u = a a Te SES ae f { Fe i ps + N ET u ee ar et SEELEN, DUES ei Lui 2 en a a Hi. į $ TE me Dares Tate u SES Er T: rt n yena % + ++ HAE yi ik: H x 5, H E i Fe ral Hit 154 232005 rate Re RES LEE tint Darunter AA Er ANRREREN ei we et ee Hi er ER er; 5 RTS ARTE Pe #5 N ER, NE we SE X BR SE RER De ER tyi SE AS res FH R At Oo < < = « = Anthropologie und allgemeinen Naturgeschichte von D. Karl Asmund Rudolphi. Mit dem nach einem Gypsabgufs in Kupfer gestochenen Bildnifs des Kaiserl. Russischen Etats-Raths P. S. Pallas. EN Fl ps ee PRES Berlin, bey Haude und Spener. TE DARWIN | l FRA op ml là. © $ í aa << Y Ex wS ah a FE: r P eter Simon Pallas “ Verzeichnifs seiner Schriften U. Über eine neue Eintheilung der Thiere e. + II. Über die Verbreitung der Organischen Kör- per. I. Abschnitt. zen d . Über die Verbreitung der Pflan- o . $ e 113 2. Abschnitt. Über die Verbreitung der Thie- re 2 x n $ = x Š 130 3. Abschnitt. Über die Verbreitung des Men- schen x ; ° ® - 2 ; 145 IV. Über das Schönheitsverhältnifs zwischen bey- den Geschlechtern bey Menschen: und’ Thie- ren ; . . 173 TNT PET Z Peter Simon ReIlas. Ein biographischer Versuch. Vorgelesen in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften den 3osten Januar 1812. Bi meinen frühesten Jünglingsjahren habe ich den Namen Pallas mit hoher Achtung genannt, Wie ich mich nach und nach von einem Theil der Naturge- schichte zu dem andern wandte > überall begegnete mir sein Wort. Ich ward Mann, ich suchte in das Heilig- thum der Natur tiefer einzudringen: in ihm fand ich ihren bewährtesten Verkündiger. Eine unbeschreibliche Freude war es mir, Pallas in meiner hiesigen, neuen, geliebten Heimath zu fin- den. Ich lernte ihn als Menschen lieben, wie ich ihn als Gelehrten bewunderte. Keine Woche verstrich, wo ich ihn nicht wenigstens einmal gesehen hätte. Ich kam und lernte, und wenn ich gieng, so dachte ich schon auf den nächsten Besuch, und bereitete mich auf Fragen, die ich ihm vorlegen wollte. Nur ein Jahr habe ich ihn genossen, aber ein rei- ches, schönes Jahr. Er ist nicht mehr hier, aber jeder Tag mahnt mich an ihn. Unwillkührlich ergreife ich die Feder, von ihm zu schreiben. A 2 4 Ich kann ihm kein Denkmal setzen, das seinen Ruhm erhöhte, und diese Blätter werden längst ver- gessen seyn, wenn seine Schriften noch in Aller Hän- den sind. Wohl kann ich aber Manchem, der ihn nicht so genau kannte, eine Stunde des Genusses bereiten, in- dem ich ihm den Trefflichen näher darstelle; und der Jüngling, der diese Schrift in die Hand nimmt, möge an dem edlen Beyspiel erglühen, und sich zurufen: das war er, und was willst du werden? Erster Abschnitt. Pix Simon Pallas ward den 22sten September 1741 in Berlin geboren. Sein Vater Simon Pallas, aus Johannisburg in Preufsen gebürtig, studirte die Wundarzneykunst in Pa- . ris, diente in der Folge als Regimentschirurg bey dem Regiment Dönhof, das in Berlin in Garnison lag, und nachdem er diese Stelle niedergelegt hatte, ward er - Professor der Chirurgie bey dem Collegium Medico - Chirurgicum und dirigirender Wundarzt bey der Cha- rité. Diese Stellen sind schon sichre Beweise seiner Kenninisse und der Achtung, worin er stand. Seine Schriften *), über die man natürlich nur nach dem damaligen Zustand der Chirurgie urtheilen darf, stel- len ihn als einen erfahrnen, in der Anatomie wohl be- wanderten Chirurgen dar, dem die Theorie weniger am Herzen lag, als die Praxis. *) Simon Pallas Anleitung zur practischen Chirurgie, zum Gebrauch seiner Zuhörer. Berlin und Stralsund, 1763. 8. Dess. practische Anleitung die Knochenkrankheiten zu heilen. Zum Gebrauch seiner Zuhörer. Daselbst 1770. 8. 6 Seine Mutter, Susanna Leonard, war aus der französischen Kolonie in Berlin. Er hatte zwey Geschwister: einen um zehn Jahr älteren, noch hieselbst lebenden Bruder, August Friedrich, der früher über die Wundarzneykunst Vorlesungen gehalten *), späterhin blos der medici- nischen Praxis gelebt hat, und nun, seines hohen Al- ters ungeachtet, noch einer seltnen Kraft genielst; ferner eine Schwester, die als Wittwe des Banquiers Döll vor einem Jahre hier gestorben ist, nachdem sie noch das Glück gehabt hatte, ihren aus der Krim zurückkehrenden Bruder wieder zu umarmen. Bis 1754 ward Pallas von Hauslehrern unterrich- Er fand zuerst einen sehr strengen, partheyischen Lehrer, der das Talent des Knaben gänzlich verkannte und ihn sehr hart behandelte. Nur durch Zufall er- fuhr dies sein Vater, da der Sohn selbst es nicht wagte, ihm seine Leiden zu klagen: die Erziehung je- ner Zeit war auch fast überall durch Härte bezeichnet. Es ward jedoch ein anderer Lehrer gewählt, unter dessen Leitung der Jüngling trefflich gedieh. tet. Seine Unterweisung muls vorzüglich gewesen seyn, denn seine nachmaligen Kenntnisse waren so tief und ausgebreitet, dals sie eine feste Grundlage voraussetzen. Die griechische Sprache ward in der Zeit seiner Jugend weniger geliebt als itzt: unter seinen zahllosen Excer- *) Aug. Fried, Pallas Chirurgie, oder Abhandlung von den äufserlichen Krankheiten, nebst einem vollständigen Ver- zeichnils derer chirurgischen Werkzeuge, wie auch einer Ab- ' bildung einiger noch nicht sehr bekannten Instrumente. Zum Gebrauch seiner Zuhörer, Berlin 1764. 8. Z pten ausDichtern habe ich auch keins aus einem Grie- chen gefunden. Unter den Römern scheint ‘er Ovid und Seneca vorzüglich geliebt zu haben, wenigstens finde ich aus ihnen am häufigsten Stellen ausgezogen. Früh war er der lateinischen, der englischen und französi- schen Sprache sehr mächtig, und die deutsche hatte er mehr »eultivirt, als es zu der Zeit gewöhnlich war. Selbst in deutschen Aufsätzen aus seinem funfzehnten Jahr finde ich eine Bestimmtheit und Reinheit des Aus- drucks, wie sie damals gewils selten war. Späterhin bediente er sich zum Niederschreiben seiner Bemer- kungen bald der englischen, bald der französischen Sprache, doch liebte er jene mehr. Auch die übrigen neueren Sprachen erlernte Pallas leicht, und man fin- det, dafs er in jeder der erlernten Sprachen eine gro- fse Gewandtheit und Sicherheit hatte, In der deut- schen Sprache hatte er einen Wortreichthum, wie ihn wohl sehr wenige besitzen; und in allem was er schrieb — es mochte deutsch oder lateinisch oder en- glisch u. s. w. seyn — herrscht eine Klarheit und Ein- fachheit, die zum Muster dienen kann. Dem jüngeren ‚Schriftsteller verzeiht man zur Noth etwas Prunk und Schwulst, itzt treten nur zu häufig ‚selbst Männer da- mit auf: davon aber wufste Pallas nichts. — In ein- zelnen, wenigen Punkten der Rechtschreibung , sawohl im Lateinischen als im Französischen, wich er von der gewöhnlichen Form ab; da es immer aber dieselben Abweichungen sind, so scheint mir dies nur eine durch Zufall entstandene Angewöhnung zu seyn. Übrigens spricht nichts mehr für seine treffliche Bildung, als seine frühe Liebe zur Etymologie. Jeder gute Kopf wird sie späterhin schätzen, wenn er erst ihren hohen 8 Werth einsieht; wer sie aber wie Pallas früh liebge- winnt, wird dies in der Regel einem trefflichen Leh- rer verdanken, der des Knaben Scharfsinn zu wecken versteht. Von 1754 bis 1758 besuchte er die Vorlesungen bey dem Collegium Medico-Chirurgicum, das mehrere treffliche Lehrer zählte. Die Botanik hörte er bey Gleditsch, die Osteologie bey Sprögel, die übri- gen Theile der Anatomie und das Accouchement bey Meckel, die Physiologie bey Roloff, die Chirurgie bey seinem Vater und bey Henkel. Er übte sich fei- [sig im Zergliedern auf dem anatomischen Theater, ° und gegen das Ende des Jahres 1758 legte er seinen anatomischen Cursus ab. Unter einem Lehrer der Anatomie, wie Meckel, auf einem anatomischen Theater, wie dem in Berlin, mulste er ein guter Zergliederer werden. Dazu kam aber noch, dals Roloff bey seinem Vortrag der Phy- siologie die schönen anatomischen Präparate seines Schwagers Lieberkühn benutzte, und so noch mehr Lust zum Zergliedern erweckte. Pallas behielt auch immer eine grolse Vorliebe für die Anatomie, und sammelte auf seinen frühern Reisen alles, was auf die Einspritzungen und andere Hülfsmittel zur Verfertigung anatomischer Präparate Bezug hatte. Er theilte auch in der F olge im Stralsundischen Magazin seine Bemer- kungen über die Verfertigung von dergleichen Präpa- raten mit, und in den Neuen Nord. Beiträgen Bils Methode die Leichname zu einbalsamiren. In der Entomologie und den andern Theilen der Zoologie war er sein eigner Lehrer, und welche schnelle Fortschritte er darin machte, beweisen seine vielen handschriftlichen Bemerkungen aus jener Zeit, und unter andern schon vom Jahr 1756. Der funfzehn- jährige Jüngling beobachtete z. B. sehr genau die Le- bensart der Raupen, stellte Versuche über ihre Ver- wandlung, und über ihre Empfindlichkeit gegen den Schall an, welche letztere bejahend ausfielen, beob- achtete ihre Säfte u. s. w. Als Knabe entwarf er eine eigne Anordnung der Vögel, die ich als einen Beweis, wie früh er. selbstständig war, und wie wenig er an Auctoritäten klebte, hieher setzen will, denn sonst hat sie freilich bey einigem Guten anch genug Fehler- haftes: 1) Mimae. Psittacus, Strix, Falco, Accipiter. Der- matopodes rostro unco. 2) Picae, rostro conoideo. Hymenopodes uncun- gues. Corvus, Motacilla etc. | 8) Hamiotae. Grus, Ciconia, Ardea, Haematopus, Charadrius, Sterna. Nares perviae. 4) Anseres, rostro unguiculato. Anser, Mergus, Pelecanus, Platalea, Alca > Procellaria. 5) Alcyones. Colymbus, Mero Fulica, Sterna. 6) Geophilae. Otis, Tetrao, Gallus = 7) Scolopaces, 5) Grallae. 9) Passeres lingua triquetra, Im Herbst 1758 ging Palla Segner fast der einzige war, Ps, Upupa, Alcyon, Struthio., rostro trochoide. s nach Halle, wo dessen Vorlesungen er und zwar über Mathematik und Physik. Zu- gleich machte er auch mineralogische Excursionen in die umliegende Gegend. besuchte, 3 Im Frühling 1759 kam er über Leipzig und Wit- ee ne K, it M QUE i RER TR, K > = IE R Fi RE Er as La um RER, és Sr ee + 10 tenberg nach Berlin zurück, und reiste von da nach Göttingen, wo er Röderer’s und Vogel’s Unter- terricht genols, vorzüglich aber die reiche Bibliothek zu seiner Ausbildung benutzte, so dafs er auch noch spät mit Dank darauf zurückblickte. Im Julius 1760 besuchte er das damals hochbe- rühmte Leyden, um hier seine Studien zu beendigen. Unter den dortigen Lehrern schlofs er sich vorzüglich an Bernhard Siegfried Albinus, an Gaubius und Musschenbroek an; überdies aber studierte er die Naturaliensammlungen der Universität, von Gronovius und Andern. Am 27. December des zu- letzt genannten Jahrs vertheidigte er seine schon in Göttingen *) ausgearbeitete Inauguraldissertation: de Infestis viventibus intra viventia. Was der neunzehnjährige Jüngling geschrieben hat- te, war das Beste und das Reichhaltigste, das bis da- hin über diese Materie in naturhistorischer Hinsicht geschrieben war **). Linné stand in diesem Punkt sehr zurück, und blieb mit seltner Hartnäckigkeit bey einigen unhaltbaren Meinungen. Pallas zeigte aber *) Die in dem nämlichen Jahr zu Göttingen herausgekom- mene Inaugural-Dissertation von Jo. Georg Chr. Hillfeld (Experimenta circa venena) kann Pallas auch zugeschrieben werden, wenigstens sind alle Beobachtungen, alle mit Thieren angestellten Versuche von ihm. **) Damit Niemand glaube, als ob hier ein partheyischer Biograph rede, setze ich mein Urtheil aus meiner Hist. Verm, Int. Vol. I. p. 7. n. 14. a. hieher. „Vermes humanos et be- stiarum nonnullos enumerat, plurimos horum quidem confun- dit, Linnaei tamen errores quosdam evitat, Taeniae Caput, et Cysticerci vitam restituit, ut aeque bonus de vermibus au- . LISE ctor antea non exstiterit. nicht blos das Irrige derselben, bewies nicht allein das Leben der Blasenwürmer und den Kopf des Band- wurms, durch eigne Beobachtungen und mit mehr Er- folg als seine Vorgänger, sondern er gieng noch wei- ter; er machte darauf aufmerksam, dafs Linne’s ganze Klasse der Würmer fehlerhaft angelegt sey. Diese Schrift konnte Jedem zeigen, was von Ihm in der Folge zu erwarten sey, doch mulste sein rast- loser Eifer für die Naturwissenschaften, sein lebhaftes, verbindliches Wesen ihm in persönlichen Umgang noch mehr die Herzen öffnen. Er fand auch überall die beste Aufnahme ÿ und, nachdem er die merkwürdigsten Städte und Kabinette von Holland besehn hatte, ging er im Julius 1761 nach London. Die Absicht seines Vaters bey dieser Reise war, dafs er die dortigen Hospitäler besuchen sollte, allein statt ihrer besuchte er die kenntnifsreichen eng- lischen Naturforscher und ihre trefflichen Sammlungen. Er machte hier viele, zum Theil genauere Bekannt- schaften, als mit Collinson, Emanuel Mendez da Costa, Ellis, Baker, Solander u. s. w.; und da ihm jene Beschäftigungen den Tag wegnahmen, so wandte er häufig ganze Nächte zum Lesen naturhisto- rischer Schriften an. Theils um sich zu unterrichten, theils um Seeprodukte und Fossilien zu sammeln, machte er mehrere kleine Reisen, als nach Oxford (in Gesell- schaft seines besonders geliebten Freundes, des Dr. Volkmann), nach der Seeküste von Sussex u. Sich Wie er auch gegen das Ende des Aprils 1762 nach Harwich ging, um nach Holland zurückzukehr schafften ihm widrige Winde, Überfahrt zurückhielten, en, ver- indem sie ihn von der die angenehme Gelegenheit, I2 eine Menge Seegeschöpfe aufzusuchen und näher zu studiren. Von England war er sehr begeistert. Er schreibt an einer Stelle seiner kleinen Tagebücher, die ich vor mir habe: s „Mich dünkt, ich war in Holland selbst träger als jemals, und überaus schwermüthig, welches nach des Ritters Temple’s Beobachtung den Fremden in Hol- land gemein ist, da die Holländer doch ohne Melan- cholie sind; und das Gegentheil scheint in England statt zu haben, wo nur die Eingebornen derselben aus- gesetzt sind. Ich weifs nicht, ob meine Familien- Um- stände mich allein so schwermüthig gemacht haben. Ich war es auch im Sommer, und liebte meinen trau- rigen Gedanken und der Faulheit nachzuhängen. So viel weils ich, dafs ich alle traurigen Einfälle in Eng- land weit leichter zerstreuen konnte.” Und an einer andern Stelle, nachdem er England und dessen Bewohner überhaupt gelobt hat, fügt er hinzu: „Mich dünkt, ich ward in der Englischen Luft (oder im Englischen Umgang, zugleich mit dem zuneh- menden Alter, welches aber doch nicht so schnelle ‚Veränderung hätte machen können) selbst gesetzter, nachdenkender, scharfsinniger und witziger.” u Über Holland kehrte er nach Berlin zurück > wo er den 12. Junius ankam. Sein Vater hatte ihn zum Feldarzt bei der alliirten Armee bestimmt, auch schon darüber mit ihm nach England korrespondirt; Pallas mufste auch in dieser Absicht den ı2. Julius nach Han- nover reisen. Wie er ankam, war aber schon der Friede geschlossen, und jener Plan glücklicherweise vereitelt. Nachdem er Hannover, Wolfenbüttel, Braun- 13 schweig und Helmstädt besehen, Werlhof, Andreae u. s. w. kennen gelernt hatte, kehrte er wieder nach Berlin zurück, wo er beynahe ein Jahr blieb. Wahr- scheinlich keins der angenehmsten Jahre seines Lebens, da man ihn so gerne als praktischen Arzt beschäftigt wissen wollte, er selbst aber sich den Naturwissenschaf- etn für immer hingegeben hatte. Nur hierauf bezogen sich auch seine Studien, und er führte einen ununterbrochenen Briefwechsel nach England und Holland, so wie mit einigen akademischen Freunden, die sich itzt in Paris aufhielten. Während dieses Aufenthalts in Berlin schrieb er eine Fauna Insectorum Marchica, die nicht im Druck erschienen ist, wovon er selbst auf einem Blatt schriftlich hinterlassen hat, dafs sie nicht werth gewe- sen sey, bekannt gemacht zu werden, und wovon das Manuscript in den Händen seines Freundes, des ältern Sandifort im Leyden geblieben ist. Gleditsch, der mit so vieler Achtung an Pallas schrieb, wollte, wäh- rend dieser wieder in Holland war, die Correctur des Drucks übernehmen *): das hätte Gleditsch gewils bey keinem schlechten Werk gethan, und ein sol- ches konnte Pallas nicht schreiben. In Aufzählung der Arten **) und in Festsetzung der Gattungen *) Der Brief, worin er sich dazu erbietet, ist noch vor- handen. **) Ein für allemal bemerke ich, -dafs ich genus durch Gattung, species durch Art, varietas durch Abart über- setze. Soll genus Art, species Gattung seyn, so klingt es wun- derlich, dafs varietas wieder Ab- Art ist, Dafs sich blos Thiere einer species im freyen Zustande unter einander begatten, wie Manche annehmen, ist offenbar falsch. 14 mochte jene Fauna vielleicht hinter manchem, neue- ren Werk zurückstehen; nach den interessanten Be- merkungen aber zu urtheilen, welche der Verfasser im Stralsundischen Magazin über die Insekten mitge- theilt hat: so enthielt es gewifs einen Schatz von Beobachtungen über die Lebensart und den Bau der Insekten, und darin gerade, in dem allerwesentlich- sten, stehen die Schriften von Fabricius und meh- rerer Neuern, den ältern bey weitem nach. Endlich erhielt Pallas von seinen Eltern die Er- laubnifs, in Holland sein Unterkommen zu suchen; er ging den 30. Julius 1763 von Berlin, kam zu Ende des Augusts im Haag an, und beschlofs, bier zu bleiben. Gefiel ihm gleich das Land nicht, so konnte er doch hoffen, hier die Gelegenheit zu einer grölsern Reise zu finden, und auf naturhistorische Reisen war sein ganzes Streben gerichtet: noch als Greis hätte er gern eine Reise nach Amerika gemacht. —. Zur Vorberei- tung konnte ihm auch kein Land nützlicher werden, als Holland. Er war in diesem Jahr von der Königl. Gesellschaft in London und von der Rôm. Kaiserl. Akademie der Naturforscher zum Mitglied erwählt worden; er stand mit allen Naturforschern in Holland in genauer Verbindung, genofs überall die grölste Achtung, und hatte schon dadurch alle Unterstützung in seinem Fach zu erwarten, half nun aber auch Meh- reren wissenschaftliche Kataloge über ihre Sammlun- gen anfertigen; ihm stand daher Alles offen, und seine Kenninifs der Naturkörper aus allen Welttheilen mufste schnell zu einer grolsen Höhe steigen. Noch immer enthält Holland Sammlungen, die mit den mehrsten 15 anderer Länder eine Vergleichung aushalten; damals übertraf es sie gröfstentheils darin. Die Frucht seines Aufenthalts in Holland, doch auch zum Theil früherer Untersuchungen, waren meh- rere treffliche Werke, die kurz hinter einander er- schienen und eine nähere Betrachtung erfordern. Sein Elenchus Zoophytorum, der 1766 im Haag herauskam, und den er dem verdienten Gau- bius zueignete, von Boddaert ins Holländische, von Wilkens ins Deutsche übersetzt, enthält nicht blos eine viel gröfsere Menge von Arten, als in Linné, Ellis und andern Schriften vorkamen, enthält nicht blos eine gründliche Auseinandersetzung derselben, sondern zugleich eine treffliche Entwicklung ihrer gan- zen Naturgeschichte. In der Einleitung, die klassisch genannt werden kann, zeigte er unwiderleglich, dafs das organische Reich unter seinen Geschöpfen keine strenge Trennung erlaubt, dafs die Thiere und Pflan- zen mittelst der Zoophyten zusammenstolsen, dals an eine Leiter der Natur nicht zu denken sey, sondern dafs die Naturkörper vielmehr zusammen ein Netz bilden, Am besten könne man sich das System der organischen Körper als einen Baum denken, der auf dem unorganischen Reich wie auf seinem Boden stän- de, der sich gleich von der Wurzel an in zwei Stämme theilte, die sich hin und wieder einander nähern. Der erste Stamm gienge ‘von den Zoophyten durch die Mollusken zu den Fischen, mit einem grolsen Seiten- zweige für die Insekten; von den Fischen steige der Stamm durch die Amphibien zu den Säugthieren, un- ter denen wieder ein grofser Seitenast für die Vögel F 16 abgienge. Die Genera würden wieder die kleineren Nebenzweige bilden. Wenn man diese trefilichen Ansichten mit denen vergleicht, die damals herrschend waren, so sieht man bald, wie sehr er den Mehrsten seiner Zeitgenossen vorgeeilt war. Von ganz vorzüglichem Werth sind die Untersu- chungen über die Verwandtschaften der Gattungen unter den Zoophyten. Über ein Paar der herrschen- den Sitte nach angehängte Gattungen (Taenia, Volvox, Corallina), die er selbst aber für fremdartig hält, und nur nicht übergehen wollte, um nicht unvollständig zu scheinen, erklärt er sich (p. 400) auf das bündigste. Wenn man die einzelnen genauen Untersuchun- gen, wie z. B. S. 268 — 273 über das angebliche In- crustat von Rackanje, durchgeht, wovon er darthat, dafs es eine wirkliche Zoophytenbildung sey: so sieht man, was zu erwarten gewesen wäre, wenn er auf diesen Prodromus, wofür er das Werk nur ansah, hätte fortbauen können. Seine Absicht nämlich war, ein grolses Werk über die Zoophyten mit illuminirten Kupfern heftweise herauszugeben: das wäre gewils ein andres Werk geworden als das Espersche. Aus jenem Plan ward nichts, da er in andere Gegenden gerufen ward; doch hat er stets eifrig fortgesammelt, und sein Handexemplar des Elenchus ist durch eine grolse Menge beygeshriebner Notizen bereichert. Seine Schreibart ist in diesem, wie in den übrigen Werken, kräftig und frey. Er erkennt willig eines J e- den Verdienst, und wen er in einer Hinsicht tadelt 5 den lobt er in einer andern, wie es die Natur der Sache mit sich bringt. So lobt er Linne an sehr vie- len 17 len Orten, verwirft aber auch oft die von diesem ge- wählten Anordnungen, Die Stimme der Wahrheit ver- hallt nicht leicht; ist sie auch in des Einen Munde zu schwach, so findet sie in einem Folgenden ein kräfti- geres Organ. Manches nahm Linne gleich von ihm auf, gegen das mehrste sträubte er sich; so brachte er Pallas Blasenbandwurm sonderbar genug zur Gat- tung Hydra: das hat sich Alles nach und nach ver- bessert. ‘ Hatte Linné den einzelnen Tadel nicht gut auf- genommen, wie man aus einer gewissen Kälte gegen Pallas Verdienste schliefsen darf: so schmerzte es Ellis hingegen, dafs ein Anderer, als er, diese Ma- terie bearbeiten wollte. Doch äufserte er nur seine Empfindlichkeit in Briefen gegen seine Freunde, und Pallas antwortete darauf in einem Schreiben an Col: linson oder Dupont *) und zeigte, dafs er ihn so oft hätte nennen müssen, weil er vorzüglich über den Gegenstand geschrieben hätte, dafs er aber dies mit Anstand gethan, auch von ihm nichts genommen habe. So war die Fehde bald abgethan. Beinahe zu gleicher Zeit mit jenem kam ein A tes, ganz vorzügliches Werk heraus, die Miscella- nea zoologica, welche nur wenige Naturforscher zu kennen scheinen. Weil manche der darin befindli- chen Kupfer Pallas nicht genügten, so beschlofs er, die mehrsten in den Miscellaneis enthaltenen Aufsätze nach und nach in seine gleich zu nennenden Spicile- *) Ich finde nämlich unter Diky Papieren eine Abschrift dieses Briefes, doch weils ich nicht bestimmt zu sagen, an wen er gerichtet war. B Ba SS DS a 18 gia zu übertragen, und mit bessern Kupfern zu ver- sehen; dies ist auch zum Theil geschehen, allein viele vortreffliche Aufsätze, grade die wichtigsten, sind den Miscellaneis eigenthümlich geblieben, und sowohl für Zoologie als vergleichende Anatomie ist es ein köstli- ches, unentbehrliches Werk. Die Besitzer der Spici- legia zoologica glaubten vielleicht, es nach Pallas Äufserung *) entbehren zu können, allein das ist kei- neswegs der Fall, da die Spicilegia nur einen Theil davon enthalten. Zuerst errichtet er die nach ihm allgemein ange- nommene Gattung Antilope, und beschreibt mehrere Arten derselben, dann folgen genaue Beschreibungen des äthiopischen Schweins, des Hyrax capensis, des Vespertilio soricinus, des Sciurus Petaurista, einer Myrmecophaga und einer Didelphis (um gegen Buf- fon zu beweisen, dafs diese Thiere nicht blofs der neuen Welt angehören), der Psophia crepitans; hier- auf die äufserst schätzbaren Abhandlungen über die Aphroditen, die Nereiden, und andere Seethiere, so wie über die Blasenwürmer. Ich bemerke hierbey ein Paar Punkte. Erstlich haben wir keinen Schriftsteller, der bessere, lichtvol- *) Non enim in isto libro mihi ipse satisfeci; displicebant maxime icones et statim, cum in publicum ex temporis neces- sitate prodiisset, eundem, cujus ille specimen est, laborem ni- tidiori ordine diligentius atque limatius redordiri apud me con- stitueram. Spicil. I. Praefat. So urtheilte der gegen sich selbst zu strenge Verfasser, Haller hingegen (Bibliotheca Anatomica T. U. p. 565.) nennt die Miscellanea: opus quantivis pretii, und das mit Recht. Re Se D zen x nn 19 nn lere Beschreibungen der Thiere giebt, als Pallas in diesem und einigen späteren Werken mitgetheilt hat. Er übergeht alles Überflüssige , mischt nie fremdartige Dinge ein, und ohne Weitschweifigkeit ist er genau. Die Ausmessungen der Thiere nach Daubenton’s Manier haben Manche für: überflüssig gehalten; er hat sie stets, hier wie in der Folge, von allen neuen Thie- ren gegeben, die er beschrieb. Ich glaube, dafs man sie itzt mit Unrecht vernachlässigt. Nicht allein, dafs wir bei Vergleichung eines uns unbekannten Thiers mit den vorhandenen Beschreibungen dadurch sehr oft in den Stand gesetzt werden, sehr bestimmt über die Identität oder Verschiedenheit zu urtheilen, wenn wir z. B. ein ganz abweichendes oder durchaus das- selbe Verhältnils finden; sondern, was mehr ist, ich zweifle keinen Augenblick, dals mit der Zeit ein scharfsinniger Kopf, der die verschiedenen Verhältnis- se der Theile bey den Thieren genau vergleicht, da- durch zu sehr interessanten Resultaten kommen muß. Zweytens finden wir in diesem Werk treffliche Un- tersuchungen aus der vergleichenden Anatomie, und durch sie wieder glänzende Resultate für die Zoologie. Ich schweige von der interessanten Anatomie des Hy- rax u. s. w. und führe nur einiges aus dem Aufsatz über die Aphroditen an. | Pallas zeigte die Verwandtschaft der Aphroditen und Nereiden mit den Wurmröhren (Serpula), und bewies einerseits, dals bey ihnen, so wie bey den übri- gen Würmern Linné’s, die Gegenwart der Schaale keinen Grund gebe, eine eigne Ordnung der Schaal- thiere (Testacea) mit Linné zu errichten, sondern dals man nur auf das Thier selbst sehen müsse; ande- B 2 20 rerseits bewies er durch eine sehr gelungene Anato- mie der Aphrodite, dafs sie im innern Bau den Insek- ten ganz nahe stehe. Was jenen Punkt betrifft, so | hat Pallas viel Verdienst. In der Aufnahme der Gattungen war er noch strenger als Linne, und wollte dessen Doris- und Thetys-Arten, des Bo- hadsch Lernaea und Argus, und selbst Linnés Scyllaea zur Gattung Limax bringen. Wenn wir auch itzt mehrere dieser Thiere besser kennen, und anders zusammenreihen, so dürfen wir doch bei diesen Thie- ren, so wenig seinen als den Namen von Otto Frie- drich Müller übergehen, und ein neuerer Schrift- steller hat mit Unrecht Cuvier Alles allein zuschrei- ben wollen %. Cuvier hat für die ganze verglei- chende Anatomie, und ganz besonders für die Mol- lusken so aufserordentlich viel gethan, dafs sein Ruhm für immer gesichert ist: allein es liegt in der Natur der Sache, dafs Niemand gleich und ohne Vorarbei- ten Anderer ein nur irgend haltbares Gebäude in ei- Wissenschaft aufführen kann. Pallas und O. Fr. ner Müller — deren Vorgänger ich hier der Kürze we- gen übergehe — hatten viel gethan, nun kam Poli, und leistete für die Mollusken sehr viel; dann stand Cuvier auf, und ihm verdankt dieser Theil der Zoo- LI *) Zoologie Analytique par A. M. Constant Demeri 4 Paris 1806. 8- p- 154: „La classe des mollusques et ses di- visions ont été établies par M. Cuvier depuis -près de neuf ans. Il est le premier naturaliste, qui se soit oc- cupé de l'étude de ces animaux, et qui les ait placés à la tête des invertebrés, parcequ’ils ont une organisation interne beaucoup plus compliquée que les autres. 27 logie seinen gegenwärtigen Glanz. Den Werth der Mollusken sah Pallas ebenfalls ein, wie schon aus dem oben gegebenen Schema seiner Eintheilung er- hellt, aber er stellte mit Recht die Strahlthiere ihnen zunächst; die Insekten hielt er besonders, und. sie kön- nen auch schwerlich zwischen die Mollusken und Wür- mer eingeschoben werden. Doch davon in einem ei- genen Aufsatz, ; Pallas Ansichten von der Organisation der In- sekten wichen sehr von Cuvier’s Darstellungen ab. Ich habe mit dem trefflichen Greise sehr oft darüber gesprochen, und oft bin ich von ihm aufgefordert, den Gegenstand neuen Prüfungen zu unterwerfen. Pallas dachte sich nämlich das Rückengefäls der Insekten, und mithin das ganze Ernährungsgeschäft derselben viel zusammengesetzter, als Cuvier Ich selbst halte ‚ die Sache noch für zweifelhaft, und werde zu einer andern Zeit meine Beobachtungen darüber bekannt machen. Auch die Ernährungsweise der Mollusken, _ z. B. der Aplysien, wie sie Cuvier angiebt, schien Pallas noch sehr problematisch. Nach einem dreyjährigen, für Pallas, und durch ihn für die Naturkunde, höchst erspriefslichen Aufent- halt in Holland, ohne jedoch eine Versorgung gefun- den zu haben, kehrte er in das elterliche Haus nach Berlin zurück, wo ihm bald ein günstiger Stern auf- gieng. Sein erstes Geschäft war die Miscellanea unter ei- nem bessern Äufsern fortzusetzen. So entstanden die Spicilegia Zoologica, von denen die vier ersten Hefte 1767 erschienen, und wozu er die Vorrede im May desselben Jahrs geschrieben hatte. Die zum fünf. ten bis vierzehnten *) Heft schrieb er im May des fol- genden Jahrs, und man kann auf die Thätigkeit von Pallas schon aus dem einen kleinen Umstand schlies- sen, dafs er alle diese Hefte in dem gedachten Monat ins Reine gebracht hat, während er sich zugleich zu seiner grolsen Reise rüstete. Die Spicilegia zoologica werden zu allen Zeiten eine Zierde jeder Bibliothek seyn und geben für alle Theile der Thiergeschichte eine reiche Ausbeute. ` Sie sind noch lange nicht gehörig benutzt. Haller ur- theilte von Pallas, er sey ex praecipuis Anatomiae comparatae statoribus, die Neuern scheinen seine Ar- beiten in der vergleichenden Anatomie wenig zu ken- nen; man findet wenigstens Manches Andern zuge- schrieben, das er lange bekannt gemacht hatte, und die trefflichsten Bemerkungen sind übersehen wor- den »*%), *) Da die letztern Hefte erst so spät herauskamen, so hat er ihnen in der Folge neue Abhandlungen eingeschaltet. Sie handeln fast blos von sibirischen Thieren. **) Betrachtet man auch das Schicksal des Werks, so sieht man, wie wenige Liebhaber die besten, gründlichsten Werke der Art finden. Die zehn ersten Hefte kamen bey Lange, die drey folgenden bey Vofs, der vierzehnte bey Pauli in Berlin. heraus: weiterhin fand sich kein Verleger, obgleich Pallas noch wenigstens sechs Hefte gerne hinzugethan hätte, um so zwey Bände zu vollenden, Wäre Pallas in Deutschland ge- blieben, wäre er wohl gar auf einer berühmten Universität Lehrer gewesen, so würde dies freylich nicht ganz so statt ge. funden haben. Doch hatte man offenbar mehr Sion für die Grammatik der Naturgeschichte, als für diese selbst; mehr Sinn für die Kataloge der Naturkörper, als für Bücher die sie genau schilderten. — 23 Ra Zu gleicher Zeit gab Pallas die ersten zwey Bände des Stralsundischen Magazins heraus, das Krünitz nachmals eine kurze Zeit forisetzte. Die ersten Hefte enthalten treffliche Aufsätze von Pallas: über den Winteraufenthalt der Schwalben; über die Wirkung der Krähenaugen auf Thiere; über einen Spritzfisch; über die Hydatiden; über die angebliche Entdeckung des Originals der Belemniten; über die Einspritzung der Blutgefälse; über einige Besonderhei- ten der Insekten; mehrere Notizen für Naturaliensamm- ler; von dem angeblich septischen Gift aus dem Blau- specht; Beschreibung von ein Paar Schweinsmisge- burten, lizt, oder vielleicht schon früher in Holland, hat er auch die Übersetzung von Brooke’ s Medicinischem Handbuch besorgt. Eine Arbeit, wozu ihn wahrscheinà lich der Wunsch des Vaters brachte, dafs er sich mit der Praxis beschäftigen möchte, denn aus Neigung hat er schwerlich seine Zeit darauf gewandt. Dafs er diese Übersetzung aber wirklich besorgt hat, geht schon aus _ dem Titelkupfer derselben hervor, worauf die Göttin Pallas mit dem Medusenschilde abgebildet ist, welches eine Anspielung auf seinen Namen seyn sollte, so wie er auch den Medusenschild im Wappen führtr. Ich finde auch einen Zettel unter seinen Papieren, worauf er seine ältern Schriften verzeichnet, und auch diese Übersetzung genannt hat. Zweyter Abschnitt, D hieher, hatte Pallas dem Studium der Naturge- schichte mit Leidenschaft obgelegen, ohne zu wissen, in welchem Wirkungskreise er seine Talente zu grö- [serer Vervollkommnung der Wissenschaften dereinst anwenden würde. Er hätte als Lehrer der Naturge- schichte, als Lehrer der Anatomie jeder Universität die grölste Ehre gebracht, doch hätte er schwerlich so viel leisten können, als er in der Laufbahn leiste- te, die ihm itzt eröffnet ward, Die Kaiserin Katharina, welche die Wissen- schaften menschlich liebte und kaiserlich beförderte, hatte neue Reisen in ihrem Reich angeordnet, um den Zustand und die Produkte der noch nicht hinlänglich untersuchten Provinzen in das gehörige Licht zu setzen. Zum Führer einer grolsen Expedition nach Sibirien suchte man einen tüchtigen Naturforscher, man wandte sich deshalb an Ludwig in Leipzig, und dieser em- pfahl unsern Pallas. , Am 3osten April ward er von der kaiserlichen Aka- demie der Wissenschaften in St. Petersburg berufen, um als, ordentliches Mitglied derselben jene Reise zu 25 machen: und er nahm den Ruf an. Deutschland ver- lor an ihm einen Naturforscher, wie es vor und nach ihm keinen gehabt hat: doch die Wissenschaften ge- hören der ganzen Erde an, und es ist nichts selines, dals das Talent überall, nur nicht in der Heimath ge- schätzt wird. In Berlin gefchah nichts, ihn ‘zu fesseln; man ahndete vielleicht nicht einmal, was man in ihm