 128. Nebelkrähe 195. 229. 232. 233. 263. Nenasit 8. Nesit 8. — panjae 21. — ruzitasti & — sakka 21. Nichttauchende Enten 59. Nigaud 67. . Nimmersatt 8. Noddi commun 180. — gemeiner 180. — Niais 180. Noddis 91. 112. Noddy 180. Noir-manteau 232. 258. Nordvogel 317. 329. Numenius arquatus 193. — phaeopus 316. Nurei 232. Nyangook 275. Nycticorax nycticorax 82. 83. 85. 171. Nyilfarkü halforkos 329. Oaletyv 51. Odinshühnchen 325. Odinshühner 325. Ohnvogel 8. Ohrensteissfuss 325. Oie de Bassan 35. — d’Ecosse 35. Okaitsok 51. Onoerotalo 8. — o Pellicano 8. Onocrotalus albus 8. Onvogel 8. Onychoprion fuliginosum 178. Pagophila 280. — eburnea 208. 273. 280. Pagophile blanche 280. Paino 105. 114. — carbonero 114. — mayor 97. Palmer 51. Palmerston Frigate Pelican 27. Pandion haliaötus 242, Pannelbagio 105. Paradiesmeerschwalbe 164. Pato cuervo 51. Peewit Gull 206. Pelagornis 1. Pelecanidae 1. 2. 94. Pelecanus 1. 2. 32. 34. 47, 48. 49. aquilus 27. Bassanus (bassanus) 35. calirhynchus 20. carbo (Carbo) 48. 51. 52, crispus 4. 7. 21. cristatus 67. fuseus 8. 16. giganteus 20. graculus 52. 67. javanicus 20. leucocephalus 27. maculatus 35. manillensis 8. 20. megalophus 20. minor 13. 20. 21. 27. 28. mitratus 20. onocrotalus (Onoerotalus) 4. 6. 7. 8. 20. — var. minor 20. — — orientalis 21. — — Sharpei 12. Palmerstoni 27. patagiatus 21. - philippensis 8. pygmaeus 20. 48. 77. roseus 7. 8. 9. 12.13. 20, rufescens 4. 7. Sharpei 11. — thajus 4. Pelekaani 8. Pelekan 8. 51. — grosser 8. Pelican blane 8, Pelican blanc 8. — brun de !’Isle de Lucon 20. — frise 21. — de Smyrne 21. — rose de I!’Isle de Lucon 20. Pelicano 8. Pelikan 1. 2. 8. 9, 10. 12. 13. 14. 15. 16. 17, 18. 19. 24. 25. 26. 34. 47. 49, 51. baba 8. bassanischer 35. europäischer 12. frisierter 21. gemeiner 8. 20. 21. 22. 25. 26. gewöhnlicher 20. kleiner 9. 12. 20. 21. kohlschwarzer 51. krauser 21. krausköpfiger 9. 21. rosenfarbiger 20. schwarzer 51. Pelikan kadeiavy 21. — obecny 8. Pelikanähnliche Vögel 30. Pelikanartige Schwimmvögel 32. — Vögel 30. Pelikane 2. 12. 13. 14. 15. 16, 717. 18: 39,223:524. 25. 26. 32. 34, 48. 61. — rotgefärbte und gehaubte 11. — wahre 47. — zahme 15. Pelikaniden 1. Pelikans 8, Pellica no riccio 21. Pellicano &, Pelodes hybrida 97. Pepelnata cajka 267. — tonovSica 267. _—— Perlemaage 267. Perna 137. Pescarin 128. Petit cormoran 67. — Goäland 206. Plavka 153. Plegadis faleinellus 83, 103. Plitik 119. Plotus 1. 4. 5. 6. 7. 48. 59, — anhinga 6. 7. — — & manteau noir 232.|— Levaillanti 6. 7. Petite hirondelle (Hirondelle) |Pluvka 206. de mer 119, — Mouette cendree 206. Petto-bianco 105. Pfaff 206. Pfefferfresser 4. Pfeifmöve 228. Phaöton 1. 4. 5. 6. 7. 87. 88. 167. 332. 333. aethereus 88. — aethereus 87. — indicus 87. 89. flavirostris 7. lepturus americanus 87. 88. 