iV. \ i

3, fe'V ' 11 7 'i1 j'l '.'# l'-V* ' /•/•• l"iP i *•'/ j V h 'i » 'tA •'• - )• i fl1 /!i \

^WSKSnflERfil^tt»?

Ä1- ä 'i !p*Ä^WWWw, '-

im

Kirchenrechtliche Abhandlungen.

Herausgegeben

Dr. Ulrich Stutz,

o. ö. Professor der Rechte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität

zu Bonn.

61. Heft:

Nationalkirchliche Bestrebungen im deutschen Mittelalter.

Von Dr. phil. ALBERT WERMINGHOFF,

o. ö. Professor der Geschichte an der Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr.

STUTTGART.

VERLAG VON FERDINAND E N K E.

1910.

,,

Nationalkirchliche Bestrebungen

im deutschen Hittelalter.

\*/^ VON

Dr. phil. ALBERT WERMINGHOFF,

o. ö. Professor der Geschichte an <ler Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr.

11090

Q

wmä

UBRARY ST. MARYS COLLEGE

STUTTGART. . VERLAG VON FERDINAND E N K E. 1910.

Das Uebersetzungsrecht für alle Sprachen und Länder vorbehalten.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschai't in Stuttgart.

JOHANNES BAUER

ZUR ERINNERUNG AN DIE KÖNIGSBERGER JAHRE

1907—1910

ZUGEEIGNET.

Vorwort,

Die vorliegende Schrift ist erwachsen aus einem Abschnitt im zweiten Bande meiner „Geschichte der Kirchenverfassung Deutschlands im Mittelalter", dessen Ausarbeitung wohl schon vor längerer Zeit begonnen, dessen Vollendung aber durch immer neue und andere Obliegenheiten hinausgeschoben wurde. In ihm darf die Darlegung der Versuche, durch eine deutsche Nationalkirche den engen Zusammenhang des deutschen Kirchen- wesens mit der allgemeinen Kirche zu lockern, nur einen kleinen Raum beanspruchen; hier aber war es möglich, alle jene Bestrebungen eingehender zu schildern, in erster Linie die mittelalterlichen, während ich hoffen möchte, nicht allzusehr deshalb getadelt zu werden, dass ich auch die neuzeitlichen Pläne einer Nationalkirche für die deutschen Bekenner des katholischen Glaubens in gedrängtem Ueberblicke zu würdigen suchte. Nur so schien es möglich, die Verflechtung aller der Umstände aufzudecken, die seit dem 10. Jahrhundert bis zur Gegenwart den Bau einer deutschen Nationalkirche verhindert haben. Wer dies Ideal sich zu eigen gemacht hat, muss Resignation zu üben verstehen. Man mag ihn zu den Utopisten zählen, wird es aber begreiflich finden, dass er sich mühte, in einer historischen Darstellung Rechenschaft darüber abzu- legen, warum jenes Ziel bisher nicht erreicht wurde und kaum jemals wird erreicht werden können.

Mein erster Dank gilt dem Herausgeber der Kirchen- rechtlichen Abhandlungen**, U. Stutz, dafür, dass er in Hebens-

VIII Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

würdigster Weise meiner Arbeit Gastfreundschaft gewährte, und zu Dank auch haben die Herren H. U 1 mann- Greifs wald, G. Beckmann -Erlangen, R. Holtzmann-Strassburg, G. Lei- dinger-München, K. Lux-Münster und J. Trefftz-Weimar mich verpflichtet, die mehrfach mit Rat und Tat mich unter- stützten. Wie früher hat E. Stengel-Marburg mit freund- schaftlicher Hilfsbereitschaft mir zur Seite gestanden und, wie gleichzeitig U. Stutz, sämtliche Druckbogen überprüft; die gütige Mitarbeit beider hat begründeten Anspruch auf die Dank- barkeit auch der Leser.

Dargebracht sei die Schrift dem lieben Freunde, mit dem ich manche hier ausgeführte Gedankenreihe erörtern konnte. In der Ferne mag die Widmung ihn daran erinnern, wie sehr seine Anregungen mich zu seinem Schuldner gemacht haben.

Königsberg i. Pr., 16. März 1910.

Albert Werminghoff.

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Vorwort VII

Inhaltsverzeichnis IX

Literaturverzeichnis XI

Einleitung 1

Erster Abschnitt. Der angebliche Plan des Erzbischofs Aribo

von Mainz (1021-1031) 6

Zweiter Abschnitt. Die Trierer Stilübungen aus der Zeit Fried- rich Barbarossas 11

Dritter Abschnitt. Das Konkordat Papst Martins V. mit der

,, deutschen Nation" vom Jahre 1418 . . 22 Vierter Abschnitt. Die Mainzer Acceptation vom Jahre 1430 33 Fünfter Abschnitt. Das Wiener Konkordat vom Jahre 1448 . 86 Sechster Abschnitt. Nationalkirchliche Pläne des ausgehenden

Mittelalters 110

Siebenter Abschnitt. Populäre und humanistische Gedanken. M. Luther und die evangelischen Landes- kirchen. — Die katholische Kirche der Neu- zeit und Pläne einer deutschen National- kirche katholischen Glaubens 134

Exkurs. Der Text der Cedula im Mainzer Acceptationsinstrument 162 Register 175

Literaturverzeichnis.

Aeneae Sylvii Piccolominei Senensis . . . opera. Basileae 1571.

Alt mann, W. und Bernheim, E., Ausgewählte Urkunden zur Ver-

fassuDgsge8chichte Deutschlands im Mittelalter. 4. Aufl. Berlin 1909. Anrieh, G., Der moderne Ultramontanismus in seiner Entstehung und

Entwicklung. Tübingen 1909. Archiv für katholisches Kirchenrecht VI. Innsbruck 1861. XIII. Main/

1805. XXI. ebd. 1869.

Bachmann, A., Deutsche Reichsgeschichte unter Friedrich III. und Max I. Bd. I. Leipzig 1884.

Die deutschen Könige und die kurfürstliche Neutralität 1438 bis 1447: Archiv für österreichische Geschichte LXXV (Wien 1889), S. 1 ff.

Geschichte Böhmens II. Gotha 1905.

Baumgartner, E., Geschichte und Recht des Archidiakonates der oberrheinischen Bistümer mit Einschluss von Mainz und Würz- bürg. Stuttgart 1907 (Kirchenrechtl. Abhandl. von U. Stutz, 39. Heft).

Benrath, K., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christ- lichen Standes Besserung von D. Martin Luther. Halle a S. 1884.

Bezold, Fr. von, Geschichte der deutschen Reformation. Berlin 1890.

Staat und Gesellschaft des Reformationszeitalters: Fr. von Bezold, E. Gothein, R. Koser, Staat und Gesellschaft der neueren Zeit bis zur französischen Revolution S. 1 ff. Berlin und Leipzig 1908 (Die Kultur der Gegenwart, herausg. von P. Hinneberg II, 5, 1).

Böcking, E., Ulrichs von Hütten Schriften I. Leipzig 1859. IV. ebd.

1860. V. ebd. 1862. Bourdon, P., L'abrogation de la Pragmatique et les regles de la chau-

cellerie de Pie II: Melanges d'archeologie et d'histoire (Paris

1908), p. 207 suiv. (mir unzugänglich). Brackmann, A., Urkundliche Geschichte des Halberstädter Domkapitels

im Mittelalter. Wernigerode 1898. Brandenburg, E., Martin Luthers Anschauung vom Staate und der

Gesellschaft. Halle a. S. 1901. Brasse, E.. Die Geschichte des Speierer Nationalkonzils vom Jahre 1524.

Halle a. S. 1890. Bresslau, H. , Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II.

Bd. III. Leipzig 1875.

Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Bd. II. Leipzig 1884.

Brockhaus, C, Gregor von Heimburg. Leipzig 1861.

XII Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Chroniken, Die, der deutschen Städte vom 14 bis ins 1 6. Jahrhundert VIII : Die Chroniken der oberrheinischen Städte. Strassburg I. Leipzig 1870.

Corpus iuris canonici ed. E. Friedberg. I. Lipsiae 1879. II. ibid. 1881.

Der seh, W., Die Kirchenpolitik des Erzbischofs Aribo von Mainz 1021

bis 1031. Marburg 1899. Deutsche Reichstagsakten XIII, 1 herausg. von G. Beckmann. Gotha

1908. Döllinger, J. von, Kirche und Kirchen, Papsttum und Kirchenstaat.

München 1861.

Beiträge zur politischen , kirchlichen und Kulturgeschichte der letzten sechs Jahrhunderte III. Regensburg 1882.

Ueber die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen. Nörd- lingen 1888.

Papstfabeln des Mittelalters. 2. Aufl. Stuttgart 1890.

Kleinere Schriften, gedruckte und ungedruckte, herausg. von .F. H. Reusch. Stuttgart 1890.

Drews, P. , Entsprach das Staatskirchentum dem Ideale Luthers? Tübingen 19ü8 (Ergänzungsheft der Zeitschrift für Theologie und Kirche, herausg. von W. Herrmann und M. Rade).

Ebers, Gr. J. , Das Devolutionsrecht vornehmlich nach katholischem Kirchenrecht. Stuttgart 1906 (Kirchenrechtl. Abhandl. von U.Stutz, Heft 37 und 38).

Endemann, W., Zivilprozessverfahren nach der kanonistischen Lehre: Zeitschrift für deutschen Zivilprozess, herausg. von M. Schulzen- stein und F. Vierhaus XV (1891), S. 177 tf.

Endres, F., Die Errichtung der Münchener Nuntiatur und der Nun- tiaturenstreit bis zum Emser Kongress: Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte, herausg. von Th. Kolde XIV (1908), S. 197 ff. 261 ff. XV (1909), S. 16 ff.

Ferraris, E. L., Prompta bibliotheca canonica, iuridica, moralis, theo- logica II. Venetiis 1782.

Ficker, J., Reinald von Dassel, Reichskanzler und Erzbischof von Köln 1156—1167. Köln 1850.

Frantz, A., Das Projekt eines Reichskonkordates und die Wiener Kon- ferenzen von 1804. Kiel und Leipzig 1892.

Fr eh er (M.)-Struve (B. G.), G-ermanicarum rerum scriptores aliquot insignes II. Ed. 3. Argentorati 1717.

Friedberg, E., Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchen- rechts. 6. Aufl. Leipzig 1909.

Friedensburg, W., Der Regensburger Convent von 1524: Historische Aufsätze dem Andenken an G. Waitz gewidmet (Hannover 1886), S. 503 ff.

Friedrich, J., Ignaz von Döllinger II. München 1899.

Funk, F. X., Katholisches Christentum und Kirche Westeuropas in der Neuzeit: Kultur der Gegenwart, herausg. von P. Hin neb er g I, 4 (Berlin und Leipzig 1906), S. 221 ff.

Gärtner, C, Corpus iuris ecclesiastici catholicorum novioris II. Salis- burgi 1799.

Literaturverzeichnis. XIII

Galante, A., Fontes iuris canonici selecti. Oeniponte 1906.

Gebhardt, B., Die Gravamina der Deutschen Nation gegen den römi- schen Hof. 2. Aufl. Breslau 1895.

Giesebrecht, W. von, Geschichte der deutschen Kaiserzeit II. 5. Aufl. Leipzig 1885.

G n a n n , A. , Beiträge zur Verfassungsgeschichte der Domkapitel von Basel und Speier. Freiburg i. Br. 1906.

Gothein, E, Politische und religiöse Volksbewegungen vor der Refor- mation. Breslau 1878.

Gräfe, F., Die Publizistik in der letzten Epoche Kaiser Friedrichs II. Heidelberg 1909.

Gun dl ach, W., Heldenlieder der deutschen Kaiserzeit III. Innsbruck 1899.

Haller, J., Papsttum und Kirchenreform I. Berlin 1903.

Die pragmatische Sanktion von Bourges : Historische Zeitschrift CHI (1909), S. 1 ff.

Die Kirchenreform auf dem Konzil zu Basel : Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine LVIII (1910), S. 9 ff.

Hampe, K. , Deutsche Kaisergeschichte im Zeitalter der Salier und

Staufer. Leipzig 1909. Hansen, J., Westfalen und Rheinland im 15. Jahrhundert I. Leipzig

1888 (Publikationen aus den preussischen Staatsarchiven XXXIV). Hardt, H. von der, Magnum oecumenicum concilium Constantiense IV.

Francofurti et Lipsiae 1700. Härtung, F., Bertold von Henneberg: Historische Zeitschrift CHI

(1909), S. 527 ff. Hase, K. von, Die evangelisch-protestantische Kirche des Deutschen

Reichs (1843 und 1852): Gesammelte Werke X (Leipzig 1892),

S. 443 ff.

Kirchengeschichte. 12. Aufl. Leipzig 1900.

Hauck, A, Kirchengeschichte Deutschlands III. 3. u. 4. Aufl. Leipzig

1906. IV. ebd. 1903. Hausrath, A., Luthers Leben I. IL Berlin 1904. Hefele, C. J. von, Conciliengeschichte VII. Freiburg i. Br. 1874.

u. Hergenröther, Ph., Conciliengeschichte. VIII. Freiburg i. Br. 1887.

Heller, J., Hinkmar von Reims: Allgemeine Deutsche Biographie XII

(Leipzig 1880), S. 438 ff. Hennig, B., Die Kirchenpolitik der älteren Hohenzollern in der Mark

Brandenburg und die päpstlichen Privilegien des Jahres 1447.

Leipzig 1906.

E. , Die päpstlichen Zehnten aus Deutschland im Zeitalter des avignonesischen Papsttums und während des grossen Schismas. Halle a. S. 1909.

Hermelink, H., Zu Luthers Gedanken über Idealgemeinden und

weltliche Obrigkeit: Zeitschrift für Kirchengeschichte XXXIX

(1908), S. 267 ff. Hildegardis, S., abbatissa, Liber divinorum operum simplicis hominis:

Patrologia latina ed. J.P.Mi gne CXCVII (Lutetiae Parisiorum

1855), col. 739 sqq.

XIV Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Hinschius, P., Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten I.

Berlin 1869. II. ebd. 1878. III. ebd. 1883. Hübler, B., Zur Revision der Lehre von der rechtlichen Natur der

Concordate: Zeitschrift für Kirchenrecht III (1863), S. 404 ff.

Die Constanzer Reformation und die Concordate von 1418. Leipzig 1867.

Hüfner, A., Das Rechtsinstitut der klösterlichen Exemtion in der abend- ländischen Kirche in seiner Entwicklung bei den männlichen Orden bis zum Ausgang des Mittelalters : Archiv für katholisches Kirchen- recht LXXXVII (1907), S. 599 ff.

Hundeshagen, C. B., Die theokratische Staatsgestaltung und ihr Ver- hältnis zum Wesen der Kirche: Zeitschrift für Kirchenrecht III (1863), S. 232 ff.

Jacob, K., Deutschland: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, herausg. von F. M. Schiele I (Tübingen 1909), S. 2062 ff.

Jansen, M., Kaiser Maximilian I. München 1905.

Immich, M., Preussens Vermittelung im Nuntiaturenstreit 1787 1789: Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte VIII (1895), S. 143 ff.

Kalkoff, P., Jakob Wimpfeling und die Erhaltung der katholischen Kirche in Schlettstadt : Zeitschrift für die Geschichte des Ober- rheins N. F. XII (1897J, S. 577 ff. XIII (1898), S. 84 ff. 264 ff.

Forschungen zu Luthers römischem Prozess. Rom 1905 (Bibliothek des Kgl. Preussischen Historischen Instituts in Rom II).

Die Beziehungen der Hohenzollern zur Kurie: Quellen und Forschun- gen aus italienischen Archiven und Bibliotheken IX (1906), S. 88 ff.

W. Capito im Dienste Erzbischof Albrechts von Mainz. Quellen und Forschungen zu den entscheidenden Jahren der Reformation 1519—1523. Berlin 1907 (Neue Studien zur Geschichte der Theo- logie und Kirche, herausg. von N. Bonwetsch und R. Seeberg. Heft 1).

Aleander gegen Luther. Leipzig und New York 1908. Käser, K., Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters II. Stutt- gart und Berlin (im Erscheinen begriffen als Bestandteil der Bibliothek Deutscher Geschichte).

Kauffungen, K. von, Das Domkapitel von Meissen im Mittelalter. Meissen 1902.

Kaufmann, G. , Geschichte der deutschen Universitäten II. Stutt- gart 1896.

Kippenberger, J., Beiträge zur Geschichte des Erzbischofs Aribo von Mainz (1021—1031). Leipzig 1909 (mir unzugänglich).

K nepp er, J., Jakob Wimpfeling 1450—1528. Freiburg i. Br. 1902 (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes, herausg. von L. Pastor 111,2—4).

Koch, Chr. G., Sanctio pragmatica Germanorum illustrata. Argentorati 1789.

Köhler, W., Luthers Schrift An den christlichen Adel Deutscher Nation im Spiegel der Kultur- und Zeitgeschichte. Halle a. S. 1895.

Deutschland : Die Religion in Geschichte und Gegenwart, herausg. von F. M. Schiele I (Tübingen 1909), S. 2092 ff.

Literaturverzeichnis. XV

König, L., Pius VII., die Säkularisation und das Reichskonkordat.

Innsbruck 1904. Kolli, H., Die Chronik des Bischofs Otto von Freising, 6. und T.Buch

2. Aufl. Leipzig 1894 (Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit

XII. Jahrh. 9. Bd.). Kolde, Th., Luthers Stellung zu Concil und Kirche bis zum Wormser

Reichstag 1521. Gütersloh 187G. Körte, A., Die Konzilspolitik Karls V. in den Jahren 1534—1543.

Halle a. S. 1905. Kraus, Viktor von, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters I.

Stuttgart und Berlin 1905. Krüger, G., Das Papsttum. Seine Idee und ihre Träger. Tübingen

1907. Kübel, Altkatholiken : Die Religion in Geschichte und Gegenwart, herausg.

von F. M. Schiele I (Tübingen 1909), S. 407 ff.

Lämmer, FL, Monumenta Vaticana historiam ecclesiasticam saeculi

XVI. illustrantia. Friburgi Brisgoviae 1861. Lazius, Wolfg., Fragmentum vaticinii cuiusdam ut coniicitur Methodii

episcopi ecclesiae Paterensis et martyris Christi. Vindobonae 1547. Leuze, O., Das Augsburger Domkapitel im Mittelalter. Augsburg 1909. Löhr, J., Die Verwaltung des kölnischen Grossarchidiakonates Xanten

am Ausgange des Mittelalters. Stuttgart 1909 (Kirchenrechtl.

Abhandl. von LI. Stutz. Heft 59 und 60). Luther, Dr. Martin, AVerke VI. Kritische Gesamtausgabe. Weimar 1888. Lux, C, Constitutionum apostolicarum de generali beneficiorum reser-

vatione ab a. 1265. usque ad a. 1378. emissarum tarn intra quam

extra corpus iuris exstantium collectio et interpretatio. Wratis-

laviae 19C4.

Ülanitius, M., Deutsche Geschichte unter den sächsischen und salischen

Kaisern. Stuttgart 1889. Mansi, J. D., Sacrorum conciliorum . . . collectio XXL Venetiis 1776.

XXII. ibid. 1778. XXIV. ibid. 1780. XXVII. ibid. 1784. XXIX.

ibid. 1788. XXXII. Parisiis 1902. XLIII. ibid. 1910. Maurenbrecher, W., Karl V. und die deutschen Protestanten 1545

bis 1555. Düsseldorf 1865.

Geschichte der katholischen Reformation I. Nördlingen 1880. Mej er, 0., Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I. Rostock 1871.

II, 1. ebd. 1872. II, 2. ebd. 1873. III, 2. Freiburg i. Br. 1885.

Febronius, Weihbischof Joh. Nik. von Hontheim und sein Wider- ruf. 2. Aufl. Tübingen 1885.

Menzel, K., Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz 1459 1463. Erlangen 1868.

Mergentheim, L., Die Quinquennalfakultäten pro foro externo. Ihre Entstehung und Einführung in deutschen Bistümern I. Stuttgart 1908 (Kirchenrechtl. Abhandl. von U. Stutz, Heft 52 und 53).

Mirbt, C, Emser Kongress 1786: Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, herausg. von A. Hauck V (3. Aufl., Leip- zig 1898), S. 342 ff.

Konkordate und Cirkumscriptionsbullen: ebenda X (3. Aufl., Leipzig 1901), S. 703 ff.

XVI Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Mirbt, 0.| Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus. 2. Aufl. Tübingen und Leipzig 1901.

Der Zusammenschluss der evangelischen Landeskirchen Deutsch- lands. Marburg 1903.

Monumenta Germaniae historica: Legum sectio II. Capitularia edd. A. Bor et i us et V. Krause II. Hannoverae 1897. Legum sectio III. Constitutiones et acta publica imperatorum et regum edd. L. We i 1 a n d et J. S c h w a 1 m I. II. Hannoverae 1893. 1897. Libelli de lite imperatorum et pontificum saeculis XI. et XII. conscripti ed. E. Du em ml er III. Hannoverae 1897.

Müller, A., Das bremische Domkapitel im Mittelalter. Greifswald 1908.

K., Kirchengeschichte II, 1. Tübingen und Leipzig 1902.

R., Erzbischof Aribo von Mainz. Leipzig 1881.

Mulert, H, Deutschkatholizismus: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, herausg. von F. M. Schiele I (Tübingen 1909), S. 2060 ff.

Neue und vollständigere Sammlung der Reichsabschiede I. Frankfurt a. M. 1747.

Ordonnances des rois de France de la troisieme race . . . par M. de

Vilevault et M. de Brequigny XIII. Paris 1782. Ott, A., Die Abgaben an den Bischof bezw. Archidiakon in der Diözese

Konstanz bis zum 14. Jahrhundert. Freiburg i. Br. 1907. Ottenthai, E. von, Regulae cancellariae apostolicae. Die päpstlichen

Kanzleiregeln von Johannes XXII. bis Nikolaus V. Innsbruck 1888. Otto von Freising, Opera I: Chronicon ed. R. Wilmans (Scrip-

tores rerum Germanicarum). Hannoverae 1867.

Pastor, L., Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. 3. u. 4. Aufl. I. Freiburg i. Br. 1901. II. ebd. 1904. III. ebd. 1899.

Pe Ister, W., Stand und Herkunft der Bischöfe der Kölner Kirchen- provinz im Mittelalter. Weimar 1909.

Perrone, G., Praelectiones theologicae III. Mediolani 1845.

Perthes, C. Th. , Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. Ham- burg und Gotha 1845.

Philipp de Commynes, Memoires ed. B. de Mandrot II. Paris 1903.

Puckert, W.f Die kurfürstliche Neutralität während des Basler Konzils. Leipzig 1858.

Ranke, L. von, Sämtliche Werke VI. Leipzig 1867. XLIX. L. ebd.

1887. Raynaldus, O., Annales ecclesiastici , tom. XVIII. ab a. 1417. usque

ad a. 1458. Coloniae Agrippinae 1693. Richter, Aem. L., Canones et decreta concilii Tridentini. Lipsiae

1853. Riegger, J. St. A., Amoenitates litterariae Friburgenses III. Ulmae

1776. Rosenberg, W., Der Kaiser und die Protestanten in den Jahren 1527

bis 1539. Halle a. S. 1903. Rossmann, W., Betrachtungen über das Zeitalter der Reformation.

Jena 1858.

Literaturverzeichnis. XVII

Schiele, P.M., Die kirchliche Einigung des evangelischen Deutschland

im 19. Jahrhundert. Tübingen 1908. Schubert, H. von, Roms Kampf um die Weltherrschaft. Halle a. S. 1888.

Das älteste germanische Christentum oder der sogen. „Arianis- nius" der Germanen. Tübingen 1900.

Schulte, A., Zwei Aktenstücke zum Leben des Kardinals Albrecht von Brandenburg : Studien aus Kunst und Geschichte, Friedrich Schnei- der zum 70. Geburtstag gewidmet von seinen Freunden und Ver- ehrern (Freiburg i. Br. 1906), S. 203 ff.

Sehling, E., Geschichte der protestantischen Kirchenverfassung: Grund- riss der Geschichtswissenschaft, herausg. von A. Meister 11,8. Leipzig 1907.

Simon, F., Stand und Herkunft der Bischöfe der Mainzer Kirchen- provinz im Mittelalter. Weimar 1908.

Srbik, H. Ritter von, Die Beziehungen von Staat und Kirche in Oesterreich während des Mittelalters. Innsbruck 1904.

Strauss, D. Fr., Ulrich von Hütten III. Leipzig 1860.

Stümper, .T. , Die kirchenrechtlichen Ideen des Febronius. Aschaffen- burg 1908.

Stutz, U. , Kirchenrecht: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft von F. von Holtzendorff und J. Kohler II (Leipzig und Berlin 1904), S. 809 ff.

Arianismus und Germanismus: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, herausg. von P. Hinneberg III (1909), S. 1561 ff. 1615 ff. 1633 ff.

Tangl, M., Die päpstlichen Kanzleiordnungen von 1200 1500. Inns- bruck 1894.

Theremin, W., Beitrag zur öffentlichen Meinung über Kirche und Staat in der städtischen Geschichtschreibung Deutschlands von 1349-1415. Berlin 1909.

Thomassinus, L., Vetus et nova ecclesiae diseiplina circa beneficia et beneficiarios II. Venetiis 1766.

Treitschke, H. von, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundertl. 5. Aufl. Leipzig 1894. V. ebd. 1894.

Troeltsch, E., Protestantisches Christentum und Kirche in der Neu- zeit: Kultur der Gegenwart, herausg. von P. Hinneberg 1,4 (Leipzig und Berlin 1906), S. 253 ff.

Ulmann, H., Studie über Maximilians I. Plan einer deutschen Kirchen- reform im Jahre 1510 : Zeitschrift für Kirchengeschichte III (1879), S. 199 ff.

Der Traum des Hans von Hermansgrün. Eine politische Denkschrift aus dem Jahre 1495: Forschungen zur deutschen Geschichte XX (1880), S. 69 ff.

Kaiser Maximilian I. Bd. 1. Stuttgart 1884. II. ebd. 1891.

Valois, N., Histoire de la pragmatique sanetion de Bourges sous Char- les VII. Paris 1906.

Vering, F. IT. , Die Verhandlungen der deutschen Erzbischöfe und Bi- schöfe zu Würzburg im Oktober und November 1848 : Archiv für katholisches Kirchenrecht XXI (1869), S. 108 ff. 207 ff. W e r m i n g h o f f , Nationalkirchliche Bestrebungen. II

XVIII Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

V igen er, F., K. Th. A. M. von Dalberg: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, herausg. von F. M. Schiele I (Tübingen 1909), S. 1946 ff.

Voigt, G. , Enea Silvio de' Piccolomini als Papst Pius II. und sein Zeitalter I. Berlin 1856. II. ebd. 1862. III. ebd. 1863.

Wackernngel, R., Geschichte der Stadt Basel I. Basel 1907.

Walch, C. G. F., Monumenta medii aevi I. Gottingae 1757.

Wattenbach, W., Iter Austriacum 1853: Archiv für Kunde öster- reichischer Geschichtsquellen XIV7 (1855), S. 1 ff.

Weiss, B., Berthold von Henneberg. Freiburg i. Br. 1889.

Weizsäcker, J., Der Versuch eines Nationalkonzils in Speier: Histo- rische Zeitschrift LXIV (1890), S. 199 ff.

Werminghoff, A., Geschichte der Kirchenverfassung Deutschlands im Mittelalter I. Hannover und Leipzig 1905.

Verfassungsgeschichte der deutschen Kirche im Mittelalter: Grund- riss der Geschichtswissenschaft, herausg. von A. Meister 11,6. Leipzig 1907.

Die Kirche Deutschlands im früheren Mittelalter und ihre Be- ziehungen zur allgemeinen Kirche : Deutsche Monatsschrift, herausg. von O. Hötzsch VI (1907), S. 339 ff.

Neuere Arbeiten über das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland während des späteren Mittelalters : Historische Viertel- jahrschrift 1908, S. 153 ff.

Werner, H., Der kirchliche Verfassungskonflikt vom Jahre 1438/39 und die sogen. Reformation des Kaisers Sigmund: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde XXXII (1907), S. 728 ff.

Die Reformation des Kaisers Sigmund. Berlin 1908.

Die Geburtsstände in der deutschen Kirche des Mittelalters : Deutsche Geschichtsblätter, herausg. von A. Tille IX (1908), S. 251 ff.

Wiskowatoff, P. von, Jacob Wimpheling. Berlin 1867.

Wolf, J., Lectiones memorabiles et reconditae. Ed. 2. Francofurti ad

Moenum 1671. Würdtwein, St. A. , Subsidia diplomatica VI. Heidelbergae 1775.

VII. ibid. 1776. VIII. ibid. 1776.

Zeumer, K., Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichs- verfassung in Mittelalter und Neuzeit. Leipzig 1904.

Zillich, J., Febronius. Halle a. d. S. 1906 (Hallische Abhandlungen zur Neueren Geschichte, herausg. von G. Droysen, Heft 44).

Einleitung.

Unüberbrückbare Gegensätze des Wesens verhindern die vollständige Uebereinstimmung der beiden rechtlich organi- sierten Lebensordnungen menschlicher Gesellschaft, des Staates und der Kirche. Jener findet das ihn bildende Prinzip in der irdischen Macht, diese im religiösen Glauben. Der Staat erscheint als die Zusammenfassung von Menschen zu bewusster Betäti- gung ihrer nach Unabhängigkeit ringenden Eigenart und Kraft, die Kirche hingegen fordert als Ziel die Vereinigung aller Menschen zu gemeinschaftlicher Anteilnahme an den Ideen, die seit dem Auftreten Christi dem supranaturalen Sehnen der Gläubigen Genüge tun wollen. Drängt es aber den einzelnen Staat danach, in individueller Ausprägung seiner Machtbetäti- gung vom Nachbarstaate sich abzusondern, so hat auf der anderen Seite die verschiedene Weise religiöser Erkenntnis sich in verschiedenen Kirchen verkörpert: der grossen Zahl natio- naler Staaten, die im Laufe der Jahrhunderte auf einem für den einzelnen räumlich umgrenzten Gebiete entstanden und vergingen , tritt eine erheblich kleinere Anzahl von Kirchen gegenüber, unter denen eine, die römisch-katholische, in erster Linie beansprucht, ihre Lehre und Verfassung über die ge- samte Erde ausdehnen zu können. Der einzelne Staat wird bestrebt sein, für das Geltungsbereich seines den irdischen Diu gen zugekehrten Willens die römisch-katholische Kirche zu beeinflussen, um auch hierdurch sein Machtprinzip zur Geltung zu bringen ; er wird sich mühen, die Kirche von sich

Worminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 1

2 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

abzuschütteln, sobald diese, die Bebüterin des Glaubens , eine der Unabhängigkeit des Staates feindliche, ihrem eigenen Prin- zip von Haus aus fremde Herrschaft über den Staat und dessen Angehörige erlangt hat, eine Herrschaft, die, weil rechtlich organisiert, wieder allein der staatlichen Rechtsordnung ver- wandt sein kann.

Staat und Nation brauchen einander nicht immer zu decken wie wären sonst Weltreiche in Erscheinung ge- treten und Völker, die der staatlichen Geschlossenheit ent- behrten? — , sie sind aber auch niemals einander aufhebende Gegensätze, eben weil die einzelne Nation erst in einem Staate die ihr zukommende Rechtsanstalt zur Verwirklichung ihres Gesamtwillens, zur Entfaltung ihres Dranges nach Ansehen, Macht und Einheit empfängt. Wesentlich anders gestaltet sich das Verhältnis der römisch-katholischen Kirche zur einzelnen Nation. Dort die ihren Trieben nach universale Ordnung zur Wahrung des ihr eigentümlichen Glaubens, die dem Staate ähnlich durch die Mittel der Strafe, des Zwanges und des Gesetzes sich selbst und ihre Verfassung aufrecht zu erhalten vermag; hier die Gemeinschaft von Menschen, Familien und Stämmen, die nach einer nur ihr zukommenden Individuali- sierung volkstümlicher Eigenart in Sprache und Brauch, in Wirtschaft und Recht, kurz in materieller und intellektueller Kultur verlangt. Ueber die Nationen spannt die Kirche das Dach ihrer Glaubens- und Lebensregeln, es stützend durch das Gebälk ihrer Hierarchie. Wird oder kann aber nicht die ein- zelne Nation es als ihr Recht fordern, dass die in ihr oder in den meisten ihrer Angehörigen lebendige religiöse Anschauung im Gesamtgefüge der Kirche eine Stätte erhalte? Dass auch sie selbst für sich einen Anteil habe an der Kirche als an einer Institution, deren Organe, den Einzelnationen entnommen, in den Dienst des kirchlichen Gesamtkörpers treten? Kann, mit anderen Worten, die Kirche nicht der volkstümlichen Gestaltung religiöser Bedürfnisse und religiöser Eigenart da- durch entgegenkommen, dass sie Verfassungselemente zu-

Einleitung. 3

lässt, die innerhalb nationaler Grenzen wirken und gleichwohl den Zusammenhang mit der internationalen Kirche nicht zer- stören ?

Leicht mag man solche Fragen aufwerfen; ihre Beant- wortung wird um so schwerer sein, als sie allein auf histori- schem Wege gegeben werden kann.

„Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie," so hatte einst Christus seinen Jüngern anbefohlen, und dem uni- versalen Weltreich der Römer entsprach die katholische Kirche, derart dass nur der Untertan des irdischen Imperium zugleich das Mitgliedschaftsrecht in der ökumenischen Ekklesia besass ; man hätte: Civis Romanus, ergo fidelis Christianus, aber auch: Fidelis Christianus, ergo civis Romanus folgern können , ohne falscher Logik bezichtigt zu werden. Das Reich zerfiel, und aus den Resten der römischen Bevölkerung wie aus den ein- dringenden Germanen bildeten sich Nationen, die erst, nach- dem sie bis auf wenige das Weltreich Karls des Grossen (768 814) gemeinsam durchwandert, zu staatlichen Einheiten ausreiften. Seit dem Anfange des 10. Jahrhunderts traten Deutschland und Frankreich als Staaten nebeneinander.

Wie stellte sich das Deutsche Reich nördlich der Alpen zur Kirche? Diese hatte den Untergang des altrömischen Reiches und seiner verkleinerten Nachbildung im fränkischen Reiche überdauert l). Sie wurde zur Erbin des einen wie des anderen. Sie blieb universal als Ecclesia Romana, seitdem der Bischof der Stadt Rom zum Papst geworden war, seitdem diesen die Tendenz erfüllte, Nachfolger der Kaiser zu werden in einer Herrschaft, die innerlich der eines Augustus (f 14 n. Chr.) oder Karl entgegengesetzt war und doch gleich dieser eine Macht werden sollte über die abendländischen Nationen dank ihrer Lehre, dank ihrer Verfassung.

*) Vgl. H. von Schubert, Roms Kampf um die Weltherrschaft. Halle 1888.

4 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Im 10. Jahrhundert griff sodann das Königsgeschlecht der deutschen Ottonen nach dem im Glänze der Tradition schimmernden und doch trügerischen Schmuck der Kaiser- krone; die politische und staatliche Beherrschung der Welt, in Wahrheit des europäischen Abendlandes, durch die dem deutschen Volke innewohnende Kraft sollte ebenfalls das Reich Roms auf Erden wiederherstellen. Ueberall traf das römisch - deutsche Kaisertum jetzt den Einfluss, die Lehre, das Recht der römisch-katholischen Kirche. Es erwies sich als unmög- lich, sie zu beherrschen, um mit ihrer Hilfe die eigene Ober- hoheit zu stützen und der Vormachtstellung der Deutschen dauernden Bestand zu sichern. Kaisertum und Papsttum, der aus seinen nationaldeutschen Grenzen herausgewachsene Staat und die an nationale Schranken nicht gebundene Kirche, ge- rieten in Kampf, und sein Ergebnis war die Niederlage des Imperium, der Sieg also des Sacerdotium und demnach der Kirche, der freilich mit dem Erwerb irdischer Macht nach der tiefsinnigen Sage des Mittelalters zugleich verderbliches Gift eingeflösst werden sollte x). Die Zeit der grossen Kirchenver- sammlungen des 15. Jahrhunderts brachte noch keinen Aus- gleich zwischen allen nationalstaatlichen Individuen auf der einen, der Papstkirche auf der anderen Seite. Einen Schritt weiter tat alsdann die deutsche Reformation, die jedoch, entsprechend der territorialen Auflösung des Reiches als dem Erbteil des Ringens um die Weltherrschaft, nur den An- hängern der neuen Lehre Luthers territoriale Kirchen schaffen konnte. Noch heute steht ein Teil unserer Nation, die vor wenig mehr denn einem Menschenalter sich den staatlichen Neubau zimmerte, innerhalb der universalen Kirche, die zu Trient (1545—1563) und im römischen Vatikan (1869—1870) ihren Glauben wie ihre Verfassung festgelegt hat. Täglich empfindet der Protestant den Gegensatz ihrer religiösen Ueber-

1) Vgl. .T. von Döllinger, Papstfabeln des Mittelalters (2. Aufl., Stuttgart 1890), S. 112 ff.

Einleitung. 5

zeugung und zugleich ihres kirchlichen Rechts gegenüber denen, welche der grössere Teil seiner Volksgenossen als die seinigen anerkennt und behütet. Alt und immer neu erscheint die Divergenz zwischen dem nationalen Staate und der universalen Kirche ein Mittel des Fortschritts und der Hemmnis. In stets wechselnden Formen bewegen sich die Bahnen von Nation und Kirche, sich abstossend und berührend, niemals einander entbehrlich, nicht zu allen Zeiten den Bedürfnissen der Nation geneigt. Denn es ist nicht anders: dem Werdegang unseres Volkes fehlt seit dem 10. Jahrhundert die Schule einer Kirche, die den Namen einer nationalen Kirche dadurch verdiente, dass ihre Verbände auf deutschem Boden zusammengeschlossen worden wären durch eine Organisation, die innerhalb der all- gemeinen Kirche eine Sonderstellung eingenommen hätte, ohne doch jede und alle religiösen und rechtlichen Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche abzubrechen.

Nur Ansätze und Versuche zur Herbeiführung einer natio- nalen Kirche Deutschlands treten entgegen; die mittelalter- lichen unter ihnen zu würdigen soll das Ziel unserer Dar- legungen bilden.

Erster Abschnitt.

Der angebliche Plan des Erzbischofs Aribo von Mainz (1021—1031).

Der Sieg des Katholizismus über den Arianismus, nicht zuletzt durch die Bekehrung des fränkischen Königs Chlodo- wech (481 511) herbeigeführt, war zugleich die Todesstunde jener arianischen Sonderkirchen, die bei den Vandalen, den Ost- und Westgoten, endlich den Langobarden sich erkennen lassen x). Das Königtum der Merowinger und Karolinger so- dann gestaltete die Kirche seines Volkes zur Landes- und Staatskirche aus, die Karl der Grosse (768 814) zur Reichs- kirche erhob, um selbst über sie zu herrschen und in ihr auch dem Papste seinen Willen aufzunötigen.

Wesentlich verschieden von ihr war die sogenannte Otto- nische Verfassungskirche2). Der Träger der Reichsgewalt war zugleich der kirchliche und weltliche Gebieter der Erzbischöfe, Bischöfe und Reichsäbte, deren Anstalten seine Reichseigen- kirchen waren. Er fasste sie zusammen mittels einer eigentüm- lichen Verquickung staatlicher und kirchlicher Befugnisse, öffentlich-rechtlicher und patrimonialer Anschauungen. Er sah

*) Vgl. H. von Schubert, Das älteste germanische Christentum oder der sogen. „Arianismus". Tübingen 1909; dagegen aber U. Stutz, Arianismus und Germanismus : Internationale "Wochenschrift für Wissen- schaft, Kunst und Technik herausg. von P. Hin neb er g III (1909), S. 1561 ff. 1615 ff. 1633 ff.

2) Zum Folgenden vgl. meinen Aufsatz über die Kirche Deutsch- lands im früheren Mittelalter und ihre Beziehungen zur allgemeinen Kirche: Deutsche Monatsschrift herausg. von 0. Hotz seh VI (1907), S. 339 ff., dazu aber U. Stutz a. a. O. S. 1637.

Angeblicher Plan Aribos von Mainz. 7

die Gesamtheit seiner Reichseigenkirchen die Grenzen seines Staates überschreiten. Er suchte das Papsttum in den Bann- kreis seiner Herrschaft zu zwingen und vermochte doch nicht, den Nachfolger Petri einer mit der Kirchenhoheit des König- tums wetteifernden Leitungsgewalt in und über den einzelnen Reichseigenkirchen zu entkleiden. Allerdings, das Papsttum des 10. und des beginnenden 11. Jahrhunderts war infolge der Verrottung zahlreicher seiner Inhaber nicht im stände, den kirchlichen Organisationen auf deutschem Boden jenes un- erträgliche Joch aufzubürden, über das zu Ende des 9. Jahr- hunderts, im Jahre 895, die Synode zu Tribur geklagt hatte1). Die deutschen Könige aber bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts taten nichts, um ihre Gewalt über den Stuhl Petri in eine dauernde umzuwandeln. Die Rechte des Königtums und des Papsttums wurden nicht gegenseitig abgegrenzt, zu einer Zeit da die Ideen Clunys und mit ihnen die Rezeption pseudoisido- rischer Fälschungen gerade der universalen Kirche und ihrem Oberhaupt neue Kräfte der inneren Gesundung, der Verselb- ständigung zuführten. Wie auf Karl den Grossen ein Niko- laus I. (858 867) gefolgt war, so folgte auf Otto den Grossen (936—973) und Konrad IL (1024—1039) ein Gregor VII. (1073 1085); die universale Kirche zerstörte die Keime einer nationalen Kirchenverfassung, die in der kirchlichen Herrschaft

r) Mon. Germ. Capitularia II, S. 280 f. n. 252 c. 30: In memoriam beati Petri apostoli honoremus sanctam Romanam et apostolicam sedem, ut, quae nobis sacerdotalis mater est dignitatis, esse debeat magistra eccle- siasticae rationis. Quare servanda est cum mansuetudine humilitas, ut, licet vix ferendum ab illa sancta sede inponätur iugum, conferamus et pia devotione toleremus. Man möchte vermuten, dass hier eine Ent- lehnung aus einer älteren Quelle (etwa aus der Zeit Nikolaus' I., f 867) vorliegt. Auf den Triburer Kanon verweist Enea Silvio am Schluss seiner Arbeit De ritu, situ, moribus et conditione Grermaniae descriptio vom Jahre 1457/58 als Antwort auf Klagen über die Uebertretungen des Wiener Konkordats von 1448 (Opp. ed. Basil. 1571, p. 1086); er fand ihn unter der falschen Ueberschrift : Item ex capitulo Caroli imperatoris im Dekret Gratians (c. 3 Dist. 19).

8 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

des deutschen Königtums über seine Reichseigenkirchen nicht mehr also gab es wie in fränkischer Zeit eine Reichs- kirche — beschlossen gewesen waren.

Diese kirchliche Herrschaft des deutschen Königtums über seine Reichseigenkirchen war, solange sie bestand, ein Band ihrer nationalen Einigung, nicht aber ein Mittel ihrer Ent- fremdung und Lösung yon der allgemeinen Kirche. Derselbe deutsche König beanspruchte durch den Besitz der Kaiserkrone und den Einfluss auf das Papsttum die Herrschaft über die allgemeine Kirche; mit ihr also waren die deutschen Reichs- eigenkirchen auf zweifache Weise verbunden. Diesen Zustand zu beseitigen, eine deutsche Nationalkirche zu schaffen, die möglichst unabhängig gewesen wäre vom Kaiser oder vom Papst, hätte eine so tiefgreifende Umwälzung alles bestehenden Rechtes bedeutet, dass um sie herbeizuführen nicht nur eine Generation oder gar nur ein einzelner deutscher Kirchenfürst genügt hätte. Freilich hat man in Erzbischof Aribo von Mainz (1021—1031) den Träger derartiger Tendenzen erblicken wollen ; es ist verwiesen worden auf die Beschlüsse des von ihm ver- anstalteten Provinzialkonzils zu Seligenstadt im Herbst 1023, vor allem auf dessen 16. und 18. Kanon. Jener verbot, dass jemand nach Rom zöge ohne Erlaubnis des Bischofs oder seines Stellvertreters l) ; dieser erklärte es für unstatthaft, dass Büsser vom Papste in Rom die Befreiung der ihnen von Priestern auferlegten Bussen erwirkten, vielmehr sollte erst nach Leistung der Busse eine Romreise erlaubt sein und nur mit Genehmigung des Bischofs, der zugleich an den Papst über den Einzelfall berichten werde2). Ohne Zweifel darf die

!) Mon. Germ. Constitutiones I, S. 638 n. 437 c. 16: Decrevit sancta synodus, ut nullus Romam eat nisi cum licentia episcopi sui vel eius vicarii.

2) Ebd. c. 18: Quia multi tanta mentis suae falluntur astutia, ut in aliquo capitali crimine inculpati penitentiam a suis sacerdotibus acci- pere nolunt, in hoc maxime confisi, ut Romam petentibus apostolicus omnia dimittat peccata, sancto concilio visum est, ut talis indulgentia

Angeblicher Plan Aribos von Mainz. <>

Hypothese *) von Aribos weit ausschauendem Plan heute als widerlegt gelten 2). Sie überschätzte die Bedeutung einer Pro- vinzialsynode und ihrer Kanones. Sie übersah, dass die an- gemerkten Satzungen nichts anderes waren als ein Schachzug Aribos gegen den Papst, dem der Erzbischof wegen der Behand- lung der Hammersteinschen Ehescheidungsangelegenheit Miss- trauen entgegenbrachte. Die Versammlung zu Seligenstadt wollte allein das alte Recht sichern y). Nur die Suffragane von Mainz waren auf ihr vertreten ; sie gaben ausdrücklich zu, dass die Büsser, freilich nach Leistung der Busse in der Heimat, an die Entscheidung des Papstes appellieren dürften, erkannten also den Stuhl Petri als letzte und höchste Instanz an. Wenn man gemeint hat, die Beschlüsse entsprächen unmöglich den eigensten Absichten des Kaisers Heinrich IL (1002 1024), der sich nicht hätte verhehlen können, welche Gefahr eines tiefen Bruches von der Seite Aribos drohte, die Richtung des Mainzer Erzbischofs, nur einige Schritte weiter mit Glück ver- folgt, hätte zu einer einheitlichen Gestaltung der deutschen Kirche unter der Leitung von Mainz mit Notwendigkeit führen müssen, nie endlich hätte Rom der weiteren Entwicklung der

illis non prosit, sed prius iuxta modum delicti penitentiam a suis sacer- dotibus iniunctam adimpleant et tunc, Romam ire si velint, ab episcopo proprio licentiam et epistolam ad apostolicum ex liisdem rebus deferen- dam accipiant.

J) H. Bresslau, Jahrbücher des deutschen Reichs unter Hein- rich IL Bd. III (Leipzig 1875), S. 267 ff. 349 ff.; Jahrbücher des deutschen Reichs unter Konrad IL Bd. II (Leipzig 1884), S. 524 ff. W. von Giese- brecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit II (5. Aufl., Leipzig 1885), S. 199 f. 625 f. M. Manitius, Deutsche Geschichte unter den sächsi- schen und salischen Kaisern (Stuttgart 1889), S. 333 f. Nicht zugänglich war mir die Schrift von J. Kippenberge r, Beiträge zur Geschichte des Erzbischofs Aribo von Mainz (1021—1031). Leipz. Diss. 1909.

2) W. Der seh, Die Kirchenpolitik des Erzbischofs Aribo von Mainz 1021—1031 (Marburg 1899), S. 7 ff. 18 ff. A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands III (3. u. 4. Aufl., Leipzig 1906), S. 534 ff. R. Müller, Erzbischof Aribo von Mainz (Leipzig 1881), S. 21 ff.

3) Vgl. A. Hauck a. a. O. III, S. 536 Anm. 1.

10 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Mainzer Bestrebungen ruhig zuzuschauen vermocht, so liegt hierin eine offensichtliche Verkennung kirchenrechtlicher Dinge; denn kein Wort jener Kanones verrät, wie ihre Urheber die Neuordnung der Kirche Deutschlands sich dachten, ganz ab- gesehen davon dass Anlass und Inhalt der Beschlüsse einzig dem Gebiet kirchlicher Disziplin angehörten, nicht aber dem der kirchlichen Verfassung. Wenn dann die Seligenstadter Versammlung ein schwerer Schlag gegen das Papsttum ge- nannt worden ist, derart dass, sobald er verfing, an die Ober- hoheit des römischen Stuhles nicht mehr zu denken gewesen und wenigstens Deutschland mit einer Nationalkirche aus der katholischen Kirche herausgetreten, wahrscheinlich aber dann die anderen christlichen Staaten und ihre Kirchen dem Bei- spiele Deutschlands und seiner Kirche gefolgt wären, um in Zukunft nur nach ihren eigenen Bedürfnissen sich zu richten so wird niemand sich entschliessen können, solch kühne Ausblicke in eine nur vorgestellte Zukunft zu den seinigen zu machen. Es bleibt bei den Worten von A. Hauck: „Der Ge- danke einer einheitlichen Gestaltung der deutschen Kirche unter Leitung von Mainz war im Jahre 1023 eine Unmög- lichkeit" !).

0 Ebd. III, S. 537.

Zweiter Abschnitt.

Die Trierer Stilübungen aus der Zeit Friedrich Barbarossas.

Im Jahre 1023 war, wie wir sahen, der Gedanke einer deutschen Nationalkirche unmöglich. Er ward auch nicht ge- fasst, als in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Wogen des Investiturstreites einherbrausten , wenn nicht gar gerade damals das Gefühl der Verbindung der Kirchen auf deutschem Boden mit dem Papsttum als der Verkörperung der allgemeinen Kirche noch gesteigert wurde. Wie anders sonst liesse sich erklären, dass auf der Synode zu Worms im Jahre 1076 die ihrem König treuen Bischöfe Gregor VII. Unterwerfung und Gehorsam aufsagten, ihn fortan nicht für einen Papst halten, nicht mehr Papst nennen wollten, dass aber dieselben Bischöfe nicht an Lösung von der allgemeinen Kirche dachten. „Ein anderer besteige den Thron des heiligen Petrus, der nicht die Gewalt mit Frömmigkeit umkleiden, sondern die gesunde Lehre des heiligen Petrus verkünden soll" x). Noch heute hallt die Wucht der Absetzungsworte gegen Gregor VII. in uns wieder: „Steige herab, steige herab, Verdammenswerter in aller Ewig- keit" — die sie aussprachen, hatten nur Gregors Person im Auge. Ihm drohten sie Absetzung; denn sie meinten, dass sie selbst und bereits sie allein die allgemeine Kirche darstellten. Mochte solche Rechnung trügerisch sein oder nicht, sie konnte nur die eines Episkopats sein, der eine nationale Absonderung

') Vgl. Mon. Germ. Constitutiones I, S. 108 n. 59, S. 111 n. 62; siehe auch A. Hauck a. a. 0. III, S. 790 ff.

12 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

nicht plante, wohl aber sich für befugt hielt, seinen Willen der allgemeinen Kirche aufzunötigen. Er konnte es, weil seine Zugehörigkeit zur allgemeinen Kirche über jeden Zweifel erhaben war, weil er nicht in nationaler Selbständigkeit einem Papste gegenübertrat, der nur noch Ehrenrechte, nicht aber auch Rechte der Herrschaft in und über der ^Kirche bean- spruchte und besass. Dieser Episkopat hatte sehen müssen, wie ihn die Rezeption der pseudoisidorischen Dekretalen durch Rom mehr und mehr zum Diener des Papsttums zu machen drohte. Indem er in seinen Rechten eingeengt wurde, bahnte sich zugleich die schärfere Konzentration der kirchlichen Ord- nungen zu Händen des Nachfolgers Petri an.

Dem vorläufigen Frieden zwischen Imperium und Sacerdo- tium im Wormser Konkordat vom Jahre 1122 folgten die allge- meinen, vom Papst veranstalteten Laterankonzilien (1123, 1139, 1179 und 1215), deren Reihe die Etappen zu steigender Be- herrschung der Gesamtkirche durch das Papsttum darstellt1).

Wie das Rittertum in Deutschland, England und Frank- reich sich getragen sah von internationalen Regeln für die Lebensführung seiner Mitglieder, so war seit der Wende des 12. und 13. Jahrhunderts der Klerus 'ein überall verwertbares Werkzeug zur Aufrechterhaltung der päpstlichen Universal- monarchie. Kein staatliches, geschweige denn ein kirchliches Gesetz knüpfte die Inhaberschaft einer hohen oder niederen Pfründe an die landsmannschaftliche Zugehörigkeit des Geist- lichen zu dem Volke, in dem er wirken sollte; Männer, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren, konnten deutsche Bischöfe und damit Reichsfürsten werden. Die Erzbischöfe

J) Vgl. für das Wormser Konkordat und die späteren Verbriefungen von 1209, 1213 und 1216 Mon. Germ. Constitutiones I, S. 159 ff. n. 107. 108, II, S. 36 n. 31, S. 58 n. 46. 47, S. 68 n. 56. Die Akten der Lateran- konzilien finden sich bei Mansi, Coli, conciliorum XXI, 277 ff. 523 ff. XXII, 210 ff. 953 ff.; über die Aufnahme ihrer Kanones in das Corpus iuris canonici vgl. dessen Ausgabe durch E. Friedberg I (Leipzig 1879), p. XXV. II (1881), p. XI sq.

Trierer Stüübungen (um 1158). 1#

waren an den Papst gebunden durch Treueid und Pallium, die Bischöfe ihm zum Schwur des Gehorsams verpflichtet. Die Domkapitel sahen bei der Ausübung des wichtigsten ihnen zu- gewachsenen Rechtes, bei dem der Bischofswahl, sich angewiesen auf die Gunst und die Entscheidung der Kurie. Die autonome Verwaltung der Kirchenprovinzen wurde gestört durch die Vertretergewalt geldgieriger Legaten, die der Diözesen durch- brochen durch zahlreiche Exemtionen. Der oberste Gerichts- hof für alle kirchlichen Streitigkeiten war die römische Kurie. Der Papst war der letzte Urheber des allgemeinen kirchlichen Rechtes, zumal seit dem Decretum Gratiani aus der Mitte des 12. Jahrhunderts die Sammlung päpstlicher Dekretalen gefolgt war, wie sie Gregor IX. (1227 1241) durch Uebersendung an die Universitäten bekannt machte.

Unser Blick sucht das deutsche Königtum; wir fragen, ob es denn gar nichts tat, um diese Entwicklung aufzuhalten. Daran kann kein Zweifel sein, dass es dank dem Ausgang des Investiturstreites eine wesentliche Stütze seiner Macht über die Kirchen auf deutschem Boden verloren hatte, die kirch- liche Herrschaft über die Bistümer, deren Besetzung fortan durch kanonische Wahl erfolgen sollte; nur die Einweisung des Gewählten in das Gut seiner Kirche, also die weltliche Herrschaft über den Besitz der Reichskirchen, blieb Sache des Königs. Die wenig glückliche Kirchenpolitik Lothars vonSupplin- burg (1125 1138) vermochte die vorübergehende Schwächung des Papsttums durch ein Schisma nicht für sich auszunutzen1). Sein Nachfolger Konrad III. (1138 1152) war nichts weni- ger als befähigt, dem Vordringen des päpstlichen Einflusses entgegenzutreten; gerade für seine Regierungszeit gilt die Beobachtung, dass die Ansprüche Roms getragen waren von jener mächtigen kirchlichen Strömung, die seit der Wende des 11. und 12. Jahrhunderts, trotz vereinzelter Gegenwirkungen,

*) Vgl. K. Hampe, Deutsche Kaisergeschiclite im Zeitalter der Salier und Staufer (Leipzig 1909), S. 92 f.

14 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

noch immer ungebrochen die Geister beherrschte x). Damals wurde wahr, was seinem Stiefbruder, dem Bischof Otto von Freising (f 1158), als Zeichen der Zeit erschien: „Durch des Reiches Kräfte und die Gunst der Könige daran zweifelt niemand ist die Kirche erhöht und reich geworden; es steht fest, dass sie nicht eher das Reich so sehr erniedrigen konnte, als bis dieses selbst durch seine Liebe zum Priester- tum entnervt und seiner Kräfte beraubt, nicht nur durch das Schwert der Kirche, das heisst das geistliche, sondern auch durch sein eigenes weltliches Schwert durchbohrt, vernichtet wurde;" die Kirche sah der Philosoph unter den frühmittel- alterlichen Historikern zu einem grossen Berge emporgewachsen, von dem ein Stein sich losreissen würde, um das Reich völlig zu zerstören 2). Noch einmal versuchte dann Friedrichs I. hochstrebendes Königtum (1152 1190) gegenüber den grego- rianisch-kirchlichen Ideen dem alten imperatorischen Recht zu neuem Leben zu verhelfen; es musste scheitern, da sein Streben einen Widerstand entfesselte, dessen Stärke er viel- leicht anfänglich unterschätzt hatte, den des Bündnisses von Papst und oberitalienischem Städtetum 3). Nicht als ob Friedrich I. die Herrschaft des Papstes über die allgemeine Kirche und die kirchlichen Anstalten in Deutschland be- kämpft hätte. Er sah in Alexander III. (1159—1181) den Verkleinerer des kaiserlichen Rechtes, der nicht nur über den Klerus, sondern auch über das Reich gebieten wolle4). Man

') Vgl. K. Hampe a. a. 0. S. 106 f.

