2 postů m onocumidá, ae KRčH ABHANDLUNGEN der mathematisch - naturwissenschaftlichen Glasse der Königlich Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften von den Jahren’ 1890-1891. VII. Folge, 4. Band. Mit 6 Tafeln. PRAG 1892. Verlag der kel. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. in Commission bei Fr. Řivnáč. m |avSR pol“ / NA OV | EHE ča nh le jE : a; | AMY" s KOM Mari iM da, MR ROZPRAVY tridy mathematicko -prirodovedecke Královské České Společnosti Näuk z let 1890-1391. SMITHSOWY AN SEP 13 1993 VII řady svazek 4. 4 JUN -7 1926 % N 27008} ITIonaL must“ Se 6 tabulkami. DL W PRAZE 1892. Nákladem Král. České Společnosti Náuk. — Tiskem dra Ed. Gregra. V kommissi-u Fr; Řivnáče: 2 WM Bert pr ž mi Z Pata an MET 0 06) ae Bra Tall N NET OBSE Čelakovský, Dr. L., Die Gymnospermen. Eine morphologisch-phylogenetische Studie. 1890. Hermite, Ch., Sur les racines de la fonction sphérigue de seconde espěce. 1890. Küpper, K., Geometrische Betrachtungen über den Strahlen-Complex und die Congruenz. 1891, . Seydler, A., Bahnbestimmung des Cometen 1890 I. 1891. Küpper, K., Anwendung der in diesen Abhandlungen (VII. Folge 3. Bd.) vorgetragenen Sätze über algebraische Curven auf die Theorie der Raumcurven. 1891. Novak, O., Revision der palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. Mit 6 Taf. 1891. Küpper, K., Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumeurven (v. diese Ab- handlungen, VII. Folge, 3. und 4. Band). 1891. M Ko ni. Mil AIM LO B Ma aa PROVETRO ROHDE DIR P VMINDOSPERMEN. EINE MORPHOLOGISCH-PHYLOGENETISCHE STUDIE Dr. LAD. CELAKOVSKY. (Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — VII. Folge, 4. Band.) (Math.-naturw. Classe Nro 1.) PRAG 1800. Verlag der königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. In Commission hei Fr. Řivnáč. INHALTSVERZEICHNISS. Seite T. Einleitendes. 1. Geschichtliches und Kritisches ........ RE Dee RE RL oko er seite Race 2 V a are led faire 2 2. Morphologischer Werth der Abnormitäten (Anamorphosen) . ». 2». 2.2. « + « + * + + + +++ * 14 SN achy skdens Gymnosperme Are aj VE ee ee ee Todt ks s die f= Vem See G 21 U. Die Coniferen. OMAN IE He ee CE MO O OMV STO PO o Ems re ehe 27 1. Entwickelungsgeschichte und Anamorphosen der Abietineenblüthe .. . ...... 222.2.» 27 PSE ETAAA o o DOL O ee ooo DOOR O0 OAO OE OTO O EOL 36 DYRZOTEÖTIENTILUN 27000010 Bo 138 16 9 O z LOOK OTO NO O0 0 OOo 1300 OTO 36 D)RGepHalotaxeen ne TE ee ne TEE A Een (Moe M 39 O)EE0UG CARBECT EEE UT Ova -ONO 006 ALOE 0 O HTO 00 ee eelrhleziengn- > 50 d) Vergleich der Ovula der Podocarpeen und Cephalotaxeen .. . . . .... «+ + ++ « + 57 NASEN ce aa 0 © raz ko 0 HO SLI NEN EN PE ee 68 SE- VATUBIAHIB © LEO Bo O, OSOU jo TE Ad IOM SCC APA O ER 70 a) Weibliche Blůthen in den -verschiedenen Unterfamilien . ....... 2 2 2 2 ++ + « 70 b) Die Ligula resp. Fruchtschuppe der Araucariaceen verglichen mit dem Arillus der axaceenaı ren: En ER ARE RE RE Re 77 EV ANT CROVDIUEH Enso ok ye rok jee re ee ns er uadkra Tees en nd ecí 84 C. Verhältnisse der Blůthensprosse der Coniferen unter einander . .. . . + « ++ ++ + + « eich) 1. Sprossverhältnisse der weiblichen Blüthen der Taxaceen ..... 2.2.2222 22200. 89 2. Sprossverhältnisse der weiblichen Blůthen der Araucariaceen. .»... 22 2 -< < + ++ +.. 93 3. Homologie der männlichen und weiblichen Blůthensprosse. .. . 2.2... 2.2 2 2 2 222. 96 D. Verwandtschaftsverhältnisse der Coniferentribus unter einander. . 2 2: nn En < « ne. 104 ROE GNetac En ee en ee ae N ee Ne SOR E A on na 110 IV. Allgemeine Phylogenie der Gymnospermen und deren Beziehungen zu den Gefässkryptogamen . . . . . 119 V. Anwendung der morphologischen Forschungsmethoden auf die Gymnospermen . .. 2. 222 220. 135 Grössere Zusätze PED bu Ungeachtet der vielen Arbeiten über die Gymnospermen, trotz den klassischen Unter- suchungen Strasburger’s über die Coniferen und die Gnetaceen ist die wahre Natur ihrer Blüthen noch immer nicht befriedigend aufgeklärt, und die Auffassungen der verschiedenen Forscher gehen noch immer weit auseinander. Ja, was noch schlimmer ist, es hat gerade die irrthümlichste Interpretation dieser Blüthen, die unter dem Namen der Excrescenz- oder Pla- centaltheorie bekannt ist, in der neuesten Zeit den meisten Anklang gefunden. Die Ursache der bisherigen Unsicherheit der Deutungen, des Zweifels, wo die Wahrheit zu finden ist, liegt einestheils in der Schwierigkeit der Objekte, in dem so bedeutend von allem bei den Angiospermen Bekannten abweichenden Baue besonders der weiblichen Blüthen der Gymno- spermen, zumal der Coniferen, anderseits in der Ungleichheit und theilweisen Unzuverlässigkeit der angewandten Forschungsmethoden, was näher auszuführen sich im Verlaufe meiner nach- stehend mitgetheilten Arbeit mehrfache: Gelegenheit finden wird. Ich habe mich bereits wiederholt mit den Gymnospermen und den die Gymnospermie betrefienden Fragen beschäftigt, namentlich mit der Frage nach der Natur der Fruchtschuppe der Araucariaceen, deren Verständniss mir das Studium der durchwachsenen Fichtenzapfen ermöglicht hatte; allein in verschiedenen anderen Punkten war mir manches dunkel geblieben, manches hatte ich auch noch nicht richtig erfasst. Allein die Wichtigkeit und ebenso auch die Schwierigkeit des Gegenstandes reizte mich, die ungelösten oder von anderer Seite nur noch ärger verwickelten Fragen weiter zu studiren, und ich bin überzeugt, dass mir die Lösung — nicht mühelos und schnell (denn seit meiner letzten Publication über die Frucht- schuppe der Abietineen sind acht Jahre verflossen), sondern allmählich und schrittweise, in Folge der Benutzung aller morphologischen Methoden gelungen ist. Ich erwarte zwar nicht, dass die gefundenen Resultate, die auch mit den früheren Ergebnissen meiner terato- logischen Studien über das Ovulum zusammenhängen, sofort allseitige Anerkennung finden werden — dies lässt die ungleiche und oft unzutreffende Beurtheilung des Werthes der ange- wandten morphologischen Methoden von Seite vieler Botaniker nicht zu; allein ich wünschte das abgeschlossene Resultat ohne weitere Berücksichtigung dieses Umstands nunmehr bekannt zu geben, in dem festen Vertrauen, dass dasjenige, was darin wahr und treffend ist, schliesslich obsiegen wird. Um ein dauerhaftes und richtiges Resultat zu erlangen, dazu bedurfte es keiner neuen entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen, da die bereits vorliegenden, namentlich die Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 1 9 1. Dr. Lad. Čelakovský: exakten Untersuchungen Strasburger's vollkommen zureichen, wohl aber neuer Gesichtspunkte, neuer Gedanken, neuer Vergleiche. Da ich mich häufig auf einige Werke und Abhandlungen über die Gymnospermen berufen werde, so schicke ich gleich deren Titel und die gebrauchten Abkürzungen voraus. Strasb. Conif. — Ed. Strasburger. Die Coniferen und Gnetaceen. 1872. Strasb. Angiosp. — Ed. Strasburger, Die Angiospermen und die Gymnospermen. 1879. Eichl. Weibl. Bl. — A. W. Eichler. Über die weiblichen Blüthen der Coniferen. 1881. Eichl. Conif. — A. W. Eichler. Coniferae in Natürl. Pflanzenfamilien von Engler und Prantl II. Th. 1 Abth. S. 28 ff. 1889. Ber Riten Čelakovský. Zur Kritik der Ansichten von der Fruchtschuppe der Abietineen. 1882. Der Úbersichtlichkeit wegen theile ich den vorliegenden Stoff in fünf Abschnitte: I. einen einleitenden Theil, II. einen Abschnitt über die Coniferen, III. einen anderen über die Gnetaceen, IV. eine Besprechung der Phylogenie der Gymnospermen, V. eine Schlussbetrach- tung über den Werth und das gegenseitige Verhältniss der befolgten Forschungs- und Deu- tungsmethoden. Den Cycadeen habe ich keinen besonderen Abschnitt gewidmet, weil ihre Blüthen nicht zweifelhaft sind. I. Einleitendes. 1. Geschichtliches und Kritisches. Es ist interessant, die verschiedenen Ansichten über die Blüthenmorphologie der Gymnospermen, zumal der Coniferen kennen zu lernen; es ist das ein lehrreiches Capitel wissenschaftlichen Suchens und Irrens, worin nur hin und wieder theilweise wahre Erkenntniss auftaucht. Da jedoch der geschichtliche Theil in Strasburger's Werke über die Coniferen und Gnetaceen sehr vollständig und sorgfältig zusammengestellt ist, so werde ich nur einige her- vorragendere neuere Ansichten besprechen und von den älteren nur Al. Braun’s Auffassung der Coniferen anführen, weil diese zuerst dem wahren Sachverhalt am nächsten kam. Al. Braun sprach zuerst in der Schrift über das Pflanzenindividuum (1853) in Folge seiner Beobachtung durchwachsener Lärchenzapfen die Wahrheit aus, dass die Fruchtschuppe *) der Abietineen aus zwei verwachsenen Fruchtblättern eines Achselsprosses gebildet wird. In dem Werke über Polyembryonie (1860) sagte er weiter, Taxodium, Cryptomeria und vielleicht alle Cupressineen besitzen mehrere unter sich und mit dem Deckblatt verwachsene Frucht- blätter, ein einziges ebenfalls mit dem Deckblatt verwachsenes Carpid scheine Araucaria zu besitzen. Bei den Taxaceen, namentlich bei Taxus und Salisburia, seien aber keine Frucht- blätter nachzuweisen. Die Zapfenschuppen von Dammara und von Phyllocladus (also wohl die *) Ich werde im Nachfolgenden überall den Ausdruck Fruchtschuppe statt „innere Fruchtschuppe“ gebrauchen, weil sie allein diese Bezeichung verdient, und die „äussere Fruchtschuppe“ überall einfach als Deckblatt oder Deckschuppe bezeichnen. Die Gymnospermen. 3 der Podocarpeen überhaupt) hielt Braun für die das Eichen direkt tragenden Fruchtblätter, die Zapfen also hier für Blüthen ähnlich den Cycadeen. Später hat allerdings Braun seine Ansicht beträchtlich geändert; er betrachtete die in der Fruchtschuppe verschmolzenen Blätter nicht mehr für die Fruchtblätter der Ovula, sondern für secundáre Deckblátter, welche in ihren Achseln die Ovula als Blüthen tragen. Er übertrug nämlich die Ansicht, dass bei Taxus das Ovulum die ganze Blüthe ist, auf alle Coniferen, was insofern leicht geschehen konnte, als er die Ovula gleich den Blüthen für wirkliche Knospen oder Sprosse ansah. Diese Lehre hat Eichler in der Flora brasiliensis 1863 nach Braun’s Anweisung ausgeführt, indem er den beblätterten Blüthenspross der Taxeen dem blattlosen von Ginkgo an die Seite setzte und sich weiterhin vorstellte, dass der das Ovulum tragende Blüthenstiel immer kürzer und kürzer wird, bis die Blüthe auf ein axilläres Ovulum redueirt erscheint, was bei allen übrigen Coniferen der Fall sein sollte. Dass dies nicht bloss Zichler’s, sondern auch, und wohl ursprünglicher, Al. Braun’s Ansicht war, bezeugt dieser noch 1875 in seiner Schrift: „Die Frage nach der Gymnospermie der Cycadeen“, indem er pag. 366 sagt, die Coniferen machten eine Ausnahme von der Regel, indem ihre Eichen nicht aus Fruchtblättern entspringen, und einige wenige Familien der Angiospermen glichen ihnen in der centralen oder zum Blüthenspross terminalen Stellung des Eichens. In der Anmerkung dazu sagte er aber, er wolle hiemit nicht behaupten, dass den Coniferen jedes Analogon der Fruchtblattbildung fehle, doch gehöre eine Entscheidung hierüber zu den vielen schwierigen Fragen, welche bei den Coniferen noch zu lösen sind. Was er damit gemeint hat (ob er vielleicht den Arillus der Taxaceen dabei im Auge hatte?), ist schwer zu sagen. Diese spätere Ansicht Al. Braun’s, dass jedes Ovulum der Coniferen eine Blüthe darstellt, ist, wie sich zeigen wird, irrig. Wäre er bei seiner ersten Auffassung, dass die zur Fruchtschuppe verschmolzenen Blätter des Achselsprosses Carpiden sind, geblieben, und hätte er sich damit begnügt, ausser bei den Taxeen nur noch bei den Podocarpeen und bei Dam- mara die Blüthe auf ein Ovulum redueirt zu betrachten, so würde er bereits vor 30 Jahren eine im Wesentlichen richtige Erklärung der Blüthen aller Coniferen begründet haben. Es erschien ihm aber offenbar inconsequent, das Ovulum einmal als ganze Blüthe und ein anderesmal als Erzeugniss eines Carpids zu betrachten, und so glaubte er denn zuerst von allen Coniferenovulis (mit Ausnahme der Taxeen) das Letztere, später von allen das Erstere. Was 47. Braun anfänglich (und bald darauf 1861 auch Caspary in „De Abietinearum floris feminei structura morphologica“) aus den Anamorphosen durchwachsener Lärchenzapfen gefolgert hatte, dass die Fruchtschuppe der Araucariaceen und überhaupt das Achselprodukt der Brakteen ein Blüthenspross ist, das erkannte und begründete im J. 1869 (in „Anatomie comparée de la fleur femelle et du fruit des Cycadées, des Coniferes et des Gnetacées“) Van Tieghem mittelst der anatomischen Methode. Er wies zuerst das doppelte Gefässbündelsystem in den Brakteen und ihrem Achselprodukt nach und schloss aus demselben, dass das Achsel- produkt in allen Fällen ein Spross und zwar ein einfacher Blüthenspross ist, dessen erstes und einziges Blatt auf einer sonst verkümmernden und daher nicht weiter nachweisbaren Blüthenachse als Fruchtschuppe oder Fruchtstiel (bei den meisten Araucariaceen, bei Ginkgo und Cephalotaxus) die Ovula erzeugt, oder (bei Dammara, den Podocarpeen, bei den Taxeen) 1* 4 1. Dr. Lad. Čelakovský : selbst unmittelbar ins Ovulum sich umbildet. Dieses Carpid ist stets dem Deckblatt so entge- gengestellt, dass sich beide ihre Oberseiten zuwenden. Dort, wo das Carpid als Fruchtschuppe entwickelt ist, entspringen mithin die Ovula aus der Rückseite oder Unterseite desselben. So gelangte Van Tieghem mittelst der anatomischen Methode zu demselben Resultat, welches betreffs der Abietineen zuerst Stenzel im J. 1865*) durch das Studium durchwachsener Fichtenzapfen gewonnen hatte, dass nämlich die Ovula aus der Rückseite der (allerdings in zwei Knospenblätter sich theilenden) Fruchtschuppe, also aus der Blattunterseite entspringen, welches Resultat ihm aber anfangs so befremdlich erschien, dass er dessen Bestätigung erst von weiteren Beobachtungen abhängig machen zu müssen glaubte. Aus dieser rückseitigen Stellung der Ovula auf ihrem Fruchtblatt konnte dann Van Tieghem auch den sicheren Schluss ziehen, dass die Ovula keine Blüthen sein können (weder axilláre Samenknospenblüthen im Sinne Brauws und Eichler’s noch nackte Fruchtknoten nach Baillon’s und Payer’s Ansicht), und damit konnte Van Tieghem die bereits stark bedrohte Gymnospermie der Coniferen rehabilitiren. Van Tieghem’s Arbeit bedeutet einen ganz wesentlichen Fortschritt in der Erkenntniss des wahren Baues der weiblichen Coniferenblüthen, trotz der einseitigen Anwendung nur einer, nämlich nur der anatomischen Methode. Derselbe Forscher würde noch weiter gekommen sein, wenn er nicht, in gleicher Weise wie die von ihm bekämpften Genetiker, die Abnormitäten oder Anamorphosen vernachlässigt hätte. Er würde dann erkannt haben, dass die Fruchtschuppe, und überhaupt das Achselprodukt der Braktee, nur sehr selten (Araucaria, Podocarpeen) von einem einzigen Carpid gebildet wird, in den meisten Fällen aber, was bereits Al. Braun und Caspary festgestellt hatten, aus zwei oder mehreren verschmolzenen Blättern, also Carpiden, der Achselknospe besteht. Bedeutsam und, wie wir sehen werden, sehr richtig ist die ganz neue Idee Van Tieghem’s, dass bei Dammara, bei den Podocarpeen und Taxeen, das einzige Carpid zugleich in das Ovulum metamorphosirt ist oder dass es, in äusserst reducirter Form auftretend, das zugehörige Ovulum terminal trägt. Diese bei Van Tieghem nur folgerichtige Annahme hat bisher keine Beachtung oder höchstens (von Seite Strasburger’s) entschiedenen Widerspruch erfahren; auch ich konnte mich lange nicht mit ihr befreunden; erst jetzt bin ich auf einem ganz anderen Wege dahin gelangt, ihre volle Berechtigung einzusehen. Iırig ist in Vam Tieghem’s Theorie also nur, dass er die Fruchtschuppe überall für ein einziges die Ovula erzeugendes Blatt ansieht, ebenso den Blüthenstiel von Ginkgo und das analoge jedoch ungestielte Achselprodukt von Cephalotaxus, und dann die schon von Strasburger widerlegte Annahme, dass das Carpid oder Ovulum der Taxeen nicht terminal zum Blüthensprosse, sondern. zu dem obersten Schuppenblatt desselben axillär sei. Hierin äussern sich die Schwächen der allein befragten anatomischen Methode. Ich komme nunmehr zur Darlegung und Würdigung der Anschauungen, welche sich Strasburger auf Grund seiner ausgedehnten und an Gründlichkeit und Exaktheit alles Frühere und Spätere überragenden Untersuchungen gebildet hat. In erster Reihe basirte seine An- schauung auf der Entwickelungsgeschichte; er wendete aber auch den morphologischen +) Stenzel, Jahresb. d. schles. Ges. f. vaterl. Kultur über d. J. 1865. Breslau 1866. Die Gymnospermen. 5 Vergleich und die anatomische Methode an. Die Abnormitäten hat Strasburger keineswegs, wie die extremen Genetiker, grundsätzlich perhorreseirt, vielmehr liess er ihnen eine sorg- fältige Behandlung zu Theil werden, aber leider nicht unbefangen und nicht in der Absicht, durch sie über die Bedeutung jener Theile (Fruchtschuppe und Ovula), welche er entwicke- lungsgeschichtlich, anatomisch und comparativ in so vorzüglicher Weise durch alle Typen der Coniferen verfolgt hatte, die nöthige Aufklärung zu erlangen; vielmehr glaubte er durch die Befolgung der drei vorgenannten Methoden die richtige Deutung bereits sicher gefunden zn haben und war deshalb nur bemüht, die Abnormitäten so zu deuten, dass sie seiner im Voraus festgestellten Auffassung nicht im Wege sein könnten. Das Resultat, welches Strasburger hiernach erlangte, stimmt eines Theils mit dem von Braun und Eichler überein, weicht aber anderseits in zwei wichtigen Punkten bedeutend ab. Gleich Braun und Eichler betrachtet Strasburger jedes Eichen der Coniferen als redu- cirte Blüthe, und zwar infolge derselben morphologisch-systematischen Deduction; er geht von den Taxeen aus, findet dann in dem Achselprodukt der Braktee von Cephalotaxus dieselbe %blüthige Inflorescenz wieder, welche bei Torreya ausser Frage steht, jedoch auf vor- und deckblattlose Sprosse redueirt, und diese blattlosen auf das blosse Ovulum beschränkten Sprosse und die von ihnen gebildeten Sprosssysteme (Inflorescenzen) findet er dann bei allen übrigen Coniferen wieder. Hierin besteht also zwischen Strasburger’s und zwischen Braun's und Eichler’s Auffassung kein Unterschied. Wesentlich anders deutet aber Ersterer die Fruchtschuppe der Araucariaceen. Dieselbe wird nicht von verschmolzenen Blättern gebildet, wie Braun auf Grund der Anamorphosen angenommen hatte, sondern ist nichts weiter als eine axile Exerescenz oder ein Discus, ein Auswuchs der Blüthenachse. Massgebend für diese Deutung der Fruchtschuppe war Strasburger die Entwickelungsgeschichte. Sie bildet sich nämlich erst nachträglich, nach Anlage der Ovula oder Blüthen, als eine seitliche Expansion des axilen Achselprodukts, „die man also als discoide Bildung bezeichnen müsse.“ (Conif. pg. 29). Bestände die Fruchtschuppe aus Carpiden oder aus den Blüthendeckblättern, so müssten zuerst diese Carpiden oder Deckblätter sich bilden und aus ihnen oder in ihrer Achsel sodann die Ovula oder Blüthen; da diess nicht der Fall ist, so muss die Frucht- schuppe eine nachträgliche Ausbreitung der Achse oder ein Discus sein. Die Möglichkeit, dass ein Carpid oder Deckblatt sich verspätet, nämlich später als das zugehörige Ovulum oder die zugehörige Achselblüthe bilden könnte, wird gar nicht zugelassen. Und doch sind durch Warming verschiedene Beispiele bekannt, dass sich der Blüthenspross früher bildet als das zugehörige Deckblatt, und mit dem Fruchtblatt könnte es sich wohl ähnlich verhalten. Den Arillus der Taxaceen fasste Strasburger ebenfalls als ein Discusgebilde (Cupula) auf. In dem ersten Werke über die Coniferen und Gnetaceen (1872) ist Strasburger als Gegner der Gymnospermie der Coniferen aufgetreten, ebenso wie Baillon und Payer, und darin bestand eine weitere Verschiedenheit seiner Auffassung von der Braun-Eichler’schen. Er fand in der Mehrzahl der Fälle, dass die Hülle um den Eikern mit zwei hufeisenfórmigen Primordien beginnt, welche zwar frühzeitig zu einem Ringwalle verschmelzen, aber oft noch später an den zwei Lippen dieser Hülle kenntlich bleiben. Bei Taxus alterniren die Primordien mit den zwei voraufgehenden Schuppenblättern, und es ist also klar, dass die Hülle mit zwei anfangs getrennten Blattanlagen beginnt, somit kein Integument, sondern nur ein aus zwei Carpiden 6 1. Dr. Lad. Čelakovský: zusammengesetzter Fruchtknoten sein kann. Diese Ansicht hat Strasburger mit der grössten Bestimmtheit als nothwendiges Ergebniss der Entwickelungsgeschichte ausgesprochen. In der Schrift „Die Angiospermen und Gymnospermen“ (1879) hat Strasburger jedoch seine Auffassung des Gymnospermen-Ovulum als Fruchtknoten wieder aufgegeben. Aus welchen Gründen dies eigentlich geschah, ist aus dem Werke selbst nirgends zu ersehen ; wahrschein- lich bewirkte diese Umkehr die von Eichler und Al. Braun in mehreren Schriften nnternom- mene Vertheidigung der Gymnospermielehre. Der von Stenzel mittelst der Anamorphosen zuerst erbrachte Nachweis, dass die Ovula der Abietineen aus der Unterseite der Carpiden entspringen, welches eigentlich der triftigste Beweis der Gymnospermie der Coniferen ist und welcher mich, auch einen früheren Gegner der Gymnospermie, zu derselben wieder bekehrt hat, konnte für Strasburger jedenfalls nicht entscheidend sein, weil dieser trotzdem seine Deutung der Fruchtschuppe als Discus nicht aufgab und die Anamorphosen ganz anders als Stenzel zu interpretiren fortfuhr. Der Umstand, dass sich die Entwickelungsgeschichte bezüglich der Deutung des Eichens als Fruchtknoten so schlecht bewährt hatte, vermochte ihn nicht in dem Vertrauen zu der entwickelunesgeschichtlichen Deutung der Fruchtschuppe wankend zu machen. Er änderte in seiner früheren Auffassung; nichts weiter, als dass er nunmehr den Fruchtknoten als Eichen bezeichnete, der nach wie vor überall eine ganze Blüthe blieb, eine. Samenknospen- blüthe wie in der Braun-Eichler’schen Anffassung. In dieser hatte sie aber doch noch eine bessere Berechtigung, weil dort die Samenknospe eben als Knospe galt; Strasburger erklärte jedoch in „Angiospermen und Gymnospermen“ das ganze Ovulum für ein intugumentbildendes Makrosporangium. Da erschien es denn doch sehr sonderbar, dass dieses Makrosporangium nur bei den Taxeen zu einer wirklich nachweisbaren blattbildenden Achse terminal ist — wie es vom Fruchtblatt dahin gekommen, blieb aber durchaus dunkel —, sonst aber zu einer Achse terminal gedacht wird, welche in den angeblichen axillären Inflorescenzen überall ohne die geringste Spur von Deck- oder Vorblättern ein wahrhaft schemenhaftes Dasein führen soll. Es sind aber weder diese Ovularblüthen der Coniferen (mit Ausnahme der Podo- carpeen und Dammara) noch die Discusnatur der Fruchtschuppe in der Natur begründet, sie werden zu nichte durch den einfachen unwiderlegbaren Augenschein der wohlverstandenen Anamorphosen der Abietineen. Mit einer im J. 1881 erschienenen Abhandlung „Über die weiblichen Blüthen der Coni- feren“ brach Eichler vollständig mit seiner früheren, von Al. Braun inspirirten Auffassungs- weise. Nachdem er die Knospennatur der Ovula aufgegeben und eingesehen hatte, dass diese (sei es als Blattzipfel, Excrescenzen oder einfach nur als Macrosporangien) ein Fruchtblatt verlangen und nur ausnahmsweise in Folge einer Unterdrückung (Ablast) des Fruchtblattes ohne ein solches (wie bei Taxus) erscheinen könnten, musste esihm doch unbehaglich vorkommen, überall bei den Coniferen nur fruchtblattlose Ovula auf besonderen blattlosen (nirgends nach- weisbaren, sondern nur theoretisch deducirten) Achsen anzunehmen. Da kam ihm der Gedanke, jene Blätter, welche bisher ganz allgemein für die Deckblátter der Coniferenblüthen gehalten worden waren, für die wahren Fruchtblätter der Ovula anzusehen. Hierin war ihm übrigens bereits eine bedeutende botanische Autorität, Jul. Sachs, vorangegangen. Die Ovula erschienen damit überall als Produkte der Oberseite, oder allenfalls, herabgerückt, der Blattachsel dieser Carpiden, mit alleiniger Ausnahme der Taxeen nnd etwa noch Ginkgo, wo dann eine Unter- P ER Die Gymnospermen. 2 drückung des Fruchtblatts als Ausnahme wohl annehmbar erschien. Die Araucarieen und Podocarpeen kamen dieser Auffassung von selbst entgegen; bei Dammara fehlte ja eine Frucht- schuppe ganz, die Ligula von Araucaria, der Hautsaum von Cunninghamia waren blosse Auswüchse des Carpids. Die meiste Schwierigkeit machten die Abietineen mit ihrer mächtigen Fruchtschuppe, doch auch diese hatte bereits Sachs für einen placentalen Auswuchs aus dem Fruchtblatte erklärt. Sie wurde auch für Eichler zu einer blossen ventralen Excrescenz des Fruchtblattes; die Verkehrung ihrer Gefässbündel erklärte sich durch das Spreitengesetz, nach welchem eine Exerescenz dem Mutterblatt ihre gleichartige Oberfläche zukehrt, ebenfalls. Die Lage der Gefässbündel, mit welcher Van Tieghem sein axilläres Capid bewiesen zu haben geglaubt hatte, musste jetzt zur Stütze der Excrescenztheorie dienen! Die Excrescenz liess Eichler auf eine eigenthümliche Weise entstehen. Bei den Cupressineen und manchen Taxo- dieen, sagte er, ist noch gar keine besondere Excrescenz oder Fruchtschuppe vorhanden, sondern nur eine „Anschwellung“ der Oberseite des Fruchtblatts, die verkehrten Gefässbündel bilden sich in dieser Anschwellung (wovon aber sonst nirgends im Pflanzenreich ein analoges Beispiel vorkommt); bei den Abietineen hat sich nun diese obere Blatthälfte „individualisirt“, ist selbständig geworden, deutlicher getrennt von ‘der unteren Hälfte des Fruchtblatts, und erscheint nun als besondere Fruchtschuppe. Ich will hier von einer Kritik dieser eigenthüm- lichen Vorstellungsweise von der Natur einer Excrescenz absehen und bemerke nur, dass eine Exerescenz niemals in dieser Weise entsteht und auch nie die ihr von Zichler hiemit beige- legte Bedeutung hat. Dagegen muss man gestehen, dass die Theorie sehr einfach und leicht verständlich ist und auch noch den Vortheil hat, den weiblichen Zapfen als weibliche Blüthe dem Zapfen der Cycadeen und auch den männlichen Blüthen der Coniferen selbst homolog zu setzen. : Ein entscheidendes Veto gegen diese Deutung der Fruchtschuppe der Abietineen legten aber die Anamorphosen, die Zapfendurchwachsungen ein, welche schon so vielfach, immer mit dem wesentlich gleichen, bereits besprochenen Ergebniss untersucht worden waren. Ich war denn, als mir Eichler seine Mittheilung über die weiblichen Blüthen der Coniferen zukommen liess, sehr betroffen von der neuen Theorie, die einmal den Anamorphosen gänzlich zuwiderlief, dann aber auch im untergeordneten Detail sehr viel Sonderbares enthielt. Eichler liess später noch eine Abhandlung über Bildungsabweichungen bei Fichtenzapfen nachfolgen, in welcher er ebenso wie Strasburger die Identität der Theile einer zertheilten Fruchtschuppe mit den Blättern der Achselknospe leugnete und die Zertheilung etc. durch den mechanischen Druck der neu auftretenden Achselknospe erklären wollte. Hierüber entspann sich ein lebhafter Briefwechsel zwischen uns, der aber keinen anderen Erfolg hatte, als dass Eichler wegen meiner Hartnäckigkeit, mit der ich seiner Idee die Anerkennung versagte, und seiner Behand- lung der Abnormitäten opponirte, in eine gereizte Stimmung verfiel, welche sich mit dem Erscheinen meiner Kritik der Ansichten von der Fruchtschuppe der Abietineen noch stei- gerte, so dass seinerseits eine ziemlich vehemente Replik erfolgte, auf deren Argumentation ich aber, meiner Sache vollkommen sicher, in meiner Duplik in keiner Hinsicht die Antwort schuldig blieb. In meiner „Kritik“ habe ich mich nicht begnügt, die Abnormitäten der Fruchtschuppe der Abietineen aufzuklären und die vorhandenen Ansichten zu kritisiren, sondern ich liess 8 1. Dr. Lad. Čelakovský: mich auch in eine Erörterung der morphologischen Verhältnisse der übrigen Coniferen ein, welche aber, wie ich jetzt freimüthig bekenne, im Grossen und Ganzen misslungen war. Ich liess mich nämlich auf ein Compromiss mit der Zichler’schen Theorie, was die anderen Coni- ferengruppen betraf, ein; ich hielt es für möglich, dass bei den Cupressineen und Taxodieen, besonders aber bei den Araucarieen, die Fruchtschuppe eine Excrescenz des Fruchtblatts sein könnte, also morphologisch sehr verschieden von der Fruchtschuppe der Abietineen, und dass auch bei den Podocarpeen die Ovula auf der Oberseite ihrer Carpiden (der bisherigen Brakteen) entspringen möchten. Doch ging ich darin über Zichler’s Ansicht hinaus, dass ich den Arillus der Taxaceen, der ja ebenso wie die Fruchtschuppe entsteht und desshalb auch von Stras- burger mit dieser homologisirt worden war, für ein Homologon der Fruchtschuppenexcrescenz bei Araucaria, Cunninghamia etc. ansah. Damit war aber ein zweifaches Princip in die Beurtheilung anscheinend homologer Theile der Coniferen eingeführt und wurden die Abietineen weit von den übrigen Coniferen entfernt, ein Resultat, welches nach keiner Seite hin befriedigen konnte und auch mich selbst nicht sonderlich befriedigte. Gegenwärtig ist mir die ganze Excrescenztheorie von Anfang bis zu Ende unannehmbar und in einer völlig durchdachten Anschauungsweise unmöglich geworden. Wie bereits erwähnt, hat die Zichler’sche Excrescenztheorie vielen Beifall gefunden und ist auch in die neuesten Lehrbücher, wie in Warming’s Handbuch der systematischen Botanik, Deutsche Ausgabe von E. Knoblauch 1890, und in F. Pax’s Allgemeine Morphologie der Pflanzen 1890 aufgenommen worden. Pax bemerkt von der Auffassung des Coniferen- zapfens als ährige Inflorescenz, die nach Braun, Mohl u. s. w. auch ich vertrete, dieselbe lasse die Beziehungen zwischen Gymnospermen und Gefässkryptogamen, welche die Sachs- Eichler’sche Ansicht stützen, unberücksichtigt, auch habe sie mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen, welche sie kaum überwinden kann. Die teratologischen Vorkommnisse, auf welche sie sich stützte, habe Zichler in anderer, aber befriedigender Weise zu deuten gesucht und mit Recht darauf hingewiesen, dass die Gefässbündelorientirung und ihre Anordnung in einer Ebene wohl einem Blattorgan, nicht aber einem Spross entspricht. Meine in gegenwärtiger Abhandlung niedergelegte Studie hat den Zweck, die Schwie- rigkeiten, welche der auf die Anamorphosen gegründeten Auffassung entgegengehalten werden, in naturgemässer Weise zu überwinden und die Beziehungen zwischen den Coniferen und den Cycadeen, mithin auch zu den Gefässkryptogamen auch nach dieser Ansicht befriedigend aufzu- klären. Dass die Zichler’sche Deutung der Abnormitáten nicht befriedigt, habe ich zwar schon früher dargethan; doch werde ich auf dieselben im Zusammenhange mit der ausgebildeten Darstellung der ganzen Coniferenordnung weiterhin Bezug nehmen. Auch wird gezeigt werden, dass die Anordnung der Gefässbündel in der Fruchtschuppe, wenn sie auch für einen Normal- spross ungewöhnlich ist, einem Sprosse von der Beschaffenheit des hier vorliegenden ganz wohl entspricht, und dass die Forderung, die weiblichen Zapfen der Coniferen müssten den männlichen Blüthen wie bei den Cycadeen homolog, also gleichfalls Blüthen sein, in den That- sachen nicht begründet ist. In den Memorie della Reale Academia delle Scienze dell’ Instituto di Bologna 1889 hat F. Delpino unter dem Titel: Applicazione di nuovi criterii per la classificazione delle Die Gymnospermen. 9 piante, II. Mem. seine Auffassungsweise der Coniferen niedergelegt, und in einem besonderen Aufsatze „Valore morphologico della squama ovuligera delle Abietinee e di altre Conifere“ in Malpighia 1889, wie der Titel besagt, noch besonders über die Bedeutung der Fruchtschuppe der Araucariaceen, nach seiner Ansicht, sich ausgesprochen. Um es kurz zu sagen, ist seine Ansicht sehr ähnlich und im Wesentlichen identisch mit der Theorie Eichler’s, doch ist sie in manchen Punkten mehr durchdacht und anders begründet, und in Einzelnheiten doch abweichend. Auch Delpino hält die weiblichen Zapfen und Ähren der Coniferen für einzelne Blüthen, die Deckblätter für die Carpiden und die Fruchtschuppe der Araucariaceen, aber auch den Samen- stiel von Ginkgo, sowie den Arillus der Podocarpeen für die ventrale oder axilláre Excrescenz derselben. Er verwahrt sich zwar dagegen, dass er sie für eine Excrescenz ansehen wollte, aber schliesslich ist sie nach seiner Auffassung doch nichts anderes als eine solche. Er homo- logisirt nämlich die genannten Theile mit dem ventralen fertilen Blattabschnitt mancher Gefässkryptogamen, z. B. der Ophioglosseen, Rhizocarpeen, Lycopodiaceen. Diesen betrachtet er als aus zwei ursprünglich seitlichen, in ventrale Lage verschobenen Blattabschnitten ver- © schmolzen. Bei Aneimia, sagt er, sehe man sie noch getrennt neben einander. Der ventrale fertile Blattabschnitt der genannten Kryptogamen ist aber bei seiner ventralen Lage doch nichts anderes als eine Excrescenz, und auch andere ventrale Exerescenzen sind nichts anderes als flächenständige Blattzipfel, welche auch oft als aus zwei Blattlappen verschmolzen betrachtet werden können, über welches Thema ich mich bereits in Pringsheims Jahrbüchern, Bd. XIV. H. 3. (Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte der Fruchtblätter bei den Phanerogamen und Gefässkryptogamen) S. 372 genugsam verbreitet habe. Dass übrigens auch Eichler die Excrescenz, für welche er die Coniferenfruchtschuppe hielt, mit der ventralen Excrescenz der Kryptogamen identifizierte, geht daraus hervor, dass er Ligula und Ovulum von Araucaria der Ligula und dem behüllten Macrosporangium von Isoötes verglich. *) Auf die zeitweilige Existenz des ventralen fertilen Abschnitts eines im Dorsaltheil sterilen Blattes hat nun Delpino eine eigene Theorie des Carpids (teoria generale del carpidio) gebaut. Ein jedes Fruchtblatt, sagt er, besteht aus drei Theilen, zwei fertilen, die Ovula (oder Sporangien) erzeugenden Seitentheilen (Placenten) und einem sterilen Mitteltheil. Gewöhnlich bilden diese drei Theile ein äusserlich ungetheiltes Ganzes, die Placenten sind dann seitlich, und diese Lage der Placenten nennt Delpino bei den Phanerogamen Pleurospermie, bei den Kryptogamen Pleurosporie. Wenn aber die zwei Seitentheile sich trennen, auf der Ventralseite zusammenrücken und verschmelzen, so wird die Placenta dem sterilen Mitteltheile opponirt. Diese Erscheinung nennt Delpino Antisporie, beziehungsweise Antispermie. Unter den Angiospermen kommen Fälle von Antispermie nur selten vor, nämlich nur dann, wenn eine freie Centralplacenta (wie bei Primulaceen) vorhanden ist, welche aus den *) Dieser Vergleich entspricht übrigens genau der Foliolartheorie des Ovulums; denn es wird doch wohl Niemand in Abrede stellen, dass das Velum, welches das Sporangium einhüllt, ein blattartiges Produkt (eben auch Excrescenz) des Fruchtblattes, nicht aber ein Erzeugniss des Sporangiums selber ist. Und diesen Vergleich hat Eichler in derselben Schrift Üb. d. weibl. Bl. d. Conif. angestellt, in welcher er wenige Seiten weiter die Foliolartheorie, zu der er sich noch im zweiten Theil der Blü- thendiagramme bekannt hatte, wieder zurückwies, weil ihm die Lehre, dass das ganze Ovulum nur ein Macrosporangium und ein Gebilde „sui generis“ sei, mehr als jene imponirte. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 2 10 1. Dr. Lad. Čelakovský : antispermen Placenten der die Wand des Fruchtknotens bildenden Carpiden verschmol- zen ist. *) Von den Gymnospermen sind die Cycadeen pleurosperm, dagegen die Coniferen nach Delpino sämmtlich antisperm oder wenigstens aus antispermer Carpidenform ableitbar (Taxeen, welche axisperm genannt werden). Die Phylogenie der Coniferen stellt sich der italienische Biologe also vor. Er betrachtet mit Recht Ginkgo als die alterthümlichste, noch am meisten an die Cycadeen erinnernde lebende Gattung, der Samenstiel ist nach ihm bereits eine anti- sperme Placenta, eine ventrale Excrescenz des hier noch vegetativen Blattes. Von Ginkgo leitet dann Delpino nicht etwa die übrigen Taxaceen, sondern die Araucariaceen mit Fruchtschuppe ab, wesshalb er Ginkgo von den Taxaceen weit entfernt und zum Typus einer eigenen Familie erhebt, welche zwischen die Cycadeen und die Coniferen gestellt wird. Sie wird damit charak- terisiert, dass sie eine diaphytische Blüthe hat, eigentlich aber noch gar keine Blüthe, sondern vegetative Fruchtblätter wie ein Farn, wie eine Ophioglossee! Den phylogenetischen Zusammen- hang der Araucariaceen betrachtet aber Delpino weit richtiger als Eichler, nämlich in umgekehrter Reihenfolge. Während Eichler von Dammara ohne Fruchtschuppe ausgeht und die Fruchtschuppe durch Verdickung der Carpidenoberseite und allmähliche „Individualisirung“ derselben in Form einer Excrescenz sich bilden lässt, so dass nach ihm die Abietineen mit am meisten individualisirter Fruchtschuppe den Höhepunkt der Entwickelung in der Araucariaceen- gruppe bilden; betrachtet Delpino, wesentlich richtig, die Abietineen, eben wegen der grössten Freiheit ihrer Fruchtschuppe vom supponirten Fruchtblatt, für die ursprünglichste Tribus, dann kommen die Taxodieen und Cupressineen, deren Fruchtschuppenexerescenz bereits mehr oder weniger vollständig mit dem Dorsaltheil des Carpids verschmolzen ist, zuletzt die Araucarieen, bei denen die Excrescenz nicht nur stark verschmolzen, sondern auch reducirt worden ist, am © meisten bei Dammara, wo sie total ablastirt ist. Dammara ist also für Delpino keineswegs, - wie Zichler annahm, die älteste, sondern die jüngste, die am weitesten vom Urtypus aberrante Araucariaceengattung. Die Taxaceen (ohne Ginkgo) leitet Delpino erst von den Araucariaceen ab als redu- cirte Bildungen, mit stets monospermen Carpiden und mit Umbildung der placentalen Excre- scenz zum Arillus (das Letztere habe auch ich in meiner „Kritik“ hypothetisch angenommen, was mir Eichler in seiner Replik sehr übel genommen hat). Zunächst sollen von den Arau- cariaceen die Podocarpeen abstammen, weil bei ihnen die Carpiden in der oft noch reichblättri- geren zapfenartigen Blüthe mehr oder weriger kräftig entwickelt sind. Auffälliger Weise lässt sie Delpino nicht etwa in der Nähe der Araucarieen, mit ebenfalls reducirter Fruchtschuppe, sich abtrennen, sondern direkt von den Abietineen (sogar von Abies, was gewaltig gegen das rationelle Prineip phylogenetischer Ableitung verstösst), und zwar desshalb, weil sie wie die Abietineen zwei dem Staubfaden angewachsene Pollensäckchen besitzen sollen. Von den Podo- carpeen sollen (wie bei Zichler) die Taxineen abstammen, indem die Blüthe (wie schon manch- mal bei Dacrydium) auf ein Carpid reducirt wurde und dieses Carpid sogar schwand oder *) Diese Auffassung habe ich bereits im J. 1875 in der ersten Abhandlung über Placenten mitgetheilt, - und in der zweiten erösseren Abhandlung über dieses Thema (Vergleichende Darstellung der Pla- centen 1876) habe ich sogar ein solches 3theiliges Carpid der Primulaceen schematisch abgebildet- Die Gymnospermen. 11 ablastirte, so dass das Ovulum mit der Arillus-Excrescenz zum Blüthenspross terminal wurde (Axispermie). Zu den Taxineen rechnet Delpino auch Cephalotaxus und nimmt also Strasbur- ger’s Deutung ihres Samenstandes als verarmte, blattlose Inflorescenz an; dann soll das Eichen dieser Gattung auch noch die Arillus-Excreseenz eingebüsst haben. Die so ganz ge- waltige und gewaltsame Auseinanderreissung der Gattungen Ginkgo und Cephalotaxus, die so ganz verschiedene Beurtheilung ihres im Grunde wenig verschiedenen Samenstandes (Ginkgo nach Eichler’s, Cephalotaxus nach Strasburger’s Auffassungsweise) dürfte wohl wenig Anklang finden. Übrigens muss die Auffassung von Ginkgo nach der Exerescenztheorie (Antispermie- theorie) nur consequent genannt werden, und in sofern richtig, als in der That das Achsel- produkt der Blätter von Ginkgo dem Achselprodukt der Zapfenblätter der Araucariaceen ho- molog ist, was auch Strasburger gefunden hat. Dass aber der Samenstiel von Ginkgo alle Charaktere einer Achse hat, was am deutlichsten die mehrsamigen abnormen Variationen zeigen, das hat Delpino nicht weiter beachtet. Delpino’s Anschauungs- und Darstellungsweise ist dem Schreiber dieses sehr sympathisch, weil sich in ihr ein Streben nach dem Erfassen des tieferen Zusammenhangs der morpholo- gischen und systematischen Erscheinungen der Pflanzenwelt, kurz ein philosophisches Denken ausprägt. Der italienische Biologe ist in Folge seiner speculativeren Geistesrichtung, wohl selb- ständig, zu manchen Ergebnissen gelangt, zu denen auch Verfasser dieses gekommen war, so ausser der oben erwähnten Deutung der Placentation der Primulaceen ete. zu der Überzeugung, dass der Spross aus Sprossgliedern als einfacheren morphologischen Elementen besteht, dass also die Achse, die sonst als einfach gedacht wird, von allem Anfang, und schon im blattlosen Vegetationspunkte, aus Gliedern zusammengesetzt ist, zu denen je ein Blatt als ihr Endtheil (der aber am Sympodium der Achsenglieder meist lateral auftritt) gehört, was Delpino so ausdrückt, dass die Achse das Resultat der Vereinigung der Basaltheile der Blätter (fusione dei fillopodii) ist. Dies hat Delpino zuerst in einer vorläufigen Mittheilung: „Causa meccha- nica della fillotassi guincunciale“ 1880 ausgesprochen, welcher er 1883 seine ausführliche „Teoria generale della fillotassi“ folgen liess. Dieselbe wohl motivirte Anschauung habe ich bereits 1875 meinen Arbeiten „Über terminale Ausgliederungen“ und über Placenten zu Grunde gelegt, womit ich mir indess nicht die Priorität dieses Gedankens vindiciren will, da die darin enthaltene Wahrheit, von der das Gros der heutigen Botaniker zu ihrem Schaden nichts weiss oder wissen will, schon vordem verschiedenen Vorgängern (Agardk, Engelmann, E. Meyer, Steinheil, Gaudichaud, Hochstetter, Hanstein) zum Bewusstsein gekommen war, freilich auch mit Irrthümern vermengt und ohne ausreichende Begründung. Was aber nun Delpino’s Lehre von der Antispermie der Coniferen betrifft, welche im Princip mit Eichler’s Exerescenztheorie identisch ist, so muss ich bedauern, dass sie für mich nicht annehmbarer ist als die letztgenannte Auffassung. Die Anamorphosen durchwachsener Abietineenzapfen lehren etwas ganz Anderes. Natürlich erklärt Delpino die auf die Anamor- phosen gegründete Ansicht, zu der sich Männer wie Mohl, Al. Braun, Caspary, Engelmann, Parlatore bekannten, für irrig (una veduta erronea). Wenn wir aber fragen, womit Delpino den Irrthum in jener Ansicht nachweist und womit er seine Auffassung als thatsächlich wahr beweist, so berühren wir den schwächsten Punkt in seiner Argumentation. In eine Widerlegung 9*+ 12 1. Dr. Lad. Čelakovský : durch eine andere und grůndlichere Interpretation der Abnormitáten lässt sich Delpino mit keinem Sterbenswörtchen ein, entweder misst er den Abnormitäten gleich den exclusiven Genetikern keine Bedeutung zu, oder glaubt er, dass schon Strasburger und Eichler die von Stenzel und mir neuestens gegebene Interpretation derselben widerlest haben. Die Resultate scrupulöser und für das Verständniss der Coniferenblüthen und der Gymnospermie selbst so wichtiger Untersuchungen fertigt er mit einem Machtspruch ab. Noch über die neueste Publi- cation Velenovskýs (Zur Deutung der Fruchtschuppe der Abietineen in Flora 1883 N. 34): welcher in Folge seiner Untersuchung durchwachsener Lärchenzapfen nur das bestätigen konnte, was genaue und vorurtheilsfreie Beobachter gefunden hatten, sagt Delpino: „Der Autor hat in dem Studium der Übergänge von fruchtbaren Carpiden in vegetative Blätter und in der Beobachtung einer allmählichen Bildung einer Achselknospe den Beweis zu finden geglaubt, dass die zwei verschmolzenen eichenbildenden Placenten zwei Blätter dieser Achselknospe sind. Die von diesem Autor beobachteten Thatsachen sind wahr, die Beobachtungen sind richtig, aber ihre Deutung ist verfehlt.“ Von einem Nachweis, wesshalb diese Deutung verfehlt ist, keine Spur, sie muss verfehlt sein, weil sie der Theorie von der Antispermie der Coniferen widerspricht; so wie sie auch früher schon verfehlt sein musste, weil sie der entwickelungsgeschichtlichen Deutung der Fruchtschuppe als Discus, der comparativen Deutung als Exerescenz zuwiderläuft. Wir wollen also einmal von den Anamorphosen ganz absehen und nur das Gewicht der Argumente prüfen, welche Delpino für seine Antispermielehre bei den Coniferen anführen kann. Diese Gründe sind ziemlich einfach: 1. die angeblich evidente Homologie eines Zapfens der Cycadeen mit einem Zapfen der Araucariaceen, z. B. von Pinus; 2. die Consequenz der allgemeinen Theorie des Carpids, wie sie von- Delpino entwickelt worden ist. Ad 1. Delpino sagt, die vollkommene Homologie eines Zapfens von Zamia und eines © Zapfens von Pinus sei an sich evident und unwidersprechlich (indiscutibile); jener habe gewiss nur eine Achse, folglich auch dieser; folglich müsse Deckschuppe und zugehörige Frucht- schuppe von Pinus zusammen ein einziges in zwei Theile getheiltes Blatt, nämlich ein Carpid sein. : Das ist aber ein petitio principii. Wenn die Homologie beider Zapfen evident ist, so folst natürlich aus ihr die Zugehörigkeit beider Schuppen von Pinus zu einem Blatt; aber jene Homologie ist etwas, was erst zu beweisen ist. Wäre sie so evident und unwidersprechlich, wie Delpino meint, so wäre es ja unbegreiflich, wie scharfsinnige Botaniker ersten Ranges wie Mohl, Braun u. a., in anderer Weise auch Strasburger, diese evidente Homologie nicht nur nicht gesehen, sondern mit ihren Auffassungen hätten geradezu leugnen können. Daraus etwa, dass das Fruchtblatt einer Zamia und die Fruchtschuppe von Pinus am Ende schildförmig verdickt ist, also aus dem ähnlichen Habitus, folgt noch lange nicht, dass diese Theile. homolog sind. ORAL Ad 2. Was die Allgemeine Theorie des Carpid’s betrifft, so müssen wir unterscheiden zwischen der Berechtigung dieser Theorie an sich und zwischen ihrer Anwendung auf die Coniferen. Wir wollen zunächst annehmen, die Theorie sei vollkommen wahr und berechtigt, es gäbe nur pleurosperme und antisperme Carpiden. Pleurosperm sind die Carpiden der Coniferen offenbar nicht, man mag Deckblatt und Fruchtschuppe zusammen für ein Carpid Die Gymnospermen. - 13 oder nur die Fruchtschuppe für eine carpidiale Bildung, bei Araucaria also für ein Carpid nehmen. Somit bliebe nur die Antispermie übrig. Nähmen wir die Ligula von Araucaria für ein dem Deckblatt angewachsenes Carpid an, so würde dieses Carpid sein Ovulum auf der Mitte seiner Unterseite tragen; das ist aber nach der allgemeinen Carpidentheorie nicht möglich, folglich muss die Ligula und auch sonst die Fruchtschuppe eine antisperme Pla- centa des Fruchtblatts (vulgo Deckblatts) sein. Diese Argumentation ist ganz im Sinne Del- pino’s geführt, obwohl er sich selbst nicht so deutlich ausgedrückt hat, weil er die Anti- spermie der Coniferen wieder als evident ansieht. Ist also die Carpidentheorie richtig, so ist auch die Antispermie der Coniferen erwiesen und die Deutungen der Anamorphosen, die Stenzel, ich u. A. gegeben haben, sind falsch. Damit sind wir auf die Prüfung der Allgemeinen Carpidentheorie selbst hingewiesen. Wir fragen: ist diese Theorie so zuverlässig, dass sie eine sichere Anwendung auf solche fragliche und strittige Fälle, wie sie bei den Coniferen vorkommen, zulässt, umfasst sie alle Möglichkeiten, beruht sie auf einer vollständigen Indu- ction? Die Antwort muss leider lauten: Nein. -Dass die Ränder oder Seitentheile eines Carpids allein eichentragend sind, der Mittel- theil aber steril, ist zwar am häufigsten der Fall und gleichsam normal, doch giebt es Aus- nahmen. Manchmal trägt nur der eine Blattrand des Carpids eine Reihe Ovula oder auch nur ein Eichen, der andere ist steril; so z. B. dort wo am Ianenwinkel des Faches nur eine Ovularreihe oder ein Ovulum sitzt. Sodann kommt es, freilich sehr selten, vor, dass auch die Mediane des Carpids Ovula erzeugt. Bei Nuphar stehen zwar die Ovula gewöhnlich nur auf beiden Flanken, allein nach Strasburger können auch einzelne Eichen genau in der Mediane des Carpids stehen. Bei Brasenia peltata sind dann nach Kichler und Strasburger die wenigen (2) Ovula sämmtlich auf der Mediane des Carpids inserirt, die Seitentheile steril, also das Gegentheil von dem, was Delpino's Theorie verlangt. Diese Theorie vergisst ferner ganz auf die zahlreichen Farne, deren Sporangien oder Sori weder am Blattrande noch auf einem ventralen Blattsegment, sondern auf der Unterseite der Fruchtblätter entspringen. Es giebt also auch eine Hyposporte und kann darum wohl auch eine Hypospermie geben. Die Araucariaceen sind aber hyposperm, wenn deren Fruchtschuppe aus verschmolzenen Fruchtblättern besteht. Ja es ist noch eine vierte Art der Placentation möglich, wenn nämlich der Sorus oder das Ovulum zu einem sehr einfachen, redueirten Frucht- blatt terminal ist; das wäre also eine wahre Acrosporie resp. Acrospermie. Acrosporie findet sich in einer noch später näher zu erläuternden Weise bei den Psiloteen (denn der Sporan- eienstand ist kein Zweig, sondern eine Blattmetamorphose), und wenn man die Pollensäckchen "der Gymnospermen als Sporangien betrachtet, bei den Staubblättern der Gnetaceen, Acro- spermie dagegen, wie ich noch weiterhin zeigen werde, bei den Taxaceen und Gnetaceen. Die Induction, mittelst welcher Delpino seine Theorie des Fruchtblatts gewonnen hat, ist somit unvollständig, sie umfasst nur zwei Fälle der Placentation, die Pleurospermie und Anti- spermie, ohne von zwei anderen, allerdings selteneren, aber möglichen und wie gezeigt werden wird, wirklich realisirten Fällen, der Hypospermie und Acrospermie Notiz zu nehmen. Ausserdem beachtet Delpino’s Theorie nicht den Unterschied, der zwischen der hypo- thetischen Antispermie der Araucariaceen und der Antisporie z. B. der Ophioglosseen bestehen würde. Denn die Sporangien der letzteren sind am ventralen Abschnitt des Fruchtblattes 14 1, Dr. Lad. Čelakovský : randständig (etwas nach der Oberseite hin verschoben), das Ovulum der Araucariaceen wäre aber auch auf der ventralen Excrescenz unterseitig. Im ersteren Falle ist die Antisporie aus der Pleurosporie abgeleitet, bei den Araucariaceen wäre aber die Antispermie aus der Hypo- spermie zu deduciren. Die Hauptsache aber ist, dass Delpino’s Theorie des Fruchtblatts in keiner Weise geeignet ist, die Excrescenznatur der Fruchtschuppe der Araucariaceen zu beweisen. Die Exerescenznatur dieser Fruchtschuppe bleibt auch einer Carpidentheorie zufolge nur eine sedachte Möglichkeit, welcher die andere Möglichkeit, dass die Fruchtschuppe aus selbstän- digen Carpiden bestehe, entgegensteht. Welche dieser beiden Annahmen thatsächlich begründet, also wahr ist, das muss in einer ganz anderen Weise, mit ganz anderen Beweisgründen erst erwiesen werden. 2. Morphologischer Werth der Abnormitäten (Anamorphosen). Den einzigen Ausweg aus dem Labyrinth der so verschiedenen Theorien gewährt nur die Methode der Anamorphosen, jener in continuirlichen Reihen von Übergangsformen existi- renden, zumeist durch den Process des Vegetativwerdens erzeusten Umbildungen oder Meta- morphosen eines metamorphen und daher morphologisch unverstándlichen Gebildes, durch welche dasselbe zuletzt in eine dem morphologischen Verständniss zugängliche Form über- geführt wird, woraus dann mit objektiver Sicherheit erkannt werden kann, welcher morpho- logische Werth ihm zukommt. Leider wird diese einfache Wahrheit noch immer von vielen und z. Th. hervorragenden Botanikern nicht anerkannt. Sowohl die Beweiskraft der Anamorphosen, der sogenannten Abnormitäten, wird geleugnet, als auch die Richtigkeit der auf diesem Wege erlangten Erkennt- nisse (z. B. morphologische Bedeutung und Bildung des Ovulums, der Anthere, auch der uns hier beschäftigenden Fruchtschuppe der Araucariaceen) bestritten. Ich habe für die Geltend- machung dieser Methode und für die morphologische Richtigkeit der mit ihr gewonnen Resul- tate schon so viele Argumente vorgebracht, dass ich darauf verzichten kann, auf neuere Ein- würfe und Gegenargumentationen (wie z. B. in @öbel’s „Vergleichender Entwickelungsge- schichte der Pflanzenorgane“), die wesentlich nichts Neues vorbringen, weiter einzugehen, zumal ich nicht erwarten kann, bei jenen, die derartige Anschauungen hegen, mit meiner Ansicht durchzudringen. Bemerken will ich nur, dass die Werthschätzung der Anamorphosen zumeist im umgekehrten Verhältnisse steht zu dem Vertrauen, welches der entwickelungsge- schichtlichen Methode in Ansehung ihrer Bedeutung für das morphologische Verständniss entgegengebracht wird. Ich habe den Werth der abnormen Anamorphosen für die Morpho- logie desto besser erkannt und schätzen gelernt, je mehr ich mich von der Unzulänglichkeit der entwickelungsgeschichtlichen Methode und von der Verkehrtheit vieler aus ihr deducirten morphologischen Ansichten überzeuste. Dagegen sind zumeist jene Botaniker, welche alle Aufklärung von der Entwickelungsgeschichte erwarten und sich holen, zugleich diejenigen, welche den Werth und die Zuverlässigkeit der Anamorphosen am meisten bestreiten. So sagt z. B. Baillon (Recherches organogenigues sur les fleurs femelles des Coniferes, Ann. d. scienc. Die Gymnospermen. 15 nat. IV. Serie Bot. Tome XIV): „Que dirai-je maintenant des faits tératologigues, qu’on ne leur ait souvent appligué avec raison, A savoir, gu' ils se pretent avec élasticité 4 fournir des arguments aux manieres de voir les plus opposées?“ Diesen Vorwurf würde aber mit mehr Recht die organogenetische Methode verdienen, mittelst welcher in der citirten Abhandlung nachgewiesen wurde, dass das Ovulum der Coniferen ein Fruchtknoten ist, die Fruchtschuppe der Araucariaceen ein Cladodium und der Arillus der Taxaceen ein Discus, lauter entwicke- lungsgeschichtliche Ergebnisse, von welchen eines irrthümlicher ist als das andere. Ich gebe allerdings zu, dass der ferner Stehende, der kein eigenes Urtheil über die Anamorphosen sich gebildet hat, den Eindruck empfangen kann, als ob auch die teratologische Methode die verschiedensten Auslegungen zulassen würde. Früher berief man sich z. B. auf die Abnormitäten des Ovulums, um daraus dessen Sprossnatur zu deduciren; von mir und Anderen wurde mittelst derselben Methode seine Bedeutung als Fiederblättehen bewiesen. Um bei den Coniferen zu bleiben, so ergaben die Abnormitäten der Fruchtschuppe der Abie- tineen nach den Einen das Resultat, dass dieses Gebilde aus zwei Blättern bestehe, während dieselben Abnormitáten nach Strasburger mit dem Diseus, nach Eichler mit der Carpidenex- erescenz am besten harmoniren sollten. An solchem Zwiespalt der Resultate waren aber nicht die Anamorphosen, sondern die einzelnen Beobachter schuld. Die einstigen Vertheidiger der Sprossnatur des Ovulums, welche im Vorhinein an diese Sprossnatur glaubten, begnügten sich mit der Ausdeutung einzelner abnormen Formen, ohne vollständige Anamorphosenreihen ver- sleichend zu studiren, und verfielen daher in den doppelten Irrthum, einestheils sprossähn- liche Umbildungen des Ovulums für Sprosse anzusehen und anderseits wirkliche, aber dem Ovulum fremde adventive Sprosse für Umbildungen des Ovulums zu halten. Diejenigen aber, -welche ohne alle vorgefasste Meinung‘ möglichst vollständige Anamorphosenreihen streng vergleichend untersuchten und in ihnen selbst die Belehrung über die morphologische Natur des Ovulums suchten, gelangten alle (Brongniart, Caspary, Oramer, Buchenau, ich selbst) zu wesentlich demselben, höchstens nur in untergeordneten Punkten, welche der Berichtigung durch die Anamorphosen selber immer fähig waren, differirenden Ergebniss, nämlich zur Foliolar- . theorie des Ovulums. Ganz ähnlich verhielt es sich mit den Anamorphosen der Fruchtschuppe der Abietineen. Alle Beobachter, welche diese Anamorphosen ohne Vorurtheil und bis zur letzten Umbildungsphase verfolgten, und deren ist eine lange Reihe (Al. Braun, Caspary, Oersted, Parlatore, Stenzel, Engelmann, Willkomm, ich selbst, Velenovsky), erhielten überein- stimmend das gleiche Resultat. Allenfalls vorhandene Differenzen im Detail hatten nur darin ihren Grund, dass nicht alle Beobachter gleich vollständige Reihen vor sich gehabt oder nicht alle Umstände genau erwogen hatten, und diese Differenzen waren daher auch leicht zu beseitigen. Strasburger’s und Hichler's völlig abweichende Deutungen der Abnormitäten stehen da- gegen ganz vereinzelt da, dadurch veranlasst, dass beide Forscher mit einer bereits fertigen Ansicht an sie herangetreten sind und diese Ansicht um jeden Preis und gewaltsam (nament- lich Eichler mit seiner Druckhypothese) mit den Abnormitäten in Übereinstimmung zu bringen suchten, statt aus ihnen selbst die Aufklärung zu suchen; wobei sie die durch klare Zwischen- formen erwiesene Identität der beiden Spaltstücke der Fruchtschuppe mit den Knospenvor- blättern, worauf Alles ankommt, durchaus nicht sehen wollten. 16 1. Dr. Lad. Čelakovský: Die Geschichte der Botanik lehrt, dass die Geringschätzung und Vernachlässigung der teratologischen Methode in der Morphologie erst seit jener Zeit allgemeiner geworden ist, seit welcher die Entwickelungsgeschichte zur ersten oder gar einzigen Instanz in allen morpho- logischen Fragen erhoben wurde. In neuester Zeit ist infolge der Anerkennung der Descendenz- lehre wenigstens der morphologische Vergleich wieder zu einer grösseren Geltung gelangt. Die Methode der Anamorphosen, welche doch nur eine Consequenz der ewig wahren Meta- morphosenlehre ist, bleibt aber von den Genetikern fortwährend unverstanden. Die älteren Botaniker vor 1840 dachten von den Abnormitäten und von der Methode ihrer Verwerthung in der Morphologie viel besser und viel richtiger als die neueren, zumal die Genetiker. Männer wie H. v. Mohl, Al. Braun, auch R. Brown, Brongniart, A. de St. Hilaire u.a. schätzen sie hoch als Quelle morphologischer Erkenntniss. Ich habe mit Absicht auch St. Hilaire erwähnt, obwohl oder weil in der „Vergleichenden Entwickelungsgeschichte der Pflanzenorgane“ zum Schlusse der langen Auseinandersetzung des $ 3 contra Methode der Abnormitäten ein Aus- spruch des französischen Botanikers eitirt wird, aus dem man folgern könnte, auch er habe wie die Genetiker die besagte Methode verworfen. „Die bisherige Teratologie, sagt Göbel, hat freilich dazu beigetragen, die Missbildungen und deren Studium (wem? den Genetikern) gründlich zu verleiden, denn häufig genug ist es gegangen, wie A. de St. Hilaire sagt: „sans cette condition les monstruosités favoriseraient également tous les réves de I imagination, et, comme disait M. Henri de Cassini, on verrait en elles tout ce qu’ on voudrait y voir.“ Dieser ganz aus allem Zusammenhang gerissene Satz hat aber bei St. Hilaire eine ganz andere Pointe; nicht gegen die consequente und logische Verwerthung der Abnormitäten zu morphologischer Erkenntniss überhaupt ist er gerichtet, sondern gegen deren unvorberei- tete und unverständige Verwerthung. Die ganze Stelle lautet in den Lecons de botanigue pas. 823. in der Übersetzung also: „Ich habe gesagt, dass die Untersuchung der. Monstrositäten uns oftmals die verborgensten Geheimnisse der Pflanzen- organisation offenbart; indessen werde ich nicht verhehlen, dass eine wirkliche Auf- klärung durch die Beobachtung der Abnormitäten davon abhängt, dass man zuvor ein tieferes Studium der Morphologie gemacht habe; ohne die Erfüllung dieser Bedingung („sans cette condition“) würden die Monstrositäten in gleicher Weise alle Träume der Aug begünstigen.“ Mit dieser Bedingung wird Jedermann einverstanden sein; denn in der That haben oft Dilettanten in der Botanik aus den ihnen leicht zugänglichen Abnormitäten ohne grůnd- liches Studium der Morphologie „in naiver Weise“ recht verkehrte Schlüsse gezogen. Das gilt aber nicht am wenigsten auch von der Entwickelungsgeschichte, welche gerade in neuerer Zeit sehr viele und recht absonderliche „réves de U imagination“ favorisirt hat. Auch das ist wahr, dass man in den Abnormitäten alles sehen kann, was man in ihnen sehen will, wenn man sie nämlich nicht unbefangen und nicht ohne ein bereits mitgebrachtes Vorurtheil studirt und auslest, wofür gerade auch die Geschichte der Deutungen der Fruchtschuppe der Abietineen ein eclatantes Beispiel geliefert hat. Meinen Arbeiten über das Ovulum, die Anthere, die Fruchtschuppe der Abietineen kann dieser Vorwurf nicht gemacht werden; ich habe aus ihren Abnormitäten Aufklärungen gewonnen, die ich anfangs gar nicht erwartet hatte und die meinen früheren Anschauungen zuwiderliefen, denn auch mir waren vor dem Die Gymnospermen. uf Studium der Abnormitäten die Ovula wahre Knospen, die Ovula der Gymnospermen hielt auch ich mit Baillon, Strasburger ete. für nackte Fruchtknoten und die Fruchtschuppe der Abietineen galt mir in Folge der Strasburger’schen Arbeiten lange genug als ein Diseusgebilde. St. Hilairés Auffassung der Abnormitäten ist aber so treffend, dass ich mir, den An- sichten des Tages gegenüber, nicht versagen kann, sie hier in der Übertragung anzuführen. Er sagt 1. c. pag. 818 ff. Folgendes: „Die Abnormitáten der Pflanzen sind nicht, was man sonst so oft gesagt hat, Naturspiele, bizarre Unregelmässigkeiten, durch zufällige Ursachen veranlasst. Es sind eigenthümliche Modifikationen, deren Erklärung immer auf allgemeine Prineipien zurückgeführt werden kann, einfache Folgen ganz allgemeiner Gesetze der Organi- sation. Die Anomalie ist eine abweichende Anordnung, welche ihre Grenzen und ihre Regeln hat; sie zeigt uns manchmal den Übergang aus der gewöhnlichen Ordnung in eine neue und manchmal eine Mischung von beiden.“ „Man darf ihre Charaktere nicht ausserhalb der allgemeinen Organisation der Pflanze suchen; sie sind nur der von der Abnormitát afficirten Pflanzenart fremd. Die abnormalen Erscheinungen, welche gewisse Individuen zeigen, trifft man als normalen Zustand bei anderen Pflanzen wieder, und zwischen zwei Blüthen, von denen die eine monströs, die andere normal ist, besteht oftmals kein anderer Unterschied, als dass derselbe Zustand bei der ersteren aus- nahmsweise, bei der anderen aber für gewöhnlich auftritt. Die Monstrosität kann also be- trachtet werden als eine bei einem Individuum oder einer Gesammtheit von Organen unge- wohnte Annahme des normalen Baues einer anderen Gesammtheit von Organen oder eines anderen Individuum; es ist also eine übertragene Organisation. Folglich sind die Ge- setze der Teratologie oder die Kenntniss der Monstrositäten dieselben wie diejenigen der normalen Morphologie (Organographie).“ „Die Botaniker haben seit Langem das Studium der Anomalien vernachlässigt; sie affektirten eine Geringschätzung derselben und die berühmtesten unter ihnen betrachteten die pflanzlichen Monstrositäten als Gebilde, welche die Natur degradirten und für die Wissen- schaft kein Interesse besässen.“ So sprach im J. 1840 6%. Hilaire von seinen Vorgängern, was würde derselbe erst von manchen jetzigen Nachfolgern sagen müssen ? „Es sind kaum vierzig Jahre her, dass man die teratologischen Thatsachen mit Eifer gesammelt und mit Verständniss in Zusammenhang gebracht hat. Die Philosophie hat die Pflanzenabnormitäten nicht mehr vernachlässigt. Man hat nach den Ursachen eines Zustandes geforscht, der nur dadurch bemerkenswerth ist, weil er ungewohnt ist, nach den Umständen, die ihn begünstigen, nach den Hindernissen, welche seine Entstehung hemmen; man hat aufgehört als naturwidrig zu bezeichnen, was nur gewohnheitswidrig war; man hat erkannt, dass das Studium der monströsen Anordnung, wenn ich mich so ausdrücken darf, oft zu einer tieferen Erkenntniss der gewöhnlichen Anordnung geführt hat; schliesslich hat man gefühlt, wie sehr dem Naturforscher die Teratologie nützlich ist, nicht nur um ihn zu einer praeciseren Bestimmung der Gesetze der Organisation anzuleiten, sondern auch um die natürlichen Ver- wandtschaftsverhältnisse der Pflanzen aufzuklären“ Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 3 18 1. Dr. Lad, Čelakovský : Das Alles klingt ganz anders als das aus dem Zusammenhang gerissene Citat, welches dem Autor der „Vergleichenden Entwickelungsgeschichte“ gerade gepasst hat. Ganz dieselben Anschauungen, die auch 8. Hilaire vertritt, sind es, welche ich seit Jahren vertrete, in deren Geiste ich die Anamorphosen der Ovula, der Anthere u. s. w. studirt habe, und welche die Genetiker beharrlich ablehnen. Die Adepten und Jünger sind dann immer noch leichter mit ihrem Urtheil fertig als die Meister. *) Noch möge ein anderer, wahrhaft goldener Ausspruch aus der älteren Zeit der Gegen- wart in Erinnerung gebracht werden. „Um die hier in Frage stehenden Zweifel zu lösen (betreffend die Deutung der Theile einer Anthere) ist wohl, wie in vielen anderen Fällen, die Beobachtung von Missbil- dungen geeigneter, als die Untersuchung von normal entwickelten Blü- then, indem in den letzteren nur selten, z. B. zwischen den Blumenblättern und Staubfäden von Nymphaea, ein allmählicher Übergang von dem einen Organ ins andere stattfindet, sondern meistens dieser Übergang sprungweise erfolgt und desshalb die Art und Weise des Übergangs durch leicht trügliche Schlüsse und Analogien ermittelt und oft errathen werden muss, während in missgebildeten Blüthen häufig ein Rückschritt von der Form des einen Organs zu der des ihm vorausgehenden stattfindet und so durch mannigfache Mittelformen, welche bald mehr zu dem einen, bald mehr zu dem andern Organe hinneigen, eine allmähliche Veränderung dereinenFormindieandere dargelegt wird, so dass bei Untersuchung solcher Fälle die Art des Über- gangs nicht nur dem Untersuchenden subjectiv wahrscheinlich, sondern aucheinem Anderen demonstrirbar wird.**) Desshalb lieferten denn auch die Miss- bildungen von den Zeiten Linné's an die hauptsächlichsten Data zur Ausbildung der Lehre von der Metamorphose, und man darf wohl behaupten, dass ohne Be- obachtungen missgebildeter Blüthen der menschliche Scharfsinn kaum im Stande gewesen wäre, den richtigen Weg zur Erklärung der Blüthen- bildung zu finden; auch jetzt noch sind sie in vielen Fällen der Faden, mittelst dessen allein wir im Stande sind, uns durch die morphologischen Labyrinthe durchzuwinden.“ Der dieses schrieb, vor mehr als fünfzig Jahren schrieb, war aber kein Abnormitätenfex mit beschränktem Gesichtskreise, sondern kein Geringerer als Z. von Mohl***), einer der schärfsten Denker unter den Botanikern unseres Jahrhunderts, den ein ungewöhnlich treff- *) Ein Solcher sagt in „Flora“ 1890. H. 1. S. 67 bei Besprechung meiner Arbeit über die Placenten: „Welchen geringen Werth das Studium der Missbildungen für die Entscheidung entwickelungsge- schichtlicher Fragen bat, ist schon genugsam von anderer Seite betont worden.“ Mit der „anderen Seite“ ist die „Vergleichende Entwickelungsgeschichte* gemeint. Für die Entscheidung entwickelungs- geschichtlicher Fragen haben die Missbildungen gar keinen Werth, aber die Begviffsverwirrung liegt darin, dass „morphologische Fragen“ eo ipso für entwickelungsgeschichtliche Fragen genommen werden. Freilich aber, was nutzt alles Demonstriren, wenn der Andere principiell nicht hinsehen will und das ihm subjectiv Wahrscheinliche vorzieht, so wie ich es mit dem Demonstriren der Vergrünunsen des Ovulum vielfach erleben musste. *%**) Dissertation vom J. 1836. Beobachtungen über die Umwandlung der Antheren in Carpelle. Die Gymnospermen. : 19 sicheres Urtheil alles was er angriff (in Morphologie, Anatomie, Physiologie, Pflanzengeogra- phie) mit einer für seine Zeit sehr seltenen Praecision und Exaktheit behandeln liess. Auch Strasburger sagt von ihm (Conif. S. 187), dass „alle Arbeiten dieses Forschers in vieler Beziehung zu den besten gehören, die aus diesen Zeiten stammen; — und selbst dort, wo wir zu anderen Resultaten gelangten, bleiben uns seine Angaben werthvoll, weil sie immer auf genauer Beobachtung und scharfsinnigem Vergleich beruhen.“ H. v. Mohl gehörte auch zu jenen immer seltener werdenden Forschern, welche guten Gegengründen zugänglich sind und nicht bei ihren einmal ausgesprochenen Meinungen verharren. Er hielt z. B. zuerst die Fruchtschuppe der Abietineen für ein einziges Blatt (wie später Van Tieghem), er corrigirte aber seine Ansicht sofort, nachdem Caspary's und Oersted’s teratologische Untersuchungen bekannt geworden waren; und er erkannte alsbald auch die morphologische Übereinstimmung zwischen der Fruchtschuppe der Abietineen und der Doppelnadel von Sciadopitys.*“) Auch konnten ihn an der Gymnospermie der Coniferen Baillon’s entwickelungsgeschichtliche Resultate nicht irre machen. In diesen „anderen Resultaten* war Mohl auch gegen Strasburger im vollen Rechte. An dritter Stelle will ich noch die Ansichten eines neueren ausgezeichneten Forschers, nämlich Strasburger's, über die Abnormitäten besprechen. Strasburger nimmt zu ihnen eine eigenthůmliche Stellung ein, er verwirft sie nicht so ganz, wie die extremen Genetiker, und beurtheilt sie in der Theorie ziemlich richtig; doch macht sich auch bei ihm der Einfluss der Anschauungen der genetischen Schulen bemerkbar, in Folge dessen er sie in praxi nicht viel anders als die Genetiker behandelt. Er sagt (Coniferen und Gnetaceen S. 402), der Werth der Bildungsabweichungen sei sehr verschieden beurtheilt worden, indem die Einen das höchste Gewicht auf dieselben lesten, die Anderen ihnen jede wissenschaftliche Bedeutung abgesprochen haben. Das liege in der verschiedenen Natur der Bildungsabweichungen, welche entweder Anpassungserscheinungen oder Rückschlagserscheinungen sind. Die ersteren (z. B. durch Insectenstiche und Parasiten erzeugte Auswüchse, Veränderungen durch Druck u. s. w.) seien ohne morphologischen Werth; von srossem morphologischen Werthe seien dagegen die Rückschlagserscheinungen. „Diese offenbaren uns oft mit einem Schlage den morphologischen Werth eines Gebildes, indem sie uns seinen Ursprung vorführen: so z. B. die Umwandlung der Fruchtschuppen der Abietineen in Laubsprosse (und doch die Fruchtschuppe ein Discus?), die Verwandlung der Staubblätter oder Fruchtblätter in Laub- oder Blumenblätter u. s. w.“ Die Unterscheidung der Anpassungs- und der Rückschlagserscheinungen hat aber ihr Häkchen. Strasburger sagt selbst, dass es nicht leicht, ja in vielen Fällen nicht möglich ist, sicher zu entscheiden, was eine Anpassungs- und was eine Rückschlagserscheinung ist. Damit ist aber der Willkür, dem subjektiven Dafürhalten Thor und Angel geöffnet. Wenn das Ergebniss der Abnormitäten dem anderweitig gebildeten Urtheil nicht entspricht, so sagt man einfach, diese Abnormitäten beruhten nicht auf dem Rückschlag, sondern auf blosser Anpassung, und das Zeugniss der Anamorphosen wird schön auf die Seite geworfen. Zu den Anpassungen zählt Strasburger überdiess noch „Missbildungen, die durch gewisse Entwicklungszustände begünstigt werden, ohne in der Natur der Gebilde selbst begründet zu sein.“ Dahin sollen *) Morphologische Betrachtung der Blätter von Sciadopitys. Bot. Ztg. 1871. N. 1. und 2. 3* 20 1. Dr. Lad. Čelakovský: die Anamorphosen der Ovula gehören. Auf diesem Wege gelangt auch Strasburger gleich den Genetikern dahin, die durch die Abnormitáten so klar und anschaulich demonstrirte Natur der Ovula, der Anthere, auch der Fruchtschuppe der Abietineen zu leugnen und die Abnor- mitáten in einer zu der vorgefassten Ansicht gerade passenden Weise zu interpretiren. Abgesehen aber von diesem in der Praxis höchst unsicheren Werthe der Unterschei- dung der Anpassungs- und der Rückschlagserscheinungen, behaupte ich ausserdem, dass nicht bloss die Rückschläge, sondern ebenso gut auch die progressiven Umbildungen von morpho- logischem Werthe sind. Reine Rückschläge im Sinne von Atavismus kommen übrigens kaum irgendwo vor. Wenn ein Staub- oder Fruchtblatt verlaubt, so geschieht es nicht in Folge einer atavistischen Kraftwirkung, denn das Stadium eines sporangientragenden Laubblattes liest unermesslich weit zurück bei den Anfängen der Gefässpflanzen. Ich habe früher geglaubt, dass die Verlaubung der Ovula auf atavistische Zustände zurückführt, dass der zum Ovular- blättehen seitliche Nucellus auf ein ursprüngliches phylogenetisches Stadium hindeutet, indem aus einem solchen Blättehen bei den Farnen das Ovulum der Phanerogamen hervorgegangen sein müsste. Dies stiess auf Widerspruch, namentlich von Seite Strasburger's, und mit Recht, wie ich zugebe. Die Vergrünungssstadien der Ovula sind in der That keine Rückschläge, sondern haben progressiven Charakter, sind Fortbildungen zunehmend vegetativer Art, sind aber darum nicht weniger werthvoll, als wenn sie regressiven Charakter besitzen würden. Das Ovulum bleibt nämlich immer dieselbe morphologische Bildung, ob es normal reproduktiv entwickelt oder ob es in geringerem oder höherem Grade vegetativ geworden ist; die Grade der vege- tativen Ausbildung nähern es aber unserem Verständniss mehr als die normale Bildung, sie zeigen, dass das Ovulum ein Blattglied ist, welches normal reproduktiv ausgebildet wird; die Vergrünungsstadien zeigen ferner, wie die Bildung der Integumente zu Stande kommt; sie widerlegen also die neueste (von Strasburger, Göbel, Baillon, Eichler u. a. vorgetragene) morphologische Lehre, dass das Ovulum und sein Hauptbestandtheil, das Macrosporangium, prineipiell vom vegetativen Blattgliede verschieden, ein sogenanntes Gebilde „sui generis“ wäre. Denn die Reproduktionsorgane sind zwar physiologisch, nicht aber morpho- logisch verschieden von jenen vegetativen Theilen, in welche sie sich durch Vegetativ- werden (über welches Nägeli’s Abstammungslehre in ausgezeichneter Weise Licht verbreitet) umwandeln. Wenn ein Eikern oder ein Pollenfach vegetativ wird, so schwindet es desswegen nicht vom Fruchtblatt oder vom Staubblatt, sondern es bildet nur dieselben Zellen, aus denen sichin weiteren Zellengenerationennormal Pollenmutterzellen oder Keimsackmutterzellen bilden würden, zu vegetativen Gewebezellen aus, bleibt aber sonst, morphologisch betrachtet, was es im normalen Zustand war; die vegetative Ausbildung lässt aber erst erkennen, welchen morphologischen Werth es eigentlich, im abnormen und im normalen Zustand in gleicher Weise, besitzt. Ich komme übrigens in einem folgenden Abschnitt eingehender darauf zurück. Auch die Trennung der beiden in der Fruchtschuppe der Abietineen enthaltenen Fruchtblätter und ihre Umbildung in die zwei ersten Blätter einer Achselknospe, welche die Abnormitát der durchwachsenen Zapfen zeigt, kann nur in beschränktem Sinne als Rück- schlagserscheinung bezeichnet werden. Die Trennung und die Vermehrung der Knospenblätter, welche in einer von Veienovsky beobachteten Abnormität an Lärchenzapfen sogar alle auf Die Gymnospermen. 21 ihrer Unterseite ein Ovulumrudiment trugen, hat zwar den Charakter eines Růckschlags, denn gewiss hatte die Blüthe der Vorfahren der Abietineen zahlreichere und unter einander freie Carpiden, aber die Ausbildung dieser Fruchtblátter zu Knospenschuppen, ihre Form und Textur sind gewiss nicht atavistisch, sondern durch progressive Weiterbildung der vegetativen Knospe bewirkt; von einer geheimen atavistischen Kraft als Ursache des Rückschlags kann natürlich keine Rede sein. Die vegetative Knospe hat eben auch zahlreiche und freie Knospen- schuppen, wie die supponirte Blüthe der Vorfahren Carpiden, daher der Anschein des Rückschlags. Wir brauchen uns aber keine Scrupel deswegen zu machen, ob eine Abnormität Rückschlagserscheinung ist oder nicht; die einzige Bedingung des morphologischen Werthes der Abnormitäten ist nur die, dass zusammenhängende Übergangsformen derselben vorhanden seien und dass diese wie auch insbesondere das Endglied der ganzen Reihe vollkommen ver- ständlich seien, so dass in der Deutung der minder verständlichen normalen Bildung kein Zweifel und keine Zweideutigkeit übrig bleibe. 3. Nachweis der Gymnospermie. Bevor ich an die Aufklärung des morphologischen Baues der Blüthen der Gymno- spermen gehe, wird es nöthig sein, zuvor die Gründe zu erwägen, durch welche die Gymno- spermie dieser Pflanzenklasse nachgewiesen und gegen die Einwürfe der Antigymnosper- misten geschützt wird. Zwar könnte dies als ein überflüssiges Beginnen erscheinen, nachdem die Gymnospermielehre bereits durch Braun und Eichler ziemlich auf der ganzen Linie den Sieg über die Antigymnospermielehre errungen und ihr Hauptgegner in Deutschland, Stras- burger, die Waffen gestreckt hat. Wenn ich dennoch die Gründe für und gegen die Gymno- spermie in Erwägung ziehe, so geschieht es darum, weil das grössere oder geringere Gewicht dieser oder jener Argumente zumeist nicht gehörig nach Gebühr beurtheilt wird. Die Gymnospermie der Cycadeen war, was die Leichtigkeit ihrer Begründung. betrifft, immer sehr im Vortheil gegen die Gymnospermie der Coniferen. (Die Gnetaceen brauchen wir hier nicht weiter zu beachten, weil die Deutung ihres weiblichen Organs als Ovulum oder als Fruchtknoten durchaus von der für die Coniferen erwiesenen Bedeutung abhängt.) Sobald anerkannt wird, dass es bei Cycas fiederspaltige Blätter sind, welche die weiblichen Organe an ihren Rändern tragen, so ist damit auch schon die Gymnospermie der Cycadeen so gut wie nachgewiesen, wenigstens im hohen Grade wahrscheinlich gemacht. Denn es giebt kein Beispiel im ganzen Pflanzenreich, dass Blüthen normal auf Blättern entspringen würden (obwohl dies in Abnormitäten allerdings, namentlich von Caspary bei Rheum, Cucumis, Ur- tica*) beobachtet worden ist), hingegen ist die Stellung der weiblichen Organe von Cycas genau an Stelle eines Blattabschnittes für ein Ovulum vollkommen passend, nachdem das Ovulum in Anamorphosen in einen Blattzipfel wirklich übergeht und ihm (morphologisch, nicht physiologisch) homolog ist. Der Mangel einer Narbe auf der den Nucellus umgebenden Hülle, *) Caspary: Über Blüthensprosse auf Blättern. 1875. 22 1. Dr. Lad. Čelakovský : die Verschmelzung des Nucellus und der Hůlle in ihrem unteren Theile sind auch dem Ovulum günstiger als dem Fruchtknoten. Freilich der sicherste Beweis, dass auf den Frucht- blättern von Cycas Ovula und nicht Fruchtknoten situirt sind, wären wie überall sonst in zweifelhaften Fällen die Anamorphosen, die wirkliche durch Mittelformen nachzuweisende Um- bildung in das Fiederblättchen des Carpids. Solche sind aber für die Cycadeen leider nicht bekannt. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass die an Stelle von Randzipfeln des Blattes befindlichen weiblichen Organe Ovula sind, unvergleichlich grösser als die, dass es blattbür- tige Blüthen wären, welche auch im Hinblick auf die männlichen Blüthen phylogenetisch gar nicht zu verstehen wären. Kurz, die Gymnospermie der Cycadeen ergiebt sich ganz ungezwungen und natur- gemäss aus dem morphologischen Orte und der ganzen Bildung ihrer weiblichen Organe, wo- gegen die Deutung dieser Organe als Fruchtknoten den Cycadeen nur von den Coniferen aus aufgezwungen werden konnte. Wenn der Grundsatz berechtigt ist, dass man bei morpholo- gischen Vergleichen und Analogiebeweisen von den klareren Fällen ausgehen und die minder klaren nach jenen beurtheilen soll, so war Al. Braun gewiss wohlberathen, dass er bei der Vertheidigung der Gymnospermielehre von den Cycadeen ausging und die Gymnospermie zu- erst bei diesen fest zu begründen bestrebt war. Die Angiospermie hätte bei den Cycadeen nur dann bessere Aussichten, wenn die fiederspaltigen Carpiden, wie überhaupt die gefiederten Laubblätter der Cycas keine Blätter, sondern Cladodien oder flache Äste wären, aus welchen die weiblichen Blüthen auf eine natur- gemässe Weise ihren Ursprung nehmen würden. Auch diese curiose Idee hatte ihre Ver- treter (namentlich Miguel *) wegen des acropetalen Wachsthums der Cycadeenblätter, also auf entwickelungsgeschichtlicher Grundlage. Wir brauchen uns aber zum Glück mit dieser An- sicht, die zu den vielen entwickelungsgeschichtlich gewonnenen Irrthümern gehört, nicht weiter © zu befassen, nachdem heutzutage selbst die Genetiker davon zurückgekommen sind. Schlimmer als bei den Cycadeen lag die Gymnospermiefrage bei den Coniferen. Hier war es keineswegs so leicht zu entscheiden, was als Carpid betrachtet werden sollte. Darum fand bei ihnen die entwickelungsgeschichtliche Methode ein günstiges Terrain, auf welchem sie der Gymnospermie sehr unangenehm werden konnte. Immer waren es zumeist die Coni- feren, auf welche die Opposition gegen R. Brown’s Gymnospermielehre sich stützte, niemals aber hatte diese Opposition einen so wissenschaftlichen Anstrich, als seitdem Baxllon und Payer, der verdiente und erfahrene Entwickelungsforscher, auf Grund ausgedehnter organogene- tischer Untersuchungen nachgewiesen hatten, dass die Hülle des Nucellus in vielen Fällen mit zwei getrennten, hufeisenförmigen Primordien angelegt wird und sich somit analog manchen Fruchtknotenhüllen (bei Chenopodeen, Polygoneen) u. s. w. zu bilden anfängt. Diese beiden Primordien könnten doch, sagte man, nichts anderes sein als Fruchtblätter, wofür dann noch *) Baillon (Bulletin de la Soc. Linnéenne de Paris, 5. Aug. 1885) will sogar auf entwickelungsgeschicht- lichem Wege gefunden haben, dass das Fruchtblatt der Cycadeen aus einem Deckblatt und einem die Blüthen (Ovula) tragenden dazu axilláren Flachsprosse wie bei Araucaria zusammengesetzt sei. Dazu bemerkte Zächler (Conif. S. 15), dies sei einstweilen sehr zu bezweifeln. Der Flachspross gehört jedenfalls hier wie bei den Abietineen und bei Araucaria in den entwickelungsgeschichtlichen Mythus. -P Die Gymnospermen. 