89. — fulvus 87. — lepturus 87. rubricauda 30. — erubescens 7. — rubricauda 87. sulphureus 7. Phaötonidae 87. Phaetornis 5. Phalacrocoracidae 47. Phalacrocorax 1. 2. 4. 5. 6. 7. 47. 51. 77. africanus 68. 76. 77. 80. algeriensis 81. brasilianus 67. 71. brevirostris 76. capensis 67. 68. 71. capillatus 56. 60. 65. carbo (Carbo) 4. 7. 34. 51. 72. 77. 78. 336. eristatus 7. 67. Desmaresti (Desmarestii) 67. 68. 75. filamentosus 60. 65.. graculus 52. 63. 67. 75. 78. — croaticus 75. Desmarestii 71. 75. subspee. « desmaresti 75. var. Desmaresti 75. Harrisi 51. javanicus 76. 77. medius 51. melanoleueus 76. 77. minor 67. orlophus 7. penicillatus 56. perspicillatus 51. — pygmaeus 51. 52. 55. 68. 76. 77. 82. — vigua 67. Phalaropus 325. — hyperboreus 325. Pibemaage 303. Pica pica 125. Piccatarries 137. Picket 128. Pictarney 128. Piep-Maage 228. Piepmöve 223. Pierre-Garin 128. Pigmy Cormorant 77. — Shag 77. Pijal 206. Pijalo 206. Pikku lokki 186. Pikkutiira 119. Pilikan kedzierzawy 21. Pillkan 51. Pilucani 8. Pinkmeev 128. Piulk 206. Platalea leucorodia 83. 84. Podiceps 190. — rubricollis 193. Podicipidae 1. Polarmäs 275. Polarmöve (Polar-Möve) 233 241, 242. 247. 275. 317. — kleine 329. Polartärna 137. Polmöve 317. Pomarine Skua 310. Pomatorhine Skua 310. Pomornik dergorepi 329. kratkorepi 317. Sirorepi 310. srednie 310. tschujeadnui 317. Pomorski vran 51. Pormestari 267. Port-Egmonts-Henne 303. Posavka 206. Povodni vran 51. Procellaria 181. 283. — glacialis 272. 283. Procellariidae 1. Prosti pelikan 85. Puffin 291. Puffinus 34. Punanokka-tiira 137. Purpurreiher 85. Puterhahn 60. Pygopoden 7. Qaragati 222. Qvittjegvi 317. Qvujtibükir 317. Raben 33. 41. 49. 59. 60. 62. 73. 94. .:112,,.126; 136. 146. 161. 175. 183. 184. 214. 218. 266. 271. 272. 307. 328, Rabenkrähe 275. Raben-Pelikan 67. Rabihorcado 27. Rabijunco 27. Rabo de junco 89. Racek Audouinüv 257. — belokridly 275. bily 280. boufni 223. ternohlavy 199. chechtavy 206. maly 186. moisky 258. Sabiniüw 295. Sedy 267. stribrity 240. — var. Michahellesüw 255. triprsty 286. zlutonohy 232. Ralle, graue 105. — mövenartige 105. Rallus lariformis 105. Rasljati galebac 295. Ratsherr 232. 230. 284. Ratsherr-Möve 280. Raubmeerschwalbe (Raub- Meerschwalbe) 151. 156. 157. 158. 161. 162. 175. 229. Raubmöve (Raub-Möve) 45. 93. 127. 144. 146. 159. 184. 229. 237. 238. 300. 305. 306. 307. 314. 315. 322. 323. 325. 326. 327. 328. 334. Register. Raubmöve, breitschwänzige 310. 313. Buffonsche 329, grosse 265. 293. 303. 310. 314. 315. grösste 303. kleine 329. kugelschwänzige 310. kurzschnäbelige 329. langschwänzige 329. mittlere 310. 322. pommersche 310. Raubmöven 309. 315. 316. 317. 326. 327. 328. 333. 334. — kleine 315. — kleinere 307. 321. Raubseeschwalbe (Raub-See- schwalbe) 150. 169. 170. — baltische 170. — Kaspische 170. — Schillingsche 170. Raubvögel 3. 33. 40. 47. 60. 64. 78. 93. 110. 127. 151. 176. 181. 214. 229. 