BIOLOGY AD pr“ N „; x 2 n RE u DR le deutkche u 3 2% & EI rang Kor he Digitised by the Internet Archive in 2011 with funding from University of Illinois Urbana-Champaign http://www.archive.org/details/abhandlungberdO0Dfont | ; Felir Fontana Leibarzts des Großherzogs von Toſcana und Aufſehers uͤber ſein Naturalienkabinet Abhandlung über das die Amerikanischen Gifte, das Kirſchlorbeergift und einige andere Pflanzengifte nebſt einigen Beobachtungen uͤber den urſpruͤnglichen Bau des thieriſchen Körpers „ über die Wiedererzeugung der Nerven und der Beſchrei bung eines neuen Augenkanals. Erſter und zweyter Band. Mit vielen Kupfern. Ans dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt. * Berlin 1787. Bei Chriſtian Frledrich Him burg. * TER * . 6 7 1 * n 5 . 7 4 N 1 5 KK 2 e * 8. 1 — BR N. * a m n 0 0 0 111 5 6 N e aden u. 19 J1ʃ ee au rat 00 vr An 7 enen ee 5 ans 3 0 0 ar 1 19 b ann rasen. sad mid he 180 | 55 Ben gun ya HR 7 = N ö Hedi Nan 35 n 1 5 a, namen 15 mes en 60 id 140 nnn. naht 858 ut e } | wenge ade . f 1g can a 1 1 0 dem ar A Adna 12 10 %% dan 160 % 1 121% 191% i 390% ü nn 3 920 un 1 715 5 7 — rr: eee —— f * . ee a * Ä „ I. u d i 3 61 <> Biere var Du u NAH 5 N NO, UW 2 alla ET MUEFRFA dan QL, Vorbericht des Herausgebers. De erſte Theil dieſes Werks über das Viperngift kam im Jahre 1765 in Italiaͤniſcher Sprache heraus. Herr Darcet, ein beruͤhmter Chymiſt zu Paris, hielt ihn fuͤr ſo wichtig, daß er ihn kurze Zeit darauf ins Franzoͤſiſche uͤberſetzte. Zufällige Umſtaͤnde waren Schuld, daß der Druck der Ueberſetzung aufgeſchoben wurde. Der Verfaſſer kam im Jahre 1766 nach Paris; und gab Hrn. Darcet einige Blaͤtter von Verbeſſerungen und Vermehrungen, welche auch überfegt, und dem übrigen beygefuͤgt wurden. Das Jahr darauf erſchien zu Paris eine Schrift von Hrn. Sage uͤber das Alcali volatile fluor, in welcher von der Natur des Viperngifts und von dem Nutzen des fluͤchtigen Laugenſalzes wider den Biß dieſes Thiers gehandelt wird. Es ſind in dieſer Schrift viele Dinge, die dem gerade widerſprechen, was der Verfaſſer dieſes Werks mehr als zehn Jahre vorher in Italien geſchrieben hatte. Er glaubte ſich geirrt zu haben, und fing an, neue Berfuche über eben den Gegenſtand zu machen, in der Abſicht, die Ueberſetzung, von welcher ich rede, zu verbeſſern, ehe ſie durch den Druck bekannt gemacht wuͤrde. Di.ieſer neuen Unterſuchung haben wir den zweyten, dritten und vierten Theil dieſes Werks zu dauken, in welchen allenthalben die feinſten Verſuche enthalten ſind. Man kann mit Grund der Wahrheit ſagen, daß dieſe drey Theile ganz neu ſind, ſowohl wegen der Materien, von denen ſie handeln, als durch die Entdeckungen, ſo ſie enthalten. Man wußte vor Franz Redi nicht, worinn das Viperngift beſteht. Dieſer berühmte Naturkuͤndiger wandte den groͤſſeſten Theil feiner. Unterſu⸗ chungen an, die Irrthuͤmer ſeiner Zeiten zu widerlegen. Seine Schrift uͤber = das. Veen das Viperngift ift faſt ganz dazu beſtimmt, zu beweiſen, daß man nur wenig oder gar nichts wahres von dieſem Gifte wußte, und daß das, was man zu wiſſen glaubte, falſch war; eine demuͤthigende Wahrheit fuͤr den Menſchen, der nicht zur Wahrheit gelangen kann, als wenn er erſt die Irrthuͤmer durch⸗ gegangen iſt! Was man Redi zu danken hat, und was ihm den groͤſſeſten Ruhm erworben hat, iſt dieſes, daß er zuerſt die Feuchtigkeit entdeckt hat, welche den Vipernbiß giftig macht. Die Erfahrungen, deren er ſich bedient, dieſe Ent⸗ deckung zu beweiſen, find überhaupt ſehr gut gemacht, ob fie gleich dem Herrn Charas, einem Franzoͤſiſchen Chymiſten, nicht entſcheidend vorgekommen ſind. Herr Charas glaubte, nachdem er uͤber den Vipernbiß viele Verſuche angeſtellt hatte, daraus den Schluß machen zu koͤnnen, daß das Gift dieſes Thiers, oder beſſer zu reden, daß der Speichel der Viper, wenn dieſes Thier aufgebracht iſt, und beißt, durch die Wuth erhöht, giftig und toͤdtlich werde. . Obgleich dieſe Meinung irrig iſt, fo iſt fie jedoch nicht ohne alle Wahr⸗ ſcheinlichkeit; weil es gewiß iſt, daß eine Viper in der That gefährlicher iſt, und leichter toͤdtet, wenn ſie aufgebracht iſt; wie man in der Folge in dieſem Werke ſehen wird. f l e t 5 Franz Redi hat ſich in Anſehung der Stelle geirrt, in welche er den Behaͤlter des Gifts geſetzt hat, und in Anſehung des Weges, welchen dieſes Gift nimmt, wenn die Viper es im Beiſſen andern Thieren mittheilt. Er hat geglaubt, daß dieſe Feuchtigkeit ihren Sitz in der Haut haͤtte, welche die Hunds⸗ zaͤhne bedeckt, daß ſie aͤuſſerlich laͤngs dem Zahne hinauf liefe, und auf ſolche Art in die gebiſſenen Thiere draͤnge. Man ſieht dieſen Irrthum ein halbe Jahrhundert nachher in dem Dictionnaire des Herrn James wiederholt, wel: cher auſſerdem noch alle Irrthuͤmer des Mead uͤber die ſalzige Natur dieſes Gifts annimmt. So daß, wenn es nicht unumgaͤnglich nothwendig war, es doch gewiß ſeinen groſſen Nutzen hatte, dieſe Materie von neuem zu unterſuchen, und ſie ins Licht zu ſetzen. J \ f Alle übrigen Unterſuchungen, welche unfer Verfaſſer gemacht hat, ge⸗ hören ihm eigen zu, und man kann mit Recht ſagen, daß er da angefangen hat, wo die andern aufgehoͤrt hatten; oder noch richtiger zu reden, daß ſein ganzes Werk neu und wahrhaftig originel iſt. = Was Vorbericht. * Was mich anbetrift, fo glaube ich, daß eins der groͤſſeſten Verdienste dieſes Werks nicht ſo ſehr in den ſchoͤnen und zahlreichen Entdeckungen beſteht, ſo es enthaͤlt, als in der deutlichen Methode, nach welcher die wichtigſten Ge⸗ genſtaͤnde darinn abgehandelt ſind. Wenn man uͤber die ungeheure Menge von Irrthuͤmern erſtaunt, welche faſt auf jeder Seite darinn widerlegt ſind, ſo kann man ſich auch nicht enthalten, die den Beobachtern noch unbekannten Wege zu bewundern, die unſer Verfaſſer ſich gebahnt hat, um die Materie der Gifte zu unterſuchen. Was aber die groͤſſeſte Achtung verdient, das iſt die ſehr feine Ana⸗ lyſe, die er von den dunkelſten und verwickeltſten Fragen macht, und der Scharfſinn, mit welchem er dieſe Verſuche erdacht hat, die ihn nothwendig zur Wahrheit fuͤhren muͤſſen. Man muß hoffen, daß er in Zukunft den Welt⸗ weiſen zum Muſter dienen werde, welche die Wahrheit ohne Voruriheile und ohne vorgefaßte Meinungen ſuchen. Wie viele Zaͤnkereyen, und verſchiedene Meinungen wuͤrden dann ein Ende nehmen! wie viele Wahrheiten wuͤrden entdeckt, wie viele Jerthuͤmer ausgerottet, wie viele Buͤcher weniger geſchrie⸗ ben werden! Die Kunſt, die Natur durch Huͤlfe von Verſuchen zu fragen, iſt ſehr kitzlich. Vergeblich bringt man Thatſachen zuſammen, wenn dieſe Thatſachen keine Verbindung unter einander haben, wenn ſie ſich unter einer zweydeutigen Geſtalt zeigen; wenn man, da ſie von verſchiedenen Urſachen hervorgebracht werden, nicht im Stande iſt, mit einer gehörigen Gewißheit und Genauigkeit die beſondern Wirkungen einer jeden dieſer Urſachen anzugeben, und von einander abzuſondern. ) Um von dem zu urtheilen, was unſer Verfaſſer in dieſem Werke gelei⸗ ſtet hat, und was ihm mit Recht zugehoͤrt, muͤſſen die Leſer vor allen Dingen die Schriften des Redi und Mead uͤber eben dieſelbe Materie leſen; ich er- mahne fie dazu, und dies iſt das gröffefte Lob, das ich dieſem Werke beyle⸗ gen kann: Die Vergleichung iſt der Probierſtein, der nicht truͤgt, und dies iſt alles was ich verlange, oder beſſer zu ſagen, was die Billigkeit und die Un⸗ partheylichkeit verlangen. * 3 Man *) Nouvelles experiences für la reſiſtence des fluides, par Mrs. & Alemberr, Condor- cet, & Boſſut. Diſc. prelimin. vr Vorbericht. 7 Man vergleiche alſo dieſes Werk mit denjenigen uͤber eben die Materie, welche die Herren Redi und Mead unſterblich gemacht haben. Man wird ohne viele Mühe beurtheilen koͤnnen, um wie vieles es fie uͤbertrift, ſowohl in Anſehung der Anzahl der Entdeckungen, als wegen der vielen und mancher: ley Erfahrungen; man wird ſogar bald ſehen, daß ſich nicht einmal eine Ver⸗ gleichung anſtellen laͤßt. Ich halte es fuͤr eine wahrhafte Entdeckung, daß er gefunden hat, daß das Viperngift eine gummigte Subſtanz iſt. Ein thieriſches Gummi iſt eine wichtige und neue Sache. Alles das, was man uͤber das Blut und uͤber die Nerven in Anſehung des Viperngifts lieſet, iſt neu und ganz originel. Man kaan dieſes einen Rieſenſchritt nennen, der einen neuen Weg zu neuen Wahrheiten eroͤfnet. Aber hierauf ſchraͤnkt ſich das Verdienſt dieſes Werks noch nicht ein. Die Abhandlungen über das ſogenannte Ticunasgift, und die andern Pflan⸗ zengifte, inſonderheit uͤber das Kirſchlorbeergift ſind ein neues Feld, in welchem die Entdeckungen und der Fleiß des Verfaſſers glaͤnzen. Aber wenn man nach ſo vielen ſchoͤnen Entdeckungen alles zu wiſſen, und endlich in die tiefſten Geheimniſſe der Natur gedrungen zu ſeyn glaubt, ſo findet man Labyrinthe, aus denen man ſich nicht heraus helfen kann; ſo ſind die wichtigen und neuen Reſultate der Beobachtungen über das Kirſchlorbeergift beſchaffen; eine noch dunkele aber merkwuͤrdige Materie, welche zu den zukünftigen Unterſuchungen der Beobachter Stof geben kann. Die ſchoͤnen Verſuche, welche unſer Verfaſſer in Anſehung der Wir⸗ kung der Gifte auf die Nerven gemacht hat, haben ihm Gelegenheit gegeben, dieſes Werk mit verſchiedenen ſehr wichtigen Unterſuchungen uͤber die Structur der Nerven zu bereichern; eine dunkele Materie, in der man noch nichts weiß, und in welche der Menſch kaum im Stande zu ſeyn ſcheint, hineinzudringen. In den Haͤnden unſers Verfaſſers wird alles hell, leicht, und einfach. Ich kann nicht begreifen, wie dieſe doppelte Reihe von Streifen, wie dieſe aͤuſſer⸗ liche Spiralſtructur in den Nerven den Blicken aller Zergliederer entgangen iſt, und ich halte fuͤr eine der ſchoͤnſten und merkwuͤrdigſten Entdeckungen, ſo man in der Naturlehre gemacht, die gewiſſe Kenntniß, die wir jetzt von den erſten Elementen des Nerven haben; eine Entdeckung, welche den Augen der geſchick⸗ teſten und geuͤbteſten Beobachter entgangen war. i a Vorbericht. VII Nach den Beobachtungen des Leewenhoek hatten die Phyſiologen und Anatomen geglaubt, daß man niemals ſo weit gelangen wuͤrde, dieſe letzten Theilen der Nerven zu ſehen; Aber was damals nicht möglich zu ſeyn ſchien, das iſt jetzt gewiß ausgemacht, wovon ſich ein jeder ſelbſt uͤberzeugen kann, wenn man den Fußſtapfen unſers Verfaſſers folgt. Wir haben Urſache uns zu ſchmeicheln, daß er uns bald ſeine Bemerkungen uͤber die Natur und den Gebrauch der urſpruͤnglichen Nervencylinder liefern werde. Dies iſt das letzte, welches uͤber dieſe wunderbaren Werkzeuge noch zu erfahren uͤbrig bleibt. Er hat ſeit einiger Zeit angefangen, ſich mit dieſer Unterſuchung zu beſchaͤftigen. Was kann man nicht von einem ſo durchdringenden Beobachter erwarten! ! Wir kennen jetzt nicht allein die wahre Structur der Nerven, fon« dern wir kennen nunmehr auch die wahre Structur des Gehirns viel bef- ſer, als ſonſt. a | Ferner hat er noch die innere Structur der Netzhaut im Auge un⸗ terſucht, ſo daß uns uͤber dieſes Werkzeug faſt nichts mehr zu wuͤnſchen übrig bleibt. | Ao'ͤůer hier find die Beobachtungen unſers Verfaſſers noch nicht zu Ende. Er hat mit eben dem guten Erfolge die Structur der Muskeln, und der Seh⸗ nen entwickelt. Er findet gewiſſe Kennzeichen, an denen man dieſe beyden Ar⸗ ten von Subſtanzen ſowohl unter ſich, als von den Nerven unterſcheiden kann. Nachdem unſer Verfaſſer die erſten organiſchen Grundſtoffe der Ner⸗ ven, des Gehirns, der Muskeln und der Sehnen auf ſolche Art erkannt hatte; fo gieng er weiter, uns ein neues und vollkommenes Syſtem von durchſich⸗ tigen, gewundenen Cylindern zu entdecken, die an Groͤſſe viel kleiner, und in einer viel groͤſſern Anzahl da find, als die Puls- und Blutadergefaͤſſe. Er findet fie in der ganzen Zellenſubſtanz, einer Subſtanz, die in alle Werkzeuge der thieriſchen Maſchine dringt, und dieſelben zuſammenſetzt. Unſer Verfaſſer findet die ſogenannten gewundenen Faden in den Haa⸗ ren, in den Naͤgeln, in der Haut, in den Knochen. Er erzaͤhlt darauf einige Beobachtungen uͤber die Pflanzen, in denen eine aͤhnliche Structur zu ſeyn ſcheint. Und am Ende liefert er eine ſchoͤne Folge von Beobachtungen über die Foſſilien, in Anſehung deren er einige Zweifel blicken läßt, damit der Leſer nicht durch den bloſſen Anſchein getaͤuſcht werde. Er behaͤlt es ſich vor, an ebs VIII Vorbericht. Meinung uͤber dieſen Gegenſtand in einem andern Werke zu ſagen, wel⸗ ches er unter dem Titel Microſcopiſche Beobachtungen herauszugeben geſonnen iſt. Fo 1 Res 19 205 i 8 f a n Hie I Lö Er beſchließt ſeine Unterſuchungen uͤber die Nerven mit der Erzaͤhlung vieler Verſuche uͤber die Wiederhervorbringung der Nerven; eine ſehr auf⸗ fallende und den Naturkuͤndigern noch unbekannte Materie, die er in ein fehr helles Licht geſetzt hat. f 0 120 did in Socher b EIN I IHN Um dieſe Ausgabe vollftändig zu machen, habe ich geglaubt, ihr noch die Beſchreibung eines neuen Augenkanals beyfuͤgen zu muͤſſen, den unſer Verfaſſer vor mehr als achtzehn Jahren entdeckt hat, welche Entdeckung er aber niemals fuͤr gut fand, durch den Druck bekannt zu machen. Ich habe dieſe Beſchreibung aus einem Briefe gezogen, den er zu Ende des Jahrs 1779 zu London an den Herrn Murray, beruͤhmten Profeſſor der Zergliederungs⸗ kunſt zu Upſal ſchrieb, und dieſen Theil des Briefes unſers Verfaſſers ſo ab⸗ drucken laſſen, wie er geſchrieben iſt. . ee en e Wir muͤßen uns nothwendig wundern, daß der Verfaſſer ſich ſo wenig aus ſeinen eigenen Entdeckungen macht; unterdeſſen daß ein jeder anderer Zer⸗ gliederer, ſelbſt der beruͤhmteſte, geeilt haben wuͤrde, fie durch den Druck be⸗ kannt zu machen. Nach achtzehn Jahren erlaubt er es kaum, daß man in einem ſeiner Werke in ein paar Reihen den neuen Canal bekannt mache, den er entdeckt hat, da man ihn doch ſchon ſeit mehr als zehn Jahren zu Wien in Oeſterreich in den gewoͤhnlichen anatomiſchen Collegien demonſtrirt, wo die Profeſſoren ihn wahrſcheinlich von dem beruͤhmten Herrn Brambilla, Wund⸗ arzt bey Sr. Kayſerlichen Majeſtaͤt kennen gelernt haben. Unſer Verfaßer zeigte den Canal, von dem die Rede iſt, dem Herrn Brambilla, als er Seine Majeſtaͤt auf feinen Reiſen nach Ilalien begleitete. 1 11 , wan Obgleich unſer Verfaßer den neuen Augenkanal, den er vor ſo vielen Jahren entdeckt hat, niemals durch den Druck bekannt gemacht hat, wie ich geſagt habe, ſo hat er ihn doch gleich vom Anfang an einer Menge guter Freunde, und vielen andern Gelehrten gezeigt. Der beruͤhmte Profeſſor der Zergliederungskunſt zu Upſal, Herr Adolph Murray ſchreibt unſerm Ver⸗ faßer in einem Briefe vom 4 ten May 1780, daß die Beſchreibung 1 neuen Leb Augen⸗ Vorbericht. IX Augenkanals in den lezten Band der Upſaler Abhandlungen eingeruͤckt ſey; in ultimo tomo (ſchreibt er) deſeriptio canalis a te detecti extat. Dieſer Ca- nal wurde dem Schwediſchen Profeſſor von unferm Verfaſſer gezeigt, als er: ſterer nach Italien kam, und ſich zu Florenz aufhielt. Bey ſeiner Zuruͤckkunft in Schweden ſchrieb er an unſern Verfaßer nach Paris, wo er ſich damals be⸗ fand, und bat ihn um eine Abbildung und Beſchreibung deſſelben, die er in den Schwediſchen Abhandlungen zur Befoͤrderung der Zergliederungskunſt, und zum Nutzen ſeiner Landsleute bekannt machen wollte. Es wurden ihm die Zeichnungen und die Beſchreibung von Paris aus zugeſchickt; aber ſie giengen unterwegs verlohren. Unſer Verfaſſer ſchickte ihm von London aus eine andere Copie davon, deren Schickſal ich nicht weiß. Ich habe am Ende dieſes Werks dieſe Zeichnungen nebſt der Beſchreibung und einer Abſchrift von dem Briefe hinzugefuͤgt, der ſie begleitete. Herr Doctor Troja, ein beruͤhmter Profeſſor zu Neapel, und Mit⸗ glied der koͤniglichen Akademie dieſer Stadt, redet in einer Diſſertation von den Augenkrankheiten, ſo er im Jahre 1780 herausgegeben hat, von dieſem neuen Augenkanal, und ſagt darinn, daß die Entdeckung deſſelben unſerm Verfaßer zugehoͤre, der ihm denſelben zu Paris in einem Ochſenauge ge⸗ zeigt habe. Es kam nur auf unſern Verfaſſer an, dieſem Werke ein originelleres Anſehen zu geben, und es ſogar in gewiſſem Betracht vollſtaͤndiger erſcheinen zu laſſen. Er durfte nur die Wege geheim halten, durch welche er zu den Wahrheiten gelangt war, die er entdeckt hat, und die Methoden und Verfah—⸗ rungsarten verſchweigen, die ihn darauf gebracht haben. Der aufgeklaͤrte Leſer wird finden, daß, ſo wie er in dem Leſen dieſes Werks weiter kommen, und unvorhergeſehene Schwierigkeiten antreffen wird, die von dem Verfaſſer ausgeſonnenen Verſuche, um ſie zu uͤberwinden, ſich ſo natuͤrlich darbieten werden, daß er faſt ohne es gewahr zu werden, glauben ſollte, ſie ſelbſt erdacht zu haben; ſo einfach ſind ſie, und ſo ſehr ſtehen ſie am rechten Orte. Eben ſo ſcheinen die neuen Kenntniße und die zahlreichen Unterſuchungen, welche in der Folge des Werks angezeigt ſind, aus der Materie ſelbſt zu fließen, und nicht von dem Verfaſſer herzukommen. Er konnte auch nicht von den Dingen reden, die zweifelhaft oder unbeſtimmt waren; er konnte die Fragen mil Still⸗ ſchweigen uͤbergehen, die er nach ſo vielen Verſuchen ſelbſt nicht Mienen onnte. X Vorbericht. konnte. Man wuͤrde fein Werk vollkommener gefunden haben, weil die Unwiſſenheit nicht anders leidet, als wenn man fie kennt; aber unſer Verfaſſer hat allenthalben die Deutlichkeit und den Nutzen dem eiteln Ruhme vorgezogen. 5 Es wird freylich wohl eine Klaſſe von Menſchen geben, denen dieſes Werk gewiß nicht gefallen wird; und dieſe Klaſſe iſt weder die am wenigſten zahlreichſte, noch diejenige, ſo die wenigſten Anhaͤnger hat. Sie beſteht aus den vorgeblichen Naturkuͤndigern, welche die Natur in ihrem Studierzimmer erklaͤren, welche uͤber uͤbel beobachtete und in den Buͤchern nachgeſchriebene Thatſachen nachdenken, alſobald die Urſachen davon errathen, und ſich ein⸗ gebildete Urſachen als wirklich vorſtellen, um Wirkungen zu erklaͤren, die nie⸗ mals anderswo, als in ihrer Einbildung vorhanden geweſen ſind, die mit ei⸗ nem Worte Romane den Erfahrungen und der Wahrheit vorziehen. Dieſer Art von Leuten, die gewohnt ſind, in der Naturlehre Romane zu leſen und zu ſchreiben, muß gegenwaͤrtiges Werk trocken, ununterhaltend, und unphiloſophiſch vorkommen, und dieſen kann ich nicht anrathen, es zu leſen; aber diejenigen im Gegentheil, welche die Wahrheit und gewiſſe Beob⸗ achtungen lieben, werden unendlich damit zufrieden ſeyn. Was mich anbe⸗ trift, ich kenne keinen Gegenſtand weder in der Naturlehre, noch in der Arz⸗ neykunſt, der mit einem groͤßern Reichthum von Erfahrungen abgehandelt waͤre, als dieſer, von dem jezt die Rede iſt. Wenn ein Werk auf gewiße und neue Wahrheiten gegruͤndet iſt, ſo gewinnt man immer, wenn man es lieſt, wenn es auch uͤbel geſchrieben, uͤbel verſtanden, und uͤbel vorgetragen waͤre. Die neuen Wahrheiten, die es ent⸗ haͤlt, ſind wirklicher Gewinn fuͤr den Weltweiſen, und er kann ſich derſelben leicht bedienen, wahrere Syſteme, richtigere Meinungen darauf zu bauen, und endlich die wahren Geſetze der Natur zu entdecken. Aber was fuͤr ein Zutrauen muß uns nicht ein Schriftſteller ein⸗ floͤßen, welcher, nachdem er geſagt hat: „ich habe mehr als ſechstauſend Verſuche angeſtellt, mehr als viertauſend Thiere beiffen laſſen, ich habe mehr als dreytauſend Vipern gebraucht,“ kein Bedenken traͤgt, hinzuzuſetzen: Ich kann mich doch geirrt haben.. und 1 ift, Vorbericht. XI iſt faſt unmoͤglich, daß ich mich nicht geirrt haben ſollte! Was fuͤr ein Unterſchied zwiſchen dieſem Schriftſteller, und ſo vielen andern! zwiſchen Meinung und Gewißheit! zwiſchen Unwißenheit und Kenntniß! Dieſes Werk, das ſo reich an der ungeheuren Menge neuer Wahrhei⸗ ten, und ſo wichtig wegen der Weitlaͤuftigkeit und Schwierigkeit der Unter⸗ ſuchungen iſt, die es enthaͤlt, wuͤrde nicht ohne die Unterſtuͤtzung des großen Goͤnners zu Stande gekommen ſeyn, dem der Verfaſſer zu dienen das Gluͤck hat; aber unterdeßen daß die Wohlthaten eines philoſophiſchen Oberhaupts dem gelehrten Europa ſo viele Erfahrungen und Entdeckungen derſchaffen, wird auch der Nutzen, den der Verfaßer ſich von den Mitteln zu machen ge⸗ wußt hat, die ihm auf ſeinen Reiſen angeboten ſind, ohne Zweifel die Dank⸗ barkeit und Verwunderung der Gelehrten rege machen, und man wird immer erſtaunen, daß ein Werk, welches ſo viele Arbeit gekoſtet hat, in Paris und London entſtanden iſt, wo der Verfaſſer, ſo zu reden, nur durchreiſete. 2 Vorrede — Vorrede des Ueberſetzers. S Och ſtand lange bey mir an, ob ich aus gegenwaͤrtigem Werke, von dem das teutſche Publikum hier eine Ueberſetzung bekommt, einen Auszug liefern ſoll⸗ te, oder nicht. Auf der einen Seite ſchienen die Weitlaͤuftigkeit, welche in demſelben herrſcht, und die Dicke des Buchs, ihn zu erfodern. Denn man iſt jezt nicht mehr gewohnt, dicke Bücher zu leſen. Es muͤßen lauter duͤnne Modebaͤndchen ſeyn. Allein auf der andern Seite zeigten ſich mir mehr als ein wichtiger Grund, welche mich zweifelhaft machen konnten, was ich thun ſollte, und mich endlich zu dem leztern beſtimmten. Zuerſt entſtand wohl na⸗ tuͤrlich die Frage bey mir, was den Verfaſſer bewogen habe, ſo weitlaͤuftig zu ſchreiben? Es wuͤrde ihm ein leichtes geweſen ſeyn, ſeine vielen Ver⸗ ſuche, die er angeſtellt hat, nicht ſo umſtaͤndlich zu erzaͤhlen, ſondern von jeder Art nur einen, oder hoͤchſtens ein paar anzufuͤhren, und hernach mit wenigen Worten die Reſultate der uͤbrigen hinzuzufuͤgen. Aber er ſahe viel zu gut ein, wie viel der Leſer dabey verlohren haben wuͤrde. Die vortrefliche Methode des Verfaſſers, Verſuche anzuſtellen, das erfinderiſche in der Abaͤnderung der Verſuche, mit einem Worte, den ganzen Gang, dem er dabey unermuͤdet ge⸗ folgt iſt, und dem er folgen mußte, wenn er das leiſten wollte, was er wirklich geleiſtet hat, wuͤrde man ihm nicht haben ablernen koͤnnen. . Aber wenn ich auch dieſen Vortheil fuͤr den wohlfeilern Preis ſowohl, für welchen der Käufer den Auszug bekommen koͤnnte, als auch für die modi⸗ gere Geſtalt des Buchs haͤtte aufopfern wollen, fo war es wahrlich ER leichte Vorbericht. XIII leichte Sache, einen Auszug daraus zu liefern, ohne daß das Buch ſelbſt noch auf andere Art weſentlich dadurch verloren haͤtte. Man muß ſich, wenn man das wichtige aus einem Werke ausheben will, ohne doch dabey den Plan aus den Augen zu ſetzen, den ſich der Verfaſſer bey Verfertigung deſſelben vorgeſetzt hat, ganz in ſeine Lage ſetzen koͤnnen. Nun hat aber der Verfaſſer nach einem voͤllig neuen, ihm ganz eigenen Plane gearbeitet, und Dinge entdeckt, die vor ihm noch niemand einmal vermuthet hatte; und dafuͤr die Meinungen ſeiner Vorgaͤnger faſt alle verworfen. In einem Auszuge wuͤrde es wohl ſchwerlich moͤglich geweſen ſeyn, die Deutlichkeit und Gruͤndlichkeit beyzubehalten, mit welcher der Verfaſſer dieſes in ſeiner vortreflichen Schrift zu Stande gebracht hat. a Da uͤbrigens ein Auszug faſt immer nur eine Verſtuͤmmelung des Werks iſt, aus dem man ihn gemacht hat, ſo wuͤrde es außerdem, ohne die ausdruͤckliche Einwilligung von dem Verfaßer dazu zu haben, nicht einmal erlaubt geweſen ſeyn, ſein Werk auszugsweiſe zu uͤberſetzen. Ein Mann, dem wir ſo vieles zu verdanken haben, als ihm, verdiente es wohl, daß wir ſein Werk, welches mit Recht ein klaßiſches Werk heißen kann, unſerer Nach⸗ welt unverſtuͤmmelt überlieferten; und ein jeder, der ihn zu ſchaͤtzen weiß, wird dies ganz billig finden, und für fein ganzes Werk gern noch einmal fo viel be: zahlen, als fuͤr einen Auszug daraus. Eben dieſe Gruͤnde ſind auch die Urſache geweſen, warum ich nicht einmal in Anſehung des Zuſatzes am Ende des zweyten Bandes eine Aende⸗ rung vorgenommen habe, den der Verfaßer erſt hinzufuͤgte, nachdem ſchon das gonze Werk abgedruckt war. Ich haͤtte denſelben leicht zerſtuͤcken, und jedes Stuͤck an dasjenige Kapitel haͤngen koͤnnen, auf welches es ſich bezieht. Aber da der Verfaßer erſt nach und nach auf diejenigen neuen Wahrheiten gekommen iſt, die fein Werk in großem Maaße enthält, fo war es ganz na⸗ tuͤrlich, daß er durch wiederholte Verſuche ſich zuweilen noch beßer belehrte, als er im Anfange gekonnt hatte, ja wohl gar ſeine vorhin gemachten Schluͤße bey einer weitern Unterſuchung falſch fand. Der Leſer wird es daher nicht wiedernatuͤrlich finden, daß der Verfaſſer in dem Zuſatze manche Meinung einſchraͤnkt, oder wohl gar wiederruft, die er im Anfange feines Werks be— hauptet hatte. Aber wie wiederſinnig würde es ihm nicht 55 N eyn, Ian | Vorbericht. ſeyn, wenn er gefunden haͤtte, daß er ſich in einem und eben demſelben Kapitel widerſpraͤche? 8 8 Ich habe alſo nichts an dem ganzen Werke geaͤndert, ſondern es vollkommen eben ſo geliefert, als ich es im Originale gefunden habe, bloß das Regiſter ausgenommen. Dieſes bezieht ſich im Originale nicht mit auf den Zuſatz am Ende des zweyten Bandes; und beſchließt auch das ganze Werk nicht. Ich habe daſſelbe in dieſem Stuͤck vollſtaͤndiger gemacht, und es ganz zu Ende des Werks drucken laſſen. Er | Phy⸗ Pyyſiſche Unterſuchungen iiber das JFC Se Erſter Theil. Einleitung. Worinn gezeigt wird, wie wenig die Schriftſteller in Anſehung der Viper mit x einander uͤbereinſtimmen. eutiges Tages leugnet niemand, daß wir keinen andern Wegweiſer bey der Unterſu⸗ chung der natuͤrlichen Wahrheiten haben, als die Bekanntſchaft mit den Erfahrun⸗ gen. Nur nach Erfahrungen kann ſich der Weltweiſe ſchmeicheln, ein vernuͤnftiges Sy— ſtem zu ‚errichten, oder richtig von denjenigen zu urtheilen, die man ſchon aufgebauet hat. Die Beobachtung iſt das einzige Licht, mit dem wir im Stande find, die Finſterniß zu zerſtreuen, welche die verborgenen Urſachen der natürlichen Begebenheiten umhuͤllt. Mit einem Worte, bloß den Bemühungen der Beobachter hat man die ſchnellen Fortſchritte zu danken, ſo die Weltweisheit in unſern Tagen gemacht hat. Aber es iſt nichts, was bieſe Fortſchritte mehr aufhält, als die geringe Uebereinſtimmung, welche man unter den Schriftſtellern wahrnimmt, ſelbſt wenn von Erfahrungen vie Rede iſt, das heißt von ſolchen Dingen, die man mit Haͤnden greifen, und mit Augen ſehen kann. Es iſt nichts ge⸗ woͤhnlicher, als zu ſehen, daß die Beobachtungen dieſer Art, ſo doch uͤbrigens von Maͤn⸗ nern gemacht worden, welche die Aufrichtigkeit ſelbſt find, oft durch andere widerlegt wer⸗ den, oder ſich ſelbſt wider ſprechen. Wo ſteckt die Urſache und die Quelle dieſer Irrthuͤ⸗ mer? Iſt ſie der Partheygeiſt, oder die Schwierigkeit gut zu beobachten? Dem mag ſeyn, wie ihm wolle, ſo iſt es und bleibt es allemal wahr, daß man, nachdem man die beruͤhniteſten Schriftſteler um einer Sache willen zu Rathe gezogen hat, die man deutlich Fontana J. B. A einzu⸗ —— 2 — einzuſehen wuͤnſcht, ſich oft in einer eben fo großen Unwiſſenheit und in eben ſolchen Zmek feln befindet, als vorher. Ich habe daher geglaubt, daß ich, ohne die Hochachtung zu beleidigen, ſo man dem Anſehen dieſer groſſen Maͤnner ſchuldig iſt, nicht anders verfah⸗ ren koͤnnte, als mich auf meine eigenen Augen zu verlaſſen; und um meine Erfahrungen entſcheidender zu machen, habe ich mir angelegen ſeyn laſſen, gut zu ſehen, die Erfahrungen meiner Vorgaͤnger mit den meinigen zu vergleichen, alle beſondern Umſtaͤnde derſelben wohl aus einander zu ſezen, und endlich ausfindig zu machen, was wohl eigentlich Schuld an der groſſen Verſchiedenheit in ihrer Art zu ſehen, und in ihren Meinungen geweſen iſt. Dies iſt der wahre Grund, der mich bewogen hat, die folgenden Erfahrungen zu ſammeln. Ohne dieſen Bewegungsgrund wuͤrde ich ſie gern mit Stillſchweigen uͤbergan⸗ gen ſeyn, um den Leſer nicht zu ermuͤden, wenn ich ihm Dinge vortrage, die ſchon von andern bekannt gemacht ſind. Die Erfahrungen, welche ich erzaͤhlen wil, betreffen die Viper, und zwar nicht ſo ſehr die Zergliederung und den beſondern Bau einiger ihrer Theile, als die Natur und Beſchaffenheit des Gifts dieſes Thiers. Die Leichtigkeit, mit welcher man ſich zu Pi⸗ ſa, wo ich meine Erfahrungen gemacht habe, Vipern verſchaffen kann, ſetzte mich in den Stand, meine Unterſuchungen aufs aͤuſſerſte zu vervielfaͤltigen und zu veraͤndern. Ich wuͤrde meine Zeit unnuͤz angewandt haben, wenn ich mich mit weiter nichts, als mit der Ausrottung der gemeinen Vorurtheile haͤtte beſchaͤftigen wollen, welche uͤber dieſe Mate⸗ rie mit Macht zu den Zeiten des Redi im Schwange giengen. Wir haben es dieſem Schriftſteller zu danken, daß er fie bekannt gemacht, und aus der Naturgeſchichte aus— gemerzt hat. Er kannte ſelbſt den Werth der Zeit; man kann davon urtheilen aus dem, was er am Ende ſeines Schreibens an Magalotti ſagt, nemlich; Que il perder tempo 5 piu ſa, piu ſpiace; je W man ſich belehrt hat, deſto ungerner verliert man die it. Als ich ſahe, daß die oft wiederholten Beobachtungen eines ſo beruͤhmten Mannes, als Mead ift, des Redi feinen gerade nee n fo muß ich geſtehen, daß der Na⸗ zen, den ich mir von der Unterſuchung der Quelle der Irrungen dieſer beyden groſſen Maͤn⸗ ner verſprach, und das Vergnuͤgen neue Wahrheiten zu finden, mich inſonderheit bey dieſer Unternehmung aufmunterten, ohne die Gefahr zu achten, der man fich bey der Be- handlung ſo giftiger Thiere ausſezt. Vor allen Dingen glaubte ich hier etwas von den Zaͤhnen und andern Theilen der Viper ſagen zu muͤſſen, und wenn ich im Vorbeygehen einige Wahrheiten anfuͤhre, die ſchon andere Beobachter bekannt gemacht haben, ſo geſchieht dies aus keiner andern Urſa— che, als um mehr Deutlichkeit in mein Werk zu bringen, und der unpartheyiſche Leſer wird es mir gern verzeihen, inſonderheit wenn er ſehen wird, daß ich dieſe Wahrheit mehr beſtaͤttigt, und die Erfahrungen, auf welche ſie ſich geimden⸗ auf fo mancherley Art vers aͤndert habe, daß niemand mehr den geringſten Zweifel übrig behalten kann. Erſtes —— ng | Erſtes Kapitel. Von der Anzahl, dem Bau, und dem Gebrauche der Zaͤhne der Viper. ) wo Man hat ſchon vieles uͤber den Bau und den Gebrauch der groſſen oder Hundszaͤhne der Viper geſchrieben. Sie waren ſchon vor den Zeiten des Redi ſo gar durch das Miero— ſeop unterſucht worden. Man hatte geſehen, daß fie bis in ihre Spitze hohl find, und aus kleinen Möhren beſtehen. WRedi überzeugte ſich davon vollkommen, ſelbſt mit bloſſen Augen. Er fand, da er ſie trocken unterſuchte, daß ſie, wenn er ſie entzwey ſchlug, ſich in drey oder vier Stucke zerſpalteten, von der Grundflaͤche an bis in die Spitze, und deut: lich ihre innere Hoͤhle ſehen lieſſen. Aber er leugnet entſcheidend, daß dieſe Höhle einen Durchgang für die gelbe Feuchtigkeit abgebe, und dieſes Gift aus dem kleineu Loche her: ausſprize, welches ſich an der Spize des Zahns befindet, wenn die Viper beiſſet. Er ſagt, er habe den Vipern das Maul geoͤfnet, und allzeit geſehen, daß dieſe gelbe Feuchtigkeit, wenn ſie beiſſen, laͤngs dem Zahn von oben nach unten und nach auſſen zu flieſſe; und niemals aus demſelben komme. Ich habe mich davon, ſezt Redi hinzu, durch viele Verſuche, und das oft wiederholte Seugniß meiner eigenen Augen genug⸗ ſam uͤberzeugt. 5 Der berühmte Valisnieri ſezt noch hinzu, daß die Hundszaͤhne der Viper auf der Seite vier ſehr kleine Löcher haben. Er glaubt, der feinfte Theil des Gifts dringe durch dieſe kleinen Löcher eus dem innern des Zahns in die Wunde, unterdeſſen, daß der dicke⸗ ſte und groͤbeſte Theil deſſelben längs feiner Oberfläche dahin flieſſe. Mead und Ki: cholls berufen ſich hingegen auf die Aehnlichkeit, welche die Viper mit der Klapperſchlan⸗ ge hat, bey der man ſehr deutlich dieſe Feuchtigkeit aus dem Zahne herausflieſſen ſieht; und ſie behaupten, daß auch bey der Viper das Gift aus der Spitze der Hundszaͤhne oder we⸗ nigſtens aus einer Oefnung komme, die ſie nach dem Ende zu haben. Ich habe mehr⸗ mals die Verſuche des Redi wiederholt, ich habe dieſen Thieren, wenn ſie lebten, das Maul aufgebrochen, aber ich geſtehe, daß ich mich niemals habe gut uͤberzeugen koͤnnen, ob dieſe giftige Feuchtigkeit wirklich aus dem Zahne kam, oder ob ſie nur längs demſelben nach auſſen zu von der Grundflaͤche nach der Spitze floß. Hielt ich den Kopf der Viper ſo, daß die Spize der Zaͤhne gegen die Erde gekehrt war, ſo durfte ich nur die Muſkeln des Gaumen ſtark drucken, um dieſe gelbe Feuchtigkeit ſchnell von der Grundflaͤche bis in die Spitze des Zahns ſchieſſen zu ſehen; hingegen wenn die Zähne nach oben zu gekehrt wa⸗ ren, fo nahm ich wahr, daß fich das Gift ſogleich um die Grͤndflaͤche des Jahns verſam⸗ melte, und den ganzen Raum der Scheide anfüllte, fo ihm zur Hülle dient. Redi be⸗ a A 2 hauptet ) Um die Kenntniß der in dieſem Kapitel beſchriebenen Theile zu erleichtern, habe ich aus dem Werke des Hrn. Mead einige Abbildungen vom Vipernkopfe entlehnet. Man ſehe Taf. I. und die Erklärung derſelben. Auch wird der Leſer wohl thun, ſelbſt guf Taf. II, einen Blick zu werfen, ehe er weiter lieſt. + hauptet ferner, daß dieſe Scheide der wahre Behälter ſey, worinn ſich dieſe Feuchtigkeit niederlege und aufhalte; er glaubt, daß fie von einer kleinen benachbarten Druͤſe abge ſondert werde, die unter den Augenhoͤlen liege. Micholls hingegen ſagt, es ſey ein kleines Blaͤsgen oder ein kleiner Sack da, anſſer der Scheide, und dieſe Druͤſe zu einem ganz andern Gebrauche beſtimmt, etwa eine lymphatiſche oder ſpeichelartige Fluͤſſigkeit abzuſondern. 5 . f In dieſer Ungewißheit ſahe ich wohl, daß es am beſten ſeyn würde, wenn ich mit meinen eigenen Augen den Bau der Zaͤhne der Viper unterſuchte, um den Gebrauch derſelben daraus richtig kennen zu lernen; um ſo mehr, da die Beſchreibungen, ſo dieſe Schrift ſteller davon machen, dunkel find, und die Beobachtungen der beyden Engländer des Redi ſeinen widerſprechen. Die Viper hat vorne und oben am Kopfe auf beyden Seiten einen beweglichen Knochen, der einen Theil der obern Kinnlade ausmacht. Ein jeder dieſer beyden Knochen hat zwey Zahnhoͤhlen neben einander; fie find nur durch eine unbewegliche aber ſehr zerbrech⸗ liche duͤnne Zwiſchenwand von einander abgeſondert, deren Subſtanz ſchwammigt und der Subſtanz des Knochen aͤhnlich iſt. In dieſen Zahnhoͤhlen ſtecken die Hundszaͤhne, die man darinn zuweilen in der Zahl von vier, ſeltener von drey, und noch öfter von zwey findet. Man beobachtet, daß dieſe Zähne, wenn isrer vier da find, nicht alle gleiche Staͤrke und Fe⸗ ſtigkeit in ihren Höhlen haben: es find ihrer alsdann insgemein zwey oder wenigſtens einer, die beweglich find, und welche man, ohne fie zu zerbrechen, ausreiſſen kann; bey den an- dern iſt man dieſes nicht im Stande; die kann man niemals ganz ausreiſſen, ob ſie gleich keine Wurzeln, wie unſere Zaͤhne haben. Ich habe ihrer zuweilen drey gefunden, die los waren; Auch einige Vipern nur mit zwey Hundszaͤhnen geſehen, bey denen fie in⸗ zwiſchen beyde ſchwach und los waren; allein ein ſolcher Fall iſt ſehr ſelten. | Unten an diefen groffen Zähnen und gänzlich auſſer den Zahnhoͤhlen findet man allzeit fechs oder ſieben ſehr kleine Zaͤhne; ihre Zahl beläuft ſich zuweilen fo gar bis auf acht. Betrachtet man fie aufmerkſam mit einem Vergroͤſſerungsglaſe, fo ſieht man, daß ſie mit ihrem Fuſſe auf einer Art von ſehr feinen und ſehr weichen haͤutigen Gewebe feſt⸗ ſizen. Dieſe kleinen Zähne regnen immer an Groͤſſe ab, je weiter fie von den Höhlen der Hundszaͤhne entfernt ſind; diejenigen, welche den Zahnhoͤhlen am naͤchſten ſind, ſind auch am beſten ausgebildet und die haͤrteſten. Die andern ſind kleiner, zarter, nicht ſo gut gebildet, und wie ſchleimigt, inſonderheit an ihrer Grundflaͤche. Sie ſcheinen wirf- lich ihre Bildung einer weißlichten und gallertartigen Materie zu danken zu haben. Auſſer dieſen beyden Arten von Zaͤhnen, von denen ich eben geredet habe, hat die Viper noch welche von einer andern Art, fo viel kleiner find, als die andern; fie ſe— hen kleinen Haken gleich, und ſizen an der Zahl von zehn, eilf und zuweilen funfzehn in zwey kleinen ziemlich langen und parallel laufenden Knochen fefi, welche auf beyden Seiten N die 7 — 5 die obere Kinnlade ausmachen; und an der Zahl von acht, neun und zuweilen zwölf in je⸗ dem von den beyden Knochen, woraus die untere Kinnlade beſteht. Die Hunds⸗ oder großen Zähne, fo wie auch die andern kleinern, welche ſich an ihrem Fuße befinden, find in einer Scheide eingeſchloſſen, welche fie von allen Seiten be⸗ deckt, und aus ſehr ſtarken Fibern und einem Zellengewebe beſteht. Sie iſt allezeit nach der Spitze des Zahns zu offen, und endigt ſich daſelbſt durch das Zurückſchlagen ihrer bey: den Flächen in einen, oft gezahnten, Saum. Es ſcheint dieſe Scheide eine Verlaͤnge— rung der aͤußern Haut des Gaumen zu ſeyn. Selten iſt der Hundszahn länger als drey Linien Pariſer Maaß; und fein Durch— meſſer an der Grundfläche beträgt ſchwerlich mehr, als eine halbe Linie. Er hat die Ge— ſtalt eines etwas platten und nach der Grundfläche zu ſehr wenig gekruͤmmten Horns. Er endigt ſich in eine ſehr ſcharfe Spitze, nach welcher zu er allmaͤhlig feine Krümmung ver- liert, und oben faſt gerade wirde Ueber die Mitte des Zahns hinaus nach der Spitze zu, und auf der erhabenen Seite, entdeckt man auch mit bloßen Augen eine kleine, ſehr feine, aber ziemlich lange Oefnung, die ſich in eine ſchwach vertiefte kaum anders, als durch das Microſcop ſichtbare Aushoͤhlung endigt, und fo bis nach der Spitze hinauf geht. Man kann in dieſe Oefnung leicht Haare vom Barte der Fuͤchſe, Katzen, Hunde u. ſ. w. hin⸗ einbringen; durch das Mieroſcop ſieht man, daß es ein Spalt iſt, der den vierten Theil der Länge des Zahns beträgt, und hoͤchſtens den zehnten Theil von feiner Breite hat. Er macht mit ſeiner aͤußern Kante eine ſehr lange oder zuſammengedruͤckte Ellypſe, die aber nach der Grundflaͤche des Zahns zu ein wenig breiter iſt. Dieſer Spalt dringt bis in das innerſte des Zahns, end hat auf beyden Seiten zwey Raͤnder oder kurze dicke und erhabene Lippen. Man findet noch eine andere Oefnung auf der erhabenen Seite des Zahns nach der Grundflaͤche zu, und nahe an der Stelle, wo er in der Zahnhoͤhle ſteckt. Dieſe Oefnung faͤngt ſich auch mit einer kleinen nicht tiefen Furche an, unmittelbar da, wo der Zahn aus ſeiner Hoͤhle kommt. Sie iſt viel breiter als die erſte, aber nicht laͤnger. So wie dieſe Aushoͤhlung oder Rinne in den Zahn dringt, fü durchbohrt fie ihn feiner gan— zen Laͤnge nach, und bildet einen Canal, der ſich in dem ellyptiſchen Loche der Spitze en— digt. Man kann leicht ein Haar von der einen Oefnung bis zur andern dadurch ſtecken, in— ſonderheit wenn man die Vorſicht gebraucht, es unten hineinzuſtecken, wo der naturliche Eingang dieſes Canals iſt. Der Rand dieſer zweyten Oefnung gleicht einer Parabel, de— ren Grundlinie über die knochichten Ränder der Zahnhoͤhle geht, und welche mit ihren andern beyden Seiten ſich in eine etwas ſtumpfe Spitze nach der Spitze des Zahns zu en⸗ digt. Der Hundszahn der Viper iſt alſo feiner Laͤnge nach hohl, von der Grundfläche bis nach der Spitze, und hat auf feiner erhabenen Seite zwey Oefnungen. Dieſe Hoͤh⸗ lung iſt inzwiſchen nicht fo beſchaffen, als man fe ſich nach der dritten Figur des Mead, und der Beſchreibung des Redi vorſtellen möchte, 5 A 3 Der — 6 Der Zaha der Viper hat faſt in feiner ganzen Länge eine doppelte Hoͤhlung; dieſe Wahrheit iſt bisher allen Beobachtern unbekannt geweſen. Dieſe beyden Roͤhren oder Canale haben keine Gemeinſchaft mit einander; ſie ſind gegen die Grundfläche zu von einer ſehr zerbrechliche knochichten Zwiſchenwand von einander abgeſondert, welche aber ein wenig ſtaͤrker wird, fo wie fie der Spitze näher kommt. Der eine von dieſen Canaͤlen, welchen ich den aͤußern nenne, weil er ſich auf der erhabenen Seite des Zahns befindet, nimmt wie man geſehen hat, unten auf der dreyeckigten Oefnung feinen Anfang, und geht, indem er immer weiter wird, bis in die Mitte der Laͤnge des Zahns, wo er wieder allmaͤhlig enger wird, und endigt ſich in die ellyptiſche Oefnung an der Spitze. Der in⸗ wendige Canal hingegen, welcher ſich auf der hohlen Seite des Zahns befindet, faͤngt an der Grundfläche mit einer großen Oefnung an, von da geht er weiter, indem er nach und nach enger wird, und endigt ſich endlich in eine blinde Spitze über der Mitte des Zahns. Was die mittlere Zwiſchenwand anbetrift, welche dieſe beyden Hoͤhlen von einander ab⸗ ſondert, ſo hat dieſelbe auch eine krumme Figur, und iſt mit ihrer erhabenen Seite nach der Hoͤhle desjenigen Canals zu gekehrt, den ſie endigt; ſo daß ſie mehr eine krumlinigte knochichte Figur und einen abgekuͤrzten Kegel, als einen vollkommenen Kegel vorſtellt. Dieſer blinde Canal ſteht mit der Hoͤhle in Gemeinſchaft, in welcher der Zahn ſteckt, und bekommt Blutgefäße und Nerven, die durch ein kleines oval rundes Loch laufen, ſo man mit bloßen Augen ſehen kann, und welches ſich nach Ser innern Seite der Kinnlade zu in die Seitenwände der Zahnhoͤhle ſelbſt oͤfnet. Dieſer Knochen der Kinnlade iſt auch von einem großen runden Loch durchbohrt, mit welchem ein Canal ſeinen Anfang nimmt, der ein wenig nach unten und ſeitwaͤrts befindlich iſt, und ſich auf der einen Seite in die Zahn⸗ Höhle oͤfnet, und auf der andern nach dem äußern Rande der Oberfläche dieſer nemlichen Kinnlade, ſeitwaͤrts und mehr nach unten zu. 5 N Die kleinen Zaͤhne, ſo ſich an der Grundflaͤche der großen befinden, kommen ihnen vollkommen gleich, was ihren ſowohl innerlichen, als aͤußerlichen Bau betrift. Inſonberheit gleichen ihnen diejenigen, welche ihnen am naͤchſten ſitzen, und die feſteſten ſind, in allem Betracht, ausgenommen allenfalls, daß ihre Grundfläche keine fo gut be⸗ ſtimmte Geſtalt hat. Sie baben alle, wie die großen das ellyptiſche doch nach der Spitze zu, und einen Theil von dem dreyeckigten Loch an der Grundflaͤche; man entdeckt auch bey ihnen die beyden Canaͤle, den inwendigen und auswendigen. ö Es verhält ſich nicht eben ſo mit den andern ſehr kleinen Zähnen, von denen ich. geredet habe, welche in einer viel groͤßern Anzahl und in beyden Kinnladen vorhanden ſind. ; Dieſe find nicht hohl, und haben keine Art von Oefnung weder an der Spitze noch unten. Ve —ͤ——— Zwez⸗ ET 7 = Zweytes Kapitel. Die gelbe Feuchtigkeit kommt aus dem Zahne. Wenn die Viper beiſſen will, ſo heben ſich die Hundszaͤhne mit einem Mechanismus, den Nicholls vollkommen gut beſchrieben hat, in dem anatomiſchen Anhange, der ſich hinter Meads Abhandlung von den Giften befindet. Aber diejenigen von den großen Zaͤhnen, welche nicht fo feſt in ihren Zahnhoͤhlen ſitzen, richten ſich alsdann um fo viel weniger auf, je beweglicher fie find, und je loſer fie in der Kinnlade ſtecken. Wicholls behauptet, daß, wenn einer oder zwey von den großen Zaͤhnen les ſind, die Viper nur mit einem einzigen Zahn auf jeder Seite beiffen koͤnne. Er gruͤndet zwar feine Meinung auf keine Erfahrung, aber er ſcheint ſich auf gewiſſe Endurſachen zu berufen, die ich nicht zugeben kann, weil in der Naturlehre ſolche Arten von Beweiſen gar nichts mehr gelten. Er führt an, es fen eine ſolche Entfernung zwiſchen den beyden Hundszaͤhnen der Klap— perſchlange, daß die gelbe Feuchtigkeit, welche durch einen Canal zwiſchen dieſen beyden Zähnen zufließt, ganz in die Scheide fließen wuͤrde, und nicht in die Wunde kommen koͤnnte, welche die Schlange gebiſſen hätte; und deshalb glaubt er ganz feſt, daß der Ca— nal dieſer Fluͤſſigkeit gerade Loch der Grundfläche nur des einen Zahns auf jeder Seite paßt, mit welchem die Viper dasjenige faßt, was ſie beißt. Aber außer dem, daß man keine Werk euge gewahr wird, dieſe Verrichtung ins Werk zu bringen, und den Mecha— nismus derſelben nicht entdeckt; ſo kann ich auch verſichern, daß ich zuweilen bey der Vi— per alle vier Zaͤhne von gleicher Feſtigkeit und Staͤrke in ihren Hoͤhlen geſehen habe, und noch öfter habe ich gefunden, daß ihrer drey ganz feſt darinn ſaßen, und ſehr wohl im Stande waren, zu faſſen und zu beiſſen. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß in die⸗ ſem Falle die Viper nicht blos mit zwey Zaͤhnen, mit einem auf jeder Seite beiſſen kann; fendern daß fie zugleich mit allen denjenigen faſſen muß, welche feſt in ihren Zahnhoͤhlen ſtecken; und davon habe ich mich durch die Erfahrung ſelbſt überzeugte. Es iſt demnach nicht wahr, wie es Nicholls behauptet, daß der Gang dieſer gelben Feuchtigkeit nur auf einen einzigen Zahn paßt, wenn die Viper beißt. Uebrigens findet ſich diefer Zwiſchen— raum, welchen er zwiſchen den Hundszaͤhnen der Klapperſchlange beobachtet hat, nicht eben ſo bey unſern Vipern, deren Zaͤhne ſich faſt von unten bis in die Spitze beruͤhren, und genau an einander ſtoßen, fo daß gar keine Fluͤſſigkeit dadurch fließen kann, und noch weniger die gelbe und giftige Feuchtigkeit, die ein wenig klebricht iſt. Ferner iſt es ausge⸗ macht, daß die Viper nicht allein mit den Zaͤhnen beißt und faßt, welche in ihren Hoͤhlen feſtſitzen, ſondern auch oft mit denen, die los ſind. Unter zehn Vipern, die ich unter— ſuchte, waren ihrer drey, welche in ihren Zahnhoͤhlen zwey los, und zwey feſtſitzende Zah- ne hatten. Die ſieben andern hatten nur einen einzigen beweglichen, und zwey ganz feſt fisende Zähne. Wenn ich eine von den erſten drey Vipern, und zwey von den ſteben letz— tern ausnehme, ſo faßten fie alle, als ich ihnen ein Stuͤck von einer gekochten und von ih⸗ rer Scheide entbloͤßten Ochſenſehne vorhielt, Diefelbe fahr feſt, und ließen darin die Spu⸗ ren 8 ren aller ihrer Zaͤhne deutlich zuruck. Ich muß jedoch ſagen, daß ihre Zaͤhne, welche am wenigſten feſt ſaſſen, nicht ſehr beweglich waren; und daß, wenn ſie ſehr wackeln, ich mich uͤberzeugt habe, daß ſie ſich alsdann ſo wenig heben, daß es durchaus unmoͤglich wird, daß ihre Spitze denjenigen Körper faſſe, welchen die Viper ergreift. Nicholls vermuthet nach dem Redi mit vielem Scharfſinn, daß die Natur die kleinen Zaͤhne, ſo ſich unten an den andern befinden, dazu beſtimmt hat, den Mangel derer wieder zu erſetzen, welche die Viper von Zeit zu Zeit verliert; denn mes iſt gewiß, daß dieſes Thier niemals beißt, ohne Gefahr zu laufen, ſie zu verlieren. Ihre gekrümm⸗ te Figur macht, daß ſie dieſelben nur mit einiger Schwierigkeit wieder aus der Wunde ziehen kann; und ich habe zuweilen bey meinen Unterſuchungen wahrgenommen, daß dies nicht ſolche allein ſind, die los ſitzen; ſondern daß auch die feſteſten eben demſelben Zu⸗ falle unterworfen ſind. Die Duͤnne des Zahns und die Staͤrke des Thiers, welches gebiſſen worden iſt, tragen gleichfalls zu dieſem Verluſt das ihrige bey. Und dieſe Mei⸗ nung wird noch viel wahrſcheinlicher, wenn man bedenkt, daß dieſe kleinen beweglichen Zaͤhne genau eben den Bau haben, als die Hundszaͤhne; nemlich daß ſie auch mit zwey Canaͤlen (wenigſtens diejenigen, fo am beſten ausgebildet find) und mit eben denſelben Oefnungen an ihrer Grundflaͤche und ihrer Spitze verſehen ſind. Aber am Ende waren denn doch alle dieſe Wahrſcheinlichkeiten im Grunde weiter nichts, als eine Urſache mehr, die Erfahrung zu fragen, und ſich durch genaue Beobachtungen von der Wahrheit zu uͤberzeugeu. 8 | Ich habe zuweilen in einer ſolchen ZJahahoͤhle einen ſehr beweglichen Zahn beobach⸗ tet, deſſen übel gebildete und noch gallertartige Grundflaͤche ſich eben an die Nänder die— ſer tiefen Hoͤhle befeſtigen wollte. Man konnte ſo gar dieſen Zahn ein wenig aus der Zahnhoͤhle herausziehen, ohne ihn ganz daraus zu reiſſen, wegen einer zarten und ſchlei⸗ migten Materie, die ihm als Leim diente. Aber alsdann hebt ſich dieſer Zahn ganz und gar nicht. Als ich die Kinnlade bewegte, ſo bewirkte ich zwar, daß der benachbarte Zahn ſich aufrichtete; aber derjenige, von dem ich jezt rede, blieb ganz auf der Grund⸗ flaͤche des beweglichen Knochen der Kinnlade liegen. Es iſt klar, daß dieſer Zahn unter diejenigen gehoͤrt hatte, welche ſich unten an den groſſen oder Hundszaͤhnen befinden. Ich riß mit Fleiß einer groſſen Viper einen ſolchen Zahn aus, welcher beweglich war, und nicht feſt in feiner Höhle ſaß, und einige Zeit nachher wurde ich gewahr, daß der gröffefte von denen, fo unter der Scheide und neben der Zahnhoͤhle befindlich find, ein wenig naͤher nach der leeren Zahnhoͤhle zu geruͤckt war; einige Tage nachher beuchte es mir, als wenn ich ihn derſelben noch näher geruͤckt ſaͤhe. Ich ſezte meine Beobachtungen alle zwey Tage fort, und ſahe endlich, daß dieſer Zahn ſich vollkommen in die Zahnhoͤh⸗ le begeben hatte, worinn er inzwiſchen noch ſehr beweglich und los ſaß. Dieſe allmaͤh⸗ lige Näherung war in einer Zeit von weniger als zwanzig Tagen zu Stande gekommen, und zehn Tage nachher befand er ſich feſt genug darinn, daß die Viper damit beiſſen konn⸗ : te. = a 9 te. Die Nothwendigkeit die Viper oft in die Hand zu nehmen, um ſich von der Beſchaf⸗ fenheit ihrer Zaͤhne zu verſichern, und ihr mit einer Zange oder einer ſtumpfen Spitze das Maul zu oͤfnen, macht dieſen Verſuch ſehr gefaͤhrlich. Der wiederholte Druck, den die kleinen Zähne durch die Zuſammenziehung der Muſkeln der Kinnlade bekommen, und die Wirkung der Scheide ſelbſt, welche beſtaͤndig auf die Spitzen der am meiſten hervor⸗ ſtehenden Zaͤhne druͤckt, ſind wohl hinlaͤnglich, um zu machen, daß der Zahn, von dem die Rede iſt, ſich in der Zahnhoͤhle befeſtige, welche der alte ausgefallene Zahn leer ge⸗ laſſen hat. 21 5 Die lezten oder kleinſten Zähne der beyden Kinnladen dienen gewiß nicht zum Beiſſen; ſondern ihr Gebrauch beſteht darinn, daß ſich das Maul beſſer zuſchlieſſen, und das Thier feſter halten kann, welches die Viper gefaßt hat. Dieſer ſonderbare Bau bloß der Hundszaͤhne, der ſo verſchieden von dem Bau der andern Zaͤhne beyder Kinnladen iſt, kann uns ſehr leicht auf den Gedanken bringen, daß aus ihnen die gelbe Feuchtigkeit herausfließt, und daß es nicht unwahrſcheinlich ift, daß Redi, der ſonſt fo genau iſt, ſich geirret hat. Um mich noch auf eine gewiſſere Art davon zu überzeugen, band ich den Kopf einer Viper, fo ich eben getoͤdtet hatte, auf einen Tiſch ſehr feſt. Ich brauchte die Vor⸗ ſieht, um beſſer ſehen zu koͤnnen, und auch um mehrerer Sicherheit halber, die untere Kinnlade davon zu nehmen. In dieſer Lage war der Hundszahn in die Höhe gerichtet; und ich beobachtete den ellyptiſchen Spalt mit der ſtaͤrkeſten Linſe des Ellisſchen Microſcops. Ich druckte mit einem etwas ſtumpfen Stuͤck Eiſen auf den Gaumen, und ſahe alſobald in dem ellyptiſchen Loche der Spitze eine gelbe etwas durchſichtige Feuchtigkeit zum Vor⸗ ſchein kommen, welche ſich daſelbſt zu einem Tropfen bildete, und endlich längs der äuffern Oberflaͤche dieſes Zahns herunter floß. Ich wiederholte dieſen Verſuch mehrmal, und allzeit mit eben demſelben Erfolge. Ich verfiel hernach darauf, dieſes kleine Loch mit Wachs zu verſtopfen; ich druͤckte wieder auf den Gaumen; aber das Gift konnte nicht mehr durchdringen und die aͤuſſere Spitze dieſes Zahns bedecken. Ich ſahe es aber doch durch ſeine durchſichtigen Waͤnde von der Grundflaͤche nach der Spitze des Zahns durch den aͤuſſern Canal flieſſen, der damit angefuͤllt war. Ich legte an andern Koͤpfen einen etwas hervorſtehenden Ring von Wachs um den Zahn unmittelbar unter dem ellyptiſchen Loche, und nachdem ich den Gaumen ſtark gedruckt hatte, fo ſahe ich alſobald eben dieſe Feuchtigkeit mit Gewalt und Schußweiſe aus der Spize herauskommen, und ſich reichlich auf dem Ringe von Wachs ausbreiten, welchen ſis ganz rund um den Zahn bedeckte. Es gelang mir auch, wiewohl mit Mühe, das Loch unten an der Grundfläche mit Wachs zu verſtopfen, aber nun mochte ich nach und nach alle Mufkeln des Kopfs fo viel drucken als ich wollte; ich konnte es nie dahin bringen, daß nur ein Tröpfgen aus der Spitze des Zahns heraus kam; auch konnte ich durch die Waͤnde des Zahns keine Feuchtigkeit Fontana I. B. 8 B entde⸗ 10 em ——— entdecken. Allemal, wenn man einen Vipernkopf in der Hand hält, fo daß die Zähne in die Hoͤhe gekehrt ſi nd „iſt es einem aufmerkſamen und geuͤbten Auge leicht, den Tropfen von der gelben Feuchtigkeit zu ſehen, welcher in dem ellyptiſchen Loche zum Vorſchein kommt, ſo daß man ihn nach ſeinem Gutduͤnken groͤſſer oder kleiner machen kann. Ich habe eben dieſen Verſuch wohl hundertmal wiederholt, und allemal den kleinen Tropfen Gift auf einmahl herauskommen und ziemlich weit wegſpritzen geſehn. Ja noch mehr, wenn man ſtark druͤckt, fo ſieht man zuweilen dieſe Feuchtigkeit auf einmal herauskom⸗ men und ziemlich weit wegſpritzen. Man muß aber darauf achten, daß, wenn der Zahn einmal damit befeuchtet, und inſonderheit wenn er gaͤnzlich mit der Scheide bedeckt iſt, dieſe Feuchtigkeit, oder der Tropfen, den ſie bildet, mit ſo vieler Geſchwindigkeit laͤngs dem Zahn hinunter fließt, daß man ihn ploͤtzlich unten an der Grundflaͤche ſieht, ohne ihn an der Spitze geſehen zu haben. Sie füllt auf ſolche Art nach und nach die Scheide an, ohne daß man es gewahr wird, ſo daß man ſich ſchwerlich uͤberzeugen koͤnnte, daß ſie aus der Spitze des Jahns gekommen ſey. Auf dieſe Art hat ſich Kedi, dieſer fo genaue Beob⸗ achter, geirrt. Man muß ſich nicht, wie er, lebendiger Vipern bedienen, oder ihnen das Maul mit Gewalt oͤfnen, weil alsdann dieſe Feuchtigkeit gar zu geſchwind berausfprigt, und man diefelbe nicht ohne Gefahr fo nahe beobachten kann, als noͤthig iſt, um nicht in Irrthum zu gerathen. Nicht allein aus der Spitze desjenigen Zahns, den ich beobachtete, habe ich dieſe gelbe Feuchtigkeit kommen geſehen, ſondern auch aus dem benachbarten Zahn, wenn er da war; ſo daß dieſelbe zugleich aus allen Hundszaͤhnen auf einmal herauskommt, ohne ſelbſt diejenigen davon auszunehmen, die ohne gaͤnzlich in ihren Hoͤhlen feſt zu ſitzen, doch ſo feſt darin ſitzen, daß ſie ſich mit den andern aufrichten koͤnnen. Mit einem Worte, ich habe bey allen Vipernkoͤpfen, die ich beobachtet habe, geſehen, daß dieſe Feuchtigkeit be⸗ ſtaͤndig aus allen Hundszaͤhnen heraus kam, welche ſich genug aufrichteten, als ich auf die Muskeln des Gaumen drückte „oder mit Gewalt das Maul fo weit oͤfnete, daß das Thier, welches die Viper gefaßt haben wuͤrde, haͤtte verwundet werden koͤnnen. Aus dieſem allen ſieht man, daß Nicholls ſich irrt, wenn er behauptet, daß das Gift nie⸗ mals aus mehrern, als einem Zahne auf jeder Seite auf einmal komme. Drittes Kapitel, Von dem Orte, wo der Behaͤlter dieſer gelben Feuchtigkeit befindlich iſt. Aus der Spitze des Zahns kommt alſo die gelbe Feuchtigkeit der Viper heraus, wider die Meinung des Redi, welcher die Scheide, fo die Hundszaͤhne, ſo wie auch die andern an ihrer Grundfläche umgiebt, für den wahren Behälter dieſes Gifts hielt; allein dieſe Mei- nung wird auch noch durch den eigenen Bau dieſer Scheide widerlegt, welche nach den Backen zu eine ur Oefnung hat, durch 1 dieſe Feuchtigkeit beſtaͤndig mit der = eſten —— see 1 f ſeſten Leichtigkrit herausfließen koͤnnte; fo daß man jedesmal, wenn die Viper die Kinnla⸗ den aus einander thaͤte, das Gift beftändig aus der Scheide herausfließen ſehen wuͤrdr, ſelbſt wenn die Viper nicht biſſe; welches doch bis jezt noch niemand beobachtet hat. Es iſt ubrigens gewiß, daß, wenn man mit der Scheere dieſe Scheide aufſchneidet, man in ihrer Höhle weder dieſe gelbe Feuchtigkeit, noch irgend eine andere Art von Fluͤſſigkeit fin⸗ det, die ſich daſelbſt angeſammelt haͤtte. a Weil aber dieſe Feuchtigkeit, wie man es ſchon geſehen hat, aus dem ellyptiſchen Loche herauskommt, fo fi) an der Spitze des Zahns befindet, fo muß fie wohl nach dem Loche, das an der Grundflaͤche deſſelben befindlich iſt, durch einen Gang gebracht werden, der von dieſer Scheide verſchieden iſt, weil man in der That in dieſer niemals eine Spur von dem Gifte wahrnimmt. Und nach dieſem wird es nicht ſchwer ſeyn, die kleine Blaſe zu entdecken, welche wirklich dazu beſtimmt iſt, es in ſich zu halten. 2 Drückt man, nachdem man die Zähne von dieſer Scheide entbloͤßt hat, auf den Gaumen, ſo ſiehet man dieſe Feuchtigkeit aus einem faſt unſichtbaren Loche herauskom⸗ men, welches ſich inwendig in der Scheide und der Grundflaͤche der Hundszaͤhne zur Seite auf der vordern Seite des Kinnbackenknochen befindet; ſo daß, wenn dieſe Scheide fie be deckt, dieſe kleine Oefnung mit der untern Oefnung des Zahns ſo zu reden in eins fällt, Man entdeckt wirklich durch Huͤlfe des Vergroͤßerungsglaſes ein ſehr kleines Loch mitten in einer Spalte, oder kleinen Furche, welches mit dem Kinnbackenknochen zuſammentrift. Ich habe mich bemuͤhet, in dieſes Loch ein ſehr feines Fuchshaar zu bringen, das aber doch ziemlich ſteif war; und es iſt mir endlich gelungen, es hinein zu ſtecken, und ganz durch die Scheide durch einen langen haͤutigen Gang bis in eine kleine Blaſe dringen zu ſehen, welche unter den Muskeln der obern Kinnlade liegt. Sie befindet ſich uͤber dem Seiten⸗ theile diefer Kinnlade. Sie iſt ein haͤutiger Sack, von einem ſtarken und dichten Gewebe, welches zum Theil mit ſehnigten Fibern bedeckt if, Seine Figur iſt beynahe gleichſeitig⸗ dreyeckicht. Er iſt von den andern Blaͤsgen unterſchieden, welche krumm oder kugelfoͤr⸗ mig find, dahingegen dieſes feine Grundfläche einigermaaßen gerade iſt. Dieſe kleine Blaſe endigt ſich nach dem Auge zu in einen durchſichtigen Canal, welcher, nachdem er un⸗ ter der Augenhoͤhle zwey Linien weit gegangen iſt, die Scheide durchbohrt, und ſich endlich unten in der Zahnhoͤhle in den kleinen Spalt oͤfnet, von dem ich geredet habe. Wenn dieſer Canal in die Nachbarſchaft der Scheide gekommen iſt, fo erweitert er ſich ein we⸗ nig, und da findet die gelbe Feuchtigkeit das größefte Hinderniß für ihren Durchgang we⸗ gen des Drucks, welchen ſie von Seiten der Kinnbackenknochen erleidet. Das Blaͤsgen, von welchem ich rede, und welches dieſer Feuchtigkeit zum Behaͤl⸗ ter dient, iſt drey oder vier Linien lang, und an feiner Grundfläche hoͤchſtens zwey Linien breit. Es enthält niemals mehr als vier oder fünf Tropfen von dieſem Gifte, welches aus demſelben hauptſaͤchlich durch die Wirkſamkeit eines ſtarken Muskels gepreßt wird, der an der untern Kinnlade ſeinen Anfang 2 ſich ein wenig kruͤmmt, einen Bogen 2 macht, 12 — macht, und nach der obern Kinnlade geht, auf welcher er noch etwas fortlaͤuft, und ſich dann befeſtigt. Nach dem innern Winkel dieſes zuſammenziehenden Muskels oder viel⸗ mehr nach dem Orte feiner Krümmung zu, welcher der obern Kinnlade am naͤchſten ift, nimmt die kleine Blaſe ihren Anfang. Sie wird von dieſem Muskel faſt ihrer ganzen Laͤnge nach bedeckt. Dieſe ſo gelegene Blaſe befindet ſich wie in einer Preſſe; ſie wird auf den benachbarten Knochentheilchen durch Huͤlfe zweyer Sehnen und des Canals feſt gehal⸗ ten; fo daß fie weder vorwärts, noch ruͤckwaͤrts, noch ſeitwaͤrts weichen kann, und noth⸗ wendig die doppelte Wirkung dieſes Muskels erfahren muß, welcher ſie bald zuſammen⸗ druckt, wenn die Viper beißt, und mit Gewalt zuſammen klemmt, und bald fie kurzer macht, wenn dieſer Muskel ſich zuſammenzieht, aufſchwillt und dick wird. Daß dieſer Muskel hauptſaͤchlich dazu beſtimmt iſt, das Gift aus ſeinem Behaͤlter zu treiben, wird dadurch bewieſen, daß ſeine Befeſtigungspunkte an beyden Kinnladen eine ſolche Lage ha⸗ ben, daß er der Viper nur ſehr wenig nutzen kann, ihr Maul zuzumachen. Woraus er⸗ dellet, daß dies nicht fein Hauptnutzen iſt. ar Die Haare aus dem Barte des Fuchſes dringen leicht aus dem Blaͤsgen durch den aus ſondernden Canal, und kommen aus der Oefnung heraus, die inwendig in der Scheide befindlich iſt; und zuweilen iſt es mir gelungen, fie bis an die ellyptiſche Oefnung der Spitze des Zahns zu bringen. Dies iſt alſo gewiß der Weg, welchem dieſe gelbe Feuchtigkeit folgt, um aus dem kleinen Loche der Scheide herauszukommen, das genau mit der Hoͤhe des paraboliſchen Lochs des Zahns uͤbereinſtimmt.) Und da die Scheide ſich ſehr enge uͤber die Grundfläche des Hundszahns legt, fo muß nothwendig das Gift, welches durch die kleine Oefnung aus ſeinem Canale kommt, ganz in das Loch des Zahns hineindringen; und wenn es gleich in großer Menge aus dieſem Canale fließt, ſo wird es ſich demohnge⸗ achtet nicht in der Scheide verbreiten, weil die Oefnung, aus der es herauskommt, uns endlich kleiner, als das paraboliſche Loch iſt, mit welchem fie wegen der genauen Anſchlief— fung der Scheide unmittelbar uͤbereinſtimmt. Mit einem Worte, es geht ganz in daſſel⸗ be, inſonderheit wenn nur ein einziger ſolcher Zähne da iſt. Ja noch mehr, ich habe bee obachtet, daß, wenn man die Scheide von dem Fuße der Zähne abloͤſet, und ein wenig allmaͤhlig auf dem Canale herausdrückt, das Gift durch einen naturlichen Hang nach dem loche des Zahns zu ſich begiebt, welchen es vollkommen anfuͤllt, ehe ein Tröpfchen davon ſich in die Scheide verbreitet. Dieſer natürliche Hang hat aber keine andere Urſache, als eine kleine Vertiefung, ſo man kaum durch Huͤlfe des Mieroſeops auf der Kinnlade entdeckt, ; und *) Es wird dem Leſer fehr feltfam vorkommen, daß der Doctor James, welcher ſpaͤter, als der Doctor Mead geſchrieben hat, in feinem medieiniſchen Woͤrterbuche behauptet, daß der wahre Behälter dieſer Fluͤſſigkeit der Sack ſey, welcher die Wurzeln der groſ⸗ ſen Zaͤhne der Viper bedeckt, und daß man oben an dieſem Sacke ein kleines Blaͤsgen finde, das ſich an der Spitze oͤfne, um die Zaͤhne, ſo das Gift ergießen, durchzulaſſen. Es ſcheint jedoch, daß dieſer Schriftſteller viele Verſuche uͤber die Viper angeſtellt hat, und zwar mit der Abſicht ſie gut zu machen. Anm. d. Herausg. 23 und welche ſich bis an das paraboliſche Loch erſtreckt. Ich will inzwiſchen nicht behaupten, daß es nicht einen ſolchen beſondern Fall geben koͤnnte, in welchem dieſe Feuchtigkeit for gleich ſich in der Scheide verbreiten, und ſogar bis zur Spitze der Zaͤhne fließen koͤnnte, inſonderheit wenn ihrer zwey nahe genug bey einander da find, daß fie ſich berühren, und nur eine Furche zwiſchen ſich laſſen; oder wenn die Viper ſo tief beißt, daß ihre Zaͤhne weit ins Fleiſch dringen und fo gar das paraboliſche Loch verſtopft wird; oder wenn fie fo ſtark und fo lange zuklemmt, daß die Blaſe zuſammen gedruͤckt wird, und die Feuchtigkeit Zeit bekommt, zwiſchen dieſen beyden Zähnen hinauf zu fließen. Dieſe Faͤlle find ſelten; und alsdann iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß dieſes Thier auch toͤdten kann, ohne daß das Gift durch den gewoͤhnlichen Gang des Zahns gedrungen iſt. Ich habe ei⸗ nigemal den Verſuch gemacht, mit Pech bald das paraboliſche Loch, bald das ellyptiſche, und zuweilen auch alle beyde zu verſtopfen; aber alsdann kam dieſe gelbe Feuchtigkeit nur ſehr ſchwer bis in die Scheide, nachdem man ſo wohl ſtark, als lange Zeit den zuſammen⸗ ziehenden Muskel gedruͤckt hatte. Woraus ich mit Gewißheit den Schluß mache, daß das Gift aus der Spitze des Zahns kommt, und niemals aus der Scheide, es mag nun die Viper es ſelbſt, wenn fie beißt, fließen laſſen, oder man mag mit Fleiß die Blaſe dr» cken, von der ich geredet habe. ö Viertes Kapitel. Das Viperngift iſt nichts anders, als diejenige gelbe Feuchtigkeit, welche aus dem Zahne kommt, wenn die Viper beißt. * E ereignet ſich ziemlich oft bey Vipern, fo man ſeit kurzer Zeit getoͤdtet hat, daß dieſe gelbe Feuchtigkeit trocken wird, die beyden Löcher, und felbft den ganzen Canal des Zahns verſtopft. Alsdann kann dieſe Feuchtigkeit weder mehr in den Zahn dringen, noch aus demſelben herauskommen, und muß alſo aus dem ausſondernden Canal in die Scheide fließen. Dieſe Bemerkung iſt um ſo viel nothwendiger, weil man ſich ohne dieſelbe leicht irren koͤnnte, und auf die Vermuthung kommen, daß dieſes Gift aus der Scheide, und nicht aus dem Zahn in die Wunde gebracht wird; und dieſelbe würde falſch ſeyn. Ich habe mich verſichern wollen, wie vielen Glauben man der Meinung derjeni⸗ gen beylegen kann, welche glauben, das Gift der Viper ſey nur wegen der Wut und des Zorns toͤdtlich, welche fie hat, ehe fie beißt. Ich uͤbergehe die unendliche Anzahl von Ver⸗ ſuchen, welche ich nach dem Redi angeſtellt habe, um mich zu uͤberzeugen, daß dieſe gelbe Feuchtigkeit, welche aus dem Zahn der Viper fließt oder troͤpfelt, wirklich toͤdtlich iſt, wenn man ſie durch eine Wunde unmittelbar ins Blut bringt. Ich will nur ſagen, daß allt dieſe Verſuche des Redi und des Meads über die Wahrheit dieſer Sache vollkommen mit einander uͤbereinſtimmen; und ich begreife dr wie gewiſſe beruͤhmte Schriftſteller * ſich 14 ſich das Gegentheil haben einbilden und die toͤdtliche Wirkung des Vipernbiſſes dem Zorne, und der erhoͤheten Boͤsartigkeit des Speichels dieſes Thiers lieber beylegen koͤnnen, als der ſpeeifiſchen Eigenſchaft dieſer Feuchtigkeit. = Ich habe oft Vipern in Zorn gefegt, ich habe ihnen darauf das Maul aufgebro⸗ chen, ſo daß ſie weder faſſen noch beiſſen konnten. Ich habe Pfroͤpfe von Baumwolle ſehr viel von dem Speichel oder Geifer einſaugen laſſen, wovon das ganze Maul voll war, dieſelben darauf Thieren in Wunden gelegt, aus denen kein Blut mehr floß. Niemals habe ich einen traurigen Zufall darauf erfolgen geſehen. Das Thier ließ ſich ſo gar nicht einmal merken, daß es davon krank wurde. Es koͤdten daher weder der Speichel noch die andern Säfte im Maul der Viper, wenn fie in das Blut eines Thiers gebracht werden. s Ich ſchnitt mit einem einzigen Hiebe vielen Vipern die Köpfe ab, in einem Augen⸗ blicke, da ſie nichts weniger als aufgebracht, ſondern ganz ruhig und zahm waren. Dar⸗ auf nahm ich das Gift aus dem Zahn ſelbſt, um überzeugt zu ſeyn, daß ich es rein und unvermiſcht haͤtte. Bey einigen nahm ich es heraus, unmittelbar nachdem ich ihnen den Kopf abgeſchnitten hatte; bey andern einige Stunden nachher, da der Kopf faſt tro⸗ cken geworden war, und keine Bewegung mehr hatte. Demohngeachtet hatte dieſes Gift, wenn ich es mit Fleiß verſchiedenen Thieren in Wunden gelegt hatte, fie allezeit getödter, ohne daß jemals eins der Wirkſamkeit deſſelben entkam. Wir muͤſſen daraus den Schluß machen, daß dieſe Feuchtigkeit, welche aus dem Zahne fließt, nur die Kraft zu tödten be ſitzt, ohne daß die Wut und der Zorn das geringſte dazu beytragen. Allein um allen Eins wendungen vorzukommen, und damit man mir den Vorwurf nicht machen moͤchte, daß ich verſaͤumt hätte, eine Viper beiſſen zu laſſen, nachdem fie zornig gemacht wäre, fon dern bloß dabey ſtehen geblieben waͤre, ihren Speichel in Wunden zu legen; ſo nahm ich eine, und brachte ſie dahin, daß ſie verſchiedene Thiere biß. Als ich glaubte, daß ſie nunmehr nichts mehr von dieſer Feuchtigkeit bey ſich haben koͤnnte, ſo fing ich an, ſie zu ſtechen, fie zu quaͤlen; mit einem Worte, ich wandte alle mögliche Mittel an, welche mir die geſchickteſten zu ſeyn ſchienen, ſie in Zorn zu bringen. Als ich an ihrem Zifchen, und den ſchnellen Bewegungen ihrer Zunge wahrnahm, daß ſie wie wütend war, ſo hielt ich ihr andere Thiere vor, welche fie aus allen Kräften biß; aber es ſtarb keins davon, auch ſchien ganz und gar keins krank davon zu werden. Dieſes muſte ſo kommen, weil die Feuchtigkeit des Zahns, die allein die Eigenſchaft zu toͤdten hat, ſchon ganz erſchoͤpft war, und nur der Speichel und die andern Säfte uͤbrig blieben, fo keinesweges giftig find, ſelbſt wenn das Thier aufs höchfte aufgebracht iſt. Ich habe dieſen Verſuch mit zwey andern Vipern, und immer mit eben demſelben Erfolge gemacht. 5 Ich wollte noch einen andern Verſuch machen, welcher viele Vorſicht und Geſchick⸗ lichkeit von Seiten des Beobachters erfodert, bamit er nicht gefährlich werde, ob er gleich bey allen dem nicht entſcheidender, als der vorhergehende feyn kann. Ich wollte nemlich die beyden Giftbläsgen ganz und gar herausnehmen. Nach einigen a er⸗ — 25 Verſuchen gelang es mir endlich, ohne der Viper vielen Schaden zu thun, und ihr das Maul zu zerreiſſen. Ich ſchnitt die Haut uͤber den beyden Blaͤsgen ein, und nachdem ich fie mit einer Zangr angefaßt hatte, fo loͤſte ich fie mit einem Biſtouri ganz heraus. Diejenigen, welche ſich geuͤbt haben, ſolche Arten von Thieren zu zergliedern, werden wohl einſehen, daß dieſer Verſuch mehr gefaͤhrlich, als ſchwer iſt. Man muß, um damit zu Stande zu kommen, die Viper von jemanden beym Halſe halten laſſen, oder ſie auch auf einem Tiſche feſt binden, ſo daß ſte das Maul offen habe, und den Kopf nicht aufhe⸗ ben koͤnne, um zu beiſſen. Nachdem ich die beyden Blaͤsgen herausgeſchnitten hatte, fo ließ ich fie zuerſt zwey Froͤſche beiſſen, um das übrige Gift zu erſchoͤpfen, das etwa noch in den Zähnen oder in dem uͤbriggebliebenen Ende des Eanals vorhanden ſeyn koͤnnte. Und doch ſtarben die Froͤſche nicht davon. Ich behielt dieſe Viper fange, und ließ fie von Zeit zu Zeit verſchiedene Thiere, große und kleine, mit kalten und mit warmen Blute beiſſen; aber es ſtarb keins davon, auch ſchienen ſie nicht kraͤnker davon zu werden, als ſie durch die bloſſe mechaniſche Verwundung mit dem Zahne werden muſten. Ich unterband darauf bey zwey Vipern die Canale dieſes Gifts gleich unter ben Augen mit einem guten wohl gewaͤchſten Faden. Ich mochte ſie nun ſo viel reizen, als ich wollte, und fie verſchiedene Thiere beiſſen laſſen; es flarb keins davon. Hier kommt es nur darauf an, einen Faden unter den Canaͤlen durchzuziehen, ſtatt die beyden Behaͤlter des Gifts auszuſchneiden; welches gewiß viel leichter iſt, wenn man die Lage derſelben kennt; und doch iſt der Verſuch eben ſo entſcheidend. 8 Fuͤnftes Kapitel. Das Gift der Viper iſt kein Gift für ihr Geſchlecht. S agen Schriftſteller haben ſich eingebildet, daß dieſe Feuchtigkeit, welche die andern Thiere koͤdtet, ebenfalls auch toͤdtlich für die Viper ſelbſt wäre. Und dies iſt auch die Meinung derer, welche in unfern Tagen uͤber das Gift der Thiere geſchrieben haben. Das Beyſpiel von den Scorpionen und Spinnen, welche ſich einander auf der Stelle toͤdten, wenn fie ſich beiſſen oder ſtechen, ſchien dieſe Meinung auf eine vorzügliche Art zu beguͤnſtigen. Man lieſt in den philoſophiſchen Transactionen, daß die Klapperſchlan⸗ gen in ſehr wenig Minuten ſterben, wenn fie ſich einander beiſſen. Man weis heute zu” Tage, daß dieſe Schlange eine Art von Viper iſt, nur groͤſſer als die unſrige; und aus der Aehnlichkeit hat man eben den Schluß in Anſehung der Viper und der andern giftigen Thiere gemacht. a Es hatten einige Spanier aus Oſtindien drey Schlangen mitgebracht, die man Cobras de eapello nennt. Da nur eine einzige davon, nach dem haͤufigen Beiſſen unter einander leben geblieben war, ſo machte der Doctor Mead den Schluß daraus, daß die 18 N andern * is EEE andern von dem Gifte geſtorben wären, und daß folglich das Gift der Viper auch töͤdtlich für ihr Geſchlecht ſeyn muͤſte. Er haͤtte, deucht mir, daraus gerade das Gegentheil ſchlieſſen ſollen. Denn es iſt nicht wahrſcheinlich, daß die ſtaͤrkere Schlange, die leben geblieben war, nicht auch wohl einmal von den beyden andern gebiſſen ſeyn ſollte; und doch war ſie nicht geſtorben. . Es waͤre ohne Zweifel beſſer geweſen, Verſuche anzuſtellen, als ſeine Meinung fo unbedachtſam auf eine bloſſe Erfahrung zu gründen, wie der Doctor Mead thut, da er ſich auf weiter nichts, als eine Analogie beruft, die nur aus einigen ſehr ſeltenen Faͤl⸗ len hergeleitet iſt. Um fo viel mehr, da die Wut, mit welcher ſich die Scorpionen und die Spinnen einander beiſſen und zerreiſſen, kein Beweis iſt, daß ſie von dem Gifte ſter⸗ ben, welches fie bekommen haben. Man har übrigens beobachtet, daß die Spinne, mel- che in dem Streite Siegerin wird, nur alsdann nicht ſtirbt, wenn ſie kein von den zum Leben nothwendigen Werkzeugen verlohren hat. Was die Klapperſchlange anbetrift, ſo ſind die Beyſpiele, welche man davon weiß, gar zu ſelten und zu ungewiß, als daß man daraus gut auf die Aehnlichkeit ſchlieſſen kͤnnte. Auſſerdem würde fie doch niemals mehr als eine bloſſe Aehnlichkeit ſeyn, die um ſo viel weniger beweiſen wuͤrde, da es gewiß viele Verſchiedenheiten zwiſchen dieſer Schlange und unſerer Viper ſo wohl in ihrem Bau, als in der Wirkſamkeit ihres Gifts giebt. 5 Es iſt nicht leicht zu machen, daß die Vipern ſich einander beiffen, fo viele Mühe man ſich auch geben mag, ſie vorher ſtark zu reitzen. Auf folgende Art bin ich zu Werke gegangen, um ihren Eigenſinn zu uͤberwinden. Ich faßte eine Viper mit einer Zange an ihrem Halſe, und mit der andern Hand hielt ich ihren Schwanz, um ſie mit mehr Si⸗ cherheit bändigen zu koͤnnen. Ich ließ eine zweyte eben fo von einer andern Perſon halten. Ich hlelt den Koͤrper der einen vor das Maul der andern. Dieſe, welche ſich beym Halſe gefaßt und geklemmt fühlte, ziſchete, kruͤmmte ih, und fiel mit Wut alles das an, was ihr nahe kam; ſie biß mehrmals die andere Viper, welche viel kleiner war, und jedesmal durch ihre heftigen Bewegungen die Groͤſſe des Schmerzes merken ließ, den ſie erlitt. Ich fand an der Stelle, wo ſie gebiſſen worden war, eine leichte Wunde, welche mit dem Gift des Zahns und dem Blute der Viper befeuchtet war. Ich ſetzte dieſe Viper in ein Glas; fie lag darin einige Minuten lang ſtill, zwey Stunden nachher fand ich, daß fie an der Stelle, wo fie verwundet worden, ein wenig aufgeſchwollen war; allein dieſe Ge⸗ ſchwulſt dauerte nicht lange, und bald darauf war nichts mehr davon zu ſehn. Sie nahm ihre gewohnliche Munterkeit wieder an, kroch längs den Wänden des Gefaͤſſes hin, und hob den Kopf in die Höhe, als wenn ſie niemals gebiffen worden wäre. Zwoͤlf Stunden nachher ſetzte ich ſie mit einer andern frey auf die Erde, und ſie zeigte, daß ſie nicht weni⸗ ger Stärke und Lebhaftigkeit hatte, als diejenige, mit welcher ich ſie verglich. Ich ſetzte ſie wieder in ihr Glas, und den andern Tag fand ich ſie noch eben ſo ſtark und geſund. Enblich nach ſechs und dreiſſig Stunden, als ich kein Zeichen von Gift mehr an ihr ſahe, todtete ich fie, Ich fand verſchiedene Löcher auf der Haut an der Stelle, wo fie — f worden 17 worden war; ſelbſt die Ruͤckenmuskeln waren ſehr tief durchbohrt, und die Zahnhiebe waren an mehr, als einem Orte von einer Seite zur andern durch den Körper, fo wie auch durch die Eingeweide des Unterleibes gedrungen. Die Wunden waren ganz leicht entzuͤn⸗ det, aber es war keine Spur von Geſchwulſt mehr zu ſehen. Zwey Tage nachher nahm ich zwey ſehr groſſe Vipern, welche mit Wut diejeni⸗ gen Thiere anfielen, fo man ihnen vorhielt; ich ließ ſie eine andere Viper von mittelmäffis ger Groͤſſe beiſſen; die eine faßte fie zweymal mit den Zähnen, die andere viermal, alle⸗ mal ſehr tief. Die eine verlor fo gar einen Zahn in der Wunde. Bey jedem Biffe, den ſie an dem Bauch und immer an eben derſelben Stelle bekam, gab ſie eben die Zeichen von Schmerz von ſich; fie ziſchte, und wollte aus den Haͤnden desjenigen entfliehen, der fie hielt. Ich ſezte ſie in ein Glas; ſie lag einige Minuten darin, wie betaͤubt; aber darauf legte ich fie auf die Erde, wo fie mit vieler Geſchwindigkeit davon lief. Ich konnte nie⸗ mals eine Auſchwellung an der Stelle wahrnehmen, wo fie gebiſſen worden war; die Haut war doch daſelbſt zerriſſen, und darunter das Fleiſch bloß; aber es blutete nicht. Ich be⸗ wehrte ſie vier Tage in dem Glaſe; fie ſchien beſtaͤndig ſich nicht übel zu befinden. Den zweyten Tag hielt ich ihr ein Thier vor, das ſie alſobald biß, und welches zwey Stunden nachher ſtarb. Endlich toͤdtete ich fie. Ich fand, daß die Hiebe von den Zähnen fie durch und durch geſtochen hatten; und die Wunden waren ein wenig roth und entzuͤndet. Eben das ereignete ſich mit fuͤnf andern Vipern, welche ich zu verſchiedenen Zeiten verwunden ließ. Ich brachte fo gar eine fo weit, daß fie ſich ſelbſt in den Schwanz biß. Es ſtarb keine davon, und keine ſchien davon krank zu werden. Allein damit man ſich nicht einbilden möchte, daß die Härte der Haut das Hin⸗ eindringen des Gifts verhindert haͤtte; und um dieſes Gift gewiſſer in das Blut zu brin⸗ gen, zog ich drey Vipern ein ziemlich beträchtliches Stück der Haut vom Ruͤcken ab, und ließ Re daſelbſt von ſieben Vipern beiſſen, welche ihnen wirklich viele Hiebe mit den Zaͤh⸗ nen gaben; aber es wurde keine davon krank, und keine ſtarb; nur eine einzige von ihnen ſchien matt und ohnmaͤchtig zu werden, und bekam eine Geſchwulſt auf dem Rüden, Ich reizte noch eine andere Viper dadurch, daß ich ſie mit einem ſpitzigen Stück Eiſen ſtach, und ließ fie darauf in ein unregelmaͤſſig gebrochenes Stuck Glas beiſſen. Das Gift verbreitete ſich aus dem Zahne in das ganze Maul, welches von dem Glaſe blutig verwundet war. Ich ließ ſie zufrieden, um zu ſehen, was die Folge davon ſeyn wuͤrde. Die drey erſten Tage rührte fie fi) wenig. Den vierten war fie lebhafter und niunterer; ob fie gleich noch nicht Luſt hatte zu beiffen, ſelbſt wenn fie gereizt war. Den fiebenten Tag Öfnete ich ihr das Maul, welches ich vollkommen geheilt fand, ohne daß man es ihm anſehen konnte, daß es verwundet geweſen war. Eben denſelben Tag ließ ich fie ein klei⸗ nes Thier beiſſen, welches eine Stunde nachher ſtarb. Ich wiederholte eben den Verſuch mit drey andern Vipern, und machte es auf folgende Art. Ich loͤſte der einen ein Stuͤck Haut vom Halſe; der andern eins vom Fontana J. B. . C Ruͤcken Nüden; und der dritten entbloͤßte ich das Fleiſch auf dem Schwanze. Ich verwundete fie alle drey an eben dieſen Stellen, fo ich entbloͤßt hatte, indem ich die Spitze der Lanzette ein wenig umdrehete, um die Wunde beſſer zu oͤfnen. Ich brachte in eine jede dieſer Wunden einen kleinen Tropfen Gift; das heißt, fo viel, als noͤthig war, um fie ganz damit anzufuͤllen. Ich ſetzte darauf dieſe Vipern wieder in ihr Glas. Sie bewegten ſich darin ſehr leicht, ohne die geringſte Unbequemlichkeit, und ſie ſchienen nur wenig gelitten zu haben. Inzwiſchen entzuͤndeten ſich ihre Wunden, aber ohne die geringſte Anſchwel⸗ lung des Fleiſches. Ich bewahrte nachher eben dieſe Vipern noch mehrere Tage lebendig auf. Man ſieht jetzt, was man von der Aehnlichkeit denken muß, welche man zwiſchen dem Gift der Viper und dem Gift anderer Thiere hat finden wollen; und man kann beur- theilen, wie groß der Irrthum derjenigen iſt, welche geglaubt haben, dieſe gelbe Feuch⸗ tigkeit, welche aus dem Zahne der Viper kommt, und ein toͤdtliches Gift fuͤr die andern Thiere iſt, fen auch ein Gift für die Vipern ſelbſt; und dieſe gefährlichen Thiere koͤnnten, wenn fie ſich biſſen, ſich ſelbſt einander vergiften. Wenn die Aehnlichkeit in dieſem Be⸗ trachte etwas beweiſen koͤnnte, fo moͤchte ich wider die Meinung des Meads glauben, daß das Gift des Scorpions auf den Scorpion ſelbſt gar keine ſchaͤdliche Wirkung ausuͤben kann; und vielleicht giebt es auf der Welt kein einziges giftiges Thier, deſſen Gift den Thieren feines Geſchlechts ſchaden kann. Wenn dieſes geſchieht, fo kann es nur bey ſehr wenigen Thieren ſeyn, und nur bey den kleinern, deren Gift ſcharf und cauſtiſch iſt, wie bey den Bienen, den Weſpen und den Horniſſen. Vielleicht iſt es auch wahr, daß die Scorpione in Aſten und Africa ein für ihr Geſchlecht toͤdtliches Gift bey ſich tragen, weil das Gift des Scorpions in Italien, wenn man es auf die Zunge nimmt, allerdings ek⸗ was ſcharfes und freſſendes verraͤth. Uebrigens deucht mir, daß dieſer allgemeine Irr⸗ thum, welchen viele, ſonſt ſehr genaue Beobachter angenommen haben, ſeinen Urſprung von einer irrigen Erfahrung her hat. Man hatte bemerke, daß, wenn man einen Scor⸗ dion mit brennenden Kohlen umgab, derſelbe ſich ſo gleich ſtark bewegte, und ſeinen Stachel nach dem Ruͤcken zu dretzete, gleichſam um ſich zu ſiechen. Und da er endlich ſtarb, und fo gar wegen feiner ſtarken unruhigen Bewegungen und der zu groſſen Nähe der Kohlen briet, ſo glaubte man ganz in Ernſt, daß er in ſeiner eigenen Wunde und von feinem Gifte ſtuͤrbe. Allein dieſe Erfahrung iſt zweydeutig; fie ift fo gar falſch. Ich Habe fie tauſendmal wiederholt, und niemals geſehen, daß der Scorpion ſich mit feinem Stachel ſtach; er ſtarb wie verbrannt und gebraten, und nicht vergiftet. ; N Man hat beobachtet, daß der Polyp im ſuͤſſen Waſſer, wenn er feine Beute nie⸗ derſchluckt, zuweilen auch feine Arme oder Klauen, mit denen er fie haͤlt, mit hinunter ſchluckt; und eben ſo, wenn zwey Polypen ſich darum reiſſen, ſo ſchluckt oft der Staͤrkſte die Arme des Schwaͤchern ein; und doch ſterben ſie weder im einen noch im andern Falle, obgleich ihr Gift ſehr wirkſam iſt, wie wir in der Folge ſehen werden. Ihre ſo niederge⸗ ſchluckten Theile kommen bald nachher ganz und lebendig wieder aus dem Magen, ohne eine ſichtbare Veraͤnderung erlitten zu haben; und dienen ferner dem Polypen als Arme wie vorher. Sechstes . — — — i 15 Sechstes Kapitel. Das Viperngift iſt nicht toͤdtlich fuͤr alle Arten von Thieren. Wi haben bis hieher geſehen, daß das Gift der Viper weder fuͤr ſie, noch fuͤr ihr Geſchlecht toͤdtlich iſt. Dieſe beſondere Eigenſchaft hat mich auf die Vermuthung gebracht, daß es vielleicht auch noch für einige andere Arteu von Thieren uicht tödtlich ſeyn möchte. Und warum ſollte es nicht auch für andere Thiere eben fo unſchaͤdlich ſeyn, als für die Viper? ... Mit einem Worte, wenn es nicht die feſten Theiie einer lebendigen Maſchine zerſtoͤren, noch die flüffigen Theile derfelben verderben kann, inſonderheit wenn es nicht im Stande iſt, die Uebereinſtimmung derſelben zu hemmen, und ihr den Tod zu verurſachen, wsrum ſollte es dann nicht noch andere lebendige organifirte Weſen geben, auf die es eben fo wenig Wirkſamkeit ausuͤbt? ... Wir kennen im ganzen die Art und Weiſe, wie die Gifte wirken, ſehr wenig; aber man weiß, daß es viele ſehr wirkſam Subſtanzen giebt, welche auf gewiſſe Theile die ſchrecklichſten Wirkungen hervorbringen, und doch auf andere durchaus unwirkſam ſind. Der Brechweinſtein, den man ohne Gefahr in die Augen bringt, iſt ein ſehr heftiges Brechmittel, wenn man ihn in den Magen bekommt. Es giebt Leute, welche der Roſengeruch in Zuckungen verſezt. Alle dieſe verſchiedenen Wirkungen hängen ohne Zweifel von dem Bau nnd der Organiſation der verſchiedenen Theile des Thiers ab. Man weiß auch, daß gewiſſe Supſtanzen ein Gift fuͤr gewiſſe Thiere ſind, da ſie doch, weit entfernt zu ſchaden, einigen audern ſo gar zur Nahrung dienen. So verhaͤlt es ſich mit dem Schierling, wovon die Menſchen fterben, und die Ziegen ſich naͤhren. So toͤdten die bittern Mandeln, fo wir zum Wohl⸗ geſchmack genieſſen, gewiſſe Voͤgel, und andern thun fie keinen Schaden. Es kann alfo auch moͤglich ſeyn, daß das Gift der Viper nicht toͤdtlich fur alle Arten von Thieren iſt, inſonderheit wenn es wie die narcotifhen Gifte wirkt, die nicht dadurch toͤdten, daß fie die feſten Theile der Thiere zerfreſſen. Der aͤtzende Sublimat iſt ein zerſtoͤrendes Gift fuͤr jedes lebendige Thier, weil er in der That ſeine mechaniſche Wirkſamkeit auf alle Werk⸗ zeuge des Thiers ausüben kann. Die narcotiſchen Gifte im Gegentheil, welche fo ge: faͤhrlich für den Menſchen ſiud, bringen nicht die geringſte uͤbele Wirkung bey den Hus⸗ den hervor. Der verſchiedene Bau der Werkzeuge der Thiere kann alſo machen, daß eine gewiſſe Subſtanz zugleich ein ſehr wirkſames Gift für gewiſſe Gattungen, und etwas ganz unwirkſames oder ein Nahrungsmittel, oder gar ein vortrefliches Heilmittel fir andere iſt. In dieſen Vermuthungen habe ich mich zu der langen Reihe von Verſuchen ent- ſchloſſen, ſo ich erzaͤhlen werde. Ich hatte ſchon beobachtet, daß unter allen Thieren die Blutigel ohne Widerrede diejenigen find, welche das haͤrteſte Leben haben. Wenn man fie in Stuͤcken zerſchneidet, fo behält jedes Stück mehrere Monate lang eben dieſelben Bewegungen, welche ſie hatten, ehe ſie von einander getrennet waren. Ich dachte, daß ein Thier, welches ein ſo zaͤhes Leben hatte, wohl das Gift der Viper vertragen koͤnnte, ohne daran zu ſterben, und ſelbſt ohne 8 davon zu werden. Ich verſahe mich alſo . 2 mit 20 mit Blutigeln; aber ehe ich fie beiſſen ließ, brauchte ich die Vorſicht, fie aus dem Waſſer zu nehmen, und mit einem Tuche ſehr rein abzutrocknen, damit derjenige Schleim oder eine Art von Leim, womit ſie bedeckt ſind, und den ſie von ſich geben, wenn man ſie an⸗ ruͤhrt, keinen Irrthum in meinen Verſuch bringen moͤchte. Ich ließ einen der groͤſſeſten, welche man Pferdeblutigel nennt, von einer ſehr ſtarken Viper beiſſen, die ich vorher ger reitzt hatte, und welche ihn an verſchiedenen Stellen durch und durch biß. Es kamen eini⸗ ge kleine Tropfen Blut daraus. Ich warf ihn wieder ins Waſſer, und er bewegte ſich darinn fort, wie vorher. Den andern Tag gab ich ihm ander Waſſer; (dies iſt eine durchaus nothwendige Vorſicht, weil faules Waſſer fie tödtet); er war ſehr munter und ſchwomm ganz leicht in dem Glaſe. Er lebte auf ſolche Art viele Tage, und wuͤrde ge⸗ wiß laͤnger gelebt haben, wenn ich mich deſſelben nicht zu einem andern Gebrauche bedient haͤtte. RAN ; 2 Ich nahm einen andern kleinern, von derjenigen Art, die Streifen von verſchie⸗ denen Farben auf dem Ruͤcken hat, und welche man in der Arzneykunſt zu gebrauchen pflegt. Ich ließ ihn von zwey Vipern beiſſen, welche ihn auch an verſchiedenen Stellen des Koͤrpers durchbohrten. Er wurde den andern Tag von einer dritten; und den Tag darauf von noch zwey gebiſſen. Seine Haut war durchloͤchert, und wenn man ihn zwi⸗ ſchen den Fingern druͤckte, fo ſahe man aus dieſem Löchern eine zaͤhe und ſchwarze Materie ſchwitzen. Ungeachtet deſſen blieb er leben, und fuhr fort, ſich in dem Waſſer zu bewe⸗ gen. Endlich habe ich eben ſo noch verſchiedene andere Blutigel von beyden Gattungen bald an dem Kopfe, bald am Körper u. ſ. w. beiſſen laſſen, und niemals ift mir einer von dieſem Gifte geſtorben. 3 Ich blieb dabey nicht ſtehen; ſondern weil ich befuͤrchtete, daß das Gift von der klebrichten Feuchtigkeit der Blutigel eingehuͤllet und unwirkſam gemacht ſeyn koͤnnte, wel⸗ che ſo gar in ſtaͤrkerer Menge herauskommt, in dem Augenblick da der Zahn der Viper ihnen die Haut durchbohrt; ſo machte ich ihnen tiefe Wunden mit dem Biſtouri und der Scheere; und in dieſe Wunden ließ ich dicke Tropfen Gift flieſſen. Ich zog durch den Koͤrper einiger Wieken von Werk, die mit dem Gifte befeuchtet waren; und dieſes letzte Mittel inſonderheit, welches ich allzeit toͤdtlich fuͤr die andern Thiere gefunden hatte, war bey dieſer Gelegenheit ohne Wirkung; es ſtarb keiner von den Blutigeln. Ich hatte ſeit verſchiedenen Monaten ganz lebendige Stucke von Blutigeln in Glaͤſern mit Waſſer. Ein jedes dieſer Stücke behielt darinn feine Bewegungen, und feine Lage, die es hatte, ehe es abgeſchnitten war. Ich ließ einige davon von Vipern beiſſen, ich machte in ande⸗ re Einſchnitte, und zog dadurch Wieken von Werk mit Gift befeuchtet; aber keines da⸗ von ſtarb. Sie behielten alle ihre Bewegungen, und ſchienen ſo gar dadurch nicht mehr Schaden gelitten zu haben. Der Blutigel hat alſo die Eigenſchaft, daß er dem Vipern⸗ gifte wiederſteht, und dieſes Gift iſt weiter nichts als eine unſchuldige und unſchaͤdliche Fluͤſſigkeit fuͤr dieſe Thiere. a Ich 21 Ich wollte darauf verſuchen, was fir eine Wirkung dieſes Viperngift auf die Schnecken hervorbringen würde. Ich verſchafte mir einige von den dickeſten, und von verſchiedenen Gattungen. Ich ließ einige davon an verſchiedenen Stellen ihres Körpers und von mehrern Vipern beiſſen. Ich machte ihnen Wunden, in welche ich Gift brachte; ich hatte vorher die Vorſicht gebraucht, den Schleim abzuwiſchen, womit ſie uͤberzogen ſind, damit das Gift weniger Hinderniſſe finden moͤchte hineinzudringen. Von ſieben und zwanzig Schnecken verſchiedener Gattung, mit denen ich dieſe Verſuche anſtellte, ſtarb eine einzige zwanzig Stunden nach dem Biſſe. Ich konnte auch nicht einmal ſie mit der Wieke von Werk mit Gift umbringen, welche ich ihnen in den Koͤrper ſteckte. Die mei⸗ ſten bedeckten ſich mit ihrem klebrichten Schleime, ſo wie ſie gebiſſen worden. Man findet bey Piſa auf dem Felde eine Schlange, welche die gemeinen Leute Aſpie nennen, und welche ſie für noch giftiger ausgeben, als die Vipern. Dieſes Thier hat der aͤuſſerlichen Geſtalt nach wohl etwas ähnliches mit der Viper; aber es hat weder ihre Hundszaͤhne, noch die Scheide, noch die Blaſe oder den Behaͤlter des Gifts; und meine eigene Erfahrung hat mich uͤberzeugt, daß es ein unſchuldiges und gar nicht gefaͤhr— liches Thier iſt. Bon diefer Gattung war die Schlange mit zwey Köpfen, die man Redi zeigte, und von welcher er die Beſchreibung giebt zu Anfange ſeiner Bemerkungen über die lebendigen Thiere, fo man in lebendigen Thieren findet. Des Redi feine hatte jedoch das ſonderbare, daß fie zwey Köpfe hatte. Ich wollte mich zuerſt verfichern, ob das Gift der Viper für dieſe Art von Schlangen toͤdtlich wäre. Ich nahm eine, und ließ ſie zweymal von einer groſſen Viper am Schwanze beiſſen. Zwey Tage nachher wur⸗ de fie von zwey andern auf dem Rücken gebiſſen, und es kam ein wenig Blut daraus, end— lich hielt ich fie den andern Tag darnach noch drey Vipern vor, welche ihr fieben oder acht Zahnhiebe am Halſe gaben. Sie wurde davon ein wenig betaͤubt, und ihre Bewegungen ‚waren langſamer. Aber zwey Tage nachher fand ich fie wieder lebendig, und als ich fie auf die Erde geſezt hatte, ſo ſahe ich ſie kriechen, als wenn ihr nicht uͤbles begegnet waͤre. Ich wiederholte dieſen Verſuch noch an einer audern ſolchen Schlange, welche auch nicht ſtarb, ob ſie gleich ſehr ſtark gebiſſen war. . Das Viperngift beweiſet nicht mehr Wirkſamkeit auf eine andere noch gröffere Schlange, welche man in Toſcana eigentlich die Schlange nennt; dieſe iſt die Blindſchleiche. Ich ließ ihrer viele auf dem Rüden, am Schwanze, am Helſe und am Bauche beiſſen; einigen ſogar hielt ich drey Vipern auf einmahl vor; aber es iſt keine davon geſtorben. Sie ſchienen fo nicht einmahl dadurch betaͤubt oder ohnmaͤchtig zu werden. Endlich ver— ſuchte ich die mit Gift befeuchtete Wieke von Werk zu gebrauchen. Ich troͤpfelte Gift in ihre Wunden; ich loͤſte ſogar bey einigen an gewiſſen Stellen die Haut ab, um zu machen, daß es beſſer ins Blut dringen koͤnnte. Aber alle dieſe Mittel waren vergeblich; Es ſcheint demnach gewiß zu ſeyn, daß das Gift der Viper keinesweges toͤdtlich noch gefährlich für dieſe Gattung von Schlangen iſt. Es uͤbt daher nicht bloß auf die Thiere aus der Klaſſe der Würmer keine Wirkſamkeit aus; es giebt noch andere, von einem mehr zuſammen⸗ 3 geſezten 22 geſezten Bau, welche ein Herz und viele Eingeweide haben, und dennoch vor den Wir⸗ kungen deſſelben ſicher find. * Ich habe eine andere Schlange entdeckt, die man Cecilia nennt, welche auch dem Vipernbiſſe widerſteht. Ich habe oft den Verſuch damit gemacht; und einige derſelben von mehrern Vipern auf einmal uud an verſchiedenen Stellen des Körpers beiſſen laſſen. Dieſes von Natur ſchlaͤftige Thier ſchien nicht von dem Gifte angegriffen zu werden, ſelbſt wenn ich es durch Einſchnitte tief in den Körper dringen ließ. ö it Dieſe drey Schlangen, die Aſpie, die Cecilia und die Blindſchleiche find nicht gif⸗ tig; ſo daß man niemals die geringſte Gefahr läuft, ſelbſt wenn fie auch bis aufs Blut beiſſen; fie haben keine ausgehoͤlte Zähne, noch eine Scheide, welche fie bedeckt, noch einen Behälter für das Gift; mit einem Worte, fie find ganz unſchuldige Thiere, deren Biß niemals giftig iſt, wovon ich mich durch viele Verſuche uͤberzeugt habe. e Ich habe von einer ſehr groſſen und zornig gemachten Viper zwey Waſſerſchild⸗ erdten an die Hinterpfoten beiſſen laſſen, wo die Haut nicht fo hart iſt. Ich habe ſie laͤn⸗ ger als zehn Tage am Leben behalten. Sie feheinen gar nichts davon zu leiden, fie konn⸗ ken gehen, wie vorher. Ich ließ eine andere mehrmals am Haife beiſſen; und daß die Zähne der Viper durch dieſe Haut, wie Schagrin drangen, dieſes läßt ſich dadurch deut⸗ ich beweiſen, daß fie einmahl einen bis in die Halswirbel gedrungen ſtecken ließ. Den andern Tag wurde dieſe Schildkroͤte von einer andern Viper am Halſe, und von einer dritten an den Vorderpfoten gebiſſen; und endlich den dritten Tag von noch zwey andern am Halſe und an den Hinderpfoten. Sie blieb nicht allein leben; ſondern ſie ſchien nicht einmal den geringften Schaden erlitten zu haben. Man hätte im Gegentheil ſagen konnen, daß fie davon empfindlicher und lebhafter geworden wäre, Ich habe ihrer fünf andere von acht Vipern auf der Bruſt und am Bauche, auf das bloſſe Fleiſch beiſſen laſſen, nachdem ich ihnen daß untere Schildpatt weggenommen hatte. Es iſt keine davon geſtorben; ſie lebten ſo gar noch vier Tage nachher, wie ſich dieſes mit denjenigen ereignet, denen man dieſes Schildpatt weggenommen hat. Ich habe andern tiefe Wunden in die Pfoten gemacht, und ſogar einigen die Haut davon ge⸗ zogen, um das Gift beſſer hinein zu bringen. Endlich habe ich in ihre Wunden dicke Wieben von Werk mit Gift befeuchtet hineingeſteckt. Es ifi keine davon geſtorben, und fie ſchienen ſich gar nicht übel darnach zu befinden. a Ich glaube aber doch nicht, daß die Schildkröte vollkommen ſicher vor den Wir⸗ kungen dieſes Gifts iſt. Ich habe eine ſterben geſehen, nachdem ſie von achtzehn Vipern gebiſſen worden war. Das Blut ſtroͤmte aus ihrem ganzen Koͤrper aus den Wunden, welche dieſe Thiere ihr gemacht hatten. Eine andere babe ich nach zwoͤlf Stunden ſterben geſehen, nachdem nur drey Vipern fie am Halſe gebiſſen hatten; und endlich eine dritte nach 23 nach vier und zwanzig Stunden, ob fie gleich nur an den Pfoten von zwey groſſen Vipern gebiſſen war. Es ſcheint daher, daß dieſes Gift nur felten in den Körper der Schildkröͤ— ten dringt, und ſich darin ausbreitet, und daſelbſt viel langſamer und nicht ſo heftig wirkt, als bey den andern Thieren mit kaltem Blute. Dieſe ſterben alle von dieſem Gifte; we⸗ nigſtens alle diejenigen, die ich habe beiſſen laſſen; ſogar die Aale nicht ausgenommen, welche ſpaͤter davon ſterben, und nicht eher als nach achtzehn bis zwanzig Stunden. Die andern Fiſche ſterben auch von dieſem Gifte; Endlich leben die kleinen Eideren kaum ei⸗ nige Minuten nach dieſem DBiſſe. Die Thiere mit warmen Blute ſterben alle von dieſem Gifte. Wenigſtens habe ich kein einziges geſehen, das nicht mit den andern gleiches Schickſal haͤtte. Ein kleiner Habicht blieb nicht einmal drey Minuten leben. Nach einigen Gesunden fing er an den Schnabel auf zu thun, als wenn der Othem ihm fehlte, und er Neigung zum Brechen empfaͤnde. Einige Augenblicke nachher fiel er vor Mattigkeit auf ſeine Bruſt, und konn⸗ te nicht wieder auf feine Fuͤſſe kommen. Er ſtarb endlich mit allen Zeichen einer überaus groſſen Mattigkeit. Allgemein habe ich beobachtet, daß die Thiere mit warmen Blute, und deren Bewegung des Herzens ſehr lebhaft iſt, auch geſchwinder ſterben, als bie andern. Es giebt alſo viele Arten ſehr von einander verſchiedener Thiere, für welche das Gift der Viper kein Gift iſt; oder wenn es toͤdtlich iſt, ſo iſt es nur ſelten, und mit der moͤglichſt geringen Staͤrke toͤdtlich. Vielleicht giebt es ihrer nech viele andere, die wir noch nicht kennen, und welche ſeiner Wirkſamkeit widerſtehen. Ich habe ihrer ſelbſt viele in der Claſſe der Inſeeten und Würmer gefunden, welchen dieſes Gift nicht ſchabet. Ich werde vielleicht weitlaͤuftiger davon in einem andern Werke reden, in welchem ich von den Mitteln wider den Vipernbiß handeln werde. Alle dieſe Erfahrungen muͤſſen den Weltweiſen ſehr behutſam machen, welcher die Natur ſtudiret, wenn er ſich nicht bey jedem Schritte verirren will. Sie zeigen uns ferner, wie unſicher es iſt, aus der bloſſen Aehnlichkeit zu ſchlieſſen, die zwiſchen verſchie⸗ denen Thieren vorhanden ſeyn kann, wenn von ihrem Leben, oder der Einrichtung ihrer Bewegungen die Rede iſt; die Natur laͤßt ſich nicht errathen. Nur die Erfahrung in den Haͤnden eines aufmerkſamen und hellſehenden Beobachters iſt im Stande, derſelben ihr Geheimniß abzulocken. = Siebentes Kapitel. Das Gift der Viper iſt nicht ſaurer Natur, Man lieſt in einem kleinen Buche über bie Gifte von Mead, welches im Jahre 1739 unter der falſchen Anzeige zu Amſterdam und Neapel gedruckt wurde, das Gift der Viper ſey ſauer und verwandele den Tourneſol oder die blaue Farbe aus dem Krebskraute (He. i b liotro- 24 liotropium) in roth; und er behauptet, er habe fich durch feine eigene Erfahrung von die⸗ fer Wahrheit überzeugt. Um mich davon zu verſichern, fing ich auf eine Glasſcheibe ei⸗ nen Tropfen Gift von einer Viper auf, die ich eben getoͤdtet hatte. Ich ließ ihn unmit⸗ telbar aus der Spitze des Zahns flieſſen, als ich den Gaumen ein wenig druͤckte. Ich ließ darauf dieſen Tropfen auf ein blaues Papier fallen. Dieſes Papier ſog ihn in ſich; aber anſtatt roth zu werden, wurde es ein wenig gelb, und behielt ſo gar dieſe Farbe, nachdem es trocken geworden war. Es kam mir ſeltſam vor zu glauben, daß ein Mann wie dieſer gelehrte Englaͤnder ſich in einem ſo leichten Verſuche geirret haben ſollte. Ich nahm daher eine groͤſſere Menge Gift, womit ich verſchiedene Stucke blaues Papier be⸗ ſtrich, und um nichts zu verſaumen, ſo veraͤnderte ich dieſen Verſuch auf hunderterley verſchiedene Weiſe. Bald nahen ich das Gift, um es reiner zu haben, unmittelbar aus dem Zahne, ehe es die andern Theile des Mundes beruͤhrte; bald ſteckte ich einen Klum⸗ pen Baumwolle in das Maul einer lebendigen Viper, in dem Augenblicke, da ſie biß, oder einer ſchon todten Viper, deren Maul voll von dieſem Gifte war. Ich miſchte etwas davon in Waſſer, und tauchte ein Stuck blaues Papier darein. Ich ſuchte zu entdecken, ob die Vermiſchung des Gifts mit andern Saͤften dieſes Thiers Mead in Anſehung dieſer Farbe nicht hintergangen haͤtte. Ich machte bey dieſem Verſuche unendliche Abaͤnde⸗ rungen; aber umſonſt. Niemals habe ich das Papier roth werden geſehen. Es nahm bloß eine gelbe Farbe, oder die Farbe des Gifts an. Mead verſichert ferner, er habe auch die Miſchung dieſer Feuchtigkeit init dem Veilcheuſyrup ein wenig roth werden geſe— hen. Ich habe eben das verſucht; aber es hat mir nicht eben ſo gelingen wollen. Wenn das Gift an Menge mehr betraͤgt, als der Syrup, ſo wird dieſe Miſchung zwar ein we⸗ nig gelblich, aber niemals roth. Ich vermehrte, ich verminderte die Menge des Gifts; Ich nahm es allein und auch mit dem Speichel des Thiers vermiſcht. Niemals ſahe ich eine andere Farbe, als eine etwas gelbliche; und alle meine Verſuche haben zu weiter nichts gedient, als daß fie mich noch mehr beſtaͤttigten, daß dieſes Gift weder den Veilchen ſy⸗ rup noch die Farbe aus der Krebsblume roth färbt. *) In eben dem Buche über die Gifte behauptet Mead, daß das Gift der Viper eine wahre Saͤure ſey, und mit den laugenſalzigen Subſtanzen aufbrauſe. Ich nahm demnach eine Menge Laugenſalze in fluͤſſiger Geſtalt, wie den Hirſchhorngeiſt, das Wein⸗ fteinöl, zu denen ich verſchiedene Gaben von dieſem Gifte hinzumiſchte, allezeit ſehr rein und unvermiſcht mit den andern Saͤften im Munde. Ich habe niemals die geringfte Be— wegung noch das geringſte Aufbrauſen in dem Augenblicke ihrer Vereinigung geſehen. Ob ich gleich ein Mieroſcop zu Huͤlfe nahm, fo konnte ich doch kein einziges Waſſerblaͤs⸗ gen ſich darin entwickeln ſehen. Die Farbe blieb eben dieſelbe, und ich ſahe nichts, = mi ) Der Doctor James glaubt auch, daß das Viperngift ſauer ift, weil es nach ſeiner Meinung, die Tourneſolfarbe, und den Veilchenſyrup, wie die andern Saͤuren, roth faͤrbt. 5 25 mich nur auf die Vermuthung der Gegenwart einer Säure in dieſem Gifte bringen konn⸗ te. Man muß nicht glauben, daß die Geſchwindigkeit des Aufbrauſens Schuld geweſen ſey, daß meine Augen es nicht wahrgenommen haben. Denn der kleine Tropfen des Gifts vereinigte ſich mit dem Laugenſalze ſo langſam, daß es ſehr leicht war, ihm mit dem Microfsop zu folgen, und auf ein Haar den Augenblick ihrer vollkommenen Vereinigung wahrzunehmen. Achtes Kapitel. Das Gift der Viper iſt nicht laugenſalziger Natur. N, es auch Schriftſteller gegeben hat, welche behauptet haben, daß eben dieſes Gift lau⸗ genſalzig, und nicht ſauer ſey, und weil ſie hauptſaͤchlich auf ſeine groſſe Wirkſamkeit und die Schnelligkeit ſeiner Wirkungen ihre Hypotheſe gegruͤndet haben, ſo habe ich geglaubt, nicht unterlaſſen zu dürfen, auch Darüber die Erfahrung zu fragen. Ich nahm daher ver⸗ ſchiedene ſaure Fluͤſſigkeiten, als den Weineſſig, den Salzgeiſt, den Salpetergeiſt, den Vitriolgeiſt, endlich verſchiedene ſaure Salze aus den Pflanzen. Ich miſchte unter alle dieſe Saͤuren mehr oder weniger von dem Viperngifte; aber ich bekam keine andere Farbe, als gelb, wenn das Gift mehr an Menge betrug als die Saͤure. Ich nahm ein gutes Microſeop zu Huͤlfe, aber ich konnte niemals weder Aufbrauſen, noch eine Bewegung, noch ein Luftblaͤsgen in dieſer Miſchung aufſteigen ſehen. Ich habe es don neuem mit Veilchenſyrup verſucht, aber es faͤrbte ihn nicht gruͤn, wie die laugenſalzigen Subſtanzen zu thun pflegen. Es iſt alſo ungegrüͤndet, was die Naturkuͤndiger behaupten, daß das Viperngift ſaurer oder laugenſalziger Natur ſey; und noch unrichtiger haben ſie geglaubt, nach die⸗ fen Hypotheſen die toͤdtlichen Wirkungen dieſes Gifts erklaͤren zu koͤnnen. Dieſe Hypo⸗ theſen, die ganz ohne Grund ſind, werden vollkommen durch die Erfahrung widerlegt, durch dieſen einzigen Wegweiſer für diejenigen, welche Neigung zur Unterſuchung der phyſiſchen Wahrheiten haben. Jedoch muß man geſtehen, daß der Doctor Mead in einer neuen Ausgabe feiner Schrift über die Gifte, Paris 175 1, die ich zu ſpaͤt bekom⸗ men habe, viele Irrthümer verbeſſert hat. Er nimmt darin auch wirklich das wieder zu⸗ ruck, was er von der ſauren Natur des Viperngiftes behauptet hatte. Er geſteht, daß der mit der Tourneſolfarbe und dem Veilchenſyrup angeſtellte Verſuch unrichtig iſt, und daß dieſes Gift weder mit den Säuren noch mit den Laugenſalzen aufbrauſet. Dieſes Ge: ſtaͤndniß uͤberhebt mich der Mühe, die Urſachen des Widerſpruchs der Erfahrungen dieſes groſſen Mannes mit den meinigen aufzuſuchen, und anzuzeigen, was wohl die Veran⸗ laſſung zu feinem Irrthum geweſen ſey. 4 Fontana I. B. D | Neun⸗ 26 Neuntes Kapitel. Man entdeckt keine Salze in dem Viperngifte. So babe ich das Vergnuͤgen gehabt, zuerſt nach Mead, durch zahlreichere und mehr abgeaͤnderte Verſuche, als die ſeinigen ſind, die Wahrheiten zu beſtaͤttigen, die er ent deckt hatte; und mit denen, ſo viel ich weiß, ſich niemand nach ihm beſchaͤftigt hat. Die Gleichfoͤrmigkeit ſetzt auf eine unleugbare Art die Gewißheit meiner Beobachtungen feſt. Ich habe die ſtrengſte Sorgfalt bey meinen Unterfuchungen über das Daſeyn die⸗ ſes ſcharfen und aͤtzenden Salzes gebraucht, welche Mead ſelbſt in ſeiner letzten Schrift, und alle Beobachter nach ihm, in dem Gifte der Viper geſehen zu haben vorgeben, *) g Mead betrachtet dieſes Salz der Viper als ein Mittelſalz. Er behauptet, er habe es in dem noch fluͤſſigen Gifte ſchwimmend geſehen, und beſchreibt es, als wenn es mit ſehr ſcharfen Spitzen verſehen waͤre. Allein wie groß war mein Erſtaunen, als ich das Gift der Viper unter das Mieroſcop brachte, und niemals dieſe Sammlung von Salzceryſtallen darin entdecken konnte, welche dieſer gelehrte Engländer darin allemal geſehen zu haben glaubt! Ich bediente mich fogar, aber umſonſt, der ſtaͤrkeſten Linſen, ſo man in England verfertigt. Ich fand allenthalben weiter nichts als eine gelbliche und ſchleimigte Feuchtigkeit, ohne eine beſtimmte Figur, ohne darin ſchwinumende Koͤrperchen, oder abgeſonderte Theilchen, ſondern ſie war ſich in ihrer ganzen Maſſe gleich, wie ein Oel, das man durch das Mieroſcop betrachten würde, Das Gift, deſſen ich mich be⸗ diente, war rein und allein aus dem Zahne ſelbſt genommen. Ich habe dieſen Verſuch auf hunderterley Weiſe abgeändert; ich habe fo gar das Sonnenmicroſcop dazu gebraucht; und endlich habe ich mich uͤberzeugt, daß dieſes Salz nicht wirklich in dem Gifte vorhan⸗ den iſt, und Mead ſich durch irgend einen Nebenumſtand hat täufchen laſſen. s Ich erinnerte mich damals, daß ich einmal gewiſſe durchſichtige Körper durch das Mieroſeop geſehen hatte, welche auf dem menſchlichen Speichel ſchwommen, und die man leicht für Salze anſehen konnte. In der That einer, der nicht ſehr geuͤbt ift, mit dieſem Inſtrumente umzugehen, und gewohnt, die Geſtalt der verſchiedenen Salze zu ſehen, fü man in den Fluͤſſigkeiten findet, inſonderheit wenn ſie trocken werden, wuͤrde ſich leicht ein⸗ bilden, daß dieſe kleinen durchſichtigen Theilchen, welche auf dem Speichel ſchwimmen, in der That ſalziger Natur ſeyn. Allein ſie ſind doch gar zu leicht, zu groß, und nicht durchſichtig genug, als daß ſie wirklich Salze ſeyn koͤnnten. Sie haben weder einerley Groͤſſe, U ) James behauptet mit Mead, daß er dieſes Salz, wiewohl in kleiner Menge, in die⸗ fen verduͤunten Gifte geſehen habe. Sie ſagen alle bey de, daß das Netz, ſo es bil⸗ det, wenn es trocken wird, ganz aus kleinen Kryſtallen beſtehe. 27 Groͤſſe, noch eigerley Geſtalt. Die Richtung dieſer kleinen Körper iſt eher krumm, als gerade; ſie haben auf ihrer Oberfläche Vertiefungen und Falten; endlich werden ſie kraus und verlieren den Glanz, ſo wie der Speichel vertrocknet. Den Augen eines geuͤbten Beobachters ſind ſie alſo weiter nichts, als kleine Felle, und leichte gefaltete Haͤute und etwa die Ueberbleibſel der faſt verdaueten Nahrungsmittel. Sie verſchwinden in der That, ſo wie man ſich den Mund ausſpuͤhlt; und ich habe beobachtet, daß, wenn man ſie mit einer feinen und ſpitzigen Nadel bewegt, fie ſich verlängern, oder ſich zuſammenfalten, wie kleine Stuͤckgen Haut. Ich habe in der Svpeichelflüͤſſigkeit der Vipern dieſe kleinen ſchwim⸗ menden Koͤrßerchen wieder gefunden, welche in dem menſchlichen Speichel vorhanden find, fo wie auch in dem Speichel der Thiere. Ich habe auch einige derſelben in einem Tropfen Gift ſchwimmen geſehen, welches ich mit einem kleinen filbernen Spatel aus dem Maule einer Viper genommen hatte, als ich ihr den Gaumen ſtark druͤckte. Und nun konnte ich begreifen, wie ſich Mead geirrt haben konnte. Er hatte gewiß das Gift aus dem Maule dieſes Thiers genommen, und nicht unmittelbar aus feinem Zahne, wie ich gethan hatte; und er ſahe dieſe kleinen Koͤrperchen, welche wirklich nur vom Speichel herkamen, für ſolche an, die zum Gifte gehoͤrten. Es iſt auch wahr, daß man oft in dem Gifte der Viper, wenn es noch fluͤſſig iſt, kleine etwas gelbe und durchſichtige Blaͤsgen oder Kuͤgelchen wahrnimmt; und dieſes er⸗ eignet ſich nur, wenn man ſtark auf den Gaumen oder auf die Giftblaſe druͤckt; aber als⸗ dann iſt es gar nicht rein, ſondern es kommt Vera, mit andern Koͤrperchen heraus, welche der Behälter hergiebt. Man findet in dem Buche dieſes Schriftſtellers noch eine Beobachtung, die man auch in der Pariſer Ausgabe wiederholt findet, und welche auf eine einleuchtende und überzeugende Weiſe das Daſeyn dieſer Salztheilchen zu beweiſen ſcheint. Er verſichert, daß, wenn man das Viperngift auf einer Glasſcheibe durch das Mieroſcop betrachtet, man dieſe Salztheilchen, ſo wie es trocken werde, in ſehr kleinen und ſpitzigen Cryſtallen fich bilden ſehe, die als eins der feinſten Spinngewebe ausſehen; und daß dieſe durchfich- tigen Cryſtalle oder Spitzen ſich mehrere Monate lang vollkommen halten; ſo ſtark und hart ſeyn ſie ungeachtet ihrer Kleinheit. Ich nahm alſo einen Tropfen ganz reines und mit den andern Saͤften des Mauls unvermiſchtes Viperngift. Ich ließ ihn auf einer Glasplatte trocken werden, und brachte ihn unter ein gutes Microſcop. Wie verwunderte ich mich, als ich auf der Stelle, wo der Tropfen war, einen Haufen verſchiedener durchſichtiger Koͤrperchen ſahe, die eine gleiche Oberflaͤche hatten, und in der ſchoͤnſten Ordnung und Regelmaͤſſigkeit neben einan⸗ der geſtellt waren! Ihre Figur war im ganzen entweder viereckigt oder dreyeckigt, und ihre Ecken ſehr ſpitzig, ſo daß ſie ſehr gut das Netz vorſtellten, von dem uns Mead die Beſchreibung geliefert. Ihre Regelmaͤſſgkeit und Durchſichtigkeit konnten mich beym er⸗ ſten Anblick wohl verleiten, fie für Salztheilchen zu halten. Aber fie waren ſowohl gar b D 2 zu 2 8 — zu groß, als auch in zu guter Ordnung geſtellt, als daß man dieſem Anſchein hätte trauen koͤnnen. Was mich noch vollends überzeugte, daß es keine Cryſtallen waren, war dieſes, daß ich ihrer keine auf einander gehäuft fand, wie man es bey den andern Salzen wahr⸗ nimmt; ſie waren alle abgeſondert, und in gleicher Entfernung von einander geſtellt. Wer oft die Salze anderer Fluͤſſigkeiten geſehen hat, weiß, von welcher Wichtigkeit in der That dieſe letzten Kennzeichen ſind. Ich kam jetzt auf die Vermuthung, daß das Gift beym Trockenwerden geborſten und an verſchiedenen Stellen aus einander geſpalten ſeyn, und ſich auf ſolche Art auf dem Glaſe getheilt haben koͤnnte, wie es ſich mit vielen Sub⸗ ſtanzen ereignet, welche, wenn ſte trocken werden, ſich eben ſo in viele tauſend ziemlich regelmaͤſſig viereckigte oder auch dreyeckigte Stuͤcke ſpalten, die in gleichen Entfernungen von einander geſtellt ſind. Wenn dieſe Riſſe allenthalben von gleicher Breite ſind, ſo wirkt eben die Urſache, ich meine die Ausduͤnſtung, zu gleicher Zeit und mit eben derſel⸗ ben Kraft auf der ganzen Flaͤche. Daher kommt es, daß ſie eine Art von Netz mit ver⸗ ſchiedenen Fenſterchen, gerade ſo als das Spinnengewebe bildet. Endlich um mich noch mehr zu uͤberzeugen, daß dies keine Salztheilchen waren, ſondern vielmehr Stuͤckgen und Trummer von dieſer getrockneten ſchleimigten Feuchtigkeit, ſo verfiel ich auf einen neuen Verſuch, den ich fuͤr entſcheidend hielt. Ich ließ auf dem Boden eines kleinen und hohlen Glaſes einige Tropfen von dieſem ganz reinen Gifte ein⸗ trocknen. Ich brachte ſie darauf unter das Microſcop, und fand fie, wie gewöhnlich voll kleiner Riſſe, die ausſahen, wie ein Spinnengewebe. Aber man ſahe ſehr deutlich, daß dieſe Riſſe nach dem Boden des Glaſes zu um deſto groͤſſer waren, je mehr Dicke die ge⸗ trocknete Feuchtigkeit daſelbſt hatte. Dieſe vorgeblichen Salze waren nichts anders, als aus einander gewichene und auf dem Glaſe trocken gewordene Stuͤckgen Gift. Diejeni⸗ gen, welche die dickeſten waren, waren wenig oder gar nicht durchſichtig. Sie hatten eine gelbliche Farbe, wie das Gift ſelbſt in ſeinem fluͤſſigen Zuſtande. Dieſe Riſſe kom⸗ men alfo nur von dem Einſchrumpfen der Theile des Gifts während der Aus duͤnſtung. Alles dieſes kann man ſogar ohne Huͤlfe des Microſcops mit bloſſen Augen ſehen. Allein um allen moͤglichen Zweifel von einer ſo wichtigen Sache zu entfernen, die man ſo allgemein angenommen hat, und auf welche endlich Mead ſeine Hypotheſe von der Wirkung dieſes Gifts gruͤndet, wenn es in das Blut der Thiere gebracht wird; habe ich noch folgenden Verſuch gemacht der vollkommen beweiſt, daß dieſes vorgebliche Salz⸗ netz ein Irrthum iſt. Ich nahm einen Tropfen Gift auf ein flaches und ebenes Glas, und betrachtete ihn aufmerkſam mit dem Mieroſcope während der ganzen Zeit feines voͤlli⸗ gen Vertrocknens; aber es ereignete ſich hier nichts aͤhnliches mit dem, was ſich bey den in Waſſer aufgelösten Salzen ereignet. Die Salftheilchen vereinigen ſich, fo wie die Ausdünftung vor ſich geht, und gehen, wenn ſie ſich niederlegen, von dem Umfange nach dem Mittelpunkte zu, anfangs in Geſtalt von ſehr kleinen Cryſtallen ,die aber groͤſſer wer⸗ den, durch den Zuſatz eben ſolcher Salztheilchen, welche ſich mit jenen vereinigen. Hier hingegen fand ich weiter nichts, als eine Feuchtigkeit, welche, ſo wie ſie trocken gr m ichtbar # — —— DS 29 ſichtbar zer ſpaltet, und Riſſe bekommt, ſo dieſe vierſeitigen und dreyſeitigen Stuͤcke bilden, von denen ich geredet habe. Dieſe Riſſe, welche gleichſam der Faden des Netzes find, zei- gen fi ch anfangs an der Peripherie, und ruͤcken nach und nach gegen den Mittelpunkt zu, fo wie das Austrocknen näher kommt. Aber die vierſeitigen und dreyſeitigen Stucke, wel: che die Zwiſchentaͤume der Riſſe ausfüllen, und die Faͤcher vorſtellen, werden hier nicht groß, wie die Salztheilchen in einer Salzaufloͤſung bey dem Fortgange der Ausdünftung thun. Ich habe dieſe Beobachtung mit groſſem Vergnuͤgen mehrmals wiederholt. Ich miſchte das Gift unter einige Tropfen ſehr reines Brunnenwaſſer. Ich beobachtete es ge⸗ duldig und ließ es unter dem Mieroſcop ausduͤnſten; weil ich hofte, auf ſolche Art die Salze zu finden, die es vielleicht in ſich haben koͤnnte; allein ich war nicht nid als vorher. Und doch war dies gewiß das beſte Mittel ſie zu entdecken. Ich hatte zu Zeugen bey meinen Verſuchen zwey beruͤhmte Profeſſoren auf det Univerfität zu Piſa, die Hrn. Perelli und Campredi. Sie hatten die Gewogenheit, mich mit ihrer Gegenwart zu beehren, und waren beſtaͤndig bey mir; inſonderheit als ich meine Verſuche uͤber das Salz des Viperngifts machte. Sie ſtimmen alle beyde mit mir überein, daß, was für Grund man auch gehabt haben mag, fein Daſeyn zu vermuthen, meine Verſuche und etwas Nachdenken mehr als hinreichend ſind, auch den Anſchein einer bloſſen Vermuthung aus dem Wege zu raͤumen. Man muß auch wiſſen, daß die Riſſe, welche entſtehen, wenn man einen groſſen Tropfen von dieſem Gifte ausdünſten laͤßt, viel gröffer find, als wenn der Tropfen klei⸗ ner, wenn er in Waſſer aufgelöft „oder auf dem Glaſe ſehr "ausgebreitet iſt; dieſe Spal⸗ ten ſind ſehr breit, und haben eine Lage wie Halbmeſſer, die nach dem Mittelpunkte des trocken gewordenen Gifts zu zuſammenlaufen. Der Raum, welcher ſich zwiſchen dieſen Halbmeſſern befindet, wird auch von andern ſchraͤgen Strahlen durchſchnitten, welche immer enger werden, jemehr ſie ſich dem Mittelpunkte naͤhern, und die Figuren bilden, von denen ich geredet habe, ſo wie auch noch viele andere ſehr unregelmaͤſſige. Dieſe ſchraͤgen Straß len fü nd bey dem Umfange kleiner, mehr oder weniger einander nahe, und wie Eirkelſtücke gekruͤmmt. Wenn man das Gift der Viper durch das Mieroſeop betrachtet, fo bemerkt man darin auch zuweilen Troͤpfgen, oder wie Flecken, die viel kleiner und ſehr durchſichtig ſind, und zuletzt trocken werden. Ich habe mich demnach ſehr wohl überzeugt, daß das Daſeyn dieſer Salze, wer ches die Aerzte und Naturkuͤndiger bisher mit ſo vieler Zuverſicht angenommen haben, nicht gegruͤndet iſt. Ich habe geſehen, daß die Theorien, welche man auf bieſen Grund⸗ ſatz bauete, um die Wirkung dieſes Gifts zu erklaͤren, von der Erfahrung einfullen und verſchwinden, welche beweiſet, daß in dieſer Feuchtigkeit gar kein Salz, weder ein ſau⸗ tes, noch ein Laugenſalz, noch ein Mittelſalz E N iſt. ; D 3 Zehntes —— Zehntes Kapitel. Das Gift der Viper hat keinen beſtimmten Geſchmack; es erregt auf der Zunge keine Entzuͤndung. . 38 Nach dem Zeugniß des Bedi glaubte man anfangs, das Gift der Viper hätte keinen Ge⸗ ſchmack, und kaͤme dem Geſchmacke nach beynahe dem ſuͤſſen Maudelöt gleich. Man fin⸗ det aber nirgends in ſeinen Schriften, daß er es ſelbſt geſchmeckt hat. Er ſcheint ſich im Gegentheile in dieſem Stucke auf einen gewiſſen Vipernfaͤnger mit Namen Jacob verlaſ⸗ ſen zu haben, welcher dreiſt genug war, dieſe gefaͤhrliche Fluͤſſigkeit zu ſchmecken. Er ruͤhmte ſich, er koͤnnte einen ganzen Löffel voll davon niederſchlucken, und Redi erzählt uns, daß man ihn oft welches niederſchlucken geſehen habe. l Mead hingegen verſichert uns, er habe es ſelbſt geſchmeckt, andern davon zu ſchmecken gegeben, und dieſes Gift ſey ſcharf und beiſſend. Er ſagt, es laſſe auf der Zunge mehrere Stunden lang die Empfindung, wie von einem Feuer zuruck, wenn es gleich mit warmen Waſſer verduͤnnet ſey. Er ſetzt hinzu, daß Schmerz und Geſchwulſt der Zunge bald der Lohn für die Verwegenheit desjenigen fen, welcher es unvermiſcht ſchmeckt. Diefe Widerſpruͤche ſetzten mich in die philoſophiſche Nothwendigkeit, dieſes Gift ſelbſt zu ſchmecken. Ich that es; aber nicht ohne Furcht; und ich würde, wie auch der berühmte Morgagni ') in feinem ſchoͤnen Briefe über die Gifte ſagt, niemand ra⸗ then, dieſen Verſuch muthwilliger Weiſe zu machen; weil er vielleicht einen kleinen Riß auf ber Zunge haben koͤnnte, wovon man nicht immer gewiß ſeyn kann. Aber es kam hier darauf an, eine Sache auszumachen, woruͤber die neueſten und angeſehenſten Schrift- ſteller noch getheilt waren. Ich nahm alſo auf eine Glasplatte einen Tropfen von dieſem Gifte; ich verdunnte ihn mit zehn oder zwoͤlf mal ſo viel Waſſer; ich berührte ihn ganz leicht mit der Spitze meiner Zunge. Anfangs empfand ich eine Art von Kaͤlte und Geſchmackloſigkeit. Ich wartete ein wenig, und ſuchte diejenige Empfindung von Feuer, welche die ſauern und atzenden Fluͤſſigkeiten verurſachen; endlich zog ich die Zunge zuruͤck; ich bewegte fie an meinen Lippen, am Zahnfleiſche und am Gaumen herum, um den Geſchmack dieſes Gifts beſſer zu entwickeln; allein ich fand es nicht anders, als ohne Geſchmack. Ich wurde dreiſt, und wiederholte dieſen Verſuch, indem ich jedesmal weniger Waſſer und mehr Gift nahm. Demohngeachtet fand ich weder Geruch, noch einen andern Geſchmack darinn, als den Geſchmack einer ſehr geſchmackloſen Fluͤſſigkeit. Nun nahm ich alles Gift, das ich aus einer Viper herausdruͤcken konnte, und wagte es, daſſelbe ganz allein auf die Zunge zu nehmen. Ich bewegte es an meinen Lippen herum, ich rieb die Spitze meiner ) De ſedibus et caufis morb. epiſt. 49. 31 meiner Zunge ſtark damit, weil dies der Ort iſt, wo man am beſten Schmecken kann. Ich fand daran anfangs ein wenig Zuſammenhang und Zaͤhigkeit in Vergleichung mit reinem Waſſer; aber uͤbrigens nichts ſcharfes, nichts ſtechendes, nichts brennendes; mit einem Worte, gar keinen beſtimmten Geſchmack. Es iſt jedoch nicht fo geſchmacklos, als das reine Brunnenwaſſer. Es hat etwas aͤhnliches mit dem faſt unmerklichen Geſchmacke des friſchen Fetts von Thieren, nebſt einem ſehr unbedeutenden Geruch, den man kaum un- terſcheiden kann; welcher aber ziemlich mit dem Geruche des Vipernfetts uͤbereinkommen wuͤrde, wenn letzterer nicht ſtaͤrker und widerlicher wäre, Ich habe nicht mehr Geruch und Geſchmack an eben dieſem Gifte gefunden, da ich es getrocknet und zu Pulver gerieben nahm. Da ich keinen Naturforſcher gefun⸗ den habe, der dreiſt genug war, eben denſelben Verſuch zu machen, und mein Urtheil zu beſtaͤttigen, fo gab ich es einem Tyroler, meinem Bedienten, Namens Jacob Benve⸗ nuti zu ſchmecken. Dieſer Menſch war eben ſo unerſchrocken, als der, von welchem Redi mit fo vieler Bewunderung redet, und nahm mehrmal zu verſchiedenen Zeiten, und in geößerer oder geringerer Menge, etwas davon, bahd allein, und bald mit Waſſer vers dünnet. Aber niemals hat er gefühlt, daß ihm die Zunge oder der Mund brannte oder aufſchwoll. Er ſagte nur, wenn er es allein und in großer Menge nahm, daß die Eine pfindung, fo er verſpuͤrte, ſehr verſchieden von derjenigen wäre, welche das ſuſſe Man⸗ deloͤhl, das reine Waſſer, ſaure oder herbe Sachen erregten. Allein er konnte nicht fa gen, worin dieſer Unterſchied beftinde. Es iſt ihm einigemal begegnet, daß er auf der Zunge ganze Stunden lang eine Empfindung behielt, nicht von Schmerz, ſondern eine ſolche, ſagte er, als man hat, wenn man ein zuſammenziehendes Mittel geſchmeckt hat. Und er hatte recht; denn ich habe ſelbſt dieſe Art von unangenehmer Empfindung verſpürt, oft fünf bis ſechs Stunden lang in allen Theilen meines Mundes, auf welchen das Gift lange gelegen hatte. Nimmt man es in kleiner Gabe und mit Waſſer vermiſcht, ſo laͤßt es gar keine Empfindung auf der Zunge zuruͤck. Auch empfindet man dieſes Unangeneh⸗ me im Munde nicht in dem Augenblicke, da man das Gift ſchmecket, auch nicht ſogleich darauf; ſondern nur nach Verlauf elner gewiſſen Zeit, und auſſerdem muß man es auch lange im Munde gehalten haben. Ich habe den nemlicheu Verſuch mehr als hundertmal wiederholt, und niemals eine aufgeſchwollene und ſchmerzhafte Zunge bekommen. Ja noch mehr; ſogar in die Augen gewiſcht erregt es weder Entzündung noch Schmerz. Ich habe oft etwas auf das angewachſene Augenhaͤutchen (eonjunctiva) verſchiedener Thiere gebracht, wie zum Beyſpiele des Murmelthiers, der Katzen, der Hunde u. ſ. w. Und niemals iſt in dieſen Theilen, welche uͤbrigens gegen den Eindruck oft ſelbſt der unſchul— digſten Koͤrper ſo empfindlich ſind, weder Geſchwulſt noch Entzuͤndung entſtanden. Ich habe es fo gar dirfen Thieren weit in die Naſe hinauf gebracht, ohne daß fie jemals das geringſte Zeichen von ſich gegeben hätten, daß fie Schmerzen empfänden, Es iſt demnach gewiß, daß das Gift der Viper nichts aͤhnliches mit den Aetzmit⸗ teln hat; daß es nicht ſcharf und brennend iſt, wie das Gift der Biene oder des Scor⸗ pions,. DEN 3% en pions. Kaum hatte ich auf die Zunge nur ein aͤuſſerſt kleines Troͤpfchen von dem Bier nengifte, entweder allein, oder mit ein wenig Waſſer vermiſcht genommen, ſo ſtach und brannte es mich ſo heftig, als wenn ich die ſtaͤrkſten Aetzmittel darauf genommen haͤtte, ſo uns die Scheidekunſt nur liefert. Das Gift der Weſpe und der Horniſſe iſt eben ſo ſcharf und brennend, als das Dienengift; fie verurſachen alle einen lange anhaltenden Schmerz. Ich nahm es bald aus dem Stachel, und bald aus der kleinen Blaſe, welche ihm zum Behaͤlter dient; aber dieſes Gift iſt allenthalben gleich. Es macht allezeit eben denſelben Schmerz. Auch behaͤlt es noch ſeine Staͤrke und Schaͤrfe, nachdem es getrocknet und mehrere Tage aufbewahrt iſt⸗ ö Eben das kann ich von dem Scorpiongifte ſagen. Die weiſſe und zaͤhe Flüͤſſig⸗ keit, welche der Scorpion durch ſeinen Stachel ſpritzt, wenn er ſticht, erregt eine beynahe ähnliche Empfindung auf der Zunge; nur iſt fie viel ſchwaͤcher als diejenige, fo das Bie⸗ nengift verurſacht. Daher kommt es, daß der Bienenſtich in der That ſchmerzhafter iſt, als der Stich unſerer Scorpione. Vielleicht iſt das Gift der Afrikaniſchen Scorpione äufferft aͤtzend, weil es die Thiere in ſehr kurzer Zeit toͤtet. g 5 Ich verſuchte darauf dieſes Gift bey andern Thieren, welche, ob ſie gleich nicht wie der Menſch ſprechen koͤnnen, dennoch durch Zeichen das Vergnügen oder den Wider— willen zu erkennen geben, den ſie empfinden, wenn ſie etwas eſſen ſollen. Ich legte alſo ein wenig Viperngift einem meiner Hunde ins Maul. Er ſchluckte es begierig nieder, und leckte ſich lange die kippen, als wenn er einen Leckerbiſſen für ihn gefreſſen hatte. Hernach befeuchtete ich ein Stuͤck Brodkrumen mit dieſem Gifte, ſo daß es ganz gelb war; ich gab es eben dem Hunde zu einer Zeit, da er ſchon ſo ſatt war, daß er nicht mehr freſſen wollte. Er beroch es, fraß es augenblicklich auf, und bezeugte die groͤſſeſte Begierde, noch mehr zu haben. Mit einem Worte, allemal wenn man ihm einen Tropfen von die⸗ ſem Gifte vor das Maul brachte, fo leckte er es mit der groͤſſeſten Begierde auf. | Jedermann weiß, daß die Hunde, fo wie die Kinder geſchworne Feinde von al- lem ſind, was bitter und ſcharf iſt, und begierig nach dem ſind, was ſuͤß und ſchmierig iſt. Wir muͤſſen alfo daraus, daß mein Hund fo vielen Geſchmack an dieſem Gifte fand, den Schluß machen, daß ſeine Suͤſſigkeit die Urſache davon iſt. Folglich iſt es durchaus eine falſche eingebildete Meinung, daß dieſes Gift ſcharf und brennend ſey; ſo wie es auch falſch iſt, daß die Zunge ſchmerzhaft werde, aufſchwelle, und ſich entzuͤnde, wenn man etwas darauf genommen hat. f Mead war der Meinung, daß das Viperngift, wenn es in die Wunde eines lebendigen Thiers gebracht wird, daſelbſt eine ſehr ſchmerzhafte Empfindung zuwege bringe; und fo muͤſſen auch diejenigen denken, welche, wie er, glauben, daß dieſes Gift mit Salztheilchen verſehen ſey, die es ſehr aͤtzend und brennend machen. Er ſucht ſeine Meinung mit einem Verſuche zu beweiſen, den er mit einem Hunde angeſtellt. Dieſes ; Thier 33 Thier ſchien ſich aus dem Schmerze nicht viel zu machen, welchen man ihm verurſachte, wenn man ihm mit einer krummen und ausgehoͤlten Nadel in die Naſe ſtach; aber es wur⸗ de wütend und heulte, wenn dieſes Gift in die Wunde gebracht wurde. Ich habe genau eben den Verſuch mit einem jungen Hunde gemacht; und er ſchien unempfindlich bey dem Einbringen des Gifttropfens in die Wunde. Ich muß inzwiſchen geſtehen, daß ich eine Katze ſich mehr ſtraͤuben und bewegen geſehen habe, in dem Augenblicke, da dieſes Gift die kippen der Wunde beruͤhrte, fo man ihr an der Naſe gemacht hatte. Aber dieſer Ver⸗ ſuch iſt immer einem Irrthume unterworfen, weil die Nadel nicht nur in der Wunde bleibt; ſondern die Bewegung des Thiers auch macht, daß fie darin mehr bewegt wird, tiefer hineindringt, und ſie mehr zerreißt, welches ohne Zweifel hinreichend iſt, den Schnierz zu erhoͤhen, und fo gar die Nerven zu verwunden, welche bey dem erſten Hinein= ſtecken der Nadel nicht mit getroffen waren. Ich habe oft etwas von dieſem Gifte in Einſchnitte mit einer Lancette laufen laſſen, und mich niemals gut überzeugen koͤnden, daß die Gegenwart deſſelben Schmerz verur- ſachte, ob es mir gleich zuweilen begegnet iſt, daß ich das Gegentheil zu ſehen geglaubt habe. Aber geſetzt, es waͤre auch bewieſen, daß dieſes Gift Schmerz verurſache, kann man denn wohl mit Gewißheit den Schluß daraus machen, daß es mit Salzen verſehen, daß es ſcharf und ätzend iſt? Eben als wenn wir keine Beyſpiele hätten, daß eln Saft, ob er gleich ohne Geſchmack iſt, dennoch heftige Schmerzen verurſacht, wenn man ihn auf eine Wunde legt. Ich habe ſelbſt Leute gekannt, welche, nachdem ſie von einer Vi⸗ per gebiſſen waren, doch nur einen ſehr unbedeutenden Schmerz empfunden hatten, un⸗ gefaͤhr fo, als ihnen bloß der Stich mit dem Zahne haͤtte verurſachen koͤnnen. Wir ha⸗ ben zu Piſa einen geſchickten Vipernjaͤger mit Namen Bongi, welcher eines Tages am Finger gebiſſen war, und es nicht eher gewahr wurde, als bis er das Blut daraus flief- ſen ſahe; zum Beweiſe, daß er keinen Schmerz empfunden hatte. Sein Vater hat uns eben das bezeugt; er war ebenfalls am Finger gebiſſen worden; und er vergleicht dieſen Schmerz mit einem Fliegenſtich. Sie wurden inzwiſchen alle beyde ſehr krank nach dieſer Verwundung; ein offenbarer Beweis, daß das Gift bis ins Blut gedrungen war. Ich bin alſo durch die Erfahrung ganz überzeugt worden, daß dieſes Gift weder ſcharf noch brennend iſt ), und nicht diejenigen Salze in ſich enthaͤlt, welche ſo viele Schriftſteller nur erdacht haben, um feine Art auf das Blut zu wirken, erklaͤren zu konnen; over weil fie übel beobachtet haben. 2 fe wird in der Folge ſehen, was für eine Einſchraͤnkung dieſer Ausdruck lei⸗ en kann. Fontana I. B. E Eilftes —— — Eilftes Kapitel. Andere Eigenſchaften des Viperngiftes. 34 Dic gelbe toͤdtliche Feuchtigkeit, welche die Viper von ſich giebt, und welche wir we⸗ der ſauer, noch laugenſalzig, noch ätzend befunden haben, ſinkt, wenn man ſie ins Waſ⸗ ſer troͤpfelt, ſogleich zu Boden, wie gewiſſe ſchwere Pflanzendle. Ihre Theile behalten im Waſſer einige Zeit lang ihre Zabigkei, und ihren natuͤrlichen Zuſammenhang. Sie bleiben darin mit einander vereinigt, und behalten ihre erſte Farbe und Durchſichtigkeit. Dieſes Gift iſt alſo ſchwerer, als das Waſſer, und unterſcheidet ſich darin von den andern. gewöhnlichen Oelen, von dem Fette der Thiere, und ſelbſt dem Vipernfette, welche alle auf dem Waſſer ſchwimmen. Diejenigen Oele und andern Fluͤſſigkeiten, fo ſchwerer als das Waſſer ſind, muͤſſen wenigſtens verdaͤchtig ſeyn, und ſind oft in der That ſehr wirk⸗ ſame Gifte. Und nicht einmal das Oel der gemeinen Lorbeeren, und das von den Kirfch- lorbeeren zu gedenken, fo iſt auch das rothe Oel aus den bittern Mandeln, fo durch die Diſtillation daraus gezogen wird, ein Gift. Ich habe mich ferner bemuͤhet zu erfahren, ob das Viperngift entzuͤndbar iſt, das heißt, ob das phlogiſtiſche Principium fo ſehr darin entwickelt iſt, daß es Feuer fangen kann. Ich habe etwas davon auf gluͤhende Kohlen getroͤpfelt; Ich habe ein Papier damit befeuchtet, auch ein Stuͤck Holz; ferner habe ich etwas ganz rein und in kleinen Tropfen auf eine Nadelſpitze genommen. Ich hielt es auf alle dieſe Arten in die Flamme einer Kerze; es fing niemals an zu brennen; und ich habe nicht gefunden, daß es entzuͤndbarer waͤre, als die andern Saͤfte der Thiere. Ich kann eben das von dem Bienengifte, von dem Gifte der Weſpe, der Hor⸗ niſſe und des Scorpions ſagen. Sie ſind in dieſem Stuͤcke dem Viperngifte er fie vertrocknen, und verzehren ſich im Feuer, ohne ſich zu entzuͤnden. Wenn man einen Tropfen ganz reines und friſches Viperngift in den Mund nimmt, ſo findet man, daß es ein gewiſſes klebrichtes Weſen an ſich hat; aber wenn man es in dicken Tropfen auf einer Glasplatte trocknen laͤßt, ſo ſi eht es wie eine durchſich⸗ tige gelbliche Gallerte aus; alsdann if es zwiſchen 15 Zaͤhnen wie Pech; ſo daß man es nicht leicht losmachen kann, Zwölf — £ Zwoͤlftes Kapitel. Beſondere Umſtaͤnde in Anſehung des Gifts der Viper und der andern gifti⸗ gen Thiere. 38 Wi haben geſehen, daß das Gift der Viper aus dem Loche an der Spitze des Zahns kommt, wider die Meinung des Redi, und daß es in denſelben durch das Loch an ſeiner Grundflaͤche fließt. Bey fo geſtalteten Sachen ſollte man auf den Gedanken kommen, daß dieſe Zähne gerade dazu gemacht find, um zu toͤdten; fo ſehr ſcheint dieſes kleine Loch dazu eingerichtet zu ſeyn, dieſes Gift in das Blut desjenigen Thiers zu bringen, ſo ſie beißt. Allein ich mag nicht auf die Endurſachen zurück gehen; und ich bin weit entfernt zu glauben, daß dieſer ganze ſonderbare Mechanismus ganz eigentlich bey der Viper dazu gemacht ſey, die andern lebendigen Weſen zu zerſtoͤren. Vielleicht iſt dieſe Fluͤſſigkeit in der Viper nothwendig zur Verdauung dieſes Thiers. Ich werde zeigen, daß ſie auf eine ſonderbare Art das Fleiſch, womit es ſich naͤhrt, zu einer geſchwinden Faͤulniß geneigt macht; zu einem Grade von Veraͤnderung, den es nothwendig durchlaufen muß, um ſich gut verdauen zu laſſen; Allein durch einen unglücklichen, aber nothwendigen Mechanis⸗ mus, bringt eben derſelbe Zahn dieſes Gift zugleich in die Thiere, welche die Viper beißt. und in die Nahrungsmittel, die ſie frißt. Wer weiß, ob die Beraubung dieſer giftigen Feuchtigkeit nicht die Viper eben denjenigen Zufaͤllen ausſetzen wuͤrde, welche die andern Thiere erfahren, wenn einer von ihren Verdauungsſaͤften fehlt, oder verdorben iſt? Wenn es zum Beyſpiel wahr wäre, wie man geglaubt hat, daß der menſchliche Speichel ein Gift fuͤr gewiſſe Arten von Thieren ift, und ein Weltweiſer unter dieſen Thie⸗ ren, der uͤber die Natur dieſes Gifts nachdenken und philoſophiren wollte, ſagte, unſer Speichel ſey einer von den vornehmſten Saͤften, welcher am meiſten zu unſerer Ver⸗ dauung beytraͤgt, wuͤrde dieſer neue Weltweiſe wohl Unrecht haben? Und würde er nicht die Natur errathen haben? Behauptete hingegen eben dieſe Gattung von Thieren, un⸗ fer Speichel ſey uns gegeben worden, um fie zu vergiften, weil er fie wirklich toͤdtet; wuͤr⸗ de fie dann nicht in einem ſehr einfaͤltigen Irrthume ſtecken? Und dennoch überlaffen ſich demſelben ganz dreiſt diejenigen, welche ohne Unterlaß in der Unterſuchung und Erflä- rung der phyſiſchen Erfahrungen und Begebenheiten zu den Endurſachen ihre Zuflucht nehmen. Es iſt übrigens ein allgemeines Geſetz bey den giftigen Thieren, welche mit dem Zahne oder mit dem Stachel verwunden, daß fie das Gift durch Löcher oder Oefnungen in die Wunde bringen, welche fie an dieſen Theilen haben. Was zum Beyſpiel den Scor⸗ pion betrift, ſo ſind die Schriftſteller nicht einig unter einander, weder wegen der Anzahl, noch des Sitzes dieſer Defnungen. Redi hat, welches ganz unbegreiflich iſt, fie nie⸗ mals entdecken koͤnnen; und da er nur einen einzigen Tropfen von dieſem Gifte auf einer 7 E 2 eiſernen 36 a 5 eiſernen Platte geſehen hatte, auf welche er einen Scorpion mehrmals ſeinen Stachel hatte ſtoſſen laſſen, ſo ſchloß er daraus, daß nur ein einziges Loch oben an dieſer Spitze wäre. Valisnieri zählt ihrer bis auf drey. Allein es iſt gewiß, daß die zu Toſcana, welche ich unterſucht habe, niemals mehr als zwey Oefnungen auf der Seite haben, aus welchen das Gift fließt; und niemals findet man nur ein einziges, oder gar drey, wie dieſe beyden groſſen Beobachter behaupten. Wenn man das kleine Blaͤsgen ein wenig drückt, welches den Schwanz des Scorpions endigt, und wo der Stachel feinen Anfang nimmt, fo ſieht man durch Huͤlfe eines guten Vergroͤſſerungsglaſes dieſe beyden Seiten⸗ loͤcher, fo wie auch das Gift, in den Augenblicke, da es daraus kommt. g Allein wieder auf die Viper zu kommen. Ihr Gift haͤlt ſich Jahre lang in der Hoͤhle des Zahns, ohne ſeine Farbe, noch ſeine Durchſichtigkeit zu verlieren. Wenn man alsdann dieſen Zahn in warmes Waſſer legt, ſo loͤſt es ſich ſehr geſchwind auf, und iſt noch im Stande, die Thiere zu toͤdten. Denn ſonſt behaͤlt auch das Viperngift ge⸗ trocknet und zu Pulver gerieben mehrere Monate lang ſeine Wirkſamkeit, wie ich nach Redi oft verſucht habe. Es darf nur wie gewhoͤnlich durch eine Wunde ins Blut ge⸗ bracht werden; Aber es muß denn doch nicht gar zu lange aufbewahrt ſeyn. Ich habe es oft nach zehn Monaten unwirkſam befunden. 92 Ich moͤchte gern glauben, daß diejenigen, welche ſterben, nachdem ſie Koͤpfe von Vi⸗ pern, ſelbſt ſchon lange nach ihrem Tode beruͤhrt haben, wirklich nur durch dasjenige Gift ver⸗ giftet worden find, welches In der Höhle des Zahns vorhanden war, und das, weil es durch das Blut aus der Wunde aufgelöft wurde, aus dem ellyptiſchen Loche der Spitze des Zahns herausgekommen ſeyn kann. Ein Stuͤckgen trocken gewordenes Gift, das an der aͤuſſern Fläche des Zahns haͤngen kann, iſt auch im Stande, dieſe Wirkung hervor⸗ zubringen. Denn ich habe mich durch alle meine Beobachtung vollkommen uͤberzeugt, daß der Kopf der Viper in viel weniger Zeit, als in vier und zwanzig Stunden ſtirbt; daß feine Muſkeln in wenig Tagen vertrocknen, wenn fie an einem trocknen Orte find, oder geſchwind verfaulen, wenn der Ort feucht iſt. Uebrigens ſind die Zaͤhne der Viper ſehr ſpitz und ſcharf, ſo daß ſie die Haut durchbohren, wenn man ſie nur ganz wenig beruͤhrt. Es iſt mir zweymal gelungen, Thiere umzubringen, wenn ich ſie nur mit einem Vipern⸗ zahn verwundete, der ſeit einigen Stundeu ausgeriſſen war, und voll von geronnenem Gifte ſteckte. Und wenn der Neffe des berühmten Vipernjaͤgers Jacob ſich mit Vipern⸗ zaͤhnen, die er eben ausgeriſſen hatte, verſchiedene mal in die Hand bis aufs Blut geſto⸗ chen hat, wie Redi uns erzählt, ohne daß ihm jemals ein anderes Uebel begegnet fen, als das, welches er nach dem Stiche mit einer Nadel oder einem Dorn erfahren haben würde, fo hat er es jedesmal mit der gröffeften Gefahr gethan, weil auch nur ein Wenig von dieſem toͤdlichen Gifte in dem Zahne ſtecken konnte. Und diejenigen Huͤhner, welche Redi an verſchiedenen Stellen des Koͤrpers mit den einer lebendigen Viper ausgeriſſe⸗ nen Zaͤhnen geſtochen hat, liefen alle gleiche Gefahr. a Ich 9 Ich will nicht leugnen, daß das Gift in dem Blaͤsgen des Kopfs einer Viper nicht auch, ſelbſt einen Tag nachher, nachdem er abgeſchnitten worder, tödfen koͤnne. Es darf nur die Viper nicht gebiſſen haben, ehe fie getödtet wird, und nicht zu ſehr vertrock⸗ net oder verfault ſeyn, weil alsdann entweder das Blaͤsgen zerſtoͤrt ſeyn wuͤrde, oder nicht mehr dieſe Fluͤſſigkeit durch den ſchon verſtopften und vertrockneten ausſondernden Ca⸗ nal in den Zahn ſchicken koͤnnte. Aus dem, was ich bis jezt geſagt habe, begreift man, wie gewiſſe Charlatane nach der Erzaͤhlung des Verfaſſers des Buchs von dem Theriac zu Piſon ſich ohne Gefahr von Vipern beiſſen laſſen konnten. „Es giebt Leute, ſagt dieſer Schriftſteller, wel— „che unter dem Vorgeben, daß fie ein geheimes Gegenmittel beſitzen, ſich von Vipern „beiſſen laſſen; fie geben ihnen vorher einen gewiſſen Teig, welcher die Locher ihrer Zähne „verſtopft, und auf ſolche Art machen fie ihre Biſſe unwirkſam, zum groſſen Erſtaunen „der Zuſchauer, welche von dem Mittel nichts wiſſen, deſſen fie ſich bedient haben, um „die Betruͤgerey zu verbergen.“ Dieſe Stelle zeigt uns offenbar, daß man zu den Zei⸗ ten einigermaſſen den Bau des Vipernzahns kannte, und daß man glaubte, daß die Viper durch dieſes doch das Gift in die Wunde bringt. Man lieſt auch in dem Buche des Chry⸗ ſogonus, welches den Titel führe: de artificiofo modo curandi febres, daß dieſer Schrift⸗ ſteller, welcher lange nachher lebte, auch eben dieſe Meinung hatte. „Sie hat, (ſagt „er, da er von der Viper redet) zwey Zaͤhne, auf der rechten und auf der linken Seite „einen, welche in der untern Kinnlade ſtecken und alle beyde ein Loch haben; fie find laͤn⸗ „ger, als die andern; ſie fallen alle Jahre aus, wenn die Thiere ihre Haut abwerfen; „dieſe beyden Zähne find mit zwey Blaͤsgen umgeben, die voll Gift find, und aus de⸗ „nen es durch den hohlen Canal im Zahne herausfließt, in dem Augenblicke, da ſie beiſſen. * Es ſcheint, daß dieſer Schriftſteller zu dem, was man vor ihm von der Natur⸗ geſchichte der Viper wuſte, nur Irthuͤmer hinzugeſetzt hat. Es iſt zum Beyſpiele falſch, daß ſie alle Jahre, wenn ſie die Haut abwirft, die Zaͤhne wechſelt; es iſt falſch, daß die beyden Blaͤsgen ihre Zaͤhne umgeben; es iſt noch falſcher, daß dieſe beyden Zaͤhne in der Bien Kinnlade ſitzen. Dieſes allein beweifes wohl, daß er niemals das Maul der Viper eſehen hat. Ich habe mich ſelbſt bemuͤhet, Thiere ohne Schaden beiffen zu laſſen; ich berei- tete dazu einen Teig von Pech, Terpentin und gelben Wachs. Ich ließ zwey Vipern mehrmal darin beiſſen, welche darauf einige Tage nicht im Stande waren, ein Thier zu toͤdten. Ich fand wirklich, daß ihre Zähne nach der Spitze zu, voll von dieſem klebrichten N waren, welcher die Oefnung verſtopfte, aus der das Gift haͤtte heraus kommen ollen. a . Ich glaube inzwiſchen nicht, daß dieſe Methode ein ſicheres Verwahrungsmittel wider den Biß dieſer Thiere iſt. Wir haben geſehen, daß es Umſtaͤnde giebt, in welchen das Gift auch unmittelbar aus dem aus ſondernden Canale in die Sey eide übergehen kann. E 3 Das 38 Das ſicherſte Mittel wuͤrde alſo ſeyn, den Behälter ganz heraus zu ſchneideu. Auf ſolche Art würde der Charlatan wahrſcheinlich den gemeinen Mann hintergehen, und den Ver⸗ ſtand um fo viel ſicherer in Erſtaunen ſetzen, da er ſelbſt nichts mebe von dieſen gefaͤhrli⸗ chen Thieren zu fuͤrchten haben wuͤrde. N Es giebt vortrefliche Naturkündiger, welche glauben, daß die Fliege, fo man in Toſcana Aſſillo, Roßbreme, oder Pferdefliege nennt, aus der Spitze ihres Stachels, den ſie unten am Ende ihres Bauchs hat, einen giftigen und aͤtzenden Saft ſpritßt. Wa⸗ lisnieri, welcher über dieſes Inſeet ſogar geſchrieben hat, glaubt, daß es bey der Durchbohrung der Haut ber groͤſſeſten Thiere mit dieſem Stachel, der ſehr ſpitzig iſt, eine Art von ſehr beiffenden Gifte in die Wunde flieffen laͤßt, welches bis zu Kraͤmpfen reitzt, und ſo zu reden, die feinen Nervenfaden ihrer Haut verbrennt, das Blut in Gaͤhrung ſetzt, und fie bis zur Wut bringt.) 5 Reaumuͤr hingegen, dieſer groffe und genaue Beobachter der kleinſten Thiere, glaubt wider die Meinung des Valisnieri, daß dieſer Schmerz vielmehr die Folge von einer bloß mechaniſchen Verwundung, als von einem Gifte, oder einer andern aͤtzenden Materie iſt, welche die Fliege durch ihren Stachel ſpritzt. “) Der beruͤhmte Morgagni nimmt, nachdem er beyde Meinungen mit einander verglichen hat, eigentlich keine von beyden an, und ſcheint ſich aus denſelben eine gemacht zu haben. Er behauptet, daß der Schmerz, welchen der Stachel dieſer Fliege den Thie⸗ ren verurſacht, oft von zwey Urſachen zugleich abhaͤnge: von einem betraͤchtlichen Ner⸗ ven, den der Stachel getrofen, und von einem ſcharfen und aͤtzenden Gifte, welches die Nerven reitze ) FR : i Da ich Gelegenheit hatte, mir ſolche Fliegen zu verſchaffen, fo bekam ich Luft, ſie zu unterſuchen. Die Alten haben eine Fliege gekannt, welche durch ihr Stechen die Heerden in Wut brachte. Die Griechen nannten dieſe Fliege Oeſtros. Auch die Lateiner reden von einer Fliege, deren Stich eben dieſelbe Wirkung auf die groſſen Thiere hervor⸗ brachte. Sie nannten fie Aſſillus. Ich zweifele gar nicht daran, daß der Oeftros der Grie⸗ chen, und der Affıllus der Lateiner eben das Inſeet iſt, welches bey dem Varro und Pli⸗ nius Tabanus heißt. Und obgleich die Alten ihre gewohnliche Nachlaͤſſigkeit auch in der Beſchreibung nicht abgefchaft haben, welche fie uns von dieſer Fliege geben, fo iſt es doch unmöglich nicht einzuſehen, daß fie mit dem Aſſillo der Toſcaner und dem Taon der Franzoſen ein und ebendaſſelbe Inſect iſt. Oder man muß ſich entſchließen zu glauben, daß eine Fliege, welche bey den Griechen und Lateinern ſo gemein war, nicht bis zu uns gekom⸗ men, und ihre Art ſchon ſeit langer Zeit ausgeſtorben oder ausgerottet ſey. Ich ſchmei cheltt 6) Tom. I. pag. 229. Venezia, 0 . Hiſtoire des Inſect. T. IV. r De cauf, et led. morb. T. N. — 39 chelte mir, ſo wohl die kleine Blaſe, welche das Gift dieſer Fliege enthaͤlt, als auch den hohlen Stachel leicht finden zu können, der es wegſpritzt, fo wie man beydes bald bey der Biene, der Weſpe und Horniſſe entdeckt. Allein ich hatte mich geirret. Ihr viel gröfferer Stachel, als der Bienen ihrer, iſt demohngeachtet nicht hohl; ich habe niemals we- der aͤuſſerlich, noch inwendig ein Loch darinn entdecken koͤnnen. Ich war nicht glücklicher, den Behälter dieſer vorgeblichen Fluͤſſigkeit zu finden; die beſten Linſen, deren ich mich bediente, halfen mir nichts. Ich mochte unten auf den Bauch dieſer Fliege und auf die Wurzel ihres Stachels fo viel drucken, als ich wollte, fo ſahe ich doch niemals dieſe Feuch— tigkeit herauskommen, wie man es bey der Biene, Weſpe und Horniſſe wahrnimmt; wit einem Worte bey allen denjenigen Thieren, welche das Gift in die Wunden bringen, ſo ſie machen. 5 + ‘ Allein um deshalb gar nicht mehr in Zweifel zu beiden, ſo verſuchte ich ſelbſt ver⸗ ſchiedene mal und bat auch andere, den Verſuch zu machen, dieſes Gift durch den Ge— ſchmack zu erkennen, indem ich den Stachel der Breme nebſt den kleinen Theilen des Un⸗ terleibes, welche ihm am naͤchſten ſind, in den Mund nahm. Ich biß ihm zwiſchen taeinen Zähnen, und waͤlzte ihn im Munde herum; aber ich fand niemals etwas ſcharfes oder brennendes, noch fuͤhlte ich den geringſten Schmerz oder eine Unbequemlichkeit. Wenn es inzwiſchen wahr waͤre, daß dieſe Feuchtigkeit ſo ſcharf und aͤtzend iſt, daß ſie ſogar ſo zu reden die Nervenfibern der Ochſenhaut verbrennt, ſo haͤtte ich ſie gewiß auf meiner Zunge fühlen muͤſſen, weil das Gift, welches der Bienenſtachel bey ſich fuͤhrt, ein Brennen und unertraͤglichen Schmerz in dieſem Theile verurſacht. Es iſt daher falſch, daß die Breme ein Gift von ſich giebt, zu gleicher Zeit, da fie die Haut des Ochſen durchſticht. Der Schmerz, den fie verurſacht, iſt bloß mecha⸗ uiſch, und kommt von dem beſondern Bau ihres Stachels. Er beſteht aus drey kleinen ſcharfen und ſpitzigen Haken, deren Subſtanz wie Horn iſt. Wenn fie mit einander vereinigt ſind, ſo bilden ſie eine Art von Zange. Gemeiniglich verurſacht er keinen groſſen Schmerz; aber wenn er von ohngefehr einen groſſen Nerven oder einen andern empfiud⸗ lichen Theil des Thiers verwundet, oder welches wahrſcheinlicher iſt, wenn ſie dieſen Stachel erſchrocken und ſchleunig, und in einer entgegengeſezten Richtung von derjeni⸗ gen zuruͤckzieht, in welcher hineingeſtochen wurde; fo zerreiſt derſelbe die Haut mit feinen Haken, und reitzt die Nerven heftig; und folglich muß er nothwendig denjenigen heftigen und unertraͤglichen Schmerz verurſachen, welcher die Heer den in Wut bringt. Man kennt den groſſen Unterſchied zwiſchen dem Schmerze, ſo ein ſchneidendes Werkzeug verurſacht, und demjenigen, der von einem Werkzeuge erregt wird, welches die Theile zerreißt, und die Nerven reitzt. ie r 5 f Ich habe ebenfalls Gelegenheit gehabt, Unterſuche mit den Blutigeln anzuſtellen. Es giebt Naturkündiger, welche fie für giftig halten, weil die Wunden, welche fie ma: chen, ſehr ſchmerzhaft ſind, lange offen bleiben, und zuweilen das Fleiſch in der Nach⸗ barſchaft aufſchwellen machen. Aber es iſt ſehr gewiß, daß dieſe in der Arzneykunſt ſo e nuüͤzlichen 40 — nüzlichen Thiere kein Gift bey ſich haben, und nur eine bloß mechaniſche Wunde mit dem ſo ſonderbaren Werkzeuge machen, ſo ſie hintem im Maule haben. Dieſes Werkzeug beſteht aus drey halben Monden, welche an dem Eingange der Speiſeroͤhre befindlich ſind, - nad) deren Mittelpunkt zu fie fi) mit ihren Schneiden berühren würden, wenn dieſe Höhle fie nicht von einander trennte. Sie ſtehen ſenkrecht nach der Richtung der Länge des Thiers. Die Cirkelraͤnder dieſer halben Monde endigen ſich in eine hornartige Subſtanz, die mit Furchen verſehen iſt; dieſelben gehen immer mehr und mehr auseinander, und bil⸗ den am Ende eine Art von ſehr feinen Zaͤhnen, ſo wie die Zaͤhne einer Saͤge. 5 Auf folgende Art ſaugen dieſe Würmer das Blut. Sie haͤngen ſich fehr feſt mit den aͤuſſern Raͤndern ihres Mauls an die Haut. Sie machen darauf einen luftleeren Raum, indem fie dieſe Höhle dergeſtalt erweitern, daß das Werkzeug mit den halben Monden der Haut naͤher kommt. Darauf laͤßt der Blutigel dieſe drey Saͤgen ſich im Cirkel herumbewegen, und indem er ſie nach und nach naͤher zuſammen bringt, oder von einander entfernt, ſo machen ſie in der Haut drey Einſchnitte, die ſich in einem einzigen Punkte vereinigen. So wie dieſe Sägen ſich entfernen, fo erweitert ſich die Speiferöhre, und zieht in feine Höhle das Blut, welches ausgepumpet worden ift, Ich habe an mir ſelbſt erfahren, was ich hier behaupte. Ich ſetzte mir auf den Arm einen Blutigel, nachdem ich ihm die Haͤlfte des Mauls abgeſchnitten hatte; und durch dieſes Mittel konnte ich bequem das ganze Spiel dieſes Mechanismus beobachten. Die Zaͤhne und Aushoͤhlungen dieſer Saͤgen entdeckt man leicht mit einem guten Mieroſcope; man kann fie fogar fühlen, wenn man mit dem Finger darüber fahrt; fo wie auch durch das Gehör, wenn man mit der Schneide einer Lanzette darüber herſtreicht, inſonderheit nachdem man fie hat ein wenig trocken werden laſſen. Man kann ſich ihrer in dieſem Zuſtande bedienen, die Haut zu ſaͤgen, wenn man ſie mit einer Zange feſt haͤlt, oder ſie herumdreht, die Schneide immer gegen die Haut gerichtet. Ja ich habe ſogar damit ſaͤgen koͤnnen, obgleich die weichen Theile dieſer halben Monde, wie auch die Mus⸗ keln noch nicht getrocknet waren. Es iſt alſo leicht zu begreifen, wie der Blutigel, nach⸗ dem er die Muskeln, welche den groͤſſeſten Theil dieſer halbmondfoͤrmigen Sägen ausma⸗ chen, zuſammengezogen und fteif gemacht hat, im Stande ift, die haͤrteſte Haut zu durch⸗ bohren; und warum dieſe Wunden einen ſo lebhaften Schmerz verurſachen und ſo lange bluten; denn er bekommt dieſes Blut nicht eher, als nachdem er mit der Saͤge in einem fo empfindlichen und fo vollkommen mit Nerven und Blutgefaͤſſen verſehenen Theile als die Haut iſt, einen Einſchnitt gemacht hat. Ich endige hier die Erfahrungen, welche, wie ich im Anfange dieſer Abhandlung geſagt habe, der gewiſſeſte Leitfaden ſind, der uns zur Entdeckung und Kennkniß der na⸗ tuͤrlichen Wahrheiten führt; aber die Erfahrungen allein find nicht hinreichend die Finſter⸗ niß zu zerſtreuen, welche fie bedeckt. Eine große Menge von Beobachtungen, 1 = geſchickt! 4¹ geſchickte Hand, welche Gebrauch davon macht, würde hoͤchſtens weiter nichts ſeyn, als ein unnuͤtzer Beweis einer verdrießlichen Arbeit; Eben fo verhält es ſich auch mit den glaͤn⸗ zendſten Syſtemen, welche die fruchtbarſte und reichſte Einbildungskraft dem Weltweiſen nur in den Kopf ſetzen kann; ſie verdienen von Seiten der Naturkündiger gar keine Auf⸗ merkſamkeit, wenn ſie ſich nicht auf gute Erfahrungen gruͤnden. Auf ſolche Art war zur Entdeckung der Urſachen der Geſetze, nach denen die Himmelskoͤrper ſich bewegen, nichts weniger noͤthig, als die lange Reihe von Beobachtungen der Chaldaͤiſchen Schäfer, und die mächtige Huͤlfe des ſchoͤpferiſchen Geiſtes des Newtons. Dreyzehntes Kapitel. Was iſt Urſache an dem Tode der Thiere, welche von der Viper vergiftet N worden ſind? Der Gegenſtand meiner Beobachtungen uͤber das Gift der Viper war zuerſt, den Ur⸗ ſprung der Widerſpruͤche zu entdecken, welche man zwiſchen den verſchiedenen Erfahrun⸗ gen findet, fo über dieſe Materie gemacht find, obgleich dieſe Erfahrungen auf beyden Seiten von Gelehrten von erſtem Range bezeugt werden. Aber ich geſtehe, daß ich bey der Unterſuchung und Prüfung aller dieſer Erfahrungen auch die Abſicht hatte, in ihrer Verbindung, wenn es moͤglich waͤre, eine befriedigende Erklaͤrung der ſchleunigen und toͤdtlichen Wirkſamkeit dieſes Gifts zu finden. - Ich frage alfo mit Redi: „auf was für Art das Gift der Viper das Leben aus⸗ »loͤſche und toͤdte; ob feine Wirkſamkeit von einer verborgenen und über dem menſchlichen „Verſtand erhabenen Urſache herruͤhrt; oder ob dieſes Gift, wenn es bis zum Herzen ge⸗ „kommen iſt, daſelbſt das Principium der Wärme erkalten macht; oder ob es im Gegen⸗ „theile eben dieſes Principium verſtaͤrkt, ihm mehr Wirkſamkeit giebt, es auf ſolche Art „erhitzt und verbrennt, und alle Geiſter aufloͤſt und zerſtoͤrt; ob es dadurch wirkt, daß es „das Gefühl in dieſem Werkzeuge ausloͤſcht; ob vermittelſt eines ſchmerzhaften Reizes, „ben es daſelbſt verurſacht, das Blut nicht gar zu ſchnell nach dem Herzen zu läuft, fo „daß es erſtickt wird; ob es die Bewegung deſſelben hemme, indem es das Gebluͤt in ſei⸗ „nen beyden Höhlen gerinnen macht, fo daß fie ſich nicht mehr erweitern noch zuammen⸗ „sieben koͤnnen; Endlich ob es daſſelbe gerinnen macht, nicht blos im Herzen, ſondern „auch in allen Adern; Man irre fich nicht darin, ſetzt Redi hinzu, dieſe ſchweren Fragen „find über meine Kraͤfte, und ich zähle fie mit unter die unendlich vielen Dinge, die ich „nicht weiß, und die ich wahrſcheinlich niemals erfahren werde. Es giebt andere ohne Zweifel dreiſtere Schrifkſteller, welche kein Bedenken getragen haben, ihre Meinung, fie möchte wohl oder übel gegruͤndet ſeyn, bekannt zu machen. Allein ehe ich die meinige vortrage, glaube ich, daß es nothwendig iſt, die vernuͤnftigſten Meinungen zu erzaͤhlen, fo von den ſowohl ältern, als neuern Naturkündigern wegen dieſer Sache gehegt ſind. Fontana 1.2. a 3 Der * 42 5 Der gelehrte Brogiani, Profeffor der Zergliederungskunſt zu Piſa hat ein Werk voller Gelehrſamkeit uͤber die Gifte der Thiere geſchrieben. Er unterſucht darin als ein geſchickter Critiker die verſchiedenen Syſteme, und von einander abweichenden Meinungen, welche man ſich von der Wirkungsart dieſer Gifte gemacht hat. 92 ˖ Anfangs hat man geglaubt, daß das Gift, wenn es in das Blut kommt, darin eine allgemeine Gerinnung verurſachte, gerade ſo wie es die Saͤuren machen, welche man durch eine Aderoͤfnung in daſſelbe bringt. Die Thiere, mit denen man dieſen Ver ſuch wacht, ſterben in ſehr wenig Zeit mit Zittern, Zuckungen und Erbrechen. Defnet man fie darauf, fo iſt ihr Blut in den Adern ganz geronnen; und da man auch das Blut bey einigen an dem Vipernbiſſe verſtorbenen Thieren geronnen gefunden hat, nachdem ſie eben dieſelben Zufaͤlle erlitten hatten, ſo hat man daraus den leichten und gewagten Schluß ge⸗ macht, daß das Gift durch das Gerinnenmachen toͤdte. Wenn es aber nach dem Zeug⸗ niß des Redi und der Denkſchriften der Academie zu Paris, wahr iſt, daß dieſes nicht von allen an dieſem Gifte geſtorbenen Thieren gilt; wenn es auch falſch iſt, daß ſie alle Zuckungen und Erbrechen bekommen; wenn man oft das Blut in allen Arten von todten Koͤrpern ſo geronnen findet, ſo folgt daraus, daß die Frage noch unentſchieden, und die Schwierigkeit vollkommen eben dieſelbe bleibt. Kann es ubrigens nicht andere Umſtaͤnde geben, welche das Blut gerinnen machen, das Zittern, die Zuckungen, und die andern Zufaͤlle hervorbringen konnten, ohne eben zu der Saͤure des Viperngifts ſeine Zuflucht nehmen zu muͤſſen? Meine eigenen Verſuche haben mir gezeigt, daß dieſe Säure nicht vorhanden iſt, und hier fuͤr nichts gerechnet werden muß. ö Es iſt ungewiß, daß das Gift der Viper wirke, dadurch daß es das Blut gerin⸗ nen mache, daß es wieder andere gegeben hat, welche glaubten, und fuͤr unzweifelhaft ausgaben, daß feine Wirkſamkeit darin beftunde, daß es eine gaͤnzliche Aufloͤſung der Saͤfte verurſachte. Man muß jedoch geſtehen, daß dieſe letzte Behauptung ungegruͤnde⸗ ter, als die erſte zu ſeyn ſcheint, weil fie ſich auf gar keine gewiſſe oder ausgemachte Er⸗ fahrung ſtuͤtzt. i ! Andere haben im Gegentheile geglaubt, daß dieſes Gift toͤdte, weil es eine allge⸗ meine Entzündung errege. Wie kann man ſich aber einbilden, daß dieſelbe in einer ſo kurzen Zeit fo hoch ſteigen koͤnne, daß der Tod darauf folgen muͤſſe? Ich behaupte noch mehr; nehinlich daß das Fieber, dieſer unzertrennliche Gefaͤhrte der Entzündung ſich nicht unmer bey denjenigen findet, welche an dieſem Biſſe ſterben. Man findet jogar nicht ein⸗ mal Spuren von einer Entzündung in ihren Leichnamen; und wenn man dergleichen darin findet, fo iſt dieſe Wirkung eher einem befondern Nebenumſtande zuzuschreiben, der vom Temperamente abhaͤngt, als einer eigenen und beſondern Eigenſchaft, welche in dem Gifte dieſes gefaͤhrlichen Thiers laͤge. Die Anhaͤnger Soffmanns, welche nach dem Beyſpiele ihres Lehrmeiſters alles durch die Schlaffheit und den Krampf der Theile erklaͤren, haben ſich bemüher, hier zur Unter⸗ 4 Unterſtüͤtzung ihrer Meinung die Wahrheit zu misbrauchen. Sie haben behauptet, daß dieſes Gift, man weiß nicht wie, einen allgemeinen Krampf in der Maſchine errege. Aber noch einmal; wenn dieſer Krampf nicht in allen den Thieren vorhanden iſt, welche an dieſem Gifte ſterben, wie kann man ihn denn als eine allgemeine Urſache betrachten? Es iſt im Gegentheile gewiß, daß fie alle vielmehr an einer Schlaffheit und allgemeinen Lähmung ſterben, als an der Steifigkeit und Zuſammenziehung aller ihrer Glieder. je Ich übergehe mit Stillſchweigen viele andere Hypotheſen, welche weiter nichts find, als bloſſe Muthmaſſungen, und welche, weit gefehlt auf eine entſcheidende Beobach⸗ tung gegründet zu ſeyn, im Gegentheile durch die Erfahrung übern Haufen geſtoſſen werden. a Ich mache es mir inzwiſchen zur Pflicht, die Meinung des Mead anzuführen. Dieſer Schriftſteller legt das Daſeyn des aͤtzenden Salzes in dem Gifte zum Grunde; und auf dieſen Grund hat er ſeine ganze Theorie von den Wirkungen deſſelben gebauet. Man findet in der Ausgabe vom Jahre 1739 feines Buchs über die Gifte, eine weitlaͤuf⸗ tige und umſtaͤndliche Erzaͤhlung der verſchiedenen Meinungen der Weltweiſen, nebſt ei⸗ ner ſehr langen und mit Suppoſitionen angefüllten Beurtheilung, wovon ein jeder fid ſelbſt uͤberzeugen kann. Er ſetzt ſich vor zu zeigen, daß dieſe Salze die Blutkuͤgelchen auf⸗ loͤſen, und ihren Zuſammenhang zerſtoͤren; und da es ſchwer zu begreifen iſt, wie dieſe Salze in fo kurzer Zeit auf ſolche Art die ganze Maſſe des Bluts zerftören koͤnnen, fo ſagt er, daß, wenn das Gift einmal in die Wunde gelegt iſt, alſobald eine ſehr feine und ela⸗ ſtiſche Fluͤſſigkeit daraus werde, welche in einem Augenblicke feine Wirkſamkeit ausbreite, und die Zerftörung in allen Theilen dieſer Fluͤſſigkeit, fogar in den entfernteſten hervor⸗ bringe. Eben ſo wie ein einziger Funken, welcher eine groſſe kage Pulver ae „ im⸗ mer weiter und weiter eilt, und einen allgemeinen Knall wegen der ploͤtzlichen Entwicke⸗ lung der Luft hervorbringt, den jedes Koͤrnchen in ſich enthielt. Der Doctor James unterlaͤßt auch nicht, die Wirkſamkeit dieſes Gifts den ſauern Salztheilchen zuzuſchreiben, welche machen, daß die Blutfügelchen ihre natürliche Beſchaffenheit verlieren. 5 Es iſt ohne Zweifel unnuͤtz, dieſes Syſtem zu widerlegen zu ſuchen, weil dieſe vor⸗ geblichen Salze nicht einmal in dem Gifte der Viper vorhanden ſind, und weil nichts fal⸗ ſcher iſt, als dieſe kleinen Blutkuͤgelchen, die mit einer elaſtiſchen Luft angefuͤllt ſeyn ſollen. Es iſt auſſerdem gewiß, daß das Gift die Figur dieſer Kuͤgelchen nicht veraͤndert. Und wenn man ſie durch das Mieroſcop betrachtet, ſo findet man, daß ſie genau eben ſo ſind, als ſie vorher waren, nemlich dunkel und ſchwarz auf der Oberflaͤche, und durchſichtiger in der Mitte, wie im ganzen alle kleine runde Körper find, die man durch das Mieroſcop be⸗ trachtet. Ich begreife nicht, wie Backer, ein doch ſonſt ſehr genauer Mann in feinen Beobachtungen, in ſeiner Abhandlung von den Microſcopen hat ſagen koͤnnen, daß der Biß der giftigen Thiere, oder auch nur ein kleines Tropfchen von ihrem Gifte, die ganze Blutmaſſe verderbe, indem es die Feſtigkeit und die Figur der rothen Kügel- chen verändere, woraus fie befteht, 8 ss . Es 44 TERN Es iſt dies hier nicht die einzige Gelegenheit, wo man ohne Grund die Veraͤnde⸗ rung der Figur der Blutkuͤgelchen geglaubt hat. Die kleinen Ringe, welche man für dieſe Kügelchen in die Stelle hat ſetzen wollen, find ein Beweis, daß das Licht, das Microfsop, und der Beobachter, welcher nach dem äufferfichen Scheine urtheilt, die Quelle dieſer vor⸗ geblichen Veraͤnderungen ſind, welche in der That nicht vorhanden ſind. Ich werde in einer beſondern kleinen Schrift *): zeigen, daß alle kleine kugelfoͤrmigen Körper die Geſtalt von Ringen zu haben ſcheinen, wenn ſie unter dem Musee geſehen werden, weil die Lichtſtrahlen aus der Mitte in einer groͤßern AH in die Augen des Beobachters fallen, als vom Rande. E Die Zerſtoͤrung der Blutküͤgelchen, welche ſo oft von den Aerzten behauptet wird, Hi eine der ſeltenſten Erſcheinungen in der thieriſchen Oeconomie. Die mechaniſchen Aerzte haben angenommen, daß die Blutkügelchen eben fo viele kleine Blaͤsgen mit einer ſehr ela⸗ ſtiſchen Luft angefuͤllt wären, welche ſich in einem kleinen Haͤutchen befaͤnde. Eben fo glaubten ſie auch, daß dieſe Kuͤgelchen leicht platzen und ihre Geſtalt veraͤndern koͤnnen, art durch unendlich weniger Urſachen, als die Wirkung eines aͤtzenden Salzes iſt. Aber es iſt ausgemacht, daß es keine Blaͤsgen ſind, wie man ſich eingebildet hat; und ba die rothen Kügelchen **) faſt niemals ihre Geſtalt verändern, 8 Selbſt die Zuckungen, welche faſt niemals die Thiere mit kaltem Blute empfin⸗ den, und die nicht immer die Thiere mit warmen Blute haben, geben keinen Beweis ab, daß das Viperngift aͤtzende Salze enthalte, deren unſichtbare Spitzen die Nerven ſtechen, und die Musfelfiber reitzen. Auch die nareotiſchen Gifte und das Opium erregen Zuckun⸗ gen. Will man deswegen glauben, daß fi fü e durch ähnliche mechaniſche Kräfte wirken? Ja noch mehr; die Zuckungen ſind nicht immer die Wirkung eines Reitzes; ſie kommen vielmehr daher, daß das Gleichgewicht der gegenſeitigen Muskeln aufgehoben iſt. Die ſchwachen, ohnmaͤchtigen Thiere, die ſterben, weil ſie ihr Blut verlieren, ſterben an ſchrecklichen Zuckungen; und doch find alsdann weder Spitzen, noch reitzende Salze da; es iſt auch unrichtig, wenn man in dieſem Falle die Zuckungen dem Uebermaſſe der chieri⸗ ſchen Geiſter zuſchreibt; es wuͤrde im Gegentheile vernuͤnftiger ſcheinen, wenn man glaub⸗ te, daß ſie ihren Urſprung dem Mangel derſelben in den Muskeln, oder beſſer zu reden, einer Unregelmaͤſſigkeit in dem Blutumlaufe zu danken haben. Wenn 5 ) Die Schrift, fo der Verfaſſer hier ankuͤndigt, iſt vor einigen Jahren zu Lucca gedruckt; Sie hat den Titel: Obferyazioni ſopra i globetti del ſangue; Bemerkungen über die Blutkuͤgelchen. ) Man glaube nicht, daß fie wirklich Kuͤgelchen find, Man wird ihre wahre Figur in einem Werke von microſcopiſchen Beobachtungen kennen lernen, welches ich mir vor⸗ ſetze, bald herauszugeben; in demſelben werde ich auch von allem reden, was auf ihre Eigenſchaften Beziehung hat. 43 5 Wenn das Opium heftige Zuckungen verurſacht, fo geſchieht dies meiner Mer nung nach, weil es zu verſchiedenen Zeiten und auf eine unregelmaͤſſige Art die Reitz⸗ barkeit der Musfelfieber zerſtoͤrt; es ift übrigens gewiß, daß die ſchwaͤchſten Manns⸗ perſonen, und die zaͤrtlichſten Frauenzimmer dieſen Zuckungen allzeit am meiſten un: terworfen find, und man kann unmoͤglich annehmen, daß bey dieſen Perſonen ein Ue⸗ bermaaß von thieriſchen Geiſtern obwaltet. Man weiß, daß alle Muskeln, ſelbſt, wenn ſie erſchlafft find, doch eine gewiſſe Spannung in ihren Fibern behalten, welche, wenn man fie abſchneidet, niemals unterlaſſen, ſich zuruck zu ziehen, und die Wunde zu erweitern. Wenn ein Muskel gelaͤhmt iſt, fo verlängert er ſich, und fein Antagoniſt zieht ſich alsdann mehr zuruck. Dieſes beweiſt, daß die Ruhe in den Muskeln von dem Gleichgewichte der Kräfte zwiſchen den verſchiedenen Muskeln und ihren verſchiedenen Fi: bern abhaͤngt. Dieſe ſo im Gleichgewicht ſtehende Kraͤfte werden alle Augenblicke zer⸗ ſtoͤrt, und erneuern ſich wieder, ohne die geringſte ſichtbare Bewegung oder Veraͤnde⸗ rung hervorzubringen. Dieſe natuͤrkiche Spannung der Muskelfiber haͤngt gewiß von ei⸗ ner gleichen und genauen Vertheilung der Saͤfte in der ganzen Subſtanz der Muskeln ab. Dieſe Wahrheit findet man in einer Abhandlung bewieſen, fo ich im dritten Bande der Abhandlungen von Siena mittheilte, die man einige Zeit nachher mit vielen betraͤchtli⸗ chen Zuſaͤtzen zu Lucca beſonders wieder abdruckte, und welche hernach in dem erſten Bande einer thieriſchen Naturlehre ganz wieder umgearbeitet wurde. * Wenn aber die Muskeln nicht eben die Menge Saͤfte bekommen, oder wenn dieſe Saͤfte in dieſelben mit ungleicher Geſchwindigkeit und Kraft kommen und vertheilt werden, ſo wird alſobald dieſes Gleichgewicht der Anſtrengung der Muskeln gegen einander aufge⸗ hoben. Diejenigen, welche das Uebergewicht haben, ziehen ſich zuſammen, und daher kommen die Zuckungen und heftigen Erſchütterungen der ganzen Maſchine. Dies iſt die Urſache, warum diejenigen, welche an Verblutung ſterben, Zuckungen haben, eben ſo wohl als diejenigen, fo durch Gift unkommen. Denn es iſt gewiß nicht wahrſcheinlich, daß der Verluſt des Bluts und der Verluſt der Kraͤfte in jedem Theile, in jedem Muskel, jeder Fiber in gleichem Verhaͤltniß ſey, unterdeſſen daß der Umlauf des Bluts ſelbſt ſo un- gleich iſt, und die Reitzbarkeit nach und nach, und auf eine ſehr unregelmäffige Art, nach Beſchaffenheit der Zeit und Umſtaͤnde in den Muskeln verlohren geht. 5 ; l Allein wenn man auch gleich aus der Gegenwart der Zuckungen ſchlieſſen koͤnn⸗ te, daß die Materie, welche fie verurſacht, ſcharf und aͤtzend fen, fo kann man deswegen doch nicht ſagen, daß ſie ein Salz iſt; und weil die Salze die Nerven ſtechen, reitzen, und zerfreſſen, wird man deswegen ſagen, daß nur die Salze dieſe Eigenſchaft befigen? Wir haben gar zu wenig Erfahrungen, als daß wir es behaupten koͤnnten. Die Zuckungen, welche einige von denen erleiden, die von der Viper gebiſſen wor⸗ den ‚find, geben mir einen gewiſſen Grund an die Hand, diejenige Art von Gelbſucht zu erklaͤren, womit zuweilen diejenigen befallen 1 welche von dieſem Biſſe ſterben, oder a a 3 von 46 ae von dieſem Gifte krank find. Einige Schriftſteller haben bie Gegenwart biefer Gelbſucht der Verengerung der Gallengaͤnge an der Stelle ihres Urſprungs in der Leber zugeſchrieben; fo daß alle Abſonderung der Galle unterbrochen ſey, das Blut ſich mit dieſer Flüͤſſigkeit uͤberlade, und fie beſonders auf die Werkzeuge der Haut abſetze. Andere haben ſich und zwar mit mehr Wahrſcheinlichkeit eingebildet, daß dieſe Zuckungen und dieſer heftige Reitz der Nerven eine Zuſammenziehung in den Gallengaͤn⸗ gen verurſachen, ſo daß die ſchon abgeſonderte Galle alſobald in das Blut zurüͤckgefuͤhrt wird, und die ganze Oberflaͤche der Haut faͤrbt; aber dieſe beyden Hypotheſen ſind die eine ſowohl, als die andere auf einen falſchen Grundſatz gebauet. Denn die Zergliederungs⸗ kunſt lehrt uns, daß es nicht wahr iſt, daß die Nerven reitzbar ſind, und die Gallengaͤnge aus Muskelfibern beſtehen. Die erſte iſt noch dazu ungereimt, denn wenn die Galle nicht vorher in der Leber abgeſondert iſt, und hernach in das Blut zuruͤckgetrieben wird, wie kann fie denn ihre Eigenſchaft und Farbe zeigen? Es iſt unglaublich, daß fo groſſe Naturlehrer haben glauben koͤnnen, es ſey nicht noͤthig, daß fie ſich in der Leber abſon⸗ dere, damit das Blut gelb gefaͤrbt werde, und dieſe Farbe ber Haut mittheile. Und doch iſi dies die Meinung vieler angeſehener Männer; und ſelbſt Boerhaave hat dieſe Lehre angenommen. 8 5 Es iſt nicht genug, daß in dem Blute alle Beſtandtheile der Galle, fire und flüchtige Salze, Oel und Waſſer vorhanden ſeyn, damit ſich daſelbſt Galle erzeugen koͤnne. Es muͤſſen auch die Werkzeuge, welche zu ihrer Erzeugung das ihrige beytragen, die Ma⸗ terie dazu zubereiten und die Gaben darnach einrichten; ſo daß eben dieſelben Materien, welche in dem gehoͤrigen Einzeweide Galle gemacht haben würden, doch niemals, wenn fie in dem Blute mit den andern Grundſtoffen dieſer Fluͤſſigkeit untereinander gemiſcht find, weder die Natur noch die Eigenſchaft der Galle bekommen koͤnnen. Aber eben ſo behaͤlt fie auch, wenn fie einmal abgeſondert, und wieder in die Maſſe des Bluts zurückgetrieben iſt, alle ihre Eigenſchaften dergeſtalt, daß alle Beſtandtheile des Bluts nicht mehr im Stande find, fie aus einander zu ſetzen, noch ihre Verbindung zu trennen. Es verhält ſich damit, wie mit einem Tropfen Oel, welcher beſtaͤndig ſeine Natur mitten in einer an⸗ dern Fluͤſſigkeit behält, wenn man ihn gleich umſchuͤttelt, und in unendlich kleine Theil⸗ chen theilt. Jedes abgeſonderte Theilchen bleibt allzeit Oel, wie vorher. So ſind zum Beyſpiele die Grundſtoffe des Moſts und des Oels wohl in dem Weinſtock und im Oel⸗ baume vorhanden; aber dieſe beyden Fluͤſſigkeiten offenbaren ſich nicht eher, als in der Weinbeere und in der Olive. Eine noch einleuchtendere Erfahrung, welche dieſe Hypotheſe uͤbern Haufen wirft, iſt das Beyſpiel der Verſchnittenen. Obgleich dieſe Ungluͤcklichen (wie auch die Anhaͤnger der Hypotheſe, welche ich widerlege, zugeben) ihr ganzes Leben lang diejenigen Beſtand⸗ theile im Blute haben, welche den Saamen ausmachen, fo offenbart er fi) doch durch keine einzige feiner Wirkungen. Sie find den Weibern ahnlich, und haben * 5 - ru 47 Geruch, welcher dem männlichen Geſchlechte eigen iſt. Noch mehr; wir wollen zugeben, daß nicht allein die Beſtandtheile der Galle, ſondern auch die Galle ſelbſt in dem Blute enthalten And; allein daraus folgt doch nicht, daß ſie die Eigenſchaft habe, die Haut gelb zu faͤrben. Man hat Thiere geſehen, die ſeit langer Zeit eine verhaͤrtete Leber, oder ſehr groſſe Geſchwüre in dieſem Eingeweide, und doch keine gelbe Farbe, keine Gelbſucht hat⸗ ten. Wir müffen alſo annehmen, daß, wenn die von der Viper vergifteten Perſonen gelb werden, nothwendig die Urſache, welche dieſe Wirkung hervorbringt, den Lauf der Galle gehemmt hat, nachdem ſie ſchon in der Leber abgeſondert war, ohne vorher dieſer Abſonderung im geringſten zu ſchaden. Ich möchte gern glauben, daß fie ſich nur deswe⸗ gen in die Maſſe der Saͤfte verbreitet, weil ihr Lauf in dem gemeinſchaftlichen Gallengange unterbrochen iſt, ehe ſie ſich in den Zwoͤlffingerdarm ergießt. Die Magen- und Darm⸗ kraͤmpfe, welche diejenigen leiden, ſo von der Viper gebiſſen worden find, koͤnnen ſehr gut den Zwoͤlffingerdarm reitzen und zuſammenziehen, und auf ſolche Art dieſe Oefnung verſtopfen. Wir müffen uns eben fo wenig verwundern, wenn wir ſehen, daß eben dieſe Gelbſucht auch bey denen zum Vorſchein kommt, welche andere Gifte genommen haben, weil ſie auch aͤhnliche Zuckungen bekommen, ein ſchmerzhaftes Reiſſen im Magen, gallich⸗ tes und krampfhaftes Erbrechen, ein Zuſammenziehen um den Nabel, und andere Zu⸗ fälle im Unterleibe. In gewiſſen Fällen kann es ſich auch ereignen, daß die Galle bey den gebiſſenen Perſonen ſo verdunnt, und ſo erhoͤhet iſt, daß fie fogar durch die Subſtanz der Leber dringt, alſobald wieder in den Umlauf des Bluts geht, und die Gelbſucht auf der Oberflache des ganzen Körpers verbreitet. Auf ſolche Art dringt fie, wenn fie in gemifz ſen Krankheiten erhoͤhet iſt, durch die dickſten Haͤute, und wirft ſich in groſſer Menge auf den Grimmdarm, den Zwoͤlffingerdarm, das Gekroͤſe, das Netz, und das Bauchfell, welche alle ihre Farbe annehmen; Hievon kann man ſich durch Leichenoͤfnungen überzeugen; Man weiß, daß es in dem thieriſchen Koͤrper nur ſehr wenige Saͤfte giebt, welche ſo leicht verderben, als die Galle; und wir werden bald ſehen, daß es wirklich dieſer faͤulichte Grundſtoff iſt, welchen das Gift der Viper in die Thiere legt. Allein wieder auf die Meinungen der Schriftſteller über die naͤchſte Urſache des To⸗ des derjenigen zu kommen, welche von dieſem Gifte angeſteckt ſind, ſo behauptet der be⸗ ruͤhmte Buͤffon in feinem Werke über die Naturgeſchichte, daß die Wirkſamkeit des Gifts der Viper, ſo wie auch der andern heftigen Gifte von denjenigen kleinen mieroſcopiſchen Thieren herruͤhrt, welche man in den Aufgüſſen der vegetabiliſchen Subſtanzen entdeckt, und die er für bloſſe organiſche Beſtandtheile haͤlt. Ich kann verſichern, daß nichts der gleichen weder in dem Gifte der Viper, noch in den andern Giften iſt, ſie moͤgen aus dem Thierreiche, oder aus dem Pflanzenreiche ſeyn, und noch viel weniger in den Giften aus dem Steinreiche. Davon habe ich mich vollkommen durch Verſuche uͤberzeugt, die ee der groͤſſeſten Genauigkeit anſtellte, und wobey ich mich der ſtaͤrkſten Microſcope ediente. N . Der Verfaſſer des Buchs, welches zum Titel hat: von der Wiederhervor⸗ bringung der Geſchlechter, oder beſſer zu reden, Buffon ſelbſt, behauptet, daß 5 * 4 i 13 48 — ee Gift der Viper, ſo wie die andern Gifte, welche wirkſam und durchdringend find, in den Thieren und Pflanzen nichts anders ſeyn koͤnnen, als dieſe vorgeblichen organiſchen Be⸗ ſtandtheile; und er ſagt, daß dieſe Salze, welche der Doctor Mead beobachtet hat, ger rade eben dieſe organiſchen Beſtandtheile find, welche ihren hoͤchſten Grad von Wirkſam⸗ keit erlangt haben. Er glaubt ſogar, daß das Eiter in den Wunden voll von dieſen be⸗ weglichen Körperchen iſt; aber dies iſt ohne Grund; und ich habe gezeigt, daß dieſe vor⸗ geblichen Salze in dem Gifte der Viper eben ſo wenig, als dieſe organiſchen Beſtandtheile zu ſehen ſind, welchen man Bewegung zuſchreibt. Ich habe auch alle Arten von Ge⸗ ſchwüͤren unterſucht, ſowohl gutartige, als ſolche, die brandig, oder krebshaft waren; aber niemals habe ich die geringſten Spuren von ſolchen Beſtandtheilen darin finden koͤnnen; ich konnte niemals etwas anders darin entdecken, als eine Menge kleiner ungleicher Koͤr⸗ perchen, die mehr oder weniger rund waren, und in einer durchſichtigen Fluͤſſigkeit ſchwommen. Aber was noch viel ſeltſamer ſcheinen wird, und doch unleugbar iſt, iſt die⸗ ſes, daß man dieſe microſcopiſchen Thiere auch nicht einmal in ſolchen Geſchwuͤren findet, welche die lebendigen Thiere von ſelbſt bekommen, da man ſie allzeit in den Thieriſchen⸗ und Pflanzen⸗Subſtanzen entdeckt, welche man im Waſſer faulen läßt, und der Luft ausſetzt. 5 1 8 5 1 ! 7 78 8 75 . 8 = Der beruͤhmte Franzoͤſiſche Naturforſcher hat ſich alſo in allem dem geirrt, was er von der Natur und Wirkſamkeit des Gifts der Viper und der andern Gifte geſchrieben hat. Die ſauren Salze des Mead, welche in der Natur niemals vorhanden geweſen ſind, und die Mittelſalze eben dieſes Schriftſtellers, welche eben ſo wenig wirklich ſind, find durch die fruchtbare Einbildungskraft dieſes beredten Franzöſiſchen Schriftſtellers in organiſche mit Bewegung verſehene kleine Koͤrperchen verwandelt worden, welches noch ungereimter iſtt. f ' 5 2 Es iſt falſch, daß dieſe Koͤrperchen, welche man durch das Microſcop ſich beſtaͤn⸗ dig in den Aufguͤſſen von thieriſchen und Pflanzenſubſtanzen bewegen ſieht, bloſſe organi- ſche Theilchen find, weil es wahre Thiere find. Noch falſcher ift es, daß man ſolche or⸗ ganiſche Theilchen in dem Gifte der Viper und in den andern Giften ſiehet. Denn man beobachtet nicht die geringſte Bewegung, in was fr einem Gifte es auch ſey, und man hat auch nicht einmal Anzeigen, zu vermuthen, daß dieſe Koͤrperchen darin vorhanden find. Ferner iſt es unmöglich, daß die Salze des Mead die Buͤffonſchen organiſchen Theil⸗ chen ſeyn, weil dieſe Salze bloß in der Einbildung vorhanden ſind. Eben ſo wenig iſt es wahr, daß dieſe Theilchen in dem Eiter der Geſchwüre zugegen ſeyn, weil ſich nichts in dieſer Materie bewegt. Ich bedaure, daß ich mich genoͤthigt ſehe, die Irrthuͤmer dieſes zierlichen Schriftſtellers zu widerlegen; aber fein Anſehen hätte leicht diejenigen hintergehen koͤnnen, welche nur nach andern zu urtheilen wiſſen. Und wie viele Leute giebt es nicht, die darnach urtheilen! Man kann dahin alle diejenigen zaͤhlen, welche die Natur nicht ſelbſt zu fragen verſtehen, und Hypotheſen der Erfahrung, die Beredſamkeit der Wahrheit vorziehen. Die ſtrenge und gerechte Nachkommenschaft wird ohne Zweifel erſtaunen, wenn 49 wenn fie fieher, daß es im achtzehnten Jahrhundert Weltweiſe und Naturfündiger geges ben hat, welche ſogar in den wichtigſten Dingen Muthmaſſungen den Verſuchen vorgezo⸗ gen haben, obgleich letztere eben ſo leicht zu machen, als entſcheidend geweſen ſeyn wuͤrden. „Daß müffige Köpfe (ſagte der berühmte Senac*) ) einen Zeitvertreib darin ſu⸗ „chen, daß ſie die geheimen Wege der Natur erdenken, ſo wie die finſtern Politiker das „errathen und nach ihrem Gutduͤnken anordnen, was in den geheimen Cabinettern der „Groſſen vorgeht, iſt ein philoſophiſcher Unſinn, der nur den Verſtand beſchaͤmt; Allein „wenn es in dem, was das Leben betrift, erlaubt iſt, Muthmaſſungen zu machen, ſo ge— „ſchieht es deswegen, daß man fie der Prüfung der Erfahrung unterwirft, welche ent— uſcheiden muß.“ ö Als ich ſahe, daß die Meinungen der groͤſſeſten Weltweiſen den gröffeften Schwierigkeiten unterworfen waren, ſo hielt ich es in dieſer Ungewißheit fuͤr gut, meine eigenen Beobachtungen zu benutzen. Es giebt kein Syſtem, das uns befriedigen kann, wenn man die Geſchwindigkeit bedenkt, mit welcher das Gift der Viper die Thiere toͤdtet. Ich konnte nicht begreifen, warum die Thiere mit kaltem Blute, als der Froſch, ſo ge— ſchwind von dieſem Gifte ſterben, da ſie dech noch ſo lange leben, nachdem man ihnen das Herz, die Gedaͤrme, die andern Eingeweide, ja felbft das Gehirn und den Kopf genom— men hat. R 1 Der Doctor Mead hatte, wie wir ſchon geſehen haben, in ſeiner erſten Ausgabe, mit dem groſſen Haufen der Weltweiſen behauptet, daß die Gifte, inſonderheit diejenigen, welche aus dem Thierreiche genommen werden, auf das Blut wirken, und vermittelſt die— fer Fluͤſſigkeit bis in die innerſten Theile geführt werden; allein da dieſer berühmte Matur- kuͤndiger auf die Geſchwindigkeit Acht gab, mit welcher das Gift der Klapperſchlange toͤd— tet, ſo aͤnderte er ſeine Meinung in ſeiner letzten Schrift uͤber eben dieſen Gegenſtand, und nahm fuͤr das Blut die Lebensgeiſter an. Er behauptet alſo, daß die erſte Wirkung des Gifts der Viper und der andern Thiere den Nervenſaft trift, welcher dadurch verdor— ben wird, in den Werkzeugen Entzuͤndung erregt, und das Thier toͤdtet, fo daß die Krank— heit, welche durch dieſe Gifte zuwege gebracht wird, ſich dem ganzen Koͤrper nur vermit— telſt der thieriſchen Geiſter mittheilt, welche endlich das Blut verderben, mit denen ſie ſich vermiſchen. Die Unrichtigkeit dieſer Hypotheſe des Mead ſoll in der Folge bewie— ſen werden. 