23 besonders die Entwickelung der Hůlle von Taxus sprach, deren zwei Primordien mit den zwei voraufgehenden Schuppenblättern alterniren, sich also der phyllotaktischen Regel gemäss ganz wie Blätter betragen. Diese Entwickelungsgeschichte wurde dann auch in Deutschland von einem so gediegenen Forscher wie Strasburger bestätigt und die Fruchtknotennatur der Brown’schen Ovula mit grosser Bestimmtheit daraus deducirt, in Folge dessen sogar der bisherige Brongniart’sche Name Gymnospermae mit berechtigter Consequenz von Strasburger aufgegeben und ihm die Bennenung Archispermae substituirt wurde. Es war ein schwacher Trost für die Gymnospermie der Coniferen, wenn Al. Braun und Eichler das Zugeständniss machten, dass wohl auch ein Integument aus zwei verwachsenen Blättern bestehen könnte, nachdem doch die Integumente Blätter der Samenknospe seien; denn die Samenknospe ist keine Knospe und die Integumente sind keine ganzen Blätter. Ich selbst habe mich in meiner ersten grösseren morphologischen Arbeit: „Über die morphologische Bedeutung der Samenknospen“ in Flora 1874 der Ansicht von Baxllon und Strasburger mit voller Überzeugung angeschlossen, und zwar nicht so sehr aus dem Grunde, dass mir die entwickelungsgeschichtliche Begründung derselben in erster Reihe imponirt hätte (ich wusste ja schon damals, dass die entwickelungsgeschichtlichen Befunde verschiedene Deutungen zulassen, von denen die gerade mit grösster Bestimmtheit aufgestellte Deutung nicht immer die richtige sein muss), sondern weil nach dem Ergebniss der comparativen Unter- suchungen Strasburger’s die weiblichen Organe der Coniferen, wenn es Ovula wären, durch- wegs eines Fruchtblatts entbehren würden. Ich hatte in dem eben genannten Aufsatz in der Flora die These aufgestellt und begründet: „Kein Eichen ohne Carpell.“ Von der Wahrheit dieses Satzes war ich vollkommen überzeugt und ich halte ihn noch heute mit aller Bestimmt- heit aufrecht. Es hat mir immer sehr widerstrebt, dass bei Taxus und Ginkgo völlig frucht- blattlose Ovula existiren sollten, so sehr auch der Augenschein dafür war, und ich heste immer die Erwartung, dass sich diese Ausnahme vom allgemeinen Gesetz des ganzen Reiches der Phanerogamen und selbst der Gefässkryptogamen (wo gewiss Sporangien (Eusporangien) oder die ganzen Sori dem Ovulum homolog sind) als nur scheinbar herausstellen würde. Die Annahme eines totalen Aborts des Fruchtblattes z. B. bei Taxus erschien mir immer als ein sehr zweifelhafter Nothbehelf, dem vollends alle Wahrscheinlichkeit abging, wenn er auf alle Coniferen ausgedehnt werden sollte. Desswegen schien mir die entwickelungsgeschichtliche Lehre Baillon’s und Strasburger’s auf Wahrheit zu beruhen; durch sie war ja die Hülle des Nucellus als aus zwei Fruchtblättern bestehend nachgewiesen. Die Angiospermie der Coni- feren (und damit mittelbar auch der Gnetaceen und Cycadeen) schien somit unumstösslich be- gründet 1. durch die Entwickelungsgeschichte, 2. durch das Postulat, dass jedes Ovulum ein Fruchtblatt voraussetzt. Da erschien im J. 1876 Stenzel’s Schrift: Beobachtungen an durchwachsenen Fichten- zapfen (Nova Acta Leop. Carol. Bd. XXXVIII. N. 3), in welcher durch vollständige Reihen lehrreicher Anamorphosen in erschöpfender Weise der Beweis geliefert wurde, dass die Frucht- schuppe der Fichte (und somit unbedenklich auch der übrigen Abietineen) kein Discusgebilde ist, wie durch Strasburger’s entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen dargethan zu sein schien, sondern ein Verwachsungsprodukt zweier Blätter, welche je ein Ovulum auf ihrer Unterseite tragen. 24 1. Dr. Lad. Čelakovský: Durch diese Arbeit Stenzel’s nahm die Frage nach der Gymnospermie der Coniferen eine ganz andere Wendung. Zwar waren die Abnormitäten durchwachsener Zapfen von Picea, Pinus und Larix schon früher mehrfach beobachtet worden, zuerst von Al. Braun, dann von Caspary, Parlatore und Oersted, und auf Grund derselben war schon wiederholt erklärt worden, dass die Fruchtschuppe aus zwei verschmolzenen Knospenschuppen bestehe, allein die früheren Angaben waren fragmentarisch, z. Th. ohne Abbildungen, wenigstens waren keine vollständigen Reihen der Anamorphosen, wie zum erstenmale in Stenzel’s Arbeit, gegeben worden, ohne welche auch die Abnormitäten keine volle überzeugende Kraft haben. So kam es dann, dass z. B. Al. Braum selber die zwei Fruchtschuppenblätter nicht als Carpiden, sondern nur als Deckblätter der Ovula, welche letztere er dann als selbständige axilläre Blüthen auffasste, deuten konnte. Wegen dieses Mangels vollständiger Anamorphosenreihen in getreuen und klar verständlichen Abbildungen ist es begreiflich, dass selbst die behauptete Zusammensetzung der Fruchtschuppe aus zwei Knospenblättern zweifelhaft erschien, nachdem Strasburger, der doch die Abnormitáten sehr eingehend studirt hatte, dieselben ganz anders zu deuten vermochte und versichern konnte, die Resultate der Untersuchungen der monströsen Zapfen von Pinus Brunoniana bestätigten durchaus die entwickelungsgeschichtlich gewonnenen Angaben (Conif. S. 169); es sei der Discus, welcher sich in die zwei den beiden „Blüthen“ zugehörigen Theile spalte. Ich konnte aber bald selbst Stenzel’s Beobachtungen durch Untersuchung des von Willkomm erhaltenen Fichtenzapfens vollauf bestätigen und mich von der Correctheit seiner Auffassung der Anamorphosen durch Autopsie überzeugen. Nichts konnte die entwickelungsgeschichtliche Lehre, dass die weiblichen Organe der Coniferen Fruchtknoten seien, schlagender widerlegen als eben diese wohlverstandenen Ana- morphosenreihen. Das entwickelungsgeschichtliche Trugbild der axillären Ovulum-Blüthen und - Inflorescenzen verschwand mit einemmale sammt dem vermeintlichen Discus, statt ihnen erschienen auf der Bildfläche zwei reale Carpiden mit je einem unterseitigen Ovulum. Stras- burger hatte sich bereits über die beiden Theilstücke der in der Abnormität entzwei gespal- tenen Fruchtschuppe geäussert: sie könnten jedenfalls keine Blätter sein, denn sonst könnten die Blüthen unmöglich auf ihrer Aussenseite zu stehen kommen (Conif. S. 169). Da sie aber ganz gewiss Blätter sind (Blätter derselben Achse, welche die übrigen Knospenblätter erzeugt), so muss der Ausspruch umgekehrt siltig sein; die Ovula können keine Blüthen sein; denn sonst könnten sie unmöglich auf die Aussenseite der beiden Blätter zu stehen kommen. Als Ovula mit einfachem Integument können sie aber ganz wohl auf der Unterseite ihres Carpids sich befinden, weil sie einem Sporangien-Sorus mit Indusium, der auch bei Farnen blatt- unterseitige Stellung hat, homolog und selbst ein monangischer einfach behüllter Sorus sind. *) Die weiblichen Organe der Abietineen sind also nach dem Zeugniss der Anamorphosen ebenso blattbürtig wie die Ovula der Cycadeen, und dies ist der beste Beweis, dass sie ebenfalls *) Wenn ich den vergleichenden, von Prantl eingeführten Ausdruck monangischer Sorus gebrauche, so will ich damit keineswegs sagen, dass derselbe aus einem polyangischen Sorus durch Reduction entstanden sei; vielmehr ist der monangische Sorus oder das behüllte Einzelsporangium (Eusporan- gium, Sporocyste) ursprünglicher und aus ihm der polyangische Sorus mit zahlreichen Leptosporan- gien) durch weitere Blattverzweigung hervorgegangen. Die Gymnospermen. 25 Ovula sind, weil Blüthen aus der Unterseite eines Tragblatts womöglich noch mehr dem gesetzlichen Blüthenursprung widersprechen würden, als bei den Cycadeen Blüthen am Rande eines Blattes. Daraus ergiebt sich aber von selbst die Gymnospermie aller übrigen Coniferen und ebenso auch der Gnetaceen. Mein ehemaliger Einwurf gegen die Gymnospermie der Coni- feren, dass ihren Ovulis, wenn die Fruchtschuppe eine discoide Bildung ist, die Fruchtblätter fehlen würden, ist durch die Anamorphosen der Abietineen wenigstens für diese Gruppe und gewiss auch für die übrigen Araucariaceen mit doppelter Fruchtschuppe hinfällig geworden. Wir dürfen uns sogar der Hoffnung hingehen, dass selbst bei den Taxaceen noch Carpiden nachgewiesen werden können oder dass ihr scheinbarer Mangel sich wird phylogenetisch befriedigend aufklären lassen. Dies wird denn auch wirklich im weiteren Verlaufe dieser Abhandlung geschehen. Was aber den entwickelungsgeschichtlichen Nachweis des angeblichen Fruchtknotens der Coniferen, der aus zwei Blattprimordien gebildet sein sollte, betrifft, so gilt von ihm gerade das, was Baillon von den Abnormitäten gesagt hat: Die Entwickelungsgeschichte ist so schmiegsam und elastisch, dass sie für die entgegengesetztesten Anschauungen Argu- mente liefert. : Die Ähnlichkeit der ersten Anlage des Integuments mancher Coniferenovula mit der Anlage einiger angiospermen Fruchtknoten sollte den Beweis liefern, dass dieses Inte- gument ebenfalls ein Fruchtknoten sein müsse. Nun kann zwar die ähnliche Entwickelung als Stütze einer anderweitig aus guten Gründen vermutheten Identität, zumal bei ver- wandten Pflanzen, von Werth sein, — in diesem Sinne habe ich die ontogenetische Deutung bis zur besseren Belehrung durch die Anamorphosen gelten lassen —, aber für sich allein beweist sie eine solche Identität noch nicht, weil auch Organe von verschiedenem morpholo- gischen Werthe sich ähnlich entwiekeln und angelegt werden können. Was z. B. das Ver- hältniss des Integuments zum Pistill betrifft, so kann bekanntlich ein Pistill in Form eines gleich hohen Ringwalles angelegt werden (Primulaceen); bei Panicum aduncum (nach Payer Org. tab. 148) bildet es sich als Wall um den Ovularhěcker, einem Integument längere Zeit (bis zum Auswachsen der Griffeltheile) vollkommen ähnlich; doch aber ist trotz der ähnlichen Entwi- ckelung das Pistill kein Integument. Wenn ein Integument, das kreisförmig angelegt wurde, später eine zweilippige Mündung erhalten kann (z. B. Polygala), worauf schon Caspary hin- gewiesen”), warum könnte nicht auch ein Integument ganz frühzeitig mit 2 Läppchen, also mit auf zwei entgegengesetzten Seiten gefördertem Wachsthum sich um den Nucellus erheben, ohne dass deswegen die „Primordien“ Blätter sein müssten? Es ist nur ein grundloses Ver- urtheil, wenn man glaubt, dass die erste Anlage an morphologischer Wichtigkeit und Beweis- fähigkeit vor einem späteren Stadium in allen Fällen etwas voraus hat, nachdem doch con- genitale Verschmelzungen mehrerer Glieder ebenso häufig sind wie frühzeitige oder ursprüngliche Spaltungen eines sonst einfachen Gebildes. Das Integument ist übrigens in der That als aus zwei verschmolzenen Fiederláppchen des Ovularblättchens gebildet zu denken (Čelakovský Neue Beiträge zur Foliolartheorie des Ovulum 1884 S 11. Fig. 31, 32), daher es nicht zu *) Auch in Vergrůnungsformen inclinirt das innere Integument sehr zur zweilappigen oder zweilippigen Bildung (s. z. B. Alliaria officinalis in Bot. Ztg. 1875 Tab. II.) Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 4 26 1. Dr. Lad. Čelakovský: verwundern ist, wenn es einmal auch wirklich mit 2 Primordien sich zu bilden anfängt. Die Lage dieser Primordien hängt allerdings von dem Symmetrieverhältniss des Integuments zum Carpid oder zur Fruchtschuppe (Abietineen) oder zum vorausgehenden Blattguirl (Taxus) ab. Bei Taxus alterniren die Lappen mit dem letzten Blattpaare, auf der Fruchtschuppe steht der eine Integumentlappen nach aussen, der andere nach innen. Diesem Symmetriever- hältnisse entspricht auch die Stellung der beiden Läppchen oder „Primordien“, wenn die Fruchtschuppe mehrere Ovula erzeugt, während diese Stellung der Annahme eines Blüthen- standes nach phyllotaktischen Regeln keineswegs entgegenkommt, worüber sich schon Eichler in den Blüthendiagrammen I. S. 67. beklagt hat, wo die betreffende Anmerkung lesenswerth ist. Noch möchte ich bemerken, dass Strasburger’s Darstellungen von einem getrennten Ursprung der „Primordien“ des Integumentes sehr wenig erkennen lassen. Bei Pinus pumilio erscheint das Integument vielmehr wie ein nur unterseits nicht ganz geschlossener Wall. (Strasb. Conif. Taf. V. Fig. 8. 10.) Auch bei Taxus (Taf. I. Fig. 2, 3), Ginkgo (Taf. I. Fig. 22. 23), Thuja occidentalis (Taf. III. Fig. 3), Cupressus (Taf. IV. Fig. 33) sieht man nur einen Ringwall mit 2 mehr geförderten entgegensetzen Seiten, obwohl im Texte von den zwei huf- eisenförmigen Carpiden die Rede ist. Bei Podocarpus tritt das innere Integument entschieden als gleich hoher Ringwall auf und dann als zweiter äusserer Ringwall das äusserer Integument (Taf. II. Fig. 39—43). Die weitere Bildung ist vollkommen die einer anatropen Samenknospe, auf welche der Begriff Fruchtknoten und Discus nur höchst gezwungen angewendet werden kann. In der That ist auch von den Vertheidigern der Gymnospermie der Coniferen der Bau des anatropen Ovulums von Podocarpus öfter geradezu als ein Demonstrationsobjekt ver- wendet worden. Die mehr oder weniger ausgesprochene Zweilappigkeit des Integuments der Coniferen _ erhält übrigens auch noch in dem tief 2lappigen oder zweiklappigen Indusium mancher Farne (Hymenophyllum, Dicksonia, Cibotium) ihr entsprechendes Analogon oder vielmehr Homologon, weil das Integument phylogenetisch sicherlich dem Indusium homolog ist. Der vom Indusium behüllte randständige Sorus einer Hymenophyllacee ist seiner Stellung nach vergleichbar dem randständigen Ovulum einer Cycas, der unterseitige 2klappige Schleier mit Sorus einer Dick- sonia aber dem unterseitigen Ovulum einer Abietinee. Die beiden Typen des Integuments, die bei den Coniferen vorkommen, nämlich der zweilappige und der ganzrandig becherförmige Typus, finden sich wieder beim Indusium der Hymenophyllaceen (Hymenophyllum und Trichomanes) und der Cyatheaceen (Dicksonia oder Cibotium und Cyathea). Die Thatsachen der Entwickelungsgeschichte beweisen also die Angiospermie der Coniferen nicht im geringsten, sie sind wie gewöhnlich zweideutig und bedürfen der Erklärung von anderer Seite, namentlich von Seite der Anamorphosen. Diese aber lassen nur die Deutung zu, dass die weiblichen Organe Ovula, aber keine Fruchtknoten sind, was mit dem bei den Cycadeen auch ohne Anamorphosen hinlänglich klaren Verhalten derselben Organe auf das beste harmonirt. Dieses Resultat wird dann für die Coniferen noch durch verschiedene, immerhin gewichtige Nebenumstäude bestätigt, so durch die für Blüthen resp. Carpiden nach phyllotak- tischen Regeln oft ungehörige Orientirung der Integumentlappen, die Form des anatropen Ovu- Die Gymnospermen. 27 lums u. a. Schliesslich wird die Zweilappigkeit des Integuments auch noch durch die Ana- logie mancher Farnindusien vorzüglich illustrirt. Ich habe die Gründe, welche für die Gymnospermie und gegen die entgegengesetzte Deutung (Angiospermie) der Gymnospermen mit Entschiedenheit sprechen, desshalb im Zusam- menhange und ausführlicher besprochen, weil dies bisher noch nirgends in wünschenswerther Weise geschehen ist. Eichler hat z. B. in seinen Controversen beiweitem nicht alle und gerade die wichtigsten Argumente (Anamorphosen) nicht hervorgehoben, ausserdem manche irrige Anschauungen (z. B. Knospennatur des Ovulums, die Möglichkeit einer Umbildung eines Integuments in einen Fruchtknoten und ähnl.) mit einfliessen lassen; Strasburger dagegen hat in seinen Angiosp. und Gymnosp. auffälliger Weise die Gründe, welche ihn bewogen haben, die Gymnospermie wieder aufzunehmen, gänzlich mit Stillschweigen übergangen. Und doch glaube ich, dass es nöthig ist, in einer so wichtigen Frage zu voller Klarheit zu gelangen, schon aus dem Grunde, um einer abermaligen Auferstehung der für begraben gehaltenen Irrlehre nach Kräften vorzubeugen. II. Die Coniferen. A. Weibliche Blüthen. 1. Entwickelungsgeschichte und Anamorphosen der Abietineenblůthe. Dass ich meine Untersuchung der weiblichen Blůthen der Coniferen mit den Abietineen beginne, hat nicht etwa darin seinen Grund, dass ich die Abietineen an den phylogenetischen Anfang, der Coniferen stellen wollte, indem ich vielmehr die Taxaceen und vor allen Ginkgo (diese mit Delpino) an den Anfangspunkt der ganzen Ordnung stelle ; sondern nur darin, dass die Abietineen vollständige Anamorphosenreihen aufweisen, mit deren Hilfe die Entwickelungs- geschichte der Coniferenblüthen aufgeklärt werden kann. Bei den Taxaceen dagegen kennen wir keine Anamorphosen, wir sind daher bei ihrer Deutung lediglich auf die Entwickelungs- geschichte und den morphologischen Vergleich angewiesen und bedürfen desswegen für sie ein sicheres Verständniss ihrer Entwickelungsgeschichte, welches uns nur durch den Vergleich mit der bereits richtig gedeuteten Entwickelungsgeschichte der Abietineen aufgeschlossen werden kann. Nach Strasburger's Untersuchungen erscheint die Fruchtschuppenanlage von Pinus. pumilio (Conif. Taf. V. Fig. 1—10) in der Achsel des Deckblatts in der Form eines abge- flachten gueren Wulstes, an welchem alsbald eine mittlere Erhöhung sichtbar wird, während die beiden seitlichen Ecke zu den beiden Ovulis werden. Durch eine frühzeitige Bevorzugung des Wachsthums der dem Deckblatt zugekehrten Seite der Fruchtschuppenanlage werden aber die Ovularanlagen nach der Innenseite verschoben und umgewendet. Nun aber findet eine eigenthůmliche Weiterentwickelung der Anlage in der Weise statt, dass dieselbe auf ihrer Deckblattseite über den Ovulis zu dem eigentlichen grösseren Theile der Fruchtschuppe em- porwächst, als breiter flacher Schuppentheil, den ich im Folgenden die Crista der Frucht- 4* 98 1. Dr. Lad. Čelakovský: schuppe nennen will (um sie von der ganzen Fruchtschuppe, dem ganzen Achselprodukt zu unterscheiden). Mit ihr congenital wächst der sich streckende lang kegelförmige mittlere Höcker, auf ihrer Innenseite einen Kiel, am Ende, wo er freiist, den Mucro bildend, der zu- letzt, nachdem der schildförmig verdickte Endtheil durch bevorzugtes Wachsthum auf der Innenseite gleichsam umgekippt ist, auf die Mitte des Schildes (Apophyse) nach aussen gelangt. Die Kiel- und Mucrobildung auf der Fruchtschuppe durch den mitwachsenden mittleren Höcker der Anlage ist aber nur der Gattung Pinus eigen. In den anderen Gattungen der Abietineen ist der mittlere Höcker klein, wächst nieht mit der Crista fort und bildet zwischen den beiden Eichen nur eine mediane Anschwellung. Da auch auf den Verlauf und die Lagerung der Gefässbündel in der Fruchtschuppe ein grosses Gewicht gelegt wird, so ist noch zu bemerken, dass die Fruchtschuppe aus der Zapfenrachis zwei Bündel erhält, welche auch sonst in Achselknospen einzutreten pflegen; eines derselben spaltet sich bei Pinus pumilio schon in der Rachis, so dass hier drei Bündel, ein medianes und zwei seitliche, mit nach aussen gekehrten Tracheen in die Fruchtschuppe treten. Die Fruchtschuppe der Fichte erhält dagegen nur zwei Bündel, indem jene Spaltung unterbleibt. Es verzweigen sich dann in der Fruchtschuppe diese 2 seitlichen Bündel in zahl- reichere Zweige, welche alle in einer Ebene liegen und dem Deckblatt ihre Tracheen zuwenden. Die Entwickelungsgeschichte, wie sie oben kurz in den Hauptzügen nach Strasburger skizzirt worden, lässt aber keine bestimmte Deutung der Fruchtschuppe zu. Sie lässt nicht einmal erkennen, ob die Ovula wirklich Ovula oder Fruchtknoten sind. Das hat Strasburger in seinem zweiten Werk Angiosp. und Gyınnosp. bereits eingesehen und mit dem Aufgeben seiner früheren Deutung zugestanden. Aber auch alle sonstigen Deutungen sind um nichts sicherer. Dass das Achselprodukt des Deckblattes ein Spross ist, das scheint aus seiner An- lage und seinen beiden Gefässbündeln noch am deutlichsten hervorzugehen, doch aber hat dies Zichler nicht abgehalten, in der Fruchtschuppe eine Excrescenz zu sehen und das mit dieser Excrescenz versehene Deckblatt als 3spurig zu bezeichnen (er giebt aber an, dass z. B. bei Abies Douglasii die Fruchtschuppe aus der Zapfenachse nur ein kräftiges Bündel erhält). In der That wäre es nicht unmöglich, dass sich die Excrescenz eines Blattes gleich an der Basis des letzteren abtrennte und dann oleich aus der Achse besondere Bündel erhielte. Wenn man jedoch die Anlage der Fruchtschuppe für einen Achselspross ansieht, so kann man ferner auch den mittleren Höcker zwischen den Eichen verschieden deuten. Sirasburger sagt (Conif. S. 51) „er lasse sich als der Vegetationskegel der Anlage erkennen.“ Warum? Ein Vegetations- kegel giebt sich als solcher nur damit zu erkennen, dass Blattanlagen aus ihm hervorgehen; das ist aber hier nicht der Fall. Der Höcker kann also ebensowohl ein Blatthöcker sein. Auch die Discusnatur der Crista der Fruchtschuppe ist keineswegs damit erwiesen, dass sie sich später als die Ovula bilde. Es können sich auch echte selbständige Blätter verspätet bilden, z. B. das Deckblatt später als die zugehörige Achselknospe; warum also nicht auch das Fruchtblatt später als das zugehörige Ovulum? Kurzum, die Entwickelungsgeschichte bietet keinen Verlass und keine Gewähr dafür, ob man die Fruchtschuppe für eine axilláre Excrescenz oder für einen Achselspross, und im letzteren Falle für einen- einzigen Spross mit einer oder mit mehreren verschmolzenen Carpiden oder für eine 2— mehrblůthige Inflorescenz ansehen darf; sie widerlegt aber auch keine der bereits Die Gymnospermen. 29 aufgetauchten Auffassungen. Die anatomische Methode kann ebenfalls nichts apodiktisch ent- scheiden. Strasburger und Eichler berufen sich hauptsächlich noch auf den morphologischen Ver- gleich zum Erweis ihrer Anschauungen. Da aber dieser die beiden so diametral entgegenge- setzten Ansichten begründen soll, so ist leicht einzusehen, dass auch dieses sonst so werth- volle Hilfsmittel im Stiche lässt. Der morphologische Vergleich ist nämlich nur dann annähernd zuverlässig und führt zu richtigen Ergebnissen, wenn der Ausgangspunkt des Vergleiches voll- kommen sicher und aufgeklärt ist, wenn ferner kein begründeter Zweifel auftauchen kann, ob nicht etwas Unvergleichbares, etwas Verschiedenwerthiges verglichen wird. Nun beginnt Pichler seine vergleichende Deduktion mit den redueirtesten Typen, mit Dammara und den Podocarpeen ; Strasburger dagegen, vergleichsweise richtiger, mit den Taxeen, welche sich aber desshalb weniger zum Ausgangspunkte eignen, weil das terminale nackte Ovulum jedenfalls eine stark reducirte Blüthe ist. Wegen der so verschiedenen Ausgangspunkte ihrer vergleichenden Deductionen gelangten beide Forscher nothwendigerweise zu ganz verschiedenen Resultaten, welche sich überdies beide von der Wahrheit weit entfernt haben. Die Erklärung der Entwickelungsgeschichte der Abietineenfruchtschuppe liefert weder die Anatomie, noch der morphologische Vergleich, sondern glücklicherweise die Anamorphosen. Diese lehren, dass die Fruchtschuppe nur im untersten Basaltheil axil sein kann, in dem weitaus grössten oberen, bis unter die Insertion der Ovula reichenden Theile aus zwei Car- piden besteht, welche in einer Fläche neben einander liegend, mit den einander zugekehrten Rändern zu einem anscheinend einfachen Gebilde verschmolzen sind, hiebei ihre Oberseite dem Deckblatt zukehren und auf der vom Deckblatt abgewendeten, nach innen schauenden Unter- seite die Ovula, ein jedes Carpid ein Ovulum, tragen. Nachdem die Oberseite der Carpiden gegen das Deckblatt schaut, so sind die Gefässbündel derselben mit ihrem Gefässtheil eben- falls dahin gewendet.‘ In der Durchwachsung bildet aber der Achselspross, dem die 2 Carpiden angehören, sich reicher ausbildend, weitere Blätter in verschiedenen Übergängen bis zur nor- malen Achselknospe. Zunächst bildet er öfter ein drittes Blatt, welches nach vorn gegen das Deckblatt steht und meist mit den 2 Carpiden mehr oder weniger verwachsend und sich fruchtschuppenartig ausbildend, die Fruchtschuppe 3lappig und innen mit den sich ausbildenden Blatträndern der 3 Blätter versehen erscheinen lässt. Ein viertes Blatt steht dann dem dritten gegenüber hinten. Über die beim Übergange aus der vollblätterigen Knospe in die zweiblättrige Fruchtschuppe nothwendig stattfindende Verdrehung der in die Fruchtschuppe eingehenden Blätter, über die Verschmelzung der zwei Carpiden mit jenen Rändern, mit denen sie sich in, der vollentwickelten Knospe als deren zwei erste Blätter (Vorblátter) hinten be- rühren u. s. w., sage ich hier nichts weiter, da ich dies Alles in meiner „Kritik“ und in meiner Duplik eingehend auseinandergesetzt habe. Ich wiederhole nochmals, dass alle Einwände Bichler’s dagegen ungiltig sind und auf lauter Missverständnissen beruhen. Wenn Eichler gegen den Spross mit verwachsenen Fruchtblättern einwendet (Weibl. Bl. S. 15), dass von der Achse, an welcher die Fruchtschuppe entspringen soll, objektiv durchaus nichts wahrgenommen werden könne, so ist dem entgegenzuhalten, dass die erste Anlage der Fruchtschuppe bis zum Beginn der Ovularbildung als eine solche Achse ange- sehen werden kann, mit demselben Rechte, mit welchem Strasburger die erste Anlage 30 1. Dr. Lad. Čelakovský: der Doppelnadel von Sciadapitys als Sprossachse betrachtet. Der Einwand aber, dass davon nichts zu sehen sei, dass die Fruchtschuppe aus zwei Blättern zusammenwüchse, sie sei vielmehr schon in der Anlage vollkommen einfach, lässt den comparativen Morphologen, den Verfasser der Blüthendiasramme nicht wiedererkennen. Mit demselben Rechte könnte man gegen die Zusammensetzung des Pistills der Primulaceen u. a., die doch auch in den Blüthendiagrammen gelehrt wird, einwenden, dass auch dort nichts davon zu sehen sei, dass die Pistillarwand durch Verwachsung mehrerer Fruchtblätter entstände, dass vielmehr der Ringwall, mit dem das Pistill entsteht, von Anfang an vollkommen einfach erscheint. Darin besteht ja der Charakter der congenitalen Verwachsung, dass sie nur comparativ, nicht aber entwickelungsgeschichtlich erkannt werden kann. Hier aber ist es der Vergleich der normalen Fruchtschuppe mit deren Anamorphosen, der die congenitale Verwachsung der Car- piden in derselben erkennen lässt. Durch diesen Vergleich wird jetzt erst die sichere Deutung der Entwickelungsgeschichte ermöglicht. Die Fruchtschuppe in ihrer ersten Anlage ist ein Spross, wie dies schon die axilläre Stellung und der Eintritt zweier Gefässbündel in dieselbe, wenn auch nicht beweist, so doch nahe legt. Die beiden Ovula gehören zwei Carpiden zu, welche sich aber später als die Ovula, zur Crista verschmolzen, weiter entwickeln, also verspätet sich bilden, wovon wir den Grund jetzt noch nicht einsehen können, später aber vollkommen begreifen werden. Was ist nun aber der mittlere Höcker zwischen den beiden Eichen der Fruchtschuppen- anlage? Nach Analogie anderer Sprosse, welche einen Vegetationskegel dauernd besitzen, möchte man ihn für einen solchen ansehen und dies war ja auch die Deutung, welche ihm Strasburger gegeben hat. Wir haben aber in der Fruchtschuppe der Abietineen (und auch anderer Araucariaceen) einen Spross vor uns, der in seinem Baue von gewöhnlichen nor- malen Sprossen in eigenthümlicher Weise abweicht. Er besteht nämlich aus wenigen (drei) Sprossgliedern, welche nicht wie sonst um eine centrale Sprossaxe radial angeordnet, sondern alle in eine Fläche gestellt sind, so dass deren seitlich verschmolzenen Blätter alle mit ihren morphologischen Oberseiten (daher auch die Tracheen der Gefässbündel) gegen die Oberseite des Deckblatts gewendet sind. Weiter gehört es zur Eigenthümlichkeit dieses Sprosses, dass er den Charakter eines Achsengebildes nur im ersten Entwickelungsstadium, als einfaches Primordium besitzt, einen Vegetationskegel aber niemals entwickelt, sondern mit dem Eintritt einer Gliederung sofort in die verschmolzenen Blätter (Fruchtblätter und deren Ovula) ausgeht. Der mittlere Höcker der Fruchtschuppenanlage ist somit kein Vegetationskegel,. sondern ein drittes, medianes, aber steriles Carpid, welches hier bei den Abietineen kein Ovulum bildet (wohl aber manchmal bei anderen Araucariaceen, z. B. bei Thuja orientalis). Dieser Blattcharakter des mittleren Höckers ist besonders bei Pinus sehr deutlich, wo der Höcker mit der Fruchtschuppencrista congenital verwachsend wie ein Kiel dieser Crista erscheint, der in eine freie Blattspitze, den Mucro, ausgeht. Bei der Fichte und anderen Abietineen ohne Mucro verkümmert aber das mediane Blatt, ohne sich am Aufbau der Fruchtschuppen- crista, die demnach wesentlich nur aus den zwei fruchtbaren Carpiden besteht, weiter zu betheiligen. Mit dieser Verkümmerung des dritten, mittleren Blattes hängt es dann zusammen, dass die Fruchtschuppe- der Fichte aus der Rhachis nur die zwei primären Bündel erhält, während Pinus mit kräftigerem, als Kiel und Mucro entwickeltem medianen Blatt auch in Die Gymnospermen. byl Folge der Theilung des einen primären Bůndels drei Bündel aus der Achse in die Fruchtschuppe aufnimmt. | Wir würden für einen Spross, wie ich ihn hier, auf Grund der Anamorphosen und zahlreicher anderer Bildungseigenthümlichkeiten der Fruchtschuppe dargestellt habe, schwerlich das richtige Verständniss gewinnen können, wenn uns nicht in der Doppelnadel von Sciado- pitys ein (nach den Untersuchungen AH. v. Mohl’s und Strasburger’s) geradezu klassischer Beleg eines solchen Sprosses zum Vergleiche vorliegen würde. Mohl hat bereits die grosse Analogie im morphologischen Baue der Doppelnadel und der Fruchtschuppe erkannt und gebührend hervorgehoben. Dagegen hat Strasburger diese Analogie nicht anerkannt, theils weil er glaubte, die Discusnatur der Fruchtschuppe entwickelungsgeschichtlich nachgewiesen zu haben, theils weil in der Entwickelung der Fruchtschuppe und der Doppelnadel einige Unterschiede bestehen (Conif. pag. 390), die darin ihren Grund haben, dass die zwei Blätter in der Doppelnadel vegetative Blätter sind, während die zwei fertilen Carpiden der Frucht- schuppe ihr Ovulum frühzeitig zu bilden haben. Dieser ganz natürliche Unterschied berührt aber die sonstige morphologische Zusammensetzung beider Gebilde nicht weiter. Ein untergeordneter Unterschied zwischen der Abietineenfruchtschuppe und der Dop- pelnadel von Sciadopitys besteht ferner darin, dass letztere nur aus zwei gegen das Deckblatt mit ihren Oberseiten gekehrten und verschmolzenen Blättern besteht, während die Anlage der Fruchtschuppe drei Blätter zu bilden hat. Die Anlage der Doppelnadel, von welcher Stras- burger sehr richtig sagt, sie erinnere anfänglich an eine junge Fruchtschuppenanlage, etwa von Picea, noch mehr von Ginkgo (Conif. pag. 385), wird daher an der Spitze erst seicht, dann tiefer zweilappig, während die Fruchtschuppenanlage, z. B. bei Pinus (Strasb. Conif. Tab. V. fie. 6, 7.), an ihrem quer breitgezogenen oberen Rande erst seicht dreilappig wird. Wie bei Sciadopitys die zwei Láppchen die zwei freien Blattanlagen bedeuten, die dann am gemeinsamen Grunde vereint weiter wachsen, so sind auch die drei Läppchen der Frucht- schuppenanlage drei Blattanlagen, von denen jedoch nur die mittlere bei Pinus unverändert weiter wächst, die seitlichen jedoch zuvor die Ovula aus sich erzeugen, bevor sie in conge- nitaler Verschmelzung auf der Deckblattseite weiter wachsen. Ein solcher Spross, wie die Doppelnadel von Seiadopitys und die Fruchtschuppe der Abietineen, steht in einem interessanten morphologischen Gegensatze zum Cladodium oder Phyllocladium, welches bekanntlich auch schon unter den Coniferen bei Phyllocladus vorkommt. Bei diesem ist der Achsentheil des Sprosses vorherrschend entwickelt und zugleich die Stengel- glieder zweizeilig angeordnet und in einer Fläche verbreitert (blattartig), die Blätter aber ver- kümmert; bei jenem aber ist die Achse verkümmert, später ohne Achsenscheitel, die wenigen, doch überwiegend entwickelten Blätter aber ebenfalls in eine Fläche gestellt und in dieser Lage collateral verschmolzen. Es wird nöthig sein, für den Begriff eines so eigenartig gebil- deten Sprosses, wie der letztgenannte, auch einen eigenen Terminus zu haben. Ich möchte dafür den Ausdruck Symphyllodium als passend vorschlagen. Die hervorstechendste Eigen- thümlichkeit der Symphyllodien, die nur als Achselsprosse auftreten können, ist die, dass sie keine vorgebildete centrale Achse, keinen terminalen Vegetationspunkt besitzen, daher auch die Blätter nicht nach einem gemeinsamen Centrum hin orientirt sind: da nun dieser fehlt, so macht sich die Abhängigkeit des Achselsprosses von seinem Tragblatt dadurch geltend, 39 1. Dr. Lad. Čelakovský: dass sich alle Blátter mit ihren morphologischen Oberseiten gegen die Oberseite des Tragblatts orientiren, in welcher Lage sie dann auch mit einander verschmolzen sind. Das Symphyllodium verhält sich daher zu seinem Tragblatt ganz ähnlich, wie eine ventrale Exerescenz, also ein blosser Blattabschnitt, zu dem Blatte, von welchem sie erzeugt wird, und darin ist der Ursprung des Irrthums zu suchen, in den Zichler mit seiner Excrescenztheorie verfallen ist. Gleichwohl besteht zwischen einem Symphyllodium und einer Excrescenz ein fundamentaler morpholo- eischer Unterschied, eben derselbe, welcher zwischen einem Spross und einem Blattabschnitt oder Blattauswuchs überhaupt besteht. Das Verhältniss des Symphyllodium zum normalen Achselspross mit centraler Achse wird noch besonders durch den Vergleich mit den Anamorphosen durchwachsener Fichten- zapfen aufgeklärt. Denn in diesen Abnormitäten geht das Symphyllodium in eine normale mehrblätterige Achselknospe mit terminalem Vegetationspunkt in allen wünschenswerthen Zwischenformen allmählich über. Da zeigt es sich, dass das Symphyllodium aus den nach vorn gegen das Deckblatt zu gelegenen Blättern einer normalen Achselknospe besteht, deren hinterer der Zapfenachse zugekehrter Theil überhaupt nicht gebildet wird. Dies äussert sich bei den Abietineen bereits darin, dass das median vordere Blatt der normalen Achselknospe den mittleren Lappen einer abnorm 3theiligen Fruchtschuppe bildet, dasselbe Blatt, welches auch auf der Anlage der Fruchtschuppe als mittlerer Höcker erscheint. Dieses median vor- dere Blatt ist aber in der normalen Knospe das vierte Blatt, weil dort das dritte Blatt nach hinten fällt. Dieses letztere tritt manchmal auch in den abnormen Übergangsstadien auf, als ein sehr kleines Schuppenblatt (Zur Kritik Fig. 5 b), welches niemals in die Zusammensetzung der Fruchtschuppe eingeht. Die normale Unterdrückung des hinteren Blattes einer gewöhn- lichen Achselknospe der Fichte war für Eichler ein besonderes Argument gegen die Zusammen- setzung der Fruchtschuppe aus Knospenblättern, ein gänzlich haltloses Argument, da Zichler die Natur und Bildung des Symphyllodiums durchaus nicht gekannt hat. Nachdem ferner die Blätter des Symphyllodiums gegen das Deckblatt orientirt sind, die Blätter einer normalen Achselknospe aber gegen deren eigene Achse, so folgt daraus von selbst, dass dieselben Blätter im Symphyllodium eine andere Lage haben als in der normalen Knospe. Die beiden lateralen Vorblätter und das median vordere Blatt haben ihre morpholo- gische Oberseite gegen die Achse der Knospenachse gerichtet, im Symphyllodium aber gegen das Deckblatt. Um aus ihrer Lage in der normalen Knospe in jene Lage, die sie im Sym- phyllodium besitzen, zu gelangen, oder umgekehrt, müssten sie sich entsprechend umdrehen, die seitlichen Blätter weniger als wie das mediane Blatt, welches im Symphyllodium eine sänzlich umgekehrte Lage besitzt. Die Abnormitäten, welche Zwischenstufen darstellen, zeigen denn auch diese Blätter in der entsprechenden, aber noch nicht vollendeten Verdrehung. Hier- über möge man meine Abhandlung über die abnormen Fichtenzapfen (Zur Kritik ete.) und die diesbezüglichen Figuren der beigegebenen Tafel einsehen. Zichler kam diese Verdrehung, eben weil er keinen Begriff vom Symphyllodium besass, im hohen Grade absurd vor, daber er mich bezüchtigte, dass ich diese Blätter in einer unmöglichen Weise sich drehen lasse; während doch diese Drehung eine Thatsache ist, von der Jeder, der günstig entwickelte abnorme Fichtenzapfen in Zukunft nachuntersuchen wird, sich überzeugen kann. Die Gymnospermen. 33 Noch ist aber ein gewichtiger Punkt der Entwickelungsgeschichte zu besprechen, dessen Vernachlässigung eine dunkle Stelle und wohl gar einen Zweifel in die aus den Ana- morphosen gewonnene Deutung der Entwickelungsgeschichte zurücklassen könnte und dessen Aufklärung auch für das Verständniss der Taxaceen nöthig sein wird. Nach Strasburger’s Dar- stellung der Entwickelungsgeschichte von Pinus pumilio bilden sich nämlich die Oyula auf der ursprünglich oberen, erst später nach innen verschobenen Kante oder aus dem Scheitel der Fruchtschuppenanlage, die Fruchtschuppencrista aber erst später aus der Rückseite dieses Scheitels und der Ovula, was eben Strasburger bewogen hat, die Crista für ein Discusgebilde zu erklären. Die Ovula wie auch das zwischen ihnen stehende sterile Blatt sind also Pro- dukte des quergestreckten Scheitels der (offenbar axilen) Anlage, sind terminal zu der- selben erzeugt, die Crista aber ist eine rückseitige laterale Bildung. Wie kann also, wird man einwenden, die Fruchtschuppe mit zwei Blättern identisch sein, welche die Ovula auf ihrer Unterseite tragen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf ihrer Unterseite, also lateral, erzeugt haben werden? Zur Aufklärung dieses nach den bisher in der Morphologie herrschenden Anschauungen allerdings befremdlichen Widerspruchs zwischen der Entwickelungsgeschichte, wie sie Stras- burger gegeben, und zwischen den Anamorphosen verweise ich zunächst auf die Entwickelungs- geschichte der Fruchtschuppe von Pinus resinosa nach Bazllon’s Darstellung (Ann. se. nat. 4. Ser. tom. 14. Tab. 12). Die Entwickelung der Fruchtschuppe dieser Art weicht so bedeutend ab von jener der P. pumilio, dass es mich wundert, dass Strasburger diese Verschiedenheit bei der Besprechung von Baxllon’s entwickelungsgeschichtlichen Angaben und Zeichnungen mit Stillschweigen übergangen hat. (Er erwähnt nur die verschiedene Lage der „Primordien“ des Integuments bei Baillon.) Nach Baillon ist die le von Pinus resinosa anfangs nur seicht zweilappig (wie oft die Blüthenanlage von Ginkgo, Strasb. Conif. Taf. I. Fig. 20 c); dann er- scheint der dritte Höcker, der Mucro, aber nicht zwischen den beiden Seitenlappen, sondern mehr nach Innen, anfangs als aufrechter Höcker (l. c. Fig. 8), dann nach abwärts gekrümmt (Fig. 9). Erst dann, nachdem schon die Fruchtschuppe bedeutend mehr als bei Pinus pumilio herangewachsen ist, erscheinen die beiden Oyula, und zwar nicht nahe dem oberen Rande der Fruchtschuppe zu beiden Seiten des Mucro, wie bei P. pumilio, sondern bedeutend tiefer auf der Innenseite über der Basis der Fruchtschuppe (Fig. 10). Die beiden Partien der Integumente treten dabei allerdings als zwei getrennte hufeisenförmige Primordien auf und erst ein späteres Entwickelungsstadium (Fig. 13) hat mehr Ähnlichkeit mit dem von Strasburger dargestellten jüngsten Stadium der Ovula von P. pumilio (l. c. Fig. 8). Von den beiden Primordien (Klappen) des Integuments sieht das äussere mehr nach oben, bei Stras- burger mehr nach unten gegen die Basis der Fruchtschuppe. Wenn ich ein Genetiker wäre und für dasselbe morphologische Gebilde auch stets eine gleiche Entwickelung verlangen würde (weil ich eben aus der Entwickelungsweise auf den morphologischen Werth zu schliessen gewohnt wäre), so müsste ich mit Hinsicht darauf, dass es sich hier um zwei Arten derselben natürlichen Gattung (Pinus pumilio und P. resinosa) handelt, entschieden annehmen, dass entweder Strasburger’s oder Baillon’s Darstellung falsch sein muss. Ich habe aber keinen Grund, an der objektiven Richtigkeit der Beobachtungen Mathematisch- natarwissenschaftliche Classe VII. 4. 5 34 1. Dr. Lad. Čelakovský: zweier so ausgezeichneten Forscher zu zweifeln, und ich wundere mich gar nicht über die Verschiedenheit der beiderseitigen Resultate, weil ich sehr genau weiss, dass die Entwickelung eines und desselben morphologischen Gebildes veränderlich sein kann. Aus eben diesem Grunde ist es keine gute Methode, welche aus der Entwickelungs- geschichte das Wesen, den morphologischen Charakter des sich entwickelnden Pflanzentheils determiniren will. Wir sehen ja, dass die Fruchtschuppe von P. pumilio der Entwickelung nach ein Discus sein sollte, die von P. resinosa aber ein blůthentragender Flachzweig, ein Cladodium. Ein Discus, eine Verbreiterung der Blüthenachse (nach Strasburgers Deutung der Abnormitäten eigentlich der zu zwei Blüthenachsen gehörende, daher sich in der Abnormität theilende, somit normal aus zweien verschmolzene Discus), ist doch nicht identisch mit einem Cladodium, welches seinerseits erst die Blüthen trägt. Es ist aber absolut unmöglich, dass die Fruchtschuppe bei zwei verschiedenen Pinusarten von verschiedenem morphologischen Werthe sein kann. Dahin führt die Methode der entwickelunesgeschichtlichen Deutung. In diesem Falle sind nun beide entwickelungsgeschichtlichen Deutungen, der Discus wie das Cladodium *) unrichtig; denn die Crista der Fruchtschuppe ist ein Symphyllodium, eine Symphyse zweier oder dreier Blätter. Wie lässt sich nun aber die verschiedene Ent- wickelung der beiden Pinusarten verstehen ? Zuvor sei noch hervorgehoben, dass die von Balon beobachtete Entwickelung der Pinus resinosa jener Entwickelung entspricht, die wir auch bei den in der Abnormität aus der Verschmelzung befreiten und bereits in transversale Knospenblattstellung gelangten Carpiden, wenn sie unterseits noch ein Eichenrudiment tragen, voraussetzen dürfen. Eben desshalb zweifle ich gar nicht, dass die Entwickelung der Fruchtschuppe auch so vor sich gehen kann, wie Baillon sie darstellt, obzwar mir auch die von Sirasburger gelieferte Entwickelungs- geschichte bei Pinus pumilio vollkommen plausibel und verständlich ist. : Die verschiedene Entwickelung der Fruchtschuppe und ihrer Ovula erklärt sich durch das Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung, wie ich es zuerst in meiner Abhandlung Über terminale Ausgliederungen (Sitzungsb. d. kgl. böhm. Ges. d. Wiss. 1875) genannt und formulirt habe. Dieses Gesetz lautet: „Bei jeder Verzweigung im weitesten Sinne (und als solche kann auch jede Neubildung aufgefasst werden) wächst der kräftigere Zweig von Anfang an terminal, der schwächere lateral, zwei völlig gleich starke Zweige aber unter demselben Winkel zum Verzweigungsstamm geneigt. Jedes Gebilde kann aber einmal als der stärkere, ein anderes mal als der schwächere oder ‘als gleich starker Zweig auftreten. Woraus folgt, dass die termi- nale oder laterale Stellung von der morphologischen Dignitát des Zweiges ganz unabhängig ist. Da ferner derselbe Zweig, wenn er kräftig und terminal entsteht, relativ früher, wenn er schwächer und lateral auftritt, relativ später sich bildet, so nenne ich jenes Gesetz das mor- phologische Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung.“ *) Das Cladodium hat schon Zichler treffend abgethan. „Mit einem solchen, sagt Zxchler (Weibliche Blüthen S. 15) lässt sich die Anordnung der Gefássbůndel nicht vereinbaren. Kein Cladodium (auch das blattähnlichste nicht, hat die Gefässbündel in einer Ebene, mit dem Xylem auf der gleichen Seite, sondern bei allen (Ruscus, Xylophylla, Carmichaelia, Phyllocladus, Můhlenbeckia u. a.) sind die Ge- fässbündel entweder allesammt oder doch in der Mitte des Organs um ein gemeinsames Centrum gestellt, mit dem Xylem nach innen, entsprechend dem Verhalten bei gewöhnlichen Stengeln.“ Die Gymnospermen. 35 Ich brauche wohl kaum hinzuzusetzen, dass ich unter „Zweig“ nicht bloss einen ge- wöhnlichen Kaulomzweig, sondern überhaupt jedes morphologische Gebilde verstehe, welches gleich einem Zweige auf einem anderen erzeugt wird. Dem genannten wichtigen aber leider von den Morphologen wenig oder gar nicht beachteten Gesetze unterstehen insbesondere die reproduktiven Organe und die sie begleitenden oder aus einer gemeinsamen Anlage mit ihnen entstehenden mehr vegetativen Organe, also z. B. Sporangien und Blattzipfel des Carpids, Nucellus und Integument oder Blattzipfel, Ovulum und sein Carpid, Blüthe oder Knospe über- haupt und ihr Deckblatt. Das rein reproduktive Organ, nämlich als Sporangium oder Eichen- Nucellus bildet sich in normaler Weise gewöhnlich früher und zur gemeinsamen Anlage (Blatt- slied oder Blattzipfel, resp. Ovularhöcker) terminal, der wenigstens anfänglich schwächlichere vegetative Begleiter desselben, als vegetativer Theil der Lacinie, oder als Integument, später und lateral. Das dynamische Verhältniss in der Anlage kann sich aber umkehren, die Blatt- lácinie oder das Integument kann sich früher und terminal, das Sporangium oder der Nucellus später und aus jenem lateral bilden, was in Folge stärkeren Vegetativwerdens oder Verlaubens eintritt. So auf verlaubten Oyulis, auf laubigen Fruchtblättern der Farne. Dagegen ist gewöhnlich das Deckblatt kräftiger als seine Achselknospe, das Carpid vegetativ kräftiger als sein Ovulum, demgemäss entspringt die Knospe lateral und später an der Deckblattbasis, das Ovulum ebenso auf seinem Carpid. Aber auch hier kann sich durch Abschwächung des vegetativen Theils (des Deckblatts oder Carpids) das genetische Verhältniss entsprechend umkehren. Nachdem der Satz von der zeitlich-räumlichen Umkehrung noch wenig gekannt und erwogen scheint, auch noch in kein Lehrbuch Aufnahme gefunden hat, so wird es nöthig sein, wenigstens einen Fall dieser Verkehrung näher zu besprechen. Ein eigentlich schon recht abgedroschenes Beispiel liefert die Achselknospe und ihr Tragblatt. Im vegetativen Bereich ist letzteres kräftig genug, es bildet sich also terminal zum Blatthöcker, den wir aber als gemeinsame Anlage des Blattes und seiner Achselknospe betrachten können, die Knospe meist später an seinem Grunde (gewöhnlich zugleich auch aus der Achse, was hier nebensächlich ist). Im reproduktiven Bereiche, in den Inflorescenzen, ereignet sich, wie uns besonders Warmings Untersuchungen belehrt haben, öfter das Umgekehrte, die Blüthenknospe entsteht zuerst und terminal zur gemeinsamen Anlage, das Deckblatt lateral und später am Grunde derselben. Dasselbe Verhältniss besteht nun offenbar in beiden Varianten zwischen dem Carpid und dem Ovulum in der Gattung Pinus (wahrscheinlich auch bei anderen Abietineen). Bei Pinus pumilio entstehen nach Strasburger aus den beiden seitlichen Anlagen zuerst die Ovula terminal, dann die beiden Carpiden nachwachsend aussen in morphologischem Sinne lateral, oder vielmehr, weil die Ovula frühzeitig nach der Innenseite gedrängt werden, der faktischen Riehtung nach terminal. Dagegen bei Pinus resinosa nach Baillon ist die Entwickelung zeit- lich und räumlich verkehrt. Zuerst bilden sich, zur Fruchtschuppenanlage morphologisch ter- minal, die in der Crista verschmolzenen Carpiden, bis zu einem merklich fortgeschritteneren Entwickelungsgrade, an ihrem Grunde dann die Ovula später und entschieden lateral. Dasselbe geschieht jedenfalls auch, wenn die Carpiden in der Abnormität verlauben, vielleicht noch mit eklatanterer Verkehrung. Daraus können wir schliessen, dass in der Entwickelung der Schuppe 5* 36 1. Dr. Lad. Čelakovský : von P. resinosa etwas einer Verlaubung Ähnliches stattfindet, und ich werde in der That spä- terhin noch zeigen, dass die Fruchtschuppe ein gewissermassen verlaubtes Gebilde ist. Nach dieser Aufklärung ergiebt sich aus dem Vergleiche der Entwickelungsweise mit den Anamorphosen der Fruchtschuppe als allgemeines Schlussresultat folgende sichere Deutung der Entwickelungsgeschichte derselben. Die Fruchtschuppenanlage ist ein Achsel- spross des Deckblatts, aber nur ein einfacher Blüthenspross, keine zwei- blüthige Inflorescenz, und zwar ein begränzter Spross ohne Vegetations- kegel, vonsymphyllodialem Baue, ausdrei verschmolzenen Sprossgliedern und ebensovielen Blättern bestehend, von denen die zwei lateralen fer- tile Carpiden sind, welche zur Fruchtschuppencrista verschmolzen sind, während das dritte mittlere Blatt — der mittlere Höcker der Anlage — steril bleibt und entweder verkümmert oder, mit den zwei anderen, fer- tilen Carpiden verschmolzen, den Kiel und Mucro (bei Pinus) bildet. Dem Gesetz der zeitlich-ráumlichen Verkehrung gemäss können entweder erst die beiden Ovula und dann die zugehörigen Carpidentheile (Crista) oder umgekehrt kann erst die Crista und dann erst auf ihr die Ovula angelegt werden. 2. Taxaceen. a) Zur Orientierung. In meinem Aufsatze „Zur Gymnospermie der Coniferen“ in Flora 1879 N. 17 und 18 habe ich bereits in nuce die richtigen Anschauungen über die Taxaceen entwickelt, jedoch nur © hypothetisch als die eine Möglichkeit, welcher ich eine zweite Möglichkeit entgegenstellte. Es sei mir gestattet, das dort dargelegte noch einmal in extenso hier zu wiederholen. Ich sagte, es entstehe bei den Taxaceen die Frage, wofür der sogenannte Discus, Samenarillus oder Cupula zu halten ist, ob für einen wirklichen Arillus, d. h. ein zweites äusseres Integument oder vielleicht für eine Fruchtblattmetamorphose. Im letzteren Falle könnte, nachdem die Fruchtschuppe der Cupressineen so spät (eigentlich bei fast allen Arau- cariaceen später als die Ovula) sich entwickelt, auch die spätere Bildung der Cupula kein Grund gegen die Deutung als Fruchtschuppe sein, welche, wenigstens bei den Podocarpeen, wohl nur einem Fruchtblatt einer sonst unterdrůckten Achselknospe (im Sinne von Van Tieghem) entspräche. Dann wären die ährenförmigen Inflorescenzen der Podo- carpeen wirklich Inflorescenzen und nicht Einzelblüthen; ebenso auch die Zapfen der Arau- cariaceen. Die becherförmige, bei Dacrydium (und noch mehr bei Microcachrys) aber doch einseitige Bildung der Cupula wäre kein Hinderniss, denn auch die vorderen z. Th. ovula- tragenden Knospenblätter der Achselknospe am durchwachsenen Zapfen der Fichte zeigen öfter eine entschiedene Umrollung nach aussen (nach ihrer Unterseite) und als Extrem der Um- rolluns sogar Tutenbildungen, dergleichen auch Stenzel (später auch ich) abgebildet hat. Selbst der Umstand, dass die Cupula keine Gefässbündel erhält, ist kein absolutes Hinderniss gegen ihre Deutung als Fruchtschuppe, denn es giebt ja Beispiele von Blättern, die ihrer schwäch- Die Gymnospermen. 37 lichen Entwickelung wegen keine Gefässbündel erhalten (z. B. gleich bei den verwandten Gne- taceen die Perigonblätter der männlichen Blüthen von Ephedra und Welwitschia). Auch die Ligula oder Fruchtschuppe von Cunninghamia stellt sich als ein solches gefässbündelloses Carpellargebilde dar. Für die Fruchtblattnatur der Cupula (Arillus), sagte ich weiter, spricht das nicht ge- ringfügige Argument, dass die Araucariaceen mit eigener Fruchtschuppe durchwegs eines Samenarillus entbehren, wogegen die Taxaceen, denen die innere Fruchtschuppe (von der Art wie die der Araucariaceen) fehlt, fast durchgängig (Cephalotaxus und vielleicht auch Ginkgo ausgenommen) die Cupula besitzen, woraus sich auf eine homologe Stellvertretung dieser Ge- bilde schliessen liesse. Desshalb, sowie wegen der ähnlichen Entwickelungsweise, hat auch Strasburger diese beiden Gebilde in gleicher Weise für einen Discus, also für homolog ange- sehen. Ich sagte darum, dass die Deutung der Cupula als Fruchtschuppe aus dem Grunde vorzuziehen ist, weil sie alle Coniferen, trotz äusseren Formverschiedenheiten, in wesentliche Übereinstimmung bringt und weil sie, mutatis mutandis, die am meisten beachtenswerthen, weil consequenten und morphologisch durchgebildeten aber extremen Auffassungen von Stras- burger und Van Tieghem vermittelt und verbindet. Zu Gunsten der Integumentnatur der Cupula liesse sich aber auch einiges anführen. Diese Deutung erscheint, für sich betrachtet, einfacher, die Verschmelzung der Cupula mit dem (nach dieser Deutung inneren) Integument, bei Torreya schon am Grunde beginnend, bei Podocarpus weit gediehen, bei Cephalotaxus complet geworden (So dass hier wieder nur ein, aber aus zwei verschiedenen Schichten bestehendes Integument vorliegt), scheint mehr mit einem äusserer Integument als mit einem Fruchtblatt verträglich, und besonders beweis- kräftig erscheint die exquisit anatrope Form eines Ovulums mit zwei Integumenten bei Podocarpus. Wenn man die Gründe für und wider als gleich gewichtig anerkennen muss — und dies scheint mir durchaus — so wäre eigentlich die einzig richtige Folgerung die, dass bei den Taxaceen Fruchtblatt und Arillus (oder äusseres Integument) dasselbe ist, oder dass das Fruchtblatt selbst das äussere Integument des einzigen Eichens bildet. Diese Folgerung und ihre weitere Prüfung fiel mir aber zur Zeit, als ich jene „Argumente“ erwog, nicht ein, sondern ich erwartete von einem glücklichen Funde abnormer retrograder Metamorphose in Zukunft die richtige Lösung des Dilemma’s. Ist ja doch für den ersten Moment die Gleichsetzung des Fruchtblatts und des äusseren Integuments ein Paradoxon und wird Jenen, welche zwischen Reproductionsorganen (Sporangien, Ovulis mitsammt den Integu- menten) als Organen sui generis und den vegetativen Organen, zu denen in diesem Sinne auch das Fruchtblatt gehört, eine unüberbrückbare Kluft setzen, geradezu unannehmbar er- scheinen. Aber diese Kluft existirt nicht, und jene Gleichsetzung, von der ich sprach, ist in der That richtig. Jedoch muss der Beweis dessen, dass sie richtig ist, noch besonders er- bracht werden, was nur durch eine vergleichende genaue Revision aller Typen der Taxaceen möglich ist, wobei es vor allem Noth thut, den richtigen, am sichersten erkennbaren Ausgangs- punkt zu finden, ein Postulat, dessen absolute Berechtigung nach dem bereits früher Bespro- chenen allgemein einleuchten dürfte. 38 1. Dr. Lad. Čelakovský : Von welcher der bei den Taxaceen unterschiedenen Tribus und von welcher Gattung soll nun die Untersuchung ausgehen? Vorerst sind diese Tribus festzustellen, denn auch in der Unterscheidung und Abgränzung der Tribus herrscht keine vollkommene Übereinstimmung. Ich finde, dass Strasburger’s spätere Eintheilung in den „Angiospermen und Gymnospermen“ in 3 Tribus allein wissenschaftlich begründet ist. *) Diese drei Gruppen sind: 1. Die Taxeen, 2. die Cephalotaxeen, 3. die Podocarpeen. Eichler nahm nur zwei Gruppen an: die Podo- carpeen und die Taxeen. Diese Taxeen Zichler’s sind aber keine natürliche und wohlumgränzte Gruppe, sie enthalten nicht nur die Taxeen und Cephalotaxeen Strasburger’s, sondern auch noch Phyllocladus, welche Gattung naturgemässer zu den Podocarpeen gehört. Eichler be- gránzte nämlich seine beiden Tribus nach einem hiezu weniger tauglichen untergeordneten Merkmal, die Podocarpeen nach den mehr oder weniger umgewendeten, die Taxeen nach den aufrechten Eichen. Allein zwischen den umgewendeten und aufrechten Eichen giebt es Übergänge und in der von Eichler selbst zu Dacrydium gerechneten Untergattung Phero- sphaera sind die Ovula sogar axillär und aufrecht, also wie bei Phyllocladus. Übrigens hat derselbe Autor in der Tribus Taxodieae Zichl., wo auch Gattungen mit aufrechten und andere mit umgewendeten Eichen vorkommen, diesen Unterschied nicht weiter zur Gruppirung ver- werthet. Eichler begann seine vergleichenden Deductionen in der Familie der Taxaceen mit den Podocarpeen, speciell mit Microcachrys und Dacrydium, weil er glaubte, dass bei diesen die Úbereinstimmung mit den Araucarieen nach seiner Auffassung am evidentesten sei, weil dort das Eichen ganz deutlich in merklicher Höhe auf dem zugehörigen Carpid entspringe, als welches sich somit das Deckblatt Strasburger's und anderer Autoren herausstelle, sodass auch hier die „Zäpfchen“ als einzelne Blüthen nachgewiesen seien. Aber nach den von mir oben vorgebrachten Gründen und Gegengründen bleibt es trotzdem zweifelhaft, ob das Ovulum - der Podocarpeen wirklich nur ein solches und nicht vielmehr ein in irgend einer Weise auf ein Ovulum redueiertes Achselsprösschen ist, das auch selbst bei Podocarpus, Daerydium und wohl auch Microcachrys ursprünglich wie ein Spross tief am Grunde oder in der Achsel des Deckblatts entspringt und später nur, etwa wie die Blüthe von Helwingia, auf dem Deckblatt emporgehoben wird. Von den zweifelhaften A darf man also nicht ausgehen. Strasburger nahm wiederum die Taxeen zum ee vel er damals an die Knospennatur der Ovula glaubte und daher das Ovulum von Taxus und Torreya (freilich nur den Nucellus, da er das Integument als Fruchtknoten betrachtete) in seiner ursprůnglichsten Stellung als Gipfelprodukt einer unzweifelhaften Sprossaxe sah. Wir wissen aber jetzt genau, dass das Ovulum keine Knospe ist und ursprünglich auf dem Fruchtblatt entspringt, daher seine Position auf dem Sprossscheitel immer eine spätere, abgeleitete Bildung anzeigt. Desshalb sind auch die Taxeen gewiss keine älteste ursprünglichste Form der Coniferen und können nicht zum Ausgangspunkte gewählt werden. Somit bleiben nur die Cephalotaxeen. Diese eignen sich auch vollständig dazu. Enthalten sie ja eine Gattung, die wahr- scheinlich von allen lebenden Coniferen das höchste Alter besitzt, nämlich Ginkgo, und *) In den „Coniferen und Gnetaceen“ unterschied er nur die Taxeen (die Cephalotaxeen inbegriffen) und die Podocarpeen. Die Gymnospermen. 39 © eine zweite Gattung Cephalotaxus, welche beide in ihrem weiblichen Apparat auch entwi- ckelungsgeschichtlich bis zu einer gewissen Entwickelungsstufe mit den Araucariaceen, namentlich mit den Abietineen übereinstimmen und somit durch die dort ganz sichere Deutung am leichtesten und zuverlässigsten aufgeklärt werden können. Dazu kommt noch, dass bei Ginkgo eine Abnormität bekannt ist, d. h. eine morphologische Variation, welche die berührte Deutung noch wesentlich schärfer bestimmt und bekräftigt. <) Cephalotazceen. Das hohe Alter der Gattung Ginkgo wird allgemein anerkannt, ebenso dass sie von allen Coniferen die meiste Verwandtschaft mit den Cycadeen besitzt. Dies letztere hat schon Warming in seiner Schrift Recherches et remargues sur les Cycadées 1877 p. 9 (24) durch eine Reihe von ihm hervorgehobener Übereinstimmungen erwiesen. Auch Eichler stimmt dem in den „Pflanzenfamilien“ bei. Er sagt diesfalls ganz richtig: „Schon die gelappten dichotomisch- fáchernervigen Blätter, durch welche die Gattung sich unter den „Nadelholzern“ so fremd- artig ausnimmt, bieten einen Anklang an die Cycadeen; mehr noch der zweizellige Arche- gonhals, die Bildung des Embryo erst nach Abfall der Samen vom Baume und die pflaumen- artige Samenschale.“ In gleichem Sinne äussert sich auch Delpino, ja dieser geht so weit, die Gattung nicht nur von den Taxaceen, sondern von den Coniferen überhaupt zu trennen und zwischen die Cycadeen und die Coniferen als Typus einer eigenen gleichberechtigten dritten Ordnung anzunehmen. Dies ist allerdings übertrieben; es genügt jedenfalls, mit Ginkgo die Ordnung der Coniferen zu beginnen, und die Übereinstimmung in der Blüthenbildung mit Cephalotaxus ist trotz dem abweichenden Habitus so gross, dass beide nach Strasburger’s Vorsang in einer Tribus beisammen bleiben müssen. Delpino findet eine morphologische Übereinstimmung zwischen dem samentragenden Stiel von Ginkgo und der Fruchtschuppe der Abietineen, wie auch der „Doppelnadel“ von Sciadopitys, und das ist vollkommen richtig, aber irrig ist es, wenn er diesen Stiel wieder wie die anderen mit ihm identifizirten Gebilde für eine blattsegmentartige Dependenz des hier oft laubigen Tragblattes erklärt. Er hat dafür keinen anderen Beweis, als dass seine in ihrer Anwendung auf die Coniferen sicher unzutref- fende Carpidentheorie es erfordert. Die Folgerungen, die Delpino selbst auch hieraus zieht, sind denn auch ebenso unwahrscheinlich, als wegen der von ihm zugegebenen Homologie des Samenstiels mit der Fruchtschuppe der Abietineen unmöglich. Der Brachyblast von Ginkgo wäre nach ihm eine durchwachsende (diaphytische) Blüthe, ja nicht einmal eine Blüthe, weil die angeblichen Fruchtblätter wahre Laubblätter (oder auch Niederblätter) sind, so dass Ginkgo überhaupt keine Blüthen besässe und damit noch tief unter Cycas auf der Stufe der Farne, und zwar der Ophioslosseen stehen würde. Mit Recht muss man das als eine grosse Unwahrscheinlichkeit bezeichnen, noch mehr aber den Umstand, dass das angebliche Frucht- blatt bald ein Laubblatt, bald ein Niederblatt wäre, was nicht einmal bei den Farnen vorkommt. Der Samenstiel von Ginkgo ist gewiss ein Spross, ebenso wie die Fruchtschuppe der Abietineen, mit der ihn Delpino (ebenso Van Tieghem und Strasburger) richtig homologisirt. Es frägt sich nur, was ist daran als Axe, was als Carpiden für die beiden Ovula zu halten’? 40 1. Dr. Lad. Čelakovský. Auf diese Frage sind bereits dreierlei verschiedene Antworten gegeben worden. Van Tieghem hielt den ganzen Samenstiel für das Fruchtblatt, für das einzige Blatt eines sonst verkümmerten Achselsprosses, dessen Achsentheil also nur in der äussersten Basis des Samenstiels zu suchen wäre. Das Fruchtblatt wäre daher wie die Laubblätter langgestielt und 2lappig und jedes Eichen entspräche (nach der Foliolartheorie) einem Abschnitt der Blatt- spreite. Wie man nun bei Ginkgo Blätter findet, die in 3, 4, 5, selbst 6 Lappen gespalten sind, so giebt es auch bei derselben Conifere Fruchtblátter, die eine entsprechende Anzahl Eichen statt nur zweier Ovula tragen. Für Strasburger ist dagegen der Samenstiel ein Kaulom, ein Primanspross, die Ovula sind Blüthen, also Secundansprösschen auf dem Priman- spross. Für ganze Blüthen hielt er die Ovula desshalb, weil ihm der 2samige Stiel homolog mit der 2blüthigen Inflorescenz von Torreya zu sein schien. Die Manchette um die Basis jedes Eichens erklärte derselbe Forscher. anfangs für ein rudimentäres transversales Blattspaar (obwohl sie nicht mit 2 Primordien, sondern als einfacher Wall angelest wird), später „eher für die Andeutung eines Arillus oder, weil doch auch bei Cephalotaxus der echte Arillus fehlt, für die Andeutung einer durch die Anschwellung der Achse im Umkreis des Eichens gebil- deten Cupula“. Die Deckblätter der beiden Blüthen sollten ablastirt sein. Nach Fruchtblättern fragt Strasburger, nachdem er die Fruchtknotennatur der Ovula aufgegeben hatte, nicht; ihm genügt es, dass die Ovula hier wie bei allen Coniferen zur hypothetischen Blüthenachse ohne Fruchtblatt terminal sind. : Eichler hätte, seiner Excrescenztheorie gemäss, den Samenstiel von Ginkgo gleich Delpino als eine Exerescenz des Tragblattes betrachten müssen; er that dies aber nicht, weil ihm die Sprossnatur des Stieles sowohl nach dem Gefässbündelverlauf, als auch nach der Stellung der bisweilen vorkommenden zahlreicheren Ovula allzu evident war; lieber gab er die Homologie zwischen dem Achselprodukt von Ginkgo und jenem von Cephalotaxus und - den Araucariaceen auf. Doch nicht für eine zweiblüthige Inflorescenz, sondern für eine Blüthe hält er, diesmal ganz richtig, den Samenstand, und da er bei den Coniferen für die Ovula ebenfalls Carpiden verlangt und in seiner Weise auch findet, so sucht er auch bei Ginkgo nach ihnen und ist geneist, den manchettenartigen Rand an der Basis des Ovulum als rudi- mentäres Carpid anzusehen. Dieselbe Auffassung des Samenstandes von Ginkgo habe ich bereits früher in Flora 1879 ausgesprochen, doch noch mit einigem Zweifel betreffs der Deutung der Manchette, indem ich zuletzt sagte: „ich wüsste freilich jene abnormen Ver- zweigungen des Fruchtstiels, die Strasburger erwähnt und einmal auch abbildet (Conif. Taf. I. fig. 25), nicht recht darnach zu deuten.“ Es wird sich weiterhin ergeben, dass die Auffassung der Manchette als Carpid in der That nicht richtig ist. Alle diese Ansichten tragen, wie sie bisher vorgetragen und motivirt worden sind, viel zu sehr ein subjectives Gepräge. Zu einem wissenschaftlich vollgiltigen sicheren Resultat können wir nur dann gelangen, wenn wir zuerst für die normale Entwickelungsgeschichte durch den Vergleich mit den bereits vollkommen aufgeklärten Abietineen eine zuverlässige Erklärung suchen und sodann die mehr abnormen Variationen in der Zahl und Stellung der Eichen am Samenstiele befragen. Nach Strasburger’s Untersuchungen wird das Achselprodukt im Herbste in der Blattachsel als ziemlich breiter Höcker angelegt. Die beiden Flanken oder oberen Ecken desselben schwellen etwas an und bezeichnen die Stellen, an welchen im Die Gymnospermen. 41 © nächsten Frühjahr die beiden Ovula gebildet werden. Zwischen beiden Ovularhöckern findet sich manchmal noch ein schwacher mittlerer Höcker (Conif. Taf. I. fig. 21), in anderen Fällen besteht daselbst eine mediane Einsenkung. Nach Anlage der Ovula und der Manchetten an ihrem Grunde streckt sich die bis dahin kurze Basis des axillären Sprosses und wächst in den langen Stiel aus. Im Falle ein medianer Höcker zwischen beiden Eichen angelegt worden, kann er später als ein Spitzchen in dem Winkel, den die beiden Eichen oberseits bilden, gefunden werden (Strasb. Conif. Taf. I. fig. 25, Eichler Conif. Fig. 68 ce)... Es wird erspriesslich sein, mit der Entwickelung des Samenstandes von Ginkgo zunächst die Entwickelung des auch nach Strasburger homologen zweisamigen Achselprodukts der Zapfenbrakteen von Cephalotaxus zu vergleichen. Dieses Achselprodukt erscheint auch hier als Höcker, aber als sehr schwacher Höcker, in der Deckblattachsel, an ihm zeigen sich dann die zwei seitlichen Höcker, welche unmittelbar zu den beiden Eichen sich ausbilden, und abermals ein medianer Höcker, welcher „als runde Erhebung“ zwischen den beiden Eichen sichtbar bleibt, später aber mehr nach Innen steht, sich abflacht, an die Rhachis gedrückt wird und ihr zum Theil anwächst. In Ansiosp. und Gymnosp. ist dieses Achselprodukt mit den zwei lateralen Ovulis und dem median nach hinten stehenden flachen Mittelhöcker auf Taf. IX. fig. 4 abgebildet. Zum Unterschiede von Ginkso unterbleibt hier die Streckung der gemeinsamen Basalpartie, welche überhaupt äusserst wenie entwickelt ist, so dass die Oyula mit dem medianen Höcker unmittelbar in der Deckblattachsel zu sitzen scheinen. Die Homologie des Achselprodukts von Cephalotaxus und jenes von Ginkgo ist unbestreitbar ; der mittlere Höcker, der auch manchmal bei Ginkgo zwischen beiden Eichen sich findet, entspricht jenem von Cephalotaxus, obzwar der letztere besser entwickelt ist. Wenn wir nunmehr die Anlage des Achselprodukts von Ginkgo und von Cephalo- taxus mit der Anlage des Achselprodukts einer Abietinee, welches noch nicht begonnen hat, die Crista seiner Fruchtschuppe zu bilden, vergleichen, so bemerken wir eine vollkommene Übereinstimmung. Der kräftige Blüthenhöcker von Ginkgo ist gewiss dasselbe Gebilde, wie der axilläre Blüthenhöcker einer Abietinee; er erzeugt hier wie dort zu beiden Seiten ein Ovulum und zwischen ihnen (bei Ginkgo freilich nicht immer) einen medianen Hócker. Wir können daher getrost die Deutung, welche wir für die Abietineen gewonnen haben, auch auf Ginkgo und Cephalotaxus übertragen. Freilich müssen wir dabei den Mangel einer Fruchtschuppen- erista bei den Cephalotaxeen mit in Rechnung bringen. Da der Blüthenspross der Cephalo- taxeen keine Crista entwickelt, so ist er, verglichen mit der Fruchtschuppe der Abietineen, als ein auf früherer Entwickelungsstufe stehen gebliebener Blüthenspross zu betrachten. Nehmen wir an, dass sich bei einer Abietinee die Fruchtschuppencrista nicht entwi- ckeln würde, dass sie z. B. ablastirt wäre. Es wären alsdann die Carpiden der beiden Ovula unterdrückt oder es wären die beiden Carpiden auf blosse Ovula reducirt. Da nun nach dem Zeugniss der Anamorphosen das Ovulum sicher einem Blattgliede (sei es Blattzipfel oder Blattexcrescenz) entspricht (wenn auch die Genetiker dies nicht zugeben wollen), so wäre in diesem Falle das ganze Carpid auf ein einziges, zum Ovulum umgewandeltes Blattelied reducirt. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 6 42 1. Dr. Lad. Čelakovský: In diesem Zustand befinden sich.aber die Cephalotaxeen. Damit soll indessen nicht etwa behauptet werden, dass letztere von den Abietineen oder überhaupt von den Arauca- riaceen durch Verlust der Fruchtschuppencrista abzuleiten wären, vielmehr ist das phylogene- tische Entwickelungsstadium, in welchem sich die Cephalotaxeen befinden, ursprünglicher, wie wir uns noch überzeugen werden, und die Fruchtschuppencrista der Abietineen ist eine spä- tere Bildung. (Ob es sich aber so oder umgekehrt verhält, die Deutung des Blüthensprosses der Cephalotaxeen bleibt sich in allen Fällen gleich. Ihr Blüthenspross ist dreiblätterig wie bei den Abietineen, die zwei seitlichen Carpiden sind auf die Ovula redueirt und das mitt- lere Carpid, nämlich der mittlere flach schuppenförmige Höcker von Cephalotaxus und der kleine Höcker, der manchmal bei Ginkgo zwischen den Ovulis sich findet, ist steril. Wenn aber bei Ginkgo der mittlere Höcker fehlt, und zwischen beiden Eichen ein einspringender Winkel zu sehen ist, so hat der Spross eben nur die zwei in Ovula metamorphosirten Blätter erzeugt. Dass der mittlere Höcker als steriles Blatt und nicht etwa als Achsenscheitel des Blüthensprosses gedeutet werden muss, folgt schon aus der Analogie mit dem mittleren Carpid der Abietineen, wird aber ausserdem durch die blattschuppenartig flache Ausbildung bei Cephalotaxus, und bei Ginkgo noch dadurch bestätigt, dass sich dieser Höcker bisweilen gleich den beiden lateralen Carpiden in ein drittes Ovulum umbildet, welches dann ebenso wie das flache sterile Blattrudiment von Cephalotaxus oder wie das mediane sterile Blatt von Pinus mehr nach innen steht. (Strasb. Conif. Taf. II. fig. 27). Da jedoch bei Ginkgo die 3 Gefässbündel, welche dann im Stiel zu den Eichen hin verlaufen, ziemlich regelmässig um ein Centrum gelegen sind und einander die Tracheen zuwenden (Stirasb. Angiosp. Taf. IX. fig. 12 aaaa), so ist daraus zu ersehen, dass der Stiel hier kein Symphyllodium, sondern eine mehr normale Achse derstellt und dass das mittlere mehr nach innen stehende Ovulum nicht von einem vorderen, sondern von einem nach hinten stehenden Blatte gebildet wird. Stras- burger beobachtete auch einen Blüthenstiel mit 4 langgestielten Ovulis, von denen zwei transversale kleiner, die zwei mit jenen alternirenden, also median vorderen und hinteren, gross entwickelt waren (Angiosp. Taf. IX. fig. 11). „Zwischen dem oberen Eichenpaar war das abgestorbene Achsenende in deutlicher Entwickelung vorzufinden, ausserdem noch ein kleiner Höcker über der Insertionsstelle des rechten Ovulums.“ Dieser kleine Höcker war wohl ein Rudiment eines fünften, transversalen Carpids. Und wenn die Deutung des „abge- storbenen Achsenendes“ richtig war, so hatte dieser mehrblätterige, aus alternirenden Carpi- denpaaren bestehende Blüthenspross bereits einen Vegetationspunkt gebildet, der den 2- und 3eiigen Blüthen noch fehlt. Ä Diese viersamige Blüthe lässt besonders deutlich erkennen, dass der die Samen tra- gende Stiel eine Achse ist, dem die vier auf Ovula reducirten Carpiden entspringen als zwei decussirte Blattpaare an seinem Ende, und die vier Gefässbündel, von denen er durchsetzt ist (Angiosp. Taf. IX. Fig. 12 aaa), sind regelmässig. concentrisch vertheilt, mit nach innen ge- kehrten Tracheen, was nicht der Fall sein könnte, wenn er aus Basaltheilen der Carpiden selbst symphyllodial verschmolzen wäre. Solche Blüthenvariationen widerlegen denn auch schlagend Delpino’s Meinung, dass der Blüthenstiel eine Excrescenz des Tragblattes sein könnte, in gleicher Weise wie die Anamorphosen der Abietineen die gleiche Ansicht von der Fruchtschuppe derselben. Beide Variationen sind Abnormitäten, die der Abietineen nur dá- Die Gymnospermen. 43 _ dureh verschieden, dass vegetative Umbildung der Carpiden mit im Spiele ist, welche die; bei Ginkgo nicht vorkommende, Verschmelzung der Carpiden wieder aufhebt, und damit die Ursache der Unklarheit des Blüthenbaues der Abietineen beseitigt. Die abnormen Variationen bei Ginkgo benützt Strasburger ganz unbedenklich gegen Van Tieghem’s Ansicht, dass die Blüthe von Ginkgo ein einziges Carpid sei, und mit vollem Rechte; warum lässt er die ab- normen Variationen der Abietineen nicht in gleicher Weise gelten ? Die viersamige Abnormität, die Strasburger abgebildet hat, ist ein weiterer Beleg für den Satz von St. Hilaire, dass die morphologisch bedeutsame Abnormität oft nur eine Regel- mässigkeit anderer Art ist, welche sogar ursprünglicher und daher leichter verständlich sein kann, als die normale Bildung selber. Denn wir können ohne alles Bedenken annehmen, dass die Coniferenblüthe ursprünglich reichblätteriger war und ihre Fruchtblätter in decussirter „oder spiraliger Anordnung auf einer wohl entwickelten Achse besass, dass somit der nur zwei Eichen tragende gewöhnliche Blüthenspross von Ginkgo durch Reduction so geworden ist, womit er zugleich an Verständlichkeit seines Baues verloren. hat. Die Abnormität stellt die frühere Ordnung wieder her und wirft damit ein helleres Licht auf die weit weniger deutliche normale Bildung. Dasselbe thut auch die von Strasburger und von Eichler so sehr misshandelte Abnormität des Abietineenzapfens; auch sie bringt eine reichblättrigere (wenn auch vegetativ ausgebildete) Blüthe mit freien und regelmässig spiralig angeordneten Fruchtblättern (welche in der von Velenovský beobachteten einen Abnormität von Larix sogar alle ihr Ovulum be- sassen) zur Anschauung. Sie hat ganz denselben Anspruch wie die von Ginkgo auf Ver- werthung und Werthschätzung von Seite der Morphologen. Ihre Ignorirung oder Missdeutung rächt sich dadurch, dass das Verständniss der normalen Organe so verdunkelt wird, wie in allen den neueren Theorien, welche wir erlebt haben und welche eingangs dieser Abhandlung besprochen worden sind. Die Abnormität mit den vier gestielten Eichen erregt noch damit unser Interesse, dass sie eben gestielte Eichen besass. Es kommt übrigens die gleiche Erscheinung auch bei normal 2samigen Blüthenstielen vor. Es spaltet sich dann der Stiel gleichsam in zwei Arme, von denen jeder mit einem terminalen Eichen abschliesst, und auch das kommt nach Strasburger vor, dass inmitten des Spaltes noch ein drittes Eichen auftritt (offenbar wieder als Metamorphose des dritten mittleren Blattes). Die Stiele der Ovula sind gewiss nicht axil, sondern Blatttheile; sie repräsentiren ja mit dem Ovulum zusammen ein Blatt, ein Carpid, wovon wir uns so deutlich an dem mehrsamigen Blüthenstiele überzeugen konnten, wo die sestielten Ovula als Blätter in zwei decussirten Paaren auftraten; auch der Vergleich der 2 normalen Ovula von Ginkgo mit den 2 Ovulis der Abietineen liefert den Beweis, dass diese Eichen ganze Carpiden vertreten. Man kann die Stiele der Ovula als Funiculi bezeichnen, sie verdienen diesen Namen jedenfalls, aber sie würden noch eine andere Bedeutung haben, wenn nachgewiesen werden könnte, dass die gestielten Ovula nicht etwa bloss in Folge eines Ablasts der bei den Abietineen das Ovulum tragenden Carpidentheile (der Crista) die Carpiden repräsentiren, sondern dass sie auch selbst, ohne dass zuvor ein Ablast eines solchen vegetativen Carpidentheils stattgefunden hätte, die ganzen Carpiden sind. In diesem Falle wäre Carpid und Ovulum, Fruchtblattstiel und Funiculus ein und dasselbe, und die Ovula zu ihren Carpiden einzeln terminal, oder mit anderen Worten der Endtheil des Carpids 6* 44 1. Dr. Lad. Čelakovský: wáre direkt in ein Ovulum umgebildet. Das Ovulum wáre hier nicht aus einem Randzipfel oder aus einer Excrescenz der Blattfláche des Carpids entstanden, es wáre hier bei Ginkgo (und sodann auch bei den übrigen Taxaceen) ein Fall realisirt, den man wohl auch schon bei manchen Angiospermen mit freier Centralplacenta, dort aber irrthůmlich angenommen hat, indem man sich vorstellte (so Vam Tieghem und Cramer), dass die Ovula der freien Central- placenta bei Primulaceen, Utriculariaceen u. s. w. aus ganzen Blättern, sogenannten Ovular- blättern metamorphosirt seien. Dort sind aber noch besondere Carpiden, die den Fruchtknoten bilden, vorhanden, und ich habe in meinem Artikel über Placenten nachgewiesen, dass die Ovula der Centralplacenta keine besonderen Blätter sind, sondern dass sie den Fruchtblättern als deren Dependenzen angehören. *) Hier bei den Taxaceen sind aber in der That die Ovula aus ganzen Blättern, nämlich aus den Carpiden selbst hervorgegangen und diese Blätter können mit Recht als Ovularblätter. oder genauer als Ovularcarpiden bezeichnet werden. Der Hauptbeweis für diese These ist phylogenetisch zu führen zufolge der Stellung, welche die Taxaceen, insbesondere die Cephalotaxeen unter den Gymnospermen einnehmen; insbesondere durch Feststellung des Verhältnisses, in welchem sie einerseits zu den Cycadeen, anderseits zu den Arauca- riaceen stehen. Die Taxaceen gehören zu den ältesten jetzt lebenden Coniferen, eine Thatsache, welche sowohl von einem so ausgezeichneten Phytopalaeontologen wie Osw. Heer festgestellt, als auch von dem namhaftesten Morphologen, der sich mit den Coniferen höchst eingehend beschäftigt hat, von Strasburger, der seine vergleichenden Untersuchungen eben von den Taxaceen aus fortgeführt hat, entsprechend verwerthet worden ist. Insbesondere Ginkgo ist anerkannter- massen ein uralter Coniferentypus, der nach der bereits früher gemachten Bemerkung die meisten Beziehungen auch zu den Cycadeen zeigt. Ginkgo, und die beiden Cephalotaxeen- genera überhaupt, stehen phylogenetisch und systematisch betrachtet zwischen den Cycadeen und den Araucariaceen, speciell den Abietineen in der Mitte. Das hohe Alter der Gattung Ginkgo äussert sich nach dem Vorgesagten schon in der Leichtigkeit, mit welcher die redu- eirte zweisamige Blüthe in einen mehrsamigen und somit jedenfalls mehrblättrigen Spross mit mehr normaler decussirter Anordnung der Carpiden übergehen kann. Sie steht eben den ausge- storbenen prototypen Coniferen (Proconiferen) mit normaler Phyllotaxie der Blüthe oder, wie wir demnach sagen können, mit cycadeenartigen Blüthen noch näher als alle übrigen Coni- feren, bei denen theils die Blüthen in der Carpidenzahl sehr verarmt sind, und zwar unab- änderlich fest verarmt, theils (wie bei den Araucariaceen) die ungewöhnliche symphyllodiale Ausbildung erlitten haben, welche sich auch so sehr befestigt hat, dass sie nur durch eine vegetative Umbildung (in den bekannten Anamorphosen) erschüttert werden kann. Was insbesondere das Verhältniss von Ginkgo zu den Cycadeen betrifft, so kann an einer verhältnissmässig nicht gar zu fernen Verwandtschaft der eigenthümlichen Coniferen- *) Strasburger hat mir in seinen „Angiospermen und Gymnospermen“ das Zeugniss ausgestellt, dass ich daselbst „auf Grund vergleichender Untersuchungen, mit viel Talent und Sachkenntniss den Nach- weis zu führen gesucht habe, dass die sogenannte freie centrale Placenta aus den unter sich allein oder auch mit dem Achsenende verschmolzenen Ventraltheilen der Carpelle gebildet wird.“ Wie zu- vor bemerkt worden, hat sich auch Delpino dieselbe Ansicht gebildet. Die Gymnospermen. 45 gattung mit den Cycadeen nicht gezweifelt werden. Der Bau der Eichen und Samen von Ginkgo stimmt mit dem der Cycadeen auffällig überein; selbst der manchettenförmige Kragen am Grunde des Ovulum von Cycas fehlt bei der Ginkgo nicht; das Staubblatt von Ginkgo mit seiner Crista und seinen zwei freien, etwas nach der Unterseite gelegenen Pollensäckchen lässt sich leicht aus dem Staubblatt einer Zamia durch Reduction der Zahl der Pollensäckchen ableiten und: entspricht noch mehr dem Fruchtblatt von Zamia ete. mit seinen zwei lateralen Ovulis; selbst auch die Kurztriebe, welche Schuppen- und Laubblätter, sowie die Blüthen tragen, und die nicht einfachen, sondern eingeschnittenen Blätter weisen auf die Cycadeen zurück. Da entsteht nun die Frage, in welchem Verhältniss dann die Fruchtblätter von Ginkgo zu den Fruchtblättern einer weiblichen Cycas stehen. In der That in keinem anderen als in dem des einfachen zum zusammengesetzten Blatte. Es giebt aber zweierlei einfache oder ungetheilte Blätter, nämlich echte und unechte. Wenn z. B. die Abschnitte eines fiedertheiligen Blattes immer vollständiger sich vereinigen, sodass das Blatt statt fiedertheilig nur fiederspaltig, dann gezähnt, zuletzt auch ganzrandig wird, so nennt man ein solches Blatt wohl auch einfach oder ungetheilt, aber es ist nur äusserlich so, innerlich ist es nicht einfach, sondern zusammengesetzt, was schon die Fieder- nervigkeit anzeigt. Solche unecht einfache Blätter können in schlitzblätterigen Abarten wieder in Folge von Theilung oder Trennung der im scheinbar einfachen, besser gesagt ungetheilten Blatte vereinigten Blattglieder wiederum fiederspaltig, fiedertheilig werden, und die Carpiden auch solcher Angiospermen, welche scheinbar einfache Blätter besitzen, theilen sich auch wieder zum Zwecke der Bildung von Eichen aus den Blattabschnitten. Die Ovula sind dann, wie bei Cycas, zu dem getheilten Carpid randständig. In der Verlaubung gehen die randständigen Ovula im vegetative Blattzipfel über, diese vereinigen sich aber wieder in vollkommeneren und früh- zeitigeren Verlaubungsgraden mit dem übrigen Carpid und letzteres erscheint schliesslich als unecht einfaches (besser ungetheiltes) Laubblatt, wenn die Pflanzenart sonst ungetheilte Laub- blätter besitzt. Bei den Coniferen sind aber meistens schon die vegetativen Blätter echt einfach, darum auch einnervig,*) „nadelförmig“, wenigstens aber die Carpiden, und in voller Schärfe gilt das von den Carpiden der Taxaceen mit bleibend terminalem Ovulum. Das nähere Ver- hältniss des einfachen Carpids, auch von Ginkgo (deren Laubblätter sind aber nicht einfach), zu dem fiederspaltigen oder fiederzähnigen Carpid einer Oycas ist aber dieses. Das Carpid von Cycas revoluta besteht aus zahlreichen, nach dem Typus der Blattverzweigung zweizeilig gestellten Blattgliedern, von denen die untersten, soweit sie frei ausgegliedert sind, sich in Ovula umbilden; das ganze Blatt aber geht nach unten in den gemeinsamen Blattstiel über (des leichteren Verständnisses wegen will ich mich hier so ausdrücken). Wird nun dieses vielgliedrige (polymere) Blatt auf ein Glied reducirt, so stellt sich dieses Glied in die ver- längerte Richtung des Blattstiels und da es (wie auch schon bei Cycas jedes der unteren Blattglieder) ein terminales Ovulum bilde, so muss nach dieser Ableitung das wirklich einfache oder monomere Carpid ein terminales Ovulum tragen; *) Dies ist nicht so zu verstehen, dass die Blätter darum einfach sind, weit sie nur einen Nerven bilden, sondern weil sie einfach sind, bilden sie in der Regel nur einen Nerven. 