242. 264. 266. 271. 304. 306. 307. 308. 309. — edle 30. — grosse 184. 247. 306. — kleinere 323. Rauchschwalbe 124. 143. Raukallenbeck 240. Raukentiira 170, Recurvirostra avosetta 144. 156. Red-legged Gull 206. Reftärna 170. Regenbrachvogel 316. 325. 326. Regenpfeifer 123. 125. — kleinere 127. Reiher 14. 15. 58. 60. 62. 83. 85. 86. 214. 217. 218. 252. — gemeiner 175. — kleine 83. 84. 85. 86. — weisse 83. Reiherartige Vögel 85. Rephuhn 324, Reus-Stern 170. Rhodostethia 297. — rosea 297. — Rossii (rossi) 297. Rhodostetie de Ross 297. Rhynchops 91. Ribit 128. Richardsons Raubmöve 322. Richardson’s Skua 317. Rida 286. Riden 43. Riesenalk 51. Riesenmöve 258. Riesenpelekan 8, Riesenpelikan 21. Ringelgans 52. Ringeltaube 85. Ringkedja 286. Ringtjäd 286. Ringtjäe 286. Ringtjän 286. Rissa 94, 286. — brevirostris 288. Kotzebui 287. pollicaris 287. tridactyla 201. 208. 210. 223. 225. 236. 244. 273. 284. 286. 308. — pollicaris 287. Rita 286. Ritsa 286. Ritupisa 286. Road-futted-Kerr 128. Roadnabbed Kerr 137. 263. — Rödnäbbad tärna 137. Rödstik 55. Rohrmöve 128. Rohrschwalm 128. Rohrweihe 103. 195. 218. 219. Rondina di mare 128. Rondine di mare 128. arctica 137. coda-lunga 137. 112. 146. 164, — — fulginosa 178. maggiore 170. minore 119, piombata 97. viaggiatrice 169. zampe-gialle (Zampe-gialle) 164. — —- zampe-nere 148. Roseate Pelican 8. — Tern 164. Rose-coloured Pelican 208. Rosenmöve 297. 298. Rosensilbermöve silber-Möve) 222. Rosentärne 164. Rosowaja baba 8. Ross’ Möve 297. Rossia rosea 297. Ross’s Gull 297. Rotbein 206. Rotdrossel 106. Rötelfalke 151. Rötelsilbermöve 257. Rotschenkel 142. 144. 158, 190. Rotschnabel mit schwarzem (oder braunem) Kopf 206. Rötter 286. Rovmaage 310. 317. 329. Rov-Terne 170, Rözsas gödeny 8. Rudelenoga Cajkä 206. — tonovScica 206. Ruderfüssler (Ruderfüsser) 1. 15. 47. Rujava Cajka 232. — govnatka 329. — tonovslica 232. Rujavi lajnar 329. — otimat 329. Russian Maw 186. — Mew. 186. Rybak 204. anglicky 148. bahni 97. belokridly 114. cerny 105. kasbicky 170. maly 119. obecny 128. severni 153. Rybolowka bialoczelna 119. bialoskrszudla 114. bialowasa 97. czubala 153. ‚krzyczek 105. Rybolöwka krötkodzioba 148. — wielkodziöba 170. — zwyezajna 128. (Rosen- Sa Crow 67. Saatgans 19. 52. Saatkrähe 43. 60. ‚61. 62. 63,5 6.1156, 1 LTE 1217. 223. 229. 251. 280. 310. 3172318 Sabine’s Gull 295. Saccu 8. Sackente 67. Sackgans 8, Sagan gris 35. Säger 96. Said Fool 232. Säing 223. 240. 286. Sakkas 8. 21. Salu 35. Sand-Tar 148. Sandterne 148. Sandwich-Meerschwalbe 153. Sandwich-Tern (Sandwich Tern) 105. 153. des Mac Dougall Sarki siräly 275. Sassla 8. Scarbh 67. Schalucher 51. Schaluchhorn 51. Scharb, der 51. Scharbe 34. 47. 51. 52. 68. en LAD: amerikanische 67. chinesische 60. gehaubte 67. grüne 67. kleine 77. 86. kurzschwänzige 67. südeuropäische Art 68. vom Kap 67. Scharben 2. 