besafs. ts Kaum war er in Petersburg angekommen, so rü- stete er sich zu der beabsichtigten Reise, und machte sich mit allen dahin einschlagenden Gegenständen be- kanni. Am einundzwanzigsten Junius 1768 ging Pallas von Petersburg ab, über Moskau, Wolodimer, Kasi- mof, Murom, Arsamas, Pensa, nach Simbirsk, machte Streifereien in die umliegende Gegend und kehrte wie- der nach Simbirsk zurück, wo er den Winter blieb. Am zehnten März 1769 verliels er diesen Ort und be- gab sich über Stawropol, Samara, Sysran, und Ussolie nach den Schwefelhütten zu Sernoi Gerodok; wieder nach Samara zurück, über Borsk und Orenburg nach den Ilezkischen Salzwerken, dann nach Jaizkoi Goro- dok, zu den Jaizkischen Kasaken, und zu den in der Steppe umher nöstädisirenden Kalmücken , hierauf zu den Kirgisen am Iaik, nach Gurjef an der kaspischen See, und wieder zurück bis nach Ufa, wo Pallas den Winter blieb, und innerhalb zwey.Monaten seine nie- dergeschriebenen Bemerkungen in Ordnung brachte, so dals auch schon der erste Theil seiner. Reisebe- schreibung 1771 in Petersburg im Druck erschien. Am sechszehnten May 1770 gieng Pallas von Ufa nach den Eisenhütten am Symflufs, dann nach 26 dem Schieferberge Ueirtisch-Tau, nach den Marien- glasgruben am Tschebarkul, nach Katrinenburg und den dortigen Bergwerken, die der Hauptgegenstand seiner diesjährigen Reise waren, endlich nach mehre- ren kleinen Reisen, nach dem Städtchen Tscheljabinsk, wo.er den Winter zubrachte. Am sechszehnten April 1771 brach er wieder auf, und wandte sich östlich, gieng über den Tobal-Fluls, dann längs dem Irtisch, nach dem Korjäkofschen und dem Jamyschischen Salz- see, hierauf nach den Erzgruben am Schlangenberge, nach den Barnaulischen Hütten, nach Tomsk, über den Jenisei und nach Krasnojarsk,, wo Pallas den Winter verlebte, und die Materialien zum zweyten Theil sei- ner Reisebeschreibung ordnete, der 1773 herauskam. Am siebenten März ı772 begab sich Pallas wie- der auf die Reise, und zwar nach Irkuzk, über den Baikal-See, nach Selenginsk, Kjachta, nach dem chine- sischen Flecken Maimatschin, zurück nach Selenginsk ; dann machte er eine Streiferey zu den dauurischen Tungusen und wieder nach Selenginsk, und eine neue Reise nach Kjachta; hierauf wieder zurück nach Irkuzk und Krasnojarsk; von da nach dem Sajanischen Ge- bürge, und wieder zurück nach Krasnojarsk, wo er auch einen Theil dieses Winters blieb. Am zweyundzwanzigsten Januar 1773 gieng er nach Tomsk und Tara, längs dem Irtisch, nach Sarapul, nebenher nach Kasan und zurück, dann über den Ir- tek, über den Jaik, nach Sarepta und Zarizyn, von da nach Saratof und dem Elton - See , und wieder zu- rück, und in Zarizyn verweilte Pallas den Winter und einen Theil des Frühlings. Den vierundzwanzigsten April 1774 gieng er über 27 die Wolga und nach dem Bogdo-Salzsee; wieder nach Zarizyn zurück, und über Moskau nach St. Peiers- burg, wo er den dreilsigsten Julius eintraf. Die Reise hatte etwas über sechs Jahre gedauert, erstreckte sich über die unwirthbarsten Gegenden in dem unfreundlichsten Klima, und war so beschwer- lich, dafs Pallas, der keinen sehr festen Körper hat- te, nothwendig darunter leiden mufste. Er sagt selbst am Schlufs des dritten Theils seiner Reisebeschrei- bung, der 1776 herauskam, dals er mit einem enikräf- teten Körper und mit schon im 33sten Jahr grauenden Haaren zurückgekehrt sey. Keine Krankheit aber, weder die hartnäckigste Augenentzündung, noch eine immer wiederkehrende Ruhr konnten ihn auf der Reise unthätig machen; er ertrug Hunger und Durst, Frost und Nässe, und je- den körperlichen Schmerz mit immer gleicher, eiser- nen Geduld. Betrachtet man auf der andern Seite, was er geleistet hat, so muls man gestehen, dafs keine vor ihm gethane Reise eine reichere Ausbeute gebracht hat, Auf Alles war er aufmerksam , und wo eine Ge- gend ihn selbst ganz beschäftigte, nebenher aber an- dre Merkwürdigkeiten zu untersuchen waren, da fer- tigte er die ihm mitgegebnen Zöglinge der Akademie der Wissenschaften (Studenten) dahin ab, und unter- wies sie so gut über das, was sie zu beachten hatten, dafs auch ihre Arbeiten sehr nützlich wurden; vor- züglich ist in der Hinsicht Sujef, aber auch Soko- lof zu nennen, und Pallas äufsert auch sehr laut seine Zufriedenheit über ihren Eifer. Ein dreyfacher Zweck ward durch die Reise er- reicht. Erstlich lernte man eine Menge Völkerschaf- 28 ten genauer kennen, von denen man bisher sehr we- nig gewulst hatte, und die Reisebeschreibung wird in ethnographischer Hinsicht stets klassisch bleiben. Al- les, was hier von den Morduanen, von den Tschuwa- schen, von den Kosaken, Kalmücken, Kirgisen, Basch- kiren, Mestscheräken, Wogulen, von den Katschinzi- schen, sagaischen und andern Tataren, von den Ostja- ken, Samojeden, von den Chinesen, den dauurischen Tungusen, den Koibalen, den Wotjaken, den Tsche- remissen u. s. w.; Alles, was von diesen erzählt wird, ist mit dem geübten Auge des genauen Beobachters aufgefalst, und unbefangen niedergeschrieben. Ihm war es nicht, wie so vielen andern Reisebeschreibern, um einen gefälligen Roman, sondern um die nackte Wahrheit zu thun, und die beschriebenen Völker kom- men sehr gut dabey weg. Von sehr hohem Interesse ist auch Alles, was über die vielen Überreste von Alterthü- mern in den durchreiseten Provinzen bemerkt ist. Zweytens sind die Naturprodukte dieser Gegen- den, sowohl in Hinsicht des unorganischen, als des organischen Reichs, mit dem grölsten Fleifs unter- sucht. Die Zoologie war Pallas Lieblingsstudium, wie er selbst oft äufserte, und sie hat daher auch na- türlich durch diese Reise die grölste Bereicherung er- halten. Kein Theil derselben ist leer ausgegangen, vorzüglich mufs man aber die Menge der neuen Säug- thiere und Vögel bewundern, und dies um so mehr, da schon andere Naturforscher vor ihm die mehrsten dieser Gegenden durchsucht hatten. Auch an Pfan- zen war der Zuwachs nicht gering, doch versteht es sich von selbst, dals auf einer Reise, wo man an je- dem Ort nur eine kleine Zeit bleibt, die Flora einer et + Gegend nie eischöpft werden kann, da dazu viele, sehr viele Jahre, und die vereinten Bemühungen vieler Na- turforscher erfordert werden. Es ist daher ein ganz ungerechter, ungegründeter Vorwurf von Lamark _bey der französischen Übersetzung dieses Werks: dals so wenige Pflanzen und besonders keine neue Gattun- gen auf dieser Reise entdeckt seyen, während Tour- nefort auf der seinigen so viele entdeckt habe. Erst- lich nämlich hat Tournefort auf seiner Reise lange nicht so viel für die Naturgeschichte geleistet, z. B. für die Zoologie und Mineralogie. Zweytens hat Pallas in der Reisebeschreibung nur von solchen Pflanzen Nachricht geben können, die er gleich als neu erkannte, da er unterweges fast ohne alle gelehrte Hülfsmittel war, das Manuscript aber zur Reisebe- schreibung auf der Reise selbst besorgen mulste; er sparte daher alle zweifelhaften Pflanzen für eine wei- tere Untersuchung auf, und seine Flora rôssica, seine Astragali u. s. w. sprechen von seinem Fleifs; Tour- nefort hat in seinem Voyage au Levant ja auch sehr wenige (noch wenigere) Pflanzen beschrieben, die übri- gen sind für seine andern Werke geblieben. Drittens hätte aber Lamark, wenn er Tourneforts ganzes Herbarium mit diesen Proben verglich, doch auch die Gegenden bedenken sollen, welche durchreiset wur- den, oder sich einen Katalog von Pallas Herbarium ausbitten sollen. Unter einem südlicheren Himmel, bey der üppigsten Vegetation mufste Tournefort mehr Neues finden, da seine Vorgänger ihm wenig wegge- nommen hatten; hätte Tournefort in den von Pal- las besuchten Gegenden botanisirt, so würde er ge- wils nicht mehr gefunden haben, — 30 kamen Der dritte Zweck war die Benutzung der Natur- produkte und alle dahin einschlagenden Anstalten in den durchreiseten Provinzen zu sehildern. Mit der gröfsten Umsicht wird das Verfahren in den Gruben und Hütten, in den Salzwerken u. s. w., werden alle Fabriken, wird Viehzucht und Ackerbau, Forstkultur u. s. w. gewürdigt, und der Staat lernte nicht allein durch diese Reise eines redlichen und einsichtsvollen Mannes viele Anstalten genauer kennen, sondern es wurden ihm auch mit vorsichtiger Klugheit viele nütz- liche Vorschläge zu Verbesserungen gethan. Wahrlich die Veranstaltung solcher Reisen ist die gröfste Wohlthat, die eine Regierung ihrem Lande erzeigen kann, und vergleicht man den Gewinn dieser Reise mit den geringen Kosten, die sie machte, so wird man ihren Nutzen um so höher anschlagen. Pallas hat nach einer von ihm handschriftlich zurückgelassenen Berechnung vom April 1768 bis zum ı5ten März 1775 ausgegeben 1798 Rubel, folglich auf ein Jahr 365 Rubel 7ı Kop. Dazu kamen jährlich für den Zeichner 200 Rubel, für den Ausstopfer 300, und für den Schützen 8o Rubel, also noch nicht tausend Rubel jährlich, welches gewifs nicht viel ist *). *) Güldenstädt hat vom Januar 1768 bis dahin 1772, die in Georgien gemachten Geschenke mit eingerechnet, 2989 Rubel, also auf das Jähr 747 Rubel 25 Kop. gebraucht. Dazu kamen für den Zeichner jährlich te für den Ausstopfer 144, für den Schützen 80 Rubel. Lepechin hat vom Junius ee bis zum 25sten Decbr. 1772 an Reise- und Reparaturkosten rog1%, also auf das Jahr 2424 Rubel ausgegeben, dazu kamen für den Jäger, Aussto- pfer, und Zeichner jährlich 384 Rubel 31 Doch wie gesagt, in der Reisebeschreibung konnte Pallas nur einen Theil seiner Bemerkungen mittheilon. Eine Menge Gegenstände erforderten Mulse zur näheren Untersuchung. Er fand diese, und eine Menge der treftlichsten Werke folgten auf einander, wovon schon eines seinem Verfasser einen bleibenden Ruhm gesichert hätte. : Zuerst die Sammlungen historischer Nach- richten über die mongolischen Völkerschaf- ten, wovon der erste Theil 1776, und der zweyte 1801 erschien. Das ganze Leben dieser merkwürdigen, von den Europäern fast eben so sehr als die Neger abweichenden Völker, ist auf das Anschaulichste ge- schildert, und das Werk liefert sehr viel mehr, als der Titel verspricht. Zwar findet der Historiker darin eine sehr grolse Ausbeute, und sehr vieles zusammen- getragen, das vorhin unbekannt war; allein dem An- thropologen ist es eben so unentbehrlich, und eine so tee WERE Die weißsreuflsische Reise kostete mit Zeichner u. s. w. jährlich 384 Rubeln. Gmelin’s persische Reise kostete unverhältnifsmälsig - mehr, nämlich rr000 Rubel. Die astronomischen Reisen haben, den Gehalt des Uhrma- chers mit eingerechnet, jährlich ungefähr 530 Rubel gekostet, Die Mittelsumme für die physikalischen Reisen war jährlich 836 Rubel. | Ich habe diese Notiz meinen Lesern angenehm und dieselbe aus Pallas Papieren mitgetheilt, Mit wie wenigen Kosten hat der Russische Staat nicht allein für das Beste seiner Unterthanen hierdurch gesorgt, und selbst seine Kräfte besser kennen gelernt, sondern auch zugleich für die Wissenschaften unendlich viel gethan, und sich den Dank aller Nationen erworben. geglaubt, 32 lautere, so reiche Quelle, als wir über keinen der nicht europäischen Völkerstämme besitzen. Dann seine Beschreibung neuer Nage- thiere (Novae species quadrupedum e glirium or- dine), die auf Schreber’s Veranstaltung 1778 in Erlangen herauskam, und wozu Pallas die Vorrede im October 1777 geschrieben hatte. Eine solche Mo- nographie haben wir über keine andre Ordnung der Säugthiere, und es möchten überhaupt sehr wenige zoologische Werke eine Vergleichung damit aushal- ten. Der Geist, der darin weht, ist den mehrsten Na- turforschern fremd geblieben, und man findet hier nicht blos eine genaue Beschreibung, nicht blos eine höchst interessante Anatomie *) dieser in manchen Theilen ihres Baues so ausgezeichneten, und grölsten- theils neuen Thiere, sondern zugleich eine ausführ- liche Geschichte ihrer Lebensart, und bey vielen noch überdies dem Physiologen wichtige Versuche über den Wärmegrad ihres Körpers. Braun hatte in den Abhandlungen der kaiser!l. Akademie **), wovon er Mitglied war, einen Aufsatz über die thierische Wärme mitgetheilt, und wie Pal- las seine Reise antrat, bat er diesen, zur nähern Erkennt- + *) Auch auf diese so reichhaltige, so vieles Neue liefernde Anatomie ist von den Schrifistellern über die vergleichende Anatomie gar keine Rücksicht genommen, Wie ist es mög- lich, dafs ein Buch so wenig benutzt ist, dem in Hinsicht der Anatomie dieser Thiere nichts an die Seite gesetzt werden kann. i **) De Calore animalium, Nov. Comm. Petrop. T. XMI. p- 419 — 435. u. DE Erkenntnifs des Gegenstands Versuche anzustellen. Pal- las hat auch auf seinen Reisen eine grofse Reihe-Ver- suche angestellt, wie seine hinterlassenen Papiere be- weisen, worunter ein eignes kleines Convolut von Beobachtungen über die Wärme der Thiere vorhan- den ist. Viele derselben sind in dem eben genannten Werk über. die Nagethiere bekannt gemacht, andere sind noch nicht mitgetheilt worden, und ich hoffe, sie einst alle in einer eignen kleinen Schrift den Physio- logen vorlegen zu können *). | Wie Pallas hier die durch ihn entdeckten oder näher bestimmten Nagethiere in dieser köstlichen Mo- nographie beschrieb und abbildete; wie er durch die Beschreibungen und Abbildungen vieler andern Säug- thiere Schreber’s grofses Werk bereicherte; wie er mehrere andre Thiere in den Abhandlungen der Kai- serl. Akademie zu St Petersburg, u. s: w. schilderte, um sich so endlich einen Weg zur Fauna Rossica zu bahnen, für die er den grölsten Theil seines Lebens arbeitete: so wollte er auch einen Theil der neuen Insecten Rufslands in einer eignen Monographie durch- gehen. Es kamen auch zwey Hefte seiner Icones Insectorum praesertim Rossiae Sibiriaeque peculiarium 1781 und 1782 zu Erlangen heraus **). . Vom dritten Heft, der 1798 angefangen ward, ist nur *) Die edle Tochter des grofsen Mannes, welche mir alle Papiere ihres Vaters zu dieser Biographie so gütig mittheilte, wird mir auch jene Bekanntmachung gewifs erlauben. **) Alle Abbildungen stellen Käfer dar, gröfstentheils sibi- rische, doch sind auch einige vom Kap, aus Ôstindien und Amerika, G f i à: É, w | — 34 Se ein Bogen nebst zwey Tafeln besorgt *); die übrigen Tafeln waren auch damals schon gröfstentheils fertig, allein das von Petersburg abgesandte Manuscript gieng verloren und das Werk blieb Fragment. Bey der Sel- tenheit der sibirischen Insecten und bey der so häufig ausgezeichneten Form derselben würde es sonst den Entomologen sehr angenehm geworden seyn. Nun unterzog sich auch Pallas dem sehr schwie- rigen Geschäft, eine Flora Rossica zu liefern. Sei- ne Hülfsmittel waren aber nicht gering. Er hatte selbst einen grolsen Theil der sibirischen Pflanzen an Ort und Stelle untersucht und ein reiches Herbarium; der grôfste Theil der Manuscripte und Sammlungen derer, die vor ihm die Russische Flora mehr oder weniger untersucht hatten, eines Schober, Buxbaum, Mes- serschmid, Gerber, Heinzelmann, Amman, Jo. Ge. Gmelin, Steller, Krascheninnikof, und Lerche, so wie derer, die mit ihm zu gleicher Zeit dafür arbeiteten, eines Falk, Lepechin, Ge- orgi, Sam. Gottl. Gmelin und Güldenstädt, standen ihm zu Gebot; so wie er auch Laxmann’s und Sievers Untersuchungen benutzen konnte, und ihm überdies Demidof, Patrin, Zujef, Hablizl “und Schangin durch Übersendung von sibirischen und taurischen Sämereyen und Pflanzen unterstützten, *) Die gewöhnlichen Exemplare von zwey Heften enthal- ten sechsundneunzig Seiten und Tab. A—F. Der Herr Pro- fessor Reich aber hat mir eins mitgetheilt, das vom dritten Hefte den Bogen N. und die Tafeln G. und H. enthält. Wäre das Werk vollendet, so würde die Tafel N. die letzte geworden seyn. Er konnte also hoffen ‚ viel zu leisten, und die beyden Theile der Flora, wovon der erste 1784, der andere 1788 erschien, waren werth, der Kaiserin zugeeignet zu seyn, Sie enthalten hauptsächlich die in dem Ge- biet der russischen Monarchie wildwachsenden Bäume und Sträucher, zwar nicht vollständig > aber doch in der gröfsten Zahl ‚ und das Fehlende hätte sich immer nachholen lassen, da Pallas, wie auch bey einem solchen Werk nicht gut anders thunlich ist, keine sy- stematische Ordnung befolgte, sondern am Schlufs ‘eine solche Übersicht geben wollte. Von den bekannten Pflanzen ist wenig gesagt, von den übrigen eine voll- Ständige Beschreibung und eine gute Abbildung gege- ben, von allen aber bemerkt, wo sie vorkommen, und welche ökonomische oder medicinische Anwendung von ihnen gemacht wird. Am Schlufs sollte eine Geogra- phie der russischen Pflanzen geliefert werden, von der man sehr viel erwarten durfte ‚ wenn man auf die Pro- ben sieht > die er von der sibirischen Flor und ihren Gränzen in seiner (ersten) Reisebeschreibung (gegen Gmelin), so wie späterhin von der taurischen gab. Leider aber ward das herrliche Werk früh unter- brochen; vom dritten Theil sind noch eine Parthie Ta- feln gestochen, worunter besonders die anzuführen sind, welche die Rhabarber - Arten vorstellen; aber diese sind nicht in das Publikum gekommen, und das Werk selbst ist schon selten geworden, Was die Un- terbrechung desselben veranlafst hat > ist mir unbekannt geblieben; schmerzhaft mufste sie auf jeden Fall für Pallas seyn. Sie zwang ihn in der Folge einzelne botanische Werke herauszugeben, wovon weiterhin; aber eine Menge Pflanzen - Abbildungen , ein Schatz Ca § "i p : 36 von botanischen Bemerkungen blieb für das Publikum verloren. Minder zusagend mochte für Pallas eine Arbeit seyn, die er indessen aus Liebe zur grofsen Kaiserin, die sie befahl, willig übernahm. Katharina hatte nämlich in Nebenstunden zu einem Polyglotten- Lexicon, das sich besonders auf ihr Reich bezog (welches allein sechzig Sprachen zählt), Sammlungen gemacht, und trug ihm die weitere Ausführung auf. Aufser den Zahlbenennungen waren 275 Wörter ge- wählt, die man am häufigsten gebraucht glaubte, und daher vorzüglich geeignet hielt, um über die Ver- wandtschaft der Sprachen Aufschlufs zu geben. In den beyden ersten Theilen, wovon der erste 1786, der an- dere 1789 erschien *), sind die europäischen und asia- tischen Sprachen in Hinsicht jener Wörter verglichen; der dritte Theil sollte die afrikanischen und amerika- nischen Sprachen zusammenstellen, ist aber, wahr- scheinlich aus Mangel an Hülfsmitteln, nicht herausge- kommen. In jenen beyden Theilen hat Backmeister die europäischen Sprachen (und Dialecte) 47 an der Zahl verglichen, die übrigen (asiatischen) 153 hat Pallas fast ganz aus handschriftlichen Wörterbüchern zusam- mengestellt. So ungeheuer aber die auf dieses Werk verwandte Mühe seyn mufste, so scheint mir doch der Plan **) desselben nicht gut angelegt. Erstlich nämlich *) Das Werk ist nicht mehr im Buchhandel zu bekommen. **) Der von der grolsen Kaiserin herrührt, so dals man wahrscheinlich nicht wagte, etwas dagegen zu sagen, ohne zu bedenken, dafs auch die gekrönte Person, indem sie ein Buch = e findet man eine sehr grofse Menge der aufgestellten Wörter durchaus nicht maafsgebend, weil sie erst bey einem Volk eingeführt werden konnten, wenn es schon zu einiger Cultur gekommen war, sich also schon von seinem Urstamm wahrscheinlich getrennt hatte; es kommt also itzt nur darauf an, von welcher Seite ihm die Cultur zugebracht war, und die Verwandischaft der Stammsprache wird dadurch nicht erhärtet. Zwey- tens aber sagen einige Wörter eines Volks ohne wei- tere Ausführung so gut wie nichts. Ohne die Ge- schichte eines Volks, ohne Kenntnifs seiner Lebensart, seiner Sprachweise (als z. B. das Schnalzen der Hot- tentotten), der Zeit aus der man von einem Volk ein Wörterbuch erhielt (da sich bekanntlich die Sprache so sehr ummodelt), ohne Kenntnifs von dem, der das Wörterbuch verfafste, ohne dies alles folgt man bey den aufgefalsten Tönen nur zu oft einem leeren, trü- gerischen Schall, und der Etymolog hat für seine Fan- tasie ein weites Feld *). | Ich bin diese beyden Bände des Polyglotten-Le- xicons ziemlich genau durchgegangen und ich finde, dafs die russischen Buchstaben zum Ausdruck der Laute recht wohl gebraucht werden können, also das Buch in der Hinsicht nicht unbequem; ‚allein aufser in der - Auswahl der Wörter selbst, ist auch in der Auswahl der gleichlautenden ‚Synonyme aus andern Sprachen uns. schreibt und drucken läfst, nur als Schriftsteller auftritt und zu beurtheilen ist. . *) Niemand aber läfst im Grunde seiner Fantasie ein so freyes Spiel, als es die Etymologen aller Zeit gethan haben, und noch itzt täglich thun. RO OA Re PERN AE ne TELLER > a ne ore nicht selten gefehlt; so um nur ein Beyspiel zu geben, würde man bey spiritus, im Russischen Duch, aus dem Deutschen nicht blos Geist und Duft, wie hier geschehen ist, sondern vielmehr auch das Wort Hauch haben setzen müssen, das offenbar von Duch wenig verschieden ist. Dies Werk wird also immer nur als ein erster Versuch zur Erringung des vorgesetzten Zwecks an- zusehen seyn, und es wäre zu wünschen, dafs die Kaiserl. Akademie in St Petersburg, der die Wissen- schaften schon so viel verdanken, die handschriftlichen Wörterbücher der asiatischen Sprachen, welche sie be- sitzt, nach und nach herausgeben, und zugleich von jedem Wörterbuch selbst eine möglichst genaue Ge- schichte, und wo es angeht, eine Vergleichung mit andern Werken über eben die Sprache, besorgen . möchte *). Die zahlreichen kleinen Abhandlungen, welche Pallas in den Schriften der Akademie, und anderer gelehrten Gesellschaften niederlegte, und welche die specielle Naturgeschichte betreffen, als über den Dshig- getäi; über Felis Manul; über Lacerta apoda u. s. w. übergehe ich hier, um nicht zu weitläuftig zu werden, und werde sie im angehängten Verzeichnifs seiner Schriften aufführen. Zwey andre aber, die sich mit *) Ein Theil meines Wunsches ist, wie ich eben sehe, schon erfüllt. Das Archiv für asiatische Litteratur, Geschichte und Sprachkunde von Julius von Klaproth, ı. B. Petersburg 1810. gr. 4. verspricht nämlich sehr viel für jenen Gegenstand, und ieh wünsche ihm den besten Fortgang. 39 allgemeineren Gegenständen beschäftigen, müssen et- was näher erörtert werden. Dahin gehören erstlich seine Observations sur la formation des montagnes et les chang'e- mens arrivés au globe, particulièrement à l’égard de l’empire Russe. Mit Recht tadelt er, dafs die Schriftsteller gewöhnlich nur eine einzige Art von Ursachen aufgestellt haben, um daraus alle Ver- änderungen unsers Erdballs zu erklären; mit Recht, dafs sie mehrentheils nur die Gegend ihrer Heimath vor Augen gehabt haben, und alle andere Länder von eben der Beschaffenheit glaubten. Indem er einerseits annimmt, dafs der höchste Theil der Urgebürge nie unter Wasser gestanden habe, giebt er es von dem übrigen festen Lande des Erdbodens (doch nicht über hundert Toisen hoch) zu, und um sich zu erklären, wie sich das Wasser davon entfernt habe, müsse man sich eine Menge Ursachen vorstellen, die nach und nach ihre Wirkung äufserten, und die er mit vielem Scharfsinn entwickelt. In Hinsicht der Thier- und Pflanzen - Versteinerungen rechnete er ganz auf die mit Jussieu angenommene grolse Fluth aus Süden, wobey sich bekanntlich die neuern Naturforscher nicht beruhigen, und auch wohl nicht ganz beruhigen kön- nen. Wird man aber auch einen Theil der Hypothese verwerfen, so mufs man doch das Ganze, so muls man doch die Schilderung der Gebürge Asiens, die lichtvollen Blicke über die ursprüngliche Trennung Afrikas und Asiens, so wie die von Amerika (in Hin- sicht ihrer Bewohner) » und über die ursprünglichen Racen, der Menschen, bewundern; besonders wenn man sieht, dafs er hierin so sehr vorangieng. Stärker > er = ah en E7 ani rn ju 40 als Racen, wagte Pallas nicht, sich auszudrücken, an Species oder Arten unter den Menschen mochte er nicht denken. Solche Unterschiede aber in dem, was der beste Kopf zugiebt, oder nicht zugiebt, hängen mehrentheils von Ideen ab, die in der empfänglicheren Zeit der Jugend tiefer eindrangen. Jener Abhandlung mag wohl eine andere an die Seite gestellt werden, nämlich über die Ausartun- gen der Thiere, wovon aber nur der erste Theil erschienen ist. Pallas. hatte hierzu sehr reiche Col- lectaneen angelegt, denn schon früh hatte er sich vor- genommen, über diesen Gegenstand ein eignes Werk zu schreiben, den er noch als Greis mit vorzüglicher Liebe behandelte. In jenem Fragment sind köstliche Bemerkungen über Buffon’s und Linne’s Ideen in Hinsicht dieser Materie vorangeschickt , und dann brei- tet er sich über die Spielarten mehrerer Thiere und ihre Entstehung aus. Es möchten wenige Naturforscher auftreten können, die so viele Thiere, besonders im wilden Zustande, gesehen haben, als Pallas. Er war kein Naturforscher, der aus der Studirstube über das entscheidet, was eigne Forschung verlangt; er hatte den grofsen Überblick, den itzt die Mehrsten verloren haben, weil sie oft nur eine sehr kleine Reihe von Geschöpfen, nicht selten nur einzelne Ordnungen stu- diren, ohne zu fühlen, dals daraus nur Mikrologie entsteht, und eine Anfüllung der Kataloge mit neuen Gattungen und Arten, die der Wissenschaft nur zur Last sind. Niemand wird läugnen, dafs in der Ansicht dieser Dinge viel Subjectives liegt, aber eben darum sollte man sich hüten, den Überblick zu verlieren: eben darum ist die Lehre von den Ausartungen der — 41 — Körper eine der wichtigsten. Nur durch eine gründ- liche Bekanntschaft mit ihr wird unser Urtheil in der Naturgeschichte ein richtiges. Wer wird statt Pallas - den Faden wieder aufnehmen? Seine noch so reichen Collectanea möchten dazu Keinen in den Stand setzen, wenn er keinen innern Beruf zu der Arbeit hat. Und wer würde sie benutzen? Hermann in Strasburg schrieb an Pallas, dafs von seinem Werke Tabula affinitatum animalium fünfundzwanzig Exemplare abge- setzt wären: mit einem Werk de varietatibus anima- lium möchte es dasselbe Bewandnifs haben. Eine neue Auflage der Swedenborgschen Schriften würde bey unserm erleuchteten, glaubensreichen Zeitalter wahr- scheinlich mehr Glück machen *). *) Fragt Jemand: warum Hermann’s Meisterwerk und ähnliche keine Leser finden? so ist die Antwort sehr leicht: weil sie von ihren Lesern zu viele Kenntnisse fordern. Der itzt so vielen Eingang findende Mysticismus sucht Unwissende, und die findet er reichlich genug. Unwissenheit heifst die Mutter der mehrsten naturphilosophischen Schriften. Träu- men kann Jeder und der Nachbar hört die Träume gern. Es versteht sich, dafs keine allgemeine Unwissenheit dazu noth- wendig ist, aber wenigstens eine über den Gegenstand, worin man dem eben so unwissenden Mystiker zuhört. Man em- pfängt hier auch den Trost, dafs man nicht unwissend seÿ, und das Studium wird gar sehr erleichtert, denn man braucht ja nun keine Gelehrsamkeit, kein tiefes Eindringen, kein treues Erforschen eines Gegenstands: man verkehrt nur die Augen, und überläfst sich sein en Ahndungen, das heilst: ei- ner zügellosen Fantasie, Jünglinge, die ihr dies leset, wählet ein System, welches es sey, aber wählt nicht eher, als bis ihr im Schweils eures Angesichts für die Wahrheit redlich gekämpft, als bis ihr euch würdig gemacht habt, ihr Antlitz zu schauen. Glaubt 42 In der Zeit, dals Pallas die eben angeführten Werke herausgab, erschienen auch seine Neuen Nordischen Beyträge zur physikalischen und geographischen Erd- und Völkerbe- schreibung, Naturgeschichte und Okono- mie. Er gab hierin theïls eine Menge eigner Aufsä- tze, theils ihm von Andern mitgetheilte Originalab- handlungen, theils Übersetzungen aus dem Russischen u. s. w., und legte so eine der reichhaltigsten Samm- lungen an, die nie ihren Werth verlieren wird. Der vielen fremden interessanten Originalaufsätze, beson- ders aller der von Hablizl, Messerschmid, Pa- trin, Steller, Sievers u. s. w. ist hier nicht der Ort zu erwähnen; von seinen eignen Abhandlungen nenne ich vorzüglich die im ersten und zweyten Bande befindlichen Bemerkungen über die Bandwürmer in Menschen und Thieren. Diese zwanzigjährigen Beob- achtungen enthalten sehr viel Gutes; besonders merk- würdig sind seine Versuche, diese Thiere künstlich ‘mitzutheïilen, so wie seine Bemerkungen über zwey- köphge Bandwürmer (Tricuspidarien), dergleichen we- der andern Naturforschern, noch mir bisher vorge- kommen sind *). eureh Lehrern, dieweil ihr Schüler seyd, aber gebt ihnen nur den Glauben, den sie als redliche Männer verdienen, das ist: historischen Glauben. Habt ibr die Übersicht eures Fachs gewonnen: dann mögen eure Zweifel beginnen, und prüfet und forscht. Vom Glauben kommt ibr nie gleich zur Wahr- heit, nur die Zweifel führen euch dahin. *) Er hat mit mir über diesen Gegenstand selbst geredet, weil es ihm schien, als ob ich in meinem Werk über die Eingeweidewürmer (Historia Entozoorum Vol. I. p. 340) zu 43 Bey dieser ununterbrochenen Thätigkeit, und ihr- em glänzenden Erfolg, mulste Pallas das Zutrauen der Kaiserin im höchsten Grade gewinnen, und sie gab ihm davon die ehrendsten Beweise. Nicht blos dadurch, dafs sie ihn zum Kollegienrath (1782), spä- terhin zum Staatsrath (1795) ernannte; nicht blos da- durch, dafs sie ihn zuerst zum Ritter des neuerrichte- ten Wladimir- Ordens erhob; sondern vorzüglich da- durch, dafs sie ihm so viele Geschäfte auftrug. Des Polyglotten -Lexicons ist oben gedacht; ihm ward auf- getragen eine Forstordnung zu entwerfen; er machte die Instruction für die Entdeckungsreise des Capitaine Billings, u. dergl. mehr. ‘Wenn auch diese Reise nicht so viel leistete, als man gehofft hatte, so lag dies an allerley ungünstigen Umständen; an der Instru- ction — die unter seinen hinterlassenen Papieren be- findlich ist — lag es wahrlich nicht, die noch itzt mu- sterhaft genannt werden kann. Mehrmals, wenn hohe Fremde die kaiserliche Aka- demie besuchten, ward ihm aufgetragen, die Vorle- sung zu halten. So las er jene Abhandlung über den Ursprung der Gebürge in Gegenwart Gustafs des Dritten; die über die Ausartungen der Thiere vor dem Prinzen Heinrich von Preussen; und zu ei- zweifelhaft darüber gesprochen hätte. Er versicherte mich , dafs er die Beobachtung mehrere Male auf das Bestimmteste gemacht habe, und durchaus keine Täuschung dabey vorge- fallen sey. Ich glaube dieser Versicherung gerne, obgleich es mir nie hat gelingen wollen, bey einem so gemeinen Wurm Dasselbe zu sehen. Omnia non omnibus vidisse contigit, 44 nem Besuch, den Joseph der Zweyte der Akade- mie zugedacht hatte, schrieb er die interessante Ab- handlung : Reflexions sur les anciens travaux des mines qu'on trouve en Sibérie et sur leurs rapports avec ceux d’Hongrie, quise distinguent des travaux Romains. Dritter Abschnitt. x So viele Auszeichnung Pallas aber auch genofs, so war er doch des Gewühls und der zu grofsen Gesel- ligkeit der Hauptstadt müde, und er beschlofs, eine Reise in die südlichen Provinzen des russischen Reichs zu machen, theils um seine wankende Gesundheit zu befestigen, vorzüglich aber, um die Pflanzen jener Ge- genden an Ort und Stelle untersuchen zu können. Die gütige Kaiserin gewährte ihm nicht allein die Erlaubnifs zu dieser Reise, sondern gab ihm auch Empfehlungen an alle Statthalterschaften, worin er ei- nige Zeit sich aufzuhalten Willens war. | Er machte die Reise auf seine eigne Kosten, in Gesellschaft seiner Frau und Tochter, und in Beglei- tung eines geschickten Zeichners, Christian Gott- fried Heinrich Geilsler aus Leipzig *). *) Von diesem Künstler, den Pallas sehr liebte, sind nicht allein die Kupfer zu seiner zweyten Reisebeschreibung, sondern auch die Abbildungen in seiner Astragalologia, in den Illustrationes plantarum rariorum, und einem Theil der Fauna Rossica Auch sind noch von ihm eine grofse Menge bis itzt unbenutzter Pflanzengemälde unter Pallas Nachlals, `~ 46 Um den Frühling an der südlichen Wolge zu ge- nielsen, gieng er schon den ersten Februar 1793 aus Petersburg ab, über Twer, Moskau u. s. w. Wie er über den Kljasma fuhr, war das Eis so schwach, dafs er ausstieg, um den Seinigen den Weg zu zeigen; er fiel aber in eine zugeschneyte Öffnung des Flusses bis an die Hüften, und mufste noch siebenunddreißsig Werste bis Sudogde fahren, ohne die Kleider wechseln zu können. Dieser Unfall zerrüttete seine Gesundheit für immer. Er reiste hierauf über Arsamas, Pensa, Saratof, längs der Wolga, nach Zarizyn, Sarepta, Astrachan, Krasnojar; machte eine botanische Wanderung nach den Gypshügeln von Arsagar und der umliegenden so wasserarmen Steppe, dals man sich nach den Wüsten Arabiens versetzt glaubt, wenn man von dem sorgsa- men Aufsuchen der Brunnen lieset; zu den Kunduran- Tataren und zum Bogdoberge; dann wieder nach Sa- repta, wo sich Pallas wegen der vielen daselbst vor- kommenden Pflanzen und Insecten, späterhin wegen einer Krankheit seiner Tochter *) längere Zeit auf- hielt. Nach einer in die jenseit der Wolga belegene Ge- gend wegen des Steppenbrands vergebens unternom- menen Reise, gieng er im August nach Astrachan, und von da an die caucasische Linie, und zu dem. jenseits derselben gelegenen trefflichen Sauerbrunnen, dem er den Namen Alexandersbrunnen beylegte, zu *) Als medicinische Merkwürdigkeit führe ich an, dafs seine Tochter hier, wie er selbst sagt, ganz zuverlässig zum zweyten Mal von den wahren Blattern befallen wurde, den Schwefelbädern am Metschuka-Berge, und zum grolsen Beschtau - Berge selbst (von dem jener ein Nebenberg ist); nach Georgiefsk zurück, dann über Taganrog nach der Krim, und langte am dreifsigsten Oktober in Sympheropol (oder Akmetschet bey den Tataren, der Hauptstadt der Halbinsel) bey dem da- maligen Vicegouverneur Hablizl an, wo er sich den Winter aufhielt. Im Anfang des März 1794 fieng er an, die Halb- insel zu bereisen, und fuhr damit bis zum achtzehnten Julius fort; dann begab er sich auf den Rückweg, und am vierzehnten September war er wieder in St Pe- tersburg. | Die erste Frucht dieser Reise war sein physikali- sches und topographisches Gemälde von Taurien, welches er im Jahr 1795 in französischer Sprache her- ausgab, und wovon ich hier nichts sage, da ich gleich von seiner zweyten Reisebeschreibung sprechen muls, in der er denselben Gegenstand viel ausführlicher be- handelt %). Pallas war von der Krim bezaubert worden; das Geräusch der Welt hatte allen Reiz für ihn verlo- ren, er sehnte sich nach einem stillen Ruheplatz und in den Gefilden Tauriens hoffte er ihn zu finden. *) Alles was in diesem Tableau über die Insel gesagt ist, findet sich nämlich im zweyten Theil dieser Reisebeschrei- bung, jedoch mit Ausnahme des Verzeichnisses aller von ihm in der Krim gefundenen Pflanzen, welches darin nicht wieder aufgenommen ist. Wir haben aber itzt ein ausführlicheres Werk darüber, nämlich die: Flora Taurico-Caucasica auct, L. -B. Friderico Marschall a Bieberstein. Charkov, 1808. 