5 7 Es iſt nichts unbekannter, als die Art und Weiſe, wie dieſes Gift wirkt und toͤd— tet. Aber wenn wir über die Wirkungen des Opiums nachdenken, fo wird feine Art zu wirken uns unterrichten und ein wenig in Anſehung der Wirkungsart des Viperngifts auf: klaͤren konnen. Dieſer Pflanzenſaft ſchwaͤcht das Thier anfangs, er ſchlaͤfert es ein, und ) Traité du Coeur. p. 29. der Vorrede. / Fontana J. B. G 50 bald darauf toͤbtet er daſſelbe, indem er die Reitzbarkeit der Muskelfiber zerſtört, wenn ich mehrmals bey Thieren mit kaltem Blute wahrgenommen habe; und wie auch der beruͤhmte Saller es vor langer Zeit ſelbſt an Thieren mit warmen Blute bewieſen hat. Die Zufaͤlle und Symptomen, welche auf den Biß der Viper folgen, ſind nicht ſehr von denjenigen unterſchieden, von denen ich eben rede, und koͤnnen uns wenigſtens auf die Vermuthung bringen, daß auch dieſes Gift dadurch toͤdtet, daß es der Fiber ihre ganze Reitzbarkeit benimmt. i 82 { Ich erinnere mich, daß ich, als ich vor einigen Jahren zu Bologna war, und aufmerkſam uͤber die Wirkung der mephitiſchen Duͤnſte, ſowohl der natürlichen, als der kunſtlichen nachdachte, niemals mit allem dem zufrieden ſeyn konnte, was die verſchiede⸗ nen Schriftſteller über ihre Natur, und die naͤchſte Urſache des ſchnellen Todes geſchrieben haben, fo fie bey den Thieren verurſachen. Einige behaupten, fie fen bie auffererdentlis che Schnellkraft der Luft, und andere ſchreiben ſie dem gaͤnzlichen Verluſte eben dieſer Schnellkraft zu. Allein dieſe beyden Hypotheſen werden gaͤnzlich durch die Erfahrungen widerlegt, welche auf der einen Seite beweiſen, daß die Veraͤnderungen, welche die Schnellkraft der Luft in den mephitiſchen Duͤnſten erfahren kann, niemals hinreichend ſind, die Thiere fo ſchnell zu toͤdten; und auf der andern Seite, daß es Duͤnſte giebt, in de⸗ nen die Luft durchaus nichts von ihrer Schnellkraft verliert. Andere haben ſich eingebil⸗ det, daß dieſe toͤdtlichen Dünfte umbringen, weil fie die Nerven der Luftroͤhren reitzen, und eine allgemeine krampfhafte Zuſammenziehung in den Lungen verurſachen, fo daß fie den Durchgang der Luft verſchlieſſen, und ihre Ausdehnung verhindern. Endlich giebt es einige, welche angenommen haben, daß die vitrioliſchen Theilchen der mephitiſchen Duͤnſte eine zuruͤckſtoſſende Kraft wider die elaſtiſchen Theilchen der thieriſchen Saͤfte aus⸗ üben; ſo daß die Lungenblaͤsgen, wenn ſie der thieriſchen Geiſter beraubt find, in eine völlige. Erſchlaffung fallen. Allein es iſt ausgemacht, daß ſelbſt ſolche Thiere, welche lange leben, ohne Athem zu hohlen, und ohne daß das Blut in den Lungen umlaͤuft, wo⸗ hin die Fröfche und andere Thiere mit kaltem Blute gehören, und gemeiniglich die Inſee⸗ ten, bey denen der Saͤfteumlauf oft lange ohne die geringſte Lebensgefahr unterbrochen iſt; daß alle dieſe Thiere, ſage ich, ſehr geſchwind in den mephitiſchen Dünſten umkommen. Uebrigens find die Nerven weder einer Zuſammenziehung, noch eines Reitzes fähig, und die Lungenblaͤsgen beſtehen nicht aus Muskelfibern. Ferner iſt es gewiß, daß es mephi⸗ tiſche Dünſte ohne Schwefel, ohne Geruch, ohne Geſchmack giebt, und welche gar kein ſaures oder Laugenſalz enthalten; aber wenn fie auch dergleichen enthielten, fo würde man eben fo wenig begreifen, wie fie fo ſchnell diejenigen Thiere toͤdten koͤnnen, deren Leben fo zaͤhe iſt, und welche das Eiſen, das Feuer, ſelbſt das Ausſchneiden des Herzens, der Zungen, aller Eingeweide, ſogar des Gehirns nur ſehr ſchwer toͤdten. Nach dieſen Be⸗ trachtungen nahm ich mir feſt vor, küͤnſtliche mephisifche Dünfte zu machen, und die Wirkungen derſelben auf lebendige Thiere zu unterſuchen. Ich ließ Schwefeldampf unter eine Klocke gehen, ich ſetzte einen Froſch in denſelben, welcher, nachdem er einige Spruͤn⸗ ge und heftige Bewegungen gemacht hatte, darin faſt auf der Stelle ſtarb. Ich oͤfnete 7 ihn, ihn, und fand alle feine Theile welk und erſchlafft. Das Herz ſchlug noch, aber ſehr ſchwach und mit vieler Schwierigkeit, und wenige Zeit darauf verlor es dieſen Ueber⸗ reſt von Bewegung gänzlich, Ich bemühete mich, es zu reißen, ſo wie auch die andern Muskeln „aber umſonſt; es war keine Zuſammenziehung darin zu ſehen. Ich ſteckte eine Madel in das Nuͤckenmark, und ich ſahe mit Erſtaunen, daß dies nicht mehr die Bewe⸗ gung in den Gliedern erregte. Das Blut hatte eine braune Farbe, aber feine Kuͤgelchen hatten noch ihre runde und kugelfoͤrmige Geſtalt. Ic ſetzte zwey andere Froͤſche unter eine glaͤſerne Klocke, unter welche ich den Dampf von einer Aufloͤſung von Eiſen in Salpeterſaͤure gelaſſen hatte. Dieſe Thiere ſtarben alſobald. Ich oͤfnete fie, ich fand das Blut braͤunlich, und in den Herzohren verſammelt. Das Herz ſchlug nicht mehr, und war gegen reitzende Mittel unempfindlich. Alles Fleiſch war ſchlaff und hatte auch ſeine ganze Reitzbarkeit verloren. Ich ſtach den Schenkelnerven, aber die Beine ruͤhrten ſich nicht im geringſten. Unterdeſſen daß ich mich mit dieſer Sache beſchaͤftigte, machte auch der beruͤhmte Doctor Veratti feiner Seits andere Verſuche mit den kuͤnſtlichen mephitiſchen Duͤnſten. Ich war ſelbſt, nebſt andern Profeſſoren dabey gegenwaͤrtig, und ſie kamen mit den mei⸗ nigen ſehr gut überein. Aus allen dieſen Erfahrungen folgt deutlich, daß die mephitiſchen Dünfte die Thiere toͤdten, indem fie dem ganzen Muskelſyſteme die Reitzbarkeit benehmen. Dies iſt die naͤchſte Urſache ihrer Wirkung; und der Grund, warum dieſe ſchaͤdlichen Ausdünſtungen die Thiere fo zu ſagen in einem Augenblicke tödten. Zu der Zeit, da der erſte Theil des gegenwaͤrtigen Werks in Itallaͤniſcher Spra⸗ che (zu Luceg im Jahre 1767) erſchien, hatte ich, wie man eben geſehen hat, oben ge⸗ funden, daß die kuͤnſtlichen Daͤmpfe die Froͤſche toͤdteten, indem fie die Reitzbarkeit ihres Herzens zerſtoͤrten, und die Unterſuchung der Wirkungen, welche die mepbitifchen Dünfte auf die lebendigen Thiere hervorbrachten, hatte mich den Schluß machen laſſen, daß fie den Tod verurſachten, indem fie dem ganzen Muskelſyſteme die Reitzbarkeit benaͤhmen. Aber ein berühmter Arzt, Tiſſot, ſcheint in feinem vortreflichen Werke uͤber die Ner⸗ ven nicht dieſer Meinung zu ſeyn. Er drücke ſich über dieſe Sache folgendermaſſen aus. “) „Einer der groͤſſeſten Naturkuͤndiger unſerer Zeiten glaubt, daß die kuͤnſtlichen Luftarten „gaͤnzlich die Reitzbarkeit des Herzens zerſtoͤren, und man auf ſolche Art die Wirkungen „derſelben erklaͤren muͤſſe; allein es giebt keinen Weg, durch welchen ihre Wirkungen ge⸗ »rade zu nach dem Herzen kommen koͤnnen. Die fire Luft toͤdtet, wenn man fie einath⸗ „met; wirkt fie auf die Muskelfibern der Gedaͤrme im Kliſtire, fo belebt fie ihre Wirk⸗ „ſamkeit wieder, fie erweckt das Lebensprincipium, und heilet Kranke, denen der Tod „auf der Zunge war. Bringt man fie auf die Muskeln ſelbſt, fo erregt fie alſo ihre Reitz „barkeit, anſtatt ſie zu zerſtoͤren.“ f 5 f 8 G 2 N Es 9 Traité des nerfs T. I. part. 2. des effets des poiſens. H. 218. in der Note, 52 Es iſt hier nicht der Ort, eigentlich von den Wirkungen der kuͤnſtlichen Luftarten auf den lebendigen Koͤrper zu reden. Ich behalte mir vor, es in einer beſondern Schrift vom Athemholen zu thun, welche ſchon lange fertig iſt, und in welcher ich umſtaͤndlich die Verſuche beſchreiben werde, ſo ich uͤber dieſe Materie angeſtellt habe. Daſelbſt werde ich meine Meinung uͤber die Urſache des Todes in den mephitiſchen Luftarten ſagen. Aber unterdeſſen halte ich mich doch fuͤr verpflichtet, zu bemerken, daß bis jetzt die Gruͤnde des gelehrten Tiſſots noch nicht entſcheidend ſind, daß die Frage noch unaufgeloͤſt bleibt, und daß ſie durch Huͤlfe der Erfahrung entſchieden werden muß. Ein Zeugniß von einem. fo groſſen Gewichte, als dieſes Weltweiſen ſeines, 0 nur gar zu fehr im Stande, uns ab⸗ zuhalten, dieſelbe zu Huͤlfe zu nehmen. 8 Die erſte Einwendung, welche der beredte Lauſanner Arzt macht, beſteht darin, daß wir nicht wiſſen, durch was fuͤr einen Weg die mephitiſchen Duͤnſte dem Herzen ſeine Reitzbarkeit benehmen. 3 Aber er muß geſtehen, daß daraus, daß uns die eine Wahrheit unbekannt iſt, nicht folgt, daß wir eine andere auch nicht wiſſen muͤſſen, und daß wir die Wirkungen kennen koͤnnen, ohne die Urſachen, und noch weniger ihre Art zu wirken zu kennen. Die ganze menſchliche Kenntniß iſt dieſer Art. Man kennt Wirkungen, deren Urſachen man gern und gar nicht weiß; und man kennt Wachen, „deren Art zu wirken uns durchaus un⸗ ekannt iſt. . Die Frage laͤuft alſo darauf hinaus, daß man ſich durch die Erfahrung verſiche⸗ re, ob die mephitiſchen Daͤmpfe die Reitzbarkeit des Herzens zerſtoͤren oder nicht; und die oben gemachte Einwendung iſt von keinem Werthe, man mag dieſe Wege kennen oder nicht kennen, wenn nur die Erfahrung ihre Richtigkeit hat; und gegen dieſe führt der be⸗ ruͤhmte Schriftſteller nichts an, das ſie widerlegte. Ich ſehe uͤbrigeus nicht, wie man gewiß behaupten koͤnne, daß es keine Wege gebe „durch welche die Wirkung dieſer Luftarten zu dem Herzen kommen koͤnne. Es toͤdten dieſe Luftarten die Thiere, welche man zwingt, fie einzuathmen. Es iſt in dieſem Umſtaͤnden eine unmittelbare Gemeinſchaft zwiſchen den Lungen und dieſen Luftarten da. Es ſondern ſich beftändig fluͤſſige Subſtanzen aus den Lungen ab, und die⸗ ſes Eingeweide kann deren andere bekommen, wenn ſich welche finden, die ſie berühren. Es kann alſo eine wirkliche Gemeinſchaft zwiſchen dieſen Luftarten und den Lungen, zwi⸗ ſchen dieſen Luftarten und den Materien vorhanden ſeyn, welche aus dieſem Eingeweide abgeſondert werden. Nun bekommen aber die Lungen, wie man weiß, das Blut von dem Herzen, und ſchicken es demſelben wieder zu. Ich kann alſo nicht begreifen, warum die Gemeinſchaft, oder beſſer zu reden, die 1 dieſer Luftarten auf das Herz un⸗ moͤglich ſeyn ſollte. Die 53 Die andere Einwendung, welche Tiſſot macht, iſt, daß die fire Luft, wenn fie eingeathmet wird, toͤdte, und wenn ſie unmittelbar auf die Muskelfibern der Gedaͤrme wirkt, ihre Wirkſamkeit wieder belebe, und Krankheiten heile; und daraus leitet er her, daß dieſe Luft, wenn fie die Muskeln ſelbſt beruͤhrt, die Reitzbarkeit erregen muͤſſe, anſtatt fie zu zerſtoͤren: und daß fie folglich nicht machen koͤnnen, daß das Herz feine Reitzbarkeit verliere. i Aber erſtlich iſt nichts gemeiner in der Arzneykuuſt, als Körper zu finden, welche, wenn ſie auf einen Theil des Thiers gebracht werden, im Stande ſind, ihn zu heilen, da fie ihm hingegen Krankheit und felbft den Tod verurſachen, wenn man fie auf andere Thei— le legt. Viele Arzneymittel, inſonderheit aus der Klaſſe der Gifte, wirken genau auf die⸗ ſe Art; und man kann davon in der Folge dieſes Werks neue Beyſpiele finden. Die Electricitaͤt toͤdtet, in dem fie dem Herzen und der fleiſchichten Fiber die Reitzbarkeit benimmt, wie ich in meiner thieriſchen Naturlehre *) bewieſen habe. Und demohngeachtet iſt eben dieſe Electricitaͤt eins der ſtaͤrkeſten reitzenden Mittel, welches man für die Muskelfiber kennt. Sie giebt dadurch, daß ſie die Reitzbarkeit erregt, eben dieſen Thieren das Leben wieder, bey welchen fie es einen Augenblick vorher zerftörer hatte. Unter allen reitzenden Mitteln, deren man ſich bedienen kann, um die Thiere wieder le— bendig zu machen, fo der electriſche Schlag in eine toͤdtliche Ohnmacht verſetzt hat, haben mir die ſchwachen Funken gehoͤrig gebraucht, das wirkſamſte Mittel zu ſeyn geſchienen. Zweytens, die Anwendung der fixen Luft, wenn ſie in die Gedaͤrme gebracht wird, geſchieht auf eine ganz audere Art, als wenn ſie von dem Thiere eingeathmet wird. In dem erſten Falle iſt ihre Wirkung unmittelbar; im zweiten ſcheint fie das Blut nö thig zu haben, um ihre Kraft bis in das Herz zu bringen. Daraus folgt, daß ihre Wir⸗ kungen in dieſen beyden Fällen ſehr verſchieden ſeyn konnen. Nach allen dieſen Erfahrungen wurde ich natuͤrlich bewogen zu denken, daß eben⸗ falls durch Zerſtoͤrung der Reitzbarkeit das Viperngift die Thiere toͤdtet. Ich verſchafte mir ein halb hundert der groͤſſeſten und ſtaͤrkſten Froͤſche. Ich zog dieſe Thiere vor, weil ſie lebhafter ſind, und ſchwerer ſterben, als die andern, weil ſie reitzbarer ſind, und ihre Muffeln ſich ſelbſt ganze Tage lang nach dem Tode noch zuſammen ziehen. Ich ließ einen jeden von einer Viper beiſſen, einige an der Lende, andere an den Beinen, auf dem Ruͤcken, am Kopfe u. ſ. w. Einige ſtarben in weniger, als einer hal ben Stunde, andere in Zeit einer Stunde, und noch andere in zwey, drey Stunden oder etwas daruͤber. Es waren einige darunter, welche davon nicht krank wurden, de hingegen andere, welche nicht daran Fa doch aufſchwollen. Ich hatte auch einige, ( 3 welche ) Tom. I. Dieſe Schrift, die ich ſchon mehrmals anzufuͤhren Gelegenheit gehabt habe, b wurde im Jahre 1775 zu Florenz gedruckt, und führt den Titel: Rieerche filoſafiche ſo- pra la fiſica animale. welche nachher nur ein ſteches Leben behielten, und denen die Hinterbeine, woran fe gebiſſen waren, ſehr ſchwach, und ſelbſt geläͤhrnt blieben. Ich begnuͤgte mich bey einigen, daß ich mit Behutſamkeit einen Tropfen Viperngift in eine Wunde legte, die in eben dem Augenblicke mit einer Lancette gemacht war. Dieſe lebten laͤnger, als diejenigen, wel⸗ che ich hatte beiſſen laſſen; es blieb inzwiſchen keine davon leben. Ich ſahe immer ſorg⸗ fältig darauf, daß das Gift, welches ich in die Wunde brachte, nicht mit dem daraus flieſſenden Blute wieder herausgeſchaft wurde. Einige dieſer Froͤſche ſchwolleu ſtark auf, ondere etwas weniger, und die andern ganz und gar nicht. Die Wunden waren faſt bey allen mehr oder weniger entzuͤndet. Jedoch waren etliche darunter, welche ſehr ploͤzlich daran ſtarben ohne die geringſte Spur von Entzündung zu haben. Kurze Zeit nachher da dieſe Thiere gebiſſen oder verwundet und vergiftet waren, ſahe man offenbar, daß ſie die Stärke ihrer Muſkeln und die Bewegung ihrer Fuͤſſe verloren. Setzte man ſie frey auf die Erde, fo hüpfte fie nicht mehr, ſie ſchleppten ihre Beine und ſogar ihren Körper mit vieler Schwierigkeit, und wenn man mit einer Nadel ihnen in die Lenden ſtach, ſo konnten fie dieſelben kaum zurück ziehen; fte gaben faſt kein Zeichen von ſich, daß fie für die Spitze empfindlich waren; nach nnd nach wurden ſie unbeweglich und gelaͤhmt am ganzen ‚Körper, und aus dieſem Zuſtande giengen fie ſehr ſchnell in den Tod über, | Ich oͤfnete den Leib, ich reißte die Nerven, welche in demſelben find, und von den Rückenwirbeln nach den Lenden laufen; ich gebrauchte die ſtaͤrkeſten Aetzmittel; es erfolgte keine Bewegung, kein Zittern in den Hinterbeinen. Vergeblich ſtach ich in die Muſkeln, fie bewegten ſich nicht; ich ſtieß eine lange Nadel in dem Ruͤckenmark hinunter; aber dies brachte gar keine Bewegung, nicht einmahl ein Zittern in den Muffeln noch in den Gliedern hervor. Der Tod hatte zu gleicher Zeit alle Theile getroffen: und nirgends war eine Spur von Leben übrig geblieben. Die Nerven waren keine Werkzeuge der Bes wegung mehr. Die Muffeln zogen ſich nicht mehr zuſammen, und waren nicht mehr empfindlich gegen die Nadel. Nur das Herz fuhr noch fort, ſich bey einigen ganz ſchwach zu bewegen, und die Herzohren waren aufgeſchwollen und ſchwarz von dem Blute, wo⸗ mit fie ſtrotzten. Inzwiſchen ſchien dieſes Werkzeug nicht viel von der Wirkſamkeit des Gifts gelitten zu haben. Es ſetzte ſeine Bewegung fort, ungeachtet des gaͤnzlichen To⸗ des der andern Theile: und es fing ſeine Schwingungen wieder an, wenn man es ſtark mit Nadeln reitzte. Es iſt jedoch gewiß, daß ſeine Bewegung und ſeine Schwingungen nach dem Tode des Thiers von kurzer Dauer waren. Man hat zuweilen Leute geſehen, welche, nachdem ſie von einer Viper gebiſſen worden waren, ihr ganzes Leben lang an irgend einem Theile ihres Koͤrpers gelaͤhmt blie⸗ ben. Und noch vor kurzer Zeit wurde eine Frau zu Toſcana, welche von einer Viper am kleinen Finger gebiſſen worden war, an der ganzen Haͤlfte ihres Koͤrpers auf der rechten Seite lahm, ohne geheilt werden zu koͤnnen. Mit einem Worte, es iſt gewiß, daß alle diejenigen, welche dieſes Ungluͤck gehabt haben, ſich bald nachher über eine allgemeine Schwache beklagen. Die Muſkeln verlieren die willkührliche Bewegung. Sie ſind wie a einge⸗ 85 85 eingeſchlafen und erſtarrt: ſte haben weder die freye Bewegung des Körpers mehr, noch den freyen Gebrauch des Geiſtes, und fallen, ohne es zu merken, wie in eine Schlafſucht; fo wahr iſt es, daß dieſes Gift die Lähmung in den Muſteln hervorbringt, und fie der wirkſamen Eigenſchaft beraubet, weiche die Reuern thieriſche Reitzbarkeit genannt haben. In der Folge dieſes Werks wird man ſehen, was man von dieſem Syſteme und von den Jeraͤnderungen, fo ich darinn gemacht habe, denken muß. SEes ſterben daher die Thiere von dem Biſſe der Viper nur, weil ihre Fibern bie Meitzbarkeit verlieren, dieſe groſſe Triebfeder der fo wohl wigkürfichen,. als unwillkürlichen Bewegungen in der thieriſchen Oeconomie. ) Aus hieſen Erfahrungen über die Froͤſche ſcheint zu folgen, daß das Gift des Polypen dem Viperngifte ſehr aͤhnlich iſt; kaum hat der Polype einen Erdwurm gefaßt, ſo ſtirbt dieſer Wurm alſobald und hat keine Bewegung mehr. Man weiß doch, daß dieſe Arten von Würmern ein ſehr hartes Leben haben, und ſich noch lange bewegen, nach⸗ Dem ſie in Stuͤcken geſchnitten find, Wir müſſen alſo ſagen, daß das Gift des Polypen, (denn es iſt ein Gift, weil es geſchwind und in ſehr kleiner Gabe toͤdtet), die thieriſche Reitz barkeit ſchwaͤcht, und genau fo wie das Viperngift, das Leben nimmt. Aber nachdem man gefunden hat, daß die Viper durch die Zerſtoͤrung der Reitz⸗ barkeit der Fiber toͤdtet, ſo muß man auch unterſuchen, welches die Veraͤnderungen, find, die ſich in den Muſkeln ereignen, wenn ſie dieſer Eigenſchaft beraubt find, Es if eine beſtaͤndig beobachtete Wahrheit, daß die Muffeln der Thiere ihre Bewegung und ihre Reitzbarkeit verlieren, nach dem Verhaͤltniß, wie ſie von einem faulichten Grundſtoffe durchdrungen ſind. Wir haben viele Beyſpiele, welche beweiſen, daß der Verluſt der einen immer die erſten Fortſchritte des andern begleitet. Die mephitiſchen Duͤnſte, wel⸗ che die Reitzbarkeit benehmen, beſchleunigen auch die Faͤulniß, und die Thiere, welche daran fterben, haben ein welkes und misfarbiges Fleiſch. Man ſieht auch das Fleiſch derjenigen Thiere in Faͤulniß übergeben, welche von der Viper gebiſſen worden ſind. In beyden Fällen wird die urfprüngliche Fiber bis in ihre Grundſtoffe angegriffen, welche, in— dem ſie ſich von einander trennen, den Verluſt ihrer natuͤrlichen ſehr tief in ſie gelegten Eigenſchaften bey ſich fuͤhren; und dieſe Trennung der Theile, welche allemal die Faͤulniß in dem Fleiſche bewirkt, muß nothwendig den Muſteln ihre Reitzbarkeit und Beweglichkeit benehmen. d N Ich bin geneigt zu glauben, daß das Gift der Viper eine faſt ähnliche Wirkung hervorbringt; und ich gründe mich hauptſaͤchlich auf die Aehnlichkeit mit den andern Gife ten. Man findet in der That, daß das Fleiſch der Thiere, welches mit einem in Eiſen⸗ huͤttleins⸗Saft getauchten Meſſer geſchnitten iſt, alſobald weicher und beſſer zum 17 71 f f gebrau ) Es iſt nur ein ſehr allgemeiner Sat, den ich hier behaupte; man wlrd in der Folge ſe⸗ ben, was für verſchiedenen Veränderungen man ihn unterwerfen kann. 56 — gebrauch wird. Die Reiſebeſchreiber erzaͤhlen uns, daß in den beyden Indien, ſo wie auch in Africa, die Einwohner dieſer Laͤnder gewoͤhnlich nicht anders, als mit vergifs teten Pfeilen jagen, und in Zeit von ſechs Minuten, mehr oder weniger nach dem Gra⸗ de der Wirkſamkeit des Gifts, die groͤſſeſten Thiere, die Löwen, Tyger, und ſelbſt die Elephanten toͤdten; fie bemerken auch, daß das Fleiſch von dieſen Thieren alſobald weich und muͤrbe wird; zu einem offenbaren Beweiſe, daß alle dieſe Gifte ebenfalls das Fleiſch zu einer geſchwinden Faͤulniß geneigt machen. Ich ſelbſt habe eben das bey den Froͤſchen wahrgenommen, und bey andern Thieren, welche von dem Gifte der Viper getroffen waren. Ihr Fleiſch wird viel geſchwinder weich, als gewoͤhnlich, fo daß es aus einan⸗ der fälle, wenn man es nur ganz wenig beruͤhrt, und na von ſelbſt von den Knochen ab⸗ pöfetz; es wird faul, und ſtinkt ſehr geſchwind. 1 Wenn es daher nach dieſen Beobachtungen faſt unmoͤglich wird, zu leugnen, daß das Gift der Viper die Reitzbarkeit zerſtöͤrt, indem es in das Fleiſch und in die Saͤfte der Thiere, ſo gebiſſen worden ſind, einen fauligten Grundſtoff bringt, ſo muß man zugeben, daß es unnoͤthig iſt, nach dem Beyſpiele der Mechaniker zu allen äßenden, ſtechenden und unſichtbaren Salzen ſeine Zuflucht zu nehmen, um die Wirkſamkeit dieſes Gifts zu erklären. Weit gefehlt, dieſe Bewegung zu beguͤnſtigen, find dieſe Salze be⸗ kanntlich viel geſchickter, fie aufzuheben und zu hemmen; und ich begreife nicht, wie Na⸗ turforſcher, welche uͤbrigens ſehr aufgeklaͤrte Maͤnner waren, ſich haben einbilden und glauben koͤnnen, daß die von den Thieren und ſelbſt von den Pflanzen genommenen Gifte ihre Wirkſamkeit nur ſolchen vorgeblichen Salzen zu danken haben; ferner findet man kaum eine geringe Spur von Salzen in den Saͤften einiger dieſer Pflanzen, ob ſie gleich giftig find. Ich habe ihrer viele mit dem Microfcope unterſucht, und glaube nirgends wel⸗ che gefunden zu haben, als allenfalls in dem Toxicodendrum; auch bemerkt man in dieſem Baume nur einige glanzende Kuͤgeſchen, fo kleiner find, als die Blutfügelgen, und in einer mehr oder weniger durchſichtigen Fluͤſſi gkeit ſchwimmen, welches man bey den andern Pflanzen nicht bemerkt. Allein ich getraue mir dreiſt zu behaupten, daß in dem Gift der Viper nicht die geringſte Spur von dieſen fuͤrchterlichen Salzen vorhanden iſt, von denen man ſich eingebildet hatte, daß fie die Thiere auf der Stelle toͤdten muͤſten, wenn fie in ihr Blut kaͤmen. a Es iſt alſo wohl die Leichtigkeit, vermittelſt dieſer vorgeblichen Salze die Wirkung der Gifte zu erklaͤren, Schuld daran geweſen, daß die mechaniſchen Aerzte ſich haben ver⸗ führen laſſen. Sie haben allenthalben Spitzen geſehen, welche im Stande ſeyn follten, die thieriſchen Fieber zu trennen, und die Säfte aus einander zu ſcheiden. Aber was will man auf das Beyſpiel mit dem Opium antworten? Es koͤdtet, indem es die Reitzbarkeit der Fiber ſchwaͤchet und ſelbſt zerſtoͤrt; und wenn der giftige Beſtandtheil dieſes Pflanzen⸗ ſafts weſentlich in ſeinem gummigken und harzigten Theile ſitzt, will man dann auch noch Salze darin vermuthen. In einem chymiſchen Laboratorium ſind dieſe Hypotheſen zur Welt gebracht worden, und nicht nach einer anhaltenden Beobachtung der Naturbegeben⸗ beiten. heiten. Man muß es zugeben, daß man von dieſen eingebildeten Salzen einen nur gar zu groſſen Misbrauch gemacht hat; man hat fich kein Bedenken gemacht, fie allenthalben hin zu ſetzen. Ja man iſt fegar fo weit gegangen, zu glauben, daß nur Salze im Stande waͤren, die Sinne des Geſchmacks und des Geruchs zu reitzen; und doch iſt wohl nichts weniger bewieſen, als das Daſeyn dieſer Salze in den ſchmeckenden und riechenden Koͤrpern. Uebrigens bedenkt man nicht, daß die Salze ihre Figur veraͤndern koͤnnen, ohne ihren natuͤrlichen Geſchmack zu verlieren, und auch einen andern Geſchmack anneh⸗ men, ohne ihre Figur zu veraͤndern. Man kann alſo nicht annehmen, daß ihre Wir⸗ kung von einer beſtimmten Figur abhängt, wie gewiſſe Naturforſcher thaten, welche allent⸗ halben nichts als Ecken und Spitzen ſahen, wenn es darauf ankam, die Empfindungen zu erklaͤren; und welches in gewiſſen Faͤllen nicht bloß nur angenommen, ſondern auch durch die Erfahrung widerlegt wird. Und wenn es nur darauf ankommt, dieſe Empfindungen in einigen unſerer Werkzeuge rege zu machen, was braucht man denn dieſe Salze dazu? Kann es nicht ohne ihre Mitwuͤrkung geſchehen? Haben nicht auch die andern Theilchen der Körper die Eigenſchaft zu berühren und zu erſchuͤttern? Iſt das Licht wohl ein Salz? oder iſt die Luft eins, weil fie auf das Auge oder das Ohr wirken? Ein jeder Körper, wel⸗ cher einen Nerven beruͤhrt, kann die markigte Subſtauz ausdehnen und erſchlaffen, er kann fie zuſammendruͤcken oder reißen, unabhängig von der Urſache, welche hernach den Ein- druck der Seele oder dem Gehirn zufuͤhrt; Und wenn alle aͤuſſerlichen Empfindungen auf eine Veraͤnderung in dem Werkzeuge ankommen, fo koͤnnen alſo die andern Körper eben ſowohl wirken, als die Salze. Eine Fluͤſſigkeit kann auch die zarten Theile eines entblöß- ten Nerven erſchlaffen; ſie kann machen, daß dieſelben ebenfalls einſchrumpfen und ver⸗ trocknen. Es giebt Geiſter und Oele, welche das Fleiſch der Thiere trocken und zuſam⸗ mengeſchrumpft machen, das Nerven- und Muskelſyſtem reitzen, ohne daß Salze daran Schuld ſind. Und man kann ebenfalls vom Gifte ſterben, ohne noͤthig zu haben in den drey Reichen der Natur Salze anzunehmen. Kann man ſich nicht eine Wirkung des ei⸗ nen Koͤrpers auf den andern denken, ohne Zuthun der Ecken und Spitzen? Kann man ſagen, daß ſich allenthalben Salze finden, in denen man dieſe Figuren antrift? oder daß ſie ſchon in allen den Koͤrpern vorhanden waren, aus welchen die Scheidekunſt im Stande iſt, ſie heraus zu ziehen? Ich ſehe in dieſen allen keine Nothwendigkeit; eben ſo wenig, als man Ecken und Spitzen in den Fiebern einer Armee, oder den Gefaͤngnißfiebern, im Scorbut, mit einem Worte in allen faͤulichten Krankheiten annehmen kann, in denen die Faͤulniß der feften und ſluͤchtigen Theile eben fo allgemein iſt. Man muß zu einer ganz an⸗ dern Urſache, als zu Salzen feine Zuflucht nehmen, um die zerſtoͤrende Kraft dieſer ges faͤhrlichen Krankheiten zu erklaren, welche in fo kurzer Zeit die thieriſche Oekonomie ums ſtoſſen und vernichten. Ihre Wirkungen und die Wirkungen vieler anderer Krankheiten, welche ihnen ähnlich find, fo wie auch die Zufälle, fo fie begleiten, find ſehr geſchickt, uns glauben zu machen, daß ſie in die Maſchine ein verborgenes Gift bringen, welches gleich dem Viperngifte, die Zerftörung und allgemeine Aufloͤſung der feſten und flüffie gen Theile mit ſich führe. Man bemerkt wirklich allzeit in dieſen Krankheiten die Zuckun⸗ gen, die groſſe Mattigkeit, die Niedergeſchlagenheit der Kräfte, die Schlaͤfrigkelt, ven Fontana J. B. H uͤber⸗ 58 rn überaus groſſen Geſtank, welcher aus dem noch lebendigen Körper ausdunſtet, und end⸗ lich die ſchleunige Faͤulniß, welche faſt unmittelbar auf den Tod folgt. Die Lebenskraft, welche auf ſolche Art auf einmal in dem ganzen Muskelſyſteme zu fehlen anfängt, iſt ein gewiſſes Zeichen, daß das Uebel die thieriſche Reitzbarkeit und das Prinsipium, der Bewe⸗ gung in der Fiber angreift. Nur auf ſolche Art kann man ohne zur iber und ungegründeten Syſtemen und Hypotheſen ſeine Zuflucht zu nehmen, begreifen und erflä- ren, wie der Keim des Todes ſich in einem Augenblicke in der ganzen chieriſchen o ecoͤnomie verbreiten kann. Ich vermuthe nicht, daß es moͤglich ſey, daß man in Zukunft noch den geringſten Zweifel uͤber bie wahre naͤchſte Urſache des Todes haben werde, den die Gifte der Viper und der Otter fo ſchnell zuwege bringen, inſonderheit derjenigen unter den drey Arten, wel⸗ che man Nintipolenga Zeilon:ca nennt. Dieſe Otter toͤdtet durch die ſchnelle Einſchläfe⸗ rung, und allgemeine Schwaͤche, auf die der Tod folgt, den ſie in dem Thiere hervor⸗ bringt, welches davon gebiſſen iſt. Mit einem Worte, es ſcheint, daß alle Gifte, ſo das Thierreich liefert, toͤdten, weil ſie die Reitzbarkeit der Muskelfiber zerſtoͤrt, und die feſten ſowohl, als die flüffigen Theile zu einer ſchnellen Faͤulniß geneigt macht. Man kann eben das von ſolchen Pflanzengiften ſagen, welche, ſobald ſie ins Blut gekommen ſi . den ſchleunigſten Tod zur Folge haben. Allein unter allen giftigen Thieren, die bisher bekannt and „ ſcheint keins zu ſeyn, deſſen Gift ſo ſtark, ſo wirkſam waͤre, als das Gift des Polypen. In einem Augenblicke iſt daſſelbe im Stande, das Bewegungs- und Lebens⸗Principium in den Regenwuͤrmern auszuloſchen, fo reitzbar dieſelben auch ſeyn, und ſo zaͤhes Leben fie auch haben. Und was noch mehr zu verwundern iſt, iſt dieſes, daß, wenn kaum ſein Maul oder ſeine Lippen dieſen Wurm beruͤhren, derſelbe ſchon todt iſt. So groß iſt die Kraft und Wirkſamkeit dieſes Gifts, welches durch die Schweißloͤcher dieſes Wurms hineindringt, und alſobald in ihm das Lebens- und Bewegungs⸗Principium zerſtoͤrt. Doch findet man gar keine Wunde an dem todten Thiere; der Polyp hat weder Zaͤhne, noch ein anderes Werkzeug, das geſchickt waͤre, die Haut zu durchbohren, wovon ich mich ſelbſt genug überzeugt habe, als ich ihn mit vortreflichen Misrofcopen beobachtete. Wir muͤſſen uns ſehr hüten, nach dem Beyſpiele vieler Maturlehrer zu glauben, daß das leben allgemein in dem Umlaufe des Bluts, und in der Bewegung des Herzens beſtehe; und daß es aufhoͤre, ſobald dieſer Umlauf unterbrochen wird. Denn der Blutumlaußf iſt nicht in allen Thieren vorhanden, inſonderheit in den Polypen, welche ſogar nicht einmal ein Herz haben, noch ein anderes aͤhnliches Eingeweide, um ihn zu un⸗ terhalten. Es iſt auch bewieſen „daß viele Thiere mit kaltem Blute noch lange ohne Herz und ohne Eingeweide leben, wie man es bey den Froͤſchen, den Schildkroͤten, und vielen andern Fiſchen und Wuͤrmern wahrnimmt, bey welchen alsdann der Blutlauf ganz gewiß gehemmt iſt, und doch fahren fie noch fort, zu leben und ſich zu bewegen; fie . ihre eiden⸗ — 59 leidenſchaften, und ſcheinen noch den Lebensbeduͤrfniſſen unterworfen, und darum bes dacht zu ſeyn. 1 g 9 s i En Ich Habe viele Thiere, Inſeeten und Würmer gefunden, bey welchen gewiß ganz und gar keine Art von Blutumlaufe in den Gefäſſen vorgeht. Es giebt welche, bey de⸗ nen er nur unvollkommen vorhanden iſt, nur in einigen Theilen des Koͤrpers, und ganz und gar nicht in den aͤuſſern Gliedmaſſen. Ich ſetze mir vor, dieſe Wahrheiten in einem Werke vorzutragen, an dem ich ſchon feit verſchiedenen Jahren arbeite, nemlich über die microſcopiſchen Thiere. a f ö Dieſer Jerthum hat ſich unter den Weltweiſen nur durch eine falſche Aehnlichkeit ausgebreitet, welche man zwiſchen den Thieren mit warmen, und den Thieren mit kaltem Blute angenommen hatte; welche Art zu ſchlieſſen in der Naturlehre ſehr gefährlich iſt, und bey jedem Schritt durch die Beobachtungen und Erfahrungen widerlegt wird. Man hat eine Verrichtung auf eine gewiſſe Art, in den Thieren mit warmem Blute geſchehen ſehen, und daraus ſogleich den Schluß gemacht, daß es ſich damit eben ſo bey allen an⸗ dern verhielte. Man kann auf ſolche Art keine allgemeine Geſetze machen, und man be⸗ hauptet ſolche ausgebreitete Säge nur, weil man die Natur nicht genug gefragt hat. Wir muſten einen Tremklei und Bonnet haben, welche uns von der Unwahrheit dieſer allge⸗ meinen Axiome, und des Gedankens eines nothwendigen Geſetzes überzeugten, welches alle Fbiere in Anſehung ihrer Zeugung mit einander gemein haben follten. g Ich kann nicht unterlaſſen, hier von der ſonderbaren Herzensbewegung eines klei⸗ nen mieroſcopiſchen Thiers zu reden, welches Leewenhoeck das Raͤderthier oder den Raͤderpolypen genannt hat. Alle Beobachter, ſelbſt die neueſten, welche nach ihm gelebt haben, haben geglaubt, daß dieſes kleine Thier wirkliche Raͤder hätte, *) Aber um ſich vom Gegentheile zu uͤberzeugen, darf man es nur zwiſchen zwey Glasplatten legen, und es alsdann mit einem ſehr guten Mieroſcop beobachten. Es iſt ein kleiner gallertartiger Wurm, den man gemeiniglich in der Erde oder im Sande findet, ſo der Regen in den Dachrinnen verſammelt. Ich habe ihn auch in anderer Erde, ſo wie auch im Waſſer an⸗ getroffen, das einige Zeit geſtanden hatte, und noch oͤfter in ſolchem, das ein wenig floß, und in welchem die Conferve und andere Waſſerpflanzen wuchſen. Dieſer Wurm theilt fi) nach dem Kopfe zu in zwey ziemlich groſſe Aeſte, welche die Figur eines Sterns haben, wegen der Menge kleiner ſehr ſpitziger und kurzer Aermchen ſo ſie umgeben, und ihnen die Geſtalt von zwey Raͤdern geben. Es kam Leewenhoeck wirklich ſo vor, als wenn ſie zwey Raͤder von einem ſeltenen Fünfttichen 5 waͤren, und man wird immer eben ſo da⸗ 2 von ) Man muß ſich ſehr hüten, das, was man ſich einbildet, mit dem zu verwechſeln, was die Beobachtung uns zeigt. Es hat freylich Schriftſteller gegeben, welche entweder durch die Analogie geleitet, oder durch die Erklaͤrung einer ſo ſonderbaren Bewegung in Verlegenheit geſetzt, es wagten, zu behaupten, daß dieſe Raͤder keine wirkliche Raͤ⸗ der waͤren; zum Glüc haben fie die Wahrheit geſagt. Man muß aber geſtehen, daß es beſſer iſt, zu beobachten, als die Erſcheinungen der Natur zu errathen. Ein jeder, der ſich dieſer Art Unterſuchungen überläßt, ohne die Beobachtung zum getreuen Weg⸗ weiſer zu nehmen, laͤuft die groͤſſeſte Gefahr, in Irrthuͤmer zu verfallen. 60 — N von urtheilen, wenn man dieſen kleinen Wurm ſieht, wenn er fie bewegt. Aber endlich hat mir eine genauere Beobachtung gezeigt, daß es keine Raͤder ſind, ſondern eine Menge kleiner beweglicher Arme, ſo wie ſpitzige Kegel gebildet find, die rund um dieſen beyden Aeſten ſitzen. Er laͤßt dieſe beweglichen Arme oder Strahlen allmaͤhlig nieder, und hebt ſie darauf mit ſo groſſer Geſchwindigkeit einen nach den andern auf, daß das Auge glaubt, fie drehen ſich im Cirkel herum, wie ein Kutſchenrad, oder noch beſſer, wie ein Feuerrad. Ue⸗ brigens bewegt er dieſe beyden Raͤder eher nicht, als wenn er ſchwimmt, oder wenn er freſſen will, und dieſe beyden Umſtände find immer die kuͤrzeſten in ſeinem Leben. Um zu ſchwim⸗ men, ſchlaͤgt er das Waſſer mit ſeinen Armen mit vieler Geſchwindigkeit, er nimmt verſchie⸗ dene Ruhepunkte, und begiebt ſich ſo von einem Orte zum andern. Um im Gegentheile zu eſſen, haͤngt er ſich mit feinem Schwanze an einen Körper, er drehet darauf feine beyden Raͤder um, und theilt dem Waſſer eine ſolche Bewegung mit, daß es nach ſeinem Kopfe zu fließt; und auf ſolche Art feinem Maule alle die kleinen Koͤrperchen zufuͤhrt, mit denen es angefüllt iſt. Ich geſtehe, daß ich niemals ein wunderbareres und angenehmeres Schauſpiel geſehen habe. Die geſchwinde Bewegung ſeiner Arme oder ſeiner Raͤder iſt unglaublich. Aber was noch mehr zu bewundern iſt, das iſt die Bewegung ſeines Her⸗ zens. Dieſes Eingeweide iſt durch das Mieroſeop ſehr ſichtbar, und kann niemals mit iv gend einem andern Theile dieſes Thiers verwechſelt werden. Es iſt durchaus unbeweglich, wenn der Wurm ſeine Raͤder nicht bewegt. Aber kaum ſind dieſe in Bewegung, ſo bewegt ſich das Herz alſobald auch; und feine Bewegung iſt deſto ſtaͤrker, je gröffer die Bewegung dieſer Raͤder iſt, ſo daß ihre Bewegungen allemal in einem genauen Verhaͤltniß ſtehen. Ich will zwar nicht leugnen, daß es ſich nicht zuweilen ereignen koͤnnte, (wiewohl ſehr fels ten und in ſehr langen Zwiſchenzeiten) daß das Herz ſich auch bewegte, wenn die Raͤder in Ruhe ſind; und ſo wie das Thier die Bewegung der Raͤder allzeit in ſeinem Willen hat, fo verhält es ſich mit dem Herzen eben jo damit. Das Herz iſt alſo ein willkuͤhrlicher Mus⸗ kel, der vom Willen des Thiers abhaͤngt; welches bis jetzt noch das einzige Beyſpiel iſt, und ſonſt noch nirgends beobachtet wird. Dieſer Wurm bringt alſo den groͤſſeſten Theil ſeines Lebens ohne Bewegung ſeines Herzens, und folglich ohne Umlauf des Bluts, oder einer Fluͤſſigkeit zu, die ihre Bewegung von dieſem Muskel erhält, Dieſes hält es dem⸗ ohngeachtet nicht ab, ſich während der übrigen Zeit feines Lebens zu bewegen, indem es zwiſchen den Körpern, die es umgeben, wie die Würmer zu thun pflegen, herumklettert und kriecht. Man koͤnnte hier den Einwurf machen, daß dieſes Werkzeug des Raͤderpolypen nicht das Herz des Thiers ſey; ſondern vielmehr ſein Magen, weil man es in Bewegung ſieht, wenn das Thier frißt; und daß es ganz etwas auſſerordentliches ſey, anzunehmen, daß das Herz ein ſeinem Willen unterworfener Muskel ſey, da es doch bey keinem andern Thiere ſo iſt. Die Sache iſt nicht unmoͤglich, man muß es geſtehen; aber demohngeach⸗ tet iſt ſie nicht ſehr wahrſcheinlich; und wenn ſie auch wahr waͤre, ſo wuͤrde es auch wahr ſeyn, daß es ein Werkzeug, wie den Magen, giebt, das eine willkuͤhrliche Bewegung hat, welches man ebenfalls in keinem andern Thiere wahrnimmt. Folglich iſt der Einwurf, den ich beſtreite, von keiner Bedeutung, weil man allzeit zugeben muß, daß in a RN iere 61 Thiere ein musculöfes Werkzeug iſt, fo dem Willen unterworfen ift, welches man im Ges gentheile bey allen anbern Thieren nicht antrift. Und dies iſt gerade das, was ich durch meine Beobachtungen beweiſen wollte, ſo daß meine Entdeckung immer ihre Richtigkeit hat. Man muß noch bemerken, daß das Raͤderthier dieſes ſonderbare Werkzeug in Be⸗ wegung ſetzt, ſelbſt wenn es nicht ißt, das heißt, zu einer Zeit, da es gar keinen Ge⸗ brauch davon machen kann, wenn es der Magen iſt. Es geſchieht dieſes allemal, wenn es in der Fluͤſſigkeit ſchwimmt, in der es ſich befindet, und ſchnell von einem Orte zum an— dern will. Es muß alsdann ſeine beyden Raͤder bewegen, und folglich bewegt ſich auch dieſes Werkzeug. Man ſieht daraus, daß das Thier dieſes Werkzeug nicht bewegt, um zu eſſen, ſondern daß dieſe Bewegung nothwendig ſtatt findet, wenn es ſeine beyden Raͤder ſpielen laͤßt, es mag nun der Bewegungsgrund, warum es ſie bewegt, ſeyn, welcher er wolle. 5 Allein weil es gewiß iſt, daß die freywilligen Bewegungen der Muskeln der Thiere mit kaltem Blute eben fo wenig von dem Umlaufe der Säfte abhängen, als die Reitzbar⸗ keit der Fiber davon abhaͤngt, welche die Quelle und Grundurſache des Lebens und der Be⸗ wegung in dem Thiere iſt; ſo folgt daraus, daß das Leben in den Thieren in der Bewegung ihrer Muskeln und ihrer Theile beſteht; denn von dem Augenblicke an, da dieſe Bewegung aufhoͤrt, hoͤrt auch das Thier auf zu leben; und von der Zeit an iſt ſein Leib, was das Leben anlanget, nicht mehr von dem Zuſtande eines Minerals oder irgend einer Pflanzenſubſtanz unter ſchieden; und dieſe ganze Einrichtung von Gefaͤſſen, fo vieler verſchiedener Werkzeuge, dieſer bewundernswuͤrdige Bau ihrer Theile, find dem Thiere von gar keinem Nutzen mehr, und man muß alles dieſes ſo anſehen, als wenn nichts mehr vorhanden waͤre. Wenn die Bewegung in der Maſchine einmal zu Ende iſt, ſo ſind es die Empfindung und das Leben auch. Das Thier wird wieder zu leben anfangen, ſo bald als ſeine Theile wieder ihre erſte Bewegung annehmen; da es hingegen auf immer ſtirbt, wenn, ſo wie es dem Menſchen auch begegnet, feine Theile nicht nur ihre gegenwaͤrtige Bewegung verlieren, ſondern auch das Vermoͤgen, fie in der Folge wieder zu bekommen. So bekommen die mieroſcopiſchen - Yale, fo man verdorret und trocken im Mutterkorn findet, die Bewegung und das Leben wieder, fo bald als man fie mit ein wenig Waſſer anfeuchtet; ſie fterben und vertrocknen von neuem, ſo bald als es ihnen an Waſſer fehlt. Ich habe mich ſelbſt davon mehrmals mit ei⸗ nem ſehr groſſen Vergnügen uͤberzeugt; fie behalten alſo das Vermoͤgen wieder aufzuleben, und leben in ber That wieder auf, bloß durch die Gegenwart des Waſſere, das fie befeuchtet. Der berühmte Bouguer erzaͤhlt uns in feinem Werke uber die Geſtalt der Erde, nach dem Zeugniß des Pater Gumillo eines Jeſuiten, und der Indianer zu Peru, daß man in dieſen Gegenden eine groſſe giftige Schlange finde, welche, nachdem ſie geſtorben, und in der freyen Luft oder im Rauche getrocknet iſt, die Eigenſchaft habe, wieder lebendig zu werden, ſobald man fie einige Tage in die Sonne und in ein ſtechendes und faulendes Waſ⸗ ſer legt. Es waͤre zu wuͤnſchen geweſen, daß ein Naturforſcher und Weltweiſe, wie Bou⸗ guer, unter feinen Augen eine fo wichtige Erfahrung, ſowohl an und für ſich ſelbſt, als auch wegen der Gidͤſſe des Thiers, haͤtte wahr machen fönnen» H 3 Ich Fu — 62 — nn Ich habe mehrmals in freyer Luft, aber ohne ihn zu lange darin zu laſſen, benjent- gen Wurm getrocknet, den man fera equina oder nach dem Linn! Gordius nennt. Er hatte faſt ſeine ganze Groͤſſe und ſein Gewicht verloren, und war wie ein zerdruͤckter und trockener Strohhalm geworden. Die Haut war ihm ſo eingeſchrumpft, daß ſie gar keine merkliche Hoͤhle mehr zurück ließ, und er hatte kein Zeichen des Lebens, noch der Bewegung mehr an ſich. Ich ſetzte ihn wieder in das Waſſer, und in weniger, als einer halben Seun⸗ de, nahm er feine Dicke, fein Gewicht wieder an, und gar bald nachher keine zweydeutige und anhaltende Zeichen des Lebens von ſich. } Der Raͤderpolyp, von dem ich oben geredet habe, verliert auch alle Art von Be wegung, und das Leben, wenn man ihn auftrocknet, und bekommt beydes wieder, wenn man ihn wieder ins Waſſer ſetzt. Endlich habe ich den Verſuch gemacht, ihn drittehalb Jahre lang auſſer dem Waſſer in einer ſehr trocknen Erde liegen zu laſſen, und des Sommers al⸗ ler Sonnenhitze ausgeſetzt. Ich habe ihn darauf wieder ins Waſſer geſetzt, und nach Ver⸗ lauf von zwey Stunden bekam er das Leben und die Bewegung wieder. Ich habe einen andern auf eine Glasſcheibe gelegt, welche ich einen ganzen Sommer der ſtarken Sonnen⸗ hitze ausſetzte. Er trocknete darauf dergeſtalt ein, daß er einem Tropfen trockenen deim aͤhn⸗ lich wurde. Und doch waren nur einige Tropfen Waſſer noͤthig, um ihm die Bewegung und das Leben wieder zu geben. Ich habe ſeit der Zeit eine Menge anderer kleiner Thiere, ſowohl auf den Daͤchern, als in anderer Erde, und im Waſſer gefunden, welche eben ſo den Gebrauch ihrer Werkzeuge verlieren und wieder bekommen, wenn man ſie vertrocknet, und hernach wieder ins Waſſer ſetzt. Aber ich behalte mir vor, von dieſen kleinen Wun⸗ dern in einer beſondern Schrift zu reden, das den Titel haben ſoll: von dem Leben und dem ſcheinbaren Tode der Thiere. Aber es verhaͤlt ſich nicht eben ſo mit der Reitzbarkeit, welche die Muskeln der von der Viper vergifteten Thiere verlieren. Sie bleiben welk, und ihre Bewegung iſt auf inr- mer verloren. Es ſcheint faſt gewiß zu ſeyn, daß ihr Gift wenig vom Opium unterſchieden iſt, was feine Wirkungen anbetrift, und daß feine Art auf die Fiber zu wirken, der Wir⸗ kungsart dieſes Pflanzenſafts ſehr nahe kommt. Das eine ſowohl, als der andere erregen heftige Zuckungen und Erbrechen. Sie bringen beyde eine allgemeine Schwäche in den Werkzeugen hervor, fie machen die Muskeln gelaͤhmt, fie ſchlaͤfern das Thier ein, und toͤd⸗ ten endlich ſchleunig alle beyde, indem fie die Reitzbarkeit der Fiber zerftoren. Nur das Herz behaͤlt in dem einen Falle ſowohl, als in dem andern noch dieſe Eigenſchaft einige Zeit nach dem Tode der andern Theile. Es hilft hier den Thieren mit kaltem Blute zu nichts, daß ſie ein hartes Leben haben, und daß ſie es nebſt der Bewegung lange behalten, nachdem fie in Stücken zerſchnitten find, Wenn beyde dieſe Gifte die Grundurſache ihrer Bewe⸗ gung angreift, und die Reitzbarkeit ihrer Muskeln zerſtoͤrt, fo ſterben fie ſchleunig, alle Be⸗ wegung wird in ihnen vernichtet, und ihre Theile geben kein Zeichen von Leben mehr von ſich. Ihr Körper behält zwar feine Organiſation; aber ein organiſirter Körper, der die Bewegung verloren hat, iſt wahrlich ein Koͤrper ohne Leben. Es iſt daher einleuchtend, daß keine von den zahlreichen Hypotheſen, welche die Naturkündiger erdacht haben, und die ich groſſentheils mich bemuͤhet habe zu erzaͤhlen, 8 auf "n —— 63 auf eine vernünftige Art den Tod der von der Viper vergifteten Thiere erklaͤrt; ſondern daß ihr Gift nicht anders führer, als indem es die Muskeln ihrer Reitzbarkeit beraubt, und in dieſen Theilen das Prineipium der Bewegung, die einzige Quelle des thieriſchen lebens zerftört. Ich bin um jo viel mehr für die Meinung eingenommen, daß das Gift der Viper nicht anders wirkt, als daß es die Reitzbarkeit der Muskelfiber zerſtoͤrt, da ich ſchon in einer Abhandlung, die in den Abhandlungen der Academie zu Siena gedruckt iſt, gezeigt habe, daß der Nervenſaft ganz und gar nicht die wahre Urſache, die caufa efhiciens der Muskelbewegung iſt. Aber wenn ich auch anders daͤchte, und die thieriſchen Geiſter als die Urfache der Reitzbarkeit, und das wahre Peincipium aller Bewegungen der thieri⸗ ſchen Oeconomie betrachtete, fo wurde meine Entdeckung der naͤchſten Urſache des Tedes der Thiere, welche don der Viper gebiſſen worden ſind, nichts von ihrer Wichtigkeit verlie⸗ ren; denn fie mag entweder unmittelbar auf die Nervenflüffigkeie, oder auf die Muskelff⸗ ber wirken, jo bleibt es doch wahr, daß dieſes Gift toͤdtet, indem es das Thler aller Bewe⸗ gung beraubt, und den Muskeln die Kraft, ſich zuſammen zu ziehen, nimmt. Ich glaube, wenn ich mich nicht irre, den Streit gluͤcklich geendigt zu haben, wel⸗ cher ſchon ſo lange die Geiſter wegen der Wirkungsart des Viperngifts getheilt haͤlt. Ich glaube, auseinander geſetzt zu haben, wie es in fo kurzer Zeit, die Thiere, ſelbſt ſolche, wel⸗ che das haͤrteſte Leben haben, umbringen kann. Iſt dieſes Gift einmal ins Blut gedeun⸗ gen, ſo zerſtoͤrt es die Reitzbarkeit der Muskelfiber, die Quelle und Grundurſache aller Ber wegungen, nicht blos ſo lange das Thier lebt, ſondern auch noch nach ſeinem Tode. Ich nenne ein todfes Thier, ein jedes Thier, in welchem gar keins von den aͤuſſern Kennzeichen mehr vorhanden iſt, nach welchen wir behaupten konnen, daß es lebt, und in der That koͤn⸗ nen wir nicht anders, als nach unſern Sinnen, und ihrer Angabe, von dem wahren Tode der Thiere urtheilen, das heißt, von dem eigentlichen Augenblicke, da fie aufhören zu ſeyn, und nicht mehr leben. Wirklich, wie kann man ſich ein lebendiges Weſen vorſtellen, ohne den Begrif irgend einer Bewegung in feinen Werkzeugen? Man wuͤrde ſonſt in die Na: turlehre einen unſinnigen Pyrrhonismus hineinbringen, und Verwirrung und Ungewißheit über die gewiſſeſten und aufgenommenen Kenntniſſe und Begriffe verbreiten. Ein faͤulichtes Principium dringt und verbreitet ſich in die feſten und fluͤſſigen Theile, erſchlaft und zer⸗ trennt die Muskelfiber, und benimmt ihr die Kraft, ſich zuſammen zu ziehen. Auf dieſes allgemeine Geſetz von Erregung der Faͤulniß, auf dieſes allgemeine Drincipium der Anfld- fung und des Todes, läßt ſich alſo in den organiſchen Körpern die ganze Wirkung des Dir perngifts bringen. Und wir müffen dabey ſtehen bleiben, weil wirklich das, was man die Naturlehre nennt, daſelbſt ihre Graͤnzen findet, und es uns nicht erlaubt iſt, weiter zu gehen. Dieſe Wiſſenſchaft mag ſeyn, welche ſie wolle; wenn es wahr iſt, daß die Erre⸗ gung der Faͤulniß in der Natur ſtakt findet, und daß fie die Zerſtoͤrung aller organiſirten Körper bewirkt, fo iſt es auch gewiß, daß wir den ganzen Mechanismus davon nicht ken⸗ nen. In der That, wenn dieſe Körper ihrer Wirkung überkaſſen find, wer wird uns ſa⸗ gen koͤnnen, welches ihre Art zu wirken ſey, mit welchen Kraͤften ſie wirken, durch welche Veraͤnderungen, und durch was für Revolutionen fie dieſelbe gehen laͤßt? Dieſe ungeheure Menge kleiner Bewegungen, welche auf Theile von einer unendlichen Kleinheit ausgeübt werden, 64 — werden, find zu dunkel für uns, ſie entgehen unſern Sinnen. Allein es iſt genug, daß wir ſehen, daß in der Natur ein allgemeines faͤulichtes und zerſtörendes Principium iſt, wel⸗ ches die organiſchen Koͤrper aus einander ſcheidet, und ſie dem Tode uͤbergiebt. Sucht der Menſch, die Natur kennen zu lernen, ſo iſt dies weiter nichts, als die beſondern Wir⸗ kungen oder Zufälle der Körper zu ſammeln, und fie auf andere allgemeinere Wirkungen zu bringen, welche man Geſetze der Natur nennt. Dies iſt es einzig und allein, was der groſſe Neroton gethan hat, als er alle Himmelsbewegungen auf das allgemeine Ge⸗ ſetz der Schwere brachte. Was iſt übrigens dem beobachtenden Sternkundigen daran ges legen, die Urſache der gegenſeitigen Anziehungskraft der Koͤrper zu kennen, welche ſich am Himmel umdrehen? Dieſe Keantniß würde eher ein Gegenſtand fuͤr die Neugier fuͤr den Menſchen, als ein wirklicher Vortheil für die Sternkunſt ſeyn. i j 55 So dachte ich ſchon vor dreyzehn Jahren, als ich dieſen erſten Theil in Italiaͤni⸗ ſcher Sprache herausgab. Ich habe nicht für noͤthig erachtet, mehr als nur ſehr vorne Veränderungen und Zufäße dazu zu machen, weil alles das, was man in der Folge lieſt, im ſtrengſten Verſtande nur eine Beylage ift, und für das, was ſchon vorher behauptet iſt, zur Verbeſſerung dienen kann, und weil ich genoͤthigt geweſen ſeyn würde, der Ordnung wegen Schlüffe zu machen, fo man noch nicht hätte verſtehen koͤnnen, als bis man ſich ei⸗ nen allgemeinen Begrif von dieſer Sache gemacht haͤtte. 183 Die vernichtete Reitzbarkeit in einem lebendigen Thiere iſt die beſtaͤndigſte Erſchei⸗ nung, welche ſich mir zu der Zeit darſtellete. Darum gründete ich auf dieſen allgemeinen Grundſatz die Wirkung des Viperngifts, und nahm das Nerverſyſtem ganz davon aus. Inzwiſchen muß ich geſtehen, daß die Anzahl meiner Erfahrungen damals nur noch ſehr begraͤnzt war. Auch hatte ich fie nicht einmal fo ſehr abgeändert, als ich nachher gethaw babe. Ich kannte auch das Gift der Tieuna noch nicht, eben fo wenig als die erſtaunli⸗ chen Wirkungen des Lorbeerkirſchenols, welche groͤſſeſten Theils nach allen Beobachtern un⸗ bekannt waren. f ; Ebenfalls habe ich verſchiedene andere Gegenſtaͤnde dieſes erſten Theils nur oben⸗ hin berührt, und mich eines angenommenen Satzes bedient, den ich in meinen microfco- piſchen Beobachtungen genau unterſuchen werde, deren vornehmſten Gegenſtaͤnde die Figur und Eigenschaften der Blutkuͤgelchen 15 ſollen; diejenigen Thiere, welche ſterben und wieder lebendig werden koͤnnen, woben ich Gelegenheit haben werde, die vollkommene Geſchichte der berühmten Aale im Mutterkorn abzuhandeln; und endlich die Urſache des Todes der Thiere in den Fünftlichen, und nicht verneuerten Luftarten. Ende des erſten Theils. T Zweyter Zweyter Theil. Erſtes Kapitel. Von der Quelle vieler Irrthumer. Der Mangel der Kenntniß einer Wahrheit in der Naturlehre kann uns die Urſache ei⸗ ner natürlichen Erſcheinung verbergen. Allein der Irrthum, den man für die Wahrheit in die Stelle ſetzt, hemmt den Fortgang der Wiſſenſchaften, und verleitet uns, ſtatt der Wahrheit und der Natur, auf Traͤume und Chimaͤren. Es iſt allzeit übel, wenn man eine Wahrheit nicht weiß; aber wenn man weiß, daß man ſie nicht weiß, ſo kann man noch hoffen, fie zu erfahren. Das nützlichſte unter allen Büchern fehlt den Men⸗ ſchen noch. Dieſes Buch würde ein ſolches ſeyn, welches beſtimmen würde, was wir in der That wiſſen, und was wir nicht wiſſen, ob wir gleich uns einbilden, daß wir es wiſ⸗ fen, Unſere Schluͤſſe würden nicht mehr Hypotheſen und Irrthüͤmer zum Grunde haben, und anſtatt Syſteme zu bauen, würde man ſuchen Materialien zu ſammeln. Man wuͤr⸗ de die Natur mehr zu Rathe ziehen, weniger Schluͤſſe machen, und mehr wiſſen. Es giebt Irrthümer und Wahrheiten, welche den Menſchen näher angehen, als alle andere, und dies ſind inſonderheit diejenigen, welche die Erhaltung ſeines Geſchlechts betreffen. FR Der Menſch ift von Natur Krankheiten unterworfen; aber es giebt einige, die ihm nur zufällig find, Die Arzneykunſt beſchaͤftigt ſich mit beyden Klaſſen von Uebeln, und en fie ſucht, ihnen abzuhelfen, fo macht fie ſich dem menſchlichen Geſchlechte nützlich. 8 N Man kann nicht genug diejenigen loben, welche ſich in dieſer Unterſuchung vor⸗ zuͤglich zu zeigen gewuſt haben. Die Nachwelt wird ihnen für ihre Arbeiten Dank fagen, und die Unſterblichkeit iſt ihnen gewiß. Aber auf der andern Seite, wer ſiehet nicht das Unglüd ein, das ein wider die ſchwerſten Krankheiten vorgeſchlagenes Heilmittel anrichten kann, wenn es, anſtatt heilſam zu ſeyn, ganz und gar unnuͤtz oder gar ſchaͤdlich wäre? Wenn man eine ſo wichtige Materie nur leichtſinnig behandelt, ſo ſetzt man die Menſchen den groͤſſeſten Uebeln aus. Denn je ſicherer wir in Anſehung des Heilmittels find, deſto Sontana I. B. ö J mehr 66 * mehr verachten wir dle Gefahr, und wir bemuͤhen uns nicht ſo ſehr, uns davor in Sicher⸗ heit zu ſetzen, als es nörhig wäre. Das Uebel kommt, wir verſäumen die Hülfe der Kunſt, und werden oft Opfer unſerer Leichtglaͤubigkeit und der Unwiſſenpeit anderer. Die Einbildung, in welcher wir ſtehen, daß eine Entdeckung ſchon gemacht iſt, ſchwaͤchet in uns die Begierde unſere Unterſuchungen weiter zu treiben, und wir bleiben Jahrhunderte lang in einem gefährlichen Irrthume, aus denen die Hofnung zu Beloh⸗ nungen und die Begierde nach Ruhm uns heraus geriſſen haben würden. Die Geſchichte der Entdeckungen der Menſchen iſt voll von dergleichen Beyſpielen. Wit haben alles die⸗ ſen beyden groſſen Triebfedern der menſchlichen Handlungen zu danken, dem Eigennutz und der Ruhmbegierde. Sie haben gemacht, daß man die Meereslänge gefunden hat . . . Aber wenn mar etwas ſchen zu wiſſen glaubt, fo höre man auf, zu ſuchen, und alsdann enkdeckt man nicht, und verliert fogar die Hofnung mehr zu erfahren. Dies war das Schickſal Europens, als es noch ungeſittet war, und in der Unwiſſengeit wan⸗ delte, und eben ſo ſind noch die Begriffe der Wilden. a f Es find mehr als zehn Jahre, als ich in Italiaͤniſcher Sprachs eine Schrift über das Gift der Viper herausgab. Dieſe Schrift macht den erften Theil des gegenwaͤrtigen Werks aus. Ich verpflichtete mich damals gegen das Publicum gewiſſermaſſen, einen zweiten Theil zu dieſer Schrift herauszugeben, in welchem ich mir vorſetzte, nicht allein von den Heilmitteln wider diefes Gift zu reden, ſondern auch von verſchiedenen andern und: ganz neuen Gegenſtaͤnden zu handeln. Ich hatte weder Zeit, noch Gelegenheit alle die Unter ſuchungen zu beendigen, die ich mir damals vorgenommen hatte. Ich wollte ge⸗ wiſſe und offenbare Reſultate haben, und ich muſte die Verſuche ins unendliche verviel⸗ fältigen, und auf tauſenderley Art verändern. Aber was mich noch mehr, als alles übrige bewog, die Bekanntmachung des zweyten Theils ſo lange aufzuſchieben, das war der mes nig glückliche Erfolg, den ich in der Aufſschung eines ſichern Mittels wider den Vipernbiß hatte. Daran war nicht Schuld, daß ich etwa nicht eine ſehr groſſe Menge ſchon bekann⸗ ter und viele andere Mittel verſucht hatte, welche meine Einbildungskraft oder ein Ohn⸗ gefahr mir an die Hand gaben. Allein fie kamen mir alle mehr oder weniger unnuͤtz vor, und ich konnte kein ganz zuverlaͤſſiges finden. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ich unter dieſen Mitteln gewiß das beruͤhinteſte von allen verſucht haben muſte, nemlich das Eau de Luce (welches in der That nichts weiter iſt, als das Alcali volatile fluor, oder flüchtige Saugenfalz in Verbindung mit etwas Bernſteinoͤhl, das die Eigenſchaften deſſelben gar nicht verändert) ; allein der Erfolg hatte meiner Erwartung gar nicht entſprochen. Und dieſes war Urſache, daß ich endlich auch dieſes verließ, ſo wie ich alle andere verlaſſen hatte. Eine neue Schrift hat endlich die Aufmerkſamkeit des Publieums auf die Heilfräf- ve des flüchtigen Laugenſalzes wider das Viperngift *) wieder rege gemacht. In dieſer 5 Schrift ) Dieſe Schrift hat den Titel: Experiences propres à faire connoitre que l’Alcali volarik Auor eſt le remede le plus effieace contre les aſphyxies. Par. Hy. le Sage, Mitglied der Academie der Wiſſenſchaften, iſt der Verfaſſer derſelben. . 67 Schrift macht der Verfaſſer mit einem zuverſichtlichen Tone bekannt, daß das fluͤchtige Caugenſalz das wahre ſpecifiſche Mittel dieſes gefährlichen Gifts, fo wie faft aller der fuͤrchterlichſten Krankheiten ſey. Als ich dieſe Schrift las, glaubte ich, daß ich mich ganz und gar geirret haben muͤſte. Zwar wenn ich an die Verſuche dachte, welche ich in Italien gemacht hatte, jo wuſte ich nicht mehr, was ich davon denken ſollte; und zu⸗ weilen kam ich ſogar auf die Vermuthung, daß die Vipern in Frankreich weniger giftig und nicht fo toͤdlich ſeyn muͤſten, als die Italiaͤniſchen; oder daß fie gar von einer andern Gattung wären; fo gewiß iſt es, daß uns die Eigenliebe nur zuſſerſt ſchwer unſere Jer⸗ thumer eingeſtehen fäßt. Was mich aber noch mehr in Erſtaunen ſetzte, war dieſes, daß ich in den Schrif⸗ ten der Neuern die Irrthuͤmer des Hedi über den Gebrauch des Sacks wieder zum Vor⸗ ſchein»kommen ſahe, welcher die Hundszaͤhne der Viper bedeckt, da dieſelben doch ſeit mehr als dreiſſig Jahren von Mead wiederlegt find; daß ich auch die Irrthuͤmer des Meads über die Säure des Viperngifts darinn fand, welche er doch ſelbſt widerrufen hat; und endlich die Irrthuͤmer eben des Schriftſtellers über die ſalzigte Eigenſchaft die⸗ ſes Gifts, welche in Italien ſchon vor länger, als zehn Jahren wiederlegt find. *) Wenn ich mich auf der einen Seite nicht überreden konnte, daß ich mich wegen fo vieler Punkte und Fragen geirret haben follte, die ich doch ohne Vorurtheile, und mit dem Vorſatze richtig zu ſehen, unterſucht hatte; ſo war es mir auf der andern Seite un⸗ moͤglich, mir vorzuſtellen, daß gewiſſe Schriftſteller mit einer fo groffen Zuverſicht ſo vie⸗ le Dinge behaupten konnten, ohne ſich davon vorher durch gewiſſe und wiederholte Ver⸗ ſuche überzeugt zu haben. Eben fo wenig konnte ich begreifen, wie die Verfaſſer dieſer neuen Schriften unterlaſſen hatten, die Quelle der Irrthümer deutlich zu zeigen, in welche die Schriftſteller nach Mead gefallen find, die ſich bisher geſchmeichelt hatten, mit der groͤſſeſten Deutlichkeit, ſowohl durch richtige Beobachtungen, als durch gewiſſe Verſuche gezeigt zu haben, wie Redi und Mead zu Irrthuͤmern verblendet wären, Da das Publicum überzeugt iſt, daß die Wahrheiten der Naturlehre den Verſu⸗ chen und nicht einem Machtſpruche unterworfen find, fo haͤtten dieſe Herrn Verſuche ge⸗ gen Verſuche, und Beobachtungen gegen Beobachtungen anfuͤhren, und den Urſprung der Irrthuͤmer entdecken ſollen, in welche wir gerathen ſind. Allein von allem dieſem ha⸗ 7 N J 2 ben *) Darüber kann man jedoch ſich nicht verwundern, wenn man die von den neuern Schrift⸗ ſtellern allgemein angenommene Methode bedenkt. Man koͤnnte uber zwey hundert Schriftſteller anführen, die ſich einander ausgeſchrieben haben, und uns über dieſe Ma⸗ terie grobe Irrrhuͤmer ſtatt bewieſener Wahrheiten liefern. Mit Recht koͤnnte man hier ausrufen: Hoͤrt doch endlich einmal auf, Ihr neuern Papagayen, die Ihr von aͤltern Papagayen nachbetet, uns zu Beträgen, und fragt einmal die Natur. Wenn Ihr die Zeit, ſo Ihr verſchwendet, einander nachzuſchreiben, anwendet, Verſuche zu ma⸗ chen, mit was für Irrthuͤmern wuͤrdet Ihr nicht die Nachwelt verſchont, und wie viele Zeit erſpart haben!“ i i 68 ben fie nichts gethan. Sie haben ihr Anſehen die Stelle der Verſuche, und ihren Na men die Stelle der Beobachtungen vertreten laſſen. Dieſe Methode iſt ganz und gar gefaͤhrlich. Sie muß nothwendig die Irrthümer unter den Menſchen fortpflanzen, und die gelehrten Zaͤnkereyen ewig machen. Wenn wir ſehen, daß zwey Beobachter über eine Sache, über eine Erfahrung nicht mit einander uͤbereinſtimmen, welchem von beiden ſollen wir denn glauben „ wenn es zwey Beobachter find, die in gleichem Anſehen ſtehen? Wir werden in einer gaͤnzlichen Ungewißheit bleiben, und wenn wir ſie geleſen haben, weiter nichts, als einen vernünftigen Zweifel bekommen. Aber giebt es keinen Probierſtein zur Beurtheilung, welcher von bebe Beob⸗ achtern unrecht hat, und zwiſchen zwey einander widerſprechende Erfahrungen die wahre von der falſchen zu unterſcheiden ? Die Schwierigkeiten zwiſchen zwey Schriftſtellern ein Urtheil zu fällen, ſelbſt in bloſſen Erfahrungen, iſt Schuld geweſen, daß viele Irrthuͤmer und Hypotheſen lange ge⸗ dauert haben, ſelbſt nachdem ihre Unrichtigkeit bewieſen worden, und viele Wahrhei⸗ ten ſind aus der einzigen Urſache verworſen worden, weil man nicht verſtanden hat, die Verſuche zu wiederholen, welche ſie bewieſen, und zwar auf eben diejenige Art, wie ſie anfangs gemacht worden waren. Was mich anbetrift, ich glaube, daß es eine Pflicht fuͤr den Beobachter, wel⸗ cher zulezt kommt, iſt, nicht allein die vorhergehenden Verſuche, die wider ihn ſind, ge⸗ treu zu wiederhoken; fondern auch die ſeinigen ſo vorzuſtellen, daß ſie nicht den geringſten Verdacht von Ungewißheit im Kopfe des Sefers zuruͤcklaſſen. Ohne dieſe Bebingung wird er feinen Zweck verfehlen, den er ſich bey feinem Schreiben vorgeſetzt hat, nemlich daß man ihm glauben ſoll, und er verdient es auch nicht, wenn er gleich von Ohngefehr die Wahrheit geſagt haben ſollte. Es giebt drey Hauptmittel dieſen Fehler zu vermeiden, Lacher die Irrthuͤmer fortpflanzt, und uns in einem ſehr ſchaͤdlichen Zweifel erhält. Das erſte iſt, die Verſuche aufs aͤuſſerſte zu vervielfältigen. Es iſt faſt unmoͤg⸗ lich, daß man, wenn man die Verſuche ſo viel mal wiederholt, nicht die ohngefaͤhren Faͤlle finden ſollte, welche fie verändern koͤnnen, und daß das endliche Refultar fo vieler 8 nicht gewiß und beſtaͤndig werden ſollte. Das zweyte beſteht darin, daß man die Verſuche auf tauſenderley Art veraͤndere, in den Umſtaͤnden eine Veraͤnderung treffe, ſo wie die Ratur und Beſchaffenheit dieſer Verſuche es verlangen, und ihnen alle Genauigkeit und Einfachheit gebe, deren! fie fähig ſind. Dieſes zweyte Mittel ſetzt viel mehr Geſchicklichkeit und Scharfſinn bey dem Beob⸗ achter voraus, als das erſte; und es giebt wenig Beobachter, ſelbſt unter den geſchick⸗ teſten, welche ſich ruͤhmen koͤnnen, ſich deſſelben allzeit bedient zu haben. . a Das IL Jh Das dritte Mittel ift, nicht allein glücklich Verſuche anzuſtellen, welche wegen ihrer Anzahl, Abaͤnderung und Einfachheit entſcheidend ſind, ſondern auch die Quelle der Irrthümer anderer zu entdecken. Es iſt alſo ein Fehler bey denjenigen, welche zuletzt ſchreiben, wenn ſie nicht im geringſten umſtaͤndlich von ihren Verſuchen ſind, und ſuchen, ihren Vorzug und Genau⸗ igkeit in Vergleichung mit den Verſuchen anderer zu beweiſen. Und doch kommt es ihnen mehr, als allen andern zu, bis zum Urſprunge der Jerthuͤmer zuruck zu gehen, und zu zeigen, wie der erſte Beobachter ſich hat irren köͤnnen. Ohne dieſes iſt ihre ganze Arbeit ganz umſonſt, und fie verdienen ganz und gar keinen Glauben. Nach allen dieſen Betrachtungen habe ich geglaubt, daß es nicht unnütz ſeyn wurde, den Gegenſtand gegenwaͤrtigen Werks wieder vorzunehmen, und ihn fo umſtaͤnd⸗ lich und genau zu behandeln, als die Umſtaͤnde, in denen ich mich befand, es mir erlaube ten. Die Wichtigkeic des Gegenſtandes fodert es, weil die Rede von einer ſehr ſchwe⸗ ren und födtlichen Krankheit iſt, welche diejenigen in Schrecken fetzt, fo damit befallen werden, und den Familien einen groſſen Verluſt bewirkt. Da ich uͤberzeugt war, daß man das Gift der Viper nicht gut kennen lernen kann, als durch die Unterſuchung aller ſeiner Eigenſchaften, die mehr oder weniger unbekannt find; fo habe ich keine einzige derſelben uͤbergehen wollen, ohne fie der ſtrengſten und zu gleicher Zeit unpartheyiſchen Unterſuchung zu unterwerfen. Und um in dieſer Materie nichts zu verſaͤumen, habe ich von neuem die vergebliche Saͤure dieſes Gifts, und die Salze, aus denen es beſtehen ſoll, unterſucht. f 5 Ein jeder dieſes Gift betreffende Irrthum kann mit der Zeit ſchaͤdlich werden. Diejenigen Schriftſteller, welche ſich durch einen Irrthum des Meads fuͤr uͤberzeugt hiel⸗ ten, daß fie die wahre Natur dieſes Gifts kennten, find ſogleich bereit geweſen, Syſte⸗ me zu ſchmieden, um zu erklaͤren, wie es wirkt, warum, und durch was fuͤr einen Me⸗ chanismus das Thier ſo bald daran ſtirbt. Man hat darauf Heilmittel erfunden, die ſich auf die angenommene Natur des Gifts bezogen, und was noch ſeltſamer iſt, man hat fie wirkſam befunden. Man hat über die Theorie und das Mittel ein Freudengeſchrey gemacht, und gezeigt, wie die eine zum Wegweiſer gedient hat, das andere zu entde⸗ cken. Mit einem Wort, man behauptet, es ſey alles geſchehen, und daß uns nichts mehr über das Gift der Viper zu wiffen übrig bleibe. Man giebt vor, die Natur dieſes Gifts, ſeine Art auf den Thieriſchen Koͤrper zu wirken, und endlich die Heilmittel, wel⸗ che im Stande ſind, es zu bezwingen, dieſes alles ſey bekannt. Allein wir wollen dieſen Schriftſtellern mit ihren Anhaͤngern die Freude gönnen, daß fie fo vieles wiſſen, und die Natur errathen haben. Was mich anbetrift, ich glaube, daß wir noch nichts davon wiſſen, und daß dieſe Materie noch ganz neu iſt. Meine Verſuche werden es in der Fol⸗ ge dieſes Werks zeigen. N Ein groſſer Theil meiner Verſuche erfoderten es, daß mehrere Perſonen mir hal⸗ fen, und ich kann mir in dieſem Stücke br wünſchen. Denn ich kann mich ruͤhmen, 3 x unter unter andern zwey Männer von ſeltenen Verdienſten dabey gegenwaͤrtig gehabt zu haben. Der eine iſt der Hr. Doctor Troja, Mitglied der Koͤniglichen Academie zu Neapel, und Verfaſſer vortreflicher Schriften über die thieriſche Naturlehre, welcher ſich zu der Zeit in Paris befand, als ich meine Verſuche mit dem Viperngifte anſtellte“). Der andere ift Hr. Johann Sabroni aus Florenz, mein Reiſegefaͤhrte, Aufſeher bey dem Naturalien⸗ cabinet des Großherzogs von Toſcana, ein junger ſehr geſchickter und hofnungsvoller Mann. ) Ich nenne dieſe Herrn mit fo-viel gröfferm Vergnuͤgen, weil ich, indem ich ihnen dffentlich meine Dankbarkeit und Hochachtung bezeuge, meinen eigenen Verſuchen einen neuen Grad von Zuverlaͤſſigkeit gebe, a Die erſte Frage, welche ich jetzt vnternehme zu unterſuchen, iſt, ob das flüchtige Laugenſalz ein gewiſſes Mittel wider den Vipernbiß iſt, das heißt, ob das flüchtige Lau⸗ genſalz ein Thier vor dem Tode ſichert, welches ohne dieſes Mittel geſtorben ſeyn wuͤrde. Dieſe erſte Unſerſuchung ift, wie man ſieht, ſehr wichtig, und verdient mit aller moͤgli⸗ chen Aufmerkſamkeit angeſtellt zu werden. Ich habe meine Verſuche über dieſen erſten Punkt dergeſtalt vervielfaͤltigt, daß dieſes mehreren meiner Leſer unnoͤthig vorkom⸗ men wird. Aber ich weiß, was eine vorgefaßte Meinung für eine Lieblingshypotheſe und das Anſehen eines berühmten Namens vermoͤgen. Es ſcheint, als wenn der Irr⸗ chum und die Wahrheit von Seiten der Menſchen einerley Schwierigkeit und Widerſtand finden, der eine, wenn er ausgerottet, und die andere, wenn ſie angenommen werden ſoll. Man hat ein Jahrhundert lang geſtritten, ehe man das Newtonſche Syſtem ange⸗ nommen hat, und ein ganzes Jahrhundert gebraucht, das Carteſiſche zu verlaſſen. So viel iſt gewiß, daß man nur deswegen fo viele Irrthümer über die Natur des Viperngifts, und die Heilmittel dagegen, vorgetragen hat, weil man gar zu wenig beobachtet, und gar zu wenig die Verſuche verändert hat, 5 ; Mead ſelbſt ift nicht frey von dieſem Fehler geblieben, wie ich zeigen werde, wenn ich die Mittel unterſuche, ſo er wider den Vipernbiß vorgeſchlagen hat. Auch der Gebrauch des fluͤchtigen Laugenſalzes ift nur aus einer falſchen Theorie von der Natur und Beſchaffenheit des Gifts eingeführt; und man behauptet fie nur mit fo vieler Entſchloſſen⸗ beit und vorgefaßter Meinung, weil man nicht eine hinreichende Menge von Verſuchen angeſtellt hat. Aus eben der Urſache dauern noch jo viele Zaͤnkereyen über die thieriſche Naturlehre fort, welche gleich bey ihrer Entſtehung geendigt worden ſeyn würden, wenn man viel mehr die Verſuche vervielfältigt hätte, Aber das Geſchaͤfte Verſuche zu mas chen iſt langſam und beſchwerlich, dahingegen es ſehr wenig Mühe koſtet, dem Anſehen KB a & \ anderer ) Hr. Troja kam faſt alle Tage, um meine Art, Verſuche über verſchiedene Gegenflände der Phyſic anzuſtellen, in meinem Hauſe anzuſehen. . **) Hr. Sabroni war bey den Verſuchen gegenwärtig, die ich zu London und auf meiner Rückreiſe nach Toſcana machte, und hat die Gewogenheit gehabt, die Zeichnungen zu den Kupfern dieſes Werks zu machen. a 71 anderer zu folgen, Es iſt leichter Vernunftſchlͤſſe, als Verſuche zu machen; und dieſe immer langweilige und ſchwere Kunſt iſt nicht für jedermann. Andere leſer werden finden, daß die Anzahl meiner Verſuche, ſo groß ſie auch an und für ſich ſeyn mag, doch nicht fo beſchaffen iſt, daß fie hinreichte, alle die Fragen zu entſcheiden, welche ich in dieſem Werke unterſuche, uud alle die Unterſu chungen zu be⸗ ſchliefen, welche ich über das Gift der Viper anſtelle. Dieſen leztern kann ich nichts ant⸗ worten; und ich behaupte auch nicht, daß alle Schlüffe, fo ich aus meinen Erfahrungen hergeleitet habe, gewiß find, Vielleicht koͤnnte eine doppelt fo groſſe Anzahl von Verſu⸗ chen nur kaum dazu hinreichen. Diejenigen, welchen die Schwierigkeiten bekannt find, welche man antrift, wenn man mit lebendigen Thieren Verfüche anftelle, und welche wiſſen, wie ſehr die Umſtaͤnde eines Thiers, von des andern ſeinen abweichen, die im ſtrengſten Verſtande niemals eben dieſelben find, werden mit mir über dieſe Sache einer⸗ Ten Meinung ſeyn. Mau prüfe alles das, was uber die Neigbarkeik und Empfindlichkeit der thieriſchen Fiber geſchrieben iſt, fo wird man dabey eben dieſelben Mängel und eben dieſelben Schwie⸗ rigkeiten finden. Man hat freylich in wenigen Jahren eine ſehr groſſe Menge Verſuche gemacht; man hat eine unendliche Menge von Thieren der Weltweisheit oder dem gemeis nen Wohl aufgeopfert; allein es bleibt noch vieles zu wiſſen übrig, gerade aus der Urſache, daß die Anzahl von Verſucher noch nicht fo betraͤchtlich ift, als fie ſeyn ſollte. Ich muß auch geſtehen, daß es mir an Zeit und Geduld gefehlt hat, ihrer meh⸗ tere zu machen. Der Gedanke an das allgemeine Wohl kann allein machen, daß man den ſchreckkichen Anblick ertragen kann, fo viele Thiere leiden zu ſehen, welche, wie wir, ges gen den Schmerz empfindlich ſind, und fie tauſend Arten von Qualen auszuſetzen. Ich uͤberlaſſe andern, die herzhafter find, als ich, dieſen Weg weiter zu verfolgen; die Bahn iſt den Beobachtern gemacht, und ich werde mich freuen, wenn ich ſehen werde, daß ſie ſich mit Luſt an die Unterſuchung für das menſchliche Geſchleche nuͤtzlicher Wahrheiten machen. f a Zweytes Kapitel. Ob das flüchtige Laugenſalz ein gewiſſes Mittel wider den Vipernbiß fer. „Ich habe geglaube, dieſe erſte Frage auf das genaueſte unterſuchen zu muͤſſen. Ich babe die Verſuche aufs aͤuſſerſte vervielfältige, und fie mannigfältig veraͤndert. Diefe Methode allein konnte mich zur Wahrheit keiten; und ich ſchmeichele mir, meinen Leſern gar keinen Zweifel übrig zu laſſen, N | Die 72 : fen na Die Thiere, welche ich von den Vipern habe beiffen laſſen, waren von drey ver⸗ ſchiedenen Eigenſchaften. Ich bediente mich der Voͤgel, der vierfuͤſſigen Thiere mit war⸗ men Blute, und der Froͤſche, Thiere mit kaltem Blute. Unter den Vögeln gebrauchte ich faſt immer die Sperlinge, die Tauben, und die Huͤner. Unter den vierfüffigen. Thieren die Kaninchen, die Meerſchweine, die Katzen und die Hunde. i = Ein Thier kann von einer einzigen Viper und von mehrern gebiffen werden; nur ein einziges mal, oder mehrmal; an einer einzigen Stelle, oder an mehrern; alle dieſe Fälle koͤnnen eine ſehr groſſe Veränderung in der Krankheit und in den Wirkungen des Gifts hervorbringen. Ich habe fie alfo von einander unterſcheiden müfen. Thiere, ſo von einer einzigen Viper, nur einmal, und nur an einer Stelle gebiſſen wurden. e N Das Bein war beſtaͤndig derjenige Theil des Thiers, welche ich von der Viper in allen den Verſuchen fo in dieſem Kapitel enthalten find, beiſſen ließ. Unter Bein ver⸗ ſtehe ich denjenigen muf£ulöfen Theil der Pfote, welcher zwiſchen der Hüfte und der Fuß⸗ wurzel iſt. Die Leichtigkeit, die Thiere an dieſem Theile von der Viper beiſſen zu laſſen, iſt Urſache, daß ich ihm den Vorzug gegeben habe. Es iſt dabey auch noch ein anderer Vortheil, nemlich daß man leicht Arzneymittel darauf legen kann. ' 5 In den Verſuchen dieſes Kapitels, fo wie auch in den Verſuchen des folgenden, habe ich mich gar keines andern Mittels wider den Biß der Viper bedient, als des fluͤchti⸗ gen Laugenſalzes, das ich bey den Herrn Nouelle, Baume, Cadet u. ſ. w. genommen habe, und welches ein jeder Apotheker zu machen weiß. Ich habe mich auch desjenigen bedient, das ich ſelbſt verfertigte. Die Methode, es zu verfertigen, iſt ſeit langer Zeit bekannt, und ſteht in allen Apothekerbuͤchern. Ich gebrauchte dieſes Laugenſalz fo, daß ich es einnehmen ließ, und auf den Theil legte. Wenn ich den gebiſſenen Theil damit verbinden wollte, fo baͤhete ich ihn lange mit einem leinenen Lappen, der gut in das fluͤch⸗ tige Laugenſalz eingetaucht war, und endlich bedeckte ich ihn mit eben der Leinwand, da⸗ mit derſelbe noch länger feucht blieb. Ich verduͤnnte mit einer Menge Waſſer dasjeni⸗ ge, ſo ich einnehmen ließ, wie man weiter unten ſehen wird. Bey vielen Gelegenheiten erneuerte ich den Verband viele mal, und legte zu verſchiedenen Zeiten das fluͤchtige Laugen⸗ ſalz auf den Theil. Es giebt Thiere, welche eine fo kurze Zeit, nachdem fie gebiſſen wor⸗ den, leben bleiben, daß ich es überflüffig gefunden habe, das fluͤchtige Laugenſalz auf dem re Theile oft zu erneuern. Wenn ich ſchlechtweg fagen werde, daß ich ben ges iſſenen Theil, oder das Thier verbunden habe, ſo muß man darunter verſtehen, daß das fluͤchtige Laugenſalz nicht innerlich gegeben worden, und nur auf den Theil gelegt iſt. Ich ließ zwoͤlf Sperlinge ein einziges mal von eben ſo vielen Vipern an das Bein beiſſen. Ich nahm dieſe Thiere aus dem Kaͤfig eins nach dem andern ohne Wahl. Das N b erſte, — 9 — f 73 j u‘ welches gebifen wurde, wurde alſobald verbunden, das andere nicht; das dritte wurde verbunden, das vierte nicht; und fo kort mit den andern. Einem jeden hatte ich einen Faden an den Fuß gebunden , worinn Knoten waren, um fie von einander zu un⸗ terſche⸗ den. Es waren ſchon die Federn von dem Beine mit einer Scheere abgeſchnitten. Das Thier zoar kaum von der Viper gebiſſe ſſen, ſo würde es auch verbunden. Es konnten nicht mehr, als fünf ober ſechs Secunden zwiſchen dem Biſſe und der Anwendung des flüchtigen Laugenſalzes verfioſſen ſeyn. 5 Der erſte gebiſſene Sperling konnte nach Verlauf von zwey Minuten nicht mehr auf den Fuͤſſen ſtehen, und er ſtarb nach funfzeß n Minuten. Der zweyte nicht verbundene, fing nach drey Minuten an, zu wanken, und ſtarb nach fünf und dreiſſſe ig Minuten. Der dritte fiel nach ſechs Minuten auf den Bauch, und ſtarb nach acht und dreiſ⸗ ſig Minuten. Der vierte fiel nach vier Minuten um, und ſtarb nach zwanzig Minuten. Der fünfte fiel nach fünf Minuten um, und ſtarb nach ſieben und zwanzig Minuten. Der ſechste fiel nach ſieben Minuten um, und ſtarb nach dreiſſig Minuten. 0 Der ſiebente lebte noch nach Verlauf von drey Stunden, und ohne daß er fer im geringſten gelitten zu haben. Der achte fiel nach zwey Minuten um, und ſtarb nach ſieben Minuten. Der neunte ſiel nach drey Minuten um, und ſtarb nach eilf Minuten. Der zehnte fiel nach zwey Minuten um „und ſtarb nach Verlauf von funfzehn Minuten. Der eilfte fiel nach einer und ein drittel Minute um, und ſtarb nach drittehalb Minuten. n Der zwölfte fiel nach ſechs Minuten um, und ſtarb nach zwey und dreiſſig Minuten. Der ſiebente Sperling, welcher von einer Viper gebiſſen war, lebte noch nach drey Stunden, wie ich geſagt habe. Ich unterſuchte ſein Bein. Ich fand es ganz im natürlichen Zuſtande. Es war nicht misfarbig, nicht aufgeſchwollen, und ohne eine merkliche Wunde. Die Beine der andern Sperlinge ſchienen ſehr veraͤndert zu ſeyn, ſelbſt unmittelbar nachdem ſie gebiſſen waren, woraus leicht zu vermuthen war, daß die⸗ ſer Sperling von der Viper nicht verwundet ſeyn, oder daß die Viper kein Gift gehabt haben muſte. Um zu entdecken, welche von beyben Vermuthungen die wahre wäre, ließ ich von eben derſelben Viper eben daſſelbe Bein dieſes Sperlings beiſſen. Es kam ein wenig Blut aus der Wunde, und ich verband ſie alſobald. Er fiel nach zwey Minuten um, und nach vier Minuten war er todt. Dieſes beweiſet, daß die Viper zwar Gift hatte, bontana ! Band. K aber 74 8 aber das Bein nicht wirklich von den Zaͤhnen vergiftet worden war, ob ich gleich nicht daran gezweifelt hatte, und es mir vorgekommen war, als ob die Viper wie gemapulich gebifen hätte, Ich wiederholte eben den X Verſuch bey eben den Umſtäͤnden, 98 in gleicher Ord⸗ nung mit zwoͤlf andern Sperlingen. Allein den ſechs, welche ich verband, gab ich auch einige Tropfen Waſſer ein, worinn etwas fluͤchtiges Laugenſalz war, das ungefehr den hundertſten Theil deſſelben betrug. ? Die Zeit des Todes dieſer Thiere wird durch folgende Zahlen angezeigt, welche fo viele Minuten bedeuten, als nach dem Biſſe verfloffen find. Nemlich, 10. 7. 8. 9. 6. 7. 3. 7. 15. 18. 5 37. Die ſechs erſten Zahlen bedeuten die Zeiten, welche die Sperlinge gelebt haben, fo mit dem flüchtigen Laugenſalze behandelt wurden. 0 Man kann aus den vorhergehenden Verſuchen jetzt folgende Schluͤſſe machen. I. Daß die Vipern, „ beren ich mich bediente, Gift genug hatten, die Sper⸗ lige zu toͤdten. II. Daß das Gift kaum in das Bein des Thiers gebracht wird, als daſſelbe ſchon merklich anſchwellt und ſeine Farbe veraͤndert, die ein wenig blaͤulich wird. III. Daß es nicht hinreichend iſt, wenn das Gift hineindringen ſoll, daß die Viper ein Thier zwiſchen ihre Zaͤhne faſſe, das Maul zu thue, und es feft. zuſammen kneipe. IV. Daß das fluͤchtige Laugenſalz die von der Viper gebiſſenen Sperlinge nicht vor dem Tode verwahrt. V. Daß das fluͤchtige Kaugenſalz den Sperlingen innerlich gegeben, fo gar ſchaͤdlich ſeyn koͤnnte. Wenigſtens ſollte ihr geſchwinder erfolgender Tod dies vermu⸗ then laſſen. 5 Allein die Verſuche ſind noch nicht zahlreich genug, um die Folgen, die ich I berleite, gewiß zu machen; und nur bloß die Menge von Verſuchen ann es. Ich ließ zwoͤlf gleich muntere Sperlinge, wie oben an das Bein, jeden nur von einer Viper und nur ein einziges mal beiſſen. Ich verband ihrer nur ſechs mit dem fluͤchtigen Laugenſalz. Alle zwoͤlf ſtarben. Das gebiſſene Bein wurde bey allen blau, und ſchwoll mehr oder weniger auf, in weniger als zwey Minuten. Die ſechs verbundenen ſtarben in 3. 4. 6. 11. 30. 33 Minuten. Die Anden ſechs, welche nicht verbunden waren, in 4. 4.7. 11. 18. 35 Minuten. Um noch gewiſſere Reſultate zu haben, ließ ich ihrer noch vier und zwanzig beiſſen. Ich verband davon zwölf, und gab ihnen fluͤchtiges Laugenſalz ein. Alle vier und zwanzig ſtarben. Die folgenden Zahlen zeigen die Minuten an, welche die zwölf verbundenen lebten; nemlich, 2. 3. 3. 5. 5. 5. 7. 7. 10. 15. 15. 22. Die andern Zahlen, welche folgen, bedeuten die Minuten des Lebens derjenigen, bey denen ich keine Mittel gebrauchte. 4. 6. 6, 6. 7. 7. 9. 9. 9. 10. 15. 20. i 8 a Es 75 Es iſt alſo eine Wahrheit, ſo die Erfahrung beweiſt, daß das flüchtige Saugen- ſalz ganz unnuͤtz iſt, man mag es bloß auf den von der Viper gebiſſenen Theil legen, oder zu gleicher Zeit dem Thiere davon eingeben. Und man koͤnnte ſogar den Argwohn hegen, daß es ſchaͤdlich iſt, wenigſtens bey den Sperlingen. So ausgemacht es auch ſcheinen kann, daß das fluͤchtige Laugenſalz kein wirkſa⸗ mes Mittel fuͤr ein kleines Thier, wie der Sperling, iſt; ſo iſt es deswegen doch noch nicht bewieſen, daß es nicht fuͤr ein viel groͤſſeres und ein Thier einer ganz andern Art nützlich ſeyn koͤnnte. Das in den Körper eines groͤſſern Thiers gebrachte Gift muß fo betrachtet wer— den, als wenn es in geringerer Menge waͤre. Die Wirkungen deſſelben muͤſſen gewiß geringer ſeyn; es verhaͤlt ſich eben ſo mit allen Giften, die wir keinen Was ein Arze⸗ neymittel für ein groſſes oder ausgewachſenes Thier iſt, das kann ein Gift für ein kleineres oder ein junges Thier werden. Man muß alſo zu Verſuchen ſeine Zuflucht nehmen, und ſehen, was fuͤr eine Wirkung der Vipernbiß auf andere Thiere zuwege bringt. Verſuche mit den Tauben. Ich ließ eine Taube von einer Viper ans Bein beiffeo, und den Augenblick darauf 5 verband ich ſie. Nach einer Minute fiel ſie vorwaͤrts, e ſich mehr halten zu koͤnnen. Nach zwanzig Secunden mehr, ſtarb ſie. Ich ließ auf eben die Art eine andere der erſten ahnliche Taube beiſſen. Aber ich verband fie nicht. Nach Verlauf von zwey Minuten fiel fie vorwärts uber. Noch zwey Minuten darauf ſtarb ſie. Ich ließ zwey andere Tauben ans Bein beiſſen; die eine wurde verbunden, die andere nicht; die erſte fiel nach Verlauf von drey Minuten um, und ſtarb nach zwan⸗ zig Minuten. Die andere fiel nach einer Minute um, und ſtarb nach zwanzig Minuten. Zwey andere Tauben wurden ans Bein gebiſſen; die eine wurde verbunden, die andere nicht. Die erſte ſtarb nach Verlauf von vierzig Stunden, die andere nach ei ner Stunde. \ Ich ließ noch ſechs andere Tauben auf die gewöhnliche Art beiſſen. Drey wur; den verbunden, und drey nicht. Diejenigen, welche verbunden waren, ſtarben nach 6. 22. 40 Stunden. Die drey andern nach 1. 2. 10 Stunden, f Ich ließ wieder zwey andere, wie gewoͤhnlich ans Bein beiſſen. Ich verband die eine davon, die andere nicht. Die Verbundene ſtarb nach acht Minuten, die andere nach Verlauf von zwey Stunden. Die Zwiſchenzeiten, in welchen die von den Vipern gebiſſenen Tauben ſterben, find fo verſchieden, daß ſie kaum zu einer vernünftigen Vermuthung Anlaß geben koͤnnen. Es ſcheint inzwiſchen, daß man ſchon zwey Wahrheiten daraus herleiten kann. Die eine, daß das flüchtige Laugenſalz die von den Vipern gebiſſeuen Tauben nicht vor dem Tode K 2 ſichert. ſcher, Die andere, daß die Voͤgel, welche geöfer find, als die Sperlinge, unter gleichen Umſtaͤnden länger leben, oder auch daß die Tauben fpäter ſterben, als die Sperlinge. : Aber man muß die Verſuche vermehren, und die eee derſelben mit mehr Aufmerkſamkeit unter ſuchen. Ich konnte nicht wohl begreifen, wie von zwey ähnlichen Thieren, die beide nur einmal an eben demſelben Theil gebiſſen waren, das eine ni, zwey Minuten, und b das andere erſt nach vierzig Stunden ſtarb. i A Ich hatte auch ſo etwas bey den Sperlingen wahrgenommen; und dieſes be⸗ ſtimmte mich endlich, eine fehr große Menge Sperlinge und Tauben beiffen zu laſſen. Ich wellte keins davon verbinden. Aber dafuͤr bemerkte ich mir fleißig alle Nebenumſtaͤnde, welche dieſe Verſuche begleiteten. Ich will fie hier nicht umſtaͤndlich erzählen, weil ihre Anzahl gar zu groß war. Es wird mir hinreichend ſeyn, folgende Wahrheiten daraus herzuleiten. I. Daß unter gleichen Umſtaͤnden eine größere Viper eine ſchwerere Krankheit hervorbringt, und in wenigerer Zeit toͤdtet. II. Daß die Krankheit auch heftiger wird, in dem Verhaͤltniß, wie die Viper mehr gereitzt iſt. III. Daß fie auch zunimmt, nach dem Verhaͤltniß der Zeit, da die Viper das Thier, welches fie gebiſſen hat, zwiſchen den Zähnen feſthaͤlt. IV. Daß die Krankheit des gebiſſenen Theils bey denjenigen Thieren, welche ſpaͤter ſterben⸗ größer zu ſeyn ſcheint. V. Daß bey einigen Thieren aus der Wunde „ ſobald als fie gebiſſen find, ein KB und misfarbiges Blut fließt. VI. Bey andern hingegen daſſelbe roth iſt, und dieſe Farbe auch behält, VII. Daß diejenigen Thiere, ben welchen dieſes rothe Blut aus der Wunde fließt, ſpaͤter ſterben, als diejenigen, die ein ſchwarzes und mißfarbiges Blut verlieren. VIII. Daß zuweilen nebſt dem Blute auch das Gift herausfließt, welches feine Farbe und Eigenſchaften behaͤlt. In dieſem Falle ſtirbt das Thier nicht allein nicht im⸗ mer, oder es ſtirbt viel ſpaͤter; ſondern es ſcheint auch zuweilen nicht einmal das geringſte Uebel darnach zu ſpuͤren. Dieſe Reſultate, welche die Frucht einer unendlichen Menge von Verſuchen, die auß alle mögliche Arten verändert wurden, und einer ſtrengen Unterſuchung aller Umſtaͤnde - find, fo dieſelben begleiteten, find eben fo viele Grundſaͤtze, welche erklaͤren, wie von zwey an eben der Stelle gebiffenen Thieren, das eine plötzlich, und das andere gar nicht, oder erſt ſehr ſpaͤt ſtirbt. Es giebt noch eine andere Urſache, die ich ſeitdem entdeckt habe, und welche die Wirkungen, ſo man an den gebiſſenen Thieren wahrnimmt, um vieles veraͤndern kann. Dieſe Urſache kommt von der Viper ſelbſt her. Es iſt mir, wiewohl ſelten, begegnet Vipern zu finden, welche in beyden Bläsgen gar kein Gift hatten, und Sa ſolche, bey denen nur in einer derſelben Gift vorhanden war, A" 08 - Was mich zuerſt auf den Verdacht brachte, daß nicht immer Gift in den Blaͤs⸗ Zen wäre, war dieſes, daß ich ſahe, ich mochte eine Taube von einer gewiſſen Viper meh⸗ ere mal beiſſen laſſen, ſo viel ich wollte, daß ſie nicht allein davon nicht ſtarb; ſondern auch nicht das geringſte Zeichen von Krankheit ſehen ließ; ungeachtet doch die Hundszaͤhne der Viper das Fleiſch des Thiers an verſchiedenen Stellen durchſtochen hatten. | Da ich Gelegenheit hatte, unterdeſſen daß ich mit dieſen Verſuchen beſchaͤftigt war, einer großen Menge Vipern die Koͤpfe abzuſchneiden, und ihr Gift zu unterſuchen; fo fand ich unter etwa zwey hundert ihrer zwey, welche ganz ohne Gift waren, und fünf, welche ſtatt des Gifts in ihren Bläsgen eine Art weiſſer, klebrichter, und undurchſichtiger Materie hatten. In zwey dieſer letztern fand ich, daß dieſe weiſſe Materie ganz unſchul⸗ Dig war. Aber bey den beyden andern behielt fie noch, wenigſtens zum Theil, die giftige Beſchaffenheit, wovon ich mich überzeugte, daburch daß ich es in kleiner Menge in die Beine der Tauben brachte, die ohne Schaden gebiſſen worden waren, und welche nach wenig Minuten ſtarben. 5 Es iſt alſo eine andere richtige Erfahrung, daß ſich zuweilen Vipern ganz ohne Gift finden, und etwas öfter in ihren Blaͤsgen eine weißlichte Materie vorhanden iſt, die nicht immer giftig iſt. Jedoch ſend dieſe Faͤlle immer ſehr ſelten, und man findet fie nicht, als wenn man mit einer ſehr großen Menge von Vipern umgeht. Und daraus folgt, daß es doch noch im Ganzen genommen wahr bleibt, daß alle Vipern ihre Blaͤsgen mit Gift angefüllt haben, und daß dieſe Feuchtigkeit Krankheiten und ſelbſt den Tod verurſacht. 4 f Ich habe viel einförmigere Erfolge erhalten, wenn ich das Gift in den Körper des Thiers brachte, anſtatt es von der Viper beiſſen zu laſſen. Dazu habe ich mich fol⸗ gender Methode bedient. Ich ſchneide den Kopf der Viper mit einer Scheere ab. Ich laſſe ihn eine Viertelſtunde oder laͤnger ſtill liegen. Darauf oͤfne ich das Maul, und loͤſe mit einer andern Scheere die untere Kinnlade ab. Darauf ſchneide ich mit einem ſtarken Meſſer den obern Theil des Kopfs gerade durch. Ein jeder dieſer beyden Theile hat ſeine Hundszaͤhne und fein Giftblaͤsgen. Mit etwas Geſchicklichkeit und Herzhaftigkeit, die man durch die Gewohnheit bekommt, iſt es leicht, in die Haut eines Thiers den Zahn der Viper zu ſtecken, über welchem man einen Druck mit dem Zeigefinger anbringt, unter- deſſen daß man das Bläsgen mit dem Daumen druckt. Man kann mehr oder weniger Gift hineinbringen, indem man das Blaͤsgen mehr oder weniger druckt. Man kann die Wunde machen, wo man will, und endlich verhindern, daß das Gift nicht wieder heraus⸗ flieſſe, wenn man den Zahn lange in der Wunde läßt, Eine große Menge auf ſolche Weiſe gemachter Verſuche haben mir gezeigt, daß die Sperlinge zwiſchen fünf und acht Minuten ſterben, und die Tauben zwiſchen acht und zwölf Minuten. Es giebt ihrer we⸗ nige, welche fruͤher oder ſpaͤter ſterben; woraus folgt, daß nach dieſer Methode die Zeiten ihrer Krankheit gleichfoͤrmiger und kürzer ſind. 8 K 3 5 Ich — 0 . + 78 Ich ließ auf die gewohnliche Art zwölf Tauben eine nach der andern von eben fo viel Vipern beiſſen, und behandelte fie alle mit dem flüchtigen Laugenſalze. Sie ſtarben alle. Die Zahlen 4. 10. 16. 32 druͤcken in Minuten die Zeiten aus, inf welchen der Tod von vier dieſer Tauben erfolgte, und die Zahlen 2. 4. 9. 15. 19. 22. 25. 36 in Stunden, die Zeiten des Todes der andern. \ es Dieſe neuen Verſuche laſſen keinen Zweifel uber die Unwirkſamkeit des flüchtigen Laugenſalzes wider das Gift der Viper zuruͤck. FRI RR 3 Um mich noch mehr davon zu überzeugen, ließ ich vier und zwanzig andere Tauben von einer einzigen Viper, jede nur ein einziges mal an das Bein beiſſen. Ich verband ſie alle, aber es ſtarben nur zwey und zwanzig davon; die Zeiten ihres Todes werden in Mi⸗ nuten durch die Zahlen 4. 4. 6. 6. 7. 8. 8. 10, 12. 14. 14. 20. 50. 50, 56. und in Stunden durch die Zahlen 1. I. 2. 4. 7. 10. 18. 26. 30. ausgedruckt. Zwey dieſer Tauben, welche wie die andern gebiffen worden waren, ſchienen nichts gelitten zu haben, und fie liefen in dem Zimmer herum, als wenn fie ganz geſund wären. Nach Verlauf von zwey Stunden wollte ich unterſuchen, in welchem Zuſtande ſich die gebiſſenen Beine befaͤnden, und ich ſahe nicht das geringſte Kennzeichen von Krankheit daran. Es war weder Geſchwulſt noch blaͤuliche Farbe daran zu ſehen. An dem einen der gebiſſenen Beine befand ſich nur ein kleines Loch; und ein kleiner rother Fleck von Blut an der Stelle, wo der Zahn hineingedrungen war. Weil gar kein Zeichen von Krankheit daran zu ſehen war, ſo konnte man leicht merken, daß das Gift nicht in das Bein gedrun⸗ gen, oder wenn dies geſchehen, wieder herausgefloffen war, fo daß das Thier nichts davon gelitten hatte. Nach zehn andern Stunden ließ ich ſie ein einziges mal an das Bein von zwey Vipern beiſſen, die ſchon gebiſſen hatten. Nach drey Minuten ſtellten ſich Zeichen von der Krankheit ein; und die eine ſtarb nach einer Stunde, und die andere nach zwey Stunden. Ich war mit dieſen Verſuchen noch nicht zufrieden; ich ließ noch zwoͤlf andere Tauben auf die gewöhnliche Art beiſſen; ich verband ſie alſobald, und gab ihnen fluͤchti⸗ ges Laugenſalz ein. Sie ſtarben alle zwoͤlf, nach 4. 4. 7. 10. 10. 10. 15. 18. 20 Mi⸗ nuten, und 2. 3. 3 Stunden. So wahr es auf der einen Seite iſt, daß das fluͤchtige Laugenſalz unnuͤtz iſt, die von der Viper gebiſſenen Tauben zu heilen, eben ſo unausgemacht bleibt es noch auf der andern Seite, ob es auſſerdem noch ſchaͤdlich iſt, oder nicht. i Die Zeiten, da dieſe Thiere ſterben, ſind ſo verſchieden, daß es nicht moͤglich iſt, daraus gewiſſe Folgen herzuleiten. x Verſuche Verſuche mit den Huͤhnern. Es iſt nicht genug, den Unnutzen des flüchtigen Laugenſalzes, wenn es bey den Tauben angewandt wird, bewieſen zu haben, um daraus ſchon ſchlieſſen zu koͤnnen, daß es auch andern größern und ſchwerer zu toͤdtenden Thieren unnütz ſey. Das flüchtige Laugenſalz konnte Zeit haben, wider den Biß der Viper zu wirken, wenn die Krankheit nicht ſo heftig iſt, und das Thier ein haͤrteres Leben hat. Es giebt ſolche Mittel, welche zwar wirkſam ſind, aber eine gewiſſe Zeit zu wirken erfordern; und es ſind nur wenige, die nicht in dieſem Falle waͤren. Ich ließ ein Huhn am Beine von einer Viper nur ein einziges mal beiſſen, und verband es alſobald. Nach Verlauf von ſechs Stunden ſtarb es. Ich ließ darauf ein anderes auch nur einmal von einer Viper beiſſen, und verband es nicht. Dieſes ſtarb nach acht Stunden. Ich ließ zwey andere Hühner ans Bein, wie gewohnlich und nur ein einziges mal beiſſen. Das eine wurde verbunden, das andere nicht. Das erſte bort nach vier Stun⸗ den, das andere nach zehn Stunden. Ich ließ noch ſechs andere, wie oben, jedes am Beine, einmal von einer einzigen Viper beiſſen. Die drey erſten wurden mit dem fluͤchtigen Laugenſalze behandelt und ſtarben, das eine nach ſechs, das andere nach acht, und das dritte nach neun Stunden, Die drey andern wurden nicht verbunden, und ſtarben nach 7. 9. und 20 Stunden. Obgleich die bis jetzt mit den Huͤhnern angeſtellten Verſuche noch nicht zahlreich genug find, daß man daraus gewiſſe Folgen ziehen koͤnnte, fo ſcheint es doch, daß ſich daraus mit vieler Wahrſcheinlichkeit folgendes herleiten laſſe. I. Daß die von einer einzigen Viper, nur einmal an das Bein bie Huͤh⸗ ner ſehr wohl ſterben koͤnnen. II. Daß ſie im Ganzen genommen viel ſpaͤter ſterben, als die Tauben und Sper⸗ linge, welche letztere noch eher, als die Tauben ſterben. III. Daß die Vögel dem Tode um ſo viel mehr widerſtehen, je größer fie find. IV. Daß das fluͤchtige Laugenſalz nicht nur unnuͤtz iſt, die von der Viper ai nen Hühner zu heilen, ſondern ihnen vielleicht gar ſchaͤdlich iſt. Allein es iſt noͤthig, daß man die Verſuche noch me dr vervielfältige, und ſehe, 6 die Folgen, a wir eben daraus hergeleitet haben, gegruͤndet ſind, oder nicht. a | 13 3 Ich 30 ——— Ich ließ alſo ſechs Hühner beſondees von ſechs Vipeyn ein einziges mal und an eben daſſelbe Bein beiſſen. Ich verband fir alle ſechs, und wiederholte alle zwey Stunden das ftuͤchtige Laugenſalz auf dem gebiſſenen Theile. Zis ey farben in Zeit von vier Stun den, eins in fünf Stunden, zwey in ſechs, und eins nach Verlauf von zehn Stunden. Einen Augenblick nachher ließ ich ſechs andere Hühner von eben fo vielen Vipern einmal ans Bein beiſſen, und verband keins davon. Zwey ſtarben in zwey Stunden, drey nach zehn, und eins nach zwoͤlf Stunden. = 5 Es wurden noch zwölf andere Hühner ven eben ſo viel Vipern ein einziges mal ans Bein gebiſſen. Ich verband ſechs davon, und gab ihnen flüchtiges Laugenſalz ein. Die andern ſechs bekamen keine Arzney. Von den ſechs verbundenen ſtarben fünf, und das ſechste hatte kaum einige Zeichen von einer Krankheit. Sein Bein ſchwoll nicht auf, und wurde auf keine Weiſe blaͤulich. Es war nur ein Loch in der Haut, welches roth und ſehr entzuͤndet war. Die fuͤnf, von denen ich eben ſagte, daß fie geſtorben find, ſtarben nach 3. 4. 6. 7. 10 Stunden. Die ſechs andern ſtarben nach 6. 10. 17, 22. 36. 36 Stunden, a BR Wenn die Verſuche, welche ich bis hieher erzaͤhlt habe, zahlreicher waͤren, ſo waͤre nicht nur der völlige Unnutzen des flüchtigen Laugenſalzes wider den Vipernbiß bewieſen; ſondern man koͤnnte ſogar an feiner Unſchaͤdlichkeit, wenigſtens fuͤr dieſe Art Thiere zweifeln. 5 f f Das verbundene Huhn, welches nicht ſtarb, beweiſet nichts zum Beſten des flüchtigen Laugenſalzes, wie man in der Folge dieſes Werks ſehen wird. Es iſt dies einer von ſolchen Faͤllen, als wir oben bey den Tauben und Sperlingen bemerkt haben, bey welchen das Gift dem gebiſſenen Theile nicht mitgetheilt war, obgleich der Hunds zahn eine Oefnung darinn zurlickgelaſſen hatte; da die Viper entweder kein Gift hatte, oder das Gift wieder aus der Wunde gefloſſen war. In dem einen Falle fo wenig, als in dem andern findet man das geringſte für das fluͤchtige Laugenſalz. = Nachdem ich mich von dem Unnutzen des flüchtigen Laugenſalzes für die drey Ars ten von Voͤgeln uͤberzeugt hatte, welche ich meinen Verſuchen unterworfen habe, fo glaubte ich, es wäre Zeit, eben dieſelben Verſuche mit den vierfüßigen Thieren anzufiellen. Verſuche mit den Meerſchweinen. Ich ließ ein großes Meerſchwein von einer einzigen Viper, ein einziges mal an das Bein beiſſen, und verband es alſobald. Das Bein ſchwoll wenig Zeit darauf an, und wurde blau. Nach ſechszehn Stunden entſtand eine Wunde einen Zoll breit an der Stelle, wo es gebiſſen und verbunden war. Nach zwanzig Stunden ſahe man die Haut an dieſer Stelle ganz zerſtoͤrt. Dieſe Wunde blieb länger als zwanzig Tage offen, und während dieſer ganzen Zeit bediente ſich das Thier feines Beins nur mit Mühe. Pe ; 2 He 81 Pfote war ſehr zuſammengezogen, und die Muskeln ſehr angegriffen; endlich wurde das Thier geheilt; aber fein Bein blieb zum Theil zuſammengezogen, und es konnte daſſelbe nicht fo gut bewegen, als das andere. Ein anderes faſt eben ſo großes Meerſchwein, als das erſte, wurde ebenfalls von einer Viper ein einziges mal an das Bein gebiſſen. Es wurde nicht verbunden, und ſtarb nach zwey Tagen. | Ich ließ, wie oben, vier andere beiffen, welche aber kaum ein Drittel fo groß wa⸗ ren, als die erſten. Ich verband fie alle vier, und gab ihnen flüchtiges Laugenſalz ein. Sie ſtarben alle. Das eine nach zwey Stunden, das andere in drey, das dritte in ſechs, und das vierte in zwanzig Stunden und Darüber, f . Um einen Verſuch zu haben, mit dem ich den vorigen vergleichen konnte, ließ ich vier andere Meerſchweine, ſo den vorhergehenden vollkommen aͤhnlich waren, beiſſen, und verband keins davon. Sie ſtarben alle vier; das eine in ſieben, ein anderes in zehn, das dritte nach dreißig und das letzte nach ein und dreißig Stunden. a g Es ſcheint, baß man ſchon aus dieſen Verſuchen einige Folgen ziehen kann, die, wo nicht gewiß, doch wenigſtens ſehr wahrſcheinlich find, ü i J. Daß der Vipernbiß für die Meerſchweine, ſelbſt bie groͤßeſten, koͤdlich ſeyn kann. 8 II. Daß die kleinſten Thiere eben dieſer Art eher ſterben, als die größern. III. Daß das flüchtige Laugenſalz kein gewiſſes Mittel wider das Viperngift iſt. Man wird mir einwenden, daß das erſte gebiſſene und verbundene Meerſchwein end⸗ lich geheilt worden iſt, und alle andere, ſo nicht verbunden wurden, geſtorben ſind. Die Sache verhaͤlt ſich ſo; aber ſie beweiſet nichts, weil es mehrere Umſtaͤnde giebt, welche den Biß der Viper unſchaͤdlich machen koͤnnen, wie man weiter oben geſehen hat. Und auf der andern Selte iſt es auch wahr, daß die fünf andern Meerſchweine alle geſtorben ſind, ob ſie gleich verbunden wurden. Und wenn man Achtung darauf geben will, daß die fünf verbundenen in einer viel kuͤrzern Zeit geſtorben find, ob fie gleich verbunden wur⸗ den. Und wenn man Achtung darauf geben will, daß die fuͤnf verbundenen in einer viel kuͤrzern Zeit geſtorben ſind, als die ſechs, welche nicht verbunden wurden, ſo wird man den Verdacht hegen Sonnen, daß das fluͤchtige Laugenſalz noch mehr als unnuͤtz, daß es ſchaͤdlich geweſen iſt. ö Um allen Zweifel zu heben, ließ ich zwoͤlf gleich große Meerſchweine beiſſen, ſo den acht vorhergehenden ganz aͤhnlich waren. Sechs wurden verbunden, ſechs nicht. Fontana 1. B. 4 Das 92 5 ? B Das erſte, welches ich beiſſen ließ, war eben dasjenige, von dem ich ſchon ein we⸗ nig weiter oben geredet habe, und welches, weit gefehlt an dem Biſſe zu ſterben, nichk einmal krank geweſen war. Dieſes ſtarb jetzt nach Verlauf von dreißig Stunden, ob es gleich verbunden war. Die funf andern, fo auch verbunden wurden, bekamen die Krank⸗ heit, welche das Viperngift verurſacht, aber es ſtarben nur drey davon. Zwey in weniger als zwanzig Stunden, das dritte nach ſieben und zwanzig Stunden. Die beyden, welche nicht ſtarben, hatten em Beine, wo fie gebiſſen worden waren, eine große Wunde, welche länger als zehn Tage offen blieb. Von den ſechs, die nicht verbunden wurden, ſtarben nur zwey in weniger, als ſechszehn Stunden. Drey andere hatten tiefe Wunden, welche ſieben Tage offen blieben, und darauf wurden ſie wieder geheilt. Das ſechste hatte nicht den geringſten Zufall der Krankheit, und ich fand an ſeinem Beine gar kein Zeichen, daß der Zahn der Viper hinein gedrungen waͤre. N Alle bisher erzählten Fälle ſcheinen gar keinen Zweifel uͤber den Unnutzen des flüchtigen Laugenſalzes auch. fr dieſe Thiere uͤbrig zu laſſen, und widerlegen den Verdacht nicht, daß es ihnen ſogar ſchaͤdlich ſeyn konnte. 3 N Man ficht ferner, daß die kleinern und jüngern Meerſchweine leichter ſterben, als die groͤßern. f Ich ließ zwölf ſehr kleine beiſſen, welche jedes kaum fünf Unzen wogen. Sechs wurden verbunden, ſechs nicht. Sie ſtarben alle. Diejenigen, welche verbunden wur⸗ den, ſtarben in 30. 40. 90 Minuten, 1.2. und 3 Stunden. Diejenigen, die nicht ver⸗ bunden wurden, ſtarben in 57 Minuten, 2. 3. 4. 4 Stunden. a Ich ließ darauf ſechs Meerſchweine beiſſen; drey der groͤßeſten wurden verbunden, die drei andern nicht. Ein einziges von denen, die verbunden wurden, ſtarb; und es ſtarb gar keins von denen, die nicht verbunden waren. Sie hatten jedoch die einen ſowohl als die andern eine ſchwere Krankheit; aber die verbundenen waren die letzten, welche ges fund wurden. a Verſuche mit den Kaninchen. Es blieb mir uͤbrig, eben dieſelben Verſuche an den Kaninehen zu machen, um den Plan zu befolgen, den ich mir vorgeſetzt hatte⸗ ö f FR, In dieſer Abſicht ließ ich von einer einzigen Viper ein groſſes Kaninchen nur ein⸗ mal an das Bein beiſſen. Ich verband es olſobald mit dem flüchtigen Laugenſalze, ich gab ihm auch davon etwas mit Waſſer verdünnt em. Nach Verlauf einer Stunde wie⸗ derholte ich den Verband und den Trank. Es ſtarb nach drey Stunden, mit ſehr unbe⸗ deutenden Zeichen von Krankheit an dem Beine, f 30 or N 83 Ich ſieß zu' gleicher Zeit ein anderes dem erſtern vollkommen ähnliches beiſſen; es wurde auf eben die Weiſe von einer einzigen Viper, nur einmal an das Bein gebiſſen. Es bekam eine unbedeutende Krankheit; das Bein ſchwoll kaum ein wenig auf. Nach dreißig Stunden war auf der gebiſſenen Haut eine zwey Linien breite und ſehr tiefe Wunde. Noch fünf Tage nachher war das Thier vollkommen geheilt. N Nur zwey Verſuche koͤnnen gar kein gewiſſes Reſultat geben. Ich folgte alſo meiner gewoͤhnlichen Methode. 2 5 Ich ließ zwoͤlf Kaninchen von mittelmaͤßiger Große von eben fo viel Vipern eine mal ans Bein beiſſen. Sechs wurden verbunden, ſechs nicht. Es ſtarben nur zwey von den verbundenen, und ihrer drey von denen, die nicht verbunden waren. Zwey von den vier verbundenen, welche nicht ſtarben, waren kaum krank. Die Beine ſchwellen wenig auf, und zeigten ſich nicht blaͤulich. Die beyden andern bekamen eine ſchwere Krankheit, und große Wunden, welche erſt nach vier Tagen heilten. Die beyden, welche ſtarben, lebten das eine nur zwey, und das andere nur fuͤnf Stunden. Die ſechs, welche nicht verbunden wurden, bekamen alle eine heftige Krankheit und große Wunden. Ihre Beine ſchwollen ſehr auf und wurden ſehr misfarbig. Drey ſtarben nach 14. 22 und 47 Stun⸗ den. Die drey andern wurden erſt nach ſieben Tagen geſund. 5 8 Es iſt eine beſtaͤndige Bemerkung, daß, wenn ein von der Viper gebiſſenes Thier in kurzer Zeit ſtirbt, der gebiſſene Theil um ſo viel weniger veraͤndert, weniger aufge⸗ ſchwollen, und weniger misfarbig wird. Dieſe Veraͤnderung, welche an dem Orte vor⸗ geht, wo das Gift hineingedrungen iſt, nenne ich die aͤuſſerliche Krankheit, um ſie von einer andern zu unterſcheiben, einer viel ſchwerern und gefaͤhrlichern Krankheit, welche ganz innerlich iſt, und gewiſſer den Tod des Thiers nach ſich zieht. Ich werde von dieſer letztern weitlaͤuftiger im vierten Kapitel dieſes zweyten Theils reden, wo ich mich bemühen werde, von dieſer Erſcheinung Grund anzugeben. Die wenigen bisher mit den Kaninchen angeſtellten Verſuche koͤnnen ſchon den den Verdacht erregen, daß das fluͤchtige Laugenſalz unwirkſam iſt, und man konnte gar ge⸗ neigt ſeyn, es fuͤr ſchaͤdlich zu halten. Unterdeſſen iſt es gewiß, daß die Kaninchen von mittelmaͤßiger Größe oft dem Gifte der Viper widerſtehen. f Ich wollte verſuchen, was für Wirkungen die Vipern auf viel kleinere Kaninchen hervorbringen. Ich ließ in dieſer Abſicht ihrer zwölf auf die gewohnliche Art beiſſen. Ich verband ſechs davon, und die fechs andern nicht. Alle zwölf ſtarben. Die verbun⸗ denen ſtarben nach 2. 3. 4. 6. 8. 9 Stunden. Diejenigen, welche nicht verbunden wur⸗ den, nach 3. 5. 7. 9. 12. 13 Stunden. ö Ich wiederholte dieſe Verſuche noch an zwoͤlf andern kleinen den vorgehenden ähnlichen Kaninchen. Ich verband ſechs davon, und gab ihnen alle Stunden etwas fluͤchtiges Laugenſalz ein. Die andern verband ich nicht. Sie ſtarben alle; die verbun⸗ denen nach 1. 1. 2. 2. 5. 17 Stunden; die u nach 1. 3. 3, 10, 16, 16 8 | 25 5 2 ieſe 84 Dieſe neuen Verſuche zeigen ſchon deutlich die geringe ifanfeit des flüchtigen Laugenſalzes wider den Vipernbiß bey den anne und koͤnnen ſogar auf den Gedan⸗ ken bringen, daß es vielmehr ſchaͤdlich ift, Man ſieht hier noch, daß die kleinern Kaninchen an dem Vipernbiſſe a, man mag fie verbinden, oder nicht; und daß fie nicht i immer, und nicht alle ſterben, wenn Fe groͤſſer find. Ich ließ daher ſechs der groͤſſeſten Kaninchen von einer einzigen Viper, ein ein zi⸗ ges mal am Beine beiſſen. Drey wurden verbunden, und nahmen flüchtiges Laugenſalz ein. Zwey ſtarben nach zwanzig Stunden, und das britte bekam eine ſchwere Krankheit, and eine große Wunde, die drey und zwanzig Tage offen blieb. Von denen, die nicht derbunden wurden, ſtarb eins nach vier und dreißig Stunden, und die beyden andern wurden krank, aber in weniger als zehn Tagen wieder geheilt. Ich wiederholte eben dieſen Verſuch mit ſechs andern groſſen e Von den drey, die verbunden wurden, ſtarb eins; auch ſtarb eins von benen, die nicht verbun⸗ den wurden. Die beyden, welche von letztern am Leben blieben, waren ſchon zehn Tage nachher geheilt; und die verbundenen wurden erſt nach achtzehn Tagen gefund- Es ſcheint, daß man nicht mehr an dem Unnutzen des flüchtigen Laugenſalzes für dieſe Thiere zweifeln kann. Ja es ſcheint ſogar, daß es die Krankheit me und hefti⸗ ger macht, anſtatt ſie gelinder zu machen. Run bleibe mir noch übrig, die Wirkungen des Vipernbiſſes auf die Katzen und Hunde zu verſuchen. Die Anzahl meiner Verſuche mit dieſen beiden Arten von Thieren iſt viel geringer, als die Anzahl der andern. Die Schwierigkeit, ſich dergleichen zu ver⸗ ſchaffen, die Gefahr, der man ſich bey Behandlung derſelben ausſetzt, und noch mehr, die Unbeguemlichkeit, fie während der ganzen Zeit der Krankheit zu verwahren, und das Unangenehme, welches man empfindet ſie leiden zu ſehen, ſind Urſache geweſen, daß ich in dieſem Stücke weniger gethan habe, als die Materie vielleicht zu erfordern ſcheint. Verſuche mit den Katzen. Ich ſieß zwey ſehr kleine Katzen nur einmal an das Bein, wie gewoͤhnlich beiſen⸗ Die eine verband ich, die andere nicht. Die letzte ſtarb nach Verlauf von ſechszehn Stunden. Die verbundene bekam eine ſchwere Krankheit, und eine Wunde am Beine, die fünf Tage offen blieb: allein fie ſtarb nicht. ö Man brachte mir drey ſehr junge und noch kleinere Katzen, als die beyden vorher⸗ gehenden. Ich ließ ſie wie gewohnlich ans Bein beiſſen. Ich verband die eine, und gab ihr das flüchtige Laugenſatz ein. Um die beyden andern bekümmerte 10 mich nicht. Sie Fauben alle drey in weniger, als ſechs . . a P} Dieſe Verſuche 10 weber übereinſnmmend, noch zahlreich genug, als daß man gewiſſe Folgen daraus ziehen konnte. Man ſieht im ganzen, daß die kleinern Thiere, ſelbſt die Katzen leichter ſterben, als die groſſen; und daß auch von denen welche ſterben, die verbunden ſind, und vom flüchtigen Laugenſalze eingenommen haben, Ich ließ zwey 1 75 junge, aber gröffere Katzen beiſſen, als diejenigen, Deren ich mich bis jetze bedient hatte. Sie wurden wie gewöhnlich von einer einzigen Viper, nur einmal gebiſſen. Die eine wurde verbunden, die andere nicht. Es ſtarb keine davon, und ihre Krankheit war nicht ſehr heftig. Sie hatten keine Wunde, und nach Verlauf von vier und zwanzig Stunden fraſſen fie ſehr gut, Das Bein war inzwiſchen noch nicht ſehr frey in ſeiner Bewegung. Ich gab der verbundenen Katze kein flüchtiges Laugen ſalz ein, wegen der Schwierigkeit damit zu Stande zu kommen, wenn fie ein wenig groß find. Dieſes Thier geraͤth in eine aͤuſſerſt beftige Wut, und es iſt ſehr ſchwer, wenigßzens nicht ohne Gefahr, es zu regieren. Ich ließ zwey andere den vorhergehenden gleiche Katzen beiſſer, und verband gar keine davon. Sie wurden von einer einzigen Viper, nur einmal ans Bein gebiſſen. Sie wurden beyde geſund, und haffen keine merkliche Wunden. Es iſt zwar wahr, daß fie nicht eher anfingen, ſich des Beins ein wenig zu bedienen, als nach zwanzig Stunden, und nach Verlauf von drey Tagen ſchienen fie vollkommen geheilt zu ſeyn. N Zwey andere viel gröffere Katzen wurden ebenfalls ans Bein gebiſſen⸗ Es wurde keine verbunden, and keine ſtarb. Nach ſechszehn Stunden fraßen ſte ein wenig, und bedienten ſich ſchon ihrer Beine, wiewohl noch nicht ſehr gut. Nach Verlauf von dreißig Stunden ſchienen fie vollkommen geſund zu ſeyn. Die Katze if kaum von der Viper gebiffen: worden, ſo bedient fie fich ſchon des gebiſſenen Beins nicht mehr. Sie bleibt um ſo viel laͤngere Zeit liegen, je ſchwerer die Krankheit iſt. Sie frißt und ſaͤuft nicht eher, als bis die Krankheit l und als⸗ dann wird fie gewiß geſund. Verſuche mit den Hunden. Es bleibt mir nichts mehr uͤbrig, als an den Hunden den Biß der Viper und das flächtige Laugenſalz zu 5 welches ſich bei den Katzen nicht heilſam bewies. Der Hund hat viele Aehnlichkeit mit dem Menſchen ſelbſt, und unter allen Thieren iſt er das⸗ jenige, das am meiſten der Leidenſchaften fähig iſt. Er it es gewiß mehr, als die Katze, und die übrigen Thiere, die ich bis jetzt von den Vipern habe beiſſen laſſen. Man hat fie von jeder Groͤſſe, und man kann fie fo groß haben, daß fie in dieſem Betracht nich# viel von een Menſchen aer air | 43 | Die Die Wirkungen des Vipernbiſſes auf die Hunde können uns groſſes licht geben von den Wirkungen des Vipernbiſſes auf den Menſchen ſelbſt zu urtheilen. 22 Ich ließ zwey Hunde von mittelmaͤßiger Groͤſſe ein einzigesmal ans Bein beiſſen. Ich verband den einen davon alle zwey Stunden, und gab ihm eben ſo oft fluͤchtiges Laugenſalz ein. Es ſtarb weder der eine, noch der andere, obgleich beyden das Bein auf⸗ geſchwollen war. Derjenige, welcher nicht verbunden war, hatte gar keine Wunde, und wurde nach vier Tagen geſund Der andere, den ich verband, hatte eine groſſe Wunde, und wurde nicht eher geheilt, als nach Verlauf von zehn Tagen. Ich ließ zwey andere viel kleinere Hunde beiſſen. Der eine wurde verbunden, der andere nicht. Sie ſtarben alle beyde in weniger als drey Stunden. Die Beine waren ein wenig aufgeſchwollen und blaͤulich. £ Man brachte mir zwey groſſe Hunde, und ich ſtellte mir vor, daß ſie nicht ſterben würden, wenn ich fie gleich nicht verbaͤnde. Ich ließ fie alſo wie gewöhnlich ein einziges⸗ mal an das Bein beiſſen. Der eine bekam kaum eine merkliche Krankheit, der andere hatte keine ſichtbare Wunde, aber ſein Bein ſchwoll ſehr auf, und er wurde nicht eher als nach ſechs Tagen gefund. f a 3 Ich ließ zwey andere groſſe Hunde von einer einzigen Viper einmal ans Bein, wie oben beiſſen. Ich verband ſie niche. Der eine genas nach zwey, der andere nach ſechs Tagen, 1 Man kann aus den bisher an den Hunden gemachten Ver ſuchen herleiten J. Daß die kleinſten gemeiniglich alle am Vipernbiſſe ſterben. II. Daß von den gröffeften insgemein keiner ſtirbt. III. Daß von den Hunden mittlerer Gröffe einige davon kommen, und einige ſterben. IV. Daß das flüchtige Laugenſalz weder ein gewiſſes, noch ein nuͤtzliches Mittel wider den Vipernbiß iſt. i Verſuche mit den Fröschen. Ich hatte noch die Wirkungen des Viperngifts auf die Froͤſche zu unterſuchen. 5 Bis jetzt hatte ich mit Thieren mit warmen Blute Verſuche angeſtellt. Es war auch nörbig, daß ich einige Verſuche mit Thieren mit kaltem Blute machte. ee > Ich ließ zwölf Froͤſche von eben fo vielen Vipern einmal ans Bein beiſſen. Ich perband ſechs davon, und nicht die andern. Zwey von den erſten ſtarben nach zwanzig Stunden; die andern bekamen aufgeſchwollene und ein wenig blaͤuliche Beine, aber ſie wurden wurden geheilt. Von den ſechs nicht verbundenen ſtarben drey nach fünf Stunden. Vork den drey, die leben bliehen, hatte der eine ein geſchwollenes und misfarbiges Bein, die beiden andern ſchienen nicht einmal den geringſten Schaden gelitten zu haben. Dieſe Reſultate find noch zu unbeſtimnit und noch zu wenig zahlreich, als daß Man gewiſſe Folgen daraus ziehen koͤnnte, 5 Ich ließ affe zwölf andere Fröfche beiſſen. Sechs wurden verbunden, ſechs nicht. Ich wiederholte den Gebrauch des flüchtigen Laugenſalzes auf dem Beine alle Stunde, und gab auch jedesmal etwas davon ein; Alle dieſe ſechs ſtarben, ehe vier Stun⸗ den verfloſſen waren, und einer unter ihnen ſchon nach zwanzig Minuten. Von den ſechs nicht verbundenen ſtarben vier nach 6. 10. 12. 20 Stunden; der fünfte harte kaum zinige Zeichen von Krankheit an ſich, und der ſechste war zwey Tage nachher geheilt. Ich wiederholte dieſen Verſuch an zwölf andern Froͤſchen, und ließ fie auf eben dieſelbe Weiſe von einer einzigen Viper, ein einziges mal ans Bein beiſſen. Sechs wur⸗ den alle Stunden verbunden, und nahmen jedesmal fluͤchtiges Laugenſalz ein. Die andern ſechs bekamen keine Mittel. Es farben fünf von den erſten, und der ſechste hatte kaum ein Zeichen von Krankheit an ſich. Von den fechs nicht verbundenen ſtarben drey, und die andern genaſen nach Zeit von zwey Tagen, Nach allem dieſen ſcheink es, daß man nicht an dem Unnußzen bes flüchtigen Lau⸗ genſalzes zweifeln koͤnne; und es iſt fehr wahrſcheinlich, daß es, wenn es den Froͤſchen innerlich gegeben wird, anſtatt die Krankheik, die ihnen das Viperngift verurſacht, zu verringern, fie vielmehr vergroͤſſert, Wenigſtens iſt es gewiß, daß das Thier in dieſen Umſtaͤnden leichter ſtirbt, | Drittes Kapitel. Von den Wirkungen des Biſſes einer oder mehrerer Vipern auf eben dene 15 ſelben Theil des Thiers, oder auf zwey ähnliche Theile „ ebendeſſelben Thiers Ich habe bis jetzt nur von den Wirkungen des Gifts der Viper auf die Thiere geredet, wenn fie von einer einzigen Viper, ein einzigesmal, an einem einzigen Theile gebiſſen wurden. Nun habe ich von den Thieren zu reden, welche mehrmal von einer oder meh⸗ rern Vipern an verſchiedenen Stellen gebiſſen werden. Es iſt natürlich zu denken, daß eine Viper, welche eben baſſelbe Thier mehrmal beißt, in ihm eine ſo viel ſchwerere Krankheit hervorbringen müſſe. Nachdem man in - dem 88 . dem erſten Theile dieſes Werks geſehen hat, daß das Gift der Viper eine Feuchtigkeit iſt, welche ſich aus den Saͤften dieſes Thiers abſondert, und in einem Blaͤsgen oder elner Druͤſe ſammelt, und daß dieſe Feuchtigkeit immer an und für fi) giftig iſt, allemal we in fie durch eine Wunde in den Körper der Thiere gebracht wird, inſonderheit der Thiere mit warmen Blute; ſo kann man nicht an dieſer Wahrheit, noch an der gaͤnzlichen Unrich⸗ ligkeit der Hypotheſe des Herrn Charas zweifeln, welcher behauptete, das Viperngift fen weiter nichts, als die Wut dieſes Thiers, welche den Speichel und die andern Saͤfte feines Mauls dergeſtalt verändern, daß ein wirkſames Gift daraus werde, wie man alt dem Geifer des tollen Hundes wahrnehme. 5 Das Blaͤsgen des Gifts iſt ubrigens auf ſolche Art eingerichtet, daß das Gift nicht auf einmal bey einem Biſſe daraus flieſſen kann, wenn er auch noch fo ſtark, und die Viper auch noch ſo gereitzt iſt. Man wird die Beſchreibung dieſes Blaͤsgen nebſt der Beſchreibung der Druͤſe im dritten Theile dieſes Werks finden. Es war daher wich⸗ tig, die Wirkungen und die von mehrern Biſſen zuwege gebrachten Krankheiten zu unter- ſuchen, wenn ſie gleich nur von einer Viper find. Man hat verſchiedene Beyſpiele von Perſonen, die mehr als einmal von eben derſelben Viper gebiſſen worden ſind; und ob⸗ gleich dieſer Fall nicht einer von den haͤufigſten iſt, ſo ereignet er ſich doch von Zeit zu Zeit. 0 We ; Es iſt nicht allein ſehr wichtig, zu unterſuchen, was die wiederholten Biſſe einer und eben derſelben Viper auf eben denſelben Theil des Thiers vernoͤgen; ſondern es iſt von eben der Wichtigkeit, die Wirkungen dieſes Gifts auf die verſchiedenen Theile eben deſſelben Thiers zu ſehen. u Man weiß, daß das Thier aus Werkzeugen, und verſchiedentlich organiſirten Theilen e Es giebt unter dieſen Theilen welche, die Gefaͤſſe und Nerven haben, ohne Muskeln zu haben; es giebt andere, welche zugleich Gefaſſe, Nerven und Muskeln haben; aber in verſchiedener Menge, und verſchieden vertheilt. Es giebt wieder andere, die keine Nerven, und kaum einige kleine Haargefaͤſſe haben, wenn ſie gar welche haben. Es iſt ſehr natürlich zu glauben, daß die Wirkungen des Gifts der Viper auf ſo verſchie⸗ dene Theile des Thiers, ganz und gar von einander verſchieden fern muͤſſen, und daß eben dieſelbe Menge Gift, welche in die einem Thiere gemachte Wunde gebracht wird, ihm entweder eine leichte Krankheit, oder den Tod, oder gar nichts zufügen kann. Mit ei⸗ nem Worte, es iſt mir ſo vorgekommen, daß man in einer ſo wichtigen Materie nichts Es giebt noch denjenigen Fall, der zwar, wie ich glaube, ſehr ſelten iſt, da mehr Vipern zugleich eben denſelben Theil, oder verſchiedene Theile des Thiers beiſſen. So felten auch dieſer Fall ſehn mag, ſo iſt er doch nicht unmoglich; und es iſt nichts auſſer⸗ ordentliches, mehrere Vipern in gewiſſen Jahrszeiten bey einander vereinigt zu ſehen. Ein Menſch, der ſich nicht davor gehuͤtet hätte, Könnte, indem er Darüber wegginge, 55 mehr mehr als einer gebiſſen werden: und ich habe einen Vipernjaͤger gekannt, welcher von zwey Vipern zu gleicher Zeit an der Hand gebiſſen wurde, und von viel mehrern als zwey gebiſſen werden konnte, weil in einer Buͤchſe, wo ſie herauskamen, ihrer mehrere zuſammen ſaſſen. Jedoch koͤnnen dieſe Beyſpiele von Thieren, ſo von mehrern Vipern gebiſſen worden ſind, mit wenig Unterſchied leicht unter diejenigen Faͤlle gebracht werden, da eine Viper mehrmals entweder eben den Theil, oder verſchiedene Theile des Thiers ge- biſſen hat. Ich habe weiter oben geſagt, ich haͤtte durch die Erfahrung gefunden, daß die Wirkungen des Gifts viel übereinſtimmender mit einander find, wenn man anſtatt die Thiere von den Vipern beiſſen zu laſſen, in ihre Theile das Gift hineinbringt, indem man mit einem Finger das Bläsgen druckt, fo es enthält, unterdeſſen daß man mit einem andern den Zahn der Viper hineinſtoͤßt. Ich habe in der Folge meiner Verſuche dieſe Methode oft gebraucht, inſonderheit bey den Sperlingen und Tauben. Durch dieſe Methode kann man nicht nur eben denſelben Theil des Thiers mit aller Gewißheit ſtechen, ſondern auch denſelben Punkt, dieſelbe kleine Fieber. Man kann auch, wenn man will, ſich verſichern, ob Gift in dem Blaͤsgen iſt, oder ob es verdächtig und verdorben iſt. Der kleinſte Druck, den man auf das Blaͤsgen macht, iſt hinreichend zu machen, daß auf der Spitze des Zahns ein faſt unmerkliches Troͤpfgen von dem Gifte zum Vor⸗ ſchein komme, und ſeine durchſichtige Farbe giebt einen entſcheidenden Beweis von ſeiner Wirkſamkeit und Beſchaffenheit. Die erſte Frage, welche ich hier vor allen Dingen unterſuchen zu muͤſſen geglaubt habe, iſt, ob der zweyte Biß der Viper eben fo toͤdtlich iſt, als der erſte, der dritte fo toͤdlich, als der zweyte und ſo fort mit den uͤbrigen; und wie vielmal hinter einander die Viper mit den Biſſen, ſo ſie den Thieren beybringt, vergiften kann. Ich nahm eine Viper von mitselmäßiger Große, die ſehr munter war, und ohne fie ſehr zu reißen, ließ ich fie ein einzigesmal eine Taube ans Bein beiſſen. Die Taube ſtarb nach zwölf Mi⸗ nuten. Einen Augenblick nachher, da ſie die erſte Taube gebiſſen hatte, ließ ich ſie eine zweyte, eine dritte, eine vierte, eine fuͤnfte, eine ſechste, und eine ſiebente an eben den Theil beiſſen. Die zweyte ſtarb nach achtzehn Minuten, die dritte nach ſechszehn, die vierte nach zwey und funfzig, die fünfte nach zwanzig Stunden; die ſechste hatte kaum einige Zeichen von Krankheit an ſich; die ſiebente ganz und gar keine. \ Ich Habe eben den Verſuch mehrmal wiederholt; er hat mir etwas wenig unter⸗ ſchiedene Reſultate gegeben. Ich fand einige Vipern, inſonderheit von den groͤſſeſten, welche bis zehn oder zwölf Tauben toͤdten konnten. Und wenn fie bey den erſten Biſſen ſehr gereitzt werden, fo find die letztern nicht fo gefährlich, wovon ich mich aus wieder⸗ holten Verſuchen uͤberzeugt habe. Fontana I. B. M Es 90 | 1 Es iſt daher eine ausgemachte Wahrheit, welche ich mehrmal erfahren habe, daß die erſten wiederholten Biſſe einer und eben derſelben Viper faſt gleich gefährlich find, und daß die Viper, wenn ſie ſtaͤrker gereitzt iſt, auch eine ſchwerere Krankheit durch ihren Biß verurſacht⸗ u Dieſe letztere Wahrheit köͤnnke einigermaſſen die taͤuſchenden Erfahrungen des Charas über das Viperngift erflären Er war wider den berühmten Redi der Mei⸗ nung, wie man weiter oben geſehen hat, daß das Gift der Viper nur in der Wut dieſes Thiers beſtuͤnde, und machte eine groſſe Menge von Verſuchen, um feine Hypotheſe zu unterſtuͤtzen. Es iſt notuͤrlich zu glauben, daß die ſtaͤrker gereitzte Viper eine heftigere Krank⸗ beit zuwege brachte, und diejenige, fo nicht ſo ſtark gereitzt wurde, eine nicht fo ſchwere Krankheit hervorbringen mußte. Aber aus dieſer Beobachtung einen gewiſſen Schluß zu machen, haͤtte er ſich zuerſt verſichern ſollen, ob der Grad der Krankheit oder die Wirk⸗ ſamkeit des Gifts in Verhaͤltniß mit der Wut des Thiers ſtand. Dieſer Verſuch wäre ſehr ſchwer, und vielleicht gar unmöglich gut zu machen geweſen; und auch bieſes würde vielleicht noch nicht einmal genug geweſen ſeyn; denn es konnte ja ein zufaͤlliger Umſtand und nicht die wahre Urſache der Begebenheit ſeyn. Charas, welcher die wahre Urſache der groͤſſeſten Heftigkeit ber Krankheit in ſolchen Fällen, da die Viper gereitzt war, nicht kannte, irrete ſich in feinen Jolgen. Es iſt nichts auſſerordentliches, daß der Naturforſcher in einem dergleichen Falle fur die Ur⸗ ſache einer Wirkung die Nebenumſtaͤnde annimmt, fo fie begleiten. a g Es giebt drey Urſachen, warum der Biß der Viper, wenn ſie gereitzt iſt, gefaͤhr⸗ licher iſt, als der Biß elner nicht gereitzten Viper. Die erfte iſt, daß die Viper, wenn fie mehr aufgebracht iſt, die Zähne tiefer in das Thier hineindruͤckt; die zweyte, daß fie langer daran hängen bleibt; und die dritte, daß fie ohne den gebiſſenen Theil los zu laſſen, immer fortfaͤhrt die Muskeln zuſammen zu ziehen, welche das Giftblaͤsgen zu⸗ ſammen druͤcken. i Wenn man ſeit einiger Zeit gewohnt iſt, Thiere von Vipern beiſſen zu laſſen, fo iſt es nicht ſchwer, die Richtigkeit der erſten Urſache einzuſehen; und zuweilen bemerkt man auch, daß der Zahn der Viper das Fell ein wenig groffer vierfügiger Thiere mit vieler Schwierigkeit, oder nicht gehoͤrig, oder nur zum Theil durchbohrt. Alle meine Verſuche haben mir gezeigt, daß im ganzen die Krankheit deſto ſchwerer iſt, je tiefer der Zahn in die Haut und die andern Theile des Thiers gedrungen iſt⸗ Eben dieſe Bemerkung beweiſet auch die Richtigkeit der zweyten Urſache. Man ſiehet oft, daß die Viper, wenn fie ſehr gereitzt iſt, nur ſehr ſchwer und ſpaͤt loslaͤßt, und man konnte gar behaupten, daß fie Ihre Zaͤhne nicht gut zurückziehen kann. In ne 1 Falle — 1 Falle iſt es leicht zu ſehen, daß der Zahn waͤhrenb dieſer ganzen Zeit nicht nur verhindert, daß das Gift mit dem Blute, welches natürlich aus den Wunden fließt, wieder heraus- laufe; ſondern auch die Vereinigung und Vermiſchung deſſelben mit den Saͤften des Thiers erleichtert. - Die dritte Urſache iſt noch betraͤchtlicher, als die beyden andern. Man hat geſe⸗ hen, daß mehrere Vipernbiſſe noͤthig ſind, wenn ſich die Blaſe ganz von ihrem Gifte ent⸗ leeren ſolle. Man hat geſehen, daß die erſten Biſſe der Viper faſt von gleicher Wirkſam⸗ keit ſind, weil faſt eine gleiche Menge Gift herauskommt. Die zellichte Beſchaffenheit des Giftblaͤsgens laͤßt nicht zu, daß ſie ſich weder leicht, noch auf einmal ausleert. Wenn die Viper ein Thier lange zwiſchen ihren Zähnen feſthaͤls, und ſehr gereitzt iſt, fo faͤhrt fie - ſichtbar fort, die Muskeln der Kennlade zuſammen zu ziehen. Die Muskeln, welch⸗ das Bläsgen umgeben, werden ununterbrochen ſchlaff und wieder zuſammengezogen, fo daß man in ſolchen Fällen den Biß der Viper nicht einem einzigen, ſondern vielen Biſſen gleich ſchaͤtzen kann; und dieſes kann ſo weit gehen, daß die Viper hernach ſo ſehr vom Gifte erſchoͤpft iſt, daß fie nicht einmal mehr ein kleines Thier koͤdten kann. f Man hat geſehen, daß die erſten Biſſe der Viper faſt alle von gleicher Wirkſam⸗ keit ſind, und nur die letztern ſehr ſichtbare Verſchiedenheiten bemerken laſſen; und ich babe bie Arſache dieſer verſchiedenen Erſcheinungen erklärt, \ Nach dem, was ich bisher geſagt habe, muß man natuͤrlich überzeugt werden, daß die von der Viper hervorgebrachte Krankheit ſchwerer und gefaͤhrlicher ſeyn muß, wenn die Viper eben daſſelbe Thier mehrmal gebiſſen hat. Ich habe dieſes durch Ver⸗ ſuche bewieſen, von denen ich hier keine umſtaͤndliche Beſchreibung geben will, weil es mich zu lange aufhalten wuͤrde, und übrigens auch nicht von groſſem Nutzen zu ſeyn ſcheint. f Um mich von dieſer Wahrheit Mnlänglich zu überzeugen, habe ich die Sorgfalt gebraucht, mich Thiere von einerley Art, von gleicher Groͤße zu bedienen, die ich von gleich groſſen Vipern beiſſen ließ. Ich folgte am oͤfterſten meiner gewöhnlichen Methode, und alsdann waren die Reſultate noch gleichfoͤrmiger. Wenn die Anzahl der Verſuche nicht groß iſt, ſo koͤnnen die Reſultate zweydeutig ſeyn, weil es ſich ſehr ſelten trift, daß die Umftände vollkommen eben dieſelben find. Sie koͤnnen nicht nur wegen der Menge des Gifts von einander abweichen, welches in die Wunde des Thiers zuruͤckbleibt, wobey immer mehr oder weniger Unkerſchied vorhanden ſeyn kann; ſondern auch, weil es ſehr ſchwer haͤlt, eben dieſelben Fibern und Gefaͤſſe des Thiers zu verwunden. Man bemerkt alſo in der That Abweichungen; aber in der groſſen Anzahl von Verſuchen erſetzen fich die Umſtaͤnde einander, und man bekommt eine hinreichend groſſe Mannigfaltigkeit von Erfahrungen, daß man nicht Gefahr fäuft, ſich zu irren. Mir find wenigſtens vie Refultate, die ich erhalten habe, fo vorgekommen. 8 — M 2 Eine 92 Eine neue Unterſuchung, fo man anzuftelien bat, iſt dieſe, ob die Krankheit gleich ſtark fey, man mag von einer Viper nur einen Theil mehrmal beiſſen laſſen, oder zwey verſchiedene Theile; wenn nur die Anzahl der Biſſe gleich groß! iſt. Dieſe neue Unterſuchung hat mich auch eine ſehr groſſe Menge von Verſuchen gekoſtet, welche ich genörbigt war, in eben denſelben l zu machen, u. nur den gebiſſeneu Theil veraͤnderte. d Ich habe nichs allein Vögel, ſondern ach eine groſſe Anzahl von vierfuͤßigen Thieren beiſſen laſſen. Ich ließ ſie an die Beine an eben denſelben Stellen deiſſen. Ich verglich diejenigen, ſo an beyden Beinen gebiſſen waren, mit denen, die ich nur an ein Bein hatte beiſſen laſſen, ſo daß die Anzahl der Biſſe fuͤr jedes Thier gleich groß war. ö Ich erhielt hier noch, mehr oder weniger uͤbereinſtimmende Reſultate; ich mußte die Verfache vervielfaͤltigen, bis es mir vorkam, daß ich mit vieler ee folgende beiden Wahrheiten daraus herleiten koͤnnte. I. Daß das Thier leichter ſtirbt, wenn es gleich viele mal an zwey verſchiedenen Theilen gebiſſen iſt, als wenn es an einem einzigen verwundet iſt. II. Daß ber Theil, der allein fo viele Biſſe bekommen hat, als die andern zuſam⸗ men genommen, einer viel betraͤchtlichern aͤuſſerlichen Krankheit unterworfen. iſt. Ich verſtehe unter der aͤuſſerlichen Krankheit die Anſchwellung, welche ſich an dem gebiſſenen Theile einſtellt; die blaͤuliche und ſchwarze Farbe der Haut und des Bluts, und das Seſchwuͤr, welches kurze Zeit nachher entſteht. Dieſe Zufaͤlle find gewiß ſchwo⸗ rer in dem mehrmals gebiſſenen Theile, obgleich die Erfahrung beweiſet, daß die Thiere ſoaͤter ſterben, ja daß auch weniger daran ſterben, wie man in der Folge ſehen wird. Es iſt auch wahr, daß dieſe Reſultate nur in demjenigen Falle ſo beſchaffen ſind, wenn die Thiere nicht plotzlich ſterben; weil ſonſt die Zeit zu kurz iſt, als daß das Gift die aͤuſſer⸗ lichen Theile merklich verändern koͤnnte; ja, wenn der Tod ſogleich auf den Biß der Vi⸗ per folgt „ ſo ſtellen ſich kaum gewiſſe Zeichen der Krankheit ein. Ehe ich die Wirkungen des Biſſes der Viper auf die verſchiedenen Theile eines Thiers unterſuche, ſey es mir erlaubt, die Reſultate von vielen Verſuchen zu erzaͤhlen, die ich mit verſchiedenen Thieren angeſtell habe, ſo ich verſchiedene mal und von mehrern Vipern beiſſen ließ. Ich gebrauchte in allen dieſen Fällen das fluͤchtige Laugenſalz, ent⸗ weder bloß auf den verwundeten Theil, oder auch innerlich gegeben. Dieſe neuen Ver- ſuche dienten dazu, daß ſie immer mehr und mehr den Unnutzen des flüchtigen Laugen ſalzes bewieſen, und wie wenig man von dieſem Mittel hoffen muͤſſe. Ich ließ ſechs Hühner von ſechs Vipern beiſſen. Jedes Huhn wurde von einer einzigen Viper aber zweymal gebiſſen. Drey davon verband ich ganz einfach, drey d nicht. nicht. Die drey, welche verbunden waren, ſtarben nach 3. 5. 6 Stunden; die drey andern nach 3. 9. 12 Stunden. Ich ließ ſechs andere Hühner von zwölf Vipern beiſſen. Ein jedes Huhn wurde zweymal von zwey Vipern an den beyden Beinen gebiſſen. Ich verband fie alle ſechs, und gab ihnen flüchtiges Laugenſalz ein. Sie fterben alle in weniger als ſieben Stunden, Eins ſtarb davon in weniger als ſieben und zwanzig Minuten. a Es wurden zwoͤlf andere Huͤhner an beyden Beinen, zweymal an jedes Bein, und jedes Huhn von zwey Vipern gebiſſen. Sechs wurden verbunden und nahmen das fluͤchtige Laugenſalz ein. Es ſtarben nur neun davon; fünf von den verbundenen und vier von den andern. Zwey von den letztern ſtarben erſt nach drey und vierzig Stunden; die fuͤnf verbundenen ſtarben in Zeit von ſieben Stunden. Das Reſultat dieſer letzten Verſuche ift zwar nicht uͤbereinſtimmend mit dem Re⸗ ſultate der beyden vorhergehenden, aber deshalb doch eben ſo wahr; und dieſes beweiſet, wie ſehr dieſe Arten von Verſuchen von einander wegen gewiſſer Nebenumſtaͤnde abweichen koͤnnen, welche ſich von einem mal zum andern verändern, und die man nicht immer kennt. Der Umſtand, welcher den groͤſſeſten Einfluß haben kann, iſt, daß die Vipern nicht im⸗ mer die gleiche Menge Gift bey ſich haben, daß ſie mehr oder weniger ſtark beiſſen und das Gift aus ihrem Blaͤsgen druͤcken koͤnnen; und in dem Falle, von dem ich rede, kommt es auch auf die kaͤltere oder waͤrmere Jahrszeit an. Ich fing meine Verſuche im Septem⸗ ber an, und fuhr damit mehr oder weniger fort bis zu Ende des folgenden Januars. Ich machte ihrer noch einige im Februar, Maͤrz und April, und fand einen merklichen Unter⸗ ſchied in dieſen verſchiedenen Zeiten. Bey der ſtarken Kaͤlte waren ſie ſo ſchwach, daß es ſchwer hielt, ſie zum beiſſen zu bringen; und ihre Biſſe waren ſehr wenig gefaͤhrlich. Ich kann nicht unterlaſſen, hier einen Verſuch zu erzaͤhlen, den ich im Monat Januar machte, und nich auf die Vermuthung brachte, daß das flüchtige Laugenſalz doch zuweilen ein Mittel wider den Vipernbiß ſeyn koͤnnte. f Ich ließ ſechs Hühner ans Bein beiſſen. Jedes Huhn von drey Vipern, und jede Viper biß dreymal hinter einander. Ich verband ſie alle ſechs mehrmal und ließ ſie oft das fluͤchtige Laugenſalz einnehmen. Sie bekamen alle die Krankheit, aber nur ſehr gelinde, und wurden in wenig Tagen wieder geheilt. Es waren von ohngefehr in eben derſelben Buͤchſe noch achtzehn andere Vipern geblieben, fo den achtzehn von denen ich eben redete, vollkommen ähnlich waren. Da ich ſahe, daß nach Verlauf von vierzehn Stunden kein einziges von den ſechs Hühnern geſtorben war, und daß Fe nur eine ſehr unbedeutende Krankheit hatten; fo entſchloß ich mich, noch ſechs andere Hühner unter gleichen Umſtaͤnden, als die vorhergehenden, jedes von drey Vipern, und von jeder dreymal an eben daſſelbe Bein beiſſen zu laſſen. Ich verband keins davon; und es ſtarb nur ein N nach dem fechssen Tage, Zwey waren 3 kaum kaum krank, und die drey andern genaſen den dritten Tag. Man ficht aus dieſem Ver⸗ ſuche deutlich, daß die ſechs verbundenen Hſihner nicht durch das fluͤchtige Laugenſalz ge⸗ heile worden find; ſondern daß fie bloß wegen der geringen Wirkſamkeit und Lebhaftigkeit der Vipern ſelbſt nicht ſtarben. i a Das nicht verbundene Huhn, welches ſtarb, beweiſet nichts fuͤr das fluͤchtige Laugenſalz, weil es nur eins unter ſechs iſt, und erſt nach ſechs Tagen ſtarb. Denn dies ſes beweiſet offenbar, daß wenn das Gift In einer etwas geringern Menge da geweſen wäre, es ganz und gar nicht geſtorben ſeyn würde; man hat oben geſehen, daß faufend zufällige Dinge dieſes Mehr oder Weniger des Gifts, entweder in der Viper, welche beißt, ober in dem Thiere, welches gebiſſen wird, veraͤndern koͤnnen. f PR Aus eben dieſer Urſache habe ich mir zur Regel gemacht, faſt in dieſem ganzen Werke die Verſuche in einem gewiſſen Betrachte zu machen, und nur ſolche mit einander zu vergleichen, welche zu gleicher Zeit und unter gleichen Umſtaͤnden gemacht waren. Ich muß meinen Leſern hier einen Umſtand erzaͤhlen, den ich in Anſehung der letzten Vipern bemerkt habe, deren ich mich bediente. Die Jahrszeit war ſehr kalt, und obgleich die Wärme meines Zimmers zwölf Gran über dem Gefrierpunkte war, fo waren die Vipern doch ſehr faul und ſchlaͤfeig. Ich glaubte, ihnen ihre Munterkeit wiedergeben u koͤnnen, wenn ich fie waͤrmte. Sie waren in meinem Laboratorium ſeit mehr als ſechs Stunden in einer Buͤchſe, die mit vielen Löchern verſehen war. Ich ſetzte die Buͤchſe auf ein Sandbad, deſſen Wärme auf der Oberflache nicht mehr als zwanzig Grad betrug. Nach zwey Minuten fand ich die achtzehn Pipern, die in der Buͤchſe waren, codt. Eben derſelbe Zufall iſt mir noch zwey andere mal unter faſt ähnlichen Umſtaͤnden in eben dem⸗ ſelben Monat begegnet. ; Verſuche mit den Meerſchweinen, welche wiederholte mal von mehrern Vipern gebiſſen wurden. Ich ließ zwey ſehr große Meerſchweine dreymal von zwey Vipern ans Bein beiſſen. Das eine wurde verbunden, das andere nicht. Sie ſtarben alle beyde. Das erſte nach Verlauf von zwey Tagen, das andere nach zwey und dreißig Stunden. Ich ließ vier andere eben ſo groſſe Meerſchweine, als die beyden vorhergehenden, jedes aus Bein von drey Vipern und zu drey malen beiſſen. Zwey verband ich, und ich gab ihnen das fluͤchtige Laugenſalz ein, die beyden andern bekamen keine Huͤlfe. Alle vier ſtarben in weniger als zwey Tagen. Ein ander mal ließ ich ihrer vier andere eben ſo groſſe, als die erſten, auf eben dieſelbe Art beiſſen. Ich verband keins davon. Es farb gur eins nach dem fünf- ten Tage. x | Zwölf Zwölf ändere aber ſehr kleine Meerſchweine wurden wie alle andere gebiſſen. Sechs wurden verbunden und nahmen das fluͤchtige Saugenfalz ein; um die ſechs andern beküm⸗ merte ich mich nicht. Sie ſtarben alle zwoͤlf in zwanzig Minuten. Zwey Tage nachher ließ ich ihrer zwölf andere beiſſen, die fo klein waren, als die vorhergehenden. Sie wurden jedes von zwey Vipern, dreymal, jedes an beyden Beinen gebiſſen; ſechs wurden verbunden, ſechs nicht. Sie ſtarben alle zwoͤlf in zwey Stunden; eins von den verbundenen ſtarb in ſieben Minuten, und zwey von denen, die nicht ver⸗ bunden waren, in vierzehn Minuten. - Dieſe Verſuche mit den Meerſchweinen zeigen auch beym erſten Anblick den Un⸗ nutzen des flüchtigen Laugenſalzes, wie fie übrigens auch beweiſen, daß die kleinſten Thiere eben derſelben Ark leichter, als die groffen ſterben, und zwar um fo viel eher und gewiſſer, je gröffer die Anzahl der Vipernbiſſe geweſen iſt. 8 Verſuche mit den Kaninchen, ſo mehr als einmal von mehrern Vipern gebiſſen wurden. N Ich ließ vier mittelmaͤßige Kaninchen, jedes viermal ans Bein von zwey Vipern beiſſen. Ich verband ihrer zwey, und die andern beyden nicht. Ich ließ die beyden er⸗ ſten alle zwey Stunden flüchtiges Laugenſalz einnehmen, und eben fo oft erneuerte ich den Verband. Sie farben alle vier. Die beyden verbundenen in achtzehn Stunden, und die beyden andern nach Verlauf von drey Tagen. Bey allen war die Krankheit heftig, und das Bein ſchwoll ihnen ſehr auf, Ich ließ vier andere ſehr groſſe Kaninchen, jebes von zwey Vipern zweymal an das Bein beiſſen. Ich verband zwey davon, und zwey nicht. Die beyden verbundenen ſtarben nicht, aber ſie blieben zwanzig und mehr Tage lang krank, und ſo lange hatten ſie auch offene Wunden. Von den beyden nicht verdundenen farb eins den dritten Tag, und das andere wurde den zehnten Tag geheilt. Ich ließ zwölf Kaninchen von mittelmaͤßiger Groͤſſe beiſſen. En jedes wurde ans Bein von zwey Vipern dreymal gebiſſen. Sechs wurden verbunden, ſechs nicht Es ſtarben vier von den erſten, und fünf von den andern. Dieſe Reſultate find abet doch weder uͤbereinſimmend, noch zahlreich genug, uns in den Stand zu ſetzen, von dem fluͤchtigen Laugenſalze unſer Urtheil zu falle. Ich habe es alſo für nothwendig gehalten, noch neue Verſuche anzuſtellen, Ich ließ, wie vorher, zwölf andere ein wenig kleinere, als die zwölf vorhergehen⸗ den, beiffen. Sechs wurden verbunden, und nahmen flüchtiges Laugenſalz ein. Mik den andern fechs nahm ich nichts vor. Die ſechs erſten farben * von den andern nur fünf, Das ſechste hatte kaum eine merkliche Krankheit, 84 800 f 1 \ 36 Ich war neugierig zu ſehen, ob ein merklicher Unterſchied zwiſchen den Wirkungen des Gifts der Viper auf die mehr oder weniger mal von mehr oder weniger Vipern gebiſſe⸗ nen Thiere vorhanden wäre. In dieſer Abſicht ließ ich ſechs mittelmaͤßige Kaninchen, jedes von einer einzigen Viper nur einmal ans Bein beiſſen. Sechs andere wurden von zwey Vipern ans Bein gebiſſen, welche eine jede zweymal hinter einander biſſen. Wieder ſechs andere, jedes von zwey Vipern, aber jede Viper biß viermal. Endlich noch ſechs andere von drey Vipern, deren jede viermal ans Bein biß. a 7 Von den ſechs erſten ſtarben drey; und die drey andern waren mittelmaͤßig krank. Von den zweyten ſtarben fünf, und das letzte hatte eine heftige Krankheit. Die dritten ftarben in weniger, als drey und vierzig Stunden; die vierten alle in weniger, als zwan⸗ zig Stunden. f 3 x Verſuche mit den Hunden, welche mehrmal und von mehrern Vipern gebiſſen wurden. Ich ließ zwey ganz kleine und junge Hunde von zwey Vipern und von jeder zwey⸗ mal ans Bein beiſſen. Der eine wurde verbunden, und nahm das fluͤchtige Laugenſalz ein. Der anbere bekam keine Arzney. Sie ſtarben beyde in Zeit von dreyzehn Stunden. Ich ließ zwey andere noch halbmal ſo groſſe Hunde, wie oben, von zwey Vipern zweymal beiſſen. Der eine wurde verbunden, und der andere nicht. Sie wurden beyde wieder beſſer. Der verbundene nach Verlauf von ſechs und zwanzig, und der andere nach zehn Tagen. f Ich ließ ihrer vier andere aber ſehr groſſe, wie die vorhergehenden, beiſſen; einen jeden von den drey Vipern, und jede Viper biß dreymal. Zwey wurden verbunden, zwey nicht. Es ſtarb nur einer von den verbundenen, nach ſechs Tagen; die andern waren ſehr krank und hatten groſſe Wunden. 7 Man brachte mir zwey ſehr groſſe und fette Hunde. Ich ließ ſie beyde, jeden ans Bein, von vier ſehr gereitzten Vipern beiſſen. Jede Viper biß wenigſtens viermal. Ich verband weder den einen noch den andern, wegen der Schwierigkeit damit zu Stande zu kommen, ohne in Gefahr zu ſtehen, gebiſſen zu werden. Alle beyde genaſen in weni⸗ ger als zehn Tagen. Sie hatten Wunden, Geſchwulſt und waren blaͤulich. Nach zwey Tagen fingen ſie an zu ſaufen, und nach drey Tagen, zu freſſen. f a0 Kaum find die Thiere, und inſonderheit die Hunde und Katzen, von der Viper gebiſſen worden, und in Freyheit geſetzt, fo legen fie ſich auf die Erde auf die Seite, die nicht gebiſſen worden iſt, und liegen ſehr ſtill in dieſer Lage, bis daß ſie wieder geſund find. Sobald fie anfangen zu faufen und zu freſſen, fo iſt es faſt ein gewiſſes Zeichen, daß ſie geneſen. Die Katzen ſind noch weniger begierig nach dem Freſſen, 1 die unde. 97 Hunde. Ich habe welche geſehen, die nicht eher, als nach mehrern Tagen ihrer Krank⸗ heit gefreſſen haben. i Um eine binlängliche Anzahl von Verſuchen an den Hunden zu haben, fo ver- ſchafte ich mir ſechs kleine, die von gleicher Gattung, von gleicher Groͤſſe u. ſ. w. zu ſeyn ſchienen. Ich ließ ſie alle ans Bein beiſſen, jeden von drey Vipern, und jede Viper biß dreymal. Drey wurden verbunden, drey nicht. Die drey verbundenen ftarben alle. Von den andern ſtarben zwey; der dritte hatte eine heftige Krankheit und eine groſſe Wunde; er wurde nicht eher, als nach funfzehn Tage geſund. Da ich keinen Nutzen von dem fluͤchtigen Laugenſalze bey den Hunden wider den Vipernbiß ſahe, ſo habe ich geglaubt, meine Verſuche bey andern Arten von Thieren fortzuſetzen. N Verſuche mit den Katzen. Dieſes Thier widerſteht aͤuſſerſt ſtark dem Vipernbiſſe. Nicht eben, weil das Viperngift für daſſelbe unſchaͤdlich ift, wie es für einige andere Thiere iſt; ſondern weil es ſchwerer ſtirbt, als die andern. 8 3 \ Ich ließ eine Katze mittlerer Gröffe von zwey Vipern an das Bein beiſſen. Eine jede biß zweymal. Ich verband ſie nicht. Ihr Bein ſchwoll auf, aber nicht ſtark. Sie lag die ganze Zeit der Krankheit auf dem Bauche. Nach ſechs und dreißig Stunden foff fie und nach zwey und funfzig Stunden mogte fie eſſen. Den vierten Tag war fie vollkommen geſund. N Ich ließ ſie ans andere Bein von drey Vipern beiſſen; jede biß zweymal. Ich verband ſie nicht. Nach ſechs Stunden, und nach dreißig Stunden erbrach ſie ſich einigemal. Nach zwey und vierzig Stunden ſoff ſie, und nach drey Tagen ging ſie zum Freſſen. Den fuͤnften Tag war ſie geneſen. N Ich wählte mir eine andere Katze, fo der erften ahnlich war. Ich ließ fie von vier Vipern beiſſen; eine jede biß fie viermal ans Bein. Ich verband fie nicht. Sie ſchwoll ſehr auf, uͤbergab ſich verſchiedenemal, und fraß nicht eher, als nach ſechs Tagen. Zwey Tage nachher ließ ich ſie von vier andern Vipern ans andere Bein beiſſen. Sie bekam eine heftige Krankheit, übergab ſich oft. Sie fraß nach fünf Tagen, und den achten Tag war ſie geſund. Ich nahm eine andere Katze, die noch groͤſſer, als die vorigen und ſehr wild war. Ich ließ ſie von ſechs ſehr gereitzten Vipern beiſſen. Eine jede biß ſie mehrmal. Eine derſelben ließ ihre Zähne darinn ſtecken. Sie konnte nicht loslaſſen, welches mich noͤ⸗ thigte, ſie ſo ſtark zu ziehen, daß ihre Hundszaͤhne zerbrachen. Die Katze war in der a anche Band. N 5 groͤſſeſten 98 gröffeften Wuth; aber kaum war fie in Freyheit, fo wurde fie zahm. Sie legte ſich auf den Bauch, wie die andern gethan hatten; ſie erbrach ſich von Zeit zu Zeit, und fing nicht eher, als nach dem fuͤnften Tage zu freſſen an. Sie blieb noch zwey Tage krank, und wurde endlich wieder geſund. g Ft Es war ganz und gar uͤberfluͤßig, den Katzen das fluͤchtige Laugenſalz zu geben, welche, wie man ſieht, von dem Gifte der Viper nicht ſterben, wenn ſie von einer gewiſſen Groͤſſe ſind. Demohngeachtet hat man geſehen, daß die kleinern davon ſterben; und es iſt auch wahr, das die groͤſſern ebenfalls davon ſterben wuͤrden, wenn man ſie von einer groͤſſern Anzahl Vipern beiſſen lieſſe. Der Biß der Viper bringt eine wahrhafte Krankheit bey dieſem Thiere hervor, und eine heftigere nach dem Verhaͤltniß der Anzahl der Biſſe. Ich kann inzwiſchen nicht genau ſagen, wie groß die Anzahl der Vipern ſeyn muͤßte, um eine ſehr ſtarke und von den gröffeften Katzen zu toͤdten. Vielleicht würden kaum zehn oder zwölf dazu hin⸗ reichend ſeyn. 5 f f Viertes Kapitel. Von den Wirkungen des Vipernbiſſes auf verſchiedene Theile des Thlers. Ja habe bis jetzt von den Thieren geredet, die von einer oder mehrern Vipern, ein einziges, oder mehrmal, aber immer an einen einzigen Theil des Thiers gebiſſen wurden, nemlich ans Bein, oder hoͤchſtens an beide Beine. Es bleibt uns jetzt noch uͤbrig zu ſehen, was fuͤr Wirkungen der Vipernbiß an andere Theile des Thiers hervorbringt. Man kann ſich leicht vorſtellen, daß die Reſultate etwas weniges von denen verſchieden ſeyn werden, welche wir bis jetzt geſehen haben, und daß es an eben demſelben Thiere Stellen geben muß, die mehr oder weniger im Stande ſind, das Gift aufzunehmen. Aber einige gebiſſene Theile haben mir ſonderbare und unvorhergeſehene Erſcheinungen gezeigt. Verſuche mit der Haut. Der erſte Theil des Thiers, welcher von dem Hundszahne der Viper durchbohrt wird, und eher als die andern die Wirkung des Gifts erfaͤhrt, iſt die Haut. Ich habe meine Verſuche mit der Haut auf die Haut der Meerſchweine und Kaninchen eingeſchraͤnkt; dieſe Thiere ſind fromm, und man kann ſie ohne Gefahr angreifen. Ich bediente mich der Vögel nicht, weil ihre Haut zu dieſen Verſuchen gar zu zart iſt, 7 Die 99 Die auf der Haut gemachten Wunden koͤnnen ſehr unbedeutend und ganz aͤuſſer⸗ lich ſeyn. Sie koͤnnen mehr oder weniger tief hineindringen, und endlich die Haut von einer Seite zur andern durchſtechen. Ich habe dieſe drey Fälle bey meinen Verſuchen über die Vipernbiſſe wahrgenom⸗ men. Ich habe zuweilen den Zahn die Haut ſo ſchief faſſen geſehen, daß ſie nicht geritzt, oder wenigſtens nur auf der Oberflaͤche gefaßt war. Der erſte Fall ereignet ſich oft, weil die Viper, wenn ſie gereitzt wird, alles beißt, was ſich ihr darbietet, es mag dieſes ſeyn, von welcher Art und von was fuͤr Geſtalt es wolle. Der zweyte Fall iſt lange nicht ſo haufig, und noch weniger derjenige, da fie in die Haut beißt, ohne fie zu durchſtechen. . Dieſe beyden letzten Fälle konnen dem Menſchen begegnen; nnd feine Haut kann mehr oder weniger von den Hundszaͤhnen der Viper beſchaͤdigt werden. 5 Dieſe Unterſuchung kann, auſſer daß fie artig iſt, auch in der Praxis von Nutzen ſeyn, weil ſie dazu hilft, daß man die Eigenſchaft der Krankheit in dieſen Faͤllen kennen lernen kann. Eine dergleichen gut unterſuchte Frage kann auch dazu dienen, daß man die Wirkung des Viperngifts auf die Thiere uͤherhaupt erklaͤren kann, wie man es in der Folge ſehen wird. a 8 Flache Wunden der Haut. Ich habe dem zufolge die folgenden Verſuche machen zu muͤſſen geglaubt. Ich ſchnitt mit einer Scheere die Haare an einer Stelle am Beine eines Meerſchweins ab. Ich rieb mehrmal mit einer feinen Feile eine Stelle der Haut ungefehr einen halben Zoll breit und lang. Die Haut war roth, und man ſahe darauf ein faſt unmerkliches Blut ausſchwitzen, ſo daß das Blut ſich nicht in ganze Tropfen bilden konnte. Nachdem ich ſie gut abgetrocknet hatte, ſo befeuchtete ich ſie mit einem groſſen Tropfen Gift, der mit einem „Tropfen Waſſer vermiſcht war, um zu machen, daß es leichter flieſſen und ſich uber die ganze gefeilte Haut verbreiten moͤchte. Das Thier ſchien ganz und gar nichts zu leiden, und kaum befam es ein merk⸗ liches Zeichen von einer Narbe. Den andern Tag, als ich ſahe, daß dieſes Meerſchwein geſund und munter war, ſo ließ ich es von einer Viper zweymal an eine Pfote beiſſen. Es ſtarb nach Verlauf von vier und zwanzig Minuten. Ich wiederholte dieſen Verſuch zwey anderemal mit faſt gleichem Erfolge; und die Meerſchweine ſtarben alle beyde, als ſie gebiſſen waren. i Ich ſchor mit einem Scheermeſſer einem Meerſchweine an der äuffern Seite des Beins die Haare ab. Die Haut war roth, und es ſchwitzte ein wenig Feuchtigkeit daraus, die auch roͤthlich war; ich wiſchte zwey Tropfen Gift auf die abgeſchorne Haut, die unge: fehr zwey Drittel eines Zolls betrug. * ſchien nicht im geringſten unpaͤßlich zu ; 2 ſeyn, 100 S ſenn, und die Haut wurde trocken, ohne eine Narbe oder Kruſte zu bekommen. Als es den Tag darauf an die Pfoten gebiſſ en wurde, ſo ſtarb es nach ſechs und zwanzig Minuten. Ich ſchaffte die Haare mit ſiedendem Waſſer auf einem Theile des Ruͤckens eines Meerſchweins weg. Ich machte mit der Spitze einer Lanzette zwey ſehr kleine und ſehr flache Einſchnitte. Es kam ein wenig Blut daraus, welches ich abtrocknete. Ich be⸗ feuchtete die eingeſchnittene Haut mit zwey Tropfen Gift, aber ohne Waſſer. Es ent⸗ ſtand eine eben ſo groſſe Wunde, als das Gift ſich ausgebreitet hatte, und die Haut war um die Hälfte ihrer Dicke verzehrt. Sie wurde mit Eiter bedeckt, und den Tag darauf hatte ſich eine Kruſte darauf gebildet. Das Thier ſchien nach Verlauf von ſechs Tagen gaͤnzlich geheilt. Den ſiebenten Tag, ließ ich es von einer einzigen Viper ein einzigesmal an die Pfote beiſſen, und es ſtarb nach vierzig Minuten. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch an zwey andern Meerſchweinen unter eben den Umſtaͤnden, wenigſtens ſo weit ich davon urtheilen konnte. Der Erfolg war eben derſelbe: die Wunde, die bis auf die Hälfte der Subſtanz verzehrte Haut, der Eiter, die Kruſte, und die Heilung. Nachdem ich fie hernach an der Pfote hatte beiſſen laſſen, ſo ſtarben ſie alle beyde in weniger, als einer Stunde. Ich wollte noch einen aͤhnlichen Verſuch mit einem Thiere machen, welches eine viel ſchwaͤchere Haut hätte, als die Haut eines Meerſchweins iſt. Ich wählte ein ſehr kleines Kaninchen, und ſchor ihm mit einem Scheermeſſer die Haut ab, ſo daß merklich etwas Blut herauskam. Ich befeuchtete die abgeſchorne Stelle, die ungefehr einen bal⸗ ben Zoll groß war, mit zwey Tropfen Gift. Es entſtand daſelbſt ein wahres Geſchwuͤr, die Haut wurde ganz verzehrt, ſie bedeckte ſich mit einer Menge Eiter, aber das Kaninchen ſchien demohngeachtet nicht viel zu leiden. Nach Verlauf von ſieben Tagen war es geheilt. Ich ließ es zweymal am Beine von einer Viper beiſſen, und es ſtarb nach ſechs Stunden. Ich wiederholte an zwey dieſer Thiere eben denſelben Verſuch mit gleichem Erfolge. Es ſcheint, daß man aus den bisher erzaͤhlten Verſuchen folgende Wahrheiten herleiten koͤnne. I. Daß das Gift der Viper, wenn es auf die leicht abgeſchabte Haut der Meerſchweine und Kaninchen gewiſcht wird, nicht tödtlich iſt. II. Daß es nur eine ſehr unbedeutende Krankheit der Haut bey den Meerſchwei⸗ nen, und eine etwas ſchwerere bey den Kaninchen hervorbringt. III. Daß dieſe Krankheit ſich bloß auf den a der Haut einſchraͤnkt, welche von dem Gifte berührt worden iſt. Ich wollte noch einen neuen, ein wenig verſchiedenen Verſuch mit der Haut der Meerſchweine anſtellen. Ich nahm mit der Scheere die Haare von einer Stelle der So . a rn 101 auf dem Rücken von ungefaͤhr einem halben Zoll weg. Ich machte mit einer Lanzette Ein⸗ ſchnitte in die Haut, ſo daß ſie nicht ganz durchſchnitten war, und die Einſchnitte nicht tiefer, als bis auf die Haͤlfte oder ein wenig weiter, als die Hälfte der Dicke der Haut hin— eindrangen. Ich brachte zwey Tropfen Gift darauf. Es entſtand ein Geſchwür, welches ſehr ſtark eiterte, und ſo groß war, als der Theil, den das Gift berührt hatte. Die Haut wurde ganz verzehrt, und bedeckte ſich mit einer Kruſte. Das Thier gab gar kein Zei⸗ chen von ſich, daß es das geringſte litte, es fraß immer und heilte nach Verlauf von zehn Stunden. N 3 | Dieſer letzte Verſuch ſcheint zu beweiſen, daß, wenn die Wunden der Haut tief ſind, die Krankheit, oder die Wirkungen des Gifts betraͤchtlicher ſind, ob ſie gleich nicht toͤdtlich find, und die Krankheit ſich bloß auf die Haut einſchraͤnkt. Wunden der Haut in ihrer ganzen Subſtanz. Ich faßte mit meinen Fingern die Haut am Beine eines kleinen Kaninchens, und burchſtach fe fünf oder ſechsmal mit einem Vipernzahn, aus dem Gift troͤpfelte. Nach Verlauf von zwölf Stunden bildete ſich in der Haut ein Sack oder Geſchwulſt voll Feuch⸗ tigkeit einen Zoll weit unter der Wunde. Der Sack war ohne Haare und ganz abge⸗ ſchabt; es ſchwitzte ein wenig Feuchtigkeit daraus. Das Thier ſtarb den fuͤnften Tag. Ich wiederholte dieſen Verſuch an einem eben ſo kleinen Kaninchen, als dem erſten; und ich ſtach die Haut verſchiedene mal mit einem giftigen Zahne durch. Nach zehn Stun⸗ den entſtand die gewöhnliche Geſchwulſt an eben der Stelle. Den zweyten Tag verlor ſie ihre Haare, den dritten Tag oͤfnete ſie ſich und das Thier ſtarb vier Stunden nachher. f Ich verfuhr auf eben dieſelbe Weiſe mit zwey andern kleinen Kaninchen, und der Erfolg war immer derſelbe. Sie ſtarben alle beyde. Es entſtand eine Geſchwulſt, und die Geſchwulſt oͤfnete ſich. Ich ließ von einer Viper wiederholte mal die Haut auf den Ruͤcken eines Meer⸗ ſchweins beiſſen. Ich hielt die Haut vermittelſt einer Zange in die Hoͤhe gehoben, damit die Viper, wenn ſie biſſe, die darunterliegenden Muskeln nicht mit treffen moͤchte. In weniger, als zwey Stunden wurde die Haut blaͤulich an den gebiſſenen Stellen. Das Thier ſtarb nach zwey und dreyſſig Stunden, ohne eine offene Wunde. Die Haut zeigte ſich brandig. Das Blut war ſchwarz, durch das ganze Zellengewebe unterlaufen, und er⸗ ſtreckte ſich bis in alle Muskeln der Bruſt und des Unterleibes. Ich wiederholte dieſen Verſuch unter eben den Umſtaͤnden an vier Meerſchweinen. Sie ſtarben alle. Es hatte keines eine Wunde. Aber das Zellen gewebe ſchien brandig zu ſeyn, und war voll von ſchwarzen ausgetretenen Blute. Dieſes Blut nahm das Zellen⸗ N 3 gewebe 102 gewebe der Bruſt und des Unterleibes ein; und wor in ſo groſſer Menge, daß es einen Sack zu bilden ſchien. = Verſuche mit dem Zellengewebe. Die vorigen Verſuche betreffen nicht allein die Haut, ſondern auch das Zellenge⸗ webe. Sobald der Zahn durch die Haut in ihrer ganzen Subſtanz dringt, ſo iſt es ge⸗ wiß, daß das Gift auch dem Zellengewebe mitgetheilt werben muß; und daraus ſiehet man, daß die Krankheit und die Wirkungen des Gifts der Viper in zuſammengeſetztem Verhaͤlt⸗ niß der beyden mit dem Gifte angeſteckten Theile, der Haut und des Zellengewebes ſtehen müffen. Es war alſo nothwendig, das Zellengewebe allein beiſſen zu laſſen, um das zu ne was die Haut betrift. Aber dieſe Berſuche find ziemlich ſchwer mit Genauigkeit zu machen. 0 2 Ich machte einem Meerſchweine einen Einſchnitt in die Haut, neben der Weiche, und ließ darein, ohne die Haut zu beruͤhren, einen tropfen Gift flieſſen. Es entſtand in der Weiche eine Geſchwulſt, welche zwey Tage lang zunahm. Den dritten ſtarb das Thier. Nachdem ich die Geſchwulſt geoͤfnet hatte, fo fand ich darin aufgeloͤſtes, ſchwar⸗ zes, ausgetretenes Blut in groſſer Menge. Ich wiederholte dieſen Verſuch an zwey andern Meer ſchweinen. Das eine ſtarb, das andere nicht. Das letzte bekam kaum eine merkliche Geſchwulſt. Das andere hinge⸗ gen hatte eine große Geſchwulſt, und eben die Zufaͤlle, als das erſte. Zwey Tage nach⸗ her öfnete ich die Geſchwulſt desjenigen, welches geſund und ohne Schaden zu ſeyn ſchien. Ich fand das Zellengewebe ein wenig blutig, nebſt einiger ausgetretenen Fluͤſſigkeit; aber doch noch ganz wenig. Es war gar kein Anſchein da, daß dieſes Thier haͤtte von dem Gifte ſterben koͤnnen. Es war munter, es fraß, lief herum, wie geſund, da hingegen ſich bey dem andern ſchon nach vier Stunden von allem das Gegentheil zeigte. . Dieſe Verſuche laſſen immer einigen Zweifel zuruck, ob das Gift nicht auch den eingeſchnittenen Theilen, den Lippen der Haut mitgetheilt worden ſey. Ich ſuchte ver- ſchiedene Mittel ausfindig zu machen, um Verſuche anzuſtellen, die mir dieſen Zweifel be⸗ nehmen wuͤrden. Allein ich fand immer Schwierigkeiten, und etwas zweydeutiges in den Refultaten. 5 Nach vielen Verſuchen hielt ich mich an folgende Methode. Ich ſchnitt einem Meerſchweine ein groſſes Stuck Haut aus dem Rüden. Ich trocknete das Zellengewebe ſorgfaͤltig ab, und wiſchte zwey tropfen Gift darauf. Das Stuck Haut, welches ich in Geſtalt eines Cirkels herausgeſchnitten hatte, hatte mehr als einen Zoll im Durchmeſſer. Ich breitete das Gift auf dem Zellengewebe auf einen Raum von drey Linien in der Runde aus, auf allen Seiten gleich weit von der Haut. 8 Das 103 Das Zellengewebe wurde ſchwarz, wie Dinte, in weniger als ſechs Stunden. Nach zwölf Stunden bedeckte es ſich mit einer Kruſte. Das Thier ſtarb aber doch nicht, ob es gleich die Kruſte noch zwey und zwanzig Tage nachher hatte. s Ich wiederholte dieſen Verſuch an ſechs kleinen Kaninchen und ſechs kleinen Meer⸗ ſchweinen. Die Reſultate meiner Verſuche waren etwas weniges von einanden unter⸗ ſchieden. N a Erſtlich, es ſtarb keins von den zwey Thieren, welche das Gift in das Zellengewebe bekamen. Sechs bekamen eine ſehr heftige Krankheit, und genafen fehr fpät. Vier wur⸗ den ganz wenig krank, und zwey Tage nachher ſchienen ſie geſund zu ſeyn; und die andern beyden hatten nicht einmal gewiſſe Zeichen von einer Krankheit. Ich glaube, man kann im ganzen genommen, behaupten, daß das Viperngift nicht toͤdlich iſt, wenn es nur bis ins Zellengewebe dringt. i Verſuche mit den Muskeln. Ich entbloͤßte die Muskeln am Beine einer Taube von ihrer Haut und dem aͤuſſern Zellengewebe, aber dergeſtalt, daß kein Blut heraus kam, wenigſtens nicht merklich. Ich ſteckte in einen Muskel einen Vipernzahn, der mit Gift angefuͤlt war. Nach einer Mi⸗ nute fiel die Taube vorwärts, und fie ſtarb nach zehn Minuten. Der verwundete Mus: kel war äufferft blau, faſt in feiner ganzen Subſtanz. N Ich wiederholte eben dieſen Verſuch an vier andern Tauben. In weniger als zwey Minuten fielen ſie alle vier vorwaͤrts, und ſtarben, die eine nach eilf, eine andere nach ſiebenzehn Minuten, eine andere nach einer Stunde, und die vierte nach vier Stunden. ˖ ö Ich entbloͤßte verſchiedene Muskeln am Beine eines mittelmaͤſſigen Kaninchens von der Haut und dem Zellengewebe. Ich verwundete ſie verſchiedene mal mit giftigen Zähnen, ) fo daß fie ganz in die Muskeln drangen. Ich verwundete fie an den Stellen, wo keine Gefaͤſſe, wenigſtens keine betraͤchtliche zu ſehen waren. Es kam kaum Blut aus dem Muskel, welcher aber doch geſchwind an den Stellen, wo er die Wunden bekam, blaͤulich wurde. Das Thier ſtarb nicht allein nicht, ſondern es gab auch keine Zeichen von ſich, daß es ſehr krank waͤre. Funfzehn Stunden nachher war der verwundete Mus⸗ kel kaum merklich verändert. Nach dreyſſig Stunden war nichts mehr zu ſehen, als die mechaniſche Wunde der Haut, welche über dem Muskel eingeſchnitten war. f Ich ) Dies find Zähne, die der Viper ausgeriſſen find, aber noch an ihren mit Gift angefuͤll⸗ ten Blaͤsgen ſitzen. Ich habe oben ſchon die Art und Weiſe erklaͤrt, wie ich bey dieſer Art von Verſuchen verfahren bin, N 104 Ich wiederholte eben denſelben Verſuch an einem andern Kaninchen unter eben den Umſtaͤnden, wie oben. Der Muskel veränderte feine Farbe ein wenig, aber eben nicht ſehr ſtark. Nach drey und zwanzig Stunden ſchien es nicht, daß das Thier im ge⸗ ringſten Schaden gelitten haͤtte, und es blieb nichts uͤbrig, als die Wunde in der Haut. Ich entbloͤßte vollkommen einige Muskeln am Beine eines Meerſchweins von der Haut und dem Zellengewebe. Ich ſtieß einen mit Gift verſehenen Zahn zwiſchen die Fi⸗ bern, ſo daß nur wenige oder gar keine Gefaͤſſe getroffen wurden. Der Muskel wurde blaͤulich; aber das Thier ſtarb nicht davon. 1 Ich wiederholte dieſen Verſuch an den entbloͤßten Muskeln bey verſchiedenen an⸗ dern kleinen Thieren, als Meerſchweinen und Kaninchen, und ich fand, daß das Gift der Viper in dieſen Fällen allzeit eine Krankheit, am dͤfterſten eine ſehr ſchwere Krankheit hervorbringt; allein es ift nicht allzeit toͤdtlich. A ' 7 Das Gift der Viper, bloß auf die Muskelfibern gelegt, iſt ganz unſchaͤdlich. nr Es kam darauf an, zu erfahren, ob das Gift toͤdtet, wenn man es bloß auf die Muskeln legt, ohne die Fibern zu zerſchneiden. N a Ich entbloͤßte die Muskeln am Beine einer Taube von der Haut, und machte es fo, daß die entbloͤßten Fibern, und die Gefaͤſſe kein Blut in merklicher Menge von ſich gaben. Der Verſuch gelang gut, und die von dem Zellengewebe entbloͤßten Muskeln zeigten ſich ganz trocken. Ich breitete auf dieſen Muskeln einen groſſen Tropfen Gift, mit der Vorſicht, daß es nicht bis zu den andern benachbarten Theilen kommen konnte. Die Taube bekam gar keine Krankheit, und genas ſehr geſchwind von ihrer Wunde. N Ich verfuhr mit einer andern Taube, wie oben; allein ich machte es ſo, daß die Muskeln ein wenig bluteten; und man ſahe darin eine Ader, welche etwas Blut von ſich gab. Ich legte das Gift darauf; die Taube ſtarb nach dreiſſig. Stunden; aber mit nur geringen Zeichen einer Veraͤnderung in dieſen Theilen. Ich wiederholte bieſe Verſuche an den Muskeln vier anderer Tauben „ welche nicht bluteten; es ſtarb keine davon, auch ſchienen fie keine Unpaͤßlichkeit zu haben, als von dem bloſſen Einſchnitte der Haut. N i Wenn man weiß, daß die geringſte Menge Gift im Stande iſt, eine Taube in wenigen Minuten zu übten, fo wird man ſich nicht lange bedenken, zu behaupten, daß das Gift der Viper, bloß auf die Muskelfibern gelegt, ganz und gar unſchaͤdlich iſt. Das — — 109 0 > * Das Gift der Viper verliert feine toͤdtlichen Eigenſchaften nicht, ſelbſt nach⸗ Ne dem es ſchon andere Thiere vergiftet hat. Sa Ich war neugierig zu wiſſeu, ob das Gift der Viper, nachdem es einem Thiere die Krankheit mitgetheilt Hätte, aufhörte, ein Gift für ein anderes Thier zu ſeyn. Um mich davon zu verſichern, entbloͤßte ich die Beinmuskeln einer Taube, und machte darin Einſchnitte, auf welche ich ungefaͤhr einen Tropfen Gift legte. Ich verfuhr alſobald mit einer andern Taube auch ſo, und machte ihr, wie der erſtern, Einſchnitte in die Muskeln. Nach vier Minuten brachte ich die bloſſen und eingeſchnitte⸗ nen Muskeln beyder Tauben fo aneinander, daß fie ſich berührten, und hielt fie auf folche Art zwey Minuten lang zuſammen. Es ſtarb keine von beyden; die erſte wurde inzwi⸗ ſchen ſehr krank, aber die andere faſt gar nicht. 2 a Ich entbloͤßte die Muskeln zwey anderer Tauben, und machte kleine Einſchnitte darin. Ich verwundete die Muskeln der einen mit einem Zahne, aus dem Gift troͤpfelte. Nach vier Minuten brachte ich die entbloͤßten Muskeln beyder Tauben zuſammen, und hielt fie fo drey Minuten lang. Die erſte ſtarb nach drey andern Minuten, und die zweyte nach einer Stunde. . Ich wiederholte dieſen letzten Verſuch an zwey andern Tauben. Die von dem Zahn vergiftete Taube ſtarb nach achtzehn Minuten. g g Folglich faͤhrt das Gift in allen dieſen hier erzaͤhlten Fällen fort, ein Gift zu blei⸗ ben, und es verliert feine toͤdtlichen Eigenſchaften nicht, wenn es ſich mit dem Blute der lebenden Thiere vermiſcht, und in ihnen die gewoͤhnliche Krankheit hervorbringt ö * Thiere, die an der Bruſt gebiſſen wurden. Ich ließ eine Taube ein einziges mal von einer Viper an die Bruſt beiſſen. Ich verband ſie. Sie ſtarb nach zehn Minuten. d 5 Ich ließ eine andere Taube zwey mal hinter einander von einer Viper an die Bruſt beiſſen, und verband fie. Sie ftarb nach zwey Stunden. N Ich ließ ſechs Tauben von eben fo viel Vipern, jede zwey mal an die Bruſt beif ſen. Drey wurden verbunden, drey nicht. Sie ſtarben alle. Die drey verbundenen ſtarben nach 10. 20 und 50 Minuten. Die andern nach 17 Minuten, 2 und 4 Stunden. Ich ließ ihrer ſechs andere, drey an die Bruſt, drey ans Bein gleich viel mal beiſſen. Sie ſtarben alle; die drey ans Bein gebiſſenen nach 10. 15 und 20 Minuten. Die drey an der Bruſt gebiſſenen nach 17. 50 Minuten und 2 Stunden. 98 Sontana 1. B. > Diefe 406 Die wenigen Verſuche mit den Tauben ſollten VRR laſſen, daß die Biſſe an die Bruſt nicht gefaͤhrlicher ſind, als die Diſſe ans Bein; ja daß es ſich gerade umge⸗ kehrt verhielte. Allein die Verſache ſind noch in gar zu geringer Anzahl, als daß wir ge⸗ wiſſe Folgen daraus ziehen koͤnnten. Bu n Ich ließ von einer Viper zweymal nach einander ein Aesch in an die Bruſt beiſſen, und verband es alſobaſd. Es hatte an der Stelle, wo es gebiſſen worden war, eine ſehr große Wunde, welche laͤnger als funfzehn Tage offen blieb. Aber endlich wurde es wieder geſund. | Ich ließ ein anderes Meerſchwein „aber ein viel kleineres, zweymal nach einander von einer Viper beiffen, und verband es. Es ſtarb nach Verlauf von zwey Stunden. Ich ließ eins der gröffeften Meerſchweine von einer Viper zweymal auf die Bruſt beiſſen, und verband es alſobald. Es hatte nicht einmal ein Zeichen von Krankheit an fich. Zwey Tage nachher ließ ich es von neuem durch eine andere Viper an eben die Stelle beiſſen, und es ſtarb nach zwölf Stunden. Die Haut der Meerſchweine iſt ſehr geſpannt, inſonderheit auf der Bruſt. Die Viper findet viele Schwierigkeit, fie zwiſchen ihre Zaͤhne zu faſſen. Und ich habe mehr⸗ mals wahrgenommen, daß man glaubt, das Thier ſey an der Bruſt gebiſſen worden, und doch verhaͤlt es ſich nicht ſo, ſo daß man den Verſuch wiederholen muß, um ſich wohl Der von zu verſichern. Ich ließ ein kleines Kaninchen von einer Viper an die Bruſt beiſſen „ und verband es alſobald. Nach dreiſſig Seeunden fiel es auf den Bauch, und war in weniger, als ei⸗ ner Minute todt. Ich ließ ein anderes dem vorigen ahnches Kaninchen an die Bruſt Seifen. Ich verband es nicht. Es hatte eine kleine Wunde, und 115 Verlauf von drey Tagen war es geheilt. Ich ließ vier Kaninchen, jedes zweymal von einer einzigen Viper auf die Bruſt beiſſen. Ich verband zwey davon, die beyden andern nicht. Die beyden verbundenen ſtarben, eins nach einer Stunde, das andere nach zehn Stunden. Von den beyden an⸗ dern ſtarb eins nach einer Stunde. Das andere hatte kaum Spuren von der Wunde an der gebiſſenen Stelle. i Ich ließ ein Huhn zweymal von einer Viper auf die Bruſt, neben dem rechten Flügel beiſſen, und verband es. Es ſtarb nach vier und zwanzig Stunden. Ich ließ ein anderes Huhn zweymal von einer Viper auf die Bruſt nach dem rech⸗ sen Flügel zu beiſſen, und verband es nicht. Es farb nach neun Stunden, Ich 207 Ich kleß vier Hühner, wie die vorhergehenden beiſſen, und zwar unter gleichen Umſtaͤnden. Sie ſtarben alle vier in achtzehn Stunden. . Noch ließ ich vier andere Hühner, zwey wie oben an die Bruſt, und zwey ans Bein beſſſen. Die beyden an der Bruſt gebiſſenen ſtarben in weniger, als zehn Stunden. Von den beyden ans Bein gebiſſenen ſtarb das eine nach ſteben und zwanzig Stunden; das andere hatte eine ſchwere Krankheit, aber ſtarb nicht. Wenn die Anzahl der Verſuche gröffer wäre, fe koͤnnte man daraus herleiten, daß der Biß der Viper an der Bruſt für die Hühner gefährlicher iſt, als an den Beinen; und daß es ſich hier anders verhält, als wie man es bey den Kaninchen und Meerſchwei⸗ nen geſehen hat. ö Be Thiere, fo am Bauche gebiſſen wurden. f Ich ließ ein Kaninchen von einer einzigen Viper zweymal auf den Bauch beiſſen. Nach Verlauf von achtzehn Stunden bildete ſich eine ſehr groſſe Geſchwulſt an der gebiffe- nen Stelle. Vier Tage nachher war dieſelbe noch gröffer geworden. Die Haut hatte ihre Haare verlohren, und ſie war wund und geſchwuͤrig. Das Thier ſtarb jedoch nicht eher, als nach zwanzig Tagen. ; Ich ließ ein anderes dem erſten ähnliches Kaninchen von einer Viper mehrmal an den Bauch beiſſen. Nach zwoͤlf Stunden bildete ſich daſelbſt eine Geſchwulſt. Die Haare und die Haut fielen davon. Die Geſchwulſt war feucht und blutig. Sie ofnete ſich nach Verlauf von achtzehn Stunden. Es entſtand ein Geſchwüͤr drittehalb Zoll lang, und mehr als einen Zoll breit. Das Thier ſtarb nicht daran; aber es dauerte laͤnger, als zwanzig Tage, ehe es geheilt wurde. Ich ließ zwey andere ebenfalls am Bauche wie oben beiſſen. Sie wurden beyde wieder geſund, aber fie bekamen die Geſchwulſt und das Geſchwüͤr, welches viele Tage offen blieb. - Ich nahm zwey andere eben fo groffe Kaninchen, als die vorigen, und ließ fie vers ſchiedene mal von zwey Vipern an den Bauch beiſſen. Das eine ſtarb ſchon nach ſechs und zwanzig Stunden. Das andere hatte ein Geſchwuͤr, welches faſt die ganze Haut des Unterleibes einnahm, und es blieb ſechs und zwanzig Tage krank. Verſuche mit den Gedaͤrmen. Ich dfnete einem Kaninchen den Unterleib, und ließ es zweymal von einer Viper in den gewundenen Darm, drey Zoll breit von dem Grimmdarm beiſſen, und verband ihm den Unterleib ſo gut, als ich konnte. Das Thier ſtarb nach ſechs Stunden. Der Darm war entzuͤndet, ſchwarz und unter und 5 der gebiſſenen Stelle zuſammengezogen, 2 in 1og — in einer Entfernung von wehr als ſechs Zollen, ſo daß es ſich bis auf den Grimmdarm er⸗ ſtreckte. Die Blutgefaͤſſe im Gekr MR waren ſchwarz und aufgetrieben, und das Blut geronnen. — Ich wiederholte dieſen Verſach bey vier andern Kaninchen, welche ich wie oben von einer einzigen Viper in die Gedaͤrme beiſſen ße Der Erfolg ſtimmte ganz mit den vorigen überein, a Verſuche mit der Leber. Nachdem ich einem Kaninchen den Unterleib gedfnet hatte, ſo verwundete ich mit einem giftigen Zahne den rechten Lappen der Leber auf der inwendigen Seite. Nach einigen Secunden fing das Kaninchen an, zu ſchreyen und ſich zu krummen; und es ſtarb in weniger als zwey Minuten. Alle Gefaͤſſe der Leber waren voll ſchwarzen und geronne⸗ nen Gebluͤts. Es verhielt ſich eben ſo mit dem Gekroͤſe. Das Herz und die we waren mit ſchwarzem aber flüffigem Blute angefüllt. Ich verwundete an zwey Stellen den aͤuſſern $ Lappen der Leber eines andern Sanin- chens mit einem giftigen Zahne. Das Thier verſteckte ſich ein wenig, aber es ſchrie nicht. Es ſtarb eine Stunde nachher. Ich ſtach einem dritten Kaninchen in den aͤuſſern Lappen der Leber einen giftigen Zahn „ und zog ihn nicht ſogleich wieder heraus. Dieſes Kaninchen ſchrie, wie das erſte, kruͤmmte ſich gewaltig und ſtarb in weniger, als anderthalb Minuten. Das Blut war in der Leber geronnen, und eben fo auch in dem Gekroͤſe. Ich ſtieß auf die gewohnliche Art den giftigen 1.578 in den inwendigen 5 der Leber zwey anderer Kaninchen, und ließ ihn einige Zeit. Dieſe Kaninchen ſchrieen, wie gewohnlich nach wenigen Secunden und ſtarben i in weniger als zwey Minuten. Das Blut war in der Leber ſchwarz und geronnen, im Herzen und in den Herzohren war es ſchwarz, aber fluͤſſig. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch an dem aͤuſſern Leberlappen zweyer Kanin⸗ chen; aber ich zog den Zahn ſogleich, nachdem ich ihn hineingeſteckt hatte, wieder heraus. Das eine fing nach wenigen Secunden an zu ſchreyen und ſich zu kruͤmmen, und ſtarb in zwey Minuten. Das andere lebte beynahe zwey Stunden. Bey dem erſten v war das Blut in der Leber ganz geronnen; auch bey dem zweyten, aber viel weniger. In dem erfien war das Blut der Herzohren und Herzkammern fluͤſſig, und in dem andern geronnen. Verſuche mit den Ohren. Ich ließ ein mittelmaͤſſiges Kaninchen zweymal von einer Viper an das Ohr nach der Spitze zu beiſſen. Nach ſechs Stunden war das Ohr ein wenig aufgeſchwollen kon bier 8 un 209 Thier aber war munter und fraß. Nach ae von vier date war es vollkom⸗ men geheilt. Ich ließ ebenfalls an d's Spitze des Ohrs zwey andere mittelmaͤßige Kaninchen beiſſen, jedes zweymal von einer Viper. Die Ohren ſchwollen merklich auf. Aber die Kaninchen waren munter und fraſſen. Nach fuͤnf Tagen waren ſie alle beyde geheilt. Ich ließ an die Spitze des rechten Ohrs ein anderes Kaninchen zweymal von ei⸗ ner Viper beiſſen. Ich verband es; das Ohr ſchwoll ſehr auf und heilte nicht eher, als nach ſechszehn Tagen. £ Ich ließ ein Kaninchen von einer Viper zweymal ans Ohr beiſſen, ein Drittel der ganzen Hoͤhe des Ohrs uͤber ſeiner Grundflaͤchen. Auf jedem Loche, welches die Zaͤhne auf den beyden entgegengeſetzten Seiten des Ohrs gemacht hatten, war ein Blutstropfen, und neben demſelben ein kleines Troͤpfgen Gift, welches, ob es gleich den Blutstropfen berührte, ſich doch nicht damit vermiſchte. Es waren der von den Zaͤhnen gemachten Locher auf jeder Seite des Ohrs vier, ſo daß die Gifttroͤpfgen eine Zahl von acht ausmach⸗ ten. Das Ohr ſchwoll ſehr auf, und wurde erſt nach zwanzig Tagen heil. Es iſt gar nicht ſchwer, von den Troͤpfgen Gift auf der entgegengeſetzten Seite des Ohrs, Grund anzugeben. Man weiß, daß das Gift aus der Spitze des Zahns kommt. Das Ohr eines mittelmaͤßigen Kaninchens iſt nicht fo dick, als die Länge eines Vipernzahns. Darum muß die Spitze des Zahns auf der entgegengefegten Seite des Ohrs herauskom⸗ men. Wenn die Viper ihren Zahn wieder zuruͤckzieht, ſo iſt das Gift ſchon bis an ſeine Spitze gekommen, von welcher es nothwendig an den Raͤndern des Lochs haͤngen bleiben muß, welches ſich wegen der Schnellkraft der Haut des Ohrs zuſchließt. Indem der Zahn auf der andern Seite des Ohrs herauskommt, ſo laͤßt er ebenfalls auf dein Rande des entgegengeſetzten Lochs das Gift, welches er zu ergieſſen fortfaͤhrt. Dieſe auf der entgegengeſetzten Seite des Ohrs zuruͤckgelaſſenen Gifttropfen habe ich ſeit der Zeit faſt bey allen andern Kaninchen bemerkt, die ich ans Ohr beiſſen ließ; und ich habe geſehen, daß ſie insgemein groͤſſer an der Seite ſind, wo der Zahn herausgekommen, als auf der, wo er hineingedrungen iſt; inſonderheit, wenn man es ſo macht, daß die Viper die Zaͤhne nicht zu bald wieder herauszieht. Ich ließ einem Kaninchen beyde Ohren ein Drittel der Höhe des Ohrs über der Grundfläche beiſſen. Jedes Ohr wurde dreymal von einer einzigen Viper gebiſſen. Die beyden Ohren ſchwollen gewaltig auf, beynahe acht Linien nach der Grundflaͤche zu. Das Thier war ſehr krank. Es fraß nur wenig, und nicht eher als nach den erſten Tagen. Es wurde erſt nach zwanzig Tagen gaͤnzlich geheilt; es war ſehr mager geworden. 1 Ich ließ zwey andere an eben der Stelle an jedem Ohre und vesfchiedenemal v von zwey Vipern beiſſen. Die Ohren waren nach Verlauf von zwey Tagen wegen der Ge⸗ ar ungeſtaltet, Zwey andere Tage un 13 5 ſie ihnen auf den Lale und ‚Binz gen 110 a use. gen herunter. Das eine von ben beyden Kaninchen flach nach acht Tagen, indem dle Ohren geſchworen und brandig waren. Das andere genas, aber nicht eher, als in acht und zwanzig Tagen. = N Ich ließ ein Kaninchen von mittelmäßiger Gröſſe von einer Viper nur einmal ans Ohr beiſſen. Das Ohr blutete ein wenig, und zur Seite der beyden Löcher, fo die Zähne gemacht harten,’ ſahe man zwey kleine Troͤpfgen Gift. Es wurde nicht verbun⸗ den; es ſtellte ſich eine geringe Entzuͤndung und Geſchwulſt ein, und nach dreißig Stun⸗ den war es vollkommen geheilt. Se Ich ließ ein anderes Kaninchen, das eben fo groß war, als das vorhergehende, beiſſen. Ich verband es alſobald, und gab ihm flüchtiges Laugenſalz ein. Das Ohr ſchwoll ſehr auf; und war an der Stelle, wo es am meiften aufgeſchwollen war, blaͤu⸗ lich. Die Geſchwulſt des Ohrs ſtand ſechs Tage; und vier andere Tage nachher war das Thier geheilt. Ich ließ vier Kaninchen von eben ſo viel Vipern ans Ohr beiſſen. Zwey wur⸗ den verbunden, und zwey nicht. Es ſtarb keins davon. Die Ohren ſchwollen mittel⸗ maͤßig bey allen vier, und nach drey Tagen waren ſie alle geſund. Nachdem ich mich auf auf ſolche Art uͤberzeugt hatte, daß der Vipernbiß an die Ohren nicht ſehr gefaͤhrlich iſt, ſo nahm ich mir vor, dieſe Thiere von mehrern Vipern an verſchiedene Stellen beyder Ohren beiſſen zu laſſen. Zu dieſer Abſicht wählte ich zwoͤlf Kaninchen von mittelmaͤßiger Gröffe, und ließ fie alle mehrmal, jedes von drey Vipern, an verſchiedene Stellen beyder Ohren beiſſen. Sie bekamen alle eine heftige Krankheit. Ihre Ohren ſchwollen ſehr auf, und fie blieben länger, als zwölf Tage krank. Drey bekamen unter dem Kinn und am Halſe eine ungeheuer groſſe Geſchwulſt, oder ei⸗ nen Sack, der groͤſſer, als der Kopf des Thiers und mit einer Fluͤßigkeit angefüllt war; aber dem Druck nachgab. Nach zwey Tagen dfneten ſich die Geſchwuͤlſte, und die Oh⸗ ben eiterten. Mach ſechszehn Tagen waren fie vollkommen geheilt. ; . Berfuche mit der Hirnſchalenhaut. Ich entbloͤßte einer Taube die Hirnſchale, und nahm ein groſſes Stuͤck von der Haut weg. Ich machte auf der Hirnſchalenhaut mit der Spitze einer Lancette kleine Einschnitte. Ich troͤpfelte Gift darauf, jedoch fo, daß es nicht die benachbarten und abgeſchnittenen Theile berührte. Das Thier ſchien gar keinen Schaben erlitten zu haben, und es genas eben ſo bald, als eine andere Taube, mit welcher ich eben die Operation vor⸗ genommen hatte, um einen Vergleich anzuſtellen, der ich aber kein Gift auf die Hirn⸗ ſchalenhaut gelegt Hatte, Ich wiederholte dieſen Verſuch mit vier andern Tauben mit gleichem Erfolge. Es ſtarb keine; und es ſchien auch nicht einmal eine von der Krankheit des Gifts ange⸗ griffen zu fenn, E Mit Beine zu — 111 85 Mit den Knochen, und der Knochenhaut⸗ Ich entbloͤßte einer Taube die Hirnſchale, und zog einen guten Theil der Hirn⸗ ſchalenhaut davon; ich machte mit einer Lanzette kleine Einſchnitte auf die Hirnſchale, ohne jedoch dieſelbe durchzuſchneiden. Ich brachte eine Menge Gift in die Wunden, und ſahe wie gewohnlich darauf, daß es nicht an die benachbarten Theile floß. Das Thier ſtarb nicht allein nicht; ſondern es ſchien ſogar nicht das geringſte gelitten zu haben. Drey andere auf eben die Art behandelte Tauben gaben eben dieſelben Reſultate. a Nachdem ich zweyen Tauben das Schienbein entbloͤßt, und es vom Zellengewebe wohl gereinigt hatte, ſo ſtach ich an vielen Stellen mit der Spitze einer Nadel die Bein⸗ haut, und den Knochen, und verbreitete daruͤber reichlich Gift. Sie ſtarben nicht allein nicht, ſondern ſchienen auch nicht einmal eine Krankheit zu haben. Sie wurden wieder geſund, eben ſowohl, als zwey andere, bey denen ich eben dieſelbe Operation verrichtet hatte, ohne Gift dazu zu gebrauchen, um eine Vergleichung anſtellen zu koͤnnen. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit zwey andern Tauben unter eben denſelben Umſtaͤnden; und die Reſultate waren immer ebendieſelben. Es ſtarb keine, es gab keine das geringſte Zeichen einer Krankheit von dem Gifte von ſich. Ich entbloͤßte die Beinhaut am Schienbeine bey ſechs andern Tauben, und nach⸗ dem ich ſie an verſchiedenen Stellen mit einer Nadel geſtochen hatte, ſo befeuchtete ich ſie mit Gift. Es ſtarb keine von den Tauben, und fie ſchienen nichts davon zu leiden, Die harte Hirnhaut, und das Gehirn. Ich ſchnitt einer Taube ein Stud von der Hirnſchale weg, und brauchte babe die Vorſicht, daß ich die harte Hirnhaut nicht ſichtbar verletzte. Ich trocknete die harte Hirnhaut, welche entbloͤßt war, ſanft mit trockener Charpie ab; und legte einen Tropfen Gift darauf. Das Thier ſtarb nicht, auch ſchien es nicht einmal eine Krankheit von dem Gifte zu bekommen; es wurde zu gleicher Zeit mit einer andern Taube wieder beſſer, mit welcher ich, um eine Vergleichung anſtellen zu koͤnnen, eben dieſelbe Operation, aber ohne Gift vornahm. en Dieſer Verſuch zeigte eben daſſelbe Reſultat bey zwey andern eben fo, wie oben behandelten Tauben. 8 Ich nahm einer Taube ein Stück von der Hirnſchale weg, und ſchnitt die harte Hirnhaut rundherum ein. Ich ließ in die Oefnung einen Tropfen Gift laufen. Das Thier genas, und ſchien gar keinen Schaden von dem Gifte bekommen zu haben. Bey 112 Einer andern Taube ſtach ich, aber nicht ſehr tief, in das Gehirn, nachdem ich die harte Hirnhaut weggenommen hatte. Sie genas, wie die vorige. Eine dritte Taube, mit welcher ich eben die Operation vornahm, farb nach vier Stunden. Das Knochenmark. ni Ich ſchnitt zwey Tauben das Schienbein gegen das untere Ende ab, und ſteckte in den Knochen laͤngs dem Knochenmarke hinaus zwey kleine Stuͤckgen Holz, welche in das Gift eingetaucht waren. Sie ſtarben nicht, und hatten auch gar kein Zeichen von der Krankheit des Gifts an ſich. 0 5 8 Ich ſchnitt zwey andern Tauben eben ſo, wie vorher das Schienbein ab, und ſteckte in das Knochenmark zwey kleine ſtark mit Gift befeuchtete Stuͤckgen Holz z. ich ließ ſie ſechs Minuten lang darinn ſtecken. Es ſchien nicht, als wenn ſie im geringſten von dem Gifte krank waͤren. x : Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit vier andern Tauben, unter gleichen Umſtaͤnden, wie vorher. Bey allen bekam ich eben daſſelbe Reſultat, und ſie genaſen zu gleicher Zeit mit zwey andern Tauben, welche mir zur Vergleichung dienten, aber kein Gift bekommen hatten. 