3. 18. al. 32, 34 47. 48. 49. 65. 67. 68. 69. 71. 13. 74. 75. 76. 77. 79. 84. 85. 291. — grössere 86. — kleine 83. — kleinschnäbelige Scheerke 105. Scheissfalke 317. Schere, kleine 29. Scherenschnäbel 91. Schiefermöve 239. Schirtmöve 119. Schlangenhalsvogel 48. 49. Schleiereule 178. Schlucker 51. Schmarotzermöve 317. 325. Schmarotzerraubmöve (Schmarotzer- Raubmöve) 292. 308. 310, 313. 314. 317. 334. 335. Schneegans 8. Schneemöve 280. Schnepfe 70. 309. 316. Schnepfenartige Vögel 144. 264. Schnepfenvögel 43. 69. Schnirring 128. Schollevaar 51. Scholver 51. Schönntjernk 119. Schopfreiher 83. 85. 86. Scehotten-Gans 35. Schuluer 51. Schulver 51. Schwalbe (Schwalben) 14. 25. 35. 90. 91. 92. 93. 109. 112. 113. 126. 135. 146. 158. 161. Schwalbenmöve (Schwalben- Möve) 295. gemeine 128, 19. . 43. . 59. grosse 170. kleine 119. schwarze 105. schwarzplattige 128. Schwalbenschwanzmöve 295. Schwalbensturmvogel 39.315. Schwan 2. 10. 14. 15. 18. 37. 214. | Schwäne, schwarze 91. Schwanentaucher 8. Schwarzkopf 128. Schwarzkopfmöve (Schwarz- kopf-Möve) 191. 199. 207, 210. 341 Schwarzkopfmöve, 204. Schwarzmantel 258. — grosser 258. — kleiner 232. Schwarzmäntel 232. 241. Schwimmkrähe 67. Schwimmtaucher 40. Schwimmvögel 1. 2. 16. 21. 25.'78: 90: 134. 136. 301. 303. 307. 314. — mövenartige 32. — pelikanartige 32. — taucherartige 59. Scorpi 51. Scoutie-allan 317. Scraye 128. Scua Gull 303. Sea Crow 206. Sea-Maw 223. Sea-Swallow 128. grosse Seeadler 45. 60. 64. 74. 161. 176. 231. 238. 252. 256. 265. 271. 273. 293. 307. 316. 328. Seefächer 286. .'Seeflieger 90. .Seegans 8. .'Seegeflügel 38. .'Seehäher 67. ‚|Seekrähe 67. 131. 183. 206. 214. 286. — grosse 206. Seemöve 206. 226. 257. 294. — die 258. — grosse 258. 267. Seerabe 51. — grosser 51. — — schwarzer 51. — weisser 35. Seeregenpfeifer 123. 124. 125. 142. 144. _ Seeschwalbe 24. 30. 97. 100. 102. 107. 108. 111. 113. 131. 146. 151. 152. 161. 173. 178. 194. 286. 296. arktische 131. 137. aschgraue 106. 128. bleigraue 97. bunte 105. dickschnäbelige 148. Dougallsche 164. 166. englische 148. europäische 128. gefleckte 105. gemeine 128. grosse 128. 206. mit gespaltenem Schwanze 128. grösste 170. kaspische 170. 173. 176. kentische 131. Kentsche 250. kleine 119. — schwarze 105. langschwänzige 137. mit brandgelber Schnabel- spitze 153. mövenschnäbelige 148. nordische 137. rotfüssige 128. rotköpfige 206. Rüpellsche 169. russbraune 178. schnurrbärtige 97. schwarze 97. 101. 103. 104. 105. 114. 117. 118. 141. 194. 195. 229. schwarzgraue 109. 110. 111. 113. 114. 117. 190. schwarzköpfige 128. schwarzplattige 128. schwarzrückige 114. silberfarbene. 137, 542 Seeschwalbe, silbergraue 137. -—— weissbärtige 97. 106. 114. 117. 201. — weissflügelige 101. 106. 114. — weissschwingige 114. Seeschwalben 90. 109. 110. LER EEG, 118. 126. 127. 128. 136. 140. 143. 152. 155. 159. 162. 