2) Vgl. Otto von Freising, Chronicon lib. I praefatio, lib. VII praef. und VII c. 16 ed. R. Wilmans (Scriptores rerum Germanicarum, Hannover 1867), S. 5. 295 u. 313; benutzt würde die Uebersetzung von H. Kohl (2. Aufl., Leipzig 1894), S. XIII, 52 f. und 75 f.

3) Vgl. K. Hampe a. a. 0. S. 115 ff. 125 ff. K. Jacob: Die Reli- gion in Vergangenheit und Gegenwart I (Tübingen 1909), S. 2084 f.

4) Vgl. Gerhoh von Reichersberg, Ad cardinales (geschrieben 1167 auf 1 168), Mon. Germ. Libelli de lite III, S. 408 ; siehe auch A. H a u c k a. a. O. IV (Leipzig 1903), S. 265 ff. über die Bedeutung des Würzburger Reichstags vom Jahre 1165.

Trierer Stilübungen (um 1158). 15

darf auch nicht glauben, dass der Hohenstaufe mit dem Papste rang um die weltliche Herrschaft über die Reichskirchen. Friedrich behauptete sie und die deutschen Bischöfe standen zu ihm, weil die zunehmende Bedeutung ihrer reichs- und namentlich landesfürstlichen Aufgaben sie auf die Seite der Krone verwies. Die weltlich-politischen Bestrebungen Fried- richs allein waren die Ursachen des Kampfes, der entsprechend der durch sie geweckten Gegnerschaft wie mit weltlichen so mit kirchlichen Mitteln geführt wurde. Ihm aber und seinem Ratgeber Reinald von Dassel (seit 1159 Erzbischof von Köln, f 1167) hat es stets ferngelegen, im Streite wider Rom und den Papst eine Neugestaltung der kirchlichen Verfassung Deutsch- lands in den Kreis der Schachzüge einzubeziehen 1).

Eben zur Zeit Friedrichs I. taucht nun zum ersten Male, nicht vom Kaiser und seinem Berater geschmiedet, nicht von ihnen als Rüstzeug gegen das Papsttum ausgebeutet, der Ge- danke einer deutschen Nationalkirche auf. Er begegnet in drei angeblichen Schreiben Friedrichs L, des Erzbischofs Hillin von Trier (f 1169) und des Papstes Hadrian IV. (1154 1159), Erzeugnissen der Schule ohne jegliche Wirkung auf den Gang der Ereignisse selbst, die gleichwohl die Ge- dankenwelt des unbekannten Verfassers eigenartig genug ent- hüllen 2). Es sind nicht Produkte der öffentlichen Meinung wie die Flugschriften in der Periode des Investiturstreites, sondern solche der stillen Gelehrtenstube, in welcher ein Schulhalter seinen Zöglingen das Thema „Trennung der Kirchen Deutsch- lands von Rom" zur Bearbeitung gestellt haben mochte, oder Aus- arbeitungen eines Mannes, dem die Aufrichtung einer deutschen Nationalkirche erstrebenswert, daher durchführbar erschien.

Die drei Briefe sollen nach dem Reichstag zu Besan9on (Oktober 1157) bis zum März 1158 geschrieben sein. Friedrich

J) Vgl. A. Hauck a. a. 0. IV, S. 209. > 2) Die Briefe sind herausgegeben von W. Wattenbach: Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen XIV (Wien 1855), S. 86 ff. 88 f. 89 ff.

1(5 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

beginnt mit Darlegungen darüber, dass seine Gewalt unmittel- bar von Gott stamme; voller Anmassung habe Hadrian IV. das Regnum Romanum als ein von ihm an Friedrich erteiltes Lehen bezeichnet, in Viterbo, der Kammer des Reiches, und nicht in Rom seinen Sitz aufgeschlagen und den Kaiser ex- kommuniziert. „Ihr selbst" Hillin von Trier wird ange- redet — „habt sicherlich gesehen und gehört, wie uns die Römer verlachen, die uns die einfältigen Deutschen nennen, weil wir dem Gebote des Papstes uns unterordnen, obwohl der ganze Erdkreis die Wucht unserer Rechten nicht zu er- tragen vermöchte. Ihr seid Primas diesseits der Alpen und <las Herz des Reiches. Eure berühmte Metropole Trier ist ausgezeichnet durch den ungenähten Rock Christi. Sie befreie •das mystische Kleid des Herrn, das ist die Kirche, aus den Händen jenes Papstes, durch den es zerrissen und wiederum an die Aegypter verkauft ist. Ihn, den Dieb und Räuber, werden wir ausschalten und Euch, die Ihr das zweite Rom lenkt, damit Ihr Eure Brüder stärket, wenn jener abirrt Petrus hat ja Euch in seinem Stabe, den er von Gott selbst empfing, die Gewalt verliehen, dass Ihr allein unter allen un- mittelbar hinter Petrus stündet wie er selbst hinter Christus , Euch übertragen wir auf Grund kaiserlicher Machtvollkommen- heit die Leitung der Kirche an Petri Stelle. Alle im Reiche diesseits der Alpen, die in den Streit verwickelt sind, sollen fortan nicht mehr nach Viterbo, dem neuen Rom, sondern nach Trier, dem zweiten Rom, kommen und hier, wo nicht das Geldstück herrscht wie im neuen Rom *), ihre Prozesse nach Recht und Gerechtigkeit entschieden sehen. Euch hat Petrus seinen Stab übergeben, damit auf Euch die ganze Würde gleichsam nach Erbrecht übergehe. Erhebt Euch mit uns wider den, der sich Vikar Petri nennt und es nicht ist, als

') Vgl. hierzu die Passio domini pape secundum marcam auri et argenti bei W. Grundlach, Heldenlieder der deutschen Kaiserzeit III (Innsbruck 1899), S. 797 ff.

Trierer Stilübungen (um 1158). 17

der Erbe Petri, und bewirkt, dass Eure Suffragane, die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun, mit uns sich einverstanden er- klären. Ihr seid die Säule des Reiches und durch Euch sollen die anderen uns Beistand leisten wider die Söhne Be- lials" 1). Soweit der erste Brief, dem die beiden übrigen keinen neuen Gedanken hinzufügen, der eine ein angebliches Schreiben Hillins an den Papst, dem er den kaiserlichen, auch an die Erzbischöfe von Mainz und Köln übersandten Erlass mitteilt, um ihn zur Versöhnung mit dem Kaiser zu stimmen, der

*) Certe vos ipsi vidistis et audistis , quam derisui nos habuerint Romani, vocantes nos stultos Alamannos, quod ad preceptum eius staremus subiecti, quorum dextras totus orbis ferre non posset. Igitur quia vos primas estis eis Alpes et cor regni et metropolis illa vestra, vestra inquam Treviris inclita, que inconsutili prepollet tunica Domini, vestro consilio et auxilio summam et misterialem tunicam Domini, id est ecclesiam, de manu illius Amorrei, videlicet apostolici, liberate, a quo hueusque scissa et sorte divisa et in manus Egyptiorum iterum est vendita. Eum enim, qui non per ostium, sed aliunde ascendit in ovile ovium, für quippe est et latro, nos in brachio regni et in arcu exten to eruemus et vobis, qui ideo seeunde Rome preestis, ut, si ille deviaverit, vos conversus confir- metis fratres vestros, quod et vobis Petrus in baculo suo tradidit, sicut ipse a Domino aeeepit, ut vos solus sitis inter omnes post Petrum, sicut ipse post Christum, ecclesiam Dei regendam vice Petri imperiali auetori- tate committimus , ut omnes de regno nostro eis Alpes non Bitervi ad novam Romam, sedTreveris ad seeundam Romam veniant, qui in causa sunt, et seeundum iudicium et iustitiam, non nummo imperante sicut Rome, ubi nummus et non Petrus regnat et imperat, questiones suas exequantur, dum Deus tantum sit in causa et ideo Deus merces operis. Nonne et hoc Petrus factis ostendit, dum vobis baculum suum conscius futurorum tradidit, quod adhuc tota dignitas apostolici in vos tantum metropolitanum quasi hereditario iure derivaretur? Nonne ideo adhuc apostolicus sine baculo Petri incedit, ut vos sitis in baculo eius? Igitur heres Petri contra eum, qui se dicit vicarium Petri et non est, nobis- cum insurgite et suffraganeos vestros Metensem, Tullensem, Virdunensem, ut nobis et regno subscribant, efficite, et vos columpna regni pro regno, quod iam titubat, viriliter state et stando, quis et quid sitis, ostendite, ut per vos ceteri nobis fideliter assistant et filiis Belial unanimiter, prout Dominus dederit, resistant (Archiv für Kunde Österr. Geschichtsquellen XIV, S. 88).

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 2

18 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

andere eine angebliche Enzyklika des Papstes an die drei rheinischen Erzbischöfe, angefüllt von masslosen Klagen gegen Friedrich, von Erörterungen über die Uebertragung des Im- perium durch die Päpste an die Deutschen, von denen es ein Papst wiederum den Griechen zurückstellen könne.

Lange schon sind diese Schreiben als Stilübungen er- kannt — ihre Verwertung als echter Dokumente durch J. Ficker hat Ph. Jaffe unwiderleglich als unstatthaft dargetan *) , es geht jedoch kaum an, sie nur harmlose Stilübungen zu nennen eines aufstrebenden, aber noch nicht ganz gereiften Trierer Kanzlertalentes, das unter der Herrschaft des trierischen Dom- kirchtums von den wahren Verhältnissen der Welt ausser- halb der heimischen Mauern keine volle Kenntnis besass. Gewiss, den Verfasser traf das eigenartige Missgeschick, dass er Friedrichs I. vermeintlichen Plan eines deutschen Papsttums anknüpfte an Hillins Würde eines apostolischen Legaten, die diesem im Oktober 1155 von dem so geschmähten Hadrian übertragen war. Aber auf der anderen Seite spricht aus seinen Elaboraten die Opposition wider Rom, die Gewissheit, dass nur ein deutscher Primas oder Papst an der Spitze der kirch- lichen Verbände auf deutschem Boden diesen die Kraft zur Selbstbehauptung gegenüber dem werdenden Monarchen des kirchlichen Universalreiches einflössen würde. Diese deutsche Papstkirche würde zwar von demselben Glauben erfüllt sein wie die römische, aber eine nur das Reich nördlich der Alpen umspannende Organisation, ein Oberhaupt in einer deutschen Stadt besitzen. Sie würde eine Schöpfung des Kaisers als des Trägers auch der deutschen Königskrone sein, die Schäden kirchlicher Verwaltung beseitigen, denen die des römischen Papstes in der allgemeinen Kirche und folgeweise über den kirchlichen Bezirken Deutschlands ausgesetzt war. Es bedarf keiner Worte über das Phantastische des ganzen

*) J. Ficker, Reinald von Dassel (Köln 1850), S. 18 ff. Ph. Jaffe bei W. Wattenbach a. a. 0. XIV, S. 60 ff.

Trierer Stilübungen (um 1158). 19

Planes, über die Unmöglichkeit seiner Verwirklichung in einer Zeit, die trotz aller Rückschläge im einzelnen die Macht des römischen Papsttums in der Kirche und in der Welt stei- gen sah. Dass er erörtert werden konnte, verrät die tiefe Wirkung des neuen Kampfes zwischen Imperium und Sacer- dotium, dazu eine Anteilnahme, in der die nationale Sympathie für den Herrscher sich verband mit der Einsicht, dass nach der Preisgabe der kirchlichen Herrschaft des Königs über die Reichseigenkirchen im Wormser Konkordat das Fehlen einer nationalkirchlichen Organisation der romanischen Uni- versaitheokratie des Papstes Tür und Tor öffnete. Vielleicht überschätzen wir die Bedeutung jener Schreiben, die den ganzen Radikalismus eines Utopisten an der Stirn tragen. Sie erhalten jedoch für ihre romfeindliche Stimmung eine eigentümliche Folie in der Besorgnis des Propstes Gerhoh von Reichersberg (f 1169) auch auf ihn wie auf Bischof Otto von Freising war der Aufschwung des deutschen Königtums unter Friedrich Barbarossa nicht ohne Wirkung geblieben , es möchte bei der Ueberspannung der päpstlichen Gerechtsamen, dank der drückenden Last kurialer Missbräuche in der Verwaltung der Kirche ein ähnlicher Abfall vom Gehorsam gegen die römische Kirche eintreten, wie ehedem schon die Griechen von ihr ab- trünnig geworden waren x). Hier wie dort also eine Oppo- sition wider das Papsttum, der auch eine Vision der hl. Hilde- gard von Bingen (f um 1180) Ausdruck gab: die Zeit werde kommen, wo Völker und Fürsten das Papsttum, in dem sie keinerlei Religion mehr erkennen, mindern und andere Meister und Erzbischöfe unter anderem Namen in den verschiedenen Ländern einsetzen werden", „auf dass alsdann jeder Erzbischof oder andere geistliche Meister seine Untergebenen hinlenkt zum geraden Wege der Zucht" 2).

*) Vgl. Grerhohs Schrift De investigatione Antichristi I c. 58 (87), Mon. Germ. Libelli de lite III, S. 374.

2) Liber divinorum operum III vis. X. c. 25 : . . . Romanum impe- rium in defectum dispergetur. Nam unaquaeque gens et quisquis populus

20 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Noch ein Moment sei hier bereits betont. Der unbekannte Verfasser der Trierer Stilübungen konnte die deutsche Kirche sich nicht denken ohne sichtbares Oberhaupt, dem er den Titel Primas beigelegt wünschte. An einen solchen deutschen Primat aber dachten auch seit dem Ausgang des 15. Jahr- hunderts die Männer, deren nationalkirchliche Pläne und Ent- würfe noch darzulegen sein werden, im Jahre 1495 Hans von Hermansgrün, der ein Patriarchat ins Auge fasste, im Jahre 1510 Jakob Wimpheling, wenn er in historischen Er- innerungen der alten Privilegien von Salzburg und Magdeburg Erwähnung tat; auf eine monarchische Spitze der deutschen Kirche hofften ihre Zeitgenossen und, zu Beginn seines Wirkens, selbst Martin Luther in seiner Schrift „An den christlichen Adel Deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" vom Jahre 1520. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts glaubte K. Tb. von Dalberg auf den Titel Primas Germaniae, den ihm der Reichsdeputationshauptschluss vom Jahre 1803 ge-

regem sibi tunc constituet, cui obediat, dicens, quod latitudo imperii Romani magis sibi oneris prius fuerit quam honoris. Sed postquam im- periale sceptrum hoc modo divisum fuerit nee reparari poterit, tunc etiam infula apostolici honoris dividetur. Quia enim nee prineipes nee reliqui homines tarn spiritalis quam saecularis ordinis in apostolico nomine ullam religionem tunc invenient, dignitatem nominis illius tunc imminuent. Alios quoque magistros et archiepiscopos sub alio nomine in diversis regionibus sibi praeferent, ita ut etiam apostolicus eo tem- pore, dilatatione honoris pristinae dignitatis attenuatus, Romain et pauca illi adiacentia loca vix etiam tunc sub infula sua obtineat. Haec autem ex parte per bellorum ineursionem evenient, ex parte quoque per com- mune consilium et consensum et spiritalium et saecularium populorum perficientur, illis hortantibus, ut quisque saecularis prineeps regnura et populum suum muniat et regat, ut quilibet archiepiscopus seu alius spiritalis magister subditos suos ad rectitudinem diseiplinae constringat, ne deineeps malis illis affligantur, quibus divino nutu prius afflicti sunt (Migne, Patrol. latina vol. 197, col. 1026 sq.). Vgl. dazu J. v. D Ol- li nger, Kleinere Schriften, herausg. von F. H. Reusch (Stuttgart 1890), S. 503 f.; über die hl. Hildegard vgl. A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands IV, S. 398 ff .

Trierer Stilübungen (um 1158). 21

währte, eine Stellvertretung des Papstes gründen zu können, die ihrem Inhaber im Hinblick auf Rom genügende Selbständig- keit, dazu auch die Ueberordnung über die deutschen Bischöfe gewährleisten würde. Die deutsche Kirche katholischen Glau- bens sollte, so verlangten noch in den Jahren 1814 und 1815 J. H. C. von Wessenberg, im Jahre 1848 J. Döllinger, einem Primas untergeben sein und gleichsam einen Mikrokosmos der allgemeinen Kirche darstellen, deren Oberhaupt, der Nachfolger Petri, im Primas sein Gegen bild fände, damit dieser die Frei- heit und das eigene Recht Deutschlands vertrete und wahre *). Mittelalterliche Gedankenreihen waren es endlich, die König Friedrich Wilhelm IV. erfüllten, als er im Jahre 1840 seinen Sommernachtstraum " beschrieb, die evangelische Kirche Preussens neu zu gestalten und ihren Bischöfen dreizehn Metro- politane mit Konsistorien überzuordnen; „an Stelle aber des geistlichen Ministers und Ministerii treten der Fürst-Erzbischof von Magdeburg, Primas Germaniae, und das Primatial- Konsi- storium oder Capitel daselbst" 2).

') Erinnert sei auch daran, dass im 5. Jahrhundert der Bischof von Arles einen Primat für sich und seine Kirche anstrebte, der Gallien gegenüber dem Papste unabhängig machen sollte; dass im 9. Jahr- hundert Erzbischof Hinkmar von Reims (f 882) die gleiche Stellung für sich und seine Kirche ins Auge fasste; vgl. meine Geschichte der Kirchenverfassung Deutschlands im Mittelalter I (Hannover und Leip- zig 1905), S. 36 ff. J. Heller: Allgemeine Deutsche Biographie XII, S. 441. 444. 450.

2) Vgl. den Brief des Königs an Bunsen vom 24. März 1840 bei L. von Ranke, Sämtliche Werke XLIX. L (Leipzig 1887), S. 372 ff., bes. S. 383, dazu H. vonTreitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahr- hundert V (Leipzig 1894), S. 361 ff.

Dritter Abschnitt.

Das Konkordat Papst Martins V. mit der „deutschen Nation" vom Jahre 1418.

Nicht allein im 12. Jahrhundert erhoben sich Stimmen wider Rom. Leidenschaftlich befehdete im folgenden Walter von der Vogelweide den Papst. Eindrucksvoll erinnerte Fried- rich IL (1212 1250) die Fürsten seiner Zeit an die Gemeinsam- keit des Interesses der Staaten gegenüber den Uebergriffen der Kurie1). Erbittert wurde im 14. Jahrhundert der Kampf geführt zwischen Ludwig dem Bayern (1314 1347) und Johann XXII. (1316 1334), sodass die städtischen Chronisten mit einer Art von Schadenfreude die Veröffentlichung eines so wirksamen Buches wie des Defensor pacis des Marsilius von Padua verzeichneten2). Immer aber bleibt es merkwürdig, dass selbst Friedrich IL nicht an die Erhebung eines kaiserlichen Gegenpapstes dachte, während das Vorgehen des Witteis- bachers im Jahre 1328 kaum mehr als den kläglichen Versuch bedeutete, jene längst verklungenen Tage wieder her aufzuführen, in denen ein Heinrich IV. (1056—1106), Heinrich V. (1106 bis 1125) und Friedrich I. (1152—1190) Gegenpäpste erhoben oder begünstigt hatten, nicht um eine neue Kirche zu be-

*) Vgl. F. Crraefe, Die Publizistik in der letzten Epoche Kaiser Friedrichs II. (Heidelberg 1909), S. 17 ff.

2) Vgl. Chroniken der deutschen Städte VIII, S. 70. 473; siehe auch W. Theremin, Beitrag zur öffentlichen Meinung über Kirche und Staat in der städtischen Geschichtschreibung Deutschlands von 1349 1415. Berlin 1909.

Konstanzer Konkordat (1418j. 23

gründen, sondern um dem Gegner Abbruch zu tun und die ehemalige Stellung des Kaisertums über dem Papste mit frei- lich niemals glücklichem Erfolge für kurze Zeit in Erinne- rung zu bringen. Zu allem noch eins: weder im 13. noch im 14. Jahrhundert dachte man an den Plan einer deutschen Nationalkirche.

Die Gründe dieser Erscheinung lassen sich leicht auf- decken1). Das deutsche Königtum, seit der Doppelwahl des Unglücksjahres 1198 zum Wahlkönigtum geworden, hatte an- dere Ziele als die Aufrichtung einer kirchlichen Organisation, die der ohnehin verwickelten Reichsverwaltung neue Lasten aufgebürdet hätte. Der deutsche Reichsfürstenstand zerfiel zwar in eine weltliche und eine geistliche Hälfte, die Interessen von beiden aber waren weit mehr dem Ausbau ihrer Terri- torien zugekehrt, als dass sie eine Neuordnung hätten unter- nehmen mögen, die vielleicht gerade die geistlichen Fürsten auf ihre kirchlichen Beamtungen eingeschränkt hätte, während bislang durch die hierarchische Würde ihre weltliche Landes- herrlichkeit einen vom Kirchenrecht anerkannten Rückhalt empfing. Die Verbände der erzbischöflichen Provinzen, die Verwaltungssprengel der Diözesen waren und wurden dauernd aufgelockert durch Exemtionen aller Art; sie boten den Landes- gewalten willkommene Gelegenheit zur Vermehrung und Stär- kung ihrer Gerechtsame mit Hilfe kirchlicher Befugnisse, die wiederum mit ihrer Landeshoheit unauflöslich verwuchsen. War es dem Papsttum zu verdenken, dass es diese zerfahrenen Zustände zum eigenen Vorteil ausnutzte?

Seine Kirche war die „eine, heilige, katholische und apo- stolische". Sie war in sich einheitlich, derart dass sie als ein einziges Herrschaftsgebiet dem Eingreifen der Kurie in Ver- fassung und Verwaltung, in Rechtsprechung und Gesetzgebung sich darbot. Allenthalben war es möglich, Stellen zu besetzen, kirchliche Feste anzuordnen, Steuern auszuschreiben, zivile

') Vgl. zum Folgenden Historische Vierteljahrschrift 1908, S. 153 ff.

24 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

und kriminale Prozesse zu entscheiden. Der Widerstand des Klerus oder der Laienschaft liess sich brechen oder zum min- desten ertragen, und dies ganze System wurde unterstützt durch ein Rechtsbuch voller Anpassung an die Doktrin von dem keinem Richter unterworfenen Papsttum und seiner All- macht, wurde getragen durch die Lehre, dass es für den ein- zelnen Menschen heilsnotwendig sei, dem Nachfolger Petri Untertan zu sein. Die allgemeine Kirche war, so könnte man sagen, die Eigenkirche des Papstes geworden, und stets wird es Verwunderung erregen, wie lange sie es blieb, obwohl seit dem Jahre 1309 die „babylonische Gefangenschaft" der Päpste in Avignon die politische Abhängigkeit der Kurie von Frank- reich weit deutlicher in Erscheinung treten liess, als einst die Herrschaft der Ottonen und ersten Salier den Stuhl Petri dem Willen der Deutschen untergeordnet hatte. In allen diesen Zuständen lag die Zurückdrängung des die Kirche bildenden Prinzips, des Glaubens, gegenüber dem ihm Form gebenden Recht; nur wenige Dogmen sind im späteren Mittelalter von den Päpsten verkündigt worden. Das päpstliche Recht aber wurde je länger je mehr übertrieben zur Aufsaugung alles lokalen Rechtes zu Gunsten der Allgewalt des Nachfolgers Petri. Die päpstliche Verwaltung wurde je länger je mehr ge- handhabt mit den weltlichen Mitteln des Zwanges und der finanziellen Ausbeutung, allzu häufig aus Rücksicht auf welt- liche Interessen der Kurie: ihre Zentralisation in Avignon wurde zur Ursache des tiefen Falles im Zeitalter des Schismas (1378—1417), der Reformkonzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414—1418) und Basel (1431—1449). Noch fühlte sich die abendländische Christenheit trotz aller Häresien und trotz der Lehren eines Wiklif (f 1384) und Huss (f 1415) als eine Einheit im religiösen Glauben. Wie aber ein Strom den Damm zerreisst, der ihm lange die Richtung vorschrieb, so drohte jetzt die Vielgestaltigkeit nationaler Wünsche und Be- schwerden hinsichtlich der kirchlichen Verfassung und Ver- waltung die allgemeine Kirche aufzulösen in eine Vielzahl von

Konstanzer Konkordat (1418). 25

nationalen Kirchen, die geneigt schien, dem Papste kaum mehr als Ehrenvorrechte zu belassen. Die Lehre von der Superiorität der Konzilien über den Papst, wie sie in Konstanz am 6. April 1415 festgelegt und zu Basel am 15. Februar 1432 erneuert wurde x) , erschütterte die Grundlagen der bisherigen Kirchen- verfassung, mochten gleich bei weitem nicht alle Konzils- beschlüsse so radikalen Geist atmen wie jene Worte eines französischen Erzbischofs: „Diesmal wollen wir das Papst- tum den Händen der Italiener entreissen oder es so rupfen, dass nichts mehr dran liegt, wo es ist" 2).

Erst durch den Hinweis auf die im wesentlichen überein- stimmende Stellungnahme von England und Frankreich zum kirchlichen Problem wird die kirchliche Politik Deutschlands veranschaulicht. In England hatten seit den vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts König und Parlament der päpstlichen Rechtsprechung, Gesetzgebung* und Besteuerung Widerstand geleistet. Das Auftreten Wiklifs hatte sodann den Zusammen- hang der englischen Kirche mit Rom gelockert; um die Wende des 14. und 15. Jahrhunderts war sie „ein Teil des nationalen Staates", eine Staatskirche" geworden. Noch duldete sie gewisse päpstliche Befugnisse, aber bezeichnend genug klagte man im Beginne der Regierung Martins V. (1417 1431) in Rom, dass der Peterspfennig, dieses letzte Zeichen des Gehorsams der Engländer gegen den heiligen Stuhl, nicht gezahlt werde, und dass es dem Papste nicht einmal möglich sei, über jenes Land andere Nachrichten zu erhalten, als die ihm der königliche Gesandte in Rom zukommen lasse"3). In Frankreich war im Jahre 1398 die Neutralität im Schisma der Päpste zum ersten Male verkündet, im Jahre 1403 zwar wieder aufgehoben,

') Konstanz sessio V , Basel sessio II ; M a n s i XXVII , 590 f. XXIX, 23.

2) Zitiert nach J.Hall er: Historische Zeitschrift Bd. 103 (1909), S. 43 mit Anm. 2. Im allgemeinen vgl. zum ganzen Abschnitt K. Müller, Kirchengeschichte II, 1 (Tübingen und Leipzig 1902), S. 42 ff.

3) J. Hai ler, Papsttum und Kirchenreform I f Berlin 1903), S. 464.

26 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

im Jahre 1408 aber erneut ausgesprochen worden. Am 15. Mai 1408 machte der König die Ordonnanzen vom Jahre 1407 be- kannt mit ihrem Verbot päpstlicher Steuern, mit der Wieder- herstellung des Wahlrechtes der Kapitel und des Verleihungs- rechtes der Prälaten als alter Freiheiten der gallikanischen Kirche. In Anlehnung an das englische Vorbild strebte auch Frankreich nach Trennung seiner Kirche vom Papste. „Eine nationale Kirche soll geschaffen werden, unabhängig vom Papste in der Verteilung ihrer Aemter und Pfründen und im Genüsse ihrer Einkünfte, mit ihm nur noch durch religiöse Bande verbunden; das ist der Grundgedanke der gallikanischen Freiheiten" x).

Wie war die kirchliche Politik Deutschlands? Es hiesse oft Gesagtes wiederholen , sollten die Ursachen noch einmal dargelegt werden, warum hier nicht wie in England und Frank- reich das Königtum die allenthalben als unumgänglich an- erkannte Reform der allgemeinen Kirche an Haupt und Gliedern ausnutzen konnte zur Ausgestaltung einer nationalen Kirche. Es gebrach ihm an Kraft, die Nation, den Staat und die kirch- lichen Anstalten auf deutschem Boden zusammenzufassen und zusammenzuhalten. Selbst wer aber der Oligarchie der Reichs- stände, vorab dem Kurfürstenkollegium, die Aufgabe zuerkennen wollte, bei einer Lebensfrage der Nation in die Bresche zu treten, wird an zweierlei zu erinnern sein, einmal daran, dass unter den kurfürstlichen Königswählern die drei Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sich befanden, deren Politik nie ausschliesslich den Reichsinteressen zugekehrt sein konnte, da ihre kirchliche Würde vom Papste abhing und ein Gegensatz zum Papste sie leicht auch um ihr weltliches Ansehen bringen mochte; sodann daran, dass im Gewölk der Reichsstände neben den Reichsstädten die weltlichen und geistlichen Fürsten insgesamt verflochten waren in den Kreis ihrer territorialen Machtfragen. Wohl nahmen die Reichstage seit Ausbruch des

*) J. Haller a. a. 0. I, S. 291. 303. 370.

Konstanzer Konkordat (1418). 27

Schismas sich der kirchlichen Frage an, wohl verhalf die Einberufung des Konstanzer Konzils durch König Sigmund (1410 1437, Kaiser seit 1433) einem alten kaiserlichen nicht königlichen Recht zu freilich rasch vergessener Auf- erstehung, fester jedoch als ü&erall sonst war in Deutsch- land die Verbindung mit Rom, das Erbteil der Vergangenheit und die Last der Gegenwart. Wer hätte es unternehmen sollen, die auseinanderfliessenden Elemente des nationalen Lebens zu einigen? Wer mochte ihnen als Ziel die mühsalreiche Auf- gabe aufbürden, die kirchlichen Verbände auf deutschem Boden, die Provinzen samt ihren SufFragandiözesen, zu einer nationalen Kirche zusammenzuschmieden? Eine Lösung des kirchlichen Problems, die das deutsche Interesse wahrte und sicherstellte, war dank dem Gang der deutschen Geschichte und bei der Lage Deutschlands um die Wende des 14. und 15. Jahrhunderts unmöglich. Wohl war der Drang nach Bildung auch einer deutschen Nationalkirche vorhanden er trieb zu den Ver- suchen der Jahre 1418 und 1439 , eine Erfüllung ward ihm jedoch nicht beschieden trotz der schweren Krisis, die über das Papsttum und mit ihm über die allgemeine Kirche herein- gebrochen war.

Der Versuch des Jahres 1418 hat seinen Niederschlag gefunden in dem Konkordat des neugewählten Papstes Martin V. (1417 1431) mit der „deutschen Nation" vom 15. April (2. Mai) 1418 *). Ihm voraufgegangen waren die Beschlüsse der 39. und 40. Sitzung des Konstanzer Konzils vom 9. und 30. Oktober 1417 2), die Generalreformdekrete der 43. Sitzung vom 21. März 1418 in der Form einer von Martin V. erlassenen Urkunde 3). Sie enthielten diejenigen Reformsatzungen, über die zwischen allen Teilnehmern der Versammlung eine

') B. H übler, Die Constanzer Reformation und die Concordate von 1418 (Leipzig 1867), S. 164 ff.; über das Datum vgl. ebd. S. 59.

2) B. Hübler a. a. 0. S. 118 ff. H. von der Hardt, Magnum oecumenicum concilium Constantiense IV, p. 1452 ff.

3) B. Hübler a. a. 0. S. 158 ff.

28 Werminghoff, Natioiialkirchliche Bestrebungen.

Uebereinstimmung erzielt worden war, sollten also gemeines Kirchenrecht schaffen und waren deshalb nicht in ihrer Gültig- keitsdauer befristet. Anders das Konkordat mit der „deutschen Nation". Es umfasste diejenigen Punkte, in denen zwischen dem Papste und allein der deutschen Konzilsnation eine Eini- gung herbeigeführt war. Es reformierte nur den Teil der kirchlichen Verfassung und Verwaltung, an dem die deutsche Konzilsnation interessiert war. Es erzeugte ein Sonderrecht für die Kirche der Nation und sollte nur fünf Jahre in Kraft bleiben, nach deren Verlauf „jede Kirche und jede Person die Freiheit hat, ihres Rechtes sich zu bedienen, der vereinbarten Punkte ungeachtet". Diese wesentlichen Unterschiede zwischen den allgemeinen Reformdekreten und dem deutschen Konkordat hindern, in ihnen eine geschlossene, einheitliche Rechtsquelle zu erblicken, in ihrem Inhalt- eine Ordnung zu erkennen, die der Gesamtheit der Beziehungen zwischen dem Papsttum als dem Oberhaupt der allgemeinen Kirche und der Kirche der „deutschen Nation" ein von Grund aus neues Aussehen ge- geben hätte. Gesetze von unbefristeter Gültigkeitsdauer und solche von befristeter Gültigkeitsdauer sind, weil ungleich- artig, nicht geeignet, auf sie eine in sich homogene Ver- fassung aufzubauen; eine Organisation, die auf so von ein- ander abweichende Normen sich stützen wollte, wäre ein Unding.

Weiterhin aber: wer war denn jene „deutsche Nation", mit der Martin V. das Konkordat abschloss? Sie war ein an- erkanntes Organ des Konzils und deshalb zur Vertretung ihrer landsmannschaftlichen Wünsche wie befähigt so verpflichtet. Sie war gleichwohl keine Einheit. Sie verkörperte nicht nur die kirch- lichen Verbände auf dem Boden des Deutschen Reiches nörd- lich der Alpen. Sie war eine Konzilspartei mit weitergehenden Befugnissen ausgestattet als eine Parlamentspartei der Gegen- wart — und wurde gebildet aus solchen Mitgliedern, die aus dem Deutschen Reiche, aus Polen, Ungarn, Dänemark, Norwegen und Schweden zum Konzil gekommen waren und hier, sei es

Konstanzer Konkordat (1418). 29

kirchliche Verwaltungssprengel, sei es kirchliche Anstalten in ihren Heimatländern vertraten *). So fehlte der „deutschen Nation" auf der Konstanzer Kirchenversammlung die innere nationale Individualisierung in jenem modernen Sinne, dessen auch wir uns bisher stets bedienten, um an ihn auch späterhin uns zu halten. Die der „deutschen Nation" des Konzils zugewandten Prälaten und Geistlichen aus dem Deutschen Reiche waren mit den Polen u. s. w. zusammengeführt durch gemeinsame kirchliche Anliegen und Bestrebungen, nicht mit ihnen verbunden durch die Organisation einer Kirche, die ihre kirchlichen Verbände und Anstalten insgesamt umspannt hätte. Eine solche zu schaffen lag nicht in der Absicht der „deutschen Nation". Sie einzuführen, hinderte von vorn- herein die Ungleichheit der Normen, die in den General- reformartikeln vom 21. März 1418 und im Konkordat vom 15. April 1418 zu Tage getreten war. Dieser alles entschei- denden Tatsache geschieht nirgends Erwähnung. Der räum- liche Bezirk, in welchem für fünf Jahre das Konkordat gelten sollte, wird nirgends umschrieben. Der für die „deutsche Nation" geschaffene Zustand erhält an keiner Stelle eine Sicherung durch Einrichtung eines Organes, das dem Papsttum gegenüber wachen sollte über die Befolgung der Abmachungen , das befugt gewesen wäre , nach Ablauf jener Frist eine Erneuerung oder Abänderung des Konkordats auf dem Wege des Abkommens mit dem Papst einzuleiten oder zu bewerkstelligen. So schuf das Konkordat vom Jahre 1418 nichts anderes als ein Provisorium voller Widersprüche, dessen Vergleich mit dem romanischen und englischen Konkordat2) nur zu Gunsten dieser Festsetzungen für zwei nationale Kir- chen ausfallen kann.

Eine nationale Kirche endlich das Wort „national"

*) Vgl. Historische Vierteljahrschrift 1908, S. 184 ff". 2) B. Hübler a. a. 0. S. 194 ff. 207 ff.; vgl. ebd. S. 218 ff. die Synopsis der Konstanzer Reformation.

UBRARY ST. MARYS COLLEGE

30 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

in dem uns geläufigen Sinne angewandt wird stets die Neigung haben, sieh an den nationalen Staat anzulehnen und damit zur Landes- oder auch zur Staatskirche zu werden. Die Beispiele der englischen und französischen Kirchen gerade zu Beginn des 15. Jahrhunderts erhärten diesen Satz zur Ge- nüge. An welchen Staat aber sollte die Kirche der „deutschen Nation" sich anlehnen? Einst, im beginnenden 11. Jahrhundert, hatte der deutsche König, dank seiner Herrschaft über den Erzbischof von Hamburg-Bremen, auch die kirchliche Organi- sation in Dänemark und den skandinavischen Reichen beherrscht; jetzt waren diese Zeiten unwiederbringlich dahin. Das deutsche Konkordat befasste sich mit der Zahl und den Eigenschaften der Kardinäle wie ihrer Ernennung, mit den Provisionen für Kirchen, Klöster, Priorate, Dignitäten und Pfründen. Es handelte von den Annaten und den in Rom zu erledigenden Prozessen, von Kommenden, von der Simonie, von der Exkommunikation und allen kirchlichen Zensuren, denen eine Kommunionssperre im weitesten Sinne folgte. Es regelte die Dispensationen. Es befasste sich mit dem Unterhalt des Papstes und der Kardi- näle, mit dem Ablasswesen. Allüberall stellte es sich dar als eine Vereinbarung zwischen nur kirchlichen Kontrahenten, dem Papst und der Konzilspartei. Es schuf Normen ausschliess- lich für innerkirchliche Angelegenheiten und nirgends, mit keinem Worte gedachte es der staatlichen Instanzen, sei es nun der gesamtstaatlichen wie beispielsweise in Dänemark und Polen, sei es der territorialstaatlichen im Rahmen des Deutschen Reiches. Diese Tatsache fällt um so mehr auf, als die Vor- schriften über die Besetzung der Prälaturen, die Ermässigung der Annatenschuld , die Reformen des kanonischen Prozesses dem gemeinschaftlichen Grenzgebiet angehörten, auf dem Staat und Kirche gerade damals einander trafen1). Schon des- halb aber war das Konkordat unvereinbar mit dem historisch entwickelten Einfluss der staatlichen Gewalten, den diese inner-

]) Vgl. B. Hübler a. a. 0. S. 319 ff.

Konstanzer Konkordat (1418). 31

halb ihrer grösseren oder kleineren Gebiete auf das Leben der Kirche ausübten. Es war ein Rückfall in Zeiten, in denen nach freilich getrübter Ueberlieferung die Kirche allein und aus ihrer Macht wie Selbständigkeit heraus ihr Recht sich gesetzt, ihrem Rechte auch Geltung verschafft haben sollte. Das Konkordat betrachtete den Staat als für die Kirche nicht vorhanden, eine Missachtung der tatsächlichen Ver- hältnisse, die seinem Inhalt, seinem Ziele das letzte, vernich- tende Urteil spricht. Allerdings fehlt ein Beleg dafür, dass um eine seiner Stipulationen willen die staatlichen Gewalten mit den kirchlichen Organen uneins geworden wären. Was aber besagt dies, erwägt man, dass nach fünf Jahren die für die Abmachungen von 1418 gesetzte Frist ablief? Eine längere Gültigkeitsdauer, etwa eine solche ohne Beschränkung wie die des englischen und romanischen Konkordats, hätte ohne Zweifel Streitigkeiten hervorgerufen; denn dass die Staaten auf ihre immerhin nur historisch begründeten Rechte stillschweigend verzichtet, folgeweise jene Einzelsatzungen als für alle Zeit erlassene Normen angesehen hätten, ist kaum anzunehmen. Ueber eine solche Konnivenz gegenüber der Kirche hätten sie sich schlüssig werden müssen, sobald eine Erneuerung oder auch Abänderung des Konkordats durch Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Papst und „deutscher Nation" er- folgt wäre.

Sie unterblieb, nicht zuletzt deshalb, weil die „deutsche Nation" ein zufälliges Gebilde der Konstanzer Konzilsverfas- sung und Geschäftsordnung war, also der Dauer über das Konzil hinaus entbehrte. Diese „deutsche Nation" war be- lastet mit den Interessen auch ausserdeutscher Kirchenverbände und Anstalten, war kein Organ für den Willen ausschliesslich der deutschen Geistlichkeit, über der kein Königtum stand wie in England und Frankreich. So war das Konstanzer Konkordat vom Jahre 1418 ein mit ungeeigneten Mitteln unternommener Versuch zur Schaffung einer nationalen Kirche. So gut wie alles war ausser acht gelassen, die Sicherung der

LIBRARY ST. MARYS COLLEGE

32 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Zugeständnisse Roms für Deutschland und die Aufrichtung einer Institution, die in berechtigtem Egoismus die ausser- deutschen Elemente von sich abgestossen hätte. In den Ab- machungen von 1418 trafen Momente der allgemein europäischen und der deutschen Entwicklung zusammen und auch im Jahre 1439 sollten jene über die deutschen Bemühungen den Sieg davontragen.

Vierter Abschnitt.

Die Mainzer Acceptation vom Jahre 1439.

Noch einmal schien während des Basler Konzils (1431 bis 1449) die Gelegenheit zum Aufbau einer deutschen National- kirche sich zu bieten.

Die wechselvolle Geschichte der letzten Kirchenversamm- lung des 15. Jahrhunderts darf als bekannt vorausgesetzt werden 1). Seit ihrem Beschluss über die Annaten vom 9. Juni 1435 war sie mit dem Papste Eugen IV. (1431—1447) heillos zerfallen. Sie bedrohte ihn am 12. Oktober 1437 mit Suspension und Absetzung, die am 14. Januar 1438 verkündet wurden, nachdem Eugen IV. am 30. Dezember 1437 das Konzil nach Ferrara verlegt und die Eröffnung der neuen Versamm- lung auf den 8. Januar 1438 anberaumt hatte. Das Schisma, mit so viel Mühsal vor zwanzig Jahren beseitigt, erschien wiederum in gefahrdrohender Nähe, und eben deshalb musste jetzt die Stellungnahme der nationalen Einzelstaaten zu dem ursprünglich inner kirchlichen Streite von ausschlaggebender Bedeutung sein. Die Verflechtung staatlichen und kirchlichen Wesens verhinderte, den Kampf zwischen Rom und Basel ganz ausser acht zu lassen. Zwei Wege waren immerhin möglich. Man benutzte entweder die Hilfsbedürftigkeit eines jeden der Streitenden, um der Unterstützung sei es des Konzils, sei es

*) Vgl. z. B. K. Müller a. a. 0. II, 1, S. 93 ff. R. Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel I (Basel 1907), S. 476 ff.; siehe auch Mei- sters Grundriss der Geschichtswissenschaft II, 6 (Leipzig 1907), S. 92 ff. Wevminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 3

34 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

des Papstes den Lohn von Zugeständnissen zu sichern, oder aber man trug kein Bedenken, durch geschicktes Zugreifen die eigene Macht zu erweitern, und überliess friedlicheren Zeiten die Entscheidung darüber, ob und bis zu welchem Grade die Kirche die Einbusse an Recht und Ansehen würde hinnehmen mögen. Hier wie dort lockte der Zuwachs an kirchlichen Ge- rechtsamen, die nunmehr auf die staatliche Gewalt übergehen sollten. Die grosse Zeit der mittelalterlichen Papstkirche ging zur Rüste, die der Renaissance des Staates begann.

Die kirchliche Politik aller Einzelstaaten seit dem Jahre 1435 ist hier nicht zu erörtern. Erinnert sei nur an England, das längst erreicht hatte was es brauchte, daher im wesent- lichen sich zurückhielt und nur im allgemeinen auf Eugens IV. Seite sich schlagen konnte, an Frankreich sodann und die pragmatische Sanktion von Bourges vom Jahre 1438, an das Deutsche Reich endlich und den Mainzer Reichstag vom März und April des Jahres 1439, auf dem die Urkunde über die Annahme einer Reihe von Dekreten des Basler Konzils durch einen Gesandten des Königs Albrecht IL (1438 bis 1439) „mit lauter und vernehmlicher Stimme vorgelesen wurde".

Die Erwähnung der pragmatischen Sanktion von Bourges und des Acceptationsinstrumentes von Mainz legt nahe, beide Dokumente nach Form, Inhalt und Tragweite miteinander zu vergleichen.

Die Urkunde des Königs Karl VII. von Frankreich (1422 bis 1461) vom 7. Juli 1438 geht davon aus *), dass es Pflicht der königlichen Gewalt sei, die Kirche und ihre Diener zu schützen, für die Befolgung der kirchlichen Gesetze hinsichtlich

]) Ordonnances des rois de France de la troisieme race edd. Vilevault etBrequigny XIII (Paris 1782), p. 267— 291; ein Auszug bei C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums (2. Aufl., Tübingen und Leipzig 1901), S. 160 f. Vgl. N. Valois, Histoire de la pragmatique sanction de Bourges sous Charles VII (Paris 1906), p. LXXVII ff. und dazu J. Haller: Historische Zeitschrift Bd. 103 (1909), S. 1 ff., bes. S. 37 ff.

Mainzer Acceptation von 1439. 35

der Disziplin und des Glaubens zu sorgen. Nun habe in diesen Zeiten das allgemeine Konzil zu Basel zur Reform der Kirche an Haupt und Gliedern bestimmte Beschlüsse gefasst, diese dem König und der Kirche seines Landes unterbreitet und ge- beten, sie anzunehmen und ihre Beobachtung im Reiche an- zuordnen. Im Einverständnis mit seinem grossen Rate habe der König die Erzbischöfe, Bischöfe, die angesehensten Kapitel, Aebte, Dekane, Pröpste, sonstige Prälaten und Geistliche, dazu Doktoren des göttlichen und weltlichen Rechtes, Doktoren und Gelehrte der Universitäten und andere Männer in Bourges sich versammeln lassen. Hier, wo er selbst den Vorsitz geführt habe, umgeben von Mitgliedern seines Hauses, von Magnaten, Vornehmen und seinen Räten, sei er von den die Kirche Frank- reichs und der Dauphin^ verkörpernden Prälaten über die Lage der Dinge unterrichtet worden. Man habe geklagt über den Niedergang des Gehorsams gegen die kirchlichen Satzungen, über den Niedergang des kirchlichen Verfassungslebens über- haupt, und schuld daran seien vornehmlich die Reservationen, die Exspektanzen und andere Belastungen der kirchlichen An- stalten und Personen im Reiche. Kirchengut und Kirchen- pfründen seien in die Hände von Unwürdigen, von Ausländern gefallen. Zumal die einträglichen Dignitäten und Benefizien seien unbekannten und unerprobten Leuten übertragen worden, die der Residenzpflicht nicht genügten und bisweilen nicht die Sprache der ihnen anvertrauten Bevölkerung verstünden, die gleich Soldknechten nur ihren Vorteil gesucht hätten. Alles dies hat auf Kultus und Seelsorge, auf die Rechte und Besitz- tümer der kirchlichen Anstalten verhängnisvoll gewirkt, nicht minder auf die Frömmigkeit des Volkes. Die Geistlichen Frankreichs, die durch Wissen und Tugend ausgezeichnet, für den König und die Kirche seines Reiches nützlich sind, werden der Beschäftigung mit göttlichen und menschlichen Wissen- schaften entfremdet; die Hoffnung auf Beförderung ist ihnen genommen. Auch über die endlosen Streitigkeiten im Gefolge jener Reservationen und Exspektanzen, so fährt der König fort,

36 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

sei Beschwerde erhoben worden, über die Beeinträchtigung des Rechtes der Verleiher, der ordentlichen Kollatoren wie auch der Patrone. Der hierarchische Stufenbau der Kirche werde ver- wirrt, die Kirche Frankreichs unterdrückt, Gerechtsame des Königs und der Krone untergraben, die Reichtümer Frankreichs nach auswärts verschleudert; vielleicht sei gar beabsichtigt, die Kräfte des Reiches gegenüber dem Ausland zu schwächen. Alles zusammen hat den Vertretern der französischen Kirche die Basler Dekrete als heilsam zur Besserung erscheinen lassen. Sie bitten um Annahme der einen ohne jede Abänderung, der anderen mit bestimmten Abänderungen man zweifelt ja nicht an der Gesetzgebungsvollmacht der Versammlung, die jene Dekrete erliess *) , freilich mit der Massgabe, dass der Nutzen, die Lage und die Sitten in Frankreich und im Delphinat berück- sichtigt würden. Dieser ausführlichen Einleitung folgt der Text von 24 Basler Dekreten, von denen mehrere teils kürzere, teils längere Zusätze erfahren. Ihm angefügt ist das Gesuch, die Dekrete samt ihren Zutaten anzunehmen und für ihre Beob- achtung im Parlament und in anderen Gerichten des Reiches Sorge zu tragen. Auch der Hoffnung wird Raum gegeben, dass die Modifikationen beim Konzil zugelassen werden, wofür die königlichen Gesandten namens des Königs und der Kirche von Frankreich eintreten sollen. Ueber alles soll eine prag- matische Sanktion 2) angefertigt werden. Nochmals ergreift Karl VII. selbst das Wort. Nach reiflicher Beratung mit den Angehörigen seines Hauses, mit den Mitgliedern seines grossen Rates erfüllt er die Bitte der Geistlichkeit Frankreichs. Er erklärt ihre Erwägungen und Schlüsse für angenehm und an- nehmbar, stimmt ihnen zu und verkündet sie sofort als Gesetz für Frankreich und die Dauphine. Der Befehl ihrer Eintragung unter die königlichen Ordonnanzen und ihrer Befolgung in allen

*) Non hesitatione potestatis et auctoritatis condentis et promul- gantis, ipsius scilicet sacre Basiliensis synodi (p. 270). 2) Vgl. N. Valois a. a. 0. p. LXXIX f.

Mainzer Acceptation von 1439. 37

Gerichten, die Zusicherung des Schutzes an die Gehorsamen, die Drohung der Strafe an die Ungehorsamen beenden das Dokument vom 7. Juli 1438 *).

Wie ganz anders das Mainzer Acceptationsinstrument vom 26. März 1439! Seiner äusseren Form nach stellt es sich dar als ein notariell beglaubigter Akt mit der ganzen wortreichen Weitschweifigkeit dieser Urkundenart. In Gegenwart der namentlich aufgezählten Personen , so heisst es darin -'), sind die Gesandten König Albrechts II. erschienen, ferner die Erz- bischöfe von Mainz und Köln sowie Boten des Erzbischofs von Trier, des Pfalzgrafen bei Rhein, des Herzogs von Sachsen, endlich der Erzbischöfe von Salzburg und Magdeburg. Sie alle bekunden, mit genügender Vollmacht ausgerüstet zu sein, und lassen nun einen „Zettel" (papiri cedula) über die Annahme (acceptacio) von Beschlüssen des heiligen allgemeinen Konzils zu Basel verlesen, das noch versammelt ist und die allgemeine Kirche vertritt. Die cedula3) beginnt mit der Angabe, dass die Abgeordneten des Königs, die anwesenden und nur ver- tretenen Kurfürsten die Dekrete der Kirchenversammlung an-

!) Vgl. dazu Karls VII. Brief an das Konzil vom 8. Juli 1438; Valois a. a. 0. p. 87.

2) Chr. Gr. Koch, Sanctio pragmatica Germanorum illustrata (Argentorati 1789), p. 94—104; ebd. p. 105—171 Wiederholung des Textes unter wörtlicher Wiedergabe der in ihm nur allegierten Dekrete. St. A. Würdtwein, Subsidia diplomatica VII (Heidelberg 1776), p. 330—343 bringt den Wortlaut der Acceptation, p. 343—395 den der von ihr allegierten Dekrete; andere Drucke verzeichnet G. Voigt, Enea Silvio de' Piccolomini I (Berlin 1856), S. 161 Anm. 1. Ueber den Mainzer Reichstag (März und April 1439) vgl. Gr. Voigt a. a. O. I, S. 161 ff. W. Puckert, Die kurfürstliche Neutralität während des Basler Konzils (Leipzig 1858), S. 85 ff. A. Bach mann: Archiv für Österreichische Geschichte LXXV (Wien 1889), S. 49 ff. V. von Kraus, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters I (Stuttgart und Berlin 1905), S. 39 ff.

3) Vgl. ihren Wortlaut im Exkurs, der zugleich eine Konkordanz mit dem entsprechenden Abschnitt der pragmatischen Sanktion herzu- stellen sucht.

38 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

nehmen, unter Vorbehalt freilich von Erklärungen, Umgestal- tungen und Einschränkungen, die, weil für die deutsche Nation und für eines jeden Provinz, Diözese und Territorium erforder- lich, noch angebracht und auch vom Konzil zum Beschluss erhoben werden sollen 1). Für jetzt sollen von der Annahme ausgeschlossen sein das Dekret über die Suspension des Papstes und andere, die auf sie sich beziehen2). Man will beharren bei den früheren Erklärungen der deutschen Nation, das heisst derjenigen der kurfürstlichen Neutralität vom 17. März 1438 3). Es folgt die Aufzählung der acceptierten Basler Beschlüsse in der Weise, dass der Wortlaut jedes einzelnen nicht vollständig wiederholt wird, wie dies in der pragmati- schen Sanktion von Bourges geschehen war, sondern dass ihr Inhalt nur angedeutet ist durch eine kurze Umschreibung und durch die Anfangsworte des entsprechenden Kanon , ein Verfahren, das , wie noch auszuführen sein wird, an einer wichtigen Stelle zur Unklarheit verleitet, im ganzen sicherlich die Abschätzung der Acceptation nach Umfang und Tragweite alles andere eher denn erleichtert. An vier Stellen der Cedula folgen dem Hinweis auf das jeweils angenommene Basler Dekret Erklärungen u. s. w., die in Wünschen an das Konzil um Gut- heissung der deutschen Wünsche gipfeln; ebensoviele vom Kon- zil noch nicht begonnene Reformen werden von ihm am Schluss des „Zettels" erbeten. Nach seiner Verlesung, so fährt das

*) W. Puckert a. a. 0. S. 95 unterscheidet von diesen Erklärun- gen u. s. w. die im weiteren Verlauf des Instruments noch einmal vorbe- haltenen Aenderungen: ohne Zweifel zu Unrecht; sie sind identisch und in der Cedula selbst als Zusätze zu den acceptierten Dekreten enthalten.

2) Vgl. Basel 1438 Sept. 17 sess. XXXI. c. 4, Mansi XXIX, 165 ff.; s. auch J, von He feie, Konziliengeschichte VII (Freiburg i. Br. 1874), S. 653 f. 661 ff.

3) Deutsche Reichstagsakten herausg. von G. Beckmann XIII, 1 (Gotha 1908), S. 216 n. 130, dazu vgl. ebd. S. 230 n. 144, S. 332 n. 166 und die Einleitung des Herausgebers S. 36 ff. 40 ff. Nach A. Bach- mann (a. a. O. LXXV, S. 21 ff.) wurde die Verkündigung der Neu- tralität von ihren Urhebern insgemein „Protestation" genannt.

Mainzer Acceptation von 1439. 39

Instrument fort, erklärten die Gesandten des Königs für diesen, für ganz Deutschland wie auch für alle geistlichen und weltlichen Fürsten und ihre Untertanen ohne Rücksicht des Standes oder der Würde, ferner der Erzbischof von Mainz für sich selbst, für seine Kirche, Suffragane und seinen Klerus, dazu auch für den Kurfürsten von Brandenburg, der Erzbischof von Köln für sich und seine Kirche, die Boten der Erzbischöfe von Trier, Salzburg und Magdeburg für ihre Herren, deren Provinzen und Kirchen die Annahme der vorher vermerkten Konzils- beschlüsse, auch hier nicht ohne Wiederholung des bereits in die Cedula eingeschalteten Vorbehaltes l). Des weiteren Hess der Erzbischof von Bremen durch Stellvertreter des von ihm bevollmächtigten, aber erkrankten Bischofs von Lübeck kund- geben, dass er für sich und seine Suffragane jene Beschlüsse genehm halte. Ueber alles wurden nach Bedarf von den darum ersuchten Notaren Instrumente aufgenommen, jedes von ihnen mit dem ganzen Beiwerk der Zeit- und Ortsangaben wie der Zeugenliste, jedes von ihnen mit einem Zusatz vom 28. März 1439 über die Erklärung des Bischofs von Lübeck als des Vertrauensmannes seines Magdeburger Metropolitans und über dessen Billigung der Beschlüsse. Die Unterschriften von drei Notaren schliessen das Dokument ab. Jeder von ihnen freilich bekundet, dass er .es durch einen anderen habe niederschreiben lassen, da er selbst durch andere Geschäfte verhindert worden sei; immerhin habe er es wenigstens unterschrieben, bekannt gemacht und mit seinem Zeichen versehen.

l) . . . iuxta preinserte cedule capitulorum continenciam et tenorem prefati sacri Basiliensis concilii decreta solempniter acceptarunt et quilibet eorum sigillatim expresse acceptavit, salvis tarnen in quibusdam ex eis modificacionibus, declaracionibus et limitacionibus ipsis et Germanice nacioni et cuiiibet eorum singulariter in suis provinciis, diocesibus seu territoriis congruentibus et accommodis, factis et fiendis, suis loco et tem- pore oportunis exprimendis et per sacrum ßasiliense concilium, prout sperant, decretandis (Koch S. 100); vgl. oben S. 38 Anm. 1 und den Text der Cedula im Exkurs.