5 Mit der durchſichtigen Hornhaut. Ich ſtach mit einem giftigen Zahn die durchſichtige Hornhaut des rechten Auges eines groſſen Kaninchens. Es drang die waͤſſerige Feuchtigkeit heraus. Mit einem an⸗ dern giftigen Zahn ritzte ich zuerſt die durchſichtige Hornhaut des andern Auges, und darauf durchſtach ich fie. Nach einer Stunde fand ich das rechte Auge wieder mit waͤſſe⸗ riger Feuchtigkeit angefüllt und vollkommen geſund. Nach achtzehn Stunden erzeugte ſich auf der durchſichtigen Hornhaut des andern Auges ein weiſſer Fleck, aber ohne merkliche Entzündung, Nach Verlauf von drey Tagen ſahe man eine erhabene Perle auf dem linken Auge. 5 | e ch ritzte mit einem wohl abgetrockneten Zahn die Hornhaut eines andern Ka⸗ ninchen, und endlich durchſtach ich fie. Nach vierzehn Stunden war darauf eine Wolfe zu ſehen; und zwey Tage darauf hatte ſie ſich in eine Perle erhoben. Ich ließ einen Tropfen Gift in das Auge eines groſſen Kaninchen fallen, und unterſuchte daſſelbe alle Stunden. Nach achtzehn Stunden kam mir die blinzende Haut (membrane nititante) ein wenig röther, als gewöhnlich vor. Ich ließ zwey Tropfen Gift in das offene Auge eines andern Kaninchen fallen; es erfolgte keine Entzundung darauf. ö | 3 ” 3 113 Ich machte eben denſelben Verſuch an dem Auge eines dritten Kaninchen, und dieſes Auge blieb immer in feinem natuͤrlichen Zuſtande. Ich wiederholte denſelben noch an drey Kaninchen; und bey keinem entzuͤndete fich das Auge merklich. er Ich befeuchtete verfchiedene mal mit vielem Gifte die Augen eines groſſen Kanin— chen, und troͤpfelte ihm viele Tropfen auf die Lippen und auf die Zunge. Nach drey Stun⸗ den ſchien die blinzende Haut etwas wenig roth. Nach achtzehn Stunden war fie wieder in ihrem natuͤrlichen Zuſtande. Ich troͤpfelte einem andern Kaninchen verſchiedene Tropfen Gift, auch befeuch⸗ tete ich ihm mit einem Pinſel die Lippen und den Gaumen damit. Es bekam gar keine Geſchwulſt an irgend einer Stelle des Mundes; und es ſchien nichts gelitten zu haben. Dieſer Verſuch wurde noch an zwey andern Kaninchen wiederholt, und ich erhielt immer eben daſſelbe Reſultat. Es ſchwoll kein Theil im Munde auf, auch zeigte fich keine Entzuͤndung darin. a f Fünftes Kapitel. Verſuche mit dem Kamm, den Backen, der Naſe und dem Halſe der Thiere. Nach allem, was man bisher geſehen hat, blieb mir noch übrig, die Wirkungen des Vi⸗ perngifts auf den Kamm, die Backen, die Naſe und den Hals der Thiere zu unterſuchen. Dieſe Theile haben mir unerwartete und merkwuͤrdige Erſcheinungen geliefert; deswegen habe ich geglaubt, davon insbeſondere und mit einer gewiſſen Umſtaͤndlichkeit handeln zu muͤſſen. f Verſuche mit dem Kamm der Huͤhner. Ich ließ einem Huhn zweymal von einer Viper in den Kamm beiſſen. Es floß aus den Wunden, ſo die Zaͤhne machten, viel blut. Nach Verlauf von drey Stunden wurde ich gewahr, daß die Backen groͤſſer geworden waren. Nach ſechs Stunden bilde— ten ſie eine groſſe Geſchwulſt oder Blaſe. Das Huhn ſtarb nach vier Tagen, ohne ge— freſſen noch geſoffen zu haben. Die Geſchwulſt der Backen, welche nur eine einzige unge— heure groſſe bildeten, war mit einer aufgeloͤßten und fleiſchfarbigen Fluͤſſigkeit angefüllt; und mit einer Verſammlung, oder Gewebe von Faſern und Gefaͤſſen. * x Ich ließ einen kleinen Hahn von einer Viper nur einmal an den Kamm beiſſen, und verband ihn alſobald. Er ſtarb nach zehn Minuten. Fontana J. B. P Ich 114 Ich ließ einen dem erſten ähnlicher Hahn ein einziges wal von einer Viper beiſ⸗ fen; und verband ihn. Nach Verlauf von zwey Stunden waren ihm ſchon beyde Backen angeſchwollen; nach zwey und zwanzig Stunden waren ſie es kaum noch merklich; und nach ſechs und dreißig Stunden hatte nur noch eine einzige einige Zeichen von Geſchwulſt, Nach vierzig Stunden war der Hahn vollkommen geheilt. . Ich ließ einen groſſen Hahn dreymal von einer Viper an den Kamm beiſſen. Der Kamm war getheilt, ausgezackt, und allenthalben mehr als vier Linien dick. Er gab et⸗ was Blut von ſich. Es waren kleine Tropfen Gift neben den Loͤchern, welche die Zaͤhne gemacht hatten. Ich machte einen kleinen Einſchnitt in den Kamm mit der Spitze einer Lanzette und ließ ein wenig Gift hineinflieſſen. Dieſer Hahn bekam gar kein Zeichen von einer Krankheit. Zwey Tage nachher ließ ich ihn von neuem zweymal von einer andern Viper an den Kamm beiſſen. Nach zwey Stunden ſahe er nach der Grundlinie zu ein wenig blaͤulich aus, und vielleicht war er auch etwas dicker. Nach drey Stunden waren die Backen ſehr aufgeſchwollen; nach zwanzig Stunden wurden fie ungeheuer groß, und in ihrem ganzen Umfange blaͤulich. Nach drey und zwanzig. Stunden dfneten fie ſich, und der Hahn ſtarb kurze Zeit darauf. 5 5 . Man kann nicht im geringften zweifeln, daß in dem erften Falle das Gift von dem Blute wieder herausgeſpuͤhlt worden iſt, welches ſich oft in dergleichen Fällen ereignet. Es iſt viel ſchwerer von der Geſchwulſt Grund anzugeben, welche ſich an den Backen ein⸗ findet, da doch der Biß an den Kamm geſchehen iſt. Ich habe inzwiſchen ſich auch bey andern Thieren fo etwas ereignen geſehen. Oft verurfacht ein Biß an das Bein bey den Kaninchen eine Geſchwulſt, oder ſtockende Fluͤſſigkeie in den weiter unten liegenden Theis len eben deſſelben Beins. Allein ich muß mit den Verſuchen fortfahren. Ich ließ ein Huhn von zwey Vipern, von jeder zweymal an den Kamm beiſſen. Nach zwey Stunden fing die eine Bade an zu ſchwellen, die andere nicht. Nach zwan⸗ zig Stunden waren fie alle beyde ſehr angeſchwollen, und dergeſtalt mit einander vereinigt, daß fie nur einen einzigen Körper vorſtellten. Nach fechs und dreiſſig Stunden waren fie ungeheuer groß und blau. Nach zehn Tagen war das Huhn geheilt; den vierten Tag holte es mit vieler Muͤhe und ziſchend Athem. Die Stimmritze war entzündet und offen, und die Luftroͤhre aufgetrieben. Ich ließ ein Huhn von zwey Vipern mehrmal an den Kamm beiſſen. Nach drey Minuten war der Fuß des Kamms blau und er ſchien ein wenig dick zu ſeyn. Nach einer Stunde ſchienen die blaue Farbe und die Geſchwulſt verſchwunden zu ſeyn, aber ſtatt def ſen waren die Backen aufgeſchwollen. Nach drey Stunden troͤpfelte aus einem untern Augenliede aus allen Punkten Blut. Der Schlund und der Gaumen waren ſchwarz. Nach Verlauf von zwölf Stunden ſchien das Huhn ſterben zu wollen. Die Backen wa⸗ ren blau und ungeheuer groß. Es ſtarb nach dren und dreiſſig Stunden, Ich 1135 Ich ließt ein Huhn von einer Viper vielmal an den Kamm beiſſen. Es ſchwoll eine von den Backen kaum ein wenig auf. Nach ſechs und dreiſſig Stunden war dieſe wenige Geſchwulſt verſchwunden; aber das Huhn holte nicht gut Athem und that es mit vieſem Geräuſch. Die Luftroͤhre war angeſchwollen und ſehr entzuͤndet, ſelbſt noch nach ſechs Tagen. Es genas vollkommen nach zehn Tagen. Alle dieſe Erfahrungen beweiſen eine unmittelbare Gemeinſchaft der Gefaͤſſe und Säfte zwiſchen dem Kamm und den Backen der Hühner. Ich laſſe hier die umſtaͤndliche Erzählung aller andern Verſuche weg, welche ich an Huͤßnern gemacht habe, und die ſich Pi mehr als zehn belaufen, alle aber auf eben das hinauslaufen, was man eben gefe- en hat. a i Verſuche mit den Backen der Hühner. Ich war neugierig zu wiſſen, was ſich wohl vereignen wuͤrde, wenn ich nicht den Kamm, fondern nur die Backen von der Viper beiſſen lieſſe; nemlich, ob der Biß wohl ehen fo gefaͤhrlich ſeyn würde; und ob die Geſchwulſt nur nach dem Kamm ginge, oder ſich an dem Kamm und ben Backen zugleich bildete. Ich ließ von zwey Vipern mehrmal die Backen eines Huhns beiſſen. Nach zmeg Minuten waren fie ſchon geſchwollen und blau. Aus den Augen floß eine groſſe Menge Waſſer, und ſie waren von der blinzenden Haut, welche verdorben war, zugeſchloſſen. In weniger als einer Stunde hatten die Backen eine auſſerordentliche Dicke, und fie wa⸗ ren blau. Es ſtarb nach fuͤnf Stunden. Ich ließ von einer Viper zweymal die Backen eines andern Huhns beiſſen. Sie ſchwollen in weniger, als vier Minuten an, und nach Verlauf von zwey Stunden waren fie ſehr dick und blau. Der Kamm ſchien an den Spitzen unb Nändern ein wenig dunkel zu ſeyn. Das Huhn ſtarb in drey Tagen⸗ 7 Diefe wenigen Verſuche könnten uns auf die Vermuthung bringen, daß die an dem Kamm gemachten Wunden nicht ſo gefaͤhrlich find, als diejenigen, fo unter gleichen Umſtaͤnden an den Backen gemacht werden. Um mich von der Wahrheit dieſer Vermuthung zu überzeugen, glaubte ich folgen. de Verſuche machen zu muͤſſen. Ich ließ ſechs Huͤhner jedes zweymal von einer einzigen Viper beiſſen. Drey wurden am Kamm, und drey an den Backen gebiſſen. Von den erſtern ſtarb nur eins, und von letztern zwey. Dieſer Verſuch, welcher bey ſechs andern Huͤhnern wiederholt wurde, hatte einen stwas andern Erfolg. Es ſtarb nur eins von denen, fo am Kanim gebiſſen waren, und die, fo an den Backen gebiſſen waren, ſtarben alle. 9 2 9 Dieſe 116 ee Dieſe neuen Verſuche lieffen mich glauben, daß meine Vermuthung ſehr wahr⸗ ſcheinlich wäre; nemlich daß der Vipernbiß gefährlicher für die Hühner iſt, wenn er an den Backen, als wenn er am Kamm geſchieht. Der Zufall, welcher den Huͤhnern begegnet, wenn ſie am Kamm von den Vipern gebiſſen worden find, iſt ſehr ſonderbar. Die Wirkung des Gifts, die Krankheit ſelbſt wirft ſich auf einen entfernten Theil, der nicht gebiſſen worden iſt. Und wenn man die Backen beiffen laͤßt, ſo begiebt ſich das Gift nicht nach dem Kamm, und die Krankheit wird dieſem Theile nicht mitgetheilt; und doch iſt der Bau der Backen und des Kamms eben derſelbe, und ſie haben beyde einerley Gefaͤſſe und Nerven. 8 Ich muß geſtehen, daß dieſe Erſcheinung mir ſehr merkwuͤrdig und werth zu ſeyn ſchien, einigermaſſen durch weitere Unterſuchungen erforſcht zu werden. f Ich machte den Anfang damit, einem Huhn nur ein einziges mal den Kamm von einer Viper beiſſen zu laſſen, und nach funfzehn Secunden ſchnitt ich ihm die Backen ab. Das Huhn ſtarb nicht allein nicht, und zeigte keine Veraͤnderung an dem Kamm; ſondern es ſchien auch nicht, daß es den geringſten Stoff von der Krankheit des Gifts bey ſich truͤge. Ich ließ einem Huhn ein einziges mal den Kamm beiſſen, und nach funfzehn Se⸗ eunden ſchnitt ich ihn ganz bis auf den Fuß ab. Die Backen ſchwollen nicht auf, und es ſchien das Huhn kein einziges Zeichen von der Krankheit des Gifts an ſich zu haben. Ich ließ von einer Viper mehrmal einen groſſen Hahn an die Backen beiſſen. Sechs Stunden nachher waren feine beyden Backen gewaltig angeſchwollen. Den fol— genden Tag waren ſie es noch mehr, und auſſerdem noch blau. Er wurde geſund nach Verlauf von dreyzehn Tagen. . b Ich ließ nach einen andern ſehr groffen Hahn von zwey Vipern mehrmal an die ' Backen beiſſen. Nach zehn Minuten ſchnitt ich fie ihm ab. Den andern Tag fraß er, und ſchien geſund zu ſeyn, und nach drey Tagen war er vollkommen geheilt. Ich wiederholte dieſe Verſuche mit den Backen ſechs anderer Haͤhne, und ließ ei nen jeden mehrmal von zwey Vipern beiſſen. Ich ſchnitt ihnen alle die Backen ab, aber nach verſchiedenen Zwiſchenzeiten. Ich that es nach 1. 2. 4. 8. 16. 32 Minuten. Sie Sci alle, und ſchienen nicht weiter krank zu ſeyn, als an dem bloſſen mechaniſchen nitte. . Ich ließ einen groſſen Hahn von zwey Vipern mehrmals an den Kamm beiſſen; 55 nach acht Minuten ſchnitt ich ihm die Backen ab. Er ſtarb nach Verlauf von drey kunden. Ich 1157 5 Ich ließ noch einen andern ſehr groſſen Hahn von zwey Vipern mehrmal an den Kamm beiſſen, und ſchnitt ihm die Backen nach vier Minuten ab. Er ſtarb nach fieben und zwanzig Minuten. Dieſer Hahn war kaum von der erſten Viper gebiffen worden, ſo konnte er ſchon nicht mehr auf den Fuͤſſen ſtehen, und ſeinen Kopf gerade halten. Er ſperrte feinen Schnabel auf, holte beſchwerlich und geſchwind Othem, und aus feinem Schnabel floß eine zaͤhe Feuchtigkeit. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit ſechs andern Haͤhnen, welche ich mehrmal von zwey Vipern an den Kamm beiſſen ließ. Ich ſchnitt ihnen allen den Kamm nach vier Mi⸗ nuten ab. Drey ſtarben in weniger als zwanzig Stunden; und drey hatten eine heftige Krankheit, und genaſen erft nach zehn Tagen. Verſuche mit dem Halſe der Thiere. n Ich ließ ein kleines Meer ſchwein zweymal von einer Viper hinten auf den Hals beiſſen, und verband es; es ſtarb nach vierzig Minuten. Ich ließ oben am Halſe ein Kaninchen von mittelmaͤſſiger Groͤſſe zweymal von ei⸗ ner einzigen Viper beiſſen, und verband es. Es ſtarb nach vier und zwanzig Stunden. Ich ließ zwei Meerſchweine, jedes von einer Viper zweymal am Halſe beiſſen. Das eine wurde verbunden, das andere nicht. Sie ſtarben alle beyde; das verbundene nach einer Stunde, und das andere nach vier Stunden. Ich ließ zwey kleine Kaninchen, jedes von einer Viper mehrmal an den Hals beiſſen. Das eine wurde verbunden, und nahm einige mal von dem fluͤchtigen Laugenſalze ein. Dem andern brauchte ich nichts. Sie ſtarben alle beyde. Das erſte nach vier Stunden, das andere nach zwey und zwanzig Stunden. Ich ließ ein ſehr groſſes Meerſchwein von einer einzigen Viper zweymal an den Hals beiſſen. Nach einer Stunde war der Hals blau und geſchwollen an der gebiſſenen Stelle. Nach drey und zwanzig Stunden war daſelbſt eine groſſe Wunde. Nach zwey Tagen war die Materie, welche die Geſchwulſt bildete, unter das Kinn gezogen, und machte einen groſſen Beutel oder Sack. Nach vier Tagen hatte die Geſchwulſt ſich derge— ſtalt ausgebreitet, daß ſie faſt die ganze Bruſt einnahm; die Haut hatte die Haare und das Oberhaͤutchen verlohren; und es ſchwitzte eine etwas gefaͤrbte Feuchtigkeit daraus. Nach ſechs Tagen fing fie an dünner zu werden, und das Thier war nach funfzehn Ta⸗ gen geheilt. f > Die Krankheit oder Materie, welche bey dieſem Thiere von dem hoͤhern Theile des Halſes zu den niedrigern herunter ſank, und ſich über die Bruſt ausbreitete, wo fie einen Sack bildete, hat die groͤſſeſte Aehnlichkeit mit den Erſcheinungen, welche wir be⸗ P 3 > ; merkt — 118 — merkt haben, als ich den Kamm der Hühner heiſſen ließ. Der einzige Unterſchied, der da⸗ zwiſchen iſt, iſt dieſes, daß bey den Huͤhnern dieſer Erfolg haufiger, ja ſogar der gewoͤhn⸗ lichſte it; und daß es im Gegentteeile viel ſeltener bey den vierfüfligen Thieren, wenig⸗ ſtens bey den Meerſchweinen vorfaͤllt, wenn fie am Halſe gebiſſen werden. Von zwey und zwanzig Thieren, ſo ich auf eben dieſelbe Art behandelt habe, und unter denen ich eilf verband und die andern nicht, ſahe ich ihrer nur fuͤnf, bey welchen die Krankheit ſich un⸗ ten an den Hals warf, und einen Sack bildete. Von dieſen fünf waren drey verbunden, und zwey nicht. Die Anzahl der geſtorbenen war auf benden Seiten gleich; es waren ihrer vier im ganzen. ; wi Es iſt inzwiſchen wahr, daß ich, als ich einige andere, aber von mehrern Vipern und mehrmal hatte beiffen laſſen, eine gröffere Anzahl von Thieren hatte, bey denen ſich der Sack oder die Geſchwulſt unterwaͤrts bildete; fie ſtarben aber faſt alle. Ich erhielt aͤhnliche Reſaltate, als ich eben dieſelben Verſuche mit den Kaninchen anſtellte. Der Sack bildet ſich zuweilen auch bey dieſen Thieren unter dem Kinn, wenn fie gleich nur an den Hals gebiffen worden find; und er entſteht öfter, und wird viel groͤf⸗ fer, wenn man fie von mehrern Vipern hat beiſſen laſſen, und alsdann fterben fie leichter, Verſuche mit der Naſe der Thiere. Es blieb mir uͤbrig die Wirkungen des Vipernbiſſes auf einen Theil zu unterſuchen, den man für den empfindlichſten und denjenigen halt, fo am geſchickteſten ift, einigen Thieren den Tod zuzuziehen, wenn er beſchaͤdigt iſt. Dieſer Theil iſt die Naſe. Es ſcheint, daß die Katze, welche ein ſo hartes Leben hat, wie die andern Thiere, bald ſtirbt, wenn man fie auf dieſen Theil ſchlaͤgt. Mead haͤlt ihn für fo empfindlich und gefährlich bey den Hunden, daß, als er ſich von der Wirkſamkeit eines Mittels wider den Vipernbiß überzeugen wollte, er einen Hund an die Naſe beiſſen ließ, und das Mittel darauf legte. Der Hund ſtarb nicht, und dieſes war genug, um dieſes Mittel als ein wahres ſpecifiſches Mittel zu betrachten. St ſtark war er der Meinung, daß der Vipernbiß auf die Naſe toͤdtlich wäre, 5 Ich will hier nicht alle Verſuche erzaͤhlen, welche ich mit dieſem Theile angeftellg habe; ſondern nur eine kleine Anzahl derſelben, welche hinreichend find, um unſere Begriffe zu berichtigen, die fich auf gar zu gemeinen Meinungen gründen. : Man wird ſehen, was für eine Meinung man von dem Biſſe der Viper an die Naſe haben müffe, und wie durchaus nothwendig es ſey, die Natur durch Verſuche und Erfahrungen zu fragen. Es iſt nichts gefährlicher und ungewiſſer in dergleichen Unter ſu⸗ chen, als eine leere Analogie, oder verführeriſche und ſhunbete Bopnunfertlie ir afur- ——— 119 Natur läßt ſich nicht ertathen, und die Waheſager im der Makurlehre verdienen keinen Glauben. . Ich ließ ein kleines Kaninchen zweymal von einer Viper an die Naſe beiſſen. Zwey Minuten nachher war die Naſe faſt unmerklich angeſchwollen. Nach drey Stunden bildete ſich eine Geſchwulſt am Halſe unter dem Kinn. Nach ſieben Stunden wurde die Ge⸗ ſchwulſt ſehr beträchtlich, aber das Thier genas⸗ Ich ſieß ein anderes Kaninchen, das ein wenig groͤſſer war, als das erſte, an die Maſe beiſſen, und verband es. Es wurde zweymal von einer Viper gebiſſen, aber der eine Biß hatte die Oberlippe neben der Naſe getroffen. Zwey Minuten nachher war die Maſe geſchwollen. Es bildete ſich unter dem Kinn eine Geſchwulſt, die einen ungeheuer groſſen Umfang hatte. Nach zwanzig Stunden oͤfnete nch die Geſchwulſt, es kam viele Materie daraus; und das Thier genas nach ſechs Tagen. Ich ließ ein drittes Kaninchen von mittelmaͤſſiger Gröſſe zweymal von einer Viper an die Naſe beiſſen. Die Naſe ſchwoll kurze Zeit darauf an. Nach zwey Stunden enk⸗ fand eine Geſchwulſt unter dem Kinn; Nach fleben Stunden war die Geſchwulſt blutig und ſehr groß. Nach ſechs und dreiſſig Stunden fingen die Geſchwulſt und die Haut an, trocken zu werden; und das Thier genas nach ſechs Tagen. f Sechs andere Kaninchen wurden unter gleichen Umſtaͤnden gebiſſen. Es ſtarb keins davon, und die Wirkungen waren beynahe eben dieſelben, als in den obigen Fällen, Der Biß der Viper an die Naſe der Kaninchen ſcheint weniger gefaͤhrlich zu ſeyn, als der Biß an die andern Theile, im Gegentheile desjenigen, was man nakuͤrlicher Weiſe haͤtte glauben ſollen. Uebrigens ift die Krankheit, fo er hervorbringt, in Anſehung feines Sitzes, derjenigen fehr ähnlich, welche auf den Biß an den Kamm des Huhns erfolgt. In den Fällen, von denen ich rede, entſteht auch eine Geſchwulſt an einem Orte, wohin das Thier nicht gebiſſen worden iſt. Sie entſteht an einem Orte, der tiefer liegt, als die gebiſſene Stelle, und am haͤuſigſten verurſacht das Gift kaum eine wirkliche und merkliche Krankheit an dem Orte, wo es hineingedrungen iſt. Der einzige weſentliche Unterſchied, welcher dabey iſt, beſteht darin, daß bey den Kaninchen die Geſchwulſt einen geöffern Um⸗ ang nimmt, und ſich zuweilen bis mitten auf die Bruſt erſtreckt, Es bleibt uns noch zu wiſſen übrig, ob ſich eben das bey den andern Thieren auch ereignet, Ich ließ ein groſſes Meerſchwein von einer Viper an die Maſe beiſſen. Eine halbe Stunde nachher war die Naſe ſehr angeſchwollen; aber nach drei Stunden hatte dieſe Ge⸗ ſchwulſt ſehr abgenommen. Statt derſelben ſtellte ſich eine groſſe Geſchwulſt unter dem Kinn ein. Nach Verlauf von funfzehn Stunden oͤfnete ſich dieſelbe, und gab eine große Mange Blut und Waſſer von ſich. Nach ſechs und dreiſſig Stunden war fie aus geleert, . und 120 und die Haut hatte ſich vertrocknet. Es war vollkommen gefund nach vier Tagen. Die ſes Thier war niemals ſehr krank, u es fraß immer. Ich ließ ein anderes groſſes Meerſchwein zweymal von einer Viper an die Naſe beiſſen. Die Naſe und die Schnautze ſchwollen ſehr an; aber ſie wurden wieder duͤnner, ſo wie ſich eine Geſchwulſt unter dem Kinn bildete. Zwey und zwanzig Stunden nach⸗ her fing die Geſchwulſt, welche ſich eine Stunde vorher geoͤfnet hatte, an, trocken zu werden. Nach ſechs und dreiſſig Stunden ſchien ſie faſt ganz trocken zu ſeyn; und nach zwey Tagen war das Thier geheilt. Es ſchien waͤhrend der ganzen Zeit wenig zu leiden, und fraß beſtaͤndig. ö Rs h Ich ließ ein groſſes Meerſchwein von zwey Vipern an die Schnauße beiſſen, wel⸗ che es jede zweymal biſſen. Die Naſe ſchwoll in weniger, als drey Minuten auf. Sie war noch gröffer nach zehn Minuten. Zwey Stunden nachher entſtand eine Geſchwulſt unter dem Kinn, und die Naſe fing an kleiner zu werden, kurze Zeit darauf war ſie wieder in ihrem naturlichen Zuſtande. Nach drey und zwanzig Stunden war die Geſchwulſt ſehr groß; ſie nahm faſt die ganze Bruſt ein, und nach zwey Tagen kam ſie auf. Nach fuͤnf andern Tagen war das Thier geheilt. : Ich wiederholte eben denfelben Verſuch an einem andern groſſen Meerſchweine. Ich ließ es von drey Vipern, von jeder dreymal beiſſen. Die Naſe ſchwoll ſehr auf, fo wie auch die Schnauze; aber ſie blieben nur vier Stunden geſchwollen. Nach zwey Stunden ſahe man ſchon unter dem Kinn eine groſſe Geſchwulſt, welche nach drey und zwanzig Stunden ungeheuer groß war, und bis auf die Bruſt ſich erſtreckte. Dieſe Ge⸗ ſchwulſt oͤfnete ſich nach dreiſſig Stunden. Das Thier war nicht eher, als den achten Tag vollkommen geheilt. Ich fand, daß die Knochen der Naſe entblößt und die Haut rund herum verzehrt war. i Ich machte eben denſelben Verſuch an zwey andern, aber kleinen Meerſchweinen. Das eine ſtarb nach zwoͤlf Stunden, das andere bekam die gewoͤhnliche Geſchwulſt; aber es ſtarb nicht, ob es ſich gleich ſehr übel befunden hatte. { Der Biß der Viper an der Naſe ſcheint beynahe eben die Wirkungen auf die Meerſchweine, als auf die Kaninchen hervor zubringen; und es ſcheint, daß das Gift an dieſem Theile weniger gefaͤhrlich iſt, als an allen andern Stellen. Man bemerkt auch eben die Beſtaͤndigkeit von Wirkungen in Anſehung des Sitzes der Krankheit; aber ſind dieſe Wirkungen eben dieſelben bey allen andern Thieren? Ich will erzaͤhlen, was ich bey den Hunden und Katzen wahrgenommen habe, welche in den Plan meiner gegenwaͤrtigen Unterſuchungen gehoͤren. Man wird ſehen, wie wenig man ſich auf die Analogie allein verlaſſen muß, und wie einerley Urſache ſehr verſchiedene Wirkungen hervorbringt, wenn man bloß einen Umſtand abaͤndert, von dem man glauben moͤchte, daß er keine groſſe Ab⸗ änderung hervorbringen wuͤrde. g Ich 121 Ich ließ einen kleinen Hund von zwey Vipern mehrmal an die Naſe beiſſen. Die Naſe und das Maul ſchwoll an, und das Trier ſtarb nach acht Stunden, ohne das ge⸗ ringſte Zeichen einer Krankheit in irgend einem andern Theile. Ich ließ einen doppelt ſo groſſen Hund, als den erſten mehrmal von zwey Vipern an die Naſe beiſſen. Das ganze Maul ſchwoll ihm dergeſtalt an, daß nach zwoͤlf Stun⸗ den fogar die Lippen ſehr geſchwollen waren. Er übergab ſich verſchiedene mal. Er war drey Tage hintereinander ſehr krank. Zu Ende des dritten Tages ſing er an zu ſaufen; den vierten fraß er; den fünften Tag war er vollkommen wieder gefund, Ich nahm einen andern noch groͤſſern Hund, als den zweyten, und ließ ihn von drey Vipern, von jeder dreymal an die Naſe beiſſen. Kurze Zeit darauf ſchwollen ihm die Naſe, die Schnautze und die Lippen dergeſtalt an, daß fie wegen ihrer Dicke ungeſtal⸗ tet waren. Er erbrach ſich ſehr oft. Den vierten Tag trank und aß er; den fuͤnften war er geheilt. 25 f Ich ließ einen andern ſo groſſen Hund, als der vorhergehende war, beiſſen. Er wurde von vier Vipern an die Naſe gebiſſen, und eine jede biß ihn drey oder vier mal. Er hatte einen Biß neben der Naſe, und einen andern an einer Lippe. Seine Schnautze ſchwoll auf bis an die Augen, und feine Naſe wurde ganz ungeſtaltet. Er übergab ſich oft. Er ſoff und fraß nicht eher, als nach Verlauf von drey Tagen. Den fuͤnften war er geheilt. Be = Ich ließ einen andern groſſen Hund von ſechs Vipern an die Naſe beiſſen. Jede Viper biß ihn drey oder viermal. Die Naſe und die Schnauze ſchwollen gewaltig auf. Er erbrach ſich ſehr oft. Er fraß nach dem vierten Tage, und wurde den ſechsten geſund. Endlich nahm ich einen eben fo groſſen Hund, als dieſer letzte war; Ich ließ ihn von ſechs Vipern an die Naſe beiſſen, und jede Viper biß ihn drey oder viermal. Seine Naſe ſchwoll auſſerordentlich an; er fraß erſt nach dem fünften Tage. Er übergab ſich oft, und genas nach ſieben Tagen. 5 Die Kaninchen und Meerſchweine haben gewoͤhnlich die Krankheit unter dem Kinn, und nicht an der Naſe; Ganz verkehrt verhaͤlt es ſich mit den Hunden. Die Krankheit iſt ganz an der Naſe und nicht unter dem Kinn. Sie machen alſo eine Art von Ausnahme von den oben erzählten Fällen. a Es iſt übrigens ſonderbar, daß die Wirkung des Gifts, da fie auf die Naſe ein⸗ geſchraͤnkt iſt, keine unheilbare und brandige Geſchwüre in dieſen Theilen hervorbringt. Man ſieht ſogar ganz das entgegengeſetzte. Der gebiſſene Theil bekommt gewoͤhnlich kein Geſchwiür; und es ſtirbt das Thier nicht nur nicht leicht, ſondern es ſcheint auch nur eine leichte Krankheit zu haben, weil es in wenig Tagen wieder beſſer wird. 5 Fontana I. B. 2 b Ber E22 i Er Verſuche mit Katzen, fo an der Naſe gebiſſen wurden. Man hat weiter oben geſehen „ daß die Katze ein Thier iſt, das mehr als die andern dem Vipernbiſſe widerſteht, obgleich das Gift ihr allezeit eine wirkliche Krankheit verur⸗ ſacht. Man konnte vermuthen, daß der Biß der Viper an die Naſe der Katze ihr keine koͤdtliche Krankheit verurſache. Aber auf der andern Seite weiß man, daß die mechani⸗ ſchen Verletzungen der Nafe für die Katzen gefährlich find, und daß fie leicht ſterben, wenn ſie aus der Hoͤhe auf dieſen Theil fallen. Ich wollte alſo auch in dieſem Falle zur Erfahrung meine e Bufudt nehmen, mel che allein mich von der Te verſichern koͤnnte. Ich kieß eine Katze von m ittelmaͤſſi ſiger Groͤſſe von einer Viper mehrmal an die Naſe deiſſen. Die Schnautze ſchwoll in ihrem ganzen Umfange auf, Das Thier fraß fehon den zweyten Tag, und war den dritten ganz geheilt. Ich ließ eine andere beiſſen, fo der vorhergehenden ahnlich war. Sie wurde mehr⸗ mal von einer Viper an die Naſe gebiſſen. Wenige Minuten nachher ſchwoll ihr die Naſe an. Sie erbrach ſich zweymal. Sie fraß ſchon den zweyten Tag, und war den dritten vollkommei⸗ geheilt. f Dieſe zweyte Katze ſchien wenig gelitten, und nur eine 1 unbedeutende Krank⸗ heit gehabt zu haben. Ich ließ eine dritte Katze mehrmal von einer Viper an der Schnautze beiſſen. Ei⸗ ner von den Biſſen traf ihre Oberlippe, welche ſehr blutete. Die ganze Schnautze ſchwoll ihr ſehr auf; aber den zweyten Tag fraß fie, und den dritten war fie geheilt. Ich ließ eine groſſe Katze mehrmal von einer Viper an die Naſe beiſſen. Die Naſe blutete ſtark. Wenige Minuten nachher ſchwoll fie ihr ein wenig auf. Nach zwan⸗ zig Stunden war ſie noch geſchwollen; Aber die Katze ſchien wenig krank zu ſeyn; Nach vierzig Stunden war ſie geheilt. f Ich ließ eine andere Katze von mittlerer Größe mehr von einer Viper an die Naſe beiſſen. Sie biß einmal auf die Schnautze und die Lippen. Fuͤnf Minuten nachher war die Schnautze geſchwollen. Nach fünf Stunden erbrach ſich die Katze mehrmal; nach ſechs und dreiſſig Stunden war ſie vollkommen geheilt. ö Ich ließ wieder eine andere Katze mittlerer Groͤſſe an die Naſe und Schnautze oben und unten beiſſen. Sieben Stunden nachher übergab fie ſich mehrmal. Ihre Naſe er 1 ſchwollen an, aber nur mistelmäflig, Nach zwanzig rate war fie geheilt, 8 Eine 123 Eine andere Kae von mittlerer Groͤſſe wurde von drey Vipern gebiſſen, welche fie eine jede drey und mehrmal biſſen, an die Naſe, an die Schnautze, und ſelbſt inwen⸗ dig an den Gaumen, welcher blutete. Einige Minuten nachher ſchwoll ihre Schnautze, aber nur wenig an. Sie übergab ſich verſchiedene mal und ihr Gaumen entzündete ſich ganz und gar nicht. Sie fraß nach drey Tagen; und nach Verlauf von fünf Tagen war fie vollkommen geheilt. £ . Ich nahm eine andere ein wenig gröffere, als die vorhergehende, und ließ fie von vier Vipern beiſſen, jede mehrmal an der Naſe, der Schnautze, den Lippen, und am Gaumen, ſo daß die Katze, als fie fühlte, daß fie im Maule von der Viper gebiſſen wurde, ſie mit den Zaͤhnen faßte, und ihr faſt ganz den Kopf abbiß. Die Naſe und die Schnautze ſchwollen ihr ſehr an. Sie übergab fi) mehrmal. Sie fraß den vierten Tag, und den ſechsten war ſie wieder geſund. i ie Ich wiederholte eben denſelben Verſach mit drey andern Katzen „ welche ich ver⸗ ſchiedene mal von einer Viper an die Naſe beiſſen ließ; und die Wirkungen waren beynahe eben dieſelben; ſo daß es ſcheint, man koͤnne daraus herleiten, daß der Biß der Viper an der Naſe nicht ſehr gefährlich für die Hunde, und noch weniger für die Katzen iſt. SEes iſt inzwiſchen ſehr ſeltſamm, daß bey den Katzen und Hunden ſich keine ſolche Geſchwulſt unter dem Kinn bildet, und die örtliche Krankheit ſich nur auf die gebiſſene Stelle einſchraͤnkt, da hingegen bey den Kaninchen und Meerſchweinen die Krankheit nicht an der gebiſſenen Stelle befindlich, ſondern an einem andern und tiefer herunter lie⸗ genden Theile des Thiers. ie Es iſt klar, daß diefer Unterſchied nur von dem beſondern Bau und der verſchie⸗ denen Natur dieſer Thiere abhaͤngen muß. Aber dieſe Verſchiedenheit iſt gerade das, was wir nicht wiſſen. ö Ich muß hier einem Einwurf zuvorkommen, den mir diejenigen machen koͤnnten, welche nicht gewohnt ſind, dergleichen Verſuche zu machen. 5 a Man koͤnnte ſagen, daß vielleicht die Biſſe an der Naſe bey dieſen Thieren weni⸗ ger gefaͤhrlich werden, weil ſie immer daran lecken. Die Kaninchen und Meerſchweine lecken ſich nicht, wenn ſie gleich gebiſſen ſind; ich habe mich davon ſo uͤberzeugt, daß ich nicht befuͤrchten darf, geirrt zu haben. 2 Mehr als zwey Drittel, ſowohl von den Hunden als Katzen, welche ich habe an die Naſe beiſſen laſſen, haben ſich niemals geleckt, ob fie es gleich leicht gekonnt haͤtten. Ich habe ſie zwey ganze Stunden lang ſelbſt beobachtet, und beobachten laſſen. Es iſt wahr, daß diejenigen, welche viel bluten, ſich, wenn ſie koͤnnen, lecken. Aber wenn man darauf Acht giebt, ſo ſieht man, daß ar Thier nur mit der Zunge ſich 2 id 9 5 * 2 ute — — 124 Blute zu reinigen ſucht, welches, wenn es fließt, daſſelbe kitzelt, und daß es nicht mehr leckt, ſobald als es damit fertig iſt, welches in einem Augenblick geſchieht. In den Ver⸗ ſuchen, welche ich mit den Hunden und Katzen angeſtellt habe, ſo aus der Naſe bluteten, hielt ich' einige davon ab, daß fie ſich nicht teckten, und andere ließ ich es thun. Die Krankheit war bey allen gleich. So daß es gewiß iſt, daß das bloſſe Lecken der Naſe, welches die Hunde und Katzen thun, ganz und gar nicht die Wirkungen des Gifts der Viper auf dieſe Theile ſchwaͤcht. 2 Sechstes Kapitel. Verſuche mit den Sehnen. Ville neuere Phyſtologen haben geglaubt, daß die Sehnen kein Gefühl haben. Es iſt gewiß, daß man noch nicht mit Gewißheit hat beweiſen koͤnnen, baß die Sehnen entwe⸗ der vom Muskel, oder von der Scheidehaut, ſo ſie bedeckt, Nerven bekommen. Eben fo wenig ſcheint es, daß rothe Gefaͤſſe darin find, wenigſtens nicht in einer gewiſſen Ans zahl, und keine empfindliche. Es war naturlich zu vermuthen, daß der Biß der Viper in die Sehne nicht von wichtigen Folgen ſeyn muͤſte, und daß das Gift auf dieſen Theil nicht wirken koͤnnte. Demohngeachtet habe ich aber auch uͤber dieſen Punkt die Erfahrung fragen wollen. „ 5 Ich bin mehr als einmal in Gefahr geweſen, mich zu irren, als ich die Sehnen don den Vipern beiſſen ließ; und wenn ich meine Verſuche nicht vervielfältigt, und auf vielerley Weiſe veraͤndert hätte, fo würde ich gewiß in Irrthumer gerathen ſeyn. Ich will einige von den Verfuchen, die ich mit den Sehnen angeſtellt habe, umſtaͤndlich erzaͤhlen, um zu zeigen, daß es leicht iſt, ſelbſt fuͤr einen Beobachter, ſich zu irren, wenn es nut auf die Verſuche allein ſieht; weil ihre Reſultate verſchieden ſeyn koͤnnen, wenn gleich kein Unterſchied zwiſchen den Umſtaͤnden zu ſeyn ſcheint. Ich machte meine Verſuche an den Kaninchen; aber ich bediente mich der gröffe: ſten, welche ich nur finden konnte; einige davon wogen zehn Pfund und darüber. Nachdem ich die Haut über der Achillesſehne weggeſchnitten, und fie in einer Laͤnge von fechs Linien von ihrer Scheide entbloͤßt hatte, fo zog ich ein mehrmal zuſammen⸗ gelegtes Stuͤck feiner Leinwand darunter durch, um zu verhindern, daß das Gift keinen andern Theilen mitgetheilt würde. Ich verwundete dieſe Sehne an verſchiedenen Stellen mit einem Zahne, aus dem Gift tröpfelte, und bedeckte fie darauf mit den Enden der Lein⸗ wand dergeſtalt, daß es nicht moͤglich zu ſeyn ſchien, daß das Gift den benachbarten Thei⸗ len mitgetheilt wurde. Das Thier ſtarb nach ſechs und dreiſſig Stunden. Die Sehne war in ihrer ganzen Subſtanz blaͤulich; aber die benachbarten Theile waren nicht merklich veraͤndert, 5 . Ich 125 Ich oͤfnete einem andern Kaninchen die Haut über beyden Achillesſehnen. Ich entblößte ſie alle bende von ihrer Scheide. Die Sehnen waren glatt, hatten eine Silber⸗ farbe, und keine Gefaͤſſe. Ich legte ein achtmak zuſammengefaltetes Stuck Leinwand darunter. Ich ließ fie von zwey Vipern wiederholte mal beiſſen; und bedeckte fie darauf mit der Leinwand, ſe daß das Gift nicht anderswo hindringen konnte. Nach acht und dreiſſig Gtunden ſtarb das Thier. Das Blut in den Herzohren und Herzkammern, und in den groſſen Sungengefäffen war ſchwarz und geronnen. Die Lunge hatte viele blaue Flecke. Die Muskeln um den Sehnen waren ein wenig entzuͤndet, und hatten an ver⸗ ſchiedenen Stellen blaue Flecken. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch an zwey andern Kaninchen; und bekam beynahe eben daſſelbe Reſultat. Sie ſtarben alle beyde in ſieben und dreiſſig Stunden. Obgleich aus den bis jetzt erzaͤhlten Ver ſuchen deutlich folgt, daß die Kaninchen ſterben, wenn ſie von den Vipern an die Achillesſehnen gebiſſen werden, ſo konnte ich demohngeachtet nicht begreifen, daß ſie von dem hineingedrungenen Gifte, und an der von dem Gifte verurſachten Krankheit ſtuͤrben. 5 Es kam mir nicht moͤglich vor, daß ein ſo wenig zum Leben gehoͤriger Theil, ber ganz und gar nicht empfindlich iſt, und den man bey den Thieren und dem Menſchen ohne zebensgefahr abſchneiden kann, die Wirkſamkeit des Gifts erfahren ſollte, die ſich dem Munde und dem Magen nicht fühlbar macht. Ich vermuthete, daß das Thier durch irgend eine andere Urſache, oder einen Nebenumſtand ſterbe, die ich nicht wuͤſte, oder welche verborgen waͤre. 1 Ich entſchloß mich daher, meine Verſuche zu vervielfäftigen, und fie fo oft zu vers ändern, als es die Umſtaͤnde erfordern wuͤrden. Nachdem ich einem Kaninchen die Haut über der Achillesſehne weggeſchnitten, und ſie oben und unten von ihrer Scheide entbloͤßt hatte, fo daß fie ſich weiß und glaͤnzend zeigte, ſo verwundete ich ſie mit der Spitze einer breiten und ſcharfen Nadel, welche von einer Seite zur andern ging. Die Nadel war ganz mit Gift bedeckt, und ich hatte unter die Sehne verſchiedene mal zuſammengefaltete Leinwand gelegt. Ich wiſchte die Sehne einigemak ab, ich nahm die Leinwand weg, und ließ fie entbloͤßt. Ich ſteckte in das in die Sehne gemachte Loch ein kleines Stuͤck Holz, das ſtark mit Gift befeuchtet war; und nachdem ich es wieder herausgenommen hatte, ſo ließ ich noch einen Tropfen bloſſes Gift hineinlaufen. Nach vier und zwanzig Stunden zeigte ſich die Sehne dunkel an der Stelle, wo fie verwundet war. Das Thier fraß immer, ſchien nichts zu leiten, und nach funfzehn Stunden war es geheilt. SE ' 5 ; Ich nahm eine groſſe Flaͤche der Haut von dem Kniegelenke eines Kaninchen, und entblößte das Band von dem Zellgewebe, een diefer Theil enthält, Ich ſtach es ſchief 8 — 3 a 126 an acht Stellen mit einem Zahne, aus dem Gift troͤpfelte; und es erſchienen acht Glft⸗ troͤpfchen auf den von dem Zahne gemachten Löchern. Ich machte mit der Spitze einer Lanzette kleine Einſchnitte über den Gifttropfen. Dieſe Einſchnitte drangen in die Sub⸗ ſtanz des Bandes, ohne es zu durchſtechen, und das Gift floß in dieſelben. Nach Ver⸗ lauf von acht Tagen war das Thier geheilt. Es ſchien gar keine Krankheit erlitten zu haben. Es fraß immer, und blieb munter und lebhaft. 5 —. Nachben dich einem andern Kaninchen die Achillesſehne von ihrer Scheide ent⸗ bloͤßt, und wie gewoͤhnlich Leinwand darunter gelegt hatte, ſo ließ ic) fie verſchiedene mal von zwey Vipern beiſſen. Ich bedeckte ſie wie gewohnlich, mit Leinwand, aber ich nahm diejenige weg, die unter der Sehne lag. Dieſes Kaninchen ſchien die erſten Tage gar nicht krank zu ſeyn, aber die Wunde an der Sehne ſchloß ſich niemals recht zu. Nach Verlauf von zehn Tagen ſchien es mir, daß ſein Unterleib dünner wurde. Es ſtarb nach Verlauf von zwanzig Tagen, und ich fand, daß es waflerfüchrig war. f Dieſe neuen Verſuche ſcheinen den erſtern zuwider zu ſeyn, und machen es zwei⸗ felhaft, ob der Biß der Viper an die Sehne eine Krankheit dem Gifte hervorbringt, oder nicht. Die drey letztern Fälle ſollten uns auf die Vermuthung bes letztern bringen; aber von den erſtern wird ihnen wiederſprochen. Da aber eine der vornehmſten Unterſuchun⸗ gen, die ich mir gleich zu Anfange meiner Verſuche vorgeſetzt hatte, darinn beſtand, zu entdecken, was für Theile das Gift der Viper angreift, und den Unterſchied der Wirkun⸗ gen des Gifts ſelbſt in den verſchiedenen Theilen des Thiers zu beobachten, ſo wollte ich mit einer Art von Eigenſinn meine Verſuche mit den Sehnen fortſetzen, und ſehen, ob es mir gelingen wollte, mich uber dieſen Punkt aufzuklären. Da ich eine gröͤſſere Genauigkeit in meine Verſuche bringen wollte, und vermu⸗ shete, das Gift möchte ſich vielleicht den benachbarten und eingeſchnittenen Theilen mit⸗ theilen, und es könnte nach und nach durch die Leinwand dringen, fo vielfach fie auch zu⸗ ſammen gelegt wäre, fo verfiel ich darauf, zwiſchen dieſe Leinwand eine ſehr dünne und leicht zu biegende Bleyplatte zu legen. 8 Nachdem ich die Achillesſehne eines Kaninchen von ihrer Scheide entblößt hatte, fo kegte ich darunter ein acht mal zuſammengelegtes Stuck Leinwand, zwiſchen welches ich eine Bleyplatte gelegt hatte. Ich ſtach ſie an vielen Stellen mit zwey giftigen Zähnen, und bedeckte die Sehne ſo, daß fie ganz eingewickelt, und oben und unten von der Bley⸗ platte bedeckt wurde. Das Thier ſtarb nach zwey und dreiſſig Stunden. Die Sehne war an den Stellen, wo ſie geſtochen war, ſchwarz, das darneben liegenbe Fleiſch war ein wenig entzündet, und das Blut im Herzen aufgelöt. \ Alle dieſe Vorſicht half, wie man ſiehet, nichts, den Tod des Thiers zu verhin⸗ bern, oder weiter hinaus zu ſetzen; aber da dies nur erſt ein einziger Fall iſt, ſo glaubte mich auf denſelben allein nicht verlaffen zu koͤnnen, 0 = 2 127 Ich wiederholte eben den Verſuch mit den Achillesſehnen bey vier andern Ka⸗ ainchen. Sie waren gut von ihrer Scheide entbloͤßt. Ich bediente mich der Leinwand und der Bleyplatten, wie vorher. Ich verwundete die Sehnen mit den giftigen Zaͤhnen, damit das Gift mehr vereinigt ſeyn, und weniger Theite von der Sehne berühren mochte. Mit einem Worte, ich unterließ nichts, um richtig zu Werke zu gehen. Die Kaninchen Karben alle vier in weniger als vierzig Stunden. Bey einigen war das Blut um das Herz geronnen; bey andern nicht. Die Lungen waren bey allen fleckigt. Die neben der Sehne liegenden Muskeln waren ein wenig entzündet, und bey zwey dieſer Kaninchen waren ſie blaͤulich. Auch dieſe neuen Verſuche konnten mich nicht aufklaͤren. Wenn ſie auf der einen Seite die Wirkung des Gifts auf die Sehne wahrſcheinlich machten, ſo konnte ich mir auf der andern Seite nicht vorſtellen, daß ein Theil, welcher weder Reitzbarkeit, noch Merven, noch Gefaͤſſe, noch Muskelfibern hat, entweder die Krankheit von der Viper dekommen, oder ſie dem Thiere mittheilen, ja ihm ſogar den Tod verurſachen ſollte. Ich bedachte noch, daß ich mich ſehr groſſer Kaninchen bedient, und nicht viel Gift noch viele Vipern gebraucht hatte; bey andern Gelegenheiten hatte ich geſehen, daß ein groſſes Ka⸗ ninchen nur ſpaͤt und ſchwer ſtirbt, wenn es gleich von verſchiebenen Vipern gebiſſen iſt, und daß es mit groſſen Geſchwuͤren, und mit den gewiſſeſten Zeichen der Krankheit des Gifts ſtirbt. Dieſes war Urſache, daß ich auf eine andere Art von Verſuchen dachte, aus denen ich einiges Licht zu fehöpfen hofte. ö Ich entbloͤßte, wie oben, die Achillesſehne einem Kaninchen, und zog ein ſechszehn⸗ fach zuſammengelegtes Stück Leinwand nebſt der Bleyplatte in der Mitte, darunter durch. Ich durchſtach mit einem giftigen Zahn die Sehne an eben der Stelle. Es verſammelte fi) ein Tropfen Gift daſelbſt, den ich in die Subſtanz der Sehne durch einen laͤnglichen Schnitt von drey Linien hineinflieſſen ließ, fo mit der Spitze eines Federmeſſers gemacht wurde, aber nicht ganz durchgieng. Ich ließ die Sehne ſechs bis ſieben Minuten ſo mit dem Gifte darauf. Ich wiſchte darauf das Gift mit trockener Charpie ab. Und durch Hülfe vieler kleiner Pinſel wuſch ich allmaͤhlig den verwundeten Theil der Sehne mit Waſ⸗ - fer aus. So wie das Naſſe auf der Leinwand zu ſehen war, fo ließ ich fie unter die Sehne, indem ich ſie bey dem einen Ende zog. Auf ſolche Art war es unmoͤglich, daß das Waſſer durch die Leinwand dringen, und das Gift den nebenliegenden Theilen mittheilen konnte. Ich wuſch die Sehne mehr als zwanzig mal, jo daß nicht das kleinſte Tröpfchen von Gift da bleiben konnte, als nur in der Sehne. Das Thier ſtarb nach zwey und dreißig Stun⸗ den. Die Sehne war in ihrem natürlichen Stande, und kaum ſchien ihre Farbe an der Stelle der Verwundung ein wenig höher zu ſeyn. Ich wiederholte eben den ſelben Verſuch mit eben derſelben Vorſicht an zwey andern Kaninchen. Die benden Kaninchen ſtarben in weniger, als ſieben und dreißig Stunden. Es x 128 un, Es fiel mir ein, daß vielleicht die Leinwand, welche ich uber und unter der Sehne bis an den Tod des Thiers ließ, die benachbarten Theile fo ſehr verderben koͤnnte, daß fie eine toͤdliche Krankheit nach ſich zoͤſe. | Nachdem ich die Haut über der Sehne bey einem Kaninchen weggenommen, und fie von ihrer Scheide encbloͤßt hatte, fo legte ich wie gewoͤhnlich die Leinwand darunter und verwundete fie mit einem giftigen Zahn. Ich wiſchte die Sehne mit Charpie ab, und wuſch ſie nach und nach mit der Vorſicht, daß das Gift ſich nicht uͤber die benachbar⸗ ten Theile verbreiten konnte. Nun nahm ich die Leinwand weg, und bedeckte die Sehne mit einem andern tauglichen Stuͤck Leinwand. Das Kaninchen ſtarb nach ſechs und dreißig Stunden. Die benachbarten Theile waren in ihrem natürlichen Zuſtande. 1 Ich entbloͤßte einem andern Kaninchen die Sehnen, wie oben; ich verwundete ſie mit einem giftigen Zahn, und ließ fie fo wen Minuten lang, ehne fie anzuruͤhren. Darauf goß ich nach und nach eine groſſe Menge Waſſer auf die Sehne, damit fie allenthalben wohl abgewaſchen, und das Gift von dem Waſſer entweder weggeſpuͤhlt, oder dergeſtalt verdüͤnnet wurde, daß es die der Sehne nahe liegenden Theile nicht befchä- digen konnte. Ich wußte ſchon aus andern Verſuchen, daß, wenn man einen Theil des Thiers beiffen läßt, man noch fo viel Waſſer, ſelbſt unmittelbar nach dem Biſſe, darauf gieſſen mag, das Thier dennoch ſtirbt, und an der gebiſſenenen Stelle die Krankheit von dem Gifte bekommt. Das Kaninchen ſtarb nach zwey und dreißig Stunden. Ein drittes Kaninchen, welches auf eben dieſelbe Art behandelt wurde, ſtarb nicht allein nicht, ſondern es ſchien ſogar nicht einmal eine andere Krankheit zu haben, als die von dem Einſchnitt der Haut und der Theile, welche die Sehne bedecken. Alle dieſe in allen ihren Umſtaͤnden betrachteten Fälle fingen an mich glauben zu machen, daß das Gift der Viper ganz und gar unſchaͤdlich für die Sehnen iſt. Um mich noch mehr davon zu verſichern, dachte ich darauf, dieſe Verſuche noch mehr zu veraͤn⸗ dern, und fie fo anzuſtellen, daß fie endlich entſcheidend wuͤrden. Nachdem ich einem Kaninchen die Haut über der Achillesſehne weggeſchnitten, und die Sehne enebloͤßt hatte, fo legte ich um die beyden Enden der ſehnigten Subſtanz ſehr feſt einen Bindfaden. Die Unterbindung war fo beſchaffen, daß unmoͤglich die ge⸗ ringſte Gemeinſchaft ſowohl von Soͤften, als von Gefühl, zwiſchen der Sehne und dem Thiere noch vorhanden ſeyn konnte. Ich legte, wie gewöhnlich, die zuſammengeſchlagene Leinwand darunter, und verwundete verſchiedenemal die Sehne zwiſchen den beyden Baͤn⸗ dern mit einem giftigen Zahne. Ich bedeckte die Sehne mit der Leinwand, und das Thier ſtarb nach zwey und dreißig Stunden. N n Ich wiederholte dieſen Verſuch an einem andern Kaninchen, deſſen Sehnen ich wie oben unterband, und zwiſchen den Unterbindungen beiſſen ließ. Ich wuſch die Biſſe 7 mit eg — 129 mit einer groſſen Menge feſt darauf gegoſſenes Waſſer, und darauf nahm ich die Leinwand weg. Dieſes Kaninchen ſtarb nach dreißig Stunden. Ein anderes Kaninchen ſtarb nach ſteben und zwanzig Stunden, nachdem es beynahe wie das vorhergehende behandelt wor— den war, nur mit dem Unterſchiede, daß ich anſtatt viel Waſſer auf die Sehnen zu gieffen, fie nach und nach abwuſch, die Leinwand wegnahm, und dafür eine andere trockne und reine Leinwand Darüber legte. ö Es ſcheint endlich deutlich genug zu ſeyn, daß das Gift der Viper nicht die Ur: ſache des Todes der Kaninchen in den Faͤllen iſt, wovon hier die Rede iſt, und daß es auf die Sehnen gar keine Wirkung hat. Es blieb mir inzwiſchen noch ein Zweifel über, den ich unterſuchen mußte. Ich hatte bemerkt, daß zwiſchen den ſehnigten Theilchen, fo die Ach esſehne ausmachen, einige Muskelfaſern hineingingen, und das Gift der Viper konnte vielleicht ſich denſelben mittheilen, und auf ſolche Art in das Thier dringen. Ob— gleich die Sache eben nicht wahrſcheinlich war, fo wollte ich mich doch durch die Erfah: kung davon unterrichten. i *. Nachdem ich einem Kaninchen einen Theil von der Haut über der Achillesſehne weggeſchnitten, und fie von ihrer Scheide entbloͤßt hatte, fo zerſtoͤrke ich die Muskel⸗ faſern, welche von den Beinmuskeln herunterlaufen, und zwiſchen den drey Theilen dieſer Sehne liegen. Ich zog ein mehrmal zuſammengelegtes Stuͤck Leinwand mitten zwiſchen dieſen ſehnigten Theilen durch, fo daß der eine von den beyden andern abgeſondert, und in die Leinwand eingehuͤllet war. Ich verwundete dieſen dritten ſehnigten Theil mit einem giftigen Zahn, und bedeckte ihn fo, daß das Gift keinen der benachbarten Theile berühren konnte. Das Thier ſtarb nach zwey und dreißig Stunden. Die vergiftete Sehne war dunkel und gefleckt. Das Herz und ſeine Gefaͤße waren voll von ſchwarzem und geron— nenem Blut. { Ich wiederholte eben den Verſuch mit den Sehnen eines andern Kaninchen, wel- ches nach zwey und dreißig Stunden ſtarb. Die verwundeten Sehnen waren in ihrer ganzen Subſtanz dunkel; aber diejenigen, ſo nicht verwundet worden waren, noch viel dunkeler. Die Lungen waren mit bläulichen Flecken bedeckt. Das Herz und feine Ge- fäffe voll ſchwarzen und geronnenen Gebluͤts. Ich machte einen neuen Verſuch, wie der vorhergehende war, mit einem andern Kaninchen. Ich zerſtoͤrte die Fibern zwiſchen den Sehnen; aber ich zog die Leinwand unter der ganzen Sehne durch, fo wie ich es in den ein wenig weiter oben erzählten Fällen gemacht hatte, und ſtach mit einem giftigen Zahne die ganze Sehne auf einmal. Das Thier ſtarb nach drey und dreiſſig Stunden. Die verwundete Sehne hatte ihre Farbe verlohren; ſie war dunkeler und an einigen Stellen roͤther geworden. Das Blut im Herzen nnd den Gefaͤſſen war ſchwarz, aber fluͤſſig. ey i Fontana I. B. R N Et 130 en Es ſcheint ſich immer mehr zu zeigen, daß das Gift der Viper nicht die Urſache des Todes bey dieſen Thieren iſt; daß der Tod von einer andern Urſache abhaͤngt, und vielleicht von der Entblöſſung der Sehne ſelbſt. Die folgenden Verſuche heben allen Zweifel. Ich nahm ſechs ſehr groſſe und alle gleich groſſe Kaninchen, Zweyen derſelben ent⸗ bloͤßte ich, wie gewöhnlich, die Achilles ſehne, ich ſtach fie mit einem giftigen Zahne, und wickelte fie ſehr gut in Leinwand. Zwey andern entbloͤßte ich die Sehnen, aber ich ſtach ſie mit der Spitze einer Nadel an verſchiedenen Orten. Den beyden uͤbrigen entbloͤßte ich die Sehnen, und ich flach fie nicht. Ich bedeckte fie alle zuſammen mit Leinwand. Sie ſtarben alle ſechs. Die beyden, welche das Gift bekommen hatten, farben zugleich in zwey und dreiſſig Stunden. Von den beyden mit der Nadel geſtochenen, ſtarb das eine in dreiſſig, das andere in zwey und dreiſſig Stunden. Die beyden nicht geſtochenen, ſtarben, das eine in ſieben und zwanzig, das andere in vierzig AD ; Die Folgen aus allen den Verſuchen, welche ich bis jetzt i in 1 Anſehung der Sehnen erzaͤhlt habe, ſind I. Daß 'die Sehne nicht die Krankheit von dem Gifte der Viper bekommt. II. Daß das Thier, wenn ſeine Sehne von der Scheidewand entbloͤßt if faſt allemal daran ſtirbt, ſelbſt ohne das Gift. Dieſer letzte Schluß muß ſehr wichtig und vielleicht von einigem Nutzen in den Verwundungen der Sehnen der Menſchen ſeyn. Er zeigt, wie gefaͤhrlich es iſt, die Sehnen von ihrer Scheidehaut zu entbloͤſſen, und wie ſehr man dieſen Theil wer nen muß. Es blieb mir noch eine Beobachtung uͤber die Sehnen übrig, welche ich hier er⸗ zählen will, und die einiges Licht uͤber die Natur und Einrichtung der ſehnigten Subſtan⸗ zen und ihrer Nahrung geben kann. Nachdem ich einem Kaninchen vollkommen die Achillesſehne entbloͤßt und auch die Muskelfibern weggenommen hatte, welche in dieſelbe laufen, ſo daß in der Sehne keine Fleiſchfaſern und Gefaͤſſe mehr vorhanden waren, ſo wurde ich gewahr, daß das K Kaninchen ſehr wenig Stunden nachher fraß, und wahrſchein-⸗ lich nicht ſterben wuͤrde. Es ſtarb auch wirklich nicht; und nach vier und dreiſſig Stun⸗ den war es geheilt, ſelbſt auch von der Wunde in der Haut. Ich war neugierig zu wiſſen, was aus der Sehne geworden, und ob fie, wie man es vermuthen konnte, aus Mangel an Gefaͤſſen vertrocknet waͤre. Alle Gefaͤſſe um die Sehne waren abgeſchnitten, und ſie ding vollkommen frey, auſſer an ihren beyden Enden. Ich fand auf der Sehne eine zum Theil ſchwammigte, oder feſte zelligte, und zum Theil callöfe Geſchwulſt, nebſt vielen Gefaͤſſen, fo fie befeuchteten. Da ich bis auf die Sehne gekommen war, ſo fand 12 f e 3 | En 13 t ſte weiß licht, genaͤhrt, geſchmeidig, wie gewoͤhnlich, ob fie gleich von keiner Seite Gefaͤſſe zu bekommen ſchien. Man konnte zu dieſer Beobachtung viele aͤhnliche hinzuſetzen, und vielleicht wür- den daraus wichtige Folgen und Wahrheiten in Betreff der Nahrung verſchiedener Theile herzuleiten ſeyn. ’ Die vervielfaͤltigten und veränderten Verſuche, die ich mit den Sehnen angeſtellt habe, find mir in der Fortſetzung meiner Unterſuchungen herrlich zu Huͤlfe gekommen. Waͤre mir uͤber dieſe Sache einiger Zweifel uͤbrig geblieben, waͤre ich nicht ganz uͤberzeugt, daß der Vipernbiß ohne Wirkung auf die Sehnen iſt, hätte ich geglaubt, daß ſich das Viperngift dem Thiere vermittelſt dieſer Subſtanz mittheilen koͤnne; fo würden mir faus ſend Zweifel in Anſehung derjenigen Theile übrig geblieben feyn, auf welche das Gift in dem gebiſſenen Thiere wirkt. Es giebt in der Natur gar keine voͤllig gleichguͤltige Sache; und wenn es darauf ankommt, fo ſeltene und auſſerordentliche Wirkungen in dem thieri— ſchen Körper zu unterſuchen, fo darf man nichts vernachlaͤſſigen, nichts für unnuͤtz halten. Siebentes Kapitel. Von der Natur des Viperngifts. Beſchreibung einiger Theile des Kopfs der Viper, ſo mit dem Gift in Verhaͤltniß ſtehen. Ede ich die Natur und Eigenſchaft des Gifts der Viper unterſuche, habe ich geglaubt, von einigen andern Dingen reden zu müffen, welche die Zäßne dieſes Thiers, den Sack oder die Haut, womit ſie von Natur bedeckt ſind, und das Blaͤsgen, oder den Behaͤlter des Gifts betreffen, den die neueſten Schriftſteller noch immer mit dem Sack oder der Scheide der Zaͤhne verwechſeln. Ich habe von allen dieſen Gegenſtaͤnden im erſten Theile gehandelt. Aber inſonderheit habe ich geglaubt, hier einige Abbildungen mitzutheilen, welche das, was ich in dem erſten Theile geſagt habe, und noch in der Folge ſagen werde, begreiflicher machen. f Ich habe es fuͤr nothwendig gehalten, ein beſonderes Kapitel von dieſer Materie zu mathen, und die Fortſetzung meiner Verſuche uͤber die Wirkung dieſes Gifts, wenn es auf die verſchiedenen Theile der Thiere gelegt iſt, ſo zu reden zu unterbrechen; weil wir vor allen Dingen erſt die Natur dieſes Gifts kennen muͤſſen, und ich nicht zulaſſen darf, daß ſich der Leſer noch in den irrigen Meinungen, und ungegruͤndeten Hypotheſen verliere, welche von den Schriftſtellern, ſo ſich mit dieſer Materie vor und nach der Bekannt⸗ machung meiner erſten Verſuche beſchaͤftigt e vorgetragen worden ſind. Man kann 2 darwider 132 1 3 a darwider nicht genug ſprechen; denn wenn zum Unglück ünfer Geift einmal für irgend eine durch Anſehen feſtgeſetzte und allgemein angenommene Meinung eingenommen iſt, ſo ſcheint es, daß er ſogar der offendaren Wahrheit kein Gehör. geben, und an. der entſcheidendſten Erfahrungen nicht nachgeben will. 8 In der Schrift des Mead von den Giften befindet ſi 0 die Befchreibung ig des Kopfs der Viper, auch findet man darin Abbildungen, welche die Theile deſſalben vorſtel⸗ len follen. Die Unvollkommenheit der Figuren dieſes Schriftſtellers oder richtiger zu res den, des Nicholls, fo der wahre Verfaſſer derſelben iſt, haben mich veranlaßt, andere dafür in die Stelle zu fegen, welche mir zugehoͤren. Ich fand des Mead feine von der Wahrheit und der Natur weit entfernt. Ein jeder, welcher ſich die Muͤhe geben will, fie mit dem Original zuſammen zu halten, wird ſich leicht davon überzeugen konnen. Die Figur 1 ſtellt di e beyden Hundszaͤhne der Viper auf der einen Seite der obern Kinnlade vor, ſo zum Theil von einer Haut in Geſtalt eines Beutels oder einer Schelde bedeckt ſind, welche, wie man ſieht, offen iſt, um den Zaͤhnen den Ausgang zu verſtat⸗ ten. Mead zeichnet dieſen Beutel ſo, als wenn er am Rande mit Franſen beſetzt waͤre. Man findet ihn auch wirklich oft fo, aber noch öfter iſt er ohne ſolche Franſen, oder nicht ausgeſchweift, und fo, wie ich ihn vorgeſtellt habe. Die Hundszaͤhne find ein wenig ent⸗ bloͤßt und aufgehoben, fie ſcheinen im Begriffe au ſeyn, zu beiſſen; wenn die Viper fie ein⸗ zieht, ſo gehen ſie wieder ganz in den Beutel, oder die Scheide. Es iſt leicht einzuſehen, daß, wenn dieſer Beutel der Behaͤlter des Gifts waͤre, das Gift nochwendig aus der Oefnung des Beutels kommen, und beſtaͤndig in das Maul der Viper laufen wuͤrde. Es iſt dies ein dem Redi nachgeſchriebener Irrthum, welcher glaubte, daß das Gift in Die ſer Scheide der Zaͤhne enthalten wäre, und in einer kleinen unter dem Auge liegenden Druͤſe abgeſondert wuͤrde. 5 Die Figur 2 ſtellt den Beutel der Zähne ss vor, nachdem er mit der Scheere bis auf ſeine Grundfläche, und über dem Knochen der obern Kinnlade geöfnet if. Man ſieht unten an einem jeden Hundszahn ein faſt ellyptiſches Loch n e, welches zugerundete Raͤnder hat, und oben an der Spitze eines jeden Zahns noch er anderes längeres, aber ſchmaleres Loch r a. Den Zähnen zur Seite befindet fich eine Blaſe, wie eine Hirtentaſche m, welche durch einen langen Canal die Scheide der Zaͤhne durchbohrt, und ſich mit einem kleinen Loche o zwiſchen den beyden Zaͤhnen endigt. Das Gift, welches i in der Vlaſe iſt, kommt durch dieſen Canal heraus, und fließt an den Zahn, wo es in das Loch hineindringt, ſo an dem Fuſſe deſſelben iſt, und durch dasjenige wieder . welches ſich an Dir Spice befindet. ö Die Figur z ſtellt die Blaſe vor, wenn ſie durch das Beraröfferungegjas geſehen ö wird. Sie besteht nicht aus einer Aten und ebenen Haut; fondern iſt im Gegentheile gam 133 ganz eüingliche „ als wenn fi 1255 e ein Gewebe von Daͤrmchen, oder Falten ober Furchen waͤre. Ihre Figur iſt dreyeckigt, und viel breiter als tief. Wenn man ſie ſchraͤg durchſchneibet, und aufmerkſam unterſucht, fo findet man ihre Subſtanz ſchwammigt, und aus Zellen zuſammengeſetzt, die tiefer als breit ſind. Alles trift zuſammen, daß man glauben muß, daß fie nicht eine bloſſe Blaſe oder ein bloſſer Behaͤlter des Gifts iſt; ſondern vielmehr eine wahre ſehr groffe Drüfe, mit einem beſondern Bau, welche das Gift aus dem Blute der Viper abſondert, und in welcher es zu dem von der Natur, gewiß zum Beſten des Be beſtimmten Gebrauche aufbewahrt bleibt. | Der zelligte Bau dieſer fonderbaren Druͤſe laͤßt nicht zu, daß die Vlper leicht alles Gift ausdrücken kann, das fie enthaͤlt. Ich fand es ſchwer, „es heraus zu preſſen, ob ich gleich ſehr feſt mir den Fingern auf dieſe Druͤſe drückte. Und man hat in der That geſe⸗ ben, daß eine Viper nach und nach bis ſechs oder ſieben Tauben toͤdten kann. Die beyden Figuren 4 ftellen den Behälter des Gifts in feiner natürlichen Groͤſſe vor, wenn er von der vordern und von der hintern Seite angeſehen wird, wi niit ſeinem ausſondernden Canale. Die Figur 5 zeigt einen ſchraͤgen Durchſchnitt der durch 1 Zell. * wände sc, u. ſ. w. abgeſonderten, und mit Gift angefuͤllten Blaſe, welches in Troͤpf n, wie in ra, u. ſ. w. herauskommt. Sie iſt fo vorgeſtellt, als man fie durch das Vergroͤſſe⸗ rungsglas ſieht. Die Figur 6 zeigt einen Hundszahn der Viper, mit allen 075 inwendigen Hoͤh⸗ len, und ſeinen beyden aͤuſſern Defnungen, | ss iſt das ellyptiſche doch an der Spitze des Zahns, e a die Oefnung an der Grundfläche, Ai der inwendige Canal des Zahns, welcher fü 0 an der Grundflaͤche e a und an der Spitze ss oͤfnet. Es iſt eine groſſe Oefnung in e, welche die Grundfläche des Zahns bildet, deren Schnitt in m vorgeſtellt iſt. x roder Figur, fo darneben iſt, find die beyden Oefnungen i e der Sten Figur, wel⸗ che man durch einen Schnitt des Zahns i in a b entdeckt. r ſtellt die Geſtalt eines laͤnglichen Lochs des Zahns vor. bo die Oefnung des Lochs e an der Grundfläche, Dieſer zweyte Canal des Zabne ſteht nicht mit dem erſten in Gemeinſchaft, und geht nur bis in r, wo er ſich in eine Spitze endigt. e e ee e e ae e Angie 134 Die Figur 7 ſtellt zwey Hundszaͤhne von einer Seite vor, welche an ihrer Grund: fläche verſchiedene andere mehr oder weniger ausgebildete Zähne a er haben. Dieſe Zaͤh⸗ ne ſind am oͤfterſten in einer Zahl von ſechs da, und ſitzen in dem Beutel, mit einer ſehr feinen Zellenhaut bedeckt, fo fie mit einander verbindet und zuſammen haͤlt. Sie ſitzen uͤber einander und die oberſten, oder die naͤchſten bey den Hundszaͤhnen find die groͤſſeſten. Die andern find nach Verhaͤltniß kleiner, und die beyden naͤchſten unter einander vollkom⸗ men gleich. Sie haben alle, ſelbſt auch die kleinſten, eine ziemlich harte und ausgebildete Spitze. Sie find hohl und endigen ſich in die gewohnliche Oefnung an der Spitze. Wenn dieſe Zähne in einer Zahl von ſieben da find, fo iſt der fiebente allemal der kleinſte von allen. Er ſitzt unter allen andern, und in der Mitte. Die Grundflaͤche die⸗ fer Zähne iſt noch nicht ausgebildet, und dieſelbe beſteht nur aus einer biegſamen, durch⸗ ſichtigen und weißlichten Gallerte. Es fehlt ihnen nicht nur die Grundfläche, ſondern auch das opalrunde Loch; jedoch ſieht man zuweilen bey den groͤſſeſten einen Anfang davon. Obgleich die Materie an der Grundflaͤche der Zähne eine bloſſe Gallerte zu ſeyn ſcheint, ſelbſt wenn man fie durch die gewöhnlichen Vergroͤſſerungsglaͤſer anſteht, fo wuͤr⸗ de ſich der Naturforſcher doch ſehr irren, wenn er ſie für unorganiſch halten wollte. Die ſtaͤrkſten Linſen haben mir gezeigt, daß fie aus einer ſehr feinen zellichten und mit ſehr run⸗ den Koͤrperchen angefuͤllten Haut beſteht. Dieſe Haut ſchlaͤgt ſich über ſich ſelbſt zurück, und ſcheint ſogar auch die Oefnungen und die Geſtalt zu zeigen, welche die Grundflaͤche des Zahns einſt annehmen muß. Mir iſt es wenigſtens zuweilen fo vorgekommen, als wenn ich ſie ſo ſaͤhe. Dem mag aber ſeyn wie ihm wolle, ſo iſt es doch gewiß, daß der gallertartige Theil des Zahns organiſirt iſt, und zwar ſchon lange vorher, ehe der Zahn ganz ausgebildet und vollkommen ift, f Von der Natur des Gifts der Viper. Es wird unterſucht, ob es ſauer iſt. Die vollkommene Kenntniß der Natur des Viperngifts wuͤrde eine Unterſuchung von der groͤſſeſten Wicheigkeit für die thieriſche Naturlehre, und zu gleicher Zeit ſehr nüß- lich fur das menſchliche Geſchlecht ſeyn. Die gar zu unrichtigen und zu wenig unterſuch⸗ ten Begriffe von dieſer Sache haben zu Hypotheſen, zu Theorien und endlich zu Heilmik⸗ teln Anlaß gegeben. r \ | Das flüchtige Laugenſalz hat fein Anſehen groſſentheils der Meinung zu verban⸗ ken, daß das Viperngift fauer ſey. 5 Die Alten wuſten nicht, worin es beſteht, und wo es im Thiere liegt. Franz Redi war der erſte, welcher die Begriffe über dieſe Sache beſtimmt angab. Er fand, daß es eine dem ſuͤſſen Mandeloͤhl ähnliche Feuchtigkeit iſt, fo die Viper durch den Zahn in die Wunde ergießt, welche fie macht, wenn fie beißt. Aber er irrte ſich faſt in allem, was er auſſer dieſem von dem Gifte ſagt. Er glaubte, dieſe gelbe Feuchtigkeit laͤge in > dem 135 dem Sacke, oder der zuruͤckgefalteten Haut, fo die Hundszaͤhne bedeckt. Er konnte nie mals entdecken, daß die gelbe Feuchtigkeit in den Zahn hinein, und oben wieder heraus fließt. Er glaubte, daß die kleine Druͤſe, welche unter den Augen der Viper liegt, zut Abſonderung des Gifts diene, und man ſiehet nicht, daß er die geringſte Unterſuchung über die Natur des Gifts angeſtellt habe. Es iſt wahr, daß man vor Franz Redi nur unbeſtimmte und ſehr verwirrte Be⸗ griffe in Anſehung des Viperngifts hatte. Dieſem berühmten Italiäniſchen Naturfor⸗ ſcher haben wir die erſten Schritte in einer Wiſſenſchaft zu danken, welche er in ihrer Kindheit und mit einer Menge Hypotheſen und gemeiner Irrthuͤmer vermiſcht fand. Allein dieſe Irrthuͤmer waren fo, wie fie zu feiner Zeit alle waren; und es gehörte ein Kopf, wie der ſeinige dazu, fie zu beſtreiten, und zu der Wahrheit einen neuen Weg zu eröfnen. Es ſcheint, daß wir die Unwiſſenheit nicht verlaſſen, als um uns in Irrthuͤmer zu begeben; und daß aus dieſer ein ſcharfſinniger Kopf uns einiges Licht ſehen laͤßt. Man macht den Anfang damit, daß man die Dinge nicht weiß, man ſetzt darauf Jerthümer für die Un⸗ wiſſenheit in die Stelle, und aus den Irrthuͤmern gelangen wir endlich zur Wahrheit. Dies iſt der gewoͤhnliche Gang der menſchlichen Kenntniſſe, und dieſen ſind die aufgeklaͤr⸗ teſten Nationen gegangen. Mead war der erſte, der einigermaſſen die Natur und Eigenſchaften des Vipern⸗ gifts unterſuchte. Allein durch einen unglücklichen Zufall, dem auch der fleiſſigſte Beob⸗ achter unterworfen iſt, wenn er zu der Wahrheit zuerſt den Weg bahnen will, fand Mead das Giſt der Viper ſauer, und ſahe es die Farbe aus dem Krebskraute, oder den Tour⸗ neſol in roth verwandeln, ja ſelbſi dem Veiſchenſyrup etwas von dieſer Farbe mittheilen. Wenige Jahre nachher nahm Mead ſelbſt, in einer zweyten Ausgabe feines Werks über die Gifte, alles das wieder zuruck, was er von der Säure des Viperngifts behauptet hatte, und geſteht als ein aufrichtiger Mann, daß es weder den Veilchenſyrup noch die Farbe des Krebskrauts in roth verwandelt, und weder ſauer noch laugenſalzig iſt. Der Doctor James, welcher verſichert, die Verſuche des Mead wiederholt zu haben, findet in dieſer letztern Zeit dieſes Gift ſauer; aber er ſagt nichts von den letztern Verſuchen des Mead, er ſagt nicht, wie Mead ſich das zweyte mal geirrt habe, wenn er das erſte mal die Wahrheit geſagt hatte. Dieſe Art, ſeine eigenen Gedanken, oder ſeine eigenen Erfahrungen bekannt zu machen, fuͤhrt nothwendig zu der Fortpflanzung der Zweifel und Hypotheſen; weil doch immer das Anſehen des einen Mannes fo viel gilt, als das Anſe⸗ hen des andern, und man nicht weiß, welcher von beyden ſich geirrt hat. Ein anderer Schriftſteller nach dem Doctor James hat für eine ausgemachte Wahrheit angenommen, daß das Gift der Viper ſauer ſey, und beruft ſich auf das bloſſe Zeugniß des Mead, 3 daß eben derſelbe Schriftſteller ſeit der Zeit dieſe Säure wieder gelaͤug⸗ net hat. 5 i / ” Man 136 — \ 8 Man muß glauben, daß die Erfahrung ſelbſt bieſen Schriftſtellern bewieſen hat, daß Mead ſich das zweyte mal geirrt habe, nicht aber das erſte mal, als er es ſauer fand ... Diefe Betrachtungen haben mich in die Nothwendigkeit verſetzt, dieſe Materie aufs neue zu unferfuchen. Ich hoffe, daß gar kein Zweifel mehr darin bleiben ſoll; und ſchmeichele mir, den Jerthum entdeckt zu haben, in welchen Mead das erſte mal gerieth, als er dieſes Gift unterſuchte; einen Irrthum, vor dem ſich der Doctor James nicht hat in Acht nehmen koͤnnen. - Ich habe zuweilen bemerkt, wiewohl ſelten, daß das Gift der Viper die Farbe des Krebskrauts etwas roth faͤrbte. Dieſe Erſcheinung reitzte mich an, anſtatt zu glau⸗ ben, das Gift fey fauer, vielmehr die Urſache davon aufzuſuchen, welche zufällig ſeyn konnte. Ich bemerkte, daß in dieſen Fällen das Gift der Viper nicht ſehr rein war; und als ich es mit dem Microſcop unterſuchte, fo fand ich kleine Blutküͤgelchen darauf ſchwim⸗ men. Ich unterſuchte darauf das Maul der Viper, und ſahe, daß die beyden Beutel, welche die Zaͤhne bedecken, leicht entzuͤndet und roth waren. Es iſt nicht ſelten, die Vi⸗ pern natürlich in dieſem Zuſtande zu finden, und es iſt noch haͤufiger, dieſe Beutel roth zu finden, nachdem die Vipern gebiſſen haben. Es ereignet ſich ebenfalls ſehr oft, daß man das Gift mit Blut geſtreift findet, wenn man ſeinen Behaͤlter mit gar vieler Gewalt drückt. Alle dieſe Fälle koͤnnen ſich zutragen, und die blaue Farbe aus dem Kregskraute kann alsdann roth werden, ohne daß deswegen das Gift ſauer ſey. Es ſcheint natürlich zu ſeyn, daß man denke, der Doctor James koͤnne ſich nach Mead, auf eben dieſelbe Art geirrt haben. So viel iſt gewiß, daß in der kleinen Anzahl von Fällen, wo ich die Krebekrautfarbe roth werden geſehen habe, das Gift nicht rein, ſondern mit Blut unter miſcht war, 5 Da ich mich vorher von allen dieſen Zufaͤllen unterrichtet hatte, fo gebrauchte ich die groͤſſeſte Vorſicht, als ich das Gift der Viper herausnahm. Ich pflege am oͤfterſten der Viper auf einmal den Kopf abzuſchneiden. Einige Stunden nachher, wenn die Mus⸗ keln ihre Bewegung verloren haben, ofne ich ihr das Maul, und mache es fo, daß die Spitzen der Hundszaͤhne von ihrem Beutel entblößt werden. Ich mache darauf einen ge⸗ linden Druck auf den Behälter des Gifts, und fange auf eine Glasplatte das Gift, fü aus der Spitze d herauskommt. Das Gift iſt gewohnlich fo rein, daß es, wenn man es durch das Microſtop betrachtet, ein wahres Oel, mehr oder weniger gelb zu ſeyn ſcheint. Man nimmt gar keinen fremden Körper darin wahr, und wenn ich hin und wie- der einmal glaubke, Koͤrperchen darauf herum ſchwimmen zu ſehen, fo habe ich mich deſſel⸗ ben in den folgenden Verſuchen nicht bedient, — ER Wenn das Gift auf ſolche Art aus dem Zahn der Viper genommen war, fo ift es mir niemals begegnet, daß es die Farbe aus dem Krebskraute, fo oft ich auch den Ver⸗ ſuch damit machte, roth gefärbt hatte; und ich habe denſelben doch ſehr vielmal wieder⸗ bolt. Am dfterſten machte ich den Anfang damit, daß ich einen Tropfen Gift le ropfen 137 Tropfen Tourneſolfarbe vermiſchte. Da ich ſie noch nicht ihre Farbe verändern ſahe, fo ſetzte ich einen zweyten Tropfen hinzu; und da ich immer fortfuhr, mehr Tropfen hinzu zuthun, ſo kam ich endlich ſo weit, daß ich zehn Tropfen hinzuſetzte, oder ein Drittel von der Farbe. Demohngeachtet Färbfe der Tourneſol ſich niemals roth, auch veraͤnderte er ſeine Farbe nicht einmal. Er ſchien bloß ein wenig heller, als vorher zu ſeyn. Ich habe dieſen Verſuch zu viel mal wiederholt, als daß ich glauben koͤnnte, ich haͤtte mich geirrt. Ich unterſuchte das Gift der Viper nicht allein mit der Tourneſolfarbe; ſondern wieder⸗ holte auch eben die Verſuche mit dem blauen Safte der Rüben, einer Farbe, welche für die Wirkung der Saͤuren, ſelbſt der ſchwaͤchſten aͤuſſerſt empfindlich iſt. Ich konnte nie⸗ mals die geringſte Veraͤnderung darin wahrnehmen „und er blieb blau, wie vorher. Ich hatte ferner Papier, daß ſehr gut mit dieſem Ruͤbenſafte gefaͤrbt war. Ich ließ Gift in groſſen Tropfen darauf fallen. Das Gift wurde kurze Zeit darauf trocken; das Papier wurde ſteif und gelb gefaͤrbt, und man ſahe nichts rothes darauf. Viele andere mal ver⸗ duͤnnte ich die Gifttropfen mit Waſſer, aber demohngeachtet wurde das Papier eben fo wenig roth, als wenn das Gift rein war. Ich will nicht laͤugnen, daß ich nicht zuweilen einen kleinen Anfang von Roͤthe auf dem blauen Papier bemerkt haͤtte, wenn ich den Verſuch auf folgende Art machte. Ich wickelte in ſolches Papier einen groſſen Klumpen Baumwolle, und zwang die Viper heftig in denſelben hinein zu beiſſen. Es iſt mir zuweilen begegnet, daß ich auf dem Pa- pier eine ſehr blaſſe Roͤthe an den Stellen ſahe, wo bie Viper es mit den Zähnen durchſto—⸗ chen hatte. Ich habe zwar meine Verſuche nicht genug vervielfaͤltigt, um mit Gewißheit ſagen zu koͤnnen, woher dieſe ſchwache rothe Farbe i in dieſen Faͤllen kaͤme, und man kann die Vermuthung hegen, daß ſich mit dem Gifte ein wenig Blut von dem Maule vermiſch⸗ te; aber es wird allemal wahr bleiben, daß das bloſſe Gift aus dem er niemals we⸗ der die Tourneſolfarbe „ noch den Ruͤbenſaft in roth verwandelt. Allein wenn man auch annehmen wollte, daß das Gift der Viper zuweilen die gar des Tourneſols in roth verwandeln kann, wuͤrde daraus wohl folgen, daß das flüch- tige Laugenſalz ein gewiſſes Mittel wider dieſes Gift iſt, und daß dieſes Gift gerade des⸗ wegen toͤdtet, weil es ſauer iſt? Die gewoͤhnliche Klippe der Menſchen, welche ſelbſt die einſi chtsvollſten Weltwei⸗ ſen nicht immer zu vermeiden gewuſt haben, iſt, daß man nur einen Umſtand finden darf, welcher die Begebenheit begleitet, man alſobald gar zu leicht e berfelbe ſey die Hi fache davon. Die angeborne Begierde, alles zu wiſſen, macht, daß wir alles zu erklaͤren ſu⸗ chen. Wenn wir eine Wirkung nach der Anwendung einer gewiſſen Subſtanz bervorge⸗ bracht ſehen, ſo ſuchen wir alſobald zu erfahren, ob nichts in ihr iſt, welches uns einiger⸗ maſſen zur Erklaͤrung der Wirkung dienen koͤnne, und bekuͤmmern uns wenig darum, ob die Ursache, fo wir entdeckt haben, mit der hervorgebrachten Wirkung im Verhältniß ſtehe Fontana I Band. S oder 138 oder nicht. Es ſcheint, daß dieſer Irrthum von zwey Maͤnnern vom erſten Range, Mead und Juſſteu begangen worden iſt. Mead welcher, als er die erfie Ausgabe ſeines Buchs beſorgte, von der Saͤure des Viperngifts uͤberzeugt war, urtheilte, es müſte die Thiere toͤdten, weil es das Blut gerinnen machte, wie die andern Saͤuren thun. Juſſieu, welcher ſich nach dem Anſehen des Meads, auch von der Säure des Gifts uͤber⸗ zeugt hielt, fand alſobald in dem flüchtigen Laugenſalze ein ſpecifiſches Mittel wider eben dieſes Gift.) g 825 . Das Gift der Viper iſt, ſo wie ſo viele andere Koͤrper eine Subſtanz, die aus verſchiedenen Grundſtoffen zuſammengeſetzt iſt, die wir noch nicht kennen. Alle Eigen⸗ ſchaften, die wir in den Körpern finden, machen nicht ihre wirkliche Natur aus. Einige dieſer Eigenſchaften find zufällig, andere find es nicht. Die Saͤure koͤnnte, wenn man ſie auch gleich immer in dem Viperngifte faͤnde, demohngeachtet nur eine zufaͤllige Eigen⸗ ſchaft deſſelben ſeyn, und das Gift koͤnnte niemals, wenn es aufhörte ſauer zu ſeyn, auf⸗ hoͤren, ein Gift zu ſeyn. Die Scheidekunſt zeigt uns tauſend aͤhnliche Beyſpiele. Man hat alſo unrichtig aus der Saͤure die Urſache des Todes, und aus eben dieſer Saͤure den Gebrauch des flüchtigen Laugenſalzes als eines Heilmittels hergeleitet, denn wenn man auch annimmt, daß die Säure in dieſem Gifte beſtaͤndig iſt, und ſich nicht davon trennen kann, iſt dies hinlaͤnglich zu behaupten, daß das Gift der Viper toͤdte, weil es ſauer ſey? und daß das flüchtige Laugenſalz ein ſpecifiſches Gegenmittel darwider ſey, weil es dieſelbe fättigen koͤnne? .... Das Gift der Viper kann noch verſchiedene andere Eigenſchaften haben, die uns unbekannt find, und es kann wegen einer jeden derſelben beſonders, oder wegen aller zuſammen den Tod verurſachen. Warum will man alſo glauben, daß alles von der Saͤure herkomme? Es giebt Gruͤnde, die das Gegentheil beweiſen. Das Waſſer nimmt ungefähr eben fo viel, als fein Inhalt betraͤgt, fire Luft in ſich auf; und folglich kann ein Cubikzoll Waſſer beynahe nur einen Cubikzoll von dieſer zuft in ſich faſſen. Es iſt noch nicht bewieſen, daß ein Cubikzoll fire Luft einen ganzen Gran wiegt; ein Cubikzoll Waſſer wiegt ungefähr 373 Gran, und folglich wird die fire Luft, fo in einem Cubikzoll Waſſer enthalten iſt, allemal nur der 373 ſte Theil davon an Gewicht ſeyn. Nun kann aber ein mit fixer Luft geſchwaͤngerter Cubikzoll Waſſer ſechs⸗ zig Cubikzolle Tourneſolsfarbe, oder 22380 Grane roth färben. Daraus ſteht man, daß 33357 eines Grans fixer Luft die Farbe des Krebskrauts merklich in roth verwandeln kann. In der Hypotheſe, die ich annehme, wuͤrde in einem Gran Gift aufs höchfte nur s ſaurer Materie ſtecken; und weil ein Tauſendtel Gran des Gifts an Gewicht ſchon ein Thier toͤdten kann, wie zum Beyſpiel einen Sperling, wie man weiter unten ſehen 5 wird ) Herr Juſſieu iſt aber nicht der erſte geweſen, welcher den Gebrauch des fluͤchtigen Lau⸗ genſalzes wider den Biß der Viper empfohlen hat; allein da er eine glänzende Eur da⸗ mit verrichtet hat, fo hat dieſes Mittel ihm ſeinen groͤſſeſten Ruf zu verdanken. 139 wird, fo müfte man annehmen, daß 237860 Saͤure ein Thier bloß als Säure toͤd⸗ ten koͤnnte. „ Wer ſieht jetzt nicht, daß, wenn man auch annehmen wollte, daß das Gift der Viper den Tourneſol roth faͤrbt, daraus dennoch nicht folgen wuͤrde, daß es als eine Saͤure toͤdten muͤſte? Seine Saͤure wuͤrde ſo unbedeutend ſeyn, daß ſie in dem thieriſchen Koͤrper keine merkliche Veraͤnderung hervorbringen koͤnnte. Und welche noch ſo heftige Säure, oder was für ein noch fo wirkſamer Grundſtoff der Körper wäre das wohl, welche, wenn ſie an Menge abnaͤhmen, nicht endlich unſchuldig werden ſollten? . Man nehme an, wenn man will, daß die Saͤure des Gifts der Viper ſo groß ſey, als ſelbſt die gefrorne Vitriolſaͤure. Wenn die toͤdtlichen Wirkungen des erſtern von der Säure abhingen, fo muͤſte die gefrorne Vitriolſaͤure, wenn fie auch nur in ſehr gerin- ger Menge in eine Wunde getroͤpfelt wuͤrde, den Thieren den Tod verurſachen. Es kann freylich das gefrorne Vitricloͤl, wenn es in eine Wunde getroͤpfelt wird, den Zu: ſtand derſelben verſchlimmern, und ſogar das Fleiſch zerfreſſen; aber deswegen wird das Thier noch nicht ſterben. Es kann davon nur ſehr wenig ins Blut treten, welches in den Thieren umlaͤuft, und dieſes wenige, welches hineindringt, wird alsdann durch das Blut ſelbſt, mit dem es ſich vermiſcht, geſchwaͤcht. Es iſt wahr, daß es auch toͤdten kann, wenn man es in kleiner Menge ins Blut einſpritzt; aber dieſes geſchieht durchaus nur des⸗ wegen, weil es noch nicht mit den andern Saͤften vermiſcht, weil es noch nicht geſchwaͤcht worden iſt. Aber das Gift der Viper kann von den Gefaͤſſen eingeſogen werden, wie das Vitrioloͤl; und ob es gleich in ſehr geringer Menge im Blute, und dadurch auſſerordent⸗ lich verdünnt ift, fo toͤdtet es doch das Thier, welches nicht von dem Vitrioloͤl getöͤdtet wird. Dieſes Gift kann alſo nicht wohl den Tod als eine Saͤure verurſachen, ſondern durch andere noch unbekannte Grundſtoffe. a Mead, welcher feine Meinung in Anſebung der Säure des Viperngifts veraͤn⸗ derte, hat aber doch niemals feine Meinung in Betracht der Salze eben dieſes Gifts geän: dert. Er iſt allzeit davon überzeugt geblieben, daß er in dem noch flüffigen Gifte der Vi⸗ pern kurze Zeit nachher, da er es ihnen genommen, ſchwimmendes Salz bemerkt habe; und er glaubt nicht nur das Daſeyn dieſer ſchwimmenden Salztheilchen in dem Gifte, ſon— dern er behauptet auch, daß das Gift ſelbſt ſich in ein bloß ſalziges Netz, von einer ſehr ſchoͤnen Structur verwandele, welches er mit Spinngeweben vergleicht. Er redet von der Feſtigkeit und Härte dieſer Salze, beſchreibt fie ganz umſtaͤndlich, und giebt ſogar auffer- dem noch eine Abbildung davon. Er ſetzt hinzu, er habe entdeckt, daß dieſe Salze hie und da kleine Knoͤpfgen, in Geſtalt kleiner Kügelchen haben, welche aͤuſſerſt feſt feyn, und die Geſtalt, ſo ſie anfangs angenommen haben, nicht wieder verlieren. Ich habe in meinem in Italien herausgegebenen Buche, welches den erſten Theil dieſes Werks ausmacht, dieſe Sache, welche mir ſehr wichtig zu ſeyn ſchien, ganz um— ſtaͤndlich unterſucht. Ich hatte mir ſogar geſchmeichelt, nicht allein auf eine unlaͤugbare S5 Art 140 —— Art den Irrthum des Mead bewieſen, ſondern auch ſogar die Quelle dieſes & Irr thums entdeckt zu haben. Man kann, um in der Naturlehre gruͤndlich einen Irrthum zu wider; legen, nichts mehr thun, als bis zu feinem Irrthume zuruͤckgehen. Aber alles dieſes ſcheint gewiſſen Schriftſtellern noch nicht genug zu ſeyn, welche noch immer auf das An⸗ ſehen des Mead fortfahren zu behaupten, daß das Viperngift eine Anhaͤufung von Sal⸗ zen iſt, ob es gleich ſchon mehr als zwoͤlf Jahre ſi ſind, daß Mead widerlegt worden iſt. Ich bewies damals, daß das Gift der Viper eine homogene Fluͤſſigkeit iſt, welche, wenn ſie ganz rein aus dem Zahne genommen wird, niemals mit Salzen vermiſcht gefunden wird, welche darinn ſchwimmen, noch mit andern heterogenen Theilchen; daß dieſe darinn ſchwimmenden Koͤrperchen, wenn ſich ja einmal dergleichen darinn finden, dieſem Gifte nur bloß zufaͤllig, und keinesweges Salztheilchen ſind. Die kleinen Knoͤpfgen, ſo Mead geſehen hat, find weiter nichts, als kleine $uftbläsgen, die ſich in dem Gifte befinden. Dieſe kleinen Luftblaͤsgen ſtehet man niemals, wenn man das Gift unmittelbar aus feiner Blaſe nimmt, und man kann ſie nach ſeinem Willkuͤhr zum Vorſchein kommen laſſen; denn man darf nur aus dem Maule der Viper das Gift mit hem Speichel dieſes 1 vermiſcht herausnehmen. 55 Das vorgebliche Salznetz, fo Mead bemerkt hat, und welches nach öhm von ſo vielen andern beſchrieben worden iſt, iſt weiter nichts, als die Stuͤcke des eingetrockne⸗ ten Gifts ſelbſt. Das aus dem Zahn genommene und auf eine Glasſcheibe gelegte Gift trocknet in kurzer Zeit. Indem es trocken wird, ſo zerbricht und zerſpringt es an vielen Stellen, und zeigt Stucke, fo ſehr verſchieden von wahren Salzen find, Der Graf de la Garraye machte Salze von eben dieſer Art, indem er feine Extracte vollkommen auf porcellainenen Tellern trocknete; der Glanz des Firniſſes gab den getrockneten Stuͤcken eine Art von Glanz, wie Salze haben u. ſ. w. Wenn man mit dem Microſcop einen Tropfen Viperngift auf einer Glasplatte unterſucht, fo ſieht man die Subſtanz des Gifts ſchon anfangen, nach und nach im Um⸗ fange zu ſpringen, wo das Gift geſchwinder trocknet. Die Riſſe ſind hier nicht ſo breit, aber krummer, als ſonſt wo; aber wenn man fortfaͤhrt, das Gift zu beobachten , So ſiehet man *) Es iſt nicht genug, die Unrichtigkeit irgend einer Meinung bewieſen zu haben, um fie zu verwerfen, wenn ſie von den Schriftſtellern allgemein angenommen iſt. Es gehoͤrt nicht weniger dazu, als eine ganz neue Generation, damit ſie ſich ſchmeicheln koͤnne, man werde ihr nicht den Vorwurf machen koͤnnen, daß ſie einen Irrthum verworfen habe, ſo ſte nicht begangen hat. Es war ein halbes Jahrhundert noͤthig, ehe der Um⸗ lauf des Bluts, und die Anziehung des Newton unter den Weltweiſen angenommen wurden. Der Meuſch iſt immer ſtolz auf fich ſelbſt, und glaubt, es ſey eine Demuͤ⸗ thigung für ihn, wenn er ſeine Irrthuͤmer bekennt; und der gemeine Mann, ein allzeit hintergangener Schiedsrichter, denkt nicht anders. Man hat leider nur zu viele Beyſpiele dieſer Art, als daß man nicht ſehen ſollte, daß die Liebe zur Be nicht die erſte Triebfeder zu den Handlungen der Menſchen iſt. 141 man allenthalben im Umkreiſe ſehr groſſe, breite, und tiefe Riſſe entſtehen, welche nach dem Mittelpunkte des Tropfens zulaufen, wo fie zuſammentreffen. Man ſteht ſehr wohl. durch das Microſeop, daß dieſe krummen Linien nach dem Mittelpunkte des Tropfens zu laufen, und ſich dergeſtalt verlängern, daß man fie beym erſten Anblick für kleine Schlan⸗ gen anſehen koͤnnte, welche vom Umkreiſe des Tropfen nach dem Mittelpunkte zu laufen. Nachdem ſich alle Riſſe auf ſolche Art gebildet haben, ſo erweitern ſie ſich noch mehr, weil das Gift immer mehr und mehr zu trocknen, und einen kleinern Raum auf dem Glaſe einzunehmen fortfaͤhrt. f Ich kenne gar keine mieroſcopiſche Beobachtung, die gewiſſer und einleuchtender waͤre, als dieſe, und von welcher man mit mehr Grunde verſichern koͤnnte, daß ſich die Sache ſo verhaͤlt, und nicht anders. Aber damit nicht der geringſte Zweifel, ſelbſt bey ſolchen uͤbrig bleiben möchte, welche nicht Luſt und Gelegenheit haben werden, meine Ver— ſuche zu wiederholen, ſo habe ich geglaubt, hier in verſchiedenen Figuren einen Tropfen Gift, ſo wie er nach und nach trocken wird, vorſtellen zu muͤſſen. Man darf nur einen Blick darauf werfen, um die Wahrheit darinn zu erkennen. Die Figur I. Taf. II. ſtellt einen Gifttropfen vor, in dem Augenblick, da er auf einer Kryſtallplatte anfaͤngt, trocken zu werden. Die krummſten Riſſe im Umkreiſe des Tropfens ſind ſchon alte gebildet, weil das Gift anfaͤngt, zuerſt im Umkreiſe trocken zu werden. Man ſieht die andern gerader werden, ſich verlängern, und dem Mittelpunkte naͤhern, wo das Gift langſamer trocknet. Wenn das Gift vollkommen trocken iſt, ſo veraͤndert ſich die erſte Figur in die zweyte (Fig. II.), in welcher man die Riſſe bis an den Mittelpunkt verlaͤngert ſieht, nachdem ſie verſchiedene Kruͤmmungen angenommen haben. In der Mitte find die Niſſe breiter, weil das Gift, welches ſich daſelbſt in groͤſſerer Menge befindet, noch mehr auseinander weicht, wenn es trocknet. f Die Fig. III. ſtellt einige Stücke von trocknem Gifte vor, in welchen man Niffe in Spirallinien ſieht. Dieſe Schneckenlinien, wie in a, bilden ſich inſonderheit, wenn man Gift in Menge trocknen läßt, und wenn ſich daſſelbe in ziemlicher Höhe in einem Uhrglaſe befindet. Die Stücke des Gifts, welche in dieſem Falle ſehr groß find, oͤfnen ſich alſo in der Mitte, und die Oefnung iſt ſchneckenfoͤrmig, wie ich eben geſagt habe. Der Buch⸗ ſtab e zeigt einen Riß, welcher die Stücke von einander trennt. In der IV. Figur iſt ein Gifttropfen vorgeſtellt, welcher aus dem Maule der Viper genommen und darauf getrocknet iſt. Man ſieht darauf, wie in o, die kleinen Kuͤgelchen oder Knoͤpfgen des Meads. Die kleinen Kuͤgelchen find wahre Luftblaͤsgen, fo die Spitze einer Nadel verſchwinden macht, und welche das Licht brechen, wie alle Luft— bläsgen, die man in den fluͤſſigen Dingen entſtehen macht. Der Buchſtab m zeigt einen Riß an, welcher die Stuͤcke von einander abſondert, wie oben. ; S 3 | ! Es 142 ; Es ift daher ein auf uͤbelgemachte Beobachtungen gegruͤndeter Irrthum, daß in dem Gifte der Viper ſchwimmende Salztheilchen vorhanden ſeyn ſollen; und ebenfalls iſt es ein Irrthum, daß man die Stuͤcke des Gifts für Salz angeſehen hat. Man bemerkt von dieſem allen nichts in dem Viperngifte. Es iſt ſich allenthalben gleich, allenthalben homogen. g Mead, welcher das Viperngift als eine Verſammlung von Salztheilchen be- trachtet, glaubt ferner, daß es aͤtzend und brennend iſt, wenn man es auf die Zunge nimmt. Er fuͤhrt ſich ſelbſt und viele ſeiner Freunde an, die es geſchmeckt haben wollen. Er bemerkt auch, daß, wenn die Viper beißt, und das Gift anfaͤngt, in die Wunden eines Thiers zu flieſſen, das Thier ſchreie, ſich kruͤmme, und offenbare Zeichen von Schmerz zu erkennen gebe. Ohne das geringſte über dieſe Sache entſcheiden zu wollen, welche ich im erſten Theile auch unterſucht habe, will ich hier nur ſagen, daß die Erfahrung von Hun⸗ den, welche heulen, wenn ſie gebiſſen worden ſind, keinen deutlichen und ſichern Beweis abgiebt, daß das Gift von Natur aͤtzend ſey. Es kann ſeyn, daß in dieſen Faͤllen, wenn ſich das Gift mit den Saͤften des Thiers vermiſcht hat, daſſelbe ſich veraͤndert, und Eigen⸗ ſchaften annimmt, die es einen Augenblick vorher nicht hatte. Was das Heulen der Hunde anbetrift, ſo hoͤrt man es freylich oft, aber nicht immer; und vielleicht kann es da⸗ von kommen, daß oft ein Nerve von den Zaͤhnen der Viper getroffen worden iſt, und alsdann koͤnnte das Gift einen Schmerz verurſachen, wie ein bloſſer Koͤrper, oder eine bloſſe Fluͤſſigkeit, die auf den Nerven drückt, 55 Wenn Mead Gift geſchmeckt, und es aͤtzend gefunden hat, ſo habe ich es auch geſchmeckt, und andern zu ſchmecken gegeben, und wir haben es weder aͤtzend noch bren⸗ nend gefunden. Das Gift giebt nach meiner Meinung, wenn es auf die Zunge genom⸗ men wird, gar keine Art von Geſchmack von ſich, und man fühlt es weder ſtechen noch brennen. So viel iſt gewiß, daß man kurz nachher eine beſondere Empfindung hat, welche diejenigen, die glauben, es beſtehe aus Salzen, und eine auſſerordentliche Veraͤnde⸗ rung erwarten, auf die Vermuthung bringen kann, daß es aͤtzend und brennend ſey. Die Empfindung, fo es zuruͤcklaͤßt, wenn man es in den Mund nimmt, iſt eine Art von Er- ſtarrung oder Betaͤubung in der Theilen, die es berührt hat. Die Zunge ſcheint inſon⸗ derheit taub geworden zu ſeyn, ja ſogar dicker. Ihre Bewegungen ſind langſamer und ſchwerer. Dieſer Zuſtand der Zunge iſt gewiß etwas auſſerordentliches; aber er iſt mir ſehr verſchieden von demjenigen vorgekommen, dem die aͤtzenden Mittel, und brennende Körper auf die Zunge genommen hervorbringen. Noch neulich hat Herr Troja es ſelbſt geſchmeckt, und er verſichert mir, daß er es weder aͤtzend noch brennend gefunden habe, obgleich ihm hernach die Empfindung von Erſtarrung und Beräubnng auf der Zunge ge⸗ blieben ſey. Ich kann noch verſichern, daß ich fünf oder ſechs Tropfen Gift auf einmal in das Maul kleiner Thiere, als Kaninchen, Meerſchweine u. ſ. w. gegoſſen habe, ohne jemals eine Roͤthe oder Geſchwulſt wahrgenommen zu haben; dieſe Arten von Verſuchen kann man nicht ohne Widerwillen bey ſich ſelbſt machen, noch von andern Menſchen = f machen 143 machen ſehen, weil, wenn man es recht bedenkt, nur ein kleiner Riß im Munde oder auf der Zunge ſeyn dürfte, und fie dem Beobachter theuer zu ſtehen kommen würden. Ich habe geglaubt, mich auf eine andere Art davon verſichern zu koͤnnen, und an einem vielleicht noch empfindlichern Theile, als die Zunge iſt, nemlich an den Augen verſchiede— ner Thiere. Ich habe einen oder mehrere Tropfen von dem Gifte einer Katze, der ich die Au— genlieder mit Gewalt aus einander hielt, in die Augen getroͤpfelt. Eben ſo habe ich es den Kaninchen in die Augen fallen laſſen, ohne daß ſie es einmal merkten. Ich habe es eben ſo mit Hunden gemacht. Man ſahe das Gift auf die durchſichtige und undurchſich⸗ tige Hornhaut, und zwiſchen die Augenlieder laufen. Aber bey keinem Thiere, in keinem Falle habe ich bemerken koͤnnen, daß es als ein aͤtzendes Mittel, oder als eine brennende Subſtanz wirkte. Wenn Mead ſich geirret hat, indem er das Gift der Viper als aus Salzen be⸗ ſtehend betrachtet, ſo hat er ſich wenigſtens nicht geirret, wenn er verſichert, es ſey weder ſauer, noch laugenſalzig; weil es wirklich weder mit den Laugenſalzen, noch mit den Saͤuren ein Aufbrauſen hervorbringt. 8 Es iſt unnoͤthig, nach den Verſuchen, fo ich im erſten Theile bekannt gemacht habe, hier von neuem diejenigen umſtaͤndlich zu beſchreiben, die ich bey dieſer Gelegenheit wiederholte, und uͤber welche bey Leuten, die zu beobachten verſtehen, gar kein Zweifel mehr uͤbrig bleiben kann. Es iſt eine durch Erfahrungen ausgemachte Wahrheit, daß das Gift der Viper mit keiner von den mineraliſchen und vegetabiliſchen Saͤuren, noch mit irgend einer bekannten Art von Laugenſalz aufbrauſet. Ich habe dieſe Verſuche zu oft wiederholt, als daß ich befuͤrchten duͤrfte, geirret zu haben. Aber es iſt nicht genug, daß man eingeſehen hat, daß das Gift der Viper weder ſauer noch laugenſalzig iſt, daß es nicht aus Salzen beſteht, und im Munde feinen äßen- den Geſchmack hat; wenn man wiſſen will, was es eigentlich ift. Man weiß nicht, mit was fuͤr einem andern bekanntern Koͤrper man es vergleichen kann; und doch muͤſſen hauptſächlich hierauf die Bemühungen der Beobachter gerichtet ſeyn, weil es gewiß iſt, daß wir die wahre Natur eines Koͤrpers nicht kennen, wenn uns gleich die Eigenſchaften gewiſſer Koͤrper mehr oder weniger bekannt ſind. Wenn das Gift der Viper noch fluͤſſig ift, fo vereinigt es ſich leichter oder ſchwerer mit den Saͤuren. Aber man muß es auch unterſuchen, wenn es trocken geworden iſt. x Ich ließ in einem Uhrglaſe verſchiedene Tropfen reines Gift trocken werden; mel: ches, als es trocken wurde, eine gelbe Farbe und viele Riſſe bekam. Ich goß Vitriolöl darauf; es erfolgte keine ſichtbare Aufloͤſung. Ich nahm vom Boden des Glaſes mit einer gläfernen Haarröhre einige Stuͤcke Gift heraus, welche in dem Vitrioloͤl, ohne ſich auf— zuloͤſen, ſchwommen. Endlich zeigte es ſich nach einiger Zeit, daß fie anfingen, ein wenig 144 18 1 wenig aus einander zu gehen. „Sie verwandelten ſich in eine Art von weichen Teig. Aber fie behielten noch ihre naturliche Farbe. Es ſchien übrigens nicht, als wenn eine wahre und vollkommene Aufloͤſung vorgegangen wäre, wenigſtens nicht in der Zeit, da ich fie beobachtete. Baer 1 Seeſalzſaͤure wirkt beynahe eben fü, als das Vitriolol, wenn man es mit dem getrockneten Gifte vereinigt. Es ſcheint nicht, daß dieſe Saͤure die Stuͤcke des Gifts im eigentlichen Verſtande auflöfe ,ob ſie dieſelben gleich weich und teigicht macht. Die Salpeterſaͤure ſcheint eben fo wenig die trockenen Stucke des Gifts aufzu⸗ föfen, ob fie ihnen gleich endlich ihre Harte benimmt. Das Gift behält, ob es gleich durch dieſe Saͤure biegſam gemacht wird, doch noch einen gewiſſen Zuſammenhang oder Zähigkeit, welche es zuſammenhaͤlt; und es wird gelber. Wenn man es in dieſem Zus ſtande unterſucht, ſo ſcheint es aus einer unendlichen Menge ſehr kleiner runder Koͤrper⸗ chen zu beſtehen. 5 | Es verändern daher die Säuren, ſelbſt die ftärfeften, nur ſehr ſpaͤt, und ſehr wenig, das getrocknete Viperngift, und fie löfen es nur unvollkommen und in der Laͤnge der Zeit auf. > a Die vegetabiliſchen Säuren, fo eoneentrirt fie auch ſeyn mögen, loͤſen dieſes Gift nicht beſſer auf, als die mineraliſchen Säuren; und eben fo wenig thun es die laugenſal⸗ zigen Subſtanzen. 8 5 g Ich wollte noch verſuchen, ob die weſentlichen Oele es aufloͤſeten. Aber ich fand dieſe Eigenſchaft nicht bey ihnen. Eben fo wenig loͤſt die fluͤſſige Schwefelleber es auf. Dieſe Verſuche, welche ich auf mancherley Art veraͤnderte, brachten mich nach und nach auf den Gedanken, daß das Viperngift eine harzigte Subſtanz, oder eine aus dem Blute des Thiers abgeſonderte lymphatiſche Subſtanz waͤre. Ich hatte ſchon lange vorher wahrgenommen, daß das getrocknete Gift wie eins der ſtaͤrkeſten Gummi zaͤhe zu ſeyn ſchien, wenn man es zwiſchen den Zaͤhnen biß. Allein ich muſte neue Verſuche ma⸗ chen, um mich zu verſichern, daß es gummigter Natur waͤre. n Die Scheibekuͤnſtler wiſſen, daß die Gummi nicht von dem Weingeiſt, noch von Oelen, aber wohl vom Waſſer aufgelöft werden. Dieſe Art von Verſuchen konnte ohne Zweifel uͤberzeugend ſeyn; zuvor muſte ich aber beweiſen, daß dieſes Gift nicht der thieri⸗ ſchen Lymphe oder dem Eyweiß ahnlich it. Man weiß, daß dieſe Subſtanzen in warmen Waſſer gerinnen, anſtatt fi darinn aufzuldſen, wie die Gummi thun. Ich bereitete mir zu dieſem Verſuche eine groſſe Menge Viperngift, welches ich in einem kleinen glaͤſernen Deckel wohl trocknen ließ. Ich goß auf einmal ungefehr eine halbe Unze kochendes Waſſer ö auf — — 8 8 145 auf das Gift; Es wurde den Augenblick ganz aufgeloͤſt,⸗ anſtatt zu gerinnen. Dieſer mehrmal wiederholte Verſuch hat mir immer eben daſſelbe Reſultat gegeben. Das Waſſer behielt, nachdem es in das Glas gegoſſen war, noch eine Hitze von funfzig und mehr Graden. 5 Nachdem ich auf ſolche Art durch richtige Verſuche die Hypotheſe von einer thie⸗ riſchen lymphatiſchen Materie über den Haufen geworfen hatte, fo ging ich zu dem Ver⸗ ſuche mit Weingeiſt uͤber. 2 Ich ließ, wie gewoͤhnlich, in einem kleinen Glaſe eine gute Menge Gift trocknen. Ich miſchte eine halbe Unze gut rectifieirten Weingeiſt dazu. Ich ließ es länger als zwey Stunden in Ruhe ſtehen, worauf ich das Gift unveraͤndert auf dem Boden des Glaſes fand. Ich brach es mit Gewalt in vielen kleinen Stuͤcken loß, mit der ſcharfen Spitze einer kleinen glaͤſernen Roͤhre, und ſchuͤttelte alles lange mit einander; aber demohnge⸗ achtet wurde nichts davon aufgelöft, Alle kleine Stucke blieben ganz, gefärbt, und hart. Dieſer Verſuch iſt immer beſtaͤndig, wenn man guten Weinſtein dazu gebraucht. Denn wenn der Weingeiſt mit gar zu vielem Waſſer vermiſcht waͤre, ſo koͤnnte das Gift vielleicht zum Theile aufgeloͤſt werden. Aber eben dieſes beweiſet, daß es eine gummigte Sub- ſtanz iſt; denn die Gummi loͤſen ſich ſehr gut in Waſſer auf, und das Waſſer loͤſt ae end das getrocknete Viperngift auf, wovon ich mich unendlich vielmal über- zeugt habe. er ar Wenn das Gift vollkommen rein ift, fo verliert das Waſſer nichts von ſeiner Durchſichtigkeit, und es iſt beſſer, ſich zu dergleichen Verſuchen des deſtillirten Waſ⸗ ſers zu bedienen. 5 Ich habe oft das trockene Gift ans Feuer gehalten; ich habe die Hitze allmaͤhlig verſtaͤrkt; aber es iſt niemals geſchmolzen. Wenn man es auf eine glühende Kohle wirft, jo blaͤſt es ſich auf und kocht; aber es faͤngt erſt ſpaͤt an, ſich zu entzuͤnden, wenn es zur Kohle wird. 5 Es blieb mir ein anderer Verſuch zu machen uͤbrig, um dieſe Sache ganz auſſer allen Zweifel zu ſetzen. Alle Scheidekuͤnſtler wiſſen, daß die im Waſſer aufgeloͤſten Gummi von dem Weingeiſt niedergeſchlagen werden, und daß das Waſſer, welches fie aufgelöft in ſich enthaͤlt, bey dieſem Verſuch ſehr weiß wird. Ich that gleiche Quantitaͤten Waſſer in zwey kleine Glaͤſer. Ich that zu der einen eine Menge Viperngift, und zur andern eben fo viel Arabiſches Gummi. Nachdem Fontana J. B. 5 das 146 D das Arabiſche Gummi durch Huͤlfe einiger Wärme auff gelöſt „ und bis zu eben derſelben Waͤrme mit dem andern Glaſe gebracht war, ſo fing ich an, Tropfen Weingeiſt in beyde hineinzugieſſen. Die Anzahl der Tropfen, welche ich in jedes Glas gegoſſen hatte, war beynahe gleich „als man in beyden Glaͤſern bey jedem Tropfen Weingeiſt, den ich hinein⸗ troͤpfelte, eine weiſſe Wolke entſtehen ſahe, welche einen Augenblick nachher wieder ver— ſchwand. Nachdem ich fortgefahren hatte, gleiche Mengen Weingeiſt in die beyden Glaͤſer zu gieſſen, ſo ſahe ich, daß die weiſſe Wolke, anſtatt zu verſchwinden, ſich in der Fluͤſſigkeit ausbreitete, welche immer weiſſer und undurchſichtiger wurde. Ich hoͤrte auf in die beyden Glaͤſer Weingeiſt zu gieſſen, als ich gewahr wurde, daß die weiſſe Materie anfing, auf den Grund zu fallen, und ſich nichts mehr davon abſonderte, als ich neue Tropfen Weingeiſt hinzugoß. Nach vier und zwanzig Stunden war alles niedergefallen, und ich ſahe auf dem Boden der Glaͤſer beynahe eben die Menge gleich wei es, weiches und ſchleimigtes Pulver. Das im Waſſer aufgeloͤſte, und durch Weingeiſt niedergeſchlagene Gift unter der Geſtalt eines Pulvers oder weiſſen Mehls, ſpringt an verſchiedenen Stellen, wenn man es wieder von neuem trocknet, und dieſe Riſſe haben, wie gewoͤhnlich, die Netzfigur. Wenn man zu dem mit Weingeiſt niedergeſchlagenen und im Glaſe getrockneten Gifte, helles und durchſichtiges Vitrioloͤl miſcht, fo verändert es nach Verlauf einer ges wiſſen Zeit ſeine Farbe, und bekommt eine dunkele Weinfarbe. Man bemerkt eben dieſe Veraͤnderungen im Arabiſchen Gummi, ſo man in Waſſer aufloͤſet und darauf mit Weingeiſt niederſchlaͤgt. Das Gummi hänge fi), wenn es trocken wird, an das Glas, zerſpringt auch, und wenn man einige Tropfen Vitriolol dazu miſcht, fo bekommen ſie in eben derſelben Zeit eine dunkele Weinfarbe. Die Aehnlichkeit zwiſchen dem Viperngifte und dem Gummi koͤnnte nicht vollkommener ſeyn. Sie loͤſen ſich beyde im Waſſer auf, ſie werden auf gleiche Weiſe mit Weingeiß niedergeſchlagen; das niedergeſchlagene Pul⸗ ver oder Mehl hat eben dieſelbe Farbe; ſie werden alle beyde trocken und zerſpringen; das Vitrioloͤl mache fie erſt ſehr ſpaͤt weich, und veraͤndert ſelbſt mit dem einem ki als mit dem andern, auf einerley Weiſe feine Farbe. Es ſcheint mir noch uͤbrig, mit dem Gifte der Viper einen Geruch zu machen, welcher, ob er gleich im Grunde über die eigentliche Natur nichts entſcheidet, doch im— mer mehr beweiſet, daß eine groſſe Aehnlichkeit zwiſchen derſelben und dem Gummi vorhanden iſt. Ich that ſechs Gran ſehr reines und getrocknetes Viperngift in einen kleinen Kolben, und goß dazu funfzig Tropfen Salpeterſaͤure, um die Duͤnſte daraus zu dhe f a 5 Es 147 Es kam vermittelſt des Feuers fo viele Luft aus demſelben, als der Kolben enthalten konnte, oder ein wenig mehr. Dieſe Luft war gemeine Luft, die in ihren Eigenſchaften ein wenig veraͤndert war. Ich unterhielt das Feuer noch; es fing eine andere neblichte Luft daraus zu kommen an, welche ich bey der Unterſuchung aus einem Drittel fixer luft und zwey Drittel entzuͤndbarer Luft zuſammengeſetzt fand. Das Arabiſche Gummi gab mir unter eben denſelben Umſtaͤnden ebenfalls fixe und entzuͤndbare Luft; fo daß man die Reſultate als vollkommen aͤhnlich haͤtte mit ein- ander verwechſeln koͤnnen. Es iſt wahr, daß das Arabiſche Gummi auch Galpeter- luft giebt; aber dieſes thut es nur alsdann, wenn man es in groͤſſerer Menge nimmt. Wenn feine Menge ſehr klein iſt, fo decomponirt ſich die Salpeterluft, fo es giebt, indem ſie ſich mit der gemeinen Luft des Kolben vereinigt. Es ſcheint alſo bewiefen zu ſeyn, daß das Gift der Viper weiter nichts iſt, als ein Gummi. Wenigſtens ſiehet man, daß es alle Eigenſchaften, und vornehmſten Kennzeichen deſſelben beſitzt. Dieſes Gift befindet ſich in einem Thiere, in ſeinen Werkzeugen ausgearbeitet, und aus ſeinen Saͤften erzeugt. Es muß daher als ein wahres thieriſches Gummi be⸗ trachtet werden, um ſo viel mehr, da ſich die Viper nicht anders, als von Thieren er⸗ naͤhrt. Ob man gleich kein anderes thieriſches Gummi kennt, ſo ſcheint es doch nicht, daß man deshalb leugnen koͤnne, daß das Gift ein dergleichen Gummi ſey, weil es alle Eigenſchaften deſſelben hat. Es iſt natürlich, daß man es kuͤnftig in das Verzeichniß der Gummi mit ſetze. Vielleicht wird dieſe Entdeckung den Naturkuͤndigern Gelegenheit geben zu unterſuchen, ob ſich nicht noch an irgend einem andern Thiere noch eine andere gummigte Subſtanz finde. Ob es nun gleich bekannt iſt, daß das Gift der Viper ein Gummi iſt, ſo kann man deswegen doch nicht begreifen, wie es ein Gift iſt, weil es eine bekannte Wahrheit iſt, daß die Gummi es nicht ſind, und man ſie ohne Gefahr gebrauchen kann. Es iſt überflüffig, von den Verſuchen zu reden, fo ich desfalls aus bloſſer Neugier ange- ſtellt habe. = / Ich habe mich auf tauſenderley Weiſe verſichert, daß das Arabiſche Gummi auf die Wunden gelegt, ganz und gar unſchuldig iſt. Aber fo iſt es mit dem Menſchen be ſchaffen, und ſo ſteht es mit dem, was wir Wiſſenſchaft nennen. Man kommt endlich an Graͤnzen, über welche alle unſere Bemühungen gänzlich unnütz werden. Dieſe Kenntniß, daß das Gift der Viper ein Gummi iſt, hilft uns zu nichts, um zu erklären, wie dieſes Gummi in einem Augenblick eine cherlihe Krankheit erregt, und wie es zu⸗ 2 2 2 geht, r 8 — 148 geht, daß es in fo kleiner Gabe, das Leben in fo kurzer Zeit nimmt. Dieſer Grund⸗ ſtoff, welcher es zu einem Gift macht, er mag ſeyn, was er wolle, ſteckt in ſo geringer Menge darinn, daß er im mindeſten nicht die gewöhnlichen Eigenſchaften des Gummi verändert, und man kann von dieſem Grundſtoffe nichts wahrnehmen, man mag ſich der ſtärkeſten Mierofsope bedienen, oder das Gift auf jede andere Weiſe unterſuchen. Die wirkſamſten Subſtanzen ſind ſo wirkſam durch ganz und gar nicht anzugebende kleine Mengen von Materie. Die Spitze einer Nadel, welche eine Pocke beruͤhrt, behaͤlt Jahre lang ihre Wirkſamkeit, und bringt die groͤſſeſten Veraͤnderungen in dem Koͤrper verſchie⸗ dener Perſonen hervor, welche man nach und nach damit ſtechen kann. O wie weit find wir noch entfernt, dieſes Geheimniß zu ergründen! Wie viele ſchwere und unbekannte Wege wird man noch gehen muͤſſen, um einiges Licht uͤber dieſe ſo ſchwere und dunkele Materie zu bekommen! Es wird noch ein Gluͤck ſeyn, wenn alle Mühe, die man ſich geben wird, am Ende doch noch von Nutzen ſeyn wird. Dieſe neue Entdeckung, welche die Naturgeſchichte mit einem neuen Gummi bereichert, muß von den Naturforſchern nicht aus der Acht gelaſſen werden. Sie koͤnnte vielleicht mit der Zeit Gelegenheit geben, die Natur des Gifts der Viper, und die ver⸗ wickelten Wirkungen, fo es hervorbringt, beſſer kennen zu lernen. Sie koͤnnte vielleicht einſt dazu dienen, daß man einſehen lernte, warum die Thiere mit kaltem Blute ſo ſpaͤt an dem Biſſe ſterben; warum es einige giebt, die gar nicht davon umkommen; und warum dieſes Gift völlig unſchuldig für die Viper iſt, es mag in feinen Körper gebracht werden, auf welche Art es wolle. Wenn die kaltbluͤtigen Thiere, welche erſt ſpaͤt ſterben, die andern, welche nicht ſterben, und die Viper, welcher das Gift ganz und gar nicht ſchaͤdlich ift, ſolche Säfte oder Theilchen in ſich hätten, daß fie nur wenig, oder ſpaͤt, oder ganz und gar nicht von dieſem thieriſchen Gummi veraͤndert wuͤrden, ſo wuͤrde man alsdann einigermaſſen eine noch ſehr dunkele Begebenheit erklaͤren können, welche nicht anders erklaͤrt werden zu koͤnnen ſchien, als durch die genaue Kenntniß der Natur des Gifts ſelbſt, und der verborgenſten Weißen und Eigenſchaften der thieriſchen Koͤr— per, auf die es wirkt. Von den Bienen, Hummeln und Weſpen. Im erſten Theile dieſes Werks habe ich einige Verſuche uͤber das Scorpionengift, und diejenige Feuchtigkeit erzaͤhlt, welche aus den Bienen kommt, wenn ſie mit ihrem Stachel ſtechen. Ich habe nach der Zeit Gelegenheit gehabt, einige andere Beobachtungen, nicht allein über die Bienen, ſondern auch über die Weſpen, die Horniſſen „ und Hummeln zu 149: zu machen. Meines Wiſens hat noch kein Naturforſcher die Feuchtigkeit derjenigen Thiere, welche mit dem Stachel verwunden, gehoͤrig unterſucht. Mead ſagt zwar, er habe be⸗ merkt, daß die Bienenfeuchtigkeit aus ſehr kleinen Salzſpitzen beſtehe; er verſichert, daß er fie mit dem Mieroſcop betrachtet, und mit Salzen und Spitzen angefuͤllt gefunden habe. Ich weiß nicht, ob dieſe Beobachtung des Meads von andern beſtaͤttigt iſt, oder nicht. Was mich anbetrift, ſo kann ich verſichern, daß ich in dieſer Feuchtigkeie niemals habe et— was ſalzartiges entdecken koͤnnen, ſo groſſe Aufmerkſamkeit ich auch darauf verwendet, und ob ich mich gleich der ſtaͤrkeſten einſen bedient habe. Ich bin uͤberzeugt, daß ſich Mead darin geirrt haben muß, ſo wie er ſich auch bey Beobachtung des Viperngifts geirrt hat. Er hat gewiß kleine Theilchen ſich in dieſer Feuchtigkeit bewegen geſehen, ehe ſie trocken wurde, und ſogleich geglaubt, daß dieſes ſchwimmende Salzſpitzen waͤren. Es iſt nicht ſchwer, ſich zu Überzeugen, daß Mead dieſe Feuchtigkeit nur unrein und mit fremden Körperchen vermiſcht, unterſucht hat, und daß dieſes ihm hinreichend geweſen iſt, ſie aus Salzen beſtehend anzuſehen. Er hat ſich darin eben ſo geirrt, als in Anſehung des Viperngifts, in welchem nichts von dem iſt, was er darin geſehen zu haben glaubt; und der Irrthum ſcheint voͤllig eben derſelbe zu ſeyn. Die Bienenfeuchtigkeit zer— ſpringt, wenn ſie trocken wird, eben ſo, als das Viperngift, und man ſieht darin die ge— woͤhnlichen, ſpitzigen und regelmaſſigen Stuͤcke. Mead brauchte weiter NR, „um zu glauben, fie feyn wirklich Salz. Ich kann verſichern, daß man von allem dieſen nichts ſieht, wenn die Beobach⸗ tung gut gemacht wird. Wenn man bey dem Ausdrucken der Feuchtigkeit aus dem Sta- chel der Bienen nicht die groͤſſeſte Sorgfalt anwendet, daß nichts entzwey gehe und ſich darunter miſche, fo iſt es leicht, daß fie mit andern nicht dazu gehörenden Körpern ver; miſcht herauskomme; und wenn man ſie auf das Glas legt, fo kann man noch einige we⸗ nige Bewegung in dieſen Koͤrpern beobachten, und ſie koͤnnen mehr oder weniger darin ſchwimmen. Aber dieſe zufällige Bewegung, die ihnen fremd iſt, hört bald gänzlich auf, wenn alles ſtill iſt. Nach und nach vertrocknet die Feuchtigkeit; 3 dem Trocknen zer⸗ ſpringt fie, fie bekommt Rlſſe, Winkel und Spitzen. Es iſt zwiſchen dem Gifte der Viper und der Bienenfeuchtigkeit kein merklicher Unterſchied, wenn man fie, nachdem fie getrocknet find, durch das Microſeop betrachtet. Und ich habe nur wahrgenommen, daß die Bienenfeuchtigkeit, wenn fie auf einer Glas— platte der Luft ausgeſetzt wird, viel ſpaͤter trocknet, und daß ſich auch ſelbſt die Riſſe in der Bienenfeuchtigkeit ſpaͤter bilden, als die Riſſe in dem Viperngifte, wenn man auch gleiche Grade von Eintrocknung i in dieſen beyden Fluͤſſigkeiten annimmt. Es kommen dieſe beyde Fluͤſſigkeiten nicht allein in den Figuren mit einander überein, welche ihre Theile e wenn fie trocken werden; ſondern auch in an- wg dern 150 dern Eigenſchaften. Wenn man ein Stück davon zwiſchen die Zähne nimmt, und feſt darauf beißt, ſo fuͤhlt man ſie wie feſt zuſammengeklebt; eben ſo wie es ſich mit dem Vi⸗ perngifte, und allen trockenen gummigten Subſtanzen verhaͤlt. Sie loͤſt ſich auch in bloſ⸗ ſem Waſſer auf, und widerſteht dem Weingeiſte, wie das Viperngift und die Gummi ſelbſt; ſo daß ich ohne Bedenken glauben moͤchte, daß dieſe Feuchtigkeit eine gummigte Subſtanz iſt, wie ich es von dem Viperngifte bewieſen habe. Es iſt freylich wahr, daß die Mengen dieſer Feuchtigkeit fo klein find, daß man kaum mit Gewißheit Verſuche über dieſe Materie anſtellen kann. Aber die Reſultate ſind mir beſtaͤndig genug vorgekommen, um zu glauben, daß ich mich nicht leicht geirrt haben kann. Ich habe eben dieſelben Reſultate erhalten, als ich die Feuchtigkeit der Weſpen, der Hummeln, und uͤberhaupt verſchiedener anderer fliegenden Inſeeten unterſuchte, die mit einem Stachel ſtechen und eine Feuchtigkeit von ſich geben. Die Feuchtigkeit iſt bitter und beiſſend in allen dieſen Thieren, und ſcheint gewiß gummigter Natur zu feyn. Wenn man ſie auf einer Glasplatte trocknen laͤßt, ſo zerſpringt ſie wie das Viperngift; und wenn man ſie zwiſchen die Zaͤhne nimmt, ſo iſt ſie zaͤhe, leimigt und hart. 8 Aber deswegen muß man nicht glauben, daß ſie eben das iſt, was das Vipern⸗ gift iſt, und alle andere Eigenſchaften deſſelben beſitzt. Das Viperngift hat ganz gewiß weder einen Geſchmack im Munde, noch iſt es ſauer genug, daß es die Farbe des Tour⸗ nefols ober den Ruͤbenſaft roth färben ſollte. Die Feuchtigkeit der Bienen, nnd der an⸗ dern Inſeeten, fo ihnen aͤhnlich find, färbt in dem Augenblick, da man fie auf das mit dem Ruͤbenſafte gefaͤrbtes Papier bringt, etwas roͤthlich; und kurz darauf wird der Fleck gelb⸗ lich weiß, ſo daß es ſcheint, daß ſie die blaue Farbe des Papiers verzehrt. Dieſer Ver⸗ ſuch, den ich mehrmals wiederholt habe, und welcher immer eben denſelben Erfolg hatte, beweiſet, daß dieſe Feuchtigkeit mit einem ſauren, und nicht mit einem laugenſalzigen Grundſtoff vermiſcht iſt. Aber zugleich ſieht man, daß die Menge von Saͤure in dieſer Feuchtigkeit ſehr klein und durchaus nicht im Stande iſt, als eine Saͤure die geringſte Em⸗ pfindung auf der Zunge und in den Wunden hervorzubringen. n Eine gewiſſe Menge Waſſer, fo mit einem gleichen Umfange fixer Luft geſchwaͤn⸗ gert iſt, faͤrbt das mit dem Ruͤbenſafte gefaͤrbtes Papier roth. Es faͤrbt daſſelbe ſehr ſtark, und die Farbe hält einige Zeit an. Eine kleine Menge mit firer Luft geſchwaͤngertes Waſ⸗ ſer iſt kaum im Munde zu ſchmecken, und auch ganz unſchuldig, wenn man es auf Wun⸗ den legt. Man muß alſo die Hypotheſe derjenigen Naturkuͤndiger für irrig halten, welche behauptet haben, daß dieſe Feuchtigkeit die Theile geſchwollen mache, weil ſie ſauer iſt, und daß dem zufolge das fluͤchtige Laugenſalz das Heilmittel dafür ſey, indem es den faus ren Grundſtoff ſaͤttigt. 5 a 8 Die — TEE — — i 151 Die Erfahrung laßt uns vermuthen, daß dieſe Feuchtigkeit durch einen bittern und aͤtzenden Grundſtoff wirket, der weder ſauer, noch laugenſalzig iſt. Wenn man ſie auf die Zunge legt, ſo ſchmeckt ſie bitter und brennend, und nicht ſauer noch laugenſalzig, wie ich geſagt habe. 5 Es giebt viele Subſtanzen, welche ohne ſauer oder laugenſalzig zu ſeyn, ſich auf der Zunge brennend zeigen, und heftige und unangenehme Empfindungen erregen. Die Spaniſchen Fliegen, verſchiedene gewuͤrzhafte Pflanzen, gehoͤren in dieſe Klaſſe. In dem Falle, wovon hier die Rede iſt, ſcheint es gewiß zu ſeyn, daß weder der Schmerz, welcher oft unertraͤglich und heftiger iſt, als derjenige, den das Vitriolol ſelbſt erregen würde, noch die Anſchwellung und Entzuͤndung der Theile von einem ſauren Grundſtoffe hervorgebracht werden koͤnnen, ſo in die Haut der Thiere gebracht wuͤrde; und folglich muß man die Theorie, welche gewiſſe Schriftſteller erdacht haben, um die Wirkungen dieſer Feuchtigkeit zu erklaͤren, durchaus für falſch halten; und die Folgen, fo man dar⸗ aus hergeleitet hat, ſind eben ſo wenig wahr, als die Theorie ſelbſt. Eine vorgebliche concentrirte Saͤure, eine bloſſe Saͤure, eine nicht verbundene Saͤure, eine phoſphoriſche Säure, welche ſolche Dinge zuwege bringen ſoll, find Hypotheſen, die bey der Unterſu— chung der Vernunft, und der Erfahrung nicht Stich halten, und dieſes Jahrhunderts eben nicht werth ſind. Wir ſind nicht in den Zeiten, da man die Natur erraͤth; man muß ſie ausfragen. Wenn die Scheidekunſt die Anzahl unſerer Kenntniſſe vermehrt hat, ſo hat auch der Misbrauch der Scheidekunſt unſere Fortſchritte aufgehalten. Sie hat uns oft in Irrthuͤmer verſetzt, und Hypotheſen für Wahrheiten und Erfahrungen in die Stelle geſetzt. Obgleich die Bienen, und die andern Inſeeten, fo dieſen in Anſehung der Feuch- tigkeiten aͤhnlich ſind, die ſie aus ihrem Stachel ſpritzen, nicht toͤdten koͤnnen, ſo glaube ich doch, daß man ſie, wo nicht als giftige Thiere im gemeinen Sinn, doch wenigſtens als Thiere betrachten muß, welche aus ihrem Koͤrper eine kleine Menge einer Materie ab— ſondern, welche nicht bloß dadurch nicht toͤdtet, daß ſie in gar zu kleiner Menge da iſt. Die wirkſamſten Gifte, wie der Arſenick, der aͤtzende Sublimat, das Viperngift, in ſehr kleiner Gabe genommen, toͤdten nicht allein nicht, ſondern fie bringen auch nicht einmal eine merkliche Veraͤnderung hervor, die lange nicht derjenigen gleich kommt, ſo eine groſſe Horniſſe hervorbringen kann, wenn ſie mit ihrem Stachel ſticht; Aber dieſe Mengen ſind, wenn fie gleich nur ſehr klein find, doch im Stande, die kleinſten Thiere zu toͤdten, da hin— gegen groͤſſere Gaben die groͤſſern Thiere nicht toͤdten koͤnnen. Man ſieht daraus, daß der Unterſchied ganz in der Menge des Gifts, und in den verſchiedenen Graden der Staͤr— ke des Thiers, und nicht in der Natur des Gifts liegt, welche immer eben dieſelbe ift, Das Gift der Bienen, ſo wie ich es nennen will, iſt in ſeiner kleinen Menge ſehr wirkſam, und es iſt leicht, aus dem Schmerze und der Entzuͤndung, ſo es in einem Augenblicke her— vorbringt, davon zu urtheilen; ſo daß, wenn man die Gabe deſſelben vermehrte, es die groͤſſe⸗ 152 ee gröffeften Unordnungen und vielleicht den fehleunigften Tod, verurſachen würde, Und ich wäre nicht entfernt, zu glauben, daß ein Gran von dieſem Gifte in wenigen Serunden eine Taube toͤdten koͤnnte. Der Unterſchied, welcher ſich zwiſchen dem Stiche einer Biene, und dem Stiche einer Horniſſe befindet, iſt ſchon ſehr groß, obgleich der Unterſchied zwi⸗ ſchen den Mengen ihres Gifts noch ſehr klein iſt. Man muß eben das von den gewoͤhnli⸗ chen Scorpionen in Italien, und den Scorpionen anderer Lander, ſagen; fo wie auch von dem Biſſe der Spinnen. Die groͤſſeſten bringen im ganzen eine groͤſſere Verheerung zu⸗ wege, und die in Afrika oder Aſien koͤnnen ſogar toͤdten; aber alle, bis auf die kleinſten, verurſachen ſie doch eine mehr oder wenigere Veraͤnderung. Es giebt andere Thiere, und inſonderheit Inſecten, welche, wenn fie beiffen, oder ſtechen, den heftigſten Schmerz und Entzündung erregen, fo daß man mit Recht ver muthen koͤnnte, daß ſie in die Wunde eine aͤtzende und giftige Feuchtigkeit bringen. Man kann unter dieſe Zahl die Ameiſen rechnen, welche, wenn ſie beiſſen, in die Wunde eine ſcharfe und ſehr aͤtzende Feuchtigkeit hineinſpritzen, die ſie aus einem kleinen Blaͤsgen ab⸗ ſondern, fo hinten an ihrem Körper liegt. Ich will mich hier nicht darauf einlaſſen, von dieſer Feuchtigkeit insbeſondere zu reden, weil ich davon umſtaͤndlich in einer Abhandlung gehandelt habe, welche zum Gegenſtande die Unterſuchung der Saͤuren der Thiere u. ſ. w. und infonderheit der Natur der Säure der Ameiſen hat, und in dem Jour⸗ nal des Abbt Rozier abgedruckt iſt. Ich bewies darin, daß dieſe Feuchtigkeit der Amei⸗ ſen eine wahre Saͤure iſt, und weiter nichts, als die concentrirte Saͤure der fixen Luft, wel⸗ che ihrer Schnellkraft beraubt, und flüffig geworden ift, Dritter - —— — ͤ nn nenne er srann Dritter Theil, Erſtes Kapitel. Wirkung des Gifts der Viper auf die gebiffenen Theile des Thiers. 8 Der. Gegenſtand dieſes Theils iſt das merkwuͤrdigſte, was die Materie, von der ich . handele, einem Beobachter und Weltweiſen darbieten kann. i Alle Fragen, ſo darin abgehandelt ſind, werden wichtig, weil ſie uns ein groſſes Licht uber die Natur der Gifte verſchaffen koͤnnen. Selbſt die thieriſche Oeconomie ſcheint ſich beſſer durch Huͤlfe derſelben erkloͤren zu laſſen; und viele Hypotheſen, welche bisher gemacht worden ſind, fallen vor der Erfahrung uͤber den Haufen. Sie iſt der Probier— ſtein, an dem man bald alles das erkennen kann, was der Natur nicht gehoͤrt, was von der Kunſt, den Vorurtheilen, der Einbildung, mit einem Worte, vom Menſchen herruͤhrt. Die Erfahrung allein kann uns durch die unbekannten Wege der Natur leiten, und zu neuen und unerwarteten Wahrheiten gelangen laſſen. Aber zu der Zeit ſelbſt, da der Menſch bey dem Lichte dieſer Fackel dreiſt auf die Wahrheit zugeht, und ſich erhebt, als wollte er über die Natur herrſchen, läßt fie ihn auf einmal im Stich, und entdeckt ſich ihm nur zum Theil, gleichſam als fuͤrchtete ſie ſich erkannt zu werden; ſie erinnert ihn auf ſolche Weiſe allzeit an ſeine Schwaͤche, und zeigt ihm, daß ſeine Hofnungen eitel, und ſehr begraͤnzt ſind. N Der Menſch, welcher den Eometen den Lauf anweiſet, den fie zu durchgehen ha— ben, und welcher die Zeit beftinime, die das Licht gebraucht, um von der Sonne bis zu uns zu kommen, kennt bey dieſem allen nicht einmal die Luft, ſo ihn umgiebt, das Feuer, welches ihn erwaͤrmt. So iſt unſer Zuſtand beſchaffen, und ſo ſieht es um die Wiſſen- ſchaften der Menſchen aus. 6 Die erſte Frage, welche fie uns, nach allem, was man bisher geſehen hat, bar- ſtellt, iſt, ob das Gift der Viper ein Gift fuͤr alle Thiere mit warmen Blute iſt. Man wird bald ſehen, daß ich nicht ohne Abſicht dieſe groſſe Familie von Thieren von der an- Sontana IJ. B. Au dern 154 TR dern abgeſondert habe, welche die Thiere mit kaltem Blute in ſich faßt. Ich ſage üuͤbri⸗ gens, daß eine Subſtanz für ein Thier giftig iſt, wenn ſie in ihm beträchtliche Unordnun⸗ gen hervorbringt, ob fie gleich nur in einer mittelmaͤſſigen Menge in feinen Körper ge⸗ bracht iſt. Um die Frage, welche ich mir eben aufgegeben habe, gehoͤrig zu beantworten, muͤſte man freylich alle mögliche Thiere mit warmen Blute, fo auf dem Erdboden find, von Vipern haben beiſſen laſſen. Eine ſo weitlaͤuftige und ſchwere Arbeit zu verdienen, iſt die Frage nicht wichtig genug. Wenn man inzwiſchen die Aehnlichkeit zwiſchen den vers ſchiedenen Thieren mit warmen Blute benutzen darf, ſo kann ich ohne Bedenken behaup⸗ ten, daß das Viperngift fuͤr ſie alle ein Gift iſt. Man hat geſehen, daß es fuͤr alle die ſieben Arten, mit denen ich oben Verſuche angeſtellt habe, ein ſolches iſt. Und ich erin⸗ nere mich recht gut, daß ich in Italien gar kein Thier mit warmen Blute gefunden habe. für welches das Gift der Viper kein wahrhaftes Gift wäre. Ich verſuchte es bey allen Bor geln, fo ich nur auftreiben konnte, und bey den vierfüffigen Thieren von mittelmaͤſſiger Groͤſſe, die ich mir zu verſchaffen wuſte; denn ich geſtehe, daß ich weder das Pferd, noch den Kameel, noch den Ochſen habe beiſſen laſſen, welche man zu dieſem Gebrauche nicht leicht haben kann. Es ſcheint alſo ſehr natuͤrlich zu glauben zu ſeyn, daß das Gift der Viper ein Gift für alle Thiere mit warmen Blute iſt, und daß kein einziges gegen die Wirkungen ſicher iſt, welche es insgeſamt hervorbringt, wenn es in hinlaͤnglicher Menge in den Körper ges bracht wird. Die zweyte Frage, welche unmittelbar aus der erſten folgt, iſt, ob das Vipern— gift ein Gift fuͤr alle Thiere mit kaltem Blute iſt. 5 Wir haben ſchon oben geſehen, daß die Froͤſche, eine Art Thiere mit kaltem Blute, die ein ſo hartes Leben haben, ganz richtig in wenigen Stunden ſterben, wenn ſie von der Viper gebiſſen werden; aber dieſes iſt nicht genug, um mit Gewißheit daraus zu fchlief fen, daß alle andere Thiere mit kaltem Blute auch davon ſterben. Man läuft oft Ge— fahr, ſich auf ſolche Art zu irren, wenn man ſich gar zu wenig ausgebreiteter und zu be— graͤnzter Aehnlichkeiten bedient. . i Eine einzige Gattung von Thieren iſt nicht hinreichend, daß man einen Schluß von einigem Werthe fuͤr andere Thiere machen koͤnnte. Wenn man mit fuͤnf oder ſechs hundert Arten von Thieren mit kaltem Blute Ber- ſuche angeſtellt, und bey allen gewiſſe Zeichen von Gift wahrgenommen haͤtte, nachdem ſie gebiſſen worden wären, fo koͤnnte die Analogie in dieſem Falle einen wahrſcheinlichen Be— weis abgeben, und man wuͤrde von den Thieren mit kaltem Blute eben den Schluß machen koͤunen, als von den Thieren mit warmen Blute. Es NE 155 Es iſt gar zu leicht zu vermuthen, daß das Gift der Viper kein Gift für die Vi⸗ per ſelbſt iſt. Die Viper würde bey allen Krankheiten oder Wunden ihres Mauls die groͤſſeſte Gefahr laufen, ſich mit ihrem eigenen Gifte umzubringen. Es iſt nicht ſehr ſel— ten, Vipern zu finden, welche die Beutel der Zaͤhne entzuͤndet und blutig haben. Man ſiehet oft, daß im Maule der Viper, wenn ſie beißt, kleine rothe Flecken entſtehen, und es iſt uͤbrigens leicht zu begreifen, daß alsdann, wenn ſie beißt, kleine rothe Flecken ent— ſtehen, und es iſt uͤbrigens leicht zu begreifen, daß alsdann, wenn ſie von irgend einem andern Thiere ans Maul gebiſſen worden waͤre, ihr eigenes Gift fuͤr ſie toͤdtlich wer— den wuͤrde. Das Gift wird beſtaͤndig abgeſondert, und liegt in der ſchwammichten Druͤſe. Dieſe hat ihren immer offenen Canal, durch welchen alles uͤberfluͤſſige Gift, das nicht in der Druͤſe bleiben kann, ſich nothwendig im Maule der Viper felbft verbreiten muß. Dem mag aber ſeyn, wie ihm wolle, ſo war es doch leicht, den Verſuch damit zu machen. Man kann in meinem erſten Theile die umſtaͤndliche Beſchreibung einer Menge von Verſuchen leſen, welche ich in dieſem Betracht gemacht habe; und aus welchen folgt, das das Gift der Viper kein Gift für die Vipern iſt, ſondern eine ganz unſchuldige Fluͤſſig— keit. Ich habe verſchiedene dieſer Verſuche von neuem wiederholt, und unter einer groſ— fen Anzahl, die ich um der Kürze willen weglaſſe, will ich hier nur einen einzigen erzählen. Ich zwang eine Viper, nachdem ich ſie ſehr gereitzt hatte, ſich ſelbſt mehrmal an den Schwanz zu beiſſen; aber fie hatte demohngeachtet keine uͤbele Folgen davon, ob ſie gleich gewiß ihre Zähne in dieſen Theil tief hineingedruͤckt hatte. Ich wiederholte diefen Verſuch an drey andern Vipern mit eben demſelben Erfolge; ſo daß es eine ausgemachte Sache iſt, daß das Gift oder der Biß der Viper vollkommen unſchaͤdlich fuͤr die Viper ſelbſt iſt, wenn ſie ſich beißt, ſo wie es auch iſt, wenn ſie ſich untereinander beiſſen. Aber dieſe ſo ſonderbare Ausnahme trift nicht die Vipern allein. Es giebt noch andere Thiere, für welche dieſes Gift unſchuldig iſt; und es giebt andere, in welchen, ob ſie gleich klein ſind, eine oder zwey Vipern kaum im Stande ſind, eine merkliche Veraͤnde— rung hervorzubringen. Ich habe ſchon in meinem erſten Theile von einigen dieſer kaltbluͤ— tigen Thiere geredet, und um die Anzahl derſelben zu erfahren, muͤſte man die Verſuche mit andern Arten fortſetzen, die ich mir damals nicht verſchaffen konnte, und mit welchen ich es für überflüffig hielt, den Verſuch anzuſtellen. Wenn es etwas ganz auſſerordentliches iſt, zu ſehen, daß eben dieſelbe Materie, fuͤr verſchiedene Arten von Thieren ganz unſchuldig, hingegen fuͤr unendlich viele andere toͤdtlich iſt; fo iſt es noch erftaunlicher und wunderbarer zu begreifen, wie, und auf was Weiſe es geſchehen kann, daß ein geſchmackloſes Gummi, ſo viel man daran wahrneh— men kann, die heftigſten Unorbnungen in vielen ſo groſſen Thieren hervorbringt, und nichts dergleichen bey andern viel kleinern und ſchwaͤchern bewirkt. U 2 Die 156 Die bekannte Abtheilung der Thiere in Thiere mit warmen, und Thiere mit Fal- kem Blute, welche ſich nur auf einige Grade mehr oder weniger von Wärme, und auf ſonſt einigen kleinen Unterſchied in dem Kreislaufe der Säfte gründet, iſt in dieſem Falle von gar keinem Nutzen; weil es Thiere mit kaltem Blute giebt, welche an dieſem Gifte ſterben, und wieder andere, die ſich nichts daraus machen. Vergleicht man zwey Thiere mit kaltem Blute mit einander, eins, welches von dem Gifte ſtirbt, und ein anderes, das nicht davon ſtirbt, ſo findet man an denſelben einerley Werkzeuge, einerlen Säftelauf, ein gleiches zaͤhes Leben, Mit einem Worte, es ſcheint in den Augen des Beobachters alles an ihnen gleich zu ſeyn. Was iſt denn wohl die Urſache, daß dieſe Materie, welche aus dem kommt, ein Gift fin das eine, und nicht für das andere iſt? Dieſes iſt uns gänzlich unbekannt, und es ſcheint nicht, als wenn wir es jemals erfahren werden. Man muͤſte die ganz eige⸗ ne Natur dieſes wunderbaren thieriſchen Gummis kennen; man muͤſte in die innerſte, und verborgenſte Subſtanz der feſten und fluͤſſigen Theile der Thiere mit kaltem Blut ſehen, den Mechanismus ihrer Organiſation und das Lebensprincipium vollkommen kennen, und alsdann würde man auf alles antworten koͤnnen. Aber woher ſollen wir ſo wichtige Din⸗ ge wiſſen, da unſere Werkzeuge fo ſchwach, fo unwirkſam findt - Aber wenn wir nicht im Stande find, einzuſehen, was dieſer fo wirkſame Grund⸗ ſtoff des Gifts der Viper iſt, welcher in das lebendige Thier gebracht, ihm den Tod ver- urſacht, ſo iſt es uns doch wenigſtens erlaubt, zu unterſuchen, wie viel von dieſem Gifte noͤthig iſt, um ein Thier von einer gewiſſen Gröffe umzubringen. Dieſe Unterſuchung, welche an und fuͤr ſich ſehr unterhaltend iſt, iſt zugleich von einigem Nutzen in der Praxis, und inſonderheit auch dazu, daß man die Gefahr nicht für gröffer halt, als fie wirklich iſt, wenn etwa jemand von dieſem Thiere gebiſſen worden waͤre. Um etwas genaues von dieſer Unterſuchung ſagen zu koͤnnen, muſte ich den An⸗ fang damit machen, daß ich ſehr kleine Gaben von dem Gifte beſtimmte, und fie ohne Ver⸗ luſt der Subſtanz in den Koͤrper des Thiers brachte. Ich muſte es auch auf ſehr kleine Thiere wirken laſſen, bey welchen der Tod geſchwind und gewiß erfolgt, damit die Reſul⸗ tate weniger zweifelhaft ſeyn möchten. Es iſt wahr, daß man, wenn man die Verſuche aufs aͤuſſerſte vervielfältigte, am Ende auch eben dieſelben Reſultate bey den groſſen Thie⸗ ren bekommen koͤnnte; allein ich haͤtte mehr Zeit und Gelegenheit dazu haben, und uͤbri⸗ gens auch von der Wichtigkeit der Sache uͤberzeugt ſeyn muͤſſen. Ich waͤhlte unter den Thieren, die Sperlinge und kleinen Tauben, welche leicht von dem Gifte ſterben, wie ich aus der Erfahrung wuſte. Um kleine bekannte Gaben von dem Gifte beſtimmen zu koͤnnen, nahm ich vier Gran von dem Viperngifte, und vermiſchte ſie mit acht Gran BERN So it 5 157 Mit einem feinen Pinſel überſtrich ich damit allenthalben gleich einen Quadratzoll feines Papier. Man kann dieſes ganz gut und ſehr leicht thun, ohne den geringſten Irrthum zu begehen; und ich habe wirklich gefunden, daß die Hälften und Viertel von einem Tua⸗ dratzoll eines ſolchen Papiers von gleicher Schwere waren, wenn ſie getrocknet waren. Ich ſchnitt den Quadratzoll von Papier gerade durch, ich theilte eine Haͤlfte in zwey gleiche Theile, und fuhr ſo fort bis auf ſechs Theilungen. Ich machte es eben ſo mit der andern Haͤlfte, um auf ſolche Art zwey Theile von gleichem Gehalt, ſtatt eines einzigen zu haben. Ich entbloͤßte zehn Sperlingen die Muskeln am Beine von ihrer Haut, und band darauf die zehn Stuͤcke Papier, von denen die Rede iſt. Die Reſultate waren folgende, wenn man bey den groͤſſeſten Stuͤcken Papier x, 2, 5, „ in anfaͤngt. Von den bey⸗ den Voͤgeln, welche die Papiere bezeichnet am Beine hatten, ſtarb der eine nach funf⸗ zehn, der andere erſt nach fünf und dreiſſig Minuten. Von den beyden mit den Stuͤcken z ſtarb der eine nach einer Stunde, der andere gar nicht. Von den beyden mit den Stuͤ⸗ cken , der eine nach zwey Stunden, der andere nicht. Von den beyden mit den Stuͤ⸗ cken u, der eine nach zwey, der andere nach fünf Stunden. Von den beyden mit den 2 Stuͤcken der eine nach drey Stunden und der andere nach ſieben Minuten. Da ich dieſen Ver ſuch wiederholte, ſo hatte er noch ungleichere Reſultate. Die⸗ ſes machte, daß ich dieſe Methode als ganz unzureichend und irrig verließ; Wahrſchein⸗ lich weil das Papier, wenn es die Saͤfte des Thiers beruͤhrt, weder ganz noch gleichfoͤr⸗ mig das Gift von ſich laßt, welches daran hängt, Ich mußte daher zu einer andern Me⸗ thode meine Zuflucht nehmen, welche vielleicht nicht fo genau iſt, um die beſimmte Men⸗ ge Gift anzugeben; die mir aber ſo beſtaͤndige und gleichfoͤrmige Reſultate gegeben hat, als man ſie in einer ſo ſchweren Materie erwarten kann. Hier iſt die Methode, deren ich mich bedient habe. Ich nahm eine gegebene Menge Gift, zum Beyſpiele dreh Gran, und breitete fie auf einer Glasplatte aus, dergeſtalt, daß fie einen beſtimmten zirfelfürmigen Raum einnahm. 8 Das Gift ſtand in feinem Mittelpunkte nicht höher, als eine Viertel Linie. Ich hatte eine kleine Haarröhre von Glas, die ich mit einer kleinen Schaufel un⸗ gefaͤhr eine halbe Linie im Durchſchnitt endigte. Ich ſtieß die kleine Schaufel vertical in den Mittelpunkt des Tropfens, und zog fie in eben derſelben Richtung wieber zuriick, Um die Menge des Gifts zu beſtimmen, welche ſich an die kleine Schaufel an⸗ Ding, und zu gleicher Zeit zu erfahren, ob dieſe Menge beſtaͤndig ſich gleich wäre, legte ich auf eine ſehr genaue Waage die drey Gran Gift, und die Glasſcheibe, und ſtieß die kleine glaͤſerne Schaufel zehnmal hintereinander in das Gift, und wiſchte ſie jedesmal ſorg⸗ faͤltig ab. Nach dieſen zehnmalen fand ich, daß das Gleichgewicht verloren war, und 5 U 3 \ unges * 0 — 158 g ungefähr zs eines Grans von dem Gifte daran fehlte. Ich fuhr fort, die kleine Schau⸗ fel von Glas zehn andere mal hintereinander in das Gift zu ſtoſſen, und da die Wage wieder aus dem Gleichgewichte gekommen war, ſo fand ich, daß das Gift ungefaͤhr um 2, eines Grans leichter geworden war. Man kann dieſen Verſuch, wenn man ein we⸗ nig geübt iſt, in weniger als zwey Minuten machen, als in zwey Minuten werden die drey Gran Gift durch die natürliche Ausdünſtung nicht merklich leichter an Gewicht, wo⸗ von ich mich durch Verſuche uͤberzeugt habe. Ich will nicht behaupten, daß alle Mengen im ſtrengſten Verſtande gleich groß find. Ich gebe zu, daß man, wenn man dieſen Ver⸗ ſuch vielmal wiederholt, einige merkliche Abweichungen finden muß, und ich habe ſelbſt dergleichen gefunden. Aber alle dieſe Abweichungen zuſammengenommen, koͤnnen die Menge Gift, ſo ſich jedesmal an die Schaufel haͤngt, nur ſehr wenig von einander ab⸗ weichen machen. Ich ganzen konnte ich annehmen, daß die kleine Schaufel von Glas, wenn ſie perpendicular in das Gift geſtoſſen wuͤrde, wie ich es beſchrieben habe, ungefaͤhr eines Grans von dem Viperngifte davon nahm. 1000 Ich entblößte einem Sperlinge einen Fleck am rechten Beine, und machte mit der Lancette einen kleinen laͤnglichen Einſchnitt in die Muskeln. Ich brachte ſogleich die kleine in das Gift getauchte Schaufel in den ſelben, und hielt ihn dreiſſig Secunden darin. Nach zwey Stunden ſtarb dieſer Sperling, und hatte ein blaues Bein. Ba Ich wiederholte dieſen Verſuch mit ſechs andern Sperlingen, und beobachtete da · bey eben dieſelben Umſtaͤnde. Sie ſtarben alle einer nach dem andern nach den Anzahlen von Stunden, 2. 2. 3. 4. 5. 7. } 8 Ich machte den Verſuch mit zwoͤlf andern Sperlingen auf eben die Art, und die Reſultate waren noch ungleicher, als in den vorhergehenden Verſuchen. Der eine ſtarb nach vier Minuten; ein anderer nach drey Tagen; und noch ein anderer nach fuͤnf Tagen. Uebrigens waren aber die Kennzeichen der Krankheit in allen drey Fällen gar nicht zu bes zweifeln. Die andern neun ſtarben alle nach den Zeiten, fo mit folgenden Zahlen aus- gedrückt werden, die fo viele Stunden bedeuten; 2. 3. 3. 5. 6. 6. 9. 10. 12. Dieſe erſten Reſultate zeigen, daß die Mengen von Gift, von denen hier die Rede iſt, hinreichend find, ein Thier von der Gröffe eines Sperlings zu toͤdten; daß aber übrigens dieſes Gift in dieſen Thieren ſehr ungleiche Wirkungen, und mehr oder weniger groſſe Krankheiten zuwegebringt. Ein Thier, das nach drey Minuten, und ein anderes, dem erſten ganz aͤhnliches, ſo erſt nach fünf Tagen ſtirbt, zeigen, daß fie eine ſehr ver- ſchiedene Krankheit gehabt haben. Aber obſ man gleich annehmen kann, daß die Mengen des in die Wunde hineingebrachten Gifts gleich, und die Einſchnitte es ebenfalls waren, ſo kann ein wenig mehr oder weniger Blut, fo aus den abgeſchnittenen Gefaͤſſen fließt, dieſen ganzen Unterſchied verurſachen, weil dieſes machen kann, daß mehr oder weniger Gift in den Saͤfteumlauf, und richtiger zr reden, in das Thier dringt. Ich 159 Ich war neugierig zu ſehen, ob ich, wenn ich die Gabe des Gifts verdoppelte, den Tod fehleuniger verurſachen würde. Weil ich keine ſichere Methode wuſte, das Gift zu verdoppeln, fo machte ich zwey Einſchnitte ſtatt eines einzigen, und brachte in jeden die kleine Schaufel, deren ich erwaͤhnt habe. Sie ſtarben alle; aber einer nach drey, ein anderer nach fieben und zwanzig, und ein dritter nach vierzig Minuten. Die andern ftar: ben nach Angaben folgender Zahlen, die fo viel Stunden anzeigen; 1. 1. 2. 2. 3. 3. 3. 5.6. Die Verſuche, fo ich mit den Sperlingen anſtellte, und die Methode, eine gege- bene Menge Gift durch einen Einſchnitt in ihre Muskeln zu bringen, haben mich eine ſehr merkwuͤrdige Beobachtung machen laſſen. Ich hielt gewoͤhnlich die kleine Schaufel zwan⸗ zig Secunden in den Einſchnitt, und fing an zu bemerken, daß die kippen des verwunde⸗ ten Theils nach einer gewiſſen Zeit blaͤulich wurden. Ich nahm dieſes Zeichen für ein ge wiſſes Merkmal der Mittheilung der Krankheit an, und irrete mich nicht, wie man in der Jolge ſehen wird. Ich wollte ſehen, was fir eine Wirkung eine Gabe von dem Gifte auf ein gröffe: res Thier, als die Sperlinge hervorbringen wuͤrde. Ich entbloͤßte einer Taube einen Fleck am Beine von der Haut, fo daß an dieſer Stelle die Muskeln bloß lagen. Nachdem ich den Einſchnitt wie gewoͤhnlich in dieſelben gemacht hatte, ſo brachte ich die kleine Schaufel in denſelben, als ich ſie in das Gift ge— taucht hatte, und hielt fie fo lange darin, bis daß ich die Lippen des Einſchnitts blaͤulich werden ſahe, welches ungefähr nach zwanzig Secunden, wie bey den Sperlingen geſchah. Nach Verlauf einer halben Stunde war das Bein etwas blau; aber es zeigte ſich weder geſchwollen noch hart. Das Thier ſtarb nicht, und ſchien auch nicht viel zu leiden. Ich wiederholte eben den Verſuch mit ſechs andern Tauben, und beobachtete da: bey genau eben dieſelben Umſtaͤnde. Eine von denſelben hatte nicht einmal ein Zeichen von einer Krankheit an ſich, und der Einſchnitt wurde nicht blau, ob ich gleich die kleine Schaufel laͤnger, als eine ganze Minute darin hielt. Die vier andern hatten die Kennzei— chen der Krankheit von dem Gifte, und zwey von dieſen waren nicht eher, als nach vierzig Stunden ganz geheilt. Die ſechste hatte ebenfalls gar kein Zeichen von einer Krankheit an ſich; aber der Einſchnitt am Beine blutete, als ich das Gift hinein brachte. Ich wiederholte dieſen Verſuch an acht andern Tauben unter eben denſelben Um— ſtaͤnden. Eine ſtarb nach ſechs Stunden; drey hatten alle Zeichen der Krankheit des Gifts an ſich, und wurden niche eher, als den dritten Tag gut geheilt. Zwey andere hat- ten gar kein Zeichen einer Krankheit an ſich. Ich muß erinnern, daß die Einſchnitte am Beine bey dieſen beyden letztern ziemlich bluteten, als ich das Gift in dieſelben brachte; welches beweiſet, daß das Blut, welches aus den Gefaͤſſen fließt, verhindern kann, daß das Gift nicht hineindringen, oder nicht darin bleiben kann, wenn es ſchon darin iſt. Ich 169 Ich wiederholte diefen Verſuch noch an zwölf Tauben. Eine ſtarb nach zehn Stunden. Zwey andere wurden ſchwer krank. Die andern litten nicht merklich davon. Dieſe neuen Verſuche zeigen, daß dieſe Menge Gift, welche gewoͤhnlich einen Sperling toͤdtet, eine Taube nicht umbringt; aber zu gleicher Zeit ſieht man, daß es Fälle geben kann, in welchen ſo viel Gift in den Koͤrper kommt, als noͤthig iſt, eine Taube zu todten, ob es gleich eine fo kleine Menge iſt, daß fie kaum hinreicht, einen Sperling zu koͤdten. ö i g Ich wollte bey den Tauben, ſo wie ich es bey den Sperlingen gethan hatte, 5 terſuchen, was zwey Einſchnitte und eine doppelte Menge Gift bewirkten. Nachdem ich wie gewöhnlich die Muskeln am Beine einer Taube entbloͤßt hatte, fo machte ich zwey kleine Einſchnitte in dieſelben, und brachte in einen jeden die kleine Schau⸗ fel, die in das Gift getaucht war, wie ſonſt. Es zeigte ſich der blaue Fleck in den beyden Einſchnitten; das Bein wurde faſt ganz blau, es blieb fo zwey Tage, und das Tsier ge⸗ nas vollkommen. i Ich wiederholte ebenden ſelben Verſuch an zwölf Tauben, und bekam verſchiedene Reſultate. Zwey ſtarben nach Verlauf von drey Tagen. Die andern hatten blaue Beine; aber ſie wurden alle geſund. Da dieſer Verſuch bey zwoͤlf andern Tauben wiederholt worden war, ſo ſtarben vier davon; die eine nach ſechs Stunden, eine andere nach zwanzig Stunden, und zwey lebten bis den fuͤnften Tag. Alle andere bekamen die Krankheit von dem Gifte, aber ſie genaſen. Statt der zwey Einſchnitte nur, verfiel ich darauf, ihrer vier, einen neben dem an⸗ dern an zwoͤlf Tauben zu machen. Es ſtarben ihrer neun davon; eine in zehn Minuten, zwey in einer Stunde, zwey in zwey Stunden, und drey in fuͤnf Stunden. Die andern hatten die Krankheit, und blaue, aufgeſchwollene und harte Beine; aber ſie ſtarben nicht. Wie viel Gift iſt noͤthig, ein Thier zu toͤdten? Nach allen dieſen Verſuchen ſcheint es, daß man mit einiger Wahrſcheinlichkeit die Menge Gift beſtimmen kann, die erforderlich iſt, ein Thier zu toͤdten; welche Frage ſchon für uns ſelbſt wichtig zu werden anfängt, weil wir uns endlich ſchmeicheln koͤnnen, daß vielleicht der Biß einer Viper nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als man es bisher geglaubt hat. Man hat oben geſehen, daß es von einem Gran Gift, wenn es vermittelſt eines Einſchnitts unmittelbar in einen Muskel gebracht wird, eine hinreichende Menge ſeyn kann, einen Sperling zu toͤdten, obgleich dieſes Thier nicht immer davon ſtirbt; und N daß 161 daß ungefähr viermal fo viel erforderlich iſt, eine Taube zu koͤdten. Man kann fogar an⸗ nehmen, daß wohl fünf oder ſechs mal fo viel vonnoͤthen iſt, um fie ohnfehrbar zu koͤdten. Die Sperlinge, mit denen ich meine Verſuche gemacht habe, wogen ein jeder et⸗ was weniger als eine Unze, und die Tauben wogen etwas mehr als ſechs Unzen. Man ſetze, daß die Sperlinge gerade eine Unze, und die Tauben ſechs Unzen ſchwer ſind; ſo wird die Menge Gift, die noͤthig iſt, ein groſſes Thier, zum Beyſpiel einen Ochſen, der 750 Pfund wiegen ſoll, zu toͤdten, ungefaͤhr zwoͤlf Gran betragen, und um einen Menſchen zu toͤdten, werden ungefähr drey Gran erforderlich ſeyn, wenn man ſetzt, daß er nur den fünften Theil fo ſchwer iſt, als ein Ochs, nemlich 150 Pfund. ; Dieſe Rechnung ſetzt freylich einige neue mehr oder weniger wahrſcheinliche Hy⸗ potheſen voraus, von denen aber keine unwahrſcheinlich iſt. Es fehlt uns an einer hinrei⸗ chenden Menge von Verſuchen, um ſie entweder vollkommen wahr, oder einiger Ein⸗ ſchraͤnkungen faͤhig zu machen. Die erſte Hypotheſe, welche hier angenommen iſt, beſteht darin, daß das Vi⸗ perngift auf das Thier in Verhaͤltniß feiner Menge wirkt. Es ſcheint ganz natürlich zu ſeyn, daß es ſich ſo verhaͤlt; weil, wenn eine ſehr kleine Gabe von dem Gift auf einen gewiſſen Grad die Oeconomie eines Thiers zerſtoͤhren kann, eine groͤſſere Gabe eine groͤſſere Unordnung, eine groͤſſere Krankheit zuwege bringen muß. Noch mehr, wir ha⸗ ben geſehen, daß mehrmal von einer Viper, oder von mehrern Vipern gebiſſene Thiere geſchwinder ſterben, als diejenigen, welche nur von einer einzigen Viper, nur ein einzi⸗ ges mal gebiſſen worden ſind; und man weiß, daß eine Viper, welche mehrmal beißt, von neuem Gift in die gebiſſenen Theile bringt. a Die zweyte Hypotheſe iſt, daß die von dem Gifte der Viper in der thieriſchen Oe⸗ conomie hervorgebrachte Unordnung um ſo viel geringer iſt, aber auch die Kraft des Thiers der Wirkſamkeit dieſes Gifts zu widerſtehen, um fo viel geöffer, je gröffer das Thier ift, Im ganzen genommen verhält ſich dieſes fo, obgleich auch Ausnahmen in dieſer Regel Statt finden, und ſie nicht nach aller Strenge wahr iſt. Die dritte Hypotheſe iſt, daß man von den in einem Thiere einer gewiſſen Art hervorgebrachten Wirkungen auf die Wirkungen ſchlieſſen kann, ſo in einem Thiere einer andern Art hervorgebracht werden; nemlich von den Vögeln auf die vierfüffigen Thiere. Dieſer Schluß iſt nur eine bloſſe Analogie; aber es iſt eine Analogie zwiſchen Thieren mie warmen Blute, und man kann ihr einigen Werth beylegen. Will man nun annehmen, daß eine Viper von mittelmaͤſſiger Gröffe in ihren Blaͤsgen zwey Gran Gift enthaͤlt, ſo wird das Gift von ſechs Vipern erfordert, einen Ochſen zu toͤdten, und beynahe das Gift von zwey für einen Menſchen. f Lontana 1.2. 880 * a Bedenkt 162 Bedenkt man aber, daß eine Viper, welche beißt, nicht ohne Gift bleibt; daß fie bey jedem Biſſe, wenigſtens in den drey oder vier erſten faſt mit gleicher Leichtigkeit ein Thier koͤdten kann, fo wird man es nicht ganz unwahrſcheinlich finden, daß vielleicht zwanzig Vipern noͤthig find, einen Ochſen, und fünf oder ſechs, einen Menſchen zu toͤdten. Zweytes Kapitel. — Von der erforderlichen Zeit, damit die Wirkungen des Gifts der Viper merk⸗ lich werden. is Ei Menge Viperngift, die kaum zs Gran wiegt, bringt, wenn fie in den Körper ei⸗ nes kleinen Thiers gebracht wird, eine ſolche Krankheit zuwege, daß der Tod in wenigen Minuten erfolgt. Es muß wohl ſeine Wirkſamkeit groß, und die Wirkungen, ſo es her⸗ vorbringt, ſchleunig und ſehr beträchtlich feyn. Ich habe an verſchiedenen Stellen dieſes Werks behauptet, daß das Viperngift die an den Thieren gebiſſenen Theile unfaͤhig macht, ihre gewöhnlichen Bewegungen zu verrichten, und dies thut es faſt in einem Augenblick. Wenigſtens iſt es gewiß, daß man bey vielen dieſe Erſcheinung wahrnimmt. Man hat geſehen, daß der vergiftete Theil, nachdem er gebiſſen worden, blau wird; aber erſt nach Verlauf einiger Zeit. Die verwundeten Theile werden bald geſchwollen und ſchmerzhaft, und das Zellgewebe kurze Zeit darauf voll von einer aufgelöften und ſchwarzen Fluͤſſigkeit, unterdeſſen daß das Blut, welches in den Gefaͤſſen iſt, ſchwarz und geronnen wird. Es ſollte natürlich ſcheinen, zu denken, daß die Wirkung dieſes Gifts auf die Werkzeuge des Thiers augenblicklich ſey, und ſich nicht von derjenigen unterſcheide, wel⸗ che erfolgt, wenn man zwey verſchiedene Subſtanzen untereinander miſcht, wovon die Scheidekunſt uns tauſend Beyſpiele liefert. Da ich neugierig war, dieſen Gedanken weiter auseinander zu ſetzen, und mir mit der Hofnung ſchmeichelte, eine Erſcheinung oder eine Wahrheit zu entdecken, welche fuͤr die gegenwaͤrtigen Unterſuchungen von Nutzen ſeyn koͤnnten, ſo erdachte ich mir einen neuen Plan zu Verſuchen. Meine erſten Verſuche hatten zum Hauptzweck, diejenigen Veroͤnderungen zu fe: hen, welche das Viperngift hervorbringt, wenn es in einen abgeſchnittenen Theil von ei nem Thiere hineingebracht wird, in welchem aber noch Waͤrme und Bewegung iſt. Verſuche mit eben von einem Thiere abgeſchnittenen Theilen. In dem Augenblicke, da der Theil abgeſchnitten war, ließ ich ihn von der Viper beiſſen, und wenn der Verſuch gut gelang, welches oft geſchah, ſo konnte kaum eine Se⸗ eunde zwiſchen dem Abſchneiden und dem Beiſſen vergehen, 36 PETE 163 Ich wählte die jungen Tauben zu dieſem Verſuche, weil ich bemerkt hatte, daß bey dieſen Thieren das Gift der Viper ſehr geſchwind einen blauen Fleck an der Stelle in in den Muskeln hervorbringt, in welche es hineingebracht iſt. Um dieſen Verſuch zu machen, hielt jemand das Thier mit der Hand, und in der andern hatte er die offene Scheere, zwiſchen welcher das Bein der Taube war, fo er ab⸗ ſchneiden wollte. Eine andere Perſon hielt mit der einen Hand das abzuſchneidende Bein, und in der andern den Kopf einer Viper mit entbloͤßten Zähnen, und druͤckte dieſelben tief in die Muskeln des Beins. Der Kopf der Viper war von ihrem Körper einige Minuten vorher getrennt worden, und um den Ver ſuch bequemer zu machen, hatte man die untere Kinnlade davon geriſſen. Dieſer Kopf lebte noch, und der geringſte Druck, den man daran machte, war genug, um zu machen, daß ſeine Zaͤhne aus dem Beutel heraus ka— men, und in die Theile hineindrangen, ſo ſich ihm naͤherten. Es iſt gewiß, daß bey keinem von den Verſuchen, die ich gemacht habe, (und ich habe ihrer doch zwoͤlf gemacht) mehr als drey Secunden zwiſchen der Amputation und dem Biſſe vergangen find; verſchiedene davon kanten in einer einzigen Secunde zu Stande, oder in einem einzigen Augenblicke. a Man ſahe bey einigen abgeſchnittenen Beinen das Gift die von den Zähnen ge- machten Locher ganz anfuͤllen; bey andern ſahe man es aus eben dieſen Löchern heraus⸗ flieſſen; und bey wieder andern ſahe man aͤuſſerlich ganz und gar kein Gift. Als ich die auf ſolche Art von der Viper gebiſſenen Muskeln unterſuchte, ſo zeigten ſie gar kein Merk⸗ mal von einer mitgetheilten Krankheit; man konnte gar keinen Anfang von Blauwerden um die Locher wahrnehmen. Das Blut blieb in den Blut- und Pulsadern flüffig. Dieſe Beine, in denen noch Waͤrme und Bewegung war, und welche bluteten, wurden ganze Minuten und Stunden lang aufgehoben, aber ſie zeigten mir niemals das geringſte merkwuͤrdige. ER * f Ich wiederholte bieſen Verſuch mit den entbloͤßten und faſt blaſſen und durchſich⸗ tigen Muskeln bey zwölf Froͤſchen. Der Erfolg war vollkommen ebenderſelbe. Es war kein Zeichen von einer mitgetheilten Krankheit zu ſehen. 5 Ich wiederholte dieſe Verſuche von neuem ſowohl bey den Tauben, als bey den Froͤſchen, und ließ die abgeſchnittenen Beine von noch lebendigen und vorher ſehr gereitz— ten Vipern beiſſen. Das Reſultat war bey allen eben daſſelbe. 5 Ich entbloͤßte Tauben und Froͤſchen die Beine, und nachdem ſie abgeſchnitten wa⸗ ren, ſo verwundete ich ſie mit den entbloͤßten, und aus einem getrockneten Vipernkopfe ge⸗ zogenen Zähnen. Die Spuren dieſer einfachen Verwundungen waren nicht merklich von den Zeichen derjenigen Wunden unterſchieden, in welche man hatte Gift laufen laſſen, ob ſie gleich zu ebenderſelben Zeit gemacht waren. r X 2 i | Es 164 Es ſcheint alfo eine ausgemachte Wahrheit zu ſeyn, daß das Gift der Viper gar keine merkliche Veraͤnderung in den von einem Thiere abgeſchnittenen Theilen hervorbringt, wenn gleich in denſelben noch Leben iſt. Dieſe Wahrheit iſt mir ſehr wichtig in der Theo⸗ rie von dieſem Gifte, und der groͤſſeſten Aufmerkſamkeit wuͤrdig vorgekommen. Erſtlich iſt es gewiß, daß noch nach zwanzig und mehr Seeunden in dem abge⸗ ſchnittenen Beine eben dieſelbe Waͤrme vorhanden iſt, als vorher, wovon ich mich genug überzeugt habe. Die Neitzbarkeit iſt noch vollkommen in den Muskeln, und fie fahren noch ganze Minuten fort, ſich zu bewegen. Das Blut in den Puls- und Blutadern be⸗ findet ſich, wenigſtens noch groͤſſeſtentheils darin, und behält noch einige Zeit feine Be⸗ wegung. a Wenn man den Kreislauf des Bluts in den Thieren mit kaltem Blute unterſucht hat, fo weiß man wohl, daß daſſelbe noch ſehr lange in den abgeſchnittenen Theilen dieſer Thiere umzulaufen fortfaͤhrt. n Dieſem allen ungeachtet zeigt ſich das Gift gaͤnzlich unwirkſam, und unſchuldig in aller den Faͤllen, ſo ich bisher erzaͤhlt habe, obgleich noch alles in dem gebiſſenen Theile vorhanden iſt, nemlich die Saͤfte, Pulsadern, Blutadern, Nerven, die Reitzbarkeit und Bewegung. f N N 1 Dieſe Erſcheinung kam mir fo neu und zu gleicher Zeit fo parador vor, daß ich mir vornahm, noch eine andere Art von Verſuchen zu machen, in welchen der Theil des Thiers ſeinem natürlichen Zuſtande noch naͤher ſeyn ſollte, wenn er von der Viper gebiſſen wuͤrde. N : Ich ſchnitt mit einem ſcharfen Meſſer die Muskeln, Nerven und Gefaͤſſe ab, welche in einer Taube nach dem Beine laufen, und ließ den Knochen unbeſchaͤdigt. Der Schnitt geſchahe da, wo das Schlenbein anfängt, unmittelbar unter der Leude. In dem⸗ felben Augenblick ließ ich von der Viper das Fleiſch des Thiers unter dem Schnitte beiffen, Aber bey dem allen konnte ich nicht wahrnehmen „daß die Muskeln blau gewor⸗ den, und die Krankheit ihnen mitgetheilt worden waͤre. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey eilf andern Tauben, und ich konnte niemals das geringſte Zeichen von Krankheit bemerken, ſo lange ich auch das Thier leben ließ, wel⸗ ches nicht an dieſer Operation ſtirbt. Ich machte ihn auch mit zwoͤlf Froͤſchen. Ihre gebiſſenen Muskeln blieben weiß, und ohne die geringſte Spur von Krankheit. Sie ſahen vollkommen ſo aus, als bey an⸗ dern Froͤſchen, mit denen ich eben dieſelbe Operation vorgenommen hatte, jedoch ohne ſie beiſſen zu laſſen; um fie damit vergleichen zu koͤnnen. f d Man kann alſo dieſe Sache für ganz unzweifelhaft annehmen, fo paradox als fie auch zu ſeyn ſcheint; und ich fing an, mir zu ſchmeicheln, daß man daraus eine je : ahr⸗ 165 Wahrheit über den Mechanismus des Viperngifts, und einen oder andern fruchtbaren Grundſatz zur Kenntniß der thieriſchen Bewegungen würde ziehen koͤnnen. Zuerſt iſt es gewiß, daß das Gift nicht durch eine bloſſe mechaniſche Bewegung zu wirken ſcheint, oder durch eine bloſſe Miſchung von Fluͤſſigkeiten; denn man ſiehet nicht, warum es in den oben erzaͤhlten Fällen nicht die gewöhnlichen Wirkungen zuwege bringen ſollte, da in dem Muskel ſowohl die gewöhnlichen Säfte, als Bewegungen find. Es ſcheint eben fo wenig auf die Art zu wirken, welche die Scheidekunſt lehrt, wie zum Beyſpiel die Vermiſchung einer Säure mit einem Laugenſalze thun würde; gerade aus dem Grunde, weil ganz und gar keine Wirkung erfolgt iſt, obgleich das Gift ſich mit den Saͤften des Beins des Thiers vermiſchte. Verſuche, um zu erfahren, in wie vieler Zeit das Viperngift ſeine Wirkungen hervorbringt, nachdem es in die Wunde gebracht iſt. Wenn man eine Hypotheſe von der Art zu wirken des Viperngifts widerlegt hat, ſo kann dies zwar wohl ein Schritt zur Wahrheit ſeyn. Aber es iſt noch nicht genug, zu erfahren, wie und auf was für Theile es wirkt. Meine Neugier wurde daher eher noch mehr angereitzt, als befriedigt, und ich uͤberdachte ſchon, wie ich meine Unterſuchungen fortſetzen koͤnnte. N f en Ich dachte, wenn das Gift der Viper gar keine Wirkung auf einen vom Thiere abgeſchnittenen Theil hätte, wenn er feinen natürlichen Zuſtande fo nahe als möglich waͤre, ſo waͤre es doch gewiß, daß es ſehr groſſe und ſchleunige Wirkungen auf die noch nicht abgeſchnittenen Theile verurſachte. Die erſte Frage, welche ſich mir natuͤrlich darſtellte, beſtand darinn, daß ich zu unterſuchen haͤtte, ob dieſes Gift ſeine gewoͤhnlichen Wirkungen hervorbraͤchte, oder beſſer zu reden, ob es dem gebiſſenen Theile die Krankheit mittheilte, in eben demſelben Augen⸗ blicke, oder erſt nach Verlauf einer gewiſſen Zeit. Ich ließ in dieſer Abſicht eine Taube von einer groſſen gereitzten Viper an das Bein beiſſen, welche daſſelbe in ebendemſelben Augenblicke zweymal hinter einander biß. Ich ſchnitt dieſes Bein alſobald ab, und unterſuchte es mit allem Fleiß. Man ſahe daran ſehr gut die Löcher von den Zähnen; aber es war kein Zeichen von einer Krankheit, noch die geringſte Spur von blauer Farbe daran zu ſehen, ſo lange als ich auch darauf Acht gab. b Ich ließ auf eben die Art ſechs andere Tauben nur einmal und auch verſchiedene⸗ mal beiſſen, und ſchnitt faſt in eben dem Augenblicke das gebiſſene Bein ab, mit einem ſehr kleinen Unterſchied von Zwiſchenzeiten. & 3 Es 166 Es zeigte ſich gar kein Zeichen von Krankheit in den gebiſſenen Theilen. Und hieraus folgt als eine unleugbare Wahrheit, daß das Gift der Viper uicht den Augenblick auf den gebiffenen Theil wirkt, ſondern eine gewiſſe Zeit erfodert. Denn das iſt gewiß, daß die von der Viper gebiſſenen Theile endlich blau und aufgeſchwollen werden. Es kam nun darauf an, daß man dieſen Zeitraum durch Verſuche ſelbſt be⸗ ſtimmte. i Ich ließ deshalb zwoͤlf Tauben, jede von einer einzigen Viper und nur ein einziges mal beiſſen. Ich maß mit einer Secundenuhr die Zeit, welche zwiſchen dem Biſſe der Viper und dem Abnehmen des Beins vorgieng. Ich machte es ſo, daß die Zwi⸗ ſchenzeiten von zehmlzu zehn Seeunden zunahmen, fo daß die zwölf Beine in 10. 20. 30. 40. 50. 60. 70. 80. 90. 100. 110. 120 Secunden abgeſchnitten wurden. Ich ent⸗ bloͤßte vorher die Muskeln von ihrer Haut, ohne Schnitte oder Riſſe darinn zu machen, und trocknete mit einem kleinen naſſen Schwamm das Blut auf, welches aus den abges ſchnittenen Muskeln herauslief. In dem Beine nach 10 Secunden konnte ich gar keine Veraͤnderung, noch einen blauen Fleck wahrnehmen; aber an dem Beine nach 20 Secun⸗ den ſahe man Zeichen von Krankheit; wenigſtens deuchte es mir einen Anfang von blauer Farbe um die von den Zähnen der Viper gemachten Löcher zu bemerken. Bey allen andern war die Krankheit dergeſtalt entſchieden, daß mir gar Fein Zweifel übrig blieb. Ich wiederholte dieſen Verſuch an zwoͤlf andern Tauben; aber anſtatt die Zwi⸗ ſchenzeiten zwiſchen dem Abſchneiden der Beine von zehn zu zehn Secunden zu nehmen, nahm ich ſie von ſteben zu fieben Secunden. 5 Das nach fieben Serunden abgeſchnittene Bein hatte kein Zeichen von Krankheit an ſich; eben ſo verhielt es ſich mit dem Beine nach vierzehn Secunden. Aber alle andern von dem Beine, ſo nach ein und zwanzig Secunden abgenommen wurde, angerechnet, hatten blaue Flecken. Es iſt auch wahr, daß im ganzen die blauen Flecken deſto groͤſſer waren, je ſpaͤter das Abnehmen geſchehen war. Obgleich dieſe Regel nicht ganz ohne Ausnahmen war, wegen tauſend Nebenumſtaͤnde, welche nicht immer eben dieſelben ſind, und die ſich ein jeder ſelbſt vorſtellen kann. N Um die Zeiten mit groͤſſerer Genauigkeit zu wiſſen, in welchen die Krankheit mit⸗ getheilt wird, ließ ich zwölf andere Tauben nach einer Zwiſchenzeit von fünf bis ſechs Ge- eunden beiſſen, und wartete im Anfange nur fuͤnf Secunden. Die Krankheit fing erſt nach fünf uud zwanzig Seeunden au, gewiß zu ſeyn, und etwas zweifelhaft wegen der Zwiſchenzeit von zwanzig Secunden. Der von fünf, von zehn und von funfzehn Serunden waren ohne Zeichen der Krankheit, und ſogar ohne die geringſte Spur von blauer Farbe. a Es — ie Es ſcheint, daß man aus allen den hier erzaͤhlten Verſuchen den Schluß machen kann, daß die Wirkung des Gifts der Viper auf den gebiſſenen Theil nicht augenblicklich iſt; ſondern daß eine gewiſſe Zeit dazu erfodert wird, ehe die Wirkungen dieſes Gifts in dem gebiſſenen Theile merklich ſind. 5 Die Zeit, welche verſtreicht, ehe das Gift die Krankheit ſichtbar macht, fo es hervorbringt, iſt zwiſchen funfzehn und zwanzig Secunden, oder ungefehr fo. Es ſcheint natürlich zu ſeyn, daß dieſe Zeit in den verſchiedenen Thieren verſchieden iſt, und daß die Krankheit bey dem einen ſpaͤter, als bey dem andern ausbricht. Die be⸗ ſondere Leibesbeſchaffenheit des Thiers, ſogar feine Groͤſſe muͤſſen darinn eine merkliche Veranderung hervorbringen, und die Wirkung des Gifts mehr oder weniger maͤſſigen. a Allein es iſt fuͤr uns genug, wenn wir wiſſen, daß das Gift der Viper nicht in dem Augenblicke wirkt, und einigermaſſen die Zeit kennen, welche es braucht, um bey einigen Arten von Thieren zu wirken. Dieſe Data eroͤfnen die Bahn zu weitern Un⸗ terſuchungen. l Sterben die von der Viper gebiſſenen Thiere bloß durch die oͤrtliche Krankheit, oder durch eine Unordnung, die in edlern Theilen hervor— gebracht wird? 8 Die erſte Unterſuchung, die ſich darbietet, und welche ſehr wichtig iſt, beſteht darinn, daß man wiſſe, ob das Viperngift in dem Thiere eine Krankheit hervorbringt, fo nicht von derjenigen abhängt, die ſich in dem gebiſſenen Theile erzeugt; nemlich ob es, nachdem ein Theil gebiſſen worden iſt, eine ſolche Unordnung in der thieriſchen Oeconomie hervorbringt, daß das Thier auch an dieſer einzigen Urſache ſterben konne. Se Ich habe Thiere geſehen, welche felbft ziemlich groß waren, als zum Beyſpiel Hunde, die fobald fie von der Viper gebiſſen waren, umfielen, ohne ſich einige Zeit bewe⸗ gen zu koͤnnen, und mit einem kaum ſichtbaren Athemholen. Ich habe andere geſehen, die in dem Augenblicke ihren Harn und Unrath von ſich lieſſen, als wenn ihre Schließ- muskel in dem Augenblicke gelaͤhmt worden wären, da fie gebiſſen wurden. Es iſt nicht ſelten, bey dem Menſchen, faſt in eben dem Augenblicke, da er gebiſſen worden iſt, Ohn⸗ machten wahrzunehmen. Aber die Unruhe bey gewiſſen Thieren, und die Furcht bey an⸗ dern koͤnnen vieles dazu beytragen, alle dieſe Wirkungen hervorzubringen; und uͤbrigens iſt es immer wahr, daß ein Zuſammenhang der Werkzeuge, ein Umlauf von Saͤften zwi- ſchen dem gebiſſenen Theile und dem Thiere fortdauert, ſo daß man fuͤr eine mitgetheilte Krankheit anſehen kann, was weiter nichts iſt, als eine bloſſe Uebereinſtimmung zwiſchen dem gebiſſenen Theile und dem übrigen Thiere. Auſſer dieſem allen aber kommt es auch in dieſem Stuͤcke, wie in allen andern, einzig und allein auf Verſuchelan. 5 J 168 8 aa x 2 Ich ließ einer Taube von einer Viper wiederholtemal das Bein beiffen, und ſchnitt es kurz darauf mit einem einzigen Schnitt in dem Gelenke des Schienbeins mit dem Schenkel ab. Das abgeſchnittene Bein hatte alle Zeichen der Krankheit an ſich; die Löcher waren blau, und man ſahe daran die gewoͤhnlichen kleinen Flecken. Die Taube ſtarb nach vier Minuten. I Ich hatte in den oben erzaͤhlten Verſuchen wahrgenommen, daß das Abnehmen des Beins für die Taube nicht toͤdtlich iſt; wenigſtens fand ich verſchiedene Tauben, denen das Bein abgeſchnitten war, noch nach einigen Stunden lebendig. Damit die folgenden Verſuche gewiß und nicht zweydeutig ſeyn moͤchten, ſo ſchnitt ich zuerſt ſechs Tauben die Beine ab, um mich ihrer zur Vergleichung zu bedienen. 1 1 Ich ließ nach und nach zwölf Tauben beiſſen, einige nur einmal, andere mehrmal. Zwiſchen dem Biſſe und der Amputation konnten niemals weniger, als eine Minute, und mehr, als zwey Minuten verfloſſen ſeyn. Alle Tauben ſtarben, und die Zeiten ihres To⸗ des werden durch folgende Zahlen ausgedruͤckt, welche Minuten bedeuten, 2. 2. 3. 4. 4. 4. 7. 7. 10. 12. 12. 14. Von den ſechs Tauben, denen ich das Bein abgeſchnitten hatte, ohne ſie beiſſen zu laſſen, ſtarb keine einzige. Es ſchien ſogar nicht einmal, daß fie im geringften gelitten hatten. Ich ließ ſie acht Tage lang leben, und gab ihnen etwas zu freſſen, und hernach bediente ich mich derſelben zu einem andern Gebrauch. Dieſe erſten Verſuche zeigen ſo, daß man nicht daran zweifeln kann, daß dem Thiere in ſehr kurzer Zeit eine toͤdtliche Krankheit mitgetheilt wird; und daß es unabhaͤn⸗ gig von der ortlichen Krankheit, ſondern wegen einer dem ganzen Thiere durch dieſes Gift ſchon mitgetheilten innerlichen Unordnung ſtirbt. 5 Die Wichtigkeit dieſer neuen Wahrheit war zu groß, als daß ſie nicht noch neue Verſuche verdient haͤtte. ö Ich ließ vier und zwanzig Tauben von eben ſo viel Vipern beiſſen, und ſchnitt einer jeden nach einer Minute, oder ſehr wenig längerer oder kuͤrzerer Zeit, wenn ja ein Unterſchied dazwiſchen war, das gebiſſene Bein ab. Sie ſtarben alle vier und zwanzig; und nach den Zeiten, die durch folgende Zahlen ausgedruͤckt werden, ſo eben ſo viel Mi⸗ nuten bedeuten. 3. 3. 3.4.4. 5. 5. 7. 7. 7. 7. 9,9. 10. 10. 10. 10. 10. 12. 12. 13. 13. 14. 20. Es iſt gewiß, wie ich mich nachher noch durch neue Verſuche uͤberzeugt habe, daß -das Abnehmen des Beins, nicht allein nicht toͤdlich für die Tauben iſt; ſondern daß es ihnen — —ereunnd l 169 ihnen nicht die geringſte Krankheit zu verurſachen ſcheint. Und eben ſo gewiß iſt es aus den oben angefuͤhrten Verſuchen, daß die von der Viper ans Bein gebiſſenen Tauben ſterben, wenn ihnen gleich das Bein abgenommen iſt; nur muß dieſes Abnehmen nach einer gewiſſen Zeit geſchehen. Und daher iſt es eine ausgemachte Wahrheit, daß in dem gebiſſenen Thiere eine Krankheit entſteht, die nicht von dem gebiſſenen Theile abhaͤngt, und daß das Thier nicht an dieſer zweyten oͤrtlichen Krankheit des Beins ſtirbt, welche nicht mehr da iſt, wenn es abgeſchnitten wird, wodurch aber der Tod nicht verhuͤtet wird. Wenigſtens verhaͤlt ſich die Sache gewiß ſo bey den Tauben, an welchen ich meine Ver— ſuche gemacht habe. Aber was noch zu verwundern iſt, das iſt dieſes, daß man ſieht, daß die Thiere fogar noch eher, als gewohnlich fterben, wenn man ihnen das Bein abſchneidet, als wenn man es nicht thut. Man hat ſchon geſehen, daß das bloſſe Abnehmen des Beins fuͤr die Tauben von keinen Folgen iſt; es iſt daher ſehr zu verwundern, daß wenn die oͤrtliche Krankheit, welche doch ſehr groß iſt, weggenommen wird, dieſer Umſtand keinesweges den Tod des Thiers zuruͤckhaͤlt; ſondern ihn vielmehr beſchleunigt. Gleich— fan als wenn der gebiſſene Theil den verdorbenen Saͤften im Thiere zur Ableitung diente, und ſo zu reden, eine Krankheit waͤre, welche von dem Thiere ſelbſt, oder richtiger, von demjenigen Prineipium erregt würde, das ſich im lebendigen Thiere findet, welches uͤber fein Leben zu wachen, und der Regierer deſſelben zu ſeyn ſcheint, wofuͤr es ſchon Sippo⸗ crates und Sydenham erkannt haben. Wird dieſe innerliche Unordnung, ſo das Gift der Viper den gebiſſenen Thieren verurſacht, in dem Augenblicke des Biſſes, oder einige Zeit nachher hervorgebracht? Das, woran uns jetzt am meiſten gelegen iſt, zu wiſſen, iſt, ob die Krankheit von dem Gifte der Viper dem Thiere augenblicklich mitgetheilt werde, oder nicht. Man hat ſchon geſehen, was die oͤrtliche Krankheit iſt, und welches davon die Kennzeichen ſind. Auch habe ich die Zeit beſtimmt, welche erfordert wird, damit das Gift einige merkliche Wirkung auf den gebiſſenen Theil hervorbringe. Die innerliche Krankheit iſt hingegen diejenige, welche dem ganzen Thiere gemein wird, und ſo heftig werden kann, daß ſie ihm den Tod verurſacht, unabhaͤngig von der aͤuſſerlichen und örtlichen Krankheit. Um zu beſtimmen, ob dieſe Krankheit augenblicklich ift, oder nicht, habe ich fol- gende Verſuche angeſtellt. 5 g Ich ließ zwölf Tauben von eben ſo vielen Vipern an das Bein beiſſen, und kaum waren ſie gebiflen, ‚fo ſchnitt ich es einer jeden in einem Hiebe ab. Zwiſchen dem Biſſe und dem Abſchneiden verliefen nicht mehr, als drey oder vier Secunden. Es ſtarb keine von dieſen Tauben, ja ſie ſchienen nicht einmal ein Zeichen von einer Krankheit an ſich zu haben. Fontana 1 Band. i 9 Ich 170 Ich wiederholte dieſen Verſuch mit zwoͤlf andern Tauben, welche in drey oder vier Secunden gebiſſen und verſtuͤmmelt wurden. Es ſtarb keine davon, auch gaben ſie kein Zeichen von einer Krankheit von ſich. 1 Es iſt alſo gewiß, daß das Gift der Viper die Aae Krankheit nicht in einem Augenblicke zuwegebringt, und es gehoͤrt eine beſtimmte Zeit dazu, damit es dem Thiere mitgetheilt werde. Aber welches iſt dieſe Zeit? Sollte es etwa eben dieſelbe ſeyn, welche erfordert wird, die aͤuſſerliche Krankheit bervorzubringen! ? Und wenn dieſes wäre, durch was fuͤr ein gemeinſchaftliches Principium würden dieſe beyden Wirkungen mit einander zuſammentreffen? Warum ſollte die aͤuſſerliche Krankheit nicht fruͤher kommen, als die innerliche? Das Gift der Viper beruͤhrt doch zuerſt den oͤrtlichen Theil, und es ver⸗ miſcht ſich vor allen andern mit den Saͤften dieſes Theils. Allein zu den Verſuchen. Ich ließ zwoͤlf Tauben von eben ſo vielen Vipern beiffen, nur ein einzigesmal; ich ſchnitt ihnen das Bein in verſchiedenen Zeiten ab, und nach einer Zwiſchenzeit von fuͤnf Secunden. Der erſten wurde das Bein nach funf Secunden abgeſchnitten; die andern Zeiten werden durch folgende Zahlen in Sen e 10. 15. 20. 25. 30. 35. 40. 45. 50. 55. 60. Die Taube, welche nach ſechzig Secunden ihr Bein verlor, ſtarb in ſieben Mi⸗ nuten. Die nach fuͤnf und funfzig Secunden in ſechs Minuten; die nach funfzig Secun- den in ſieben Minuten; die nach fuͤnf und vierzig Secunden in zwanzig Minuten; die nach fuͤnf und dreiſſig Secunden in einer Stunde; die nach dreiſſig Seeunden in drey Stunden, die nach fünf und zwanzig Seeunden, in zehn Stunden. Die nach zwanzig, funfzehn, zehn und fuͤnf Secunden das Bein verloren, ſtarben gar nicht, und ſchienen nicht ſichtbar zu leiden. So unregelmaͤßig die Zeiten des Todes dieſer Thiere uns auch vorkommen, ſo bemerkt man doch darinn eine Art von Regelmaͤſſigkeit. Es ſtarb keine von den zwoͤlf Tauben, denen das Bein vor fünf und zwanzig Seeunden abgenommen war, und es genas keine von denen, welchen man es nach den fuͤnf und zwanzig Seeunden abge⸗ ſchnitten hatte. Im Ganzen bemerkt man noch, daß die Tauben, bey welchen das Abnehmen am ſpaͤteſten geſchehen iſt, auch am erſten ſterben. Ich wiederholte dieſen Verſuch noch an zwoͤlf andern Tauben, mit den nemlichen Zwiſchenzeiten; die Reſultate waren freylich ein wenig verſchieden; aber es blieb doch immer eine groſſe Regelmaͤſſigkeit zwiſchen den Zeiten 00 Abnehmens, und des Todes. Die * 171 Die 5. 10. 15 ſtarben nicht. Die 20 ſtarb nach fieben Minuten; und die 25 ſtarb nicht. Die 30. 35. 40. 45. 50. 55. 60 ſtarben alle, und die Zeiten ihres Todes find, wenn man bey 60 anfängt, und ruͤckwaͤrts geht, 5. 10. 7. 7. 6. 40 Minuten 8 Stunden. a ER Man ſieht auch hier, daß keine ſtarb, welche eher, als in 20 Secunden das Bein verlohren hatte, und keine von denen leben blieb, denen ich es ſpaͤter abgenom: men; und im ganzen genommen ſtarben ſie um ſo viel eher, je ſpaͤter das Abnehmen des Beins geſchehen war. 5 Diejenige Taube, welche ſtarb, ob fie gleich nur zwanzig Secunden nachher das Bein verlor, da doch vorher keine in dieſem Zeitpunkte geſtorben war, brachte mich auf die Vermuthung, daß die Groͤſſe der Viper, und auch daß man ſie gereitzt hatte, an dieſem Unterſchied, wenigſtens zum Theil, Schuld ſeyn koͤnnte. Um mich davon zu verſichern, ließ ich zwey voͤllig gleiche Tauben beiſſen; die eine von einer groſſen, ſehr gereitzten Viper; die andere von einer kleinen Viper, ſo nicht gereitzt war. Ich ſchnitt allen beyden nach zwanzig Secunden das Bein ab. Die erſte ſtarb nach fünf Minuten; die andere hatte aber nicht einmal ein Zeichen von einer Krankheit. Dieſer Verſuch zeigte mir, daß die Zeiten, in welchen die innerliche Krankheit mitgetheilt wird, langer oder kürzer nach den verſchiedenen Umſtaͤnden ſeyn koͤnnen, in welchen ſich die Vipern und Tauben befinden, und nach der Art zu beiſſen. Um mich noch mehr davon zu uͤberzeugen, ließ ich zwey andere Tauben beiffen, die eine von einer ſehr groſſen Viper, und die andere von einer ſehr mittelmaͤſſigen. Die erſte Vi⸗ per wurde gereitzt, und ziſchte, als fie biß. Die andere hingegen zwang ich zum Beiſſen, ohne ihr Schmerzen zu verurſachen. Das Abnehmen des Beins geſchahe bey beyden nach Verlauf von funfzehn Secunden. Die erſte Taube ſtarb nach neun Minuten, die andere war gar nicht krank. Aus allem dieſem, was ich bisher geſagt habe, folgt, daß eine gewiſſe Zeit er⸗ fodert wird, ehe das Gift der Viper ſich dem Thiere mittheile, und daß dieſe Zeit zwi⸗ ſchen funfzehn und zwanzig Secunden faͤllt. Man hat oben geſehen, daß, ehe ſich die aͤuſſerliche Krankheit dem gebiſſenen Theile mittheilt, beynahe eben dieſelbe Zeit erfordert wird; woraus zu folgen ſcheint, daß die beyden Krankheiten zugleich vor ſich gehen, und das Gift der Viper die aͤuſſerliche Krankheit nicht eher, als die innerliche, und die innerliche nicht eher, als die aͤuſſerliche zuwege bringt. Y 2 Dieſe 172 — Dieſe Uebereinſtimmung zwiſchen den Krankheiten und Wirkungen, welche, wie man bis jetzt ſieht, ſo regelmaͤſſig und beſtaͤndig iſt, verdiente wohl noch durch andere genauere und einfachere Verſuche beſtaͤttigt zu werden. f Von den eigenen Kennzeichen der Krankheit. Die eigentliche Schwierigkeit beſtand darinn, daß man den Tod oder die Krank heit des Thiers durch Zeichen beſtimmte, die in dem gebiffenen Theile hervorgebracht wer- den, und umgekehrt die Zeichen des gebiſſenen Theils aus dem Tode des Thiers zu erra⸗ then. Auf der einen Seite find dieſe Zeichen nicht zweydeutig, wie ich ſchon geſagt habe, und es iſt leicht ſie zu bemerken; und auf der andern Seite iſt der Tod des Thiers eine ausgemachte Wahrheit, ; Es würde zu weitlaͤuftig und ermuͤdend ſeyn, hier die einzelnen Nefultate diefer Verſuche anzuführen, welche eine Anzahl von mehr als achtzig ausmachten; und es ſoll genug ſeyn, hier im ganzen zu bemerken, daß keins von den Thieren (ein einziges ausge⸗ nommen, welches zweifelhaft war) ſtarb, ohne offenbare Kennzeichen an dem gebiſſenen Theile zu haben; und wenn ich nur fuͤnf Faͤlle ausnehme, ſo bemerkte ich bey allen andern, daß, wenn das Thier nicht ſtarb, auch gar kein Zeichen von Krankheit da war. Die wenigen Ausnahmen, welche von tauſend zufaͤlligen Urſachen herrühren koͤnnen, machen das Geſetz, welches dieſe bey den Krankheiten beobachten, und ihre Beſtaͤndigkeit, in dem Thiere zu gleicher Zeit zu entſtehen, nicht ungewiſſer. ö Dieſe Uebereinſtimmung, die man ſo beſtaͤndig wahrnimmt, ließ mich allzeit mehr vermuthen, daß in dem lebendigen Thiere ein gewiſſes Principium iſt, das über fein Leben wacht. Kaum iſt in einem Thiere etwas, das die Verrichtungen, ſo zu ſeinem Leben nothwendig ſind, beunruhigt und hindert, ſo ſcheint zu gleicher Zeit eine neue Kraft ſich zu zeigen, oder fo zu reden, zu erwachen, welche muthig arbeitet, von den Werkzeugen, die zum Leben die weſentlichſten find, die Urſache des Todes zu entfernen, und die Krank⸗ heitsmaterie nach demjenigen Theile zu fuͤhren, welcher entweder wegen Wunden, die ſchon darinn gemacht waren, oder wegen der Saͤfte, ſo durch Zerreiſſungen ber Gefaͤſſe austreten, am geſchickteſten dazu iſt, fie aufzunehmen. i Das Gift der Viper nimmt nur einen ſehr kleinen Raum an dem Beine des Thiers ein, und wenn man will, ſo kann man es dahin bringen, daß es kaum eine Flaͤche von einem hundertſten Theile einer Linie, ohne phyſiſche oder merkliche Dicke einnimmt. Wenn man annehmen wollte, daß dieſe kleine Menge Gift ganz eingeſogen und in den Blutumlauf gebracht würde, fo muͤſte fie in der Maſſe der Säfte des Tyiers gleich⸗ maͤſſig vertheilt werden, und die Vertheilung deſſelben würde in Verhaͤltniß mit der Groͤſſe des Thiers, und feiner Gefaͤſſe ſtehen. Aber 173 E Aber es verhält fich ganz verkehrt. Die Säfte, das Blut, alles begiebt ſich ei- lig und ſtuͤrmiſch nach dem gebiſſenen Theile, und das Blut fließt nicht bloß nach der bloſ⸗ ſen Wunde zu, die der Zahn gemacht hat; ſondern es verbreitet ſich auch in einer groſ— ſen Entfernung, und ſtuͤrtzt in Stroͤmen, deren Farbe verwandelt iſt, in das Zellgewebe, unterdeſſen daß ein Theil dieſer Fluͤſſigkeit, fo mehr aufgelöft iſt, durch die Wände der Gefaͤſſe dringt. Es ſcheint daher, daß alle Kräfte, welche das von der Viper gebiſſene Thier an- wendet, darauf hinauslaufen, das Blut und die angeſteckten Säfte von dem ſchaͤdlichen Grundſtoffe zu reinigen, indem es davon fo viel, als es kann, vach dem gebiſſenen Theile treibt. Wenn es gelingt, auf ſolche Art die nothwendigſten Verrichtungen in den zum Leben gehörigen Theilen zu erhalten, ſo hat es die ſchleunigſte und gefaͤhrlichſte innerliche Krankheit uͤberwunden. Was die aͤuſſerliche Krankheit anbetrift, ſo verhaͤlt ſich bey dieſer die Sache ganz anders. Dieſe Krankheit wird vielen andern Krankheiten von ſtockenden Saͤften in den Gefaͤſſen, ausgetretenen Fluͤſſigkeiten in dem Zellgewebe, von Blute, das Zerfiörung und kalten Brand drohet, aͤhnlich. Wenn die Kräfte des Thiers gegen die Groͤſſe der oͤrtli—⸗ chen Krankheit im Verhaͤltniß groß ſind, ſo wird es am Ende davon geheilt; und ich habe ſchreckliche Geſchwuͤlſte, ungeheure Blutunterlaufungen „ und die Theile ganz blau und brandig, und bey allem dem doch das Thier geſund werden geſehen. Dieſes nimmt man haͤufig bey den groͤſſeſten Thieren und ſolchen wahr, welche dem Gifte a Tage widerſtehen, ohre zu ſterben. 5 Ich verwundete drey Tauben die Muskeln am Beine mit Vipernzaͤhnen, aus de⸗ nen Gift troͤpfelte, und ſchnitt dieſe Beine faſt in eben demſelben Augenblicke ab. Die Muskeln der erſten Taube hatten gar kein merkliches Zeichen von einer Krankheit. Der zweyten ihre hatten einen kleinen rothen Fleck, welcher durch die Fibern drang, ohne ſeine Farbe zu verlieren. Die Muskeln der dritten Taube hatten auch einen rothen Fleck, wie bey der zweyten; aber er drang bis auf den Schienbeinknochen hinein, und da ſchien er ein wenig dunkel zu ſeyn. Mit andern, aber ſchon lange getrockneten und rein abgewaſchenen Zähnen ver⸗ wunbete ich die Beinmuskeln zwey andern Tauben, und einen Augenblick darauf ſchnitt ich dieſelben ab. An dem einen war gar kein Zeichen von Krank heit oder Wunde zu ſe— hen; An dem andern befanden ſich zwey rothe Flecken, Ben in die Muskeln drangen, und allmaͤlig ihre Rothe verloren. Ich verwundete die Beinmuskeln von drey andern Tauben mit giftigen Zaͤhnen, und in eben dem Augenblick unterband ich ſie, und ſchnitt ſie ab. Bey einer dieſer Tau— ben waren Zeichen von ſchwarzem und ausgetretenem Blute. Bey den beyden andern waren die Zeichen der Krankheit ganz ſichtbar und gewiß; nemlich eine blaue Farbe, ein ſchwarzes und in der ganzen Tiefe des Muskels ausgetretenes Blut. Y 3 Ich 174 5 Ich verwundete mit getrockneten Zaͤhnen die Muskeln am Beine bey zwey Tau⸗ ben, und in eben dem Augenblicke wurden fie unterbunden und abgeſchnitten. Man ſahe in allen beyden ausgetretenes Blut, und dieſes Blut war von dunkeler Farbe. Verſuche, um zu erfahren, ob in dem Augenblicke des Beinabnehmens nicht aus dem Blute ein feiner Grundſtoff verloren geht. 8 Die wenige Beſtaͤndigkeit bey dieſen Verſuchen, der Zweifel, daß etwa eine flüchtige Feuchtigkeit aus dem Blute kommen möchte, ſobald als es aus den Gefaͤſſen ge⸗ laſſen, und der freyen Luft ausgeſetzt wird, noͤthigten mich einige andere Verſuche auf folgende Art anzuſtellen. Ich hielt die Tauben ſo, daß ihre Beine ganz trocken, die Len⸗ den aber ganz unter Waſſer getaucht waren. Das Abnehmen geſchahe am Schenkel un⸗ ter dem Waſſer, damit der abgeſchnittene Theil nicht mit der Luft in Gemeinſchaft ſtehen moͤchte. Die Muskeln waren unter dem Waſſer mit giftigen Zaͤhnen verwundet. Da dieſes geſchehen war, fo hielt ich das Bein drey oder vier Minuten unter dem Waſſer, und nachdem ich es darauf herausgezogen hatte, ſo unterſuchte ich es. Ich machte dieſen Verſuch mit noch ſo viel Tauben als vorher, und nur die Mus⸗ keln dieſer wurden mit getrockneten Zaͤhnen verwundet. Es waren einige Zeichen von der bloſſen mechaniſchen Wunde, ſowohl in den vergifteten Muskeln, als in denen, welche nicht vergiftet waren, und ich fand keinen Unterſchied darunter; ſo daß ich nicht glaubte, mit Grunde eine wichtige Wahrheit über dieſe Zeichen feſtſetzen zu koͤnnen. Ich wollte mehrmal ſehen, in was für einem Zuſtande die Theile um den gebiffe- nen Ort bey den ſchon geheilten Thieren, oder bey ſolchen waͤren, an welchen man keine gewiſſe Zeichen der Krankheit wahrnahm, und deren Theile beynahe ihre gewohnliche Be⸗ wegung wieder bekommen hatten. Ich bemerkte mit Erſtaunen bey mehr als einem Thiere, welches ans Bein gebiſſen war, daß noch vieles unterlaufenes Blut im Zellgewebe, weit entfernt von dem gebiſſenen Theile vorhanden, und ſogar alle Muskeln des Unterleibes noch entzuͤndet und roth waren. | Mit einem Worte, es trift alles zuſammen, mich von dem Daſeyn desjenigen Prin⸗ eipiums zu überzeugen, welches andere vermuthet oder angenommen haben, und mir zu beweiſen, daß die oͤrtliche Krankheit nicht die mechaniſche Wirkung des in den Theil ge⸗ brachten Gifts iſt; ſondern vielmehr das Mittel, deſſen ſich das Lebensprineipium bedient, die krampfhafte Materie, ſo in den Saͤften umlaͤuft, nach auſſen zu treiben, und die Werkzeuge davon zu befreyen, welche zur Erhaltung des Thiers die nothwendigſten ſind. Man wird in der Folge den Gebrauch und Nutzen einſehen, den man aus dieſer Unter⸗ ſcheidung der beyden Krankheiten, fo die Viper in dem gebiſſenen Thiere verurſacht, zie- hen kann. Der Mangel an Aufmerkſamkeit auf dieſe beyden fo ver ſchiedenen Zuſtaͤnde des Thiers iſt Schuld an der groͤſſeſten Verwirrung, den Irrthuͤmern und der Dunkelheit geweſen, — 2 Ge 175 geweſen, in welche dieſe Materie eingehüllt geweſen iſt. Man hat der einen das zuge⸗ ſchrieben, was der andern gehoͤrte, und auf ſolche Art alles unter einander geworfen. Zweytes Kapitel. Ueber die Wirkung des Viperngifts auf das Blut der Thiere. Wenn die Materie des vorhergehenden Kapitels von einiger Wichtiakeit geweſen iſt, welches man nicht laͤugnen wird; wenn ſie neue und ganz unerwartete Erſcheinungen ge— zeigt hat; wenn fie uns fo weit gebracht hat, daß wir in der lebendigen Maſchine Le: bensprincipien und Lebenskraͤfte annehmen muͤſſen; fo wird der Gegenſtand der folgenden Kapitel gewiß nicht weniger wichtig ſeyn, ſowohl wegen der Neuheit der Materien, als auch wegen des Nutzens und der Anwendungen, wozu man ſie in der Kenntniß der den Viperngifte ähnlichen Gifte, und in der Erklärung des thieriſchen Mechanismus, ſowohl im kranken, als im geſunden Zuſtande gebrauchen kann. 5 Mead miſchte, um zu beſtimmen, ob das Viperngift einige Wirkung auf das Blut des gebiſſenen Thiers haͤtte, zu einer halben Unze Blut fuͤnf bis ſechs Tropfen von dem Viperngifte. Er konnte gar keine Veraͤnderung weder in der Farbe noch in der Con⸗ ſiſtenz des Bluts wahrnehmen. Mit einem Worte, es war gar kein Unterſchied zwiſchen dieſem Blute, und einer eben ſolchen Menge anderes Blut, welches er, um eine Verglei⸗ chung anftellen zu koͤnnen, in ein eben ſolches Gefäß gethan hatte. Ich habe dieſen Ver⸗ ſuch wiederholt; ich fing das Blut ganz friſch, fo wie es aus den abgeſchnittenen Gefaͤſſen eines Thiers floß, in ein vorher gewaͤrmtes hohles Glas auf, in welches ich fünf Gran Viperngift getroͤpfelt hatte. Das Flieſſen des Bluts aus den Adern in das Glas geſchahe ſo ſchnell, daß es nicht moͤglich iſt, es auſſer den Blutgefaͤſſen ſeinem na⸗ tuͤrlichen Zuſtande näher zu haben. In dem Augenblicke, da das Blut ſich mit dem Gifte vermiſchte, beobachtete ich es mit einem ſehr ſtarken Mieroſcop. Die Menge des Bluts betrug ungefaͤhr eine Unze, oder etwas daruͤber. Ich konnte niemals die geringſte Bewegung von irgend einer Art darin wahrnehmen, ich ſahe keine Aufloͤſung darin vorge⸗ hen, es entſtand keine Gerinnung, mit einem Worte, das ganze Blut war in feinem na= türlichen Zuſtande, feine Kügelchen waren geſtaltet, wie gewoͤhnlich, und es behielt feine natürliche Farbe. Auch kann uns dieſe Erfahrung nicht in Verwunderung ſetzen, nach den Verſuchen, die ich mit eben abgeſchnittenen und alſobald von einer Viper ges biſſenen, und mit den Beinen angeſtellt habe, die einige Zeit vorher abgeſchnitten waren, ehe ſie gebiſſen wurden. Das Blut iſt in dieſen Faͤllen gewiß ſeinem natuͤrlichen Zuſtande viel naͤher, als wenn man es aus den Gefaͤſſen laufen laͤßt. Es iſt alsdann ſowohl die natürliche Wärme, als auch die gewoͤhnliche Bewegung in den Saͤften, und mit einem Worte alle Vollkommenheit und das Leben in den Werkzeugen ſelbſt noch vorhanden. Es 176 Es ſcheint nach allem dieſen nichts natürlicher, als daraus den Schluß zu machen, daß das Gift der Viper keine Wirkung auf das Blut der gebiſſenen Thiere hat, und dies iſt auch wirklich die Folge, die Mead daraus gezogen hat. So überzeugend dieſer Verſuch mit dem Blute, und fo verehrungsmürdig das Zeugniß des Mead auch war, ſo wollte ich doch nicht unterlaſſen, eine neue Art von Verſuchen zu unteenehmen, welche zum Theil den jetzt erzählten ähnlich, aber kuͤrzer und einfacher ſind. Sie beſtehen darin, daß man das Gift der Viper unmittelbar ins Blut bringt, ohne irgend einen abgeſchnittenen Theil damit zu beruͤhren. Dieſer Verſuch iſt freylich ein wenig ſchwer, aber er iſt moͤglich. Man muß vermittelſt einer kleinen glaͤſer⸗ nen Spritze das Viperngift in eine Ader ſpritzen, die man mit einer Lancette geöfner hat. Ich ſehe voraus, daß man mir die Einwendung machen wird, ein dergleichen Verſuch fey nach denen, die ich ſchon erzählt habe, und welche ihm gänzlich aͤhnlich find, vollig un: nutz, und weil man gar keine Veränderung in dem vergifteten Blute wahrnaͤhme, jo koͤnne man ebenfalls in dieſem Verſuche keine Veraͤnderung bemerken. So ſteht es mit der Gefahr, welche diejenigen laufen, fo lieber Vernunftſchluͤſſe, als Verſuche machen, und ſo urtheilen diejenigen Weltweiſen, welche, weil ſie glauben, bis an die Quelle der Kenntniſſe der Natur gelangt zu ſeyn, ſich ſchmeicheln, alles zu wiſſen, und alles erklaͤ⸗ ren zu koͤnnen. ’ Einſpritzung des Gifts in die Blutgefaͤſſe und deren Wirkungen. Die Verſuche, ſo ich erzaͤhlen werde, ſind mit den groͤſſeſten Kaninchen gemacht worden. Die Halsader war das Blutgefaͤß, in welches ich das Blut einſpritzte. Wenn man unter dem Halſe des Kaninchen auf der Seite einen groſſen Fleck von den Haaren entbloͤßt, und daſelbſt einen groſſen Einſchnitt in die Haut gemacht hat, fo ſieht man die Halsadern ſich in zwey kleinere Aeſte theilen. Ich entbloͤßte die beyden Aeſte, und einen Theil des Stamms der Halsader wenigſtens in der Laͤnge von zehn bis zwoͤlf Linien von dem Zellgewebe und den andern benachbarten Theilen. Ich unterband den einen von den beyden Aeſten der Halsader mit einem Faden zehn Linien weit vom Stamme; ich legte noch einen andern unter dem erſten ungefähr fieben Linien davon ent fernt, um eben denſelben Aſt, ſo daß dieſer zweyte Faden nur drey Linien vom Stamme war. Dieſer zweyte Faden hatte einen Knoten, den man zu ſeiner Zeit zuziehen konnte. Aber ehe ich weiter fortfahre, halte ich es für nothwendig, hier zu beſchreiben, wie ich mich einer kleinen Spritze bediente, um das Gift in die Gefaͤſſe zu bringen. Ich habe eine gemeine kleine Spritze von Glas, welche ſich in eine zehn Linien lange und krumme Haarroͤhre endigt. In dieſe Spritze thue ich das Gift, welches ich in die Ader hineinſpritzen will. Ich ſchneide gewohnlich zwey Vipernkoͤpfe ab, und nehme aus ihren Blaͤsgen alles Gift mit einem kleinen kriſtallenen Loͤffel heraus. Ich thue zu dieſem . 