167. 170. 172. 173. 178. 179. 184, 190. 191. 193. 194. 195.197. 325. graue 91. 96. schwarze 102, 117. 195. schwarzgraue 117. 118. weissflügelige 108. Seeschwalm 206. Seetaucher 42. 313. Seevögel 25. 30. 33. 38. 41. 45. 58. 59. 62. 65. 72. 73. 125. 127. 140. 144. 145. 151. 157. 162. 166. 167. 173. 174. 176. 177. 190. 212. 220. 227.236. 245. 249. 253. 262. 263. 264. 272. 273. 274. 278. 289, 291. 293. 300.306. 307. 308. 314. 315. 316. 523. 328, — echte 91. 301. — hochnordische 62. — nordische 162. 250. See-Wasserrabe 51. 67. Seidenreiher 83. 85. 86. Seketi 186. Selkälokki 232. Senateur 280. Sgarbh-buill 51. Shag 67. Shooi 317. Siberian Gull 239. — Herring-Gull 239. Sija-Kutan 8. Silbermöve 142. 145. 171.2.272, 227. 228. 233. 20, 239. 240. 263. 265. 275. 278. 279. 288. 292. 303. 308. 315. — grosse 240. — nördliche 255. — südliche 255. Silbermöven, europäische 241. Silberreiher, grosser 85. Sildemaage 232. Silfvermäs 240. Silfvertärna 137. Sillebas 35. Silleslygare 232. Sillgjuse 232. Sillmäka 232. Sillmäs 232. Sillmäve 232. Sillstimoisare 232. Silvermäns 267. Silvery Gull (Silvery - Gull) 240. Simna 286. Singschwan 9. Sisaja-Tschaika 223. Siva Cajka 223. — tonovslica 223. Sivkasta mahalka 153. Skaiti 329. Skälgumse 267. Skalucher 51. Skaluer 51. Skalver 51. 161. 225. 231. 238. 262. 273. 291. 147. 158. 225. 224. 229. 230. 236. 237. 255. 256. 266. 271. 256. Skäre 240. Skarf 51. Skarffa 51. Skarfur 51. Skarv 51. 67. Skarvur 67. Skeetenjoager 317. Skegla 286. Skidtaeder 317. Skraal-Terne 170. Skrafaning 170. Skränmäse 170. Skräntärna 170. Skrätärna 170. Skrattmäs 206. Skrieltjernk 170. Skriktärna 170. Skrimave 170. Skrimöv 170. Skua 303. 305. 306. — grosse 307. — Gull 303. Skualabb 303. Skua-Möve 303. Skua-Raubmöve 303. Skue 303. 310. 317. 329. Sküggvur 303. Skuir 303. Skumur 303. Skuri 232. 240. 258. Slender-billed Gull 222. Smaaskarv 67. Smägall 232. Smago 51. Smälabb 317. Small Maa 223. Smätärna 119. Smergon 51. Snipterne 119. Solan Goose 35. 45. Soland-Gans 35. Solend 35. Solend-Gans 35. Somateria 284. — mollissima 250. 254. (Silber - Möve) Sömmerkubb 240. Sooty Tern 178. Söravn 51. Sort Havmaage 258. — Tärne 105. — Terne 105. Sortkirre 105. Souler 35. Spaltfuss 105. Spatelraubmöve (Spatel- Raubmöve) 310. 315. Spansk mäse 35. Specht 78. Speckmöve 206. Sperber 195. Sperling 159. 248. Spetsstjärtad labb 317. Spidshalet Kjove 317. Spinnenmeerschwalbe 148. Spirer 128. Spitsbergs-Maase 280. Splitstaart 128. Split-Tar 137. 153. Spolled Booby 35. Spurre 128. - Srednja Cajka 232. — tonovstica 232. Starre 128. Steenbicker 119. Steenpicker 125. Steganopoden 2. 4. 5. 6. 7. 18. 34. 49. Steganopodes 1. 2. 6. Stenn-poahl 186. Stercoraire 329. — a longue queue 317. — — queue courte 310. — arctique 310. — brun 303. Register. Stercoraire catarracte 303. — parasite 317. 