40 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Die ganze Umständlichkeit, um nicht zu sagen Schwer- fälligkeit des deutschen Verfahrens gegenüber dem franzö- sischen springt so sehr in die Augen, dass Worte darüber zu verlieren überflüssig dünkt.

In Bourges handelte der französische König in eigener Person, nach Anhörung der Vertreter seiner Kirche ecclesia regni et Delphinatus nostrorum, wie er fast bis zur Ermüdung des Lesers immer aufs neue wiederholt. Er sieht durch die kirchlichen Uebelstände sein Volk leiden, die eingeborene Geistlichkeit geschädigt, die Rechte seiner Krone beeinträchtigt, den Ausländern den Eintritt in französische Kirchenämter und Pfründen erschlossen. Wie einst in den Tagen Philipps IV. des Schönen (1285 1314) ertönt die Klage, dass die Reich- tümer Frankreichs ausser Landes gingen, dass solches aber nur den auswärtigen Feind stärker mache. Karl VII. accep- tierte die ihm vorgetragenen Basler Beschlüsse samt ihren Abänderungen, die wiederum in erster Linie auf die franzö- sischen Verhältnisse und Bedürfnisse Rücksicht nahmen. Er erhob sie zum Staatsgesetz, ohne in diesem selbst nochmals einzugehen auf die Hoffnung seiner Prälaten, dass die Basler Versammlung die Umgestaltungen gutheissen würde. Er tat es ohne irgendwelche Andeutung des unversöhnbaren Zwistes zwischen Basel und Rom. Er stand über den Parteien. Sein Wille entschied und schuf Gesetz, quoniam sie fieri volumus et iubemus per praesentes *).

In Mainz handelten neben den beiden persönlich er- schienenen rheinischen Erzbischöfen von Mainz und Köln die Boten der übrigen Kurfürsten und Metropoliten, dazu die Boten des abwesenden Königs Albrecht II. Eine Schilderung der kirchlichen Lage fehlt, dagegen findet sich an zwei Stellen der Vorbehalt, dass die für erforderlich gehaltenen Zusätze zu den aeeeptierten Beschlüssen vor dem Konzil zur Sprache gebracht werden sollen, um neuen Verhandlungen über ihre Gültigkeit

Ordonnances XIII, p. 291.

Mainzer Acceptation von 1439. 41

Tür und Tor zu öffnen. Dass der Inhalt des „Zettels" Gesetz werden soll, davon verlautet nichts, da dies erst nach Billigung jener Zusätze durch die Basler erwogen werden konnte. Still- schweigend wurde damit das Konzil als die Instanz für kirchliche Gesetzgebung anerkannt, treu aber ihrer früheren Neutralitäts- erklärung wollten die Deutschen weder die Frage nach der Gültig- keit des Suspensionsdekretes wider den Papst entscheiden noch in sie irgendwie eingreifen. In Bourges hatte man sich zur Tat entschlossen, in Mainz sich verständigt über den Vorsatz zu einer Tat. Nur ein Fortschritt war gemacht. Nicht mehr die deutsche Nation" als Konzilspartei war am Werke wie vor etwas mehr denn zwanzig Jahren in Konstanz. Der Be- griff der deutschen Nation war seither fester geworden und räumlich umgrenzt. Er liess sie jetzt erscheinen als eine staatliche Einheit, die vom König und Kurfürstenkolleg ver- körpert wurde, als eine Einheit auch in kirchlicher Hinsicht, da in der Stadt am Rhein die sechs Vorsteher der sechs Kirchenprovinzen auf deutschem Boden oder doch ihre Ab- geordneten sich eingefunden hatten, der Erzbistümer von Mainz, Köln, Trier, Magdeburg, Salzburg und Bremen. Sie nahmen für sich, ihre Kirchen und Suffraganbischöfe die Basler De- krete an. Man ist geneigt, in diesem ihrem Auftreten wenig- stens einen Keim nationalen Zusammenschlusses zum Zwecke einer Sonderstellung innerhalb der allgemeinen Kirche zu er- blicken.

Hiermit ist ein Problem angedeutet, das nur gelöst wer- den kann durch die Vergleichung der zu Bourges und zu Mainz acceptierten Satzungen 1).

An die verschiedene Art der Einfügung der acceptierten

!) Zum Folgenden vgl. den dritten Abschnitt des Exkurses. Eine Synopsis der Mainzer Acceptation mit dem Konkordate vom Jahre 1418 findet sich bei B. Gebhardt, Die Gravamina der Deutschen Nation gegen den römischen Hof (2. Aufl., Breslau 1895), S. 114 ff.; vgl. auch G. Voigt, Enea Silvio I, S. 164 f.

42 WerminghofF, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Basler Dekrete in beide Dokumente ist nur im Vorübergehen noch einmal zu erinnern: in Bourges wiederholte man ihren ganzen Wortlaut, in Mainz allegierte man ihre Eingangs- worte. Dort strebte man eine gewisse Systematik der Materien an, hier folgte man der jeden inneren Zusammenhang des In- halts auflösenden chronologischen Reihe der Basler Konzils- sitzungen. Die Sanktion wurde in Mainz benutzt, aber neben ihr noch ein Exemplar der konziliaren Satzungen selbst. Von 24 Dekreten im Rahmen der Sanktion kehren 22 im Mainzer „Zettel" wieder, ein weiteres wurde zu Mainz in seinem alten Umfang wiederhergestellt und nur eins wurde nicht auch von den Deutschen angenommen. Und umgekehrt: von 26 Dekreten des Mainzer „Zettels" decken sich 22 mit denen der Sanktion, eins ist ihr gegenüber erweitert, drei endlich haben kein Vor- bild in ihr. An beiden Orten beliebte man zu einzelnen Ab- schnitten Zusätze , deren Umfang und Tragweite natürlich ent- sprechend ihren Urhebern und den Ländern, für deren Kirchen sie in Kraft treten sollten, verschieden war. Es wird sich ergeben, dass auch die Zusätze von Bourges auf die von Mainz von Einfluss gewesen sind.

Die weitere Betrachtung gestaltet sich übersichtlicher, fasst sie zunächst das der Sanktion und der Acceptation Gemeinsame ins Auge.

Gemeinsam ist beiden der Wunsch nach einer Reform der kirchlichen Verfassung und Verwaltung. Gefordert wird die periodische Wiederkehr der allgemeinen Konzilien *) ; be- zeichnend tritt dies Verlangen an die Spitze eines jeden der Dokumente. In Bourges und in Mainz erkennt man in der Wiederherstellung des Wahlrechtes von Kapiteln und Kon- venten ein Hauptmittel der Besserung 2) , zumal man wohl die päpstlichen gratiae expectativae abschafft, päpstliche Er-

*) Bourges I = Mainz I. Die zu den Buchstaben B. und M. hin- zugefügten Ziffern entsprechen den Abschnitten in den Dokumenten; vgl. den Exkurs.

2) B. TU. IV = M. II. XXI.

Mainzer Acceptation von 1439. 43

nennungen aber nur für wenige Pfründen an jeder Kirche zulässt, die konziliaren Satzungen über die Eigenschaften der an allen Einzelkirchen anzustellenden Geistlichen und über die ordnungsgemässe Kollation der Benefizien insgesamt wieder- holt1). Das sittliche Verhalten der Kleriker bleibt keines- wegs unbeachtet 2) und ebensowenig ihr Auftreten beim Gottesdienst3), ihr Schuldenmachen4), die Veranstaltung von Kapitelversammlungen zu Zeiten des Hochamtes5) oder von Schauspielen im Gotteshause •) , die allzuhäufige Verhängung kirchlicher Zensuren7). Schon aus den Satzungen über die Generalkonzilien und das Wahlrecht der kirchlichen Korpora- tionen sprach ein tiefes Misstrauen wider Rom , der Versuch auch einer Wiedererweckung alter bischöflicher Befugnisse über den Diözesanklerus, die von der Papstgewalt aufgesogen worden waren. Für die Versammlungen zu Bourges und zu Mainz waren daher die weiteren Beschlüsse der Basler will- kommen, die der Ausdehnung päpstlicher Reservationen über den Kreis der im Corpus iuris canonici aufgeführten entgegen- traten8), die den päpstlichen Schreiben über Pfründenverzicht oder Pfründenentziehung sich in den Weg stellten 9), vor allem dem Unwesen der über Gebühr und Not häufigen Appellationen nach Rom, folgeweise den Störungen der ordentlichen Rechts- pflege in den kleineren Bezirken der kirchlichen Verwaltung steuerten 10), um hierdurch den ruhigen Pfründenbesitz der In- haber zu gewährleisten ll). Zudem machte man sich den Basler

») B. VI = M. XXV.

2) B. XXI = M. V.

3) B. XII-XVII = M. XI-XVI. *) B. XVIII = M. XVII.

5) B. XIX = M. XVIII.

6) B. XX = M. XIX.

7) B. XXII. XXIII = M. VI. VII.

8) B. V = M. XXII.

9) B. XXIV = M. XXIII.

10) B. VII. VIII = M. XXVI. VIII.

11) B. IX = M. X.

44 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Annatenbeschluss zu eigen *) ; deutlicher hätte die Ueberein- stimmung mit dem Konzil, der Gegensatz zum Papst nicht gekennzeichnet werden können.

Gleichwohl wäre es kaum angebracht, die weitgehende Verwandtschaft und Gleichheit der französischen und der deutschen Urkunde zum alleinigen Massstab ihrer Beurteilung zu machen. Auch ihre Verschiedenheiten verdienen erwogen zu werden, und nicht allein die in der Wertung beider Dokumente durch ihre Urheber beruhenden wir nannten die Sanktion, weil sofort als Gesetz eingeführt, eine Tat, die Mainzer Accep- tation, weil noch auf Verhandlungen mit dem Konzil bedacht, den Vorsatz einer Tat2) , sondern auch die ihres Inhaltes dank der nur je in ein Dokument aufgenommenen Dekrete.

Gleich hier setzt eine Schwierigkeit ein. Es fällt auf, dass im Mainzer Instrument ein wesentlicher Basler Kanon fehlt, der über die Superiorität eines allgemeinen Konzils über den Papst, wie er nach dem Vorgang des Konstanzer Konzils von dessen Nachfolger am 15. Februar 1432 erneuert worden war3). Die pragmatische Sanktion hatte die hier verkündete Lehre sich zu eigen gemacht, die Acceptation hingegen findet nur die Worte: „Wir nehmen erstlich an das Dekret, das zu Konstanz erlassen und zu Basel erneuert wurde, über die Autorität und Gewalt der heiligen allgemeinen Konzilien und über die Zeiten wie die Arten sie zu berufen und zu veran- stalten, das der ersten Sitzung (von Basel) angehört und mit dem Satze beginnt: Häufige Veranstaltung von Konzilien ge-

*) B. XI = M. IX. Auf die Abschnitte B. II und X, deren letzter nur in Mainz (XX), allerdings in ursprünglicher Gestalt, wieder- holt wurde, ist alsbald und weiter unten S. 48 ff. einzugehen.

2) Siehe oben S. 41.

3) Basel 1432 Febr. 15 sess. IL cc. 1—4, Mansi XXIX, 21 F. = Prag- matische Sanktion II, Ordonnances XIII, p. 271 mit dem Zusatz : Accep- tavit et acceptat prout iacent iam dictorum preletorum ceterorumque virorum ecclesiasticorum ipsam ecclesiam representantium congregatio sepedicta. Vgl. Konstanz 1415 April 6 sess. V, Mansi XXVII, 590 f.

Mainzer Acceptation von 1439. 45

hört vorzüglich zur Pflege des Ackers des Herrn u. s. w. Eben- so das Dekret der zwölften Sitzung über die Wahlen." Es liegt auf der Hand: die Entscheidung darüber, ob in diesen Worten zugleich ein Hinweis auf die Beschlüsse der zweiten Basler Sitzung zu finden ist, auch das Urteil über die grund- sätzliche Stellungnahme der Mainzer Versammlung zur schlecht- hin die ganze Reform beherrschenden Anschauung in sich schliesst, einer Anschauung, von deren Gültigkeit oder Un- gültigkeit die Befugnis zur Annahme der Konzilsbeschlüsse in letzter Linie abhing.

Die Frage ist von Koch und Hefele bejaht worden 1). Das Dekret Frequens, erlassen in der ersten Basler Sitzung vom 14. Dezember 1431, handle allein von der periodischen Wiederkehr der allgemeinen Konzilien, von der Möglichkeit, dass bei Erledigung des Stuhles Petri ein Konzil selbst Ort und Zeit des nächsten festlegen könne, nicht eigentlich „von der Autorität und Gewalt der heiligen allgemeinen Konzilien". Folglich müsse angenommen werden, auch zu Mainz sei das Dekret Sacrosancta, erlassen in der zweiten Basler Sitzung vom 15. Februar 1432, acceptiert worden, wie man es einst in Konstanz formuliert, in Basel wiederholt und in Bourges sich zugeeignet habe. Diese Hypothese will Klarheit schaffen, wo vielleicht eine Unklarheit beabsichtigt war. In Mainz wünschte man die Gelegenheit zu erneuten Verhandlungen selbst mit dem zu Basel abgesetzten Papst sich nicht nehmen zu lassen; deshalb acceptierte man „für den Augenblick" nicht das Dekret seiner Suspension, erklärte vielmehr, an der Protestation ", d. h. an der Neutralität vom 17. März 1438, festhalten zu wollen 2). Dass die Urkunde der Acceptation auch nach dem neunten Jahre von Eugens IV. Pontifikat datierte s),

*) Koch, Sanctio pragmatica p. 111. Hefele a. a. 0. VII, S. 775.

2) Vgl. oben S. 38 Anm. 3.

s) Anno . . . 1439 . . . pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri, domini Eugenii divina Providentia pape quarti anno nono (Koch a. a. 0. S. 105 mit Anm. a).

46 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

kann als aus der Gewohnheit der Notare stammend nicht weiter in Betracht gezogen werden. Schliesslich aber: die Mainzer erwähnen nur die erste Sitzung des Konzils. Hätten sie auch das Dekret Sacrosancta der zweiten Sitzung accep- tieren wollen, so wäre es unbedingt erforderlich gewesen, solches zu vermerken. Indem freilich die Hilfe der Basler erwartet wird zur Bestätigung der deutschen Zusätze, nicht auch die des Papstes, indem Basler Dekrete angenommen wer- den, nicht päpstliche Dekretalen, erkennen die Deutschen das Konzil als die letzte Quelle des kirchlichen Rechtes an. Eine Allegierung also des Beschlusses Sacrosancta wäre an sich mit dem Geiste der Acceptation vereinbar gewesen. Man unterliess sie aber aus dem Streben heraus, durch sie nicht den Weg der Verhandlungen mit dem Papst sich abzuschneiden, viel- leicht auch aus einer Art von Gleichgültigkeit, da man darauf verweisen konnte, dass ja eben die Lehre von der Superiori- tät eines Konzils über den Papst wiederholt worden war in jenem Dekret der 31. Basler Sitzung vom 24. Januar 1438, das im fünfundzwanzigsten Abschnitt der Acceptation seine Stelle erhielt1). In Bourges erneuerte man die Dekrete der

x) Es heisst in der Mainzer Cedula (XXV) : Item decretum de colla- tionibus beneficiorum in tricesima prima sessione et incipit : Placuit di- vine pietati cum aliis decretis de qualificacionibus et ordine promovendorum loquentibus. In dem allegierten Dekret aber wird erklärt: . . . predis- posuit eadem divina pietas in sacro Constanciensi concilio synodorum universalium iurisdictionem ita declarari, ut nulli relinqueretur ambigendi occasio, cum decreto solempni diffinitum extitit universale concilium habere auctoritatem inmediate a Christo, cui quilibet, cuiuscumque status et dignitatis, eciamsi papalis fuerit, obedire tenetur in his, que pertinent ad fidem, ad extirpacionem scismatis et reformacionem ecclesie Dei in capite et in membris ac pertinentibus ad ea (Basel 1438 Jan. 24 sess. XXXI c. 2, Mansi XXIX, 161 = Bourges VI p. 275; vgl. Konstanz 1415 April 6 sess. V, Mansi XXVII, 590 f.). Im Dekret Sacrosancta hatte das Basler Konzil erklärt, quod ipsa synodus in Spiritu sancto legitime congregata, generale concilium faciens et ecclesiam militantem representans, potestatem inmediate a Christo habet, cui quilibet, cuius- cumque status vel dignitatis, etiamsi papalis existat, obedire tenetur in

Mainzer Acceptation von 1439. 47

2. und 31. Sitzung, in Mainz nur die der letzterwähnten. Dort wollte man Klarheit, hier schuf man Unklarheit aus Erwä- gungen heraus, die auf die Misslichkeit der deutschen Neutra- lität schliessen lassen *).

Gegenüber dem Kern der pragmatischen Sanktion weist sodann der „Zettel" der Mainzer Acceptation an vier Stellen Basler Dekrete auf, die dort, sei es ganz sei es teilweise, fehlen. Es sind die Abschnitte III de conciliis synodalibus et provincialibus observandis, IV de Judeis et neophidis, XX de numero et qualitate cardinalium, endlich XXIV de com- munione sacramenti eukaristie. Es geht nicht an, hier von einem Zufall zu sprechen; die Gründe aber für die Aufnahme gerade dieser Kanones lassen sich nur vermuten.

Die Anführung von Abschnitt III de conciliis synodalibus et provincialibus observandis ist vielleicht darauf zurückzu- führen, dass die Acceptation nicht zuletzt ein Werk von Erz- bischöfen und Bischöfen war. Jene mochten wünschen, dass, bei der Zurückdrängung der päpstlichen Gewalt, ihre eigenen Metropolitanbefugnisse über die Suffragane wieder gesteigert würden. Wie sehr doch waren sie im Laufe der Zeit eben durch die päpstliche Verwaltung und die kurialen Exemtions- privilegien geschmälert worden ! Ihnen lag die Forderung nahe, dass die Bedeutung der Provinzialkonzilien gehoben

his, que pertinent ad fidem et extirpationem dicti scismatis et ad gene- ralem reformationem ecclesie Dei in capite et in membris (Basel 1432 Febr. 15 sess. II c. 3, Mansi XXIX, 21 = Bourges II p. 271). Die Methode, nur die Anfangsworte der acceptierten Dekrete zu wiederholen, nicht den ganzen Wortlaut, diente in Mainz zur Verschleierung des Sachverhaltes. Sie war um so bedenklicher, als dadurch Zweifel ent- stehen konnten über die Gültigkeitsdauer von Basler Bestimmungen, die das Konzil selbst nur als vorübergehende hingestellt hatte; vgl. Ab- schnitt XXVI mit Bourges VII und dem Zusatz 6 zur Sanktion p. 282, der auf die Gefahr allzu langer Dauer des Konzils aufmerksam ge- macht hatte.

*) In der Ausgabe von Koch a. a. 0. sind daher die Seiten 111 bis 113 zu Unrecht mit dem vollen Wortlaut der Dekrete der 2. Basler Sitzung angefüllt.

48 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

würde. Sie konnten dann auch die Wiederbelebung der Diö- zesansynoden in Kauf nehmen, ohne für ihre Stellung in und über der Provinz besorgt sein zu müssen. Den Bischöfen andererseits brauchte die Einfügung dieses reformatorischen Dekrets nicht unwillkommen zu sein. Es erneute ihre Ab- hängigkeit von den Metropoliten, die sie gegen die vom Papste eingetauscht hätten, Hess sie aber in einer erhöhten Gewalt über den Diözesanklerus einen gewissen Ersatz finden, in einer Gewalt also, die der auch ihnen durch päpstliche Ueber- griffe entfremdeten Geistlichkeit wiederum den Zaum bischöf- licher Rechte auferlegte x).

Ungewiss bleibt ferner, warum man gerade zu Mainz in Abschnitt IV die Basler Satzung über die Juden und Neo- phyten wiederholte 2), und des weiteren vermag man allenfalls nur zu vermuten, aus welchem Anlass der Mainzer Abschnitt XX de numero et qualitate cardinalium abweicht vom zehnten Ab- schnitt der pragmatischen Sanktion. Von vornherein ist abzu- lehnen, dass der Mainzer „Zettel" bei seiner weitgehenden Abhängigkeit von der Sanktion hier nicht mehr habe bringen wollen als diese. In solchem Falle hätte man in Mainz nicht nur die Eingangsworte des Basler Dekrets, sondern auch die letzten Worte des allein als gültig angesehenen Teildekrets wiederholen müssen. Beliebte man in Mainz aber nur die An- führung der ein Dekret einleitenden Worte, so deutete man damit auf die Annahme des ganzen Dekrets hin; nur unter dieser Voraussetzung lässt sich die Mainzer Urkunde überhaupt

l) Ueber die Gründe, warum dieses Dekret nicht auch in Bourges acceptiert wurde, vgl. W. Puckert, Neutralität S. 93 f., wonach dem König die Provinzial- und Diözesansynoden als ein Mittel erschienen wären, das Reich kirchlich zu spalten, und er Bedenken getragen hätte, sie unmittelbar dem Universalkonzil zu unterstellen; ebenso V. vonKraus a. a. 0. I, S. 42 f. N. Valois a. a. 0. p. LXXXIII verweist auf die Ge- schichte der 15. Basler Sitzung.

8)W. Puckert a. a. 0. S. 93 bezeichnet das Dekret als einen Eingriff in die Ordnung der Pariser Universität, deshalb fehle es in der Sanktion von Bourges.

Mainzer Acceptation von 1439. 49

prüfen, und überall sonst, in zweiundzwanzig Abschnitten, decken sich die Basler Satzungen, ihr in Bourges wieder- kehrender und in Mainz angedeuteter Wortlaut, nur hier gehen die Sanktion und die Acceptation auseinander. Mit Hefele *) sind wir der Meinung, dass im Druck der pragmati- schen Sanktion der übernommene Teil des Dekrets die Sätze umspannt : Cum summo pontifici robore inviolabiliter perman- suro 2). Zwar folgen noch die Worte: Facto vero scrutinio ac publicato maiorem partem cardinalium per subscriptionem col- legialiter consensisse, desuper et apostolice littere in subscrip- tione cardinalium conficiantur, salvo quod videtur nimis rigo- rosum contra nepotes Romanorum pontificum, si alias sint bene meriti prout et alii; allein der Satz: Facto vero sub- scriptione cardinalium conficiantur begegnet unmittelbar vor- her im Schluss des acceptierten Teildekrets : Cum summo ponti- fici — robore inviolabiliter permansuro 3). Er entbehrt hier des den Sinn störenden Fehlers und wurde lediglich aus Versehen noch einmal wiederholt. Nur die Worte: salvo alii sind dem- nach als ein Zusatz der Versammlung von Bourges anzusehen. Aus allem folgt: in Bourges und in Mainz acceptierte man den Basler Beschluss über die Zahl der Kardinäle, in deren aus vierundzwanzig Mitgliedern bestehendem Kollegium keine Nation mehr als ein Drittel Angehörige haben dürfe, über ihre wissenschaftliche Ausbildung und Graduierung, über die geringe Zahl von Fürstensöhnen unter den Kardinälen und den Aus- schluss päpstlicher Nepoten, über die Hinzuwahl von besonders heiligen Männern und Griechen, über den Ausschluss der Kar-

») Hefele a.a.O. VII, S. 768 f.

2) Ordonnances XIII, p. 283.

3) Es heisst hier : Non fiat cardinalium electio solum per auricularia vota, sed illi solum assumi poterunt, in quos facto vero scrutinio ac publicato maiorem partem cardinalium per subscriptionem manus proprie constiterit collegialiter consensisse, desuper etiam apostolice littere cum subscriptione cardinalium conficiantur, decreto huius sacri concilii in quarta sessione solenniter publicato, quod incipit : Item. Cum multiplicatio cardinalium etc. (Basel 1432 Juni 20 sess. IV c. 6, Mansi

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 4

LIBRARY ST. MARYS COLLEGE

50 "Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

dinalskreation per vota auricularia x), über die Kardinalswahl durch Skrutinien und die schriftliche Zustimmung der Majori- tät des Kollegiums, endlich über die Gültigkeit des Basler Dekrets vom 20. Juni 1482. In Mainz jedoch ging man weiter. Recipiert wurden überdies die Bestimmungen über den Eid der Kardinäle, über die Verwendung ihrer Einkünfte aus den Titelkirchen und deren Visitation, über die allgemeinen Pflichten der Kardinalbischöfe, -presbyter und -diakone. Die Kardinäle sollten einen nachlässigen Papst tadeln und ihm drohen dürfen, sich an ein Konzil wenden zu wollen, wie auch der Papst sie ermahnen könne. Sie sollten u. a. ihre Obliegenheiten unent- geltlich erfüllen, unparteiisch sein, ihre Verwandten nicht allzu- sehr begünstigen, gleich dem Papste übertriebenen Luxus meiden, unwichtigere Angelegenheiten der Rota überlassen. Für den Empfang des Ringes endlich sollte nach dem Tode des Kar- dinals nicht ein Teil seiner Habe beschlagnahmt werden. Wir bekennen, einen Grund für die Auslassung dieses letzteren Teiles in der Sanktion, für seine Herübernahme in die Accep- tation nicht angeben zu können. In Frankreich und Deutsch- land bestand ein Interesse daran, dass im Kardinalkolleg keine Nation vor der anderen durch mehr Kardinäle bevorzugt sei, dass den päpstlichen Nepoten der Kardinalat verschlossen wurde, wenngleich diese letztere Frage in Bourges weniger ernst genommen worden zu sein scheint. Warum begnügte man sich in Mainz nicht mit dem, was den französischen Prä- laten ausreichte? Man griff dadurch ein in die disziplinaren Befugnisse des Papstes gegenüber den Kardinälen, die man in Bourges nicht berührte. Das Verhalten der Kardinäle gegen- über ihren Titelkirchen tastete kein eigentliches Interesse der deutschen Nation an; weshalb wollte man es festlegen gleich allen übrigen Konzilssatzungen hinsichtlich der sonstigen kar-

XXIX, 34) in suo robore inviolabiliter permansuro. Facto vero (Ordonnances XIII, p. 283).

') Vgl. P. Hinschius, Kirchenrecht I (Berlin 1869), S. 340.

Mainzer Acceptation von 1439. 51

dinalizischen Pflichten? Gedachte man beim Papst Eindruck zu machen, wenn man, wie einst das Konzil es getan und wofür es von Eugen IV. getadelt worden war l) , den Kardi- nälen erlaubte, einen pflichtvergessenen Nachfolger Petri mit Anbringung des Falles bei einem Generalkonzil zu schrecken? Fragen ohne Antwort, zumal eine solche, soweit wir sehen, auch nicht an Erfahrungen der Jahre 1438 oder 1439 an- knüpfen kann.

Es bleibt endlich Abschnitt XXIV de communione sacra- menti eukaristie als Bestandteil allein des Mainzer „Zettels". Das acceptierte Basler Dekret vom 26. Dezember 1437 schloss das Abendmahl in beiderlei Gestalt nicht aus, wenn es gleich das Abendmahl unter einer Gestalt als Gesetz festzuhalten befahl; es war der letzte Kanon gewesen in der hussitischen Angelegenheit und wenige Tage nach dem Tode Kaiser Sigmunds (f 9. De- zember 1437) verkündet worden. Ohne Zweifel nahm man es jetzt auf Anregung des neuen Königs von Böhmen an, der zugleich deutscher König war, eben Albrechts IL, um nicht die Wiederherstellung des kirchlichen Friedens in Böhmen zu gefährden und um nicht den Zündstoff auf staatlichem Gebiet durch solchen auf religiösem zu vermehren. Das Dekret war dehnbar genug; es tat überdies der Wirksamkeit des Ad- ministrators der Prager .Kirche und des vom Konzil für Böh- men bestellten Legaten, Philiberts von Coutances, keinen Ab- bruch, eines Mannes, der dank seiner Unparteilichkeit, seiner sorgsamen Rücksicht auf die Kompaktaten von Prag und Iglau aus den Jahren 1433 und 1436 auch bei den Utraquisten Vertrauen genoss und so dem kirchlichen Frieden diente 2). Ihn hatte Albrecht unbedingt nötig. Das Basler Dekret berührte ein für den böhmischen König und damit für Deutschland bestehendes Interesse. Hätte es in der Mainzer Acceptation gefehlt, so

1) Hefele a. a. 0. VII, S. 632 Anm. 2 verweist auf das Schreiben Eugens IV. an alle Fürsten bei Ray nal du s, Annales ecclesiastici 1436 n.5.

2) Vgl. A. Bachmann, Geschichte Böhmens II (Gotha 1905), S. 339 ff. 367. 372 f.

52 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

hätte seine Unterdrückung vielleicht den Verdacht verstärkt wider den König, der lange Zeit ein unbeugsamer Gegner des böhmischen Bekenntnisses gewesen war und auch nach Antritt der Erbschaft seines Schwiegervaters Sigmund noch dafür galt; sie hätte die Schar seiner Gegner in dem aufgewühlten Lande vermehrt, nachdem er mit ihrem Beschützer, dem König von Polen, einen Waffenstillstand eingegangen war. Deutschland hatte die Hussitengefahr zur Genüge kennen gelernt, Frank- reich war nicht von ihr bedroht: das Mehr der Mainzer Acceptation gegenüber der Sanktion von Bourges veranschaulicht den Gegensatz beider Länder.

Wichtiger noch sind die Verschiedenheiten zwischen den Urkunden von 1438 und 1439, die sich aus dem Vergleich der Zusätze zu den hier wie dort acceptierten Basler Dekreten ergeben.

Wir beginnen mit den Zusätzen zur pragmatischen Sanktion l).

Ohne grosse Bedeutung sind für die hier obliegende Be- trachtung die Nachträge zu den Abschnitten II de potestate et auctoritate concilii Basiliensis 2) , X de numero et qualitate cardinalium 3). Einschneidender schon ist die Wahrung des französischen Brauchs bei Rezitation der kanonischen Tag- zeiten an Kathedral- und Kollegiatkirchen am Schluss des Ab- schnittes XII de celebratione divini officii 4). Am wichtigsten

*) Ueber sie vgl. im allgemeinen N. Valois a. a. 0. p. LXXXIV ff.

2) Acceptavit et acceptat, prout iacent, iam dictorum prelatorum ceterorumque virorum ecclesiasticorum ipsam ecclesiam representantium congregatio sepedicta (p. 271). Der Abschnitt fehlt in der Mainzer Urkunde.

3) Salvo quod videtur nimis rigorosum contra nepotes Romanorum pontificum, si alias sint bene meriti, prout et alii (p. 283); vgl. oben S. 49 f. Der entsprechende allerdings noch weiter an das Basler Vorbild sich anlehnende Abschnitt XX der Mainzer Acceptation ent- behrt der Zusätze.

4) Salvis tarnen laudabilibus consuetudinibus, statutis ac observantiis specialibus ecclesiarum singularum Regni et Delphinatus (p. 286). Der entsprechende Abschnitt XI der Mainzer Urkunde hat keine Zusätze.

Mainzer Acceptation von 1439. 53

endlich sind die Nachträge zu den Abschnitten IV de electione cassanda x) , VI de collatione beneficiorum 2) , VII de causis appellationum 3), XI de annatis4) und nach Abschnitt XXIV de sublatione Clementine Litteris die Bemerkungen zur ganzen Zusammenstellung der Basler Beschlüsse innerhalb der Sank- tion 5).

Der Nachtrag zu Abschnitt IV de electione cassanda gliedert sich in zwei Teile. Ihr erster befasst sich mit der Weihe oder Einsegnung der vom Papst Konfirmierten, mit der Pflicht des Papstes, solche Männer regelmässig an ihre unmittelbaren Oberen zu verweisen, mit ihrem Eide zu Händen ihrer Oberen und der Bestrafung derer, die ausserhalb der Kurie sich von einem anderen als ihrem Oberen weihen lassen. Der zweite Teil gilt den vom König oder von Fürsten eingelegten Bitten um Benefizien für verdiente Männer, die zugleich das Wohl des Reiches ins Auge fassten G).

Der Nachtrag zu Abschnitt VI de collatione beneficiorum enthält insgesamt 13 Modifikationen, deren Inhalt stichwort- artig angemerkt sei: 1. befristete Gültigkeit der päpstlichen Exspektativgratien , über die bereits die processus apostolici vollzogen seien; 2. Bestrafung solcher, die sich solche Ex- spektanzen verschaffen; 3. Ungültigkeit der vom Papst oder seinen Legaten erteilten collationes per praeventionem ; 4. Be- vorrechtung der Universitätsangehörigen bei dem für Graduierte

a) S. 274. Hier wie im folgenden ist bei dem Umfang der Zusätze deren Wortlaut nicht wiederholt. Der Mainzer Abschnitt XXI ist ohne Zusätze.

2) S. 278—280; über die Mainzer Zusätze zu Abschnitt XXV s. unten.

3) S. 281 282. Die Mainzer Zusätze zu Abschnitt XXVI sind solche zu allen Basler Dekreten, s. unten.

4) S. 284 285 ; über den Mainzer Zusatz zu Abschnitt IX s. unten.

5) S. 290. Der Mainzer Abschnitt XXIII ist ohne Zusätze ; über den Schluss der Mainzer Acceptation mit vier Wünschen nach Reforma- tion s. unten.

6) Vgl. Hefele a. a. 0. VII, S. 766. N. Valois a. a. 0. p. LXXXIV.

54 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

vorbehaltenen Drittel der Pfründen; 5. Nennung solcher Pfründenempfänger durch die Universitäten bei Patron und Kollator; 6. Angabe ihrer Grade und bereits erworbener Benefizien; 7. Innehaltung eines Turnus bei Vergebung der- artiger Benefizien durch die Ordinarien; 8. Erschwerung der Verleihung von akademischen Graden ; 9. Zahl der vom Papst zu verleihenden Benefizien und Erstreckung ihres Verleihungs- rechtes auch auf den gegenwärtigen Papst, Anzeigepflicht des Papstes, dessen Mandate das wahre Datum aufzuweisen haben; 10. Einräumung des Verleihungsrechtes von weiteren französischen Pfründen allein an den gegenwärtigen Papst als Geschenk und ohne Präjudiz; 11. Ausschluss der exactio vacan- tiarum und anderer Belastungen; 12. ausdrückliche Einschrän- kung der dem Papst gewährten Gerechtsame auf Eugens IV. Lebenszeit und Wahrung der Freiheiten und Rechte der galli- kanischen Kirche; 13. Nichteinmischung des Papstes in die Bestellung von Kanonikern an Kirchen mit bestimmter Kano- niker- und Pfründenzahl l).

Der Nachtrag zu Abschnitt VII de causis appellationum zerfällt in 7 Einzelbestimmungen: 1. Festlegung der von den ordentlichen Richtern zu entscheidenden kirchlichen Ange- legenheiten im Falle eines Aufenthaltes der Curie citra montes; 2. Aufhebung der bereits vor Gregors XI. Tod (f 1378) be- stehenden Exemtionen, die das Konstanzer Konzil noch auf- recht erhalten hatte2); 3. Billigung des Grundsatzes, dass an niemanden mit Ueberspringung des mittleren Richters appel- liert werden dürfe, dass bei Appellationen an den Papst dieser die Sache an unverdächtige Richter in partibus überweisen solle; 4. Gutheissung des Satzes, dass vor definitiver Sentenz nicht appelliert werden solle ; 5. die Zahl und die Eigenschaft der apostolischen und kurialen Beamten, die nach dem Wort- laut des Basler Dekrets in dieses nicht einbegriffen waren, soll

') Vgl. He feie a. a. 0. VII, S. 766 f. 2) Vgl. ebd. VII, S. 350.

Mainzer Acceptation von 1439. 55

umschrieben werden; 6. Warnung vor allzuviel Prozessen bei einem Konzil, das durch sie in die Länge gezogen werde, die Autorität des apostolischen Stuhles und anderer Prälaten ver- nichte, Könige und Fürsten gegen allgemeine Kirchenversamm- lungen aufstachle1): 7. Ueber Weisung aller Prozesse, die ihrer Natur und den Kanones gemäss nicht bei der Kurie oder einem Generalkonzil verhandelt werden dürfen, an die ordent- lichen Richter, si in eis nondum est lis contestata vel quasi contestata, puta porrecto iam libello et cognito de meritis cause seu etiam iam incepto cognosci de eisdem 2).

Der Nachtrag zu Abschnitt XI de annatis schliesst im ganzen 9 Einzelsatzungen in sich ein: 1. Entschädigung des Papstes, der Kardinäle und der Kurialen für den Ausfall der An- naten u. s. w. durch Einräumung eines Fünftels der Taxe, die durch den König und die kirchlichen Anstalten Frankreichs sowie des Delphinats ertragen wurde zu Beginn des Kon- stanzer Konzils; 2. bei Pfründen, für die sich keine Taxe findet, soll der fünfte Teil einer Summe entrichtet werden, die dem Zehnfachen ihres Zehntertrags entspricht, sobald nur diese Summe den Betrag von 10 Pfd. erreicht; 3. diese Unter- stützung soll ein Gnadengeschenk sein für die Lebenszeit des gegenwärtigen Papstes und den Freiheiten der gallikanischen Kirche nicht präjudizieren ; 4. sie soll nur die von kirchlicher Seite vergebenen Pfründen treffen, nicht die, deren Patronat, Präsentation u. s. w. dem König iure regaliae vel alias oder einem anderen iure laico zusteht; 5. Zahlung jenes fünften Teils in bestimmter Münze und in zwei Raten ; 6. Erledigung der Prozesse gegen die Zahlungspflichtigen vor den ordent- lichen Richtern innerhalb der Diözesen, gegen Exemte vor ihren Oberen bezw. den Diözesanbischöfen ; 7. wird eine Kirche, Abtei oder Pfründe innerhalb eines Jahres zwei oder mehrere Male erledigt, so ist jenes Fünftel doch nur einmal zu ent-

1) Siehe oben S. 46 Anm. 1.

2) Vgl. W. Endemann: Zeitschrift für deutschen Zivilprozess XV <1891.i, S. 228 ff.

56 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

richten; 8. Verbot der Vakanzengelder, Palliengebühren und servitia minuta für die Kurie, Zulassung einer kleinen, vom Basler Konzil selbst angesetzten Belohnung für die kurialen Skrip- turen, derart dass ein Uebertreten dieses Gebots für die Kurie den Verlust der Entschädigung, für den Providierten den Ver- lust seiner Pfründe nach sich ziehen soll; 9. Notwendigkeit konziliarer Erlasse gegen alle, die gegen die voraufgehenden Dekrete Verstössen.

Nur eine ins einzelne gehende Untersuchung könnte die Tragweite aller dieser Einzelzusätze für die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der französischen Kirche im 15. Jahr- hundert zu umschreiben sich unterfangen. Hier kommt es allein auf eine allgemeine Würdigung ihrer Form und ihres Inhalts an. Jedenfalls waren die meisten Modifikationen durch juristische Klarheit und Schärfe ausgezeichnet. Ihre Verfasser waren alles andere denn Sklaven des Basler Konzils. Sie waren Franzosen, denen daran lag, die Selbständigkeit ihrer Kirche gegenüber dem Papsttum deutlich zum* Ausdruck zu bringen, die Rechte ihres Königtums an den kirchlichen Stellen und bei ihrer Besetzung aufrecht zu erhalten, endlich dem Papste Eugen IV. eine solche Entschädigung einzuräumen, die jede Wiederkehr der früheren Bedrückungen verhinderte und zu- gleich sein Einleben in die neuen Verhältnisse erleichterte 1). Noch erwarten diese französischen Prälaten die Bestätigung ihrer Nachträge vom Basler Konzil, bei dem die Gesandten des Königs dafür eintreten sollen. Zugleich aber bitten sie ihren König, dass auch er die Dekrete annehme, für ihre Be- obachtung in den Gerichten wie für Bestrafung der Ueber- treter sorge, endlich über alles eine pragmatica sanctio erlasse 2). Karl VII. erfüllte ihr Gesuch. Durch seine Urkunde wurden alle acceptierten Basler Dekrete und ihre Nachträge sofort und unmittelbar in Frankreich Gesetz, nicht erst auf Grund

') Vgl. K. Müller a. a. 0. II, 1, S. 103. 2) Vgl. die Zusätze p. 290.

Mainzer Acceptation von 1439. 57

der vom Konzil erbetenen und durch das Konzil erteilten Be- stätigung der Zusätze, die im letzten Grunde nichts mehr war als eine Form, da auch ohne sie der königliche Wille das ent- scheidende Rechtsgebot erlassen hatte *).

Wie hingegen steht es mit den Zusätzen zu den Basler Beschlüssen in der Mainzer Acceptation?

Sie finden sich an fünf Stellen, nämlich zu Abschnitt II de electionibus, IX de annatis, XXII de reservationibus, XXV de collationibus beneficiorum und endlich am Schluss des „Zettels" als Anhang zur Gesamtheit der angenommenen Beschlüsse2).

Der Nachtrag zu Abschnitt II de electionibus gliedert sich in fünf Teile3). In ihrem ersten und zweiten wird das Konzil zu Basel um eine Erklärung darüber ersucht, dass die Wahlen von Bischöfen und Aebten nach der im Synodal- dekret vorgeschriebenen Form erfolgen sollten, dass bei den niederen Dignitäten der dort vorgesehene Eid genüge. Es sollte also sein Verbot der Einmischung geistlicher und welt- licher Personen, der Könige, Fürsten und Gemeinschaften in die Besetzung kirchlicher Stellen durch Briefe, Bitten, Drohungen und anderes mehr entweder umgestalten oder ganz fallen lassen. Eigentümlich genug vermied man in Mainz eine so klare Umschreibung dieses Wunsches, nachdem in

*) Vgl. den Brief Karls VII. an das Konzil vom 8. Juli 1438. N. Valois a. a. 0. p. 87 und ebd. p. XCI. XCIV.

2) Abschnitt II entspricht dem Abschnitt III der pragmatischen Sanktion (hier ohne Zusätze) ; Mainz IX = Bourges XI (über die Zusätze hierzu s. oben S. 55 f.) ; Mainz XXII = Bourges V (hier ohne Zusätze) ; Mainz XXV = Bourges VI (über die Zusätze hierzu siehe oben S. 53 f.). Die letzten Mainzer Zusätze zu allen Dekreten stehen für sich gleich denen am Schluss der Sanktion (vgl. oben S. 56). Ohne Zusätze sind die Abschnitte Mainz XX (vgl. Bourges X samt Zusatz, oben S. 52 Anm. 3), Mainz XI (= Bourges XII samt Zusatz, oben S. 52 Anm. 4), wahrend in Mainz der Abschnitt II (samt Zusatz, oben S. 52 Anm. 2) der Sanktion nicht wiederholt wurde.

3) Der lateinische Wortlaut der Zusätze ergibt sich aus dem Ab- druck der Mainzer cedula im Exkurs.

UBBÄRY ST- MARYS COLLEGE

58 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Bourges im Nachtrag zu Abschnitt IV ausdrücklich gesagt worden war1), die Versammlung halte es nicht für tadelns- wert, wenn der König und die Fürsten bisweilen sich für verdienstliche und nützliche Männer durch gütliche Bitten2) verwenden wollten, sobald nur Drohungen und Gewaltsamkeiten fernblieben. Diese Unterlassung ist um so auffallender, als man im dritten Teile des Mainzer Zusatzes zum Abschnitt II de electionibus sich an den der pragmatischen Sanktion zum Ab- schnitt IV de electione cassanda anlehnte 3). Hier wie dort wurde

*)•'•« nee credit ipsa congregatio Bituricensis fore reprehensibile, si rex et prineipes regni sui, cessantibus tarnen omnibus comminationi- bus et quibuslibet violentiis, aliquando utantur preeibus benignis atque benivolis et pro personis bene meritis et zelantibus bonum rei publice et regni Delphinatus (p. 274); 8. oben S. 53.

2) Vgl. P. Hinschius, Kirchenrecht II (Berlin 1878), S. 641.

3) Es heisst in Mainz Abschnitt II Zusatz 3: Ceterum statuere dignetur sacrum concilium, quod promovendus per papam secandum quan- dam clausulam huius decreti, que ineipit: Nisi ex magna etc., remittatur consecrandus aut benedicendus ad suum superiorem inmediatum, nisi forsan talis promovendus fuerit presens in Romana curia, quo casu nichilominus remittatur, ut huiusmodi suo inmediato superiori prestet debitum iuramentum. Es heisst im Zusatz zur pragmatischen Sanktion IV (dieser Abschnitt entspricht Mainz XXI): Censuit tarnen praefata con- gregatio, quod summus pontifex habeat remittere unumquemque per ipsum aut ipsius autoritate, ut premittitur, promovendum ad suum immedia- tum superiorem pro munere consecrationis aut benedictionis ab eo vel eius autoritate consequendo , nisi dictus promotus sit presens in curia et velit ibi consecrari. Et nihilominus consecratos aut benedictos in curia Romana remittat ad eorum immediate superiores, prestituros eis aut, ipsis absentibus, eorum vicariis debite obedientie iuramentum. Quodsi quis presumat reeipere munus consecrationis vel benedictionis extra curiam, etiam in vim euiuseunque commissionis apostolice, ab alio quam a suo immediato superiore vel eius autoritate, ineurrat penam centum aureorum, mediatim applicandorum ordinario et fabrice ecclesie ordinarii, cessante omni dispensacione qualicunque in contrarium. Item nee credit . . . (p. 274; die Fortsetzung oben in Anm. 1). W. Puckert (Neutralität S. 92 Anm. 2) macht auf eine eigenartige Ungenauigkeit in der Sanktion und der Mainzer Acceptation aufmerksam. Das aeeeptierte Basler Dekret gestattete dem Papste Eingriffe in die Wahlfreiheit ex magna, rationabili

Mainzer Acceptation von 1439. 59

verlangt, dass der vom Papst Promovierte zum Empfang der Weihe oder Benediktion an seinen unmittelbaren Oberen zu- rückgesandt werde, er müsste denn gerade an der Kurie weilen; dass auch der vom Papst Geweihte oder Gesegnete seinem unmittelbaren Oberen den pflichtmässigen Eid des Ge- horsams leiste. In Mainz aber kleidete man diese Forderung in die Bitte an das Konzil um ihre Bestätigung, unterdrückte ferner die Strafansetzung der Sanktion, die jedem Uebertreter eine hohe Geldsumme zu Gunsten des Ordinarius und seiner Kirchenfabrik auferlegt wissen wollte. Selbständig wieder- um ist der vierte Teil, des Inhaltes, dass die Bestätigung der Wahlen erfolgen solle durch den unmittelbaren Oberen, dem das Recht dazu eigne; verweigere oder verschiebe dieser ohne vernünftigen Grund die Ausübung seiner Befugnis, so sollte der mittelbare Obere angegangen werden. Allerdings wurde hier beinahe nur wiederholt, was bereits im acceptierten Dekret ausgesprochen war, nämlich dass der zur Bestätigung seiner Wahl Berechtigte sie auch vornehmen müsse, nur dass in Mainz schärfer der unmittelbare und der mittelbare Vor- gesetzte eines Gewählten auseinander gehalten wurden, dass man jenen verpflichtete, diesem nur im Notfall eine Befugnis einräumte. Fürchtete man aber nicht, auf solchem Wege wiederum den Papst sich einmischen zu sehen , der die Annahme des Vorschlags durch das Konzil uud seine Anerken-

et evidenti causa (Bourges III = Mainz II). Ein zweites acceptiertes Basler Dekret legte dem Papst auf, nach der Ungültigkeitserklärung einer Wahl diese von neuem durch das Kapitel vornehmen zu lassen (Bourges IV Mainz XXI). Eben hierdurch aber wurde die Klausel ex magna, rationabili et evidenti causa beseitigt, und trotzdem sprach die Sanktion (im Zusatz zu IV) von dem per ipsum (d. h. den Papst) aut ipsius autoritate, ut premittitur, promovendus, die Acceptation im Zusatz 3 zu Abschnitt II von dem promovendus per papam. Mit anderen Worten : die dem Papst gewährte Spezialreservation (Bourges III, Mainz II verglichen mit Zusatz zu Bourges IV und Zusatz 3 zu Mainz II) wurde in dem anderen acceptierten Dekret (Bourges IV, Mainz XXI) auf- gehoben.

60 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

nung durch die Kurie vorausgesetzt immer leicht gebeten werden konnte, die Wahl z. B. eines Bischofs zu bestätigen, nachdem der Erzbischof ihre Konfirmation unterlassen, auf Grund irgend eines päpstlichen Winkes oder Verbotes sie nicht vollzogen hatte? Einer laxen Praxis konnten damit Tür und Tor sich öffnen, zumal ihr keinerlei Strafandrohung in den Weg trat, wie sie im Nachtrag zu Abschnitt IV de electione cassanda der Sanktion sich fand» Der fünfte Teil, auch er nur eine Bitte ans Konzil, verlangt Aufrechterhaltung gerade des Dekrets bezüglich der Wahlen, selbst für den Fall, dass die von den Baslern dem Papste zugedachte Entschädigung nicht verwirk- licht werde. Die letzten Worte knüpfen an den Schluss des Dekrets an. In ihm war erklärt, das Konzil werde noch vor seiner Auflösung dem Papste eine passende Erleichterung aus- mitteln für die Lasten, die er für die allgemeine Kirche, den Unterhalt der Kardinäle und seine Beamten zu tragen habe; würde solches nicht gelingen, so sei nicht beabsichtigt, in irgend welchem Punkte der römischen und der allgemeinen Kirche oder sonstwem präjudizierlich zu sein. Dieser Beschluss war am 13. Juli 1433 gefasst worden, seitdem aber der Kampf zwischen Papst und Konzil entbrannt. Am 24. Januar 1438 war der Papst suspendiert, von ihm dagegen zu Ferrara am 10. Februar 1438 die Basler Versammlung aufs neue exkom- muniziert worden. Die Mainzer fürchteten für eines der wich- tigsten Reformdekrete, für die Wiederherstellung des Wahl- rechtes von Kapiteln und Konventen. Sie wollten es sichern, indem sie um Aufhebung einer Klausel nachsuchten , die der unmittelbaren Gültigkeit des Dekrets Hindernisse bereitete. Sie wollten sich an das Basler Konzil wenden, verletzte man aber nicht hierdurch wie anderwärts die Neutralität zwischen Rom und Basel vom 17. März 1438, obwohl man wiederholt und mit Emphase erklärte, an ihr festhalten zu wollen?

Der Nachtrag zu Abschnitt IX de annatis ist im Vergleiche mit dem zum Abschnitt XI der pragmatischen Sanktion sehr dürftig

Mainzer Acceptation von 1439. 61

ausgefallen. Er fordert eine Erklärung des Konzils in dem Sinne, dass die Abschaffung jeglicher Art von Zahlungen bei Bestätigung einer Wahl bis herab zur Investitur mit kirch- lichen Pfründen und Aemtern die gewohnheitsmässigen Abgaben eines neu aufgenommenen Benefiziaten an die Kirchenfabrik oder für den Kirchenschmuck auch in Zukunft nicht unmög- lich mache, sofern nur diese Abgaben für gottesdienstliche Zwecke, nicht zum privaten Vorteil einzelner Personen ver- wandt würden. Man wird in diesem Verlangen den Versuch einer Sicherstellung erblicken, auf die seitens der Erzbischöfe und Bischöfe um so mehr Gewicht gelegt wurde, als sie selbst durch das konziliare Verbot der Annaten u. s. w. vom 9. Juni 1435 getroffen waren. Bereits am 25. März 1439, also am Tage vor Bekanntgabe der Mainzer Acceptation, hatte der Erzbischof von Mainz erklärt, dass durch den Annaten- beschluss des Konzils seinen Rechten innerhalb der Mainzer Kirchenprovinz kein Abbruch geschehen dürfe1). Jetzt wurde

*) Die Erklärung des Erzbischofs Dietrich von Mainz bekundet, quod ex antiqua hactenus observata consuetudine . . . pro necessitate et opportunitate rerum expediendarum ecclesie Maguntinensis bone memorie predecessores nostri et nos de certis beneficiis pro tempore in nostra dyocesi vaeantibus, non tarnen pro seu in confirmatione electionum, admissione postulationum, presentationum provisione, collatione, dispositione, electione, postulatione etiam a laicis factis, institutione, installatione seu investitura huiusmodi beneficiorum fructus biennales post huiusmodi collationes seu dispositiones et, postquam collecti fuerint, huiusmodi fructus recipi et exigi consueverunt , reservata tarnen decenti portione reddituum pro ipsorum beneficiorum possessoribus, quodque pariformiter ex simili observata con- suetudine in certis nostre provincie dyocesibus per ordinarios loci seu prelatos et eorum predecessores etiam in certis dignitatibus et beneficiis pro tempore vaeantibus fructus annales seu unius anni, postquam collecti fuerint, de eisdem dignitatibus seu beneficiis, non tarnen pro seu in con- firmatione electionum, admissione postulationum, presentationum presen- tatione (provisione?), collatione, dispositione, electione, postulatione, presentatione etiam a laicis factis, institutione, installatione seu investi- tura huiusmodi dignitatum seu beneficiorum, sed verius loco quartarum, deeimarum ex antiquo iure ordinariis et prelatis eisdem debitarum exigi

Q2 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

diese Rechtsverwahrung seitens eines Metropoliten verallge- meinert oder, seien wir vorsichtiger, jedenfalls sollte der Be- seitigung oder Minderung herkömmlicher Zahlungen seitens der neu Benefizierten vorgebeugt werden. Allerdings war die einschränkende Bemerkung, dass derartige Leistungen statthaft bleiben sollten, wenn sie zum Besten der Kirchenfabrik oder des Gottesdienstes erfolgten1), kaum weniger als eine Verschleierung

et recipi similiter consueverunt, reservata tarnen etiam decenti fructuum portione pro dignitatum seu beneficiorum huiusmodi possessoribus, sintque alique ecclesie et beneficia in diocesibus prefatis, ex quibus dicti ordinarii sive prelati quartam decimarum hodiernis temporibus singulis annis recipiunt, sed tempore vacationis earundem fructus annales ab eisdem minime extorquere solent, ex quibus luculenter apparet, quod fructus annales prefati loco quartarum decimarum in aliis beneficiis, ubi hodie huiusmodi quarte singulis annis non solvuntur, successerunt. Cum igitur de mente sacri concilii fuisse non credimus neque per quempiam creden- dum sit per prefatum decretum de annatis dictum concilium antiqua iura ecclesiis et ordinariis seu prelatis debita aufferre . . . voluisse . . ., prote- stamur expresse nostro et ordinariorum ac aliorum prelatorum diocesis et totius provincie nostrarum nominibus . . . , quod per quamcumque accep- tationem prefati decreti de annatis etiam simpliciter ut iacet per nos aut nobis subiectos factam vel fiendam non intendimus aliquo modo a receptione et exactione prefatorum biennalium et annalium fructuum ut prefertur solvendorum recedere, sed antiquis iuribus et consuetudinibus nostris litteris ut predicitur firmiter innerere (St. A. Würdtwein, Sub- sidia diplomatica, VI, Heidelbergae 1775, p. 3 5). W. Puckert, Neu- tralität S. 90 Anm. 2 ist geneigt zu vermuten, dass Erzbischof Dietrich von Mainz (•{• 1459) zu jenen Prälaten gehörte, die nach Ausweis der Bulle Eugens IV. d. d. 1447 Febr. 5; Koch a. a. 0. S. 184 er- klärten ex eisdem decretis gravatos se fore.