46 1. Dr. Lad. Čelakovský : weil das randstándige Eichen aus einem Blattgliede gebildet ist, so muss auch das auf nur ein Blattglied reducirte Carpid selbst in ein Ovulum umgebildet sein, sodass also in diesem Falle Carpid und Ovulum Eins ist. Wenn also bei Ginkgo die Ovula gestielt auftreten, so ist der Stiel ebensowohl Funiculus des Ovulums, als auch Carpidenblattstiel; das Ovulum selbst ist eine Umbildung der einfachen Blattspreite des Carpids. Nachdem nun das Ovulum der Cephalotaxeen von dem ganzen Carpid gebildet wird, so begreift man leicht, wesshalb dasjenige von Ginkgo langgestielt auftreten kann, das von Cephalotaxus aber immer sitzend erscheint. Das Ovularcarpid ist aus einem Laubblatt meta- morphosirt, welches bei Ginkgo langgestielt, bei Cephalotaxus beinahe sitzend ist; es entspricht somit der Stiel des Ovulum bei Ginkgo dem Stiele des Laubblatts und das Integument wird von der ganzen tutenförmig zusammengerollten Blattspreite gebildet. Damit erklärt sich auch jenes minder gewöhnliche Vorkommen, wo das Carpid an der Spitze sich theilt und aus beiden Theilen zwei Ovula neben einander produeirt. Diese Spaltung entspricht offenbar der gewöhnlichen Zweispaltigkeit der Laubblätter von Ginkgo biloba, welche nicht monomer sind wie bei den nadeltragenden Coniferen (Nadelhölzern); daher ist auch das Carpid in so einem Ausnahmsfalle nicht monomer, sondern dimer gebildet. Dass die Spaltung des Carpids transversal stattfindet, d. h. dass die beiden Eichen des Carpids in einer zur Blüthenmediane parallelen Ebene stehen (Strasb. Conif. Taf. I. fig. 25), ist ganz natürlich, denn diese Ebene ist ja die Blattfläche der zwei einander opponirten Carpiden, welche, wie die mit ihren Tracheen im oberen Theile der Blüthenaxe einander zu- gekehrten Gefässbündel zeigen, ihre Oberseiten einander zugekehrt haben. Van Tieghem hat bereits etwas derartiges, jedoch für den ganzen Blüthenspross, da er ihn für ein Blatt hielt, angenommen, indem er meinte, dass dieses Carpid, wenn mehrere Ovula gebildet werden, auch in mehrere Lappen zerspalten sei. Das ist nun in dieser Fassung allerdings nicht- richtig; man muss eine Vermehrung der Ovula durch Bildung neuer Carpiden in der Blüthe und eine solche durch Spaltung der bereits vorhandenen Carpiden unterscheiden. Van Tieghem’s Auffassung ist also nur zum Theile zutreffend. Ein hübsches Beispiel einer in dieser dop- pelten Weise zugleich bereicherten 6eiigen Blüthe giebt Richard Conif. t. 3 (auch in Eichler’s Conif. fig. 68 in Nat. Pflanzenf. reproducirt). Wie einfach und natürlich erscheint die Spaltung der Carpiden bei Ginkgo, wenn man sich überzeugt hat, dass die normalen Ovula eben ganzen Carpiden entsprechen, die sich wie Laubblätter zweispaltig bilden können; unbegreiflich bleibt sie aber demjenigen, der diese Überzeugung noch nicht erlangt hat und nun ein zu den Ovulis gehöriges Carpid für ablastirt hält oder die Manchette am Grunde des Eichens für ein rudimentäres Carpid hält, wie Hichler und wie ich selbst früher geglaubt habe. Ebenso wenig kann man, wenn man mit Strasburger den speciellen Samenstiel für eine Achse und das Ovulum für eine Blüthe ansieht, eine eini- germassen beruhigende Erklärung der dichotomen Spaltung dieser Achse geben. Was die besagte Manchette am Grunde des Eichens von Ginkgo betrifft, so hat die- selbe sehr verschiedene Deutungen erfahren. Eine Achsenanschwellung war sie für Strasburger, was nicht möglich ist, da der Stiel des Ovulum keine Achse ist. Ausserdem sollte sie entweder ein rudimentäres Carpid oder dem Arillus der Taxeen und Podocarpeen homolog sein. Die erstere Annahme ist sicher unrichtig; es ist wohl eine ringförmige Ausstülpung aus Die Gymnospermen. 47 dem monomeren Carpid um das Eichen herum, aber nicht das Carpid selbst, welches mit dem Ovulum endigt. Besonders widerlegt wird die Annahme durch die gespaltenen zwei- samigen Carpiden, weil bei diesen jedes der beiden Ovula seinen eigenen Kragen erhält. Daraus ist klar ersichtlich, dass die Manchette dem Ovulum angehört und nicht vom Carpid als solchen ausgeht. Wie schon erwähnt, wird das Eichen von Cycas am Grunde von einem ebensolchen Walle oder Kragen umgeben und bei der sonstigen Übereinstimmung des Intesuments im Blüthen- und Fruchtzustande (wo es steinfruchtartig wird) in beiden Gattungen ist auch die morphologische Homologie der Manchetten bei Ginkgo und Cycas nicht zu bezweifeln. Es fräst sich nur, ob die Manchette mit dem Arillus oder äusseren Integument der Taxeen und Podocarpeen homolos ist. Die Beantwortung dieser Frage wird jedoch schieklicher bei den Podocarpeen erfolgen. Nur soviel sei bemerkt, dass bei Cephalo- taxus dieser Ovular-Kragen fehlt, woraus bereits auf eine nebensächliche Bedeutung desselben geschlossen werden könnte. | Indem wir bei den Cephalotaxeen das Ovulum selbst als monomeres Carpid erkannt haben, bedürfen wir der Annahme irgend welchen Aborts oder Ablastes nicht, weder von Deck- und Vorblättern der angeblichen Ovularblüthen, noch von Carpiden für die Ovula, was ein grosser Vorzug unserer Auffassung vor anderen Theorien ist, da von solchen abor- tirten Blattorganen niemals auch nur eine Spur bemerkt wird, daher die Annahme eine ganz unbewiesene und eben sehr überflüssige Hypothese ist. Der Nachweis des monomeren Ovularcarpids, mittelst Ableitung aus dem polymeren Fruchtblatt der Cycadeen durch einfache Reduction, ist für die gesammten Taxaceen von der grössten Bedeutung, da er allein das richtige Verständniss ihres Blüthenbaues ermöglicht und deren phylogenetischen Zusammenhang mit den Cycadeen, der bisher äusserst zweifelhaft und vielfach, in Folge der Ableitung der Coniferen von den Lycopodiaceen, geleugnet worden war, ins hellste Licht setzt. Eine solche Reduction des Carpids auf ein Ovulum kann selbst- verständlich auch nur bei Gymnospermen vorkommen, und wäre bei den Angiospermen, deren Carpiden nicht nur Ovula erzeugen, sondern auch den Fruchtknoten als schützende Hülle für jene abgeben müssen, ganz undenkbar. Durch die gewonnene Einsicht, dass die monomeren Carpiden der Taxaceen in Folge ihrer Herkunft von polymeren Fruchtblättern der Cycadeen in der Coniferenordnung die ur- sprünglichere Bildung sind, werden wir in den Stand gesetzt, ein bestimmtes Urtheil über das Verhältniss der Taxaceen zu den Araucariaceen, zunächst aber der Cephalotaxeen zu den Abietineen zu fällen. Die einfacheren fruchtschuppenlosen Blüthen der ersteren sind nicht etwa durch Schwinden oder Ablast der Fruchtschuppencrista der Abietineen zu Stande gekommen, © sondern diese Crista hat sich erst später in einer Blüthe, die ähnlich wie bei Ginkgo oder Cephalotaxus beschaffen war, neu hinzugebildet. Die monomeren Ovularcarpiden der Cephalo- taxeen entwickelten bei den Abietineen aus ihrer dem Deckblatt der Blüthe zugekehrten Oberseite einen neuen nachgewachsenen schuppenartigen oder vegetativen Theil; das nackte Ovulum erhielt einen schützenden und von aussen deckenden carpidialen Auswuchs. Der vegetative Theil des Cycadeen-Fruchtblatts war bei den Cephalotaxeen durch Reduction auf ein einziges ovulumbildendes Glied geschwunden, ein neuer vegetativer Theil wird in anderer Weise und anderer Lage zu dem letzteren, also zum Ovulum, hinzugefügt. 48 1. Dr. Lai. Čelakovský : Wem es befremdlich scheinen möchte, dass auf die frühere Reduction wieder eine Berei- cherung oder Completirung des verarmten Carpids stattgefunden haben soll, der möge be- denken, dass die Completirung nicht zur früheren Bildung bei den Cycadeen zurückführt, sondern zu einer ganz neuen, für den Schutz der Samen besonders vortheilhaften Bildung emporsteigt. Bei den Cycadeen waren die Ovula randständig, bei den Abietineen wird jedes Ovulum auf der Innenseite des neuen Carpidtheils situirt. Die eigenthümliche Entwickelung der vegetativen Carpidentheile an der Basis des vorgebildeten Ovula bei den Abietineen wird hiemit besser erklärlich, sie ist eine Folge des Ursprungs der Abietineen aus den fruchtschuppenlosen Cephalotaxeen oder vielmehr aus den analog gebauten gemeinsamen Vorfahren. Der erste Anfang in der Entwickelung der Blüthen der Cephalotaxeen und der Abietineen ist so ziemlich der gleiche; zu einer bestimmten Zeit bleibt jedoch die Blüthe der ersteren stabil, sie beschränkt sich auf die beiden Eichen und etwa das sterile mittlere Blatt; bei den Abietineen aber schreitet die Entwickelung weiter, indem vegetative Carpidentheile, zur Fruchtschuppencrista verschmolzen, über den Ovulis nachgebildet werden. Dass hier eine solche Entwickelung der Carpiden wirklich stattfindet, dass es BiklieH Carpiden sind, die sich so entwickeln, und kein Discus, wie Strasburger wollte, ist gewiss, denn es wird von den Anamorphosen unwidersprechlich erwiesen, Aber ich werde mich noch bemühen, die Entwickelungsweise durch klare Analogien vollkommen aufzuklären. Die nächste und treffendste Analogie bietet die Entwickelung der Sporangien und des vegetativen Blattrandes (Schleiers) bei den Schizaeaceen und bei Pteridium. Die Sporangien der Schizaeaceen entstehen (nach Prantl*) an dem schmalen, weniger entwickelten Carpiden- abschnitte (Sorophor Prantl’s) randständig, also wie z. B. bei den Ophioglosseen, und wie bei. diesen ebenfalls Randzipfeln homolog. Sie bleiben indessen nicht randständig, sondern růcken: auf die Unterseite des Carpids dadurch, dass ein neuer Randtheil des Carpids auf der Ober- seite der Sporangien nachwächst. Ganz dasselbe kommt auch bei Pteridium aquilinum vor. Man erklärt zwar gewöhnlich, auf die Entwickelungsgeschichte hinweisend, diesen nachwach- senden Blattrand, der vom gewöhnlichen umgeschlagenen Blattrande steriler Lacinien gar nicht verschieden ist, für einen echten Schleier (s. Zuerssen Farnpflanzen S. 104). Indessen ist dieser Schleier in der That dem Blattrande steriler Blätter sicherlich homolog; es kommt hier wieder das Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung zur Geltung; anstatt dass die Spo- rangien aus der Unterseite des schon weiter entwickelten Carpidentheils, also später und zu ihm seitlich sich bilden würden, entstehen sie frühzeitig und marginal, d. h. zu den Blatt- gliedern terminal, und der Blattrandtheil, der sie später bedecken soll, muss dann später erst über sie hinaus lateral nachwachsen. Offenbar ist dieser Entwickelungsvorgang analog der Entwickelungsgeschichte der Fruchtschuppe, z. B. von Pinus pumilio, die wir im vorigen Abschnitt besprochen haben. Wie bei den Schizaeaceen und bei Pteridium die Sporangien zur Blattlacinie marginal ent- stehen und durch Nachwachsen des Blattrandes unterständig werden, so werden die beiden Ovula der Abietineen (wie bei den Cephalotaxeen) auf der oberen Kante des abgeflachten *) Prantl Untersuchungen zur Morphologie der Gefässkryptogamen. II. Heft. 1881. Die Gymnospermen. 49 Sprosse, also marginal, angelest, kommen aber durch ganz analoges Nachwachsen der Car- pidencrista auf die Unterseite der Fruchtschuppe. Die Sporangien der Schizaeaceen bilden sich terminal zu den jugendlichen Blattgliedern, die Ovula der Abietineen terminal zu den auf ein Blattglied reducirten jugendlichen Carpiden; bei jenen erhalten die Blattglieder einen oberseitigen, zum terminalen Sporangium allerdings lateralen vegetativen Zuwachs, einen neuen Blattrand, bei diesen die eingliedrigen Carpiden ebenfalls einen zum terminalen Ovulum lateralen, oberseitigen Nachwuchs, die Carpidencrista. Mit der bedeutenderen Verlaubung der fertilen Sporophylle der Farne ist eine umge- kehrte Entwickelungsweise nach dem Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung eingetreten, denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Entwickelungsweise der Schizaeaceen und von Pteridium älter, ursprünglicher ist, als diejenige bei den übrigen Polypodiaceen und anderen Farnen, wo erst der definitive Blattrandtheil gebildet wird und die Sporangien, resp. Sori erst später auf der Unterseite der Lacinien angelegt werden. Es ist ja vom phylogenetischen Standpunkte aus gewiss, dass die randständigen Spo- rangien (wie bei Ophioglosseen) und Ovula, als normale, nur reproductiv ausgebildete Blatt- glieder, die ursprünglichste Position besitzen, und dass eine anderweitige Stellung auf den beiden Blattflächen erst secundár und später eingetreten sein kann, und zwar in Folge stár- kerer Verlaubung oder Vegetativwerdung des Carpids. Die fruchtbaren Blattabschnitte mit marginal erzeugten Sporangien (Ophioglosseen, Osmunda) haben vorherrschend reproductiven Charakter; wo aber die Sporangien auf der Unterseite oder Oberseite der Fruchtblátter stehen und auch entstehen, dort sind, wie bei Polypodiaceen, Marattiaceen etc., die frucht- baren Abschnitte weit mehr als vegetative Blatttheile entwickelt. Die Schizaeaceen (und Pteridium) bilden einen Übergangstypus; die Sporangien werden im Jugendzustand der Laci- nien, wo diese noch schmal und nicht ausgesprochen vegetativ entwickelt sind, marginal angelest, also die Endtheile der Blattglieder werden von ihnen verbraucht; da müssen dann die Blattglieder, da sie in vegetative Ausbildung übergehen, seitlich, oberseitig aus- und nachwachsen. Denselben phylogenetischen Entwickelungsgang, wie die sporangientragenden Lacinien der Farne, machten die Carpiden der Coniferen durch. Zunächst bilden die auf ein Glied reducirten Carpiden der Taxaceen ihr Ovulum terminal, es sind reine Reproduktionsorgane, so. wie die sporangienbildenden Blattglieder einer Ophioglossee; sodann erzeugt bei den Abieti- neen etc. jedes Ovulum einen oberseitigen vegetativen Nachwuchs, ebenso wie die Sporangien der Schizaeaceen den vegetativen Blattrandzipfel (die Verschmelzung dieser Lacinien zu einem höchstens seicht gelappten Saume findet sogar ihr Analogon in der Verschmelzung der carpi- dialen Auswüchse zur Fruchtschuppencrista); die dritte Entwickelungsstufe, auf welcher in Folge vollkommener Verlaubung erst der vegetative Theil und dann erst auf seiner Unterseite das Reproduktionsorgan (wie bei Polypodiaceen) angelegt wird, wird bei den Abietineen theil- weise normal (Pinus resinosa), theilweise abnormer Weise, eben bei vegetativer Umbildung zur gewöhnlichen Achselknospe erreicht. In dieser Weise stellt sich das Verhältniss der Cephalotaxeen zu den Abietineen dar, wobei jedoch vorläufig auf die Beschaffenheit des einfachen Integuments in den beiden Tribus keine Rücksicht genommen wurde. Die Cephalotaxeen bilden die Brücke von den Cycadeen r Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. U 50 1. Dr. Lad. Čelakovský : zu den übrigen Coniferen, einerseits zu den Abietineen und den übrigen Araucariaceen, anderseits zu den übrigen Taxaceen. Ihre weiblichen Blüthen sind als ältester ursprünglich- ster erhaltener Blüthentypus ausnehmend interessant und werthvoll, denn sie liefern, insbeson- dere Ginkgo mit seinen abnormen Variationen, im Verein mit der Abietineenblüthe und deren Anamorphosen den wahren Schlüssel zum Verständniss der weiblichen Blüthe aller übrigen Coniferen. Die Übereinstimmung zwischen dem, was die abnormen Variationen von Ginkgo erkennen lassen, und zwischen dem Ergebniss der Anamorphosen der Abietineen bietet die beste Gewähr der Wahrheit der hier vorgetragenen Darlegung ihres Blüthenbaues. Die nor- male Blüthe der Cephalotaxeen besteht demnach aus zwei lateralen mo- nomeren, daher als blosse Ovula ausgebildeten Carpiden, zu denen dann meist noch ein medianes drittes aber steriles Carpid hinzukommt. e) Podscarpeen- Bei den Podocarpeen hat es ganz den Anschein, als ob das Blatt, auf dessen Innen- seite oder in dessen Achsel das doppelt behüllte Ovulum entspringt, das Fruchtblatt des Ovulums wäre. Besonders drängt sich diese Auffassung auf, wenn man das Ovulum hoch oben fast unter der Spitze des besagten Blattes (Microcachrys) oder in dessen mittlerer Höhe (Dacrydium spec.) befestigt sieht, oder wenn es gar, völlig anatrop geworden, bei Podocarpus dacrydioides mit diesem fast der ganzen Länge nach verschmolzen erscheint (Strasb. Conif. t. II. 49, Eichler Conif. Fig. 65 c d). Dies scheint sehr für die Eichler’sche Auffassung zu sprechen. Daher erschien es auch mir, als ich meine „Kritik“ schrieb, wahrscheinlich, dass die Excrescenztheorie wenigstens bei den Podocarpeen (und Araucarien) zutrifft. Dies nehme ich jetzt als einen fatalen Irrthum zurück. Die weiblichen Blüthen der Podocarpeen sind eine keineswegs ursprüngliche, sondern eine höchst reducirte oder verarmte Bildung, welche nicht aus sich selbst, sondern nur im Zusammenhange mit den Cephalotaxeen richtig beurtheilt werden kann. Wir haben bereits erkannt, dass bei den Cephalotaxeen jedes Ovulum einem monomeren Carpid entspricht. Da wir nun bei den Podocarpeen an Stelle einer zweieiigen (ausnahmsweise auch mehreiigen) Blüthe ein einziges Ovulum vorfinden, so folgt aus dem phylogenetischen Vergleich mit Noth- wendigkeit, dass in dieser Tribus dieses Ovulum die ganze Blüthe darstellt, welche auf ein einziges monomeres Carpid, und da von einer besonderen Achse für dieses Carpid nichts zu sehen ist, auf ein einziges Sprossglied reducirt ist. Würde man dagegen die Ähren der Podocarpeen für einzelne Blüthen, nämlich die Deckblätter für Carpiden der Ovula ansehen, so müssten diese z. Th. noch vielblättrigen Blüthen ursprünglicher sein als die der Cephalotaxeen. Wir haben gesehen, dass die mono- meren Carpiden der Cephalotaxeen aus den polymeren Carpiden der Cycadeen durch Reduction hervorgegangen sind. Wie sollten aber Carpiden mit einem dichlamyden Ovulum auf der Oberseite von ihnen abgeleitet werden? Allerdings hat Zichler die Coniferen nicht von den Cycadeen, sondern von den Lycopodiaceen hergeleitet. Für die Cephalotaxeen und für die Abietineen (demnach auch für die übrigen Araucariaceen) kann aber diese Ableitung, wie bereits nachge- Die Gymnospermen. 5l wiesen, keineswegs Geltung haben; es ist aber auch unmöglich, die eben genannten Coniferen von den Cycadeen, die Podocarpeen aber von den Lycopodiaceen abzuleiten. Vielmehr wäre, da die Podocarpeen mit den Cephalotaxeen einen gleichen Ursprung haben müssen, das Carpid der Podocarpeen nach Eichler’s Auffassung möglicherweise nur unter der Annahme denkbar, dass das dichlamyde Ovulum in ähnlicher Weise aus terminaler Stellung auf die Oberseite eines nachgewachsenen Carpidentheils abgerückt wäre, wie bei den Abietineen das monochla- myde Ovulum auf die Unterseite eines solchen nachgewachsenen Carpidentheils gelangt. Dann wäre Microcachrys der älteste Typus der Podocarpeen, weil ihr Ovulum noch nahe dem Gipfel des Carpids sich befände, bei manchen Dacrydien wäre es tiefer auf die Mitte des Carpids, zuletzt bei Phyllocladus in die Blattachsel desselben herabgerückt, so wie Zichler sich den phylogenetischen Vorgang gedacht hatte. Diese Hypothese hat mich längere Zeit beschäftigt, ich habe sie aber schliesslich ent- schieden aufgeben müssen, weil eine ganze Reihe von Gründen dagegen spricht, dass das Ovulum der Podocarpeen eine Excrescenz des Deckblatts, dieses also sein Fruchtblatt sein könnte. Dieselben Gründe stützen dagegen in ausgiebigster Weise die Sprossnatur des Achsel- produkts der Zapfenbrakteen. Erstens ist die Gruppe der Taxaceen eine so natürliche Gruppe, dass es wenig motivirt erscheint, den kleinen Zapfen von Cephalotaxus als Ähre und den so ähnlichen Zapfen von Microcachrys als Blüthe zu betrachten. Desswegen hat denn Eichler nicht nur für Micro- cachrys, sondern auch für Cephalotaxus eine zapfenartige Blüthe, und zwar bei letzterer mit je zwei Eichen pro Fruchtblatt (eine Ausnahme unter allen Taxaceen) angenommen. Da nun diese Gattung gewiss eine Ähre aus reducirten Blüthen besitzt, so ist dasselbe auch für die Podocarpeen die natürlichste Annahme, wobei ein Unterschied der letzteren von den Cephalo- taxeen nur in einer noch weiter fortgeschrittenen äussersten Reduction der Blüthe besteht. Die Ähnlichkeit der Zapfen oder Ähren äussert sich noch darin, dass die Blüthendeckblätter von Cephalotaxus am Grunde um den reifenden Samen etwas vergrössert und angeschwollen erscheinen (nach Strasburger), womit sie den fleischig werdenden Deckblättern der Podocarpeen oder deren Blattkissen ähnlich sich verhalten. Zweitens ist die Homologie der eichentragenden Schuppe der Podocarpeen mit einer eichentragenden Zapfenschuppe von Araucaria und Dammara an sich klar und auch noch von keinem Botaniker, welcher Ansicht er auch sonst sein mochte, bezweifelt worden. Das Ovulum von Araucaria mit seiner Ligula hat aber, wie im folgenden Abschnitt näher ausgeführt wird, die Bedeutung eines auf ein Carpid reducirten Achselsprosses. Somit kann auch das Ovulum der Podocarpeen keine andere Bedeutung haben. Drittens wurde schon früher darauf hingewiesen, in welch’ hohem Grade es wahr- scheinlich ist, dass der Arillus der Taxaceen der Ligula von Araucaria und somit überhaupt der Fruchtschuppe als einem Verschmelzungsprodukt mehrerer Ligulae homolog ist. Diese Homologie könnte aber nicht bestehen, wenn das Deckblatt des Ovulums der Podocarpeen sein Fruchtblatt wäre, weil dann die Ligula mit dem oberen Theile dieses Fruchtblatts und nicht mit dem Arillus homolog wäre. Viertens. Die Entwickelungsgeschichte des Eichens entspricht auch viel mehr der eines axillären Blüthensprosses als einer Excrescenz des Deckblatts (resp. in diesem Falle des T* 52 1. Dr. Lad. Čelakovský : Fruchtblatts). Das Ovulum wird in der Achsel des Deckblatts angelegt und verbleibt dort entweder oder růckt spáter auf der sich streckenden Basis des Deckblatts mehr oder we- niger hoch empor. Strasburger sagt von Dacrydium Franklini Hook. fil., das Hinaufrücken seines Ovulums werde durch eine Verwachsung zwischen dem Stiel desselben und der Blatt- basis hervorgerufen und lasse sich sofort aus der medianen Anschwellung des Tragblatts unter- halb der Eicheninsertion und aus dem Gefássbůndelverlauf ermitteln. In gleicher Weise wird auch die kleine Inflorescenz von Helwingia rusciflora in der Achsel ihres Tragblattes angelegt und dann von der weiterwachsenden Blattbasis in die Hóhe gehoben, so dass sie auf die Mitte des Blattes zu stehen kommt, und auch hier ist eine mediane Anschwellung unterhalb der Inflorescenz auf dem Tragblatte wahrzunehmen (Payer Organog. de la fleur Tab. 109 Fig. 21—24). Übrigens findet ja eine Verschiebung der Blüthe auf das Deckblatt auch bei verschiedenen Araucariaceen statt. Wäre hingegen das Deckblatt ein Carpid des Ovulums, so sollte dieses letztere entweder vorgebildet werden und das Carpid nachwachsen (wie bei Pinus pumilio), oder wenn das Carpid früher entstände, sollte das Ovulum aus ihm selbst entspringen (wie bei Pinus resinosa) und nicht erst nachträglich aus axillärer Stellung auf dasselbe verschoben werden. Die constante Anlage des Eichens in der Achsel des Deckblatts ist daher der Bedeutung des letzteren als Fruchtblatt dieses Eichens durchaus nicht günstig. Fünftens. Mit der axillären Anlage des Ovulums hängt ferner noch das anatomische Moment zusammen, dass dieses Ovulum nicht vom Deckblatt aus, sondern direkt aus der Rachis seine Gefässbündel erhält und zwar, wie gewöhnlich jeder Achselspross bei den Coni- feren, zwei Bündel, ganz gesondert vom Deckblattbündel. Wo das Ovulum auf dem Tragblatt nachträglich emporrückt, d. h. mit seiner sich streckenden Basis mit dem Trasblatt conge- nital verwächst, da verlaufen diese Bündel auch getrennt vom Deckblattbündel in dieser ver- - schmolzenen Basis bis hinauf zum Grunde des Nucellus. (Nur bei Microcachrys erhält jedoch nach Eichler das Ovulum gar kein Gefissbůndel.) In der Fruchtschuppe der Abietineen, Taxodieen und Cupressineen, die ganz gewiss eine Blüthe repräsentirt, ist der Verlauf der Gefässbündel ebenso wie in der angewachsenen Basis des Ovularsprosses der Podocarpeen. (Bei den Araucarieen allerdings erhält der Blüthenspross seine Gefässbündel abgezweigt vom Deckblattbündel und dasselbe soll nach Zichler auch bei manchen Abies-Arten der Fall sein.) Dagegen erhalten die Ovula der Araucariaceen ihre Bündelzweige stets von den Bündeln ihrer Carpiden (resp. der Fruchtschuppe), niemals direkt aus der Blüthenachse, und so bezeugt auch der Gefässbündelverlauf im Deckblatt und Ovulum der Podocarpeen, dass das Ovulum der letzte Reductionsrest eines Achselsprosses ist und keine Ovular-Excrescenz des Deck- blatts, dem es als seinem Fruchtblatt zugehören könnte. Sechstens. Bei Podocarpus Sect. Stachycarpus (P. spicata R. Br.) sind die Blätter, in deren Achseln die Ovula stehen, auf eigenen, sonst blattlosen, auf Blatttrieben seitlichen Zweigen weit auseinandergerückt, so dass diese Zweige das Aussehen von lockeren Ähren haben. Im männlichen Geschlecht tragen ebensolche Zweige in den Achseln der Brakteen männliche Blüthen, so dass also diese Blüthen wirkliche Ähren bilden. Es ist nun an sich wenig wahrscheinlich, dass die den männlichen Ähren so ähnlichen weiblichen Zweige nicht Ähren, sondern, ein Unicum unter allen Coniferen, so langgestreckte, langgliedrige ähren Die Gymnospermen. 53 förmige Blüthen sein sollten. Vollends unwahrscheinlich erscheint dies aber, wenn man erwägt, dass sonst überall in der Ordnung der Coniferen die weiblichen Blüthen mit den männ- lichen im gleichen Sprossgrade oder öfter noch, weil die weibliche Terminalblüthe überall geschwunden und durch Lateralblüthen höheren Sprossgrades ersetzt worden ist, während die männliche Terminalblüthe erhalten blieb, in einem höheren Sprossgrade befunden werden. Die Deutung der weiblichen Ähren als Blüthen würde eine beispiellose und auch gar nicht zu erklärende Stellung der weiblichen Blüthen in einem niederen Spross- grade als der männlichen involviren, während, wenn es weibliche Ähren sind, diese mit den männlichen Ähren völlig congruiren, so wie bei Cryptomeria die (freilich terminalen) © Zapfen mit den männlichen Ähren. Die Erwägung der (später noch genauer zu besprechenden) Sprossverhältnisse bei den Coniferen und insbesondere bei Stachycarpus hat mir den ersten Zweifel an der Richtigkeit der Zichler’schen Deutung auch bezüglich der Podocarpeenblüthen erweckt und zu einer grůndlicheren Prüfung der ganzen Frage angeregt. Ja Eichler selbst gesteht (Weibl. Bl. S. 23), dass auch ihn diese Fälle lange haben zweifeln lassen, ob seine Deutung die richtige sei. Doch beschwichtigte er den Zweifel mit dem Ausspruch, es müsse schliesslich die Sache an sich entscheiden und nicht der Vergleich mit dem anderen Geschlecht. Dieser Vergleich gewinnt aber an Gewicht, sobald auch die Sache an sich, nämlich alle übrigen Argumente, zu demselben Resultate führt. Aus den angeführten Gründen können die Zapfen der Podocarpeen ebensowenig wie die der Gattung Cephalotaxus für Blüthen gelten. Die Zapfenblätter, in deren Achseln oder auf deren Innenseite das Ovulum sitzt, können nicht Carpiden der Ovula sein, vielmehr sind es wie bei Cephalotaxus Deckblätter und die Ovula repräsentiren deren äusserst reducirte Achsel- sprosse. Es ist das die am weitesten vorgeschrittene Reduction einer Blüthe, die man sich überhaupt nur denken kann. Schon bei den Cephalotaxeen war die Reduction der beiden fertilen Carpiden auf je ein einziges Blattglied mit terminalem Ovulum eingetreten, nunmehr kommt die Reduction der Blätter des Blüthensprosses auf ein einziges solches Carpid, mithin des Blüthensprosses auf ein einziges Sprossglied mit einem einzigen terminalen und mono- meren Carpid hinzu. Van Tieghem war bereits zu demselben Resultat gelangt, aber auf einem ganz anderen Wege, der eigentlich ein Irrweg war. Er hatte nämlich mittelst der anatomischen Methode geschlossen, dass die Blüthe der Coniferen überall, auch wenn sie mehrere Ovula besitzt, auf ein Carpid reducirt sei, welches somit bei den Podocarpeen direkt in das einzige termi- nale Ovulum metamorphosirt erscheint. Aus einer falschen Praemisse ergab sich ihm ein für die Podocarpeen richtiger Schluss. Unsere Methode war eine ganz andere, eine vollkommen — zuverlässige. Wir haben erst die Blüthe der Cephalotaxeen aus den eigenen Variationen (bei Ginkgo) und aus dem genauen Vergleich mit den durch Anamorphosen aufgeklärten Abietineen verstehen gelernt. Das Verständniss der Blüthe der Podocarpeen ergab sich sodann durch deren Vergleich mit der Blüthe der Cephalotaxeen unter der Annahme eines fortgesetzten Reductionsprozesses, dessen Wirkung bereits bei den Cephalotaxeen sich zweifellos kundge- geben hatte. Das Resultat dieses Vergleiches haben wir aber noch mit einer weiteren Reihe von Gründen gestützt, namentlich gegen die bei den Podocarpeen sehr verlockende Excres- cenztheorie. 54 1. Dr. Lad. Čelakovský: Nachdem wir aber dahin gekommen sind, dass wir Van Tieghem’s Auffassung des Achselprodukts der Braktee wenigstens bei den Podocarpeen als vollkommen richtig aner- kennen mussten, haben wir einen Einwurf zu widerlegen, der dagegen erhoben wurde, dass dieses Achselprodukt (hier das Ovulum) von dem einzigen Blatte eines reducirten Achsel- sprosses gebildet sei. Dieses erste und einzige Blatt, meinte Zichler (Weibl. Blüthen S. 15), würde in adossirter Stellung entspringen, weil es seine Oberseite dem Deckblatt zuwendet. Dagegen sei aber, wie schon Mohl in Bot. Ztg. 1871 bemerkt habe, einzuwenden, dass ein solcher Zweiganfang den Coniferen fremd und vielmehr der mit zwei transversalen Blättern gebräuchlich sei. Diesem Einwurf (welchen ich selbst früher in der „Kritik“ gegen Van Tieghem’s Ansicht gemacht habe) liegt aber das Missverständniss zu Grunde, dass dieses einzige Carpid ein hinteres adossirtes Blatt eines normalen Sprosses sein sollte. Einem solchen entspricht aber das einzige Carpid der Dammareen und Podocarpeen gewiss nicht. Es handelt sich ja nur um ein einziges Sprossglied, welches wegen seiner Abhängigkeit von dem Mutterblatt, ebenso wie die zahlreicheren Carpiden im Symphyllodium der Fruchtschuppe, gleich einer Excrescenz mit der Oberseite seines Blattes gegen das Deckblatt gewendet ist. Welchem Blatte einer Normal- knospe es entspricht, wäre nur durch eventuelle Anamorphosen direkt zu beobachten; jeden- falls ist es eines der drei vorderen Blätter, welche so häufig auch die Fruchtschuppe aus- machen, vielleicht das median vordere Blatt, wobei die beiden seitlichen nicht entwickelt (ablastirt) wären; worauf der Umstand hindeuten dürfte, dass dort, wo drei Eichen gebildet werden (Cryptomeria, bei Cupressus die drei ersten Eichen) das mittlere zuerst und dann die beiden seitlichen erscheinen. Bei den Podocarpeen begegnet sich unsere Auffassung der weiblichen Blüthe auch mit Strasburger's Ansicht, wenigstens insofern als hier „die Blüthe auf das Eichen reducirt- ist“ (Angiosp. S. 76), reducirt im Vergleiche mit den Taxeen, deren Blüthenspross ausser dem Ovulum vorher noch Vorblätter trägt; aber den Nachsatz, dass dieses Eichen unmittelbar das „blattlose Primansprösschen abschliesst,“ können wir nicht als richtig anerkennen, denn blattlos ist dieses Sprösschen nicht, sondern einblättrig, und sein einziges Blatt ist das. monomere Ovular-Carpid. Van Tieghem hat dies erkannt, weil er sich zur Foliolartheorie des Ovulums bekennt, Strasburger blieb es verborgen, weil dieser die Foliolartheorie nicht anerkennen will. Worin wir aber beiden widersprechen müssen, ist diess, dass sie die nur für die Podocarpeen (und ähnlich auch für Dammara und Araucaria) giltige Reduction auch auf die Cephalotaxeen, Abietineen, Cupressineen und Taxodieen übertragen, Van Tieghem, indem er auch bei diesen nur ein Carpid annimmt, und Strasburger, indem er bei allen Coniferen die Ovula als reducirte Blüthen betrachtet. Wir können die Reduction in allmählichem Fortschritt phylogenetisch verfolgen, von den Cycadeen her durch Ginkgo mit seinen Variationen, Cephalotaxus bis zu den Podocarpeen; wir sahen die Carpiden zunächst zahlreich, spiralig oder in alternirenden Quirlen rings um die Achse und polymer (Cycadeen), dann wenige monomere, aber noch in alternirenden 2zähligen Quirlen (Ginkgo abnormerweise), dann nur 2—3 monomere Carpiden (Cephalotaxeen), zuletzt ein monomeres Carpid (Podocarpeen). Dagegen fehlt die phylogenetische Erklärung, wenn allen Coniferen von Van Tieghem nur ein Carpid zugeschrieben wird, überdies ein Carpid von Die Gymnospermen. 55 so verschiedenem Baue in den verschiedenen Tribus; desgleichen bestände zwischen den überall bei den Coniferen nach Strasburger auf ein Ovulum reducirten Blüthen und den Blüthen der Cycadeen ein gewaltiger, unbegreiflicher Sprung, der es dann auch verschuldet hat, wenn der Ursprung der Coniferen überhaupt wo anders als in der Nähe der Cycadeen, nämlich bei den Lycopodiaceen u. dgl. gesucht worden ist. Doch wird wahrscheinlich Manchem die Reduction eines Sprosses auf ein Ovulum be- fremdlich, wohl gar unmöglich erscheinen. Ein Spross setzt Achse und Blätter voraus, wird man einwenden; und wenn man auch zugäbe, dass das Ovulum der Podocarpeen zu einem rudimentáren Carpid terminal ist, so fehlt doch die Achse für dieses Blatt. Diesen Einwurf hat denn auch bereits Eichler gegen Van Tieghem erhoben, er würde also in Betreff der Podo- carpeen auch mich treffen. Darauf ist zu erwidern, dass die Theorie der Lehrbücher, nach welcher eine Achse einen Vegetationspunkt haben muss, der die Blätter seitlich erzeugt, man- gelhaft ist, weil sie nur von einem, allerdings weit verbreiteten Vorkommniss abstrahirt worden ist, andere Fälle aber unberücksichtigt lässt, kurz weil sie auf einer unvollständigen Induction beruht. Die Fälle, welche die gewöhnliche Lehre vom Kaulom und Phyllom nicht berück- sichtigt, sind folgende drei: 1. Eine normale Achse, welche eine Zeit lang seitliche Blattanlagen erzeugt hat, er- schöpft oder verbraucht schliesslich ihren Vegetationspunkt vollständig zur Bildung von Blatt- anlagen, indem sie zuletzt in ein terminales Blatt auswächst. Denn was ist denn der Vege- tationspunkt anderes, als ein Bildungsheerd, der potentialiter die Anlagen von Blättern in sich enthält, die er dann auch successive, sei es spiralig oder in Quirlen aus sich hervor- gehen lässt. In der Regel bleibt zwar oberhalb der jüngsten Blätter ein unverbrauchter Theil des Vegetationskegels im unentwickelten Zustand, aber es ist, wenn der Spross sich begränzt und erlischt, auch ganz wohl möglich, dass auch die letzte Blattanlage, der äusserste Vege- tationspunkt als terminales Blatt sich entwickelt. In Blüthen sind terminale Staubblätter und terminale Carpiden schon zahlreich bekannt. Ein anderer Verbrauch des Achsenscheitels, darin bestehend, dass zwar die Carpiden anfangs lateral im Kreise angelegt werden, dann aber für die Bildung ihrer basalen Blatttute *) den ganzen Achsenscheitel verbrauchen, ist in den meisten Blüthen nachweisbar. Nach Ausbildung des Fruchtknotens bleibt gewöhnlich von dem Vegetationskegel gar nichts mehr übrig, er ist in den Blattanlagen aufgegangen. 2. Ferner kann ein Spross von Anfang an nur eine begränzte und bestimmte Zahl von Blattanlagen, die sich sämmtlich entwickeln, enthalten; nur die erste Sprossanlage, der einfache Sprosshöcker kann als axil gelten; sobald sich jedoch aus dieser Achse die Blattan- lagen erheben, bleibt kein Vegetationspunkt weiter übrig; der Spross ist ein vegetationspunkt- loser Spross. Häufig verschmelzen dabei seine Blattanlagen zu einem Symphyllodium, sodass der Spross einem gelappten einfachen Gebilde, einem Thallom gleicht, in dem Achse und *) In der Flora 1890. H. 1. S. 68 widerspricht der Autor einer entwickelungsgeschichtlichen Abhandlung über Placenten meiner Auffassung, dass die Carpiden Tuten- oder Kappenbildungen sind, und wärmt wieder die, von mir ursprünglich auch gemachte, dann aber aufgegebene, von Vam Tieghem stammende Annahme einer Blattsohle (Talon) auf. Ich lasse mich in eine Controverse nicht ein, behaupte aber, dass der Bau der Fruchtknoten und Placenten mit der Sohlentheorie nur unvollkommen und theil- weise unrichtig erkannt werden kann. Meine ältere Arbeit über Placenten liefert genug Belege dafür- 56 1, Dr. Lad, Čelakovský : Blätter nicht deutlich unterschieden sind. Solche Sprosse haben wir, ohne Verschmelzung der Blätter, bei den Cephalotaxeen, mit einer solchen Verschmelzung bei den Abietineen kennen gelernt, sie finden sich auch bei den Taxodieen und Cupressineen als Fruchtschuppe; bei Sciadopitys als vegetative Doppelnadel. Auch der zweilappige Embryo der Dicotyledonen ge- hört dahin, nur mit dem Unterschiede, dass der Embryonalspross nur anfangs begränzt und vegetationspunktlos ist, später einen Vegetationspunkt zwischen beiden Keimblättern am Scheitel entwickelt und dann normal weiter wächst. 3. Eine dritte Kategorie von Sprossen, auf welche die gewöhnliche Sprosslehre der Lehrbücher nicht Bedacht nimmt, sind die auf ein einziges Sprossglied reducirten oder mono- meren Sprosse. Bei diesen kann vollends von einem Vegetationspunkt, als Anlageort neuer Blätter und also neuer Sprosselieder, keine Rede sein. Wenn man will, kann man das Spross- glied auch als einfaches Thallom bezeichnen, doch entspricht dessen Obertheil dem Blatt, der Basaltheil dem Stengeleliede; letzterer ist also axiler Natur, er würde, wenn mehr Spross- glieder an dem Sprosse hinzukämen, einen Theil der Achse bilden. Solcher Art ist z. B. der Fruchtknoten von Typha, wenn es wahr ist, dass die Haare des Fruchtknotenstiels nicht als Reste eines Perigons betrachtet werden können; dann besteht der ganze weibliche Blüthen- spross von Typha aus einem terminalen Carpid am Ende eines Stengelgliedes, welches hier ziemlich lang und anschaulich entwickelt ist, Monomer sind auch die weiblichen Blüthen von Centrolepis (Eichler Diagramme I. Fig. 63), die auf ein Staubblatt und ein Carpid reducirten Blüthen von Lemna u. a. Sogar im vegetativen Bereiche giebt es monomere Sprosse, ein- fache Sprossglieder mit terminalem Blatt; das sind die blattartigen Sprosse von Lemna, was bereits von Engler treffend erkannt worden ist. Auch der monocotyle Embryo ist anfangs ein monomerer Spross, ein terminales Keimblatt mit hypokotylem Stengelgliede; doch bildet er dann an einer zum hypokotylen Stengelglied seitlichen oder (bei Comelynaceen und Diosco-: reaceen nach Solms-Laubach) terminalen Stelle weitere Sprossglieder und wird dann so wie der dicotyle Embryo polymer. Auch Lemna entwickelt blůhend zum ursprünglichen Spross- glied noch einen im morphologischen Sinne eigentlich terminalen, jedoch wegen des that- sächlich terminalen Blattes am Sprossglied de facto seitlich angelegten Blüthenstand, was ebenfalls bereits von Zngler ausgesprochen worden ist. Zu den letztgenannten monomeren Sprossen gehört auch der auf ein Ovulum redu- eirte Achselspross der Podocarpeen. Die Reduction geht hier noch weiter als z. B. bei-Typha, (wo doch das Carpid polymer ist und das Ovulum als Randglied erzeugt), eben weil bei den Podocarpeen das Carpid unmittelbar als Eichen metamorphosirt, d. h. selbst auch monomer ist. Die erste Höckeranlage des Ovulum mag als eingliedrige Achse betrachtet werden, welche alsbald den oberen Theil als monomeres Carpid, d. i. als Ovulum ausbildet. Wäre das Blatt, zu dem das Eichen der Podocarpeen axillär angelegt wird, dessen Carpid, so wäre die Bedeutung dieses Eichens eine andere, es wäre wie sonst nur ein Blattglied (und zwar axilláre Exerescenz) dieses Carpids, während der phylogenetische Vergleich (mit den Cephalotaxeen) und andere (anatomische, entwickelungsgeschichtliche und comparativ- morpho- logische) Gründe es zu einem ganzen Sprossglied oder monomeren Sprosse stempeln. Durch sein Aussehen lässt sich das Sprossglied vom Blattgliede allerdings nicht unterscheiden, denn der axile Basaltheil des Sprossgliedes ist durch nichts besonders ausgezeichnet; daher Die Gymnospermen. 57 die Deutung des Ovulums als Exerescenz des Deckblattes hier sehr nahe liegt, und nur durch eine eingehende Erwägung aller Umstände und durch die richtige Ableitung der Podocarpeen aus den Cephalotaxeen hintangehalten werden kann. $ Die Podocarpeen unterscheiden sich also — um das Resultat zusammenzufassen — in der Zusammensetzung ihrer weiblichen Blüthen von den Cephalotaxeen dadurch, dass, während der Blüthenspross der letzteren aus 3—2 Sprossgliedern, resp. aus 2 Ovular-Carpiden und meist einem dritten sterilen Carpid besteht, bei ihnen die Blüthe auf ein Spross- glied, d. h. auf ein Ovular-Carpid und somit thatsächlich auf einzum Deck- blatt axilläres, oft auf ihm emporgerücktes Ovulum reducirt worden ist. a) Vergleich der Ovuls der Podocarpeen und Cephalotazzeem. Die Podocarpeen unterscheiden sich von den Cephalotaxeen auch durch die Anwe- senheit eines Arillus am Grunde des Ovulums. Der Arillus wird jetzt allgemein, auch von Strasburger (in Angiosp. u. Gymnosp.), als ein äusseres Integument aufgefasst, und es ist in der That kein Grund zu einer anderen Deutung (etwa als axiler Discus) vorhanden. Dies äussere Intesument zeigt bereits die hauptsächlichsten Formen, die auch am angiospermen Ovulum vorkommen. Es ist ringsum frei und gleichmässig scheidig entwickelt am orthotropen Ovulum von Phyllocladus, einseitig und zum srössten Theile mit der inneren Eihülle ver- schmolzen am anatropen Eichen von Podocarpus, einseitig (oberseitig) entwickelt, aber frei am Ovulum von Microcachrys. Es frägt sich nun, in welchem Verhältniss das doppelte Integument der Podocarpeen zu dem einfachen später steinfruchtartigen Integument der Cephalotaxeen und zu dem eben- falls einfachen aber nicht in zwei verschiedene Schichten gesonderten Integument der Abieti- neen und überhaupt aller Araucariaceen steht. Entspricht das einfache Integument in allen Fällen dem inneren der Podocarpeen oder nicht? Hier ist auch der Ort, die Frage wieder aufzunehmen, ob nicht der manchettenartige Wall am Grunde des Eichens von Ginkgo und von Cycas mit dem Arillus der Podocarpeen identisch ist, mit dem er, obzwar niedriger, eine gewisse Ähnlichkeit besitzt. Wäre er damit identisch, so müsste bei Cephalotaxus das äussere Integument ablastirt sein. Ich glaube jedoch bereits in meiner „Kritik“ (pag. 54) hinlänglich die Ansicht begründet zu haben, dass das dicke, in eine fleischige Aussenschicht und eine harte steinkernartige Innenschicht sich sondernde Integument der Cephalotaxeen nicht bloss der inneren Eichenhülle der Podocarpeen (und Taxeen), sondern dieser und dem Arillus zusammensenommen entspricht, wobei ich mich nicht etwa bloss — was kein zurei- chender Grund wäre — auf die gleiche fleischig-saftige Ausbildung der Aussenschicht bei jenen und des Arillus bei diesen, sonderen hauptsächlich auf die von Strasburger aufgedeckte und von ihm selbst merkwürdig genannte Umwendung der Gefässbündel in der fleischigen Schicht von Cephalotaxus (die von Ginkgo hat keine Gefässbündel) berief, eine Umwendung, die darin besteht, dass die Bündel ihren Gefässtheil nach aussen statt nach innen gekehrt haben, und die durch eine besondere Drehung der zuvor getheilten Bündel bewerkstelligt wird. Es gehen nämlich, wie immer, zwei Bündel aus der Zapfenachse in den Blüthenspross von Cephalotaxus und kehren auch ihre Tracheen einander und dem Deckblattbündel zu, Im Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VIT. 4, 8 58 1. Dr. Lad. Čelakovský: Blüthenspross angelangt, beginnen sie, seitlich aneinander rückend, sich in je zwei zu spalten und je zwei Theilhälften drehen sich nun so gegeneinander, dass sie mit den Tracheen nach aussen schauen. In dieser Lage treten sie nun vorn und hinten in das Integument jedes Eichens ein, in welchem sie sich bis zum Scheitel desselben verfolgen lassen, Nun ist es bekannt, dass alle Gefässbündel eines Blattes, so wie bereits das primäre Blattbündel mit nach oben gekehrten Tracheen aus der Achse in das Blatt übertritt, ihren Gefässtheil nach der morphologischen Blattoberseite gerichtet haben, und wir sahen, dass auch die in der Fruchtschuppe der Araucariaceen verschmolzenen Carpiden, weil sie ihre Blattoberseite gegen das Deckblatt kehren, auch den Gefässtheil ihrer Bündel nach dieser Seite hinwenden. Dieselbe Bedeutung wird auch die analoge Lage der Gefässbündel im Inte- gumente von Cephalotaxus haben, nämlich die Aussenseite desselben muss als der organischen Blattoberseite entsprechend angesehen werden. Denn dass die Verdrehung der Bündel nicht zufällig davon herrührt, dass dieselben schon in dieser Lage in das Eichen eintreten, bezeugt Strasburger’s Beobachtung, nach welcher die Bündel durch eine eigens vollführte Drehung in die verkehrte Lage gelangen. Diese Verdrehung der Bündel im Integumente von Cephalotaxus muss Jenen unver- ständlich bleiben, welche es verschmähen, die wahre Natur des Ovulums und insbesondere seiner Integumente aus den Verlaubungs- Anamorphosen desselben kennen zu lernen, und sich die Vorstellung gebildet haben, dass das Ovulum ein Gebilde sui generis, ein von den vegetativen Organen principiell morphologisch verschiedenes Reproductivorgan und nichts weiter, kurz ein Macrosporangium ist, dessen von ihm selbst gebildeten Hüllen keinen gene- tischen Zusammenhang mit vegetativen Blattheilen des Carpids haben können. Schon der Umstand, dass hier bei den Coniferen ins Integument Gefässbündel treten können, wäre geeignet, die obige Ansicht der physiologischen Morphologen zu erschüttern; schon darin liest ein Hinweis, darauf, dass die Integumente wesentlich vegetativer Natur sind, daher sie auch nach dem völlig Klaren Zeugniss der Anamorphosen, noch entschiedener vegetativ sich gestaltend, als offenbare Theile des Carpids selber, als untergeordnete Gliederungen eines Blattgliedes, sei es eines randständigen Blattzipfels oder einer flächenständigen Excrescenz sich ausbilden können. Ich muss mir hier eine Abschweifung vom Gegenstande, dem Integumente der Cephalo- taxeen erlauben, weil sonst bei der gegenwärtigen Sachlage meine auf die Anamorphosen des Ovulums gegründete Aufklärung dieses Integuments neuerdings principiellem Widerspruch begegnen könnte. : : Die Ansicht, dass die Reproductivorgane der Pflanzen, als Sporangien, Pollensäckchen und Ovula, von den vegetativen Organen principiell derart verschieden sind, dass aus ersteren niemals letztere durch einfache Umbildung (Metamorphose) entstehen können, würde nicht aufgekommen sein oder würde sich nicht haben halten können, wenn Nägeli’s „Theorie der Abstammungslehre“ eine ihrer Wichtigkeit entsprechende Würdigung und Beachtung gefunden hätte. Ich stehe nicht an, diese Theorie, namentlich was die morphologischen Kapitel VII. und IX. betrifft, für das Wichtigste zu erklären, was nach Darwin’s Werke über die Descendenz- lehre vom botanischen Standpunkt publieirt worden ist. Es scheint aber nicht, dass die epo- chale Schrift besonders regardirt worden wäre, und dass man die von Nägeli aufgestellten phylogenetischen Entwickelungsgesetze berücksichtigen und weiter verfolgen würde. Die Gymnospermen. 59 Eines der wichtigsten Entwickelungsgesetze betrifft aber das successive Vegetativ- werden ursprünglich reproduktiver Zellen und ganzer Organe. Bereits die Entstehung viel- zelliger Algen aus einzelligen Pflanzenorganismen beruht darauf, dass die zugleich vegetativen und reproduktiven, auseinanderfallenden Zellen der letzteren rein vegetativ werden und so zu Geweben vereinist beisammen bleiben, wobei die reproduktiven Zellen in eine spätere Zell- generation, in ein späteres Entwickelungsstadium verlegt werden. Die mehrzelligen Archegonien der Moose sind aus den einzelligen Oogonien der Algen in der Weise hervorgegangen, dass die reproduktiven und sogar geschlechtlich differenzirten, sich trennenden und abrundenden Zellen (Oosphaeren), die durch Theilung des Protoplasten entstanden, vegetativ und geschlechtslos werden, unter Scheidewandbildung im Verbande bleiben und so ein aus vegetativen Zellen aufgebautes, also eigentlich vegetatives Organ bilden, in welchem erst eine innere Zelle spä- terer Zellgeneration den Charakter der weiblichen Geschlechtszelle annimmt. Ähnlich verhält es sich mit dem phylogenetischen Ursprung des Sporogons der Moose. Wir sehen in der befruchteten Eizelle (Oospore) z. B. von Oedosonium den Protoplasten sich in vier Schwärm- sporen theilen, bei Coleochaete sehen wir dieselbe Eizelle durch Theilung mit Scheidewand- bildung einen kleinen vegetativen Zellgewebskörper im Inneren der „Frucht“ bilden, alsdann sämmtliche Zellinhalte dieses Körpers sich in Schwärmsporen umbilden. Das Sporogon von Riceia ist aus einem derartigen Zellgewebskörper, wie ihn Coleochaete besitzt, in der Weise ent- standen zu denken, dass die Zellen einer äussersten Zelllage völlig vegetativ werden, während die inneren Zellen, nach vorhergehender Viertheilung zu den (hier unbeweglichen) Sporen werden. In den Sporogonen der höheren Leber- und Laubmosse schreitet das Vegetativwerden der Zellen derselben weiter fort; es entstehen sehr reichzellige und in den verschiedenen Zellschichten differenzirte Sporogone, in denen die Sporenmutterzellen nur auf bestimmte Zellenzüge und Zelllagen weiterer Zellttheilungsgenerationen beschränkt werden. Wir sehen ganz deutlich, wie der Prozess des Vegetativwerdens der Zellen und ganzer reproduktiver Organe der hauptsächlichste Faktor der phylogenetischen Entwickelung gewesen ist. Noch ausgiebiger, ja geradezu kolossal gestaltet sich dieser Prozess bei der Entstehung und Fortentwickelung der Gefässpflanzen, zunächst der Farne. Das Sporogon der Moose, ein blosses sporenbildendes Fortpflanzungsorgan, als Repräsentant einer ganzen Pflan- zengeneration und in morphologischer Beziehung ein einfaches Thallom, ist die Grundlage für alle weitere Entwickelung der Gefässpflanzen, deren Stamm, Blätter und Wurzeln nur durch weiter fortgesetztes Vegetativwerden des sich verzweigenden Sporogons sich entwickelt und differenzirt haben können. Wie man sich auch diese Entwickelung vorstellen mag (meine eigene, im Sinne der Anaphytosenlehre gebildete und wohlbegründete Ansicht habe ich in Pringsheim’s Jahrb. f. wiss. Botan. Bd. XIV. H. 3. in den Grundzügen entwickelt), soviel ist sicher, dass die Achse aus dem gemeinsamen Stiele eines verzweisten Sporogons und die Blätter aus den zu diesem Stiele seitlichen Sporogonen sich entwickelt haben müssen,.die rein vegetativen Blätter durch vollkommenes Vegetativwerden der seitlichen Sporogone oder Spor- angien, die reproduktiven Blätter durch Verzweigung, wobei einzelne Blattzweige, Blattglieder, reproduktiv als Sporangien sich weiter bildeten, andere vegetativ geworden sind. Wir sehen also aus diesem phylogenetischen Entwickelungsgange, dass Reproduktiv- organe durch Vegetativwerden ihrer reproduktiven Zellen allerdings in vegetative Organe und 8*+ 60 1. Dr. Lad. Čelakovský: zwar in Blattorgane umgewandelt (metamorphosirt) werden können, dass also die Kluft, welche zwischen den Organen beider Kategorien von den neueren physiologischen Genetikern durch die Proklamirung eines Gebildes sui generis gesetzt wird, in Wahrheit nicht existirt. Wohl ist als physiologisches Organ das Sporangium, das Ovulum ein Gebilde sui generis, es hört auf ein solches Organ zu sein, sobald es nicht die ihm zukommenden reproduktiven Zellen, Sporen, Pollenzellen, Keimsack, entwickelt, aber es hört damit nicht auf überhaupt zu existiren; nur existirt es dann als vegetatives Organ weiter, welches als solches einer der bekannten morphologischen Kategorien zugehören muss. Wenn z. B. der Nucellus des Ovulums in der Verlaubung keinen Keimsack mehr entwickelt, so hört er auf ein Macrosporangium als reproduktives Organ zu sein, aber als vegetatives Gebilde besteht er fort, denn er wird ja in den Anamorphosen bei sehr verschiedener Ausbildung der Integumente vorgefunden, urd zwar ist es derselbe Nucellus, der normal den Keimsack u. s. f. bildet, und daher von gleicher morphologischer Bedeutung. So wenig als nun der Nucellus trotz dem Verlust oder vielmehr trotz dem Vegetativwerden seiner Keimsackmutterzelle verschwindet, ebenso wenig verschwinden mit dem Organ als solchen die Integumente; sie sind schon im normalen Zustand vegetative Hüllen, da sie keine Reproduktionszellen zu erzeugen haben. Tritt jedoch ein wirklicher Verlaubungsprozess des ganzen Carpids ein, so ergreift derselbe auch die Hüllen des Eichens und führt sie in die Form des vegetativen Fiederbláttchens über. Die abnorme Verlaubung ist nur eine Wiederholung jenes in ausgedehntem Masse stattgefundenen Verlau- bungsprozesses, durch welchen aus dem Sporangium ein vegetatives Blatt oder im höheren Verzweigungsgrade ein vegetatives Blattglied auch phylogenetisch geworden ist. Nur ist der Vorgang bei der Verlaubung des Ovulums dadurch complicirter, dass die tuten- oder scheiden- artigen Ausgliederungen oder Ausstůlpungen des Ovular-Blattgliedes in ein einfaches Blättehen gleichsam eingezogen werden oder in Eins verschmelzen müssen. Das normale Ovulum ist die reproduktive, das Fiederblättchen oder Blattglied die vegetative Organ-Form desselben morphologischen Gebildes, dessen morphologische Bedeutung sich in beiden Formen gleich bleibt, obgleich das physiologische Organ in beiden Fällen verschieden ist. Das eben ist der Sinn und Inhalt der pflanzlichen Metamorphose. Warum aber erwarten wir von den vegetativ werdenden Formen der Reproduktiv- organe eine besondere Aufklärung, die uns die normale reproduktive Gestaltung und selbst seine Entwickelungsgeschichte nicht geben kann? Einfach desshalb, weil das normale Repro- duktivorgan nur seine physiologische Bedeutung klar zur Schau trägt, seine morphologische Bedeutung aber verbirgt, welche letztere erst durch die Form, die das Organ im vegetativ gewordenen Zustande erlangt, vollkommen erkennbar wird. Der morphologische Werth wird durch den Verzweigungsrang im ganzen Sprossbau gegeben, aber nur in der vegetativen Aus- bildung ist mit dem morphologischen Werthe auch eine bestimmte charakteristische Form verbunden, in der reproduktiven Ausbildung ist die Form in den verschiedenen Verzweigungs- rangstufen wesentlich gleich oder ähnlich. Dass z. B. die randständigen Sporangien und Ovula ihrer Entstehung und ihrem Range nach den Werth von Blattgliedern haben, können wir zwar vermuthen, aber volle Überzeugung davon erhält man nur, wenn man das Oyulum in allen möglichen Übergangsstufen in einen vegetativen Blattzipfel sich umwandeln sieht. Das Ovulum einer Cycas ist dasselbe Organ wie das Ovulum einer Cephalotaxus, und seine Form Die Gymnospermen. 61 ist in beiden Fällen gleich, der morphologische Werth beider aber ist nicht ganz gleich, bei der Cycas ist es ein Blattglied und wird: vegetativ werdend in einen Blattzipfel sich umbilden, bei Cephalotaxus ist es ein ganzes, allerdings eingliedriges Blatt (Carpid) und würde ver- laubend in ein Blatt des Blüthensprosses sich umbilden, wenn wie bei den Abietineen Ana- morphosen der Cephalotaxeenblüthen beobachtet werden könnten. Nach dieser Darlesung wird durch das Vegetativwerden eines Reproduktionsorgans sein morphologischer Grundwerth nicht verändert, sondern nur seine Funktion und die mit dieser Funktion zusammenhängende Eigenthůmlichkeit des inneren Baues und der äusseren Form; wohl aber wird der morphologische Werth desselben erst in der vegetativen Umbildung (überhaupt in den Anamorphosen) deutlich erkennbar. Desswegen ist eben das Studium der Anamorphosen oder vegetativen Umbildungen nothwendig, um den morphologischen Werth eines Reproduktionsorgans, z. B. des Ovulums, mit Sicherheit festzustellen, und desswegen ist auch der Schluss aus den vollständigen Reihen der Anamorphosen auf den morphologischen Werth vollkommen berechtist. Wenn dies bestritten wird, so ist der Grund davon der, dass man zwischen dem physiologischen Organ und dem diesem zukommenden Bau und zwischen dem morphologischen (oder vielleicht besser gesagt ontologischen) Pflanzengliede nicht unter- scheidet. Dies spricht sich sehr deutlich aus z. B. in folgender Stelle einer gegen die morphologische Verwerthung der Verlaubungsanamorphosen des Ovulums gerichteten Argu- mentation: „Es ist zu constatiren, dass in allen Fällen die Vergrünung begleitet wird von einer Verkümmerung des Nucellus, also desjenigen Theils, welcher überhaupt das Charac- teristicum der Samenknospe ist, und das ausmacht, was sie von einer beliebigen anderen Gestaltung unterscheidet. Dagegen erfahren die Intesumente und oft auch der Funiculus eine vegetative Ausbildung, es können aus ihnen blättehenartige Gebilde hervorgehen. Aus dem Gesagten ergiebt sich ohne Weiteres, dass wir in den vergrünten Samenknospen verkrüppelte, krankhaft veränderte Bildungen zu sehen haben. Nichts desto weniger werden in zahlreichen botanischen Abhandlungen diese Missgeburten als solche gepriesen, welche den besten Auf- schluss über das Wesen der Samenknospe geben. Die Natur der Samenknospe an derartigen Verkrüppelungen, bei welchen gerade der wichtigste, den Sexualapparat producirende Theil verkümmert ist, studiren zu wollen, ist, wie nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, un- statthaft..... u. s. w. (Göbel Vergleichende Entwickelungsceschichte der Pflanzenorgane S. 120). Dagegen ist zunächst hervorzuheben, dass die verlaubten Samenknospen weder ver- krůppelte noch krankhafte Bildungen sind. Vegetative Ausbildung ist keine Krankheit, sonst müssten alle Laubblätter, alle nicht gerade blühenden Pflanzen krank sein; im Gegentheil zeust sie von einem nur zu üppigen Wachsthum. Die „verkrüppelten Missgeburten“ sind meist viel kräftiger, stattlicher gebildet als die normalen Reproduktivorgane, und Schönheit, Eleganz ist vielen der abnormen Formen (s. z. B. die vergrünten Eichen von Alliaria in meiner Abhandlung) gar nicht abzusprechen. Auch der Nucellus ist nicht verkümmert, er ist vielmehr oft viel grösser und stattlicher als im normalen Zustand. Alle die Attribute „verkümmert, verkrüppelt, krankhaft, Missgeburt“ haben nur vom einseitig physiologischen Standpunkte einige Berechtigung, nämlich nur dann, wenn man das für seine Funktion vollkommen ausge- stattete, dementsprechend ausgebildete Organ als „wohlgebildet und gesund“ beträchtet. Wenn ferner gesagt wird, die „Natur der Samenknospe“ aus den Abnormitáten studiren zu wollen, 62 1. Dr. Lad. Čelakovský : sei verkehrt, so wird mit dieser Natur der normale Bau und die normale Funktion des Organs gemeint, und dann hat der Autor dieses Ausspruchs recht; es ist auch dem Verfasser „der zahlreichen botanischen Abhandlungen“ nie in den Sinn gekommen, diese „Natur“ an den Abnormitáten studiren zu wollen. Diese Natur ist jedoch weit verschieden vom morpholo- gischen Werthe des Ovulums, und nur um diesen, von dem der Autor offenbar keinen rechten Begriff hat, handelt es sich beim Studium der Anamorphosen. „Die Integumente er- fahren eine vegetative Ausbildung‘ — ganz richtig; daraus folgt aber nur, dass sie auch im normalen Zustand die morphologische Bedeutung haben, die sie in der vegetativen Ausbildung offenbaren, denn sie könnten diese Ausbildung nicht erfahren, wenn ihre morphologische Natur eine andere wäre, als die hiedurch entstehenden vegetativen Gebilde (tutenförmige Theile eines Blättchens, des Ovularblättchens). Ein ähnlicher Unterschied in der Funktion und in der Ausbildung für diese Funktion, wie zwischen dem normalen Ovulum und dem Ovularbláttchen, besteht auch zwischen den ver- schiedenen Blattformationen, z. B. auch zwischen dem Staubblatt (auch abgesehen von den Pollenfächern) und zwischen einem Laubblatt. Es wäre ganz ebenso thöricht, den normalen Bau und Gestaltung, also die „Natur“ des Staubblatts durch seine vergrünte Form, seine Ausbildung als Laubblatt studiren zu wollen, wie etwa die „Natur“ des Ovulums aus den Anamorphosen. Doch aber müssen selbst die extremen physiologischen Genetiker zugestehen, dass die morphologische Natur, die Blattnatur des Staubgefásses am besten und sichersten aus seiner Fähigkeit, die Gestalt und Ausbildung eines vegetativen Laubblatts anzu- nehmen, erkannt werden kann. Warum soll dasselbe nicht auch vom Ovulum und vom Pollen- fache oder Sporangium gelten? Dieser logische Widerspruch, in dem sich die Denkweise der Genetiker befindet, muss mit vollem Nachdruck constatirt werden. ; Um den Satz, dass die vegetative Ausbildung eines Reproduktionsorgans dessen mor- phologischen Werth nicht ändert, in ein zweifelhaftes Licht zu stellen, berufen sich die Gene- tiker auf Erscheinungen, welche nur eine scheinbare Ähnlichkeit mit den vegetativen Umbil- dungsformen der Reproduktionsorgane zeigen. Sie weisen darauf hin, dass an Stelle eines Sporangium, auch eines Archegonium, und anscheinend aus der Anlage eines solchen ein vege- tativer Spross entstehen kann. Dahin gehören die sog. apogamen Sprosse der Farnprothallien, die Adventivsprosse auf den Blättern von Isoětes. Man argumentirt also: wenn das Ovular- blättchen, welches an Stelle eines Ovulums sich bildet, diesem morphologisch aeguivalent ist, so müsste auch der Spross der an Stelle eines Archesoniums oder eines Sporangiums entsteht, mit diesem gleiche morphologische Dignitát haben, was absurd ist. Wenn aber das Letztere nicht zulässig ist, so ist es auch das erstere nicht. Man hat sich diese Erscheinungen, die man für analog ansah, auch so zurechtgelegt: „es streiten hier an derselben Stelle zwei Bil- dungskräfte, von denen die eine einen Spross, oder ein der Stelle entsprechendes vegetatives Bláttchen, die andere dagegen ein Reproduktionsorgan zu setzen bestrebt ist; bald kommt nur die eine oder die andere zur Herrschaft, bald wirken beide zusammen und geben die Zwischenformen. In keinem Falle ist ein morphologischer Schluss zulässig. In dieser Argumentation werden aber zwei total verschiedene Prozesse vermengt. Die Bildung des Ovularbláttchens und der verschiedenen Mittelformen zum normalen Ovulum be- Die Gymnospermen. 63 ‚ruht lediglich auf vegetativer Ausbildung eines und desselben Pflanzentheils; es bilden sich aber die Integumente und der Nucellus selbst vegetativ aus, es bleiben also dieselben Theile, die das normale Ovulum bilden, nur in anderer Gestaltung. Der Adventivspross von Isoötes, die Bulbille von Lycopodium selago, *) der apogame Spross eines Farns ist aber nicht durch vegetative Ausbildung des Sporangiums oder Archegoniums entstanden, er hat ja eine ganz andere Zusammensetzung, besteht aus einer Achse und Blättern, während die Reproduktiv- organe ganz einfache Gebilde sind. De Bary hat die Bildung des Sprosses an Stelle des Archegoniums als Apogamie, Geschlechtsverlust, bezeichnet. Damit ist aber wieder nur die physiologische Seite dieser Erscheinung markirt, und sie hat doch auch eine morphologisch- entwickelungsgeschichtliche Seite. Der Spross ist ganz sicher identisch mit dem Embryonal- spross aus dem Archegonium, denn das Prothallium erzeugt ja sonst keine beblätterten Sprosse ; diese gehören vielmehr der zweiten Generation an. Es ist also hier die Entwickelung abge- kürzt, es sind Glieder oder Entwickelungsstufen verloren gegangen, und zwar hier das Arche- gonium, in Folge dessen der Spross, nunmehr ungeschlechtlich erzeugt, direkt aus dem Pro- thallium entspringt. Ich möchte diese Erscheinung als Entwickelungsverlust, d. h. als Verlust eines Theils der Entwickelungsreihe, als Apogenesis **) bezeichnen. Es ist begreiflich, dass der Spross nicht dem Archegonium gleichwerthig sein kann. Eine ebensolche Apogenesis, doch complicirter, äussert sich bei der Bildung der Adventivsprosse von Isoötes. Hier ist nicht bloss das Sporangium, sondern auch das Prothallium sammt Archegonium aus dem Entwickelungs- kreise eliminirt, daher es ebenso selbstverständlich ist, dass kein Grund vorliest, den Spross mit dem unterdrückten Sporangium zu identifiziren. Von den Achselsprossen (Bulbillen) von Lycopodium selago gilt dasselbe. Zu den Formen des Entwickelungsverlustes oder der abgekürzten Entwickelung gehört auch die von Druery und Bower ***) an mehreren Formen beobachtete Aposporie, die darin besteht, dass ein Sporangium, ohne erst Sporen im Inneren zu bilden, unter günstigen Um- ständen alsbald direkt in ein Prothallium auswächst. Diese Form der Apogenesis ist also nieht mit Apogamie verbunden. Niemand wird sagen, das Sporangium habe sich in ein Pro- thallium metamorphosirt oder sei mit ihm in morphologischer Hinsicht identisch. Wenn man also zwischen vegetativer Umbildung und zwischen fremder Stellvertretung in Folge der Apogenesis gehörig unterscheidet, so kann man die Erscheinungen der Apoge-. nesis nicht gegen die morphologische Identität bei vegetativer Umbildung anrufen. Was aber das Zusammenwirken (wohl z. Th. eher Nacheinanderwirken) zweier Bil- dungskräfte an demselben morphologischen Orte, welches besonders von Strasburger betont wird, betrifft, so muss dabei derselbe Unterschied gemacht werden. Wenn die Anlage des Sporangiums früher oder später direkt in den Spross oder ins Prothallium auswächst, so folgen einander zwei Bildungskräfte (ein figürlich und hypothetisch gebrauchter Ausdruck) *) Die Bulbille wird von Strasburger (Coniferen S. 255) sehr richtig interpretirt: das grosse äussere Blatt ist ihr Deckblatt, nach dem Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung verspätet an ihr sich bildend; sie ist zu diesem Blatt ebenso axillár wie das Sporangium, statt dessen sie in Folge der Apogenesis auftritt. **) Zu unterscheiden von De Bary’s Apogenie. *e*) Druery Observations on a singular mode of development in the Lady-Fern (Linn. Soc. Bot. Vol. XXI. 1885). — Bower On Apospory in Ferns: (ibidem). 64 1. Dr. Lad. Čelakovský: unmittelbar, die im normalen Entwickelungsverlaufe durch die Zeit eines lángeren oder kůr- zeren Zwischenstadiums auseinandergehalten wůrden, ihre Objekte sind aber disparat, daher giebt es keinen eigentlichen Kampf, und auch keine wirklichen Zwischenformen zwischen beiden morphologisch verschiedenen Objekten der beiden Kräfte. Zwar wirken auch bei der vegeta- tiven Umbildung, bei der Vergrünung, Verlaubung u. s. w. zwei Bildungskräfte, theils nach einander, theils wohl auch gleichzeitig im Kampfe mit einander, nämlich die das reproduktive Organ und die das vegetative Gebilde schaffende Bildungskraft. Diese beiden Kräfte haben aber ein und dasselbe Kampfobjekt; was das Ovulum betrifft, ein Blattglied, welches nach der einen reproduktiven Kraft als Ovulum, nach der anderen vegetativen. Bildungskraft als Blättchen ausgebildet werden soll; aus der zeitlich und dynamisch mannigfach ungleichen Betheiligung beider Kräfte ergeben sich die vielfachen, scheinbar so unregelmässigen Zwi- schenformen, welche aber gerade den Beweis liefern, dass das morpholo- gische Glied, das Grundwesen, welches alle diese Formen (ganz richtig Metamorphosen) vom normalen Ovulum bis zum Bláttchen durchmacht, dasselbe ist, dass also die unverän- derliche morphologische (oder vielleicht besser ontologische) Natur, welche die vegetative Form am klarsten darlegt, als Blattglied, auch dem Ovulum zukommt. Dies und nichts anderes ist es, was ich mit meinen Studien über Anamorphosen beweisen wollte, und auch trotz aller gegentheiligen missverständlichen Ansichten bewiesen habe. Dasselbe, was von den vegetativen Anamorphosen des Ovulums gesagt worden, gilt auch von den Anamorphosen der Fruchtschuppe der Abietineen. Ich stimme Strasburger voll- kommen bei, wenn er sagt: „Betrachtet man unbefangen alle Zwischenformen zwischen der Fruchtschuppe und einer gewöhnlichen vegetativen Knospe, so geht aus denselben soviel hervor: dass hier zwei Bildungskräfte gegen einander ankämpfen, deren eine bemüht ist, eine normale Fruchtschuppe, die andere eine vegetative Knospe zu erzeugen, und dass je nach dem Vorwiegen der einen oder anderen Kraft die Missbildungen diesen oder jenen Habitus erhalten.“ Aber auch hier haben die beiden Bildungskräfte ein und dasselbe Objekt, die zwei, resp. auch drei ersten Blätter der Achselknospe, welche sie einerseits in fruktifikativer Bildung, in der Verdrehung gegen das Deckblatt und in der Verschmelzung zur Fruchtschuppe, ander- seits als zwei gewöhnliche getrennte und laterale Knospenblätter auszubilden streben, wodurch eben alle Zwischenformen hervorgebracht werden. Diese Zwischenformen sind aber der sicherste Beweis und gleichsam eine Demonstration ad oculos, dass beide Kräfte ein und dasselbe Objekt beeinflussen. Von einem Bestreben, den axilen Discus, der die Fruchtschuppe bilden soll, in die Blattbildung hereinzuziehen, kann sich aber Niemand einen klaren Begriff machen. Die vegetative Ausbildung eines reproduktiven Organs tritt allerdings nicht überall auf, sondern nur dort, wo sie durch den für vegetative Bildung überhaupt passenden Ort begünstigt wird. Die Umbildung des Ovulums in ein Blättchen findet z. B. nur dann statt, wenn es die für ein Blattglied normale Stellung am Blattrande besitzt, wo eben Fiederblätt- chen normal gebildet werden. Die Stellung als Excrescenz der Blattfläche ist für ein vegeta- tives Blatt ungewöhnlich, daher schreitet die Verlaubung eines flächenständigen Ovulums nicht so weit vor, dass zuletzt ein vegetatives Excrescenzblättchen an Stelle des Ovulum's zu erblicken wäre, sondern das Ovulum wird nur in geringerem Grade: verlaubt und schwindet Die Gymnospermen. 65 _ bei vollständiger Verlaubung des Carpids spurlos. Dasselbe ist der Fall mit dem sogenannten achsenbürtigen, eigentlich nur auf den Grund der Carpidentute gerückten Ovulum. Das hat besonders Strasburger’s Ansicht beeinflusst, dass das Ovularbláttchen an Stelle eines rand- ständigen Ovulums mit diesem nicht homolog ist. Diese Folgerung ist aber nicht nothwendig, wird durch die Übergangsformen und schon durch folgende Erwägung widerlegt. Wenn das Ovularblättehen nicht vom Ovulum herstammte, wo sollte es denn beim Schwinden des Ovulums, welches Strasburger annimmt, auf einmal herkommen, nachdem doch sonst das Fruchtblatt und bei vielen Pflanzen, deren Ovula verlauben, auch die Laubblätter nicht gelappt oder getheilt sind? Die Bildung des Ovularblättchens ist nur dann begreiflich und motivirt, wenn eben die dem Orte angemessene Verlaubung des ganzen Ovulums oder seines unteren Theils, als des randständigen Blattgliedes, dasselbe hervorgebracht hat. Wenn sich dagegen eine Terminalknospe an Stelle eines axenbürtigen Ovulums erhebt, so ist das ganz etwas anderes, hier schwindet das Ovulum und die Blüthenaxe wächst vegetativ weiter. Die vegetative Ausbildung der Integumunte lässt nun an ihnen eine deutlich diffe- renzirte Blattober- und Unterseite erkennen, also auch wieder etwas, was an den Hüllen des normalen Eichens nicht zu sehen ist. Man findet insbesondere, dass die beiden verlau- benden Hüllen genau nach dem bekannten Spreitengesetze einander die homologen Seiten zukehren, und zwar immer die organischen Unterseiten, weil das innere Integument stets innen um den Eikern herum seine Oberseite besitzt. Es hat somit das äussere Integument seine Oberseite aussen. Man sehe z. B. Hesperis „Flora“ 1879 Tab. XI. Würden die Eihüllen der Angiospermen Gefässbündel führen, so würden demgemäss die der inneren Hülle ihre Tracheen nach innen, die der äusseren nach aussen gekehrt haben. Da nun bei Cephalotaxus die Gefässbündel des Integuments mit ihren Tracheen nach aussen schauen, so erweist sich damit die Aussenseite als die organische Oberseite. Aus diesem Grunde kann das Integument von Cephalotaxus nicht der inneren Eihülle allein, deren Aussenseite der Unterseite gleicht, homolog sein; ebenso wenig aber nur dem äusseren oder dem Arillus der Podocarpeen; denn auch bei den Coniferen wird, ebenso wie bei Angiospermen, die Innenseite des den Nucellus unmittelbar umgebenden Intesuments von der Blattoberseite gebildet. Dies geht ganz deutlich daraus hervor, dass bei den Abietineen (und allen Araucariaceen) die einzige, wirklich ein- fache Eihülle aus der Unterseite des Carpids entsprinst, daher auch auf der dem Carpid zugekehrten Aussenseite seine organische Unterseite, mithin innen um den Eikern seine Ober- seite haben muss. Diese Erwägungen führen zu dem Endresultat, dass die Eihülle von Cephalo- taxus sowohl aussen als innen die morphologische Oberseite besitzt, was nur in der Weise möglich ist, dass in ihr die beiden Integumente der Podocarpeen zu einer Hülle vereinigt oder verschmolzen sind, dass also die einzige Hülle von Cephalotaxus beiden Integumenten der Podocarpeen zusammengenommen entspricht. Wenn wir uns das entwickelungsgeschichtlich vorstellen, so müssen wir sagen, dass dieselbe Ringzone am Ovularhöcker, welche bei den Podocarpeen in zwei getrennte superponirte tutenfórmige Mem- branen auswächst, bei den Cephalotaxeen als ein einziger, dafür dickerer Ringwall in die Höhe wächst. Dass dann diese Dupplicatur, in zwei Schichten sich differenzirend, die saftige Aussen- und die harte Innenschicht analog dem äusseren und inneren Integument der Podo- carpeen ausbildet, steht mit der aus dem Gefässbündelverlauf und den Verhältnissen der 9 Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 66 1. Dr. Lad. Čelakovský: Ovular-Anamorphosen erschlossenen Erklárung in bester Harmonie und kann dieser nur zur Stůtze dienen. Wir haben aber noch andere Analogie-Beweise fůr die Richtigkeit dieser Auf- fassung. Es gibt nämlich Übergänge zwischen zwei völlig freien und zwischen einem anschei- nend einfachen, jedoch zwei verschmolzenen Hüllen aequivalenten Integumente, nämlich solche, wo zwei Hüllen nur theilweise, manchmal aber beinahe schon ganz bis auf sehr geringe noch reie Gipfeltheile mit einander verschmolzen sind. Solche hochgradig verschmolzene zwei Integumente, einem einzigen mit einer seichten Ringfurche am oberen Rande gleichend, hat Srasburger bei Delphinium elatum entwickelungsgeschichtlich beobachtet (Conif. pag. 415), und er hat auch durch den Vergleich mit den zwei völlig gesonderten Integumenten von Aco- nitum sogleich erkannt, dass sich bei Delphinium „beide Integumente gemeinschaftlich erheben, was jedenfalls einen interessanten Fall von vorgeschrittener Verschmelzung uns bietet.“ Und ohne „in die Ferne zu schweifen“, bei Podocarpus finden wir dieselbe Erscheinung; die beiden Hüllen des Eichens werden als sanfte Kreiswälle angelegt (Strasb. Conif. Taf. II. Fig. 39—43), wachsen aber dann sehr bald am Grunde gemeinsam fort, so dass sie in der grösseren unteren Hälfte ein dickes, erst ganz am Gipfel sich in 2 Hüllen sonderndes Integument bilden. Und richtig hat auch hier Strasburger die gleiche Orientirung der Gefässbündel mit nach aussen gekehrten Tracheen an der Basis des unten einfachen Integuments constatirt, wie bei Cepha- lotaxus (nur dass die Bündel in mehrere Äste getheilt waren). Das Nähere in Strasburger's Angiosp. u. Gymnosp. Taf. IX. fig. 13 a—c. Die Bündel sind aber in beiden Fällen, bei Podo- carpus und Cephalotaxus, desshalb gleich gerichtet, weil sie in beiden Fällen in die der äusseren Hülle entsprechende Gewebepartie des complexen, ganz oder im grösseren unteren Theile einfach erscheinenden Integuments oder (bei Podocarpus) wenigstens seines Grundes eintreten. Es kann somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die anscheinend einfache Hülle des Eichens der Cephalotaxeen (denn von Ginkgo muss das nämliche gelten) den beiden Hüllen der Podo- - carpeen zusammen entspricht. Dasselbe muss auch für die Eichenhülle von Cycas (und der Cycadeen überhaupt) wahr sein. Nachdem nun die Cycadeen gewiss älter sind als die Coni- feren, so darf nicht behauptet werden, dass die beiden freien Integumente ursprünglicher und erst später bei den Cephalotaxeen verschmolzen wären, sondern es ergiebt sich, dass das ein- fache, aber den zwei Integumenten dichlamyder Ovula equivalente, aussen und innen von der Oberseite gebildete, daher einer wahren Dupplicatur entsprechende Integument bei den Gymnospermen die ursprünglichere Bildung ist. Die phylogenetische Entwickelung des Eichens erfolgte dann bei den Taxaceen in der Weise, dass sich das anfangs (bei den Cephalotaxeen) noch einfache, aber den beiden Integumenten dichlamyder Ovula homologe Integument bei den Podocarpeen und Taxeen entwickelungsgeschichtlich in zwei Theile getheilt oder gesondert hat, von denen der äussere Theil den Arillus oder das äussere Integument bildet. Das einfache Integument der Abietineen und der Araucariaceen überhaupt entspricht aber nur dem inneren Integument der Podocarpeen, weil es auf der Unterseite des Carpids situirt ist und daher auch aussen seine morphologische Unterseite haben muss; dann aber auch darum, weil das Aequivalent der äusseren Eihülle, wie ich noch weiterhin zeigen werde, in der Ligula oder Carpidencrista gesucht werden muss. Man könnte die Eihůlle der Arau- cariaceen als echt einfaches Integument (integumentum simplex genuinum) von dem unecht einfachen (integ. simplex spurium) der Cephalotaxeen und Cycadeen unterscheiden. Die Gymnospermen. 67 Wir können aber nicht bei den Gymnospermen stehen bleiben und müssen weiter fragen: welchen Werth hat das einfache Integument bei den Angiospermen? Ist es ein integu- mentum simplex spurium oder genuinum? Die Ovula der Angiospermen, mögen sie einfach oder doppelt behüllt sein, entspringen am Rande der Carpiden oder auf der Oberseite der- selben, niemals auf der Unterseite des Carpids. Auch die randbůrtigen Ovula sind bei der . Verwachsung der Carpiden untereinander mehr oder weniger nach der Innenseite des Frucht- knotens, also nach der Oberseite des Carpids verschoben, denn die Verwachsung geschieht nicht eigentlich mit dem in die Ovula zerschlitzten ursprünglichen Blattrande, sondern mit von der Rückseite des Carpids ausgehenden besonderen Randauswüchsen, also nachgewachsenen secundáren Blatträndern, welche wir mit vollem Rechte dem bei Schizaeaceen und bei Pteri- dium (jedoch umgekehrt von der Oberseite her) nachwachsenden neuen Blattrande oder margi- nalen Velum, durch dessen Bildung die Sporangien wiederum nach der Unterseite verschoben werden, vergleichen könnten. Diese Verschiebung der randständigen Ovula zeigt sich sogar noch im ersten Verlaubungsstadium des Carpids, indem dort die mehr oder weniger verlaubten Eichen oder Ovularbláttchen, obzwar in der That, wie das auch spätere Stadien zeigen, rand- bůrtig, dennoch neben dem freien Carpidenrande aus der Oberseite des Carpids entspringen, was schon Caspary bei Trifolium repens fand und abbildete, auch ich selbst bei Cruciferen (Hesperis) u. a. beobachtet habe. Die Entwickelungsgeschichte (z. B. Payer’s Tafeln zur Organogenie) zeist dies auch sehr deutlich, indem z. B. die Wandplacenten zwischen den zwei Ovularreihen oft sehr breit sind oder nach innen vorspringen und bei den Cruciferen in die unechten Scheidewände auswachsen, die also von den breit entwickelten rücksei- tigen Randsäumen gebildet werden. Die dichlamyden Ovula kehren daher entsprechend dem Spreitengesetze der Oberseite des Carpids-die Oberseite ihres äusseren Integuments zu, und so lässt sich denn sicher auch für monochlamyde Eichen das Gleiche behaupten. Es muss also auch das einfache, meistens sehr dicke, Integument der monochlamyden Ovula der Angio- spermen dem doppelten Integument der dichlamyden Eichen homolog sein, und daher dem monochlamyden Eichen der Cycadeen und Cephalotaxeen sich gleich verhalten. Dies muss insolange als allgemein siltig angenommen werden, als nicht bei den Angiospermen ein Fall nachgewiesen wird, dass ein monochlamydes Ovulum aus der Rückseite des Carpids entspringt, was vorläufig wenig wahrscheinlich ist. — Die einfachen Integumente der Angiospermen sind also wohl durchgehends unecht oder complex; ein echt einfaches, nämlich dem inneren Inte- gument dichlamyder Eichen entsprechendes Integument kommt also mit Sicherheit nur bei Gymnospermen und zwar bei den Araucariaceen auf der Carpidenunterseite vor. Da ein echt einfaches Integument nur der oberen Hälfte des unecht einfachen entspricht, so könnten die Ovula der Araucariaceen als hemichlamyd (den übrigen monochlamyden, eigentlich aber syn- chlamyden oder holochlamyden Eichen gegenůber) bezeichnet werden. Das Verhältniss der Podocarpeen zu den Cephalotaxeen ist also, was die Integumente betrifft, dieses. Das doppelte Integument der Podocarpeen (davon dasäussere Arillus heisst) ist zusammengenommen homolog dem einfachen, dicken, zweischichtigen Integument der Cephalotaxeen und ebenso auchschonder Cycadeen; die fleischige Aussenschicht ist also dem Arillus equivalent. 