329. — pomarin 310. — Richardson 317. Stercoraires 301. Stercorario 303. — di coda lunga 310. — maggiore 303. — mezzano 310. Stercorarius 93. 94. 95. 146. 147. 181. 281. 296. 300. 306. 308. 311. 316. 317. 329. 331. antarcticus 306. catarractes (catarrhactes, cataractes) 303. chilensis 306. crepidatus 310. 317. 330. longicauda 329. longicaudatus 329. longicaudus 317. 326. 329. maccormicki 306. parasitica 329. parasiticus 311. 314. 317. 329. 330. 331. 333. 334, pomarina 317. pomarinus 302. 310. 317. 318. 321. 326. 329. 330. 331. pomatorhinus 310. skua 95. 303. 310. striatus 310. Sterentje 128, Sterna 1. 32. 93. 94. 95. 96. 97. 102. 103. 106. 109. 119. 181. 184. 185. 300.: 327. affinis 169. africana 153. anglica 148. 156. 202. antillarum 121. aranea 148. arctica 137. 138. ardesiaca 114. argentata 137. 138. argentea 119. 318. 318. 315. 332. 311. aterrima 114. Bergii (bergi, bergei) 169. Boysii 105. 153. brachytarsa 128. canescens 153. cantiaca 120. 121. 144, 148. 153. 164. 165. 166, 213. 237. 250. 254. — acuflavida 156. caspia 170. 205. cayennensis 153. columbina: 153. de la Motte 97. del Rüpell 169. Dougalli (dougalli) 120. 157. 164. epouventail 108. fissipes 93. 104. 105. bergi, 114. fluviatilis 128. frontalis 167. fuliginosa 178. hirundinacea 140. hirundo (Hirundo) 92. 93. 95. 96. 97. 101. 102. 103. 120, 121. 126. 128. 137. 138. 142. 143. 146. 157. 164. 165. 166. 168. 190. 191. 193. 208. 281. hybrida 97. indiana 178. leucopareia 97. leucoptera 114. — longipennis 117. Sterna macrura 97. 98. 100. 104. 110. 120. 128. 131. 134. 137. 157. 158. 164. 165. 166. 167. 168. 213. 229. 237. 247. 296. 323. 324. 325. — maggiore 170. — major 128. — maxima 174. — media 169. megarhynchos 170. metapoleucos 119. mezzana 153. oceipite diecolor nera 153. minore 119. minuta 21. 92. 93. 96. 102. 119. 133. 158. naevia 105. nera 114. nigra 104. 105. 114. nilotica 146. 148. 330. nubilosa 153. obscura 105. panayensis 179. paradisea 137. 164. Petto bianco 105. risoria 148. sandvicensis 153. Schillingii 170. 173. sinensis 121. stolida 180. striata 153. stübberica 153. superciliaris 121. tschegrava (Tschegrava) 92. 96. 126. 146. 148. 156. 157. 162. 170. 184. 250. 254. 292. 336. virgata 140, vittata 140, Sterne Caugek 153. de Berge 169. — Dougall 164. fuligineuse 178. hansel 148. Hirondelle 128. naine 119. paradis 137. 3 Pierre-Garin 128, tschegrava 170. voyageuse 169. Sterninae 90. Sternula minuta 119. Stjörtlabb 329. Stolucherez 51. Stor Graamaage 240. — grämäve 240. — hvidvinget Maage 267. — hvittrut 267. — hvitvingad trut 267. — Kjove 303, Storch 3. 14. 15. 40. 151. 214. 218. 219. 247. 256. Storgall 258. Storjo 303. Storlabb 303. 310. Stormaage 223. Stormäge 232. Stormäge 258. Stormäs 258. Stor-Recke 170. Storskarf 51. Storskarv 51. Stortrut 258. Stossmöve, kleine schwingige 275. Stosstaucher 16. 25, 33. 90. 248. 271. 278. 290. Strandhög 310. 