*) Ich finde solche Abgaben bei den Domkapiteln; vgl. P. Hin- schius, Kirchenrecht II, S. 69 Anm. 4. A. Brackmann, Urkundliche Geschichte des Halberstädter Domkapitels im Mittelalter (Wernige- rode 1898), S. 26 Anm. 3. A. Gnann, Beiträge zur Verfassungsgeschichte der Domkapitel von Basel und Speier (Freiburg i. Br. 1906), S. 10. K. v. Brunn gen. v. Kauffungen, Das Domkapitel von Meissen im Mittelalter (Meissen 1902), S. 30. A. Leuze, Das Augsburger Domkapitel im Mittelalter (Augsburg 1909), S. 32 Anm. 1. A. Müller, Das bremische Domkapitel im Mittelalter (Greifswald 1908), S. 20 f. Ueber Abgaben an den Bischof bezw. die Archidiakone vgl. A. Ott, Die Abgaben an

Mainzer Acceptation von 1439. 63

der zu solchem Wunsche führenden Motive. Der Beschluss des Konzils traf auch die kirchlichen Einzelanstalten ; sie wollte man schützen. Dass er die finanzielle Position der allgemeinen Kirchenverwaltung durch Papst und Kurie erschütterte, nahm man dafür ruhig in Kauf. In Mainz also war man ungerechter als in Bourges, wo in klarer Erkenntnis der Tendenz und der Tragweite des Annatendekrets für den Papst wenigstens eine Entschädigung ins Auge gefasst wurde. Die Mainzer Acceptation verrät mit keinem Worte die Einsicht, dass ohne eine solche Entschädigung kein Papst in die Aufhebung der Annaten willigen würde. Vielleicht ist aus dem erwähnten Protest des Mainzer Erzbischofs auf Unstimmigkeiten im Schosse der Mainzer Versammlung zu schliessen, die sich er- geben mochten, als sie darüber beriet, ob das Basler Annaten- dekret angenommen werden sollte oder nicht. Auch Be- sprechungen über eine Entschädigung des Papstes werden statt- gefunden haben; sollte man, die pragmatische Sanktion mit ihren Zusätzen vor Augen, ohne weiteres über sie zum nächsten Punkt der Tagesordnung übergegangen sein?

Jedenfalls lässt das Aktenmaterial des Mainzer Reichs- tags erkennen, dass tatsächlich über die Entschädigungsfrage verhandelt wurde. Ueberliefert ist eine Aufzeichnung mit Vorschlägen der kurfürstlichen Gesandten über die Ent- schädigung, die den Papst und die ordinarii inferiores über den Ausfall der Annaten u. s. w. trösten sollte *). Gemessen

den Bischof bezw. Archidiakon in der Diözese Konstanz bis zum 14. Jahr- hundert (Freiburg i. Br. 1907), S. 28. E. Baum gar tn er, Geschichte und Recht des Archidiakonates der oberrheinischen Bistümer mit Ein- schluss von Mainz und Würzburg (Stuttgart 1907), S. 209. J. Löhr, Die Verwaltung des kölnischen Grossarchidiakonates Xanten am Aus- gang des Mittelalters (Stuttgart 1909), S. 182.

>) St. A. Würdtwein a. a. 0. VIII (Heidelbergae 1776), p. 74—76. Eine berichtigende Kollation eines Textabschnittes, dessen Fehlerhaftig- keit bereits A. Bachmann (Archiv für österreichische Geschichte LXXV, S. 60 Anm. 4) tadelte, verdanke ich der hilfsbereiten Gefälligkeit von Herrn Professor Dr. G. Beckmann in Erlangen.

(J4 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

an den Zusätzen zu Abschnitt XI de annatis der pragmati- schen Sanktion mit ihren klaren Bestimmungen *) erscheinen die deutschen Vorschläge umständlicher. Auch sie wollten die Freiheiten der Kirchen deutscher Nation wahren; auch sie sprachen von einem modus gratuite subvencionis2); auch sie wollten die Abgaben befristet wissen bis zur Zeit eines künftigen Konzils, das nach dem Basler Dekret Frequens veranstaltet werden würde3), nicht auf die Lebenszeit des gegenwärtigen Papstes. Bis dahin sollten die Metropolitan- und Kathedralkirchen wie auch die exemten Abteien den vierten Teil der Taxe entrichten, die man bisher zur Zeit ihrer Erledigung während eines Jahres vom Tage ihres fried- lichen Besitzes ab an die apostolische Kammer abgeführt habe4), alle übrigen kirchlichen Stellen aber, deren jährliche Einkünfte die Summe von vier Mark Silbers überstiegen, den zehnten Teil ihres Einkommens, falls ihre Erledigung auf anderem Wege als durch Verzicht oder Tausch eingetreten sei, und falls sie nicht im selben Jahre schon einmal jene Abgabe

') Siehe oben S. 53 f.

2) Es heisst in den Vorschlägen: per modum gratuite subven- cionis et non alias, sine preiudicio tarnen libertatum ecclesiarum Ger- manice nationis et duntaxat ad tempus futuri concilii secundum for- mam supradicti decreti Frequens celebrandi (S. 74). In Bourges war bestimmt worden, quod huiusmodi subventio (d. h. die des Fünftels) conceditur per modum solius doni gratuiti et non alias et sine pre- iudicio libertatum ecclesie Grallicane et dumtaxat huius moderni pape vita durante (p. 284). Die Benutzung der Sanktion durch die Vorschläge ist evident.

3) Es wurde in Mainz acceptiert in Abschnitt I der Cedula.

4) S. 74 : In hoc finaliter resedimus, quod de cetero per modum celebrandi (s. oben Anm. 2) singule ecclesie metropolitane, cathedrales et abbatie monasteriorum exemptorum quartam partem antique taxe ab olim camere apostolice solvi solite tempore vacationis infra annum a die pacifice sessionis (possessionis?) adepte, prout inferius vacacio exprimitur, solvere teneantur colligenda, expendenda per collectorem in partibus, ut infra sequitur, deputandum. Sed alie dignitates quecunque . . . (siehe S. 65 Anm. 1).

Mainzer Acceptation von 1439. 65

entrichtet hätten 1). Ferner sollte der Wert der jährlichen Ein- künfte in den einzelnen Diözesen durch eigens berufene Per- sonen nach den allgemeinen Verhältnissen abgeschätzt, die Abgaben dann an einen oder mehrere Sammler abgeführt werden, deren Pflicht zur Rechnungsablegung besonders betont wird. Die eine Hälfte aller Eingänge kommt in jedem Jahre der apostolischen Kammer zu gute und dient zum Unterhalt des Papstes, der Kardinäle und der übrigen kurialen Beamten. Die andere Hälfte aber ist den Metropolitanen , Bischöfen, Priestern, Archidiakonen und sonstigen Prälaten, die durch das Annatendekret belästigt sind, auszuhändigen, derart dass die Verteilung proporcionaliter secundum ratam gravaminis er- folge. Bleibt ein Rest, so soll er verwandt werden zum Vor- teil der Diözese, aus der das Geld eingegangen ist, und das gleiche soll geschehen mit der zurückgezahlten Abgabenhälfte

') Es heisst in den Vorschlägen : . . . alie dignitates quecunque, eciam abbaciales in conventualibus seu maiores in cathedralibus post pontificales aut principales in collegiatis ecclesiis necnon officia et bene- ficia ecclesiastica quecunque, quorum fructus etc. quattuor marcas argenti excedunt, similiter tempore vacacionis earundem, dum tarnen huiusmodi vacacio alias quam per simplicem resignacionem aut ex causa permu- tacionis fiat (s. unten S. 66 Anm. 2) et dummodo eodem anno racione alterius vacacionis non solvitur, decimam partem omnium fructuum etc. secundum communem estimacionem earundem racionabiliter in singulis diocesibus taxandam, cottidianis distribucionibus exceptis. infra annum, prout in superiori casu (d. h. bei den Metropolitankirchen u. s. w., s. S. 64 Anm. 4) dicitur, solvere teneantur collectori aut collectoribus, per dyoce- sanum loci , capitulum cathedralis ecclesie ac clerum civitatis iuxta consuetudinem cuiuslibet civitatis in talibus et consimilibus convocandum in partibus deputandum vel deputandos, qui eciam singulis annis eis- dem de collectis legalem computum et racionem reddere teneantur (S. 74 f.). Auch der Ausschluss zweimaliger Besteuerung innerhalb des- selben Jahres stammt aus der pragmatischen Sanktion : Quodsi ecclesia, monasterium vel beneficium . . . contingat anno eodem bis vel pluries vacare, quod una quinta pars semel tantum solvatur . . .; si vero ante collectionem, perceptionem vel acquisitionem contigerit vacatio, successor in dicto beneficio teneatur ad integram solutionem dicte quinte partis _(S. 285).

Werrainghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 5

t)6 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

in solchen Bistümern, in denen eine Schädigung nicht ein- getreten ist1).

Man sieht: auch in Mainz ward die Härte des Annaten- beschlusses gefühlt. Während aber die Sanktion allein daran dachte, den Papst zu entschädigen und den Belastungen der Einzelkirchen vorzubeugen, planten die deutschen Vorschläge ein Doppeltes, einmal Entschädigung des Papstes und der übrigen kirchlichen Instanzen, ferner Festlegung eines Ver- fahrens, das ermöglichen sollte, wenigstens die Hälfte der er- hobenen Abgaben den deutschen Kirchen zufliessen zu lassen, kurz eine Besteuerung der Geistlichkeit, deren Erträge wie dieser selbst so auch dem Papste zu gute kämen. Eben die Teilung der Intraden deutet freilich auf die Schwierigkeiten hin, die man beseitigen wollte. Sie setzte eine Verwaltung der Steuerergebnisse voraus, die unparteiisch ihr Amt versah. Sie hoffte auf Diözesen, in der niemand sich beschwert fühlen würde. Der Steuersatz der deutschen Vorschläge für Metro- politan- und Kathedralkirchen und exemte Abteien war höher als der des Taxfünftels in der pragmatischen Sanktion. Während diese von den niederen Pfründen nur solche traf, deren Ertrag höchstens zehn Pfund Silber betrug, während sie bestimmte Gruppen von Pfründen als gänzlich abgabenfrei bezeichnete 2),

*) Horum autem collectorum medietas per prefatum (collectorem) singulis annis camere apostolice pro sustentacione Romani pontificis, dominorum cardinalium aliorumque officialium curie Romane legatis exsolvatur. De vero medietate eorundem in illis diocesibus, ubi metro- politanus vel diocesanus loci aut inferiores ordinarii, puta presbiteri, archidaconi aut alii prelati per prefatum decretum (seil, de annatis) fuerint gravati sive lesi, proporcionaliter seeundum ratam gravaminis per eundem collectorem eis provideatur. Et si quid supererit, hoc fideliter per ipsum collectorem reservetur pro communibus illius diocesani , cleri et status ecclesiastici negoeiis ac publicis utilitatibus exponendis. Et idem fiat de tota medietate in illis diocesibus, ubi huiusmodi lesionem vel gravamen fieri non contingat (S. 75 f.). Die Anmerkungen S. 64, 4, S. 65, 1 und S. 66, 1 ergeben den Gesamtinhalt der Vorschläge.

2) Quod dieta quinta pars locum suum etiam obtinebit per quem- cumque, ubicumque, in curia vel extra, et quaeunque auetoritate ecclesia-

Mainzer Acceptation von 1439. 67

sollten nach den deutschen Vorschlägen auch solche besteuert werden, deren Jahreseinkünfte auf vier Mark Silber sich be- liefen; von ausdrücklich ausgenommenen Pfründen war mit keinem Worte die Rede. Die deutsche Proposition endlich erwartete für die Teilung, an die in Bourges niemand dachte, die Gutheissung von Papst und Konzil; kein Wunder, dass sie vom Gang der Ereignisse selbst überholt war, als man sie zu Basel in späte Behandlung nahm l). Nicht erst so spät zeigte sich ihre Undurchführbarkeit. Die Tatsache, dass ihrer in der Mainzer Acceptation mit keinem Worte Erwäh- nung geschieht, dient zum Beweise, dass sie von den Ur- hebern des „Zettels" selbst als unbefriedigend, als der An- nahme unwert angesehen worden war. Der dritte Zusatz zum Abschnitt II de electionibus hatte den Fall ins Auge gefasst, dass die vom Konzil geplante Entschädigung nicht zu stände käme2); man mochte sich sagen, dass die Vorschläge der kur- fürstlichen Räte in sich eine Utopie wären, und daraus die Berechtigung ableiten, beim Abschnitt IX de annatis nur die eigenen Interessen sicherzustellen. Auch hierin überliess man den französischen Prälaten das Verdienst der Umsicht, des Wollens und des Handelns.

Der Nachtrag zu Abschnitt XXII de reservationibus um- fasst zwei Forderungen an das Konzil. Die erste verlangt Er-

stica de ipsis ecclesiis, monasteriis vel beneficiis quomodolibet, preter- quam ex causa permutationis aut resignacionis pure et simplicis, ut prefertur, disponatur (s. oben S. 65 Anm. 1) ; exceptis beneficiis, quorum ius patronatus, presentacio, collacio, institutio vel provisio ad regem iure regalie vel alias aut alium quemcumque vel alios iure laico spectat et pertinet, de quibus nihil prorsus solvetur (S. 284); s. oben S. 55.

1) Vgl. A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 61.

2) Die Einleitung der Vorschläge (Würdtwein a. a. 0. VIII, S. 74) knüpft an die letzten Worte des Dekrets de electionibus (in der Mainzer Acceptation Abschnitt II) an, und darum hätte die Aufzeich- nung schon oben S. 60 f. besprochen werden müssen. Ihr innerer Zu- sammenhang aber mit dem Annatendekret rechtfertigt ihre Wertung erst an dieser Stelle.

UBRARY ST. MARYS COLLEGE

(58 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

neuerung des gemeinen Rechtsgrundsatzes, dass der Papst die ihm reservierten Pfründen die im Corpus iuris canonici ent- haltenen Reservationen waren ihm auch für die Zukunft zu- gestanden worden *) binnen Monatsfrist nach ihrer Erledi- gung vergeben solle, andernfalls sie durch die Ordinarien zu vergeben seien. Die zweite erbittet eine Bestimmung darüber, dass die vom Papst Providierten binnen vier Monaten ihren Oberen von der erfolgten Provision Nachricht zu geben hätten, wollten sie nicht ihr Anrecht auf die Pfründe verlieren. Wir haben es mit Wünschen der Mainzer Versammlung zu tun, für die sich in der pragmatischen Sanktion kein Vorbild findet. Ihre Absicht ist durchsichtig genug, da ihr erster die Hand- habung des päpstlichen Reservationsrechtes durch dessen zeit- liche Begrenzung auf die Zeit nur eines Monats noch weiter einschränken und den Ordinarien im Falle der Verletzung dieser Vorschrift das Recht der Verleihung selbst reservierter Pfründen wiederherstellen will, da sodann der zweite den Providierten an seine Abhängigkeit von seinem Oberen zu erinnern unter- nimmt. Papst und Provisus erscheinen nicht mit gleichem Mass gemessen. Jener kann nur binnen eines Monats seine Befugnis ausüben, dieser hingegen darf bis zu vier Monaten mit der Anzeige an seinen Vorgesetzten warten. Es wird sich ergeben, dass auch der erste Zusatz zu Abschnitt XXV de collationibus beneficiorum von Uebelwollen wider die päpst- lichen Verleihungen getragen ist. Lehrreicher ist jedenfalls das Verhältnis beider Zusätze zu Bestimmungen im Corpus iuris canonici, zumal gerade die hierin enthaltenen Reserva-

J) Basel 1436 März 25 sess. XXIII c 6 (Mansi XXIX, 120): . . . ipsas omnes (reservationes) tarn generales quam speciales sive parti- culares . . . sive per extravagantes Ad regimen (= c. 13 de praeb. in Extr. coram. III, 2) et Execrabilis (= c. an. de praeb. in Extr. Joann. XXII. tit. 3 und c. 4 de praeb. in Extr. comm. III, 2) sive per regulas cancellarie aut alias apostolicas constituciones inductas hec sancta synodus abolet, statuens, ut de cetero nequaquam fiant, reservacionibus in corpore iuris expresse clausis. Zu den letzten Worten vgl. P. Hinschius, Kirchenrecht III, S. 123 Anm. 10, S. 124 f. 138.

Mainzer Acceptation von 1439. (i<)

tionen vom Konzil und der Acceptation ausdrücklich dem Papste eingeräumt worden waren. Der erste knüpfte ver- mutlich an eine Bestimmung im Dekret Gratians an, die daran erinnerte, dass die animarum cura et pecuniarum ecclesiasticarum dispensatio in episcopi iudicio verbleiben solle, die ferner der widerrechtlichen Verfügung über Seelsorge und Pfründen durch Archidiakone, Archipresbyter , Pröpste oder Dekane Einhalt gebot l). Er wollte die bischöfliche Freiheit bei Besetzung der Diözesanpfründen, also gemeines Recht erneuern, folgeweise die päpstlichen Reservationen jüngeren Ursprungs nicht anerkennen, wenn der Papst innerhalb eines Monats nicht von seiner Befugnis Gebrauch machte. Vielleicht auch erinnerte man sich an einen Beschluss des Konzils von Lyon im Jahre 1274, der zur Verhütung langandauernder Vakanzen dem ordentlichen Verleihungsberechtigten die Aus- übung seines Besetzungsrechtes für den Fall gestattete, dass die päpstliche Kollation nicht innerhalb eines Monats nach der Vakanz erfolgt sei 2). In Mainz also wollte man eine Konzils- satzung erneuert wissen, die durch ihre Aufnahme in den Liber sextus gemeines Recht geworden war, die zugleich zeitlich den von der Basler Versammlung bereits beseitigten Konstitutionen Execrabilis Johanns XXII. vom Jahre 1317 und Ad regiraen Benedikts XII. vom Jahre 1335 voraufging3).

]) Vgl. c. 11 C. XVI qu. 7, dazu cc. 3 und 6 X de institutionibus 3, 7; ich verdanke Herrn Professor D. K. Lux in Münster i. W. den Hinweis auf diese Stellen.

-') c. 3 in VIto de praebendis 3, 4 (Lyon 1274 c. 21): ... ut ii, ad quos . . . beneficiorum et dignitatum spectat collatio, statuto non obstante praedicto (= Clemens IV. v. J. 1265, c. 2 in VIto de praeben- dis 3, 4), demum post mensem a die, quo dignitates seu beneficia ipsa vacaverint, numerandum ea conferre valeant. P. Hinschius a. a. 0. III, S. 124. C. Lux, Constitution um apostolicarum de generali beneficiorum reservatione ab a. 1265. usque ad a. 1378. emissarum tarn intra quam extra corpus iuris exstantium collectio et interpretatio (AVratislaviae 1904), p. 11 sqq.

•) Vgl. S. 68 Anm. 1.

70 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Man wird schliessen, dass diese Rückkehr zum Recht des ausgehenden 13. Jahrhunderts alle die Auswüchse der Reser- vationspraxis unmöglich machen sollte, die nur durch die Extravaganten und Kanzleiregeln sich eingeschlichen hatten1). Im Grunde genommen war also der erste Mainzer Zusatz zum Basler Dekret nichts mehr als eine Bekundung der prinzi- piellen Uebereinstimmung mit der Basler Versammlung. Er enthielt nicht so sehr Neues, als er vielmehr den Basler Kanon ergänzte. Anders der zweite Zusatz. Soweit wir sehen, lässt sich für das Verlangen, der vom Papst Providierte solle binnen vier Monaten seinem Oberen von der Provision Kunde geben , im anderen Falle aber das Anrecht . auf die Pfründe verlieren, im Corpus iuris canonici und ebensowenig in seinen Anhängen keine Stelle namhaft machen, an die vielleicht die Mainzer Versammlung anknüpfte, sei es gleich um gegen sie Einspruch zu erheben. Der hier eingerückte Wunsch sollte, wenn anders das Konzil ihn erfüllte, erst gemeines Kirchen- recht für Deutschland schaffen. Von neuem also wenden sich in diesem Anliegen die Mainzer an das Konzil als an die höchste kirchliche Instanz zum Erlass kirchlicher Gesetze. Wiederum erwarten sie von ihm einen Beschluss, der dem päpstlichen Recht Schranken ziehen soll. Dass ihn ein Papst sicherlich nicht leicht angenommen oder bestätigt hätte, daran dachte man kaum , wenn überhaupt die letzten Folgerungen des angeblich neutralen, in Wahrheit parteiischen Vorgehens in Erwägung gezogen wurden2).

*) Vgl. P. Hinschius a. a. 0. III, S. 130 ft. 140 ff.

-) Nur zur Vergleichung, nicht zur Interpretation kommt in Be- tracht die Ausführung von P. Hinschius a. a. 0. III, S. 155 Anm. 4 über die im Wiener Konkordat von 1448 (s. die Stelle bei Hinschius S. 139 Anm. 1) vorgesehene Beschränkung: Wenn ein in den päpstlichen Monaten zu Providierender sich nicht innerhalb dreier Monate nach der bekanntgewordenen Vakanz am Orte des Benefiziums gemeldet hat, soll die ordentliche Besetzung eintreten; vgl. dazu Koch, Sanctio pragmatica S. 229 Anm. 65.

Mainzer Acceptation von 1439. 71

Der Nachtrag zu Abschnitt XXV de collationibus bene- ficiorum gliedert sich in drei Teile. Ihr erster verlangt, dass durch Annahme des Basler Dekrets den niederen Ordinarien nicht die vom Laterankonzil zugestandene Frist genommen werde, d. h. es sollte jene Bestimmung des dritten Lateran- konzils vom Jahre 1179 erneuert werden, nach der eine er- ledigte Pfründe binnen sechs Monaten durch den Bischof zu besetzen war, sein Recht aber im anderen Falle an das Dom- kapitel devolvierte; nach der fernerhin der Bischof einzutreten hatte, wenn das zur Verleihung der Pfründe befugte Dom- kapitel sich als säumig erwies; die endlich bei Säumnis von Bi- schof und Domkapitel den Erzbischof befähigte, über die Pfründe zu verfügen 1). Mit Recht ist diese Forderung eine revolutio- näre genannt worden. Sie griff zurück auf die Praxis in der Handhabung des Devolutionsrechtes einer längst vergangenen Zeit; bis zu Ende gedacht schaltete sie das Eingreifen des Papstes in Fällen säumiger Besetzung von kirchlichen Pfründen so gut wie aus, da dann „auch bei unkanonischen Wahlen und Wahlen Unmündiger die Devolution nicht an den Papst, sondern an den Metropoliten als superior proximus einzutreten hatte" 2). Klar ist andererseits, dass, verglichen mit dem ersten Nachtrag zu Abschnitt XXII, dieser zu Abschnitt XXV auch noch in einer zweiten Hinsicht den Papst beeinträchtigte. Dort

J) Vgl. c. 2 X de eoncessione praebendae 3, 8 (Alexander III. 1179): Cum . . . praebendas ecclesiasticas seu quaelibet officia in aliqua ecclesia vacare contigerit . . ., non diu maneant in suspenso, sed infra sex menses personis, quae digne administrare valeant, conferantur. Si autem epi- scopus, ubi ad eum spectat, conferre distulerit, per capitulum ordinetur. Quod si ad capitulum pertinuerit et infra praescriptum terminum hoc non fecerit, episcopus secundum Deum hoc cum religiosorum virorum consilio exsequatur. Vel si omnes forte neglexerint, metropolitanus de ipsis secundum Deum absque illorum contradictione disponat. Zum Fol- genden vgl. ausser cc. 2 5 X de supplenda negligentia sacerdotum 1, 9 auch G.J.Ebers, Das Devolutionsrecht vornehmlich nach katholischem Kirchenrecht (Stuttgart 1906), bes. S. 172 ff. 330 ff. 348 ff. 364.

2) Ebers a. a. 0. S. 232.

72 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

wurde dem Papst die Frist nur eines Monats für die Besetzung einer ihm reservierten Pfründe eingeräumt, den Ordinarien sodann die Befugnis der Pfründkollation zuerkannt, wenn diese kurze Frist ungenutzt verstrich. Hier aber wurde die Frist für die Neubesetzung von erledigten Pfründen durch deutsche Kollatoren auf ein halbes Jahr bemessen, und erst nach Ablauf dieser Zeit sollte die Devolution in Kraft treten. Unmittelbar im Zusammenhang mit dem ersten Zusatz zu Abschnitt XXV steht der zweite, quod ante ipsius (seil, temporis Lateranensis concilii) lapsum non habeat locum pre- vencio. Das Basler Dekret hatte erklärt, es wolle unter der Bedingung, dass sein Beschluss über die Aufhebung päpst- licher Reservationen gültig bleibe, nicht solche päpstliche Ver- leihungen hindern, die der Papst vollziehe, ehe der zuständige Kollator das Benefizium vergeben habe 1). Dieser Beschluss war zu Bourges 2) und zu Mainz 3) aeeeptiert worden, mit Recht aber hatte die pragmatische Sanktion im dritten Zusatz zu Abschnitt VI de collatione beneficiorum 4) bemerkt: Cum collatores et patroni ecclesiastici habeant beneficio sacri Latera- nensis concilii certum tempus ad presentandum et conferendum respective, quod debent instare regii oratores apud sacrum con- cilium generale, ut provideat circa suum decretum de collatio- nibus in hoc scilicet, quod decretum illud videtur ipsi Latera- nensi concilio velle derogare, ita quod velit ipsum sacrum con- cilium decernere, quod preventiones etiam apostolice sedis vel legatorum eiusdem, facte in contrarium, non valeant, quo magis ipsis collatoribus et patronis suum ius, cessante culpa

*) Basel 1438 Jan. 24 sess. XXXI c. 2: Neque etiam collaciones per prevencionem fiendas intendit impedire, decreto nostro de reser- vacionibus quoad cetera et aliis decretis huius sanete synodi in suo robore duraturis (Mansi XXIX, 162).

2) Bourges Abschnitt V de reservationibus (S. 274 ohne Zusatz).

3) Mainz Abschnitt XXII mit den beiden oben S. 67 ff. besprochenen Zusätzen.

*) Dieser entspricht dem Abschnitt XXV der Mainzer Acceptation; s. auch oben S. 57 Anm. 2.

Mainzer Acceptation von 1439. 73

eorum, sicut iusticia suadet, servetur illesum r). Erst durch Heranziehung der französischen Modifikation empfangt die deutsche ihre Erläuterung. In Frankreich war der Wider- spruch zwischen der Forderung auf Rückkehr zur Praxis des 12. Jahrhunderts hinsichtlich der Devolutionen und dem Satze des Basler Dekrets zuerst erkannt worden. Ganz folge- richtig war der Wunsch nach Verwerfung der päpstlichen Be- setzungen per prevencionem. In Mainz drückte man sich weniger deutlich aus. Vor Ablauf der im lateranensischen Kanon festgelegten Frist sollte keine päpstliche prevencio er- folgen. War eine Pfründbesetzung durch den Papst aber noch eine prevencio, wenn sie nach Ablauf der den deutschen Kollatoren vorbehaltenen Frist von einem halben Jahr erfolgte? Im strengen Wortsinne nicht mehr, sondern ein Eingriff in das den Oberen anheimgefallene Recht, eine Konkurrenz mit diesem Rechte; der Ausdruck prevencio also war im letzten Grunde unstatthaft. Was aber diese Forderung verboten wissen wollte, was sie anstrebte gegenüber der kurialen Praxis bei Besetzung erledigter Aemter und Pfründen, war kein Geheim- nis. Sie verlangte eine Stärkung der bischöflichen Gewalt an den Benefizien, eine Minderung der päpstlichen, die jene in den Hintergrund gedrängt, wenn nicht gar gänzlich ausgeschaltet hatte. Der dritte und letzte Teil des Nachtrags zu Ab- schnitt XXV verlangte vom Papste, bei den ihm noch zustehenden Gratien den Deutschen vor dem Nichtdeutschen zu bevorzugen, vornehmlich bei einer Pfarrkirche. Die Veranlassung des Wun- sches ist klar, die Besetzung deutscher Benefizien mit Auslän- dern, die bereits für Frankreich die Einleitung der pragmati- schen Sanktion mit bezeichnenden Worten gegeisselt hatte 2), der durch konziliare Billigung des Mainzer Vorschlags nun auch für Deutschland ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Indem man freilich sein Augenmerk in erster Linie auf die Pfarr-

J) S. 278.

2) S. 269 f.; s. oben S. 35.

74 "Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

kirchen richtete, dachte man an die Bedürfnisse der prakti- schen Seelsorge in Stadt und Land, hätte es aber nicht nahe gelegen, diese Forderung auch auf andere kirchliche Beamtungen, hohe und niedere, auszudehnen? In der prag- matischen Sanktion begegnet kein genau entsprechendes Verlangen. Werden aber die Worte ihrer Einleitung, dass Kirchen und Benefizien solchen Ausländern zu teil würden, die nicht einmal die Sprache des Volkes verstünden1), mit ihren Aufstellungen hinsichtlich der Verleihung von Pfründen an solche Männer verbunden, die auf französischen Universitäten einen Grad erlangt hatten 2) , so ergibt sich , dass auch sie von demselben Wunsche nach einem dem französischen Volke entstammenden niederen Klerus erfüllt war wie die Mainzer Acceptation nach einem niederen Klerus deutscher Herkunft für Deutschland. Man wird dieser ausgesprochen nationalen For- derung nicht die Berechtigung aberkennen, mag es gleich dahingestellt bleiben, ob für Deutschland schon ältere Zeug- nisse sich finden, die auf das Indigenat der hier tätigen Geist- lichen als Voraussetzung ihrer Amtsführung schliessen lassen 3). Genug, man bewegte sich hier in einer Richtung, die der tatsächlichen Entwicklung zu nationaler Sonderung entsprach.

1) S. 269 : . . . dignitates ac beneficia notabiliora et opulentiora personis conferuntur incognitis et non probatis, que in eisdem beneficiis non resident, sicque vultus sibi commissi gregis non agnoscunt, linguam aliquando non intelligunt ; . . . clerici nostrorum regni et Delphinatus . . . studia deserunt propter promocionis congrue spem eisdem ablatam.

2) S. 278 (im Zusatz 6 zu Abschnitt VI de collatione beneficiorum): Quod . . . poterunt universitates . . . nominare certum numerum suorum graduatorum ; vgl. auch S. 274 (im Zusatz 2 zu Abschnitt IV de elec- tione cassanda) : . . . rex et principes regni . . . aliquando utantur pre- cibus benignis atque benivolis et pro personis benemeritis et zelantibus bonum reipublice et regni Delphinatus.

3) L. Thomassinus, Vetus et nova ecclesiae disciplina pars II. üb. I. c. 103 (Venetiis 1766, p. 214 ff.) kennt nur ausserdeutsche Zeug- nisse aus früheren Perioden; s. auch P. Hinschius, Kirchenrecht II, S. 503. Vgl. unten S. 78 f. über den letzten Zusatz zur Acceptation.

Mainzer Acceptation von 1439. 75

Den Beschluss bilde die Würdigung der vier letzten Zusätze zur Gesamtheit der acceptierten Basler Dekrete. Sie erwarten vom Konzil noch weitere Reformen zur Tilgung solcher Miss- stände, deren Beseitigung noch nicht in Angriff genommen sei. Ihre Einbringung wird, zum Teil wenigstens, gerecht- fertigt durch nationale Interessen, verrät aber aufs neue den geheimen Abfall von der Neutralität im Streite zwischen Papst und Konzil, da sie die Hilfe der Kirchen Versammlung in Anspruch nimmt und damit ihre Befähigung zur kirchlichen Gesetzgebung anerkennt. Der erste Zusatz verlangt die Er- laubnis zur Eheschliessung von Personen, die im vierten Grade der Konsanguinität oder Affinität mit einander verwandt sind. Er will sie nicht in Rom Dispens sich holen sehen, sondern dieser Gedanke freilich ist unterdrückt in der Heimat bei den deutschen Bischöfen l). Auch hier begegnet der Rückschlag wider die allzu grosse Ausdehnung der päpstlichen Befugnisse, der Versuch einer Stärkung der bischöflichen Gewalt auf deutschem Boden über die Angehörigen der einzelnen Diö- zesen. Die Praxis des Dispensationsrechtes in Rom wird als leichtfertig getadelt, die der deutschen Bischöfe stillschwei- gend als mehr den Vorschriften des Corpus iuris canonici entsprechend unterstellt. Jedenfalls liegt in der Beibehaltung des vierten Grades von Blutsverwandtschaft und Schwäger- schaft als eines nur durch Dispens zu beseitigenden Ehe- hindernisses ein Anschluss an eine Satzung des Laterankonzils vom Jahre 1215 2), während noch das Decretum Gratiani, unter Reception einer Bestimmung von Papst Alexander II.

') W. Puckert, Neutralität S. 95 Anm. 1 verweist überdies auf einen handschriftlich überlieferten Entwurf (Dresdener Archiv, Religions- sachen A fol. 150—153) aus dem Jahre 1439, der Dispensfakultäten in Bezug auf das Ehehindernis der Verwandtschaft auch für die Bischöfe fordert, während ein anderer Entwurf vom Jahre 1444 (ebd. fol. 258) sie nur für die Erzbischöfe im Bereiche ihrer Provinzen verlangt, frei- lich mit der Randbemerkung: et quilibet episcopus exemtus per suam diocesim.

2) Vgl. c. 8 X de consanguinitate et affinitate 4, 14.

76 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

(1061 1073) aus dem Jahre 1065, Ehen von Personen ver- boten hatte, die bis zum siebenten Grade mit einander verwandt waren1). Der zweite Zusatz verrät, wie schon oben bei Abschnitt III de conciliis synodalibus et provincialibus 8) und bei dem Zusatz zu Abschnitt IX de annatis3) angedeutet wurde, als Urheber der Acceptation und damit auch ihrer Nachträge in erster Linie die Erzbischöfe und Bischöfe. Er tadelt die Folgen der päpstlichen Exemtionen, der Durchbrechungen also der ordentlichen Gewalt über Provinzen, Diözesen, die in ihnen bestehenden kirchlichen Einzelanstalten, Kapitel und Konvente aller Art. Er findet, dass die Privilegierung dieser Exemten all- zu häufig erfolge und viele Missstände zeitige. Er fordert Er- neuerung jenes Kanon des ersten allgemeinen Konzils von Lyon .im Jahre 1245, der die Entscheidung von Anklagen wider Exemte den Ordinarien anheimgegeben hatte 4). Auch hier demnach eine Reaktion wider das päpstliche Kirchenrecht der avignonesischen Periode, ein Streben nach Wiederherstellung des Kirchen- rechts des 13. Jahrhunderts, und es verdient Erwähnung, dass rund 110 Jahre nach der Mainzer Acceptation das Konzil von Trient in seiner siebenten Sitzung vom 3. März 1547 den im Jahre 1439 angeführten Beschluss vom Jahre 1245 wieder- holte und erneuerte5). Aehnliches gilt vom dritten Zusatz, der eine Einschränkung der Konservatorien und ihre Her- stellung nach der Form des gemeinen Rechtes fordert. Ueber

*) Vgl. c. 2 C. 35 qu. 5; siehe im allgemeinen E. Friedberg, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts (6. Aufl.. Leipzig 1909), § 145 und 146.

2) Vgl. oben S. 47.

3) Vgl. oben S. 61.

4j Vgl. c. 1 in VIto de privilegiis 5, 7. Ueber die Frage der Exem- tionen auf dem Konstanzer Konzil vgl. B. Hübler, Constanzer Refor- mation S. 93 f. 232 ff. und über das Basler Konzil A. Hüfner: Archiv für katholisches Kirchenrecht LXXXVII (1907), S. 614 ff.

5) Concilium Tridentinum 1547 März 3 sess. VII de reforma- tione c. 14 ed. Richter p. 55.

Mainzer Acceptation von 148$. 77

die Aufgaben der Konservatoren 1), ihre Amtsführung und die zu ihr allein geeigneten Persönlichkeiten hatten das Konzil von Lyon im Jahre 1245, die Päpste Alexander IV. (1254—1201) und Bonifaz VIII. (1294 1303) eine Reihe von Bestimmungen erlassen, die insgesamt in den Liber sextus decretalium auf- genommen worden waren *). Unter ihnen fand sich die Vor- schrift, dass es den Konservatoren verboten sein sollte, jeman- den vor sich zu laden, der länger als einen Tag reisen müsse, um der Ladung zu entsprechen3). Gerade sie aber war durch die Kanzleiregeln Johanns XXII. (1316 1334), Benedikts XIII. (1394—1417, f 1424) und Eugens IV. (1431—1447) dahin abgeändert worden, dass die Konservatoren auch solche sollten belangen können, die bis zu zwei Tagereisen von ihrem Sitze wohnten 4). Kein Zweifel, dass die Mainzer Versammlung die Ab- schaffung dieser lästigen Ausweitung der Befugnisse der Konser- vatoren wünschte. Den deutschen Erzbischöfen und Bischöfen

') Vgl. E. L. Ferraris, Prompta bibliotheca II (Venetiis 1782)^ p. 531, wo nach der Glosse zu c. 1 in VIto de officio et potestate iudicis delegati 1, 14 (s. nächste Anmerkung) erwähnt ist, dass: conser- vatores potissimum dantur regularibus ad tuendum eorum personas, bona et iura, sub quibus eorundem continentur privilegia, exemtiones et im- munitates.

2) Vgl. c. 1 in VIto de officio et potestate iudicis delegati 1, 14 (Lyon 1245), c. 2 in VIto de off. et pot. iud. del. 1, 14 (Alexander IV.), cc. o— 15 in VIto de off. et pot. iud. del. 1, 14 (Bonifaz VIII.).

8) Vgl. c. 15 in VIto de off. et pot. iud. del. 1, 14: Conservatores . . . extra civitates seu dioeceses, in quibus fuerint deputati, contra quos- cunque procedere aut aliquos ultra unam diaetam a fine dioecesuni eorundem trahere non praesumant.

4) Vgl. die Kanzleiregel Johanns XXII. c. 14 : Item in conservatoriis praelatorum ponatur, quod conservatores possint ad se vocare iniuriantes per duas dietas dumtaxat (E. von Ottenthai, Die päpstlichen Kanzlei- regeln, Innsbruck 1888, S. 4). Die Kanzleiregel Benedikts XIII. c. 99 (ebd. S. 138) bestimmt, quod aliquis vigore conservatorie huiusmodi ultra duas dietas extra suam civitatem vel diocesim non trahatur, die- jenige Eugens IV. c. 87 (S. 250) : in litteris (d. h. in conservatoriis) po- natur, quod conservatores possint vocare iniuriatores ad duas dietas; siehe auch ebd. S. 21 c. 31 (Urban V.), S. 181 c. 44 (Johann XXIII.),

78 Werminghoff, Nationalkirchliche BestrebuDgen.

konnte eine Einrichtung nicht genehm sein, die in erster Linie exemten Geistlichen und Kirchen zu gute kam, die schon im Jahre 1287 vom Würzburger Konzil bekämpft worden war x). Endlich der vierte Zusatz mit dem Versuch, die Erteilung von Weihen am Sitze der Kurie an unwürdige Ausländer und Fremdlinge einzuschränken, an solche Männer also, die, gestützt auf ihre Weihen, die Uebertragung von Kirchenämtern in Deutschland für sich forderten. Er erweitert den Zusatz zu Abschnitt XXV de collationibus beneficiorum, der päpstliche Gratien im Hinblick auf deutsche Pfarrkirchen zunächst Geistlichen deutscher Abstam- mung zugebilligt wissen wollte 2). Die Tendenz der Erweiterung ist leicht erkennbar. Sie will einmal einen Klerus deutscher Herkunft schaffen, sodann die Gerechtsame der Bischöfe aufs neue beleben, die durch die absoluten Ordinationen von Kleri- kern an der Kurie stark beeinträchtigt waren. Möglich ist, dass auch hier eine Erneuerung von Satzungen geplant war, wie sie Clemens IV. (1265-1268) und Bonifaz VIII. (1294—1303) hinsichtlich der Voraussetzungen für Erteilung der Weihen erlassen hatten3). Jedenfalls würde dann, gleichwie in den früheren Zusätzen am Schluss der Acceptation so auch im letzten, eine Rückkehr sich finden zum Recht des Corpus iuris canonici einschliesslich des Liber sextus decretalium, eine

S. 200 c. 65 (Martin V.), S. 287 c. 96 (Nikolaus V.). Formeln für Kon- servatorien, die beide die Bestimmung Bonifaz' VIII. (s. S. 77 Anm. 3) ausdrücklich aufheben, finden sich bei M. Tangl, Die päpstlichen Kanzlei- ordnungen von 1200—1500 (Innsbruck 1894), S. 321 ff. n. 129 und 130. Siehe auch B. Hennig, Die Kirchenpolitik der älteren Hohenzollern in der Mark Brandenburg und die päpstlichen Privilegien des Jahres 1447 (Leipzig 1906), S. 162 f.

1) Würzburger Konzil 1287 c. 39; Mansi XXIV, 865 (mit sehr verderbtem Text). Ueber die conservatores iurium et privilegiorum der Universitäten vgl. Gr. Kaufmann, Geschichte der deutschen Uni- versitäten II (Stuttgart 1896), S. 104 f.

2) Siehe oben S. 73 f.

3) Vgl. c. 1 in VI*o de temporibus ordinationis 1, 9 (Clemens IV.) und c. 3 eod. (Bonifaz VIII.), dazu P. Hinschius, Kirchenrecht I, S. 87.

Mainzer Acceptation von 1439. 79

Polemik wider das päpstliche Kirchenrecht des 14. Jahrhunderts, das Verlangen demnach, die allzu weit gespannten Forderungen namentlich des avignonesischen Papsttums auf ein gebührendes Mass zurückzubringen. Klare historische Einsicht in die Be- deutung gerade des 14. Jahrhunderts für die Ausgestaltung der papalen Allgewalt wird man bei den in Mainz Versam- melten nicht vermuten dürfen. Immerhin lag in ihren Forde- rungen eine gesunde Reaktion wider eine Entwicklung, die freilich nicht auf dem hier eingeschlagenen Wege wieder aus der Welt geschafft werden konnte.

Ueberschaut man die deutschen Zusätze im ganzen, so fällt mehrfach der Mangel an Klarheit auf, bei allen das Fehlen von Kraft und Nachdruck. Sie standen insgesamt unter dem Banne einer Kirchenpolitik, die des unverrückbar aufgestellten Zieles entbehrte. Die Nachträge sollten vom Basler Konzil gutgeheissen werden, ihre Urheber neigten damit auf die Seite der Kirchenversammlung. Da sie aber die Neutralität zwischen Rom und Basel nicht verletzen wollten, schauten sie zur selben Zeit nach dem Papste Eugen IV. aus, noch immer von der Hoffnung erfüllt, ihm eine Entschädigung auszumitteln und auf solche Weise ihn vielleicht zu bestimmen, dass auch er die Basler Dekrete und ihre Ergänzungen bestätige. Ein Dilemma, all- zu grosser Behutsamkeit entspringend, das in Frankreich ver- mieden worden war durch den Entschluss und die Tat des Königs, die Denkschrift seiner Geistlichen samt den Nachträgen unmittelbar zum Gesetz für seine Kirche zu erheben, obwohl auch er die Mahnung las, dass die Versammlung zu Bourges eine Billigung ihrer Zutaten durch das Konzil erwarte. Ent- schluss und Tat waren der Mainzer Versammlung versagt. Der König war nicht anwesend, und ihn, das Konzil und den Papst vor eine vollendete Tatsache zu stellen, d. h. die accep- tierten Dekrete samt den Modifikationen sofort als Reichsgesetz zu verkünden, war deshalb unmöglich. Gleichwohl scheint der Wunsch bestanden zu haben, es nicht allein bei der Erklärung der Acceptation bewenden zu lassen. In ihr lag die Absicht

80 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

weiterer Verhandlungen mit dem Konzil; dass aber diese in die Wege geleitet werden sollten, verrät der Entwurf einer Urkunde, in der Albrecht IL, die Kurfürsten, Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten bei den Baslern vorstellig werden, die Mainzer Acceptation als Ganzes anzuerkennen und ihre Beob- achtung anzuordnen x). Seiner Entstehungszeit nach gehört der Entwurf, während die früher besprochenen Vorschläge über die Entschädigung des Papstes noch im März 1439 entstanden zu sein scheinen 2) , dem Ausgang des Mainzer Reichstages (April 1439) an. Wer ihn anfertigte, bleibt unbekannt; jeden- falls lag ihm die pragmatische Sanktion Karls VII. vor, aus deren Einleitung er mehr denn einen Satz entnahm3). Ob freilich Albrecht den Entwurf vollzog, d. h. ob er die Mainzer Acceptation guthiess und sie dem Konzil unterbreitete, ist leider nicht überliefert. „Jedenfalls ist es geschehen," meint A. Bachmann4), und es ist kein Grund vorhanden, diese Ver- mutung zu bestreiten.

') St. A. "Würdtwein, Subsidia diplomatica VIII (Heidel- bergae 1776), p. 1 5, ohne Wiederholung aber der angenommenen Konzilsdekrete durch den Herausgeber des Dokuments.

2) Siehe oben S. 63 ff.

3) Eine ausführliche Vergleichung beider Dokumente erübrigt sich an dieser Stelle; auf die Uebereinstimmung hat bereits "W. Puckert a. a. 0. S. 92 Anm. 1 hingewiesen.

4) A. Bachmann: Archiv für österreichische Geschichte LXXV, S. 60 f. nach Besprechung des Entwurfs und der bereits oben S. 63 ff. erwähnten Vorschläge für die Entschädigung des Papstes: „Es ist un- bekannt, wann und unter welchen Umständen König Albrecht die accep- tation* gutgeheissen hat. Jedenfalls ist es geschehen. Vor das Konzil aber, wohin sie der Aenderungen und Zusätze wegen gelangen musste, kam sie jetzt mit des Königs Unterschrift keineswegs; ebensowenig die Beschlüsse, den Ersatz für die Annatengelder betreffend. Beide sind denn auch spät zu Basel in Verhandlung genommen worden"; vgl. den Auszug aus der Instruktion Friedrichs III. vom Jahre 1440 für den Mainzer Reichstag (Februar 1441) ebd. S. 79. Bachmanns "Worte wenden sich gegen W. Puckert a. a. 0. S. 97 mit Anm. 1, dass der römische König keineswegs, was in seiner Abwesenheit begonnen worden, durch Gutheissung vollendet habe.

Mainzer Acceptation von 1439. 81

Eine andere Frage ist, wann das Konzil sich der deutschen Anliegen annahm. Sein Geschichtschreiber Johann von Sego- via berichtet, dass es den Basler Abgesandten auf dem Mainzer Reichstag nicht gelungen sei, auch nur eine Abschrift der Acceptationsurkunde zu erhalten, dass aber die Bischöfe von Passau und Lübeck ihnen die Dringlichkeit der von der Synode zu erbittenden Beschlüsse ans Herz gelegt hätten l). Wie lange noch ward trotzdem gezögert, das Konzil wirklich um Bestäti- gung des Dokuments von 1439 anzugehen! Erst im März 1446, nach der Absetzung der Erzbischöfe von Köln und Trier durch den Papst (24. Januar 1446), beschlossen die zu Frankfurt versammelten Kurfürsten, zunächst solle Eugen IV. um An- erkennung der Mainzer Acceptation samt ihren Zusätzen ge- beten werden. Verweigere er sie, so sei dem Konzil die gleiche Bitte zu unterbreiten, derart dass es nach ihrer Erfül- lung anerkannt werde, dass es freilich auch sich selbst an einen von den Kurfürsten bestimmten Ort verlegen müsse2). Die weiteren Klauseln, ohne die ein deutsches Aktenstück jener Tage nicht zu denken ist, bedürfen hier nicht der Anführung. Den Boten nach Basel wurden zugleich Entwürfe mitgegeben, deren einer die konziliare Bestätigung der kurfürstlichen Pro- positionen enthielt, das heisst die Billigung der Mainzer Zu- sätze von 1439 mit Ausnahme der vier letzten, im Jahre 1439 noch geforderten Reformen 3). Langwierige und erregte Ver-

x) Vgl. den Abdruck der entscheidenden Stellen bei Koch, Sanctio pragmatica S. 267. 271.

2) Hierzu wie zum Folgenden vgl. u. a. W. Puckert, Neutralität S. 252 ff. A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 169 ff.

3) Der Entwurf der Konzilsbulle findet sich bei St. A. Würdt- wein, Subsidia VIII, p. 107 117; darin ist eingeschaltet (S. 109—112) ein zweiter für die Bestätigung der Mainzer Acceptation und ihrer Zu- sätze. Wir zählten deren früher (vgl. S. 57 ff.) im ganzen 15. Der Entwurf wiederholt von ihnen die ersten elf, d. h. die Zusätze zu den Abschnitten II (aus sessio Basil. XII), IX (aus sess. XXI). XXII (aus sess. XXIII) und XXV (aus sess. XXXI). Nicht wiederholt sind die

W e r m i n g h o i f , Nationalkirchliche Bestrebungen. 6

82 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

handlungen in Rom waren die Folge und brachten nur neuen Aufschub *). Von Basel überbrachte wohl eine Gesandtschaft des Konzils dem Frankfurter Reichstag (September und Oktober 1446) die Erfüllung aller Forderungen des Frühjahres. Noch hoffte sie auf die Oboedienz des Reiches, das vom Papst für immer sich abkehren würde , aber ihr Warten und Werben war vergeblich. Dem Geschick des königlichen Geheim- schreibers Enea Silvio gelang es, eine Formel zu finden, die den Kurfürstenbund sprengte, das Konzil ausschaltete und Eugens IV. Nachgiebigkeit nicht allzusehr belastete. Nun waren weitere Verhandlungen mit Basel nicht mehr nötig, die mit dem Papste um den endgültigen Anschluss des Reiches an Rom

vier letzten Zusätze mit den Wünschen weiterer konziliarer Reformen. An ihre Stelle ist folgender Passus getreten, der sich unmittelbar an den letzten Zusatz 11 zu Abschnitt XXV bezüglich der päpstlichen Gratien und der Be- vorzugung von Deutschen zumal für deutsche Pfarrkirchen (s. oben S. 73 f.) anschliesst: Verum quia in multis ecclesiis dicte nacionis statutum in- venitur vel extat consuetudo, quod inibi duntaxat illustres aut alias certo geniture modo qualificate persone recipiuntur, noluerunt per acceptationem dictorum decretorum illi consuetudini vel statuto quoquomodo praeiudi- cari, nisi in quantum inter personas premisso modo geniture qualificatas persone graduate et iuxta formam ipsius decreti qualificate reperiantur, inter quas decretum ipsum in ecclesiis huiusmodi tantummodo servetur (Würdtwein a. a. 0. VIII, S. 111). Ueber den Adel als Vorbedin- gung für den Eintritt in Domkapitel oder Klöster vgl. meine Literatur- angaben in Meisters Grundriss der Geschichtswissenschaft II, G (Leipzig 1907), S. 52 f. und S. 64 Anm. 1, die aber dank neuerer Ar- beiten namentlich aus der Schule von A. Schulte mancher Ergänzung bedürfen, z. B. durch W. Pelster, Stand und Herkunft der Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz im Mittelalter. Weimar 1909. F. Simon Stand und Herkunft der Bischöfe der Mainzer Kirchenprovinz im Mittel- alter. Weimar 1908. H. Werner: Deutsche Geschichtsblätter IX (1908), S. 251 ff. Das Mittelstück des Entwurfs ist von Koch, Sanctio prag- matica S. 171 ff. als eine im Jahre 1439 vollzogene Urkunde des Konzils abgedruckt; W. Puckert, Neutralität S. 98 Anm. 1 tadelt dies Ver- fahren mit gutem Recht.

*) Vgl. auch C. Brockhaus, Gregor von Heimburg (Leipzig 1881) S. 62 ff.

Mainzer Acceptation von 1439. 83

konnten jetzt ihren Lauf nehmen , dem Frankfurter Tage folgten die Fürstenkonkordate von 1447, das Wiener Kon- kordat von 1448.

Ein weiter , vielleicht allzuweiter Weg ist zurückgelegt. Er ergab, dass der Inhalt des Mainzer Acceptationsinstruments auf lange Strecken abhängig ist von dem der pragmatischen Sanktion, dass man aber auch in Mainz Rücksicht zu nehmen verstand auf deutsche Bedürfnisse. Für beide Dokumente boten die Beschlüsse des Basler Konzils den Rohstoff dar, und hieraus folgt von selbst, dass wohl eine Reformation angestrebt wurde im Sinne der letzten allgemeinen Kirchenversammlung des 15. Jahrhunderts, nicht aber, weder für Frankreich noch für Deutschland, ein kirchlicher Neubau. Hindert diese Tat- sache, in den Urkunden der Jahre 1438 und 1439 Verfas- sungsurkunden für eine französische oder deutsche Kirche zu erblicken, so darf nicht vergessen werden, dass die Trag- weite der pragmatischen Sanktion eine ganz andere war als die der Mainzer Acceptation. Jene wies, weil alsbald vom König als ein für seine Kirche gültiges Gesetz verkündet, dem in Frankreich gültigen Kirchenrecht neue Bahnen, neue Ziele, die der hier aufgerichteten Kirche vor dem Papste Schutz ge- währen, dem König aber sie zur Verfügung stellen sollte. Diese Kirche Frankreichs trug hinfort das Gepräge einer natio- nalen Kirche oder, weil der König ihr Grundgesetz erlassen hatte, dessen Einzelbestandteile von Haus aus Reformdekrete einer kirchlichen Instanz waren, diese Kirche Frankreichs näherte sich einer Staatskirche, deren äussere Ordnungen der Wille des Herrschers bestimmte *).

Nicht so die Mainzer Acceptation. Die verfassungsmässigen

]) Vgl. J. Ha 11 er: Korrespondenzblatt des Gesaratvereins der deut- schen Geschichts- und Altertumsvereine LVIII (1910), S. 22. 24. Der Vor- trag H a 1 1 e r s (ebd. S. 9 ff. abgedruckt) ging mir erst während der Korrektur zu, so dass ich nur in einer nachträglich eingefügten Anmer- kung auf ihn verweisen kann.

84 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Organe des deutschen Reiches, der König und die Kurfürsten, hatten sich in ihr vereinigt mit den Vertretern der Metropolitan- verbände auf deutschem Boden. Auch sie waren willens ge- wesen, die Ergebnisse der Basler Reform, die Gesamtheit der acceptierten Dekrete nebst den eigenen Zutaten zum Gesetz zu erheben, zugleich aber war man bedacht, für den ersten Schritt, eben die Annahme der Dekrete, und für die Rück- sichtnahme auf deutsche Interessen in den Nachträgen gleich- sam noch einmal Indemnität zu erbitten, und zwar vom Konzil, dem man zuneigte, obwohl man die früher übernommene Verpflichtung zur Neutralität zwischen Rom und Basel noch immer als bindend anerkannte und aufs neue durch sie sich gebunden erachtete. Es ist darum, mag es gleich häufig ge- schehen sein, nicht richtig, die Mainzer Urkunde die pragmatische Sanktion der Deutschen zu nennen. Dazu fehlte ihr der Wille, dazu die Kraft. Sie war nur ein Versuch zu nationaler Aus- gestaltung der kirchlichen Verfassung auf deutschem Boden, ein Versuch im gefährlichen Augenblick, weil er gemacht wurde zu einer Zeit, da, je länger der Zwist zwischen Papst und Konzil dauerte, er um so mehr sich verschärfte, bis er in der Wahl des Gegenpapstes Felix V. am 5. November 1439 zu einem neuen Schisma führte. Es frommt nicht dem Staate eine neue Verfassung zu geben unter Umständen, die ihn, ob- gleich wider Willen, in einen auswärtigen Krieg zu verwickeln drohen. Auch die Reform der kirchlichen Verfassung in einem Lande kann, wenn anders sie fruchtbringend sein will, nicht in Angriff genommen werden, wenn der entscheidende Wille der berufenen Organe fehlt. In Frankreich war die Reform ge- lungen, während die Grundvesten der gesamtkirchlichen Organi- sation, die bislang in das Dasein ihres französischen Anteils be- stimmend eingegriffen hatte, ins Wanken geraten waren. In Deutschland mit seinem Wirrsal territorialer und partikularer Tendenzen fehlte die wollende, die schaffende Persönlichkeit. Seine kirchliche Reform musste Stückwerk bleiben, ja nur ein frommer Wunsch, sobald sie hineingezogen wurde in den

Mainzer Acceptation von 1439. 85

Strudel der Kämpfe zwischen König und Kurfürsten, Kurie und Konzil *).