395 8 dieſem Gifte noch einmal fo viel Waſſer hinzu, und wenn es gehörig damit vermiſcht iſt, ſo ſauge ich alles in die Spritze. Es geht gewoͤhnlich mit dem Gifte ein kleines Luft— blaͤsgen in die Spritze, die man aber leicht herausbringen kann, wenn man den Stempel ein wenig weiker in die Roͤhre ſchiebt. Man laͤßt in den kleinen Loͤffel das bisgen Gift flieſſen, welches mit der Luft herauskommt, und ſaugt es wieder in die Spritze, indem man den Stempel wieder ein wenig herauszieht. 8 Nachdem die Spritze auf ſolche Art von der aͤuſſern Luft gereinigt iſt, ſo ziehe ich den Stempel ein wenig, aber kaum merklich heraus. Das Gift ſteigt ein wenig hoͤher, und verlaͤßt die Spitze der Haarroͤhre, welche etwa in der Laͤnge von vier Linien voll von Luft wird. Die Menge Luft, ſo in der Spitze geblieben iſt, kann man faſt fuͤr nichts rech— nen, wegen des kleinen Durchmeſſers der Roͤhre an dieſer Stelle. Ich wiſche mit einem feinen und feuchten Stück Leinwand den krummen Theil dieſer Spritze, oder ihre Spitze ab, und ſtecke einen ſehr feinen und trockenen, zwey Linien langen leinenen Faden hinein, um das Gift aus der kleinen Haarroͤhre auszuwiſchen, welche die Luft enthaͤlt. i Wenn die Spritze fo in den Stand gebracht ift, fo ziehe ich die Halsader mit den beyden Faden ein wenig in die Hoͤhe, indem ich den oberſten Faden anziehe. Ich oͤfne fie zwiſchen den beyden Faden mit einer Lanzette, und ſtecke in die Defnung das Haarroͤhr— chen der kleinen Spritze, fo weit, daß fie vier oder fünf Linien hoch in den Hauptſtamm hineinkommt. Ich ziehe darauf den Faden zu, welcher die Waͤnde des Blutgefaͤſſes ſehr feſt um die Roͤhre der Spritze zuſammenſchließt; Wenn dieſes alles ſo eingerichtet iſt, ſo ſtoſſe ich endlich allmälig den Stempel in die Spritze, und treibe das Gift aus derſelben heraus, welches alles in den Stamm der Halsader dringt, um von da in dem Augen— blicke nach dem Herzen gebracht zu werden. Dieſer Verſuch erfordert wenigſtens zwey Perſonen, und er gelingt deſto beſſer, wenn ihrer drey da ſind. Er dauert im ganzen genommen hoͤchſtens nur zwey Minuten, wenn man die Spritze ſchon vorher in den Stand geſetzt hat; und er iſt gar keiner Schwie⸗ rigkeit unterworfen, wenn man die Theile des Thiers gut kennt, und ihn ſchon einige mal gemacht hat. Ehe ich die Spritze aus dem Blutgefaͤſſe wieder herausziehe, pflege ich den Stem⸗ prl ein wenig an mich zu ziehen, damit in die Haarroͤhre ein wenig Blut geſogen werde, und kein Gift in ihrer Mündung ſtecken bleibe. In dem Augenblick, da ich die Spritze herausziehe, ziehe ich den unterſten Faden weiter zu; auf ſolche Art bleibt die Ader ganz zu. Ich hebe mit einer Zange das Stuͤck der Halsader auf, welches zwiſchen den beyden Faden liegt, ich ſchneide es auf beyden Seiten ab, und nehme es heraus. Ich waͤhle nicht ohne Urſache ein Blutgefaͤß, das ſich in zwey andere theilt, und ebenfalls ſtecke ich nicht ohne Urſache die Haarroͤhre der Spritze bis in den Hauptſtamm. Fontana J. B. ’ 3 Ich 178 Ich wollte, daß das Gift gleich unmittelbar nach dem Herzen gebracht würde, uud konnte kein beſſeres Mittel finden, als ein Seitengefaͤß, welches voll vom Blute nach dem Stamm zuliefe, und das Gift mit ſich nehmen muſte, welches es im Stamm vorfand, Dieſe Verſuche ſind von zu groſſer Wichtigkeit, als daß ich ſie nicht etwas um⸗ ſtaͤndlich erzaͤhlen ſollte. Sie machen es wenigſtens noͤthig, daß ich die Hauptumſtaͤnde beſchreibe, mit denen ſie begleitet waren. Ich will ſie hier in eben derſelben Ordnung er⸗ zaͤhlen, in welcher ich ſie gemacht habe. BER: Ich ſpritzte in die aͤuſſere Halsader eines groſſen Kaninchen, welches fieben Pfund wog, das Gift aus zwey Vipernkoͤpfen, ſo wie ich oben beſchrieben habe, zubereitet, und beobachtete dabey alle die Vorſicht, die ich eben auseinander geſetzt habe. Das Gift fing kaum an, in die Ader zu flieſſen, ſo machte das Thier ein ſchreckliches Geſchrey, riß ſich los, kruͤmmte ſich, und ſtarb einen Augenblick nachher. : Die Neuheit diefes ſeltſamen und unerwarteten Falls erlaubte mir nicht, mit Ger nauigkeit die Zeit zu beſtimmen, welche das Thier noch lebte, nachdem das Gift ihm in die Ader geſpritzt war; Auch nicht die Zeit, welche ich gebrauchte, alles Gift aus der Spritze herauszuſchaffen. Aber es iſt gewiß, daß das Thier nicht laͤnger, als zwey Minuten lebte, und daß ich nicht länger, als acht oder zehn Secunden bey der Einſpritzung zubrachte, Das Verlangen zu ſehen, ob dieſer Verſuch beſtaͤndig fo ausficle, oder ob das Thier durch irgend einen Umſtand geſtorben waͤre, den ich nicht kannte, machte, daß ich unterſuchte, in welchem Zuſtande ſich die Eingeweide und das Blut in den Gefaͤſſen des todten Thiers befanden, und daß ich einige Umſtaͤnde veränderte, f Ich bereitete ein anderes Kaninchen wie vorher, und fing an, ihm ſo viel bloſſes Waſſer hineinzuſpritzen, als in dem erſten Verſuche Gift und Waſſer zuſammen in der Spritze geweſen war. Das Thier litt im geringſten nicht davon. Ich behielt es in dieſem Zustande fünf oder ſechs Minuten, und da ich ſahe, daß es ſich gar nicht übel zu befinden ſchien, fo ſpritzte ich ihm die obige Menge Gift in eben die Halsader. . Das Thier ſchrie nicht, auch machte es keine ſtarke Bewegungen. Nach Ver⸗ lauf einiger Minuten bemerkte ich, daß es krank war, und es ſtarb nach zwoͤlf Stunden. Alle Theile des Thiers, welche ich von der Haut entblößt hatte, um die Halsader frey zu bekommen, waren flarf entzündet und blau. Das Zellgewebe war voll von ſchwarzen ausgetretenem Blute. Alle Pruſtmuskeln, auf der Seite, wo ich das Gift eingeſpritzt hatte, und ein Theil von den Bauchmuskeln waren ſchon blau. Selbſt die Gedaͤrme wa⸗ ren entzuͤndet; die inwendige Seite der Bruſthoͤle war entzuͤndet und blutig, und das Herz war angewachſen. Das Blut war geronnen und ſchwarz in den groſſen Gefaͤſſen und im Herzen. Die Lungen waren hie und da mit Flecken bezeichnet, die ins blaͤuliche fielen. Dieſer 179 Dieſer zweyte Verſuch zeigte mir, wie wichtig es wäre, den Zuſtand des Thiers nach dem Tode wohl zu unterſuchen. Vorzüglich aus dieſem Zuſtande muſte man von der Wirkung des Gifts auf das Blut urtheilen. Aber wie iſt es wohl zugegangen, daß das erſte den Augenblick, und das andere erſt nach zwoͤlf Stunden ſtarb? Wem ſoll man dieſe Verſchiedenheit Schuld geben? Ich ging ſogleich zu einem dritten Verſuche, in der Hofnung daraus etwas wei- teres Acht zu bekommen. Ich bereitete das Kaninchen, und ſpritzte ihm, wie vorher, das Gift von zwey Vipern in den Aſt der Halsader. Das Thier ſchien ganz und gar nichts durch dieſe Tin— ſpritzung zu leiden, und es wurde von der aͤuſſerlichen Krankheit in wenigen Tagen geheilt, als wenn gar keine Operation mit ihm vorgenommen waͤre. Ich fand es eine Stunde nach der Einſpritzung freſſen, als ein vollkommen geſundes Thier. Dieſer dritte Verſuch verwirrte mich vollends, und ich fing an, an allen zu zwei⸗ feln. Ich ſahe auf der einen Seite ein Thier ſo zu reden in einem Augenblicke an der Ein⸗ ſpritzung ſterben, und auf der andern eine wirkliche Krankheit bey dem, das zwoͤlf Stun⸗ den lebte. Es war alſo wahr, daß dieſes Gift, wenn es mit dem Blute vermiſcht wurde, die thieriſche Maſchine dergeſtalt verändern konnte, daß es bey einem Thiere eine ſehr hef⸗ tige Krankheit, und ſelbſt den Tod verurſachte. Dieſes alles war gewiß; aber wie ſoll man dieſe beyden Faͤlle mit dem dritten reimen? * Es entſtanden bey mir einige Zweifel über die Methode, welche ich bey dieſen Ver⸗ ſuchen befolgt hatte, und die zum Theil nicht ſo genau war, als die, ſo ich beſchrieben habe. Ich machte nicht die zweyte Unterbindung an der Ader, ich gab nicht Achtung, ob die Haarroͤhre auch wirklich bis in den Hauptſtamm der Halsader reichte; Ich zog nicht den Stempel etwas aus der Spritze, ehe ich ſie aus dem Gefaͤſſe wieder heraus nahm. Der Mangel dieſer Vorſicht machte, daß ich alle dieſe drey Verſuche, die ich erzaͤhlt habe, für verdächtig hielt; und ich fing ganz von neuem an, Verſuche zu machen, aber mit mehr Aufmerkſamkeit, als vorher. Ich bereitete zu dieſem Endzwecke ein groſſes ſtarkes und fettes Kaninchen. Ich machte die beyden Unterbindungen an dem aͤuſſern Zweige der Halsader. Ich ſteckte die Haarroͤhre, bis in den gemeinen Stamm der Halsader, ich zog den Faden um die Noͤhre feſt zu, und ſpritzte alles auf einmal hinein. Ich war fo vorſichtig, den Stempel erſt et⸗ was anzuziehen, ehe ich die Spritze heraus zog, und den Faden noch weiter zuſammen zu ziehen. Mit einem Worte, ich unterließ gewiß nicht die geringſte von den Vorſichtig⸗ keits⸗Regeln, die ich mir zu beobachten vorgeſetzt hatte. Die Wirkungen waren folgende, 5 Das Gift war aus der Spritze noch nicht einmal ganz in die Halsader gekommen, fe fing das Kaninchen ſchon fürchterlich zu eg an, und bekam die heftigſten Zuckun⸗ 2 gen. 180 gen. Es ſtarb in weniger, als anderthalb Minuten; die Zeit der Einſpritzung dauerte nicht laͤnger, als fieben Seiunden, Das Blut war in allen groͤſſeſten Gefäffen ſchwarz und geronnen. Es verhielt ſich eben ſo damit im Herzen und in den Herzohren. Die Kranzadern waren aufgetrieben und blau, und man ſahe rund herum in der Muskelſubſtanz des Herzens eine deutliche Unterlaufung von dunkelſchwarzem Blute, unter der Geſtalt von groſſen Flecken. Der Herzbeutel war ganz voll von Waſſer, als wenn es eine Blaſe geweſen wäre, und dies Waſſer war durchſichtig und flach roth gefaͤrbt. Die Lunge war voll von den gewoͤhnlichen Flecken, aus welchen die duft durch das Waſſer heraus kam, wenn man ſie nur wenig anruͤhrte. Die Gedaͤrme, der Magen, das Gekroͤſe hatten kleine blaue und rothe Flecken. ER Dieſer Verſuch gerieth zu gut, als daß ich an den Reſultaten deſſelben zweifeln konnte. Das Thier ſtirbt in wenigen Augenblicken; es frei und ſtirbt, ſobald das Gift in die Halsader kommt. Die beyden vornehmſten Werkzeuge des Lebens werden plötzlich von einer ſchweren und toͤdtlichen Krankheit befallen. Die Saͤfte gerinnen ſogleich in den groſſen Gefaͤſſen, in den Lungen und im Herzen. Alles trift, mit einem Worte, fate „den Säfte: lauf ploͤtzlich zu hemmen, und dem Thiere das Leben zu nehmen. Die Austretung des Bluts aus den Kranzadern iſt zum Erſtaunen, die blauen Flecken der Lunge, und die Zerreiſſungen dieſes Eingeweides ſind es noch mehr; aber was mich am meiſten id Verwunderung fett, ift das Blut, welches ſich in dem Augenblicke in ſo vielen Gefaͤſſen, in fo vielen Hohlen, und in ſo groſſem Ueberfluſſe anſammlet. Man ſieht in dieſer Krankheit die hoͤchſte Aufloͤſung in einem Theile der Säfte, die in den Adern herumlaufen, und alsdann allenthalben herausſpritzen, und zu gleicher Zeit eine Gerin⸗ nung des andern Theils, welcher in wenigen Augenblicken ſtockt und fi ch verdickt. Jeder Schritt den ich auf dieſem neuen Wege bey meinen Verſuchen machte, ſchien mir entweder paradox, oder eine neue und unerwartete Wahrheit zu ſeyn. Ich machte mich an den fuͤnften Verſuch, den ich wie den vierten machte, und auf gleiche Weiſe vorbereitete. Das Reſultat war ein wenig verſchieden; aber es ſtimmt fehr gut mit dem vierten in Anſehung der Natur der Krankheit, und des Urtheils überein, welches man über das Hineinbringen des Viperngifts in das Blut fällen kann. Da die Einſpri⸗ tzung geſchehen war, ſo ſchrie das Thier nicht, auch ſchien es nicht viel zu leiden. Nach einer Stunde ſchien es krank zu ſeyn, es fraß nicht, und ſtarb nach vier und zwanzig Stunden. Bey der Defnung des todten Körpers fand ich, daß die Eingeweide des Unterlei⸗ bes nicht merklich entzuͤndet waren; hingegen ſahe man an der Lunge die eee auen \ 181 blauen Flecken, aus welchen die Luft leicht herauskam. Alle Bruſtwuskeln waren ſicht⸗ bar entzuͤndet, und das ganze Zellengewebe, vem Halſe an bis nach dem Unterleibe zu voll von ausgetretenen ſchwarzen und fluͤſſigen Blute. Es war geronnenes Blut im Her⸗ zen, in der Lunge „und in den groͤſſeſten Blutadern, aber viel weniger, als in dem vorher— gehenden Falle „in welchem das Thier den Augenblick ſtarb. Ich ging alſobald zum ſechsten Verſuche, um zu ſehen, ob eine Art von beſtaͤn— digem Verhaͤltniß zwiſchen dem Einſpritzen des Gifts und dem Tode des Thiers vorhanden ware. Bey einigen der obigen Verſuche hatte ich verſaͤumt anzumerken, daß ich mehr oder weniger Gift in den Vipernkoͤpfen vorgefunden hatte; und bey einigen hatte ich ſogar aus dem Zahn eine etwas klebrichte und weiſſe Feuchtigkeit kommen geſehen. Ich hatte ferner wahrgenommen, daß der Gaumen einiger Vipern, deren ich mich bedient hatte, Nin ae entzuͤndet, und die beyden Beutel der Zähne entzuͤndet und roth waren. Aber ich kann nicht geradezu ſagen, ob dieſe Molen die Wirkungen des Gifts auf das Thier hatten veraͤndern koͤnnen. So viel iſt gewiß, daß ich mich entſchloß, kein anderes Gift, als aus ganz geſunden und aufs beſte mit Gift verſehenen Koͤpfen, und in groͤſſerer Menge zu nehmen. Ich operirte wie gewoͤhnlich ein groſſes und ſtarkes Kaninchen, und nahm in die Sprige das Gift von zwey ſehr groſſen Vipern, deren Koͤpfe geſund waren. Das Einſpritzen des Gifts war noch nicht zu Ende, als das Thier anfing zu ſchreien, und es ſtarb in den heftigſten Zuckungen in weniger, als zwey Minuten. Mach: dem ich die Bruſt geoͤfnet hatte, ſo fand ich die Herzohren und Höhlen voll geronnenen Bluts. Eben ſo verhielt es ſich auch mit den groſſen Blutgefaͤſſen. Im Herzbeutel war viel Waſſer „und auch geronnenes und ausgetretenes Blut. Alle Gedaͤrme waren ſehr entzuͤndet; der Magen und das Gekroͤſe ebenfalls. Die Pulsadern waren überhaupt leer. Die Lunge ſchien faſt ganz ohne Flecken zu ſeyn, aber wenn man unter Waſſer in dieſelbe hineinblies, ſo ſahe man an verſchiedenen Stellen die Luft herauskommen, und alsdann waren die kleinen Flecken ſichtbar. Das Blut war auch in den Lungen geronnen. bereitete ein anderes Kaninchen, und ſpritzte ihm wie gewoͤhnlich die gewoͤhn⸗ liche Mag Ce in die Halsader, Kaum fing das Gift! an, hineinzukommen, ſo machte das Thier ſchon ein Ge⸗ 8 A und ſtarb in weniger, als zwey Minuten, mit dem fnrgfentiäfen Geſchrey und uckungen. Ich Sfrefe es und fand wie gewohnlich die Lunge fleckigt, das Blut in den beyden Herzhoͤhlen geronnen; aber viel mehr in der rechten, fo wie es in allen den ſchon beſchrie— 3 3 benen 182 ; 8 — — benen Fallen geweſen war. Es verhielt ſich eben ſo in den Herzohren und den Blutader⸗ gefaͤſſen. Der Herzbeutel war voll von blutigem Waſſer; die Kranzadern hatten auf beyden Seiten zwey breite blaue Streifen. Die lungen waren wie gewoͤhnlich gefleckt, und die Luft kam aus allen Flecken heraus. Das Blut war darin verdickt und ſchwarz. Die Gedaͤrme entzuͤndet, fo auch alle Muskeln des Unterleibes, und im Zellengewebe bez fand ſich vieles ausgetretenes und aufgelöftes Blut. — Dieſe beyden letzten Faͤlle waren ſich ſehr aͤhnlich, und ſtimmten mit einander überein. Auch treffen fie gar zu gut mit den oben erzählten zuſammen, als daß man an der unmittelbaren Wirkung des Viperngifts auf das Blut zweifeln konnte. 155 Verſuche mit den Blutgefaͤſſen der Kaninchen. Ungeachtet der Ungewißheit und der Hinderniſſe, fo man bey den Verſuchen mit den Blutgefäſſen antrift, wollte ich fie doch noch einmal wiederholen, und alle mögliche Sorgfalt und die groͤſſeſte Aufmerkſamkeſt darauf verwenden; denn fie ſchienen mir von der gröffeften Wichtigkeit zu ſeyn. Ich wählte dazu zwey der groſſeſten Kaninchen, die ich nur anzuſchaffen wuſte, und welche jedes zehn Pfund wogen. Ich nahm das Gift aus zwey geſunden Vipernkoͤpfen, welche ich zu dem Ende vorher erſt unterſuchte. Ich hatte die Einspritzung in das eine Kaninchen ſowohl, als das andere noch nicht geendigt, als fie aus allen Kraͤften zu ſchreien anfingen, und in den heftigſten Zuckungen in weniger, als zwey Minuten ſtarben. Nachdem ich ihnen die Bruſt gedfnet hatte, fo fand ich wie ge⸗ wöhnlich die Lunge fleckigt, und die Gefaͤſſe nebſt den Herzohren mit ſchwarzem und geron⸗ nenem Blute angefüllt. Der Herzbeutel enthielt, wie gewoͤhnlich, Waſſer; die Ge⸗ daͤrme und Muskeln waren entzündet, wie ſonſt. 1 5 Die Wirkung des Gifts der Viper auf das Blur der warmbluͤtigen Thiere iſt alſo eine nicht zu bezweifelnde und beſtaͤndige Wahrheit; eine Wahrheit, die man vorher nicht geglaubt haͤtte, und welche durch andere der Wahrheit nicht ſo gemaͤſſe und nicht ſo ein⸗ fache Verſuche widerlegt zu werden ſchien, die aber doch mit dem Blute angeſtellt waren. Dieſes lehrt uns, wie vorſichtig man ſeyn muß, wenn man aus den Verſuchen Folgen zieht, und es beweiſet, daß wir auſſer dem, was die Erfahrung allein zeigt, nur wenig oder gar nichts wiſſen, wenigſtens nicht mit Gewißheit, und ohne in Gefahr zu ſeyn, uns zu irren. ö Aber wie ſoll man jetzt die unmittelbare Wirkung des Viperngifte auf das Blut, wenn man es durch die Adern hineinſpritzt, und die Unwirkſamkeit eben dieſes Gifts nicht allein auf die kaum abgeſchnittenen Theile eines Thiers, ſondern auch auf ſolche, die noch ganz find, noch funfzehn bis zwanzig Gesunden an dem Thiere ſitzen bleiben, mit einan- ber reimen? 2 0 ? _ — 183 Ich geſtehe, daß dies eine groffe Schwierigkeit ick, und daß es fehr ſchwer haͤlt, die wahre Erklaͤrung derſelben zu finden. Es ſcheint, daß den Theilen, ſo noch mit dem Thiere zuſammenhaͤngen, nichts fehlt, und daß es ſich noch vollkommen eben fo verhaͤlt, wenn fie gebiſſen find. Es follte ſogar ſcheinen, daß fie in dieſen Fällen noch weniger lei⸗ den; denn die Muskelfibern und die Nerven werden von den Zähnen verwundet und bes ſchaͤdigt, da hingegen das in die Gefaͤſſe geſpritzte Gift ganz gewiß keine Muskelfibern und keine Nerven berührt, Was iſt alfo die Urſache, welche die Krankheit von dem Gifte in dem von dem Thiere gebiſſenen Theile um verſchiedene Secunden weiter hinaus ſetzt, und in den abgeſchnittenen und ſogleich gebiſſenen, oder erſt gebiſſenen und dann gleich abge⸗ ſchnittenen Theilen gar keine Krankheit hervorbringt? Es ſteckt vielleicht in dem Blute ein unbekannter Grundſtoff, der in den Adern mit umlaͤuft, und nicht mehr da iſt, ſobald das Blut aus den Gefaͤſſen gelaufen iſt, und welcher ſich eben fo wenig in den Theilen befindet, wenn fie abgeſchnitten find. Und dieſer Grundſtoff iſt mit einer ſo groſſen Wirkſamkeit und Feinheit verſehen, daß es in eben dem Augenblicke verflogen iſt, wenn man den Theil vom Thiere abgeſchnitten hat. Man hat geſehen, daß, ſobald das Gift das Blut in einem Gefaͤſſe berührt, die gröffeften Zerſtoͤrungen hervorgebracht werden. Das Thier leidet auſſerordentlich, und das Blut verdickt ſich in einem Augenblicke. Wenn man eben dieſes Gift unter Blut miſcht, welches ganz warm aus einem offenen Gefaͤſſe fließt; oder wenn man es in einen Muskel, bringt, der einen Augenblick vorher abgeſchnitten iſt, ſo bringt es keine Wirkung darin hervor, und man wird gar kein Kennzeichen von Krankheit oder Verdickung der Saͤfte gewahr. Und doch iſt hier alles gleich, ausgenommen, vaß in dem Falle, da das Gift in die Adern geſpritzt wird, das Blut mit dem uͤbrigen Blute umlaͤuft, und allzeit von den Gefaͤſſen bedeckt iſt, da hingegen das aus der Ader gelaſſene Blut ſich ſchon auffer dem Saͤftelaufe befindet, und das Blut in ben oben abgeſchnittenen Theilen ſchon von der Luft berührt wird, und die Gefaͤſſe offen ind, Es mag geſchehen auf welche Art es wolle, ſo ſind doch die Wirkungen untereinander verſchieden; und es muͤſſen alſo auch die Umſtaͤn⸗ de von einander verſchieden ſeyn, und wir koͤnnen uns in Anſehung des in einem Gefaͤſſe enthaltenen Bluts, und des aus dem Gefaͤſſe herausgefloſſenen Bluts nichts anders ges denken, als daß im erſten Falle etwas darin enthalten iſt, was ſich im zweyten nicht mehr darin befindet. » In dieſer Hypotheſe würde diefer neue Grundſtoff, welcher im dem Blute, in den Gefaͤſſen eines lebendigen Thiers vorhanden iſt, nicht auf gleiche Art, und zu gleicher Zeit allenthalben eben dieſelben Wirkungen hervorbringen. Kaum vermiſcht ſich das Gift mit dem Blute der Halsader, ſo bekommt das Thier eine groſſe Krankheit, und das Blut gerinnt in wenigen Augenblicken. Da hingegen in den vom Herzen weiter entfernten Theilen, in welchen die Gefäſſe kleiner find, eine gewiſſe Zeit erfordert wird, ehe die Krankheit ſich offenbart, ehe der Theil eine merkliche Veraͤnderung erleidet, Es A — Sr Es ſcheint alfo, daß dieſer Grundſtoff die thieriſche Oeconomie nach gewiſſen Ge⸗ ſetzen regiert, und ſelbſt gewiſſen Regeln unterworfen iſt. N In denjenigen Faͤllen, in denen die Krankheit mehr vom Herzen entfernt, und weniger gefaͤhrlich iſt, gerinnt das Blut nach und nach, es wird nach den gebiſſenen Thei⸗ len hingetrieben, und giebt den Kräften der Natur Zeit und Gelegenheit, die Krankheit zu überwinden, und den Blutumlauf in den Lebenswerkzeugen zu erhalten. 775 Aber was iſt denn eigentlich dieſer Grundſtof? welches find die Werkzeuge, die ihn abſondern, und in die Abern bringen? 8 g Ich habe geglaubt, daß in einer ſo ſchweren Unterſuchung, die Verſuche allein mir einiges Licht verſchaffen, und mich auf irgend eine neue Wahrheit führen koͤnnten. Aber wo ſollte ich mit den Verſuchen anfangen. 8 0 Biertes Kapitel. Verſuche mit den Nerven. 85 der langen Reihe meiner Verſuche über das Gift der Viper, und wenn ich die Er⸗ ſahrungen und die Gedanken ſammelte, fo fie mir in den Sinn brachte, hatte ich immer mein Nugenmer? auf das empfindliche Principium des Thiers gerichtet, welches mir ſchien von dem Gifte angegriffen zu werden. Ich habe demnach für nothwendig gehalten, die Nerven zu unterfuchen, in denen es feinen Sitz hat, oder welche die Werkzeuge deſſel⸗ ben ſind. ö Mead ſagt in der Einleitung zu feinen Werke über die Gifte, daß er, nachdem er die Natur und Eigenſchaft der Zufaͤlle des Vipernbiſſes in den Thieren beſſer betrachtet hätte, überzeugt worden ſey, daß dieſe Krankheit vollkommen nervicht ſey, und durch Huͤlfe der Nerven und nicht der Blutgefaͤſſe mitgetheilt werde. Er nimmt demzufolge zu den thieriſchen Geiſtern ſeine Zuflucht, und glaubt, daß wider dieſe die unmittelbare Wir⸗ 3 kung des Gifts der Viper ausgeübt werde. Und in der That, wenn man die Zufälle un⸗ terſucht, welche dieſes Gift in den Thieren hervorbringt, fo wird man ſehr leicht geneigt zu glauben, daß eine ſolche Krankheit zu derjenigen Klaſſe von Krankheiten gehört, welche die Aerzte Nervenkrankheiten nennen. Ich habe in der Fortſetzung meiner Verſuche ges ſehen, daß ein ziemlich groſſer Hund eine Minute nachher, da er von zwey Vipern gebiſ⸗ fen worden war, ohne Bewegung umfiel. Ich hielt ihn für todt; aber ich wurde endlich gewahr, daß er noch ein wenig Othem behielt, der aber ſo matt und ſo ſchwach war, daß man ihn kaum noch merken konnte. Dieſer Hund verblieb in dieſem Zuſtande von Schlaf⸗ ſucht laͤnger, als eine halbe Stunde. Viele andere habe ich in den heftigſten Zuckungen liegen geſehen. Das Erbrechen, die Angſt, die Wut, find gewoͤhnliche Erſcheinungen; N i die 135 die Bewegung des Herzens iſt unordentlich und krampfhaft; das Pulsaderfoftem hart und zuſammengezogen. Mit einem Worte, fie ſterben mitten in den unzweydeutigſten Zu- faͤllen der Kraͤmpfe, der Zuſammenziehungen, kurz in den von den Aerzten ſo genannten Nervenzufaͤllen. 1 Mir fiel ein anderer Gedanke ein; daß vielleicht von den Nerven felbft ein wirkſa⸗ mes Prineipium, eine feine Fluͤſſigkeit abgeſondert wird, welche mit dem Blute vermiſcht, daſſelbe einigermaſſen belebt, es zum Leben tauglich macht und flüffig erhält. In die⸗ fen Falle koͤnnte das Viperngift vielleicht wider eben dieſen Grundftoff wirken, und da- durch würde man einigermaſſen erklaͤren koͤnnen, warum das Blut auſſer den Gefaͤſſen und in freyer Luft nicht mehr die Wirkung von dem Gifte erfaͤhrt. 0 Verſuche mit den Nerben, dem Ruͤckenmark, dem Gehirn der Froͤſche. Ich ſchnttt einem Froſche den Bauch auf, und entbloͤßte forgfältig die Schenkel⸗ nerven. Ich ließ auf dieſe Nerven ein wenig Gift fallen, und ſahe darauf, daß es ſich nicht über die benachbarten Theile verbreitete. Nach Verlauf von zwey Stunden berührte ich fie mit der Spitze einer Nadel, und es zogen ſich die Beinmuskeln krampfhaft zuſam⸗ men. Nach vier Stunden war alles unbeweglich an dieſem Froſche. Ein Froſch, mit dem ich eben die Operation vorgenommen hatte, um eine Vergleichung untereinander an- zuſtellen, lebte zwoͤlf Stunden, ob ich ihm gleich den Bauch aufgeſchnitten, die Gedär- me zerriſſen, und die Lunge durchſtochen hatte. Ich wiederholte eben den Verſuch noch zwey andere mal, und der Erfolg war bey⸗ nahe eben derſelbe; aber kurze Zeit darauf kam mir dieſer Verſuch zweifelhaft vor. Es iſt faſt unmoͤglich, zu verhindern, daß das Gift, welches man auf die Nerven legt, ſich nicht auch den benachbarten Theilen mittheile. In dieſem Falle koͤnnten die Krankheit und der Tod des Froſches die Wirkung von demjenigen Gifte ſeyn, welches den andern Theilen des Thiers, und nicht dem bloſſen Nerven mitgetheilt waͤre. Ich veraͤnderte meine Methode, aber bediente mich eben derſelben Thiere. Ich ſchnitt zwey groſſen Froͤſchen den Kopf ab; und beruͤhrte mehrmal mit dem Gifte dem einen Froſche das Rückenmark, aber nicht dem andern. Nach drey Stunden 1 der vergiftete Froſch todt zu ſeyn, unterdeſſen daß der andere noch lebte und herum— buͤpfte. ee TR N . ö RS Ich ſtach eine Nadel in das Ruͤckmark des Froſches, welcher das Gift bekommen hatte. Seine Vorderbeine blieben unbeweglich, und kaum wurde man die geringſte zit⸗ ternde Bewegung in den Hinterbeinen gewahr. Das Herz und die Herzohren hatten je— doch noch ein wenig Bewegung. Nach einer andern Stunde war alles unbeweglich. Der andere Froſch huͤpfte vier und zwanzig Stunden lang im Zimmer herum. e Fontana I. B. Aa Ich * 186 Ich ſchnitt einem andern Froſche den Kopf ab, und troͤpfelte einen Tropfen Gift in das Ruͤckenmark. Nach einer Stunde gab er kaum einiges Zeichen von Leben von ſich. Da ich die Bruſt geoͤfnet hatte, fo ſchienen das Herz und die Herzohren kaum noch einige Bewegung zu haben. Eine Nadel, die ich in das Rückenmark ſtach, verurſachte einige wenige Bewegung in den Vorder- und Hinterbeinen, die aber kaum merklich war. In⸗ zwiſchen nachdem das Herz gereitzt war, ſo bewegte es ſich noch ganz lange. Ich ſchnitt einem Froſche den Kopf ab, und nahm ein wenig von dem Ruͤcken⸗ mark heraus. Ich ließ in das groſſe Loch der Ruͤckenwirbel einen Tropfen Gift fallen. Der Froſch ſchien nach Verlauf von zwey Stunden todt zu ſeyn. Das Herz behielt kaum noch einige Zeichen von Bewegung und bekam keine mehr, als ich es reitzte. Eine in das Ruͤckenmark gebrachte Nadel konnte kaum einen Muskel in Bewegung ſetzen. Ich ſchnitt einem andern Froſche den Kopf ab, und nachdem ich ein wenig von dem Ruͤckenmarke herausgenommen hatte, ſo brachte ich einen Tropfen Gift in daſſelbe; nach Verlauf von drey Stunden ſchien er todt zu ſeyn. Da ich die Bruſt oͤfnete, ſo be⸗ merkte ich, daß das Herz noch reitzbar war; aber eine Nadel, die ich in das Ruͤckenmark ſtach, machte kaum, daß ſich die Hinterpfoten zuſammen zogen. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey zwey andern Froͤſchen, und der Erfolg war eben fo, wie oben. Der Tod der Froͤſche erfolgte zwiſchen der zweyken und dritten Stunde. Das Herz war noch ein wenig reitzbar; aber die Muskeln wenig oder gar nicht, obgleich das Ruͤckenmark mit einer Nadel gereitzt wurde. Ich glaubte eben dieſe Verſuche ein wenig veraͤndern zu muͤſſen. Ich loͤſte einem Froſche ein Stuck von der Hirnſchale ab, und troͤpfelte auf das Gehirn ein wenig Gift. Nach Verlauf von vier Stunden war der Froſch todt; das Herz war unbeweglich, ſelbſt wenn es gereitzt wurde. Da ich das Ruͤckenmark mit einer Nadel reitzte, ſo wurde dadurch keine Bewegung erregt. Ich oͤfnete einem andern Froſche die Hirnſchale, und that einen Tropfen Gift auf das Gehirn. Der Froſch ſtarb nicht eher, als nach zwey Stunden. Das Herz bewegte ſich kaum ein wenig; es war klein, ſchwarz und zuſammengezogen. Als das Ruͤcken⸗ mark gereitzt wurde, ſo zogen ſich kaum die Muskeln zuſammen. Ich wiederholte dieſe Verſuche mit dem Gehirn an vier andern Froͤſchen. Die Reſultate waren den beyden vorhergehenden ſehr ähnlich; aber da ich zwey andern Froͤ⸗ ſchen die Hirnſchale aufgehoben hatte, ohne Gift auf ihr Gehirn zu legen, um eine Ver⸗ gleichung anſtellen zu koͤnnen, ſo ſtarben ſie alle beyde in Zeit von zehn Stunden. Die Reſultate dieſer Verſuche ſchienen mir aber doch nicht beſtaͤndig, noch einleuch⸗ tend genug zu ſeyn; deswegen nahm ich wieder meine Zuflucht zu dem Abſchneiden des a Kopfs. 187 Köpfe. Ich dachte, dadurch daß ich die Verſuche vervielfaͤltigte, wuͤrde ich in den Stand geſetzt werden, mich von der Wirkung des Gifts auf die Nerven zu verſichern. Ich ſchnitt zwey Froͤſchen den Kopf ab, und beruͤhrte dem einen das Ruͤckenmark mit Gift, dem andern aber nicht. Nach drey Stunden ſchien der vergiftete Froſch todt zu ſeyn, der andere lebte, und bewegte ſich allenthalben. Ich ſtach eine in Gift einge⸗ tauchte Nadel in das Loch der Ruͤckenwirbel des erſten Froſches, aber es erfolgte kaum einige Bewegung in den Hinterbeinen; und in den Vorderfuͤſſen gar keine. Kaum be⸗ ruͤhrte ich aber mit einer Nadel das Ruͤckenmark des andern Froſches, fo ſprang er allent⸗ halben herum. Nach einer andern Stunde war alles an dem vergifteten Froſche unbeweg⸗ lich, und weder das Herz, noch die Herzohren waren mehr reitzbar. Der andere Froſch huͤpfte noch nach dreiſſig Stunden herum. Ich wiederholte den Verſuch mit einem andern Froſche unter eben den Umſtaͤn⸗ den, wie vorher. Er war nach drey Stundeu todt. Das Herz und die Muskeln waren ganz unbeweglich. Ein anderer auf eben die Art behandeleer Froſch gab eben das Reſultat. Ich ſchnitt einem andern Froſche den Kopf ab, und brachte Gift in das Ruͤcken⸗ mark. Nach Verlauf von zwey Stunden ſchien der Froſch todt zu ſeyn; Nachdem ich die Bruſt geöfnet hatte, fo fand ich das Herz unbeweglich, ſelbſt nachdem ich es gereitzt hatte; das Ruͤckenmark, welches ebenfalls gereitzt wurde, verurſachte kaum einige Be⸗ wegung in den Hinterbeinen. Ich ſchnitt wieder einem andern den Kopf ab, und beruͤhrte das Ruͤckenmark mit Gift. Nach fuͤnf Stunden gab er noch einige Zeichen von Leben von ſich. Da ich die Bruſt oͤfnete, fo ſahe ich, daß das Herz unbeweglich war, aber kaum wurde es berührt, ſo fuhr es fort, ſich zu bewegen. Die Reſultate von allen dieſen Verſuchen koͤnnen uns mit Recht auf die Vermu⸗ thung bringen, daß das Gift auf die Nerven wirkt, und wenn es auf dieſe Theile gebracht wird, in den Froͤſchen eine Krankheit und den Tod hervorbringt. Aber dieſe Methode die Verſuche zu machen, iſt nicht ganz ohne Einwuͤrfe. Das Ruͤckenmark, das Gehirn ſind gar zu kleine Theile, als daß man ſich verſichert halten koͤnnte, daß das Gift ſich nicht auch den benachbarten Theilen mittheile. Es giebt, meiner Meinung nach, kein fiche- res Mittel dieſes zu verhindern. Die Blutgefaͤſſe und andere Theile find dem hineinge⸗ brachten Gifte gar zu nahe, und wie fol man übrigens die Blutgefaͤſſe des Gehirns und des Ruͤckenmarks ſelbſt dagegen verwahren? Dieſe Frage iſt gar zu wichtig, als daß man ſie in den Graͤnzen einer bloſſen Wahrſcheinlichkeit laſſen dufte. Ich ſchmeichelte mir noch viel Licht daraus zu ſchoͤpfen, ſowohl zur Kenntniß der Eigenſchaften des Gifts der Viper, als auch der thieriſchen Oeconomie ſelbſt. A Aa 2 In 188 a In dieſer Abſicht machte ich mir einen Plan, nach welchem ich Verſuche mit den Nerven der groͤſſeſten Kaninchen anſtellen wollte, die ich nur bekommen koͤnnte. Dieſes Thier hat ein hartes Leben; man kann es regieren, wie man will, weil es von Natur ge⸗ duldig iſt, und es iſt nicht ſo klein, daß ſeine Nerven nicht zu den genaueſten Verſuchen dienen ſollten. d j Verſuche mit dem Huͤftnerven der Kaninchen. Ich wählte den Huͤftnerven bey meinen vornehmſten Verſuchen. Ich ſchnitt auf der Haut, welche den groſſen Gefaͤßmuskel bedeckt, mit einer Scheere die Haare ab, und machte einen Einſchnitt, welcher auf dem groſſen Umwender (Trochanter) feinen Anfang nahm, und nach der Richtung des Schenkelbeins hinunter lief. Ich loͤſte die vordere Seite des Geſaͤßmuskels von dem ungenannten Beine und dem Umwender ab, und hob dieſen Muskel nach und nach mit den Fingern auf, indem ich ihn vom Zellgewebe losriß. Wenn man in dieſer Art von Verſuchen ein wenig geuͤbt iſt, ſo kann man ſie in weniger als zwey Minuten machen. Und man kann es ſo einrichten, daß wenn man das wenige Blut, ſo aus der Haut kommt, weggenommen hat, kein anderes wieder zum Vorſchein komme, welches die Operation aufhalte, oder ftöre. Ich halte mit der einen Hand den groſſen Geſaͤßmuskel, und bringe durch Hülfe einer Zange unter den Huͤftnerven ein feines Stuͤck Leinwand das verſchiedene mal zuſammengeſchlagen iſt. Wenn der Nerve ſo im Stande iſt, ſo fange ich an, meine Verſuche mit dieſem Theile anzustellen. Nachdem ich auf ſolche Art den Huͤftnerven an einem Kaninchen bereitet hatte, fo ſtach ich ihn an verſchiedenen Stellen mit einem giftigen Zahne. Das Thier ſtraͤubte ſich kaum ein wenig. Nach zwanzig Stunden fraß es, und ſchien ganz lebhaft zu ſeyn, aber es ſtarb nach Verlauf von fieben Tagen mit einer groſſen Wunde an der geſchnittenen Stelle. Dieſer Verſuch gelang nicht gar zu gut; es wurde mehr, als die Haͤlfte des Ge⸗ ſaͤßmuskels abgeſchnitten, und es war allenthalben eine Menge Blut. Ich entbloͤßte einem andern Kaninchen den Huͤftnerven ſehr gut; ich legte ein mehrmal zuſammengelegtes Stuͤck Leinwand darunter, und verwundete ihn an mehr, als zwanzig Stellen mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern. Das Thier gab nur einige Zeichen von Schmerz von ſich. Nach acht Stunden fraß es, und ſchien munter zu ſeyn. Nach vier und zwanzig Stunden war es wie gewoͤhnlich. Es ſtarb nach acht und vierzig Stunden. Der Nerve war hier und da mit rothen und dunkeln Flecken bezeichnet; die angraͤnzenden Theile ſehr entzuͤndet, das Vlut in den Herzohren und dem Herzen ſchwarz und geronnen. * Als ich den Nerven mit den giftigen Zaͤhnen verwundete, ſo gebrauchte ich die gröffefte Sorgfalt, um zu verhuͤten, daß das Gift ſich nicht den benachbarten Theilen mit⸗ theilte, und nachdem ich ihn verwundet hatte, ſo deckte ich ihn allzeit zu. Nach⸗ 189 Nachdem ich bey einem andern Kaninchen den Hüftnerven bereitet hatte, fo zog ich das gewoͤhnlich zuſammengeſchlagene Stuͤck Leinwand darunter. Ich verwundete den Nerven an verſchiedenen Stellen mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern. Ich be— deckte den Nerven ſorgfaͤltig, und naͤhete die Haut wieder zu, wie gewoͤhnlich. Der Nerve wurde in weniger, als zwey Minuten zubereitet, und kaum floſſen ei: nige Tropfen Blut aus der Haut. Bey allem dem ſtarb das Kaninchen nach achtzehn Stunden. Der Nerve ſchien im natuͤrlichen Zuſtande zu ſeyn. Das Blut war in den Herzohren und im Herzen ſchwerz und geronnen. Die Muskeln waren um den Nerven ein wenig entzuͤndet, und auf der Oberfläche ein wenig blau. N Dieſe Verſuche, welche zwar nur in kleiner Anzahl, und wenig uͤbereinſtimmend find, fangen demohngeachtet an, uns auf die Vermuthung zu bringen, daß der Vipern- biß weniger gefaͤhrlich auf den Nerven, als auf viele andere Theile des Thiers iſt, und daß das Thier viel ſpaͤter ſtirbt, als man geglaubt haben würde, Es iſt wahr, daß die Thiere fruͤh oder ſpaͤter ſterben; aber es entſtand bey mir eben ſo, wie in dem Falle mit den Sehnen, der Verdacht, daß das Gift etwa den benachbarten Theilen mitgetheilt wuͤrde, und das Thier eher durch dieſe Urſache, als durch eine jede andere ſtuͤrbe. um einer gröffern Sicherheit halber bey dieſen Verſuchen, nahm ich zu der Bley: platte meine Zuflucht, deren ich mich ſchon bedient hatte, und ich legte ſie mitten in die mehrmals zuſammengefaltete Leinwand. Auf dieſe Art war der Nerve ſehr gut geſchuͤtzt, und es ſchien nicht moͤglich zu ſeyn, daß das Gift ſich ausbreiten koͤnnte. N Ich verwundete den ſo zubereiteten Huͤftnerven bey einem Kaninchen an verſchiede— nen Stellen mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern; ich bedeckte ihn mit Leinwand, und darauf verband ich es gut. So wie die Zaͤhne in den Nerven drangen, ſchrie das Ka— ninchen verſchiedene mal und bekam heftige Zuckungen. Es ſtarb nach zwanzig Stunden. Alle Muskeln um den Nerven waren blau, in ihrer ganzen Subſtanz brandig, und der Brand lief nach der ganzen Laͤnge des Beins hinunter. Die Lungen waren fleckigt; auch ſelbſt der Nerve war mit blauen und mit rothen Flecken bedeckt. Das Blut der Herzoh— ren, des Herzens und der groſſen Blutgefaͤſſe war ſchwarz und brandig. Dieſer Verſuch iſt mit Umſtaͤnden begleitet, welche im Stande ſind, uns auf die Vermuthung zu bringen, daß das Gift der Viper wirklich eine groſſe Wirkſamkeit auf die Nerven beſitzt. Der kalte Brand ſo vieler Muskeln, die ſelbſt weit von dem gebiſſenen Theile entfernt waren, machte einen groſſen Eindruck auf mich. Ich beſchloß inzwiſchen deswegen meine Verſuche nicht. Nachdem ich bey einem andern Kaninchen den Huͤftnerven ſehr gut entbloͤßt, und ihn ſorgfaͤltig in Leinwand eingewickelt hatte, jedoch ohne eine Bleyplatte, ſo verwundete ich denſelben an verſchiedenen Stellen mit den Zähnen von zwey Vipern. Ich bedeckte ihn, wie gewoͤhnlich, in die Leinwand. Das Kaninchen ſtarb nach zwey und dreiſſig ; Aa 3 Stun⸗ * 190 Stunden. Der Nerve war kaum ein wenig roͤther, als er im natürlichen Zuſtande ift; aber er war nicht fleckigt. Das Blut der Herzohren, des Herzens und der groſſen Ge⸗ faͤſſe war kaum geronnen. Als ich das Thier oͤfnete, ſo war es noch ein wenig warm. Dieſer Verſuch iſt von dem vorhergehenden ſehr unterſchieden, und beweiſet, wie wenig wir den Verſuchen ſelbſt trauen muͤſſen, fo genau als man auch dabey zu Werke gehen mag, wenn ſie nicht eine groſſe Anzahl ausmachen, und mit einander uͤberein⸗ ſtimmen. Ich entbloͤßte den Huͤftnerven bey einem andern Kaninchen, und umhuͤllte ihn gut mit der Leinwand und der Bleyplatte. Ich verwundete ihn an verſchiedenen Stellen mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern, und deckte ihn darauf gut zu. Es ſtarb nach zwey und dreiſſig Stunden. Der Nerve war an verſchiedenen Stellen roth mit einigen blauen Flecken. Die benachbarten Muskeln neben dem Nerven waren im na⸗ tuͤrlichen Zuſtande, die Lungen blau und fleckigt. Die Herzohren, das Herz, die grof ſen Blutgefaͤſſe enthielten ſchwarzes und geronnenes Blut. i f Ich wiederholte bey vier andern Kaninchen die Verſuche mit dem Gifte auf den Huftnerven, aber mit einigen Abaͤnderungen. Ich verfiel auf den Gedanken, daß viel- leicht die Leinwand, welche den Huͤftnerven von allen Seiten umgab, und in der Wunde liegen blieb, Schuld an dem Tode des Thiers, und an den Zufälen wäre, die ich beob⸗ achtet hatte. Ich muſte alſo dieſe beyden Umſtaͤnde entfernen, und die Leinwand weg⸗ nehmen, nachdem der Nerve mit den giftigen Zaͤhnen verwundet worden war. Ehe ich dieſe Leinwand wegnahm, reinigte ich ſo gut, als ich konnte mit einem feinen Pinſel, den ich oft mit einem neuen vertauſchte, den Huͤftnerven von allem Gifte. Darauf tauchte ich kleine Stuͤcke Leinwand in Waſſer, ich faßte ſie mit einer Zange, und bediente mich derſelben um den Nerven auf allen Seiten abzuwaſchen. Die Leinwand unter dem Ner⸗ ven, welche mehr als zehnmal zuſammengelegt war, verhinderte, daß das Waſſer nicht auf die benachbarten Theile laufen konnte. Ich nahm darauf die Leinwand weg, und ließ von oben auf den Nerven einen groſſen Guß Waſſer fallen; dies Waſſer wuſch auf einmal den Nerven, die Muskeln, u. ſ. w. ab, ſo daß man unmoͤglich glauben kann, als waͤre das geringſte Theilchen von Gift, es moͤchte auch ſo klein ſeyn, als es wollte, in den benachbarten Theilen des Nerven geblieben. Dieſe Kaninchen ſtarben alle vier in weniger, als ſieben und dreiſſig Stunden. Bey drey derſelben ſahe man gar keine merkliche Veraͤnderung in den neben dem vergifte⸗ ten Nerven liegenden Theilen. Die Muskeln waren ganz wenig roͤther, als von Natur, ubrigens aber in ihrem natürlichen Zuſtande. Ich geſtehe, daß es mir auf der einen Seite unmöglich vorkam, daß das Gift, ungeachtet aller Vorſicht, fo ich gebraucht hatte, doch den Theilen in der Nähe mitge⸗ theilt ſeyn ſollte; und auf der andern Seite konnte ich gar kein Zeichen von Krankheit, gar 2 Re reg 193 gar keine Wirkung von dem Gifte in den nahe bey dem vergifteten Nerven liegenden Mus⸗ keln finden. Beſtaͤndiger war der Tod des Thiers, welches jedoch erſt ſehr ſpaͤt kam, und ohne das geringſte deutliche Zeichen von Zuckungen oder Kraͤmpfen. Wenn der Biß der Viper in der That giftig für die Nerven der Thiere iſt, ſo iſt es gewiß, daß er auf dieſe Theile mit weniger Staͤrke und Heftigkeit wirkt, als auf viele andere Theile des Thiers. Allein da mir dieſe Unterſuchung eine der wichtigſten zu ſeyn ſchien, ſo glaubte ich meine Verſuche fortſetzen und ein wenig veraͤndern zu muͤſſen. Verſuche mit dem Huͤftnerven, wenn er oberwaͤrts abgeſchnitten iſt. Ich entbloͤßte die Huͤftnerven wie gewöhnlich in einem Kaninchen, und mit einer Scheere ſchnitt ich ihn ſo hoch nach den Wirbelbeinen zu ab, als es mir moͤglich war. Der freyhaͤngende Theil des Huͤftnerven war nach dem Ende zu ungefähr anderthalb Zoll lang. Ich wickelte ihn, wie gewoͤhnlich in die vielmal zuſammengelegte Leinwand, ich verwundete ihn an verſchiedenen Stellen mit den giftigen Zaͤhnen, und deckte ihn wohl zu, damit das Gift nicht den in der Naͤhe liegenden Theilen mitgetheilt wuͤrde. Das Kanin⸗ chen ſtarb nach ſechs und dreiſſig Stunden. f Ich oͤfnete das Thier, ſo lange als es noch warm war. Das Blut war in den Herzohren und im Herzen ſchwarz, aber nicht geronnen. Die dem Nerven nahe liegenden Muskeln waren ein wenig entzuͤndet. Ich entbloͤßte einem andern Kaninchen den Huͤftnerven, und ſchnitt ihn wie oben ab. Ich wickelte ihn in Leinwand, und verwundete ihn mit den giftigen Zähnen, worauf ich ihn zudeckte. Das Kaninchen ſtarb nach achtzehn Stunden. Der Nerve war dun⸗ kel und blau an einigen Stellen; die in der Naͤhe liegenden Muskeln hatten kaum einige Zeichen von Entzuͤndung; das Blut im Herzen war fluͤſſig. Dieſe Art zu verfahren hatte zum Hauptendzweck, daß ich ſehen wollte, was fuͤr Wirkungen das Gift der Viper unmittelbar auf den Nerven gebracht, zuwege bringen kann, welcher zwar zu einem organiſirten und mit Empfindung begabten Theile laͤuft, aber doch in keiner unmittelbaren Verbindung mit dem Leben des Thiers ſteht. Die Wir; kung des Gifts konnte in den beyden obigen Faͤllen ſich auf keine Weiſe von dem Nerven auf das Thier fortpflanzen, und in ihm eine unmittelbare Empfindung oder einen Schmerz erwecken. Aber dem allen ohngeachtet haͤtte die Krankheit von dem Gifte doch den untern Theilen mitgetheilt werden koͤnnen, nach welchen der Nerve hinlaͤuft. Man muß bemer⸗ ken, daß in dieſen Theilen die Saͤfte in Bewegung bleiben, wie vorher; daß die Mus⸗ keln noch in ihrem ganzen natürlichen Zuſtande find; daß die Fiber darin ihre Reitzbarkeit behält, und der Theil durch Huͤlfe der andern Nerven, fo dahin gehen, noch fortfaͤhret zu empfinden. Und bey dieſem allen wird man doch keine Krankheit an den untern Thei- len 192 5 len gewahr. Man ſieht keine Geſchwulſt, keinen heiſſen oder kalten Brand, kein ausge⸗ tretenes ſchwarzes und geronnenes Blut. N Da ich jedoch glaubte, zwey Verſuche allein könnten nicht hinreichend ſeyn, eine ſo wichtige Sache als gewiß feſtzuſetzen; ſo wollte ich ihrer noch mehr, und zwar auf eben dieſelbe Art machen. Er Ich beſtimmte zu dieſem Gebrauche ſechs andere Kaninchen, denen ich den en Hüft⸗ nerven entbloͤßte und abſchnitt. Ich verwundete ihn wie gewoͤhnlich mit den giftigen Zaͤh⸗ nen. Ich bedeckte ihn ſorgfaͤltig mit Leinwand; Alle ſechs Kaninchen ſtarben; zwey in achtzehn, und vier in weniger als ſechs und dreiſſt ig Stunden. Die in der Naͤhe liegen⸗ den Muskeln befanden ſich im natuͤrlichen Zuſtande; die Nerven waren 1 mebt oder weniger dunkel gefärbt „ und fleckigt. Es iſt alſo gewiß, daß das Gift der Viper von dem Nerven nicht dense gen Theilen mitgetheilt wird, in welche er laͤuft, und ſich verbreitet; ob es gleich want ift, daß das Thier ſtirbt. Verſuche mit dem Huͤftnerven, wenn er unterwaͤrts aögeſhüfteh iſt. Aber wenn die Krankheit von dem Gifte nicht den untern Theilen mitgetheilt wird, und ſich unter dem abgeſchnittenen Nerven fortpflanzt, ſo koͤnnte ſie ja wohl vielleicht den obern Theilen mitgetheilt werden, mit welchen er noch ſeine ganze erſte Verbindung und ſeine Uebereinſtimmung behaͤlt. Das Thier faͤhrt fort zu empfinden, wenn man auch nur ganz wenig den Nerven beruͤhrt „ welcher folglich allzeit ein Organ und Werkzeug der Em⸗ pfindung des Thiers iſt; und in welchem noch das Prineipium, es mag ſeyn was für eins es wolle, vorhanden iſt, welches macht, daß das Thier empfindet. Nachdem ich den Huͤftnerven wie gewoͤhnlich entbloͤßt hatte, fo ſchnitt ich denſel— ben mit der Scheere, nicht wie vorher an ſeinem oberſten Ende nach den Wirbelbeinen zu, ſondern am unterſten Ende nach den Beinen zu ab. Das loshaͤngende Ende des Nervens war ungefaͤhr anderthalb Zoll lang, wie vorher. Ich bedeckte ihn, wie gewoͤhn⸗ lich mit Leinwand, und verwundete ihn mit den giftigen Zaͤhnen der Viper, worauf ich mit aller Sorgfalt das ganze zudeckte, damit das Gift nicht den Mane e Theilen mitgetheilt wurde. Hier ſind die Verſuche, welche ich angeſtellt habe. Nachdem der Huͤftnerve entbloͤßt war, fo ſchnitt ich ihn unterwaͤrts nach dem Beine zu ab, und wickelte ihn in ein ſiebenfach zuſammengelegtes Stuͤck Leinwand. Ich verwundete ihn verſchiedene mal mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern. So wie der Nerve verwundet wurde, gab das Thier Zeichen von heftigen Schmerzen von ſich. Es f ſtarb 193 ſtarb nach zwanzig Stunden. Der Nerve war fleckigt, und blau. Die Lunge hatte auch blaue Flecken. Das Blut war im Herzen ſchwarz und geronnen. Aber die Muskeln um den Nerven ſchienen kaum ein wenig veraͤndert zu ſeyn. Dieſer Verſuch ſcheint immer mehr zu beſtaͤttigen, daß das Gift von den Nerven nicht den benachbarten Muskeln mitgetheilt wird, und daß ſich in dieſen Theilen keine ort liche Krankheit befindet. Ich entbloͤßte einem andern Kaninchen den Huͤftnerven; ich ſchnitt ihn eben fo wie vorher ab, und verwundete ihn wie gewoͤhnlich mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern. Das Kaninchen ſchrie und kruͤmmte ſich, ſo wie der Nerve verwundet wurde. Es ſtarb nach ſechszehn Stunden. Der Nerve war entzuͤndet und blau an verſchiedenen Stellen. Die Lunge hatte groſſe ſchwarze Flecken. Die Herzohren, das Herz, die groͤſſeſten Blutadern enthielten ſchwarzes geronnenes Blut. Das ganze Zellgewebe im Unterleibe war entzuͤndet; fo auch die inwendige Seite der Haut. Nach der Bruſt zu war die Haut, das Zellgewebe, die Muskeln, alles brandig. Die Muskeln rund um den Nerven waren blau, bis eine Linie tief. Dieſer zweyte Verſuch iſt vom erſten ſehr verſchieden, und laͤßt ganz ſtark vermu⸗ then, daß der Biß der Viper auch fuͤr die Nerven giftig iſt, und daß die Krankheit von dem Gifte dem Thiere und allen Theilen mitgetheilt war, die hoͤher als der abgeſchnittene Nerve lagen. In dieſer Ungewißheit giebt es kein anderes Mittel, die Wahrheit zu ent⸗ decken, als die Verſuche fortzuſetzen. Es iſt faſt unmöglid), daß man mit der Zeit nicht etwas beftändiges in den Wirkungen erhalten ſollte. Ich ſchnitt wie gewöhnlich den Huͤftnerven ab, ich wickelte ihn in Leinwand, und verwundete ihn mit den giftigen Zaͤhnen von zwey Vipern. Das Kaninchen ſchrie heftig in dem Augenblicke, da es verwundet wurde. Es ſtarb nach ſieben und dreiſſig Stunden Der Nerve war voll ſchwarzer und blauer Flecken. Die benachbarten Theile aber 15 entzündet. Das Herz war ſehr klein und äufferft hart. Als ich das Thier öfnete, fo war es ſchon ſeit länger, als einer Stunde todt. Die Hohladern ſchlugen jedoch noch ſtark. Ihre Bewegung fing ſich an der Stelle an, wo fie ſich in die Herzohren öfnen, und ſie fuhren noch fünf Stunden länger fort, ſich zu bewegen, obgleich die Bruſt der aͤuſſern Luft offen ſtand. Nachdem ich einem Kaninchen den Huͤftnerven abgeſchnitten „ und ihn ſorgfaͤltig in Leinwand eingewickelt hatte, fo verwundete ich ihn verſchiedenemal mit den giftigen Zaͤh⸗ nen von zwey Vipern. Es ſtarb nach ſechszehn Stunden. Der Nerve war an zwey Fa Dee 5 daran liegenden Muskeln waren in ihrer ganzen Subſtanz blau. Das Blut in den Herzohren, im Herzen, unb in den groſſen Adergefaͤſſe flüffig uud kaum dunkel gefärbt, ö : a eee &, Sontana J. B. Bb In 194 Ich wiederholte eben dieſelben Verſuche unter eben denſelben Umſtaͤnden bey ſechs andern Kaninchen. Die Reful tate waren denen, fo ich oben erzählt habe, vollkommen aͤhnlich. Die Thiere ſtarben alle in mehr oder weniger Zeit, aber keins in weniger, als fieben und dreiſſig Stunden. Bey einigen waren die Muskeln um den Hlftnerven ent⸗ zündet. und blau in ihrer ganzen Subſtanz, bey andern im Gegentheile waren ſie kaum ein wenig roth. Das Blut war im Herzen bey einigen fluͤſſig, bey einigen geronnen. Die Muskeln der Bruſt, das Zellgewebe, und die Haut waren bey einem einzigen entzündet, aber nicht bey den andern. Das einzige am beſtaͤndigſten eintreffende Zechen iſt der Tod des Thiers. Was mich anbetrift; fo deucht mir; daß man aus allen dieſen Verſuchen über die Nerven, welche ich bis jetzt erzaͤhlt habe, herleiten kann, daß die Veraͤnderungen, ſo man in den bey dem Hüftnerven liegenden Mukeln, oder in andern Theilen des Thiers wahr⸗ nimmt, ganz zufällig find, weil fie bald da find, bald nicht. Verſuche mit dem unterbundenen Huͤftnerven. Es blieb mir noch eine neue Art von Verſuchen mit den Nerven uͤbrig, welche die Frage entſcheiden konnte. Da ich bedachte, daß der Nerve dem Thiere die Krankheit von dem Gifte nur alsdann mittheilen koͤnnte, wenn ein freyer Zuſammenhang zwiſchen dem Nerven und dem Thiere ſelbſt waͤre, ſo dachte ich daran, dieſe Gemeinſchaft gaͤnzlich aufzuheben, aber ohne den Nerven abzuſchneiden. Man weiß, daß ein Faden, welcher einen Nerven ein wenig bindet, dieſe Gemeinſchaft gaͤnzlich unterbricht, daß der Muskel dem Thiere nicht mehr gehorcht, und der Nerve kein nn weder der Bewegung noch der Empfindung mehr iſt. Ich entbloͤßte daher den Huͤftnerven, und unterband ihn feſt an beyden Seiten mit einem Faden. Die beyden Bänder hatten zwiſchen ſich ein Stud von dem Nerven, das länger als zehn Linien war. Ich bedeckte ihn wit zuſammengeſchlagener Leinewand, und verwundete ihn verſchiedenemal mit den gifcigen Zähnen von zwey Vipern, und ge⸗ brauchte die Sorgfalt dabey, die ganze Flaͤche rund umher zu bedecken, um zu verhüten, daß das Gift ſich nicht mittheilte. Das Kaninchen ſtarb nach ſechszehn Stunden. Der Nerve zwiſchen den Unterbindungen war weiß; die Muskeln um den Nerven waren kaum ein wenig roͤther, als gewohnlich. Das Herz, die Herzohren, und die e Blutadern waren voll von fluͤſſigen und kaum dunkel gefärbten Blute. Ich entblößte den Huͤftnerven bey einem andern Kaninchen, und unterband ihn, wie vorher. Ich verwundete ihn mit den giftigen Zähnen zwiſchen den Bändern und bedeckte ihn mit Leinwand. Es ſtarb nach achtzehn Stunden. Der Nerve war im na⸗ tuͤrlichen Zuſtande. Die darneben liegenden Muskeln waren bis vier und mehr Linlen tief roth und blau. f Nachdem 195 Nachdem ich einem andern Kaninchen den Sufinerven entbloͤßt hatte, fo ließ ich ihn, wie vorher, verwunden. Es ſtarb nach fi jebenzehn Stunden. Der Nerve war im natuͤrlichen Zuſtande, die Muskeln kaum entzuͤndet. Dieſe drey Verſuche zeigen, daß die groͤſſere oder kleinere Entzuͤndung und die ftärfere oder ſchwaͤchere blaue Farbe in den Muskeln um den Huͤftnerven nicht die Wirkung von dem Gifte iſt; und ſogar der Tod des Thiers kann ſonſt etwas zum Grunde haben, als das Gift. Zwar iſt es wahr, daß in denjenigen Fällen, in welchen der Nerve unter⸗ bunden iſt, man keine blaue Flecken auf dem Nerven ſteht, und dieſelben folglich von der freyen Gemeinſchaft zwiſchen dem Nerven und dem Thiere herkommen. Ich wiederholte eben dieſelben Verſuche unter gleichen Umſtaͤnden an vier andern Kaninchen. Sie ſtarben alle vier in weniger, als neunzehn Stunden. Der Nerve war bey allen weiß, und im natuͤrlichen Zuſtande. Bey zwey waren die benachbarten Mus⸗ keln kaum entzündet, bey den beyden andern waren fie bis auf eine gemiffe Tiefe blau. Bey einem von den letztern war ein Theil der Muskeln der Bruſt entzuͤndet. Ich geſtehe, daß ich bey der Vergleichung dieſer groſſen Anzahl von Verſuchen unter einander gar nichts darinn finde, was mich nur auf die Vermuthung bringen koͤnnte, daß der Nerve ein Mittel ſey, das Gift der Viper dem Thiere mitzutheilen, und in ihm die Krankheit von dieſem Gifte hervorzubringen. Es iſt zwar wahr, daß man auf dem vergifteten Nerven blaue Flecken wahrnimmt, die man nicht darauf findet, wenn er ge⸗ bunden iſt; aber koͤnnten dieſe Flecken nicht bloß mechaniſch und die Wirkung des Zahns { ſeyn, welcher verwundet? und wenn ſie auch von dem Gifte ſelbſt hervorgebracht wuͤrden, wuͤrde deswegen nothwendig daraus folgen, daß das Gift auf den Nerven wie Gift und nicht anders wirkt? St bewieſen, daß der Nerve es den andern e des Thiers mittheilen muß? Alle dieſe Fragen und Zweifel koͤnnen durch eine neue Art von eh ent⸗ ſchieden werden. Man weiß ſchon die Erſcheinungen, welche auf die Anwendung des Gifts bey dem Hüftnerven folgen „ wenn dieſer Nerve ganz iſt; wenn er abgeſchnitten wird, ſowohl oberwaͤrts, als unterwaͤrts; und endlich wenn man zwey Unterbindungen daran macht. Es bleibt nun noch uͤbrig, alle dieſe ſchon bekannten Wirkungen mit denjenigen zu verglei⸗ chen, welche man bemerken wurde, wenn man dem Nerven nur bloß mechaniſche Wunden beybraͤchte. Nach dem, was wir geſehen haben, wuͤrden dieſe zu vergleichenden Bei gar keinen Zweifel mehr zuruͤcklaſſen. Da die bisher erzaͤhlten Verſuche mit den Hüͤftnerven auf dreyerley re Art gemacht find; fo werde ich ebenfalls die zu vergleichenden Verſuche in drey mit jenen uͤbereinſtimmende Klaſſen eintheilen. Bb 2 Berſuche 196 Verſuche mit den Huͤftnerven durch mechaniſche Verwundungen. Nachdem ich bey einem Kaninchen den Huͤftnerven entbloͤßt, und wie gewoͤhn⸗ lich in Leinwand eingehuͤllt hatte, damit alle Umſtaͤnde mit einander uͤbereinſtimmen moͤch⸗ teu, ſo verwundete ich ihn an vielen Stellen mit einem Zahne, der ſchon laͤnger, als einen Monat getrocknet hatte, und lange im Waſſer abgewaſchen war, um allen Verdacht aus dem Wege zu raͤumen, daß er Gift enthielte. Das Thier ſchien einen groſſen Schmerz zu leiden, als der Zahn es ſtach. Es fiarb nach ein und zwanzig Stunden; der Nerve war an verſchiedenen Orten roth und blau. Die Muskeln um den Nerven waren entzuͤn⸗ det und dunkel bis unten nach dem Beine hinunter. Ebenfalls waren die Muskeln des Unterleibes und die Haut entzuͤndet. Die rechte Herzhoͤhle enthielt geronnenes Blut. Ich entbloͤßte einem andern Kaninchen den Huͤftnerven, und nachdem ich ihn in die gewoͤhnliche Leinwand eingehuͤllt hatte, fo durchſtach ich ihn an verſchiedenen Stellen mit der Spitze einer feinen Nadel. Das Thier machte ein ſchreckliches Geſchren. Es ſtarb nach ſechs und dreiſſig Stunden. Der Nerve hatte verſchiedene dunkele Flecken. Die benachbarten Theile waren ein wenig entzuͤndet. Das Blut im Herzen war ſchwarz und geronnen. . 0 Nachdem ich einem dritten Kaninchen den Huͤftnerven entbloͤßt, und darauf in Leinwand gewickelt hatte, ſo ſtach ich ihn verſchiedenemal mit einer Nadel. Es ſchien Schmerzen zu empfinden. Es ſtarb nach ſieben und zwanzig Stunden. Die Muskeln um den Nerven waren ein wenig blau und entzuͤndet. Der Nerve war ganz voll von ro⸗ then und ſchwarzen Flecken. Das Blut im Herzen war ſchwarz und geronnen. Dieſe Verſuche beweiſen einige wichtige Wahrheiten; nemlich: I. Daß die blauen und rothen Flecken des Nerven die Wirkung der bloſſen me⸗ chaniſchen Wunden find. h 8 II. Daß der Tod der Kaninchen von der bloſſen Verwundung des Nerven her⸗ i ruͤhrt, und nicht von dem Gift der Viper. 5 a III. Daß das den Nerven mitgetheilte Viperngift gar keine Art von Krankheit hervorbringt, und nicht den Tod des Thiers beſchleunigt. IV. Endlich, daß das Gift der Viper gaͤnzlich unſchuldig fuͤr die Nerven iſt, wie bloſſes Waſſer, oder das bloſſe Arabiſche Gummi in deſtillirtem Waſſer aufgeloͤſt, wel⸗ ches dem Nerven keinen Schaden thut, wovon ich mich durch andere Verſuche über: zeugt habe. f Die Verſuche, die ich eben erzaͤhlt habe, waren noch nicht hinreichend, mich zu befriedigen und gaͤnzlich zu uͤberzeugen; Ich wuſte aus der Erfahrung, wie leicht es 10 f fi 197 ſich zu irren, wenn die Verſuche nicht zahlreich genug find. Ich wiederholte daher eben dieſelben Verſuche mit vier andern Kaninchen. Der Erfolg war den drey obigen vollkom⸗ men ahnlich. Die Thiere ſtarben alle vier. Der Huͤftnerve war mehr oder weniger blau, und roth gefleckt. Die daran liegenden Muskeln mehr oder weniger entzuͤndet, mehr oder weniger blau. Das Blut im Herzen überhaupt ſchwarz und geronnen. Verſuche mit den unterbundenen Huͤftnerven. Nachdem ich einem Kaninchen den Huͤftnerven entbloͤßt hatte, ſo unterband ich ihn an zwey Stellen mit einem Faden. Ich ſtach ihn verſchiedenemal mit einer Nadel zwiſchen den beyden Unterbindungen. Es ſtarb nach drey und dreiſſig Stunden. Die Lunge hatte einige dunkele Flecken. Der Nerve war weiß, und im natürlichen Zuſtande. Das Herz enthielt dunkeles, aber fluͤſſiges Blut. Das Thier war noch warm, als ich es oͤfnete. * Ich entbloͤßte einem zweyten Kaninchen den Huͤftnerven, und unterband ihn an zwey Stellen; ich ſtach ihn wie gewoͤhnlich zwiſchen den beyden Unterbindungen mit einer Nadel. Es ſtarb nach achtzehn Stunden. Der Nerve war weiß und natuͤrlich. Das 1 im Herzen war ſchwarz und geronnen; die Muskeln um den Nerven waren roth und blau. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit zwey andern Kaninchen. Die Schen⸗ kelnerven wurden unterbunden, und mit einer gewöhnlichen Nadel geſtochen. Die Ka= ninchen ſtarben alle beyde; das eine nach Verlauf von dreiſſig und das andere von fünf und dreiſſig Stunden. Die Nerven waren im natürlichen Zuſtande, die Muskeln entzuͤn⸗ det, und bey dem einen von den beyden Kaninchen waren ſie ſehr tief blau. Das Blut im Herzen war ſchwarz und geronnen. Verſuche mit den Huͤftnerven, wenn ſie bald oben, bald unten abgeſchnitten werden. Nachdem ich einem Kaninchen den Huͤftnerven entbloͤßt hatte, fo ſchnitt ich ihn unterwaͤrts ab, und wickelte ihn wie gewoͤhnlich in Leinwand, wie in den weiter oben er⸗ zählten Verſuchen. Ich ſtach ihn verſchiedene mal mit der Nadel. Das Thier fing mehrmal an zu ſchreien. Es ſtarb nach ſieben und dreiſſig Stunden. Der Nerve war voll von ſchwarzen und blauen Flecken Die benachbarten Theile ein wenig entzuͤndet; das Herz klein und ſehr hart. Die Hohladern fuhren fort, ſich noch fuͤnf Stunden nach der Oefnung der Bruſt zu bewegen. Ihre Bewegung fing bey ihrem Eingange in die Her zohren an. 8 E Ich ſchnitt einem andern Kaninchen den Huͤftnerven, und als ich ihn in Leinwand eingehuͤllt hatte, ſo ſtach ich ihn mehrmal mit der Spitze einer Nadel. Es ſtarb nach 5 Bb 3 — vier — 193 1 5 * vier und funfzig Stunden. Der Nerve hatte an verſchiedenen Stellen ſchwarze Flecken. Die daran liegenden Muskeln waren kaum entzündet; das Herz enthielt fluͤſſiges Blut. Ich machte eben den Verſuch mit einem andern Kaninchen. Ich ſtach es mehr⸗ mal mit einer Nadel, und es ſtarb nach dreiſſig Stunden. Der Nerve war roth und blau an verſchiedenen Stellen. Die Muskeln blau und entzündet. Das Blut im Herzen ſchwarz und geronnen. 5 f Ich wiederholte eben den Verſuch unter gleichen Umſtaͤnden an vier andern Ka⸗ ninchen. Sie ſtarben alle vier in weniger, als vierzig Stunden; und eins davon noch eher, als in achtzehn Stunden. Die Muskeln waren mehr oder weniger entzündet. Der Nerve war mehr oder weniger roth, mehr oder weniger blau. Bey einigen war nur das Blut ſchwarz und geronnen im Herzen. g Da ich ſahe, daß alle dieſe Verſuche gewiſſermaſſen unter ſich zuſammentrafen, und auch mit denjenigen, die mit ihnen uͤbereinſtimmen, und die vergifteten Nerven be⸗ treffen, fo hielt ich es nicht für noͤthig, eine groſſe Menge Verſuche in Anſehung des ober⸗ waͤrts abgeſchnittenen Huͤftnerven zu machen. Ich machte demnach ihrer nur zwey; und fie waren denjenigen ähnlich, zu denen ich mich des Gifts bedient hatte. Kar Ich glaube nicht, daß der geringfte Zweifel übrig bleiben koͤnne, daß das Gift der Viper, wenn es auf den Hüfrnerven gelegt wird, ganz un ſchuldig ſey, und daß der Biß dieſes Thiers keine Krankheit von dem Gifte hervorbringe, wenn derſelbe nur den Nerven allein getroffen hat. 5 BR 2 Dieſe neue Wahrheit aus der thieriſchen Naturlehre ift von der groͤſſeſten Wich⸗ tigkeit zur Kenntniß der Natur des Viperngifts und ſeiner Wirkung auf den thieriſchen Koͤrper. Ich geſtehe, daß ich alle oben erzaͤhlte Verſuche in ſo groſſer Anzahl auf man⸗ cherley Art verändert nöthig gehabt habe, ehe ich vollkommen und deutlich davon uͤberzeugt wurde. Es vereinigte ſich alles, mich das Gegentheil glauben zu machen. Die Schnel⸗ ligkeit der Krankheit, der geſchwinde Tod, der augenblickliche Verluſt der Kraͤfte, die heftigſten Zuckungen, der lebhafteſte Schmerz, mit einem Worte, alles das, was die Mervenkranheiten kenntlich macht, ſchien in dem Thiere gegenwärtig zu ſeyn, als der Nerve gebiſſen wurde. Es iſt aber doch gewiß, daß das Viperngift nicht durch Huͤlfe der Nerven den Theilen mitgetheilt wird, und daß dieſe Subſtanz, welche die Empfin⸗ dung des Thiers ausmacht, und von der ſelbſt das Leben abzuhaͤngen ſcheint, nicht durch die Wirkung eben dieſes Gifts veraͤndert wird. Die Verſuche ſind richtig, ſie machen eine groſſe Anzahl aus, und ſie ſind auf vielerley Art abgeaͤndert worden. Die Sache hat ihre Richtigkeit; der Irrthum lag an uns, und war ein Sohn des Vorurtheils, und der vorgefaßten Meinung und nicht der Natur oder der Erfahrung. Auf der andern Seite haben wir geſehen, daß das Gift der Viper, wenn es ins Blut gebracht wird, ohne ein Blutgefaͤß, einen feften Theil zu beruͤhren, die Thiere in einem Augenblicke toͤd⸗ tet, 5 l a 193 tet, ſie mit ſehr heftigen Schmerzen, mit ſehr ſtarken Zuckungen toͤdtet. Ich babe geſe⸗ hen, daß die Schließmuskeln erſchlafft wurden, und der Harn und der Unrath unwill⸗ kuͤhrüch abgingen. Hier würde der Ort ſeyn, die Grundſaͤtze und Grundlagen zu unterſuchen, auf welche ſich dieſe Lehre der theoretiſchen und practiſchen Artzneykunſt ſtuͤtzet, welche die Krankheiten der Nerven, und ſo viele Bewegungen und Verrichtungen dem Nervenſafte zuſchreibt. Das Feld iſt zu weitlänftig, als daß ich mich auch nur einen Augenblick dar⸗ auf aufhalten Fönnte, obgleich dieſe Unterſuchung ſelbſt für die Ausübung der Artzneykunſt ſehr nuͤtzlich ſeyn würde. Es wird mir für jetzt hinreichend ſeyn, dieſen allgemeinen Schluß daraus zu ziehen; daß die gewöhnlichen Zeichen der Nervenkrankgeiten gar zu zwey deutig und taͤuſchend ſind; daß ſie da ſeyn koͤnnen, ohne daß eine Nervenkrankheit da ſey; daß eine bloſſe Veränderung der rothen Säfte hinreichend iſt, alle dieſe Unordnung, und zwar den Augenblick hervorzubringen. Wenn der berühmte Englifche Arzt Richard Mead gewuſt haͤtte, daß ein we- nig in das Blut gebrachte Gift faft in eben dem Augeoblicke ein groſſes und ſtarkes Thier toͤdtet, und daß eben dieſes Gift ganz unſchuldig für die Nerven iſt, fo wurde er gewiß nicht zu den thieriſchen Geiſtern und den Nerven feine Zuflucht genommen haben, um die Wirkung des Gifts auf die gebiſſenen Thiere zu erklaͤren; aber dieſe beyden groſſen Wahr⸗ heiten fehlten ihm gaͤnzlich, und ſie waren ebenfalls afen a zern Aerzten unbekannt. Mead bedient ſich eben der Grundlage, nemlich der Nerven und der thieriſchen Geiſter, um die Matur und Wirkung der andern Gifte zu erklaren. Allenthalben iſt der Nerve angegriffen, allenthalben ſind die thieriſchen Geiſter verändert und in Bewegung, allenthalben ſieht er ſtuͤrmiſche und unrubige Bewegungen in den Nerven. Er will dieſen Grundſatz nicht nur auf das Viperngift und die andern Gifte anwenden, ſondern auch auf viele andere ſehr ſchwere Krankheiten, und unter andern auf die Peſt. Dieſe Theorie iſt durchaus falſch für das Biperngift; für welches ſie die guͤnſtigſte zu ſeyn ſcheint; ich halte fie für nicht weniger falſch fuͤr viele andere Gifte, inſonderheit die Gifte der Thiere; und nach den Verſuchen, die ich gemacht habe, finde ich fie auch nicht für die Peſt, und andere Krankheiten bewieſen. Wenn man unterſucht, welches die Urſachen ſind, ſo die Naturkuͤndiger und Aerzte beftimme haben, zu den Nerven ihre Zuflucht zu nehmen, um dieſe Krankheiten, fie ſeyn von dem Gifte, oder naturliche Krankheiten, zu erklaren, fo ſieht man, daß es zwey Haupturſachen giebt; die eine, die Schnelligkeit der Krankheit ſelbſt, die andere, die Zuckungen und der ſo plötzliche Verluſt der Kraͤfte des Thiers. Die erſte dieſer beyden Gründe iſt von keiner Bedeutung, weil ich gezeigt habe, daß ein wenig Gift, wenn es ins Blut gebracht wird, daß Thier in wenig Augenblicken toͤdtet; die andere iſt weder deutlich noch gewiß, weil die Erfahrung ſelbſt uns bewieſen l hat, 200 hat, daß ein wenig in das Blut gebrachte Gift die heftigſten Zuckungen hervorbringt, und die Kräfte eines Thiers in wenigen Augenblicken niederſchlaͤgt, ob es gleich nur die fluſſi⸗ gen Theile des Bluts beruͤhrt. Ich glaube uͤbrigens nicht, daß es ſo ſchwer ſey, die Zu⸗ ckungen zu erklaͤren, ohne weder zu den thieriſchen Geiſtern, oder zum Nervenſyſteme ſeine Zuflucht zu nehmen. In dem erſten Theile dieſes Werks redete ich von den Zuckungen, welche bloß durch den Mangel des Gleichgewichts der Theile, durch die verſchiedene Verthei⸗ lung des Bluts in den Werkzeugen, durch die ungleich verlorne Reitzbarkeit in den Mus⸗ keln Statt finden koͤnnen. Ich wuſte damals noch nicht, weder daß der Nerve nicht von dem Gifte der Viper angegriffen wuͤrde, noch daß dieſes Gift bloß in das Blut gebracht, toͤdtlich waͤre. Dieſe Materie ſcheint mir wichtig genug zu ſeyn, um ein beſonderes Werk zu erfordern. Man koͤnnte darin die andern Gifte wie das Gift der Viper unterſuchen, man koͤnnte die Wirkungen derſelben auseinander ſetzen, und alle Nebenumſtaͤnde anzei⸗ gen. Was für Licht würde davon nicht die thieriſche Naturlehre, die Theorie der Gifte, und die Arzneykunſt ſelbſt erlangen? Der Weg iſt offen, es fehlt nur an einem fleiſſigen und geduldigen Beobachter. In einer Zeit von wenigen Jahren unterſtuͤnde ich mich ihm die glaͤnzendſten, und vielleicht auch die nuͤtzlichſten Entdeckungen zu verſprechen. g Aber wieder zu unſern Verſuchen. Ob ich gleich von der Unſchuld des Viperngifts, wenn es unmittelbar auf die Nerven gebracht wird, uͤberzeugt war, ſo blieb mir doch noch immer der Verdacht uͤber, daß die Nerven wenigſtens eine nothwendige Bedingung ſeyn koͤnnten, unter welcher es auf das Blut wirkte. Der Nerve ſetzt vielleicht ein unbekanntes Principium, eine feine Fluͤſſig⸗ keit in die Gefaͤſſe des Thiers ab; dieſe Fluͤſſigkeit kann weſentlich nothwendig für das Le⸗ ben, nothwendig für. den gefunden Zuſtand des Bluts ſelbſt ſeyn; dies würde eine neue Art ſeyn, die Wirkung des Gifts auf den lebendigen Koͤrper zu betrachten, welche ſehr unterſchieden von allen den Hypotheſen ſeyn würde, fo die Aerzte bis auf dieſen Tag er⸗ dacht haben; und es würde noch übrig bleiben zu wiſſen, ob das Gift der Viper eine mehr oder weniger ſtarke Krankheit hervorbringt, wenn der nervigte Zuſammenhang zwi⸗ ſchen dem gebiſſenen Theile und dem Thiere unterbrochen iſt. Der Biß der Viper auf Froͤſche ohne Kopf. Um einiges Licht über alle dieſe Unterſuchungen zu werfen, machte ich die folgen⸗ den Verſuche. Ich ſchnitt einem Froſche den Kopf ab, und ließ ihn von einer Viper zweymal ans Bein beiſſen. Er bekam gar kein Zeichen von Krankheit an dieſem Theile. Ich ſchnitt einem andern Froſche den Kopf ab, und entbloͤßte fein Bein von der Haut; ich ließ daſſelbe mehrmal von zwey Vipern beiſſen; und er bekam davon gar kein Zeichen von Krankheit. ' Ich 201 Ich ſchnitt einem dritten Froſche den Kopf ab, und ließ ihn mehrmal an das von Haut entbloͤßte Bein beiſſen. Es ſchienen am Beine einige Zeichen von Krankheit zu ſeyn; Ich ſteckte nach zwey Stunden eine Nadel in das Ruͤckenmark, und es ſtellten ſich einige kleine Bewegungen in den Muskeln ein. Ich wiederholte an vier andern Froͤſchen ohne Kopf eben den ſelben Verſuch; drey bekamen gar kein Zeichen von einer Krankheit; aber dee Vierte ſchien dergleichen zu haben. Da dieſe Verſuche mir nicht einleuchtend, noch beſtaͤndig genug vorkamen, ſo ent⸗ ſchloß ich mich, fie an vier und zwanzig andern Froͤſchen zu wiederholen, denen ich wie ge⸗ wohnlich den Kopf abſchnitt. Zwoͤlfe davon wurden von mehrern Vipern mehrmal ang Bein gebiſſen, und die zwölf andern ſtach ich mit feinen Nadeln, oder mit getrockneten Vipernzaͤhnen ohne Gift ans Bein. Die Reſultate waren ſehr unbeſtaͤndig. Von den zwölf gebifienen hatten nur drey die Krankheit; und unter den zwölf nicht gebiſſenen, ſon⸗ dern mit Nadeln geſtochenen, war einer, welcher Zeichen von Entzuͤndung und von blauer Farbe am Beine hatte, ſo daß man ſie mit den Zeichen, ſo die Krankheit von dem Gifte begleiten, hätte verwechſeln koͤnnen. 5 N Es ſcheint, daß man im ganzen ſagen koͤnne, daß der Froſch ohne Kopf ſchwerer die Krankheit von dem Gifte bekommt, und daß der gebiſſene Theil in dieſem Falle durch das Gift weniger verändert wird; aber dieſe Verſuche geben noch nicht Licht genug für die Fragen, welche ich mir vorgeſetzt habe, zu erforſchen. Ich entſchloß mich daher, auf eine andere Art Verſuche anzuſtellen. Verſuche mit Froͤſchen, denen man das Ruͤckenmark zerſchnitten hat. Ich ſchnitt einem Froſche zwey Linien über der Stelle, wo die Nerven, fo nach den Beinen und Pfoten laufen, aus den Wirbelbeinen herauskommen, das Ruͤckenmark durch. Ich ließ darauf von zwey Vipern zu verſchiedenen malen ein Bein beiſſen. Es ſchien nicht, als wenn die Krankheit mitgetheilt worden waͤre. DR Ich wiederholte dleſen Verſuch mit vier andern Froͤſchen; Er hatte eben denſel⸗ ben Erfolg. Ich konnte gar kein Zeichen von einer Krankheit an den gebiſſenen Beinen wahrnehmen. f 5 l Nachdem ich vier andern Fröſchen den Kopf abgeſchnitten hatte, ſo zerſtoͤrte ich mit einem Stück Holz das ganze Rückenmark; darauf ließ ich fie ans Bein beiſſen, aber es kam kein Zeichen von Krankheit zum Vorſchein. Da ich noch mit ſechs andern Froͤſchen den Verſuch mit dem durchgeſchnittenen Rückenmark verſuchte, ſo ſahe ich abermals, daß bey vier derſelben gar kein Zeichen von Krankheit zum Vorſchein kam. Beim fuͤnften war einiger Zweifel; aber der ſechste ſchien wirklich von dem Gifte angegriffen zu ſeyn. 8 gontana ! Band. Ce Die⸗ 202 Diüͤeſer letzte Fall machte mir die andern Verſuche mit den Nerven der Froͤſche, fo ich weiter oben erzaͤhlt habe, ungewiſſer. Ich glaubte alſo einen weniger zweydeutigen und einleuchtendern Verſuch unternehmen zu muͤſſen. Ich bediente mich dazu der groͤſſe⸗ ſten Kaninchen. : Vipernbiß an Theilen, deren Nerven abgeſchnitten waren. Ich ſchnitt den Hüftnerven und Schenkelnerven am rechten Beine eines Kanin⸗ chen ab. Ich nähere die eingeſchnittene Haut wieder zu, und ließ eben dieſes Bein von drey Vipern, und von einer jeden zu dreymalen beiſſen. Das Kaninchen ſtarb nicht, und fing wenige Zeit nachher, da es gebiſſen worden war, wieder an, zu freſſen. Nach Verlauf von zwanzig Tagen bediente ich mich deſſelben bey andern Verſuchen. Ich muß hier bemerken, daß noch einige Bewegung in dem Beine vorhanden war, und ich in Zwei⸗ fel ſtand, ob ich auch den Schenkelnerven richtig abgeſchnitten haͤtte. Ich ſchnitt einem andern Kaninchen den Huͤftnerven und den Schenkelnerven am rechten Beine ab; und verſicherte mich, daß die Nerven richtig abgeſchnitten waren. Nachdem ich die Haut zugens het hatte, fo ließ ich eben daſſelbe Bein von drey Vipern von jeder dreymal beiſſen. Es ſtarb nach achtzehn Stunden. Die Muskeln des gebiſſenen Beins wurden ſchwarz, blau, aufgetrieben und brandig. Ja ſogar die Bauchmuskeln waren entzündet, wie auch die ganze inwendige Seite der Haut. 1 Dieſe beyden Verſuche koͤnnen einander nicht mehr enkgegengeſetzt ſeyn; aber es iſt immer wahr, daß im zweyten Falle die Krankheit von dem Gifte da war. Der erſte Fall beweiſet nichts anders, als daß ein Thier in einem beſondern Falle verſchiedene mal, ja ſogar von mehrern Vipern gebiſſen werden, und doch die Krankheit nicht bekommen kann; welches auch mit andern weiter oben erzählten Verſuchen übereinſtimmt. Ich ſchnitt einem andern Kaninchen den Huͤft⸗ und Schenkelnerven ab; die New ven waren gut abgeſchnitten, und das Bein hatte keine Bewegung. Ich ließ es jetzt mehrmal von drey Vipern beiſſen. Das Kaninchen ſtarb nach ſechszehn Stunden; die Muskeln am Beine waren in ihrer ganzen Subſtanz blau und brandig. Ich wiederholte eben dieſen Verſuch unter eben denſelben Umſtaͤnden noch an zwen andern Kaninchen. Das eine ſtarb nach zwanzig Stunden; das andere nach vier und zwanzig Stunden. Sie hatten alle beyde die gewiſſeſten Zeichen der Krankheit von dem Gifte an den gebiſſenen Beinen. Dieſe Verſuche find gewiß und uͤbereinſtimmend, und ſetzen es auſſer allen Zwei fel, daß es für die Krankheit von dem Gifte gleichgültig iſt, ob die Nerven der gebiſſenen Theile abgeſchnitten ſind oder nicht; ſie moͤgen noch mit dem Thiere in Gemeinſchaft ſte⸗ hen, oder nicht, Aber Über in dieſen Verſuchen ift doch noch immer einiger Zuſammenhang zwiſchen dent gebiſſenen Theile und dem Thiere vorhanden. Dieſer Zuſammenhang wird ſelbſt durch die Haut des Thiers unterhalten, welche den gebiſſenen Theil bedeckt. Man muß alſo auch dieſe Gemeinſchaft aufheben und die Haut adſchneiden. Nachdem ich den Huͤft⸗ und Schenkelnerven bey einem Kaninchen abgeſchnitten, und die Haut über den abgeſchnittenen Theilen wieder zuſammen genaͤhet hatte, fo machte ich rund um das Bein vier Finger breit über der Stelle, wo ich mir vorgeſetzt hatte, das Bein von den Vipern beiſſen zu laſſen, einen cirkelrunden Sinſchnitt. Sobald ich den Einſchnitt gemacht hatte, fo naͤhete ich ihn rund herum wieder zuſammen. Und nun ließ ich dieſes Bein verſthiedene mal von drey Vipern beiſſen. Die Zähne drangen durch die Haut. Nach zwey Stunden war noch gar kein Zeichen von der Krankheit da. Nach ſechs Stunden ſchien der gebiffene Theil ſichtbar angeſchwollen zu ſeyn. Rach zehn Stun⸗ den ſchwitzte Blut aus der gebiſſenen Haut. Nach zwey und zwanzig Stunden floß das Blut in groͤſſerer Menge heraus. Nach vier und zwanzig Stunden war der Theil ſehr angeſchwollen; aber er war niemals blau. Nach dreiſſig Stunden brach die Haut aus, und bildete ein Geſchwür. Das Thier lebte acht Tage und diente mir noch zu andern Verſuchen. Man kann nicht zweifeln, daß in Biefem letzten Verſuche die Krankheit dem gebiſ⸗ ſenen Theile mitgetheilt worden iſt, ob ſie gleich nicht ſehr groß war. Ich dachte darauf, einen Verſuch zu machen, den ich mit dem vorigen vergleie chen koͤnnte. * Zu dieſem Ende ſchnitt ich dem Kaninchen weder die Haut noch die Nerven ab. Ich ließ es verſchiedene mal von drey Vipern ans Bein beiſſen. Nach acht Stunden war das Bein geſchwollen, aber nicht blau. Nach zwey und zwanzig Stunden hatte ſich ne⸗ ben der gebiſſenen Stelle zwiſchen den Beinen ein Beutel oder eine Blaſe voll dunkelge⸗ faͤrbter Fluͤſſigkeit gebildet. Es ſtarb nach vierzig Stunden. Die Haut war an der Stelle der Biſſe aufgebrochen, und zerſtoͤrt. Die Beinmuskeln waren blau und bran— dig. Das Herz, die Herzohren und die groſſen Gefäffe enthielten ſchwarzes geronnenes Blut. Es waren ſogar Klumpen von geronnenem Blute in der groſſen Pulsader, wel⸗ che doch ſonſt leer von Blut zu ſeyn pflegt. N Ich wiederholte den vorhergehenden Verſuch bey drey andern Kar inchen, da ich ſie ans Bein beiſſen ließ, nachdem ich ihnen vorher die Nerven abgeſchnitten, und den Cirkelſchnitt in die Haut gemacht hatte. Nachdem die Haut wieder zugenaͤhet war, fo wurden ſie verſchiedene mal von drey Vipern gebiſſen. Es ſtarb kein einziges, aber ſie hatten alle die Zeichen der Krankheit an dem gebiſſenen Theile. Es entſtand in mir ein neuer Verdacht, daß nach allem dieſen doch noch eine Ge⸗ meinſchaft durch die Nerven zwiſchen dem . und dem Beine vorhanden ſeyn koͤnnte, e 3 wenn 204 wenn gleich der Huͤft und der Schenkelnerve abgeſchnitten wären, Ich vermuthete, daß die Viper vielleicht an eine Fiber des groſſen Geſaͤßmuskels gebiſſen haben koͤnnte, welcher ſehr tief am Beine hinunterläuft. Dieſes bewog mich, folgende Verſuche zu machen, Ich ſchnitt einem Kaninchen den Huͤft- und Schenkelnerven ab, und machte einen Cirkelſchnitt in die Haut, den ich hernach wieder zu naͤhete. Ich ließ das Bein verſchie⸗ dene mal von drey Vipern beiſſen; aber an einer Stelle, die tief genug war, daß der groſſe Geſaͤßmuskel nicht getroffen wurde. Nach zwey Stunden fing der gebiſſene Theil an aufzuſchwellen. Nach zwey und zwanzig Stunden war die Haut aufgebrochen, aber nicht geſchwollen. Nach zwey und vierzig Stunden ſchien das Thier geheilt zu ſeyn. In acht Tagen diente es mir zu andern Verſuchen. * te 0 2 Ich ſchnitt einem andern Kaninchen den Huͤft⸗ und Schenkelnerven ab; ich ſchnitt die Haut rund um das Bein durch und naͤhete ſie darauf wieder zu. Ich ließ es ganz un⸗ ten am Beine zu dreymalen von drey Vipern beiſſen. Nach acht Stunden war die Haut aufgebrochen, und gab etwas ftuͤſſiges von ſich. Nach zwey und zwanzig Stunden war die Haut aufgeſchwollen, blau und zerborſten. Nach ſechszig Stunden ſtarb das Thier. Ich oͤfnete es, und fand, daß alle Muskeln am Beine brandig, und faſt das ganze Zell⸗ gewebe des Unterkeibes voll ausgetretenen Geblüts waren. Im Herzen war das Blut aufgeloͤſt. 5 Ich ſchnitt wieder einem andern Kaninchen den Huͤftnerven, den Schenkelner⸗ ven, und die ganze Haut rund um das Bein ab, und nähere fie zu. Ich ließ ganz tief am Beine mehrmal von drey Vipern beiſſen. Nach zwey Stunden ſchien die gebiſſene Stelle mehr angeſchwollen zu ſeyn. Nach acht Stunden war ſie es noch ſichtbarer. Nach zwey und zwanzig Stunden war die Haut aufgebrochen, aber ohne Anſchwellung. Nach zwey und vierzig Stunden war nur noch eine Wunde an der gebiſſenen Stelle zu ſehen. Das Thier lebte noch nach zehn Stunden, und diente mir zu andern Verſuchen. “ Dieſe Verſuche beweiſen, daß das Viperngift feine gewöhnlichen Wirkungen auf die gebiſſenen Theile hervorbringt, wenn gleich alle Gemeinſchaft durch die Nerven zwi⸗ ſchen dem Theile und dem übrigen Theile unterbrochen iſt. Aber es iſt noch nicht entſchie⸗ den, daß, wenn von dem Nerven ein wirkſamer Grundſtoff abgeſondert wird, welcher ſich mit dem Blute vermiſcht, dieſer Grundſtoff nicht in dem Augenblicke verſchwindet, da der Nerve abgeſchnitten wird; um ſo viel mehr, da allzeit Nerven in dem gebiſſenen Theile vorhanden ſind, ob ſie gleich keine Werkzeuge der Empfindung und freywilligen Bewe⸗ gung mehr ſind. Dieſe Betrachtung hat mich auf folgende Verſuche gebracht. Ich ſchnitt einem Kaninchen den Huͤft- und Schenkelnerven ab; auch ſchnitt ich die Haut rund herum ein, und nähete fie wieder zu. Ich ließ es ſechszehn Stunden lang in dieſem Zuſtande. Nach dieſer Zeit ließ ich es von drey Vipern verſchiedene mal an das Bein beiſſen. Es ſtarb nach zwey und zwanzig Stunden. Alle Beinmuskeln waren blan, * x 205 blau, brandig und ſtinkend. Der Herzbeutel war voll einer durchſichtigen Flüſſigkeit. Die rechte Herzhoͤhle und das rechte Herzohr waren voll ſchwarzen geronnenen Geblürs, Es verhielt ſich eben fo mit dem Blute der groſſen Gefaͤſſe. Ich wiederholte eben den Verſuch mit zwey andern Kaninchen, und der Erfolg war eben derſelbe. Die Thiere ſtarben mit den gewiſſeſten Kennzeichen der Krankheit von dem Gifte. ; Wirkungen des Viperngifts auf Kaninchen, denen man das Rückenmark ab⸗ 5 geſchnitten hat. a Ich will meine Verſuche mit den Theilen, ſo ihrer Nerven beraubt, und von der Viper gebiffen find, mit der Erzählung von drey Verſuchen beſchlieſſen, die ich mit Ka⸗ ninchen angeſtellt habe, denen ich das Rückenmaek ganz durchgeſchnitten hatte. Ich ſchnitt es unter den Nieren ab, und es war durch und durch ſo abgeſchnitten, daß man gar keine Gemeinſchaft durch die Nerven zwiſchen den Beinen und dem übrigen Thiere mehr vermuthen konnte. i Nachdem das Rückenmark, wie ich eben geſagt habe, durchgeſchnitten, und die 9 Haut rund um das Bein eingeſchnitten, und wieder zugenaͤhet war, fo ließ ich das Ka- ninchen verſchiedene mal von drey Vipern beiſſen. Nach einer Stunde war an der gebif—⸗ ſenen Stelle eine kleine Geſchwulſt entſtanden. Nach zwey Stunden war ſie ſehr aufge⸗ ſchwollen und blau, Es ſtarb nach ſteben Stunden. Der gebiſſene Theil war ganz bran⸗ dig, und der Brand drang bis in die ganze Subſtanz der gebiſſenen Muskeln. Das Blut im Herzen war ſchwarz und geronnen, 0 Ich ſchnitt einem andern Kaninchen das Rückenmark ab, und loͤſte mit ber Scheere eine groffe Flache Haut über den Muskeln des Beins ab. Die auf ſolche Art entbloͤßten Muskeln ließ ich verſchiedene mal von drey Vipern beiſſen Wenige Minuten nachher waren Zeichen von der Krankheit vom Gifte da; und es ſtarb in ſieben Stunden. Die gebiſſenen Muskeln waren mis farbig und entzuͤndet. Das Blut war rund herum in dem Zellgewebe ausgetreten. Die Lunge hatte blaue Flecken. Das Herz war mit Blur angefüllt, aber faſt alles aufgeloͤſt. i a 4 Ich wiederholte eben dieſen Verſuch mit einem andern Kaninchen, unter eben denſelben Umſtaͤnden. Das Reſultat war auch eben daſſelbe; Es ſtarb nach ſechs Stun⸗ den. Die Muskeln waren von der Krankheit des Gifts angegriffen. Wir werden auf ſolche Art überzeugt, daß die Nerven, welche nach den gebiſſe⸗ nen Theilen hinlaufen, gar nichts zu der Krankheit von dem Viperngifte beytragen, und daß dieſes Gift für die Nerven vellkommen unſchuldig if. Dieſe Wahrheiten find ſehr wichtig, und vorher unbekannt geweſen. Aber verborgen bleibt doch immer die Urſache, Ec 3 warum 255 warum das mit dem Gifte vereinigte Blut in einem Augenblicke gerlunt, wenn es in den Gefaͤſſen des Thiers eingeſchloſſen iſt, aber ſich nicht in der freyen Luft verdickt. Wirkungen des Gifts auf diejenigen Theile des Thiers, deren Blutumlauf unterbrochen iſt. 5 A Ich hoffte aus den neuen Verſuchen, die ich in der Folge machte, einiges Licht zu ziehen. Es beſtehen dieſelben in der Unterfuchung der Wirkungen des Vipernbiſſes auf dieſenigen Theile der Thiere, in weichen die Puls⸗ und Blutadern vorher unterbunden waren. Dieſe Materie war für uns noch neu, und es war immer gut zu wiffen, was fuͤr Wirkungen in ſolchen Faͤllen hervorgebracht werden wuͤrden. ; - Ich unterband einem Kaninchen die herabſteigende groſſe Schlagader und die Hohlader im Unterleibe. Nachdem ich die Haut wieder zugenäher hatte, fo ließ ich es von drey Vipern mehrmal ans Mein beiſſen. Es ſtarb nach neun Stunden. Das Bein war rund um den Biſſen brandig, aber ſonſt nirgends. 8 8 g Ich ſchnitt einem Kaninchen die Puls⸗ und Blutadern, welche nach dem rechten Beine laufen, auſſer dem Unterleibe ab, und loͤſte noch ein groſſes Stück Haut am Beine ab, welches ich an der entbloͤßten Stelle verſchiedene mal von drey Vipern beiſſen ließ. Nach einer Stunde waren gewiſſe Zeichen von der örtlichen Krankheit zu ſehen. Nach zwey Stunden war das Bein an des gebiſſenen Stelle blau, aber nicht anderswo. Das Herz war nach dem Tode voll von ſchwarzen und geronnenem Blute. Ich unterband, wie im erften Verſuche, die Schlag- und Blutadern in dem Un⸗ terleibe, bey zwey Kaninchen. Sie wurden alle beyde verſchiedene mal von drey Vipern gebiſſen. Dem einen war die Haut am Beine ganz; dem andern war ſie rund herum durchgeſchnitten und wieder zugenaͤhet. Sie ſtarben alle beyde in zwanzig Stunden. Es waren an den gebiſſenen Theilen Zeichen der Krankheit vorhanden; aber die Krankheit war unbedeutend, nicht weit ausgebreitet, nicht tief. Das Blut war im Herzen ſchwarz und geronnen. i 2 5 Ich ſchnitt einem andern Kaninchen die Puls- und Blutadern auſſer dem Unter⸗ leibe ab; aber ich ließ es nicht von den Vipers beiſſen. Es ſtarb nach ſechszehn Stunden. Die Lunge war blau. Das Herz, die Herzohren, und die graſſen Gefaͤſſe waren mit ſchwarzen und geronnenem Gebluͤt angefuͤlt. Dieſer Verſuch beweiſet uns immer mehr, daß das geronnene Blut im Herzen, und in den benachbarten Gefaͤſſen ein zweydeutiges Zeichen ift, wenn man es allein nimmt, ohne daß es noch mit andern begleitet ſey. Ich wiederholte den Verſuch eat der Unterbindung der Puls- und Blutadern in dem Unterleibe an drey andern Kaninchen. Ich ließ ſie, jedes von drey Vipern ans Bein beiſſen. Sie ſtarben alle drey in weniger, als ſiebenzehn Stunden. Die Krankheit von dem 1 em 407 dem Gifte war in den gebiſſenen Muskeln, aber nicht i in den benachbarten vorhanden. Die ortliche Krankheit war auch ſehr unbedeutend. Wir koͤnnen aus dieſas Verſuchen mit Gewißheit berkeiten; daß das Viperngift ſeine gewoͤhnlichen Wirkungen hervorbringt, ſelbſt wenn die gebiſſenen Theile nicht mehr von dem Blutumlaufe im Thiere Theil nehmen. In eben dieſen Faͤllen fichet man, daß dabey im ganzen genommen, die Krankheit nicht ſo ausgebreitet, und nicht ſo ſchwer iſt, als wenn der Blutumlauf frey iſt. Und dieſe Wahrheit ſtimmt ſehr gut mit den Verſu⸗ en überein „in welchen das Sr in die Halsader eingeſpritzt wurde, Wirkungen des Gifts auf 2 Theile, deren Gefaͤſſe abgeſchnitten find. Ich wollte ſehen, wie es einem Kaninchen ergehen würde, dem man verſchiedene Stunden vorher die Schenkel = nr und Blutadern unterbunden, und unter der Unter⸗ bindung abgeſchnitten hätte. In dieſem Falle laͤuft das Blut nicht allein nicht im Beine herum, ſondern es ſtockt ſehr lange, und kann ſchon zum Theil verandert ſeyn, viel von ſeiner Menge verloren haben, und eines feinen Grundſtoffs beraubt ſeyn. Das Kanin⸗ chen, welches ich auf dieſe Art zubereitete, blieb länger, als acht Stunden in dieſem Zus ſtande. Nach dieſer Zeit ließ ich es von drey Vipern, von jeder mehrmal an das Bein beiſſen. Es war ihm die Haut vorher von dem Beine weggenommen. Es ſtarb drey Stunden nachher. Der Muskel, an welchen die Vipern gebiſſen hatten, ſchien ein we— nig roͤther gefaͤrbt zu ſeyn, als an = benachbarten Theilen. Aber dies alles war kaum ſichtbar. Ich ſchnitt wie vorher die Puls⸗ und Blutader unter der Unterbindung ben einem Kaninchen ab, und wartete zehn Stunden, ehe ich es beiſſen ließ. Nach zwanzig Stun⸗ den war es ſehr munter, und ich ließ es von drey Vipern wiederholte mal an das von der Haut entblößte Bein beiſſen. Es ſtarb ſechs Stunden nachher. Die gebiſſenen Muskeln waren in ihrer ganzen Subſtanz blau; aber die e hatte ſich bloß auf die gebiſſene Stelle eingeſchraͤnkt. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit zwey andern Kaninchen. Ich ließ ſie an die von ihrer Haut entbloͤßten Beine beiſſen, acht Stunden nachher, da ich ihnen die Schenkel⸗ Puls- und Blutader unterbunden und abgeſchnitten hatte. Ich druͤckte das Bein noch verſchiedene mal, damit das Puls- und Blutader-Blut durch die Oefnungen der Gefaͤſſe herausflieſſen mochte. Sie ſtarben alle beyde in weniger, als eilf Stunden. Das Fleiſch, in welches die Sehne bineingedrungen waren, ſchien mehr gefaͤrbt und dunkeler zu ſeyn, und die Farbe drang ſo tief hinein, als der Zahn gekommen war. Alles übrig ge befand ſich i im naturlichen Zuſtande. Ich bereitete mir zwey andere Kaninchen, um eine Verglei chung damit anzuſtellen; aber ich leß ſie nicht von den Vipern beiſſen. Sie ſtarben in zwey und ſiebenzig Stunden. Es Es blieb mir noch uͤbrig die Wirkungen des Gifts der Viper zu unterſuchen, wenn man die Pulsadern, und Blutadern jede beſonders unterbunden hat. . Ich unterband alſo die Hohlader im Unterleibe Tr einem Kaninchen. Ich ſchnitt rund um das Bein die Haut ein, und nähere fie wieder zu. Ich ließ das Bein wieder⸗ holte mal von drey Vipern beiſſen. Nach vier und zwanzig Stunden ſahe man die Zei- chen der Krankheit an dem gebiſſenen Theile. In dieſem Zuſtande toͤdtete ich das Kanin⸗ chen, und fand, deß die Krankheit auf den Einſchnite der Haut eingeſchraͤnkt war. Die Muskeln waren blau, und das Zellgewebe war voll von ausgetretene und dunkeln Blute. Ich unterband einem andern Kaninchen die Hohlader im Unterleibe, und ließ es von drey Vipern verſchiedene mal ans Bein beiſſen. Rach zwey Stunden war die Haut an den gebiſſenen Stellen geſpannt; aber kaum etwas angeſchwollen. Nach vier Stun⸗ den gab ſie Feuchtigkeit von ſich. Nach zehn Stunden war fie noch ein wenig mehr anges ſchwollen. Es ſtarb nach Verlauf von funfzehn Stunden. Der gebiſſene Theil war blau, und in feiner ganzen Subſtanz brandig. Aber die Krankheit hatte ſich bloß auf das Bein eingeſchraͤnkt. 5 Zwey andere auf obige Art behandelte Kaninchen, gaben mir beynahe eben die Neſultate. e \ 5 Ich unterband einem Kaninchen die groſſe Schlagader im Unterleibe, und ließ es an das von Haut entbloͤßte Bein verſchiedene mal von drey Vipern beiſſen. Nach ſechs Stunden ſahe man Zeichen der Krankheit. Es ſtarb nach funfzehn Stunden. Das ge⸗ biſſene Bein war aufgeſchwollen, und misfarbig, und die Farbe drang in die Muskeln nicht tief. Das Blut war ſchwarz an der gebiſſenen Stelle, und in den etwas groſſen Gefaͤſſen geronnen. 7 5 Eben dieſer Verſuch wurde bey zwey andern Kaninchen wiederholt, und gab eben daſſelbe Reſultat, oder doch nur mit wenig Unterſchied. Ich beſchlieſſe mit der kurzen Erzählung von zwey Verſuchen mit zwey Kaninchen, denen ich im Unterleibe alle lymphatiſchen Gefaͤſſe abgeſchnitten hatte, die ich nur finden konnte, ſogar auch den Milchbruſtgang (canal thorachique.) Eine Stunde nach dieſer Operation ließ ich ſie an die von ihrer Haut entbloͤßten Beine, wiederholte mal von drey Vipern beiſſen. Nach ſechs Stunden zeigten die Beine die gewiſſeſten Merkmale der Krankheit von dem Gifte; das Bein war blau und aufgeſchwollen, und gab viele Fluͤſſig⸗ keiten von ſich. Sie ſtarben nach achtzehn Stunden. Die Muskeln des Beins waren in ihrer ganzen Subſtanz blau. N a Da ich von der Fortſetzung dieſer Verſuche mir nichts verſprach, und ſahe, daß der gehemmte Umlauf der Lymphe und des Milchſafts keinen Einfluß auf die gewoͤhnlichen Wirkungen des Viperngifts hat, fo hielt ich es nicht für noͤthig, weiter zu gehen. Fuͤnftes 203 Fünftes Kapitel. Von den ia 1 15 des Gifts der Viper auf das Blut, wenn es der fregen £uft ausgejest iſt. Obgleich alle bisher erzaͤhlte Verſuche ſehr wichtige Wahrheiten zeigen, ſo ſind wir doch noch immer in Unwiſſenheit in Anſehung der Erſcheinung mit dem Blute, welches, wenn es ſich mit dem Gifte vereinigt, in den Gefaͤſſen gerinnt, und in der aͤuſſern Luft nicht. Wenigſtens war es mir immer ſo vorgekommen, daß ein ſehr merklicher Unterſchied in dem Blute wäre, wenn ich ein vom Thiere getrenntes Bein beiſſen ließ, und wenn es ge⸗ ſchahe, da es noch am Thiere hing, oder mit einem Bindfaben gebunden war. In einer ſolchen Ungewißheit hielt ich es für noͤthig, eine genaue Unterſuchung des von Mead gemachten Verſuchs in Anſehung der Wirkungen des Viperngifts auf das aus dem Thiere gelaſſene Blut zu unternehmen; und da Mead ſeinen Verſuch mit einer kleinen Menge Gift, und einer groſſen Menge Blut gemacht hat, fo habe ich geglaubt, mit viel geringern Mengen Blut zu Werke gehen zu,jmüffen, damit die Wirkungen ſicht⸗ barer ſeyn mochten. Ich ließ in ein kleines kegelfoͤrmiges Glas drey Tropfen Viperngift, und zwanzig Tropfen Blut aus dem abgeſchnittenen Halſe eines Huhns laufen. Ich ſchuͤttelte das Glas zehn Serunden lang um, um das Gift und das Blut gut untereinander zu miſchen. Zu gleicher Zeit ließ ich in ein Ähnliches Glas zwanzig Tropfen ganz warmes Blut von eben dem Huhne fallen. Ich ſchuͤttelte das Glas eben fo, als das erſte, damit die Um⸗ ſtaͤnde, das Gift ausgenommen, eben dieſelben ſeyn moͤchten. Nach zwey Minuten war das Blut ohne das Gift geronnen, und hatte eine ſchoͤne hochrothe Farbe. Hingegen das mit dem Gifte vermiſchte Blut war ſchwarz und flüfjig, obgleich ein wenig zaͤhe und dick. Ich wiederholte dieſen Verſuch noch einmal, und der Erfolg war eben derſelbe. Das vergiftete Blut gerann nicht, und hatte immer eine ſchwarze Faebe. Hingegen war das nicht vergiftete Blut plotzlich geronnen, und erhielt ſich immer roͤthlich. Ich wiederholte eben dieſen Verſuch mit dem Blute eines Meerſchweins, dem ich ein Bein abgeſchnitten hatte. Das vergiftete Blut war noch nach vier und zwanzig Stun⸗ den aufgelöft und ſchwarz. Das andere gerann in weniger, als zwey Minuten, und war allzeit hochroth. Das vergiftete Blut wurde nur hart, als es nach und nach eintrocknete, und ſich in verſchiedene Kruſten theilte; aber dabey behielt es immer feine ſchwarze Farbe; da hingegen das nicht vergiftete Blut feine rothe Farbe behielt, ſelbſt nachdem es in Kru⸗ ſten eingetrocknet war. Die ſchwarze Farbe des mit dem Gifte vetmiſchten Bluts, vertraͤgt ſich ſehr gut mit den gewoͤhnlichſten Wirkungen des Vipernbiſſes auf die Thiere, und mit den Wirkun⸗ Sontana I. B. N Dod gen 319 5 4 gen des Gifts, wenn es in die Halsader der Kaninchen gefprigt wird. Aber der andere Theil der Erſcheinung iſt ganz ſonderbar und unerwartet. Anſtatt daß das Gift der Vi⸗ per das Blut gerinnen macht, wie es dem Anſcheine nach thun ſollte, verhindert es ſogar, daß es nicht gerinnt, wie es doch von Natur in freyer Luft thut; und es macht, daß es beſtaͤndig aufgelöft bleibt. Hier bringt alfo das Viperngift nicht allein feine gewohnliche Wirkung auf das Blut nicht hervor, nemlich es gerinnen zu machen; fondern es bringt vielmehr eine ganz entgegengeſetzte Wirkung zuwege, nemlich es aufgeföft zu erhalten, un zu verhindern, daß es nicht gerinne, wie es ſonſt immer thut. 3 Dieſe ſonderbare Wirkung des Gifts auf das der freyen Luft ausgeſetzte Blut, ſchien eine neue Entdeckung in Anſehung der Wirkung des Gifts in den Thieren zu ver⸗ ſprechen. Ich bedachte, daß der Vipernbiß ganz unſchuldig für die Viper ſelbſt iſt, fo wie er es auch für viele andere Thiere mit kaltem Blute iſt, und daß er für einige Thiere, als die Froͤſche zum Beyſpiele, nicht toͤdtlich wird, und ihnen nicht die Krankheit verur⸗ ſacht, als allenfalls nur ſehr ſpaͤt, und mit einiger Schwierigkeit. Nach allem dieſen ſchmeichelte ich mir, baß die Wirkungen des Gifts auf das Blut der Vipern und der Froͤ⸗ ſche ſehr verſchieden von denjenigen ſeyn muſten, welche es auf das Blut der warmbluͤti⸗ gen Thiere hat, und daß von dieſem Unterſchiede gerade der Unterſchied in der Krankheit und dem Tode diefer Thiere abhaͤngen würde, So waren meine Schluͤſſe, und meine Hoffnung beſchaffen. ö Ich that demzufolge drey Tropfen Gift in das Glas, und darauf dreiſſig Trop⸗ fen Vipernblut, das aus dem Halſe dieſes Thiers floß, nachdem ich ihm den Kopf abge⸗ ſchnitten hatte. Ich ſchuͤttelte das Glas wie gewoͤhnlich. Das Blut gerann nicht, und es war ein wenig dunkel. Nach zwey Stunden ſahe man Blutwaſſer daruͤber ſtehen; der rothe Theil des Bluts war unten. Es war dunkel und zaͤhe wie Leim, aber nicht geronnen. Zu gleicher Zeit hatte ich einen Verſuch angeſtellt, um eine Vergleichung zu ma⸗ chen. Ich hatte dreiſſig Tropfen von eben dem Blute, aber ohne Gift in ein Glas lau⸗ fen laſſen. Ich ſchüͤttelte das Glas wie oben. Das Blut gerann nicht, und bekam viel Blutwaſſer über ſich, durch welches man die ſehr rothen Blutfaſern ſahe. Nach zwey Stunden war das Blutwaſſer in groͤſſerer Menge da, als in dem eben erwaͤhnten Ver⸗ ſuche. Nach vier und zwanzig Stunden ſahe man eben die gewohnlichen rothen Faſern, aber ungeachtet deſſen war das Blut nicht ſo dicht, als dasjenige, worin das Gift war. Nach fünf und dreiſſig Stunden war es noch fluͤſſtig, mit vielem darauf ſchwimmenden Blutwaſſer. Nach funfzig Stunden war es zaͤher und dichter geworden; Nach ſechzig Stunden war es roth und eingetrocknet. e Ich miſchte drey Tropfen Gift zu funfzig Tropfen Vipernblut in einem Glaſe, und that in ein anderes funfzig Tropfen von eben dem Blute ganz allein. Ich fchütielte dieſe beyden Glaͤſer ein wenig und gleich ſtark. Das Blut, worin kein Gift war, war 3 immer — rt 211 immer mehr gefärbt, roͤther, und waͤſſerichter, als das ardere. Nach dreifig Stunden gerann das vergiftete Blut; aber das andere nicht. Ä In diefen beyden Verſuchen ſiehet man, daß die Farbe des Bluts der Vipern, welches nuit dem Gifte vermiſcht worden iſt, mit der Farbe des Bluts der warmbluͤtigen Thiere uͤbereinſtimmt, das ebenfalls mit Gift verunſaßt iſt, obgleich ein groſſer Unter⸗ ſchied in allen andern Erſcheinungen vorhanden iſt. Aber die Verſuche ſind noch zu we⸗ nig lperaͤndert worden, als daß man gewiſſe Reſultate daraus ziehen koͤnnte. Ich that drey Tropfen Gift in ein Glas, und goß dazu dreiſſig Tropfen Blut von einem Froſche, dem ich den Kopf abgeſchnitten hatte. Ich that auch dreiſſig Trops fen von dieſem Blute in ein anderes Glas, und kein Gift dazu. Ich ſchuͤttelte wie ge⸗ woͤhnlich dieſe beyden Gläfer um. Nach dreiſſig Minuten unterſuchte ich dieſe beyden Glaͤſer mit Blut; und fand, daß das vergiftete Blut ſchwarz und nicht geronnen war. Das nicht vergiftete Blut hatte weniger Blutwaſſer, als das andere, es war roͤther, far ſerichter; aber es war eben fo wenig geronnen. Nach drey Stunden war das vergiftete Blut ſchwarz, aufgeloͤſt; aber zaͤhe, und ohne merkliches Blutwaſſer. Das andere Blut hatte eine groſſe Menge Blutwaſſer auf ſich. Es war roth, und auf dem Boden geronnen; nur war das geronnene beweglich, faſericht und zaͤhe. Noch nicht zufrieden mit dieſem neuen Verſuche, den ich noch zweymal mit einem etwas verſchiedenen Erfolge wiederholte, entſchloß ich mich, zu gleicher Zeit Verſuche mit dem Blute der Vipern, der Froͤſche, und der Meerſchweine anzuſtellen, und genau alle Veraͤnderungen zu beobachten, welche ich wahrzunehmen haben wuͤrde. ö 5 Ich nahm ſechs eben ſolche kegelfoͤrmige Glaͤſer, als diejenigen, deren ich mich ſchon vorher bedient hatte, und that in jedes der drey erſtern vier Tropfen Gift, neben funfzig Tropfen Blut. Im einen war es Vipernblut, im andern Froſchblut, und im drit- ten Blut von einem Meerſchwein. In jedes der drey andern that ich bloß funfzig Tropfen Blut von eben dieſen Thieren. Ich ſchüttelte die ſechs Glaͤſer ein wenig um, und zwar gleich ſtark. Darauf ließ ich ſie einige Zeit in Ruhe ſtehen. Nach einigen Minuten wa⸗ ren die brey Arten vergiftetes Blut ſchwarz, und viel weniger ‚gefärbt, als die drey an- dern Glaͤſer, in denen das Blut ſchon geronnen war. Aber das Vipernblut war viel we⸗ niger geronnen, als die andern beyden Arten, auch war es vielleicht mehr zaͤhe, als in der That geronnen. Das Vipernblut ifi uͤbrigens von Natur weniger roth, und dunke⸗ ler, als das Froſchblut, und Meerſchweinsblut. Ich bemerkte nach einiger Zeit, daß das Blut der Viper, und des Froſches, welche mit dem Gifte vermiſcht waren, eine Menge Blutwaſſer über ſich ſtehen hatten; aber es war keins auf dem ebenfalls vergifte⸗ ten Blute des Meerſchweins vorhanden. Auch war noch gar kein Zeichen von Blutwaſ⸗ ſer in den drey andern Glaͤſern mit nicht vergiftetem Blute zu ſehen. Nach acht Stunden hatte das bloſſe Froſchblut eben ſo viel Blutwaſſer, als das vergiftete; aber es war im⸗ mer roͤther, und auch eben fo aufgeloͤſet, als ar Das nicht vergiftete Vipernblut g : d 2 gab gab niemals Blutwaſſer, und erhielt ſich geronnen, wiegemöhnlich. Aber das vergiftete Vipernblut war dunkeler und aufgeloͤſt, jedoch ſehr zaͤhe. Nach Verlauf von drey Ta⸗ gen hatte das vergiftete Vipernblut noch ſeine groſſe Menge Blutwaſſer, aber es war ſchwarz und zaͤhe. Das nicht vergiftete Vipernblut hatte wenig Blutwaſſer, es war roth, zaſericht, und faſt ganz geronnen. Das vergiftete Froſchblut war ganz aufgelöft, gruͤnlich, und hatte wenig Blutwaſſer; aber das, welches nicht mit Gift vermiſcht war, batte viel Blutwaſſer, war geronnen, und roͤther. Das vergiftete Blut vom Meer⸗ ſchweine war ſchwarz, zaͤhe, und ohne Blutwaſſer. 8 Ich unterſuchte nach acht Stunden die rothen Blutkuͤgelchen von den drey vergif⸗ teten Blutarten, und fand, daß ſie ihre Geſtalt wenig veraͤndert hatten, und kaum von den Kuͤgelchen der andern drey nicht vergifteten Blutadern zu unterſcheiden waren. Aber nach Verlauf von acht Tagen fand ich, daß die Kuͤgelchen von dem vergifteten Vipern⸗ blute gewiſſermaſſen eine andere Figur angenommen hatten. Es waren ihrer viele zer⸗ ſprungen, und das ganze hatte ſich viel mehr veraͤndert, als das nicht vergiftete Vipern⸗ blut. Das vergiftete Froſchblut hatte faſt lauter aufgeloͤſte Kuͤgelchen; die andern hatten ihre Geſtalt verloren, und waren ſehr klein geworden. Das vergiftete Blut vom Meer⸗ ſchweine hatte im Gegentheile gröffer gewordene Kügelchen, fie hatten zum Theil ihre Ge⸗ ſtalt verloren, und waren mehr oder weniger aufgelöft; übrigens aber nicht ſehr viel von den Kuͤgelchen eben dieſes, aber nicht vergifteten Bluts unterſchieden. Dieſe letzten Beobachtungen über die rothen Blutkuͤgelchen koͤnnen uns nichts hel⸗ fen, die unmittelbaren Wirkungen des Gifts der Viper, wenn es in die Adern geſpritzt wird, zu erklaͤren, und zudem bemerkt man dieſe Erſcheinungen erſt lange nachher, nach⸗ dem das Gift auf das Thier gewirkt hat. Wenn das Thier klein iſt, ſo iſt es ſchon todt, lange vorher, ehe die geringſte merkliche Veränderung in der Geſtalt der Blutkuͤgelchen vorgeht. ; BIN PN 8 Ich habe den Verſuch mit dem Blute der Viper, des Froſches und des Meer⸗ ſchweins noch zweymal wiederholt. Die Reſultate waren ſehr uͤbereinſtimmend, ob ſie gleich ſich nicht ganz aͤhnlich waren, fo daß ich es nicht für noͤthig gehalten habe, fie hier umſtaͤndlich zu erzaͤhlen. 5 Man ſieht überhaupt, daß das Viperngift das Blut der warmbluͤtigen Thiere eben fo wohl ſchwarz macht, als das Blut der kaltbluͤtigen Thiere; das Blut derjenigen Thiere, auf welche es als Gift wirkt, eben fo gut, als das Blut ſolcher, auf die es nicht wirkt. Aber eben dieſe Uebereinſtimmung in der Veränderung der Farbe zeigt, daß das Gift der Viper die Thiere nicht durch denjenigen Grundſtoff toͤdtet, welcher das Blut, womit es ſich vermiſcht, ſchwarz macht. Sonſt würde es auch für die Viper ein Gift ſeyn, ſo es doch nicht iſt. 5 5 5 Aber es verhaͤlt ſich nicht eben ſo in Anſehung der Gerinnung des Bluts. Das Gift wirkt wenig oder gar nicht auf das Blut der Viper, und die kleinen Verſchiedenhei⸗ ten, 215 ten, fo wir in dieſem Betrachte wahrgenommen haben, find ganz zu überfehen, Es ver: haͤlt ſich nicht ſo mit dem Blute des Froſches und noch weniger mit dem Blute des Meer⸗ ſchweins. Dieſes letztere iſt kaum im Glaſe, ſo gerinnt es ſchon; dahingegen es, wenn es mit einigen Tropfen Gift vermiſcht wird, nicht mehr gerinnt, und ſchwarz, zaͤhe und ohne Blutwaſſer bleibt. Dieſe Wirkung des Gifts iſt um ſo viel ſonderbarer, da es ſich ganz verkehrt damit verhalten ſollte. Aber nimmt das Gift, wenn es mit dem Blute vermiſcht wird, ihm als Gift, oder durch einen andern Grundſtoff, das Vermoͤgen zu gerinnen ? a Man hat geſehen, daß das Gift der Viper eine merkliche Veränderung in dem aus den Gefaͤſſen der Thiere gelaſſenen Blute hervorbringt. In dieſen Faͤllen wird das Blut ſchwarz, und bleibt fluͤſſig, anſtatt daß es gerinnen ſollte, wie ſich dies mit ihm be⸗ ſtaͤndig ereignet, wenn es nicht mit dieſem Gifte vermiſcht iſt. Im Gegentheile, wenn es in das Blut der Thiere gebracht iſt, ſo macht es daſſelbe ſchleunig gerinnen, ſo daß ſein Umlauf dadurch verhindert wird. Die Wirkungen dieſes Gifts auf das Blut der Thiere find gewiß, aber deswegen weiß man doch nicht, wovon fie abhaͤngen, noch durch was fuͤr einen Mechanismus alle dieſe Veraͤnderungen vorgehen. Wirkt das Viperngift auf das Blut bloß als Gift, das heißt, durch eben den Grundſtoff, welcher es toͤdtlich macht? Man hat geſehen, daß dieſes Gift eine wahre gummigte Subſtanz iſt, und alle diejenigen Eigenſchaften beſitzt, welche die Gummi kenntlich machen. Man hat weiter ges ſehen, daß die Gummi ganz unſchuldig für die Thiere find; und ich habe beobachtet, daß, wenn man fie in ſehr geringer Menge in das Blut ſpritzt, das Thier nicht davon ſtirbt. Aber warum ſollten die ſchwarze Farbe des mit Gift vermiſchten Biuts, und die Fluͤſſig⸗ keit, welche es auſſer den Gefaͤſſen behaͤlt, nicht von dem gummigten Grundſtoffe des Gifts abhaͤngen koͤnnen? Man weiß, daß die Gummi einen Ueberfluß vom Brennbaren haben, und daß das Brennbare das Blut ſchwarz faͤrbt. Zwar ſollte es, deucht mir, als gummigte Subſtanz das Blut vielmehr gerinnen machen, als es fluͤſſig erhalten; aber die Erfahrung allein kann auf alle dieſe Zweifel antworten. Verſuche mit dem Arabiſchen Gummi, um eine Vergleichung anzuſtellen. Ich ließ einige Grane Arabiſches Gummi in einer kleinen Menge warmen deſtillir⸗ ten Waſſers aufloͤſen. Es entſtand eine durchſichtige und faſt fluͤſſige Gallerte. Ich that in ein Glas drey Tropfen von dieſer Gallerte, und goß dazu ſechszig Tropfen ganz war⸗ mes Blut von einer Taube, Zu gleicher Zeit that ich drey Tropfen Viperngift in ein anderes Glas, und dazu ſechszig Tropfen ganz warmes Blut von eben dem Thiere. Ich ſchuͤttelte alles beydes eine Minute lang, damit alles wohl untereinander gennſcht wuͤrde. Nach zwey Minuten ge⸗ rann das Blut, in welchem das Gummi war, ſeine Farbe blieb roth, und ſo wie ſie von Natur iſt. Es ſchied ſich in zwey Tagen, ſo lange als ich es im Glaſe aufbewahrte, kein g Dd 3 Blut⸗ * 274 5 . Blutwaſſer davon ab. Das Blut im andern Glaſe wurde auf einmal ſchwarz, und blieb, wie gewöhnlich, fluͤſſig. 5 5 Man ſiehet aus dieſem Verſuche, daß die gummigten Subſtanzen das Blut nicht ſchwarz färben, und nicht die Eigenſchaft beſitzen, es aufgelöft zu erhalten, und feine na⸗ türliche Gerinnung zu verhüten. Das Viperngift bringt alſo die Veränderung, die es im Blute verurſacht, nicht zuwege, als irgend ein gummigter Grundſtoff; ſondern durch irgend einen andern noch unbekannten Grundſtoff, und wahrſcheinlich durch eben den, der es zu einem Gifte macht; weil man doch in dieſer Fluͤſſigkeit weiter nichts kennt, als einen gummigten Grundſtoff, und einen giftigen, der für das thieriſche Leben verderb⸗ ich iſt. 4 Ich wollte darauf verſuchen, ob das Gift der Viper aufhören würde, ein Gift zu ſeyn, nachdem es mit dem Blute vermiſcht wäre. Ich that zu dieſem Endzweck dreiſ⸗ ſig Tropfen Blut ganz warm von einer Taube genommen, in ein Glas, und dazu drey Tropfen Gift. Ich miſchte alles forgfältig untereinander, und nachdem ich es vier und zwanzig Stunden lang hatte ſtehen laſſen, jo brachte ich auf die Muskeln verſchiedene Tropfen von dem Gifte aus dem Glaſe. Die Taube ſtarb nicht, und nach dreiſſig Stun⸗ den ſchien fie kaum einige Zeichen von Krankheit gehabt zu haben. Ich bereitete Viperngift und Blut, wie vorher, in einem andern Glaſe; aber nahm dazu von beyden gleiche Theile, und zwey Minuten nachher wiſchte ich von dieſer Miſchung die verwundeten Muskeln einer Taube. Dieſe Taube ſtarb nicht; aber ſie hatte gewiſſe Kennzeichen von der Krankheit des Gifts. b Ich wiederholte dieſen letzten Verſuch bey vier andern Tauben. Drey ſtarben da⸗ von in weniger, als achtzehn Minuten. Die vierte hatte eine ſchwere Krankheit, und ge⸗ nas nicht eher, als nach ſechs Tagen. Es wurden noch zwey andere Tauben eben ſo be⸗ handelt, und ich bediente mich des Gifts nicht eher, als eine halbe Stunde nachher, da es in dem Glaſe mit dem Blute vermiſcht war. Sie ſtarben alle beyde. Es folgt aus allen dieſen Verſuchen, daß das Gift feine toͤdtlichen Eigenſchaften nicht durch die Vermiſchung mit dem Blute verliert. f Man hat geſehen, daß das Viperngift ein wahres Gummi iſt, und alle weſent⸗ liche Eigenſchaften deſſelben beſitzt. Warum ſollte das Gift nicht das Gerinnen des Bluts der warmbluͤtigen, und verſchiedener kaltblütigen Thiere, als bloſſes Gummi, und nicht als Gift verhindern koͤnnen? und warum ſollte das Blut der Viper nicht auch von dem Blute der andern Thiere verſchieden ſeyn, da man ſieht, daß das Gift für die Viper un⸗ ſchuldig iſt, und nicht für die andern Thiere? „ ige Auch hierüber muſten Verſuche entſcheiden. | Da — 215 Da es mir noch nicht vorkam, daß die bisher erzaͤhlten Verſuche hinreichend waͤ⸗ ren, die ſchwere Erſcheinung zu erklaͤren, daß das Blut in den Blutgefaͤſſen des Thiers noch eingeſchloſſen gerinnt, und nicht in den Glaͤſern in freyer Luft; ſo glaubte ich, es würde nothwendig ſeyn, daß ich die Wirkungen des Gifts auf die abgeſchnittenen, oder unterbundenen, und darauf von der Viper gebiſſenen Beine der Thiere noch genauer un= terſuchte, als vorher. Ich befuͤrchtete, einen Irrthum begangen zu haben, und daß die nothwendige Aufmerkfamkeit mir entgangen wäre. Es war natuͤrlich zu denken, daß ich nach allem, was ich in der Folge meiner letzten Verſuche geſehen hatte, beſſer vorbereitet war, gut zu berbachten. Ich machte daher folgende Verſuche. 5 Ich ließ eine Taube verſchiedene mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und we: nige Serunden nachher ſchnitt ich es ab. Gerade an der Stelle, wo die Zaͤhne durchge— drungen waren, war es etwas blau; aber es war kaum ſichtbar. 5 Da ich dieſen Verfud) unter eben den Umſtaͤnden wiederholte, ſo erhielt ich eben daſſelbe Reſultat. Ich ließ das Bein einer andern Taube von einer Viper beiſſen, einen Augenblick nachher, da ich es abgeſchnitte. Es war gar kein Zeichen von Krankheit, oder blaue Farbe daran zu ſehen. \ Ich verwundete eine Taube am Beine mit einem vergifteten Zahne, und ſchnitt es gleich darauf ab. Es waren einige Spuren von geronnenem Blute in dem Muskel, den der Zahn durchſtochen hatte. d Ich verwundete mit einem ſchon ſeit langer Zeit vertrockneten Zahne einer Taube das Bein, und zu gleicher Zeit das andere Bein mit einem giftigen Zahn. Die mit dem giftigen Zahn gemachten Wunden waren blau, und die blaue Farbe drang in die ganze Subſtanz des Muskels. Die von dem nicht giftigen Zahne durchbohrte Stelle zeigte nichts ſichtbares und gewiſſes. a Ich ſtach einer Taube das Bein mit giftigen Zähnen, und ſchnitt es ſogleich nach⸗ ber ab. Ich konnte kaum irgend ein Zeichen von dunkelm Fleck an der Stelle wahrneh⸗ men, wo der Zahn durchgedrungen war. x Ich ſtieß einen giftigen Zahn in das Bein einer Taube, und unmittelbar darauf ſchnitt ich es ab. Es war daran gar kein Zeichen von Krankheit zu ſehen. Ich ſchnitt einer andern Taube das Bein ab, und unmittelbar darauf verwundete ich es mit einem giftigen Zahne. Es waren einige Spuren von dunkelm ausgetretenen Blute daran. b Ich flach in das Bein einer Taube einen giftigen Zahn, und gleich darauf ſchnitt ich es ab. Es war gar kein Zeichen von Krankheit daran. 5 Ich ſtach einer Taube verſchiedene mal mit einer Nadel das Bein, und ſchnitt es alſobald ab. An der Stelle, wo es geſtochen war, befand ſich dunkeles und ausgetrete⸗ nes Blut. Obgleich die meiſten dieſer Verſuche beweiſen, daß das Gift der Viper gar keine Wirkung auf die abgeſchnittenen Theile der Thiere hat, ſo giebt es doch einige darunter, bey denen mau geringe Zeichen von dunkelm und ausgetretenem Blute findet. au” er 21% — Der mit der Nadel angeſtellte Verſuch macht die Schluͤſſe noch undeutlicher, wel⸗ che man daraus ziehen würde. Es möchte ſcheinen, daß allemal, wenn groſſe Gefaͤſſe zerreiſſen, und etwas Blut herausfließt, die Flecken und die dunkele Farbe ſelbſt ohne Gift ſtatt finden koͤnnen. 8 f Es iſt im Ganzen allzeit wahr, daß ein merklicher Unterſchied zwiſchen den Wir⸗ kungen des Gifts der Viper, wenn es in ein abgeſchnittenes Bein gebracht wird, und den Wirkungen eben bieſes Gifts auf ein Bein vorhanden iſt, welches noch fortfaͤhrt, ei⸗ nen Theil des Thiers auszumachen. Dieſer Unterſchied kann ſtatt finden, entweder weil die Menge des Bluts in dem abgeſchnittenen Beine kleiner iſt, oder weil das Blut etwas von der aͤuſſern Luft bekommt, oder auch im Gegentheile, weil es etwas verliert, wenn die Luft es beruͤhrt. Um zu ſehen, welche von dieſen Hypotheſen die wahrſcheinlichſte ſeyn moͤchte, machte ich folgende Verſuche. 8 N Wirkungen des Gifts der Viper ee „welche man der Luft nicht . ausſetzt. Ich hielt eine Taube ins Waſſer, ſo daß ich ihr ein Bein abſchneiden konnte, ohne daß der abgeſchnittene Theil mit der aͤuſſern Luft in Verbindung ſtand. Eigen Augenblick vorher, ehe ich es abſchnitt, hatte ich es mit einem giftigen Zahne verwundet. Nach Lier Minuten zog ich es aus dem Waſſer deraus. An der Stelle, wo der Zahn den Myoskel durchſtochen hatte, war ein kleiner blauer Fleck, den ich ſogleich oͤfnete. Der blaue Fleck drang in den Muskel, ſo tief, als der Zahn und das Gift hineingedrungen war. Ich wiederholte dieſen Verſuch zwey andere mal, und das Reſultat war eben daſſelbe. Man ſahe den blauen Fleck in der Subſtanz des Muskels wie vorher. Das Blut aus dem im Waſſer abgeſchnittenen Beine kommt aus den Gefaͤſſen, als wenn es in freyer Luft abgeſchnitten wäre. Folglich hangen die Kennzeichen des Gifts am Beine, wenn es noch am Thier hängt, und der Mangel dieſer Zeichen, wenn es da= von abgeſchnitten iſt, nicht von der verſchiedenen Menge Blut ab, die ſich in den beyden verſchiedenen Zuſtaͤnden Her Beine findet. 5 Eben dieſer Verſuch ſollte auch wohl beweiſen, daß das Blut nichts weſentliches verliert, wenn es der Luft ausgeſetzt wird, weil es nicht wahrſcheinlich zu ſeyn ſcheint, daß das Waſſer, welches das Blut aus dem Beine laufen laͤßt, mit ihm nicht auch die⸗ fen angenommenen Grundſtoff herauslaſſen ſollte. 5 Es bleibt alſo wahrſcheinlich, daß die Beruͤhrung der Luft eine ſolche Veraͤnde⸗ rung in dem Blute des Beins hervorbringt, und daß die Luft ſich dergeſtalt damit verei⸗ nigt, daß fie die Verſchiedenheit der Erſcheinungen zuwege bringt, die wir wahrgenommen haben; ob es gleich wahr iſt, daß man nicht erklaren kann, worin dieſe Veraͤnderung bes ſteht, und wie die Luft ſich in dieſen Fällen mit dem Blute vermiſcht. g Neue 7 et 217 Neue Verſuche mit abgeſchnittenen Theilen, nachdem man in ihnen durch eine Unterbindung den Säftelauf unterbrochen hat. Es blieb mir noch übrig, einen wichtigen Verſuch zu machen; und dieſer beſtand darin, daß ich die Wirkungen des Viperngifts auf die unterbundenen und darauf abge⸗ ſchnittenen Thelle der Thiere ſehen wollte. Ich ließ von einer Viper einer Taube das Bein beiſſen, in dem Augenblicke „ da ich es unterbinden und abſchneiden ließ. Die ganze Operation geſchahe in drey Secunden, aber mit Hülfe von drey Perſonen. Das Bein wurde über dem Bande abgeſchnitten, welches ſehr ſtark war, und den Durchgang des Bluts auch nur in ganz kleiner Menge verhinderte. Das abgeſchnittene Bein hatte die gewiſſeſten Kennzeichen der Krankheit des Gifts. Es hatte blaue Flecken, die Gefaͤſſe waren ſchwarz und aufgetrieben, das Blut ſchwarz und zum Theil verdickt. Da ich die Muskeln aufſchnitt, ſo fand ich, daß die blaue Farbe durch die gebiſſenen Muskeln in ihrer ganzen Tiefe gedrungen war. Ich machte ſogleich einen andern aͤhnlichen Verſuch, nur ließ ich das Bein nicht beiſſen; und an dieſem Beine war gar kein Zeichen von Krankheit. Ich ließ einer andern Taube das Bein von einer Viper ein einziges mal beiſſen; und vier Secunden nachher unterband ich es, und ſchnitt es in eben dem Augenblicke ab. In weniger als einer Minute ſahe man die Zeichen der Krankheit, Die gebiſſenen Muss keln waren in ihrer ganzen Suhſtanz blau. Ich band einer Taube das Bein, ſchnitt es ab, und unmittelbar darauf ließ ich es ein einziges mal von einer Viper beiff en. Es waren betraͤchtliche Spuren von der Krankpeit des Gifts daran, und die Muskeln in ihrer ganzen Subſtanz blau. Ich band einer andern Taube das Bein, ſchnitt es ab, und ließ es nachher von einer Viper beiſſen. Die Muskeln waren in ihrer ganzen Subſtanz blau. Dieſe Verſuche ſchienen mir uͤbereinſtimmend genug zu ſeyn, um mich der Mühe zu uͤberheben „ fie noch mehr zu vervielfaͤltigen, und fie zeigen, daß das Gift der Vi⸗ per auf die Theile, wenn fie gleich vom Thiere abgelöft find, wie Gift wirken; wenn nur das Blut nicht aus den abgeſchnittenen Theilen laͤuft. Man ſiehet auch, daß es nicht noͤthig iſt, daß der gewoͤhnliche Umlauf des Bluts und der andern Saͤfte in dem Theile vorhanden ſey, weil ich nachher beobachtet habe, daß das Gift auch auf die unterbundenen Beine wirkt, wenn man fie eine ziemlich betraͤcht— liche Zeit nachher beiſſen läßt, nachdem man fie unterbunden hat. Verſuche mit warmblütigen Thieren, denen man den Kopf abgeſchnitten hat. Die mit den Fröſchen ohne Köpfe angeſtellten Verſuche, bey welchen es mir vor⸗ gekommen war, daß denſelben die Krankheit des Gifts ſchwerer mitgetheilt würde, brach— ten mich auf den Gedauken, zu ſehen, ob es ſich eben fo mit den warmbluͤtigen Thieren verhielte. Dieſe Verſuche haben etwas ähnliches mit den andern, die ich mit abgeſchnit⸗ tenen und hernach gebiſſenen Beinen anſtellte, und ſind nicht anders unterſchieden, Fontana l. B. Ee als 218 als in ſefern, als der groͤſſeſte Theil d des Koͤrpers am Beine Hängen bleibt, 8 obgleich das Blut in greſſer Menge aus dem abgeſchnittenen Halſe herauslaͤuft. Ich ſchnitt einem Huhn die Luftröhre ab, und nachdem ich in dieſelbe die Roͤhre eines kleinen Blaſebalgs geſteckt hatte, ſo ſchnitt ich ihm ſogleich den Kopf ab. Ich fing an, den Blaſebalg wirken zu laſſen, und zu gleicher Zeit ließ ich es von zwey Vipern ver⸗ ſchiedene mal ins Bein beiſſen. Das Thier lebte noch laͤnger, als funfzehn Minuten fort. Die Beine hatten blaue und tiefe Flecken an der Stelle, wo die Zähne durchgedrungen waren. 8 Ich wiederholte eben dieſen Verſuch mit zwey Kaninchen „und einem Meerſchwei⸗ ne. Sie lebten viel länger als das Huhn, und ihr Leben war nicht zweifelhaft, wie man an den freywilligen Bewegungen ſehen konnte. Ich verhinderte zwar bey dieſen den Blut⸗ verluſt, wenigſtens groſſen Theils dadurch, daß ich die Gefaͤſſe unterband; und ſie wuͤr⸗ den gewiß noch länger leben koͤnnen, wenn man den Verluſt des Bluts ganz und gar ver⸗ hindern koͤnnte. Die Kennzeichen der Krankheit von dem Gifte waren offenbar bey Allen drey. Die gebiſſenen Muskeln waren blau. Dieſer Verſuch beweiſet, daß der Kopf bey den warmbluͤtigen und vollkommenen Thieren nicht norhwendig für das Leben ift, ob er gleich wohl zur Fortdauer des Lebens er⸗ forderlich wird. Mit einem Worte, ein Thier kann ſehr gut leben, wenn es gleich kkei⸗ nen Kopf hat, und ſogar aͤuſſere Gegenſtaͤnde empfinden. Das Athmen mit den Lungen, der Umlauf der Saͤfte i in den Theilen find zu allem dieſen hinreichend. Das Lebensprinei⸗ pium erhaͤlt ſich noch im Thiere, und man kann mit Grunde der nen fagen „daß es nicht ganz, ſondern nur zum Theil todt iſt. Sechstes Kapitel. neber die Urſache des Todes der Thiere, wenn fie von der Viper gebiſſen ſind. Man hat aus meinen Verſuchen über die Nerven der von Vipern gebiſſenen Thiere geſe⸗ hen, daß das Gift eine völlig unſchuldige Subſtanz für dieſe Werkzeuge iſt, daß es in ih⸗ nen gar keine merkliche Veranderung verurſacht, und daß ſie nicht einmal ein Werkzeug oder ein Mittel ſind, das Gift in das Thier hinein zu bringen. Mit einem Worte, es ſcheint, daß das Nerverſyſtem nichts niehr zur Hervorbringung dieſer Krankheit beytraͤgt, als die Sehne, oder jeder andere fuͤhlloſe Theil des Thiers. Auf der andern Seite zeigen alle Verſuche mit dem Blute, die Einſpritzungen des Gifts in die Blutgefaͤſſe, daß die Wirkung des Viperngifts auf das Blut ſelbſt geſchieht. Dieſe Fluͤſſigkeit iſt die einzige, ſo durch das Gift veraͤndert wird. Dieſe Fluͤſſigkeit bringt das Gift dem Thiere zu, und verbreitet es in ſeinem ganzen Koͤrper. Die Wirkſamkeit des Gifts, und ſeine Wirkun⸗ gen auf das Blut find faſt augenblicklich. Seine Farbe wird plößlich veraͤndert; es ver- liert die hochrothe Farbe, welche ihm natürlich iſt, es wird misfarbig und ſchwarz. Auf dieſe erſte Wirkung folgt noch eine zweyte. Das Blut gerinnt ſehr ſchleunig; es gerinnt in 215 in der Lunge, in den Herzohren, im Herzen, in der Leber, in den gröffeften Blutaderge⸗ faͤſen. Zuweilen faͤhrt das Herz noch fort zu ſchlagen, obgleich das Blut darin, wenig⸗ ſtens zum Theil geronnen iſt. Andere mal ſchlaͤgt das Herz mit mehr Gewalt, als wenn es den Anfang des Gerinnens, der in dem Blute liegt, aufhalten wollte. Die Gerinnung des Bluts iſt gewiß die merkwuͤrdigſte Wirkung des Viperngifts in den Thieren; und diejenige, welche die groͤſſeſten Unordnungen in den Eingeweiden, und in ihren Verrichtungen verurſachen muß. Aber. das ganze Blut gerinnt nicht in dem Thiere; weil ein Theil davon aufgeloͤſt zu ſeyn ſcheint. Der rothe, und der lymphatiſche Theil machen allein den geronnenen Theil aus, der waͤſſerichte Theil iſt aufgeloͤſt und fluͤſ— ſiger, als vorher. Es iſt wenigſtens gewiß, daß der waͤſſerichte Theil ſich in groſſem Ue— berfluß nach den vergifteten Theilen begiebt, und ſich mit der gröffeften Leichtigkeit durch das ganze Zellengewebe verbreitet. N Wenn man den geronnenen Theil einige Zeit lang in Waſſer legt, fo verliert er die ſchwarze Farbe, die er hatte; er legt den rothen Theil ab, welcher ſich mit dem Waſ⸗ fer vereinigt, und es bleibt eine zaͤhe, weiſſe, faſerichte, einem Polypen aͤhnliche Sub⸗ ſtanz zuruͤck. 5 | Das zum Theil geronnene, zum Theil aufgelöfte Blut bringt die groͤſſeſte Unord⸗ nung in den Werkzeugen des Thiers hervor. Der von der Viper gebiſſene Theil ſchwillt alſobald auf, und wird nach und nach blau. In den groſſen Blutadern ſtockt und ge- rinnt das Blut. Der waͤſſerichte Theil tritt in das Zellgewebe aus, das er vollkommen zanfüllt. Der Blutlauf iſt in den Eingeweiden in Unordnung gerathen. Er nimmt darin allmaͤhlig ab, und endlich hört er ganz auf. Die Lunge iſt dasjenige Eingeweide, in wel- chem der Blutumlauf eher aufhoͤrt, als in den andern Theilen. Einen Augenblick nach der Einſpritzung des Gifts in die Halsader, iſt das Blut ſchon in der Lunge geronnen, die Gefäffe dieſes Eingeweides find mit dieſer ſchwarzen und verdickten Fluͤſſigkeit angefüllt und aufgeſchwollen. Mit einem Worte, der Blutumlauf iſt gaͤnzlich unterbrochen und gehemmt, und das Thier ſtirbt. Es iſt eine bekannte Wahrheit, daß, ſobald der Blut— umlauf in einem warmbluͤtigen Thiere gehemmt iſt, der Tod in wenigen Augenblicken er⸗ folgt; was auch übrigens das für ein Grundſtoff ſeyn mag, welcher den Blutumlauf und das Leben, die Bewegung der Saͤfte, und das Vermoͤgen zu empfinden, mit einander verbindet. Es iſt hier der Ort, von der thieriſchen Reitzbarkeit, oder derjenigen Eigenſchaft der Muskelfiber zu reden, vermoͤge welcher ein nur leicht berüͤhrter Muskel ſich zuſammen⸗ zieht. Man muß unter dieſer Eigenſchaft der Muskelfiber eine von dem Nerven oder. der Empfindung verſchiedene Sache verſtehen, ob es gleich wahr iſt, daß der Nerve das Werkzeug der freywilligen Bewegungen des Thiers iſt, und daß, wenn der Nerve beruͤhrt wird, er die Reitzbarkeit in dem Muskel erregt. Der Nerve mag beſchaͤdigt werden, auf welche Art er wolle, er iſt allzeit unbeweglich, und der von dem Thiere abgeſonderte Mus: kel faͤhrt fort, ſich zuſammen zu ziehen; daraus folgt, daß der Nerve vielmehr eine Ge⸗ legenheit, als Urſache der Zuſammenziehung der Muskeln iſt. Ee 2 f en 220 N In meinem Buche, das den Titel hat: de legibus irritabilitatis nune primum faneitis. Lucca 1767 habe ich bewieſen, daß der Nervenſaft nicht die wirkende Urſache (eauſſa efficiens) der Bewegung der Muskeln iſt. Die Grunde, die ich in dieſem Buche angegeben habe, fi find aus der Hypotheſe hergeleitet, daß der Nervenſaft nach den Ge⸗ ſetzen der gewoͤhnlichen Fluͤſſigkeiten wirkt. Wenn der Nervenſaft von den gewöhnlichen Fluͤſſigkeiten verſchieden wäre, wenn er ganz verſchiedene Geſetze von den ihrigen härte, wenn er der Electrieitaͤt aͤhnlich wäre, fo würden meine Gründe nicht mehr auf gegenwär⸗ tigen Fall anzuwenden ſeyn. Dem mag ſeyn, wie ihm wolle, ſo iſt es gewiß, daß die Bewegung eines abge⸗ ſchnittenen Muskels kenesweges vom Thiere; oder von dem empfindenden Grundſtoffe abhaͤngt, der im Thiere verborgen liegt, und die Reitzbarkeit befindet ſich ganz fuͤr ſich in der Fiber. Die Reitzbarkeit der Fibern iſt alſo verſchieden von der Empfindlichkeit des hiers, und man darf nicht zwey Dinge mit einander verwechſeln, welche ſo verſchieden, 655 von der Natur von einander getrennt zu ſeyn ſcheinen. Aber wenn das empfindende Prineipium, fo das Leben des Thiers ausmacht, von der Reitzbarkeit der Fiber verſchieden iſt, warum koͤnnte denn nicht in einem vom Thiere abgeſonderten Theile, eine dunkele Empfindung, ein unvollkommenes Leben vorhanden ſeyn, das mit der Gröffe und Defhheffenbeit des vom Thiere getrennten Theils, und mit den Nerven, fo ſich in dieſem Theile befinden, im Verhaͤltniß ſtuͤnde? In dieſer Vorausſetzung giebt es kein Verhaͤltniß, keine Uebereinſtimmung zwi⸗ ſchen dem Leben des ganzen Thiers, und der dunkeln Empfindung des abgeſonderten Theils; aber man fieht ebenfalls nicht, warum in dieſem Falle die Reitzbarkeit nicht von der Empfindung des Theils abhängen koͤnnte. Die Reitzbarkeit würde alsdann von der partiellen Empfindlichkeit abhängen, oder mit ihr einerley ſeyn; das heißt, fie wurde von der Empfindlichkeit des abgeſchnittenen Theils, und nicht von der Empfindlichkeit des Thiers abhängen, Aber die Meinung, daß noch eine dunkle Lebensempfindung in abgeſchnittenen Theilen von Thieren vorhanden iſt, gruͤndet ſich auf eine ungeheure Menge von Beobach⸗ tungen und Versuchen, welche ich verſprochen habe, in dem dritten Bande meiner phi⸗ loſophiſchen Unterſuchungen uͤber die thieriſche Naturlehre mitzutheilen, von welchen der erſte Band in Italiaͤniſcher Sprache zu Florenz 1775 in 4to gedruckt iſt. Un⸗ terdeſſen kann ich im voraus verſichern, daß ich eine ſehr groſſe Anzahl von Thieren kenne, ſelbſt unter denen, die man vollkommene Thiere nennt, nemlich welche Saͤfte, Herz und Eingeweide haben, in denen die Hypotheſe ſich wahr beweiſet, ſo ich uͤber die noch in den abgeſchnittenen Theilen vorhandene thieriſche Enpfindung angenommen habe. Aber man mag über die Reitzbarkeit annehmen, welche Meinung man will, ſo iſt es allzeit wahr, daß dieſe Eigenſchaft in der Muskelfiber vorhanden iſt, daß fie der Ur⸗ ſprung aller Bewegungen des Thiers iſt, und daß obne fie alles in Ruhe, die Werkzeuge unnuͤtz, und die Verrichtungen aufgehoben ſeyn wuͤrden. Ich hatte im erſten Theile gegenwaͤrtigen Werks geglaubt, daß das Gift der Vi⸗ per unmittelbar die Reitzbarkeit angrifie, und daß das Thier durch den Verluſt nn eit 221 barkeit der Fiber ſtürbe. Aber damals wuſte ich noch nicht, daß das Gift der Viper gar keine Wirkung auf die Nerven hervorbringt, und daß es, wenn man es ins Blut bringt, das Thier in wenigen Augenblicken toͤdtet. Dieſe Hypotheſe muß jetzt in etwas abgeaͤn⸗ dert werden. Ich will nicht ſagen, daß in der That die Reitzbarkeit in dem gebiſſenen Thiere nicht abnehme, und daß fie nicht in kurzer Zeit ganz und gar zerſtoͤrt werde; ſondern fie iſt vielmehr eine Wirkung, als eine Urſache, und eher eine Folge von der von dem Gifte im Blute verurſachten Veraͤnderung, als eine Wirkung der Gifts auf die Muskelfiber. Es ereignet fi zuweilen, daß man ſieht, daß ein Thier in den Augenblicke, da es gebiſſen ift, alle willkuͤhrliche Bewegungen verliert, und kaum noch einige letzte Zeichen vom Leben von ſich giebt. N b Im ganzen iſt die Mattigkeit ſehr groß bey dem Thiere, nachdem es gebiſſen wor⸗ den iſt; aber dieſes zeigt zugleich, daß die Empfindlichkeit leidet; und da das Gift nicht auf die Nerven wirkt, ſondern vielmehr auf das Blut, ſo kann auch von dem Blute ſelbſt die Abnahme der Kräfte und der Empfindung, und eben daher die Verminderung der Reitz⸗ barkeit ſelbſt abhaͤngen. Ich habe einige Froͤſche ans Bein beiſſen laſſen, und gefunden, daß fie nur wenig oder gar nichts von der Reitzbarkeit verloren hatten, wenn ich kurz nach dem Biſſe die Schenkelnerven ſtach, oder elektriſche Funken daraus zog. Es iſt wohl wahr, daß die Reitz⸗ barkeit mit der Zeit abnimmt, und zuweilen ganz verloren iſt, wenn das Thier ſtirbt; aber alsdann nimmt die Empfindlichkeit auch ab, und verliert ſich endlich. Es iſt ferner wahr, daß, wenn man die Schenkelnerven des nicht gebiſſenen Beins reitzt, die Muskeln ſich mit mehr Kraft zuſammenziehen, als am andern Beine, und oft ziehen ſie ſich noch zuſammen, wenn man die Muskeln em gebiffenen Beine nicht mehr zum Zuſammenziehen bringen kann. Die Reitzbarkeit der Fiber bey den von der Viper gebiſſenen Thieren nimmt deſto mehr ab, je betraͤchtlicher die Krausheit iſt, und je länger fie dauert. Ein Thier, das nach wenigen Minuten ſtirbt, behält in feinen Muskeln mehr Reitzbarkeit, als wenn es nach etli⸗ chen Stunden, oder etlichen Tagen ſtirbt. Die Reitzbarkeit geht viel ſpaͤter zu Ende im Her⸗ zen, als im Magen, in den Gedaͤrmen, und in den andern Theilen. Sie endigt ſich inſon⸗ derheit ſehr fpät in den Gedaͤrmen, welche fortfahren ſich zu bewegen, wenn gleich das Thier ſchon einige Zeit todt iſt. Die Reitzbarkeit des Zwergfells, oder die Bewegung der Bruſt geht ſpaͤter zu Ende, als in den andern dem Willen unterworfenen Muskeln. Ich habe alle dieſe Beobachtungen bey den warmbluͤtigen Thieren gemacht, bey welchen es mir vorgekommen iſt, daß die elektriſchen Funken aus den gebiſſenen Theilen ſchwerer zu ziehen find, als aus dem übrigen Thiere. Dieſer Verſuch gelingt vorzuͤglich gut bey den Huͤhnern, denen man leicht die Beine ganz entbloͤſſen, und beiffen laſſen kann. Die Urſache, welche die Reitzbarkeit in der Fiber vermindert, iſt das von dem Gifte veränderte Blut. Das Blut iſt in dieſem Zuſtande, in welchem es zum Theil aufgeloͤſt, zum Theil geronnen iſt, geneigt zur Faͤulniß, und da es in den Gefaͤſſen aufgehalten wird, fo loͤſt es ihr Gewebe auf, ſchwitzt durch die Haͤute, verbreitet ſich in dem Zellgewebe, verdirbt und zerftört alles. Man ſieht die gebiſſenen Theile der Thiere in weniger Zeit in die ſtaͤrkeſte Faͤulniß übergehen, und heiſſen und kalten Brand bekommen. Die Haut iſt ſehr zerfreſſen, und zerſtoͤrt, die Muskeln ſchwarz und ſtiakend, 5 Zellgewebe zerſchmelzt. e 3 Ich — 222 Ich habe ein Kaninchen in weniger, als drey Stunden ſterben ſehen, bey welchem ſchon die Beinmuskeln in ihrer ganzen Subſtanz brandig, ſchwarz und ſtinkend waren, und ein Meſſer zertrennte fie, ohne den geringſten Widerſtand. Mit einem Worte, man kann dieſe Reigung der Muskeln zur Faͤulniß in den Muskeln der von der Viper gebiſſenen Thie⸗ re nicht laͤugnen, und fie ruͤhrt von dem durch das Gift veränderten Blute her. 5 Es iſt zwar wahr, daß, wenn das Thier in wenigen Minuten ſtirbt, noch keine wirkliche Faͤulgiß in den feſten Theilen vorhanden iſt, obgleich in den Säften eine wahre Neigung zu dieſem Zuftande da iſt. Die Krankheit iſt nur in den Saͤften, und die in ihr rem natürlichen Laufe aufgehaltenen Säfte derurſachen den Tod des Thiers. Alles das, was darauf abzweckt, die Bewegungen in dem Thiere aufzuhalten, zweckt auch nothwen⸗ dig darauf ab, in ihm das empfindende Principium und das Leben zu zerſtoͤren, und man kann ſich da kein Leben gedenken, wo alles in einer vollkommenen Ruhe iſt. BR Die Empfindung iſt ein wirkſames Principium, und fie drückt nothwendig eine Wirkung aus, und man kann (5 keine Wirkung ohne Bewegung gedenken. Wir ſagen wirklich, daß ein Thier todt iſt, wenn es nicht mehr empfindet, und wir fagen, es empfin⸗ det nicht mehe, wenn in feinen Werkzeugen nüt mehr diejenigen Zeichen, diejenigen aͤuſ⸗ ſern Bewegungen vorhanden ſind, welche die Empfindung anzeigen. In dem Augen⸗ blicke, wo dieſe Bewegungen aufhören, ſagen wir, das Thier iſt todt. Dieſe Art zu urtheilen gründet ſich auf die Beobachtung ſelbſt. Wir haben geſehen, daß, wenn ein Thier in diefer Zuſtand der Ruhe gebracht iſt, es nicht wieder ins Leben zuruͤckkehrt; und auf der andern Seite halten wir uns berechtigt zu glauben, daß ein todtes Thier auf keine Weiſe wieder aufleben kann. Es iſt wahr, daß dieſe zweyte Meinung aus der erſten zu folgen ſcheint, wenn man darauf Achtung giebt; weil wir am Ende das Prireipium nicht kennen, wel⸗ ches das Leben und die Empfindung der Thiere ausmacht; und doch wird ſie durch neuere Beobachtungen und Verſuche widerlegt. ’ B 1 Aber felöft dieſe Beobachtung, daß das Thier, welches der Bewegung beraubt ift, nicht wieder auflebt, ſcheint durch ganz entgegengeſetzte Beobachtungen widerlegt zu wer⸗ den. Man erzählt Fälle von fo ſtarken Ohnmachten, daß gar kein Zeichen von Bewegung mehr zu ſehen war. Man redet auch von Ettrunkenen, welche eben die Erſcheinung gezeigt haben, obgleich der Tod bey ihnen nur ſcheinbar war. Aber ich ſehe nicht, warum in den Werkzeugen eines Thiers nicht noch eine dunkele Bewegung vorhanden ſeyn koͤnnte, die nicht ſo ſtark waͤre, daß ſie in unſere Sinne ſiele. Eine Bewegung, bey der es unempfind⸗ lich ſeyn kann, iſt eben ſo moͤglich; und wenn in einem Thiere Bewegung vorhanden iſt, ſo kann in ihm auch ein Principium der Empfindung vorhanden ſeyn. Ich kaun nicht laͤugnen, daß, wenn gar kein Principium der Empfindung mehr in einein Thiere iſt, das Thier im ſtrengſten phyſiſchen Verſtande todt ſey. Weil man ſich auf keine Weiſe das Leben bey einem Thiere ohne Empfindung denken kann. So ſcheint es eben fo deutlich zu ſeyn, daß die gaͤnzliche Ruhe in den Werkzeugen eines Thiers das Aufhoͤren dieſer Empfindung, und folglich den Tod des Thiers verurſachen muß. Aber giebt es ein Mittel, ſich von der gaͤnzlichen Unbeweglichkeit der Werkzeuge eines Thiers zu verſichern, in welchem ſich die Saͤfte noch in einem fluffigen Zuſtande befinden? Ich kann es mir 135 yan denken. — 223 denken. Eine ſehr kleine Bewegung iſt für uns ganz unſichtbar; wir ſehen nur die groſſen Bewegungen. Es iſt alles in der Natur in Bewegung; und es iſt nicht möglich, daß ein Körper, oder irgend einer feiner Theile fi) nur einen Augenblick in einer gaͤnzlichen und voll kommenen Ruhe befinde. Uebrigens vertraͤgt ſich die vollkommene Ruhe nicht mit den Ge⸗ ſetzen der allgemeinen Schwere, und mit der Natur der Fluͤſſigkeiten, welche mehr oder we⸗ niger von Feuer durchdrungen ſind. Daher kommt die Schwierigkeit, von dem Tode der Thiere mit Gewißheit zu urtheilen, weil doch in ihnen eine für uns unmerkliche Bewegung vorhanden ſeyn kann; die aber noch hinreichend iſt, in ihnen eine dunkele Empfindung zu erhalten, ſie zu verhindern, ganz vollkommen todt zu ſeyn, und ſie in den Stand zu ſetzen, wieder aufzuleben. f 55 | Wenn die Bewegung des Herzen, das Athemholen, und der Umlauf des Bluts in einem Thiere aufgehoben iſt, ſo befindet es ſich bald in demjenigen Zuſtande, in welchem wir ſagen, daß es todt iſt; ob es gleich nicht immer todt iſt, wenn wir es glauben. Ich kenne nur zwey Zuſtaͤnde in einem Thiere, welche uns gewiß machen koͤnnen, daß es wahrhaftig todt iſt. Der eine iſt die gaͤnzliche Faͤulniß ſeiner Werkzeuge; der andere die gaͤnzliche Aus⸗ trocknung feiner Saͤfte. Der erſte denimmt alle Moͤglichkeit der thieriſchen Verrichtungen, der zweyte zerſtoͤrt das ganze Prineipium der Bewegung. Die gaͤnzliche Austrocknung der flüffigen und feſten Theile eines Thiers verhindert nicht nur den Gebrauch der Werkzeuge, fonbern fie verurſacht auch die gaͤnzliche Unbeweg⸗ lichkeit in allen feinen Theilen. Ein Thier, das ſich in dieſem Zuſtande der gaͤnzlichen Aus⸗ trocknung der Theile, der Unbeweglichkeit der Werkzeuge befindet, iſt nach meiner Meinung wahrhaftig todt, und muß es nach jedermanns Meinung ſeyn; ſonſt wurden wir uns einer eigenfinnigen und unvernünftigen Zweifelſucht ſchuldig machen. Ein Fiſch zum Beyſpiele, der zwanzig Jahre lang in der Sonne, oder im Ofen getrocknet, und härter als Holz gewor⸗ den wäre, würde ſonſt noch für lebendig gehalten werden koͤnnen. Ich muß geſtehen, daß ich mir kein Leben, ohne Wirkung, keine Wirkung ohne Bewegung, keine organiſche Bewe⸗ gung denken kann, wenn die Werkzeuge vertrocknet ſind; dieſer Zuſtand iſt alſo nach meiner Meinung der Zuſtand des Todes. Aber doch muß der Naturfündiger dieſe beyden verſchie⸗ denen Zuſtaͤnde des Todes nicht mit einander verwechſeln, nemlich die Faͤulniß der Theile, und die Austrocknung der Werkzeuge. Im erſten iſt das Thier auf immer todt; im zweyten kann es noch wieder aufleben. Wir kennen keine Kraft, die Natur ſelbſt zeigt uns keine, welche ein Werkzeug wieder zuſammenſetzen koͤnnte, das durch die Faͤulniß, oder durch die Erſchuͤtterungen der aͤuſſern Körper gaͤnzlich zerſtoͤrt iſt. Dies hat man niemals ins Werk bringen fönnen, niemals geſehen. Wir haben alſo alle moͤgliche Urſache, nicht allein ein in dieſen Zuſtand verſetztes Thier für todt zu halten, fondern es auf immer als todt anzusehen. Aber wenn das Thier bloß vertrocknet iſt; wenn gar Fein phyſiſcher Fehler in den Werk⸗ zeugen vorhanden ift, wenn die Molekuln, ans denen die Theile zuſammengeſetzt ſind, ihre gegenfeitigen Lagen behalten, fo koͤnnte das Thier in dieſem Falle ſehr gut wieder aufleben; es iſt alsdann hinreichend, daß die Werkzeuge ſich in dem Zuftande befinden, in welchem ſie waren, als das Thier noch lebte. Und warum ſollte das Thier in dieſen Faͤllen nicht wie⸗ der aufleben, wenn es alles das wieder hat, was es vorher leben machte? Ein jeder, der vor 2 - emem 224 einem Jahrhunderte ſolche Schlüffe gemacht haͤtte, wuͤrde vernünftige, wahrſcheinliche Dinge geſagt haben, aber man würde ihn nicht gehört haben, ſelbe Weltweiſe nicht; und er würde ſich in Gefahr geſetzt haben, wenigſtens für einen Schwaͤrmer, für einen Traͤu⸗ mer gehalten zu werden. Se 4 Aber wieder auf die Thiere zu kommen, welche an dem Vipernbiſſe ſterben. ’ Das Blut gerinnt in den Gefaͤſſen des von der Viper gebiſſenen Thiers, und das Thier befindet ſich in dem Zuſtande des Todes. Das durch das Gift veraͤnderte Blut ver⸗ dirbt, zerſtoͤrt die Werkzeuge des Thiers, und macht jede Vermuthung des Lebens ganz unwahrſcheinlich. Es iſt wahr, daß, fo wie der Umlauf des Bluts in den Gefaͤſſen ſtockt, und das Thier ſich dem Tode nähert, man nach und nach auch die Empfindlichkeit abnehmen ſieht; aber dieſes beweiſet noch nicht, daß der Nerve verändert, daß er beſchaͤdigt fein. 8 Es kann zwiſchen dem Blutumlaufe, der Luft in den Lungen, dem empfindenden Principium, und dem Nerven eine ſolche Harmonie, eine ſolche Uebereinſtimmung vorhan⸗ den ſeyn, daß, wenn das eine weggeſchaft iſt, das andere abnimmt; obgleich das eine nicht auf das andere wirkt. Meine Verſuche haben mir bewieſen, daß ein Thier die Empfindlichkeit durch ganz etwas anderes verlieren kann, als dadurch, daß der Nerve beſchaͤdigt iſt; daher ſcheint es mir, daß man einen falſchen Schluß machen würde, wenn mag ſagte, daß der Tod eines Thiers vom Nervenſyſtem allein abhängt, weil jo wie das Thier dem Tode näher kommt, ſeine Empfindlichkeit zugleich mit abnimmt. Die Abnahme der Empfindlichkeit in dem Ner⸗ ven kann eine Nebenwirkung der Urſache ſeyn, welche das Thier toͤdtet, und in der That, wenn die Rube, wenn alles das, was die Bewegung im Thiere aufhaͤlt, den Tod hervor⸗ bringt, ſo muß es auch den Verluſt der Empfindung hervorbringen, welche nicht ohne Be⸗ wegung da ſeyn kann. 2 So verhaͤlt es ſich mit dem Tode der warmbluͤtigen Thiere, welche von der Viper gebiſſen ſind. Aber bey den kaltbluͤtigen Thieren iſt einiger Unterſchied. Die Thiere mit kal⸗ tem Blute, wie zum Beyſpiele, die Froͤſche, koͤnnen eine gewiſſe Zeit ohne Blutumlauf und Athemholen leben. Und gerade aus dieſer Urſache iſt das Viperngift nicht jo wirkſam für fie, als für die warmblätigen Thiere; und daß fie länger, als dieſe in Bersältniß ihres klei⸗ nen Koͤrpers aushalten. Die Wirkung des Viperngifts wird nach und nach dem ganzen Thiere mitgetheilt, die Muskeln bekommen Neigung zur Faͤulniß, und der gebiſſene Theil wird in kurzer Zeit blau und brandig. Es ſtellt ſich darauf der Tod bey dem Thiere ein; aber er ko nm ſpaͤter, weil das Lebensprineipium nicht fo ſehr mit dem Saͤftelauf in Verbindung ſteht, als bey den warmblürigen Thieren. 0; Wie aber der Umlauf des Bluts fo fehr mit dem Leben der warmbluͤtigen Thiere verknüpft iſt, und warum er bey den Thieren mit kaltem Blute fo wenig damit in Verbin⸗ dung ſteht; dieſes iſt eine viel höhere Frage; und ich behalte mir vor, davon in einem an⸗ dern Werke von den kuͤnſtlichen und natuͤrlichen Luftarten zu reden, welches ich bald herauszugeben denke. Ende des erſten Bandes. Abhandlung uͤber das f Zweyter Band. Fontana II. B. Ff fi 1 = Sn ——— ——— —¶—ĩUä— —ͤ—ͤ—b—k ——— àBͤ2„˙mͤö r — —„—„:ę0̃ e —„—- —- — ng, Vierter Theil. Erſtes Kapitel. Pruͤfung der Mittel, ſo wider den Vipernbiß angewandt ſind. Nochden ich die Eigenſchaft des Gifts der Viper unterſucht, und viel beffer als vorher 0 die Natur dieſes Gifts kennen gelernt hatte, ſo ſchien es nicht mehr ſchwer zu ſeyn, ein Hülfsmittel darwider zu finden. So pflegt man gewöhnlich zu urtheilen, und fo ift die Quelle der unzähligen Huͤlfsmittel beſchaffen, welche eins das andere verdrängen, und welche die Erfahrung endlich als ſchaͤdlich, oder wenigſtens als unnuͤtz findet. Das Alcali volatil fluor hat ſeinen groͤſſeſten Ruhm der Meinung zu danken, nach welcher man glaubte, die Natur des Viperngifts waͤre ſchon entdeckt worden. Juͤſſieu hielt es auf das Anfehen des Meads für ſauer, und dies war hinreichend, daß er das fluͤchtige Laugen⸗ ſalz für das wahre Gegenmittel dieſes Gifts hielt. 8 Die Schriftſteller nach Juͤſſteu haben ſich einander nachgeſchrieben. Sie haben das Mittel, und die Wirkungsart deſſelben als richtig angenommen, und das Mittel gut gefunden, weil man nicht immer daran ſtirbt, wenn man von einer Viper gebiſſen wor⸗ den iſt. Ich meines Theils bin der Meinung, daß man, wenn man auch die Natur ei: nes Gifts, und die Wirkungen gut kennt, die es auf die Thiere hervorbringt, doch ſehr leicht das Mittel dagegen nicht kennen kann. Es iſt nichts leichter zu begreifen, wenn man bedenkt, wie wenig wir noch mit dem thieriſchen Mechanismus bekannt ſind, und wie ſehr wir noch in Anſehung der Eigenſchafren oder Kräfte der Körper in Finſterniß und Unge⸗ wißheit leben. Darum mag es aber ſeyn, wie es wolle, ſo iſt es doch gewiß, daß das An⸗ ſehen gewiſſer Schriftſteller eine gröffere Menge Mittel in Ruf gebracht hat, als die irri— gen Erfahrungen anderer, oder die Seltenheit, und der hohe Preiß der Arzneyen ſelbſt f 5 Ff 2 gethan 228 gethan haben. Zu den letztern gehoͤren zum Beyſpiele der Bezoarſtein, das Einhorn, das Rinoceros. Wenn man mit aller Strenge der Verſuche den groſſen Vorrath von Heilmitteln pruͤfte, auf wie wenige wuͤrden ſie ſich nicht bringen laſſen? Und eben des⸗ wegen ift auch die kuͤrzeſte Sammlung von Recepten allemal die beſte. Man hat ſchon oben geſehen, was man von dem fluͤchtigen Laugenſalze zu halten habe, welches man als ein fpecififches Mittel angepriefen hat. Alle meine Verſuche beweiſen es ganz und gar unnuͤtz, auch innerlich genommen. Es ſcheint nicht, daß es auf die gebiſſenen Theile gelegt, von dem geringſten Nutzen ſeyn koͤnne. Es iſt unnöthig zu erinnern, daß das fluͤchtige Laugenſalz, es mag innerlich gegeben, oder aͤuſſerlich auf die Theile angewandt werden, keinesweges dazu dienen kann, die Saͤure des Gifts zu verbeſſern, weil das Gift gewiß nicht ſauer iſt. Daher ſind dieſe ſo geruͤhmten Eigen⸗ ſchaften des alcaliſchen Principiums, dies Neutraliſiren der Salztheilchen weiter nichts als Einbildungen, und Irrthuͤmer, ſo aus übel angeſtellten Verſuchen entſtanden find, Ich glaube ſogar, daß, wenn auch das Gift der Viper ſauer wäre, und die Thiere mit ſeinem ſauren Grundſtoff toͤdtete, man doch nur wenig oder gar nichts von dem aͤuſſerlichen Ge⸗ brauche des flüchtigen Laugenſalzes erwarten ſollte. Wenn das flüchtige Laugenſalz die ſauren Theilchen des Gifts färtigen foll, fo muß es in den gebiffenen Theil hineindringen, und da ſich mit dem Gifte vermiſchen und vereinigen. Es iſt mir vorgekommen, daß im ganzen das fluͤchtige Laugenſaltz nicht bis in die Muskeln durch die Haut an die Stelle kommt, wo das Gift hineingedrungen iſt. Dies habe ich wenigſtens bey denjenigen Thie⸗ ren wahrgenommen, welche eine harte und feſte Haut haben, wie der Menſch. Verſuche uͤber die Wirkungen des flüchtigen Laugenſalzes wider den Biß der Viper. \ Ich ſchnitt einem Meerſchweine unter dem Bauche ein Stuͤck Haut weg. Der Schnitt hatte die Figur eines Parallelogramms, von welchem drey Seiten von dem Thiere abgeſondert waren, und die vierte noch daran hing. Ich durchſtach die abgeſchnittene Haut mit den getrockneten Zaͤhnen einer Viper. Die Zaͤhne giengen von einer Seite zur andern durch die Haut. Mit dieſer ſo zubereiteten Haut bedeckte ich mit der Seite, wo die Haare ſitzen, die Mündung einer Flaſche voll flüchtigen Laugenſalzes. Die Mündung der Flaſche hatte vier Linien im Durchmeſſer. Ich konnte niemals den geringſten Geruch durch die Haut wahrnehmen, ſo lange als ich ſie auch auf die Flaſche hielt, und ſo ſtark auch das Fuͤchtige Laugenſalz war, welches von dem allerwirkſamſten war. x Ich wiederholte dieſen Verſuch mit Kaninchen, deren Haut noch feiner iſt. Der Erfolg war ebenderſelbe. Ich konnte gar keinen Geruch durch dieſe Haut wahrnehmen. Ich beſtrich mit ein wenig verdunnter Salpeterſaͤure die inwendige Fläche der Haut eines Meerſchweins, welche ich vorher mit trockenen Vipernzaͤhnen, wie oben, durchſto— chen N 229 chen hatte. Ich mochte auf die auswendige Seite der Haut ſo viel flüchtiges Laugenſalz bringen, als ich wollte, ſo ſchien doch die Salpeterſaͤure niemals geſaͤttigt, oder im ge⸗ ringſten Grade verſuͤßt zu werden. Ein ander mal befeuchtete ich die wie oben zubereitete Haut eines andern Meerſchweins, mit der ſtark mit Waſſer verdunnten Kupferaufloͤſung in Salpeterſaͤure, und die aͤuſſere Fläche der Haut beſtrich ich mit dem flüchtigen Laugen⸗ ſalze; aber die Kupferaufloͤſung veränderte ihre Farbe nicht, und wurde niemals blau. Es iſt alſo gewiß, daß im ganzen genommen, das fluͤchtige Laugenſalz nicht durch die feſte Haut eines vierfuͤſſigen Thiers dringen kann. Die Urſache davon iſt, daß der ſehr feine Zahn der Viper, wenn er die Haut durchbohrt, die Theile derſelben nur ein we— nig auseinander treibt, und die Haut, ſo wie der Zahn wieder herausgezogen wird, durch ihre Schnellkraft ihre erſte Lage wieder annimmt, und das Loch zuſchließt. Eben dies iſt auch die Urſache, daß das Thier nach dem Biſſe der Viper oft nicht blutet. Wenn ein etwas groſſes Gefäß von dem Zahne getroffen worden ift, fo fließt das Blut heraus, ges rinnt, und verhindert andern Koͤrpern den Eingang. Bey dem Menſchen iſt die Haut dicker als bey den Kaninchen und Meerſchweinen, und fie iſt ſehr dicht und elaſtiſch. Wäre das fluͤchtige Laugenſalz ein wahres fpecififches Mittel, fo würde es doch allemal, da es ſich mit dem Gifte vermiſchen koͤnnte, unnütz wider den Vipernbiß bey dem Menſchen ſeyn, und hoͤchſtens nur bey ganz flachen Biſſen auf der Haut Nutzen ſchaffen koͤnnen, welche niemals bey einem vierfuͤſſigen Thiere, wenn es auch klein iſt, und noch weniger beym Menſchen zu fuͤrchten ſind. Aber wenn das fluͤchtige Laugenſalz aͤuſſerlich auf die gebiſſenen Theile angewandt, wegen der Schwierigkeit ſich mit dem Gifte zu vermiſchen unnuͤtz iſt, warum ſollte es denn nicht nuͤtzlich ſeyn, wenn man Mittel findet, es in die gebiſſenen Theile hineinzubringen? Man kann bey den Thieren groͤſſere oder kleinere Einſchnitte machen, und durch dieſes Mittel das fluͤchtige Laugenſalz bis in die gebiſſenen Muskeln bringen. Wird in dieſen Faͤllen das flüchtige Laugenſalz ein fpecififches Mittel ſeyn? Wird es nur einigen Nutzen ſchaffen? i Um dieſes alles wohl zu unterſuchen, habe ich folgende Verſuche gemacht. Ich ließ verſchiedene Thiere, als Huͤhner, Kaninchen, Meerſchweine u. ſ. w. ans Bein beiſſen. Einige Minuten nachher, nachdem ſie gebiſſen worden waren, machte ich an den Stellen, wo ſie verwundet waren, groſſe und tiefe Einſchnitte. Ich wuſch die Einſchnitte mit aͤchtem flüchtigen Laugenſalze, und legte um die Beine leinene Binden. Ich bereitete eine gleiche Menge Thiere von gleicher Groͤſſe und eben derſelben Art, damit fie mir zu einer Vergleichung dienen möchten. Dieſe wurden auch an das Bein gebiſſen, aber ich machte ihnen keine Einſchnitte, und brachte kein flüchtiges Laugenſalz darauf. Die Reſultate von vier und zwanzig Verſuchen waren nicht für das in die Einſchnitte ges brachte flüchtige Laugenſalz günftig, ja ſelbſt die Anzahl der Geſtorbenen, und die Heftig⸗ keit der Krankheit waren bey den erſtern betraͤchtlicher, als bey den letztern. 3 Ich 230 555 N ir Ich muß Bier von einem Verſuche reden, auf welchen mich um dieſe Zeit der Her⸗ zog von Chaulnes brachte, und den ich kurze Zeit darauf mit feiner Hilfe und in Gegen⸗ wart eines berühmten Scheidefünftlers Herrn Darcet an einer Taube machte. Ich miſch⸗ te gleiche Theile Gift und flüchtiges Laugenſalz untereinander, und brachte einen Theil da⸗ von in die Bruſtmuskeln. Die Taube ſtarb nach eilf Minuten. Da ich einigen Verdacht hatte, daß ich bey dem Hineinbringen des Gifts in die Bruſtmuskeln, bis in die Bruſt⸗ hole gekommen wäre, fo glaubte ich dieſen Verſuch bey andern Thieren wiederholen zu müffen. Uebrigens veränderte ich auch die Mengen des Gifts und des flüchtigen Lau⸗ genſalzes, und bediente mich auch einiger fluͤchtigen Laugenſalze in fluͤſſiger Geſtalt, die ohne Kalk bereitet waren. Von ſechs Tauben, ſo an der Bruſt, und von ſechs andern, ſo am Beine vergiftet waren, wurde keine einzige geheilt, und ſie ſtarben alle in kurzer Zeit. Ich that in ein kleines Glas drey Tropfen Viperngift und zwoͤlf Tropfen fluͤchtiges Laugenſalz. Nachdem ich dieſe beyden Fluͤſſigkeiten untereinander gemiſcht hatte, fo ließ ich einen halben Tropfen davon auf die abgeſchnittenen Fibern eines Muskels einer Taube fallen. Die Taube ſtarb nach dreiſſig Stunden mit den Zeichen der Krankheit des Gifts, aber in einem mittelmaͤſſigen Grade. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einer andern Taube, welcher ich die Muskeln entbloͤßt und an verſchiedenen Stellen verwundet hatte. Ich ſteckte in dieſe Muskeln ein kleines Stuck Holz, das ſtark mit dem Gifte in dem kleinen Glaſe befeuchtet war. Die Taube ſtarb nicht, ob ſie gleich Zeichen von der Krankheit des Gifts an ſich hatte. Ich wiederholte dieſen zweyten Verſuch bey einer andern Taube, und ſteckte, wie vorher das Stuck Holz mit dem Gifte in die Muskeln. Die Taube ſtarb nicht, und ſchien kaum die Krankheit zu- gaben. a Ich machte einen neuen Verſuch mit dem in das Gift getauchten Stuck Holz. Die Taube ſtarb in weniger als einer Stunde. i Dieſe ſo wenig mit einander uͤbereinſtimmenden Reſultate brachten mich auf den Gedanken, daß das Gift den Muskeln nicht gut mitgetheilt worden wäre, und daß der Gebrauch des Stuͤck Holzes wohl nicht der beſte ſeyn möchte, dieſe Krankheit mitzutheilen. Einige andere Verſuche, die ich nachher anſtellte, beſtaͤttigten mich in dieſer Vermuthung. Ich verfiel alſo darauf, das Gift aus dem kleinen Glaſe vermittelſt eines verſchie⸗ dene mal zuſammengelegten Fadens in die Muskeln der Tauben hineinzubringen. Ich zog die mit dem vermiſchten Gifte ſtark befeuchteten Faden durch die Muskeln, und ließ ſie darin liegen. Sechs Tauben, mit denen ich dieſen Verſuch anſtellte, ſtarben alle in Zeit von ſieben und dreiſſig Minuten. 4 Es 231 Es iſt auch noch möglich, daß das fluͤchtige Laugenſalz die Gefaͤſſe dergeſtalt ver⸗ andere, oder zuſammenziehe, daß das Gift nicht leicht eingeſogen werden kann; aber dem mag ſeyn, wie ihm wolle, fo ſiehet man doch deutlich, daß es, wenn es gut ange bracht wird, toͤdtlich iſt, wie vorher, und daß das fluͤchtige Laugenſalz feine Wirkſannkeit nicht ſchwaͤcht. ; Diefe Verſuche beweiſen nicht allein den völligen Unnutzen des flüchtigen Laugen⸗ falzes wider den Biß der Viper, wenn man ſich deſſelben aͤuſſerlich bedient; ſondern fie thun zu gleicher Zeit dar, daß es nicht unmittelbar und als ſpecifiſch wirken kann, wenn es auch innerlich genommen wird. Wenn das Viperngift alle feine ſchaͤdlichen Eigenfchaf- ten behält, wenn es unmittelbar mit dem flüchtigen Laugenſalz vermiſcht iſt, wie wird denn dieſes Gift jemals davon befreyet werden, durch die Beruͤhrung des fluͤchtigen Lau— genſalzes, wenn es dafjelbe mit einer ſehr groſſen Menge Säfte in dem Thiere, und in fü vielen Theilen ausgebreitet antrift. | Verſuche uͤber die Wirkſamkeit verſchiedener Subſtanzen wider den Biß f . der Viper. Eben dieſe Verſuche koͤnnen ebenfalls dazu dienen, aus der Anzahl der fpecififcher Mittel, ſo viele andere wider das Viperngift geruͤhmte Mittel auszumerzen. Ich habe den Verſuch gemacht, eine groſſe Menge Subſtanzen mit dem Viperngifte zu vermiſchen; aber bey alledem habe ich nicht wahrgenommen, daß es feine gefährlichen Eigenſchaften, verloren hätte. Ich vermiſchte es mit den Sauren, mit den Laugenſalzen, mit den Mit⸗ telſalzen, mit den Oelen; aber es fuhr fort, die Thiere zu toͤdten, ſobald es in die Wunden gebracht wurde. Ich habe noch unmittelbare Verſuche mit dieſen Subſtanzen angeſtellt, um mich noch mehr von ihrem Unnutzen zu überzeugen. Ich will hier dieſe Verſuche nicht umſtaͤnd— lich erzählen, weil es zu weitlaͤuftig ſeyn würde, und ich es nicht fir wichtig genug halte. Es wird genug ſeyn, wenn ich überhaupt ſage, daß ich verſucht habe, ſie an die von der Viper gebiſſenen Theile zu bringen, nachdem ich ſogar einige Einſchnitte gemacht hatte, damit das Gift ſich leichter damit vermiſchen koͤnnte. Ich habe dazu das Vitrioloͤl, die Salpeterſaͤure, die Salzſaͤure, die phoſphoriſche Saͤure, die Spatſaͤure gebraucht, und ſie alle wenigſtens unnuͤtz gefunden. Die aͤtzenden und nicht aͤtzenden Laugenſalze, ſowohl die mineraliſchen, als animaliſchen haben mir eben den Erfolg gegeben. Ich habe mich mehr mit den Mittelſalzen und inſonderheit mit dem Seeſalz aufgehalten, welches viele als ein gutes Mittel ruͤhmen, das ich aber auch unnuͤtz gefunden habe. Was die Oele überhaupt anbetrift, und inſonderheit das Terpentinoͤl, fo kam es mir vor, daß die⸗ ſes von einigem wahren Nutzen waͤre. Die beſte Art es zu gebrauchen war, daß ich den gebiſſenen Theil des Thiers eine lange Zeit in ſehr heiſſes Oel eintauchte. Einige Meer: ſchweine, welche aller Wahrſcheinlichkeit aus meinen Reſultaten von dieſen Thieren nach a geſtor⸗ 232 geftorben ſeyn würden, wurden vollkommen geheilt. Sie waren zwar nur ein einziges mal von einer einzigen Viper gebiſſen worden, und ihre beyden Pfoten waren abgeſchun⸗ den, und zum Theil gelaͤhmt, wahrſcheinlich wegen der gar zu groſſen Hitze des Oels. \ Ich habe andere Verſuche mit dem Eintauchen des gebiſſenen Theils in verſchiede⸗ ne Fluͤſſigkeiten gemacht. Es iſt mir als ein wirklicher Nutzen vorgekommen, den vergif⸗ teten Theil in ganz warmes Waſſer zu tauchen. Der Schmerz laͤßt merklich nach, die Entzündung ſcheint nicht fo ſtark zu ſeyn, und die Farbe viel weniger verändert, viel wer niger blau. Ich habe eben dieſelben Reſultate mit dem Kalkwaſſer, mit Waſſer, in wel⸗ ches Kuͤchenſalz oder andere falzigte Subſtanzen gemiſcht waren, erhalten. Der Nutzen kam mir mehr oder weniger groß vor, obgleich dieſes Untertauchen kein ſpecifiſches, noch ganz gewiſſes Mittel wider das Gift iſt; und ich bin der Meinung, daß der Nutzen, den man in dieſen Faͤllen findet, der bloſſen Baͤhung mit warmen Waſſer zuzuſchreiben iſt. Ich hatte in der Folge meiner Verſuche wahrgenommen, daß die Hunde und Ka⸗ tzen um ſo viel leichter genaſen, je mehr ſie ſich uͤbergaben. Ich folgte dieſer Anzeige der Natur, und ſtellte eine groſſe Menge Verſuche mit Hunden an. Ich war ſehr oft geneigt, zu glauben, daß das Brechmittel ein gutes Mittel wäre. Ich habe zuweilen ſieben oder acht übereinftimmende Reſultate erhalten, die für dieſes Mittel ganz guͤnſtig waren. Das Brechmittel, deſſen ich mich bediente, war der Brechweinſtein. Ich gab ihn im Waſſer aufgelöft in verſchiedenen Gaben, und zu verſchiedenen Zeiten. Ich erhielt freylich auch Reſultate, die gewiſſen andern widerſprachen, aber ich hatte auch einige ſehr günftige und mit einander zuſammentreffende. Unter einer groſſen Anzahl anderer Verſuche, ließ ich zwölf Hunde, jeden von drey Vipern mehrmal ans Bein beiſſen. Sechs derſelben gab ich den Brechweinſtein, den ſechs andern nichts. Die ſechs mit dem Brechweinſtein ge⸗ naſen alle; von den ſechs andern ſtarben vier, in weniger als drey Tagen. Ich moͤchte nicht entſcheidend behaupten, daß der Brechweinſtein ganz unnuͤtz wäre; aber er iſt ganz gewiß kein fpecififches, kein gewiſſes Mittel. Ich wollte die Spaniſchen Fliegen verſuchen, nicht eben weil ich ſtarke Gründe hatte, ſie wieder den Vipernbiß fuͤr gut zu halten; ſondern nur, weil ich ſehen wollte, was fur Wirkungen eine wirkſame und gewiſſermaſſen auch giftige Subſtanz auf ein von der Krankheit des Gifts befallenes Thier hervorbringen wuͤrde. Ich gebrauchte die Spaniſchen Fliegen aͤuſſerlich bey dem gebiſſenen Theile, und ließ ſie auch innerlich nehmen. Ich erkannte alſobald, daß ſie auf den Theil angewandt, ſichtbar ſchadeten; daß alles geſchwinder zum heiſſen und kalten Brande geneigt wurde. Um ſie noch beſſer hineinzubringen, machte ich in den Theil einige Einſchnitte. Die innerlich genommenen Spaniſchen Fliegen gaben mir zweydeutige Reſultate, eben fo wie die von dem Brechweinſtein. Ich vervierfältigte meine Verſuche nach Ver⸗ haͤltniß der Unbeſtaͤndigkeit der Reſultate; aber am Ende verſicherte ich mich, daß die Spani⸗ 233 Spaniſchen Fliegen ganz gewiß weder ein fpecififches, noch wirkſames Mittel waren, ob ich fie gleich weder für ſchaͤdlich, noch für nuͤtzlich erklaͤren konnte. ; 5 Ich machte mir gröffere Hofnungen von der China. Man weiß, daß fie ein ſtar⸗ kes faͤulnißwidriges ſehr wirkſames Mittel wider den kalten Brand iſt. Das Viperngift bringt einen wahren örtlichen kalten Brand hervor, wenn die Krankheit auch nur kurze Zeit dauert. Die China war alſo wohl angezeigt. Ich fing meine Verſuche mit der bloſſen China in Pulver an, welches ich auf den gebiſſenen Theil ſtreuete, in den ich einige Einſchnitte gemacht hatte. Da ich nicht ſahe, daß ſie von einem gewiſſen Nutzen war, ſo wandte ich mich zur China im Aufguß. Ich befeuchtete damit anhaltend den Theil des Thiers. Zuweilen hielt ich ihn lange ganz eingetaucht in dem warmen Aufguß. Zuwei⸗ len tauchte ich ihn wiederholte mal darein; aber alles war umſonſt. Ich konnte mich nie⸗ mals verſichern, daß er von einem wirklichen Nutzen waͤre, ob ich gleich ihn nicht als ganz unnuß verwerfen konnte. Ich habe eine unglaubliche Anzahl von Verſuchen machen muͤſſen, ehe ich von der geringen Gewißheit des Brechmittels, der Spaniſchen Fliegen, und der China wider den Vipernbiß ein entſcheidendes Urtheil fällen konnte. Dieſe Verſuche ſind uͤbrigens aͤuſſerſt unbequem, wenn man inſonderheit mit Hunden zu thun hat, und ſie fodern meiſtentheils viele Zeit. Ein Hund bleibt oft, wenn er nicht ſtirbt, zehn, funfzehn oder auch zwanzig Tage krank. 5 Ich wollte auch verſuchrn, ob das mehr oder weniger tiefe Searifieiren, und das glühende Eifen gewiſſe Mittel wären. Die Reſultate, welche ich erhalten habe, und welche ſehr zahlreich waren, ſind dieſen beyden Mitteln nicht guͤnſtig, welche doch mit ſo vieler Zuverſicht von den Schriftſtellern vorgeſchlagen werden. Es iſt mir im Gegen⸗ theile vorgekommen, daß das Scarificiren, weit gefehlt nuͤtzlich zu ſeyn, vielmehr ſchaͤdlich war. Es kam mir vor, daß der gebiſſene, und hernach eingeritzte Theil, eine ſtaͤrkere Neigung zum Brande bekam. Mit einem Worte, ich konnte gar keine nüßliche Wirkung weder mit dem Feuer, noch mit dem Einritzen erhalten. b Es blieb mir uͤbrig, noch zwey andere Mittel zu pruͤfen, welche viele in Anſehen ſtehende Aerzte vielen andern vorziehen. Das eine iſt der Therige, das andere das Vlpernfett. f Ich habe den Theriae fo gebraucht, daß ich ihn auf den gebiſſenen und darauf leicht eingeſchnittenen Theil legte. Ich wiederholte ihn vielmal, und hielt den Theil mit Leinwand bedeckt, in der Theriac lag. Ich gab ihn auch innerlich; aber alles umſonſt. Es kam mir nicht vor, als wenn er im geringſten nuͤtzlich fiir das Thier geweſen wäre, und die Krankheit etwas geſchwaͤcht haͤtte. i Fontana Il Band. Gg Mead 234 FETTE Mead redet in feiner Abhandlung von den Giften von einem Mittel, welches zu feiner Zeit den Ruf eines wahren ſpeeifiſchen Mittels wider den Vipernbiß hatte. Er ſagt, die Vipernjaͤger in England bedienten fi ich deſſelben mit fo viel Zutrauen, daß fie den Biß einer Viper nicht mehr fuͤrchteten, als einen gewöhnlichen Stich. Mead fand Mittel und Wege, dieſes Heilmittel kennen zu lernen, welches noch ein Geheimniß war. Er erfuhr, daß es das Fett der Viper ſelbſt waͤre, welche ſie auf den gebiſſenen Theil ſchmierten. Mead ließ um ſich von der Wirkſamkeit dieſes Mit⸗ tels noch mehr zu verſichern, einen Hund von einer Viper an die Naſe beiffen, und ſchmierte das Vipernfett darauf. Das Thier genas. Er wiederholte eben den Verſuch noch ein ander mal, und er hatte eben das Reſultat. Nachdem er ſich auf ſolche Art von der Wirk⸗ ſamkeit des Mittels verſichert hatte, ſo fing er an phyſiſch zu erklaͤren, wie es die Wirkung des Gifts verbeſſern muͤſſe. Er findet in den klebrichten Theilen des Vipernfetts ein Mit: tel, womit die flüchtigen Salze des Gifts eingehuͤllt „und auf ſolche Art verhindert wer⸗ den, ſich in chryſtalliniſche Salze zu e denen das Gift feine Kraft und Wirf- ſamkeit zu danken hat. ö Der Irrthum des Meads beach hauptſaͤchlich darinn, daß er annimmt, der Biß der Viper an die Naſe des Hundes ſey unumgaͤnglich toͤdtlich. Was kann man auf der andern Seite wohl aus zwey bloſſen Verſuchen ſchlieſſen? Man hat oben geſehen, wie ſehr verſchieden die Reſultate unter einander ſind, ſelbſt wenn die Umſtaͤnde eben die⸗ felben zu ſeyn ſcheinen, und wie wenig man ſich ſelbſt auf die uͤbereinſtimmenden Reſultate verlaſſen darf „wenn die Anzahl der Verſuche nicht ſehr groß iſt. Die Biſſe der Viper an die Naſe ſind nicht ſo gefaͤhrlich, als an allen andern Theilen des Koͤrpers. Wenn Mead ſeine Verſuche mehr vervielfaͤltigt haͤtte, wenn er ſie wie es ſich thun laſſen wollte, abgeaͤndert haͤtte, ſo wuͤrde er ſich nicht geirret, oder bald ſeinen Irethum eingeſehen haben. Dies iſt die Haupturſache der langſamen Fort⸗ ſchritte in den phyſiſchen Wiſſenſchaften, und die Quelle einer unendlichen Menge von Irrthuͤmern, welche fortfahren, die Arzneykunſt zu verſtellen, und ihren Fortgang zu hindern. N Ich habe auch noch die Electrieitaͤt wider den Biß der Viper verſucht. Ich habe fie nicht allein unnuͤtz befunden; ſondern es ift mir auch vorgekommen, als wenn fie ſogar ſchaͤdlich wäre. Wenigſtens iſt es gewiß, daß bey den Thieren, bey denen ich fie- ges brauchte, die Krankheit groͤſſer war, und ſie ſchleuniger ſtarben. Bey vielen Thieren ließ ich die Funken aus dem Leiter auf den gebiſſenen Theil fallen, bey andern zog ich den Funken aus dem gebiſſenen Theile, indem ich das Thier hart an den Liter hielt. Bey der einen Methode ſowohl, als bey der andern, fand ich die Electrieitaͤt mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich. Anwen⸗ 235 Anwendung der Blutigel auf den Vipernbiß. f Ich ließ eine Taube von einer Viper ans Bein beiſſen, und ſetzte alſobald drey Blutigel daran, welche ſehr gut aufaßten. Nach zwanzig Minuten war die Taube todt, und die Blutigel waren vom Blut angeſchwollen, das ſie ausgeſogen hatten. Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit zwey andern Tauben, und ſie waren kaum gebiſſen worden, ſo wurden ihnen die Blutigel angeſetzt. Sie ſtarben alle beyde in achtzehn Minuten. 5 | Das Ausſaugen der von der Viper gebiffenen Theile. — Ich war neugierig zu ſehen, ob das Ausſaugen des Theils gleich nach dem Biſſe die Verbreitung des Gifts verhindern koͤnnte. Ich fand jemand, welcher ſich kein Be⸗ denken daraus machte, das Saugen zu verrichten. 0 Ich ließ bey zwey Tauben die Biſſe der Viper ausſaugen, ohne fie zu erweitern, und bey zwey andern, nachdem ich die Löcher, welche von den Zähnen gemacht waren, er⸗ weitert, und einen Anfang von Scarificiren gemacht hatte. Sie ſtarben alle vier, in we⸗ niger als ſieben und zwanzig Minuten. Eben dieſe Verſuche hatten eben daſſelbe Reſultat bey den vierfuͤßigen Thieren. Dieſemnach trage ich kein Bedenken, zu behaupten, daß weder das Ausſaugen mit dem Munde, noch das Anlegen der Blutigel, ein zureichendes Mittel wider den Bipern- biß ſind. f Ich will von vielen andern Mitteln nicht reden, die ich wider das Viperngift an⸗ gewandt, und mehr oder weniger unnuͤtz und zuweilen ſchaͤdlich befunden habe. Ich habe viele Erden, chymiſche Zubereitungen, vegetabiliſche Subſtanzen auf den gebiſſenen Theil gelegt, und auch oft den Thieren innerlich davon gegeben, Ich halte es für uͤberfluͤßig, das Verzeichniß von unnügen Mitteln anzufuͤhren. Ueber den Nutzen der Amputation der von der Viper gebiſſenen Theile. Wir haben ſchon geſehen, daß die Wirkung des Viperngifts nicht augenblicklich erfolgt; daß eine gewiſſe Zeit erfordert wird, ehe feine Wirkungen in den gebiffenen Thei⸗ len ſichtbar werden; und daß die aͤuſſere Krankheit dem Thiere nicht auf einmal mitge- theilt wird. Man hat ferner geſehen, daß, wenn man geſchwind den von der Viper ges biſſenen Theil abſchneidet, das Thier nicht ſtirbt. Alle dieſe Erfahrungen zuſammenge⸗ nommen, geben eine gewiſſe Heilungsmethode wider den Vipernbiß an die Hand, wenn man ſie leicht ins Werk ſtellen kann. Es iſt natuͤrlich zu denken, daß man, wenn man die gebiſſenen Theile abſchneidet, dem A Leben retten kann; aber die Amputation - g 2 darf 236 5 darf nicht zu lange aufgeſchoben werden, weil es wenigſtens gewiß iſt, daß dieſelbe um ſo viel gewiſſer iſt, je geſchwinder fie geſchehen kann. Bey den Tauben wird fie ſchon nach funfzehn Secunden toͤdtlich. Alsdann iſt die innerliche Krankheit ſchon mitgetheilt, und die Amputation vermehet die Krankheit, und beſchleunigt den Tod, anſtatt die erſte zu ſchwaͤchen, und den letztern zu verhuͤten. Dieſes haben mir verſchiedene Verſuche gezeigt. Ehe ich die Vortheile der Amputation bey den von der Viper gebiſſenen Thieren verſuchte, wollte ich ſehen, ob die innerliche Krankheit bey andern Thieren eben ſo ge⸗ ſchwind, als bey den Tauben, auf eine ſichtbare Art hervorgebracht werde, und den Tod nach ſich ziehe. Ich mußte meine Verſuche mit Thieren anſtellen, die ein viel haͤrteres Leben haben, als die Tauben; welche aber doch gewiß ſturben, und zwar nicht in gar zu entfernten Zeiten von dem Hineinbringen des Gifts an. Ich waͤhlte dazu die ganz kleinen Meerſchweine, weil ich aus der Erfahrung wuſte, daß ſie dieſe Eigenſchaften befißen. Ich ließ ein Meerſchwein verſchiedene mal unten an die Pfote beiſſen, und nach zwanzig Secunden ſchnitt ich ihm das Bein zwiſchen der Ferſe und dem Schienbeine ab. Das Thier blieb leben, und ſchien weiter keine, als die bloſſe mechaniſche Krankheit zu haben. | Ich ließ ein anderes Meerſchwein zu verſchiedenen malen an die Hinterpfote von einer Viper beiffen, und nach vierzig Secunden ſchnitt ich ihm wie oben das Bein ab. Es genas, wie das erſte. 0 Ich ließ ein drittes Meerſchwein an das Hinterbein verſchiedene mal von einer Viper beiſſen, und nach Verlauf einer Minute ſchnitt ich ihm das Bein ab. Es genas wie die beyden erſten. a } ‘ Ich ließ noch ein anderes Meerſchwein verſchiedene mal von einer Viper an das Bein beiſſen, und nach achtzig Serunden ſchnitt ich ihm das Bein ab. Es genas wie alle andere. ; Ich ließ wieder ein anderes Meerſchwein wiederholte mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und ich ſchnitt es ihm nach zwey Minuten ab. Es wurde, wie die an⸗ dern, geheilt. N Ich ließ ein anderes Meerſchwein von einer Viper mehrmal ans Bein beiſſen, und nach drey Minuten ſchnitt ich es ihm ab. Es genas wie die übrigen, Ich ließ wiederum ein Meerſchwein mehrmal von einer Viper ans Bein beiſſen, und nach vier Minuten ſchnitt ich das Bein ab. Es ſtarb nach drey Stunden; die Muskeln des Beins waren blau; die Herzohren und das Herz enthielten ſchwarzes und geronnenes Blut, 8 er 237 Ich ließ noch ein anderes Meerſchwein mehrmal von einer Viper ans Bein beiffen, und nach vier Minuten ſchnitt ich es ab. Es genas, Man muß bemerken, daß die nach drey oder vier Minuten abgeſchnittenen Beine keine zweydeutige Kennzeichen von der örtlichen Krankheit haben; man nimmt dergleichen ſchon ſogar noch eher wahr, wiewohl nicht fo leicht, und dieſe Zeichen find nicht fo gewiß, und nicht immer vorhanden. Es ſtarb gar keins von den Meerſchweinen, die ans Bein gebiſſen waren, und de⸗ nen es noch vor drey Minuten abgenommen wurde, aber von den beyden andern, ſo ich nach vier Minuten amputirte, ftarb das eine, und das andere nicht. Es giebt alſo auch hier, wie in fo vielen andern Faͤllen, die wir oben geſehen haben, Nebenumſtaͤnde, in welchen der Vipernbiß mehr oder weniger betraͤchtliche Wirkungen hervorbringt; aber was noch wichtiger iſt, und unſere ganze Aufmerkſamkeit erfodert, iſt dieſes, daß die inner— liche Krankheit ſich dem Thiere nur ſehr ſpaͤt ln Vergleichung mit den Tauben mittheilt; oder beſſer zu reden, daß die innerliche Krankheit erſt nach langer Zeit toͤdtlich wird; und daß das Abnehmen des gebiſſenen Theils mit allem Vortheile, und aller Sicherheit nach viel groͤſſern Zwiſchenzeiten geſchehen kann. f N Allein wir wollen unſere Verſuche fortſetzen, welche noch eine zu geringe Anzahl ausmachen, als daß ſie uns gewiſſe Folgen liefern koͤnnten. Ich ließ ein Meerſchwein verſchiedene mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und nach vier Minuten ſchnitt ich es ab. Es wurde wie die andern wieder gefund, a Ich ließ von einer Viper verſchiedene mal einem Meerſchweine ans Bein beiſſen, und ſchnitt ihm das Bein nach fünf Minuten ab. Demohngeachtet wurde es geheilt. Ich ließ ein anderes Meerſchwein mehrmal von einer Viper ans Bein beiſſen, und ſchnitt es nach ſechs Minuten ab. Es ſtarb zehn Minuten nachher. Ich ließ drey Meerſchweine, jedes von einer Viper etliche mal an die Hinterpfote beiſſen, und nach vier Minuten ſchnitt ich ihnen allen drey das Bein ab. Sie genaſen, wie die andern. f Ich ließ noch drey andere auf eben dieſelbe Art beiſſen, und ſchnitt ihnen nach fünf Minuten das Bein ab. Sie genaſen alle drey wie die vorhergehenden. Ich ließ drey andere auf eben die Art beiſſen, und ſchnitt ihnen das Bein nach ſechs Minuten ab; das dritte allein genas nur. Ich ließ noch drey Meerſchweine wie vorher beiſſen, und ſchnitt ihnen nach zehn Minuten das Bein ab. Sie ſtarben alle drey. 5 G33 85 Es — Es ſcheint, daß man aus allen dieſen Verſuchen herleiten kann, daß man von der Amputation des Beins alles zu hoffen habe, wenn man ſie bey den Meerſchweinen ver⸗ richtet, ehe ſechs Minuten nach dem Vipernbiſſe verfloſſen find. Es iſt naturlich zu glauben, daß man bey den groͤſſern Thieren die Amputation noch viel fpäter, als nach ſechs Minuten verrichten kann; und die Erfahrung hat es mir bey den gröffeften Kaninchen bewieſen. Aber man kaun in eine andere Verlegenheit gera⸗ then, welche dieſe Methode ſehr einſchraͤnkt. Die Tauben halten die Amputation des Beins ohne die geringſte Gefahr aus. Die kleinen Meerſchweine halten wohl das Ab⸗ nehmen der Pfote, aber nicht immer des Beins aus. Die groͤſſern Thiere ſterben noch gewohnlicher, wenn man ihnen einen groſſen Theil, wie zum Beyſpiel das Bein abnimmt. In ſolchen Fällen ift dieſe Operation nicht allein unnuͤtz, ſondern auch gefährlich. Es folgt jedoch nicht daraus, daß bie Amputation, felbft bey den groſſen Thieren nicht wider den Vipernliß nützlich ſeyn koͤnnte. Im ganzen iſt fie, wenn das Thier fie leicht aushaͤlt, allzeit nützlich, wenn man fie zur gehörigen Zeit verrichtet. Da die Am⸗ putation in einer groſſen Anzahl von Fallen ſehr nuͤtzlich ſeyn kann, fo habe ich geglaubt, bey verſchiedenen Thieren Verſuche machen, und ſie auf allerhand Art veraͤndern zu muͤſſen. Von Kaninchen und Hunden, denen die Ohren gebiſſen und abge⸗ ſchnitten wurden. Ich ließ ein Kaninchen von einer Viper ein einziges mal ans Ohr beiſſen, und nach dreiſſig Secunden ſchnitt ich es ihm ſechs Linien unter der gebiſſenen Stelle ab. Das Thier blutete viel; aber es ſtarb nicht, und ſchien nicht mehr krank zu ſeyn, als ein ande⸗ res Kaninchen, dem ich ebenfalls das Ohr abgeſchnitten hatte; welches aber nicht ge⸗ biſſen war. a d Ich ließ ein zweytes Kaninchen von einer Viper, wiederholte mal beiſſen, und nach einer Minute ſchnitt ich ihm die beyden Ohren ſechs Linien unter dem Biſſe ab. Es genas, ohne eine Spur von der Krankheit des Gifts zu haben. Ich ließ ein drittes Kaninchen an beyde Ohren von zwey Vipern, von jeder mehr⸗ mal beiſſen, und nach zwey Minuten ſchnitt ich ihm die beyden Ohren acht Linien unter dem Biſſe ab. Es genas wie die beyden andern. Ich ließ zwey andere Kaninchen an beyde Ohren, jedes von zwey Vipern, und wiederholte mal beiſſen. Nach ſechs Minuten ſchnitt ich ihnen acht Linien tiefer, als der Biß ging, die Ohren ab. Dieſe beyden Kaninchen wurden geheilt, und es ſchien nicht, daß ſie nicht einmal die Krankheit des Gifts gehabt hatten. Ich 239 Ich ließ einen kleinen Hund ans Ohr beiffen, und nach einer Minute ſchnitt ich es ihm ſechs Linien unter der gebiſſenen Stelle ab. Er genas, und ſchien nur die ge⸗ woͤhnliche und mechaniſche Krankheit von dem abgeſchnittenen Ohre zu haben. Ich ließ ebenfalls einen andern Hund ans Ohr verſchiedene mal von zwey Vipern beiſſen, und nach ſechs Minuten ſchnitt ich es ihm ab. Er genas, und ſchien nur die Krankheit von der Amputation zu haben. Ich ließ noch einen jungen und kleinen Hund an beyde Ohren von zwey Vipern, von jeder mehrmal beiſſen. Nach zwanzig Minuten ſchnitt ich fie ihm alle beyde ab. Er ſtarb und hatte Sein Zeichen von der Krankheit des Gifts. 