317. 329, Strandjäger 317. — kleiner 329, — — langschwänziger 329. — — Spitzschwänziger 329. weiss- Strandjäger, langschwänziger 317. — spitzschwänziger 317. Strandvögel 123. 124. 127. 142. 143. 144. 145. 175. 205. 237. 249. 253. 254. 307. 316. 326. Strepsilas collaris 327. Striated Tern 153. Striga 128. Stritte 128. Strko6 75. Stromvogel 223. — di becco, piedi et|Strontjaggers 301. Struntjaeger 310. 317. 329, Struntjäger 317. — grosser 310. — kleiner 329. — — langschwänziger 329. — — spitzschwänziger 329. Struntmöve 317. — mittlere 310. Stummelmöve 290. Sturmmöve (Sturm-Möve)158. 171. 190. 207. 212. 214. 223. 236. 237. 238. 241. 280. 2834. 286. 287. 288. 289. 291. 292. 314. 316. BAT 2UE | — bunte 258. — grosse 240. — weissgraue 267. Sturmvogel (Sturmvögel) 30. 33. 34. 223. 264. 282. 304. 309. 315. — grosse 307. | Sudraba kaiwa 240. Suippopyrstöinen räiskä 317, Sula 1. 2. 4. 5. 6. 7, 32, 35. 48. 49. alba 35. bassana (Bassana) 34. 35. bianca 35. brasiliensis 34. capensis 35. cyanops 30. major 35. melanura 35. 37. piscatrix 30. Sulagans 38. 44. 45. Sulaire 35. Sulais 35. Sule 35. — weisse 35. Sulidae 32. Sumpfschnepfe 190. Sumpfvögel 86: 92. 102 103. 108. 110. 119. 195. 196. 218. Süsswasser-Möven 202. Suula 35. Svala 35. Svart tärna 105. Svartbag 258. Svartbag-Maage 258. Svartbak 232. 258. Svartbakr 258. Svartbakur 258. ( Svartbeäkur 258. Svarthattsmave 206. Svartlasse 317. Svartskäre 258. Svartskäve 232. Svarttrut 258. Swallow 35. Swartkopp 206. Syeldielow 232. Sylochelidon caspia 170, Szelesfarkü halfarkas 310. Szerecsen siräly 190. Szula 35. Tachypetes aquila 27. — aquilus 27. Tachypetes minor 27. Tagvögel 183. Tambau 8. Tänner 128. Tärna 128. Tarney 128. Tarrock 128. 137. Tarrock-Gull 286. Tarrok 286. Tattarak 286. Tauben 199. 207. 273. 290. 292. 301. 308. 327. — zahme 160. Taubenfalke 218. Tauchenten 59. Taucher 38. 52. 74. 75. 193, 315. Taucherartige Schwimmvögel 59. Tauchermöve 267. Tauchvögel 2. 9. 68. 86, Tedna 137. Tedne 128. Teichvögel 196. Teisten 291. Terej 35. Terna 137. Terne 128. Tesoreta 148. Thalasseus cantiacus 153, — caspius 170. — medius 169. Thalassidroma pelagica 315. Tiarenk 170. Tiärp 128. Tjegvi 310. 317. 329. Tigerilla 29. Tjerilla 27. Tijereta 27. Tiira 128, | Tjöggvi 310. 317. 329. Tjöi 310. 317. 329. Tirro 128, 137. Tölpel 2. 16. 30. 32. 36. 37.38. 89. ,40..41., 42. 43. 44, 45, 48. 49, 59. 63: 1195312: bassanscher 35. ‚kleiner 30. | schwarzschwänziger 37. vom Bass 35. 38. von Bassan 35. — bassanscher Art 41. weisser 35. Tonovscica 206. Toppskarf 67. Toppskarfur 67. Topskarv 67. Törpe karakatna 77. Tossefugl 35. Totanus totanus 144. 190. Traki 329. | Trauerseeschwalbe 107. 116. Tretaaet Maage 286. Tretäig mäse 286. Trikrempljasta tajka 286. — tonovscica 286. Tringa 333. Tringoides hypoleucus 125. Troldpipe 317. Tropic-bird 88. Tropievogel 30. Tropikvogel 1. 