*) H. Werner hat in seiner Ausgabe der Reformation des Kaisers Sigmund (Berlin 1908) dargetan, wie stark diese Schrift von der Mainzer Acceptation abhängig ist (vgl. dazu seinen Aufsatz im Neuen Archiv XXXH, 1907, S. 742 ff.). Ich vermeide, auch sie in den Kreis der Be- trachtungen einzubeziehen, um nicht den schon allzu ausgedehnten Auf- satz noch weiter zu spinnen. Gebe ich auch Werners These bezüglich der Abhängigkeit jenes Traktats von der Mainzer Urkunde zu, so mache ich mir doch nicht jedes Urteil über diese selbst zu eigen, ohne freilich hier in eine Einzelpolemik eintreten zu wollen. W. Köhler ist dem Verhältnis von Luthers Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation zu den Basler Reformbeschlüssen nachgegangen, hat es aber ab- gelehnt, die Beziehungen zwischen Luther und der Mainzer Acceptation darzulegen, da diese im wesentlichen Basler Dekrete übernommen habe (Luthers Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation im Spiegel der Kultur- und Zeitgeschichte, Halle 1895, S. 138 ff. 145 Anm. 1). Für Luther boten die ersten 15 Konzilssitzungen keinen Stoff, die Acceptation hat die 16. Sitzung (12. Februar 1434) nicht berücksichtigt, wohl aber die 20. in den Abschnitten V VIII (über ihre Verwertung durch Luther vgl. Köhler a. a. 0. S. 141 f.), die 21. in den Abschnitten IX— XIX (vgl. ebd. S. 142 f.), die 23. in den Abschnitten XX— XXIII (vgl. ebd. S. 143); die 30. Sitzung ist nur in der Acceptation (Abschnitt XXIV), nicht aber von Luther berücksichtigt, die 31. in den Abschnitten XXV und XXVI der Acceptation (über Luther vgl. Köhler S. 143 f.). Die Forderungen der beiden ersten Zusätze zu Abschnitt XXVI der Accep- tation betreffend Ehehindernisse und Exemtionen (s. oben S. 75 f.) finden sich auch bei Luther (vgl. die Weimarer Ausgabe seiner Werke VI, S. 442 f. 429), ohne dass er sie unmittelbar aus der Acceptation entlehnt zu haben brauchte, da er mit seinem Verlangen „nur einem allgemeinen Bedürfnis entgegenkam" (Köhler a.a.O. S. 145). Ueber Luther und die prag- matische Sanktion vgl. ebd. S. 144. Beide stützen sich auf Basler Dekrete, daher ihre Berührungspunkte, doch finden sich keine Beziehungen Luthers zu den Zusätzen in der Sanktion. Luther kannte aber jedenfalls die französische Urkunde , da er wiederholt die Abwehr päpstlicher Uebergriffe in Frankreich rühmt (Weimarer Ausgabe VI, S. 417. 433).

Fünfter Abschnitt.

Das Wiener Konkordat vom Jahre 1448.

Feierlich war am 26. März 1439 zu Mainz die Acceptation der Basler Dekrete verkündet worden1). König Albrecht IT. starb am 27. Oktober 1439 und zu seinem Nachfolger wurde am 2. Februar 1440 Friedrich III. gewählt. In Basel ward am 5. November 1439 der Herzog Amadeus von Savoyen zum Gegenpapst erhoben, und etwas mehr denn sieben Jahre wogte der Kampf zwischen beiden Päpsten um die Oboedienz des neutralen Deutschen Reiches. Erst am 7. Februar 1447 konnte Eugen IV. die Erklärung entgegennehmen, dass die deutsche Nation durch die Leistung der Oboedienz seitens ihres Königs wiederum in das römische, papale Kirchentum eingetreten sei. Am 17. Februar 1448 besiegelte Friedrich III. das Wiener Konkordat, das Eugens IV. Nachfolger -Nikolaus V. von sich aus am 19. März 1448 verkündete.

Mit diesen kurzen Sätzen soll eine Periode von neun Jahren gekennzeichnet werden, die durch das immer weitere Zurück- treten der nationalkirchlichen Gedanken des Jahres 1439 ihr Gepräge erhält. So schwach diese gleich entwickelt sein mochten, jedenfalls erfolgte noch im Laufe des Jahres 1439 die entscheidende Wendung. Nach Eugens IV. Absetzung durch das Konzil am 25. Juni 1439 wäre es an der Zeit ge-

J) Zum Folgenden vgl. besonders Gr. Voigt, Enea Silvio I, S. 247 ff'. W. Puckert, Neutralität S. 109 ff. Hefele, Konziliengeschichte VII, S. 777 ff. A. Bachmaun a. a. 0. LXXV, S. 68 ff. V. von Kraus, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters I, S. 82 ff. 177 ff.

Wiener Konkordat von 1448. 87

wesen, dem Ausbau der angenommenen Dekrete durch ihre Einführung als Reichsgesetz alle Kräfte zu widmen; dafür aber ward die Ausgestaltung der Neutralität in die Wege geleitet und, in ihrem Gefolge, die Stärkung des territorialkirchlichen Regiments, das aus dem Streite zwischen Papst und Konzil neue Kräfte zu gewinnen sich bemühte und das eben des- halb die Fürsorge für das gesamtdeutsche Kirchenwesen aus- schloss.

Als Zeugnis dieses Abfalls vom Ziele der Acceptation wird ein Entwurf anzusehen sein, der dem Aktenmaterial des Frank- furter Reichstags vom November 1439 angehört1). Er stellt jegliche Verletzung der Neutralität unter die strengen Strafen des Vermögensverlustes und der Landesverweisung. Da nicht nur die allgemeine Kirche, sondern auch andere Kirchen man beachte den Gegensatz durch jenen Kampf schwer gelitten hätten, so würden König und Kurfürsten hinfort keinerlei Prozesse, Mandate, Satzungen und Dekrete in ihren Ländern und Herrschaften mehr annehmen; den Zuwider- handelnden sollte Strafe treffen. Dafür würden geistliche und weltliche Konsistorien einzurichten sein, die jedem Bitt- steller sein Recht zu teil werden Hessen. Auf dass endlich nie- mand die Urheber solcher Ordnungen für des Hauptes ent- behrend halte, gleichsam als wollten sie jeder übergeordneten Autorität sich entziehen, wird erklärt, eine Verweigerung der Oboedienz gegenüber dem Konzil oder dem Papste sei nicht beabsichtigt. Man wolle neutral bleiben, bis durch ein anderes heiliges allgemeines Konzil oder nach dem Rat von Gelehrten wie Doktoren und der Fürsten des heiligen römischen Reiches ein Beschluss darüber gefasst wäre, was zu tun, wem Gehor- sam zu leisten sei2).

a) St. A. Würdtwein, Subsidia VIII, p. 86—91 ; vgl. dazu A. Bach- mann a. a. 0. LXXV, S. 64 ff. H. R. von Srbik, Die Beziehungen von Staat und Kirche in Oesterreich während des Mittelalters (Inns- bruck 1904), S. 11.

2) Experientia nos diuturna edocuit statum non solum univer-

gg Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Die Bedeutung dieses Entwurfes, den der Erzbischof von Köln für das Gebiet seiner Kirche verkündete1), für die Ge- schichte der landeskirchlichen Bestrebungen liegt auf der Hand. Leider lässt er die Frage unbeantwortet, ob jene consistoria spiri- tualia in den geistlichen, die consistoria secularia in den welt- lichen Territorien eingeführt werden sollten, oder ob Zusammen- setzung und Zuständigkeit einer jeden Art von Konsistorien je nach den ihrer Judikatur unterworfenen Angelegenheiten, hier der geistlichen, dort der weltlichen, sich zu richten habe2). Jedenfalls konnte ihre Bildung nur vorübergehend sein, gerade sie aber machte die Einsetzung eines Organes für alle Landes-

salis, sed et aliarum ecclesiarum confundere graviter . . . Nolumus tarnen ... ea, que pro utraque parte prius rite facta, data aut concessa fuerint, in aliquo ledere, sed illa in omni suo robore cum effectu durare et firmiter observare. Et sie nostra tarn spiritualia quam secularia ordinabimus consistoria, ut unieuique petenti, quomodolibet cessante impedimento, iusticia ministretur. Ut autem pia et sincera omni menti clareat intencio nee quisquam nos ut aeephalos (s. unten S. 89 Anm. 3) videre aut sine superiori auetoritate stare velle sinistre forsan suspicetur, dici- mus, . . . quod . . . non intendimus neque volumus ab obediencia sacri concilii aut sanete sedis apostolice quomodolibet recedere, sed . . . animos nostros suspensos tenere, donec per aliud sacrum generale aut ycumeni- cum concilium aut alias de consilio literatorum et doctorum nostrorum sacrique Romani imperii optimatum quid agendum, cui pocius obedien- dum sit, conclusum fuerit seu determinatum (Würdtwein a. a. 0. VIII, S. 90 f.).

!) Vgl. die Urkunde des Erzbischofs von Köln d. d. 1439 Nov. 28 bei J. Hansen, Westfalen und Rheinland im 15. Jahrhundert I (Publi- kationen aus den K. Preussischen Staatsarchiven XXXIV. Leipzig 1888), S. 31 ff. n. 24.

2) Für die letztere Alternative entscheidet sich die Uebersetzung von A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 65. Für die erste spricht, dass der Erzbischof von Köln (s. vorige Anm.) den Entwurf bekannt machte super modo in terris et dicionibus nostris tenendo quoad obedienciam, quam utraque parcium (Papst und Konzil) . . . a nobis et subditis nostris conatur exigere (J. Hansen a. a. 0. I, S. 32), nicht also handelt als Erzbischof der Kölner Erzdiözese, geschweige denn als Metropolitan der Kölner Kirchenprovinz, sondern als Landesherr des Gebietes der Kölner Kirche; vgl. dazu Historische Vierteljahrschrift 1908, S. 179 Anm. 1,

Wiener Konkordat von 1448. 89

kirchen nur der Kürze halber sei dieser für das 15. Jahr- hundert noch unstatthafte Ausdruck erlaubt1) unmöglich, wenn nicht überflüssig. Dass den Urhebern des Entwurfes eine Empfindung davon vorschwebte , zeigt die Besorgnis vor dem Argwohn, dass die, welche ihn annähmen, ohne Haupt erscheinen möchten, als wollten sie jeder höheren Autorität sich entziehen. Solcher Verdacht hätte in der Bildung einer Instanz für die gesamtdeutschen Kirchendinge eine Stütze gefunden; dieser Ausweg aber liess sich nur dann einschlagen, wenn den Kur- fürsten die Auflösung des alten Verfassungsbaues der Kirche, die gänzliche Lossagung von ihm vor Augen stand 2). Ein so weites Ziel war nicht geplant; denn erspriesslicher dünkte die Kräftigung der Landeskirchen, die Abkehr also vom Grund- gedanken der Acceptation um der Neutralität willen und für die Dauer ihres Bestehens. Nicht mit Unrecht meinte später Enea Silvio von der Zeit nach 1439: „Germanien hüllte sich in eine Art von Neutralität, indem es lange von keiner Partei Mandate entgegennahm. Es machte das Regiment seiner Bischöfe zu einer monströsen Kirche und liess die deutsche Nation selbst des Hauptes entbehren" 3), und des Zeitgenossen Urteil ist auch das von A. Bachmann: „Weil man auf falschem Wege war, falsch insofern, als die Führer der Bewegung das Ende, dem sie zusteuerten, nicht kannten und nicht wollten, und auch deshalb aussichtslos, weil die Zeit nicht reif dazu war, eine Reformation, die zugleich eine Revolution war, zu fassen und zu ertragen, blieb der Schaden, der den Deutschen jetzt

!) Vgl. H. R. von Srbik a. a. 0. S. 16 f. Historische Vierteljahr- schrift 1908, S. 175.

2) A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 66.

3) Enea Silvio, De ritu, situ, moribus et condicione Germaniae de- scriptio (Basler Ausgabe seiner "Werke 1571, p. 1040): Germania neutrali- tatem quandam induit diuque postea nullius partis mandata suscipiens suorum episcoporum regimen monstriferam ecclesiam ipsamque nationem acephalam (s. oben S. 87 Anm. 2) reddidit. Multi post haec in Germania conventus habiti sunt.

90 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

aus der Nichtdur chführung der kurfürstlichen Absichten er- wuchs, kaum nennenswert. Aber geradezu unermesslich war der Nachteil, den die Nation und die ganze Kirche andererseits erlitten, indem die Deutschen, statt die Reformdekrete von Basel für sich zu erwerben und sie gegen das zuletzt sieg- reiche Papsttum zu sichern , ihrer jahrelangen unfruchtbaren Neutralität nachgingen, deren Beseitigung hinterher nicht etwa Rom, sondern Deutschland mit seiner Verzichtleistung eben auf das Wesentliche der bisherigen Reformen aufs teuerste bezahlte"1)-

Es würde zu weit führen, die allmähliche Preisgabe der auf dem Mainzer und Frankfurter Reichstag eingenommenen Stellungen, dort einer mehr nationalkirchlichen, hier einer ausgesprochen landeskirchlichen, bis in ihre Einzelheiten hin- ein zu verfolgen. Viele Versammlungen wurden in Deutsch- land abgehalten" 2), diese Worte unseres Gewährsmannes Enea Silvio genügen um so mehr, als die Untersuchungen namentlich von A. Bachmann die Ereignisse selbst Schritt für Schritt begleitet haben. Reichs- und Kurfürstentage, Ver- handlungen und Umtriebe folgten einander im bunten Wechsel ihrer Bedingtheit durch die staatliche und kirchliche Lage des Augenblicks, und sieben Jahre hindurch rangen der König und das Kurfürstenkolleg um den schliesslich so geringen Ertrag des WTiener Konkordats. Sie mochten aufatmen, als Papst Nikolaus V. (1447 1455) es bestätigt hatte3), ohne hinter- drein das Salvatorium seines Vorgängers Eugen IV. vom 5. Februar 1447 zu wiederholen, jene Urkunde, kraft der alle seine Zugeständnisse widerrufen wurden, sollten sie irgendwie der Lehre der heiligen Väter, den Privilegien und der Macht- vollkommenheit des apostolischen Stuhles Abbruch tun4).

[) A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 66.

2) Vgl. oben S. 89 Anm. 3.

3) Koch, Sanctio pragmatica S. 235 ff.

4) Vgl. den Auszug bei Koch a.a.O. S. 29 Anm. t (vollständig: Neue und vollständigere Sammlung der Reichsabschiede I, Frank-

Wiener Konkordat von 1448. Ol

Die Ursachen dieses Verlaufs werden in verschiedenen Momenten zu suchen sein. Einmal in der Stellungnahme zum Streit zwischen dem römischen Papst und der Kirchenver- sammlung überhaupt. Von vorneherein war es unklug ge- wesen, die Rolle des neutralen Zuschauers zu wählen, ohne sie dann bis zu ihrem Ende durchzuführen. Sie bewirkte, dass von beiden Seiten das Deutsche Reich umworben wurde, dass es sich nicht über die Parteien erhob, sondern sich dem Wechselspiel der Angebote, Drohungen und Kampfesmittel anheimgegeben sah. Wie wenig nahm Eugen IV. Rücksicht auf die deutsche Neutralität, als er im Jahre 1446 die ihm wider- strebenden Erzbischöfe und Kurfürsten von Köln und Trier entsetzte. Wie mühselig waren dann die Verhandlungen bis zu ihrer Wiederherstellung, ganz abgesehen davon, dass eine auf ihre Prärogative bedachte Reichsgewalt ganz anders den päpstlichen Eingriff in das Recht des Kurfürstenkollegs hätte abwehren müssen. Von nicht zu unterschätzender Wirkung war ferner der Wechsel im Königtum, der einem wenig tat- kräftigen Fürsten den entscheidenden Einfluss auf die Dinge einräumte , war die Vielköpfigkeit des Kurfürstenkollegs , in dem zu den Gegensätzen der Personen, des Klerus und der Laienwelt die der territorialen Wünsche traten, war die ganze Schwerfälligkeit der einander in Unfruchtbarkeit sich ab- lösenden Reichstage und Versammlungen. Dem Reiche gegen- über stand ein Papsttum, das sich gleich blieb in der Ver- werfung des Basler Konzils, das nur das eine Ziel verfolgte,

fürt a. M. 1747, S. 178): . . . protestamur, quod per quaecunque a nobis dictis regi, archiepiscopo, marchioni, praelatis, principibus ac nationi responsa et respondenda, concessa et concedenda non intendimus in aliquo derqgare doctrinae sanctorum patrum aut praefatae sedis privi- legiis et auctoritati, habentes pro non responsis et non concessis, quae- cumque talia a nobis contigerit emanare. Siehe auch die Urkunde Nikolaus' V. vom 28. März 1447 (Koch a. a. 0. S. 197 ff.), die Rede des Enea Silvio (ebd. S. 340) und He feie, Konziliengeschichte VII, S. 835. 837.

92 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

die alte Position über der gesamten Kirche und damit dem Kirchenwesen in deutschen Landen wiederzugewinnen. Es ward bedient von geschäftsgewandten Unterhändlern, die gleichsam ahnten, welcher Partei der Sieg schliesslich zufallen würde, die in die Divergenzen königlicher und kurfürstlicher Bestrebungen nur allzu genaue Einblicke getan hatten. Dies Papsttum trug kein Bedenken, die Stimmen der in Deutsch- land ausschlaggebenden Fürsten zu gewinnen durch Zuge- ständnisse an ihre territoriale und partikularistische Macht gegenüber der kirchlichen Verfassung und Verwaltung im Umkreis der landesherrlichen Einzelgebiete 1). Es war in- folgedessen um so weniger fähig oder nur auch gewillt, dem Kirchenwesen der Nation Einräumungen zu machen, als es durch seinen Bund mit dem Fürstentum den Episkopat für seinen Reformeifer strafte und zugleich die Ansätze landes- kirchlicher Bildungen förderte. Alles zusammen und jedes für sich, es wirkte in derselben Richtung. Es verhinderte eine Ausgestaltung des von Haus aus schwachen Versuches einer deutschen Nationalkirche, der in der Mainzer Acceptation unter- nommen worden war.

Nicht als ob diese sofort nach ihrer Verkündigung ver- gessen worden sei. So wenig bedeutete sie weder dem deut- schen Könige noch ihren Urhebern, und wiederholt wird in den Jahren 1440 1447 an sie erinnert2), so in einem Gut- achten der Erfurter Universität vom Sommer 1440, in Fried- richs III. Instruktion für seine Gesandten zum Mainzer Reichs- tag im Februar 1441, im Entwurf eines königlichen Patents vom Jahre 1444, das entsprechend den Wünschen der Kur- fürsten im ganzen Reiche die Mainzer Urkunde als rechts- kräftig bekannt machen wollte, wobei freilich einem Fried- rich III. die Willenskraft eines Karl VII. zugetraut wurde.

*) Vgl. Historische Viert eljahrschrift 1908, S. 163 f. 174 und nament- lich die bereits zitierten Arbeiten von B. Hennig und H. R. v. Srbik.

2) Zum Folgenden vgl. A. Bachmann a. a. 0. LXXV, S. 82. .79. 169. 195.

Wiener Konkordat von 1448. 93

Noch in der kurfürstlichen Vereinigung vom 21. März 144G ward beschlossen, Eugen IV. als rechtmässiges Oberhaupt der Kirche anzuerkennen, sollte er nicht nur ein neues Konzil einberufen, sondern auch die Dekrete von Konstanz und Basel annehmen samt jenen Aenderungen, die in der Mainzer Accep- tation sich fanden; im anderen Falle werde man das Basler Konzil angehen und, sollte es den Wunsch der Kurfürsten erfüllen, zu seiner Oboedienz sich bekennen x). Je grösser freilich der zeitliche Abstand von jener Versammlung des Jahres 1439 wurde, desto weniger eindrucksvoll waren die Berufungen auf seine Be- schlüsse, denen letzthin nur noch die für gesetzgeberische Mass- nahmen wenig empfehlenswerte Eigenschaft verblieb, „schätz- bares Material" zu weiteren Verhandlungen zu sein. Noch kurz vor seinem Tode (23. Februar 1447) belohnte Eugen IV. die Oboe- dienzleistung Friedrichs IIL und der meisten Kurfürsten mit der Zusage, ein Konzil in eine deutsche Stadt zu berufen, das Konzil von Konstanz, das Dekret Frequens et alia eius decreta wie auch die übrigen Synoden, welche die streitbare Kirche darstellten, anzuerkennen 2). Am gleichen Tage, am 5. Februar 1447, verkündete er in einer zweiten Bulle: „Hinsichtlich anderer von König Albrecht ruhmreichen Angedenkens an- genommener Dekrete, durch welche viele Beschwerden der deutschen Nation gehoben sein sollen, sind wir zufrieden und beschliessen wir, dass alles, was kraft dieser Dekrete und der ihnen beigefügten Modifikationen von denen, die sie an- genommen haben, und ihren Anhängern bis jetzt irgendwo geschehen ist, samt allen Folgen gültig und unverletzlich bleibe und nie annulliert oder widerrufen werden kann." Der Papst stellte zugleich die Entsendung eines Legaten in Aus- sicht, „da einige deutsche Prälaten klagten, dass sie durch jene Dekrete beschwert worden seien, und da durch sie dem

*) S. auch oben S. 81 f.

2) Bulle ,Ad ea ex debito* von 1447 Februar 5; Koch, Sanctio prag- matica S. 181 f.

94 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

in seinen Rechten schwer geschädigten apostolischen Stuhl ein Ersatz versprochen ist" *). Er gestattete endlich die Anwendung jeuer Dekrete und ihrer Umänderungen, bis durch den Legaten ein Konkordat abgeschlossen oder durch das einzuberufende Konzil andere Verfügungen getroffen seien 2). Noch im Jahre 1447 also betrachtete Eugen IV. die Frage nach der Gültig- keit der Mainzer Acceptation als eine offene: weder verwarf noch auch bestätigte er sie; alles gab er der Geschicklichkeit seines Unterhändlers anheim. Ein Jahr später enthielt endlich das Wiener Konkordat3) noch weit weniger Zugeständnisse, als Eugen IV. eingeräumt hatte. An sie erinnerte im Ab- kommen nur der eine Satz4): „In anderen Punkten, die durch Papst Eugen IV. seligen Angedenkens der deutschen Nation bis zur Zeit eines zukünftigen Konzils erlaubt, gewährt, nach- gelassen und beschlossen wie auch durch den Papst Nikolaus V. bestätigt sind 5), wird diesmal nichts geändert , soweit sie der

*) Vgl. oben S. 61 Anm. 1.

2) Bulle ,Ad tranquillitatem* von 1447 Februar 5; Koch a.a.O. S. 183 ff. Ebendort S. 186 f. und S. 188 ff. zwei weitere Bullen vom 5. und 7. Februar 1447 (,Ad ea quae' und ,Inter cetera desideria'), alle vier (s. S. 93 Anm. 2) insgesamt die neuerdings sogenannten Fürstenkonkordate.

3) K. Zeumer, Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit (Leipzig 1904), S. 221 ff. (im folgenden stets benutzt). Die älteren Drucke verzeichnet G. Voigt, Enea Silvio I, S. 418 Anm. 1; dazu kommen u. a. die bei W. Altmann und E. Bernheim, Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte Deutschlands im Mittelalter (4. Aufl., Berlin 1909), S. 144 ff. C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums (2. Aufl., Tübingen und Leipzig 1901), S. 165 ff. A. Galante, Fontes iuris canonici selecti (Oeniponte 1906), p. 209 ff.

4) In aliis autem, que per felicis recordacionis dominum Eugenium papam quartum pro natione prefata usque ad tempus futuri generalis concilii permissa, concessa, indulta atque decreta et per memoratum sanctissimum dominum nostrum papam Nicolaum confirmata fuere, in quantum illa concordie presenti non obviant, ista vice nihil extitit inmutatum (Zeumer S. 223).

6) Vgl- die Bulle Nikolaus' V. 1447 März 28 ; K o c h a. a. O. S. 197 ff.

Wiener Konkordat von 1448. 95

gegenwärtigen Einigung nicht widersprechen." Damit waren Eugens IV. Urkunden vom Jahre 1447 als eine das Konkordat ergänzende Gewährung des römischen Stuhls bezeichnet, jedoch nur in den allgemeinsten Ausdrücken. Der Name des Basler Konzils war verschwiegen, jede Erwähnung der Mainzer Accep- tation wie ihrer Nachträge vermieden. Das rechtliche Verhält- nis zwischen dem Papst und der deutschen Nation sollte zurück- gebracht werden auf den Stand vor und während des Kon- stanzer Konzils, das in seinen Beschlüssen sich nicht so weit vorgewagt hatte wie das zu Basel. Vereinbart zu einer Zeit, als das Papsttum bereits durch Zugeständnisse an die Territorial- fürsten die Ansätze deutscher Landeskirchen auf deutschem Boden gefördert hatte, machte das Konkordat eine einheitliche deutsche Nationalkirche unmöglich.

Dieser letzte Satz scheint ein Widerspruch zu dem früheren zu sein, dass in Frankreich durch die pragmatische Sanktion von Bourges der Kirche des Landes das Gepräge einer nationalen Kirche zu teil geworden sei *). Warum soll dem Konkordat von 1448 nicht derselbe Wert für das deutsche kirchliche Wesen zu- erkannt werden können? Unsere Antwort hat davon auszu- gehen, dass die pragmatische Sanktion von der königlichen Gewalt der Kirche ihres Landes als Gesetz auferlegt war, nach- dem stillschweigend die päpstliche Gewalt, die Vertreterin der gesamtkirchlichen Organisation, von jeder Mitwirkung an solchem legislatorischen Akt ausgeschlossen war. Als Rechtsgrund des Wiener Konkordats hingegen konnte nach der noch im 15. Jahr- hundert herrschenden Theorie von der Superiorität der Kirche über den Staat nur die päpstliche Privilegierung zu Gunsten des Staates angesehen werden, eine widerrufliche Verleihung demnach, während der Staat an die von ihm übernommenen, aber eigentlich ihm schon ohnedies obliegenden Verpflichtungen gebunden blieb 2). Dazu kam , Karls VII. von Frankreich

*) Vgl. oben S. 83.

») Vgl. B. Hübler: Zeitschrift für Kirchenrecht III (1863) S. 410 flf.

90 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Wille allein hatte rechtserzeugende Kraft, mochte er gleich vor seiner Verkündung bestimmt sein durch den Rat derer, die „seine Kirche" vertraten, mochte der Inhalt seines Willenaktes beruhen auf konziliaren Satzungen und deren Ergänzungen. In Deutsch- land dagegen handelte Friedrich III. wohl im Namen der deutschen Nation, unter Zustimmung der meisten geistlichen und weltlichen Reichsfürsten, in formeller Bindung also an den Willen von Reichsständen. Jeder dieser Reichsstände forderte für sich einen Anteil an der Gesetzgebung, sobald sie im all- gemeinen Interesse des die reichsständischen Gebiete um- schliessenden Reichskörpers Gehorsam heischte für ihre Ord- nungen auch innerhalb der Territorien, über die ihre Inhaber wohl die Landesherrlichkeit, nicht aber die souveräne Hoheits- gewalt beanspruchen durften. In Frankreich wurde die Sank- tion sofort Gesetz und, nachdem sie am 7. Juli 1438 besiegelt war, schon wenig mehr denn ein Jahr später, am 13. Juli 1439, zu Paris im Parlament verlesen und verkündet1). In Deutschland war man, der ganzen Reichsverfassung entspre- chend, vorsichtiger und darum auch langsamer. Es wurde unterlassen, das Konkordat einem allgemeinen Reichstag zur Genehmigung vorzulegen. Mit den einzelnen Fürsten und Reichsständen wurde darüber verhandelt, die es dann gegen mehr oder weniger wichtige Zugeständnisse billigten2). Als erster trat ihm im April 1448 der Erzbischof von Salzburg bei, im November 1476 als letzter der Bischof von Strassburg, beinahe ein Menschenalter später, nachdem zu Wien der Friede zwischen Rom und der deutschen Nation hergestellt war. Die ganze Zähigkeit des deutschen Partikularismus kann nicht

und U. Stutz: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft II (6. Aufl. herausgeg. von J. Kohler, Leipzig und Berlin 1904), S. 907.

') Ordonnances des rois de France XIII, S. 291-

■) Hierfür wie für das Folgende vgl. Koch a. a. 0. S. 42 ff. P. Hinschius, Kirchenrecht III, S. 139 f. L. Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters I (3. und 4. Aufl., Frei- burg i. Br. 1901), S. 382 Anm. 2.

Wiener Konkordat von 1448. 97

besser veranschaulicht werden als durch diese Zahlen, nur dass aus ihnen zugleich die Unzufriedenheit mit Abmachungen spricht, die den Wünschen nach wirklicher Reform so wenig Erfüllung gebracht hatten.

Eine gedrängte Analyse des Konkordats mag das ungün- stige Urteil rechtfertigen.

Es zerfällt in acht Abschnitte, von denen der siebente über die bereits durch Eugen IV. bestätigten Punkte früher erwähnt wurde1) und der achte keiner näheren Erläuterung bedarf. Er handelt über die Aushändigung beglaubigter Ab- schriften durch die Metropoliten an alle, die darum nachsuchen, über deren Rechtskraft und über die gleiche Bedeutung der Bezeichnungen Alamania und Germanica natio, wenn die erst- erwähnte im Konkordat oder bei Anfertigung der Abschriften propter competentiorem descriptionem angewandt würde2).

Der erste Abschnitt über die dem Papste wieder einge- räumten Pfründvergebungen wird durch den Satz eingeleitet: Sanctissimus dominus noster Nicolaus papa quintus super pro- visione ecclesiarum benefitiorumque utetur reservationibus iuris scripti 3) et constitutionibus ,Execrabilis' 4) et , Ad regimen' 6)

') Vgl. oben S. 94 Anm. 4.

2) Hefele a. a. 0. VII, S. 846 glaubt, den Satz dahin verstehen zu sollen: „Als Erläuterung wurde beigefügt, dass unter Alemannia (im Text der Konkordate) ganz Deutschland (nicht bloss Schwaben) gemeint sei," ebenso Koch a.a.O. S. 234 Anm. 86. Nach Zeumer S. 224 lautet der Text: Per hoc autem, quod in concordatis huiusmodi sive quibusvis aiiis eorum occasione conficiendis litteris propter competentiorem descriptionem Alamania specialis appellatur natio, ipsa censeri non debet a Germanica natione distincta seu quomodolibet separata. In der Einleitung (S. 221) ist die Rede von der natio Alamanica.

3) Vgl. cc. 2 und 34 in VI*o de praebendis 3, 4; vgl. auch oben S. 67 ff.

4) c un. de praeb. in Extr. Joann. XXII. tit. 3 = c. 4 de praeb. in Extr. comm. III, 2 (von Johann XXII. aus dem Jahre 1317); vgl. oben S. 68 Anm. 1.

5) c. 13 de praeb. in Extr. comm. III, 2 (von Benedikt XII. aus dem Jahre 1335), auch bei C. Lux, Constitutionum apostolicarum de

Wermingho f f, Nationalkirchliche Bestrebungen. 7

98 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

modificatis ut sequitur." Entlehnt ist diese Wendung nur der Papstname war geändert aus dem Konkordat Mar- tins V. (1417 1431) mit der „deutschen Nation" vom Jahre 1418, und aus derselben Quelle *) stammt auch der Wortlaut der sich anschliessenden Bulle Benedikts XII. (1334 1342) ,Ad regimen' vom Jahre 1335. Erst zum Schluss findet sich eine sachliche Abweichung. In Konstanz waren, gemäss der befristeten Dauer der dort getroffenen Einigung, die Reserva- tionen dem Papste auf fünf Jahre zugebilligt worden, ausser- dem war dort die Klausel ,Non obstantibus' 2) u. s. w. nicht vergessen. In Wien fiel beides hinweg, da man sich auf alle Zeiten vertrug und deshalb der Klausel nicht mehr bedurfte. Neun Jahre zuvor, in Mainz, hatte die Acceptation in ihrem Abschnitt XXII de reservationibus gerade die Konstitutionen ,ExecrabihV und ,Ad regimen' als fortan ungültig be- zeichnet3).

Auch der zweite Abschnitt der Wiener Urkunde ent- stammt dem Konstanzer Konkordat vom Jahre 1418 4), nur zu Anfang ist eine Aenderung vorgenommen. In Konstanz war vorgesehen worden, dass in den Kathedralkirchen wie auch in den Klöstern, soweit diese dem apostolischen Stuhl unmittelbar untergeben seien, kanonische Wahlen vorgenommen werden sollten. In Wien erweiterte man diese Bestimmung. Kanonische Wahlen sollten erfolgen wie in den Metropolitan-, so in den Kathedralkirchen, auch wenn diese dem hl. Stuhl nicht un- mittelbar unterstellt seien, endlich in allen dem Papste un-

generali beneficiorum reservatione . . . collectio et interpretatio p. 54 sqq. ; vgl. oben S. 68 Anm. 1.

*) B. Hübler, Constanzer Reformation S. 167—175.

2) Non obstantibus quibuscunque constitutionibus a praedecessoribus nostris Romanis pontificibus editis, quatenus obsistere possent superius enarratis articulis vel alicui seu aliquibus eorum, dicto quinquennio du- rante (Hübler a. a. 0. S. 175). Vgl. P. Hinschius, Kirchenrecht III, S. 819 f.

3) Siehe oben S. 69.

4) Hübler a. a. 0. S. 175—176.

Wiener Konkordat von 1448. 99

mittelbar unterworfenen Klöstern. Bezeichnend genug bewegt sich in dieser einzigen seiner Vorschriften das Konkordat in einer Bahn, die zu Mainz in der Acceptation Abschnitt II de electionibus durch Annahme des Basler Dekrets vom 13. Juli 1433 (sess. XII.) eingeschlagen war, dadurch dass man für Metropolitan-, Kathedral- und Kollegiatkirchen , Klöster und Elektivdignitäten die Wahl als Grundlage ihrer Besetzung fest- legte. In allem übrigen aber blieb der Text des Konkordats dem des Konstanzer gleich, auch in der Anführung der Kon- stitution Nikolaus' III. (1277 1280) ,Cupientesl vom Jahre 1278 über die Fristen nach einer Wahl, binnen deren der Gewählte nach Rom reisen und sein Gesuch um Bestätigung beim Papste einzureichen hatte, wenn er verhindern wollte, dass sein Recht durch die päpstliche Provision aufgehoben würde *).

Während sodann auch der dritte Abschnitt des Konkordats nur einen entsprechenden Paragraphen seines um dreissig Jahre älteren Vorbildes wiederholt2), sind die noch übrigen in ihrer Gestaltung selbständig, mögen immerhin ihre Normen an frühere Beispiele und Verhandlungen anknüpfen. Der vierte bringt ein- gehende Vorschriften über die Besetzungen von Dignitäten und Benefizien, namentlich von ersten Dignitäten an den Stiftern. Würden sie in den Monaten Februar, April, Juni, August, Oktober oder Dezember erledigt werden, so sollten die bisherigen Ver- leihungsberechtigten sie besetzen; würden sie in den übrigen Monaten des Jahres also Januar, März, Mai, Juli, September und November als in den sogenannten päpstlichen Monaten frei, so sollten sie vom Papste verliehen werden, und die Provi-

*) c. 16 in VIt(> de electione 1, 6. Ueber die Klausel ,Nisi ex causa rationabili' u. s. w. vgl. Koch a. a. 0. S. 221 Anm. 44 und dazu den Text der Basler Dekrete, die in der Mainzer Acceptation Abschnitt II de electionibus und XXI de electione cassanda allegiert waren, wie auch den 2. Zusatz zur Mainzer Acceptation Abschnitt II de electionibus (ebd. S. 114. 119 und 150); s. oben S. 58 Anm. 2.

2) Hübler a. a. 0. S. 176.

100 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

dierten binnen drei Monaten am Sitze der Pfründe erscheinen, sonst habe jeder regelmässige Verleihungsberechtigte die Be- fugnis der Besetzung1). Auch im Konstanzer Konkordat war der Grundsatz der Alternative (medietas beneficiorum), der aus der französischen Gesetzgebung des beginnenden 15. Jahrhunderts zu stammen scheint, zur Anwendung gelangt2). Es hatte die höheren Benefizien dem Verleihungsrecht der Kapitel belassen und des weiteren bestimmt, dass über die eine Hälfte des Restes an Benefizien der Papst, über die andere Hälfte der Verleihungs- berechtigte verfügen sollte, derart dass nach päpstlicher Pro- vision für eine Pfründe die dann freiwerdende Pfründe durch den Ordinarius u. s. w. besetzt würde. Das Wiener Konkordat hält, wie gesagt, am Grundsatz der Alternative fest, nur dass es nicht einen Wechsel in der Verleihung zweier hintereinander ledig werdenden Pfründen festlegt, sondern einen Wechsel in der Verleihung der Pfründen je nach den Monaten , in denen sie erledigt werden. In Konstanz und in Wien wird die Pfründverleihung also geteilt zwischen dem Papste und den regelmässigen Instanzen der kirchlichen Einzelanstalten auf deutschem Boden. Umständlich war das eine Verfahren wie das andere, das Wiener jedenfalls auf ein rein äusserliches Moment aufgebaut, dadurch dass es die Pfründbesetzung dem blinden Zufall überliess. Auch hier aber bemerkt man einen Rückschritt gegen die Mainzer Acceptation, die vornehmlich in ihrem Abschnitt XXV de collationibus beneficiorum, gestützt auf die Beschlüsse des Basler Konzils vom 24. Januar 1438, gerade die Besetzung der kirchlichen Benefizien mit allen Vorsichts- massregeln umgeben hatte3). In Wien fielen sie fort; das Konkordat teilte die Herrschaft über die kirchlichen Aemter zwischen Papst und deutschen Kirchenoberen, und die Kurie war entschlossen, alsbald die ihr verbleibende Herrschaft anzu- treten, nachdem sie einmal in die „Dyarchie" über die kirch-

*) Vgl. oben S. 70 Anm. 2.

2) Vgl. Hübler a. a. 0. S. 176 f. 226 f. und 199 mit Anm. 13.

3) Vgl. oben S. 71 ff.

Wiener Konkordat von 1448. 101

liehen Pfründen gewilligt hatte. Ein deutliches Anzeichen dafür ist einmal die Bestimmung über die Publikation gerade dieses Abschnittes, sodann die Angabe, der apostolische Stuhl werde vom 1. Juni 1448 ab an die ordinatio collationis bene- ficiorum non reservatorum per alternos menses sich halten. Die Abmachung sollte dauernd in Kraft bleiben, würde nicht auf einem künftigen Konzil mit Zustimmung der Nation eine andere Regelung getroffen werden 1). Man weiss , dass kein Konzil mehr mit dieser Frage sich zu beschäftigen brauchte.

Dieselbe Schlusswendung mit dem Hinweis auf ein künf- tiges Konzil fasst den fünften und sechsten Abschnitt des Konkordats zu einer Einheit zusammen. Beide enthalten Vor- schriften über die Zahlung der Annaten, dass heisst über die Fortdauer der finanziellen Belastung von Einzelkirchen und Einzelpfründen zum Vorteil der apostolischen Kammer. Bei Kathedralkirchen und Mannsklöstern sollen fortan nach ihrer Besetzung durch den Papst an Stelle der fruetus primi anni die in den Taxbüchern als servitia communia bezeichneten Sum- men gezahlt werden. Angekündigt werden Ermässigung der Taxe bei ungerecht hoher Veranlagung, Entsendung päpstlicher Kommissare zum Zwecke der neuen Einschätzung, weiterhin Ver- teilung der Abgabenlast auf zwei Jahre und der Verzicht auf wiederholte Besteuerung in demselben Jahre, derart dass auch die Schuld nicht auf den providierten Nachfolger übergehen darf2). Bei allen übrigen Dignitäten u. s. w. sind, vergibt

J) . . . nisi in futuro concilio de consensu nationis aliter fuerit or- dinatum (S. 223) ; vgl. dazu die Bemerkung der Emser Punktation von 1786 Art. 23 bei C. Gärtner, Corpus iuris ecclesiastici catholicorum novioris II (Salisburgi 1799), p. 363.

2) Im 5. Abschnitt heisst es : Taxe autem predicte pro media parte infra annum a die habite possessionis paeifice totius vel maioris partis solvantur et pro media parte alia infra sequentem annum. Et si infra annum bis vel pluries vaeaverit, semel tantum solvetur; nee debitum huiusmodi in successorem in ecclesia vel monasterio transeat (S. 223); im 6. Abschnitt: . . . solvantur annate seu medii fruetus iuxta taxam solitam a tempore possessionis infra annum; et debitum huiusmodi in

102 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

sie der Papst, die Annaten oder mittleren Früchte auf Grund der üblichen Taxe innerhalb eines Jahres nach der Besitz- ergreifung zu entrichten, auch hier aber soll die Schuld den Nachfolger nicht binden. Frei bleiben alle Pfründen, über die der Papst durch Exspektanzen bestimmt, und die Gesamtheit solcher, deren Einzelwert den Betrag von 24 Kammergulden nicht übersteigt. Damit hielt eine Observanz ihren Einzug, gegen die das Mainzer Instrument im Abschnitt IX de annatis Einspruch erhoben hatte x). Nun rächte es sich, dass über die Entschädigung des Papstes für den ihm durch den Basler Annatenbeschluss gewordenen Ausfall an Einnahmen keine Einigung erzielt, kein fester Standpunkt für jede weitere Ver- handlung gewonnen worden war 2). Allerdings, schon im Jahre 1439 hatten die kurfürstlichen Räte kein besseres Auskunfts- mittel vorzuschlagen gewusst als die Zahlung des herkömm- lichen Taxviertels bei Erledigung von Metropolitan- und Kathe- dralkirchen wie exemten Klöstern 3), jetzt kehrten die alten servitia communia wieder, freilich mit der vertröstenden Zu- sage einer neuen und gerechten Taxierung. Im Jahre 1439 war in Aussicht genommen worden , nur solche Pfründen zu besteuern, deren Jahresertrag 4 Mark Silber überstiege; im Jahre 1448 aber wurde festgesetzt, dass nur die Pfründen im Werte von 24 Kammergulden freibleiben sollten. Setzt man den Wert einer Mark Silbers auf rund 20 Mark heutigen Geldes an4), den des Kammerguldens auf rund llk Mark5), so er-

successorem in beneficio non transeat . . . curratque hec observantia dein- ceps, nisi eam similiter in futuro concilio de consensu nationis inmutari contingat (S. 223).

J) Vgl. oben S. 44.

2) Vgl. oben S. 60 ff.

3) Vgl. oben S. 64 Anm. 4, S. 65, 1 und S. 66, 1 den Text dieser Vorschläge.

4) Vgl. E. Hennig, Die päpstlichen Zehnten aus Deutschland im Zeitalter des avignonesischen Papsttums und während des grossen Schis- mas (Halle a. S. 1909), S. 20.

5) Vgl. Hübler a. a. O. S. 183 Anm. 69.

Wiener Konkordat von 1448. 103

gibt sich: die Vorschläge von 1439 planten eine viel weiter- gehende Befreiung als die Abmachungen von 1448, dort eine Besteuerung nach dem Jahresertrag, hier eine solche nach dem Wert der Pfründe. Nur darin machten sich Annäherungen an die Vorschläge vom Jahre 1439, vornehmlich aber auch an einen Zusatz der pragmatischen Sanktion zu Abschnitt XI de annatis *) bemerkbar, dass erstens bei den hohen Kirchen- ämtern wiederholte Erledigung binnen eines Jahres nur einmalige Zahlung der servitia communia nach sich ziehen sollte, dass zweitens bei ihnen eine Verteilung der Steuer auf zwei Jahre statthaft sei, dass drittens bei ihnen und bei den annata seu medii fructus der Dignitäten u. s. w. die Schuld nicht auch den Nachfolger des Providierten binde. So sehr im einzelnen die drei Dokumente voneinander abweichen, jedenfalls verdient es Hervorhebung, dass im Jahre 1448 das Wiener Konkordat in jenen drei Modalitäten der Zahlungsart übernahm was seit dem Jahre 1438 in Frankreich Rechtens war. Soll man dar- aus folgern, dass den Urhebern des Konkordats gleich den Urhebern der Mainzer Acceptation ein Exemplar der pragmati- schen Sanktion vorlag? Eine müssige Frage, vielleicht; ihre Bejahung aber Hesse vermuten, dass die Kurie sich mit einer der wesentlichsten Vorschriften der Sanktion abgefunden hatte, wenn sie mit ihren Satzungen über die Art der Zahlungen

!) Mit den oben S. 65 Anm. 1 gedruckten Stellen vgl. den Zusatz zu Abschnitt IX de annatis in der pragmatischen Sanktion : . . . una medietas dicte quinte partis solvatur eidem (collectori) infra annum a tempore possessionis pacifice et alia medietas infra annum proxime subsequen- tem. . . . Quodsi ecclesia, monasterium vel beneficium . . . contingat anno eodem bis vel pluries vacare, quod una quinta pars semel tantum sol- vatur, videlicet quod, si post fructus collectos seu perceptos aut acqui- sitos contigerit vacatio, ad solutionem prime medietatis quinte partis predicte bona ultimi possessoris teneantur et eius successor in ecclesia vel beneficio ad aliam medietatem taxe predicte infra primum annum pacifice sue prime possessionis teneatur. Si vero ante collectionem, perceptionem vel acquisitionem contigerit vacatio, successor in dicto beneficio teneatur ad integram solutionem dicte quinte partis (Ordonnances XIII, p. 285).

104 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

jetzt gegenüber der deutschen Nation sich einverstanden erklärte.

Wie dem immer sei, die Dürftigkeit des Wiener Konkor- dats gegenüber dem Konstanzer vom Jahre 1418 und der Mainzer Acceptation vom Jahre 1439 liegt zu Tage1); es ist nicht mehr nötig, alle drei Urkunden untereinander und gar mit der prag- matischen Sanktion vom Jahre 1438 zu vergleichen. Der Inhalt der Abmachungen von 1448 lässt sich dahin zusammenfassen, dass sie einzig und allein über die Besetzung kirchlicher Stellen, über die Abgabenpflicht bei Erledigung und Neubesetzung kirchlicher Aemter Normen erliessen; alles andere war mit beredtem Stillschweigen übergangen. „Die deutschen Kirchen waren um das Basler Erbe betrogen" , dies Urteil von K. Müller trifft die Wahrheit2). Wir suchten darzutun, dass eben dies Wiener Konkordat im letzten Grunde auf einer päpst- lichen Privilegierung beruhte. Wir sahen, dass für die Unzahl kirchlicher Aemter und Pfründen auf deutschem Boden zwar wortreiche, eben deshalb aber dehnbare Bestimmungen verein- bart wurden. Es war, als bewegte sich das kirchliche Leben allein zwischen den beiden Fragen, wer die Stellen zu besetzen, wie sie der Papst zu besteuern hätte. Die Normen des Wiener Konkordats hoben hinsichtlich dieser beiden Fragen allein die kirchlichen Anstalten, Aemter und Pfründen auf deutschem Boden heraus vor denen in anderen Ländern. Sie verquickten sich hinsichtlich anderer Fragen des kirchlichen Lebens, z. B. hinsichtlich der kirchlichen Gerichtsbarkeit und Disziplin über Geistliche und Mönche, mit denen jener päpstlichen Privilegien

*) Deutlicher noch wird sie durch die Synopsis der drei Akten- stücke bei B. Gebhardt, Die gravamina der Deutschen Nation gegen den römischen Hof (2. Aufl., Breslau 1895), S. 114 ff. Das Konkordat von 1448 stützt sich mehrfach auf das freilich weitergehende und umfangreichere vom Jahre 1418; zwischen ihm und der Acceptation von 1439 ergibt sich nur eine, nicht einmal völlige Uebereinstimmung, nämlich in Abschnitt II (S. 222) vgl. mit Mainz 1439 Abschnitt II de electionibus aus der 12. Session des Basler Konzils, s. oben S. 99.

2) K. Müller, Kirchen geschickte 11,1 S. 106.

Wiener Konkordat von 1448. 105

an die Territorialfürsten, ohne dem Einbruch gewohnheitsrecht- licher oder usurpatorischer Neubildungen vorzubeugen. Alles zusammen hinderte und hintertrieb die Schöpfung, die allein den deutschen Kirchen das Einleben in die neuen Zustände, das Beharren in ihnen ermöglicht hätte, die Schöpfung eines Organs, das die Befolgung des neuen konkordatmässigen oder durch Privileg erzeugten kirchlichen Rechtes gewährleistet und überwacht hätte, etwa eines Konzils deutscher Erzbischöfe und Bischöfe, das in regelmässigen Zeitabständen, gleichwie es das Dekret Frequens für die allgemeinen Konzilien gefordert hatte, zusammengetreten wäre, um die Sonderart des deut- schen kirchlichen Rechtes und Brauches gegenüber dem Terri- torialfürstentum, gegenüber der römischen Kurie zu erhalten. Nirgends war im Wiener Konkordat der räumliche Umfang der deutschen Nation umschrieben. Nirgends war angegeben, welche Metropolitanprovinzen und welche Diözesen zu ihr ge- hörten. Der Begriff „Deutsche Nation" für den nördlich der Alpen gelegenen Teil des heiligen römischen Reiches war neu *). Wo standen die Grenzpfähle sei es für ihre weltlichen, sei es für ihre kirchlichen Verwaltungsbezirke? Das Wiener Kon- kordat Hess den König als Vertreter der deutschen Nation handeln. Es verschwieg, dass der Papst gerade seinen landes- kirchlichen Tendenzen in den österreichischen Erblanden ent- gegengekommen war, um ihn überhaupt zum Abschluss des Vertrags zu bewegen 2). Von solchem König liess sich am wenigsten erwarten, dass er ein Garant werde der wenigen Rechte, die den Kirchen in Deutschland auf Grund seiner Ab- machungen verblieben 3).

In ein so kümmerliches Rinnsal mündet die nationalkirch- liche Bewegung aus, die, trotz aller Missgriffe und Einschrän-

*) Vgl. oben S. 41 und S. 97 Anm. 2.

2) Vgl. H. R. von Srbik, Die Beziehungen von Staat und Kirche in Oesterreich, bes. S. 34 f.

3) Ueber Luther und das Wiener Konkordat vgl. W. Köhler, Luthers Schrift an den christlichen Adel Deutscher Nation S. 145 f.

106 "Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

kungen, im Jahre 1418 und 1439 am Werke gewesen war. Noch einmal siegte das Papsttum, wenngleich es die terri- torialen Gewalten stärken musste, um sich selbst zu be- haupten 1), und wie über die Doktrin von der Superiorität des allgemeinen Konzils über den Nachfolger Petri, so setzte es sich hinweg über die Bestimmungen des Konkordats von Wien, seines Privilegs an die deutsche Nation. Im Jahre 1457 aber schrieb der kurmainzische Kanzler Martin Mayr an Enea Silvio: „Meinem Herrn werden viele Klagen hinterbracht über den römischen Papst, der weder die Beschlüsse des Konstanzer und des Basler Konzils beobachtet noch sich gebunden glaubt an die Vereinbarungen seines Vorgängers, vielmehr unsere Nation zu verachten und völlig auszuschöpfen scheint. Be- kannt ist ja, wie allenthalben die Wahlen der Prälaten ver- worfen, Pfründen und Aemter ohne Unterschied den Kardinälen und Protonotaren vorbehalten werden; Du selbst hast auf Grund einer ungewöhnlichen Formel Pfründen in drei Provinzen deutschen Namens erhalten. Exspektanzen sonder Zahl werden bewilligt, Annaten oder mittlere Früchte ohne Zeitaufschub eingetrieben und, wie öffentlich bekannt, mehr als geschuldet werden. Die Leitung von Kirchen wird nicht dem verdienten Manne, sondern dem mehr bietenden anvertraut; zum Zusammen- scharren von Geld werden täglich neue Indulgenzen bewilligt und ohne Befragung unserer Prälaten Zehnten um der Türken willen anbefohlen. Prozesse, die hier zu Lande verhandelt und erledigt werden sollten, zieht man unterschiedslos vor den apostolischen Richterstuhl. Tausend Listen werden ersonnen, um voll Scharf- sinn von uns als Barbaren Geld zu erpressen. Darum ist auch unsere einst so berühmte Nation, die mit ihrem Mut und Blut das römische Reich erwarb und Herrin wie Königin der Welt war, arm und zur tributpflichtigen Magd geworden; in ihrem Unheil klagt sie seit vielen Jahren schon über ihr bitteres Los. Nun jedoch sind unsere Häupter gleichsam aus dem Schlafe

!) Vgl. auch Historische Vierteljahrschrift 1908, S. 157 f.

Wiener Konkordat von 1448. 107

erwacht und beginnen auf Mittel zu sinnen, diesem Unheil zu steuern. Sie haben beschlossen , das Joch abzuschütteln und wieder der alten Freiheit sich anzunehmen. Der Verlust aber der Römischen Kurie wird nicht gering sein, wenn die deut- schen Fürsten ausführen was sie vorhaben" ]). Gewiss, über- treibende Worte, niedergeschrieben im Augenblick der Span- nung, aber dennoch geben sie ein Stimmungsbild der kirch- lichen Lage Deutschlands. Enea Silvio versuchte die Klagen als allzu heftig vorgetragen zurückzuweisen, die Verarmung Deutschlands zu bestreiten; nie sei es so reich gewesen wie jetzt, so dass Ariovist, würde er auferstehen, sein Vaterland

y) Basler Ausgabe der Werke des Enea Silvio vom Jahre 1571, S. 1035 : Domino meo archiepiscopo (Moguntinensi) frequentes afferun- tur de Romano pontifice querelae, qui neque Constantiensis neque Basi- liensis decreta concilii custodit neque se pactionibus antecessoris sui (Nicolai V.) teneri arbitratur nationemque nostram contemnere et prorsus exhaurire videtur. Constat enim electiones praelatorum passim reici, beneficia dignitatesque cuiusvis qualitatis et cardinalibus et prothono- tariis reservari; et tu quidem ad tres provincias Theutonici nominis sub ea formula reservationem impetrasti, quae hactenus insolita est et in- audita. Expectativae enim gratiae sine numero conceduntur. Annatae sive medii fructus absque ulla dilatione temporis exiguntur et plus etiam, quam debeatur, extorqueri palam est. Ecclesiarum regimina non magis merenti, sed plus offerenti committuntur. Ad corradendas pecunias novae indulgentiae in dies conceduntur. Decimarum exactiones inconsultis prae- latis nostris Turcorum causa fieri iubentur. Causae, quae tractandae terminandaeque in partibus fuerant, ad apostolicum tribunal indistincte trahuntur. Excogitantur mille modi, quibus Romana sedes aurum ex nobis tanquam ex barbaris subtili extrahat ingenio. Ob quas res natio nostra quandam inclyta, quae sua virtute suoque sanguine Romanum Imperium coemit fuitque mundi domina ac regina, nunc ad inopiam redacta, ancilla et tributaria facta est et, in squalore iacens, suam for- tunam, suam pauperiem multos iam annos moeret. Nunc vero quasi ex somno excitati optimates nostri, quibus remediis huic calamitati obviam pergant, cogitare coeperunt iugumque prorsus excutere et se in pristinam vendicare libertatem decreverunt: erit haec non parva iactura Romanae curiae, si quod cogitant Romani principes efFecerint. Vgl. Gr. Voigt ;i. a. 0. II, S. 217 ff. 232 ff. B. Oebhardt, Die gravamina der Deutschen Nation 2 S. 32 f.

108 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

nicht wiedererkennen würde ; und er schloss mit den zynischen Sätzen: „Wer hat Euch solche Veränderung geschaffen wenn nicht die christliche Religion ? Sie verscheuchte von Euch die Barbarei, sodass bereits die Griechen als Barbaren, Ihr aber als wahre Römer bezeichnet werden müsst. Wollt Ihr der Wahrheit die Ehre geben, so gesteht zu, dass Euch Rom und der apostolische Stuhl die heilbringende Religion schenkten, da- durch dass sie zu Euch Prediger sandten, Euch lehrten den Götzen- dienst zu verlassen und den wahren Gott anzubeten. Das ist mehr denn Gold und Silber; Ihr empfinget mehr als Ihr nun zurückerstattet" *). Papst Calixtus III. (1455 1458) endlich schrieb an Kaiser Friedrich III. : „Obwohl die Machtvollkom- menheit des apostolischen Stuhls gänzlich frei ist und von keinerlei vertragsmässigen Banden eingeengt werden darf, sind wir doch aus reiner Güte, aus Eifer für den Frieden, aus Liebe zu Dir und Deiner Nation willens, dass die Konkordate ihren Platz behaupten. Wir werden nicht dulden, dass man sie ver- letze, — solange wir den römischen Stuhl innehaben" 2). Er

*) Im Briefe n. 369 (p. 836—839 der Basler Ausgabe 1571), p. 838: Quodsi resurgeret aliquis illorum Theutonum, qui tempore .Tulii Caesaris vixit, Germaniam peragraret, ut Ariovistus, profecto diceret non esse eam terram, quam olim viderat negaretque suam esse patriam, cum vinearum et arborum fructiferarum consitiones, vestitus huiusmodi, urbani- tatem civium, splendorem urbium tantamque nitidam politiam apud vos contueretur. Verum hanc mutationem quis fecit in vobis nisi religio Christi? Cultus quippe Christianae religionis a vobis barbariem omnem expulit atque ita expolivit, ut iam Graeci ipsi barbari, vos autem recti Latini appellari mereamini. Cultum autem salutiferae religionis, si verum fateri vultis, Roma vobis et apostolica sedes dedit, quae praedi- catores ad vos mittens idolorum relinquere cultum et verum Deum colere docuit. Plus est hoc, Martine, quam aurum et argentum; plus est quod accepistis quam quod datis, itaque decet vos accepti beneficii memores esse, quod quidem tantum est, ut nullo possit thesauro compensari. Vgl. die ähnlichen Ausführungen des Enea Silvio in seiner Schrift De ritu, situ, moribus et conditione Germaniae descriptio; Basler Aus- gabe 1571, p. 1035—1086, bes. p. 1064,

2) Im Briefe n. 371 (p. 840-843 der Basler Ausgabe 1571), p. 841

Wiener Konkordat von 1448. 109

sprach damit nur aus , dass im Wiener Konkordat ein päpst- liches Privileg zu erblicken sei. In seinen Worten lag das Geständnis, dass die Einzelbestimmungen widerrufen werden könnten, weil sie der Allgewalt Roms ungehörige Schranken zögen, lag das Urteil über eine Abmachung, die in sich un- wahr war, weil sie der einen Partei nur Pflichten aufbürdete, der anderen nur Rechte zugestand.