9 Ich wiederholte dieſen letzten Verſuch ben zwey andern Hunden, und er hatte eben benſelben gluͤcklichen Erfolg. Es ſtarb keiner von den beyden. Zwar waren ſie ſehr krank, aber doch nicht mehr, als ſie zu ſeyn pflegen, wenn man ihnen die Ohren ohne Vipernbiß abſchneidet. Da weder die Kaninchen, noch die Hunde zu ſterben pflegen, wenn man fie an die Ohren beiſſen laͤßt, inſonderheit wenn fie ein wenig groß find, fo beweiſen die Ber: ſuche mit dieſen Thieren nichts weiter, als daß wenigſtens die aͤuſſerlichen Wirkungen nicht mehr da ſind, wenn man die gebiſſenen Theile abſchneidet. Thiere, welche man in die Haut beiſſen ließ, und dieſelbe darauf wegſchnitt. Ich ließ ein ſehr kleines Meerſchwein von einer Viper mehrmal in die Haut auf dem Rücken beiſſen, und damit die Viper die Muskeln nicht verwunden moͤchte, fo hielt ich die Haut mit einer Zange in die Höhe gezogen. Die Zähne durchſtachen die Haut durch und durch. Ich hielt die Haut vier Minuten lang ſo in die Hoͤhe, und darauf ſchnitt ich fie dergeſtalt aus, daß auf verſchiedene Linien im Umkreiſe nichts von der ges biſſenen Haut zurück blieb. Es genas in vier und zwanzig Stunden. Der Schnitt in die Haut war mit einer Kruſte bedeckt. Es fraß immer, und ſchien kein anderes Uebel zu leiden, als das, welches der bloffe Schnitt in die Haut verurſacht; wovon ich mich bey einem andern Meerſchweine uͤberzeugt habe, welches ich zur Vergleichung zubereitete, und das zu gleicher Zeit genas, ob es gleich nicht von der Viper gebiſſen worden war. Ich ließ ein anderes Meerſchwein etliche mal von einer Viper in die Haut beiſſen, welche ich vier Minuten lang nach dem Biſſe in die Höhe gezogen hielt, und endlich ab⸗ ſchnitt. Die abgeſchnittene Haut hatte ſchon Zeichen von der Krankheit des Gifts; nem⸗ lich blaue und ſchwarze Flecken, und dieſe Flecken verbreiteten ſich in der Haut in einiger Entfernung von der gebiſſenen Stelle. Ich 340 . Ich ließ ein anderes Meerſchwein wie oben von einer Viper mehrmal in die Haut beiſſen. Nach vier Minuten ſchnitt ich fie ab. Es heilte, ohne Zeichen der Krankheit des Gifts zu haben. TER : ® - Ich ließ drey Kaninchen wie oben in die Haut beiſſen; aber ſchnitt ſie keinem ein⸗ zigen weg. Sie ſtarben alle drey; das eine nach ſechszehn Stunden, das andere nach ſechs und zwanzig und das dritte nach zwey und dreiſſig Stunden. = Ben dieſem letztern war die gebiffene Haut inwendig brandig, und das Zellenge⸗ webe, und alle Muskeln der Bruſt und des Unterleibes voll von ſchwarzen und ausgetre⸗ tenen Blute. Die beyden andern Kaninchen hatten auch offenbare Zeichen der Krankheit und des Brandes; aber bey weitem nicht ſo ſtark. . Ich ließ zwey andere kleine Meerſchweine wie gewöhnlich in die Haut beiſſen, und nach zwanzig Minuten ſchnitt ich fie ab. Sie geuaſen alle beyde ſehr gut. Da der Vipernbiß bey dieſen Thieren gemeiniglich toͤdtlich iſt, wenn er auch nicht weiter als bis in die Haut dringt, fo wird das Ausſchneiden des gebiſſenen Theils für fie eine gewiſſe Hülfe wider das Gift. Ich wiederholte eben dieſe Verſuche mit den Hunden und Kaninchen, und das Reſultat war eben daſſelbe. Die Heilung iſt gewiß, und man vermeidet die oͤrtliche Krankheit, und auch die innerliche wenigſtens groſſentheils, wenn man gleich das Ausſchneiden der gebiſſenen Theile noch viel ſpaͤter verrichtet. | Gebiſſene und hernach abgeſchnittene Huͤhnerkaͤmme und Backen. Man hat weiter oben geſehen, daß der Biß der Viper an den Kamm eines Huhns keine Krankheit an dem Kamme hervorbringt, ſondern wohl an den Backen. Dieſe Er⸗ fahrung iſt zwar ſonderbar, aber doch wahr, und das Reſultat von vielen übereinſtim⸗ menden und beſtaͤndigen Erfahrungen. Da die Wirkungen vom Gifte ſich nicht am Kamme, ſondern an den Backen offenbaren, welche die Krankheit erleiden, woran das Huhn gemeiniglich ſtirbt, ſo iſt es natürlich zu vermuthen, daß, wenn die Backen abgeſchnitten werden, das Thier vollkom⸗ men geneſen jollte, Ich ließ alſo von einer Viper verſchiedene mal einem Huhne den Kamm beiſſen: Nach zwanzig Secunden ſchnitt ich ihm die Backen ab. Es genas, und ſchien nicht ein- mal ein Zeichen von Krankheit zu haben. Es fuhr fort zu freſſen und zu ſaufen. Ich ließ von einer andern Viper einem andern Huhne etliche mal den Kamm beiſſen, und nach vierzig Seeunden ſchnitt ich ihm die Backen ab. Es ſchien nicht einmal Spuren von irgend einer Krankheit zu haben. 5 Ich 241 Ich ließ wie oben ein Huhn verſchiedene mal von zwey Vipern in den Kamm beißen; und nach ſechzig Secunden ſchnitt ich ihm die Backen ab. Es genas ohne die geringſten Spuren von Krankheit. a Ich ließ drey Huͤhner von zwey Vipern mehrmal in den Kamm beißen, und ſchnitt ihnen die Backen ab, dem einen nach vier, dem andern nach ſechs, und dem dritten nach zehn Minuten. Sie genaſen alle drey. Das dritte Huhn hatte ſchon einige Kennzeichen der Krankheit an den Backen nach Verlauf von neun Minuten. ö a Man hat gefehen, daß, wenn die Backen und nicht die Kaͤmme von der Viper gebiſſen werden, die Krankheit nicht nach den Kaͤmmen geht, ſondern daß ſie in den Ba— cken bleibt, und gewoͤhnlich toͤdtlich und gefährlicher ift, als wenn die Viper in den Kamm gebiſſen hätte, Ich ließ ein Huhn von einer Viper wiederholtemal in dle Backen beißen, und nach zwanzig Secunden ſchnitt ich fie ihm ab. Es genas, und ſchien gar keine Art von Krank- heit zu haben. i Ich ließ ein anderes Huhn von einer Viper mehrmal in die Backen beißen, und ſchnitt fie ihm nach ſechzig Secunden ab. Es genas ohne Zeichen von Krankheit. Ich ließ zwey andere Hühner von einer Viper einige mal in die Backen beißen, und nach drey Minuten ſchnitt ich fie ihnen ab. Sie genaſen ohne Zeichen der Krankheit. Drey andere Hühner ließ ich ebenfalls, ein jedes von zwey Vipern wiederholte mal in die Backen beiſſen, und ſchnitt ſie ihnen nach vier, ſechs und acht Minuten ab. Sie genaſen alle drey ohne Zeichen der Krankheit von dem Gifte, als wenn ihre Backen nicht von der Viper gebiſſen, ſondern nur abgeſchnitten waͤren. f Alle dieſe bisher gemachten Verſuche ſcheinen an und für ſich ſelbſt die groͤßeſten Hofnungen geben zu wollen, daß es endlich ein leichteres, allgemeineres, und weniger ſchmerzhaftes Mittel wider den Vipernbiß geben kann, als die Amputation. Man hat geſehen, daß der Nerve kein Mittel iſt, die Krankheit des Gifts dem Thiere mitzutheilen; man hat geſehen, daß die Krankheit durch Huͤlfe des Bluts mitge⸗ theilt wird; man hat geſehen, daß die giftigen aber flachen Wunden der Haut von gar. keinen Folgen, oder keiner Gefahr ſind. Die beyden erſten Wahrheiten zeigen mit Ge⸗ wißheit an, daß man nur den Blutumlauf hemmen darf, damit die Krankheit dem Thiere nicht mitgetheilt werde. Die dritte beweiſet, daß es nicht einmahl noͤthig iſt, ihn ganz und in den kleinſten Gefaͤßen zu hemmen. Ich kenne nichts, was der Theorie von dem Gifte und ſeiner Wirkungsart auf den thieriſchen Koͤrper angemeſſener waͤre. Dieſe große und nützliche Wahrheit muſte auf eine Menge von Verſuchen geftliße werden, welche keinen Widerſpruch zuließen. Ich glaubte, daß gar kein Thier mir weni⸗ Fontana Il. B. HH i ger 242 ER ger zweifelhafte, und mehr entſcheidende Reſultate geben konnte, als die Tauben, und ich zog dieſelben allen andern vor. Ich wuſte, daß der Vipernbiß gewiß toͤdtlich für fie iſt; daß ſie in wenigen Minuten ſterben, und daß eine ſehr unbedeutende Menge Gift im Stande iſt, ihnen in weniger Zeit den Tod zuzuziehen. Ein bloßer Viperbiß kann in eine Taube ſo viel Gift hineinbringen, daß davon ohnfehlbar zweyhundert Tauben ſter⸗ ben koͤnnten. f Ich ließ eine Taube ein einziges mak von einer Viper ans Bein beißen, welches vorher mit einem ſeidenen Bande unmittelbar uͤber dem Gelenke unterbunden worden war. Die Zeichen von der ortlichen Krankheit kamen alſobald am Beine zum Vorſchein. Nach Verlauf von vier Stunden war es ganz blau, und unter dem Bande aufgeſchwollen. Aber uͤber dem Bande war alles im natuͤrlichen Zuſtande. Ich nahm das Band weg, und kurz darauf bemerkte ich, daß das Bein weniger blau, und nicht ſo aufgeſchwollen wurde. Nach zehn Stunden war feine Farbe faſt naturlich, und es war kaum noch angeſchwollen⸗ Nach zwey nnd zwanzig Stunden waren nur noch einige kleine gefärbte Flecken an der Stelle zu ſehen, wo die Zaͤhne in das Bein hineingedrungen waren. Nach ſechzig Stun⸗ den war noch eine ganz leichte blaue Farbe zu ſehen. Nach drey Tagen war ſie gaͤnz. lich geheilt. Ich band einer Taube das Bein mit einem Bande, und ließ ſie mehrmal von einer Viper beißen. Nach zehn Stunden war das Bein geſchwollen und ganz blau, und gab aus vielen Stellen eine ſchwarze Feuchtigkeit von ſich. Ich nahm das Band weg. Nach zwey und zwanzig Stunden war das Bein geſchwollen wie vorher, und ſo ſchwarz, als eine Kohle. Nach vierzig Stunden ſchien es als wenn alle Muskeln dem Brande nahe waͤren. Nach drey Tagen war das Bein nicht ſo aufgeſchwollen, und gab weniger Ma⸗ terie von ſich. Nach Verlauf von fünf Tagen ſchien es auf dem Wege zum Heilen zu ſeyn. Nach ſieben Tage hatte es viel von ſeiner naturlichen Farbe wieder angenommen. Das Thier war nach zehn Tagen geheilt. 1 N Ich wiederholte dieſen Verſuch bey vier andern Tauben; aber weil ich befuͤrchtete, die Unterbindung der vorhergehenden möchte zu ſtark geweſen ſeyn, und die örtliche Krank⸗ heit zum Theil vermehrt haben, ſo band ich das Bein viel loſer. Es ſtarb keine von den dier Tauben. Die Beine ſchwollen auf, und wurden blau; aber nicht ſehr ſtark. Ich nahm das Band nach zehn Stunden ab. Zwey von den Tauben waren den fünften, die beyden andern den ſechſten Tag geheilt. Sen Es ift alfo eine durch die Erfahrung ausgemachte Wahrheit, daß eine Unterbin⸗ dung des von der Viper gebiffenen Theils verhuͤtet, daß die Krankheit ſich dem Thiere nicht mittheile, und vollkommen der innerlichen Krankheit, waͤhrend der ganzen Zeit, da der Theil unterbunden iſt, zuvor kommt. Es iſt ferner eine eben fo wichtige ausgemachte Wahrheit, daß nach Verlauf einer beſtimmten Zeit das Gift keine innerliche Krankheit mehr hervorbringt, f Wenn 243 Wenn es auch wahr waͤre, wie es in der That ſehr wahrſcheinlich zu ſeyn ſcheint, daß, wenn das Band weggenommen iſt, das Gift zum Theil von den Gefäßen eingeſogen, und in den Strom des Blutumlaufs mit dem Blute gebracht würde, fo bemerkt man we— nigſtens, daß es nicht mehr die Wirkſamkeit eines Gifts beſitzt, und im Stande iſt das Thier zu toͤden. Man weiß, daß die kleinſte Menge Gift eine Taube in wenigen Minus ten toͤdtet; und die Erfahrung beweiſet, daß gar keine davon ſtirbt, wenn man ihnen die Unterbindung gemacht hat, wenn man ſie gleich nach Verlauf einer gewiſſen Zeit wegnimmt. Es iſt übrigens nicht ſchwer zu begreifen, daß, wenn das Gift einmahl feine ge⸗ woͤhnliche Wirkung auf das Blut, und die von der Viper gebiſſenen Theile hervorgebracht hat, es aufhoͤrt, ſchaͤdlich zu ſeyn. Die meiſten Koͤrper wirken auf dieſe Art; und das Viperngift kann ſich auch wohl veraͤndern, wenn es die oͤrtliche Krankheit hervorbringt und ſich mit dem Blute vermiſcht. Aber es wird eine gewiſſe Zeit dazu erfodert, ehe es in die— fen Zuſtand gebracht, ehe es unwirkſam und unſchuldig wird. In den hier erzählten Faͤl⸗ len habe ich das Band zehn Stunden lang ſitzen laſſen. Es iſt zwar wahr, daß allem dieſen durch meine eigenen Verſuche uber das Gift, widerſprochen zu werden ſcheint, wel⸗ ches mit dem Blute vermiſcht, dennoch nicht unterlaͤßt, ein Gift zu ſeyn. Wir haben ferner geſehen, daß die in den Muskeln des Beins einer Taube erregte Krankheit des Gifts, ſich ſehr gut den Beinmuskeln einer andern Taube mittheilt, wenn man ſie einige Zeit lang in Berührung bringt. Aber in allen dieſen Fällen hat man die Verſuche wenige Mi⸗ nuten nachher vorgenommen, da die Tauben von den Vipern gebiſſen worden ſind, oder nach der Vereinigung des Gifts mit dem Blute. Um zu erfahren, nach wie vieler Zeit man das Band ohne Gefahr abnehmen kann, machte ich folgende Verſuche. Ich ließ eine Taube von einer Viper ans Bein beißen, und nach Verlauf von zwanzig Secunden unterband ich das Bein. Nach vier Stunden war das Bein aufge— ſchwollen und blau, und gab allenthalben eine ſchwarze Feuchtigkeit von ſich. In dieſem Zuſtand band ich es los. Ueber der Unterbindung war alles im natürlichen Zuſtande. Nach zehn Stunden war das Bein weniger angeſchwollen, und hatte faſt feine natürliche Farbe. Jedoch war etwas Geſchwulſt uͤber dem Bande zu ſehen. Nach zwey und zwan— zig Stunden war das Bein kaum angeſchwollen; jedoch noch ein wenig blau. Aber uͤber der Unterbindung war es blau und geſchwollen. Nach ſechzig Stunden war kaum noch ein Zeichen von Krankheit zu ſehen, und die Taube ſchien den vierten Tag ſehr gefund zu ſeyn. Ich ließ eine Taube von einer Viper ans Bein beißen, und nach ſechzig Seeunden unterband ich es ihr. Sie ſtarb nach drey viertel Stunden. Das Bein war ſchon blau, noch ehe es gebunden war. 8 Ich band mit dem Bande wie gewoͤhnlich einer Taube das Bein, und zog es we⸗ nigſtens ſo ſtark zuſammen, als in keinem andern von den Faͤllen, ſo ich oben erzaͤhlt habe. Hh 2 Das 1 en Das Bein ſchwoll nach einiger Zeit auf, aber nicht ſtark; nach ſieben Stunden war es ein wenlg mehr aufgeſchwollen; aber nicht merklich blau, ob es gleich ein wenig mehr gefaͤrbt war. Da das Band nach zehn Stunden abgenommen war, ſo wurde das Bein ſehr ſchnell wieder dünne; aber dafür ſchwoll es ein wenig uber dem Bande auf. Nach zwey und zwanzig Stunden ſchien das Bein kaum angeſchwollen zu ſeyn, und ſeine Farbe war faſt ganz natürlich, Die Taube war nach dreyßig Stunden völlig geheilt. Ich ließ eine Taube mehrmal von einer Viper an ein ſchon unterbundenes Bein beißen. Nach dreißig Minuten nahm ich das Band ab. Das Bein war aufgeſchwollen und blau. Nach ſechs Stunden war es nicht mehr ſo blau, aber uͤber der Unterbindung bemerkte man Geſchwulſt nnd blaue Farbe. Es war über dem Bande eine Geſchwulſt, welche den Bauch und die Bruſt einnahm. Nach vierzig Stunden 1 8 die Taube mit Zeichen von blauer Farbe uͤber dem Bande. Ich ließ einer Taube zu verſchiedenen malen von einer Viper das Bein beißen, und unmittelbar darauf unterband ich es. Da das Bein gebunden war, ſo ließ ich ſie von einer zweyten Viper mehrmal beißen. Nach einer Stunde nahm ich das Band weg. Nach vier und zwanzig Stunden war das Bein geſchwollen, aber ſehr wenig; nach vierzig Stunden war die Taube voͤllig geheilt. Ich ließ eine Taube zweymal von einer Viper ans Bein beißen, und band es alſo⸗ bald wie gewoͤhnlich mit einem Bande. Nach vier Stunden nahm it ich das Band weg; das Bein war ſehr angeſchwollen und blau, Nach vier und zwanzig Stunden war es ge⸗ ſchwollen, blau und naͤherte ſich dem kalten Brande. Nach ſechs und dreißig Stunden ſtarb fie. Es waren über dem Bande Zeichen von der Krankheit zu ſehen. Ich ließ einer Taube verſchiednemal von einer Viper das Bein beißen „und band es ſogleich. Nach zwanzig Minuten nahm ich das Band ab, das Bein war blau, aber kaum aufgeſchwollen. Nach acht Stunden war es ſehr aufgeſchwollen, und aͤußerſt blau. Nach vier und zwanzig Stunden war alles dem kalten Brande nahe. Sie ſtarb nach neun und dreyßig Stunden. 1 Ich ließ dreymal von einer Viper eine Taube ans Bein beißen, und unterband es alſobald. Nach dreyßig Minuten nahm ich das Band weg, das Bein war blau und aufgeſchwollen. Nach acht Stunden war es noch blau, aber nicht mehr ſo geſchwollen. Nach vier und zwanzig Stunden war es kaum noch veraͤndert. Nach funfzig Stunden war die Taube vollkommen geheilt. 8 Ich ließ eine Taube wiederholte mal von einer Viper ans Bein beißen, und unter⸗ band es alſobald. Nach zwey und vierzig Minuten nahm ich das Band weg; das Bein war blau und aufgeſchwollen. Nach acht Stunden hatten die blaue Farbe und die Ge⸗ ſchwulſt um vieles abgenommen. Ueber dem Bande waren einige Zeichen von blauer Farbe und Geſchwulſt zu ſehen. Nach vier und zwanzig Stunden hatte alles abgenom⸗ men. — — 248 men. Ueber dem Bande waren efnige Zeichen von blauer Farbe und Geſchwulſt zu ſehen. Nach vier und zwanzig Stunden hatte alles abgenommen; Nach ſechs und dreiſſig Stun— den konnte man kaum noch einige Zeichen von Krankheit unterſcheiden. Nach ſechszig Stunden war die Taube vollkommen geſund. | Ich ließ eine Taube von einer Viper ei ein einziges mal ans Bein beiſſen, und band es ſogleich. Nach zwey Stunden nahm ich das Band ab. Das Bein war geſchwollen und ſehr blau. Nach acht Stunden war es viel weniger blau. Nach vier und zwanzig Stunden ſchien es faſt ganz feine naturliche Farbe wieder bekommen zu haben; aus genom⸗ men etwa an der Stelle, wo die Zaͤhne hineingedrungen waren; daſelbſt ſahe man einige kleine dunkele Flecken. Nach ſechszig Stunden war alles verfmunden, und die Taube nach drey Tagen geheilt. Ich ließ von einer Viper mehrmal das Bein einer andern Taube beiſſen, und band es alſobald. Nach anderthalb Stunden nahm ich das Band wieder weg. Das Bein war aufgeſchwollen und blau. Nach acht Stunden war es nicht fo blau und aufgeſchwok— len mehr. Nach vier und zwanzig Stunden hatte alles abgenommen. Nach ſechs und dreiſſig Stunden war noch kaum eine Spur von blauer Farbe zu ſehen. Nach drey Ta⸗ gen ſchien die Taube gaͤnzlech geheilt z ſeyn. Ich ließ eine Taube mehrmal von einer Viper ans Bein beiſſen „und unterband es alſobald, aber ſehr ſchwach. So gebunden ließ ich noch von einer zweyten Viper wie derholte mal beiſſen. Nach dreiſſig Minuten ließ ich fie los. Das Bein war geſchwollen und blau; aber bloß an den Stellen, wo die Zaͤhne durchgeſtochen hatten. Nach vier und zwanzig Stunden war das Bein weniger geſchwollen; und nicht ſo misfarbig. Nach drey Tagen war ſie geheilt. Ich ließ eine andere Taube von einer Viper wiederholte mal ans Bein belſſen, und unterband es alſobald, jedoch nicht feſt. Als es unterbunden war, ſo ließ ich es noch von einer andern Viper beiſſen. Nach einer Stunde nahm ich das Band weg. Das Bein war blau und geſchwollen. Nach vier und zwanzig Stunden war es kaum noch et— was blau und geſchwollen. Nach zwey und vierzig Stunden hatte es faſt ſeine ganz na⸗ tuͤrliche Farbe wieder. Die Taube war nach drey Tagen geheilt. Es feine „daß man aus allen dieſen Fällen herleiten kann „ daß die bald unter⸗ nommene und eine beſtimmte Zeit an dem gebiſſenen Theile gelaſſene Unterbindung, ein gewiſſes Heilmittel wider das Viperngift iſt. Sie beugt der innerkichen Krankheit voll kommen vor, und man ſieht, daß das Thier gefund wird, wenn gleich die äufferliche und örtliche Krankheit noch da zu ſeyn fortfaͤhrt. Es iſt wahr, daß die örtliche Krankheit ſehr heftig iſt, und e den kalten Brand am Beine zu drohen ſcheint; aber nach und nach verſchwindet alles, und die Natur oder das Thier hat Zeit, die Krankheit zu uͤberwinden. Hh 3 Ich 246 a Ich habe im ganzen wahrgenommen, daß die örtliche Krankheit um fo viel gröffer iſt, je feſter die Unterbindung iſt, und je laͤnger ſie an dem Theile bleibt. Dieſes haben mir wenigſtens viele Erfahrungen gezeigt, die ich der Kürze wegen weglaſſe. Es iſt alſo aͤuſſerſt wichtig, mit einiger Genauigkeit die moͤglichſt kuͤrzeſte Zeit zu kennen, welche man die Unterbindung ſitzen laſſen kann, und den moͤglichſt geringſten Grad von Feſtigkeit, die erforderlich iſt, um die Mittheilung des Gifts dem Thiere zu verhuͤten, und die Theile vor dem Brande zu bewahren. . Was den Druck der Unterbindung anbetrift, ſo kann ich verſichern, daß er ſehr ſchwach war, und daß ich niemals geglaubt haͤtte, daß derſelbe das Gift in dem gebiſſenen Theile zuruͤckhalten koͤnnte. Ich bediente mich am gewoͤhnlichſten eines feinen, weichen, und hoͤchſtens vier Linien breiten ſeidenen Bandes. Ich wickelte es einige mal um die Len⸗ den über dem Gelenke des Schienbeins mit dem Schenkel, und knuͤpfte es zu. Zuweilen machte ich keinen Knoten, ſondern befeſtigte das Band mit etwas feinen Zwirn. Auf ſolche Art habe ich eine ſehr große Anzahl von Tauben ans Bein beiſſen laſſen. Ungefehr eine Stunde nachher, da ſie gebiſſen worden waren, nahm ich das Band weg, und die Tauben genafen alle, ohne daß auch nur eine darnach geftorben wäre, Dieſer Verſuch gelingt allemal, wenn er gut gemacht wird, und man gut gelernt hat, die Lenden gehörig zu binden. Wenn man jetzt betrachtet, daß eine ſehr kleine Menge Gift eine Taube toͤdtet, daß fie felbige in wenigen Minuten tödter, ſo ſcheint es klar zu ſeyn, daß die Unterbin⸗ dung ein noch gewiſſeres Mittel für die groͤſſern Thiere als Tauben, und ſolche, die ein haͤrteres Leben haben, ſeyn muͤſſe. Ich war dergeſtalt von der Wirkſamkeit dieſer Methode wider den Vipernbiß überzeugt, baß ich Fein Bedenken trug, die umſtaͤndliche Beſchreibung derſelben in einem Briefe an den Herrn Marquis de Condorcet, Seeretair der Koͤniglichen Academie der Wiſſenſchaften, zu uͤberſenden, und ihn zu bitten, dieſelbe der Academie vorzulegen. Ich ſchrieb ihm in dieſem Briefe, daß meine Methode ſo gewiß waͤre, daß ich unter hundert von einer Viper ans Bein gebiſſenen Tauben kaum eine einzige zu verlieren in Gefahr ſtuͤnde, obgleich die Taube ein fo weichliches Thier wäre, daß die kleinſte Menge von die⸗ ſem Gifte hinreichend iſt, es zu toͤdten. Man wird in der Folge ſehen, was mich wegen der Allgemeinheit dieſes Mittels in Irrthum gebracht hat, und wie ſehr man wider die Analogien auf feiner Hut ſeyn müffe, wenn fie auch noch fo richtig zu ſeyn ſcheinen, wovor ich ſchon verſchiedene mal in meinem Werke gewarnet habe. er Zwey⸗ nn 247 Zweytes Kapitel. Ob der Vipernbiß für den Menſchen nothwendig toͤdtlich iſt. Bi jetzt habe ich nur von dem Vipernbiſſe bey Thieren geredet, es bleibt mir nunmehr noch uͤbrig, von dem Biſſe ber Viper bey dem Menſchen ſelbſt zu handeln; und dieſes macht den nuͤtzlichſten Theil dieſes Werks aus. Ich wage es, hier dreiſt zu behaupten, daß der Vipernbiß nicht nothwendig toͤdtlich für den Menſchen iſt, und daß man unge⸗ gruͤndet die Krankheit von dieſem Gifte fuͤr eine der gefaͤhrlichſten, aus der man nicht mit dem Leben entkommen kann, angeſehen hat. Wir haben geſehen, daß die kleinen Thiere, als die kleinen Voͤgel, alle in wenigen Minuten von dem Viperngifte ſterben, wenn ſie wirklich gebiſſen worden ſind, oder beſſer zu reden, wenn die Viper mit ihren Zaͤhnen tief genug in ihren Koͤrper gedrungen iſt, daß darinn die Menge von dem Gifte zurückgeblieben iſt, die fie gewohnlich aus ihren Zähnen herausflieſſen laͤßt, wenn ſie beißt. Dies iſt eine Wahrheit, die ich bey mehr als zwey hundert kleinen Voͤgeln erfahren habe. Die jungen Tauben ſind ſelbſt auch in dieſem Falle. Es entkommt keine dem Tode, wenn die Viper in gutem Stande iſt, und die Tau⸗ ben gut gebiſſen werden. Man muß hier noch die kleine Anzahl von Faͤllen ausnehmen, in welchen zuweilen das in den Koͤrper des Thiers gebrachte Gift mit dem Blute wieder herausgeſpuͤhlt wird; aber in dieſen Fällen bekommt das Thier die Krankheit nicht, und folglich ſtirbt es auch nicht. Die gebiſſenen Tauben leben jedoch laͤnger, als die kleinen Voͤgel, und die Laͤnge ihres Lebens, nachdem ſie gebiſſen worden ſind, ſteht in einigem Verhaͤltniß mit ihrer Groͤße und ihrem Gewichte, wenn man ſie mit den kleinen Voͤgeln ſelbſt vergleicht. Geht man von den Tauben zu den gebiſſenen Huͤhnern uͤber, ſo iſt ſchon ein ſehr groſſer Unterſchied da, ſowohl in Anſehung der Heftigkeit der Krankheit, als aud) der - $änge des Lebens. Man hat geſehen, daß verſchiedene nicht ſterben, wenn fie gleich mehrmal gebiſſen worden find; und daß die andern viel ſpaͤter ſterben, als die Tauben und die kleinen Voͤgel. f Wenn eine ſehr große Anzahl von Seuchen, die ich mit Huͤhnern angeſtellt ha⸗ be, hinreichend iſt, einen richtigen Schluß daraus zu ziehen, ſo trage ich kein Bedenken zu behaupten, daß die Zeiten ihres Todes auch in einigem Verhaͤltniß mit der Größe ih⸗ ves Körpers Reden, Was ich vor den kleinen Vögeln und den Tauben in Auſcheng der Huͤhner sefäge habe, laßt ſich ebenfalls von den kleinen Meerſchweinen und den kleinen Kaninchen ſagen, wenn fie mit den groſſen Thieren ihrer Art verglichen werben. Die kleinen Kaninchen und die kleinen Meerſchweine ſterben alle, wenn ſie gut gebiſſen worden ſind. Aber eine ſehr groſſe Anzahl der groͤſſern geneſen, ſie moͤgen gebiſſen ſeyn, wie ſie wollen. Sie bkom⸗ 248 — bekommen zwar wohl heftige Krankheiten, welche mit der Zahl der Vipern, ſo ſie gebiſſen haben, und mit der Menge der Biſſe, die ihnen beygebracht find, im Verhaͤltniß ſtehen; aber gemeiniglich geneſen ſie doch. a 2 Ich habe beobachtet, daß die Pleinften Hunde leicht fterben, wenn fie auch nur von einer einzigen Viper ein einziges mal gebiſſen worden ſind. Aber unter den Hunden von mittlerer Groͤſſe, ſtirbt eine groſſe Menge derſelben nicht, und ſie widerſtehen dieſem Gifte ſehr gut, wenn man auch gleich gar kein Mittel bey ihnen gebraucht. So wie die Hunde groͤſſer ſind, widerſtehen ſie dieſem Gifte auch beſſer; und drey Vipern und fünf Biſſe find nicht hinreichend geweſen, einen Hund umzubringen, der beynahe ſechs⸗ zig Pfund wog. ji F Jetzt bedenke man, daß der Menſch ungefehr dreymal ſo groß iſt, als der Hund, von dem ich rede, ſo wird man wiſſen, ob eine einzige Viper mit einem einzigen Biſſe ihn toͤdten kann. 0 l Talk Es hat ſich vielleicht noch niemals der Fall ereignet, daß ein Menſch von mehr als einer Viper gebiffen worden iſt; und wenn ſich dieſes auch zutrüge, fo würden doch ſolche Faͤlle immer ſehr felten ſeyn, weil es ſich nicht oft ereignet, daß die Viper einen Menſchen mehr als einmal beißt. Die wenigen Faͤlle, die eine Ausnahme machen, wollen nicht viel bedeuten. Es ſcheint alſo nicht, daß der gewoͤhnliche Biß der Viper fuͤr den Men⸗ ſchen toͤdtlich iſt. Sondern es iſt eine Beobachtung, welche ich faſt in allen Landern, durch welche ich gereiſt bin, und in welchen ich mich zu belehren Gelegenheit fand, beftät- tigt gefunden habe, und die deutlich zu beweiſen ſcheint, daß das Gift der Viper nicht von Natur toͤdtlich für den Menſchen iſt. Ich habe beobachtet, daß man ſehr felten zwey von Vipern gebiſſene Menſchen findet, inſonderheit auf dem Lande, oder in den Bergge⸗ genden, welche ſich einerley Mittel bedient haben. Ich habe welche geſehen, die bloß durch den innerlichen Gebrauch des Theriacs, oder durch deſſen aͤuſſerlichen Gebrauch, an⸗ dere, welche mit gemeinem Oel, noch andere, ſo durch erhitzende Mittel, als zum Bey⸗ ſpiele die ſtaͤrkeſten Getraͤnke, und wieder andere, fo im Gegentheile durch kuͤhlende Mit⸗ tel geheilt worden find. Mit einem Worte, es giebt keine Art von Mediein oder Heils mittel, welches nicht jemand wider dieſe Krankheit verſucht haͤtte. So viel iſt gewiß, daß bey allem dieſen die Perſon nicht geſtorben iſt. Wenigſtens habe ich keinen einzigen ge⸗ wiſſen Fall ausfindig machen koͤnnen, in welchem eine erwachſene Perſon an dem bloſſen Vipernbiſſe geftorben wäre, Wenn man jetzt bedenkt, daß die von der Viper gebiſſenen Perſonen geſund werden, man mag fie behandeln, wie man will, und ſogar entgegenge⸗ ſetzte Mittel bey ihnen gebrauchen, ſo wird man alſobald ſehen, daß der Vipernbiß nicht ſo gefaͤhrlich ſeyn kann, als man ihn bisher geglaubt hat. Eine Krankheit, welche allen Mitteln, ſelbſt ſolchen weicht, die einander gerade zuwider ſind, iſt niemals eine gefaͤhr⸗ liche Krankheit. er Re 249 Ich habe mich mit vieler Sorgfalt in allen Ländern, wo ich Gelegenheit gehabt habe, durch zu reiſen, nach Perſonen erkundigt, die von einer Viper gebiſſen waren. Ich babe ihrer ſogar mehr als zehn ober zwölf unterſucht, und von mehr als funfzig reden hös ren, die entweder von Aerzten ober Wundaͤrzten, oder von Perſonen geheilt worden ſind, ſo eben gegenwaͤrtig waren, und den Kranken beyſtanden. Es iſt keiner von fo vielen Ge⸗ biſſenen geſtorben; und man hat mir bloß von zwey Perſonen erzaͤhlt, von denen man be= hauptete, daß fie geſtorben waͤren, weil fie Arzeneyen zu gebrauchen verſaͤumt hätten. Es war mir nicht moͤglich, von dem einen dieſer beyden vorgeblich an dem Viperngifte ges ſtorbenen das geringſte zu erfahren, ſo viele Nachforſchungen ich auch deshalb anſtellte; fo daß ich ſogar an der Wahrheit der Begebenheit zweifelte. Aber in Anſehung des an— dern erfuhr ich, daß er nach zwanzig Tagen am kalten Brande am Arm geſtorben war. Er war kaum gebiſſen worden, ſo machte man ihm ſehr tiefe Einſchnitte, und nach drey Tagen waren die Theile ſchon brandig. Der Herr Graf von Carburi Koͤniglicher Leib— arzt zu Paris, hat im Turiner Hoſpital acht von der Viper gebiſſene Perſonen alle wieder geſund werden geſehen, ob ſie gleich alle auf eine verſchiedene Art behandelt wurden. Von dieſen acht Kranken behanbelte er einen mit dem flüchtigen Laugenſalze; er ſtarb nicht. Es bleibt mir jetzt übrig, auf eine Schwierigkeit zu antworten, wenn man fie fo nennen kann. Man wird mir vielleicht einwenden, daß meine Verſuche bey Thieren angeſtellt ſeyn, und man koͤnne nicht vom Thiere auf den Menſchen, vom Menſchen auf den Hund ſchließen. Solche Arten von Einwürfen find zu allen Zeiten entweder aus Unwiſſenheit oder aus Neid gegen die Beobachter von ſolchen gemacht worden, welche nicht gut leiden koͤnnen, daß andere die Anzahl neuer Wahrheiten vermehren, oder auch von ſolchen, wel— chen die Geſetze und Aehnlichkeiten unbekannt ſind, ſo die Natur zwiſchen den Thieren feſtgeſetzt hat. Ich wuͤrde mich ſchaͤmen zu beweiſen zu ſuchen, daß in denjenigen Faͤllen, welche ich erzaͤhlt habe, die Analogie vollkommen iſt, und daß man ſehr gut vom Thiere auf den Menſchen ſchließenf kann. Man darf ja nur leſen, was Boerhaave, Mead, Al binus, Morgagni von dieſer Sache geſchrieben; und was für einen Gebrauch fie davon gemacht haben. a a Man glaubte in England, daß das gemeine Oel ein gewiſſes Mittel wider den Vi⸗ pernbiß waͤre, und es wurden Verſuche damit an Menſchen in Gegenwart verſchiedener Mitglieder der Königlichen Societaͤt zu London gemacht. a Da die Koͤnigliche Academie der Wiſſenſchaften zu Paris benachrichtiget worden war, daß ein Engliſcher Bauer im Baumole dieſe ſpecifiſche Kraft entdeckt, und an ſich ſelbſt in Gegenwart vieler Mitglieder der Koͤniglichen Societaͤt zu London Proben damit gemacht hatte, ſo hielt die Academie die Entdeckung fuͤr ſo wichtig, daß ſie zwey ihrer Fontana II. B. a Ji Mitglie⸗ 250 Mitglieder mit dem Auftrage beehrte, dieſen Verſuch zu unterſuchen. Es waren die Hrn. Geoffroi und Suͤnauld. Dieſe beyden academiſchen Mitglieder ließen verſchiedene 5 Tauben, einige Huͤhner, zwey Katzen, eine Gans, einen Indianiſchen Hahn, und acht Hunde beißen. Es ergab ſich aus ihren Verſuchen, daß man das Baumoͤl nicht fuͤr ein ſpecifiſches Mittel halten koͤnnte. Mit Menſchen wurde kein einziger Verſuch angeſtellt; und doch erklärte dieſe berühmte Geſellſchaft, daß das Oel keinesweges ein fpecififches Mittel wider den Vipernbiß, und ganz und gar unwirkſam wäre, dieſe Krankheit zu Beilen . Dieſe beyden academiſchen Mitglieder machten uͤber die von der Viper gebiſſenen Thiere einige allgemeine Bemerkungen, welche hier folgen. J. Daß man kein Gerinnen in dem Blute wahrnimmt, fondern im Gegenthelle alle Merkmale von Fluͤſſigkeit. H. Daß das Blutwaſſer fi) in das Zellengewebe ergießt, und blutig iſt. III. Daß die Pulsadern leer, und die Blutadern voll ſind. IV. Daß das Blut in den Herzohren, und den Herzhoͤhlen geronnen, jedoch nicht hart iſt. In der Abhandlung, welche die Hrn. Geoffroi und Suͤnauld uͤber dieſe Sache verfertigten, findet man auch die Ersahling von der Heilung zwey von einer Viper gebife ſener Perſonen. Aber Fe find auf eine Art behandelt worden, die meiner Meynung nach mehr im Stande iſt, ſie umzubringen, als ihnen Huͤlfe zu verſchaffen. Dem einen Kranken gab man eine große Menge Burgunderwein, und machte ihm viele Einſchnitte; und er war wirklich zwey ganze Monate krank, da er doch wahr- ſcheinlich in zwey Tagen se worden ſeyn würde, weil er nur an einem Finger ge= biſſen war. Der zweyte war ebenfalls an einem Finger gebiſſen. Man machte ihn Unterbin⸗ dungen und Scarificationen; und nach allem dieſen wurde er ſehr krank. Dieſe beyden Faͤlle beweiſen nach meiner Meynung ſehr deutlich, daß der Vipernbiß nicht ſehr zu fuͤrch⸗ ten iſt, weil er, ob er gleich ſo uͤbel behandelt wurde, doch den Tod nicht nach ſich zog. Nachdem Mead ein paar Jahre nachher die von der Academie zu Paris uͤber die Unwirkſamkeit des Oels im Vipernbiſſe angeſtellte Verſuche geleſen hatte, ſo trug er gar kein Bedenken ſie ſogleich anzunehmen, und mit dieſer berühmten Geſellſchaft zu glauben, daß das Oel unwirkſam waͤre, und fie über dieſe Sache richtig geurtheilt haͤtten. Nach einem von einer ſo angeſehenen Geſellſchaft gefaͤllten Urtheile, nachdem ein Mead 15 80 ſelben *) Man fehe die Mem. de l’Acad. Roy. des Sc, de Paris vom Jahre 1737. „ 281 ſelben ſeinen Beyfall gegeben hat, hoffe ich nicht, daß jemand fo dreiſt feyn werde, we⸗ gen der Anwendung meiner Verſuche, die bey ſo vielen verſchiedenen Arten von Thieren und an einer ſo großen Anzahl einzelner Thiere angeſtellt ſtnd, Zweifel aufzuwerfen. Das Gift der Viper iſt ein Gift fr alle Thiere mit warmen Blute; wenigſtens habe ich bisher keins finden koͤnnen, das von dieſer Regel eine Ausnahme machte. Da ich in Italien war, ſo dehnte ich meine Verſuche über alle diejenigen Thiere zus, welche ich bekommen konnte, und die Krankheit zeigte ſich bey allen, wenn die Viper wirklich ihr Gift in den gebiſſenen Theilen zuruͤckgelaſſen hatte. Die Krankheit iſt bey einer jeden Art von Thiere um fo viel heftiger und gefährlicher, je kleiner das Thier iſt; ferner um fo viel heftiger, in je groͤßerer Menge das Gift in den Koͤrper gebracht iſt. Wollte man jetzt annehmen, daß dasjenige, welches die thieriſche Oekonomie mit ſo vieler Wirkſamkeit und Gewalt bey ſo vielen verſchiedenen Thieren in Unordnung bringt, und ſeine Wirkun— gen nach Verhaͤltniß der Zunahme feines Umfangs verſtaͤrkt, zu gleicher Zeit für den Menſchen unſchuldig wäre, ſo würde man einen ungereimten, unwahrſcheinlichen und un= glaublichen Schluß machen. Man fuͤhre ein einziges Beyſpiel von einer Materie, von einem thieriſchen, Pflanzen- oder mineraliſchen Gifte an, welches alle warmbluͤtige Thiere in kurzer Zeit toͤdtet, oder große Krankheiten bey ihnen hervorbringt, und dem allen ohn⸗ geachtet fuͤr den Menſchen unſchuldig iſt. Alsdann wird man ſagen koͤnnen, daß die Aehnlichkeit zwiſchen den Wirkungen des Gifts in dem Menſchen, und den Wirkungen eben dieſes Gifts in den Thieren, nicht anzunehmen iſt, oder beſſer zu reden, man wird ſagen koͤnnen, daß es ein einziger Fall, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel iſt. Aber vergeblich würde man ein dergleichen Gift ſuchen. Das Beyſpiel von den Katzen, welche nicht ſterben, wenn fie gleich von mehreren Vipern gebiſſen worden find, wirft dieſe Hypotheſe, anſtatt fie zu unferftugen, übern Haufen. Die Katze, ein wildes Thier, wie derſteht freylich dieſem Gifte aufs aͤußerſte. Aber ſie widerſteht demſelben gerade deswe⸗ gen, weil fie in Vergleichung mit andern Thieren ſtaͤrker und robuſter iſt, und ungeachtet ihrer Staͤrke bekommt ſie dennoch die Krankheit von dem Gifte der Viper, und dieſe Krankheit wird um ſoviel heftiger, anhaltender und ſchwerer, in je groͤßerer Menge das Gift von der Viper in ihren Koͤrper gebracht iſt. Und ich zweifle nicht, daß wenn man ſtatt fünf oder ſechs Vipern der Katze mehr Vipern, wie zum Beyſpiel zehn oder funf⸗ zehn angehaͤngt haͤtte, ſie davon geſtorben ſeyn wuͤrde, weil die Krankheit ſtaͤrker als die Kräfte des Thiers geweſen ſeyn würden. Es ſterben ja wirklich die kleinen Katzen eben fo wohl als die andern Thiere, wenn ſie gleich nur von ſehr wenigen Vipern gebiſſen worden find, bloß deswegen, weil ſie nicht fo ſtark find, als die ausgewachſenen Katzen. Antwort wider Herrn Juͤſſieu. Ich habe jetzt noch auf eine Schwierigkeit zu antworten, welche fuͤr das fluͤchtige Laugenſalz ſpricht, und vor meinen Verſuchen ſehr groß und unwiderleglich ſcheinen koͤnnte. Dieſe Schwierigkeit beſteht geuau in denjenigen Fällen, in denen man mit dem flüchtigen Ji 2 dLaugen⸗ 252 | ' Laugenſalze diejenigen Perſonen gluͤcklich geheilt hat, fo von der Viper gebiſſen waren. Dahin gehört zum Beyſpiele die von Hrn Juͤſſieu in der Geſchichte der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris beſchriebene ſchoͤne Heilung eines jungen Menſchen, welcher von einer Viper gebiſſen war, und mit dem Eau de Luce behandelt wurde. Ich glaube, daß ich meine Antwort mit der Bemerkung anfaugen muß, daß man ſehr wenige fo umſtaͤndlich erzählte Falle hat, als gewiß des Hrn. Juͤſſieu feiner iſt. Sannini redet zwar von drey Perſonen, die von Schlangen gebiſſen waren, und durch den bloßen Gebrauch des flüchtigen Laugenſalzes geheilt wurden; aber wir kennen die Wirkun⸗ gen und die Eigenſchaft des Gifts dieſer Schlangen nicht, welche gewiß keine Vipern wa⸗ ren, ob er fe gleich ſelbſt für gefährlicher hält, als die Klapperſchlange. Uebrigens glaubt Mead, daß die Klapperſchlange in ſehr kurzer Zeit, und ſogar in wenigen Secunden toͤdtet. Der erſte von den drey Kranken, welche Sannini mit dem flüchtigen Laugen⸗ ſalze behandelte, war verſchiedene Stunden vorher gebiſſen worden, ehe er ihn in die Cur bekam, und dennoch war er den Tag darauf fo geſund, daß er fein gewoͤhnliches Geſchaͤft, das Fiſchen, fortſetzte. Dieſer Schriftſteller redet auch von einem kleinen Inſeet, das Tauſendfuß heißt, und deſſen Biß er für toͤdtlich haͤlt; und er ſagt, daß er ſich feibft davon mit dem fluͤchtigen Laugenſalze geheilt hat. Aber man kennt eben ſo wenig die Staͤrke des Gifts dieſes Thiers, und man hat davon nicht Erfahrungen genug. ö Hr. de Maſcenai gedenkt einer Heilung mit dem flüchtigen Laugenſalze in der Franzoͤſiſchen Guianne an einer Perſon, die von einer Schlange gebiſſen worden. Der Kranke wurde mit dem Eau de Luce behandelt, und genas ). Die Schlange wird nicht benannt, und man weiß nicht, ob ſie wirklich toͤdtlich iſt, oder nicht; aber wenn man auch beweiſen koͤnnte, daß jemand von der Klapperfihlange gebiſſen, und durch den Ge⸗ brauch des fluͤchtigen Laugenſalzes geheilt worden iſt, kann man daraus ſchließen, daß das flüchtige Laugenſalz ein fpesififches Mittel wider den Biß der Klapperſchlange iſt? Ich habe ſchon beweislich dargethan, daß es gewiß kein fpeeififches Mittel wider den Biß unſerer Viper iſt, welche weſentlich nicht von der Klapperſchlange unterſchieden iſt, als bloß in Anſehung der Groͤße. Es iſt wohl wahr, daß, weil ſie ſieben oder acht mal ſo groß als unſere Viper iſt, und folglich ſieben bis acht mal ſo viel Gift von ſich geben kann, die Krankheit ſieben bis acht mal groͤßer und gefährlicher ſeyn mag. Der Doetor Mead redet von einem Menſchen, welcher zu London von einer Klapperſchlange gebiſſen wurde, und dadurch genaß, daß er fich den gebiſſenen Theil auſſaugen ließ, und vermittelſt des Oels und Waſſers ein Brechen erregte. Dieſer Fall koͤnnte uns auf die Vermuthung brin⸗ gen, daß der Biß der Klapperſchlange ſelbſt nicht immer toͤdlich iſt, weil man weder durch das Auſſaugen der Wunde, noch durch ein vermittelſt des Oels erregten Erbrechens mit Gewißheit den Biß unſerer Viper heilt. Aber warum ſollte der Biß der Klapperſchlange allezeit für ein fo großes Thier, als der Menſch iſt toͤdlich ſeyn? Man hat geſehen, daß mehrere Vipern mit fünf Biſſen nicht hinreichend waren, einen Hund zu toͤdten, der nur den dritten Theil ſo ſchwer, als der Menſch iſt. Ich ſehe alſo nicht ein, warum der Biß f der ) Man ſehe das Journal de Phyſ. vom Auguſt 1777. a 233 der Klapperſchlange, der nur ſo hoch als ſieben oder acht Vipernbiſſe geſchaͤtzt werden kann, allzeit fir den Menſchen töͤdtlich ſeyn ſollte. N Die groͤſſere Menge des Gifts der Klapperſchlange iſt alſo nicht ein gewiſſer Grund, daß fie allemal ein ſehr groſſes Ther, wie der Menſch iſt, toͤdten muͤſe. Und warum ſollte fie gleich gefährlich ſeyn, fie inoͤgte beiſſen, an welche Stelle des Körpers, zu welcher Zeit, und in welchem Zuſtande fie wollte. Man hat ſchon geſehen, daß die Wunden oder Biſſe an der Naſe und den Ohren der Thiere nicht ſehr gefaͤhrlich find, Man kann eben das von den Biſſen in die Haut ſagen, welche beſſer heilen, als die Biſſe in die Muskeln. f Allein wenn man auch zugeben wollte, daß die Klapperſchlange, wenn ſie beißt, eine fo groſſe Menge Gift in den Körper bringen kann, daß fie einen Menſchen toͤdtete, wie viele Urſachen koͤnnen dann nicht vorhanden ſeyn, welche verhindern, daß dieſelbe in den gebiſſenen Theil nicht alles dasjenige Gift hineinbringe, welches nothwendig iſt, einen Menſchen zu tödten? Wir haben in der Folge meiner Verſuche mit den Europaͤiſchen Vipern viele Faͤlle geſehen, in welchen die Krankheit gar nicht erfolgte, oder unbedeutend war, nach dem Verhaͤltniß des hineingebrachten Gifts. Und wo iſt wohl ein Gift, wel- ches, wenn es in kleinen Gaben gegeben wird, nicht unſchaͤdlich werden koͤnnte? Die Klapperſchlange kann zuweilen kein Gift haben, wie ich bemerkt habe, daß zuweilen die Europäiſchen Vipern keins haben. Sie kann ſo wenig oder fo ſchlecht beiſſen, daß das hineingebrachte Gift nicht hinreichend iſt, zu toͤdten. Eine von den Zaͤhnen zerriſſene Blutader, eine Pulsader iſt zuweilen genug, um entweder das ganze Gift oder wenigſtens einen Theil davon wieder wegzuſchaffen. Ich habe alle dieſe Faͤlle in Anſehung unſerer Vipern bemerkt, und fie koͤnnen alle ebenfalls bey den Klapperſchlangen ſtatt finden. Um ein ſicheres Urtheil uͤber die Staͤrke des Gifts der Klapperſchlange, und der andern Schlangen der Franzoͤſſſchen Guianne, und den Nutzen des fluͤchtigen Laugenſal⸗ zes in dieſer Krankheit zu fällen, wuͤrde es noͤthig ſeyn, eine fehr groſſe Anzahl von Ver⸗ ſuchen anzuſtellen, wie ich bisher bey den Europaͤiſchen Vipern gethan habe. Ferner, wenn das fluͤchtige Laugenſalz ganz unnütz für den Vipernbiß iſt, wie kann es denn nuͤtz⸗ lich, ein gewiſſes Mittel wider den Biß ſolcher Schlangen ſeyn, welche man fur viel giftiger ausgiebt, als die Europaͤiſche Viper? Ich bin nicht ungeneigt zu glauben, daß die gewoͤhnlichen Biſſe dieſer Schlangen von Natur nicht toͤdtlich find; daß fie es aber in einigen beſondern Fällen und durch ein Oüngefehr werden, wie zum Beyſpiele durch die Anzahl der Biſſe, und durch die ſchlechte Behandlungsart des gebiſſenen Theils. Wenn man die Krankheit betrachtet, welche das Viperngift in dem gebiſſenen Theile hervorbringt, ſo ſieht man alſobald, daß es fehr wohl ſterben kann, wenn man es uͤbel behandelt, oder Unordnungen in der Oeconomie ſeines Koͤrpers erregt, wie dieſes ſolchen begegnen kann, die ſich auf bieſe ee nicht gar wohl verſtehen. Es entſteht 0 i 3 insge⸗ insgemein eine groſſe Geſchwulſt um den gehiffenen Theil, es findet ſich daſelbſt im Zellen⸗ gewebe unterlaufenes ſchwarzes und misfarbiges Blut, ſelbſt in einer groſſen Entfernung von der gebiſſenen Stelle, und endlich erzeugt ſich oft ein ſehr heftiger Brand, welcher die Haut und das Zellengewebe verzehrt, und bis auf die Muskeln dringt. Wer ſiehet nicht, daß man in ſolchen Faͤllen an dem Brande, und nicht von dem Gifte ſterben kann, wenn zum Unglück der Kranke übel behandelt iſt. Und dies könnte eben ein ſolcher Fall ſeyn, in welchem jemand an dem Viperngifte geftorben iſt. Es bleibt eine groſſe oͤrtliche Wun⸗ de zurück, die man als von einer bloß mechaniſchen Verletzung entſtanden betrachten kann, und dieſe Wunde kann gut oder ſchlecht behandelt werden. Man hat ſchon geſehen, daß das Gift der Viper toͤdtet, indem es wider das ganze Thier wirkt; daß man nicht durch die bloſſe Örtliche Krankheit des gebiſſenen Theils, ſondern an dem Gifte ſtirbt, wenn gleich der ganze gebiſſene Theil abgeſchnitten wird. Ob ich gleich nicht das Gluͤck gehabt habe, ein ficheres fperififches Mittel wider den Biß der Viper zu finden, fo habe ich doch das Vergnügen, daß ich dem Publikum verfi⸗ chern kann, daß der Vipernbiß nicht fo gefährlich iſt, als man ihn bisher allgemein geglaubt hat; und daß in dem Fall, da jemand das Ungluͤck gehabt haͤtte, gebiſſen zu werden, derſelbe nicht an ſeinem Leben verzweifeln muß, wenn er auch kein Mittel gebrauchte. N Wenn ich den Unnutzen eines Mittels bewieſen habe, das man fuͤr gewiß hielt, wenn ich die Hofnung aufgegeben habe, ein ſpecifiſches Mittel wider das Viperngift zu finden, ſo habe ich doch wenigſtens den Troſt, den ſchrecklichen Gedanken, den man hegt, auszurotten, daß der Vipernbiß gewohnlich toͤdtlich iſt. Ich bin der Meinung, daß unter hundert Menſchen, welche jeder von einer ein⸗ zigen Viper, ein einziges mal an die Fuͤſſe oder Hände, diejenigen Theile gebiſſen ift, wel⸗ che gemeiniglich dem Biſſe dieſer Thiere ausgeſetzt find, wahrſcheinlich kein einziger ſterben wird, wenn fie auch gleich keine Mittel brauchen ſollten. 8 Nachdem wir die Wirkungen des Vipernbiſſes auf acht verſchiedene Arten von Thieren, ſowohl mit warmen, als kaltem Blute geſehen haben; nachdem ich ihrer mehr als tauſend an fo vielen Theilen des Körpers von verſchiedenen Vipern, und mehrmal habe beiſ⸗ fen laſſen, fo glaube ich nicht, daß man das Urtheil für verwegen halten wird, das ich fälle, und welches ſogar eine nothwendige Folge aus allem dem wird, was man bisher geſehen hat. Die Unterbindung, deren ich mich wider den Biß der Viper bey den Tauben be⸗ dient habe, war die unmittelbare Folge aus eben dieſen Verſuchen. Da ich entdeckt hat⸗ te, daß das Gift der Viper die Nerven nicht angreift, daß es feine ganze Wirkſamkeit nur auf das Blut ausübt, und daß die Krankheit dem Thiere nur durch Huͤlfe des Blut⸗ laufs mitgetheilt wird; ſo war es leicht zu ſehen, daß, wenn der Blutlauf gehemmt wuͤr⸗ de, der Krankheit des Gifts auch Einhalt gethan werden muͤſte. Ich habe mich dieſer Methode mit dem glüͤcklichſten Erfolge bedient, und gefunden, daß fie ein gewiſſes Mittel | | | für 255 für diejenigen Thiere ift, bey denen ich fie gebraucht habe. Es ſchien mir jedoch nicht moͤglich zu ſeyn, daß die Uncerbindung nicht ſchon von irgend einem Schriftſteller in Vor⸗ ſchlag gebracht ſeyn ſollte; denn dieſer Gedanke muß ſich leicht einem jeden darbieten. Zwar iſt es wahr, daß Redi, welcher in zwey beſondern Werken von dem Viperngifte gehan⸗ delt hat, niemals von der Unterbindung redet, und ſelbſt Mead, welcher von einer ſehr groſſen Menge Mittel, ſelbſt von ſolchen redet, die gar keinen Werth haben, ſagt nichts von der Unterbindung. Es ſind viele Jahre, als ich anfing, wegen derjenigen Mittel Unterſuchungen an⸗ zuſtellen, deren man ſich in verſchiedenen Laͤndern wider den Biß der Viper bedient. Ich koͤnnte mehr als funfzig Recepte anführen, welche mir meiſtentheils von Landleuten, oder von Unwiſſenden mitgetheilt ſind. In einer von diefen Vorſchriften wird auch das Um: terbinden genannt. Aber dieſes Unterbinden iſt mit fo vielen andern vor und nachher vor—⸗ zunehmenden Dingen verknuͤpft, welche alle fo ungereimt find, daß niemand ſich jemals die Mühe gegeben haben würde, zu unterſuchen, ob was gutes aus der Befolgung dieſer Vorſchrift zu hoffen ſeyn moͤchte. Ueberhaupt widerſprechen nicht allein alle dieſe Vor⸗ ſchriften ſich einander; ſondern man findet auch in eben derfelben Vorſchrift entgegenge- ſetzte Arzeneymittel. Es ſind darinn einige, ſo die Abſicht haben zu beruhigen, hingegen andere, welche reitzen. Es ſind darinn kühlende, und erhitzende Mittel. Die Mittel ſelbſt ſind groſſentheils ungereimt und laͤcherlich; und doch verſicherten mich diejenigen, welche mir die Recepte gaben, von ihrer Wirkſamkeit, und es waren viele von Vipern ge— biſſen, und nach dieſen Vorſchriften behandelt worden. Ich geſtehe, daß ich nur bey ei⸗ nigen, welche nicht fo ungereimt waren, die Geduld gehabt sabe, fie durch die Erfahrung zu verſuchen, aber ich habe fie ganz unnuͤtz, und einige fogar ſchaͤdlich gefunden. Aber endlich fand ich bey einem Schriftſteller eine Methode, die Krankheit von dem Biſſe gifti— ger Schlangen zu behandeln, in welche das Unterbinden einigermaſſen mit gehoͤrt. Dieſer Schriftſteller iſt der beruͤhmte Kaͤmpfer, welcher ſagt, er habe ſich deſſen mit dem gluͤcklichſten Erfolge auf ſeinen Reiſen nach Indien bedient, und durch dieſe Methode viele Leute geheilt. Wenn ich die Kaͤmpferſche Methode gekannt haͤtte, ehe ich meine Verſuche mit den von der Viper gebiſſenen Tauben anſtellte, welche von dem bloſſen Unterbinden gene⸗ fen, fo würde ich mich derſelben niemals bedient, und fie für ein gewiſſes Mittel gehalten haben. Ich war gar zu ſehr uͤberzeugt, daß der Nerve groſſen Antheil an der Krankheit des Gifts haͤtte. Ich muſte wiſſen, daß alles durch den Weg des Bluts vor ſich geht. Es war ferner nothwendig, daß die innerliche Krankheit dem Thiere nur nach einer gewiſſen Zeit ſo mitgetheilt wurde, daß ſie den Tod nach ſich zog. Dieſes alles war mir damals unbe— kannt, und ich hielt mich ſogar von dem Gegentheile überzeugt. Der Biß der Viper bey den Tauben hatte mir bewieſen, daß die innerliche Krankheit dem Thiere in weniger als zwan⸗ zig Secunden mitgetheilt wird, und daß es nicht von der aͤuſſerlichen und ortlichen Krank⸗ heit ſtirbt, ſondern an der innerlichen. In dieſen Umſtaͤnden war es leicht zu glauben, daß die Kaͤmpferſche Methode zu ſpaͤt kommen, und felbft aus dieſer einzigen Urſache un= nutz ſeyn würde, Aber ich hatte noch andere Gründe, mich derſelben nicht zu bedienen, Able 8 pfer 256 pfer redet in allen feinen Reifen niemals von den Vipern; aber wohl von giftigen Schlangen, die man noch nicht gut kennt. Man weiß nicht, ob das Gift dieſer Schlaugen dem Gift der Europaͤiſchen Vipern aͤhnlich iſt, und ob es eine eben ſolche Krankheit zuwege bringt. Ich konnte uͤbrigens gar kein Zutrauen zu einer Methode haben, die ich eher fuͤr ſchaͤdlich als für gut gehalten Hätte. Die Kaͤmpferſche Methode beſteht aus vielen Din⸗ gen, welche er als gleich nothwendig wider den Biß dieſer Schlangen anfuͤhrt. Den An⸗ fang macht er mit der Unterbindung ganz uͤber dem gebiſſenen Theile, und darauf eilt er zu ben Scarifieationen. Er druͤckt das Blut aus dem gebiſſenen Theile aus, bedeckt ihn mit vielem Theriac, und legt über dieſes alles Leinwand, die auch mit Theriae beſtrichen iſt. Während des ganzen Verlaufs der Krankheit giebt er dem Kranken ſchweißtrei⸗ bende Mittel. Dieſe Methode des Herrn Kaͤmpfers beſteht, wie ein jeder ſieht, aus fuͤnf oder ſechs beſondern Mitteln, und man kann nicht wiſſen, was für gutes oder boͤſes ein jedes ſchaffen kann; fo daß es zweifelhaft bleibt, ob die Unterbindung nuͤtzlich oder ſchaͤdlich iſt, und die Scarificationen heilſam oder gefaͤhrlich find, Uebrigens tritt alles zuſammen, mir dieſe Methode verdächtig zu machen. Ich weiß aus der Erfahrung, daß die Scarificatio⸗ nen an dem gebiſſenen Theile mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich ſind; und daß die ſchweißtreiben⸗ den Mittel, wie das flüchtige Laugenſalz gar keinen Nutzen ſchaffen. Allein was fuͤr eine ungeheure Menge von Verſuchen haͤtte Kaͤmpfer nicht machen muͤſſen, um ſich zu überzeugen, daß feine Methode wider den Biß fo vieler Schlangen, von denen er redet, gut und wirkſam waͤre, da ich, um mit Gewißheit bloß von dem flüchtigen Laugenſalze zu beweiſen, daß es kein Heilmittel wider den Biß der Europaͤiſchen Viper iſt, mehr als ſechs hundert Verſuche habe machen muͤſſen! Er mußte ſich zuerſt überzeugen, ob das Gift dieſer Schlangen von Natur toͤdtlich iſt; er mußte die mittlere Menge der Thiere kennen, welche an dieſem Gifte ſterben. Er mußte die Verſuche auf tauſenderley Art vervielfaͤltigen und veraͤndern, und zwar bey allen verſchiedenen Arten dieſer Schlangen. d ; Aber noch mehr; Kämpfer felbft würde Schuld geweſen ſeyn, daß ich an der Wirkſamkeit feines Mittels, und an der Wahrheit feiner Behauptung gezweifelt haͤtte. Er verſichert in eben dem Werke, in welchem er von feinem Mittel redet, daß der Stein del Cobra ebenfalls den Biß dieſer Schlangen heilt. f Erſtlich kann man nicht begreifen, warum Kämpfer ſich lieber einer weitlaͤuftl⸗ gen, verwickelten, ſchmerzhaften, ſchweren Methode bedient habe, da er doch ein ſo leich⸗ tes, bequemes und ſicheres Mittel hatte, als dieſer dort zu Lande ſo gemeiner Stein iſt. Ich muß geſtehen, daß dieſes alles gar kein Zutrauen einfloͤſſen kann. Man weiß ferner durch die Verſuche zwey groſſer Staliänifcher Beobachter Redi und Valisnieri, daß die⸗ fer Stein ganz unnüg iſt, den Biß unſerer Vipern zu hellen. Daraus folgt, entweder i 3 da | | — 257 daß das Gift der Schlangen, von denen Kampfer redet, vollkommen verſchieden von dem Gifte unſerer Vipern iſt, oder daß Kaͤmpfer Dinge für wahr ausgiebt, die durchaus falſch und ſchlecht betrachtet ſind, und ſein Zeugniß iſt alsdann von keinem Gewichte. N N Ich glaube mit meinem gegenwaͤrtigen Werke bald zu Ende zu ſeyn, und ſchmei⸗ chele mir, daß meine Arbeit von einigem Nutzen ſeyn werde. Der Vipernbiß bringt bey den gebiſſenen Perſonen die Furcht vor dem Tode her⸗ vor, und ſetzt die Familien in Schrecken. Die Einbildung, daß die Krankheit koͤdtlich iſt, und daß man keinen Augenblick zu verlieren habe, macht, daß man entweder heftige oder ſchaͤdliche Mittel anwendet. Selbſt die Furcht kann die Krankheit vergroͤſſern. Es giebt Leute, welche kaum merkten, daß ſie an die Hand oder an den Fuß gebiſſen waren; allein da ſie einen Augenblick darauf eine Viper bey ſich gewahr wurden, ſo fielen ſie in eben dem Augenblicke in Ohnmacht. ö Ich habe einen Menſchen gekannt, welcher, als er ſich von einer Viper gebiſſen ſahe, aus bloſſer Furcht plotzlich in Ohnmacht fiel. Er blieb in dieſem Zuſtande länger als eine Stunde, bis man ihn von Ohngefehr fand, und durch kaltes Waſſer, das man ihn ins Geſicht ſpritzte, wieder zu ſich brachte. Im ganzen genommen ſterben diejenigen Thiere am leichteſten, welche den Biß der Viper am meiſten zu fürchten ſcheinen, und bey ihrem bloſſen Anblick zittern. Die Hunde, welche zornig werden, wenn ſie gebiſſen werden, und mit Wuth auf die Vipern losgehen, widerſtehen auch dieſem Gifte mehr. Dies iſt mir wenigſtens in dem Verlaufe meiner Verſuche mit dieſen Thieren ſo vorgekommen. Man kann nicht daran zweifeln, daß die heftigen Bewegungen der Seele, und die Furcht vor einem nahen Tode den Krankheitszuſtand eines Menſchen aufs hoͤchſte verſchlim⸗ mern muͤſſen. Es kann in ſolchen Fallen ein Menſch ſehr wohl ſterben, welcher nicht an der bloß fen Krankheit von dem Gifte geſtorben ſeyn würde. Ein bloſſer Vipernbiß iſt natuͤrlicher Weiſe nicht toͤdtlich. Und wenn er auch von zwey oder drey Vipern gebiſſen worden waͤre, fo würde wohl zwar die Krankheit ſchwerer, aber doch wahrſcheinlich nicht toͤdtlich ſeyn. Wenn auch eine Viper einen Menſchen ſechs oder ſieben mal gebiſſen, wenn ſie in die Wunden alles Gift ihrer Blaͤsgen getröpfele hat, fo muß man dennoch nicht verzweifeln. Die Krankheit wird zwar heftig ſeyn, aber daraus folgt noch nicht mit Gewißheit, daß ſie toͤdtlich ſeyn muͤſſe. Dies iſt daher ein wahrer Troſt, oder eine in der That nützliche Ent⸗ deckung, nachdem ich beſſer, als man vorher gethan, die Wirkungen des Gifts der Viper auf die Thiere von verſchiedener Groͤſſe, und auf den Menſchen unterſucht habe. Fontana U. 3. RE i Verſuche 258 Verſuche über den Nutzen der Unterbindung wider den Vipernbiß an f kleinen Voͤgeln. Die bloſſe Neugier, und vielleicht auch die Einbildung, daß ich die kleinſten Thiere durch bloſſes Binden von dem Vipernbiſſe heilen koͤnnte, find Urſache geweſen, daß ich verſchiedene Verſuche mit gebiſſenen Sperlingen anſtellte, und dieſe Verſuche haben dar⸗ auf wider das Binden ſelbſt bey den groͤſſern Thieren Zweifel in mir erregt, welche ich ſonſt niemals bekommen haben würde, Ich hatte nicht einmal einen einzigen Augenblick gezwei⸗ felt, daß man, wenn man durch das Binden eine Taube heilen koͤnnte, noch leichter ein Kaninchen, einen Hund, und ſelbſt den Menſchen damit heilen mußte. Hier war nicht allein die Analogie anzuwenden, ſondern es waren auch die natürliche Beſchaffenheit der Taube, die Wirkung des Gifts auf das Blut, die Veraͤnderungen, welche das Gift in dem Thiere hervorbringt, eben ſo viele richtige Beweiſe, daß die Unterbindung ein um ſo viel gewiſſeres Mittel ſeyn muͤßte, je groͤſſer das Thier wäre, und ein je haͤrteres Leben es hätte, und doch würde ich mich geirret haben. So wahr iſt es, daß ſich die Natur nicht errathen laͤßt; daß wir faſt nichts auſſer der Erfahrung wiſſen, und daß es uns noch un⸗ kerſagt zu ſeyn ſcheint, aus den Erfahrungen ſelbſt Schlüffe zu ziehen. Allein wieder auf die Verſuche mit den Sperlingen zu kommen. f Ich ließ einen Sperling ein einziges mal von einer Viper ans Bein beiſſen. Er war kaum gebiſſen, ſo band ich ihm das Bein uͤber der verwundeten Stelle mit einem ſei⸗ denen Bande. Nach fünf und dreiſſig Minuten nahm ich das Band vom Beine. Er ſtarb zwanzig Minuten nachher. 5 8 00 Ich wiederholte dieſen Verſuch unter eben denſelben Umſtaͤnden. Nach fuͤnf und dreiſſig Minuten nahm ich das Band weg; zehn Minuten darauf ſtarb der Sperling. Ich ließ einen andern Sperling von einer Viper ein einziges mal ans Bein beif fen; und band es alſobald über dem Biſſe. Ich nahm das Band nach einer Stunde da= von; und der Sperling ſtarb eine halbe Stunde darauf. 7 5 Ich wiederholte eben den Verſuch mit einem andern Sperlinge unter eben den⸗ felben Uinſtaͤnden; und nahm das Band nach funfzehn Minuten weg. Er ſtarb funf⸗ zehn Minuten nachher. N Ich band einem Sperlinge das Bein, und ließ es vier Stunden lang gebunden. Das Bein hatte ſich jetzt kaum ein wenig veraͤndert. Ich reitzte nun eine Viper ſo, daß ſie dieſes Bein einigemal unter dem Bande beiſſen mußte. Nach drey Stunden nahm ich das Band weg. Nach zwanzig Stunden ſchien er ſehr munter zu ſeyn, und er fraß. Ich fand ihn nach acht Tagen todt, obgleich das Bein vollkommen geheilt war. Nach . 255 Nach den bis jetzt erzählten Fällen mit den Sperlingen ſcheint es, daß man be⸗ haupten kann, daß das Binden zuweilen ein wirkſames Mittel wider den Biß der Viper ſeyn kann. Der lelzte Sperling, der nach Verlauf von acht Tagen ſtarb, als das Bein ſchon geheilt war, beweiſet nichts gegen die Unterbindung, weil ſonſt der Sperling in we— nigen Minuten geſtorben ſeyn muͤßte. Ich habe noch wahrgenommen, daß oft die Sper— linge, welche ich im Käfig ſitzen hatte, von ſelbſt ſtarben, und daß die geringſte kleine Be⸗ wegung, oder die geringſte Beſchaͤdigung, fo man fie leiden läßt, wenn man ſie beiſſen läßt, oder bindet, fie ſchon toͤdten kann. In dieſen Zweifeln glaubte ich, es würde noͤthig ſeyn, die Verſuche noch zu vermehren, und abzuaͤndern. N Ich band, wie gewoͤhnlich, einem Sperlinge das Bein mit einem Bande, und ließ es von einer Viper beiſſen. Allein der Biß traf gerade auf das Band. Er ſtarb nach ſieben Minuten. . 5 Ich band eben ſo einem andern Sperlinge das Bein, und ließ es zweymal von einer Viper beiſſen. Er ſtarb nach fünf Stunden; obgleich das Band noch nicht wegge- nommen war. f BR NE Ich band einem andern Sperlinge das Bein, und ließ es unter dem Bande von einer Viper beiſſen. Er ſtarb nach acht Stunden; ob er gleich das Band noch am Beine hatte. N Ich unterband einem andern Sperlinge das Bein, und ließ es zweymal von ei⸗ ner Viper beiſſen. Ich nahm das Band nach vier Stunden weg; er ſtarb nach acht, Stunden. - Dieſe neuen Verſuche beweifen, daß die Unterbindung die von der Viper gebiſſe⸗ nen Sperlinge vor dem Tode rettet, aber nicht allzeit. Die Sperlinge, welche verfchie- dene Stunden, nachdem ſie gebiſſen worden, ſterben, ſcheinen gewiß nicht an der innerlichen Krankheit zu ſterben; weil die geringfte Menge Gift, wenn fle in das Blut gebracht wird, hinreichend iſt, ſie in wenigen Minuten zu toͤdten. Es iſt auch noch wahrſcheinlich, daß einige derſelben ſterben, weil diejenigen, welche ſie halten, unterdeſſen daß man ſie von den Vipern beiſſen läßt, ihnen die Beine bindet, und uͤberdem noch das Band ihnen ab⸗ loͤſet, fie allzeit ein wenig mishandeln. Wenn man das Band wegnimmt, ſo iſt das Bein ſchon blau und ganz aufgeſchwollen. Man kann das Band niemals ſo gut abneh⸗ men, daß das Thier nicht ſichtbar dabey leiden ſollte. Es giebt einige darunter, welche nicht mehr ſitzen konnen, welche mit der Bruſt, mit den Fuͤſſen gegen den Käfig ſtoſſen, und in dieſem Zu ande weder freſſen noch ſaufen koͤnnen. N Ich kann nicht zweifeln, daß alle dieſe verſchiedenen Urſachen mehr oder weniger zuſammen traten, die Unterbindung für die Sperlinge unnuͤtz zu machen, als ich ihrer viele beiffen ließ, oder viele andere mit giftigen Zähnen verwundete. Einige wurden ge⸗ bunden, ehe ich ſie beiſſen ließ, oder . und andere wurden gleich darauf gebun⸗ 2 den. 260 den. Einigen loͤſte ich das Band nach vier Stunden ab, und andern cher. Ich ließ ihrer drey immer gebunden, und von dieſen ſtarb kein einziger; ich war aber ſo vorſichtig, daß ich fie fürterte, ohne ihnen Schaden zu thun. Die Beine wurden ſchwarz, und ver⸗ trockneten ganz. Nach zwanzig Tagen flogen fie in der Keinmer herum, und hielten ſich fo gut als fie konnten, auf den Stumpfen ihrer Beine. Fuͤnf andere ſtarben mir unter den Händen, faſt in dem Augenblicke, da ich ihnen das Band aufgeloͤſt, und zu ſaufen gegeben hatte. Zwoͤlf andere wurden vollkommen geheilt; und die vier letzten ſtarben zwi⸗ ſchen ſechs und zehn Stunden. Im ganzen waren es vier und zwanzig. ! So günflig dieſes letzte Reſultat auch für die Unterbindung, und fo waheſcheinlich es auch war, daß viele von dieſen Thieren aus einer ganz andern Urſache ſtarben, als durch das Gift, fo war ich doch noch nicht ganz zufrieden, und glaubte meine Verſuche mit groͤſſern und einer ganz andern Art von Thieren wiederholen zu muͤſſen. Unterbindungen bey Huͤhnern, die von u Vipern gebiſſen waren. Ich ließ ein Huhn von drey Vipern mehrmal ans Bein beiſſen, und nach Verlauf don drey Minuten unterband ich es mit einem ſehr ſtarken ſeidenen Bande. Eine Stunde nachher nahm ich das Band weg. Das Bein war ganz unter der Unterbindung aufge⸗ ſchwollen, und blaͤulich. Es ſtarb nach drey Stunden. Die gebiſſenen Muskeln waren in ihrer ganzen Subſtanz von der Krankheit durchdrungen; und man ſahe auch einige Zei⸗ chen der Krankheit uͤber der Unterbindung, nach dem Bauche und der Bruſt zu. Ich ließ ein Huhn von zwey Vipern verſchiedene mal ans Bein beiſſen, und nach dier Minuten unterband ich das Bein über dem Biſſe. Nach zwey Stunden war das Bein ſehr geſchwollen und blaͤulich. Ich nahm das Band weg, un in zwey und zwan⸗ zig Stunden war das en noch ein wenig blaͤulich. In zwey Tagen war das Huhn wieder geneſen. N Ich ließ ein anderes Huhn von zwey Vipern wiederholte mal ans Bein beiſſen, und verband ihm nach vier Minuten das Bein. In einer Stunde war es geſchwollen und blaͤulich. Zwey Stunden nachher nahm ich das Band weg. Nach zwey und zwan⸗ zig Stunden war das Bein nicht ſo blau und angelaufen mehr. Nach vier Tagen war das Huhn geheilt. f Ich band einem Huhne das Bein ſehr feſt, und ließ es verſchiedene mal von zwey Vipern beiſſen. Es konnte auf dem gebundenen Beine nicht ſtehen. Nach zwey Stun⸗ den war das Bein geſchwollen und blaͤulich. Nach acht Stunden nahm ich das Band weg. In zwey und zwanzig Stunden war das Bein noch blau, ſelbſt über der Unterbin⸗ dung. Es ſtarb nach ſieben und vierzig Stunden, Ich 261 Ich ließ ein Huhn von drey Vipern verſchiedene mal ans Bein beiſſen, und nach einer Minute unterband ich es. Nach Verlauf von drey Stunden nahm ich das Band weg; das Bein war angelaufen und ſehr blau. Drey Stunden nachher wa⸗ ren die Geſchwulſt und die blaue Farbe bis uber die Unterbindung fortgeruͤckt. Das Huhn lebte nicht länger mehr, als ſechs Stunden. — — Ich ließ das Bein eines andern Huhns mehrmal von drey Vipern beiſſen, und unterband es zwey Minuten darauf. Nach ſechs Stunden nahm ich das Band weg— Es ſtarb nach ſechs andern Stunden. Die Geſchwulſt erſtreckte ſich bis über die gebun⸗ dene Stelle. . Ich ließ wieder ein anderes Huhn von drey Vipern wiederholte mal ans Bein beiſſen, und drey Minuten nachher unterband ich es. Nach Verlauf von neun Stunden nahm ich das Band wieder weg. Das Bein war aufgeſchwollen, blaͤulich, und gab ak⸗ lenthalben Blut von ſich. Nach und nach wurde es geheilt, und das Bein nahm eine gelbe und gruͤne Farbe an, die mehrere Tage anhielt. Ich ließ einem Huhn das Bein von zwey Vipern beiſſen, und alſobald darauf unterband ich es, aber nicht feſt; Nach zwölf Stunden nahm ich das Band weg; das Huhn ſtarb drey Stunden nachher. Die Geſchwulſt und die blaͤuliche Farbe des Beins waren bis uͤber die Unterbindung geſtiegen. . Ich ließ ein anderes Huhn verſchiedene mal von zwey Vipern ans Bein beiſſen, und alſobald unterband ich es, aber ſtaͤrker als in den obigen Verſuchen. Ich nahm das Band nach zwoͤlf Stunden weg. Es ſtarb ſechs Stunden nachher; und die Geſchwulſt nebſt der blauen Farbe war bis über die Unterbinung geſtiegen⸗ Ich ließ noch ein anderes Huhn von zwey Vipern wiederholte mal ans Bein beiſſen, und unterband es augenblicklich, aber noch ſtaͤrker, als im vorhergehenden Verſuche. Nach zwoͤlf Stunden nahm ich das Band davon. Zwey Stunden darauf erſtreckten ſich die Geſchwulſt und die blaue Farbe über die Stelle, wo es gebunden war, Das Huhn war nach fuͤnf Tagen geneſen. Ich ließ drey Huͤhner an die Beine, jedes von zwey Vipern beiſſen, und unter⸗ band alſobald die gebiſſenen Beine. Nach ſechs Stunden nahm ich dem einen das Band ab, und nach vier und zwanzig Stunden den beyden andern. Eins von dieſen beyden letztern ſtarb nach zwey andern Stunden. Das andere genas. Das Huhn, welches nach Verlauf von ſechs Stunden von dem Bande befreyet war, ſtarb nach ſechs ans dern Stunden. Ich ließ noch ein Huhn von zwey Vipern mehrmal ans Bein beiſſen, nachdem ich es vorher gut unterbunden hatte. Es ſtarb nach zwanzig Stunden, ob ich ihm gleich das Band nicht abgenommen hatte. ; 9920 Kk 3 nem 262 \ : Dieſe mit den Huͤhnern angeſtellte Verſuche erregen große Zweifel über die Wirk⸗ ſamkeit der Unterbindung wider den Vipernbiß; es iſt mir ſogar vorgekommen, und ich glaube mich nicht geirrt zu haben, daß die oͤrtliche Krankheit bey der Unterbindung noch heftiger iſt, als ohne die Unterbindung. Ich finde dieſen Unterſchied allenthalben in mei⸗ nem Tagebuche von den Verſuchen angemerkt. Ich kann mich ſchwerlich geirrt haben, weil ich allezeit die Örtliche Krankheit der unterbundenen Beine, mit der örtlichen Krank⸗ heit der nicht unterbundenen Beine verglichen habe. Aber wir haben ſogar beobachtet, daß die Huͤhner ſterben, ehe man ihnen das Band abgenommen hat, und ſelbſt nach nicht langen Zwiſchenzeiten. Nach den mit den Tauben gemachten Verſuchen, welche bey der Unterbindung geneſen, kam mir dieſes alles widerſinnig vor, und es ſchien mir nicht moͤg⸗ lich zu ſeyn, daß ſie nicht noch größere Thiere heilen ſollte. Ich befürchtete, meine Ver⸗ ſuche mit den Huͤhnern nicht recht zu machen, verſtanden zu haben. Ich beſorgte, die Unterbindungen moͤchten entweder zu ſtark, oder zu ſchwach geweſen ſeyn; ich befuͤrchtete das Band entweder zu fruͤh, oder zu ſpaͤt weggenommen zu haben. Mit einem Worte, es kam mir nichts unglaublicher vor, als daß die Unterbindung unmuͤtz oder gar ſchaͤdlich ſeyn ſollte. Mitten in dieſen Zweifeln entſchloß ich mich, meine Verſuche auf einige andere ö Arten vvn Thieren auszudehnen, und ich wählte dazu die Kaninchen und Meerſchweine. EZ Verſuche mit den Meerſchweinen. Ich band einem Meerſchweine die Pfote feſt, und ließ es verſchiedene mal von zwey Vipern an eben dieſe Pfote beißen. Nach zwanzig Stunden nahm ich das Band weg. Die Pfote war dick und blau geworden. Nach dreyſſig Stunden war ſie nicht mehr ſo blau, aber noch mehr angeſchwollen, das Meerſchwein genas nach vier Tagen. Ich ließ einem Meerſchweine die Pfote von einer Viper beißen, und wenige Secun: den nachher legte ich ein Band darum. Nach einer Stunde waren die Zeichen der Krank⸗ heit an der gebiſſenen Pfote zu ſehen. Ich nahm das Band weg. Nach zehn Stunden ſahe man kaum noch Merkmale, daß es gebiſſen worden war. i Ich ließ ein Meerſchwein wiederholte mal von einer Viper ans Bein beißen, und eine Minute unterband ich es. Nach funfzehn Minuten war das Bein angeſchwollen und blau. Ich nahm das Band weg. Nach zehn Stunden hatte es noch kaum einige Zeichen der Krankheit. Es war nach vier und zwanzig Stunden völlig geheilt. 5 Ich ließ einem Meerſchweine mehrmal von drey Vipern das Bein beißen, und eine Minute darauf unterband ich es. Nach zwey Minuten waren ſchon Zeichen der Krankheit da. Nach zwanzig Stunden war die Pfote ſehr angeſchwollen und blau; nach vier und zwanzig Stunden gab das Bein Blut und Waſſer von ſich. Nach Verlauf von zwey Tagen war es über der Unterbindung etwas aufgeſchwollen. Zehn Stunden weiter bin bedeckte ſich der gebiſſene Theil mit einer Kruſte. Nach ſechs Tagen war er völlig 80 F 263 Ich ließ ein Meerſchwein verſchiedene mal von einer Viper ans Bein beißen, und zwey Minuten nachher unterband ich es ihm. In zwanzig Minuten nahm ich die Binde wieder ab. Es waren ſchon Zeichen von Krankheit am Beine zu ſehen. Nach einer Stunde war bie Geſchw⸗ ft bis zur Stelle der Unterbindung hinaufgeſtiegen. Es ſtarb nach Verlauf von zwanzig Stuaden mit dem aufgeſchwollenen und blauen Beine, und die blaue Farbe erſtreckte ſich bis zu den Muskel des Unterleibes und der Zrufts Ich ließ ein Meerſchwein von einer Viper verſchiedene mal ans Bein beißen, und unterband es nach zwey Minuten. Nach zwanzig Minuten nahm ich das Band weg— Es waren Zeichen von der Krankheit am Beine zu fehen, Nach ſechs Stunden war das Bein noch ein wenig aufgeſchwollen, aber nicht blaͤulich⸗ Nach vier und zwanzig Stun⸗ den war es geheilt. Ich ließ ein eben ſolches Meerſchwein, wie das vorher! 12 „von zwey Vipern wiederholte mal beißen, und unterband ihm das Bein nach einer Minute. Nach Verlauf von dreyßig Minuten nahm ich das Band weg. Es hatte Zeichen von der Krankheit am Beine; aber es genas in weniger als drey Tagen. Ich ließ einem Meerſchweine von einer Viper wiederholte mal das Bein beißen; und unterband es nach Verlauf von zwanzig Secunden. Ich nahm das Band nach funf— zehn Minuten weg. Es war ſchon ein Zeichen von Krankheit am Beine zu ſehen. Nach zwey andern Minuten nahm ich wahr, daß es mit dem Kopfe zitterte, als wenn es Zu⸗ ckungen haͤtte. Es ſtarb nach vier Stunden. Alle Muskeln des Beins, des Unterleibes und der Bruſt waren blau und entzuͤndet. Ich ließ ein anderes Meerſchwein von einer Viper mehrmahls ans Bein beißen, und alſobald darauf unterband ich es. Nach dreyzehn Minuten nahm ich das Band weg. Es hatte am Beine die Zeichen der örtlichen Krankheit. Nach zwey und dreyßig Stun— den war kaum noch ein Zeichen von Krankheit daran zu ſehen. Nach zwey und vierzig Stunden war es voͤllig geheilt. f Aus den bisher erzaͤhlten Verſuchen ſcheint es zu felgen, daß die Unterbin— dung ein hinlaͤngliches Mittel iſt, die Meerſchweine von dem Vipernbiſſe an den Don zu heilen. Es fehlte mir ein n vergleichender Verſuch, um mich zu verſichern, daß der Biß der Viper für dieſe Art von Thieren toͤdlich wäre. Ich ließ ſechs Meerſchweine⸗ die in allen Stuͤcken denen ähnlich waren, von denen ich oben geredet habe, von einer einzigen Viper ans Bein beißen. Sie ſeorken alle ſechs in weniger, als zwoͤlf Stunden. Ob ich gleich von dem Nutzen der Unterbindung uͤberzeugt war, fo glaubte ic) doch, es würde gut ſeyn, wenn ich meine Verſuche noch mehr wiederholte, und fie in einigen Umſtäͤnden abaͤnderte. 505 Ich ließ das Bein eines Meerſchweins verſchiedene mal von einer Viper beißen, und darauf unterband ich es, aber ſehr ſchwach. Nach dreyßig Minuten nahm ich das Band weg. Es hatte an dem gebiſſenen Theile alle Zeichen der Krankheit. Inzwiſchen nach zehn Stunden war er kaum noch blau und geſchwollen. Nach dreyßig Stunden war er vollig geheilt. Ich ließ ein Meerſchwein verſchiedene mal von einer Viper ans Bein beißen, 2 unterband es alſobald nachher noch ſchwaͤcher, als im vorhergehenden Verſuche. Nach Verlauf einer Stunde nahm ich das Band weg. Nach zehn Stunden war kaum ein Zei⸗ chen der Krankheit zu ſehen. Nach vierzig Stunden war es geheilt. Ich ließ ein Meerſchwein verſchiedene mal von einer Viper an das Bein beißen, und unterband es alſobald, vielleicht noch ſchwaͤcher, als oben. In zwey Stunden nahm ich das Band weg, und fand das Bein ſehr blau und aufgeſchwollen. Nach zehn Stun⸗ den ſahe alles beſſer aus; nach vier und zwanzig Stunden war kaum noch ein Zeichen von Krankheit zu ſehen. Ich ließ einem Meerſchweine mehrmals von einer Viper das Bein beißen, und nach zwey Minuten unterband ich es. Nachdem ich es gebunden hatte, ſo ließ ich es von einer zweyten Viper noch verſchiedene mal beiſſen. Nach dreyßig Minuten nahm ich das Band weg, welches ſehr los ſaß. Nach vier und zwanzig Stunden war das Bein ſehr blau und geſchwollen. Es genas in fünf Tagen. Ich ließ einem andern Meerſchweine das Bein verſchiedene mal von einer Viper beiſſen, und nach zwey Minuten unterband ich es. Darauf ließ ich es von einer zweyten Viper beiſſen. Nach zwanzig Minuten nahm ich das Band weg, welches ſehr ſchwach war. Nach Verlauf von vier und zwanzig Stunden ſahe man kaum noch ein Zeichen von Krankheit. 8 f Ich ließ abermals einem Meerſchweine das Bein von einer Viper wiederholte mal beiſſen. Nach drey Minuten verband ich es, und darauf ließ ich es von neuem von einer andern Viper beißen. Nach vier und zwanzig Stunden, blieb kaum noch ein Sen v von Krankheit am Beine zuruͤck. Der Nutzen der Unterbindung ſcheint hier immer mehr 1 zu werden; und es ſcheint ſogar, daß eine ſehr ſchwache Unterbindung hinreichend if, Es iſt zwar wahr, daß man fie einige Zeit daran laſſen muß, denn ſonſt entſteht die innerliche Krankheit in dem Thiere und es ſtirbt kurze Zeit darauf an derſelben. Verſchiedene Verſuche die ich mit Meerſchweinen angeſtellt habe, welche ich wie oben von Vipern beiſſen ließ, haben mir gezeigt, daß, wenn man die Unterbindungen zehn Minuten, oder auch noch laͤnger nachher wegnimmt, nachdem ſie gebiſſen worden ſind, alsdann das Thier ſehr geſchwind, und zwar an der innerlichen Krankheit ſtirbt, Es — RILe® LE Eee 265 Es iſt nicht ſchwer zu erkennen, wenn die Meerſchweine an der innerlichen Krank⸗ heit ſterben. Sobald als die Krankheit anfaͤngt, ſich innerlich fortzupflanzen, ſo drehet das Meerſchwein den Kopf nach allen Seiten, und ſcheint Zuckungen zu haben. In die⸗ ſem Falle iſt der Tod gewiß, und ereignet ſich wenige Zeit nachher. Ich babe dieſe Ver⸗ ſuche mit ſehr kleinen Meerſchweinen angeſtellt, und fie fo gewaͤhlt, damit meine Verſuche weniger zweydeutig ſeyn moͤchten. Verſuche mit den Kaninchen. Ich war nicht zufrieden, die Unterbindung bey den Meerſchweinen verſucht zu haben, ich wollte ſie auch bey den Kaninchen unternehmen. Ich habe mich insgemein kleiner Kaninchen, noch unter mittelmaͤßiger Groͤße bedient. Ich ließ einem Kaninchen das Bein verſchiedene mal von zwey Vipern beiſſen, und den Augenblick darauf unterband ich es. Nach neun Stunden blutete das Bein, und war ſehr aufgeſchwollen. In dieſem Zuſtande nahm ich das Band weg. Zwoͤlf Stunden nachher war das Bein blau und brandig. Es ſtarb nach dreyßig Stunden. Ich ließ einem andern Kaninchen das Bein mehrmal von zwey Vipern beißen, und unterband es nach drey Minuten. Nach anderthalb Stunden nahm ich das Band weg. Nach ſechs Stunden war das Bein ſehr angeſchwollen und an der gebiſſenen Stelle ſehr blau. Nach dreyßig Stunden ſahe man kaum noch einige Geſchwulſt, aber es war noch blau. Nach drey Tagen ſchien das Thier geheilt zu ſeyn. Ich ließ verſchiedene mal von zwey Vipern das Bein eines dritten Kaninchen beiſ⸗ ſen, und * es in zwey Minuten. In einer Stunde nahm ich das Band weg. Das Bein war geſchwollen. Nach vier und zwanzig Stunden gab es Feuchtigkeit von ſich; nach drey Tagen war die Haut aufgebrochen, und es hatte ſich ein Geſchwuͤr darinn gebildet. Nach ſechs Tagen war das Kaninchen vollkommen gegeilt. f Ich ließ ein Kaninchen wiederholte mal von zwey Vipern ans Bein beiſſen, und vier Minuten darauf unterband ich es ihm. Nach anderthalb Stunden nahm ich das Band ab. Nach vier Stunden war das Bein ſehr geſchwollen, und gab viele Feuchtig— keit von ſich. Das Kaninchen ſtarb nach ſechs und dreyßig Stunden. Die Geſchwulſt des Beins war uber die gebundene Stelle geſtiegen, wo es auch blau war. Ich ließ drey Kaninchen ans Bein beiſſen, wie oben; aber ich bediente mich der Unterbindung nicht, damit ſie mir zu Vergleichungen dienen möchten. Zwey davon ſtar⸗ ben in dreyzehn Stunden. Das dritte hatte eine De Krankheit und ein Geſchwuͤr am Beine; aber es blieb am Leben. Sontana II. Band. LI Die 266 Die bisher mit den Kaninchen angeftellten Verſuche ſcheinen zu beweiſen, daß die Unterbindung kein ſicheres Mittel wider den Vipernbiß bey dieſen Thieren iſt; man hat geſehen, daß einige ungeachtet der Unterbindung ſterben; und daß ſie nicht alle ohne die Unterbindung umkommen. Ich habe dieſe Verſuche mit acht andern Kaninchen wieder⸗ holt, welche ich jedes von zwey Vipern ans Bein beiſſen ließ. Die Unterbindung wurde nicht eher, als nach ſechs Stunden, weggenommen. Fünf farben, und drey wurden nur geheilt. Da ich ſahe, daß die bloſſe Unterbindung ſich nicht für alle Thiere ſchickte, ſo wollte ich verſuchen, ob ſie in Verbindung mit Einſchnitten nuͤtzlich werden koͤnnte; und da die oͤrtliche Krankheit zum Theil aus geronnenem, und zum Theil aus aufgelöftem Blute beſteht, welch es die feſten Theile anfrißt, und brandig macht, ſo habe ich geglaubt, mit den Einſchnitten noch ein faͤulniß widriges Mittel, wie die Fiberrinde verbinden zu muͤſſen. Unterbindungen und Einſchnitte, welche bey Huͤhnern und Kaninchen gemacht wurden. Ich ließ ein Kaninchen von zwey Vipern ans Bein beiſſen, und unterband es ihm alſobald; nach zwey Stunden war das Bein angeſchwollen, blaͤulich und blutig. In dieſem Zuſtande machte ich vier laͤnglichte Einſchnitte an dem Beine, an der Stelle, wo die Viper hingebiſſen hatte, und ich wiſchte mit Leinwand das Blut ab, welches aus den Einſchnitten kam. Ich fand, daß die Muskeln bey dieſem Verſuche ſchon Zeichen bes Brandes hat⸗ ten. Das Kaninchen ſtarb nach Verlauf von zehn Stunden. Ich ließ ein Huhn auf eben die Art von zwey Vipern beiſſen, und unterband ihm das Bein alſobald. Nach zwey Stunden war das Bein geſchwollen und blau. Ich machte die Einſchnitte wie oden. Nach vier Tagen bedeckte ſich das Bein mit einer feſten Kruſte, und das Huhn war nach Verlauf von zehn Tagen geheilt. Ich ließ ein anderes Huhn von zwey Vipern ans Bein beiſſen, und unterband es einen Augenblick nachher. Zwey Minuten darauf machte ich die Einſchnitte an dem Bei⸗ ne, ich wuſch wit warmen Waſſer das Blut lange aus den gebiffenen Wunden, und ums wickelte das Bein mit Leinwand. Nach zwey Tagen bildete ſich eine ſchwarze Kruſte auf dem Beine. Nach viertehalb Tagen ſtarb das Huhn. Ich ließ abermals ein Huhn von zwey Vipern ans Bein beiſſen, ich unterband es alſobald, ich machte Einſchnitte darinn, und wuſch es mit warmen Waſſer ans. Da dieſes geſchehen war, ſo ſtreuete ich reichlich Chinapulver in die Einſchnitte des Beins, und bedeckte alles mit Leinwand; nach Verlauf von zwanzig Stunden nahm ich das Band weg. Das Huhn genas in wenig Tagen. 30 267 Ich wiederholte dieſen Verſuch unter eben denſelben Umſtaͤnden mit einem andern Huhne. Nach zwanzig Stunden nahm ich das Band weg; nach andern zwanzig Stun⸗ den ſtarb das Huhn. Ich ließ zwey kleine Hühner, jedes von zwey Vipern verſchiedene mal ans Bein beiſſen, und unterband ſie kurze Zeit nachher. Ich machte die Einſchnitte und wuſch fie lange mit flüchtigen Laugenſalze in vielem Waſſer aufgeldſt. Nach acht Stunden nahm ich dem einen das Band weg, und dieſes ſtarb drey Stunden nachher. Nun loͤſte ich auch dem andern das Band ab, welches nach zwey Tagen ſtarb. ITIch ließ ein Huhn von zwey Vipern ans Bein beiſſen. Ich unterband es, machte Eiaſchniete in daſſelbe, wuſch es ab, und beſtreuete es reichlich mit Chinapulver. Es ſtarb nach Verlauf von ſieben Stunden, ehe einmal das Band wieder abgenommen war. Ich ließ ein anderes Huhn von zwey Vipern ans Bein beiſſen, und gleich darauf unterband ich es. Ich machte ihm Einſchnitte, und befeuchtete das Bein mit warmen Waſſer, worinn gemeines Küͤchenſalz aufgelöft war. Es ſtarb nach ſechszehn Stunden, ſelbſt ehe es losgebunden war. 5 Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit zwey andern Huͤhnern, und bediente mich der Salzaufloͤſung, wie oben. Nach vier und zwanzig Stunden nahm ich das Band ab; vier und zwanzig Stunden darauf ſtarben ſie alle beyde. Bey zwey andern gebiſſenen Huͤhnern, wie oben, bediente ich mich nach dem Ein— ritzen eines Chinaaufguſſes. Nach zwanzig Stunden nahm ich das Band ab. Sie ſtar⸗ ben alle beyde zwanzig Minuten nachher. Ich ließ ein anderes Huhn von zwey Vipern beiſſen, und unterband das Bein alſobald. Ich machte Einſchnitte in daſſelbe, ich wuſch es ab, und hielt es fünf und zwan⸗ zig Minuten lang in Kalkwaſſer, welches ich hatte warm machen laſſen. Nach zwanzig Stunden nahm ich das Band weg. Es ſtarb nach Verlauf von drey Tagen. Ich machte eben denſelben Verſuch mit einem andern Huhn. Ich hielt ihm das Bein zwey Stunden lang in warmes Kaltwaſſer. Ich nahm nach zwanzig Stunden das Band weg. Es ſtarb nach fuͤnf und dreiſſig Stunden. N Ich wiederholte das Unterbinden und die Einſchnitte noch bey zwoͤlf andern Hüͤh⸗ nern; es wurde ein jedes von zwey Vipern ins Bein gebiſſen, und das Bein ſogleich un— terbunden. Vier wurden geritzt, und eine Stunde lang in einen ſtarken Chinaaufguß mit warmen Waſſer getaucht. Vier wurden eine Stunde lang in warmes Waſſer mit flüchtigem Laugenſalz, und die vier andern in bloſſes warmes Waſſer gehalten. Ich be⸗ deckte die Beine mit Leinwand. Nach ſechs ea nahm ich die Binden weg. Es 22 . ſtarben 263 d = ftarben drey von denen, die mit der China behandelt waren, zwey von denen mit warmen Waſſer, und drey von denen mit dem fluͤchtigen Laugenſalze. 1 Das letzte Reſultat von ſo vielen Verſuchen mit der Unterbindung wider den Vi⸗ pernbiß beweiſet weder dieſe Gewißheit noch dieſe Allgemeinheit, welche man im Anfange vermuthet haͤtte. Ich will nicht ſagen, daß die Unterbindung gaͤnzlich als unnüß zu ver⸗ werfen waͤre, denn wir haben fie als ein gewiſſes Mittel für die Tauben und die Meerſchweine gefunden. Sie kann es alfo für andere Thiere ſeyn, und vielleicht moͤgte fie für alle nuͤtz⸗ ſich ſeyn, wenn man die Umſtaͤnde beffer kennte, in welchen man fie anwenden muß. Es ſcheint überhaupt, daß man nichts von den Einſchnitten, fie mögen groß oder klein, mehr oder weniger einfach ſeyn, erwarten duͤrfe, weil man geſehen hat, daß ſelbſt diejenigen Thiere mit dieſer Operation geſtorben ſind, die ſehr leicht mit bloſſen Unterbindungen zu heilen geweſen waͤren. { 5 a e Da die Unterbindung das Blut in dem Theile zuruck Hält, fo bringt fie eine groͤſ⸗ ſere örtliche Krankheit zuwege, und macht den Theil leichter zum Brande geneigt. Aus dieſem Grunde muß die Unterbindung auch ſo leicht ſeyn, und fo geſchwind weggenom⸗ men werden, als moͤglich iſt. Ich getraue mir nicht zu entſcheiden, von was für einem Nutzen fie für den Men⸗ ſchen ſeyn möchte, weil ich keine eigentliche Erfahrungen darüber habe. Allein da ich der Meinung bin, daß der Vipernbiß für den Menſchen nicht von Natur toͤdtlich ift, fo kann die Unterbindung in dieſem Falle wohl weiter nichts thun, als die Krankheit leichter zu machen; und vielleicht moͤgte eine ſehr leichte Unterbindung hinreichend ſeyn; vielleicht würde man fie auch in kurzer Zeit wieder wegnehmen koͤnnen. Aber es find Verſuche noͤ⸗ thig, um uns in den Stand zu ſetzen, gewiß daruber zu urtheilen, und die Erfahrungen bey den Menſchen find ſehr ſelten. 8 Ich wollte ſehen, ob die Krankheit, welche das Viperngift bey den Thieren ver⸗ urſacht, gelinder wird, wenn man unter, oder uͤber, oder auf die gebiſſene Stelle Ein⸗ ſchnitte macht. Es ſcheint naturlich zu ſeyn, daß man annehme, daß, da das Gift der Viper durch den Weg des Blutlaufs in den Koͤrper kommt, daß es auch in die Theile gehen muß, die man eigentlich verwundet, wenigſtens in die Theile, die der gebiſſenen Stelle am naͤch⸗ ſten ſind. In diefem Falle wäre es auch ſehr wahrſcheinlich, daß, weil die Menge des Gifts auf ſolche Art abnaͤhme, da es ſich in mehrere Theile vertheilte, nicht allein die in⸗ nerliche Krankheit, ſondern auch die aͤuſſerliche abnehmen muͤßte, und daß man durch dieſes Mittel dem ortlichen Brande vorkommen, oder ihn weniger gefährlich machen konnte. Aber folgende Verſuche zeigen, wie wenig Werth man auf Beweiſe aus der Ana⸗ logie und auf Gründe der Wahrſcheinlichkeit in Erfabrungsfachen ſetzen kann. Ich 269 N Ich ließ von einer einzigen, aber ſehr groſſen Viper einem Huhne verſchiedene mal ans Bein beiſſen. Ich machte zwey kleine Einſchnitte auf der inwendigen Seite des Beins über und unter der gebiffenen Stelle. Das Huhn ſtarb nach Verlauf einer Stunde mit einer ſehr betraͤchtlichen Krankheit an dem gebiſſenen Theile; aber ohne die geringſte Ver⸗ änderung in den beyden kuͤnſtlichen Wunden. Ich ließ ein anderes Huhn verſchiedene mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und machte einen Einſchnitt in die Muskeln der gebiffenen Stelle gegenüber, und einen andern in die Muskeln des andern Beins. Sechs Stunden nachher bekam das Huhn eine heftige Krankheit. Nach dreiſſig Stunden war das Bein blau, ſelbſt in einer groſſen Entfernung von der gebiſſenen Stelle. Nach Verlauf von ſechszig Stunden ſtarb das Huhn mit dem kalten Brande an dem Theile. Ich bemerkte in dieſer ganzen Zeit gar kein Zeichen von Veränderung in den beyden Einſchnitten. Ich habe eben dieſen Verſuch mit eben dem Erfolge bey verſchiedenenen Thieren wiederholt, und niemals wahrgenommen, daß die kuͤnſtlichen Wunden von dem Gifte an⸗ gegriffen waͤren; ſo daß es eine ausgemachte Wahrheit zu ſeyn ſcheint, daß das Gift, wenn es einmal ins Blut gebracht iſt, und mit dieſer Fluͤſſigkeit herumlaͤuft, den Tod ver⸗ urſachen; aber niemals die bloſſen Einſchnitte vergiften kann, die man ſelbſt in der Nach⸗ barſchaft der gebiſſenen Stelle macht. Ich weiß wohl, daß ich zu weitlaͤuftig geweſen bin. Ich haͤtte kuͤrzer, und viel⸗ leicht auch deutlicher ſeyn koͤnnen, wenn ich die ſynthetiſche ſtatt der analytiſchen Methode befolgt haͤtte. Ich habe aber dieſe vorgezogen. Ich habe meine Verſuche in eben der Ordnung vorgetragen, wie ich ſie gemacht habe. Ich habe kein Bedenken getragen, ſelbſt meine Irrthuͤmer mit anzuzeigen, und zu zeigen, wie oft ich genoͤthigt geweſen bin, mei— nen Weg wieder zuruck zu gehen. Die analytiſche Methode iſt für den Schriftſteller ge⸗ wiß nicht die kuͤrzeſte, noch die guͤnſtigſte; aber fie iſt die ſicherſte, die deutlichſte, die ein⸗ zige, welche gerade zur Entdeckung führt, Sie erweckt bey dem Leſer alles Zutrauen; fie zeigt, wie der Beobachter die Natur gefragt hat, und wie die Natur dem Beobachter darauf antwortete. Man ſteht zu gleicher Zeit alle Fehler desjenigen, der beobachtet, feine Bemühungen zur Wahrheit zu gelangen, und die Schwierigkeit dazu zu kommen. Die Werke, welche etwas neues vortragen, ſollten alle nach dieſer Methode ge⸗ ſchrieben ſeyn, mit welcher wir bis hieher gekommen ſind. Wenn man die Mittel ſaͤhe, die zur Entdeckung geführt haben, fo-mürde man beſſer von dem Verdienſte des Werks und den Meinungen des Verfaſſers urtheilen koͤnnen. Man würde darinn nicht das ge- heimnißvolle, und diejenige Zuruͤckhaltung finden, welche in allen Werken herrſcht, die nach der ſynthetiſchen Methode abgefaßt find, und in denen man die Wege vermißt, welche zur Entdeckung geführt haben. Aber der Menſch mag lieber bewundert werden, als nützlich ſeyn, lieber Wunderdinge ſagen, als die Wahrheit, lieber zuruͤckhaltend feyn, als wichtig. ig Ich 270 r 5 Ich habe mehr als ſechs tauſend Verſuche gemacht; mehr als vier tauſend Thiere von Vipern beiſſen laſſen; ich habe mehr als drey tauſend Vipern gebraucht, und doch kann ich mich geirret haben; es kann mir ein weſentlicher Uuſtand entgangen ſeyn; einen andern kann ich vernachlaͤſſigt haben, weil ich ihn nicht fuͤr nothwendig achtete. Meine Schluͤſſe koͤnnen zu allgemein gemacht, und meine Verſuche in zu geringer Anzahl geweſen ſeyn. Mit einem Worte, es iſt ſehr leicht moglich, daß ich mich geirret habe; und es moͤchte wohl faſt unmoͤglich ſeyn, daß ich mich niemals in einer fo ſchweren, fo dunkeln, und noch fo neuen Sache geirrt haben ſellte. Es muß mir genug ſeyn, daß ich verſichern kann, daß ich nichts niedergeſchrieben, als was ich geſehen, oder wenigftens, zu ſehen ge⸗ glaubt habe. ee re . Judem ich mein Tagebuch von Verſuch wieder durchlas, fo fand ich dag Fehler darinn waren, und daß ich an einigen Stellen geſchrieben hatte, was ich unmoͤglich beob⸗ achtet haben konnte. Es iſt mir auch einige mal beym Abſchreiben des Tagebuchs begeg⸗ net, daß ich anders ſchreiben mußte, als ich las. Dies iſt eine neue Quelle von Irrthuͤ⸗ mern, in welche ich leicht gefallen ſeyn kann. Wie wenig ſind wir ſelbſt ſolcher Dinge gewiß, welche wir am beßten zu willen glauben, und in denen wir am wenigſten uns zu irren fuͤrchten! Ich kenne nur eine Klaſſe von Menſchen, welche ſich niemals irren, und das find diejenigen, welche niemals etwas thun, welche niemals beobachten, welche nie⸗ mals Verſuche machen. Alle andere irren ſich, und ſie irren ſich um ſo viel mehr, je mehr Verſuche ſie anſtellen. Aber man muß deswegen doch nicht unterlaſſen, die Natur zu fragen, und man darf nicht erroͤthen, da ein Newton ſich geirret hat, da er ſich in blofs fen Erfahrungsſachen geirret hat, dieſer Newton, der ſich faſt niemals in den ſchwerſten Rechnungen irrte. 80 Ich muß noch anmerken, daß ein Theil meiner Verſuche über das Viperngift in der ſtrengſten Jahrszeit, im Winter gemacht iſt. Es iſt leicht einzuſehen, daß die Vi⸗ pern, deren ich mich bediente, nicht ihre voͤllige Munterkeit haben konnten; daß ſie die Thiere mit weniger Kraft beiſſen mußten, und daß ſie, da ſie ſeit vielen Monaten nicht ge⸗ fuͤttert waren, nicht fo viel Gift haben konnten. Ich glaube fehr gern, daß in einer gün- ſtigen Jahrszeit, wie im Sommer, und in einem waͤrmern Himmelsſtriche die Wirkungen einigermaſſen verſchieden, und im ganzen groͤſſer geweſen ſeyn müßten, 2 Ich kann auch von denjenigen hintergangen ſeyn, die mir die Vipern verſchafften. Ich hatte anfangs die Gewohnheit, ihnen eben diejenigen Vipern wieder zu geben, deren ich mich zum Beiſſen der Thiere bedient hatte, und die ich nicht zu toͤdten brauchte. Ich habe wohl Urſache zu glauben, daß man mir zum zweyten mal diejenigen Vipern wieder verkauft hat, die ich ſchon gebraucht hatte; aber ſobald ich dieſes merkte, ſo entſchloß ich mich, alle Vipern zu toͤdten, nachdem ich mich derſelben zu meinen Verſuchen be⸗ dient hatte. Aus 271 Aus allen dieſen Gruͤnden, und vielleicht noch vielen andern, die ich nicht kenne, koͤnnen meine Verſuche vielleicht einiger Veränderung fähig ſeyn, wenn man ſie wieder— holen wollte; aber alles dieſes wird dennoch die Hauptwahrheiten nicht ungewiſſer machen; welche ich daraus hergeleitet hobe. Ich hoffe, daß man in meinem Werke die Verſuche von den Schluͤſſen, die Beobachtungen von den Folgen daraus unterſcheiden werde. Wenn meine Folgerungen falſch, wenn meine Schlüffe nicht richtig find, fo werden es meine Leſer ſogleich einſehen. Und alsdann werden ſie zu keinem Irrthum Anlaß geben. Aber wenn ich mich in den Erfahrungen ſelbſt geirret habe, wenn ich nicht richtig beob- achtet habe, fo koͤnnen ſich meine Irrthuͤmer weiter fortpflanzen, und zu falſchen Theorien. Anlaß geben. Daher habe ich geſucht, in den Erfahrungsſaͤtzen fo genau als moͤglich zu ſeyn. Ich habe viele Erfahrungsſaͤtze mit einiger Uinſtaͤndlichkeit vorgetragen; ich habe in vielen Stellen die Erfahrungen weitlaͤuftig und in groſſer Anzahl beſchrieben. Ich haͤtte kuͤrzer ſeyn koͤnnen; ich haͤtte bloſſe Reſultace anführen koͤnnen; aber alsdann haͤtte man mir auf mein Wort glauben, und dem Vergnügen entſagen müffen, ſelbſt zu urthei⸗ len; und dies allein leitet doch zur Deutlichkeit und Ueberzeugung. Uebrigens betrift der gröffefte Theil der Verſuche ganz neue Gegenſtaͤnde, uber welche man noch nichts gethan, oder übel beobachtet hatte. Es war alſo noͤthig, ihnen einige Art von Umſtaͤudlichkeit zu geben, und ich hoffe, daß meine Leſer es mir Dank wiſſen werden, daß ich es gethan habe. f Jetzt, da wir eine Grundlage von Verſuchen, und gewiſſen Erfahrungen uͤber das Biperngift haben; wird es dem Beobachter leichter ſeyn, feine Unterſuchungen fort⸗ zuſetzen, und ſie mit mehr Kuͤrze darzuſtellen. Anhang Anhang zu den Unterſuchungen uͤber das Viperngift. 1 Zoey Jahre nachher, nachdem ich zu Paris, wo ich mich damals aufhielt, die Verſuche über das Viperngift gemacht hatte, welche in dieſem Werke erzaͤhlt find, benachrichtige man mich zu London, wo ich einige Zeit war, daß man endlich in Italien ein ſicheres ſpe⸗ eiſiſches Mittel wider den Biß dieſes Thiers entdeckt hätte. Da es mir in Frankreich, und verſchiedene Jahre vorher in Italien, ſo wenig gelungen war, ein wirkſames Mittel wider das Viperngift zu finden, fo erregte dieſe Nachricht in mir die groͤſſeſte Begierde, mein Werk mit einer ſo wichtigen Entdeckung zu bereichern. Se. Excellenz, der Herr Graf de Belgioyoſd, Geſandter vom Wiener Hofe zu London, welcher die Wiſſenſchaften liebt, weil er ihre Wichtigkeit kennt, hatte die Gewo⸗ genheit, mir nicht allein die Abhandlung zu verſchaffen, welche in Italien über dieſes Mittel herausgekommen war, ſondern mir auch ein Geſchenk von einem ſolcher Steine zu machen, welche den Gegenſtand dieſer Abhandlung ausmachen, und denen man die Sigen⸗ ſchaft beylegt, daß fie den Vipernbiß heilen koͤnnen. Er hatte ihn von Milano bekom⸗ men, und er war von dem Verfaſſer der Abhandlung ſelbſt bereitet worden. Man zeigte mir bey dieſer Gelegenheit verſchiedene Briefe von Milano und von Wien, welche Wun⸗ der von dieſem ſchon beruͤhmten Mittel erzaͤhlten. Dieſe Wunderwerke waren, ſagte man, zu Milano gethan, und man verſicherte, daß die beßten Aerzte dieſer beruͤhmten Stadt dabey gegenwärtig geweſen wären, Man ſetzte hinzu, fie wären ſogar fo weit ge⸗ kommen, die ſeltene und ſehr wichtige Entdeckung zu machen, daß die fo geruͤhmten Co⸗ bras Steine nichts anders wären, als verkalchtes Hirſchhorn. f Die Abhandlung, welche ich las, hatte zum Titel: Abhandlung uͤber die Wirkſam⸗ keit eines Gegengifts wider das Viperngift, von dem Herrn Abbt Tecmeyer, *) Sie enthaͤlt verſchiedene Verſuche, die Aufmerkſamkeit verdienen, und darauf abzwecken, zu beweiſen, daß das verkalchte Hirſchhorn ein gewiſſes Mittel wider den Vipernbiß ſey. Das Leſen dieſer Abhandlung erregte bey mir noch mehr Luſt, mich ſelbſt von der Wirkſamkeit des geprieſenen Huͤlfsmittels zu überzeugen, weil das einzige Mittel, fid) von einer Wahrheit zu uͤberzeugen, die man durch Verſuche erfahren kann, darinn beſteht, daß man zu den Verſuchen ſelbſt feine Zuflucht nehme. Die verſchiedenen Curen, welche Herr Tecmeyer erzaͤhlt, ſie moͤgen ſo glaͤnzend und auſſerordentlich ſeyn, wie ſie wollen, ſind doch nicht zahlreich genug, noch fo viel verändert, als ich es wenigſtens in einer fo wichti⸗ gen Materie gewünfcht hätte, Eben fo wenig konnte ich begreifen, wie das Hirſchhorn, bloß ) Dieſe Schrift war mit in der Raccolta di Opufeoli ſeelei di Milano, abgedruckt. u. un 273 bloß zur Schreaͤrze verkalcht, wie Herr Tecmeyer will, ein gewiſſes Mittel ſeyn ſollte, da doch das weiß verkalchte Hirſchhorn, wie ich es in Frankreich verſucht hatte, ſich mir ganz unwirkſam bewieſen hatte. Ich hielt es jedoch fuͤr nothwendig, ehe ich beſtimmt darüber urtheilte, eine groͤſſere Menge von Verſuchen, und zwar bey verſchiedenen Thie- ren, mit dieſem Steine anzuſtellen, welchen ich mit dem Verfaſſer ſo nennen will. Es iſt auch wahr, daß es mir vorkam, als ich dieſe Abhandlung noch einmal wieder durchlas, daß der Verfaſſer feinem neuen fpecififchen Mittel zu viel Kraft beygelegt bat, und daß viele Dinge darinn befindlich ſind, die mit gar zu vieler Leichtigkeit angenom⸗ men, oder nicht hinlaͤnglich bewieſen, oder nicht ganz gewiß ſind. { Er iſt zum Beyſpiel der Meinung, daß das kleine Stuͤck gebranntes Hirſchhorn, wenn es aͤuſſerlich auf die von der Viper gemachte Wunde gelegt wird, vermittelſt der Kraft des flüchtigen Laugenſalzes heilt, welche das Hirſchhorn enthält, woraus jenes gemacht iſt. : Er behauptet, daß das Viperngift hauptſaͤchlich aus einem ſauern Salze beſtehe, und er führe das Zeugniß des Mead, und feine eigenen mit dem Microſcop gemachten Beobachtungen zu Beweiſen an. Er ſagt ſogar, er habe mit dem Gifte die aufgeloͤſte Tourneſolfarbe in roth verwandelt. — ö Er glaubt, daß das gebrannte Hirſchhorn das Viperngift einſauge, weil es die Milch gelb faͤrbt, wenn man es von der gebiſſenen Stelle abnimmt. Er findet ſein Mittel wirkſam wider dieſes Gift, ſelbſt zehn und mehr Stunden nachher, nachdem die Viper das Thier gebiſſen hat, wenn es ganz angeſchwollen iſt, die heftigſten Zufaͤlle leidet, und die gewiſſeſten Zeichen eines nahen Todes hat. : Er findet es eben fo wirkſam wider den Biß des tollen Hundes; und feine gute Meinung von dieſem Wunderſteine iſt ſo groß, daß er glaubt, durch ſeine Kraft die Wun⸗ den geheilt zu haben, die ein Tiger mit ſeinen Zaͤhnen und Klauen einem Manne im Ruͤcken geriſſen hatte. . Endlich haͤlt er es nicht fuͤr unmoͤglich, daß ein Zahn des Caiman, eines Am⸗ phybiums, das eine Art Crocodill iſt, wenn man ihn bloß in der Taſche trage, den Bi: pernbiß heilen koͤnne. Ex behauptet darauf, daß Redi ſich geirret habe, da er glaubte, daß die Cobras⸗ Steine kein ſpeeifiſches Mittel wider den Vipernbiß ſeyen, und er iſt der Meinung, daß die⸗ fer berühmte Arzt feine Verſuche mit verfaͤlſchten Steinen angeſtellt habe. Das kann moͤglich ſeyn; aber wenn die aͤchten und die wirkſamſten Steine weiter nichts ſind, als ein Stück ſchlecht verkalchtes Hirſchhorn, fo ſehe ich nicht ein, warum man Bedi haͤtte betrugen ſollen, dadurch daß man ihm unaͤchte Steine für gute gab, da man fo wenig Sontana II. Band. Mm Muͤhe Muͤhe noͤthig hat, gute zu verfertigen. Uebrigens ſcheint es nicht, daß Kämpfer ſehr viel von den guten Steinen hielt, die von den Indianern de Cobras di capello genannt werden, noch daß er das geringſte Zutrauen darauf ſetzte. Er ſpricht in feinen Amoenit. exotic. wie folgt, davon: De efhcacia hujus lapidis, & quae in dies cum ipfo diftin- guuntur in India experimentis multa dicenda, inquirenda dubitanda venirent ). Sal- tem fateor ingenue penes me valorem lapidis ſemper manſiſſe in ſuſpenſo, dum quid erroris & fallaciae ſublatere poſſet, propriis experimentis non exploraverim. *) „Von der Wirkſamkeit dieſes Steins, und von den Curen, die noch heutiges Tages in „Indien damit gemacht werden, lieſſe ſich vieles ſagen, vieles unterſuchen, und vieles be⸗ „zweifeln. Wenigſtens kann ich nicht leugnen, daß der Werth dieſes Steins mir immer „verdächtig vorgekommen iſt; denn durch eigene Verſuche habe ich nicht unterſucht, was „fuͤr ein Irrthum, oder ein Betrug darunter verborgen ſein mag.“ Und er kannte ſie ſo gut, daß er eine Beſchreibung davon giebt, und fie weder für natürliche Steine haͤlt, noch glaubt, daß ſie im Gehirn der Schlangen wachſen. Er ſcheint ſogar geneigt zu ſeyn, zu glauben, daß fie von Hirſchhorn gemacht werden. Subſtantiam, ſagt er, da er von dieſen Steinen redet, obtinet firmam & duram, levem tamen, hie ibi poroſam, & quodammodo corneam, ita ut appareat formatus ex cornu cervi in vapore vel liquore aliquo macerato, tinctoque; niſi forte fragmentum fit lapidis Conoor variegati, ita hic lapis dictum a patria Conoor Mulatriae provinciae, luſitanis ibidem Pedra frigue dicta a qualitate refrigerante, eſtque triplicis differentiae five coloris, nimirum albus, eitrinus & obſcure caeruleus, qui poſtremus nephritico lapidi in omnibus praeter levi- tatem ſimillimus eſt. Quotquot videre mihi contingit per Indiam firmam & infularem praedictae conditionis & figurae fuerunt. Qualiscunque figurae fuerint prima ſronte apparebunt haud quaquam naturales, & in cerebro Viperae, quod vulgo ereditur, genitos eſſe, & ut fruftra fuerit, qui illos in anguium capitibus quaererent. ) „Er hat eine feſte und harte, aber doch leichte, hie und da durchloͤcherte, und hornartige „Subſtanz, ſo daß es ſcheint, als wenn er aus Hirſchhorn gemacht waͤre, das in einem „Dampfe oder in einer Fluͤſſigkeit eingereicht und gefärbt iſt; Es ſey denn, daß er ein „Stuͤck von dem bunten Steine Conoor wäre; dieſer Stein heißt fo von dem Lande Co— „noor, einer Provinz in Mulatrien, und wird von den daſelbſt wohnenden Portugiſen „Pedra frigue, wegen feiner kalten Beſchaffenheit genannt. Man hat ihn von dreyerley „Art oder Farbe, nemlich weiß, gelb und dunkelblau, welcher letzterer in allen Stuͤcken, „ausgenommen in der Leichtigkeit, einem Nierenſteine ſehr aͤhnlich iſt. So viele Steine „oiefer Art ich auf dem feſten Lande ſowohl, als auf den Inſeln Indiens zu ſehen Gele: „genheit gehabt habe, ſo hatten ſie doch alle die geſagte Eigenſchaft und Farbe. Sie „mögen haben, was für eine Geſtalt fie wollen, fo kann man gleich beym erſten Fr N - „fehen, ) Kaempfer amoen. exotie. Lemgoviae 1712. faſe. III. pag. 579. *) pag. 580. ) pag. 581. 275 „ſehen, daß es keine natürliche Steine, noch im Kopfe einer Viper, wie man gemeinig⸗ „lich glaubt, gewachſen find; und daß diejenigen, welche dergleichen in Schlangenföpfen „geſucht haben, vergeblich geſucht haben.“ — 1 Das waren die Meinungen, die in der Abhandlung des Herrn Abbts Tecmeyer vorgetragen ſind, und die mir, ich geſtehe es, ſehr ſonderbar vorkamen. Aber wenn es auch wahr waͤre, daß das gebrannte Hirſchhorn den Vipernbiß heilt, ſo koͤnnte ich niemals bewogen werden, zu glauben, daß dieſe Wirkung von dem Laugenſalze in dem Hirſchhorn herruͤhre. Ich habe bewieſen, ſo daß kein Zweifel mehr übrig bleiben kann, daß das fluͤchtige Laugenſalz von gar keinem Nutzen wider dieſe Krank⸗ heit iſt, und daß das Viperngift in Subſtanz mit den Laugenſalzen vermiſcht ſeine ganze Wirk ſamkeit behält, und wie vorher, toͤdtet. Es iſt noch ein Irrthum, daß das Viperngift aus Salzen zuſammengeſetzt iſt, und daß dieſe Salze ſaurer Art ſind; und es iſt falſch, daß es den Veilchenſaft roth faͤrbt. Ich habe ſchon in meinem Werke bewieſen, daß Mead, und andere Beobachter nach ihm, ſich über die Salze des Viperngifts geirrt haben. Es iſt ſonderbar, daß man durch andere Irrthuͤmer wiederholen ſieht, die ſchon vor länger als zehn Jahren wider: legt ſind. I Die geringe Veraͤnderung der Farbe, welche man an der Milch wahrnimmt, und die einige Aehnlichkeit mit der gelben Farbe hat; kommt gewiß nicht von dem Gifte her, welches das auf den gebiſſenen Theil gelegte Hirſchhorn eingeſogen hat. Denn eine Men— ge Milch, welche kaum hinreichend iſt, das Stuͤck Hirſchhorn zu bedecken, wird nicht in gelb verwandelt, wenn man das Gift vieler Vipern dazu miſcht. Dieſe Farbe der Milch konunt vom Blute her, welche das Hirſchhorn benetzt hat, unter der Zeit daß es auf den gebiſſenen Theil gelegt war; und eigentlich färbt es fie ebenfalls, wenn es nur auf einen verwundeten, obgleich nicht vergifteten Theil gelegt iſt. 6 Aber es iſt Zeit, zu den Verſuchen uͤberzugehen, welche einzig und allein ent— ſcheiden koͤnnen, ob ein Stuͤck gebranntes Hirſchhorn in der That ein gewiſſes Mittel wider das Viperngift iſt, oder nicht. Man hat an vielen Stellen dieſes Werks geſehen, wie wenig man ſich auf die Verſuche verlaſſen kann, ſelbſt wenn ſie auch am beſtaͤndigſten zu ſeyn ſcheinen. Ich habe zuweilen fuͤnf, ſechs und mehr Thiere hinter einander von dem Vipernbiß geneſen geſehen, und kurz darauf eben ſo viele daran ſterben, ohne daß ich in beyden Faͤllen das geringſte damit gethan haͤtte. Und zuweilen habe ich eben dieſelben Reſultate erhalten, wenn ich eben dieſelben Mittel unter einerley Umſtaͤnden bey eben den- ſelben Thieren gebrauchte. In dem einen Falle hätte ich eine Subſtanz für ein fpecififches Mittel wider den Vipernbiß gehalten, und im zweyten haͤtte ich geglaubt, daß ſie ſchaͤd⸗ lich, oder wenigſtens ganz unnüß wäre, Das iſt die Gefahr, die man läuft, wenn man die Verſuche nicht genug vervielfaͤltigt. Ich will eben nicht behaupten, daß ich mich in 0 m 2 allen 276 allen Theilen dieſes Werks über das Viperngift von dieſer Unbequemlichkeit frey ſprechen kann; obgleich ſo viel gewiß iſt, daß ich die meiſte Zeit meine Verſuche aufs aͤuſſerſte ver⸗ ändert und vervielfaͤltigt habe, wenigſtens fo viel als die Umſtaͤnde, in Nen ich 9 be⸗ fand, erlauben wollten. Aber in gegenwaͤrtigem Falle glaubte ich, daß ei eine gewiſſe Anzahl Verſuche hin⸗ reichend ſeyn würde, den Nutzen des Mittels zu beſtimmen. Die groſſe Anzahl von Beobachtungen und Verſuchen, die ich vorher uͤber den Biß der Viper gemacht hatte, und die Kenntniß von den Thieren, deren ich mich bedienen wollte, die ich mir dadurch erworben hatte, haben mich in den Stand geſetzt, daß ich nicht noͤthig babe, ſie mehr zu vervielfältigen. Das erſte, um welches ich mich bekümmerte, um in meinen Verſuchen gluͤcklich zu ſeyn, war, daß ich mir eine gute Anzahl Stuͤcke Hirſchhorn verſchafte, welche auf die in der oben angefuͤhrten Abhandlung beſchriebene Art bereitet waͤren. Meine Steine wa⸗ ren ganz ſchwarz. Ich hatte ſie aus demjenigen Theile des Hirſchhorns gemacht, welches dem Kopfe ganz nahe iſt. Legte man ſie auf die Zunge, ſo blieben ſie feſt daran haͤngen. Ich bereitete ihrer viele, und unter dieſen ſuchte ich zwoͤlf der beſten aus, damit meine Verſuche zu gleicher Zeit, bey eben donſelbn Thieren, und unter eben denſelben Umſtaͤnden gemacht. wuͤrden. Nachdem ich mich derſelben bedient hatte, ſo legte ich ſie in Milch, oder in Wein, wie der Verfaſſer es anzeigt, und wenn ich ſie einige Stunden darinn hatte liegen gelaſſen, ſo ſetzte ich ſie alle der Sonne, oder einem leichten Feuer aus, bis ſie wie vorher, an der Zunge hängen blieben. Ich hatte ferner den Vortheil, wie ich ſchon ges ſagt habe, daß ich eins hatte, das aus Italien gekommen war. Ich habe mich dieſer Steine mehrmals bedient, mit dem Erfolge, den man gleich ſehen wird. Ehe ich die vornehmſten Reſultate von meinen Verſuchen anfuͤhre, glaube ich erſt anmerken zu muͤſſen, daß ich fie zu London im Monat März anfing, und fie nicht eher en⸗ digte, als in den letzten Tagen des Monats May. Obgleich die Witterung nicht ſo kalt war, als man ſie ſeit verſchiedenen Jahren in England erfahren hatte, ſo war ſie doch nicht ſo, daß nicht einige Tage darunter hätten kalt, und folglich meine Vipern ſehr erſtarrt und faul ſeyn ſollen. Ueber haupt kam es mir vor, daß ſie nicht ſo lebhaft, als in Frank⸗ reich, und die in Frankreich nicht ſo lebhaft, als die in Italien waren; ſo daß dle Reſul⸗ tate der Verſuche, ſo ich mit dem Biſſe dieſer Thiere angeſtell t habe, merklich verſchieden ſeyn muͤſſen; jedoch nur dem Grade nach. Es iſt doch immer wahr, daß die Vipern in allen Laͤndern giftig find, und mit ihrem Gifte toͤdten konnen. Wenn die Vipern in kal⸗ ten Landern eben fo gewiß, als in den warmen Laͤndern toͤdten füllen, fo darf man ja nur kleinere Thiere davon beiſſen laſſen, oder ſich vieler Vipern bedienen, um ein einziges Thier beiſſen zu laſſen. Auf ſolche Art kann man die Wirkungen in allen Laͤndern und zu allen Zeiten faſt gleich machen. Es verhaͤlt ſich alſo die Wirkung des Gifts der Viper auf die Thiere, wie ſeine Menge, wenn alle andere Umſtaͤnde ganz gleich ſind. ar weichen weichen aber dergeſtalt von einander ab, daß man kaum etwas gewiſſes darüber ſagen kann, ſelbſt wenn man auch alle mögliche Maaßregeln ergriffen hat, gluͤcklich damit zu Stande zu kommen, und es ſo zu machen, daß die Verſuche in allen ihren Umſtaͤnden voͤllig gleich ſeyn. Aber jetzt zu den Verſuchen ſelbſt. Ich ließ eine Taube ein einziges mal von einer Viper ans rechte Bein beiſſen, und in demſelben Augenblick legte ich den Italiaͤniſchen Stein darauf, welcher darauf klebte, und hernach daran haͤngen blieb. Sieben Minuten nachher gab die Taube Zeichen von ihrer Krankheit von ſich, und nach zwoͤlf Minuten war ſie ſchon todt. Ich riß den Stein mit Gewalt davon, und legte ihn in Milch, um andere Verſuche damit zu machen, Um einen Verſuch zur Vergleichung zu machen, ließ ich eine andere Taube von einer Viper ans Bein beiſſen, welche nach ſechszehn Minuten ſtarb. Ich drückte das Gift aus den Zähnen eines Vipernkopfs, die ich in die Muskeln am Beine einer Taube ſteckte, und ich legte auf die Wunden den Stein aus Italien, welcher alſobald daran klebte. Sie ſtarb nach Verlauf von achtzehn Minuten, und der Stein war nicht abgefallen. Ich machte eben den Verſuch mit den Zaͤhnen eines andern Vipernkopfs bey einer andern Taube, welche in zwey und zwanzig Minuten ſtarb. Ich ließ eine Taube ein einziges mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und legte ſogleich den Seein aus Italien darauf, welcher auch nicht von ſelbſt abfiel. Die Taube ſtarb nach vier Stunden. Um einen neuen Verſuch zur Vergleichung anzuſtellen, ließ ich eine andere Taube ein einziges mal von einer Viper ans Bein beiſſen, und legte den Stein, aber in eine Blaſe gewickelt, darauf, und that eine Binde darum, um ihn darauf zu befeſtigen. Die Taube ſtarb nach acht Stunden; wahrſcheinlich hatte die Binde die Wirkung des Gifts zurück gehalten. f 0 Eine andere Taube, welche von einer Viper ans Bein gebiſſen war, ſtarb nach zwey Stunden, obgleich der Stein aus Italien noch darauf ſaß. Ich ließ eine andere Taube von einer Viper, aber zweymal, beiſſen. Ich machte an der Stelle, wo die Löcher von den Zähnen waren, einen ſehr kleinen Riß mit der Lan⸗ zette, und legte ſogleich den Stein aus Italien darauf. Die Taube war zehn Minuten darauf tadt, und der Stein hing noch feſt daran. n Ich ließ ſechs andere Tauben von eben ſo viel Vipern beiſſen. Bey vier gebrauch te ich den Stein, und bey den beyden andern nicht. Eine von dieſen letztern ſtarb zwan— zig Minuten nachher, und die andere nach einer Stunde. Die vier andern ſtarben alle Mm 3. in 278 ——— in weniger als zwanzig Minuten, und eine davon ſchon nach eilf Minuten. Die Steine hingen noch an den gebiſſenen Treilen feſt. Dieſer Verſuch wurde mit ſechs andern Tauben wiederholt, und bey einer jeden gebrauchte ich einen Stein. Sie ſtarben alle, eine nach der andern; drey nach ſechszehn, und drey nach ſieben und zwanzig Minuten. Fuͤnf Steine blieben Hängen, Ein ein⸗ ziger war von der Wunde abgefallen, und dieſe Taube war eine von den letzten, die ſtarben. ö Verſuche mit vierfuͤßigen Thieren. Da ich von der Unwirkſamkeit diefer Steine bey den Tauben überzeugt war, ſo wollte ich ſehen, ob ſie nicht mehr bey den vierfuͤßigen Thieren taugten. Ich bediente mich kleiner Meerſchweine, und ſehr kleiner Kaninchen. 5 s Ich ließ ein Meerſchwein von einer Viper ans Bein beiſſen; und nachdem ich die Wunde ein wenig erweitert hatte, ſo legte ich den Stein aus Italien darauf, welcher ſehr gut daran klebte. Es ſtarb nach Verlauf einer Stunde, und der Stein blieb daran haͤngen. BR Ich ließ wie oben ein Meerſchwein von einer Viper ans Bein beiſſen. Dieſes ſtarb, ehe ihm der Stein aufgelegt, und faft in demſelben Augenblick, da es gebiſſen wurde; ein ſehr ſeltener Fall, den ich bey meinen Verſuchen uͤber das Viperngift, nur noch ein einziges mal geſegen habe. N Ich ließ augenblicklich ein anderes auf eben die Art beiſſen, und legte ihm nichts auf die Wunde. Es ſtarb vier Stunden nachher. Nach dieſen erſten Verſuchen, ließ ich nach und nach ſechs Meerſchweine beiſſen; bey vier legte ich den Stein auf, bey den beyden andern nicht. Drey von den erſten ſtar⸗ ben in weniger als zwey Stunden; und das vierte ſchien kaum krank zu ſeyn. Die bey- den, die keinen Stein auf der Wunde hatten, ſtarben in einer Stunde. Sechs andere Meerſchweine wurden eben den Verſuchen unterworfen. Es wur⸗ den bey vier die Steine aufgelegt, und nicht bey den beyden andern. Drey von den er— ſten ftarben in zwey Stunden, und eins von den beyden letzten in ſechs und zwanzig Mi⸗ nuten. Die beyden andern bekamen nicht einmal eine merkliche Krankheit. Dieſe Verſuche mit den Meerſchweinen beweiſen auch den Unnutzen des vorge: ſchlagenen Mittels. Ich wollte demohngeachtet noch einige mit den Kaninchen machen; und ich kann verſichern, daß das Reſultat vollkommen mit dem Reſultate der vorhergehenden uͤberein⸗ kam. 279 kam. Ich befürchte, den Leſer zu ermuͤden, wenn ich fie hier weitlaͤuftig erzaͤhle. Es iſt ausgemacht, daß fie nicht allein nicht beweiſen, daß der Stein wider den Biß der Vi⸗ per nützlich iſt, ſondern fie beweiſen im Gegentheile mit der groͤſſeſten Gewißheit, daß dieſes Mittel ganz unnütz iſt. Man ſetze mir nicht einzelne Faͤlle von geheilten Thieren, oder von Menſchen ent⸗ gegen, die gebiſſen waren, und nach dem Gebrauch des Cobras-Steins nicht geſtorben find. Die Verſuche bey den Menſchen beweiſen nichts, weil dieſes Gift gewöhnlich nicht toͤdtlich fuͤr ſie iſt, wie es überhaupt für die groſſen Thiere nicht toͤdtlich iſt. Um zu ent ſcheiden, ob dieſer Stein von Nutzen iſt, oder nicht, muß man die Verſuche mit andern zuſammenhalten, die man mit Thieren angeſtellt hat, bey denen man gar kein Mittel ge⸗ braucht, und man muß ihrer eine groſſe Anzahl machen. Man nehme zum Beyſpiel hundert Thiere, als Tauben, kleine Kaninchen, Meerſchweine, und laſſe ſie von eben ſo vielen Vipern an einerley Theilen, und gleich viel mal beiſſen. Die Hälfte dieſer gebiffe- nen Theile behandele man mit den Cobras Steinen, oder andern geprieſenen Mitteln, und mit der andern Hälfte unternehme man nichts. Man merke ſich die Anzahl der geſtorbe⸗ nen von beyden Seiten. Wenn der Unterſchied ſehr merklich, und fuͤr das angewandte Mittel iſt, ſo kaun man ſagen, daß das Mittel wahrſcheinlich nuͤtzlich iſt. Und wenn man eben den Verſuch noch zwey oder drey mal mit einer eben fo groſſen Anzahl von Thie⸗ ren wiederholt, und die Reſultate allemal ſo ausfallen, wie das erſte mal, ſo kann man alsdann ſagen, daß der Nutzen des Mittels eine durch die Erfahrung bewieſene Wahrheit iſt; aber deswegen wird es doch noch kein ſpeeifiſches, kein ganz gewiſſes Mittel ſeyn. Es würde dazu erfordert, daß gar keins von den gebiſſenen Thieren ſtuͤrbe; oder wenigſtens, daß nur eine ſehr geringe Anzahl davon ſtuͤrbe. Aber ein ſolches ſpecifiſches Mittel halte ich nach fo vielen Verſuchen, die ich gemacht habe, für unmöglich, oder wenigſtens glaube ich, daß man es niemals finden werde. Dies iſt freylich kein troͤſtlicher Gedanke; aber er ſcheint wahr zu ſeyn. Ich will niemand abſchrecken, noch andere abhalten, neue Un⸗ terſuchungen anzuſtellen; aber oft iſt gar zu viele Hofnung Schuld, daß man unnuͤtzer Weiſe feine Zeit verſchwendet, die man nuͤtzlicher hätte anwenden koͤnnen. Ich hoffe, daß gewiſſe Leute weniger geneigt ſeyn werden, ſo leicht an Wunder zu glauben, und Träume, als ſehr wichtige Entdeckungen zu rühmen; und daß gewiſſe andere ein wenig mehr Mistrauen in ihre eigene Kräfte, und zuweilen ſelbſt in ihre eigenen Verſuche ſetzen werden. Denn es iſt leichter zu glauben, als zu urtheilen, und es iſt auch leichter, ſchlecht zu ſehen, als gut zu ſehen. i Verſuche über die von Kaͤmpfer vorgeſchlagene Methode. Ich will meine Verſuche uber das Viperngift mit einer umſtaͤndlichen Beſchreibung desjenigen beſchlieſſen, was ich beobachtet habe, als ich die Kaͤmpferſche Methode wider den Biß der Viper verſuchte, nemlich die Einſchnitte und den Theriae. Ich gebe dieſelbe um 280 um fo viel lieber, da ich bey der Unterſuchung der Kaͤmpferſchen Methode, einige Ver ſuche machen zu müffen geglaubt habe, die ich fur noͤthig zu erzaͤhlen halte. 5 Baͤmpfer ſchlaͤgt den Theriac, die Einſchnitte, und das Unterbinden, als ein ge⸗ wiſſes Mittel wider das Viperngift, und das Gift anderer Schlangen vor. Ich hatte ſchon in der Reihe meiner Verſuche den Unnutzen des Theriaes auf den gebiſſenen Theil gelegt, und auch innerlich genommen erfahren; und beobachtet, daß die Einſchnitte und Unterbindungen anſtatt nuͤtzlich zu ſeyn, betraͤchtlich ſchaͤdeten. Ich hatte freylich dieſe Mittel niemals mit einander verbunden; indeſſen kam es mir ſehr ſonderbar vor, daß ſie wirkſam ſeyn ſollten, wenn fie mit einander vereinigt würden, Aber es iſt um jo viel nothwendiger, ſich an Verſuche zu halten, da Kaͤmpfer, ein fo ehrwurdiger Schrift⸗ ſteller, uns verſichert, er habe dieſes Mittel allzeit und beftandig wirkſam befunden, und alle diejenigen geheilt, bey denen es bey Zeiten gebraucht werden konnte. Ich ließ ein Meerſchwein ein einziges mal von einer Viper ans Bein beiſſen. Nachdem ich ein Band darum gelegt hatte, jo machte ich kleine Cinſchnitte an den Theil, druͤckte das Blut daraus, bedeckte ihn ganz mit Theriac, und ließ das Tier auch Theriac in Waſſer aufgeloͤſt nieberſchlucken. Das Meerſchwein ſtarb nicht; aber ein Theil des Fuſſes wurde brandig, und das Thier verlor ihn auf immer. m Ich ließ ein anderes Meerſchwein von einer Viper zweymal ans Bein beiſſen. Nachdem die Unterbindung gemacht war, ſo ritzte ich den Theil gelinde, drückte das Blut daraus, und bedeckte ihn ganz mit Theriac, womit ich das Bein auch rieb. Dieſes Thier verlor die ganze Pfote, aber es ſtarb nicht daran. Um einige Verſuche zur Vergleichung zu machen, bereitete ich wie oben, zwey Meerſchweine, aber ich verband fie alle beyde nicht mit Theriae. Ich legte nur die Binde um das Bein, und machte die Einſchnitte darinn. Das eine ſtarb nach fuͤnf Stunden, und das andere blieb leben; aber es verlor die Pfote, wie die andern. Die Reſultate dieſer Verſuche ſind weder gleichfoͤrmig, noch in hinreichend groſſer Anzahl, um von dem Nutzen ober Unnutzen der Kaͤmpferſchen Methode urtheilen zu koͤnnen. Ich ließ wie gewohnlich ein Meerſchweln von einer Viper zweymal ans Bein beiſſen. Es wurde unterbunden, und eingeritzt; da das Blut ausgedruckt war, fo wurde es mit Therige bedeckt, und ich gab auch dem There verſchiedene mal davon ein. Es ſtarb zwey Stunden nachher. Ein anderes etwas kleineres Meerſchwein wurde auf eben die Art geheilt, und farb nach vier Stunden. Ich 281 = Ich ließ, wie gewöhnlich, ein anderes Meerſhwen RE und brauchte bey ihm nichts anders, als die e und die Unterbindung. 5 ſtarb nach fuͤnfte⸗ Ba Stunden. f Ich ließ ein viel gröfferes Meerſchwein beiſſen, und 8 es ganz und gar nicht. Es ſtarb nach drey Stunden. Ich ließ vier andere von eben ſo vielen Vipern jedes zweymal ans Bein beiſſen; und behandelte fie alle vier nach der Kaͤmpferſchen Methode. Zwey ſtarben in weniger als vier Stunden; und zwey verloren die Pfote, ſtarben aber nicht. Sechs andere Meerſchweine wurden wie oben gebiſſen; drey wurden wie gewoͤhn— lich behandelt, und drey nicht. Von denen, die verbunden waren, ſtarben zwey, und das dritte genas, ohne das Bein zu verlieren. Von den andern ſtarb eins; das andere wurde ſehr krank, und das dritte ſtarb nicht, aber verlor das Bein. Bey einigen, die ich hatte beiffen laſſen, verrichtete ich das Einritzen und die Unterbindung, und ich bedeckte die Wunden mit Theriac, ohne ihnen davon einzugeben; andere hingegen gab ich Theriac ein, ohne ihnen Einſchnitte in den Fuß zu machen, und ihn zu unterbinden, und ohne Theriac auf die gebiffenen Theile zu legen. Die Reſultate waren fo beſchaffen, daß ich das Auflegen des Theriaes auf den Theil für unnütz hielt, und urtheilte, daß die Einſchnitte und die Unterbindungen viel mehr Schaden als Nutzen ſchaffen, weil ſie insgemein die Theile geneigt machen, leichter brandig zu werden. Ich getraue mich nicht, den Unnutzen des Theriaes innerlich genommen gewiß zu behaupten. Die Reſultate „ welche aber doch nicht beftändig genug, noch zahlreich genng waren, fü nd ihm mehr günftig, als zuwider; aber um uns beſſer davon zu verſichern, muͤßten wir eine ſehr große Menge von Erfahrungen haben, die ich nicht habe machen koͤnnen. Und wenn man auch den Nutzen deſſelben darthaͤte, ſo glaube ich, daß viele andere Sub— ſtanzen, die im Stande find, den Umlauf des Bluts zu erregen, eben fo nützlich ſeyn wuͤrden. Ich habe noch viele andere Verſuche mit den Tauben, und mit kleinen Kaninchen angeſtellt, und mich der Kaͤmpferſchen Methode bedient. Aber ich habe nicht gefun⸗ den, daß fie ihr guͤnſtiger geweſen wären, als die andern oben angeführten. So daß ich kein Bedenken trage, gewiß zu behaupten, daß dieſe Methode weder gewiß noch nuͤtzlich 2 möchte ſie im Gegentheile gefährlich und toͤdtlich, inſonderheit bey groffen A eyn mochfe. Allein wie es ſich 8 mit dem ene des von Admpfer eee Mittels verhalten mag, ſo habe ich es doch ſonderbar gefunden, daß einige Tauben geheilt worden find, obgleich die Krankheit des Gifts mit den heftigſten Zufaͤllen zum Vorſchein Fontana I Band. N f Nn gekom⸗ 282 gekommen war. Die Sache hat mich in Verwunderung geſetzt, und zu dem Entſchluß gebracht, verſehiedene Verſuche zu wiederholen, und vom neuen zu unterſuchen, ob ver⸗ ſchiedene Subſtanzen, die ich vorher unterſucht hatte, und von denen ich gefunden, daß fie wider dieſes Gift völlig unnuͤtz ſind, es auch in der That ſeyn. Mittel, ſo ich wider den Vipernbiß angewandt habe, nemlich ungelöͤſchter Kalk, Magneſia, aͤtzendes Laugenſalz, die einſaugenden Erden, f und das verkalchte Hirſchhon. Ich ließ eine Taube von einer Viper ans Bein beiſſen, und nachdem ich darinn zwey Einſchnitte gemacht hatte, ſo bedeckte ich es mit ungeloͤſchtem Kalk, welchen ich mit einem ſehr lockern Bande darauf befeſtigte. Die Taube bekam die Krankheit von dem Gifte; das Bein ſchwoll auf, wurde ſchwarz, und es entſtand ein Geſchwür daran. Aber nach ſechs Tagen war alles heil; und die Taube konnte den gebiſſenen Theil gebrauchen. Nachdem ich eine andere Taube, wie oben, an das Bein beiſſen laſſen, und Eir- 8 ſchnitte darinn gemacht hatte, fo legte ich ungeloͤſchten Kalk darauf; fie ftarb nach zwan⸗ zig Minuten. 5 Ich wiederholte eben denſelben Verſuch mit zwey andern Tauben; es ſtarb keine davon; ob fie gleich beyde eine heftige Krankheit hatten. Nach ſieben Tagen waren fie vollkommen geheilt. 5 Ich wiederholte den Verfuch noch bey ſechs andern Tauben; und es ftarben nur zwey davon, ob ſie gleich alle ſechs die Krankheit von dem Gifte hatten. Doch war eine darunter, welche durch den kalten Brand um den Fuß kam. Ich nahm zwey von dieſen geheilten Tauben, und ließ eine jede verſchiedene mal von zwey Vipern an das geſunde Bein beiſſen. Und nachdem ich die gewoͤhnlichen Ein⸗ ſchnitte darinn gemacht hatte, fo legte ich den Kalk darauf. Die eine ſtarb nach Verlauf von ſieben und zwanzig Minuten, und die andere nach ſechs Stunden. Von ſechs andern Tauben, die ich beiſſen ließ, und welche wie oben mit den Ein⸗ ſchnitten und dem Kalk behandelt wurden, ſtarben nur zwey, und die vier andern wurden neun Tage nachher geheilt. Zwey hatten einen ſo heftigen kalten Brand in den Muskeln des Beins, daß ſie ihnen auf immer unbeweglich blieben. Sr Ich wiederholte dieſe beyden Verſuche mit den kleinen Meerſchweinen, und klei⸗ nen Kaninchen, und die Reſultate fielen fir den Nutzen des Kalks viel weniger gunftig aus, als bey den Tauben. Ich habe jedoch zu ſehen geglaubt, daß der Kalk ſelbſt ben i den ——g 283 den erſtern nicht ganz unnüg war; allein es mag auch mit ben vierfüffigen Thieren haben, was fuͤr eine Bewandniß es wolle, ſo iſt es gewiß, daß ich ihn für die Tauben nuͤtzlich eglaubt habe, welche gemeiniglich alle ſterben, wenn die Krankheit des Gifts dem ge⸗ Biffenen Theile mitgetheilt ift. So war wenigſtens das Reſultat meiner zu Paris gemach⸗ ten Verſuche. Insgemein waren die Beine der gebiſſenen Tauben aufgeſchwollen, und blaͤulich, und hatten Zeichen des kalten Brandes; und ein groffer Theil der Muskeln des Unterleibes, ſo wie alle andere Muskeln um die Wunde herum, waren ſchwarz. Es iſt ferner wahr, daß ich ſehr ähnliche Reſultate mit denen, die ich bey dem Kalke hatte, bekommen habe, wenn ich auf die gebiſſenen Theile einſaugende Erden, wie die Bolarerden, und vorzüglich, wenn ich Engliſche Pfeiffenerde darauf legte. Ein Theil von den Tauben wurde geheilt; obgleich die groͤſſeſte Anzahl derſelben ſtarb, und fie alle die Zeichen der Krankheit von dem Gifte hatten. N N Allein der Nutzen dieſer Mittel, und die Heilungen, die ſie bewirkt haben, kom⸗ men mir ſehr verdaͤchtig vor, weil ich viele Thiere geſund werden geſehen habe, ohne daß ich das geringſte Mittel gebrauchte. Ich habe Tauben verſchiedene mal beiſſen laſſen, und das Gift war den Theilen gut mitgetheilt worden, weil einige derſelben ſogar das Bein an dem Brande, der dazu kam, verlohren haben. Die Entzuͤndung, und die Stockung des Bluts hatten ſich einem groſſen Theile des Koͤrpers mitgetheilt, welcher blau geworden war, und ſie genaſen nicht eher vollkommen, als nach Verlauf von achtzehn bis 20 Tagen. Ich hatte allgemein zu Paris beobachtet, daß die geringſte Menge Gift hinreichend war, eine Taube zu toͤdten, wenn Zeichen der Krankheit da wären, fo daß ich jetzt überzeugt bin, daß ſehr wohl ein Unterſchied zwiſchen dem Gifte der einen Viper, und der andern, zwiſchen dem Gifte der Vipern des einen Landes, und der Vipern des andern Landes, und zwiſchen dem Gifte eben derſelben Vipern in verſchiedenen Jahrszeiten vorhanden ſeyn kann. Auf dieſe Art begreift man, warum die groſſen Scorpione im Sommer tödlich ſind, und im Winter nicht; und wie eine Taube, die von einer Viper gebiſſen war, und mit Del verbunden wurde, vor vielen Mitgliedern der koͤniglichen Societaͤt zu London ge heilt werden konnte. Man muß aber bemerken, daß vielleicht das in dieſes Thier ges brachte Gift nicht in einer hinlaͤnglichen Menge da war, um eine tödrliche Krank eit her⸗ vorzubringen. Wir haben in ber Folge unſerer vorhergehenden Verſuche eine Meuge ähnlicher Fälle geſehen. Nu 2 Abhand⸗ 284 En Abhandlung 1 über das Amerikaniſche Gift, fo man Ticunas nennt, ) und über einige , andere Pflanzengifte, dane Die Verſuche, die ich zu Paris vor vier Jahren über das Viperngift gemacht habe, und welche eine Folge von vielen andern waren, die ich in Italien zehn Jahre vorher uͤber eben den Gegenſtand bekannt machte, haben mich in den Stand geſetzt, mit Gewißheit die Natur und Eigenſchaften dieſes Gifts anzugeben. Die unerwarteten und groſſen Wirkungen, die ich wahrnahm, wenn ich das Gift dieſes Thiers an lebende Koͤrper brachte, haben mir neue Wahrheiten fuͤr die thieriſche Naturlehre dargeboten, und dieſe neuen Wahrheiten haben mich nach und nach dahin gebracht, daß ich an gewiſſen mediei⸗ niſchen Theorien zu zweifeln anfing, die nicht hinreichend bewieſen ſind, oder welche die Kunſtverſtaͤndigen zu allgemein angenommen haben. Seit der Zeit iſt in mir der Wunſch entſtanden, meine Unterſuchungen uͤber an⸗ dere giftige Subſtanzen auszudehnen, und ich haͤtte gern, wenn es mir moͤglich geweſen wäre, eins der allerſtaͤrkeſten Pflanzengifte unterſucht. Ich ſtellte mie vor, daß die thie⸗ riſchen Gifte, wie zum Beyſpiel das Viperngift, welches, wenn es in eine Wunde gelegt wird, ſich freylich in dem Koͤrper eines Thiers verbreitet, aber deswegen doch nicht ver⸗ mehrt wird, wie im Gegentheile das Blattern-Gift, oder das Gift der Hundswut thut; ich ſtellte mir vor, ſage ich, daß dieſe Gifte viele Aehnlichkeit unter ſich haͤtten, und auf eben dieſelbe Art, und auf eben dieſelben Theile des Thiers wirkten. Aber auf der andern Seite unterſtand ich mich nicht, das geringſte uͤber die Wirkung der Pflanzengifte zu ver muthen, was ich noch nicht unterſucht haͤtte, und es ſchien mir nicht moͤglich zu ſeyn, et⸗ was gewiſſes über dieſelben feſtzuſetzen, ſelbſt wenn man auch die vornehmſten Zufälle von dieſen Giften geleſen haͤtte. Die Methode, Verſuche zu machen, die man befolgt hätte, war ſehr verſchieden von derjenigen, welche ich angewandt hatte, um das Gift der Viper zu unterſuchen, und die Schluͤſſe, die man daraus gezogen hatte, ſchienen mir zu wan⸗ kend und zu ungewiß zu ſeyn. 5 Bey meiner Ankunft in London konnte ich mich nicht leicht über dieſe Sache be⸗ friedigen. Herr Heberden, ein berühmter Arzt zu London, und Mitglied der Koͤnig⸗ lichen Societät, hat mir eine groſſe Menge Amerikaniſcher Pfeile verſchaft, die gut in Acht genommen, und ſtark mit Gift bedeckt waren; ja noch mehr, er hatte die Gewogenheit, mir ) Dieſes Gift iſt fo von dem Namen der Indianer genannt, bey denen man es bereitet; Man ſehe die Mem, de l’acad. roy. des ſeiences. 1745. P. 490. „ 285 mir eine groſſe Menge von dem Gifte ſelbſt zu verſchaffen, welches ich in einem irdenen Gefaͤſſe verwahrt und verſiegelt fand, welches noch mit einem blechernen Futteral verſehen war. In dem Futteral lag ein Stuck Papier, auf welchem man folgende Engliſche Schrift las. Indian poifon brought from the banks of the river of the Amazons by Bon Pedro Maldonado: it is one of the ſorts mentioned in the philofoph. transact. Vol. 47. N. 12. „Ein Indianiſches Gift, welches Don Pedro Maldonado von den „Ufern des Amazonenfluſſes mitgebracht hat; es iſt eine von den Arten, wovon in den „Philoſoph. Transact. 47 B. Nr. 12 die Rede iſt. 5 In dem angefuͤhrten Bande der Transactionen wird von zwey ihrer Wirkung nach wenig verſchiedenen Giften geredet, von denen das eine Lama, das andere Ticu⸗ nas heißt. en Das Gift in dem irdenen Gefäß, deſſen ich mich bediente, war das Ticunas. Man weiß nicht genau, welches von beyden man zu den Pfeilen nimmt. Aber ich habe durch Verſuche gefunden, daß es eben die Kraft beſitzt, als das Tieunas, ſo daß ich es fuͤr unnoͤthig gehalten habe, die eine Art von der andern zu unterſcheiden. Man hat vieles von der Wirkſamkeit dieſer Amerikaniſchen Gifte geſchrieben, ſo daß ich geglaubt habe, meine Verſuche ſtuffenweiſe anfangen, und alle moͤgliche Vorſicht gebrauchen zu muͤſſen. Man glaubt, daß der bloſſe Geruch bey Oefnung des Gefaͤſſes ſchaͤdlich iſt, und man befürchtet gefährliche Krankheiten und ſelbſt den Tod, ſobald als einige Theilchen davon ſich in der Luft verbreiten. Wenigſtens lieſt man dies in den beſten Schriftſtellern. d Ich machte alſo, ſobald als das Gefaͤß mit dem Gifte geoͤfnet wurde, damit den Anfang, daß ich eine junge Taube von dieſer Luft einathmen ließ, und ich hielt ſie mit dem Kopfe verſchiedene Minuten lang in das Gefaͤß. Als ich ſie wieder herauszog, befand fie ſich noch fo wohl, als vorher. Ich ſtieß mit einem Meſſer verſchiedene Stücke von dem Gifte los, damit in dem Gefaͤſſe ein wenig Staub entſtehen moͤgte; ich ſteckte darauf den Kopf der Taube von neuem hinein, aber ſie litt durch dieſen zweyten Verſuch eben ſo wenig. 5 5 a | Von dieſem Augenblicke an machte ich gar keine Schwierigkeit mehr, mich felbft dieſem Dunſte auszuſetzen, und den Geruch deſſelben kennen zu lernen, der mir ekelhaft und widerlich vorkam. Verſchiedene ſehr kleine Theilchen dieſes Gifts flogen mit der Luft in meinen Mund; und ich fand, daß ſie gewiſſermaſſen einen ſolchen Geſchmack hatten, als Suͤßholz. Folglich iſt der Geruch dieſes Gifts, wenn es trocken iſt, gaͤnzlich unſchul⸗ dig; und fo auch feine Theilchen, welche mit der duft in den Mund oder in die Naſe flie⸗ gen, und bis in die Lungen kommen. Nn 3 Aber 486 ’ — . Aber der Umſtand, in welchem man dieſes Gift am meiſten zu fuͤrchten ſcheint, ob es gleich noch aͤuſſerlich auf den Koͤrper wirkt, iſt dieſer, wenn man es auf Kohlen wirft, und dampfen laͤßt, oder wenn man es lange kochen laͤßt, und es in dickem Rauch in die Höhe ſteigt. Ich habe verfchiedene kleine Stuͤcke von dem trockenen Gifte auf gluͤ⸗ hende Kohlen geworfen, und die Taube den Rauch davon einathmen laſſen, indem ich ſie mit ihrem Kopfe mitten in dieſem Rauch hielt. Die Taube gab niemals ein Zeichen von ſich, daß fie im geringſten litte. Ich ging noch weiter; ich ließ dieſen Rauch in eine glä- ſerne Roͤhre von ſechs Zollen in der Laͤnge und vier Zollen in der Dicke gehen. Als dieſe Roͤhre ganz voll von dem dicken und weiſſen Rauche war, ſo brachte ich die Taube in den⸗ ſelben. Sie litte nicht mehr, als wenn ich ſie in den Rauch von gebrannten Zucker ge⸗ halten Hätte. Ich fing darauf an, eine gute Menge davon in einem irdenen Gefaͤſſe zu kochen; ich ſetzte die Taube dem Dampfe aus, der davon aufſtieg. Ich hielt ſie daruͤber, als das Gift anfing, dick zu werden; ich hielt fie darüber, als es noch feſter geworden war, als es anfing an den Seiten des Gefaͤſſes anzubrennen, und ſich ganz in ſehr dicke Dämpfe auflöfte, und in eine Kohle verwandelte. Das Thier litt in keinem von den Ber: ſuchen, und nun trug ich gar kein Bedenken mehr, ihn ſelbſt zu riechen, und mich dieſen Duͤnſten auszuſetzen. Der Geruch des trockenen Gifts, welches auf gluͤhenden Kohlen brennt, iſt ſehr widerlich, und riecht wie verbrannter Unrath. Ich mache aus allen dieſen Verſuchen den Schluß, daß die Duͤnſte von dem Rauche des Amerikaniſchen Gifts unſchuldig ſind, man mag ſie riechen, oder einathmen. Und Herr de la Condamine war gewiß hintergangen worden, als er ſchrieb, daß dieſes Gift von Frauenzimmern bereitet werde, die zum Tode verdammt ſeyn; und daß man er⸗ kennt, ob das Gift zu ſeiner hoͤchſten Vollkommenheit gelangt ſey, wenn die Duͤnſte, ſo es von ſich giebt, wenn es kocht, diejenige Perſon toͤdtet, die dabey ſteht. Es giebt keinen unter den vernuͤnftigen Reiſenden, die das feſte Land von Amerika beſucht haben, welcher von dieſer Fabel rede, die man über die Zufälle erdacht hat, ſo den alten Weibern begegnen, die zur Zubereitung des Tieunas beſtimmt ſind. Herr de la Condamine ſelbſt redet davon nur nach der ſehr zweifelhaften Erzaͤhlung eines Einwoh⸗ ners dieſes Landes. Und auch nach ſolchen Zeugniſſen hat er ſich eingebildet, daß das Salz und ſelbſt der Zucker ſpeeifiſche Mittel wider dieſes Gift wären. Meine Verſuche haben mich doch gelehrt, daß ſie gar keinen Werth haben, und daß man ſich vergeblich ſchmeicheln würde, bie Heilung durch dieſe Mittel zu erhalten, wenn man das Ungluͤck gehabt haͤtte, wirklich von dem Tieunas vergiftet worden zu ſeyn. Man kann nicht den Zweifel hegen, daß das Gift, deſſen ich mich bey meinen Verſuchen bedient habe, durch das Alter etwa ſeine Wirkſamkeit verlohren haͤtte, und daß man dieſem die Urſache zuſchreiben muͤſte, warum der Dunſt, der davon ſtieg, ſelbſt für die harteſten Thiere nicht toͤdilich geweſen iſt. Denn es hatte ſehr gut feine 2 11 ‘ eſchaf⸗ — 287 Beſchaffenheit, in ſehr kurzer Zeit und in ſehr kleiner Gabe ganz ſtarke Thiere zu tödten, behalten; und es war immer umſonſt, wenn ich mich bemühete, feiner Wirkſamkeit den Zucker, oder das Salz entgegen zu ſetzen, welche doch die beyden fpecififchen Mittel des Herrn de la Condamine find, welcher in dieſem Stück auch der Meinung der Einwoh⸗ ner des Landes beygetreten iſt. | Dieſes Gift loͤſt ſich ſehr leicht und gut in Waſſer, ſelbſt in kaltem Waſſer, wie auch in den mineraliſchen und vegetabiliſchen Säuren auf. Inzwiſchen löft es ſich viel ſpaͤter in Vitrioloͤl, als in den andern Säuren auf, und es wird darinn fo ſchwarz, als Dinte; welches bey keiner der andern Saͤuren geſchieht. Es brauſet gar nicht, weder mit den Saͤuren, noch mit den Laugenſalzen auf, und veraͤndert die Milch nicht, die es bloß mit ſeinen natuͤrlichen Farben faͤrbt. . Es verwandelt den Ruͤbenſaft weder in roth, noch in gruͤn, und wenn man es mit dem Microfcop unterſucht, fo ſieht man nichts regelmaͤßiges, nichts ſalzartiges darinn; aber es ſcheint groſſentheils aus ſehr kleinen unregelmaͤßigen ſphaͤroidiſchen Koͤrperchen zu beſtehen, wie die Pflanzenſaͤfte. Es wird trocken, ohne zu ſpringen, und iſt in dieſem Stud von dem Viperngifte unterſchieden; und nimmt man es auf die Zunge, fo hat es einen aͤuſſerſt bittern Geſchmack. f N 2 Ich mache aus allem dieſen den Schluß, daß es weder ſauer, noch laugenſalzartig iſt, und daß es aus keinen, nicht einmal unter dem Microfcope ſichtbaren Salzen beſteht. Die Ordnung, dle ich mir in meinen Verſuchen zu befolgen vorgeſetzt hatte, brachte mich mehr, als die Neugier darauf, zu unterſuchen, ob dieſes Gift toͤdtlich wäre, wenn man es unmittelbar in die Augen braͤchte, oder ob es darinn irgend eine Krankheit, oder einen Reitz verurſachte. Ich hatte ſchon gefunden, daß das Gift der Viper ganz unſchul⸗ dig iſt, wenn man es in die Augen bringt, es mag geſchehen, auf welche Art es wolle, eben ſo wie es auch fuͤr den Mund und fuͤr den Magen unſchaͤdlich iſt. Ich war neugie⸗ rig, die Aehnlichkeit zu ſehen, die zwiſchen dieſen ſo wirkſamen Giften ſeyn koͤnnte, welche fo verſchieden in ihrem Urfprunge find. Ich machte alſo den Anfang damit, daß ich eine kleine Menge davon in Waſſer aufgeloͤſt, ins Auge eines Meerſchweins wiſchte. Dieſes Thier ſchien weder im Anfange, noch in der Folge das geringſte davon zu leiden, und das Auge war ganz und gar nicht entzuͤndet. Ich wiederholte dieſen Verſuch nach Verlauf von zwey Stunden bey beyden Augen eben dieſes Thiers, und ich wiſchte eine groͤſſere Menge Gift in dieſelben. Dieſes Meerſchwein litt nicht die geringſte Unbequemlichkeit, und feine Augen blieben im natürlichen Zuſtande. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit den Augen zwey anderer Meerſchweine, mit gleichem Erfolge, und eben ſo war auch das Re⸗ ſultat von allen Verſuchen, die ich in der Folge mit den Augen vieler anderer Thiere, und inſonderheit mit Kaninchenaugen machte. Ich konnte niemals die geringſte Veränderung in 288 in ihren Augen wahrnehmen, und ich fand, daß dieſes Gift ihnen nicht ſchaͤdlicher war, als wenn ich fie mit Waſſer ausgewaſchen haͤtte; woraus ich den Schluß machen zu koͤnnen glaube, daß das Amerikaniſche Gift kein Gift iſt, wenn man es a die 9 bringt, und daß es auf dieſe Theile gar keine Wirkung hat. Aber ſollte es a wohl unſchuldig fen, wenn man es in den Mund nimmt, und nieder ſchluckt? f az Herr de la Condamine, und alle andere Schriftſteler „ die von dieſem Gifte geredet haben, halten es fuͤr ganz unſchaͤdlich, wenn man es innerlich nimmt, und dies iſt auch die Meinung aller Amerikaner. Die Urſache, warum man es glaubt, iſt, daß man ohngeſchadet die Thiere eſſen kann, welche mit dieſem Gifte, oder beſſer zu reden, mit den damit vergifteten Pfeilen getoͤdtet ſind. Dieſer Grund iſt ſcheinbarer, als überzeugend, weil diefe Subſtanz ein Gift ſeyn kann, wenn fü ie in das Blut felbft nur in ganz geringer Menge gebracht wird, und hingegen nur in einer ſehr groſſen Gabe toͤdten kann, wenn fie durch den Mund in den Körper kommt. ; Man ent in dem Englichen Journal, das von Herrn Cleaby herausgegeben wird, (B. 13. S. 85.) daß ein kleiner Vogel, dem man von dieſem Gifte etwas eingege⸗ ben hatte, auf der Stelle ſtarb. Aber dieſe einzige Beobachtung, der es ganz an den ndͤ⸗ thigen Nebenumſtaͤnden fehlt, machte gar keinen Eindruck auf die Geiſter derjenigen Schrift⸗ ſteller, welche von dieſem Gifte gehandelt haben, und die demohngeachtet fortfahren, es ganz und gar fuͤr unſchuldig zu halten, wenn es innerlich genommen 1 A Hier find die Verſuche, die ich über dieſe Sache angeſtellt habe; ſie dienen au dazu, daß fie uns vorfi ichtig machen, ehe wir unſere Meinung von uns ſagen, ſelbſt nach⸗ dem wir die Erfahrung gefragt haben. Ich gab einem kleinen Kaninchen zwey Grane von dem Gifte in Woſſer aufgeloͤſt ein, und zwang es darauf einen Kaffeeloͤffel voll Waſſer zu ſaufen, um ihm den Mund auszuwaſchen, und zu machen, daß alles Gift in den Magen hinunter kommen ſollte. Die⸗ ſes Thier ſchien ganz und gar nichts zu leiden, weder im Anfange, noch in der Folge. Ich ließ ein anderes kleines Kaninchen, wie oben, drey Grane von dem Gifte ein⸗ trinken, und es litt eben ſo wenig davon, als das erſte. Ein anderes kleines Kaninchen ließ ich vier Grane Gift einſaufen, und auch dies wurde nicht krank. Ich machte eben die Probe mit drey kleinen Kaninchen, von denen das dritte ſechs Grane Gift bekam, und dieſes ſo wenig, als die andern, wurde krank. f Ich glaubte, dieſe Verſuche koͤnnten genug ſeyn, um mich zu verſichern, daß das Amerikaniſche Gift innerlich genommen, unſchaͤdlich, wie das Viperngift iſt; aber ich ' würde age 239 wurde mich geirrt haben. Ich war fo neugierig, es bey einer kleinen Taube zu verfuchen, Ich gab ihr ſechs Gran Gift ein, und fie ſtarb in weniger als fünf und zwanzig Minus ten. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit zwey andern Tauben, ſie ſtarben alle beyde in dreißig Minuten. ö g Dieſe letzten Verſuche, welche den erſtern widerſprachen, noͤthigten mich, ihrer noch von neuem eine groſſe Menge mit den Kaninchen und Meerſchweinen zu machen. Ich gab alfo einem kleinen Meerſchweine fünf Gran von dem Gifte ein, und ich fand es nach Verlauf von fuͤnf und zwanzig Minuten todt. Ich gab etwa acht Gran Gift einem kleinen Kaninchen ein; nach dreiſſig Minuten ſchien es ſich noch gar nicht uͤbel zu befinden; dreiſſig Minuten weiter hin ſchien es nicht gut auf den Fuͤſſen zu ſtehen; noch nach vier Minuten fiel es wie todt um, und in vier andern Minuten war es völlig todt. Ich gab zwey andern kleinen Kaninchen ungefaͤhr zehn Gran Gift; und ſo auch zwey andern Meerſchweinen. Eins von den Kaninchen ſtarb in weniger, als fuͤnf und vierzig Minu⸗ ten, und die zwey Meerſchweine in zwanzig Minuten. Dieſe Reſultate bewogen mich zu glauben, daß eine groͤſſere Gabe Gift gemiffer toͤdtete, und daß eben dieſelbe Menge Gift verſchiedene Wirkungen bey eben denſelben Thieren hervorbraͤchte, nach Beſchaffenheit ihres Magens. Ich hatte überhaupt wahr⸗ genommen, als ich die obigen Verſuche machte, daß die Thiere ſchwerer ſterben, oder gar nicht krank werden, wenn ſie dieſes Gift zu einer Zeit niederſchlucken, da ihr Magen voll iſt. Ich wollte den Verſuch bey drey Kaninchen und zwey Tauben machen, die ich lange hungern ließ. Sie ſtarben alle in weniger als fünf und dreißig Minuten, bloß an drey Gran Gift. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit fuͤnf andern dieſer Thiere; die aber einen vollen Magen hatten. Es ſtarb nur ein einziges davon. N Ich leite daraus als Erfahrungsſatz her, daß das Amerikaniſche Gift innerlich genommen ein Gift iſt; daß man aber eine ſchon etwas ſtarke Gabe haben muß, um nur ein kleines Thier damit umzubringen. Die oben erzaͤhlten Erfahrungen uͤber das Amerikaniſche Gift, welches in kleiner Gabe unſchuldig, hingegen in groͤſſerer Gabe toͤdtlich iſt, ſollten mich glauben machen, daß auch das Viperngift, das innerlich genommen, in kleiner Gabe unſchaͤdlich iſt, wenn es in groͤſſerer Gabe genommen würde, wohl toͤdtlich ſeyn koͤnnte. Die Empfindung von Betäubung, fo es auf der Zunge erregt, und welche fo lange dauert, ſcheint genug zu ſeyn, um zu glauben, daß dieſes Gift nicht ganz unſchuldig iſt, und daß es in groſſer Menge genommen wohl ſehr gut toͤdten koͤnnte. a Js behalte mir vor, dieſen Verſuch bey irgend einer andern Gelegenheit zu ma⸗ chen; und alsdann will ich das Gift von achtzehn bis zwanzig Vipern gebrauchen; ich will es einem kleinen Thiere eingeben, wenn ſein Magen leer iſt, und ich getraue mir ſchon vorher zu ſagen, daß es wahrſcheinlich ſterben werde. Denn wenn dieſes Gift in einer Fontana II. B. Oo ſehr 250 ſehr kleinen Gabe die Bewegung und die Empfindung der Zunge, das heizt, das Lebens⸗ prineipium in dieſem Werkzeuge zerſtoͤrt, fo wird eine gröffere Gabe es in den zum eben nothwendigern Theilen zer fören muͤſſen. Betrachtet man, daß das Gift durch den Mund genommen ſich auf einer er ſehr groſſen allzeit feuchten Oberflache ausbreiten, und mit den Nahrungsmitteln im Magen vermiſchen muß, und daß die einſaugenden Gefaͤſſe ſehr klein ſind; ſo wird es nicht mehr auſſerordentlich ſcheinen, daß es nicht ſchadet, wenn es in ſehr kleiner Gabe genommen wird, eben ſo wie man es bey dem Amerikaniſchen Gifte wahrnimmt. Ich fing meine Verſuche über die Wirkſamkeit dieſes Gifts damit an, 53 ich mich einer Lanzette bediente, die in Gift getaucht wurde, das in Waſſer aufgelöft war. Ich verwundete mit dieſem Inſtrumente ein kleines Meerſchwein dreymal an dem Beine, nach verſchiedenen Zwiſchenzeiten. Die Lanzette war voll Gift; aber das Thier litt auf keine Weiſe davon. Ich machte eben den Verſuch mit drey andern kleinen Meerſchwei⸗ nen, und einem Kaninchen. Es ſtarb keins von dieſen Thieren, auch ſchienen ſie nicht krank zu werden. In allen dieſen Faͤllen floß das Blut ſichtbar aus den Wunden, des⸗ wegen ich auf die Vermuthung kam, daß das Gift ſich wohl nicht mittheilen koͤnnte, und wieder heraus flöffe, wie ich es bey dem Viperngift Heobhchtet hatte, welches oft aus dieſer Urſache nicht ſchadet. Meine Vermuthung wurde bald durch die folgenden Berfuche beſtaͤtigt. Ich benetzte einen einfachen Zwirnsfaden mit Gift, und zog ihn einem Meerſchweine durch die Haut neben einer von ſeinen Bruſtwaͤrzgen. Es wurde gar nicht krank. Ich benetzte einen andern Faden, nahm ihn dreyfach zuſammen, und tief ihn erſt ein wenig trocken werden, damit das Gift nicht auf der Haut zurückbleiben möchte, fo wie der Faden das durch gezogen wuͤrde. Ich zog ihn einem kleinen Kaninchen durch die Haut an der Lende, nahe am Bauche. Nach ſechs Miauten fing das Kaninchen an zu sittern, und ohnmaͤch⸗ tig zu ſcheinen; eine Minute darauf fiel es unbeweglich um. Von Zeit zu Zeit bekam es leichte Zuckungen. Es ſtarb nach Verlauf von ſechs andern Minuten. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit dem gedoppelten Faden an zwey andern Ka⸗ ninchen „und drey Meerſchweinen. Sie ſtarben alle in Zeit von dreiſſig Minuten, und ſchon in der ſechsten oder ſiebenten Minute fielen ſie kraftlos um, und bekamen Zuckungen. Ich war neugierig zu ſehen, „ ob das Amerikaniſche Gift den Thieren mitgetheilt werden und ſie toͤdten koͤnnte, wenn es bloß auf die gekratzte, oder eben mit der Spitze einer Lanzette geſtochene Haut gebraucht würde. Ich hatte zu Paris bemerkt, daß das Viperngift in der That in ſolchen Faͤllen eine örtliche Krankheit mittheilt, und die Haut »veraͤndert und verdirbt: allein es iſt nicht fo wir ekſam, daß es toͤdtet. Das Amerikaniſche Gift hingegen bringt niemals eine oͤrtliche Krankheit hervor, wie ich bemerkt habe, als ich die oben erzaͤhlten Verſuche machte, und es laͤßt die verwundeten Theile in ihrem natür⸗ * 297 natürlichen Zuſtande. Dies macht einen weſentlichen Unterſchied zwiſchen dem Vipern⸗ gifte und dem Amerikaniſchen Gifte aus. . AR Ich ſchnitt einem kleinen Meerſchweine auf der Haut am Schenkel mit der Scheere die Haare weg, und ſchabte ſie gelinde mit einer Feile. Es floß nicht ſichtbar Blut dar⸗ aus; aber man ſahe kleine rothe Flecken und die Haut war feucht geworden. Ich benetzte ſie mit einem Tropfen Gift, das in Waſſer aufgeloͤſt war. Nach zehn Minuten gab es Zeichen von Zuckungen von ſich; kurz darauf fiel es ohne Bewegung um; es hatte nur noch von Zeit zu Zeit mehr oder weniger ſtarke Zuckungen. Es ſtarb nach zwanzig Mi⸗ nuten. Die Haut, wo das Gift aufgewiſcht war, hatte ſich ganz und gar nicht veraͤn— dert. Dieſer Ver ſuch hatte eben den Erfolg bey zwey andern Meerſchweinen, und einem kleinen Kaninchen, welche alle drey in weniger als ſieben und zwanzig Minuten mit den offenbarſten Zeichen von Zuckungen ſtarben. 5 a 5 Ich wollte ſehen, ob die groͤſſern Thiere dieſem Gifte widerſtehen koͤnnten, wenn es bloß auf die gekratzte Haut gewiſcht wuͤrde. Ich ritzte einem groſſen Kaninchen mik der Spitze einer Lanzette ganz flach die Haut, die ich vorher abſchor, und benetzte fie mit verſchiedenen Tropfen Gift. Nach funfzehn Minuten wurde es weniger lebhaft als es vorher war, und ſchuͤttelte von Zeit zu Zeit den Kopf, als wenn es Schmerzen auszuſte⸗ hen haͤtte; aber in weniger als zwanzig Minuten nachher, wurde es wieder ſo lebhaft, als jemals. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem andern Kaninchen, das aber klei⸗ ner war. Nach zehn Minuten ſchuͤttelte es mit dem Kopfe, es konnte kaum gehen, und auf den Fuͤſſen ſtehen; aber zwanzig Minuten darauf wurde es wieder fo lebhaft, als es je geweſen wars a t Ich ſchor einem ſehr groffen Kaninchen mit einem Scheermeſſer ungefehr einen Zoll groß die Haut ab. Es kam ein wenig Blut daraus, obgleich gar kein Schnitt darinn war. Ich wiſchte auf dieſe Haut ungefehr drey Tropfen Gift. Nach ſechs Minuten gab das Kaninchen Zeichen vom Uebelbefinden, und von groſſer Ohnmacht von ſich; eine Mi⸗ uute nachher fiel es wie todt zur Erde; kaum holte es merklich Athem. Von Zeit zu Zeit hatte es Zuckungen. In weniger, als ſechs und vierzig Minuten erholte es ſich ſo weit wieder, daß es ſehr gut gehen konnte; es fing kurz darauf an zu freſſen, und ſchien gar kein Uebel zu haben. 8 Ich kratzte einem Huhne die Haut am Schenkel, und wiſchte Gift darauf. Es wurde gar nicht krank, ob ich gleich dieſen Verſuch zweymal an andern Stellen auf der Haut wiederholte. ? Ich kratzte einer Taube ganz leicht die Haut am Schenkel, und wiſchte darauf das in Waſſer aufgeldſte Gift. Nach fuͤnf und zwanzig Minuten war ſie ſo ſchwach, Daß fie nicht ſtehen bleiben konnte, und fie erlitt nach Zwiſchenzeiten Zuckungen. Kurz darauf fiel ſie wie todt um, und blieb rn als drey Stunden in dieſem e 0 2 ein⸗ 292 ſcheinbaren Tode. Sie fing inzwiſchen nach und nach an, ſich wieder zu erholen, derge⸗ ſtalt daß ſte nach einer halben Stunde ſchien, niemals krank geweſen zu ſeyn. Dieſer Verſuch wurde mit fünf andern Tauben wiederholt. Drey ftarben in we⸗ niger, als zwanzig Minuten; die beyden andern fielen in Zuckungen, aber zuletzt erholten ſie ſich wieder. 6 Aus andern ſeit der Zeit gemachten Verſuchen ſowohl mit Vögeln, als vierfuͤßi⸗ gen Thieren, habe ich den Schluß gemacht, daß das Amerikaniſche Gift, wenn es auf die Haut gebracht wird, nachdem ſie kaum gekratzt worden ift, töten kann; wiewohl nicht immer, noch bey allen Umſtaͤnden. Die groͤſſern Thiere widerſtehen der Wirkung des Gifts leichter, und wenn die Thiere, feibft die ſchwaͤchſten, nicht davon ſterben, fo befinden ſie ſich in kurzer Zeit eben ſo geſund, als vorher. Ich wünfchte nun die Menge Gift zu kennen, die man braucht, um ein Thier zu toͤdten. Ich hatte in Frankreich eine ähnliche Unterſuchung über das Viperngift ange⸗ ſtellt, und dadurch die Menge dieſes Gifts beſtimmt, die erfoderlich iſt, die Thiere zu toͤdten. Ich konnte wohl vermuthen, daß ſehr wenig Amerikaniſches Gift hinreichend wäre, einem kleinen Thiere das Leben zu nehmen, weil ein oder ein paar Tropfen, auf die gekratzte Haut gewiſcht, mehr als eins hatten umbringen konnen. Aber ich wollte gern etwas genauers wiſſen. Ich beruͤhrte ein Funfzigtheil von einem Tropfen einer Aufloͤſung von Gift, in ek ner ſolchen Menge Waſſer, in welchem das Gift kaum den funfzigften Theil ausmachen konnte, mit einem kaum ſichtbaren Faſerchen Baumwolle. Ich legte dieſes Faſerchen Baumwolle einer Taube in einen Muskel am Beine, und ſie ſchien nichts davon zu leiden. Zwey Stunden nachher brachte ich in einen andern Muskel ein Staͤubchen trocke⸗ nes Gift, das ich kaum mit bloſſen Augen ſehen konnte. Die Taube ſchien eben ſo wenig davon zu leiden. Ich wiederholte den Verſuch mit dem trockenen Gifte bey drey andern Tauben, bey deren einer das Stuͤck trockenes Gift ſehr ſichtbar war; aber es ſtarb keine davon, auch ſchienen ſie nicht krank davon zu werden. Ich machte eben dieſelben Verſuche mit drey Meerſchweinen, und zwey kleinen Kaninchen mit eben dem Erfolge, und es ſchien auch keins davon krank zu werden. Allein das Gift war von den Saͤften des verwundeten Theils nicht aufgeloͤſt worden, und ich fand die kleinen Stuͤckchen Gift noch ganz un⸗ veraͤndert. Ich legte bey einer andern Taube ein Bisgen Baumwolle, das viel groͤſſer, als die obigen war, auf einen Muskel, und ließ ungefehr acht mal ſo viel Gift darinn ſaugen. Die Taube fiel nach ſechs Minuten um, und kurz darauf ſtarb ſie. Ich legte in die Muskeln von zwey Meerſchweinen Floͤckchen Baumwolle mit Gift, beynahe wie — vorher⸗ 2 293 vorhergehende. Das eine ſtarb nach zwölf Minuten; das andere fiel nach ſechs Minuten wie todt zur Erde, aber kurz darauf erholte es ſich wieder. a Ich mache aus dieſen Verſuchen den Schluß, daß ungefehr ein Hunderttheil von einem Grane Gift ein kleines Thier toͤdten kann, und daß das Gift nothwendig aufgelöft werden muß, um zu toͤdten, oder eine merkliche Unordnung in der thieriſchen Oeconomie hervorzubringen. Ich habe verſchiedene Verſuche angeſtellt, um zu beſtimmen, ob das Amerikani⸗ ſche Gift, wenn es auf Wunden in dem Kamm der Huͤhner, oder auf die Riſſe der Ohren vierfuͤſſiger Thiere gebracht wird, toͤdtlich oder gefährlich ſeyp. Das Gift der Viper iſt an dieſen Theilen gewoͤhnlich nicht toͤdtlich; und die Krankheit offenbart ſich nicht an dem vergifteten Kamme, ſondern wohl an Backen, welche erſchrecklich aufſchwellen, ſo daß die Thiere oft daran ſterben. Ich verwundete alſo verſchiedene mal Hühnern den Kamm, und wiſchte Ameri⸗ kaniſches Gift darauf. Ich legte zweymal etwas mit Baumwolle darauf, welche damit defeuchtet war, ohne daß ich jemals die geringſte Krankheit hervorbringen konnte. Allein der Verſuch hatte einen andern Erfolg bey den Ohren. Nachdem ich mich verſchiedene mal vergeblich bemüher hatte, vielen Kaninchen, denen ich die Ohren kratzte, oder fie ver- wundete, das Gift mitzutheilen, welche aber niemals krank davon zu werden ſchienen, ſo gelang es mir endlich, zwey derſelben in weniger als dreiſſig Minuten umzubringen, nach⸗ dem ich ihnen eine groſſe Menge Gift in den mehr fleiſchichten Theilen des Ohrs beyge⸗ bracht hatte, welches ich an vielen Stellen mit der Spitze einer Lanzette verwundete. Die Verſuche mit den Ohren hatten mir gezeigt, daß, wenn wenig Blutgefaͤſſe da find, die Krankheit entweder ſich nicht mittheilt, oder doch nicht toͤbtlich iſt. Hierinn bat das Amerikaniſche Gift viele Aehnlichkeit mit dem Viperngifte. Dieſes iſt ganz un⸗ ſchuldig, wenn man es auf die Sehnen bringt, inſonderheit wenn fie keine rothe Gefäffe haben; eben ſo iſt auch das Amerikaniſche Gift ganz unſchuldig, man mag es auf die Sehnen oder auf andere Theile des Körpers bringen, die keine Blutgefaͤſſe haben, wie zum Beyſpiel das Zellengewebe, die Bänder u. ſ. w. Es würde ükerfluffig ſeyn, die genaue Beſchreibung von dieſen Verſuchen umſtaͤndlich zu liefern; welche ohne Zweifel zu lang ſeyn würde, und die nicht unumgänglich nothwendig bier iſt, wie man in der Folge ſe⸗ hen wird. a r Ich war neugierig zu wiſſen, ob das Amerikaniſche Gift, wenn es in die Muss keln gebracht würde, toͤdtlicher wäre, als wenn man es in die Haut braͤchte, wenn ſie auch von einem Ende zum andern durchſtochen waͤre. Ein groſſes Meerſchwein, welches zwey Tage vorher zweymal hinter einander ausgehalten hatte, daß ich ihm Haut abſchnitt und Gift darunter legte, ohne die geringſte Krankheit zu bekommen, und ein drittes mal nur mit einigen unbedeutenden Zeichen von Krankheit, ſtarb in weniger als zwölf Minuten, - Oo 3 nachdem a — 294 \ nachdem ich ihm Gift auf die durchgeſchnittenen Fibern eines Muskels am Beine gelegt hatte. Nach drey Minuten fiel es faſt ogne das geringſte Zeichen des Lebens, und mit gaͤnzlichem Verluſt der Bewegung um. : Ich habe dieſen Verſuch zehnmal wiederholt, und allzeit ſtarben die Thiere, ſo⸗ wohl die Meerſchweine, als die Tauben, und Kaninchen von mittlerer Gröffe; ſo daß ich nicht zweifeln kann, daß die vergifteten Wunden in den Muskeln toͤdtlicher find, als in der Haut, in den Ohren, und im Kamme der Huͤhner. Die ſicherſte Methode, damit zu Stande zu kommen, iſt, einen Splitter ſchwammigtes und ſcharfes Holz gut mit Gift zu beſchmieren, und ihn faſt trocken geworden in die Subſtanz des entbloͤßten Muskels zu ſtechen. Aber dieſe Methode gelang mir doch dreymal nicht, als ich mich derſelben bey den Kämmen der Huͤhner bediente. Ich konnte gar kein Zeichen von Krankheit ſehen, obgleich das Holz ſtark mit Gift verſehen war, und ich es verſchiedene Stunden lang in den Kaͤmmen der Huͤhner durch und durch geſtochen gelaſſen hatte. 5 Bey dieſer Gelegenheit bediente ich mich der Pfeile; ich gebrauchte ihrer viele, die Haut der Thiere zu durchſtechen, und viele andere, durch die Muskeln zu ſtechen. Nicht alle diejenigen Thiere, welche in die Haut damit geſtochen wurden, ſtarben, obgleich viele davon umkamen; inſonderheit hielten die groſſen Kaninchen am beſten aus; aber es ent⸗ kam kein einziges von denjenigen dem Tode, denen ich die Muskeln mit dieſen Pfeilen durchſtach. Ich habe überhaupt gefunden, daß die Pfeile gefährlicher und tödtlicher find, als das Gift, wenn es in Waſſer aufgeldſt, und bloß auf den verwundeten Theil ge⸗ wiſcht wird. 8 b Ich habe bemerkt, daß das Gift der Pfeile wirkſamer iſt, wenn man ſie vorher in warmes Waſſer taucht, und daß ſie alsdann gewiſſer und geſchwinder wirken. Ihre Wirkſamkeit nimmt noch mehr zu, wenn man ſie in Gift taucht, das mit Waſſer zur Con⸗ ſiſtenz eines Juleps gekocht iſt. Verſchiedene ſelbſt ziemlich groſſe Thiere, wie die Ka⸗ ninchen, find in weniger als zwey Minuten umgefallen, ohne ſich noch regen zu koͤnnen; und in weniger als acht Minuten waren ſie todt. Einige von den kleinern ſchienen ſchon in weniger als einer Minute zu leiden. . 8 Ich ſtach einen von dieſen Pfeilen, der ſtark mit gekochtem Gifte uͤberzogen war, in den Kamm eines Huhns, und ließ ihn einen ganzen Tag darinn, ohne daß das Thier das geringſte Zeichen von Krankheit von ſich gab. Den Tag darauf ſtach ich ihm den Kamm und die Backen mit zwey andern wie oben bereiteten Pfeilen durch und durch, und ließ ſie zehn Stunden lang darinn ſtecken. Das Huhn gab auch bey dieſer zweyten Ope⸗ ration kein Zeichen von Krankheit von ſich. Nach dieſem ſtach ich ihm einen Pfeil durch einen von den Muskeln des Beins, und es ſtarb in zwey und vierzig Minuten. Haben Haben die Sauren und die Laugenſalze die Kraft, dem Tirunas die toͤdtliche f Eigenſchaft zu benehmen? Unter die Unterfuchungen, welche ich mir zur Prüfung dieſes Gifts vorgeſetzt hatte, gehoͤrte auch die Unterſuchung der Veraͤnderungen, welche es erfahren koͤnnte, wenn man es mit den Säuren und den Laugenſalzen verbaͤnde, wie ich es mit dem Vipern⸗ gifte gemacht hatte. Ich hatte gefunden, daß weder die ſtaͤrkeſten mineraliſchen Säuren, noch die wirkfamſten Laugenſalze dem Gifte dieſes Thiers feine rödtlichen Eigenſchaften be⸗ nehmen. Ich wollte unterſuchen „ob es ſich eben ſo mit dem Amerikaniſchen Gifte ver⸗ hielte. In dieſer Abſicht loſte ich etwas von dieſem Gifte in den drey mineraliſchen Saͤu⸗ ren auf; eben fo löfte ich auch etwas in abgezogenen Weineſſig, und in Zuckerbrandwein auf; und nach einigen Stunden machte ich folgende Verſuche. ide Ich machte einem kleinen Meerſchweine kleine Einſchnitte in die Haut, und be deckte fie verſchiebene mal mit Gift, das in Salpetergeiſt aufgelöft war. Das Thier ſchien keine Unbequemlichkeit zu leiden, als den mechaniſchen Schmerz von den Wunden und der Saͤure; nach einer Stunde war es wieder eben ſo munter, als vorher. Zwey Stunden nachher wiederholte ich dieſen Verſuch an einer andern Stelle der auf eben die Art vorbe⸗ reiteten Haut, und bediente mich des in Zuckerbrandwein aufgeloͤſten Gifts. Das Thier ſtarb in weniger, als vier Minuten. 5 Ich verwundete einem kleinen Kaninchen die Haut ganz flach, und wiſchte darauf verſchiedene Tropfen Gift in Vitriolöl aufgeloͤſt. Es ſchien davon nichts zu leiden, und war ſo munter, als vorher. Nach vier Stunden bereitete ich einen andern Theil der Haut wie oben, und wiſchte darauf verſchiedene Tropfen Gift in abgezogenem Weingeiſte aufgeloͤſt. Es ſtarb in ſechs Minuten, und fiel ſchon in weniger als vier Minuten um. Ich bereitete, wie gewoͤhnlich, einem kleinen Kaninchen die Haut, und bedeckte fie mit Gift, das in Salzſaͤure aufgelöft war. Das Thier ſchien kein Uebel zu leiden. Nach ſechs Stunden wiſchte ich auf eine andere Stelle feiner Haut das Gift in Rum aufgelöſt. Nach fünf und vierzig Minuten fiel es mit Zuckungen um; aber es erholte ſich in weniger als einer Stunde. 38 | Dieſe erſten Verſuche ſcheinen zu beweiſen, daß die mineraliſchen Säuren dieſes Gift ganz unſchuldig machen, und daß hingegen der Weineſſig und der Rum gar keine Veranderung darinn hervorbringen. Ich ſetzte meine Verſuche mit dem in Weineſſig und Zuckerbrandwein aufgelöften Gifte fort, und die Reſultate fielen ein wenig anders aus. Von ſechs Thieren, die mit dem Gifte in Weineſſig aufgelöſt behandelt wurden, ſtarben nur zwey. Zwey andere hatten alle Zeichen der Krankheit von dem Gifte, und die beyden letzten empfanden gar nichts. Von ſechs andern, die mit dem in Rum aufge⸗ löſten Gifte beſchmiert wurden, ſtarben fanf, und das ſechste bekam die Krankheit von dem Gifte; woraus es als bewieſen folgt, daß das Gift, wenn es in dieſen beyden ⸗Fluͤſ⸗ ſigkeiten aufgelöft wird, feine toͤdtliche Eigenſchaft behält, Im 295 . In Gegentheile wiederholte ich die Verſuche mit dem Gifte in den mineraliſchen Säuren aufgelöft, bey ſechs Thieren, von denen keins ſtarb, noch den geringſten Anfang von Krankheit zu bekommen ſchien. f 5 Es entſtand bey mir ein Verdacht, ob vielleicht das Gift in dieſem Falle unſchul⸗ dig wäre, nicht weil es feine toͤdtliche Eigenſchaft verloren hatte, ſondern vielmehr weil es wegen der gar zu groſſen Wirkung der mineraliſchen Saͤuren auf die Haut und auf die Gefaͤſſe nicht in die verwundeten Theile dringen koͤnnte, die davon zuſammen gezogen und einigermaſſen gebranut würden. Um mich aus dieſem Zweifel zu helfen, ließ ich das in den mineraliſchen Säuren aufgeloͤſte Gift abdunſten, und als es trocken war, fü legte ich es verſchiedene mal bey verfchiedenen Thieren auf verſchiedene Stellen der Haut; aber es gab keins die geringſten Zeichen von Krankheit von ſich. Es ſcheint alſo, daß die mineraliſchen Säuren dem Amerikaniſchen Gifte feine ſchaͤdlichen Eigenſchaften benimmt. Ich ſage bloß, es ſcheint ſo; weil man noch den Verdacht haben koͤnnte, daß noch ein wenig von der Säure mit dem Gifte vereinigt bleibt, nachdem man es hat abdampfen laſſen, und daß dieſe Saͤure ihre gewoͤhnliche Wirkung auf die Hautgefaͤſſe hervorbringt. Ich haͤtte dieſe Verſuche wiederholen ſollen, nachdem ich das Gift verſchiedene mal in Waſſer abgewaſchen, und unſchmackhaft gemacht haͤtte; aber es fehlte mir eben an Thieren, um dieſen neuen Verdacht zu unterſuchen, und ſeit der Zeit hatte ich niemals Zeit, dieſe Sache noch einmal vorzunehmen. Was die Laugenſalze anbetrift, ſo kann ich ſagen, daß ich nicht wahrgenommen habe, daß ſie dieſes Gift auf irgend eine Art veraͤndert, und weniger toͤdtlich gemacht haͤt⸗ ten, als vorher. Es iſt zwar wahr, daß ich dieſe Verſuche nicht ſo oft wiederholt, noch ſo ſehr veraͤndert habe, als ich haͤtte thun ſollen, und ich wuͤrde es auch gethan haben, aber ich fand gar zu viele Schwierigkeit, mir die Thiere zu verſchaffen, und überdies hatte ich mir auch viel wichtigere Verſuche vorgenommen. f Es war natürlich, zu vermuthen, daß, weil die Säuren die Wirk ſamkeit des Gifts auf die Thiere verhindern, eben dieſe Saͤuren auch wohl ein Mittel wider dieſes Gift ſeyn mochten. b Ich bereitete, wie gewöhnlich, einem kleinen Meerſchweine die Haut, und bedeckte fie ganz mit Gift. Ungefehr nach vierzig Serunden wuſch ich fie mit Salpeterſaͤure ab, und hernach mit reinem Waſſer. Das Thier wurde gar nicht krank. Zwey Stunden nachher brachte ich ihm Gift in eine Muskel, und gleich darauf wuſch ich ihn mit Salpe⸗ terſaure aus; aber es fiel den Augenblick mit Zuckungen und ohnmaͤchtig um, und nach zwey Minuten war es todt. 2 f Ich wiederholte dieſen Verſuch an den Muskeln eines andern Meerſchweins, und kaum hatte ich das Gift darauf gebracht, fo wuſch ich fie ſchon mit Salpeterſaͤure, die ein wenig 297 wenig mit Waſſer verdimnt war. Zwey Minuten nachher fiel es mit Zuckungen un, und nach vier Minuten war es kodt. Ich vergiftete wie oben, vier Tauben 5 Muskeln, und wusch ſie den Augenblick darauf mit der Salpeterſaͤure. Sie ſtarben nach einer Minute. Da ich befuͤrchtete, daß dies die Wirkung der Salpeterſaͤure vielmehr, als des Gifts ſeyn moͤchte, ſo bediente ich mich bey vier andern Tauben, einer ſehr geſchwaͤchten eee Aber ſie ſtarben alle vier, obgleich viel ſpaͤter. 5 Ich wollte ſehen, ob das bloſſe e Waſchen mit Salpeterſaͤure auf den Muskeln die Tauben und die kleinen Meerſchweine toͤdten koͤnnte; Ich machte den Verſuch bey zwen Tauben und zwey Meerſchweinen. Die Tauben ſtarben alle beide kurz darauf; aber die Meerſchweine ſtarben nicht; obgleich das eine davon ſehr gelitten zu haben ſchien. Es ſcheint mir alfo, daß die Säuren ein unnuͤtzes und gefährliches Mittel find, wenn man fie auf die 1 Muskeln des Thiers bringt. Wie viel Zeit braucht das Ticunasgift, um feine tödtfichen Wirkungen den vergifteten Thieren mitzutheilen? Ich will nichts von einigen andern Mitteln ſagen, welche ich angewandt habe; weil die Erfahrung mir gezeigt hat, daß alles unnütz iſt, man mag es fruͤh oder fpär; auſſerlich oder innerlich gebrauchen. Wenn das Gift tief een iſt, wenn es ſchon in die Säfte gekommen iſt, fo kommt jedes Mittel zu ſpaͤt. Es blieb mir noch eine ſehr wichtige Unterſuchung anzuſtellen uͤbrig, welche in ge- wiſſen Faͤllen auch nuͤtzlich ſeyn konnte. Meine Verſuche über das Viperngift haben mir Anlaß gegeben, dieſe Unterſuchung bey dem Amerikaniſchen Gifte zu machen. Ich hatte die Zeit beſtimmt, welche das Viperngift gebraucht, um in den Koͤrper des Thiers zu dringen; und die Zeit, in welcher es nuͤtzlich ſeyn kann, den vergifteten Theil abzuſchnei⸗ den, oder Unterbindungen um denſelben zu legen, um zu verhindern, daß das Gift ſich nicht dem Thiere vermittelſt des Bluts mittheile. Ich ſtach einer Taube mit einem Amerikaniſchen Pfeile, der vorher in warmes Waſſer getaucht war, durch die Muskeln am Beine. Nach vier Minuten legte ich ein mittelmaͤſſig zugezogenes Band über der verwundeten Stelle um das Bein, unmittelbar über den Schenkel, und ließ den Pfeil darinn ſtecken. Nach ſechs und zwanzig Stunden ſchien dem Thiere weiter nichts zu fehlen, als bloß daß es eine Binde um das Bein batte. Ich zog darauf den Pfeil heraus, und löfte auch das Band ab. Der Theil war ein we⸗ nig aufgeſchwollen und blau; aber das Thier ſtarb doch nicht daran, ob es gleich ſich feines Beins nicht eher, als nach einigen Tagen, und mit Mühe bedienen konnte. Fontana II Band. pp Ich .298 Ich durchſtach mit einem andern Pfeile die Muskeln einer andern Taube, wie oben, und nach ſechs Minuten legte ich die Binde um das Bein, und ließ den Pfeil darinn ſtecken. Nach vier Minuten hatte die Taube die Kraft nicht mehr, zu ſtehen, und den Kopf gerade zu halten. Kurze Zeit BAHT fiel fie wie todt um, und fie er wirklich nach En Minuten, Ich wiederholte eben den Verſuch mit einer andern Taube, , und leß den Pfeil! in den Muskeln zuruͤck. Nach acht Minuten band ich ihr das Bein. Drey Minuten nach⸗ her fing ſie an, Zeichen von Uebelbefinden von ſich zu geben. Aber in wenig Zeit erholte ſie ſich wieder; Nach Verlauf von ſechs und zwanzig Stunden lebte ſie noch, obgleich die Muskeln blau waren. Ich nahm das Band weg, und zwey Stunden nachher ſtarb ſie. Ich unterwarf eine vierte Taube eben dem Verſuche; ich machte die Unterbin⸗ dung fuͤnf Minuten nachher, und ließ den Pfeil in den Muskeln ſtecken. Sie ſtarb nach zwey Stunden. 5 Ich wiederholte dieſen Verſuch mit vier andern Tauben, und machte bey ihnen die Unterbindung nach zwey Minuten. Es ſtarb keine davon; zehn Stunden nachher nahm ich das Band weg; und nun ſtarben drey davon; die vierte wurde vollkom⸗ men heil. Ich machte eben den Verſuch unter eben den Umſtaͤnden mit vier andern Tauben, nur mit dem Unterſchiede, daß ich das Band nicht eher als nach dreiſſig Stunden weg⸗ nahm. Eine einzige ſtarb davon nach Verlauf von zwey Tagen; gewiß an der Wirkung der Unterbindung, die zu feſt war, und den kalten Brand in den Muskeln erregte. Ich habe eben dieſelben Verſuche mit viel jüngern Tauben gemacht, denen man das Bein unter dem Schenkel abnehmen kann, ohne daß ſie daran ſterben. Es iſt keine einzige von denjenigen geſtorben, denen ich nach Verlauf von zwey Minuten das Bein ab⸗ ſchnitt, und es ſtarben nur zwey unter zehn, denen ich das Bein nach drey Minuten ab⸗ genommen hatte. Bey dieſer Methode ſterben weniger Tauben, als bey der Unterbindung, wenn man ſie zu gleicher Zeit anwendet. Die Urſache davon iſt, daß die Amputation bey dieſen Thieren weder den Tod noch die geringfte merkliche Unordnung hervorbringt; da hingegen die Unterbindung oft macht, daß die von den Pfeilen verwundete Theile brandig ee und die Taube ſtirbt oft am Brande. Ich habe eben dieſelben Verſuche mit den kleinen Meer ſchweinen und den Kanin⸗ chen gemacht; indem ich entweder das verwundete Bein abgeſchnitten, oder gebunden ha⸗ be. Die Reſultate waren zum Theil denjenigen aͤhnlich, welche ich bey den Tauben wahr⸗ genommen hatte, wiewohl mit etwas weniger Beſtaͤndigkeit und mehr Ungewißheit. Ich 299 Ich habe uberhaupt geſehen, daß eine beſtimmte Zeit noͤthig ift, damit das Ame⸗ rikaniſche Gift ſich dem Thiere mittheile; daß dieſe Zeit viel betraͤchtlicher iſt, als dieje— nige, welche das Viperngift erfodert, um ſich mitzutheilen; daß die Wirkungen des Ame⸗ rikaniſchen Gifts auf die Thiere ungewiſſer und veraͤnderlicher ſind; und endlich daß man die Krankheit von dem einen ſowohl als von dem andern durch das Abnehmen der Theile heilen kann, wenn man ſie ohne Lebensgefahr abſchneiden darf; Nur muß aber dieſe Amputation zur rechten Zeit geſchehen. a 5 In den Verſuchen, die ich mit dem Viperngifte gemacht habe, fand ich, daß es kein Gift für alle Thiere iſt, und daß es Thiere mit kaltem Blute giebt, fuͤr die es ganz unſchuldig iſt. Ich war ſo neugierig, zu erfahren, ob es ſich mit dem Amerikaniſchen Gifte eben ſo verhielte. Alle Schriftſteller, welche von dem Amerikaniſchen Gifte geredet haben, ſagen uns, daß es ein Gift für alle Thiere ſey; aber eine Sache glauben heißt noch lange nicht, ſie beweiſen. Man muß Erfahrungen, und zwar in ſehr groſſer Menge dazu haben, und wir ſehen nicht, daß ſie deren genug gemacht haͤtten, um einen ſo allgemeinen Schluß daraus zu ziehen. 8 Verſuche mit den kaltbluͤtigen Thieren. Ich machte den Anfang damit, dieſes Gift in die Muskeln der Froͤſche zu brin- gen. Sie ſtarben in kurzer Zeit daran. Ich gieng von ihnen zu den Aalen über, denen ich Pfeile durch den Schwanz ſtach. Sie ſtarben alle, obgleich ſehr ſpaͤt. Ich hatte gefunden, daß das Gift der Viper fuͤr die Viper ſelbſt und fuͤr die Blindſchleichen ganz und gar unſchuldig if. Von dieſen ſetztern konnte ich nur zwey be: kommen, und ich machte nur wenige Verſuche, die mir aber ganz entſcheidend zu ſeyn ſcheinen. Ich ſtach einen ſtark mit Gift uͤberzogenen Pfeil, das die Conſiſtenz eines Sy: krups hatte, einer dieſer Schlangen durch den Schwanz, und ließ den Pfeil in den Mus- keln ſtecken. An der Stelle, wo ich den Pfeil hineinſtach, hatte ich vorher einen Einſchnitt gemacht, damit das aufgeloͤſte Gift, welches ſich auf dem Pfeile befand, auch mit Leich⸗ tigkeit in die Muskeln dringen koͤnnte. Ich machte darauf kleine Einſchnitte in die Mus- keln an der Stelle der Wunde, und brachte daſelbſt von neuem Gift hinein. Der Schlange ſchien nichts zu fehlen, und viele Stunden nachher befand ſie ſich ſo gut, als vorher. Ich ſperrte fie in ein Zimmer ein, und da ich es nach ſechs Stunden wieder dfnete, fo fand ich, daß die Schlange entflohen war, und ich habe ſie nach der Zeit nicht wieder fin— den koͤnnen. Ich wiederholte bey einer andern etwas kleinern Blindſchleiche dieſen Verſuch viel— mals nach verſchiedenen Zwiſchenzeiten. Das letzte mal ſtach ich zwey vergiftete Pfeile in die Muskeln des Schwanzes, und ließ ſie vier und zwanzig Stunden darinn ſtecken. Ich 5 f Pp 2 brachte 300 brachte mehrmals in die Wunden das Gift zur Conſt ſtenz eines Syrups gebracht, in groſ⸗ ſer Gabe vermittelſt eines hoͤlzernen 0 Das Thier ſtarb nicht, und 9 auch nicht merklich davon zu leiden. Ich habe eben dieſen Verſuch mehrmals mit den Vipern wiederholen koͤnnen. Es iſt gar keine an dem Gifte geſtorben, ob ich gleich einige in den Muskeln des Schwanzes mit mehrern Pfeilen verwundet habe, die ſtark mit dem zur Confiſtenz eines Sprups ge⸗ brachten Gifte beſtrichen waren. Ich habe ihnen die Pfeile zwanzig und dreiſſig Stunden lang in den Muskeln ſtecken laſſen, und doch iſt niemals eine davon geſtorben. Es iſt zwar wahr, daß einige derſelben kurze Zeit nachher, da fie vergiftet worden waren, mweni- ger lebhaft als vorher zu ſeyn ſchienen, und man konnte wahrnehmen, daß der verwundete Theil, oder die hintere Haͤlfte des Koͤrpers merklich von ſeiner naturlichen Bewegung ver⸗ loren hatte. Dieſe Betäubung dauerte ſogar bey einigen verſchiedene Stunden lang; hingegen waren andere immer eben ſo munter, als vorher. Ich trage kein Bedenken, nach allem dieſen zu behaupten ‚ daß das Amerkaniſche Gift völlig unſchuldig für dieſe Thiere mit kaltem Blute iſt, ſo wie das Viperngift u. ſ. w. In dieſem Stücke haben dieſe beyden Gifte eine groſſe Aehnlichkeit unter einander, obgleich das eine ein thieriſches Gummi, und das andere ein bloſſer Pflanzenſaft iſt. Es blieb mir nun noch übrig, die Wirkung dieſes Gifts auf die lebendigen Thiere zu unterſuchen, oder zu ſehen, was es fuͤr Theile in dem Thiere find, die von dem Ameri⸗ kaniſchen Gifte ſo ſehr verändert werden, daß es davon ſterben muß. : Es traf alles zuſammen, mich glauben zu machen, daß es eine von denjenigen Krankheiten hervorbringt, welche die neuern Aerzte Nervenkrankheiten nennen; und daß die Wirkung dieſes Gifts gerade das Nervenſyſtem trift. Die Zufaͤlle der Krankheit ſind die genaueſten und entſcheidendſten fuͤr dieſe Art von Krankheiten. Zuckungen, Ohn⸗ machten, gaͤnzlicher Verluſt der Kraͤfte und der Bewegung, eine ſchwaͤcher gewordene, oder gänzlich zernichtete Empfindung find die gewoͤhnlichſten Zufaͤlle, welche dieſes Gift in den Thieren hervorbringt. Oft bemerkt man, daß das Thier, welches im Anfange ſehr munter war, einen Augenblick nachher aller Bewegung und Empfindung beraubt, und im Begriffe iſt zu ſterben. Ich habe gemeiniglich einen Zufall wahrgenommen, wek⸗ cher ein richtiger Beweis zu ſeyn ſcheint, daß die von dieſem Gifte hervorgebrachte Krank⸗ heit eine bloſſe Nervenkrankheit iſt. Stirbt das Thier nicht, ſo befindet es ſich in wenigen Minuten eben ſo wohl, als vorher, und ſcheint gar kein Uebel ausgeſtanden zu haben, ob es gleich in einem Zuſtande von Schlafſucht, zuweilen ſogar einige Stunden lang, gewe⸗ fer ift, ohne ein gewiſſes oder offenbares Zeichen von Leben von ſich zu geben. Dies er- eignet ſich gerade auch in den ſogenannten Nervenkrankheiten; ſie kommen oft ganz auf einmal. Bald erregen ſie Bewegungen, und bald ſchlagen ſie gaͤnzlich die Kraͤfte nieder; aber kaum fangen die Wirkungen der Krankheit an ſich zu verlieren, ſo befindet ſich die Perſon ſehr gut, und erinnert ſich kaum, ein Uebel erlitten zu haben. er ein 301 Allein alle dieſe Zeichen konnten mich nicht mehr taͤuſchen, nach den Verſuchen, die ich mit dem Viperngifte angeftelle hatte. Die Krankheit, die es hervorbringt, hat auch die Zufaͤlle der Nervenkrankheiten, und es ſcheint, daß die Nerven hauptſaͤchlich an: gegriffen werden; und doch hat die Erfahrung das Gegentheil bewieſen. Ich mußte alfo auch in gegenwaͤrtigem Falle meine Zuflucht zur Erfahrung nehmen, um mich nicht von bloſſen Theorien und Scheingründen hintergehen zu laſſen. ou 10 1713 Wirkungen des Ticunasgifts auf das aus den Thieren gelaſſene Blut. Um in einer fo wichtigen Unterſuchung methodiſch zu Werke zu gehen, habe ich geglaubt, den Anfang mit der Unterſuchung machen zu müſſen, ob das Amerikaniſche Gift eine merkliche Veranderung in dem Blute der Thiere hervorbringt, wenn es ganz warm aus den Gefaͤſſen laͤuft, und man es in dieſem Zuſtande damit vermiſcht. 7 Ich ſchnitt einer Taube den Kopf ab, und fing ihr Blut ganz warm in zwey klei— nen kegelfoͤrmigen gewaͤrmten Glaͤſern auf. Ich ließ in jedes Glas ungefähr achtzig Tro⸗ pfen laufen. In das eine Glas that ich vier Tropfen Waſſer, und ins andere vier Tro— pfen in Waſſer aufgelöftes Gift. Die Menge des Gifts, die in dieſen vier Tropfen ent: halten war, belief ſich kaum auf einen Gran trockenes Gift. In eben dem Augenblick ſchuͤttelte ich die beyden Glaͤſer einige Secunden um, aber auf gleiche Art, und fo, daß die Materien ſich unter einander miſchen konnten. Nach Verlauf von zwey Minuten war das mit dem bloſſen Waſſer vermiſchte Blut geronnen. Das andere mit dem Gifte ver- miſchte Blut gerann nicht; aber es wurde dunkeler, und ſchwaͤrzer als das andere, welches wie gewöhnlich roͤthlich war. Nach drey Stunden war es noch ſo fluͤſſig, als vorher, unterdeſſen daß man in dem andern Glaſe das ſchon von dem rothen Theile abgeſonderte Blutwaſſer ſahe. Ich unterſuchte, ſo wohl jetzt, als in der Folge, das Blut in beyden Glaͤſern mit dem Mieroſcop, und fans, daß in dem einen, ſo wie im andern, die rothen Kuͤgelchen ihre urſpruͤngliche Figur behielten, und auf keine Weiſe unter einander verſchieden waren. Dieſer mehrmals miederholte Verſuch hatte allezeit eben denſelben Erfolg; ſo daß es ausgemacht zu ſeyn ſcheint, daß das Amerikaniſche Gift die rothen Kuͤgelchen des Bluts nicht ſichtbar in den oben angeführten Umſtaͤnden verändert. Was aber doch Aufmerk⸗ ſamkeit verdient, iſt dieſes, daß dieſes Gift ſo entfernt iſt, das Blut gerinnen zu machen, daß es vielmehr die dieſer Fluͤſſigkeit natürliche Gerinnung, wenn fie aus den Gefaͤſſen gezogen wird, durchaus verhindert. Man kann aber eben ſo wenig ſagen, daß es das Blut verduͤnne oder aufloͤſe, weil man davon nichts wahrnimmt, wenn man es mit dem Microſcope unterſucht. Der rothe Theil iſt geſtaltet, wie im naturlichen Zuſtande, und man bemerkt nichts feiners, und nichts fluͤſſigeres in dieſer Fluͤſſigkeit. Pp 3 0 Wir 302 Wir haben eben dieſe Erſcheinung bey dem Viperngifte wahrgenommen; fo daß die Wirkungen oder die Veraͤnderungen, welche dieſe beyden Gifte in dem aus ſeinen Ge⸗ faͤſſen gelaſſenen Blute hervorbringen, ganz einander ahnlich zu ſeyn ſcheinen. Das eine verhindert ſo wie das andere, daß das Blut nicht gerinnen kann, und weder das eine noch das andere verändert oder loͤſet die Blutkuͤgelchen auf; und der einzige Unterſchied, welcher zwiſchen dieſen beyden Giften herrſcht, beſteht barinn, daß das Viperngift dem Blute eine viel ſchwaͤrzere Farbe mittheilt, als das Amerikaniſche Gift. N 5 Das Viperngift verändert die Blutkuͤgelchen nicht, wenn es auch dem lebendigen Thiere mitgetheilt wird, und daſſelbe toͤdtet. Ich habe eben dieſe Beobachtung bey dem Blute derjenigen Thiere gemacht, welche von dem Amerikaniſchen Gifte geſtorben ſind, ſo daß dieſe beyden Gifte auf eine bewundernswuͤrdige Art in allen dieſen Faͤllen mit ein⸗ ander überein kommen. Aber man hat geſehen, daß das Gift der Viper eine merkliche Veraͤnderung in der Maſſe des Bluts uberhaupt in den gebiſſenen Thieren hervorbringt. Ich habe geglaubt, mit eben der Aufmerkſamkeit das Blut der Thiere unterſuchen zu muͤſ⸗ fen, welche von dem Amerikaniſchen Gifte getodtet worden find. i Es iſt mir uberhaupt vorgekommen, daß die Muskeln der Thiere, die an der Wir⸗ kung des Ticunasgifts geſtorben waren, blaſſer waren, als vorher. Die Blutadergefäfle nahe beym Herzen kamen mir mehr aufgeſchwollen, als gewohnlich, und das Blut nur ein wenig dunkeler und nicht geronnen vor. Die Eingeweide des Unterleibes waren nicht merklich verändert; das Herz und die Herzohren im natüͤrlichſten Zuſtande; das Herz ſcheint jedoch zuweilen aͤuſſerlich ſichtbarere und wie eingeſpritzte Gefälle zu haben. Aber in einem der zum Leben nothwendigſten Eingeweide bemerkte ich eine groffe Veraͤnderung. Die Lungen waren allzeit veraͤndert. Ich fand ſie allgemein mehr oder weniger Kedicht, zuweilen waren darauf ſehr groſſe blaue Flecken befindlich; in gewiſſen Fällen hätte man fie für ganz faul Halten können. Dieſe Veränderung in einem zum Le⸗ ben fo weſentlichen Eingeweide verdient die groͤſſeſte Aufmerkſamkeit, und fie iſt mir um fo viel beträchslicher vorgekommen, je länger das Thier, nachdem es vergiftet war, gelebt hatte. Ich habe gefunden, daß die Lungen bey einigen Thieren hie und ba durchſichtig waren, inſonderheit nach dem Rande dieſes Eingeweides zu. Man ſahe ſehr gut die Luft in demſelben durch die äuffere Haut. Ich habe fie durch das Mieroſcop betrachtet, und ſehr gut die kleinen Sungenbläsgen mit Gefaͤſſen verfehen wahrgenommen, die meiſtentheils ohne Blut waren. So groß auch die Veränderung in einem fo wichtigen Eingeweide war, fo konnte ich mich doch gar nicht überzeugen, daß fie allein eine fo heftige und jo augenblickliche Krankheit hervorbringen koͤnnte, und die ganze Wirkung des Gifts bloß auf das Blut und nach den Lungen zu gerichtet ſeyn ſollte. Ich hatte zwar das Beyſpiel von dem Vi⸗ perngifte, welches etwas aͤhnliches hervorbringt; aber dieſes Gift verurſacht in dem Blute ſelbſt a 303 ſelbſt eine faſt allgemeine Gerinnung, welche man gewiß nicht bey dem Amerikaniſchen Gifte wahrnimmt. 