87. 167. 179. 332. 333. — der 88. Trut 232. 240. Tschäika 206. Tschaika malaya 186. — serebristarga 240. Tschegrawa 170. Tschermaya-martyschka 105. Tschernonosaya Martyschka 148. Tubinares 1. 6. 90. 94. Tunturi räiskä 329. Turmfalke 151. Tyvjo 310. 317. Tyvmaage 310. 317. 329. Uferschnepfe, schwarz- schwänzige 194. Uferschwalbe 110. 117. UhrgrootstSkeetenjoager 310. Uhu 219. Ujslands-mäasi 223. Ulu-Chailan 255. Upes sihrinsch 128. Upupa 5. Uria 95. 252. 293. — Brünnichii 272. Ustökös kärökatona 67. Ütileguskarfur 51. Valkealokki 280. Valmäasi 267. Valmäsi 275. Vanlig 317 labb. Värpemäve 223. Veidibjalla 258. Velika tajka 258. — tonovsStica 258. Veliki kavran 51. — lapisdo 51. Vielfrass 8. 51. Vihar siräly 223. Vischdiefje 128. Vodeni gavran 51. Vogel Haine 8. Vögel, mövenartige 303. 309. — pelikanähnliche 30. — pelikanartige 30. reiherartige 85. schnepfenartige 144. 264. Vogelheine 8. Vran 51.75 Vranac 51. 75. — huholjac 67. 111. — kaloser 77. — veliki 51. Vultur 15. Register. Weacholderdrossel 138. Wachtel 103. 106. 112. 229. Wachtelkönig 103. Waeg 286. Wagel 258. Wagel-Gull 258. Waldvögel 58. Wasserhuhn 229. Wasserkamel 19. Wasserkrähe 67. Wasserläufer, dunkler 256. Wasserrabe 48. 51. 67. — gemeiner 67. — schwarzer 51. Wasserschwalbe, dunkle 105. — schnurrbärtige 97. — schwarze 105. — schwärzliche 105. — weissschwingige 114. Wasserträger 19. Wasservielfrass 8. Wateraaf 51. Watvögel 134. Weihen 110. 146. 195. Weissaugen-Möve 221. Weissflügelseeschwalbe 116. Wendehals 298. Wette 27. Whiskered Tern 97. White Gull 223. — Pelican 8. White-eyed Gull 221. White-headed Frigate Peli- can 27. White-tailed Tropic-bird 88. White-winged black Tern 114. Wide-awake 178. Wiesenweihe 103. 112. 218. 324. Wimmermöve 110. 170. Winter Mew 223. Winter-Gull 223. Wintermöve 223. 228. 286. — blaufüssige 223. Würger 111. 133, 159. Wydrzy byalopior 303. Wydrzyk pasozytny 317.329. Wydrzyk zöttoszyjny 310. Xatrac 119. Xema 295. capistratum 206. collaris 295. minutum 186. pileatum 206. 207. ridibundum 206. 207. 'Sabinii (Sabinei, sabinii) 195. 208. 295. 299. 336. Yellow-legged Gull 232. — Herring-Gull 255. Zafferano 223. 232. — mezzo-moro 232. Zee-Meeuw, kleine 206. Zee-swaluw 128, Zee-Zwaluw 128. Zeisig 201. Zilvermeeuw 240. Zmirak 75. 343 Zwarte Ikstern 105. — Meeuw 105. — Stern 105. — Zeezwaluw 105. Zwart-Kop 206. Zwartkop Meeuw 206. Zwergkormoran 77. Zwergmeerschwalbe (Zwerg- Meerschwalbe) 105. 113. 114. 119. 133. 134. Zwergmöve (Zwerg - Möve) 186. 197. 198. 199. 201. 202. 207. 210. 287. 296. Zwergscharbe (Zwerg-Schar- 'b6)..68..69. 71, 27: — europäische 77. Zwergschwalbenmöve 186. Zwergseeschwalbe 123. 125. 126. — dänische 119. — pommersche 119. — spaltfüssige 119. Zwerg-Wasserrabe 77. N} wi h er E vr ve x N, zit 1295 “> ? BASE in r B | ! j) THSONIAN INSTITUT I IN] NN | | | (| 88 00703 1438