(der Brief ist von Enea Silvio verfasst) : . . . non e9t intentioni(s) nostrae aut ordinariorum mensibus derogare aut concordatis ipsis contravenire. Quinimo quamvis liberrima sit apostolicae sedis autoritas nullisque de- bebat pactionum vinculis coerceri, ex mera tarnen liberalitate nostra, ex zelo, quem gerimus ad pacem, ex charitate, qua te tuamque nationein prosequimur , concordatis ipsis locum esse voluimus nee patiemur ea temere violari, dum Romanae sedis gubernacula retinebimus. Vgl. dazu B. Hübler: Zeitschrift für Kirchenrecht III (1863), S. 411 Anm. 24.

Sechster Abschnitt.

Nationalkirchliehe Pläne des ausgehenden Mittelalters.

Das Wiener Konkordat und die Ueberwindung der konziliaren Reformbestrebungen durch den Bund des Papsttums mit Fried- rich III. und dem Territorialfürstentum beginnen die letzte Periode in der Geschichte der mittelalterlichen Kirchenverfas- sung Deutschlands. Nicht dass neue Schöpfungen sie erfüllten, sondern dadurch wird sie gekennzeichnet, dass eben die Ver- einbarung des Jahres 1448 je länger je mehr als eine bequeme Handhabe sich erwies, um wiederum das Kirchenwesen in Deutschland der stets anspruchsvolleren Herrschaft der römi- schen Kurie auszuliefern. Weit entfernt, Besserung zu bringen, wurde sie benutzt und missbraucht, hier beobachtet dort ver- letzt, und immer vernehmlicher erscholl der Ruf nach einer Rückkehr zu den Ideen und Beschlüssen von Konstanz und Basel, die gleichsam das Allheilmittel zu sein schienen für die teilweise doch von den Deutschen selbst verschuldeten Gebrechen der kirchlichen Verwaltung und Organisation. Mit ihm verbanden sich, noch vor dem Auftreten Luthers, zu wiederholten Malen neue Erwägungen darüber, wie eine deutsche Kirche zu erspriesslichem Leben geweckt werden könnte, die ausgestattet wäre mit grösserer Freiheit von Rom und nicht zuletzt mit der Fähigkeit, die finanzielle Ausbeutung der deutschen Geistlichkeit durch Rom abzuwehren oder doch zu mindern.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. Hl

Aus der grossen Zahl von Refornivorschlägen sind hier nur diejenigen herauszuheben, denen als Ziel die deutsche Nationalkirche gesetzt ist.

Eine Geschichte des Gedankens, durch ein deutsches Nationalkonzil dem Verderben der Kirche zu steuern , wäre eine lohnende Aufgabe. Soweit erkennbar, tauchte er schon vor Abschluss des Wiener Konkordats, zum ersten Male im Jahre 1445 auf, ohne dass, wenigstens im 15. Jahrhundert, an ihn nationalkirchliche Pläne mit der Aussicht auf ihre Durchführbarkeit hätten geknüpft werden können. Es fehlte einmal die Entscheidung über den Kreis der Einzuberufen- den. Im Jahre 1445 wenigstens war er nicht auf Ange- hörige der deutschen Nation beschränkt, weil damals auch davon die Rede war, dass die Königreiche von Ungarn, Dänemark, England und Schottland die ,gemeyn versamlung der Germanischen kirchen oder ein concilium nationale' beschicken möchten1). Es fehlte sodann die Voraussetzung der Periodizität solcher Nationalkonzilien, wie sie etwa das Dekret ,Frequens' von Konstanz (9. Oktober 1417) und Basel (14. Dezember 1431) für die allgemeinen Kirchenversamm- lungen festgelegt hatte, damit also von vornherein die Mög- lichkeit, die Nationalkonzilien zu regelmässig wiederkehrenden Tagungen für die Gesamtheit der auf ihnen vertretenen deut- schen Kirchenanstalten auszubauen 2). Mehrfach endlich schwankte

*) Vgl. den Beschluss der Kurfürsten vom Jahre 1445, Ranke, Werke VI, S. 7, dazu A. Bach mann a. a. 0. LXXV, S. 156 f. Historische Vierteljahrschrift 1908, S. 163 Anm. 1 und oben S. 28 f. über die „deutsche Nation" im Konstanzer Konkordat von 1418. Zweifelhaft bleibt, ob der Gedanke an ein Nationalkonzil schon Friedrichs III. Vorschlägen vom Spät- jahr 1444 zu Grunde liegt; vgl. A. Bachmann a.a.O. LXXV, S. 231 n. 14.

2) Den Irrtum von E. Gothein (Politische und religiöse Volks- bewegungen vor der Reformation, Breslau 1878, S. 111 mit Anm. 24), Erzbischof Berthold von Mainz (f 1504) habe den Plan zu einem deut- schen Nationalkonzil gefasst, hat B. Weiss, Berthold von Henneberg (Freiburg i. Br. 1889), S. 23 Anm. 2 widerlegt-, vgl. auch ,T. Härtung: Historische Zeitschrift Bd. 103 (1909), S. 534 ff. Irrtümlich auch lässt

\\2 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

man, ob sie einberufen werden sollten allein, das heisst nur für Deutschland, oder ob sie tagen sollten zur selben Zeit wie ein Universalkonzil1). Noch bis ins 16. Jahrhundert hinein, ja selbst noch im 18. und 19. ist die Frage eines deutschen Nationalkonzils Gegenstand der Erörterungen gewesen 2) ; nie ist sie über diese hinausgekommen3).

J. von Döllinger (Kleinere Schriften, herausgeg. von F. H. Reusch, Stuttgart 1890, S. 228) den Regensburger Konvent vom Jahre 1524 ein alle drei Jahre wiederkehrendes deutsches Nationalkonzil in Aussicht nehmen, während in Wahrheit es sich um Provinzialkonzilien handelte; vgl. W. Friedensburg: Historische Aufsätze dem Andenken an G. Waitz gewidmet (Hannover 1886), S. 529 mit Mansi XXXII, 1090 c. 26.

1) Der anonyme Verfasser einer im Jahre 1451 aufgezeichneten Beschwerdeschrift (C. Gr. F. Walch, Monimenta medii aevi I, Gottingae 1757, p. 103—110; vgl. dazu B. Gebhardt, Gravamina2 S. 4 ff.) forderte: Opus esset, ut fieret unum concilitim generale et nationale pro nostra natione Alemannica . . . , et revera non solum opus est, ut fiat concilium nationale, verum etiam generale, quia, si sola natio Almanica reformatur et aliae nationes manerent in ritu et observantiis earum, fieret quodam- modo schisma vel divisio (Walch a. a. O. I, p. 104 sq.).

2) So z. B. in den Jahren 1524, 1526, 1530, 1538; vgl. J. Weiz- säcker: Historische Zeitschrift LXIV (1890), S. 199 ff. E. Brasse, Die Geschichte des Speierer Nationalkonzils vom Jahre 1524. Halle a. S. 1890. F. von Bezold, Geschichte der deutschen Reformation (Berlin 1890), S. 440. 578. 616. K. Müller, Kirchengeschichte II, 1 S. 301. 338. 370. 407. Die Arbeit von A. Körte (Die Konzilspolitik Karls V. in den Jahren 1534 1543. Halle a. S. 1905) befasst sich mit den Plänen eines allgemeinen Konzils; siehe auch W. Rosenberg, Der Kaiser und die Protestanten in den Jahren 1537—1539. Halle a. S. 1903. W. Mauren- brecher, Karl V. und die deutschen Protestanten 1545 1555. Düssel- dorf 1865 und im allgemeinen J. von Döllinger, Ueber die Wieder- vereinigung der christlichen Kirchen (Nördlingen 1888), S. 57 ff. ; Kleinere Schriften S. 229 ff. Ein deutsches Nationalkonzil forderte auch die Emser Punktation vom Jahre 1786 (vgl. C. Gärtner, Corpus iuris ecclesiastici catholicorum novioris II, Salisburgi 1799, p. 363) und der deutsche Episkopat im Jahre 1848 (vgl. P. Hinschius, Kirchenrecht III, S. 581. J. von Döllinger, Kleinere Schriften S. 63 ff.).

3) Der spätere Papst Julius III. (1550 1555) erklärte im Jahre 1547 auf dem Konzil zu Trient, dass Konzilien mehrerer Metropoliten, quae

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. H3

Ein zweiter Plan war alsdann, die Beschwerden der deut- schen Nation wider die Kurie durch Wiederauffrischung der Konstanzer und Basler Dekrete in einer Art pragmatischer Sanktion der Deutschen zusammenzufassen l). Gern möchte man ihm ein günstigeres Urteil, eine Prognose auf Durch- führbarkeit zubilligen. Von Anbeginn an jedoch stand er unter unheilverheissendem Stern. Er war aufgestellt nicht aus uneigennützigem Interesse für die Allgemeinheit und sollte auch nicht für sich allein in Angriff genommen werden. Dank der Tätigkeit des Mainzer Erzbischofs Dietrich von Erbach (f 1459) hatte er erstmals auf dem Frankfurter Kurfürstentag im Jahre 1456 festere Formen gefunden. Er wurde niedergelegt in jenen sogenannten Avisamenten 2), die sich wiederum als eine Verschmelzung von Konstanzer und Basler Dekreten mit dem Wiener Konkordat ergeben haben. Er erinnerte an die Mainzer Acceptation von 1439, die, irrtümlich oder irreführend, noch als rechtsgültig bezeichnet wurde 3), und die Sammlung

nationalia vocant, semper perniciosa gewesen seien; s. P. Hinschius a. a. 0. III, S. 582 Anm. 1 und die dortigen Angaben. Im Jahre 1864 be- zeichnete der Syllabus Pius' IX. als Irrlehre den Satz: Nationalis concilii definitio nullam aliam admittit disputationem, civilisque administratio rem ad hosce terminos exigere potest (C. M i r b t , Quellen zur Geschichte des Papsttums 2 S. 368, 36). Ueber die älteren, d. h. dem 15. Jahrhundert voraufliegenden National- und Reichskonzilien seit der fränkischen Zeit vgl. P. Hinschius a. a. 0. III, S. 539 ff.

1) Zum Folgenden vgl. G. Voigt, Enea Silvio II, S. 204 ff. III, S. 209 ff. C. Brockhaus, Gregor von Heimburg (Leipzig 1861), S. 221 ff. K. Menzel, Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz 1459 1463. Erlangen 1868. A. Bachmann, Deutsche Reichsgeschichte unter Friedrich III. und Max I. (Leipzig 1884), I, S. 160 ff. V. von Kraus, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters I, S. 308 ff. 352 ff. 380 ff. J. Hefele- J. Hergenröther, Konziliengeschichte VIII (Freiburg i. Br. 1887), S. 85 ff. L. Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters I (3. und 4. Aufl., Freiburg i. Br. 1901), S. 709 ff. II (1904), S. 124 ff.

2) W. Rossmann, Betrachtungen über das Zeitalter der Refor- mation (Jena 1858), S. 405 ff.

3) Im 2. Teil der Avisamente, der sogenannten Appellatio, wird W e r in i n g h o f f , Nationalkirchliche Bestrebungen.

LIBRARY ST. MARYS COLLEGE

114 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

der Dokumente schloss mit einem Bündnis der Teilnehmer jener Tagung, deren Anhängerschar vermehrt werden sollte, mit der Berufung auf ein Nationalkonzil oder eine andere Versammlung zum Erlass etwa notwendiger Abänderungen *). Auf der anderen Seite Hessen die vielgeschäftigen Machina- tionen der Kurie darüber keinen Zweifel, dass sie nicht willens sei, ihre im Jahre 1448 gewonnene Macht, den seither ein- gerissenen Missbrauch der Macht preiszugeben. In ausführ- lichen Darlegungen suchte der seiner grösseren Zukunft sichere Kardinal Enea Silvio den mainzischen Kanzler Martin Mayr zu überzeugen, das Vorhaben einer pragmatischen Sanktion sei verderblich an sich und um der Art willen, in der es zu erbitten und zu beschützen sei2). Ueberdies trat trotz aller Zusammenkünfte zu Tage, dass die Parteigruppierung im Kur- fürstenkolleg der kirchlichen Reform keinerlei Aussicht auf dauernde und nachdrückliche oder gar vorbehaltlose Unter- stützung gewähren würde, ganz abgesehen selbst von den territorialen Gegensätzen zwischen Witteisbach und Branden- burg, von der Zerklüftung unter den Königswählern, unter denen gerade damals das Verlangen nach einem Ersatz für

u. a. ausgeführt, die Basler Dekrete seien expost auctoritate apostolica ac ex certa sciencia et de potestatis plenitudine confirmata et approbata ac eciam in vim pragmatice sanccionis per dive memorie Albertum tunc Romanorum regem ac reverendissimos et illustrissimos tunc Romani imperii principes electores ac prelatos aliosque principes, comites, barones, satrapas, proceres ac subditos pociores Germanice nacionis, sacro concilio huiusmodi tunc eciam durante, acceptata et postremo demum tarn pro utilitate rei publice quam bono nacionis huiusmodi inviolabüiter ac irre- fragabiliter sub censuris in illis aliisque acerrimis penis in constitucionibus ac ordinacionibus processibusque desuper emissis contentis innovata, repetita et acceptata, prout in documentis legitimis desuper confectis . . . plenius continetur et habetur (Rossmann a. a. 0. S. 413).

*) Alles Nähere bei B. Gebhardt, Gravamina2 S. 19 ff.

2) Vgl. Enea Silvio, De ritu etc. Germaniae (Opp. ed. Basil. 1571, p. 1085) : Pragmaticae sanctionis inventionem pernitiosam esse com- prehendas et in se ipsa et in modo, quo vel petenda dicitur vel tuenda. G. Voigt a. a. 0. II, S. 235 ff.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. H5

Kaiser Friedrich III. sich erhob. Schon im Jahre 1458 war der Bund von Anhängern der kirchlichen Reform gesprengt, und kein besseres Los wartete der gleichwohl noch fortgesetzten Bemühungen des neugewählten Mainzer Erzbischofs Diether von Isenburg (f 1482), als er im Jahre 1461 wie ein allge- meines Konzil auf deutschem Boden so wiederum eine prag- matische Sanktion für die deutsche, auf solchem Wege selb- ständiger zu stellende Geistlichkeit ins Auge fasste 1). Der enge Anschluss des Markgrafen Albrecht Achilles (f 1486) an den Kaiser, Friedrichs III. enge Verbindung mit dem neuen Papste Pius IL (1458 1464), der im Jahre zuvor jedwede Berufung an ein Universalkonzil als nichtig bezeichnet hatte 2), die Absetzung Diethers von Mainz und die Provision Adolfs von Nassau für das erledigte Erzstift und Kurfürstentum, der Kampf beider Rivalen und schliesslich der Verzicht des Isen- burgers im Jahre 1463 alles liess die an das Ziel der Kirchenreform und einer Nationalkirche gewandte Arbeit zu schänden werden. Das Wort des Papstes, es sei schwer, den päpstlichen Stuhl und das römische Reich mitsammen umzu- werfen 3), hatte sich erfüllt. Der Ruf nach der Kirchenreform musste erfolglos bleiben, sobald und weil er sich verquickt hatte mit dem nicht minder dringlichen nach der Reform des Reiches, wie heftige Klagen auch in den immer wiederkehren- den Gravamina ertönten4).

Merkwürdig genug nun, dass trotz aller Schwierigkeiten,

») Vgl. u. a. K. Menzel a. a. 0. S. 118 ff.

2) C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums2 S. 169 f.

3) In einem Briefe vom 7. März 1461; G. Voigt a. a. 0. III, S. 252.

4) Den Bündnissen des Klerus aus verschiedenen Diözesen, z. B. vom Jahre 1473 und 1487 (vgl. B. Gebhardt, Gravamina2 S. 62 f. J. Här- tung: Historische Zeitschrift Bd. 103, 1909, S. 535) liegt wohl der Ge- danke einer Defensive gegen Rom zu Grunde, nicht aber der an Aufbau einer selbständigen Kirche Deutschlands; über ein ähnliches Bündnis aus dem Jahre 1372 vgl. E. Hennig, Die päpstlichen Zehnten aus Deutschland S. 37 f.

116 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

die sich dem Gedanken einer deutschen Nationalkirche ent- gegenstellten, dieser nach wie vor die Geister beschäftigte. Einst, im Zeitalter Friedrichs I., hatte er seiner ideal aufge- bauten Kirche eine einheitliche Spitze gegeben. Dann , im Zeitalter der Reformkonzilien, war, wenn anders unsere Deutung des Mainzer Instruments richtig ist, die Wagschale gesunken zu Gunsten einer oligarchischen Leitung der deutschen Kirche durch die Erzbischöfe und Bischöfe, zumal nachdem die Steige- rung der papalen Monarchie in der allgemeinen Kirche alle Schäden des absolutistischen, zentralisierenden Systems hatte offenbar werden lassen. Jetzt aber, da die Versuche gescheitert waren, eine bischöfliche Samtherrschaft über die deutsche Kirche ins Leben zu rufen denn in diesem Verlangen gipfelten die Rufe nach einem deutschen Nationalkonzil nicht minder als die nach einer deutschen pragmatischen Sanktion , jetzt tauchten aufs neue Utopien auf, die für das deutsche Kirchen- tum einen Patriarchen, einen Legatus natus et perpetuus oder einen Primas wünschten. Ein literarischer Zusammenhang zwi- schen ihnen und dem Entwurf der Trierer Stilübungen des 12. Jahr- hunderts ist weder vorhanden noch anzunehmen. Eher wird zu vermuten sein, dass die Vorbilder der französischen und der englischen Nationalkirche von Einfluss waren, dort die Würde des Kardinals Georg d'Amboise (f 1510), hier die des Kardinals Thomas Wolsey (f 1530), deren Amt als päpstlicher legati a latere das Ziel ehrgeiziger deutscher Kirchenfürsten sein konnte. Eins ist sicher: wenn man seit der Wende des 15. und 16. Jahr- hunderts auch für Deutschland wiederum eine kirchliche Monarchie forderte, von wem immer ihr Träger sein Recht ableitete, so offenbarte sich hierin zugleich die Einsicht, dass nur sie im stände sein möchte, seinem deutschen Anteil inner- halb der monarchisch gelenkten allgemeinen Kirche Rückhalt, Festigkeit zu verleihen. Dem universalen Papst sollte ein deutscher Patriarch oder wie sonst er genannt wurde ent- sprechen. Nicht Vielherrschaft, sondern Einherrschaft sollte das Kennzeichen auch der deutschen Kirche sein. Nur sie schien

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. 117

die innere Geschlossenheit des Verfassungsneubaues zu ver- bürgen, den man erhoffte, um die Hoffnung darauf noch den späteren Jahrhunderten zu übermachen. Auf diese innere Ein- heit verwies die Geschichte, die Folgerichtigkeit des katho- lischen Glaubens; die Furcht vor einer Spaltung des reli- giösen Glaubens der Nation, die das Emporstreben des Hussi- tismus erlebt hatte, war wohl verbreitet, hatte aber nicht bislang noch stets das Bekenntnis zur einen, heiligen, katho- lischen Kirche sich der häretischen Gegner und Abtrünnigen siegreich erwehrt?

Unsere Würdigung dieser neuen und in gewissem Sinne alten Pläne räumt den zeitlichen Vortritt einem Publizisten ein, Hans von Hermansgrün, einem Sachsen im Dienste zunächst des Kurfürsten Friedrich des Weisen (f 1525), dann des Erz- bischofs Ernst von Magdeburg (f 1513); bis zum Jahre 1518 ist er als in der Nähe von Zwickau lebend nachweisbar *). Erfüllt von nationalem Sinn beim Herannahen der von Frankreich her dem Reiche drohenden Gefahr, hat er, unmittelbar vor dem grossen Wormser Reichstag des Jahres 1495, dem er als Ge- sandter seines Herrn, des Erzbischofs von Magdeburg, bei- wohnte, jene reichspatriotische Phantasie veröffentlicht, die zu- erst von H. Ulmann herausgegeben wurde 2).

Hans von Hermansgrün sieht sich in einem Traume als Teilnehmer eines stattlichen Reichskonvents zu Magdeburg. Er hört Kaiser Friedrich IL in eindringlicher Rede sich kehren wider das Bündnis des Papstes Alexander VI. (1492 1503) und des Königs Karl VIII. von Frankreich (1483—1498) vom 15. Januar 1495 3). Dem Sprecher knüpfen sich düstere

') Vgl. H. Ulmann: Forschungen zur deutschen Geschichte XX (1880), S. 69 ff.

2) A. a. 0. XX, S. 78 ff. ; dann von J. von Hing er, Beiträge zur politischen, kirchlichen und Kulturgeschichte der sechs letzten Jahr- hunderte III (Regensburg und Wien 1882), S. 91 ff.

3) Vgl. H. Ulmann, Kaiser Maximilian I. (Stuttgart 1884) I, S. 268. L. Pastor, Geschichte der Päpste III (3. u. 4. Aufl., Freiburg i. Br. 1899), S. 348 f. M. Jansen, Kaiser Maximilian I. (München 1905), S. 4.4.

Hg Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Ahnungen an dies Abkommen ; er fordert deshalb die deutschen Fürsten auf zum Kampfe und gibt die Mittel an, mit denen der Streit erfolgreich begonnen und fortgesetzt werden möge. „Es könnte", so meint er, „der Fall eintreten, und viele Ver- dachtsgründe sind dafür vorhanden, dass der Papst, sei es aus Furcht sei es dank ihm erwiesener Wohltat, die Partei des Franzosen ergreift, ihm auf irgendwelche Weise oder unter irgendeinem Vorwand die Kaiserkrone gibt *) und mit seiner Autorität die Krönung des Franzosen bestätigt. Wenn Ihr dies klar erkennt, so sehet zu, ob ihm nicht, um solcher Bosheit willen, auf Zeit die Oboedienz aufzusagen ist, ob Ihr nicht an Stelle des Papstes Euch einen Patriarchen setzen wollt. In diesem Fall aber ist die Geistlichkeit im ganzen Reich mit Gewalt dahin zu drängen, dass sie nicht länger den Papst verehre, als die Umstände und der Nutzen des Reiches es erfordern, dass sie nicht unter dem trügerischen Schein des Gehorsams und der Ehrfurcht danach trachte, von den Lasten des Krieges fern zu bleiben. Auch dafür ist Sorge zu tragen, dass nicht Rechtsausleger, Rechtsverdreher und Deklamatoren der Kirchen das Volk aufreizen zu Neuerungen. Kommt es jedoch soweit, so schickt Gesandte an die Könige von Ungarn, Böhmen, Polen und Dacien. Lasst sie Klage führen über die Unbill, die Ihr, die deutsche Nation und das Reich, von den Franzosen oder vom Papste oder auch von beiden erleidet : Ihr würdet dafür bald Genugthuung fordern auf einem grossen Konzil, darauf aber Friede, Bündnis, Freundschaft und Hilfe für den türkischen, sodann für den französischen Krieg auf die Dauer von drei Jahren oder mehr verlangen, je nachdem es Euch passend dünkt, alles zu dem Zwecke, dass nicht der Papst, wenn er durch Excomunikationen Euch zu schaden sucht, die Barbaren gegen Euch aufzuhetzen und aufzustacheln vermag" 2).

*) Ueber die angeblichen Kaiserpläne Karls VIII. von Frankreich vgl. die Bemerkung von Philipp de Comniynes, Memoires VII c. 19 herausgeg. von B. de Mandrot, Paris 1903, vol. II, p. 215.

2) Contingere posset (ut sunt multe suspitiones) papam vel metu

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. H9

Deutlich tritt zu Tage: der Publizist am Ausgange des 15. Jahrhunderts sieht die kirchliche Frage als der politischen untergeordnet an. Der Papst als weltlicher Fürst hat sich verbündet mit Frankreich. Um solchen Bund zu befehden, dünken ihm die weltlichen Mittel leicht ausführbar , ebenso aber die kirchlichen Repressalien, wie man seine Vorschläge nennen möchte. Er fordert Kündigung der Oboedienz. Er vermag jedoch noch nicht die deutsche Kirche ohne ein sicht- bares Oberhaupt sich vorzustellen. An ihre Spitze trete ein Patriarch, nicht vielleicht für alle Zukunft, sondern wohl bis zu dem Augenblick , da der Papst, gedrängt durch den Ab- fall von Deutschland, auf sein Bündnis mit Frankreich Ver- zicht geleistet habe. Die Einsetzung des Patriarchen aber soll den Fürsten überlassen sein und ihnen zugleich die Sorge, dass der Klerus in Deutschland dem alten Papst nicht ge- horche, dem Reiche vielmehr steure zum Kampf wider Papst und Frankreich, dass Agitationen verhindert werden gegen die

vel benefitio devinctum Gallorum partem fovere, imperialem coronam quocunque pacto, titulo vel collusione ei dare et aliquando coronationem auctoritate sua corroborare. Si hoc clare perspitietis , videte, ne ob iniquitatem facti obedientia ad tempus e medio tollenda atque in locuni pape patriarcha vobis constituendus erit. Sed hoc casu omnis status ecclesiasticus per totum imperium summopere coercendus erit, ne aut plus quam tempus et utilitas imperii exigat papam venerentur aut sub vana spetie obedientie et venerationis querant et moliantur ab oneribus belli immunes fore. Cavendum etiam, ne predicatores legis aut qui- cunque rabuli et declamatores ecclesiarum plebem et populum rudern ad res novandas incitent. Et ob eam rem et in eo casu ad reges Ungarie, Bohemie, Polonie et Datie legatos censeo mittendos, questum de iniuriis sive a Gallis sive a papa sive ab utrisque vobis nationique Germanorum et imperio vestro illatis, pro quibus coram magno generali concilio brevi sitis satisfactionem petituri, subinde pacem, fedus et amicitiam auxiliaquo primo Thurcensis, deinde Gallici belli in triennium aut ultra, sicut opor- tunum visum fuerit, petentes roborari, in eum finem, ne, si papa ex- communicacionibus multa in vos intent8re presumeret, simplicitatem barbarorum in vos irritare et commovere posset (Forschungen zur deut- schen Geschichte XX, S. 87).

120 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

neue Ordnung der Dinge. Nur im allgemeinsten Umriss wird das Bild der deutschen Kirche unter dem Patriarchen mehr angedeutet als gezeichnet. Sie erscheint als ein Werkzeug der fürstlichen Politik, deren Träger ihren Leiter zu seinem Amte berufen. Die neue Kirche soll den Fürsten untergeben sein, nicht dem Kaiser, den unser Publizist mit wenig günstigem Urteil bedenkt1), ein Spiegelbild deutscher Zustände, die seit langem den Unsegen des territorialen Partikularismus für die Allgemeinheit kannten, während sein Segen nur kleineren Kreisen zu gute kam. Es wäre müssig, sich die deutsche Kirche unter der Aegide des Fürstenstandes auszudenken. Hatten nicht seine Mitglieder selbst durch die Ansätze landes- kirchlicher Bildungen dazu beigetragen, das deutsche Kirchen- wesen zu zersplittern und seine Widerstandskraft gegen die Spitze der allgemeinen Kirche zu vermindern?

Auch das letzte mittelalterliche Projekt, dessen Wertung uns noch obliegt, war veranlasst durch die politischen Um- triebe des Augenblicks 2). Papst Julius 11.(1503 1513) hatte von der Liga, die im Jahre 1508 mit Kaiser Maximilian I. (1493—1519) und König Ludwig XII. von Frankreich (1498 bis 1515) wider Venedig vereinbart war, sich getrennt und zu Beginn des Jahres 1510 eben mit der Lagunenstadt in ein Bündnis sich eingelassen. Es kehrte seine Spitze gegen Lud- wig XII. und war zugleich ein Schachzug gegen den Kaiser. Dieser sollte zum Anschluss an den Papst getrieben werden, während er doch vorab wenig geneigt war, so rasch wie der Rovere auf dem Stuhle Petri seine Politik gegen Venedig mit Frankreich in eine solche mit Julius II. und Venedig gegen Ludwig XII. zu vertauschen.

Ludwig XII. wurde im September 1510 durch ein fran-

1) Forschungen zur deutschen Geschichte XX, S. 85 und 91.

2) Zum Folgenden vgl. für die politischen Ereignisse H. Ulmann, Kaiser Maximilian I. (Stuttgart 1891), Bd. II, S. 407 ff. L. Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgange des Mittelalters III (3. und 4. Aufl., Freiburg i. Br. 1899), S. 645 ff.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. 121

zösisches Nationalkonzil zu Tours *) in seinem Vorhaben ge- waltsamen Widerstandes gegen Julius IL bestärkt. Würde der Papst nicht in die Beendigung des Krieges willigen, so sollte er zum mindesten einen Statthalter einsetzen mit Vollmachten für das Seelenheil der Untertanen des französischen König- reiches 2). Für die Zeit also des Krieges zwischen König und Papst sollte eine Instanz geschaffen werden, die angegangen werden könnte, solange der Papst, um des Krieges willen, nur mit Mühe den Gläubigen erreichbar wäre. Man forderte eine Art Unterpapst, eine Art von päpstlichem Dezernenten für die dem Papste als solchem zustehenden hirtenamtlichen Befug- nisse, eine Beschränkung dieses procureur des ämes nur auf Frankreich. Deutlicher hätte das Dilemma der Lage nicht ge- kennzeichnet werden können.

Anders Maximilian I. Es mag unentschieden bleiben, ob er im Anschluss an Frankreich wirklich „den verfluchten Priester Papst" zu reformieren gedachte. Jedenfalls geht unter seinem Namen ein eigenartiges Projekt, von dem eine Reihe von Dokumenten aus dem September und November 1510 Kunde gibt3). Es

') Vgl. darüber Hefele-Hergenröther, Konziliengeschichte VIII, S. 432 ff.

2) Qu'il voeulle commetre en France ung procureur ayant puissance de pouvoir au salut des ames des subjects de royaume de France; ange- führt von H. Ulmann: Zeitschrift für Kirchengeschichte III (1879), S. 200.

8) Vgl. H. Ulmann a. a. 0. III, S. 199 ff.; Kaiser Maximilian I. Bd. II, S. 414 ff. W. Maurenbrecher, Geschichte der katholischen Reformation I (Nördlingen 1880), S. 99. 385. B. Gebhardt, Grava- mina 2 S. 77. F. von Bezold, Geschichte der deutschen Reformation S. 87. L.Pastor, Geschichte der Päpste III, S. 670 ff. W.Köhler, Luthers Schrift an den christlichen Adel Deutscher Nation S. 152 ff. .1. Knepper, Jakob Wimpfeling 1450—1528 (Erläuterungen und Ergän- zungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes, herausg. von L. Pastor III, 2-4. Freiburg i. Br. 1902), S. 244. 252 ff. 365 f. P. Kal- koff: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. XII (1897), S.597f. XIII (1898), S. 86 ff. Veraltet ist P. von Wiskowatoff, Jakob Wimpheling (Berlin 1867), S. 177 ff.

122 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

wird sich empfehlen, zunächst die bisherigen Würdigungen zusammenzufassen, um schliesslich des persönlichen Einschlags zu gedenken, den der Plan, ohne dadurch seine Bedeutung im Kreise ähnlicher Entwürfe zu verlieren, in so fern besitzt, als er bedingt erscheint durch den Ehrgeiz der kaiserlichen Kanzlers Matthäus Lang, des damaligen Bischofs von Gurk, späteren Kardinaldiakons von S. Angelo in Pescheria und Erzbischofs von Salzburg (f 1540).

Am 18. September 1510 entsandte Maximilian seinen Sekretär Jacob Spiegel an den bekannten Humanisten Jacob Wimpheling (f 1528). Vom kaiserlichen Boten sollte dieser ein Exemplar der pragmatischen Sanktion für Frankreich also der von Bourges aus dem Jahre 1438 erhalten, weiter- hin mündliche Aufträge des Kaisers entgegennehmen, für die Maximilian die Unterstützung durch Wimpheling erwarte *). Das gleiche Datum des 18. September 1510 weist das Be- glaubigungsschreiben für Jacob Spiegel auf. Erwähnt wird darin der Wunsch des Kaisers, zum Besten des römischen Reiches und der deutschen Nation gewisse Bestimmungen zu treffen, auf dass Deutschland nicht wie bisher an Rom sein Geld und seine Kräfte verschwende, sondern in alter Freiheit nach heilsamen Regeln lebe. Wimpheling solle sich darüber äussern, wie die Schliche der Kurtisanen beseitigt und die Annaten abgestellt werden könnten, endlich über den Ge- danken des Kaisers, einen natus et perpetuus legatus in Ger- mania einzusetzen, bei dem in Deutschland selbst alle kirch- lichen Klagen und Prozesse anzubringen wären, nach welchem Recht seine Bestellung möglich sei, welche Befugnisse jenem Legaten zustehen würden, welche Vorteile Deutschland von ihm zu gewärtigen habe. Denn besser würden die Dinge stehen, sobald die Streitfragen in Deutschland selbst behandelt würden ;

*) Freher-Struve, Germanicarum rerum scriptores aliquot insignes II (Argen torati 1717), p. 684 = M. Riegger, Amoenitates litterariae Friburgenses III (Ulmae 1776), p. 483. 488.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. [23

sie würden hier rascher erledigt und die aufzuwendenden Geld- summen blieben in der Heimat l).

Wimphelings Antwortschreiben vom 1. November 1510 2) begleitete ein umfangreiches Gutachten, das wiederum aus drei Einzelteilen sich zusammensetzte. Der erste3) gibt einen Auszug zunächst aus dem Vorwort der pragmatischen Sanktion, dessen Schilderungen auch auf Deutschland zuträfen, und als- dann aus ihrem Texte, derart freilich dass nur fünf seiner Abschnitte von Wimpheling der kürzenden Wiederholung wert befunden wurden 4). Er mochte glauben, dass sie zumeist ge- eignet seien, der Ueberbelastung deutscher Kirchen vorzu- beugen, würden sie auch in Deutschland erneuert. Der zweite Teil ist reicher gegliedert. Ihn eröffnet ein kurzes Zitat aus der Geschichte der Päpste von Piatina 5). Daran schliesst sich eine Abhandlung „Ueber die Handlungen und die Schliche einiger Kurtisanen", vielleicht schon vor der kaiserlichen An-

') Seitdem H. Ulmann (Zeitschrift für Kirchengeschichte III, S. 204 f.) einen Auszug daraus mitgeteilt hatte, ist die ganze Instruktion von J. Knepper, Wimpfeling S. 365 f. n. XXIII veröffentlicht worden. Es heisst darin gegen den Schluss (S. 366) : Praeterea referet (d. h. Jakob Spiegel) ei (d. h. Wimpheling) nos cogitasse de instituendo nato et per- petuo in Germania legato, ad quem in ipsa Germania querele et causae ecclesiasticae devolverentur, et ideo quaerat ex eo, quo iure potissimum ille institui possit quidve ei de iure debeatur. Et exinde et honor et commodum totius Germanicae nationis resultet : melius etenim induce- mus, ut causae in patriis nostris ventilentur, quia celerius expedientur et ipse impensae remanebunt in patriis. Eine Vergleichung dieser Stelle und der Antwort Wimphelings (s. unten S. 126 Anm. 1) verdanke ich der Hilfe meines Freundes Dr. J. Trefftz, Direktors des Weimarer Staatsarchivs.

2) Freher-Struve, Scriptores II, p. 685 sq.; Riegger a. a. 0. III, p. 488—491.

•) Riegger a. a. 0. III, p. 492-498.

,J) Exzerpiert sind nach unserer oben S. 42 ff. durchgeführten Zählung die Abschnitte IV de electione cassanda (= Mainzer Accep- tation XXI), V de reservationibus (= Mainz XXII), VI de collatione beneficiorum (= Mainz XXV), X de numero cardinalium (vgl. Mainz XX), XI de annatis (= Mainz IX).

5) Riegger a. a. 0. III, p. 499.

124 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

frage niedergeschrieben, jedenfalls eine überaus scharfe Ver- urteilung jenes Treibens, um dessen Abstellung der Papst an- gegangen werden möge1). Es folgen „Die zehn Beschwerden der deutschen Nation"2), deren Wortlaut sich darstellt als eine Ueberarbeitung des früher angezogenen Briefes aus dem Jahre 1457, in dem der mainzische Kanzler Martin Mayr gegenüber Enea Silvio seinem Ingrimm wider die Kurie Luft gemacht hatte3). Ihnen angefügt ist zunächst ein Remedium contra gravamina nationis Germaniae4): dem Papst solle man vorstellen, dass die Last der Gebühren für die Bestätigung von Erzbischöfen und Bischöfen nachgerade unerträglich sei; ihm müsse eine Minderung seiner Anforderungen um so eher nahegelegt werden, als ein Abfall drohe gleich dem der Böhmen, zumal da Kaiser, Fürsten und nicht zuletzt das Volk selbst für den Bau von Kirchen, Hospitälern und Anstalten zum Besten der Fremden oder Kranken des Geldes bedürften. Ein eigenes Remedium pro civitatibus imperii et animarum salute 5) weiterhin fordert den Kaiser auf, vom Papste mehrere Ver- fügungen zu erwirken, die eine, dass in keiner Reichsstadt zwei Pfründen in einer Hand vereinigt werden dürften, die andere, dass in jeder Kollegiatkirche zum mindesten zwei Pfründen vorhanden seien, die nicht zu den Gratien gehören und vielmehr mit zwei Theologen oder einem Theologen und einem Kanonisten besetzt werden sollen , die dritte , dass die Klöster und Stiftskirchen, denen Pfarrkirchen inkorporiert sind , an deren Geistliche Abgaben entrichten , um diese Kle-

J) Ebd. III, p. 499— 514 (p. 514 sq. Zusatz von J.Spiegel, der im Jahre 1520 Wimphelings Gutachten, aber ohne seine Antwort betr. des legatus natus et perpetuus, s. unten S. 126 Anm. 1, herausgab); vgl. P. K al k o f f : Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. XIII, 8. 86 ff.

2) Freher-Struve, Scriptores II, p. 667; Riegger a. a. 0. III, p. 519 sq.; Gebhardt, Gravamina2 S. 83 f.

3) Vgl. oben S. 106 f.

4) Freher-Struve a. a. 0. II, p. 678 sq.; Riegger a. a. 0. III. p. 520—523.

5) Freher-Struve II, p. 679; Riegger III, p. 523 sq.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. 125

riker sich dem Studium der Philosophie, der heiligen Schrift und des kanonischen Rechtes widmen zu lassen. Nach allem Voraufgehenden enttäuschen die Avisamenta ad Caesaream maiestatem l) schon durch ihren ersten Satz. Frankreich hat seine pragmatische Sanktion, deren es sich bedient bei Ver- leihung der Benefizien, das römische Reich hingegen seine Concordata principum, und dafür zu sorgen, dass niemand sie verletze, ist Aufgabe des Kaisers. Wimpheling findet, dass die Päpste selten sie übertreten haben und die Auditoren der Rota nach ihnen urteilten. Sollte ein Kurtisan sie missachten, so sei er daran zu erinnern, dass selbst Türken und Juden Verträge zu beachten pflegten, und nach einer Verwarnung würde er nicht in einer deutschen Stadt wohnen wollen. Der Kaiser könne überdies in Frankreich und bei der Pariser Universität Erkundigungen einziehen, welche Rechte dort dem Papst bei Pfründenverleihungen zugebilligt seien, und dann ähnliche Massnahmen für Deutschland treffen, doch nur im Einverständnis mit den geistlichen Kurfürsten. Diese würden vor päpstlichen Zensuren sich fürchten , das Volk aber werde ein Interdikt nicht lange ertragen ; auch die Bettelmönche könnten gegen ihn predigen, der Papst sogar die Neuwahl eines deutschen Königs anberaumen, die Untertanen vom Ge- horsam entbinden und die Nachbarn zu Einfällen in seine Erblande anstacheln u. s. w. Kurz, Maximilian solle mit Fleiss darauf bedacht sein, allen solchen Ränken des Papstes ent- gegenzutreten. Noch einmal zählt endlich die Conclusio et pia exhortatio ad Caesaream maiestatem alle Beschwerden auf, durch deren Beseitigung Maximilian sich den Ruhm und den Namen eines liberator Germaniae verdienen werde *). Mit dem Neid des Humanisten blickt Wimpheling auf die an gebildeten Geistlichen so reiche Nachbarnation im Westen. Tüchtige und gebildete Geistliche erhofft er auch für sein Volk,

J) Freher-Struve II, p. 679 sq ; Ri egger III, p. 524—526. 2) Freher-Struve II, p. 680 sq.; Riegger IIL p. 526.

126 WerminghofF, Nationalkirchliche Bestrebungen.

sobald nur ihnen die Pfründen zu teil werden, sobald nur Deutschland von dem finanziellen Druck der Kurie befreit ist. Erst der dritte und letzte Teil seines Gutachtens geht auf die Frage hinsichtlich des natus legatus et perpetuus ein l). Ueber den legatus natus et primas seu patriarcha, meint der Verfasser, möge man sich Rats erholen bei rechtskundigen Leuten. Er habe wohl gehört, dass der Erzbischof von Salz- burg legatus natus Germaniae, der von Magdeburg primas seu patriarcha sei; aber er fürchte, der Papst würde ihre Be- fugnisse für verjährt ansprechen, da ein Privileg durch den Nichtgebrauch hinfällig werde 2). Er erinnere sich, auf dem grossen Reichstag zu Worms die prächtige Rede eines adligen Doktors gelesen zu haben, der als zum Hofhalt der Herzoge von Sachsen gehörig bezeichnet worden sei und Hermann Grien heisse; ein Exemplar davon werde wohl noch bei einem Vikar der Speyerer Kirche zu finden sein.

Das Urteil über Wimphelings Denkschrift hat bereits H. Ulmann gesprochen. Soviel ist sicher: mochte dem Kaiser gleich mit jener taciteischen Wendung vom liberator Ger- maniae der Ruhm eines Arminius in Aussicht gestellt wer-

x) De legato nato et primate seu patriarcha consulantur iurium periti. Licet olim audierim archiepiscopum Saltzburgensem esse lega- tum natum Germaniae et archiepiscopum Magdeburgensem esse pri- matem seu patriarcham, timeo autem summum pontificem contra nos prescripsisse, quia Privilegium per non usum perditur. Incidit mihi, quod in glorioso quondam conventu principum in Wormatia legi de hac materia elegantem orationem cuiusdam doctoris et nobilis, quem dicebant esse de familia ducum Saxoniae et ons (sicher ist zu lesen : dominus) Henricus de Rinow dicebat mihi nomen aut cognomen suum esse Hermannus Grien ; credo hodie eius orationis exemplar inveniri posse apud quendam vicarium summae ecclesiae Spirensis Georgium Reyser de Amberga. Dieses in der Ausgabe Spiegels (s. oben S. 124 Anm. 1) fehlende Stück teilte zuerst H. Ulmann (Zeitschrift für Kirchengeschichte III, S. 208 f.) mit; es ist wiederholt bei W.Köhler, Luthers Schrift An den christ- lichen Adel Deutscher Nation S. 163.

2) Vgl. hierzu P. Hinschius, Kirchenrecht III, S. 822 f.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. J27

den *), mit dem ganzen Gutachten konnte ihm nicht entfernt gedient sein. Weder fesselte es ihn an seinen Plan, noch gab es Fingerzeige dafür, wie er vielleicht in die Wege geleitet oder gar ausgeführt werden könnte. Dazu war der Auszug aus der pragmatischen Sanktion nicht geeignet, ebenso nicht die Umgestaltung jenes Briefes aus dem Jahre 1457 noch endlich die historischen und literarischen Reminiszenzen des Schlusses. Auf die veralteten Rechte des Salzburgers oder des Magdeburgers war es dem Fragesteller jedenfalls nicht angekommen, sondern auf neue und lebendige Rechte eines ständigen Legaten für Deutschland, die erörtert werden sollten gleich der Art seiner Einsetzung durch den Kaiser 2) und gleich ihren Vorteilen für Deutschland. Er hatte an eine Instanz ge- dacht, die, anders als der von Frankreich auf Zeit geforderte procureur des ämes, gerade die jurisdiktioneilen, gerichts- herrlichen Befugnisse des Papstes erhalte und handhabe; die zugleich dauernd tätig sei, um der kurialen Rechtsprechung in Prozessen um kirchliche Angelegenheiten Abbruch zu tun oder vielmehr sie gänzlich auszuschalten. Er hatte dem Papst für Deutschland die Ausübung seiner lehramtlichen Gewalt nicht schmälern wollen, wie dies der französische procureur des ämes tun sollte. Er wollte einen Stellvertreter des Papstes für Deutschland allein im Hinblick auf kirchliche Judikatur, nicht auch auf alle übrigen in der päpstlichen Vollgewalt be- schlossenen Obliegenheiten des Nachfolgers Petri. Selbst in der Beschränkung aber des Zieles stellte sich dieses dar als ein Mittel, um die kirchliche Abhängigkeit Deutschlands von Rom zu lockern; dass es nicht erreicht werden konnte durch die Befolgung von Wimphelings Ratschlägen, war deutlich.

*) Vgl. die Annalen des Tacitus lib. II c. 88.

2) Dass dieser Legat ein geborener Deutscher sein sollte, lässt sich aus Maximilians Worten (vgl. oben S. 123 Anm. 1) kaum entnehmen; immerhin folgert es K. Käser, Deutsche Geschichte am Ausgange des Mittelalters II (Bibliothek deutscher Geschichte; im Erscheinen begriffen), S. 120.

UBRARY ST. MARYS CÖLL&E

128 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Was sollten Nachforschungen nützen, die den Fragenden letzt- hin auf die uns bereits bekannte Schrift x), auf jenen „Traum" des Hans von Hermansgrün aufmerksam machten?

Man könnte hieraus folgern, dass Wimpheling die Ab- sichten seines Auftraggebers nicht durchschaut hätte. Von Hermansgrün war ein Patriarchat von der Fürsten Gnaden für längere oder kürzere Zeit, in der kaiserlichen Instruktion aber eine ständige Einrichtung ins Auge gefasst worden. Jedenfalls übersah oder unterschlug Wimpheling das alles entscheidende Wort perpetuus. Von Haus aus liegt im Wesen des legatus natus, dass seine, des päpstlichen Bevollmächtigten, Legation ständig an einen bestimmten Bischofssitz geknüpft ist *). Die Hinzufügung des Wortes perpetuus zu legatus natus könnte also leicht als überflüssig, weil eine Tautologie enthaltend, angesehen werden. Gerade aber hierdurch, dass es im Schreiben der kaiserlichen Kanzlei nicht unterdrückt war, Hess sich erkennen, dass mehr beabsichtigt sei als die ständige Verbindung der Legation mit einem bestimmten Bi- schofssitz. Der legatus natus et perpetuus sollte, wenn anders wir recht verstehen, der Träger eines Amtes sein, dem ein für allemal ein fester Standort, ein für allemal eine päpstliche Bevollmächtigung überwiesen wäre. Sein Amt sollte ein lebenslängliches für seinen ersten Träger und auch seine Nachfolger sein, also organisch sich in den Rahmen der Kirchenverfassung einfügen, während die legati nati nur zu den nicht ständigen Gehilfen des Papstes gehörten. Seine Befugnisse sollten, waren sie einmal vom Papst aus dessen Machtfülle abgezweigt und dadurch nicht nach ihrem Ursprung, wohl aber in ihrer Handhabung verselbständigt, in Zukunft niemals mehr der Erneuerung, der Neubegründung durch den Papst bedürfen, weder beim Tode des Legaten noch beim Tode irgend eines Papstes. Vom Standpunkt der historischen

>) S. oben S. 117 ff.

2) Vgl. P. Hinschius a. a. 0. I, S. 518.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. 129

Betrachtung aus hatte Wimpheling gewiss recht, wenn er auf die Erzbischöfe von Salzburg und von Magdeburg anspielte; jene nannten sich legati nati oder geborene Legaten des römischen Stuhles und Primaten von Deutschland, diese legten sich ebenfalls den Namen Primas Germaniae bei 1). Auch hatte Wimpheling recht, gerade sie zu nennen, weil in der Tat die Geschichte der legati nati mit der Primatialwürde in Verbin- dung steht2). Eine Belehrung hierüber jedoch war nicht ein- gefordert worden, sondern ein Aufschluss über die Befugnisse einer Neuschöpfung, die an altes Recht sich anlehnen sollte, um aus diesem Grunde leichter ins Leben gerufen zu werden. So scheint nach allem das Elaborat des Humanisten, der sich von der Wertung der Rechtsfrage zurückzog, verfehlt zu sein, weil es den Wesenskern der Anfrage nicht traf, weiterhin unklug, weil es im Augenblick der Spannung zwischen Papst und Kaiser diesen zu Verhandlungen mit Julius IL aufforderte, ohne der Möglichkeit zu gedenken, dass Maximilian mit Ludwig XII. gemeinsam gegen den Papst vorgehen könnte, mit jenem König, der noch an der pragmatischen Sanktion festhielt3). Das Gutachten scheint naiv zu sein, weil es be-

J) Vgl. P. Hinschius a. a. 0. I, S. 610 f. H. Ulmann a. a. 0. III, S. 209 Anm. 2.

2) Vgl. P. Hinschius a. a. 0. I, S. 518. 607 ff. und S. 625 f. über die bei den einzelnen Primaten verschiedenen jurisdiktioneilen Be- fugnisse.

3) Karl VII. (1422—1461) hatte die Sanktion von 1438 aufrecht erhalten, Ludwig XI. (1461 1483) sie gemäss einem als Dauphin an Papst Pius II. (1458—1464) gegebenen Versprechen 1461 aufgehoben, 1464 aber durch ein königliches Edikt ihre Grundsätze im allgemeinen wiederhergestellt. Ludwig XII. (1498—1515) führte sie 1499 wieder ein. Sein Nachfolger Franz I. (1515—1547) hob sie 1516 beim Friedens- schluss mit Papst Leo X. (1513—1521) endgültig auf und ersetzte sie durch ein Konkordat; vgl. K. Müller, Kirchengeschichte II, 1 S. 109. 132. 144. J. Haller: Historische Zeitschrift Bd. 103 (1909), S. 17 ff. Nicht zugänglich war mir der Aufsatz von B o u r d o n , L'abrogation de la Pragmatique et les regles de la chancellerie de Pie II : Melanges d'archeo- logie et d'histoire (Paris 1908), p. 207 suiv.

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 0

130 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

hauptete, die Concordata principum Wimpheling, der sie im Jahre 1513 erstmals herausgab, versteht darunter das Wiener Konkordat von 1448 l) seien nie vom Papst übertreten worden, endlich mehr als kindlich, weil es hoffte, die wahrlich nicht mit mildem Urteil bedachten Kurtisanen könnten durch Warnungen allein in ihre Schranken gewiesen werden. Sollte sich Maxi- milian derart in der Wahl des Gutachters vergriffen haben? Noch H. Ulmann fand in Wimphelings Schrift „nichts als sorgliche Bedenklichkeit und keine Spur des freien Geistes, aus dem allein grosse Entschlüsse geboren werden" 2). Eben hier aber setzen die Arbeiten von P. Kalkoff ein, die der Be- urteilung sämtlicher, oben angezogener Dokumente neue Wege gewiesen haben3). Nach ihnen ist es fraglich, ob in Wahr- heit Maximilian selbst im Jahre 1510 Urheber des Schrei- bens an Wimpheling, folgeweise auch von dessen Schrift ge- wesen ist. Sein Unterhändler, Jakob Spiegel, der Neffe Wimphelings, war nicht der Uebermittler einer kaiserlichen Gedankenreihe, sondern das Werkzeug seines nächsten Vor- gesetzten, des ehrgeizigen Kanzlers und Bischofs von Gurk,

*) Ueber diese Bedeutung der Bezeichnung concordata principum vgl. D. Fr. S trau ss, Ulrich von Hütten III (Leipzig 1860), S. 131 Anm. 1, S. 143 f. G. Voigt, Enea Silvio I, S. 418 Anm. 1. K. Zeum er, Quellen- sammlung S. 253 Anm. 1. Neueren Ursprungs ist die Bezeichnung für die Urkunden Eugens IV. vom Jahre 1447; s. oben S. 94 Anm. 2.

2) H. Ulmann: Zeitschrift für Kirchengeschichte III, S. 209.

3) Vgl. P. Kalk off, Forschungen zu Luthers römischem Prozess (Bibliothek des Königl. Preussischen Historischen Instituts in Rom II. Rom 1905), S. 102 ff. ; Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken herausg. vom Königl. Preussischen Historischen Institut in Rom IX (1906), S. 88 ff.; W. Capito im Dienste Erzbischof Albrechts von Mainz (Berlin 1907), bes. S. 117 ff. 123 ff.; Aleander und Luther (Leipzig und New York 1908), S. 114 ff. A. Schulte, Zwei Aktenstücke zum Leben des Kardinals Albrecht von Brandenburg: Studien aus Kunst und Geschichte Friedrich Schneider zum 70. Geburtstag gewidmet von seinen Freunden und Verehrern (Freiburg i. Br. 1906), S. 203 ff. L. Mergent- heim, Die Quinquennalfakultäten pro foro externo I (Stuttgart 1908), S. 149 ff. 152 Anm. 1.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max1 1. [gl

Matthäus Lang. Was dieser für sich erstrebte, die Stellung eines Kardinallegaten mit ausgedehnten Vollmachten, sollte der elsässische Humanist, scheinbar von ihm unabhängig, dem Kaiser als eine erstrebenswerte Neuerung darlegen. Sein Gut- achten sollte eine Kampagne des Ministers Matthäus Lang eröffnen, um auf dem Umweg über den Kaiser und unter Ausbeutung von dessen leichter Empfänglichkeit für das Schmieden von Plänen „von der zögernden Kurie zu un- zähligen anderen Ehren und nutzbaren Rechten auch noch dies Kostbarste zu erpressen*1). Geschickt war die Zeit gewählt, die des französischen Schismas. Geschickt auch war der Kaiser in das Unternehmen hineingezogen, da nur durch ihn die „Beweggründe einer nationalen Kirchenpolitik gegenüber der Ausbeutung Deutschlands durch die römischen Kurtisanen" in den Vordergrund gerückt werden konnten. Wimphelings Gutachten war also eine bestellte, keine selbständige Arbeit, für deren Gedankengang und Anordnung ihr Verfasser münd- liche Weisungen erhalten haben mochte. Sie verschleierte die Pläne des Matthäus Lang, um sie gleichwohl „auf journalisti- schen Umwegen" einzuleiten.

Man sieht leicht, wie diese Wertung die des ganzen Planes beeinflusst. Nicht mehr auf Maximilian kann er zurück- geführt werden, sondern auf Matthäus Lang und dessen skrupellosen Ehrgeiz. Verliert er hierdurch an Bedeutung? Gewiss, er entkleidet die Kirchenpolitik des Kaisers im Jahre 1510 ihres nationalen Nimbus2), lehrt das Projekt eines legatus natus et perpetuus erkennen als zuerst entworfen und bis zu einem gewissen Grade gefördert von einem Empor- kömmling3). In diesem Entwürfe aber war zugleich ein

*) P. Kalkoff, Forschungen zu Luthers römischem Prozess S. 102; hieraus auch die beiden folgenden Zitate.

2) Nach den Worten von A. Schulte a. a. 0. S. 212.