68 1. Dr. Lad. Čelakovský e) Tazeen. Nachdem die Blüthen der Cephalotaxeen und der Podocarpeen vollkommen aufgeklärt worden, wird uns jetzt die dritte kleine Unterfamilie der Taxeen, aus Taxus und Torreya bestehend, keine besonderen Schwierigkeiten mehr verursachen. Hätten wir sie zuerst erklären wollen, so wäre uns die Frage nach dem Verbleib des Carpids, zu dem das einzige, termi- nale Ovulum gehört, unlöslich geblieben oder wir hätten leicht auf eine falsche Lösung ge- rathen, so wie es mir und anderen vordem passirt ist. Strasburger hat nach einem Carpid bei den Taxeen nicht gesucht, er sagt ausdrücklich (Angiosp. u. Gymnosp. 8. 121), er nehme bei Taxus ein achsenständiges Ovulum ohne Fruchtblatt an, entgegen meiner Meinung, dass es Eichen ohne Carpiden nicht giebt. — Dieser Meinung bin ich auch heute noch; denn nachdem bei allen Angiospermen, unter den Gymnospermen sicher auch bei den Cycadeen, auch bei den Araucariaceen Fruchtblátter als Träger oder wenigstens Begleiter der Ovula existiren, und schon bei den Gefässkryptogamen die homologen Sporangien oder Sori überall Produkte der Blätter sind, so muss es einem Phylogenetiker unfassbar und unmöglich er- scheinen, dass bei den Taxeen das Ovulum einmal zur Abwechslung ohne Carpid auf dem Scheitel einer Achse auftreten könnte. Wenn also bei den Taxeen ein terminales Ovulum an- scheinend ohne Carpid sich darbietet, so erwächst dem Phylogenetiker die Aufgabe, den wirklichen oder vielleicht nur scheinbaren Verlust des Carpids phylogenetisch überzeugend nachzuweisen. Eichler und Delpino nahmen denn an, es sei mit der Terminalstellung des Eichens sein Carpid ablastirt. Mir schien dagegen eine solche Annahme unnöthig zu sein und so sprach ich schon in der „Flora“ 1879 die doppelte Hypothese aus, es sei entweder der Arillus (natürlich auch bei den Podocarpeen) das gesuchte Carpid, oder eines der beiden obersten Schuppenblätter; denn wenn auch dem Gefässbündelverlauf nach zwischen diesen und dem Ovulum, wie Strasburger einwendete, kein näherer Zusammenhang ersichtlich ist, so gilt doch das Gleiche von dem basal-terminalen Ovulum und den Carpiden der Polygoneen nach Strasburger’s eigener Darstellung (Angiosp. S. 9 und Taf. III. Fig. 22), weil eben das Ovulum auf den Achsenscheitel herabgerückt ist. Der Annahme, dass eines der obersten Schuppenblätter das Carpid sei, ist von Stras- burger, Eichler und Delpino widersprochen worden, und ich gebe sie als irrig um so lieber auf, als ich die Lösung des Räthsels bereits bei den Cephalotaxeen und Podocarpeen gegeben habe. Das Ovulum der Taxeen hat sicherlich dieselbe Bedeutung wie in den beiden anderen Tribus; es ist selbst ein monomeres Carpid mit terminalem Ovulum, oder, da der Basaltheil nicht besonders entwickelt wird, es ist ein als Ovulum ausgebildetes Carpid. Was aber die Hypothese betrifft, dass der Arillus das eigentliche Carpid sein könnte, so hat sie wenigstens theilweise Berechtigung. Der Arillus ist zunächst äusseres Integument, insoferne als er von dem das Ovulum bildenden Blattglied erzeugt ist, er ist aber auch offene Carpidenhůlle, insofern er vom ganzen Fruchtblatt gebildet wird. Diese ohne vorherige Aufklärung paradox scheinende Charakteristik des Arillus ist eben die Folge davon, dass hier und sonst bei den Taxaceen das Carpid monomer ist. Es wird sich noch später deutlicher ergeben, dass der Arillus mit dem Carpid der Araucariaceen homolog ist. Was von dem Verhältniss des Arillus der Podocarpeen zu dem einfachen Integument der Cephalotaxeen in dem vorigen Paragraphen ausgemacht worden, gilt natürlich ebenso vom Die Gymnospermen. 69 Arillus der Taxeen. Bei der Samenreife selbst fleischig werdend, entspricht er der fleischigen Aussenschicht des Integuments der Cephalotaxeen, und bei Torreya ist er zur Reifezeit mit dem inneren Integument verwachsen, so dass der Same wie bei den Cephalotaxeen steinfrucht- artig erscheint. | Bei den Podocarpeen war das Ovular-Carpid terminal zu seinem Stengelglied, weil dort der Spross auf ein einziges Sprossglied reducirt war. Eine so weit gehende Reduc- tion findet sich bei den Taxeen nicht, der Blüthenspross trägt hier 2 bis 3 decussirte Vor- blattpaare, bevor er mit dem terminalen Carpid abschliesst. Er frägt sich nun, in welchem phylogenetischen Verhältniss die Taxeen zu den übrigen Taxaceen stehen. Zichler und Delpino leiten sie von den Podocarpeen ab, indem sie das zum Carpid „axilláre“ Ovulum, wie z. B. von Phyllocladus, zugleich mit dem Ablast des Carpids terminal werden lassen. Die Ovula der Podocarpeen sind aber nicht zu einem Carpid axillär und bei den Taxeen hat auch kein Ablast eines Carpids stattgefunden, daher diese Ableitung verfehlt war. Da vielmehr die Eichen der Podocarpeen reduzierte axilläre Sprösschen sind, so wäre eine Ableitung der Taxeen aus ihnen nur so denkbar, dass entweder das axilläre Sprösschen zum Secundanspross „pseudoterminal“ geworden wäre, oder 80, dass es unterhalb des terminalen Eichens mit mehreren Paaren von Vorblättern sich bereichert hätte. Für die erstere Annahme — bekanntlich Van Tieghem’s Ansicht — ist nicht der geringste Anhalts- punkt vorhanden; weder entspricht dem der Gefässbündelverlauf, noch ist jemals neben dem Ovu- lum eine Durchwachsung des Secundansprösschens beobachtet, wie sie allerdings bei der Achse des Primansprösschens manchmal vorkommt (Strasb. Conif. Taf. I. Fig. 7.) Nachdem ferner die Primanachse von Torreya manchmal eine Terminalblüthe bildet, so spricht auch dies dafür, dass auch die normalen zwei Blüthen zu den Secundanachsen der Inflorescenz echt terminal sind. Überdies wäre die weibliche Inflorescenz der Taxeen dieser Supposition nach dreiachsig, was in der ganzen Ordnung der Coniferen nirgends vorkommt und daher auch hier nicht im mindesten wahrscheinlich ist. Auch ein Zurückgreifen des auf’s Äusserste, auf ein Sprossglied, redueirten Sprosses auf ein früheres, reicher gegliedertes, Vorblätter bil- dendes Stadium der phylogenetischen Entwickelung ist nicht gut denkbar, noch auch sonst irgendwo beglaubigt (ausser abnormer Weise, wie bei der zur Knospe sich fortbildenden Fruchtschuppe der Abietineen, und selbst da erscheinen unter den beiden Carpiden keine Vorblätter, sondern diese werden selbst zu Vorblättern der Knospe). Viel eher könnte die reducirtere vorblattlose Blüthe der Podocarpeen aus der mit Vorblättern begabten der Taxeen abgeleitet werden; aber bei diesen ist wieder die 1—2blüthige Inflorescenz zu stark reducirt, als dass die vielblättrigen, ausserdem auf wenig verkürzten Laubtrieben terminalen Zapfen z. B. von Microcachrys von ihnen ausgegangen sein könnten. Von den Cephalotaxeen können die Taxeen ihren Stammbaum ebenso wenig herleiten, weil auch diese bereits vorblattlose Blüthen haben, auch umgekehrt können die Cephalotaxeen, da sie weniger reducirte, wenigstens aus zwei Carpiden bestehende Blüthen haben, nicht von den Taxeen mit einem terminalen Carpid abstammen. Die Ableitung der Blüthe von Cephalotaxus aus der zweiblüthigen Inflorescenz von Torreya von Seite Strasburger’s beruhte auf einer zufäl- ligen, missverstandenen Ähnlichkeit, wobei irrthümlicherweise die Ovular-Carpiden der ersteren 70 1. Dr. Lad. Čelakovský: Gattung für Sprosse angesehen wurden. Kurz, die drei Tribus der Taxeen sind für sich abgeschlossene, getrennte Zweige, die nur nach růckwárts in gemeinsamen Vorfahren zusam- menlaufen, von denen sie sich theils früher theils später abgetrennt haben. Zufolge der Vor- blattbildung ihrer Blüthensprosse sind die Taxeen alterthümlicher als die beiden anderen Gruppen mit vorblattlosen Blüthen, und auch die Fähigkeit des Primansprösschens (bei Tor- reya), mit einer Terminalblüthe abzuschliessen, weist noch auf eine nähere Verwandtschaft der Taxeen mit alten Urahnen hin, denn diese Fähigkeit besitzt keine andere Tribus der Coni- feren mehr, deren Zapfen oder Ähren sonst immer unbegränzt sind. Anderseits stellen sich die Taxeen zufolge ihres einzigen terminalen Ovular-Carpids, ihrer verarmten Inflorescenz u. S. w. als ein jüngerer Ausläufer eines alten Seitenzweiges dar, während in vielen anderen Bezie- hungen die Cephalotaxeen, insbesondere Ginkgo, mehr alterthümliche Charaktere sich be- wahrt haben. Bei den Taxeen besteht also die weibliche Blüthewie bei den Podo- carpeen aus einem einzigen Ovular-Carpid, allein dieses ist zu einer nor- malen Sprossachse, welche zuvor noch 2—3 Paare decussirter schuppen- förmiger Vorblätter produeirt, terminal. Durch die Anwesenheit dieser Vorblätter stehen die Taxeen nichtnurunter den Taxaceen, sondern unter allen Coniferen einzig da. 3. Araucariaceen. a) Weikliche Blüthen in den verschiedenen Umterfarailiem. Wie die Taxaceen so besteht auch die zweite Coniferenfamilie, die der Araucariaceen, aus mehreren gut unterschiedenen Subfamilien, deren Zahl jedoch bald grösser, bald kleiner genommen wird. Strasburger unterscheidet ihrer sechs, Eichler nur vier. Mir scheint, dass die vier Zichler’schen Tribus Abietineae, Taxodieae, Cupressineae und Araucarieae genügen, und dass die Sequoieae und Sciadopityeae besser als blosse Subtribus der Taxodieae behandelt werden; allenfalls könnten die Sciadopityeae noch als fünfte, zwischen den zwei ersten Tribus intermediäre Tribus beibehalten werden. Mit dem Bau der weiblichen Blüthe der Abietineae und ihrer Fruchtschuppe haben wir uns bereits beschäftist; wir fanden, dass die Blüthe als Secundanspross aus drei ursprünglich monomeren Carpiden besteht, von denen das. mittlere immer steril, die beiden seitlichen in Ovula umgewandelt werden und dann mit den nachge- wachsenen Carpidentheilen zur Fruchtschuppenerista verwachsen, wobei sich das sterile Blatt mitbetheiligt (Pinus) oder auch nicht. Die Blüthen der übrigen Tribus sind ähnlich gebaut, nur mit folgenden Abweichungen. Bei den Taxodieen besteht die weibliche Blüthe oftmals aus mehr als drei (bis 9) Carpiden, demnach gewöhnlich auch aus ebensovielen Ovulis, weil die Carpiden meist alle fertil zu sein pflegen; doch können auch etliche Carpiden steril, d. h. nur an der Bildung der Crista betheiligt, aber ohne Ovulum sein. So hat Taxodium nur 2 Ovula, aber der gekerbte Rand der Fruchtschuppe deutet auf eine Zusammensetzung aus zahlreicheren Carpiden hin. Die Fruchtschuppe der Taxodieen unterscheidet sich von der der Abietineen dadurch, dass sie ale Die Gymnospermen. TÍ mit dem Deckblatt immer weit mehr vereinigt ist, so dass hier also eine hochgradigere Verschmelzung der Carpiden nicht bloss unter einander, sondern auch mit dem Deckblatt stattfindet, was sich bei den Cupressineen in noch höher fortgeschrittenem Grade wiederholt. Entwickelungsgeschichtlich besteht zwischen Cupressineen und Taxodieen einerseits und Abie- tineen anderseits der bemerkenswerthe Unterschied, dass die Anlage des Blüthensprosses oder der Fruchtschuppe bei den ersteren nur als eine geringe Anschwellung in der Achsel des Deckblatts auftritt und daher die Carpiden resp. Ovula direkt in der Blattachsel zu entspringen scheinen. Bei den Cupressineen sind wahrscheinlich überall drei oder 2 Carpiden in der Frucht- schuppe verschmolzen, entweder alle fertil oder das mittlere wie bei den Abietineen steril und nur im Beginn der Entwickelungsgeschichte als Höcker zwischen beiden Ovular-Carpiden (z. B. bei Thuja) nachzuweisen. Die Identität dieser biovularen Blüthen mit den Blüthen der Abie- tineen, von Cephalotaxus, Ginkgo ist unverkennbar, wird auch bereits von Strasburger hervor- gehoben. Bei Thuja orientalis besteht aber die Blüthe des mittleren Deckblattpaares aus nur einem Ovulum, welches aus dem einzig vorhandenen mittleren Höcker entsteht. Bei Juniperus & Oxycedrus dagegen ist nur ein laterales Ovulum pro Blüthe und pro Deckblatt vorhanden. Daraus folgt aber noch nicht, dass in beiden Fällen nur ein Carpid vorhanden wäre, es können ganz wohl noch 1 bis 2 sterile Carpiden in der Fruchtschuppe vorhanden sein, und bei Juni- perus ist das offenbar, weil auch die andere sterile Seite der Fruchtschuppe entwickelt ist. Nur bei den Cupressineen kommen Carpiden vor, zu denen mehr als ein Ovulum gehört, nämlich bei Cupressus und Thujopsis, über welche noch später die Rede sein soll. Actinostrobus würde unter den Cupressineen eine merkwürdige Ausnahme bilden, wenn seine sechs Fruchtschuppen von den darunter befindlichen Deckblättern wie es scheint völlig frei wären, wie es ursprüng- lich von Parlatore angegeben wurde (s. Eichler Conif. Fig. 48). In De Candolles Prodromus bemerkt Farlatore jedoch, er habe sich überzeugt, dass auch bei Actinostrobus Deckschuppe und Fruchtschuppe (lepidium) verschmolzen seien. Ich kenne diese Gattung nicht aus Autopsie. Bei den Araucarieen kommt in den zwei Gattungen Araucaria und Dammara (Subtri- bus Dammareae) wieder eine Reduction des bei den Taxodieae und Cupressineae wenigstens bicarpellären, oft pluricarpellären Blüthensprosses auf ein einziges Sprossglied, also auch auf nur ein Carpid vor, ganz analog wie unter den Taxaceen bei den Podocarpeen. Die Frucht- schuppe oder Crista besteht hier aus nur einem oberhalb des einzigen Ovulum nachwachsen- — den Carpidentheil: sie führt bei Araucaria den Namen Ligula. Die Ligula gehört also einem einzigen Carpid und Ovulum an, während die Fruchtschuppencrista (bei den übrigen Arau- eariaceen) aus 2 oder mehreren Ligulis zusammengesetzt oder verschmolzen ist. Bei Dammara (Agathis) ablastirt und verschmilzt mit dem Deckblatt die Ligula, daher sie anscheinend fehlt, so dass die Blüthe nur auf das Ovulum redueirt ist wie bei den Podocarpeen. Die dritte Gattung der Araucarieen, Cunninshamia, welche auch für sich eine Subtribus Cunninghamieae darstellen kann, nähert sich mehr den Taxodieen, indem sie drei Ovula. also drei Ovular- Carpiden in der Blüthe besitzt. Die Fruchtschuppe, welche im erwachsenen Zustand der Blüthe . einen queren häufigen gezähnelten Saum über den Eichen darstellt, ist nach der Abbildung der Flora japonica im Jugendzustand 3lappig, über jedem zur Zeit noch nicht umgewendeten Eichen ein Läppchen bildend, also aus den drei Ligulis dreier eineiigen Carpiden gebildet (Delpino nennt sie eine ligula tridentata). 72 1. Dr. Lad. Čelakovský: Diese hier in den Hauptzügen gegebene Interpretation der Blüthen und Fruchtschup- pen der Cupressineen, Taxodieen, Araucarieen befindet sich ganz allein in Übereinstimmung mit der auf Anamorphosen basirten Deutung der Abielineen, so wie der Blüthen der Taxaceen. Ich habe zwar in meiner „Kritik“ die Zichler’sche Excrescenztheorie wenigstens für die Araucarieen acceptirt, und demgemäss ihre Zapfenbrakteen für Fruchtblätter, ihre Ovula sammt Ligula für Exerescenzen dieser Fruchtblätter anerkannt; hinsichtlich der Cupressineen und Taxodieen liess ich es unentschieden, ob ihre Fruchtschuppe mit dieser Ligula oder mit der Fruchtschuppe der Abietineen homolog ist. Damit liess ich für die Gesammtfamilie der Araucariaceen eine doppelte Erklärung gelten, welche ich gegenwärtig, besser belehrt, durch- aus nicht mehr zugestehen kann. Vom phylogenetischen Standpunkt aus dürfen die Arau- carieen nicht anders als die Abietineen beurtheilt werden, und die zwei übrigen Subfamilien desgleichen. Ich kehre daher mit Überzeugung auf den Standpunkt Strasburger’s zurück, der auch alle Subfamilien von demselben Gesichtspunkt betrachtet und stimme mit diesem Forscher darin rückhaltlos überein, dass das Achselprodukt aller Araucariaceen, mag es nun deutlicher axillär bleiben oder auf das Deckblatt verschoben werden, ein Achselspross (wie bei den Taxaceen) des Deckblatts ist, und zwar überall ein einfacher Blüthenspross (worin ich wieder von Strasburger abweiche). Die Exerescenztheorie ist mir also nicht einmal für die Arau- cariaceen, wo ihr die Verhältnisse noch am meisten günstig sind, annehmbar. Was die Taxodieen und Cupressineen betrifft, so wird die Homologie ihres Achsel- produkts mit der Blüthenanlage der Abietineen und besonders von Cephalotaxus (wo der axile Theil auch sehr wenig entwickelt ist) bereits entwickelungsgeschichtlich unverkennbar nachge- wiesen. Dieselben zwei seitlichen Ovula und der sterile mittlere Blatthöcker wie bei Cephalo- taxus (und den Abietineen) finden sich bei Thuja und manchmal (nach Strasburger) bei Crypto-- meria wieder. Erst späterhin äussert sich die Verschiedenheit, die darin besteht, dass bei Cephalotaxus keine, bei den Abietineen eine freie, bei den Taxodieen und Cupressineen eine mit dem Deckblatt verwachsene Fruchtschuppencrista gebildet wird. In meiner Abhandlung „Zur Kritik“ habe ich dieser entwickelungsgeschichtlichen Übereinstimmung mit Unrecht zu wenig Gewicht beigelest; gerade bei der Feststellung phylogenetischer Homologien leistet die vergleichende Entwickelungsgeschichte oft vortreftliche Dienste. Ich war damals nur aus dem Grunde in Betreff der Taxodieen und Cupressineen zweifelhaft, weil bei diesen die Natur ihrer Fruchtschuppe noch durch keine genau studirten Anamorphosen so wie bei den Abie- tineen sicher erwiesen war, obwohl wenigstens bei den Taxodieen Durchwachsungen der Zapfen ebenfalls vorkommen. Al. Braun sah bei Cryptomeria, Taxodium, Glyptostrobus an Stelle der inneren Fruchtschuppe eine Knospe auftreten, doch sind dabei keine entscheidenden Übergangs- formen erwähnt worden, welche allein die Identität der Fruchtschuppe mit den ersten Blättern der Knospe erweisen können. In neuerer Zeit erklärte G. Engelmann (in Silliman’s Amer. Journal Sept. 1882), er besitze einen durchwachsenen Zapfen der Seguoia gigantea, welcher zu beweisen scheint, nicht nur dass die Fruchtschuppe dieser Art so wie die der Abietineen aus Carpiden zusammengesetzt ist, sondern auch, dass diese Blätter in grösserer Anzahl vor- handen sind, seitlich aneinander gereiht und mit einander verwachsen, eine entsprechende grössere Anzahl von Eichen auf ihrer Rückseite tragend. Die Gymnospermen. 73 Leider hat Engelmann eine Abbildung und genauere Beschreibung dieser Abnormitäten, zu der ich ihn dringend aufgefordert habe, seines nicht lange darauf erfolgten Todes wegen nicht mehr geliefert ; trotzdem ist mir auch diese vorläufige Mittheilung eines gewissenhaften Beobachters um so weniger zweifelhaft, als bei Cryptomeria die Zusammensetzung der Frucht- schuppe aus 6 bis 3 Fruchtblättern auch ohne Anamorphosen durch die blosse Betrachtung der ausgebildeten Form mehr als sehr wahrscheinlich wird und unter Berücksichtigung aller Analogien unmittelbar einleuchtend erscheint. Dass nämlich die Spitzen der Fruchtschuppe nicht bloss eine bedeutungslose (aber auch in diesem Falle ganz unverständliche) Zähnelung einer Exerescenz oder gar eines Discus sein können, erkennt man daraus, dass diese 3— 6 Spitzen gar nicht einmal immer vollkommen in einer Ebene stehen, sondern sich öfter theil- weise decken, die seitlichen mehr nach aussen, die mittleren mehr nach innen sich befinden, und dabei in der glatten, slänzenden Spitze und ihrer angeschwollenen und kantigen Basis genau das Deckblatt wiederholen. Am Grunde des Zapfens gehen die nadelförmigen kantigen Blätter der Fruchtzweige in die (zunächst sterilen) Deckblätter über, indem sie immer breiter werden; und da die Achselsprosse von Cryptomeria überhaupt anfangs keine Schuppenblätter, sondern nur Nadeln bilden, so ist es begreiflich, dass auch in der aus ähnlichen Blättern ver- schmolzenen Fruchtschuppe die nadelförmigen Spitzen dieser Blätter so weit hervorragen, wie sonst bei keiner anderen Conifere. Die Zapfen von Cryptomeria sind das beste Demonstra- tionsobjekt, an welchem man die Zusammensetzung der Fruchtschuppe aus Carpiden ohne weiters sehen kann, wenigstens gewiss dann, wenn man ohne eine vorgefasste Meinung an sie herantritt. Strasburger wendet gegen die Deutung der Fruchtschuppenzähne der Cryptomeria als Carpidenspitzen ein, dass die Zahl dieser Spitzen mit der Zahl der Eichen nicht immer genau übereinstimmt; es kommen manchmal 4 Zähne an 3samigen und umgekehrt auch 3 Zähne an 4samigen, dann auch 3 Zähne an 2samigen Fruchtschuppen vor. Das erklärt sich aber sehr einfach damit, dass entweder nicht alle mit den Spitzen hervorragenden Carpiden fertil sind (mehr Zähne als Samen), oder dass umgekehrt nicht alle Ovular-Carpiden (ergo Ovula) den nachwachsenden Carpidentheil in der Fruchtschuppe entwickelt haben (mehr Samen als Zähne). Strasburger untersuchte z. B. die Entwickelungsgeschichte einer Cryptomeria, deren Frucht- schuppe konstant nur 2 Samen und regelmässig 3 Zähne besass; zwischen den Samenanlagen fand sich aber oftmals der dritte mittlere Höcker, wie bei Thuja und Abietineen, vor, eben das dritte aber sterile Carpid, welches dann in die Zusammensetzung der Fruchtschuppe mit eingeht. Der obige Einwand ist daher ohne Gewicht und leicht beseitigt. Man kann sicher erwarten, dass, sobald am durchwachsenen Zapfen von Cryptomeria einmal Übergänge zwischen Fruchtschuppe und Achselknospe gefunden werden, in ihnen zunächst die Trennung der Car- piden und dann ihre Einordnung unter die Blätter eines normalen Achselsprosses zu beobachten sein wird. Von den übrigen Taxodieen gilt dann das Gleiche, nur die Zahl der Fruchtblätter kann verschieden sein. Die Verschmelzung der Fruchtschuppe mit dem Deckblatt ist aber nichts so gar Auf- fälliges, indem auch bei Angiospermen analoge Verschmelzungen des Deckblatts mit Blatt- organen der axillären Blüthensprosse, z. B. mit den Blüthenvorblättern bei den Betulaceen, vorkommen. Verschmelzungen oder congenitale Verwachsungen der mannigfachsten Art sind 10 Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 74 1. Dr. Lad. Čelakovský: überhaupt bei den Pflanzen ungemein häufig, und die Scheu mancher Morphologen vor ihrer Anerkennung sehr unmotivirt. Die collaterale Verwachsung zahlreicherer Carpiden, wie bei manchen Taxodieen, findet bei den Coniferen ihr Seitenstück in der mitunter vorkommenden Verwachsung vegetativer Nadeln, wie das von Al. Braun an Taxus tardiva, von Caspary an einer Fichte beobachtet wurde. Braun fand 2—11 seitlich verbundene Laubblätter, Caspary 2—7 ziemlich auf gleicher Höhe stehende Nadeln zu einem einzigen, gefurchten, mit mehreren Spitzen versehenen scheinbaren Einzelblatte (einer Symphyse wie im Symphyllodium) verschmolzen. Was aber bei vegetativen Blättern möglich ist (auch Sciadopitys gehört dahin), das ist bei Blüthenblättern, die zu Verschmelzungen weit mehr hinneigen, um so eher zu gewärtigen. Nachdem in dieser Weise die Homologie der dem Deckblatt mehr oder weniger ange- wachsenen Fruchtschuppe der Taxodieen mit der freien Fruchtschuppencrista der Abietineen festgestellt worden, so ergiebt sich daraus die gleiche Homologie der Fruchtschuppe der Cu- pressineen von selbst, weil die Zapfen der letzteren wesentlich gleich gebaut sind, mit dem einzigen Unterschiede, dass ihre Schuppen quirlständig, bei den Taxodieen aber spiralig ange- ordnet sind, und dass die Verschmelzung von Deckblatt und Fruchtschuppe im Allgemeinen noch vollkommener ist (Actinostrobus ist mir zweifelhaft). Vielleicht werden noch Zapfen- durchwachsungen die Zusammensetzung der Fruchtschuppe aus Carpiden auch hier anschaulich demonstriren, keinesfalls aber widerlegen können. Bisher fand man, anderweitigen Angaben nach, an solchen Durchwachsungen die Zapfenschuppen unverändert und höherhin am durchge- wachsenen Terminaltriebe gleich die axillären Normalknospen, und es scheint, dass eben die innigere Verschmelzung der Fruchtschuppe mit dem Deckblatt die Bildung von Übergangsformen erschwert. Was schliesslich die Araucarieen betrifft, so sind auch bei diesen keine Anamor- phosen, keine Übergänge aus dem reducirten axillären Ovularsprösschen in einen vegetativen Spross bekannt. Strasburger berichtet nur (Conif. S. 160), er habe im botanischen Garten zu Neapel einen jungen kräftigen Baum von Cunninghamia sinensis gesehen, der „nachdem er einen Zapfen getragen, seinen Gipfeltrieb durch denselben hindurch weiter entwickelt hatte.“ Die Verwandtschaft der Araucarieen und der Taxodieen ist aber eine so enge, dass nicht daran zu denken ist, dass die Zapfen der ersteren Blüthen, die der anderen ährige Blüthen- stände sein könnten, dass die Fruchtschuppe bei diesen ein Blüthenspross und bei jenen eine ligulaartige Exerescenz sein könnte. Entweder ist der Zapfen in beiden Gruppen eine Blüthe oder in beiden eine Infloréscenz. Da nun das letztere für die Taxodieen als ausgemacht gelten kann, so bleibt auch ‘bei den Araucarieen keine andere Wahl übrig. Die Verwandtschaft der Araucarieen und der Taxodieen ist eine derartige, dass sogar die Grenze zwischen beiden und die unterscheidenden Charaktere nicht allgemein in demselben Sinne aufgefasst werden, so dass die Gattung Cunninghamia von Eichler den Taxo- dieen, von Strasburger und auch Delpino den Araucarieen zugetheilt wird. Man kann indess nicht zweifelhaft sein darüber, dass hier Strasburger gegen Eichler im besseren Rechte ist. Denn nach der Eichler’schen Auffassung reducirt sich der Unterschied beider Gruppen eigent- lich nur darauf, dass die Araucarieen nur ein Ovulum, die Taxodieen ihrer 2, 3 oder mehrere pro Zapfenschuppe besitzen. Wichtiger als die Eichenzahl scheint aber doch der Umstand, dass die Fruchtschuppe bei den Taxodieen an Mächtigkeit über das Deckblatt überwiegt, Die Gymmospermen. 75 wáhrend sie bei den Araucarieen sehr abgeschwácht und dem hier dominirenden Deckblatt eingeschmolzen, nur als zahnförmiger Innenfortsatz (Araucaria) oder als niedriger häutiger Saum (Cunninghamia) auf der Innenfláche des Deckblatts, zuletzt gar nicht mehr oder höchstens als unbedeutende Anschwellung über dem Ovulum (Dammara) erblickt wird. Damit hängt nach Strasburger’s (und Van Tieghem’s) Untersuchungen ein anatomischer Unterschied zusammen, indem bei den Taxodieen die Fruchtschuppe aus der Zapfenspindel ihre eigenen, von dem Bündel des Deckblatts unabhängigen, sich weiter verzweigenden Gefässbündel erhält (wie dies auch für Tragblatt und vegetative Achselknospe gilt), wogegen bei allen drei obigen Gattungen der Araucarieen die reducirte Fruchtschuppe entweder gefässbündellos bleibt (Cunninghamia, manche Araucarien) oder (wie vorher die Ovula) ihre Bündel von Zweigen des Deckblattbündels aus erhält. Die Blüthe von Cunninghamia, aus 3 Carpiden mit drei Eichen bestehend, unter- scheidet sich von einer Blüthe von Thuja oder einer Cryptomeria mit 3zähniger zweieiiger Fruchtschuppe nur dadurch, dass der bei Thuja sterile mittlere Höcker bei jener in ein drittes Ovulum umgebildet ist und dass der Blüthenspross, der eine so schwächliche, membranöse, sogar gefässbündellose Fruchtschuppenerista bildet, höher auf sein Deckblatt hinaufgerückt erscheint. Was die Gattungen Araucaria und Dammara betrifft, so sind sie, ebenso wie die Podocarpeen, allerdings am meisten geeignet, der Zichler’schen Theorie einen gewissen Schein von Berechtigung zu verleihen. Zichler fand ein Analogon der Ligula von Araucaria in der gleichnamigen Ligula von Isoötes und das Analogon des Ovulums der ersteren Gattung in dem vom Velum bedeckten und mehr oder weniger eingeschlossenen Sporangium von Isoötes. Mithin müsse auch das Fruchtblatt von Isoětes sein Analogon in der Deckschuppe der Arau- caria besitzen und letztere ebenfalls ein Fruchtblatt sein. Diesen Analogien, anscheinend sogar triftigen Homologien, konnte ich meinen Beifall nicht versagen, und hat mich insbeson- dere dieser treffende Vergleich bewogen, in der „Kritik“ die Zichler’sche Theorie wenigstens für die Araucarieen (und Podocarpeen) anzuerkennen. Wenn aber trotzdem, zufolge zwingender Conseguenz des früher Bewiesenen, das Ovulum von Araucaria mit seiner Ligula ein axillárer Spross ist, so entsteht die Frage, wie sich dies mit dem obigen Vergleich vereinen lässt? Beides lässt sich ganz gut vereinen; man darf nur nicht ausser Acht lassen, dass der Ovular- spross von Araucaria auf ein Sprossglied und dessen Blatt auf ein Blattglied (Ovulum) redu- eirt ist, wodurch der Anschein entsteht, als ob der Spross selbst nur ein Blattglied wäre. Bei Isoötes ist aber die Ligula mit dem behůllten Sporangium ein in ventraler Lage gebil- detes Blattglied des Carpids, daher es als Blattglied allerdings dem Ovulum von Araucaria mitsammt Ligula homolog ist. Weil aber das ovulumbildende Sprossglied von Araucaria von einem blossen Blattglied für die Beobachtung nicht unterschiedbar ist, so entsteht der Anschein, als ob auch das Deckblatt von Araucaria dem Fruchtblatt von Isoätes homolog; wäre, was es doch in Wahrheit nicht ist. Von Dammara wiederum heisst es, ihre Zapfenschuppe sei ein einfaches Blatt mit einem Ovulum auf der Innenfläche und ohne Spur einer inneren Fruchtschuppe. So ganz einfach ist die Sache aber doch nicht. Strasburger hat nämlich nachgewiesen, dass auf der Deckschuppe von Dammara über der oberen Basis des umgewendeten Ovulums eine, wenn- 10* 76 1. Dr. Lad. Čelakovský : gleich unbedeutende, Anschwellung besteht (Conif. Taf. VII. Fig. 72.), und dass die zur Eicheninsertion verlaufenden Gefässbündel, bevor sie unterhalb derselben sich in Schrauben- zellen auflösen, seitlich je ein schwaches Seitenbündel abgeben, welche nach ganz kurzem Verlauf innerhalb der erwähnten Anschwellung erlöschen (Conif. Taf. VO. Fig. 82.). So gering- fügig diese in die Anschwellung abgehenden Bündel und die ganze Anschwellung selbst scheinen mögen, so haben sie doch für den comparativen Systematiker eine phylogenetische Bedeutung. Sie deuten noch einen letzten Rest des oberen Carpidentheils (Ligula) an, welcher jedoch mit dem Deckblatt derartig vollkommen verschmolzen ist, dass er nur eine wenig auf- fallende Anschwellung auf dem Deckblatte darstellt. Dammara ähnelt hierin manchen Cupres- sineen (auch Taxodieen), deren Fruchtschuppe mit dem Deckblatt so sehr verschmolzen ist, dass sie auch nur wie eine Anschwellung der Innenseite des Deckblatts aussieht (z. B. Thuja orientalis), wesshalb Eichler auch den Cupressineen nicht einmal eine Exerescenz, sondern nur eine Innenanschwellung (Weibl. Blüth. d. Conif. S. 1035 [18]) zuerkennen wollte. Dass diese Innenanschwellung bei den Cupressineen immer noch viel bedeutender ist als die von Dammara, begreift sich leicht, da doch die Fruchtschuppencrista bei den Cupressineen immer- hin noch mächtiger, auch aus 2 oder mehr Carpiden zusammengesetzt ist, bei Dammara aber © (wie bei den Araucarieen überhaupt) sehr abgeschwächt und auf nur ein Carpid reducirt auftritt. Die monocarpide Blüthe von Araucaria und Dammara findet aber ihr vollkommenes Analogon in der monocarpiden Blüthe der Podocarpeen; sodass also die bereits festgestellte Natur der Podocarpeenblüthe die gleiche Natur der Blüthe der Dammareen, die sich uns durch Ableitung aus der Blüthe von Cunninghamia und den Taxodieen ergeben hatte, bestätigt. Die Homologie einer Zapfenschuppe von Microcachrys mit ihrem umgewendeten aber freien Ovulum und einer Zapfenschuppe von Dammara ist so offenbar, dass sie von Strasburger ebenso wie von Eichler anerkannt wird, trotz der verschiedenen morphologischen Deutung; ebenso frappant ist die Übereinstimmung zwischen dem Verwachsungsprodukt des anatropen Ovulums und seines Deckblatts von Podocarpus dacrydioides und zwischen der ein ebenso umgekehrtes und angewachsenes Ovulum tragenden Zapfenschuppe von Araucaria. Ein Unter- schied zwischen beiden ist nur darin vorhanden, dass das Ovulum der Araucaria meist in eine Ligula nach oben ausgeht, das von Podocarpus dacrydioides aber ein äusseres Integument besitzt; doch auch dieser Unterschied ist nur relativ, denn es wird im Nachfolgenden der Beweis geliefert werden, dass die Ligula und das äussere Integument unter einander homolog sind. Die Araucariaceen sind also durch gleichartige Reduktion in den Dammareen zu einem wesentlich gleichen Endziele gelangt, wie die Taxaceen in den Podocarpeen, was ja ganz na- türlich ist, nachdem die Ausgangspunkte der Entwickelung (Cephalotaxeen, Abietineen), wie wir sahen, ebenfalls wesentlich von gleicher Art waren. Die reducirten jüngeren Formen, die Dammareen und die Podocarpeen, sind aber nur durch den Vergleich mit den älteren vollstän- diger entwickelten, also nur phylogenetisch zu verstehen. Wenn alle Coniferen bis auf die reducirten Dammareen und Podocarpeen ausgestorben wären, so würde kein Morphologe anstehen, gleich Zichler die Zapfenbrakteen der letzteren für die Carpiden der Ovula anzusehen; es gäbe eben kein Mittel, sich des trügerischen Scheines zu erwehren. Es wäre auch diese Auffassung ganz gerechtfertigt, wenn der morpholosische Werth nur von räumlichen Verhält- nissen abhinge; denn die axilläre, aber auf das Deckblatt verschobene Ovularblüthe der Dam- Die Gymnospermen. 77 “mareen und Podocarpeen ist von einem blossen Ovulum empirisch nicht unterscheidbar und hat zum Deckblatt dasselbe Verháltniss, wie ein ventrales Ovulum zu seinem Fruchtblatt, besonders bei den Dammareen, wo auch die Gefässbündel des Ovulums vom Deckblattbündel abgehen. Allein Raumbeziehungen allein bestimmen den morphologischen Werth nicht — was schon Strasburger treffend hervorgehoben hat — vielmehr sind die morphologischen Gebilde auch phylogenetisch fixirte Grössen, deren Bedeutung oft nur comparativ erkannt werden kann. Der genetische Zusammenhang der reducirten Blüthen der Dammareen mit den besser verständ- lichen, reichlicher entwickelten Blüthen, wie sie bei den Abietineen, Taxodieen, Cunninghamia vorkommen, lehrt und verbürgt erst die Bedeutung des scheinbar gewöhnlichen Ovulums als Blüthenspross und der scheinbaren Carpiden dieser Ovula als Brakteen der Blüthensprosse. Die umgekehrte Ableitung der Abietineen u. s. w. von den Araucarieen, des reicher ge- gliederten, verständlicheren Gebildes von dem ärmlicheren, zweideutig gewordenen, ist wider- sinnig, ist unmöglich, und der Versuch einer solchen umgekehrten Ableitung muss, auch wenn er von einem so ausgezeichneten Morphologen, wie sonst Eichler war, gemacht wird, noth- wendig missglücken, zu absurden Suppositionen Anlass geben *) und schliesslich bei den Abie- tineen zu einem Resultate führen, welches an dem Veto der glücklicher Weise vorhandenen Anamorphosen zu Grunde geht. ©) Die Ligula resp. Fruchtschuppe der Araucariaceen verglichen mit dem Arillus der Tazacsen. Eine besondere comparative Aufklärung bedarf noch die Ligula und die von mehreren verschmolzenen Ligulae (zu denen die Spitzen der Carpiden von Cryptomeria gehören) gebil- dete Fruchtschuppencrista. Ich habe die Ligula bisher als „nachgewachsenen Carpidentheil“ bezeichnet, der sich eigentlich — gemäss der Entwickelung anderer Carpiden — früher bilden und an seiner Basis das Ovulum erzeugen sollte, welcher aber, dem Gesetz der zeitlich-räum- lichen Verkehrung folgend, später als das zur Carpidenanlage terminale Ovulum nachwächst. Damit ist die Sache aber noch nicht vollkommen erledigt, es muss auch nachgewiesen werden, welche Bedeutung denn dieses Nachwachsen des Carpids hat, und namentlich ist die damit zusammenhängende Frage comparativ zu lösen, ob eine Analogie oder gar Homologie zwischen der Ligula und dem Arillus in den beiden Hauptfamilien der Coniferen besteht oder nicht. Strasburger hat (Conif. u. Gnetac.) ursprünglich die Identität der Fruchtschuppe resp. Ligula mit dem Arillus gelehrt, nämlich beide für Discusbildungen der Blüthenachse erklärt, so lange ihm die Ovula als Fruchtknoten galten. Später (Angiosp. u. Gymnosp.) ging er von dieser Homologie wieder ab, indem er für die Araucariaceen seine frühere Deutung beibehielt, *) Solche unglückliche morphologische Suppositionen, die in der fehlerhaften rückschreitenden Deduction ihren Grund hatten, waren: das angebliche sich Individualisiren der oberen Blatthälfte des vermeint- lichen Carpids, woraus die Exerescenz hervorgehen sollte, durch welchen sonderbaren Vorgang die Ovula von der Oberseite des Carpids selber auf die Innenseite der Excrescenz gelangen sollten, welche, obwohl sie vordem die morphologische Oberseite des Carpids war, nunmehr auf der als Excrescenz individualisirten oberen Blatthälfte zur Unterseite geworden wäre u. áhnl. mehr. 78 1. Dr, Lad. Čelakovský: den Arillus aber als zweites äusseres Integument des nunmehr von ihm anerkannten Eichens acceptirte. Auch in Eichler’s Excerescenzlehre war für eine Homologie des äusseren Integuments (Arillus) als eines Auswuchses aus der Basis des Macrosporangiums und der Ligula oder Fruchtschuppe als Excrescenz des Fruchtblattes selber kein Platz. Wir sind dagegen nach der hier entwickelten Auffassung der weiblichen Coniferenblüthen in der günstigen Lage, dass wir sowohl die Homologie des Arillus mit der Ligula als auch die Integumentnatur des ersteren gelten lassen können. Jene Homologie habe ich schon im J. 1879 in der „Flora“ für die wahrscheinlichste Hypothese erklärt, obzwar ich damals über dieselbe noch beiweitem nicht im Klaren war, indem ich sie mit der Integumentnatur des Arillus, die doch auch viel Wahr- scheinlichkeit besass, nicht in Einklang setzen konnte. Auch nachdem ich in der „Kritik“ Eichler’s Exerescenzlehre für die Araucarieen und Podocarpeen angenommen hatte, habe ich diese Homologie festgehalten, wozu mich die Kenntniss der Anamorphosen des Eichens befähigte. Die Homologie der Ligula (resp. Fruchtschuppencrista) mit dem Arillus hat bereits darin eine starke Stütze, dass die Araucariaceen, welche stets die Ligula oder Fruchtschuppe bilden (auch wenn erstere, bei Dammara und bisweilen bei Araucaria, ablastirt oder dem Deckblatt incorporirt ist), dafür niemals einen Arillus, sondern stets nur ein echt einfaches Integument entwickeln, und dass wiederum die Taxaceen, denen eine Fruchtschuppe oder Ligula fehlt, entweder einen Arillus um das innere Integument aufweisen oder ein unecht einfaches Integument haben, welches zwei Eihüllen aequivalent ist. Dies lässt schon mit grosser Wahrscheinlichkeit auf homologe Stellvertretung des Arillus und der Ligula schliessen. Auch die Entwickelungsgeschichte ist dieser Homologie günstig, denn der Arillus entsteht später am Grunde des erstgebildeten Integuments ebenso wie meistens auch die Ligula oder . die Fruchtschuppe, wenn auch der freie Theil derselben manchmal in Folge ursprünglicher Verschmelzung aus dem Deckblatt zu entspringen scheint. Und wenn auch der Arillus meist sack- oder scheidenförmig um das (innere) Integument geschlossen auftritt, soist er doch bei Microcachrys auf der unteren Seite offen und bildet so den Übergang zu der einseitigen und oberseitigen Ligula. Beides sind blattartige Excrescenzen aus der Basis des Ovulums. Ein zwar bedeutsamer und durchgreifender, aber die Homologie nicht aufhebender Unterschied zwischen der Ligula von Araucaria und dem halbseitigen Arillus von Microcachrys besteht nur darin, dass der letztere sich dem Ovulum anschmiegt (dann in anderen Gattungen es vollkommen umwächst und umschliesst), während die Ligula, um das nach abwärts sich wendende Ovulum unbekümmert, in verlängerter Richtung des ganzen Achselsprösschens nach aufwärts fortwächst (desgleichen dort, wo mehrere Carpiden in der Blüthe vorhanden sind, ihr eigenes Ovulum nicht beachtend, mit den benachbarten Ligulis zu einer Fruchtschuppe conge- nital zusammenwächst). Kurz, die Ligularexcrescenz beträgt sich wie ein vom Ovulum unab- hängiger nachgewachsener Gipfeltheil des Ovular-Carpids, während die Arillusexcrescenz als eine zweite Hülle, als ein höriger Theil des Ovulums sich darstellt. Nachdem nun die Taxaceen älter, ursprünglicher sind als die Araucariaceen, so ist auch der Arillus ursprünglicher und muss die Ligula resp. Fruchtschuppencrista aus jenem hervorgegangen sein. Das äussere Integument der Taxaceen wird bei den Araucariaceen faktisch X Die Gymnospermen. 79 zum Obertheil des Carpids, was hier nur dadurch ermöglicht wird, dass die Carpiden der Coniferen monomer sind und ihr einziges Ovulum terminal bilden. (Auf die Ausnahme bei Cupressus ist dabei nicht vergessen worden, und wird von ihr noch weiter die Rede sein.) Bei einem polymeren angiospermen Carpid mit ursprünglich rand- oder flächenständigen Ovu- lis wäre eine derartige Homologie allerdings unmöglich. Das Verhältniss des Arillus zur Ligula ist nun, um es gleich vorweg anzuzeigen, folgendes: der Arillus ist das normale äussere Integument eines Ovulums, die Ligula ist die im höheren Grade verlaubte oder vegetativ gewordene Form desselben äusseren Integuments. Um dies zu erweisen, vergleichen wir das monomere Carpid der Coniferen in den beiden Formen, welche es bei den Taxaceen einerseits und bei den Araucariaceen anderseits darbietet, mit den zwei Formen eines Ovulums einer und derselben angiospermen Pflanze, von denen die eine normal ist und die andere in Folge von Verlaubung abnormal ihr äusseres Integument in ein laubiges Bláttchen (Grundspreite) verwandelt hat. Ich verweise diesfalls auf die Anamorphosen des Ovulums von Alliaria (Bot. Ztg. 1875 Taf. 2.) oder von Hesperis (Flora 1879 Taf. XI). Obzwar wir hier ein ganzes Carpid mit einem zum Fruchtblatt rand- ständigen Ovulum der Cruciferen vergleichen, so ist dieser Vergleich doch ganz passend, weil das monomere Carpid der Coniferen ebenso wohl ein Blattelied darstellt und daher ebenso in ein Ovulum umgebildet ist, wie am polymeren Fruchtblatt der Cruciferen ein seitlicher ‚Ovular-Abschnitt. Bei diesem Vergleiche ergiebt sich eine vollkommene Übereinstimmung. Die vollständige Homologie des dichlamyden Eichens einer Taxacee und eines dichlamyden Eichens einer Angiosperme (z. B. also einer Crucifere) ist selbstverständlich. Es handelt sich also noch um den Vergleich des Carpids einer Araucariacee mit dem abnormen Ovulum, welches sein äusseres Integument als Grundspreite entwickelt hat. Diese Grundspreite ist ein wohlentwickeltes Blättehen, welches das innere Integument (nebst dem darin enthaltenen Nucellus) auf seiner Unterseite seitlich trägt. Die Stellung des noch in Tutenform erhaltenen, nur vergrösserten inneren Integuments auf der Unterseite der Grundspreite entspricht dem Spreitengesetz, weil dies Integument aussen seine Unterseite besitzt, die es der Unterseite der Grundspreite zukehrt. Die Verlaubung der äusseren Eihülle, und zugleich des Funiculus, geschieht offenbar in der Weise, dass dieselbe, anstatt das innere Integument zu umwachsen, einseitig flach spreitenartig und in verlängerter Richtung des basalen Ovulartheils auswächst. Diese Bildung und Entwickelung ist also genau dieselbe beim verlaubten Ovulum wie beim Carpid der Araucariaceen; auch hier wächst das äussere Integument als Ligula einseitig flach in die Höhe in verlängerter Richtung der Carpidenbasis, sodass auch hier das (dem in- neren entsprechende) Integument mit Nucellus (also das hemichlamyde Ovulum) auf die Unterseite der Ligula versetzt wird. Die Ligula entspricht mithin durchaus der Grundspreite, und so wie diese aus dem äusseren Integument durch Verlaubung entsteht, ebenso muss auch die Ligula aus dem äusseren Integument oder Arillus der Taxaceen durch einen phylogene- tischen Verlaubungsprozess hervorgegangen sein. Die phylogenetische Entwickelung des monomeren Carpids der Coniferen war, wie sich hieraus entnehmen lässt, folgende. 1. Ursprünglich war das Integument des Ovulums wie bei den Cycadeen einfach, aber einem doppelten homolos, eine Dupplicatur, daher auch in 80 1. Dr. Lad. Čelakovský : zwei Schichten, von denen die äussere arillusartig, sich sondernd (Cephalotaxeen). 2. Sodann differenzirte oder theilte sich das Integument in zwei, einander nach dem Spreitengesetze mit ihren Unterseiten zugekehrte Hüllen (Podocarpeen, Taxeen). 3. Endlich verlaubte das äussere Integument als Ligula, welche nun, weil vegetativ mächtig geworden, die Hauptmasse, den eigentlichen Körper des Carpids bildet, auf dessen Unterseite das nunmehr hemichlamyde Ovulum inserirt ist. Wiederum bethátigt sich hier in ausgezeichneter Weise die Wahrheit des Ausspruchs von St. Hilaire, dass dasselbe Gebilde, derselbe Prozess, der für eine bestimmte Pflanzenart abnorm ist, in einer anderen Pflanzengruppe ganz normal sein kann, wesshalb derjenige nicht wohl berathen sein kann, der morphologische Gesetze und morphologische Erkenntnisse nur auf das Normale bauen, das Abnormale aber ausschliessen will. Diese schöne Homologie, diese phylogenetische Entwickelung, die bisher Niemand geahnt hat, würde auch ich nie erkannt haben, wenn ich nicht die Abnormitäten der Ovula in ausgiebiger Weise studirt hätte. Die Übereinstimmung zwischen einem verlaubenden angiospermen Ovulum und dem Ovularcarpid der Coniferen geht aber noch weiter, indem beide dem Gesetz der zeitlich- räumlichen Verkehruns unterliegen. Es kann nämlich die Verlaubung am abnormalen Ovulum so frühzeitig und kräftig eintreten, dass aus dem Ovularhöcker zunächst die Grundspreite er- wächst und erst auf dieser lateral das innere Intesument mit dem sterilen Nucellus, so dass die Entwickelung sich umkehrt. Wir kennen zwar natürlicher Weise die Entwickelung ver- laubter Ovula nicht aus direkter Beobachtung; dennoch können wir auf eine solche umge- kehrte Entwickelune in höheren Verlaubungsgraden des Eichens ganz sicher daraus schliessen, dass ich bei Hesperis auf der Grundspreite (die sich z. Theil noch durch die scheidige Ge- schlossenheit an ihrem Grunde als Umbildung des äusseren Integuments kundgab, 1. c. Fig. 6.) zwei und mehrere längs der Nerven der Unterseite gebildete innere Integumente gefunden- habe (1. c. Fig. 6., 7.). Diese mussten seitlich zur gemeinsamen Grundspreitenanlage, und später als das normale innere Integument angelegt worden sein, und diese seitliche und verspätete Anlage (zeitlich-räumliche Verkehrung!) wird dann ohne Zweifel auch öfter stattfinden, wenn, wie gewöhnlich, nur ein inneres Integument angelest wird. Wie hier das äussere Integument als Grundspreite, kann sich auch die Ligula (resp. Fruchtschuppe) der Abietineen sowohl normal als auch in der abnormen hochgradig vegeta- tiven Ausbildung, die beim Übergang der Fruchtschuppe in die 2 ersten Knospenblätter platz- greift, im zeitlich-räumlichen Verhältniss zum Ovulum umgekehrt entwickeln. Die umgekehrte Entwickelung als normale Erscheinung lernten wir schon früher bei Pinus resinosa (nach Baillon) kennen. Im abnormalen höheren Verlaubungsgrade (ich gebrauche den Ausdruck in einem weiteren Sinne, obwohl die Ligulae nicht als Laubblätter, sondern als Knospenschuppen- blätter ausgebildet werden) sind deren Ovula schon sehr rudimentär, oder es sind nur die Flügel angedeutet oder fehlt auch bereits jede Spur derselben. Im letzteren Falle wächst die Anlage des zum Knospenblatt werdenden Carpids natürlich direkt in das vegetative Blatt aus und dasselbe wird wohl stets der Fall sein,’ wenn das Carpid bereits in der Lage des Knospenvorblatts sich bildet, sodass dann das Eichenrudiment, wo es sich noch bildet, erst später lateral und unterseits angelegt wird. Also auch hier dieselbe entwickelungsgeschichtliche Verkehrung. Wie sich übrigens das völlig knospenblattartig verlaubte, nicht einmal ein Eichen- Die Gymnospermen. 81 rudiment mehr producirende Carpid der Fichte verhált, so auch normal das dritte sterile mediane Blatt (Strasburgers primárer Vegetationskegel), welches direkt in den mittleren kielartigen Bestandtheil der Fruchtschuppe bei Pinus pumilio auswáchst, wáhrend die frucht- baren Carpiden zuerst ihr Ovulum terminal anlegen und dann erst ihre Ligulartheile als Seitentheile der Fruchtschuppe nachbilden. Auf das entwickelungsgeschichtliche Verhältniss der Schizaeaceen (und Pteridium) zu solchen Farnen, die ihre Sori gleich unterseitig anlegen, sei nur noch einmal kurz hingewiesen als auf eine weitere bestátigende Analogie fůr das verschiedene Verhalten der Carpiden der Araucariaceen im normalen und im hochgradig knospenblattartig verlaubten Zustande. Interes- sant wäre besonders der Vergleich des fertilen Blattzipfels von Lygodium mit dem monomeren Carpid der Araucariaceen wie auch mit dem normalen und verlaubten angiospermen Ovulum. Die entwickelungsgeschichtliche Verkehrung ist nämlich an denselben Theilen, sowohl bei den Farnen, wie bei den Araucariaceen, wie bei Angiospermen (hier in den Abnormitäten) zu beobachten. Von dem unterseitigen Indusium von Lygodium hat schon Prantl (1877 Bot. Ztg.) gesagt, dass es „mit hoher Wahrscheinlichkeit als die erste Integumentbildung um die Samen- knospe aufgefasst werden dürfte.“ Ich setze hinzu, dass es dem echt einfachen (resp. inneren) Integument homolog ist, und dass der später nachwachsende vegetative Randzipfel dem ver- laubten äusseren Integument oder der Grundspreite entspricht. Als die ursprünglichere Ent- wickelungsweise ist jene zu betrachten, wo zuerst der reproduktive Theil, das Sporangium (oder Nucellus) gebildet wird und zwar terminal zum einfachen Blattglied (also auch zum monomeren Carpid), folglich marginal am fiederzähnig zusammengesetzten Blattzipfel (sogen. Sorophor), dann das einfache (innere) Indusium, zuletzt die Grundspreite (Ligula, ober- seitiger Schleier). Analog, z. Th. homolog sind also: A. mit der ursprünglicheren Entwicke- lungsweise: 1. Blattglied am Sorophor von Lygodium, mit marginalem Sporangium, Indusium und nachgewachsenen Randzipfel (oberseitigem Schleier). 2. Monomeres Carpid der Araucariaceen in normaler Entwickelung mit terminalem Nucellus, Integument und nachgewachsener Ligula. 3. In geringerem Grade verlaubtes angiospermes Ovulum mit terminalem Nucellus, inneren Integument und nachgewachsener, statt der äusseren Hülle gebildeter Grundspreite. B. mit der zeitlich-räumlich verkehrten Entwickelungsgeschichte: 1. Fruchtbares Blattglied z. B. der Polypodiaceen, als der vegetative Theil zuerst entstehend, auf seiner Unterseite später Sporangium resp. Sorus und Indusium.*) *) Die Farne mit hypophyll erzeugten Sori sind gewiss durch einen analogen Verlaubungsprozess, wie er bei den Araucariaceen stattgefunden hat und als Abnormität noch heutzutage am angiospermen Ovulum öfter stattfindet, hervorgegangen, und zwar zunächst durch zeitlich-räumliche Verkehrung aus solchen Formen, die sich noch in den Schizaeaceen erhalten haben (daher ist auch Pteridium älter als Pteris, was auch das bei ersterem noch erhaltene, bei letzterem geschwundene Indusium bezeugt). Diese aber entstanden aus noch älteren Formen, in welchen die Sporangien (Eusporangien bei Ophioglosseen) oder aus solchen durch weitere Verzweigung entstandene Sori (Columella mit Leptosporangien, bei Hymenophyllaceen) randbürtig sind und bleiben. Die Ophioglosseen sind in dieser Beziehung gewiss die ältesten Farne. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 11 oC A S 89 i 1. Dr. Lad. Čelakovský : 2. Monomeres Carpid der Araucariaceen, speciell der Abietineen, abnorm als Knospen- schuppe verlaubend (bei Pinus resinosa nach Baillon selbst in der normalen Entwickelung) und daher zuerst entstehend, auf seiner Unterseite später das einfach behüllte Ovulum. 3. Hochgradig und frühzeitig verlaubtes angiospermes Ovulum, zuerst als vegetative Grundspreite (äusseres Integument mit Funiculus) sich bildend, dann erst auf deren Unter- seite das innere Integument erzeugend. Ich bin überzeugt, die Homologie der Ligula der Araucariaceen mit dem äusseren Integument der Taxaceen und deren Bedeutung als Verlaubungsform des äusseren Integuments durch alle diese Betrachtungen und Analogien ganz unwiderleglich nachgewiesen zu haben. Jedoch ist es nun an der Zeit, eine Erscheinung aufzuklären, welche als ein gewichtiger und wohl gar vernichtender Einwurf gegen diese Homologie verwerthet werden könnte. Ich meine nämlich die Anlage zahlreicher Ovula auf der Basis der Fruchtschuppe von Cupressus und (in geringerer Anzahl) bei Thujopsis. Dies ist allerdings eine sehr bemerkenswerthe Aus- nahme von der Regel, nach welcher bei den Coniferen jedes Carpid nur ein Ovulum erzeugt. Bei den Taxaceen, die keine Ligula oder Fruchtschuppe bilden, deren Ovula zum monomeren Carpid terminal gebildet werden und auch stets terminal bleiben, ist das eine selbstverständ- liche Nothwendigkeit. Auch bei den meisten Araucariaceen, so bei den Abietineen, Taxodieen und Araucarieen und bei den meisten Cupressineen bildet sich aus jeder Anlage des Carpids ein terminales Ovulum, und wächst dann zu jedem Ovulum die Ligula nach, sodass auch hier auf jedes Carpid, insofern es fertil ist, ein Ovulum kommt. Aber diese Ovula, deren Zahl bis auf 9 steigen kann (bei Sequoia), müssen eben neben einander, in einer Querzone der Fruchtschuppe gelegen sein. Bei Cupressus aber treten die Ovula in zahlreichen Quer- reihen, in der Ordnung von innen nach aussen (gegen das Deckblatt zu) auf, so dass hier unzweifelhaft auf jede in der Fruchtschuppe enthaltene Ligula, also auf jedes Carpid, eine grössere Anzahl von Eichen kommt. Daraus ergiebt sich der scheinbar berechtigte Einwurf: Wie kann die Ligula dem äusseren Integument eines Ovulums homolog und aus ihm ent- standen sein, da sie doch bei Cupressus mehrere Ovula producirt ? Dieser Einwurf würde mich in Verlegenheit gebracht haben, wenn ich nicht wieder zu den Abnormitäten des Ovulums meine Zuflucht nehmen könnte, wenn ich nicht schon früher bei meinen Studien der Ovularanamorphosen bei Hesperis matronalis die oben erwähnte Ab- normität beobachtet hätte, in welcher eine Grundspreite oder äusseres Integument, . in dem einem Falle noch durch die scheidige Bildung am Grunde als solches kenntlich, einmal zwei und einmal sogar längs der Nerven fünf innere Integumente trug (Flora 1879 Taf. XI. Fig. 6. und 7) *) In Folge der Verlaubung war das randständige Blattelied oder Ovularblättchen mächtiger geworden, hatte mehrere untergeordnete Blattglieder entwickelt (sowie ein vegeta- *) Dass es wirklich innere Integumente waren, wurde durch den Vergleich mit Grundspreiten, die nur ein verlaubtes inneres Integument trugen, unzweifelhaft, obwohl ein Nucellus im Inneren dieser Inte- gumente nicht nachgewiesen wurde. Wenn ein solcher auch nicht entwickelt gewesen wäre, so würde das der Bedeutung der Integumente als solcher keinen Abbruch thun, weil die Gegenwart eines Nu- cellus auf einem verlaubten Eichen nicht nothwendig ist. Man sehe nur in Cramer’s trefflichen Bildungsabweichungen die Durchschnitte von verlaubten Eichen der Primula chinensis (Taf. IV. Fig. 17, 22, 25, Taf. V. Fig. 2, 4—7), die noch fast ganz die Form von normalen Eichen, auch zwei Inte- gumente besassen, aber im inneren Integumente nicht die Spur eines Nucellus sehen liessen. Die (Fymnospermen. 83 tives Fiederbláttchen selbst wieder gezähnt, gelappt oder fiederschnittig sich ausbilden kann), aus denen je ein inneres Integument seinen Ursprung nahm. Es ist also durchaus nicht widersinnig, denn es ist thatsáchlich erwiesen, dass ein verlaubtes äusseres Intesument mehrere innere Integumente, oder, was dasselbe ist, mehrere echt monochlamyde Ovula erzeugen kann. Somit kann es auch nicht verwundern, dass die Ligula von Cupressus, obwohl aus dem äusseren Integument eines Ovulums hervorgegangen, ebenfalls mehrere solche echt monochla- myde Ovula producirt. Aus wie vielen Carpiden die Fruchtschuppe von Cupressus besteht, lásst sich aus der Entwickelungsgeschichte erkennen; es sind ihrer drei, wie so gewöhnlich. Nach Strasburger entstehen nämlich zuerst und in der ersten Querreihe auf der zum Deckblatt axillären An- schwellung (Anlage des Blüthensprosses) drei Ovula, das mittlere früher, dann die beiden seitlichen (woraus aber nicht zu schliessen ist, dass das mittlere Blatt, wenn die Blüthe in eine normale Knospe, wie an durchwachsenen Abietineenzapfen, übergehen würde, das genetisch erste wäre, was ja unmöglich ist, sondern nur, dass das mediane Blatt in der Blüthe, wenn fertil, das geförderte ist; woraus dann auch mit Wahrscheinlichkeit zu schliessen ist, dass das einzige Carpid der Dammareen und Podocarpeen diesem medianen Carpid entsprechen dürfte). „Die Anschwellung, auf der sie stehen, nimmt einseitig nach aussen zu und in dem Masse treten neue „Blüthen“ (Eichen) auf, stets nach aussen in den Lücken zwischen den vorher- gehenden; auf die drei ersten folgen meist vier, dann fünf u. s. w. in immer weiter werdenden Bögen.“ (Strasb. Conif. S. 38. Taf. IV. Fig. 33). Die Entwickelungsgeschichte spricht hier klar genug. Die drei ersten Ovula sind die gewöhnlichen ursprünglichen Ovula, denen in der nachgebildeten Fruchtschuppe drei Ligulae entsprechen werden. Die übrigen Eichen sind dann accessorische Produkte der Ligulae. Ihre von innen nach aussen oder von der Basis nach aufwärts an der Fruchtschuppe stattfindende Anlage erklärt sich mit dem in gleicher Riehtung ‚ fortschreitenden Wachsthum der Fruchtschuppe, also der drei verschmolzenen Ligulae. Was die Thujopsis dolabrata betrifft, so stehen nach der Abbildung der Fl. japon. von Sieb. und Zuee. (Eichler Conif. Fig. 53 c) fünf Ovula in 2 Reihen, wiederum drei in der inneren Reihe, zwei in der äusseren Reihe. Ich möchte daher auch hier drei Carpiden an- nehmen und die zwei äusseren Ovula für accessorisch halten. Die wichtigsten allgemeinen Resultate der ganzen Untersuchung über die weiblichen Coniferenblüthen sind also diese: 1. Die weiblichen Blüthen sind überall zu Deckblättern axillär und in theils reichblüthige, theils arm- bis einblüthige Ähren zusammenge- stellt, nur bei Ginkgo noch zu Laub- oder Niederblättern eines Brachy- blasten axillär. 2, Die weiblichen Blüthensprosse besitzen nur bei den Taxeen 2—3 Paare von schuppenförmigen Vorbláttern; sonst sind sie durchaus vorblattlos. 3. Diese Blüthensprossesind völlig begränzt, sie bilden aussich nur. die Carpiden, besitzen aber keinen Vegetationspunkt oder Vegetations- kegel; was sonst dafür genommen wurde, ist nur ein steriles Carpid. 1 84 1. Dr. Lad. Čelakovský : 4. Die Zahl der Carpiden in einer Blůthe variirt von 9 bis 1; am háufigsten sind ihrer drei, deren mittleres háufig steril und verkimmert; typisch nur lauf eingliedrigem Blüthensprosse oder Sprossgliede bei den Podocarpeen und Dammareen. 5. Die Carpiden sind aus cycadeenartigen polymeren Carpiden durch Reduktion auf ein Blattglied entstanden, daher monomer, in ein einziges Ovulum umgebildet; können also als Ovularblätter oder Ovular- carpiden bezeichnet werden. Die monocarpide Blůthe (Podocarpeen, Taxeen, Dammareen) erscheint daher auf ein blosses Ovulum reducirt. 6. Das Ovulum besitzt bei den Taxaceen entweder ein doppeltes Integument (Podocarpeen, Taxeen) oder ein einfaches Integument, welches den beiden vorgenannten zusammengenommen homolog ist; es ist also dichlamyd oder holochlamyd (unecht monochlamyd). 7. Bei den Araucariaceen verlaubt (in des Wortes weiterer Bedeu- tung) das äussere Integument analog der Grundspreite verlaubter angio- spermer Eichen, als Ligula; also verlaubt stellt es das vegetative Carpid dar, auf dessen Unterseite nun das hemichlamyde (nur mit deminneren Integument versehene) Eichen sitzt. 8. Wenn die Blüthe aus mehr als einem solchen Carpid besteht, ver- schmelzen die collateralen Ligulae zu einem Symphyllodium (der Crista der Fruchtschuppe); seltener wachsen die oberen Theile desselben frei aus (am schönsten bei Cryptomeria). 9. Sowohl das Ovulum(Ovularcarpid) der Podocarpeen, als auch die Ligula oder Fruchtschuppencrista verschmelzen häufig mehr oder weniger vollständig mit dem Deckblatt; bei Dammara verschmilzt die Ligula mit ihm so vollkommen, dass sie keinen freien Ligulartheil bildet und somit zu fehlen scheint. B. Männliche Blüthen. Die Staubblátter der Coniferen unterscheiden sich in ihrem morphologischen Baue nur wenig von denen der Cycadeen, nur sind sie viel einfacher und zarter, oligosporangisch. Es entspricht jedes einzelne Pollensáckchen oder Sporangium der Coniferen einem Sorus von 2—6 Sporangien auf dem Staubblatt der Cycadeen, und wie bei diesen sind die Pollensäckchen auf der Unterseite des Staubblatts situirt. Indessen ist zwischen Staubblättern mit nur zwei Pollensäckchen und solchen mit drei oder mehreren zu unterscheiden. Wo die Säckchen nur in Zweizahl sind (namentlich bei den Abietineen und Podocarpeen), erscheinen sie noch öfter deutlicher randständig, obwohl durch stärkere Entwickelung der Oberseite ebenfalls mehr oder weniger nach der Unterseite verschoben, wo sie sich dann gewöhnlich berühren, während sie nach der Oberseite des Staubblatts zu von einander mehr abstehen. Gewöhnlich sind sie dann mit dem stielförmig zusammengezogenen Basaltheil des Staubblatts vereinigt („angewachsen“). Die Gymnospermen. 8 Es ist gewiss, dass die Verschiedenheit im Baue der Staubblätter und der weiblichen Fruchtblätter der Cycadeen erst durch ungleiche Differenzirung eines ursprünglich in beiden Geschlechtern gleichartigen Baues entstanden ist. Wenn es im Allgemeinen richtig ist, dass die randständige Stellung der Sporangien (Pollensäckchen und Ovula). als reproduktiv ausge- bildeter Blattglieder ursprünglicher ist als die blattunterseitige Stellung, so wird dies auch für die Cycadeen gelten, und würden die weiblichen Fruchtblätter der Cycadeen den älteren gemeinsamen Bau im Wesentlichen unverändert beibehalten haben, während das männliche Geschlechtsblatt eine morphologische Umwandlung erfuhr. Dies muss aber noch näher ver- gleichend als richtig’ nachgewiesen werden und ferner ist auszumitteln, ob die Gleichheit der beiderlei Geschlechtsblätter noch bei den ältesten, nicht mehr lebenden Gymnospermen (den Archigymnospermen, wie man sie nennen kann) vorhanden war oder ob sie bis in das Gebiet der Gefässkryptogamen zurückdatirt. Den Hauptbeweis dafür, dass auch die Staubblätter der Cycadeen auf eine ältere Form zurückweisen, welche gleich dem weiblichen Fruchtblatt randständige Sporangien besass, und dass diese Form noch bei den Archigymnospermen vorhanden sein musste, so dass also die letzteren gleichgebaute Geschlechtsblätter besassen, werde ich erst später aus dem Baue der Staubblätter der Gnetaceen herleiten können; indessen lässt sich dasselbe auch von den Coniferen aus zurückschliessend erkennen. Es entsprechen nämlich die Staubblätter der Coniferen mit zwei sublateralen Pollen- säckchen vollkommen den Carpiden der Zamieen mit zwei randständigen Ovulis. Man ver- eleiche z. B. gleich das Staubblatt der alterthümlichsten Coniferengattung Ginkgo mit seinen zwei freien unter der schildfórmicen Crista beiderseits herabhängenden Pollensáckchen und ein Fruchtblatt von Zamia. Der breitere obere Theil des Staubblatts, die Crista, ist jedoch bei den Coniferen nicht immer schildförmig gebildet und dann ist das Staubblatt mehr einem Fruchtblatt einer Cycas mit nur 2 Ovulis (C. Normanbyana), natürlich abgesehen von der Richtung dieser Ovula und jener Pollensäckchen, vergleichbar. Wir sehen also, dass das zweifächerige Staubblatt der Coniferen mit einem biovulaten Cycadeenfruchtblatt morphologisch wohl übereinstimmt. Da nun das letztere ohne Zweifel aus einem fiederspaltigen oder gezähnten pluriovulaten Fruchtblatt durch Reduction entstanden ist, so können wir dasselbe von dem Staubblatt annehmen. Es ist also die Vorstellung be- gründet, dass die gemeinsamen Vorfahren der Cycadeen und Coniferen, die Archigymno- spermen, Staubblätter besassen, welche analog den Fruchtblättern zahlreichere randständige männliche Sporangien (oder auch Sporangiensori) trugen. Durch eine ganz analoge Reduction, wie sie auf dem weiblichen Fruchtblatt von Cycas Normanbyana und bei den Zamieen stattgefunden hat, entstand aus den, zwei Reihen von Pollensäckchen tragenden, Antheren der Archigymno- spermen das Staubblatt der Coniferen mit 2 sublateralen Pollensáckchen. Dieser phylogene- tische Vorgang wird noch damit bestätigt, dass auch das weibliche Carpid der Coniferen, wie bereits nachgewiesen, aus einem ähnlichen cycadeenartigen Fruchtblatt durch eine noch weiter sehende Reduction hervorging, nämlich durch die Reduction auf ein einziges Blattglied, unter gánzlichem Schwinden des oberen vegetativen Theils, der am Staubblatt der Coniferen doch noch als Crista vorhanden ist. Wenn das Carpid von Ginkgo manchmal abnormer Weise zwei Ovula auf einem Stiel bildet, also zweisliederig wird, so nähert es sich damit dem Staubblatt 86 1. Dr. Lad. Čelakovský: derselben Gattung mit seinen zwei Pollensáckchen, jedoch immer noch mit dem Unterschied, dass dies Staubblatt ausser den zwei Pollensáckchen noch eine, wenn auch sehr rudimentáre, vegetative Crista besitzt, die dem zweisamigen Carpid seiner besonderen Herkunft nach durch- aus fehlt. Bevor ich in der Betrachtung der Staubblátter der Coniferen weiter fortfahre, will ich zuvor noch das Staubblatt der Cycadeen, zunächst der Gattung Cycas phylogenetisch aufzuklären versuchen, indem ich es von dem mit Nothwendigkeit postulirten Staubblatt der Archigymnospermen ableite. Zunächst gestaltete sich das Staubblatt der Cycadeen an der Spitze schildförmig, also in ähnlicher Weise wie das weibliche Fruchtblatt einer Zamia u. s. f. aus dem flachen Fruchtblatt einer Cycas entstanden ist. Die wichtigere Veränderung bestand aber darin, dass die randständigen Sori der Pollensäckchen vom Rande nach der Unterseite des ziemlich breiten, flachen, schuppenförmigen Staubblatts verschoben und dort zugleich be- trächtlich vermehrt wurden. Es wiederholte sich derselbe Vorgang, der auch bei den Farnen, wahrscheinlich mehrmals, stattgefunden hat. Der Umstand, dass bei Zamia Skinneri nach Al. Braun auf dem Staubblatt jederseits nur 2—3 ganz nahe am Rande befindliche Pollen- säckchen vorkommen (wohl zu einem Sorus gehörig?), spricht auch noch für den ursprünglich randbůrtigen Ursprung der Pollensäckchen der Cycadeen. Analog der Vermehrung der Pollensäckchensori auf der Unterseite der Staubblátter der Cycadeen ist auch die Bildung zahlreicherer Reihen von Eichen auf der Oberseite der angiospermen Carpiden. Denn auch die Ovula sind als Blattglieder ursprünglicher und typisch randstándie; nur hin und wieder in den verschiedensten Verwandtschaftsgruppen findet auf den von der Carpidenoberseite gebildeten Placenten eine Vermehrung der Ovularzeilen (durch flächenständige Blattglieder oder Excrescenzen) statt. Die Analogie zwischen der Pollensackoruppen der Cycadeen und den Sori der Marat- tiaceen (hauptsächlich was den emergenzartigen Ursprung der Sporangien betrifft) hat man schon seit Langem hervorgehoben, aber der Schluss, dass desswegen die Cycadeen den Marat- tiaceen näher verwandt wären, oder gar von ihnen abstammen würden, geht jedenfalls zu weit. Dem widerspricht die Bildung der weiblichen Fruchtblátter der Cycadeen, welche ur- sprünglicher ist als die Bildung der Staubblätter; daher die Cycadeen nur von solchen Farnen abstammen können, welche randbürtige Sporangien besassen, wie sie sich im weiblichen Geschlecht bei den Cycadeen erhalten haben. Die Verschiebung der Sporangien auf die- Unter- seite des Staubblatts der Cycadeen muss sich daher ganz unabhängig von den Marattiaceen, nur in analoger Weise, vollzogen haben. Die schildförmige Bildung des Staubblatts an seiner Spitze, die bei den Cycadeen ganz allgemein ist, kommt ‚bekanntlich auch bei den Coniferen, mehr oder weniger vollkommen ausgeprägt, häufig vor. Die Bildung des Schildchens kommt aber dadurch zu Stande, dass sich die Crista durch stärkeres unterseitiges Wachsthum an der Basis, dicht über den Pollen- sáckchen, nach der Oberseite umbiegt, bis sie zuletzt öfter einen rechten Winkel mit dem Stielchen bildet, und zugleich gränzt sie sich mit einem quer verlaufenden Vorsprung (einem unteren Rande) gegen das Stielchen ab. Hierbei kommen dann oft noch mehrere weitere Pollensäckchen zwischen den beiden am meisten randständigen, also auf der Unterseite des stielartig verschmälerten Blatttheils unterhalb des Schildchens zur Ausbildung. Die Gymnospermen. 37 Die vollkommenste Ausbildung des Schildchens zeigt bekanntlich das Staubblatt von Taxus, indem hier der untere Rand der Crista soweit vorspringt, dass das Stielchen auf die Mitte seiner Unterseite gelangt; der bilaterale Bau des Staubblattes geht damit in den radi- ären Bau über, und dem entsprechend stehen die Pollensäckchen nicht nur auf der Unterseite, sondern auch auf der Oberseite des Staubblatts, also rundum gleichmässig. Es ist daher nicht richtig, wenn gewöhnlich gesagt wird, dass die Pollensäckchen von Taxus, wie bei den übrigen Coniferen, lediglich auf der Unterseite des Staubblatts entspringen; man verwechselt dabei die Unterseite des Schildchens mit der Unterseite des ganzen Staubblatts. Die morphologische Übereinstimmung oder Ähnlichkeit des Staubblatts von Taxus mit dem Sporangienschild der Eguiseten ist schon oft hervorgehoben worden und mit vollem Rechte; jedoch ist die weitere Folgerung, dass darum die Coniferen zu den Equiseten in einer näheren genetischen Bezie- hung stehen möchten, gänzlich unbegründet. Die Schildchenbildung bedeutet keine verwandt- schaftliche Homologie, sie kann auf sehr verschiedenen phylogenetischen Entwickelungsstufen und in verschiedenen Verwandtschaftskreisen analog stattfinden, tritt auch in der vollkommenen Form bei Taxus ganz isolirt auf. Dieselbe Schildbildung, in minder vollkommener Form wie die Staubblätter, können auch hier und da die Carpiden der Coniferen erwerben, so z. B. Pinus unter der Abietineen, Sequoia unter den Taxodieen, Cupressus unter den Cupressineen, nur wird das Carpidenschild von 2 oder mehr verschmolzenen Fruchtblättern, z. Th. unter Betheiligung des Blüthendeckblatts gebildet. Die Bildung des Schildchens mit unterseits be- findlichen Sporangien finden wir übrigens schon bei den Ophioglosseen, nämlich bei Helmintho- stachys, welche wir als die nächsten Verwandten unter den Gefässkryptogamen noch kennen lernen werden. Es ist sehr auffallend, dass die Bildung zahlreicherer Pollensäckchen bei den Coni- feren (und Cycadeen) immer mit der schildfórmigen Ausbildung der Crista Hand in Hand geht. Wenn man aber bedenkt, dass die oberen Ränder des Schildchens zugleich den wahren Blatt- rändern entsprechen, so dass bei Taxus die oberseitigen Pollensäckchen zugleich nächst dem Blatt- rande sich befinden, so kann man nicht umhin, besonders mit Rücksicht auf Taxus, auch in dem quer über die Unterseite verlaufenden Buge, durch den das Schildchen vom übrigen Staubblatt abgegränzt wird, einen Blattrand zu erblicken, welchem eigentlich die Pollensäckchen zugehören. Das Schildchen ist also eine kleine Blattspreite des Staubblatts, die sich nach abwärts von dem Filament als Blattstiel abgränzt. Die Oberseite dieser schildförmigen Spreite wird hier, wie auch bei den Equisetaceen, von der ursprünglichen Blattunterseite gebildet, während die schildförmigen Blätter der Angiospermen zur Oberseite des Schildes die Oberseite des ursprünglichen dorsiventralen Blattes verwenden. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass der Blattrand der dorsiventralen Spreite, wenn diese schildfórmig sich bilden soll, bei Angiospermen (Laubblätter, Staubblätter) sich am Spreitengrunde nach der Blattoberseite hin, bei Gymnospermen und Gefässkryptogamen (Staubblätter, Carpiden, Sporophylle der Coniferen, Cycadeen, Equisetaceen) aber nach der Blattunterseite hin kehrt und ringförmig schliesst. Es sind also auch die unter dem Rande des Schildchens inserirten zahlreicheren Pollensäckchen für wesentlich randständige, jedoch unter den Blattrand, auf die Unterseite des Schildchens abgerückte Sporangien anzusehen. 88 1. Dr. Lad. Čelakovský : Hierbei drängt sich die phylogenetische Frage auf, ob, wie es die Anschein hat, die Staubblátter mit nur zwei Säckchen bei den Coniferen die älteren sind und ob mit nach- träglicher Schildchenbildung wieder neue Säckchen hinzugekommen sind, — oder ob nicht die Schildbildung mit zahlreicheren Pollensäckchen unter dem Schildrande die ältere Bildung sein möchte, sodass die zweisackigen Antheren, späteren Datums wären und mit der Reduction auf 2 Sáckchen die Schildbildung nur weniger deutlich geworden oder zurückgegangen wäre. Mit Rücksicht darauf, dass die zahlreicheren Pollensäckchen randbůrticen Ursprungs sind, wie gezeigt worden, nicht blattflächenbürtig wie bei den Cycadeen, und dass ferner Reduc- tionen im phylogenetischen Entwickelungsgange häufiger sind als Bereicherungen, ist die zweite Alternative an sich wahrscheinlicher. Die meisten Pollensäckchen besitzen die Dammareen. Dammara hat ihrer fünf bis fünfzehn, Araucaria 8—15. Die Pollensäckchen der letzteren zeigen die Eigenthümlichkeit, dass sie am unteren Rande des Schildchens in zwei gegen einander gekehrten Reihen stehen und in diesen beiden Reihen auf den einander zugekehrten Seiten aufspringen. Diese Eigen- thümlichkeit hat schon früher Zuccarini zu einer eigenthümlichen Deutung dieser Anthere veranlasst, welche ich als völlig antiquirt nicht weiter erörtern will und welche schon von H. v. Mohl in der Dissertation „Über die männlichen Blüthen der Coniferen“ (1837) wider- legt wurde. Mohl selbst bemerkte ebendort: „Wenn es erlaubt ist, nach Analogien bei den Sporangien der Gefässkryptogamen zu suchen, so möchte wohl die Bildung der Sporangien mancher Farne und namentlich der Gattungen Angiopteris und Kaulfussia anzuführen sein.“ Dieser ausgezeichnete Forscher stellte sich also die Gruppe der Pollensäckchen der Anthere von Araucaria als einen Sorus vor. So scharfsinnig dieser Vergleich auch ist, so kann ich demselben doch nicht beipflichten. Wäre nur eine, und zwar nur die äussere nach innen aufspringende Reihe entwickelt, so wäre die gewöhnliche Bildung vorhanden und in der erörterten Weise zu deuten. Jedes randständige Sporangium ist aber ein monangischer Sorus. Nun kann ein solcher Sorus auch zwei oder drei Sporangien bilden, welche sich auf den ein- ander zugewendeten Seiten öffnen werden. Dies ist offenbar bei Araucaria der Fall. Die Pollen- säckchen dieser Gattung bilden also nicht einen Sorus, sondern eine Reihe randständiger bisporangischer Sori. Wir werden weiterhin sehen, dass die Antheren von Ephedra auf solche bisporangische Sori bei den Vorfahren, den Archigymnospermen, mit Bestimmtheit hinweisen. Die Antheren von Araucaria stammen ihrer Complicirtheit wegen ohne Zweifel von derartigen Archigymnospermen ab, woraus folgt, dass in der That die Antheren mit zahlreicheren Pollen- säckchen älterer Herkunft sein werden als jene mit nur zwei Pollensácken. Dass Ginkgo als eine so alte Gattung nur zwei Pollensäckchen besitzt, widerspricht dem nicht, da die phylo- genetische Entwickelung nicht in allen Richtungen gleichmässig fortschreitet, daher sich sehr häufig alte und jüngere Charaktere verschiedener Organe bei derselben Form combiniren. So haben also Araucaria und Dammara, welche in ihren weiblichen Blüthen weit vorgeschrit- - ten sind, in den Antheren eine ältere Bildung bewahrt, während Ginkgo, obwohl in den weiblichen Blüthen und in anderen Beziehungen alterthümlicher, in den Antheren bereits eine Reduction der Pollensäckchen (aber noch kein Anwachsen ans Filament) erfahren musste. Über die Homologien der männlichen Blüthen der Coniferen mit den weiblichen und über androgyne Blattbildungen bei denselben wird noch in einem späteren Abschnitt die Rede sein. Die Gymnospermen. 89 C. Verhältnisse der Blůthensprosse der Coniferen untereinander. 1. Sprossverhältnisse der weiblichen Blüthen der Taxaceen. Das bereits gewonnene Verständniss der weiblichen Blüthen der Taxaceen (und der Coniferen überhaupt) lässt auch die Sprossverhältnisse der Blüthen in einer durchgängigen schönen Harmonie erscheinen, worin eine weitere Bestätigung der Richtigkeit obiger Blüthen- theorie gefunden werden dürfte. Die comparativ-phylogenetische Betrachtung der Sprossverhältnisse ist bisher vernach- lässigt worden. Wenn z. B. Eichler die Inflorescenzen (Ähren oder Zäpfchen) der Taxaceen, die zu den beblätterten Langtrieben theils terminal (Microcachrys, Daerydium, Podocarpus Sect. Dacrycarpus), theils zu deren Blättern axillär (Podocarpus Sect. Nageia, Eupodocarpus, Stachycarpus, Phyllocladus, Cephalotaxus) sind, für Blüthen ansieht und ihnen die wirklichen Blüthensprosse in den Achseln der Kurztriebblätter bei Ginkgo und den Taxeen, die er als Blüthen- sprosse nicht verkennen konnte, gleichsetzt, so bleibt diese Differenz im Sprossrange der Blüthen unaufgeklärt; ebenso, wenn Strasburger die Blüthe von Cephalotaxus für eine zwei- blüthige Inflorescenz, gleich jener der Torreya erklärt; denn die zweiblüthige Inflorescenz von Torreya ist zu Blättern der Langtriebe axillär, die vermeintliche zweiblüthige Inflorescenz von Cephalotaxus steht aber erst in einem höheren Sprossgrade, axillär zu Blättern einer primären Inflorescenz, welche ihrerseits erst zu Blättern der Langtriebe axillär gebildet wurde. Während bei Cephalotaxus Eichler die Blüthe in einem zu niedrigen Sprossgrade sucht, wird sie von Strasburger in einen allzu hohen Sprossgrad versetzt. Das Richtige liegt wie gewöhn- lich in der Mitte. ; Die cycadeenartigen Vorfahren der Coniferen besassen gewiss gleich den von ihnen abstammenden Cycadeen und den meisten Farnen (ebenso auch gleich den Ophioglosseen als einem der ältesten Farntypen) Stämme mit ganz unentwickelten Stengelgliedern und lang- samem Wachsthum. Diese Kaulomform hat sich auch bei den Coniferen erhalten, aber nur in höheren Verzweiguneseraden, als Brachyblasten. Mit der bei den Coniferen im Gegensatz zu den spärlich verzweigten Cycadeen eingetretenen reichlichen Verästelung ist nämlich zunächst eine Differenzirung in Kurz- und Langtriebe eingetreten, indem der Stamm und die Haupt- äste in schnellwüchsige Langtriebe mit mehr oder weniger gestreckten Internodien sich ver- wandelten. Dass aber die Kurztriebe die ursprünglichere Kaulomform sind, ist noch bei den Coniferen daraus ersichtlich, dass zumeist aus ihnen und zu ihnen terminal Blüthen und Inflo- rescenzen den Ursprung nehmen. Wo fernerhin der Unterschied zwischen Kurz- und Lang- trieben geringer wird oder aufhört, wie bei manchen Podocarpeen, Arthrotaxis, Cupressineen, d. h. wo auch die Kurztriebe zu Langtrieben werden, dort findet man dann auch die Blüthen und Inflorescenzen zu begränzteren Langtrieben terminal. Bei den Taxaceen finden wir dann folgende Sprossverhältnisse im weiblichen Geschlecht. Die nächsten Vorgänger der Coniferen (die wir Proconiferen nennen könnten) besassen wohl noch zu den Brachyblasten terminale weibliche Blüthen mit noch mehreren (wenn auch nicht mehr vielen) spiraligen oder decussirten Fruchtblättern, von deren Bau wir uns nach den abnorm vierkarpelligen oder viereiigen Blüthen der Ginkgo biloba eine Vorstellung machen Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 4 12 90 1. Dr. Lad. Čelakovský: können. Doch schwand die verarmte Terminalblüthe noch vor dem Auftreten der heutigen Coniferen und blieben nur die jedenfalls schon vorher gebildeten gleichartigen Seitenblüthen in den Achseln der Blätter der Brachyblasten. Die blüthentragenden Brachyblasten von Ginkgo sind noch offen, vegetativ, in den Achseln ihrer Schuppen und Laubblätter die Blüthen bergend. Eine Zusammenfassung der Blüthen zu Ähren oder Zapfen fehlt noch durchaus. Der blühende Brachyblast ist mit dem Stamme einer cycadeenartigen Pflanze zu vergleichen, welche zahlreichere Seitenblüthen gebildet und die Terminalblüthe eingebüsst hätte, und damit diaphytisch geworden wäre. Auch durch diese Diaphyse der Inflorescenz, wenn man sie so nennen kann (eine diaphytische Teminalblüthe bildet bekanntlich Cycas), steht Ginkgo unter den Coniferen ganz vereinzelt und an der tiefsten Ursprungsstelle der ganzen Ordnung da. Bei den Taxeen finden wir ebenfalls blüthentragende Brachyblasten in den Achseln der Laubblätter der Langtriebe. Allein diese Brachyblasten sind begränzt und besitzen nur schuppenförmige Blätter in spiraliger Anordnung. In den Achseln derselben stehen wiederum die Blüthensprosse, allein in äusserst beschränkter Anzahl, nur zwei (bei Torreya, abnormer Weise auch bei Taxus) oder nur ein seitlicher Blüthenspross (bei Taxus in der Regel). Während bei Ginkgo die Blüthensprosse vorblattlos sind und nur aus 2 bis mehreren Ovular- carpiden bestehen, tragen die Blüthensprosse der Taxeen 2 bis 3 Paare von Vorblättern und dafür nur ein terminales Ovularcarpid. Durch diese Bildung von Vorblättern stehen die Taxeen ganz isolirt unter den übrigen Coniferen. Durch diese Vorblätter gleichen sie den Gnetaceen, bei welchen jedoch diese Vorblätter (1—2 Paare) als Perigon sich ausgebildet haben, und es ist dies ohne Zweifel ein Vermächtniss von den Cycadeen her, bei denen auch nicht selten unter der eigentlichen, aus Fruchtblättern bestehenden Blüthe sterile Schuppen- blätter sich befinden (welche bei Dioon edule einen von der Blüthe deutlich abgesetzten Kranz bilden). Unterhalb der männlichen Blüthen der Coniferen haben sich diese schuppen- förmigen Vorblätter noch öfter erhalten, unterhalb der weiblichen Blüthen aber sind sie bei allen Coniferen ausser den Taxeen völlig geschwunden. Sehr interessant, auch in phylogene- tischer Hinsicht, ist der Umstand, dass die Primanachse der kleinen 1—2blüthigen Inflores- cenz von Torreya ausnahmsweise in eine Terminalblüthe auswachsen kann, eben dieselbe Terminalblüthe, welche wir auch den Vorahnen der jetzigen Coniferen zuschreiben müssen, daher deren Erscheinen offenbar eine atavistische Bedeutung hat. Im Übrigen ist die weibliche zweiachsige Inflorescenz der Taxeen vollkommen homolog dem Brachyblasten mit seinen Seitenblüthen bei Ginkgo. Die der Gattung Ginkgo eh heade Gattung Cephalotaxus en ebenfalls axilläre Ähren oder „Zäpfchen“, welche den weiblichen Brachyblasten von Ginkgo homolog sind. Diese Zäpfchen entstanden wiederum aus einem ginkgoartigen Brachyblasten durch Begränzung der Hauptachse und Reduction aller Blätter derselben in Schuppenblätter (Blüthendeckblätter). Sie entstehen ebenfalls seitlich zu den Langtrieben. Dass diese Ähren gestielt sind, die Brachy- blasten von Ginkgo sitzend, und dass die ersteren in den Niederblattachseln am Grunde heuriger, erst nach der Blüthe auswachsender Langtriebe entstehen, die Brachyblasten von Ginkgo in den Achseln vorjähriger Laubblätter: das sind secundäre, phylogenetisch wenig bedeutende Variationen. In der Gattung Torreya kommt ja, den Ursprung der zweiblüthigen Inflorescenzen betreffend, beides vor. Die Gymnospermen. 