8 Wirkungen des Ticunasgifts, wenn es in die Gefaͤſſe der vergifteten Thiere . gebracht wird. 5 In einer fo wichtigen Unterſuchung, die zugleich fo dunkel ift, habe ich geglaubt, zu Verſuchen meine Zuflucht nehmen, und die Wirkungen des Gifts unterfuchen zu müfs fen, wenn es unmittelbar ins Blut gebracht würde. + s Ich habe mich eben derſelben Mittel bedient, welche ich angewandt hatte, um das Viperngift in das Blut der Halsader zu bringen. Eine kleine an der Spitze gekrümmte gläferne Roͤhre, that mir den Dienſt einer kleinen Spritze. Ich ſog mit dieſer kleinen Spritze das in Waſſer aufgelöfte Tieunasgift ein, und nachdem ich die Halsader geoͤfnet hatte, fo ſpritzte ich es in dieſelbe. Da die Art dieſe Verſuche zu machen, in der Abhand⸗ lung von dem Viperngifte ſchon beſchrieben iſt, fo glaube ich hier die Beſchreibung derſel— ben nicht wiederholen zu duͤrfen. Dieſer Verfuch iſt ſo eingerichtet, daß das Gift in das Blut durch die Halsader dringt, ohne irgend einen abgeſchnittenen Theil der Gefaͤſſe, noch ſelbſt die Halsader zu berühren. 5 Ich nahm in die Spritze zu dem erſten Verſuche vier Tropfen in Waſſer aufgelö: ſtes Gift. Die Menge des Gifts in den vier Tropfen konnte wohl kaum einen halben Gran betragen. Nachdem ich die Spitze der Spritze einem ſehr groſſen Kaninchen in die Halsader geſteckt hatte, in eben dem Augenblicke, da ich den Stoͤpſel hineinſtieß, ſo wurde ich gewahr, daß das Gift wieder zurück ſloß, weil der Stoͤpſel nicht genau an die Wände der Spritze paßte; weswegen ich zu denjenigen, die gegenwärtig waren, ſagte, der Ver⸗ ſuch waͤre mislungen; allein ich erſtaunte, als ſie mir ſagten, das Thier wäre ſchon todt. Ich glaube nicht, daß zwiſchen dem Augenblicke, da ich das Gift zurück flieſſen ſahe, und demjenigen, da ich hoͤrte, daß das Thier ſchon todt waͤre, zehn Secunden verfloſſen ſind. Und doch war es wirklich todt. Ich kann die Menge des Gifts nicht ſchaͤtzen, die ins Blut gebracht wurde; allein da das Thier todt war, ſo mußte doch wohl nothwendig etwas hin⸗ eingedrungen ſeyn. Wäre der Tod nicht erfolgt, fo hätte ich geglaubt, weil fo viel Gift wieder in der Roͤhre zuruͤcklief, daß kein Staͤubchen davon in die Halsader gekom⸗ men waͤre. Das Thier war ſo gewiß todt, daß gar kein Zeichen, gar keine Bewegung von Athemholen mehr zu ſehen, und fein ganzer Leib mehr zuſammengefallen, und an allen ſeinen Theilen ſchlaffer geworden war, als man es nicht einmal bey Thieren wahrnimmt, die ſeit langer Zeit geſtorben ſind. Der Tod dieſes Thiers folgte ſo nahe auf das Hinein⸗ bringen des Gifts, daß zwiſchen dem einen und dem andern kein merklicher Zwiſchenraum von 304 Zeit zu ſeyn ſchien. Dieſer Tod kam mir viel ſchneller vor, als in den Faͤllen, da unter gleichen Umſtaͤnden das Viperngift in das Blut gebracht wurde. | Nachdem ich meine Spritze in beſſern Stand geſetzt hatte, fo that ich nur zwey Tropfen Waſſer in dieſelbe, mit denen ich vorher etwa einen viertel Tropfen in Waſſer aufgelöftes Gift vermiſcht hatte. Ich fing kaum an das Gift in die Halsader zu ſpritzen, fo ſahe ich ſchon das Kaninchen todt hinfallen, als wenn es vom Blitz getroffen wäre, Ich glaube nicht, daß ſchon ein halber Tropfen von der Fluͤſſigkeit aus der Spritze in das Blu⸗ gedrungen war, als das Thier ohne Leben und Bewegung umfiel. - i f Ich glaube, nach andern Verſuchen, die ich ſeit der Zeit gemacht habe, überhaupt ſagen zu koͤnnen, daß dieſes Gift durch die Halsaber unmittelbar ins Blut gebracht ge⸗ ſchwinder koͤdtet, als das Viperngift, und in viel kleinerer Gabe feine Wirkung thut. Der Tod folgt ſo nahe auf das Hineinbringen des Gifts ins Blut, daß er gewoͤhnlich eher er⸗ folgt, als Zuckungen kommen koͤnnen. Gebraucht man dieſes Gift in geringerer Menge, ſo bemerkt man die Zuckungen; und das gewöhnliche Schlagen, und der Tod erfolgt nicht ſo bald. Zwar iſt das Blut nicht geronken, noch in feiner Farbe fo verändert, als wenn man das Viperngift in die Halsader geſpritzt hat; allein deswegen kommt doch der Tod nicht fpäter, und es iſt nicht weniger gewiß, daß das Amerikaniſche Gift unmittelbar ins Blut gebracht, die Thiere eben ſo toͤdtet, als das Viperngift. Dies iſt eine durch die Er⸗ fahrung ausgemachte Wahrheit, gegen welche man nichts einwenden kann, ſo dunkel ſie auch ſeyn, und fo ſchwer auch die Urſache des Todes in den Fällen, die ich eben erzähle habe, zu begreifen ſeyn mag. i i ä Das Amerikaniſche Gift ins Blut gebracht toͤdtet augenblicklich. Auch hieraus folgt unbezweifeit, daß, wenn es aͤuſſerlich auf einen verwundeten Theil an einem lebenden Thiere gebracht wird, es groſſe Unordnungen in der thieriſchen Oeconomie verurſachen, oder den Tod zuziehen kann und muß. i Wirkungen des Ticunasgifts auf die Nerven. Der Tod, welcher augenblicklich erfolge, wenn man dieſes Gift durch die Hals: ader in das Blut eines Thiers bringt, ſcheint ein unwiderleglicher Beweis zu ſeyn, daß in dieſen Fällen die ganze Wirkung des Gifts gegen das Blut ſelbſt ausgeübt, und das Ner⸗ venſyſtem nicht angegriffen oder verändert wird. Aber alles dieſes iſt noch kein Beweis, daß die Nerven nicht mehr oder weniger von dieſem Gifte leiden koͤnnen, wenn der Tod viel fpäter erfolgt, und wenn man dieſes Gift aͤuſſerlich in die verwundeten Theile bringt. In dieſen Faͤllen nimmt man hauptſaͤchlich die Zuckungen, und alle Zeichen einer Nerven⸗ krankheit wahr; der Nerve kann alſo ganz wohl von dem Gifte leiden, und die Haupt⸗ urfache des Todes des Thiers feyn. ei Ich 2 305 8 Ich mußte alſo auch hier gerade zu den Verſuchen meine Zuflucht nehmen, wie ich in Anſehung des Viperngifts gethan hatte, und ſehen, was für Unordnungen und Krankheiten das Amerikaniſche Gift hervorbringt, wenn es unmittelbar auf die Nerven gebracht wird, ohne die Gefaͤſſe zu berühren. 2 Wirkungen des Ticunasgifts, wenn es auf die Oberflaͤche der Nerven Wes gelegt wird. Ich ſtellte meine Verſuche mit den Huͤftnerven der groſſen Kaninchen an, und bereitete dieſe Nerven auf eben die Art, wie ich es zu Paris gemacht hatte, als ich mit dem Viperngifte Verſuche machte. Deswegen will ich hier gar nicht umſtaͤndlich in An⸗ ſehung der Methode ſeyn, wie ich die Nerven zubereitete. Doch aber will ich eine kleine Anzahl von den vornehmſten Verſuchen anführen, die ich mit den Nerven anſtellte, da⸗ mit man die Abweichungen ſehe, die ich inſonderheit bey den erſten Verſuchen wahrnahm. Dieſe Abweichungen haͤtten mich in Irrthuͤmer leiten koͤnnen, wenn ich nicht die Geduld gehabt hätte, meine Verſuche zu vervielfältigen, und fie zu verändern, fo wie ich Reſul⸗ tate bekam, die nicht gut mit einander uͤbereinſtimmten. Dieſer Geduld, oder wenn man will, dieſem Eigenſinn habe ich groſſentheils die neuen Wahrheiten zu verdanken, die ich entdeckt zu haben glaube, ſowohl in Anſehung des Viperngifts, als in Anſehung des Tieunasgifts. Nachdem ich einem Kaninchen den Hüͤftnerven entbloͤßt hatte, fo legte ich ein mehrmal zuſammen gelegtes Stuͤck leinwand darunter, und auf den Nerven einen Klum⸗ pen Faͤden, die ſtark mit Amerikaniſchen Gift in Conſiſtenz eines Syrups beſtrichen wa— ren. Ich bedeckte den Nerven mit eben der Leinwand, damit das Gift auf die Muskeln des Thiers kommen moͤchte, die entbloͤßt waren, und nun naͤhete ich die Haut, wie ge⸗ wohnlich, zuſammen. Nach zwanzig Minuten fing das Kaninchen an, Zuckungen zu bekommen, und nicht mehr ſtehen zu koͤnnen. Es fiel mit allen Zeichen der Krankheit von dem Gifte um, und ſtarb kurze Zeit darauf. 90 Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem andern Kaninchen, und machte es ſo, daß der wie oben vergiftete Nerve noch beſſer bedeckt war, als das erſtemal. Dieſes zweyte Kaninchen ſchien zehn Stunden nach einander, da ich darauf Acht gab, gar nichts zu lei— den; aber zwey Stunden darauf fand ich, daß es vor kurzer Zeit geſtorben war, denn es war noch warm. } ER Ich argwoͤhnte, daß das auf den Nerven gelegte Gift, welches in gewiſſer Menge da war, vielleicht mit der Zeit durch die Leinwand dringen, ſich mit den Säften der abge⸗ ſchnittenen Theile vermiſchen, und fo auf die Muskeln und die angraͤnzenden Theile wirken koͤnnte. Ich mußte alfo entweder weniger Gift, oder mehr Leinwand nehmen, und ver- eä⸗ontana I. B. ng hüten, 306 huͤten, daß das Gift auf kene Weiſe 8 dringen konnte. Ich faßte dieſen letzten Entſchluß, als den ſicherſten. Ich entbloͤßte, wie gewöhnlich, einem Re den Hüftnerven „ und legte ein ſehr feines vielmal zuſammen gelegtes Stuͤck Leinvand darunter. Ich legte auf den Ner⸗ ven den Klumpen Charpie ſtark mit Gift beſchmiert, und bedeckte alles mit den Enden der Seinwand. Das Kaninchen lebte vier und zwanzig Stunden, und gab gar keine Zeichen von Krankheit von ſich, als bis ganz zuletzt; aber ohne daß ich e konnte, daß es an der Krankheit von dem Gifte ſtuͤrbe. Ich bereitete einem andern Kaninchen den Hüftnerven, wie oben; und bedeckte ihn wie gewöhnlich mit Gift und der Leinwand. Es ſtarb nach Verlauf von sig Stun⸗ den, ohne Zeichen der Krankheit von dem Gifte. f Ich machte eben den Verſuch mit dem Hüftnerven bey drey andern Kaninchen, und gebrauchte die groͤſſeſte Vorſicht, daß die vergifteten Nerven gut mit Leinwand bedeckt waren, und daß man nicht die geringſte Urſache zu vermuthen hatte, daß das Gift durch dieſe Leinwand dringen koͤnnte. Das Eine von den Kaninchen ſtarb nach drey Tagen, und die andern lebten noch nach acht Tagen. ; Ich bereitete genau eben ſo, wie oben, zwey andern Kaninchen die Huͤftnerven; aber ohne Gift darauf zu legen, um einen Verſuch zur Vergleichung zu machen. Eins von den Kaninchen 9 70 nach Verlauf von ſechs und dreiſſig e und das andere lebte noch nach acht Tagen. Dieſe Verſuche ſchienen mir amel end zu ſeym, um zu urtheilen, ob das Amert⸗ daniſche Gift äufferlich auf die Nerven gelegt, im Stande ſey, einige Unordnung oder Krankheit in dem Thiere hervorzubringen; aber es blieb mir noch übrig, zu erfahren, ob es ebenfalls unwirkſam waͤre, wenn man es in verwundete Nerven, oder vielmehr in das Mark der Nerven ſelbſt a Verſuche mit dem Sicumasgifte auf die abgeſchnittenen oder dertzündeten Nerven gelegt. Jch bereitete, wie oben, einem Kaninchen den Huͤftnerven, und ehe ich das Gift darauf legte, durchſtach ich ihn verſchiedene mal durch und durch mit einer Lanzette. Ich legte das Gift genau auf den verwundeten Theil des Nerven. Das Kaninchen lebte fünf Tage, und ſtarb ohne das geringſte Zeichen von der Krankheit. Ich wiederholte dieſen Verſuch unter eben den Umſtaͤnden bey einem andern Kaninchen, welches noch acht Tage Nachher lebte. f Ich 1E ! 307 ? Ich veraͤnderte dieſen Verſuch mit den Nerven ein wenig bey drey andern Kanin⸗ chen. Anſtatt viele Wunden mit der Lanzette darinn zu machen, oͤfnete ich den Nerven feiner Laͤnge nach, und in den Einſchnitt, der laͤuger, als fünf Linien war, brachte ich die ſtark mit Gift verſehenen Charpiefaͤden, und dies alles bedeckte ich forgfältig, Das eine ſtarb nach ſechszig Stunden, ohne Zeichen der Krankheit des Gifts, und die beyden an⸗ dern lebten 125 acht Tage nachher. "ag glaubte dieſe zweyte Art von Verſuchen noch einmal verändern, N einige mit dem ganz abgeſchnittenen Nerven machen zu müffen, wie ich es gemacht hatte, als ich das Viperngift unterſuchte. Ich ſchnitt den Huͤftnerven ſo weit von ſeinem Urſprunge, als ich konnte, ganz durch, um ihn mit Leinwand einwickeln zu koͤnnen. Der abgeloͤſte Theil des Huͤftnervens bey den groͤſſeſten Kaninchen war ungefehr einen und einen halben Zoll lang. Nachdem ich den Nerven auf die Leinwand gelegt hatte, ſo beſchmierte ich ihn auf der We ene Stelle ſtark mit Gift, und bedeckte 1 das ganze, wie ge⸗ wohnlich, mit der Leinwand. Ich machte dieſen Verſuch mit ſechs Kaninchen; zwey ſtarben in vierzig Stun⸗ den, zwen nach Verlauf von drey Tagen, und zwey lebten noch den vierten Tag. Um einen Verſuch zur Vergleichung zu machen, bereitete ich wie oben, bey zwey Kaninchen die Huͤftnerven. Ich ſchnitt fie ab, aber vergiftete fie nicht. Das eine ſtarb nach ſechs und dreiſſig Stunden, und das andere lebte noch den dritten Tag. Die Beſtändigteit i in den Reſultaten dieſer Verſuche mit den Nerven machte, daß ich es fiir uͤberfluͤſſig hielt, ihrer mehr zu machen; und ich glaubte, daß ſie einem jeden, der gewohnt iſt, Verſuche zu machen, und nicht für ungegruͤndete Hypotheſen eingenom⸗ men iſt, gar keinen Zweifel zurücklaſſen wurden. Man ſieht hier, daß das Amerikaniſche Gift kein Gift iſt, man mag es auf die Nerven legen, auf was fuͤr Art man wolle, und daß es in dieſen Faͤllen gar keine merkliche Veraͤnderung in der thieriſchen Oeconomie des lebendigen Thiers hervorbringt. Dies beweiſet unmittelbar die Erfahrung. Wenn man annimmt, was man nicht ſieht, und glaubt, was von der Erfahrung widerſprochen wird, ſo nimmt man Traͤume fuͤr Wahrheiten an, Irrthümer ſtatt Gewißheiten, und Schimä⸗ ren ſtatt ausgemachter Thatſachen. Das Amerikaniſche Gift, das in dieſem Stuͤcke dem Bipernifte ähnlich iſt, ver⸗ giftet alſo die Nerven nicht; und es iſt ein unſchuldiger Saft für fie, man mag ihn darauf legen, wie man will. Aber es toͤdtet in der kleinſten Gabe, und in einem Augenblicke, wenn man es durch die Halsader ins Blut bringt, wie das Viperngift auch thut. Seine Wirkung geht alſo ganz auf das Blut, und ganz und gar nicht auf die Nerven, es mag nun übrigens die Art oder der Mechanismus, durch welchen es den Tod verurſacht, ba 1 ſchaffen ſeyn wie er wolle. ah 2 2 Die 0 308 Die Wirkungen, welche das Viperngift auf das Blut hervorbringt, find beſtimm⸗ ter und deutlicher. Es erfolgt eine Gerinnung, die man nicht leugnen kann, und die man nicht in dem Blute der Thiere wahrnimmt, die von dem Amerikaniſchen Gifte ge⸗ ſtorben ſind. Aber man ſieht demohngeachtet in dieſen eine groſſe Veraͤnderung in den Lungen, oder wenigſtens ſcheint dieſes Eindeweide in der groͤſſeſten Unordnung zu ſeyn. Es iſt wahr, daß der Tod ſo ſchnell erfolgt, inſonderheit wenn man das Ameri⸗ kaniſche Gift in die Gefaͤſſe einſpritzt, daß man nicht begreifen kann, wie das Thier in fo. kurzer Zeit ſterben koͤnne. Man koͤnnte ſagen, daß das Gift kaum bis zum Herzen ge⸗ kommen iſt, da das Thier ſchon geſtorben iſt. Man begreift eben ſo wenig, wie die Thiere mit kaltem Blute, zum Beyſpiel die Froͤſche, davon ſterben koͤnnen, die doch noch leben, wenn auch ihr Blutumlauf gehemmt iſt; ob es gleich wohl wahr iſt, daß ſie viel ſpaͤter ſterben, als die Thiere mit warmen Blute. Eine Fluͤſſigkeit oder das Blut, wenn es durch ein Gift verdorben iſt, kann nach und nach in den Thieren mit kaltem Blute noch betraͤchtlichere Unordnungen hervorbringen, als diejenigen, die der gehemmte Blutum⸗ lauf erregen kann. . Der Tod, welcher unmittelbar auf das Hineinbringen des Gifts ins Bluk folgt, koͤnnte auf den Gedanken bringen, daß in dieſer Fluͤſſigkeit ein wirkſameres, feineres, fluͤchtiges Principium vorhanden iſt, welches dem beſten Geſichte, ſelbſt durch Huͤlfe des Microſcops entwiſcht. Dieſes Principium würde in dieſer Hypotheſe zum Leben noth⸗ wendig ſeyn, und auf dieſes Principium würde hauptſaͤchlich die Wirkung dieſes Gifts zu gehen ſcheinen. Was eigentlich die Vermuthung erregen wuͤrde, daß wirklich in dem Blute ein wirkſameres, fluͤchtigeres Principium vorhanden ſey, iſt dieſes, daß man ſieht, daß das Gift der Viper die Gerinnung des Bluts, wenn es aus den Gefäſſen gelaſſen iſt, nicht bewirkt, hingegen dieſelbe in den Gefaͤſſen ſelbſt hervorbringt. Im erſten Falle ſollte man glauben, daß aus dem Blute etwas verflogen iſt, welches in dem Blute noch vorhanden iſt, fo lange als es ſich in den Gefaͤſſen befindet. In dieſer Hypotheſe koͤnnte dieſes wirkſame und Lebensprincipium als das Reſul⸗ sat der ganzen thieriſchen Oeconomie betrachtet werden, ohne die Nerven davon auszu⸗ ſchlieſſen, welche ſogar gröffeften Theils bazu beytragen koͤnnten. Aber dies ſind nichts als bloſſe Vermuthungen, die mehr oder weniger wahrſchein⸗ lich ſeyn koͤnnen, die aber die Erfahrung nicht beweiſet. Man muß ſich an gewiſſe Erfah⸗ rungen halten, es mag die Art fie zu erklaͤren ſeyn, wie fie wolle. Dieſe Erfahrungen Ind, daß das Amerikaniſche Gift nicht auf die Nerven wirkt, dahingegen feine Wi kung ganz auf das Blut geht. ns or n 309 Vor meinen Verſuchen wuͤrde wohl niemand gezweifelt haben, daß die Wirkung des Amerikaniſchen Gifts unmittelbar die Nerven traͤfe. Alle aͤuſſere Zeichen zeigten es an. Dieſe Zeichen ſind alſo zweydeutig, und die Aerzte betrachten ſie unrichtig als einen gewiſſen Beweis, daß die Krankheit eine bloſſe Nervenkrankheit iſt. Alle dieſe Zeichen konnen da ſeyn, ohne daß die Nerven im geringſten angegriffen find. Die bloſſe Veraͤn⸗ derung des Bluts iſt hinreichend, fie in einem Augenblicke hervorzubringen. Die gröffe- ſten Aerzte haben die Krankheit, ſo das Viperngift hervorbringt, ſo wie auch die, welche von dem Amerikaniſchen Gifte entſteht, als Nervenuͤbel betrachtet; jetzt mögen fie ſelbſt unterſuchen, ob auch noch andere Krankheiten, die man den Nerven zugeſchrieben hat, nicht vielmehr Krankheiten der Saͤfte, Krankheiten des Bluts ſind. Die Vermuthung iſt wichtig; die Zeichen ſind zweydeutig; der Grundſatz iſt nicht in ſeiner Allgemeinheit bewieſen. 8 Ich will nicht behaupten, daß niemals eine Krankheit von den Nerven herruͤhren koͤnne; dies wuͤrde ſo viel ſeyn, als wenn man eine Grube vermeiden wollte, und in die andere fiele. Es iſt auſſer allem Zweifel, daß es Nervenkrankheiten in ihrem Urſprunge geben kann, und daß viele andere es durch die Veraͤnderungen werden, die in andern, ſelbſt bloß fluͤßigen Theilen vorgehen. Die Leidenſchaften der Seele zeigen uns, was die Nerven auf die Theile des lebenden Koͤrpers vermoͤgen. Aber alles dieſes beweiſet nicht, daß alle Krankheiten, die man den Nerven zugeſchrieben hat, Nervenkrankheiten ſind, und daß die gewoͤhnlichen Zeichen dieſer Krankheiten nicht zweydeutig ſind. Uebrigens iſt es gewiß, daß die Gifte, welche ich unterſucht habe, gar keine unmittelbare Wirkung auf die Nerven haben, ob man gleich bisher das Gegentheil geglaubt hat. Man wird vielleicht den Einwurf machen, daß vielleicht das Viperngift, unb das Amerikaniſche Gift nur auf die letzten Enden der Nerven wirken, und daß dies der Grund iſt, warum ſie unſchuldig ſind, wenn man ſie auf die Staͤmme der Nerven legt. Aber was für Einwuͤrfe kann man wohl nicht machen, wenn man nur Einwuͤrfe machen, und Schwierigkeiten erdenken will? Der kleinſte verſchiedene Umſtand iſt alsdann genug. Und wer ſollte wohl nicht irgend eine Schwierigkeit finden koͤnnen, da es fo ſchwer ift, daß zwey Dinge ſich in allen Stufen ahnlich ſeyn? Was mich anbetrift, fo bemerke ich, daß die innere Subſtanz der Nervenſtaͤmme nicht von derjenigen unterſchieden iſt, welche ſich an den Enden der Nerven befindet; daß der Stamm ſowohl dem Schmerze unter⸗ worfen iſt, als die Enden, und daß ich keine Hypotheſen erdenke, welche nicht durch die Erfahrungen beſtaͤtigt werden. b Ich kann mich in einigen von den Schlüffen geirrt haben, die ich aus meinen Ver⸗ ſuchen herleite; ich kann mich auch in einigen von den Verſuchen ſelbſt geirrt haben, ob ich mich gleich bemühet habe, fie gut zu machen, und die Wahrheit ohne Vorurtheife ſuchte. Ich zweifele nicht, daß ein jeder, 92 ſich nach mir an dieſe Unterſuchungen ma⸗ * 3 chen 310 5 chen will, Dinge hinzuzuſetzen, und vielleicht auch zu verbeſſern finden werde. Es ift mir genug, daß ich einen Weg zu neuen Wahrheiten gebahnt habe, und bezeugen kann, daß die hauptſaͤchlichſten Thatſachen, die ich behaupte, wahr ſind. “ar: “ Der groͤſſeſte Theil dieſer Verſuche ift in Gegenwart des Herrn Ingenhaus, Leibarzts Sr. Majeſtät des Kayfers, meines befondern Freundes, gemacht worden, wel⸗ cher in vielen Schriften die wahren Gaben eines Beobachters gezeigt hat. Herr Tibe⸗ rius Cavallo iſt auch bey vielen der wichtigſten gegenwaͤrtig geweſen. Ich habe ge⸗ glaubt, meinen Verſuchen mehr Glauben zu geben, wenn ich ſie mit dem Anſehen zwey den Gelehrten fo bekannter Männer unterſtuͤtzte. a Von den aus Oſtindien mitgebrachten vergifteten Pfeilen. Nachdem ich meine Verſuche uͤber das Amerikaniſche Gift geendigt hatte, ſo verſchafte mir einer meiner Freunde zu London eine Anzahl Pfeile aus Oſtindien. Ich wollte auch mit dieſen Pfeilen Verſuche anſtellen, aber ich konnte dieſe Verſuche weder genug vervielfaͤltigen, noch verändern, ſowohl deswegen, weil ich dieſer Pfeile keine ſehr groſſe Anzahl hatte, als auch deswegen, weil es mir vorkam, daß dieſes Gift von dem andern nicht verſchieden iſt, als nur in ſo fern, daß es weniger Wirkſamkeit beſitzt, die Thiere zu toͤdten. Und dieſe geringere Wirkſamkeit muß wahrſcheinlich entweder dem Umſtande zugeſchrieben werden, daß dieſe Pfeile nicht ſo gut in Acht genommen waren, als die Weſtindiſchen, wie es wirklich der Fall zu ſeyn ſchien, oder daß dieſes Gift ſchon ſeit vielen Jahren bereitet war. 5 Es iſt mir nie gelungen, ein einziges Kaninchen, ſelbſt von mittelmaͤßiger Groͤſſe zu toͤdten, wenn ich ihnen dieſes Gift bloß auf die zerkratzte, oder leicht geritzte Haut brachte, ob ich es gleich in groͤſſerer Menge, oder auf groͤſſere Theile der Haut legte, als ich es mit dem Ticunasgift gethan hatte. Innerlich ſelbſt bis zu einer zwey oder dreymal fo groffen Gabe, als das Ticunasgift, gegeben, brachte es nicht die geringſte merkliche Wirkung hervor, ſelbſt bey Kaninchen, die nur ein Pfund ſchwer waren. 18070 - Ich durchſtach vielen Thieren die Haut mit den Pfeilen, und ließ fie ganze Tage darinn ſtecken, ohne daß ich wahrnehmen konnte, daß dieſe Thiere von dem Gifte litten. Aber ich bemerkte gar wohl ihre Wirkungen, wenn ich die Muskeln mit den Pfeilen durch⸗ ſtach, und ſie darinn ſtecken ließ. Es wurben verſchiebene Thiere auf dieſe Art vergiftet, und fie ſtarben mit eben den Kennzeichen, oder Zufällen, als die das Amerikaniſche Gift 5 zuwege bringt. Es iſt zwar wahr, daß keins eher ſtarb, oder ſich merklich übel zu befin- den ſchien, als nach Verlauf von einigen Stunden; aber doch ſcheint es, daß dieſes Gift nicht weſentlich von dem andern unterſchieden iſt. Es ift ihm völlig aͤhnlich, wenn man b je, —— Li 371 is durch das Microſcop anſieht, wenn man es mit der Tourneſolfarbe vermiſcht, wenn man es in die Augen der Thiere wirft, und wenn man es auf der Zunge ſchmeckt, und es kauet. Nur loͤſt es ſich nicht ſo gut in Waſſer auf, als das andere Gift, und es bleidt ſogar der gröffefte Theil davon in dieſer Fluͤßigkeit unauftslich. Die einzigen Folgen, welche man aus dieſen Erfahrungen, die ich erzaͤhlt habe, herleiten zu koͤnnen ſcheint, find, daß dieſes Gift, wenn es den Muskeln mitgetheilt wird, viel toͤdtlicher iſt, als wenn es auf die Haut gelegt wird; daß es recht gut mit den andern Giften übereinfommt, und uns immer mehr überzeugt, daß die unmittelbare Wirkung der Gifte nicht auf die Nerven geht; weil es gewiß iſt, daß die Haut empfindlicher, als die Muskeln, und ganz mit Nerven durchwebt iſt. ‘ 2 Verſuche mit dem Tieunasgifte, die ich nach meiner Zubauſekunft in Italien im Jahre 1780 machte. Ich ſtach einer Schlange (Anguis miliaris) einen Amerikaniſchen Pfeil durch den Schwanz, und ließ ihn vier und zwanzig Stunden lang darinn ſtecken. Die Schlange ſtarb nicht, und ſchien kaum ein wenig betaͤubt zu ſeyn. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit einem neuen Pfeile an eben der Schlange; ſie ſtarb auch diesmal nicht, und ſchien auch nicht viel zu leiden. Dieſe beyden Pfeile waren vorher in Ticunasgift getaucht, das ich am Feuer bis zur Conſiſtenz des Honigs weich gemacht hatte. Ich ſtach wie oben einen andern Pfeil durch den Schwanz einer andern Schlange. Nach vier Stunden hatte ſie gar keine Bewegung, und ſchien todt zu ſeyn. Da ich ihr den Leib mit Nadeln ſtach, ſo ſahe man doch einige kleine Zeichen von Reitzbarkeit, welche am Ende auch verſchwanden, ſo daß man ſie fuͤr ganz todt hielt; wenigſtens war ſie ohne Bewegung, und ohne das geringſte Zeichen von Leben. Aber nach ſechs und dreißig Stunden fing ſie ſich wieder von ſelbſt zu bewegen an, und fuhr ſo fort, aber doch ſchwach, noch fünf Tage zu leben. Im erſten Zuſtande ſchien dieſe Schlange ganz todt zu ſeyn, ſo daß man nicht daran zweifeln konnte; im zweyten war ſie gewiß am Leben. Nichts hat mich fo ſehr in Verwunderung geſetzt, als dieſe Art von Aufleben bey einem fo groſſen Thiere, und als dieſe Beraubung von allen Lebensbewegungen waͤhrend einer ſo groſſen Anzahl von Stunden. . ; Ich wiederholte dieſen Verſuch von neuem bey einer andern Schlange eben dieſer Art. Ich ſtach ihr den vergifteten Pfeil in den Schwanz, nachdem ich ihn vorher in warmes Waſſer getaucht hatte. Ich ließ ihn vier und zwanzig Stunden darinn, ohne daß ſie das geringſte litt; einige Zeit nachher ſtach ich ihr noch einen En olchen 512 ſolchen Pfeil in den Leib; ich ließ ihn zwoͤlf Stunden langer darin, aber ohne daß ihe das geringſte fehlte. i 2 N a Ich ſtach einer Erdſchildkroͤte von vier Pfunden an Gewicht einen Amerikaniſchen Pfeil durch eine Vorderpfote, und ließ ihn ungefehr eine halbe Stunde darinn. Eine Stunde nachher gab ſie kaum ein Zeichen des Lebens von ſich. Nachdem ich zehn Stun⸗ den gewartet hatte, ſo brach ich ihr mit einem ſchneidenden Inſtrumente das untere Padd ab, aber ich machte es ſo behutſam, daß die fleiſchichten Theile ſo wenig Schaden litten, als möglich war. Das Herz ſtand ganz ſtill, und ich wurde kaum einige kleine Bewe⸗ gung in den Herzohren gewahr. Aber kurze Zeit nachher fing das Herz wieder an, ſich ganz von felbft mit groſſer Gewalt zu bewegen, fo wie auch die Herzohren. Es fuhr ſechs Stunden ohne aufzuhoͤren fort, ſich zu bewegen, und die beyden Herzohren blieben zwey Tage lang in Bewegung; nemlich fo lange fie von dem Blute, das die umgebenden Gefaͤſſe ergoſſen, naß gehalten wurden. f 7 . 5 Ich ſtach einer Erdſchildkroͤte von anderthalb Pfunden einen Amerikaniſchen Pfeil durch die Vorderpfote; acht Minuten nachher konnte ſie ſich kaum bewegen; nach Ver⸗ lauf einer Viertelſtunde war ſie todt. Wenn man ihr die Pfoten und den Hals reitzte, ſo ſahe man kaum einige Zeichen von Reitzbarkeit in dieſen Theilen. Nachdem ich die Bruſthoͤle geofnet hatte, fo fand ich das Herz und die Herzohren gänzlich unbeweglich. Ich beruͤhrte das Herz dreymal, dreymal zog ſich dieſer Muskel zuſammen, und mehrmal nicht; nemlich es zog ſich nur einmal bey einem jedesmaligen Reitze zuſammen. Nach⸗ dem das Herz von feiner Hulle entbloͤßt war, fo fing es an, ſich mit vieler Lebhaftigkeit zu bewegen, und ſetzte dieſe Bewegung ſogar viele Stunden hinter einander fort. Ich be⸗ deckte es mit dem untern Padde, und nach vier und zwanzig Stunden fand ich es voͤllig unbeweglich. Ich ſtach es einmal mit der Spitze einer Nadel, es zog ſich ein einziges mal zuſammen; ich ſtach es noch einmal, es zog ſich von neuem zuſammen, und ſo fort zog es ſich immer einmal zuſammen bey jedem Stich, den ich ihm gab. Ich ließ das Herz drey Minuten lang der Luft ausgeſetzt ſeyn, und nun fing es wieder von neuem an, ſich von ſelbſt mit groſſer Lebhaftigkeit verſchiedene Stunden lang zu bewegen; ich bedeckte es von neuem mit dem Padde, und nach vier Stunden, da ich es entbloͤßte, fand ich es ohne alle Bewegung; ich ſetzte es einige Minuten lang der Luft aus, und es fing in kur⸗ zer Zeit ganz allein ſeine Schwingungen wieder an, und ſetzte dieſelben ſechs Stunden lang fort. Ich bedeckte es wieder mit dem Padde, deckte es zwey Stunden nachher wieder auf, und fand es unbeweglich. Ich goß nunmehr Waſſer auf das Herz, und ließ daſſelbe zehn Minuten lang auf dieſem Muskel, aber deswegen bewegte es ſich doch nicht. Ich ließ das Waſſer abflieſſen, indem ich den Koͤrper des Thiers ſchief hielt, und kaum hatte ich das Herz eine Minute lang der Luft ausgeſetzt, ſo fing es ſich abermals mit Gewalt zu bewegen an, und ſetzte die Bewegung viele Stunden lang fort. Endlich legte ich das Thier in die Sonne, das Herz wurde geſchwind trocken. Die Herzohren a wurden 313 wurden auch zum Theil trocken, und nun war alles in Ruhe. Ich befeuchtete darauf das Herz und die Herzohren; das erſte blieb immer unbeweglich, aber dieſe fingen an, ſich zu bewegen, und behielten ihre Bewegung achtzehn Stunden lang; bis daß ſie auch trocken geworden waren, und ſie nun verlohren, ohne ſie wieder zu bekommen. 4 Alle dieſe Abwechſelungen von Bewegung beſtaͤtigen immer mehr die Geſetze, welche ich über die Reitzbarkeit der thieriſchen Fibern *) feſtgeſetzt habe; und zeigen, daß die Luft eins von den wirkſamſten Prineipiis ift, die Reitzbarkeit in der Muskelfiber und im Herzen wieder zu erregen. Man kann eben fo wenig zweifeln, daß das Ticunasgift das Principium der Reitzbarkeit der Mukeln angreift, ob es gleich nicht auf die Reitzbarkeit des Herzens wirkt. Es kommt hierinn mit den andern Giften uͤberein, welche insgemein nicht auf dieſen Muskel, eben ſo wenig, als auf die Gedaͤrme wirken; denn dieſe fahren gewoͤhnlich fort, ſich zu bewegen, ſelbſt nachdem das Thier ſchon geſtorben, und die Reitzbarkeit der an⸗ dern Muskeln gaͤnzlich zerſtoͤrt iſt. 5 \ J * ) De legibus irritabilitatis nune primum fancitis. Lucca. 1775. Fontana II. B. N Re r Erſte 314 re Abhand Fun... ie Vom Kirſchlorbeerwaſſer. Un meine Unterſuchungen uͤber die Gifte zu endigen, will ich verſchiedene Verſuche er— zählen, die ich mit einem Gifte gemacht habe, das ſeit einigen Jahren in Europa berühmt geworden iſt. Dieſes Gift iſt das Kirſchlorbeerwaſſer. Es giebt keinem der wirkſamſten das geringſte nach, wenn man es in Anſehung der groffen Unordnungen, die es in der thieri- ſchen Oekonomie verurſacht, und in Anſehung der kurzen Zeit betrachtet, die es den Thieren innerlich gegeben zu wirken erfodert. Es bringt nicht allein die ſtaͤrkeſten Zuckungen und den Tod in den Thieren ſelbſt von mittelmaͤßiger Groͤſſe zuwege; ſondern auch, wenn man es in geringerer Gabe giebt, kruͤmmt ſich das Thier ruͤckwaͤrts, fo daß Kopf und Schwanz nahe zuſammen kommen, und beugt ſein Ruͤckgrad dergeſtalt nach auſſen zu, daß man davor erſchrickt. g In dieſem Zuſtande ſind die Zuckungen und die Bewegungen des ganzen Koͤr⸗ pers die allerheftigſten; und mitten unter allen dieſen Anſtrengungen ſtirbt das Thier end⸗ lich nach einer ſehr kurzen Zeit. 5 155 Wenn man es dem Thiere in Geſtalt eines Kliſtirs giebt, ſo bringt es ebenfalls Zuckungen und den Tod hervor. f Von weniger als zwey Theeloͤffel voll von dieſem Waſſer innerlich genommen, habe ich Kaninchen von mittelmaͤßiger Gröffe in weniger als dreißig Seeunden in Zuckungen fallen, und in einer Minute ſterben geſehen. Giebt man dieſes Waſſer in groſſer Menge den Thieren, ſo ſterben ſie faſt den Augenblick ohne Zuckungen, indem alle Theile ihres Koͤrpers zuſammen gefallen und erſchlafft ſind. Wenn man es in kleiner Menge giebt, ſo ſind die Zuckungen mehr oder weniger groß, und die Theile, welche vor den andern ihre Bewegung verlieren, find die Hinter⸗ pfoten; darauf folgen die Vorderbeine, welche ſpaͤter ſterben. Wenn das Thier weder die Beine, noch den ubrigen Körper mehr bewegt, ‚fo bewegt es doch noch ſehr gut den Hals und den Kopf, den es mit Gewalt aufzuheben, und nach allen Seiten umzudrehen fortfaͤhrt. In dieſem Zuſtande empfindet das Thier den Rauch, und ſieht die Gegenſtaͤnde, und ob es gleich die Pfoten nicht von ſelbſt mehr bewegt, fo kann es fie doch bewegen, und zuruͤckzie⸗ hen, wenn man ſie ſtark ſticht, oder ſie ſehr klemmt; zum Beweiſe, daß es ſie bewegen kann, ob es gleich es nicht thut, als bey einem groſſen Schmerze. Das Kirſchlorbeerwaſſer iſt alſo ein ſehr ſtarkes Gift, wenn es durch den Mund genommen, oder in Geſtalt eines Kliſtirs gegeben wird. Seine Wirkung iſt ſo heftig, und ſo ſchnell, daß man ſagen koͤnnte, es finge in dem Augenblicke zu wirken an, da es in — ä 315 in die Kehle gebracht wird. So viel iſt gewiß, daß es kaum durch den Schlund in den Magen kommt, da das Thier ſchon leidet. Es iſt auch wahr, daß eine kleine Gabe nichts thut: nemlich daß wenige Tropfen einem kleinen Thiere gegeben, welches von eben der Gabe von Tieunasgifte geſtorben ſeyn würde, in ihm gar keine merkliche Unordnung hee- vorzubringen ſcheinen. Aber alles dies macht keinen weſentlichen Unterſchied zwiſchen die⸗ ſem Gifte, und den andern bekannteen Giften aus. Ich habe bemerkt, daß, wenn man eine gewiſſe Menge Waſſer auf den Blaͤttern des Kirſchlorbeerbaums abzieht, man eine ganz unſchuldige Fluͤßigkeit bekommt, wenn man nicht eine ſehr groſſe Menge Blaͤtter, und ſehr wenig Waſſer dazu nimmt. Deftil- lirt man dieſes Waſſer mehrmals auf eben den Blaͤttern, ſo wird es freylich wirkſamer, aber deswegen toͤdtet es doch noch nicht. Verrichtet man aber, ſtatt Waſſer zu den Blättern zu gieſſen, die Deſtillation im Marienbade, ſo iſt die Fluͤſſigkeit, die man durch dieſes Mittel erhaͤlt, ein ſehr ſtarkes Gift, welches in ſehr kurzer Zeit toͤdtet. Dieſes Waſſers habe ich mich hauptſächlich bedient. Aber ich zweifele nicht, daß man es zu ei⸗ nem ſolchen Grade von Wirkſamkeit bringen koͤnnte, daß es auch in ganz kleiner Gabe toͤdtet, wie das Amerikaniſche Gift. Es wuͤrde dazu nur erfodert, das Waſſer, welches das erſte mal herausgekommen iſt, noch verſchiedene mal auf neuen wohl abgetrockneten Blättern zu deitilliven. Ich glaube, daß, wenn man es am Feuer abdampfen lieſſe, man es endlich unter der Geſtalt einer dicken ölichten Subſtanz erhalten wuͤrde, welche nicht als lein keinem bekannten Gifte etwas nachgeben, ſondern wahrſcheinlich ſie noch alle uͤber— treffen würde, Ich behalte mir vor, dieſen Verſuch einmal bey einer andern Gelegen⸗ heit zu machen, da ich dann auch von den bittern Mandeln, und von dem Grade des Gifts reden werde, bis zu welchem man das daraus deſtillirte Waſſer bringen kann u. ſ. w. Das Kirſchlorbeerwaſſer toͤdtet die Thiere, wenn es in die Höhlen des Körpers gebracht wird; aber was fuͤr Wirkungen bringt es hervor, wenn man es auf Wunden legt? Unter den verſchiedenen Verſuchen, die ich desfalls gemacht habe, wird es genug ſeyn, hier nur einen einzigen zu erzählen. Ich oͤfnete einem ziemlich groſſen Kaninchen die Haut am Unterleibe; die Wunde war ungefehr einen Zoll groß. Ich verwundete die entbloͤßten Muskeln an verſchiedenen Stellen ganz leicht, und goß in dieſelben ungefehr zwey oder drey Kaffeelöffel voll von dieſem Waſſer. In weniger als drey Minuten fiel das Thier in Zuckungen, und kurz darauf ſtarb es. Dieſer Verſuch zeigt uns, daß das Kirſchlorbeerwaſſer ein den andern ähnliches Gift iſt, und daß es auch wirkt, wenn es in den Koͤrper durch Wunden gebracht wird. > Dieſer Verſuch hatte eben den Erfolg auch bey andern Thieren mit warmen Blute. Aber ich habe doch bey allen wahrgenommen, daß das Kirſchlor beerwaſſer mit mehr Kraft und ſchneller und zugleich in kleinerer Gabe wirkt, wenn man es inner⸗ lich giebt. \ Rr 2 5 Dieſer Dieſer letzte Umſtand verdient meiner Meinung nach die groͤſſeſte Aufmerkſam⸗ keit, weil es vor allen Dingen eine ausgemachte Wahrheit iſt, daß eine groſſe Wunde ungleich mehr Gefaͤſſe zeigt, als die Kehle und der Magen, um dieſes Gift faſt in einem Augenblicke einzuſaugen; und ferner muͤſſen auch die Nerven in der Wunde, entweder ihrer Anzahl wegen, oder des Zuſtandes wegen, in welchem ſie ſich alsdann befinden, leichter die Wirk ſamkeit dieſes Gifts erfahren. Es ſterben nicht allein die Thiere mit warmem Blute ſehr ſchnell, wenn man ih⸗ nen von dieſem Gifte eingiebt; ſondern es ſterben auch ſogar die kaltblütigen Thiere; und was mir ſonderbar vorgekommen iſt, das iſt dieſes, daß ſie in ſehr kurzer Zeit ſterben, und vielleicht noch ſchneller, als die erſten, und dies iſt gerade das Gegentheil von dem, was bey andern Giften erfolgt. Es wird jetzt genug ſeyn, nur von den Aalen zu reden, die doch ſonſt ein ſehr hartes Leben haben; und welche, wenn fie todt find, noch lange fort⸗ fahren, ihre Theile zu bewegen. Dieſe Thiere ſterben in wenigen Gesunden, wenn fie von dieſem Waſſer getrunken haben, und ſie haben es kaum niedergeſchluckt, ſo fangen ſie ſchon an, ſich zuſammen zu ziehen; aber der Tod, der ſchnell dazu kommt, macht ſie den Augenblick darauf unbeweglich, und ihre Theile rühren ſich nicht mehr, wenn man fie gleich reizt. Das Herz fuhr jedoch noch fort, ſich zu bewegen, aber viel weniger als vor⸗ her, und es hört viel eher auf ſich zu bewegen, als wenn man denſelben den Kopf ab- ſchneidet. Man kann hier nicht leugnen, daß die Reitzbarkeit der Muskeln aufs aͤuſſerſte, und auf eine ganz beſondere Art leidet. Ich weiß nicht, ob es ein Thier mit kaltem Blute giebt, das dieſem Gifte widerſteht. Alle diejenigen, die ich bekommen konnte, ſtarben; und ich zweifele, ob es ein einziges gebe, fuͤr welches es kein Gift iſt. Wenn ſich dieſes ſo verhaͤlt, ſo verdient es in dieſem Betracht eine neue Unterſcheidung; und es wuͤrde noch das fuͤrchterlichſte unter allen bekannten Giften ſeyn, wegen ſeiner allgemeinen wann ſchaft, alle Arten von Thieren zu tödten. Aber wie kann es in ſo kurzer Zeit toͤdten, wenn es durch den Mund in den Ma- gen gebracht wird, in welchem man gar keine Gefaͤſſe ſieht, die im Stande wären, es aufzunehmen? Dieſe Frage erfodert einige weitere Verſuche. Man muß ſehen, was fuͤr Wirkungen es hervorbringt, ſowohl wenn es unmittelbar auf die Nerven gebracht wird, als auch wenn man es ins Blut ſpritzt, ohne daß man es die abgeſchnittenen Theile berühre. Ich habe mich der groͤſſeſten Kaninchen bedient, und meine Verſuche mit den Hüͤftnerven auf eben die Art gemacht, wie ich fie bey dem Viperngifte, und ben dem Ame⸗ rikaniſchen Gifte gemacht hatte. Es wird genug ſeyn, wenn ich hier nur einen einzigen Verſuch erzähle, welcher für alle andere gelten wird, die ich der Kürze willen weglaſſe, weil ich ſie nach der groſſen Anzahl von Verſuchen mit den Nerven, fo ich ſchon erzaͤhlt habe, nicht fuͤr noͤthig halte. * Nachdem ich einem groſſen Kaninchen den Huͤftnerven in der Laͤnge von andert⸗ halb Zollen N hatte, fo legte ich darunter ein Stuͤck feine Leinwand W 0 zuſam⸗ N 5 f f 5 317 zuſammengelegt, damit das Kirſchlorbeerwaſſer nicht bis auf die darunter liegenden Theile durchdringen möchte. Ich verwundete darauf den Nerven feiner Laͤnge nach mit vielen Lanzettſtichen, und bedeckte die ganze Länge des verwundeten Nervens, die mehr als acht tinien betrug, mit einer Flocke von Baumwolle etwa drey Linien dick und ſtark mit Kirſch⸗ lorbeerwaſſer benetzt. Es gehoͤrten mehr als funfzehn Tropfen dazu, um die Baumwolle naß zu madıen, und dieſes Waſſer drang durch die Wunden gerade in die markichte Sub⸗ ſtanz des Nerven. Ich bedeckte alles nach Verlauf von einigen Minuten mit neuer Lein— wand, fo daß es unmöglich war, daß das Kirſchlorbeerwaſſer ſich den untern oder benach⸗ barten Theilen mittheilen konnte. Nachdem ich die aͤuſſerliche Rath gemacht, und das Thier in Ruhe gelaſſen hatte, ſo ſchien es gar nichts gelitten zu haben, und auch in der Folge ſchien es ſich nicht übel zu befinden. Es lief, es fraß, und war ſo munter, als vorher. Mit einem Worte, dies Thier litt von dieſem Gifte, welches durch den Mund genommen, ſo ſchnell toͤdtet, ſichtbarlich gar kein Uebel. Dieſe Erfahrung, und viele andere ähnliche mit denjenigen, die wir über das Viperngift, und uber das Amerikaniſche Gift gemacht haben, zeigen uns, daß das Kirſchlorbeerwaſſer unmittelbar auf die Nerven gebracht, und ſelbſt in ihre markichte Subſtanz, keinesweges giftig ift, fo daß es gar keine Wirkung auf die Nerven hat, man mag es aͤuſſerlich auf ſie anwenden, wie man will. Nach allen Verſuchen, welche in dieſem Werke über das Viperngift, und über das Amerikaniſche Gift, das noch ſtaͤrker iſt, als das erſte, erzähle find, und nachdem man geſehen hat, daß weder das eine noch das andere von dieſen beyden Giften gar keine Wirkung auf die Nerven haben, wenn man ſie unmittelbar darauf legt; da ſie hingegen in das Blut gebracht in einem Augenblicke die ſtaͤrkeſten Thiere toͤdten; war wohl nichts natuͤrlicher, als den Schluß zu machen, daß das Kirſchlorbeergift, welches wie die andern unſchuldig iſt, wenn man es auf die Nerven legt, auch toͤdten muß, wenn es in das Blut gebracht wird; und doch verhaͤlt ſich die Sache ganz anders; ſo ſehr wahr iſt es, daß man ſich nicht auf die Analogie verlaſſen darf, wenn ſie auch noch ſo einfoͤrmig zu ſeyn ſcheint. f Ich ſpritzte Kirſchlorbeerwaſſer in die Halsader eines groſſen Kaninchen. Das erſtemal nahm ich dazu fuͤnf bis ſechs Tropfen, und machte es eben ſo, als ich es mit dem Viperngifte und dem Amerikaniſchen Gifte gemacht hatte. Das Thier gab gar kein Zei⸗ chen von Schmerz von ſich. Ich glaubte ſchlecht operirt, und gar nichts in die Gefaͤſſe gebracht zu haben; ich bildete mir ein, die Spritze waͤre zwiſchen das Zellengewebe ge— kommen. Ich wiederholte dieſen Verſuch, ich ſpritzte von neuem eine Menge Gift in die Halsader, vielleicht drey oder viermal ſo viel. Ehe ich es hineinſpritzte, verſicherte ich mich, daß das Ende meiner Spritze in der Halsader war, und daß das Gift auf keine Weiſe zuruͤckgehen konnte; .aber das Thier ſchien doch nichts zu leiden; und es war nach: her eben ſo munter, als vorher. Ich war mehr erſtaunt uͤber das, was ich ſahe, als da— durch befriedigt. Ich konnte mich nicht uͤberzeugen, daß das Kirſchlorbeerwaſſer kein Gift, und kein heftiges Gift ſeyn ſollte, wenn es in das Blut gebracht würde, da es doch unwirkſam war, wenn man es auf die 2 legte. Ich eilte alſo wieder zu den 1 3 Ver⸗ 213 — Verſuchen, und ſpritzte diesmal in die Halsader einen ganzen Kaffeelöffel voll Kirſchlor⸗ beerwaſſer. Das Thier verſpuͤrte nichts, und blieb ſo geſund, als vorher. Ich wieder⸗ holte dieſen Verſuch mit einem andern Kaninchen. Das in die Halsader geſpritzte Gift belief ſich auf einen guten Kaffeelöffel voll. Das Kaninchen gab gar kein Zeichen von Schmerzen, weder jetzt, noch in der Folge von ſich. 8 Das unerwartete Reſultat dieſer Verſuche ſetzt mich in die groͤſſeſte Ungewißheit in Anſehung der Wirkung dieſes Gifts; und ich kann nicht begreifen, nicht allein wie es wirkt; ſondern nicht einmal auf welche Theile ſeine Wirkung geht, wenn es innerlich ge⸗ nommen, oder auf die Wunden gelegt wird. Hier iſt alles verwirrt. Man ſieht nicht, daß es auf die Nerven wirkt; es hat keine Wirkung auf das Blut; und doch toͤdtet es, und es toͤdtet in einem Augenblick, wenn es durch den Schlund in den Magen kommt. Der Tod kann alſo in den Koͤrper der Thiere durch einen andern Weg kommen, als durch das Blut, und die Nerven! Die in ein paar Secunden verlorne Bewegung bey Thie⸗ ren, wie die Aale ſind, die ſich noch ganze Stunden lang fortbewegen, wenn man ihnen den Kopf abgeſchnitten, und fie in Stüuͤcken geſchnitten hat, ſollte glauben machen, daß bieſes Gift die Reitzbarkeit der Muskelfiber angreift. Es faͤhrt zwar das Herz noch fort, ſich in dieſen Thieren zu bewegen, aber feine Bewegung iſt ſehr geſchwaͤcht, und von ſehr kurzer Dauer. In den Thieren mit warmen Blute, welche von dieſem Gifte ſterben, dauert die Bewegung auch noch in den andern Muskeln, wiewohl ſehr ſchwach fort; und wenn das Herz bey dieſen Thieren noch einige Zeit fortſchlaͤgt, ſo ſchlaͤgt es nicht ſo ſtark, als wenn man ſie auf eine andere Art umbringt. Die Reitzbarkeit wird gewiß in vielen Thieren auf den hoͤchſten Grad geſchwaͤcht, und in vielen andern iſt fie gänzlich zerſtöͤrt; ſie mag nun zu dem Tode beytragen und in ſo kurzer Zeit toͤdten, auf welche Art ſie wolle, und der Mechanismus, durch den die Muskelfiber ihre Reitzbarkeit verliert, mag auch noch ſo dunkel ſeyn. 0 Wir müſſen in unſern Unterſuchungen der Natur unſere Unwiſſenheit bekennen; wenn wir alles gethan zu haben glauben, ſo finden wir oft, daß wir nicht weiter gekom⸗ men ſind, als wo wir im Anfange waren. Die Erfahrung iſt der einzige Wegweiſer, den wir bey unſern Unterſuchungen haben. Die Erfahrung iſt freylich ein gewiſſes Mit⸗ tel, daß wir nicht in Irrthümer gerathen; aber die Erfahrung bringt uns auch nicht im= mer den entfernteſten Wahrheiten nahe. Sie hilft uns nicht immer, daß wir zu der Er: kenntniß der Geheimniſſe der Natur gelangen, und ſie fuͤhrt uns nicht immer dahin, wohin wir hinzugehen, uns vorgeſetzt hatten. Aber wenn wir nicht wiſſen, wie das Kirſchlorbeerwaſſer wirkt, und auf welche Theile es ſeine Wirkung ausübt, wenn es die Thiere toͤdtet, fo wiſſen wir denn doch, daß, wenn es unmittelbar auf die Nerven, ja ſelbſt in ihre markichte Subſtanz gebracht wird, es ganz unſchuldig iſt, und alles das, was uns ſo viele bisher erzaͤhlte Verſuche deutlich bewieſen haben, iſt demohngeachtet wahr; nemlich daß das Gift der Viper, und das Ame⸗ TER 319 Amerikaniſche Gift nicht toͤdtlich find, man mag fie auf die Nerven legen, auf welche Art man wolle; daß ſie aber allzeit Gifte ſind, wenn ſie ins Blut gebracht werden. Dies find Erfahrungsſaͤtze, die man vorher noch nicht wußte. Es find jetzt ausgemachte Wahr⸗ heiten; und niemand, wer es auch ſey, kann ſie in Zweifel ziehen. Dieſe Wahrheiten ſtoſſen alle bisher von den Schriftſtellern erdachte Syſteme von der Wirkung dieſer Gifte um, und dieſe Wahrheiten muͤſſen wir zur Kenntniß dieſer Gifte, und ihrer Wirkung zum Grunde ſetzen. | Ich hätte wahrſcheinlich einiges Licht uͤber die Wirkung des Kirſchlorbeergifts er⸗ halten koͤnnen, wenn ich es auf verſchiedene Theile des Gehirns bey einem lebendigen Thiere gelegt haͤtte; aber ich behalte mir vor es zu thun, wenn ich dazu mehr Zeit und Gelegenheit habe, als jetzt. Alsdann, hoffe ich, wird dieſes Gift mir vielleicht neue und wichtigere Wahrheiten zeigen. Es wird mir vielleicht weniger zweydeutiges Licht uͤber ſeine Wirkung geben, und mich urtheilen laſſen, auf was fuͤr Theile des lebendigen Thiers es wirkt, wenn es toͤdtet. Ich behalte mir vor, bey eben dieſer Gelegenheit auch zu unterſuchen, ob dieſes Gift auf die lymphatiſchen Gefaͤſſe, oder beſſer zu reden, auf die Lymphe ſelbſt wirkt. Dies iſt nur eine bloſſe Vermuthung, die mir in den Sinn gekommen iſt, nachdem ich meine Verſuche mit dem Kirſchkorbeerwaſſer gemacht habe, und die Umſtaͤnde, in denen ich mich befinde, erleuben mir nicht, fie jetzt zu unterſuchen. Meine Verſuche uͤber die— ſes Gift find folglich nicht fo vollkommen, als ich es gewünſcht hätte. Ich haͤtte fie ver⸗ vielfältigen und fie weiter verfolgen ſollen, als ich gethan habe, oder beſſer zu ſagen, als ich habe thun koͤnnen, und dies iſt noch ein Grund mehr, warum ich meine Unterfuchun= gen über dieſe Materie, welche nothwendig wichtig ſeyn muß, fortſetzen werde. Von der Wirkung der Gifte auf die Nerven. Man hat in der Folge dieſes Werks geſehen, daß das Viperngift, und das ſoge— nannte Ticunasgift, ſie moͤgen auf die Nerven gebracht werden, auf welche Art ſie wollen, gar kein Uebel hervorbringen, und im Gegentheile, daß ſie, ſobald als ſie ins Blut ge⸗ bracht find, ohne die feſten Theile des Thiers, die man verwundet hat, zu beruͤhren, in einem Augenblick tödten. Man hat ferner wahrgenommen, daß dieſe beyden Gifte die heftigſten Zuckungen in dem lebenden Thiere, und die entſcheidendſten Zufaͤlle derjenigen Krankheiten hervorbringen, fo die Aerzte Nervenkrankheiten nennen, weil man glaubt, daß hauptſaͤchlich die Nerven dabey leiden. Es ſcheint nicht, daß man’ in Zukunft zwei⸗ feln koͤnne, daß dieſe Gifte gaͤnzlich unſchuldig ſind, wenn ſie unmittelbar auf die Nerven gebracht werden, und daß ihre Wirkung unmittelbar auf die flüßigen und feſten Theile geht, wie zum Beyſpiel die Muskelfibern, die Knochen, das Zellengewebe, die Sehnen. Dies ſind neue Wahrheiten, welche die Beobachtung uns gelehrt hat. Aber ſie 80 no Een 328 noch nicht hinreichend zur vollkommenen Kennkniß dieſer Gifte. Die Nerven ſcheinen gewiß in dieſen Krankheiten ausgeſchloſſen zu ſeyn. Es ſcheint, daß das Blut allein von dieſen Giften angegriffen wird. Aber wie viele verſchiedene Säfte jinden ſich nicht mit dem Blute vermiſcht? Man iſt ſogar ſo weit gegangen, daß man geglaubt hat, das Blut waͤre belebt, und es iſt wohl mehr als wayrſcheinlich, daß die Nerven beſtaͤndig eine Fluͤßigkeit abſondern, die ſich mit dem Blute vermiſcht, und mit ihm in den Gefaͤſſen des Thiers umlaͤuft. Könnte wohl biefe Fluͤßigkeit nicht zum Leben nothwendig ſeyn? Sollte es wohl nicht dieſe Fluͤßigkeit ſeyn, welche dieſe Gifte angreifen, wenn fie in die Gefaͤſſe gebracht werden? Aber die Froͤſche leben, ſelbſt nachdem man das Blut aus ihren Ge⸗ fäffen ausgeleert hat, wie es der gelehrte Herr Spalanzani bemerkt hat, und in dieſem Zuſtande ſterben ſie alſobald, wenn man ihnen Kirſchlorbeerſpiritus eingiebt, wie ich mehr⸗ mals beobachtet habe. Alſo iſt es bewieſen, daß die erſte dieſer Hypotpeſen falſch iſt, und die zweyte iſt auf keine Weiſe hinreichend, die Wirkung unſers Gifts auf die Theile der Thiere zu erklaͤren. Der Kirſchlorbeerſpiritus, der nicht ſo wirkſam iſt, wenn man ihn auf die Wun⸗ den legt, welcher ganz unſchuldig iſt, wenn er auf die Nerven gebracht wird, und welcher tödtet, wenn er nur den Mund und die Augen berührt, verſetzt uns in neue Ungewiß⸗ heiten, und laͤßt uns kaum fo viel übrig, daß wir Vermuthungen machen koͤnnen. Ein Koͤrper, der ein Gift im Magen, im Munde, im Schlunde iſt, und welcher auf die Wunden gelegt, faſt unſchuldig iſt, iſt ein wahres widerſinniges Ding, und kaum ſind wiederholte Erfahrungen hinreichend, uns glauben zu machen, daß die Sache ſich wirk⸗ lich fo verhält, : \ ; Die einzige gewiſſe Folge, die man endlich aus fo vielen Erfahrungen herleiten kann, iſt dieſe, daß in einem Thiere alle Zeichen einer Nervenkrankheit vorhanden ſeyn koͤnnen, ohne daß man gewiß ſagen koͤnnte, daß die Nerven angegriffen find, Und die Zuckungen, die man bey den Thieren durch die bloſſe Abnahme des Bluts, oder durch die ungleiche Vertheilung deſſelben in den verſchiedenen Tgeilen wahrnimmt, wie ich es in verſchiedenen Stellen meiner Schriften bewieſen habe, laſſen uns gar keine Urſache daran zu zweifeln.) a Es bleibt mir jetzt nichts uͤbrig, als den Wunſch zu hegen, daß irgend ein gelehr⸗ ter Arzt, der die ſeltene Gabe gut zu beobachten hat, und frey von allen Vorurtheilen für Hypotheſen ift, welchen es an den nothwendigen Beweiſen und Erfahrungen fehlt, Luſt und Zeit haben moͤge, als ein ſtrenger Forſcher dieſe wichtige Materie zu unterſuchen, welche gegenwaͤrtig einen der groͤſſeſten Zweige der neuern Arzneykunſt ausmacht. Nach einer ) Dieſe erſte Abhandlung vom Kirſchlorbeergifte, fo wie auch die vom Tieunas find in dem 68ſten B. der Philoſ. Transact. abgedruckt worden. x 8 321 einer ſolchen Unterſuchung wird man endlich mit Gewißheit entſcheiden koͤnnen, ob alle diejenigen Krankheiten, die man Nervenkrankheiten nennt, und welche man aus der Ver⸗ aͤnderung der Nerven herleitet, in der That einen ſolchen Urſprung haben; ob es unver⸗ aͤnderliche und beſtaͤndige characteriſtiſche Zeichen für bieſe Arten von Krankheiten giebt; ob man ein gewiſſes Kennzeichen, einen wahrhaften Probirſtein hat, ſich davon zu ver— ſichern? und ob die meiſten dieſer Krankheiten nicht etwa vielmehr von dem verdorbenen Blute, oder andern verdorbenen Saͤften verurſacht werden, als von den Nerven? Iſt es in der That genug, zu ſehen, daß ein Nerve auf irgend eine Weiſe veraͤndert iſt, um eine Krankheit Nervenkrankheit zu nennen? Kann man ſagen, daß ſie eine Nerven— krankheit iſt, weil viele ihrer Wirkungen ſich in den Nerven offenbaren, oder ſich gar auf fie erſtrecken? Die Nerven koͤnnten gar wohl, als ein Umſtand einer beſondern Art von Krankheit angegriffen ſeyn, ohne daß ſie die Urſache davon waͤren; iſt aber dieſes genug, daß man ſagen koͤnne, eine ſolche Krankheit ſey eine Nervenkrankheit? Man verlangt ſolche hohe, und fo zu reden abfiracte Theorien nicht, die eine einfache Anſtrengung des Verſtandes oft zur Welt bringen kann. Wir muͤſſen genaue Beobachtungen, neue und gut ausgeſonnene Verſuche, richtige und nothwendige Folgen haben, die von einem ruhi⸗— gen Geiſte daraus hergeleitet werden, welcher im Stande iſt, die deutlichſten Thatſachen zu vereinigen, und gut mit einander zu verbinden. Drey der gelehrteſten Aerzte unſerer Zeiten haben mit ihren Schriften der erſten meiner Foderungen vollkommen Genuͤge geleiſtet. Es bleibt uns nun noch übrig zu wuͤn— ſchen, daß ein vierter dieſe wichtige Arbeit endlich zu Stande bringe, und ſich mit Fleiß auf die letzte lege. Fontana ll. B. Ss Zweite Ur — — 322 Zweite Abhandlung. | Ueber das Kirſchlorbeergift. 5 Kurze Zeit nach meiner Ruͤckkunft zu Florenz im Jahre 1780 hatte ich Gelegenheit von neuem die Wirkung des Kirſchlorbeergeiſts auf verſchiedene Thiere zu unterſuchen. Ich glaubte, meine Verſuche mit dieſem Gifte weiter ausdehnen zu muͤſſen, als ich in England gethan hatte, und meine Arbeiten ſind nicht ganz ohne guten Erfolg geweſen. Ich habe wenigſtens Wahrheiten feſtſetzen koͤnnen, die ich vorher nicht wußte, und viele unnuͤtze oder falſche Hypotheſen widerlegt, welche die Unterſuchungen derjenigen, die in der Folge dieſe Materie weiter bearbeiten wollen, nur haͤtten aufhalten koͤnnen. Ich hatte bis dahin ganz richtig bemerkt, daß wenn man die Kirſchlorbeerblaͤtter ohne Waſſer deſtillirt, man einen Geiſt bekommt, der im Stande iſt, die Thiere in wenigen Augenblicken zu toͤdten, wenn er ihnen gleich nur in kleiner Gabe gegeben wird. Ich hatte auch bemerkt, daß, wenn man Waſſer zu den Blaͤttern gießt, der Spiritus ganz unſchuldig werden und weiter nichts als einen unangenehmen Geſchmack bekommen kann. Aber ich wußte noch nicht, ob das weſentliche Oel, welches man durch die Deſtillation aus den Kirſchlorbeerblaͤttern erhaͤlt, ganz unſchuldig, oder ob es ein Gift wäre; und geſetzt daß es ſchaͤdlich wäre, ob es dann mehr Kraft beſaͤſſe als der Spiritus. Ich wußte alſo nicht, ob etwa der Sviri⸗ tus deswegen toͤdtlich waͤre, weil er mehr oder weniger von dieſem Oele in ſich enthielte. Aus Mangel an Erfahrungen wußte ich alle dieſe Umſtaͤnde und viele andere nicht, welche die Schriftſteller, die von den Giften geſchrieben haben, nicht unterſucht hatten. Keiner unter ihnen hatte, fo viel ich weiß, mit dem empyreumatiſchen Oele, und dem Extracte der Kirſchlorbeerblaͤtter Verſuche angeſtellt. Mit einem Worte, ich hatte von allem die⸗ ſen keine Kenntniß, und ich fand keinen einzigen Schriftſteller, der eigentliche Verſuche uber die meiſten dieſer Punkte gemacht hätte, welche mir jedoch noͤthig zu ſeyn ſchienen, um die Natur und die Eigenſchaften eines ſo beſondern und ſo wirkſamen Gifts kennen zu lernen. f Um deutlich zu Werke zu gehen, will ich in wenigen Worten die verſchiedenen Produkte beſchreiben, welche ich aus den Kirſchlorbeerblaͤttern gezogen, und was fuͤr einer Methode ich mich dazu bedient habe. Als ich die Kirſchlorbeerblaͤtter auf die gewöhnliche Art in glaͤſernen Gefäffen ohne Zuſatz von Waſſer deſtillirte, fo bekam ich ihren geiſtigen Theil (nemlich das, was die Scheidekuͤnſtler [piritus rector nennen). Dieſer Spiritus war durchſichtig, hatte einen guten Geruch, und einen ſcharfen Geſchmack, und auf dem Boden des Recipienten war eine gewiſſe Menge ſchweres, gefaͤrbtes, wohlriechendes Oel, mit einem bittern, ſehr ſcharfen und brennenden Geſchmack, welches ich mit vieler Sorg⸗ falt vom Spiritus, vermittelſt eines Stehens von vielen Tagen abſonderte. Ich bediente mich auch des trüben, und nicht ganz vom Del befreieten Spiritus. Ich will u el, 5 323 Oel, das Gel von der erſten F und den Spiritus, Spiritus der erſten Deſtillation nennen. Ich nahm einen Theil des Spiritus der erſten Deſtillation, und deſtillirte ihn von neuem, fo daß ungefehr ein Drittel davon in der Kolbe blieb. Der deftillirte Theil war durchſichtig, wohlriechend, ſcharf, bitter und brennend in einem hoͤhern Grade, als der Spiritus der erſten Deſtillation. Nachdem er in einer Flaſche geſtanden hatte, fo ſetzte ſich ein ſehr durchſichtiges, wohlriechendes, brennendes, und den aͤuſſern Kennzei— chen nach dem Oele der erſten Deſtillation ſehr aͤhnliches Oel auf dem Boden. Ich will dieſes zweyte Oel, Oel der zweyten Deſtillation, und den Spiritus, der herausge⸗ kommen war, Spiritus der zweyten Deſtillation nennen. Das Reſiduum, welches in dem Kolben zuruͤckgeblieben war, ſoll Reſiduum oder Phlegma der zweyten De- ſtillation heiſſen. Ich bereitete ein anderes Phlegma, indem ich zwey Drittel von dem Spiritus der zweyten Deſtillation an der Sonne abdampfen ließ. Ich ſetzte zu einem Theile des Spiritus der zweyten Deſtillation eine gleiche Men⸗ ge verpuftes und gut getrocknetes Seeſalz, deſtillirte dieſes Gemiſch bey einem langſamen Feuer, und zog die Hälfte davon ab, die wie gemeines Oel gefärbt, und nicht ſo geiſtig, nicht ſo beiſſend, nicht ſo wohlriechend war, als vorher; und es fiel eine oͤlichte gefaͤrbte Subſtanz daraus nieder, die wie erdicht, und in kleine Koͤrner oder Kuͤgelchen getheilt ausſahe. Ich ſetzte die Deſtillation fort, und es kam ein Phlegma ohne Geruch daraus, welches nicht ſcharf war, oder wenigſtens nur ſehr wenig ſcharf, wenn man es gleich auf die Zunge oder unter die Naſe hielt, und ich will dieſes das Phlegma der dritten De⸗ ſtillation nennen. Das Oel, von dem ich eben geredet habe, ſoll das Gel der dritten Deſtillation, und ſein geiſtiger Theil, der zuerſt herauskam, Spiritus der drit— ten Deſtillation heiſſen. So wohl das Del, als der Spiritus, riechen wie bittere Mandeln. i d Ich zog ebenfalls ein Extract aus den Kirſchlorbeerblaͤttern, nach der den Schei— defünftlern bekannten Methode; und eben fü bereitete ich eine gute Menge empyreumati⸗ ſches Oel aus friſchen Kirſchlorbeerblaͤttern. Nachdem ich mich mit allen dieſen Zuberei— tungen verſehen hatte, ſo glaubte ich meine Verſuche mit den Thieren anfangen zu koͤn⸗ nen. Ich gebrauchte zu dieſen Verſuchen Kaninchen, Meerſchweine, Tauben, Fröfche, und Schlangen. Ich glaubte die Verſuche mit Thieren von verſchiedener Natur, for wohl mit warmen 2 als mit kaltem Blute machen zu muͤſſen, weil ich ſchon aus der Era fahrung wußte, wie ſehr die Wirkung der Gifte bey den verſchiedenen Thieren, und in⸗ ſonderheit in den beyden groſſen Arten derſelben abweicht, in welchen die e Einrichtung der verſchiedenen Bewegungen ſo verſchieden iſt. Ss 2 Der Der Spiritus der Kirſchlorbeerblaͤtter der erſten Deſtillation innerlich gegeben. Ich ließ dieſen Spiritus mehrere Tage in Ruhe ſtehen, um das Oel davon abzu⸗ ſondern, fo daß er klar und durchſichtig war. Ich gab einer Taube von mittelmaͤßige Groͤſſe einen Kaffeelöffel voll davon. Nach Verlauf von vier Minuten bekam fie Zuß- kungen, und konnte nicht auf den Füffen ſtehen, ſelbſt noch eine Stunde nachher; aber fe ſtarb nicht. 8 =; Ich gab eben fo drey Löffel voll einem Meerſchweine, und es fühlte nichts. 5 Ich gab einer Taube zwey Löffel voll; nach einer Minute konnte fie nicht mehr ſte⸗ hen. Eine Minute darauf bekam fie ſtarke Zuckungen und in drey Minuten ſtarb fie, N Ich wiederholte alle dieſe Verſuche den folgenden Tag mit eben ſolchen Thieren, und das Reſultat fiel eben ſo aus. 5 Nur die einzige Taube, welche zwey Löffel voll von dem Spiritus niederſchluckte, farb, Ich wollte eben denſelben Spiritus verſuchen, ehe das Oel daraus niedergefallen war. In dieſem Zuſtande war er nicht ſo klar, wohlriechender, und ſchaͤrfer. Die ge⸗ ringe Wirkſamkeit des oben gebrauchten Spiritus kommt, wie man fehen wird, daher, daß ich das Oel davon viele Tage lang hatte niederfallen laffen, und wirklich war auch der⸗ jenige, den ich zu London gebraucht hatte, truͤbe, und viel toͤdtlicher. ö Ich gab alſo verſchiedenen Thieren, wie Kaninchen und Meerſchweinen von mite⸗ lerer Groͤſſe, drey Kaffeelöffel voll von dieſem truͤben Spiritus, und der gröffefte Theil ſtarb davon in Zuckungen und in kurzer Zeit. Dieſer Spiritus iſt alſo viel wirkſamer und toͤdtlicher, als der andere. Der Spiritus der zweyten Deſtillation innerlich gegeben. Ich gab einem kleinen Meerſchweine einen Kaffeelöffel voll von dieſem zweymal deſtillirten Spiritus. Es ſtarb faſt den Augenblick. a 5 Ich ließ einem groſſen Kaninchen einen gewoͤhnlichen Löffel voll von dieſem Spiri⸗ kus niederſchlucken. Es fiel alſobald um, und ſtarb kurze Zeit darauf. 5 Ich gab einem Meerſchweine von mittlerer Groͤſſe ungefehr vier Tropfen. Bey dem Miederſchlucken kam ihm eine flüßige, gelbe und grüne Materie aus dem Halſe. Dies ſes ereignet ſich oft, wenn man dieſen Thieren den Spiritus trinken läßt, aber es geſchieht niemals, wenn man ihnen Oel giebt. Es hatte übrigens ſonſt kein Zeichen von einer Krankheit an ſich. 5 Ich gab einem groſſen Kaninchen ſechs Tropfen von dieſem Spiritus mit vierzig Tropfen Waſſer. Das Thier legte ſich vielmal auf den Bauch, ſchien ſehr unruhig zu ſeyn, aber es ſtarb doch nicht. 8 RT, 323 Ich gab einer Taube drey Tropfen; ſie fiel in weniger als einer Minute um. Einem Froſche gab ich vier Tropfen. Nach zwey Minuten ſchien er todt zu ſeynz und zwey Minuten nachher hatten ſeine Theile gar keine Bewegung e „ob man fie gleich A Das Phlegma von dem Geiſte der zweyten Deſtillation. Dieſes Phlegma war kaum geiſtig und ſcharf; aber es war ſehr durchſichtig. Ich gab vielen Thieren, als Tauben, Kaninchen und Meerſchweinen davon. Die Tauben, denen ich einen Kaffeelöffel davon gab, ſtarben alle; aber keine von denen, welchen ich nur einige Tropfen gab, bekam ein merkliches Uebel davon; fie ſtarben entwe⸗ der nur ſehr ſpaͤt, oder ſie bekamen nur Zuckungen. ; Einige ſehr kleine Kaninchen und Meerſchweine ftarben, andere bekamen Zuckun—⸗ gen, oder wurden gar nicht krank. Noch andere, die groͤſſer waren, ſtarben nicht, und bekamen auch kein merkliches Uebel. Es ſtarben jedoch einige davon, denen ich drey oder vier Loͤffel voll gegeben hatte. Dieſes Phlegma iſt alſo nicht fo toͤdtlich, als der Spiritus, Das Phlegma aus dem Spiritus der zweyten Deſtillation, das ich durch das Abdampfen von zwey Drit eln an der Sonne erhalten hatte, Ich ließ in der Sonne ungefehr drey Unzen von dem Spiritus der zweyten Deſtil— kation abdampfen. Das Reſiduum war fluͤßig, durchſichtig, aber kaum hatte es einen Geruch; und wenn man es auf die Zunge nahm, ſo erregte es noch einige Empfindung von Beiſſen; wiewohl viel weniger, als vorher. Es war nur eine einzige Unze geblie— ben. Ich gab einer Taube einen halben Kaffeloͤffel voll davon; ſie fiel alſobald in groſſe Zuckungen, und ſtarb den Augenblick. Ich bekam eben das Reſultat bey fuͤnf andern „Tauben, die auf der Stelle farben, Dieſe Verſuche brachten mich auf den Gedanken, daß das Gift nicht in dem riechenden, und vielleicht auch nicht in dem brennenden Theil der Kirſchlorbeerblaͤtter ſitzt, weil der Geruch und der Geſchmack ſo unbedeutend waren, und die Thiere doch ſo Bla ſtarben. Ich gab zwey Tauben einen Theelöffel voll von dem Phlegma, von dem die Rede iſt. Sie ſtarben plotzlich. 8 Ich gab einer Taube drey Tropfen; ſie ſchien nichts davon zu leiden. Daher kann man ſagen, daß dieſes andere Phlegma nicht fo toͤdtlich iſt, als der Spiritus. Ss 3 Der 926 „ Der Spiritus der zweyten Deſtillation in den Schlund gebracht. Ich wollte wiſſen, ob dieſer Spiritus, der fo wirkſam unb ſo toͤdtlich ift, auch todten koͤnnte, wenn er bloß in den Schlund der Thiere gebracht wuͤrde. TER Ich befeuchtete mit dieſem Spiritus ein kleines Stuͤck deinwand, und ſteckte es einer Taube in den Schnabel, ohne daß nur ein Tropfen davon in den Magen, oder auch nur in die Speiſeroͤhre kommen konnte. Nach dreißig Secunden fiel die Taube in Zuk⸗ kungen, und einen Augenblick nachher ſtarb ſie. N Ich befeuchtete ein anderes Stuͤck Leinwand mit eben dem Spiritus, und hielt es lange ins Maul eines Meerſchweins von mittelmaͤßiger Groͤſſe. Es gab gar kein Zei⸗ chen von Krankheit von ſich. . Ich wiederholte eben den Verſuch mit zwey andern Tauben, welche in weniger als zwey Minuten ſtarben. ; ; ; Ich wiederholte ihn auch bey zwey Meerſchweinen, und ſie ſchienen ſich nicht übel zu befinden. Dieſer Spiritus kann alſo ſchwache Thiere toͤdten, ohne die Speiſeroͤhre und den Magen zu beruͤhren. x ; Der Spiritus der zweyten Deſtillation in die Augen gebracht. „ Aber mir blieb noch zu willen übrig, ob dieſer Spiritus auf andere zarte Theile des Körpers gebracht, auch toͤdtlich waͤre. Ich glaubte, meine Verſuche mit den Augen machen zu müſſen, welche fe empfindlich find, und fo fren liegen. Ich ließ verſchiedene en dieſem 8 in die Augen eines Meerſchweins fallen. Es ſchrie ſehr; aber es bekam weder Zuckungen, noch Entzuͤndung, noch ein anderes Zeichen v i i 0 N Krankheit des Gifts. Zeich n der C A 2 9 2 ch machte eben den Verſuch mit den Augen zwey anderer Meerſchweine 1 f und das Reſultat war eben ſo. Ich wiederholte ihn mit den Augen zweyer a aber ſo ſichtbar es auch war, daß der Spiritus ihnen ſchmerzhaft war, ſo ſtarben ſie doch nicht davon, auch hatten ſie keine Zuckungen, und ihre Augen entzuͤndeten ſich nicht merklich. Dieſe Verſuche beweiſen noch nicht, daß der Kirſchlorbeerſpiritus unſchuldig i wenn es auf die Augen gebracht wird, weil dieſe Thiere ſchwer ſterben, und 1 des Spiritus ſehr widerſtehen, wenn man ihn ihnen bloß in das Maul bringt. b Ich bedeckte zwar mit eben dieſem Spiritus zwey andern ſehr kleinen Meerſchwei⸗ nen, die nur drey Unzen wogen, die Augen. Ich troͤpfelte mehr als zwanzig mal Spiri⸗ tus in beyde Augen; aber umſonſt. Sie hatten gar kein Zeichen von Krankheit des Gifts. Es 327 Es entſtand keine Entzündung in ihren Augen, ob fie gleich den Schmerz zu erkennen ga= ben, wenn ich ihnen den Spiritus hineintroͤpfelte. Aber ich hielt es für gut, auch mit den Tauben einige Verſuche anzuſtellen. Ich befeuchtete alſo einer Taube die Augen verſchiedene mal mit einem Stuͤck Leinwand, das in den Spiritus eingetaucht war, von dem die Rede iſt. Wenige Zeit nachher uͤbergab fie ſich verſchiedene mal, und fiel auf die Bruſt. Die Regenbogenhaut war in der Nach⸗ barſchaft der durchſichtigen Hornhaut ein wenig entzündet, die Pupille beweglich, und von natürlicher Groͤſſe. b i Ich ließ einige Tropfen von dieſem Spiritus in die Augen einer andern Taube fallen, und ließ fie zwey Minuten lang und noch darüber darinn. Sie fiel in Zuckungen, und ſtarb wenige Augenblicke darauf, ohne Entzuͤndung in den Augen. Ich ließ einer dritten Taube nur auf das eine Auge einige Tropfen Spiritus fal- len, und ließ fie drey Minuten lang darinn. Die Regenbogenhaut war ganz entzuͤndet, die Augenlieder auch an einigen Stellen. Sie fiel kurze Zeit nachher in Zuckungen, und alſobald ſchien fie ganz todt zu ſeyn. Nach einer viertel Stunde erholte fie ſich nach und nach, und ſchien endlich ſich wieder wohl zu befinden. Aber fie fiel wieder von neuem in Zuckungen, und ſchien zum zweyten mal todt zu ſeyn; und kurze Zeit darauf erholte fie ſich noch einmal. Die Regenbogenhaut an dem Auge, in welches ich den Spiritus ge= bracht hatte, war ganz roth, als wenn fie injieirt worden wäre, Die Pupille war unbe— weglich und ſehr erweitert; die Regenbogenhaut im andern Auge war auch roth, aber nur ſehr wenig, und die Pupille beweglich und von natürlicher Groͤſſe. Nach dem zweyten Rückfall, und der zweyten Erholung des Thiers, waren die Pupille und die Negenbogen- haut ſo, wie das erſte mal; aber nach dem dritten Ruͤckfalle, nach welchem die Taube ſich wieder erholte, wurde die Pupille wieder beweglich, wie die andere, die Regenbogen⸗ haut viel weniger roth, und die beyden Pupillen nahmen wieder ihre natürliche Groͤſſe an. Ich ließ noch einer Taube verſchiedene Tropfen Spiritus auf das eine Auge fallen, und erhielt ſie einige Minuten darinn; ſie fiel in Zuckungen, und konnte nicht mehr auf den Fuͤſſen ſtehen. Die Regenbogenhaut war leicht entzündet, und am andern Auge auch ein wenig, aber ſehr viel weniger. Die Taube erholte ſich nach und nach, und nun fand ich die Negenbogenhaut unbeweglich, die Pupille erweitert und entzuͤndet; und die andere beweg⸗ lich beym Licht, ein wenig entzuͤndet und von natuͤrlicher Groͤſſe. Dieſe Taube fiel drey⸗ mal wie todt um, und erholte ſich allzeit wieder; die Regenbogenhaͤute und die Pupillen an ihren Augen waren allzeit krankhaft, wie ich eben geſagt habe; aber am Ende nach Verlauf von einigen Stunden kam alles wieder in feinen natürlichen Zuſtand. ; Der Spiritus der zweyten Deſtillation auf Wunden gebracht. Es war natürlich zu glauben, daß dieſer Spiritus, wenn er unmittelbar auf ver⸗ wundete Theile gebracht wurde, noch leichter toͤdten mußte, Ich machte einer Taube eine groſſe 328 groſſe Wunde ans Bein; und doß in dieſelbe eine groſſe Menge von dieſer Flüßigkeit. Die Taube gab gar kein Zeichen von Krankheit von ſich. "3 Ich wiederholte dieſen Verſuch bey zwey andern Tauben; er gab eben das Reſultat. g s in Zwey andern legte ich ein mit dem Spiritus befeuchtetes Sehe Leinwand auf bie Wunden, und ließ es verſchiebene Minuten lang darauf liegen. Sie bekamen gar keine Krankheit. 5 = Ich wollte ſehen, ob er auch fo wenig wirkſam auf die Bruſtmuskeln wäre, Nach⸗ dem ich fie entblößt und an vielen Stellen verwundet hatte, fo brachte ich unmittelbar den Spiritus darauf, und bedeckte fie mit Leinwand, welche darein getaucht war. Die Taube ſtarb nicht, und hatte keine Zuckungen, noch ſonſt eine Krankheit. Ich wollte dieſen Verſuch bey drey andern Tauben wiederholen; ſie ſtarben nicht, und ſchienen auch nicht zu leiden. ö Ich war ſchon im Begrif, den Schluß daraus zu machen, daß der Kirſchlorbeer⸗ ſpiritus, man möchte ihn in Wunden bringen, auf was für Art man wollte, kein Gift wäre und nicht toͤdtete, ob er gleich dieſe Wirkung hervorbringt, wenn man ihn in die 0 Augen und in das Maul bringt. Das ſonderbare in dieſer Erſcheinung war aber Ur⸗ ſache, daß ich mit meinen Verſuchen fortfuhr, und ſie zeigten mir, daß ich mich geirrt haben wuͤrde. Ich nahm einer Taube ein groſſes Stuͤck Haut von der Bruſt weg, und brachte ungefehr hundert Tropfen Spiritus darauf. Kurze Zeit darauf fiel ſie in Zuckungen und ſtarb. Ich entbloͤßte einer andern Taube die Muskeln am Beine, und verwundete fie - an verſchiedenen Stellen. Ich befeuchtete fie verſchiedene mal mit Spiritus, und erhielt ihn acht Minuten darauf. Sie ſchien den Augenblick nichts zu empfinden, aber zwei Minuten darauf fiel fie auf die Bruſt, und ſtarb. 5 Ich oͤfnete einem groſſen Meerſchweine eine groſſe Flaͤche der Haut auf dem Ruͤk⸗ ken; und verwundete die Muskeln leicht an einigen Stellen; ich brachte unter die Haut eine groſſe Menge von dem Spiritus wiederholte mal, und erhielt ihn verſchiedene Mi⸗ nuten lang darunter. Es gab kaum einige Zeichen von Zuckungen von ſich; aber bald fiel es auf die Bruſt, ohne ſich wieder aufrichten zu koͤnnen, und ſtarb in kurzer Zeit. Ich entbloͤßte einer Taube eine groſſe Flaͤche von den Bruſtmuskeln, und ver⸗ wundete fie an verſchiedenen Stellen tief; ich brachte den Geiſt darauf, fo daß er nicht bis an die Haut flieſſen konnte; ich wiederholte dieſes Auflegen auf die Wunden mehr als dreißig mal, und erhielt den Spiritus wenigſtens zwölf Minuten darauf. Sie uͤbergab ſich am Ende; fiel darauf in Zuckungen, und farb kurze Zeit darnach, 1 g g Es — N 329 Es iſt alſo eine ausgemachte Wahrheit, daß der Kirſchlorbeerſpiritus toͤdtet, ſelbſt wenn er in Wunden gebracht wird, ob es gleich auch wahr iſt, daß er ſpaͤter toͤdtet, als wenn man ihn in die Augen, in das Maul, und in den Magen bringt, wo er in gerin⸗ gerer Menge und ſchleuniger toͤdtet. So daß es allzeit wahr bleibt, daß eine ſolche Men⸗ ge, welche zum Beyſpiel eine Taube toͤdtet, wenn man fie ihr in den Schnabel, oder in die Augen, oder in den Magen bringt, ihr gar keine Krankheit verurſacht, wenn man ſie ihr aaf Wunden legt; welches demohngeachtet ſehr ſonderbar iſt. Der Spiritus der dritten Deſtillation. Ich gab einem groſſen Merrſchweine einen halben Löffel voll von dieſem Spirt- cus; es ſchien nicht merklich davon zu leiden, und ſtarb nicht. Aber drey Tauben, denen ich kaum drey Tropfen davon gab, farben daran, fo wie auch drey Kaninchen, und vier Meerſchweine, die einen Kaffeeloͤffel voll davon nahmen. Ein groſſes Meer ſchwein und ein groſſes Kaninchen farben jedoch nicht daran, ob fie gleich alle beyde fich übel zu be: finden ſchienen. ei Der Kirſchlorbeerſpiritus der dritten Deſtillation, welcher aus dem Gemiſch von einer Menge verpuftes Seeſalz, mit dem Spiritus der zweyten Deſtillation bereitet war. 8 Er hatte kaum einigen Geruch, und faſt keinen Geſchmack. Ich gab einer Taube kaum fo viel, als ein kleiner Kaffeelöffel voll beträgt. Sie fiel den Augenblick in leichte Zuckungen, und ſtarb in kurzer Zeit. Zwey andere Tauben ſtarben, da ſie eine noch klei⸗ nere Gabe von dieſem Spiritus bekommen hatten. So daß es nicht ſcheint, als wenn das Seeſalz ihm feine natürliche giftige Eigenſchaft genommen hätte. x Das Phlegma von der dritten Deſtillation, welches kaum einen Geruch und Geſchmack hat. Ich gab einer Taube drey Tropfen von dieſem Waſſer, und ſie gab kein Zeichen von Krankheit von ſich. ö Ich gab einem ſehr groſſen Meerſchweine einen Kaffeelöffel voll davon, welches alſobald in Zuckungen fiel, aber ſich hernach wieder von ſelbſt aufrichtete, und weiter kein Uebel bekam. Ig gab eben fo viel einem Meerſchweine von mittelmäziger Gröffe, und es bekam davon kein Uebel. 5 8 Fontana II. B. Te Ich 339 Ich gab einem ſehr kleinen Desrfömeine einen Löffel voll; es befand fi 0 gar nicht übel darnach. Ein groſſes Meerſchwein ließ ich anderthalb Löffel voll niederſchlucken. Es brach ein wenig grüne udd gelbe Materie aus, aber es ſtarb nicht. Ich gab eben ſo viel einem kleinen Meerſchweine; es fiel alſobald in See aber kurz darauf ſtand es wieder auf, und ihm fehlte weiter nichts. Ich gab einer Taube einen Löffel voll, welche alſobald in Zuckungen fiel, und in weniger, als einer Viertelſtunde ſtarb. 5 Kirſchlorbeeroͤl innerlich gegeben. Es blieb mir noch uͤbrig, die Oele von den Kirſchlorbeerblaͤttern zu unterſuchen. Aber nachdem ich mich durch Verſuche überzeugt hatte, daß kein weſentlicher Unterſchied zwiſchen dieſen Oelen vorhanden war, ob ſie gleich von der erſten, oder der zweyten, oder der dritten Deſtillation waren, fo glaubte ich nicht, daß es noͤthig wäre, fie zu unter- ſcheiden, und ich gebrauchte ſie alle ohne Unterſchied. Woran mir am meiſten gelegen war, das war zu erfahren, ob das Oel auch ein Gift waͤre, und ob es ſtaͤrker oder ſchwaͤ⸗ cher waͤre, als der Spiritus. Ich will dem zufolge einige von den Verſuchen erzaͤhlen, welche ich mit dieſem Oele bey verſchiedenen Thieren angeſtellt habe, und die hinreichend ſeyn werden, ſeine giftige Eigenſchaft darzuthun, und die Abweichungen zu zeigen, welche ſich haͤufig bey dergleichen Dingen ereignen. Ich gab einem groſſen Kaninchen zwey Tropfen Oel mit etwa zwey Tropfen Spi⸗ ritus vermiſcht ein. Das Kaninchen ſtarb nach einigen Augenblicken, und in leichten Zuckungen. Ich ließ eine Erdſchildkroͤte von einem Pfunde am Gewichte ungefehr zwey Tro⸗ pfen reines Oel niederſchlucken. Zwey Stunden nachher war ſie ſehr abgemattet. Nach ſechs Stunden ſchien ſie kaum noch zu leben; und ſie ſtarb wirklich wenige Zeit nachher mit allen Zeichen der verlohrnen Reitzbarkeit. Ich gab einem ſehr groſſen Meerſchweine vier Ace Oel; aber es bekam kein Uebel. : Einer Taube gab ich kaum drey Tropfen; und nach zwey Minuten war 6 ie ſchon todt. Ich ließ ein groſſes Meerſchwein einen halben Therlöffl voll davon trinken. Waͤh⸗ rend laͤnger als einer halben Stunde ſchien ihm gar nichts zu feen aber darauf fiel es in Zuckungen, und eine halbe Stunde nachher ſtarb es. 80 1 331 Ich gab einer Taube einen Drittel Löffel voll Del. Kurze Zeit nachher konnte ſie nicht mehr ſtehen, und ſie ſtarb in weniger, als einer halben Stunde. Ich ließ ein groſſes Meerſchwein ungefehr ſechs Tropfen Oel mit vierzig Tropfen reines Waſſer vermiſcht trinken. Es fing an unruhig zu ſcheinen; es gab verſchiedene Zeichen von Neigung zum Brechen von ſich; aber kurze Zeit darauf wurde es ruhig, und ihm fehlte nichts mehr. Ich gab ſechs Tropfen davon mit vierzig Tropfen Waſſer vermiſcht einem andern ſehr kleinen Meerſchweine. Es war ſehr unruhig; aber es fiel nicht um, bekam keine Zuckungen, und ſtarb nicht. Ich ließ einen Froſch drey Tropfen davon einſchlucken, welcher nach zwey Minu⸗ ten ganz todt war; das Herz bewegte ſich zwar noch, auch ruͤhrten ſich die Beine noch, wenn man die Schenkelnerven reitzte. Dieſen Verſuch wiederholte ich mit zwey andern Froͤſchen mit beynahe gleichem Erfolge. i g Ungeachtet der geringen Gleichfoͤrmigkeit bey allen dieſen Verſuchen, ſcheint es doch, daß man daraus ſchlieſſen kann, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein heftiges Gift iſt, das ſowohl die kaltbluͤtigen, als die warmbluͤtigen Thiere toͤdtet. Es ſcheint auch, daß man ſagen kann, daß es nicht allein nicht wirkſamer iſt, als der Spiritus, ſondern auch daß es viel ſchwaͤcher iſt, und daß ganz zufällige Umftände und Verſchiedenheiten bey den Thie⸗ ren hinreichend find, daß es nicht toͤdtlich für fie werde. Es iſt in der That ſehr ſeltſam, daß es, wie man geſehen hat, ein Thier mit kaltem Blute ſchneller tödter, als ein Thier mit warmen Blute. . Das Kirſchlorbeeroͤl in das Maul gebracht. Ich war neugierig zu ſehen, ob das Kirſchlorbeeroͤl, welches ein heftiges Gift iſt, wenn es niedergeſchluckt wird, und in den Magen kommt, ebenfalls toͤdtlich wäre, wenn man es nur in das Maul und an den Gaumen braͤchte, ohne es in die Speiferöhre zu bringen. Die Verſuche, die ich in Anſehung des Spiritus der zweiten Deftillation erzaͤhlt habe, konnten mich auf den Gedanken bringen, daß es ſich wohl ſo verhalten muͤßte. Ich befeuchtete ein Stuͤck Leinwand ſchwach mit dieſem Oel, und legte es einem ſehr kleinen Meerſchweine in den Mund. Ich verhuͤtete, daß das Thier das Maul nicht zuthun konnte, ob es gleich aus der Leinwand nichts hätte auspreſſen koͤnnen, das in feinen Magen gefloſſen wäre, Ich ließ das Stuck Leinwand zwey Minuten lang in feinem Maule. Allein dieſes Thier ſchien nichts gelitten zu haben. Tt 2 Ich 332 5 Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem andern kleinen Meerſchwelne, ich rieb ihm das Maul inwendig mehrmals mit der Leinwand. Kurze Zeit darauf ſchien dieſes Thier ſehr traurig zu ſeyn; aber es ſtarb nicht, und bekam auch keine Zuckungen. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit zwey andern ziemlich groſſen Meerſchweinen; weder das eine noch das andere gab ein Zeichen von Uebelbefinden von ſich. Aber dieſe Verſuche find nicht entſcheidend, weil dieſe Thiere ein hartes Leben haben, und vielleicht waͤre eine groͤſſere Menge Gift noͤthig geweſen. Ich 15 alſo Tauben dazu, welche ſo keicht ſterben. Ich befeuchtete das gewoͤhnliche Stück Leinwand mit Oel, und legte es einer Taube in den Mund, fo daß nichts davon in den Magen, nicht einmal in die Speiſeroͤhre flieffen konnte. Dieſe Taube ſtarb bald nachher. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit vier andern Tauben; drey davon ſtarben ſehr geſchwind. Die vierte gab kaum ein Zeichen von Krankheit von ſich. Ich möchte alſo glauben, daraus ſchlicſſen zu koͤnnen, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein Gift iſt, ſelbſt wenn es weder die Speiſerdore, noch den Magen berührt; und daß es nur die inwendige Seite des Mundes berühren darf. Dieſe Verſuche und Reſultate ſind demjenigen voͤllig aͤhnlich, was wir oben geſe hen haben, als wir uns des Kirſchlorbeerſpiritus bebienten. Das Kirſchlorbeeroͤl in gde Wien gebracht. Man kann nicht mehr zweifeln, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein Gift iſt, und zwar eins der heftigſten, wenn es innerlich genommen wird. Es bleibt uns aber noch zu wiſſen uͤbrig, ob es auch vergiftet, wenn man es auf verwundete Theile eines Thiers bringt. Die Erfahrung allein konnte dies entſcheiden. Wir haben aber ſchon Erfahrungen von dem Spiritus der zweiten Deſtillation, welche uns vermuthen machen koͤnnen, daß es auch in dieſen Umſtaͤnden ein Gift iſt. d Ich ſtach einer Taube ein Stuck Holz ins Bein, das ſtark mit dieſem Oele beſtri⸗ chen war; und als ich ſahe, daß das Thier nach Verlauf von funfzehn und noch mehr Minuten nicht krank zu ſeyn ſchien, ſo nahm ich den kleinen Splitter aus dem Beine her⸗ aus, und brachte in die Wunde, welche tief war, eine Menge Oel; aber demohngeachtet ſtarb die Taube nicht, auch fiel ſie nicht in Zuckungen. Ich machte einer kleinen Schildkroͤte am Schwanze eine Wunde, und brachte in dieſelbe viel von dieſem Oel. Es ſchien ihr nichts zu fehlen. Ich 333 Ich machte einer Tanbe eine Wunde am Beine. Ich befeuchtete fie vielmals mit dieſem Oele, und bedeckte die Wunde noch mit einem Stud Leinwand, das in Oel einge- raucht war. Die Taube bekam gar kein Uebel. Ich verwundete an vielen Stellen die Beine einer andern Taube, und rieb die Wunden mit dieſem Oel. Sie ſchien nicht merklich davon zu leiden. Ich bekam eben das Reſultat bey zwey andern Tauben, bey drey Kaninchen, und vier Meerſchweinen, ob ich gleich mit dem Oele nicht ſparſam umging, und wiederholte mal die Wunden damit bedeckte, die ich in die Muskeln dieſer Thiere gemacht hatte. 5 Drey andere Tauben, denen ich die Muskeln der Bruſt verwundete, und dieſe Wunden mit dieſem Oel bedeckte, gaben gar kein Zeichen von Krankheit von ſich. Es ſollte ſcheinen, als wenn gar kein Zweifel mehr uͤbrig bliebe, daß das Kirſch— lorbeeroͤl, welches ein Gift ift, wenn es durch den Mund genommen wird, dieſe toͤdtliche Eigenſchaft nicht habe, wenn es auf die Wunden, wenigſtens an denjenigen Theilen ge— bracht wird, an denen ich meine Verſuche gemacht habe. Dies iſt durchaus das Gegen: theil beym Viperngifte und den andern Giften, die unſchuldig ſind, wenn man ſie inner— lich giebt, hingegen toͤdtlich, wenn ſie in Wunden gebracht werden. Wenn man etwas wahrſcheinliches ſagen kann, um von dieſem Unterſchiede bey dem Viperngifte Grund an⸗ zugeben, fo ſieht man gar nichts, welches die verſchiedenen Wirkungen des Kirſchlorbeer— oͤls auf die verſchiedenen Theile des Thiers erklaͤren koͤnnte; und es iſt eine ganz ſonderbare und unerwartete Erſcheinung. Ich muß aber doch geſtehen, daß meine Verſuche nicht ganz entſcheidend ſind, ob ich ſie gleich auch mit den Tauben gemacht habe; weil ich nicht ſo viel Oel dazu gebrauchte, als ich Spiritus gebraucht hatte. Es fehlte mir bey meinen Verſuchen ſehr an Oel; und ich habe bis jetzt noch nicht Zeit gehabt, wieder etwas zu bereiten. Es bleibt aber doch immer ſonderbar, daß das, was innerlich genommen vergiftet, unſchuldig iſt, wenn man es obgleich in groſſer Menge in Wunden bringt. An der Sonne getrocknetes Oel. Ich ließ in der heiſſen Sonne zwey Quentchen Kirfchlorbeeröf trocken werden. Das Oel wurde ungefehr halb ſo wenig. Das Uebriggebliebene war noch gelb, bitter, wohl⸗ riechend und ſcharf. Ich gab ungefehr drey Gran am Gewichte davon einer Taube in zwanzig Tropfen Waſſer. Die Taube fiel einen Augenblick darauf um, hatte viele Zuk⸗ kungen, und ſtarb alſobald. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey drey andern Tau— ben mit eben dem Erfolge. So daß es gewiß zu ſeyn ſcheint, daß dieſes verhaͤrtete Reſi⸗ duum ein mächtiges Gift iſt, und daß alles das, was davon an der Sonne verflogen war, ihm ſeine ſchaͤdliche Eigenſchaft nicht benommen hatte. 3 Das 334 Das Reſiduum des Kirſchlorbeeroͤls, wenn es an der Sonne getrocknet wird, iſt ein wahrhaftes Harz, welches, wenn es vermittelſt des Waſſers burch Weingeiſt nieder⸗ geſchlagen wird, nicht mehr giftig iſt. Man hat geſehen, daß der Theil des Kirſchlorbeeroͤls, welches verhaͤrtet zuruͤck⸗ bleibt, nachdem es der Sonne ausgeſetzt geweſen iſt, noch ein ſtarkes Gift iſt. Dieſer Theil loͤſt ſich nicht in Waſſer auf, er läßt ſich aber leicht ganz in Weingeiſt aufloſen. Er iſt alſo eine harzichte Subſtanz, an welcher die toͤdtliche Eigenſchaft Hängen bleibt. Ich war neugierig zu wiſſen, ob dieſe Subſtanz, wenn fie in Weingeiſt aufgeloͤſt, und durch Hülfe des Waſſers niedergeſchlagen würde, noch toͤdtlich wäre. Ich goß zu dem Ende eine groſſe Menge deſtillirtes Waſſer auf dieſe Auflöfung, und nachdem die Niederſchla⸗ gung unter der Geſtalt einer weiſſen mehlichten Materie geſchehen war, ſo wuſch ich ſie verſchiedene mal mit Waſſer ab. Dieſe Materie behielt kaum ein wenig Geruch; wenn man ſie aber auf die Zunge nahm, und ſie kauete, ſo war ſie noch merklich ſcharf. Ich gab davon, als fie noch ein wenig feucht war, zwanzig Gran einem ſehr kleinen Meer⸗ ſchweine, und eben ſo viel einer Taube. Weder das eine noch die andere ſtarben, noch ſchienen ſie im geringſten krank zu ſeyn. Ich wiederholte dieſen Verſuch noch bey zwey andern Thieren eben dieſer Art, und der Erfolg war eben derſelbe. Daraus folgt, daß dieſes Harz, nachdem es in Wein⸗ geiſt aufgelöft, und durch Huͤlfe des Waſſers niedergeſchlagen iſt, unſchuldig geworden iſt, ob es gleich noch ein wenig Geruch und ſcharfen Geſchmack hat, fo toͤdtlich es auch vorher war. Es ſcheint alſo nicht, daß in dieſem geringen Prineipium von Geruch, oder ſchar⸗ fen und aͤtzenden Geſchn. ack das geringſte Gift liege, welches im Stande waͤre zu toͤdten, und eine merkliche Zerruͤttung in den Thieren hervorzubringen. Kirſchlorbeerextraet. 8 Ich ließ ein Meerſchwein ungefehr dreißig Gran Kirfchlorbeerertract einſchlucken; aber es fehlte ihm nichts. Ich machte eben den Verſuch bey einem Kaninchen, welches eben ſo wenig davon litt. 0 Ich gab ungefehr funfzig Gran einer Taube, welche auch kein Uebel zu em⸗ pfinden ſchien. N R Ich wiederholte diefen Verſuch noch bey zwey andern Tauben. Er hatte eben den Erfolg. So daß es ſcheint, daß man aus allen dieſen Verſuchen den Schluß machen kann, daß das Kirſchlorbeerertract gänzlich unſchuldig iſt. a Das empyreumatiſche Oel. Ich gab einem Meerſchweine ungefehr zwanzig Gran empyreumatiſches Oel von den Kirfchlorbeerblättern ein; es erbrach ſich kurze Zeit darauf. Aber es erholte ſich ge⸗ ſchwind wieder, und fuͤhlte nichts mehr. ‘ 90 335 Ich gab einer kleinen Taube zwölf Tropfen empyreumatiſches Oel; fie erbrach fich oft, und ſchien ſehr matt zu ſeyn, aber ſie war bald wieder gaͤnzlich hergeſtellt. Ich gab ungefehr dreißig Gran einem Kaninchen. Es erbrach ſich einige mal: aber kurze Zeit darauf erholte es ſich wieder. - Ich gab noch zwey Tauben zwanzig Gran davon; fie erbrachen ſich vielmal, ſchie⸗ nen ſehr ſchwach zu ſeyn, aber ſie ſtarben nicht, und bekamen auch keine Zuckungen. Ich bemerkte eben fo das Erbrechen bey zwey andern Meerſchweinen, und drey Kaninchen; aber keins von ihnen ſtarb, und ſie ſchienen auch nicht viel zu leiden. Es ſcheint, daß man den Schluß daraus machen kann, daß das empyreumatiſche Oel von den Kirſchlorbeerblaͤttern vielmehr ein Brechmittel als ein Gift iſt, weil es die zarteſten Thiere nicht toͤdtet, wenn man es ihnen auch in ſehr ſtarker Gabe giebt. Aus allem, was ich bisher geſagt habe, kann man folgende Wahrheiten herleiten. 1) Der Kirſchlorbeerſpiritus ift ein Gift. 2) Das Kirſchlorbeeröl iſt auch ein Gift. 3) Der Kirſchlorbeerſpiritus, der faſt ganz ſeines riechenden und e Theils beraubt iſt, bleibt noch ein Gift. Folglich ſchien es nicht, daß das Gift in den riechenden und ſchmeckenden Theilchen beftunde, und dieſes ſcheint noch durch das eingetrocknete, und hernach in Weingeiſt auf— geloͤſte, und aus dieſem Menſtruum niedergeſchlagene Oel bewieſen zu werden, welches noch Geruch und Geſchmack hat, ob es gleich kein Gift mehr iſt. Ferner iſt das getrocknete Oel ein wahres Harz, und faͤhrt fort, ein Gift zu ſeyn, ſelbſt auch in dieſem Zuſtande. Es liegt alſo gewiß in dieſem Harze ein giftiges Princi— pium, welches ber Weingeiſt herausſchaft, worauf dann das Harz unſchuldig iſt. Da immer ein wenig Oel und Geruch in dem Kirſchlorbeerſpiritus, ſelbſt wenn er abgedunſtet iR, zuruͤckbleibt, fo kann das giftige Prineipium in diefem Spiritus eben das ſeyn, was es im Oele iſt, und eben das, was ſich in ſeinem harzigten Theile befindet. Uebrigens iſt es nicht bewieſen, daß das Oel ſtaͤrker und wirkſamer iſt, als der Spi⸗ ritus. Wenigſtens hat es ſich nicht immer, und auch nicht in allen Thieren ſo bewieſen. Man ſieht zwar, daß der Kirſchlorbeerſpiritus, wenn er lange abgedunſtet iſt, bis nur ein Drittel davon uͤberbleibt, oder wenn man ihn durch die Deſtillation ſeiner gei⸗ Risen 5 5 beraubt hat, nicht ſo wirkſam iſt als vorher, und in dieſem Stande einen guten 336 guten Theil von feinen: uefprunglichen Geruch und Geſchmack verlohren hat; fo daß man ſagen koͤnnte, daß dieſer Geruch und Geſchmack vieles zu ſeiner giftigen Eigenſchaft bey⸗ tragen; aber auf der andern Seite behält das Oel, wenn es aus dem Weingeiſte nieder⸗ geſchlagen iſt, noch immer ein wenig Geruch und Geſchmack, und doch iſt es kein Gift mehr. Wir wiſſen demnach nach allen dieſen Verſuchen, ob ſie gleich aufs aͤuſſerſte ver⸗ ändert und vervielfaͤltigt find, noch nicht, worinn wirklich das Gift der Kirſchlorbeerblaͤt⸗ ter beſteht, wir kennen den Mechanismus dieſes Gifts noch nicht, und wiſſen nicht einmal, auf was fuͤr einen Theil es wirkt, wenn es die Thiere koͤdtet. Ob wir gleich durch die Verſuche und Erfahrungen, die ich erzaͤhlt habe, viele andere Wahrheiten erfahren haben, die man vorher nicht wußte, und nicht errarhen haben würde. So ſehr iſt die Kenntniß des Menſchen allzeit mit Unwiſſenheit begleitet. Es ſcheint uns nicht erlaubt zu ſeyn, weis ter zu gehen, als die bloſſe Erfahrung reicht, und an ſie allein dürfen wir uns halten. Aber wie viele Faͤlle giebt es nicht, in welchen die Erfahrung ſchweigt, oder in welchen wir keine entſcheidende Erfahrungen machen! 8 . Was inzwiſchen viele Aufmerkſamkeit verdient, iſt dieſes, daß wir ſehen, daß die⸗ ſes Gift ein Thier in wenigen Augenblicken toͤdten kann, wenn es ihm nur in ſehr kleiner Gabe in den Mund gebracht wird, ohne die Speiſeroͤhre zu beruͤhren, und ohne in den Magen zu kommen, da es hingegen, wenn es, ſelbſt in viel groͤſſerer Gabe in verwun⸗ dete Theile gebracht wird, ſo unwirkſam zu ſeyn geſchienen hat, daß die ſchwaͤchſten Thiere, als die Tauben, ihm widerſtanden, welche doch ſtarben, wenn man es ihnen bloß in den Schnabel oder in die Augen wiſchte. N 9 0 Dieſe Erſcheinung kommt mir ganz ſonderbar vor, und iſt werth, daß man ſie weiter mit der groͤſſeſten Aufmerkſamkeit unterſuche. Ich gebe nicht alle Hofnung auf, dieſe Materie zu einer gelegenern Zeit einmal wieder vornehmen zu koͤnnen, und alsdann werde ich ſuchen, meinen andern Verſuchen mit dieſem Gifte mehr Gewißheit und Aus⸗ dehnung zu geben, vorzüglich denen über die Einſpritzung dieſer Fluͤßigkeit in die Blutge⸗ fäffe eines lebendigen Thiers. Bey den wenigen Thieren, bey denen ich dieſe Operation verrichtet habe, und bey den kleinen Gaben, die ich von dieſem Gifte gebrauchte, als ich zu London war, fand ich es ganz unſchuldig; und dies macht eine groſſe Ausnahme unter den andern Giften aus, die ich unterſucht habe. Verſuche — — nn Ber fu. die mit einigen andern Pflanzenſubſtanzen. 337 Ueber das Toxicodendrum. Jo hätte gewünſcht, einige fortgeſetzte Verſuche über das Toricodendron machen zu konnen, welches die beruͤhmteſten Schriftſteller insgemein als ein ſehr ſtarkes Gift betrach— tet haben, obgleich einige der neueſten Aerzte es für gewiſſe Thiere nicht fo finden. Aber ich war gendehigt, gleich im Anfange meine Unterſuchungen über dieſe Pflanze zu endigen, weil ich das Unglück hatte, mich ſelbſt dreymal hinter einander mit ihren Blättern zu ver— giften. Und ich bezahlte alſo meine Zweifelſucht, und meine geringe Vorſichtigkeit ſehr theuer, da ich ſelbſt der Gegenſtand meiner Verſuche wurde. Ich machte den Anfang damit, daß ich den Saft aus den Blaͤttern durch das bloſſe Auspreſſen bereitete; und gab von dieſem Safte verſchiedenen Thieren ein, welche nicht ſtarben, und auch nicht krank wurden, ob ſie gleich eine ziemlich groſſe Gabe davon bekommen hatten. Ich gab ihn auch noch in Geſtalt eines Extraets, und dieſe Zuberei— tung that nicht mehr Wirkung. Zwar bekam die Perſon, welche die Blaͤtter ſammlete, eine Krankheit, welche viel Aehnlichkeit mit dem Rothlauf hatte, inſonderheit im Anfange. Unterdeſſen daß fie die Blätter abbrach, fielen ihr auf den Ruͤcken der Hand zwey kleine kaum ſichtbare Tropfen von ihrer Milch. Drey Tage nachher ſahe man zwey kleine dun⸗ kele Flecken auf der Stelle, wo die Milch hingefallen war, und nach drey andern Tagen fingen ihr das ganze Geſicht, die Augen und der Hals an, aufzuſchwellen, und dieſe Theile wurden roth und brennend, wie auch die Bruſt und die Hände. Sie hatte nie: mals Fieber dabey; fie mußte aber doch das Bette vierzehn Tage lang huͤten, und es fiel ihr nach und nach die Haut in kleinen Stücken ab, wobey fie immer eine Empfindung von Jucken und Brennen zugleich hatte. Es kam mir ſehr ſeltſam vor, daß eine ſo kleine Menge von dieſer Milch eine ſo ausgebreitete und zugleich ſo beſchwerliche Krankheit ver— urſacht, und doch fo ſpaͤt gewirkt haben ſollte. Man weiß auch, daß die Gifte nicht wir— ken, wenn ſie nur auf die Oberhaut gebracht werden; wenigſtens nimmt man es nicht gewoͤhnlich wahr. Ich glaubte endlich, ich geſtehe es, daß es eine zufaͤllige Krankheit waͤre, und daß ſie von einer ganz andern Urſache herruͤhrte. Ich wurde in dieſer Meinung noch mehr beſtaͤtigt, nachdem ich dieſe Milch einigen Kaninchen, Meerſchweinen und Tauben haͤufig auf entbloͤßte Haut gelegt, und eben dieſen Thieren davon auf Brodkrumen zu freſſen gegeben, und endlich ihnen gar dieſeſbe in Wun⸗ den gebracht hatte, die ich ihnen eigentlich dazu in die Haut und Muskeln machte. Ich konnte in keinem dieſer Verſuche wahrnehmen, daß dieſe Milch ein Gift waͤre, und daß ſie dieſen Thieren das geringſte Uebel verurſacht haͤtte. Ich wurde endlich beynahe ganz davon überzeugt, nachdem ich groſſe Tropfen von dieſer Milch zwey Gärtnern auf die Hände Fontana II Band. U u hatte hatte fallen laſſen, welche zwar nach dr 20 Tagen die ſchwarzen Flecken bekamen, von 9 25 ich geredet habe, aber gar keine Krankheit erlitten. Ich befürchtete nicht mehr eben den⸗ ſelben Verſuch bey mir ſelbſt zu machen. Ich beruͤhrte kaum den Ruͤcken meiner Hand mit einem Toxicodendronblatte, welches ich neben dem Stengel mit einem Meſſer abgeſchnitten hatte. Ich konnte kaum ein wenig Fluͤßiges auf der Haut wahrnehmen, wo ich fie beruͤhrt hatte. Drey T Tage nachher kam daſelbſt ein ſchwarzer Flecken zum Vorſchein, und nach drey andern Tagen fing mein ganzes Geſt icht an, aufzuſchwellen, und inſonderheit an den Augenliedern und den Ohrenſpitzen. Ich erlitt ein fuͤrchterliches Brennen vierzehn Tage lang, und in andern vierzehn Tagen ein unertraͤgliches Jucken; ſogar an den Händen, und inſonderheit zwiſchen den Fingern, welche roth geworden, und hie und da mit kleinen Blaͤs⸗ gen voll durchſichtiger und feiner Fluͤßigkeit bedeckt waren. Ich hatte kein Fieber, aber mein Puls war ſehr unruhig. Die Haut in meinem Geſichte, und hauptſaͤchlich um die Augen herum und an den Augenliedern, ſchien mit einer waͤſſerichten Fluͤßigkeit angefuͤllt und angeſpannt zu ſeyn, und es blieben leicht die Spuren von den Fingern darauf ſitzen, wenn ich fie berührte. Die Oberhaut fiel mir auch in kleinen Stuͤcken ab, und ich hielt ein ſehr unangenehmes Jucken aus, das die ganze Krankheit hindurch dauerte. Nach Verlauf einiger Tage, als es mir deuchte, daß ich geheilt waͤre, machte ich Verſuche mit der Luft der Toxieodendronblaͤtter, und konnte es nicht verhuͤten, ſo viele Vorſicht ich auch gebrauchte, einige mit den Fingern anzuruͤhren; aber an Stellen, wo ; fie nicht mit ihrer Milch angefeuchtet waren, und wo man gar keine Milch vermuthen konnte. Sechs Tage darauf ſchwoll ich von neuem an allen denjenigen Theilen auf, welche das er⸗ ſtemal geſchwollen waren; wiewohl viel weniger, und auf kuͤrzere Zeit. Doch thaten mir meine Augen, und Augenlieder ſehr wehe, und wurden viel ſpaͤter wieder beſſer. Zwanzig Tage nachher wollte ich die Luft einiger Blätter dieſer Pflanze unterſu⸗ chen, welche ich von jemand anderm hatte bereiten laſſen, und beruͤhrte einige von dieſen Blaͤttern unter dem Waſſer. Nach Verlauf von vier Tagen wurden meine Augen und mein Geſicht zum dritten mal geſchwollen, obgleich viel weniger, als die beiden erfien mal. Es würde ungereimt ſeyn, wenn man glauben wollte, daß die Milch der Toxieo⸗ dendronblaͤtter für den Menſchen unſchuldig iſt, wenn fie die Haut beruͤhrt. Aber auf der andern Seite iſt es auch auſſerordentlich, daß ein kleines Troͤpfgen von dieſem Gifte nur nach einigen Tagen fo merkliche Unordnungen, und an fo entfernten Theilen hervor bringt, unterdeſſen daß der Saft der Blätter und ihre Milch für die Thiere, ſowohl ins nerlich genommen, als aͤuſſerlich, ſogar in Wunden gebracht, voͤllig unſchuldig iſt. Daß dieſe Milch bey den beiden Gaͤrtnern keine Wirkung hatte, davon war gewiß die Urſache, daß ihre Hände aͤuſſerſt ſchwielicht waren. Und ich glaubte nicht „ fie an Stellen damit berühren zu dürfen, an welchen die Haut zarter war. Ich war neugierig zu wiſſen, ob die ſchwielichten Theile dieſem Gifte widerſtunden, und ae 5 Be war eee mich davon zu verſichern. — Te Ver⸗ 5 ru 339 Verſuch e mit dem Tobacksoͤl. 9 1 2 ch machte einer Taube am rechten Beine einen kleinen Einſchnitt, und brachte einen Tropfen Tobacksoͤl darinn. Nach zwey Minuten verlohr fie die Bewegung am red) sen Beine. f Ich wiederholte den Verſuch bey einer andern Taube, und der Erfolg war eben der elbe. Ich machte einer Taube eine kleine Wunde in die Bruſtmuskeln, und brachte das Tobacksdl darauf. Nach Verlauf von drey Minuten konnte das Thier nicht mehr 5 auf dem linken Beine ſtehen. Eben dieſer Verſuch wurde bey einer andern Taube mit eben dem Erfolge wiederholt. Ich ſtach einer Taube in die Bruſtmuskeln ein kleines Stuͤck Holz, das mit To⸗ backsdl beſtrichen war, und die Taube fiel in wenigen Seeunden wie todt um. Zwey andere Tauben, in deren Muskeln ich das Tobacksdl gebracht hatte, bra⸗ chen ſich verſchiedene mal alles aus, was ſie gegeſſen hatten. Zwey andere, mit been ich eben ſo verfuhr, die aber einen leeren Magen hatten, gaben ſich alle mögliche Mühe, ſich zu übergeben, £ Ich habe wahrgenommen, daß im ganzen das Srlnechen die beſtaͤndigſte Wirkung dieſes Oels iſt, hingegen iſt der Verluſt der Bewegung am Beine auf derjenigen Seite, wo man es angebracht hat, bloß zufaͤllig. Uebrigens iſt keins von ben Thieren geſtorben, bey denen ich das Tobacksoͤl gebrauchte. Au z Betrach⸗ „„ „„ 1 0 * Betrachtung | 5 über die Nerven in den Krankheiten. hi Es fen mir erlaubt, noch zum letztenmal einige Zweifel wider die gar zu groſſe Leichtig⸗ keit vorzutragen, mit welcher man in der neuern Arzneykunſt zu den Nerven ſeine Zuflucht nimmt, um die meiſten Krankheiten des menſchlichen Koͤrpers zu erklaͤren. Die Alten kannten kaum dieſe Quelle ſo vieler Krankheiten „welcher einige der neueſten Schriftſteller fie ſogar alle ohne Ausnahme zuſchreiben zu müffen glauben. Ich will weiter nichts, als einigen Zweifel uͤber die gar zu groſſe Ausdehnung verbreiten, welche man den Verrichtungen der Nerven in den Krankheiten des menſchlichen Koͤrpers hat geben wollen, und ich ſchmeichele mir, daß meine Gruͤnde vielleicht einigen Ein⸗ druck auf diejenigen machen werden, welche ſich nicht durch Hypotheſen hinreiſſen laſſen, die man die meiſte Zeit nur angenommen hat, weil ſie niemals genug unterſucht ſind. Soffmann behauptet im III B. feiner Medicin. rat., daß alle Krankheiten des menſchlichen Koͤrpers Nervenkrankheiten ſeyn, und unter den Neuern behauptet der ge⸗ lehrte Engliſche Arzt Musgrave eben dieſe Meinung. Andere unter den neuern Schrift- ſtellern, welche uͤber dieſe Krankheit geſchrieben haben, doch aber bedaͤchtlicher ſind, machen das Verzeichniß der Nervenkrankheiten kleiner oder gröffer, ein jeder nach feiner Einbil⸗ dung, oder ſeinem Syſtem, und es iſt ſehr ſeltſam, daß man ſieht, daß einige mit ſo viel Hitze verſchiedene Krankheiten unter dieſer Anzahl ausmerzen, und 1 he wieder mit eben fo viel Hitze fir Rervenkrankheiten erkennen. Aber vor allen Dingen muß ich erſt einige Wahrheiten feſtſetzen, welche dazu die⸗ nen, daß man mich'beſſer über eine Materie verſtehe, in welcher fo viele Verwirrung, ſo viele Dunkelheit vorhanden iſt. Es giebt kein Werkzeug im lebendigen Koͤrper, welches nicht durch innere oder aͤuſſere Urſachen Schaden nehmen, und hernach zu einer Krankheit Anlaß geben koͤnnte. Sippocrates und die andern Aerzte des Alterthums wußten wohl, daß, wenn ein Theil in dem Menſchen Schaden gelitten haͤtte, er einen andern krank machen koͤnnte; aber man glaubte deswegen doch nicht an die Uebereinſtimmung der Mer- ven (Conienfus nervorum), noch an die Nervenkrankheiten der Neuern, von denen in dieſem Werke die Rede iſt. Sippocrates war wohl bekannt, was die Leidenſchaften der Seele uͤber den Menſchen vermögen, und wie viele Unordnungen und Veraͤnderungen ſie in der thieriſchen Oeconomie zu verurſachen im Stande ſind; allein von allem dieſen will ich auch nichts leugnen, und das find auch die Nervenkrankheiten nicht, die ich jetzt unter— ſuche. Ferner ſind die Nerven, wie ein jeder weiß, die Werkzeuge der Bewegung und Empfindung in den Thieren; von den Nerven haͤngen die edelſten und zum Leben noth⸗ wendigſten Verrichtungen ab. Man kann alſo nicht iweſßet „ daß viele — erven⸗ ae ren 341 Nervenkrankheiten, und die Nerven in vielen Fällen die Quelle der ftärfeften Unordnungen ſeyn muͤſſen. Aber wenn man nicht zweifeln kann, daß viele Krankheiten Nervenkrank— heiten find, fo kann man doch wohl die Aerzte fragen, was es für gewiſſe Kennzeichen find, an denen man erkennen kann, daß eine Krankheit eine bloſſe Nervenkrankheit ſer. Man kann fragen, warum ſie nicht eine Krankheit der groͤbeſten Saͤfte bloß iſt, und wie man es erkennen ſoll, daß in dleſen Unordnungen in der thieriſchen Oeconomie, welche man alle den Nerven zufchreiben will, die Nerven unmittelbar angegriffen find. Ich gebe mich für keinen Arzt aus; aber ich habe von vielen der geſchickteſten Aerzte gehoͤrt, daß die Zeichen der Nervenkrankheiten meiſtentheils zweydeutig und betruͤglich ſind. 5 Die Neuern haben eine Klaſſe von ſympathiſchen Bewegungen und Krankheiten gemacht, und geglaubt, ihr Daſeyn bewieſen zu haben, wenn fie ſich auf die Bewegun⸗ gen des Nieſens und der Regenbogenhaut beriefen. Man weiß, daß der berühmte Zer— gliederer Meckel geglaubt hat, das Niefen durch die Erſchuͤtterung erklären zu koͤnnen, welche die Nerven der Naſe bekommen, die aus dem Vidianiſchen Nerven entſpringen; dieſer Nerve kommt aus dem obern Kinnbackennerven, aus dem noch ein anderer entſpringt, welcher vereint mit dem ſechsten Nervenpaar den Intercoſtalnerven macht. Meckel ſagt alſo, daß die Erſchuͤtterungen, welche die Nerven der Naſe bekommen, nothwendig dem ganzen Intercoſtalnerven, von da folglich dem Zwergfellsnerven, und allen Muskeln des Halſes, des Ruͤckens und des Kreuzes mitgetheilt werden muͤſſen. In der That muͤſſen die wahren ſympathiſchen Bewegungen nach mechaniſchen Erſchuͤtterungen, ſo die Nerven bekommen, und durch die Gemeinſchaft dieſer Werkzeuge hervorgebracht werden, und ſo haben fie auch dle beßten Phyſiologen betrachtet; aber dieſe beiden Bewegungen des Nieſens und der Regenbogenhaut find bloß freywillig“), nicht organiſch, nicht ſympa— tiſch nervenartig, und fie werden nicht durch aͤuſſere Erſchuͤtterungen zuwege gebracht, wie es bisher die meiſten Zergliederer geglaubt haben. Man darf hieruͤber nur mein zu $ucca gedrucktes Werk über die Bewegungen der Regenbogenhaut leſen, um ſich davon zu überzeugen. Wenigſtens deucht mir, daß ich in dieſer dunkeln Materie Deut⸗ lichkeit und Beweiſe geliefert habe. Ferner ſind dieſe vorgeblichen Nervenſympathien auf einen Grundſaß gebauet, deſſen Unrichtigkeit die Erfahrung bewieſen hat; nemlich daß, wenn man einen Nerven reißt, man die Bewegung den Aeſten mittheilt, welche er über dem gereitzten Theile ab: giebt, und deswegen bezweifelte oder leugnete auch der groſſe Saller, da er ein geſchick— terer Zergliederer und beſſerer Beobachter geworden war, dieſe Nervenſympathien offen⸗ bar, die er in ſeiner Jugend angenommen hatte. uu 3 Man ) Man muß in dem angeführten Werke nachſehen, in welchem Verſtande das Wort freh⸗ willig zu nehmen iſt. N x — I 342 5 Man wird ohne Zweifel nicht ſagen, daß dieſe Bewegungen nervicht und ſympa⸗ thiſch find, weil die Seele fie hervorbringt, Inden fie ſich der Nerven bedient, welche das Organ der Bewegung und der Empfindung ſind. Dies iſt nicht die Meinung des Herrn Meckels, noch derjenigen, welche dieſe Bewegungen anders erklaͤren als wir. Es giebt Aerzte, welche alle Nervenkrankheiten fo erflären, daß fie die Nerven als verhaͤrtet, vertrocknet, zuſammengeſchrumpft annehmen. Andere hingegen halten fie in dieſen Krankheiten für erſchlafft. „Ich habe immer gefunden, ſagte der groſſe Boͤr⸗ „haave, daß ſo leicht es auch iſt, eine Urſache zu erdenken, um eine Krankheit zu erklären, „es in der Folge eben ſo ſchwer wird, zu beweiſen, daß ſie wirklich iſt, und ſich feſt davon „zu uber zeugen.“ 8 f Die Anhaͤnger des Syſtems von den Nervenkrankheiten machen mir nicht den Einwurf, daß die Nerven die Bewegung des Bluts in tauſend Faͤlleu beſchleunigen, oder aufhalten, wie man es bey der Furcht, bey dem Vergnuͤgen, und in ſo vielen andern Zu⸗ ſtaͤnden des Thiers wahrnimmt. Es iſt wahr, und ich will es nicht leugnen, daß man nach dieſen Eindruͤcken auf das empfindende Principium im Koͤrper Veraͤnderungen und Bewegungen wahrnimmt, die man vorher nicht darinn wahrnahm. Aber dies iſt noch nicht genug, um ſich zu verſichern, daß dieſe Veraͤnderungen von den Nerven allein hervorge⸗ bracht werden, und daß die Nerven unmittelbar auf die rothen Gefaͤſſe wirken. Der be⸗ rühmte Haller, welcher die feinſte Zergliederungskunſt beſaß, glaubte, wie man aus feiner ſchoͤnen Abhandlung de imperio nervorum in arterias fehen kann, daß dieſe Gefaͤſſe durch die Nervenringe zuſammengeſchnuͤrt würden, mit denen er die Pulsadern an verſchiedenen Stellen verſehen fand. Aber da er zu gleicher Zeit ein groſſer Beobachter und vortrefli⸗ cher Zergliederer war, ſo verließ er dieſe Hypotheſe bald, welche eine aufmerkſame Beob⸗ achtung allein widerlegt. Der Nerve, er mag gereizt werden, auf welche Art er wolle, zieht ſich nicht zuſammen, wenn man ihn auch durch das Microſcop betrachtet, und man ſieht nicht, daß die kleinſten rothen Gefaͤſſe ſich zurückziehen, oder ſchwingen, wenn man ſie mit mechaniſchen reitzenden Mitteln reitzt. Die Zergliederungskunſt verſichert uns eben fo wenig, daß es in den kleinſten rothen Gefaͤſſen Nerven- und Muskelfibern giebt, fo daß fie mit gar keinen Werkzeugen der thieriſchen Bewegung verſehen zu ſeyn ſcheinen. Man ſieht übrigens oft Perſonen viele Zuckungen bekommen, ohne Fieber uns eine merkliche Veraͤnderung im Pulſe zu haben. Es iſt zwar wahr, daß man auch zuwei⸗ len das Gegentheil wahrnimmt; aber die Phyſiologen wiſſen gar wohl, daß in den Zuk⸗ kungen die Bewegung des Bluts durch die Zuſammenziehung der Muskeln beſchleunigt werden kann, welche es aus den Adern in das Herz treibt. Der beruͤhmte Herr Spal⸗ lanzani hat beobachtet, daß man bey den Froͤſchen das Rückenmark reitzen kann, ohne daß der Umlauf des Bluts deswegen in den Gefaͤſſen des Gekroͤſes dieſer Thiere beſchleu⸗ nigt werde. Ich habe eben dieſen Verſuch auch noch bey mehrern Arten von Thieren mit kaltem Blute und mit warmen Blute fortgeſetzt, und allzeit eben das Reſultat erhalten; o To daß es ſcheint, daß die Nerven gar keine unmittelbare Wirkung weder auf hie Blutadern, noch auf die Pulsadern haben koͤnnen, ob es gleich wahr iſt, daß die Leidenſchaften der Seele die groͤſſeſten Unordnungen in der thieriſchen Oeconomie hervorbringen. Die Veränderungen, von denen ich rede, ereignen ſich zwar, nachdem gewiſſe Empfindungen in dem Thier ſtatt gefunden haben; aber es iſt deswegen doch nicht bewie⸗ fen, daß fie von den Nerven herruͤhren, und daß die Nerven eine unmittelbare Wirkung auf die Werkzeuge haben, welche man in dieſen Faͤllen veraͤndert ſieht. Es iſt wahr, daß die Anhaͤnger Stahls, da ſie ein allgemeines Principium haben wollten, welches ſich auf alle Bewegungen der lebenden Maſchine, ſowohl im gefunden als kranken Zuſtande an⸗ wenden lieſſe, zu der Seele ihre Zuflucht genommen haben, als zu der erſten bewegenden Urſache der ganzen thieriſchen Oeconomie; aber ich habe nicht Luſt, das Daſeyn der Ner— venkrankheiten nach der Stahlſchen Hypotheſe zu widerlegen, nach welcher alle thieriſchen Bewegungen als bloß nervenartig betrachtet werden, und alle Unordnungen in der thieri⸗ ſchen Oeconomie, fie mögen erregt werden, wie fie wollen, Nervenkrankheiten ſeyn muͤſten. Die Nervenkrankheiten find die unmittelbaren Folgen der Erſchütterungen, welche die Nerven erlitten haben koͤnnen, oder auſſerordentlicher Eindruͤcke, die das empfindende Principium bekommen hat, und ich betrachte hier bloß die einzige erſte Klaſſe dieſer Uebel. Man ſieht in der That, daß Boerhaave Nervenkrankheiten zugiebt, ob er gleich hernach das Stahlſche Syſtem fuͤr falſch erklaͤrt. Saller ſelbſt iſt eben der Meinung. Die neueſten beiden Schriftſteller, welche von den Nervenkrankheiten geſchrieben haben, die berühmten Herren de la Roche und Tiſſot tragen kein Bedenken, ſelbſt das vernünfti- gere Syſtem des gelehrten Engliſchen Arztes Whytt uͤber das Principium der thieriſchen Bewegungen zu verwerfen, und doch behaupten fie alle beide die Nervenkrankheiten mit mehr oder weniger Ausdehnung. f Mit einem Worte, ich glaube nicht, daß man fagen wolle, daß eine jede Bewe⸗ gung, eine zufällige Veraͤnderung, eine wahre Nervenkrankheit iſt, weil fie ſich nach einer in der Seele erregten Empfindung ereignet. Oder man wird auch ſagen muͤſſen, daß die Bewegungen, welche die Furcht, das Vergnügen, der Schmerz verurfachen, Nerven— krankheiten ſind. So wird zum Beyſpiel das ſchwere und beſchwerliche Athemholen, um deſſentwillen man die Bruſthoͤhle mehr erweitern muß, eine Nervenkrankheit ſeyn, da doch die Nerven in dieſen Faͤllen nicht veraͤndert ſind, und der Arzt gewiß nicht ſuchen wird, ein Werkzeug zu hellen, das durchaus nicht verletzt iſt. Man hat an verſchiedenen Stellen dieſes Werks geſehen, daß es Gifte giebt, die im lebendigen Thiere gar keine Art von Krankheit zuwege bringen, wenn man ſie unmit⸗ telbar auf die Nerven bringt. Man hat auch geſehen, daß dieſe in das Blut gebrachte Gifte, ohne einen feſten Theil beruͤhrt zu haben, auf einmal die heftigſten Zuckungen, und die entſcheidendſten Zufaͤlle von dem erregt, was man für Nervenkrankheiten er an 344 ne Man hat endlich gefehen, daß, wenn man mit dieſen giftigen Subſtanzen die Wunden vergiftet, die man den Thieren macht, ſie alle Zeichen der Nervenkrankheiten erfahren. Auf der andern Seite habe ich ſchon gezeigt, daß die Zuckungen in den lebendigen Thieren hervorgebracht werden koͤnnen, ohne daß das Nervenſyſtem im geringſten ange⸗ griffen iſt, und daß der Mangel des Gleichgewichts der Kräfte und der Säfte hinrei⸗ chend iſt, die heftigſten Zuckungen in den Muskeln hervorzubringen; Man ſehe oben den erſten Theil. Wir haben alſo alle Kennzeichen der Nervenkrankheiten, ohne daß die Nerven den geringſten Antheil daran haben; und zu gleicher Zeit ſehen wir dieſe Zuſammenzie⸗ hungen entſtehen, wenn gleich ihre Urſachen nur auf die Säfte des Thiers zu wirken ſchei⸗ nen, und unterdeſſen daß eben dieſe Urſachen ſich unſchuldig und ohne Wirkung auf die Nerven beweiſen, man mag ſie darauf wirken laſſen, wie man wolle. Es iſt alſo nicht genug, alle dieſe Zufälle zu ſehen, um mit Gewißheit zu ſagen, daß die Krankheit eine bloſſe Nervenkrankgeit iſt. Aber es giebt noch einen Grund, welcher dem allereingenommenſten und hart⸗ näckigſten Zweifler gar keine Ausflucht mehr zu laſſen ſcheint. Man ſieht in Anſehung aller Bewegungen, ſowohl der freywilligen, als von ſelbſt erfolgenden, welche vermittelſt der Nerven erregt werden, daß, wenn man die Nerven reitzt, welche zu den Werkzeugen dieſer Bewegungen gehen, dieſe Bewegungen beſtaͤndig und nothwendig erfolgen. Dieſes Geſetz iſt allgemein für alle Muskeln, für alle Nerven, für alle Thiere, und leidet gar keine Ausnahme; es iſt alſo ein gewiſſes Geſetz, ein ſicherer Grundſatz, und ein untruͤg⸗ liches Kennzeichen der Natur dieſer Bewegungen. f Das Herz iſt dasjenige Werkzeug, welches in den Leidenſchaften der Seele und den Nervenkrankheiten vor allen andern angegriffen wird; und von dieſer erſten Veraͤnde— rung hängt die groſſe Anzahl der übrigen ab, dee fie begleiten. Man öfne einem Thiere mit kaltem Blute die Bruſt (dieſer Verſuch iſt bey dieſen Thieren nicht fo vleler Ungewiß⸗ heit unterworfen, als bey den Thieren mit warmem Blute, bey denen jedoch der Erfolg eben derſelbe iſt), und man reitze, wie man will, die Nerven, die nach dem Herzen zu laufen. Dieſer Muskel wird deswegen ſeine Zuſammenziehungen nicht beſchleunigen, wenn er in Bewegung iſt, noch wird er ſeine Bewegungen wieder annehmen, wenn er in Ruhe iſt, ob er gleich noch im Stande iſt, ſich bey der geringſten Beruͤhrung zuſammen⸗ zuziehen, welche ſeine Fibern erfahren. Man mag lange Nadeln in das Ruͤckenmark ſtechen, das Ruͤckenmark und das Gehirn verwunden, ſo viel man wolle; das Herz wird gegen alles unempfindlich bleiben. Die Nerven, welche zum Herzen laufen, ſind alſd auf keine Weiſe die Werkzeuge der Bewegung dieſes Muskels, wie ſie es gewiß in allen andern Muskeln ſind. Sie koͤnnen in ihm alſo niemals die geringſte merkliche Veraͤnderung her⸗ vorbrin⸗ 345 vorbringen, die Leidenſchaften des Thiers mögen auch ſeyn, wie fie wollen. Die Erfah: rung iſt gewiß, und der Schluß daraus iſt richtig.) Es wuͤrde ſonſt ein wahrer Wider- ſpruch ſeyn, daß die Bewegungen des Herzens vermittelſt der Nerven vor ſich gehen foll- ten, und daß die Nerven niemals dieſe Bewegungen hervorbringen koͤnnten, wie die Er⸗ fahrung es beweiſt. Bi Man kann alſo mit Gewißheit behaupten, daß die Veränderungen des Herzens, welche insgemein die Leidenſchaften der Seele begleiten, durch den unmittelbaren Weg der Nerven geſchehen, und nicht durch andere Mittel, und die einzige Folge, welche ein Weltweiſer aus allen dem, was ich geſagt habe, ziehen kann, iſt dieſe, daß wir nicht wiſ— ſen, durch was fuͤr Wege, und durch was fuͤr einen Mechanismus die Leidenſchaften der Seele auf das Herz wirken. N f Man moͤchte vielleicht fagen, daß das empfindende Prineipium im Thiere auf die Nerven Eindruͤcke machen kann, welche die mechaniſchen Erſchuͤtterungen nicht nach— machen koͤnnen. Aber dieſer neue Satz wird durch die taͤgliche Erfahrung widerlegt, weil die geringſte Beruͤhrung des kleinſten Nerven, der in einen Muskel geht, hinreichend iſt, ihn zu bewegen; und dies iſt eine ausgemachte Wahrheit, die durch keine entgegen⸗ geſetzte Beobachtung widerlegt wird. 8 Man wird den Einwurf machen, daß der Erfahrung von der Unbeweglichkeit des Herzens, auf deu Reitz, welchen man feinen Nerven beybringt, von vielen der beruͤhm⸗ teſten Beobachter widerſprochen werde. Hierauf kann ich nichts weiter antworten, als auf die Verſuche zu verweiſen. Ein jeder, welcher daran zweifelt, kann ſich leicht ſelbſt davon uͤberzeugen; man muß einen Froſch nehmen, ihm die Bruſt oͤfnen, und ihm den Kopf abſchneiden; ſo lange warten, bis das Herz in Ruhe iſt, oder ſich nur langſam be⸗ wegt, damit der Verſuch entſcheidender ſey; und wenn dies geſchehen iſt, ſo hat man wei⸗ ter nichts mehr zu thun, als dreiſt eine Nadel in das Ruͤckmark zu ſtechen, ſo wird man bald ſehen, wie es darum ſteht. Laͤßt man den Froſch frey liegen, haͤlt man ihm die Beine nicht feſt, fo läuft man Gefahr, daß unter den heftigen Zuckungen, welche man in allen Muskeln erregt, das Herz ſelbſt angeſtoſſen werde, und ſich durch eine ganz an⸗ andere Urſache bewege, als durch die Wirkung der Nerven. Dies iſt ohne Zweifel das, was ſo viele gute Zergliederer betrogen hat, die glaubten, daß dieſe Bewegung unmittel⸗ bar durch die Wirkung der Nerven verurſacht wuͤrde. Man ſehe hieruͤber die in dem ſchon angeführten Werke erzaͤhlten Verſuche. Es ) Dieſe wichtige Wahrheit iſt von dem Verfaſſer in feiner Abhandlung uͤber die thieriſche Naturlehre 1 B. S. 92 bewieſen, welche in Italiaͤniſcher Sprache zu Florenz 1775 _ herauskam. Fontana II. Band. Er 346 Es ift alſo meiner Meinung nach eine aufs deutlichſte bewieſene Wahrheit, daß gar keine Bewegung des Herzens vermittelſt der Nerven hervorgebracht werden kann, ob⸗ gleich das Herz unter allen muskelartigen Werkzeugen dasjenige iſt, welches am meiſten die Leidenſchaften der Seele empfindet. Demnach wird es erlaubt ſeyn, mit einigem Grunde zu zweifeln, daß die Bewegungen der andern Muskeln immer durch die unmit⸗ telbare Wirkung der Nerven e werden „ da die Bewegungen des Herzens niemals durch ſie geſchehen. Man kann fuͤr die Hypotheſe der Nerven tauſend andere aͤhnliche Gruͤnde aufüb ren, die aber alle unrichtig ſind, und weiter nichts beweiſen, als daß man nach einer Em⸗ pfindung im lebenden Thiere einige Bewegung in ſeinem Koͤrper folgen ſieht. Alles die⸗ ſes iſt noch nicht hinreichend zu beweiſen, daß dieſer Erfolg unmittelbar durch die Wir⸗ kung der Nerven hervorgebracht iſt. Die Furcht macht die Bewegung des Herzens langſamer oder geſchwinder, und doch giebt es keine unmittelbare Wirkung der Nerven auf das Herz, wie man eben geſehen hat, ob es gleich wahr iſt, daß dieſe 1 die Folge von der Leidenſchaft iſt. Der gelehrte Ueberſetzer der neuen Ausgabe des Engliſchen Werks des Herrn Ro⸗ bert Whytt von den Nervenfranfheiten, die zu Paris 1777 gedruckt iſt, macht auf der S. 15 1. im erſten Bande wider feinen Verfaſſer eine Anmerkung, die mir für un⸗ fern, Gedenſtand gut genug zu paſſen ſcheint, daß ich fie hier ganz herſetzen kann. Herr Whytt hatte behauptet, daß die hiſteriſchen Krankheiten (oder beſſer zu reden, ihre Zu: falle) und die hypochondriſchen Krankheiten, ſelbſt bey Mannsperſonen nicht unter ein⸗ ander verſchieden, und daß dieſe ſowohl als jene bloſſe Nervenkrankheiten waͤren. Hiezu ſetzt der Ueberſetzer in der Note hinzu: „Dies ſey gerade das Mittel alles mit einander „zu verwechſeln und zu verwirren. Die Zufaͤlle, welche Hetr Whytt bier erzählt hat, „feßt er hinzu, find weiter nichts als Wirkungen, die allen Krankheiten eigen find, in eis „ner groͤſſern oder geringern Anzahl in einem groͤſſern oder geringern Grade. Es giebt „keine Krankheit, in welcher das Nervenſyſtem nicht mit leiden ſollte; aber woran dem „Arzte gelegen iſt, es zu wiſſen, ſo viel als moͤglich iſt, das iſt, die Urſache der Krankheit. „Nun iſt es aber gewiß, daß die Urſache von drey Vierteln der Frauenzimmerkrankheiten „ihren Sitz i in der Gebaͤrmutter hat. Die Alten ſind daher nicht in Irrthuͤmer gerathen, „wenn ſie den Namen hiſteriſche Krankheiten denjenigen Frauenzimmerkrankheiten ge. „geben. haben, in welchen die Nerven der Beobachtung die groͤſſeſte Anzahl von Zu⸗ „fallen dardieten.“ Es giebt viele Subſtanzen, die in den Schriften von der Materia Mediea fuͤr Nervenmittel ausgegeben werden, weil man glaubt, daß ihre Wirkſamkeit auf die Ner⸗ ven geht. Was mich anbetrift, ich glaube, daß nichts ſchwerer ift, als auf eine deut— liche Art zu beweiſen, daß ein Mittel unmittelbar auf die Nerven wirkt, und nicht auf andere er 347 andere Theile des thieriſchen Körpers; fo daß die Zufaͤlle, welche davon herruͤhren, als eine bloſſe Nervenkrankheit betrachtet werden muͤſſen. Ich will jedoch hier nicht von ge⸗ wiſſen Subſtanzen reden, welche gewiß das Vermoͤgen haben, die Nerven aufzuloͤſen, zu zernagen oder anzufreſſen; denn dieſe haben gewiß eine wahre unmittelbare Wirkung auf die Nerven. Es iſt wahr, daß die geiſtigen Subſtanzen vor die Naſe gehalten, im Aus genblicke und auf eine verſchiedene Art auf die Nerven zu wirken ſcheinen; aber man muß bedenken, daß ſie in dem Thiere die dem Werkzeuge beſondere Empfindung, und nicht bloß die Wirkung eines mechaniſchen Eindrucks auf die Schleimhaut erregen. Das ge woͤhnliche Sonnenlicht iſt ganz unſchuldig, es mag auf den Koͤrper fallen, auf welche Art es wolle, und das Thier fühlt es nicht einmal; aber fälle es in die Augen, fo kann es darinn einen ſolchen Eindruck machen, daß es darinn im Augenblick den heftigſten Schmerz, und ſogar Thraͤnen erregt. Das Auge empfindet allein die Eindruͤcke des Lichts, und die die andern Theile, ob fie gleich auch mit Empfindung und Leben begabt find, find unem⸗ pfindlich dagegen. Die Schwierigkeit, deren ich jetzt erwaͤhne, geht alſo bloß darauf hinaus, daß man weiter nichts beweiſt, als daß ein ſtaͤrkerer Eindruck in Anſehung eines beſtimmten Werkzeugs in dem Thiere eine ſtaͤrkere und geſchwindere Empfindung erregt, als ein viel ſchwaͤcherer Eindruck; und dies iſt ganz natuͤrlich, und beweiſet nichts fuͤr die Hypotheſe von den Nerven. er Aber wer kann uns verſichern, daß die Geruchtheilchen nicht in wenig Augen⸗ blicken durch einen ganz poröfen, und mit Kanälen und Saͤften angefuͤllten Körper drin⸗ gen koͤnnen, welche ohne Unterlaß in Bewegung ſind? . Ich weiß, daß man gewoͤhnlich glaubt, daß das Opium in den Magen gebrache, Wiekungen hervorbringt, die man nicht wahrnimmt, wenn es auf andere Theile des Thiers gebracht wird. Aber wer wird uns hier verſichern, wenn man auch die Sache als ausgemacht annimmt, daß um die wirkſamſten Theilchen dieſer Subſtanz loszumachen, keine Saͤfte noͤthig ſind, die ſich nirgends anders als im Magen finden, und daß in die⸗ ſem Eingeweide keine ſehr kleine Gefaͤſſe, oder Oefnungen vorhanden find, um fie aufzu⸗ nehmen, die ſich ſonſt nirgends befinden. Ich weiß gar wohl, daß man behauptet hat, daß das Opium unmittelbar auf die Nerven gelegt, in den Muskeln Laͤhmung hervor⸗ bringe; aber ich erinnere mich ſchon vor mehrern Jahren geſehen zu haben, daß eine ſolche Zerrüttung vielmehr dem Weingeiſte zuzuſchreiben war, in welchem ich das Opium auf- gelöft hatte, weil ſich nichts aͤhnliches ereignete, wenn man es in Waſſer aufloͤſte. Dieſe Erfahrung kommt mir ſo wichtig vor, daß ich den Verſuch wiederholen werde, und ich werde nicht ermangeln es zu thun, ſobald ich Zeit dazu habe; um ſo vielmehr, da man meiner Meinung das Anſehn des Monro entgegen ſetzen kann, der das Gegentheil gefunden haben will. \ Es giebt im lebendigen Körper noch unbekannte Wege, unbekannte Kräfte, ver⸗ borgene Principia. Man ſieht die Nothwendigkeit, fie anzunehmen; aber man kennt f * 2 die 548 die Natur und den Mechanismus derselben nicht. Wenn es ein Uebel iſt, eine wahr heit nicht zu wiſſen, fo iſt es ein noch groͤſſeres Uebel, an einen Irrthum zu glauben. Man giebt ſi fi ch keine Muͤhe, irrige Folgen aus Dingen herzuleiten „ die man nicht weiß; Aber Irrthuͤmer verleiten uns nothwendig in neue Irrthuͤmer. Es iſt alſo viel beſſer, eine Wahrheit nicht zu wiſſen, als einen Irrthum zu wiſſen. Es iſt mir vielmals und an verſchiedenen Stellen dieſes Werks begegnet, von dem Einfluß der Nerven in den Krankheiten zu reden. Ich habe davon zu wenig in Anſehung der Wichtigkeit des Gegenſtandes, und gewiß gar zu viel für ein Werk geſagt, in welchem ich einen gunz andern Gegenſtand hatte; aber ich konnte der Deutlichkeit nicht wieder⸗ ſtehen, welche meine Verſuche mir darboten. Sie haben mich verleitet, daraus wider meinen Willen einige Anwendungen auf gewiſſe Erſcheinungen in der thieriſchen Deco⸗ nomie zu machen. Es iſt nicht mein Wille, diejenigen aus dem Irrthum zu bringen, welche für ei- nen Grundſatz eingenommen find, der ſich um fo viel leichter den Beduͤrfniſſen der ſyſte⸗ matiſchen Arzneykunſt darbietet, je dunkeler und ſchwankender er iſt; und ich weiß gar wohl, von was für einem groſſen Nutzen er für diejenigen ift, fo fie ausuben. Es iſt fo mit den dunkeln und unbeſtimmten Hypotheſen befchaffen ; ſie laſſen ſich auf alles anwen⸗ den, weil fie ſich nach den beſondern Fällen modificiren laſſen; aber dies iſt es eben, was ſie verdaͤchtig machen muß. Ich muß hier jedoch eine Ausnahme fuͤr viele ſehr geſchickte Aerzte machen, welche FERNER A geftanden haben, daß meine Verſuche groffe Zweifel uͤber die Natur der Ner⸗ venkrankheiten überhaupt verbreiten. Ich will mich begnuͤgen, unter vielen andern den groͤſſeſten Arzt in England, den berühmten Baron Pringle zu nennen, welcher mir ſagte: „daß er niemals ſehr viel an die Nervenkrankheiten geglaubt haͤtte, und in Zukunft noch „weniger als vorher daran glauben wuͤrde.“ Ich will nicht leugnen, ich wiederhole es, daß die Nerven uberhaupt das Werk⸗ zeug der Empfindung, oder der Bewegung in den Thieren ſind, wie es der groſſe Albi⸗ nus geleugnet hat; dies würde zu viel ſeyn; aber man kann die Frage aufwerfen, ob alle Bewegungen, die man in den Thieren wahrnimmt, unmittelbar von den Nerven abhaͤn⸗ gen, oder ob die Materien, ſo ſie erregt haben, unmittelbar auf die Nerven wirkten, wie man es von dem Viperngifte, dem Ticunasgifte, dem Kirſchlorbeergifte u. ſ. w. behaup⸗ tet hat, wider deren Wirkung ſich am Ende meine Betrachtungen einſchraͤnken. Man kann eben fo wenig leugnen, daß tauſend Unordnungen in der thieriſchen Oeconomie dar: _ aus entſtehen, wenn das empfindende Prineipium angegriffen iſt, fo wie man nicht be= haupten kann, daß die Nerven ohne Folgen beſchaͤdigt werden koͤnnen; aber daraus folgt noch nicht, daß alle Krankheiten, die man gewoͤhnlich den Nerven zuſchreibt „ bloß von den ’ 349 den Nerven herrühren; daß fie nicht vielmehr von den Saͤften abhängen koͤnnen; daß die Arzneymittel und die Gifte unmittelbar auf die Nerven wirken; und endlich daß die Nerven, und dies iſt hauptſaͤchlich das, worauf ich mich einſchraͤnke, unmittelbar auf die andern feſten Theile wirken. Die Reitzbarkeit ſcheint von der Empfindung des Thiers unabhängig zu ſeyn; und es iſt uͤbrigens nichts, das beweiſet, daß die Muskeln ſich bloß durch die Wirkung der Nerven bewegen koͤnnen. Das empfindende Principium und die Nerven koͤnnen mit dem Blute und mit den Saͤften in Verbindungen ſtehen, die wir noch nicht kennen; und dieſe mehr oder weniger veränderten Säfte koͤnnen ihren Einfluß auf die feſten Theile des Thiers ausüben. Es iſt erlaubt, lieber alles anzunehmen, als der geraden und hellen Erfahrung zu widerſprechen. Es iſt erlaubt, lieber alles anzunehmen, als der geraden und hellen Erfahrung zu widerſprechen. Es iſt erlaubt, einen neuen Bau der Theile und der Werkzeuge zu erdenken, und neue Verhaͤltniſſe anzunehmen, wenn es darauf ankommt, eine Wahrheit feſtzuſetzen, aber einen neuen Bau zu erdenken, und neue un= bekannte Verhaͤltniſſe anzunehmen, um eine Hypotheſe zu behaupten, dies wuͤrde eben fo viel heiſſen, als die Zauberſchloͤſſer des Arioſts zu bauen, um darin Roger und Al⸗ eine wohnen zu laſſen. f N 8 Ver⸗ — — nn — — Verſu ch e f 10 uͤber die Wiedererzeugung der Nerven, fo zu London in den Jahren 1778 und 1779 gemacht find. Menne erlangte Kenntniß des wahren Baues der Nerven und der urſpruͤnglichen Cylin⸗ der, aus denen dieſe Werkzeuge beſtehen, wie man in der folgenden Abhandlung ſehen wird, hatte in mir die Luſt erregt, einige Anwendung davon auf die thieriſche Oeconomie zu machen. Waͤhrend meines Aufenthalts zu London verſaͤumte ich nicht, das Muſeum des beruͤhmten Doctor Hunter zu beſehen. Daſelbſt zeigte mir Herr Crukshens, ein junger Mann, der ſehr viel in der Zergliederungskunſt verſpricht, und Proſector dieſes gelehrten Profeſſors iſt, ein Glas, in welchem, wie er ſagte, ein wiedererzeugter Nerve vom achten Paare aus einem Hunde, dem er ihn abgeſchnitten hatte, aufbewahrt war. Die Sache kam mir völlig neu vor, und ſchien mir der groͤſſeſten Aufmerkſamkeit werth zu ſeyn. 1 Er ſetzte hinzu, dieſer Nerve wäre dem Thiere, da es gelebt haͤtte, abgeſchnitten, und er hätte ihm ein Stuͤck von der Länge ungefehr eines Zolls dazwiſchen ausgenommen; man ſah auch in der That, daß dieſer Nerve in der Länge beynahe eines Zolls ſehr ver⸗ ſchieden von dem war, was er ſonſt allenthalben war; an dieſer Stelle war er ſehr dick, ganz ungleich und knoticht, und er ſchien aus einer ganz andern Subſtanz zu beſiehen, als der uͤbrige Nerve. 5 Es fielen mir in dem Augenblick, da ich das Praͤparat des Herrn Crukshens ſahe, zwey Gründe ein, die mich an der Richeigkeit der Sache zweifeln machte. Der eine war, daß ich bey keinem von den Verſuchen, die ich zu Paris mit dem Viperngifte angeſtellt hatte, niemals eine wahre Wiedervereinigung der Theile des Hüͤftnervens gefes hen hatte, der von mir doch ſo oft zerſchnitten war. Der andere, daß man annehmen koͤnnte, daß bey den Nerven, von dem die Rede war, vielleicht wohl eine Wiedervereini⸗ gung des einen Theils mit dem andern geſchehen ſeyn moͤchte, aber keine wahre Wieder⸗ erzeugung der beiden Nervenenden, ſo daß daraus ein einziger Nerve, wie vorher, ge⸗ worden waͤre. } Dieſe Vermuthungen erregten in mir den Wunſch, eine beſondere Unterredung miit Herrn Crukshens zu haben, in welcher ich ihn unter andern fragte, was Herr Doctor Sunter von dieſer Sache dachte. Er antwortete mir aufrichtig, Herr Hunter glaubte nicht, daß dieſer Nerve wahrhaftig wieder erzeugt wäre, und der aͤuſſere Bau des abgeſchnitten geweſenen Theils, der von den übrigen fo verſchieden wäre, lieſſe dieſen ge⸗ ſchickten Zergliederer ſehr ſtark vermuthen, daß die Sache ſich anders verhalten müßte. Ich erfuhr darauf von Herrn Crukshens, daß er nicht allein den Nerven des achten Paars, ſondern auch noch zu gleicher Zeit den Intercoſtalnerven abgeſchnitten haͤtte, und daß N 351 daß der eine fo wohl, als der andere dieſer Nerven wiedererzeugt zu ſeyn ſchienen; und er hatte nicht allein dieſe beiden Nerven am Halſe des Thiers auf der einen Seite zer: ſchnitten, ſondern auf allen beyden, ſo daß ſowohl die beiden Nerven des achten Paars, als die beiden Intercoſtalnerven von Herrn Crukshens in eben demfelben Thiere, jedoch zu verſchiedenen Zeiten, und in einer Zwiſchenzeit von achtzehn bis zwanzig Tagen zer- ſchnitten waren. 5 r Es iſt auſſer allem Zweifel, daß die abgeſchnittenen Enden des achten Nerven— paars, und des Intereoſtalnerven ſich wieder vereinigen, wenn gleich ein Stuͤck darzwi⸗ ſchen weggenommen iſt, und die ſchoͤnen Verſuche des Herrn Crukshens beweiſen es dergeſtalt, daß man keinen Augenblick mehr daran zweifeln kann; aber es iſt noch nicht gewiß, daß dieſe Nerven wieder eine Fortſetzung von wahrer Nerven- und markichter Subſtanz, wie vorher, ausmachen, und fortfahren, ihre gewöhnlichen Nervenverrichtun- gen auszuüben, Dieſes bleibt noch durchaus zu beweiſen übrig, Es iſt wahr, daß das Leben, welches im Thiere fortdauert, nachdem man dieſe Nerven abgeſchnitten hat, und die Verrichtungen des Herzens, welche nicht merklich verändert werden, uns auf die Vers muthung bringen follten, daß das achte Nervenpaar in der That und gaͤnzlich wieder herz geſtellt wäre; aber es iſt nicht einmal bewieſen, daß die Nerven durchaus nothwendig zur Bewegung des Herzens ſind, und man weiß, daß dieſes Eingeweide auch noch von andern Theilen, als dem achten Nervenpaar, Nerven bekommt; ſo daß es zweifelhaft iſt, ob man glauben ſoll, daß es eine wahre Wiedererzeugung der Nerven iſt, oder ob man denken ſoll, daß es eine bloſſe Wiedervereinigung der Theile iſt, welche vermittelſt einer heterogenen Subſtanz bewirkt worden, die ſich dazwiſchen ſetzte, und aus Zellengewebe beſteht. Meine Beobachtungen über den Bau der Nerven konnten mich leicht verſichern, ob in der That die Nerven ſich wieder erzeugen, oder nicht, und dies hat mich bewogen, verſchiedene Verſuche daruͤber anzuſtellen. Ich habe mich der Kaninchen bedient, welche zu ſolchen Verſuchen am bequemſten zu gebrauchen, und am leichteſten zu finden ſind. Ich beſtimmte eine groſſe Anzahl derſelben zur Ausſchneidung der Huͤftnerven und Schenkel⸗ nerven, viele andere zur Ausſchneidung des achten Nervenpaars, und einige zur Aus⸗ ſchneidung des Intereoſtalnerven und des achten Nervenpaars zugleich. 5 Bey ſechs Kaninchen ſchnitt ich den rechten Huͤftnerven bloß durch, und bey ſechs andern nahm ich ein Stuͤck dieſes Nervens ungefehr ſechs oder acht Linien lang heraus. Einige derſelben lebten achtzehn, oder zwanzig Tage, und einige andere ſtarben ſchon nach vier oder ſechs Tagen. Bey noch andern habe ich nach dreißig und mehr Tagen die Ner⸗ ven unterſucht, die ich abgeſchnitten hatte. Ich konnte bey keinem dieſer Thiere das geringſte Zeichen einer Wiedererzeugung des Nervens wahrnehmen. Die Enden waren bey allen ſo rein und ſo verwachſen, als den erſten Tag, da ich fie durchſchnitt. Die Nerven waren allenthalben weiß, fie waren nicht dick, nicht ungleich geworden. Mit einem Worte, ich wurde immer mehr uͤber⸗ zeugt, 352 ; zeugt, daß dieſe Nerven in denjenigen Thieren, deren ich mich bedient hatte, ſich ganz und gar nicht wieder erzeugt hätten, . ö Ich muß jedoch hier anzeigen, daß ich mich in zwey beſondern Fällen leicht hätte irren koͤnnen, wenn ich mir nicht durch die Kenntniß geholfen hätte, die ich ſchon von dem Bau der Nerven und Muskeln erhalten hatte. In einem dieſer beiden Faͤlle hatte ich den Huͤftnerven bloß abgeſchnitten; im andern ein Stuͤck von etwa ſechs Linien darzwiſchen herausgenommen. In beiden Fällen konnte ich die beiden Nervenenden nicht ſehen, und ich fand, daß eine zum Theil zellenartige, und zum Theil fleiſchichte Subſtanz ſie vollkom⸗ men bedeckte, und ſie mit einander verband. Was noch ſonderbarer iſt, war dieſes, daß, je mehr ich von dieſer Subſtanz mit einem Meſſer wegnahm, deſtomehr es auch ſchien, als wenn eine wirkliche Vereinigung, und Wiedererzeugung dieſes Nervens vorgegangen wäre. Aber das Microſcop zog mich bald aus dieſer Ungewißheit, und ich wurde endlich gewahr, daß dieſe Subſtanz nicht aus den urſpruͤnglichen Nerven: Eylindern beſtand, von denen in der folgenden Abhandlung die Rede ſeyn wird, ſondern aus Zellengewebe und den urſpruͤnglichen Fleiſch⸗Cylindern. Dieſe beiden letzten Beobachtungen brachten mich auf den Argwohn, daß der Nerve des achten Paars, und der Intereoſtalnerve nur eine ſcheinbare Wiedererzeugung ezeigt hatten, weil in allen andern Faͤllen, in denen ich die Huͤft⸗ und Schenkelnerven zerſchnitten hatte, gar kein Zeichen von Wiedervereinigung, oder Wiedererzeugung von „Theilen zu ſehen geweſen war. N f Es iſt wahr, daß das Thier, welches niemals ruhig iſt, und ſich immer bewegt, in dieſen Fällen die Wiedervereinigung der abgeſchnittenen Nerven verhindern kann; aber man hätte doch wenigſtens die beiden Enden ein wenig veraͤndert und abgerundet finden muͤſſen, wie es ſich an allen Theilen ereignet, die ſich wieder vereinigen, oder wieder er⸗ zeugen, nachdem fie abgeſchnitten find, Aber auch hier muß die Erfahrung entſcheiden; und man muß keine Vermuthun⸗ gen hegen, wenn die Erfahrung reden kann. Ich ſchnitt zwölf Kaninchen das achte Nervenpaar ab, und zwoͤlf andern nahm ich ein Stück von ſechs bis acht und noch mehr Linien heraus; letztern ſchnitt ich auch ein eben ſo groſſes Stuck vom Intercoſtalnerven heraus. Das eine von den erften ſtarb nach Verlauf von vier Tagen, und zwey von den letztern nach dren Tagen, und noch ein drit⸗ tes von letztern nach Verlauf von acht Tagen. Diejenigen, welche nicht ſtarben, ſchienen nicht merklich gelitten zu haben, und ſie fraſſen kurze Zeit nach der Operation eben ſo gut, als ſte vorher thaten. Ich ſchnitt einem Theile dieſer Kaninchen nach fünf und zwanzig Tagen den an⸗ dern Nerven des achten Paars ab, und einigen andern ſchnitt ich ein Stuͤck ſowohl aus dem dem Nerven des achten Nervenpaars ‚ als aus dem Intereoſtalnerven heraus. Unter ſechs dieſer letztern ſtarben drey in wenigen Tagen. Es iſt hier der Ort nicht, alles umſtaͤndlich zu erzählen, was ich an dieſen Thie: ren wahrgenommen habe. Ich begnuͤge mich für jetzt damit, einige Beobachtungen über- haupt zu erzaͤhlen. 5 5 Nur allein bey zwey dieſer Thiere habe ich gar keine Veraͤnderung in den abge⸗ ſchnittenen Nerven wahrnehmen koͤnnen, ob ich gleich das eine nach Verlauf von ſechszehn Tagen, und das andere nach ſieben und zwanzig Tagen unterſuchte. Bey einem andern bemerkte ich, daß die abgeſchnittenen Nervenenden ihre Farbe und Geſtalt veraͤndert hat— ten; aber man ſahe keine wahre Wiedervereinigung, oder eine merkliche Wiedererzeugung des Nerven darinn. i In einem vierten, welches drey und zwanzig Tage nach der Operation ſtarb, hat⸗ ten ſich die Nervenenden in Geſtalt eines Kegels ein wenig verlaͤngert; aber ſie vereinigten ſich nicht mit einander. Es war zwar eine ebene Haut zwiſchen den Nerven, welche fie unvollkommen mit einander vereinigte. In allen andern ſahe man, daß die Theile der Nerven, die bloß von einander geſchnitten waren, wieder zuſammen gewachſen waren, und daß ſie ihre Farbe und Dicke veraͤndert hatten. Ueberhaupt waren ſie wie mit auf— geſchwollenem und etwas rothem Zellengewebe bedeckt. Was die Nerven anbetrift, aus denen ich ein Stuͤck herausgenommen hatte, ſo war daſelbſt eine Wiedervereinigung entſtanden, welche ebenfalls einer ſehr groben, un: gleichen, und mit rothen Gefaͤſſen angefüllten Zellenhaut zuzuſchreiben war. Die Enden der Nerven, wo der Schnitt gemacht war, hatten eine weiſſere Farbe, als ſonſt. Ich ſuchte in dieſen wieder hervorgebrachten und ungleichen Theilen die Spiral- form der Nerven ), und ob es mir gleich bey mehr als einem vorkam, als wenn die Spi— ralwindungen oder die weiſſen Streifen mehr oder weniger zu ſehen waͤren, ſo konnte ich ſie doch niemals von einem Ende des Nerven bis zum andern ſehen, ſo daß ich ungewiß war, ob der wiedererzeugte Theil des Nerven in der That nervenartig waͤre, oder nicht vielmehr zellenartig; eben ſo wenig konnte ich mich gewiß verſichern, als ich dieſes Zellen⸗ gewebe wegſchnitt, von dem ich auch Theile herausnahm, ob wirklich die urſpruͤnglichen Nierveneylinder von einem Ende des Nerven bis zum andern durchgiengen, ob ich fie gleich durch dieſes wieder erzeugte Zellengewebe verlaͤngert fand. Ich geſtehe aber, daß ich nicht alle Bequemlichkeit hatte, die ich haͤtte haben ſollen, um mich von einer ſo wichtigen Beob— achtung zu verſichern, welche ich zu gleicher Zeit ſehr ſchwer gefunden habe. 5 Alles ) Man wird in der folgenden Abhandlung ſehen, was die Spiralform oder weiſſen Streifen And, von denen hier die Rede iſt. Fontana H. B. N An © — — 354 5 Alles was ich mit Wahrheit ſagen kann, iſt, daß die abgeſchnittenen Nervenenden ſich verlaͤngern, daß ſie ihre Geſtalt und Farbe veraͤndern, und daß ſie in der Mitte durch eine Subſtanz vereinigt werden, die eine Verlaͤngerung des Zellengewebes der beiden ab⸗ geſchnittenen Nervenenden iſt. Die gewundenen Cylinder und die Blutgefaͤſſe gehen von einer Seite zur andern, und alles iſt vereinigt, als wenn die Zellenhaut der Nerven aus einem einzigen Stücke beſtuͤnde, ob es gleich viel groͤſſer und viel ungleicher iſt, als an den übrigen Nerven. . Die Schwierigkeit, durch die unmittelbare Beobachtung und den Augenſchein feſtzuſetzen, ob in den oben erwaͤhnten Faͤllen die Nerven wirklich wiedererzeugt, oder bloß durch ein Zellengewebe mit einander verbunden ſind, hat gemacht, daß ich meine Aufmerkſamkeit verdoppelte, und meine Verſuche vervielfaͤltigte. 5 0 Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich jetzt als eine ausgemachte Sache anneh⸗ me, daß eine ſolche Wiedererzeugung der Nerven moͤglich iſt; ob man ſie gleich nicht im⸗ mer mit Deutlichkeit beweiſen kann, und ſie vielleicht auch nicht immer geſchieht, wenn auch die Nerven vereinigt und wiedererzeugt zu ſeyn ſcheinen. Ich kann bezeugen, daß ich fie in zwey beſondern Fällen geſehen habe, und in ei® nem derſelben auf eine ſo offenbare und gewiſſe Weiſe, daß ich es fuͤr noͤthig gehalten habe, hier eine Abbildung und Beſchreibung davon zu geben. Aber ich wiederhole es, der bloſſe Zuſammenhang zwiſchen den abgeſchnittenen Enden eines Nerven iſt nicht hinreichend, zu entſcheiden, ob die Nerven ſich wieder erzeugen, und es iſt eben ſo wenig dazu hinreichend, daß eine zellenhaͤutige Subſtanz ſich erzeuge oder verlaͤngere, wenn ſie auch gleich die Fort⸗ ſetzung der Zellenhaut des Nerven ſelbſt iſt. Man muß ſich verſichern, ob die Nerven⸗ cylinder von einer Seite zur andern ununterbrochen durchgehen. Die Fig. III. der ſiebenten Kupfertafel ſtellt den Nerven des achten Paars eines Kaninchen von mittelmaͤßiger Groͤſſe vor, welchen ich mit einer Linſe betrachtete, die uns gefehr dreymal im Durchmeſſer vergroͤſſert. Der Theil, den ich von den Nerven wegge⸗ ſchnitten hatte, betrug fieben Linien, und ich zergliederte das Thier neun und zwanzig Tage nach der Operation. Ich fand, daß die beiden zerſchnittenen Enden des Nerven ſich ver— einigt hatten; aber an der Stelle, wo die Wieder vereinigung geſchehen war, nemlich in vr war der Nerve duͤnner, als an allen andern Stellen. In einiger Entfernung von dem Punkte rr, gerade an der Stelle des Schnitts, fahe man zwey weiſſe Flecken aun, nn, wie fie in der III und IV Figur vorgeſtellt find, Dieſe beiben Flecken machten zwey dunkele Ringe um den Nerven, und unmittelbar hin⸗ ter dieſen Ringen fing der Nerve auf beiden Seiten an, in Geſtalt eines Kegels abzunchs men, und ſich fo bis in rr zu verlängern, wo ein Kegel dem andern entgegen kam. Man ſieht in der Fig. III. und viel beſſer in der Fig. IV. die Spiralſtreifen des Nerven, welche bis in rr fortgingen, wo man fie nicht ſo gut, und mit Muͤhe ſehen konnte. An 355 An der Stelle der beiden Flecken un, nn ſchienen die Streifen unterbrochen zu ſeyn, oder beſſer zu reden, die weiſſe Farbe des Nerven an dieſer Stelle verhinderte, daß man ſie nicht ſehen konnte. Der Nerve war allenthalben glatt, und ſo war er auch, ſelbſt der ganzen Laͤnge der beiden Nervenkegel nach. Ich war neugierig, dieſen Nerven mit einer ſehr ſcharfen Linſe zu beſehen, und das Zellengewebe zu unterſuchen, das ihn bedeckte, inſonderheit auf den Kegeln. Die Fig. V. ſtellt den Nerven durch eine ſehr ſtark vergroͤſſernde Linſe betrachtet vor. Ich fand, daß er mit dem gewöhnlichen Zellengewebe bedeckt war. Ich unterſuchte ihn darauf mit einer der ſtaͤrkſten Linfen, und fand ihn, wie man ihn in der Fig. VI. fin⸗ det, aus urſpruͤnglichen Nerveneylindern zuſammengeſetzt, aus denen ein jeder Nerve be- ſteht, wie ich in der folgenden Abhandlung zeigen werde. Dieſe Cylinder nahtnen im Durchmeſſer ab, ſo wie ſie ſich einander in dem Punkte rr der beiden Kegel naͤherten, und man ſahe ſehr wohl, daß ſie aneinander hingen, und aus dem einen Theile in den andern übergiengen. Die Fig. VII. ſtellt eben den Nerven vor, aber zum Theil durch Nadeln verändert, und in dem Punkte, wo ſich die beiden Kegel berührten, von einander getrennt, damit man das Fortlaufen der urſpruͤnglichen Nerveneylinder beſſer ſehen konnte. f Es treten zwey Dinge zuſammen, welche uns glauben machen, daß eine wahre Wiedererzeugung in dieſem Nerven vorgegangen iſt. Das eine iſt das Daſeyn der Spi⸗ ralſtreifen, welche man ſelbſt in dem wiedererzeugten, oder duͤnnſten Theile des Nerven findet; das andere das Fortlaufen der urfprünglichen Nerveneylinder, welches nicht den geringſten Zweifel übrig läßt. Ich habe noch einen andern Fall von Wiedererzeugung gehabt, der faſt vollkom⸗ men demjenigen ähnlich iſt, den ich beſchrieben habe. Man ſahe auch hier die beiden weiſſen Flecken, und an der Stelle des Durchſchnitts die beiden Kegel, die mit ihrer Spitze zu⸗ ſammentrafen. Die Spiralſtreifen liefen in ihren Kegeln fort, und das Fortlaufen der urfprünglichen Nervencylinder ſahe man durch den ganzen Nerven. N Es iſt alſo eine ausgemachte Wahrheit, daß die Nerven des achten Nervenpaars ſich nicht allein vereinigen, wenn ſie durch einen Schnitt getrennt ſind, ſondern auch wenn man ein Stuͤck von mehrern Linien zwiſchen ihnen ausgeſchnitten hat. Im erſten Falle erfolgt eine wahre Wiedervereinigung der Theile, ein wahrer Zuſammenhang der Sub⸗ ſtanz; mit einem Worte ein ununterbrochenes Fortlaufen der urſpruͤnglichen Nervency- linder, und der äuffern Haͤute, fo fie bedecken. Im zweiten Falle erzeugt fich der Nerve wieder, das heißt, die Nervenſubſtanz vermehrt ſich an den beiden Enden, und indem ſich dieſe beiden Enden verlaͤngern, ſo treffen ſie zuſammen, ſo daß ſie ein homogenes, zuſam⸗ menhaͤngendes, und gleichfoͤrmiges Ganze ausmachen, Yy 2 Es 356 — Es iſt übrigens. ſonderbar, daß die beiden Enden des fü ehre, Nerven ſo genau wieder zuſammen treffen, daß ſie ſich mit einander vereinigen koͤnnen; inſonderheit wenn man ein n ſehr groſſes Stuͤck vom Nerven weggeſchnitten hat, wie zum Veyſpiel einen Zoll lang. In dieſem Falle iſt es ganz unwahrſcheinlich, daß die abgeſchnittenen Theile ſich ſo genau antreffen ſollten; und dieſes iſt um ſo viel ſchwerer, da man bey Verrichtung des Schnitts die Lage der Nerven ſehr veraͤndert. Aber man muß gleich bedenken, daß, da alle Theile des Halſes, und inſonderheit die Muskeln fortfahren, ihre gewoͤhnlichen Verrichtungen zu thun, ſie die Nerven noͤthigen, ſich wieder in eine ſolche vr zu begeben, als dieſe Theile und dieſe Bewegungen erfodern. b Anf einer andern Seite muß ich hier bemerken, daß ich mit Fleiß ae Richtung der abgeſchnittenen Enden dergeſtalt verändert habe, daß fie fich in einer entge- gengeſetzten Richtung zeigten, und nun fand ich nicht, daß dieſe Theile ſi ich in der Folge vereinigt, oder angetroffen häften, Haͤtte ich mehr Zeit gehabt, ſo haͤtte ich zu beſtimmen geſucht, ob dieſe Eigen⸗ ſchaft ſich wieder zu erzeugen, welche die Nerven des achten Paars, und die Intereoſtak⸗ nerven beſitzen, vielen andern Nerven auch gemein iſt, wie es wahrſcheinlich iſt. Wenn die Huͤftnerven ſich nicht wieder erzeugen, ſo ruͤhrt das daher, daß ſie vielleicht unter die kleine Anzahl derjenigen gehoͤren, die dieſen Vortheil nicht haben, oder es iſt auch wohl, zu viele Bewegung dazu in dieſen Theilen, und vielleicht wuͤrden ſie ſich wieder erzeugen, wenn man die Bewegung verringerte. Es kann auch ſeyn, daß es eine Eigenſchaft iſt, die nur den zum Leben nothwendigſten Nerven zugehoͤrt, aber man kann alle dieſe Punkte mit leichter Muͤhe durch die unmittelbare Erfahrung ausmachen. Ein jeder ſieht jetzt, daß aus allen dem, was ich jetzt geſagt habe, eine groſſe Menge wichtiger Wahrheiten für die Arzneykunſt und. Wundarzueykunſt folgen. Man begreift, wie die Empfinkung und ſelbſt die Bewegung in einigen Theilen wieder zum Vor⸗ Be gekommen feyn koͤnnen, nachdem der thierifche Körper fie gänzlich verlohren hatte. Die Nerven haden ſich in dieſem Falle wieder vereinigt, und fuhren fort Werkzeuge der Bewegung und Empfindung zu ſeyn. In vielen dringenden Zufaͤllen wird man nicht mehr eine ſo groſſe Bedenklichkeit haben, einen beſondern Nerven abzuſchneiden, und man muß bloß darauf achten, Rab die abgefihnittenen Enden einander gerade gegenüber gelegt werden, Es giebt noch einen phyſiologiſchen Verſuch, um die Wiedervereinigung der ab⸗ geſchniteenen Nerven zu beweiſen, den ich aber aus Mangel an Zeit nicht machen konnte. Er beſteht darinn, daß man die Zwergfellnerven durchſchneide. Geſchieht die Wieder⸗ vereinigung der zerſchnittenen Theile, ſo muß das Zwergfell, wenn man dieſe Nerven uber dem Schnitte, nach dem Kopfe zu reißt, ſich zuſammenziehen, wenn die Wiederver⸗ einigung vollkommen iſt, und die Subſtanz der Nerven wirklich in eins fortgeht. Bemer⸗ 357 Bemerfungen über den ! urſprünglichen Bau des thieriſchen Körpers 6 wie auch > von den vegetabiliſchen und mineraliſchen Körpern. Bemerkungen uͤber den Bau der Nerven, die zu London im Jahre 1779 gemacht ſind. Unter allen organiſchen Theilen, aus denen das lebendige Thier zuſammengeſetzt iſt, giebt es meiner Meinung nach keinen, deſſen Bau fc wenig bekannt, und zu gleicher Zeit ſo wichtig gekannt zu werden iſt, als das Gehirn, und die Nerven, ſo davon ausgehen. Die beſten Schriftſteller haben nur bloſſe Hypotheſen in Betracht dieſer Theile angenommen; und die ſcharfſichtigſten Beobachter uns Beobachtungen geliefert, denen von andern eben ſo geſchickten Beobachtern widerſprochen worden iſt; ſo daß wir, nachdem wir alles ohne Vorurtheile unterſucht haben, gezwungen ſind, zu bekennen, daß wir nichts gelernt haben, und daß der Bau dieſer Organe dunkel und ungewiß iſt. Der beruͤhmte Saller geſteht offenherzig, nachdem er die verſchiedenen Meinungen der Zergliederer über den Bau der Nerven mit einander verglichen, und hauptſaͤchlich die Beobachtungen des Leewenhoeck über den Bau dieſer Theile unterſucht hat, daß man darüber nichts als bloſſe Muthmaſſungen aͤuſſern kann. Er iſt jedoch geneigt zu glauben, daß in den Nerven vielleicht ein Roͤhrenbau vorhanden iſt. N Unter den neuern Naturkuͤndigern, welche den thieriſchen Körper beobachtet ha— ben, giebt es vorzüglich zwey, welche verdienen, angefuͤhrt zu werden. Der eine iſt der gelehrte Pater della Torre, welcher ſich durch verſchiedene phyſiſche Schriften, noch mehr aber durch die microſcopiſchen Beobachtungen berühmt gemacht hat, die er uns zu verſchiedenen Zeiten mitgetheilt hat; der andere Herr Prochaska, ein geſchickter Pro⸗ feſſor der Zergliederungskunſt zu Prag, welcher uns mit zwey ſehr wichtigen microfeo= piſchen Werken, das eine über die Fleiſchfiber, das andere uͤber den Bau der Nerven beſchenkt hat. * Ny 3 Der 358 Der Pater della Torre *) unterſucht die beiden Subſtanzen, die rindichte und markichte Subſtanz des Gehirns und kleinen Gehirns; er unterſucht ferner das verlaͤngerte Mark, das Ruͤckmark, und endlich die markichte Subſtanz der Nerven. Er findet, daß alle dieſe Organe weiter nichts find, als eine bloſſe Verſammlung von unzähligen Kügel- chen, die durchſichtig ſind, und in einer durchſichtigen Flußigkeit ſchwimmen. Dieſe Kür gelchen, ſagt er, ſind in der markichten Subſtanz der Nerven ſehr klein, in denen ſie faſt in einer geraden Linie geſtellt ſind, ſo daß ſie Faden und bloſſe Faſern auszumachen ſchei⸗ nen, da fie hingegen im Gehirn ſehr groß, kleiner im kleinen Gehirn, und noch kleiner im verlängerten Mark, und im Rückenmark find; und in dieſen Theilen find fie nicht in geras der Linie geſtellt, ſondern verwirrt unter einander gemiſcht. Herr Prochaska!) nimmt gar keinen Unterſchied zwiſchen der rindichten und markichten Subſtanz des Gehirns an; ſondern er glaubt, daß ſie alle beide aus einer ſehr groſſen Menge von Kuͤgelchen gebildet find, die vermittelſt eines elaſtiſchen, durchſichtigen Zellengewebes vereinigt find. Er iſt mit dem Pater della Torre nicht einerley Mei⸗ nung in Anſehung der verſchiedenen Groͤſſe dieſer Kuͤgelchen; aber er bemerkt wie er, daß fie in den Nerven in gerader Linie geſtellt find, und einen faſerichten Bau der Länge nach vorſtellen. f J Albinus, welcher ſich bey ſeinen aͤuſſerſt feinen Einſpritzungen auch des Miero⸗ feops bedient hat, leugnet, daß die rindichte Subſtanz und die markichte Subſtanz des Gehirns bloß aus Gefaͤſſen beſtehen. Einige haben nicht allein die Subſtanz des Gehirns, ſondern auch die Subſtanz der Nerven als eine nicht organifche Subſtanz, als eine ſchlei⸗ michte Maſſe betrachtet. Andere haben fie für eine bloß zellenhaͤutige Subſtanz gehalten; und jene ſowohl als dieſe verlieſſen ſich bloß auf das Auge mit dem Microfcop unterſtützt. Man ſieht leicht aus dem Wenigen, was ich hier ſage, daß wir in einer groſſen Ungewißheit, ſowohl in Anſehung des Baues der Nerven, als in Anſehung des Baues des Gehirns ſind. Indeſſen verdienen doch die Beobachtungen des Pater della Torre, und des Herrn Prochaska unſere Betrachtung. Auſſer ihrer Geſchicklichkeit in Beobachten wußten dieſe Herren alles, was die andern Naturkuͤndiger vor ihnen geſehen, oder zu ſe⸗ hen geglaubt hatten. Sie waren alſo nicht ſo ſehr der Gefahr ausgeſetzt, ſich zu irren, weil ſie auf einem ſchon gebahnten Wege giengen, und ſie verdienen um ſo viel mehr unſere Achtung, da fie völlig mit einander über den urfprünglichen Bau dieſer Theile uͤbereinſtim⸗ men, von dem fie glauben, daß er aus bloſſen Kuͤgelchen zuſammengeſetzt iſt. Da ich mich im Jahre 1779 zu London befand, ſo ſagte man mir, daß der be⸗ rühmte Zergliederer, Herr Monro zu Edimburg wichtige Entdeckungen über den Bau der *) Nuove Offervazioni microſcopiche. Napoli 1776. **) Structura nervorum. Vindebon. 1779. 359 der Nerven gemacht haͤtte; allein da mir nicht allein die genauen Umſtaͤnde, ſondern auch die Reſultate dieſer Beobachtungen bekannt waren, ſo glaubte ich auf folgende Art an ihn ſchreiben zu muͤſſen. ? „Mein Herr! „Ob ich gleich nicht die Ehre habe, Ihnen perfönlich bekannt zu ſeyn, fo nehme ich „mir doch die Freyheit an Sie zu ſchreiben, um Sie um einige Belehrung in der Zerglie— „derungskunſt zu bitten. Man hat mir geſagt, daß Sie ſehr wichtige Entdeckungen uͤber „den Bau der Nerven gemacht, und davon auch etwas in einem Journal, und in zwey „der Geſellſchaft zu Edimburg vorgeleſenen Abhandlungen beſchrieben haben. Da ich „jetzt auch in dieſer Materie arbeite, fo wuͤnſchte ich zu wiſſen, wie weit Sie mit Ihren „Unterſuchungen gekommen ſind, um Ihnen die Ehre wiederfahren laſſen zu koͤnnen, die „Sie verdienen, im Fall daß ich mich einmal entſchlieſſen ſollte, meine Beobachtungen „drucken zu laſſen. Ich betrachte Ihre Entdeckungen als ſchon bekannt gemacht, und „folglich als früher gemacht, als die meinigen; wenn ich aber von dieſer Materie ſchriebe, „ohne Dieſelben recht zu kennen, fo würde ich nicht im Stande ſeyn, Ihnen alles das „zuzuſchreiben, was Ihnen gehoͤrt, und uͤbergienge ich Ihre Arbeiten mit Stillſchweigen, „ſo möchte ich vielleicht mir den Verdacht aufladen, als wollte ich mir die Entdeckungen „anderer zueignen. Sie koͤnnen gar keine Art von Gefahr laufen, wenn Sie mir das, „was Sie gethan haben, mittheilen, weil Sie einmal ſchon Ihre Entdeckungen einer df— „fentlichen Geſellſchaft bekannt gemacht haben, und zum andern auch mein Brief Ihnen „allzeit eine Verſicherung wider einen folchen übeln Gebrauch ſeyn kann, den ich von Ih—⸗ „rer Gefaͤlligkeit machen koͤnnte. Die Männer von wahren Verdienſten find felten arg- „woͤhniſch und zurückhaltend. Dies macht mir Hofnung, daß Sie Ihre Gewogenheit „einem Manne nicht verſagen werden, welcher Ihnen das groͤſſeſte Recht wiederfahren „läßt, und wuͤnſcht, ſich durch die Entdeckungen zu belehren, womit Sie die anatomiſchen „Kenntniſſe bereichert und befoͤrdert haben.“ Da ich von Hrn. Monro keine Antwort bekam, und befuͤrchtete, er moͤchte mei- nen Brief nicht richtig erhalten haben, ſo machte ich eine Abſchrift davon, die ich ihm durch den Hrn. Crawford *) feinen Schuler zuſchickte, der ſich eben zu London befand. Ich bat ihn, ihm dieſen Brief durch eine gewiſſe Perſon eigenhändig übergeben zu laſ— fen; aber alles war umſonſt, ich bekam keine Antwort von dem beruͤhmten Edimburgi⸗ ſchen Profeſſor. Ich erfuhr unterdeſſen, daß von den Entdeckungen des Hrn. Monro im erſten Theile des VI Bandes eines Engliſchen Journals, unter dem Titel Medical and philoſo- phical commentary by a ſociety of Edimburg- Lond. 1779. einige Nachricht zu finden 8 b wäre, * en gelehrter Arzt, und Verfaſſer einer vortreflichen Schrift über die verborgene aͤrme. 360 wäre. Da ich von Hrn. Monro ſelbſt gar keine Nachricht hatte bekommen koͤnnen, wie ich mir Hofnung gemacht hatte, unb wie ich gewuͤnſcht haͤtte, um dieſem Gelehrten Ge— rechtigkeit wiederfahren laſſen zu konnen; fo ſehe ich mich gezwungen, von dem Wenigen Gebrauch zu machen, welches man in dem eben angeführten Journal lieſt, und un den gewiſſeſten Weg zu gehen, will ich den ganzen Abſchnitt, der die Entdeckungen dieſes Profeſſors betrift, von Wort zu Wort anführen. Hier iſt die woͤrtliche Ueberſetzung davon: „Der Doctor Alexander Monro, Profeſſor der Zergliederungskunſt zu Edim⸗ „burg, hat ſeit einiger Zeit in feinen Lehrſtunden viele beſondere Umſtaͤnde über das Ge⸗ „hirn und die Nerven vorgetragen, die ganz neu ſind, und auf ſehr verſchiedene Meinun⸗ „gen von denjenigen leiten koͤnnen, welche die Phyſiologen bis jeßt von dieſen Werkzeugen „gehabt haben konnen. Er hat auch eine Abhandlung über eben dieſe Materie der philo⸗ „ſophiſchen Geſellſchaft zu Edunburg vorgeleſen. „Wir koͤnnen jetzt keine hinreichende und umſtaͤndliche Nachricht von feinen Be: „ſchreibungen geben, die ſich auf die microſcopiſche Beobachtung mit der feinſten Zerglie⸗ „derung verbunden, gründen, und welche er durch eine groſſe Menge Kupfertafeln erlaͤu⸗ „tert hat. Wir wollen nur bemerken, daß er gefunden hat, daß der Bau dieſer Theile „ſehr verſchieden von dem iſt, was man ſich vorher eingebildet hatte. Er hat entdeckt, „daß das Gehirn und die Nerven in allen Klaſſen von Thieren, anſtatt aus geraden Fibern „zuſammengeſetzt zu ſeyn, allenthalben aus gewundenen Fibern beſtehen, die ungefehr 5s Zoll im Durchmeſſer haben, und nicht hohl, ſondern voll zu ſeyn ſcheinen. »9000 „Er findet, daß fie ſich in dem Körper viel weiter erſtrecken, als man geglaubt „hatte, und nicht allein die Zuſammenſetzung der zur Empfindung und Bewegung be „ſtimmten Theile, ſondern auch die Zuſammenſetzung aller andern Theile des Koͤrpers „ausmachen. „Er hat zum Beyſpiel entdeckt, daß ſie bis in das aͤuſſerſte Ende der laͤngſten Haare „dringen, daß ſie in groſſer Anzahl in die Zuſammenſetzung der Haut und der Naͤgel ge- „hen. Er behauptet ferner, daß der Umfang aller unſerer Werkzeuge hauptſächlich von „ihren Nerven abhängt, und daß, wenn man einen Muskel oder ein Eingeweide queer „durchſchneidet, man eine viel gröffere Anzahl von Nerven trift, als wenn man eben dieſe „Operation bey den Straͤngen macht, fo die Zergliederer die Nerven dieſer Theile nennen. „Er findet auch, daß man im ganzen Pflanzenreiche ein Syſtem von gewundenen „Fibern wahrnehmen kann, die in allem Betrachte den Nerven des menſchlichen Koͤrpers „ähnlich find. Ja noch mehr, daß die Metalle, Halbmetalle, Erden und Salze faſt ganz „aus gewundenen und ſich ſchlaͤngelnden Fibern zuſammengeſetzt find, die ihrer Gröffe und „Geſtalt nach den Nerven der Thiere ähnlich ſehen. „Es gehört nicht für uns, zu beſtimmen, wie weit das Zeugniß der künftigen „Beobachter die Beſchreibungen des Doctor Monro beſtaͤtigen werde; aber wir tragen a „kein 361 „kein Bedenken, zu verſichern, daß wenn die Beſchreibung, die er gegeben hat, ge⸗ „gen den philoſophiſchen Zweifel die Probe hält, man ſie als die groͤſſeſte Entdeckung „betrachten muß, die ſeit vielen Jahren in der Zergliederungskunſt gemacht iſt.“ Die Entdeckung des Herrn Monro beſteht hauptſaͤchlich darinn, wie es ſcheint, daß er gefunden hat, daß das Gehirn und die Nerven aus gewundenen Fibern zuſam⸗ mengeſetzt find, und nicht aus geraden Fibern; daß dieſe Fibern ungefehr 5 Zoll im Durchmeſſer haben, und nicht hohl, ſondern voll ſind. Er ſetzt hinzu, daß dieſe Fibern nicht allein die Zuſammenſetzung der Werkzeuge der Empfindung und Bewegung aus⸗ machen, ſondern auch die Zuſammenſetzung aller andern Theile des Körpers; und er fiu⸗ det ſie ſogar in den Haaren, in der Haut und in den Naͤgeln. Er behauptet ferner, daß die Hauptmaſſe aller Werkzeuge des Thiers aus dieſen gewundenen Fibern, oder mit andern Worten, aus Nerven beſteht. Endlich findet er auch ein Syſtem von gewundenen Fibern im Pflanzenreiche, die im Ganzen den Nerven des menſchlichen Koͤrpers aͤhnlich ſind, und glaubt, daß die Mi⸗ neralien faſt ganz aus gewundenen Fibern beſtehen, die in Anſehung ihrer Groͤſſe und ihrer Geſtalt mit den Nerven des Thiers uͤbereinkommen. ö a Es ſcheint, daß man ganz ſicher aus allem dieſen ſchlieſſen kann, daß Herr Mon⸗ ro in den Thieren die gewundenen Fibern für nervenartig haͤlt, ob er gleich ſonſt einge— ſteht, daß ſie keine Werkzeuge der Empfindung und Bewegung in dem ganzen Koͤrper ſind, wie ſie es gewiß nicht in den Pflanzen, in den Mineralien, eben ſo wenig als in den Naͤgeln und Haaren ſind. . Obgleich der gröffefte Theil dieſer Entdeckungen des Herrn Monro widerſinnige Dinge zu ſeyn ſcheinen, ſo iſt dies doch kein Grund, ſie zu leugnen, und das Anſehen die— ſes Profeſſors allein würde hinreichend ſeyn, um uns zu bewegen, die Beobachtungen mit der groͤſſeſten Aufmerkſamkeit zu unterſuchen, wenn auch die Wichtigkeit der Materie, die doch an und für ſich ſehr groß iſt, es nicht erfoderte. Die neuen Entdeckungen des Hen. Monro find ganz von den Beobachtungen über den Bau des Gehirns und der Nerven verſchieden, die vor ihm gemacht worden find. Ich habe alſo geglaubt, dieſe Materie unterſuchen zu müffen, als wenn fie mie ganz neu geweſen wäre; und die Meinungen der Schriftſteller haben mir bloß dazu ge- dient, daß fie mich vorſichtiger gemacht haben, ſelbſt über das, was ich am offenbarften wahrnahm, mein Urtheil zu ſagen. Ich wollte die Nerven. unter ſuchen, wie fie im lebendigen Thiere dem Auge vor⸗ kommen; und ohne an die Theile zu rühren, die fie ausmachen, trennte ich bloß die Theile, welche an ihnen lagen, und von einer ganz verſchiedenen Beſchaffenheit waren. Es war mir nicht ſchwer, wahrzunehmen, daß ſie aus mehr oder weniger regelmaͤßigen Streifen, oder aus weiſſen und dunkeln mit einander abwechſelnden Flecken beſtanden. Fontana II. B. 35 8 Die 362 555 5 Die Fig. I. der dritten Kupfertafel ſtellt einen dieſer Nerven vor, in welchem die Streifen regelmaͤßiger und deutlicher waren, als in den andern. Ich unterſuchte ſie mit einer Linſe, die ſechsmal vergroͤſſert, und man ſahe das ganze beſſer und deutlicher. Ich ſchnitt den Nerven von dem Thiere ab, ohne ihn im geringfien zu ziehen, und unterſuchte ihn auf einem Glaſe. Die Streifen zeigten ſich mit der groͤſſeſten Regelmaͤßigkeit, ſie waren alle gleich breit, und die Zwiſchenraͤume von einer Streife zur andern waren un⸗ ter einander gleich, und auch den Streifen ſelbſt gleich. Ich dachte gleich, daß dieſe Streifen in dem Nerven eine wahre Spirallinie machten, oder beſſer zu reden, daß fie ſich in einer Spirallinie herumbreheten, wie ein Band ſich um einen Cylinder windet. Dieſer Begrif ſchien mir nicht von demjenigen unterſchieden zu ſeyn, was die Betrachtung mir zeigte, und was ihn noch mehr zu beſtaͤtigen ſchien, iſt dieſes, daß, da der Nerve auf ſolche Art um ſich ſelbſt herumlief, die Streifen durch alle ihre Windungen fortzulaufen ſchie⸗ nen, und ich wurde nicht gewahr, daß ſie aus abgeſonderten und in gleichen Sen von einander abſtehenden Ringen beſtuͤnden. Ich war neugierig zu ſehen, ob dieſer ſonderbare Bau, oder Spiralform allen Nerven gemein wäre, und ich ſchoͤnte weder Zeit noch Mühe, um mich davon zu verſi⸗ chern. Ich muß freylich ſagen, daß ich bey der groſſen Anzahl von Nerven, die ich bis⸗ her in den Thieren unterſucht habe, wenige gefehen habe, in welchen die Streifen fo regel- mäßig geweſen wären, als in der ſchon angeführten Fig. I. Gemeiniglich ſcheinen dieſe Streifen ſich in verſchiedenen Winkeln zu 1 den, und ſich einander zu durchkreutzen, und oft ſieht man ihrer von verſchiedener Breite. Aber ſie ſeyn groß oder klein, regelmaͤßig oder unregelmaͤßig, ſie mögen fi ſich unter einander kreutzen, oder parallel laufen, ſo ſieht man doch dieſe Streifen in allen Nerven; bis in das Gehirn und das Ruͤckmark, das heißt, bis an die Stelle, wo die Nerven n fi) in Faden oder Cylinder bilden. Es ift eine gewiſſe Aufmerkſamkeit noͤthig, um dieſe Spi⸗ ralwindungen in vielen Nerven zu ſehen, inſonderheit an der Stelle ihres Urſprungs. Wenn ſie mit gar zu vielem Zellengewebe bedeckt ſind, oder wenn es in Flocken darauf ſitzt, fo muß man es wegnehmen, um die Spiralwindungen beſſer zu ſehen. In einem groſſen Theile der Nerven ſieht man fie mit bloſſen Augen, ohne daß irgend eine Vorbereitung noͤthig waͤre; ſo daß die Spiralform ein gewiſſes und beſtaͤndiges Kennzeichen in den Nerven iſt, und dieſe Werkzeuge der Bewegung und Empfindung ſcheinen wenig⸗ ſtens zur Hälfte aus ſolchen weiſſen Streifen zu beſtehen, weil fie ungefehr die Haͤlfte der Laͤnge des Nerven einnehmen, wenn fie einfach und regelmäßig find, Dieſe Nervenſtreifen werden nicht zerſtoͤrt, wenn man die Nerven gab ſtark zieht, ob man ſie gleich alsdann nicht ſo gut ſieht, und wenn die Ausdehnung nicht gar zu ſtark iſt. Denn im letztern Falle koͤnnen fie ſich dergeſtalt verändern, daß man nichts mehr daran unterſcheiden kann. Dieſes Vermoͤgen der Nerven, dieſe Spiralform lange zu | RT | 363 zu behalten, ſcheint allzeit mehr zu beftätigen, daß es wahre Spiralwindungen find, und daß fie um den Nerven laufen, wie ein Band um einen Cylinder, Ich konnte indeſſen nicht begreifen, wie die Zergliederer, welche geſucht hatten, die Natur und Zuſammenſetzung der Nerven kennen zu lernen, und noch mehr die microe ſcopiſchen Beobachter dieſe Streifen nicht wahrgenommen haben ſollten, die man ſo leicht und fo beftändig in allen Nerven bemerkt. Ich habe wenigſtens keinen einzigen gefunden, der davon erwaͤhnte, obgleich wohl einer oder anderer, den ich nicht geleſen habe, davon etwas geſagt haben kann. Doch daran iſt nicht viel gelegen; aber es iſt doch wichtig, daß man wiſſe, daß die Nerven ſich unſern Augen unter dieſer Geſtalt zeigen, welche nichts gleichguͤltiges für die Kenntniß der Natur dieſer zum thieriſchen Leben fo weſentlich noth- wendigen Werkzeuge ſeyn kann. Dieſe fo ſonderbaren und zu gleicher Zeit fo allgemeinen Streifen müffen noth⸗ wendig eine beſtaͤndige Urſache, eine beſondere Structur und Organiſation in dieſen be- wunderns würdigen O. ganen zum Grunde haben; und ein fo ſonderbarer Bau in Theilen, die zum Leben und zur Empfindung ſo weſentlich nothwendig ſind, kann nicht da ſeyn, ohne den wichtigſten Nutzen zu haben, ob wir ihn gleich noch nicht kennen, wie wir fo viele an— dere Thelie des thieriſchen Mechanismus noch nicht kennen, und inſonderheit das Princi— pium der Bewegung und des Lebens uns noch unbekannt iſt. Allein wir wollen zu der Unterſuchung der verſchiedenen Erſcheinungen der Strei⸗ fen gehen, und ſehen, mit wie vielen Veränderungen der Nerve ſich dem Auge des auf: merkſamen Beobachters darſtellt. a f 5 a Die Fig. I. der dritten Kupfertafel ſtellt einen durch eine Linſe ungefehr ſechs mal vergroͤſſerten Nerven vor; ee, cc, cc, ee, find die weiſſen Streifen, die alle gleich breit ‚find, und gleich weit aus einander ſtehen; 00, 00, 00, 00, find die undurchſichtigen Theile des Nerven, die den erſtern vollkommen gleich ſind. Die Fig. III. ſtellt einen achtmal durch eine Linſe vergroͤſſerten Nerven vor. Die Streifen in dieſem durchſchnitten ſich unter verſchiedenen Winkeln, und an verſchiede— nen Stellen des Nerven. Die Fig. II. iſt ein anderer Nerve, der wie oben betrachtet wurde. Die Streifen find deutlicher und nähern ſich an einigen Stellen einander, an- ſtatt ſich zu durchſchneiden, aber ohne die geringſte Regelmaͤßigkeit. Der Nerve der Fig. VI. zeigt auch dieſe weiſſen Streifen, von denen einige zuſammen laufen, und andere ſich durchſchneiden. Dieſe geringe Regelmaͤßigkeit der Streifen brachte mich auf die Vermu⸗ thung, daß es vielleicht verſchiedene Ordnungen davon in eben demſelben Nerven gaͤbe, und daß fie vielleicht in entgegengeſetzter Richtung liefen. Die Fig. VII. beftätigte mich beynahe ganz in dieſer Vermuthung. Man ſieht daſelbſt die Streifen in der Mitte der Breite des Nerven durchſchnitten, fo daß fie vollkommen gleiche ſtumpfe und ſpitzige Win⸗ kel machen. Allein dieſe Hypotheſe oder e war noch keine ausgemachte N 3 2 Wahr⸗ 364 — Wahrheit, und ſie konnte wohl falſch ſeyn. Als ich meine Besbachenn vervielfaͤl⸗ tigte, ſo fand ich in vielen Nerven eine doppelte Ordnung dieſer weiſſen Streifen, welche einander entgegen kamen, wie die Zaͤhne zweyer Raͤder, wenn fie in einander faſſen. Die Fig. V. ſtellt dieſe doppelte Ordnung von Streifen ſehr gut vor j welche ich in einem Nerven wahrnahm, als ich mich einer Linſe bediente, die ſechsmal vergroͤſſert. Die Streifen der beiden Ordnungen ar, oe, waren gleich breit, und ſtanden allenthalben gleich weit aus einander, und giengen um mehr als den dritten Theil ihrer Laͤnge in einan⸗ der; wie man die Streife o in die Streife a, und eben fo die Streife e in die Streife r laufen ſieht. Dieſe neue Beobachtung uͤberzeugte mich noch mehr, daß dieſe Streifen laͤngs dem Nerven in Geſtalt concentriſcher gleich weit aus einander ſtehender, und allent⸗ halben einen gleichen Durchmeſſer habender Spirallinien liefen. Es iſt zwar wahr, daß ich fie aus zwey vermittelſt einer gemeinſchaftlichen zellenhaͤutigen Scheide mit einander vereinigten Nerz en gebildet betrachtete; auf ſolche Art konnte ich von allen Unregelmaͤßig⸗ keiten Grund angeben, die ich oben bemerkt habe. Der Nerve der Figur VIII. uͤberzeugte mich völlig; r, a, r, a, zeigen einen von den beiden Nerven an, und a, o, a, o, den andern. Man ſieht offenbar eine Scheidungslinie zwiſchen den oberſten und unterſten Streifen; und dieſe Linie aa konnte nichts anders ſeyn, als die Vereinigung der beiden Nerven. Es war mir nicht mehr ſchwer, mich von der Wahrheit dieſer Suppoſition zu. verſichern, ich durfte dieſen Nerven nur vollkommen von den gemeinen Bedeckungen entbloͤſſen, und dar⸗ auf die Nerven aus einander trennen, aus denen er beſtand. Die Fig. IV. ſtellt in der That dieſen Nerven vor, ſo wie er nicht allein von der gemeinſchaftlichen Scheide, ſondern auch von den Nerven getrennt iſt, aus denen er zufammengeſetzt war. Dieſe Nerven machen, wie man ſieht, eine Anzahl von vier aus; nemlich ab, ce, or, fm, und in einem jeden derſelben waren die Streifen einfach, ohne ſich zu begegnen, oder Winkel zu machen. Man muß indeſſen nicht glauben, daß ein Nerve, der nur eine einzige Ordnung von Strei⸗ fen zeigt, ſehr einfach ſey, das heißt, nicht aus andern kleinern Nerven beſtehe; dies wuͤrde ein Irrthum ſeyn, und alle meine Beobachtungen beweiſen es. Ich habe allzeit geſehen, daß die groͤſſern Nerven aus kleinern gebildet ſind, und die kleinen, wieder aus noch kleinern, und in den letztern, die ich einfach nennen will, ſieht man die Streifen all⸗ zeit regelmäßig ‚ fo daß fie niemals Winkel machen. Die Nerven find alsdann fo fein als Haare, und vielleicht noch feiner, und doch ſieht man die Streifen gut, ſelbſt mit den ſchwächſten Vergroͤſſerungsglaͤſern. Sind fie dicker, und aus andern Nerven gebildet, ſo ſieht man nur eine einzige Ordnung von Strei⸗ fen darinn; die Urſache davon iſt, daß das Zellengewebe ſie dergeſtalt vereinigt A ein⸗ wickelt, daß das Auge in dieſe Subſtanzen nicht weiter dringen kann. Dieſe bewundernswuͤrdige Structur von Streifen iſt alſo allen Nerven gemein, ſelbſt den Eleinften, und die Unregelmaͤßigkeit dieſer Streifen ruͤhrt nur von den Streifen der andern kleinern Nerven her, aus denen der geöffere Nerve zuſammen geſetzt iſt. Ich 5 habe Fe 355 habe geſucht, fie ſowohl von ihren beſondern, als gemeinfchaftlichen Scheiden mit der fei- nen Spitze einer ſcharfen Nadel zu entbloͤſſen, ohne ihre Structur merklich zu verändern, und ich habe gewiß geſehen, daß dieſe Streifen deswegen nicht zerſtoͤrt wurden; ſo daß es deutlich war, daß fie von der urſprünglichen Structur dieſer Werkzeuge abhiengen. Da ich mich endlich überzeugt hatte, daß dieſe geftreifte Figur nichts ſcheinbares, oder kein optiſcher Betrug waͤre, und da ich ſahe, daß ſelbſt die Ungleichheiten der Strei⸗ fen mich immer mehr in der Meinung beſtaͤtigten, daß es eben ſo viele Spiralwindungen waͤren, nemlich daß ſie ohne im geringſten unterbrochen zu werden, ſich von einem Ende bis zum andern herumdreheten, fo ging ich zur Unterſuchung ihrer Natur oder ihrer Zus ſammenſetzung uͤber. a ö f Die weiſſe Farbe hätte mich ſogleich auf die Vermuthung bringen koͤnnen, daß es bloſſe markichte Subſtanz waͤre; aber die Beobachtung allein muſte dieſes entſcheiden. Meine erſte Sorge war, einen kleinen Nerven zu unterſuchen, der mit ſeinem na⸗ ehrlichen Zellengewebe bedeckt war. Die Fig. XI. ſtellt ihn fo vor, wie ich ihn mit einer ſehr ſcharfen Linſe und mit Waſſer bedeckt geſehen habe. Die beiden Enden des Nerven a, a, waren ein wenig durchſichtig, und ſchienen von ſehr feinen Faden gemacht zu ſeyn, die mit einer groſſen Anzahl ſehr groſſer und ovalrunder Kuͤgelchen durchwebt waren. Dieſe ovalrunden Kuͤgelchen, und ſehr kleinen Faden haben alle Scheiden der Nerven mit einander eigen. Der undurchſichtige und mittlere Theil des Nerven aa ſchien mir aus parallelen und geſchlaͤngelten Faden zuſammen geſetzt zu ſeyn, wie man fie in eben der Fi= gur ſieht. m, m, m, find die eyfoͤrmigen Kuͤgelchen, die man im Zellengewebe des Mer- ven wahrnimmt; und r, x, r find die Faden des Zellengewebes ſelbſt, fo wie fie im Waſſer ſchwimmen. Allemal, wenn ich den Nerven auf ſolche Art, nemlich mit einer ſehr ſcharfen Linſe unterſuchte, zeigten ſich die Streifen meinem Auge nicht mehr, und ich konnte dieſe Verſchwindung nicht deutlich erklaͤren. Anſtatt der oben bemerkten Spiralſtreifen, ſahe ich parallele und geſchlaͤngelte Fi— bern, allenthalben von gleicher Dicke, welche laͤngs dem Nerven hinunter liefen; und doch zeigte eben dieſer Nerve mit bloſſem Auge, und einer nicht ſcharfen Linſe angeſehen, die weiſſen Streifen wie gewoͤhnlich. 