3) Anspielung auf das angebliche kaiserliche Edikt bei Freher- Struve, Scriptores II, p. 683 (vgl. damit oben S. 124 Anm. 2 und 4). H. Ul- mann (Zeitschrift für Kirchengeschichte III, S.215) widerlegt die Annahme,

132 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Programm enthalten, das den Keim wenigstens einer Ver- selbständigung des deutschen Kirchenwesens in sich schloss, zunächst in der kirchlichen Rechtsprechung, die der erste legatus natus et perpetuus an sich gezogen haben würde. In ihm lag nicht das Begehren, die deutsche Kirche auf eigenes Recht zu gründen denn noch sollte die Würde ihres neuen Oberhauptes von Rom erbeten und verliehen werden , wohl aber die Vorstellung, dass es zu einer Grenzberichtigung mit dem Papsttum, folgeweise zu einer Vereinigung der Kirchen in Deutschland unter einer monarchischen Spitze kommen könnte. Beides sollte dem persönlichen Vorteil des Bischofs von Gurk dienen. Gesetzt, sein Streben hätte sich erfüllt, wäre dann das Ziel, das seine Winkelzüge mehr vermuten Hessen als offen darlegten, erreicht worden, das einer deut- schen Nationalkirche? Bis zu einem gewissen Grade wird diese Frage zu bejahen sein, vergessen wir jedoch nicht als- bald hinzuzufügen, dass die deutsche Nationalkirche unter Matthäus Lang nicht der entsprochen hätte, um derentwillen bessere als er sich gemüht, die tüchtigere Männer als er ins Auge gefasst hatten. Diese Kirche hätte nicht leisten können was so viele von ihr erwarteten, nicht sich aufbauen können auf jener Sittlichkeit, die auch dem kirchenpolitischen End- zweck eignen muss, wenn anders er erreicht werden und dauernden Besitz eines Volkes begründen will.

Wir haben nicht mit „Wenn" und „Aber" zu rechnen, kein Schade wahrlich, dass dies letzte der mittelalterlichen Projekte scheiterte, nicht allein um des Widerstrebens der Kurie willen, sondern auch deshalb, weil Matthäus Lang in einem nicht minder ehrgeizigen Kirchenfürsten, dem Erzbischof von Magdeburg und Mainz, zugleich Bischof von Halberstadt, Albrecht von Brandenburg (f 1545), einen Nebenbuhler erhielt,

der Entwurf stamme aus der kaiserlichen Kanzlei und sieht in Wimphe- ling den Urheber. J. Knepper (Wimpfeling S. 267 Anm. 3) und P. Kal- koff (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. XIII, S. 87) suchen ihn in Jacob Spiegel.

Pläne aus der Zeit Friedrichs III. und Max' I. 133

auf den Maximilian I. , um der Kaiserwahl seines Enkels willen, „den alten Plan des permanenten deutschen Legaten a latere übergehen Hess" x). Es erübrigt sich, auf die Einzelheiten der zu einem gordischen Knoten sich verwirrenden Fäden von Forderungen und Begehren, Verhandlungen und geheimen Ab- machungen einzugehen; sie fielen mit jenen Ereignissen zu- sammen, die eine schwierigere Aufgabe zur Lösung stellten, die der Auseinandersetzung mit Martin Luther und seinem Angriff auf die alte Kirche, ihre Lehre und ihre Verfassung.

*) A. Schulte a. a. 0. S. 213. Ob es mit dem Fehlschlag Längs zusammenhängt, dass im Jahre 1520 der letzte Teil des Gutachtens von Wimpheling (vgl. oben S. 124 Anm. 1, S. 126 Anm. 1) nicht durch Jacob

Spiegel veröffentlicht wurde?

Siebenter Abschnitt.

Populäre und humanistische Gedanken. M. Luther und die evangelischen Landeskirchen. Die katholische Kirche der Neuzeit und Pläne einer deutschen Nationalkirche kath. Glaubens.

Das Mittelalter noch hat niemand eine bessere Be- zeichnung vorzuschlagen vermocht liegt hinter uns und mit ihm seine Gedanken und Ansätze zum grossen Werke einer deutschen Nationalkirche. Im 12. Jahrhundert waren sie erstmals umschrieben worden, dann hatte die Periode der Reformkonzilien sich ihnen genähert, und endlich, um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts, erwiesen sich ein Publi- zist und unter dem Deckmantel des kaiserlichen Namens der Bischof von Gurk als ihnen geneigt. Sie waren damit noch nicht Allgemeingut des ganzen Volkes geworden, nicht zufällig aber begegnen sie nun auch in solchen Lebenskreisen, die bis- lang nicht zu Worte gekommen waren. Sie wurden zum Be- standteil jener Strömungen, die das Hervorbrechen des populären Nation algefühls ankündeten und vorbereiten halfen. Einst, im Zeitalter der Ottonen, war der Erwerb der römischen Kaiser- krone durch den Sachsenkönig das erste Anzeichen gewesen für das innere Erstarken gerade der Deutschen zu einem Staate. Jetzt lehrte der Ruf nach Befreiung von Rom, dass die Nation begann, ihrer selbst sich bewusst und mündig zu werden. Noch galt das römische Kaisertum als Erbgut der Nation, das römische Papsttum hingegen und seine Kurie

Ausblick auf die neuere Zeit. 135

sollten abgeschüttelt werden. Noch ahnte man nicht, dass Imperium und Sacerdotium auch künftig auf einander an- gewiesen seien, dass beide das gleiche Mass der Schuld an den Zuständen der Gegenwart belaste. Dürftig genug war die Einsicht in die Natur des Staates, seine Lage und Bedürfnisse ; immer noch war die Religion die Macht, die vornehmlich das Gemüt des einzelnen erfüllte. Härter und drückender al- Schäden des Reiches empfand man deshalb die eines Kirchen - tums, das dank seiner Verwaltung nicht mehr den Ansprüchen nach gesteigerter, verinnerlichter Betätigung des Glaubens und frommer Werke Genüge tat, dem es an der Kraft gebracb, der Erregung weiter Kreise über seinen Verfall vorzubeugen oder auch nur ihrer Herr zu werden.

Begreiflich, dass der Gedanke einer selbständigen deutschen Nationalkirche jetzt häufiger nachweisbar ist als vordem gewann er an Nachdruck, so konnte freilich das Bild der Kirche, die aufgerichtet werden sollte, an Klarheit der Um- risslinien verlieren , dass er nun auch an Stellen auftauchte, die untereinander kaum geistige Fühlung besassen. Einmal nämlich tritt er in den weitverbreiteten Weissagungen ent- gegen, Erzeugnissen der populären Literatur, die gerade an den kleinen Mann im Volke sich wandten, um ihn zu schrecken und zu erregen, um seine Erwartungen zu steigern und da- durch wiederum seine Stimmungen den Nachlebenden zu ent- hüllen 1). Die Visionen der hl. Hildegard von Bingen, die vor Zeiten den Zerfall der Kirche geschaut hatte, waren nicht ver- gessen 2). Nun las man dazu neue Mären von jenem römischen Kaiser, der nicht allein Frankreich zerstören, sondern auch ein deutsches Patriarchat zu Mainz gründen und diesem auf einem Konzil zu Aachen das Recht der ganzen deutschen Kirche", d. h. doch wohl ihre Oberleitung, übertragen werde.

') Zum Folgenden vgl. J. von Hing er, Kleinere Schriften S. 533 ff., bes. S. 546 f. 555 (nach ihm auch die folgenden Verweise). F. von Bezold, Geschichte der deutschen Reformation S. 180.

2) Vgl. oben S. 19 Anm. 2.

136 "YVerminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Dann würden die deutschen Länder und Völker hoch erhoben und geehrt werden. Sie würden leben mit ihrem neuen Hirten, vielleicht also unter dem zum Papst zu erhebenden Patriarchen von Mainz, und mit ihrem Kaiser den allerletzten Kreuzzug unternehmen *). Oder man las die Prophezeiung, die im Jahre 1409 ein Priester in Amberg, Johann Wünschelburg, von der Kanzel herab verkündet haben sollte: „Die Deutschen werden einen Kaiser wählen aus dem Rheinland. Der wird zu Aachen ein weltliches Konzil veranstalten, einen Patriarchen in Mainz einsetzen, der zum Papst gekrönt werden wird. Der gewählte Kaiser wird seinen Gegner" den Kaiser vom Süden, wie er kurz zuvor genannt wird „angreifen und töten. Um Rom wird man sich hinfort nicht kümmern, den apostolischen Stuhl unterdrücken. Alles geistliche Wesen wird von Mainz ausgehen. Man wird die Kirche ihres Be- sitzes berauben und die Priester töten" 2). Auch die Phantasie

x) Aus der Prophezeiung des angeblich um das Jahr 1390 lebenden Gamaleon kommt hier folgende Stelle in Betracht : . . . proferet vexillum suum Romanorum Caesar de campo liliorum et Romam expugnabit et capiet regem de campo Gambalza et interficiet dominos ac tyrannos dignitatesque Romani imperii et omnino eiiciet, quod in posterum illius regni nulla praeterquam Germani imperii mentio futura sit. Exurgent autem multae haereses et offensiones per totam orbis divisionem et omnia feuda a Germanico Caesare conferentur et clerus ad nascentis ecclesiae paupertatem ac simplicitatem concedente Deo redigetur. Et sicut Roma, ita Germanicae regiones deglubent. Et cum multa de patriarcha Mogun- tino eo tempore futuro locutus fuisset (seil. Gamaleon), cui totius Germa- nicae ecclesiae ius conferatur in concilio Aquisgrani celebrando, tandem subiieit: Et sub isto Caesare Germanicae regiones ac nationes exalta- buntur ac honorabuntur et Judaei in omnibus terris affligentur, postea Germani Christiane vivent cum novo futuro pastore et erit tum magna et ultima in terram sanetam expeditio ; WolfgangLazius, Fragmentuni vaticinii cuiusdam ut coniieitur Methodii episcopi ecclesie Paterensis et martyris Christi, Vindobonae 1547, fol. Hij verso. Leider hat, wie schon Döllinger a. a. 0. S. 547 bemerkt, der Herausgeber die Prophetie ge- kürzt und gerade an der uns interessierenden Stelle.

2) J. "Wolf, Lectiones memorabiles et reconditae I (Francofurti ad Moenum 1671), p. 615 (Döllinger a. a. 0. S. 553 Anm. 3 zitiert die

Ausblick auf die neuere Zeit. 137

ist zollfrei, nur dass auch sie eine Macht darstellt, geeignet, die öffentliche Meinung zu beeinflussen gleich jenen „Traume" des Hans von Hermansgrün, der im Jahre 1405 auf ein deutsches Patriarchat von der Fürsten Gnaden hingewiesen hatte 1).

Klarere Vorstellungen, erwachsen aus dem Ingrimm über den Druck der Gegenwart und auf greifbare Gestaltung einer besseren Organisation gerichtet, erfüllten Ulrich von Hütten (t 1523), der ihnen durch Schrift und Wort Nachhaltig- keit und Verbreitung zu sichern wusste. Wie im Jahre 1518, dem des Augsburger Reichstags, ein Flugblatt den deutschen Fürsten zugerufen hatte, der deutschen Freiheit zu gedenken, nicht tributpflichtig zu werden und keine Zehnten nach Rom zu zahlen2), so predigte im Jahre 1520 der Dialog des frän- kischen Ritters „Von der römischen Dreifaltigkeit" mit genialer Bosheit und Treffsicherheit die Verderbnis der kirchlichen Ver- waltung, dank der immer je drei Missstände zusammen ihren Sitz in Rom an der Kurie aufgeschlagen hätten und von dort nach Deutschland drängen. In patriotischem Zorn fordert der eine Sprecher, Ernhold, dass alle Deutschen in Eintracht und mit würdigem Ernst das römische Joch abwürfen, um der angestammten Freiheit sich wieder anzunehmen, dass man

Ausgabe v. J. 1600, I, p. 728): Armatus vir est imperator, qui veniet a meridie, qui incipiet malum ecclesiae et malum habebit ortum. Ille a papa coronabitur et maiorem Italiam sibi subiugabit et auferet pote- statem a Teutonicis. Et hi Teutonici eligent sibi imperatorem de Alemannia alba, id est Rheno, et ille faciet in Aquisgrano concilium seculare et ponet patriarcham in Moguntiam, qui coronabitur in papam. Et imperator electus invadet alium imperatorem et occidet eum et Roma non curabitur et sedes apostolica cooperietur. Et omnis spiri- tualitas exibit a Moguntia et possessionem auferent ab ecclesia et occi- dentur sacerdotes etc.

J) S. oben S. 118 ff.

2) Ueber die Oratio dissuasoria (gedr. u. a. bei E. Bock in g, Ulrichs von Hütten Schriften V, Leipzig 1862, S. 168 ff.) vgl. B. Gebhardt, Gravamina 2 S. 95 ff.

138 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

selbst das Haupt aller Römlinge beseitigte. Hütten hingegen, sein Widerpart, ist zwar einverstanden mit der Forderung auf Befreiung, noch aber tritt er für ein sichtbares Haupt der Kirche ein; es sei heilbar, möchte gleich die notwendige Kur recht schmerzhaft sein. Als Ernhold zum zweiten Male darauf besteht, das kranke Haupt zu beseitigen, da antwortet Hütten, vielleicht in bitterer Ironie, den Papst dürfe man nicht ent- fernen, aus welchem Grunde es die Welt auch tun möchte, und zwar um der Dekrete und des geistlichen Rechtes willen, mit denen es leicht sei, jede Anfechtung, selbst ein Konzil, zurückzuschlagen *). Ein Brief sodann aus demselben Jahre 1520 lässt einen weiteren Blick tun in Huttens Gedankenwelt. Er berichtet vom Besuche des streitbaren Ritters in Köln, dazu von Fragen, die er seinen Freunden vorgelegt habe: „Was haben wir denn Teil an den Römern oder was ist unser Erbe am römischen Bischof? Gibt es nicht in Deutschland Primaten und Bischöfe, sodass wir nur zu unserer Unehre dem römischen Bischof im Fusskuss uns unterwerfen? Deutschland verlasse Rom; es kehre zurück zu seinen Primaten, Bischöfen und Hirten" 2). Hütten verlangte demnach ebenfalls eine Ver-

J) Der Dialog findet sich bei E. Böcking, Ulrichs von Hütten Schriften IV (Leipzig 1860), S. 145 ff.; hier genügt ein Verweis auf seine Uebersetzung durch D. Fr. Strauss, Ulrich von Hütten III (Leipzig 1860), S. 135 f. 156. 173. 177; s. ebd. S. 103 f. 122. 152 ff. 182 ff., während die übrigen Dialoge, weil zum Teil nach Luthers Schrift veröffentlicht, hier nicht mehr in Betracht kommen. Ueber den Dialog Huttens und das Verhältnis von Luthers Schrift x4n den christlichen Adel deutscher Nation zu ihm vgl. W. Köhler, Luthers Schrift An den christlichen Adel Deutscher Nation S. 286 ff. 303 ff.

2) Vgl. den Brief des Agrippa von Nettesheim vom 16. Juni 1520, in dem es heisst : Fuit hie (d. h. in Köln) apud nos Huttenus cum aliquot Lutheranae factionis asseclis, qui nunc in curtesanos ut vocant Romanos- que legatos calamum stringunt, ipsi etiam Romano pontifici infensi magnas seditiones, ni Deus provideat, concitaturi, dum singulos Germaniae prin- cipes et potentatus magnis persuasionibus adhortantur, ut excutiant Romanum iugum, quemadmodum populus Israel olim excussit iugum domus David recesseruntque decem tribus Israel domo David usque in

Ausblick auf die neuere Zeit.

selbständigung des deutschen Kirchen wesens; Primaten und Bischöfe sollten seine Häupter sein. Hatte nicht auch Jacob Wimpheling in seinem Gutachten vom Jahre 1510 an die deut- schen Primaten erinnert? Dem elsässischen Gelehrten allerdings war die Freudigkeit zu einem kirchlichen Neubau unbekannt1); er lebte in historischen Erinnerungen, während Huttens Worte beflügelt wurden durch die Energie, die sich das Ziel gesetzt hatte. Schon wussten einige Fürsten und Städte um solche Pläne; sie erfuhren aufs neue von ihnen durch Luthers Schrift „An den christlichen Adel Deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung".

Es bleibe dahingestellt, ob Luther durch seinen Freund Georg Spalatin, in dessen Nachlass das Gutachten Wimphe^- lings überliefert ist2), von diesem Kunde erhielt3), nicht minder, bis zu welchem Grade er von Hütten beeinflusst war. Ebenso möglich ist doch, dass er Gedanken Aufnahme gewährte, an denen ein geistiges Eigentum deshalb nicht bestand, weil

diem hane dicentes: ,Quae est pars nostra in David vel quae haereditas in filio Israel? Vade in tabernacula tua, Israel' (3. Reg. 12, 16). Sic et isti clamant: ,Quäe est pars nostra inter Romanos aut quae haere- ditas nostra in episcopo Romano? Numquid non sunt primates et epi- scopi in Germania, ut usque ad pedum oscula indigne subiiciamus nos episcopo Romano ? Relinquat Romanos Germania et revertatur et iam revertetur et convertatur ad primates et episcopos et pastores suos.' Vides, quorsum ista tendunt et iam principes aliquot et res publicae istis aures praebent. Quid Caesaris valitura sit autoritas nescio; ego certe contemplatus hominem totum Saturnium nihil in illo bonae spei reposi- tum habeo; ipsa, quae sequuntur, tempora docebunt, qualem nobis elegi- mus Caesarem; E. Böcking, Ulrichs von Hütten Schriften I (Leipzig 1859), S. 359 f. n. 175; Th. Kolde, Luthers Stellung zu Konzil und Kirche bis zum Wormser Reichstag 1521 (Gütersloh 1876), S. 75 Anm. 2; W. Köhler a. a. 0. S. 165. ') S. oben S. 130.

2) Vgl. H. Ulmann: Zeitschrift für Kirchengeschichte III, S. 218.

3) So vermutet K. Benrath in seiner Bearbeitung von Luthers Schrift An den christlichen Adel u. s. w. (Halle 1884), S. 98 Anm. 45; vgl. aber auch P. Kalk off, Aleander gegen Luther S. 116 Anm. 2.

140 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

sie die von kirchenpolitisch bewegten Kreisen waren, deren mündliche Erörterungen des Eindrucks auf Luther nicht ent- behrten l). Wie immer man sich entscheiden mag, wichtiger ist die Tatsache: auch Luther glaubte fürs erste an die Möglich- keit einer deutschen Nationalkirche. Auch hierin machte er sich zum Sprecher für die Wünsche seines Volkes und die Meinungen seiner Zeitgenossen, freilich um sie selbst erst mit seinem eigenen Geist zu beleben und zu erfüllen. „Man möchte gönnen," schrieb er2), „dass Sachen, die da Lehen oder Pfründen betreffen, vor Bischöfen, Erzbischöfen, Primaten ver- handelt werden. Darum, wo es sein möchte, zu scheiden Hader und Kriege, cfass der Primat in Germanien ein gemein Konsistorium hielte mit Auditoren, Kanzlern, die, wie zu Rom, signaturas gratiae und iustitiae regierten 3), zu welchem durch Appellation die Sachen in deutschen Landen würden ordentlich gebracht und getrieben; welche man nicht, wie zu Rom, mit freiwilligen Gaben und Geschenken besolden müsste . . . Aber diese könnte man besolden von den Annaten oder sonst einen Weg erdenken, wie denn wohl mögen Solche, die hoch- verständiger und in den Sachen besser erfahren, denn ich bin. Ich will nur angeregt und Ursache zum Denken gegeben haben denen, die da vermögen und geneigt sind, deutscher Nation zu helfen, wiederum Christen und frei zu werden nach dem elenden, heidnischen und unchristlichen Regiment des Papstes."

*) Vgl. W. Köhler a. a. 0. S. 165 ff., bes. S. 167.

2) Weimarer Ausgabe VI, S. 430 f. , hier wiedergegeben nach der Bearbeitung von K. Benrath a. a. 0. S. 33 f.; vgl. dazu H. Hermelink: Zeitschrift für Kirchengeschichte XXIX (1908), S. 283. P. Drews, Ent- sprach das Staatskirchentum dem Ideale Luthers? (Ergänzungsheft der Zeitschrift für Theologie und Kirche 1908), S. 25.

3) Man möchte damit eine Aeusserung Luthers verbinden, die in Erinnerung an seine Reise nach Rom getan ist: „Nichts ist da zu loben denn das Consistorium und Curia Rotä, da die Händel und Gerichts- sachen fein regelmässig gehört, erkannt, gerichtet und geörtert werden" ; angeführt von A. Hausrath, Luthers Leben I (Berlin 1904), S. 85.

Ausblick auf die neuere Zeit. 141

Luthers Schrift vom Jahre 1520, der die angeführten Sätze entnommen sind, war sein Weckruf an die weltliche christliche Obrigkeit in deutschen Landen, der Reform der Kirche sich anzunehmen, deren Leitung sie bisher nicht hatte durchführen können. Vor dem Auge des Reformators steht klar die unabweisliche Notwendigkeit der Besserung. Mit hinreissender, packender Gewalt umschreibt er die Mittel, durch die sie in die Wege geleitet, die Stellen, an denen sie begonnen werden soll. Nebensächlicher dünken ihm die Ordnungen des Neubaues, der die alte und verderbte Kirche ersetze. Noch sollen auch fürderhin der Primas vielleicht dachte er hierbei wie Hans von Hermansgrün im Jahre 1495 an den Erzbischof von Magdeburg1) , sollen die Erzbischöfe und Bischöfe ihres Amtes walten. Noch finden selbst die an Zahl freilich verminderten Kardinäle, die verkleinerte Kurie und endlich sogar der Papst Gnade. „Doch dass er nicht klage, er werde seiner Herrschaft beraubt," heisst es kurz vor den obigen Worten2), „sollte verordnet werden, dass, wo die Pri- maten oder Erzbischöfe nicht möchten eine Sache ausrichten oder unter ihnen sich ein Hader erhöbe, dass alsdann derselbe dem Papst würde vorgetragen, und nicht eine jegliche kleine Sache, wie vor Zeiten geschah und das hochberühmte Konzil zu Nicäa

1) Vgl. oben S. 117.

2) Weimarer Ausgabe VI, S. 428 f. (Benrath S. 32); andere Stellen über den Papst verzeichnet P. Drews a. a. 0. S. 27 Anm. 1, z. B. Wei- marer Ausgabe VI, S. 415 : Nu solt sein ampt nichts anders sein, dan teglich weynen vnnd beten für die Christenheit vnd ein exempel aller demut furtragen ; S. 433 : Es gepurt nit dem Bapst , sich zurheben vbir weltliche gewalt, den allein in geistlichen ampten, als do sein predigen vnnd absoluieren; S. 434: Wie solt bestan bey einem keysserthum zu regieren, predigen, beten, studiern vnnd der armen wartenn, wilch ampt auffs aller eyentlichst dem Bapst zustehen. Zu Luthers Ansicht über das Amt des Papstes vgl. Huttens Gespräch „Der Warner" (I) in der Ueber- setzung von D. Fr. Strauss, Ulrich von Hütten III, S. 272 ff. 276 ff. ^ Nicht zu behandeln ist hier die Stellung, die Luther dem Konzil zu- gebilligt wissen wollte; vgl. darüber W. Köhler a. a. 0. S. 315 ff.

142 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

gesetzt hat; was aber ohne den Papst kann ausgerichtet werden, dass seine Heiligkeit nicht mit solchen geringen Sachen be- schwert werde, sondern ihres Gebetes und Studierens und Sorgens für die ganze Christenheit, wie er sich rühmet, warten möge", ein Papsttum göttlichen Rechtes freilich konnte Luther seit der Leipziger Disputation vom Jahre 1519 nicht mehr aner- kennen *). Es wäre falsch , in Luthers Ausführungen das System für das Verfassungsrecht einer neuen Kirche suchen zu wollen. Nicht auf das Recht der Kirche kam es ihm an, sondern auf den Glauben, der alle ihre Mitglieder erfüllen, ihre Tätigkeit adeln und heiligen soll. Er sah, dass die Kirche, der auch er gedient hatte, abgefallen war von dem Prinzip, das ihr Daseinsberechtigung gewährte, vom christlichen Glauben, dass sie einseitig beschäftigt war mit der Ausgestaltung ihres Rechtes und seiner Aeusserungsformen , der Verfassung und Verwaltung. Dieser Kirche, die auf ihr Recht sich stützte, stellte er seine Kirche als auf den Glauben begründet gegen- über; er allein sollte ihr Wesen und ihre Wirksamkeit aus- machen. Dieser Glaube, wie Luther ihn lehrte, bedurfte nicht mehr der Vermittlung durch eine Hierarchie, nicht der Normen für die sichtbare Kirche. Unmittelbar sollte jeder Christ, wes Berufes oder Standes immer er wäre, im Glauben und durch ihn mit Gott verbunden sein. Keine Mittelspersonen auf Grund besonderer Vollmacht sollten mehr zwischen das Ge- schöpf und den Schöpfer treten. Alle Christen sind zugleich Priester. Sie in ihrer Gesamtheit bilden die unsichtbare Kirche, in der allein das mit allen geistlichen Rechten aus- gestattete Amt des Pfarrers in jeder Gemeinde unentbehrlich scheint2).

Luthers Lehre, deren weitere Ausgestaltung hier nicht zu verfolgen ist, traf den Wesenskern der katholischen Kirche als einer Sakramentskirche, als einer rechtlich umschriebenen

J) Vgl. A. Hausrath, Luthers Leben I, S. 292. 301 ff. 317 ff. 348 ff. 2) Vgl. P. Drews a. a. 0. S. 25 ff.

Ausblick auf die neuere Zeit. 143

Organisation. Sie hatte den Klerus vom Laienstand gesondert und über ihn erhoben, die einzelnen Stufen des Klerus nach Befugnissen und Pflichten in Beziehung gesetzt zu ihrem Ober- haupt, das Christus selbst für sie angeordnet haben sollte. Diese in ihrem Klerus sichtbare Kirche hatte sich gegenüber dem Staate verselbständigt, ihn überflügelt und zu ihrem Diener gemacht. Nun wandte sich Luther eben an den Staat und sein Gewalten, an die Ritter, die niederen und hohen Fürsten im Keiche und den Kaiser 1). Dieser Adel Luther nannte ihn den christlichen, weil er bei ihm die rechte christliche Gesinnung voraussetzte2) sollte ihm helfen bei dem grossen Werke;, war er doch ausgestattet mit kirchlichen und kirchenh oh ert- lichen Gerechtsamen, sah er sich doch allenthalben eingeengt durch die allgemeine Kirche, die dank ihrer Einwurzelung in das weltliche Getriebe vom rechten Glauben abgewichen war. Auch hier also ein Gegensatz zwischen Luther und der Papst- kirche, die jedem Eingriff des Staates in ihre Betätigung wider- strebte, ohne ihrerseits die Grenzlinie zwischen geistlichem und weltlichem Wesen innezuhalten. Luther setzte seine Hoffnung auf das Kaisertum, über das der Papst keine Gewalt habe3), und auf dessen Inhaber, der unter dem Druck der Erregung des deut- schen Volkes beim Wahlgange den französischen Nebenbuhler aus dem Felde geschlagen hatte, und seine Hoffnung wurde zu Schanden, musste es werden. Karls V. Weltstellung be- ruhte auf der Uebereinstimmung mit der katholischen Kirche. Für ihn war Deutschland nur eines der Länder, die seine Universalmonarchie umspannte. Er konnte nicht deutscher Kaiser sein, da er sonst auf die Niederlande, Italien und Spanien hätte verzichten müssen. Sein Platz als des römischen Kaisers war neben dem des römischen Papstes. Im Jahre 1531 schrieb der päpstliche Nuntius Aleander nach Rom: „Gott

1) Vgl. K. Müller, Kirchengeschichte II, S. 244 Anm. 2.

2) Vgl. P. Drews a.a.O. S. 19 ff.

3) Vgl. Weimarer Ausgabe VJ, S. 405 f. 433 f. (B e n r a t h S. 4 f. 37 f.).

144 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

sei Dank, dass er uns einen so katholischen Fürsten gegeben hat; wenn wir in diesen Zeiten einen Friedrich Barbarossa, einen Ludwig den Bayern oder einen Heinrich IV. zum Kaiser gehabt hätten, so würden wir von der Christenheit", d. h. von der katholischen Kirche in Deutschland, „nur wenig mehr übrig haben" 1). Wie oft auch Karl V. und die Nachfolger Petri im Zusammenprall der politischen Interessen sich be- fehdeten, wie oft die kirchenpolitischen Ziele des Habsburgers denen des Mediceers Clemens VII. (1523—1534) oder des Farnese Paul III. (1534 1549) nicht entsprachen: schliess- lich war es der Vogt der katholischen Kirche, der Kaiser, der den Abfall der ganzen Nation von ihr und ihrem Papst- tum verhinderte, jener Nation, von der gegen Ende seines Lebens etwa neun Zehntel zur neuen Lehre sich bekannten2). Damit war zugleich das Schicksal der Lehre Luthers be- siegelt. Verkündet mit dem Schwung eines Idealismus, der die Welt und ihr Recht überwunden hatte, bedurfte auch sie gleichwohl einer Schirmvogtei , des Schutzes durch die Welt, wenn sie bestehen und dauernder Besitz der Nation verbleiben sollte. Das Geheimnis der Religion, im letzten Grunde ein höchst- persönliches, bedarf, um nicht dem Spiel der individuell ver- schieden gestalteten Gedanken einzelner Menschen anheimzu- fallen, der schützenden Dogmen, einer Gemeinde von Be- kennern und damit wiederum eines Rechtes, das mit seinen Normen den Glauben umhegt und in einer kirchlichen Ver- fassung eben für seine Anhänger zu Tage tritt. Luther hatte die Christenheit im Auge gehabt, als er seinen Ruf nach

*) H. Lämmer, Jdonumenta Vaticana historiam ecclesiasticam saeculi XVI. illustrantia (Freiburg i. Br. 1861), p. 87 n. 65 d. d. 1531 Nov. 19.

2) Vgl. die Aeusserung des venezianischen Gesandten Badoero aus dem Jahre 1557 von den Deutschen seien sieben Zehntel lutherisch, zwei Zehntel reformiert oder wiedertäuferisch, das letzte Zehntel katho- lisch — bei J. von Döllinger, Ueber die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen S. 62 f.

Ausblick auf die neuere Zeit. 145

Reform in die Welt hinaussandte auch in ihm lebte der universalistische Gedanke des Mittelalters fort1) , er hatte dabei zunächst an sein Volk als an einen Mikrokosmus der Christenheit gedacht. Nun, da sein Evangelium „Verstössen war vom Papst, geächtet vom Kaiser, missbraucht vom Adel, geschändet von den Bauern , fand es Schutz bei den Fürsten der Heimat"2), bei jener Macht also, die emporgekommen war im Ringen mit dem universalen Kaisertum, die ihre kirch- lichen Befugnisse erweitert und gesichert hatte durch den Bund mit dem Papsttum wider den reformbegeisterten Epi- skopat des 15. Jahrhunderts, bei der partikularen Fürstengewalt der Landesherren, die neben den Vertretern der Reichsritter- schaft und den Reichsstädten zum neuen Glauben sich bekannt hatten. Ein Notbehelf des Reformators, dessen Ideal auf Ge- meinden wahrhaftiger Gläubigen gerichtet war, nicht auf ein landesherrliches Kirchenregiment3), aber allein dieser An- schluss gewährte die Bürgschaften, die von den anderen Macht- kreisen des staatlichen und kirchlichen Lebens nicht über- nommen werden konnten oder nicht übernommen worden waren. Mit Recht hat Fr. von Bezold gefragt4): »Wohin sonst hätte sich der Reformator wenden sollen als an jene Gewalten, bei welchen allein die Neigung und zugleich die

*) Vgl. E. Tröltsch: Kultur der Gegenwart I, 4, herausg. von P. Hinneberg (Berlin und Leipzig 1906), S. 264; s. auch W. Köhler: Die Religion in Geschichte und Gegenwart I, herausg. von F. M. Schiel e (Tübingen 1909), S. 2092 ff.

2) A. Hausrath, Luthers Leben II (Berlin 1904), S. 105; vgl. auch Fr. von Bezold, Staat und Gesellschaft des Reformationszeit- alters S. 66 ff. (Kultur der Gegenwart II, 5, 1, herausg. von P. Hinne- berg, Berlin und Leipzig 1908).

3) Vgl. P. Drews a.a.O. S. 73 ff. E.Brandenburg, Martin Luthers Anschauung vom Staate und der Gesellschaft (Halle 1901), S. 23 ff., aber auch H. Hermelink: Zeitschrift für Kirchengeschichte XXIX (1908), S. 267 ff.

4) Geschichte der deutschen Reformation S. 562; vgl. auch C. B. Hundeshagen: Zeitschrift für Kirchenrecht III (1863), S. 246 ff.

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 1 0

146 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Macht zu einem augenblicklichen Schutz seines Werkes , die Sache Gottes zu finden war?" Damit war ein Ausweg be- schritten, dessen Nachwirkungen noch in unseren Tagen sichtbar sind. Die Wurzeln der landesherrlichen Kirchen reichen hin- auf bis ins Mittelalter. Sie selbst traten zu Tage und wurden Schöpfungen des Rechtes, seit im 16. Jahrhundert die Landes- herren den Glauben ihrer Untertanen bestimmten. Ihr Dasein widerstrebt an sich der Bildung einer deutschen Nationalkirche evangelischen Glaubens, gerade aber um der Vereinigung willen, die in ihnen für Staat und Kirche geschaffen ist, er- weisen sich diese Landeskirchen als notwendig und erspriess- lich. Nur ein unhistorischer Radikalismus wird, um vermeint- licher Vorteile willen, die Lösung dieses Bandes zwischen Staat und Kirche fordern. Es ist unserem Volke eine Vorbedingung des konfessionellen Friedens. Dieses Band zerreissen hiesse den alten und stets neuen Bestrebungen der römisch-katholischen Kirche nach Alleinherrschaft ihres Glaubens und ihres Rechtes, folgeweise auch ihrer Verfassung die Möglichkeit gewähren zu aggressiver Ausbreitung und Verwirklichung. Das Neben- einanderbestehen der evangelischen Landeskirchen auf dem Boden des Deutschen Reiches man zählt ihrer siebenund- dreissig ist ein Notbehelf und er verschuldet eine starke Zersplitterung des Rechtes. Gleichwie aber schon in den Jahr- hunderten der Reformation und des Dreissigjährigen Krieges regten sich im 19. Jahrhundert, regen sich in der Gegenwart mannigfach geartete Tendenzen, um die rechtlich getrennten Organisationen zur Wahrung der gemeinsamen evangelisch- kirchlichen Interessen einander zu nähern. Sie haben durch Begründung des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses am 13. Juni 1903 ein erstes Ziel erreicht *).

*) Vgl. J. von Döllinger, Kirche und Kirchen, Papsttum und Kirchenstaat (München 1861), S. 9 ff. 252 ff. ; lieber die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen S. 64 ff. 72 ff. K. von Hase, Gesammelte Werke X (Leipzig 1892), S. 496 ff. 648 ff. C. Mirbt, Der Zusammenschluss der evangelischen Landeskirchen Deutschlands. Marburg 1903. U. Stutz

Ausblick auf die neuere Zeit. 14 7

Andere Beobachtungen drängen sich auf, überschaut man die Geschichte der römisch-katholischen Kirche seit dem 10. Jahr- hundert1). Auch sie wurde im Zeitalter Karls V. und des Ignatius von Loyala reformiert. Auch sie erfuhr an sich selbst die unwiderstehliche Wirkung eines Mannes, der von ihr mit den Waffen ihres Rechtes und ihrer Disziplin, nicht mit denen ihrer Lehre bekämpft worden war 2). Mag es immer wieder in Abrede gestellt werden, es bleibt doch wahr: Luther er- schütterte das Gefüge der katholischen Kirche heftiger als einst die Reformkonzilien. Er und sein Werk weckten in ihr

a.a.O. II, S. 901. E. Sehling: Grundriss der Geschichtswissenschaft von A. Meister II, 8 (Leipzig 1907), S. 49 ff. F. M. Schiele, Die kirchliche Einigung des evangelischen Deutschland. Tübingen 1908.

») Vgl. U. Stutz a. a. 0. II, S. 863 ff.

2) J. von Hing er (Wiedervereinigung der christlichen Kirchen S. 57 f.) macht darauf aufmerksam, dass nach Leos X. Bulle vom 15. Juni 1520 (0. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums2 S. 183 ff.), die sich nur gegen. Luthers früheste Aeusserungen richtete, in den Jahren 1520 1563 keine einzige lehrhafte Bulle erlassen wurde, die darüber unterrichtet hätte, was der päpstliche Stuhl über die wichtigsten religiösen Fragen zu glauben gebiete. Ebenso zu eigen machen möchten wir uns seine weiteren Ausführungen S. 58 f. : „Die Deutschen hatten zwar immer noch eine politische Einheit, das Reich mit dem Kaisertum und dem Reichtage; sie hatten auch Bischöfe und Diözesen, aber es fehlte jede höhere, organische Gestaltung und Zusammenfassung, es fehlte, mit einem Worte, eine deutsch-nationale Kirche; seit Jahr- hunderten war kein deutsches Konzil mehr gehalten worden, war nichts geschehen , um auch nur den ärgsten Missbräuchen , den schreiendsten Entstellungen abzuhelfen. In der Tat war auch ein solches Konzil nicht wohl möglich; es ist eine beredte Tatsache, dass in der ganzen vierzig- jährigen Zeit des Reformationskampfes der deutsche Episkopat oder auch nur eine grössere Zahl von Bischöfen keinen einzigen Versuch ge- macht hat, auf einer Synode sich über die religiöse Lage Deutschlands, über gemeinschaftliche Schritte zu beraten. Es gibt in der ganzen Kir- chengeschichte kaum ein Seitenstück zu dieser Tatsache; aber sie erklärt sich daraus, dass sich die Bischöfe ihrer völligen Ohnmacht bewusst waren. Denn seit der Zerrüttung des ganzen organischen Gefüges der Kirche durch die Päpste glich die deutsche Kirche einem hilf- und regungslos, mit gebundenen Gliedern, am Boden liegenden Riesen."

148 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

die Kräfte zu innerer Erneuerung. Die Ordnungen des Tri- dentiner Konzils (1545 1563) waren nicht nur eine Reaktion wider den Protestantismus, sondern zugleich eine Restauration des Katholizismus, der zur selben Zeit mit dem spanischen Re- formgeist des Jesuitismus sich durchsetzte. Dadurch befestigte die Kirche ihre Stellung in der Welt aufs neue und mit ihr die des Papsttums, bis die letzte allgemeine Kirchenversamm- lung im Vatikan (1870) den Schlussstein einfügte in den ragen- den Dom der sichtbaren Kirche. Ihr Oberhaupt ist tatsäch- lich gelöst von den Fesseln des Kirchenstaates, der es immer wieder in die Wirrsal der Machtverschiebungen irdischer Natur verstrickte. Dafür aber eignet die schlechthin absolute Eigen- schaft der Unfehlbarkeit seinen Entscheidungen, soweit sie auf Glauben und Sitten sich erstrecken und sofern sie unter Ver- fluchung der Andersmeinenden der ganzen Kirche gelten 1). Der Papst ist der Inbegriff der Kirche geworden, seit seine Lehre die der Kirche ist.

Wie vor Zeiten beansprucht die römisch-katholische Kirche die Oekumenizität wie ihrer Dogmen so der sie tragenden Ordnungen. Sie weiss, dass alle Versuche der Vergangenheit scheiterten, in Deutschland eine nationale Kirche zu schaffen, sobald sie nicht wie die Lockerung der verfassungsmässigen Verbindung mit Rom so auch die Trennung von seinem Glauben anstrebten. Mit anderen Worten, den mittelalterlichen An- sätzen, die wir nach ihren verschiedenartigen Ausprägungen zu werten suchten, wurde nicht jenes Wachstum zu teil, das den evangelischen Landeskirchen durch den Anschluss ihrer Inhaber an den neuen Glauben Kräfte des Bestehens und der Ausweitung gewährte. Der Zeitgenosse Friedrich Barbarossas, die Männer von 1418 und 1439, die von 1495 und 1510, sie alle kannten nur einen religiösen Glauben, den der allgemeinen Kirche, und dachten nicht daran, ihn fallen zu lassen, so sehr auch ihre Achtung vor der Verwaltung der Kirche durch

*) G. Krüger, Das Papsttum (Tübingen 1907), S. 148,

Ausblick auf die neuere Zeit. 14«.i

Papst und Kurie geschwunden war. Sie alle blieben katho- lische Christen, treu der Auffassung von der katholischen Kirche als einer sichtbaren Anstalt *), deren Regierung der hierarchia iurisdictionis, d. h. dem Papste, den Bischöfen und den zwischen beide eingeschobenen Mittelgliedern, den Patri- archen, Primaten und Erzbischöfen, obliegt. Bei ihnen allen trat die Rücksichtnahme nur auf die Gegensätze innerhalb der Hierarchie entgegen, im letzten Grunde also eine episkopa- listische Tendenz gegenüber dem papalen System. Ihnen allen fehlte der Widerhall ihrer Entwürfe in der Laien weit, die seit langem an die Leitung durch den Klerus gewohnt war und nach katholischer Anschauung aus ihr nicht entlassen werden durfte, solange man nur eine Reform, nicht aber eine Revolution, eine Umkehr oder Verschiebung des Verhältnisses zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Stand innerhalb der Kirche herbeizuführen beabsichtigte 2). Die Reichsgewalt endlich versagte nicht allein im Jahre 1448 ihre Mitwirkung und Unterstützung. Wir begreifen, dass die mittelalterlichen Pläne einer deutschen Nationalkirche katholischen Glaubens zu nichte werden mussten.

Immerhin darf ein rascher Ueberblick daran erinnern, dass auch nach dem Konzil von Trient es an Versuchen, eine deutsche Kirche katholischen Glaubens zu schaffen, keineswegs fehlte.

In Deutschland war bis hinein in die Zeiten der Säku- larisationen des beginnenden 19. Jahrhunderts die Bevölke- rung weit weniger konfessionell gemischt als vergleichsweise in der Gegenwart, die der geistlichen Gebiete demnach über- wiegend dem katholischen Glauben zugewandt. Der reichs-

\) Vgl. U. Stutz a. a. 0. II, S. 881.

2) Im Gegensatz hierzu denke man an Luther und den evangeli- schen Kirchenbegriff. „Vom deutschen Volk war nie die Rede, bis es unter Luther seine Stimme erhob," urteilte D ah 1 mann (vgl. F. von Bezold, Geschichte der deutschen Reformation S. 243, dazu S. 312 ff. 351 ff.); über den evangelischen Kirchenbegriff' vgl. E. Sehling a. a. O. S. 2 ff. U. Stutz a.a.O. II, S. 957.

150 Werminghoff, Nationalkircliliche Bestrebungen.

ständische Episkopat fand noch immer eine Stütze am Wiener Kaiserhofe, mit ihm der katholische Adel, die beide den Kern der habsburgischen Partei im Reiche bildeten 1). Dazu kam, dass die geistigen Strömungen zumal des 18. Jahrhunderts einen aufgeklärten Katholizismus erzeugten, der die Glaubens- gegensätze gegenüber den Protestanten minder schroff hervor- kehrte. Der religiösen Kämpfe müde, hoffte man hier und dort, nicht allein dank der Erfolge der Jesuiten und ihrer Propaganda, dass auch die Evangelischen noch einmal in den Schoss der einst verlassenen Kirche zurückkehren würden. Man sah das Papsttum mehr und mehr seines politischen Ein- flusses entkleidet2); vielleicht war von ihm kein allzu hart- näckiger Widerstand zu besorgen, wenn man sich anschickte, eine Einigung und Verselbständigung des deutschen Kirchen- tums in die Wege zu leiten. Gewiss utopische Ideen, utopisch dank der Unterschätzung der Schwierigkeiten und vornehmlich um der Ueberschätzung der zu Gebote stehenden Kräfte willen, aber sie zeigten aufs neue, dass auch in den Kirchenfürsten des 17. und 18. Jahrhunderts der alte Episkopalismus fort- lebte. Er hatte besiegt, nicht ausgerottet werden können. Empfing er nicht überdies von Frankreich her, zumal seit der Erklärung des gallikanischen Klerus 3) vom Jahre 1682, ständig neue Nahrung?

Bereits im Jahre 1673 hatte eine Beschwerdeschrift der drei geistlichen Kurfürsten das Wiederaufleben der Missstim- mung über die Kurie, über alte und neue Schäden ihrer Ver- waltung erkennen lassen 4), vorläufig aber blieb alles beim

*) Vgl. C. Th. Perthes, Das deutsche Staatsleben vor der Revo- lution (Hamburg und Gotha 1845), S. 102 ff. 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I (Rostock 1871), S. 9 ff. 62 ff.

2) Vgl. G. Krüger, Papsttum S. 118 ff.

3) C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums2 S. 300 f.; vgl. auch H. von Schubert, Roms Kampf um die "Weltherrschaft S. 108 ff.

4) Vgl. den Auszug bei C. Gärtner, Corpus iuris ecclesiastici catholicorum novioris II, p. 322 ff.

Ausblick auf die neuere Zeit. 151

alten. Nicht ganz ein Jahrhundert später, in der Periode jenes staatskirchlichen Systems, dem Kaiser Joseph IL (1765 1790) den Namen gab und in seinen Erblanden auch Erfolge sicherte näher gesagt im Jahre 1763, weckte der Trierer Weihbischof Johannes Nikolaus von Hontheim unter dem Namen Justinus Febronius „das Rechtsgefühl der Unabhängigkeit von Rom" l). Indem er die Verfassung der Kirche wiederhergestellt wissen wollte, wie sie vor der Rezeption der pseudoisidorischen Fäl- schungen gewesen war, bestritt er das Recht ihrer monarchi- schen Leitung durch den Papst. Er forderte die katholischen Fürsten, an ihrer Spitze den Kaiser, auf, „die in ihre« Arme sich stürzende Kirche" wider den Missbrauch des Primats zu verteidigen. Er verlangte, dass sie, selbst wider den Willen des apostolischen Stuhles, allgemeine und nationale Konzilien einberiefen, endlich als des letzten Mittels für Kampf und Er- folg der Gehorsamsverweigerung gegenüber der Kurie in den von dieser angemassten Dingen sich bedienten. Die nachhaltige Wirkung der an sich unselbständigen Nachweisungen Hont- heims ist bekannt. Im Jahre 1769 arbeiteten Bevollmächtigte der drei rheinischen Erzbischöfe eine für den Kaiser bestimmte Denkschrift aus; sie enthielt die Bitte, dass unter seiner Ob- hut „die Freiheit der deutschen Kirche hergestellt werde und die ersten Kirchen dieser Nation sich keiner geringeren Freiheit zu erfreuen haben als die Kirchen anderer Nationen", dass die kirchlichen Dinge „nach dem Bedürfnis der deut- schen Gegenwart in Staat und Kirche eingerichtet werden4* 2).

') K. von Hase, Kirchengeschichte (12. Aufl., Leipzig 1900), S. 488. Ueber Febronius und sein "Werk (De statu ecclesiae et legitima potestate Romani pontificis. Liber singularis ad reuniendos dissidentes in religione Christiana corapositus) vgl. 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch- deutschen Frage I, S. 18 ff.; Febronius, Weihbischof Joh. Nik. von Hont- heim und sein Widerruf. 2. Aufl., Tübingen 1885. J. Zillich, Febro- nius. Halle 1906. F. Stümper, Die kirchenrechtlichen Ideen des Febronius. AschafFenburg 1908.

2) Die Koblenzer Artikel vom 13. Dezember 1769 finden sich unter

152 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Erregt durch den sogenannten Nuntiaturenstreit, vereinigten sich dann am 25. August 1786 die vier seit der Reformation allein übrigen Erzbischöfe von Mainz, Trier, Köln und Salzburg zur Emser Punktation über „das Kleinod der kirchlichen Nationalfreiheit" *). Ihre Artikel boten gegenüber den von 1769 wenig Neues, nur dass deutlicher die Abschaffung der Nuntia- turen und der vom Papst den Bischöfen erteilten Quinquennal- fakultäten ins Auge gefasst war. Ohne dem Papst den Primat in der ganzen Kirche zu bestreiten, traten sie ein für die Bischöfe und ihr Recht zu eigener Ausübung der ihnen unmittelbar von Gott verliehenen Gewalt, deren Einschränkungen durch Rom hinwegfallen sollten. Sie wünschten unter anderem, dass der bisherige Eid der Bischöfe zu Händen des Papstes abgeschafft würde, da sie darin schwören mussten „was ihnen in Betracht ihrer Verbindung mit dem Reiche zu halten unmöglich ist". Das Amt der Erzbischöfe und Bischöfe wird unter den Schutz des Kaisers gestellt, der als „allerhöchstes Reichsoberhaupt " binnen zwei Jahren die Veranstaltung eines deutschen National- konzils herbeiführen soll 2). Zwar trat Joseph II. diesen Pro- positionen bei, nochmals aber erwies es sich, dass der Ansage der Fehde wider Rom nicht die Fehde selbst folgen sollte, dass sie eine Drohung bleiben würde, nicht das Zeichen zum

anderem bei C. Gärtner a. a. 0. II, p. 330 ff. Vgl. 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I, S. 35 ff.

*) Das Zitat ist einem Briefe des Erzbischofs von Mainz vom 21. Juni 1788 entlehnt; 0. Mejer a. a. 0. I, S. 119. Der Text der Emser Punktation findet sich unter anderem bei C. Gärtner a. a. 0. II, p. 347 ff., im Auszug bei C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums2 S. 326 ff. Im allgemeinen vgl. 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch- deutschen Frage I, S. 96 ff. C. Mirbt: Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche V (3. Aufl., Leipzig 1898), S. 342 ff. M. Immich: Forschungen zur brandenburgischen und preussi- schen Geschichte VIII (1895), S. 143 ff. L. Mergentheim, Die Quin- quennalfakultäten pro foro externo I, S. 29 ff. F. Endres: Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte XIV (1908), S. 197 ff. 261 ff. XV (1909), S. 16 ff.

2) Vgl. oben S. 112 Anm. 2.

Ausblick auf die neuere Zeit. 1. |

Angriff sei. Den Erzbischöfen gebrach es an der Unter- stützung durch ihre Suffragane, die eine Verstärkung der Metropolitangewalt befürchteten, ähnlich wie im Frankenreiche des 9. Jahrhunderts die pseudoisidorischen Dekretalen zum Schutz der westfränkischen Bischöfe wider die Vormacht der Metropoliten den fernen Papst herbeigerufen hatten. Während Bayern zum Papste hielt, um die Einmischung auswärtiger Erzbischöfe in sein Land fernzuhalten, betrieb Preussen, um des deutschen Fürstenbundes vom Jahre 1785 gegen Oester- reich nicht verlustig zu gehen, bei der Kurie die Wahl Karls von Dalberg zum Koadjutor von Mainz. Von diesem wurde erwartet, dass er am Fürstenbund festhalten, freilich auch die Einser Punktation preisgeben würde, sobald er Nachfolger des Mainzer Kurfürsten geworden sei (1787). Das Wichtigste aber war doch: die Kraft der Erzbischöfe erlahmte um so rascher, als der Ausbruch der französischen Revolution den Zusammenschluss der alten Gewalten zur Pflicht machte und jedes Beispiel von Auflehnung wider die rechtmässige Obrigkeit, von Missachtung gegen den durch die Dauer selbst geheiligten Besitzstand vermieden werden musste 1). Die römische Kurie aber hatte ohne Schwanken ihren Standpunkt gewahrt, keine Rechte preisgegeben und eben darum in ihrer Macht sich be- hauptet.

Auch für die neuere Geschichte der katholischen Kirche gilt die Wahrnehmung, dass ihre Perioden unter dem Druck grosser, allgemeiner Bewegungen einander ablösen. Das Zeit- alter der Revolution und Napoleons I. beseitigte das „stiftische Deutschland", die geistlichen Territorien als die Ueberbleibsei der mittelalterlichen Vergangenheit, zerstörte die kirchlichen Zusammenhänge der Provinzen und Diözesen. Wer wollte ent- scheiden, ob in diesem Wandel aller Dinge das altersschwache

*) Vgl. den Auszug aus der Verordnung des Trierer Erzbischofs vom 20. Februar 1790 bei 0. Mejer a. a. 0. I, S. 127; ebd. I, S. 130 ft". über die Verhandlungen bezüglich der Wahlkapitulation von 1790.

154 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Reich grössere Veränderungen in seiner Zusammensetzung und Verfassung erfuhr oder das Kirchenwesen in Deutschland dank der Auflösung seiner Organisation? U. Stutz hat einmal seine Zustände zu Beginn des 19. Jahrhunderts verglichen mit denen des fränkischen Kirchentums in der Zeit Karl Martells (f 741)1); fügen wir aber sogleich hinzu, dass der Restauration der katholischen Kirche in Deutschland, der Neuaufrichtung der päpstlichen Herrschaft Momente zu gute kamen, die zunächst vielmehr als gefährlich erschienen waren. Ihr diente die Be- seitigung der geistlichen Territorien; denn fortan sah der deutsche Klerus allein auf Rom sich angewiesen ; die deutschen Bischöfe fanden keinen Rückhalt mehr an ihrer reichsfürst- lichen Würde, an ihren Familienverbindungen' mit dem hohen Reichsadel, an den ehemaligen Stützen also ihres Dranges nach Selbständigkeit und Freiheit2). Erwogen wurde zwar ein Reichskonkordat, das die neuen Zustände berücksichtigen sollte. Als aber Kaiser Franz IL am 6. August 1806 auf die Krone verzichtet hatte, sah man in Rom von einer Schwierigkeit sich befreit: das Reich war zu Grunde gegangen, ein Titel beseitigt, auf den gestützt sein Träger für das deutsche Kirchentum mit der Kurie hätte verhandeln können 3). Während aller Veränderungen hatte Karl Theodor von Dal-

*) U. Stutz: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft II, S. 875. Nach F. X. Funk (Kultur der Gegenwart I, 4, herausg. von P. Hinne- berg, Berlin und Leipzig 1906, S. 237) ist der Verlust der katholischen Kirche auf beiden Ufern des Rheins auf 1719 Quadratmeilen mit 3162576 Bewohnern und ohne die Klöster auf 21026000 Gulden berechnet worden.

") Vgl. H. von Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhun- dert I (5. Aufl., Leipzig 1894), S. 188. G. Anrieh, Der moderne Ultra- montanismus in seiner Entstehung und Entwicklung (Tübingen 1909), S. 14.

3) Vgl. O. Mejer, Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I, 8. 201 ff. 233. A. Frantz, Das Projekt eines Reichskonkordats und die Wiener Konferenzen von 1804. Kiel und Leipzig 1892. L.König, Pius VII., die Säkularisation und das Reichskonkordat. Innsbruck 1904.