2 Voll, in Svo. 48 Katharina erfuhr kaum seinen Wunsch, so er- füllte sie ihn auf die liebreichste Weise. Sie bewil- ligte ihm im März 1795 beträchtliche Ländereyen *) in der Krim, die der Krone zugefallen und ihm die angenehmsten waren, und zu seiner Einrichtung fügte sie ein Geschenk von zehntausend Rubeln hinzu. Am zwölften August 1795 begab er sich nach der Krim und bezog sein Haus in Sympheropol, das bald alle Fremde anzog, bald so besucht war, dafs.er auch hier nicht die gewünschte Ruhe fand. Seine Besitzungen brachten ihm überdies langwie- rige Processe **). Das Eigenthum der tatarischen Be- wohner Tauriens war nicht überall gehörig ausgemit- telt; man war daher oft gezwungen, sich auf ihr Wort, oder auf ihren Eid zu verlassen, und da sie sahen, dafs ihre neuen Beherrscher sie möglichst begünstigen wollten, so griffen sie wieder zu weit um sich. Auch auf die bey Pallas Gütern gelegenen Waldungen machten sie Ansprüche, und er kam darüber nicht zu ihrer Benutzung. Seine erste Frau, die er 1767 geheirathet hatte, und welche ihn auf der grofsen sibirischen Reise be- gleitete, starb 1782, und hinterliels ihm eine vierjäh- rige Tochter. Seine zweyte Gattin ***), die er im Jahr *) Das Dorf Schülü, und das Dorf Aithodor mit den Fruchigärten am Ai-Thodor-Flufs, die Sudaghschen Wein- gärten, und ein Haus in Sympheropol. *) Die er bey seiner Abreise, wie sie einer günstigen Entscheidung nahe waren, mit den Besitzungen zugleich ver- kaufte. ##*) In einem kleinen Aufsatz über Pallas, in der Allge- 49 Jahr 1786 heirathete, und von der er keine Kinder hatte, begleitete ihn auf der zweyten Reise, und gieng auch mitihm nach der Krim. Wie er sich nach grôfserer Ruhe sehnte, als ihm in Sympheropol zu Theil ward, trennten sie sich freundschaftlich. Er übergab ihr sein dort befindliches Haus, und ein Gut, und zog selbst auf seine Weingärten nach Sudagh, wo er den Weinbau mit grofsem Eifer trieb, und ihn zu einer in Taurien nicht gekannten Höhe brachte, Seine Tochter, die den russischen General-Lieu- tenant Baron von Wimpfen geheirathet, und sich in Weifsreufsen aufgehalten hatte, war inzwischen Wittwe geworden, so dals auch sie mit ihrem einzi- gen Sohn 1805 nach der Krim, auf ein ihr gehöriges Gut Kalmukkara gieng. Zwey Jahre später zog der Vater zu der sehr geliebten Tochter, und verlebte bey ihr und seinem Enkel ein Paar glückliche Jahre. Seine gewohnte litterärische Thätigkeit verliefs ihn nicht in der Krim. Er durchreiste die Halbinsel nach meinen Zeitung (October 1811, n.281, n. 283 und n, 285.) wird gesagt, dafs diese zweyte Gattin gestorben sey, sie lebt aber noch. Es kommen noch einige kleine Unrichtigkeiten darin vor, z. B. von den bey seinem Tode gegenwärtigen Personen; dals er seine Sammlungen der Universität geschenkt habe; dafs er seine zoologischen Studien mit dem Werk über die Nagethiere beendet habe u. s. w. Meine Nachrichten sind theils aus Pallas Werken, theils aus meinen Unterredungen mit ihm, theils aus seinen Papieren, die seine gütige Tochter mir zum Behuf dieser Bio- graphie sämmtlich mitgetheilt hat, theils aus mündlichen Nach- richten von ihr, theils aus schriftlichen von dem Herrn Staats- rath Fuls geschôpit. D PT ELTERN CRM PES cé ei e = one Sex ho allen Richtungen; keine Beschwerde war ihm zu grols, kein Klippenweg zu jäh, überall drang er hin, und die genaueste Kenntnifs des Landes ward ihm bald zu Theil. Dadurch nur ward er in den Stand gesetzt, sei- ne: Bemerkungen auf einer Reise in die südlichen Statthalterschaften des Russi- schen Reichs, herauszugeben, wovon der erste Theil 1799, der zweite 1801 in Leipzig erschien. Der erste Theil handelt von der Reise nach Tau- rien, die ich oben kurz anzeigte. Er schildert darin mehrere Gegenden, die er schon auf seiner frühern Reise besucht hatte, führt jedoch nur die in ihrer Be- schreibung damals nicht bemerkten Gegenstände auf, und in zwanzig Jahren hatten sie sich sehr zu ihrem Vortheil verändert, z. B. Pensa, Sarepta u. s. w. Nur den Demidofschen Garten in Moskau, den er selbst früher in einer kleinen Schrift beschrieben hatte, fand er zu seinem Schmerz zerstört. Er giebt einige treff- liche Abbildung von Kalmücken, so wie von den Kun- duran — und andern Tataren, von den Tscherkessen, den Inguschen u. s. wW. Ausführlich handelt er vom Handel und Weinbau in Astrachan, von dem Götzen- dienst der dort lebenden Indianer, von den Ruinen von Madshary, von seiner Reise nach dem Caucasus, und von den Völkern desselben, besonders von den Tscherkessen. | Der zweyte Theil beschäftigt sich blos mit der Krim. In dem ersten Abschnitt S. ı — 344 beschreibt er seine Reisen in der Halbinsel selbst und nach der Insel Taman. Er giebt eine ausführliche physikalische D und topographische Schilderung des ganzen Landes, und entwickelt die Veränderungen, welche es nach und nach durch die Natur erlitten hat. Auf der andern Seite vergleicht er den itzigen Zustand des Landes und der Bewohner mit dem in ältern Zeiten, und macht uns mit allen den merkwürdigen Überresten bekannt, welche die Halbinsel in so reicher Menge theils aus den Zeiten der griechischen, theils aus den spätern der genuesischen Herrschaft aufzuweisen hat. Der übrige Theil des Buchs giebt Bemerkungen über ‚die Bewohner der Krim, über die zu wünschenden ökonomischen Verbesserungen, über die Cultur und die Productionen aus dem Pflanzenreich, ganz beson- ders über den dortigen Weinbau, über die Waldbäu- me und Sträucher der Krim, und die zu allerley tech- nischem Gebrauch dienenden Pflanzen, über die zahmen und wilden Thiere, Vögel, Fische u. s. w. ; über die Salzseen, über die Fabriken, die Manufacturen und den Handel der Krim. Auch dieser Theil ist wie der vorhergehende mit vielen illum. Kupfertafeln und Vig- netten geziert, wovon jene vorzüglich die merkwür- digsten Gegenden Tauriens, mancherley Alterthümer und mehrere Stände der tatarischen Einwohner dar- stellen. 5 Für specielle Botanik und Zoologie ist in diesem Buch nichts gesammelt, da alles dahin Gehörende für andre Werke bestimmt war. Allein der Geognost, der : Anthropologe, der Historiker und der Geograph wer- den eine reiche Ausbeute darin finden a und der Öko- nom wird manche Abschnitte, wie z. B. über den Weinbau, mit Interesse lesen, D 2 52 Da die Flora Rossica unterbrochen war, so wollte Pallas wenigstens von denjenigen Pflanzenfamilien Beschreibungen und Abbildungen geben, die er in ei- nem grôfsern Umfang untersucht hatte, als bisher ge- schehen war. ` Er fieng mit den schönen Astragalen an, und hatte die Freude, ihre Monographie beendigt zu se- hen. Niemand vor ihm hatte so viele Arten dersel- ben lebendig gesehen, und da er die Pflanzen an ih- rem Geburtsort hatte malen lassen, so gab er uns Ab- bildungen von grolsen, instructiven Exemplaren, und konnte auf die Spielarten zugleich Rücksicht nehmen. Zufällig traf es sich, dafs Decandolle um die nämliche Zeit eine Astragalologie in Paris bearbeitete. Hätte er Pallas Vorhaben früher gewulst, so würde er das Werk nicht begonnen haben, schreibt er in der Vorrede; er hatte aber schon dem Nationalinstitut sein Manuscript vorgelegt, als er die neun ersten Hefte von Pallas Astragalen erhielt. Er hat auch überall auf diesen Rücksicht genommen, und wo es angieng, dessen Namen beybehalten. Decandolle scheidet die Gattung Oxytropis von Astragalus, und hat von jener 33, von diesem ı42, in allem also 175 Arten; allein ihm standen die grofsen Pariser Sammlungen, vorzüglich die Tournefortsche, zu Gebot, und nun konnte er noch Pallas Werk benutzen. Die- ser hat 116 Arten aufgeführt, spricht aber auch nur von denen, die er selbst untersuchen konnte, und darunter sind allein über vierzig, die Niemand vor ihm beschrieben hat. Willdenow, der Pallas, aber nicht Decandolle’s Werk bey seiner Heraus- gabe der Species Plantarum benutzt hat, zählt 174 Ar- 53 ten; durch Gundelsheimer’s *) Herbarium war er nämlich in den Stand gesetzt, Tourneforts Arten auseinanderzusetzen. — Die Zeichnungen von R e- douté bey Decandolle sind feiner als die G eils- lerschen bey Pallas; der letztere stellt aber nicht blos mehrere, (auf gt Kupfertafeln), sondern auch schönere , grölsere Pflanzen dar; bey Decandolle sind häufig nur Fragmente, und hin und wieder durch Cultur verzärtelte Exemplare abgebildet. Beyde Werke sind übrigens für den Botaniker unentbehrlich XX), Auf die Astragalen folgten die Illustrationes plantarum imperfecte vel nondum cognita- rum cum centuria iconum (Leipzig 1803), wo- von aber nur vier Hefte mit 59 Kupfertafeln erschie- nen sind. Pallas handelt hierin zuerst im Allgemei- nen von den Halophyten, oder den Kali- Pflanzen ohne Blumenkrone, und beschreibt dann die Arten. selbst, welche er grölstentheils auf seiner letzten caspischen Reise durch Geifsler abbilden liefs. Sechs Arten von Salicornia, zwey von Anabasis, einundzwanzig von Salsola, vierzehn von Suaeda, neun von Polycnemum, zwey von Camphorosma, eine von Corispermum. Es sollten die zahlreichen Artemisien, die schönen Pedi- *) Eines Gefährten von Tournefort auf dessen Reise nach der Levante. *#) So wie D ecandolle in seiner: Astragalologia, nempe Astragali, Biserrulae et Oxytropidis nec non Phacae, Colutae et Lessertiae Historia (Paris 1802, 218 $. 50 Kpft. gr. fol.) noch einige verwandte Pflanzen mitgenommen hat, so hat auch Pallas seinem Werke einen Anhang beygefügt, worin drey Robinien und sechs Sophoren beschrieben und abge- bilder werden. cularis- Arten folgen, allein das Unglück, das Deutsch- land in den letzten Jahren so sehr heruntergebracht hat, hat auch seinen Buchhandel gelähmt, und gröfsere litterärische Unternehmungen dieser Art können itzt schwerlich gedeihen. Vorzüglich beschäftigte sich Pallas mit der Zoo- logia Rossica, und er brachte das Manuscript zu den ersten Theilen derselben in Ordnung. Allein. die litterarische Abgeschiedenheit ward ihm zuletzt unerträglich, und die Sehnsucht nach seiner Heimath wuchs, je mehr die Kräfte seines Körpers abnahmen. Nach jenem unglücklichen Fall in den Kljasma, dessen ich oben gedacht habe, war seine Ge- sundheit dahin, und das im Ganzen milde, aber höchst veränderliche Klima der Krim plagte ihn mit Ruhren und Fiebern. Nach einem fanfzehnjährigen Aufenthalt in der Krim verliels er den 26sten April 1810 das geliebte Kalmukkara *), wo er ein Paar friedliche Jahre ver- lebt hatte. Er gieng über Brody und Breslau, und gegen das Ende des Junius kam er in Berlin an. Zuerst trat er bey seinem Bruder ab, nachmals bezog er eine eigne Wohnung, und lebte wieder ganz den Wissenschaften. Alles Neue zog ihn an, und für *) Kalmukkara liegt im Gesicht des südwestwärts hervor- ragenden Tschatirdagh, in einer wogigt sich verlierenden und gegen jenen Berg ansteigenden, offnen Gegend, an dem klei- nen, aber nie versiegenden Bächlein Asma, Die Lage ist tro- cken, und im Sommer durch die Seeluft kühl und angenehm; allein auch hier ist der Luftwechsel sehr stark, und die At- mosphäre, des Morgens ausgenommen, selten ruhig. (Aus einer handschriftlichen Schilderung von Pallas.) | de D Le a x De € é u 4 ee gr, pen A SS Fa BE: im] = einen Gelehrten, der lange so entfernt gelebt hatte, war in Berlin natürlich viel Neues zu finden *). Zwar hatte er in der Krim alles gethan, um sich Bücher zu verschaffen; allein bald konnte er sie nicht erhalten, bald giengen sie ihm unterweges verloren, u. s. W. Er las und excerpirte, wie in seinen Jünglingsjahren, vorzüglich aber arbeitete er an der Fauna Ros- sica. Diese völlig beendet zu sehen, ward ihm freylich nicht vergönnt, doch wurden ihm die Aushängebogen vom ganzen ersten Bande, und ein Paar vom zweyten aus St, Petersburg zugesandt. Mir sind diese zu Theil geworden, und ich kann daher von dem herrlichen Werk schon vorläufig einige Nachricht geben, welches den Zoolgen um so angenehmer seyn wird, da es vielleicht nicht so bald in das Publikum kommt. In der Einleitung zu dem Abschnitt über die Säugthiere des russischen Reichs, giebt er eine kurze geographische Übersicht derselben. Unter 153 Arten **), die er aufführt, sind mehr als ein Drittheil mann *) So z. B. die Annales du Museum d'Histoire Naturelle, die Reisen von Lord Valencia u, s. w. Ein kleines Ärger- nifs machten ihm die vieles Unwahre über Rufsland enthal- tenden: Travels in various countries of Europa, Asia, and Africa by Edw. Dan. Clarke (Part. I. 1810. 4.), worin un- ter andern das Mährchen erzählt wird, als ob Pallas sich in die Kleidung eines Weibes gesteckt habe, um ihm zur Zeichnung zu sitzen, da Pallas ihm doch diese selbst mit- getheilt hatte. *) Er zählt nur bis 1351, ER die Zahlen 7 und 47 kom. men zweymal vor. Ich will von allen die Namen hersetzen: 1) FERAE, Felis Tigris, Pardus, Panthera, jubata, Ma- nul (ic.), Catolynx (ic.), Gatus, Lynx. Ganis Hyaena, 56 (55) theils der russischen Fauna eigen, theils in Rufs- land zuerst entdeckt, und der grôfsere Theil von ihnen ist durch Pallas zuerst bekannt geworden. Manche sind auf einzelne Gegenden beschränkt, und Pallas glaubt, dals sie hier auf den ehmals vom Meer umflofsnen Gebürgsrücken wie auf Inseln ent- standen sind. Andre sind eingewandert, wie er es auch selbst von den menschlichen Bewohnern dieser Gegenden vermuthet. Die im russischen Gebiet vorkommenden Säug- thiere bringt er in die Ordnungen: Ferae, Semi- ferae, Glires, Ruminantia, Anomalopoda, Belluae, Cetacea. An Semiferis, wozu er auch (minder gut) die Affen, die Makis und die Beutel- thiere rechnet, ist die Fauna sehr arm. Die Eden- alpinus, Lupus, aureus (ic.), Corsac (ic.), Melanotus, Vulpes, Lagopus (ic.), familiaris. Ursus Arctos, ma- rinus. Meles Taxus, Gulo. Viverra Mungo, Lutra Lutreola, aterrima. Mustela Zibellina (ic), Martes, Foina, Putorius, sarmatica, sibirica (ic.), Ermineum, Gale, altaica. Phoca Lutris, ursina, leonina, nigra, nautica, albigena, equestris, dorsata, Monacha, Largha, canina, ochotensis. - ) SEMIFERAE. Vespertilio murinus, Noctula, se- rotinus, Pipistrella, auritus, Hippocrepis. Talpa euro- paea. Sorex moschatus (ic.), hydrophilus, araneus, Güldenstaedtii (ic.), suaveolens (ic.), Gmelini (ic.), pygmaeus (ic.) Erinaceus europaeus, auritus (ic.). GLIRES. Hystrix cristata, dorsata. Gastor Fiber, zibethicus., Lepus variabilis, timidus, Tolai, alpinus, Ogotona, pusillus (ic.), hyperboreus. Arctomys Bai- bak, Citillus. Spalax typhlus, talpinus, murinus, Cri- cetus frumentarius, Accedula, arenarius, songarus, phaeus, Furunculus. Mus decumanus, Rattus ; Muscu- 57 tula gehn ihr ganz ab. An Nagethieren, so wie an Seeihieren (Phoca, Rosmarus, Cete), ist sie sehr reich, man mag die Menge der Arten, oder die der Individuen in Anschlag bringen. Unter den Raubthieren führt er das Katzenge- schlecht zuerst auf, weil er in ihm die Thierheit (ani- malitas) auf den höchten Punkt entwickelt glaubt; da- her seine Heftigkeit, seine Stärke, seine Behendigkeit, die electrische Eigenschaft seines Fells, und das Leuch- ten der Augen im Dunkeln, welches schwächer bey den Gattungen Canis und Mustela, bey den Pferden, bey den Phalänen, auch selbst bey dem scharf etwas anblickenden oder zornigen, aber nicht bey dem phleg- matischen Menschen vorkommt. Eine scharfsinnige Vermuthung von Pallas ist es, dafs das Leuchten der lus, sylvaticus, agrarius, minutus, betulinus, vagus, am- phibius, Caraco, tamaricinuss, Myodes Lemmus, tor- quatus, oeconomus, arvalis, saxatilis, socialis, Lagurus, gregalis, alliarius, rutilus. Myoxus Glis, Nitedula. Dipus Sagitta, Jaculus, Acontion, meridianus. Sciu- rus varius, caucasicus, striatus, uthensis, volans. 4) RUMINANTIA. Camelus bactrianus, Dromas. Mo- schus moschiferus (ic.) Cervus Alce (ic.), Tarandus, Elaphus, Capreolus. Aegoceros Ibex, Aegagrus Gc.), Hircus, Ammon (ic.), Musimon (ic.), Argali (ic.), Ovis. Bos Taurus, Bubalus, Poephagus (ic). Antilope Rupicapra, gutturosa (ic.), subgutturosa, Saiga. 5 ANOMALOPODA. Equus Caballus, Hemionus (ic.), Asinus (Çic.). Sus europaeus, indicus. 6) BELLUAE. Rosmarus arcticus (ic.). 7) CETACEA.: Manatus borealis (ic). ‘Delphinus _ Leucas (ic.), Delphis, Phocaena, Orca. Physeter macrocephalus, Balaena Physalus, Boops?, Musculus. Ceratodon Monodon. je F: e 58 Augen eine elektrische Wirkung der blos liegenden Nervenhaut (Retina) sey; man habe hier die einzige Stelle, wo die Nervensubstanz im lebenden Körper sichtbar ist. Bey den einzelnen Thieren hält er sich, je nach- dem er mehr von ihnen zu sagen hat, kürzer oder länger auf. Von vielen giebt er ausführliche Beschrei- bungen und Zergliederungen, und eine Menge schätz- bare- Bemerkungen über ihre Lebensart, ihren. Nutzen und Schaden. * Bey denen, die er schon in den Spi- cilegien, und in der Beschreibung neuer Nagethiere ausführlich geschildert hat, verweiset er auf diese Werke. Ich hebe nur Einiges aus. Von Felis Manul, vermuthet er, stamme die angorische Katze ab, und da er die Anatomie von jener giebt, so wäre es inter- essant, auch diese zu zergliedern, um die Vermuthung näher zu prüfen. Canis alpinus (Pesterefs Lupus rutilus), corpore fulvo, gula, tractuque subtus longi- tudinali albo, cauda villosissima, apice atra, aus dem östlichen Sibirien und China, ist hier zuerst, doch nur nach Fellen beschrieben. Bey Ganis Corsac führt er zwey Coeca auf Zyl Anatomie des Canis Lago- pus. Neu ist Viverra aterrima (pedibus semipal- matis, corpore aterrimo, parotidibus fuscis) aus dem östlichen Sibirien zwischen dem Uth und Amur. Die *) Dies ist eine sonderbare Anomalie. Die drey Coeca, von denen die beyden untern den Blinddärmen der Vögel so ähnlich sind, entdeckte bekanntlich Pallas auch zuerst beym Hyrax capensis. Und wie viel Neues hatte er über den Darmkanal der Nagethiere! Seeotter scheint ihm zu den Seehunden zu gehören. Unter den zwölf Arten Phoca 5 sind mehrere hier zuerst genau bestimmt, und ganz neu: Ph. Largha (capite .., corpore supra nitido albente, maculis ni- gris ovalibus sparso) und Ph. ochotensis (subauricu- lata, mystacibus undulatis, plantis forcipatis palmisque unguiculatis, minor, vellere molli), beyde aus dem Meer bey Kamtschatka. Sorex Güldenstae dtii (subauriculatus, fuscecens, cauda nudiuscula, tereti, setis arriguis aspersa) vom Caucasus. Sorex sua- veolens (auriculatus, griseofuscescens, cauda lineari *) Der treffliche Greis hat nicht mehr eine Stelle in der Notice sur les habitations des Phoques (von Peron und Le- sueur, Annales du Museum d’histoire naturelle, T. XV, p- 294) zu Gesicht bekommen, sonst würde er über die drey Ausrufungszeichen gelächelt haben. Die Verfasser führen mit Recht an, dals unter Phoca vitulina ganz verschiedene Arten zusammengeworfen sind. Sie setzen hinzu: et par un privi- lège inoui jusqu’à ce jour, elle occuperoit de ses tribus es- sentiellement marines les eaux douces du lac Baikal, celles du Ladoga, de l'Onega etc.! ! ! Wulsten sie denn nicht, dafs dieser Seehund sich in der Gefangenschaft so leicht in süfsem Wasser erhalten läfst, dass er in die Flüsse steigt, und zwar weit hinauf? Im nördlichen Deutschland ist dies wenigstens sehr bekannt, Haben wir nicht auch Fische, die in süfsem und in salzigem Wasser leben? Pallas führt auch an, dals unter den Spielarten der Ph. vitulina oder canina mehrere Arten begriffen sind, allein wegen des Aufenthalts trennt er keine Art von der andern, und die im caspischen See u. s. w. hatte er selbst beobachtet, Pallas Hypothese aber, dafs das mittelländische und schwarze Meer ehmals mit dem caspischen zusammhiengen, ist wohl so übel nicht, son- dern beynahe zur Gewifsheit erhoben, Sie führen auch nichts dagegen an, sie haben nichts, als ein Ausrufungszeichen. Seit wann ist das eine Widerlegung? om — 0 RS > pa 60 terete concolore pubescente, pilis longis exstantibus) häufig in der Krim. Lepus hyperboreus (ecauda- tus ferrugineus dorso cinerascente, auriculis rotunda- tis, albomarginatis), aus dem Tschuktschischen Gebiet. Den kleineren Mus Jaculus seiner Nov. spec. glir. nimmt er hier für eine eigne Art, Dipus Acontion. Vom Auerochsen giebt er die interessante anato- mische Beschreibung des ehmaligen Prosectors der Akademie, Wilde. Eine ausführliche Anatomie der mehrsten Theile des Delphinus Leucas, auch Ab- bildungen des Gehörorgans von ihm und vom Wall- rofs. Den Weg des Schalls nimmt er durch die Spritz- röhre und die Eustachsche Trompete, nicht durch den Gehörgang an. In der Spritzröhre des Delphinus Leucas hat er drey Paar Höhlen, und glaubt den Sitz des Geruchsinns darin suchen zu müssen. (Cuvier nimmt nur zwey Paar solcher Höhlen beym Braunfisch an, und sucht den Sitz des Geruchsinns in dem Sack der Eustachschen Trompete.) \ Auch bey den Vö geln ist eine kurze geographi- sche Übersicht vorangeschickt. Die Fauna Rufslands umfafst beynahe alle europäische Vögel, bis auf die Corrira *) und Grus balearica. Dahingegen hat sie eine grolse Menge asiatischer Vögel, auch viele eigen- thümliche sibirische, caspische, taurische. Die erste Ordnung machen bey ihm die Prae- petes: Strix, Falco, Aquila, Accipiter, Vultur. Auf diese folgen die Oscines: Corvus, Lanius, Picus, Stur- *) Die Corrira ist aber wahrscheinlich, wie Bechstein (Naturgesch. der Vögel Deutchlands, Th. 2. S. 322) ausein- andersetzt, ein Factitium. A + -$ ps u en < > Er A nus, Xanthornus, Certhia, Upupa, Alcedo, Merops, Coracias, Cuculus, Turdus, Muscicapa, Motacilla, Alauda, Hirundo, Sitta, Parus, Columba, Hiermit schliefst der erste Band. Vom zweyten Band habe ich nur drey Bogen vor mir, den Anfang der dritten Ordnung, Fringillae: Loxia, Pyrrhula, Coccothraustes, Passer. — Nicht wenige nirgends beschriebne, und einige aus Steller’s Manuscripten aufgenommene Vögel kommen hier vor, als Strix barbata; Aquila pelagica; Vultur persicus; Corvus dauuricus, Stelleri; Lanius brachyurus; Picus Cirris; Turdus varius, fuscus, Aë- don; Muscicapa Albicilla, Eridea, guttata; Motacilla pileolata, cervina; Alauda grandior; Hirundo Ciris; Columba fusca. Die Abbildungen, deren jeder Theil eine ziemlich grofse Menge liefern wird, kenne ich noch nicht. Die Kupfer zum ersten Bande sind von Geifsler, die übrigen werden in Petersburg gestochen. Wie viel von dem Werk schon heraus ist, weifs ich nicht, doch wird mit dem (sehr schönen) Druck fortgefahren, und zu den Vögeln - Amphibien und Fischen ist das voll- ständige Manuscript dort. Die Insecten will der hie- sige geschickte Entomolog Schüppel, die Mollusken und übrigen Würmer Tilesius besorgen. Dieser kenntnifsreiche Naturforscher, den sein Künstlertalent so sehr unterstützt, wacht über den Druck und die Kupferstiche. Möge das köstliche Werk doch bald beendigt seyn, durch welches die Naturgeschichte einen so reichen Zuwachs erhält. Die Kaiserliche Akademie kann auch durch nichts ihre Liebe zu ihrem ehmali- gen, würdigen Mitbruder so sehr an den Tag legen, Bun = z De EEE ELLE ru e > m = x a Re MER! ge See 62 äls indem sie seinen letzten Wunsch erfüllt, sich der Fauna väterlichst anzunehmen. Noch mancherley gelehrte Arbeiten hatte der thä- thige Greis im Sinn, und das ist eben der Lohn der Thätigkeit, dafs sie nie Überdrufs und Trägheit, son- dern immer neue Lust zu neuer Arbeit hervorbringt. Pallas lebte in Berlin heiter und ruhig, ich habe ihn nie bey übler Laune gefunden. Zwar war hier seit seiner Abwesenheit eine neue Generation aufge- standen, aus der vorigen ihm nur noch sein Bruder übrig geblieben; doch fand er hier den lange entbehr- ten Umgang mit Männern seines Fachs. Er hatte es sehr gerne, wenn man ihn des Abends besuchte, und es vergieng wohl kaum ein Tag, wo nicht Einer oder der Andere bey ihm gewesen wäre, bald ein hiesiger, bald ein fremder Gelehrter, und oft trafen sich Meh- rere bey ihm. Mir waren diese Stunden unbeschreib- lich angenehm. Sie waren es auch Andern. Mit wel- cher Rührung schied der als Philolog und Naturfor- scher gleich hoch geschätzte Schneider von ihm: er ahndete wohl seinen nahen Verlust. Pallas selbst mufste hier einen inniggeliebten Freund verlieren, den Hofapotheker Meyer aus Stet- tin, der auf einer Geschäftsreise hieher kam, und un- erwartet starb *). Seit vielen Jahren hatten sie den freundschaftlichsten Briefwechsel geführt, hier lernten .*) Meyer starb den gosten Februar 1811 im 72sten Jah- re, aber noch kurz vor seinem Ende war er im vollen Ge- nuls der Gesundheit. Obgleich an Jahren verschieden, hatte uns die Liebe zur Botanik zusammengeführt, und seit vier- zehn Jahren hatte ich an ihm einen sichern Freund. Seine Rechtlichkeit, seine Talente und seine tiefen Kenntnisse in — e sich die selinen Greise persönlich kennen und lieben, aber nur auf kurze Zeit. Meyer’s Tod schmerzte Pallas tief, eine Wunde in dem Alter heilt nicht mehr. Seine Tochter fand ihn darüber in Thränen, und seit jener Zeit merkbar abnehmend. Er hatte schon seit mehreren Jahren an ruhr- artigen Durchfällen gelitten, wogegen er kleine Ga- ben von Opium gebrauchte. Im Sommer ıgrı ward das Übel heftiger und den achten September erlag er ihm, Er sah seinen Tod schon einige Monate voraus, vergebens aber baten ihn seine Freunde, vergebons selbst seine Tochter, Arzeneyen zu nehmen. Sein Stündlein sey gekommen, war immer die Antwort, trotz der heftigsten Schmerzen. Er schrieb mit ster- bender Hand an den Minister Razumowsky, nahm von ihm Abschied, und empfalil ihm die Seinigen; in gleicher Absicht schrieb er noch zuletzt an den Staats- rath Fufs; er ordnete die Papiere, die zur Fauna ge- hörten, legte die Schaalthiere zusammen, die an Ti- lesius gesandt werden sollten, bestimmte die botani- schen Pakete für Willdenow, und bat ihn, die Ab- bildungen neuer Pflanzen zu besorgen, und schenkte mir eine kleine Sammlung getrockneter Fische von Unalaschka, eine Frucht der Billingschen Reise *). der Naturgeschichte, in der Chemie und Pharmacie, hatten ihm allgemeine Achtung erworben. Er hat sein Fach mit vielen nützlichen Entdeckungen bereichert, und dem Staat eine Menge tüchtiger Männer gebildet. Will ihrer Keiner seinem Meister ein Denkmahl setzen ? *) Sein grolses Naturalienkabinet war schon vor seiner Abreise nach der Krim von der Kaiserin angekauft worden. RS Ro 64 Wir baten ihn, sich nicht den Todesgedanken ganz zu überlassen, allein er fühlte zu bestimmt, dals nichts mehr zu thun sey. Ich umarmte ihn noch am Abend vor seinem Tode, ein Schattenbild lag er da, doch mit voller Geistesgegenwart. Er fühlte von Zeit zu Zeit nach seinem Puls, wenn die Schmerzen zu heftig wurden. Wie er endlich merkte, dafs er ausgerungen habe, hob er die Hände freudig empor. Er starb in den Armen der geliebten Tochter. Auf dem Hallischen Kirchhofe liegt er meena Ein einfacher Stein deċkt sein Grab, mit seinem blos- sen Namen, seinem Geburts- und Sterbe-Tage. So wollte er es selbst. Sein Name bedarf keiner Lobschrift. In den An- nalen der Wissenschaft glänzt er neben Linné und Buffon. Wenige werden ihn erreichen, Wir feyern heute das Fest des grofsen Kô- nigs. Ich habe von einem Mann gesprochen, der in Berlin geboren, die Zierde seines Fachs war, und an Friedrich mit dem treusten Herzen hieng. Möge der Preufsische Staat oft solche Männer aus seiner Mitte hervorgehen sehen! Seine Bibliothek verkaufte er späterhin nach Charkow. Hier hatte er nur noch einzelne Naturalien zum Behuf seiner Fau- na. Einige Insecten, die Schüppel, einige V ögel und Pflan- zen, die Willdenow bekommen hat, welcher die erstern dem zoologischen Museum geschenkt hat. Einige Eidechsen, Fische etc., die ich bekam. —n Verzeichnifs der Schriften Peter Simon Pallas, des St Annen- und Wladimir-Ordens Ritter, Mitgliede der mehr- sten Akademieen und gelehrten Gesellschaften. A, Besonders herausgegebene Schriften *), 1. Diss. inaug. de infestis viventibus intra vi- ventia. Lugd. Bat. 1:60. 62 S. in 4. recus. in Ed. Sandifort Thesauri Dissert. Vol. L Roterod. 1768. 4. p. 247— 296. | 2. Elenchus Zoophytorum, sistens generum ad- umbrationes generaliores et specierum cognitarum succinctas descriptiones cum selectis auctorum sy- nonymis. Hagae Comitum. 1766. 451. S. in 8vo. vers. belg. Lyst der Plant-Dieren, vertaald en *) Hierzu kann noch Hillfeld’s oben angeführte Diss. und die Fauna Insectorum Marchica im Mscpt gerechnet wer- den. Bey Aufsätzen in gelehrten Sammlungen, die mir nicht ganz, oder die mir gar nicht zu Gebot stehen, indem ich dieses schreibe, so wie bey der holl, Übersetzung des Elen- chus Zoophytorum, habe ich meine Quellen genannt, Dry- ander’s Catalog der Bibliothek von Banks, und Reufs Repertorium Commentationum, nal à en ~ S AN ENT TeE 4 ET n > met aanmerkingen en afbeeldingen vorzien, door P. Boddaart. Utrecht 1768. 654 S. 14 Kupft..in 8vo. Dryander. vers. germ. Pallas Characteristik der Thierpflan- zen. À, d. Lat. von Chr, Fr. Wilkens, her- ausg. von Jo. Fr. Wilh. Herbst. Nürnberg 1787. 544 S. 12 Kpft. in 4to. 3. Miscellanea Zoologica, quibus novae inprimis atque obscurae animalium species describuntur et obss. iconibusque illustrantur. Hag. Com. 1766. 224 S. 14 Kupft. in 4to. 4. Spicilegia Zoologica, quibus novae inprimis ` et obscurae animalium species iconibus, descri- ptionibus atque commentariis illustrantur. Berolini. in 4to. Fasc. I—IV. 1767. Fasc. V— VII. 1769. Fasc. VIII. 1770. Fasc. IX. 1772. Fasc. X. 1774. Diese zehn Hefte haben auch einen gemein- schaftlichen Titel: Spicilegia Zoologica. Tomus I. continens quadrupedium, avium, amphibio- rum, piscium, insectorum, molluscorum alio- rumque marinorum Fasciculos Decem. 1774. auch ist ein Register angehängt. Sie enthalten zusammen 43 Kpft. Fasc. XI. 1776. XIL 1777. XII. 1779. XIV. 1780. zusammen ı5 Kupft. vers. germ. Naturgeschichte merkwürdiger Thiere. Berlin 1774 — 1779. in 4to. 1—3. St. von Bal- dinger, das 4te St. von Erxleben, das 5— 9. von Pallas übersetzt. Die Nachrichten von den russischen Scha- fen in dem eilften Heft der Spicilegien, wur- den unter Pallas Aufsicht in das Englische übersetzt und in das Edinburghische Journal: The Bee, eingerückt. Aus diesem sind sie auch mit einem Anhang von Anderson, über Spielarten, über den Einflufs des Klima’s auf die Wolle u. s. w. besonders herausgegeben: An account of the different kinds of Sheep found in the Russian dominions, and among the Tartar Hordes of Asia, by D. Pallas. Ilustrated with six plates. To which is added five appendices tending to illustrate the natu- ral and economical history of sheep and other domestic animals, by James Anderson. Edinburgh 1794. X. und 185 8. in gr. 8. Aufser fem Register. Der Anhang fängt S. 75 an. 5. Stralsundisches Magazin oder Sammlungen auserlesener Neuigkeiten zur Aufnahme der Na- turlehre, Arzneywissenschaft und Haushaltungs- kunst. Mit Kupfern. Berlin und Stralsund. in 8vo. Erstes Stück 1767. Zweytes, drittes 1768. Vier- tes, fünftes 1769. Sechstes 1770. Diese sechs Stücke machen einen Band aus, und sind von Pallas (anonym) herausgegeben. Der zweite Band 1772 — 1776 ist von Krünitz besorgt. 6. Reise durch verschiedene Provinzen des RussischenReichs. Petersburg. in 4to, Erster Theil 1772. 504 S. Zweyter 1773. 743 S. Dritter, 1776. ohne das Register 760 S. Mit vielen Kupfern und Karten. a) Übers. Voyages du Professeur Pallas dans plu- sieurs provinces de l’empire de Russie et dans l'Asie septentrionale, traduits par Gauthier de la Peyronie. Nouvelle Edition, revue et E 2 — 8 — enrichie de notes par Lamarck et Langles. à Paris, an IL T. 1—8. in 8vo. Mit einem Atlas von Kupfern und Charten in kl. fol, b) Auszug: Merkwürdigkeiten der Morduanen, Ka- saken, Kalmücken, Kirgisen, Baschkiren etc. Nebst andern dahin gehörigen Nachrichten und Kupfern. Ein Auszug aus Pallas Reisen. Frankf. und Leipz. 1773. 300 S. — Merkw. der Basch- kiren, Mestscheräken, Wogulen, Tataren etc. Auszug aus P. Reisen zweytem Theil. 1777. 235 S. — Merkw. der obischen Ostjaken, Samoje- den, daurischen Tungusen, udinskischen Berg- tataren etc. 1777. 354 S. in kl. 8vo. Sammlungen historischer Nachrichten über die Mongolischen Völkerschaften. Petersburg. in 4to. Erster Theil 1776. Zweyter Theil 1801. 458 S. mit vielen Kupfern. Von dem ersten Theil habe ich nicht das Original, sondern nur den Auszug vor mir: Samml. — in einem ausführlichen Auszuge. Erster Theil. Frankf. und Leipz. 1779. 350 S. in 8vo. 8. Novae Species Quadrupedum e Glirium ordine. cum illustrationibus variis complurium ex hoc ordine animalium. Erlang. 1778. 388 S in 4to. mit 39 Kupft. (sie sind nur bis 27 gezählt, aber mehrere Tafeln sind durch Buchstaben be- zeichnet. ) g: Icones Insectorum praesertim Rossiae Sibi- _riaeque peculiarium, qnae collegit et descriptio- nibus illustravit. Erlang. 1781. in 4to. (Fasc. 1. 1781. Fasc. 2. 1782.) 