91 Die Podocarpeen zeigen in der Beschaffenheit der Blůthensprosse Beziehungen zu den Taxeen und zu den Cephalotaxeen, sind aber in der Reduction vorgeschrittener als diese beiden Gruppen. Gleich den letzteren haben sie vorblattlose Blüthensprosse, und wie die ersteren eine auf ein Ovularcarpid reducirte Blüthe. Ihre Blüthen sind also wahre Ovular- blüthen, aus einem einzigen Ovulum bestehend, welches zur Braktee der Primanaxe der Inflo- rescenz direct axillär erscheint. Man könnte füglich die Podocarpeen in zwei Subtribus abtheilen, nämlich in die Phyllocladeen mit vollkommen axillären und aufrechten Eichen, und in die Eupodo- carpeen s. ampl. *), mit mehr oder weniger auf das Deckblatt gerückten und mehr oder weniger umgewendeten Samenknospen. Zu den ersteren würde von den mir näher bekannten Sippen nur Phyllocladus gehören; den Angaben nach wohl auch die mir nicht weiter bekannten Gattungen Pherosphaera Archer und Lepidothamnus Philippi, welche zwar öfter zu Daerydium gebracht worden sind (auch von Zichler), indessen den Samen nach doch nicht dahin passen. Bei Phyllocladus stehen nun die Ähren meist lateral zu den Langtrieben, den clado- dienartigen Kurztrieben coordinirt, und dies wäre das ursprünglichere, den bisher bespro- chenen Fällen analoge Verhalten. Indessen zeichnen sich die Cladodien von Phyllocladus da- durch aus, dass sie nicht einfache Kurztriebe sind, wie bei Ginkgo u. s. w., sondern ver- zweigte, in den Achseln ihrer randständigen rudimentären Blätter Zweiglein dritter Ordnung bildende Brachyblasten. Daher kommt es, dass sich auch die Blüthenähren manchmal am Grunde ein wenig verzweigen, und dass dieselben zuweilen (so constant bei Ph. trichoman- oides nach Strasburger) auch in den Achseln der rudimentären Blätter der Cladodien selbst, also im dritten Verzweigungsgrade, auftreten können. Bei Lepidothamnus ist die Ahre auf eine einzige Blüthe (Samenknospe) redueirt, welche anscheinend terminal und angeblich nicht mit Sicherheit auf ein Deckblatt zu beziehen ist. Dies scheint dem Verhalten der Taxeen analog zu sein und Eichler meint auch, dass dadurch ein Übergang zu Taxus hergestellt werde. Indessen, wenn sich Alles wirklich so verhält, liegen die Sachen hier doch wesentlich anders als bei den Taxeen. Bei letzteren ist das Carpid oder das Ovulum zur zweiten Inflorescenzachse wirklich terminal; bei Lepido- thamnus aber wäre die ganze einzige Blüthe, die auf ein Carpid (ohne Vorblätter) reducirt ist, zur ersten Achse, deren Achsenscheitel abolirt wäre, in terminale Stellung eingerückt, oder wie man sagt, pseudoterminal geworden. Dass dabei das Deckblatt der pseudoterminalen Blüthe abortirt wäre, glaube ich nicht, allerdings wird aber die terminal gewordene Blüthe nicht mehr mit der Evidenz wie eine laterale Blüthe auf ihr Deckblatt zu beziehen sein. Die pseudoterminale Blüthe von Lepidothamnus ist sehr wohl möglich, denn schon bei Phyllo- cladus stellt sich die oberste Blüthe nach dem von Eichler gegebenen Längsschnitt der Ähre von Ph. glauca (Weibl. Blüthen der Coniferen Fig. 54) pseudoterminal, wenn dort auch viel- leicht der Achsenscheitel der ersten Achse noch nicht ganz aufgebraucht oder abortirt ist (was übrigens auch für Lepidothamnus noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest- gestellt worden ist). *) Es wird sich weiterhin ergeben, dass diese zweite Gruppe wohl besser in zwei Subtribus aufgelöst werden könnte, die Eupodocarpeen s. str. und die Dacrydieen. 12* 92 1. Dr. Lad. Čelakovský : Die Phyllocladeen stehen den Cephalotaxeen zunáchst, weiter ab stehen die Podo- carpeen, denn das Hinaufrůcken der Blůthe (resp. des Ovulums) auf das Deckblatt und die Umkehrung des Ovulums sind späteren Datums. Zu den Eupodocarpeen gehören nach der gewöhnlichen Umgränzung der Gattungen vier Genera: Dacrydium, Podocarpus, Microcachrys und Saxegothaea. Bei Dacrydium begegnen wir zum ersten male der Erscheinung, dass der Unterschied zwischen charakteristischen Kurztrieben (wenigstens für die Blüthen) und Langtrieben aufge- hört hat. Es sind nämlich jetzt auch die blühenden Kurztriebe zu Langtrieben ausgewachsen, haben sich auch weiter verzweigt, und so treffen wir nun die Ähren am Ende von längeren oder kürzeren Macroblasten. Die Umbildung der Brachyblasten in Langtriebe, die schon bei den ersten Coniferen (oder Proconiferen) beim Übergange von den Archigymnospermen her den Stamm und dessen Hauptäste betroffen hatte, wiederholt sich hier auch an den Blüthen- zweigen. Allerdings können wohl nicht mehr die so reducirten ährenbildenden Brachyblasten, wie sie etwa bei Cephalotaxus oder Phyllocladus vorkommen, in Langtriebe umgewandelt worden sein, sondern wir müssen wieder bis zu ginkgoartigen Brachyblasten zurückgehen, die noch einen genugsam entwickelten vegetativen Theil unter den Blüthendeckblättern besitzen. Abgesehen von der hier erklärten zu Langtrieben terminalen Stellung, sind die Ähren von Dacrydium von denen der Gattung Phyllocladus nur verschieden durch das, hier oft noch weniger bedeutende, Hinaufrücken des Ovulums auf die Basis (oder Mitte) des Deckblatts, eine ebenfalls nur halbe Umwendung des Eichens und ungleiche, auf der Rückseite ausgiebi- gere Entwickelung des Arillus. Die Zahl der fruchtbaren Deckblätter und der Blüthen varürt; während D. Franklini Hook. 3—9blůthige Ähren besitzt, findet man bei D. cupressinum nur ein fertiles Deckblatt, und dann stellt sich auch hier das der Basis des Deckblatts nahe Oyulum, welches den Achselspross repräsentirt, pseudoterminal zur Ährenachse, obzwar hier noch der zur Seite gedrůckte Scheitel dieser Achse vorhanden ist (Zichler Weibl. Bl. d. Conif. Fig. 41). Da hier die einblüthige Ähre zum Lanstriebe terminal ist, so entsteht in Folge der starken Reduction der Anschein, als ob der Langtrieb mit einem Ovulum beschlossen würde. Die Gattung Podocarpus verhält sich in ihren Sectionen in Bezug auf die Stellung der Blůthensprosse sehr verschieden. Section Dacrycarpus hat wie Dacrydium ein zu den Langsprossen terminales, meist auch nur 1blůthiges Ahrchen; $ Nageia und Eupodocarpus besitzen wie gewöhnlich zu Langtrieben seitliche, meist auch nur 1blůthige Ährchen mit eben- falls fast terminalem (pseudoterminalem) -Ovulum. In der Section Stachycarpus sind die zu Langtrieben seitlichen Ähren verlängert, locker- und ziemlich reichblüthig und ihnen ent- sprechen, wie schon bemerkt, auf der männlichen Pflanze ebensolche Ähren männlicher Blüthen, die sich von den weiblichen dadurch unterscheiden, dass sie aus zahlreichen Staubblättern, die weiblichen aber nur aus einem Carpid (Ovularblatt) bestehen. Es scheint mir, dass Dacry- carpus Endl. und Stachycarpus Endl. besser als eigene Gattungen abzutrennen wären, da der, sonst in den kleineren natürlichen Gattungen immer so constante, Habitus in Folge der ver- schiedenen Sprossverhältnisse gar zu verschieden ist, übrigens auch in den Staubblättern, viel- leicht beständige, Unterschiede gefunden werden. Ist es ja gerade nur Dacrycarpus, dessen mit dem Ovulum verschmolzenes Deckblatt die grösste Ähnlichkeit mit Araucaria besitzt (abgesehen von der Ligula, statt deren hier das äussere Integument vorhanden ist); Stachy- Die Gymnospermen. 93 “ earpus und Podocarpus s. str. sind zu einem solchen Vergleiche weniger geeignet. Stachy- carpus scheint, nach Ečchler's Fig. 64. e in Natůrl. Pl. Conif. zu schliessen, nur ein (natür- lich zwei völlig verschmolzenen aequivalentes) Integument zu besitzen, während in den zwei anderen Sippen die zwei Integumente nur sehr hoch hinauf verschmolzen sind. In dieser Be- ziehung machen die 3 Sippen und besonders Stachycarpus einen Übergang zu den Cephalo- taxeen. Es würde sich, wenn man die drei Gattungen annehmen würde (Stachycarpus wird bereits von Delpino als solche anerkannt), empfehlen, sie in einer besonderen Subtribus Eupo- docarpeae s. str. zusammenzufassen, welche durch das völlig anatrope, mit dem eigenen Stiel, eventuell auch mit dem Deckblatt verschmolzene Ovulum und die fast ganz (oder bei Stachy- carpus ganz?) vereinigten Integumente charakterisirt wäre. Dacrydium, Microcachrys und Saxegothaea wären in einer dritten Subtribus Dacrydieae zu vereinigen, deren Charakter wäre: Ovulum zwar mehr oder weniger hoch auf das Deckblatt hinaufgerückt, aber ungestielt und mit zwei getrennten Integumenten. Microcachrys und Saxegothaea haben die reichblüthigen Ähren wie Dacrydium zu Lanstrieben endständig, sodass auch dies ein gemeinsamer Charakter der Dacrydieen wäre; beide haben bis hoch unter die Spitze des fleischig werdenden Deckblatts hinaufgerückte Ovula, und beide auch einen nur unvollständigen, unten offenen Arillus, der schon einen Übergang in die Ligula der Araucarien andeutet. Die Deckblátter sind bei Microcachrys frei, bei Saxegothaea in eine vielfácherige Scheinbeere verwachsen. Nach der Eichler’'schen Blüthen- theorie wäre diese Scheinbeere im Wesentlichen mit dem Beerenzapfen von Juniperus iden- tisch; in Wahrheit besteht aber zwischen beiden eine bedeutende Verschiedenheit: in der ersteren sind nur die Deckblätter verschmolzen, in der zweiten aber die mit den Deckblättern vereinisten Carpiden-Symphyllodien. Überblicken wir nun im Ganzen die Sprossverhältnisse bei den Taxaceen, so lässt sich das Resultat nachstehend zusammenfassen: Die weiblichen Blüthen sind überall axillär, in der Regel zu den Blättern eines Kurztriebes, der selbst wieder in der Achsel eines Blattes eines Langtriebes steht, axillär. Dieser Kurztrieb ist nur bei Ginkgo offen, diaphytisch, daher dort noch absolut keine Ährenbildung; sonst begränzt sich der blüthenbildende Kurztrieb überall und wird zur Ähre (oder zum Zapfen). Nur dort, wo der Unterschied zwischen Kurz- und Langtrieben verloren ging, indem die blüthentragenden Sprosse zu Langsprossen geworden sind, stehen die Ähren zu diesen Langsprossen terminal. In armblüthigen oder einblüthigen Ähren stellt sich der oberste oder einzige Blüthenspross pseudoterminal, wobei der Scheitel des Primansprosses zur Seite gedrückt wird oder ganz abortirt (aufgebraucht wird). 2. Sprossverhältnisse der weiblichen Blůthen der Araucariaceen. Die Sprossverhältnisse bei den Araucariaceen sind analog denen der Taxaceen. Wo vegetative Brachyblasten neben Lanstrieben vorkommen, dort sind auch die weiblichen Ähren oder Zapfen immer zu den ersteren terminal. Dies ist besonders dann deutlich, wenn die Brachyblasten mehrjährig und im vegetativen Zustand unbegränzt sind, wie bei Larix, Pseudo- larix, Cedrus, indem sie sich dann mit der Bildung des endständigen Zapfens begränzen. Ein 94 1. Dr. Lad. Čelakovský: solcher fruchtbarer Brachyblast ist direkt dem Kurzzweige von Ginkgo vergleichbar. Würde sich dieser mit der Produktion von Blüthen in den Achseln seiner Niederblätter ährenförmig begränzen, so wäre die Homologie vollkommen, bis auf den, nur die Blüthen angehenden Umstand, dass die Blüthe von Larix eine carpidiale Fruchtschuppe bildet, Ginkgo aber nicht. In der Gattung Pinus, wo die vegetativen Brachyblasten bereits begränzt und auf wenige Nadeln redueirt sind, erscheinen die weiblichen, den Zapfen bildenden Kurzzweige weniger reducirt, daher auch im oberen Theile der Langtriebe befindlich, wo sich neue Langzweige zu bilden pflegen (wohin ein reichlicherer Nahrungszufluss stattfindet). In den abnormen Zapfen- durchwachsungen verlängern sie sich auch zu Langtrieben. Ein noch grösserer Unterschied besteht zwischen den zapfenbildenden Kurztrieben und den auf zwei verwachsene Nadeln ohne voraufgehende Schuppenblätter reducirten Brachyblasten der Sciadopitys. Der Zapfenkurztrieb nimmt hier offenbar auch die Stelle eines Langtriebes ein, und ist auch als ein Mittelding zwischen Kurz- und Langtrieb zu betrachten. Im Vergleiche mit dem zweinadeligen vegeta- tiven Brachyblasten ist er allerdings ein zusammengesetzter Kurztrieb, weil jede Fruchtschuppe (abgesehen davon, dass sie ohne Zweifel aus mehr als zwei verschmolzenen Carpiden besteht) der Doppelnadel direkt entspricht; doch gilt dasselbe von allen blüthentragenden oder zapfen- bildenden Brachyblasten, auch von denen der Ginkgo. Bei jenen Araucariaceen, denen die Differenzirung in vegetative Langtriebe und Kurz- triebe verloren gegangen ist, indem auch die letzteren zu Lanstrieben geworden sind, stehen die Zapfen zumeist am Ende kürzerer oder längerer Langtriebe; so meist bei Picea und Tsuga unter den Abietineen, bei Sequoia, Arthrotaxis und Cryptomeria unter den Taxodieen, bei den meisten Cupressineen und bei den Araucarieen. Indessen sind bei Cupressineen die fruchtbaren Zweige manchmal so verkürzt (bei Thuja z. B.), dass sie schon brachyblasten- artig aussehen, und in manchen Gattungen der eben besprochenen Kategorie, denen vegetative Brachyblasten fehlen, haben sich solche wenigstens als Zapfenbildner noch erhalten, z. Th. neben den zu Langtrieben terminalen Zapfen, z. Th. aber als alleinige Zapfenbildner. Aus- schliesslich aus Brachyblasten entstehen die Zapfen von Abies (wenigstens bei den mir be- kannten Arten), die Beerenzapfen von Juniperus $ Oxycedrus, bei Taxodium (hier meist am Grunde der männlichen Blüthenrispen). Axilläre Kurzzweig-Zapfen finden sich neben termi- nalen in der Gattung Picea, Tsuga, Dammara, Cunninshamia; in der letzteren Gattung stehen die zapfenbildenden Kurzzweige gehäuft unter dem terminalen Zapfen, oder der Langtrieb wächst über ihnen (wie im männlichen Geschlecht über den kopfig gehäuften männlichen Blüthen) vegetativ weiter. : Bevor ich die Betrachtung der Sprossverhältnisse bei den Coniferen abschliesse, wende ich mich noch der terminologischen Frage zu, was denn eigentlich unter dem Terminus Zapfen zu verstehen und wieweit er anzuwenden sei. Derjenige, der die Zapfen der Coniferen für Einzelblüthen ansieht, gebraucht diese Bezeichnung für eine Habitusform der aus dieser Blüthe hervorgehenden Frucht und kann sie auch für die Cycadeen gebrauchen. Nachdem aber die Coniferenzapfen ohne Zweifel aus Blüthenähren entstehen, können die Blüthen und Früchte der Cycadeen nicht auch Zapfen genannt werden, sondern nur zapfenartige Blüthen, resp. Früchte. Wollte man aber alle ährenförmigen Fruchtstände der Coniferen (also aller Coniferen mit Ausnahme -von Ginkgo) Zapfen nennen, so wäre der Zapfen nicht logisch defi- Die Gymnospermen. 95 “nirt, sondern es wäre eben nur der ährenförmige Fruchtstand der Coniferen, von sehr ungleich- artigem Habitus; es wäre z. B. auch die einsamige Inflorescenz von Taxus ein Zapfen, was wohl Niemand zugeben möchte. Man sagt häufig von den Taxaceen, sie unterscheiden sich von den Araucariaceen durch fehlende oder unvollkommene Zapfenbildung. Was ist aber eine unvollkommene, was eine vollkommene Zapfenbildung? was ein Zapfen überhaupt ? Bischoff’s „Handb. d. Botan. Terminologie“ I. definirt pag. 444 den Zapfen also: „Bei den Nadelhölzern und manchen kätzchentragenden Laubhölzern, wo die offenen Karpellar- blättchen oder die bleibenden Deckschuppen des Kätzchens mit der Fruchtreife sich vergrös- seren und verdicken, mehr oder weniger verholzen und die Samen oder Früchte bis zur Reife in ihren Winkeln bergen, hat der Fruchtstand schon seit Zinne den Namen Zapfen (strobilus seu conus) erhalten.“ Diese Definition ist in der That treffend. Doch macht Bischof? noch die Bemerkung, man sollte füglich mit Gärtner den Nadelholz-Zapfen (strobilus, conus) von dem Laubholzzapfen (julus) unterscheiden; denn die verholzten Schuppen der Coniferenzapfen würden, wie R. Brown sehr wahrscheinlich gemacht hat, von den offenen, im Winkel der (meist klein bleibenden) Deckblätter stehenden Carpellarblättern, die der Laubholzzapfen (Alnus, Betula) von den verholzten Deckblättern des Zapfens gebildet. Der eigentliche Strobilus oder Conus würde hiernach nur den Coniferen zukommen. Dabei hat aber Bischof’ nur die Abie- tineenzapfen im Sinne gehabt. Da sich nun bei den Cupressineen und Taxodieen die Deck- blätter an der Schuppenbildung betheiligen, und bei den Araucarieen gar fast die ganze verholzte Schuppe bilden, so ist eine Unterscheidung in der von Bischof befürworteten Weise nicht durchführbar. Auch ist, da die Zapfenschuppen von Dammara Deckblätter darstellen, kein Grund ersichtlich, warum z. B. der Fruchtstand von Alnus vom Begriff des Zapfens ausgeschlossen werden sollte. Der Zapfen ist also ein Fruchtstand, der aus einem ährenför- migen Blüthenstande entsteht und dessen schuppenförmige Blüthendeckblätter, eventuell auch Blüthenvorblätter (Alnus) oder flache schuppenförmige Carpiden (Coniferen) nach der Blüthe sich vergrössern, mehr oder weniger holzig (bis fast lederartig) werden und die Samen oder Früchtehen (Caryopsen) bis zur Fruchtreife einschliessen. Nach dieser präcisen und auch an den allgemeinen Sprachgebrauch möglichst sich anschliessenden Definition haben unter den Coniferen nur die Araucariaceen, mit Ausnahme von Juniperus, wahre Zapfen; den Taxaceen kommt hiernach weder vollkommene noch unvollkommene Zapfenbildung zu. Nur die ersteren verdienen die Benennung Coniferae. Dagegen würden von den letzteren manche Podocarpeen (Saxegothaea, Microcachrys, Podocarpus s. str., Phyllocladus), deren Deckblätter, wohl auch die Rhachis, fleischig werden, ebenso wie Juniperus verdienen, dass ihre Fruchtstánde als Beerenzapfen (galbulus) bezeichnet werden. Schliesslich liesse sich wohl der Begriff des _ Zapfens so erweitern, dass er auch den Beerenzapfen als besondere Abart in sich befasste, und wäre dann der Zapfen als ein ähriger Fruchtstand zu bezeichnen, dessen vergrösserte, schuppenförmige Brakteen oder Carpiden gegen die Fruchtreife hin eine materielle Verände- rung erleiden, entweder eine Verholzung (holziger oder eigentlicher Zapfen) oder eine fleischig- saftige Metamorphose (Beerenzapfen). Ob die fleischigen Schuppen verschmelzen (Juniperus, Saxegothaea) oder frei bleiben (Microcachrys), ist aber für die Definition des Beerenzapfens gleichsiltig. 96 1. Dr. Lad, Čelakovský: 3. Homologie der männlichen und weiblichen Blüthensprosse. Nach der hier begründeten Auffassung der weiblichen Blüthen der Coniferen besteht im Baue derselben und im Baue der männlichen Blüthen, wie auch zwischen den männlichen und weiblichen Inflorescenzen eine nicht unbedeutende Verschiedenheit. Die weiblichen Blüthen sind immer stärker redueirt als die männlichen bei derselben Art, in derselben Gattung, es nehmen auch nicht beide immer den gleichen Sprossrang ein, vielmehr stehen meist die weiblichen Blüthen im Sprossrange höher als die männlichen. Die männlichen Blüthen sind meist vereinzelt, an den Zweigen terminal oder zu Laubbláttern axillär; die weiblichen da- gegen sind niemals zu Laubzweigen terminal, auch nicht direkt zu Laubblättern axillär (mit einziger Ausnahme von Ginkgo), sondern zu Schuppenbláttern axillär und zu vielblüthigen bis einblüthigen Ähren (Taxus) vereinigt. Diese Ähren nehmen dann gewöhnlich denselben morpho- logischen Ort ein, wie die männlichen Einzelblüthen, sind entweder zu Laubblättern axillär oder seltener zu Laubzweigen terminal. Diese Stellungsverhältnisse scheinen die Ansicht Jener zu unterstützen, welche wie Eichler und Delpino die im Blüthenstadium befindlichen Zapfen der Araucariaceen, Beeren- zapfen und sonstigen Ähren der Taxaceen (sowie Juniperus) für weibliche Einzelblüthen an- sehen. Der Zapfen als Einzelblüthe betrachtet erscheint ebenso aus zahlreicheren, spiralig oder decussirt angeordneten Fruchtblättern zusammengesetzt, wie die männlichen Blüthen aus zahlreicheren spiraligen Staubblättern, und dazu meist in demselben Sprossrange wie die männlichen Blüthen. Damit scheint eine deutlichere und vollständigere Homologie zwischen männlichen und weiblichen Blüthen hergestellt zu sein. Dieses Argument hat denn auch Eichler in den Vordergrund gestellt. Er sagt (Weibl. Bl. S. 5): „Männliche und weibliche Blüthen erscheinen alsdann nach gleichem Plane gebaut, nur darin verschieden, dass die Blätter der letzteren ihre sexuellen Produkte (die Ovula) an der Oberseite tragen, während die männlichen ihre Pollensäckchen an der Unterseite haben. Zugleich werden so auch die weiblichen Blüthen der Coniferen mit denen der Cycadeen in Übereinstimmung kommen.“ Nach der gegentheiligen Ansicht dagegen, dass die Zapfen Blüthenstände seien, sagt Eichler anderwärts, stehen die weiblichen Blüthen im auffallenden Gegensatz zum männlichen Geschlecht und auch zu den Zapfen der Cycadeen, deren Natur als Einzelblüthen ausser Frage steht. Dieses Argument hat auch seinen Eindruck auf andere Botaniker nicht verfehlt. Das Bestreben, die weiblichen Zapfen den männlichen Blüthen homolog zu setzen, ist bereits sehr alt, dasselbe war hauptsächlich der Grund, dass man früher, von der Ährennatur der weiblichen Zapfen überzeugt, auch die männlichen Blüthen für Blüthenähren oder Kätzchen und die einzelnen Staubblätter mit Hilfe künstlicher Suppositionen für die eigentlichen Blüthen ausgab. Jetzt, nachdem seit Mohl die morphologische Natur der männlichen Blüthen eben als Blüthen feststeht, wandte sich das alte Bestreben nach der anderen Richtung, die Zapfen von ährenartigen Inflorescenzen zu Einzelblüthen herabsetzend. Aber diese moderne Form des alten Bestrebens, Zapfen und Staubblüthen zu homo- logisiren, ist ebenso irrig, als wie die alte Form es war; die Zapfen und Staubblüthen sind einmal nicht so einfach homolog, der „auffallende Gegensatz“ des weiblichen gegen das männ- liche Geschlecht ist eine gegebene Thatsache, und es lässt sich bei einiger Überlegung leicht Die Gymnospermen. 97 “einsehen, dass dieser Gegensatz bei den Coniferer durchaus nicht vereinzelt dasteht, sondern auch bei den Angiospermen vielfach wiederkehrt. Erstlich: die Reduction der weiblichen Blüthe auf wenige Fruchtblätter, während die männliche polyandrisch zu sein pflegt, ist etwas bei Angiospermen ganz Gewöhnliches, auch in Zwitterblüthen besteht meist das Gynoeceum aus wenigen, das Androeceum meistens aus mehreren bis sehr vielen Geschlechtsblättern. Diese Verschiedenheit in der Zahl der Geschlechts- blätter ist ein Zeichen phylogenetischen Fortschritts, Gleichheit der Zahl bezeugt eine primi- tivere Bildung, ein höheres Alter. Sodann: die Verwachsung der Carpiden der weiblichen Arau- cariaceenblüthe — freilich in eigenthümlicher Weise — findet ihre Wiederholung bei den Angiospermen, während die Staubblätter gewöhnlich frei bleiben. Ferner ist es ja auch bei .den Angiospermen nichts ungewöhnliches, dass Blüthen verschiedenen Geschlechts verschie- denen Sprossgenerationen angehören, dass entweder die männlichen oder die weiblichen Blüthen einen höheren Sprossrang einnehmen. Es sei beispielsweise nur an manche Euphorbiaceen, Amentaceen, Cariceen erinnert. Wie sich das phylogenetisch erklären lässt, habe ich neulich für die Amentaceen und für die Cariceen in den Sitzungsberichten der böhm. Ges. d. Wiss. nachgewiesen. *) Wir brauchen indess nicht einmal so weit zu gehen, denn wir finden dieselbe Erscheinung bei den Taxeen, wo sie auch nach Eichler’s Theorie unbestreitbar ist. Bei Taxus sitzen in den Achseln der Laubblätter gewöhnlicher Langtriebe ebensowohl direkt die männ- lichen Blüthen als auch im anderen Geschlecht kleine zweiaxige Inflorescenzen, sodass die weibliche Taxusblüthe eine um einen Grad höhere Achsengeneration bildet als die männliche © Blüthe. Und dasselbe findet auch bei Torreya statt. Da nun die Verschiedenheit im Sprossrange der männlichen und weiblichen Blüthen bei den Taxeen ganz unzweifelhaft besteht,. so wäre es schliesslich auch nicht so wunderbar, wenn dieselbe Verschiedenheit auch für alle anderen Coniferen Geltung hätte. Ist ja doch z. B. bei fast allen Juglandeen dieselbe Verschiedenheit constant, indem dort wieder die männ- lichen Blüthen einer um einen Grad höheren Sprossgeneration angehören. Indessen mag zuge- standen werden, dass es doch einigermassen befremdlich scheinen könnte, wenn der ungleiche Sprossrang bei allen Coniferen ausnahmslos zu constatiren wäre. Dies ist aber keineswegs der Fall. Es giebt unter ihnen mehrfach Gattungen, in denen die Blüthen beiderlei Geschlechts derselben Axengeneration angehören. Wir wollen zunächst die Taxaceen Revue passiren lassen. Bei Ginkgo entspringen die männlichen Blüthen gleich den weiblichen aus den Achseln der Schuppen- und Laubblätter der Brachyblasten. Bei Cephalotaxus stehen in den Achseln der Niederblätter eines Langtriebes die ährigen weiblichen Blüthenstände und in den Achseln der Laubblätter gleicher Langtriebe racemöse (köpfchenartige) männliche Blüthenstände. Noch auffälliger ist die gleiche Stellung der männlichen und weiblichen Blüthen in der Gattung Stachycarpus, indem beiderlei Blüthen in lockeren verlängerten Ähren, und diese wieder in den Achseln der Laubblätter gewöhnlicher Langtriebe stehen. Bei den Araucariaceen sind die Fälle, wo männliche und weibliche Blüthen in der- selben Sprossgeneration stehen, zwar selten, kommen aber doch auch vor. *) © fylogenetickém vývoji rostlin jehnědokvětých. Resume: Über die phylogenetische Entwickelung der Amentaceen. Sitzung vom 10. Mai 1889. — Über die Blüthenstände der Cariceen. Sitzung vom 25. Januar 1889. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 13 98 1. Dr. Lad. Čelakovský : Ich erinnere an die chinesische Pseudolarix Kaempferi.*) Diese „Goldlárche“ trägt die weiblichen und die mánnlichen Blůthen auf den Brachyblasten, wie unsere Lárche, aber am mánnlichen Brachyblast stehen die Blůthen sámmtlich axillár zu Schuppenbláttern des Kurzzweiges, während der weibliche Zapfen zu seinem Brachyblasten terminal gebildet ist, also aus Schuppenblättern besteht, in deren Achseln die weiblichen Blüthen (die Fruchtschuppen) sich befinden. Es sind hier also die männlichen und die weiblichen Blüthen in gleicher Weise axillär zu den obersten Schuppenblättern des blühenden Brachyblasten. Unter den Taxodieen bietet Cryptomeria ein schönes Beispiel von gleichem Sprossrange der beiderlei Blüthen ver- schiedenen Geschlechts. Der Zapfen steht hier einzeln am Ende eines kurzen beblätterten Zweiges, die männlichen Blüthen aber sind axillär zu den Blättern eines ähnlichen Zweiges, in eine Ähre zusammengestellt, sodass also der weibliche Zapfen offenbar homolog ist der ganzen männlichen Blüthenähre. Unter den Cupressineen giebt es wohl kein Beispiel des gleichen Sprossrangs männlicher und weiblicher Blüthen, indem dort die ersteren immer ebenso terminal oder einzeln axillär sind wie die weiblichen Zapfen; es ist also in dieser durch hochgradige Verschmelzung der Fruchtschuppe mit dem Deckblatt und Quirlenbildung im Zapfen und auf den Laubsprossen sehr weit vorgeschrittenen, hochstehenden Gruppe die Verschiedenheit der beiderlei Blüthensprosse zur allgemein giltigen Regel geworden. Bei Dammara und Cunninghamia kommt es dann vor, dass die weiblichen Blüthen theils im selben Verzweigungsgrade stehen, wie die männlichen, theils einen um einen Grad höheren Spross darstellen, worauf ich etwas weiterhin noch ausführlicher zu sprechen komme. Jedenfalls ist es aber unbestreitbar, dass der verschiedene Sprossgrad der männlichen und weiblichen Blüthen unvergleichlich häufiger ist und somit die Regel bildet. Dies verlangt nun aber eine Erklärung, die nur eine phylogenetische sein kann. Denn es ist unmittelbar gewiss, dass die diklinen Blüthen ursprünglich eine gleiche Stellung haben mussten, weil sie, was für alle Blüthenpflanzen gilt und für die Gymnospermen bei Besprechung der Gnetaceen noch genauer nachgewiesen werden wird, beide aus unter sich geschlechtlich nicht differenzirten, also hermaphroditen Blüthen hervorgegangen sind. Die Versetzung der weiblichen Blüthe in eine höhere Sprossgeneration kann aber auch bei den Coniferen in keiner anderen Weise erfolgt sein, als z. B. bei den Amentaceen oder Cariceen, für welche ich die phylogenetische Ableitung in den obeitirten Abhandlungen auseinander gesetzt habe. Die männliche wie die weibliche Blüthe waren ursprünglich bei den Vorfahren der Coniferen zum Brachyblasten endständig, so wie die männliche und weibliche Blüthe einer Cycas zum Stamme. Die männliche Blüthe, welche von jeder Reduction verschont blieb, er- hielt sich vielfach in dieser terminalen Stellung, sie blieb auch endständig zum Langtrieb, der weiterhin aus dem Brachyblasten öfter entstanden ist. Die weibliche Terminalblüthe, welche frühzeitig auf eine kleinere Anzahl von Carpiden redueirt worden war, ging jedoch bereits bei den Proconiferen verloren, nachdem in den Achseln der voraufgehenden Blätter des Brachy- blasten seitliche blühende Wiederholungssprosse sich gebildet hatten. In diesem Stadium be- findet sich bereits Ginkgo, bei welcher auch der männliche Brachyblast dieselbe Entwickelung durchmachte, indem er die Terminalblüthe aufgab und Seitenblüthen zu bilden anfing. Indem *) S. Engler und Prantl. Die natürlichen PAanzenfamilien II. 1. S. 77 (nach Gardener's Chronicle). Die Gymnospermen. 99 nun die Brachyblasten ihre axillären Blüthensprosse zu Ähren oder Zapfen zusammenfassten, musste die weibliche Ähre in allen Gattungen, in welchen die männliche Terminalblüthe sich erhielt, mit dieser im gleichen Sprossgrade sich befinden, die weiblichen Blüthen mithin in einem nächst höheren Sprossgrade. Nur dort, wo die männliche Terminalblüthe ebenfalls ge- schwunden und durch eine vorausgehende ährige Inflorescenz ersetzt worden war, konnte die männliche Blüthe die weibliche im Sprossrange wieder einholen; die Stellung beider wurde wieder gleich, aber es ist nicht die ursprüngliche gleiche, nämlich die frühere terminale Stellung mehr. Einige Beispiele werden dies erläutern. Wenn bei Taxus und Torreya an Stelle der männlichen Blüthe im anderen Geschlecht eine kleine zweiachsige Inflorescenz steht, deren Primanachse steril ist, und deren 1—2 Secundanachsen mit der weiblichen Blüthe endigen, so ist diese Inflorescenz gewiss aus einer ursprünglichen Einzelblüthe dadurch hervorgegangen, dass unterhalb dieser zum Primanspross terminalen Einzelblüthe aus den Achseln der voraufgehenden Schuppenblätter 1—2 Bereiche- rungszweige mit Secundanblüthen hervorgegangen sind, worauf die Primanblüthe total redueirt wurde. Das bedarf eigentlich keines Beweises, findet aber doch darin seine Bestätigung, dass bei Torreya in seltenen Fällen nach dem Zeugnisse Strasburger's (Coniferen und Gnetaceen S. 9) der Scheitel der Primanachse eine Blüthe bilden kann, so dass eine dreiblüthige Inflores- cenz (eine Endblüthe und zwei Seitenblüthen) daraus resultirt, was als eine Rückkehr zum älteren Zustand aufgefasst werden muss und somit gewiss atavistische Bedeutung hat. Bei Cephalotaxus hat die reichblüthigere, aber ebenfalls zweiachsige ährenförmige weibliche Inflorescenz ihre primane Gipfelblüthe längst verloren, so wie die Primanaxe der weiblichen Inflorescenz von Taxus und für gewöhnlich auch von Torreya. Doch auch die männ- liche Blüthe, resp. die mit ihr geendigte Primanaxe hat aus den Achseln der obersten Schuppen- blätter einige Seitenblüthen getrieben, aber die Primanblüthe bleibt erhalten, so dass aus der ursprünglichen Einzelblüthe ein 5—9hlüthiges Köpfchen mit Terminalblüthe entstanden ist. So ist nun wieder das männliche Köpfchen völlig homolog der weiblichen Ähre geworden, nur mit dem Unterschiede, dass die weibliche Inflorescenz unbegränzt geworden ist, die männ- liche aber mit der Terminalblüthe begränzt blieb. Sowie nun bei Cephalotaxus, so ist auch bei allen Araucariaceen die weibliche Ähre (Zapfen) unbegränzt, während aber bei ihnen die ur- sprüngliche, zu der der Zapfenspindel homologen Axe terminale männliche Einzelblüthe meistens erhalten blieb, und nur dort, wo unter ihr männliche Seitenblüthen in racemoser (ähren- oder doldenförmiger) Anordnung nachgesprosst sind, manchmal verloren ging (wie bei Crypto- meria und Pseudolaryx); womit sich wieder, wie bei Cephalotaxus, vollkommene Homologie der männlichen Inflorescenz und des weiblichen Zapfens eingestellt hat. Bei Cunninghamia entspringen die männlichen Blüthen kopfig gehäuft in den Achseln der Schuppenblätter am Ende des vorjährigen Langtriebes um die Gipfelknospe, welche im heurigen Jahre nach der Blüthezeit weiterwächst. Dies muss als eine normale Durchwachsung (Diaphysis) einer Inflorescenz angesehen werden; eine Erscheinung, die auch sonst nicht selten ist, z. B. auch bei den Abietineen, bei den typischen Cupuliferen (Fagaceen), manchen Juglandeen u. s. w. vorkommt, und auf welcher der Wechsel rein vegetativer und rein repro- duktiver Sprosse (gewisse Zwei- und Mehraxiskeit) überhaupt beruht. Ursprünglich war hier Bop 100 1. Dr. Lad. Čelakovský : eine terminale männliche Blüthe vorhanden, welche aber schwand, indem die Achse vegetativ wurde. Im weiblichen Geschlecht kommen bei Cunninshamia zwei Fälle vor: entweder die Hauptachse schliesst mit einem terminalen Zapfen über mehreren gleich den männlichen Blüthen seitlich gehäuften Zapfen ab, oder sie wächst über den seitlichen Zapfen wie im männlichen Geschlechte durch. Im ersteren Falle ist der terminale Zapfen mit der männlichen Inflorescenz im gleichen Sprossrang; die seitlichen Zapfen sind aber Wiederholungssprosse in höherer Sprossgeneration, welche, im zweiten Falle allein vorhanden, den gleich situirten männ- lichen Blüthen allerdings nicht homolog sind. Ähnlich ist es bei Dammara; bei dieser sind die männlichen Blüthen zu Laubblättern axillär, die weiblichen Zapfen sind entweder terminal, dann stehen die Bküthen beiderlei Geschlechts in gleichem Sprossrang, oder sie sind auch axillär und ihre Blüthen kommen dann in eine um einen Grad höhere Generation. Nachdem nun die weiblichen Zapfen so häufig im gleichen Sprossgrade mit den einzelnen männlichen Blüthen sich befinden und dabei einfache weibliche Blüthen aus zahl- reicheren Carpiden so täuschend nachahmen, dass anerkannt bedeutende und erfahrene Bota- niker an ihnen irre geworden sind, so möchte wohl Manchem die Frage auf den Lippen schweben, welchen biologischen Sinn und Zweck wohl die Reduktion der weiblichen Blüthen und ihre abermalige Zusammenhäufung zu Inflorescenzen, welche von einfachen Blüthen so schwer zu unterscheiden sind, eigentlich haben kann. Wenn man im Pflanzensysteme Umschau hält, so wird man leicht bemerken, dass die eben erwähnte, bei den Coniferen so auffällige Erscheinung auch anderwärts nicht gar selten ist. Die Blüthen der Compositen erscheinen im Fruchtknoten auf ein Eichen, theilweise auch ander- weitig, zumal im Kelche reducirt, wenn wir sie z. B. mit den verwandten Campanulaceen u. s. w. vergleichen, dafür aber in Mehrzahl in Köpfe zusammengehäuft, welche meistens einfache Blüthen nachahmen (daher flos compositus) und in der rispigen oder doldentraubigen Gesammt- verzweigung auch die Stelle einfacher Blüthen (z. B. der Campanulaceen) einnehmen. Auch bei den Gräsern und Cyperaceen ist starke Reduktion der monocotylen Blüthe mit der Zusam- menstellung in ährige Blüthenstände verbunden. Eine recht hübsche Analogie zu den weibli- chen Zapfen der Coniferen bieten die weiblichen Ähren der Cariceen dar. Wie die Conife- renzapfen einfache Blüthen von der Art der Cycadeenblüthe zu sein scheinen, ebenso möchte man die weiblichen Ähren der Carices für einfache Ähren halten, gleich den männlichen Ähren derselben Gattung, mit welchen sie auch oft gleichen Verzweigungsrang haben. Sie sind auch früher dafür gehalten worden, und abermals waren es die Abnormitäten, welche Kumth auf den rechten Weg ihrer Erklärung gewiesen haben. Wir wissen jetzt, dass es zusammengesetzte Ähren sind und dass die weiblichen Blüthen der Carices stets eine um einen Grad höhere Sprossgeneration als die männlichen Blüthen ausmachen, ähnlich wie bei den Coniferen. Die Erklärung dessen kann nur vergleichend phylogenetisch gegeben werden. Auch hier hat, in etwas anderer Weise, zuerst Reduktion im weiblichen Geschlecht (eine weibliche Blüthe auf zahlreiche männliche in demselben Ährchen) stattgefunden, dann eine Reduction der andro- gynen Ährchen auf einblüthige weibliche Ährchen und wieder Zusammenfügung der letzteren in zusammengesetzte Ähren, welche von einfachen Ähren biologisch ebenso wenig verschieden sind, als wie die zapfenartige Ähre der Coniferen von der zapfenartigen Blüthe der Cycadeen. Die Gymnospermen. 101 Dass es bei den Coniferen gerade die weiblichen Blüthen sind, welche von starker Reduktion betroffen wurden, ist nicht auffällig, denn die Beschränkung in der Produktion von Embryonen und Samen ist oft durch die Ernährungsverhältnisse der Pflanze und der betreffenden Blüthensprosse geboten, während die Beschränkung der Pollenbildung zwecklos und oft zweckwidrig wäre. Bei phylogenetischer Wiedererstarkung tritt eine neue Complica- tion durch Zusammenfügung der reducirten Blüthenform zu einem neuen zusammengesetzten Ganzen ein, wobei auch biologische Gründe mit entscheidend sind. Durch die Reduktion der polymeren Cycadeencarpiden auf eingliedrige Ovularblátter, also auf einzelne Ovula ging bei den Taxaceen der durch die vegetativen Carpidentheile dargebotene Schutz der Ovula ver- loren; in den Ähren wird dieser Schutz von den Deckblättern ersetzt, noch vollkommener aber durch die aus der Verlaubung der äusseren Integumente entstandene Fruchtschuppe. Der phylogenetische Fortschritt besteht dabei in der Unterordnung des früher selbstständigeren einfachen Gebildes (Blüthe) nach seiner Reduktion unter ein zusammengesetzteres höheres Ganze (Zapfen). Mit diesen Betrachtungen dürften wohl hinlänglich alle Zweifel beseitigt sein, welche hinsichtlich der Blüthenähnlichkeit der weiblichen Coniferenzapfen gegen ihre wahre Natur als Inflorescenzen erhoben werden könnten. Die in dieser Beziehung bereits gegen die Inflo- rescenznatur der Zapfen gemachten Einwände haben sich als hinfällig herausgestellt. Indem wir in diesem Abschnitt auf die Homologien der männlichen und weiblichen Blüthen und Inflorescenzen unser Augenmerk richten, dürfen wir auch jene Abnormitäten nicht vergessen, in denen androgyne Zapfen und Geschlechtsblätter bei den Coniferen erscheinen, welche über das Verhältniss der männlichen Blüthen zu den weiblichen einiges Licht zu verbreiten im Stande sein dürften. Solche Abnormitäten wurden schon von Mohl beobachtet (Vermischte Schriften Taf. I. Fig. 1—9. „Über die männlichen Blüthen der Coniferen“). Mohl beobachtete sie an mehreren weiblichen Blüthenkätzchen einer kultivirten Pinus alba Ait. (Picea alba Link), „an deren unterer Hälfte die Blüthen mehr oder weniger vollständige Übergänge zu männ- lichen Blüthen bildeten, während die obere Hälfte mit vollkommen normalen weiblichen Blüthen besetzt war.“ In dieser unteren Hälfte des androgynen Zapfens waren die Brakteen mehr oder weniger vollständig in ein Staubblatt verwandelt, und je vollständiger diese Um- wandlung vor sich gegangen war, desto kleiner und weniger entwickelt war die axilläre weib- liche Blüthe, die Fruchtschuppe, an welcher die Ovula durchgehends fehlten. Die Umwandlung der Braktee in ein Staubblatt bestand darin, dass sich aussen an ihrem basalen Theil an- fánelich nur ein dickes Pollenfach, weiterhin zwei Pollensäckchen, wie gewöhnlich, gebildet hatten. Die in Antheren umgebildeten Brakteen zeigten aber meistens noch eine andere höchst interessante Abweichung vom gewöhnlichen Baue, dass nämlich „zu beiden Seiten ihrer Basis und mehr gegen ihre obere als untere Seite hin zwei flügelförmige Anhänge standen, welche bald mehr eine hautförmige Beschaffenheit hatten, bald mehr zapfenähnlich waren.“ — „Diese letztere Form, sagt Mohl, sowie die Richtung dieser Anhänge lassen beinahe vermuthen, dass dieselben unvollständig ausgebildete Ovula waren. Wäre diese Annahme, was ich keineswegs 102 1. Dr. Lad. Čelakovský: behaupten will, begrůndet, so wůrde dasselbe Blatt zum weiblichen und mánnlichen Fruktifi- kationsorgane, wenn gleich auf eine unvollkommene Weise, ausgebildet gewesen sein.“ Dass Mohl seine Vermuthung keineswegs sicher behaupten wollte, ist begreiflich ; waren ihm ja die Anamorphosen des Ovulums noch zu wenig bekannt und war er ja überdies der Ansicht, dass das Ovulum „gleichsam eine Knospe vorstellt, an welcher eine Achse und peripherische, blattähnliche und auch in manchen Fällen abnormer Entwickelung in wirkliche Blätter (!) übergehende Gebilde (Eihäute) zu unterscheiden sind.“ Ich kann dagegen getrost behaupten, dass Mohl’s Vermuthung nach den Abbildungen, die er giebt, richtig war. Die zwei flügelförmigen Anhänge sind nämlich offenbar zur Eichenbildung bestimmte Zipfel des Blattrandes (Ovularblättchen), in der Fortsetzung des Blattrandes der Crista gelegen (l. c. Fig. 3—5), zuletzt (Fig. 6) mehr nach der Oberseite verschoben (wie das auch an angiospermen Fruchtbláttern vorzukommen pflegt). In Fig. 7. und 8. sind dann statt dieser Randzipfel zwei walzenförmige, noch mehr nach der Oberseite gelegene Gebilde gelegen, welche ich nach Form, Lage und Richtung unbedenklich für Ovula halte, deren weniger entwickelte, flach blattartis gebildete Anfänge (Aequivalente) jene Randläppchen waren. Dass die Fruchtschuppe, also die Carpiden der axillären Blüthe, keine Eichen producirte, ist damit leicht zu erklären, dass nicht nur der männliche, sondern auch der weibliche Geschlechtscharakter auf die Blüthen- deckblätter übergegangen war. Diese Abnormität zeigt erstens, was übrigens in keiner Hinsicht fraglich sein kann, dass Staubblätter und Carpiden, männliche und weibliche Blüthe einander homolog sind. Würde in einem Zapfen, der aus lauter solchen Ovula producirenden Brakteen besteht, die Anlage der dann ohnehin sterilen und überflüssigen Fruchtschuppe unterbleiben, so hätten wir eine aus hermaphroditen Geschlechtsblättern gebildete Zwitterblüthe, und nach etwaigem Entfall der Pollensäckchen eine weibliche Blüthe vor uns, wie sie sich Eichler als bei den Coniferen normal vorhanden vorgestellt hat. Diese weibliche Blüthe wäre nicht nur in der. Zahl und Anordnung der Carpiden, sondern auch im Sprossrange homolog der männlichen Blüthe. So ungefähr mussten die weiblichen Blüthen alter Vorfahren der Coniferen (Proconi- feren) aussehen vor der Reduktion der Carpiden und ihrer Zahl in der Blüthe. Darum hat die von Mohl beobachtete, merkwürdigerweise sowohl von Strasburger als von Eichler nicht weiter regardirte Abnormität einen hohen Werth als atavistische Form der Coniferenblüthe. *) In der That stimmt ein Carpid mit zwei Ovulis, wie in der Mohl’schen Fig. 8., ausge- zeichnet mit einem biovulaten Carpid einer Cycadee überein, besonders da auch bei diesem die Ovula nach der Oberseite des Fruchtblatts zusammengerückt erscheinen können . (Eichler Weibl. Bl. d. Conif. S. 5.). Man könnte vielleicht auch soweit gehen, in dieser Abnormität einen Beleg für die Eichler’sche Auffassung der Zapfen der gegenwärtig existirenden Coniferen selber zu erblicken. Diese Folgerung aus der Abnormität zu ziehen, wäre aber gewiss unberechtist; hierbei wäre allerdings die Si. Ailaire’sche Warnung vor einer unbesonnenen Ausdeutung der Abnormitäten am rechten Platze. Denn die Ovula, welche die Braktee dort erzeugt hatte, sind nicht dieselben *) Strasburger (Coniferen S. 172) erwähnt zwar Mohl’s Beobachtung, aber nur insofern, als sie die Bil- dung von Pollensäckchen auf der Braktee betrifft; die Rudimente der Eichen konnte er für seine Auffassung der Coniferenblüthe nicht brauchen. Die Gymnospermen. 103 - Ovula, welche sich normal auf der Fruchtschuppe zu befinden pflegen. Die Fruchtschuppe war ja noch in der Abnormität vorhanden, wenngleich redueirt. Anders stände die Sache, wenn eine Fruchtschuppe gleichzeitig nirgends entwickelt gewesen wäre; denn man könnte dann mit einem Schein von Berechtigung sagen, die Excrescenz der Carpidenoberseite habe sich nicht entwickelt, damit seien die Ovula auf die Oberseite selbst (etwa wie bei den Arau- carieen nach Eichler’s Vorstellung) versetzt worden. Da aber die Fruchtschuppe vorhanden ist, so sind es eben nur die Zapfenbrakteen, welche sowohl Pollensáckchen als Rudimente der Ovula gebildet haben. Ich habe in „Flora“ 1879 geglaubt, dass aus der durch die Mohl’sche Abnormität nahegelegten atavistischen weiblichen Blüthenform der Zapfen in der Weise hervorgegangen sei, dass die ursprünglichen Carpiden zu blossen Deckblättern wurden, während die Produk- tion der Ovula auf Blätter ihrer Achselsprosse als der nacherzeugten Blüthen überging. Aber auch diese Folgerung war voreilig, denn für die Coniferen können keine anderen phylogene- tischen Gesetze gelten wie für andere Pflanzen, z. B. Angiospermen. Es entsteht aber an Stelle einer Terminalblüthe eine botrytische Inflorescenz ohne Terminalblüthe nicht dadurch, dass die Blüthenblätter (Staubblátter, Carpiden u. s. w.). jener Endblüthe axilläre Blüthen entwickeln und selbst zu Brakteen sich umwandeln würden, sondern dadurch, dass der End- blüthe voraufgehende Hochblätter Seitenblüthen hervorbringen, worauf die Endblüthe schwindet. Der Atavismus, den wir in der Abnormität anerkannt haben, darf also nicht so wörtlich ge- nommen werden, als ob die Zapfenbrakteen selbst vor Zeiten Carpiden gewesen wären. Dass es gerade die Deckblätter der weiblichen Blüthen im Zapfen sind, welche zu Staubbláttern umgebildet werden, ist leicht damit zu erklären, dass bei Picea die Zapfen mit © den männlichen Blüthen im gleichen Sprossrange stehen; der Spross, der die Spindel und Brakteen des Zapfens bildet, muss daher, sobald an jener Stelle die Gelegenheit oder Geneigt- heit zur Hervorbringung männlichen Zeugungsstoffes, zur männlichen Metamorphose geboten wird, direkt zur männlichen Blüthe sich ausbilden. In solchen androgynen Zapfen ist es daher, auch nach Strasburger’s Beobachtungen, immer die untere Zapfenhälfte, welche männlich wird, worauf in der oberen Hälfte wieder nach manchen Zwischenformen das weibliche Geschlecht zur Geltung gelangt. Was aber die auf den Brakteen erzeugten Ovula betrifft, so ist es aller- dings merkwürdig, dass, nachdem die männliche Produktionskraft — um mich so auszudrücken — von den Brakteen Besitz genommen hat, die nur theilweise unterdrückte, nicht aber ver- nichtete weibliche Produktionskraft ihr ebendort, in- der Braktee, Concurrenz macht, anstatt in den Carpiden der Fruchtschuppe gestaltend, d. h. Ovula produeirend zu wirken. Es wäre aber verfehlt, aus dem zum Carpid gewordenen Deckblatt auf die Beschaffen- heit der normalen Carpiden (in der Fruchtschuppe) zu schliessen. Beide sind ja dadurch verschieden, dass das normale Carpid eingliedrig, daher bloss einsamig ist und erst später die vegetative Ligula bildet, während die Braktee nur rechts und links zwei nach oben ver- schobene Randglieder zu Eichen metamorphosirt, den ziemlich grossen Gipfeltheil aber vege- tativ entwickelt hat, also gewiss gleich dem Cycadeencarpid vielgliedrig ist. Während aber das Bracteencarpid von dem Ligularearpid stark abweicht, zeigt es sich analog dem Bracteen- staubblatt entwickelt, indem es, wie dieses zwei Pollensäckchen, auch zwei Ovula besitzt und mit ihm die vegetative Crista gemein hat. Ein Unterschied besteht aber darin, dass die 104 1. Dr. Lad. Čelakovský : Pollensáckchen wie gewöhnlich nach der Unterseite des Deckblatts zu abgerückt sind, während die Eichen vom Rande nach der Oberseite hin verschoben werden (wie öfter bei Cycadeen und bei Angiospermen). Daraus ist mit Sicherheit zu entnehmen, dass diese abnormen Ovula, wie die der Cycadeen und Cephalotaxeen, holochlamyd sich gebildet haben, nicht hemichlamyd wie die aus der Unterseite der normalen Ligularcarpiden entspringenden Eichen. D. Verwandtschaftsverhältnisse der Coniferentribus unter einander. Die wahre Einsicht in die Verwandtschaftsverhältnisse und in den ganzen phylogene- tischen Entwickelungsgang der Coniferen ist im hohen Grade abhängig von der richtigen morphologischen Erkenntniss ihrer Blüthen und insbesondere auch von der Ermittelung der ersten Anfänge dieser Entwickelung. Die Umschau über die Möglichkeiten einer solchen Ent- wickelung erweckt vor Allem die Überzeugung, dass alle die heutigen Gruppen und Gattungen der Coniferen nicht unmittelbar von einander abgeleitet werden können, dass sie nur als die fixirten Endtriebe eines übrigens abgestorbenen Verzweigungssystems betrachtet werden müssen, dass also viele Lücken, besonders Anfangsglieder der Entwickelungsreihen, zu ergänzen sind. In der That besitzt keine der jetzigen Tribus und ihrer Gattungen alle jene Eigenschaften, welche sie befähigen würden, als Stammform der Coniferen oder einer ihrer zwei Familien zu gelten. Es ist aber ganz gut möglich, solche Stammformen wenigstens in den Hauptzügen mit grosser Wahrscheinlichkeit zu construiren, wobei die Möglichkeit der Ableitung der gegen- wärtig existirenden Gattungstypen nach phylogenetischen Grundsätzen massgebend sein muss. Von den zwei grossen Familien der Coniferen sind die Taxaceen, wie wir bereits wissen, die ursprůnglicheren (auch geologisch die ältesten), daher es sich zunächst darum © handelt, die Stammform der Taxaceen zu construiren. Eine solche musste nachstehende älteste Charaktere besitzen. Blüthen auf vegetativen Brachyblasten, zu diesen terminal oder auch, besonders die weiblichen, zu deren vegetativen Blättern (Laub- oder Schuppenblättern) axillär. In den männlichen Blüthen Staubblätter mit mehreren freien sublateralen Pollensäckchen, also mit mehr oder weniger schildförmiger Crista. Weibliche Blüthen mit schuppenförmigen Vor- blättern, mit mehreren, spiralig oder decussirt geordneten Carpiden. Diese monomer, also mit einem terminalen Ovulum, daher wesentlich nur auf ein (gestieltes oder bereits sitzendes) Ovulum redueirt. Ovulum monochlamyd (holochlamyd), aufrecht. Samen wie bei den Cycadeen mit steinfruchtartiger Testa. Dieser Stammform zunächst stehen die Cephalotaxeen, insbesondere Ginkgo, doch ist auch diese Gattung darin fortgeschritten, dass die Pollensäckchen auf zwei reducirt worden, dass der weibliche Blüthenspross vorblattlos geworden, und die Carpiden normal auf 2 fertile reducirt sind, obzwar die Möglichkeit einer Rückkehr zu 2 alternirenden Carpidenpaaren noch offen gehalten erscheint. Bei Cephalotaxus sind die Brachyblasten bereits rein reproduktiv geworden, haben sich damit begränzt, zu männlichen und weiblichen ährenartigen Inflores- cenzen (davon die ersteren noch mit Terminalblüthe) gebildet. Das Staubblatt hat aber häufig noch 3 Pollensäckchen, die weibliche Blüthe ausser den 2 fertilen Ovular-Carpiden noch ein medianes steriles Carpid. - Die Gymnospermen. 105 Die Taxeen zeigen ein Gemisch alter und neu erworbener Charaktere, welche sie als einen jüngeren Gipfelpunkt eines älteren Seitenzweiges erscheinen lassen. Dadurch, dass die weiblichen Blůthensprosse noch 2—3 alternirende Paare von Vorbláttern und die Staubblätter noch 4—9 Pollensáckchen bewahrt haben, können sie sich auf einen noch älteren Stammbaum als selbst die Cephalotaxeen berufen, allein in mehrfacher Beziehung sind sie wieder bedeutend jünger. Erstens sind ihre weiblichen Ähren, die wie bei Cephalotaxus aus den Brachyblasten der Stammform, der Proconiferen, entstanden sind, auf nur 2 oder gar nur eine Seitenblüthe reducirt, dazu kommt die Reduktion der Carpidenzahl auf ein einziges terminales Carpid und die Sonderung des ursprünglichen einfachen Integuments in zwei Hüllen, von denen die äussere feischig (Arillus), die innere steinkernartig sich ausbildet. Die zu den männlichen Brachy- blasten terminalen Blüthen sind aber wieder ursprünglicher als die nur lateralen männlichen Blüthen von Ginkgo. © Die jüngste, fortgeschrittenste Gruppe der Taxaceen sind jedenfalls die Podocarpeen. Ihre weiblichen Blüthen sind ohne Vorblätter, auf ein einziges monomeres Carpid (Ovulum) reducirt (dieses zum Deckblatt orientirt), seltener noch dauernd axillär, viel häufiger auf das Deckblatt hinaufgerückt oder ihm angewachsen; das Ovulum selten noch aufrecht (Phyllo- cladeen), öfter mehr oder weniger umgewendet; das Integument in zwei Integumente differenzirt davon das äussere arillusartig. Die Staubblätter stets nur mit 2 Pollensäckchen. Von den drei Subtribus der Podocarpeen, die ich früher bereits unterschieden habe, sind die Phyllo- cladeen mit aufrechten axillären Samenknospen die ältesten, jünger sind die Eupodocarpeen und die Dacrydieen, bei denen die Ovula mehr oder weniger umgekehrt, und die männlichen Blüthen sowie die weiblichen Ähren zumeist zu Langtrieben terminal sind. Es entsteht aber die Frage, von welchem Zweige die Podocarpeen abzuleiten sind, ob von dem der Taxeen oder jenem der Cephalotaxeen? Das einzige Carpid und das doppelte Integument haben sie mit jenen gemein; die zum Theil noch reichblüthigen Ähren, die vor- blattlosen weiblichen Blüthen, die 2 Pollensäckchen mit den letzteren. Die Frage lauft darauf hinaus, ob bei den Vorfahren der Podocarpeen erst die Reduction auf ein Carpid oder zuerst die Reduction der Vorblätter stattfand. Ein sicheres Kriterium zur Entscheidung dieser Frage wüsste ich nicht anzugeben, doch ist mir die Abstammung der Podocarpeen von dem Zweige der Cephalotaxeen wahrscheinlicher; schon wegen der Analogie zwischen den Podocarpeen und den Dammareen. Diese letzteren stammen gewiss von einer Form mit vorblattlosen aber pleiocarpiden Blüthen (von der Art der Cunninghamia) ab, daher dürfte auch die Blüthe der Podocarpeen aus einer ähnlichen pleiocarpiden Blüthe (nach Art von Cephalotaxus) entstanden sein. Wenn aber, wie ich glaube, der Zweig der Taxeen ein isolirter alter Seitenzweig ist, ohne Zusammenhang mit dem Zweige der Podocarpeen, so wird sich die Spaltung des einfachen Integuments und die Reduction der weiblichen Blüthe auf ein Carpid zweimal auf dem Haupt- aste der Taxaceen ereignet haben. Die Familie der Araucariaceen hat gewiss schon bei den Proconiferen ihren Ursprung genommen, denn unter ihnen giebt es Gattungen, deren Charaktere nicht von den jetzigen Taxaceen abgeleitet werden können. Dahin gehört vor Allem die grössere Carpidenzahl bei manchen Taxodieen, bei Sciadopitys. Wir sahen zwar, dass z. B. die weibliche Blüthe der Abietineen im ersten entwickelungsgeschichtlichen Stadium grosse Übereinstimmung mit der Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 14 106 1. Dr. Lad. Čelakovský: Blüthe von Cephalotaxus zeigt (zwei fertile und ein medianes steriles Carpid), doch muss man sich hüten, daraus zu schliessen, es könnten die Abietineen in nächster Nähe der Cephalo- taxeen ihren Ursprung haben; vielmehr ist diese Übereinstimmung nur die Folge gleichartiger, jedoch zu verschiedener Zeit in verschiedenen Gruppen erfolgter Reduction der gemeinsamen urälterlichen Bildung. Ebensowenig könnten die mit so zahlreichen Pollensäcken begabten Staubblätter der Dammareen von den Staubbláttern der Cephalotaxeen, die nur noch 2—3 Pollensäckchen behalten haben, abgeleitet werden. Noch weniger möglich wäre die Ableitung der pleiocarpiden Blüthen der Araucariaceen von den monocarpiden Taxeen oder Podocarpeen. Die Stammform der Araucariaceen hat sich also aus einer Proconifere mit zahlrei- cheren Carpiden ete. dadurch gebildet, dass zunächst wieder das ursprüngliche einfache Inte- gument in zwei Integumente sich sonderte und dass nun das äussere Integument mehr oder weniger als Ligula verlaubte. Gleichzeitig oder bald darauf hat sich der Blüthenspross zum Symphyllodium gestaltet, indem die Ovular-Carpiden sich collateral stellten und ihre Ligulae, die als Derivate der äusseren Integumente ihre morphologische Oberseite gegen das Deckblatt gekehrt haben, in dieser Lage zur Fruchtschuppencrista verschmolzen, womit der ganze Blüthenspross zur Fruchtschuppe wurde. Die Fruchtschuppe war zunächst ziemlich frei vom Deckblatt, hing wenigstens nicht mehr als andere Achselsprosse mit ihm zusammen; jedenfalls war sie, und besonders ihre Crista, nach ihrem Ursprung aus äusseren Ovularintegumenten, noch weniger kräftig entwickelt, daher sie sehr bald von dem verhältnissmässig kräftigeren Deckblatt, so wie der Blüthenspross vieler Podocarpeen, auf ihm emporgehoben werden musste, besonders wenn eine Reduction der Blüthe in der Carpidenzahl eintrat und das Deckblatt auch noch eine Vergrösserung erfuhr. Hiermit war der Ursprung der Araucarieen einge- leitet, welche ich daher, diesmal in Übereinstimmung mit Eichler, für eine sehr alte Tribus der Araucariaceen betrachten muss, womit auch die meistens noch erhaltene Vielzahl (theil- weise sogar Zweireihigkeit) der Pollensäckchen ihrer Staubblätter harmonirt. Was die weib- lichen Blüthen betrifft, so ist Cunninghamia (welche von Eichler wohl mit Unrecht zu den Taxodieen gestellt wird) mit ihren drei Carpiden, ihrer noch so schwach entwickelten und anfänglich wenigstens (nach Siebold’s Abbildung) dreilappigen, auf ihren Ursprung aus drei äusseren Ovularintegumenten noch so deutlich hinweisenden Crista, so wie mit den anfänglich noch mehr aufrechten, erst später umgewendeten Eichen die älteste Araucariee oder wenigstens der direkte Abkömmling eines ältesten Typus; den männlichen Blüthen nach, die nur drei bis vier Pollensäckchen besitzen, etwas fortgeschrittener. Durch Reduction der Blüthe auf ein Carpid mit einfacher Ligula, welche sich aber etwas kráftiger ausbildete, bei frůhzeitiger Umkehrung und Verwachsung des Ovulums mit dem Deckblatt entstand Araucaria, mit totaler, fast spurloser Verschmelzung der Ligula mit dem Deckblatt Dammara. In dem Hauptstamme bildete sich die Fruchtschuppe weiter aus, vergrösserte sich und verholzte, blieb aber noch zum grössten Theile frei vom Deckblatt. In diesem phylogene- tischen Stadium zweigte sich der Abietineenzweig ab. Dass dieser Zweig alt ist, darauf deutet eben die Freiheit der Fruchtschuppe, dann auch die in einem Theile der Gattungen noch erhaltenen vegetativen Brachyblasten hin, die auf ginkgoartige Proconiferen zurückweisen. Die Gymnospermen. 107 - Die Abietineen selbst sind aber 'ein jüngerer höherstrebender Endtrieb des phylogenetischen Seitenzweigs, da sie eine Reihe von Charakteren erlangt haben, durch welche sie sich von den älteren Stammformen unterscheiden. Solche sind: 1. die Reduction der Carpidenzahl auf nur 2 fertile, 2. Umkehrung der Ovula und ihre Verwachsung mit der Fruchtschuppe, 3. Re- duction der Anthere auf 2 Pollensäckchen, welche überdies dem Staubfaden angewachsen sind und nach aussen sich öffnen. Nunmehr trat in der sich fortentwickelnden Hauptreihe eine grössere Verschmelzung der Fruchtschuppe mit dem Deckblatt ein. Als Descendenten geradester Linie der Hauptreihe in diesem Stadium müssen die Taxodieen betrachtet werden, welche in mehrfacher Hinsicht mit den ersten Stammformen der Araucariaceen noch die meiste Übereinstimmung sich bewahrt haben; nämlich : 1. zahlreichere Carpiden in der Fruchtschuppe, 2. bei Cryptomeria die freieste Ausbildung der Ligulae in der ganzen Ordnung, 3. aufrechte Samenknospen bei den älteren Gattungen (den Eutaxodieen), 4. zahlreichere Pollensäckchen, bei Taxodium sogar zweireihig, nur bei Arthrotaxis auf 2 herabgesunken. Eine durch ihre nur im ersten Stadium aufrechten, dann sich umkehrenden Ovula weiter abgewichene Untergruppe der Taxodieen sind die Sequoieen; unter den Eutaxodieen aber weichen Taxodium und Glyptostrobus durch Reduction der Samen auf 2 (wie bei Abie- tineen) ab. Es scheint aber, dass damit nicht auch die Carpiden selbst auf 2 reducirt sein würden, denn der kerbig-geriefte obere Fruchtschuppentheil deutet wohl auf eine Zusammen- setzung aus zahlreicheren Carpiden, von denen jedoch nur zwei fertil sind. Schwierigkeiten verursacht die dem Verwandtschaftsgrade entsprechende richtige Ein- ordnung der Gattung Sciadopitys, die man als eine Mittelform zwischen Abietineen und Taxo- dieen bezeichnen muss. Mit den ersteren hat sie gemein: den Habitus des Zapfens; umge- wendete, jedoch nicht angewachsene, und in anderer Weise geflügelte*) Samenknospen; zwei aussen aufspringende angewachsene Pollensäckchen; die an Pinus erinnernden eigenthümlichen vegetativen Brachyblasten. Mit den Taxodieen stimmt sie überein in der Mehrzahl der Carpiden und Samen (meist 7), in der Verwachsung der Fruchtschuppe mit dem Deckblatt. Ich glaube, diese Mittelstellung erklärt sich am besten, wenn man sie als ein Mittelglied zwischen den Typen der mit den Taxodieen endigenden Hauptreihe und der Abietineen auffasst; sodass sich also Sciadopitys als ein am Zweig der Abietineen, aber tief am Grunde desselben, abge- hendes Seitenzweiglein darstellt. Da nun Sciadopitys unmöglich mit den Abietineen selbst vereinigt werden kann, aber auch nicht ganz gut mit den Taxodieen, so bleibt nichts übrig, *) Entwickelungsgeschichtlich ist die Flügelmembran der Samen der Abietineen von den Samenflügeln der übrigen Coniferen, wie bekannt, weit verschieden; ich bin jedoch überzeugt, dass beide wesentlich homolog sind. Bei den Coniferen sind ja so vielfache Verschmelzungen im Zuge, und bei den Abie- tineen sind ja die Samenknospen in Folge der frühzeitigen Umwendung der Anlage der Fruchtschuppe mit einem grossen Theil einer Seite ihr „angewachsen,“ dass auch die Verschmelzung des Samen- flügels mit der Fruchtschuppe nicht befremden kann. Indem sich der Samenflügel von der Innenseite der Fruchtschuppe ablöst, befreit er sich nur aus der anfänglichen Verschmelzung. Darin erblicke ich den zureichenden phylogenetischen Grund, wesshalb sich eben der Flügel von der Fruchtschuppe ablöst. Die Entwickelungsgeschichte entscheidet in dieser Hinsicht, wie bei allen uranfänglichen Verschmelzungen, gar nichts. 14* 108 1. Dr. Lad. Čelakovský: als sie zum einzigen Repräsentanten einer zwischen den Abietineen und Taxodieen interme- diären Tribus Seiadopityeae Strasb. zu erheben. Die zweinadligen Brachyblasten von Sciadopitys müssen phylogenetisch von einem Brachyblasten von der Art der Kiefernkurzzweige, sowie dieser wieder von einem offenen Kurzzweig, wie bei Larix u. s. w., welcher mit den Brachyblasten von Ginkgo homolog ist, abgeleitet werden. Dagegen wendet aber Delpino, der sich eine ganz eigenthümliche Ansicht über die Doppelnadel von Sciadopitys gebildet hat (indem er sie gleich der Fruchtschuppe der Abietineen etc. für eine blosse Excrescenz des Tragblattes ansieht), ein, die Doppelnadeln könnten nicht von zweinadligen Kurzzweigen der Kiefern hergeleitet werden, weil sie nur am Gipfel der Langtriebe stehen, die Kurzzweige der Kiefern aber längs des ganzen Jahrestriebs; ausserdem könne der Zapfen von Sciadopitys nicht vom Zapfen einer Kiefer abstammen. Dies ist freilich ganz richtig, aber es wird Niemandem einfallen, Sciadopitys von Pinus herzuleiten; lässt ja doch Sciadopitys auf einen Vorfahren schliessen, der älter war als die Abietineen, aber offene vegetative Brachyblasten besass, aus denen durch Reduction die Doppelnadel ent- standen sein muss, ebenso wie der zweinadlige Brachyblast der Kiefern aus dem offenen Kurzzweig, den auch die Lärchen und Cedern besitzen. Damit wird auch das andere Argument Delpino's und überhaupt sein Widerspruch gegen die Kurztriebnatur der Doppelnadel hinfällig. Es bleibt uns noch die Tribus der Cupressineen nach ihrem Ursprung zu betrachten. Ohne Zweifel ist dieser Ursprung in der Nähe der Taxodieen anzunehmen, mit welchen sie eine grosse Übereinstimmung zeigen. Es haben sich die Cupressineen ganz zuletzt von den nächsten Vorfahren der Taxodieen abgetrennt und in eigenthumlicher Weise weiter entwickelt. Die aufrechte Stellung der Ovula am Grunde oder in der Axille der Fruchtschuppe haben sie von den Vorfahren der Eutaxodieen unverändert fortgeerbt, auch die Mehrzahl der Pollen- säckchen unter dem unteren Rande des schildförmigen Staubblatts hat sich erhalten. Eigen- thümlich ist den Cupressineen der Übergang aus der bisher allein herrschenden Spiralstellung der Carpiden und vegetativen Blätter in die 2—3záhlige Quirlstellung, womit auch meist eine Reduction in der Zahl der Fruchtschuppen pro Zapfen verbunden war. Auch durch die immer sehr vollkommene Verschmelzung der, meist in der Dreizahl vorhandenen, Carpiden zur Frucht- schuppe und dieser mit dem Deckblatt, dann auch noch der Fruchtschuppen untereinander bei Juniperus, stellen sich die Cupressineen als ein am weitesten fortgeschrittener, höchst- stehender Seitenzweig der zu den Taxodieen führenden Reihe dar. Eine Ausnahme würde nur Actinostrobus bilden, wenn es richtig ist, dass deren Fruchtschuppen von den zugehörigen Deckblättern ganz getrennt sind (Parlatore). Dann würde der Seitenzweig der Cupressineen, so wie derjenige der Abietineen, noch mit freier Fruchtschuppe beginnen, doch ist, wie bereits früher gesagt worden, bei Actinostrobus das Verhältniss des Deckblatts zur Fruchtschuppe noch nicht recht aufgeklärt. Auch darin, dass die Cupressineen keine Brachyblasten mehr bilden und ihre männ- lichen Blüthen und weiblichen Ähren zu beblätterten Langzweigen terminal stehen, zeigen sie einen äussersten Fortschritt und verhalten sich ähnlich den meisten Taxodieen (ausge- nommen Taxodium selbst). Nach unserer phylogenetischen Darlegung müssen die Cupressineen im natürlichen System die oberste Stufe unter den Araucariaceen einnehmen; überhaupt ist die natürliche Die Gymnospermen. 109 Reihenfolge: 1. Araucarieae, 2. Abietineae, 3. Sciadopityeae, 4. Taxodieae, 5. Cupressineae. Damit stimmt auch die von Zichler in „Natůrl. Pflanzenf.“ gegebene Anordnung (mit einigen Correcturen, z. B. Cunninghamia betreffend) wohl überein. Dagegen schlug Strasburger in seinen Werken gerade den entgegengesetzten Weg ein und betrachtete gerade die Cupres- sineen als die ursprünglichsten Araucariaceen. Die meist so vollkommene Verschmelzung zwischen Fruchtschuppe und Deckblatt, die wir, wie überhaupt Verwachsungen, im allgemeinen als phylogenetisch später als wie freie, getrennte Ausbildung betrachten müssen, wäre nach Strasburger der ursprünglichere Zustand der Fruchtschuppe, und er meinte, dass die Frucht- schuppe als Achsenanschwellung bei den Cupressineen passiv vom Deckblatt mitgenommen und so wirklich zuerst erzeugt wurde. „Das Deckblatt nahm die Inflorescenzachse (d. h. Blüthe) einseitig mit in die Höhe und veranlasste so die Entstehung der discoiden Bildung. Diese Bildung hat sich auf die folgenden Gruppen vererbt und kommt nun auch dort zur Entwickelung, wo die äussere Ursache ihrer Entstehung zu wirken aufgehört hat.“ (Conif. S. 58). Nachdem aber die Fruchtschuppe kein Discus ist, so verliert diese ganze Vorstellung allen Halt. Die Fruchtschuppe braucht das Deckblatt nicht, um zu entstehen, sie ist vielmehr zuerst frei von ihm entstanden und ist erst später in innige Vereinigung mit ihm eingegangen. Dass sie zu ihrer Geburt den Beistand der Braktee nicht nöthig hat, bezeugen die Taxaceen, deren Arillus, von Strasburger anfangs ganz richtig als Homologon der Fruchtschuppe gedeutet, ganz frei vom Deckblatt sich bildet. Zur Veranschaulichung der phylogenetischen Verhältnisse der Familien, Tribus und Subtribus der Coniferen, wie sie im Vorstehenden eruirt worden sind, könnte leicht ein genealogisches Schema oder Stammbaum construirt werden. Derselbe würde, wie nicht anders zu erwarten, manche Übereinstimmung mit dem Stammbaum, den Strasburger in Conif. und Gnetac. zu S. 264 entworfen hat, freilich aber auch manche wesentliche Abweichung von dem- selben aufweisen. So erscheinen in Strasburger’s Stammbaum die Gnetaceen in direkter Ver- längerung der Taxaceen, was, wie ich im folgenden Abschnitt zeigen werde, nicht möglich ist. Die Gnetaceen sind ein eigener Hauptzweig der Gymnospermen, welcher mit dem Coni- ferenzweige nur nach rückwärts zusammenhängt, niemals aber von den Taxaceen abgeleitet werden kann. Übrigens müssten, wenn Letzteres der Fall wäre, die Gnetaceen als eine Unter- gruppe der Taxaceen behandelt werden, wenn das Schema des Stammbaumes mit der Syste- matik in Harmonie sich befinden sollte. Die Annahme der Entstehung der Dicotyledonen am selben Hauptaste der Taxaceen ist ein noch grösserer Missgriff gewesen, den übrigens Stras- burger selbst schon in Angiosp. und Gymnosp. S. 139 revocirt hat. Ferner ist es nicht thunlich, die Podocarpeen tiefer als die Taxeen vom gemeinsamen Aste sich abzweigen zu lassen, weil die Blüthensprosse der Taxeen weniger reducirt (mit Vorblättern versehen), daher älter sind. Was den Hauptast der Araucariaceen betrifft, so weiche ich von Strasburgers Schema beson- ders darin ab, dass ich die Abietineen nicht in den höchsten Gipfeltrieb versetzen kann, sondern als Seitenzweig den Cupressineen vorausgehen lassen muss, wovon der Grund in der verschiedenen Deutung der Fruchtschuppe und ihrer Entstehung, von der soeben die Rede war, zu suchen ist. Die bisher noch ziemlich vage Abgränzung der beiden Familien der Coniferen (welche letzteren ich als Ordnung betrachte) lässt sich zum Schlusse prägnanter also geben: 110 1. Dr. Lad. Čelakovský: 1. Fam. Taxaceae. Carpiden monomer, daher auf einzelne zur Carpidenanlage terminale Ovula reducirt; Ovula entweder holochlamyd oder dichlamyd; das einfache Integu- ment am Samen zweischichtig, aussen fleischig, von dem doppelten das äussere oft fleischige als Samenarillus, daher keine Fruchtschuppe oder Ligula vorhanden. Weibliche Blüthen höchst selten (nur bei Ginkgo) zu Blättern eines offenen Brachyblasten axillär, sonst zu einer deekblätterigen reichblüthigen bis durch Reduction einblüthigen Ähre vereinigt. Fruchtstände niemals holzige Zapfen, höchstens von fleischigen Deckblättern gebildete Beerenzapfen, oder überhaupt keine Zapfenbildung. Samen mehr oder weniger frei aus den Deckschuppen hervorragend. 2. Fam. Araucariaceae. Carpiden in der Anlage monomer mit terminalem Ovu- lum, dessen äusseres Integument verlaubt und als Ligula sich ausbildet, zu welcher das hemichlamyde (nur vom inneren Integument behůllte) Ovulum unterseitige Lage erhält. Ligulae in einer wie gewöhnlich pleiocarpiden Blüthe zur Fruchtschuppe verwachsen, welche entweder vom Deckblatt grösstentheils frei sich bildet oder, wie auch die einzelne Ligula einer monocarpiden Blüthe, dem Deckblatt mehr oder weniger (bisweilen vollständig) anwächst. Samen immer mit einschichtiger harter Samenschale. Weibliche Blüthen immer in mehr- blüthigen Ähren. Fruchtstände echte holzige Zapfen, deren Schuppen vorzugsweise von den Deckblättern (Araucarieae) oder von den Carpiden resp. Fruchtschuppen (Abietineae) oder von beiden innig verschmolzenen Theilen gebildet werden; selten (nur Juniperus) durch Ver- wachsung solcher Doppelschuppen gebildete Beerenzapfen. Samen stets zwischen den Zapfen- schuppen verborgen. II. Die Gnetaceen. Noch sind im Einklange mit den Coniferen vom Standpunkte der nunmehr gewonnenen Erkenntniss die Gnetaceen mehr summarisch zu besprechen. Die weiblichen Blüthen besitzen wie bei den Taxeen ein terminales Ovulum; sie bestehen aus zwei (Ephedra, Welwitschia) oder drei (Gnetum) Hüllen, deren innerste den Ovularnucellus einschliesst. Über den morpho- logischen Charakter dieser drei Hüllen sind aber sehr verschiedene Ansichten geltend gemacht worden, von denen ich nur die neuesten und wichtigsten von Strasburger und Eichler in Betracht ziehen werde. Strasburger gelangte zuerst auf Grund der Entwickelungsgeschichte zu der Ansicht, die äusserste, verschiedenen Anzeichen zufolge aus zwei Blättern verschmol- zene Hülle der Gnetaceen sei homolog mit der inneren oder einzigen Hülle (Integument) der Coniferen, welche er auch als aus zwei Blättern, aus zwei Carpiden verschmolzen, also als Fruchtknoten gedeutet hatte; er schrieb also auch den Gnetaceen einen Fruchtknoten zu. Ein Discus oder Arillus (der Taxeen) fehlte also den Gnetaceen; dafür kämen bei diesen die eine bis zwei inneren Hüllen als etwas Neues, bei den Coniferen nicht Dagewesenes, als Integumente hinzu. Nachdem er dann seine Auffassung der Coniferen dahin geändert hatte, dass die dort den Nucellus umgebende Hülle ein Integument sei, deutete er darnach auch die weibliche Blüthe der Gnetaceen um, unter Festhaltung der früher gefundenen Homologien ; er erklärte demnach alle 2 oder 3 Hüllen für Integumente und die weibliche Blüthe der Gnetaceen wie die der Taxeen für ein auf das blosse Eichen reducirtes Gebilde. Zichler er- Die Gymnospermen. 111 . kannte Strasburger’s Homologie nicht an, sondern deutete die äussere Hülle als Perigon, die inneren 1—2 Hüllen als Integumente des fruchtblattlosen Ovulums. Ich konnte in meiner „Kritik“ auch bei den Gnetaceen von der Forderung nicht abstehen, dass das Ovulum ein Fruchtblatt haben müsse, erklärte also, wie Strasburger früher, die äussere Hülle für einen gymnospermen bicarpellären Fruchtknoten (wobei freilich die Gymnospermie im strengen Wortsinne bei den Gnetaceen aufgehört hätte), die inneren Hüllen dann auch für Integumente. Den Fruchtknoten der Gnetaceen betrachtete ich als homolog den zwei obersten Schuppen- blättern von Taxus, von welchen ich auch eines für das Fruchtblatt des Ovulum gehalten hatte. Diese Homologie war auch Eichler einleuchtend erschienen; weil er aber jene Schuppen- blätter für sterile Hochblätter erklärt hatte, so war für ihn aus den Hochblättern ein Perigon hervorgegangen. Nachdem ich nunmehr die Meinung, dass die obersten Schuppen unter dem Ovulum von Taxus Fruchtblätter seien, definitiv habe aufgeben müssen, stimme ich durchaus der Eichler’schen Auffassung, dass die äusserste Hülle ein Perigon sei, bei. Was die inneren Hüllen betrifft, so scheint es nach der Analogie mit den Taxeen am gerathensten zu sein, die innerste Hülle als ein (inneres) Integument, die mittlere von Gnetum aber als ein Aequivalent des Arillus oder als ein äusseres Integument aufzufassen. Indessen verlangt dieses, wie auch selbst der Nachweis des Perigons eine genauere erneute Prüfung. Hierbei müssen wir uns nicht nur auf die Analogie mit den Taxeen, sondern auch auf die Entwickelungsgeschichte und auf den Vergleich mit den männlichen Blüthen stützen. Den erfolgreichsten Vergleich verspricht die männliche Blüthe von Welwitschia, welche eigentlich hermaphrodit und am vollkommensten ausgebildet, im phylogenetischen Sinne wohl auch am vollkommensten erhalten ist, während alle übrigen männlichen und weiblichen Blüthen mehr oder weniger redueirt worden sind. Von dieser männlichen Welwitschia-Blüthe ist ein besonderer Aufschluss über die männlichen wie über die weiblichen Blüthen der Gnetaceen darum zu erwarten, weil sie noch ein wohlerhaltenes, wenn auch funktionsloses weibliches Organ enthält, und wir demnach, sobald die Homologien zwischen dieser Zwitterblüthe und den weiblichen Blüthen klar geworden sind, erst entscheiden können, welche von den 2—3 Hüllen der rein weiblichen Blüthen dem weiblichen Organ angehört, welche nicht. Wenn dagegen Strasburger umgekehrt zuerst die weiblichen Blüthen für sich unter- sucht und sie aus sich selbst zu deuten unternimmt, ohne auf die Zwitterblüthe von Welwit- schia Rücksicht zu nehmen, so erklärt sich das damit, dass er die Diklinie der Gymnosper- menblüthen für ursprünglich hält und den Hermaphroditismus der Welwitschiablüthe, die Bildung des funktionslosen weiblichen Organs für einen neuen Ansatz, und Welwitschia für einen höchstentwickelten Gymnospermentypus ansieht, von welchem aus zum Theile wenigstens die Angiospermen (andere von Gnetum und Ephedra aus) sich entwickelt haben mögen. Der nach S. 264 beigegebene Stammbaum der Gymnospermen ist denn auch von dieser Vorstel- lung beeinflusst. Auch Zichler stellt die Gnetaceen als höchste Gruppe der Gymnospermen, und unter diesen die Gattung Welwitschia als die höchststehende Gattung an das oberste Ende der Gymnospermen. Er äussert sich auch darüber, wie der Übergang von den Taxeen, welche er als die höchstgestellten Coniferen betrachtet hatte, zu den Gnetaceen gedacht werden könne. Dem entsprechend sagt er von den Coniferen: wie bei den Cycadeen beruht 112 1. Dr. Lad. Čelakovský : auch hier die Geschlechtsdifferenzirung nicht auf Unterdrückung aus einem zwitterigen Grund- plan, sondern auf ursprünglicher Verschiedenheit (Coniferae S. 41). Ich selbst war früher ebenfalls der Meinung, dass das weibliche Schlussgebilde von Welwitschia eine Neubildung in der männlichen Blüthe ist. („Flora“ 1874 pag. 61 des Separatabdr.). Da jedoch das weib- liche Organ funktionslos ist, und solche Organe aus ehemals fungirenden abgeleitet werden müssen, so begreift man nicht, wie das doch ohne Zweifel für die entsprechende Funktion geschaffene Organ alsbald wieder seine Funktion verlieren konnte. *) Aber es kann nicht sein, dass die Zwitterblüthe der Welwitschia aus einer rein männ- lichen entstanden ist, sondern umgekehrt die männliche (und auch die weibliche) Blüthe ist aus der Zwitterblüthe hervorgegangen, und zwar nicht bloss hier, sondern überall, auch im ganzen Bereiche der Angiospermen. Es ist ein Irrthum, wenn man glaubt — und man hat es vielfach geglaubt, — dass jemals aus einer eingeschlechtigen Blüthe phylogenetisch eine hermaphrodite Blüthe sich gebildet hätte. Das ist nur in Abnormitäten von atavistischem Werthe (Populus) möglich. Denn es ist ein phylogenetisches Grundgesetz, dass Differenzirtes nur aus Nichtdifferenzirtem hervorgehen kann, also auch die geschlechtlich differenzirten Blüthen aus geschlechtlich gleichartigen, d. i. also aus hermaphroditen Blüthen. Eine darauf gerichtete Betrachtung der Gefässkryptogamen bestätigt das phylogenetische Grundgesetz voll- kommen und von allen Seiten. So gehen die überhaupt noch nicht geschlechtlich differenzirten Blüthen (Equisetum, Lycopodium) voraus; dann folgen die Zwitterblüthen mit geschlechtlich differenzirten Fruchtblättern (Selaginella, in weiterem Sinne auch Isočtes); eingeschlechtige (männliche) Blüthen kommen nur vereinzelt unter Reduction des weiblichen Geschlechts bei Selaginella vor. Näheres hierüber findet man in meiner kürzlich erschienenen Abhandlung „Über die Blüthenstände der Cariceen“ (Sitzungsber. d. kgl. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1889) S. 104 ff. (wo auf S. 105 Z. 5 von unten der Passus: „oder umgekehrt die männlichen unten, die weiblichen oben“, als auf einem Versehen beruhend, zu streichen ist). Was die Gymno- spermen betrifft, so könnte man meinen, dass die geschlechtliche Differenzirung ihrer Blüthen bereits auf der Vorstufe der Gefässkryptogamen eingetreten ist, wenn — Welwitschia nicht mehr existirte. Die Erhaltung dieser antediluvianisch anmuthenden Pflanze ist darum so beson- ders werthvoll, weil sie den Beweis liefert, dass die geschlechtliche Differenzirung der Blüthen erst auf der Gymnospermenstufe stattgefunden hat, dass also die ersten Gymnospermen herma- phrodite Blüthen gehabt haben. Es hat sich jedoch bei den Gymnospermen eine frühzeitige Tendenz zur Trennung der Geschlechter in besonderen männlichen und weiblichen Blůthen entwickelt (welche bei den Angiospermen nur hier und da auf den verschiedensten Entwicke- lungsstufen auftrat, so dass das Gros der Angiospermen die Zwitterblüthen sich bewahrt hat). Die etwaigen wenigen hermaphroditen Urtypen sind ausgestorben und nur Welwitschia hat *) Ich habe das in Flora 1. c. so ausgedrückt, dass ich sagte: „bei Welwitschia nimmt die männliche Blüthe den ersten Anlauf zur Zwitterblüthe, die aber vorerst misslang.