8 7 Ich nahm endlich das Zellengewebe, oder die Scheide des Nerven ſelbſt weg, ohne das Gewebe deſſelben zu veraͤndern, und ich mochte ihn in dieſem Zuſtande mit ſo vieler Aufmerkſamkeit unterſuchen, als ich wollte, fo konnte ich weiter nichts ſehen, als die ge= ſchlaͤngelten Fibern, wie ſie die Fig. IX. vorſtellt. Alle meine Unterſuchungen waren ver— geblich, und ſo viel mal ich auch dieſe Unterſuchung wiederholt habe, ſo habe ich in dem Nerven weiter nichts als wellenfoͤrmige und 99 1 Fibern finden koͤnnen, als ich ihn 53 mit 366 ; nen mit ſehr ſcharfen Linſen unterſuchte, und Spiralſtreifen, wenn ich ihn mit nicht fo ſtarken Vergroͤſſerungsglaͤſern, oder mit bloſſem Auge anſahe. Wenn meine erſtern Beobach⸗ tungen mich hatten glauben machen, daß der Nerve in der That aus breiten und ſehr weiſſen Spiralſtreifen beſtünde, fo mußte ich aus den letztern vermuthen, daß er aus parallelen und geſchlaͤngelten Fibern zuſammengeſetzt waͤre; aber ich wußte noch nicht, welche von beiden Erſcheinungen die wahre wäre. Es iſt zwar wahr, daß die erſte Hypotheſe mir nach dieſen letztern Betrachtungen weniger wahrſcheinlich vorkam, weil ich mit den ſtaͤr⸗ kern Vergroͤſſerungsglaͤſern nichts in dem Nerven ſahe, welches mit den erſten Erſcheinun⸗ gen übereinſtimmte. Ich fand keine Faden oder Baͤnder mehr, welche ihn allenthalben in einer Spiralform umgaben, ſo daß ich ſehen mußte, ob dieſe Spiralſtreifen nicht ein bloſſer optiſcher Betrug wären. In dieſem Zweifel ſahe ich keinen andern Weg, als fort⸗ zufahren, dieſe doppelte Erſcheinung von Spiralſtreifen in einem Falle, und der geſchlaͤn⸗ gelten Faden im andern zu beobachten. Ich aͤnderte die Umſtaͤnde dieſer Unterſuchung, ſo viel als es mir moͤglich war, ab; und wenn es mir nicht gelang, bey dieſer Verfahrungs⸗ art zu entdecken, woher dieſe doppelte Erſcheinung von krummlinichten Streifen, und ge⸗ ſchlaͤngelten Faden kaͤme, oder wodurch ſie hervorgebracht wuͤrde, ſo trat demohngeachtet alles zuſammen, mich glauben zu machen, daß im Nerven nichts anders vorhanden waͤre, als einfache ſehr dünne geſchlaͤngelte Faden, und der Nerve ſchien mir ganz davon gebildet zu ſeyn, inſonderheit wenn ich einen ſehr kleinen Nerven unterſuchte, der nicht aus andern kleinern zuſammengeſetzt war. Ich konnte darinn nichts wahrnehmen, als dieſe geſchlaͤn⸗ gelten und ſehr feinen Faden. Das Mieroscop hätte fie nicht dem Auge fo beftändig in fo vielen verſchiedenen Umſtaͤnden zeigen koͤnnen, wenn fie nicht in der That darinn geweſen wären, weil ich den Nerven mit ſtaͤrkern Vergroͤſſerungsalaͤſern anſahe, und gerade in dieſem Augenblicke ſich die geſchlaͤcgelten Faden zeigten. Dieſes abwechſelnde Verſchwin⸗ den und Erſcheinen der Spiralſtreifen und der geſchlaͤngelten Faden, und umgekehrt, brachte mich endlich auf den Gedanken, daß die Spiralſtreifen dem bloſſen, oder ſchwach bewafneten Auge durch die geſchlangelten Fibern ſelbſt dargeſtellt würden. Durch dieſe neue Hypotheſe konnte ich ſehr wohl von den verſchiedenen Erſcheinungen in dem Baue der Nerven Grund angeden, und es war gar keine Erſcheinung mehr, welche ich nicht leicht erklärte, und keine Beobachtung, die ich nicht alſobald begrif. Ich ſuchte indeſſen einen gewiſſern Beweis, eine entſcheidende Erfahrung. Ich wollte gern die Natur auf der That erhaſchen. Eine geduldige Aufmerkſamkeit von vielen Tagen, welche ich auf dieſe Beobachtungen verwandte, machte, daß ich endlich ſo glücklich war, das ganze Ge⸗ heimniß zu entdecken. Die gar zu ſtarken Vergroͤſſerungsglaͤſer machten, daß mir die Spiralſtreifen verſchwanden, und die gar zu ſchwachen Linſen machten die geſchlaͤngelten Fibern verſchwinden. a 4 Das mehr oder weniger ſtarke Licht, welches ich auf den Gegenſtand durch Huͤlfe des Reflexionsſpiegels leitete, brachte merkliche Veranderungen in den Erſcheinungen des Nerven hervor; ſo daß ich zuweilen die Spiralſtreifen allein, und zuweilen die bloſſen ge⸗ ſchlaͤngelten Fibern mit einer und eben der ſelben Linſe ſahe. 5 Ich 367 Ich bediente mich alſo einer Linſe von mittelmaͤßiger Staͤrke, und ich erleuchtete den Gegenſtand dergeſtalt, daß ich ſehr gut die geſchlaͤngelten und wellenfoͤrmigen Fibern unterſcheiden konnte; aber jetzt war von den Spiralſtreifen nichts zu ſehen. Ohne weder den Gegenſtand noch die Linſe zu berühren, drehete ich nur den Spiegel ein wenig, und leitete das Licht dergeſtalt auf den Gegenſtand, daß mir endlich die Spiralſtreifen auf die deutlichſte Art zum Vorſchein kamen. Ich berührte darauf den Spiegel kaum, und die Spiralſtreifen verſchwanden alſobald, an ihrer Stelle aber zeigten ſich die geſchlaͤngelten Fibern. Ich beruͤhrte den Spiegel wieder, und den Augenblick kamen wieder die Spiral— ſtreifen zum Vorſchein, und ſie wurden abermahls von den geſchlaͤngelten Fibern verdraͤngt, als ich den Spiegel wieder anders bewegte. Ich lernte auf ſolche Art nach Gutduͤnken dieſe gedoppelte Erſcheinung von Spiralſtreifen und Fibern entſtehen zu machen, indem ich nur den Gegenſtand mehr oder weniger erleuchtete. Die Fig. IX und X ſtellen dieſe Erſcheinungen und allmaͤhligen Verſchwindungen vor. Die Fig. X it der Nerve, fo wie er von der aͤuſfern Scheide entbloͤßt iſt, und mit einer Linſe von mittelmaͤßiger Staͤrke geſehen wird. Er war fo mit Licht umgeben, daß man deutlich die weiſſen Streifen oder Flecken e, e, e, e, und die dunkeln Flecken a, a, a, a, ſahe. Dieſe doppelte Klaſſe von dunkeln und weiſſen Flecken machen die Spiralſtreifen des Nerven aus. a R Ich beruͤhrte kaum den Spiegel, ſo verſchwanden die Spiralſtreifen alſobald; und an ihrer Stelle ſahe ich weiter nichts mehr, als die geſchlaͤngelten Fibern der IX Figur. Wenn ich den Spiegel nach unmerklichen Graden bewegte, ſo ſahe ich unmerklich die Spi- ralſtreifen verſchwinden, und die Fibern zum Vorſchein kommen, oder beſſer zu reden, ich ſahe die Streifen ſich in wahre geſchlaͤngelte und parallellaufende Fibern verwandeln. Die Streifen e, e, e, der Figur X. wurden die geſchlaͤngelten und erhabenen Fibern e, e, e, der IX Figur und die dunkeln Zwiſchenraͤumen a, a, a, a, der X Figur. Die ausgehoͤhlten Fibern a, a, a, der IX Figur. Es war nicht mehr moͤglich, an der Wahrheit dieſer Beobachtungen zu zwei⸗ feln; nemlich daß die Streifen nicht wirklich, ſondern nur ſcheinbar waren, und daß es ſich ganz anders mit den geſchlaͤngelten Fibern verhielt. N Alle Beobachtungen, die ich nachher gemacht habe, haben mich immer mehr da⸗ von uͤberzeugt; fo daß ich nicht zweifeln kann, daß die Spiralftreifen ein optiſcher Betrug find, und daß dieſer optiſche Betrug von der wellenfoͤrmigen Geſtalt einer groſſen Menge Fibern oder parallellaufender Faden hervorgebracht wird, die längs dem Nerven hinun⸗ ter laufen. f Unter den zahlreichen mieroscopiſchen Beobachtungen, welche ich zu verſchiedenen Zeiten an den Thieren, oder an andern kleinen Koͤrpern gemacht habe, iſt keine einzige, die mich fo viele Mühe gekoſtet Hätte, als dieſe, und die mich ſo ſehr Hätte hintergehen koͤnnen. 368 FE konnen. Ich habe diefe Spiralftreifen vielen Perſonen gezeigt, die gewohnt waren, die kleinſten Gegenſtaͤnde und die Structur des menſchlichen Körpers zu beobachten, und ich fand keinen einzigen, welcher dieſen Bau von Spiralſtreifen im Nerven nicht für wirklich gehalten haͤtte, und wenn ich ihnen fagte, daß es nur ein bloſſer Anſchein wäre, fo lachten fie über meine Vermuthung. 08 0 Nachdem ich auf ſolche Art dieſe erſte Schwierigkeit überwunden, und mich ver⸗ ſichert hatte, daß man in dem Nerven eine groſſe Menge geſchlaͤngelter Fibern wahrnimmt, von denen er gebildet wird, ſo eilte ich zu weitern Unterſuchungen. Es kam darauf an zu wiſſen, wie die urſpruͤngliche Structur des Nerven beſchaffen wäre, das heißt, ob fie aus Kanaͤlen oder bloſſen Faden zuſammen geſetzt waͤre; ob ſie nur aus Kuͤgelchen beſtuͤn⸗ den, oder ob ſie eine nicht organiſche, unregelmaͤßige, ſchwammigte Materie enthielten. Dieſe Unterſuchung iſt eben fo wichtig als ſchwer; weil von nichte weniger die Rede iſt, als ein für allemal die Begriffe der Zergliederer über die Nerven, das heißt, über den Bau des Werkzeugs der Bewegung und Empfindung in den Thieren feſtzuſetzen. Man zankt ſeit drey tauſend und mehr Jahren, ſeit dem Hippocrates bis auf Albinus, ſeit den Zeiten der Griechen bis auf die Neuern, und es ſcheint nicht, daß man bis jetzt weiter gekommen iſt, als die Zweifel und die Hypotheſen zu vervielfältigen. f f Ohne mir viele Hofnung zu machen, die erften Elemente der Nerven zu entdecken, habe ich mit Eifer die Unterſuchung derſelben unternommen, weil ich uͤberzeugt war, daß die Kenntniß, die ich von ihren geſchlaͤngelten Fibern hatte, mir bey dieſer ſo ſchweren Un⸗ terſuchung ſehr zu Huͤlfe kommen wuͤrde. Ich fing meine Beobachtungen bey einem ſehr kleinen Nerven an, den ich vom Zellengewebe entbloͤßt hatte. Ich beobachtete mit einer ſehr ſcharfen Linſe die geſchlaͤngel⸗ ten Fibern ſehr gut, und beſtimmte die Dicke derſelben. Da dies geſchehen war, ſo ſchnitt ich den Nerven in feiner Laͤnge nach feinem Ende zu vermittelſt einer aͤuſſerſt geſchaͤrften Nadel durch, und trennte die Theile oder die Faden deſſelben, indem ich fie von einander entfernte. Der Nerve war mit Waſſer befeuchtet, und die Faden ſchwammen darinn. Nach vielen unnuͤtzen Verſuchen, und nach vielen entweder verdaͤchtigen oder nicht beſtaͤn⸗ digen Beobachtungen gelang es mir endlich verſchiedene ſehr kleine Cylinder zu bekommen, die mehr oder weniger durchſichtig waren, aus einem kleinen. Haͤutchen zuſammengeſetzt, und zum Theil mit einer durchſichtigen, gallertartigen Feuchtigkeit, und kleinen Kuͤgelchen oder ungleichen Koͤrperchen angefüllt zu ſeyn ſchienen. Die Figur III der vierten Kupfer⸗ tafel ſtellt drey dieſer Roͤhrchen vor, welche ich urſpruͤngliche Nervencylinder nennen will; weil dieſe Theile es ſind, die den Nerven oder ſeinen markichten Theil ausmachen. Die Fig. V ſtellt einen andern dieſer Cylinder vor. Ich babe eine groſſe Anzahl dieſer urſprünglichen Nervencylinder mit einem Mi⸗ croſcope unterſucht, das fuͤnfhundert mal vergroͤſſert, um ihren Bau und ihre Geſtalt beſſer 3657 beſſer zu erkennen. Die Fig.! ſtellt einen Nerveneylinder vor, welcher hie und da an den Wänden einige Stucke von geſchlaͤngelten Faden, und einige ſphaͤroidiſche Körperchen im innern des Cylinders zu haben ſchien. Man ſieht einen andern dergleichen in der Fig. II. welcher hie und da mit ſehr kleinen kugelartigen Koͤrperchen angefuͤllt zu ſeyn ſcheint, die in einer durchſichtigen gallertartigen Feuchtigkeit liegen. Ich habe andere geſehen, von denen man geglaubt haͤtte, daß ſie mit einer gallertartigen Subſtanz angefüllt wären, die bie und da gefprungen und in verſchiedene Theile abgeſondert wäre; fo daß man die Gal⸗ lerte der Cylinder, wie unterbrochen, oder in groſſe durchſchtige untegelnäßige Maſſen getheilt, betrachten konnte. g Inzwiſchen waren doch alle meine Semiunge „ mich von der Wirklichkeit und der Natur dieſer unregelmäßigen, den urſpruͤnglichen Cylindern zugehörigen Koͤrperchen zu verfül chern, nicht hinreichend, daß ich hätte gewiß davon urtheilen koͤnnen. Es kam mir zuweilen vor, als wenn es Flecken oder Unregelmaͤßigkeiten an ihren aͤuſſern Waͤnden waͤren; aber ich wagte es nicht, einen gewiſſen Ausſpruch zu thun, und die Zweifel ver⸗ vielfaͤltigten ſich mit meinen Beobachtungen zu gleicher Zeit. Ich nahm meine Zuflucht zu einem der ſtaͤrkſten Microscope, welches ſiebenhundert mal im Durchmeſſer vergroͤſſerte, und nach vielen vergeblichen Verſuchen kam ich endlich ſo weit, daß ich mich verſicherte, daß die Wände der urſpruͤnglichen Nerveneylinder ganz knotig und voller Ungleichheiten waren. Die Fig. IV ſtellt vier dieſer Cylinder ae, om, rs, ne vor, in denen die Un— gleichheiten an den beiden ae und rs offenbar find. Als ich endlich von dieſer neuen Wahr— heit verſichert war, ſo blieb mir noch uͤbrig, die wahre Natur der Unregelmaͤßigkeiten der Cylinder kennen zu lernen, und zu erfahren, ob fie Kuͤgelchen oder Koͤrperchen von einer andern Geſtalt enthielten. f Um in einer ſo ſchweren Unterſuchung glücklich zu 0 machte ich den Anfang damit, mit der Spitze einer Nadel die urſpruͤnglichen Cylinder vieler Nerven abzuſondern. Die Nerven oder ihre Enden waren im Waſſer, und ich ſchob die Spitze der Na⸗ del längs dem Nerven hinunter, um die Cylinder zu zerreiſſen, oder fie einigermaſſen von der Ungleichheit zu befreyen, von der die Rede iſt; und in der That gelang es mir endlich, einen zu ſehen, welcher die Geſtalt hatte, die man in der Fig. VI ſteht; Ungefehr die ‚Hälfte dieſes Cylinders ac beſtand aus einem durchſichtigen und gleichfoͤrmigen Faden, und die andere Hälfte ma war faſt doppelt fo dick, nicht fo durchſichtig, ungleich, hoͤckericht. Ich vermuthete jetzt, daß der urſpruͤngliche Nervencylinder aus einem durchſichtigen Ey: linder beftunde, der kleiner, gleichförmiger, und mit einer andern Subſtanz, vielleicht von zellenhaͤutiger Natur, bedeckt waͤre. 0 Die Beobachtungen, die ich ſeit der Zeit machte, een mich immer mehr in dieſer Hypotheſe, welche endlich eine ausgemachte Wahrheit wurde. Ich habe in vielen x Faͤllen dieſe beiden Theile geſehen, welche den urfprünglichen Nervencylinder ausmachen. Der eine iſt ganz auswärts, ungleich, und hoͤckericht; Der andere iſt ein Cylinder, der Fontana II B. A aa aus 370 aus einer beſondern, -ducchäctigen, homogenen Haut gebildet zu ſeyn ſcheint, welche mit einer gallertartigen Feuchtigkeit, die eine gewiſſe Conſiſtenz hat, angefüllt iſt. Die Fig. IV ſtellt, wie man geſehen hat, eine Abbildung dieſer urſprünglichen Mervencylinder vor, fo wie ich fie beobachtet habe, als ich einen Nerven von einem Ka⸗ ninchen unterſuchte. Einer von denſelben, nemlich om, war ganz von der aͤuſſern und hoͤckerichten Haut entblößt, und er zeigte ſich unter der Geſtalt eines gleichfoͤrmigen durch⸗ üchtigen Cylinders. Ein anderer war ebenfalls ganz entbloͤßt, ausgenommen an einem Ende ne, welches mit einer aͤuſſern knotichten Haut bedeckt und umgeben zu ſeyn ſchien. Ein dritter ac. war faſt ganz mit der ungleichen Haut bedeckt; er war nur an einigen Stellen davon entbloͤßt. Der vierte rs war ganz mit der knotigten Haut bedeckt. Die Fig. VII ſtellt einen urſprünglichen Nervencylinder vor, in welchem or der dickſte, oder mit einem aus feinen Faden beſtehenden Zellengewebe bedeckte Theil iſt. Der Theil rs iſt von dieſem Zellengewebe entbloͤßt. » Als ich aufmerkſam dieſe äuffere Hülle der urſpruͤnglichen Nervencylinder unter ſuchte, ſo glaubte ich wahrzunehmen, daß ſie aus geſchlaͤngelten Faden zuſammengeſetzt waͤre, welche längs dem Nerven hinunter liefen, und eine Hülle um die innern Cylinder bildeten; aber ich verſicherte mich davon noch beſſer kurze Zeit darauf, durch Huͤlfe einer Linſe, die achthundert mal vergroͤſſerte. Die Fig. VIII ſtellt einen urſpruͤnglichen Ner⸗ vencylinder vor, der mit der aͤuſſern Scheide bedeckt iſt. Man ſieht, daß ſie aus ſehr kleinen geſchlaͤngelten Faden beſteht, welche längs: dem urſpruͤnglichen Nerveneylinder herunter laufen. 8 N Dieſe Faden laſſen ſich einigermaſſen in Anſehung ihres Laufs mit dem Canal ver⸗ gleichen, welcher den Nebenhoden bildet, der ſich alle Augenblicke kruͤmmt. Die Dicke dieſer Faden iſt ſehr klein; ſie iſt mir nicht groͤſſer, als ein dreyzehntauſend Theil eines Zolls vorgekommen, und ob ſie gleich fo fein find, fo bilden fie doch um den urfprünglichen Mervencylinder eine fo. dicke Huͤlle, daß ſein Durchmeſſer faſt dreymal fo groß wird, und dieſes kommt daher, daß die geſchlaͤngelten Faden ſich aufs aͤuſſerſte haͤufen. Dieſe geſchlaͤngelten Faden, welche die urſpruͤnglichen Nerveneylinder bedecken, will ich geſchlaͤngelte Cylinder der Nerven nennen, und indem ich ſie zuſammen als eine Hülle des urſpruͤnglichen Nervencylinders betrachte, ſollen fie. die aͤuſſere Scheide der urſpruͤnglichen Nerveneylinder heiſſen. Die Fig. IX ſtellt einen urſpruͤnglichen Nerveneylinder vor, der mit feiner aͤuſſern Scheide bedeckt iſt. Man ſieht, daß ſie aus geſchlaͤngelten Faden zuſammengewebt iſt, von denen einige vermittelſt der Nadelſpitze ein wenig aus einander getrennt ſind. Dieſe geſchlaͤngelten Faden haben eine merkliche Dicke, wenn man ſie mit den ſtaͤrkſten Linfen an⸗ ſteht, ob fie gleich viel feiner find, als die urſpruͤnglichen Nerveneylinder. 2, 2 one 5 DR So ift die urſprüngliche Structur der Nerven beſchaffen. Der Nerve wird durch eine groſſe Anzahl durchſichtiger, homogener, gleichfoͤrmiger, ſehr einfacher Cylinder ge- bildet. Dieſe Cylinder ſcheinen von einer ſehr feinen, einfoͤrmigen Haut gebildet zu ſeyn, die, ſo viel als das Auge davon urtheilen kann, mit einer durchſichtigen, gallertartigen, im Waſſer unauflöslichen Subſtanz angefüllt iſt. Ein jeder dieſer Cylinder bekommt eine Hülle in Geſtalt einer äuffern Scheide, welche aus einer unzähligen Menge geſchlängelter Faden zuſammengeſetzt iſt. Eine ſehr groſſe Anzahl durchſichtiger Cylinder machen zu— ſammen einen ſehr kleinen kaum ſichtbaren Nerven aus, der den aͤuſſern Anſchein von weiſſen Streifen bildet; und viele dieſer Nerven bilden " gufammen die gröffeften Nerven, die man in den Thieren wahrnimmt. Ich bin durch meine eigenen Beobachtungen, ſo ich ſehr viel mal mit eben dem Erfolge wiederholt habe, feſt uͤberzeugt, daß die Cylinder, die ich beſchrieben habe, die einfachen und erſten organiſchen Elemente der Nerven ſind; denn es hat mir niemals ge— lingen wollen, fie weiter zu theilen, fo viele Bemühungen ich auch durch Huͤlfe der feinſten und ſpitzigſten Nadeln angewandt habe. Ich konnte ſie wohl auf vielerley Art zerreiſſen, und hie und da abreiſſen; aber fie waren immer einfach; Ich konnte fie von ihren Schei— den entbloͤſſen, und die geſchlaͤngelten Cylinder abſondern, wovon dieſe gebildet find, ob fie gleich viel kleiner waren. Der urſpruͤngliche Nervencylinder war alsdann durchfichtig, gleichartig, und allenthalben von gleichem Durchmeſſer. Man ſieht daraus, wie ſehr ſich überhaupt die gröffeften Zergliederer geirrt haben, wenn fie behaupteten, daß die Ner— ven ſich beſtaͤndig weiter theilen lieſſen, ohne daß man jemals hoffen dürfte, die erſten Fa— den, oder die erſten organiſchen Elemente davon kennen zu lernen. Mir deucht, daß man hier einen groſſen Schritt zur Kenntniß eines ſo weſent— lichen Werkzeugs zum Leben gethan hat, welches ſich bis jetzt vor den Augen der groͤſſeſten Beobachter verborgen hatte. f a Ich behalte mir vor, die Materie, woraus die Nerven zuſammengeſetzt, oder womit ſie angefuͤllt ſind, bey mehr Muſſe auch zu unterſuchen; Waͤre dieſe Sache recht eingeſehen, fo wuͤrde fie das groͤſſeſte Licht zur Kenntniß der thieriſchen Deconomie, und vielleicht auch einer groſſen Menge von Krankheiten geben. Aaa 2 Ueber 372 Ueber den Bau des Gehirns. Nachdem ich den Bau der Rerben „ uud ihre erſten organiſchen Elemente unterſucht 9 erfordert die Ordnung, daß ich meine Aufmerkſamkeit auf das Gehirn wende, aus dem fie ihren Haupturſprung haben. Man weiß, daß das Gehirn aus zwey Subſtanzen zuſammengeſetzt iſt, die man die rindichte, und die markichte Subſtanz nennt, und welche man an ihrer Farbe unterſcheidet. 8 Wir haben ſchon die verſchiedenen einigen der Schriftſteller über die Structur des Gehirns angezeigt. Einige halten ſeine Subſtanz ganz fuͤr gefaͤßartig, und die andern wollen ſie nicht ſo haben. Es giebt einige, welche annehmen, daß ſie aus bloß rothen Gefaͤſſen beſteht, andere hingegen glauben, daß fie aus viel kleinern Gefaͤſſen N ſey, als bie rothen Gefaͤſſe ſind. Malpi gh glaubte, das Gehirn beftunde aus Druͤſen, wie alle andere zu beſon⸗ dern Abſonderungen beſtimmte Eingeweide. Die neuern Beobachter ſind der Meinung, einige, daß es aus bloſſen Kuͤgelchen, andere, daß es aus einer nicht organiſchen ſchwam⸗ michten Maſſe aufammengefeßt ſey. Die Beobachtungen „die ich uͤber die markichte Seb der Nerven gemacht habe, waren mir ein ſehr groſſes Huͤlfs mittel in der Unterſuchung des Gehirns, ob ich gleich bey der rindichten Subſtanz ſehr groſſe Schwierigkeiten vorgefunden habe, die ich Diolleich niemals überwunden haben würde, wenn ich nicht vorher die markichte Subſtanz dieſes Werkzeugs kennen gelernt hätte, in welcher man alles viel beſſer und deutlicher ſieht. Dies iſt die Urſache, warum ich meine e mit der 1 der markichten Subſtanz des Gehirns anfangen werde. Ich will nicht von den rothen Gefaͤſſen reden, welche man in der markichten Sub: ſtanz dieſes Eingeweides ſieht, und die den Zergliederern, Wee ſeit der Erfindung 4 der Einſpritzungen bekannt ſind. Ich handele nur von demjenigen Theile der markichten Subſtanz, der ganz weiß, und gewiß nicht aus rothen Gefaͤſſen zuſammengeſetzt iſt. Ich ſchnitt mit einem Scheer⸗ meſſer eine ſehr duͤnne Flaͤche von der markichten Subſtanz ab, und legte ſie auf ein mit Waſſer befeuchtetes Glas. Ich unterſuchte dieſe Subſtanz mit der gröffeften Aufmerk⸗ ſamkeit, indem ich das Licht nach Umſtaͤnden veraͤnderte, und es kam mir vor, als wenn fie aus einer durchſichtigen, hie und da mit ſehr kleinen gefchlängelten abgerundeten Cylin⸗ dern bedeckte zellenartige Subſtanz gebildet wäre, Die Fig. VIE. rr der fünften Kupfer⸗ tafel ſtellt dieſe Subſtanz vor, welche genau beobachtet, wie aus einer Anhaͤufung von Gedaͤrmen zuſammengeſetzt zu ſeyn ſchien; aber es war alles dunkel und ungewiß. Auf der Seite in a, a, waren viele kleine in Waſſer ſchwimmende, und von der Zellenſubſtanz abgeſonderte Koͤrperchen. Einige ſind groͤſſer, als die andern „ mehr oder e ey⸗ g oͤrmig, * N 0 373 foͤrmig, und unregelmaͤßig. Dieſe Gedaͤrmgeſtalt der markichten Subſtanz des Gehirns brachte mich auf die Vermuthung, daß es Kanäle oder Gefaͤſſe ſeyn koͤnnten, und daß die ganze markichte Subſtanz daraus gebildet waͤre. Nachdem ich in der That dieſe mar⸗ kichte Subſtanz der Fig. VIII noch einmal mit einem viel ſtaͤrkern Vergroͤſſerungsglafe betrachtet hatte, ſo ſahe ich, daß ſie wirklich aus einer Verſammlung von kleinen unregel⸗ maͤßigen Gedaͤrmen gebildet zu ſeyn ſchien, die geſchlaͤngelt, durchſichtig, und mit. einer gallertartigen Feuchtigkeit angefuͤllt waren. Es war mir nicht möglich, mehr davon zu ſehen. Es fehlen nur, daß dieſe kleinen Gedaͤrme ſehr kurz waren, und daß einige ſich in kleine Kuͤgelchen, oder ſphaͤroidiſche Koͤrperchen endigten. So gewiß n. ir auch dieſe Beobachtung vorkam, ſo ließ fie mir doch noch vieles zu wünſchen uͤbrig. Ich hätte gern alles beſſer geſehen, und mich verſichert, ob es Kanaͤle wären, welche Aeſte abgaͤben. Ich nahm meine Zuflucht zu einer Lnſe, welche ſiebenhun— dert und mehrmal im Durchmeſſer vergroͤſſerte; und nach verſchiedenen vergeblichen Ver⸗ ſuchen gelang es mir endlich, eben den Theil zu beobachten, den ich vorher mit der Spitze einer Nadel berührt und von neuem mit Waſſer befeuchtet hatte. Ich bemerkte nun mit aller Gewißheit, daß er in der That aus einer gefaͤßartigen und geſchlaͤngelten Subſtanz gebildet war, welche ſich wie Gedaͤrme in Falten legte, und viele Windungen und Krüm- mungen machte. Die Fig. IX. ſtellt ſehr gut vor, wie er dem mit dieſer Linſe bewafneten Auge vorkam. Ganz herum waren die Kuͤgelchen r, r, welche mit etwas umgeben zu ſeyn ſchienen, und einige runde oder ſtumpf e Koͤrperchen zeigten ſi fü ch in der darmaͤhnlichen Subſtanz ſelbſt, und es ſchien, daß einige dieſer Daͤrmchen ſich in dieſe Körper endigten. Es iſt wenigſtens gewiß, daß dieſe abgerundeten Koͤrperchen an dieſer Subſtanz feſt ans haͤngen, und daß das Waſſer fie nicht st davon los machen kann. Doch hatten die Riſſe mit der Nad: ſpitze, die ich in dieſe Subſtanz gemacht hatte, verſchiedene Koͤrperchen davon abgeloͤſt, welche man in der Fig, XVI. vorgeſtellt findet. Man moͤchte ſagen, daß einige aͤſtig ſind, inſonderheit die groͤſſeſten. Andere ſcheinen ſich in die Koͤrperchen zu endigen, von denen ich eben redete. Ich wage es indeſſen nicht, die geringſte Vermuthung daruͤber zu äuſſern; und ich ſtelle den Gegenſtand nur fo vor, als ich ihn geſehen habe. Ich habe dieſe Beobachtung ſehr vielmal wiederholt, aber es iſt mir noch nicht gelungen, etwas mehr zu ſeden. Ich habe mich zwar immer mehr verſi— chert, daß die markichte Subſtanz des Gehirns keine bloſſe Anhaͤufung von Pulsader⸗ und Blutadergefaͤſſen iſt, daß ſie nicht aus bloſſen Kuͤgelchen oder ſphaͤroidiſchen Koͤrper⸗ chen gebildet wird; ſondern daß ſie eine organiſirte Subſtanz, eine beſondere aus durch⸗ ſichtigen, unregelmäßigen Cylinderchen oder Kanälen zuſammengeſetzte Subſtanz ift, welche fich wie Gedaͤrme Frümmen, und die ich wegen der Geſtalt, unter welcher man fie ſieht, die darmaͤhnliche Subſtanz nennen will. Di.ieſe beſondere darmaͤhnliche Subſtanz aus welcher das Mark des Gehirns ge⸗ bildet iſt, löſt ſich nicht durch die Berührung des Waſſers auf, eben fo wenig als die durch⸗ Aaa 3 ſichtige ſichtige Materie, womit diefe Därmchen angefüllt zu ſeyn ſcheinen. Eben fo (öft auch das Waſſer die runden Koͤrperchen nicht auf, die man eben geſehen hat. So iſt die Struetur der markichten Subſtanz des Gehirns beſchaffen; und fa habe ich ſie in allen Thieren gefunden, in denen ieh ſie unterſucht habe. So weit bin ich mit meinen Beobachtungen über dieſen Gegenſtand gekommen; und ich unterſtehe mich zu ſagen, daß ich mir ſchmeicheln kann, mich nicht geirrt zu haben. Alles was ich weiter ſa⸗ gen koͤunte, wurde nichts als bloſſe Hypotheſen, bloſſe Vermuthungen ſeyn. Die rindichte Subſtanz. Der darmaͤhnliche Bau, den ich in der markichten Subſtanz des Gehirns entdeckt hatte, machte es mir leichter, etwas aͤhnliches in der rindichten Sabſtanz dieſes Eingewei⸗ des zu beobachten. Ich ſage, etwas aͤhnliches, weil ich nach allem mit Wahrheit ſagen. kann, daß ich nicht fo gut den darmaͤhnlichen Gang und Bau in dieſer Subſtanz ſehen konnte, als ich ihn in der markichten Subſtanz geſehen hatte. ö Ich wollte die Unterſuchung der rindichten Subſtanz auf eben die Weiſe anfangen, als ich es mit der markichten Subſtanz gemacht hatte. Ich betrachtete eine duͤnne Flache von der rindichten Subſtanz mit Waſſer angefeuchtet. Man ſehe die Fig. VI. r, r, welche dieſe mit einer ſehr ſcharfen Linſe beobachtete Flaͤche vorſtellt. Sie ſchien mir aus einem unregelmäßigen, hie und da koͤrnichten Gewebe gebildet zu ſeyn, welches ich für ein Zellen- gewebe gehalten hätte, wenn ich dem bloſſen Augenſchein haͤtte trauen wollen. Eben die⸗ fer Subſtanz zur Seite waren ſehr kleine unregelmaͤßige, durchſichtige ſphaͤroidiſche Koͤr⸗ perchen r, a, welche mit einer gallertartigen Feuchtigkeit angefuͤllt zu ſeyn ſchienen, ſich nicht im Waſſer aufloͤſeten, und in allen Stuͤcken denjenigen ähnlich waren, welche ich in der markichten Subſtanz beobachtet hatte; doch waren ſie kleiner. Ich nahm ſogleich meine Zuflucht zu einer noch ſtaͤrkern Linfe, mit welcher ich endlich eine Structur wahrnehmen konnte, die in allen Stuͤcken derjenigen aͤhnlich war, welche ich in der markichten Subſtanz geſehen hatte; nemlich fie war aus einer durchſichtigen, organi⸗ ſchen, gefaͤßartigen, darmaͤhnlichen Subſtanz gebildet. Wenn man die Fig. VII. an⸗ ſieht, fo ſieht man in m a ihre Kruͤmmungen und Windungen in dieſer Subſtanz, wie in der markichten; und ſie ſcheint nur in der Duͤnnheit der Gefaͤſſe, und in der Schwierig⸗ keit fie eben fo deutlich zu ſehen, davon verſchieden zu ſeyn. Zur Seite waren die Koͤr⸗ perchen r, r, welche auch in etwas eingewickelt zu ſeyn ſchienen. Alle andere Beobach- tungen, die ich ſeit der Zeit gemacht habe, haben mich noch mehr uͤberzeugt, daß die Structur der rindichten Subſtanz des Gehirns ſo beſchaffen, und nicht weſentlich von der markichten Subſtanz unterſchieden iſt, ob fie gleich in Anſehung ihrer Farbe fo verſchie⸗ den zu ſeyn ſcheinen. Ich will aber nicht leugnen, daß der Nutzen dieſer beiden orga⸗ niſirten Subſtanzen ein wenig verſchieden ſeyn kann; und die fo verſchiedenen Dimen⸗ ſionen in ihrer beiderſeitigen darmaͤhnlichen Structur find hinreichend, es mit Grunde zu vermuthen. N Ich. R 375 Ich haͤtte gewünſcht, die Vereinigung dieſer beiden Subſtanzen, und das Ende der einen, und den Anfang der andern zu ſehen; aber bis jetzt iſt es mir nicht moͤglich ge- weſen, das geringſte davon zu entdecken. Es iſt mir jedoch vorgekommen, als wenn die Fluͤßigkeit, womit die Daͤrmchen der rindichten Subſtanz angefülle zu ſeyn ſchienen, von: eben derſelben Beſchaffenheit war, als die Fluͤßigkeit in der markichten Subſtanz. Die Netzhaut. Nachdem ich die urfprüngliche Structur der Nerven, und der markichten und" rindichten Subſtanz des Gehirns unterſucht hatte; fo glaubte ich eine beſondere Aufmerk⸗ ſamkeit auf diejenigen Theile verwenden zu muͤſſen, in welche die Nerven ſich endigen, und wo ſie Werkzeuge irgend eines Sinns im Thiere werden. Ich waͤhlte dazu die Netzhaut, welche mir das bequemſte Werkzeug fuͤr meinen e zu ſeyn ſchien, und dasjenige, deſſen Nutzen der edelſte iſt; indem ich mir vorbehielt, bey einer andern Gelegenheit die nervichten Ausdehnungen der andern Sinne zu. unterſuchen. Die Schriftſteller ſind unter ſich in Anſehung der urſpruͤnglichen Struetur der Netzhaut getheilt, ob ſie gleich uͤbrigens uͤberhaupt in Betracht der Natur dieſes Werk— zeugs einerley Meinung ſind, von welchem ſie glauben, daß es von dem markichten Theile des Sehenerven gebildet wird. Viele haben geglaubt, es wäre ein bloſſes Ge- webe von Nervenfaſern, und fie find ſo weit gegangen, daß fie die urfprüngliche Groͤſſe derſelben beſtimmt haben, wie man es in den Werken des Porterfield und Geſners ſieht; aber ſowohl das Daſeyn dieſer Faſern, als ihre Groͤſſe ſind in dieſen Schriften mehr auf die Theorie, als auf die unmittelbare Beobachtung gegruͤndet; fo daß ein ge⸗ nauer Beobachter, der ſich nicht mit Hypotheſen begnuͤgt, ſcch auf ihre Rechnungen nicht: viel verlaſſen kann. 5 Es giebt andere, welche zwar den Weg der Beobachtung eingeſchlagen ſind; aber tre Unterſuchungen find nicht ſehr weit gedrungen, weil fie ſich mit dem bloſſen Geſicht, oder mit ganz gemeinen Linſen begnuͤgt haben. Daher kommt es, daß fie uns nur unbe⸗ deutende und allgemeine Sachen geliefert haben; ſie betrachten die Netzhaut als eine Aus breitung des markichten Theils des Sehenerven, und als weiter nichts. Wieder andere aber, die kuͤhner, und mehr gewohnt waren, die kleinſten Koͤrper mit den ſtaͤrkeſten Vergroͤſſerungsglaͤſern zu betrachten, haben ihre Unterſuchungen weiter getrieben, und uns verſichert, daß die Netzhaut nicht aus deutlichen Nervenfibern zuſam⸗ mengeſetzt iſt, ſondern aus der ſchleimichten Subſtanz des Gehirns, welche einige dieſer Beobachter entdeckt zu haben glauben, und die weiter nichts iſt, als eine Verſammlung von bloſſen ſehr kleinen ſphaͤroidiſchen Koͤrperchen, wie ich weiter oben geſagt habe, oder eines nicht organiſchen, verworrenen 1 „ wie andere geglaubt haben, oder: bloffer: Faden und Zellen haͤutchen. Einige: ——o 375 5 Einige Beobachtungen, die ich vorher uber die Netzhaut der Kaninchen angeſtellt hatte, kamen mir ſehr zu Hilfe bey der Unterſuchung der Netzhaut anderer Thiere, die ich ſeit der Zeit unternahm. Ohne die Kenntniß der Netzhaut der Kaninchen wurde ich mich wahrſcheinlich, wie die andern geirrt und dieſem Werkzeuge eine Structur abgefpre- chen haben, die ihm durchaus eigen iſt. a Die Netzhaut der Kaninchen mit bloſſen Augen betrachtet erſcheint ſehr verſchieden von der Netzhaut der andern Thiere, ohne daß man eine Linſe dazu noͤthig haͤtte. Man entdeckt darinn alſobald eine beſondere Structur, welche die Aufmerkſamkeit aller derer erregt, fo fie beobachten. In dem innern Theile der Netzhaut (man ſehe die Fig. XII.) und gerade dem untern Eingange des Sehenervens gegenuͤber, bildet ſich ein ziemlich tie⸗ fer Becher, deſſen Raͤnder ſehr erhaben ſind. Er iſt nach dem Kopfe, und der obern Kinnlade zu mehr erweitert, als nach den beiden Augenwinkeln zu. Aus dem Grunde dieſes Bechers gehen eine groſſe Menge aͤuſſerſt feiner ſehr weiſſer Nervenfaden aus, welche ſich wie Strahlen ganz herum ausbreiten, die aus einem gemeinſchaftlichen Mittelpunkte kommen, und dieſe Strahlen begraͤnzen die Netzhaut. Durchſchneibet man den Sehenerven mit einem Meſſer der Länge nach in zwey gleiche Theile, ſo treffen dieſe Strahlen oder Nervenfaden vollkommen mit den Nerven⸗ faſern überein, welche dieſen Nerven ausmachen, und weiter nichts find, als eine Fort⸗ ſetzung von jenen. So wie dieſe Nervenfaden aus dem Becher herausgehen, ſo nehmen fie immer an Groͤſſe ab, und geben Zweige von ſich, und fo wie fie ſich von ihrem Urſprunge entfernen, werden ſie allzeit zahlreicher, bis daß ſie endlich aͤuſſerſt fein und kaum ſichtbar geworden ſind, und ſich da in ſehr ſpitzige Faden endigen, wo derjenige Theil der Netzhaut anfaͤngt, den ich den ſchleimichten nennen will, um ihn von dem andern zu unterſcheiden, den ich den ſtkahlichten oder faſerichten nenne. Die Nervenſtrahlen breiten ſich al: lenthalben um den Becher aus; aber an zwey gerade entgegengeſetzten Stellen find ſie viel länger, wie in r, r, und nehmen den groͤſſeſten Theil des inwendigen Grundes des Au⸗ ges ein, ſo daß die nicht ſtrahlichte Netzhaut ſehr klein an dieſer Stelle in Vergleichung ihrer beiden andern Theile iſt, welche in m, m, zuſammen treffen. r Die Structur dieſer Meinen Nervenfaden ift dem Anſchein nach faſt geſchlaͤngelt, wenn man fie ſehr aufmerkſam unterſucht, und fie zeigen, inſonderheit an den Stellen, wo - fie weniger getheilt find, den gewöhnlichen Bau von Spiralſtreifen; ob es gleich fehr _ ſchwer iſt, ihn gut zu erkennen. Dieſe kleinen Nerven oder ſtrahlichten Faſern, welche man ſo leicht in den Augen der Kaninchen wahrnimmt, ſelbſt ohne Huͤlfe der einſen, kann man nur aͤuſſerſt ſchwer in den Augen anderer Thiere beobachten. Ich geſtehe aufrichtig, daß, wenn ich ſie nicht vorher bey den Kaninchen beobachtet hätte, ich fie wahrſcheinlicher Weiſe nicht in den an⸗ dern Thieren geſehen haben wurde; weil ich die Netzhaut nicht mit aller der Aufmerk⸗ ſamkeit unterſucht haben wuͤrde, die dazu erfodert wird, wenn ich ſie gar nicht vermuthet hätte: 371 hätte. Ich muß ferner geſtehen, daß dieſe Beobachtung ſchwer zu machen, und nicht gut zu zeigen ift, und daß man um dieſe ſtrahlichten Faſern zu ſehen, fie nicht mit gar zu ſchar⸗ fen Linſen betrachten muß. Die beſten ſind diejenigen, welche kaum ſechs bis achtmal vergroͤſſern. Man muß feener die Netzhaut beym Eingange des Sehenerven, wo der markichte Theil des Nervens am groͤſſeſten iſt, betrachten. Nur bey einigem Lichte fiche man ſie gut und gewiß. Es iſt mir indeſſen gelungen, ſie noch beſſer zu ſehen, als ich auf die Netzhaut eine Säure, wie zum Beyſpiel die Salzſaͤure ſtark mit Waſſer verduͤnnt fallen ließ. Die Netzhaut wird alsdann weiß und undurchſichtig, und man unterſcheidet darauf die Nervenfaſern beſſer. Einigemal habe ich fie ſehr gut geſehen, wenn ich einige Tropfen Waſſer auf die Netzhaut, oder auf den Eingang des Sehenerven fallen ließ; Ob ich gleich ſehr gewiß bin, daß bieſe ſtrahlichten Nerven in allen Augen der Thiere vorhan— den ſind, die ich bis jetzt unterſucht habe, wie bey den Ochſen, Laͤmmern, Ziegen, ſo wuͤrde ich mich doch gar nicht wundern, daß ſie den Unterſuchungen vieler Beobachter entgehen, und ſo gar einiger, welche mit dem Mieroſcope umzugehen, und die kleinen Gegenſtaͤnde, wie es ſich gehoͤrt, zu beobachten verſtehen. Dieſe kleinen Nerven entwiſchen dem Auge nicht wegen ihrer auſſerordentlichen Kleinheit; ſondern vielmehr wegen der groſſen Aehn— lichkeit, die ſie mit dem Marke der Netzhaut ſelbſt haben, die ſie bedeckt, und ſo zu reden dem Beobachter verſteckt. Es iſt mir vorgekommen, daß ſie in den Augen der andern Thiere alle von eben der Laͤnge find, ausgenommen in den Augen der Kaninchen, wie man ſchon geſehen hat, und daß ſie verſchwinden, wenn ſie bis zu zwey Drittel des Raums ge— kommen ſind, welcher ſich zwiſchen dem Eingange des Sehenerven, und dem Augenknoten befindet, ſo daß in dieſen Thieren die nicht ſtrahlichte Netzhaut nur etwa ein Drittel des Grundes des Auges einnaͤhme. Dieſe ſtrahlichten Nervenfibern ſind in einer ſehr groſſen Anzahl da, und ſcheinen aus einem neblichten, etwas durchſichtigen Marke gebildet, oder damit bedeckt zu ſeyn, welches mit den ſtaͤrkeſten Vergroͤſſerungsglaͤſern unterſucht, aus ſehr kleinen durchſichti— gen, und feſt mit einander vereinigten ſphaͤroidiſchen Koͤrperchen zuſammengeſetzt zu ſeyn ſcheint, die wie mit ſehr feinen und durchſichtigen Haͤuten oder Faſern verbunden ſind. Es muß alſo dieſer Theil der Netzhaut, in welchem man die kleinen Nerven in Geſtalt von Strahlen ſieht, als aus zwey Theilen zuſammengeſetzt beobachtet werden, nem— lich einem ſtrahlichten, und einem bloß markichten. Der ſtrahlichte Theil der Netzhaut iſt, wenn man das Auge durch die Pupille anſieht, mit einer beſondern Subſtanz bedeckt, als wenn es ein nicht organiſcher Schleim waͤre, und der Theil, welcher unter dieſem Schleime liegt, beſteht aus kleinen laͤnglichten abnehmenden Nerven, das heißt, aus Nervenſtrahlen. Den nicht ſtrahlichten nervichten Theil der Netzhaut habe ich auch aus kleinen ſphaͤroibiſchen Kuͤgelchen zuſammen geſetzt gefunden, die durch eine ſehr feine durchſich— tige Zellenhaut unterſtuͤtzt wurden, in welche fie einigermaſſen eingefaßt zu ſeyn ſchienen. Ich fand fie ungefehr einen fünf und dreiſſig hunderttheil von einem Zoll bey den Kanin- Fontana II. B. Bbb 5 chen 378 chen groß, unterdeſſen daß die Blutkuͤgelchen nicht groͤſſer waren, als einen fünf und zwan⸗ zig hunderttheil eines Zolls. Die Kuͤgelchen der Netzhaut bey den Kaninchen, welche aus einer durchſichtigen Gallerte zu beſtehen ſcheinen, löfen ſich nicht im Waſſer auf, wie die rothen Blutkuͤgelchen, und ſie haͤngen feſt an einer Zellen ſubſtanz, welche ihnen zur Stuͤtze zu dienen ſcheint. Die Fig. XI. ſtellt ein kleines Stuͤck der Netzhaut, nebſt den Kuͤgelchen und dem Zellengewebe vor. Die Groͤſſen und Geſtalten der Kuͤgelchen des nervichten Theils der Netzhaut ſind in den Fig. X. und XIII. vorgeſtellt. Die Koͤrperchen der Fig. X. ſtellen die Kügelchen der Netzhaut vor, und die Koͤrperchen der Fig. XIII. die Kuͤgelchen des Bluts. Die Kuͤgelchen der Netzhaut find denjenigen ſehr ahnlich, welche ſich im Gehirn befinden. Das Waſſer und vie Säuren bringen darinn eben die Veränderungen vor; fie ſind eben ſo durchſichtig, und ich habe nur bemerkt, ve in der Netzhaut die Kuͤgelchen re⸗ gelmaͤſſiger und einfoͤrmiger ſind. * Wenn man die Netzhaut lange im Waſſer liegen laͤßt, und ſie ein wenig chüttelt, ſo gelingt es oft, daß man Stücke davon ſieht, die mehr oder weniger von den Kuͤgelchen entbloͤßt ſind, und in dieſen Stellen erblickt man ſie, als ein ungleiches und hoͤckerichtes Zellengewebe, und man möchte ſagen, daß es aus kleinen Gruͤbchen beſtuͤnde, die im Stande ſind, die Kuͤgelchen aufzunehmen. Die Fig. XV. ſtellt ſehr gut dieſen Zuſtand der Netzhaut vor. So zeigt ſi fi ch die Netzhaut, wenn fie gut 1 wird, und es iſt uns wohl ſchwerlich erlaubt, weiter zu dringen. Derjenige Theil, welcher mit dem Eingange des Sehenerven uͤbereinſtimmt, und ſich in eine weite Entfernung erſtreckt, beſteht aus ſehr kleinen Nervenfaſern, und einem Nervenmark, das aus ſehr kleinen an einem ſehr feinen durchſichtigen und unebenen Nervengewebe haͤngenden durchſichtigen Kuͤgelchen gebildet iſt. Der andere Theil der Netzhaut wird bloß aus den gewöhnlichen Kuͤgelchen, und dem Zellengewebe gebildet; aber er ſcheint nicht aus Nervenfaſern zu beſtehen, wenigſtens ſo weit ich ihn habe beobachten koͤnnen. Da ich noch beſſer die Natur der Zellenhaͤute der Netzhaut, und die Verbindung der Kuͤgelchen ihres markichten Theils mit dieſen Haͤuten kennen lernen wollte, fo fing ich an, fie mit den ſtaͤrkeſten Vergroͤſſerungsglaͤſern zu unterſuchen, und nach vielen Verſu⸗ chen gluͤckte es mir endlich, etwas genaueres unterſcheiden zu koͤnnen, und ich glaube be⸗ haupten zu koͤnnen, daß dieſe zellichten Haͤute weiter nichts find, als ein Gewebe von ſehr kleinen durchſichtigen, geſchlaͤngelten Gefaͤſſen, an welchen die Kuͤgelchen haͤn⸗ gen, wie man in der XIV. Fig. fieht. Dieſe geſchlaͤngelten Gefaͤſſe find ihrer Durch⸗ ſichtigkeit, ihrer Figur, und ihrem Gange nach denjenigen ſehr aͤhnlich, welche ſich in der markichten Subſtanz des Gehirns befinden, und ſie ſcheinen von ihnen nur Ge Groͤſſe 379 Groſſe nach unterſchieden zu ſeyn, die ein wenig kleiner iſt, ſo daß es eine beſondere darm⸗ ähnliche Subſtanz gaͤbe, die man in allen dieſen Theilen faͤnde. Man weiß ſeit den Verſuchen des Mariotte, und den Berechnungen des Daniel Bernouilli, daß der Theil der Netzhaut, welcher gerade auf den Eingang des Sehener— ven trift, blind iſt, das heißt, daß die Bilder der Gegenſtaͤnde, die ſich darauf abmahlen, von uns gar nicht empfunden werden; und dieſer nervichte Theil im Menſchen betraͤgt nicht weniger, als einen kleinen Kreis von einer Pariſer Anie im Durchmeſſer. An dieſer Stelle find die Nervenfibern dicker und gehaͤufter, als ſonſt allenthalben, und es iſt das Mark daſelbſt dicker und voller. Man mag davon glauben, was man wolle, ſo iſt es ges wiß, daß in dieſem ganzen Raume dieſe kleinen Nerven und das Mark der Netzhaut keine Werkzeuge des Geſichts find, und daß fie es erſt da werden, wo alles dünner, feiner, und entbloͤßter iſt. Ruͤhrt dieſe Unenwpfindlichkeit der Netzhaut gegen das Licht, als Licht be⸗ trachtet, etwa daher, daß die Nerven noch zu dick, und nicht genug von dem Zellenges webe entbloͤßt ſind? oder daher, daß das Mark der Netzhaut zu ſehr angehaͤuft iſt, und die Lichtſtrahlen perhindert, bis zu den Nerven ſelbſt zu kommen? Aber es wuͤrde jetzt noch eine andere ſehr wichtige Unterſuchung zu machen übrig bleiben, nemlich zu ſehen, ob die Netzhaut in allen ihren Theilen gegen die aͤuſſern Gegen⸗ ſtaͤnde empfindlich iſt? Sie iſt ganz gewiß in einer geringen Entfernung von dem Eingange des Sehe⸗ nerven empfindlich, wie man geſagt hat, und ſie faͤhrt fort, es ſehr ſtark zu ſeyn, in einer weiten Entfernung von dieſem Nerven. Die Lichtſtrahlen breiten ſich auch in einer weiten Entfernung aus, wenn wir die Körper natürlich anſehen, aber geſchieht das Sehen an der Stelle, wo die Strahlen aufhoͤren, und wo der ſchleimichte Theil der Netzhaut anfaͤngt? Machen die aͤuſſern Koͤrper einen Eindruck darauf? Mit einem Worte, wie weit erſtreckt ſich das Werkzeug des Geſichts? Die Aufloͤſung dieſer Aufgaben, ſo ſchwer ſie auch ſeyn moͤgen, iſt nicht unmoͤglich. Sie haͤngt von der genauen Kenntniß der Theile des Auges, und von einigen dazu gemachten Verſuchen ab. Aber ich habe nicht Zeit mich damit zu beſchaͤftigen; man weiß uͤberhaupt, daß ſo wie ſich die Bilder weiter vom Eingange des Sehenerven mahlen, die Gegenſtaͤnde undeutlicher geſehen werden, ſo daß es allem An⸗ ſcheine nach eine Graͤnze oder eine Stelle in einiger Entfernung von dem Sehenerven giebt, wo das Geſicht am deutlichſten iſt; ohne daß wir ſchon verſichern koͤnnen, ob es ganz und gar nicht möglich von dem eigentlichen Orte an iſt, wo der nervichte Theil der Netzhaut anfaͤngt. f Die rothen Gefaͤſſe, und inſonderheit die Blutadergefaͤſſe, find uberhaupt mit den nervichten Fibern der Netzhaut, und mit ihrer ſchleimichten Subſtanz bedeckt. Auf ſolche Art beobachtet man ſie wenigſtens am oͤfterſten in den Ochſenaugen; aber an vielen Stel⸗ len find dieſe Gefaͤſſe ganz von aller nervichten Subſtanz entbloͤßt, und in dieſen Stellen Bbb 2 erheben 380 erheben fie ſich oft durch die Netzhaut, und noch weiter, und zerreiſſen das Gewebe und die Ordnung derſelben, wodurch ſie die Netzhaut an vielen Stellen gegen aͤuſſere Gegen⸗ ſtaͤnde unempfindlich machen; ob ſie uns gleich nicht ſo, wegen der groſſen Beweglichkeit des Auges vorkommt. Die Fig. X. und XI. der vierten Kupfertaſel ſtellen zwey beſondere Kanäle vor, welche hie und da unterbrochen ſind. Man koͤnnte muthmaſſen, daß es lymphatiſche Ge⸗ faͤſſe find, infonderheit der Canal der Fig. XI. Ich getraue mir nicht, das geringſte über ihre Natur zu entſcheiden, weil ich ſie gar zu ſelten angetroffen habe, als daß ich mit Ge⸗ wißheit davon reden koͤnnte. Ich fand dieſe beyden Gefaͤſſe, als ich die Subſtanz des Ge⸗ hirns unterſuchte. b x Es bleibt mir noch ein Wort über einige Figuren der fünften Kupfertafel zu ſagen übrig, welche aus Irrthum von Seiten des Kupferſtechers unrecht auf dieſe Kupfertafel geſtochen ſind. i ; Die Fig. I., ſtellt verſchiedene eyfoͤrmige Körper von verſchiedener Groͤſſe vor, welche ſich in der aͤuſſern zellenartigen Hülle der Nerven befinden. g Die Fig. II. ſtellt ſehr kleine Koͤrperchen vor, die ich wahrgenommen habe, als ich die markichte Subſtanz der Nerven unterſuchte. Es ſind noch andere eyfoͤrmige Koͤr⸗ perchen in der Fig. III., und dieſe ſind Blutkuͤgelchen eines Kaninchen, damit man von der Groͤſſe beyder urtheilen koͤnne. = Die Fig. IV. ſtellt einige geſchlaͤngelte Cylinder der Zellenhaut des Fetts vor. Die Fig. V. ſtellt zwey Faden m, a vor, die einer neben dem andern liegen, damit man ihre beyderſettigen Dicken vergleichen koͤnne, m gehört zu dem Zellengewebe des Fetts, und a zum aͤuſſern Zellengewebe des Nerven. Sie ſind von gleicher Groͤſſe. Ueber die Structur der Sehnen. Die Beobachtungen, welche ich über die Structur der Nerven, und über den wel⸗ lenfoͤrmigen Gang ihrer urſpruͤnglichen Cylinder gemacht habe, aus denen der wunderbare Anſchein der Spiralſtreifen entſteht, wie man ſchon geſehen hat, haben mich angereitzt, mit aller moͤglichen Aufmerkſamkeit die Struetur der Sehnen zu unterſuchen. Es war mir nicht ſchwer, eine gewiſſe Spiralform in den Sehnen zu beobachten, ob mir gleich alles nicht fo vegelmäff'g, als in den Nerven vorkam. Man bemerkt dieſe ſcheinbare Spi⸗ ralform, wenn man aͤuſſerlich nicht allein die groͤſſeſten Sehnen, ſondern auch die kleinſten betrachtet. Inzwiſchen ſcheinen diefe Spiralſtreifen, wenn man ſie beſſer beobachtet, viel⸗ mehr krumme mehr oder weniger lange Flecken zu ſeyn, welche ein genauer Beobachter leicht von den Spiralſtreifen unterſcheiden wird, die man in den Nerven wahrnimmt, und welche welche ich befchrieben habe. Wenn man einen Nerven mit einer Linſe beobachtet, die nur wenigemal vergröffert, fo ſieht man durch das Zellengewebe, welches ihn bedeckt, weiſſe Flecken, wie man ſie in der Fig. I. der ſechſten Kupfertafel wahrnimmt, die eine ſechsmal N vergroͤſſerte Sehne vorſtellt. Die Fig. II. ſtellt eine andere Sehne vor, welche ebenfalls mit einer ſehr ſchwachen Linſe betrachtet iſt, und in welchem die Spirallinien, oder die klei⸗ nen krummlinichten Streifen regelmaͤſſiger, und denjenigen ſehr aͤhnlich waren, die man in den Nerven wahrnimmt. Uebrigens ſieht man dieſe Spiralſtructur der Sehnen auch mit bloſſem Auge, obgleich nicht fo gut, als mit dem Mieroſcope. Meine vornehmſte Sorge war, die urſprünglichen Faden der Sehnen, ihre Gröffe, und ihren Gang wohl zu unterſuchen. Ich vermuthete ſogleich, daß dieſer letztere mit dem Gange der urfprünglichen Nerveneylinder uͤbereinkaͤme; und daß die kleinen krummli— nichten weiſſen Flecken ihnen ihren Weus „oder ihr ſcheinbares Daſeyn zu danken haͤtten. Dieſe letzte Unterſuchung ſchien mir die wichtigſte zu ſeyn, weil ſie darauf ab⸗ zweckte, zu entſcheiden, ob es auſſer dem ganzen Nervenſyſteme i im Thiere noch andere or— ganiſche Theile gaͤbe, welche ein wellenfoͤrmiges und geſchlaͤngeltes Gewebe hätten, wie der urfprüngfichen Theile der Nerven ihres. Die ganze ſehnichte Subſtanz überhaupt, oder auch alle Sehnen, wenn man ſie mit dem Mieroſcope unterſucht, ſcheinen aus einer ſehr groſſen Anzahl ſehr kleiner einfacher -[änglichter Bündel zu beſtehen „ welche durch das Zellengewebe von einander abgeſondert find. Ein jeder dieſer Bündel, welche ich urſpruͤngliche Buͤndel nennen will, weil fie nicht aus andern kleinern Buͤndeln zuſammengeſetzt find, wird aus einer ſehr groſſen Menge aͤuſſerſt feiner Faden gebildet, welche ich urſpruͤngliche ſehnichte Cylinder nennen will, weil ſie ſich nicht in andere kleinere theilen laſſen, man mag ſie unterſuchen, oder zuberei⸗ ten, wie man will. Dieſe urſpruͤnglichen Cylinder laufen längs der Sehne in ihrer gan: zen Länge hinunter, und ſind allenthalben voll, das heißt nicht gefaͤßartig, nicht hohl. Sie ſind viel kleiner, als die urſpruͤnglichen Nervencylinder, und in dem urſpruͤnglichen Sehnenbuͤndel vermittelſt eines unſichtbaren, weichen und elaſtiſchen Zellengewebes mit einander verbunden. Dieſe urſpruͤnglichen Cylinder ſind mir in dem ganzen Laufe der Sehne, ſo wie auch in allen Sehnen des Thiers von gleicher Dicke vorgekommen. Sie ſind gleichartige Cylinder, allenthalben einfoͤrmig, nicht hohl, nicht aus kleinen Blaͤsgen oder Kuͤgelchen gebildet; mit einem Worte, es find Feine Kanaͤle. Alle Unterſuchungen, die ich angeſtellt habe, um zu feben, ob dieſe Cylinder aus andern kleinern Theilchen zuſammengeſetzt ſeyn, find ganz unnuͤtz geweſen; fo daß ich ge⸗ zwungen bin, fie als urſpruͤngliche feſte nicht organiſche Faden zu betrachten. Dieſe ur⸗ ſpruͤnglichen Cylinder, welche alſo in der letzten Theilung die ſehnichte Subſtanz ausma⸗ chen, bilden, indem ihrer viele ſich mit einander vereinigen, die urſpruͤnglichen ſehnichten Bündel, und aus mehrern dieſer Bündel wird endlich die Sehne zuſammengeſetzt. Da Bbb 3 das \ das Zellengewebe, welches die urfprünglichen ſehnichten Cylinder mit einander verbindet, leicht nachgiebt, und zugleich das Zellengewebe des urſpruͤnglichen ſehnichten Buͤndels durchſichtig ift, ſo iſt es nicht ſchwer, den Gang der urſpruͤnglichen Sehnenfaden zu ſehen, und dieſer Gang iſt gänzlich dem Gange der urſpruͤnglichen Nervenglieder ähnlich, fo daß man Mühe haben würde, fie von einander zu unterſcheiden. Die ſehnichten Faden laufen in wellenfoͤrmiger Geſtalt durch die ganze Subſtanz der Sehne, und von dieſen Wellen ruͤhrt die ſcheinbare Spiralſtruetur in den Sehnen, wie in den Nerven, her. Die Fig. III. ſtellt einen urſpruͤnglichen Sehnenbuͤndel vor, welcher aus einer ſehr groſſen Menge urſprünglicher ſehnichter Faden zuſammengeſetzt iſt. Dieſe mit einander parallelen Faden laufen längs dem Sehnen herunter, und bilden regelmaͤſſige Wellen, woraus hernach der Anſchein von Spiralſtreifen entſpringt, wie ich ſchon geſagt habe. Man ſieht in a, r zwey dieſer Faden, die man mit der Spitze einer Nadel mit Fleiß aus einander geloͤſt hat. Die Fig. IV. ſtellt einen andern Sehnenbuͤndel vor, welcher aus den urſpruͤngli⸗ chen Faden z, r, r zuſammengeſetzt iſt, fo wie fie in Waſſer geſehen wurden, und von dem Zellengewebe entbloͤßt find. Die Cylinder find hier nicht wellenfoͤrmig oder geſchlaͤngelt, weil ſie aus einander gezogen, und durch die Wirkung der Nadel, mit welcher ich ſie aus einander trennte, aus ihrer natürlichen Richtung gebracht find. f Meine Unterſuchungen über den Bau des zellichten Gewebes der Nerven, wel⸗ ches, wie wir geſehen haben, weiter nichts iſt, als ein Gewebe von ſehr kleinen durchſich⸗ tigen geſchlaͤngelten Eylindern, brachten mich auf den Gedanken, daß das zellichte Ge⸗ webe der Sehnen von eben der Natur ſeyn muͤſte, nemlich ganz mit eben ſolchen Cylin⸗ dern angefüllt und durchwebt, und in der That koſtete es mich wenig Mühe, fie zu beob- achten; ich fand ſie darinn von eben der Groͤſſe, und von eben der Geſtalt, als in dem Gewebe der Nerven, und ihr Gang iſt in jenem, und dieſem eben der ſelbe. Die Fig. V. ſtellt ein kleines Stuck von der Haut oder dem zellichten Gewebe eines urſpruͤnglichen Sehnenbuͤndels vor; es war aus einer ſehr groffen Anzahl geſchlaͤngelter Cylinder gebildet, von denen man nur einige in dieſe Figur gebracht hat, um ſie beſſer un⸗ terſcheiden zu konnen; und fie find daſelbſt mit den Buchſtaben r r, r, r, r, r, r, bezeichnet. Ich habe fie mit eben der Linſe beobachtet, mit welcher ich die Cylinder des zellichten Ge⸗ webes der Nerven, und die urſpruͤnglichen ſehnichten Faden der Fig. III. und IV. betrach⸗ tete. Die Dicke dieſer Faden der Sehne, und der Cylinder ihrer Scheide iſt der Dicke der geſchlaͤngelten Nerveneylinder gleich, und faſt ganz der Dicke der urfprünglichen ſeh⸗ nichten Faden ſelbſt gleich; ſo daß man dieſe drey Dicken als gleich anſehen kann, ohne daß man einen merklichen Fehler zu begehen befürchten duͤrfte. f Ueber 383 Ueber den ſehnichten Theil des Zwergfells. Die Fig. I. der ſtebenten Kupfertafel fteüc ein Stuͤck des Zwergfells eines Kanin⸗ chen vor; a pr iſt der fleiſchichte Theil; a mer der ſehnichte Theil. n ift der Stamm des Nerven, welcher nach dem Zwergfell zu geht, und ar iſt eine Ader. Eine Sache, die Aufmerkſamkeit verdient, iſt dieſe, daß der Nerve n alle feine Zweige dem fleiſchichten Theile des Zwergfells, und gar keine dem ſehnichten Theile abgiebt. Ich habe jedoch in einigen andern Thieren gefunden, daß Nerven nach dem ſehnichten Theile zu giengen, aber fie gaben gar keine weitere Zweige mehr von fi), da fie in dieſen Theil giengen, und in keinem Falle habe ich bis jetzt den geringſten Nervenzweig geſehen, der ſich in dem ſehnich— ten Theile endigte, wie dieſes ſich in dem fleiſchichten Theile ereignet, wo die Zweige ploͤtz⸗ lich abnehmen und verſchinden. k. k. f find die Zweige des Nerven n. o, o, o, o die Zweige der Ader a, r nach dem fleichichten Theile zu. y, „ ſehr kleine Zweige eben des Gefaͤſſes, welche faſt in gerader Linie laͤngs dem ſehnichten Theile hinlaufen, und kaum, wie man ſieht, einige kleinere Zweige von ſich geben. u, u, u, u, u, u, u, ſind ſehr kleine laͤnglichte Gefaͤſſe ohne Ramificationen, welche aus der Ader a, r kommen, und auf dem ſehnichten Theile hin laufen. Die ſehnichte Subſtanz iſt ſilberfarbig und durchſichtig, und der Nerve und ſeine Zweige, ſelbſt die kleinſten ſind undurchſichtig. Wenn der kleinſte Nervenfaden in dem ſehnichten Theile des Zwergfells bliebe, fo würde man ihn leicht ſehen, und dieſe fo ver⸗ ſchiedene Art des Nerven ſich in den beyden verſchiedenen Subſtanzen des Zwergfells aus⸗ zubreiten, giebt einen deutlichen Beweis, daß die Sehnen keine Nerven bekommen, wie es gewiß iſt, daß die Muskeln welche erhalten; daß dieſe beyden thieriſchen Subſtanzen unter einander ganz verſchieden find, und daß es falſch iſt, daß die eine jemals die andere: geweſen ſey, oder die eine in die andere ausarte, wie viele Zergliederer geglaubt haben. . Der phyſiſche Grund, warum ſich die Nerven nicht in den ſehnichten Theil des Zwergfells ausbreiten, und die Gefaͤſſe dieſen Theilen nur ſehr wenige kaum ſichtbare Aefte: abgeben, ſcheint hauptſaͤchlich der Subſtanz der Sehnen ſelbſt zuzuſchreiben zu ſeyn, welche, weil fie ein groͤſſeres Hinderniß abgiebt, als der fleiſchichte Theil, keine geöffere und freyers Ausbreitung weder den Nerven, noch den Gefaͤſſen erlaubt. | Wenn man ſo wohl mit bloſſem Auge, als mit Vergroͤſſerungsglaͤſern den ſehnich⸗ ten Theil des Zwergfells ſorgfaͤltig unterſucht, fo ſieht man darinn die gemeinen kleinen Flecken und Spiralſtreifen, welche durch die wellenfoͤrmigen Faden gebildet werden. Die Fig. II. ſtellt ein ſehr kleines Stück von dem ſehnichten Theile des Zwergfells vor, fo wie es mit einer ſehr ſcharfen Linſe betrachtet iſt; man ſieht in demſelben den wellenfoͤrmigen Gang der urſpruͤnglichen ſehnichten Faden. \ Die Kamificationen der rothen Gefaͤſſe verdienen auch einige Betrachtungen. Die Ader giebt alle ihre vornehmſten Zweige dem fleiſchichten Theile des Zwergfells; oder beſſer f dir 384 . zu reden, ihre Haupt⸗Ramificationen geſchehen auf der Seite, welche nach dem fleiſchich⸗ ten Theile zu liegt, unterdeſſen daß man auf der Seite, welche mit dem ſehnichten Theile zuſammentrift, kaum einen Zweig wahrnimmt, der noch dazu ſehr klein iſt, und ſich we⸗ nig oder gar nicht ausbreitet. Es geht indeſſen eine ſehr groſſe Anzahl ſehr kleiner vorher Gefaͤſſe gewoͤhnlich ohne Zweige, und faſt parallel aus ihr heraus, welche in gerader Linie durch den ſehnichten Theil laufen, und ſich in den fleiſchichten Theil auf der andern Seite begeben, in welchem ſie ſich ausbreiten, und ſich endlich verlieren. = Ueber die Structur der Muskeln. Meine Beobachtungen über die Sehnen veranlaßten mieh, auch die Muskeln, oder beſſer zu reden, die urſpruͤnglichen Muskelfibern zu unterſuchen. Man hat über die Structur der Muskeln vollſtaͤndigere und nicht fo ungewiſſe Beobachtungen, als über die Sehnen, obgleich übrigens die Beobachter nicht ganz mit einander einig über alle Punkte find. Der gelehrte Herr Georg Prochaska, verdient auch hier einen beſondern Dank, daß er uns ein kleines Werk unter dem Titel: de carne muſculari, Vindob. 1778. ger ſchenkt hat, in welchem er uns noch ſehr wenig uͤber dieſen Gegenſtand zu wuͤnſchen Dieſer geſchickte Profeſſor findet in den Muskelfibern, wenn ſie durch ein ſehr ſcharfes Vergroͤſſerungsglas unterſucht werden, einen Anſchein von weißlichten Falten, und er iſt überzeugt, daß fie nichts anders find, als die flachen Eindrücke, welche die Gefaͤſſe, die zellenhaͤutigen Cylinder, und vielleicht auch die Nerven machen, fo die Scheide der Muskelfibern ſelbſt umgeben. Er glaubt, daß, wenn man einen Muskel in Waſſer kocht, dieſe ſehr feinen Gefaͤſſe und Faden ſich verkuͤrzen, die Fiber hie und da zuſammen ſchnuͤ⸗ ren, und daſelbſt die weiſſen Vertiefungen eindrücken. Herr Prochasks ſtellt dieſe Runzeln durch die Fig. XII. feiner vierten Kupferta⸗ fel vor, und dieſe Abbildung iſt vollkommen derjenigen ähnlich, die ich in der Fig. I. und II. meiner ſechſten Kupfertafel gegeben habe. Folgendes habe ich beobachtet. Wenn man nach und nach den Muskel mit ſehr ſcharfen Nadeln oder andern ſpitzigen Werkzeugen zerlegt, ſo kann man ihn endlich in ſehr feine Faden auflöfen, welche ſich nicht mehr in andere kleinere theilen laſſen, man mag ſich auch noch fo viel Mühe geben. Ich will dieſe Faden die urſpruͤnglichen Sleiſchfaſern nennen. N g Einige hundert von ſolchen Faden zuſammen genommen machen einen einfachen Bündel aus, den ich den urſpruͤnglichen Sleiſchfaſerbuͤndel nennen will. Der Muskel entſteht endlich aus der Verſammlung einer groſſen Menge dieſer Buͤndel. Ich Ze RE IE 3835 Ich habe mit der größeften Aufmerkſamkeit, die mir nur möglich war, und mit Linſen von einem neunzigſten Theil eines Zolls im Focus die Fleiſchfaſerbuͤndel unterſucht; aber es hat mir niemals gelingen wollen, darinnen eine Structur wahrzunehmen, die im ganzen der Structur der Sehnen, oder der Nerven aͤhnlich waͤre. Die meiſten von den kleinen weiſſen Flecken, welche den Buͤndel queer durchſchnitten, waren krummlinicht, halbeirkelfoͤrmig, einförmig, und nicht unterbrochen. Man kann die Fig. VI. der ſechsten Kupfertsr! anſehen, welche vier urſprüngliche Fleiſchfaſerbündel, die ſich einander berühren, und mit ihrem Zellengewebe bedeckt find, vor: ſtellte. Die beyden m, m, s, s, haben die Flecken in Cirkelform, wie ich geſagt habe, und in den beyden r, r, a, a, ſchien es, daß die Flecken an einigen Stellen eine gewiſſe Anzahl kleiner Winkel machten, wie man es in der Figur ſieht. Dies iſt alles, was ich mit Gewißheit habe wahrnehmen koͤnnen, und weiter nichts. Die Fig. VII. ſtellt einen urſprünglichen Fleiſchfaſerbündel vor, welcher, wie die vier obigen, mit dem Zellengewebe, aber nur zum Theil bedeckt iſt, an dem einen Ende deſſelben gelang es mir, das Zellgewebe davon zu nehmen, wie man ſieht und die ur— ſprünglichen Fleiſchfaſern, und zu gleicher Zeit die kleinen cirkelfoͤrmigen Flecken zu beob⸗ achten. Die urfprünglichen Fleiſchfaſern, und zu gleicher Zeit die kleinen cirkelfoͤrmigen Flecken zu beobachten. Die urſprünglichen Fleiſchfaſern ſind volle unter einander gleiche Cylinder, die in gleichen Entfernungen ſichtbar mit kleinen Zeichen wie eben fo vielen klei⸗ nen Abtheilungen oder Vertiefungen bezeichnet ſind. Ich habe in dieſen Faden keinen wahren wellenfoͤrmigen Gang wahrnehmen koͤnnen, und es iſt mir vorgekommen, als wenn die kleinen krummlinichten Flecken des urſpruͤnglichen Fleiſchfaſerbuͤndels durch die kleinen Zeichen oder Abtheilungen der urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern gebildet würden. m, o, r, e, iſt der noch mit Zellengewebe bedeckte Theil. a und e find die abgeſonderten ur⸗ ſpruͤnglichen Fleiſchfaſern. a Die Fig. VIII. ſtellt einen urſpruͤnglichen Fleiſchfaſerbündel vor, der mit feiner Scheide bedeckt iſt. Ich war nach vielen Verſuchen endlich fo gluͤcklich, ihn ganz zu ent— bloßen, wie er in Fig. IX. abgebildet iſt. Er beſtand aus einer ſehr großen Anzahl feſter gleichartiger Cylinder, die aber in gleichen Entfernungen durch ſehr kleine Zeichen oder Linien unterbrochen waren, welche in verſchiedenen Stellen beobachtet, für kleine Kügel- chen haͤtten angeſehen werden koͤnnen. Ich getraue mir nicht, das geringſte in Anſehung ihrer Natur zu entſcheiden, da die Beobachtung nicht weiter gieng. Zuweilen moͤchte man glauben, daß dieſe ſcheinbaren Kuͤgelchen eben fo viel Runzeln wären, die aus der Zufam- menziehung der Faſern ſelbſt herruͤhrten. Ich habe fie ſowohl unmittelbar nach dem Tode des Thiers, als auch, wenn ſie eben anfangen wollten, faul zu werden, beobachtet. Die Fig. IX. ſtellt die Cylinder zwar ein wenig wellenfoͤrmig vor, und fie kamen dem Auge auch wirklich ſo vor, aber ihre Lage konnte nach der Bereitung, der ich ſie unterworfen hatte, nicht natürlich fern, Die Buchſtaben r, r, r, r, r, zeigen die urfprünglichen Fleiſch⸗ faſern an, da ſie ein wenig von einander entfernt ſind und in a ſich vereinigen. 2 Crc Diefe 386 Diefe Folge von Beobachtungen hat mich genoͤthigt, einigen Unterſchied zwiſchen dem Gange der ſehnichten Cylinder „und der Muskeleylinder anzunehmen; und die Er⸗ ſcheinung der Flecken der urfprünglichen Fleichſchfaſerbuͤndel iſt mir auch ein wenig von der Erſcheinung der Flecken der Sehnen verſchieden vorgekommen. Ich wandte auch noch eine beſondere Aufmerkſamkeit auf die Hüllen, und das Zellengewebe der Muskeln „ und ich fand, wie bey den Sehnen, daß dieſe Haͤute aus den gewohnlichen geſchlaͤngelten durchſi eigen Cylindern gebildet wurden. Die Fig. X. ſtellt ein kleines Stuͤck von dem Zellengewebe der Muskeln vor, und man fi icht, daß es nichts anders iſt, als ein Gewebe von ſehr kleinen Cylindern. m, m, r; r, zeigen ihren Gang und ihre Große an, die vollig eben dieſelben, als bey den Sehnen. und den Nerven ſind. — % Unterſchied zwiſchen der nervichten, der ſehnichten und der Mus⸗ HN kelſubſtanz. Nach allem dem, was ich von der Structur der Nerven, der Muckel „ und der Sehnen geſagt habe, kann es nicht mehr ſchwer ſeyn, dieſe drey Subſtanzen von einander zu unterſcheiden. Man hat geſehen, daß die Nerven aus urſpruͤnglichen durchſichtigen Cylindern zuſammengeſetzt ſind, welche mit einer ſchleimichten Subſtanz angefuͤllt zu ſeyn ſcheinen. Dieſe Cylinder ſind viel größer als die urſpruͤnglichen Muskelcylinder, und die urſpruͤnglichen ſehnichten Cylinder, fo daß es unmöglich iſt, fie mit einander zu verwech⸗ ſeln. Ein anderes Kennzeichen findet man in dem Gange der urſpruͤnglichen Nervencylin⸗ der, welche wie ſchlaͤngelnd und wellenfoͤrmig laufen; da es ſich hingegen anders mit den Fleiſchfaſern verhaͤlt, welche ſich viel mehr der geraden Linie naͤhern. Man unterſcheidet fo gleich die urfprüngfichen Fleiſchfaſern von den urſprüng⸗ lichen Nervencylindern, nicht allein an ihrer großen Kleinheit und ihrem Gange, wie ich geſagt habe; ſondern auch an ihrer Feſtigkeit. Es ſind keinesweges Gefaͤße oder Kanaͤle; ſondern volle, allenthalben gleichartige Cylinder. Ferner iſt die ſcheinbare Structur nicht allein der einfachen urſpruͤnglichen Fleiſchfaſer, ſondern auch des urſpruͤnglichen Fleiſchfaſerbuͤndels ſelbſt ganz und ‚gar, verſchieden; und wenn man ein wenig darinnen geuͤbt iſt, fo: ſcheint es nicht mehr möglich zu ſeyn, ſich irren und ſie mit einander verwechſeln zu koͤnnen. Die urfprünglichen ſehnichten Faden haben zwar einen wellenfoͤrmigen und gekruͤmmten Gang, wie die urſpruͤnglichen Nervencanaͤle; aber fie find kleiner, und ganz voll, wie die Fleiſchfaſern, fo daß man fie unmöglich mit den. urſpruͤnglichen Nervencylindern verwechſeln kann, welche mit einer ganz andern Subſtanz angefuͤllt zu ſehn ſcheinen. Eben fo wenig kann man leicht die Fleiſchfaſern mit den ſeh⸗ nichten Faden verwechſeln, ob ſie gleich beyde voll und gleich groß ſind; denn dieſe unter⸗ ſcheiden ſich ſehr leicht durch ihren geſchlaͤngelten Gang, den man nicht bey den Fleiſchfa⸗ ſern wahrnimmt; auch veraͤndern ſie ihre Dicke, noch ihre EN nicht auf ihrem ace welches 387 welches im Gegentheil die Fleiſchfaſern thun, die ohne Unterlaß durch kleine Einſchrum⸗ pfungen, oder Knoten unterbrochen ſind. i Wenn dieſe Kennzeichen einmal feſtgeſetzt find, To iſt es nicht möglich, unter ein- ander die drey thieriſchen Subſtanzen, die nervichte, die muskelartige, und die ſehnichte zu verwechſeln. Ich kann verfichern, das ich wiederholte mal die Probe gemacht habe, ohne mich jemals zu irren. Ich ließ von einem andern nach ſeinem Willkuͤhr das kleinſte Stückchen eines Nerven, eines Muskels, oder einer Sehne unter mein Mieroſeop legen; dieſe Stuͤckchen wurden mit einer ſehr feinen Nadelſpitze von ſolchen in Waſſer liegenden Subſtanzen abgeloͤſt. Ich durfte dieſe Faden nur einen Augenblick unterſuchen, um mit Gewißheit zu erkennen, und zu unterſcheiden, zu welcher von dieſen drey Subſtanzen ſie gehoͤrten. Es würde überflüßig ſeyn, die Wichtigkeit zu beweiſen, welche die Unterſchei⸗ dungskennzeichen für die Zergliederungskunſt, und die thieriſche Naturlehre haben koͤnnen, die wir in der urſpruͤnglichen Structur der Nerven, der Muskeln und der Sehnen feſtge⸗ ſelzt haben. Man zweifelt noch, ob viele Theile, die in dem lebendigen Koͤrper eine Be⸗ wegung haben, Muskeln haben oder nicht. Einem jeden ſind die Streitigkeiten uͤber die Muskelfafern der Gebärmutter, und inſonderheie uͤber das Daſeyn des Ruyfebifihen Muskels bekannt. Wenn man ſieht, daß ein Albinus, wenn er von der Gebaͤrmutter redet, dieſen Muskel mit Stillſchweigen uͤbergeht; daß ein Saller ihn nicht findet, und Ruyſch ſelbſt ihn im Alter zu leugnen ſcheint, fo bleibt man im Zweifel bey den ſchoͤnen Unterſuchungen, welche uns ein großer Engliſcher Zergliederer *) über diefen Muskel ges liefert hat. Die ganze Schwierigkeit beſteht darinn, daß man wiſſe, ob das, was einige für eine muskelartige Subſtanz in der Gebaͤrmutter halten, auch in der That eine ſolche Sub: ſtanz iſt. Es iſt unſtreitig gewiß, daß man in dieſem Eingeweide eine Subſtanz ſieht, welche einige fleiſchicht nennen, und der andern dieſe Eigenſchaft offenbar abſprechen. Ein ſehr kleines Stückchen von einen guten Beobachter durch das Mieroſcop betrachtet, wird die Frage entſcheiden koͤnnen. Die Kennzeichen der Fleiſchfaſer ſind zu deutlich, als daß man ſie mit den andern Subſtanzen des thieriſchen Koͤrpers verwechſeln koͤnnte. Man wird alſo daraus in wenigen Augenblicken die Natur derſelben beſtimmen, und eine Frage auflöfen koͤnnen, welche zum großen Aergeruiß der Zergliederungskunſt ſeit einem halben Jahrhunderte aufgegeben iſt. Eben das muß man auch von den andern Theilen des Thiers ſagen, und man kann eben die Probe machen, wenn man im Zweifel iſt, ob irgend ein Thier ſehnichte Fibern bekoͤmmt, oder nicht; die Kennzeichen dieſer e eben ſo wenig zweydeutig, und man kann 5 e 2 ver⸗ Humer, de utero gravide, 388 3 vermittelſt des Microſcops mit Gewißheit entſcheiden, ob gewiſſe Theile ſehnicht find, oder nicht. 5 . a 2 Mit einem Worte, ich glaube, daß es ſehr vortheilhaft ift, daß man die Kenn⸗ zeichen der drey Subſtanzen, der nervichten, muskelartigen und der ſehnichten gut feſtge⸗ ſetzt hat; und wenn ich mich in einer guten Gelegenheit dazu befunden haͤtte, ſo wuͤrde ich ſchon Anwendungen davon gemacht haben, die zur Kenntniß des menſchlichen Körpers nicht unnütz ſeyn würden; ich würde wahrſcheinlich viele Zweifel gehoben, nnd viele Strei⸗ tigkeiten über den Bau einer großen Menze feiner Theile geendigt haben. Allenthalben zum Beyſpiel, wo fehnichte Faſern vorhanden find, wenn fie gleich den bloßen Augen un⸗ ſichtbar waͤren, wird es nicht ſchwer ſeyn, ſie zu entdecken, und den Theilen diejenige Structur beyzulegen, die ſie in der That haben. 8 Unterdeſſen wollte ich doch nach den Regeln, die ich oben feſtgeſetzt habe, unter⸗ ſuchen, wos die kleinen Blutgefäße für eine Struetur haben. — Aber ungeachtet der Auf merkſamkeit und der Geduld, die ich bey meinen Beobachtungen angewandt habe, iſt es mir bis jetzt nicht moͤglich geweſen, das geringſte zu ſehen, was mich auf die Vermuthung bringen koͤnnte, daß in dem Gewebe ihrer Wände Nerven oder Muskeln vorhanden waͤ⸗ ren. Ich will jedoch noch nichts entſcheidendes uͤber dieſen Gegenſtand behaupten, und ich wünſche ſogar, daß andere Beobachter ſich nit eben dieſer Art von Beobachtungen be⸗ ſchaͤftigen moͤgen, um zu ſehen, ob ich mich geirrt habe. Aber unterdeſſen wird man mir erlauben, daß ich die Theorien nicht annehme, die eine nervichte oder muskelartige Strue⸗ tur zum Grunde haben, aus welcher man die Blutgefaͤße gebildet glaubt, und die man doch nicht ſieht. a Br - Man hat vieles und die meiſte Zeit nichts als ungewiſſes über die Nervenknoten geſchrieben. Man glaubt gemeiniglich, daß ſie dazu dienen, den markichten Theil der Nerven zu ſammeln, und gleichſam als wären es kleine Gehirne, neuen Nervenfaden einen Urſprung zu geben. Eine etwas fortgeſetzte Unterſuchung uͤber die Nervenknoten koͤnnte jetzt einem guten Beobachter mit Leichtigkeit die wahre Struͤctur dieſer Organe und den Nutzen derſelben bekannt machen, welcher fuͤr die thieriſche Oeconomie ſehr wichtig zu ſeyn ſcheint. Re ; . Haͤtte ich mich in günftigern Umſtaͤnden für dieſe Art von Beobachtungen befun⸗ den, ſo wuͤrde ich nicht unterlaſſen haben, alle dieſe Theile, und noch viele andere zu un⸗ terſuchen, die ich, jetzt wenigſtens, gezwungen bin, dem Fleiße eines andern zu übers laſſen. Ich will nur ein paar Worte über die Sehnen ſagen. Man ſtreitet unter den Zergliederern, ob die Sehnen eine Verlaͤngerung der fleiſchichten Subſtanz ſind, das heißt, ob fie von gleicher Natur find, als die Muskelfiber. Ich kann verſichern, daß es mit niemals begegnet iſt, eine urfprüngliche Fleiſchfaſer, noch einen urſpruͤnglichen Fleiſchfa— ſerbuͤndel ſehnenartig werden zu ſehen, fo viele Beobachtungen ich auch gemacht habe, in— ſonderheit über die ſehnichten und muskelartigen Subſtanzen des Zwerchfells kleiner "2 3 4 389 Ich habe geſehen, daß die urſpruͤnglichen Fleiſchfaſerbuͤndel ſich i in Fleiſchfaſern endigten, ur d fo ihren Lauf zu Ende brachten, und daß die urſpruͤnglichen ſehnichten Buͤndel zwi⸗ ſchen die Fleiſchfaſer buͤndel faßten; nicht aber ein ganzes mit ihnen ausmachten. Mit einem Worte, jene endigen ſich nicht da, wo dieſe anfangen; ſondern ſie faſſen in einan⸗ der, wie die Zaͤhne zweyer Raͤder in einander greifen; und die ſehnichten Faden dringen infonderseit ſehr weit zwiſchen die Muskelfaſern. Ueber die geſchlaͤngelten urſpruͤnglichen Cylinder des thieriſchen Koͤrpers, . oder uͤber das Zellgewebe. Die geſchlaͤngelten urſpruͤnglichen Cylinder, welche ich in dem Zellengewebe der Merven, der Sehnen „und der Muskeln gefunden habe, find unter allen Theilen oder Organen, welche ich in dem thieriſchen Koͤrper kenne, die kleinſten. Sie ſind viel kleiner, wie man geſehen hat, als die kleinſten rothen Gefaͤße, die nur ein Blutkuͤgelchen auf ein= mal durchgehen laſſen. Alle Verſuche, die ich gemacht habe, fie in noch kleinere Cylinder zu theilen, find unnüß gewefen. Und wenn man fie auch mit den allerſtaͤrkſten Ver⸗ groͤßerungsglaͤſern betrachter, ſo ſcheinen ſie doch ganz einfach ‚ und nicht mit andern klei⸗ nern Gefaͤßen umgeben zu ſeyn. Der Weltweiſe, welcher keine Hypotheſen liebt, welcher keine andere Structuren, keine andere Theile in dem menſchlichen Körper annimmt, als ſolche, welche die Beobach⸗ tung darinn findet, wird keine Schwierigkeit machen, dieſe geſchlaͤngelten Cylinder als einfache urſpruͤngliche Grundſtoffe anzuſehen, die aus keinen kleinern zuſammengeſetzt find, Dies iſt das Datum, von dem die Beobachtung die Wirklichkeit beweiſet, und auf wel⸗ ches man ſich gründen muß, wenn man vernünftig über den Nutzen und die Verrichtun⸗ gen der organiſchen Theile des lebendigen Koͤrpers urtheilen will. Ein allgemeiner Nutzen dieſer geſchlaͤngelten Cylinder koͤnnte darinn beſtehen, daß ſie die Theile naͤhren, in welchen ſie ſich befinden, oder welche davon umgeben ſind, wenn es wirkliche Gefaͤße wären. In dieſer Hypotheſe koͤnnten fie vielleicht zur Ernährung der urfprünglichfen Nervigten, Sehnigten und Muskeleylinder dienen. Aber es giebt noch einen andern, noch edlern, und vielleicht eben ſo wichtigen Nutzen, den man ihnen beyle⸗ gen koͤnnte; die hauptſaͤchlichſten Verrichtungen des Lebens koͤnnten ſo gar von ihnen ab⸗ hängen; die kleinſten Veraͤnderungen in dieſen Organen koͤnnten die bee Unordnung in der thieriſchen Oeconomie hervorbringen. Meine Verſuche uͤber die Gifte haben mir gezeigt, daß der Tod durch ſie in den Thieren auf eine unbekannte Art bervorgebracht wird, und es ſcheint, daß unſern Kennt⸗ niſſen ein Principfum „mit einem Worte, ein Werkzeug fehlt, auf welches die Gifte wir⸗ AN“ Und wer weiß, ob dieſes Principium, dieſes Werkzeug nicht die geſchlaͤngelten Ka⸗ i ce 3. näle: 390 — — nale find, die wir beobachtet haben. Aber was kann man von einer unſichtbaren Sus ſtanz erwarten, auf welche die Gifte auf keine Weiſe zu wirken ſcheinen? Aber ehe man weiter geht, muß man ſehen, ob dieſe Kanäle oder Cylinder ſich auch in andern Theilein des Thieres finden, und ob fie ein allgemeines Syſtem von bis jetzt noch unbekannten Gefaͤßen und Organen bilden. Vors erſte haben wir ſie in dem aͤußern Zellengewebe der Nerben, der Sehnen und der Muskeln beobachtet. Ich habe hernach gelernt, ſie auch leicht in allen Zellen haͤuten dieſer Organe zu finden, ſo daß die ganze e Subſtanzreben dieſer Organe ein Gewebe von geſchlaͤngelten Kanälen iſt. Ich habe bemerkt, daß wenn der urſpruͤngliche Nerveneylinder mit geſchlaͤngelten Tylindern bedeckt iſt, derſelbe viel dicker iſt, und daß ſeine Dicke alsdann doppelt ſo groß iſt, als wenn er entblößt iſt. Eine große Anzahl ſolcher Nervencylinder bilden mehr ober weniger große Nerven, und mehrere dieſer Nerven vereinigen fl ſich gewohnlich mit einander um groͤßere Nerven zu bilden. Alle dieſe Nerven haben eigene und gemeine zellichte Huͤl⸗ len, und dieſe Hüllen werden aus gefihlängelten Cylindern zuſammengeſetzt. Wenn ich nun jetzt annehme, daß die Maſſe der Nerven von zwey Theilen geſchlaͤngelter Cylinder, und einem einzigen Theile urſpruͤnglicher Nerveneylinder zuſammengeſetzt iſt, fo glaube ich mich nicht um vieles zu irren. Wenn man eben dieſen Schluß auf die Sehnen und Mus⸗ keln anwendet, fo findet man, daß die gefchkängelten Cylinder den groͤßeſten Theil dieſer beyden Subſtanzen ausmachen, weil die urfprünglichen ſehnigten und Muskelfaſern von eben derſelben Dicke ſind, als die geſchlaͤngelten Cylinder, und dieſe ihre Maſſe durch die zahlreichen Windungen vermehren, welche ſie auf den ren nete Cylindern dieſer Fr machen, auf denen fie ſich anhaͤufen. Einige hundert urſprüngliche Faſern, es ſeyn Fleiſchfaſern oder ſehnichte Faſern, machen den urfprünglichen Bündel aus, und eine große Anzahl dieſer endlich, den Mus⸗ kel oder die Sehne; ſo daß ich mich nicht zu irren fuͤrchte, wenn ich glaube, daß von ſechs Theilen, aus denen im Thiere der muskelartige, oder ſehnigte Theil zuſammen geſetzt iſt, fuͤnf Theile gefehlängelte Cylinder find, und ein einziger urſpruͤngliche Faſern dieſer beyden Subftanzen. Auf dieſe Art ſiehet man ſchon, daß ein großer Theil der feſten Theile des Thiers aus geſchlaͤngelten Cylindern zuſammengeſetzt iſt; es bleibt noch uͤbrig zu wiſſen, ob dieſe geſchlaͤngelten Cylinder ſich auch in den andern Theilen des Thieres finden. Dieſe Unter⸗ ſuchung iſt eine der wichtigſten, und die Zergliederungskunſt wird dadurch großes Licht bekommen. Endlich war es leicht zu glauben, daß wenn dieſe geſchlaͤngelten Cgligder ſich all⸗ gemein in dem zellichten Gewebe der Nerven, der Muskeln und der Sehnen befänden, fie ſich auch in der zellichten Subſtanz der andern Theile befinden müſten, und da , 0 N Fe 391 ſelbſt nichts find, als ein zellichtes Gewebe, ſo müften die en Cylinder auch in den Haͤuten gefunden werden, wenn ich hier meine Beobachtungen uͤber dieſe Theile um⸗ ſtaͤndlich erzählen wollte; ich behalte mir vor es auf ein andermal zn thun. Es mag ger nug ſeyn, wenn ich ſage, daß ich gefunden habe; daß die ganze zellichte Subſtanz aus dieſen geſchlaͤngelten Cylindern zufammen geſetzt iſt, ſie mag ſich befinden in welchem Theile fie wolle. Ich habe ſie in den Gehirnhaͤuten, in dem Bruſtfelle, im Bauchfelle, im Gekröͤſe „im Mittelfell der Bruſt, im Herzbeutel, in der Beinhaut, in der Hirnſchaͤ⸗ delhaut, in den Bändern der Leber, und der andern Eingeweide gefunden. Die Haͤute der Pulsadern und Blutadern werden von dieſen Cylindern gebildet, und ihre innern Wande, welche fo einfach zu ſeyn ſcheinen, find davon zuſammengewebt. Die ganze zel⸗ lichte Subſtanz, die Saͤcke und die Blaſen, welche das thieriſche Fett enthalten, find ein Gewebe von dieſen geſchlaͤngelten Cylindern. Mit einem Worte, ich kenne im thieri— ſchen Körper keinen Theil, welcher Zellengewebe hat, der nicht die gefchlängelten Cylinder zeigte. Ich muß die Haͤute der glasartigen und Cryſtallfeuchtigkeit davon ausnehmen, in: denen ich ſie nicht habe wahrnehmen koͤnnen, und die Flaͤchen der durchſichtigen Hornhaut, welche mir ſie nicht mit Gewißheit gezeigt haben. Wenn dieſe Haͤute keine ſolche geſchlaͤn⸗ gelte Cylinder haben, ſo muß man ſie vom gewoͤhnlichen Zellengewebe unterſcheiden, und ſie ſind anderer Pant Betrachtet man jetzt, daß die zellichte Substanz PR in allen Werkzeugen des thieriſchen Koͤrpers befindet, und daß alle ihre feſten Theile hauptſaͤchlich daraus zuſam⸗ mengeſetzt find, ſo wird es leicht ſeyn, daraus den Schluß zu machen, daß die geſchlaͤn⸗ gelten Chliader den größeſten? Theil der feften Theile des thieriſchen Körpers ausmachen,, und daß alles übrige in Vergleichung mit dieſen Cylindern von keiner Bedeutung ift.- Der Nutzen einer fo großen Anzahl von Cylindern muß ohne Zweifel von der groͤßeſten Wichtigkeit ſeyn; aber hier iſt der Ort nicht, davon zu handeln. Dieſer Ge⸗ genſtand erfordert neue Beobachtungen und viele Verſuche, die mir noch fehlen, wenig⸗ ſtens großentheils. So viel iſt gewiß, daß es mir vorgekommen iſt, daß die Materie, aus welcher ſie gebildet, zu ſeyn ſcheinen, eine klebrichte Subſtanz iſt, die der Conſi iſtenz und Farbe nach einer Gallerte, oder einer ſchleimichten Materie aͤhnlich iſt. Ich würde: nicht entfernt ſeyn, zu vexmuthen, daß die gallertartige Materie, die man aus der thieri⸗ ſchen Subſtanz zieht, nichts anders ſey, als die Materie, woraus die geſchlaͤngelten Cy— linder gebildet werden. Aber ich wiederhole es, ich habe noch nicht eine hinlaͤnglich große: Anzahl von Erfahrungen, um mit Gründen ihre wahre Natur oder den Nutzen beſtim⸗ men zu konnen, den fie im lebendigen Körper haben mögen. Es iſt für mich jetzt genug,, das Daſeyn derſelben, ihre Größe und ihre Ausdehnung feſtgeſetzt zu haben. Betrach⸗ 392 Betrachtungen über die Bewegung der Muskeln. De. urſpruͤngliche Nel iſt durchaus einfach, und man findet ihn in ſeinem Laufe niemals kleiner oder groͤſſer, und er theilt ſich in keine kleinere Aeſte. Man könnte ihn übrigens mit einer gleichartigen, durchſichtigen N Materie oder Fluͤſſigkeit angefüllt glau⸗ ben, welche ſich in verſchiedenen Faͤllen, in unregelmaͤſſige ſphaͤroidiſche Koͤrperchen zu bil: den ſcheint, die mehr oder weniger laͤnglicht, und uͤberhaupt viel kleiner fi nd „ als die ro⸗ then Blutkuͤgelchen. Die Nerven ramificiren ſich viel weniger, als die Pulsadern und Bhutadern in den Thieren, und ihre Ramificationen nehmen an Groͤſſe viel mehr ab, als die Ramifica⸗ tionen der Blutgefaͤſſe; ſo daß es eine ausgemachte Wahrheit zu ſeyn ſcheint, daß es eine geringere Anzahl von Nervenramificationen in einem gegebenen Theile des Thiers giebt, als von Ramificationen der Puls- und Blutadern; und daraus folgt, daß der 1 der von den el eingenommen wird, viel gröſſer ſeyn muß, als derjenige, den die Nerven einnehmen. Der urſpruͤngliche Nerveneylinder iſt ungefehr dreymal fo groß, als das urſpruͤng⸗ liche rothe Gefäß, und dieſes ungefehr vier mal fo groß, als die urſpruͤngliche Fleiſchfaſer. Folglich iſt der urſpruͤngliche Nerveneylinder ungefehr zwölf mal ſo groß, als die urſpruͤng⸗ liche Fleiſchfaſer; und wenn man mit Aufmerkſamkeit die urſpruͤnglichen Fleiſchfaſerbündel unterſucht, ſo koͤnnte man kaum ſagen, daß man rothe Gefaͤſſe darinn wahrnimmt, und man bleibt ungewiß, ob man wirklich einen Nerven darinn ſieht; und es iſt durchaus un⸗ moͤglich, in irgend einem Umſtande das geringſte Gefaͤß, oder den geringſten Nerven zu ſehen, die bis in die urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern kaͤmen. Wenn ja ein rothes Gefaͤß, und ein Nervenfaden zwiſchen den urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern wäre, fo würden dieſe Faſern ſich nicht einander berühren, wie fie doch wirklich in ihrer ganzen Lange thun. Ihre Ent: fernungen würden viermal fo groß als ihre Dicke für die rothen Gefaͤſſe, und fuͤr die Ner⸗ vencylinder zwoͤlfmal ſo groß ſeyn. Dieſe wuͤrden leichter durch das Mieroſcop zu ſehen ſeyn, als die Fleiſchfaſern, nach Verhaͤltniß ihrer Dicke; aber von allem dieſen beobachtet man nichts. Man ſieht gar kein rothes Gefäß, gar keinen Nerveneylinder darinn; die Fleiſchfaſern liegen eine an der andern in ihrer ganzen Laͤnge, und laſſen gar keinen Zwir ſchenraum zwiſchen ſich, kaum kann man ein ſehr feines Zellengewebe, oder eine klebrichte Materie VE, welche fie mit einander vereinigt, Es — 3 vom, a A 393 Es ſcheint mir aus allen dieſen zu folgen, daß der Muskel groͤſſeſtentheils aus ur⸗ ſprünglichen Fleiſchfaſern und weniger aus urſpruͤnglichen Nerveneylindern gebildet wird. Die rothen Gefaͤſſe halten das Mittel zwiſchen dieſen beyden. . Man kann auch noch mit Grunde daraus he leiten, daß die urſpruͤnglichen Fleiſch⸗ faſern von den rothen Gefaͤſſen, und viel weniger von den Nerven weder allenthalben be— gleitet, noch von allen Seiten umgeben fi find; und ich würde nicht entfernt ſeyn zu glau— ben, daß ein ganzer Fleiſchfaſerbündel kaum ein oder anderes urſpruͤngliches rothes Ge⸗ faͤß, und aufs hoͤchſte einen urfprünglichen Nerveneylinder bekommt. Es iſt ferner ſehr unwahrſcheinlich, um nicht zu fagen ganz unmöglich, daß jede Fleiſchfaſer einen urſprüng⸗ lichen Nervencylinder, und ein Blutgefaͤß bekomme. Dieſe Reſultate ſcheinen natuͤrlich aus der unmittelbaren Beobachtung zu folgen, und aus der gar zu groſſen Ungleichheit, welche zwiſchen der Dicke der urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern, und der Gröffe der kleinſten ro⸗ then Gefaͤſſe, und der urſpruͤnglichen Rerveneylinder vorhanden iſt. Man wuͤrde vergeblich den Einwurf machen, daß die urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern nicht leben koͤnnten, wenn keine Gefaͤſſe da wären, um ihnen Nahrung zu ſchaffen, daß fie ſich nicht zuſammenziehen koͤnnten, wenn nicht allenthalben Nerven vorhanden wären, und daß fie nicht empfindlich ſeyn würden, wenn die urfprünglichen Nervencanaͤle fie nicht überall begleiteten. Es iſt uͤberfluſſig, zu erinnern, daß, wenn ein thieriſcher Theil leben oder wachſen ſoll, es genug iſt, wenn eine hinlaͤngliche und ſchickliche Fluͤſſigkeit ſich nach dieſem Theile begiebt, und daß eine Fluͤſſigkeit zu einem Theile durch andere Gefaͤſſe als durch die rothen, oder durch bloſſe Ergieſſung kommen kann. Die Zuſammenziehung der Muskeln ſetzt nicht nothwendig voraus, daß die Nerven in alle kleinſten Theile des Mus⸗ kels dringen muͤſſen, und einen jeden feiner urſpruͤnglichen Theilchen berühren, umgeben und einhuͤllen; welches ſi ch nicht einmal mit der mittelmaͤſſigen Menge Nerven reimen lieſſe. Die Empfindlichkeit iſt allgemein in den Muskeln; aber es kann kein einziger Ver⸗ ſuch beweiſen, daß die urſpruͤngliche Fleiſchfaſer empfindlich fen, und noch weniger, daß fie es in allen ihren Theilen ſeyp. Unſere Sinne ſind zu ſtumpf, bis dahin zu gelangen. a Die Folgen, welche ich aus der urſprünglichen Structur der Nerven und der Mus— keln gezogen habe, beguͤnſtigen nicht allein keine einzige von den Hypotheſen, welche die Naturkuͤndiger erdacht haben, um die Zuſammenziehung der Muskeln zu erklaͤren; ſondern ſie beweiſen ſogar, daß die meiſten ungereimt ſind. Jedoch ſcheint es ſehr klar zu ſeyn, daß dieſe wellenfoͤrmige Structur der urſprünglichen Nervencylinder, der Fleiſchfaſern, und der ſehnichten Cylinder, auf eine bewundernswuͤrdige Art dazu dient, daß fie den groͤſſe⸗ ſten Anſtrengungen des Thiers widerſtehen, da dieſe Theile eine ſehr groſſe Ausdehnung ertragen koͤnnen, ehe ſie reiſſen. Es bietet ſich jetzt uns eine ſehr wichtige Frage dar, welche gerade aus der Structur der urſpruͤnglichen Nervencylinder ſelbſt folgt, nemlich ob die Nerven reitzbar find, das heißt, ob die Nerven ſich zuſammenziehen, wenn man ſie mit einem Kö reißt, oder Dod A Fontana II. B. wenn 394 wenn das Thier einen den Willen unterworfenen Muskel zuſammenzieht. Alle Beobach⸗ tungen und Verſuche, die bis jetzt von den beſten Naturforſchern gemacht worden ſind, verſichern uns, daß die Nerven durch kein reitzendes Mittel zu reitzen ſind, das heißt, daß fie weder kurzer werden, noch ihre Dicke veraͤndern, man mag ſie aͤuſſerlich ſtechen, oder das Thier mag vermittelſt derſelben die Muskeln zuſammenziehen. Aber dieſe Verſuche beweiſen weiter nichts, als daß die aͤuſſere Hülle der Nerven in dieſen Fällen ganz unnütz iſt; fie beweiſen nicht, daß der innere Theil eben dieſer Nerven unbeweglich ſey, und die urſprünglichen Nervencylinder ſich nicht zuſammenziehen koͤnnen. Die aͤuſſere Hülle der Nerven iſt nicht fo beſchaffen, daß fie auf irgend eine Art eine ſchwingende Bewegung oder eine Verkuͤrzung ihrer urſpruͤnglichen Kanäle verhüten koͤnnte, und der Bau, oder der ges ſchlaͤngelte Gang dieſer Cylinder wuͤrde es im Gegentheile muthmaſſen laſſen. ö x Aber die Erfahrung muß allemal, wenn man ſie fragen kann, entſcheiden; denn unſere Vernunftſchluͤſſe gehen ſehr ſelten uͤber die Graͤnzen der Muthmaſſungen, wenn ſie auch auf die vollkommenſte Analogie gegruͤndet zu ſeyn ſcheinen. Wenn die urſprüͤnglichen Nerveneylinder ihre Lage veränderten, wenn man den: Nerven reitzt, ſo muͤſte die Spiralform, welche aus der Lage dieſer Cylinder folgt, noth⸗ wendig mehr oder weniger verändert werden, es muͤſten die Zwiſchenraͤume zwiſchen der einen Spiralwindung und der andern, zwiſchen einer Spiralſtreife und einer andern, ent⸗ weder groͤſſer oder kleiner werden: es iſt wenigſtens gewiß, daß man den Gang der ur⸗ ſpruͤnglichen Nervencylinder nicht verändern kann, ohne daß die Spiralwindungen ſich in dem Nerven veraͤndern. Man kann leicht mit einer gewoͤhnlichen Linſe die Spiralwindun⸗ gen des groͤſſeſten Theils der Nerven ſehen; folglich iſt die Beobachtung leicht, und die Zubereitung der Theile zu dem Verſuche auch ganz und gar nicht ſchwer. Ich habe meine Beobachtungen hauptſaͤchlich an den Nerven des Zwergfells kleiner Thiere, wie der Ka⸗ ninchen, und an den Schenkelnerven der Froͤſche gemacht. So bald als das Thier geoͤf⸗ net war, ſo reitzte jemand die Zwergfellnerven in der Bruſt der Kaninchen, und die Schen⸗ kelnerven da wo fie aus den Wirbelbeinen kommen. Das Zwergfell zog ſich zuſammen; und die Beine und Pfoten der Froͤſche zogen ſich auch zuſammen. Ich ſahe unterdeſſen aufmerkſam die Spiralwindungen der Nerven an; die allergeringſte Veraͤnderung haͤtte mir nicht entgehen koͤnnen. Ich beobachtete die Nerven des Zwergfells in ihren kleinſten Ramiſicationen, in welchen die Spiralwindungen die einfachſten ſind. Ich habe mehr⸗ mals die kleinen Nerven beobachtet, welche zu den Bauchmuskeln der Froͤſche gehen, und in denen die Spiralwindungen noch ſichtbarer ſind. Allein ſo viele Aufmerkſamkeit, ſo vielen Fleiß ich auch darauf verwandte, ſo konute ich doch niemals wahrnehmen, daß die geringſte Veraͤnderung in den Spiralwindungen der Nerven vorgienge. Ich ſahe ſie immer unbeweglich in gleicher Entfernung, wie vorher, ſo heftig auch der Reitz war, den ich den Nerven mittheilen ließ, und ſo groß auch die Zuſammenziehung der Muskeln war. ; Nach⸗ S — 5 395 Nachdem ich auf ſolche Art meine Hofnung verloren hakte, einige Bewegung in den Spiralwindungen der Nerven zu ſehen, ſo gieng ich an den letzten Verſuch, welcher mir mit dieſen Organen zu machen uͤbrig blieb, und dieſer beſtand darinn, die urſpruͤngli⸗ chen Nerpenehlinder ſelbſt unmittelbar zu unterſuchen. Dieſer Verſuch hat mich viele Muͤhe gekoſtet, und ich kann mir nicht ſchmeicheln, die völlige Unbeweglichkeit dieſer Fa⸗ den eben fo gut geſehen zu haben, als ich die Unbeweglichkeit der Spiralwindungen geſehen habe, zeigte gar keine Bewegung, und die Nervencylinder ſchienen mir in einer vollkomme⸗ nen Ruhe zu ſeyn, ſo daß ich, fo lange als kein anderer glücklicher ſeyn wird, als ich, feſt glauben werde, daß die urſpruͤnglichen Nervencylinder in Ruhe ſind, wenn man die Ner⸗ ven reizt, und wenn die Muskeln ſich zuſammenziehen. Und ich werde es um ſo viel lieber glauben, da ich nicht begreifen kann, daß die Cylinder ſich merklich veraͤndern, und eine andere Sage annehmen, und doch die Spiralwindungen oder Streifen ganz unbeweglich bleiben. f 5 Dieſer ſonderbare Bau ber Nerven und der regelmäffige Gang der urſpruͤnglichen Nervencylinder, welche uns eine neue Entdeckung uͤber die Muskelbewegung, und einen neuen Nutzen der Nerven ſelbſt zu verſprechen ſchienen, laſſen uns in eben derſelben Dun⸗ kelheit, als vorher, und dienen zu weiter nichts, als die Anzahl der Hypotheſen zu verrin— gern, welche man erdacht hat, die Zuſammenziehung der Muskeln zu erklaͤren; ſo wahr iſt es, daß man, ehe man zur Wahrheit gelangt, erſt alle Irrthuͤmer durchgegangen ſeyn muß! Das Syſtem von den Nervenſchwingungen zum Beyſpiel ſcheint alſo nach meinen Beobachtungen nicht mehr anzunehmen zu ſeyn. Ich rede von denjenigen Schwingun⸗ gen, die man durch das Microſeop ſehen kann, und laſſe den Metaphyſikern die Freyheit, unſichtbare Schwingungen zu erdenken. TI Die fo groffe vorgebliche Geſchwindigkeit der Nervenfluͤſſigkeit ſcheint durch diefe Fluͤſſigkeit oder unthaͤtige, zaͤhe Materie widerlegt zu werden, womit die urſpruͤnglichen Nerveneylinder angefuͤllt zu ſeyn ſcheinen. Die betraͤchtlichere Dicke der Nerveneylinder, und der Blutgefaͤſſe in Vergleichung der urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern laͤßt vermuthen, daß dieſe Faden weder durch das Blut noch durch die Nerven, wenigſtens nicht unmittelbar in Bewegung geſetzt werden. Mit einem Worte, es iſt nicht allein der Mechanismus der Muskelbewegung unbekannt, ſondern wir koͤnnen auch nicht einmal etwas erdenken, was ihn erklaͤren koͤnnte, und es ſcheint, daß wir gezwungen find, zu irgend einem andern Prin- eipium, wo nicht zur gewoͤhnlichen Electrieitaͤt, doch zu etwas unſere Zuflucht zu nehmen, das wenigſtens mit der Electrieitaͤt viel Ähnliches hat, Der Zitteraal und der Krampffiſch machen die Sache, wo nicht wahrſcheinlich, doch wenigſtens moͤglich, und man koͤnnte glauben, daß dieſes Principium den gemeinſten Geſetzen der Eleetricitaͤt folgt. Es kann in den Nerven noch mehr modifieirt feyn, als in den Krampffiſchen und Zitteraalen. Die Nerven koͤnnten die Organe ſeyn, welche beſtimmt find, dieſe Fluͤſſigkeit zu leiten, und vielleicht auch noch fie zu erregen. Aber es bleibt noch alles zu thun übrig: Man muß ſich vorher durch gewiſſe Verſuche verſichern, ob das electriſche Prineipium wirklich in den e N Ddd 2 Muskeln 396 Muskeln vorhanden iſt, welche ſich zuſammen ziehen. Man muß die Geſetze feſtſetzen, welche dieſe Fluͤſſigkeit in dem thieriſchen Koͤrper beobachtet, und nach allem dieſen wird noch übrig bleiben, zu erfahren, was dieſes Principium in Bewegung ſetzt, und wie es in Bewegung geſetzt wird. Wie viele Ungewißheiten bleiben hier für die Nachwelt übrig! Von den microſcopiſchen Irrthuͤmern, und den Folgen, ſo man aus microſto⸗ a 5 piſchen Beobachtungen herleitet. 3 Das find meine Beobachtungen uber die Structur der Nerven, Sehnen, Mus⸗ keln, und des Zellengewebes, und meine Vermuthungen uͤber den Nutzen dieſer Theile. Ich habe mir Muͤhe gegeben, wenigſtens meinen vornehmſten Beobachtungen alle moͤgli⸗ che Gewißheit zu geben. Ich habe geſucht, ſie ſo viel an mir lag, aus einander zu ſetzen, und Sorge getragen, ſie auf richtige und vervielfaͤltigte Verſuche zu gruͤnden. Es iſt ein ſehr groſſer Unterſchied zwiſchen einer mieroſeopiſchen Beobachtung und einer mieroſeopiſchen Erfahrung. Die erſte iſt weiter nichts, als die bloſſe Darſtellung ei⸗ nes Gegenſtandes in den Umſtaͤnden, in welchen die Beobachtung gemacht iſt; die andere iſt die Unterſuchung der Darſtellung des Gegenſtandes ſelbſt, durch welche wir uns verſi⸗ chern, daß es wahrhaftig einen Gegenſtand ſolcher Beſchaffenheit, und nicht von ganz an⸗ derer Natur giebt. Im erſten Falle bekommt man bloß einen Eindruck des Lichts; oder man ſieht hoͤchſtens ein Bild; im zweyten urtheilt man von der Natur des Gegenſtandes aus dem Bilde, das er uns darſtellt. Ein jeder iſt im Stande, durch das Microſcop zu ſehen. Aber wenige Leute verſtehen von den geſehenen Dingen zu urtheilen. Es gehoͤren dazu die ausgebreiteſten Kenntniſſe und der gröffefte Scharfſinn von Seiten des Beobach⸗ ters, um die Verſuche zu erdenken, welche nothwendig zur wahren Kenntniß des wirklichen Gegenſtandes fuͤhren. Es giebt eine Art von Irrthum, in welchen ſelbſt die geuͤbteſten Beobachter leicht fallen koͤnnen. Alle unſere Urtheile über die Körper find nur bloſſe Vergleichungen, das heißt, wir urtheilen, daß dieſer oder jener Körper durch das Microfeop geſehen, dieſe oder jene Natur hat, und keine andere, weil er ſich uns unter eben der Geſtalt oder eben der Ers ſcheinung zeigt, unter welcher wir gewohnt ſind, einen ſchon bekannten Gegenſtand zu ſe⸗ ben, wenn wir ihn durch das Microſcop betrachten. Es iſt moraliſch unmoͤglich, daß zwey Bilder ſich in allen Stuͤcken gleich, und zu gleicher Zeit die aͤuſſern Gegenſtaͤnde, welche ſie vorſtellen, unter einander verſchieden ſeyn. Ein ſcharfſichtiger Beobachter wird am Ende einigen Unterſchied zwiſchen den beyden Bil⸗ dern finden, wenn die Gegenſtaͤnde ſich nicht aͤhnlich ſind, und den Irrthum vermeiden. Aber was für Fleiß, und was für Aufmerkſamkeit muß er dabey nicht anwenden? Allein dies iſt noch nicht die gefaͤhrlichſte Klippe, obgleich die aufgeklaͤrteſten Beobachter zuwellen daran 397 daran ſcheitern. Es begegnet uns zuweilen, daß wir durch das Microſcop einen Gegen⸗ ſtand ſehen, welcher gaͤnzlich mit den Körpern uͤbereinſtimmet, die wir aufs beſte kennen, inſonderheit wenn die Structur dieſer Körper keine von den gemeinften iſt. Alsdann ſcheint es uns nicht moͤglich zu ſeyn, daß ein Bild eine beſondere und ſo vollkommene Aehnlichkeit mit den Gegenftänden habe, die wir kennen, und doch der Gegenſtand, der es liefert, in der That von dieſen verſchieden ſey. Und doch iſt es nicht unmoͤglich, daß ſich dieſes er⸗ eigne. Wenn ferner die ſich darſtellenden Bilder unregelmaͤſſig find, und dieſe Uuregel⸗ maͤſſigkeiten eben fo viele Folgen von dem Gegenſtande find, den wir dafür halten, fo fällt es uns nicht ein, einen Augenblick daran zu zweifeln, ob wir uns gleich noch irren koͤnnen. Um der Entſtehung ſolcher Irrthuͤmer vorzubeugen, iſt es durchaus nothwendig, die Beobachtung ſelbſt zu pruͤfen; das heißt, eine mieroſcopiſche Erfahrung zu machen, die im Stande iſt, uns zu verſichern, daß der Gegenſtand in der That ſo beſchaffen iſt, als das Microſcop ihn unſern Augen darſtellt. Aber das iſt eben der ſchwerſte Theil, und macht einen groſſen Unterſchied zwiſchen Beobachtung und Beobachtung, zwiſchen Beob- achter und Beobachter aus. 8 2 f Eine bloſſe Beobachtung ganz allein kann kein voͤlliges Zutrauen verdienen, wenn ſie auch von einem beruͤhmten Beobachter waͤre, weil man ſtillſchweigend annimmt, daß eine nothwendige und ausſchlieſſende Aehnlichkeit zwiſchen dem durch das Microſeop vorge⸗ ſtellten Bilde und dem wirklichen aͤuſſerlichen Gegenſtande vorhanden iſt, welches aber nicht allzeit wahr iſt. Das durch das Microſcop vorgeſtellte Bild kann fuͤr viele Gegen⸗ ſtaͤnde zu gleicher Zeit paſſen; der fleiſſige Beobachter aber muß ausſchlieſſend beſtimmen, welches der wirkliche äuffere Gegenſtand iſt, den es vorſtellt, und welcher mit ihm überein; ſtimmt. Es iſt alſo nicht genug, daß man ſage, ich habe dieſes oder jenes geſehen; man muß die Umſtaͤnde beſtimmen, man muß die Beobachtung auf tauſenderley verſchiedene Arten verändern, man muß fie mit einem Worte prüfen, und entſcheidende Erfahrungen machen. Unter allen mieroſcopiſchen Beobachtungen kenne ich keine einzige, welcher den er- fahrenſten und ſcharfſichtigſten Beobachter leichter in Irrthum führen koͤnnte, als die aͤuf⸗ ſere Structur der Nerven. Ich muß geſtehen, daß es unmöglich zu ſeyn ſcheint, daß man ſich enthalte eine ganz regelmaͤſſige und beſtaͤndige Spiralform in allen Nerven zu er⸗ kennen. Je mehr man ſie beobachtet, ſie ſeyn groß, oder klein, einfach, oder zuſammen⸗ geſetzt, man mag die Hauptſtaͤmme, oder die faſt unſichtbaren Aeſte anſehen, deſto mehr bleibt man von der Beſtaͤndigkeit einer Spiralform uͤberzeugt. Die Unregelmaͤſſigkeiten ſelbſt dienen eher zum Beweiſe, daß ſie alle von dieſer Form ſind, als daß ſie dazu dienen follten, uns aus dem Irrthume zu helfen. Sie vertragen ſich nicht allein alle ganz gut mit dieſer Structur, ſondern fie werden auch einleuchtende Folgen davon. Die Structur der Nerven, welche wir unterſucht haben, iſt ein groſſes Beyſpiel, das uns bewegen kann, an den Beobachtungen zu zweifeln, welche die beſtaͤndigſten und a Dod 3 gewiſſe⸗ \ x 398 gewiſſeſten zu ſeyn ſcheinen; und fie muß uns zu gleicher Zeit Mistrauen und Mäffigung einfloͤſſen. Der Ton der Prahlerey und Verſicherung iſt nur einem mittelmaͤſſigen Beob⸗ achter eigen, welcher gar keinen von zahlreichen Umſtaͤnden kennt, die ihn hintergehen kön⸗ nen, und man kennt an ihm oft einen Traͤumer, der mehr Beredſamkeit, als Beurthei⸗ lungskraft beſitzt, einen Gelehrten, der die Natur lieber auf ſeiner Studierſtube errathen mag, als ſie um Rath fragen, wo ſie iſt; oder noch deutlicher, welcher für Erfahrungen und die Wahrheit lieber Träume und Unrichtigkeiten in die Stelle ſetzt. Eine einzige Er⸗ fahrung, eine einzige Beobachtung hat oft ganze Bibliotheken von ſolchen philoſophiſchen Romanen in Rauch verwandelt, und zum Unglück kann man unſerm Jahrhunderte zur Schande ſagen, daß noch dergleichen geſchrieben werden, und daß es Leute giebt, die ihre Zeit damit verderben mögen, fie zu leſen. en, 1% Ach Man kaun von allem dieſen, was ich geſagt habe, gar nichts auf den berühmten Herrn Monro anwenden, welcher nicht geſucht hat, die Structur der Nerven zu erra⸗ then, ſondern ſie wirklich zu unterſuchen bemühet geweſen iſt; der nicht ſchwankende Hy⸗ potheſen gemacht, ſondern die Natur ſelbſt gefragt hat. Wenn er ſich demohngeachtet geirrt hat, ſo kann man weiter nichts davon ſagen, als daß es leichter iſt, ſich zu irren, als die Wahrheit zu finden. Die Wahrheit iſt nur ganz allein, die Irrthümer aber ſind unendlich, oder mit andern Worten, wenn man die Wahrheit mit der Einheit ausdruͤckt, fo kann man den Irrthum durch eine unendliche, oder wenigſtens eine ſehr groſſe Zahl aus⸗ drücken. Es iiſt gewiß, daß der Jerthum in Anſehung unſerer allen Anſchein der Wahr: heit annimmt, und uns auf tauſenderley verſchiedene Weiſe verführen kann. Man darf nur die Geſchichte der menſchlichen Irrthümer leſen, um ſich davon zu überzeugen. Die groͤſſeſten Weltweiſen find nicht davor Frey geblieben, und die aufgeklaͤrteſten Rationen ha⸗ ben Irrthümer gehabt, die erſt mit ihnen ein Ende genommen haben. N Die Bemuͤhungen, welche die Menſchen anwenden, um die Wahrheit zu entde⸗ cken, find alſo eine Art von Glüdsfpiel, in welchem die Wahrſcheinlichkeit in Irrthuͤmer zu gerathen ſehr groß iſt, hingegen die Wahrſcheinlichkeit die Wahrheit zu finden ſehr klein bleibt. Diejenigen, welche fpäter kommen, find weniger in Gefahr zu irren, weil fie ſich die Irrthümer anderer zu Nutze machen, und Sie Anzahl der Fälle nicht fo groß mehr fin⸗ den, welche zum Irrthum feiten. Daher ruͤhrt die Unmoͤglichkeit, ein vollendetes, und in allen ſeinen Theilen originelles Werk von einem einzigen Manne in einem einzigen Jahr⸗ hunderte zu bekommen. n 725 Ich hoffe, daß der einſichtsvolle Leſer mir dieſe kleine Ausſchwetfung über die mi⸗ croſtopiſchen Irrthümer verzeihen, und fie als eine Art von Schutzſchrift für mein Werk ſelbſt anſehen werde, welches ich nicht von Unvollkommenheiten frey glaube, die dem Men⸗ ſchen ankleben, ſo viele Muͤhe ich mir auch gegeben habe, auf meine Beobachtungen alle Aufmerkſamkeit zu verwenden, deren ich fähig bin, und welche die Umſtaͤnde mir erlaubt haben. Und wo iſt der Beobachter, der ſich jemals verſprechen kann, daß er alles geſe⸗ N 5 hen, > > 309 hen, und fo zu reden, die Natur in feinen erſten Verſuchen erſchoͤpft hat, die er mit fo vie: len kleinen und fo verſchiedenen Theilen des thieriſchen Körpers angeſtellt hat? Nach einem! Jahrhundert von Beobachtungen, die von fo vielen guten Beobachtern über das Blut ſeit Leewenhoeck bis auf den Pater Della Torre gemacht ſind, ſcheint es, daß man noch nicht die Figur und Zuſammenſetzung, die Groͤſſe und Structur derjenigen gefärbten Kör- perchen kennt, welche die Fluͤſſigkeit roch machen; wie man in meinen microſcopiſchen Beobnchtungen ſehen wird, wenn ich mich noch entſchlieſſe, fe bekannt zu machen, fo- unvollkommen fie auch noch find. Ich bin jetzt zufrieden, die Aufmerkſamkeit der Matur⸗ kuͤndiger auf dieſe Materie rege zu machen, und den geſchickteſten Beobachtern den noth⸗ wendigen Trieb einzuflöffen, damit fie ihren Fleiß an einen fo wichtigen Gegenſtand zur Kenntniß des thieriſchen Mechanismus wenden. Ich ſelbſt werde, wenn ich einſt mit ei⸗ nem ruhigern Geiſte eben dieſe Materie wieder vornehme, noch viele ſelbſt wichtige Dinge hinzuſetzen koͤnnen, welche mir das erſte mal entwiſcht find, und andere verbeſſern, die ich jetzt gut beobachtet zu haben glaube. Das wahre Verdienſt eines Naturkuͤndigers ſteht mit der Anzahl der Entdeckungen, die er gemacht hat, ihrer Schwierigkeit, und ihrer Wichtigkeit im Verhaͤltniß. Die Irrthuͤmer find dem Menſchen eigen, und müffen ihm: vergeben werden. Man muß fie, um mich der Sprache der Feldmeßkunſiverſtaͤndigen zu: bedienen, als verſchwindende Gröffen betrachten, in Vergleichung mit den Entdeckungen, wenn dieſe, zahlreich, nuͤtzlich, und originel find, Diſces enim, ſagt der groſſe Saller, eum fidum autorem eſſe, cum quo naturam fzpius confentire videbis &c. (Man kennt einen glaubwuͤrdigen Schriftſteller daran, wenn man ſieht, daß die Natur oft mit ihm übereinſtimmt). Wenn aber ſolche Entdeckungen nicht in einem Buche zu finden find, ſo erregt der Irrthum gaͤnzliches Mistrauen gegen das Werk und ſeinen Verfaſſer. Am we⸗ nigſten iſt derjenige zu tadeln, welcher ſchon bekannt gemachte Wahrheiten nur nachſchreibt, ohne Irrthuͤmer dazu zu ſetzen; aber fein Name wird nicht zu der Nachwelt uͤbergehen, weil fie ihm nichts neues zu danken hat, das fein Andenken erhalten koͤnnte. Nur die Unwiſſenheit und der Neid kann das Verdienſt dieſer beyden Klaſſen von Schriftſtellern mit einander verwechſeln, und ungerechter Weiſe der einen zuſchreiben, was die andere allein verdient hat. 5 a f Beobachtungen uͤber die Haare, die Haut, die Naͤgel, die Knochen, 10 95 unnd das Fett. Nachdem der gelehrte Profeſſor zu Edimburg die am meiſten zuſammengeſetzken! und wichtigſten Theile der Thiere unterſucht hat, wie wir oben geſagt haben, ſo hat er auch feine Beobachtungen über viele andere Theile ausdehnen wollen, die nicht fo wichtig find, wenn man will, aber deswegen boch nicht beſſer bekannt ſind; dahin gehören die Nägel, die Haare, die Haut, a Bi [3 Ex 4099 — Er findet auch in dieſen Theilen feine nervichten Spiralwindungen, oder beſſer zu reden, er behauptet, daß fie aus Nerveneylindern zuſammengeſetzt find, ob er gleich an ei⸗ nem andern Orte zugiebt, daß die nervichte Subſtanz in dieſen Theilen nicht empfindlich iſt, das heißt, daß die Nerven, aus denen ſie gewebt ſind, keine Organe der Empfindung find, wie fie es überhaupt in allen andern Theilen des tyierifchen Körpers find, Die Mei⸗ nung des Herrn Monroe iſt ganz und gar nicht ungereimt, ob fie gleich von Seiten der Beobachtung falſch ſeyn kann; denn es iſt gewiß, daß viele empfindliche und mit Nerven verſehene Theile ſich verhaͤrten, ſich verknoͤchern und ihre Empfindlichkeit verlieren. Aber beweiſet die Beobachtung einleuchtend, daß alle dieſe Theile aus Nerven zuſammengeſetzt geweſen ſind? f 5 BER Herr Monro verſichert uns, daß dieſe organifchen Theile aus Eylindern zuſam⸗ mengeſetzt find, die völlig denjenigen aͤhnlich find, von denen er glaubte, daß die Nerven daraus zuſammen geſetzt waͤren. Dieſe Aehnlichkeit kann nicht da ſeyn, als in Anſehung der Grdſſe, und der Figur der Theile, fo daß die Folge, fo er daraus herleiten will, keine bewieſene, keine durch die Erfahrung ausgemachte Wahrheit iſt. Aber, wenn es auch bewieſen wäre, daß alle dieſe Theile aus geſchlaͤngelten Cylindern zuſammengeſetzt find, die in allen Stuͤcken denen gleich wären, welche den urſpruͤnglichen Nervencylinder umgeben, fo wuͤrde doch nicht daraus folgen, daß fie aus Nerven zuſammengeſetzt wären, noch daß ſie nothwendig die Nerven in dieſen Theilen begleiteten; weil wir oben geſehen haben, daß die Cylinder, welche fi) auf den Nerven herumſchlaͤngeln, keine Nerven find, ob fie gleich Scheiden fuͤr die Nerven ſelbſt ausmachen. Die zellichte Subſtanz des Thiers iſt ganz von ſolchen Cylindern gewebt, und beſteht doch nicht aus Nerven. Aber alles dieſes macht nicht, daß die Beobachtung des Herrn Monro nicht un⸗ ſerer Aufmerkſamkeit wuͤrdig waͤre. Wenn alle Theile des Thiers eben dieſelbe Structur haͤtten, wenn ſie alle aus geſchlaͤngelten Cylindern zuſammen geſetzt waͤren, und wenn dieſe Cylinder in allen eben dieſelbe Dicke Hätten, fo würde es allezeit eine ſchoͤne Entdeckung ſeyn, daß man mäfte, daß es ein allgemeines urfprüngliches Gewebe giebt, daß allen fe⸗ ſten Theilen des Thiers gemein iſt. i e 5 Wir wollen alſo die Wichtigkeit der Sache unter ſuchen, und eine ſorgfaͤltige Auf⸗ merkſamkeit in unſern Beobachtungen anwenden, ſo weit es wenigſtens bey ſo kleinen Koͤr⸗ pern moͤglich iſt, daß man ſie kaum mit den ſtaͤrkſten Vergroͤſſerungsglaͤſern ſehen kann. Ich habe meine erſten Beobachtungen über die Haare gemacht. Ich will nur eis nige der vornehmſten, und ſo viel davon erzaͤhlen, als nothwendig iſt, daß wir uns einen Begrif davon machen koͤnnen. Ich nahm ein Haar und reinigte es verſchiedene mal, in⸗ dem ich es durch ein feuchtes Tuch zog. Ich betrachtete es mit mehr oder weniger ftarfen. Vergroͤſſerungsglaͤſern. Ich bediente mich ſolcher Linſen, die von vier hundert bis ſieben hundertmal vergröſſerten, und ich ſahe eben dieſelbe Struetur, eben dieſelbe Zuſammenſe⸗ tzung. Die Fig. I. der erfien Kupfertafel ſtellt ein Ende von einem Haar vor. In ſeiner - Achſe 401 Achſe a, a, ſahe man einen dunkeln Flecken, welcher etwa in der Mitte feiner Länge untere brochen war. Alles übrige an dem Haar hatte eine durchſichtige Bernſteinfarbe. Es ſchien aus kleinen unterbrochenen, wie Gedaͤrme ſchlaͤngelnden Cylindern gewebt, gebildet, oder damit bedeckt zu ſeyn. Zwiſchen dieſen Daͤrmchen ſchienen hie und da ſehr kleine Kü- gelchen zu ſeyn, deren Durchmeſſer nicht groͤſſer war, als der Durchmeſſer der gejchlängel- ten Cylinder, und an verſchiedenen Stellen ſchienen dieſe Kuͤgelchen zwiſchen den Zwiſchen— - täumchen der Pur eh zu liegen. Die angefuͤhrte Figur ſtellt dieſes alles deut- lich vor. S Ich zerquetſchte das Haar m, m, nach einem ſeiner Enden zu, und es chien mir wie aus verſchiedenen, unregelmaͤſſigen Staͤmmen gebildet zu ſeyn, die ungleich, und aus Anhaͤufungen oder Buͤndeln ſehr kleiner geſchlaͤngelter Cylinder zuſammengeſetzt waren. Die Fig. 2 ſtellt einen dieſer Stumpfe vor, den ich beſonders, und mit mehr Gewalt als vorher zerquetſchen zu muͤſſen glaubte. Ich fand ihn, wie man ihn in der Figur ſieht, nemlich aus geſchlaͤngelten Cylindern gebildet, mit vielen Kügelchen oder runden Koͤrper⸗ chen auf den Cylindern ſelbſt zerſtreut. Die Fig. 3. ſtellt ein kleines Stück des Haars Fig. 2. vor, welches durch Huͤlfe einer Nadelſpitze ale wurde; Man ſieht in demſelben einige von den Alen len Cylindern losgemachte Kügelchen, Die Fig. F. ſtellt ein anderes kleines Stück des Haars der Fig. 2. vor, welches von dem andern nicht ſehr verſchieden iſt. Da ich es inzwiſchen betrachtete, nachdem ich es mit Waſſer befeuchtet hatte, ſo wurde es, wie ein unregelmaͤſſiges, durchſichtiges Haͤut⸗ chen, in welchem man kaum einige Spuren von den geſchlaͤngelten Cylindern, und den Kuͤ— gelchen wiederfand; aber als ich es hatte trocknen laſſen, ſo bekam es bald ſeine erſte Geſtalt wieder, und ſchien der Fig. 4. ganz aͤhnlich zu ſeyn. Ueber die Ausduͤnſtung. Der gelehrte Pater Della Torre, welcher mit feinen ſtarken Vergroͤſſerungsglaͤ— ſern die feinſten Theilchen des thieriſchen Koͤrpers fo viel beobachtet hat, verſichert uns ent⸗ deckt zu haben, daß wir durch die Haut eine ungeheure Menge kleiner durchſichtiger Lamel— len von verſchiedenen Figuren ausdünften. Dieſe auf einander gehaͤufte Lamellen machen die Schuppen der Oberhaut aus, die, wie er ſagt, mit lymphatiſchen Gefaͤſſen durchfloch— ten iſt. Er ſetzt am Ende hinzu, daß man dieſe kleinen Lamellen ſelbſt mit bloſſen Augen auf der Haut der Aale in der ſchleimichten Feuchtigkeit ſehen koͤnne, ſo fie bedeckt. Ich wuſch, wie der Pater della Torre vorſchreibt, einen meiner Finger verſchie— denemal in reinem Waſſer, und nachdem ich ihn verſchiedene mal abgewiſcht hatte, ſo legte ich ihn auf einen Kriſtal, und hielt ihn einige Zeit darauf. Der Kriſtal ſchien darauf an Fontana II. B. Eee der — 402. der Stelle, wo ihn der Finger berührt hatte, etwas weniger durchſichtig zu ſeyn. Ich bediente mich eines ſehr ſtarken Vergroͤßerungsglaſes, das ſiebenhundert und mehr mal vergrößert, aber ich konnte weiter nichts darauf ſehen, als ſehr kleine durchſichtige Kügel- chen, welche nicht trocken wurden, oder nicht verſchwanden, wie die waͤſſerichten Duͤnſte thun, ſondern auf dem Kriſtal eben ſo blieben. Ob gleich viele darunter waren, die ſich berührten, ſo vereinigten fie doch ihre Subſtanzen nicht, um größere zu bilden. Sie waren alle von gleicher Größe, und gleich rund, wie man in der Fig. 6. ſehen kann. Al⸗ les dieſes ſollte uns auf den Gedanken bringen, daß es kein bloßer waͤſſerichter Dunſt, ſon⸗ dern vielmehr eine dlichte und dicke Subſtanz iſt. Sie find ungefähr viermal kleiner im Durchmeſſer, als die rothen Blutkügelchen; die Fig. 7. ſtellt die Dicke eines Blutkuͤgel⸗ chen mit eben dem Vergroͤßerungsglaſe betrachtet vor, als die Kügelchen der Fig. 6. 5 Ich habe dieſe Verſuche über die Ausdünftung bey der Haut vieler anderer Theile ſehr oft wiederholt, und niemals etwas anderes wahrnehmen koͤnnen, als die Kuͤgelchen, non denen ich eben geredet habe. a 3 Heber den Schleim der Aale: 1 Ich war neugierig, den Schleim auf der Haut der Aale zu unterſuchen. Ich ließ mir einige von verſchiedener Große bringen, und fand, nachdem ich den Schleim ein wenig mit Waſſer verdünnet, und eine ſehr kleine Menge davon genommen hatte, daß er aus einfoͤrmigen und unregelmäßigen Blaͤschen gebildet zu ſeyn ſchien, die mit ſehr kleinen ſphaͤroidiſchen Körperchen angefüllt waren, wie man in der Fig. 8. ſieht. Ich ließ fie auf dem Glaſe trocken werden, und nun ſahe man fie, wie Fig. 9. nemlich unregelmaͤßiger, als vorher; mit breiten durchſichtigen Raͤndern rund umher, und mit einem unregelmäßigen Koͤrperchen, der an verſchiedenen Stellen inwendig ſaß. Ich machte zwey oder drey dieſer Bläschen entzwey, es kam daraus eine große Menge fehr kleiner Koͤrperchen, wie man in der Fig. 11. fiehe, Das Bläschen a der Fig. ro. ſtellt eins von den Blaͤschen der Fig. 9. vor, in welcher man einen eyfoͤrmigen Körper wahrnimmt, der in feiner Mitte einen Fleck hat. Zur Seite iſt ein Blutkuͤgelchen e, damit man ihre Groͤßen mit einander verglei⸗ chen koͤnne. k 8 Heber die Haut. Nachdem ich verſchiedene mal einen Finger meiner Hand gewaſchen hatte, fo ſchnitt ich mit einem Scheermeſſer ſehr feine Lamellen von der Haut ab, weiche kaum ſicht⸗ bar waren. Die Fig. 12. der achten Kupfertafel ſtellt eins von dieſen Stuͤcken durch eine ſehr ſtarke Linfe geſehen vor. Es ſchien ein Gewebe von geſchlaͤngelten Cylindern zu ſeyn, * 403 ſeyn, die ſich mit vieler Ordnung und Regelmaͤßigkeit einander naͤherten, und von einan⸗ der entfernten. Hie und da ſahe man ſehr kleine Kuͤgelchen. Ich bedeckte darauf dieſe Haut mit Waſſer, und in dieſem Zuſtande ſchien ſie durchſichtiger zu ſeyn, und man ſahe die Cylinder und Kuͤgelchen deutlicher darinn, als vorher. Ich bediente mich eines Ver— groͤßerungsglaſes, das mehr als ſiebenhundertmal im Durchmeſſer vergrößert, aber ich konnte weiter nichts entdecken. Man ſieht durch das Mieroscop gar kein Loch, gar keine Poros darinn, fo daß ich kein Bedenken trage zu ſagen, daß diejenigen, welche glauben, Poros in der Haut geſehen zu haben, ſich durchaus geirrt haben. Leewenhoeck war der erſte, welcher die andern Beobachter in Irrthuͤmer verleitet hat. Ich will eben nicht be— haupten, daß keine darin ſind; ich ſage nur, daß man ſie nicht durch das Mieroscop wahr⸗ nimmt. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die lymphatiſchen Gefaͤße in Geſtalt eines Netzes, die der Pater dells Torre in der Haut geſehen zu haben behauptet, weiter nichts ſind, als unſere gefchlängelten Cylinder; ob es gleich übrigens wohl wahr iſt, daß er fie in ſei⸗ ner Fig. 7. der XIII. Kupfertafel nicht gut abgebildet hat, und daß fie keine Netze bilden, wie er glaubt. Ueber die Naͤgel. Ich ſchnitt mit einem Scheermeſſer von meinem einem Nagel eine ſehr feine da- melle. Ich beſahe fie mit den ſtaͤrkſten Vergroͤßerungsglaͤſern, und bemerkte, daß fie aus den gewöhnlichen gefchlängelten Cylindern gebildet war. Sie ſchienen jedoch darinn ein wenig enger und ein wenig kleiner zu ſeyn. Die gewoͤhnlichen Kuͤgelchen fand man auch dariun zerſtreut. Die Fig. 14. ſtellt das kleine Stuͤck vom Nagel vor, das ich unterſucht habe. Ich bedeckte ein Stuͤck davon mit Waſſer, und beobachtete es in dieſem Zuſtande. Es kam mir vor, daß die geſchlaͤngelten Cylinder der Anzahl nach abgenommen hatten, und einiger maßen gerader geworden waren. Es ſahe alles durchſichtiger, gleichartiger aus, wie es die Fig. 15, vorſtellt. Ueber die Knochen und Zaͤhne. Die Knochen ſelbſt, und ſogar der Glanz an den Zähnen find aus den gewoͤhn⸗ lichen geſchlaͤngelten Cylindern gebildet, und ich habe es nicht für noͤthig gehalten, beſon⸗ dere Figuren davon zu geben. Es iſt mir nur vorgekommen, daß der Glanz an den Zäß- nen aus kuͤrzern, und näher mit einander vereinigten geſchlaͤngelten Cylindern zuſammen⸗ geſetzt iſt. N Ueber das Fett. Ich wollte auch das Fett unterſuchen. Ich habe es bey vielen Thieren und im na⸗ türlichen Zuſtande beobachtet. Ich fand zwiſchen den Flaͤchen des Zellengewebes eine un⸗ endliche Menge kleiner Saͤckchen oder Blaͤschen, die in verſchiedenen Thieren mehr oder * Eee 2 weniger 404 F weniger groß waren. Dieſe Blaͤschen waren mit Fett, oder einer mehr oder weniger dicken, oder ganz fluͤßigen oͤligten Feuchtigkeit angefuͤlt. Die Bläschen waren auf ein⸗ ander gehaͤuft, und von allen Seiten mit geſchlaͤngelten Cylindern bedeckt, und umgeben, wie man in der Fig. 19. der achten Kupfertafel vorgeſtellt findet. Vermittelſt des war⸗ men Waſſers und einiger Nadelſtiche auf dieſe Blaͤschen, gelang es mir einige von den geſchlaͤngelten Cylindern zu entbloͤßen, und nun ſahe ich ein Blaͤschen, das aus einer ſehr feinen, durchſichtigen, gleichartigen, mit Fett angefüllten Haut Fig. 20. gebildet war. Ich konnte gar, keine Art von Verbindungen, noch Ausſonderungs- oder Abſonderungs⸗ gefaͤße daran wahrnehmen, ſo viele Aufmerkſamkeit ich auch darauf verwandte. Ich drückte einige dieſer mit Oel angefuͤllten Bläschen in den Fiſchen zuſammen, und bemerkte in dieſen Faͤllen, daß dieſe öligte Subſtanz durch die Wände des Blaͤschen auf allen Sei⸗ ten und auf einer Stelle nicht ſtaͤrker, als an der andern herausſchwitzte. Das Fett, welches ich in verſchiedenen Thieren ſowohl mit warmen, als mit kal⸗ tem Blute unterſucht habe, ſchien mir alſo in kleinen runden Saͤckgen, oder Bläschen zu liegen, die mehr oder weniger groß, mehr oder weniger rund waren, und ſich in den Hoͤh⸗ lungen befanden, welche die Flaͤchen des Zellgewebes zwiſchen ſich laſſen. Ich will nicht laͤugnen, daß ſich zwiſchen den Lamellen des Zellgewebes eine Menge Fett befinden kann, das frey liegt, und nicht in Blaͤschen eingeſchloſſen iſt. Ich ſage nur das, was ich mehr⸗ mals und in verſchiedenen Thieren wahrgenommen habe. Dieſe Beobachtung hat mich oft in Erſtaunen geſetzt, weil ich wußte, daß ſie der gemeinen Meinung zuwider war. Daher getraue ich mich nicht zu entſcheiden, ob die Blaͤschen von Natur keine beſondere Kanaͤle haben, um das Fett nach den verſchiedenen Umſtaͤnden und Erforderniſſen aufzu⸗ nehmen und anderswo niederzulegen. Ich ſage weiter nichts, als daß ich ſie niemals habe ſehen koͤnnen, ob ich fie gleich mit vieler Aufmerkſamkeit geſucht habe. Wenn es wahr wäre, daß ſolche Kanäle gar nicht da find, fo muͤſte man glauben, daß dieſe Blaͤs⸗ chen dieſe dlichte Materie durch Huͤlfe der Poren ihrer Haͤute felbft einſaugen, und von ſich geben; welches auch durch meine eigene Erfahrung von dem Ausſchwitzen, welche ich oben erzaͤhlt habe, beſtaͤttigt zu werden ſcheint. = Ueber das Elfenbein. Ich ſchnitt mit einem ſcharfen Meſſer eine feine Flaͤche Elfenbein ab, die vorher ſehr geglaͤttet war. Ich beobachtete ſie bey gebrochenem Lichte in Waſſer, und bey eben demſelben auch trocken. In letzterm Falle kam ſie mir viel weniger durchſichtig vor, als im Waſſer, aber eben fo organiſiret. Die Fig. 21. der achten Kupfertafel ſtellt dieſe Flaͤche vor, und man ſieht die gewoͤhnlichen geſchlaͤngelten Faden darinn. Ueber 105 Ueber die Schwaͤmme. Meine Neugier bewog mich, mit einiger Anfmerkſamkeit die Subſtanz zu beobach— teu, welche die Schwaͤmme bildet. Man glaubt, daß ſie das Werk der Thiere ſind. Die Fig. 1. der zehnten Kupfertafel ſtellt ein Stuck davon vor. Ich habe es im dunkeln, und bey darauf geworfenem Lichte beobachtet. Es ſchien auch von dem gewoͤhnlichen ge— ſchlaͤngelten Faͤden gewebt zu ſeyn, und war in der Mitte leer. * Dies iſt alles was ich bis jetzt über die Structur des thieriſchen Körpers habe beob- achten koͤnnen. Ich geſtehe es, daß noch vieles zu thun uͤbrig bleibt. Ich bin ganz und gar noch nicht mit meinen eigenen Beobachtungen zufrieden, und ich ſchmeichele mir mit der Hofnung, daß ich zu einer andern Zeit noch viele Zweifel werde heben konnen, die mir übrig geblieben find. Aber die erſten Schritte find gemacht, und dieſe find immer die bes ſchwerlichſten. Iſt die Bahn einmal offen, ſo iſt es nicht ſo ſchwer mehr, den Weg zu ſehen, den man nehmen muß, und die Klippen zu Nauen welche uns zum Fallen bringen konnten. Es kommt mir mehr als wahrſcheinlich vor, daß die urſpruͤnglichen Cylinder, die ich beobachtet habe, durchaus nichts anders ſind, als eben diejenigen Theile, die Hr. Monro Nerven nennt, und die er in dem Thiere auch fr wahre Nerven haͤlt. Es iſt zwar wahr, daß er ſie ein neuntauſendtheil Zoll dick findet, da fie mir doch nur ein drey— zehntauſendtheil Zoll dick vorgekommen find. Allein da die Rede von aͤußerſt kleinen Theils chen iſt, ſo iſt es nicht unmöglich, daß eben derſelbe Gegenſtand von zwey verſchiedenen Dee ı ungefebr um ein Viertel größer oder kleiner geſchaͤtzt wird. Der Pater della Torre und Jacob Jurin weichen ja von einander wie 27 zu 1 in der Beſtimmung der Größe der Blutkuͤgelchen ab. Der Irrthum des berühmten Profeſſors zu Edimburg beſteht, wie mir deucht darinn, daß er dieſe geſchlaͤngelten Cylinder fuͤr Nerven ſelbſt gehalten hat, da ſie doch nur die Hülle, oder die Scheide derſelben ſind. Es haben ſie mit ihnen die Muskeln, die Sehnen, die Eingeweide, und das Zellgewebe gemein, womit alle organiſche Theile der Thiere durchwebt und eingehülle find, Man ſieht fie in der Haut, den Haaren, den När geln, den Knochen, auf den Fettblaͤschen; und faſt allenthalben find fie gleichfoͤrmig, ſo wohl in Anſehung ihres Ganges, als ihrer Groͤße, ſo daß ich gar kein Bedenken trage zu glauben, daß ſie in allen Theilen des lebendigen Thiers von gleicher Natur und Beſchaf⸗ fenheit ſind, und zu eben den Endzwecken, und eben dem Gebrauche dienen. Ob es auch gleich wohl wahr it, daß fie durch zu fällige Umſtände ſich mehr oder weniger verhaͤrten b ſowohl in den verſchiedenen Organen, als in den verſchiedenen Zuſtaͤnden des hiers, Eee 3 Meder 406 TEE. Ueber die vegetabiliihen Subſtanzen. Der beruͤhmte Edimburgiſche Zergliederer hat ſich nicht begnuͤgt, wie ich geſagt habe, alle feſten Theile des thieriſchen Körpers zu unterſuchen. Er hat feinen Unterfu⸗ chungen auch ſogar auf die vegetabiliſchen Subſtanzen ausgedehnt. Er findet, daß ſie aus geſchlaͤngelten Cylindern gebildet find, die gänzlich denjenigen ähnlich find, die er in den Thieren wahrgenommen hat, und aus denen feiner Meinung nach die Nerven zuſam⸗ mengeſetzt ſind. m i ; Ich will in wenigen Worten einige der ſehr zahlreichen Beobachtungen erzaͤhlen, die ich über die Pflanzen gemacht habe, und ich glaube, ſie werden hinreichend ſeyn, uns über das zu beſtimmen, was wir davon zu halten haben. Ich unterſuchte damals zu London die beruͤhmte ſich bewegende Pflanze, die man Hedyſarum movens nennt, und ich ſuchte den innerlichen Mechanismus dieſer regelmaͤßi⸗ gen, beſtaͤndigen Bewegung zu erfahren, die ſie von allen andern Pflanzen unterſcheidet, und ſie dem Thierreiche ſo nahe bringt. Ob ich gleich nichts befriedigendes in Anſehung des Gegenſtandes meiner Neugier darinn fand, ſo war es mir doch nicht ſchwer, Kanaͤle oder Cylinder vorzuͤglich in den Stielen der Blaͤtter zu entdecken, welche nach Spirallinien gebildet zu ſeyn ſchienen, wie man in der Fig. 13. der zehnten Kupfertafel ſieht. Aber ich wurde bald gewahr, daß es Gefäße waren, die durch einen einzigen Faden gebildet wurden, der um einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt lief, und ſich in allen Punkten be⸗ ruͤhrte, fo daß die Wand des Gefaͤßes ſelbſt dadurch gebildet wurde. Es gelang mir große Stücken davon loszumachen, und ich erkannte, daß es die Luftkanaͤle der Pflanzen waren, die man ſchon vor mir kannte. Hier ſind die Spiralwindungen wirklich, anſtatt daß ſie in den Nerven nur ſcheinbar find, ob fie ihnen gleich ganz aͤhnlich zu ſeyn ſcheinen. So wahr bleibt es, daß die Analogie uns leicht in Irrthuͤmer führen kann. r Die Fig. 14. der zehnten Kupfertaſel ftelle den abgelöften Lufteanal vor. Der Faden woraus er gebildet iſt, iſt feiner Länge nach durchſichtig, und feine Ränder find, dergeſtalt dunkel, daß fie durch ihre gegenſeitige Berührung die ſchwarzen Spiralſtrei⸗ fen machen. 5 d 5 i Es ift jedoch eine andere Structur von Theilen, und eine allgemeine Organifation in den Pflanzen. Dieſe Organiſation ſcheint den größeften Theil ihrer Maſſe auszuma⸗ chen, und iſt den geſchlaͤngelten Cylindern gänzlich aͤhnlich, welche wir in fo vielen Thei- len des Thiers beobachtet haben. Die Fig. 15. der zehnten Kupfertafel ftellf ein kleines Stuͤck von einem zum Theil getrockneten, und mit der Spitze eines Meſſers zerriſſenen Roſenblatte vor. Man ſahe darinn die gewöhnlichen Kuͤgelchen und geſchlaͤngelten Faden. . Die 497 ur Die Fig. 2, der zehnten Kupfertafel ein Stuͤck elaſtiſchen Harzes, in welchem man die geſchlaͤngelten Faden ſahe. . Die Fig. 22. der achten Kupfertafel einen Faden Baumwolle, trocken betrachtet. Die Oberfläche eines jeden baumwollenen Fadens ſcheint mit kleinen gewoͤhnlichen Cylindern durchflochten zu ſeyn. Die Fig. 23, eben derſelben Kupfertafel zeigt zwey eben dieſer Faden in Waſſer gelegt. Man ſieht auf ihrer Oberfläche weniger von dieſen ge⸗ ſchlaͤngelten Cylindern, die nicht ſo regelmaͤßig ſi nd, und in der Mitte eben dieſer Faden: zu ſeyn ſcheinen. Die Fig. 12. der ee Kupfertafel iſt ein Stuͤck Bernſtein, welches mit ge⸗ ſchlaͤngelten . „wie alle andere Körper, bedeckt zu ſeyn ſcheint. Ueber die Mineralien. Was endlich noch am ſonderbarſten iſt, und wie ein wahres Paradoxon ausſieht, das ſind die Beobachtungen des Herrn Monro uͤber die Mineralien. Er glaubt, daß fie alle aus geſchlaͤngelten Cylindern gebildet find. Die Erden, die Salze, die Metalle, findet er alle aus dieſen Cylindern gemacht, und er nder fogar eben bieſe Eylinder, in denn gemuͤnzten Golde, in den Guineen wieder. Hr. Monro führt nur die Beobach⸗ tungen an, um ſeine Meinung zu beweiſen, und Beobachtungen muͤſſen ebenfalls durch Beobachtungen widerlegt oder beſtaͤttigt werden. 5 Ich habe verſchiedene dieſer Subſtanzen unterſucht; ich will aber nur einiger er waͤhnen, indem ich mir vorbehalte, in meinen mieroscopiſchen Beobachtungen umſtaͤnd— licher davon zu reden, wo ich meine Meinung uͤber dieſe dunkele Materie ſagen werde, welche, wie ich vermuthe, die Meinungen der Beobachter ſehr lange getheilt erhalten wird. Es iſt von nichts geringerm die Rede, als die kleinſten Theilchen zu ſehen, aus denen die Körper beſtehen, und zu wiſſen, ob es eine einzige einfache, urſpruͤngliche orga— niſche Structur giebt, ſo die Thiere, die Pflanzen, und die Mineralien mit einander ge⸗ mein haben. Hier iſt die bloße Beobachtung nicht hinreichend, und es hilft nicht viel, daß man ſich des Microscops bedient. Der ſcheinbare Gegenſtand laͤßt ſich nicht vom wirklichen unterſcheiden. Man muß d die e pruͤfen, um ſich nicht zu irren, man muß Verſuche anſtellen. Aber der eine Weg ſowohl als der andere iſt lang und beſchwer⸗ lich, und man ſieht nicht immer wie man es anfangen ſoll. Ich habe den Anfang meiner Beobachtungen mit der Unterſuchung einiger Erden⸗ und Marmorarten gemacht. Die Fig. 7. der neunten Kupfertafel ſtellt einige Koͤrnchen von verkalchter Magneſſe vor, die ich bey gebrochenem Lichte naß und trocken beobachtete. Sie 386 Sie hatten eine mehr oder weniger eylindriſche Figur, und waren an den Enden abgerun⸗ det. Man nahm auch die gewöhnlichen geſchlaͤngelten Faden daran wahr. Im Waſſer war alles durchſichtiger. ö Die Fig. 9. der neunten Kupfertafel ſtellt zwey Staͤubchen von weiſſem Marmor, trocken beobachtet vor. Man ſahe auch hier die gewoͤhnlichen geſchlaͤngelten Faden. Die Fig. 10. der neunten Kupfertafel ein Stuͤckchen ſchweren Spath, das ich bey gebrochenem Lichte beobachtete. Es war nichts da als ſehr regelmaͤſſige geſchlaͤngelte Faden. . Die Fig. 11. der neunten Tafel ein Stuͤckchen phoſphoriſchen Spath, das allent⸗ halben die gewoͤhulichen geſchlaͤngelten Faden zeigt. f f Die Fig. 3. der zehnten Kupfertafel ſtellt ein Körnchen Kuͤchenſalz vor. Die ge⸗ ſchlaͤngelten Faden waren darinn zu ſehen, aber duͤnner als in allen andern Körpern, Ueber das Gold. i S Von den Erden machte ich mich an die Metalle. Ich zog einen Cylinder fehr rei⸗ nes Gold durch das Drathzieheiſen, und nachdem ich ihn gut geglaͤttet und abgeſchabt hatte, ſo betrachtete ich ihn nach der Richtung ſeiner Breite. Er ſchien ganz mit geſchlaͤn⸗ gelten Faden bedeckt zu ſeyn, wie man ihn in der Fig. 1. der neunten Kupfertafel ſteht. Die Fig. 2. eben derſelben Kupfertafel iſt eben derſelbe Cylinder der Länge nach beobachtet. Ich unterſuchte fie alle beyde bey zuruͤckgeworfenem Lichte. 8 Die Fig. 3. der neunten Kupfertafel iſt ein kleines Stuͤckchen geſchlagenes Gold⸗ blaͤttchen. Es ſchien bloß aus den geſchlaͤngelten Faden gewebt zu ſeyn. Ich beobachtete es naß und trocken. a ö Vom Golde gieng ich zur Unterſuchung des Silbers über, Die vier kleinen Ge⸗ genſtaͤnde der Fig. 4. der neunten Kupfertafel ſind Staͤubchen von gefeilten feinen Silber. Sie ſahen den Haaren ſehr aͤhnlich. Man ſahe darinn die gewöhnlichen geſchlaͤngelten Fa: den bey zuruckgeworfenem Lichte. Bey gebrochenem Lichte war alles dunkel. Aber die kleinſten Enden zeigten auch ſelbſt beyz gebrochenem Lichte die geſchlaͤngelten Faden. Ich unterſuchte ein ſehr feines Bleyblech bey zuruͤckgeworfenem lichte „und ſahe darinn die gewöhnlichen gefchlängelten Faden, wie man es in der Fig. 10, der zehnten Kupfertafel ſehen kann. 5 Das = 409 Das Kupfer zeigte ebenfalls dieſe geſchlaͤngelten Faden bey zuruͤckgeworfenem Lichte, wie die Fig. 11. der zehnten Kupfertafel vorſtellt. Das Zinn bey zuruͤckgeworfenem Lichte beobachtet, zeigte auch die geſchlaͤngelten Faden. Die Fig. 7. der zehnten Kupfertafel iſt ein kleines auf dieſe Art betrachtetes Stuͤck Zinn. Das Spiesglas hat feine geſchl ingelten Faden, wie man in der Fig. 8. der zehu⸗ ten Kupfertafel ſieht. Es wurde trocken und bey gebrochenem Lichte beobachtet. Die Fig. 9. der zehnten Kupfertafel ſtellt ein Stuͤckchen Kobalt vor, in welchem 8 man die geſchlaͤngelten Faden ſahe. Die Fig. 6. der neunten Kupfertafel ein Stückchen Zink, trocken und bey zuruͤck⸗ geworfenem Lichte beobachtet, mit den gewoͤhnlichen geſchlaͤngelten Faden. Die Fig. 8. ein Stuͤckchen Wismuth trocken und bey zuruͤckgeworfenem Lichte beob⸗ achtet, in welchem man die geſchlaͤngelten Faden ſieht. Die Fig. 12. zeigt ein Stuͤckchen Nikel im Waſſer beobachtet, das dieſe gefchlän- gelten Faden hatte. ü 5 Ich übergehe eine groſſe Menge anderer Beobachtungen über die Mineralien mit Stillſchweigen, welche ſich alle mit denjenigen vereinigen, die wir bis jetzt gefehen haben, ſo daß es ſcheint, daß es eine ausgemachte Wahrheit iſt, daß alle Koͤrper, wenn man ſich * ſehr ſtarker Vergroͤſſerungsglaͤſer bedient, ſich dem Auge unter eben der Geſtalt, oder Er- ſcheinung zeigen. 5 5 Hier iſt der Ort nicht zu beſtimmen, was wirklich, und was nur ſcheinbar iſt. Die bloſſen Beobachtungen ſind nicht hinreichend, daß man wie es ſich gehoͤrt, und mit Gewiß— heit daruͤber entſcheiden koͤnnte. Es werden Vorbereitungen in dem zu beobachtenden Koͤr— per erfodert; mit einem Worte, man muß Verſuche machen. Ich glaube meine Mei nung über dieſe Sache noch aufſchieben zu müffen, ich koͤnnte ſie nicht kurz abfaſſen, und: dies ſoll die Materie fuͤr ein anderes Werk ſeyn. Unterdeſſen wird es mir angenehm ſeyn, die verſchiedenen Meinungen anderer Beobachter daruͤber zu erfahren. Die geſchickteſten werden ſich am letzten beſtimmen, die mittelmaͤſſigen keine groſſe Schwierigkeit dabey fin— den, und die ungeſchickteſten, oder diejenigen, welche nicht beobachten, werden den Au⸗ genblick entſcheiden. f gontana II. B. er Fff eiu 410 Un wenigſtens das Urtheil jener ſowohl als dieſer ein wenig zurück zu halten, glaube ich in wenigen Worten zwey wichtige Punkte hinzuſetzen zu muͤſſen. Ich ließ in ein Becken mit kaltem Waſſer einige Tropfen geſchmolzenes Silber fallen. Ich unterſuchte darauf verſchiedene von den kleinſten, und anſtatt daß fie mir die gewohnlichen geſchlaͤngel⸗ ten Faden zeigten, ſchienen ſie mir vielmehr aus kleinen leuchtenden Koͤrnern gebildet zu ſeyn, die an verſchiedenen Stellen ausgehoͤhlt waren. Die Fig. 4. der zehnten Kupferta⸗ fel ſtellt ein Silberkoͤrnchen vor, in welchem man jedoch hie und da einige geſchlaͤngelte Fa⸗ den wahrnahm. Alles übrige ſchien aus ungleichen Kuͤgelchen gebildet zu ſeyn. Ich beob- achtete es bey zuruͤckgeworfenem Lichte. Die Fig. 5. der zehnten Kupfertafel ſtellt ein anderes kleines Stückchen Silber vor, in welchem man gar keinen geſchlaͤngelten Faden ſahe; ſondern nur ſehr kleine leuch⸗ tende Koͤrperchen. Ich unterſuchte es bey zuruͤckgeworfenem Lichte. Die Fig. 6. der zehnten Kupfertafel iſt ein anderes kleines Silberkoͤrnchen, wel⸗ ches ich bey gebrochenem Lichte unterſuchte. Es ſchien aus Spitzen, Pyramiden, kleinen Diamanten gebildet zu ſeyn, und ich ſahe gar keinen gefchlängelten Faden darinn. Dieſe Verſchiedenheiten in der Structur eines und eben deſſelben Koͤrpers bewogen mich, einige neue Verſuche anzuſtellen. 5 Ich kratzte mit der Spitze einer Nadel ein kleines Stuͤck Talk ab, welches allenthal ben durchſichtig und gleichartig war. Ich unterſuchte es mit dem Vergroͤſſerunglaſe, und es kam mir ſo vor, wie man es in der Fig. 16. der achten Kupfertafel ſieht. Man ſahe daran in der Mitte eine Furche mit geſchlaͤngelten Faden nnd Kügelchen. Jene waren nicht ſehr von den bis jetzt beobachteten geſchloͤngelten Faden unterſchieden. Ich befeuch⸗ tete es mit Waſſtr, und rieb es mit einem Tuche ab. Aber deswegen veraͤnderte es ſich doch auf keine Weiſe. Du Es entſtand nach allem dieſen bey mir ein Verdacht, daß vielleicht die bloſſe Be⸗ ruͤhrung der runden ſehr feinen Koͤrperchen im Stande wäre, dem Beobachter dieſe Er- ſcheinung geſchlaͤngelter Faden zu zeigen. Ich unterſuchte alſo den trockenen Haarpuder; aber ich konnte nichts darinn wahrnehmen, welches meiner Vermuthung zu Huͤlfe gekom- men waͤre. Obgleich dieſe Kuͤgelchen ſich in verſchiedenen Punkten beruͤhrten, ſo ſahe man fie doch von einander deutlich unterſchieden, wie die Fig. 18. fie vorftelle, aber kaum hatte ich fie ein ein wenig befeuchtet, fo ſahe ich an einigen Stellen an einander haͤngende, laͤng⸗ lichte, gleichartige, allenthalben durchſichtige Koͤrperchen, wie man in der Fig. 17. der achten Kupfertafel ſieht. Es iſt zwar wahr, daß dieſe geſchlaͤngelten Faden in ſehr kleiner Anzahl“) ö . 5 8 in ) In der oben angeführten Figur hat man ihrer eine groͤſſere Anzahl geſtochen, als ich in der Beobachtung geſehen habe — ä 411 n Vergleichung der Kuͤgelchen da waren, welche fie umgaben, und fie waren hie und da ohne diejenige Regelmaͤſſigkeit und den Parallelismus zerſtreut, den man beſtaͤn⸗ dig in den andern Koͤrpern wahrnimmt. Aber zu gleicher Zeit lernen wir aus dieſer Beob— achtung und aus dieſer Erfahrung, daß das Waſſer dergeſtalt zwiſchen die Kuͤgelchen drin⸗ gen, und zwiſchen ihnen bleiben kann, daß es in gewiſſen Fällen einen gleichartigen, durch⸗ ſichtigen, nicht unterbrochenen Faden oder Cylinder vorſtellt. a Die guten Beobachter werden, ich wiederhole es, ſehr langſam etwas gewiſſes aͤuſſern. Aber unterdeſſen iſt es doch gut, daß man Beobachtungen mache, und fie auf alle moͤgliche Arten veraͤndere. Die Beobachtungen allein koͤnnen uns gewiſſe Kenntniſſe verſchaffen, wenn ſie gut aus einander geſetzt ſind, und man alle Umſtaͤnde davon erken⸗ nen wird. i Brief 0 Fff — Brief an Hrn. Adolph Murray, berühmten Peoferjor der Zergliederumgötunf zu Upfal, geſchrieben im J. 1778. 412 Je ſchicke Ihnen 5 dieſem Briefe drey Zeichnungen bezeichnet t, 2, 3, ) welche ich fuͤr hinreichend halte, Ihnen einen Begrif von dem neuen Kanal zu machen, den ich im Auge gefunden habe, und welchen ich das Vergnuͤgen hatte, Ihnen zu zeigen, als Sie durch Florenz kamen. Bey dieſer Gelegenheit hatte ich die Ehre Sie kennen zu lernen, und Sie verſprachen mir Ihre angenehme Freundſchaft. Einem ſo aufgeklaͤrten Zergliederer, wie Sie ſind, iſt es genug, bloß die Heure theile anzuzeigen, das uͤbrige würde ganz uͤberfluͤſſig ſeyn. Die drey Figuren VIII. IX. X. der ſiebenten Kupfertafel zeigen die drey ae ſchnitte, welche ich in das Auge eines Ochſen that, und die ich Ihnen zeigte, als Sie zn Florenz waren. Von den andern Schnitten will ich nicht reden, denn dieſe drey betrachte ich als die weſentlichſten und nothwendigſten, Ihren Fragen ein Genuͤge zu leiſten, und folglich uͤbergehe ich das uͤbrige mit Stillſchweigen. 7 Die Fig. VIII. ſtellt, wie Sie ſehen, faſt die Hälfte des Auges, von der ente ö digen Seite betrachtet vor. Der Buchſtab n zeigt die undurchſichtige Hornhaut (ſelero⸗ tica) an; m das Strahlenband, (corpus ciliare, ligamentum ciliare); e die Strahlenfas ſern, (proceſſus eiliares); e die Traubenhaut, (uvea); a den Augenſtern, (prunella). Sie ſehen aus dieſer Zeichnung, daß mein Augenkanal mit der Cirkellinie e die durch m angezeigt iſt, und das Strahlenband bildet. 9 Die Fig. IX. iſt die Haͤlfte der vorhergehenden Figur. Der Buchſtab n zeigte die undurchſichtige Hornhaut an; e die Strahlenfaſern; e die Traubenhaut; a den Augen⸗ ſtern. Der Buchſtab m zur rechten Seite eben dieſer Figur das abgeſchnittene Strahlen⸗ band, und die Oefnung zeigt die Hoͤhlung dieſes Koͤrpers, oder den Kanal an, den ich im Auge entdeckt habe. Die drey Buchſtaben; rmo zeigen nicht allein dieſen Kanal, ſondern auch die obere Wand eben dieſes Kanals in zwey Theile geoͤfnet an. Der Buchſtab m iſt der Körper die, ſes neuen geoͤfneten Kanals; und die beyden Buchſtaben r o die beyden Ränder oder Lips pen des in die obere Wand dieſes Kanals gemachten Schnitts. Sie ) Dieſe drey Zahlen waren die, fo bey den Zeichnungen ſtanden, die ich Hrn. Murray zu ſchickte. Allein der Reihe der Kupfer dieſes Werks wegen habe ich ſtatt derſelben die Fi guren VIII. IX. X. der ſiebenten Kupfertafel ſetzen muͤſſen. U⸗ z 413 Sie muͤſſen daraus fehen, daß diefer neue Kanal durch das Strahlenband gebildet wird, oder beſſer zu reden, daß er in feine Subſtanz eingehuͤllt iſt; welches Sie noch beffer - einſehen werden, wenn Sie einen Blick auf die Fig. X. wenden, welche die andere Haͤlfte der Fig. IX. iſt. Der Buchſtabe a dieſer Figur zeigt die undurchſichtige Hornhaut an, wel⸗ che von der Aderhaut (choroidea) entblößt iſt. Der Buchſtab e zeigt die Vertiefung an, in welcher das Strahlenband durch Huͤlfe von Zellenfaſern befeſtigt iſt. Der Buchſtab er die durchſichtige Hornhaut. Die drey Buchſtaben e, o, s, gehören zu einer häufigen Sub— ſtanz, welche durch die Verbindung der Aderhaut e, des Strahlenbandes o, und der Trau⸗ benhaut s gebildet wird. Der Buchſtab o zeigt denjenigen Theil des Bandes an, welcher in die Vertiefung e der undurchſichtigen Hornhaut paßt. Man entdeckt in o, und in der Wand eben dieſes Kanals einen ſehr kleinen Spalt; Dieſer Theil, oder dieſe Wand des Kanals iſt weißlicht und zellenartig, und haͤngt ſehr feſt an der undurchſichtigen Hornhaut, in der ganzen Länge der eirkelrunden Furche m der Figur VIII. 5 Ich habe Waſſer und Queckſilber u. ſ. w. von cl Seite zur andern in dieſen Kanal flieſſen laſſen, ohne daß durch den Durchgang dieſer Fluͤſſigkeiten die geringſte Zer⸗ reiſſung verurſacht wurde. Die innern Wände dieſes Kanals find ſehr gleich und einfoͤr⸗ mig. Die Wand o kann ſehr leicht von der undurchſichtigen Hornhaut e abgeloͤſt werden, ſelbſt wenn man ſie nur bloß mit einem flachen Stuͤck Elfenbein los macht; und man ſieht alsdann, ohne daß die geringſte Zerreiſſung feel daß bie abaelüfte Haut den neuen Ka⸗ nal ſo bildet, als man ihn in o ſieht. f Ich ſchicke Ihnen die Zeichnungen von dieſem neuen Augenkanale, nicht weil ich wuͤnſchte/ daß fie dieſelben in den Abhandlungen der Academie zu Upfal bekannt machen moͤchten, wie Sie mir merken laſſen, daß Sie es thun wollen, ſondern bloß weil Sie es befohlen haben. Es ift genug für. mich, wenn Sie von der Hochachtung, die ich gegen Sie habe, und von meinem Vergnuͤgen mit einem Manne von Ihren Verdienſten in Be⸗ kanntſchaft zu ſtehen, uͤberzeugt find. Machen Sie damit, was Sie für gut finden, denn dies iſt mir ganz gleichgültig. Sie müffen gewiß gemerkt haben, als Sie hier waren, wie wenig ich mir aus dieſer ſchon alten Entdeckung machte; Ich ſage Entdeckung, weil Sie es ſo zu benennen belieben. a Ich kann Ihnen doch nichts uͤber den Gebrauch dieſes neuen Kanals, und der durchſichtigen Feuchtigkeit fagen, womit man ihn angefuͤllt findet. Es fehlt mir hetzt noch an hinlaͤnglich gewiſſen Beobachtungen, und entſcheidenden Erfahrungen, welche mir Licht genug daruͤber haͤtten geben koͤnnen. Ich will keine Hypotheſen, oder bloſſe Wahr- ſcheinlichkeiten erdenken. Ich uͤberlaſſe dieſes Ihrer Einſicht, und ich goͤnne Ihnen den Ruhm „uns daruͤber uke. a Fff 3 Ziauſatz. — N Zu ſatz. Vorbericht des Herausgebers. 5 1 De Druck beyder Baͤnde dieſes Werks war ſchon ganz vollendet, als ich erfuhr, daß unſer Verfaſſer, der allzeit unermuͤdet, und noch immer mit ſeinen Arbeiten nicht ganz zu⸗ frieden it, in den kurzen Zwiſchenzeiten, fo ihm feine beſchwerlichen und vielfaͤltigen Ges ſchaͤfte übrig gelaſſen, noch eine groſſe Menge Verſuche über die verſchiedenen Materien ges macht hatte, die er in dieſem Werke abgehandelt hat. Er machte mir auf mein Bitten keine Bedenklichkeiten, ſie ebenfalls drucken, und hier in Geſtalt eines Zuſatzes anhaͤngen zu laſſen. Er hat mir auſſer denſelben auch einen Auszug, oder richtiger zu reden, das letzte Reſultat, und die wichtigſten Schlüffe aus einer Abhandlung vom Opium mitgetheilt, die er eben zu Ende gebracht hat, und die allein ein Werk ausmachen koͤnnte, wenn ſie ganz gedruckt wuͤrde. Ich habe mir ein wahres Vergnuͤgen daraus gemacht, daß ich dieſes Werk mit ſo vielen ſchoͤnen und neuen Wahrheiten bereichern kann, die alle zuſammen kom⸗ men, es vollſtaͤndiger zu machen, und einer fo weitlaͤuftigen Materie eine Vollkommenheit zu geben, die man vergeblich in den Werken der beruͤhmteſten Beobachter der letzten benden Jahrhunderte ſuchen wuͤrde. Dieſes Werk muß nothwendig in der Experimentalphyſik Epoche machen; der ge⸗ lehrte und unpartheyiſche Leſer wird mir dieſes leicht zugeben. Und darum, was die Un⸗ wiſſenden, und beſonders die Neidiſchen ſagen, deren Anzahl jetzt leider groß genug iſt, bekümmere ich mich nicht im geringſten; ſondern fage von ihnen mit dem lateiniſchen Dich ter: Odi profanum vulgus et arceo. Ich konnte dieſen Zuſatz nirgends anders hinbringen, als ans Ende dieſes zweyten Bandes, weil er ſchon ganz gedruckt war; Der Leſer wird ihn leicht ſo leſen koͤnnen, daß er die verſchiedenen Stucke deſſelben nach einem jeden Kapitel lieſt, zu welchen fie gehören, und hinter welche ich fie geſetzt haben würde, wenn ich fie eher gehabt hätte. Der Verfaſ⸗ fer hat geglaubt, ihm um der Kürze willen, die Geſtalt geben zu muͤſſen, die man unten ſehen wird. a Unſer Verfaſſer hat eine ſchoͤne und wichtige Wahrheit entdeckt, nemlich daß das Viperngift auch ein Gift iſt, wenn es von den Thieren niedergeſchluckt wird, und daß es fie in dieſem Falle ſehr ſchnell toͤdtet, wider die Meinung der gröffeften Schriftſteller, fo wir bis jetzt haben. N N Das Kir ſchlorbeeroͤl, und ſelbſt der Spiritus Reetor dieſer Blaͤtter, welche in die Blutadern geſpritzt die Thiere in einem Augenblick toͤdten, bieten noch eine andere ſchoͤne Wahrheit dar, durch welche das verworrene Geheimniß entdeckt iſt, welches in Anſehung 5 i der % — 400 der Wirkung dieſes Gifts uͤbrig geblieben war, und unſern Verfaſſer genoͤthigt hatte, von dem Geſetze eine Ausnahme zu machen, welches die andern Gifte, ſo er unterſucht hat, mit einander gemein haben. ’ Aber was inſonderheit das groͤſſeſte Lob verdient, das ift, daß er, obgleich ſchon alle Hofnung dazu aufgegeben war, eine Materie entdeckt hat, die das Viperngift unfchäd- lich macht, wenn man es damit vermiſcht; welche Materie man jetzt als das wahre Gegen— mittel wider dieſes toͤdtliche Gift betrachten kann. Dieſe wichtige und unerwartete Ent⸗ deckung, die man ganz dem unermuͤdeten Geiſte unſers Verfaſſers zu danken hat, iſt von ihm mit derjenigen ausgebreiteten Kenntniß, und demjenigen Scharfſinn gemacht wor— den, ſo ihm eigen ſind, und mit einer ſolchen feinen Unterſuchung, welche die Natur zwingt, ihre tiefſten Geheimniſſe zu enthüllen. Die Nachwelt mag von dem Mittel, und von dem Verdienſte der Entdeckung urtheilen. Unterdeſſen ermahnen wir die Naturkuͤn⸗ diger, auf der Bahn, die ihren Unterſuchungen geoͤfnet iſt, ſeinen Schritten zu folgen; die Verſuche bey den groͤſſern Thieren, nach dem Wunſche des Erfinders des neuen Mit— tels zu vervielfaͤltigen, und mit Genauigkeit alle Umſtaͤnde zu beſtimmen, in denen es nuͤtz⸗ licher und gewiſſer ſeyn kann. Das Mittel ſcheint gewiß zu helfen, wenn man es bey Zei- ten giebt; Es iſt nun entdeckt; es bleibt nun noch uͤbrig, die Methode zu beſtimmen, wie es mit dem beſten Erfolge, und mit dem wenigſten Schmerze zu gebrauchen iſt. Der Verfaſſer beſchließt dieſen Zuſatz damit, daß er die Wirkung des Opiums auf die verſchiedenen Theile des lebendigen Thiers erklärt; er beweiſet, daß das rechte Vehikel des Opiums nichts anders iſt, als das Blut, daß das Opium in einem Augenblicke auf das Blut wirkt; und daß es, man mag es bey dem Nerven anwenden, wie man wolle, darinn gar keine Veraͤnderung hervorbringt. Drey Erfahrungsſaͤtze von der groͤſſeſten Wichtig⸗ keit, welche den denkenden Weltweiſen noͤthigen, eine neue Theorie uber dieſe Materie zu machen, weil man nunmehr faſt alles das, was bisher von den meiſten andern Schriftſtel⸗ lern über das Opium geſagt war, für bloſſe Einbildungen und Irrthuͤmer halten muß. Zuſatz. un — Zu ſ a tz. Di Verſuche, die ich mit dem Kirſchlorbeergeiſte gemacht hatte, der in die Augen der Tauben gewiſcht, im Stande iſt, ſie in wenigen Minuten zu toͤdten, ob ich gleich ihn un⸗ ſchaͤdlich gefunden hatte, wenn ich ihn den vierfuͤſſigen Thieren in die Augen wiſchte, wie ich es wenigſtens in der Gabe, ſo ich dazu gebrauchte, bey den Meerſchweinen, Kanin⸗ chen, u. |. w. wahrnahm; dieſe Verſuche, ſage ich, brachten mich auf den Gedanken, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein Gift für dieſe für die geringſten Eindrücke fo empfindlichen Thiere ſeyn muͤſte. Ich machte deshalb folgende Verſuche. e Ich ließ einer jungen Taube in jedes Auge drey Tropfen Kirſchlorbeeroͤl fallen; Nach einer Minute gab ſie Zeichen von Zuckungen von ſich; nach zwey Minuten wurden die Zuckungen allgemein und ſtark; und darauf fiel ſie auf die Bruſt, ohne laͤnger auf den Füffen ſtehen zu koͤnnen. Nach noch zwey Minuten war fie todt. Es ſchienen weder die Augen, noch die Augenlieder merklich entzuͤndet zu ſeyn. Indeſſen zeigte doch die Trau⸗ benhaut in einiger Entfernung vom Augenſtern im Cirkel herumlaufende rothe Gefaͤſſe. Zwey andere Tauben, mit denen ich eben ſo verfuhr, ſtarben die eine in fuͤnf, und die an⸗ dere in weniger als ſieben Minuten. Es iſt alſo gewiß, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein hefti⸗ ges Gift ift, wenn es den Tauben in die Augen gebracht wird, eben ſowohl als der Kirſch⸗ lorbeergeiſt. 5 f a Dieſe Erfahrungen bewogen mich zu glauben, daß die Augen der Tauben fo gebile det, oder ſo zart und empfindlich waͤren, daß ſie auch von dem Viperngifte ſtarke Eindruͤcke bekommen wuͤrden, welches ich unſchuldig gefunden hatte, wenn ich es andern Thieren in die Augen gebracht hatte; und meine Vermuthung war nicht ganz ohne Grund, obgleich einige von den Tauben, bey denen ich den Verſuch mit dieſem Gifte machte, nicht davon ſtarben. Denn nachdem ich zwey Tauben mehrmals nach einander die Augen mit Gift bedeckt hatte, ſo bemerkte ich, daß ihre Augenlieder in kurzer Zeit betraͤchtlich aufſchwollen; ſo daß man nach Verlauf von drey Minuten kaum den Augapfel ſehen konnte, der tief in einer Hoͤhle lag, ſo ſehr waren die Augenlieder aufgetrieben. Nach ſieben Minuten ſahe man von den Augen nichts mehr, und es dauerte einige Stunden, ehe die Tauben die Au⸗ genlieder oͤfnen konnten. Die Traubenhaut und der Augapfel ſchienen nicht entzuͤndet zu ſeyn; aber die innern Theile der Augenlieder waren fehr entzuͤndet. Das Gift der Viper iſt alſo nicht ganz unſchuldig, wenn man es gewiſſen Thieren in die Augen bringt; ob es gleich bey gewiſſen andern keinen Schaden verurſacht, wenn man es bey ihnen in eben derſelben Gabe gebraucht. Denn ich bin jetzt überzeugt, daß, wenn man es eine ſehr lange Zeit andern Thieren in die Augen braͤchte, es nicht ganz unſchuldig ſeyn wuͤrde, und ſogar toͤdten, oder wenigſtens groſſe Zerruͤttungen anrichten koͤnnte. f 8 Dieſe * - 417 Dieſe Verſuche bey den Augen der Tauben, welche ſich entzuͤnden, wenn man viel Viperngift in dieſelben bringt, und diejenigen, ſo ich mit dem Ticunasgifte angeſtellt hatte, das nicht toͤdtet, wenn man es verſchluckt, es ſey denn, daß es in großer Menge genommen würde, beſtaͤttigten mich immer mehr in meiner Meinung, daß das Vipern⸗ gift ſelbſt, in großer Menge genommen, die Thiere toͤdten koͤnnte. Da ich von ohnge— fehr eine gute Anzahl ſehr großer und lebhafter Vipern bekam, ſo wollte ich die Gelegenheit nicht vorbeygehen laſſen, der Nachwelt eine fo wichtige Wahrheit in der Naturgeſchichte auszumachen. Weil aber hier der Ort nicht iſt, von dieſer Sache eine umfländliche Er— zaͤhlung zu machen, ſo will ich mich jetzt nur begnuͤgen, in wenigen Worten den Verſuch zu erzählen, den ich mit einer Taube machte, die freylich noch jung, aber ſehr ſtark und munter war. a e Ich ſchnitt acht Vipern die Köpfe ab, und drückte das Gift daraus in einen Thee⸗ loͤffel; er wurde davon voll, und es konnten darinn wohl dreyßig und mehr Tropfen ſeyn. Ich goß es alles der Taube, die ſeit acht Stunden nichts gefreſſen hatte, durch den Schna— bel in die Speiſeroͤhre. In weniger als einer Minute ſchien ſie ſehr ohnmaͤchtig zu werden, zwey Minuten darauf fing ſie an zu wanken, endlich fiel ſie mit ſtarken Zuckungen auf die Seite, und ſie ſtarb in weniger als ſechs Minuten. Der Schnabel, die Speiſeroͤhre, und der Kropf bis an den Schlund, waren entzuͤndet und blau, und das Blut ſchien ſchwaͤr— zer zu ſeyn, als es gewoͤhnlich iſt. Dieſe Theile waren ſo verfaͤrbt, daß ſie dem kalten Brande nahe zu kommen ſchienen. f Man kann alſo nicht mehr zweifeln, daß das Viperngift ein heftiges Gift iſt, ſelbſt wenn es innerlich genommen wird, wider das, was Redi, und ſo viele andere beruͤhmte Beobachter nach ihm geſchrieben haben. Es verhaͤlt ſich mit dieſem Gifte eben ſo, wie mit dem Ticunasgifte, und verſchiedenen andern Giften, wenn es in geringerer Menge genommen wird, ſo bringt es keine Wirkung hervor, oder ſcheint keine hervorzu— bringen, ob es gleich allezeit wahr iſt, daß wenn es in die Thiere durch Wunden, und vermittelſt des Bluts gebracht wird, ſehr geſchwind toͤdtet, wenn man gleich nur ſehr kleine Gaben dazu gebraucht. Zwar erbot ſich der beruͤhmte Vipernjaͤger Jacob, von welchem Franz Redi *) erzählt, ganze Löffel voll davon nieder zu ſchlucken; aber man ließt nirgends in dem Werke dieſes beruͤhmten Schriftſtellers, daß der gute Jacob in der Folge fein Verſprechen in Erfüllung gebracht habe; und es war gewiß ein Gluͤck für ihn, daß er es nicht that. Der allerſtaͤrkeſte Beweis, den Redi von dem Muthe oder der Ver— wegenheit dieſes Mannes anfuͤhrt, iſt, daß er in einem halben Glaſe Wein, das Gift von drey Vipern, das heißt, einige Tropfen Gift, vielleicht nur drey oder vier getrunken hat, weil ſeine Methode, es aus der Viper zu bekommen, nur unvollkommen war. Ich ; bin * Sn feinen in Italiaͤniſcher Sprache geſchriebenen Bemerkungen über die Vipern. Flo⸗ renz 1664. S. 17. ö 4 Fontana II. B. Ggg 418 bin überzeugt, daß das Gift einer auch noch groͤßern Anzahl von Vipern, wenn es mit einer ſo großen Menge Wein vermiſcht iſt, einen Menſchen, der es niederſchluckte, noch nicht in Gefahr ſetzen würde; aber auf der andern Seite halte ich dafuͤr, daß ein ganzer Loͤffel voll von dem Gifte, ohne Zuſatz von andern Subſtanzen einen Menſchen wohl gar toͤdten koͤnnte. Der Verſuch, den Redi ſelbſt machte, beweiſet noch weniger. Er preßte das Gift aus vier Vipern in eine Taſſe mit Waſſer, und gab es einer Ziege zu trin⸗ ken, ohne daß es ihr ſchadete. Das Waſſer war in viel größerer Gabe als der Wein in dem vorhergehenden Verſuche; folglich mußte das Gift noch weniger wirkſam ſeyn, weil es mehr verduͤnnt und getheilt war. Aber aus allen dieſen folgt nicht, wie Redi behaup⸗ tet, daß das Viperngift in großer Menge getrunken und in den Magen gebracht, weder kodtlich noch ſchaͤdlich ſey. Es iſt ſchaͤdlich und toͤdtlich, wenn es in großer Gabe genom⸗ men wird. Es iſt zwar ein gemeiner Irrthum der alten Weltweiſen, welche glaubten, daß die Gifte der Schlangen feine Gifte wären, als wenn fie in Wunden gebracht wuͤr— den. Non guftu ſed in vulnere nocent, ſagt Celſus; und Lucanus laͤßt ſchon vor ihm dem Cato ſagen: Morfu virus. habent, & fatum dente minantur; En morte arent. Das Viperngift bleibt, wenn es gleich vom Thiere abgeſondert iſt, viele Monate lang ſchaͤdlich „ wie ich ſchon im erſten Bande geſagt habe; aber eine fehr richtige Erfah⸗ rung in dieſen letzten Zeiten bewegt mich zu glauben, daß die Eigenſchaft zu toͤdten darinn nicht uͤber den neunten Monat bleibt; wenn ſie nur einmal ſo lange Ae bleibt. Hier iſt der Verſuch, den ich machte. Ich befeuchtete vier Stuͤck grobes Loͤſchpapier, jedes Ieh mit zwanzig Tropfen Gift; und legte ſie, jedes beſonders, in Glaͤſer. Nach neun Monaten legte ich dieſe Papiere vier jungen Tauben in die verwundeten Beine. Keins von den Thieren ſtarb; fie gaben nicht einmal ein Zeichen von der Krankheit des Gifts von ſich. Dieſes fo aufbe⸗ wahrte Gift hatte alfo die Eigenfchaft zu toͤdten verlohren, und konnte nicht einmal Tau⸗ ben toͤdten, welche doch ſonſt fo leicht von dem Viperngifte ſterben. Ueber den Aetzſtein. Ob ich mich gleich verſichert hatte, wie man im erſten Bande geleſen hat, daß das Alcali volatile fluor kein fpecifiiches Mittel wider den Vipernbiß iſt, und dieſem Gifte nicht feine toͤdtende Eigenſchaft benimmt, wenn man beides mit einander vermiſcht; fü hatte ich doch die Neugier, auch den Aetzſtein zu verſuchen; und ich fing meine Unterſu⸗ chungen damit an, daß ich das Viperngift mit dieſer aͤtzenden Subſtanz vermiſchte, um zu feben, ob es noch feine erſte giftige Eigenſchaft behalten würde, wie es fie behält, wenn es mit dem Alcali volatile fluor vermiſcht wird. Ich machte meine Verſuche mit gleichen Theilen Aetzſtein und Viperngift, zu denen ich einige Tropfen Waſſer miſchte, um daraus einen etwas fluͤßigen Teich zu machen, den ich auf die verwundeten Theile der Thiere legte. 2 419 legte. Und weil die kleinen Vögel am leichteſten von dieſem Gifte ſterben, fo wollte ich bey dieſen die Wirkung dieſes Teigs verſuchen. Ich bediente mich daher der Sperlinge und der Tauben. N 8 Verſuche mit den Voͤgeln. f Ich verwundete fünf Voͤgeln die Beine mit einer Scheere, und legte den obigen Teig darauf. Es ſtarb keiner davon; es ſchien keiner die Krankheit von dem Viperngifte zu bekommen, und bey keinem zeigte ſich der kalte Brand, obgleich die Muskeln von dem Aetzmittel ſehr zerfreſſen waren. Ich wiederholte dieſen Verſuch noch mit fünf andern, und fuͤgte nur noch nach dem Gebrauch des Teigs, das Abwaſchen mit Waſſer hinzu. Auch von dieſen ſtarb kei⸗ ner, und ich beobachtete, daß die Muskeln der Beine durch das Aetzmittel nicht ſo zernagt und verbrannt waren. Da die Rede von ſehr kleinen Thieren iſt, bey den ein Troͤpfchen Gift hinreicht, fie zu toͤdten, fo ſcheint es, daß man keinen Augenblick zweifeln kann, daß der Aetzſtein das Gift der Viper unſchaͤdlich macht, wenn es eben damit vermiſcht iſt, denn ich legte es auf die verwundeten Muskeln, in dem Augenblick da ich beyde mit einander vermiſcht hatte. Ich machte demohngeachtet den Verſuch noch mit zehn andern Voͤgeln, und alle zehn genaſen zu meinem groͤßeſten Erſtaunen ſehr leicht. Ich konnte noch nicht die uner- wartete Neuheit meiner Reſultate glauben; und weil ich fuͤrchtete, zufällige Umſtaͤnde moͤchten die Wirkung des Gifts verhindert haben, ſo entſchloß ich mich noch andere Ver— ſuche bey eben dieſen Thieren zu machen. Ich nahm zehn andere Voͤgel dazu, und machte ihnen mehr Wunden in die Muskeln, damit ich viel Gift in dieſelben legen koͤnnte; und es iſt gewiß, daß die Menge des Teigs fo ich gebrauchte, wenigſtens einen Tropfen Gift ent- hielt. Es ſtarben wirklich zwey Vögel bey dieſen Verſuchen, der eine nach ſechs Stun- den, und der andere nach acht und zwanzig Stunden. Ich wiederholte dieſen Verſuch den andern Morgen bey zehn andern Vögeln unter eben den Umſtaͤnden; und es ſtarb mir nur einer davon nach zwoͤlf Stunden. Weil ich glaubte, daß die Verwundungen allein wohl einen davon toͤdten könnten, inſonderheit wenn die Wunden mit dem Aetzmittel ge- reitzt würden, fo machte ich einen Verſuch mit zehn andern Vögeln, denen ich wie gewoͤhn⸗ lich die Beine verwundete und mit dem Aetzmittel verband. Nach acht Stunden ſtarb einer davon. So daß es ſehr wahrſcheinlich iſt, wo nicht ganz gewiß, daß die drey an⸗ dern Voͤgel, von denen ich oben geredet habe, auch an ihren Wunden, und nicht an der Wirkung des Gifts geſtorben ſind. Ich verwundete zehn andere Voͤgel an verſchiedenen Stellen der Bruſtmuskeln, und legte kurze Zeit darnach den Teig darauf. Es ſtarb kein einziger davon. 7 gg 2 Verſuche 420 Verſuche mi den enger Tauben. Nach den kleinen Voͤgeln iſt bie Taube dasjenige Thier, welches von der kleinsten Menge Gift ſtirbt, in ſonderheit wenn ſie ſehr klein, und noch nicht lange ausgekommen iſt. Ich waͤhlte ihrer vier zu dieſem Gebrauch, und machte bey allen den Verſuch unter eben denſelben Umſtaͤnden. Ich machte ihnen verſchiedene ſchraͤge Einſchnitte in die Bein⸗ muskeln mit einer kleinen Scheere, und brachte viel von dem giftigen Teige in die Wunden, welche, ob ſie gleich tief waren, kaum bluteten. Es ſtarb keine von dieſen vier Tauben, ja es ſchien nicht einmal eine die Krankheit von dem Gifte zu bekommen. Ich wiederholte den andern Tag dieſen Verſuch mit zwoͤlf andern Tauben, die ich an verſchiedenen Stellen am Beine verwundete, und den Teig darauf legte. Es ſtarb keine davon. Ich wech⸗ ſelte mit dem Hineinbringen des giftigen Teigs ab, und brachte ihn in die Muskeln bald durch Huͤlfe kleiner Holzſpitter, bald vermittelſt dicker Faͤden hinein, die damit beſtrichen waren. Aber auch bey dieſen Verſuchen ſtarben ſie nicht. Ich verwundete auch die Bruſtmuskeln auf verſchiedene Art, und brachte in dieſelben auf allerhand Art den Teig hinein. Aber ich mochte meine Verſuche ſo viel vervielfaltigen „als ich e fo ſahe ich doch keine Taube davon ſterben. Man kann jetzt nicht mehr zweifeln, daß der Aetzſtein das Viperngift unſch dich macht, wenn man es damit vermiſcht. Und alſo tritt alles zuſammen, daß man ihn als das wahre und einzige ſpeeifiſche Mittel wider dieſes Gift betrachten fuß. Wir koͤnnen uns ſchmeicheln, daß wir endlich ein gewiſſes Gegengift wider den Vipernbiß entdeckt ha⸗ ben; welches ſo viele Menſchen geſucht haben, und bisjetzt noch keiner gefunden hatte. Aber verliert das Viperngift feine ſchaͤdlichen Eigenſchaften, wenn es mit dem Aeszſtein vermiſcht iſt, deswegen, weil es eine andere Natur annimmt, oder vielmehr deswegen, weil es mit dieſem ſtarken Aetzmittel verbunden, nicht mehr ſeine vorigen Wirkungen her— vorbringen kann, ſo wie die Saͤuren, wenn ſie mit Laugenſalzen, oder mit Erden geſaͤt⸗ tigt ſind? Koͤnnte man nicht vermuthen, daß der Aetzſtein, indem er die Blutgefaͤße zu⸗ ſammenzieht, verhindert, daß das Gift durch dieſen Weg nicht ins Blut dringen kann? Dieſe letzte Vermuthung laͤßt ſich nicht behaupten, weil die mineraliſchen Saͤuren, welche ebenfalls die Gefäße: ee zu ziehen ſcheinen, dieſes Gift doch nicht unſchaͤdlich machen konnen, und das Alkali volatile fluor ſelbſt hat dieſe Eigenſchaft nicht; welches uns noth⸗ wendig ſeltſam vorkonunen muß, wegen der großen, Aehnlichkeit, fo zwiſchen dem Alcali walarile Huor und dem Aetzſteine vorhanden iſt. Ich muß geſtehen, daß ich ein wahres Vergnügen empfand, als ich mir ches chelte, daß meine Bemühungen mit einem ſo gluͤcklichen Erfolge gekroͤnt geweſen waren; und was meiſſe Hofnung noch vermehrte, war dieſes, daß ich wußte, daß das Vipern⸗ gift feine ſchuͤdlichen, Eigenſchaften nicht verliert, wenn es mit andern Subſtanzen, ſelbſt den wirkſamſten, als den mineraliſchen Saͤuren vereinigt iſt. Aber ich erinnerte mich viel zu gut an den Irrthum „den ich in he en hatte, als ich glaubte, ein ganz, ö gewiſſes x a PR 42T gewiſſes Mittel wider den Vipernbiß gefunden zu haben, weil ich die kleinſten Vögel und die Tauben von dieſem Biſſe heilen konnte. Die Beweiſe aus der bloßen Analogie ver mochten nichts mehr uͤber meinen Geiſt; und im gegenwaͤrtigen Falle halfen ſie zu weiter nichts, als daß fie mich bewogen, wieder zu der unmittelbaren und unleugbaren Erfah- rung meine Zuflucht zu nehmen, die man in phyſiſchen Unterſuchungen allein zu Rathe ziehen muß. Dies iſt der einzige Gebrauch, welchen der kluge Weltweiſe von dieſen Bewei— ſen aus der Analogie machen muß, wenn er ſich nicht irren, noch andere in Irrthuͤmer führen will; und bieſem Gebrauche hat der tiefdringende Naturkuͤndiger feine ſchoͤnſten Entdeckungen zu danken. * Verſuche mit den Voͤgeln. Ich verwundete vier Voͤgeln die Muskeln am Beine mit giftigen Zaͤhnen; ich machte leichte Einſchnitte darinn, legte den Aetzſtein darauf, und wuſch kurze Zeit darnach die Wunden gut aus. Es ſtarb keiner, und keiner bekam die Krankheit von dem Gifte. Vier andere, den vorhergehenden ähnliche Voͤgel wurden auch mit giftigen Zähnen an den Beinen verwundet. Ihre Wunden darauf ſcarificirt und gewaſchen; aber ich legte das Heilmittel nicht darauf. Sie ſtarben alle vier nach Verlauf von 1, 4, 7, 8 Minuten. N Ich machte noch vier andern mit einer Scheere Wunden in die Beinmuskeln; und legte das Gift darauf. Ich machte ſogleich Einſchuitte in die Wunden, legte das Heil- mittel darauf, und wuſch fie aus; ſie genaſen alle vier. Ich verfuhr mit vier andern Voͤgeln eben ſo als mit den vorhergehenden, und es ſtarb keiner davon. N Ich glaubte dieſen Verſuch noch mit zehn andern wiederholen zu muͤſſen. Sie wurden an den Beinen verwundet, itzre Wunden vergiftet, ſcarificiret, verbunden, und alle zehn genaſen. 5 Ich kann und darf inzwiſchen nicht verhehlen, daß unter fuͤnf andern, denen ich die Beine mit giftigen Zähnen verwundet hatte, drey ſtarben, ob ihnen gleich Einſchnitte ge— macht, und die Wunden mit dem Aetzſteine, wie oben verbunden waren. Zwey farben: nach Verlauf von drey Stunden, und der dritte nach zwanzig Stunden. So habe ich gleichfalls zwey Vögel unter vier ſterben geſehen, welchen ich die Bruſimuskeln mit giftigen Zähnen verwundet hatte, und die ich wie gewöhnlich verband, nachdem ich Einſchnitte darinn gemacht hatte. Der eine ſtarb nach drey Minuten, der andern nach drey Stunden. Ggg 3 f Ein 422 Ein anderes mal verwundete ich drey Vögeln die Bruſtmuskeln mit einer Lanzette, und brachte das Gift in dieſelben. Ich verband fie mit dem Aetzſteine, und fie ſtarben alle drey nach einer halben Stunde, nach acht und neun Stunden. 8 . Ich befürchtete, die Verwundungen der Bruſtmuskeln nebſt dem Gebrauche des Aetzmittels moͤchten allein ſchon die Thiere toͤdten konnen. Ich machte alſo drey Voͤgeln Wunden in die Bruſtmuskeln, und verband ſie mit dem Aetzſteine. Es ſtarb aber keiner davon. > Es ſcheint, daß man aus allen dieſen bisher erzählten Verſuchen den Schluß ma⸗ chen kann, daß der Aetzſtein die Voͤgel von den gefaͤhrlichen Folgen des Viperngifts heilt, wenn er ſo gebraucht wird, wie man geſehen hat. Wenn demohngeachtet einige davon ſterben, ſo muß man glauben, daß entweder das Mittel zu ſpaͤt gebraucht iſt, oder wel⸗ ches noch wahrſcheinlicher ift, daß man es nicht immer auf die vergifteten Theile bringen kann, und daß es nicht ſo tief hineindringt, als das Gift hineingedrungen iſt. Ein jeder ſiehet, daß in dieſen Fällen die ſchaͤdlichen Eigen ſchaften des Gifts nicht verbeſſert werden koͤnnen, wie ſie gewiß verbeſſert werden, wenn ſich beyde mit einander vermiſchen. Dem mag aber ſeyn, wie ihm wolle, ſo iſt es nicht genug, daß der Aetzſtein die Voͤgel heile, um uns zu verſichern, daß er auch die andern Thiere heilt; und wenn auch, welches nicht zu leugnen zu ſeyn ſcheint, der Aetzſtein das wahre Gegengift wider das Vi⸗ perngift waͤre, ſo folgt nicht nothwendig daraus, daß er die größern Thiere heilen muͤſſe. Die Umſtaͤnde koͤnnen verſchieden, die Einſchnitte gefährlicher, und das Auflegen des ſpe⸗ cifiſchen Mittels auf die vergifteten Theile ſchwerer, oder nicht fo ſicher ſeyn. Verſuche mit den Tauben. Ich verwundete vier Tauben die Beinmuskeln mit giftigen Zähnen, machte die gewöhnlichen Einſchnitte darinn, und legte den Aetzſtein darauf; worauf ich die Wunden mit Leinwand bedeckte. Zwey ſtarben davon in wenigen Stunden, und die andern beyden blieben leben. Den einen von den beyden erſten hatte ich nach dem Verbande die Wunde ausgewaſchen, der andern nicht; und eben das hatte ich bey denen gethan, die leben blieben. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit vier andern Tauben, aber ich wuſch keiner ein⸗ zigen die Wunden aus, und ich brachte das Gift in dieſelben, ohne mich der Zaͤhne zu bedienen, Es ſtarb keine, und keine ſchien die Krankheit von dem Gifte zu bekommen. Ich machte eben den Verſuch mit ſechs andern, und brachte das Gift in die Mus⸗ keln, nachdem ich fie verwundet hatte. Es ſtarb gar keine bavon, Ich 423 Ich nahm die erften Verſuche wieder vor, weil ich befürchtete, daß das Mittel nicht zu allen den Theilen kaͤme, in welche das Gift gedrungen war, ob ich gleich große und tiefe Einſchnitte gemacht hatte. Ich machte den Verſuch mit ſieben Tauben; es ſtar⸗ ben drey in weniger als einer Stunde, die vier andern wurden gar nicht krank davon. 5 Ich machte nun auch Verſuche bey den Bruſtmuskeln. Ich verwundete die vier Tauben an verſchiedenen Stellen, und legte den Aetzſtein darauf. Sie genaſen alle vier. g Als ich eben den Verſuch bey vier andern Tauben wiederholte, ſo ſtarb ebenfalls keine davon, und es ſchien keine krank zu ſeyn. Zwoͤlf andere Tauben bereitete ich eben fo zu; ich legte das Gift in die Wunden der Bruſtmuskeln, und alſobald darauf den: Aetzſtein, und fie genaſen alle zuſammen. f Ich verwundete bey vier andern die Bruſtmuskeln mit giftigen Zähnen. Sch machte alſobald Einſchnitte in die Wunden, und legte den Aetzſtein darauf. Es ſtarben zwey davon in weniger als einer Stunde. Nach allem dieſen ſcheint es, daß man nicht mehr daran zweifeln kann, daß diefe Thiere, die ſtarben, ob ſie gleich mit dem Aezſteine verbunden waren, nur deswegen ſtar— ben, weil das Aetzmittel nicht immer an alle die Theile kam, die vergiftet waren, und nicht: deswegen, weil es kein ſpeeiſiſches Mittel wider dieſes Gift wäre, Ich muß noch aufrichtig geſtehen, daß, als ich eines Tages zwey Tauben Gift in die Wunden der Muskeln an den Beinen gebracht hatte, ich nach vier Stunden eine davon ſterben fehe, ob ich fie gleich verbunden hatte. Ein anderes mal verwundete ich zwey Tauben die Muskeln an den Beinen mit giftigen Zaͤhnen; und es ſtarb eine Davon: nach achtzehn Stunden. Aber olle dieſe Faͤlle beweiſen, wenn ich mich nicht irre, immer mehr, daß das Mittel entweder nicht zur rechten Zeit gebraucht, oder nicht immer ſo tief gekommen iſt, daß es ſich mit dem Gifte vermiſchen konnte; welches hinlaͤnglich durch die: Zeit dargethan wird, welche dieſe Thiere noch leben bleiben, da fie insgemein in ſehr kur— zer Zeit ſterben, wenn ſie nicht verbunden werden. Ich wollte noch einen neuen Verſuch mit zehn andern Tauben machen. Ich ver—⸗ wundete ſie an den Beinen mit giftigen Zaͤhnen, machte Einſchnitte darinn, und verband ſie kurze Zeit darauf. Fuͤnf genaſen, und wurden gar nicht krank; eine ſechste ſtarb un— ter meinen Haͤnden; und die vier andern nach 3, 16, 18, 19 Stunden. Dieſe neuen Erfahrungen beweiſen immer, daß meine Vermuthung gegründet war, und daß der Aetz— ſtein die Krankheit gelinder macht, und den Tod aufhaͤlt, wenn er ihm nicht ganz zuvor⸗ kommen kann. 1 Ich halte es ganz überflugig verſchiedene Verſuche, welche ich bey Huͤhnern an den Bein⸗ und Bruſtmuskeln gemacht habe, umſtaͤndlich zu erzaͤhlen. Ich verwundete fie an vielen Stellen, ich brachte viel Gift in dieſelben, und durch Huͤlfe des Ae Ns 424 Berbandes ſtarb mir kein einziges von dieſen Thieren. Und dies mußte auch ſo kommen, weil die Tauben, die doch zarter ſind, und leichter von dem Gifte ſterben, unter eben denſelben Umſtaͤnden dem Tode entkommen. f f Verſuche mit den vierfuͤßigen Thieren. Ich verwundete zwey Meerſchweinen mehrmals die Muskeln am Beine mit giftigen hnen, und nachdem ich Einſchnitte darinn gemacht hatte, ſo verband ich ſie mit dem Aetzſteine; das eine genas, und das andere ſtarb nach fuͤnf Stunden. Vier andere Meerſchweine wurden eben ſo behandelt, und es ſtarb nur eins nach Verlauf von zehn Stunden davon. i Ich wollte verſuchen, ob ich das Heilmittel ficherer machen würde, wenn ich das Gift in die verwundeten Muskeln braͤchte. Ich verwundete ſechs ganz kleinen Kaninchen die Beinmuskeln an verſchiedenen Stellen. Ich legte das Mittel darauf, und es ſtarb keins davon. Ich machte es eben ſo bey ſechs andern ſehr kleinen Kaninchen mit den Bruſtmuskeln, und ſie genaſen alle. 5 Ich nahm kleine Meerſchweine, und machte mit ſechs dieſer Thiere den Verſuch. Ich legte drey derſelben das Gift auf die Muskeln am Beine, und den drey andern auf die Muskeln der Bruſt. Nachdem fie vorher alle verwundet waren, fo legte ich den Aetz⸗ ſtein darauf. Es ſtarb kein einziges davon. 5 Ich nahm wieder ſehr kleine Kaninchen, und verwundete acht derſelben mit gifti⸗ gen Zähnen an den Beinen. Ich machte Einſchnitte darin, und verband fie kurze Zeit darauf. Es ſtarben zwey davon, und ſechs genaſen. a Man kann nicht mehr zweifeln, daß der Aetzſtein das wahre ſpecifiſche Mittel wi⸗ der das Viperngift iſt. Aber die Methode, ihn auf die vergifteten Theile zu legen iſt nicht ſicher; und man muß natürlich denken, daß die Schwierigkeit noch viel groͤßer ſeyn werde, wenn man ſich deſſelben wider den unmittelbaren Vipernbiß bedienen will, inſonderheit wenn die Viper mehrmal gebiſſen hat, und man kaum die Spuren des Biſſes ſieht. In dieſen Fällen wird immer einige Ungewißheit zurück bleiben, und die zu großen und zu vie- len Einſchnitte koͤnnen aͤußerſt ſchaͤdlich ſeyn, wenn das Heilmittel nicht fo tief dringt, daß es das Gift verbeſſert. Behandlung der Vipernbiſſe mit dem Aetzſteine. 2 Dieſer letzte Theil meiner Verſuche iſt der wichtigſte, weil er zum Gegenſtande bat, uns wider den Vipernbiß zu ſichern. Meine Verſuche find in zu geringer Anzahl gemacht EEE EEE 435 gemacht, und zu wenig veraͤndert, als daß man in der Praxis allen den Mugen daraus ziehen koͤnnte, den man daraus erwarten ſollte, und im Stande wäre, die Methode, fo ich vorgeſchlagen habe, zu vervollkommnen. Es fehlte mir wegen der Jahrszeit an Vi⸗ pern, und die Umſtaͤnde, in denen ich mich befinde, nebſt den Pflichten, die ich zu erfüllen habe, haben mich abgehalten, mich mit fo vielem Fleiſſe mit dieſem Gegenſtande zu beſchaͤf⸗ tigen, als ich wohl gewuͤnſcht hatte. Ich will gegenwärtig nur die Reſultate aus den Er- fahrungen bekannt machen, die ich habe machen koͤnnen, und mir vorbehalten, mich zu ei⸗ ner gelegenern Zeit wieder an dieſen Gegenſtand zu machen, der das Wohl meiner Neben- menſchen zum Zweck hat. Unterdeſſen, hoffe ich, werden die beobachtenden Weltweiſen ihre ganze Aufmerkſamkeit an diefen Theil der Arzneykunſt wenden, und keine Mühe ſparen, ihn nuͤtzlicher und gewiſſer zu machen. Ich ließ ein Kaninchen von mittlerer Groͤſſe fünf mal hinter einander von einer groſſen Viper ans Bein beiſſen. Nachdem ich Einſchnitte darinn gemacht hatte, fo legte ich den Aetzſtein darauf, wuſch es ab, und verband die Wunden. Das Kaninchen ſtarb nach zwoͤlf Stunden. | Ich ließ von einer andern Viper ein anderes Kaninchen fieben mal ans Bein beiſ⸗ ſen. Es ſtarb nach einer Stunde, ob es gleich wie das vorhergehende verbunden war. Ich ließ zwey Meerſchweine von einer Viper an die Beine beiſſen, ein jedes drey mal, und verband ſie, nachdem ich die Einſchnitte gemacht hatte. Sie ſtarben alle beyde in wenigen Minuten. g Ich wiederholte dieſen Verſuch unter eben den Umſtaͤnden mit einem groſſen Meer⸗ ſchweine. Es ſtarb nach vier und zwanzig Stunden. 5 Dieſe fünf unerwartete Todesfälle zeigten mir, wie leicht es iſt, ſich zu irren, ſelbſt in Beobachtungen und Erfahrungen, und wie wenig man ſich auf die Analogie verlaſſen kann. Der geringſte Nebenumſtand iſt im Stande das unnuͤtz und ſchaͤdlich zu machen, was an und für ſich ſelbſt ſehr nuͤtzlich ſeyn wurde. Ein jeder ſieht, daß in gegenwaͤrtigem Falle alle Schwierigkeit darauf hinaus läuft, wie man den Aetzſtein in alle die Stellen hin⸗ einbringen kann, in welche das Gift gedrungen iſt. Aber wie will man jemals dieſe Schwie⸗ rigkeit überwinden? Die Locher, welche die Vipernzaͤhne machen, find ſehr klein und oft unſichtbar. Sie gehen nach verſchiedenen Richtungen in die Haut, und verſchiedentlich tief, nach tauſend veraͤnderlichen Nebenumſtaͤnden. Die Geſchwulſt, oder Entzuͤndung, ſo darauf folgt, vermehrt die Schwierigkeit noch mehr; ſo daß die Einſchnitte beynahe auf ein Gerathewohl gemacht werden muͤſſen. Ich kann jedoch nicht verſchweigen, daß ich durch dieſe Methode fünf andere groſſe Kaninchen geheilt habe, die mehrmals von den Vipern gebiſſen waren, und verſchiedene Meerſchweine, die ich ebenfalls hatte beiſſen laſſen, und welche wahrſcheinlich geſtorben gontana H. B. Hhh ſeyn 1 ? 