96 S. Tab. A —F. 10. Enumeratiô plantarum quae in horto Procopii a Demidof Moscnae vigent. Petro- poli 1781. lat. und russisch. 163 S. nebst 2 Kupft. in 8vo. und einem Abrils des Gartens in fol. G. F. Hoffmann führt in seinem Hortus Mosquen- sis (Moskau 1808. in 8vo.) eine vermehrte Aus- gabe von 1786 an, die ich nicht kenne. Neue Nordische Beyträge zur physikalischen und geographischen Erd- und Völkerbeschreibung, Naturgeschichte und Ökonomie. ı— ter Band. St Petersburg und Leipzig 1781—1796. in 8vo. mit Kupf. Die drey letzten Bände haben auch den Ti- tel: Neueste Nordische Beyträge 1-—3ter Theil. + Flora Rossica seu stirpium Imperii Rossici per Europam et Asiam indigenarum descriptiones et | icones. Petersburg in gr, fol. T. I. P. 1. 1784. VII und 80 S. 50 illum. Kupit,. P, 2 1588. 114 8, Fab. 57-100. Linguarum Totius Orbis Vocabularia comparativa. Augustissimae cura collecta. Se- ctionis Primae Linguas Europae et Asiae comple- xae Pars Prior. Petropoli 1786. 411 S. Pars se- cunda. 1789. 4gı S. in 4to. . Tableau physique et topographique de la Tauride, tiré du journal d’un voyage fait en 1794. a St Petersbourg 1795. 59 S. in to. . Bemerkungen auf einer Reise in die süd- lichen Statthalterschaften desrussischen Reichs in den Jahren 1703 und 1794. Leipzig. in 4to. Mit color. Kupfern. Erster Band 1799. 516 S. Zweyter Band 1801. 525 S. = 70 a 16. Species Astragalorum descriptae et iconibüs coloratis instructae, cum appendice. Lips. 1800. 124 S. gı Kupft. in gr. fol. | 17. Illustrationes plantarum imperfecte vel nondum cognitarum cum centuria iconum. Lips. 1805. (4 Hefte) 68 S. 59 ill. Kupft. in gr. fol. 18, Fauna Asiatico-Rossica. Pars Prima. Pe- tropoli (1811.) 568 S. in gr, 4to. Pars Secunda. ib. (1812). Ich habe nicht den eigentlichen Titel. Der Schmutztitel ist: Animalia Imperii Rossici, B. Aufsätze in den Schriften gelehrter Gesellschaften, a) In den Schriften der Kaiserl. Akademie der Wiss. zu St. Petersburg *). I, Descriptio Tubulariae fungosae prope Wolodime- rum mense Julio 1768 observatae. Nov. Comm. - Petrop. T. XII. Hist. p. 55. Mem. p. 565 — 572. Tab. 14. 2. De ossibus Sibiriae fossilibus, craniis praesertim rhi- nocerotum atque buffalorum observationes. N. Comm. T. XIII. Hist. P- 41, 42. Mem. p. 436— 477. Tab. 9— 12, 3. Descriptio Leporis pusilli. ibid. Hist. p. 43. Mem. p. 55r — 558. Tab. 14. aiii = *) Mehrere dieser Aufsätze sind in Pallas Neuen Nord. Beyträgen, in Rozier’s Journal de Physique und in dem Nieuwe geneeskondige Jaarbook übersetzt, 4. Descriptiones quadrupedum et avium a. 1769. ob- servatorum. N. Comm. T. XIV. P. ı. Hist. p. 49. Mem. p. 548 — 588. (Mus Citillus, alpinus, Erina- ceus auritus, Anas rutila, Sterna Caspia, Mota- cilla Leucomela, Loxia erythrina, Parus cyanus.) 5. De reliquiis animalium exoticorum per Asiam bo- realem repertis complementum. N. Comm. T. XVII. Hist. p.39. Mem. p. 576— 606. Tab. 15— 17. 6. Equus Hemionus, Mongolis Dshikketaei dictus. N. Comm. T. XIX. Hist. p. 49. Mem. p. 394 — 417. Tab. 7.. : 7. Tetrao arenaria. ib. Hist. p. 50. Mem. p. 418— 423. Tab. 8. 8. Lacerta apoda descripta. ib. Hist. p- 5x. Mem. p 435— 454 Tab. 9, 10. (Aufser der Anatomie des Thiers ist auch die Beschreibung und Abbildung zweyer Eingeweidewürmer, des Trichocephalus ‘echinatus, und des Echinorhynchus Gigas bey- gefügt.) 9. D'une masse de fer natif trouvée en Sibérie. Act. Petrop. I. Hist. p. 87, 88. . (Zu Campers Abh. de cranio Rhinocerotis afri- cani cornu gemino. Act. Petr. I. 2. p. 193 — 209. Tab. 5— 8.) Additamentum. ib. p. 210 — 212. T'ab-g-hg rs. 2. . Observatio de dentibus molaribus fossilibus ignoti animalis, Canadensibus analogis, etiam ad Uralense jugum repertis. ib. p. 213— 222. . Observationes circa Myrmecophagam africanam et _ Didelphidis novam speciem orientalem e litteris . cel. Petri Camper excerptae et illustratae. ib. P. 223 — 231. Tab. 9. B. 72 13. Description du Bufle à queue de cheval précédée d'observations générales sur les espèces sauvages du gros betail. ib. p. 232—.257. Tab. 10. 14. Observations sur lasne dans son état sauvage ou sur le veritable Onagre des Anciens. ib. p. 258 sy Tab. 11: 12 . Observations sur la formation des montagnes et les changemens arrivés au globe, particulièrement a l'égard de l'empire Russe. Act. Petrop. anni 1771. P. 1. p. 1—64. Auch besonders abgedruckt. Petersburg (ohne Jahrszahl). 49 S. in 4to. 16. Sur les moyens de rendre plus durable le bois quon emploie pour la construction des navires, Extrait des mémoires envoyés pour concourir au prix de 1779. ib. P, 2. Hist. p. 7—9. 17. Descriptiones plantarum Sibiriae peculiarium. ib. Mem. p. 247 — 272. Tab. 7—16. (Sison crinitum, Peucedanum redivivum, Leontice altaica, Aspho- delus altaicus, Aquilegia viridiflora, Nepeta annua, Phlomis alpina, Fumaria Schangini, Astragalus de- flexus, Doronicum altaicum.) 18. Capra caucasica e schedis A. J. Güldenstedt redigente Pallas. ib. p. 275—281. Tab. 17. a. b, 19. Galeopithecus volans Camellii descriptus. Act. trouve en Sibérie et sur leurs rapports avec ceux d’Hongrie, qui- se distinguent des travaux Ro- mains. ib. P. 2. Hist. p. 52— 68. | 21. Mémoire sur la variation des animaux, Partie pre- mière. ib. p. 69— 102, + Didelphis brachyura descripta. ib. p. 235 — 247. Tab. 5. . Felis Manul > Nova species asiatica descripta. Act. / Petr: 1781. P. r. p. 278-— 291. Tab. 7. | ‚ Sorices aliquot illustrati, ibid. P. 2. p. 314—548. Tab. 3—5. (Sorex moschatus und myosurus). Observations sur un blé, ramassé par M. Rytsch- kof, crü sauvage. Nov. act. Petr. T. I. Hist. p- 120, 121. (Secale cereale.) Sur le Spath fluor de Catherinenbourg. ibid. P- 157, 158. E ; ; Piscium novae species descriptae. ib. Hist. P. 258. Mém. p. 347 — 60. Tab. 9— ın ( Pleuronectes stellatus, Callionymus baicalensis, Gobius macro- cephalus, Cottus diceraus, Cyprinus labeo, cephalūs, Silurus dauuricus. ) lepto- . Marina varia nova et rariora. Nov. Act. T. I. Hist, p. gr. Mem. P- 229 — 249. Tab. 5—7. (Ne- reis aphroditois, ebranchiata, lamellifera, lumbri- coides, chrysocephala; Serpula spirillum; Limax tetraqueter; Asterias oligactes ; Lepas cariosa; Pho- ser u a en 2 De Sn las Teredula; Chiton amiculatus; Helix coriacea; Ascidia squamata, aurantium, globularis.) . Description de douze monnoyes asiatiques d’ d’une antiquité très reculée. Hist. p. 46 — 6x, lensk gefunden.) argent Nov. Act, T. II. (Im Gouvernement von Smo- * Description de cinq petites monnoyes Européennes d'argent trouvées dans le Gouvernement de Ples. kow. ib. p. 51, 52. 81. Explication de quinze monnoyes antiques, trouvées au Gouvernement de Pleskow. ib, p. 53—56. 32. Avis au Public concernant un Vocabulaire Poly- glotte. ib. p. 68—71. 33. Novae species plantarum descriptae. Nov. Act. T. VII. Hist. p. 62. Mém. p. 353 — 360. Tab. 8 — ı2. (Amygdalus pedunculata, Pyrus elaeagnifolia, Astrantia maxima, Ancistrum apetalum.) 34. Tableau physique et topographique de la Tauride. ` Nov. Act. T. X. Fist. p. 255. Mém. p. 257 — 302. 35, Catalogue des espèces de végétaux spontanés ob- servés en Tauride. ib. p. 303 — 320. (No. 34. und 35. sind auch besonders abge- druckt, siehe oben À. n. 14.) . Plantae novae ex herbario et schedis defuncti Bo- tanici, Joh. Sievers, Hannoverani, descriptae. ib. Hist. p. 236. Mem. p. 369—383. Tab. 6 — ıı. (Robinia jubata, tragacanthoides; Sophora argen- tea; Tamarix songarica; Ribes saxatile, fragrans, triste; Rosa berberifolia; Moluccella diacantho- phylla; Rheum leucorrhizum.) . Eruption vaseuse dans Pisle de Taman. (En Cri- mée, au mois de Fevrier 1791.) Nov. Act. T. XII. Hist. p. 44 — 46. | | . Premier rapport. Nov. Act. T. XII. Hist. p. 42 — 45. (Einige naturhistorische Bemerkungen ver- ‚schiedenen Inhalts; erster Bericht aus seinem neuen - Wohnort, Sympheropol.) . Labraces, novum genus piscium, oceani orientalis. Mémoires de l’Academie. T. II. (Petersburg 1810.) p. 382 — 398. Tab. 22, 25. (Labrax lagocephalus, decagrammus, superciliosus, monopterygius, octo- grammus, hexagrammus.) (Dies scheint Pallas letzter Aufsatz in den Petersburger ‚Abhandlungen zu seyn; denn im Sten Theil der Mémoires von 1811 ist keine Abhandlung von ihm. ) b) In den Schriften der ökonom, Gesellschaft zu St. Petersburg. 40. Kurzer Bericht über die im russischen Reich wild- wachsenden Seidenpflanzen (Cynanchum acutum, Apocynum maritimum, Asclepias Vincetoxicum, nigra, sibirica, dauurica). Preisschriften der öko- nom. Ges. ı Th. S. 162. Reufs. 41. Von der Verfertigung der sogenannten Soda in grofser Menge in den Steppen um das kaspische Meer. ib. p. 271. Reufs. | 42. Beschreibung der Astrachanischen Art Chagrin oder gekörnt Pergament zu verfertigen. Auswahl öko- nom. Abh. der ökon. Ges. B. 2. S. 83. Reufs. b) In den Schriften der Róm, Kaiserl. Akademie der Naturforscher. 43. Phalaenarum biga, quarum alterius femina artubus prorsus destituta, nuda atque vermiformis, alterius glabra quidem et impennis, attamen pedata est, utriusque vero sine habito cum masculo commer- cio, foecunda ova parit. Nov. Act. Nat. Cur. T. II. p. 450. Reufs. d) In den Schriften Naturforschender Freunde zu Berlin. 44. Auszug aus einem Briefe (von P.), die Naturge- schichte und Verpflanzung des Sterlets betreffend. Beschäft. d. Berl. Natf. Fr. B. 2. S. 532 — 534. (Accipenser Ruthenus. ) 45. Erinnerung wegen des Mergus Serrator. Das. S. 551 — 558. (Der von Beckmann in den Besch. beschriebne M. Serrator sey nur M. Merganser. Der letztere und M. Castor seyen eine Art; auch M. minutus und albellus gehören zusammen. Der wahre M. serrator sey eine eigene Art.) 46. Nachricht von einem Pferde, welches an den Zeu- gungstheilen verunstaltet war. Das. B. 3. S. 226 — 250. Taf. 5. Fig. 1. (Ein kirgisisches männli- ches Pferd, dessen Zeugungstheile nicht gehörig entwickelt waren. 47. Auszüge aus einigen Briefen von Pallas. Das. S. 437 — 439. (Der Pollen von Typha latifolia zeige dieselben Eigenschaften wie der von Lycopodium clavatum. Bemerkung über die Kälte durch Ver- dunstung. Vielleicht enthalte der Ulmenbaum Manna. Die Blumen der Ulmaria ,; die Birken- schwammasche als Arzneymittel.) e) In den Schriften der Gesellschaft Einträcht. Freunde zu Wien. 48. Über die Orographie von Siberien. Physik. Arb, d. Eintr. Freunde. 1. B. 1. S. ı. Reufs. f) In den Schriften der Böhmischen Gesellschaft. 49. Schreiben an- Ign. von Born wegen dessen minera- logischen Bemerkungen *) über Pallas Reisen. Abh. einer Privat-Gesellsch. in Böhmen. 3. B. S. ıgı. Reufs. *) Daselbst ı B. S. 264. g) In den Schriften der Königl. Gesellschaft zu London, 50. Letter relating to the state of the cold at Berlin in the winter of 1762 — 1763. Philos. Transact. 1763. p. 62. (Aus einem Brief an Mendez da Costa.) 51. Descriptio Sciaenae Jaculatricis.- Philos. Transact. 1766. p. 187, 188. Tab. 8. Fig. 6. (von Schlos- ser an Collinson eingesandt.) 52. Account of the iron ore lately found in Siberia. Philos. Transact 1776. p. 523. h. In den Schriften der Königl. Akademie der Wissenschaften | _ zu Stockholm. 53. Den dauuriska staren (Sturnus dauuricus) en ny fogel frân ostra Siberien, observerad och be: skrifven. Vet. Acad. Handl. 1778. P. 197 — 200. Dryander. Übers. Vom dauurischen Staar. Abh, der schwed. Akad. 1778. S. 189 — 192. Taf. 7. Fig. ı. 54. Den mongoliska lärkan (Alauda Mongolica) en rar fogel från ostra Siberien, funnen og beskrifven. Vet. Ac. Hand. 1778. p. 201—203. Dryander. Übers. Die Mongolische Lerche. Schwed. Ak. Abh. 1778. S. 193 — a It, 7: Fig, 2. 55. Den strockande anden (Anas glocitans) en rar fogel, som endast blifvit funnen i Ostra Siberien. Vet. Ac. Handl, 1779. p. 26—34. T. ı. Dryander. Übers. Die glucksende Ente. Schwed. Ak. Abh. 1779. S. 22 — 28. Taf. r. G: Übersetzung von Pallas. Vollständiges Handbuch der ganzen praktischen Arz- neygelahrtheit von R. Brookes, Nach der vier- ten Ausgabe aus dem Engl. übers. und hin und wieder mit Zusätzen vollständiger gemacht. Berlin 1771. 8. Zweyter Theil (ohne Jahrszahl). Der dritte Theil, 1773. auch mit dem besondern Titel: Voll- ständiges Dispensatorium u, s. w. ist nicht, wie ich glaube, von Pallas übersetzt. Der Titel des Originals ist: The general Practice of Physic. By R. Brookes. In two volumes, the fourth edi- tion. London 1763. 8. D. Von folgendem Werk hat Pallas die Herausgabe besorgt. Joh. Anton Güldenstädt Reisen durch Rufsland und im caucasischen Gebürge. Auf Befehl der Kaiserl. Akad. der Wissenschaften herausgegeben von P.S. Pallas. Petersburg 1787. Zweyter Theil 1791 in 4to. (Pallas hat hin und wieder An- merkungen gegeben, und Güldenstädt’s Bio- graphie vorangeschickt.) Pie REP ax SE 4 À nt Über eine neue Eintheilung der Thiere. J ede Eintheilung der natürlichen Körper hat, so leicht ‘Sie dem Layen scheint, für den Naturforscher die grölsten Schwierigkeiten. Jener, der nur mit weni- gen, mehrentheils auch nur mit schärfer bezeichneten Naturkörpern zu thun hat, weils diese bald entweder ohne System einzeln aufzufassen, oder ist mit jeder Anordnung zufrieden, weil es kaum eine giebt, die nicht das Hervorspringende beachtet hätte. Der Na- turforscher darf keinem Naturkörper seine Aufmerk- samkeit entziehen, und gelangt daher sehr bald zu Übergängen , die es ihm beynahe unmöglich machen, scharfe Gränzen zu ziehen. Dennoch aber darf er nicht davon. abstehen; wenn ihm noch so viele Ver- suche mifslingen, so mufs er doch immer wieder zu neuen schreiten: denn ohne eine wissenschaftliche Übersicht des Ganzen wird ihm das Einzelne nie zu Ge- bot stehn. Bey jeder Untersuchung der Art wird auch irgend eine Seite der Wissenschaft schärfer in das Auge gefalst, und schon das mufs Gewinn bringen. | Es bedarf also keiner Entschuldigung, wenn ich hier einen neuen Versuch zu einer Eintheilung der Thiere den Naturforschern zur Prüfung vorlege. F 82 Über die Unterschiede des organischen und des unorganischen Reichs, so wie über die zwischen dem Thierreich und Pflanzenreich, sage ich nichts, um nicht zu weitläuftig zu werden. In Hinsicht des letztern Puncts scheint es mir auch noch immer, als ob der aus dem Bau der Thiere und Pflanzen zu ihrer Tren- nung hergenommene Grund füglich so bestehen kön- ne, wie ich ihn in meiner Anatomie der Pflanzen auf- gestellt habe. | Die ältern Versuche, die Thiere in gewisse Klas- sen zu ordnen, mulsten aus einer doppelten Ursache ungenügend ausfallen. Erstlich kannte man zu wenige Thiere, besonders aus den unteren Klassen, zweytens aber hatte man den innern Bau der Thiere zu wenig erforscht. Man hatte einzelne trefHiche Beobachtun- gen, keine durchgreifende Anatomie. Man begnügte sich daher sehr lange mit einer Eintheilung nach den äufsern Formen der Thiere, wobey die fremdartigsten Geschöpfe an einander gereiht wurden, so dafs z. B. Säügthiere und vierfülsige Amphibien, Vögel und Fle- dermäuse, Schlangen und Würmer in eine Ordnung kamen. Nicht einmal bey den unorganischen Körpern aber mag die äulsere Form genügen, eine Klassifikation zu begründen; wie viel weniger also kann sie dä befrie- digen, wo sich das Leben im Innern des Körpers so mannigfach entfaltet? Die äufsere Gestalt modelt sich grolsentheils nach Befonderheiten der Umgebung >, ob ein Thier z. B. auf der Erde, oder im Wasser seine Heimath findet; oft nach sehr speciellen Umständen, die auf seine Nahrungsweise Bezug haben. So nähern sich in der ersten Hinsicht viele Säugthiere der Fisch- "e DE t form, so treten bey den Amphibien nach und nach die Fülse ganz zurück; in der zweyten Hinsicht aber wer- den bald die Gliedmaafsen mit einer Flughaut verbun- den, bald sind sie kurz, bald ungeheuer lang, bald verlängert sich die Schnauze zum Rüssel +36 8.1. Di äufsere Gestalt mag daher sehr wohl dienen ‚ die Art, die ‚Gattung, die Familie, ja selbst zuweilen die Ord- nungen zu bezeichnen. Merkmale der Klassen wird sie für die Thiere nimmer liefern. Müssen aber die Charactere für die Klassen in der innern Organisation der Thiere aufgesucht wer- den, so fragt sich, ob man sie von der Gesammt-Or- Sanisation, oder von einem hervorstechenden System des Körpers zu wählen habe. Qhamtrpitel würde man das Erstere vorziehen, Wenn es sich irgend thun liefse, allein bey den so äufserst zahlreichen Abweichungen der mehrsten Or- ' ane in einer jeden Thierklasse, würde man verge- bens versuchen, ein Alles umfassendes Bild jeder Klasse mit wenigen Zügen zu entwerfen. Man wäre statt dessen gezwungen, in das Einzelne zu gehen, und die Anomalieen und Ausnahmen beyzubringen; man würde Eine weitläuftige Schilderung geben, keine hervorsprin- Sende Charactere in bündiger Kürze. Ein einziger Schriftsteller, und noch dazu in der Neuesten Zeit, Oken *) hat den Lobredner dieser. Methode gemacht, und die entgegengesetzte mit Ge- Ungschätzung verworfen, ohne es zu fühlen dafs sein 2 eignes System die Charactere keineswegs aus der gan- u 2. R > *) Lehrbuch der Naturphilosopbie, 3 Th. Jena 1811. 8. x 222, u. folg, i F 2 84 zen Organisation der Thiere geschôpft. hat. Er stellt drey Kreise für die Klassen der Thiere auf, und hat: ı) Geweidthiere, 2) Hautthiere, 3) Fleischthiere. Die beyden ersten sollen sämmtlich ohne Fleisch‘ seyn, die dritte hat Fleisch. Hier ist also doch nichts mehr, als ein Character von Einem Theil, von dem Muskel- Tg nen ET tsi a On r # fleisch, gewählt. Erstlich aber ist diese Eintheilung an sich falsch, denn sie beruht auf der ungegründeten Annahme, dafs das, was alle Anatomen aller Zeiten bey den Insecten und Würmern für Muskelfasern er- kannt haben, nur eine zertheilte Haut sey. Dafür spricht durchaus nichts, und wenn der Verfasser nur die Muskeln der Amphibien und Fische untersuchen und damit die der Insecten und Würmer vergleichen will, so wird er sie bey diesen gewils eben so willig Eu? un r à iiss ug ——— e es. at x u. Kn x k * dafür annehmen; aufser allem Zweifel aber ist die Sache, wenn man die Muskeln des organischen Lebens, wie sie Bichat nennt, bey dem Menschen und den zusammengesetzteren Thieren, mit den animalischen -Muskeln der minder zusammengesetzten -Thiere ver- gleicht. So wie nämlich die Nerven der letzteren zum Theil nur dem sympathischen Nerven der höheren Thiere analog sind, so ist es auch grolsentheils mit den Muskeln derselbe Fall. Doch werden auch ein- zelne derselben, selbst bey den Eingeweidewürmern, frey, und ähneln den animalischen Nerven der obern Thierklassen. Es ist eine ganz willkührliche Annah- me, die Muskeln z. B. des Krebses, aber selbst aller übrigen sogenannten wirbellosen Thiere, eine, zer- theilte Haut zu nennen. 85 Zweytens aber ist jenes Merkmal nur ein einziges, und stellte, wenn es so wahr wäre, als es falsch ist, nur einen und gewifs nicht den wesentlichsten Theil der Organisation dar, hätte nämlich blos auf die Be- wegungsart der Thiere Bezug. Vergleicht man ferner die Geweidthiere und die Hautthiere, so sieht man, dafs Oken bey jenen keine Trennung des Darms von der Haut annimmt, bey die- sen aber eine solche statt finden läfst. Zu jenen rech- net er die Polypen, Korallen und Quallen, zu diesen die Würmer, Muscheln, Schnecken, und Insecten. Es gilt aber von dieser Eintheilung dasselbe, was von der vorigen gesagt ist: erstlich beruht sie auf einem fal- schen Absonderungsgrund, und zweytens ist sie von einem einzigen Merkmal hergenommen, Falsch ist sie, weil ganze Ordnungen der Eingeweidewürmer einen freyen Darmkanal besitzen, während er den übrigen fehlt. Man sieht hieraus auch schon, dafs es ein ein- zelner, ungenügender Character ist, denn sonst würde er durchgreifender seyn. Auch schon bey den Qual- len, und selbst bey den noch einfacheren Thieren wird der Magen frey, und wenn nichts weiter da ist, so stellt er den ganzen Darmkanal vor. So falsch die Haupteintheilungen waren, so wenig genügen auch die Ordnungen der Klassen, dafs z. B. die Polypen von den Korallen getrennt sind u. s. f, Der sonst so.kenntnifsreiche Verfasser hat diese Klas- sification wahrscheinlich nur sehr flüchtig hingeworfen. In der vollen Überzeugung also, dafs wir nie ein System aufstellen werden, das, Alles berücksichtigend, durchgreifende Characte aufstellen kann, wende ich mich zu den bisher angenommenen beyden Anordnun- 86 gen der Thiere, sa wie zu einer dritten, deren Ent- wurf nur kürzlich erschienen ist. Linné theilte die Thiere überhaupt in zwey grofse Haufen, in die mit rothem, und in die mit weis- sem Blut. Zu jenen zählte er die Säugthiere, die Vôgel, die Amphibien und Fische: zu diesen die In- secten und Würmer. Die Haupteintheilung aber ist falsch, denn durch Swammerdam, Pallas, O.Fr. Müller, Poli, Cuvier u. s. w. ist nach und nach an einer grolsen Reihe der sogenannten Würmer das rothe Blut nach- gewiesen: ja, die chemische Analyse hat darin diesel- ben Bestandtheile dargethan, obgleich noch vor kur- zem daran gezweifelt ward *), Linné’s Unterabtheilung der rothblüthigen Thiere gründete sich darauf, dafs sie theils ein warmes, theils ein kaltes Blut, theils ein Herz mit zwey Kammern, theils mit einer Kammer besitzen. Die Säugthiere und Vögel haben ein zweykammriges Herz und warmes Blut; die Amphibien und Fische ein einkammriges Herz und kaltes Blut. Die Säugthiere unterscheiden sich von den Vögeln dadurch, dals sie lebendige Junge gebäh- ren, und dieselben an ihren Brüsten säugen, da die Vögel hingegen Eyer legen. Die Amphibien sind von *) Froriep sagt in einer Anm, zur Übersetzung von Cuviers vergleichenden Anatomie Th, r. S. 77: Hombert 'habe entdeckt, dafs das Blut der Sepien, und wohl der weifs- blütigen Thiere überhaupt, keine Spur von Eisen in sich ent- halte. Mein inniggeschätzter Kollege Erman hingegen hat im Blut der Helix Pomatia und des Planorbis corneus (Helix cornea Linn.) sowohl Eisen als Braunstein gefunden, = + den Fischen abgesondert, da sie durch Lungen ath- men, während die Fische nur Kiemen besitzen. Diese vier Klassen sind so sehr in der Natur ge- gründet, dals sich kein späterer Naturforscher gewei- gert hat, sie anzunehmen. Dafs Linné einige Fische zu den Amphibien ge- rechnet hatte, weil er sie mit Lungen versehen glaub- te, machte gegen die Eintheilung selbst eben so wenig aus, als dafs ein andrer Fisch, Myxine, zu den Wür- mern gerechnet ist; dergleichen Irrthümer verbessern sich mit der Zeit von selbst. Wenn ein Paar Amphi- bien, wie es scheint, für immer aufser den Lungen auch Kiemen besitzen, andere im unentwickelten Zu- stande nur durch Kiemen athmen, so kann man auch daraus keinen bedeutenden Einwurf hernehmen: denn das unvollkommne Thier giebt nie den Maalsstab für die Klassification, und die entwickelten haben alle Lungen, da die Fische nur Kiemen besitzen Weil so viele Amphibien aber kein geradezu einfächriges Herz haben, so mufs dies im Character bemerkt werden, wie sich leicht thun läfst: zwey völlig abgesonderte Kammern, oder einen völlig geschlofsnen grofsen und kleinen Kreislauf haben sie nie. Sollte das Schnabelthier, Ornithorhynchus, wie Ei- nige glauben, wirklich keine Zitzen besitzen, so müfste boad À y 4 À i ` L mn en nn ET Mn nn ee ner Ber freylich die Benennung Säugthiere, mit einer an- dern vertauscht werden: ich zweifle aber keinen Au- genblick, dafs man noch die Zitzen des Schnabelthiers entdecken wird. x EEE ET N sd + n di “ tee rer x Li CE ER e FE 77 En Die Linneische Eintheilung der sogenannten. weilsblütigen Thiere in Insecten und Würmer hat al- lerdings auf den ersten Blick Manches für sich, und 88 drückt den Totaleindruck, den diese Thiere auf uns machen, einigermalsen aus: bey näherer Beleuchtung sieht man aber gleich, dafs diese Anordnung erstlich auf minder gut gewählten Kennzeichen beruht; zwey- tens aber, dafs sie für die unübersehbare Menge die- ser Thiere viel zu wenige, nämlich nur zwey Klassen aufstellt, während die,gegen jene sehr wenig zahl- reichen rothblütigen Thiere in vier Klassen vertheilt sind. Den Insecten schrieb Linné als Character die Fühlhôrner (antennae), den Würmern die Fühlfäden (tentacula) zu, Allerdings sind die Fühlhörner von den letztern dadurch unterschieden, dals sie eingelenkt oder mit dem Körper articulirt sind, da die Fühlfä- den mit der übrigen Körpermasse fortlaufend sind: allein eine unendliche Menge von Würmern hat nichts, das nur entfernt als Fühlfaden gelten könnte, so wie unter den Insecten die mehrsten Arachniden ohne Fühlhörner sind. Gegen diesen Einwurf aber hätte sich Linne bey längerem Leben wahrscheinlich eben so geschützt, wie es spätere Naturforscher gethan ha- ben, indem sie statt der eingelenkten Fühlhörner, ei- nen mit eingelenkten Gliedmaalsen versehenen Körper setzten; denn wenn auch manche Würmer, z. B. die Bandwürmer einen ganz gegliederten Körper besitzen, so fehlen ihnen doch die eingelenkten Gliedmaafsen. Aber nicht zu beseitigen ist der Einwurf, dafs zu verschieden organisirte Körper in diesen Klassen zu- sammengehäuft sind. - Die Neueren hatten daher Recht, wenn sie mehrere Klassen daraus bildeten, so wie diese auch‘ anders ausfallen mulsten, als Linne’s Ordnungen, weil man inzwischen den Bau der dahin gehörigen Thiere näher erforscht hatte. Dennoch mufs jeder gestehen, dafs Linné unendlich viel dafür gethan hat, und der helle Blick fehlte ihm nie, ob- gleich der allein freylich nicht genügen kann. Cuvier verwarf, wie billig, die Eintheilung in rothblütige und weilsblütige Thiere, und nannte jene Wirbelthiere, diese Wirbellose. Zwar hatte man schon lange auf den Unterschied aufmerksam ge- macht, dafs nur jene Thiere ein Skelett und eine Wir- belsäule besitzen, dafs bey den andern die harten Theile nach aufsen gebracht sind, oder gänzlich feh- len, doch hat man erst seit Cuvier die Eintheilung aus dem Gesichtspunct angenommen, Allein diese Eintheilung ist, wie Spix *) vorzüg- lich gut auseinander gesetzt hat, viel zu schneidend, und man sieht nicht in der Natur die angenommenen, scharfen Gränzen. Die Wirbelsäule fängt vielmehr - schon bey einigen Fischen an, unvollständig zu wer- den, und hört bey einigen Mollusken (am Kopf) nicht ganz auf. Ich füge aber hinzu, dafs der Körper der mehrsten Crustaceen und Insecten noch eine Art von Wirbelsäule für das Nervenmark darbietet, nur dals sie nach der Bauchseite geschoben und gleichsam mit den Rippen verwachsen ist, wie wir es, nur deutli- cher, am Rücken bey den Schildkröten sehen. Die ganze Eintheilung genügt mir aber vorzüglich deswegen nicht, weil sie nicht das Wesentlichste selbst, sondern nur die zum Schutz desselben bestimmte Hülle betrachtet. Warum die Thiere nach den Knochen Auen *) Geschichte und Beurtheilung aller Systeme in der Zoo- logie. Nürnberg 1811, S. 138 u, £ < ? - 4 nn en = En. ren 90 bezeichnen, die das Nervenmark eïnschliefsen, wenn sie sich nach diesem selbst eintheilen lassen? Bey den Wirbelthieren behielt übrigens Cuvier die Linneischen Klassen der Säugthiere, Vögel, Amphibien und Fische. Bey den Wirbellosen hinge- gen wich er ab, und stellte zuerst *) drey Klassen derselben auf: 1) Mollusca (mit einem muskulôsen Herzen, und keinem knotigen Wirbelmark **); 2) Insecta et Vermes (mit einem langen Rückengefäls und einem knotigen Wirbelmark, oder wenigstens mit einem von beyden); 3) Zoophyta (ohne Herz, ohne Gehirn, ohne . Nerven). Diese Eintheilung konnte ihm selbst nicht lange genügen, und zwey Jahre später ***) theilte er die wirbellosen Thiere in solche, welche Blutgefälse ha- ben, und in die, welche keine besitzen. Jene sind nach ihm: 1) Mollusca (mit einfachem Wirbelmark, ohne eingelenkte Gliedmaalsen) ; *) Tableau Elémentaire de l'Histoire naturelle des ani- maux. à Paris an VI. in 8. **) Der Ausdruck Mark ist schlecht, wie Gall mit Recht bemerkt, allein allgemein angenommen, Medulla spinalis, Moëlle épiniere läfst sich übrigens nicht passender übersetzen, als durch das von mir gewählte Wort: Wirbelmark, Das sonst übliche, Rückenmark,- drückt bestimmt die Lage des Marks an der Rückenseite des Körpers aus, und das soll nicht seyn. ***, jm Tableau général des classes des animaux, zum ersten Theil seiner Lecons d’Anatomie comparée. à Paris, an VII. in 8. 2) Vermes (mit knotigem Wirbelmark, ohne ein- gelenkte Gliedmaalsen) ; 3) Crustacea (mit knotigem Wirbelmark, und eingelenkten Gliedmaalsen); diese hingegen sind: 4) Insecta (mit knotigem Wirbelmark und ein- gelenkten Gliedmaalsen) ; 5) Zoophyta (ohne Wirbelmark und ohne ein- gelenkte Gliedmaafsen). Lamark *) stellt sieben Klassen der wirbellosen Thiere auf: 1) Mollusques; 2) Crustacés; 3) Arachnides; 4) Insectes; 5) Vers; 6) Radiaires; 7) Zoophytes. Er weicht also nur darin von Cuyier ab, dafs er die spinnenartigen Thiere, Arachnides, von den Insecten, und die Strahlthiere, Radiaires, von den Zoophyten trennt. Seine Kennzeichen der Klassen übergehe ich, da sie zu fehlerhaft sind. Seine Bestimmungen näm- lich gehen sehr in das Einzelne, ohne dafs er eigne Untersuchungen angestellt hatte. Aus Büchern läfst sich aber eine solche Eintheilung nie gut zusammen- | bringen. Dumeril endlich **) hat dieselben Klassen, Ram *) Systeme des animaux sans vertèbres. à Paris. an IX. in 8. **) Zoologie Analytique. à Paris 1806. 8. Analytische Zoologie a. d. Fr, von Froriep. Weimar 1806. in 8, 02 wie Cuvier in der vergleichenden Anatomie, nur in einer andern Ordnung, nämlich: 1) Mollusca; 2) Crustacea; 5) Vermes; 4) Insecta; 5) Zoophyta; auch bedient er sich, bey übrigens gleichen Bestim- mungen, nicht des unpassenden Ausdrucks moëlle épi- niere, sondern spricht von einfachen und knotigen Nerven, obgleich auch das die Sache nicht ausdrückt. Gegen alle diese Eintheilungen, die ich mit Fleifs zusammengefafst habe, lassen sich mehrere sehr trif- tige Einwürfe beybringen. Erstlich ist es durchaus nicht zu billigen, dafs die Mollusken vor den Crustaceen und Insecten stehen. Die Crustaceen sind ohne Frage weit höher organi- sirt, als die Mollusken (wovon weiterhin mehr), und an jene schliefsen sich wieder zunächst die Insecten an. Es ist auch daher doppelt unrecht, wenn Dumé- ril die Würmer zwischen die Crustaceen und Insecten bringt, sie müssen offenbar auf diese folgen, Zweytens sind die Eingeweidewürmer, obgleich zweifelhaft, von Cuvier zu den Würmern und vor die Crustaceen und Insecten gestellt; Dumeril rech- net sie mit mehrerem Recht zu den Zoophyten. Drittens sind die Zoophyten bey Cuvier mit den Strahlthieren von Lamarck bereichert, ein Theil von ihnen aber schliefst sich an die Mollusken zunächst an, ja ohne Anatomie würde man sie leicht alle zu diesen bringen, wie sie daher auch Linné und Pal- las bey ihnen aufführten, 93 Endlich viertens beruht die ganze Eintheilung in der Hauptsache auf der Circulation, also auf einem Reproductionsgeschäft. Dessen Steigerung bey einem Thier kann aber unmöglich allein als Maalsstab die- nen, um ihm einen bestimmten, höheren oder gerin- geren Platz anzuweisen, denn wir finden zu viel Ab- weichungen darin. So z. B. scheint die Circulation bey den Insecten grölstentheils zu fehlen, und ist dies gegründet, so müssen sie deswegen unter viele Wür- mer gesetzt werden, die ihnen in wichtigern Organen nachstehen: vielleicht ist aber unsere ganze Vorstel- lung von der Säftebewegung bey den Insecten zu ein- fach. Welche Abweichungen in der Circulation finden wir allein bey den Amphibien, aber auch selbst bey den Mollusken, um in dieser Abtheilung zu bleiben. Wie viele Abweichungen bey den Eingeweidewürmern in Hinsicht ihrer Gefälse. Ich glaube daher nach die- sem Allen, dafs wir Cuvier’ = Eintheilung nicht behalten dürfen. Eine Klassification der Thiere nach den Respira- tionsorganen hat A. F. Schweigger in einem ge- haltvollen Aufsatz kürzlich bekannt gemacht **). *) Nachdem ich diese Abhandlung schon vorgelesen hat- te, ‘schreibt, mir dieser treffliche Naturforscher, dafs er bald eine neue Eintheilung der Thiere bekannt machen wird, wor- "auf ich höchst begierig bin. *+) Mir ist diese Abhandlung (im ersten Stück des Kö- nigsberger Archivs für Naturwissenschaft und Mathematik, Kö- nigsberg 1811. 8: S. 90 — 112) erst in die Hände gekommen, nachdem ich bereits meinen Aufsatz geschrieben hatte; und es war mir angenehm, diese Eintheilung noch berühren zu können, Eine ähnliche Klassification nach den Respirations- 94 Er stellt zwölf Klassen auf: 1) Säugthiere. 2) Vöge 1. 3) Reptilien. 4) Fische. 5) Mollusken. 6) Anneliden. 7) Crustaceen. 8) Arachniden. 9) Insecten. 10) Strahlthiere. ı1) Eingeweidewürmer. 12) Zoophyten. Gegen diese Folgereihe aber gilt Alles, was ich gegen die früheren gesagt habe. Die Würmer (Anne- liden) *) stehen hier weit von den Eingeweidewür- mern und vor den Crustaceen und Insecten, überdies von diesen getrennt, und die Strahlthiere sind zu weit von den Mollusken entfernt. Kurz die angegebne Ord- nung zeigt schon ; dals das Respirationsgeschäft nicht durchgreifend genug ist, um die natürlichen Verbin- dungen der Thiere dadurch zu bestimmen. erganen hat Stosch in der Einleitung zu einer Schrift über die Anatomie der Cobitis-Arten gegeben, von der zwar vor zwey Jahren ein Paar Bogen abgedruckt sind (die eben jene Klassification enthalten), zu deren Fortsetzung aber mein Freund bisher keine Mulse finden konnte. *) Man kann sie Würmer xar’ sogn» nennen; im Grie- chischen wurden sie cxwàné genannt, und es ist Schade, dafs dieser Name auf eine Gattung der Eingeweidewürmer (durch O. Fr. Müller) übergegangen ist, Nun mufs man sie nur um Misverständnissen vorzubeugen, Annulata nennen. 