“ Ich bezeichnete das aus- drücklich als eine blosse Hypothese, die ich aber allerdings nicht aufgestellt hätte, wenn ich damals bereits in phylogenetischen Vorstellungen mehr versirt gewesen wäre. Der Fehler lag eben in dem von Strasburger und Eichler getheilten Irrthum, dass die Zwitterblüthe aus einer männlichen ent- standen sei. Freilich ist, wenn man die erdrückend grosse Anzahl der Gymnospermen getrennten Geschlechts sieht und nur bei Welwitschia statt einer reinen Staubblüthe eine Zwitterblüthe, der Irrthum verstándlich-und darum auch sehr verzeihlich. Die Gymnospermen. 113 zur Freude des phylogenetischen Morphologen die Zwitterblüthe noch einigermassen bewahrt, jedoch schon im Übergange in die männliche Blüthe, indem das weibliche Organ funktionslos geworden ist. Die weibliche Blüthe hat sich aus der Zwitterblüthe schon vollkommen, unter Verlust des Androeceums, herausgebildet oder differenzirt. Da die Gnetaceen, ebenso wie die Coniferen, von cycadeenartigen Urgymnospermen (Archigymnospermen) abstammen — was wir noch in einem späteren Abschnitt zu erörtern haben werden, so muss Welwitschia ihre Zwitterblüthe von diesen Archigymnospermen erhalten haben. Die Cycadeen standen diesen zwar hypothetischen, aber mit Nothwendigkeit zu postulirenden Urtypen (welche wie die Cycadeen polymere Frucht- und Staubblätter besassen) am nächsten, haben jedoch nicht nur ihre Blüthen, sondern sogar die ganzen Individuen ge- schlechtlich differenzirt (Dioecie). Ein anderer Hauptzweig der Archigymnospermen, der sich dann in die Urformen der Coniferen und der Gnetaceen spaltete, muss aber noch Zwitter- blüthen besessen haben, welche er auf die älteste jetzt lebende Gattung Welwitschia über- tragen konnte. In den beiden anderen Gnetaceengattungen wurde die Trennung der Geschlechter bereits perfekt, ebenso ist sie auch schon bei den ältesten Coniferen vor sich gegangen, so dass diese so wie die Cycadeen nur eingeschlechtige Blüthen in die jetzige geologische Periode herübergenommen haben. Nach diesem Entwickelungsgange muss die im männlichen Geschlecht noch nicht völlis reducirte und differenzirte Zwitterblůthe der Welwitschia von massgebender Bedeutung sowohl für den Bau der übrigen rein männlichen als auch den der weiblichen Blüthen sein. Ihr Perigon besteht aus zwei alternirenden Blattpaaren und ist zweifelsohne aus früheren Hochblättern hervorgegangen; die zwei transversalen Blätter desselben sind untereinander noch frei, die zwei medianen aber bereits im unteren Theile in eine plattgedrückte Röhre verwachsen. Das Androeceum besteht ebenfalls aus zwei Blattkreisen, von denen der untere transversale zwei, der obere median-diagonale vier Staubblätter enthält.*) Dieselben ver- schmelzen congenital mit ihren Staubfäden bis zur halben Höhe in eine becherförmige Röhre. Sehr interessant und abweichend von den Antheren der Cycadeen sowohl wie der Coniferen sind hier die Antheren. Dieselben entsprechen einem terminalen dreizähligen Sporangiensorus, dessen etwas verschmolzene Sporangien (die Pollensäckchen) auf der Oberseite mit je einer Spalte aufspringen (die ganze Anthere daher auf dem Scheitel, da sich die drei Spalten im Mittelpunkte derselben vereinigen, mit einer 3schenkeligen Spalte), wodurch sie morphologisch vollkommen dem dreifächerigen, eigentlich aus 3 Sporangien verschmolzenen Sporangium von Psilotum gleichen. Die Staubblätter sind hier monomer, so wie die Fruchtblätter der Taxaceen, und desshalb tragen sie den männlichen trisporangischen Sorus ebenso terminal, *) Dies nach Strasburger's ursprünglicher Auffassung, der ich unbedingt beipflichte. Zwar sollen nach M'Nab nur 2 transversale Staubblätter vorhanden sein, deren Primordien nachher in je 3 Special- anlagen zerfallen. Dass die Entwickelung diesen Anschein erzeugt, bezweifle ich gar nicht, ja es ist dies schon Strasburger’s Figuren (Conif. Taf. XVIII. Fig. 3, 3b) zu entnehmen, es liest hier jedoch eine congenitale Verschmelzung je zweier Anlagen des inneren Kreises mit je einer Anlage des äusseren vor, ähnlich wie bei Fumaria, wo Zichler auch nur zwei dreitheilige transversale Staubblätter aus der Entwickelungsgeschichte deducirt hat, welche Ansicht ich aus guten Gründen ebenfalls für unrichtig halte. Strasburger, der neben dem comparativen Morphologen noch zu sehr Genetiker ist, hat später (Angiosp. u. Gymnosp. S. 133) die Auffassung von M'Nab acceptirt. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 15 114 1. Dr. Lad. Čelakovský: wie die Carpiden der Taxaceen das Ovulum, den mit Indusium versehenen, aber auf ein Sporangium beschränkten (monangischen) weiblichen Sorus. Dass diese Deutung richtig ist, be- weisen noch einleuchtender die Staubblätter von Ephedra und Gnetum. Bei Ephedra ist der Sorus nur bısporangisch, die Anthere nur 2fácherig, sonst wie bei Welwitschia gebildet, und so dem bisporangischen Sorus von Tmesipteris vergleichbar.*) Bei Gnetum ist dieser Sorus auf ein einziges terminales Sporangium (welches die ganze Anthere bildet) reducirt. Die Homo- logie dieses männlichen Fruchtblatts mit dem weiblichen der Taxaceen ist perfekt. Da das Androeceum von Gnetum zugleich auf nur zwei rechts und links stehende Antheren sich vermindert hat, so sind hier die beiden Staubblätter in besonders vollkommener Weise ho- molog den beiden auf ein Ovulum reducirten Carpiden von Ginkgo. Diese Homologie erleidet keinen Abbruch, wenn man mit Strasburger die Staubblätter von Ephedra und Gnetum als auf die blossen Sori (Antheren) reducirt und der verlängerten, filamentosen Blüthenachse inserirt betrachtet, denn dann sind die Filamente, die noch bei Welwitschia wohl entwickelt waren, ebenso unentwickelt geblieben, wie die Basaltheile der Carpiden unter den zu ihnen terminalen Ovulis bei Cephalotaxus und gewöhnlich auch bei Ginkgo. Ich sehe aber nicht ein, wesshalb die filamentöse Verlängerung der Blüthenachse, welche bei Gnetum und Ephedra die Antheren trägt, durchaus axiler Natur sein müsste; denn es können hier ebenso gut monadelphische, congenital verschmolzene Staubfäden mit freien Antheren ausgebildet sein. Der Vergleich mit Welwitschia ist dem auch entschieden günstig, denn auch deren Staubfäden sind monadelphisch, freilich nicht so hoch bis zu den Antheren hinauf verschmolzen, auch nicht in ein centrales Säulchen, sondern in eine Röhre, was sich aber damit ganz natürlich erklärt, dass es bei Welwitschia nicht die letzten Blätter der Blüthe sind. Solche Vereinigungen der Staubfäden in den männlichen Blüthen zu einem terminalen und centralen, die Antheren tragenden Säulchen kommen ja auch bei Angiospermen, z. B. in der Gattung Myristica, bei gewissen Euphorbiaceen (Tetraplandra, Maprounea, Phyllanthusarten **)) vor. Man hat zwar auch. hier das Mittelsáulchen auf den entwickelungsgeschichtlichen Anschein hin manchmal fůr die verlängerte Blüthenachse gehalten, doch zeigt der Vergleich mit nächsten Verwandten, deren Staubfäden ganz frei oder nur am Grunde verwachsen sind, dass diese Columella von den verschmolzenen Filamenten gebildet wird. Die Entwickelungsgeschichte steht derselben Auf fassung auch für Ephedra und Gnetum nicht entgegen, denn die Antheren wölben sich aus dem gemeinsamen terminalen Primordium, welches oberwärts nicht mehr axil ist, frühzeitig hervor (Sřrasb. Conif. Tab. XIV. Fig. 4), sie erscheinen auf einem sanz kurzen Stielchen bereits ausgegliedert (ibid. Fig. 6, 8), das Filamentsäulchen wächst dann unter ihnen in die Höhe, wie die Ringmembran unter den anfangs fast ganz freien Filamenten bei Welwitschia und wie überhaupt immer die Filamente in Folge des basalen Wachsthums des Staubblattes. Nachdem also die Columella aus den verschmolzenen Filamenten besteht, so ist es klar, dass wie bei Welwitschia der trisporangische Sorus, so bei Ephedra der bisporangische Sorus und. bei Gnetum das einzelne Sporangium zum Filamente, also zum Staubblatt selbst, terminal gestellt ist. *) Auch bei den Psiloteen ist der Sorus terminal zum Fruchtblatt, worauf ich später noch zu sprechen kommen werde. **) Ich habe sie in Priugsheims Jahrb. XI. 1. (Tetratologische Beiträge etc.) bereits besprochen. Die Gymnospermen. 115 Das Filamentsäulchen von Gnetum und von Ephedra altissima, welches nur zwei Antheren am Gipfel trägt und von zwei Gefässbündeln durchlaufen wird, lässt sich auch mit der Doppelnadel von Seiadopitys vergleichen ; die beiden Endläppchen der letzteren entsprechen völlig den beiden Antheren. Es besteht nur der eine Unterschied, dass dem Mittelsäulchen noch das zweiblätterige Perigon vorausgeht; würde dieses ablastiren, wie ja bereits im Ver- gleiche mit Welwitschia ein transversales Perigonblattpaar ablastirt ist, so erhielten wir ein zum Deckblatt axilláres Doppelblatt ganz von der Art der Doppelnadel. Interessant ist in dieser Beziehung der Umstand, dass die Antheren von Ephedra nicht apical bleiben, sondern dureh ein vorherrschendes Wachsthum der Rückseite frühzeitig auf die Vorderseite dem Deck- blatt gegenüber rücken (Strasb. Conif. Taf. 15, Fig. 29, 35), was auf eine Orientirung der Staubblätter gegen das Deckblatt (nicht zur eigenen Blüthenachse) hinweist; ebenso wie die zwei Blätter in der Doppelnadel (und in jedem Symphyllodium) mit den Oberseiten nicht gegen eine gemeinsame Sprossachse, sondern gegen ihr Deckblatt gerichtet erscheinen. Dass die monomeren Staubblätter der Gnetaceen mit ihrem terminalen Pollensäckchen- sorus von den bereits früher besprochenen Staubbláttern der Cycadeen wesentlich verschieden sind, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. Aber auch zwischen den Staubblättern der Coniferen und denen der Gnetaceen besteht eine bedeutende morphologische Verschiedenheit, welche es auch nicht gestattet, beide Ordnungen aus einander abzuleiten, wie es wohl ge- schehen ist. Denn die Antheren der Coniferen tragen ihre Pollensáckchen nicht terminal, sondern sublateral, und es ist immer ein vegetativer terminaler Theil über ihnen entwickelt, die Crista oder das Schildchen, welche zwar auch stark verkümmern kann, wie bei Ginkgo und noch mehr bei Torreya, ohne dass damit die auch stets mit dem Scheitel nach abwärts gerichteten, darum auch mit seitlichen Spalten aufspringenden Pollensäckchen jemals terminal würden. Die Staubblätter der Coniferen sind eben nicht monomer, und aus den Staubblättern der Archigymnospermen, zwar vereinfacht, aber ohne Reduction auf ein einziges Blattglied, hervorgegangen. Diese durchgreifende morphologische Verschiedenheit der Staubblätter der Coniferen und der Gnetaceen hat Strasburger nicht erkannt. Er meint (Conif. u. Gnet. S. 140), die Verschiedenheit der Antheren sei bei näherer Erwägung nicht so bedeutend, denn that- sächlich entspreche ja jede Anthere der Gnetaceen einer auf ihre Fächer redueirten Anthere, wie bei Taxus (hier doch wohl nicht, da das Schildehen ganz wohl entwickelt ist; ausser nach dem táuschenden Anschein der Entwickelungsgeschichte), Ginkgo u. s. w. ähnliches vorkommt. „Die Entwickelungsgeschichten genannter Antheren stimmen bis ins Einzelne überein, und haben wir hier die námliche Scheidewandbildung, die nämliche Grenzschicht, Pollenmutter- zellbildung und Theilung, dieselbe Epidermis etc. wieder gefunden.“ — Dass die Entwickelungs- geschichte in allen diesen Punkten übereinstimmt, ist natürlich, sind es ja doch dieselben Sporangien, vererbt von denselben Vorfahren, den Archisymnospermen, aber sie beweist nichts in Betreff der morphologischen Gleichartigkeit. Hier ist nur der comparativ-morphologische Gesichtspunkt massgebend, und von diesem ergiebt sich, dass die Anthere der Gnetaceen ein zum monomeren Staubblatt terminaler Sorus ist, der auch auf ein einzelnes Sporangium reducirt werden kann (Gnetum), dass aber die männlichen Sporangien der Coniferen laterale oder sublaterale monangische Sori auf einem polymeren Staubblatt repraesentiren. Die 15* 116 1. Dr. Lad. Čelakovský : gleichartige sonstige Entwickelungsgeschichte kann diesen morphologisch und phylogenetisch wichtigen Unterschied nicht aufheben. Das weibliche Organ im Centrum der unvollkommenen Zwitterblüthe der Welwitschia ist von den Gymnospermisten stets für ein nacktes Eichen erklärt worden. Strasburger be- trachtete anfangs (Conif. u. Gnetac.) die Hülle dieses Eichens so wie bei den Coniferen als Fruchtknoten; ich habe diese Deutung auch noch in meiner „Kritik“ festgehalten, nachdem ich mich von der Gymnospermie der Coniferen durch die Zapfenabnormitäten überzeugt hatte. Ich hielt daran fest, weil ich den Grundsatz nicht aufgeben konnte, dass ein Ovulum ohne Carpid nicht möglich ist, es wäre denn, dass das Carpid desselben ablastirt wäre, wofür aber bei den Gnetaceen nicht der geringste Anhaltspunkt gegeben war. Hiernach wären die Gne- taceen keine echten Gymnospermen mehr und von den Angiospermen nur durch den Mangel einer Narbenbildung am Fruchtknoten und die abweichende Art der Pollenbestäubung ver- schieden. Mit dem Nachweise der monomeren Ovular-Carpiden bei den Coniferen ist auch für die Gnetaceen ein neuer Gesichtspunkt eröffnet. Dass das in der Blüthe terminale Ovulum von Welwitschia mit dem terminalen Ovulum von Taxus homolog ist, und dass sich der Mangel eines daneben oder um das Ovulum herum gebildeten besonderen Carpids in derselben Weise wie bei den Taxeen erklärt, ist bei der Verwandtschaft dieser Pflanzen nicht zweifelhaft. Doch unterscheidet sich das Eichen von Welwitschia durch sein einfaches Intesument, welches eine carpidenartige Ausbildung erhalten hat, indem es einen Griffel mit papillöser Narbe nachahmt. Seiner Zartheit und späteren Ausbildung (in den weiblichen Blüthen) nach scheint es dem einfachen Integument der Araucariaceen eher als dem unecht einfachen Integument der Cephalo- taxeen zu entsprechen, was weiterhin noch klarer festzustellen sein wird. Ich darf nicht verschweigen, dass Delpino bereits die richtige Ableitung des mono- meren Carpids der Gnetaceen, in der Weise, wie wir sie für die Taxaceen bereits kennen gelernt haben, aus dem polymeren Carpid der Cycadeen in seiner Idee ziemlich richtig erfasst und als nothwendige Hypothese hingestellt hat. Nachdem derselbe in seiner Applicazione ete. auf S. 32 die Vorfahren der Gnetaceen in Übereinstimmung mit meiner Auffassung als noth- wendiger Weise hermaphrodit bezeichnet hatte, sagt er weiter ungefähr dieses: „Diese Stammform musste normale pleurosperme und mehreiige Carpiden, wie z. B. auch Cycas, besitzen, und muss sich bei der Entstehung der Gnetaceen aus einer solchen Form etwas Ähnliches wie bei der Entstehung der Taxeen ereignet haben, dass nämlich das Carpid nach und nach bis auf ein einziges Ovulum abortirte, in Folge dessen dieses Ovulum auf die Blüthenachse gelangt ist.“ Delpino nennt dies eine „uniovulazione assospermica“ und bezeichnet die Gnetaceen als „axo-pleurospermae“. Die Ableitung ist richtig und stimmt mit der von mir gegebenen Ableitung gut überein; darin aber besteht Delpino’s Irrthum, dass er das Ovulum der Taxineen (und überhaupt der Taxaceen) nicht auch in dieser Weise vom poly- meren „pleurospermen“ Cycadeencarpid ableitet, sondern aus dem angeblichen antispermen Carpid, welches er überhaupt den Coniferen zuschreibt, wesshalb er den Taxeen (zu welchen er mit Unrecht auch Cephalotaxus stellt) den Namen „axo-antispermae“ giebt. Von der völlig aufgeklärten Zwitterblüthe von Welwitschia ausgehend, werden wir jetzt auch die weibliche Blüthe der Gnetaceen viel sicherer deuten können, als dies lediglich auf Grund der einer Deutung selbst bedürftigen Entwickelungsgeschichte möglich war. Die Die Gymnospermen. 117 - weibliche Blüthe geht aus der hermaphroditen zunächst durch Schwinden des Androeceums hervor, dann können allerdings auch noch andere Reductionen stattfinden. Die weibliche Blüthe von Welwitschia musste also zunächst im Centrum ein monochlamydes Ovulum innerhalb eines Perigons aus zwei Blattpaaren besitzen. Nun ist aber thatsächlich nur ein, völlig verschmol- zenes, Blattpaar vorhanden, die äussere Hülle nämlich, und diese entspricht, da ihre Blätter transversal stehen, dem äusseren Perigonkreise der Zwitterblüthe der Welwitschia. Es ist also ‘in der That in der weiblichen Blüthe eine weitere Reduction eingetreten, indem das zweite, mediane Blattpaar der Zwitterblüthe ablastirt ist. Ist ein solcher Ablast irgend unwahr- scheinlich? Gewiss nicht, denn auch in der männlichen Blüthe von Ephedra und Gnetum ist ein Ablast im Perigon nicht zu bezweifeln, hier freilich ein Ablast des transversalen Blatt- paares, was auch Strasburger ausdrücklich anerkannt hat. Die Flügel an den Perigonblättern der weiblichen Blüthe der Welwitschia finden daher in der That ihr Gegenstück und, wie wir sagen können, ihren ersten Ansatz in dem schmal geflügelten Kiele auf dem Rücken der unteren transversalen Perigonblätter der Zwitterblüthe, was schon Hooker ganz richtig hervor- gehoben hat. Überhaupt stimmt die Auffassung der beiderlei Blüthen der Gnetaceen, zu der wir hier auf Grund eines von richtigen Praemissen ausgehenden Vereleiches gelangen müssen, vollständig mit jener überein, welche sich bereits Hooker gebildet hatte. Ein Fruchtknoten kann die äussere Hülle der weiblichen Blüthe von Welwitschiá nicht sein (auch Strasburger hat diese Meinung bereits aufgegeben), aber noch weniger ein äusseres Integument des terminalen Ovulums. Denn die äussere Hülle entsteht zuerst und, nachdem sie bereits eine respectable Grösse erlangt hat, beginnt die Anlage der inneren Hülle oder des Integuments (Strasb. Conif. Taf. XVII. Fig. 16, 17). Wenn irgendwo der Ent- wickelunesgeschichte eine gewichtige Stimme gebührt, so ist es hier. Diese lehrt aber, dass das äussere Integument in der Regel später als das innere angelegt wird, oder wenn auch nach Warming (De V ovule) das äussere Integument um ein weniges früher angelegt wird, so kommt bei ihm doch ein so bedeutendes Vorauseilen, wie es die äussere Hülle der weiblichen Gnetaceenblüthe zeigt, nirgends vor, auch überholt selbst in jenen ersteren Fällen das innere Integument im Wachsthum sehr bald das äussere. Ausserdem kann ein äusseres Integument nicht aus zwei Blättern verschmolzen sein, wie das für die äussere Hülle bei Welwitschia und bei den anderen Gnetaceen durch Strasburger selbst entwickelungsgeschichtlich und ana- tomisch nachgewiesen worden ist. Die Gefässbündel in der Hülle kehren auch, wie es scheint, ihre Tracheen nach innen, während sie im äusseren Intesument umgekehrt situirt sein müssten. Wenn also die äussere Hülle weder Fruchtknoten noch Integument sein kann, so bleibt nur die Möglichkeit, dass es ein Perigon ist, übrig, So führt hier die Entwickelungsgeschichte _ (und Anatomie) zu demselben Resultat, wie die vergleichende Ableitung der weiblichen Blüthe aus der ursprünglicheren Zwitterblüthe; das Resultat selbst erscheint somit doppelt gefestigt. Die weibliche Blüthe von Ephedra ist nicht wesentlich von jener von Welwitschia verschieden. Dagegen unterscheidet sich jene von Gnetum durch die Anwesenheit einer dritten mittleren Hülle, welche meist für ein zweites, äusseres Integument erklärt wird. Dagegen deutet sie Beccar? als ein inneres Perigon, homolog dem inneren Perigonkreis der Zwitter- blüthe von Welwitschia, und Delpino, der eigenthümlicher Weise die mittlere Gnetum-Hülle 118 1. Dr. Lad. Čelakovský: mit der äusseren von Welwitschia und Ephedra identifizirt, stellt die Hypothese auf, dass alle drei von ihm für homolog gehaltenen Hüllen aus dem Androeceum der Zwitterblüthe von Welwitschia unter Verlust der Antheren sich herleiten (un urceolo androceale decapitato), also staminodialen Charakter haben. Gegen die letztgenannte Hypothese ist zu bemerken, dass die zarte mittlere Hülle von Gnetum, die kreisförmig angelest wird, und in den sterilen weib- lichen Blůthen in den androgynen Blüthenständen derselben Gattung äusserst rudimentär auftritt, so dass ihre Existenz früher von Strasburger in Abrede gestellt wurde, mit der derben äusseren Hülle von Ephedra oder der zweiflůgligen Hülle von Welwitschia nicht gut identifizirt werden kann, und dass überhaupt für den staminodialen Charakter der mittleren Hülle kein plausibler Wahrscheinlichkeitsnachweis erbracht ist und auch kaum erbracht werden könnte. Beachtenswerther ist die Ansicht, nach welcher die mittlere Hülle von Gnetum dem inneren Perigon der vollständigen Zwitterblüthe von Welwitschia entspräche; wäre dies richtig, . so würde sich die weibliche Blüthe von Gnetum aus jener Zwitterblüthe durch blosses Schwinden des Androeceums ableiten und bestände zwischen ihnen eine sehr genaue Homo- logie. Dies innere Perigon wäre bei Gnetum bereits im Schwinden, daher so zart, in dessen sterilen weiblichen Blüthen bereits fast ganz, bei Welwitschia und Ephedra völlig abortirt, so wie in den männlichen Blüthen dieser zwei Gattungen umgekehrt das äussere Perigon ablastirt. So verlockend aber diese Ansicht auch sein mag, kann sie doch schwerlich jenen Gründen Stand halten, welche zu Gunsten der Deutung der mittleren Hülle als äusseres Integument sprechen. Dafür spricht schon die Entwickelunosgeschichte. Die beiden inneren Hüllen von Gnetum entstehen so rasch nach einander an demselben centralen Höcker, werden einander bald so ähnlich (Strasb. Angiosp. Taf. XII. 47, 48, Taf. XIII. 49), dass sie sich ganz wie Integumente eines Ovulums, wie zwei zu einander gehörende Theile verhalten. Die Zuge- hörigkeit der mittleren Hülle zum Ovulum äussert sich auch darin, dass sie in den weiblichen Blüthen der androgynen Blüthenstände von Gnetum, deren Ovulum steril, also nicht voll- kommen entwickelt wird, abortirt, während der Abort des inneren Perigons bei diesen Blüthen unerklärlich wäre. Von Bedeutung ist ferner eine von Sirasburger erwähnte Abnormität, welche „die Zusammengehörigkeit der beiden inneren Hüllen und ihr Verhältniss zur äusseren Hülle in schönster Weise demonstrirte.“ Es hatte sich nämlich in dieser Bildungsabweichung (Conif. Taf. XXI. Fig. 30) „das Stielchen der Samenknospe“, nämlich der unter der mittleren Hülle gelegene „axile* Theil bedeutend gestreckt und die beiden inneren Hüllen nebst Nucellus der verhältnissmässig klein gebliebenen Samenknospe emporgehoben, was entschieden mehr für die Zugehörigkeit der mittleren Hülle zum Ovulum als zur äusseren Hülle, dem Perigon, spricht. Endlich ist auch die ungleiche Ausbildung der äusseren und mittleren Hülle zur Fruchtreife, das Fleischigwerden des Perigons und das Verholzen der mittleren Hülle von einigem Belang. Die etwas frühere Anlage des äusseren Integuments ist zwar ungewöhnlich, doch hat, wie schon bemerkt, auch Warming analoge Abweichungen von der Entwickelungsregel bei Angiospermen beobachtet. Die gewöhnliche basipetale Anlage der Integumente entspricht zwar der gewöhnlichen Entwickelung eines Blattgliedes (welche Bedeutung dem Ovulum ganz ent- schieden zukommt) und überhaupt eines Blattes; aber so wie es zusammengesetzte Blätter giebt, deren Theilblättchen statt basipetal acropetal angelegt werden, so kann auch dann und Die Gymnospermen. 119 wann das Blattglied seine beidem untergeordneten Glieder, die Integumente, in acropetaler Folge bilden. Daraus folgt aber nicht, dass dann auch die äussere Hülle bei Gnetum eben- falls ein Integument sein könnte, weil erstens drei Integumente ganz ohne Beispiel wären und weil zweitens zwischen der Anlage der äusseren Hülle und der mittleren ein so langer Zeit- intervall liest und die erstere zur Zeit der Anlage der mittleren Hülle bereits so sehr herange- wachsen ist (Strasb. Angiosp. Taf. XII. Fig. 45, 47), dass damit die Annahme einer Zugehörigkeit der äusseren Hülle zum Ovulum als drittes Integument hinreichend widerlegt wird. Dies ist bereits von Eichler (Weibl. Blüthen S. 29 (1046)) mit Recht hervorgehoben worden. Wenn somit die Deutung der mittleren Hülle von Gnetum als äusseres Integument hinlänglich festgestellt erscheint, so folgt daraus für die beiden anderen Gattungen, dass bei diesen das äussere Integument nur unterdrückt ist. Die sterilen weiblichen Blüthen von Gnetum mit ihrem rudimentären „Arillus“ machen den Übergang dazu. Denn das einzige Integument von Welwitschia und Ephedra ist seinem ganzen Baue nach unzweifelhaft homolog dem inneren Intesument von Gnetum, was bereits Blume richtig erkannt hat. Aus der frühe- ren Anlage des äusseren Integuments von Gnetum den Schluss zu ziehen, dieses müsse mit dem einzigen Intezument von Ephedra homolog sein, ist unzulässig, weil dabei die Möglichkeit des Ablasts des äusseren Integuments bei Ephedra nicht in Betracht gezogen wird. Die Argu- mentation Strasburger's (Conif. S. 112, 113) für die Homologie des einzigen Integuments von Ephedra mit dem äusseren von Gnetum wird damit hinfällig, so wie bereits der Nachweis des rudimentären äusseren Integuments der sterilen weiblichen Blüthen von Gnetum das gleiche Raisonnement auch in Betreff dieser Blüthen schlagend widerlegt hat. Das weibliche Organ der Gnetaceen ist also, um das Ergebniss zusammenzufassen, ebensowohl monomeres Carpid wie Ovulum, ganz wie bei den Taxaceen, und terminal zur Blüthen- achse wie bei den Taxeen. Ursprünglich dichlamyd (wie bei den Taxeen), hat es sich noch bei Gnetum so erhalten, ist aber bei Welwitschia und Ephedra durch Ablast des äusseren Integuments hemichlamyd geworden. Dabei existirt bei den Gnetaceen eine morphologische Übereinstimmung zwischen den weiblichen und männlichen Fruchtblättern, wie sie weder bei den Cycadeen noch bei den Coniferen gefunden wird. Beiderlei sexuelle Phyllome sind hier nämlich auf ein einziges Blattglied reducirt (monomer), daher mit terminalem, und zwar mono- bis triangischem Sorus; die männlichen mit 2—3 mehr verschmolzenen Sporangien (Pollensäckchen), zuletzt (bei Gnetum) mit einem. einzigen endständigen Pollensäckchen, die weiblichen stets nur mit einem terminalen Sporan- gium (Nucellus), welches sich von dem nackten männlichen Sporangium von Gnetum ausser dem Geschlechtscharakter nur durch die Bildung seiner Hüllen (Intesumente) unterscheidet. IV. Allgemeine Phylogenie der Gymnospermen und deren Beziehungen „zu den Gefásskryptogamen. Die Coniferen und die Gnetaceen weisen durch ihre Carpiden und Staubblätter auf cycadeenartige Stammformen mit polymeren Sexualbláttern zurück, von welchen auch die Cycadeen als nähere Verwandte ihren Ursprung genommen haben. Diesen ausgestorbenen 120 1. Dr. Lad. Čelakovský: Urtypus der Gymnospermen (Archigymnospermen) stelle ich mir cycadeenartig, resp. farnartig, mit vielgliedrigen Blättern, wie sie die Cycadeen und Farne besitzen, und mit einer termi- nalen Zwitterblüthe vor; diese Blüthe im unteren Theile über den sterilen brakteenartigen Blättern aus zahlreichen Staubblättern, im oberen Theile aus zahlreichen weiblichen Frucht- blättern bestehend. Die Sexualblätter mussten in beiden Geschlechtern ähnlich gebaut sein, nämlich wie die Fruchtblátter der Gattung Cycas fiederspaltig, mit theilweise (im unteren Blatttheil) als Ovula resp. als Pollensäckchen oder 2—3zählige Gruppen von Pollensäckchen ausgebildeten Blattgliedern (Seitenabschnitten). Indem die Blüthen sich geschlechtlich differenzirten, und zwar auf verschiedenen Individuen verschieden (Dioecie), und die Staubblätter mit entsprechender Gestaltveränderung ihre Pollensacksori nach der Unterseite verlegten (in der bereits besprochenen Weise), gingen aus den Archisymnospermen mit der geringsten sonstigen Abänderung des Urtypus die Cyca- deen hervor, zunächst Cycas, dann die Zamieen. Anderseits singen bei anderen Archigymnospermen eingreifendere Veränderungen in den vegetativen Theilen und in den Blüthen vor sich. Von den Sexualblättern wurden zunächst die weiblichen Fruchtblätter auf die monomere Bildung, also auf blosse Ovula, reducirt. Hiemit entstand eine Gruppe von Übergangsformen, als Ausgangspunkten der Coniferen und der Gnetaceen, die immer noch, der letzteren wegen, mit Zwitterblüthen begabt sein mussten. Die Stammform der Coniferen behielt die vielgliedrigen Staubblätter.mit sterilem Gipfeltheile (Crista) bei, die der Gnetaceen gings darin noch weiter, dass sie auch die archigymnospermen Staubblätter monomer reducirte. Die geschlechtliche Differenzirung der Blüthen muss gleich bei den ersten Coniferen (Proconiferen) erfolgt sein; dieselben mussten noch immer, wenig- stens die männlichen, reichblätterig gewesen sein, im Gynoeceum mas; bald eine Reduction auf eine geringere Blätterzahl stattgefunden haben. Die Stammform der Gnetaceen dagegen reducirte noch innerhalb der Zwitterblüthe ihr Androeceum auf eine bestimmte geringere Zahl von Staubblättern und ihr Gynoeceum sehr bald auf ein einziges Ovular-Carpid. Eine solche Blüthe nahm noch Welwitschia in die Gegenwart mit herüber, bildete sie aber theils durch Verkümmerung des Gynoeceum in die der Function nach männliche Blüthe, theils unter Verlust der Staubblätter in die weibliche Blüthe um. Durch völligen Ablast des Ovulums prägten Gnetum und Ephedra die männliche Blüthe noch schärfer aus. Die in dem vorhergehenden Abschnitt hervorgehobene vollständige Übereinstimmung zwischen den monomeren männlichen und weiblichen Fruchtblättern, im Vereine mit der Er- haltung der ursprünglichen Zwitterblüthe in der ältesten Gnetaceengattung Welwitschia, erlaubt mit grosser Wahrscheinlichkeit den phylogenetischen Schluss, dass sich die Gnetaceen neben den Coniferen ganz selbständig von den Archigymnospermen abgetrennt haben müssen. Es ist daher ein Irrthum, wenn sie so allgemein als ein von den Taxeen sich herleitender jüngerer Zweig der Taxaceen angesehen werden. Die Taxeen sind nur ein in der weiblichen Blüthe analog redueirter, in der Coniferenordnung tiefstehender und darum auch den Gnetaceen näherstehender Seitenzweig der Coniferen, von welchen die Gnetaceen aus zwei Gründen keineswegs abstammen können: weil weder die Zwitterblüthe der Welwitschia von den bereits vollkommen getrenntgeschlechtigen Blüthen der Taxeen abgeleitet werden kann, noch auch TT Dig Gymnospermen. 121 das monomere Staubblatt der Gmetaceen mit terminalem 3—1zähligem Pollensacksorus von dem schildförmigen, mit unterseitigen monangischen Soris begabten Staubblatt der Taxeen. Die Gnetaceen sind gerade darum von grossem phylogenetischen Interesse, weil sie die einstige Existenz solcher Vorahnen erkennen lassen, welche in beiden Geschlechtern gleich gebaute, jedoch polymere Fruchtblätter (Carpiden und Staubblätter) besassen. Im weiblichen Geschlecht zeigt uns noch die den Archisymnospermen nächstverwandte Cycas diese polymeren, also fiederspaltigen oder wenisstens gezähnten Fruchtblätter, deren unterste randständige Blattglieder eben als Ovula ausgebildet oder metamorphosirt*) sind. Ebenso wie aus diesen polymeren Fruchtblättern die monomeren Carpiden der Gnetaceen (wie auch der Coniferen, zunächst der Taxaceen) entstanden sind, ebenso müssen auch die monomeren Staubblátter der Gnetaceen durch Reduction aus ähnlichen polymeren Staubhlättern hervorgegangen sein, welche an Stelle seitlicher Blattglieder Pollensäckchen, und zwar diese einzeln oder zu 2—3 beisammen stehend, trugen. Man wird vielleicht ein solches Staubblatt für ein Phantasiegebilde erklären, obwohl es mit logischer Consequenz aus dem eingliedrigen Staubblatt der Gnetaceen dedueirt worden ist, und obwohl es, weil eine ursprüngliche Gleichheit der Sexualblätter beiderlei Geschlechts angenommen werden muss, ebenso auch nach den weiblichen Fruchtbláttern von Cycas con- struirt werden kann. Aber ein ganz ähnliches, wenigstens nach demselben Prinzip gebildetes Blatt existirt noch auf der Kryptogamenstufe vorgebildet, nämlich das Blatt der Ophioglosseen, freilich nur als fruktifikativer ventraler Abschnitt eines zur Hälfte (im Dorsaltheil) vegetativen Blattes. Denken wir uns aber das ganze Blatt der Ophioglosseen nur reproduktiv gebildet, ohne den vegetativen Spreitentheil, also mit zwei randständigen Reihen von Sporangien, und diese in Microsporangien oder Pollensáckchen geschlechtlich differenzirt, so erhalten wir ein Fruchtblatt resp. Staubblatt, welches dem weiblichen Fruchtblatt von Cycas in morphologischer Hinsicht vollkommen gleich gebaut ist. Jedes einfache Randsporangium als Aequivalent eines Randzipfels kann sich natürlich auch in eine Gruppe von 2—3 Sporangien verzweigen, nach dem Typus von Botrychium, nur etwas einfacher; so entsteht ein Stanbblatt, wie wir es für die Archigymnospermen, rein deduktiv von den Gnetaceen (Welwitschia, Ephedra) zurück- schliessend, postuliren mussten. Bereits in meinen „Teratologischen Beiträgen zur morphologischen Deutung des Staubgefässes“ (Pringsheim’s Jahrb. XI. H. I) habe ich darauf hingewiesen, dass sowohl die bilamellare Anthere als auch das normale, die Eichen am Blattrande tragende Carpid der Angiospermen deren (natürlich nicht unmittelbare) Abstammung von ophioglosseenartigen Kryptogamen bezeugen. Ich meinte damals, dass die Gymnospermen aus einer anderen Gruppe der Gefässkryptogamen abzuleiten wären als die Angiospermen (wegen der blattunterseitigen Stellung der Pollensäckchen bei den Coniferen und Cycadeen). Der Gang der gegenwärtigen Untersuchung und Betrachtung führte aber dahin, die mit Nothwendigkeit postulirten cycadeen- artigen oder farnartigen Archisymnospermen ebenfalls an die Ophioglosseen anzuschliessen, *) Dieser Ansdruck ist nieht im Sinne der Phylogenie, sondern im Sinne der einzelnen individuellen Ontogenie zu verstehen, insofern die vegetativen Blätter früher als die reproductiven gebildet werden. Phylogenetisch war umgekehrt das Sporangium früher und hat sich in die vegetativen Blätter oder Blattglieder metamorphosirt. Mathengtisch- natorwissenschafiliche Classes VIL 4. 16 122 1. Dr. Lad. Čelakovský : und dieses Ergebniss ist insofern von Werth, als es eine gemeinsame Wurzel der Gymno- spermen und der Angiospermen auf der kryptogamen Vorstufe erkennen lässt, und die Möglichkeit und sogar Wahrscheinlichkeit der monophyletischen Abstammung der heutigen Gymnospermen und der Angiospermen aus gewissen zwar hypothetischen, aber nicht zu bezwei- felnden Urphanerogamen sehr nahe legt. Die Gymnospermen und die Angiospermen besitzen also auch nur nach rückwärts einen genetischen Zusammenhang. Weder von den Cycadeen, noch von den Coniferen oder Gnetaceen können irgendwelche Angiospermen ihren Ursprung genommen haben. Dies ver- bietet der gänzlich verschiedene Bau der Antheren, und was die Coniferen und Gnetaceen betrifft, auch deren monomere Ovularcarpiden, aus denen unmöglich ein Angiospermen-Frucht- knoten mit carpidenrandständigen Eichen entstehen konnte. Strasburger war ursprünglich (Conif. u. Gnet.) der Meinung, dass speciell aus den drei Gattungen der Gnetaceen verschiedene Ansiospermenreihen sich entwickelt haben könnten und hat dies auch in seinem Stammbaum der Gymnospermen dargestellt. Doch bemerkt er bereits in Angiosp. u. Gymnosp. S. 139: „Jedenfalls sehe ich jetzt ganz davon ab, die Angio- spermen direkt in die Verlängerung der Gnetaceen zu bringen, der Anschluss hat aller Wahr- scheinlichkeit nach an der Wurzel beider Gruppen stattgefunden.“ Dies kommt dem wahren Sachverhalt in der That näher, doch aber liegt dieser Anschluss der Angiospermen noch weiter zurück, an der Wurzel der Gymnospermen überhaupt. Schon die bei den Angiospermen stark abweichenden Vorgänge in Embryosack, noch mehr die übrigen morphologischen Abweichungen der Angiospermen von allen heutigen Gymnospermen, namentlich aber von den Gnetaceen, verlangen kategorisch eine Trennung der beiden grossen Pflanzenabtheilungen, resp. der Archigymnospermen und Archiangiospermen, gleich an ihrer Wurzel. Ein reifliches Nachdenken über die Möglichkeit der phylogenetischen Entwickelung nach den uns in der Morphologie und Systematik der Pflanzen gegebenen Daten muss über- haupt immer mehr zur Überzeugung führen, dass die lebenden natürlichen Gruppen, sei es Classen, Familien oder Gattungen, nur nach rückwärts durch die nicht mehr existirenden verwandten und ursprünglicheren Stammtypen zusammenhängen, welche Stammtypen entweder ausgestorben sind oder eben ihrer Variationsfähigkeit wegen in andere erblich fixirte Typen sich umgewandelt haben. Die natürlichen Ordnungen und Familien, sofern sie genealogisch natürlich sind, müssen als die letzten, peripherischen, nicht weiter entwickelbaren Zweige des grossen Stammbaums betrachtet werden, welche sich durch Absterben des Stammes und der vielverzweigten Hauptäste (wie der Rhizome vieler perennirenden Stauden) isolirt haben. Es ist auch eine kolossale Übertreibung vieler Darwinisten, wenn an eine noch heutzutage ebenso lebhafte Variation und Variationsfähigkeit geglaubt wird, wie sie in den geologischen Perioden geherrscht hat. Die heutige Variation gleicht nur dem Auftlackern einzelner kleinen Flämmehen auf der Brandstätte nach einem gelöschten grossen Brande. Wenn die Entwickelungsgeschichte des Pflanzenreichs, als eines unserem kleinen Massstab fast unendlich scheinenden, aber doch begränzten Individuums, eine wahre Entwickelungsgeschichte war, so muss sie auch gleich jeder organischen Entwickelungsgeschichte zu einem Abschluss gelangen, und alle Anzeichen sprechen dafür, dass sie durch Begränzung aller entwickelungsfähigen Zweige mittelst here- ditär stabiler Formen diesen Abschluss im Grossen und Ganzen längst erreicht hat. Die Gymnospermen. 123 Das Verhältniss der drei Gymnospermen-Ordnungen zu einander und zu ihren gemein- samen Vorfahren, den Archisymnospermen, lässt sich kurz aber praegnant in folgender Weise ausdrücken: 1. Die Archigymnospermen besassen (z. Th. wenigstens) Zwitterblůthen; Staub- blátter und Fruchtblätter gleich oder ähnlich, nach demselben Princip gebildet, nämlich po- lymer, fiederspaltig oder gezáhnt, mit aus den Randabschnitten umgebildeten randständigen Eichen oder Sori von Pollensäckchen. 2. Die Cycadeen differenzirten ihre Blüthen dem Geschlechte nach, zugleich auch die Staub- und Fruchtblätter bedeutend; die letzteren blieben im Wesentlichen unver- ändert (Cycas), die Staubblätter aber verlegten ihre Sori vom Rande nach der Blattunterseite unterhalb des schildförmigen Endtheils und vermehrten dieselben. 3. Die Coniferen beginnen gleichfalls mit bereits getrenntgeschlechticen Blüthen. Die Staubblätter bleiben noch polymer, obwohl ihre randständigen monangischen Sori (einzelne Pollensäckchen) unterhalb des vegetativen Endtheils oder der Crista mehr oder weniger auf die Unterseite verschoben werden; die Fruchtblätter wurden aber auf monomere Blätter reducirt, daher auch auf ein (terminales) Ovulum, welches, holochlamyd oder dichlamyd, sitzend oder gestielt, das ganze Carpid repräsentirt (Taxaceen); oder sie sind nur im ersten Entwickelungsstadium streng monomer, ein Ovulum bildend, wachsen aber dann (seltener schon früher) von der Oberseite her in einen durch Verlaubung des Arillus entstandenen Frucht- schuppenantheil (Ligula) aus, womit das hemichlamyde Ovulum blattunterständig wird. (Weitere Ovula wachsen zugleich mit und auf der Ligula nur bei Cupressus nach.) 4. Die Gnetaceen haben (in Welwitschia) noch einen Rest der Zwitterblüthe der Archigymnospermen erhalten. Auch die Staubblätter sind aus denen der Letztgenannten durch monomere Reduction entstanden, tragen daher einen 1—3fácherigen Sorus von Pollensäckchen terminal. Die Fruchtblätter sind wie bei den Coniferen monomer, auf ein Ovulum reducirt; in jeder Blüthe nur ein terminales Ovularcarpid. Noch kürzer lässt sich die wesentliche Charakteristik der drei Ordnungen so geben: Die Cycadeen haben Frucht- und Staubblätter polymer, die Coniferen die Staubblätter polymer, die Carpiden monomer, die Gnetaceen sowohl die Staubblätter als die Carpiden monomer reducirt. Was die Hochblätter oder Vorblätter unterhalb der weiblichen (resp. Zwitter-) Blüthen betrifft, so besassen die Archigymnospermen solche wohl in Mehrzahl, die Cycadeen besitzen sie grossentheils noch, von den Coniferen aber nur die Taxeen, bei den übrigen sind sie reducirt; bei den Gnetaceen sind sie, nur in 2, dann einem Blattpaar, als Perigon ausgebildet. Bei der so bedeutenden phylogenetisch-morphologischen Verschiedenheit im Bau der Carpiden der Cycadeen einerseits und der Coniferen und Gnetaceen anderseits, dann im Baue der Staubblätter aller drei Gruppen bin ich der Ansicht, dass die drei Hauptabtheilungen der Gymnospermen den Rang von natürlichen Ordnungen in dem Sinne wie unter den Monocotylen z. B. die Glumiflorae, Spadiciflorae ete. beanspruchen können, und eher noch durch tiefer eingreifende Verschiedenheiten mehr contrastiren als die Ordnungen der Angiospermen, welche im Baue der Staub- und Fruchtblätter nur untergeordnetere Verschiedenheiten zeigen. Die Taxaceen und Araucariaceen Strasb. sind auch als eigene Familien der Coniferen hin- 16* 124 1. Dr. Lad. Čelakovský : reichend verschieden, daher ich die Benennungen Sžrasburger's für dieselben bereits in meiner ganzen Abhandlung beibehalten habe. Die Cycadaceae bilden wohl nur eine Familie, da die Unterschiede der Subfamilien Cycadeae und Zamieae (Samen horizontal oder aufrecht und Samen nach unten gewendet, Zapfenschuppen schildförmig oder nicht schildförmis) weder so bedeutend noch auch sehr scharf sind, um zwei besondere Familien zu begründen. Die mono- type Ordnung, welche die Cycadaceen enthält, könnte als Cycadiflorae bezeichnet werden. Die drei Gattungen der Gnetaceen, für welche ich den Ordnungsnamen Gnemonanthae vorschlage, sind eigentlich habituell und z. Th. auch in den Blüthenverhältnissen so abwei- chend, dass man sie ganz wohl als Repräsentanten dreier eigenen Familien auffassen könnte. Ganz besonders verdient die merkwürdige Welwitschia eine Abtrennung von den- zwei anderen, einander im Baue der männlichen Blüthen näher stehenden Gattungen, welche allenfalls in einer begränzteren Familie Gnetaceae beisammen bleiben könnten. Die Charakteristik der hier proponirten Familien der Gnemonanthae wäre folgende. Fam. Welwitschiaceae. Männliche Blüthen mit einem terminalen funktionslosen Carpid oder Ovulum, dessen Integument mit schildförmiger narbenartiger Endigung versehen. Ihr. Perigon doppelt, d. h. aus zwei alternirenden Blattpaaren, von diesen das äussere trans- versale Paar freiblättrig, das innere verwachsenblättrig. Staubfäden (6) bis zur Hälfte in eine das Ovulum-Rudiment umgebende glockige Röhre verwachsen, oben frei. Antheren dreifächerig, von einem terminalen Sorus dreier verschmolzenen Pollensäckchen gebildet. Perigon der weib- lichen Blüthe aus 2 breitgeflügelten transversalen Blättern, zur Fruchtzeit, wie auch die Deck- blätter, nicht besonders verändert. Fam. Gnetaceae. Männliche Blüthen ohne Eichenrudiment. Ihr Perigon einfach, aus 2 medianen verwachsenen Blättern gebildet. Staubfäden (2—8) gänzlich zu einem 2—8 Antheren tragenden Mittelsäulchen verwachsen. Anthere 2—1fácherig, von zwei verschmolzenen oder einem terminalen Pollensäckchen gebildet. Perigon der weiblichen Blüthe dick, ungeflügelt, zur Fruchtzeit verholzt oder Hleischig. Meine morphologisch-phylogenetische Studie ergab das wichtige phylogenetische Re- sultat, dass die Gymnospermen aller Wahrscheinlichkeit nach insgesammt einen gemeinsamen, monophyletischen Ursprung haben und von den durch regressive Deduction unschwer vorstell- baren Archigymnospermen abstammen, welche in morphologischer Hinsicht mit den Ophio- glosseen am meisten verwandt waren, polymere männliche und weibliche Fruchtblätter mit blattrandständigen Sori oder Einzelsporangien besassen und diese Fruchtblätter in herma- phroditen Blüthen vereinigt trugen. Dieses Resultat weicht bedeutend ab von den Anschauungen anderer Botaniker, von welchen ich nur jene von. Strasburger und Eichler besprechen will, wobei ich aber nur die Hauptpunkte hervorhebe. Sörasburger (in Conif..u. Gnetac. pag. 253 u. ff.) giebt zu, dass sich die Verwandtschait der Cycadeen mit den Farnen nicht ganz in Abrede stellen lasse, meint aber, dass auch beträchtliche Unterschiede bestehen, so dass also die Cycadeen nicht von den eigentlichen Farnen, sondern höchstens nur von solchen farnähnlichen Pflanzen abgeleitet werden könnten, bei denen die geschlechtliche Trennung der Sporen in Mikro- und Makrosporen (in besonderen Mikro- und Makrösporangien) stattgefunden hätte (was selbstver- Die Gymnospermen. 125 ständlich zugegeben werden muss). Was aber die Coniferen betrifft, so sprächen gewichtige Gründe für deren Verwandtschaft mit den Lycopodiaceen: ähnliche Gewebebildung, Trennung der Geschlechter bereits in den Sporen. Der Zusammenhang mit den Lycopodiaceen liesse sich so denken, dass die Ovula der Coniferen (damals noch als Fruchtknoten gedeutet) von dem die Sporangien terminal tragenden, darunter mit 2 Blättchen besetzten Fruchtzweiglein von Psilotum (nach Jurany?s entwickelungsgeschichtlicher Deutung) abgeleitet würden. Da es aber an einem Analogon der Staubblätter der Coniferen bei den Lycopodiaceen fehle, so stellt Strasburger schliesslich die Vermuthung auf, dass die Coniferen und die Cycadeen, für die er einen gemeinsamen Stamm annimmt, weder von den heutigen Lycopodiaceen, noch von den heutigen Farnen abstammen, sondern von einer die Mitte zwischen beiden haltenden hypo- thetischen Gruppe (Lycopterideae), welche Mikrosporangien auf Blättern und Makrosporangien in den Blattachseln entwickelte. In den Angiosp. u. Gymnosp. erklärt aber Strasburger, er müsse es dahingestellt sein lassen, ob die mit blattbürtigen Eichen versehenen Cycadeen von derselben Kryptogamengruppe abzuleiten sind, wie die mit „achsenständigen* Eichen verse- henen Coniferen und Gnetaceen. Die Versuchung sei immer gross, die Coniferen an die Lyco- podiaceen anzuschliessen; vielleicht dass weitere Studien hier noch einiges Licht verbreiten. Eichler dagegen erklärte mit Bestimmtheit (Natůrl. Pflanzenf. II. 1. S. 20), die Cycadeen stehen zwar mit, den Coniferen und Gnetaceen auf gleicher Organisationsstufe, als Gymno- spermen, allein ihre phylogenetische Verwandtschaft sei nicht bei diesen Familien, sondern unter den Gefässkryptogamen und zwar unter den Filicinae zu suchen, die Coniferen (sammt Gnetaceen) liessen sich aber am ehesten von den Lycopodinae herleiten, sodass beide Fami- lien als gleichlaufende Zweige verschiedener Stämme erscheinen. Die Herleitung von den Lycopodinen begründe sich nicht nur durch ihre habituelle Ähnlichkeit, sondern auch durch die zum Carpid axilläre oder ventrale Stellung der Eichen (Übereinstimmung zwischen Isoötes und Araucaria im weiblichen Geschlechte). In Hinsicht auf die Stellung der männlichen Sporangien mögen eguisetumartige Formen massgebend gewesen sein (Übereinstimmung zwischen Equisetum und Taxus); die Vorfahren der Coniferen mögen also als eine Mittelstufe zwischen Lycopodinen und Equisetinen aufzufassen sein. Eichler muss aber auch zugeben, dass Ginkco, eine Gattung von hohem geologischen Alter, manche Anklänge zu den Cycadeen bietet. Wie aber diese Anklänge, die von solcher Art und so zahlreich sind, dass sie wohl genauer als verwandtschaftliche Übereinstimmungen aufgefasst werden müssen, möglich sind, wenn Cycadeen und Coniferen so verschiedenen Ursprung unter den Gefässkryptogamen haben, wäre doch schwer zu begreifen, und ebensowenig kann man sich eine Mittelstufe zwischen Lycopodinen und Equisetinen vorstellen, abgesehen davon, dass das Antherenschild von Taxus zur Annahme einer näheren Verwandtschaft mit den Equiseten sicherlich nicht berechtist. Diese Auffassung kann also schon wegen ihrer Unklarheit wenig befriedigen. Soweit sie eine Abstammung von den Lycopodinen annimmt, basirt sie auf einem morphologischen Irrthum, dass nämlich die Ovula der Coniferen zum Carpid ventral oder axillär seien, und ebenso wenig ist die Annahme einer solchen Abstammung mit der habituellen Ähnlichkeit d. h. reicher Verzweigung, nadel- oder schuppenförmigen Blättern begründet, denn sonst müssten auch die Eriken mit den Coniferen, Isoětes mit Juncus u. s.w. näher verwandt sein. Solche habituelle Analosien wiederholen sich in verschiedenen Verwandtschaftsgraden und Stufen. 126 1. Dr. Lad. Čelakovský: Die Homologie aber, welche Strasburger zwischen dem Ovulum der Coniferen und dem Sporophyll der Psiloteen gefunden hat, ist bis zu einem gewissen Grade richtig, jedoch in anderem Sinne, als Strasburger selbst annahm. Strasburger begründete diese Homologie in folgender Weise. Wenn es richtig ist, dass der Sporangienstand von Psilotum ein Zweig ist, welcher mit dem (dreifächerigen) Sporangium endigt und unter ihm zwei Blätter trägt, so würden wir, sagt er, in diesen Sporangienständen einen Anknüpfungspunkt für die weib- lichen Blüthen der Coniferen erhalten, und zwar liegt die Vermuthung nahe, dass der nackte Knospenkern des Coniferenovulums sich aus dem ganzen Sporangium entwickelt hat, zwei den beiden Blättern bei Psilotum entsprechende Blätter zur Fruchtknotenhůlle (Conif. S. 256). Der vermeintliche Fruchtknoten ist seitdem wieder zum Ovulum geworden, auch für Strasburger, aber auch die Deutung, welche Juranyi, Göbel u. A. dem Sporangienstande der Psiloteen gegeben haben, ist sicher unrichtig. Schon Prantl hat es ausgesprochen, dass dieser Sporangienstand als ein Blatt mit terminalem Sorus zu deuten sei. Es ist gar kein triftiger Grund vorhanden, wesshalb, der Entwickelungsgeschichte nach, der 2—3angische Sorus eher zu einem Zweige mit zwei Blättern als zu einem Blatt mit zwei vegetativen Blättchen terminal sein müsste. Ausser der Entwickelungsgeschichte sind aber noch verschiedene andere Umstände der Erwägung werth. Die dichotome Verzweigung der Psiloteen wie der Lycopodiaceen über- haupt erfolgt immer erst, nachdem der sich theilende Zweig eine Anzahl von Blättern hervor- gebracht hat, wogegen die Sporangienstände wie Blätter auf derselben vegetativen Achse unmittelbar auf einander folgen.*) Wie ist es ferner denkbar, dass die bei allen Gefässkrypto- gamen blattbůrtigen Sporangien auf den Gipfel einer veritablen Achse gelangt sein sollten? Das wäre allenfalls nur so möglich, wie zuerst Strasburger, dann auch Al. Braun (der auch an die Sprossnatur des Sporangienstandes der Psiloteen glaubte) angenommen hat. „Bei Tmesipteris und Psilotum, sagt Braun, entsprechen die 2—5 verbundenen Sporocysten einer Lycopodien-Ähre, jede Sporocyste repräsentirt ein sporenbildendes Blatt, indem der sterile Theil des Lycopodienblattes nicht zur Entwickelung kommt.“ (Die Frage nach der Gymno- spermie der Cycadeen $. 365). Dazu bemerkte Braun noch, er könne die Auffassung Stras- burger’s durch eigene Beobachtungen unterstützen. „Psilotum triquetrum varirt im Berliner botanischen Garten mit 2 bis 5 Sporangien an einem „Zweiglein.“ Bei Vierzahl stehen sie im aufrechten Kreuz, bei Fünfzahl das unpaare nach vorn, was mit der Convergenz der 2 vorausgehenden Blätter nach vorn zusammenstimmt. Einmal bildeten bei Vierzahl die 2 seit- lichen Sporangien deutlich ein äusseres Paar, die 2 medianen ein inneres, und in diesem Falle fehlten die 2 Bláttchen, offenbar durch die 2 äusseren Sporangien ersetzt. In einem anderen Falle fand ich das eine Bláttchen tief zweitheilig und in dem folgenden vierzähligen Sporangienkreis eine entsprechende Lücke, so dass ein Sporangium durch ein überzähliges Blättchen ersetzt zu sein schien. Die Zweigchen, welche die kleinen Ähren tragen, nehmen genau die Stelle von Blättern ein und folgen wie diese in */; Stellung aufeinander.“ *) Wenn auch der Sporangienstand durch eine gleichsam dichotome Theilung des Stammendes entsteht (wie auch Strasburger in Bot. Ztg. 1873 N. 6 ff. bestätigt), so beweist dieses noch nicht, dass der Sporangienstand ein kaulomwerthiger Gabelast ist, sondern nur, dass er in gleicher Stärke mit dem übrigbleibenden Achsenscheitel angelegt wird. Die Gymnospermen. 127 Diese Beobachtungen bestätigen aber durchwegs viel mehr die Auffassung des Sporan- "gienstandes der Psiloteen als Sporophyll, denn als Zweig mit terminaler Ähre. Mit dem Sporo- phyll stimmt zunáchst die Stellung „genau an Stelle von Blättern.“ Ferner ist niemals eine Spur der angeblich unter den Sporangien ablastirten Blätter beobachtet worden, wohl aber von Al. Braun die Stellvertretung eines Blättchens durch ein Sporangium oder eines Sporan- giums durch das Blättchen, woraus sich viel eher auf Metamorphose homologer Theile schliessen lässt. Dass die Sporangien und die zwei Blättchen nicht in einer Blattebene stehen, sondern erstere den letzteren wie nach der Blattstellungsregel ausweichen, erklärt sich damit, dass die Sporangien schildfórmig-verticillat (ähnlich den Pollensäckchen von Taxus, nur ohne schildförmige Crista) zusammengestellt sind, somit das Sporophyll oberwärts radiären Bau erhalten hat, der dem radiären Bau eines Kauloms analog ist. Unzweifelhaft richtig ist ferner Strasburger’s Ableitung der Lycopodiaceen von den Ophioglosseen, bei denen wir die Ana- logien aufzusuchen haben. Ich habe schon im Vorhergehenden das phylogenetische Postulat nachzuweisen gesucht, dass das ursprünglichste Blatt der Gefässkryptogamen rein reproduktiver Natur war, ein Sporangium, oder in Folge weiterhin eingetretener Verzweigung ein ganzer Sporangienstand, und dass aus einem solchen reproduktiven Blatte erst durch Vegetativwerden oder Verlaubung desselben oder seiner Theile (seiner Blattglieder) das vegetative Blatt entstanden ist. Das sowohl vegetativ als reproduktiv ausgebildete Sporophyll entstand durch Verlaubung eines Theils des ursprünglichen rein reproduktiven Blattes. Wir finden ein solches Sporophyll bereits bei den ältesten Gefässkryptogamen, bei den Ophioglosseen, wir finden es aber auch, in einfacherer Form, bei den Psiloteen. Die 2—3 normalen Sporangien nehmen den Gipfel dieses Sporophylis ein, zwei tieferstehende Sporangien sind zu 2 vegetativen Blättehen verlaubt, sie können aber auch, wie Braun’s oben citirte Beobachtung zeigt, wieder als Sporangien ent- wickelt werden, was hiernach sicherlich als atavistische Erscheinung aufzufassen ist. Nun ver- gleichen wir den Sporangienstand von Psilotum mit einem Zweiglein des Sporangienstandes von Helminthostachys zeylanica. Ein solches Zweiglein trägt am Gipfel eine guirlstándige Gruppe von 3—4 Sporangien, tiefer am Stiel aber noch meist zwei einzelne Sporangien. Ein solches Blattzweiglein entspricht vollkommen dem Sporophyll der Psiloteen, wenn wir uns die 2 tieferstehenden Sporangien in Blättchen vegetativ umgebildet denken (was ja nach Braun’s obiger Mittheilung möglich ist), und wenn wir von dem aus mehreren Läppchen gebildeten Schildchen über der Sporangiengruppe von Helminthostachys abstrahiren oder dieses Schildchen nicht entwickelt*) denken. Ein Sporophyll von Helminthostachys auf ein einziges solches Blattzweiglein reducirt, giebt mit den entsprechenden geringfügigen und gewiss un- wesentlichen Modificationen das Sporophyll der Psiloteen. Wie lásst sich aber dieses Sporophyll der Psiloteen mit dem vegetativen, an seinem Grunde resp. in der Blattachsel ein Sporangium erzeugenden Sporophyll der typischen Lyco- podiaceen in Übereinstimmung bringen? Es besteht bekanntlich über das Sporophyll der Psiloteen eine zweite Ansicht, welche bereits von R. Brown (Prodr. Fl. Nov. Holl.), dann von Mohl (Morphologische Betrachtungen über das Sporangium der mit Gefässen versehenen *) Es lässt sich auch vermuthen, dass diese Läppchen, wenigstens phylogenetisch (vielleicht auch onto- genetisch ?), erst später über den Sporangien als eine Art Schleier nachgewachsen sind. 198 1. Dr. Lad. Čelakovský: Cryptogamen), von Payer (in seiner Botanigue cryptogamigue 1850), zuletzt auch von Luerssen (Medic. pharm. Botanik I. S. 639)*) vertreten wurde, welche aber von der Entwickelungs- geschichte nicht bestätigt wird, daher sie die modernen Genetiker als völlig abgethan betrachten. Nach dieser Auffassung ist das Sporophyll ein tief zweispaltiges Blatt, an dessen Basis ventral die Sporangiengruppe entspringt; es entspricht somit dieses zweispaltige Blatt dem Sporophyll eines Lycopodium, und die Sporangiengruppe der Psiloteen ist bei den Lyco- podieen auf ein einziges Sporangium reducirt. Welche von beiden Ansichten ist nun die richtige? Vom Standpunkt der Entwicke- lungsgeschichte allerdings die erstere, vom comparativen Standpunkt aus aber die letztere, oder es sind vielmehr beide berechtigt, obwohl sie einander zu widersprechen scheinen. Der scheinbare Widerspruch ist der nämliche, der uns auch bei der Deutung der Ligula resp. Fruchtschuppe der Araucariaceen beschäftigt hat, nachdem es sich einerseits herausgestellt hatte, dass die Ligula dem äusseren Integument der zum monomeren Carpid terminalen Samenknospe homolog ist, anderseits, dass sie den oberen Theil des Carpids selbst bildet, von welchem die hemichlamyde Samenknospe erzeugt wird. Die Lösung dieses Widerspruchs ergab sich durch das Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung, und dasselbe Gesetz muss auch zum Verständniss der Psiloteen herangezogen werden. Deren Sporophyll hat (durch Verlaubung zweier unteren Sporangien) zwei Blättchen gebildet, welche zwar gesondert ent- stehen, aber nach vorn convergirend, dort am Grunde verwachsen, sodass sie ein dorsales tief 2spaltiges Blättchen repräsentiren. Wenn nun dieser vegetative Theil des Sporophylis im Verhältniss zum reproduktiven (der Sporangiengruppe) von Anfang an kräftiger auftreten würde, so würde sich zunächst nach dem morphostatischen Gesetze der vegetative Blatttheil (gleichwerthig den zwei verschmolzenen Theilblättchen), und an seiner Basis ventral die Sporangiengruppe bilden, also die bei den Lycopodieen vorfindliche Entwickelung sich ein- stellen. Es ist also alles eins, ob wir das Sporophyll als einen Sporangienstand mit zwei (wenigstens am Grunde) verschmelzenden Seitenblättchen oder als ein vegetatives Blatt mit ventralem Sporangienstande betrachten. Das Kraftverhältniss und damit auch die Entwicke- lungsgeschichte sind veränderlich, bei den Psiloteen und bei den Lycopodieen sind beide um- gekehrt, und so erscheint bei den letzteren der vegetative Blatttheil, der als der kräftigere zuerst auftritt und das Sporangium aus dem gemeinsamen Basaltheil später und seitlich er- zeugt, als der Hauptkörper des ganzen Blattes, als das eigentliche Fruchtblatt, dagegen bei den Psiloteen erscheint der reproduktive Theil (Sporangiengruppe) früher und zur. ganzen Anlage terminal, der vegetative Theil dagegen später und seitlich als dorsaler, aus der Ver- einigung zweier normalen Seitenblättehen entstandener Blattabschnitt. Die Entstehung des dersalen vegetativen Theils aus 2 Theilblättchen des Sporophylis könnte befremden, allein im Grunde ist verschiedengradige Verschmelzung von Blattgliedern in einem zusammengesetzten *) Luerssen glaubte diese Ansicht durch seine „noch sehr lückenhaften“ entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen stützen zu können; nachdem aber Göbel (Bot. Zto. 1881 S. 688—694) die Entwicke- lungsgeschichte richtig gestellt hatte, gab ersterer seine frühere Ansicht auf und acceptirte leider die durchaus irrthümliche Deutung von Strasburger, Braun, Göbel ete., die auch sonst in jüngster Zeit manche Anhänger zählt. (Zuerssen Die Farnpflanzen, S. 4 und S. 782). Die richtige Deutung habe ich schon in der „Kritik“ gegeben, doch, wie zu ersehen, vergebens; desswegen wiederhole ich sie hier mit ausführlicherer Begründung. Die Gymnospermen. 129 Blattgliede oder ganzen Blatte etwas sehr Gewöhnliches (alle Theilung und Buchtenbildung der Blätter beruht darauf); so können denn auch zwei laterale Blättchen nach rückwärts zusammenrückend und verschmelzend einen dorsalen Blattabschnitt ergeben. Habe ich ja doch nachgewiesen *), dass sogar durch Verschmelzung zweier ursprünglich getrennten Blätter durch alle Übergangsstufen der Theilung schliesslich ein ungetheiltes Blatt hervorgehen kann. Die Psiloteen lassen sogar einen Schluss auf den Ursprung des doppelspreitigen Blattes der Ophioglosseen zu. Das Fruchtblatt ihrer nächsten Vorfahren (der Archiophio- glosseen) war, wie wir annehmen dürfen, einspreitig und rein reproduktiv; der dorsale vegetative Theil ist späteren Ursprungs und wird sich ebenfalls aus zwei nach rückwärts verschobenen und verschmolzenen, ursprünglich reproduktiven, jedoch verlaubten Seitenlacinien des Sporo- phylls gebildet haben. Das wäre also entgegengesetzt der Annahme Delpino’s, nach welcher ‘ die ventrale fruktifikative Spreite durch Verschmelzung zweier untersten Seitenlacinien des laubigen Theiles hervorgegangen wäre. Die Erkenntniss, dass der Sporangienstand der Psiloteen ein Sporophyll und kein Kaulomzweig ist, erweist sich damit besonders fruchtbar, dass sie den näheren Zusammenhang der Lycopodinen mit den Ophioglosseen mittelst der Psiloteen veranschaulicht und bekräftigt. Strasburger hat, wie bemerkt, bereits einmal (in Bot. Zeitung) dem Gedanken Geltung zu verschaffen gesucht, dass das ventrale Sporangium der Lycopodinen aus dem ventralen Blatt- segment der Ophioglosseen durch Reduction hervorgegangen ist. Es fehlte aber bisher jede Zwischenform bei den Lycopodinen selber, als welche sich nunmehr die Psiloteen darstellen, nachdem der Unterschied in der Entwickelung ihrer Sporophylle von jener der Sporophylle der Lycopodieen nach dem Gesetz der zeitlich-räumlichen Verkehrung erklärt und als unwesentlich nachgewiesen ist. Es dürfte also gerade Sirasburger diese Richtisstellung des angeblichen Kaulomzweigs der Psiloteen einleuchtend und willkommen sein. Wenn wir die Terminologie Delpino’s (Pleurosporie, Antisporie) annehmen und ver- vollständigen wollten, so würden wir die Stellung der Sporangien am Gipfel des Sporophylis der Psiloteen als Acrosporie bezeichnen müssen. Dieselbe Acrosporie zeigen dann auch die Staubblätter der Gnetaceen, wenn wir für die Pollensäckchen derselben die Benennung (phanerogame) Sporangien zulassen würden. Denken wir uns statt des terminalen Pollen- sáckchens von Gnetum einen terminalen Nucellus und unter diesem eine oder 2 Hüllen vom Fruchtblatt aus gebildet (deren innere dem 2spaltigen Bláttehen von Psilotum entspräche), so erhalten wir das Carpid der Taxaceen, denen also Acrospermie zukommt. Bei den Arau- cariaceen, deren äussere Hülle als Ligula verlaubt ist, geht die ursprünglichere Acrospermie in Hypospermie über. Es kommen also, wie ich schon in der Einleitung (S. 13) bemerkt habe, bei den Coniferen, und allerdings nur bei den Coniferen, zwei Arten von Placentation vor, welche Delpino’s Carpidentheorie nicht vorgesehen und irrthümlich für Fälle von Anti- spermie gehalten hat, nämlich die Acrospermie und Hypospermie. *) Über den Ahrchenbau der brasilianischen Grasgattung Streptochaeta Schrad. Sitzungsb. d. kgl. böhm. Gesellsch. d. Wiss. 11. Jänner 1889. S. 29 fi. — Ich muss hier der Wahrheit gemäss erwähnen, dass schon früher (in der Teoria generale della fillotassi 1883) Delpino Ähnliches beobachtet und für seine, Theorie verwerthet hat. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 17 130 1. Dr. Lad. Čelakovský: Da ich gerade die Blattnatur des Sporangienstandes der Psiloteen gegen die Deutung als Spross oder Kaulom vertheidigt habe, kann ich die Bemerkung hier nicht unterdrücken, dass so sehr viele morphologische Irrthümer darin bestehen, dass man fortwährend Blätter oder Blatttheile für Achsen (Kaulome) gehalten hat. Der unterständige Fruchtknoten musste rein axil sein, obwohl sich stets auch Carpiden an seiner Bildung betheiligen, die Placenten waren nach Schleiden und Payer axiler Natur, ebenso die Ovula in ihrem die Integumente tragenden centralen Theile, speciell auch die Ovula der Coniferen (als Blüthen betrachtet). Die Fruchtschuppe und der Arillus der Coniferen mussten ebenfalls axil sein, so auch das Sporophyll der Psiloteen, die terminalen Staubblätter (z. B. von Najas), und Vieles andere. Das rührt z. Th. daher, dass man gewöhnlich die Achse als das Primäre, die Blätter als secundäre Anhängsel (appendices) betrachtet; und doch sind die Blätter die morphologisch und als Reproductionsorgane oder wenigstens als Träger und Erzeuger der Reproductions- und Geschlechtsorgane auch physiologisch bei weitem wichtigeren und an den Blüthen vor- zugsweise betheiligten Pflanzenglieder, während die Kaulome, als blosse Träger der Blätter, meist eine untergeordnete Stellung im Pflanzenaufbaue, namentlich in den Blüthenbildungen, einnehmen. Die Homologie aber, welche Strasburger zwischen der von ihm statuirten weiblichen Coniferenblüthe (Ovularblüthe) und dem sporangientragenden Zweiglein der Psiloteen gefunden hatte, wird nicht aufgehoben, wenn das Zweiglein zum Sporophyll und die Coniferenblüthe zum Ovularcarpid wird. Beide sind ja Fruchtblätter, beide tragen ein terminales Sporangium oder eine terminale Sporangiengruppe, und unter diesen einen vegetativen Theil, hier zwei- theiliges dorsales Blättchen, dort Integument (oder zwei Integumente). Allerdings darf das Intesument des monomeren Coniferencarpids nicht mehr dem zweitheiligen Dorsalabschnitt der Psiloteen gleichgesetzt werden. Denn dieser Dorsalabschnitt ist homolog dem dorsalen Frucht- blatt der übrigen Lycopodinen (Lycopodium, Selaginella, Isoetes). Der Ligula von Araucaria (und der Araucariaceen überhaupt) entspricht er nicht, denn diese trägt das hemichlamyde Ovulum auf ihrer Unterseite, der dorsale Fruchtblattabschnitt seinen Sporangienstand (oder sein Sporangium) auf seiner Oberseite. Vielmehr ist die Ligula des monomeren Araucariaceen- carpids homolog der Ligula von Selaginella*) und Isoetes. Da bei letzterer auch ein Homo- logon des inneren Integuments als Velum ausgebildet ist, so ist hier diese Homologie so deutlich, dass sie bereits Zichler aufgefallen ist. Daraus ist zu ersehen, dass aus dem Dorsal- abschnitt der Psiloteen niemals das innere Integument (ehemals Strasburger’s Fruchtknoten) der Coniferen entstehen konnte. Das Fruchtblatt der Lycopodinen, welches bei Isoätes das vollständige Homologon eines Ovulums als besonderes Blattglied ventral erzeugt, ist eben nicht monomer wie das auf ein blosses Ovulum reducirte Carpid der Coniferen. Der bereits durchgeführte Vergleich *) Dagegen, dass auch die Ligula von Selaginella dieselbe Bildung ist, könnte eingewendet werden, dass sie in dieser Gattung auch am vegetativen Blatte als Stipularbildung auftritt, daher nicht mit der Ligula oder dem äusseren Integumente eines Conifereneichens identisch sein könne. Wenn man aber bedenkt, dass das Sporophyll früher da war als das rein vegetative Blatt, so wird man es auch begreiflich finden, dass die dem Ovulum zugehörende Ligula als vegetativer Theil auch nach dem Schwinden des Ovulum bleiben und den Charakter einer ventralen Stipula erhalten konnte. Die Gymnospermen. 191 zwischen dem Sporophyll der Psiloteen und einem, als ganzes Sporophyll gedachten, sporan- gientragenden Blattzweiglein von Helminthostachys führt zu demselben Resultat. Denken wir uns die von dem suprasporangialen Kranze vegetativer Blattláppchen bedeckte Sporangien- gruppe auf ein Sporangium mit einem Blattláppchen redueirt, aus den zwei unteren verlaubten Sporangien den Dorsaltheil gebildet, so wird das Blattläppchen als Excrescenz dieses Dorsal- theils erscheinen, wie die Ligula von Selaginella und Isoötes, der es auch homolog ist. Auch hieraus folst also, dass der zweitheilige Dorsalabschnitt der Psiloteen keinem Integument ho- molog sein kann, dass bei diesen jedes Homologon sowohl des äusseren Integuments (weil dort kein suprasporangialer Läppchenkranz entwickelt ist) als auch des inneren (welches Homologon nur bei Isoetes vorkommt, nicht aber bei Helminthostachys und Selaginella) noch fehlt. Nachdem also die Homologie des Fruchtblatts der Lycopodinen (auch von Isoětes) mit den Carpiden der Coniferen, welchen der Dorsaltheil (das eigentliche Fruchtblatt) der Lycopodinen fehlt, nicht vollkommen ist, so haben wir auch keinen Grund, das Coniferen- carpid vom Lycopodinenfruchtblatt abzuleiten. Es liesse sich zwar das monomere Ovularcarpid ebenso gut aus dem Lycopodinenfruchtblatt durch Schwinden des Dorsaltheils gewinnen, wie aus dem polymeren Cycadeencarpid durch Schwinden oder Reduction dessen oberen Theiles bis auf das unterste Blattglied. Allein die letztgenannte Ableitung ist schon darum bei weitem wahrscheinlicher, weil sie der Verwandtschaft zwischen Cycadeen und Coniferen gebührend Rechnung trägt, was nach der ersteren nicht der Fall ist. Es giebt aber noch andere Gründe, welche gegen die Abstammung der Coniferen von den Lycopodinen oder ihnen ähnlichen Vor- fahren sprechen. Aus den Sporophylle tragenden Achsen der heterosporen Lycopodinen (Sela- ginella, Isoětes) konnten phanerogame Blüthen desshalb nicht hervorgehen, weil an ihnen die männlichen Fruchtblätter oben, die weiblichen unten stehen, und so etwas lässt sich in Gedanken leichter als in Wirklichkeit umkehren; so wie denn auch im ganzen Bereiche der Phanerogamen nicht ein Beispiel bekannt ist, dass die normale vererbte Reihenfolge der Sexualblätter in der Zwitterblüthe (männliche unten, weibliche oben) umgekehrt würde. Die dichotome, in ganz anderer Beziehung zu den Blättern stehende Verzweigung als wie bei den Phanerogamen lässt auch die Abstammung der Coniferen von Lycopodinen als ganz unwahr- scheinlich erkennen. Kurz, die Lycopodinen (Dichotomen) sind offenbar ein ebenso begrenzter Zweig am phylogenetischen Stammbaum wie die Gymnospermen; keine Brücke führt von ihnen zu den Gymnospermen hinüber, und ihren Gipfelpunkt erreichen sie mit Selaginella und Isoötes, d. h. mit der Ausbildung der Mikro- und Macrosporangien. Das Prothallium und der Embryo von Selaginella zeigt zwar eine interessante Annäherung an die Bildung des Endosperms und Embryos der Phanerogamen, doch aber ist die Übereinstimmung nicht so gross und so voll- kommen, dass die Annäherung eher eine wahre genetische Homologie als eine blosse Stufen- Analogie anzeigen würde. Wir sahen, dass die Lycopodinen durch ihre Sporophylle auf die Ophioglosseen als nächste vorausgehende Stammverwandte zurückdeuten. Aber auch das Sporangienschild von Equisetum ist, wie das von Taxus, nur von einer Form mit zum Fruchtblatt randständigen Sporangien ableitbar, und zwar in gleicher Weise wie Taxus, und da sind es unter den Fili- 17* 132 1. Dr. Lad. Čelakovský: cinae wieder nur die Ophioglosseen, oder vielmehr deren náchste Vorfahren, welche ein der- artiges Carpid besitzen. Die Ophioglosseen setzen námlich wieder solche Vorfahren voraus, welche einfachspreitige, fiederspaltige Fruchtblátter mit Randsporangien trugen. Diese Archi- ophiglosseen waren es eigentlich, aus denen zunächst auf vorbesagte Weise durch Differenzirung in eine vegetative Spreite und in eine vollkommener reproduktive ventrale Blattfieder die Ophioglosseen und weiterhin die Lycopodinen *) entstanden, **) anderseits aber die Equisetaceen durch schildförmige Ausbildung der einfach bleibenden Sporophylle. Noch eine andere, in ihrem unteren Verlauf ausgestorbene aber höherstrebende Linie führt von den Ophioglosseen aus zu den Vorfahren der Phanerogamen, welche sich alsbald in den Zweig der Archigymnospermen und der Archiangiospermen spalteten. Eine sorgfältige comparative Würdigung der Verwandtschaftsverhältnisse, die Erwägung der hiernach möglichen phylogenetischen Umbildungen führt also zu dem von Darwin ange- nommenen monophyletischen Ursprung, sowohl der Gymnospermen, als auch der Ge- fässkryptogamen, jedoch in der Weise, dass die Entwickelung in verschiedenen Richtungen strahlenförmig je von einem ungemein entwickelungsfähigen, umbildbaren und eben darum längst entschwundenen, möglichst indifferenten Urtypus (Archiophioglosseen, Archigymnospermen) ausging, den wir aus den nächsten Verwandten dieses Urtypus nach vergleichend phylogene- tischer Methode unschwer in den Hauptzügen erkennen oder reconstruiren können, wesswegen auch diese Nächstverwandten, wie die Ophioglosseen und Cycadeen, welche die Ableitung aller übrigen Gruppen ermöglichen, eine hohe phylogenetische Wichtigkeit besitzen, da wir, wenn sie zufällig ausgestorben wären, ohne sie, wie ein Schiff ohne Compass, auf dem schwankenden Meere der phylogenetischen Speculation sicherlich zumeist lauter Odysseische Irrfahrten aus- führen oder gar Schiffbruch leiden müssten. Die von Strasburger supponirte Stammform der Gymnospermen, welche die Mitte zwischen Farnen und Lycopodiaceen halten sollte, ist nur als indifferentere Stammform beider Familien vorstellbar, und dies sind eben die Ophioglosseen oder deren Vorfahren, die Archi- ophioglosseen. Eine Stammform, welche blattbürtige Mikrosporangien und axilläre Makrospo- rangien besitzen würde, müsste aus einer Form mit geschlechtlich indifferenten Protosporan- gien hervorgegangen sein. Diese aber konnten doch, als gleichartig, gleich wie bei den übrigen Isosporeen, nur die gleiche Stellung zu ihren Fruchtblättern haben. Die Mikro- und Makro- sporangien müssten also ursprünglich entweder nur blattbürtig (wie bei den Rhizocarpeen) oder nur axillär (wie bei den Selacinellaceen) gewesen sein. Aus einem Carpid mit axillärem Sporangium ist aber kein Carpid mit blattbůrtigen (randständigen) Sporangien ableitbar, wohl aber ist das axilláre Sporangium selber aus einem ventralen Sporangienstande, wie ihn die Ophioglosseen besitzen, reducirt, was Sirasburger *) Phylloglossum, eine wahre Lycopodine, steht durch seinen einfachen Wuchs und seine Grundblätter immerhin den Ophioglosseen noch näher als die übrigen Lycopodinen. **) Die übrigen Farne übergehe ich hier, ihre Familien sind aber ebenfalls Ausstrahlungen vom Urtypus der Archiophioglosseen, durch weitere reichere Ausgliederung (Verzweigung) der Blätter, Umbildung der primären Sporangien (Eusporangien, Sporocysten) in Receptacula mit secundären trichomwerthigen Leptosporangien, Indusienbildung, Herabrücken der primären Sporangien und der Receptacula auf die Blattunterseite u- s. w. entstanden. Die Gymnospermen. 133 selbst vormals überzeugend nachgewiesen hat. Die hypothetische Stammform, die Lycopte- rideen, müsste also doch wieder aus einer ophioglosseenartigen Pflanze entstanden sein, welche nach geschlechtlicher Differenzirung der Sporangien im männlichen Geschlecht die vegetative Spreite gänzlich, im weiblichen aber die reproduktive ventrale Spreite zuletzt auf ein axilläres Sporangium reducirt haben müsste. Wir sehen aber, dass mit dieser gewiss möglichen Hypo- these für eine nähere genetische Beziehung der Gymnospermen zu den Lycopodinen selbst nichts gewonnen wäre, weil die axilläre Sporangienbildung bei den supponirten Lycopterideen zwar analog, aber ganz unabhängig von jener der Lycopodinen stattgefunden hätte. Übrigens wären die in dieser Weise von ophioglosseenartigen Farnen abgeleiteten Lycopterideen ebenso gut oder noch besser ein Postulat der Zichler’schen Coniferentheorie als der Strasburger'schen. Denn Eichler betrachtet ja die Ovula der Coniferen als axillär oder ventral zu den Fruchtblättern; die terminal achsenständigen der Taxeen und der Gnetaceen leitet er von diesen unter Annahme eines Ablasts des dorsalen Fruchtblattes ab. Wenn man aber mit Strasburger die Ovula (Makrosporangien) der Coniferen als schon ursprünglich und überall terminal achsenständig betrachtet, so müsste man eine Reduction der Blüthe auf ein Fruchtblatt und Ablast dieses Fruchtblattes schon bei den hypothetischen Lycopterideen an- nehmen. Die Cycadeen könnten aber von den Lycopterideen mit axillären Makrosporangien keineswegs abgeleitet werden, sondern sie müssten ihren Ursprung weiter zurück bei den Archiophioglosseen mit einfachspreitigen, Randsporangien tragenden Fruchtbláttern haben, und bei diesem verschiedenen Ursprung der zu den Cycadeen und zu den Coniferen führenden phylogenetischen Reihen unter den ältesten Gefässkryptogamen wären die vielfachen verwandt- schaftlichen Beziehungen der Coniferen und namentlich von Ginkgo zu den Cycadeen ganz unerklärlich. Schliesslich ist aber die ganze Voraussetzung, dass die Coniferenovula zu ihren Fruchtblättern ventral oder axillär oder aus solchen durch Schwinden des dorsalen Frucht- blatts abgeleitet wären, wie ich auf Grund der Anamorphosen und einer davon ausgehenden comparativen Deduction gezeigt habe, gänzlich unhaltbar und irrig. Zur phylogenetischen Ableitung der monomeren Carpiden der Coniferen und Gnetaceen bedarf es keiner Stammform mit axillären Makrosporangien, weder der Lycopodinen, noch der supponirten Lycopterideen ; jene stammen vielmehr, vermittelst der Cephalotaxeen, von cycasartigen polymeren Frucht- blättern der allen Gymnospermen gemeinsamen Stammform (Archigymnospermen) durch Reduction ab. Strasburger's letzter Ausspruch: „die Versuchung ist immer gross, die Coniferen an die Lycopodiaceen anzuschliessen“ lässt bereits vermuthen, dass auch dieser scharfsinnige und gedankenreiche Forscher an diesem Anschluss doch schon einigermassen zu zweifeln begonnen hatte. Das phylogenetische Verhältniss der Gymnospermen zu den Gefässkryptogamen muss nach Allem in folgender Weise gedacht werden. Die Gymnospermen und überhaupt die Phanerosamen schliessen sich, allerdings nicht unmittelbar, sondern durch Vermittelung ausgestorbener Zwischenstufen, an die niedrigsten Gefässkryptogamen, nämlich an die Ophioglosseen oder genauer an deren hypothetische aber nothwendig zu postulirende nächste Vorfahren, die Archiophioglosseen, an. Da diese, wie auch die jetzigen Ophioglosseen, isospor waren, müssen sich ihre Sporangien zunächst in Mikro- 134 1. Dr. Lad. Čelakovský : und Makrosporangien differenzirt haben. Dieser Differenzirungsprozess hat also wenigstens dreimal stattgefunden, einmal beim Ursprung der Rhizocarpeen, ein zweitesmal bei den Lyco- podinen, und ein drittesmal bei den Übergangsformen zwischen den Archiophioglosseen und den Phanerogamen. Aus diesen Übergangsformen (die man als kryptogame Prophanerogamen bezeichnen könnte) entstanden die ersten Phanerogamen*), welche ohne Zweifel gymnosperm waren und noch gleichgebaute Carpiden und Fruchtblätter, wie wir sie eben als nothwendiges Attribut der Archigymnospermen erkannt haben, und selbstverständlich in einer unten män- lichen, oben weiblichen Zwitterblüthe vereinigt, besitzen mussten. Von diesen allerältesten gymnospermen Phanerogamen müssen sich auch die Angiospermen abgezweigt haben, indem sich im weiblichen Geschlecht die Carpiden zum Fruchtknoten schlossen, wobei auch neue innere Prozesse im Keimsacke des Ovulums (nämlich eine Verspätung oder Verschiebung der Endospermbildung in ein späteres Stadium und Differenzirung der verfrüht gebildeten Arche- soniumzellen in Eizelle und Synergiden etc.) vor sich gingen; und indem im männlichen Geschlecht die Anthere durch sog. Überspreitung (Al. Braun) mittelst zweier ventraler pollen- bildender Exerescenzflügel bilamellär wurde, womit sich in anderer Form etwas Ähnliches wiederholte, wie bereits bei den Ophioslosseen, Rhizocarpeen, Lycopodinen durch Bildung einer dorsiventralen Doppelspreite. Wenn ich früher glaubte, dass die bilamellare Anthere der Angiospermen direkt von den Ophioglosseen vererbt sei, so sehe ich jetzt ein, dass dies nicht angeht, weil wegen der einfachspreitigen Anthere der Gymnospermen und auch wegen des ebenso einfachspreitigen Carpids der Gymnospermen und auch der Angiospermen die ersten durch Differenzirung der Sporophylle entstandenen Antheren ebenfalls unilamellar sein mussten, daher die Überspreitung erst mit den Anfängen der Angiospermen eingetreten sein kann. Damit wird aber die wesentliche morphologische Übereinstimmung zwischen dem doppel- spreitigen Sporophyll der Ophioglosseen und der bilamellären, dithecischen, 4fácherigen nor- malen Anthere der Angiospermen nicht aufgehoben. Der Unterschied aber, der doch immerhin zwischen den zwei freien Spreiten der Ophioglosseen und den zwei median zusammenhängenden Spreiten der angiospermen Anthere besteht, erklärt sich jetzt mit der hier und dort selbständig stattgefundenen Erzeugung des doppelspreitigen Blattes. Die Abstammung der Gymnospermen von den in der geschilderten Weise von den Archiophioglosseen abgeleiteten Archigymnospermen wäre selbst dann anzunehmen, wenn die Eichler'sche Excrescenztheorie der Coniferen begründet wäre. Denn da selbst dann, wie vorhin gezeigt worden, der Gedanke an einen phylogenetischen Zusammenhang der Coniferen mit den Lycopodinen (der männlichen Sexualblätter der Coniferen wegen) aufgegeben werden müsste (auch dann wäre die ventrale Excrescenz der Fruchtblätter der Coniferen nicht von jener der Lycopodinen, sondern selbständig von ophioglosseenartigen Vorfahren vererbt, die Homologie der Fruchtblätter von Iso&tes und Araucaria wäre nicht die Folge eines genetischen *) Ich bin nicht der Ansicht, dass es nöthig oder erspriesslich wäre, diesen durch Antiquität sanctio- nirten Namen durch einen anderen, wenn auch vielleicht bezeichnenderen Namen als Aerogamen, Siphonogamen zu ersetzen. Ich denke, dass auch solche allgemeinere systematische Benennungen, wenn sie nicht geradezu unrichtig sind, eine Art Prioritätsrecht haben. Unrichtig ist aber die Bezeich- nung Phanerogamen nicht, da doch wenigstens die Pollenbestäubung viel offenbarer ist als die den Wenigsten aus Autopsie bekannte Befruchtung am Prothallium der Gefäss-Kryptogamen. Die Gymnospermen. 