426 * ſeyn wurden, wenn fie nicht mit dem neuen Mittel verbunden wären. Sie waren alle wie⸗ derholte mal gebiſſen worden; aber eine noch viel groͤſſere Anzahl dieſer Thiere habe ich ge⸗ heilt, wenn fie nur ein einziges mal gebiſſen waren. Wiewohl auch in dieſem Falle mir ei⸗ nige geſtorben ſind; und zwar ohne Zweifel aus den oben angeführten Urſachen; nemlich nicht wegen der Unwirkſamkeit des Heilmittels; ſondern weil es nicht immer bis zu den Stellen dringen kann, in welchen das Gift ſich befindet. Es giebt auch noch Faͤlle, bey denen die neue Methode, fo ich vorgeſchlagen habe, nichts hilft; nemlich wenn die Krank⸗ heit durch zufällige Umſtaͤnde mehr innerlich, als auſſerlich iſt; nemlich wenn das Gift auf einmal in groſſer Menge durch Hülfe eines Gefäffes in das Thier kommt, fo der V Vipern⸗ zahn getroffen hat. Und ich halte es nicht fuͤr unmoͤglich, daß der Vipernbiß ſogar in ei⸗ nem Augenblicke toͤdten kann, wenn es ſich jemals ereignete (welches allerdings moͤglich if), daß die Zaͤhne eine groſſe Blutader dergeſtalt durchſtaͤchen, daß das Gift augenblicklich und in Menge nach dem Herzen gebracht wuͤrde. In dieſem Falle, der wenig oder gar nicht von der kuͤnſtlichen Einſpritzung dieſes Gifts unterſchieden wäre, koͤnnte das Uebel un⸗ heilbar ſeyn, und alle e vergeblich machen. Ich wiederhole es; der Aetzſtein macht das Viperngift unſchaͤdlich 5 und er iſt ein wahres ſpecifiſches Gegengift; aber es bleibt noch viel zu thun i übrig, um es mit den groͤſ⸗ ſeſten Nutzen wider den Biß dieſes Thiers anzuwenden. Es moͤchte vielleicht von Nutzen ſeyn, es in Waſſer aufgeloͤſt, ſelbſt in ziemlich ſtarken Gaben, innerlich zu nehmen. Wenn das Viperngift das Blut verändert, und toͤdtet, wenn es in den Umlauf der Säfte ge bracht iſt, ſo kann der Aetzſtein innerlich in einer fluͤſſigen Geſtalt genommen, die boͤſen Ei⸗ genſchaften deſſelben ſchwaͤchen, und es in den Gefaͤſſen ſelbſt verbeſſern, ſo daß auch die innerliche Krankheit, ſo dieſes Gift zuwege bringt, Bau gebaben ober geln; gemacht wird. Es ift natürlich, daß man auf den Gedanken komme, ob ich, nachdem ich gefun⸗ den habe, daß der Aetzſtein das Viperngift unſchuldig macht, nicht auch einige Verſuche mit dem Hoͤllenſteine gemacht habe. Und ich habe wirklich verſchiedene damit gemacht. Ich fand, daß der Teig aus dieſem Steine und dem Viperngifte ohne Gefahr auf die verwundeten Muskeln der Voͤgel gelegt werden koͤnnte, welche ich zu dieſen Verſuchen waͤhlte. Von zehn ſtarb mir kein einziger. Aber es ſtarben mir zwey von dreyen, welche ich mit dem Zahne vergiftete, und hernach mit dem zu Pulver geſtoſſenrn Hoͤllenſtein ver⸗ band. Der eine ſturb unter meinen Haͤnden, und der andere nach zwey Stunden. Ich ließ vier Tauben von Vipern an die Beine beiffen, und verband fie mit eben der Subſtanz. Die eine ſtarb in meinen Händen, nachdem ich den Hoͤllenſtein bey ihr gehrgüche paß eine andere nach einer Stunde; und zwey genaſen. Ungeachtet daß die Jahrszeit anfing, unguͤnſtig zu werden, und ich keine Hofnung mehr hatte, noch Vipern zu bekommen, ſo fuͤgte es doch das Ohngefehr, daß man mir noch vier ee‘ 427 vier und dreiſſig ſehr muntere Vipern brachte. Das erſte, was ich that, war, daß ich ſie anwendete, die Wirkſamkeit meines neuen Mittels zu beſtaͤttigen, und zu ſehen, ob eine Aufloͤſung davon in Waſſer innerlich genommen von einigem Nutzen fuͤr die von der Viper gebiſſenen Thiere ſeyn koͤnnte. Ich unterwarf vier ganz kleine Meerſchwenne dem Verſuche. Ich gab ihnen einen Theeloͤffel voll von der oben erwaͤhnten Aufloͤſung ein. Sie war nur wenig aͤtzend, aber doch unangenehm fuͤr den Geſchmack. Drey derſelben hatte ich die Lendenmuskeln mit giftigen Zaͤhnen verwundet. Ich machte ihnen alſobald Einſchnitte, und legte wie gewoͤhn⸗ lich den Aetzſtein darauf. Es ſtarb kein einziges. Ich gab einem andern Meerſchweine eine doppelte Gabe von der obigen Auflöfung, und es ſtarb mir unter meinen Haͤnden. Ich ſchloß aus dieſem Reſultate, daß die Gabe, ſo ich gebraucht hatte, zu groß waͤre. Ich gab darauf, wie im erſten Verſuche vier an— dern kleinen Meerſchweinen nur einen Löffel voll, und ließ fie alſobald von eben fo vielen Vipern beiſſen; Ich machte ihnen fo gleich Einſchnitte; Sie ſtarben alle vier. Eins ſtarb ſchon, ſo bald als es gebiſſen wurde; ein anderes nach einer Stunde. Das dritte nach drey Stunden; und das letzte nach fünf Stunden. Das Reſultat dieſes Verſuchs zeigt, daß der Vipernbiß viel gefährlicher iſt, als die Wunden, die man mit ihren Zähnen ma— chen kann, wenn ſie gleich voll Gift ſind. Eine von den Urſachen davon iſt vielleicht die Schwierigkeit, daß man das Mittel nicht ſo genau in alle Stellen bringen kann, in welche bie Zaͤhne gedrungen find, wenn die Viper ſelbſt gebiſſen hat. Ich glaubte auch, daß die Kleinheit der Thiere, mit denen ich die Verſuche angeſtellt hatte, Schuld daran ſeyn konnte, und entſchloß mich daher, Verſuche mit groͤſſern und ſtaͤrkern zu machen, damit ſie deu Wirkungen des Gifts mehr widerſtehen, und inſonderheit die innerliche Krankheit beffer aushalten koͤnnten, die ſich in den kleinern Thieren geſchwinder fortpflanzt. Ich ließ ſechs Hühner von eben ſo viel Vipern an den Schenkel beiſſen, und gab ihnen, eins ausgenommen, drey kleine Löffel voll von der Aetzſtein⸗ Aufloͤſung ein. Ich verband ebenfalls bey allen die gebiſſene Stelle mit dem Aetzſteine. Das letzte ſtarb; die fünf erſten entkamen dem Tode. Ich ließ ſechs Kaninchen von mittlerer Groͤſſe von eben ſo viel Viper an die Len⸗ den beiſſen; ich legte fogleich den Aetzſtein auf die gebiſſenen Stellen, und gab ihnen allen die Aetzſteinaufloͤſung ein. Vier davon genaſen; und die beyden andern ſtarben, eins nach drey, das andere nach acht Stunden. Ich wiederholte den Verſuch bey ſechs andern ein wenig groͤſſern Kaninchen; und es ſtarb kein einziges davon. Endlich ließ ich noch vier andere beiſſen, und behandelte ſie genau eben ſo, wie die obigen; und alle vier entkamen den Witkungen des Gifts. Die Anzahl dieſer Verſuche iſt noch gar zu klein, als daß man ſich daraus verſichern koͤnnte, ob der ie allzeit ein untruͤgliches Mittel an den Vipernbiß iſt; und dieſes rührt von hh 2 der 428 der Schwierigkeit her, ihn in alle die Stellen zu bringen, in welche das Gift gedrungen iſt. Um dieſe wi ichtige Materie ſo ins Licht zu ſetzen, als es ſeyn ſollte, möchten wohl kaum drey oder vierhundert Verſuche hinreichend ſeyn; aber man kann jedoch nicht an der Wirk⸗ ſamkeit dieſes Mittels zweifeln, und man darf breiſt behaupten, daß der Aetzſtein das wahre, ſpeciſiſche Mittel wider dieſes fuͤrchterliche Gift iſt. \ Ueber das Ticunasgift. Die ſonderbaren und unerwarteten Wirkungen des Aetzſteins, welcher das Bipern⸗ gift unſchaͤdlich macht, wenn er damit vermiſcht wird, brachten mich auf die Vermuthung, daß er wohl ebenfalls das Ticunasgift unſchaͤdlich machen koͤnnte, wenn man es damit ver⸗ miſchte. Ich that alſo von beyden Materien gleiche Gaben zuſammen, und bereitete dar⸗ aus einen etwas weichen Teig. Ich machte darauf einer Taube verſchiedene Wunden in den Beinnrusfeln, und legte von diefem Teige etwas darauf. Die Taube ſtarb in weniger, als zwey Minuten. Ich wiederholte diefen Verfuch unter gleichen Umſtaͤnden mit einer andern Taube, und in weniger als drey Minuten war ſie todt. Ich wiederholte ihn noch bey zwey Tauben; die eine ſtarb in weniger als zwey Minuten, und die andere kurz nach der dritten Minute. Der Aetzſtein verbeſſert alſo die toͤdtliche Eigenſchaft des Tieunasgifts nicht; folglich kann er weder ein Mittel, noch ein Gegengift dagegen ſeyn. Dieſer aͤtzende Teig haͤlt nicht einmal den Tod der Thiere laͤnger zuruͤck, bey denen man ihn gebraucht; denn zwey Tauben, denen ich das Tieunasgift allein auf die Beine gelegt hatte, ſtarben erſt in drey Minuten. Ich uͤbergehe viele andere aͤhnliche Reſultate mit Stillſchweigen, = ich bey den Meerſchweinen, und kleinen Kaninchen erhalten habe. Da ich von pg einige ſolche Schlangen erhalten hatte, als ich in der Ab⸗ handlung vom Tieunasgifte in dieſem Bande unterſucht hatte, fo hatte ich die Neugier, zu verſuchen, ob ſie mir, wenn ſie mit dem Ticunasgifte i in den Muskeln des Schwanzes ver⸗ giftet waͤren, eben die Reſultate geben wuͤrden, die ich, damals beobachtet batte, und ob dieſe Thiere fo viele Stunden lang ohne Leben liegen würden, als es ſich damals ereig⸗ nete. Ich ſtach alſo in die Muskeln des Schwanzes einen Americaniſchen Pfeil, den ich vorher in Ticunasgift getaucht hatte, welches bey der Hitze des ſiedenden Waſſers geſchmol⸗ zen war; und machte eine lange Wunde längs den Ruͤckenwirbeln hinauf „damit das Gift tief in die Muskeln dringen konnte. Nach Verlauf einer Stunde rührte ſich die Schlange zaum, und eine Stunde nachher ſchien fie todt, und ganz der Reitzbarkeit und der Bewer gung beraubt zu ſeyn. In dieſem Zuſtande des Todes unterſuchte ich aufmerkſam die Be⸗ wegung des Herzens durch die Haut, und ich bemerkte, daß dieſer Muskel ſich zuſammen⸗ zog, wiewohl wenig und langſam. Er fuhr fort, ſich ſieben und zwanzig Stunden zu bewegen, die Bewegung wurde aber immer langſamer, und ein jeder haͤtte dieſes Thier für todt gehalten, denn auſſer der Bewegung des Herzens war der ganze Koͤrper in Ruhe, und ohne Reitzbarkeit. Nach Verlauf von ſieben und zwanzig Stunden wurde die Bewegung des \ 223 des Herzens allmaͤhlig ſtaͤrker und geſchwinder, und nun ſchien es, daß wenn man dem Körper der Schlange ſtark ſchlug, man darinn einige kleine ſchlaͤngelnde Bewegung hervor- brachte. Nach vierzig Stunden ſahe man bald das eine, bald das andere Ende des Koͤr⸗ pers der Schlange, wiewohl ſehr wenig ſich bewegen. Aber nach noch zehn Stunden, war die Bewegung und das Wiederaufleben offenbar und gewiß; aber dem allen ungeachtet konnte die Schlange noch nicht kriechen, noch ſich auf den Kopf ſtuͤtzen. Ich ließ fie die ganze: Nacht in dieſem Zuſtande des Lebens, und den andern Morgen fand ich, daß ſie ſehr mun⸗ ter war, und gut kriechen konnte. Aber nach ſechs Stunden fand ich ſie todt. Der Erfolg war vollkommen eben fo bey zwey andern Schlangen, mit denen ich eben fo, wie mit der erſten verfuhr. Eine andere viel kleinere ftarb in weniger als zwey Stunden, und ihr Herz fuhr noch drey Stunden laͤnger fort, ſich zu bewegen, aber ſie lebte nicht wieder auf. i Man kann alſo nicht daran zweifeln, daß das Ticunasgift ein toͤdtliches Gift, ſelbſt für dieſe kaltblütigen Thiere iſt, ob es gleich wahr iſt, daß es viel weniger töͤdtlich für fie als für die Thiere mit warmen Blute iſt. Aber was vorzüglich unſere Aufmerkſamkeit verdient, iſt dieſe anſcheinende Unterbrechung des Lebens und der willkuͤrlichen Bewegun⸗ gen aller Muskeln des Thiers, das Herz ausgenommen, deſſen Reitzbarkeit zwar geringer gefunden wird, aber nicht ganz zerſtoͤrt iſt. Es iſt ferner zu verwundern, daß die bloſſe lange fortdauernde Bewegung des Her⸗ zens dem Thiere nach und nach das Leben und die Bewegung wiedergeben kann, welche alle andere Werkzeuge gaͤnzlich verloren hatten. Ohne die Wuͤrkung dieſes Muskels, wurde alles auf immer todt geweſen ſeyn. a Ueber das Kirſchlorbeerdl. Gefahr fo man bey dieſem Oele laͤuft. Dieſe letzten Verſuche, welche ich uber das Kirſchlorbeerol gemacht habe, koͤnnen nicht allein dazu dienen, diejenigen, ſo ich ſchon uͤber eben dieſe Materie gemacht hatte, vollftändiger zu machen; ſondern fie werden auch auf eine einleuchtendere Art zeigen, daß dieſes Oel eins der ſchrecklichſten und toͤdtlichſten Gifte iſt, fo man kennt, man mag es nun innerlich geben, oder auf die verwundeten Theile der Thiere bringen. Dieſe wichtige Wahr- heit muß, hoffe ich, ein für allemal dem Misbrauche in Italien ein Ende machen, an ver⸗ ſchiedenen Orten in öffentlichen Kramladen, und einem jeden der es verlangt, Kirſchlor⸗ beeröf zu verkaufen. Es iſt leicht zu ſehen, wie gefährlich dieſe Gewohnheit für die menſch⸗ liche Geſellſchaft werden kann; und dieſe Gefahr wird noch groͤſſer durch die Methode, wie man es verkauft. Man verkauft es gewöhnlich unter dem Namen der bittern Mandeln⸗ eſſenz. Man findet es unter dieſem Namen in den gedruckten Verzeichniſſen der Liqueur⸗ Hhh 3 fabrikan⸗ 430 fabricanten, und fie verkaufen es zugleich mit allen andern unſchuldigen Eſſenzen, Oelen, und Brandweinen, die man ohne Schaden trinken kann. Ja man geht noch weiter. Man macht Roſſolis zum oͤffentlichen Gebrauche, in welche man etwas von dieſem gefaͤhr⸗ lichen Gifte thut; und verkauft fie ungeſtraͤft; und damit niemand die wahre Beſchaffen⸗ heit dieſer vergifteten Brandweine errathen moͤge, ſo verkauft man ſie unter den Namen bittern Mandeln-Roſſolis, oder Perſico; und man thut ſogar in die Gerichte und Ra⸗ gouts davon. Es iſt zwar wahr, daß man nur wenig von dieſem Gifte hinein thut, und daß man dieſe Brandweine nicht wie Wein oder Waſſer trinkt. Aber Gift bleibt immer Gift; und uͤberdem weis man nicht, ob es nicht ſchadet, wenn man lange davon trinkt, obgleich in kleinen Gaben, und ob es nicht zu Krankheiten geneigt macht. Ich habe ſogar einige Leute ſagen hoͤren, daß wenn man es innerlich nehme, es ein vortrefliches Herzſtaͤr⸗ kendes Mittel waͤre; welches man leicht haͤtte glauben koͤnnen, weil es einen ſo angeneh⸗ men und gewuͤrzhaften Geruch hat. ; : u Tofcana hat einem Oberherrn, der ein Weltweiſer iſt, die Kenntniß des vorgeb- lichen bittern Mandeloͤls zu verdanken, und den Nutzen, daß es vor dem Misbrauche ge- ſchuͤtzt iſt, den man davon machen koͤnnte. So wahr iſt es, daß die Weltweisheit ihren Nutzen, ſelbſt bey Oberherren hat, und daß ſie alle nach dem Wunſche eines alten, Welt⸗ weiſen ſeyn, oder wenigſtens philoſophiren koͤnnen ſollten! (Zu Zeiten.) Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein Gift für die Vipern. Da ich eben mit einer Menge Kirſchlorbeeroͤl verſehen war, fo wollte ich Verſuche damit bey den Vipern machen, und ſehen, was fuͤr Wirkungen dieſes Gift bey dieſen Thieren haͤtte. Ich gab einer großen Viper ungefehr zehn Tropfen davon ein. In we⸗ niger als zwey Minuten konnte fie kaum noch auf der Erde fort kriechen. Nach fieben Minuten ſchien ſie ganz todt zu ſeyn, und zwey Minuten nachher gab ſie kein Zeichen von Bewegung mehr von ſich, wenn man ſie auch mit einer Nadel ſtach. Man ſahe jedoch noch die Bewegung des Herzens, wenn man die Haut auf dem Bauche genau beobachtete, die ſich wechſelsweiſe hob und wieder ſenkte. Dieſer Muskel fuhr fort, ſich noch drey Stunden lang zu bewegen, wiewohl immer weniger. Bey den Schlangen kann man ſehr gut von der gänzlichen Ruhe dieſes Muskels urtheilen, ohne noͤthig zu haben, ihnen die Bruſthoͤle zu oͤfnen; Welche Bemerkung in vielen Fällen ſehr wichtig ſeyn kann. Man kann dieſe Bewegung des Herzens auch bey vielen andern Thieren mit kaltem Blute wahr⸗ nehmen, ſogar auch bey den Froͤſchen, obgleich ſchwerer. 5 Ueberhaupt habe ich gefunden, daß das Kirſchlorbeeröͤl ein ſehr ſtarkeb Wift, ſelbſt für die Vipern iſt, welche deſto geſchwinder ſterben, je mehr man ihnen davon giebt. Ich habe einige davon in ſehr wenigen Winuten ſterben geſehen, oder auch daß ſie Zeichen bon Krankheit und Verluſt der Bewegung im Augenblick von ſich gaben, wenn ich ihnen dreißig bis vierzig Tropfen von dem Gifte gab. Ich habe es ſogar toͤdtlich gefunden, wenn ich es N ihnen 431 ihnen nur zu einem, oder hoͤchſtens zwey Tropfen gab. In dieſem letzten Falle zeigt ſich freylich die Krankheit viel fpäter, und dieſe kriechenden Thiere leben noch mehrere Stunden fort. Man ſieht, daß insgemein die Reitzbarkeit ſehr geſchwind in den Muskeln verloren geht, wenn gleich das Herz noch lange Zeit ſich zu bewegen fortfaͤhrt, ſelbſt wenn das Thier kein Zeichen von Leben und Gefühl mehr von ſich giebt. Das Herz, ohne jetzt von den Gedaͤrmen zu reden, macht eine Ausnahme von der allgemeinen Regel bey den andern Muskeln, und dieſer wichtige Punkt in der thieriſchen Naturlehre verdient bey den Welt⸗ weiſen um ſo viel mehr Aufmerkſamkeit, da ſie bisher ganz vernachlaͤßigt iſt. Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein Gift für die Schlangen. 5 Ich gab einer Schlange fünf Tropfen Kirſchlorbeeroͤk ein. Sie hatte fie kaum verſchluckt, ſo konnte ſie ſich nur wenig und mit Muͤhe bewegen. In weniger, als zwey Minuten ſchien ſie ganz todt zu ſeyn, und es blieb ihr nur eine geringe Bewegung im Schwanze uͤbrig, welche kurze Zeit darauf auch aufhoͤrte. Man mochte ſie auf ihrem ganzen Koͤrper ſo viel reitzen, als man wollte, es ruͤhrte ſich kein Theil an ihr. Nachdem ich die Bruſt geoͤfnet hatte, ſo fand ich das Herz und die Herzohren unbeweglich; aber ſo bald als ich fie mit der Spitze einer Nadel reißte, fo fingen fie wieder an ſich zu bewegen, und ihre Bewegung dauerte mehrere Stunden fort. Endlich ſchnitt ich das Herz heraus, und nun hörte es alſobald auf, ſich zu bewegen. Aber allemal wenn ich es mit der Spitze einer Nadel beruͤhrte, ſo zog es ſich zuſammen, jedoch nur ein einziges mal; und es blieb ſo mehrere Stunden lang. Es bewegte ſich niemals von ſelbſt, und machte jedesmal wenn ich es mit der Nadel ſtach, nicht mehr als eine einzige Zuſammenziehung. Ich ſchnitt einer jungen Schlange eine Wunde von etwa einem Zoll in der Laͤnge in die Muskeln des Schwanzss, und brachte in dieſelbe ungefehr vierzig Tropfen Kirſch— lorbeeroͤl. Dieſe Schlange ſtarb in weniger als zehn Minuten, ohne Zeichen von Zuckun⸗ gen von ſich zu geben, und ohne daß das geringſte Merkmal von Reitzbarkeit in ihrem gan⸗ zen Koͤrper zuruͤck blieb. Ri, Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein Gift für die Schlangen, wenn man es auf ihre Muskeln bringt. 53 a Ich entblößte einer gewoͤhnlichen Schlange eine lange Fläche von den Muskeln des Schwanzes, und verwundete fie an verſchiedenen Stellen. Ich brachte allenthalgen und in Menge Kirſchlorbeeroͤl darauf, und einen Augenblick nachher goß ich wieder etwas dar- auf. In weniger als einer Minute ſchien die Schlange ſich wenig und mit Mühe zu bewe⸗ gen. Die Bewegung der verſchiedenen Theile war um ſo viel ſchwaͤcher, je naͤher ſie beym Schwanze waren. Eine Stunde darauf hatten aber doch ihre Bewegungen großen— theils ihre erſte Lebhaftigkeit wieder bekommen. Ich goß nun wieder neues Oel auf eben dieſelben N 432 dieſelben Wunden, und in weniger als einer Minute konnte fie ſich kaum rühren, und fie blieb im Zickzack liegen. In weniger als einer halben Stunde wurde ſie wieder munter, wie vorher. Ich brachte einer andern Schlange das Kirſchlorbeerol zweymal auf die Mus⸗ keln des Schwanzes. Sie lebte das erſte und das zweyte mal wieder auf, ob ſie gleich todt zu ſeyn ſchien, und mehrere Stunden lang in dieſem Zuſtande lag. Allein das zweite mal, nachdem fie ſich wieder erholt hatte, und ſehr lebhaft geworden war, ſtarb fie von ſelbſt in wenigen Stunden. { “ Man kann nicht leugnen, daß dieſes Del, fo gar in kurzer Zeit, ſtarke Werände- rungen hervorbringt, wenn man es den Schlangen auf die Muskeln bringt, aber es toͤd⸗ tet ſie doch nicht, wenn ſie groß ſind, und die kleinen nicht geſchwind; wenigſtens in den Umſtaͤnden, welche wir beobachtet haben; ob es gleich übrigens wahr iſt, daß fie alle leicht ſterben, wenn man ihnen von dieſem Oele, ſelbſt in kleinen Gaben, eingiebt. Es iſt ein Gift fuͤr die Vipern, wenn es ihnen nur auf die Muskeln 5 gebracht wird. Ich war neugierig, zu ſehen, ob das Kirſchlorbeeroͤl in Wunden gegoſſen, ſo man den Vipern machte, toͤdtlich wäre, und ob es nicht fo geſchwind toͤdtete, als wenn man es ihnen innerlich gäbe, wie man oben geſehen hat. Aus einer großen Menge von Verſuchen, ſowohl mit dem Spiritus als mit dem Oele, fo ich zu dieſem Endzweck ge⸗ macht habe, folgt, daß das Oel auf ihre Muskeln gebracht, große Zerruͤttungen in den Vipern zuwege bringe, aber viel geringere, als wenn man es ihnen innerlich giebt. In dieſen Faͤllen fuhr das Herz fort, ſich eben ſo wie bey den andern Thieren mit kaltem Blute zu bewegen, unterdeſſen daß der ganze übrige Körper des Thiers unbeweglich und unem⸗ pfindlich ſelbſt für die färfeften Reitzmittel war. Ich beobachtete ebenfalls, daß, wenn ich einen Tropfen von dieſem Oele in die natuͤrliche Oefnung der Viper nach dem Schwanze zu goß, die Viper ſtarb, und zwar auf eben die Art, als in den andern oben erzaͤhlten Faͤllen, nemlich mit Verluſt der Reitzbarkeit der Muskeln, und mit der Fortſetzung der Bewegungen des Herzens. 5 Ich befeuchtete einer Viper die Muskeln am Schwanze mit Kirfchlorbeeröl, die ich von ihrer Haut entbloͤßt, und an verſchiedenen Stellen verwundet hatte. Einen Au⸗ genblick nachher hatte ſie die Bewegung des Koͤrpers nach dem Schwanze zu verloren; Sie kruͤmmte ſich, wurde ſehr dick, und ſchien ſtarke Zuckungen zu leiden. Ich befeuchtete auch einer andern Viper die Muskeln des Schwanzes mit dieſem Oele; nach zwanzig Se⸗ cunden konnte ſie ſich kaum ruͤhren. Sie war zuſammengezogen und gekruͤmmt, ſie ſchien beynahe doppelt ſo dick, als vorher, und war ohne Gefuͤhl. Sie ſtarb in weniger als drey Stunden. 8 5 ; Es 433 Es ift auch ein Gift für die Tauben, wenn es auf die Muskeln gebracht wird. Es wird genug ſeyn, wenn ich hier nur einige von den Verſuchen erzaͤhle, die ich bey den Muskeln der Tauben gemacht habe, damit man ſehe, wie dieſes Oel ſie toͤdtet. Ich entbloͤßte einer jungen Taube das ganze Bein von der Haut, und verwun— dete die Muskeln an verſchiedenen Stellen ohne das geringſte ſichtbare Blutgefaͤß abzu⸗ ſchneiden. Ich goß ungefehr zwanzig Tropfen Kirſchlorbeeroͤl darauf. Die entbloͤßte und mit dem Oel bedeckte Stelle des Beins war groͤßer als einen Quadratzoll. Erſt nach ſechs Minuten ſchien die Taube nicht mehr auf ihren Fuͤßen ſtehen zu koͤnnen. Nach drey andern Minuten bekam ſie einige Zuckungen, und endlich fiel ſie auf den Bauch. Nach noch ſechs Minuten ſchien ſie keine Kraͤfte mehr zu haben, ob ſie gleich noch Athem holte, und die Augen offen hatte. Nach ſechs folgenden Minuten fieng fie an ſich ein wenig zu bewegen, und nach zwanzig andern Minuten lag ſie wieder ſtill. Endlich erholte ſie ſich wieder, und wurde ſo geſund, als vorher. 5 Ich entblößte einer ſehr jungen Taube die Bruſt, verwundete die Muskeln an verſchiedenen Stellen, und brachte ungefehr zwanzig Tropfen Kirfchlorbeeröl darauf. Fuͤnf Minuten nachher war fie fehr ſchwach, und konnte nicht auf den Füffen ſtehen. Aber fie ſtarb nicht, und bekam keine andere Zufaͤlle. Die Wunde war ſehr groß, und gut mit dem Oel uͤberzogen. Ich wiederholte dieſen Verſuch mit einer andern Taube, und gebrauchte bey ihr zwanzig Tropfen von dem Oel, wie oben. Nach drey Minuten konnte ſie nicht mehr auf den Fuͤſſen ſtehen, und fünf Minuten nachher war fie todt. f Zwey andere etwas größere Tauben ſtarben nicht, ob fie gleich genau wie die vo⸗ rige behandelt wurden. i | Ich machte wieder Verſuche mit den Beinen. Ich entbloͤßte einer Taube von mittlerer Groͤße das ganze Bein, und verwundete die Muskeln an vielen Stellen. Ich brachte nach und nach mehr als dreyßig Tropfen Oel in die Wunden. Nach dreyßig Mi⸗ nuten konnte ſie nicht mehr auf ihren Fuͤßen ſtehen; aber ſie erholte ſich bald wieder, und ſtarb nicht. ö IR Dieſer Verſuch hatte eben den Erfolg noch bey zwey andern Tauben. Es ſtarb keine von beyden, ob fie gleich nach einigen Minuten nicht gut auf den Beinen ſtehen konn⸗ ten; und ſie wurden bald geheilt. Aber da ich den Verſuch bey zwey andern viel juͤngern Tauben wiederholte, ſo ſtarben ſie alle beyde unter ſtarken Zuckungen, in weniger als zwey Minuten, obgleich ihre Beine weniger entbloͤßt waren, und ich weniger Oel darauf gegoſſen hatte. Fontana II. B. Jii f Es 434 — Es folgt aus allen dieſen Erfahrungen, daß das Kirſchlorbeeroͤl ein wahres Gift fuͤr die Thiere iſt, wenn man es in Wunden unmittelbar auf die Muskeln bringt; daß es aber viel weniger toͤdtlich iſt, als wenn man es ihnen eingiebt. Es iſt ein Gift, wenn es in die Augen der Tauben gebracht wird. Ich uͤbergehe ebenfalls verſchiedene Verſuche mit Stillſchweigen, die ich bey den Augen der Tauben angeſtellt habe. Es iſt genug, daß man weiß, daß das Kirſchlorbeerdl in dieſe Werkzeuge gebracht ein heftiges Gift iſt, und dieſe Thiere in de Zeit toͤdtet, wie es auch der Spiritus aus dieſen Blaͤttern thut. Dieſes Oel macht das Herz unbeweglich, wenn es darauf gegoſſen wird. f Die Eigenſchaft, welche das Kirſchlorbeeroͤl beſitzt, der Fleicchſber die Reitzbar⸗ keit zu benehmen „ bewog mich zu verſuchen, ob es unmittelbar aufs Herz gebracht, daf ſelbe unbeweglich fuͤr aͤußere Reitze machen wuͤrde. Ich ließ demnach einige Tropfen auf das Herz verſchiedener Froͤſche fallen; es hörte bald auf, ſich zu bewegen, und konnte durch die Stiche einer Nadel nicht wieder in Bewegung geſetzt werden. Der Kirſchlor⸗ beergeiſt bringt eben dieſelbe Wirkung hervor, aber nicht ſo geſchwind und nicht ſo voll⸗ kommen, als das Oel. Auf das Gehirn getroͤpfelt, toͤdtet es. Ich war darauf neugierig zu ſehen, ob dieſes Oel, wenn es auf bas Gehirn der Froͤſche gebracht wuͤrde, ihnen toͤdtlich waͤre; und ich nahm wahr, daß fie ſich nach Ver⸗ lauf von wenigen Minuten kaum bewegen konnten, und in weniger als ſechs Minuten ſtarben. Das Herz fuhr jedech noch fort, ſich zu bewegen. Als das Gehirn gereitzt wurde, fo zog ſich kein einziger Theil des Froſches zuſammen; wenn ich aber eine Nadel ganz in das Ruͤckenmark ſtach, fo bewegten ſich die Beine ſtark. Dieſes letzte Reſultat ließ vermuthen, daß die Nervenſubſtanz, wenn fie von dem Kirſchlorbeeroͤl beruͤhrt wird, das Vermoͤgen verliert, die Muskeln zuſammen zu ziehen; daß aber doch dieſes Gift nur die Kraft hat, denjenigen Nerven, oder Nervenaͤſten dieſes Vermoͤgen au benehmen, welche es unmittelbar beruͤhrt. Es benimmt den Nerven, ſo es beruͤhrt, die Kraft, die Muskeln zu⸗ ſammen zu ziehen. Um mich davon zu verſichern, entſchloß ich mich, es auf die Schenkelnerven den Frösche zu troͤpfeln; und ich beobachtete, daß das Thier in weniger als zwey e > E — 435 das Vermoͤgen verloren hatte, ſeine Beine zu bewegen, und daß, wenn man ihm dieſe Nerven mit einer Nadel reitzte, an der Stelle, wo das Oel ſie beruͤhrt hatte, die Mus⸗ keln nicht mehr beweget wurden. Aber allemal, wenn ich ſie nach den Beinen zu reitzte, wo das Oel ſie nicht beruͤhrt hatte, fo zogen ſich die Fuße ſtark zuſammen. Die Nerven find alſo nicht das Werkzeug, durch welches das Kirſchlorbeeroͤl feine böfen Eigenſchaften den andern Theilen des Thiers mittheilt, und der Nerve ſelbſt iſt nicht im Stande, fie zu erfahren, als nur gerade an derjenigen Stelle, in welcher das Oel ihn unmittelbar beruͤhrt. Der Kirſchlorbeergeiſt bringt aͤhnliche Wirkungen hervor, als das Oel, wiewohl nicht fo ſtarke, wenn man ihn auf die Nerven bringt. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Wir⸗ kung des Oeles und des Geiſtes, wenn fie die Nerven berühren, bloß mechaniſch l iſt, und daß dieſe beyden Subſtanzen, wie Subſtanzen wirken, die freffen und zuſammenziehen. Dieſes Oel toͤdtet bey den Blutigeln, diejenigen Theile, ſo es beruͤhrt. . Ich ſpritzte einigen Blutigeln Kirſchlorbeeroͤl ins Maul; fie ſtarben auf der Stelle, und waren durch aͤußere Reitzmittel nicht mehr zu reitzen. Es erfolgte eben das, wenn ich den Spiritus von dieſen Blaͤttern einſpritzte. Ich ſpritzte einige bis zur Hälfte ihrer Laͤnge damit voll, und verhütete durch ein Band, daß das Oel nicht weiter dringen konnte. Ich ſahe mit Erſtaunen, daß die Haͤlfte, in welche eingeſpritzt war, todt war, und die andere Haͤlfte lebte, und daß letztere auf ſolche Art ſehr viele Stunden leben blieb. Der todte Theil war durch kein Reitzmittel mehr zu reitzen. Dieſe fo ſonderbare Erſcheinung findet bey den Schlangen nicht ſtatt, noch bey den Vipern, welche faſt zu gleicher Zeit ganz ſterben; und dieſer Unterſchied kann hauptſaͤchlich von der Verſchiedenheit der Bewegung der Saͤfte in dieſen Thieren, in Anſehung der andern herruͤhren. : * Ich befeuchtete einen Blutigel zur Haͤlfte, vom Maule herunter aͤußerlich mit Kirſchlorbeerdl. Nach drey Minuten bewegte ſich der befeuchtete Theil nicht mehr. Die andere Haͤlfte blieb noch ſechs Stunden Ken: und bewegte ſich noch ſehr ſtark, nach Verlauf derſelben. ö % Bey einem andern Blutigel befeuchtete ich das Stuck nach dem Schwanze zu. In weniger als zwey Minuten war dieſe Hälfte unbeweglich, aber die andere führ fort ſich zu bewegen, ſelbſt noch nach Verlauf von ſechs Stunden. Ich beruͤhrte ein abgeſchnittenes Stück von dem Schwanze einer Schlange mit Kirſchlorbeerol. In weniger als einer halben Stunde hatte es alle Bewegungen verloren. N. Siia Das 436 e Das Kirſchlorbeeroͤl in die Halsader geſpritzt, toͤdtet die Thiere. Die vielen Beyſpiele, fo ich oben von den koͤdtlichen Eigenſchaften des Kirſchlor⸗ beeroͤls erzähle habe, brachten mich auf den Gedanken, daß es vielleicht, wenn es ins Blut geſpritzt wuͤrde, die Thiere toͤdten koͤnnte; ob ich gleich zwey Jahre vorher in Lon⸗ don den Kirſchlorbeergeiſt Kaninchen eingeſpritzt hatte, ohne daß fie daran geftorben wa⸗ ren. Ich vermuthete, daß, da das Oel ſchaͤrfer und viel brennender als der Spiritus waͤre, es auf das Blut mit m Stärke würfe. Ich wollte . ee Verſuche machen. Ich fprigre einem großen Kaninchen ee Tropfen Kirſchlorbeeroͤl in die Halsader, womit ich fuͤnf bis ſechs Tropfen Waſſer vermiſcht hatte. Den Augenblick da das Oel aus der Spritze in die Halsader kam, ſtarb das Thier mit einigen Zuckungen. Ich oͤfnete die Bruſt, und fand das Blut ſchwaͤrzer, als es im natuͤrlichen Zuſtande zu ſeyn pflegt. Die linke Herzhoͤhle, und das Herzohr waren faſt leer, und das wenige Blut, ſo ſich noch darinn befand, war geronnen. Die rechte Herzhoͤhle, und das Herzohr auf der Seite ſtrotzten von geronnenem Blute. Es war alles in Ruhe, und reitzende Mittel brachten keine Bewegung hervor. Die Lungen waren ganz mit dunkeln, ſchwarzen Flecken bedeckt, und in ihren Gefaͤßen geronnenes Blut, welches vielleicht auch an verſchiedenen andern Stellen ausgetreten war. Es war Oel in der Spritze geblieben, und alſo ſchaͤtze ich das⸗ Jenige „welches in die Halsader gekommen war, kaum auf ſieben Tropfen. Ich machte die Gabe des Oels kleiner für ein anderes Kaninchen, und ſpritzte ihm nicht mehr als fünf Tropfen ein, mit eben fo viel Waſſer vermiſcht. Dieſes Kanin- chen ſtarb in einem Augenblick mit einigen Zuckungen. Ich oͤfnete ihm alſobald die Bruſt, und fand das Herz und die Herzohren in Bewegung. Die Herzhöͤhle und das Herzohr auf der rechten Seite waren angeſchwollen „ und die entgegengeſetzten Höhlen hatten wenig Blut. Kurze Zeit darauf hoͤrte das Herz auf, ſich zu bewegen; und ich fand das Blut im rechten Herzohr und in der rechten Herzhoͤhle ein wenig zaͤhe und ſchwarz. In den Hoͤhlen auf der andern Seite war wenig Blut, und es war roth. Die Lunge war ganz voll von Blutflecken; aber etwas weniger als im erſten Falle, und das Blut ſchien in den Gefaͤßen zu ſtocken. Ich glaube nicht, daß mehr als drey Tropfen Oel in die Halsader gekommen wa⸗ ren, und doch ſtarb das Thier den Augenblick. Man kann bier nicht zweifeln, daß die Urſache des Todes in der Lunge und in dem Blute ſitzt, das in ihren Gefaͤßen ſteckt. Es iſt überflüßig, anzumerken, daß der Tod, welcher ſo ſchnell und mit gewiſſen Zeichen einer allgemeinen Gerinnung in der kunge erfolgt; gerade zu beweiſt, daß die vorgebliche Wir⸗ kung auf die Nerven falſch iſt, und einen offenbaren Beweis wider dieſe Organe liefert. Ich habe nachher beobachtet, daß, wenn das Oel in viel geringerer Menge ein⸗ geſpritzt wird, der d entweder nicht darauf folgt, oder ſpaͤter kommt, und alsdann ereignen een, 437 ereignen ſich fehr ſtarke Zuckungen, die ganz gewiß von der Angſt erregt werden, fo das Blut bey dem Thiere verurſacht, das nach und nach in ſeinem lig ſtockt. Der Kirſchlorbeerſpiritus toͤdtet auch, wenn er in die Gefaͤße ge: ſpritzt wird. - Rach dieſen letzten Verſuchen war es natürlich zu vermuthen, baß der in die Ge⸗ fäße geſpritzte Kirfchlorbeergeift wohl toͤdten koͤnnte, und daß ſich aus meinen zu London gemachten Verſuchen kein richtiger Schluß ziehen lieſſe, weil ſie zu wenig zahlreich waren, und vielleicht auch, weil ich mich eines nicht wirkſamen Spiritus bedient hatte. Dem mochte nun aber ſeyn, wie ihm wollte, ſo wollte ich mich von neuem durch die Erfahrung davon verſichern, und ich ſchaͤmte mich nicht, meinen eigenen Verſuchen, andere neuere entſcheidendere, genauere und zahlreichere entgegen zu ſetzen. Ich bereitete alſo durch eine dreymalige Cohobation Kirſchlorbeerſpiritus, und nachdem ich ungefehr funfzig Tropfen davon in die Spritze genommen hatte, ſo ſpritzte ich ſie in die Halsader eines Kaninchen, aber kurze Zeit nach der Einſpritzung und vielleicht in weniger als vierzig Secunden ſtarb das Thier in Zuckungen, die jedoch weder ſtark, noch von Dauer waren. Nachdem ich die Bruſthoͤhle geoͤfnet hatte, fo fand ich die Lunge ganz gefleckt, aber mit ſehr kleinen Merkmalen, wie mit rothen und dunkeln Punkten. Das Blut ſchien sähe und geronnen in den Gefäßen dieſes Eingeweides, und id) fand es im Herzen zaͤhe und ſchwarz. Dieſer Verſuch, der bey andern Kaninchen wiederholt wurde, bie einen wenig verſchiedenen Erfolg, und das eine von ihnen ſtarb in eben dem e da die Ein⸗ ſpritzung geſchahe. Der Spiritus, den ich einſpritzte, war von der groͤßeſten Wirkſamkeit; und er töͤdtete ſehr geſchwind die Thiere, denen ich ihn nur in ſehr kleiner Gabe eingab. Ich will keine größe Anzahl von Verſuchen erzählen; weil diejenigen, ſo man eben gefehen hat, zu meiner Abſicht vollkommen genug find. Aber ich habe bey einem Meerſchweine von mittlerer Groͤße einen ſonderbaren Fall beobachtet, der angefuͤhrt zu werden verdient. Ich ließ es einen Theeloͤffel voll Kirſchlorbeerſpiritus der dritten Deſtillation verſchlucken. Es hatte ihn kaum genommen, ſo fiel es ſchon wie todt um. Es blieb in dieſem Zuſtande ſechs Minuten lang; auf einmal hob es ſich auf, und fing an zu laufen, wiewohl mit einiger Schwierigkeit. Nach Verlauf von wenigen Minuten ſchien es ſo ſtarf und ſo leb⸗ i a zu ſeyn, als es war, ehe es 3 den Spiritus trank. Zwey Stunden nachher fand es todt. Es iſt alſo keinem Zweifel unterworfen, daß der Kirſchlorbeergeiſt ſelbſt in hin⸗ Be Gaben gereicht, und durch Deſtilliren wirkſamer gemacht, ein heftiges Gift iſt, a Jii 3 wenn 438 ei, | wenn er durch die Halsaber ins Blut gebracht wird; daß er im Augenblicke toͤdlet; ſo daß dieſes Gift keine Ausnahmen mehr von dem Geſetze macht, welches wir bey den andern Giften wahrgenommen haben, die unmittelbar ins Blut gebracht, ohne die verwundeten Theile noch die Nerven zu beruͤhren, unmittelbar und in wenigen Augenblicken, und un⸗ ter Zuckungen koͤdten. Es iſt nicht allein ungereimt, zu den Nerven feine Zuflucht zu nehmen, um die Wirkung dieſes Gifts in dieſen Faͤllen zu erklaͤren; ſondern dieſe einge⸗ bildete Hypotheſe ift auch ganz uͤberfluͤßig, weil ihre fuͤrchterlichen Wirkungen auf das Blut ſo deutlich einzuſehen ſind. Der Aetzſtein macht das Kirſchlorbeerdl nicht unſchaͤdlich. Ich war neugierig zu wiſſen, ob der Aetzſtein unter der Geſtalt eines Teigs mit dem Kirfchlorbeeröfe vermiſcht, daſſelbe nicht verbeſſern koͤnnte. Ich machte einer Taube verſchiedene kleine Wunden in die Bruſtmuskeln, und legte von dieſem Teige etwas darauf; in weniger als einer Minute bekam ſie Zuckungen, und ſie ſtarb einen Augenblick nachher. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einer andern Taube. Nach Verlauf von ſechs Minuten bekam ſie ſehr ſtarke Zuckungen, und kurze Zeit darauf ſtarb ſie. Ich machte einen Verſuch zur Vergleichung, um zu ſehen was der Aetzſtein allein bewirken wuͤrde, wenn ich ihn auf die verwundeten Bruſtmuskeln einer Taube legte. Sie ſchien ein wenig unruhig zu ſeyn, aber erholte ſich ſehr geſchwind, ohne die geringſte Zu⸗ ckung zu bekommen, und ſie ſtarb nicht. Ich legte den giftigen Teig, von dem die Rede iſt, vier andern Tauben auf die Bruſtmuskeln, die wie die vorigen zubereitet waren. Sie ſtarben alle an Zuckungen in we: niger als fünf Minuten. 5 Es iſt alſo offenbar, daß das ätzende Laugenſalz kein Gegenmittel wider die toͤdt⸗ lichen Eigenſchaften des Kirſchlorbeeroͤls ift, eben fo wenig als wider die Eigenſchaften des Spiritus dieſer Blätter, nach den Verſuchen, die ich mit dieſer Subſtanz angeſtellt habe, und die ich mich enthalte zu erzaͤhlen. s . Ueber das Opium. Ich wuͤnſchte ſchon ſeit langer Zeit, durch meine eigenen Erfahrungen die Wir⸗ kungen des Opiums zu kennen, wenn es auf den lebendigen Koͤrper gebracht wird. Die geringe Uebereinſtimmung, die man bey den Schriftſtellern findet, welche von den Eigen⸗ ſchaften des Opiums gehandelt haben, war für mich ein ſtarker Bewegungsgrund, mich ernſtlich 439 ernſtlich um eine fo wichtige Sache zu bemühen. Die Verſuche, die ich über das unmit⸗ telbare Auflegen des Opiums auf die Nerven gemacht hatte, und von denen im zweyten Bande dieſes Werks ſchon geredet worden iſt, waren nicht zahlreich genug, und zu wenig veraͤndert, als daß ſie mich in den Stand ſetzen konnten, mit Gewißheit von dieſer Mate⸗ rie zu urtheilen, ohne mich zu irren. Ein wenig uͤbrige Zeit, da ich am wenigſten daran dachte, erlaubte mir endlich eine große Menge Verſuche uͤber das Opium anzuſtellen, von denen ich jetzt nur einige allgemeine Reſultate anführen will, nebſt einer kleinen Auseinan⸗ derſetzung der nothwendigen Punkte, um die Materie gehoͤrig zu beurtheilen. Ich hotte vor mehreren Jahren behauptet, daß das Laudanum auf die Schenkel⸗ nerven der Froͤſche gebracht, dieſe Nerven des Vermoͤgens beraubte, die Muskeln zuſam⸗ men zu ziehen, und daß man die ganze Wirkung nicht dem Opium, ſondern dem Spiri⸗ tus zuſchreiben müßte, in welchem es aufgeloͤſt wäre; weil die Erfahrung mich gelehrt hätte, daß das Opium allein, in Waſſer aufgelöft, auf die Nerven nicht den geringſten Einfluß hätte, auf welche man es legte. Der beruͤhmte Saller hatte fi) meiner Erfah⸗ rungen und der Reſultate, von denen die Rede iſt, in verſchiedenen Stellen ſeiner Werke wider den Engländer Robert Whyrtt bedient, welcher allenthalben die unmittelbare Wire kung des Opiums auf die Nerven ſelbſt behauptete. Die verſchiedenen Erfahrungen, die andere Naturkuͤndiger nach mir gemacht ha⸗ ben, und die mit den meinigen nicht ſehr uͤbereinſtimmen, nebſt den verſchiedenen Hypo⸗ theſen uͤber die Wirkung des Opiums, welche die Schriftſteller in dieſen letzten Zeiten be— hauptet haben, noͤthigten mich, einige von den Verſuchen zu wiederholen, die ich vor langer Zeit gemacht hatte, und ihnen mehr Gewißheit zu geben. Ich habe geglaubt, meine Verſuche bey den warmbluͤtigen Thieren anfangen, und das Opium auf verſchiedene Werkzeuge und verſchiedene Theile des lebendigen Körpers anwenden zu muͤſſen. Und da die geiſtigen Subſtanzen die beſten aufloͤſenden Mittel des Opiums ſind, ſo mußte ich vor allen Dingen die Wirkungen der Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt unterfuchen. Ich nahm eine Unze Opium und drey Unzen Weingeiſt unter einander gemiſcht, und im Marienbade deſtillirt. Die Aufloͤſung des Opiums in Waſſer war ohne den geringſten Zuſaz von Weingeiſt gemacht, nemlich aus einer Unze Opium und drey Unzen Waſſer mit einander in einem Moͤrſer gerieben, und darauf in einem Ger faͤße verſchiedene Minuten lang in ein Marienbad geſetzt, und ich gab, ſo wie es in ver⸗ ſchiedenen Fällen nöthig war, neues Waſſer hinzu. Reſultate aus den Verſuchen. Die Meerſchweine, denen ich einen Löffel voll Weingeiſt eingab, verloren den Augenblick die Bewegung, und ſtarben in weniger als zwanzig Minuten. Diejenigen, ſo 449 m 2 | ſo das Opium in Weingeiſt aufgelöft verſchluckten, verloren die Bewegung in wenigen Mi⸗ nuten, und ſtarben in weniger als ſieben und zwanzig Minuten. f Diejenigen, denen das Opium in Weingeiſt aufgeloͤßt in den Unterleib eingeſpritzt wurde, verloren den Augenblick die Vewegung, und ſtarben alle in weniger als einer halben Stunde. f N 3 Solche, denen ich eben die Opiumzubereitung unter die Haut ſpritzte, ſtarben in | weniger als einer halben Stunde, und kaum war die Einſpritzung geſchehen, fo konnten ſie ihre Hinterpfoten nicht mehr rühren, 5 2 Diejenigen, denen ich fie in den Hintern ſpritzte, ſtarben nach Verlauf einer f Stunde, und konnten nach einer halben Stunde nicht mehr auf den Beinen ſtehen. x Diejenigen, denen id) das Opium in Weingeift aufgelöft gab, ſtarben nach Ver⸗ lauf von drey Stunden; ſie hatten es kaum niedergeſchluckt, ſo ſchienen ſie ſchon todt zu ſeyn. ; 4 Diejenigen, denen das Opium in Waſſer aufgeloͤßt in den Unterleib geſpritzt wurde, ſtarben in weniger als zwey Stunden; ſie verloren den groͤßeſten Theil ihrer Be⸗ wegung, in weniger als einer halben Stunde, und bekamen ſtarke Zuckungen. Diejenigen, denen ich eben die Opiumzubereitung unter die Haut ſpritzte, fiarben - nach drey Stunden. Nach Verlauf einer halben Stunde hatten fie die Bewegung verlo⸗ ren, inſonderheit an den Hinterbeinen. 9 N Diejenigen, denen ich dieſes in Waſſer aufgelößte Opium eingab, verloren die Bewegung kurze Zeit darauf; aber unter zehn, mit denen ich dieſen Verſuch machte, ſtar⸗ ben ihrer nur zwey. ; ; Diejenigen, denen man das in Waſſer aufgeloͤßte Opium in den Hintern einſpritzte, ſtarben in weniger als drey Stunden; aber nach Verlauf einer halben Stunde konnten ſie ſchon nicht mehr auf den Fuͤßen ſtehen. ö Es iſt alſo eine ausgemachte Wahrheit, die durch alle meine Verſuche beſtaͤttigt wird, daß das Opium die Thiere mit warmen Blute toͤdtet, ſelbſt wenn es nur in Waſſer aufgeloßt iſt, ob es gleich übrigens wahr iſt, daß, wenn ee in Weingeiſt aufgeloͤßt iſt, ſeine Wirkungen geſchwinder und groͤßer ſind. Aber alsdann kommen ſie, wenigſtens großentheils, von dem Weingeiſte ſelbſt her, weil man geſehen hat, daß der Weingeiſt allein ſie alle hervorbringen kann, und daß er ſie ſogar ſtaͤrker und geſchwinder her⸗ vorbringt. f BEN, Meine Berfuche mit dem im Weingeiſt, oder bloß in Waſſer aufgelößten Opium find bisjetzt bey den warmblüͤtigen Thieren gemacht worden. Ich wollte fie bey den kalt⸗ ; blütigen 44 blütigen Thieren wiederholen, abändern und allgemein machen, bey dachte ich vermu⸗ thete, daß ich eben ſo neue und wichtige Reſultate erhalten wurde, weil ich mit viel reitzba⸗ rern Thieren Verſuche anſtellte, die ein haͤrteres und laͤngeres Leben haben. Ich waͤhlte dazu die Schildkröten und Frösche vor vielen andern Thieren, und ſtellte auch einige Verſuche mit den Blutigeln an; einem ſehr ſonderbaren und von allen bekannten Thieren ſowohl in Anſehung ſeiner Werkzeuge als auch wegen ſeiner Lebensver⸗ tichtungen ſehr ee, Thiere. Reſultate einiger Verſuche bey den bn, Die Blutigel ſterben, wenn ſie in Weingeiſt geſetzt werden, in zwey oder der Minuten. In eine Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt gelegt, ſterben ſie faſt in eben der Zeit. Eben jo ſterben ſie auch in einer Aufloͤſung des Opiums in Wet faſt um eben die Zeit. Ich tauchte einen Blutigel zur Halfte i in Weingeiſt, und kurze Zeit darauf fand ich, daß dieſe Hälfte alle Bewegung verlohren hatte, unterdeſſen daß die andere noch zu leben fortfuhr. Der Verſuch gelang gleich gut, man mochte die Blutigel mit dem Kopfe oder mit dem Schwanze hinein tauchen. Ich erhielt eben dieſelben Reſultate, wenn ich den Blutigel in eine Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt, oder in Waſſer tauchte. Und ich ſahe es als eine ganz beſondere Erſcheinung an, daß die Hälfte eines Thiers ſtirbt, und die andere leben bleibt, als wenn. ſie gar keinen Schaden erlitten haͤtte. Was die Wirkung des Opiums auf deſe Thiere anbetrift, 0 ſcheint es gewiß zu ſeyn, daß man es als ein ſehr heftiges Gift anſehen muß. Verſuche mit den Schildkröten. Eine Schildkroͤte, der ich Weingeiſt zu trinken gab, ſtarb in weniger als z zwan⸗ zig Minuten. Eine andere Säintihe, die von der Aufloͤſung des Dplume 3 in W etwas verſchluckt hatte, ſtarb in einer Stunde. Sontana II. B. i Kkk Eine a — — 442 Eine andere behielt vier Stunden (di ihre Lebhaftigkeit, nachdem fie von der f Auflöfung des Opiums in Waſſer eingenommen hatte; fir ſtarb nach zehn Stunden, Ich wiederholte dieſe drey Verſuche noch mit ſechs andern Schildkröten unter eben den Umſtaͤnden; und die Reſultate waren den vorhergehenden vollkommen aͤhnlich. Man ſieht mit einem Blicke, daß das Opium, wenn es gleich in Waſſer aufge⸗ loͤßt ift, ſehr ſtark auf dieſe Thiere wirkt, und ſie ſogar toͤdtet; daß aber ſeine Wirkung zẽicht viel in e mit dem e Re enen in den Hintern der Schildkröten. Ich machte vermittelſt einer kleinen glaͤſernen Spritze bey drey Schildkröten Eln⸗ ſpritzungen in den Hintern; bey der einen mit Weingeiſt; und wenige Minuten nachher konnte ſie ſich kaum bewegen. Nach Verlauf einer Stunde war fie ganz todt. Einer andern ſpritzte ich eine gleiche Menge einer ſtarken Auflöfung von Opium in Weingeiſt hinein. Nach einer halben Stunde ſchien fie noch kaum zu leben und ſich zu be⸗ en Nach fieben Stunden ſtarb fie; aber das Herz fuhr noch eine Stunde fort, ſich zu bewegen. Bey der dritten machte ich die Einſpritzung mit welffänkihen eben fo viel von einer Aufloͤſung von Opium in Waſſer. Sie war nach ſechs Stunden ar ſehr munter, und ſie lebte noch ſechszehn Stunden. ö Ich habe jedoch wahrgenommen, daß im ganzen die Schildkroͤten nicht ſterben, wenn man ihnen das Opium in Waſſer aufgeloͤßt in den Hintern ſpritzt. Die Schildktöoͤ⸗ ten, denen ich die Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt einſpritzte, ſtarben alle in weniger als drey Stunden. Die Einfprigung iſt kaum geſchehen, fo verliehren fie ihre Kräfte und ihre Munterkeit; und nach einer halben Stunde geben fie faf Fein Zeichen von s mehr von ſich. Die Wirkſamkeit des Opiums in „ Waffe aufgeloͤßt, ſelbſt in den Hintern einge⸗ ſpritzt, iſt leicht einzuſehen, ob ſie gleich ſchwaͤcher und langſamer in Vergleichung mit der Auflöfung in Weingeiſt iſt. Einſpritzung unter die Haut der Schildkröten. Ich machte einer Schildkröte mit einer Sanzerte eine Oefnung in die Haut zwiſchen den Beinen und dem Unterleib, und ſpritzte Weingeiſt in dieſelbe. In wenigen Secun⸗ den verlor ſie die Bewegung, und fie ſtarb in weniger, als einer Stunde, Sc « 443 Ich ſpritzte einer andern eine gleiche Menge von der Auflöfung des Opiums in Weingeiſt unter die Haut. Nach ſieben Minuten verlor fie die Bewegung, und fie ſtarb nach vier Stunden. ; Einer dritten ſpritzte ich eine Aufloͤſung des Opiums in Waſſer ein. Die Schild: kroͤte war noch zwey Stunden nachher lebhaft, und ſtarb nach acht Stunden. Eben dieſelben Verſuche wiederholte ich bey neun andern Schildkröten, und fie gaben mir ganz aͤhnliche Reſultate, ſo daß kein Zweifel mehr uͤbrig bleibt, daß das Opium in Waſſer aufgeloͤßt, feine Wirkſamkeit beweiſet, wenn man es unter die Haut der Schildkroͤten ſpritzt. Schildkroͤten, denen das Herz entblößt wurde. Ich war neugierig, zu wiſſen, was für Veränderungen das Herz der Schild: kröͤten erleiden wuͤrde, wenn man Weingeiſt, und eine Aufloͤſung von Opium daran braͤchte. f Ich entbloͤßte einer Schildkroͤte das Herz vom Herzbeutel, und goß widerholtemal Weingeiſt darauf. Nach zwanzig Minuten bewegte ſich das Herz nicht mehr, obgleich das Thier zu leben fortfuhr. Es ſtarb jedoch in weniger als einer Stunde, und war an keinem Theile ſeines Koͤrpers nicht mehr reitzbar. ö Ich brachte an das Herz einer andern Schildkröte, die wie oben zubereitet war, eine Aufloͤſung von Opium in Weingeiſt. Nach einer halben Stunde war es unbeweglich, ſelbſt wenn es gereitzt wurde. Das Thier ſtarb nach drey Stunden. Einer andern Schildkröte brachte ich eine Auflöſung von Opium in Waſſer an das Herz; und es fuhr fort, ſich zwey Stunden lang ſehr gut zu bewegen. Es bewegte ſich noch ein wenig nach Verlauf von ſechs Stunden. Die Schildkroͤte ſtarb nicht eher, als nach acht Stunden. 8 Ich goß einer vierten einen Aufguß von China in Waſſer auf das Herz. Dieſes Herz bewegte ſich noch ſechs Stunden nachher, aber ſehr wenig. Das Thier ſtarb nach acht Stunden. | a Ich entbloͤßte einer andern Schildkroͤte das Herz, und befeuchtete es mit mehreren Tropfen Weingeiſt. Die beyden Herzohren hoͤrten im Augenblicke auf, ſich zu bewegen; und das Herz bewegte ſich in weniger als zwey Minuten nicht mehr, ſelbſt wenn es gereitzt wurde. Die Schildkroͤte lebte in dieſem Zuſtande noch ſehr lange. Kt | Sch 444 Ich öfnete drey Schildkröten die Bruſthoͤhle, und goß der einen Opium in Waſ⸗ ſer, der andern Opium in Weingeiſt aufgeloͤßt, und der dritten Sydenhams Laudanum auf das Herz. Das mit dem Weingeiſte hörte viele Stunden eher auf ſich zu bewegen, als die andern beyden, welche endlich beynahe zugleich ſich zu bewegen aufhoͤrten. Das Herz, auf welches das Laudanum gegoſſen war, ſchlug einige Zeit nicht anders, als von zwey zu zwey Zuſammenziehungen der Herzohren, hernach von drey zu drey Zuſammen⸗ ziehungen; und nun war das Thier ganz todt. Das Herz blieb um ſo viel länger zuſam⸗ mengezogen, je laͤnger die Zwiſchenzeiten zwiſchen den Zuſammenziehungen dieſes Mus⸗ kels waren. Eine ſonderbare und neue Erſcheinung, die man nicht leicht durch die ge⸗ woͤhnlichen Theorien erklaͤren kann. STIER Diefe Verſuche find noch nicht hinreichend, um gewiß auszumachen, daß das in Waſſer aufgeloͤßte Opium keine Wirkung auf das Herz hat; um ſo viel mehr da, wenn man das Opium auf dieſes Eingeweide bringt, fo lange als es noch in der Bruſthoͤhle haͤngt, dieſe Subſtanz vermittelſt der Blutgefäße in den Strom des Blutlaufs kommen, in alle andere Werkzeuge gebracht werden, und die thieriſche Oeconomie verändern: kann, ſo daß man in dieſem Falle der unmittelbaren Wirkung auf das Herz nicht dasjenige zu⸗ ſchreiben kann, was die Wirkung von der Verderbniß des Bluts, oder von einer andern unbekannten Urſache ſeyn kann. Wenn der Verſuch entſcheidend, unzweydeutig und ohne Schwierigkeit ſeyn ſoll, ſo muß man ihn ſo machen, daß das Herz allein, ohne die an⸗ dern Theile die Wirkung des Opiums erfaͤhrt. Ich verfiel alſo darauf, den Verſuch auf folgende Art zu machen. ; Schildkroͤten, denen das Herz aus der Bruſthoͤle geriffen wurde. Ich nahm einer Schildkroͤte das Herz aus der Bruſthoͤhle, und begoß es mit Weingeiſt. Wenige Minuten nachher bewegte es ſich nicht mehr. Ich goß eine Aufldſung von Opium und Weingeiſt auf ein anderes Herz. Nach einer Viertelſtunde zog es ſich noch kaum zuſammen, nach ſechs und zwanzig Minuten be⸗ wegte es ſich nicht mehr, ſelbſt wenn es gereitzt wurde: Ich tauchte ein anderes in die Auflöfüng des Opiums in Waſſer. Es bewegte ſich noch nach einer halben Stunde,, aber nur wenig. Nach zwey Stunden war es ganz in Ruhe. 1 Ein anderes tauchte ich in bloßes Waſſer, und es bewegte ſich noch ein wenig nach drey Stunden. \ Karel. Noch ein anderes wurde in einen Aufguß von China in Waſſer getaucht; es horte nach Verlauf von zwey Stunden auf, ſich zu bewegen. Ich 445: Ich machte noch drey andere Verſuche mit dem aus der Bruſthöle geriſſenen Her⸗ zen, und tauchte fie in eine Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt. Und ich konnte keinen merklichen Unterſchied in der Abnahme und dem Verluſte der Bewegung wahrnehmen, wenn ich dieſe Herzen mit andern verglich, von denen ich zwey in den Shinacufguß „und das andere in Waſſer getaucht hatte. Es iſt alſo ſehr wahrſcheinlich, wo nicht gewiß, wenigſtens nach den wenigen Verſuchen, die ich erzaͤhlt habe, daß das in Waſſer aufgeloͤßte Opium keine unmittelbare Wirkung auf die Bewegung des Herzens in den Schildkroͤten hat. Eine neue wichtige Wahrheit, die den Meinungen der groͤßeſten Naturkuͤndiger dieſes Jahrhunderts zuwider iſt, und welche verdient, daß andere, die mehr Zeit als ich haben, dieſe wichtige Materie unterſuchen, indem fie die Verſuche vervielfältigen, auf vielerley Art verändern, und ſich ſo viel als moͤglich iſt, vor ‚zufälligen Nebenumſtaͤnden in Acht nehmen. Man muß Acht haben, daß das Opium eine zaͤhe Fluͤßigkeit bildet, die geſchwind trocken wird, wenn ſie auf die Theile gegoſſen wird. Ich vermeide dieſen letzten Umſtand, wenn ich von Zeit zu: Zeit die Theile mit gemeinem Waſſer befeuchte. Verſuche mit Froͤſchen, denen Opium eingegeben wurde. Ich gab einem Froſche ungefehr vierzig Tropfen Weingeiſt ein. Vierzig Minu⸗ ten darauf war er todt. i d Einem andern gab ich vierzig Tropfen von einer Auflöfung von Opium in Wein⸗ geiſt. Nach vierzig Minuten war er todt. Einem dritten gab ich eben ſoviel von einer Auflöfüng von Opium in Waſſer. Fuͤnf und zwanzig Minuten nachher ruͤhrte er ſich kaum noch. Er fiel ruͤckwaͤrts uͤber, mit ſeinen Beinen ausgeſtreckt. Er ſtarb i in weniger als drey Viertel Stunden. Da ich dieſe Verſuche bey noch zwölf andern Froͤſchen wiederholte, ſo zeigten ſie zwar einige Verſchiedenheiten; aber keine ſolche, daß man nicht als gewiß annehmen koͤnnte, daß das Opium ſelbſt in Waſſer aufgeloͤßt die Froͤſche in kurzer Zeit toͤdtet, und ihnen Zuckungen und die Zurückziehung der Muskeltheile verurſacht. Einſpritzungen unter die Haut bey Froͤſchen. Ich ſpritzte einem 8 unter die Haut Weingeiſt. Eine Minute nachher war er todt. Kk 3 Einen! 446 | Einem andern ſpritzte ich eine Aufloͤſung von Opium in Weingeiſt ein, und kurze Zeit darauf ruͤhrte er die Beine nicht mehr. Er machte jedoch nach Verlauf von fünf und dreyßig Minuten noch einige Bewegungen. Und er ſtarb nach vierzig Minuten. Ich ſpritzte einem andern Froſche eine Auflöſung von Opium in Waſſer ein. Nach zehn Minuten ruͤhrte er ſich kaum, und feine Beine waren ſteif und ausgeſtreckt. Er ſtarb nach vierzig Minuten. 120 | Ich wiederholte eben denſelben Verſuch bey vielen andern Froͤſchen, und die Fol⸗ gen waren beynahe eben dieſelben. Es iſt alſo gewiß, daß das in Waſſer aufgeloͤßte Opium dieſe Thiere toͤdtet, wenn man es ihnen unter die Haut ſpritzt. Verſuche mit den Herzen der Froͤſche, die aber noch in der Bruſthöͤle feſt hingen. Ich goß drey Froͤſchen eine Auflöfung von Opium in Waffer auf das Herz; einem vierten aber Waſſer, um einen Verſuch zur Vergleichung zu haben. Ich konnte keinen großen Unterſchied in der Aufboͤrung der Bewegung des Herzens bey dieſen vier Froͤſchen wahrnehmen. N a f Bey ſechs andern Froͤſchen fand ich, daß die Bewegung ein wenig eher in denje⸗ nigen Herzen aufhoͤrte, bey denen ich das Opium gebraucht hatte. Aber da ich eben den Verſuch bey ſechs andern wiederholt hatte, ſo bemerkte ich das Gegentheil, und fand, daß diejenigen, bey denen ich das Opium gebraucht hatte, ſpaͤter aufhoͤrten, ſich zu bewe⸗ gen, als andere, bey denen ich einen Chinaaufguß gebrauchte. So daß ich nicht aus meinen Verſuchen ſchließen kann, daß das Opium die Reitzbarkeit und die Bewegung des Herzens ſchwaͤcht, wenigſtens nicht bey den Froͤſchen. | Um etwas gewiſſeres feſtſetzen zu koͤnnen, habe ich folgende Verſuche gemacht. Verſuche mit Herzen, die aus der Bruſthoͤle genommen find. Ich legte ein Froſchherz in Weingeiſt. Es hörte in zwey Secunden auf, ſich zu bewegen. a Ein anderes legte ich in eine Auflöfung von Opium in Weingeiſt. Es hoͤrte in zwanzig Secunden auf, ſich zu bewegen. Ein drittes legte ich in bloſſes Waſſer. Es fuhr vierzig Minuten fort ſich zu bewegen, 5 6 Ich ; a 447 Ich legte drey Herzen in bloßes Waſſer. Das eine hoͤrte in ein und zwanzig Mi⸗ nuten auf, ſich zu bewegen; aber verſchiedene mal fing es von felbft feine Schwingungen wieder an. N Das andere nach zehn Minuten; aber es fing ganz allein feine Bewegungen: wieder an. Das dritte nach funfzig Minuten, Ich habe dieſe Verſuche mit mehr als funfzig Herzen wiederholt, die aus der Bruſthoͤle genommen waren. Ich bemuͤhete mich, ſie unter gleichen Umſtaͤnden zu ma⸗ chen. Ich legte viele davon in einen Chinaaufguß, andere in bloßes Waſſer, noch an⸗ dere in eine Auflöfung von Opium in Waſſer. Die Reſultate waren ſehr verſchieden, ſehr unbeſtaͤndig. Aber ich konnte nicht den Schluß daraus machen, daß das Opium in der That eine Wirkung auf das Herz dieſer Thiere hätte, wenn man es in den Umſtaͤnden darauf bringt, die ich angemerkt habe. Wenigſtens iſt dies bis jetzt meine Meinung, und ich behalte mir vor, zu einer andern Zeit eine groͤßere Menge von Verſuchen zu machen. Es blieb mir übrig, noch eine neue Art von Verſuchen anzuſtellen, welche viel- leicht die wichtigſten find, und deren Endzweck iſt zu unterſuchen, ob das Opium auf die Nerven wirkt. Verſuche mit Froͤſchen, denen das Gehirn entbloͤßt war. Ich entblößte einem Froſche das Gehirn und das verlängerte Mark, und goß Weingeiſt darauf. Nach zehn Minuten konnte er ſich kaum noch bewegen; in fünf und dreißig Minuten war er todt. ; Ich goß bloßes Waſſer auf das Gehirn eines andern Froſches. Dieſer Froſch war noch vier und zwanzig Stunden nachher ſehr lebhaft. ; Auf das Gehirn eines andern goß ich eine Aufloͤſung des Opiums in Waſſer⸗ Nach zwanzig Minuten konnte der Froſch ſich kaum ruͤhren. f Einem andern goß ich eine Aufloͤſung des Opiums in Weingeiſt auf das Gehirn. Dreißig Minuten nachher gab er noch einige Zeichen von Bewegung von ſich. Wieder einem andern goß ich Opium in Waſſer aufgeloͤßt darauf. Nach vierzig Minuten war er zuſammengezogen und bewegte ſich ein wenig. Er ſtarb nach ſieben und F funfzig Minuten. 9 Ich 448 Ich gebrauchte bey einem andern eben dieſelbe Auflöfung, und breyßig Minuten nachher fand ich ihn zuſammengezogen, den Koͤrper u rückwaͤrts gekruͤmmt, und die Hinterbeine ausgedehnt. Bey einem andern goß ich Weingeist auf das Gehirn. Er ſtarb nach sehn Minu⸗ ten. Das Herz war inzwiſchen noch in Bewegung. - Ein anderer, mit dem ich eben fo verfuhr, ſtarb in fieben und zwanzig Minuten, und ein anderer in fünf und vierzig Minuten. Aber beyde konnten ſie ſi 55 kaum nach eini⸗ gen Minuten 1 ö Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem Atterde Froſche, der in vier und funfzig Minuten ftarb, Aber nach fieben Minuten bekam er ſchon ne und konnte weder kriechen, noch auf den Beinen Ber i Noch ein anderer, mit dem ich eben ſo verfuhr, bekam ſtarke Zuckungen, und konnte nach vier Minuten nicht mehr kriechen. Verſuche mit Seelen, Bun. die Schenkelnerven entblößt waren. Ich dfnete einem Froſche den Bauch „ entbloͤßte die Schenkelnerven, und goß Weingeiſt auf die Nerven auf der rechten Seite. Nach vier Minuten ie ich das rechte Bein wiederholte mal; aber es blieb immer unbeweglich. Bey einem andern goß ich Opium in Weingeist aufgeloͤſt darauf. Nach acht Minuten fand ich, daß das rechte Bein ſich nicht mehr zuſammenzog, wenn man es auch noch ſo viel reitzte, aber kaum waren die Nerven auf der linken Seite gereitzt, ſo zog ſich das linke Bein ſehr gut zuſammen. Ich goß bey einem dritten Froſche auf die Nerven auf der baden Seite eine Auf. loſung von Opium in Waſſer. Nach Verlauf von zwey Stunden bewegte ſich das rechte Bein, wenn man dieſe Nerven reitzte, jedoch vielleicht nicht ſo ſtark als das linke Bein, wenn man die Nerven auf der linken Seite reitzte. Ich goß auf die Schenkelnerven drey anderer Froͤſche eine Aufloͤſung von Hplure in Waſſer, und nur bloßes Waſſer auf eben die Nerven auf der linken Seite. Die Bewe⸗ gungen hoͤrten ſowohl in den Muskeln auf der rechten Seite, als auf der linken Seite ohne den geringſten Unterſchied auf. - Verſuche 5 449 Verſuche mit den Schenkelnerven bey Froͤſchen, ſo in zwey Theile geſchnit⸗ | ten wurden. a Ich goß nur auf die eine Seite der Nerven Weingeiſt. Nach neun Minuten zogen fie die Beine nicht mehr zuſammen, ob ſie gleich auf dieſer Seite gereitzt wurden; auf der andern Seite erfolgte das Gegentheil. Ich goß den Weingeiſt nur auf eine Seite. Nach vier Minuten zogen die Ner⸗ ven die Beine nicht mehr zuſammen; aber ſie bewegten ſich, wenn man die Nerven an derjenigen Stelle reitzte, auf welche kein Weingeiſt gekommen war. Wenn die andern Nerven beruͤhrt wurden, fo zogen ſich die Muskeln allenthalben ſehr gut zuſammen; zum Beweiſe, daß die Wirkſamkeit dieſer Fluͤßigkeit ſich nicht weiter erſtreckt, als auf diejeni⸗ gen Theile, ſo ſie beruͤhrt. i Ich bereitete einen Froſch, dem ich nichts auf die Nerven goß, um einen Verſuch zur Vergleichung zu machen. Er zog noch nach vierzig Minuten feine Fuße zuſammen. Bey einem andern Froſche zog ſich ſchon vier Minuten nachher, als ich Weingeiſt aufgegoſſen hatte, das Bein nicht mehr zuſammen; als nur, wenn man die Nerven nach den Beinen und Schenkeln zu reitzte, wo kein Weingeiſt hingekommen war. Verſuche bey Froͤſchen mit den Schenkelnerven, wenn fie von den Ruͤ⸗ ckenwirbelbeinen abgeſchnitten ſind. i 5 ik Ich ſchnitt die Schenkelnerven da wo fie aus den Ruͤckenwirbelbeinen kommen, ab, und goß Weingeiſt auf die Nerven auf der rechten Seite. Nach zwey Minuten zog ſich das rechte Bein nicht mehr zuſammen, wenn man gleich ſeine Nerven reitzte; dahingegen durfte man die Nerven auf der entgegengeſetzten Seite kaum beruͤhren, ſo zog ſich das linke Bein mit Gewalt zuſammen. Bey einem andern eben ſo bereiteten Froſche goß ich auf der rechten Seite eine Auflöfung des Opiums in Waſſer auf den Nerven. Nach dreißig Minuten reitzte ich die »Rerven, und ſahe, daß der dazu gehörende Fuß ſich bewegte, wiewohl ein wenig ſchwaͤ⸗ cher als der linke, deſſen Nerven ich ebenfalls reitzte. Bey einem andern zogen ſowohl die mit einer Aufloͤſung von Opium in Waſſer befeuchteten Schenkelnerven, als auch diejenigen, die nur mit bloßem Waſſer befeuchtet waren, die Fuͤſſe zuſammen, wenn man ſie reitzte, ſelbſt noch nach funfzehn Minuten. Dieſe Verſuche ſind ganz und gar nicht entſcheidend. Sie koͤnnen jedoch ſchon zu vielen Betrachtungen Stoff geben. Aber ob es gleich ſcheint, daß man gar nicht bezwei⸗ Fontana II. B. LI fela 450: feln kann, daß das Opium ſelbſt nur in Waſſer aufgelößt auf den thieriſchen Körper wirkt, es mag nun durch den Schlund in den Magen, oder durch den Hintern in die Gedaͤrme gebracht werden, oder man mag es unter bie Haut, oder in die Bruſthoͤle einſpritzen, oder es auf das Gehirn und das verlaͤngerte Mark bringen; ſo bleibt es doch noch immer zweifelhaft, ob ſeine Wirkung und ſeine Kraft auf die Nerven geht, oder ob es des Vehikels des Bluts und des Blutumlaufs, und der Bewegung der Saͤfte bedarf, um feine Wirkſamkeit auszuuͤben. Wir haben geſehen, daß das Viperngift nicht anders, als vermittelſt des Bluts wirkt, und eben fo ſcheinen auch die beyden Pflanzengifte, das Tieu⸗ nas⸗ und das Kirſchlorbeergift zu wirken. Es iſt wahr, daß alle dieſe Gifte toͤdten, auch wenn ſie innerlich genommen werden, wie das Opium auch thut. Aber dieſes beweiſet nicht, daß ihre Wirkung unmittelbar auf die Nerven geht, und daß fie ohne Huͤlfe des Bluts wirken. Es gieht viele offene Wege im Munde, in der Speiſeroͤhre, in dem Ma⸗ gen und in den Gedaͤrmen, durch welche die wirkſamſten und beweglichſten Theilchen dieſer Gifte leicht in das Blut kommen koͤnnen. Folglich iſt die Schwierigkeit, welche daraus entſteht, daß das Opium toͤdtet, wenn es innerlich genommen wird, kein Beweis, daß es unmittelbar auf die Nerven wirkt; und wir haben an einem andern Orte bewieſen, daß die drey Gifte, das Vipern⸗ Ticunas⸗ und Kirſchlorbeergift keine unmittelbare Wirkung auf die Nerven haben. 0 . Um uns in den Stand zu feßen, etwas ſehr wahrſcheinliches von dieſer fo ſchweren Materie zu ſagen, müffen wir alſo einen Verſuch erdenken, in welchem das Opium frey auf die Nerven wirken kann, ohne im geringſten in das Blut zu dringen, oder beſſer zu reden, ohne die Blutgefaͤſſe zu beruͤhren. Ein ſolcher Verſuch iſt nicht gar leicht zu ma⸗ chen, weil er eine große Fertigkeit und Genauigkeit erfodert; und man kann ihn nur bey ſehr wenigen Thieren, und mit einer ſehr geringen Anzahl von Nerven anſtellen. Ich habe nichts beſſeres finden koͤnnen, als mich der Schenkelnerven bey Froͤſchen zu bedienen. Aber um gewiſſe Reſultate zu bekommen, die nicht aus irrigen und veraͤnderlichen Erfah⸗ rungen gefolgert find, muß man eine ſehr große Anzahl von Verſuchen machen, alle Zus bereitungen verwerfen, bey denen etwa zufaͤllige Neberumſtaͤnde verhindert haben, daß ſie nicht gelungen ſind, die Reſultate darauf unter einander vergleichen, und ſie in jedem Falle mit den Reſultaten folcher: Verſuche zuſämmenhalten, die zur Vergleichung dies nen ſollten : a Ich habe mich folgender Methode bedient, dieſe Verſuche anzuſtellen, deren An⸗ zahl ſchon über. dreyhundert iſt, ſo daß ich die Folgen, fo ich daraus gezogen habe, als gewiß betrachten werde, bis man mir das Gegentheil bewieſen hat. Ich ſchneide den Froͤſchen den Bauch auf, und entbloͤße die Schenkelnerven mit kleinen Zangen und Scheeren, ſo daß ſie von jedem andern Theile gaͤnzlich frey ſind. Ich ſchneide alsdann das Ruͤckgrad und den Koͤrper des Thiers gerade an der Stelle durch, wo man dieſe Nerven herauskommen ſieht, ohne ſie im geringſten zu beruͤhren, und nur durch Hülfe kleiner Schlaͤge auf die benachbarten Theile mache ich,, daß die Nerven an 5 Schenke 451 Schenkel des Thiers fallen. In dieſem Zuſtande ſchneide ich hart an den Lenden den Kno⸗ chen durch, der noch daran ſaß, und nun habe ich dieſe Schenkelnerven auf eine Länge von acht oder zehn Linien, und bey den groͤßeſten Froͤſchen noch darüber ganz iſolirt. Ich laſſe die Nerven des einen Schenkels in ein kleines Gefäß von Glas fallen, und die Nerven des andern Schenkels in ein anderes eben dergleichen Gefäß. Die Nerven liegen ganz in den Gefaͤßen, fo daß ich fie mit irgend einer Fluͤßigkeit anfuͤllen kann, ohne daß ſie die benach— barten Lendenmuskeln berühren koͤnne; fo daß dieſe Nerven unter einander, und auch in Anſehung der Lenden iſolirt find. Ich gieße gewöhnlich in das eine von den Gefäßen die Materie, welche ich bey den Nerven verſuchen will, und ich gieße fo viel darauf, als noͤ⸗ thig iſt, damit der groͤßeſte Theil des Nerven damit bedeckt werde, aber zu gleicher Zeit doch fo, daß fie nicht uͤberfließen, bis zu den Schenkeln kommeß, und ſich ſo mit dem Blute vermiſchen kann. Ich gebrauche die Vorſicht, kein Gefaͤß mit den Nerven verei⸗ niget zu laſſen, und in die Gefäße zur Seite ein wenig Waſſer zu gießen, um dieſe Ner⸗ ven wie die andern feucht zu erhalten. Ich kann auf ſolche Art die Vergleichung zwiſchen den vergifteten Nerven, und denen machen, die nicht vergiftet ſind, und die Zeit, welche ſie noch fortfahren, die Muskeln zuſammen zu ziehen, die Lebhaftigkeit der Bewegungen u. ſ. w. ſchaͤtzen. Ich beſtimmte dreyhundert Fröfche zu dieſen Verſuchen. Ich theilte fie in zehn Klaſſen ein, nach den verſchiedenen Zeitraͤumen, die ich ſie den Verſuchen unterwarf. So ließ ich die iſolirten Schenkelnerven der erſten Klaſſe, welche wie alle die andern aus dreißig Froͤſchen beſtand, zehn Minuten lang auf der einen Seite in einer Aufloͤſung des Opiums in Waſſer, und auf der andern in bloßem Waſſer liegen. Die von der zweyten Klaſſe blieben zwanzig Minuten darinn, und fo fort bis zu hundert Minuten, nach wel— cher Zeit die Nerven nicht mehr im Stande waren, die Muskeln zuſammen zu ziehen. Ich habe zwar bey andern Verſuchen gefunden, daß die hundert Minuten nicht hinreichend waren, damit die Nerven vollkommen das Vermoͤgen, die Muskeln zuſammen zu ziehen, verloren; aber dieſe verſchiedenen Reſultate Hängen von tauſend beſondern Nebenumſtaͤnden ab, und thun dem Geſetze von den Wirkungen keinen Abbruch, welches ich in dieſer Folge von dreyhundert Verſuchen beobachtet habe. Hier ſind die Reſultate, die ich bekommen habe. Nach den erſten zehn Minuten reitzte ich die vergifteten Schenkelnerven (ſo will ich diejenigen nennen, auf welche ich die Opiumaufloͤſung goß), und die andern, die nicht vergiftet waren; und ich ſahe, daß die beyden Fuſſe, ſowohl der rechte, als der linke ſich gleich ſtark, und gleich lebhaft bewegten. Nach zwanzig Minuten wiederholte ich den Verſuch mit der zweyten Klaſſe der Froͤſche, und ich fand keinen merklichen Unterſchied zwiſchen den Bewegungen der beyden Fuͤſſe; und fie waren kaum etwas weniger lebhaft, als im vorigen Falle. til Nach 45% TR: Nach dreyßig Minuten waren die Bewegungen in den beyden Fuͤſſen weniger ſtark, aber ſie kamen in beyden mit einander uͤberein. Nach vierzig Minuten zogen ſich die Fuͤſſe kaum guſammten; aber man ſahe ſehr gut ihre Muskeln befonders ſich zuſammenziehen, wenn man die Schenkelnerven reitzte, und die Bewegungen dieſer Muskeln waren in beiden einander gleich, und gleich lebhaft. f Nach funfzig Minuten ſahe man die Muskeln ſich noch bewegen, aber viel weni⸗ ger als vorher. Die Bewegungen waren doch aber in den Muskeln beyder Beine gleich ſtark. Nach ſechzig Minuten waren die Bewegungen ſehr ſchwach, aber auf beyden Seiten einander gleich. Nach ſiebenzig Minuten mußte man ſehr genau zuſehen, wenn man die Bewegun⸗ a gen wahrnehmen wollte, aber ich konnte keinen Unterſchied zwiſchen der Bewegung der Muskeln des rechten Beins und der Bewegung der Muskeln des linken Beins finden. Nach achtzig Minuten ſahe man bey einigen Froͤſchen gar keine Bewegung mehr, man mochte die Schenkelnerven, ſowohl die vergifteten, als die andern, ſo viel reitzen als man wollte. Aber bey den übrigen unter den dreyßig Froͤſchen dieſer achten Klaſſe konnte ich nicht wahrnehmen, daß die vergifteten Nerven die Muskeln weniger zuſammenzogen, als diejenigen, ſo nicht vergiftet waren. Nach neunzig Minuten bemerkte ich nur noch bey ſehr wenigen Froͤſchen einige Bewegung, und ich konnte in der Anzahl von dreyßig Froͤſchen, fo ich unter ſuchte, nicht finden, daß das Opium den Nerven mehr verändert hätte, als das bloße Waſſer. Nach hundert Minuten waren die Muskeln der Beine unbeweglich, man mochte die Nerven auf der einen Seite ſowohl, als auf der andern ſo viel reitzen, als man wollte. Ich kann mir nichts entſcheidenderes und gewiſſeres denken, als die Folge von Ver⸗ ſuchen, die ich hier eben erzählt habe; und es ſcheint daraus nothwendig zu folgen, daß das Vehikel des Opiums der Umlauf des Bluts und der Saͤfte in dem Thiere iſt, und daß ohne denſelben das Opium gar keine Wirkung. ea den lebendigen Körper hat. Verſuche bey Kaninchen mit Einfsrikung der Auflöfung des Opiums in Waſſer. a Es bleibt nach allem zu wiſſen übrig, ob das Opium in die Gefäße geſpritzt toͤdtet, und ob es, wenn es in den Umlauf des Bluts gebracht iſt, in der thieriſchen Ra eben 5 453 eben die Veränderungen hervorbringt, als wenn es innerlich genommen, oder in die ver⸗ ſchiedenen Eingeweide oder Werkzeuge des Thiers eingeſpritzt wird. Ich ſpritzte ungefehr zehn Tropfen von der Aufloͤſung des Opiums in Waſſer einem großen Kaninchen in die Halsader. Das Opium war kaum eingeſpritzt, ſo konnte das Thier nicht mehr ſtehen und gehen. Seine Beine waren ausgedehnt, und ſtanden aus einander. Es wurde in wenigen Stunden wieder geſund. Ich vermuthe, daß kaum acht Tropfen von der Aufloͤſung in die Halsader gekommen waren. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem zweyten Kaninchen; und eben ſo wie im erſten Falle waren ſeine Hinterbeine alſobald aus einander geſtreckt. Nach zwey Mi⸗ nuten fiel es auf die Bruſt; es machre nur noch einige kleine Bewegungen und ſtoßweiſe. Nach Verlauf einer halben Stunde fieng es an, frey herumzulaufen, und es fehlte ihm weiter nichts mehr. 5 Die Einſpritzung bey einem andern Kaninchen gelang nicht, und anſtatt daß das Opiun in die Halsader dringen ſollte, fo kam es ganz ins Zellengewebe. Dieſem Thier ſchien nichts zu fehlen. Ich ſpritzte einem Kaninchen einen Theeloͤffel voll von der Opiumauflöſung in die: Halsader, und es ſtarb im Augenblick. Ich wiederholte dieſen Verſuch bey einem andern Kaninchen mit eben der Menge: Opium, die etwa vierzig Tropfen betrug; und das Thier ftarb noch bey dem Einſpritzen. Ich wiederholte den Verſuch bey noch einem Kaninchen mit eben der Menge Opium; aber ſo wie ich bineinſpritzte, ſo floß ein großer Theil davon wieder zuruck. Das Kaninchen konnte nicht me dr gehen, noch auf den Fuͤſſen e „ welche ausgeſtreckt wa⸗ ren. Es ſtarb nach zwey Stunden. Ich glaube, daß es ganz überflüßig iſt, wenigſtens für jetzt, eine größere Anzahl von Verſuchen uͤber das in die Halsadern eingeſpritzte und ſo in den Blutumlauf gebrachte Opium, daß es keinen verwundeten Theil des Thiers beruͤhrt, zu erzaͤhlen. Wenn dieſes Opium einmal in den Gefaͤßen iſt, ſo ſieht man nicht, daß es ſich unmittelbar irgend einem Nerven mittheilen koͤnne, weil wir aus der Zergliederungskunſt gewiß wiſſen, daß die in- wendige Haut der Gefäße nicht eigentlich mit Nerven verſehen iſt; und wenn fie auch da mit verſehen wäre, fo verändert das Opium keinesweges den Rerven, den es berührt, und bringt keine Zerhttung in der thieriſchen Oeconomie zuwege, man mag es auf den Nerven bringen, auf was für Art man wolle, er mag ganz, oder zerſchnitten, mit feinen eigenen Hüllen bedeckt ſeyn, oder das Mark deſſelben ſelbſt mag von dem Opium beruͤhrt werden;; welches man in allen dieſen Faͤllen immer unſchuldig gefunden hat. b. Es 7 — meen — 454 9 Es bringt folglich das Opium, wenn es in die Adern geſpritzt wird, Betaͤubung, Zuckungen, und endlich, wie man geſehen hat, den Tod ſelbſt zumege, Der Wein ver⸗ urſacht beynahe eben dieſe Wirkungen. Der durch Waſſer verdunnte Weingeiſt erregt auch Betäubung und Zuckungen; aber wenn er reetifieirt iſt, ſo toͤdtet er in einem Augen⸗ blicke. Man findet alsdann das Blut in der Hohlader geronnen, ſo wie auch in den Herzohren, in der rechten Herzhoͤhle und in der Lunge; gewiſſe Folgen und unfehlbare Urſachen des Todes, ohne daß man noͤthig haͤtte, zu den Nerven feine Zuflucht zu nehmen. f N ä Die Brech⸗ und Purgirmittel erregen, wenn ſie eingefprigt werden, Erbrechen und Durchfall, eben fo als wenn fie durch den Mund genommen waren; zum Beweiſe, daß ihre Wirkung unveraͤndert nach dem Magen und den Gedaͤrmen geht, ohne Zuthun der Nerven, und gerade ſo, als wenn dieſe Mittel bloß eingenommen waͤren. Und wa⸗ rum ſollte man nicht eben das vom Opium ſagen, wenn es eben ſo eingenommen iſt? Wenn man bey den Brech- und Purgirmitteln nicht zu den Nerven feine Zuflucht nimmt, und in der That vernünftiger Weiſe ſeine Zuflucht nicht nehmen kann, warum will man ſich denn der Nerven bedienen, um die Wirkung des Opiums zu erklaͤren, da dieſe Subſtanz, unmittelbar auf den bloſſen Nerven gebracht, auf ihn keine Wirkung ausuͤbt, und darinn keine Zerrüttung, keine Veraͤnderung zuwege bringt? Ich glaube wenigſtens nicht, daß man zu den Nerven in denjenigen Faͤllen ſeine Zuflucht nehmen werde, in welchen das Opium in die Halsader geſpritzt im Augenblick toͤbtet, wie man geſehen hat. Ich verlange durch meine wiederholten Verſuche weiter nichts zu beweiſen, als daß die unmittelbare Wirkung des Opiums auf die Nerven falſch iſt; und meine Abſicht iſt zu gleicher Zeit die unmittelbare Wirkung des Opiums auf das Blut, unabhaͤngig von den Nerven zu bewirken; ohne mich um die eingebildeten Hypotheſen zu bekuͤmmern, wel⸗ che die Nevrologiſten machen könnten, um die alten Irrthuͤmer und Vorurtheile zu behaup⸗ ten, und fie mit den Erfahrungen, die ich gemacht habe, uͤbereinſtimmen zu machen. Unterdeſſen haben doch die wahren Aerzte jetzt eine gewiſſe Grundlage von gewiſſen Erfah⸗ rungen, auf welche ſie in Zukunft ihre Theorien uͤber das Opium bauen koͤnnen; über welche Materie man ſo viel geſchrieben hat, und die man doch ſo wenig kennt. Ich ſchmeichele mir, daß ſie ſich entſchließen werden, die Hypotheſen und angenommenen Mei⸗ nungen bey Seite zu ſetzen, ſo ſie in den Schulen geſchoͤpft haben, und reiſlich uͤber die Erfahrungen nachzudenken, die ich erzaͤhlt habe. Ich weiß, was das Vorurtheil bey alten Irrthümern vermag, und wie wenig man ſich ſelbſt um die gewiſſeſten und deutlich⸗ ſten Erfahrungen bekuͤmmert. Und wenn der Menſch endlich von der Wahrheit der Er- fahrungen überzeugt iſt, die man niemals leugnen kann, fo hält es ſchwer, ehe er die rid)> tigen Schluͤſſe daraus zieht. Das Vorurtheil hat gewiß vielen Antheil an dieſen Wider⸗ willen; aber inſonderheit iſt es die Eigenliebe, welche Bedenken träge, die neuen Wahr— heiten anzunehmen, weil ſie erfodern, daß man ſtillſchweigend ſeine Unwiſſenheit geſtehe. Daher kommt die Schwierigkeit, welche ſchon zu Jahren gekommene Maͤnner, und Ge lehrte, die ſich ſchon in Ruf gebracht haben, machen, die neuen Entdeckungen anzunehmen. Man 435 Man wende mir nicht gegen die Meinung, die ich behaupte, die Schnelligkeit der Wirkungen des Opiums, und die unmerkliche Abnahme feines Gewichts ein; weil man geſehen hat, daß das Viperngift, das Ticunasgift, „ und das Kirſchlorbeergift in die Halsader eingeſpritzt, im Augenblick wirken und ſogar toͤdten, wenn man ſie auch nur in ſehr kleinen Gaben gebraucht; und weil man durch die Erfahrung findet, daß dieſe Gifte auf das Blut, und nicht auf die Nerven wirken. Das Vitrioloͤl toͤdtet, wenn man es ins Blut einſpritzt, ſelbſt in der kleinſten Gabe, und niemand, denke ich, wird ſagen, daß dieſe Fluͤßigkeit auf die Nerven, und nicht auf das Blut wirkt. Das gemeine Oel, und fo viele andere unſchuldige Subſtanzen, toͤdten fogar ſehr geſchwind, und unter den heftigſten Zuckungen, wenn man ſie auch ins Blut ſpritzt. Ein jeder ſiehet, daß alle die Zerruͤttungen, welche dieſe Koͤrper in der thieriſchen Oeconomie verurſachen koͤnnen, bloß mechaniſch ſind, und von der Hemmung oder Schwaͤchung des Blutumlaufs in den verſchiedenen Eingeweiden abhängen „ und nicht davon, daß die Nerven leiden. Man darf ſich ſogar nicht einmal wundern, wenn man große Unorbnungen von einer ſehr klei⸗ nen Menge Materie hervorgebracht werden ſieht; weil der wirkſame Theil der Koͤrper, und inſonderheit der Arzneymittel auf ſehr kleine Maſſen, und ich moͤchte ſagen, auf Ato⸗ men eingeſchraͤnkt iſt. Und ich kann nicht begreifen, wie eine Kraft wider die Nerven wirken, und die größeften Unordnungen darinn verurſachen koͤnnte, keinesweges aber auf das Blut wirken ſollte, da doch ein Tauſendtheil Gran vom Viperngifte hinreichend iſt, einen Vogel zu toͤdten, wenn es mit dem Blute deſſelben vermiſcht wird; und vielleicht das, was dieſes thieriſche Gummi giftig macht, noch nicht den tauſendſten Theil dieſes Bruchs von einem Grane betraͤgt. Robert Whytt macht eine Einwendung wider die Meinung, daß das Opium nicht auf die Nerven, ſondern auf das Blut wirkt; und dieſe beſtehk darinn, daß wenn man den Froͤſchen das Herz ausgeſchnitten hat, das Opium, fo man ihnen eingiebt, fo wohl auf die Empfindung, als auf die Bewegung wirkt; wenn man ihnen aber den Kopf abſchneidet, und das Ruͤckmark zerſtoͤrt, das Opium ſchwaͤcher und ſpaͤter wirkt. Der erſte Theil dieſes Einwurfs iſt ganz falſch, wie man geſehen hat, und der andere wuͤrde nichts beweiſen wenn er auch wahr wäre, weil, wenn das Gehirn und das Ruͤckmark zerſtoͤrt iſt, die thieriſche Oeconomie ſo zerruͤttet ſeyn kann, daß das Opium freylich nicht mehr im Stande iſt, ſo zu wirken, als vorher, und im geſunden Zuſtande. In der That wirken ja die Purgir⸗ die Brechmittel, und uͤberhaupt die Gifte nur auf die lebendi⸗ gen Thiere. Aber in dem Falle, von dem die Rede iſt, kommt der Verſuch des Herrn Whytt nicht mit den meinigen überein, die ich doch mehrmals mit der größten Aufmerk- ſamkeit wiederholt habe. Auch hier können Verſuche i in geringerer Menge nichts Run den, ch der großen Verſchiedenheit, die man in den Reſultaten findet. Damit der Verſuch einfacher, und weniger Schwierigkeiten unterworfen ſeyn moͤchte, habe ich den Froͤſchen den Kopf nicht abgeſchnitten „ſondern nur eine kleine Oef— nung in 9 Hirnſchale gesacht, durch welche. 0 mit einer dicken Nadel das ganze Gehirn . und 455 a und das Ruͤckenmark zerſtoͤrte. Auf ſolche Art verhuͤtete ich den ſtarken Blutverluſt, den das Thier leidet, wenn man ihm den Kopf abſchneidet, und ich machte es leichter, eine Vergleichung mit den Froͤſchen anzustellen, denen ich Opium eingab, ohne das Gehirn und das Ruͤckenmark zu zerſtoͤren. Ich machte alſo den Anfang damit, daß ich allen Froͤſchen eine gleiche Gabe von Opium eingab; ich oͤfnete ihnen darauf die Bruſt, um die Bewegung des Herzens deutlich zu ſehen, und einer gewiſſen Anzahl zerſtoͤrte ich das Ge⸗ hirn und das Ruͤckmark. Ich maß die Dauer der Bewegung des Herzens, und reitzte von Zeit zu Zeit die Schenkelnerven bey dieſen ſowohl, als bey jenen. Ich kann verſi⸗ chern, daß ich, nachdem ich acht und vierzig Froͤſche, vier und zwanzig auf die eine, und vier und zwanzig auf die andere Art bereitet hatte, mich nicht uͤberzeugen konnte, daß das Opium in dem einen Falle nicht ſo gut, oder ſpaͤter wirkte, als in dem andern. Ich leite unterdeſſen aus dieſen Reſultaten zwey ſehr wichtige Corollarien her. Das erſte iſt, daß die erſte Bewegung des Herzens nicht von den Nerven abhaͤngt, noch von dieſer Zuſammenkunft von Empfindungen, ſo das Leben des Thiers ausmachen. Das zweyte iſt, daß die Wirkung des Opiums unabhängig vom Nerven ſyſteme vor ſich geht. Ich finde in einigen Schriftſtellern einen ſtarken Einwurf wider die Wirkung des Opiums auf das Blut, wenn man es in die Gefäße einſpritzt; nemlich, daß dieſe Sub⸗ ſtanz ſchnell auf die Nervenenden der Blutgefaͤße ſelbſt, und von da auf das ganze übrige Nervenſyſtem wirkt. Man kann nicht läugnen, daß man Fleifchfiebern in den Stämmen der großen Blutgefaͤße wahrnimmt, woraus gewiß folgt, daß es auch Nerven in dieſen Thellen geben muß, weil es keinen Muskel ohne Nerven giebt. Aber dieſe Fibern beob⸗ achtet man nur in den groͤßeſten Staͤmmen, und ſonſt nirgends; und es wuͤrde ungereimt ſeyn, eine Structur anzunehmen, die durch die Erfahrung widerlegt wird, in der bloßen Abſicht, eine Hypotheſe zu unterftügen, welche von fo vielen Seiten über den Haufen ge⸗ worfen wird. Es iſt ganz gewiß, daß man keinen Nerven nach den Blutgefaͤßen zu lau⸗ fen ſieht, um ſich mit ihnen zu vereinigen; und die größeften Zergliederer haben dergleichen nicht finden koͤnnen. Auf einer andern Seite iſt die Empfindlichkeit der Gefaͤße keineswe⸗ ges bewieſen, und ich habe fie auf vielerley Arten unterbunden, ohne daß die Thiere Zei⸗ chen von ſich gegeben haͤtten, daß ſie es fuͤhlten. Man muß freylich, wenn man dieſe Verſuche macht, welche ſehr ſchwer find, genau darauf achten, daß das Gefaͤß, an der Stelle, wo man es unterbindet, von allen benachbarten Theilen gänzlich entbloͤßt ſey; daß man es nicht an einer Stelle unterbinde, wo etwa ein Nerve queer uͤber daſſelbe laͤuft, um anders wohin zu gehen; und daß, wenn man das Band zuzieht, man weder das Gefaͤß, noch die benachbarten Theile zerreiſſe. Ich wuͤrde auch noch anrathen, den Verſuch nicht bey gar zu großen Gefaͤßen zu machen, weil ich zuweilen bemerkt habe, daß, wenn man unvermuthet den Blutfluß darinnen hemmt, das Thier es zu empfinden ſcheint. Es weiß endlich jedermann gewiß, daß die inwendige Haut der Gefaͤße weder muskelartig, noch nervenartig iſt, ſondern aus Zellungewebe beſteht. Es kann alſo das Opium ſchon blos aus 457 aus dem Grunde nicht unmittelbar auf die Nerven wirken, weil es nur die innere Wand der Gefaͤße beruͤhrt. a N Ich wollte unterſuchen, ob das Opium innerlich genommen, nicht die Geſchwin⸗ digkeit und die Staͤrke der Zuſammenziehungen des Herzens ſchwaͤcht, weil es nicht auf dieſen Muskel in Anſehung der Dauer ſeiner Bewegungen wirkt. Ich muß aber geſteheu, daß ich über dieſen Punkt nichts gewiſſes habe ausmachen koͤnnen, ob ich gleich über dieſen einzigen Gegenſtand allein uͤber hundert Verſuche gemacht habe. Ich fand zu viele Un⸗ beſtaͤndigkeit und zu viele Veranderungen bey den Froͤſchen, mit denen ich hauptſaͤchlich meine Verſuche anſtellte. Ich habe bemerkt, daß uͤberhaupt das Opium den warmbluͤti⸗ gen Thieren in maͤßigen Gaben gegeben, die Staͤrke des Herzens und ſeiner Bewegungen vermehrt; wenn es aber in großer Gabe gegeben wird, ſo ſcheint es die Kraft des Herzens und zugleich die Munterkeit des Thiers zu ſchwaͤchen; und darinnen iſt es vielen andern Subſtanzen aͤhnlich, welche das Leben zerſtoͤren, und die Lebenskraͤfte niederſchlagen. Ich habe auch gefunden, daß die Wirkung des Opiums bey den Thieren gaͤnzlich mit dem uͤber⸗ einkommt, was man bey dem Menſchen wahrnimmt, wenn er es innerlich genommen hat. Die Schwingungen des Herzens werden, anſtatt ſchwaͤcher zu werden, am oͤfterſten ver⸗ mehrt; und die wenigen Faͤlle, die man etwa vom Gegentheile findet, veraͤndern nicht im geringſten das allgemeine Geſetz von der Wirkung des Opiums auf die Thiere. Ich gab zwoͤlf Froͤſchen ungefehr zwanzig Grane von der Aufloͤſung des Opiums in Waſſer ein, und nahm ihnen allen alſobald das Herz aus der Bruſthoͤhle. Zwölf an⸗ dern Öfnete ich die Bruſthoͤhle, aber das Herz nahm ich ihnen nicht heraus, und alle hatten ſie vorher das Opium verſchluckt, wie die erſtern. Ich zeichnete die Zeit der Operationen bey allen vier und zwanzig auf; und fand, daß die Wirkungen des Opiums viel eher bey denjenigen Froͤſchen erfolgten, die das Herz noch hatten, als bey denen, welchen ich es herausgenommen hatte. Der Unterſchied der Zeit beträgt die Hälfte und noch darüber, Unter den Wirkungen des Opiums verſtehe ich die Kraft, die es hat, die Glieder zu laͤh⸗ men, das heißt, dem Thiere das Vermögen zu benehmen, die Muskeln zu bewegen. Ich rede hier nicht vom Herzen, welches ſehr lange fortfaͤhrt, ſich zu bewegen, ſelbſt nach⸗ dem die Froͤſche geſtorben find, noch von den Nerven, welche, wenn ſie gereitzt werden, die Muskeln noch zuſammenziehen koͤnnen, obgleich das Thier ſie keinesweges von ſelbſt bewegen kann. ’ ; 5 Man muß alſo einen Unterſchied unter den Bewegungen machen, die das Thier freywillig macht, und denen, die durch einen aͤußern Reitz erregt werden, welcher auf die Nerven, auf das Ruͤckmark, und das Gehirn wirkt. Die letztern fehlen nicht immer, wenn die erſtern nicht mehr da ſind; aber allemal, wenn man die letztern nicht mehr wahr⸗ nimmt, haben die erſtern unfehlbar aufgehoͤrt. Fontana II. B. M mm ; Es 438 5 Es iſt noch etwas anderes zu unterſcheiden, wenn man von Nerven und von Be⸗ wegung redet; nemlich die Empfindung, von welcher der Nerve das einzige Werkzeug in den Thieren iſt. Ich habe bey meinen Verſuchen vielmal wahrgenommen, daß, wenn auch das Thier ſeine Theile nicht mehr bewegen konnte, wenn ich ſie mit Nadeln reitzte, daſſelbe doch noch Zeichen von Empfindung von ſich gab, wenn ich ſeine Nerven mit Zan⸗ gen faßte. Es iſt uͤbrigens auch wahr, daß oft die Muskeln ſich zuſammenziehen, wenn man die Nerven reitzt, obgleich das Thier ſchon lange todt iſt. So daß die Bewegung des Herzens, und die Kraft, welche die gereitzten Nerven haben, die Muskeln zuſammen⸗ zuziehen, im Thiere viel ſpaͤter verlohren gehen, als die Empfindungen und freywilligen. Bewegungen. Ich habe ferner wahrgenommen, daß das Opium, wenn es unmittelbar auf die Nerven gebracht wird, ihnen nicht allein das Vermoͤgen nicht benimmt, die Muskeln zu⸗ ſammen zu ziehen, ſondern auch ihre natuͤrliche Empfindlichkeit nicht zerſtoͤrt; und man hat geſehen, daß ſeine Wirkungen geſchwinder find, wenn man es den Thieren eingiebt, ohne ihnen das Herz auszunehmen, als wenn man ihnen dieſen Muskel herausgenommen hat. So daß daraus zu folgen ſcheint, daß das Opium nicht unmittelbar auf die Nerven wirkt; ſondern daß der Umlauf des Bluts nothwendig iſt, wenn es feine Wirkung auf die Thiere hervorbringen foll.. BT 3 Hier endigen fich die Hauptreſülkate meiner Unterſuchungen über das Opium. Ich haͤtte gewuͤnſcht, daß ich die Verſuche, fo wie ich fie gemacht habe, hätte umſtaͤndlich er⸗ - zählen koͤnnen. Nicht deswegen, weil ich glaube, dieſe Materie ſey jetzt erſchoͤpft; ich bin weit entfernt, es zu glauben, wie ich auch nicht glaube, daß nichts darinn zu verbeſ⸗ fern ſey, und daß man zu meinem gegenwärtigen Werke nichts mehr hinzuſetzen koͤnne. Dieſer Zuſatz ſelbſt beweiſet die Wahrheit von dem, was ich ſage; und wenn ich nicht ge⸗ noͤthigt wäre, dieſe Ausgabe nicht länger mehr aufzuhalten, fo würde ich vielleicht ſelbſt noch neue Sachen hinzufuͤgen, in vielen andern noch beſſer beobachten, und einige vielleicht verbeſſern konnen. Ich werde alſo gern Beurtheilungen und Einwuͤrfe anhören, die man gegen mein Werk wird machen koͤnnen, und mir ein wahres Vergnügen daraus machen, es zu verbeſſern, und zu vervollkommnen, wenn jemals eine andere Ausgabe davon erſchei⸗ nen ſollte. Ich ſage aber zu gleicher Zeit voraus, daß ich keinem von den vorgeblichen Weltweiſen antworten werde, welche Thatſachen nur Worte, Trugſchluͤſſe und Zweifel: den Erfahrungen, Vermuthungen den Beobachtungen, und Vorurtheile und ſcholaſtiſche Irrthümer natürlichen, richtigen, und deutlichen Schiffen entgegen ſetzen. Daher werde ich mich nicht fie verbunden halten, meine Verſuche noch einmal zu wiederholen, die ich ſchon ſo vielmal wiederholt habe, und zu glauben, daß ich mich geirret habe, um einiger einzelnen Verſuche willen, die man mir etwa entgegen ſetzen möchte, aus dem einzigen: Grunde, weil man fie nicht mit den meinigen uͤbereinſtimmend gefunden hat. Ein einzi⸗ ger Blick, den man nur auf mein Werk wirft, zeigt ſchon, wie leicht es iſt, ſich in Ver— ſuchen zu irren, wenn man auch ſelbſt ſchon viele gemacht hat, die mit einander uͤberein⸗ ſtimmen; Ne, 459 ſtimmen: und da man es am wenigſten vermuthen ſollte, daß es moͤglich wäre, ſich geirrt zu haben. Meine Verſuche (kann ich mit Wahrheit ſagen) belaufen ſich über ſechstau— ſend, und die Bemerkungen, die im ganzen Werke zerſtreuet find, machen wenigſtens eine eben ſo große Anzahl aus. Ich weiß ſehr wohl, daß die Fragen, welche ich aufge⸗ geben, und unterſucht habe, auch ſehr zahlreich find, und daß unter dieſer Zahl einige ſeyn können, welche nicht mit vollig ſo vielen Verſuchen behandelt ſind, als es hätte ges ſchehen ſollen, wie ich ſchon bey einer andern Gelegenheit geſagt habe. Aber dieſem allen ungeachtet behaupte ich mit Ueberzeugung, daß wenige Verſuche nicht hinreichend ſind, die große Anzahl derſelben, ſo ich gemacht, und auf ſo mancherley Art veraͤndert habe, uͤber den Haufen zu ſtoßen, und daß dergleichen Widerſpruͤche nicht im Stande ſind, mich von meinen Meinungen abzubringen. d 1 — Ende des zweyten Bandes, Mm m 2 Er klaͤ⸗ — u — — Erklärung der Kupfertafelm, Erſte Kupfertafel. Erklaͤrung der zehn erſten Figuren der erſten Kupfertafel, | ſo aus der 8 Franzoͤſiſchen Ausgabe der Schrift des Meads a: find. Mes Fig. 1. ſtelt die Hirnſchale und die Kinnladen von der Seite vor; 41 zwey giftige Zaͤhne auf jeder Seite, die nach einem Mechanismus, welcher erklaͤrt werden ſoll, in einem feſten Knochen ſtecken. b, Diefe feften Knochen bewegen ſich durch ein Gelenk, als wenn ſie an beyden Jochbeinen feſt waͤren. Sie haben vermittelſt dieſer Articulation zwey Bewegungen. Durch die erſte zeigen und richten ſich die Zaͤhne zum Beißen. Durch die zweyte ziehen fie ſich wieder ein, und biegen ſich nach der Wurzel der Zunge zu, ſo daß ſie den beyden Kinnbacken nahe kommen. In der Fig. 5. ſiept man dieſe Zähne mehr im Großen. Dieſe Bewegungen werden durch einen leichten Fall des Knochens e (und in der Fig. 5. d.) hervorgebracht, welcher an dem Knochen b über feiner Artieulation liegt, und ihn noͤthigt ſich mit ihm zu vereinigen, und zu dieſen Bewegungen mit beyzutragen, durch welche er nach auſſen getrieben, oder wieder nach innen gezogen wird; ſie werden ihm mit⸗ getheilt, ſowohl durch ſeine Verbindung mit der untern Kinnlade, als auch ns die Muskeln, die ihnen eigen, und zu dieſem Gebrauch beſtimmt find. Die Fig. 1. k. zeigt die untere Kinnlade, und e, d, die beyden Ruhepunkte, auf weichen fie die nothwendigen Bewegungen macht, ihre Beute zu verzehren. In die Fig. 6. ſieht man dieſe beyden Ruhepunkte a und b, welche dazu dienen, die untere Kinnlade mit dem Vorkopfe und dem Schlafbeine zu verbinden. Um den Mechanismus wohl zu verſtehen, deſſen ſich die Viper bedient, um ihre Beute zu verſchlingen, muß man bemerken, daß ſowohl die obere, als untere Kinnlade auf eben derſelben Seite ſich bewegen kann, da unterdeſſen die gegenüͤberſtehende feſt und unbeweglich bleibt; ſo daß ſowohl die obere als untere Kinnlade auf einer Seite nach außen bewegt, oder wieder eingezogen werden kann, unterdeſſen daß die entgegengeſetzte Kinnlade entgegengeſetzte Bewegungen erfährt, oser gar fill und unbeweglich bleibt. Nun find aber dieſe Kinnladen int kleinen hr feſt an ihrer Oberfläche ſitzenden Zähnen verſehen, denen man ihres Gebrauchs wegen den Namen Zangen geben koͤnnte; Fig. 1. g, und Fig. er 467 Fig. 5. e; durch Hülfe dieſer „ zuruͤckziehenden Wöbegangen wird die Beute in den Magen binunter gebracht. Die Anzahl dieſer Augen iſt 1 an der Oberkinnlade, 8 an der untern. Die Fig. 5. e, ſtellt dieſe Zaͤhne an der obern, Kinnlade vor; die Se 6. d, an der untern. Die Fig. 4. ſtellt die obere Seite der Hirnſchale vor; wo man ſieht a, den Vorkopf, der bey dem Menſchen durch die Vereinigung der beyden Seitenbeine, hier aber nur von ei⸗ nem einzigen Knochen gebildet wird, unterdeſſen die Stirne b, welche beym Menſchen nur eis nen Knochen hat, bey dieſem Thiere aus zwey mit einer Nath vereinigten Knochen beſteht. o, der vordere Eingang der Augenhöle, die im Stirnbeine liegt. d, die Naſenknochen. 0 e, der Kinnladenknochen, welcher bey dieſem Thiere aus einem einzigen Stuͤcke beſteht. } Aber unterdeſſen, daß wir noch bey den ehen dieſes Theils ſind, duͤrfen wir nicht vergeſſen, zu bemerken, daß die giftigen Zaͤhne nicht allein in Anſehung der Groͤße und der Bewegung von den andern unterſchieden find. Sie haben noch andere Eigen- ſchaften, ſo ſie unterſcheiden; und zuerſt muß man merken, daß, ob man gleich ihrer nur zwey auf jeder Seite findet, es doch ſehr ſelten iſt, daß ſie alle gleich feſt in den Zahnhoͤh⸗ len ſitzen, die fie enthalten. Zuweilen ſitzt der äußere Zahn auf der einen, und der andern Seite lockerer; zuweilen im Gegentheile ſitzt der innere loſer. Anderemal ſitzt der innere Zahn auf der einen, und der aͤußere auf der andern Seite nicht ſo feſt. Wenn die Zaͤhne ſich erheben, ſo erhebt ſich derjenige, welcher am feſteſten ſi 175 mehr, als derjenige, der lockerer ſitzt, und laͤnger zu ſeyn ſcheint. Wenn man alle dieſe Umſtaͤnde e ge „ nebſt benjenigen, deren zu gedenken mir noch übrig bleibt , ſo ſieht man, daß die Viper, um zu beißen, ſich niemals mehr, als eines von ihren Zaͤhnen bedient. Die Natur hat deswegen dieſe Einrichtung getroffen, damit die Wirkung eines einzigen hinreichend ſey, in das Thier, welches ſie anfaͤllt, alles auf einer Seite bereitete Gift zu ſpritzen, und damit er der Abſicht derſelben eben fo wirf- ſam entſpreche, als wenn alle beyde Zaͤhne gewirkt haͤtten. Der Zahn der Viper beſchreibt einen Bogen, wenn er ſeine Wunde macht; er hat eine beträchtlichere Kraft wegen dieſer krummen Figur, welche ihm einige Aehnlichkeit mit den Klauen de: Raubvogel giebt. Fig. 1. a, und Fig. 5. a. Aber dieſe Geſtalt verhindert, daß de Sahn ſich nicht leicht losmachen kann. DA es ſich zuweilen ereig⸗ Mm m 3 ! net, 462 75 net, daß die Beute der Viper, wenn fie ſich bemuͤhet, ſich zu befreyen, den Zahn aus⸗ reißt; um fo vielmehr da die Viper, welche ſich durch dieſe werſchiedenen Bewegungen ge⸗ zogen fühle, ihren Schwanz feſt auf die Erde ſetzt, bis fie ſich ſehr feſt fühle Wenn ſie durch dieſes Mittel den Zahn nicht erhalten kann, ſo bricht er im ſchwaͤcheſten Gelenke. Die Natur hat um für dieſes Mittel Rath zu ſchaffen, es fo eingerichtet, daß der Zahn, welcher vorher der lockerſte war, auf einmal die groͤßeſte Feſtigkeit bekommt, und daß an der Stelle desjenigen, der ausfällt, alſobald ein anderer entſteht, der ſich freywillig ab⸗ loßt; den ein abgebrochener oder ausgeriſſener Zahn findet ſogleich feinen Nachfolger unter den kleinen jungen Zähnen, die in der Zaßnhoͤhlenkapſel zwiſchen den Wurzeln der giftigen Zähne verborgen find, und die durch verſchiedene Stuffen gehen, bis fie den Grab der Vollkommenheit erlangt haben. 5 N Ich habe bey der Klapperſchlange fechs Zähne dieſer Art bemerkt, welche auf eben Derfelben Seite wachſen. Ich werde keine Muthmaßuͤngen uͤber die Urſache wagen, welche dieſe Hulfszähne in die leere Zahnhöͤhle fallen macht. Aber alles das, was ich bisher ge⸗ ſagt habe, bewegt uns genug zu glauben, daß ich ihren wahren Nutzen angezeigt habe, denn die Erhaltung dieſer Thiere erfoderte nothwendig eine ſolche Erſetzung. N a Dieſe giftigen Zähne find hohl, von der Einfaffung an, bis nach der Spitze. Dieſe Hoͤhlung fängt oben bey dek Oefaung an, die auf der vordern Seite des Zahnes ſitzt, Fig. 2. a, und endigt ſich in einiger Entfernung von der Spitze b; das Übrige des Zahns iſt ſeſt, und wie ein Zahnſtocher geſchnitten. Die Fig. 3. zeigt die Hoͤhlung dieſes Zahns in der Mitte durchgeſchnitten. f Das Werkzeug, welches das Gift bereitet und hergiebt, iſt eine Druͤſe, fo auf beyden Seiten der Backen liegt. Sie iſt vermittelſt eines Bandes (a Fig. 9.) an den Vorkopf befeſtigt, wo er an den Hinterkopf angraͤnzt, und an die untere Kinnlade durch ein anderes Band b. Eine ſtarke weiſſe Haut, welche von dieſen Baͤndern ausgeht, dient dazu, ſie noch mehr zu befeſtigen, und ſie vor einem gar zu ſtarken Drucke zu verwahren, welchem ſie ſonſt, entweder durch eine gar zu ſtarke Auhaͤufung von giftiger Feuchtigkeit, oder durch eine gar zu heftige Anſtrengung des Thiers unterworfen ſeyn würde, wenn 2s dieſe Feuchtigkeit heraustreiben will. Der Ausſonderungskanal e, wird von einer Fort⸗ ſetzung eben dieſer Haut gebildet. Dieſer Canal führe das Gift aus der Drüfe bis in die Hoͤhlung des Zahns vermittelſt des Sacks oder Behälters (ig. 7. 8.), welcher die Zähne auf beyden Seiten einſchließt. 3 5 2875 (Fig. 9,) iſt eine kleine weiße Drüfe, welche man wegen ihrer Naͤhe bey den Zähnen fur das Abſonderungswerkzeug des Gifts gehalten hatte, ob fie gleich weiter nichts zu ſeyn ſcheint, als eine lymphatiſche⸗ oder Speicheldruͤſe, und bey der Klapperſchlange ganz fehlt. Alle Muskeln, welche zuſammentreten, den Biß zu bewirken, liegen bey 463: der Viper ſo, daß, wenn fie wirken, fie die Drüfe feſt zuſammen drücken welche das Gift: enthaͤlt, und auf ſolche Art das Ausſpritzen deſſelben befoͤrdern. Derjenige, der aber doch das meiſte zu dieſer Ausſpritzung beytraͤgt, iſt der Mus⸗ kel d (Fig. 9.). Nachdem er an der untern Kinnlade ſeinen Urſprung genommen hat, ſo— erſtreckt er ſich ſchief unter der Druͤſe, welche das Gift enthält, bis fo weit, daß er unter den beyden Bändern a und b durchgegangen iſt, und nun beugt er ſich zurück auf der äußern Fläche der Drüfe, und vereinigt ſich ſtark mit ihr parallel mit ihrer Länge, ver⸗ mittelſt des Bandes a, welches bey ihm die Stelle einer Sehne vertritt. Dieſer Muskel: kann auch das ſeinige zur Verſchließung der Kinnbacken beytragen. Aber ſeine groͤßeſte Wirkung beſteht darinn, daß er die giftige Drüfe feſt zuſammen drückt, die er ſo genau umgiebt, und dieſes geſchieht beynahe auf eben die Art, als man den Saft aus einer Orange druͤckt. Die Lage dieſes Muskels, welcher ſich uͤber die ganze Oberflaͤche der Druͤſe erſtreckt, und in eben der Richtung fortläuft, als ihr Ausſonderungscanal; das Ende dieſes Canals ſelbſt, welcher ſehnicht zu ſeyn ſcheint, und ſich an der Wurzel der Zaͤhne endigt, hatte zu der Meinung Anlaß gegeben, in welcher man war, daß dieſer Muskel zu ihrer Zuruͤckziehung diene. Aber es iſt leicht, ſich vom Gegentheile zu überzeugen, wenn man in warmen Waſſer den Vipernkopf macerirt, nachdem man die Haut davon gezogen hat, denn alsdann ſondert ſich der Muskel leicht ab, und man kann alsdann die Druͤſe bloß liegen ſehen. Die Fig. 7, ſtellt einen ganzen Vipernkopf vor. Man ſieht darinn'a auf beyden Seiten beyde giftige Zaͤhne, wie in ihrem eigenen Beutel eingehuͤllt. Man bemerkt leicht: die verſchiedenen Grade von Aufrichtung und Ausdehnung. b zeigt den Eingang in die Luftroͤhre, welcher eine ſolche Lage hat, daß er former: nig, als moͤglich, zu der Zeit des Niederſchluckens zuſammen gedruͤckt wird. e ſtellt die Zunge vor, die der Viper dazu dient, den Thau einzuſaugen. Sk ſetzt auch vielleicht die Huͤlfszaͤhne in die ledigen Zahnhoͤhlen, fo. wie es die Nothwendigz keit erfodert. Die Fig: 8. zeigt den Sack, der beſtimmt iſt, die beyden Zähne einzuhuͤllen;: er iſt im Großen vorgeſtellt, damit man ſeine franzichten Oefuungen beſſer erkennen! moͤchte. Fortſetzung der Erklaͤrung der erſten Kupfertafel. Die Fig. 1. mim iſt ein Stuͤck von einem Haar. Man ſieht inwendig in der: Mitte braune Flecken, und ſeine ganze Oberflache ſcheint mit kleinen geſchlaͤngelten Cylin⸗ dern bedeckt zu ſeyn, die einigermaßen parallel laufen, Bit 464 Die Fig. 2. ſtellt einen kleinen Theil eben dieſes Haars vor, welcher mit einer ei- fernen Platte feſt auf einen Objectentraͤger von Kriſtall zuſammengedruͤckt iſt. i Die Fig. 3. iſt ein Stuͤck der vorhergehenden Figur, in welchem man ſehr kleine von den geſchlaͤngelten Cylindern losgegangene Kuͤgelchen ſahe. 8 Die Fig. 4. iſt ein anderes Stud der Fig. 2. welches, da es in Waſſer getaucht war, das Anſehen einer durchſichtigen und unregelmaͤßigen Haut annahm, ſo wie man ſie in der Fig. 5. ſieht. ; Die Fig. 6. ſtellt die Kuͤgelchen der Ausdünftung vor. a Die Fig. 7. iſt ein Blutkuͤgelchen, das mit eben der Linſe betrachtet wurde, deſſen ich mich in der Betrachtung der Fig. 6. bedient habe. 8 . Die Fig. 8. einen Haufen Kuͤgelchen, welche den Schleim auf der Haut der Aaale bilden. Sie ſehen aus, als Blaͤschen, die mit unendlich kleinen Kuͤgelchen ange⸗ fuͤllt ſind. Die Fig. 9. iſt weiter nichts, als eben der Haufe von Kügelchen der Fig. 8., den ich ein wenig trocken werden ließ. Man ſahe inwendig einen kleinen Körper, der bey jedem Kuͤgelcheu an einer verſchiedenen Stelle ſaß. g Die Fig. 10. ſtellt eins von dieſen Kügeichen der Fig. 9. vor, welches in der Mitte einen eyfoͤrmigen Koͤrper hatte, der auch in der Mitte gefleckt war. Zur Seite iſt der Körper e, der eins von den Blutkügelchen iſt, um ihre Größen vergleichen zu koͤnnen. 8 Zweyte Kupfertafel. Erklaͤrung der mit Arabiſchen Zahlen bezeichneten Figuren. Die Fig. 1. ftellt die beyden Hundszaͤhne der Viper vor. Die Fig. 2. den Sack der fie bedeckt; s s find die Raͤnder dieſes Sacks, der mit einer Scheere aufgeſchnitten iſt. n, e ſind die beyden ellyptiſchen Loͤcher, welche man an der Grundfläche des Zahns findet; r, a find zwey ebenfalls ellyptiſche Spalten, die ſich beynahe an der Spitze des Zahns befinden. m iſt der Behaͤlter des Gifts. Dieſer Be⸗ haͤlter öfnet ſich an der obern Seite in einen Canal, der ſich in o in der Mitte der Stelle dfnet, wo die Zähne feſt figen. ! Die 5 455 Die Fig. 3. ſtellt eben den Behälter des Gifts vor, durchs Vergrößerungsglas betrachtet, N 9 1 faſt. eine dreyeckichte Figur zu Haben, Die Fig. 4 iſt eben der Behaͤlter in ſeiner naturlichen Größe vorgeſtellt. Die Fig. 5. iſt ein ſchraͤger Durchſchnitt des obigen Behälters, welcher innerlich aus verſchiedenen mit Gift angefuͤllten Hoͤhlen beſteht, fo durch die Zwiſchenwaͤnde s, o,:c von einander abgeſondert find; das Gift kommt in Tropfen r, a heraus, gerade fo, wie es in der Figur angezeigt iſt. 5 Die Fig. 6. ſtellt einen von den Hundszaͤhnen mit allen ihren Hoͤhlen und Oefnun⸗ gen vor; 5, s zeigt die ellyptiſche Spalte bey der Spitze des Zahns an, und e, a iſt das Loch, das man an ſeiner Grundfläche findet. i, i, i, iſt der innere Canal, durch wel⸗ chen das Gift fließt; e, r iſt eine Hoͤhle im Zahn, die in u verſchloſſen, und nur in e offen iſt. Man ſieht den Querdurchſchnitt davon zur Seite durch m vorgeſtellt; und die Figur a, r, o, d ſtellt einen andern Durchſchnitt eben des Zahns vor, der nach der Rich— a 1 eben derſelben Fig. 6. gemacht iſt. Die Fig. 7. ſtellt das Zahnfleiſch vor, in welchem die beyden Hundszaͤhne ſtecken, und man fleht an ihrer Grundflaͤche ſechs kleine Zähne, die noch nicht alle ausgebildet find; und welche beſtimmt find, ſte zu erſetzen, wenn die Viper ſie verliert; a, e, r find drey dieſer kleinen Zähne, die auf der linken Seite ſitzen. Erklaͤrung der mit roͤmiſchen Zahlen bezeichneten Figuren. Die Fig. I. ſtellt einen Tropfen Viperngift vor, wie er ausſieht, wenn er unter dem Mieroscope ein wenig einzutrocknen anfaͤngt. Die Fig. I. eben den Tropfen der vorhergehenden Figur, wenn er ganz trocken geworden iſt. 1 Die Fig. III. iſt ein Klumpen einiger Stücken getrocknetes Gift; der Buchſtab a zeigt einen ſonderbaren in eine Schneckenlinie gedreheten Sprung an; der Buchſtab c eine von den Spalten, ſo die Stuͤcke von . abſondert. Die Fig. IV. ſtellet einen n aus dem Maule der Viper genommenen Giktrropfen vor, der auf einem Stück Glas trocken geworden iſt. Man ſieht in s kleine Kügelchen oder Knoͤpfe, die nur kleine Luftblaͤschen find; der Buchſtab m zeigt eine von den Spalten vor, Ber die Giftſtuͤcke von einander abſondern. i Fontana II. B. Nun a Dritte 4865 Dritte ir fertafel. Die Fig. I. ſtellt einen Nerven vor, durch eine Linſe betrachtet, welche ſechsmal vergrößert; die Buchſtaben e, e, e, zeigen dia weiſſen Streifen vor, die gleich breit find, und gleich weit aus einander ſtehen; die Buchſtaben o o, 00, 00, die nicht fo weiß ge⸗ faͤrbten Zwiſchenraͤume, die auch gleich breit und gleich weit von einander entfernt ſind. Die Fig. III. iſt ein ungefehr achtmal durch das Microfcop vergroͤßerter Nerve. Seine S Streifen find nicht fo regelmaͤßig, und ſcheinen ſich zu durchkreutzen, oder an vielen; Stellen ſich einander zu naͤhern. Die Fig. II. iſt ein anderer Nerve, deſſen Streifen deutlicher fi find, und ſich mie einiger Unregelmaͤßigkeit an verſchiedenen Stellen einander nähern, aber ohne fi 0 zu: aucc)freußen, Die Fig. VI. ſtelle einen Nerven vor, auf welchem verſdrece dieſer Streifen: ſich einander nähern, und andere ſich durchkreutzen. Die Fig. VII. iſt ein Nerve, der in der Mitte feiner Länge: verſchiedene Streifen. zeigt, welche ſich unter verſchiedenen Winkeln durchkreutzen. Die Fig. V. ſtellt eine doppelte Reihe von Streifen vor, bey einem Nerven, der durch ein ſechsmal vergroͤßerndes Glas betrachtet wurde; die Streifen der beyden Reihen ar, o’e, waren gleich breit, und gleich weit von einander entfernt; fie faßten in ein⸗ ander; welches man an der Streife o, die in a, und der Streife e, die in r. geht, ſehen kann N Der Nerve der Fig. VIII. war aus zwey Nerven zuſammengeſetzt; ra, a zeigen einen von dieſen Nerven an; und a o, a o den andern. Die Linie a, a, ift die Vereini⸗ gung dieſer beyden Nerven. Die Fig. IV. ſtellt einen Nerven vor, der in vier Nerven ab, ce, or, sm ge: trennt iſt. Unter dieſen iſt kein einziger, auf welchem die Streifen ſt ch dae oder zusammenlaufen. Die Fig. XI. ſtellt einen von einer ſehr ſtarken Linſe vergroͤßerten und mit feinem Zellengewebe bedeckten Nerven vor; a, a find die beyden Enden des Nerven; m, m, die eyfoͤrmigen Kuͤgelchen, welche man im Zellengewebe wahrnimmt; 2 En} 1 Faden des Zellgewebes, die im Woher ſchwimmen. Die Fig. IX. und X. ſtellen die Art und Weiſe vor, wie die See und die Fa⸗ den erfheinen und verſchwinden, ſo wie man ſie bey einem ſtaͤrkern Grade von Licht, und durch Vergroͤßerungsglaͤſer von verſchiedener Staͤrke betrachtet. e, cen cg ſind die weiſſen 467 weiſſen Streifen des Nerven ber Fig. X. a, a, a, a die dunkeln Flecken. Wenn man den Spiegel des Microſcops drehet, ſo verſchwinden die Streifen; und anſtatt Ni ſieht man die geſchlaͤngelten Fibern der Fig. IX. Die Streifen e, c, e, der Fig. X werden die erhabenen geſchlaͤngelten Fibern e, e, e, der Fig. N.; und die dunkeln Swi⸗ ſchenraͤume a, a, a, a, der Fig. X. nehmen das Anſehen der ausgehoͤlten Fibern a, a, a, der Fig. IX. an. Vierte Kupfertafel. Die Fig. J. ftelle einen urſpruͤnglichen Nervencylinder vor, welcher hin und wieder auf feiner Flaͤche einige Stucke von geſchlaͤngelten Faden, und einige runde Koͤrperchen in dem Innern des Cylinders zu haben ſcheint. Die Fig. II. fteflt einen andern Cylinder vor, welcher mit ſehr kleinen runden Körperchen angefuͤllt zu ſeyn ſchien, fo in eine durchſichtige gallichte Feuchtigkeit ge- taucht waren. e N Die Fig. III. ſtellt dretz urſpruͤngliche Nerveneylinder vor. Die Fig. IV. einen Haufen von urſpruͤnglichen Nervencylindern; o m iſt einer von den Cylindern, der ganz von der aͤußern Haut entbloͤßt iſt. Der durch me vorge— ſtellte Cylinder war bloß, fein Ende me ausgenommen, das bedeckt war. Der andere Cylinder a e war faſt ganz mit ſeiner Haut bedeckt. Der Cylinder r s war ganz mit der hoͤckerichten Haut bedeckt. Die Fig. V. ſtellt einen andern von dieſen urſpruͤnglichen Cylidern vor. Die Fig. VI. einen urſpruͤnglichen Nervencylinder, deſſen Hälfte a e aus einem durchſichtigen und einfoͤrmigen Faden gebildet war; und die andere Hälfte m a war bey- nahe doppelt fo groß, nicht fo burchſichtig, unregelmäßig und hoͤckericht. Die Fig. VII. ſtellt einen urſpruͤnglichen Nervencylinder vor, in welchem or der dickeſte oder mit einem Zellengewebe bedeckter Theil iſt, das aus duͤnnen Faden beſteht. Der Theil r s iſt von dieſem Zellengewebe entbloͤßt. Die Fig. VIII. einen urſpruͤnglichen ? Nerveneylinder, der mit ſeiner aͤußern Scheide bedeckt iſt. Man ſi ſteht „ daß er aus ſehr kleinen geſchlaͤngelten Faden zuſammen⸗ geſetzt iſt, die laͤngs dem urſpruͤnglichen Nervencylinder hinunter laufen. 6 Die Fig. IX. einen urſpruͤnglichen Nerveneylinder, der mit feiner äußern Scheide edeckt iſt. f Nun 2 Die 463 on Die Fig. X. und XI. 1 zwey ſonderbare Canaͤle vor, ſo ich in der Susan, des Gehirns gefunden habe. Fuͤnfte Kupfertafel. Die Fig. I. fette ver ſchiedene enfbrntige Köͤrperchen vor, die ſi ich in der welchen Hülle der Nerven befinden. Die Fig. II. zeigt ſehr kleine Körperchen aus der e Subfkans d des Gehirns. Die Fig. III. ſtellt die ſcheinbare Größe der Blutkuͤgelchen eines Kae vor, wenn ſie durch die Linſe betrachtet wurden, welcher man ſich zur Fig. IX. bediente. Die Fig. IV. einige geſchlaͤngelte Cylinder der Zellenhaut des Fetts. Die Fig. V. ſtellt zwey Faden m, a, vor, die neben einander liegen, um von ihrer Groͤße beſſer zu urtheilen. Der Faden m gehoͤrt zum Zellengewebe des Fetts; a zum äußern zellichten Gewebe des Nerven. Sie mußten alle beyde eylindriſch und gleich groß ſeyn;, der. irh den man zwiſchen ihnen ſieht, iſt nur ein Fehler des Kupferſtechers. N Die Fig. VI. rer iſt eine abgeſchnittene Flaͤche der rindichten Sub des Ge⸗ hirns, ſo mit einer fehr ſtarken Linſe betrachtet iſt; r, a find kleine runde Koͤrperchen, die mit einer. gallertartigen Feuchtigkeit angefuͤllt zu ſeyn ſchienen. Die Fig. VII., m, a zeigt die gedaͤrmaͤhnlichen Windungen und Kruͤmmungen, welche man in dieſer vindichten. Subſtanz wahrnimmt; r, r, ſind die obigen kleinen Koͤrperchen. Die Fig. VIII. ſtellt eine dünne Flaͤche von der markichten Subſtanz des Gehirns vor, welche durch das Microſcop betrachtet, aus einem Haufen kleiner Daͤrmchen r, r, zu beſtehen ſcheint; zur Seite in a, a, ſind verſchiedene Koͤrperchen abgebildet, die von der rindichten Subſtanz abgeloͤßt ſind. Die Fig. IX. zeigt die kleinen Daͤrmchen der markichten Subſtanz des Ehm mit einem viel ſtaͤrkern Mieroſcop betrachtet; a, a: die Daͤrmchen; 1, r die kleinen Kuͤgelchen. Die Fig. XI. ein Stuͤck von der Rethaut, u wo ſie nicht geſtrahlt iſt. Sie ſcheint aus einem ſehr feinen Zellengewebe zu beſtehen, das mit kleinen Kuͤgelchen beſaͤet iſt. Die F - 469) Die Fig. X. zeigt dieſe Kuͤgelchen der Netzhaut in ioret ſcheinbaren Größe nach dem Verhäͤltniſſe der Blutkügelchen Fig. XIII. Die Fig. XII. ſtellt die Höhle des Auges, oder die dige Structur der Netz⸗ haut eines Kaninchen vor. In r, r ſieht man nervichte Strahlen, die aus der Mitte nach beyden Seiten bis nach dem Rande zu laufen. Die beyden Buchſtaben m, m zei⸗ gen die beyben Seiten der Netzhaut an, welche nicht mit ſo betraͤchtlichen Strahlen verſe— ben ſind. Dieſe Strahlen, oder nervichten Fibern ſchienen durch Knoten oder Zwifchen: waͤnde unterbrochen zu ſeyn, welche in ſehr kleinen Entfernungen aus einander ſtehen. Der Kupferſtecher iſt bey Verfertigung dieſer Figur noch weniger gluͤcklich geweſen, als bey der andern. Es iſt faſt nicht moͤglich von einem Kupferstecher zu erhalten, daß er alle diejenigen ungewiſſen Zuge ausdruͤcke, welche die wahre Figur des Gegenſtanbes kennt⸗ lich machen, und die derjenige, welcher den Gegenſtand . Microſcop zeichnete, nicht aus der Acht gelaſſen hatte. Die Fig. XIII. ſtellt die Blutkuͤgelchen vor, wenn fie mit eben der Linſe betrachtet wurden, womit oben die Netzhaut betrachtet wurde, um ihre beyderſeitige Groͤße mit ein⸗ ander zu vergleichen. Die Fig. XIV. ſtellt ein Stuͤck Zellenhaut der Netzhaut vor, die weiter nichts it, als ein Gewebe von geſchlaͤngelten Gefäßen, an denen die Kügelchen hängen. Die Fig. XV. ſtellt ein Stud der Netzhaut vor, das einige Maceration erfahren hat. Man ſieht, daß viele der Kuͤgelchen, aus denen ſie beſteht, los geriſſen ſind, und darinn den Eindruck, oder die Hoͤhle zuruͤckgelaſſen haben, in welcher ſie ſteckten. Die Fig. XVI. zeigt viele unrelmaͤßige 1 die mit einer Nadel von her: markichten Subſtanz der Fig. IX. losgemacht find.- En Sechste Kupfertafel. Die Fig. I. ſtellt eine nur ſechsmal vergrößerte Sehne vor. Die Fig. II. eine andere za „die ebenfalls durch eine ſehr ſebpache linſe be⸗ trachtet wurde. Die Fig. III. einen aiſprängſtchen Sehnenbuͤndel, der aus mehrern urfprünglichen und parallellaufenden Sehnenfaden beſteht; a, r find zwey von dieſen Faden, die von: den uͤbrigen los gemacht ſind. Die Fig. IV. zeigt einem andern Sehnenbuͤndel, der von ſeiner Zellenhaut ent- bloͤßt iſt, und aus urſprunglichen Faden r, r, er beſteht. f Nun 3. Die 479 a. Die Fig. V. iſt ein kleines Stuck von der Zellenhaut eines Sehnenbündels, wel⸗ cher aus vielen gefchlängelten Cylindern zu beſtehen ſcheint; r, r, x, r find die Enden eben dieſer Cylinder. : Die Fig. VI. ſtellt vier urſpruͤngliche Fleiſch faferbündel vor, die einander beruͤh⸗ ren, und mit ihrem Zellengewebe bedeckt find. Die beyden mm, sss bezeichneten, haben die Streifen in Cirkelgeſtalt; die beyden andern aa, vr, haben fie nicht fo regelmaͤßig. 8 705 Die Fig. VII. ſtellt einen urſprünglichen Fleiſchfaſerbündel vor, der zur Hälfte mit feinem Zellgewebe bedeckt iſt. a, e find die urſpruͤnglichen Fleiſchfaſern, die von einander getrennet und bloß ſind. ee Die Fig. VIII. einen Steifchfaferbündel, der mit feiner Schelde bedeckt iſt. i 1 ö Die Fig. IX. if eben der Buͤndel, entbloͤßt. Seine Faſern ſind in a mit einander vereinigt, und breiten ſich auf der andern Seite in r, r, r, aus einander. ; \ Die Fig. X. ſtellt ein kleines Stuͤck vom Zellengewebe der Muskeln vor, das aus geſchlaͤngelten Fibern, rr, m m gebildet iſt. Siebente Kupfertafel. Die Sig. J. ſtellt ein Stud vom Zwerchfell eines Kaninchen vor. Die Buchſta⸗ ben a, p, q, r, zeigen den fleiſchichten Theil an; a, m, e, r den ſehnichten Theil. 3 iſt der 8 des Nerven, 15 5 nach dem Zwerchfelle geht; a, r eine Ader. f, k ervenaͤſte; n, a, r, y, Y, Aeſte der Blutader; u, u, u, u, find faſt unſichtbare Ramificationen der Blutader a, r. i 0 e Die Fig. II. ſtellt ein ſehr kleines Stück des ſehnichten T eils des Zwerchfells v wie es durch eine ſehr ſtarke Linſe geſehen worden iſt. 8 b Zwerchfells vor, Die Fig. III. ſtellt den Nerven des achten Paars eines Kaninchens vor, den man ihm neun und zwanzig Tage vorher abgeſchnitten hatte; er iſt ungefehr drehmal größer als im natürlichen Zuſtande abgebildet. Die Buchſtaben r, r zeigen den Ort der Wie⸗ dervereinigung vor. - Die Fig. IV. iſt weiter nichts, als eine Wiederholung der Fig. III. noch me . — 2 a W 0 — vergrößert, um die Spiralſtreifen davon zu ſehen. Die Buchſtaben nn, un dieſer a den Figuren zeigen eine Stelle des wieder hervorgebrachten Nerven an, wo man einen weiſſen ringfoͤrmigen Fleck ſieht. N Die 47⁷ Die Fig. VI. ſtellt eben den Nerven von feiner Hille entblößt vor, in welchem man den Gang der urſpruͤnglichen Nervencylinder ſieht. Die Stelle der Wiedervereini⸗ gung iſt r, r bezeichnet, und da wird der Durchmeſſer des Nerven, ſo wie auch der Durchmeſſer der Fibern betrachtlich kleiner. 5 Die Fig. V. ſtellt eben den Nerven durch eine ſehr ſcharfe Linſe betrachtet vor; a, 4 iſt der Koͤrper des Nerven; m, m, m, m, die Zellenhaut, die ihm bedeckt. Die Fig. VII. ſtellt wieder eben den Nerven vor; aber zum Theil veraͤndert, oder mit Nadeln zerriſſen, inſonderheit an der Stelle der Wiedervereinigung, um ſich von dem Zuſammenhange der urſpruͤnglichen Nerveneylinder zu verſichern, a, a die beyden Enden dieſes Nerven; en, c nm einige von den urſpruͤnglichen Cylindern, die zerriſſen worden find.- N Die Fig. VIII ftelle ungefehr die vordere Hälfte des Augapfels, von der hohlen Seite betrachtet vor. Der Buchſtab n zeigt die harte Haut; m das Strahlenband; e die Strahlen; e die Traubenhaut; a den Stern an. Die Fig. IX. iſt die Hälfte der obigen Figur; r, m, m, o, zeigen den neuen eirkelrunden Canal des durchgeſchnittenen Auges in m, m an; deſſen aufgehobenen Raͤn⸗ der durch r, o, bezeichnet find; a iſt der Augenſtern; r die harte Haut. Die Fig. X. iſt wieder die Hälfte der obigen Figur, in welcher das Strahlenband fo wie auch der neue Augencanal o von dem übrigen zur Hälfte abgeſondert find; r die harte Haut von der Aderhaut entbloͤßt; e die Furche, in welcher das Strahlenband an: der durchſichtigen Hornhaut befeſtigt iſt. Die Buchſtaben, e, o, s, deuten eine haͤu⸗ tige Subſtanz an, welche durch die Zuſammenkunft der Aderhaut e, des Strahlenbandes o, und der Traubenhaut.s, gebildet wird. Der Buchſtab e, zeigt dieſen Theil des Ban⸗ des, der ſich in der Furche c befeſtigt. Achte Kupfertafel. Die Fig: 12. ſtellt eine. ſehr feine Flaͤche der Haut vor; man ſahe hin und wieder ſehr kleine Kuͤgelchen darauf. Die Fig. 13. eine andere Flaͤche der Haut mit Waſſer bedeckt. Sie war von der erſten nicht verfchieden, d Die Fig. 14. ein kleines Stuͤck vom Nagel trocken betrachtet. Die Jig. 15: auch ein kleines Stück vom Nagel aber im Waſſer⸗ 472 So Die Fig. 16. die Geſtalt eines Riſſes, der mit einer Nadel auf einer Flaͤche von Talk gemacht war. Die Raͤnder auf baden & Seiten find mit g gelhängelien, Faden und Kuͤgelchen beſaͤet. Die Fig. 17. ein bischen Puder oder orale „mit Waſſer Agefeuchte und her⸗ nach durchs Microfcop betrachtet. Die Fig. 18. eben den Puder, aber trocken betrachtet. Die Fig. 19. ſtellt Fettblaͤschen vor, wie man fie zwiſchen dem Zellgewebe ſieht; fie find mit einer ölichten oder fettigen Fluͤßigkeit angefuͤllt, nach Beſchaffenheit der Thiere, denen fie zugehoͤren, und mit geſchlaͤngelten Cylindern bedeckt. Die Fig. 20. eins von dieſen Blaͤschen, aber von ſeinen geſchlängelten Cylin⸗ dern entbloͤßt. a Die Fig. 2 r. eine Fläche, oder vielmehr ein abgeraspeltes Stück Elfenbein Die Fig. 22. zeigt einen Faden von Baumwolle trocken betrachtet. Die Fig. 23. eben den Faden von Baumwolle in Waſſer gelegt. a Neunte Kupfertafel. 0 Die Fig. 1, ſtellt einen Cylinder von ſehr feinem Golde in ſeiner Breite be⸗ trachtet vor. 5 Die Fig. 2. eben der Cylinder, der Laͤnge nach betrachtet. Die Fig. 3. iſt ein kleines Stu geſchlagenes Goldblaͤttchen. Die Fig. 4. zeigt vier kleine Stuͤcke gefeiltes fehr feines Silber. | 5 Die Fig. 6. ein Stuͤckchen Zink trocken betrachtet. Die Fig. 7. einige Koͤrnchen weiſſe verkalchte Magneſie, deren ee mit geſchlaͤngelten Cylindern bedeckt iſt. Die Fig. 8. ein Stuͤckchen Wismuth trocken betrachtet Die Fig. 9. zwey Stuͤckchen weiſſen Marmor. Die Fig. 10. ein Stud ſchweren Spath. Die f 5 475 Die Fig. 11. ein Stuͤck phoſphoriſcher Spath. Die Fig. 12. ein Stuͤckchen Nickel. Zehnte Kupfertafel. Die Fig. 1. ſtellt einen Zweig, oder einen von den ehlindriſchen Aeſten dor, aus denen die Schwaͤmme gebildet ſind. Die Fig. 2. ein ſehr kleines Stück elaſtiſches Harz. Die Fig. 3. ein Stuͤck gemeines Salz. Die Fig. ae ein Stückchen Silber, in welchem man hie und da einige gewoͤhnliche geſchlaͤngelte Faden ſieht. Die Fig. 5. ein anderes kleines Stuͤck Silber, in welchem man keine geſchlaͤngelte Faden, ſondern nur kleine glaͤnzende Punkte ſieht. Die Fig. 6. iſt noch ein anderes kleines Stuͤck Silber, welches aus W und Pyramiden gebildet zu ſeyn ſchien. Die Fig. 7. ſtellt ein kleines Stuͤckchen Zinn vor, daß auch mit den gewöhnlichen geſchlaͤngelten Faden verſehen iſt. Die Fig. 8. ein Stuͤck Spiesglas. Die Fig. 9. ein Stu Kobalt. Die Fig. 10. ift eine ſehr dünne Fläche Bley, die wie gewoͤhnlich mit geſchlän⸗ gelten Faden bedeckt iſt. Die Fig. 11. ein Stuck Kupfer, das auch wie die andern Körper geſchlaͤngelte Fa⸗ den auf der Oberflaͤche zeigt. En Die Fig. 12. ein kleines Stuͤck von einem Roſenblatt, fo zum Theil mit der Spitze eines Meſſers zerriſſen iſt. Fontana II. B. 8 Oo o Die 474 Die Fig. 13. ſtellt ein Nöprchen vor, fo von einem Spiralſtreifen gemacht wird, die man in den Stielen der Blätter des Hedifarum movens findet. Die Fig. 14. eben dieſelbe Luftroͤhre, fo an ihrem untern Ende zum Theil entwickelt iſt. Die Fig. 15. iſt ein Stuck Bernſtein, welches, wie alle andere Körper, mit geſchlaͤngelten Cylindern bedeckt zu ſeyn ſcheint. Ueber⸗ — — Ueberſicht der im ganzen Werke enthaltenen Sachen. Erſter Band. Erſter Theil. Einleitung. 5 ie Schriftſteller find ſehr verſchiedener Meynung in Anſehung der Viper. Erſtes Kapitel. Ven der Anzahl, dem Bau, und Gebrauch der Zaͤhne der Viper. Meinung des Redi über die Hundszaͤhne, und den Behälter der gelben. Seutigfeit, welche in das Maul der Viper fließt, wenn fie beißt. Anzahl und Lage der Handszaͤhne, oder großen Zaͤhne der Viper. Anzahl und Lage der mittlern Zaͤhne, welche man an der Grundflaͤche der orößern findet. z 7 = Anzahl und Lage der fleinſten Zähne 2 z 3 Beſchreibung der Scheide der Hundszaͤhne a Structur der großen, oder Hundszaͤhne Structur der mittlern Zaͤhne E B z Structur der kleinern Zaͤhne 2 Wenn die Viper beißt, fo verwundet © auch mit denjenigen Zähnen, die nicht ſo feſt ſitzen - r Zweytes Kapitel. Die gelbe Feuchtigkeit kommt aus dem Zahn Die gelbe Feuchtigkeit kommt aus dem Hundszahne der Viper, wenn ſie beun Sie kommt auch aus den Zähnen, die nicht fo feſt ſitzen Der Gebrauch der mittlern iſt, die Hundszaͤhne wieder zu erſetzen = Gebrauch der kleinen Zaͤhne = . . Drittes apitel. Von dem Orte, wo der Behälter dieſer gelben Feuchtigkeit befindlich iſt 3 Deinung des Redi tiber den Behälter dieſer Feuchtigkeit Beſchreibung der kleinen Blaſe, welche dieſe gelbe Feuchtigkeit enthäͤtt „ und von ihrem zuſammenziehenden Muskel Die gelbe Feuchtigkeit wird durch einen Kanal in den e gebracht, der fie aus der damit angefuͤllten Blaſe bekommt 5 vu Vu vv An \ 7 Ai Oo 2 475 N * w NU SMM Ma * a SSG O WAN * 0 N K N 2 0 12 Viertes 476 4 Viertes Repitel. Das Viperngift iſt nichts anders, als diejenige gelbe SEuangfaits welche aus dem * Zahne kommt, wenn die Viper beißt s Die gelbe Feuchtigkeit vertroc cknet zuweilen in dem Jahne, und man kann alsdenn glauben, daß ſie aus der Scheide kommt = Der Speichel und die andern Saͤfte im Halſe der Viper find, ſelbſt wenn ſie bis zur au gereitzt ift, kein Gift, ſo daß ie niemals, (haben, wenn fie auf eine Wunde gebracht find s Die: gelbe Feuchtigkeit, welche aus dem Sahne kommt, todtet, wenn auch die Wiser nicht aufgebracht iſt Die Viper tödter niemals, wenn fee auch im Jol iſt, wenn fie von Sb gelben Feuchtigkeit nichts hat, ſo aus dem Zahne kommt Wenn man der Viper das Giftblaͤschen weggenommen, oder den ausſondernden Kanal unterbunden hat, ſo toͤdtet ſie nicht mehr, wenn ſie auch gereitzt wird Foͤnftes & 1 1 Das Viperngift iſt kein Gift fuͤr ihr Geſchlecht 2 x Die Scorpione, die ſich An er koͤdten, ſterben nicht vom Gifte So auch die Spinnen nicht A z P Noch die Schlange Cobra de Capello © Das Beyſpiel von der Klapper ſchlauge iſt kein deuklicher Beweis von den Wirkungen unſerer Vipern 1 E Die Vipern, die ſich einander beiſſen, ſterben nicht W 5 Es ift falſch, daß der Scorpion ſich feldft vergifte Der Polyp im ſuͤßen Waſſer iſt nicht giftig fuͤr ſein Geſchlecht; und wahren giebt es wenige Thiere, die wirklich giftig fuͤr einander ſind Yan Sechstes Kapitel. Das Viperngift iſt nicht toͤdlich für alle Arten von Thieren 2 . Eine Subſtanz kaun für das eine Thier ein Gift, und für ein e von verſchie⸗ dener Art ein Heilmittel ſeyn : . Das Viperngift toͤdtet die Blutigel nicht . e = Selbſt wenn man es in ihre Wunden legt 2 3 P Die Schnecken ſterben nicht vom Zipeungifte 2 2 2 Die Aſpie ſtirbt nicht davon : 2. Noch die Blindſchleiche, die andern Schlanen die Cecilia 2 2 Die Schildkröten ſterben ſehr ſchwer davon, ſie ‚mögen gebiſſen werden, an welcher Stelle man will B . So gar, wenn man ihnen das Gift in Wunden 1005 2 Die andern Thiere, wie die Aaale, die kleinen Eidechſen u. ſ. w. erben badoh Siebentes Kapitel. Das Gift der Viper iſt nicht ſaurer Natur 2 x = LER Es verwandelt die blaue Tinctur der Pflanzen nicht in roth 2 er Noch den Veilchenſyrup P P Es brauſet mit den laugenſalzigen Subſtanzen nicht auf = B w — vs V — * N — un WW — an N SVV „m. — E O So Noi» „ \ [6} — — W D e ei \ D 2 [057 Achtes Kapitel. Das Gift der Viper iſt nicht laugenſalziger Datur 2 Es brauſet mit den Saͤuren nicht auf 2 z Es faͤrbt den Veilchenſyrup nicht gruͤn : E Neuntes Kapitel. Man entdeckt keine Salze in dem Viperngifte a 2 Unmittelbar aus dem Zahn genommen, und unter das Microſcop gebracht, zeigt es weder glaͤnzende Nadeln, noch ſchwimmende Spitzen P Man ſieht keine wahre Salze darin, wenn es eingetrocknet iſt 2 Man widerlegt die Irrthuͤmer der Weltweiſen über dieſe Säge . w * Zehntes Kapitel. Das Gift der Viper hat keinen REN Geſchmack; es erregt auf der Zunge Für Entzündung Das Viperngift auf die Zunge genommen hat keinen eigentlichen Geſchmack . Es iſt weder ſcharf noch brennend, wie das Bienengift, das Gift der Weſpe⸗ der Horniſſe und des Scorpions 2 z Es laͤßt dennoch auf der Zunge eine Empfindung zurück, die ana bleibt z Wenn es das rohe SA der te ah 5 ſcheint es keinen Schmerz zu erregen . z * z Eilftes Kapitel. Andere Eigenſchaften des Viperngiftes 85 x 5 Wenn man es ins Waſſer thut, fo fällt es zu Boden s er Mit Waſſer vermiſcht, macht es daſſelbe trübe und etwas weiß Man mag es der Flamme eines Lichts ausſetzen . oder auf gluͤhende bohlen sehen, fo brennt es nicht 2 Das Bienen- und Scorpiongi ift brennt auch nicht Wenn es friſch iſt, ſo iſt es ein wenig zaͤhe, und trocken Aiden klebt es w wie Pech Zwoͤlftes Kapitel. Beſondere Umſtaͤnde in Anſehung des Gifts der Viper und . giftiger ee Der hohle Zahn iſt nicht dazu gemacht, daß er toͤdte Misbrauch der Endurſachen Der Scorpion bringt ſein Gift in den K brwer vermistef zwey Eicher, die an feiner "Stachel find Das Gift behält noch feine Kraft in einem lange obaefthnittenen Vipernkopfe z Und diefer Kopf koͤnnte wohl jemand toͤdten, der fich mit deſſen Zahn verwundete Es ſind Thiere geſtorben, wenn ſie mit dem bloſſen Zahn geſtochen wurden 2 Das ſeit vielen Monaten aufgetrocknete Gift Serliene feine Sobaft, und läßt keinen Eindruck auf der Zunge zurück Wie die Charlatane ſich vor en von der Viper beißen ließen, und was für Gefahr fie dabey liefen Von dem Werkzeuge, deſſen ſich die Blutigel bedienen, um die aue zu durchbohren, und von deſſen Mechanismus z = Oo o 3 477 S. 25 z 25 = 25 =. 26 =. 26 27 2 z 300 88 . 31 Zi BE „ 32 = 34 34. 31. 34 34 34 J 35 „ 35 „ 36 z 36 5 36 „ 36 z 36 EN = 400 Drey⸗ K 475 Dreyzehntes Kapitel. | Was iſt die Urfache an dem Tode der e welche von der a vergiftet wor: den find ? : S. 41 Man trägt die ien Hypotheſen vor, De widerlegt ſie B B = 41 Es ift falſch, daß die Blutkuͤgelchen durch dieſes Gift decomponirt werden 2 „ 3 Die ma de: gebiſſenen Thiere beweiſen nicht, 7 dieſes Gift durch Salze wirke 2 Sie entſtehen auch 9095 Mangel der Lebensflüßigkeit, und wenn das Steiggeiict 11 zwiſchen den Muskeln aufgehoben iſt z — 44 Die Gelbſucht lann nicht auf der Haut entſt ehen, ehe die Galle in 5 Leber ‚abge: ſondert iſt „ 46 Das Viperngiſt verurſacht die Geisfuct nicht, indem 0 die Sattengänge berſtopft und zuſammenzieht E 47 Die Gelbſucht entſteht wegen der Verdrehung des Sus ffuzerdarns = En Vielleicht auch aus der Verdünnung der Galle 2 47 Das Viperngift enthaͤlt keine organiſche Moleculn, wie Hr. von Bifen behauptet; eben fo wenig als das Eiter = 48 Fortſetzungen der Irrthuͤmer des Hrn. von Buͤffon Ei die Widerlegung derſelben 8 Die Wirkungen des Viperngifts ſind den Wirkungen des Opiums aͤhnlich E „ 50 Die 590 0 Duͤnſte toͤdten auf keine von den Arten, die man ſich geo det hat ae = 0 Noch durch Verletzung der Lunge 5 % > Sondern, weil fie der Muskelfiber die Keigbarfeit benehmen . 8. Zweifel, welche Hr. Tiſſot über die Urſache > Todes der Thiere in fee cut ge⸗ macht hat 2 s z = „ 51 Antwort auf alle dieſe Zweifel 2 5 So ſterben die Froͤſche, welche von der Viper gesien find, wei ihre M uskeln die S Reitzbarkeit verlieren ul 54 Mit den groͤßeſten Thieren verhaͤlt es f ch eben ſo = 2 54 Der Polyp toͤdtet die Wuͤrmer, indem er ihnen die Reitzbarkeit benimmt 88 Die Urſache des Todes, welchen das Viperngift vernrfacht, iſt entdeckt RE Die Faͤulniß macht, daß die Muskeln die Reitzbatr keit verlieren 355 Gifte, welche toͤdten, indem ſie in die Thiere ein Principium der Faͤulniß bringen „ 35 Ran trift nur in ſehr wenigen giftigen Pflanzen Salze an P = 50 Man kann von einem Gifte ſterben, ohne daß Salze dazu noͤthig ſeyn 2 306 Misbrauch, den die Weltweiſen von den Salzen gemacht haben 57 Die faͤulichten Krankheiten wirken auf die chieriſche Oeconomie auf eben die Akt, als das Viperngift ei „Fe a wirkſamſte Gift, das mau bisjetzt kennt, He das Gift des Polyven «„ 38 Man ſtirbt nicht immer, wenn gleich der Umlauf des Bluts gehemmt iſt a 358 Das Leben des Thiers beſteht in der Reitzbarkeit PR < S WE Thiere, die Sterben und wieder aufleben ! a 1.6r Es iſt dem Weltweiſen genng, zu willen, daß die Fäulniß die walker Beni, und daß das Leben mit letzterer aufhört . 61 a Zweyter Theil. Erſtes Kapitel. n Von der Quelle vieler Irrthuͤmer s s 2.6 Zweytes { Zweytes Kapitel. Ob das fluͤchtige Laugenſalz ein gewiſſes Mittel wider den Vipernbiß ſey z Thiere, fo von einer einzigen Viper, nur einmal 1 5 nur an he Stelle gebiſſen wurden 5 D Berfuche mit den Tauben = Verſuche mit den Huͤhnern z Verſuche mit den Meerſchweinen 5 e P . 2 Verſuche mit den Kaninchen . E 3708 Verſuche mit den Katzen : . z 5 9 5 Verſuche mit den Hunden 3 - P Verſuche mit den Froͤſchen : 2 2 Drittes Kapitel. Von den Wirkungen des Biſſes einer oder mehrerer Vipern auf eben denſelben Theil des Thiers, oder auf zwey aͤhnliche Theile eben deſſelben Thiers = Verſuche mit den Meerſchweinen, welche wiederholte mal von mehrern Vipern ge⸗ biſſen wurden Verſuche mit den Kas fo mehr als einmal von mern Vipern gebiſſen wurden * v N * N va Verſuche mit den bunden, welche meprmal, und von mehrern Vipern gesifen wurden s Verſuche mit den Katzen = 8 a = 8 Viertes Kapitel. Von den Wirkungen des Viperubiſſes Auf ee Theile des Thiers & A Verſuche mit der Haut z P z Flache Wunden der Haut : : z P Wunden der Haut in ihrer ganzen Subſtanz z = e Verſuche mit dem Zellengewebe = . 2 x Verſuche mit den Muskeln Das Gift der Viper, bloß auf die Mufelfibern N iſt ganz unschädlich 5 Das Gift der Viper verliert feine tödtlichen Saanen nicht, reist nachdem es ſchon andere Thiere vergiftet hat P Thiere, die an der Bruſt gebiffen wurden z : . Thiere, ſo am Vauche gebiſſen wurden 2 e : : Verſuche mit den Gedaͤrmen : s . P z Verſuche mit der Leber 2 5 e Verſuche mit den Ohren z z 3 Verſuche mit der Hiruſchalenhaut 2 z nz Mit den Knochen, und der Knochenhaut 2 0 = Die harte Hirnhaut und das Gehirn 0 RN z Das Knochenmark s = = £ a Mit der durchſichtigen Hornhaut s 3 e Fuͤnftes Kapitel. Verſuche mit dem Kamm, den Backen, der Naſe und dem Halſe der Thiere Verſuche mit den Kamm der Hühner £ a 2 N vn N Sr — GV U AN = ® * Rn vun oo 00 101 102 VV — 0 w 104 105 105 107 S AM 108 110 111 111 112 112 W MM W MM N * 113 113 Verſuche * 480 Verſuche mit den Backen der Hühner 2 2 3 Verſuche mit dem Halſe der Thiere z 4 1 2 Verſuche mit der Naſe der Thiere 2 2 Verſuche mit Katzen, ſo an der Naſe gebiſſen Duden z „ 25 Sechstes Kapitel. Verſuche mit den Sehnen = 4 „ 2 5 Siebentes Kapitel. Von der Natur des Viperngifts. Beſchreibung einit er Th eile des Kopfs der 2 fo mit dem Gift in Verhaͤltniß ſtehen 79 de e 7 Von der Natur des Gifts der Viper. Es wird unrecht, 55 es ſauer iſt 5 Von den Bienen, Hummeln nnd Weſpen . P Dritter Theil. Erſtes Kapitel. Wirkung des Gifts der Viper auf die gebiffenen Theile 5 Thiers z Wie viel Gift iſt nöthig, ein Thier zu toͤdten? > e * Zweytes Kapitel. Von den Zeit, damit die A Wirkunden des le der Viper e werden Verſuche mit eben von einem Thiere 0 Theile Verſuche um zu erfahren, in wie viel Zeit das Viperngift ſeine Wirkungen Server bringt, nachdem es in die Wunde gebracht if Sterben die von der Viper gebiffenen Thiere blos durch die betliche Krantpet, oder durch eine Unordnung, die in edlern Theilen hervorgebracht wird? = Wird dieſe innerliche Unordnung, fo das Gift der Viper den gebiſſenen Thieren vers urſacht, in dem Augenblick des Biſſes⸗ oder einige Zeit nachher hervor⸗ gebracht? z 5 J 2 Von den eigenen Kennzeichen der Krankheit 5 Verſuche, um zu erfahren, ob in dem Augenblicke des Beinabnehmens nicht aus dem Blute ein feiner Grundſtoff verlohren geht z P £ Drittes Kapitel. Ueber die Wirkung des Viperngifts auf das Blut der Thiere 5 X Verſuche mit den Blutgefaͤſſen der Kaninchen . e 4 Viertes Kapitel. Verſuche mit den Nerven 1 5 Verſuche mit den Nerven, dem Rückenmark, dem Gehirn der Frösche Verſuche mit den Huͤftnerven der Kaninchen zit 15 Verſuche mit dem Huͤftnerven, wenn er oberwaͤrts abgeſchnitten iſt = Verſuche mit dem Huͤftnerven, wenn er unterwaͤrts Ahe iſt Verſuche mit dem unterbundenen Hüftnerven 2 > Verſuche mit den Huͤftnerven, wenn fie balb oben, bald unten abgeſchnitten werden V VN * * S 8 W . WW MM N —nn — — — Der Biß der Viper auf Froͤſche ohne Kopf 2 Verſuche mit Froͤſchen, denen man das Nelckenmark zerſchnitten hat P Vipernbiß an Theilen, deren Nerven abgeſchnitten waren Wirkungen des Vier es auf Kaninchen, denen man das Hückenmant aögefnit: ten hat Wirkungen des Gifts anf er Theile bes dhieres, deren Blunmauf unter⸗ brochen iſt 3 Wirkungen des Giftes auf Theile, deren Gefäße. abgeschnitten ſind : Fuͤnſtes Kapitel. Von den Wirkungen des Gifts der Viper 150 das Blut, wenn es der 8 Luft ausgeſetzt iſt Verſuche mit dem arabiſchen Gultinz, um eine Vekglechung anzuſtellen 3 Wirkungen des Gifts der Viper auf Glieder, welche man der Luft ausſetzt P Neue Verſuche mit abgeſchnittenen Theilen, nachdem man e durch eine Un⸗ terbindung den Saͤftelauf unterbrochen hat Verſuche mit warmbluͤtigen Thieren, denen man den Kopf. absefhnitten hat $ Sechstes Kapitel. Ueber die Urſache des Todes der Thiere, wenn ſie von der Viper gebiſtn ſind 1 Band. Erſtes Kapitel. Pruͤfung der Mittel, fo wider den Vipernbiß angewandt ſind 2 Verſuche uͤber die Wirkungen des flüchtigen Laugenſalzes wider den Biß der Viper Verſuche uͤber die Wirkſamkeit verſchiedener Subſtanzen wider 5 Biß der Viper Vierter Theil. Das Ausſaugen der von der Viper gebiſſenen Theile 1 . Anwendung der Blutigel auf den Vipernbiß : Ueber den Nutzen der Amputation der von der Viper gebiſenen Theile e Von Kaninchen und Hunden, denen die Ohren gebiffen und abgeſchnitten wurden Thiere, welche man in die Haut beiſſen ließ, und dieſelbe darauf wegſchnitt z Gebiſſene und hernach abgeſchnittene Huͤhnerkaͤmme und Backen 5 Zweytes Bapitel. Ob der Vipernbiß fuͤr den Menſchen nothwendig 1 iſt „ Antwort wider Herrn Juͤſſieu Verſuche uͤber den Nutzen der Unterbindung wider d en Vipernbiß an Be Vögeln Unterbindung bey Huͤhnern, die von Vipern gebiſſen waren Verſuche mit den Meerſchweinen 5 2 2 Verſuche mit den Kaninchen j 7 Unterbindungen und Ponuitte, wache bey Dünen und Kaninchen agg wurden s Sönfana II. B. 5 Y p p * RN N W. Ni * * * SWM MK 218 1 2 0 Sensen Dre 20cm nu KA Anhang 48 Anhang Zu den Unterſuchungen über das Viperngift. = Pr = Verſuche mit vierfuͤßigen Thieren z 2. Verſuche über die von Kaͤmpfer vorgeſchlagene Methode Mittel, fo ich wider den Vipernbiß angewandt habe, nemlich: ungelöſchten Kalk, Magneſia, aͤtzendes Laugenſalz A die eee Erden, und das verkalchte Dirfehhorn. 8 4 Abe Ueber das amerikaniſche Gift, ſo man Ticunas nennt, und über einige: andere: Pflanzengifte Haben die Saͤuren und die gaugenfähe die Kraft, dem Ticunas die couch Eigen ſchaft zu benehmen? Wie viel Zeit braucht das diennasgift, 7 um ſeine oki Birfungen den Bert: ten Thieren mitzutheilen? Verſuche mit den kaltbluͤtigen Thieren 2 Wirkungen des Ticunasgifts auf das aus den Thieren gelöſſene Blut 2 Wirkungen des Ticunasgifts, wenn. es in die Gefaͤße der vergifteten 8 ge⸗ bracht wird 5 2 Wirkungen des Ticunasgifts auf die Nerven Wirkungen des Ticunasgifts, wenn es auf die Oberfläche der Nerden gelegt wird Verſucke mit dem Ticunasgifte auf die abgeſchnittenen verwundeten N erven gelegt: Von den aus Oſtindien mitgebrachten vergifteten Pfeilen a: mit dem nasse, die 8 nach meiner Zuhauſekunft in „jean: 1780 machte 2: 5 Erſte Abhandlung Bom Kirſchlorbeerwaſſer B 2. 2 Von der Wirkung der Gifte auf die. Nerven 2 a: 2 Zweyte Abhandlung Ueber das Kirſchlorbeergift Der Spiritus der Kirſchlorbeerblaͤtter der erſten Defiarion innerlich gegeben Der Spiritus der zweyten Deſtillation innerlich gegeben s s Das Phlegma von dem Geiſte der zweiten Deſtillation Das Phlegma aus dem Spiritus der zweiten Deſtillation, das ich durch ins Ab⸗ dampfen von zwey Dritteln an der Sonne erhalten hatte Der Spiritus der zweyten Deſtillation in den Schlund gebracht Der Spiritus der zweyten Deſtillation in die Augen gebracht 2 Der Spiritus der zweyten Deſtillation auf * gebracht Der Spiritus der dritten Deſtillation 6 2. * * G NN vn van W va a N v van AN} N wann 310 Der Kirſchlorbeerſpiritus der dritten Deſtillation, welcher aus dem Gemiſch von eis ner Mey ge verpuftes a mit dem bees der en n be⸗ reitet war 1 Das 1 von der dritten Depidation, welches kaum einen Geruch und Ge⸗ chmack hat = . 5 s Kirſchlorbeeroͤl innerlich gegeben P A 7 Das Kirſchlorbeeroͤl in das Maul gebracht 5 DER, Das Kirſchlorbeeroͤl in die Wunden e 5 r An der Sonne getrocknetes Oel : £ 5 Kirſchlorbeerextract 5 . s „ 4 Das empyreumatiſche Oel B x 2 Verſuche mit einigen andern pflanzenſubſtanzen s : Ueber das Toxicodendrum 1 . 5 . Verſuche mit dem Tobacksoͤl 2 „ 5 Betrachtung über die Nerven in den Krankheiten. 4 Verſuche über die Wiedererzeugung Br Nerven, fo zu 13 op 17705 und 1779 gemacht ſind Bemerkungen uͤber den urferänglichen Bau des thterifihen Körpeis wie auch von den vegetabilifchen und mineraliſchen Koͤrpern . Bemerkung uͤber den Bau der Nerven, = zu. er im Jahr 1775 8 fin® Meber den Bau des Gehirns a ; Die rindichte Subftanz 5 3 : 5 4 Die Netzhaut 4 . 6 Ber . Ueber die Structur der Sehnen 2 2 I 1 Ueber den ſehnichten Theil des Zwerchfells 4 , „ Ueber die Structur der Muskeln Unterſchied zwiſchen der nervichten, der ſehnichten und der Muskelſubſtatz + Ueber die geſchlaͤngelten F 8 des thieriſchen Koͤrpers, oder uͤber das Zellgewebe : 5 Betrachtungen über die Bewegung der muskeln 2 Von den mieroſcopiſchen Irrthuͤmern, une: den Folgen, ſo man aus nierofcopifen Beobachtungen herleitet Beobachtungen uͤber die Haare, u boi, die Nabel die Runden, und dndiget Ueber die Ausdünftung Ueber den Schleim der Aale . 4 ji u Ueber die Haut s 5 6 5 5 Ueber die Naͤgel : : . 4 Ueber die Knochen und Zähne 3 s . s Ueber das Fett 4 4 7 s 4 7 Ueber das Elfenbemn + 5 ; . 5 Ueber die Schwaͤmme . s y Ueber die vegetabiliſchen Suan 2 s 3 ; Ueber die Mineralien . 5 s - Y Ueber das Gold Brief an Herrn Adolph mune, Profeſſor de Begtieberungskunf a Upſal geſchrieben 1778 Zuſatz. Vorbericht des gerausgebere , # 5 Ueber den Aetzſtein 6 : 1 Verſuche mit den Voͤgeln „ . 77 . e 2 00 rg * 2 2 Aud 3 0 — » 2 a ® G d A A M M AU 02 I * A v O D & 2 G W 12 V var 8 1 A > - * * * ++ — & 484 Verſuche mit den jungen Tauben ER : : „ Verſuche mit den Voͤgeln s N , 8 Verſuche mit den Tauben % . £ ER £ £ Verſuche mit den vierfüßigen Thieren : ; 7 Behandlung der Vipernbiſſe mit 182 Arsen E P Ueber das Ticunasgift x Ueber das Kirſchlorbeeroͤl. Gefahr ſo man bey diesem Oele fe R Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein Gift für die Vipern : Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein Gift fuͤr die Schlangen Das Kirſchlorbeeroͤl. fe ein Gift für bie See wenn man 0 auf ihre Wust bringt Es iſt ein Gift fuͤr die Bibel „wenn es ihnen nur 90 die Muskeln Beirat wird Es iſt auch ein Gift für die Tauben, wenn es auf die Muskeln gebracht wird 2 Es iſt ein Gift, wenn es in die Augen der Tauben gebracht wird Dieſes Oel macht das Herz unbeweglich, wenn es ee: gegoſſen wird z Auf das Gehirn getroͤpfelt, toͤdtet es Es benimmt den Nerven, ſo es beruͤhrt, die Kraft die Muskeln zuſammen 5 ziehen Dieſes Oel toͤdtet bey den Blutigeln diejenigen Theile , fo es beruͤhrt : Das Kirſchlorbeeroͤl in die Halsader geſpruͤtzt, toͤdtet die Thiere 5 Der Kirſchlorbeerſpiritus toͤdtet auch, wenn er in die Gefäße: sefprügt wird: . Der Aetzſtein macht das eee nicht ll ich . Ueber das Opium ; g 8 . Reſultate aus den Verſuchen 2 Pr e Reſultate einiger Verſuche bey den Blutigeln 5 . z 2 5 Verſuche mit den Schildkroͤten : : s B Verſuche mit Froͤſchen 2 z $: : Verſuche bey Kaninchen 2 5 P Erklarung der Rupfertafeln 4 EI 5 EN * * > w O WV > w Sr :e 452 „460 Regiſter. EEE * — f 483 egi ſt“ er. - x N - . Ade, Beobachtungen über den Schleim, fo die Oberfläche ihres Körpers bedeckt. S. 4022. Kleine Aale im Mutterkorn, welche, nachdem fie durch Austrocknen geſtorben find, durch die Feuchtigkeit wieder aufleben. 61. Abſchneidung des Kamms bey Huͤhnern, wenn die Viper darinn gebiſſen hat, und deren Erfolg. 240. Der Backen, wenn der Kamm gebiſſen iſt. 116. Der Ohren bey Hunden, wenn ſie von der Viper gebiſſen ſind. 138. . Academie (koͤuigliche) der Wiſſenſchaften; die von ihren Mitgliedern gemachten Verſuche uͤber die Wirkungen des gemeinen Oels wider den Vipernbiß. 249. Aetzſtein (der) mit dem Viperngifte vermiſcht benimmt ihm ſeine toͤdtlichen Eigenſchaften. 420. ff. Schwierigkeiten bey dieſem Mittel. 425. Ob er innerlich genommen wohl von Nutzen iſt. 426. Verſuche damit. 427. Iſt kein Gegenmittel wider das Ticunasgift. 428. Er macht das Kirſchlorbeeroͤl nicht unſchaͤdlich. 438. Albinus, feine Meinung über die Structur des Gehirns. 358. Amputation, ihr Erfolg bey der von dem Vipernbiſſe zuwege gebrachten Krankheit. 135. Iſt ſehr heilſam für die Meerſchweine, wenn ſie in Zeit von ſechs Minuten nach dem Biſſe unternommen wird. 237. 5 Arzneymittel. Allerhand Arzneyen, ſo der gemeine Mann wider den Vipernbiß gebraucht. 248. Afpic bey Piſa, iſt eine unſchuldige Schlange. 21. Auge (das), es allein empfindet die Eindruͤcke des Lichts. 347. Augenhaͤutchen (das angewachſene) leidet keinen Schaden von dem Viperngifte. 31. Aus duͤnſtung (die). Microſcopiſche Beobachtungen über die Subſtanz, fo man aus⸗ duͤnſtet. 401. . Ausſaugen (das), was fuͤr Wirkung es beym Vipernbiſſe habe. 135. Bey dem Biſſe der Klapperſchlange. 252. B. * Backen der Huͤner blaſen zum Erſtaunen auf, wenn man den Kamm eben deſſelben Thiers von einer Viper beißen läßt: 113. Krankheit, welche der Vipernbiß bey ihnen erregt. 144. Wirkungen der Amputation, wenn fie gebiſſen worden find. 240. Wenn der Biß in den Kamm geſchehen iſt, ſo verhindert das Abſchneiden deſſelben ſeine Wirkungen nicht. 116. Backer behauptet, daß das Viperngift eine Aufloͤſung in den Fluͤßigkeiten verurſacht. 43. Pp p 3 Baͤhun⸗ 486 Baͤhungen des von der Viper gebiſſenen Theils ſchaffen einige Linderung. 232. Bänder (die). Das Gift der Viper hat keine Wirkung darauf. 125. Bauch (der). Der Biß der Viper an dieſer Gegend des Leibes, und deſſen Folgen. 10% Baumwolle durchs Microſcop betrachtet. 407. 5 | Behaͤlter des Viperngifts; deſſen Beſchreibung. ıı. 131. 133. Bein, (das) der Theil an den Thieren, an welchem die meiſten Verſuche mit dem Vigerngifte gemacht ſind, und was man darunter verſtehen ſoll. 72. Beobachtungen, (microſtopiſche) Irrthuͤmer, denen man daber unterworfen iſt. 396. Bernſtein durchs Microſcop betrachtet. 407. Bienen. Verſuche mit ihrem Gifte. 148. Es iſt in vielen Stücken dem Viperngifte aͤhnlich. 149. Aber es weicht davon ab, darinn, daß es die blaue Ruͤbentinctur roth färbt. 150. Biß (der) der Viper an die Bruſt der Thiere, iſt eben ſo gefaͤhrlich als an andern Stellen. 105. Und bey den Huͤhnern ſelbſt noch gefährlicher. 107. Eben nicht gefährlich an den Ohren der Kaninchen. 110. An den Backen der Hühner gefährlicher als an ihrem Kamme. 115 Nicht ſo gefaͤhrlich an der Naſe der vierfuͤßigen Thiere, als ſonſt allenthalben. 120. Wirkungen des Biſſes auf die Haut. 139. Er iſt um ſo viel gefaͤhrlicher, je kleiner das gebiſſene Thier iſt. 251. Er iſt nicht ſo gefaͤhrlich als man geglaubt hatte. 254. Ob er wirklich toͤdtlich fuͤr den Menſchen iſt. 247. 248. Wirkungen des Biſſes der Viper auf Ffriſch abgeſchnittene Glieder. 162. Auf Glieder in denen man den Blutumlauf unterbro⸗ chen hat. 206. Auf Glieder, die man vor dem Zutritt der Luft bewahrt hat. 216. Auf Theile, die man abgeſchnitten, nachdem man den Blutumlauf darinn vermittelſt eines Bandes unterbrochen hat. 217. Auf Froͤſche, denen man vorher den Kopf abfehnitt.- 200. Oder das Ruͤckenmark. 201. Auf Kaninchen in eben den Umſtaͤnden. 205. Auf Thiere mit warmen Vlute ohne Kopf. 217. Der Biß der Viper auf die Sehnen hat keine Wirkung. 124. Hlaſe (die) oder der Behälter für das Viperngift; ihre Beſchreibung. 11. 131. 133. Bley durch das Microſcop betrachtet. 408. Blindſchleiche (die) wird nicht durch das Viperngift getoͤdtet. 21. Slut (das). Verliert es einen Grundſtoff, wenn es von der Luft beruͤhrt wird? 174. Es ſcheint durch die Vermiſchung des Viperngifts außer den Gefaͤßen gar nicht veraͤndert zu werden. 175. 212. Es wird im Herzen der von dem Viperngifte getoͤdteten Thiere geron⸗ nen gefunden. 178. 179. 181. Mead hielt es anfangs fuͤr das Medium, durch welches die Wirkung des Gifts ſich offenbaret. 49. Das Blut der kaltbluͤtigen Thiere leidet eben ſo, wie das Blut bey warmbluͤtigen Thieren. 212. Ausgenommen das Vipernblut. eben. daſ. Was fuͤr eine Veraͤnderung bringt das Ticunasgift darinn hervor. 3or. Man findet es nicht bey Thieren geronnen, die durch das Ticunasgift getoͤdtet find. 307. — Vom Blute. 308. 5 Blutigel, — 487: Blutigel, wider den Bipernbiß gebraucht. 19. 135. Beſchreibung ihres Maul. 40. Ster⸗ ben von dem Kirſchlorbeeroͤl nur ſo weit, als ſie davon beruͤhrt werden. 435. Blutkuͤgelchen. Irrthuͤmer der Schriftſteller in Anſehung ihrer Figur. 43. Boerhaave giebt Nervenkrankheiten zu. 343. Bouguer. Seine Erzaͤhlung von einer americanifchen Schlange, welche man bey dem Rauche auftrocknen, und hernach vermittelſt des Waſſers wieder lebendig machen kann. 61. Brechnüttel ſcheinen von einiger Wirkſamkeit wider den Vipernbiß zu ſeyn. 232. Brechweinſtein (der) ſcheint bey dem Vipernbiſſe dienlich zu ſeyn. 232. er hat keine Wirkung auf die Augen. 19. Brogiani (des Doctors) feine Abhandlung über die thieriſchen Gifte. 42. Bruſt (die). Der Biß der Viper auf dieſen Theil iſt eben ſo gefaͤhrlich als an allen andern⸗ Stellen. 107. Buͤffons (Hrn. v.) Meinung von der Wirkſamkeit des Viperngifts. 47. Von der Natur des⸗ Eiters der Wunden. 48. Burguuderwein bey ſolchen gebraucht / die von der Viper gebiſſen ſind. 250. C. Canal, Entdeckung eines neuen im Auge. 412. Cecilia, eine Schlange, die am Vipernbiſſe nicht ſtirbt. 22 Charas (Hrn.) Meinung über das Viperngift. 88. Ehinarinde.. Ihre Wirkungen wider den Vipernbiß. 233. Cleaby. Seine Erfahrung uͤber das von Thieren verſchluckte Ticunasgift. 288. Amann? 2775 v.) Bericht von dem Verfahren, wie man in America das Tieunasgift ereitet. 286. 2 Conjunetiva (die) im Auge wird nicht vom Viperngifte ſchadhaft. 31. f Cruikshens (Or) hat entdeckt, daß abgeſchnittene Nerven ſich wieder erzeugen. 350, Eylinder (gewundene urſpruͤngliche) des thieriſchen Koͤrpers. 389. 3 Dröͤſe (die) welche zur Abſonderung des Viperngifts beſtimmt zu ſeyn ſcheint. 133. Dinfie: u nn 22 mn nn 488 Duͤnſte (mephitiſche). Verſchiedene Hypotheſen über die Art und Weife, wie die mephitiſchen Duͤnſte auf die Thiere wirken. 50. a f 2. Eau de Luce; woraus es beſteht. 66. Beym Vipernbiſſe angewandt. 252. Einſpritzung des Viperngifts in die Blutgefaͤße; und deren Wirkungen. 176. Eiſenhuͤttchen. Wirkungen des Safts auf das Fleiſch der Thiere. 58. Eiter (das) in Geſchwuͤren, von dem man glaubte, daß es lebendige Thierchen enthielte. 48. Electrieitaͤt (die) wider den Vipernbiß verſucht. 234. i a Elfenbein durchs Microſcop betrachtet. 404. U S. Faͤulung (die) iſt das wahre Kennzeichen des Todes. 223. Fett (das) der Vipern, ob es nuͤtzlich wider den Biß dieſer Thiere iſt? 234. Fett durch das Microſcop betrachtet. 403. 5 5 Foſſilien; allgemeine microſcopiſche Beobachtungen über dieſe Subſtanzen. 407. Froͤſche ſterben am Vipernbiſſe. 154. Verſuche über die Wirkſamkeit des flüchtigen Laugenſal⸗ zes bey ihnen. 37. Wirkungen des Viperngifts auf ihr Gehirn und ihre Nerven. 185. Dieſes Gift zerſtoͤrt bey ihnen die Reitzbarkeit. 54. von dem Ticunasgift ſterben fie ein wenig ſpaͤter, als die Thiere mit warmen Blute. 303. Wirkungen des Kirſchlorbeeroͤls, wenn man es ihnen eingiebt. 331. Sie werden geſchwind durch mephitiſche Duͤnſte getöd: tet. 5% * & G. Gedaͤrme; Wirkungen des Gifts der Viper auf dieſelben. 107. 2 Gehirn; kann nicht von dem Viperngifte angegriffen werden. 111. Sein innerer Bau. 372. Kirſchlorbeeroͤl darauf gebracht, toͤdtet. 434. ö Gelbſucht (die) welche diejenigen bekommen, ſo von der Viper gebiſſen ſind; Erklaͤrung dieſer Erſcheinung. 45. N Geſner (Hr.) Seine Begriffe von der Netzhaut. 375. Geſchwulſt, welche bey den Kaninchen und Meerſchweinen auf den Vipernbiß am Bauche folgt. 107. So auch wenn ſie an den Ohren gebiſſen ſind. 110. Auch an der Naſe. 119. Die Huͤhner bekommen ſie an den Backen, wenn ſie am Kamme gebiſſen ſind. 113. N Gift (das) der Einwohner am Ufer des Amazonenfluſſes. 285. Der Oſtindtſchen Pfeile. 310. Gift (das) der Viper läuft durch das elliptiſche Loch, fo an der Spitze des Zahns befindlich iſt. 13. 9. Wie man fich deſſelben in den Verſuchen bedienen muͤſſe, um gleichfoͤrmige Reſul⸗ tate zu bekommen. 77. Es hat keinen Geſchmack. 31. 142. Vermiſcht ſich mit den mi⸗ neraliſchen Säuren ohne Aufbrauſen, wenn es fluͤßig iſt. 143. Die Natur deſſelben. 134. Mead hat es für ſauer gehalten. 135. So wie auch Maper. 273. Aber es iſt keine Saͤure. 489 Saͤure. 23, Es iſt auch kein Laugenſalz. 143. Es loͤßt ſich in Waſſer auf, und nicht in Weingeiſt. 145. Es ſchmilzt nicht am Feuer. 145. Microſcopiſche Betrachtung eines Tropfen davon. 29. 141. Es iſt ein Gift fuͤr alle Arten Thiere mit warmen Blute. 251. 154. Es iſt unſchuldig fuͤr die Blutigel. 20. So wie auch fuͤr die Schnecken. 21. Es iſt für die kleinen und zarten Thiere mehr zu fürchten, als für größere. 247. 251. Es iſt für den Menſchen nicht unſchaͤdlich. 281. Es iſt eine gewiſſe Menge davon noͤthig ein Thier zu tödten. 156. 160. Ein tauſendtheil Gran iſt genug einen Sperling zu tödten. 158. Es erfodert eine gewiſſe Zeit ehe es ſeine Wirkung aͤußert. 162. 165. 169. 171. Es iſt nicht toͤdlich wenn es nicht durch das Zellengewebe driugt. 103. Was für Wirkung eg auf die gebiſſenen Theile habe. 153. Es wirkt nicht auf die Muskeln der Thiere uͤber⸗ haupt. 103. Noch auf die Knochen, die Knochenhaut, und die Hiruſchalenhaut. 110. 111. Eben ſo wenig auf die harte Hirnhaut und das Gehirn. 111. Noch auf das Kno⸗ chenmark, und die durchſichtige Hornhaut. 112. Es bringt keine Veraͤnderung auf der Junge der Kaninchen hervor. 113. Es hat keine Wirkung auf abgeſchnittene Glieder. 162. Es toͤdtet das Thier in dem Augenblicke, da es in die Blutgefäße geſpritzt wird. 177. Es verändert das Blut außer den Gefäßen nicht. 175. Nicht einmal die Geſtalt feiner Kuͤ⸗ gelchen. 301. Es verhindert die Gerinnung deſſelben. 210. Es wirkt nicht auf die Ner⸗ ven. 198. Es wirkt nach Mead auf die Lebensgeiſter. 184. Dieſes Gift verliert ſeine toͤdtlichen Eigenſchaften nicht, ſelbſt nachdem es ſchon andere Thiere getoͤdtet hat. 105. Auch nicht wenn es lange aufbewahrt if. 36. Es hört nicht auf toͤdtlich zu ſeyn, wenn man es gleich mit flüchtigem Laugenſalze vermiſcht. 229. — Das Gift der Polypen iſt dem Viperngifte aͤhnlich. 55. Den Tauben in die Augen getroͤpfelt iſt es nicht unſchuldig. 416. Es iſt auch ein heftiges Gift innerlich genommen. 417. Das Gift behaͤlt nicht laͤn⸗ ger als neun Monathe ſeine toͤdtende Eigenſchaft. 418. Der Aetzſtein iſt ein ſpecifiſches Gegengift. 420. q Gifte (die) haben keine unmittelbare Wirkung auf die Rerven. 309. 319. Art und Weife wie die Gifte aus dem Thierreiche wirken. 58. Glanz (der) der Zaͤhne durchs Microſcop betrachtet. 403. Glieder, fo von der Viper gebiſſen, und alſobald abgenommen werden, zeigen keine Verändes 5 tung. 215. Gold durch das Mieroſcop betrachtet. 408. Gordius. Dieſer Wurm wird wieder lebendig, wenn man ihn, nachdem er ausgetrocknet war, mit Waſſer befeuchtet. 62. : Gummi (Aradiſches), deſſen allgemeine Eigenfchaften mit den Eigenſchaften des Viperngifts verglichen. 145. In Wunden gebracht iſt es ganz unſchaͤdlich. 147. Wirkungen dieſes Gummi auf das dem Thiere abgezapfte Blut. 213. Gummi; ihre characteriſtiſchen Eigenſchaften. 144. Das Gift der Viper iſt eine Art Gummi. 144. a 8 Sr Haare, ihre Structur durch das Mieroſcop betrachtet. 400. Hahn (der). Ihm ſchwellen die Backen auf, wenn er von der Viper in den Kamm ge⸗ biſſen iſt. 113. Saller (des Hrn. v.) Meinung von der Structur der Nerven, 357- 5 Sontana II. B. Qa a Hals 490: 55 1 Hals (der). Der Vipernbiß an dieſem Theil der Thiere. 117. Halsader (die). Das Kirſchlorbeeroͤl in dieſelbe gebracht, toͤdtet die Thiere. 436. Harz (elaſtiſches) durch das Microſcop betrachtet. 407. i Haut (die). Verſuche über die Wirkungen = cnc anf dieſen Theil. 98. Das fluͤch⸗ tige Laugenſalz dringt nicht durch ſie. 228 N Hediſarum movens. Bemerkungen von dieſer Pflanze. 406. ö Herz (das) iſt beym Raͤderthier ein willkuͤhrlicher Muskel. 60. Leidet bey den Gemuͤthslei⸗ denſchaften vor allen andern Werkzeugen am erſten. 344. Zieht ſich nicht zuſammen wenn man ſeine Nerven reitzt. 345. Es wird durch das Kirſchlorbeeroͤl unbeweglich ge⸗ macht. 434. Hirnhaut (die harte) wird durch das Viperngift nicht veraͤndert. 111. Hirnſchalenhaut (die). Das Viperngift hat keine Wirkung darauf. 110. Hirſchhorn (gebranntes), deſſen Wirkungen gegen den Vipernbiß. 273. Hofman behauptete, daß man jede Krankheit ihren Urſprung von den Nerven haͤtte. 340. Höhle: (neue) im Vipernzahn. 5. N Hoͤllenſtein. Ver ſuche damit wider den Vipernbiß. 426. Hornhaut Courchfichtige).. Das Viperngift bloß auf ihre Oberfläche gebracht, verdirbt fie nicht. 112. In eine Wunde derſelben gebracht, verurſacht es einen weiſſen Fleck und Geſchwulſt. ebendaf.. a (die). Die Wirkungen des Viperngifts auf dieſe Thiere find nicht for ſtark, als die bey den Tauben. 247. Sonderbare Krankheit, welche die Huͤhner, wenn ſie an den Kamm gebiſſen ſind, bekommen. 113. 240. Wenn ſie an die Bruſt gebiſſen werden, ſo ſterben ſie daran. 106. So wie auch wenn ſie ans Bein gebiſſen ſind. 107. Aber ſpaͤter, als die Tauben. 79. Wirkſamkeit des Bindens bey dieſen Thieren, nach dem Biſſe. 260. Verſuch mit dem fluͤchtigem Larrgenſalze als Gegengift bey dieſen Thieren. 79. 92. Es hilft ihnen nichts. 80. Wirkungen des Tiennasgifts bey den Huͤhnern. 292. Hummeln. Erfahrungen über den Stich dieſer Inſecten. 148. Hunde und Katzen geneſen deſto leichter von dem Viperngifte, jemehr ſie ſich uͤbergeben 232. Wirkungen des Brechweinſteins, wenn er den von der Viper vergifteten Hunden gegeben wird. 232. Wirkungen des fluͤchtigen Laugenſalzes in eben den Umſtaͤnden. 85.956. Wir: kungen des Vipernbiſſes auf ihre Naſe. 121. Abſchneidung ihrer Ohren, nachdem ſie von der Viper gebiſſen ſind. 138. Kleine Hunde entkommen nicht leicht den toͤdtlichen Wirkun⸗ gen des Viperngifts. 248. Die groͤßeſten ſterben nicht davon. ebendaf.. i Hungszaͤhne der Viper, ihre Beſchreibung. 5. 134 u. f. w. Ihre Anzahl. 4. 134. Ihre dop⸗ pelte Hoͤhlung. 5. Hunter (Hr. Doctor) ſchien keine wahre Wiedererzeugung der abgeſchnittenen Nerven anzu⸗ nehmen. 350. 1 James (der Hr. Doctor) glaubte zu finden, daß das Viperngift ſauer wäre, 135. Sein Irr⸗ thum in Anſehung der Lage des Behaͤlters des Gifts. 12. in der Note. Inſecten, —— — — — 491 Inſecten, die mit einem Stachel ſtechen, ſpritzen eine Gummiartige Feuchtigkeit in die Wunde. 150. e ; Journal (Britanniſches). Was darinn von dem Viperngifte geſagt wird, wenn es innerlich genommen wird. 288. Be . Irrthuͤmer (microſcopiſche). 396. Juͤſſieu (Hrn. v.) hielt das Viperngift auf das Zeugniß des Meads für ſauer. 227. Empfahl demnach den Gebrauch des flüchtigen Laugenſalzes wider den Vipernbiß. 138. Antwort auf die durch dieſes vorgebliche fpecififche Mittel bewirkte Heilung. 251. a K. Kalk (ungeloͤſchter). Verſuche damit wider den Vipernbiß. 282. Kamm der Hühner. Vom Vipernbiſſe an dieſen Theil. 113. Wirkungen der Abſchneidung deſſelben nach dem Vipernbiſſe. 240. Das Ticunasgift bringt keine Krankheit dar inn zuwege. 293. a . Kämpfer empfiehlt und verrichtet die Unterbindung wider den Biß giftiger Schlangen. 255. Seine Behandlung der gebiſſenen Leute. 256. Verſuche nach ſeiner Methode. 279. Kaninchen. Wirkungen des Viverngifts auf ihre Muskeln. 103. Auf ihre durchſichtige Hornhaut. 112. Sie find ſtaͤrker, fo wie die Thiere jünger find. 247. Der Vipernbiß auf die Bruſt iſt dieſen Thieren eben ſo toͤdtlich, als an andern Stellen. 106. Der Biß an den Bauch macht daſelbſt eine Geſchwulſt. 106. Wirkungen des Biſſes an ihre Ge⸗ därme. 107. An ihre Leber. 108. An ihre Ohren. 108. An den Hals. 117. An die Naſe. 119. In die Sehnen und Baͤnder. 124. In die Nerven. 184. Wirkungen, fo man von dem Abſchneiden ihrer Ohren erwarten kann, wenn ſie von der Viper gebiſſen find. 138. Wirkungen der Unterbindung der gebiſſenen Glieder. 265. Folgen der Eins ſpritzung des Viperngifts in die Blutgefäße der Kaninchen. 178. 179. ff. Wirkſamkeit des flüchtigen Laugenſalzes als Gegengift bey dieſen Thieren. 182. 95. deſſen Wirkungen. 84. Das fluͤchtige Laugenſalz dringt nicht in die Haut der Kaninchen. 228. Wirkungen des Ticunasgifts von den Kaninchen innerlich genommen. 288. In ihre Wunden gebracht. 290. Auf die Oberflache ihrer Nerven. 305. In die Subſtanz des Nerven ſelbſt. 306. Wirkungen des Kirſchlorbeerwaſſers auf dieſe Thiere. 394. Auf ihre Nerven. 316. Was der Kirſchlorbeergeiſt wirkt, wenn man ihn dieſen Thieren innerlich giebt. 324. Wirkun⸗ gen des weſentlichen Oels dieſer Blätter. 330. Beobachtungen über die Wiedererzeugung der den Kaninchen abgeſchnittenen Nerven. 351. ff. Microſcopiſche Beobachtungen über die Netzhaut der Kaninchen. 376. Katzen. Die Wirkungen des Viperngifts find nach dem Verhaͤltniſſe größer, wie dieſe Thiere kleiner ſind. 251. Was ſie von dem Biſſe der Biper an die Naſe leiden. 122. Verſuche mit dem flüchtigen Laugenſalze bey dieſen Thieren. 84.97. Kirſchlorbeerblaͤtter. Verſuche uͤber die Wirkungen des Waſſers und Oels derſelben. 314. 322. Producte, welche man durch die Deſtillation daraus bekommt. 322. In was fuͤr einem Theile der giftige Grundſtoff ſitzt. 335. 1 Kirſchlorbeerextract. Verſuche mit dieſer Subſtanz. 334. Kirſchlorbeeroͤl (weſentliches) innerlich gegeben. 330. Iſt ein ſchreckliches Gift für die warm⸗ bluͤtigen Thiere ſowohl als fuͤr die . 331. Wirkungen ſo es hervorbringt, Qqq 2 wenn 492 N wenn es auf Wunden gebracht wird: 332: Verſuche mit dieſem an der Some getroekne⸗ ten Oel. 333. Misbrauch deſſeiben in Italien. 429. Iſt ein Gift für die Bipern. 438. Zwey Tropfen koͤnnen eine Viper toͤdten. 430. Iſt ein Gift fir, die Schlangen. 431. Auch auf ihre Muskeln gebracht toͤdtet es fie, aber nur die kleinern. 431. Es iſt ein Gift fluͤr die Tauben wenn es auf ihre Muskeln in Wunden gegoſſen wird, aber nicht fo tödlich als innerlich genommen. 434. Es benimmt den Muskeln die Reitzbarkeit. 434 Aufs Gehirn getroͤpfelt iſt es toͤdtlich. 434. Es benimmt den Nerven, ſo es berührt, die Kraft, die Muskeln zuſammen zu ziehen. 434. Kirſchlorbeerſpiritus toͤdtet, wenn man ihn in die Halsader einſpritzt. 437. Kirſchlorbeerwaſſer iſt ein ſehr ſtarkes Gift. 314. Seine Wirkungen auf Wunden. 315; Auf das Blut wenn man es einſpritzt. 317. Es iſt unſchuldig fuͤr die Nerven. 318. Klapperſchlangen (die). Ob ihr Biß allzeit toͤdtlich iſt. 252. - Knochen (die). Das Biperngiff verändert die Kochen iche 111. Ihre Structur durch das Microſcop betrachtet. 399. 403. 0 Knochenhaut (die) wird nicht vom Biperngifte beſchadigt. 111. x Kobalt durch das Microſcop betrachtet. 409; - N Kopf (der) der Viper, deſſen Beſchreibung. 132. Krankheit (die), fo vom Vipernbiſſe 1070 be wird; ihre Kennzeichen; 172. Wird von Mead als eine Nervenkrankheit betrachtet. 184. Von andern. 309. Was es fuͤr Um⸗ ſtaͤnde find, die fie heftiger machen koͤnnen. 91. Man ſſeht ſie nicht an Gliedern, die nach dem Biſſe alſobald abgeſchnitten werden. 215. Kuͤchenſalz durchs Microſcop beobachtet. 408. Kupfer, durchs Microſcop betrachtet. 409. | E. kaͤhmung, fü durch den Vipernbiß verurſacht wird. F. a kaugenſalze brauſen nicht mit dem Viperngifte auf. 143. Löfen es nicht auf wenn: es trocken iſt. 144. Veraͤndern das Ticunasgift nicht im geen 296. Fluͤchtiges Laugenſalz von Hrn. Juͤſſieu au ein ſpecifiſches Mittel wider das Viperngiſt e em⸗ yfohlen, und allen andern vorgezogen. 227. 138. Eine falſche Theorie iſt Schuld an deſſen Ruhme. 70. Eine neue Schrift die es empffehit. 66. Verſuch uͤber deſſen Wirkung wider das Viperngift. 72. 228. Es ſcheint nicht durch die Subſtanz der Haut bis in die Mus⸗ keln zu dringen. 229. Mit dem Gifte vermiſcht benimmt es ihm ſeine toͤdtlichen Eigen⸗ ſchaften nicht. 230. Es iſt fir den Menſchen kein fpecififches Mittel wider, dieſes Gift. 229. Nicht einmal fuͤr die Tauben. 230. Auch nicht fuͤr die Sperlinge. 74. 8 keber (die). Wirkungen des Viperngifts auf dieſes Eingeweide. 108. Leewenhoeck. Sein Irrthum in Anſehung der vorgeblichen Raͤder, oder Arme des Räder⸗ thiers. 59. Die Bewegung ſeines Herzens, welche willkuͤhrlich zu ſeyn ſcheint. 60. Luft, iſt eins der wirkſamſten Mittel die Reitzbarkeit wieder zu erregen. 313. i Luft 493 Rufe (fire). Ein 223gffer Theil Gran am Gewicht von dieſer Luft wird durch die Veränderung’ der Farbe in Tourneſol merklich. 138. Luft, fo man durch Huͤlfe des Feuers und der Salpeter ſaͤure aus dem Viperngifte und dem arabiſchen Gummi erhalten kann. 147. Lungen (die) find’ bey Thieren, fo vom Viperngifte geſtorben find, voll blauer Flecken. 180. Ihr Zuſtand bey Thieren, welche vom Ticunasgifte geſtorben find. 302. Das Blut wird 45 den zungen geronnen gefunden, wenn man Kirſchlorbeeroͤl in die Halsader geſpritzt hat. 436. Ih 7 Lymphe (die), ihre Kennzeichen. 144. M. 5 Magneſie (verkalchte). Ihre Figur unter dem Microſcope betrachtet. 4077 Malpigh, ſeine Meinung uͤber die Structur des Gehirns. 372. Mark (das) der Knochen wird durch das Viperngift nicht verändert; 112. Marmor (weiſſer) durch das Microſcop betrachtet. 408. Mascenai (Hr. v.), die Heilung fo er mit dem flüchtigen Laugenſalze bewirkte. 252. Mead. Dieſer Schriftſteller if der erſte, welcher von der Natur des Viperngifts gehandelt hat. 135. Er glaubt dieſes Gift ſey cauſtiſch, und dem Geſchmack nach brennend. 142. Er nimmt darinn gewiſſe Salze an. 26. 139. Er erkannte endlich mit Recht, daß es we⸗ der ſauer noch laugenſalzig iſt. 143. Seine Hypotheſe uͤber die Wirkung dieſes Gifts. 43. 138. Bemerkung daß es keine Veraͤnderung in dem Blute hervorbringt, ſo man aus den Gefaͤſſen nimmt. 175. 176. Er glaubte die Wirkung des Gifts gienge auf die Lebens⸗ geiſter. 49. Er ließ einen Hund von einer Viper in die Naſe beißen; was fuͤr Folgen er daraus zog. 118. Die Figuren ſo er von den Zaͤhnen und andern Theilen der Viper giebt, ſind unrichtig. 132. Seine Begriffe von dem Gifte der Weſpen. 149. Rieckel. Seine Erklaͤrung des Nieſens. 341. Meerſchweine. Die Wirkungen des Viperngifts ſind bey ihnen um ſo viel mehr zu fuͤrchten, je zarter ſie ſind. 247. Der Vipernbiß an ihre Bruſt iſt ihnen eben ſo gefaͤhrlich, als ſonſt allenthalben. 106. Wirkungen deſſelben am Halfe. 117. An der Naſe. 119. Das Bis perngift blos in ihre Muskeln gebracht, toͤdtet ſie nicht. 104. Verſuche mit dem fluͤchti⸗ gem Laugenſalze bey dieſen Thieren. 81. 82. Folgen der Amputation der von der Viper gebiſſenen Glieder. 236. Zeit in welcher fie geſchehen muß, wenn fie von Nutzen ſeyn foll. 138. Wirkungen der Unterbindung, ſtatt der Amputation. 262. 264. Wirkungen des in die Wunden dieſer Thiere gebrachten Ticunasgifts 290. Oder innerlich genommen. 289. Wirkungen des Kirſchlorbeergeiſts, wenn er ihnen eingegeben wird. 324. Oder wenn man ihn in ihre Wunden gießt. 328. Wirkungen des weſentlichen Oels eben dieſer Blaͤtter innerlich genommen. 330. Microſcope. Was für Irrthuͤmern man unterworfen iſt, wenn man ſich dieſer Inſtrumente zu: Beobachtungen bedient. 396. : Milch (die) des Toxicodendron; ihre Wirkungen auf die menſchliche Haut. 338. Mittelſalze mit dem Viperngifte vermiſcht, benehmen ihm die Kraft zu toͤdten nicht. 231. QAqg 3 Moleculn; 494 5 Moleculn Corganifche), fo man fälfchlich in dem Viperngiftezangenommen hat; fo wie auch in dem Eiter der Geſchwuͤre. 47. 48. Monro (Hr. Doctor), feine Entdeckungen über die Nerven. 358. 361. Ueber die urſpruͤng⸗ liche Zuſammenſetzung verſchiedener Koͤrper. 0 Morgagni, feine Meinung Über den Schmerz den der Stich der Roßſliege verurſacht. 38. Musgrave (Hr. Doctor) glaubte, daß alle Krankheiten ihren Urſorung in den Nerben hätten. 340. Muskel (zuſammendruͤckender) des Giftblaͤschens der Viper; deſſen Beſchreibung. 12. Muskelfiber (die) verliert ihre Reitzbarkeit durch das Kirſchlorbeersl. 434. Muskeln (die). Wirkung des Viperngifts auf dieſelben. 103. 104. Wirkung des Ticunas⸗ gifts darauf. 294. Die Muskeln der vom Ticunasgifte getoͤdteten Thiere, ſind blaſſer, als vorher. 302. Urſpruͤngliche Structur der Muskeln uͤberhaupt. 384. Betrachtungen uͤber ihre Bewegungen. 392. N. Nagel (die); ihr urſpruͤnglicher Bau. 399. 403. Narcotiſche Mittel haben keine Wirkung auf die Hunde. 19. Naſe (die). Wirkungen des Vipernbiſſes auf dieſen Theil. 118. Nerven. Microſcopiſche Beobachtung dieſer Theile. 360. Ihre Structur kann uns leicht \ täufchen. 397. Ihre Grundtheile. 366. 367. ff. Die Nerven erzeugen ſich wieder, wenn fie abgeſchnitten find. 354. Ob ſie reitzbar find. 393. Betrachtung über den Einfluß der Nerven in den Krankheiten. 340. Wirkungen des Viperngifts auf die Nerven. 184. Auf den Huͤftnerven der Kaninchen. 188. Auf eben den Nerven, wenn er uͤber dem Biſſe abgeſchnitten iſt. 191. Und unter demſelben. 192. Blos unterbunden ohne ihn abzu⸗ ſchneiden. 194. Verſuche zur Vergleichung mit blos mechaniſchen Verwundungen an eben dem Nerven. 196. Wirkungen des Ticunasgifts auf die Oberfläche der Nerven. 305. Wirkungen des Kirſchlorbeerwaſſers auf eben dieſe Theile. 316. Die Nerven ver⸗ lieren durch die Beruͤhrung des Kirſchlorbeeroͤls die Kraft die Muskeln zuſammen zu ziehen. 434. i Netzhaut (die). Ihre urſpruͤngliche Geſtalt. 375. Nichols. Seine Abbildungen vom Vipernkopfe find unvollſtaͤndig. 132. Seine Vorſtellun⸗ gen von dem Ausfluſſe des Gifts aus dem Vipernzahne. 3. 5 Nickel durchs Mieroſcop betrachtet. 409. Nieſen (das) iſt eine freywillige Bewegung. 341. Nintipolenga Zeylanica. Wie das Gift dieſer Schlange auf die Thiere wirkt, To fie beißt. 58. O. 8 495; ©. - Dberhäutchen (das) durchs Microſcop betrachtet. 399. 402. Ochſe; neuer Canal zuerſt in dem Auge dieſes Thiers entdeckt. 412. Oel (empyreumatiſches) der Kirſchlorbeerblaͤtter. Verſuche über deſſen Wirkungen. 334. Del (gemeines). Man hat es für ein ſpecifiſches Mittel wider das Viperngift gehalten. 249. Deshalb von der Societaͤt zu London und der Academie zu Paris angeſtellte Verſuche. 249. Es iſt von den Abgeordueten der Academie und hernach auch von Mead fuͤr unwirk⸗ ſam befunden. 250. Oele mit dem Biperngifte vermiſcht, benehmen ihm die Kraft zu vergiften nicht. 231. Oele (weſentliche) loͤſen das Viperngift nicht auf. 144. Ohren (die). Wirkungen des Vipernbiſſes auf dieſe Theile. 108. Opium. Warum verurſacht es Zuckungen. 44. Es hat in Anſehung der Wirkungen viele Aehnlichkeit mit dem Viperngifte. 62. Verſchiedene Meinungen uͤber ſeine Wirkungen. 347. Opium in Weingeiſt oder in Waſſer aufgeloͤßt iſt ein Gift fuͤr die Thiere, innerlich genommen, oder auch in Wunden geſpritzt. 438 ff. Berſuche mit Blutigeln. 441. Mit Schildkroͤten. 441. Mit den Herzen der Schildkroͤten. 443. Mit Froͤſchen. 445. Mit ihren Herzen. 446. Mit ihren Nerven. 448. Mit Kaninchen. 454. P. Pfeile (vergiftete) aus America: Ihre Wirkungen überhaupt: 294. An den Schlangen. 310. An den Schildkroͤten. 312. — Aus Oſtindien. 310. Phlegma (das) der Kirſchlorbeerblaͤtter. Seine Wirkungen auf die Thiere. 329. Pietra de cobras. Kämpfer hielt ihn für wirkſam wider den Biß giftiger Thiere. 256. Wor⸗ aus er beſteht. 272. Verſuche mit dieſen kuͤnſtlichen Steinen. 276. An vierfüßigen Thieren. 278. Polyp (der) im ſuͤſſen Waſſer. Sein Gift iſt dem Viperngifte aͤhnlich. 55. Und das wirkſam⸗ ſte unter allen Giften. 58. Porterfield (Hr.). Seine Begriffe von der Structur der Netzhaut. 375. Principium (ein unbekanntes), welches in dem Blute des lebendigen Thiers zu ſeyn ſcheint. 183. Pringle. Was er von den Nervenkrankheiten glaubt. 348. Prochaska. Seine: Beobachtungen: über: die Structur der Nerven. 357. Und der: Muskeln. 384. R. 496 Raͤderthier (das) lebt wieder auf, wenn es mit Waſſer befeuchtet wird, Aa es durch Auftrocknen geſtorben war. 62. Seine Raͤder find keine wirkliche Rader. 39. Reaumuͤr. Sein Begriff von den Schmerzen die der Stich der Roßfliege erregt. 38. Aedi. Der erſte, welcher Begriffe von dem Viperngifte gegeben hat. 134. Sein Irrthum uͤber den Behälter des Gifts in der Viper. 3. 132 ff. Seine Meinung von dem Durch⸗ gange des Gifts durch den Zahn. 3. Dieſer Schriftſteller redet nicht von dem Nutzen der Unterbindung bey dem Vipernbiſſe. 255. ö Regenbogenhaut (die). Ihre Bewegungen ſind willkuͤhrlich. ırı. Regenwurm (der) wird geſchwind von dem Viperngifte getoͤdtet. 55. f Reit barkeit (die) wird durch die mephitiſchen Duͤnſte zerſtoͤrt. 51. Auch durchs Viperngift. 53. 55. Aber dies iſt vielmehr ein Nebenumſtand, als eine Urſache des Todes der gebiſſe⸗ nen Thiere. 220. Sie wird auch durch das Ticunasgift vernichtet. 313. Durch die Luft aber rege gemacht. ebendaf. Roſenblatt (ein) durchs Microſeop betrachtet. 406. Noßfliege, ein Inſect das mit dem Oeftrus der Griechen, und dem Tabanus der Lateiner über⸗ ein zu kommen ſcheint. 38. Man hat geglaubt, es kaͤme ein giſtiger Saft aus dem Sta⸗ chel, mit welchem fie ſticht. 38. Aber er iſt nicht hohl. 39. f Nuͤben. Ihre Haut oder Rinde giebt eine blaue Farbe, die bey der geringsten Saure ſich leicht verwandelt. 137. | S. Saft (milchichter) des Toxicodendron; deſſen Wirkungen auf die menſchliche Haut. 338. Salze. Mead ſahe Salze in dem Gifte der Weſpen. 149. Es giebt keine in dem Vipern⸗ gifte. 30. 56. | Salznetz welches Mead in dem Viperngifte geſehen zu haben glaubt; was es iſt. 27. 139. 140. N Sannini (Hrn.) verrichtete Eur vermittelſt des flüchtigen Laugenſalzes bey einer von einer Viper gebiſſenen Perſon. 252. Säure (die) des Viperngifts iſt von vielen faͤlſchlich angenommen. 138. Man findet fie in dem Bienengifte. 150. Die Saͤure iſt nicht die Urſache der Anſchwellung und Entzuͤndung der geſtochenen Theile. 150. Säuren mit dem Vigerngifte vermiſcht, benehmen ihm die toͤdtlichen Eigenſchaften nicht. 231. Das Ticunasgift machen fie unſchaͤdlich. 295. Sie find kein Heilmittel für die mit dieſer Subſtanz vergifteten Wunden. 297. Die mineraliſchen Saͤuren brauſen nicht mit dem Viperngiſte auf. 143. Vereinigen ſich damit, ebendaſ. Loͤſen es nicht auf wenn es ge⸗ 4 - trocknet 497 trocknet iſt. 144. Die Pflanzenſaͤuren loͤſen das Viperngift nicht auf, wenn es getrocrner iſt. 144. Vitriolſaͤure in Wunden gebracht, toͤdtet die Thiere nicht. 139. Loͤſet das Viperngift nicht auf, wenn es trocken iſt. 143. 146. Schärfe, iſt von Mead faͤlſchlich im Viperngifte angenommen. 30. Scheide (die) welche die Vipernzaͤhne bedeckt; ihre Beſchreibung. §. 132. Sie iſt nicht der Behaͤlter des Gifts. ebendaſ. Schildkroͤten. Wirkungen des Ticunas auf dieſe Thiere. 312. Des Kirſchlorbeeroͤls auf ſie. 30. Sie ſterben nicht vom Viperngifte. 22. Schlangen werden nicht von dem Ticunasgifte getoͤdtet. 299. Oder von vielen Pfeilen nur etwas betaͤubt. 311. Das Ticunasgift iſt nach neuern Berſuchen fuͤr ſie toͤdtlich. 429. Ihr Herz bewegt ſich noch lange nach der Vergiftung mit dieſem Gifte, obgleich alle Be⸗ wegung der Muskeln aufgehoben iſt. ebendaf. . Schleim (der) auf der Haut der Aale durchs Microfcop betrachtet. 402. Schnecken (die) find unempfindlich gegen das Viperngift. 21. Schroͤpfen (das). Ob es ein wirkſames Mittel wider den Vipernbiß iſt. 233. Iſt von Geoffroi und Zunauld gebraucht. 250. Und von Kaͤmpfer. 256. Es ſchaft mehr 8 81 als Nutzen. ebendaſ. Mit der Unterbindung verbunden. 266. Iſt es ebenfalls gefaͤhrlich. 268. f 5 Schwaͤmme; ihre Structur durchs Mieroſcop betrachtet. 405. Schwefelleber (fluͤßige) loͤßt das Viperngift nicht auf. 144. Scorpion (der). Ein Maͤrchen von dieſem Thiere. 18. Die Schriftſteller ſtimmen nicht mit einander in Anſehung der Anzahl der Loͤcher an dem Stachel ſeines Schwanzes uͤberein. 35. Sehnen (die). Ihre Structur. 380. Sie bekommen keine Nerven. 382. Verſuche mit dem Viperngifte bey dieſen Theilen. 124. 128. 130. Die Entbloͤßung der Sehnen, und nicht das Gift verurſacht in dieſen Verſuchen den Tod des Thiers. 130. Es erzeugt ſich eine gefaͤßartige Subſtanz, welche die Sehnen bedeckt, nachdem man ſie entbloͤßt hat, und dieſes erhält ihn fo wie er vorher war. ebendaf. Silber durch das Microſcop betrachtet. 408. 410. ee Wirkungen dieſer Inſecten bey dem Vipernbiſſe, äußerlich oder innerlich ges raucht. 232. Spath (phosphoriſcher) durch das Microſcop betrachtet. 408. Speichel der Vipern iſt nicht giftig. 14. . Sperlinge. In wie vieler Zeit fie nach dem Vipernbiſſe ſterben. 74. Sie ſterben nicht an dem Vipernbiſſe, wenn man ihnen alſobald ein Band um die gebiſſenen Glieder legt. 258. Wie viel Gift erfodert wird, fie zu toͤdten. 157. Wirkungen des flüchtigen Laugenſalzes bey dieſen Thieren wider das Viperngift. 7227. a 0 Sontana II. B. g Rrr Spiritus 498 "Spiritus rector der Kirſchlorbeerblaͤtter. Seine Kennzeichen. 322. Verſuche damit bey ver⸗ ſchiedenen Thieren. 324. Seine Wirkungen auf die Augen. 326. Auf Wunden. 327. Stachel der Roßfliegen. Ihr Bau. 39. Oefnungen, ſo man im Stachel der Scorpionen findet. 36. Sternband. Ein neuer Canal in deſſen Subſtanz. 412. Structur (urſpruͤngliche) des thieriſchen Koͤrpers. 357. Subſtanz (markichte) des Gehirns. Ihre Structur. 374. Structur der rindichten Sub⸗ ſtanz. ebendaſ. f Sympathie der Nerven. Was man davon glauben muß. 341. T. Tauben, werden nicht fo geſchwind als die andern Voͤgel von dem Viperngifte getoͤdtet. 247. Die Menge des Gifts welche hinreichend iſt, einen Sperling zu toͤdten, hat nue wenig Einfluß auffie. 160. Es gehoͤrt ohngefehr fünf mal fo viel dazu, um fie zu tödten. 161. Eine einzige Viper kann ihrer nach und nach zehn bis zwoͤlf toͤdten. 89. Sie ſterben ge⸗ woͤhnlich zwiſchen acht und zwoͤlf Minuten nach dem Biſſe. 78. Das Anſetzen der Blutigel rettet ihnen das Leben nicht, wenn fie von der Viper vergiftet find. 135. Das fluͤchtige Laugenſalz hilft ihnen nichts. 175. Wirkungen des Vipernbiſſes auf ihre Bruſt. 105. So wie auch auf die Knochenhaut. 11. Auf die harte Hirnhaut und das Gehirn. eben⸗ daf. Auf das Knochenmark u. ſ. w. 112. Auf ihre Muskeln. 103 ff. Was man von einem gut um die gebiſſenen Glieder dieſer Thiere gelegten Bande erwarten kann. 245. Was mit ihnen vorgeht, wenn man ihnen die Beine nach der Unterbindung beißen laͤßt. 244. Sie koͤnnen das Abnehmen aushalten, ohne daß ſſie davon ſterben. 168. 138. Vi⸗ perngift ihnen in die Augen getroͤpfelt iſt nicht unſchaͤdlich. 416. Das Kirſchlorbeeroͤl iſt ein heftiges Gift, wenn es ihnen in die Augen getroͤpfelt wird. 433. Wirkungen des von dieſen Thieren verſchluckten Ticunasgifts. 289. Wirkungen deſſelben in Wunden gebracht. 291. Wirkungen des Kirſchlorbeergeiſts, wenn man ihn ihnen eingiebt. 324. Wenn man ihre Wunden damit waͤſcht. 327. Wirkungen des weſentlichen Oels der Kirſchlor⸗ beerblaͤtter auf die Wunden dieſer Thiere. 332. 433. Tauſendfuͤße. Inſeeten deren Biß fuͤr toͤdtlich gehalten wird. 252. Tecmeyers (des Abbts) giftwideiges Mittel. 272. Seine Meinung vom Viperngifte. 273. Terpentinoͤl (das) ſcheint einige Wirkſamkeit gegen den Vipernbiß zu beſitzen, wenn man den gebiſſenen Theil darein taucht. 231. Wird vom gemeinen Manne dazu gebraucht. 248. Theriac. Deſſen Wirkungen wider den Vipernbiß. 233. Wird vom gemeinen Manne dazu gebraucht. 243. Von Kaͤmpfer empfohlen. 255. Thiere überhaupt. Die Wirkungen des Diperngifts ſtehen mit ihrer Größe in einigem Ver⸗ haͤltniß. 247 ff. Wenn ſie von dieſem Gifte ſterben, ſo geſchieht es durch eine innerliche Unordnung. 168. Wirkungen des Kirſchlorbeerwaſſers auf die Thiere. 316. Thiere mit warmen Blute ſind alle den toͤdtlichen Wirkungen des Viperngifts unterworfen. hl 8 ache 499 Urſache ihres Todes. 167. Thiere mit kaltem Blute; werden nicht alle durch das Vipern⸗ gift vergiftet. 155. Wirkungen des Ticunas auf dieſe Art Thiere. 299. 311. Sie leben lange Zeit ohne Herz und Eingeweide. 58. Vergiftende Thiere find für ihre eigene Art vielleicht nicht giftig. 18. 5 Ticunas, ein americaniſches Gift. Unterſuchungen uͤber ſeine Kraft. 284. Der Dampf da⸗ von iſt fire toͤdtlich gehalten. 285. Und iſt es nicht. 286. Kennzeichen dieſes Gifts. 287. Es iſt den Augen unſchaͤdlich. 238. Man glaubt, daß es auch eingenommen unſchuldig ſey. 288. Verſuche darüber. ebendaſ. Es wird bewieſen, daß es vergiftet wenn man es verſchluckt. 289. Seine Wirkungen wenn es bey vierfüßigen Thieren in Wunden ge bracht wird. 292. Bey Voͤgeln. 291. Wie viel davon noͤthig iſt ein Thier zu toͤdten. 293. Es hat keine Wirkung auf den Kamm der Hühner. ebendaf. Zeit, fo dieſes Gift erfodert um bey Thieren ſeine Wirkungen hervorzubringen. 297. Man hat es fuͤr ein Gift bey allen Arten von Thieren gehalten. 299. Iſt unſchuldig für die Schlangen. eben⸗ daſ. Es ſcheint eine Nervenkrankheit zuwege zu bringen. 300. Seine Wirkungen anf das Blut außer den Gefäßen. 301. Wenn es in die Gefäße geſpritzt wird. 303. 307. Es hat keine Kraft auf die Oberfläche der Nerven. 304. 305.307. Eben fo wenig wenn es in ihre Subſtanz gebracht wird. 306. Seine Wirkung geht nur auf das Blut. 308 ff. Es iſt allerdings toͤdtlich auch fuͤr die Schlangen. 429. Tobacksoͤl; deſſen Wirkungen auf die Thiere. 339. Tod. Definition des Todes und Lebens. 63. 222. Torre (der Pater della); feine Unterſuchungen der Subſtanz des Gehirns, 357. Der Aus⸗ duͤnſtung. 401. f Tourneſol (der) wird nicht von dem DBiperngifte roth gefärbt. 136, Texicodendron. Damit gemachte Verſuche. 337. Wirkungen der Milch deſſelben. ebenda, Sein Saft iſt unſchuldig, ebendaſ. Microſcopiſche Betrachtung des Safts. 86. U. x Unterbindung (die); ihre Wirkung bey gebiſſenen Gliedern. 242. 245. Wird ſie bald verrich⸗ tet, und eine beſtimmte Zeit am Beine gelaſſen, ſo ſcheint ſie ein wirkſames Mittel zu ſeyn. ebendaſ. Sie iſt don Kaͤmpfer in Indien verrichtet worden. 253. Verſuche um ſich von ihrer Wirkſamkeit zu überzeugen. 258. Bey den Sperlingen. ebendaſ. Bey den Huͤhnern. 260. 262. Bey den Meerſchweinen. 262. Bey den Kaninchen. 265. Zu⸗ gleich mit den Einritzungen gebraucht. 266. Wider das Ticunasgift verſucht. 297. V. Valisniert. Gedanken dieſes Schriftſtellers Aber den Durchgang des Gifts durch den Vipernzahn. 3. a d Vergiftet; was man unter dieſem Worte verſtehen muß. 53, in der Note, Rr 2 Vipern 500 Vipern (die) haben nicht immer Gift. 76. Sie werden nicht von ihrem eigenen Gifte getöd⸗ tet. 15. 155. Werden von dem Ticunasgifte kaum krank. 300. Eine einzige iſt nicht ge⸗ nug einen Menſchen zu toͤdten. 248. Es wären dazu etwa zwey noͤthig. 162. Drey Di: pern koͤnnen keinen Hund von ſechzig Pfund toͤdten. 248. Die Vipern ſcheinen in ver⸗ ſchiedenen Himmelsſirichen einen verſchiedenen Grad von Kraft zu haben. 276. | W. Waſſer loͤſt das Viperngift ſehr gut auf. 145. 5 5 Weineßig (der) verändert das Ticunasgift nicht. 287. d das Viperngift nicht auf. 145. Praͤcipitirt es, wenn es in Waſſer aufgeloͤßt iſt. ebendaſ. g Weſpen, Verſuche mit ihrem Gifte. 149. whytt (Hr). Was er von den Nervenkrankheiten ſagt. 346. Wismuth durchs Microſcop betrachtet. 409. 5. Zahn (ein giftigen). Was er fey. 103. in der Note. Zähne (menſchliche). Ihr Glanz durchs Microſcop betrachtet. 403. Schengen Beobachtungen uͤber ſeinen Bau. 389. Verſuche uͤber die Wirkungen der Viper arauf. 102. . s Zergliederung des Vipernkopfs. 132. Zink durchs Microſcop betrachtet. 409. Zinn durchs Mieroſcop betrachtet. 409. Zorn (der) oder die Wut der Viper hat keinen Einfluß auf die Wirkung ihres Gifts 13. 14. Zuckungen; Urſachen ſo dieſelben erregen koͤnnen. 44. Zwerchfell (das); ſein ſehnichter Theil. 382. N Selte 7. Reihe 16. — 18. — 29. — 20. — 28. — 21. — 10. ibid. — 33. — 25. — 18. = 42. — 22. — 50. — I. — 62. — 7. ibid. — 20. — 71. — F. ibid. — 14. — 33. — 26. — 87. . — 92. — 20. 2 2 . — 7. 3 — 108. — 22. — 113. — 9. — 117. — 12. — 116. — 23. — 123. — 20. — 124. — 22. — 127. — 6. — 132. — 32. — 146. — 26. ibid. — 30. — 153. od 19, — 158. — 5. ibid. — 17. Druckfehler. gerade Loch, lies gerade auf das Loch. in lies an. einiger lies einige. worden lies wurden. ſo nicht lies ſo gar nicht. don lies von. ; Es ift ungewiß lies Es ift fo ungewiß. wenn lies wie. gar lies gab. das lies die. uud lies und. Mau lies Man. am Ende dele den. am Ende dem — lies den. — Seſchwuͤr lles Geſchwuͤr. und mich lies und der mich. Tage lies Tagen. einige Zeit lies einige Zeit darinn. Gift ſetze hinzu: auf die Zunge. vereignen lies ereignen. nach lies noch. befindlich lies befindlich iſt. am Ende es lies er. Gtunden lies Stunden. Vlaſe lies Blaſe. weingeiß lies Weingeiſt. ſcheint lies blieb. Fometen lies Cometen. als in lies und in. ihn lies fie, note 7, 7 14 - +. ua Fig. 52 r © 132 ag 90 * 5 ee Kot geo N * ZI, = 2 BL ig 2 8 f 7 2 | CNN K Ars N age Jul Jagel. ace, 3 — > ag 2 3 Fi XIII 2 7 ©, N Ti. VI. N KASSE 1 Spannung, Rd Yin nn — = I") N) ZN \ — — > SET SEN ls „ az! 2 N 0 Ss == —(%½% ' N — — 5 . S DIE IR“ N 2 e ID SE 8 r W e SS) 16 10 N N \ Bf NEN