95 Alle einzelne Momente in Hinsicht der Verwandt- schaft der Körper wird keine Klassification berück- sichtigen können, denn die Natur hat denselben Thie- ren bald hier etwas zugesetzt, bald dort etwas genom- men: aber die Hauptverwandtschaften müssen bey ei- nem annehmbaren System ungekränkt erhalten seyn. Schweigger hat auch selbst mehrere treffliche Be- merkungen über und gegen seine Anordnung, die übrigens für die vergleichende Anatomie interessant bleibt. | Ich komme itzt zu meinem Entwurf. Ich gehe von dem Grundsatz aus, dafs keine Klassification ge- nügen kann, die die Geschöpfe in einer geraden Li- nie auf einander folgen lassen will. Man hat es längst eingesehen, dafs sich die Thiere auf keine Stuffenlei- ter bringen lassen, und doch fängt man immer wieder an, daran zu arbeiten. Sobald man aber davon ab- geht, wird die Anordnung von den mehrsten Schwie- rigkeiten befreit. Ferner machte ich die Hauptabtheilungen der Thiere nach ihren Nerven, weil diese nur bey ihnen vorkommen und ihre edelsten Organe sind. Zwar hat Oken im zweyten Theil seiner Naturphilosophie die Spiralgefälse. der Pflanzen für Nerven erklärt , allein die Anatomie widerlegt dies hinlänglich. Diese zeigt nämlich erstlich sehr bestimmt, dals es wahre Gefälse sind, die zum Theil gleich, zum Theil (wenigstens bey aufserordentlich vielen) späterhin verholzen, und dann sogar Gefälse mit rings angewachsenen Wänden bil- den. Bey den Gräsern z. B. geht die Verwachsung der Spiralfasern so schnell vor sich, dafs ich sie nur ein Paar Mal bey ihnen frey gesehen habe, obgleich — 96 TOR ich diese Gefälse in ihnen sehr oft untersuchte. Zwey- tens aber mufs man den Bau der Pflanzen viel zu starr und unbeweglich finden, als dafs in ihnen etwas den Nerven analoges Statt finden könnte. Dafs die Spiralgefälse immer eine Flüssigkeit führen, ist be- stimmt, aber ob diese immer tropfbar, nicht vielmehr oft gasförmig ist, das wage ich nicht zu bestimmen. Wenn man nun auch annehmen wollte, dafs diese Ge- fälse nebenher als Nerven zur Bewegung dienten, so geht dies wegen ihres starren Baus nicht an, und in der Mimosa pudica und der Averrhoa Carambola habe ich verholzte und sehr wenige Spiralgefälse in den Blattstielen und Zweigen gefunden, wenigstens nichts, das sie von andern minder beweglichen Pflanzen in der Hinsicht unterschiede. Nur das Thier hat Nerven, aber nicht bey allen Thieren sind sie als freygewordne Organe darlegbar. Auf der untersten Stuffe des Thierreichs zeigt sich Be- weglichkeit ohne Muskelfaser, Empfindlichkeit ohne Nervenfaser, und wenn wir daher diese Thiere ner- venlos nennen, so geschieht es nur insoferne, als keine Nerven sichtbar sind. Die Nervensubstanz ist gewils ihrer homogen scheinenden Masse beygemischt. So als die Nerven sich mehr und mehr entwickeln, wird das Thier beweglicher, an Sinnen reicher, herrscht es gleichsam über einen gröfsern Theil der Erde. Bey der höchsten Entwicklung des Nervensystems steht der Mensch da. Dieser, jener Theil seines übrigen Kör- pers mag leiden, sein Respirationsgeschäft mag nur kaum noch den Namen verdienen, dennoch strebt sein Gedankenflug empor, und der Kreis seines Wissens wird ihm nie zu weit: aber irgend eine wesentliche : | Ver- Se Verletzung des Gehirns, irgend eine Unterbrechung seines Wirkens, und der Mensch sinkt bis zum Thier, } sinkt unter dasselbe hinab, _ Ein solches Gehirn, als der Mensch besitzt, zeigt kein einziges Thier weiter; in der übrigen Einrich- tung des Körpers treten ihm manche Thiere sehr na- he. Man kann die obern vier Thierklassen auch sehr leicht, wenn man will, nach ihrem Gehirn unterschei- den, und die Verhältnisse der Theile gegen einander geben besonders interessante Überblicke; doch davon zu spreschen, ist hier nicht der Ort, und ich darf auf Cuvier, Gall und Reil verweisen, so wie auf Ebels bekannte Untersuchungen, die Sömmerrings Entdeckung bestätigten, dafs der Mensch in Verhälinifs zu seinen Nerven das grölste Gehirn besitze. Alle höhere Thierklassen aber haben, wie der Mensch, ein doppeltes ‚Nervensystem, das sich um so mehr entfaltet, je näher sie zu ihm treten. Einerseits ward ihnen das Rückenmark mit seinen Nerven, andererseits der sympathische Nerve, oder das Gangliensystem, dessen genauere anatomische Kenntnifs Walter’s unermüdetem Fleifs verdankt wird. Bey allen diesen Thieren liegt das Rückenmark, wie sein Name andeutet, an der Rückenseite des Kör- pers, durch die Wirbelsäule beschützt, und in der gröfsten Regel in ihr verborgen. Sie sind alle in die- ser Hinsicht Notoneura. Da sie überdies aber das Gangliensystem des sogenannten sympathischen Ner- vens besitzen, so belege ich sie, statt mit jenem Aus- G AE asp Et sm ARE SES Es ee En m, we - Es 98 druck, den ich früher wählte, mit dem passenderen: Polyneura, oder Diploneura *). Die auf sie folgenden Thiere gehen in zwey Rei- hen hinab. Die eine derselben besitzt eine dem Rük- kenmark analoge Marksäule, aber nicht mehr an der Rückenseite, sondern an der Bauchseite; man könnte sie daher Gastroneura nennen, ich ziehe jedoch den Ausdruck Myeloneura vor. Die andere Reihe be- sitzt nur eine dem Gangliensystem der höhern Thiere analoge Nerveneinrichtung; ich nenne sie daher Gan- glioneura. Beyde zusammen sind mir Oligoneura oder Haploneura **}. Auf sie folgen die Aneura, oder besser viel- leicht Cryptoneura, im Gegensatz der übrigen als Phaneroneura ***), Die Namen Myeloneura und Ganglioneura sind vielleicht Manchem ein Ärgernils. Allein so gut, wie das Rückenmark bey Aristoteles vers (nämlich Pre gasaus) hiefs, kann ich auch das Bauchmark so nennen, wenn ich die Rhachis weglasse; und die aus den zerstreuten Ganglien entspringenden Nerven sind dann bey den andern Thieren, die ich Ganglioneura nenne, ziemlich gut bezeichnet Wenigstens weils ich keinen bsssern Ausdruek dafür. Die Sache selbst scheint mir richtig zu seyn, ob- gleich Bichat bey allen Thieren, die ich Oligoneura ss Doppeltnerrige, **) Einfachnervige. °*+) Ich hatte bey der Vorlesung den Ausdruck Aneura gebraucht, Erman machte mich darauf aufmerksam, dafs ich besser Cryptoneura sagen würde, und ich bin seinem Rath mit Dank gefolgt. 99 nenne, nur einen sympathischen Nerven annimmt, und ihm hierin besonders die Deutschen gefolgt sind; ob- gleich Cuvier nur von einem Wirbelmark redet. Schon bey dem Menschen und bey den Säugthie- ren ist das Rückenmark in Stränge getheilt, die nur sehr nahe an einander liegen; schon bey ihnen sieht man einzelne Anschwellungen des Rückenmarks, die Gall sogar als Ganglien betrachtet, In den Vögeln tritt die Scheidung der Stränge an ein Paar Stellen sehr deutlich hervor; bey der gemeinen Schildkröte ist sie viel stärker und überall gleich in die Augen fallend, so dafs die Stränge auf beyden Flächen ge- trennt sind, bey den Fischen ebenfalls unverkennbar. Ich habe von Amphibien und Fischen nur wenige bis- her in der Hinsicht untersucht, zweifle aber nicht dar- an, Beyspiele von noch stärkerer Absonderung zu fin- den, als bey der Schildkröte, und den Weifsfischen. Bey den Crustaceen, Insecten, und den Würmern im engsten Sinn, oder den Annulatis ist die Trennung der Stränge grölser, auch sind die knotigen Anschwel- lungen derselben hervorspringender, weil die Stränge dünner sind; übrigens aber sieht man den Übergang der Marksäule höherer Thierklassen zu ihrem Bauch- mark sehr deutlich. Jene knotige Anschwellungen ste- hen nach vorne und hinten nur mit den Strängen in Verbindung, und an den Seiten nur schicken sie ihre Nervenfäden ab, gerade wie es mit dem Rückenmark der höhern Thiere sich verhält. Die abgehenden -Zweige sind auch auf beiden Seiten symmetrisch, et- was das nur auf die Rückenmarksnerven , nicht auf die Verzweigungen des Gangliengeflechts palst, und Ohne weiter Knoten zu bilden. G 2 At PS caso al En == EIG == Die Knoten der Ganglioneura hingegen, der Mol- lusken und einiger der sogenannten Strahlthiere, lie- gen erstlich zerstreut, und zweytens schicken sie nach allen Richtungen ihre Nerven, ohne Symmetrie zu beobachten. Dort liegt also der Nervenapparat in ei- ner fortlaufenden, längeren oder kürzeren Kette, hier in zerstreuten Parthien, die durch längere Fäden zu- sammenhängen. Mag man bey beyden einen Knoten vorzugsweise als Gehirn betrachten, so ist doch die übrige Einrich- tung um so mehr abweichend, als die von mir für das Bauchmark genommene Nervenkette bey den Crusta- ceen und Insecten in einer ausgefurchten Rinne der queergetheilten schaaligen Hülle liegt, also gleichsam durch Halbwirbel beschützt ist *), so wie auch bey den Annulaten der Körper gegliedert ist, und die Seg- mente jenen Schaalenstücken nahe kommen. Von ei- ner solchen Wirbelvorrichtung findet sich bey den Mollusken und Strahlthieren nichts. Das Nervensy- stem von jenen kann man also offenbar-mit dem Rük- kenmark, das Nervensystem von diesen mit dem Gan- gliensystem der höhern Thiere vergleichen, und ich glaube meine Ansicht dadurch vollkommen gerecht- fertigt. *) Die mit den Rückenwirbeln um so mehr Ähnlichkeit hat, wenn man, was ich oben berührte, an die Verschmel- zung der Wirbel und Rippen bey den Schildkröten denkt. — 101 — Ich entwerfe folgendes Schema: 1) Phanero- neura, 2) Cryptoneura. 1) A. Diploneura 1) B. Haploneur& z a. Myeloneura 3 b. Ganglioneura = 2) C. Cryptoneura Von der ersten Abtheilung, Diploneura, welche die Säugthiere, die Vögel, die Amphibien und die Fische umfafst, sage ich nichts; bey den übrigen aber mufs ich noch etwas verweilen. Die erste Reihe der Haploneura umfafst die Cru- staceen, die Insecten und die Anneliden (Annu- lata). Die Crustaceen sind am zusammengesetztesten, mit deutlichen Sinnorganen, mit vielen Bewegungsorganen, ‘und selbst mit starken Reproductionsorganen verse- hen, die ich, als hinlänglich bekannt, nicht weiter aus- einander zu setzen brauche. 102 — An sie schliefsen sich offenbar die Insecten an. Sie haben deutliche Sinnorgane, zahlreiche Bewe- gungsorgane; ihre Digestionsorgane sind zum Theil in dem verschiedenen Zustand ihres Körpers ganz abwei- chend, nicht selten sehr zusammengesetzt; ihr Respi- rations- Apparat ist ein anderer, als bey den übrigen Thieren, aber durch den ganzen Körper vertheilt, und gewils höchst wirksam: daher brauchte auch die Cir- culation nicht eine solche Zusammensetzung von Ge- fäfsen. Wo jener Apparat sich aber vermindert, da vermehren sich die Gefälse, z. B. bey den Scolopen- dren und Spinnen. Schon die Respirationsorgane der Grätenfische und Knorpelfische weichen sehr von ein- ander ab, dennoch lassen wir sie in einer Klasse. Was kann abweichender seyn, als die Respiration eines Knorpelfisches und die eines Vogels oder Säugthiers, und dennoch umfassen wir sie in einer grolsen Ab- theilung. So müssen auch die Insecten bey den Cru- staceen und Annulaten bleiben. Die Annulaten übertreffen viele Insecten im Ge- fäalsbau, weichen zum Theil in den Respirationsorga- nen sehr ab; allein im Nervensystem, in den Bewe- gungsorganen, in den Verdauungswerkzeugen, treten sie so nahe mit ihnen zusammen, dafs sie durchaus nicht in eine andere Abtheilung gebracht werden kön- nen. An Sinnesorganen stehen sie zum Theil sehr un- ter den Insecten, allein so wie unter den Säugthieren sich schon ein Paar finden, die des Gesichts beraubt sind, so fehlt dieser Sinn unter den Insecten auch ei- nigen Ameisen, und die einzelne Abweichung macht gegen die ganze Übereinstimmung nichts aus. Man kann nichts ähnlicheres im Bau von Thieren erwarten, 198 = ‚die in verschiedenen Klassen stehen, als z. B. im Bau der Aphrodite und mancher Insecten. Es ist hier also nicht blofs im Nervensystem die Übereinkunft. Die zweyte, neben jener hinlaufende , Reihe der Ganglioneura umfalst die Mollusken und Strahl- thiere %). Die Kopffüfsler unter den Molluskeu ste- hen den Fischen allerdings sehr nahe, die übrigen treten mehr und mehr zurück und nähern sich den Strahlthieren. Wenn aber auch der Kopf der Sepien und ihre Reproductionsorgane sehr ausgebildet sind, so dürfen sie doch von den übrigen Mollusken nicht getrennt werden, deren weicher, träger Körper die Theile allmälig in einander fliefsen lälst. Von einem Primat unter jenen beyden Reihen ist am füglichsten gar nicht die Rede, sondern beyde laufen neben einander fort. Das Nervensystem der höhern Klasse ist unter sie getheilt, das Wirbelmark ist auf die eine, das Gangliensystem auf die andere Reihe übergegangen. Dem gemäls hat die eine Reihe ihren Vorzug in den Empfindungs- und Bewegungs- Organen, die andere mehr im reproductiven System. Beyde Reihen treten wieder an die Aneura hinzu: ein Rangstreit kann hier nicht statt finden. Ein Theil der Mollusken kann nur den Crustaceen nachstehen; die mehrsten stehen unter den Insecten; die Strahlthiere unter den Würmern. Hier tritt manches über, man- ches unter die andern; also neben einander fortlau- fende Reihen. Die letzte Abtheilung (Cryptoneura) schliefst sich einerseits durch die fadenförmigen Eingeweidewürmer mm, *) Nämlich die mit Nerven versehenen, wovon unten. 104 — an die Gordien, und überhaupt an die Annulata; an- dererseits durch die Quallen und andere Zoophyten an die Strahlthiere. So wie Spix von der Asterias rubens *) und von der Actinia coriacea **) ein Nervensystem dargethan hat, das zwar etwas einfacher, als das der Mollus- ken ***) scheint, aber ihm doch in der Hauptsache gleich kommt: so wird man wahrscheinlich noch bey mehreren Gattungen von Strahlthieren dasselbe auf- finden. Für itzt wäre daher hauptsächlich eine durchge- führte Anatomie der Strahlthiere zu wünschen. In Hinsicht der Form kennen wir mehrere derselben, aber diese kann nie genügen. Man darf nur die Ein- geweidewürmer betrachten, wovon manche den Annu- laten, andere den Strahlthieren, noch andere den In- fusionsthierchen in der Gestalt nahe kommen. Nur die Organisation kann entscheiden, und in dieser wie- derum nicht das Reproductionssystem, denn wir ha- ben Eingeweidewürmer mit und ohne Darmkanal, haben manche (unter den Hakenwürmern, z. B. Echi- norhynchus Gigas, compressus, tuberosus), deren Oberfläche mit Poren zum Einsaugen versehen ist; unter den Darmlosen haben wir manche mit Gefäs- sen, andere ohne dieselben, und so fort. *) Annales du Muséum d'Histoire naturelle T. XIII. p- 439 Tab. 32. Fig. 3 und 6. **) Ib. p. 443. Tab. 33. Fig. 4. ***) Man vergleiche: G. Mangili über das Nervensy- stem einiger zweyschaaligen Muscheln, A. d. Ital, in Reil’s Archiv für die Physiologie, B. IX, S. 213— 220, Tab. X. B. Die Gestalt genügt also nicht, und es mufs vor ‚Allem das itzige bunte Gemisch der Strahlthiere un- tersucht und geprüft werden. Die mit Nerven verse- henen kommen mit Asterias und Actinia zu der Ord- nung Haploneura, die übrigen bleiben Crypto- neura, Ich wage daher auch itzt nicht, einen beson- dern Namen für die nervenlosen vorzuschlagen, wo- ferne man nicht den deutschen Quallen so lange dafür gebrauchen will. Kennen wir sie erst gehörig, so wird der Name sich von selbst finden. Peron’s Tod ist ein wahrer Verlust für die Naturgeschichte dieser Thiere; er hatte uns mit so vielen, niedlichen Formen derselben bekannt gemacht *), hatte so man- -chen Irrthum verbessert. — Doch die Deutschen, die für die Crustaceen, für die Insecten, für die Einge- weidewürmer und die Zoophyten überhaupt bisher - das Meiste gethan haben, werden auch vielleicht für diesen Theil der Naturgeschichte das nöthige Licht herbeyschaffen: die Nerven der Strahlthiere hat schon ein Deutscher gezeigt. Bis wir so weit gekommen sinä; würde ich ra- then, die Cryptoneura unter den drey Klassen Qual- len, Eingeweidewürmer und Zoophyten stehen zu las- sen. Vielleicht werden sie in der Folge in Eine oder Zwey verschmolzen. Ich füge zum Schlufs noch eine Frage hinzu: wollen wir die Verwandischaftstafeln, von denen Hermann eine so ehrenwerthe Probe lieferte, nicht fi *) Sowohl in seiner leider noch unvollendeten Reisebe- schreibung als in seinen Aufsätzen in den Annales du Mu- seum d’Histoire naturelle. — 106 — fortsetzen und verbessern? Immer hinzuthun und ver- bessern? Ich sollte glauben, dadurch würde unsere Naturgeschichte erst ihres Namens recht werth. Für Sammler und Liebhaber ist es keine Arbeit: wir zäh- len aber Naturforscher genug, die etwas mehr sind. » u = maS > m o - get Br se e site EE TS ne ronm: Il. Uber die Verbreitung l der Grsanisehen Körper. Vorgelesen in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften den gten August 1810. Be pe ee nn a nn dre “ At Vorwort. M anche wissenschaftliche Frage scheint für alle Zeit beantwortet, und doch trifft es sich nicht selten, dals die lange gültig gefundene Antwort in der Folge von Diesem oder Jenem verworfen, und eine ganz andere gegeben wird. Jedes Feld, besonders des naturhisto- rischen Wissens, hat dieser Fälle gar viele: auch kann ez nicht anders seyn, und zwar aus folgenden Ursachen. Entweder nämlich legte man etwas zum Grunde, baute man auf etwas, das spätere Naturforscher, bey dem allmäligen Zuwachs ihrer Kenntnisse, und durch neue Entdeckungen geleitet, als falsch erkannten: oder wenn keine neue Data hinzukamen, sondern der Stand der Sachen im Ganzen derselbe blieb, so hatte sich doch vielleicht nach und nach eine freyere, we- nigstens eine andere Ansicht derselben gebildet, und auch dabey mulste nun die Antwort anders ausfallen. Ich habe mehrere Male die Naturgeschichte des Menschen öffentlich und privatim vorgetragen , da sie mit meinen übrigen Studien auf das Innigste zusam- menhängt. Ich trug zuerst die itzt fast überall herr- schende Meinung über die Verbreitnng der organi- m 1 schen Körper und über die Einheit des Menschen- Geschlechts vor, wie sie Blumenbach mit ächter Gelehrsamkeit und höchst überredend darstellt. Allein selbst während des Vortrags entstanden Zweifel bey mir; diese wuchsen immer mehr, und endigten damit, dafs ich zuletzt die entgegengesetzte Meinung lehrte. Ich darf mir das Zeugnils geben, dals es mir nie um Paradoxieen, nie um eine oder die andre Hypo- these zu thun war, sondern dafs ich theils mich ruhig . den Eindrücken überliefs, die die Naturerscheiungen auf mich machten, theils mit möglichster Unbefangen- heit die Schriftsteller und ihre Gründe verglich, und dafs mir kein einziger Punct meines Wissens so lieb ist, dafs ich ihn nicht willig aufgeben wollte, wenn ich von seinem Ungrund überzeugt würde. Ich suche die Wahrheit, allein was wahr ist, das kann mir gleichgültig seyn, sobald vom Wiss en, nicht vom Glauben die Rede ist. Ich hoffe dies nicht blos durch meine Vorlesun- gen, sondern auch durch meine Schriften bewiesen zu haben, glaube aber doch, es hier erwähnen zu müs- sen, um nicht den gegenwärtigen Aufsatz gemisdeutet zu sehen, und darf auch daher auf Leser rechnen, die ebenfalls mit Unbefangenheit meine Gründe prüfen. In früheren Zeiten wäre ich vielleicht bey Man- chem wegen meiner in der vorliegenden Abhandlung geäufserten Meinung verketzert worden. Itzt fällt dies weg, da das Gebiet des Glaubens festere Gränzen hat, und man die wissenschaftliche Bearbeitung eines Ge- genstands nur vor den Richterstuhl der Wissenschaft zieht. Itzt fällt es Niemand auf, wenn die Astronomen — III "A Dinge lehren, die mit den Vorstellungen der Juden im alten Testament im Widerspruch stehen. Es fällt Niemand auf, wenn die Geogenie unserer Zeit, durch mühsame Forschungen in allen Welttheilen begründet, eine andere ist, als bey Moses, der nur einen kleinen Fleck der Erde sah, und dem alle die Hülfsmittel fehl- ten, die uns zu Gebot stehen. So darf es auch Kei- nem auffallen, wenn der Mosaische Mythus von Einem Menschenpaar, das die ganze Erde bevölkerte, bey uns keinen Beyfall mehr findet. Wissenschaftliche Gegenstände waren so wenig, als die der Kunst für eine Offenbarung geeignet, son- dern, wie der Mensch durch Fleils und Arbeit sein Brod erwerben soll, so mufs er auch, durch Fantasie, durch Beobachtung und Nachdenken geleitet, mühsam von einer Wahrheit zur andern schreiten. Die Tradi- tion hüllte selbst ehmals das erlangte Wissen in Sym- bole, dals der Lehrling, indem er sie zu entziffern Strebte, seine Kräfte üben und so lernen möchte, neue Bahnen zu brechen. Nur da, wo das Reich der Vernunft aufhört, fängt das Gebiet des Glaubens an. In diesem mag der fromme Seher seine Offenbarungen dem kindlichen Gemüth mittheilen und es zu höheren Ahndungen füh- ren. Hier fliefst die Lethe für allen Tand, für allen Schmerz des Irrdischen; Bier weht die Begeisterung, die Jedem Noth ist, der nicht fühllos geboren, oder im Gedränge des Lebens zur Mumie erstarrt ist. Al- lein Jeder; der nicht blos als Mensch dies heilige Ge- biet betritt, Jeder, der hier sein Wissen mitbringen, und klügeln und deuteln will, wird zu einem Fanta- sten, der Unwillen erregt. Und eben so, wer da, wo die Vernunft walten soll, einer leeren Mystik nachhängt, der beraubt sich selbst des Lichts seiner Augen und verbreitet muth- willig eine finstre Nacht, wo heller Tag seyn könnte. Unerfahrne folgen dem Schwärmer, vergeuden ihre Kraft, stumpfen ihre Fantasie ab, ohne die nichts Schö- nes noch Gutes gedeihen kann, und ihr heimliches, unsichres Treiben, ihr süfslicher, frömmelnder Ton zeigt zur Genüge, dals sie zu Zwittern geworden sind, die keinem Geschlecht angehören. Offen und frey habe ich meine Ansicht vorgetra- gen; das, glaube ich, ist die Pflicht des Schriftstellers, wenn es eine giebt. Dann kann Jeder seine Meinung leicht. fassen und prüfen, und es liegt die Wahrheit, es liegt der Irrthum am Tage. Erster Erster Abschnitt. Re Über die Verbreitung oder die angeblichen Wanderungen der Pflanzen. Fe kann nicht in meinem Plan liegen, hier alle Puncte zu beachten, welche zur Pflanzengeographie gehören, und die Link *), wie es mir scheint, am vollständig- sten aufgefalst hat: sondern ich habe einzig mit der Verbreitung der Pflanzen in dem Sinn zu schaffen, ob ‚dieselben auf dem Standpunct, wo wir sie antreffen, gebildet, oder von andern bestimmten Gegenden ohne Zuthun der Menschen dahin gebracht sind. Der Mensch nämlich hat seinen Wohnsitz fast überall mit künstlichen Pflanzungen umgeben, hat oft die ödesten Gegenden in wogende Kornfelder und üppige Gärten verwandelt, und es giebt bis zum äufsersten Norden in Europa schwerlich ein einziges, nn *) In Schrader’s Neuem Journal für die Botanik, 2. B. . 2. und 3. St. 1808. S. 262 und ferner, bey der Recension von Humboldt’s Ideen zu einer Geographie der Pflanzen. Der Recensent hat sich zwar nicht genannt, allein die Bemerkun- gen über die Flora Portugall’s lassen auf meinen geliebien Link schliefsen, H pen 114 = noch so ärmliches Dorf, das nicht einige ausländische Bäume, oder wenigstens einige krautartige, fremde Gewächse umfafste. Mit diesen absichtlich angezoge- nen Pflanzen sind andere zufällig eingewandert, so hat der Reis und jede andere Getraide-Art einige Pflan- zen mitgebracht, die wir auch itzt zum Theil nur un- ter ihnen antreffen, wie die Cyane, oder die sich wei- ter ausgebreitet haben, wie das Erigeron canadense. So ist der Hanf, so der Stechapfel, (Datura Stramo- nium) zu uns verpflanzt, aber hier nicht ursprünglich einheimisch oder wild. So haben sich ferner manche Gewächse aus den Gärten in die umliegenden Gegen- den fortgeschlichen, hin und wieder haben auch Bo- taniker fremde Saamen ausgestreut, die reichlich ge- wuchert haben. Und wie dies bey uns der Fall ist, so ist es auch in andern Welttheilen. Das Kap z. B. hat eine Menge europäischer Pflanzen absichtlich und dadurch wieder andere zufällig erhalten, und fast nach allen ihren Colonieen haben die Europäer ihre Gemüs- arten mitgebracht. | | Von diesem Allen ist hier nicht die Rede, und wenn man die Flora irgend einer Gegend schildern will, mufs man nicht, wie Decandolle *) gethan hat, alle Kornarten, Obstbäume und verwilderte Pflan- zen, und wohl gar die gemeinen Zierpllanzen der Gär- ten mit hineinziehen, sondern streng absondern, was der Gegend eigenthümlich ist, und das Übrige in ei- nem Anhang. beybringen. Das hat Thunberg **) — *) Flore Francaise, T, I— IV. à Paris 1805. in 8. **) Flora Capensis, Vol. I. Fasc, I. Upsal. 1807. 8. P. 17— 29. Plantae in Colonia cultae et mansuetae, si 11h ie bey dem Anfang seiner Kapschen Flora versucht, und wenn man gleich in ein Paar Puncten nicht mit ihm einig seyn möchte *), so erkennt man doch seine Be- mühung mit dem lebhaftesten Dank. Durch Thiere läfst ak allerley Ger Wächse verbreitet werden: allein ich glaube, dafs darauf wenig zu rechnen ist. Mag es seyn, dals einzelne Saamen an der Wolle einiger Säugthiere hän- gen bleiben, die werden bald abgestreift werden und keine grolse Verbreitung verursachen. Dafs ein Säugthier oder ein Vogel einzelne Pflan- zen durch die verschluckten Saamen mit dem Mist Aussäet, ist auch von keinem Belang, denn dies kann Wiederum nur benachbarte Orte betreffen, und man darf nicht erwarten, dals solche Saamen in dem Leibe eines Vogels bey seiner Wanderung in entfernte Ge- Senden oder gar in einen andern Welttheil, bis er hier ankommt, liegen bleiben werden. Noch weniger würde eine Aussäung in der Art zu Vermuthen seyn, dafs ein Wasservogel die Saamen von. Wassergewächsen an seinem Gefieder mit sich forttrü- Se, denn dieses ist mit Fett eigeölt, und alles Fremd- artige spült das Wasser von ihm ab. Mir scheint dies so klar, dafs ich dessen gar nicht erwähnt hätte, wenn Nicht selbst neuere, trefflliche Schriftsteller sich dar- auf stürzten, um Pflanzenverbreitungen daraus zu er- nn *) Wenn er z. B. Lemna gibba, Typha Kalbe, Corri- Siola littoralis, Alsine media, Rumex aquaticus, Arenaria ru- ra (littoralis) für eingewandert hält. Auch von Bambusa *tundinacea möchte icb es nicht gerne zugehen. H 2 N ne en an me 116 — klären *). Ich habe nicht wenige Wasservögel (als Enten, Möven, Taucher, Seehähne) bald nach ihrem Tode, und selbst noch lebend (als z. B. Colymbus sep- tentrionalis, minor, Sterna Hirundo) untersucht, allein nie habe ich Saamen ihnen anhängend gefunden, und die wandernden Vögel sind bey ihrer Ankunft ge wöhnlich sehr mager, und kommen bey uns im eigent- lichen Sinn des Worts mit leerem Magen an, wenig- stens habe ich es immer so gefunden.. Am ausgehun- gertsten habe ich Anas ruficollis gefunden **). Eben so ausgehungert kommen sie auch wohl im Süden an. Warum ich aber der Wasservögel besonders er- wähne, ist einleuchtend, wenn man bedenkt, dafs es die Wasserpflanzen vorzüglich sind, die ganz in der- selben Gestalt in mehreren Welttheilen zugleich er- scheinen, wovon nachher einige Beyspiele. — *) Willdenow Grundrils der Kräuterkunde. Dritte Auf- lage. Berlin 1802. 8. S. 500. „Die grofse Zahl der Wasser- vögel, welche jährlich vom kalten Klima in das warme durch einen bewunderungswürdigen in ihnen liegenden Trieb ziehn, sind die Ursachen, dals die Wassergewächse so weit verbrei- ter sind. Die Saamen der meisten im Wasser stehenden Pflan- ommen gegen die Jahrszeit, wo die Vögel wegziehn, zur Reife. Er hängt sich an ihr Gefieder fest, wird auch von Yen verschluckt und öfters unverdaut wieder mit dem Un- rath herausgebracht.” Sollten die Gewässer des warmen Kli- ma’s vom Norden aus bepflanzt werden, und erst auf die zen k Vögel warten miissen ? **) Dadurch auch nur war dieser sonst so seltene Vogel so matt geworden, dals er auf der kleinen Insel Koos bey Greifswald zurückblieb und geschossen ward. : Das ausge- stopfte Exemplar ist itzt im hiesigen Zoologischen Museum- Latham’s Synonym gehört gar nicht dahin, wie ich bey- läufig bemerken will. Die Fische können ebenfalls keine Pflanzen ver- breiten, wenn sie auch noch so grolse Wanderungen. vornehmen, denn ich bezweifle, dafs ein einziger sieh von Vegetabilien nährt. Zwar ist es bekannt, dals der Aal auf das Land geht, und in unsern Gegenden 2.B. in die Erbsen kriecht, allein doch nur, um Wür- mer und andere dergleichen Thierchen aufzusuchen, während er dort auch bedeckt ist und Feuchtigkeit findet. Und wenn Humboldt *) von einigen Chae- todon- Arten und Coryphaenen erzählt, dals sie sich vom Seetang nähren, so möchte dies wohl eine unzu- beweisende Hypothese seyn; denn diese Fische leben wahrscheinlich eben so gut vom Raube, als die übri- gen, wie ihr Bau und die Analogie ihrer Geschlechts- verwandten zeigt. Im Darmkanal der Flundern (Pleu- ronectes Flesus, Passer, maximus) und anderer Fische habe ich wohl zuweilen unter den Garneelen und Muscheln Stückchen von der Zostera und von Confer- ven gefunden, die waren aber gewils eben. so wenig absichtlich verschluckt, als der Sand, den man bey andern, z. B. beym Stör nicht selten in grofser Menge im Darmkanal findet. Eine Verbreitung der Pflanzen durch Thiere wird also nie sehr in Anschlag zu bringen seyn; ich halte Wenigstens das Gesagte für hinreichend, um jene An- nahme zu entkräften. rn *) Essai sur la Géographie des plantes accompagné d'un tableau physique dis régions équinoxiales. à Paris 1805. 4. P. 135. ,,L'Océan nourrit les bandouillères, les coryphènes, et d’autres poissons qui sucent la partie gelatineuse des fu- cus.” Sie suchen gewils die auf dem Seetang lebenden Zoo- Phyten. == 1. Ich wende mich daher zu einem andern Punct, zu der Verbreitung der Pflanzen von den Gebirgen in die übrigen Gegenden, Man stellt sich gewöhnlich vor, dafs die Erde nach grofsen Revolutionen, wobey ihre sämmtlichen organischen Geschöpfe untergiengen, ganz mit Wasser bedeckt war, und beweiset es durch die Versteinerun- gen von Seethieren, die man auf den höchsten Gebir- gen findet. Jenes Wasser läfst man sich siufenweise von den Gebirgen zurückziehen, bis es endlich seinen itzigen Standpunct erreicht hat. Es fehlt sogar nicht an Schilderungen *), die uns versinnlichen sollen,. welche Berggipfel zuerst, welche weiterhin, allein oder gleichzeitig mit andern, vom Wasser frey ge- worden sind. | Lassen wir dies Letztere auf seinem Werth beru- hen, da mancherley Ursachen an gewissen Stellen ei- nen höhern Berg vielleicht länger mit Wasser umflos- sen hielten, als an andern den niedrigeren, auch viel- leicht plötzlich durch neue Revolutionen viele hohe und niedrige Berge zugleich frey wurden. Lassen wir dies also, da es uns hier gleichgültig seyn kann, und es uns nur darauf ankommt, den Fortschritt der Ve- getation nach einer solchen Revolution zu betrachten. Auf den freygewordenen Bergen, stellt man sich vor, sind die sämmtlichen Pflanzen unsers Planeten inne *) Des hauteurs et des positions correspondantes des prin- cipales montagues du globe, et de l'influence de ces hauteurs ` et de ces positions sur les habitations des animaux, Par Lacépède. Annales du Muséum d'Histoire naturelle, T, IX. p- 303 — 318. Er nimmt an, dafs das Wasser von 500 zu 500 Metres fiel, 119 — entstanden, und so wie das Wasser immer mehr zu- rücktrat, stiegen auch die Pflanzen von den Bergen in die Ebenen hinab; daher trifft man auf den letzte- ren nur solche, die man am Fuls der Gebirge wie- derfindet; und man kann die Floren aller Länder füg- lich nach den Gebirgsketten bestimmen *). Hierin liegt etwas Wahres, allein viel mehr Falsches. Š Zog das Wasser sich sehr allmälig zurück, so _ mufste sich auch die Vegetation nach und nach erst auf den Gebirgen und dann in den Thälern einfinden. Zog es schneller ab, so konnte sich manches Thal eben so früh mit Pflanzen schmücken, als sein benachbartes Gebirg. Allein von diesem Allen können wir nie et- was Bestimmtes sagen, und es ist auch für unsern itzi- gen Zweck gleichgültig. Durchaus falsch ist es nämlich, dafs die Pflanzen von den Gebirgen aus sich über die Erde verbreitet haben, sobald man diesen Satz in einer grolsen Aus- dehnung nehmen will , wie überall geschieht; denn von einzelnen Fällen, die dafür sprechen, ist nicht die Rede. Wären alle Pflanzen auf den Gebirgen einheimisch, so müfsten sie auch dort anzutreffen seyn, allein wer jemals die Alpen bestiegen hat, wird sich lebhaft er- innern, wie die Vegetation von Stuffe zu Stuffe einen andern Characier annimmt. Statt dals auf den Gipfeln derselben, also auf dem ersten angeblichen Stammort der Gewächse, eine grofse Menge derselben anzutref- nn #) Willdenow a. a. O. S. 486. u. folg. S. 508. u. folg, N u en RE ae 4 \ A F4 fen seyn sollte , findet man dort nur wenige und aus- gezeichnete Arten; so wie man hinabsteigts wird die Fülle und Mannigfaltigkeit grôfser, und weiterhin am Fufs des Gebirgs und im Thal findet man von den angeblichen Stammeltern fast nichts mehr. So als man von da an einen Flufs, an ein Moor, an Salzquellen, an den Seestrand, an die Wohnungen der Menschen tritt, überall neue Gewächse. Keine der Alpen, kein Gebirg läfst die Pflanzen des Seestrands hervorkeimen ; allein mitten im Lande, wo Salzquellen hervorbrechen, kommen manche der Strandpflanzen wieder vor. Dies | einzige Phänomen löset eigentlich schon das Räthsel, wofür Manche, allein mit Unrecht, die Verbreitung der Pflanzen halten, denn es liegt nichts Räthselhaf- tes darin, Ich halte es auch geradezu für unmöglich, dals alle Vegetabilien auf den Gebirgen gebildet sind. Die Wassergewächse könnten gleich überall gewesen seyn, und so wie eine Stelle trocken geworden wäre, hätten sie sich verloren, wenn nämlich blos von Strandpflan- zen gesprochen würde. Aber dadurch können nicht die Gewächse des süfsen Wassers erklärt werden, die nie mit jenen zusammen wachsen konnten. Eben so wenig Pflanzen, die nur Lehmboden, die nur Sand haben wollen, Vegetabilien, die nur im Schatten le- ben, die nur auf Bäumen wuchern, und so weiter. Eine gleichzeitige Schöpfung aller Gewächse ist also einerseits undenkbar, sondern eine Gegend konnte nur bey ihrer allmäligen Umwandlung die verschie- denartigen Pflanzen erhalten, womit wir sie geschmückt sehen; und andrerseits können sie nicht von den Ber- gen in die Thäler u, s, w. eingewandert seyn, weil , ESE a die Berge nie alle Bedingungen enthalten konnten, welche die gesammte Vegetation erfordert. Warum enthalten aber die Gebirgsgegenden eine gröfsere Menge Pflanzenarten (wenn auch nicht Pfan- zen-Individuen) als ganz ebne Länder? Weil dort mehrere Bedingungen eintreten, mehr Abwechslung ist, also gerade aus dem nämlichen Grunde, warum ein mit Wasser durchschnittnes, warum ein waldiges Land mit verschiedenartigem Boden viel mehr Arten von Gewächsen trägt, als eine sandige Heide *). Hier ist nämlich nichts, als nackter, dürrer Sand, und wenn nun ein nordliches Klima noch hinzukommt, so halten nur wenige Gewächse darin aus, wenige also nur konnten darin entstehen. Es sey mir erlaubt, eines Landes zu gedenken, dessen ich immer und mit Liebe mich erinnern muß. Schwedisch-Pommern mit der zu ihm gehörigen Insel Rügen macht die äufserste nordliche Gränze von Deutschland, und doch ist ein Reichthum von Gewäch- sen darin, und wieder welch’ ein Vorzug einzelner Gegenden. So Greifswald, das einen nahen Seestrand, *) Damit erklärt sich auch alles vom Ararat, was die Bo- taniker für ihre Meinung sonst beybringen. Ein hoher, in einer Ebne stehender Berg mufs natürlich vieles hervorbrin- gen, das umher nicht wächst. Darin finde ich nichts Beson- dres. Man vergl. Tournefort’s Voyage du Levant (Am- sterdam 1718. 