135 Zusammenhangs, sondern nur einer analogen, aber getrennten Entwickelung der Coniferen und der Lycopodinen aus derartigen gemeinsamen Vorfahren), so bedürfte es auch keiner hypothetischen Lycopterideen, und die Exerescenz der Coniferen könnte selbständig am Fruchtblatt der Archigymnospermen, mit gleichzeitigem Steril- oder Vegetativwerden der Dorsalspreite, entstanden sein, so wie bei den ersten Angiospermen eine ähnliche, jedoch mit der Dorsalspreite vereinigte Exerescenz am Staubblatt sich jedenfalls neu gebildet hat. Damit wäre auch mit Beibehaltung der Excrescenzlehre den verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Cycadeen und Coniferen Rechnung getragen, was bei der auch sonst unmöglichen Ableitung der letzteren von den Lycopodinen, oder nach jener von den Lycopterideen Strasburger’s nicht der Fall ist. Dies sollte auch die Ansicht Delpino’s sein, denn dieser leitet des Ovulum oder Ovular-Carpid der Gnetaceen vom Fruchtblatt cycadeenartiger Vorfahren ab; so sollte er wohl den Anschluss der nahe verwandten Coniferen auch nicht wo anders, etwa bei Lyco- podinen unter Gefässkryptogamen, suchen. Die phylogenetische Ableitung des Ovulums der Gnetaceen bei Delpino ist richtig, aber die Ableitung der Ovula der Taxaceen kann keine andere sein, und da die Ligula resp. Fruchtschuppe der Araucariaceen späteren Datums und vom Ovularcarpid der Taxaceen erzeugt ist, so muss die Excrescenz oder antisperme Placenta Delpino’s, als ein (schon durch die Anamorphosen widerlegter) morphologischer Irrthum, und damit auch die soeben unter der Bedingung der Excrescenztheorie hypothetisch angenommene Ableitung zurückgewiesen werden. Die weitere Ableitung der jetzigen Gymnospermen aus den Archigymnospermen ist bereits im Verlaufe der gegenwärtigen Abhandlung mit hinreichender Ausführlichkeit ge- geben worden. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Gymnospermen und den Gefäss- kryptogamen glaube ich hiermit in befriedigender Weise, und zwar in Übereinstimmung mit der auf die richtig aufgefassten Anamorphosen der Abietineen basirten Auffassung der Coni- ferenblüthen, aufgedeckt zu haben; viel richtiger, als dies die Eichler’sche Ansicht zulässt, welche den Cycadeen und den Coniferen (nebst Gnetaceen), deren wahre Verwandtschaft nicht beachtend, einen verschiedenen Ursprung zuschreibt und die letzteren in unklarer Weise theils an die Lycopodinen, theils (wegen Taxus) an die Equiseten anknüpft. Der in der Ein- leitung (S. 8) erwähnte Vorwurf, dass die (von mir, wie von Mohl u. A. vertretene) Auffas- sung der Coniferenzapfen als ähriger Inflorescenzen die Beziehungen zwischen Gymnospermen und Gefässkryptogamen unberücksichtigt lässt, stellt sich damit als gänzlich unbegründet heraus. V. Anwendung der morphologischen Forschungsmethoden auf die Gymnospermen. Zum Schlusse will ich noch einige Worte der morphologischen Methode widmen, mit deren Hilfe die hier gegebene, in allem wesentlichen Detail ausgeführte und, wie ich fest glaube, unwiderleglich begründete Darlegung der bisher so unklaren, verwickelten und höchst verschiedenartig interpretirten morphologischen Blüthen-Verhältnisse und in Folge dessen auch eine klare phylogenetische Vorstellung über den Zusammenhang der Gymnospermen unter- 136 1. Dr. Lad. Čelakovský: einander und mit den Gefässkryptogamen ermöglicht wurde. Namentlich der Nachweis, dass die Carpiden der Coniferen und der Gnetaceen, wie auch die Staubblätter der Gnetaceen monomer sind, d. h. einzelnen Blattgliedern eines zusammengesetzten, polymeren Blattes, wie es die beiderlei Geschlechtsblátter der Cycadeen und aller Angiospermen sind, entsprechen, und dass die anfangs ebenso monomeren Carpiden der Araucariaceen sich durch einen Nachwuchs aus ihrer Oberseite (der im Grunde genommen auch dem Arillus der Taxaceen homolog ist) zu einer Carpidenschuppe ergänzen, welche das Ovulum (resp. die Ovula bei Cupressus) auf ihrer Unterseite trägt: diese für das Verständniss der Coniferen wichtigen Ergebnisse sind völlig neu und eine Frucht der angewandten Methode. Diese Methode besteht eigentlich nur darin, dass ich alle morphologischen Methoden in harmonischer Vereinigung angewendet und befragt habe. Ich habe bereits im J. 1874 in einem Festvortrag: „Über den Zusammen- hang der verschiedenen Methoden morphologischer Forschung“ („Lotos“ Octobernummer) drei Methoden oder Erkenntnissquellen (welcher Ausdruck vielleicht angemessener gewesen wäre) morphologischer Forschung hervorgehoben, nämlich die entwickelungsgeschichtliche Methode, die Methode des morphologisch-systematischen (phylogenetischen) Vergleichs und die Methode des Studiums der Abnormitäten (Anamorphosen). Dazu kommt aber noch die anatomische Methode. Al. Braun erwiderte hierauf in seiner Schrift über die Gymnospermie der Cycadeen, es gebe nur eine morphologische Methode, die comparative Methode. Dies ist insofern ganz richtig, als es ein gemeinsamer Charakter aller vier speciellen Methoden ist, dass sie ver- oleichend vorgehen, aber doch ist es etwas anderes, ob man die entwickelungsgeschichtlichen Stadien vergleicht, oder ob man die morphologische Ausbildung verschiedener verwandter Typen, oder die anatomischen Verhältnisse derselben, oder endlich die sich darbietenden ab- normen Anamorphosenreihen vergleichend untersucht. Noch weniger kann behauptet werden, dass es dieselbe Methode ist, ob man morphologische Probleme mit der Entwickelungsge- schichte, dem phylogenetischen Vergleich, den anatomischen Verhältnissen oder mit den Ana- morphosen zu lösen sucht. Das ersieht man am besten daraus, dass die Genetiker von Schleiden an bis auf den heutigen Tag nur die entwickelungsgeschichtliche Methode bedin- gungslos, den morphologischen Vergleich und die anatomische Methode nur theilweise und bedingt gelten und walten lassen, die Methode der Anamorphosen aber, welche ihre entwick- lungsgeschichtlichen Resultate oft unbarmherzig über den Haufen wirft, unbedingt verwerfen. Was nun die Gymnospermen, insbesondere die Coniferen betrifft, so sind bisher noch niemals alle vier Methoden gleichmässig zum Zwecke der Aufklärung ihrer morphologischen Blüthenverhältnisse verfolgt worden, und darin liest die Ursache des bisherigen theilweisen oder gänzlichen Misserfolgs, da nur die gleichmässige Benützung aller Methoden, die ich be- reits in dem citirten Festvortrag urgirt habe, zu einem richtigen Ziele führt. Die Berück- sichtigung nur einer Methode oder nur einiger derselhen, namentlich aber die Vernachlässigung oder ungenügende Untersuchung der Anamorphosen, muss zu einem mehr oder weniger un- richtigen Resultate führen. Die Entwickelungsgeschichte zeigt nur, wie sich die fraglichen morphologischen Ge- bilde bilden, aber nicht, was sie sind oder wie sie gedeutet werden müssen, was Eichler einmal, wo er noch so recht den comparativen Morphologen hervorkehrte und die Irrthümer der extremen Genetiker (die er dazumal in seinen Briefen etwas derber „die Entwickelungs- = Die Gymnospermen. 157 geschichtler“ nannte) blossstellen wollte, (bei seiner kritischen Besprechung der Untersuchungen Reuther’s über die Placenten) sehr treffend gesagt hat. Die Entwickelungsgeschichte zeigt z. B. in dem vorliegenden Falle, wie die Frucht- schuppe der Araucariaceen entsteht, aber ob sie ein Cladodium (flacher Zweig), ein Discus oder ein Verschmelzungsprodukt von Deckblättern oder Fruchtblättern ist, das kann man aus der Entwickelungsgeschichte nicht ersehen. Sie zeigt ferner, wie die Ovula der Coniferen sich bilden, aber sie lässt nicht erkennen, ob es wirklich nur Ovula oder sehr einfache Frucht- knoten sind, oder vielmehr, sie verführt sehr leicht dazu, die zwei Läppchen des Integuments für zwei Carpiden zu halten, und diese Auffassung wurde dann auch mit desto grösserer Be- stimmtheit als wahr vorgetragen, je rückhaltsloser man sich dem Glauben hingab, dass die wahre morphologische Natur aus der Entwickelungsgeschichte erkennbar sei. Diese Erfahrungen könnten doch die Genetiker, soweit sie vernünftigen Gründen zugänglich sind, von ihrem unbeschränkten Vertrauen in die Zuverlässigkeit entwickelungsgeschichtlicher Deutungen abbringen. Dennoch bin ich aber weit davon entfernt, der Entwickelungsgeschichte ihren grossen Werth absprechen zu wollen, was sich noch aus dem Folgenden ergeben wird, aber ich ver- lange, dass sie durch die Ergebnisse der anderen morphologischen Methoden controlirt, d. h. aufgeklärt werde, gebe jedoch hinwiederum zu, dass auch sie manches aufklären kann, was bei einseitiger Verfolgung der anderen Methoden unaufgeklärt bliebe. Den Werth des morphologischen (resp. phylogenetischen) Vergleichs, der eigentlichen Basis des vergleichenden Morphologen, bin ich am wenigsten geneigt in Abrede zu stellen, ja ich schätze ihn höher als die extremen Genetiker, welche sagen, dass er nur eine hypo- thetische Geltung habe, insolange als er nicht durch die Entwickelungsgeschichte gestützt und gerechtfertigt werde. Ich behaupte vielmehr, dass auch das Umgekehrte statthaben kann, indem- die entwickelungsgeschichtliche Deutung so lange hypothetisch bleibt, als sie nicht durch den morphologischen Vergleich (neben den Anamorphosen) als richtig (oder auch als unrichtig) erwiesen wird. Aber auch dem morphologischen Vergleich droht eine Klippe, nämlich die Gefahr, den richtigen Punkt, von dem der Vergleich auszugehen hat, zu verfehlen. Bei jedem erfolgversprechenden Vergleiche handelt es sich zunächst darum, dass man von einem möglichst ursprünglichen und unmittelbar sicher zu verstehenden Gebilde ausgeht und von da aus streng vergleichend auch die minder klar verständlichen, umgebildeten und redu- eirten Gebilde aufzuklären sucht. Es ist aber nicht immer leicht, den ursprünglicheren Fall herauszufinden. Die reducirten Formen erscheinen einfacher, und man wird leicht verleitet, sie für ursprünglich zu halten. Beispiele solcher Fehlsriffe bei der Wahl des Ausgangspunktes giebt es genug. Payer, der die morphologische Natur der Placenten ergründen wollte, ging auch vergleichend vor; er ging aber aus von dem zur Blüthenachse terminalen Ovulum und sagte: „siehe da, eine unzweifelhaft axile Placenta mit einer Gipfelknospe.“ Von hier aus ging er schrittweise weiter und musste zuletzt auch die randständigen Placenten als Achsen- gebilde betrachten, wobei sehr sonderbare Vorstellungen vom Baue des Fruchtknotens zu Tage kamen. Nicht die vergleichende Methode an sich trug die Schuld des Misserfolges, wohl aber die irrige Meinung, dass die Placentation des zur Achse terminalen Eichens primär und an. sich verständlich sei, während sie doch durch eine weitgehende Reduction der Ovula eines 18 Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 138 1. Dr. Lad. Čelakovský : Carpids auf ein Ovulum und ein phylogenetisch später auftretendes Einrücken des Ovulums in die verlängerte Richtung der Blüthenachse zu Stande kommt und erst dann richtig ver- standen wird, wenn man, namentlich wieder mit Hilfe der Anamorphosen, erkannt hat, dass das Ovulum ursprünglich und am häufigsten eine Sprossung des Carpidenblattrandes ist und unter allen Umständen einem Carpid angehört (wenn es nicht, wie einzig und allein bei den Coniferen und Gnetaceen, selbst ein reducirtes Carpid darstellt). Eichler wollte ebenfalls in vergleichender Weise die Natur der Zapfenschuppe und überhaupt der Blüthen der Coniferen erkennen. Es schien ihm, die Bedeutung der Zapfen- schuppe von Dammara und Microcachrys sei bei der Einfachheit ihrer Bildung unverkennbar, und doch haben wir diese Gattungen als am weitesten reducirte Endglieder zweier phylo- genetischen Reihen kennen gelernt, welche an sich durchaus unverständlich sind, wenn sie nicht durch die vorhergegangenen phylogenetischen Entwickelungsstufen und durch die Ana- morphosen aufgeklärt werden. Die so einleuchtend scheinende und dennoch falsche Annahme, dass das Ovulum von Dammara und Microcachrys in dem Deckblatt sein zugehöriges Frucht- blatt besitze, liess dann natürlich ein richtiges Resultat des darauf fortbauenden Vergleiches nicht zu. Die Fruchtschuppenexcrescenz ist also in ganz analoger fehlerhafter Weise gefunden und vergleichend dedueirt- worden, wie Payer's axile Placenten. Nicht besser erging es Strasburger (wie vordem auch schon Al. Braun), indem er von den Taxeen ausging, welche sich dazu schon darum wenig eisneten, weil ihre aus einem einzigen zum Blüthenspross terminalen Ovulum bestehende Blüthe unmöglich einigermassen ursprünglich sein konnte, vielmehr auf vorhergegangene Reductionen deutlich hinwies. Der morphologische Vergleich gerieth bei ihm darum auch alsbald auf einen Abweg, indem zu- fälliger Weise Cephalotaxus in der Blüthe zwei Ovularblätter und ein mittleres steriles Carpid besitzt, welche der zweiblüthigen Inflorescenz von Torreya ähnlich zu sein schienen, daher die Blüthe von Cephalotaxus aus der Inflorescenz von Torreya durch Schwinden der Vor- und Deckblätter abgeleitet und hiemit auch als eine Inflorescenz gedeutet wurde. Damit war etwas Unvergleichbares verglichen und der weitere folgenschwere Irrthum in die verglei- chende Deduction eingeführt worden, dass alle Ovula der Coniferen Blüthen, d. h. zu rudi- mentären blattlosen Achsen terminal seien. Aber auch dann, wenn der morphologische Vergleich den richtigen Anne gefunden hat, dieser aber selbst nicht gehörig aufgeklärt ist, kann der Vergleich sein Ziel, die Aufklärung aller verglichenen Gebilde, nicht erreichen. So z. B. ging Delpino ganz richtig von Ginkgo unter den Taxaceen und von den Abietineen unter den Araucariaceen aus, auch erkannte er ebenso richtig, dass die Podocarpeen und die Araucarieen reducirte, der Erklärung durch den Vergleich bedürftige Formen sind, aber was der Samenstiel von Ginkgo und was die Fruchtschuppe der Araucariaceen eigentlich ist, blieb ihm wegen Nichtbeachtung der Anamorphosen verborgen. Er nahm einfach an, die genannten Theile seien ventral-basale Excrescenzen des Fruchtblatts, nur weil ihm der Vergleich mit dem ventralen Blattabschnitt der Ophioglosseen, Rhizocarpeen, Lycopodieen gefiel, ohne einen weiteren Beweis dafür, dass diese Annahme auch wahr ist, für nöthig zu halten. Auch die anatomische Methode, auf welche sich Van Tieghem so viel zu gute thut, dass er über ihr alle anderen Methoden, selbst die entwickelungsgeschichtliche, vernachlässigt, a Pe: i ONE Die Gymnospermen. 139 kann für sich kein vollkommen unanfechtbares Resultat in schwierigen Fragen ergeben. Es ist zwar Van Tieghem’s und seiner Methode Verdienst, durch den Nachweis der beiden Bündel- systeme in Deckblatt und Fruchtschuppe zuerst gezeist zu haben, dass die Zapfenschuppe auch bei den Cupressineen, Taxodieen, Araucarieen, wo sie einfach zu sein schien, aus zwei diversen Theilen besteht, aber was die innere Fruchtschuppe eigentlich ist, war damit nicht erwiesen. Aus der Lage der Gefässbündel in einer Ebene und mit dem Gefässtheil nach aussen ergab sich nur soviel, dass die Fruchtschuppe ein Blattgebilde ist, welches seine morpholo- sische Oberseite gegen das Deckblatt gerichtet hat. (Der Discus und das Cladodium war hiermit abgewiesen.) Ob aber dies Blattgebilde einem axilen Basaltheil aufsitzt, oder nicht, ob also die ganze Fruchtschuppe ein Spross oder eine Excrescenz des Deckblatts ist, und ob im ersteren Falle nur ein Blatt vorliegt, wie Van Tieghem wegen der äusserlichen Einfach- heit des ganzen Gebildes sofort annahm, oder (wie in der Doppelnadel von Sciadopitys) mehrere collateral verschmolzene Blätter (was doch schon vorher Braun und Caspary gefunden haben wollten), das liess sich mit der anatomischen Methode nicht entscheiden. Und wenn auch der Eintritt zweier Gefässbündel aus der Zapfenachse in die Fruchtschuppe der Abie- tineen, Cupressineen und Taxodieen, wie in normale vegetative Achselsprosse, für die Spross- natur der Fruchtschuppe geltend gemacht werden konnte, so sprach doch wieder die Abtren- nung der Fruchtschuppenbündel vom Deckblattbůndel bei den Araucarieen mehr für eine Excrescenz. Vom Standpunkte der anatomischen Methode allein liess sich nicht sagen, welches Verhalten das ursprünglichere und für die morphologische Bedeutung maassgebende sein möchte. Was die vierte Methode, die der Anamorphosen*) oder die teratologische betrifft, so werde ich das bereits früher über sie Gesagte nicht wiederholen; es genügt hier darauf hin- zuweisen, dass der hier gegebene Aufschluss’ über den wahren Werth der weiblichen Blüthen- theile der Coniferen und die schönen Homologien bei diesen und den Gymnospermen über- haupt ohne Kenntniss und genaue Berücksichtigung der Anamorphosen sowohl der Coniferen- zapfen als auch der Ovula niemals möglich gewesen wäre. Alle drei vorgenannten Methoden *) Der Ausdruck Anamorphosen scheint den heutigen Botanikern ziemlich fremd zu sein. Er wird nirgends gebraucht, und nachdem ich ihn in meiner „Kritik“ wieder angewendet hatte, wurde er von Eichler in dessen Entgegnung nur mit Gänsefüssen citirt. In Willkomm’s Anleitung zum Studium der wissenschaftlichen Botanik (1854) I. Th. S. 494 werden die Anamorphosen als „Umbildungen von Organen höherer Ordnung in Organe niederer Ordnung“ bezeichnet, nämlich als Produkte der ab- normalen rückschreitenden Metamorphose, und werden dort zehn Gruppen von Anamorphosen beson- ders aufgeführt. Ich halte es für nothwendig, den Terminus Anamorphose wieder zur Geltung zu bringen, weil die Bezeichnung Abnormität, Bildungsabweichung, Monstrosität einem sehr weiten Be- griffe dient, indem z. B. auch Gallen und andere krankhafte Umbildungen, durch Parasiten etc. ver- anlasst, dahin gezählt werden, welche für die normale Morphologie ohne Werth sind. Ich rechne aber zu den Anamorphosen nicht bloss rückschreitende, sondern auch vorschreitende Metamorphosen (&ve& bedeutet vorwärts und auch zurück), weil diese ebenso verwendbar für die Morphologie sein können, wie die rückschreitenden. Zu den rückschreitenden Anamorphosen zählt z. B. Willkomm auch die Umbildung von Blättern und Blatttheilen, sowie von Achsen in Ranken und Dornen. Die Rückbildung dieser wäre also vorschreitende Metamorphose, allein auch diese, welche gerade zur Aufklärung der Ranken und Dornen so wichtig ist, begreife ich unter den Anamorphosen, worunter ich also abnorme Umbildungen meist regressiver aber auch progressiver Art, sofern sie auf Meta-. morphose (im gebräuchlichen Sinne) beruhen, verstehe. 18* 140 1. Dr. Lad. Čelakovský : einzeln und zusammengenommen sind nicht in Stande, zwischen den sonst vorhandenen Auf- fassungen Strasburger’s, Eichler’s (und Delpino’s) und Van Tieghem’s eine befriedigende Ent- scheidung herbeizuführen, resp. das Wahre und Falsche in denselben nachzuweisen. Nur die Anamorphosen konnten die Zusammensetzung der Fruchtschuppe der Abietineen aus Frucht- blättern lehren, nur das vorangegangene richtig gedeutete Studium der Anamorphosen des Ovulums konnte Anhaltspunkte liefern, um die Homologie der Ligula mit dem äusseren Integument, sodann die Umkehrung der Gefässbündel im Integument von Cephalotaxus und Podocarpus und die Identität dieses Integuments mit beiden Integumenten der dichlamyden Ovula u. s. w. zu verstehen. Bei den Taxaceen leisteten in Ermangelung eigentlicher Ana- morphosen wenigstens die abnormen Variationen in Zahl und Stellung der Ovular-Carpiden vortreffliche Dienste. Vielleicht wird das mit den Abnormitáten bei den Gymnospermen ge- wonnene Resultat Manchen, der bisher den Abnormitäten skeptisch gegenüberstand und nicht gar zu sehr in sein irriges Vorurtheil verstrickt ist, dazu bestimmen, diese Methode mit günstigeren Augen anzusehen. Aber auch die Methode der Anamorphosen hat ihre Grenzen, und zwar ziemlich eng gesteckte Grenzen. Die Abnormitáten, welche auf reiner, zumal retrograder Metamorphose beruhen und zusammenhängende Übergangsreihen bilden (und nur diese haben morphologischen Werth und bieten die erforderliche Sicherheit), entstehen allzu selten und nur bei gewissen Pflanzen. Bei den meisten sind die metamorphen Gebilde bereits so starr und unwandelbar, dass sie durch physiologische Ursachen nicht ins Schwanken gerathen und keine, weder retro- grade, noch progressive Metamorphosen eingehen können. So z. B. sind nur bei wenigen Abietineen (Picea, Larix, Pinus) unter den Coniferen brauchbare Anamorphosen bekannt, hier freilich in einer völlig befriedigenden Vollständigkeit: Was von Zapfendurchwachsungen der Taxodieen und Cupressineen bisher berichtet worden, ist für die morphologische Erkenntniss wenig zu verwerthen, und von den Araucarieen, sowie von den Taxaceen sind überhaupt keine Anamorphosen bekannt. Die Abietineen sind zwar durch ihre eigenen Anamorphosen aufgeklärt, aber von ihnen aus ist ein Schluss auf die übrigen Araucariaceen ohne Zuziehung der übrigen morphologischen Methoden unsicher und auf die Taxaceen vollends unmöglich. Darum muss dann die durch die Anamorphosen wenigstens in einem bestimmten Falle aufgeklärte ver- gleichende Entwickelungsgeschichte und der mit einem sicheren Ausgangspunkte versorgte morphologische Vergleich zur weiteren Untersuchung herangezogen werden. Dank den Untersuchungen Sirasburger’s über Entwickelungsgeschichte und Gefäss- bündelverlauf in den Zapfen und Blüthen der Coniferen war es möglich, im Verlaufe dieser Studie unter Berücksichtigung des morphologischen Vergleichs und der Anamorphosen, also mittelst aller vier Methoden, ein in morphologischer und phylogenetischer Beziehung befriedi- gendes Resultat zu gewinnen. Die schwierigste Frage der Morphologie der Gymnospermen, nämlich die Beschaffenheit der weiblichen Coniferenblüthen, konnte in dieser Weise allein ihrer Lösung zugeführt werden. Die Anamorphosen waren der Schlüssel, mit dem der Eingang zu allem weiteren Verständniss erst geöffnet werden musste, der feste Grund, auf dem der übrige Aufbau ruhen musste, wenn dieser nicht wieder zusammenstürzen sollte, die einzige Bresche, durch welche man in die spröde Festung der Blüthenmorphologie der Coniferen eindringen konnte. Der Vergleich der Anamorphosen mit der Entwickelungsgeschichte der Die Gymnospermen. 141 Abietineenblüthe liess zunächst die Zusammensetzung dieser Blüthe aus 2 fertilen und einem sterilen Carpid erkennen und ergab die richtige Vorstellung des für alle Araucariaceen, die mehr als ein Carpid besitzen, so charakteristischen Symphyllodiums. Der weitere Vergleich der bereits aufgeklärten Abietineenblüthe mit dem Achselprodukt der Cephalotaxeen, insbe- sondere der beiderseitigen Entwickelungsgeschichte, und die Berücksichtigung der abnormen Variationen des ovulatragenden Stieles von Ginkgo lehrten sodann, dass die beiden Ovula dieser axillären Blüthe die Carpiden repräsentiren, und dass diese Carpiden, da ein Ovulum überall den Werth eines Blattgliedes hat, auf ein einziges Blattglied reducirt oder monomer sind. Weiterhin führte der Vergleich des Ovulums von Gingko mit dem einer Cycas zu der phylogenetisch werthvollen Vorstellung, dass das monomere Ovular-Carpid der Cephalotaxeen durch Reduction aus dem polymeren Fruchtblatt einer cycasartigen Pflanze entstanden sein müsse. Unter Berücksichtigung der Entwickelungsgeschichte, des Gefässbündelverlaufs, des systematischen Vergleichs der Blüthen und der Sprossverhältnisse konnte es nicht zweifelhaft sein, dass auch die Ovula der Podocarpeen und Taxeen monomere Carpiden sind und dass die Blüthe der Podocarpeen als ein monomerer Spross oder ein Sprossglied mit dem zuge- hörigen einen Ovularcarpid anzusehen ist. Die Einsicht in das phylogenetische Verháltniss der Araucariaceen zu den Taxaceen wurde damit gewonnen, dass sich die bei den Dammareen in Einzahl vorhandene Ligula (sowie die in den übrigen Araucariaceengruppen zur Frucht- schuppencrista verschmolzenen Ligulae) als homolog mit dem Arillus oder äusseren Integument der Taxeen und Podocarpeen herausstellte, indem nachweislich diese Ligula als Verlaubungs- form aus dem Arillus der ursprünglicheren Taxaceen hervorging, analog der Grundspreite verlaubter Ovula der Angiospermen. Der Vergleich der Anamorphosen des Angiospermen- Ovulums ergab also, dass die am letzteren abnormale Bildung am Ovulum der Araucariaceen in normaler Weise stattgefunden hat. Dass aber auch bei den Taxodieen, Cupressineen und Araucarieen die Fruchtschuppe resp. Ligula, obzwar sie mit dem Deckblatt vollkommener verschmolzen ist, dieselbe Bedeu- tung hat wie die der Abietineen, dass sie nämlich mit ihrem Ovulum oder ihren Ovulis ebenfalls die weibliche Blüthe darstellt, erschien nicht nur als ein nothwendiges Postulat einer einheitlichen Auffassung der gesammten Araucariaceen und der Coniferen überhaupt, sondern es wurde auch wieder durch das übereinstimmende Zeugniss aller vier morphologischen Erkenntnissquellen, ja sogar durch die unmittelbare Anschauung (Cryptomeria) unzweifelhaft nachgewiesen. Eine Bestätigung dessen, dass in dieser Weise der Blüthenbau der Coniferen richtig erfasst wurde, lieferte noch der Nachweis einer durchgängigen Harmonie in den Sprossver- hältnissen beider Coniferenfamilien. | Dass die monomere Reduction der Carpiden bei den Coniferen und Gnetaceen kein eitles Phantasieprodukt ist, dafür konnte auch noch der Nachweis der analogen monomeren Beschaffenheit der Staubblätter der Gnetaceen erbracht werden. Auch ermöglichte die Er- fassung der gleichartigen Reduction der männlichen und weiblichen Sexualblätter bei den Gnetaceen eine begründete und für die phylogenetische Einsicht erspriessliche Vorstellung von der gemeinsammen Stammform der Gymnospermen (Archig 'ymnospermen). So darf ich wohl auch den Nachweis eines monophyletischen Ursprungs aller Gymnospermen, ihres phylo- 142 1. Dr. Lad. Čelakovský: Die Gymnospermen. genetischen Zusammenhangs unter einander und mit den Gefässkryptogamen als ein befriedi- sendes Resultat der in dieser Studie befolgten allseitigen morphologischen Methode betrachten. Die in morphologischer Hinsicht so wenig geschätzte Teratologie hat aber an diesem letzteren Resultat einen hervorragenden Antheil gehabt, und so bewährte sich glänzend der oben (S. 17) eitirte Ausspruch St, Hilavres: „wie sehr dem Naturforscher die Teratologie nützlich ist, nicht nur um ihn zu einer praeciseren Bestimmung der Gesetze der Organisation anzuleiten, sondern auch um die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Pflanzen aufzuklären.“ Zu dem hier nochmals mit äusserster Kürze in den Hauptpunkten skizzirten Ergebniss hat uns also die gleiche Berücksichtigung aller vier morphologischen Methoden geleitet, und eben darin, dass alle vier, indem sie einander gleichsam in die Hände arbeiten, ihre Vorzüge summiren, in ihren Schwächen einander wechselseitig beispringen, liest die Gewähr des rich- tigen Erfolges, eines in allen Einzelnheiten harmonirenden Gesammtergebnisses. Wenn ich — dies möge zum Schlusse noch gestattet sein zu bemerken — in dieser Darstellung mehr, als mir lieb war, ausführlich und stellenweise weitschweifig sein und mir manche vom eigentlichen Thema ableitende Ausblicke erlauben musste (die sonst viel kürzer hätten ausfallen können): so möge dies damit entschuldigt werden, dass ich mich auf manche neue und in der gangbaren Morphologie noch ungewohnte Anschauungen stützen, manche hinderliche Vorurtheile wegzuräumen suchen und namentlich Methode und Ergebnisse der hieher gehörigen Anamorphosen abermals vertheidigen und rechtfertigen musste. Grössere Zusätze. Auf S. 3 nach Z. 12 von unten ist einzuschalten: Denn er musste zuletzt doch einsehen, dass der Zapfen von Dammara und die Beeren- zapfen der Podocarpeen keine einfachen Blüthen sein können, wenn der Zapfen der übrigen Araucariaceen, wie die Zapfendurchwachsungen bewiesen hatten, eine Ähre ist. Dann aber musste das Ovulum von Dammara und den Podocarpeen die ganze Blüthe sein, was ja auch bei den Taxeen vollkommen evident ist. Durch Verallgemeinerung dieses an sich richtigen Resultats gelangte sodann Braun dazu, die Ovula der Coniferen, die ihm ohnehin für Sprosse galten, überhaupt für deren weibliche Blüthen und desshalb die Blätter, aus welchen die Frucht- schuppe der Araucariaceen besteht, als deren Deckblátter anzusehen. Die Vorstellung phylo- genetischer Reduction war ja damals der Morphologie noch fremd. Auf S. 8 nach Z. 15 von oben möge eingeschaltet werden: Ich verfiel damit ziemlich in denselben Fehler, den bereits Al. Braun (Polyembryonie 1860) begangen hatte, indem er bei den meisten Araucariaceen zwar richtig die Fruchtschuppe aus Carpiden bestehend anerkannte, aber bei Dammara und Phyllocladus wegen augenschein- lichen Mangels einer Fruchtschuppe irrthümlich die Deckblätter als die wahren Carpiden deutete. Auf S. 14 nach Z. 11 von oben hat zu folgen: Um eine bessere Übersicht über die verschiedenen hier besprochenen Ansichten und Theorien zu gewinnen, kann man die verschiedenen Auffassungen der weiblichen Coniferen- blüthen füglich in drei Kategorien bringen, nämlich: I. Der sog. Zapfen (holziger Zapfen oder Beerenzapfen) ist eine ährige Infio- rescenz; die (äusseren oder einzigen) Zapfenschuppen sind blosse Brakteen, ihr Achsel- produkt ein Spross. 1. Das ganze Achselprodukt der Brakteen dieser Ähren, also auch die Fruchtschuppe mit den Eichen, ist die Blüthe. Die Fruchtschuppencrista ist ein Carpid (so überall nach Vam Tieghem) oder meistens ein Verschmel- zungsprodukt mehrerer Carpiden, welchen die Ovula zugehören (Al. Braun früher, Caspary, Engelmann). Die fruchtschuppenlose Blüthe (Taxaceen, Dammara) ist bisher nicht sicher und allgemein richtig gedeutet, das anscheinende Fehlen der Carpiden nicht aufgeklärt. 2. Jedes einzelne Ovulum ist eine Blüthe; Carpiden fehlen oder sind in der Hülle des Ovulum zu suchen. Das ganze Achselprodukt ist hiernach nur dort eine Einzelblüthe, wo nur 1 Eichen vorhanden ist; wo es mehrere Oyula trägt, ist es eine kleine secundane Inflorescenz. Die Fruchtschuppe wird entweder (Al. Braun’s zweite Ansicht) als Verein der Blüthendeckblätter, oder als Achsengebilde und dann entweder als 144 1. Dr. Lad. Čelakovský: Discus der Blüthenachse (Strasburger) oder als Cladodium (Baillon) gedeutet. Das Ovulum selbst gilt entweder als solches, terminal zu einer hypothetischen Achse (Braun und Eichler, Strasburger später) oder als Frucht- knoten (Baillon, Strasburger früher). III. (3.) Der Zapfen ist selbst die weibliche Blüthe; die Zapfenschuppen (resp. die äusseren Schuppenblätter) sind die Carpiden, welche die Ovula direkt oder auf einer ventralen Excrescenz (Fruchtschuppe, antisperme Placenta) erzeugen. Wo die Fruchtschuppe nur oberwärts vom Carpid sich absondert, hat sie sich noch nicht vollkommen aus dem Carpid individualisirt (Zichler), oder ist sie umgekehrt vollkommener mit ihm verschmolzen (Delpino). Es wird sich zeigen, dass von den drei principiell verschiedenen Auffassungsarten die erste (I. 1.) auf Wahrheit beruht. Die zweite (II. 2.) kommt der Wahrheit noch einiger- massen nahe, während die dritte ihr gänzlich zuwiderlauft. Und zwar hat bereits 1860 Al. Braun die richtige Erklärung der weiblichen Blüthen der gesammten Araucariaceen (ausge- nommen Dammara), 1869 Van Tieghem die ganz richtige Deutung derselben Blüthen bei den Podocarpeen und bei Dammara gegeben. Die wenigen übrigen Taxaceen (Taxeen und Cephalo- taxeen), welche diese beiden Autoren noch nicht genau genug oder nicht ganz richtig erkannt hatten, hätten dann in Übereinstimmung mit den vorgenannten Coniferen unschwer gedeutet werden können, was aber nicht geschah. Es bestätigt sich auch hier wieder einmal die alte Erfahrung, dass die Wahrheit zwar frühzeitig, aber nicht vollständig genug erkannt, und dann wegen unzulänglicher Begründung von späteren irrthümlichen Ansichten selbst nach gründ- licher empirischer Forschung zurückgedrängt wird. Auf 8. 32. nach Z. 8 von oben ist einzuschalten: Eichler berief sich zum Erweise der Excrescenznatur der Fruchtschuppe unter anderem darauf, dass selbst bei den Abietineen die Fruchtschuppe mit der Basis des Deckblatts ver- einigt ist. Auch dieses Argument wird aber hinfällig, wenn man nicht bloss die grösseren oberen Zapfenschuppen, sondern auch die kleinen untersten Fruchtschuppen beachtet. Ein empfehlenswerthes Demonstrationsobjekt sind die Zapfen des Lärchbaums. Die Deckblätter der. kleinen untersten Fruchtschuppen derselben sind nadelfórmig, und die Nadel fällt vom stark angeschwollenen und verbreiterten Blattkissen ab. Auf einem scharfen Längsschnitt durch dieses Blattkissen und die darüber stehende (sterile) Fruchtschuppe sieht man letztere deutlich in der Axille des Blattkissens auf der Zapfenrhachis ingerirt, also gleich der normalen Achsel- knospe aus der aufsteigenden Blattspur, d. h. aus der Achse, entsprungen, so dass schon der gleiche Ursprungsort die Homologie der Achselknospe und der Fruchtschuppe bezeugt. Dass gegen den Gipfel des Zapfens die Vereinigung an der Basis des Deckblatts und der Frucht- schuppe zunimmt, entspricht der allgemeinen Regel. Auch bei den Cupressineen (z. B. Thuja, Thujopsis, Chamaecyparis) sind Deckblatt und Fruchtschuppe im oberen Theile des Zapfens noch inniger verschmolzen als am Grunde desselben, sodass sich die Blattränder des Deck- blatts an den zwei untersten Schuppen viel weiter bis gegen die Basis hin verfolgen lassen, und der freie Gipfeltheil der Fruchtschuppe grösser entwickelt ist als an den oberen Zapfen- schuppen. Auf S. 32. nach Z. 1 von unten: Dem hier erläuterten morphologischen Baue des Symphyllodiums entspricht auch der oft besprochene anatomische Bau. Eichler hat freilich gegen die Sprossnatur der Fruchtschuppe den auch von Pax (Allgem. Morphol. d. Pflanz. S. 261) gebilligten Einwurf erhoben, dass die x Die Gymnospermen. 145 Orientirung der Gefässbündel und ihre Anordnung in einer Ebene wohl einem Blattorgan, nicht aber einem Spross entspricht. Aber die Fruchtschuppe ist ja zum allersrössten Theile ein Blattorgan, sie besteht ja, einen minimalen basalen Achsentheil abgerechnet, aus collateral verschmolzenen Blättern oder, bei Araucaria, aus einem einzigen Blatt. Es treten in den Achsentheil der Fruchtschuppe, wie gewöhnlich, 2 Bündel ein, welche sich weiterhin, bereits im blattwerthigen Theile derselben, in einer Ebene weiter verzweigen. Der obige Einwurf würde also nur einen normalen Spross mit radial angeordneten Stengelgliedern und Blättern und mit terminalem Vegetationspunkt, oder auch ein Cladodium mit Recht treffen, aber das Symphyllodium trifft er nicht. Überhaupt ist es zu verwundern, dass ein solcher Einwurf ent- stehen und Beifall finden konnte, nachdem das als Doppelnadel bei Sciadopitys bekannte und von den Morphologen (auch von Eichler) anerkannte Symphyllodium dieselbe Lage der (aller- dings wegen Schmalheit der 2 verschmolzenen Blätter nicht weiter verzweigten) Gefässbündel zeigt. Jener Einwurf wäre nur bei Delpino berechtigt, welcher das Symphyllodium (Spross) bei Sciadopitys auch nicht anerkennt, sondern die Doppelnadel, gleich der Fruchtschuppe, als Excrescenz ihres Deckblatts betrachtet, worin ihm aber noch Niemand beigepflichtet hat, und auch kaum beipflichten wird. Auf S. 53. nach Z. 15 von unten: Wenn Fax (Allgem. Morph. S. 260) sagt, dass die Ansicht, nach welcher der Coni- ferenzapfen eine Inflorescenz ist, ihre Zuflucht zu einem weitgehenden Abort nehmen muss, so ist unter „Abort“ vielmehr „Reduction“ zu verstehen, was nicht dasselbe ist. Wir haben selbst für die Podocarpeen gar keinen Abort nöthig gehabt, wohl aber eine weitgehende Re- duction, welcher Prozess im phylogenetischen Entwickelungsgange sicherlich eine grosse Rolle gespielt hat, und ohne dessen Anerkennung eine rationelle phylogenetische Morphologie nicht möglich ist. Auf S. 57. nach Z. 3 von oben: Den späteren Auseinandersetzungen vorgreifend, wäre hier noch die interessante That- sache zu bemerken, dass die weiblichen Blüthensprosse der Coniferen, als mehr oder weniger (im Vergleich mit den Cycadeenblüthen) reducirte Sprosse, allen drei mehr abnormalen Spross- kategorien angehören, und dass ein normaler Blüthenspross, mit mehreren decussirten Ovular- carpiden, nur ausnahmsweise bei Ginkgo vorkommen kann. Zur ersten Kategorie, mit de- cussirten Vorblättern und einem terminalen Carpid, gehört der Spross der Taxeen, in die zweite Kategorie, mit mehreren Carpiden aber ohne Vegetationspunkt, gehören die Blüthensprosse der Cephalotaxeen und fast aller Araucariaceen, der dritten Kategorie monomerer Sprosse gehören die Blüthen der Podocarpeen und der Dammareen (Araucarieen Eichler’s, nämlich Araucaria und Dammarä) an. Auf S. 71 nach Z. 3 von oben ist einzuschalten: Diese Verschmelzung ist auch etwas, was den Anhängern der Exerescenztheorie an unserer Auffassung der Coniferenzapfen nicht gefällt. So rechnet Pax (l. c. S. 260) unter die Schwierigkeiten, mit denen diese Auffassung nach seiner Meinung zu kämpfen hat, auch den Umstand, dass sie, „an sich complieirter als die Zichler’sche Deutung, zu weitgehender congeni- taler Verwachsung ihre Zuflucht nehmen muss“, als ob so eine Verschmelzung irgendwie be- denklich oder beispiellos wäre, Muss ja doch eine morphologische Erklärung z. B. des Erlen- Matheuatisch- naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 19 146 1. Dr. Lad. Celakovsky: zapfens zu einer ganz ähnlichen Verschmelzung ihre Zuflucht nehmen. Mit demselben Recht oder Unrecht, mit dem die Excrescenztheorie die Zapfenschuppe einer Cupressinee oder Taxo- diee (namentlich Cryptomeria) für ein Blatt mit einer ventralen Excrescenz ausgiebt, könnte (freilich von der Orientirung der Gefässbündel abgesehen) die Zapfenschuppe von Alnus als ein Blatt mit 4lappiger ventraler Excrescenz gedeutet werden, denn die 4 Vorblätter, die sogar zweierlei verschiedenen Achsen zugehören, sind unter sich und mit dem Deckblatt ebenso verschmolzen, wie die Carpiden einer Cupressinee oder Taxodiee, die doch nur einer Blüthenachse zugehören. Die Verschmelzung des Deckblatts mit den Blättern seines Achsel- sprosses ist also durchaus nichts so Besonderes, so Unerhörtes. Überhaupt sollte doch schon einmal die Scheu vor congenitalen Verschmelzungen, welche im Pflanzenreiche äusserst häufig vorkommen, ein Ende nehmen. Was aber den Vorzug der Einfachheit der Exerescenztheorie bei den Coniferen betrifft, so ist das ein imaginárer Vorzug, weil die Dinge in Wesenheit oftmals nicht so einfach sind, als sie zu sein scheinen, Auf S. 71. Z. 11 von oben nach nachzuweisen ist die nachträgliche Bemerkung anzufügen : Neuestens habe ich ersehen, dass bei Chamaecyparis Lawsoniana die Fruchtschuppe bald 6, bald 4, bald nur 2 Ovula, und zwar alle in einer Querreihe trägt, woraus zu schliessen ist, dass dort auch 4—6 Carpiden oder Ligulae in der Fruchtschuppe verschmolzen sind. Daraus ergiebt sich auch, dass diese Art zu Chamaecyparis (wenn man überhaupt diese Gattung gelten lässt) und nicht zu Cupressus (welche viele Ovula in mehreren Querreihen, also mehreiige Carpiden besitzt) gehört. Auf S. 83. nach Z. 13 v. unten: Die Zahl der Eichen auf einer Fruchtschuppe der Thujopsis ist übrigens sehr verän- derlich, wie ich bei einer kürzlichen Untersuchung junger frischer Zapfen gefunden habe. Bei. reichlichster Entwickelung werden an den mittleren Fruchtschuppen allerdings 5 Ovula ange: legt, in der Anordnung des Bildes der Fl. japon., nämlich 3 in einer unteren inneren Reihe, 2 mit ihnen alternirende höher inserirt, also in äusserer Reihe. Häufiger werden jedoch nur die 3 unteren Eichen, also in der für die übrigen Coniferen normalen Eichenreihe gebildet, an den oberen Fruchtschuppen davon oftmals nur die 2 seitlichen (wie bei Thuja),. zuletzt nur ein medianes (wie bei Biota orientalis). Was das (unvollkommene) Schildchen der Zapfen- schuppe betrifft, so besteht es hier wie bei anderen Cupressineen und Taxodieen (Cupressus, Chamaecyparis, Taxodium, Cryptomeria) aus zwei constituirenden Theilen, nämlich aus der vom Deckblatt gebildeten unteren und der von der Fruchtschuppe gebildeten oberen Hälfte. Dass die Fruchtschuppe keine blosse Anschwellung des Deckblatts, sondern ein besonderes, wohl abgegränztes, ventral-axilläres Erzeugniss des Deckblattes ist, sieht man direkt an den untersten Zapfenschuppen oft sehr deutlich. Die blosse „Anschwellung“ Eichler’s beruht also auf einer unvollkommenen Anschauung, und ebenso ist auch Pax im Unrecht, wo er sagt: bei den Cupressineen müsste der gesammte Achselspross und sein Tragblatt zu einem einheit- lichen, ungegliederten Gebilde verschmelzen. Die Verschmelzung ist zwar theilweise gross, aber doch nie so, dass man die beiden Theile nicht immer unterscheiden könnte. Als neues Beweisobjekt für die Zusammensetzung der Fruchtschuppe aus Carpiden fand ich einmal eine Zapfenschuppe, an -welcher die innere Fruchtschuppe gerade über dem einen lateralen x Die Gymnospermen. 147 der drei vorhandenen Eichen einen dem Deckblatt zugekehrten (opponirten) freien Carpiden- obertheil gebildet hat, ähnlich den Carpidenspitzen von Cryptomeria. Es ist daraus zu ersehen, dass in der normalen Fruchtschuppe von Thujopsis (ebenso auch von Cupressus, Chamaecy- paris) die Carpidenspitzen, welche Cryptomeria noch erhalten hat, reducirt (ablastirt) sind. Näheres über die Fruchtschuppen von Thujopsis, sowie von Chamaecyparis Lawsoniana werde ich anderwärts, zugleich mit Abbildungen, bringen. Auf S. 93. Z. 1 von unten setze nach begränzen: Indessen ist der Zapfenstiel der Lärche schon etwas im Übergange in den Langtrieb begriffen, indem unter dessen nadelförmigen Blättern doch schon mehr verlängerte Blattkissen entwickelt sind. Auch die noch nadelförmigen, abfälligen Deckblátter der untersten, kleinsten, sterilen Fruchtschuppen der Lärche besitzen breit angeschwollene Blattkissen. Hierbei möchte ich auf einen Umstand hinweisen, der eigentlich einen anderen Punkt, nämlich die Metamor- phose der Deckblátter des Zapfens von Larix betrifft, und der noch ein besonderes Argument gegen die Excrescenztheorie abgiebt. Es wurde schon auf S. 39 auf die Unwahrscheinlichkeit einer Consequenz der Ansicht Delpino’s hingewiesen, nach welcher der samentragende Frucht- stiel von Ginkgo eine Exerescenz seines Tragblatts, dieses also das eigentliche Fruchtblatt sein soll. Dieses Fruchtblatt wäre nämlich bald ein Laubblatt, bald ein Niederblatt, also wäre hier bei einer Conifere ein eänzlicher Mangel einer bestimmten Fruchtblattmetamorphose zu constatiren, was nicht einmal bei den Farnen vorkommt. Dasselbe gilt aber auch von den Deckschuppen mancher Zapfen, speciell von Larix. Auf die untersten nadeliörmigen, also laub- blattartigen Deckblátter folgen im selben Zapfen höherhin am Grunde schuppenförmig ver- breiterte, nur an der Spitze nadelartige Übergangsblätter, während die obersten kurz bespitzten Deckblätter entschieden schuppenförmige Gestalt haben. Dass die Brakteen in einem Blüthenstande nach dem Gipfel desselben hin aus Laub- blättern allmählich in schuppenförmige Hochblätter sich metamorphosiren, kommt häufig vor; wo aber findet sich bei Phanerogamen, ja selbst unter den Gefässkryptogamen ein Beispiel, dass ein Fruchtblatt keiner bestimmten Metamorphosenformation angehören würde? Selbst Cycas, bei der noch regelmässige Durchwachsung der Blüthe stattfindet, besitzt eigenthümlich metamorphosirte Carpiden. Selbst bei den Lycopodinen ist das Fruchtblatt entweder durch- gehends noch ein blosses Laubblatt (Lycopodium selago, Isoötes), oder es unterliegt durchaus einer bestimmten (hochblattartigen) Metamorphose. Schon desswegen ist die Wahrscheinlichkeit viel grösser, dass die Deckschuppen der Zapfen Deckblätter, als dass es Fruchtblätter sind. So wie bei Ginkgo das samentragende Achselprodukt der Laub- und Schuppenblätter ganz entschieden ein Blüthenspross ist, so ist, bereits dieser Analogie nach, auch die Fruchtschuppe ein Achselspross ihrer bald laub- bald schuppenblattartigen Tragblätter. Auf S. 139. Z. 15 von oben ist nach entscheiden einzuschalten: Ich habe mich indessen noch während des Druckes dieser Abhandlung überzeugt, dass die anatomische Methode im vorliegenden Falle doch nicht so ohnmächtig ist, als es nach den bisherigen Daten über die Gefässbündel der Fruchtschuppe schien. Die Anordnung dieser Bündel ist in der axilen Basis derartig, dass sie die Achsennatur dieser Basis geradezu beweist, womit die Excrescenztheorie, selbst auch für den, der den Anamorphosen oder meiner Deutung derselben nicht trauen wollte, schlagend widerlegt wird. Die anatomische Methode 148 1. Dr. Lad. Čelakovský : Die Gymnospermen. beweist also wenigstens soviel, dass die Fruchtschuppe ein Spross sein muss, das morpholo- gische Verständniss dieses Sprosses kann sie aber nicht geben und die Verschmelzung mehrerer Carpiden in der Fruchtschuppencrista kann sie auch nicht zeigen. Das Nähere über die Gefáss- bündel der Fruchtschuppe werde ich so bald wie möglich in einer Sitzung unserer Gesellschaft mittheilen. Berichtigungen. S. 6. Z. 3 v. unten nach vorangegangen, setze: ja für einen Theil der Coniferen (Dammara und Phyllocladus) hatte schon Al. Braun 1860 diesen Gedanken ausgesprochen. S. 7. Z. 9 von oben lies: Carpid statt Capid. S. 11. Z. 3 von oben lies: nach der Excrescenztheorie Hichler’s statt: nach Eichler’s. S. 15. Z. 18 von unten nach Buchenau setze: Penzig hinzu. S. 24. Z. 18 von unten lies: ihrer statt ihnen. S. 28. Z. 2 von unten lies: einem statt einer. S. 30. Z. 9 von unten vor Thuja setze: Cunninghamia, Thujopsis. S. 31. Z. 19 von oben lies: drei solche statt drei. S. 42. Z. 20 von unten lies: darstellt statt derstellt. S. 49. Z. 1 von oben lies: Sprosses statt Sprosse. S. 49. Z. 5 von unten lies: Umbildung der Blüthe statt Umbildung. S. 61. Z. 2 von unten lies: reproduktive Organ stait Organ. S. 65. Z. 14 von oben lies: Integumente statt Integumunte. S. 72. Z. 18 von oben lies: Araucarieen statt Araucariaceen. S. 90. Z. 16 von unten lies: 2blüthigen statt 1—2blůthigen. S. 92. Z. 1 von oben lies: Eupodocarpeen statt Podocarpeen. S. 96. Z. 19 von oben nach spiraligen setze: oder decussirten. S. 108. Z. 17 von unten lies: Zapfenschuppen statt Carpiden. SUR LES RACINES DE LA FONCTION SPHERIQUE DE SECONDE ESPECE. (EXTRAIT D'UNE LETTRE ADRESSÉK a M. LERCH) M. HERMITE. (Mémoires de la Société Royale des Sciences de Boheme, VIIme série, tome 4.) (Classe des Sciences mathématigues, NO 2.) PRAGUE. Au siege de la Société — Imprimerie de M, Ed. Grégr. 1890. EN Soit X„= F(e) le polynóme de Legendre du degré m, et R(x) la partie entiere du produit 1 1 1 F (z) Pt tas +) je poserai sous la condition gue le module de la variable soit supérieur A Vunité: R 1 x+1 O (r) = > F (z) log | — R(x) et dans le cas contraire, 0 (© = F (o by — RM. Ces expressions vérifient Véguation différentielle dy dy pekel SKU L — (x Da ore —"(nT Vy, et représentent dans tout le plan, sauf sur la circonférence de rayon egal á Vunité et dont le centre est a l’origine, ce que Heine nomme la fonction sphérigue de seconde espěce. L'ouvrage classique de lillustre géomětre en expose les propriétés fondamentales gui sont d'une grande importance, mais il n’aborde pas Vétude de Véguation Q* (x) — 0, la recherche de ses racines réelles ou imaginaires. J’ai essayé de traiter la question en employant le théorčme celebre de Cauchy dont je rappelle Vénoncé. Soit f(2)— 0 une éguation ayant pour premier membre une fonction holomorphe quelconque; si lon pose fe+W=P+0, lexces du nombre de fois que le rapport > passe de positif au négatif, sur le nombre de fois gu'il passe du négatif au positif en devenant infini, lorsgue la variable z = © —-1y décrit dans le sens direct un contour fermé, est égal au double du nombre des racines contenues a l’interieur de ce contour. 1* M. Hermite: La fonction Q*(x) que nous avons a considerer n’est pas holomorphe, mais elle le devient par un changement de variable, et lorsqu’il s’agit de la premiere de ses deux expres- sions, A Savoir: 0 (a) =3F© og FIR) je ferai c+1 P Br d’ou el Ze—1 En posant alors pour abréger: ro=te-vrffti), mo=e- orale) jaurai deux fonctions entičres du degré m en e‘, et par conséguent, sous la forme voulue, Véguation: 28 (e) — II (e) = 0. Une premiere remargue permettra de chercher seulement les racines qui sont dans le demi-plan au dessus de l’axe des abscisses. Soit, en effet, f(e) = 48 (e)— NH (e), les égalités F-2)=(-VrF(@a), R-1)=(-1)-'A(r) donnent immédiatement: ei er? 3 x et Von voit que les racines étant deux a deux égales et de signes contraires sont placées symétriguement par rapport a Vorigine. Ce point établi je ferai. usage, pour mon objet, de contours gui seront des rectangles ayant leurs cótés paralleles aux axes coordonnés. Les cótés paralleles a Taxe des abscisses seront représentés par les éguations z=kiın +1, z2=(k+1l)in-+t, oů k est entier, en faisant croitre 7 de — a A —- a; les autres seront »=kin ati, a=kin—a+ť, t variant alors de zero & m. J’ai maintenant a obtenir dans ces divers cas le premier membre de I’ éguation sous la forme P+:Q, puis A caleuler pour chacun deux ce que Cauchy nomme T’indice de = Sur les racines de la fonction sphérigue de seconde espěce. 5 Supposons d’abord que % soit pair, on aura © Ff (kin + t) = (kin + t) 8 (e) — H (č) et par conséguent, P=tě(e)—I(e, Q=knd(e), en observant que les coefficients des fonctions © (ef) et IT (e“) sont réels. Pour obtenir ensuite Vindice de = entre les limites = — a, č—= —- a, j'aurai recours a la relation ma B+ nd} == oů & se déterminera par la régle de Cauchy. Je remargue a cet effet que si nous attribuons a č une valeur considerable, expression ann] se reduit sensiblement & a le second terme étant fini puisgue l’exponentielle entre au měme kr degré dans le numérateur et le dénominateur de la fraction. En supposant la guantité a tres grande nous aurons done aux limites pour £ = — a, $ =- a, les signes — et —+, par consé- guent e=— 1. Ce résultat obtenu, écrivons successivement Bt U(e)]) _ Ile) __ II (e) puis revenons & la variable _e-+1 Te—]’ ce qui donne II(e) _2R(@) D(e) Fx) On remarguera que la guantité z reste toujours en dehors des limites — 1 et +1, de sorte que (r) ne peut s’annuler, ni la fraction devenir infinie. L’indice est donc nul et il en ré- sulte gu'entre les limites considérées = — a, f==—-a ona: S Passons maintenant au cas oů l’entier % est impair, et soit alors kat 9) = P+, en posant P=tě-m-A—NA(—e), ,=kad(—e). 6 M. Hermite: On trouvera comme tout a Iheure e — —1 et il faudra obtenir Vindice de Pexpression I(— č) Ď (— č) que la substitution suivante e*— 1 o raměne & 76 . Mais cette variable $ parcourt maintenant Vintervalle compris entre — 1 et — 1, lorsgue 7 croit de — © & +», ily a donc » passages par Vinfini gui correspondent aux diverses racines a, d, ... l du polynöme de Legendre. (Cela étant, Végalité E) E 1 1 1 FB a-4FieG-a A=-BPrWennt: tTazammesn fait voir que ces passages ont lieu du négatif au positif; on a done BEZE =) a et nous en concluons cette seconde relation A _ pi Ind Les cótés du rectangle qui nous restent A considérer conduisent aux expressions: Fin + a +) = (him + a +- W) © [(— Přeeti]— TE Dřert, et Skin — a + W) = (kim — a + it) © [(— Pře — M [(— 1re-=+#] qui prennent pour de grandes valeurs de la constante a une forme extremement simple. Soit d’abord en développant suivant les puissances descendantes de l’exponentielle: DIC) ae la premiere se réduit au seul terme | aa (— 1)" er“ (cos nt — v sin nt), et le rapport = a la guantité n gui devient infinie » fois en passant du positif au x négatif lorsgue č croit de zero A x. Pour obtenir la seconde, on employera les développements de II(e') et de ©(c) suivant les puissances ascendantes de e. En négligeant Vexponentielle e=°7*, la partie reelle P est une constante, de sorte que Tindice relatif au quatrieme cóté du rectangle est nul. Sur les vacines de la fonction spherique de seconde espěce. 7 Les résultats que nous venons d’6tablir donnent immédiatement l'indice relatif au contour total du rectangle; en observant que l’indice du cóté parallele A la base doit čtre change de signe afin d’avoir égard au sens dans leguel il est parcouru, on obtient les con- elusions suivantes : 1° Lorsque Ventier £ auguel correspond la base est un nombre paire 27, la somme des indices — 1, n, m--1 est égale A 2n; Véguation O"(z) — 0 a done » racines comprises entre les deux paralleles y = 2lz, y = (2-F I. 2° Mais si la base correspond A un entier impair £ — 27--1, les indices étant — m — 1 », 1, leur somme est nulle, et il n'existe aucune racine entre les droites y = (23 1)r et y— (23— 2)n. L'analyse précédente doit čtre légěrement modifiée lorsqu’il s’agit de la portion du plan limitée par Vaxe des abscisses et la droite „=; le long de l’axe en effet la fonction Jf(2) est reelle et n'a pas la forme P--:Q. Nous considérerons une parallele infiniment voi- sine représentée par Véguation z-==ť-—-%0, en supposant que O soit infiniment petit et po- sitif. Ayant ainsi: FSO=FO HOF. Vindice de = sera celui de la guantité M qui est egal 4 — u, si Von designe par u le nombre des racines réelles de Véguation f(f)— 0. L'indice du contour du rectangle est done —u+tntn-+1 et sera connu lorsgue nous aurons obtenu le nombre u. J’employerai dans ce but cette ex- pression de Q*(x), la premiere qui se soit 'offerte, A savoir: OPAC ji dx v9= 0 DF: Elle montre gue cette fonction reste toujours de méme signe et positive, lorsgue la va- riable est en valeur absolue supérieure a l’unite. On voit aussi que Q*(x) s'évanouit pour x infini, le développement de Vintégrale suivant les puissance descendantes de la variable com- mencant par un terme en Par conséguent a Végard de č qui est lie A x par la mL" relation on n’a qu’une seule et unique racine *=0. Le nombre u étant egal A l’unite, il est établi que la portion du plan que nous venons de considerer contient » racines comme toutes celles qui sont comprises entres les droites y=2!x, y= (2l+ 1)n. Une derniere remargue nous reste A faire. L'éguation gui vient de nous occuper a ses racines imaginaires conjuguées puisgu'elle est A coefficients réels et ces racines sont deux A deux égales et de signes contraires. Elles 8 M. Hermie: se trouvent donc en nombre pair et représentées par les guantités g+ih, —g--ih, dans la region oů nous venons de démontrer que leur nombre est rn, 4 moins que Von mait g = 0. De l résulte, lorsgue » est impair, Vexistence d'un nombre impair de racines telles que a = dh, oů la guantité % est comprise entre les limites 27x et (224 1)z. C'est ce qu'il Sagit de reconnaitre. J’observe dans ce but gu'en posant z = 26 dans l’expression on en tire La transformée en & de Véguation f(z) =0, est done: S 1 4 1 RE 9 r(- cot )—R (015 =; et si Von écrit pour un moment o Pa) = aw fr... on, Re) Zar I bar =34+.... 49 on Vobtient ainsi sous forme entiere: 12 BE — B sin? |= A +] — sin DE cos S) hos (= 0] +. ohpsw |= 0. Faisons maintenant dans le premier membre les substitutions 6 — 27x, 6 — (2]-—- 1)x; en se servant de la condition que » est impair les resultats seront: © ee ep T% 9 Pl ) b) et il faut établir gu'ils sont de signes contraires. Remarguant A cet effet que p est la valeur de R(%Ť) pour g = 0, on est amené a recourir A Vexpression de M" Christoffel 2n— 1 2n —5 RER) R(& DST ZD 1) ee Xn—s +.. Mais cette formule ne conduit pas au but, les polynömes d'indices pairs X, X, X, -- présentant la succession des signes +, —, +, ete. lorsqu’on suppose z== 0. Nous employe- rons un autre résultat de 1'illustre géomětre, je ferai usage de Véguation suivante Sur les racines de la fonction spherique de seconde espěce. 9 AA gl v-—-s+1. dans le cas particulier de v — 0. Elle donne cette nouvelle expression n X, — MR, = Z , (6=0,1,2, ... n—v—1) R(s) = k E ROE = n— 1 dont tous les termes ont pour z — 0 le signe de (— 1) ? ; le coefficient « étant positif il est prouvé que les substitutions 6 = 2/=, 6 = (24=-1)x conduisent, comme nous voulions Vétablir, & des résultats de signes contraires. La fonction sphérigue de seconde espece définie A Vintérieur de la circonférence de rayon egal a Vunité, dont le centre est a l’origine, par la formule @@)= Fa)lg —Ra, se traite de la méme maniere et par le méme procédé. 1+x 1—x Ainsi en posant = €* nous obtenons une fonction holomorphe de z f(a) = 19 (e) — II(e), oů Von a o(eA=(eL1 F G II (e*) = (© +1) R ek x 2 e—-1]/’ ei Soit ensuite, z=kin tt, 2 = kina- 4 et faisons successivement f(2) — P--iQ. On trouvera en premier lieu, suivant que % est pair ou impair, Ind = = —n—1, ou Ind = = — 1; puis suivant que la constante a supposée tres grande est positive ou negative, mat =n ou bien Ina = 0. A Vécard du nombre u des racines réelles, je dois & M. Stieltjes la remargue gu'il résulte d'un théorěme general de Sturm sur les solutions d'une éguation différentielle linéaire du seconde ordre, que Von a u = -+1 deux racines consécutives comprenant toujours une racine de X, — 0. C'est ce qui resulte aussi de l’expression déjá employée R(x) A B L HO aha m ou les numérateurs des fractions simples sont tous positifs. Supposons que Von ait a< b Marseille | Dec. 12| 85445 18 64500|—+ 25, 48 49 3821 — 59 3. C. R. CX. Marseille | Dec. 13| 625 44|18 75480—- 190) 47 56 345,- 310 4. | Bull. astr. t. VII. | Nizza Dec. 13| 95454 118 8 370— 12] 47 48 45-—-312 >. A E Nizza Dec. 14| 926 7|18 91709— 24.. 46 48 30'8|— 28:0 6. CHR. t.C0® Marseille | Dec. 14/612 4118 9 819— 73] 46 56 339,5- 32:1 dě ü ß Marseille | Dec. 14| 64215 |18 9 9275- 25, 46 55 12:94 292 9. 5 a Paris Dec. 15| 55043 |18102164-—- 45| 45 55 2035- 199 Bahnbestimmung des Cometen 1890 I. 5 Nam. Nachweis Beob. Ort | Datum | Ortszeit a A ucos d d dd hm s hm s u war 2 2 9. C. R. t. CX. Paris Dec. 15 |6 1830 11810 2266-——- G4—-45 54 72-4192 10. ob- Paris Dec. 15| 63047 1810 2292|— 3:3) 45 53 3604 194 11. | Bull. astr. t. VIL | Padua Dec. 15| 659 10 1810 22:68 — 0.3) 45 53 55.814148 12, s 5 Padua Dec. 15| 659 10 1810 2290 19) 45 53 572|+ 162 15. 5 5 Padua Dec. 16165916 18 11 35:84- 15| 4452 154344 14. 3 > Padua Dee. 16 | 65916 11811 35:79 09 44 52 10'8—- 437 15% A. N. 2959 Cambridge, Dec.16|8 322 18 11 53:33 — 23:8) 44 34 20:1— 104 16. | Bull. astr. t. VIL. | Nizza Dec. 16 [84913 18114130 — 100) 4446 9114183 17. A. N. 2992 Wien Dee. 17 [61159 1812 4373 — 75] 43 51 3134160 18. R 3 Wien Dec. 171618 0|1812 4497- 19 43 51 228|+ 235 19. „2946 Dresden |Dec.17|6 6 1|18124382— %1| 43 51 384-5 354 20. | Bull. astr. t. VII. | Padua Dec. 1763914 11812 4672) + 0'9| 43 49 172,- 20 21. 2 A Padua Dec. 1763914 |18124671+ 08 43 49 1914 39 22. n 5 Padua Dec.18|7 131 |1813 5879+ 17) 42 44 31:54 160 123. a i Padua © |Dec.18|7 131|18135856— 05] 42 44 34714192 24. % 5 Nizza | Dec. 18 | 73721|1814 0:86— 43) 42 42 19-120 25. A. N. 2946 Dresden | Dec. 191635 4 3 i 41 41 50/4 15.8 26. 8 k Dresden | Dec. 19|640 1|1815 7234 15 : k IE 4 2 München | Dec. 20| 7 31 21 |18 16 18:69 — 07) 40 31 5434 47 28. | Bull. astr. t. VII. | Padua Dee. 2017 249 11816 17:60 + 52 R se ZVE Padua © |Dec.20|7 249 1816 1792+ 68 40 33 96— 29 30. A. N. 2954 Turin Dee.20 6 434 1816 16:98,— 228| 40 36 13:14 64.4 Sl 2946 München | Dec. 21 | 737 53 18 17 2666— 25| 39 24 32:2)+ 91 32. „ 2944 Mailand |Dec. 21 |73019 1817 27:00+ 06) 39 24 32:9- 155 33. » 2959 | Cambridge Dec. 21 |75750 1817 41:54—196| 39 8 22-105 34. | Bull. astr. t. VII. | Padua Dec. 21 | 65432 1817 2512 42 39 26 419-126 35. % A Padua Dee. 21 65432 1817 25454 78, 39 26 319— 26 36.| „ a Padua © |Dec.22|6 611 18182973 + 41, 38 20 3834 54 37. - a Padua Dec. 22|6 611 1818 2971 + 39) 38 20 408— 79 38. k: a Nizza Dec. 22 | 75053 1818 3495— 14 38 14 412— 24 39. A. N. 2944 Mailand |Dec.23 637 6 18193712 — 13 37 9 15— 16. 40. „ 2959 | Cambridge Dec. 23 81220 1819 55:14— 124 36 48 4324 1.6 41. „2954 Turin Dee.23|6 911 1819 3571— 61, 37 10 265—- 188, 42. C. R. t. CX. Algier Dec.23 623 9 1181937764 1:6 37 8318— 16 43. » 5 Algier Dec. 23 |632 30 18193729 — 91 37 8 70— 12 44. R = Algier Dec. 24 6 935 1820 4215— 12) 35 58 257 + 14 45. 8 R Algier Dec. 24 62439 1820 42-93|— 24, 35 57 291 — 99 6 4. A. Seydler: | | Num. Nachweis | Beob. Ort | Datum Ortszeit « ducosd d | 40 hm s h m s A 0 U un er 46. C. R. t. CX. Algier Dec. 24 | 6 42 57 [18 20 44-145 71+35 56 280|— 161 AT. i 5 Alsier Dec. 27 | 6 1855 |18 2352:89+ 40) 32 16 265— 76 48. A. N. 2964 Strassburg| Dec. 27 |5 52 57 118 2351714124] 32 18 474— 80 49. A k Strassbure| Dec. 28 | 6 16.20 |18 2453:48|— 16) 31 0 308|— 51 50. | Bull. astr. t. VII | Algier Dec. 30 | 6 39 33 118 265810 92| 28 18 348-113 Sl- 5 i Algier Jan. 2 |618 5 |18295752— 18 24 4207-5516 52. ý 6 Algier Jan. 3 |6 643|18 3057894 34. 22 33 303— 23:0 53. A 3 Alsier Jan. 3 |6 2410 118 30 56:36— 28:0) 22 32 165 — 301 54, A. N. 2946 München | Jan. 3 |630 53 18 30 5707— 36 ; 5 50. » » München | Jan. 3 | 63942 : i 22 33 448—114 56. „2948 München | Jan. 5 |6 3 13 |18 325868|— 148| 19 27 130 — 111 57. ý k München | Jan. 6 |552 3 1834 074— 41| 1849 25— 86 58. 5 : München | Jan. 7 [54557 18 85 518|- 15, 16 7 130— 90 59. 2064 Strassburg) Jan. 7 (553 711835 621-5 15, 16 5 332|—112 60. n 2949 Göttingen | Jan. 7 |6 956 |1835 689— 55 16 5 21-341 12:6 61. 4 5 :| Góttingen | Jan. 7 |5 4648 : 5 16 6 285— 20:6 62. „2948 München | Jan. 8 (54242 18 3611:34-5 03. 14 21 479— 88 63. „ 29 Göttingen | Jan. 8 |55844 18 36 1153—130| 1420 49— 70 64 a 5 Göttingen | Jan. 8 |5 32 46 ; o 14 22 12— 72 65. 5 5 Göttingen | Jan. 8 |543 0 18 36 1193 — 6.6 : 6 66. N 5 Göttingen | Jan. 8 |545 6|18361120|— 84| 14 21 len 80 67. 2925 München | Jan. 9 |547 15 |18 37 20:64— 01| 12 32 116— 05 Anmerkungen. Nr. 11. segu. Die Beobachtungen von Padua sind auch in den A. N. 2643, 2946, 2959 mit- getheilt; es zeigen sich kleine Unterschiede zwischen den daselbst und im Bull. astr., t. VII mitgetheilten Positionen. Letztere sind die genaueren, theils weil sie auf den von T. Deichmüller in A. N. 2944 mitgetheilten, den Bonner Zonen der A. G. ent- nommenen Positionen der Vergleichssterne beruhen, theils weil einer Bemerkung in A. N. 2959 zufolge die Unterschiede: Comet — Stern nachträglich genauer bestimmt wurden. Nr. 30. A. N. 2954 lautet « : 18% 16" 17°°86. Der Unterschied von 1 Sek. ist offenbar Druck- fehler; der weitere Unterschied 0*%07 ergibt sich durch Nachrechnung der Position des Vergleichssternes: Radel., 3885. Merkwürdigerweise scheint die Position dieses hellen Sternes (Gr. 5:8) wenig genau bestimmt zu sein. Ich finde ihn nur bei Bode und natürlich in Argelander’s Uranometria. Vielleicht ist aber auch die Beobachtung des Cometen ungenau, jedenfalls nach der beigefügten Fussnote unsicher. Bahnbestimmung des Cometen 1890 I. 7 Nr. 51. Bull. astr. «. VII, p. 163 steht « = 18% 31" 5555, © — + 24° 4 27'8”. Bei der Reduction scheint statt des Vergleichssternes (B. B. VI. |- 24°, 9449) ein anderer Stern benützt worden zu sein. Die starke Abweichung in Declination bleibt (im Ver- gleiche mit den nachfolgenden Abweichungen mit entgegengesetztem Zeichen) immerhin auffallend. Nr. 56. S. die Anm. in A. N. 2949. Nr. 61. Die in A. N. 2949 mitgetheilte Declination beträgt: 16° 5' 54”-3. Zur Beobachtung ist jedoch notirt: „Vorzeichen von Comet-Stern nicht bemerkt, sondern durch Ver- gleichung mit der Beobachtung von Prof. Schur ermittelt.“ Es scheint trotzdem nicht das richtige Vorzeichen verwendet worden zu sein, denn während die an demselben Tage stattfindende Beobachtung von Prof. Schur die Correction der Ephemeride As = 1276 gibt, würde diese Correction bei Annahme des obigen Werthes der Declination bei der Beobachtung von Hayn: —54’'8 betragen. Nimmt man das ent- gegengesetzte Vorzeichen von Comet-Stern also auch die sub Nr. 61 angeführte Decli- nation als richtig an, so ergibt sich die besser stimmende, aber immer noch stark abweichende Correction Ad = —2076 der Ephemeride. Nr. 63. Die in A. N. 2949 etwas abweichend angegebene Position ist A. N. 2950 verbessert. Es wurden nun sechs Normalörter in der aus der nachfolgenden Übersicht ersicht- lichen Weise gebildet: — Nr. Srupne; če | Datum doucosd| du | dě « calc. 0 calc. © morm. © norm. [27 | „ „„ | -0 , LU} 0 , „ 0 , ul 0 , " | I Nr. 1—16 (1889 XII 148 —01 —02 + 20:6| 272 26 575 |+ 46 23 55'1| 272 26 57:3 (+46 24 157 II 17—30 XI186 +05 koz + 15:4 273 35 23:1, 42 24 2389, 273 35 23:8 42 213: 3, IM 13—46 XII 297, — 12 |—15 + 37 274 45 40 37 49 452 274 45 25 37 49 180) rv, 47—50 XII 28:3, -+60 +70 — 23, 276 14 103 30 58 310 276 14 173 30 58 28:7] | 51—57 1890 I 38 — 87 | — 94 I— 106 277 52 411 | 21 45 499 277 52 317 21 45 39-3| | vI 58—67 I 80 —38 (= 39 — 49 278 59 92 14 47 328, 278 59 53 14 47 27-9 Es wurden alle Beobachtungen mit gleichem Gewicht benutzt; nur den Beobach- tungen 30. und 51. wurde das Gewicht + zugetheilt (vergl. die vorhergehenden. Bemerkungen). Der Gang der A« und Ač zeigt, dass die Krüger’schen Elemente die Beobachtungen in Rectascension bereits sehr gut darstellen ; die grössere Abweichung namentlich der zwei ersten Normalörter in Declination erklärt sich aus dem Umstande, dass der Bahnbestimmung die (in eine zusammengezogenen) Beobachtungen in Marseille, Dec. 12, zu Grunde gelest wurden, welche in der Declination von den unmittelbar nachfolgenden Beobachtungen stark abweichen. Bei der geringen Ausdehnung der während der Sichtbarkeit des Cometen beschrie- benen Bahn wäre die directe Elementen-Verbesserung mittelst der ihnen entsprechenden Diffe- 8 4. A. Seydler: rentialguotienten kaum zweckmássig gewesen; es schien mir hinreichend, die Methode der Variation des Verhältnisses der Distanzen anzuwenden. Diese Methode schreibt dem ersten und dem letzten Normalorte strenge genommen ein unendlich grosses Gewicht zu; es wäre daher unlogisch gewesen, die Gewichte der übrigen Normalörter, wie sie sich aus der Anzahl der in den einzelnen Gruppen enthaltenen Beobachtungen ergeben, zu berücksichtigen. Danach wurde folgendes System der Elemente abgeleitet: System B. T= 189 Jan. 26'51732 M. Z. Berlin m = 1999 51 545" NN 8 27 508 M. Aegu. 18900 = 56 44 128 logg = 9:430964 Die directe Berechnung der Normalörter ergab folgende übrigbleibende Fehler: | N. Ort du | dacsd dÓ | ji -+ 02 —01 0:0 | II -+ 02 +01 +35 | Z(dacosd)* L Z (40) — 94-7 | — 2:6 — 20 — 16 v, G5 559 | V — 63 — 59 — 32 | VI — 02 — 02 — 01 Die hier angewandte Methode der Variation des Verháltnisses der Distanzen (sowie die Methode der Variation der Distanzen) gibt, insoferne sie gezwungen ist die Bahn streng durch den ersten und den letzten Normalort durchzulegen, nicht die wahrscheinlichsten Ele- mente ; wenn zufällig der erste und der letzte Normalort mit starken Fehlern behaftet sind, kann sogar die berechnete Bahn von der wirklichen stark abweichen. In einigen Fälen ist es möglich, dieses Bedenken zu berücksichtigen, ohne jene einfachen Methoden aufgeben zu müssen. Ist die geocentrische Bahn des Himmelskörpers zwischen dem ersten und letzten Normalorte wenig von einem grössten Kreise verschieden, namentlich nicht mit Schleifen und Wendepunkten versehen, dabei der ganze beobachtete Bogen der Bahn nur klein, so darf man wohl die Correctionen des ersten und letzten Normal- ortes in Rectascension und Declination als vier weitere Unbekannte annehmen, und die dadurch erzielte Verschiebung der Bahn in jedem Normalorte als lineare Funktion der Zeit annehmen. Wenn daher č, das Datum des m”, t, das Datum des letzten, n‘* Normalortes ist, so sind die entsprechenden Correctionen seiner Rectascension und Declination: Bahnbestimmung des: Cometen 1890 I. 9 im — t Um Zu = zn (w — u) en im — č ú Wim u E S (v — v) PE wo u, v die Correctionen des ersten, w, v’ die des letzten Normalortes bedeuten. Man hat daher bei der Methode der Variation des Verhältnisses der Distanzen (dh. für parabolische Bahnen) im ganzen fünf, bei der Methode der Variation der Distanzen (dh. für elliptische Bahnen) im ganzen sechs Unbekannte, also gerade so viel wie bei der Verbesserung der Elemente durch ihnen entsprechende Differentialguotienten. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass die vorgeschlagene Methode der letzteren aequivalent sei. Dieselbe dürfte sich nur in solchen Fällen empfehlen: a) wo die oben angegebene Bedingung erfüllt ist, b) wo die Verbesserung aller Elemente mittelst Differentialguotienten wegen Kleinheit des beschriebenen Bogens und daraus resultirender annähernder Gleichheit der Nor- malgleichungen nicht thunlich ist, c) wo die Rechnung (welche wegen einiger naheliegender Rechnungsvortheile wenig Mehr- arbeit erfordert) eine wesentliche Verbesserung des Resultates nachweist, was aus einer entsprechenden Verminderung der Summe der Fehlerguadrate ersichtlich wird. Ausserdem wäre es unumgänglich nothwendig, sich durch directe Berechnung der Normalörter davon zu überzeugen, dass die immerhin nicht ganz unbedenkliche Annahme einer der Zeit proportionalen Verschiebung der einzelnen Normalorte in dem jedesmal vor- kommenden Falle sich rechtfertist. Wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind, so wird die definitive Bestimmung der Elemente mittelst der Olbersschen Methode in der Weise durchgeführt, dass die Bahn durch den ersten und letzten mittelst der gefundenen Grössen u, v, u, v verbesserten Nor- malort hindurchgelest wird, unter Annahme des ebenfalls verbesserten Verhältnisses der geometrischen Distanz. In dem vorliegenden Falle führte ich die entsprechende Rechnung durch; es ergab sich jedoch, dass die Summe der Fehlerguadrate nur um 11 Einheiten herabgedrůckt wurde, obwohl vier weitere Unbekannte zu bestimmen waren. Nach der bekannten Formel ei + 1/2122 Tun wo » die Anzahl der einzelnen Gleichungen, m die Anzahl der Unbekannten (oder der resul- tirenden Normalgleichungen) bedeutet, hier also n = 12, m einmal — 1, das anderemal =5, ist der mittlere Fehler eines Normalortes: E =O: E— E36 dh. es ist durch Bestimmung der vier neuen Unbekannten der mittlere Fehler eines Normal- ortes vergrössert worden. Ich habe daher das System B beibehalten; dasselbe stellt die Bahn des Cometen 1890 I offenbar mit hinreichender Genauigkeit dar, und namentlich verräth Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 4. 2 10 4. A. Seydler: sich in den übrigbleibenden Fehlern keine Spur eines Ganges, keine Andeutung einer Ab- weichung von der Parabel, die mich hätte veranlassen können, elliptische oder hyperbolische Elemente zu bestimmen. Dagegen schien es mir nicht überflüssig, zu untersuchen, ob sich das Resultat we- sentlich anders gestalten würde, wenn auf Grund einer abgeänderten Gruppirung der Einzel- beobachtungen andere Normalörter aufgestellt würden und wenn ausserdem auch die Genauigkeit dieser Beobachtungen einigermassen Berücksichtigung fände. Auf Grund des Elementen-Systems B wurde daher eine neue Ephemeride berechnet und mit den Beobachtungen verglichen. Da das System B unzweifelhaft schon eine bedeutende Annäherung an die Wirklich- keit darstellt, so schien es zulässig, als Maassstab der Genauigkeit der Beobachtungen ihre Abweichungen von der Rechnung zu nehmen, und ist dies in der Weise geschehen, dass den Unterschieden + 0” bis + 10” das Gewicht 4 » n 0020/0, „93 » » at 20” » = 90" » » 2 " » ale 30” » r 40" » » 1 á » "Uber = 40/10 ne Ab: s 93 0 zugeschrieben wurde. Bei der Ableitung der früheren Normalörter wurde namentlich darauf gesehen, dass nur solche Beobachtungen in eine Gruppe zusammengefasst wurden, welche zeitlich nur um einige (höchstens vier) Tage von einander abstanden, wobei jedoch die Anzahl der Beobach- tungen in den einzelnen Gruppen sehr verschieden ausfiel. Dieser Grundsatz wurde jetzt nicht mehr so streng festgehalten (allerdings nur in einem Falle, bei dem vorletzten Normal- orte in der Weise überschritten, dass der Zeitunterschied auf 10 Tage auwuchs); dagegen wurde darauf gesehen, dass das Gewicht der einzelnen Normalörter ziemlich gleich ausfiel. _ Es ergaben sich danach folgende Gruppen: | Nr. Datum | Aacosd | Gew. 46 Gew. || Nr. Datum | dacosd | Gew. 46 Gew. 1 (XII 1234 — 08| 4 |—-194| 3 13 (XII 1629|— 14, 4 Be 3 2 | 12:33 + 3536| 4 |—327| 2 14 1629| — 08| 4 | 5261 2 3, 13:28 +1985| 3 |— 65, 4 15 16:56 — 239|:2 |—274 2 ı| 1842 — 05, 4 1704| 16 1638| —101| 3 | + 09| 4 5 | 1440|— 20| 4 |— 38| 4 JV 1724 — 78, 4 |+ 05, 4 6 1427| 1 7:84. 2106| 3 | 18 1725 4 16, 4 |+ 80| 4 Nee era] 2 Tale 1725 — 94| 4 |+199| 3 8 1527) + 47. 4 00| 4 20 1728 + 06, 4 |—134 3 9 1529| + 06 4 |— 06 4 21 j 1728 + 05| 4 |—115| 3 10 1530| — 31) 4 |— 04, 4 22 1829 + 12| 4 |+ 27, 4 11 1529 — 01 4 |— 50| 4 23 18:39) — 09| 4 |+ 59| 4 12 | 15:29) + 21 4 |— 36| 4 24 1833720 29 012 12| 4 Bahnbestimmung des Cometen 1890 I. 11 en nn nun nn ne NÍ Nr. Datum | do.cosd | Gew. 46 Gew. | Nr. Datum | S4acosd | Gew. 46 Gew. | " m | [7 7 | 25 |XIL1927 . et 47 |X12729 4 851141 — 52| 4 26 19:27 + 09| 4 3 948 2726| +119| 3 |— 57, 4 27 2031| — 13|4|43) 4 |, 8 2827 — 20| 4 |— 16| 4 28 20:29 + 26| 4 : 50 30:30 + 92) 4 |-+167| 3 29 2029 4 62| 4 |—120| 3 | 51, I 229— 07, 4 |+589| 0 30 2026| +222| 2 +552| © | 52 328 + 48| 4 |—158| 3 31 232) — 32| 4 | 19| 4 | 53 3:29 —266 2 |—224| 2 32 2132 — 02 4 + 88. 4 | 54 327 — 22 4 33 oe 205 a8 a |.55 3:28: je 8 A 34 2:39 + 35| 4 |-—£ 54. 4 | 56 525 —124| 3 |— 35. 4 35 oa Aa ann Ba A aa 36 |XIT 2225- 34) 4 |— 00 4 | 58| 17244 50| 4 |— 25 4 a 2D =o BZ MS o E) 796150) 4 |= 47 4 38 9934 — 21| 4 |— 29| 4 | 60 726 — 20| 4 |1190| 3 39 9328 - 2:0| 4 |— 52| A | 61 73 . ea 40 || | 824 + 44| 4 |— 35| 4 41 9391 068 A 1151, 3 | 63 A 42 2329 4 09| 4 | — 52| 4 | 64 824 . o 43 23:30 — 98| 4 |— 24| 4 | 65 824 — 25| 4 i 44 542871 05248 17,094 066 80 | A313 45 2439| + 17| A | +118, 3 | 67 924 + 45| 4 + 31| 4 46 24350 + 64| 4 |—180| 3 | Daraus berechnet sich nun folgendes System neuer Normalörter, in welchen auch die relativen Gewichte der einzelnen Positionen beigefügt, aber da ihre Verhältnisse höchstens auf 1:5 ansteigen, nicht weiter berücksichtigt worden sind: en en rn ar air Ba o se Nr.| Datum dacosd | La |Gew. SO | Gew. « cale. | o calc. © norm. " " 7 0 ’ 7 0 ' 7 0 D 7 0 ' 7 I |1889XII14-25| + 2:57 |4- 3:77) 47 |— 0:75 44 | 272 16 43:2 |+46 57 56:9] 272 16 470 — 46 57 561 II XII 1715| — 3-11 |— 432) 45 |4 2:50) 40 |273 11 311 42 51 13:6| 273 11 268 13 51 16:1 III XII 20:75 + 1:86 |— 2:43, 36 |—- 0:79| 31 | 274 12 272 40 2 515| 274 12 296 40 2523 IV XII 23:25| — 1:35 — 1:69] 43 |— 2:58| 41 | 274 54 77 37 11 274 274 54 60 37 11 24°9 V| 1890 I 1:25] — 0:26 — 0:29| 36 |— 419, 30 | 277 14 80 25 34 22:0] 277 14 77 25 34 178, Nr I 8:00] + 0:16 |+ 0:16) 32 — 0:03| 33 | 278 59 5.5 14 47 28-0| 278 59 57 14 47 280 12 4. A. Seydler: Es mag hervorgehoben werden, dass die Summe der Fehlerguadrate der nenen Nor- malörter und der mittlere Fehler einer einzelnen Position derselben sich zu SSV OBR 42120 ergibt, dh. dass das Elementensystem B die neuen Normalörter besser darstellt als die alten. Dies fállt zum Theil auf die Rechnung der Gewichtsvertheilung der einzelnen Beobachtungen, noch mehr aber auf Rechnung der veränderten Gruppirung derselben bei der Bildung der Normalörter. Natürlich kann noch eine Verbesserung des Systems B erzielt werden, wenn auch die übrigbleibenden Fehler nur in geringem Maasse verkleinert werden. Man erhält so schliesslich das vom System B wenig verschiedene System €. = 1890 Jan. 26'51754 M. Z. Berlin = 09 590 205 8 28 41 8 M. Aegu. 18900 oe 50412205 logg = 9430965. Die in den einzelnen Normalörtern übrigbleibenden Fehler sind (nach direkter Be- rechnung): O8 4 Normalort: I | II | II | IV | V | VI Aacoso | 1222840840159 | =11480 2105 u eo da ee an Mos | Folglich ist: SA] 13:6, == + 10899, Gegen die Grundlagen des letzten Theils der Rechnung könnte der Einwand erhoben werden, dass den Declinationsdifferenzen der Beobachtung Nr. 30 und Nr. 51 wegen ihrer Grösse (4 5572 und — 589) die Gewichte Null beigelest, dh. dass die betreffenden Be- obachtungen gar nicht berücksichtist wurden. Es dürfte aber kaum Jemand bereit sein, ihnen ein grösseres Gewicht als 2 (nach der oben angeführten Scala) zuzugestehen. Darnach würde im III. und V. Normalorte das A ö die Werthe: +46 und — 0”'25, statt: + 0779 und — 47-19 annehmen, also würde sich auch die Summe der Fehlerguadrate bei Annahme des Systems B nur wenig verändern (und zwar verkleinern). Der Versuch dieses System zu ver- bessern, führt allerdings nicht zum System C, sondern zu einem in entgegengesetzter Richtung von B abweichenden Systeme C, welches man aus B und C ableiten kann, wenn man zu den Daten des Systems B die Unterschiede der entsprechenden Daten (C — B), mit — 0:27 mul- Bahnbestimmung des Cometen 1890 1. 13 tiplieirt, addirt. Es unterscheidet sich daher das System C’ fast gar nicht von B; natürlich ist auch die erzielte Verminderung der Summe der Fehlerguadrate eine minimale. Wir erhalten also schliesslich folgendes Endresultat: Bei einer gewissen Bildung der Normalörter (Gruppirung der Beobachtungen) ist das Elementensystem B das wahrschein- lichste; bei einer nach etwas abweichenden Grundsätzen vollzogenen Bildung der Normalörter (unter Berücksichtigung der Gewichte der Einzelbeobachtungen nach einer allerdings will- kürlichen Scala) ist das wenig abweichende System C das wahrscheinlichste. Bedeutende Änderungen in der Art, die Gewichte der Einzelbeobachtungen zu berücksichtigen, geben nur sehr geringe Abweichungen vom Systeme B. Dies dürfte also die früher aufgestellte Be- hauptung rechtfertigen, dass eine durchgreifende Revision der Positionen aller Vergleichssterne das schliessliche Resultat nur wenig zu verändern im Stande wäre. Die vorliegende Urtersuchung war völlig abgeschlossen, als ich gewahr wurde, dass ich leider eine Beobachtung (A. N. 2993): Kremsmünster, 1889 Dec. 29 übersehen habe. Dieselbe gibt zu dem Datum: Kremsmünster, 1889 XII 29, 6* 32” 48° m. Ortszeit, « = 18* 25” 5500, d = —+ 299 42’ 12:0. Eine Reduction nach dem System B ergab: ucosd—= +49, Ad= — 3". Benützt man diese Werthe mit den Gewichten 4 zur Verbesserung des V. Normal- ortes, so ergibt sich erstens eine Änderung des Datums um etwa — 0'1 eines Tages, welche wohl nicht berücksichtigt zu werden braucht. Es ist ferner für den V. Normalort A acosd = | 0725 statt — 07-26, Ad = — 414 statt — 219. Die Darstellung im Systeme B erleidet also keine Änderung; die Darstellung im Systeme C wird sogar etwas günstiger, da der übrigbleibende Fehler A « cos ö des V. Nor- malortes nun 0":0 statt — 0"5 beträgt. RR "U AR ji sk AH PP VAŠE BIO RL ie Brad úte Anwendung der in diesen Abhandlungen (VÍ, Folne 3. Bi.) vorgetragenen Sätze über AL zo mALOUnE GURVEN AUF DIE THeOnIE DER AAUMGURVEN, (Die citirten Nummern finden sich in jenem Aufsatze.) Von Prof. KARL KÜPPER. (Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — VII. Folge, 4. Band.) (Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe Nr. 5. ) PRAG 1891. Verlag der königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. — In Commission bei Fr. Řivnáč. — nelže wailat nhl nah r naaaoı ‚9 O c Venintlernanel? ob. Aeigellenail zdí la van) arena SN Wir betrachten nur solche Raumeurven m” Ordnung R”, deren Geschlecht grösser als m—3 ist, auf welchen daher die 0o* Ebenen eine Specialschaar G be- stimmen. Versteht man unter C" die ebene Centralprojection von R", und ist ž die Anzahl der scheinbaren Doppelpuncte der R" — das Vorkommen eigentlicher vielfachen Puncte sei ausgeschlossen —, so bekommt C" im Ganzen ž Doppelpuncte D. Mit Hülfe des Riemann-Roch’schen Satzes findet man, dass diese D den durch sie möglichen Curven C””* nur A—1 Bedingungen auferlegen, sowie dass es wirklich solche C”* gibt, die alle D enthalten, mit anderen Worten: Die D stellen für C”*eine anor- male Gruppe G( mit dem Excess 1 dar. Und wenn dies stattfindet, so folgt auch die Existenz einer R", als deren Centralprojection C" auftritt (vergl. M. Nöther’s Preis- schrift über Raumcurven $ 3.). Hier ist nun 6% entweder primitiv bezüglich C" 74, oder (E umfasst eine primitive Untergruppe von weniger als A Puncten (v. IV, 1.). Im letzteren Falle gäbe es somit eine R" mit weniger als A scheinbaren Doppelpuncten. Wird deshalb bei gegebenem m der kleinstmögliche Werth von Ah gedacht, so muss G primitiv sein,d.h.es müssen je A— 1 der D sich normal gegen C”* verhalten. Wenn jedoch der prımitive Charakter feststeht, so folgt keineswegs, dass % sein absolutes Minimum erreicht, wie dies unter B), D) deutlich wird. A) m=2n. Die R" vom Maximalgeschlecht. Soll die Projection C”* möglichst wenig Doppelpuncte besitzen, so würde es sich darum handeln, die für C" * primitive G“ mit der kleinsten Punctzahl aufzufinden : C" sei h die Curve niedrigster Ordnung v, auf welcher die gesuchte Gruppe vorkommt; dann besteht für % die nothwendige Bedingung h=v(2n—1—v)— (w.IV3). Insofern die D die Dopelpuncte einer C”* sind, muss A Sv. at folglich 2 2 2w—2(n—1)=0, odrv>n—1. 1* 4 5. Prof. K. Küpper: Wenn v seinen kleinsten Werth » — 1 annimmt, so wird zwar v.