Ausblick auf die neuere Zeit. 155

berg, seit dem Jahre 1787 Koadjutor, seit 1802 Erzbischof' von Mainz wie auch seit 1799 Bischof von Konstanz (f 1817), sich mit mancherlei Hoffnungen erfüllt. Im Reichsdeputatinns- hauptschluss vom Jahre 1803 war der erzbischöfliche Stuhl von Mainz auf die Domkirche zu Regensburg übertragen, seinem Inhaber die Würden eines Kurfürsten, Reichserzkanzlers, Metro- politanerz bischofs und Primas von Deutschland zuerkannt wor- den. Aus der Hand Napoleons L, des Protektors des Rhein- bundes, erwartete Dalberg für sich selbst die Stellung eines Primaten für die Landeskirchen der Rheinbundsstaaten. Nach- dem auch für sie ein dem französischen ähnliches Konkordat vereinbart wäre, wollte er über ihnen allen stehen, um so für die deutsche Kirche einen nationalen Mittelpunkt zu schaffen, der freilich dem der universalen Kirche untergeordnet bliebe; noch im Jahre 1812 dachte er sich gar als künftigen deutschen Patriarchen *). Die schwankende Persönlichkeit Dalbergs, der Wunsch der Rheinbundsfürsten, ihre Bischöfe unmittelbar dem Papste zu unterwerfen, um ihre landesherrlichen Gerechtsame soweit als möglich zu sichern, die sich überstürzende Hast der Zerstörung und Neubildung auf deutschem Boden , alles zu- sammen gestattete keine Neugestaltung der deutschen katholi- schen Kirche im Umkreis der Machtsphäre Napoleons. Bald darauf schien sich auf dem Wiener Kongress die Gelegenheit zu bieten, das katholische Kirchenwesen innerhalb des neu- umschriebenen Gebietes des Deutschen Bundes zur Einheit zu- sammenzufassen. Noch einmal tauchten in der Folge alte Pläne auf. Beeinflusst von Dalberg forderte sein Konstanzer Generalvikar J. H. C. von Wessenberg (f 1860) eine „gute Kircheneinrichtung in Deutschland". Sie sollte dem Episkopat gegen die ungebührlichen Ansprüche und Anmassungen der römischen Kurie wirksamen Schutz gewähren und, nach Ab-

') Vgl. 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I, S. 205 ff. 312. 332 ff. 364 ff. III, 2 (Freiburg i. Br. 1885), S. 421 f. F. Vi gen er: Die Religion in Geschichte und Gegenwart I (Tübingen 1909), S. 1946 ff

156 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

schluss eines Bundeskonkordats, durch einen deutschen Primas geleitet werden, zumal ohne diesen die deutsche National- kirche nicht diesen Namen verdiene noch auch einem Angriff auf ihre Verfassung und Rechte zu widerstehen vermöchte, ginge nun er aus von Staatsbehörden oder den römischen Kurialisten 1). Wessenbergs patriotische Phantasien konnten den Sieg des papalen Systems nicht aufhalten. Der Zug der Zeit nach Frieden und Legitimität, der erstarkende Konfessio- nalismus, die Romantik mit ihrer am Idealbild des Mittel- alters sich erhebenden Begeisterung für die Kirche als der Bewahrerin der Wahrheit, der Grundlage religiöser Kultur sie insgesamt leisteten erwünschten Vorschub. Alle in den ersten Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts vereinbarten Kon- kordate2), alle von den Päpsten erlassenen Zirkumskriptions- bullen beruhten darauf, dass sie die Fortdauer der päpst- lichen Herrschaft in und über der Kirche sicherstellten, dass andererseits nur die einzelnen Staaten, nicht der deutsche Bund als solcher oder gar eine Vertretung des deutschen Klerus mit Rom paktierten. Die römische Kurie und das Papst- tum retteten ihre Kirche, ihre Macht über die kirchlichen Organisationen auf deutschem Boden dadurch, dass sie mit den Staatsregierungen sich verbanden , wie sie einst im 15. Jahr- hundert sich mit dem deutschen Territorialfürstentum ver- einigt hatten. Beide Male wurde eine deutsche Nationalkirche katholischen Glaubens unmöglich gemacht, das erste Mal durch den Kampf gegen den reform eifrigen deutschen Epi- skopat, das zweite Mal um des Friedens willen, den die

*) Vgl. ausser den Schriften Wessenbergs (Die deutsche Kirche. Ein Vorschlag zu ihrer neuen Begründung und Einrichtung, 1815; Betrach- tungen über die Verhältnisse der katholischen Kirche im Umfang des deutschen Bundes, 1818) vornehmlich 0. Mejer, Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage I, S. 455 ff. II, 1 (Rostock 1872), S. 24 ff. 39 ff. 46. 49. 79 ff. II, 2 (Rostock 1873), S. 46 ff. 77 f.

2) Vgl. C. Mirbt: Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche X (3. Aufl., Leipzig 1901), S. 711 ff.

Ausblick auf die neuere Zeit. 157

Staaten für ihre Untertanen, die Kirche für ihren Bestand nötig hatte.

Eigenartig genug kamen dieser neuaufgerichteten Herr- schaft des Papstes über seine Kirche und ihren Anteil auf deutschem Boden die Bestrebungen zu gute, die im Jahre der deutschen Revolution den deutschen Episkopat erfüllten. Ihr Ziel war grössere Freiheit der katholischen Kirche gegenüber den staatlichen Regierungen. Als ein Mittel hierfür erschien ein deutsches Nationalkonzil geeignet *), als eine Voraussetzung für ein solches eine deutsche katholische Nationalkirche mit einem Primas an ihrer Spitze. Man dachte nicht an eine Feindschaft wider Rom, an eine Abkehr vom Nachfolger Petri; der Episkopalismus war gebrochen, die Zeiten des Ultra- montanismus zogen herauf. Freilich, noch erwehrte man sich dieser neuen Strömung, niemand vielleicht mit lebhafterer Wärme und mit eindringlicherer Betonung gerade der nationalen Eigentümlichkeiten als J. Döllinger , damals der anerkannte Berater der deutschen Bischöfe. Aus seiner Feder stammten mehrere Gutachten, die insgesamt für die deutsche National- kirche katholischen Glaubens einen Primas forderten, die neben ihm Diözesan-, Provinzial- und Nationalsynoden eingerichtet wünschten2). Er wollte nicht an den Namen einer deutschen Nationalkirche schismatisierende Erinnerungen geknüpft sehen, um derentwillen die gallikanische Kirche dem apostolischen Stuhl entfremdet worden sei. „Der nationalkirchliche Charakter be- stände darin, dass eine organisch geordnete Verfassung der deut- schen Kirche eingeführt, d. h. ein Primas wieder anerkannt würde, und ein bleibender, geordneter Verkehr, ein gemeinschaftliches

J) Vgl. P. Hin seh i us, Kirchenrecht III, S. 581. Vgl. oben S. 112 Anm. 2.

2) Vgl. J. von Döllinger, Kleinere Schriften S. 53 ff. die Gut- achten für die Konferenz deutscher Bischöfe zu Würzburg im Oktober und November 1848 , bes. S. 59 ff. über Nationalkirche und National- synoden, S. 66 ff. über deutsche Nationalkirche; s. auch F. H. Vering: Archiv für katholisches Kirchenrecht XXI (1869), S. 108 ff. 207 ff. M a nai XLIII, 59 ff.

158 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Benehmen, und in besonders wichtigen Fällen ein gemeinschaft- liches Handeln und Auftreten durch die stete und regelmässige Verbindung der Bischöfe unter einander sich bildete, und dass dieser Teil der katholischen Kirche, auf einer Nationalsynode vollständig vertreten, für alle deutschen Kirchen bindende Be- schlüsse fasste. Die so geordnete, einheitliche deutsche Kirche würde, weit entfernt die Einwirkung des apostolischen Stuhles auf die deutschen kirchlichen Zustände zu schwächen oder zu beschränken, dieselbe vielmehr erleichtern, in eine engere, festere und regelmässigere Verbindung mit dem allgemeinen Centrum unitatis treten, als dies bei dem gegenwärtigen Zu- stande der Zersplitterung und Vereinzelung geschehen kann" *). Noch im Jahre 1850 trat Döllinger für seine Ideen ein. „Bei aller Einheit der katholischen Kirche, der katholischen Lehre und Disziplin", meinte er2), „wird sich gleichwohl in jeder der grossen Nationen das katholische Leben, die katholische Anschauung, die Bewegung des Volkes in der Kirche eigen- tümlich gestalten." „Wir Deutschen", rief er aus, „wollen als Mitglieder der katholischen Kirche nicht aufhören, Deutsche zu sein, sondern Deutsche im wahrsten und vollsten Sinne des Wortes bleiben und auch kein Jota unserer nationalen Eigentümlichkeit, soweit sie gut und rechtmässig ist und mit dem Geiste der katholischen Kirche im Einklang steht, aufgeben." Er erinnerte an jene Zeiten, da die Kaiser aus

!) Ebenda S. 67 f. ; die folgenden Ausführungen (S. 68 f.) enthalten freilich auch Bemerkungen wie die, dass der katholische Teil der Nation der eigentliche Träger der Nationalität sei, weil er mit der Vergangenheit im Zusammenhange stehe ; wenn es dem Protestantismus gelänge sich zu einer förmlichen Nationalkirche in Deutschland zu gestalten, würde dies für die Katholiken gefährlich werden ; die Hauptschwierigkeit gegen die katholische Kirche, die Unterjochung durch die Bureaukratie , sei beseitigt (ebenso S. 65; s. auch S. 98 ff.). Vgl. J. Friedrich, J. von Döllinger II (München 1899), S. 423 ff. 447 ff.

2) In einer Rede in der Versammlung des katholischen Vereins zu Linz am 26. September 1850 (Kleinere Schriften S. 105 ff.) , S. 107 f. 109. 106.

Ausblick auf die neuere Zeit. Schlussbetrachtung. 159

sächsischem und fränkischem Geschlecht die deutsche Kirche national geeinigt hätten; noch hoffte er, dass eine solche auch in der Gegenwart erstünde, die der allgemeinen katholischen Kirche nicht widerstreben würde.

Nicht ohne Bewegung wird auch der Protestant die Gut- achten Döllingers und seine Rede vom Jahre 1850 lesen; er weiss, die Entwicklung des Papsttums und der katholischen Kirche ist über sie hinweggeschritten, ohne von den Tendenzen des Deutsch- und Altkatholizismus allzu erhebliche Einbusse zu erfahren 1). Im Gegenteil, im Jahre 1864 verwarf der Syllabus Pius' IX. als eine Irrlehre den Satz: „Es können National- kirchen errichtet werden, welche der Autorität des Papstes entzogen und von ihr völlig getrennt sind" 2). Die Macht des Papstes wurde zur höchsten Höhe gesteigert durch den Be- schluss des vatikanischen Konzils vom 18. Juli 1870, der den Primat des Nachfolgers Petri, seine Vollgewalt in und über der allgemeinen Kirche als die des universalen Bischofs, seine Unfehlbarkeit als des Lehrers der Welt in den Fragen des Glaubens und der Sitte zum Dogma erhob. Der neuumschrie- bene Glaube ist der eines grossen Teiles unserer Volksgenossen, und diesen umspannt, wie früher die ganze Nation von ihr umfasst wurde, die katholische Kirche: ihr Privileg aber, die einzige Kirche zu sein, ist durch die Reformation für alle Zeit aufgehoben.

Der Blick auf die kirchliche Lage der Gegenwart erinnert noch einmal an den Ausgangspunkt aller unserer Betrachtungen.

') Vgl. Mulert: Die Religion in Geschichte und Gegenwart I (Tübingen 1909), S. 2060 ff. Kübel: ebd. I, S. 407 ff.

2) Institui possunt nationales ecclesiae ab auctoritate Romani pon- tificis subductae planeque divisae (C. Mirbt, Quellen zur Geschichte des römischen Papsttums2 S. 368, 37); vgl. die Uebersetzung im Archiv für katholisches Kirchenrecht XIII (1867), S. 317 mit den Allokutionen Pius' IX. vom 17. Dezember 1860 und 18. März 1861, ebd. VI (1860) S. 321 ff. 330 ff., ferner J. Perrone, Praelectiones theologicae III (Medio- lani 1845), p. 50 § 705. S. auch oben S. 112 Anm. 8.

160 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Wir fragten , ob nicht die katholische Kirche der volks- tümlichen Gestaltung religiöser Bedürfnisse und religiöser Eigenart dadurch entgegenkommen könne, dass sie Verfassungs- elemente zuliesse, die innerhalb nationaler Grenzen wirken und gleichwohl den Zusammenhang mit der internationalen Kirche nicht zerstören möchten.

Unsere Untersuchungen geben die Antwort, dass eine solche deutsche Nationalkirche katholischen Glaubens wohl mehrfach angestrebt wurde, aber bisher zur Tatsache weder geworden ist noch werden konnte. Ist hierdurch aber unsere erste Frage nicht als unrichtig, als unstatthaft dargetan? Ist nicht das Wort Nationalkirche " ein Widerspruch in sich, da das Prinzip der Kirche, der Glauben, ein Gemeingut nicht nur der Angehörigen einer einzigen Nation ist, da infolge- dessen die Hüterin dieses Glaubens, die als Anstalt organi- sierte römisch-katholische Kirche, sich erfüllen muss mit internationalen Zielen und Aufgaben, während die Nation sich gerade abzusondern trachtet von anderen ihresgleichen?

Nicht wir prägten die Bezeichnung „Nationalkirche", und längst ist sie aufgenommen in unseren Sprachschatz. Im Verlauf des Mittelalters gab es Perioden, in denen man von einer englischen Nationalkirche oder französischen Nationalkirche sprechen darf, weil während der Herrschaft des katholischen Glaubens jene Kirchen bestanden als Organisationen des einen wie des anderen Volkes, freilich in Anlehnung an die Staats- gewalten, die ebenfalls sich nationale Beschränkungen auf- erlegten um ihrer Völker willen; in der gallikanischen Kirche sah Febronius das typische Beispiel einer selbständig organi- sierten Nationalkirche *). Die Geschichte des deutschen Volkes ward staatlich bedingt durch das römische Kaisertum, durch die Umformungen der Reichsgewalt, durch das Vordringen der landesfürstlichen Oligarchie; sie ward kirchlich bedingt durch

*) Vgl. J. Zillich, Febronius S. 81 f. F. Stümper, Kirchen- rechtliche Ideen des Febronius S. 126 ff.

SchluööbetrachtuiiL:. 161

die Unterordnung der einst vom König beherrschten Reichs- eigenkirchen unter Rom, durch die vergeblichen Anstrengun- gen der Reformkonzilien im 15. Jahrhundert, durch das Auf- treten Luthers. Die Geschichte hat der deutschen Nation eine nationale Kirche versagt. Spaltung der Bekenntnisse, Spaltung der kirchlichen Organisationen auf dem Boden des Deutschen Reiches kennzeichnen die Gegenwart. Nicht flache Toleranz heisst sie ertragen, sondern die Erkenntnis ihrer geschicht- lichen Notwendigkeit.

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen. 1 1

Exkurs.

Der Text der Cedula im Mainzer Acceptationsinstrument.

(Zu Seite 37 ff.)

Unser Exkurs zerfällt in drei, einander ergänzende Teile. Der erste bringt den Wortlaut der in das Mainzer Acceptations- instrument vom 26. März 1439 eingeschalteten cedula. Er wiederholt die Ausgabe von Koch, Sanctio pragmatica Ger- manorum S. 95 99 und vermerkt bei jedem einzelnen accep- tierten Dekret die entsprechende Sitzung des Basler Konzils samt den Druckstellen der Kanones in Mansis Collectio con- ciliorum XXIX, dazu bei Koch a. a. 0. S. 109 165, da dieser in dem genannten Werke (S. 105 171) noch einmal die ganze Acceptationsurkunde unter Einfügung des vollen Wortlauts der in der cedula allegierten Basler Dekrete wiederholt hat, derart dass sich der von ihm erweiterte Wortlaut der cedula S. 108 bis 166 findet. Der zweite Teil gibt eine Konkordanz der Mainzer Acceptation mit dem entsprechenden Abschnitt der pragmatischen Sanktion, dessen Druck in den Ordonnances des rois de France XIII, p. 267 291 benutzt wurde. Der dritte Teil des Exkurses endlich gibt eine Uebersicht über die in Bourges 1438 und Mainz 1439 angenommenen Dekrete und vergleicht beide Dokumente im ganzen.

1.

Nos oratores Romani regii, principes electores hie pre- sentes aliorumque electorum sacri imperii et Almanie metro- politanorum absentium oratores decreta sacri Basiliensis con-

.trz ....

Exkurs. 1(3;;

cilii acceptamus cum omni honore, reverentia et devotione. qua decet, salvis l) tarnen in quibusdam ex eis deelarationi- bus 2), modificationibus ac :i) limitacionibus nostre 4) Germanica nacioni ac cuilibet nostrum l) singulariter in suis provinciis. dyocesibus seu territoriis congruentibus et accommodis, factis et fiendis, suis loco et tempore oportunis exprimendis ac ') per sacrum concilium decretandis5), decretum tarnen suspen- sionis6) sanctissimi domini nostri pape et aliorum, que illam suspensionem concernunt vel quomodolibet respiciunt, pro pre- senti non acceptamus, sed et circa illud et alia certa dicti sacri concilii decreta stare volumus in prioribus nostris et nacionis nostre Germanice protestacionibus pridem factis 7) nee ab illis recedere, donec aliter duxerimus deliberandum ; de quo so- lempniter protestamur.

Et primo (I) 8) decretum per sacrum Constanciense con- cilium factum et per sacrum Basiliense concilium renovatum de auetoritate et potestate sacrorum generalium conciliorum tem- poribusque et modis eadem convocandi et celebrandi, quod est prime sessionis et ineipit: Frequens generalium conciliorum celebratio agri dominici preeipua eultura est etc.9).

') Der Vorbehalt: Salvis— decretandis begegnet im weiteren Verlauf des Acceptationsinstruments noch einmal (Koch S. 100 bezw. S. 167); im folgenden sind die Varianten vermerkt.

2) modificacionibus, declaracionibus (S. 100).

3) et (S. 100).

4) nostre— nostrum] ipsis et Germanice nacioni et cuilibet eorum (S. 100).

5) ac— decretandis] et per dictum sacrum Basiliense concilium prout sperant decretandis (S. 100).

6) Vgl. oben S. 38 Anm. 2.

7) Vgl. oben S. 38 Anm. 3.

R) Die römischen Ziffern sollen die aeeeptierten Beschlüsse von den mit arabischen Ziffern durchlaufend gezählten deutschen Zusätzen unter- scheiden.

9) Basel 1431 Dez. 14 sess. I c. 3, Mansi XXIX, 5 f. Koch S. 109 f.; vgl. Konstanz 1417 Okt. 9 sess. XXXIX, Mansi XXVII, 1159. Bei Koch S. 111—113 folgt der Wortlaut des Basler Dekrets 1432 Febr. 15 sess. II cc. 1—4, zu Unrecht, wie oben S. 44 ff. dargetan wurde.

BIRRARY ST. MARY S COLLEGE

1(54 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Item (II) decretum de electionibus duodecime sessionis, quod incipit : Sicut in construenda domo precipua est archi- tectoris cura etc. *).

Sed quia lex sie clare condi non potest, quin aliquam possit reeipere dubitacionem, petimus, quatenus sacrum concilium de- clarare dignetur, (1) quod electiones pontificum et abbatum fiant serrata forma in hoc decreto tradita; (2) quodque in ceteris infe- rioribus dignitatibus electivis quibuscumque sufficiat modus et forma iuramenti in eodem decreto expressi 2). Ceterum statuere dignetur sacrum concilium, (3) quod promovendus per papam seeun- dum quandam clausulam huius decreti, que incipit: Nisi ex magna etc.3), remittatur consecrandus aut benedicendus ad suum superiorem inmediatum, nisi forsan talis promovendus fuerit pre- sens in Romana curia, quo casu nichilominus remittatur, ut huiusmodi suo inmediato superiori prestet debitum iuramentum ; (4) quodque eciam confirmacio electionum fiat per inmediatum superiorem, ad quem spectat ius confirmandi, et, si ipse sine causa rationabili confirmare distulerit seu recusaverit, mediatus superior desuper adiri poterit; insuper (5) quod eciam, si con- tingat provisionem per sacrum concilium domino pape non fieri, nichilominus electiones seeundum formam huius decreti et supra declaratam valeant fieri et robur obtineant neque propterea, quod sibi per sacrum concilium provisum non fuerit, quovis modo valeant impediri.

Item (III) decretum deeime quinte sessionis de con- ciliis synodalibus et provincialibus observandis, quod incipit: Pridem hec saneta synodus quoddam etc. *),

Item (IV) decretum deeime none sessionis de Judeis et

*) Basel 1433 Juli 13 sess. XII, Mansi XXIX, 61-64. Koch S. 113—118; S. 119 f. die Zusätze.

2) Mansi XXIX, 62. Koch S. 113.

3) Mansi XXIX, 62. Koch S. 114.

*) Basel 1433 Nov. 26 sess. XV, Mansi XXIX, 74—77. Koch S. 120—127.

Exkurs. 1 1 ; :,

neophidis, quod incipit: Salvatoris nostri Jhesu Christi sequens vestigia etc. *).

Item orania saluberrima decreta v i c e s i m e sessionis, quorum (V) primum disponit de publicis concubinariis et incipit: Qui- cumque clericus cuiuscumque etc.2); (VI) secundum de modo communicandi hiis, qui dicuntur excommunicati , suspensi vel interdicti, et incipit: Ad vitanda scandala etc.3); (VII) tercium de modo et forma ponendi interdictum in loco et divina resu- mendi et incipit: Quoniam ex indiscreta etc.4); (VIII) quartum de modo appellandi vel non appellandi ante sententiam et inci- pit: Ut lites cicius terminentur 5).

Similiter omnia decreta vicesime prime sessionis, quorum (IX) primum tollit annatas0); circa hoc tarnen dignetur sacrum concilium declarare, (6) quod non intendit per hoc decretum prohibere, quin licite exigatur et solvatur, si quid tempore receptionis beneficiati solitum sit solvi fabrice vel pro orna- mentis ecclesie vel simili casu, ad usum tarnen divini cultus et non ad privatum commodum personarum convertendum. (X) Se- cundum decretum vicesime prime sessionis disponit de pacificis possessoribus non molestandis et incipit: Quicumque non vio- lentus 7). (XI) Tertium docet, quomodo divinum officium sit in ecclesia celebrandum, et incipit: Si quis principem seculi 8). (XII) Quartum ostendit, quo tempore debet quisque esse in

') Basel 1434 Sept. 7 sess. XIX c. 5, Mansi XXIX, 98 f. Koch S. 127-129.

2) Basel 1435 Jan. 22 sess. XX c. 1, Mansi XXIX, 101 f. Koch S. 129—132.

3) Ebd. c. 2, M. XXIX, 103. K. S. 132.

4) Ebd. c. 3, M. XXIX, 103. K. S. 133.

5) Ebd. c. 4, M. XXIX, 103. K. S. 134.

c) Basel 1435 Juni 9 sess. XXI c. 1, Mansi XXIX, 104. Koch S. 134 f.; S. 135 der Zusatz.

7) Ebd. c. 2, M. XXIX, 105. K. S. 136.

8) Ebd. c. 3, M. XXIX, 105. 108 (die Seitenzahlen bei Mansi sind verdruckt). K. S. 137 f.

166 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

choro, et incipifc: Qui in matutinis l). (XIII) Quintum, qualiter extra chorum höre canonice sunt dicende, et incipit: Quoscum- que eciam2). (XIV) Sextum de hiis, qui tempore divinorum vagantur per ecclesiam, et incipit: Quicumque in ecclesia 3). (XV) Septimum, quod tabula pendeat in choro, et incipit: Ut cuncta in domo Dei Ordinate etc. 4). (XVI) Octavum, quod in missa compleatur Credo et quod non basse legatur missa, et incipit: Abusum aliquarum ecclesiarum5). (XVII)Nonum de pingnorantibus cultum divinum et incipit: Abusum eciam illum cultui divino etc.0). (XVIII) Decimum de capitulis tempore misse non tenendis et incipit: Prohibet hec sancta synodus 7). (XIX) Undecimum de spectaculis in ecclesia non faciendis et incipit: Turpem eciam illum etc. 8).

Similiter (XX) decretum de numero et qualitate cardinalium, de quo in vicesima tercia sessione, et incipit: Cum summo pontifici9). Item (XXI) decretum eiusdem vicesime tercie ses- sionis de electione cassanda, ex qua turbari posset ecclesia, et incipit: Licet dudum hec sancta synodus 10). Item (XXII) decre- tum eiusdem sessionis, per quod reservaciones tolluntur, et incipit: Et quia multiplices ir). Circa hoc tarnen dignetur sa- crum concilium ius commune renovare, (7) quod papa huius- modi beneficia in dicto decreto sibi reservata conferat infra spacium unius mensis, alioquin ordinarii conferre valeant, (8) quodque provisi a papa infra quatuor menses ordinariis

J) Ebd. c. 4, M. XXIX, 108. K. S. 138 f. 2) Ebd. c. 5, M. XXIX, 108. 107. K. S. 139. - 3) Ebd. c. 6, M. XXIX, 107. K. S. 140.

4) Ebd. c. 7, M. XXIX, 107. K. S. 140 f.

5) Ebd. c. 8, M. XXIX, 107. K. S. 141.

6) Ebd. c. 9, M. XXIX, 107 f. K. S. 141 f.

7) Ebd. c. 10, M. XXIX, 108. K. S. 142.

s) Ebd. c. 11, M. XXIX, 103. K. S. 142 f.

9j Basel 1436 März 25 sess. XXIII c 4, Mansi XXIX, 116-119. Koch S. 143—150.

10) Ebd. c. 5, M. XXIX, 120. K. S. 150 f.

") Ebd. c. 6, M. XXIX, 120. K. S. 151 f.; S. 152 die Zusätze.

Exkurs. 167

suam provisionem sub pena amissionis iuris insinuare debeant. Item (XXIII) decretum eiusdera sessionis tollens Clenseu- tinam: Literis de probacione *) et incipit: Licet in aposto- licis 2).

Insuper (XXIV) decretum tricesime sessionis de com- munione sacramenti eukaristie et incipit: Ut lucidius videatur pro declaracione etc. 8).

Item (XXV) decretum de collationibus beneficiorum in trice- sima prima sessione et incipit: Placuit divine pietati, cum alii> decretis de qualificacionibus et ordine promovendorum loquenti- bus *). Supplicatur tarnen sacro concilio, ut declarare dignetur, (9) quod vigore horum decretorum non intendit tollere inferiori- bus ordinariis tempus Lateran ensis concilii 5), (10) quodque ante ipsius lapsum non habeat locum prevencio, ceterum (11) quod in nacione nostra in graciis, quas dominus papa adhuc facere habet, preferatur Theutonicus non Theutonico in ecclesia Theutonicali presertim parrochiali. Similiter (XXVI) ultimum decretum tricesime prime sessionis disponens de causis et de appellacionibus, quod incipit: Ecclesiastice solicitudinis Stu- dium etc.6).

Ceterum decreta, que simpliciter sunt acceptanda, sim- pliciter acceptamus, alia cum suis modificacionibus et decla- racionibus, sub spe quod per sacrum concilium approbentur et decretentur, acceptamus sie modificata et declarata. Verum quia sunt nonnulla in quibusdam nostre Germanice nacionis

J) C. un. in Clem. de probationibus 2, 7.

2) Ebd. c. 7, M. XXIX, 121. K. S. 152.

3) Basel 1437 Dez. 23 sess. XXX, Mansi XXIX, 158 f. Koch S. 153 f.

4) Basel 1438 Jan. 24 sess. XXXI cc. 2. 3, Mansi XXIX, 161 bis 165. Koch S. 154—162; S. 162 die Zusätze.

5) Vgl. c. 2 X de concessione praebendae 3, 8 (Alexan- der III. 1179), siehe auch cc. 2—5 X de supplenda negligentia praela- torum 1, 9.

6) Basel 1438 Jan. 24 sess. XXXI c. 1, Mansi XXIX, 159 f. Koch S. 162—165; S. 166 die Zusätze.

168 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

ecclesiis statuta et consuetudines , abusus et diversa alia in- commoda non ex caritate, sed ambicione, avaricia et cupiditate, omniuni malorum radicibus, introducta, que per decreta sacri Basiliensis concilii nondum sunt reformata, inter alia videlicet (12) quod gravantur nostre nacionis fideles in quarto consanguini- tatis vel affinitatis gradu coniuncti, matrimonium contrahere vo- lentes, dum ad hoc dispensandum, ubi leviter dispensatur, sedem apostolicam consulere sunt astricti; (13) multa denique ex- horbitantia per exemptos commissa transiunt inpunita in grave scandalum multorum, eo quod contra disposicionem capituli: Volentes de privileg. lib. sexto *) per sedem apostolicam cottidie privilegia eis conceduntur; (14) conservatorie eciam per sedem apostolicam nimis multiplicantur et ad loca distancia contra formam iuris communis passim conceduntur; (15) in curia Romana frequenter extraneis et advenis indignis ordines sacri conferuntur, super quibus dignetur sacrum concilium Pro- videre 2).

Die erste hier nachfolgende Tabelle versucht eine Kon- kordanz des Mainzer Acceptationsinstruments mit dem ent- sprechenden Teil der pragmatischen Sanktion. Die erste und zweite Kolumne verweisen auf die Mainzer Urkunde, die dritte auf den Kern der Sanktion (Ordonnances des rois de France XIII, p. 270 290), die vierte gibt die entsprechende Sitzung des Basler Konzils bei Mansi, Concilia XXIX wieder.

1) c. 1 in VIto de privilegiis 5, 7 (Innocentius IV. 1245).

2) Nicht wiederholt also ist der äussere Rahmen der cedula bei Koch S. 93—95 und 99-104 (= S. 105—107 und S. 166—171).

Exkurs.

109

Mainz

II

in

IV

v vi

VII VIII

IX X

Inhalt

Bourges

Basel

Decretum per sacrum Con- stanciense concilium fac- tum et per sacrum Basi- liense concilium renova- tum de auctoritate et potestate sacrorum gene- ralium conciliorum tem- poribusque eadem convo- candi et celebrandi, quod est prime sessionis et inci- pit : Frequens generalium conciliorum celebratio agri dominici precipua cultura est

De electionibus Zusätze 1 5

De conciliis synodalibus et provincialibus observan dis

De .Tudeis et neophidis

De publicis concubinariis

De modo communicandi hiis, qui dicuntur excommuni- cati, suspensi vel inter- dicti

De modo et forma ponendi interdictum in loco et divina resumendi

De modo appellandi vel non appellandi ante senten- tiam

De annatis Zusatz 6

De pacificis possessoribus non molestandis

I, p. 270 f.

III, p. 271—273

XXI, p. 288 f.

XXII, p. 289

XXIII, p. 289 VIII, p. 282

XI, p. 283 f. 9 Zusätze p. 284 f.

IX, p. 282 f.

143lDez.14 8ess.Ic3; Mansi XXIX, col. 5 f.

1433Julil3sess. XII; col. 61—64

1433Nov.26sess.XV; col. 74—77

1434 Sept. 7 sess. XIX c. 5; col. 98 f.

1435 Jan. 22 sess. XX c. 1 ; col. 101 f.

Ebd. c. 2; col. 103

Ebd. c. 3; col. 103

Ebd. c. 4; col 103

1435 Juni 9 sess. XXI c. 1; col. 104

Ebd. c. 2; col. 105

170

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Mainz

Inhalt

Bourges

Basel

XI XII XIII XIV

XV XVI

XVII

XVIII

XIX

XX

XXI XXII XXIII XXIV

XXV

XXVI

Quomodo divinum officium sit in ecclesia celebrandum

Quo tempore debet quisque esse in choro

Qualiter extra chorum höre canonice sunt dicende

De hiis, qui tempore divi- norum vagantur per eccle- siam

Quod tabula pendeat in choro

Quod in missa compleatur Credo et quod non basse legatur missa

De pingnorantibus cultum divinum

De capitulis tempore misse non tenendis

De spectaculis in ecclesia non faciendis

De numero et qualitate Car- din alium

De electione cassanda,ex qua turbari posset ecclesia

De reservationibus Zusätze 7 und 8

De Clementina : Literis

De communione sacramenti eukaristie

De collationibus beneficio- rum Zusätze 9 11

De causis et de appellacio- nibus Zusätze 12 15

XII, p. 285 f. Zusatz p. 286

XIII, p. 286

XIV, p. 286

XV, p. 286 f.

XVI, p. 287

XVII, p. 287

XVIII, p. 287

XIX, p. 287

XX, p. 287 f.

X, p. 283 (unter Verkürzung des ursprünglichen Dekrets) Zusatz p. 283

IV, p. 274

2 Zusätze p.274

V, p. 274

XXIV, p. 289

Zusatz p. 290

VI, p. 275-278 13 Zusätze p. 278

bis 280

VII, p. 280 f.

7 Zusätze p. 281 f.

Ebd.c.3; col. 105.108 Ebd. c. 4; col. 108 Ebd.c.5; col. 108. 107 Ebd. c. 6-, col. 107

Ebd. c. 7; col. 107 Ebd. c. 8; col. 107

Ebd. 9; col. 107 f.

Ebd. c. 10; col. 108

Ebd. c. 11; col. 108

1436 März 25 sess. XXIII c 4; col. 116 bis 119

Ebd. c. 5; col. 120

Ebd. c. 6; col. 120

Ebd. c. 7; col. 121

1437Dez.23sess.XXX: col. 158 f.

1438.Tan.24sess.XXXI cc. 2. 3; col. 161-165

Ebd. c. 1 ; col. 159 f.

Exkurs.

171

Es dürfte sich die der Reihenfolge Sanktion Rechnung künde vergleicht, hier auf den Kern France XIII, p. 270 die vierte gibt die bei Mansi, Concilia

empfehlen, eine zweite Tabelle anzufügen,

der Basler Dekrete in der pragmatischen trägt und sie mit der in der Mainzer Ur- Die erste und zweite Kolumne verweisen

der Sanktion (Ordonnances des rois de —290), die dritte auf die Mainzer Cedula:

entsprechende Sitzung des Basler Konzils

XXIX wieder.

Bourges

Inhalt

Mainz

Basel

I, p. 270 f.

De celebratione concilio- rum

I

1431 Dez. 14 sess.

I c. 3-, Mansi

XXIX, col. 5 f.

II. p. 271

De potestate et auctoritate conciliorum Zusatz p. 271

1432 Febr. 15

sess. II cc. 1 4:

col. 21 f.

III, p .271-273

De electionibus

II

Zusätze 1 5

1433 Juli 13

sess. XII; col. <;1

bis 64

IV. p. 274

De electione cassanda, ex qua turbari posset eccle- sia 2 Zusätze p. 274

XXI

1436 März 25

sess. XXIII c. 5;

col. 120

V, p. 274

De reservationibus

XXII

Zusätze 7 u. 8

Ebd. c. 6; col. 120

VI, p. 275-280

De collationibus beneficio- rum 13 Zusätze p. 278—280

XXV

Zusätze 9—11

1438 Jan. 24 sess.

XXXI c. 2. 3;

col. 161-165

VIT, p. 280 f.

De causis et de appellacio- nibus 7 Zusätze p. 281 f.

XXVI

Zusätzel2-15

Ebd.c.l;col.l59f.

VIII, p. 282

De modo appellandi vel non appellandi ante senten- tiam

VIII

1435 Jan. 22 sess. XX c. 4; col. 103

IX, p. 282 f.

De pacificis possessoribus non molestandis

X

1435 Juni 9

sess. XXI c. 2;

col. 105

172

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Bourges

Inhalt

Mainz

Basel

X, p. 283

XI, p. 283 f.

XII, p. 285 f.

XIII, p. 286

XIV, p. 286

XV, p. 286

XVI, p. 287

XVII, p. 287

XVIII, p. 287

XIX, p. 287

XX, p. 287 f.

XXI, p. 288 f.

XXII, p. 289

De numero et qualitate car- dinaliura (das Basler De- kret kürzend) Zusatz p. 283

De annatis

9 Zusätze p. 284 f.

Quomodo divinum officium sit in ecclesia celebran dum Zusatz p. 286

Quo tempore debet quisque esse in choro

Qualiter extra chorum höre canonice sunt dicende

De hiis, qui tempore divi- norum vaganturper eccle- siam

Quod tabula pendeat in choro

Quod in missa compleatur Credo et quod non basse legatur missa

De pingnorantibus cultum divinum

De capitulis tempore misse non tenendis

De spectaculis in ecclesia non faciendis

De publicis concubinariis

De modo communicandi hiis, qui dicuntur excommuni- cati, suspensi vel inter- dicti

XX (unter Er- gänzung des

ursprüng- lichen Wort- lauts)

IX

Zusatz 6

XI

XII

1436 März 25

sess. XXIII c. 4:

col. 116 f. (116

bis 119)

1435 Juni 9 sess. XXIc.l;col. 104

Ebd. c. 3; col. 105.

108

Ebd. c. 4; col. 108

XIII

Ebd. c. 5; col. 108 107

XIV

Ebd. c. 6; col. 107

XV

Ebd. c.7; col. 107

XVI

Ebd. c. 8; col. 107

XVII

Ebd.c.9;col.l07f.

XVIII

Ebd.c.l0;col.l08

XIX

Ebd.c.ll;col.l08

V

1435 Jan. 22 sess XXc.l;col.l01f.

VI

Ebd.c.2; col. 103

Exkurs.

17:;

Bourges

Inhalt

Mainz

Basel

XX III, p. 289

XXIV, p. 289 f.

De modo et forma ponendi interdictum in loco et di- vina resumendi

De Clementina: Literis Zusatz p. 290

VII XXIII

Ebd.c.3; col.103

sess. XXIII c. 7; col. 121

3.

Für die pragmatische Sanktion ergibt sich also: sie über- nahm 24 Basler Dekrete, von ihnen sind 22 in das Mainzer Instrument übergegangen, eins (Bourges X) wurde in Mainz in seinem ursprünglichen Umfang angenommen, eins (Bour- ges II de potestate et auctoritate concilii p. 271 mit Zusatz = Basel 1432 Febr. 15 sess. II cc. 1—4, Mansi XXIX, 21 f.) wurde in Mainz nicht wiederholt. In Bourges strebte man nach Möglichkeit eine systematische Anordnung der Dekrete nach ihrem Inhalt an; benutzt wurden dazu die Canones der sessio I (I), II (II), XII (III), XX (VIII. XXI— XXIII), XXI (IX. XI— XX), XXIII (IV. V. X. XXIV) und XXXI (VI. VII) des Basler Konzils, derart dass die hier zu den Sitzungs- ziffern in Klammern gefügten Ziffern die Abschnitte der prag- matischen Sanktion wiedergeben. Zusätze wurden beliebt zu den Abschnitten II (aus sess. II), IV (sess. XXIII), VI und VII (sess. XXXI), X (sess. XXIII), XI und XII (sess. XXI) und XXIV (sess. XXIII).

Für die Mainzer Acceptation ergibt sich: sie übernahm 26 Basler Dekrete, von ihnen finden sich 22 auch in der prag- matischen Sanktion, eins (Mainz XX) wurde acceptiert in seinem ursprünglichen Umfang, drei (Mainz III. IV. XXIV) haben in der Sanktion keine Parallele, die ihrerseits eins (Bourges II) acceptierte, ohne dafür in Mainz Nachahmung zu finden. In Mainz benutzte man also die pragmatische Sanktion, neben ihr

174 Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

aber ein Exemplar der Basler Dekrete, das diese nach der Reihenfolge der Sitzungen anordnete. Die Canones sind auf- gezählt nach der Reihenfolge der Sitzungen des Konzils: aus sess. I entlehnte man Abschnitt I, aus sess. XII Abschnitt II, aus sess. XV Abschnitt III, aus sess. XIX Abschnitt IV, aus sess. XX die Abschnitte V VIII, aus sess. XXI die Abschnitte IX— XIX, aus sess. XXIII die Abschnitte XX-XXIII, aus sess. XXX Abschnitt XXIV und endlich aus sess. XXXI die Abschnitte XXV und XXVI. Zusätze finden sich im Mainzer Instrument zu den Abschnitten II (aus sess. XII), IX (sess. XXI), XXII (sess. XXIII), XXV und XXVI (sess. XXXI).

Register,

A.

Abgaben der Benefiziaten an die Kirchenfabrik, für den Kirchen- schmuck 61 ff.

Ablasswesen 30.

Acceptation, Mainzer (1439) 33 ff. 84. 92 ff. 98 ff. 113. 116. 148. 162 ff.

Adel als Vorbedingung für kirch- liche Aemter 81 3 ; der deutsche A. in der Auffassung Luthers 143.

Adolf von Nassau, Erzbischof von Mainz (f 1475) 115.

Alaraania 97.

Albrecht IL, deutscher König (1438 bis 1439) 34 ff. 51 f. 79 f. 84. 86. 93.

Albrecht Achilles, Kurfürst von Brandenburg (f 1486) 115.

Albrecht von Brandenburg, Erz- bischof von Magdeburg und Mainz, Bischof von Halberstadt (f 1545) 132 f.

Aleander, päpstl. Nuntius (t 1542) 143.

Alexander II., Papst (1061—1073)

Alexander III., Papst (1159—1181)

14 f. Alexander IV., Papst (1254—1261)

77. Alexander VI., Papst (1492-1503)

117 ff. Alternative in der Besetzung von

Pfründen 99 ff. Altkatholizismus 159.

Annaten 30. 44. 53 f. 60 ff'. 100 ff.

106. 122. 140. Appellationen nach Rom 43. 54 f. Arianismus 6. Aribo, Erzbischof von Mainz (1021

bis 1031) 8 ff. Artikel von Koblenz (1769) 151.

B.

Basler Konzil s. Konzil zu Basel. Beamten, kuriale 54. 65. Benedikt XII., Papst (1334—1342)

69. 98. Benedikt XIII., Papst (1394—1417,

t 1424) 77. Berthold von Henneberg, Erzbischof

von Mainz (f 1504) 111 2. Beschwerden der deutschen Nation

93. 113. 115. 124 f. Bitten des Königs oder der Fürsten

um Benefizien 53. 57 f. Böhmen 51 f. 118. 124. Bonifaz VIII., Papst (1294-1303) 77 f. Bourges s. Sanktion, pragmatische,

von Bourges. Brandenburg, Kurfürst von 39. Bündnisse des Klerus aus verschie- denen Diözesen 115 4. Bundeskonkordat 156. Bussbefreiungen, päpstliche 8.

Calixtus III., Papst (1455-1458) 108.

176

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Chlodowech, fränkischer König (481

bis 511) 6. Clemens IV.. Papst (1265—1268) 78. Clemens VII., Papst (1523-1534)

144. Cluniacensische Ideen 7. collationes per preventionem 53. 73. communio sacramenti eukaristie

51 f. concordata principum s. Konkordat

von Wien (1448). consistoria spiritualia, secularia 87 f.

I).

Dacien 108.

Dänemark 28. 30. 111.

Dalberg, K. Th. von, Erzbischof von

Mainz (Regensburg), Bischof von

Konstanz (f 1817) 20. 153 ff. Decretum Gratiani 13. 69. 75 f. Dekretalen, päpstliche 13. Deutsche Nation 28 ff. 41. 96. 97 2.

105 f. 108. 111. 118. 122. 134. 144.

151. Deutscher Bund (1815-1866) 155 f. Deutscher Evangelischer Kirchen-

ausschuss 146. Deutschkatholizismus 159. Devolutionsrecht 71. Diether von Isenburg, Erzbischof

von Mainz (f 1482) 115. Dietrich von Erbach, Erzbischof von

Mainz (f 1459) 61 \ 113. Diözesansynoden 47 f. 157. Dispensationen 30. Dispense bei Konsanguinität und

Affinität der Eheschliessenden

75. f. Disputation zu Leipzig (1519) 142. Döllinger, J. von (f 1890) 21. 157 ff.

E.

Eid der Bischöfe 152.

Emser Kongress s. Punktation des

Emser Kongresses. Enea Silvio de' Piccolomini, zuletzt

Papst Pius IL (1458—1464) 7 l.

89 f. 106 f. 114 f. 124. 127. 129 3.

England 15. 25. 30 f. 34. 111. Entschädigungsfrage des Papstes

53 f. 60. 63 ff. 80. Episkopalismus 149 f. 157. Erfurter Universität 92. Ernst von Sachsen, Erzbischof von

Magdeburg (f 1513) 117. Eugen IV, Papst (1431—1447) 33 ff.

45. 51. 56. 77. 79. 81 f. 86. 90 f.

93 ff. 97. exactio vacantiarum 54. 56. Exemtionen 13. 23. 54 f. 76. Exkommunikationen 30- Exspektanzen , päpstliche 42. 53.

102. 106. Extravaganten 70.

F.

Febronius s. Hontheim.

Felix V., Gegenpapst (1439—1449)

84, 86. Frankreich 25 f. 30 f. 34 ff. 83 f. Franz I, König von Frankreich (1515

bis 1547) 129 3. 143. Franz IL, deutscher Kaiser (1792

bis 1806, f 1835) 154. Freiheit, bischöfliche 69. Freiheiten der deutschen Nation 64;

der gallikanischen Kirche 26. 54,

vgl. 150. 160. Friedrich L, Kaiser (1152—1190)

14 ff. 22. 116. 144. 148. Friedrich IL, Kaiser (1212-1250)

22. 117 f. Friedrich III., Kaiser (1440—1493)

86. 91 ff. 96. 105. 108. 110. 115. Friedrich der Weise, Kurfürst von

Sachsen (f 1525) 117. Friedrich Wilhelm IV., König von

Preussen (1840—1861) 21. fructus primi anni 100. fructus medii 102 f. 106. Fürstenbund, deutscher 153. Fürstenkonkordate (1447) 83. 93 2.

94 2. 95.

0.

Gallikanischer Klerus, Erklärung des gall. Klerus (1682) 150.

Register.

177

Gegenpäpste im 11., 12. Jahrhundert und im Zeitalter Ludwigs des Bayern 22 f.

Geistliche Gebiete in Deutschland 15. 149. 153 f.

Georg d'Amboise, Kardinal (f 1510) 116.

Gerhoh von Reichersberg (t 1169) 19.

Germanica natio 97.

Gottesdienstordnung 43. 52.

Grade, akademische 54.

Gratien, päpstliche 73.

gravamina nationis Germanicae s. Beschwerden der deutschen Na- tion.

Gregor VII., Papst (1073-1085) 7. 11.

Gregor IX., Papst (1227—1241) 13.

Gregor XL, Papst (1370-1378) 54.

H.

Hadrian IV., Papst (1154—1159) 15 ff.

Hamburg-Bremen, Erzbischof von 30. 39. 41.

Hammersteinsche Ehescheidungsan- gelegenheit 9.

Heinrich IL, Kaiser (1002—1024) 9.

Heinrich IV.. Kaiser (1056—1106) 11. 22. 144.

Heinrich V., Kaiser (1106-1125) 22.

Hermann Grien Hans von Hermans- grün.

Hermansgrün, Hans von 20. 117 ff. 126. 128. 134. 137. 141. 148.

Herrschaft, weltliche und kirchliche, über die deutschen Reichseigen- kirchen 8 ff. ; weltliche, über den Besitz der Reichskirchen 13.

hierarchia iurisdictionis 149.

Hildegard von Bingen (t um 1180) 19. 135.

Hillin, Erzbischof von Trier (f 1169) 15 f.

Hontheim, Johannes Nikolaus von, Weihbischof von Trier (Febronius) 151. 160.

Humanistische Gedanken über eine deutsche Nationalkirche 137 ff.

Huss, Johannes (f 1415) 24.

Hussiten, Hussitismus 51 f. 117.

Werminghoff, Nationalkirchliche

Jesuitismus 148. 150.

Iglauer Kompaktaten s. Kompak-

taten von Prag und Iglau. Ignatius von Loyola (t 1556) 147. Investiturstreit 1 1 f. Johann XXII, Papst (1316—1324)

22. 69. 77. Joseph IL, ' Kaiser (1765-1790)

151 f. Juden 48. Julius IL, Papst (1503—1513) 120 f.

124. 126 f. 129. Julius' IIL, Papst (1550—1555) 112 2. ius regaliae 53.

Kammergulden 102. Kanzleiregeln, päpstliche 70. 77. Kapitelversammlungen 43. Kardinäle, Kardinalkollegium 30.

48 ff. 52. 65. 141. Karl V., Kaiser (1519—1556, 1 1558)

133. 143 f. 147. Karl Martell (f 741) 154. Karl der Grosse (768—814) 3. 6 f. Karl VII., König von Frankreich

(1422—1461) 34 ff. 79 f. 83. 92.

95. 129 3. Karl VIII., König von Frankreich

(1483—1498) 117 ff. Köln, Erzbischof von 17. 37. 39. 41.

81. 88. 91. 150 ff. Kollation der Benefizien 43. 53 f.

68 ff. 71 f. Kommenden 30. Kompaktaten von Prag (1433) und

Iglau (1436) 51. Kongress von Wien (1814 und 1815)

155. Konkordat: Worraser K. (1122) 12.

19; Konstanzer K. (1418) 28 ff.

411. 98 ff. 148; Wiener K. (1448)

83. 86 ff. 94 ff. 97 ff. 108 ff. 113.

125. 1301 (concordata principum).

148 f. ; französisches, englisches K.

(1418) 28. 31; französisches (1801)

155; Konkordate im beginnenden

19. Jahrhundert 156. Konrad IL, Kaiser (1024—1039) 7. Bestrebungen. 12

178

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Konrad III., deutscher König (1138 bis 1152) 13 f.

Konservatoren 77 f.

Konservatorien 76 ff.

Konsistorium des Primats in Ger- manien 140.

Konstanzer Konkordat s. Konkordat.

Konstanzer Konzil s. Konzil zu Kon- stanz.

Konzil: zu Aachen, prophezeites 135 f.; von Basel (1431—1449) 24 f. 33 ff. 86 ff. 93. 95. 99 f. 104. 106. 111. 113. 116. 134. 147. 161 ff; von Ferrara (1438 ff.) 33. 60; von Konstanz (1414—1418) 24 ff. 44 f. 53 f. 93. 95. 106. 111. 113. 116. 134. 147. 161 ; im La- teran (1123) 12. (1139) 12. (1179) 12. 71. (1215) 12. 75; von Lyon (1245) 76 f. (1274) 69; von Nicäa (325) 141; von Pisa (1409) 24; von Seligenstadt (1023) 8 ff. ; von Tours (1510) 121; von Tribur (895) 7; von Trient (1545—1563) 4. 76. 148 f. ; im Vatikan (1869 und 1870) 4. 148. 159; von Worms (1076) 11; von Würzburg (1287) 78.

Konzilien, allgemeine: ihre Periodi- zität 42. 44 ff. ; ihre Superiorität über den Papst 25. 44 ff. 95 f.

Kurfürstentag zu Frankfurt (1456) 113 f.

Kurfürstenvereinigung von 1446 93.

Kurtisanen 122 ff. 130 f.

L.

Landeskirchen, Ansätze von 23.

87 ff. 95. 120. Landeskirchen, evangelische 145 f. Langobarden 6. legatus natus 128 f. legatus natus et perpetuus 116.

122 f. 126 ff. 131 f. Leo X., Papst (1513—1521) 1293. Lothar von Supplinburg, Kaiser

(1125-1137) 13. Ludwig der Bayer, Kaiser (1314 bis

1347) 22. 144. Ludwig XL, König von Frankreich

(1461-1483) 1293.

Ludwig XII., König von Frankreich (1498-1515) 120 f. 1293.

Lübeck, Bischof von 39. 81.

Luther 20. 85 *. 105 \ 110. 133. 139 ff. 144 ff. 147. 161.

M.

Magdeburg, Erzbischof von 37. 39. 41 , als primas seu patriarcha 126 f. 129. 141.

Mainz, Erzbischof von 17. 37. 39. 41. 106. 150 ff.

Mainzer Acceptation s. Acceptation.

Marsilius von Padua, Defensor pacis 22.

Martin' V., Papst (1417—1431) 25. 27 ff. 98.

Martin Mayr, kurmainzischer Kanz- ler 106. 114. 124. 127.

Matthäus Lang, kaiserlicher Kanz- ler, Bischof von Gurk, Kardinal- diakon von S. Angelo in Peschiera und Erzbischof von Salzburg (t 1540) 122. 130 ff. 134. 148.

Maximilian L, Kaiser (1493—1519) 120 ff. 124 ff. 129 ff. 133 f.

medietas beneficiorum 100.

Monate, päpstliche 99.

Napoleon I. (f 1821) 153 ff.

Nationalkonzil Ulf. 114. 116. 151f. 157 f.

Neophyten 48.

Neutralität, französische 25 f.; kur- fürstliche, von 1438 38 ff. 79. 87 ff.

Niederlande 143.

Nikolaus L, Papst (858—867) 7.

Nikolaus III., Papst (1277—1280) 99.

Nikolaus V., Papst (1447—1455) 86. 90. 94. 97.

Norwegen 28.

Nuntiaturenstreit 152.

0.

Ostgoten 6.

Otto der Grosse (936—973) 4.

7.

Register.

179

Otto, Bischof von Freising [f 1158)

14. Ottonische Verfassungskirche 6 ff.

P.

Palliengebühren 56.

Passau, Bischof von 81.

Patriarch, Patriarchat, Pläne für ein deutsches 116. 118 ff. 126. 128. 135 ff. 155.

Paul III., Papst (1534-1549) 144.

Pfalzgraf bei Rhein 37.

Pfarrer, Amt der Pfarrer, bei Luther 142.

Pfarrkirchen, deutsche, durch Deut- sche zu besetzen 73 f.

Pfründenbesitz, ruhiger 43.

Philibert von Coutances, Admini- strator der Prager Kirche 51.

Philipp IV., der Schöne, König von Frankreich (1285— 1314) 40.

Pius II., Papst s. Enea Silvio.

Pius IX., Papst (1846-1878) 112 2. 159.

Polen 28. 118.

Populäre Gedanken über eine deut- sche Nationalkirche 135 f.

Prager Kompaktaten s. Kompaktaten von Prag und Iglau.

pragmatica sanctio 56 ; s. Sanktion, pragmatische, von Bourges.

Primas, Primat, Pläne für einen deutschen 16 ff. 116. 126. 129. 138 ff. 141. 151 f. 156 f.

Processus apostolici 53.

procureur des ämes 121. 127.

Protestation s. Neutralität, kurfürst- liche von 1438.

Provinzialkonzilien 47 f. 157.

Provisionen, päpstliche 30. 68 ff. 99 ff.

Prozesse, kirchliche 16. 30. 54 f. 122 f. 132; bei einem Konzil 55.

Pseudoisidorische Dekretalen 7. 12. 151. 153.

Punktation des Emser Kongresses (1786) 101 l. 1122. 152.

Quinquennalfakultäten 152.

R.

Reformation des Kaisers Sigmund

85'. regnum Romanum 16. Reichsdeputationshauptschluss

(1803) 20 f. 155. Reichseigenkirchen 7 f. 161. Reichskirche, fränkische 6. Reichskonkordat 154. Reichstag: zu Augsburg (1518) 137;

zu Bensangon (1157) 15; zu Frank- furt (1439) 87 f. 90. (1446) 82;

zu Mainz (1439) 33 ff. 86. 90.

(1441) 92; zu Worms (1495) 117.

126; zu Würzburg (1165) 14 4. Reinald von Dassel, Erzbischof von

Köln (f 1167) 15. Reisen nach Rom 8. Reservationen, päpstliche 43. 67 ff.

72 f. 97 f. 106. Revolution, deutsche (1848) 157;

französische 153. Rheinbund 155.

Sachsen, Herzog von 37.

Säkularisationen in Deutschland 149. 154.

Salzburg, Erzbischof von 37. 39. 41. 96. 152, als legatus natus Germaniae 126 f. 129.

Sanktion, pragmatische : von Bourges (1438) 34 ff. 95 f. 103 f. 122 f. 125. 127. 129. 168 ff.; Plan für eine deutsche 113 ff. 116, vgl. 84.

Schauspiele in der Kirche 43.

Schottland 111.

Schreiben, päpstliche, über Pfrün- denverzicht und Pfründenent- ziehung 43.

Schuldenmachen der Geistlichen 43.

Schweden 28.

servitia communia 100. 102 f.

servitia minuta 56.

Sigmund, Kaiser (1410—1437) 27. 51 f.

signatura gratiae, iustitiae 140.

Simonie 30.

Skriptoren, kuriale 56.

Spalatin, Georg, sächsischer Hof- prediger (f 1545) 139.

180

Werminghoff, Nationalkirchliche Bestrebungen.

Spiegel, Jacob, kaiserlicher Sekretär

122. 130. Strassburg, Bischof von 96. Syllabus von 1864 1122. 159.

T.

tempus concilii Lateranensis 71 f. Thomas Wolsey, Kardinal (f 1530)

116. Tours, Erzbischof von 25. Tridentiner Konzil s. Konzil zu

Trient. Trier, Erzbischof von 39. 41. 81.

91. 150 ff. Trierer Stilübungen (um 1158) 15 ff.

116. 134. Türkenzehnten 106.

u.

Ulrich von Hütten (f 1523) 137 ff. Ultramontanismus 157. Unfehlbarkeit des Papstes 148. 159. Ungarn 28. 111. 118. üniversitätsangehörige und ihre Be- vorrechtung bei Pfründen 53 f.

Vandalen 6.

Vatikanisches Konzil s. Konzil im

Vatikan. Venedig 120. Verhalten, sittliches, der Kleriker

43.

Versammlung der deutschen Bischöfe zu Würzburg (1848) 157.

Viterbo 16.

Vorschläge, deutsche, aus dem Jahre 1439 betr. Entschädigung des Papstes 63 ff.

w.

Wahlen, kirchliche 13. 42. 57 ff. 60. 98 f. 106.

Walther von der Vogelweide 22.

Weihe der vom Papst Konfirmier- ten 53. 59; Weihen von Aus- ländern und Fremdlingen 78.

Wessenberg, J. H. C. von (f 1861) 21. 155 f.

Westgoten 6.

Wiener Konkordat s. Konkordat von Wien.

Wiklif, Johannes (f 1384) 24 f.

Wimpheling, Jacob, Humanist (f 1528) 122 ff. 126 ff. 130 ff. 139. 148.

Wormser Konkordat 8. Konkordat von Worms.

Wünschelburg, Johann, Priester in Amberg 136.

Zehnten 106.

Zensuren, kirchliche 30. 43. 125.

Zirkumskriptionsbullen aus dem

Beginn des 19. Jahrhunderts

156.

fl ' fflntä oft < V 83 Ü ':i » , .- '

IM! W ' Ä

V-.'U1 'VI .liW'i.'.K >i

jiii

tli-W*

7i-ü

%vM\v 274.3 110908 ta!

274.3

W494

Werminghoff, Albert

110908

274.3 W494

Werminghoff, Albert

Nationalkirchliche Bestrebungen

IM DEUTSCHEN MITTELALTER

•I II

1 II

■•