4.), T. 2. p. 141. p. 148. Es ist, wie ich schon oben gesagt habe, nicht meine Absicht, hier eine Pflan- zengeographie zu liefern, sonst könnte ich eine grofse Menge hieher gehöriger Bemerkungen aus sehr vielen Schrifistellern anführen, Was ich gelesen habe, und das ist nicht wenig, Stimmt mit meiner Ansicht sehr wohl überein. Vorzüglich, bitte ich noch, Bory de St Vincent zu vergleichen. — 122 — das Salzquellen, Moore, fetten Lehmboden und Sand, Laub- und Nadelhölzer hat, wo alle sechs Pyrolen. - (die media Swartz mit eingeschlossen), die Linnaea, Hesperis inodora, Veronica montana, Laserpitium pru- thenicum und viele andere im übrigen Pommern we- nig vorkommende, Pflanzen gedeihen; so Jasmunds Kalkfelsen, auf denen Cypripedium Calceolus, Denta- ria bulbifera, Satyrium Epipogium und andre im nord- lichen Deutschland seltne PHanzen den Botaniker ein- laden, wiederum an andern Orten Dianthus arenarius, Swertia perennis u. s. W. + Es darf also Niemand befremden, wenn eine ab- wechselnde und besonders eine Bergegend, die so viele Höhengrade, gleichsam verschiedne Wärme- Grade, Schutz vor Winden u, s. w. darbietet, an Pflanzen rei- cher ist; aus den oben angegebenen Ursachen darf man deswegen nicht auf eine ursprünglich alles um- fassende Vegetation fchliefsen. Viele der entlegnen Berge bieten wegen dersel- ben Bedingungen dieselben Pflanzen dar. Die grofsen Ebenen dazwischen aber haben nicht blos keine Spu- ren von jenen, sondern auch überdies nach den Um- ständen ihre Eigenthümlichkeiten. Wenn man Lapp- lands Alpen mit denen der Schweiz vergleicht, wie vieles ist ihnen gemeinschaftlich, wie weniges ist Lapp- land vor der Schweiz vorausgegeben (als z. B. Andro- meda caerulea, calyculata, hypnoides, tetragona; Aza- lea lapponica; Diapensia lapponica; Limodorum bo- reale; Pedicularis lapponica; Pinguicula villosa; Ra- nuncnlüus lapponicus, nivalis; Saxifraga nivalis, rivu- laris, einige Carices und wenige andere Phaneroga- men) *): wie Vieies hingegen trägt die südlicher lie- gende Schweiz, das dort nicht gedeihen konnte, wie vieles Eigne haben die Pyrenäen und so fort. Die bey uns so gemeine Bellis perennis ist auch noch in Schoonen gemein, aber weiter nördlich in Schweden wird sie selten, und bald verliert sie sich ‚ ganz. Die in so vielen Gegenden Deutschlands so häu- fige Euphorbia Cyparissias ist noch in Preulsisch -Pom- mern genug anzutreffen; jenseits der Peene (in Schwe- disch-Pommern) kommt kein einziges Exemplar von ihr vor. Und wiederum der Dianthus arenarius scheint nicht über Schwedisch-Pommern hinauszugehen, denn was man in manchen andern Gegenden dafür nimmt, ist ganz verschieden, wie z. B. in Frankreich **). Ich habe im südlichen Frankreich eine botanische Fufsreise gemacht, und sah, wie Pflanzen, die hier un- endlich häufig waren, weiter hin seltner wurden, dann *) Recht vielen Aufschlufs hierüber werden wir durch die treffliche Flora Lapponica erhalten, die Wahlenberg hier itzt herausgiebt, und wie viel mehr dadurch, dafs er, der Lappland so viel bereiset hat, nun auch die Schweiz zur Ver- gleichung untersuchen wird, l 9 Ich habe oft in Frankreich etwas für Dianthus are- narius bekommen, allein nie war es die Linnéische Pflanze, Auf dem Mont Reudon bey Marseille fand ich einen sonder- baren kleinen Dianthus, dessen kleine, rasenförmig liegende (cespitosa) Blätter eine eigne Art verriethen: ich nahm Saa- men davon mit, und im Garten zu Greifswald ward daraus Dianthus Caryophyllus. So nahm ich ebendaselbst Saamen von einem kleinen, dünnen Holcus auf, den ich für neu hielt, und es ward mir daraus der gemeine Holcus Sorghum. 124 — bey einem Fluls (z. B. bey der Isere bey Romans) gänzlich aufhörten *). Alles dies erklärt sich ganz einfach dadurch, dafs allmälig oder plötzlich, doch das letztere selten, an- dere Bedingungen eingetreten sind. Mit der Hypothese von einem Niedersteigen der Pflanzen von den Gebirgen in die Thäler, verbindet man auch noch die von einer Verbreitung der Pflanzensaamen durch Winde und Wasser. Niemand wird diese Verbreitungs-Art an sich läugnen, aber einen hohen Werth darf man nicht dar- LS auf legen. Die Winde werden schwerlich selbst diejenigen Pflanzensaamen, welche mit einem Federchen (Pap- pus), oder mit Flügeln versehen sind, viele Meilen weit tragen, sondern von eihem nahen Ort zum an- dern. Es kann also auf diese Art eine Pflanze allge- mach sich weit verbreiten, aber nur indem sie überall AM Torıkommt, und so fortgeht. Wenn aber eine Pflanze auf zwey Gebirgen (z. B. in Lappland und in der Schweiz) gefunden wird, und die grofsen Länder da- zwischen ihrer ermangeln, so kann man sie nicht durch Winde von einem Gebirg zum andern verpflanzt glauben, Das Wasser kann die Saamen und Früchte weiter tragen, und eine Cocosnufs, eine Maldivische Nufs kann weiter weggeführt werden, und an einem ent- fernten Ort gedeihen. Dasselbe gilt von mancherley Früchten und Saamen, die fest genug sind, um der längern Einwirkung des Wassers widerstehen zu kön- *) Meine Reisebemerkungen, Th. 2. S. 112. — 125 De nen. Zartere Saamen werden durch das Wasser ge- tödtet, wenn die Reise nicht sehr kurz ist, sey es dem Wege oder der Zeit nach. Man kann also wohl zugeben, dafs manche Pflan- zen von einem Ufer zum andern übergetragen werden können und jenseits gedeihen; doch sollte ich mei- nen, dafs dies entweder überhaupt nur von Küsten- pflanzen gelten könnte, oder wenigstens nur von sol- chen, die nicht weit vom Strande in der Ebene vor- kommen. y Es wird auch mit dieser Annahme für das Ganze nichts gewonnen, denn wenn einzelne Arten so fort- getragen sind, so wird man doch nicht die ganze Flora einer Küste von dem entgegengesetzten Ufer ableiten. Mit welchem Grunde will man hier nur eine Flora als ursprünglich ansehen? Warum sollte die eine Küste so lange nackt seyn. Und wenn eine Pflanze in verschiede- nen Welttheilen vorkommt, so hat sie eben so gut in jedem derselben, als in einem ent- stehen können. Wir haben bekanntlich Gewächse, die, wie die grofsblüthige Disa auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, oder wie das Origanum Tournefortii auf den Felsen der Insel Amorgos im Archipelagus, nur auf einen sehr kleinen Standpunkt beschränkt sind. Wir haben andere, die bedeutend ausgebreitet sind, wie das Heidekraut (Erica vulgaris), den Knöte- rich (Polypodium aviculare), die. Erdbeere u. s. W., Wir haben nicht wenige, die in verschiedenen Welt- theilen vorkommen. Das letztere ist itzt zur Genüge dargethan. Olof Swartz fand einige der europäischen Moose auf den Bergen von Jamaika *). In den Bergwerken von Neu- Spanien kommen nach Humboldt dieselben unter- irrdischen Kryptogamisten vor, wie in den europäi- schen Gruben. Das Sphagnum palustre wächst nach ihm so gut in den Morästen der Tropenländer wie in den unsrigen, und Dicranum scoparium, Polytrichum commune, Verrucaria sanguinea und limitata gedeihen unter allen Graden der Breite in Europa wie unter dem Aequator **)}, Willdenow fand Zannichellia palustris aus Europa und Virginien, Lemna minor und polyrhiza aus Europa und Nordamerica, Typha lati- folia aus Europa, Asien und Amerika, Ceratophyllum submersum aus Europa und Ostindien, Myriophyllum spicatum und verticillatum aus Europa und Nordame- rika, so wie Marsilea quadrifolia aus Europa, aus der *) Observationes botanicae, Erlang. 1791. 8. p 407. Mnium hygrometricum, serpyllifolium, Bryum glaucum, car- neum, cespiticium, Sphagnum palustre, Hypnum delicatulum, loreum, sericeum, velutinum, myosuroides, undulatum, gracile, Mehrere Jungermanniae, Marchantiae, Lichenes, Tremellae, Ulva pavonia. Von Phaenogamen, die er in Westindien von eben der Art, wie in Europa fand, bemerke ich nur: Scirpus lacustris, autumnalis (S, 31), Hydrocotyle vulgaris (S. x11), Alsine media (S. r18), Euphorbia Chamaesyce (196), Sisym- brium Nasturtium, indigena (S. 251), Medicago lupulina, vul- garis in campis Novae Angliae, cum pluribus plantis Euro- paeis in America septentrionali indigenis (S. 291), Typha la- tifolia (S. 346), Ceratophyllum demersum (S. 362). **) Essai sur la geogr. des plantes p. 20. Humboldt ist zu sehr für eine Pflanzenwanderung. Nur die Keime von Cryptogamen, glaubt er, sind ursprünglich in al'en Climaten entwickelt. Siehe die vor. Anm. 127 — a Barbarey und von der Moritzinsel, in nichts verschie- den *)} Ich besitze Exemplare von Potamogeton na- tans, die Poiteau in St Domingo gesammelt hat, und die vọn dem unsrigen in nichts abweichen. Die schöne sonst in Ägypten und Indien einheimisch geglaubte Nymphaea Lotus wächst auch in Ungarn. Solcher Beyspiele liefsen sich gar viele aufführen, und zwar aus Schriftstellern, auf deren Bestimmungen man sich ` verlassen kann. Ich glaube nicht, dals man berechtigt sey, viel daraus zu machen, dafs eine Pllanze, die man sonst mit der eines andern Welttheils für einerley hielt (wie z. B. Lappago racemosa aus Westindien und Europa), in diesem oder jenen Stück von ihr abweicht, wenn diese Abweichungen nur die Gröfse der Pflanze, oder eine etwas andere Form des Blatts, oder überhaupt nur Kleinigkeiten, nicht nothwendige Verhältnisse, nicht wesentliche Theile betreffen. Konnten nämlich Pflanzen an verschiedenen Orten wachsen, und so nahe verwandt seyn, dals man erst durch eine mühsame Vergleichung in den Stand ge- setzt wird, sie zu trennen, so ist es beynahe eben so gut, als ob es dieselben Pflanzen wären. Betrachten wir auch die Umstände, unter denen so ähnliche Vegetabilien gedeihen, so finden wir, dafs es die nämlichen sind. So können unterirrdische oder auf hohen Gebirgen wachsende Kryptogamen, so kön- nen Wasserpflanzen recht gut in verschiednen Welt- theilen vorkommen, denn unter der Erde, denn auf der Alpe (unter den gehörigen Modificationen), denn mme *) In seiner Ausgabe der species plantarum, im Wasser herrscht die nämliche Temperatur. So wachsen manche Strandpflanzen auch an Salzquellen und dergl. mehr. Dieselben äufsern Bedingungen fan- den überall statt. Aber auch die innern Bedingungen sind dieselben. Jene Kryptogamen, die nur in den unterirrdischen Gru- ben wachsen, sind zum Theil so zart, dals sie an der freyen Luft zerfliefsen. Eine Wasserpflanze hat, so weit sie im Wasser steht, eine andere Oberhaut, eine ganz andere Bildung des Parenchyms. Die Pflanzen, welche die Hitze des Südens ertragen sollen, sind dazu besonders ausgerüstet. Kurz, vergleicht man den Bau der Pflanzen, so wird man nicht wenige Auf- schlüsse darüber finden, ob ein Gewächs auf diesem oder jenem Standpunct gedeihen könne *). Nichts scheint mir sonderbarer, als wenn man die unterirrdischen Pflanzen eines Continents von denen eines andern herleiten sollte. Was könnte die zarten Keime so lange erhalten, bis dort Gruben angelegt werden, in denen sie gedeihen könnten, und welches sind diese Keime? Doch wohl nichts als die einfachste organische Materie, die beym Zerfallen eines organi- schen Körpers neue Organismen bildet. Wer auch das Letztere nicht zugeben will, wird doch nie mit der Erklärung der Verbreitung solcher Körper fertig werden. Eben so wenig mit der Ver- breitung der Laub- und Leber-Moose, so wie der Liche- *) Einige dieser Puncte habe ich in meiner Anatomie der Pflanzen berührt, im Abschnitt von den Poren der Ober- haut, 129 — Lichenen, von denen viele in den nördlichen Gegen- den ohne Fructificationstheile sind und diese nur un- ter einem südlicheren Himmel zeigen. “ Ich glaube daher, dafs die Bilanzen bald an PN 2 hem, bald an mehreren Orten ursprünglich entstanden | ~ sind, und dafs eine Wanderung der Vegetabilien in} dem gewöhnlichen Sinn gar nicht Statt findet. i Sehr einfache Gewächse konnten überall entste- hen, weil die äufsern und innern *) Bedingungen sich leicht fanden. Etwas zusammengesetziere, die aber noch wenig hervorstechendes im Bau zeigen, kommen an mehreren Orten vor. Sehr eigenthümlich gebildete Pflanzen endlich leben in engen Gränzen. In dieser Ansicht finde ich erstlich nichts Gezwun- genes, zweytens habe ich dabey die grôfste Harmonie zwischen dem Bau einer Pflanze und ihrem Stand- Punct. Die Pflanze und ihr Klima, ihr Boden treffen zusammen, EEE *) D. h. die im Pflanzenbau begründeten. Zweyter Abschnitt. Über die Verbreitung der Thiere. Zimmermann hat in seiner trefflichen geographi- ` schen Geschichte des Menschen und der Thiere *) zur Genüge dargethan, wie verwerflich die Hypothese sey, dafs die Thiere von einem Punct aus über die Erde verbreitet wären. Da es ihm aber seinem Plan gemäls nur vorzüglich um die Säugthiere zu thun war, so wird meine Darstellung für meinen speciellen Zweck nicht überflüssig, doch kann ich mich auf seine schätz- ç h; A 41 baren Forschungen stützen, und daher sehr viel kür- zer seyn. Ich fange bey den einfachsten Thieren an, um mir so zu dem Menschen einen Weg zu bahnen. Cu à FE *) Geographische Geschichte des Menschen und der all- gemein verbreiteten vierfüssigen Thiere. Dritter Band, Leipz. 1783. 8: in Mein geschätzter College Illiger wird hoffentlich bald seine geographische Übersicht der Säugthiere und Vögel her- ausgeben, die er der K, Akademie der Wissenschaften in ein Paar Vorlesungen mitgetheilt hat, und welche das Resultat sehr ausgebreiteter Untersuchungen sind, jé 2 131 — Über die Infusionsthierchen kenne ich keine Untersuchungen, die in andern Welttheilen *) ange- stellt wären, allein da sie in den verschiedenen Ge- genden Europa’s sich so dent ähnlich sind, so läfst sich erwarten, dafs sie auch in andern Weltthei- len grölstentheils übereinstimmen werden. Diese ein- fachen Geschöpfe, die beym Zerfallen grölserer Or- ganismen so leicht entstehen, bedürfen nur Weniges zu ihrem Daseyn, und diese Bedingungen sind bald erfüllt. Nach Treviranus des Älteren scharfsinni- gen Untersuchungen **) wird hoffentlich Niemand mehr diese Kinder des Augenblicks wie sonst verken- nen. Wahrlich , ich kenne nichts lächerlicheres, als die Theprie, welche Himmel und Erde mit Keimen bevölkert, die, Gott weils, woher kommen, und die müfsig des Augenblicks warten, wo ein Naturforscher Versuche macht, um ihm schnell sein Spiel zu verder- ben, und sich als Wechselbälge unterzuschieben. Wie sich überall Schimmel und andere Pilze unter den nö- thigen Bedingungen erzeugen, so thun es auch die In- fusionsthierchen, und die zügelloseste Fantasie würde * Dryander hat in seinem Katalog der Banksischen Bibliothek Th. 2. S. 347 die folgende Abhandlung hieher gezogen: Une nouvelle espèce d'insecte trouvé dans l’eau d'un puits d'Alexandrie. Par M. Perenotti. Mém. de l’Ac. de Turin. Vol. 4 (à Turin 1790. 4.) p. 255— 258. Allein Perenotti spricht wohl ohne Frage von keinem Infusions- thier, sondern von einew Wasserinsect; und der kleine Auf- satz ist für die Naturgeschichte ohne Werth. **) Gotttr. Reinhold Treviranus Biologie oder _ Philosophie der lebenden Natur. Zweyter Band. Göttingen 1803. S. 264 — 363. ; LS 132 — es sich schwerlich vorstellen können, dafs die Infu- sionsthiere in Asien erzeugt und von dort aus über die Erde verbreitet wären. Wie aber aus bestimmten Infusionen zum Theil nur bestimmte Infusionsthierchen entstehen, wie andre sich überall erzeugen, so sehen wir auch bey den übrigen Zoophyten diese verschiedenartige Aus- breitung. Manche Korallengewächse sind an gewisse Meere gebunden , weil sie einen bestimmten Boden, oder andere nicht überall vorkommende Bedingungen erfordern: andere sind weit verbreitet und kommen fast in allen Meeren vor. Mit jenen stimmen viele Quallen und andere Seethiere überein, die an die Oberfläche des Wassers gehen, und daher zum Theil eine grölsere Wärme verlangen, oder die nicht überall ihre Nahrung, nicht überall, wegen des Wellenschlages u. s: w, einen sichern Wohnplatz finden. Fast nirgends läfst sich der Satz, dafs die Thiere nicht an Einem Ort erzeugt sind, genügender erwei- sen, als bey den Eingeweidewürmern, und sie sprechen zugleich auf das einleuchtendste dafür, dafs einerley Thiere an sehr verschiednen Orten ursprüng- lich gebildet werden können. Die Thiere, in denen sie leben, sind ihr Boden, ihr Klima, und der Wurm, der in einer Thierart lebt, kann in einer dieser ähnlichen erzeugt werden, lebten auch beyde in einem andern Himmelsstrich *); oder : r *) Es giebt hiervon erstlich eine bestimmte Ausnahme, die sich aber erklären läfst. Der Medinawurm (Filaria medi- nensis) nistet nur in den Tropenländern, und ursprünglich auch nur, wie es scheint, in Asien und Afrika, unter der Haut 133 ist ein Theil im thierischen Körper ausgezeichnet, so können die Eingeweidewürmer in ihm bey verschied- nen Thieren leben, denn auch hier sind die nämlichen Bedingungen. So nisten die Eater (Distoma hepaticum) in der Leber des Menschen, des Haasen, des Rindes, des Menschen. Äbnliche, oder vielleicht gar dieselben Wür- mer, kommen auch bey Affen in andern Theilen vor. Da dieser Wurm unter der Haut des Menschen entsteht, so kann schon das Klima auf seine Erzeugung Einflufs ha- ben. Denn wahrscheinlich ist dort der Transpirationsprocels sowohl quantitativ als qualitativ ein anderer, als in den ge- mälsigten Zonen. Zweytens haben wir auch noch einige einzelne, bis itzt nicht erklärte Fälle, wo Würmer in gewissen Gegenden VOr-, züglich vorkommen. So kommt z, B. in den südlicheren Gegenden Deutschlands bey dem Maulwurf ein Wurm vor (Monostoma ocreatum), den ich nie im Norden Deutchlands bey ihm fand. Dahingegen beobachte ich bey demselben ein grofses Doppelloch (Distoma flexuosum), dessen kein Beob- achter des südlichen Deutschlands erwähnt. Taenia lata ist in manchen Gegenden Europa’s häufger, 2. B. in der Schweiz, in andern seltner als Taenia solium, welche im Ganzen bäu- figer ist, und nich blos in Schweden, England, Norddeutsch- land, oder in Deutchland überhaupt, sondern auch in Grie- chenland und Ägypten. (Es ist merkwürdig, dafs noch in unsern Tagen ein Buch geschrieben werden kann, worin auf dem Titel von Taenia lata, im Text von Taenia Solium die Rede ist; man vergl. Jac. Reinlein Animadversiones circa ortum, incrementum, causas, symptomata et curam Taeniae latae. Vienn. 1811. 8 Gewifs eben so merkwürdig, als dals Jemand eine Anatomie des B'utegels herausgiebt, ohne ein Wort von dessen Anato- mie zu verstehen. Dies ist im eigentlichen Sinn der Fall mit Jac. Clesius Beschreibung des medicinischen Blutigels. Hada- mar 1811. 6.) hi N h 3° À r 1 41 4 323 su — des Schaafs, der Ziege, des Hirsches, des Damhirsches, des Pferds, des Esels und des Schweins: wahrschein- lich auch bey andern ähnlichen Thieren in verschie- denen Welttheilen, aber schwerlich bey irgend einem fleischfressenden Thier. In den Nieren des Menschen, des Hundes, des Fuchses, des Wolfs, des Marders, des Pferds und des Rindes lebt der grôfste Rundwurm, den wir kennen, der an drey Fufs lang und einen halben Zoll dick wird, und den ich Strongylus Gigas genannt habe *). Azara **) führt einen Wurm aus der Niere eines südamerikanischen Fuchses (Aguarâ-guazu) an, den ich ebenfalls hieher rechnen muls. Im Zellgewebe des Menschen, des Affen und des Schweins finden sich dieselben Blasenwürmer (Finnen, Cysticercus cellulosae); im Speck des Delphins hinge- gen hat Bosc eine eigne Art Finnen gefunden. io *) Historiae Entozoorum, Vol. IL T. 1. p- 210. Tab. 2. Fig. 1 — 4. 2 **) Voyages dans l'Amérique méridionale par Don Fe- lix de Azara, T. ı. Paris 1809 8. p. 297. „Don Pedro Blas Noseda, en examinant le corps d’une vielle femelle de l'aguaré - guazu, trouva, que le rognon droit, qui en ap- parence ne differoit pas de l’autre, formoit une bourse, qui renfermoit six vers vivans, qu'on voyoit remuer. Le plus grand de ces vers avoit quinze pouces de long, et la gran- deur des autres diminuoit progressivement, Tous se nourris“ soient du sang mêlé d’eau, où ils nageoient.” Das palst durchaus auf die in Europa gemachten Beobachtungen. - Sonst hielt man diesen ausgezeichneten Wurm für einen Spul- wurm. Illiger hält übrigens den Agouara-gouazu (Azara's Säugthiere I. $. 307.) für eine neue Hundart, die er fragweise Canis brachyurus nennt. 135 — In der kleinen Bursa Fabricii habe ich bey ver- schiedenen Vögeln (Corvus frugilegus, Pica, Anas cly- gnes Doppelloch, Distoma ovatum, gefunden, das mir bis itzt in keinem andern peata, Fulica atra) ein ei Theil vorgekommen ist *). In jenem kleinen Sack scheint also eine eigenthümliche Materie abgesondert zu werden, die in verschiedenartigen Vögeln dieselbe ist, und: daher denselben Wurm erzeugt. Bey dem Löwen finden wir ähnliche Spulwürmer, wie bey unsern Katzen; bey dem Panther einen ähn- lichen Bandwurm, wie bey unsern Raubthieren; bey dem Kameel, bey den Antilopen ähnliche oder diesel- ben Blasenwürmer, wie bey unsern Wiederkäuern. Der Haarkopf (Trichocephalus dispar) des Men- schen findet sich auch bey den Affen, und die Wie- ner Naturforscher haben ihn auch beym Mongus (Le- mur Mongoz) entdeckt. Jenem sehr ähnlich sind die aus dem Rind und Schaf (Trich. affinis), aus der Maus (Trich. nodosus), aus dem Haasen (Trich. unguicula- tus), aus dem Fuchs (Trich. depressiusculus) und aus dem Schwein (Trich. crenatus), so dafs sie alle nur geringe Unterschiede zeigen **). Sehr abweichend ist +) Die Aufseher des Kt K. Naturalienkabinets in Wien, welche eine so unendliche Menge Thiere der Eingeweide- würmer wegen untersucht haben, fanden das Distoma ovatum auch nur in der bursa Fabricii, und zwar bey Corvus fru- gilegus und Cornix, Notitia collectionis insignis vermium in- testinalium. Vindob, 181r. 4. p. 27. ; '**) Ich babe durch die Güte des Herrn Inspectors H üb- ner in Halle, nach der Herausgabe meines Werks über die Eingeweidewürmer, den Haarkopf aus der Maus und aus dem Schwein erhalten, spreche also auch über sie aus Autopsie. 136 — der Haarkopf in den Eulen (Trich, tenuissimus), und der aus der Lacerta apoda (Trich. echinatus) hat eine ganz fremdartige Gestalt. i Wenn aber dies Beyspiel als Regel gelten kann, so fehlt es doch auch nicht an Ausnahmen. So hat z. B. die im Dickdarm der Nashornkäfer-Larve so äulserst häufige Ascaris cuspidata in der äufsern Ge- stalt sehr viel Ähnliches mit dem menschlichen Spring- wurm (Ascaris vermicularis); doch hoffe ich, dafs wir diese anscheinenden Ausnahmen bey näherer Untersu- chung mit der Zeit werden erklären können, So wie nun aber die Eingeweidewürmer nach den Thieren, oder deren Theilen, worin sie leben, so oder anders beschaffen sind; so können sie auch in andre ähnliche Körper übergetragen werden. So findet man zuweilen bey Fischen solche Würmer, die eigentlich andern Fischarten zugehören, indem sie aber diese fralsen, blieben einige von deren Würmern in ihnen lebend. Dies hat nach meinen Ansichten durchaus nichts Widersprechendes *). Nächstens darüber mehr in den Schriften der hiesigen Natur- forschenden Gesellschaft, worin ich meine neuen Bemerkun- gen über die Eingeweidewürmer mittbeilen, und unter andern auch einen grofsen, höchst merkwürdigen Kratzer (Echino- rhynchus porrigens) aus einem Walfisch (Balaena rostrata) beschreiben werde. i *) Ich verweise hierüber auf meine Historia Entozoorum, und will nur zwey anscheinend streitige Puncte berühren, die in späteren Schriften vorkommen. ey Erstlich glauben die Wiener Naturforscher, dafs der Fiek (Ligula) der Fische, in die Vögel, welche von diesen leben, übergeht, An sich balte ich es freylich für wohl möglich, 137 Von den mit Nerven versehenen Strahlthieren und Mollusken gilt dasselbe, was ich oben von den Zoophyten bemerkte: aus den nämlichen Ursachen sind sie bald weiter verbreitet, bald auf bestimmte Gegenden angewiesen. Bey den Insecten treffen wir zuerst bestimmte Wanderungen an. Viele leben immer in einem, oft sehr kleinen Bezirk; sind z. B. an gewisse Pflanzen, an gewisse Thiere gebunden, wovon sie sich ernäh- ren, und sterben, wo sie geboren sind. Andere sind weit verbreitet, kommen selbst in verschiednen Welt- theilen vor, und wenn dies sogar ungellügelte Insec- ten trifft, so ist wohl in der Regel auf ein Indigenat an verschiednen Orten zu schlielsen. Manche Insecten vermehren sich in gewissen Jah- ren so häufig, dafs sie sich weiter begeben müssen, dafs ein Wurm aus einem kaltblütigen Thier in ein warm- blütiges (aber nicht umgekehrt) übergehen, und darin erhal- ten werden kann: allein die Organisation der Fiek - Arten, welche ich aus Vogeln beschrieben habe (Ligula uniserialis, alternans, interrupta und sparsa), ist so verschieden, sowohl unter sich, als besonders vom Fiek der Fische: dafs ich hier- über nur directen Versuchen Glauben beymessen würde. Eben so wenig bin ich von einer zweyten Beobachtung überzeugt. Tilesius (Mémoires de l’Acad. impériale des sc, à St Petersbourg, Tom, 2, 1810, p. 353) glaubt nämlich, dafs Ascariden und Kratzer von dem Genufs des Fisches Wachnia (Gadus macrocephalus) auf Menschen übergehen, Erstlich sterben aber alle Würmer in gekochten Fischen, wor- über ich auf die Historia Entozoorum verweise, und zweytens würden die Kratzer (Echinorkynchi) wohl nur bey Sectionen der Menschen lebend zu finden seyn, da sie sich mit ihrem Hakenrüssel so fest halten; todte würden aber nichts be- weisen, Be 138 a um Nahrung zu suchen. Wem sind nicht die Wande- rungen der Heuschrecken bekannt, die bey der einen Art derselben sogar häufig sind, dafs man sie dar- nach Wanderheuschrecke, Gryllus migratorius, ge- nannt hat. Kapp *) erzählt ein Beyspiel solcher Züge vom gemeinen Kohlschmetterling (Papilio Brassicae) und Walch (ebendaselbst) ein andres vom Carabus vulgaris. Sogar die Larve einer Tipula wandert als Heerwurm, und hat ehmals dem Aberglauben viel zu schaffen gemacht **). Diese Beyspiele mögen hier genügen, Jene Wanderungen sind übrigens ein Glück für das Ganze. Die Zerstörungen, welche die Insecten anrichten, vertheilen sich dadurch, werden also der einzelnen Gegend nicht so nachtheilig, wie sie sonst seyn würden, und Millionen der Insecten finden auf jenen Zügen ihren Untergang. Selten werden sie auch wohl dadurch in andern Ländern einheimisch, sondern selbst jene Züge haben mehrentheils gewisse Gränzen. Eher bringt der Mensch mit den Waaren andrer Weltiheile einzelne Insecten derselben in seine Heimath, die sich nun darin fort- pflanzen. So soll es mit den Schaben (Blatta) der Fall seyn ***), so mit dem Lepisma saccharinum und einigen andern. *) Im Naturforscher. St. XI. S. 9g— g5. Beytrag zur Ge- schichte der Insecten - Züge. . **) Aug. Chr. Kühn, von dem sogenannten Heer- ` wurm, Naturforscher, St, r. S. 79—85; St. 9. S. 80; St. 15, S. g8 — 110; St. 18. S. 226— 031. Tab, V. Fig. A—E, “ie Pallas Reise in die südl, Statthalterschaften des russ. Reichs, 1. B. S. 15. „In Saransk, so wie in Pensa und 9 = . Die Fische sprechen wieder nicht wenig für die Meinung, dafs die organischen Geschöpfe (selbst die von einer Art) an mehreren Puncten entstanden sind. Von den Seefischen, die weit verbreitet sind und zum Theil grolse Züge machen, könnte man es sich. wohl denken, dafs sie von einem Punct aus fortgegan- gen wären, aber von den Fischen des süfsen Wassers ist es ganz undenkbar. 4 rs Treffen wir nämlich Fische, die keine Wanderun- gen machen, und nicht aus dem Meer in die Flüsse und zurück gehen, sondern blos in süfsen Wassern,. und wohl gar nur in Wassern von einer sehr bestimm- ten Art leben, treffen wir solche Fische an vielen Or- ten an, deren Flüsse in keiner Verbindung stehen, so haben wir kein Recht, sie nur an einem Ort für ein- heimisch zu halten. Ich weils sehr wohl, dafs man hierbey auf die Wasservögel rechnet, welche die Eyer der Fische forttragen sollen *), allein das ist eine den meisten Dorfschaften dieser Gegend haben sich die klei- nen asiatischen Schaben (Blatta asiatica) von der Wolga her eingeschlichen und sind ein sehr beschwerliches Ungeziefer geworden. Sie sollen die grofsen Schaben (Blatta orientalis, die eigentlich occidentalis heilsen sollte, da sie aus Amerika | abstammt) überall vor sich her vertreiben und vertilgen,” » Linné Syst. Nat. ed. 12. Holm. 1766. p- 527. Lu- cius Esox voracissimus exhaurit piscinas, ab anatibus se- ritur, In der Gmelinschen Ausgabe des Natursystems steht dasselbe mit etwas andern Worten. Th. 3. $. 1391. Man vergleiche, was ich oben über das Aussäen der Pflanzen durch die Vögel gesagt habe. Höchst interessant ist, was Adanson (Reise nach Se- negall, übers, von Martini, Brandenburg 1773. 8. S. 230 und 231r) von den Rothfischen in den vom Regenwasser ent- stäandenen Pfützen erzählt. Be 140 saii dürftige, vielleicht nie, wenigstens aber sehr selten passende Erklärungsart. So z. B. sehe ich nicht wohl ein, was die Forellen, oder die Schlammpeizger ( Co- bitis fossilis und Taenia) und ähnliche Fische in ent- fernte Gegenden bringen sollte. An das Wasser, das ehmals die ganze Erde bedeckte, kann man natürlich hierbey nicht denken, da jenes Meerwasser war. Daraus aber würde man auch selbst die Verbrei- tung der Seefische nicht erklären, da viele von diesen nur in bestimmten Breiten vorkommen, etwas das wohl von ihrer nur dort sich findenden Nahrung herzu- leiten ist. Unter den Amphibien kenne ich keine Art, die allgemein verbreitet wäre; von manchen, die man sonst in verschiednen Welttheilen zugleich vorhanden glaub- te, ist dies itzt widerlegt, und man hat wohl häufig bey ihnen verschiedene Species vermischt. Sehr viele hingegen sind in sehr engen Gränzen eingeschlossen, und passen durchaus nicht zu der Theorie, die Alles von einem Punct ableitet. Von den Vögeln haben eine grofse Menge kei- nen festen Wohnsitz, doch hat man mit Recht ihre Heimath da angenommen, wo sie nisten, und das thun sie fast alle im Norden, wo sie den Sommer verleben, die einzige Diomedea exulans ausgenommen, welche im Norden nur ein reichliches Futter aufsucht, im Sü- den aber ihre Jungen ausbrütet *). Manche von je- nen bleiben auch unterweges, wo sie besonders gute Nahrung und einen milden Himmel finden; einzelne i *) Pallas Fauna Rosita, P. I. p. 297. T4: der Wandervögel verlassen sogar gewisse Gegenden Die *). Andere Vögel wandern nicht, wenn nicht einige die Noth in gewissen Jahren zu einem Ausfluge zwingt. Unter den bleibenden sind manche wieder auf grölsere Gegenden, andre auf ein kleines Revier angewiesen, wie dies vor allen von den Didus- Arten bekannt ist, von denen man sogar vermuthet, dafs sie ausgerot- tet sind. Auch unter den Säugthieren giebt es einige, die in sehr engen Gränzen leben, wie das Schnabel- thier, andre, die weiter verbreitet sind, noch andre, die man fast überall antrifft, wovon man eine Fülle von Beyspielen bey Zimmermann findet. Es giebt einige von ihnen, die sich allmälich wei- ter ausbreiten, im wahren Sinn des Worts, wie es denn z. B. von manchen Ratzen allgemein bekannt ist. Andre stellen von Zeit zu Zeit Wandrungen an, und zwar aus Noth, wie die Lemmings, und aus Hunger folgt ihnen der Isatis nach; auf eben die Art wandern die Antÿlopen in Afrika und eine grolse Menge Raub- thiere sind in ihrem Gefolge. Durch die letztern Ar- ten von Wanderungsn aber werden diese Thiere nicht weiter verbreitet, sondern sie bleiben immer in gewis- sen Breiten. | Ich darf dies nur kurz berühren, da es Zimmer- *) Woferne es wirklich dieselben Arten sind. So sagt z. B. Wolf (Reise nach Zeilan, Z. 136), dafs man in Cey- lon das ganze Jahr Schwalben sieht; dasselbe bemerkt er auch von dem Storch, den er indessen selbst von dem euro- Päischen etwas verschieden angiebt. 142 — mann in seinem trefflichen Werk weitläuftig ausein- andergesetzt hat. Er hat auch zur Genüge dargethan, dafs man nie daran denken könne, von einem Punct aus die Welt mit Thieren zu bevölkern. | Wie sollten sie auch erstlich alle ursprünglich Ein Klima haben ertragen kônnen, da viele nur in den Polargegenden, andre nur in den Tropenländern ge- deihen können? Wie sollten sie zweytens alle in Einem Lande ihre Nahrung gefunden haben, da viele nur von Vegeta- bilien leben, die in einer bestimmten Gegend eines Welttlieils lediglich vorkommen ? Wie sollten sie drittens aus jenem Lande fortkom- men? Wie könnte das Polarthier durch die heifsen Zonen seinen Weg zum Eise finden; wie könnte ein anderes über Gebirge, und durch Wüsten zu seiner Oase gelangen und sofort. | Nimmt man gar an, dafs ursprünglich nur Ein Paar von jeder Thier-Art erschaffen wäre, dafs nur Ein Paar nach einer grolsen Fluth übrig geblieben sey, so häuft man die Widersprüche. Die Raubthiere hät- ten ‚gleich verhungern, oder die mehrsten der Thier- ‚arten ausrotten müssen, Kurz dergleichen Annahmen sprechen aller Kennt- nifs Hohn, die wir bisher über die Natur erlangt ha- ben; und wozu dieser armseligen, widerspruchsvollen Hypothese folgen? Blos um einen Mythus als Offen- barung und als Factum anzunehmen. Kein Mythus aber will so dem Buchstaben nach gedeutet werden. Denken wir uns vielmehr die Erde allmälich, erst. mit Flechten, Moosen, dann mit Gräsern, Kräutern Bee 143 = und Bäumen geschmückt, und eben so allmälich, erst mit kleinern, dann mit grölsern Thieren versehen; zuerst mit solchen, die nur von Vegetabilien lebten, und wie sie zunahmen, da erschienen die Raubthiere, die eher keine Nahrung finden konnten, und andrer- seits nicht fehlen durften, wenn die Welt nicht wieder zur Einöde werden sollte. Jene hätten sich zu stark vermehrt, und so die PHanzen, ihre eigne Nahrung, zerstört: nun erhalten die weniger stark sich verbrei- tenden Raubthiere das rechte Maals, und vertilgen die pestbringenden Leichname der Thiere. Es ist keine Frage, dafs sich manche Thiere weit verbreiten können, und wir sehen auch von einigen, dals sie. es wirklich thun: da wir aber von den an- dern das Gegentheil bemerken, so giebt Jenes keine allgemeine Regel. Und wenn ich dasselbe Insect, das- selbe Säugthier in zwey Welttheilen sehe, so habe ich dadurch allein kein Recht, es nur aus dem Einen her- zuleiten. Wenn der Steinbock z. B. auf den Schwei- zer-Alpen und auf einigen hohen Gebirgen Asiens erscheint, mit welchem Grunde will ich ihn aus Asien abstammen lassen, und gewinne ich irgend etwas durch diese Annahme? Ich habe nichts dafür, nichts als immer wieder die Hypothese , dafs alle Thiere in Asien entsprungen sind, die doch, wie oben gezeigt ist, eine Menge Unmöglichkeiten voraussetzt. Selbst in Einem Welttheil mögen recht wohl meh- rere Thiere derselben Art hier und da zugleich er- schaffen seyn: wenigstens spricht nichts dagegen. Die- selbe Kraft, welche die Hyäne in Asien und im nörd- lichen Afrika entstehen liefs, dieselbe Kraft konnte = 8 — sie auch zugleich in Syrien und in Persien u. s. w. hervorrufen, und nur so ward sie allen diesen Gegen- den früh nützlich. Nur hierbey falst man eine Ansicht, die der Würde der Natur angemessen ist, und wobey man sich die Selbstständigkeit der einmal erschaffnen Welt denken kann. Fülle und Reichthum war über sie aus- gegossen; nur ein Grübler hat die Sparsamkeit der Natur ersonnen. Dritter I er né = i . -a S an Dritter Abschnitt. a Über die Verbreitung der Menschen. Von dem, was ich bisher auseinander zu setzen ver- sucht habe, sollte der Mensch eine Ausnahme machen? Treffen hier andre Gründe zusammen, die es noth- wendig machen, dafs wir aller Wahrscheinlichkeit zu- wider seine Verbreitung von Einem Punct annehmen müssen? Ich glaube nicht. Wenn der Mensch ein einzelnes Paar in einem einzigen, wenn auch dem schönsten Theil der Erde erschaffen wäre, so, glaube ich, würde es beynahe un- möglich seyn, dafs sich seine Nachkommen itzt in fünf- bis sechshundert Millionen *) über die Erde ver- breiteten. Zwar wer hier mit einer blofsen Berech- nung zufrieden ist, wird leicht auffinden, wie viele *) Nach Volney (Traité du Climat et du sol des Etats. unis de l’Amerique, T.2p. 474. Hannöv. Magazin 1809 No. 83. S. 1323—28) sind ungefähr fünfhundert Millionen Men- schen auf der Erde; nach dem Almanach Imperial von 1810 hingegen neunhundert und sieben Millionen. Dies ist offen- bar zu viel, jenes vielleicht etwas zu wenig. K ri un Jahre dazu gehören, dals bey bestimmt fortschreiten- der Vermehrung von zwey Menschen mehrere hundert Millionen entstehen: allein eine solche Berechnung hilft uns wenig, da hier tausend Zufälle, alle mögliche Seuchen, Hungersnoth und Kriege, Revolutionen der Erde u. s. w. ins Spiel kommen, und ich möchte fra- gen, ob vor tausend oder ein Paar tausend Jahren wohl nicht eben so viele Menschen auf der Erde ge- lebt haben,als itzt. So weit wir die Geschichte kennen, sehen wir ein Steigen und Fallen der Nationen, wie der Familien, und wenn hier ein Volk beträchtlich anwächst, wird dort ein anderes beynahe ausgerottet. Man darf nur an Amerika denken, an die. Canarischen Inseln, an manche Theile von Afrika, an die Umwälzungen in Europa. Die alte Herrlichkeit von Asien ist dahin, Griechenland ist nicht der Schatten von dem, was es war, und Karthago’s Stätte findet der Wanderer nicht. Germanien und Gallien hatten nicht so viele Bewoh- ner, als das itzige Deutschland und Frankreich, aber wie viele hatten Italien und Spanien zu jener Zeit, wie viele itzt. Die Städte fassen itzt mehr Menschen, das Land weniger, und die Hauptstädte wenigstens wollen immer neue Ansiedler. Die Völkerwanderungen sind kein Beweis einer steigenden Menschenmenge. Bald brachte Hungers- noth die Barbaren dazu, bald trieb der Ehrgeiz oder die Habsucht eines Anführers die Horden in entlegne Länder, öfters waren sie vertrieben und suchten sich mit gewaffneter Hand einen neuen Wobnsitz, oder sie kamen als Bittende, wenn ihre Anzahl oder ihre Kraft minder grofs war. — 147 ro Durch jene Wanderungen ist auch nichts für die Bevölkerung gewonnen worden. Man kann sie gröls- tentheils mit den Zügen der Heuschrecken vergleichen, die jeden ihrer Schritte mit Verwüstungen bezeichnen, und selbst bald ihr Grab finden. Gröfser als die Zahl der eindringenden Horden, war die der bekriegten Nationen, welche im Kampf mit ihnen fiel, und von ihnen selbst sind häufig kaum die Spuren mehr zu finden. Wenn wir eine neue, jenen freylich nicht ganz ähnliche Wanderung betrachten, die der Zigeuner, so sehen wir deutlich, wie wenigen Vortheil sie der Be- völkerung Europa’s brachte, ob sie gleich minder ge- waltsam eindrangen: so wenige sind von der ganzen Menge übrig geblieben. Abbas der Grofse versetzte dreilsigtausend christliche Familien aus Armenien und Georgien nach Gilan und Mazenderan, um seine Lieb- lingsprovinzen zu bevölkern: von diesen dreifsigtau- send Familien waren nach vierzig Jahren noch vier- hundert übrig *). Ein Menschenpaar war gewifs nicht geeignet, die ganze Erde zu bevôlkern. Ein wildes Thier, Eine Krankheit konnte gleich den ganzen Zweck vereiteln: so geht die Natur aber nicht zu Werk. Bey einem so wichtigen Geschäft, als die Bevölkerung der Erde durch die Menschen, konnte sie unmöglich Alles auf ein so gefährliches Spiel setzen. ee *) Betrachtungen über die Fruchtbarkeit oder Unfrucht- barkeit, über den vormaligen und gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Länder in Asien, von C, Meiners, ı. B. (Lü- beck und Leipz, 1795- 8.) S. 205. K 2 Be 148 nées Folgt man auch den Mythen selbst nach, auf welche sich die ganze Annahme stützt, so sieht man, dafs der Dichter gleich den einen Sohn des ersten Menschen durch den andern ermorden läfst, und dafs bald wieder das ganze Menschengeschlecht durch eine Sündfluth auf eine einzige Familie zurückgeführt wird. Man findet aber auch schon aus den Erzählungen von Abraham und seinen Nachkommen, dafs eigentlich immer nur von Einem Stamm die Rede ist, von den sogenannten Kindern Gottes, im Gegensatz mit den Kindern der Menschen, das heifst, den umher woh- nenden Völkern, die sehr viel zahlreicher waren. Doch lassen wir den Mythus, der sonderbar ge- nug als Basis einer wissenschaftlichen Theorie ange- sehen ist, welche doch nimmer der Gegenstand einer Offenbarung seyn kann. Wenn uns aber das etwas gilt, was eine sichre Er- fahrung gezeigt hat, so berechtigt uns nichts zu der Annahme, dafs zwey Menschen, und diese sogar in einigen tausend Jahren sich so sehr vermehrt haben, dals gegenwärtig mehrere hundert Millionen derselben existiren. Die Geschichte lehrt nämlich, dafs es unter Modificationen fast immer so war, wie itzt, und so wenig ich an eine allgemeine Verschlechterung *) des = *) Schon Homer klagt über den Verfall des Menschen- geschlechts, alle haben so geklagt, und mich wundert, dafs noch etwas von uns übrig geblieben ist. Was man aber von Knochen aus alter Zeit sieht, ist so riesenmälsig nicht; Seuchen und Krankheiten sind ehmals auch. gewesen, Krieg nnd Hungersnoth, und Laster jegli- cher Art. 149 Menschengeschlechts denke, so wenig glaube ich an eine allgemeine Steigerung. Nach einem Jahrtausend wird die Anzahl der Menschen vielleicht eben so we- nig zugenommen haben, als ihre Moralität. Wäre es anders, nähme das Menschengeschlecht minder langsam zu, so mülsten wir immer neue Wan- derungen, und vielleicht gar diese in bestimmten Pe- rioden finden, und endlich mülsten sogar der Men- schen für die Erde zu viel werden. Davon sehen wir nichts. Einzelne Gegenden produciren mehr, andre weniger Menschen, doch hängt das grölstentheils nicht blos vom Lande selbst ab. Ein durch die Natur min- der begünstigtes Land kann unter milden Gesetzen leben, kann die Kultur des Bodens erhöhen, den Han- del und die Gewerbe emporbringen, und so für eine gewisse Zeit mehr Menschen an sich ziehen, auch wohl selbst hervorbringen. Auf die Fluth folgt aber wieder eine Ebbe, oder wenigstens hat das Steigen seine Gränzen, und in den Ländern, wo jene Bedingungen nicht eintreten, oder gar entgegengesetzie statt finden, da wächst die Bevölkerung nicht, oder sie nimmt so- gar ab. ; Gesetzt nun aber die Menschen vermehrten sich Der Städter aber, und besonders der Bewohner einer grolsen Stadt, möge nicht von sich und seinen Kindern, son- dern von dem Landmann reden, wenn er von der Grölse und Stärke des Menschengeschlechts ‚spricht, und wiederum nicht von allen Gegenden. So z. B, die Bewohner der Insel Rü- gen, vorzüglich die von Mönkgut, von Ummanz u. s. w. mō- gen wohl als Brüder und Söhne der alten Germanen aultre- ten, wie sie uns Tacitus beschreibt, und der Normann steht noch immer in seiner Kraft da. — 150 = viel stärker, als ich glaube, wie sollten sie von einem Punct aus die Erde bevölkern. Sollen ganze Colo- nieen oder einzelne Menschen fortwandern? Nach Amerika, Neuholland u. s. w. wird man schwerlich ganze Colonieen übergehen lassen, hier mülsten wieder einzelne oder doch wenige Menschen die Bevölkerung besorgen. Diese aber, die doch nur durch Zufall oder wider ihren Willen dahin gerathen seyn konnten, sich auch nicht zur Auswanderung gerüstet hatten, wenig- stens ihr Geräthe, ihre Hausthiere nicht mitbrachten; diese sollten sich in dem ungewohnten Klima wieder eben so stark vermehrt und ihre Nachkommen über ganze Welttheile ausgebreitet haben. Welche Kette von Unwahrscheinlichkeiten ! à Was sollte die Vôlker ferner durch die grofsen Wüsten führen, die manche Länder trennen: nur ein Wunder konnte sie hindurch leiten, da ibnen die Wü- sten unbekannt waren: wo sollten sie Nahrungsmittel, wo Wasser hernehmen. Was hätte ferner die Erde so wunderbar unter. die Völker vertheilt. Denkt man sich ‚„ dafs eins das andere bey steigender Bevölkerung vor sich hingetrie- ben habe, so wird die Verwirrung immer gröfser. Man könnte es wohl von den Pescherähs glauben, dafs sie so weit fortgedrängt wären, aber was hätte die Patagonen, was die vielen kriegerischen Stämme in Südamerika so weit hinabdrängen können? Wir sehen kriegerische und starke Nationen zwischen schwachen und friedlichen, sowohl in Afrika als besonders in Amerika, das an seinen beyden Extremen von den elendesten Schwächlingen, von den Eskimos und Pe- scherähs bewohnt wird >» und wo die schwachen Gua- 151 ranys *) zwischen den kühnsten Nationen leben, die der Europäer vergebens zu unterjochen suchte. Indem die Völker sich so fortgetrieben hätten, würde es auch wohl nur mit Blutvergielsen geschehen seyn, ungefähr wie bey den Völkerwanderungen, aus denen, wie ich oben bemerkte, kein grolser Vortheil für die Bevölkerung entstand. Wäre .das Urvolk, wie man es sich gewöhnlich denkt, in der Gegend des Caucasus zu Hause gewe- sen, so begreift man auch kaum, wie die dort ent- standnen Menschen sich durch alle Klimate hätten fort- treiben lassen können, ohne der Veränderung zu erliegen. Wir sehen wohl, dafs der in einem gemäs- sigten Himmelsstrich lebende Mensch von da fortge- hen und Kälte und Hitze xx) ertragen kann, allein wir sehen es nur unter Modificationen. *) Voyage dans l'Amérique meridionale par Don Felix. de Azara. T. 2. (Paris 1809. 8.) p- 52. Vergl. auch p. 188 u. folg. **) Man bezieht sich theils auf Versuche, wo Gelehrte in Europa grolse Hitze ausstanden, theils auf Fälle, wo Reisende in der gröfsten Kälte aushielten, allein jenes waren vorüber- gehende Versuche, und andrerseits betrafen sie und die übri- gen Fälle nur Europäer, die ausgerüstet waren, um den nach- theiligen Einfluls jener Wirkungen vermindern zu können, Was ein übles Klima dem Eingebornen und was es dem Fremdling ist, sehen wir an Batavia, Surinam u. s. w. Der Neger in Sennaar arbeitet bey einer Hitze, wo der Europäer bey der Ruhe kaum das Leben fristet. Nie würden wir iu Sennaar wie die Neger, nie im nördlichen Amerika wie die Eskimos leben können: nur als Europäer, das heifst mit tau- send künstlichen Hülfsmitteln, und vielleicht auch doch nicht einmal auf die Länge würden wir dort fortvegetiren. — I5 = Der Mensch hat einen sehr beugsamen Körper, hat Vernunft, um jede Lage beurtheilen, und dem ge- mäls seine Lebensart überall einrichten zu können. Allein lafst eine Colonie von Negern nach Grönland versetzen, sie werden dort nicht lange existiren; setzt den Lappen nur etwas südlicher, er wird bald ster- ben, fast eben so bald sterben, wie sein dahin ver- setztes Rennthier. Diesem Einwurf begegnet man dadurch, dafs man die Völker sich nur sehr langsam fortbewegen läfst, allein dazu hätten vielleicht Millionen von Jahren ge- hört, um so die itzige Bevölkerung der Erde hervor- zubringen, und die Antwort schliefst eine andere viel grölsere Unwahrscheinlichkeit in sich. Hätten die Völker sich nämlich nur so langsam fortbewegt, so mülsten sie sich ähnlicher geblieben seyn. Es begreift sich also dabey durchaus nicht die Verschiedenheit unter den Menschen > die bey weitem grölser ist, als die Vertheidiger der Einheit des Men- schengeschlechts uns überreden wollen, Sie begreift sich aber auch nicht bey irgend einer andern Ver- pflanzungsart. Die Zigeuner, so weit sie auch zerstreut gewor- den sind, blieben immer Zigeuner; verrathen noch immer, wo sie unvermischt geblieben sind, ihre aus- sereuropäische Abkunft *), obgleich sie schon unge- fähr vierhundert Jahre in Europa sind. *) Die Gründe, wodurch H. M. G. Grellmann (Histo- rischer Versuch über die Zigeuner. Zweite Aufl. Göttingen 1787. 8.) die Abkunft der Zigeuner von einer niedrigen Kaste der Hindus herleitet, scheinen mir nicht wenig überre- ie ae Die Juden waren schon vor Alexander dem Gros- sen in Persien und andern Ländern Asiens ‚zerstreut; früh kommen sie schon in Ägypten vor, und ihr Ein- tritt in Abyssinien ist auch wohl sehr alt. Unter. Ja- lius Cäsar waren sie in Rom beynahe eben so einge- wurzelt, als sie es itzt in manchen Ländern Deutch- lands oder in Polen sind, und mit einem Wort, sie sind überall einheimisch geworden. So wie ihre bürgerlichen Verhältnisse zu den Eingebornen aber noch immer grofsentheils seltsam sind, so hat auch ihre Gestalt sich nicht umgewandelt. Ihre Farbe ist hier heller, dort dunkler, aber ihr Gesicht, ihr Sche- del *) hat überall den eigenthümlichen Character. Wenn sie: sich aber in so vielen Jahrhunderten nicht klimatisirten, ob sie gleich unter civilisirten Völkern lebten: wie sollen es andre Völker gethan haben, die sich in ganz menschenleere Gegenden niederliefsen. Pinkard fand in einem abgelegnen Theil der Insel Barbados eine Familie von englischer Abkunft, die in die sechste Generation und vielleicht noch wei- dend; was er aber von ihrer Farbe sagt, ist, wie manches Andre, nicht hinlänglich documentirt, Blumenbach (Decas Craniorum altera, Tab. XI.) giebt eine Abbildung von dem Schedel eines ächten Zigeuners, er findet die grôfste rs lichkeit darin mit dem Schedel der alten Ägyptier, el S spricht nicht gegen die Abstammung von den Hindus. 2 Blumenbach hat den Schedel eines fünfjährigen in denmädchens (Dec. Cran, III, tab. 28) und den eines hun- dertjährigen Juden (Dee. IV. tab. 34.) on a a lassen, Das Jüdische darin springt gleich in die Augen, und man sieht, dafs es nicht blos in den äufsern oder weichen Thaler liegt, sondern selbst in den harten Theilen begrün. det ist, % 154 — ter hinauf nie die heifse Zone verlassen hatte. Nach der feinen Haut, nach den Gesichtszügen und der Ge- stalt des Körpers hätte man sie für Eingeborne von England oder von einem andern Lande in einem ge- mälsigten Klima halten können. Pinkard führt auch noch zwey andre Familien von andern Orten der In- sel an, mit denen es sich eben so verhält, und von der einen bemerkt er, dafs die Voreltern derselben viele Generationen hindurch, über alles Gedenken hinaus, sich daselbst befinden *). Die Colonisten **) auf dem Kap, die in Asien ‚u. s. w. sind unverändert Europäer geblieben; die nach Amerika gebrachten Neger sind noch immer Ne- ger, und werden es auch wahrscheinlich stets bleiben, wenn sie sich nicht mit andern Völkern vermischen. Alle diese Fälle beweisen hinlänglich, dafs die Menschen von einem Stamm sich gleich bleiben. Die Farbe kann durch das Klima heller oder dunkler wer- den, ein Mensch, der im Elend lebt und harte Arbeit verrichtet, kann häfslicher werden, allein er wird nicht um gewandelt. *) Einige (höchst interessante) Bemerkungen über die Wirkungen des Klima auf die Gestalt und Farbe des Men- schen, von D, Pinkard zu Barbados. Aus dem Medical- und Pbysical-Journal No. 115. in das Neue Hannöv. Maga: zin (1809. St. 92. S. 1457— 1464) übersetzt, **) Demanet’s Colonie von Portugiesen, die in Guinea schnell zu Negern wurden, ist höchst abentheuerlich, Durch Vermischung kann dergleichen nach einigen Generationen mög- lich seyn, aber sonst gewils nie. Man vergleiche darüber: Blumenbach de generis humani varietate nativa (Ed. 3. Götting. 1795. 8.) S. 128. ma. Au Auf welche Weise wollten wir je die ungeheuren Unterschiede zwischen dem Europäer und Mongolen, zwischen dem Europäer und dem Neger, zwischen dem Europäer und dem Papu erklären? Könnte ein Volk so weit ausarten, so mülste doch in den oben- angeführten Fällen wenigstens der Anfang von Ausar- ! tung gemacht seyn; ja bey den Juden sollte diese = ‚wohl schon beendet seyn, wenn wir es uns als mög- b44 lich denken sollten, dafs der Neger durch Ausartung zum Neger geworden wäre. Dieser mülste nämlich schon aufserordentlich früh dazu geworden seyn, da, die älteste Geschichte seiner erwähnt, und da wir wis- sen, dafs die Erde in ihrer itzigen Gestalt nicht so gar alt ist. Hierin liegen also offenbar Widersprüche. “ Es kann hier auch nicht die Rede davon seyn, eine oder die andre Abweichung dürftig zu erklären, sondern die Summe aller Abweichungen in einem Volk soll (wenn auch nur leidlich) erklärt seyn. Aber nicht so, wie z. B. Smith die Gestalt der Polarmenschen . entstehen läfst *), wenn er die Nase durch die Kälte klein werden, den Kopf durch sie eindrücken, und dürch die gröfsere Wärme und Lebenskraft in dem Gehirn, welches den obern Kopf anfüllt, diesem einen grölsern Umfang verschaffen läfst. Wäre der Verfas- ser ein Arzt, so wäre eine solche Erklärungsart un- verzeihlich. Die Ableitungen der schwarzen Farbe sind *) Versuch über die Ursachen der ungleichen Farbe und Ge- stale des Menschengeschlechts von Sam. Stanhope Smith. A. d. Engl. Braunschweig 1790. 8. S. 46 — 48. Eine ähnliche minder grelle, allein auch falsche Darstel- lungsart hat Kant, die Zimmermann (geogr. Geschichte des Menschen etc, 1 B. S. 70) gewürdigt hat. 196 =- eben so wunderlich, Blumenbach hat sie zusammen- gestellt *), und selbst versucht, eine bessere Erklä- rung zu geben, indem er einen Niederschlag des Koh- lenstoffs in der Haut annimmt, und die Ursache da- von wieder aus der Lebensweise zu entwickeln sucht. Man kann den Scharfsinn darin nicht verkennen, al- lein die eigenthümliche Organisation der Haut des Negers (die von der des Europäers wenigstens sehr abweicht) ist dadurch keineswegs erklärt, sondern es ist nur eine Vorstellung der Sache, unter der Voraus- setzung, dafs Menschen mit weilser Haut hier schwarz und zu Negern **) geworden wären. Also Voraus- setzung dessen, was gar nicht eingeräumt werden kann, wenn wir auf das Ganze sehen. Wäre eine blos schwarze Farbe, oder ein solcher geringfügiger Unterschied da, so wäre es nicht der Mühe werth, davon zu sprechen, aber das Ganze ist ein Andres. Was gab dem Australneger ***) die affenartige Physiognomie, den milsgestalteten Schedel, die dünnen, zum Theil sogar dabey langen Extremi- täten u. s. w. Warum hier das Bild aller Häfslichkeit vollendet, während andere Bewohner von Austra- *) De generis humani varietate nativa p. 123, 124. **) Wie sehr und in wie vielen Dingen sich der Neger vom Europäer unterscheidet, sehe man in Sömmerring’s trefflicher Schrift über diesen Gegenstand: Über die körper- liche Verschiedenheit des Negers vom Europäer. Frankf, u. Mainz. 1785. 8: ***) Ich darf nur auf die schönen Abbildungen in Pé- ron’s Reisebeschreibung verweisen: Voyage de Découver- tes aux terres australes, Atlas. Tab. 8 — 12. Tab. 15. Tab. 18 — 27. ei lien *) sehr wohlgestaltet sind, warum die Hotten- totten neben den Caffern und so fort. Man Jäfst die wohlgebildeten Völker später ein- gewandert seyn, um Jenes zu erklären. Aber theils ist die spätere Einwanderung häufig gar nicht zu be- weisen, theils müfsten die andern ihnen doch schon etwas ähnlich geworden seyn. Und ist es blos der Körper, der so verkrüp- pelt ist? Es giengen Manche offenbar zu weit, wenn sie einige Völker ganz zu den Thieren herabwürdigten, oder wohl gar die Papus vom Orangutang abstammen, oder als Bastarde von ihm und dem Menschen ansa- hen. Allein darin mufs man doch wenigstens einem Pauw, einem Meiners u. s, w. beystimmen, dals zwischen den Geisteskräften eines Europäers und de- nen eines Negers **) u. s. w. ein nicht geringer Un- *) Man vergleiche darüber das äulserst reichhaltige Werk: Australien von Eb. Aug. Wilh. v. Zimmermann. 1. B. ı. u. 2. Abth. Hamb. 1810. 8. i **) Blumenbach hat in seinen Beyträgen zur Naturge- schichte (1. Th. ote Ausgabe. Gött. 1806. kl. 8. S. 80 — 97) mehrere Beyspiele von gebildeten Negern gegeben, allein alle aus neuerer Zeit; und welche Vermischungen mit ihren Eltern vorgegangen sind, ` wissen wir nicht. Ein so altes Volk, wie die Neger, sollte wohl schon mehr geleistet haben. In der Histoire d'une Jeune Fille sauvage, publiée par Ma- dame H ..,..t. (à Paris 1755. 12.) wird das in dòt Cham- pagne gefundne Mädchen den Eskimo’s zugeschrieben. Aber wer ihre Geschichte in jenem Büchlein durchgeht, sieht eine zu schnelle Bildung bey ihr, wie man sie unmöglich von einer Eskimo so früh erwarten konnte. Möchte es doch einem Fran- zosen gelingen, die merkwürdige Geschichte jenes Mädchens 158 + terschied ist. Warum haben sie nie etwas, wie die Europäer geleistet, warum für sich nie etwas gethan, sondern nur jenen eins und das andere nachgeahmt, ohne irgend allgemeine Cultur oder Civilisation. Ich verlange vom Australneger keinen Rafael oder Kant, allein er hätte doch anfangen können, sich den Wis- senschaften zu nähern. Wir waren Barbaren, wie die Griechen ihre Künst- ler, ihre Dichter, ihre Weisen hatten: noch itzt sind Wenige mit ihren Genies zu vergleichen, aber wir haben doch Männer unter uns entstehen stehen, die den Vergleich aushalten, und in der Fülle aller > be- sonders der physischen Kenntnisse haben wir die ehe- maligen Griechen ohne Frage weit hinter uns zurück- gelassen. Warum nichts seit Jahrtausenden von so manchen andern Nationen? Fremde müssen sie mit den Schätzen ihres Landes bekannt machen > und sie selbst bleiben in thierischer Rohheit. Der Mongole kommt leicht bis auf einen gewissen Punct, nun bleibt er stehen, denn so weit nur reichen seine Kräfte; er kann aller- ley Künstliches verfertigen, aber die Kunst bleibt ihm freınd. Der Europäer in Batavia, in Calcutta, in Ägyp- ten, stiftet gelehrte Gesellschaften wie in Europa und lebt in mühsamen Forschungen, und wohin er dringt, da erweitert sich der Kreis seines Wissens. Das ist offenbar eigne Organisation. Mit einer so ganz aulser Zweifel zu setzen, als es Blumenbach ge- lungen ist, den wilden Peter von Hameln zu erklären. S, dessen Beyträge zur Naturgeschichte. 2 Th. Götting. r8rr. S. 13 — 44. | RE: 159 =" bestimmten körperlichen Bildung, mit einer gewis- sen Entwickelung des Gehirns, höhere Geistesanlagen; der thierische Blick des Papu drückt seine Fähigkei- ten aus. Hier ist also keine Ausartung *), sondern der‘ Mensch ist mit seinem Klima eins, wie das Thier und die Pflanze. Hier wurden höher, dort niedriger or- ganisirte Menschen erschaffen. Ein Theil blieb in der Heimath, wie die Neger, die Papus, andre wanderten aus, wie die Juden, alle aber, so weit sie unvermischt | blieben, tragen das unverkennbare Zeichen der Eigen- thümlichkeit. An wie vielen Orten ursprünglich Menschen er- schaffen sind, das weils Niemand; wahrscheinlich aber an nicht wenigen. Der Alimacht war es eben so leicht, tausende, als zwey Menschen zu erschaffen, und die Bevölkerung der Erde erforderte das Erstere eher als das Letztere. | Eine andre Frage, ob die Menschen eine oder mehrere Species (Arten) ausmachen, kann bejahend oder verneinend beantwortet werden, wie man will. Bejahend, wenn man die Species auf "eben die Weise bey dem Menschen festsetzen will, wie bey den Thieren und Pflanzen; verneinend, wenn man das Schwankende in den Trennungsgründen vor Augen hat. *) Wie sehr sich der Mensch überall gleich bleibt (d. h. wenn er sich nieht mit andern Völkern vermischt), habe ich oben gezeigt. Schon der Gedanke ist höchst widerstrebend, dafs der Europäer durch das Klima zu einem Papu an Körper oder Geist werden könnte. 160 — Ältere Schriftsteller behaupteten häufig, diejeni- gen Geschöpfe gehörten zu einer ‘Art, welche sich freywillig oder im Stande der Natur, und zwar frucht- bar, mit einander begatteten, Wie falsch dieses aber sey, erkennt man bald, wenn man die Erfahrung zu Rath zieht. Unter den Pflanzen sieht man in unsern Gärten überall Vermischungen, und wie leicht die künstliche Befruchtung einer Art mit dem Pollen einer andern gelingt, weils Jeder. Ohne diese Bastarderzeugungen würden unsre Pflanzenkataloge gewifs minder stark seyn. | Unter den Insecten kommen solche Verbindungen verschiedner Arten wahrscheinlich nicht selten vor, Rossi’s *) Beobachtung von der Begatiung der Can- tharis melanura mit einem Weibchen des Elater niger könnte fast etwas zweydeutig scheinen, da jene beyde Insecten so sehr von einander unterschieden sind. Bey den Sonnenkäfern (Coccinella) habe ich selbst, wenn ich nicht irre, in meiner Jugend öfters einige als verschieden beschriebne Arten in der Begattung vereinigt gefunden, und Fabricius **) hat die Coc- cinelia * Memorie della Societä Italiana. T. 8. p. 119. Trevi- ranus Biologie. Th. 3. S. 416. *) Entomologia Systematica. T. 1, Hafn. 1792. 8. p. 288. » Goccinellam quadripustulatam saepius cum Coccinella bipun- ctata copula connexam vidi.” In seinem Systema Eleutheratorum T. 1. Kil. 18or. 8: p- 381 erwähnt er dessen nicht, doch führt er die Coceinella quadripustulata und sexpustulata als eigne Arten auf, ist also nicht mit Hellwig einverstanden, der in seiner Ausgabe von $ — 161 — cinella bipunctata und quadripustulata oft mit einan- der in der Begattung angetroffen. Von den Fischen führt man ebenfalls oft Bastarde an, und ich selbst habe einen Karpfen gesehen, der allerdings eine solche fremdartige Erzeugung verrieth. Bloch (Naturgeschichte der Fische Deutschlands ır. Th. Berlin 1785. 8. S. 124) führt mehrere Schriftsteller an, die dergleichen Bastarde von der Karausche, der Giebel und dem Karpfen erwähnen, und Defay *) hat einen von der Barbe und dem Karpfen, und Bloch **) yon der Güster (Cyprinus Blicca) und dem Brachsen, oder Bley (Cyprinus Brama). Unter den Vögeln sind solche Verbindungen ver- schiedner Arten noch häufiger. So führt Bech- stein ***) Bastarde vom Canarienvogel mit r) dem Stieglitz, 2) dem Zeisig, 5) dem Bergzeisig, 4) dem Grünling, 5) dem Hänfling, 6) dem Girlitz, 7) dem Rossi’s Fauna Etrusca (T. ı. Helmstad. 1795. 8. p. 74.) die Sache zweifelhaft machen will: „Fabricius varietatem sex- pustulatae vel potius bipunctatae, nullo modo autem veram quadripustulatam cum bipunctata copula junctam videre potuit. Die unterstrichnen Worte scheinen mir etwas stark, Die Ento- _ mologen gehen aueh offenbar zu weit, wenn sie alle Coceinel- len, die sich mit einander begatten, für einerley halten, Illiger ist indessen auch der Meinung, dafs man von den Coccinellen nicht füglich hierüber sprechen könne, da man bisher so viele in einander fliefsende Spielarten für wirk- liche Arten angesehen hat. *) Schriften der Ges. Natf. Fr, in Berlin, B, T 494. Fri, 0, 3, 103 ***) Gemeinnützige Naturgeschichte der Vol Dand. | lands. 2. B, (Leipz. 1807. 8.) S. 196 — 199. L — 162 — Citronenzeisig, und 8) dem Gimpel auf; 9) mit dem Finken *) und 10) mit dem Bergfinken **). Eben derselbe Schriftsteller erzählt, dafs die Auerhenne sich vom Birkhahn ***), so wie vom Haushahn und Trut- halın treten läfst ***%*) Mehrere andre Beyspiele | at Treviranus f) gesammelt; eine Bastarderzeu- gung zwischen Anas Glaucion und Anas Querquedula hat Geoffroy ft) beschrieben, und Fried. Cu- vier die zwischen einer Gans und einem Schwan (Anas Olor tft). Ohne Frage kommen auch ge- wils manche abweichende Zeichnungen, die man bey Wasservögeln bemerkt, von solchen Vermischungen her; vielleicht findet auch so etwas bey den Raubvö- geln statt, die häufig einzeln leben, und daher zuwei- len in der Brunstzeit zu solchen Verbindungen ge- zwungen seyn können. Von Säugthieren sind bereits eine grolse Menge Fälle bekannt. Ich will nur einige ausheben, da man hieraus auch zugleich am Besten sieht, dafs die Ba- stardthiere nicht unfruchtbar sind. In Hinsicht der Maulesel ist es bekannt, dals sie * Gemeinnützige Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. 2. B. (Leipz. 1807. 8.) S. g1. À TEDAS 297; DASS: 1308: *#**) Ebendas. S. 1315. +4) Biologie Th. 3. S. 414, wo auch Sprenger’s gedacht wird, der Bastardvögel fruchtbar fand, tt) Annales du Muséum d’Hist. nat, T. VII. p. 222 — 226. Fried. Cuvier erwähnt dieses Falles daselbst, T. XII. p. ISI, spricht aber von Anas fuligula und Anas sponsa. ttt) Ebend. p. 122 — 124. = 163 — in wärmern Ländern nicht sogar selten fruchtbar sind *%). Banks **) erzählt die Begattung eines weib- lichen Zebra’s mit einem Esel, den aber jenes nicht eher zuliefs, als bis er mit eben solchen bunten Strei- fen, wie ein Zebra bemalt war; Geoffroy kk) hin gegen führt eine Begattung des Zebras mit einem Esel an, wo dem letzteren seine natürliche Farbe gelassen ward; das Junge kkk) schlachtete nach beyden; ja das nämliche Zebra ward in der Folge von einem Hengst befruchtet, leider starb es aber im Aborti- ren f). Diese Fälle sind besonders interessant, weil das Zebra weder gegen den Esel, noch gegen den Hengst Widerwillen zeigte, so wie diese auch nicht gegen das Zebra. Vom Hund ist es bekannt, dafs er blos durch Vermischungen des Schakals, des Wolfes, des Fuchses *) Aristoteles de mirabilibus ed, Beckmann, p. 122. Nach den Lettere sull’ Indie orientali (Philadelphia 1802. 8. T, 2. p. 241. Gött. Anz. 1805. No. 27. p. 204.) werden die Mauleselinnen allerdings trächtig, kommen aber gemeiniglich mit den Füllen in der Geburt um; die Araber reiten also beyde gewöhnlich durch den Kaiserschnitt. Man vergleiche auch Georg Hartmann’s Pferde- und Maulthierzucht. Stuttgart. 1777. 8. S. 268 — 272. **) In Nicholson’s Journal of Natural Philosophy. Sep- tember 1798 Gött. Anz. 1800. S. 1260. ; ***) Annales du Muséum d'hist. nat. T. VII. p. 245. Me. ****) Ib. T. IX. p. 223. Geoffroy beschreibt das Junge, und erwähnt eines ähnlichen Bastards, den Giorna (in den Mém. de l’Ac. de Turin. an XI.) beschrieben hat. pÐ Note sur l'accouplement d’un Zébre et d'un cheval, par Fred. Cuvier. Annales du Muséum d’Hist, Nat. T. XI p. 237 — 240. Der Foetus schlachtete nach Beyden. L 2 164 — entstanden ist; die Begattuugen zwischen Hunden und Wölfen sind auch schon häufig beobachtet *), so wie die zwischen dem Hund und Fuchs **) und zwi- schen dem Hund und Schakal ***) bekannt sind. Die fruchtbare Begattung eines Kaninchens mit ei- nem Haasen hat Amoretti **%#%*); fruchtbare Bastarde von äthiopischen und gemeinen Schweinen Sparr- man f), Von Ziegen und Schafen ist die Vermi- mischung allgemein ff) bekannt, und die Jungen werden, je nachdem sie fortgesetzt, mit Schafböcken oder Ziegenböcken belegt werden, entweder zu Scha- fen oder zu Ziegen. +) Masch im Naturforscher St. 15. S. 21 — 26. Die Jun- gen waren wieder fruchtbar, Hunter in Philos. Transact. 1787. und. 1789. P. 2. Geoffroy in Annales du Museum d’Hist, nat. T. IV. p- 102, 103. **) Pallas theilt in den N. Nord. Beytr. I. S. 153 einen Brief von Pennant mit, worin dieser, aulser ein Paar Begat- tungen von Hunden und Wölfen, auch eine vom Hund und - Fuchs anführt, wo der weibliche Bastard wieder Junge warf, nachdem er von einem Hunde belegt war. ***) Philos. Transact, 1787. P.2. Hunter erzählt den Fall von einem weiblichen Schakal, der auf der Seereise nach England von einem spanischen Wachtelhund belegt ward. ****) Opusculi scelti. Milano. 1779. T. 2. Gött. Anz. 1796. S. 977. 1) Resa til Goda-Hopps-Udden. p. 416. Reise nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung. S. 352. Bey Sparrman ist der äthiopische Eber unserm Schwein überhaupt ähnlicher be- schrieben. +t) Cogitationes quaedam de animalibus hybridis, praes. Car. Nic, Hellenio resp. J. J. Holmberg. Aboae 1798. 4. im Auszuge in meinen Schwed, Annal. B. r. St. 2. S, 192. Vergl. auch meine Reisebemerk. T. a. S. 24. 165 Den interessantesten, am mehrsten beweisenden Fall hat Hellenius *. Er bekam eine sardinische Behkuh, die keinen Ziegenbock , allein einen Schaf- bock zuliefs; die davon entstandnen Junge, welche in der Gestalt dem Vater ähnlich waren, in der Farbe aber Vieles von der Mutter hatten, wurden mit finni- schen Schafböcken belegt, so geschah es ein. Paar Ge- nerationen hindurch, und endlich waren es ganz ge- meine finnische Schafe. Nichts kann überzeugender darthun, dafs die Begattung die Species nicht bestimmt, wenn die Jungen auch immer fruchtbar bleiben. Höchst merkwürdig ist auch die von Steller auf der Beringsinsel gemachte Beobachtung, dafs die Seelö- wen (Phoca jubata) sich häufig der Weihchen. des See- bären (Phoca ursina) bedienen FR Gegen dies Fa- ctum möchte ich wenigstens keinen Zweifel hegen, da Pallas stets mit der grôfster Achtung von ihm sprach, und er sowohl als Tilesius alle seine Beobachtun- gen sehr genau fanden. . Wir dürften also wohl deswegen auf keine Ein- heit des Menschengeschlechts schliefsen, weil die ver- schiednen Menschenstämme sich fruchtbar mit einan- der begatten ****). nn "TR der ebengenannten Dissertation und in den schwe- . dischen ` Abhandlungen. Mit Recht behauptet Hellenius, dafs an sich alle Bastarde fruchtbar sind, und nur specielle Umstände hinzutreten, die einzelne Individuen unfruchtbar ma- chen. Der Mensch beweiset dieses ja auch hinlänglich; Mu- latten, Creolen u. s. w. sind eben so fruchtbar, als die El- tern, deren Blut noch nicht gemischt war. **) Ge. Wilh. Stellers ausführliche Beschreibung von sonderbaren Meerthieren. Halle 1753. 8. S. 147. S. 160. +++) Das Wunderbarste über die Kinder, welche aus der 166 = Spätere Schriftseller sahen auch ein, dals man ei- nen andern Charakter für die Species aufsuchen müs- se, und sie sagten daher, dafs diejenigen Naturkörper zu einer Art gehörten, welche nur solche Unterschiede unter einander zeigten, die unbedeutend oder unbe- ständig wären. Hierin liegt aber nichts Festes, Dem Einen ist ein Merkmal gering, welches dem Andern wesentlich scheint, und wir sehen auch, daß Linne und dessen Schüler, überhaupt die älteren Naturforscher, Vieles als Spielart (varietas) betrachten, das die Neueren für verschiedne Arten halten. Es wird auch nie zwey nur irgend selbstständige Naturforscher geben, die in die- sem Punct gänzlich mit einander übereinstimmen. Hier ist am häufigsten nur eine Wahrscheinlichkeitsberech- nung, und der erfahrnere, der scharfsinnigere Natu- ralist wird sich weniger oft täuschen, allein ohne al- len Irrthum in diesem Punct wird und kann er nicht bleiben. | Auf der andern Seite sind manche Spielarten sehr beständig, wie wir es z. B. von unsern Gemüsearten, Obstarten, wie wir es von den Hunden, den Meer- schweinchen u. s. w. sehen. Ja sogar krankhafte Aus- Vermischung von Weilsen und Schwarzen eninchen; erzählt Bruce (Reise nach den Quellen des Nils 4. B. S, 470), al- lein es ist von allen sonstigen Erfahrungen so abweichend, dafs Ich es einem Bruce nicht glauben kann. Auf der einen Seite erzählt er, dals die Negerkönige von Sennaar, je nachdem sie schwarze oder weilse Weiber nehmen, von diesen schwarze oder weilse Kinder bekommen; auf der andern Seite, dafs ein weilser Araber, der eine schwarze Sclavin heirathet, unfehlbar weilse Kinder zeugt. ar: = artungen werden oft standhaft fortgepflanzt, wie wir es bey den Kakerlaken unter den Mäusen, den Ka- ninchen, und den Frettchen *) sehen. Wenn wir alle diese Puncte zusammenfassen, so sehen wir, dals die Frage, ob der Mensch mehrere Species ausmacht, eigentlich so viel heilst, sind die Unterschiede unter den verschiednen Völkern grols und bleibend, oder nicht, oder flielsen sie alle un- merklich in einander über. Ich glaube eigentlich nicht, dafs sie mehr in ein- ander fliefsen, als viele andre Naturkörper, die wir dennoch für verschiedne Arten halten, und der Bota- niker z. B. oder der Entomolog u. s. w. würde häufig sehr froh seyn, wenn er solche in die Augen sprin- gende Charactere für seine Arten fände, als wir bey dem Neger und so ferner finden. Es ist auch keine Einheit in der Naturgeschichte, wenn wir hier wegen der Übergänge Alles zusam- menwerfen, bey andern Naturkörpern trotz ähnlicher Übergänge, denn diese finden sich fast überall, Alles trennen wollen. i : Dals hier die Trennung übrigens Schwierigkeiten, vielleicht gröfsere Schwierigkeiten hat, als irgendwo, — *) Blumenbach (de generis humani varietate nativa p. 71) sagt geradezu, dals das Frett eine Abart vom Iltis (Mus- tela Putorius) sey; allein ich möchte doch glauben, dafs un- sre Mustela Furo eine eigne Art ausmacht, von der wir nur den Kakerlaken kennen; denn ich finde, wie Daubenton, bey ihm funfzehn, bey dem Iltis nur vierzehn Paar Ribben, auch hat dieser einen breiteren Kopf. In südlicheren Gegen- den kommt ja auch das Frett mit andern Farben vor, und also auch wahrscheinlich ohne rothe Augen. — 168 se gebe ich sehr gerne zu; weil so viele Vermischun- gen nämlich Statt finden, wird die Sichtung immer mifslich. ; Geht es aber irgend besser, wenn man statt Ar- ten, nur Racen der Menschen unterscheidet? Ich liebe das Wort schon deswegen nicht, weil es etwas Unzubeweisendes, wenigstens etwas, woran ich nicht glaube *), die Einheit des Menschengeschlechts vor- aussetzt; allein der Begriff einer Race ist auch eben so schwankend, wie der von einer Art. Es kann auch nicht anders seyn, da die Race ein Mittelding zwischen der Art und der Spielart seyn soll, es hierbey also blos auf ein Mehr oder Minder ankommt. Kant **) setzt eine nothwendige Entstehung der Racen voraus: das kann man zugeben, aber dieselbe Nothwendigkeit muls auch bey den Spielarten zuge- DER *) Es haben schon Mehrere die Einheit des Menschenge- schlechts angefochten, doch kenne ich keine Schrift, die die Sache mit der nöthigen Gründlichkeit durchgeführt hätte, **) Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace von Kant. Berlinische Monathsschrift. Novbr. 1785. S. 390 — 417. S. 402. „Wenn ich aber gleich aus zufälligen Eindrücken entspringende und dennoch erblich werdende Charactere ein- räumen wollte, so würde es doch unmöglich seyn, daraus zu erklären, wie jene vier Farbenunterschiede unter allen aner- benden die einzigen sind, die unausbleiblich ausarten, Was kann anders die Ursache hiervon seyn, als dafs sie in den Keimen des uns unbekannten ursprünglichen Stamms der Menschengattung und zwar als solche Naturanlagen gelegen haben müssen, die zur Erhaltung der Gattung, wenigstens in der ersten Epoche ihrer Fortpflanzung nothwendig gehörten, und daher in den folgenden Zeugungen unausbleiblich vor- kommen mufsten,”’ ; 169 — lassen werden. Zufällig ist nichts, und bey bestimm- ten Einwirkungen mufs eine bestimmte Veränderung erfolgen. Wenn z. B. die Pflanze auf einen magern Boden kommt, so mufs sie kleiner, auf einem fetten Boden mufs sie grölser werden, und so fort. Einige Veränderungen entstehen aber sehr leicht und aus un- bekannten Ursachen; wie z. B. Saamen von derselben Pflanze anders gefärbte Blumen geben; zufällig ist das nicht, aber ein leichtes Hinneigen der Säfte zu dieser oder jenen Beschaffenheit macht die Sache veränder- lich; andre Veränderungen sind tiefer begründet, und daher auch bleibender. Auf der einen Seite aber scheint mir Kant zu viel vorauszusetzen, indem er nämlich für die Racen Naturanlagen annimmt, die nur in den Keimen des ursprünglichen Stamms der Menschengattung gelegen haben. War einmal die Fähigkeit da, so sehe ich nicht ein, warum auch nicht in den Keimen der Ra- cen eben solche Naturanlagen zu solchen Racen lie- gen sollten. Die Erklärung ist, wie mir däucht, durch jene Annahme sehr gezwungen geworden; doch die ganze Theorie der Racen läfst nur gezwungene Er- klärungen zu. Man mag übrigens Racen oder Arten annehmen, so wird man sie doch nicht von einem Punct aus ab- leiten können. Waren jene Verschiedenheiten der Organisation zur Er- haltung der Gattung so nothwendig: warum sie nicht lieber ursprünglich annehmen, als erst einen Stamm entstehen las- sen, der nothwendig ausarten muls, um sich erhalten zu können, 170 — Will man Arten festsetzen, so würde ich nur vier *) vorschlagen, den Europäer, den Mongolen, den Amerikaner, den Neger. Den Malayen möchte ich nicht als zu einer eignen Art gehörig betrachten, sonst wäre ich auch gezwungen, den Papu, und noch viele mehr, als eigne Arten zu betrachten. Unter jede Art brächte man erstlich den Stamm, in welchem man den Character am reinsten ausge- drückt findet, und zweytens führte man die abwei- chenden Völker als Spielarien auf RER bemerkte auch drittens die sicher bekannten Vermischungen. Eine solche Anthropologie wäre ein köstliches Werk, allein aufser Zimmermann, oder Blumen- bach, möchten Wenige es liefern können. Der Verfasser mülste sich, als. Naturforscher, zuerst streng an die äufsern Charactere binden, und weiterhin erst könnte der Sprache, der Sitten gedacht werden. Diese können bey durchaus verschiednen Völkern in manchen Puncten übereinkommen. iiter ähnlichen Bedingungen werden verschiedne Völker leicht manchen Gebrauch mit einander theilen; auf Einem niedrigen Grade der Cultur stehend, können > Te aa a *) Dafs der Europäische Mensch sich auch in einem Theil von Asien und Afrika einheimisch findet, macht nichts aus. Der Name scheint mir doch besser, als der von dem trefflichen Blumenbach gebrauchte, der ihn zu der cau- casischen Race zählt. Nach der gewöhnlichen Theorie sind alle Menschen caucasischen Ursprungs, nach meiner nur sehr wenige. **) Ich wiederhole, nicht als ob sie von ihm entsprin- gen, sondern wegen ihrer grölsern oder geringern Ähn- lichkeit. < D el. er ri rn 171 sie manches Vorurtheil mit einander gemein haben, ohne dafs das eine es von dem andern geerbt hätte. Eben so ist es beinahe undenkbar, dafs nicht einzelne Töne, gewisse Bezeichnungen, z. B. der Vögel, bey ganz verschiednen Nationen vorkommen. Wie oft trifft es sich nicht, dafs zwey Naturforscher, ohne von einander zu wissen, einen Körper mit demselben Na- men belegen. Solche Spuren der Übereinstimmung müssen da- her mit gröfserer Vorsicht als bisher aufgefalst wer- den, und nie dürfen sie als Basis dienen. Die bisherigen Versuche, ein Volk von dem an- dern herzuleiten, müfsten besonders auf das Neue ge- würdigt werden, denn nur zu oft überlassen sich selbst die besten Schriftsteller (wie z. B. Vater bey den Amerikanern) *) Hypothesen, die uns wenig Aufklä- rung gewähren. Ehmals hielt man es wohl der Moral für nachthei- lig, mehrere Menschenarten anzunehmen. Man fürch- tete nämlich, diese Arten möchten sich nicht für Brü- der halten, und sich daher doppelt feindlich begeg- nen, Diese Furcht aber ist sehr ungegründet. Nie *) Untersuchungen über Amerika’s Bevölkerung aus dem alten Kontinente. Von J. Severin Vater. Leipz, 1810. 8. Eine ähnliche Meinung mit dem eben genännten treffli- ‘chen Gelehrten bat der Bischof Block. Skandinavisk Mu- seum. 1:83. Kopenhagen, 8. 2. B. 2. Heft. S. 147 — 180. Ganz anders urtheilt der wackre Dobritzhofer in sei- ner historia de Abiponibus Vol. 2, p. 5, u. £ Ganz anders Azara. Pi Are RS TISE er 172 — können sich Menschen feindlicher begegnen, als die Europäer, als die Bewohner Eines Landes, als es Bluts- verwandte gegenseitig gethan haben. Die Verfolgung . der Waldenser, die Bluthochzeit, die französische Re- volution bieten die schrecklichsten Beyspiele solcher Gräuel dar. Es ist wahr, die Neger sind von den Eu- ropäern fürchterlich gemifshandelt worden, und jene haben sich unmenschlich gerächt: allein ist dabey an den verschiednen Ursprung gedacht worden? Die Leidenschaften haben dem Menschen überall den Mordstahl in die Hand gegeben. Eine wissen- schaftliche Ansicht für sich hat nie Blut gekostet, sie mulste erst von der Leidenschaft zu einer Glaubens- lehre umgeschaffen werden, und dies selbst war Ver- rath an der Menschheit. IV. Über das Schönheitsverhältnils zwischen beyden Geschlechtern biy Menschen und Thieren. a IOIO sn Vorgelesen in der öffentlichen Sitzung der Humanitäts - Gesellschaft, Uen 25sten Januar 1812. Da die Humanitäts- Gesellschaft heute das Glück hat, Damen in ihrer Mitte zu sehen, so setzt mich meine Pflicht, den Sprecher zu machen, in einige Verlegen- heit. In diese kann man freylich schon kommen, wenn man zu ihnen auch nur ein Paar Worte spricht, aber ohne Frage kommt man darin noch leichter, wenn sich die Worte zu einer grölsern Rede zusammenfü- gen sollen. Zwar könnte ich als Mitglied der medicinischen Facultät den Damen einiges über die Mittel ans Herz legen, wodurch sie ihre Gesundheit erhalten, oder die Krankheiten am leichtesten vermeiden würden: dabey mülste ich aber der Moden erwähnen, mülste ich viel- leicht gar gegen eine Mode reden: nein, ich will mir nicht den Unwillen des schönen Geschlechts zuziehen. Wer aber mit diesem in Frieden lebt, dem wird immer geholfen. Das fühle ich auch. Kaum habe ich das. schöne Geschlecht genannt, und der Gegenstand meiner Abhandlung ist gefunden. Ich werde über das Schönheitsverhältnifs zwischen den beyden Geschlechtern bey Menschen und Thieren reden. Doch kann ich die Materie nicht ins Einzelne durchführen, sondern nur die Hauptpuncte andeuten. 176 — Wenn ich von dem Menschen rede, so denke ich mir ibn, nicht mehr im ewigen Kampf begriffen, um sein ärmliches Daseyn zu fristen, sondern wenigstens so weit fortgeschritten, um den dringendsten Bedürf- nissen leicht abhelfen zu können: in einem beginnen- den, oder mehr oder weniger entwickelten Cultur- zustand. So wenig ich aber an ein Arkadien glaube, worin Gesner’s Idyllenleben ein wirkliches gewesen wäre: “eben so wenig glaube ich an einen ursprünglichen hohen Culturzustand der ersten Menschen, wie sich ihn Manche gedacht haben. Wie der einzelne Mensch zu seiner physischen oder moralischen Ausbildung nur nach und nach, nur unter tausend Anstrengungen gelangt: so kommt ein ganzes Volk auch nur auf eben dem langsamen, müh- seligen Wege dahin. | Ein Volk, das nur kaum seinen Hunger stillen kann, das den ungünstigsten Einflüssen des Klima’s gänzlich hingegeben ist, — man denke sich z. B. die Pescherähs, oder die Bewohner der Andaman- In- seln *), — ein solches Volk mufs das Gepräge seines blos *) Symes Gesandtschafisreise nach dem Königreich Ava. Hamburg 18co, 8. S. 154. Nach ihm läfst sich kein roheres, elenderes Volk denken: ja er behauptet, die Eingebornen von Neu-Seeland und die Wilden von Terra del Fuego seyen gegen diese Insulaner in einem Zustande von Verfeinerung, Zu den allerelendesten Völkern gehören auch die Busch- mannshottentotten (Lichtensteins Reisen im südlichen Afrika. 2 Th. Berlin 1812, 8. S. 318 u. £), und es ist schwer zu sagen, ob sie oder die genannten beyden Völker üblez daran sind. 177 blos thierischen Zustands deutlich im Gesicht zur Schau tragen. Dasselbe gilt auch bey den andern Völkern von allen Individuen, die im Elend schmachten , und nur durch die härteste Arbeit ihren Unterhalt finden kön- nen: wie z. B Sonnini *) von der geringsten Klasse der Bewohner Ägyptens im Gegensatz gegen die übri- gen erzählt. Allein nicht blos dieser elende **) physische Zu- stand ist es, der den Keim der Schönheit in der Geburt erstickt. Auch die dadurch veranlalste, gänz- liche Vernachläfsigung der geistigen Bilgung tödtet ihn. Samuel Stanhope Smith beobachtete einen jungen Indianer, der für das wilde Leben schon schr gestimmt ia das Collegium zu New-Jersey zur Erzie- hung gebracht war. Sein starrer finstrer Blick verlor sich allmälich, seine Minen wurden sanfter ; und die Folge veredelter Gefühle und Begriffe hatten bey dem ıdjährigen Jüngling den Abstand zwischen ihm und den Amerikanern von englischem Stamm schon über die Hälfte verdrängt. *) Sonnini’s Reisen in Ober- und Nieder- Ägypten. Leipz. u. Gera 1800. 8. r. Th. S. 167. ,, Die gemeinen Frauen in Ägypten haben, anstatt jener weilsen Haut, jenes zarten Colorits, das sich über das Gesicht der vornehmeren und fremden (stets eingeschlofsnen) Frauen verbreitet und dasselbe belebt, so wie die Männer desselben Landes, eine schwarz braune Haut, und tragen, wie die Männer aus dem gemeinen: Volk, das Gepräge und die Lumpen der schrecklichsten Ar- muth,” ! ; **) Versuch über die ungleiche Farbe und Gestalt des Menschengeschlechts. A. d. Engl. Braunschweig. 1790. 8. S. 63. M gi — 178 a Man wende nicht ein, dafs eine dumme Person ein schönes Gesicht haben kann: denn erstlich ist eine Person, die wir dumm oder einfältig nennen, häufig nur unwissend, und gegen einen Wilden dennoch sehr ausgebildet; zweytens aber denke man sich dieselbe Person geistreich, und was sie dann seyn würde. Ein dummes Auge würde das schönste Gesicht verunstal- ten. Ein Blödsinniger kann nie schön seyn. Der Mensch unterscheidet sich von allen Kreatu- ren durch seine Vernunftfähigkeit. Wird diese seine Bestimmung nicht erreicht, so ist er mehr ein Krüp- pel zu nennen, als der, welchem die Arme oder die Füfse fehlen. Das weibliche Geschlecht nimmt an dieser Bestim- mung denselben Antheil, wie das männliche. Wenn das letztere auch, mit einem festeren Knochengebäude, mit derberen Muskeln, mit kräftigeren Respirations- werkzeugen versehen, oder überhaupt stärker organi- sirt, wenn es auch zu allem, was ausdauernde Kraft heischt, dadurch in der Regel fähiger ist, so steht ihm doch das weibliche Geschlecht in der Ausbildung des Edelsten, das der Mensch besitzt , nämlich des Ner- vensystems ; keineswegs nach. Der gewöhnlich klei- nere Kopf des Weibes hat nur dünnere Knochen, aber ein eben so grofses Gehirn, und alle Sinnesorgane sind bey gleicher Übung bey beyden gleich entwickelt; ja im Verhältnifs zum Körper hat das Weib sogar mehr Nervenmasse: seine Empfindungen werden da- her leichter erregt, und alles bey ihm ist beweg- x licher, à Das Weib nähert sich dadurch mehr dem kindli chen Zustande, und verdankt jener Einrichtung einen . 179 grofsen Theil der ihm eigenthümlichen Annehmlich- keit. Glücklich ist es und beglückend, wenn es die- sen Vorzug zu “würdigen weils, ihn nicht aufopfert, um männlichen Eigenschaften nachzustreben, die ihm richt anstehen; wenn es ihn treu bewahrt, ohne ihm durch Übertreibung seinen Reiz zu entziehen. Es ist keine Frage, dafs nicht das wohlorganisirte Weib jedes Talent des Mannes sich zu eigen machen könnte; aber was würde es ihm, was würde es uns helfen? Wir hätten ein Weib weniger, einen Mann mehr. Wir haben itzt in Berlin ein junges, wohlgebilde- tes Weib, das grofse Lasten hebt, das sich einen schweren Ambos auf die Brust setzen, und auf den- selben hämmern läfst; wir haben gelehrte Weiber ge- habt, die die griechische Grammatik wohl inne hatten: beydes gewils zu gleich wenigem Frommen, und bey- des gewifs leicht zu mancherley Naehtheil. Jene eigenthümliche Richtung des Geistes aber, jenes starke, lebendige Gefühl, jene Zartheit und Milde der Gesinnungen verbreiten über das Âufsere des Weibes eine Fülle von Reizen, die jeden Feh- ler des Teints, die jeden andern äufsern Flecken ‚leicht verwischen, die selbst diesen Annchmlichkeit geben können. Stellt man daher die schöne Jungfrau neben den schönen Jüngling, so wird das Mehr von Kraft dem Ei- nen, das Mehr von Sanftheit dem Andern vorzüglich scheinen; in der Regel wird jedes Geschlecht: dem an- dern den Vorzug geben, und wo es nicht geschieht, da wird der Streit nur von wenigen, und nur sehr heimlich geführt. M 2 nie are st ro nn aaa Te RÉ PT + = a - 180 — Jene Reize gehen den weiblichen Thieren ab, und die Stärke fehlt ihnen ebenfalls grôfstentheils : daher kaum eine Klasse, worin das Weibchen nicht in diesem oder jenem, oder gar in allen Theilen der körperlichen Bildung nachstände, und nur unter ein- zelnen Familien Beyspiele vom Gegentheil. Unter den Säugthieren herrscht das allgemeine Gesetz, dals das Männchen gröfser, stärker > und im Gefühl der Kraft muthiger ist. Häufig hat es Waffen, die den Weibchen fehlen, oder Schmuck, der ihnen abgeht, wie die Geweihe bey den Hirschen, die Eck- zähne bey den Pferden und Hirschen, die Mähne bey dem Löwen und bey der Robbenart, die Steller den Seelöwen nennt %. Das Weibchen des Elefanten hat Hauzähne, die des Rennthiers Geweihe, aber viel klei- nere als das Männchen. $ Es giebt zuweilen weibliche Hirsche mit Gewei- hen, weibliche Pferde mit Hakenzähnen: ob diese seline äufsere Anomalie nicht auch auf eine innere **) schlielsen läfst, ist noch die Frage. Bey den Vögeln hat man bisher kein allgemeines Gesetz für die Bestimmung der Grôfse auffinden kön- nen ***). Sehr viele oder die mehrsten männlichen *) Phoca jubata, Schreber’s Säugthiere, 3 Th. S, 300. Tab. 83, B. **) Man sollte fast glauben, dafs hier etwas Ähnliches statt fände, als bey den Mädchen, die einen Bart haben und einen mehr männlichen Bau zeigen, dafür aber auch gewöhn- lich ihre Bestimmung zu erreichen unfähig sind. SEE) Tiedemann in dem höchst schätzbaren zweyten Bande seiner Zoologie (Heidelberg 1810 8. S. 693) spricht ` zu bestimmt: ,,Bey den Vögeln, welche in Monogamie le- 181 Vögel sind grölser, als die weiblichen, doch giebt es auch viele, wo beyde gleich grofs, und wiederum vie- le, wo die Weibchen grölser sind. Der letztere Fall ist bey den Raubvögeln am bemerkbarsten. Warum, möchte man fragen, ist aber der weibliche Adler, der weibliche Falke grôfser? Vielleicht, weil ihm die Sorge für die Nahrung der Jungen obliegt, die er ihnen durch seine Kraft verschaffen muß. Das Böse-Seyn ist bey den Thieren zum Theil nur auf gewisse Zeiten eingeschränkt, und da ist es das Männchen zu der einen, das Weibchen zu der ben, wie die Raubvôgel, die Singvögrl, viele Sumpf- und Was- servögel, sind die Männchen merklich kleiner als die Weib- chen. Bey den Vögeln, welche in Polygamie leben, wie die Hührerartigen, sind die Männchen um vieles gröfser als die Weibchen.” Harvey, an der von Tiedemann angezognen Stelle, spricht weniger bestimmt, und das ist auch ae wendig. 3 ; Erstlich leben einige Singvögel auch in Polygamie, und die den Hühnern so nahe stehenden Tauben in Monogamie, Zweytens sind eine Menge Vögel, die in Monogamie leben, und. deren Männchen doch grölser sind, wie eine sehr grofse Menge Singvögel. wie die Tauben, die Störche, Kraniche und viele andre Stelzläufer. Drittens sind in einer und derselben Gattung, als z. B. bey den Drosseln, Strandläufern, Regen- pfeifern, einige Arten, wo die Männchen, andre, wo die Weibchen groöfser sind. Viertens sind wiederum eine Menge Singvögel, und manche Ste'zläufer, wo Männchen und Weib- chen gleich grols sind. ja dasseibe gilt sogar von dem in Po- Iygamie lebenden Perhubn. In der Regel kann man annehmen, dafs die Männchen grôfser sind, oft aber haben sie statt der: Grölse eine andre Auszeichnung; böchst selten sind sie den Weibchen ganz ähnlich. 182 — andern Zeit. Jenes in der Brunst, dies, wenn es Junge hat; es bedarf auch selbst einige Stärke, um sich und die Jungen gegen das männliche zu schützen. Häufig ist indessen auch das ganze Naturell immer grimmig, und schwer zu zähmen, wie bey manchen Raubthie- ren. Ich sah eine weibliche Hyäne in Paris, die einer männlichen die Pfote abgebissen hatte, welche sie ihr in den Käfg gesteckt, um sie zu liebkosen. -Die Sprödigkeit ist. vielen weiblichen Thieren im höchsten Grade eigen. Wenn sich aber in Ansehung der Gröfse nichts Bestimmtes bey den Vögeln angeben lälst: $o ist es dagegen ganz allgemein, dals der männliche ur ein schöneres Gefieder hat. ” Am häufigsten besteht der Unterschied nur in leb- hafteren Farben bey übrigens gleicher Zeichnung, oft sind aber die brennendsten, schönsten Farben in der angenehmsten Verbindung für die Männchen ver- schwendet, während das Weibchen eine ganz unschei- nende, einfache Farbe hat. Nicht selten hat das Männchen einen ganz ausgezeichneten Schmuck > wie den stolzen Schweif bey den Pfauen, Fasanen, Hüh- mern, und mehreren kleinen Vögeln; oder einzelne lange Schweiffedern, wie bey den Paradiesvögeln, oder aufgerichtete Flügelfedern, wie bey der chinesischen Kriechente (Anas galericulata), oder einen Halskragen von bunten Federn, wie beym Kragenhuln, beym Auerhahn, beym Streithuhn; bey andern einen Feder- busch; bey noch andern einen Heischigen Kamm auf dem Kopf, wie bey dem Kuntur (Valtur Een) 4 und dergl. mehr. Zawoi ist die Schönheit des Männchens auch L 7 — 193 — nur auf. die Zeit der; Liebe eingeschränkt. So das Männchen eines kapschen Vogels *) (Loxia Oryx), welches sich während der Frühlings - und Sommermo- nathe durch sein glänzendes Gefieder auszeichnet; dann sehen Hals, Brust, Rücken, der obere und un- tere Theil des Hinterkörpers hochrotli aus, die Kehle aber und der Unterleib sind glänzend schwarz. Die übrigen sechs Monathe hindurch aber ist es seines glänzenden Schmucks beraubt, und nimmt das be- scheidne Gewand des Weibchens an, das beständig graulichbraun aussieht, Noch merkwürdiger ist die langschwanzige Am- Ber kx ), die gleichfalls im südlichen Afrika lebt. Das Männchen hat während der Zeit der Liebe einen funfzehn Zoll langen Schweif, dessen Federn . wie beym Haushahn in verticalen Richtungen stehen, während sein ganzer übriger Körper nur fünf Zoll ‚milst. Dieser lange Schwanz aber, der den. Vogel am Flug hindert, fällt mit dem Ende des Sommers, und im Winter hat er eben einen solchen Schwanz wie. das Weibchen, kurz, braun und horizontal. Dann kann das Männchen auch eben so gut fliegen, wie jeder andre Vogel. ! Hier scheint der Schmuck zum Theil ein Mittel geworden zu seyn, den Flüchtling in seinem’ Se- rail ***) zu fesseln; doch dient er auch, wie der *) Barrow’s Reisen in das Innere yon Südafrika. Ber. lin und Leipz. 1802. 8. S, 271. i **) Barrow ebendas. ***) Barrow bemerkt, dafs es einer der wenigen Vö- gel sey, die im Zustande der Natur in einer Polygamie le- ben. Er sah oft dreifsig bis vierzig Nester in einem Schilt | 184 Schmuck bey andern Vögeln, um die Augen des Weibchens auf sich zu ziehen. Und Lichtenstein, der den Vogel sehr oft am Kap beobachtet hat, ver- sichert mich, dafs das Weibchen ihn nicht ke ie wenn man ihm jene Zierde raubt. F Gewöhnlich haben die männlichen Jungen der Vögel das einfache Gefieder des Weibchens, und oft erst nach einem oder nach zwey Jahren kommen die schöneren Farben und die längeren Federn, wie z. B. beym Goldfasan. Manche aber zeigen, so wie sie nur aus dem Ey kriechen, einen Theil ihrer künftigen Zierde. Zuweilen wird der sehr alte männliche Vogel wiederum dem Weibchen ähnlich. Im Gegentheil, ob- gleich selten, bekommt das Weibchen Hahnenfedern, das heilst, das ganze Gefieder des Männchens, so hat man es beym Pirol und bey manchen andern Vögeln beobachtet. Von den Amp hibien kennen wir eine beträcht- liche Menge Arten, allein den Unterschied der Farben bey den beyden Geschlechtern hat man wenig beachtet. Bey den Schlangen müfste dies vorzüglich geschehen, .da so viele derselben mit den schönsten Farben spie- len, Bey den Schildkröten und einigen Fröschen, z. B. unserm Laubfrosch, vorzüglich aber bey ausländi- schen Arten sind ebenfalls die Farben noch oft leben- dig; bey den übrigen werden sie unscheinbar, und un- ser Gefühl würde sich sträuben, wenn wir bey vielen derselben überhaupt von Schönheit sprechen sollten, j rohrbusch beysammen, fand abar 3 nie mehr als 3 Männ- chen an einer Stelle. om ni D une — 185 — £ Bey unsrer gemeinen Fes hat das Männchen _viel lebhaftere Farben, so auch bey einigen Fröschen, . u Bey mehreren ist das Weibchen grölser, und vielleicht | gilt dies überhaupt für die Eidechsen und Frösche. Bey den: Wassersalamandern hat das Männchen eine zierlich gekerbte Haut auf der Rückenseite des Körpers, gleichsam eine Spitzeneinfassung; aber auch nur für die Zeit der Liebe. Ssi Bey den Fischen weifs ich durchaus nichts von einer Verschiedenheit der Farben bey den beyden Geschlechtern, so wie sich auch von ihrer Größe selbst nicht einmal etwas Bestimmtes sagen läfst, da die Fische so lange wachsen, dafs man nie gewils seyn kann, ob ein gegebner Fisch völlig ausgewachsen ist. Man trifft daher auch einzeln sehr grolse Indivi- duen jeder Art, aber selten kann es nur geschehen, da sie so vielen Nachstellungen, von Menschen, von andern Thieren und selbst unter sich ausgesetzt sind. Nur ein Beyspiel von äufserm Unterschied kenne ich. Der erwachsene männliche Lachs nämlich, oder der Hakenlachs hat einen starken, beweglichen, nach oben und innnen gerichteten Haken an der untern Kinnlade, wodurch er sich gleich auszeichnet. Interessant wäre es, besonders die ausländischen, oft äufserst schön gefärbten Fische zu untersuchen, um zu erfahren, ob die Farben bey dem männlichen Geschlecht eben so erhöht würden, wie bey den an- dern Klassen *), *) Parra (Descripcion de diferentes piezas de historia natural. En la Havana. 1787. kl. 4. mit vielen illum.,Kupf.) nennt einige verschieden scheinende Fische als Männchen 106: — Bey den Insecten ist das Weibehen in der Re- gel grölser. Bey den Käfern hat das Männchen häufig eine besondere Zierde, hirschartige Geweihe beym Hirsch- käfer, Hörner bey den Scarabäen, anders gebildete Fühlhörner und dergl. mehr. Bald sind die Farben sehr viel lebhafter; ja wir haben unter den Leuchtkä- fern Beyspiele, wo das Männchen .mit Flügeln und schönfarbigen Flügeldecken versehen ist, während dem Weibchen beyde fehlen, so dals es der unscheinenden Larve ähnlich ist. Doch verbreitet es ein helleres Licht um sich als das Männchen, und hat also in die- ser Hinsicht einigen Vorzug. Bey den Schmetterlingen gilt Dasselbe noch mehr. Bald ist das kleinere Männchen nur mit lebhafteren, brennenden Farben geschmückt, bald sind es andere in andren Zeichnungen, ja wir haben sogar einige Nachtschmetterlinge, wo das Weibchen stets ohne Flügel bleibt *). Wenn aber auch bey den mehrsten Insecten, wie bey den vorigen Thierklassen das Männchen Vorzüge hat, so kommen dafür wieder andre Insecten - Fami- lien vor, wo das Männchen ein sehr übles Loos hat, wo ihm alles doppelt vergolten wird, was die und Weibchen einer Art, allein man hat zu. wenige Anlei- tung, ihm hierin zu folgen. Die Alten nannten öfters ähn- liche aber in keinem Geschlechtsverhältnifs stehende Pflanzen Männchen und Weibchen, z. B. Filix mas und Filix femi- na. Aber Aufmerksamkeit verdient die Sache immer. *) Z. B. Bombyx antiqua. Pallas spricht sogar von ei- nem Weibchen eines Nachtschmetterlings, dem, aufser den Flügeln, auch die Füfse feblen, $ DES 187 — Männchen in andern Thierklassen verschuldet haben können. Die Drohnen, oder Bienenmännchen sind des Sta- chels beraubt, während die Königin und die Arbeits- Dienen damit versehen sind. Kaum haben jene der Königin gehuldigt, so werden sie von den Arbeitsbie- nen umgebracht. Diese selbst sind eigentlich Weib- chen, aber nicht ausgebildet, nicht zur Königin ent- wickelt. Grausame Amazonen, wie die Unfähigkeit zu lieben so leicht Grausamkeit hervorbringt. Auch bey den Ameisen sind die Arbeiter unent- -wickelte Weibchen. Auch hier kommen die Männchen bald um, doch finden sie schon ihren Tod, indem sie aus der Republik ausgestolsen werden. Nichts kann dagegen mit der Sorgfalt verglichen werden, die die Arbeiter auf ihre Königin verwenden: sie entledigen sie der Flügel, die ihr lästig sind, wenn sie Mutter geworden ist, führen sie in ihren Bau, und warten ihrer mit der grölsten Liebe *). : Bey den Spinnen haben die Männchen noch we- niger Gewalt über das Herz der Weibchen, und diese tödten sie nicht selten während ihrer Liebkosungen. = Solcher directer Grausamkeiten macht sich das Männchen nirgends schuldig, und wenn auch der See- bär (nach Steller) gegen sein Weibchen etwas grim- mig ist, wenn unter den Menschen, besonders bey den Wilden, als bey den Papus, bey den freyen Nord- amerikanern u. s. w. viel Härte gegen das Weib *) Man lese die äufserst anziehende Schilderung davon in: Recherches sur les mœurs des fourmis indigènes. Par P. Huber. à Paris 1810. S. 115 und folg. l en js so nds. ane - im han ln Er u nen ee POENAE NN on. * herrscht: dergleichen ist doch dem männlichen Ge: schlecht nie zur Last zu legen, Bey den Würmern sind die Geschlechter ge- wöhnlich in Einem Individuum verbunden, zum Theil auch nicht erkennbar, wo sie ganz getrennt sind, da ist das Weibchen grölser (wie z. B. bey vielen Einge- weidewürmern); von andrer Auszeichnung kann bey dem einfachen Bau derselben nicht die Rede seyn. Im Ganzen sieht man, ist das männliche Ge- schlecht bey den Thieren mehr begünstigt. Bey den Pflanzen sind beyde Geschlechter in Einem Indivi- duum grôlstentheils vereinigt. Bey den wenigeren Gattungen und Arten, wo sie getrennt sind, ist in der Regel keine Auszeichnung zu bemerken, doch finden wir zuweilen, dafs die männlichen Blumen einiges vor den weiblichen voraus haben + Das glücklichste Verhältnifs ist ohne Frage auch hier das des Menschen, wo die mebrste Gleichheit zwischen beyden Geschlechtern herrscht. € *) Z. B. bey Littorella, Najas, Argythamnia, Boehmeria, Xanthium, Ambrosia, Franseria, Croton, Nipa, Dahlia, Borassus, Rhodiola.. Soll man es auch hieher rechnen, dafs bey der so häufig vorkommenden Polyandrie die Stamina zier- licher sind als die Pistilla? Ich dächte kaum. ete 2. Loge 2 ; rer le fe tre ei ledit l'E PE ESS APE Re EIER à ER, CU LE TR 0e esini 45 TOC - ceri zur HOT SER 4 5 FRE. re Ben EEE BEE Au i | Fr a + $r ee EA PL Aa BR ir ee BG 5% A: nennen À : ` s Das = ASEA eh te $i Trot u ga GOEN 5 2% ji fi trial state Fi | it t wen“ IE OIA BIEULE SEHR ve Pi rs ieiti CH] a $ ss die T á n si eier 1 DENN + ee CPE er D ge: i ARESA ME HE LA r ren à ere Par (M das ex £