(2n—1—v) ein Maximum, ich behaupte aber, dass A nie unter die Grenze (n—1)n herabsinken kann: Denn bei der Voraussetzung A <(n— 1) n, ist wegen der Primitivität der G% stetseineC" * durch die Gruppe möglich, wie dies eine einfache Anwendung des unter IV. 3. hervorgehobenen Satzes lehrt. Nämlich nimmt man © gemáss: 2n— 4- 1— = n—1,d. h.i=n—2, so brauchte eine C” "nur A— u der G© aufzunehmen, damit auf sie die ganze Gruppe falle. Diese Differenz überschreitet aber den Werth ae nicht, sobald % höchstens = (n— 1)n werden soll, und durch A oder weniger Puncte ist immer eine C"! möglich. Mag dann die C" ", welche die Curve niedrigster Ordnung durch die D sein wird, zerfallen oder irreducibel sein, es kommt die Ungleichung, h=(2n—1—v.v) nach IV. 3. zur Geltung, welche für v=n—1 aussagt; dass A überhaupt nie unter den Werth (na— 1)n herabsinken kann. Ferner wäre diese untere Grenze nur durch eine auf einer C" * vorkommende stý erreichbar. Mit Benützung von IV. 2. finden wir auf einer irre- duciblen C" alle solche Gruppen in dem vollständigen Schnitt der C””* mit einer will- kührlichen C“ n=2n— 4-+3—n-+-.1). Durch die G gehen noch 00 * Curven C”, eine irreducible Mannigfaltigkeit deshalb, weil ein allen C" gemeinschaftlicher Bestandtheil auch in C"7* sein müsste, was durch die Irreducibilitát der C" * ausgeschlossen ist. Zudem ist GÓi „ eine Basis grösster Punctzahl für oo% C" (v. III. Aufgabe), von welchen je zwei sich ausserhalb der Gruppe in » in gerader Linie liegenden Puncten schneiden. Wie man mit Hülfe zweier Büschel der C" eine C"" construiren kann, welche die en zu Doppelpuncten D hat, bedarf hiernach keiner Auseinandersetzung, nur bleibt es fraglich, ob man auf diese Weise (projectivisch) jede ©" erzeugt mit den Doppelpuncten D. Aufschluss hierüber gibt Nachstehendes: 1. Die Raumcurve R” als deren Centralprojection eine solche ©“" erscheint, muss auf einer Fläche 2% Grads %° liegen, ze deren sámmtliche Geraden, zu n-punctigen Se- canten haben. Diese Aussage würde unzweifelhaft sein, wenn sich herausstellte, dass der Vollschaar OR welche die von allen Flächen $* aus R° geschnittene Gruppen enthält, eine Mannigfal- tigkeit 2 <9 zukommt. Zur Ermittelung des « dient uns die projicirte Vollschaar auf €” deren Mannigfaltigkeit dieselbe Zahl x sein muss. Nun hat man eine Gruppe der letzteren in den 4n Puncten, welche irgend ein Kegelschnitt C* mit ©"* gemein hat. Weil aber in C* und C"7* einer der C"> adjungirte C”*" vorliegt, so wird bekanntlich die in Rede stehende Vollschaar von den überhaupt existirenden 00“ adjungirten C”*" ausgeschnitten. Beachtet man jetzt die Schaar U welche diese C”*" auf C"7* liefern, so besteht eine Gruppe derselben ersichtlich aus Uiber algebraische Curven auf die Theorie der Raumcurven. 5 den »n— 1 Schnittpuncten einer Geraden L mit 0”, da L nebst einer der 0% C" eine et bildet; daher folet y— 2. Durch jede Gruppe der N gehen aber noch 00“ Curven oa: mithin <= 8. Wenn hiernachW%"" auf $* liegt, deren Gerade x-, y-punetige Secanten der Curve seien, so bestehen die Gleichungen: r+Hy=2n (ce —1 — 1 =- ) „s ŽB n— I)n, welche een zur Folge haben. Für &” leiten wir unmittelbar die Folgerung ab. Sie besitzt zwei verschiedene Schaaren a 0% deren Gruppen paarweise auf den Tangenten des Kegelschnitts ©? vor- kommen, welcher die Centralprojection der ®° ist. Eine Tangente 7 möge von je einer Schaar die Gruppen G und © tragen. Da 7 mit C" * eine der ©“ adjungirte C" ausmacht, so hat man in den n? Puncten D, G die Grundpnnete eines Büschels (C"), durch welchen man 9 ausschneiden kann, und analoges gilt für 4% Ist p ein zu G gehöriger Punct, so gibt es auch eine ©,, in welcher p sich befindet, und es muss diese ©, offenbar auf die Tangente von ©? fallen, welche 7' in p schneidet, also haben G, ©, ausser p keinen Punct gemein, woraus die Verschiedenheit der Schaaren erhellt. Wie man sieht, liefert jede Gruppe der einen Schaar einen Bůschel (C”), welcher die andere ausschneidet. Damit wäre die projectivische Erzeugung der ©" anf die eben ange- gebene Art dargethan, und die aufgeworfene Frage entschieden. B) Die Raumcurve R"" mit (a— 1)n +1 scheinbaren Doppelpuncten. 1. Construction einer ebenen C" mit (n—1)n-++1 Doppelpuncten D, a) (1—1)n+-1 Wird eine derartige Gruppe vorausgesetzt, so ist durch sie eine Curve C" (v< 1) unmöglich; denn welche bezüglich C""* eine primitive G darstellen. v.zn=2(n—1)n-2, oder v>n—1. Durch Gebrauch des Satzes in IV. 3, indem man: m—=2n—4, 2n —3—ıin nimmt, ergibt sich, dass durch die D noch ©? C" gehen werden. In der Aufgabe unter III. a. O. haben wir auf einer irreduciblen C" eine Gruppe nachgewiesen, bestehend aus der grósstmoglichen Anzabl von Puncten, welche die Basis eines Netzes von Curven C" haben kann. Diese Anzahl war (0 —1)n-+1=-h, und je zwei Netz- 6 5. Prof. K. Küpper; curven schneiden sich ausserhalb der Basis in n—1 in gerader Linie liegenden Puncten. Da jede C" die von den k |- n— 1 gemeinsamen Puncten zweier C" irgendwelche a+n — 2 enthält, nach IV. 2. auch den Fehlenden aufnimmt, so muss auch jede 0°‘, welche durch h — 1 Basispuncte D geht, die ganze Basis enthalten. Es ist klar, dass die 4% Puncte sich anormal gegen C”” * verhalten, ihre Gruppe ist aber auch eine primitive: Man hat nämlich allgemein: ; „Wenn (n—1)n-+ 6 Puncte D einer C* gegen C""“ anormal sind, so beträgt der Excess für dieselben stets dann 1, wenn do > 1. Dies aber beweist die Primitivität der Em. 2. Die Gruppen T. Wir nennen die a— 1 Puncte einer Geraden 7, in welchen sich zwei C" (Curven unseres Netzes) schneiden, und welche die D zu den n" Grundpuncten eines Netzbüschels ergänzen, eine Gruppe T. Ist C7 irgend eine irreducible Netzeurve, so erscheint derselben ein bestimmter ihrer Puncte = zugewiesen. Nämlich die übrigen C" bestimmen auf C* eine Schaar Z deren Gruppen I’ auf die Strahlen eines Büschels fallen müssen, dessen Centrum eben jener Punct &; ist. Jeder Punct & der Ebene gehört zu einer einzigen I' z. B. w gehört derjenigen I" an, welche die Tangente der C* ausschneidet. Es ist klar, dass den oo? C“ die Puncte win um- kehrbar eindeutiger Weise entsprechen; denn gehört © zur Gruppe I’ — auf T —, so wird ihm in dem Netzbůschel, der D, T zu Grundpuncten hat, die Curve entsprechen, welche T in © berührt. Die D machen eine Ausnahme, ein solcher Punct gehört zu oo* Gruppen, welche sich auf der Netzeurve vorfinden, die ihn zum Dopelpunct hat, und zugleich auf einer durch ihn gehenden Geraden T. Um dies einzusehen, braucht man nur zwei Netzcurven be- trachten, die in einem D eine gemeinschaftliche Tangente T' besitzen. So entspricht jedem D diejenige C", deren Doppelpunct er ist. Würde man einem Puncte « der Ebene die übrigen n — 2 seiner Gruppe T als entsprechende zuweisen, so erlangte Uiber algebraische Curven auf die Theorie der Raumcurven. 7 man eine involutorische Transformation der Ebene, deren Grad v sich leicht bestimmen lässt, Einer Geraden A entspreche eine C", so muss diese jeden D-nfach enthalten, da die I', zu welchen D gehört, wie wir sahen auf einer Netzcurve liegen. Wir nehmen eine zweite Gerade A,, und zählen die seo v? Puncte der beiden Curven C" C" wie folgt, auf: Die Gruppe I, welche den Schnittpunct A, A, enthält, liefert » — 2 derselben. Die D ergeben deren n?(n’— n + 1). Die v Schnittpunete von C" A, gehören zu v Gruppen I, in welchen auch die v Schnittpunete von C7, A vorkommen, deren übrige v(m — 3) Puncte noch den C", C* ge- meinsam sind, úberdiess können sie keinen Punct gemein haben; also: w— (n—3)v—n+2=n?(n’—n--1), eine Gleichung, deren positive Wurzel = n? — 1, dem Grade der Transformation. Auf einer beliebigen Geraden 7 liegt eine einzige Gruppe I': Entspricht nämlich einem auf 7’ angenommenen Puncte =; die C, so schneidet diese T’in einnr Gruppe, und es wird jede durch diese I’ gelegte Netzcurve mit 7’ noch ein Punct gemein haben, dem sie offenbar entspricht. Durch zwei Gruppen I',, I; ist eine C bestimmt, die auch den Schnittpunct < der Geraden 7,, 7, enthält, auf welchen die Gruppen sind. Alle durch die D, r', Z möglichen C""* müssen &; enthalten, und bilden eine irreducible Mannigfaltigkeit, wenn C" irreducibel ist. Denn diese C""" umfassen die Curven, welche aus der Geraden 7, und jeder C" bestehen, die dem irrreduciblen Büschel entnommen wird, dessen Grundpuncte in den D nebst T, vorliegen; ebenso sind unter den C"** unendlich viele, welche in T, und eine irreducible C" zerfallen. Hieraus erkennt man (II) die behauptete Irredueibilität, zugleich auch dass der Punct x; auf den C”*" liegen muss, weil eine solche ausser T,, I, nur noch einen Pnnct mit C gemein hat, der nicht beweglich sein kann, die von uns aufgefassten zerfallenden C"T aber offenbar w; enthalten. Die D, ferner drei beliebige Gruppen I',, 7,, I%, nebst den Schnittpuncten ihrer Geraden 7,, T., 7; sind die (a + 1)? Grundpuncte eines Büschels (C"""). Denn dieC?, welche T,, T, verbindet, macht mit 7; eine C""* aus, welche die genannten (r-+ 1)? Puncte: enthält, in gleicher Weise kann man zwei andere C”'' aufstellen. Wenn wir nunmehr C5, die wir irreducibel voraussetzen und I',, I, festhalten, I; aber variabel auffassen, so werden die C", welche jede I'; mit I, verbinden, einen Bůschel (C"), liefern, und ebenso erhalten wir einen zweiten Bůschel (C”),, welchem die Grundpuncte I, zukommen. 3. Bezeichnen wir die eben definirten Büschel projectivisch aufeinander, so erzeugen sie eine C"", für welche jeder D ein Doppelpunct ist als geometrischer Ort der variablen T';. 8 5. Prof. K. Küpper: Wenn dabei eine der 7, die Geraden Tj, T, in ®, «' trifft, so dass die I; enthal- tende C" des ersten Büschels durch z, die des zweiten durch x" geht, so werden die Ge- bilde (x), («“) auf 7), T, projectivisch sein, also wird 7; einen Kegelschnitt €® umhůllen, den auch 7,, 7, berühren. Und bei dieser Erzeugung der C" bemerkt man, dass die auf ihr vorkommenden T'; eine Schaar V constituiren, welche von jedem Netzbüschel (C"7") aus- geschnitten wird, zu dessen Grundpunkten irgend eine Grupe der Schaar gehört; mithin liegen auch I,, 7, in der DR: Zu gleicher Zeit erkennt man, dass auf C"" eine zweite Schaar a vorhanden ist, wenn man als ausschneidende Curven die co" adjungirten C”" benutzt, welche T,, T, und eine willkührliche I; der C"* enthalten. Eine dieser C“'' hat ausser den drei T noch 1-+1 Puncte mit C"* gemein, eine Gruppe G, der fraglichen Schaar. Hier muss aber die de durch einen Bůschel (C""") ausschneidbar sein, zu dessen Grundpuncten I', I, a, G, gehören. Da nun diese Puncte mit den D zusammen (1—-1)* ansmachen, von welchen n(r 1) — nämlich D, I, I, % — auf C? fallen, so folgt dass G, auf einer Ge- A) (n—1 raden liegt. Diese Gerade trifft C" noch in n— 1 Puncten, welche nothwendig der y zukommen, weil eine der o' in Betracht kommenden (OmU 7) aus C? besteht, und der Geraden» welche G; trägt. Also: Die 2n Puncte, die eine Tangente T. des €* mit CS: gemein hat, zerfallen in zwei Gruppen von 1— 1 und n+1 Puncten, so dassdie eine zu einer bestimmten RR, die andere einer Ge sehört. Es liegt auf der Haud, wie man projectivisch (in der eben erläuterten Weise) eine C construirt, welche durch 5 willkührliche Gruppen I' geht. Die zugehörigen 5 T bestimmen ° als Tangenten genommen, einen Kegelschnitt, dessen Tangenten die Gruppen der auf C" be- findlichen y®_ tragen. So ist also jedem der co“ Kegelschnitte der Ebene eine unserer cy n—1 zugeordnet, und umgekehrt, wir entscheiden jetzt: 5. Die Frage, ob ausser diesen 00“ C"" etwa noch andere ©" mit den Doppelpuneten D denkbar sind? Zu diesem Ende fůhren wir den Nachweis, dass die 9" als deren Centralprojection eine solche ©? immerhin angesehen werden kann, auf einer ©" vorkommen muss, deren Gerade für W" na —1-, und n+1-punctige Secanten sind. Die vorhin gedachte C* wird von der Gesammtheit der möglichen ©" in einer Jo) geschnitten, von welcher Schaar eine Gruppe aus I, und I’, besteht, eine zweite G auf der supponirten €” liegt. Durch jene und den Punet ©; geht eine adjungirte C”"'; mithin wird die Vollschaar, welche die g2m— umfasst, von den C" aus C? geschnitten, welche die D und «, enthalten, folglich liegt G" auf einer dieser C*T etwa C777. Nunmehr lässt sich (vergl. A) die Mannigfaltigkeit « der Vollschaar g,, ermitteln, welche die von den Kegel- Über algebraische Curven auf die Theorie der Raumcurven. 9 | schnitten der Ebene auf €” bestimmte oo“ Schaar in sich schliesst. In C” nebst einem Kegel- schnitte hat man eine der G" adjungirte C”'”; deshalb ist « einerlei mit der Mannigfal- tigkeit der durch G“ existirenden C""". Diese ergeben auf C" dieselbe Schaar wie die ©? Geraden der Ebene, weil eine solche Gerade mit C”*" eine jener C"t* bildet. Man findet ohne Weiteres ex —2—-6—8, womit der Schluss begründet ist, dass eine $° durch R” legbar ist. Dass die Geraden der 8" n+-1-, n— 1 punctige Secanten sind, ergeben sodann die Gleichungen: t+y=2n, O oh RR Oz ER PP p) + 3 =n?— n- Für die Projection ©" der %"" fliesst die Folgerung: „G"" besitzt eine 90, deren Gruppen voll beweglich sind, und auf die Tangenten eines Kegelschnitts fallen.“ Man sieht aber ohne Mühe, dass die gel ausschliesslich aus Gruppen I' besteht. Denn sind p, g zwei beliebige Puncte einer Gruppe, so zeigt sich, dass jede adjungirte C”, die durch p gelest wird, nothwendig g enthält. Man braucht nur durch jeden der » — 3 übrigen Gruppenpuncte eine Gerade zu ziehen, welche pg schneidet, so hat man in diesen n— 3 Geraden, im Verein mit jener C" eine adjungirte C7" *, die nach einem bekannten Satze g aufnehmen muss. Hieraus leuchtet das Behauptete ein, sowie ferner, dass die 9‘ mit 9. zu bezeichnen wäre, und dass sie von jedem Büschel ausgeschnitten wird, der eine willkührliche Gruppe zu Grundpuncten hat. Auch steht es fest, dass €” eine der © °C”” sein wird, welche wir nach Obigem pro- jeetivisch construiren können. C) m=2n+1. Die Raumeurve R""* vom Maximalgeschlecht. Soll die Projection C"""* möglichst wenig Doppelpuncte D haben, so müssen die Di für 0” die primitive G“ mit dem Minimum A% von Puncten constituiren. Unter C" die Curve niedrigster Ordnung verstanden, auf welcher eine so beschaffene G liegt, muss wieder h = v (2n —v) (v. IV. 3.), sodann 1< v(2n—1) m 2 I weil eine C"""" in den D Doppelpuncte haben soll; mithin 2n— 1 2v—2nt+1>0, oder v> 9 10 5. Prof. K. Küpper: Hiernach wäre » der kleinste für v zulässige Werth. Bei dieser Annahme wird zwar das Product v (21 — v) möglichst gross, nämlich — n?; jedoch kann k überhaupt nie kleiner als n? werden. Denn die Voraussetzung h < n* hat zur nothwendigen Consequenz die Existenz einer 0”, auf welcher die G{” sich befindet. Der Satz unter IV. 3. besagt, wenn mani—n— 2, m = 2n— 3 nimmt, dass eine C" die Gruppe ganz enthält, wenn nur A — Gruppenpuncte auf ihr sind, eine Differenz, die den Werth ZEĎ _ 1 niehtüberschreitet, wofern h höchstens =n? werden darf; und durch n—— — 1, oder weniger Puncte ist immer eine, (sogar oo) C" möglich. Mag nun die C", welche die Gf" trägt, irreducibel sein, oder nicht, es besteht die Ungleichung 4 = v (2n—v) für v=n, das heisst 4 =n?: Die unterste Grenze n* erreicht man aber nur bei einer a die wirklich auf einer C" sich befindet. Mit Hůlfe von IV. 2. finden wir auf einer irreduciblen C" alle solche Gruppen in dem vollständigen Schnitt dieser C" mit irgend einer anderen Curve gleicher Ordnung, das heisst, als die »® Grundpuncte eines irreduciblen Büsc hels (C"),. C" habe die gefundene Gruppe G zu Doppelpuncten D, und sei die Projection von RT: Wir werden darthun, dass eine Fläche 2% Grads F? existiren mus, welche R""'* auf- nimmt. Es geschieht dies durch das schon zweimal gebrauchte Verfahren, indem wir die Mannigfaltigkeit x für die Vollschaar suchen, welcher die von den Kegelschnitten C* auf Er bestimmte oo“ Schaar angehört. Hiebei ist zunächst die Schaar gm in’s Auge zu fassen, die vom Bůschel (C*), auf C°*"" herrührt. Ist G, eine Gruppe derselben, so zeigt sich, dass ihre » Puncte in einer Geraden Z, liegen müssen. Wir verbinden zwei dieser Puncte p, g durch eine Gerade Z,, und beweisen, dass ein beliebiger 3° Punet r auf Z, fällt. Hier stützen wir uns auf den bekannten Satz, dass jede adjungirte C7, welche n— 1 Puncte von G; hat, auch den fehlenden » aufnimmt. Denkt man demnach durch die n— 3 nicht bezeichneten Puncte der G, ebenso viele Gerade, wovon keine r enthält, so machen diese mit Z, und einer Curve des Büschels (C"), eine solche C”*” aus; mithin muss Z, den Punct r enthalten. Wir dürfen ferner unterstellen, dass die C”, welche G, ausschneidet, irreducibel ist. 13 Ein willkůhrlicher Kegelschnitt C* mit C" zusammengenommen liefert eine adjungirte C"**, 1 also wird die fragliche Vollschaar durch die oo“ adjungirten C""" erhalten, auf welchen G, sich befindet. Aber jede dieser C”"” hat mit C7 noch » variable Puncte gemein, welche in gerader Linie Z liegen, weil die D und G, den vollständigen Schnitt von C* mit einer G"** dar- stellen. Sonach ist die Beweglichkeit jener » variablen Puncte = 2; und folglich z = 2+6 (n — 2) (n — l) FAR SM Über algebraische Curven auf die Theorie der Raumceurven. 11 die gesuchte Mannigfaltigkeit der C“**. Ginge aber durch R""*' keine der ©? F% se müsste x mindestens = 9 sein. Wenn endlich die Geraden der F®, worauf R""*' ist, x-, y-punctige Secanten sind, so hat man rtHy=2n +1, = „lei dir=n y=n-+l. (Gar: Demzufolge besitzt eine 99, und eine G die gleichzeitig von den Tangenten eines gewissen Kegelschnittes Č* ausgeschnitten werden. Die Identität der erstgenannten a) n Schaar g, mit der von uns ebenso bezeichneten, ist leicht einzusehen. Man braucht nur zu zeigen, dass eine C”, die von einer Gruppe G nur einen Punct p enthält, jeden andern Gruppen- sen, p D punct enthalten muss, was eine sich von selbst verstehende Anwendung des bereits ange- 3 führten Satzes über die adjungirten C7"'"* unmittelbar ergibt. Eine projectivische Construction der CHT wird folgendermassen gewonnen. © n merkt man, dass új sich durch einen Büschel (C""") ausschneiden lässt, zu dessen Grund- Träst die Tangente Z, der €? die Gruppe G, von 9“ und die G, von jé so be- puncten die »-- 1 Puncte der G gehěren. Nämlich in Z, und einer C" von (C”), hat man eine adjungirte C"'"; so dass die Basis des Bůschels (C"*") besteht aus den n? D, denn- 1 © Puncten G, und einer beliebigen Gruppe der 9. Indem man sodann 96) sowohl mit dem Bůschel (C”),, als mit (C"") ausschneidet, tritt unmittelbar die projectivische Erzeugung der CF zu Tage. D) Die Raumcurve R""'* mit n?--2 scheinbaren Doppelpuncten. Construction einer ebenen Curve C"""' mitn®-+2 Doppelpuncten D, ( : „ra bilden sollen. 1. Gesetzt, eine solche G8 liege vor, dann ist durch dieselbe eine Curve von nie- driger als der n Ordnung unmöglich, weil schon (n — 1) (2n + 1) < 2 (n*—- 2), Somit ist der Satz (IV. 3.) anwendbar, dass eine CF", (i< n), welche welche bezüglich C"* eine primitive Gruppe G u un) der D enthält, die Gruppe vollständig aufnehmen muss. Dies gibt für i=n —3: GÁ, liegt auf jeder durch (1—3)(1—2) "EDT n? 2— en 3 3 9* 12 5. Prof. K. Küpper: Gruppenpuncte gehenden Cc”", oder durch (6 lassen sich mindestens co“ C""* legen. Wir nehmen an C7"* sei eine dieser C”*" und zwar eine irreducible: Alsdann muss die von den übrigen aus C”*" geschnittene Schaar von (nr 1” —n—2=2(n+1)—3 Puncten wenigstens die Beweglichkeit 2 haben. Nach III. 2. können aber Gruppen von © (m + 1) —ß nie eine grössere Beweglichkeit, als S hier — 2 besitzen, und es kann die Beweglichkeit 2 nur eintreten bei zwei Schaaren von folgender Beschaffenheit: Erstens: Die Gruppen der Ga ns bestehen aus den 2-1 Schnittpuncten der oo? Geraden Z mit C7"* nebst » — 1 unbeweglichen Puncten. Zweitens. Die o 49 _s Wird ausgeschnitten durch ein irreducibles Netz von Kegel- schnitten C?, dessen drei Grundpunkte x, y, z sich auf (O befinden. Den zweiten Fall, als den allgemeineren, legen wir unserer Betrachtung zu Grunde, Um also eine den festgestellten Forderungen möglicherweise entsprechende Gruppe BR zu erlangen, nehmen wir auf (Bram drei beliebige, jedoch nicht auf eine Gerade fallende Puncte ©, Y, % an, legen durch dieselben eine C?, welche eine Gruppe der ge ne liefert; durch: diese werde eine C""" geführt. Dann werden wir beweisen, dass die n®-+2 Puncte D, welche CH ausser der gedachten Gruppe mit C7"* gemein hat, in der That eine primitive GM für 0° sind. Wir hätten zweierlei darzuthun, einmal, dass jede durch n?+-1 der D ge- hende C?*7* den fehlenden Gruppenpunct enthalten muss, ferner, dass irgend n+-1 Puncte D sich gegen die C""“ normal verhalten. Was die erste Aussage betrifft, so betrachte man den vollständigen Schnitt von C”*" und C7"": In diesem hat man zufolge IV. 2. eine pri- mitive GO, für C’"*9, und da von ihm ein Theil einer C* angehört, so muss für die übrigen 1? -2 Puncte D das Behauptete zutreffen. Die zweite Behauptung wird offenbar als richtig erkannt, wenn sich zeigen sollte, dass der bezüglich C""7“ anormalen Gruppe der D der Excess 1 zuzuschreiben ist. Deshalb müsste man die faktische Mannigfaltigkeit u der die D aufnehmenden C" bestimmen. Aus 0?" schneiden dieselben eine Schaar von (an — 3) (n +1) — n" — 2 =n’—n—5 Puncten, die wegen der anormalen Lage der D Specialschaar, somit durch Curven CT us- schneidbar sein muss. Hiebei werden letztere durch 3 auf GATT feste Puncte gehen, so dass Uiber algebraische Curven auf die Theorie der Raumcurven. 13 man in — 2. — eo. L 2 die Beweglichkeit der Schaar hat. Nun exi- n—3)R—2) stiren noch durch jede Gruppe & a C" folglich ergibt sich u=n’—3n—1. Bei normaler Lage der D wäre aber u = (21 — 3)n—n?— 2 = n* — 3n— 2; daher beträgt der Exeess wirklich 1. Ganz auf dieselbe Weise lässt sich der Ausspruch begründen: „Legt man durch 2(n--1)— 8 der Schnittpunete von C”*" mit einer C* die C"*" so schneidet dieselbe C7"" noch in n*--© —1 Puncten, welche für die C""* stets dann eine Dong (1 on ao primitive @,. en constituiren, wenn oe _ Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. D Auch sah ich mich veranlasst, den von Barrande bedeutend erweiterten Begriff der Gattung Hyolithus*) (Eichwald 1840) in seine ursprünglichen Grenzen zurückzuführen und die von diesem Autor hieher gestellten Formen — mit Einschluss von Hyolithus — in vier natürliche, leicht erkenntliche Gruppen nämlich: Hyolithus Eichw. (sens. str.), Ceratotheca Nov., Bactrotheca Nov. und Orthotheca Nov. zu zerlegen, wozu nicht nur die allgemeine Form der Schale, sondern namentlich die Ausbildung der Mündung und des Deckelchens benutzt werden konnten. Hiezu tritt noch eine fünfte, sich an Ayolithus eng anschliessende, neue Form, welche ich mit dem Namen Pierygotheca bezeichnet habe. Wohl hatte ich bereits im Jahre 1886 Gelegenheit auf Grundlage der beiden letzt- genannten Merkmale die Gattung Orthotheca”*) von Hyolithus abzutrennen und darauf auf- merksam zu machen, dass die von Barrande mit dem Namen Cryptocaris***) bezeichneten Schälchen nicht den Phyllopoden angehören, sondern als Deckelchen von Orthotheca aufgefasst werden müssen. +) Alle diese Änderungen sind auf Grundlage eines reichhaltigen Materials, mit gleich- zeitiger Benützung der Barrande’schen Originalstücke durchgeführt worden. In den nachstehenden Tabellen sind 1. die ganz eingezogenen, 2. die neu aufgestellten, 9. die restringirten oder zerlegten Barrande’schen Formen übersichtlich zusammengestellt. Dagegen werden 4. von den neu revidirten Formen bloss diejenigen angeführt, zu deren nä- heren Kenntniss einige Beiträge oder Bemerkungen nöthig waren. I. Übersicht der eingezogenen Formen Barrande's. 1. H,olithus catenatus Barr. 2. „o elongatus „ 3. 5 Laubei 4 4 a sandalinus „ 5 4 venustus ,„ II. Übersicht der neu aufgestellten Arten. Hyolithus Benignensis Nov. Ike Hyolithus calceus © Nov. a bicostatus 5 | > culiellus , *) Betreffend die verbesserte Schreibweise „Ayolithus“ statt der ursprünglichen „Hyolithes“ siehe Remelé: Bemerkungen über Hyolithus acutus Eichw. in der Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. XLI. p. 763. : **) Zur Kenntniss der Fauna der Etage F—f, in den Sitzungsberichten der k. böhm. Gesell. der Wissen- schaften Jahrgang 1886. ***) Syst. Silur. Boh. Vol. I. Supplt. p. 459. +) Vergl. auch Etheridge und Woodward: Second Report ofthe Committee on the fossil Phyllopoda of the Palaeozoic Rocks (Rept. Brit. Assoc. for 1884 (1885) woselbst die Gattung Oryptocaris bereits mit Deckelchen gewisser Gastropoden (Neritopsis) und Corallen (Goniophyllum) verglichen und aus der Abtheilung der Cruster gänzlich ausgeschlossen wird. 6 6. Ottomar Novák: Hyolithus euglyphus Nov. Bactrotheca deleta Nov. 5 giganteus “ Orthotheca baculoides , x incurvatus -z i Barrande „ 5 pauxillus % 5 fragilis 5 5 pagillosus %„ s intermeda „ k signatulus „ pi interstrialis „ i sulcatulus 5 i lamellosa : A superstes 5 a pyramidata , n sp. indet. 5 8 quadricostata „ Ceratotheca Barrandei Nov. | 5 subula 8 s oxygona " 5 ultima % 5 ultima N Orthotheca? Sarkaensis „, 2 unguiformis 3 © | Pterygotheca Barrandei „ III. Übersicht der theils restringirten, theils in mehrere Formen zerlegten Arten Barrande's. Hyolithus adımeus © Barr. Hyolithus novellus © Barv. 5 arcuatus 4 : obvtus c columnaris „ 5 simplex 4 s elegans 5 IV. Úbersicht der mit Nachtrágen versehenen Arten Barrande's. Hyolithus cinctus Barr. Hyolithus pauper Baur. % decipiens „ » solitarius , 5 discors 3 5 striatulus , 5 elegans 5 5 teres » 5 Fortis 5 a tardus k 5 indistinctus „ “ undulatus , Obwohl ich ursprünglich die Absicht hatte, dieser Arbeit auch die Resultate meiner Studien an Deckelchen böhmischer Hyolithiden beizufügen, die zum Theil bereits in der oben eitirten Arbeit (1886) mitgetheilt wurden, habe ich mich doch entschlossen noch ferneres Ma- terial abzuwarten und die Gesammtersebnisse dieser Studien für eine spätere Arbeit vor- zubehalten. Schliesslich sei mir gestattet Herrn Martin Dusl in Beraun, der mich bei der Ausführung dieser Arbeit, durch Überlassen des sämmtlichen, einschlägigen Materials seiner Sammlung auf die freundlichste Weise unterstützte, meinen wärmsten Dank auszusprechen. PRAG, den 26. April 1890. II. Revision der palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. Bevor ich zur Schilderung der theils neuen, theils revidirten Ayolithiden übergehe, sei mir erlaubt, die auf p. 5. Liste Nro. I. angeführten, eingezogenen Formen auszuscheiden und die Gründe, die mich zu diesem Vorgehen veranlassten, zu erörtern. A. Begründung der eingezogenen Arten Barrande's. I. Hyolithus catenatus Barr. 1867. Hyol. Catenatus Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 77. Pl. 15. fig. 17—21. Die sämmtlichen Merkmale des als Ayol. catenatus Barr. bezeichneten Gehäuses stimmen, wie ich mich an einem sehr reichen, von mir selbst gesammelten Material über- zeugen konnte, mit jenen von Hyol. discors Barr. vollkommen überein. Da überdies die beiden genannten Formen in der an Phacops fecundus var. major und Bronteus Dormitzeri reichen Bank des rothen Kalkes von Koněprus gemeinsam vorkommen, lag die Vermuthung nahe, dass beide einer und derselben Art angehören müssten. Das von Barrande hervorgehobene, die Schale der Vorderflächen des Gehäuse seines Hyol. catenatus bezeichnende, netzförmige Gebilde, kann schon aus dem Grunde der Schale selbst nicht angehören, da derselbe netzförmige Überzug auch an der Oberfläche anderer Molluskenschalen (namentlich von Gastropoden) vorkommt. Überdies sind die Maschen des fraglichen Netzes in Wirklichkeit bei weitem nicht so regelmässig ausgebildet, wie dies in den eitirten, von Barrande gegebenen Figuren dargestellt wird. Jedenfalls ist der netzförmige, wie es scheint, aus feinen Röhrchen zusammengesetzte - Überzug, als ein parasitisches Gebilde zu betrachten, dessen Beschaffenheit erst näher unter- sucht werden muss. Ich habe daher den Namen Hyol. catenatus eingezogen, und führe ihn in meiner, dem Schlusse dieser Abhandlung beigefügten Liste der palaeozoischen Hyolithiden Böhmens nicht mehr an. Dem älteren von Barrande bereits 1847 eingeführten Namen: Ayol. discors gehört daher die Priorität. 8 6. Ottomar Novák: 2. Hyolithus elongatus Barr. 1867. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 82. pl. 9. fig. 5—7. Die beiden, unter diesem Namen beschriebenen und abgebildeten Stůcke stellen voll- kommen gerade, ziemlich lange und schmale, in der Mitte durch eine Lánesfurche in zwei gleiche Theile getrennte Flächen dar, deren Seitenkanten in Form von wulstigen Längsleisten mássig hervortreten. Da bei Hyolithen keine der Flächen durch eine Mittelfurche („Rainure médiane“ bei Barrande) halbirt wird, letzteres Merkmal, sowie auch die erwähnten Seitenkanten, jedoch für die Flächen der Conularien bezeichnend sind, liegt kein Grund vor das fragliche Fossil zu den Hyolithen zu stellen. Da aber die erwähnte Furche, wie ich mich an den Originalen selbst, sowie auch an vielen anderen Stücken überzeugen konnte, durch Druck entstanden ist und auch bei weitem nicht so gerade verläuft wie dies namentlich von Barrande in Fig. 7. dargestellt wurde, so ist einleuchtend, dass man es im vorliegenden Falle auch mit keiner Conularia zu thun hat. Die hieher gehörigen Gehäuse sind jedenfalls noch fraglich. Ich mächte sie allerdings für zusammengedrückte Annelidenröhren ansprechen. Schliesslich hätte ich noch zu bemerken, dass das von Barrande (l.c. p. 95. Pl. 13.) mit dem Buchstaben A bezeichnete, auf Hyol. elongatus bezogene Deckelchen mit dem von Hyol. striatulus (Ibidem p. 97. Pl. 13. Fig. E) die grösste Analogie besitzt. Hyol. elongatus Barr., wird aus den oben angeführten Gründen, in meiner Liste der böhmischen Hyolithiden nicht mehr angeführt. 3. Hyolithus Laubei Barr. 1877. Hyol. Laubei Barr. Syst. Silur. 2. Suppl“ p. 297. Pl. 470. Fig, 11—13. Das unter diesem Namen beschriebene, aus den Schiefern der Abtheilung g, von Hlubočep stammende Gehäuse ist ein ganz zusammengedrücktes Schalenfragment, welches an und für sich wenig Anhaltspunkte bietet. Einige hieher gehörige, von mir selbst in den Tentaculitenschiefern von Choteč ge- sammelte Exemplare, geben jedoch genügenden Aufschluss über die Beschaffenheit der frag- lichen Gehäuse. Dieselben bilden kreisrunde, in einen verlängerten, schmalen, blind endigenden. Hals auslaufende Trichter mit abgestumpfter, gerundet endigender Spitze. Die kreisförmige, hori- zontale Mündung besitzt keinen vorrangenden Rand. Die Anwachsstreifen bilden dicht ge- drängte, horizontale, oder wellenförmig gekrümmte Ringe. Diese kurze Charakteristik lehrt, dass die fraglichen Schalen mit Hyolithiden nichts zu thun haben und dass es am zweckmássigsten wäre, dieselben bei den Anneliden zu unterbringen. Es wird daher nöthig erscheinen für die fraglichen Gehäuse einen neuen generischen Namen zu wählen und als solchen möchte ich die Bezeichnung Chonocotyle vorschlagen. Diese Gattung zeigt einige Analogie mit Tentaculiten, welche in neuester Zeit ebenfalls zu den Anneliden gestellt werden. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 9 Bis jetzt sind zwei Arten der Gattung Chonocotyle bekannt: 1. Chonocotyle Laubei. Barr. sp. aus Etage G—g, von Hlubočep und Choteč, sowie auch aus den pflanzenführenden, an Tentaculiten und Styliolinen sehr reichen Schiefern der Etage H—h, von Srbsko. Fig 1. Chonocotyle Laubei Barr. aus G—g,von Choteč. Fig.2.Chonocotyle Laubei Barr. aus H—h, von Srbsko. (Original in der Sammlung des geolog. Instituts der a) Gehäuse in nat. Grösse. böhm. Universität zu Prag). b) Spitze vergrössert. c) Querschnitt der letzteren. (Original in der Sammlung des geologischen Insti- tutes der böhm. Universität zu Prag). 2. Chonocotyle annulata Nov. aus g, von Choteč (Vávrův mlýn). Diese Art ist durch mássig gekrümmte Schale und ihre geringelte, quergestreifte Oberfläche ausgezeichnet. 4. Hyolithus sandalinus Barr. 1367. Hyol. sandalinus Syst. Silur. Boh. Vol. HI. p. 90. PI. 12. Fig, 7—12. Mit diesem Namen wurden von Bar- rande zwei ganz verschiedene Dinge bezeichnet. 1. In 1. c. Fig. 7—8. hat Barrande das Gehäuse eines scharfkantigen, seitwärts und zu- gleich nach vorn gekrümmten Hyolithiden mit ab- gebrochener Anfangsspitze dargestellt. Dasselbe ist identisch mit der auf derselben Tafel in Fig, 25—26. abgebildeten, als Hyol. aduncus Barr. angeführten Form, für welche ich den Namen Ce- ratotheca oxygona vorgeschlagen habe. Fig. 3. ee a Nov. aus g, von Choteč. = G > = a) Natůrliche Grósse. Das in Fig. 7—8 abgebildete Gehäuse 5) Partie der Schalenspitze vergrössert. hr j » (Das Original befindet sich in der Sammlung des geo- Sn gubögensiiznchh ausindemgEaike (dor logischen Institutes der böhm. Universität zu Prag.) Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 6. 2 4 10 6. Ottomar Novák: Etage f, von Koněprus, wie dies von Barrande irrthümlicher Weise angegeben wird, sondern aus dem weissen Cephalopodenkalke der Etage E e, von Dlouhá Hora. 2. Fig. 9—12 ist ein ganz problematisches Fosil aus f, von Koněprus, welches äusserlich scheinbar an Calceola erinnert, innen aber aus krystallinischem, etwas durch- scheinendem Kalk besteht und überhaupt keine organische Structur zeigt. Es ist die Aus- füllung eines Hohlraumes, den ich nicht zu deuten vermag, der aber mit Hyolithus jedenfalls nichts zu thun hat. Der Name Hyolithus sandalinus ist daher gänzlich einzuziehen. 5. Hyolithus venustus Barr. 1867. Hyol. venustus Barr. Syst. Silur, Boh. Vol. III. p. 95. Pl. 9. fig. 14—15. Nachdem ich bereits vor einigen Jahren Gelegenheit hatte, in den Sammlungen des Herrn Schary und des Herrn Zeidler*), sowie auch in jenen des böhm. Museum zu Prag und des Herrm Martin Dusl in Beraun, ein bedeutendes Material Cambrischer Hyolithiden zu untersuchen, ist es mir immer aufgefallen, in den genannten Sammlungen kein einziges Stück entdeckt zu haben, welches mit dem oben angeführten Hyolithus über- einstimmen würde. j Auch die Structur der Schalenoberfläche des 1. c. abgebildeten Stückes, welche in zahlreichen, parallelen, wellig gekrümmten, vielfach anastomosirenden, erhabenen, faltenartigen Streifen besteht, ist sonst allen, mir bekannten, palaeozoischen Hyolithiden vollkommen fremd. Erst nachdem ich Gelegenheit hatte das Original in der Barrande’schen Sammlung selbst zu untersuchen, kam ich zu der Überzeugung, dass es sich in dem vorliegenden Falle um ein Bruchstůck des Kopfumschlages eines grossen Exemplares von Paradoxides spinosus handelt. Dieses Bruchstück ist zufälliger Weise an den beiden Rändern umgebogen und hatte daher die länglich conische Form einer Hyolithenschale angenommen. Hyolithus venustus Barr. wird daher in meiner Liste nicht mehr angeführt. B. Beschreibung der neuen Hyolithiden Böhmens nebst Ergän- zungen zu den bereits bekannten Arten. 1. Gattung: Hyolithus Eichwald 1840. Die von Barrande bedeutend erweiterten Grenzen der Gattung Hyolithus restrin- gire ich wieder auf diejenigen symmetrischen **) Formen, deren Hinterfläche lappenfórmig vorragt, die Mundränder in zwei sich winkelig schneidenden Ebenen liegen und demgemáss ein, nach einer Querlinie gebrochenes Deckelchen besitzen. *) Erstere jetzt Eigenthnm des Museum of Comparative Zoology zu Cambridge (Mass), letztere des Böhm. Museum zu Prag. **) Von den in Böhmen vorkommenden Arten ist bloss bei zwei, nämlich bei A. decipiens Barr. und bei JH. incurvatus Nev., eine ganz unbedeutende, seitliche Krümmung des Gehäuses bemerkbar. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 11 Als Typus dieser Gattung ist die ursprünglich von Eichwald als Ayol. acutus*) abgebildete und beschriebene Form zu betrachten. Die generischen Merkmale der Gattung Hyolithus mögen auf Grundlage des reichlich vorliegenden, böhmischen Materiales folgendermaassen zusammengefasst werden: Gehäuse meist dickschalig, dreiseitig-pyramidal, gerade oder etwas nach vorn gebogen, selten eine mässige Seitenkrimmung zeigend. Hinterfläche verlängert. Hinterrand der Mündung zungenförmig vorragend. Vorderränder derselben meist eine gerade, mitunter aber eine mässig concave oder auch convexe Linie bildend. Vorderpartie des Deckelchens“*) halbmondförmig, flach oder mässig concav, schmal, von der bedeutend grösseren, kegelförmigen Hinterpartie durch zwei, vom Scheitel ausgehende, gegen die beiden Winkel der Seitenränder divergirende Furchen getrennt. Scheitel nach vorn excentrisch. Innenfláche der Vorderpartie des Deckelchens mit zwei kräftigen, in das Innere des Gehäuses frei hineinragenden lamellen- oder stielförmigen Fortsätzen versehen. Vom Scheitel der Hinterpartie entspringen meist ein (Hyol. cinctus, dieser Abhandlung Taf. VI. Fig. 9.), mitunter zwei (Ayol. decipiens Barr. Vol. III. Pl. 12. Fig. 37.), selten drei Paar (Opereulum „H“ Ibid. Pl. 9. Fig. 16—17.). radiaer gegen die Seitenränder gerichtete, wulstig vorragende Leistchen. Das vorderste Paar derselben entspricht stets den beiden Furchen an der Aussenseite des Deckelchens. In der Nähe des Hinterrandes kommen mitunter zwei, symmetrisch zu beiden Seiten der Medianlinie gelegene, rundliche Eindrücke vor, die allerdings als Muskeleindrücke ge- deutet werden könnten. (Vergl. Taf. VI. fie. 8 und 9.). Die Innenwände des Gehäuses trugen mitunter einige, in Form und Zahl variirende Längsleistehen, die an Steinkernen als ebensoviele Rillen meist deutlich hervortreten. Dieselben pflegen bei vielen Arten constant vorzukommen, bei anderen sind sie jedoch mehr oder minder verwischt. Vergleich. Die in der vorliegenden Arbeit von Ayolithus abgetrennten Gattungen Orthotheca und Bactrotheca unterscheiden sich von der ersteren durch die quer abgestutzte Hinterwand des Gehäuses, das Fehlen der beiden, vom Scheitel ausstrahlenden Querfurchen an der Aussenseite des Deckelchens sowie auch den gänzlichen Mangel der paarig vertheilten Leistehen an der Innenfläche der hinteren Partie desselben. Aus der palaeozoischen Schichtengruppe Böhmens sind bis jetzt 35 verschiedene Hyo- lithus-Formen bekannt. Ihre Vertheilung in einzelnen Schichtenabtheilungen ist aus der, dem Schusse dieser Arbeit beigefüsten Liste ersichtlich. Die Gattung Hyolithus beginnt in Böhmen mit der oberen Abtheilung des Cambrium's *) Vergl. Sil. Syst. in Esthand p. 97. und Lethaea Rossica p. 1045. Taf. XL. Fig. 13—14. ©) Den Hyolithiden-Deckelchen ist, im Allgemeinen, bis jetzt sehr wenig Aufmerksamkeit ge- widmet worden. So z.B. wird in dem erst vor kurzem erschienenen Handbuch der Palaeonto- logie von Steinmann und Döderlein p. 343. von einem „meist spiralen Deckel“ ge- sprochen. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung geht schon aus einer ganz flüchtigen Betrachtung der von Barrande gegebenen Figuren deutlich hervor. 12 6. Ottomar Novák: (Etage C 2) und reicht bis in die oberste Abtheilung der hercynischen Schichtengruppe (Barrande’s Etage H) hinauf“). Hyolithus arcuatus Barr. 1867. Hyol. arcuatus Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 77. Pl. 12. Fig. 38—41. Unter diesem Namen werden von Barrande drei ganz verschiedene Dinge abgebildet. 1. Fig. 38, ist, wie ich mich nach gründlicher Untersuchung des Originales überzeugen konnte, die rechte Schale einer, aus Etage Ee 2 von Slivenec stammenden, der Tetinka sa- gitta Barr. (Syst. Silur. Boh. Vol. VI. Pl. 213. Fig. I, 1—6.) nahe stehenden, jedoch nicht bestimmbaren Bivalve. **) 2. Fig. 39. stellt die Vorderfláchen eines geraden, dicken, dem Kalke der Etage F—f, von Koněprus entnommenen Hyolithus-Geháuses dar, welches die wichtiosten, zur Be- stimmung der Art nöthigen Merkmale nicht besitzt und daher ganz werthlos ist. Dasselbe hat mit dem in Fig. 40—41 dargestellten Gehäuse schon desswegen nichts zu thun, weil dieses einer stark nach vorn gebogenen, jenes aber einer geraden Form angehört und ihr Vorkommen überdies einem anderen Niveau entspricht. 3. Für die in Fig. 40—41. dargestellte, stark nach vorn gebogene, nicht rasch an Breite zunehmende uud allerdings wieder erkenntliche Form aus E—e, von Listice, könnte die passende Bezeichnung Hyol. arcuatus Barr. aufrecht erhalten bleiben. Das Gehäuse derselben besitzt einige Ähnlichkeit mit dem von mir Taf. IV. Fig. 27—30. abgebildeten Hyol. calceus. Letzterer hat aber concave Seitenkanten und nimmt ungleich- mässig und sehr rasch an Breite zu. An seiner Hinterfläche verlaufen drei breite Bänder, von welchen bei Hyol. arewatus keine Spur vorhanden ist. Hyolithus Benignensis Nov. 1867. Hyol. elegans? Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 82. Pl. 15. fig. 34—36. Die beiden, oben citirten, aus dem schwarzen Schiefer der Etage D—d, y von St. Benigna stammenden, von Barrande jedoch nur mit Vorbehalt als Hyol. elegans bestimmten Gehäuse, gehören, aus den unten angeführten Gründen, der genannten Art jedenfalls nicht an. Vor allem besitzt Hyol. elegans eine ganz verschiedene Schalenornamentik. Diese besteht nämlich in longitudinalen, quergestreiften Bändern, welche die sämmtlichen Flächen des Gehäuses vollkommen bedecken. Dagegen zeist das in]. c. fig. 36. abgebildete, vergrösserte *) Die aus dem Carbon und der Trias anderer Länder beschriebenen, auf Hyolithus bezogenen Formen, kenne ich nicht aus eigener Anschauung. So viel jedoch aus den bis jetzt bekannten Zeich- nungen nnd Beschreibungen geschlossen werden kann, dürften die frahlichen Formen mit Hyolithus allerdings nicht vereinigt werden. **) Da die Schale nicht durch Spiegel gezeichnet wurde, entspricht die scharfe, etwas concave Linie in der Figur rechts, der Kante der Area, die entgegengesetzte convexe Linie jedoch dem Unterrande der Muschel. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 13 Schalenstück bloss einfache, convexe, äussert feine Anwachsstreifen. Ferner besitzen die beiden, © Le. fig. 34. und 35. abgebildeten Gehäuse eine grössere Anzahl Quersepten, wie solche bei Hyol. elegans nie beobachtet wurden. Auch die Dimensionen der Schale dieser letzteren Form sind nie so bedeutend, wie die des in l. c. fig. 35. dargestellten Gehäuses. Endlich wird an einem anderen Orte dieser Arbeit nachgewiesen, dass Hyol. elegans in Etage D—d, y, speciell aber in den Quarzconcretionen von Vosek etc. überhaupt nicht vorkommt. Die sämmtlichen an dem genannten Fundorte vorkommenden, von Barrande mit dieser Art zusammengebrachten Gehäuse sind auf die in der vorliegenden Arbeit neu auf- gestellte Art Hyol. euglyphus zurückzuführen. Ich habe es daher für zweckmässig gehalten für die fraglichen, auf Barrande's Taf. 15. gezeichneten Gehäuse einen neuen Namen, nämlich Ayol. Benignensis vorzuschlagen. Leider ist der Eisenbergbau von St. Benigna (Stollen von Kozojed) längst aufge- lassen, der Stollen, aus welchem noch vor etwa 30 Jahren zahlreiche Fossilien herausgeschafft wurden nunmehr unzugänglich, ein neues Material von diesem Fundorte daher nicht zu erwarten. Hyolithus bicostatus Nov. Taf. V. fig. 24—27. Gehäuse klein, schlank, gleichmässig an Breite zunehmend und ziemlich stark nach vorn gebogen. Der Winkel an der Spitze der grossen Fläche des Gehäuses misst etwa 10% Querschnitt gleich einem niedrigen Dreieck mit convexen Seiten und gerundeten Ecken. Die beiden Winkel an der Basis etwas vorspringend, der derselben gegenůberliegende jedoch bedeutend abgestumpft. Hinterfläche mässig quergewölbt, die beiden Vorderflächen ziemlich flach, jede der- selben an ihrer Aussenseite mit einer gerundeten, stark vorrangenden Längsrippe versehen. Mündung nicht überliefert, doch nach der Richtung der Anwachsstreifen deutlich er- kennbar. Der theilweise erhaltene Hinterrand verlängert und halbkreisförmig gerundet. Vor- derrand in der Mitte ganz unbedeutend vorspringend. Die restaurirte Mündung müsste daher zweilippig erscheinen. Deckelchen unbekannt. Schalenoberfläche bloss mit Anwachsstreifen versehen. Letztere bilden an der Hinter- fläche Halbkreise, an den Vorderflächen jedoch nur mässig nach vorn gebogene Querlinien. Vorkommen. Es liest bloss das abgebildete, aus den grünlichen Kalken der Ab- theilung e, von Kozel bei Beraun stammende Exemplar vor. Vergleich. Duch die schlanke Form des Gehäuses, sowie die beiden vorspringenden Rippen an den Kanten der Vorderflächen nähert sich die eben beschriebene Art der von Barrande als Ayol. costatulus*) bezeichneten Form aus Etage f, von Koněprus. Die Anwachsstreifen dieser letzteren sind jedoch an den Vorderflächen einfach quer- gerichtet und bilden an der Hinterfläche nur mässig vorspringende Bogenlinien. Von den beiden Mundrändern ist bloss der Hinterrand mässig vorragend. *) Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 79. Pl. 13. fig. 41—44. 14 6. Ottomar Novdk: Von den in Etage E vorkommenden Formen wäre Hyol. simplex Barr.*) zu vergleichen. Derselbe besitzt ein gerades, schlankes und immer sehr kleines Gehäuse. Die beiden Lánesrippen **) an den Seitenkanten der Vorderfláchen sind mässig entwickelt, die 'Anwachs- streifen der Hinterfläche kaum angedeutet, die der Vorderflächen einfach quergerichtet und ebenfalls ziemlich verwischt. Hyolithus calceus Nov. Taf. IV. fig. 27—30. Gehäuse ziemlich gross, stark nach vorn gebogen, sehr breit, anfangs langsam, später etwas rascher an Breite zunehmend. Die beiden Seitenkanten erscheinen daher gegen die Medianlinie etwas convex. Der Querschnitt bildet ein niedriges Dreieck mit gerundeten Ecken und convexen Seiten. Seine Basis beträgt das Doppelte der Höhe. Die Mündung ist nicht erhalten, doch lässt die Richtung der Anwachsstreifen der Hinterfläche auf einen mässig convexen und daher vorrangenden Hinterrand schliessen. Die nur theilweise erhaltene Schale ist 0-5 mm. dick und lässt bloss Anwachsstreifen erkennen. Die Hinterfläche des Steinkernes des abgebildeten Exemplares trägt drei erhabene Léngsbánder, wovon eines in der Medianlinie liegt, die beiden seitlichen aber gegen die Spitze des Gehäuses convergiren. Vorkommen. Das beschriebene Exemplar stammt aus Etage E e, von Listice. Vergleich. Diese Art unterscheidet sich von allen böhmischen Hyolithiden, durch rasche Breitenzunahme, die mässige Dicke des ganzen Gehäuses sowie durch das Vor- kommen von drei breiten Leisten an der Innenseite der Hinterwand des Gehäuses. Hyolithus cinctus Barr. Taf. VI. Fig. 6—12. 1867. Hyol. cinctus Barr. Syst. Silur. Boh. III. Pl. 9. fig. 8-12 und Pl. 15 fig. 25—26. Bekanntlich kann bei Hyolithiden das Deckelchen nur in äusserst seltenen Fällen in natürlicher Lage, nämlich die Mündung des Gehäuses schliessend beobachtet werden. Zu diesen seltenen Fällen zählt auch das von Barrande Taf. 15. fig. 25—26. abgebildete Ge- häuse von Hyol. einctus aus den Quarzconcretionen der Etage D—d, y von Vosek. In dieser Figur ist der Abdruck der Aussenseite des Deckelchens dargestellt. *) Ibid. p. 91. Pl. 13. Fig. 1—6 und 9—11. ”*) Diese sind aus den von Barrande gegebenen Figuren nicht ersichtlich, bestehen aber in der That bei allen von mir untersuchten Stücken. re O Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 15 Zum vollen Verständniss der an dem genannten Fundorte so häufig vorkommenden Hyolithiden sei hervorgehoben, dass ihre Schale nie erhalten, sondern stets in Eisenoxydhydrat verwandelt ist, durch welches die frühere Schalensubstanz ersetzt wurde. Man hat es daher auch bei den Deckelchen immer nur mit Abdrücken zu thun. Nun ist aber der Abdruck der Aussenseite des Deckelchens von jenem der Innenseite derart verschieden, dass die beiden Gegendrücke, falls sie, nach dem Aufschlagen der Quarzconcretion nicht vorsichtig beisammen gehalten werden, leicht mit Abdrücken anderer Deckelchen verwechselt werden können. Dies ist auch, wie aus den Barrande’schen Abbildungen hervorgeht, bei dem Deckelchen von Hyol. cinctus der Fall. Auf 1. c. Taf. 10. fig. G a—b stellt Barrande ein isolirtes Hyolithendeckelchen dar, welches 1. c. pag, 94. mit seinem Ayol. teres in Zusammenhang gebracht wird. Dagegen konnte ich mich an einem zahlreichen Material genügend überzeugen, dass diese Figur that- sächlich den Abdruck der Innenfläche des in dem oben angeführten Fundorte häufig vor- kommenden Deckelchens von Zyol. cinctus repraesentirt. Die beiden hier besprochenen Figuren stellen also im ersten Falle den Abdruck der Aussen-, in zweiten aber den Abdruck der Innenfläche eines und desselben Deckelchens dar. Alle diese Verhältnisse gehen aus den auf Taf. VI. fig. 6—9 dieser Arbeit gegebenen vier Ansichten eines Deckelchens von Hyolithus einctus deutlich hervor. Was die horizontale Verbreitung von Hyol. einctus betrifft, möchte ich noch her- vorheben, dass die Art in den letzten Jahren auch in der Gegend von Prag und zwar in der Šárka sowie auch zwischen Libuš und Nové Dvory entdeckt wurde. Auch diese Fundorte gehören der Zone D—d, y an. Hyolithus cultellus Nov. Taf. V. Fig. 14—17. Gehäuse klein, gerade, deprimirt, mit ziemlich scharfen Seitenkanten versehen und in der äusseren Form dem Hyol. obvius Barr.*) sehr nahe stehend. Der Querschnitt bildet ein niedriges, gleichschenkeliges Dreieck, dessen Höhe kaum der halben Länge der Basis gleichkommt. Die feinen Anwachsstreifen sind an den beiden Vorderflächen horizontal, biegen sich an den Seitenkanten rasch nach vorn und nehmen in der Mitte der grossen Fläche eine wieder fast horizontale Richtung an. Der Hinterrand der Mündung ragt daher etwas vor, ist aber in Mitte quer abgestutzt. Der Vorderrand ist gerade. Vorkommen. Listice bei Beraun. Etage E e,. Selten. Vergleich. Das oben erwähnte Gehäuse von Hyol. obvius Barr. unterscheidet sich von dem der eben beschriebenen Art 1. durch den weit vorragenden, halbkreisfórmigen Umriss des Hinterrandes der Mündung**) und die davon abhängige Convexität der Anwachsstreifen *) Syst. Silur. Boh. III. Pl. 12. Fig. 1—12. **) Dieser Rand ragt jedenfalls viel weiter vor als dies bei Barrande. Taf. 12. Fig 1—2 dargestellt ist. 16 6. Ottomar Novák: 5 der Hinterfläche, 2. durch die longitudinale Streifung der Vorderflächen und 3. die viel fei- nere, meist kaum merkliche Querstreifung der sämmtlichen Flächen. Hyolithus decipiens Barr. Taf. III. fig. 25—28. 1867. Hyol. decipiens Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 80. Taf. 12. fig. 33—37. Auf der oben citirten Tafel seines grossen Werkes, hat Barrande in Fig. 34. ein Exemplar dieser Art abgebildet, deren Anfangspartie mässig seitwärts und zwar nach links gebogen erscheint. Die erwähnte Figur stellt die Vorderansicht des Gehäuses dar, sie ist aber insofern unrichtig, als in Wirklichkeit die Spitzen der sämmtlichen, von mir unter- suchten Exemplare in derselben Lage des Gehäuses betrachtet, nicht nach links, sondern nach rechts gebogen sind. *) Ausserdem sei noch bemerkt, dass die Spitze des Gehäuses von Hyol. decipiens nicht gerundet ist (vergl. Z. c. fig. 83 und 34), sondern ganz scharf ausläuft. Ferner wäre noch hervorzuheben, dass die Schale der beiden Vorderflächen nicht nur mit Längsleisten, sondern auch mit deutlichen, ebenfalls erhabenen Querstreifchen versehen ist, wodurch die Oberfläche ein gegittertes Ansehen erhält. Die Längsrippchen vermehren sich, bei zunehmendem Wachsthum der Schale, durch Einschieben von neuen zwischen die bereits bestehenden. Die grosse, hintere Fläche ist bloss mit sehr feinen, convexen Querstreifehen versehen. Vorkommen. Die abgebildeten typischen Exemplare stammen von Königshof (Krälüv Dvür) aus Etage D—d,. Ausserdem sind mir einige Exemplare aus dem d, Zuge zwischen Lodenic und Vinice bekannt. Aus d,, woher die Art von Barrande ebenfalls. angeführt wird, hatte ich keine hieher gehörigen Exemplare zur Verfügung. Hyolithus discors Barr. Taf. V. fig. 1—4. 1867. Pugiunculus discors Barr. Leonh. uud. Bronn. Neues Jahrbuch V. p. 557. 1867. Hyol. discors Barr. Syst. Silur. Vol. III. p. 80. Pl. 13. Fig. 12—16. und PG Re eo : 1867. Hyol. catenatus Barr. Syst. Silur. Vol. III. p. 77. Pl. 13. Fig. 17—21. - 1886. „ discors Novák Sitzungsberichte d. kön. böhm. Gesell. d. Wiss. Separat-. abdruck p. 10. und 27. Taf. II. Fig. 18—25. Da ich vor einigen Jahren etwa ein Hundert Stücke dieser, vor dem bloss nach ei-. nigen, seltenen Exemplaren bekannten Form zu sammeln Gelegenheit hatte, habe ich, um die. Beschaffenheit der Schalenelemente näher kennen zu lernen, einige Gehäuse quer durchge- *) Dieser Irrthum ist wohl bloss darin zu suchen, dass das Original zu der oben citirten Figur nicht, verkehrt auf Stein gezeichnet wurde. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 17 schnitten und angeschliffen. Ich wählte zu diesem Zwecke vor allem solche Exemplare, die noch unberührt in dem festen Kalkstein eingeschlossen lagen. Die auf diese Weise angefertigten Querschnitte (Vergl. Taf. V. Fig. 4.) zeigten nun, dass einzelne der zahlreichen, die Vorderflächen der Schale zierenden Rippchen, sich mitunter zu 1—2 m. m. breiten, vertical stehenden Lamellen erweitern. Die Verdickungen in der Nähe der beiden Seitenwinkel entsprechen den in Fig. 1—2 deutlich hervortretenden Längsrillen. Die Figuren 1—2 zeigen ferner, dass die Schale aus zwei übereinander liegenden Schichten zusammengesetzt ist, wie dies auch bei einigen anderen Formen wie Hyol. pauper, Hyol. striatulus ete. beobachtet werden kann. Die von mir in der oben citirten Arbeit (1886) gegebenen Abbildungen bieten genů- genden Aufschluss über die Form des Deckelchens dieser Art, wesshalb ich hier auf eine neue Beschreibung desselben verzichte. Ich bemerke nur, dass bei Hlyol. discors, Dank dem zahl- reichen Material, das Deckelchen in natürlicher Lage beobachtet werden konnte. Hyolithus elegans Barr. Taf. VL Fig. 22—23. 1847. Pugiunculus elegans Barr. Leonh. & Bronn Jahrb. V. p. 557. 1867. Hyol. elegans Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 81. Pl. 11. Fig. 14—25. Zu dieser von Barrande bereits charakterisirten Form hátte ich noch folgendes zu bemerken. 1. Die Spitze einzelner Exemplare ist mitunter, ebenso wie bei Hyolithus striatulus, durch ein Septum von dem Reste des Gehäuses abgetrennt. Das in Fig. 22—23 abgebildete Stück stellt die Wohnkammer eines ausgewachsenen Gehäuses dar, dessen Spitze leider nicht erhalten blieb. Das Septum selbst hat eine ganz unregelmässige Oberfläche, die von zwei stumpfwinkelig sich schneidenden Ebenen gebildet wird. Dagegen zeigen zahlreiche andere, mit vollständig erhaltener Schalenspitze versehene Exemplare im Inneren der Schalenspitze nicht die geringste Spur von Septenbildung. 3. Dasselbe Exemplar (Fig. 23) zeigt ausserdem, dass die Schale des Gehäuses von der Spitze gegen die Mündung allmählig an Dicke abnimmt. Aber auch diese Eigenthümlichkeit ist nur bei einigen Exemplaren zu beobachten. 3. Was die verticale Verbreitung dieser Art betrifit, so wird sie von Barrande ausser aus d,, wo selbe sehr häufig vorkommt, auch von zwei, der Etage d, y angehörigen Fundorten und zwar bei Vosek und bei St. Benigna angeführt. Doch konnte sichergestellt werden, dass sich die in den Quarzconcretionen von Vosek vorkommenden Stücke auf den Taf. V. Fig. 18—23 dieser Arbeit abgebildeten Hyolithus euglyphus Nov. beziehen. Da- gegen habe ich für die beiden von Barrande L. c. Pl. 15. Fig. 34—36 als Hyolithus elegans ? bezeichneten Gehäuse von St. Benigna, der Namen Hyolithus Benignensis vorgeschlagen. (Siehe pag. 12. dieser Abhandlung). Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 6. 3 18 6. Ottomar Novák: In der dem Schlusse dieser Abhandlung beigefůgten Úbersicht der verticalen Ver- theilung der böhmischen Hyolithiden wird die oben angeführte Art daher bloss aus Etage d, angeführt. Hyolithus euglyphus Nov. Taf. V. Fig. 18—23. 1867. Hyol. sp. Operculum „F“ bei Barrande Syst. Silur. Boh. III. pag. 97.. Pl. 10. Fig. F a—b. — Hyol. elegams Barr. (pars) ibidem p. 82. 1886. Hyol. euglyphus Nov. Sitzungsb. k. böhm. Gesell. d. Wiss. Separatabdruck p. 26. Taf. II. Fig. 1—10 (Operculum). Geháuse mittelgross, schwach nach vorn gebogen, ziemlich lang, etwas zusammen- gedrückt, gleichmássig an Breite zunehmend und in eine scharfe Spitze auslaufend. Die beiden Seitenkanten bilden einen Winkel von etwa 14°. Querschnitt gleicht einem Dreieck mit convexen Seiten, breiter Basis und geringer Höhe. Die den beiden Seitenkanten des Gehäuses entsprechenden Winkel scharf, der der Basis gegenüberliegende dagegen stumpf gerundet. Hiemit stossen die beiden Vorderflächen mit einander halbkegelförmig, mit der Hinterfläche jedoch scharfkantig zusammen. Hinterrand der Mündung halbkreisförmig vorragend. Vorderrand gerade. Mithin be- rühren sich die beiden Ebenen der Mundränder fast rechtwinkelig. Das zu dieser Art gehörige Deckelchen wurde bereits von Barrande als Operculum „F“*) beschrieben und spáterhin auch von mir abgebildet. Ich verweise daher auf die beiden ohren Citate. Schale nicht erhalten. Ihre Verzierungen bloss nach: áusseren Abdrůcken bekannt. Die der grossen Fláche entsprechenden Abdrůcke zeigen einfache, schwach angedeutete, nach vorn convexe, ungleich von einander entfernte Anwachsstreifen. Die beiden kleinen Flächen sind in etwa 60—80 schmale ungleiche, nach dem breiten Schalenende allmáhlig sich erwei- ternde, longitudinale Zonen eingetheilt. In jeder Zone bemerkt man eine Reihe äusserst feiner, nur bei starker Vergrösserung sichtbarer, erhabener Querstreifehen. Diese sind dicht gedrängt, wenden ihre Concavität gegen die Schalenspitze und alterniren sehr oft mit jenen der neilen benachbarten Reihen. An der Oberfläche des sonst ellsaiem Steinkernes bemerkt man einzelne, schwach ent- wickelte Querrunzeln. Vorkommen. Häufig in den Quarzconcretionen der Unterabtheilung D—d, y von Vosek, Mauth (Mýto), Šárka und Nové Dvory. Vergleich. Die beschriebene Form wurde von Barrande mit Hyol. elegans ver- wechselt. Diese ausschliesslich in d, vorkommende Art unterscheidet sich von Hyol. euglyphus 1. Durch die Form ihres Deckelchens, 2. durch die auch auf der Hinterfläche vorhandenen quergestreiften Längszonen, 3. durch viel grössere Dimensionen. *) Die Figur stellt den Abdruck der Innenfläche des Deckelchens dar. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 19 Hyolithus fortis Barr. Taf. V. Fig. 32-55. 1867. Hyol. fortis Barr. Vol. III. p. 82. Pl. 15. Fig. 16—19. Das abgebildete Geháuse ist insofern von Wichtigkeit, als seine Můndung vollkommen erhalten ist. Dieselbe ist vorne quer abgestutzt und ragt rückwärts nur mässig vor. Hierin liegt der Hauptunterschied zwischen dieser Art und Ayol. giganteus Nov., der sich auch bei Steinkernen sofort bemerkbar macht. Dass das von Barrande L. c. Pl. 15. Fig. 20—21 abgebildete mit Hyol. fortis in Zusammenhang gebrachte Deckelchen, nicht dieser Art, sondern dem Hyol. giganteus Nov. an- gehört, geht aus der Form der Querschnitte klar hervor. Das Deckelchen des viel selteneren Ayol. fortis wäre bis jetzt unbekannt. Vorkommen. Vosek und Mauth (Mýto) Etage D—4, y. . Hyolithus giganteus Nov. Taf. IV. Fig. 40—50. Gehäuse gross, pyramidenförmig, gerade und an Breite gleichmässig zunehmend. Schmales Ende des Gehäuses nicht erhalten. Der von den beiden Seitenkanten eingeschlossene Winkel beträgt 10°. Der Querschnitt gleicht einem Dreieck mit convexen Schenkeln und gerundeten Ecken. Doch ist die der grossen Fläche gegenüberliegende Pyramidenkante viel stumpfer gerundet als die beiden Seitenkanten. Die Mündung ist nicht erhalten, ihre Form jedoch nach der Richtung der Anwachs- streifen genau erkenntlich. Ihr Hinterrand war bedeutend vorragend und zungenförmig ge- rundet, der Vorderrand mássig vorspringend nnd in der Nähe der Seitenkanten des Gehäuses etwas ausgeschnitten. Dieselbe Form der Mündung ist auch in einigen, an der Oberfläche des Gehäuses bemerkbaren und mit den Anwachsstreifen parallel verlaufenden Einschnürungen wiedergegeben. Der Deckel des Gehäuses ist zwar nicht in natürlicher Lage beobachtet worden, doch lässt sich vermuthen, dass das von Barrande als zu Hyol. fortis*) gehörig betrachtete Operculum eher zu Hyol. giganteus als zu der genannten Barrande’schen Art passen dürfte. _ Dafür spricht namentlich der äusere Umriss des fraglichen Deckelchens, welcher wohl dem triangulaeren Querschnitt von Hyol. giganteus, nicht aber dem elliptischen von Hyol. fortis**) entsprechen kann. Auch ist aus den Quarzconcretionen von Vosek, Mauth ete. kein anderes Deckelchen bekannt, dessen Grösse und Dimensionen mit jenen von Hyol. giganteus so gut übereinstimmen würden als eben das besprochene. *) Syst. Silur. Boh. III. Pl. 15. 1ig. 20—21. **) Ibid. fig. 18. 3* 20 6. Ottomar Novák: Die Schale des Gehäuses ist ziemlich dünn. Die Hinterfläche trägt sehr feine con- vexe, mitunter zu Bündelchen gruppirte Anwachsstreifen. Auf den Vorderflächen kommen ausser diesen letzteren auch noch einzelne, unregelmässig vertheilte, weit von einander abstehende gegen die Seitenkanten jedoch etwas näher an einander rückende Lángsleistchen vor. Das in Fig. 49 dargestellte Exemplar trägt in der Nähe der Seitenkanten der beiden Vorderflächen je eine schwach vertiefte Längsfurche, wie deren ähnliche auch bei anderen Arten (z. B. Hyol. pauper Barr., Hyol. striatulus Barr., Hyol. costatulus Barr. ete.) häufig vorkommen. Die beschriebene Art ist der grósste bis jetzt bekannte Repraesentant der Gattung Hyolithus und übertrifft selbst die grossen cambrischen Formen wie: Hyol. maximus, Hyol. robustus ete. Die Totallänge des in Fig. 48 dargestellten Bruchstückes dürfte bei der gleich- mässigen Breitenzunahme des Gehäuses auf etwa 200 M. m. geschätzt werden. Hiebei beträgt die grösste Breite desselben Exemplares 37 M. m. Vorkommen. Selten in den Auarzconcretionen der Unterabtheilung D—d, y von Vosek und Mauth (Mýto, Svatoštěpánský rybník). Vergleich. Die beschriebene Art unterscheidet sich von ihren Verwandten nicht nur durch ihre bedeutenden Dimensionen, sondern auch die Structur ihrer Schalenoberfläche. Als nächst verwandte Form wäre Hyol. elegans Barr.*) zu erwähnen, dessen Oberfläche ebenfalls mit Längs- und Querstreifen verziert ist. Doch treten die Längsstreifen der genannten Form nicht als Rippen, sondern als sehr feine Furchen hervor. Hyolithus incurvatus Nov. Taf. VI. Fig. 13—16. Gehäuse schlank, zusammengedrückt, scharf zugespitzt, mässig nach vorn gebogen, mit etwas seitwärts gekrümmter Spitze. Querschnitt bildet ein Dreieck mit vorspringenden Ecken an der Basis. Hinterfläche mässig convex, Vorderfläche quergewölbt und mit einer stumpf- gerundeten Kante in einander übergehend. Jede derselben trägt längs der Seitenkanten je eine schmale, ziemlich scharfe, von einer feinen Furche begrenzte Rippe. Vorderrand der Mündung quer abgestutzt, ihr Hinterrand verdeckt. Deckelchen unbekannt. Schale der Vorderflächen mit ziemlich groben Querrunzeln verziert, die der Hinter- fläche nicht bekannt. i Vorkommen. Es liegen bloss 3 Exemplare vor. Sie wurden in der an Bronteus spe- ciosus, Proetus planicauda. Pr. myops ete. reichen Bank des Kalkes von Koněprus (Etage F—f,) vorgefunden. | Vergleich. Die beschriebene Art steht der von Barrande (Pieropodes. Pl. 13. fig. 41—43.) als Hyol. costatulus bezeichneten Form am nächsten. Das Gehäuse dieser letz- teren zeigt keine Seitenkrümmung und nimmt rascher an Breite zu. Ihr Querschnitt ist mehr elliptisch, die beiden Längsrippen gerundet und die Oberfläche mit sehr feinen Querstreifchen versehen. *) Ibid. Pl. 11. fig. 14—=25. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 21 Hyolithus indistinctus Barr. Taf. V. Fig. 5—9. 1867. Hyol. indistinctus Barr. Vol. III. p. 83. Pl. 9. Fig. 1—4. Die Abdrücke einiger von Herrn Martin Dusl in den grünen Königshofer Schiefern (Etage D—d;) von Ratinka bei Beraun gesammelten Exemplare lassen die Verzierung der Schale dieser Art deutlich erkennen. Dieselbe besteht auf den Vorderflächen aus undeutlichen Anwachsstreifen, die aber von äusserst feinen, nur unter der Lupe sichtbaren Längsstreifen gekreuzt werden. Diese letzteren fehlen auf der grossen Fläche gänzlich. Zu Hyol. indistinctus stellt Barrande auch einige in d, von Trubin und d, von Zahoran vorkommende Exemplare. Dieselben sind aber gänzlich verdrückt und jedenfalls nicht mit Sicherheit bestimmbar. Nach der in Schalenabdrücken mitunter erhaltenen Streifung zu urtheilen, scheinen sie vielmehr dem Hyol. striatulus anzugehören. Aus diesen Gründen wird die obige Art in meiner Liste der verticalen Vertheilung der böhmischen Hyolithiden aus den Abtheilungen d,—d, nicht mehr angeführt. Hyolithus obvius Barr. 1867. Hyol. obvius Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 86. Pl. 12. Fig. 1-6. und Pl. 15. Fig. 22. und 42—43. : In meiner kleinen Arbeit über die Fauna der Etage f4*) habe ich bereits her- vorgehoben, dass die in dem schwarzen Kalke von Lochkov häufig vorkommenden, von Bar- rande L. c. pag. 87 als Hyol. obvius angeführten Gehäuse sich sämmtlich auf Orthotheca in- termedia Nov. beziehen. Hyol. obvius Barr. ist eine bloss in Etage E vorkommende Art und wird daher in der von mir zusammengestellten Übersicht aus /, nicht mehr angeführt. Ferner hätte ich noch darauf aufmerksam zu machen, dass das auf l. c. Taf. 15. Fig. 42 dargestellte, in dem grünen Kalke der Etage Z von Bubovic mit Hyol. obvius verge- sellschaftet vorkommende Operculum in der Erklärung der Figuren durch Irrthum als Hyol. paradoxus Barr. angeführt wird. Diese Bezeichnung ist, wie Barrande in der auf l. c. pag. 86 gegebenen Bemerkung selbst hervorhebt, bereits von Eichwald (1860) für eine russische Art verbraucht worden. Es ist daher die Bezeichnung Ayol. paradoxus Barr., einzuziehen und mit dem Namen H. obwwus Barr. zu ersetzen. Hyolithus pauper Barr. Taf. V. Fig. 28—31. 1867. Hyol. pauper Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 88. Pl. 13. Fig. 36—40. Das zahlreiche, erst kürzlich von mir selbst gesammelte Material gestattete, die von Barrande bereits gemachten Beobachtungen noch folgendermassen zu ergänzen. *) Sitzungsberichte der k. böhm. Gesell. der Wissenschaften Jahrgang 1886. 29 k 6. Ottomar Novák: 1. Sind die sämmtlichen, vorliegenden Exemplare nie ganz gerade, wie dies nach dem von Barrande abgebildeten Fragmente geschlossen werden dürfte, sondern stets etwas nach vorn gebogen. 2. Wäre hervorzuheben, dass die, an den inneren Flächen des Gehäuses vorkommen- den Längsleisten, nämlich 3 in der Milte der Vorderwand und je 2 zu beiden Seiten der Hinterwand, bei dieser Art constant vorkommen, was bei der Mehrzahl der Hyolithus-Arten nicht der Fall ist. 3. Das in Fig. 28 abgebildete Exemplar zeigt ausserdem, dass die Schale dieser Art — wie dies auch bei Hyolithus discors, elegans und striatulus beobachtet werden konnte — aus zwei Schichten zusammengesetzt ist. Die äussere derselben (bei a) trägt die gewöhnliche Schalenornamentik, die innere (bei 5), dagegen ist glatt. Vorkommen: Die sämmtlichen, von mir untersuchten Exemplare stammen aus der an Bronteus speciosus, Lichas Haueri, Proetus neglectus ete. reichen Bank der Etage F—f, bei Koněprus. Hyolithus pauxillus Nov. Taf. IV. fig. 1—7. Gehäuse mittelsross, gerade, oder kaum merklich nach vorn gebogen, gleichmássie an Breite zunehmend. Anfangspartie meist scharf auslaufend, mitunter, falls Luftkammern vor- handen waren und die Spitze abgebrochen ist, gerundet. Der Winkel, an der Spitze der grossen Fläche gemessen, beträgt etwa 18°. Der Querschnitt bildet ein niedriges Dreieck mit convexen Schenkeln. Die beiden Winkel an der Basis scharf, der derselben gegenüberliegende jedoch stumpf gerundet. Die beiden Vorderflächen vereinigen sich daher in der Mitte halbkreisförmig, treffen aber mit der- Hinterfläche scharfkantig zusammen. Vorderrand der Mündung quer abgestutzt, in der Mitte unbedeutend vorragend (Fig 1 1.). Hinterrand halbkreisförmig und weit vorspringend. Mithin liest die Mündung in zwei stumpf- winkelig zusammenstossenden Ebenen. Das Deckelchen ist zwar nicht in natürlicher Lage gefunden worden, doch. lässt sich mit Bestimmtheit schliessen, dass das von Barrande Pl. 9. Fig. 16—17. abgebildete, dieser Art angehört. Dies geht nicht nur aus dem gemeinsamen Vorkommen, sondern namentlich aus der dem Querschnitte, sowie auch der Mündung vollkommen angepassten Form dieses Deckelchens deutlich hervor. Schale nicht erhalten, die Verzierungen ihrer Oberfläche können jedoch an äusseren Abdrůcken (Fig. 7) beobachtet werden. Dieselben zeigen eine feine, den beiden Vorderflächen entsprechende Lánesstreifung. Der der grossen Fläche entsprechende Schalen-Abdruck lässt bloss feine Anwachsstreifen erkennen. Auf der Innenseite der Hinterwand war jederseits ein kurzes, die Schalenspitze nicht erreichendes Leistchen angebracht (vergl. die Steinkerne Fig. 2, 5 und 6). Vorkommen. Sehr häufig in den Quarzconcretionen der Zone D—d, y von Libuš, Nové Dvory, Šárka, Mauth (Mýto) und Vosek. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 23 Hyolithus paxillosus Nov. Taf. IV. Fig. 13—22. Gehäuse mittelgross, kaum merklich nach vorn gebogen und gleichmássic an Breite zunehmend. Schalenspitze unbekannt. Der von den Seitenkanten eingeschlossene Winkel dürfte etwa 14° betragen. Querschnitt dreiseitig, mit stark convexen Schenkeln und bedeutend gerundeten Winkeln. Der der Basis gegenüberliegende Winkel des Dreieckes erscheint an der Durch- schnittslinie (Fig. 22) etwas vorspringend. Querschnitt am schmalen Ende des Gehäuses rundlich, weshalb die Schalenspitze eine fast kegelförmige Gestalt annimmt. Hinterrand der Mündung convex, jedoch nur wenig vorspringend. Vorderrand concav, mit einem sanften Ausschnitt in der Mitte. Deckelchen unbekannt. Schale sehr dick. Ihre Oberfläche trägt auf der hinteren Fläche feine, convexe, unre- gelmässig vertheilte Anwachsstreifchen. Nur sehr gut erhaltene Exemplare zeigen nebstdem auch eine äusserst feine Längsstreifung. Die beiden Vorderflächen sind mit deutlich entwickelten, zu Bündelchen gruppirten Anwachsstreifen versehen, deren Krümmungen mit jenen des vor- deren Mundrandes parallel verlaufen (Fig. 16). Die longitudinale Streifung ist daselbst viel schärfer als an der hinteren Fläche (Fig. 17). Die Oberfläche des Steinkernes glatt, nur die, den erwähnten Bündelchen der Anwachsstreifen entsprechenden Bogenlinien treten etwas hervor. Vorkommen. Gleichzeitig mit Cheirurus (Crotalocephalus) gibbus, Bronteus para- bolinus, Br. brevifrons, Strophomena emarginata und Tentaculites acuarius in den röthlichen Kalken der Etage F—f, von Klein Chuchle. Hyolithus signatulus Nov. Taf. IV. Fig. 37—39. Es liest bloss ein zusammengedrücktes Gehäuse vor. Dasselbe ist kurz, ziemlich klein, rasch an Breite zunehmend und zeigt keinerlei Krümmung. Die beiden Seitenkanten bilden einen Winkel von 27°. Da die Schale ganz zusammengedrückt ist, kann die Form des Querschnittes nicht beobachtet werden. Die Schalenmündung war in Folge ihres stark vorragenden, halbkreisförmigen Hinter- randes ebenso gestaltet wie bei allen übrigen, primordialen Hyolithen Böhmens. Die Schale selbst ist nicht erhalten, soviel jedoch nach dem vorhandenen Abdrucke geschlossen werden kann, war die Aussenwand der Vorderflächen mit sehr feinen, dicht ge- drängten, wellig gekrümmten und vielfach anastomosirenden Querrunzeln, die der Hinterfläche dagegen bloss mit einfachen, convexen Anwachsstreifen verziert. Die in Fig. 38 dargestellten Längsfalten sind unzweifelhaft nur durch Druck ent- standen. } Das Deckelchen ist unbekannt. 94 6: Ottomar Novdk: Vorkommen: Ich kenne zwei Exemplare aus den Cambrischen Schiefern bei der am Zbirower Bache gelegenen Mühle Slap. Vergleich. Von den, von Barrande beschriebenen Cambrischen Hyolitkus-Formen Böhmens ist bloss Hyol. parens*) mit Querstreifen versehen. Doch ist der Charakter dieser letzteren, wie aus dem Vergleich der 1. c. gegebenen Figuren hervorgeht, von jenen der eben beschriebenen Art ganz verschieden. Hyolithus simplex Barr. 1867. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 91. Pl. 13. Fig. 1—6 und 9—11. Zu den die Barrande’sche Beschreibung dieser Art begleitenden Abbildungen hätte ich nur so viel zu bemerken, dass das l. c. Fig. 7—8 dargestellte Gehäuse, wie nach dem querabgestutzten Hinterrande der Mündung, den einfach quergerichteten Anwachsstreifen, sowie aus dem ganzen Habitus der Hinterfläche geschlossen werden kann, keinem Hyolithus, sondern einer Orthotheca angehört. Welcher von den aus Etage E bis jetzt bekannten Arten dieser Gattung die fras- liche Form angehören mag, bleibt vorläufig unentschieden, da das Gehäuse selbst nicht prae- parirt wurde und die weit wichtigere Beschaffenheit der Vorderflächen nicht bekannt ist. Da aber das citirte Stück der an Acidaspis míra, Bronteus planus, Proetus decorus, etc. reichen [Bank des allgemein bekannten, grauen, schieferigen Kalkes der Etage E—e,, zwischen Lodenic und St. Iwan**) entnommen ist, lässt sich vermuthen, dass man es im vorliegenden Falle mit der Hinterfläche von Orthotheca columnaris zu thun hat, indem diese Form in den genannten Kalken sehr häufig vorkommt. Was nun die verticale Vertheilung von Hyol. simplex (siehe Barr. l. c. p. 70) betrifft, _ möchte ich nur noch hervorheben, dass diese Art in Etage #—f, nicht vertreten ist. Die aus dieser Abtheilung stammenden, von Barrande mit dieser Form zusammengebrachten Ge- häuse sind entweder auf Steinkerne oder auf solche Fragmente von Přerygotheca Barrandei Nov. (vergl. Taf. III. Fig. 42. dieser Abhandlung) zurückzuführen, deren Schalenlamellen nicht erhalten sind. Hyolithus solitarius Barr. 1867. Hyol. solitarius Barr. Vol. III. p. 92. Pl. 13. Fig. 34—35. Zur verticalen Verbreitung dieser Art, welche von Barrande blos aus den Schiefern der Etage d, von Zahoran angeführt wurde, hätte ich zu bemerken, dass dieselbe seitdem auch in den Schiefern der Etage d, sich vorfand. Aus dieser Abtheilung liegen einige Exem- plare von Trubin und Vinice vor. *) Ptéropodes Pl. 10. Fig. 11. **) Irrthümlicher Weise ist in Barrande's Erklärung zu Taf. 13. Fig. 7—8 der Fundort „Collines entre Lodenic et Bubovic“ angegeben. Mit diesem Fundorte sind jedoch stets die an Hyolithus obvius Barr., Pterotheca Bohemica Barr., Cerathotheca adunca Barr. sp., Acanthochonia Barrandei Hinde ete. reichen, grůnen Gastropodenkalke dieser Gegend gemeint. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 25 Hyolithus striatulus Barr. Taf. VI. Fig 24—36. 1847. Pugiuneulus striatulus Barr. Neues Jahrb. für Miner. ete. Band V. p. 557. 1867. Hyol. striatulus Barr. Syst. Silur Boh. III. p. 92. Pl. 12. Fig. 42—50. Zur Kenntniss dieser bereits von Barrande beschriebenen Art hátte ich noch fol- gende Beobachtungen beizufügen. 1. Unter den zahlreichen, aus den Kalkknollen der Etage D—d, von Lodenic stammenden Exemplaren dieser Art finden sich nicht selten einzelne Gehäuse, deren Spitze von dem Schalenreste durch eine Querscheidewand abgeschlossen ist. Letztere pflegt sehr ver- schiedenartig, meist ganz unregelmässig ausgebildet zu sein. So z. B. ist das Septum des in Fig. 27—28 dargestellten Stückes gegen die Schalenspitze concav und scharfrandig; das in Fig. 33—34 abgebildete Septum ist zwar ebenfalls concav, aber von einem wulstigen Rande umgeben; der in Fig. 35—36 abgebildete Steinkern besitzt ein schräg seitwärts abfallendes, convexes, in der Mitte mit einer zugespitzten, blind endigenden Protuberanz versehenes Septum. Die Flächen dieser Septa sind sámmtlich glatt und zeigen keine Spur von irgend einer Per- foration. Bei dem in Fig. 24—25 abgebildeten Gehäuse war die Schalenspitze (bei b) bis zum Septum (bei a) mit rhomboedrischem Kalkspath ausgefüllt. 2. Was nun die Beschaffenheit der Schale selbst betrifft, so konnte in vielen Fällen be- obachtet werden, dass dieselbe aus zwei übereinander liegenden Schichten zusammengesetzt ist, die sich namentlich an etwas zersetzten Exemplaren leicht abtrennen und auch nach ihrer verschiedenen Schalenstructur sofort erkennen lassen. Das in Fig. 26. zweimal ver- grösserte Unterende des in Fig. 24. dargestellten Gehäuses zeigt bei a die äussere, querge- streifte Schalenschichte, bei o die mit einer feinen Längsstreifung versehene, innere Schalen- schichte und bei c den Steinkern. In Fig. 31—32 sind die beiden Schalenschiehten noch schärfer hervortretend. Ganz analoge Verhältnisse konnten auch bei Hyolithus elegans, pauper und discors festgestellt werden. 3. Hervorzuheben wäre noch das Vorkommen der beiden Längsrillen an den Vorder- flächen der in Fig. 27 und 30 abgebildeten Steinkerne. Sie treten zwar in diesen beiden Fällen sehr deutlich hervor, bei anderen Exemplaren sind sie jedoch entweder schwach an- gedeutet, oder gänzlich verwischt. 4. Vorkommen und verticale Verbreitung. Diese in der Unterabtheilung d, zahlreich vertretene Art soll nach Barrande bereits in der Unterabtheilung d, und zwar in den Quarzknollen von Vosek vorkommen. Hiezu möchte ich bemerken, dass es mir nie gelungen ist in dem dortselbst ge- sammelten, sehr reichlichen Material ein einziges Stück zu entdecken, welches mit der ty- pischen in d, vertretenen Form übereinstimmen würde. Nicht minder auffallend ist auch das gänzliche Fehlen der zu dieser Art gehörigen Deckelchen,*) trotzdem die Deckelchen anderer Formen in den Quarzknollen von Vosek *) Ptéropodes Pl. 13. Fig. E a—b pag. 92 und 97. Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 6. 4 26 6. Ottomar Novák : sehr häufig vorkommen und die Zusammengehörigkeit derselben mit den betreffenden Ge- häusen in den meisten Fällen genau ermittelt werden konnte. Aus diesen Gründen schliesse ich ganz bestimmt, dass die oben angeführte Art in der Abtheilung d, überhaupt nicht vorkommt. Hiemit wird auch die von Barrande (l. c. pag, 71) hervorgehobene Intermittenz von Hyolithus striatulus allerdings gegenstandslos. Auch aus d, ist mir kein einziges Exemplar dieser Art bekannt, trotzdem ich aus dieser Abtheilung ein reichliches Material zur Verfügung gehabt habe. Die Art scheint daher blos auf d, beschränkt zu sein. Hyolithus sulcatulus Nov. Taf. III. Fig. 22—24. Gehäuse mittelgross, lang, ziemlich schmal und gleichmássig an Breite zunehmend. Der Winkel an der Spitze der grossen Fläche beträgt ungefähr 15°. Jugendende scharf aus- laufend. Da die vorliegenden Exemplare stark verdrückt sind, kann die Form des Querschnittes nicht ermittelt werden. Von den Mundrändern ist bloss der convexe, halbkreisförmig hervorragende Hinter- rand erhalten. Die Schale ist nicht vorhanden, doch können die Verzierungen derselben am Abdrucke gut ermittelt werden. Die kleinen Vorderflächen tragen etwa 8 erhabene, gegen die Schalen- spitze convergirende Längsrippen, die gegen das Breitende der Schale an Stärke zunehmen und sich durch Einschieben vermehren. Die Innenseite der grossen Fläche zeigt einige un- deutliche Abdrücke von :concentrischen, mit dem Mundrande übereinstimmenden Anwachs- streifen und Wůlstchen. Von Längsrippen war die grosse Fläche allerdings frei. Operculum unbekannt. Vorkommen. Zugleich mit Zyol. deeipiens im grünen Schiefer von Königshof (Králův Dvůr) Etage D—d.. Vergleich. Mit der eben beschriebenen Form zeigt Hyol. decipiens Barr.*) einige Verwandtschaft. Dieser letztere besitzt jedoch eine seitwärts gebogene Spitze und ein rascher an Breite zunehmendes Gehäuse. Seine kleinen Flächen sind mit zahlreichen Längs- und Querrippen versehen. Hyolithus superstes Nev. Taf. V. Fig. 10—13. Steht dem Hyolithes discors Barr. aus Etage f, von Koněprus sehr nahe, unter- scheidet sich aber von diesem: 1. Durch den stumpfer gerundeten und minder vorragenden Hinterlappen der Mündung. *) Syst. Silur III. Pl. 12- Fig. 33—34. Revision der Palaeozorschen Hyolithiden Böhmens. 27 2. Durch den horizontalen, in der Mitte kaum merklich vorragenden Vorderrand der- selben und die mit diesem Rande parallelen Anwachsstreifen. 3. Durch die bedeutend geringere Anzahl der zwar leistchenförmig vorragenden, aber nie zu vertical stehenden Lamellen erweiterten Längsrippen an der Schale der Vorderflächen. Vorkommen. Selten mit Arethusina inexpectata Barr., Tentaculites acuarius Richt., Styliolina clavulus Barr. sp., Stylolina striatula Nov. sp.*) und Cardiola retrostriata Var. Bohemica Barr. in den pflanzenführenden Schiefern der Etage H—h, von Srbsko, Hyolithus tardus Barr. Taf. IV. Fig. 33—36. 1867, Hyol. tardus Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p 93. Pl. 6. Fig. 17—18. Zur Kenntniss dieser von Barrande bereits beschriebenen, bis jetzt aber in sehr man- gelhaften Exemplaren vorliegenden Form hátte ich folgendes beizufůgen. a) Die Anfangspitze des Gehäuses ist scharf auslaufend und beträgt der Wachsthums- ‘winkel, an zwei Exemplaren gemessen, etwa 309. b) Das schmale Ende des Gehäuses ist schwach nach vorn gekrümmt (Fig. 34.). c) Der Hinterrand der Mündung ragt halbkreisförmig hervor. d) Der Steinkern des in Fig. 33. abgebildeten Exemplares ist an der Hinterfläche jederseits mit einer, die Schalenspitze nicht erreichenden Rille versehen. Vorkommen. Die beiden, abgebildeten Steinkerne stammen aus den Kalken der Etage g, von Lochkov bei Prag. Sonst ist die Art auch von Tetin bei Beraun bekannt. Hyolithus undulatus Barr. Taf. IV. Fig. 31. 1847. Pugiunculus undulatus Barr. Neues Jahrb. Band. V. p. 558. 1867. Hyol. undulatus Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 94. Pl. 11. Fig. 29— 30. Von dieser bereits durch die Arbeiten Barrandes bekannten Art untersuchte ich etwa 15 Exemplare, sämmtlich aus den Schiefern der Unterabtheilung d,. Hievon zeigte bloss das in Fig. 31 abgebildete Stück eine Reihe von Luftkammern. Alle übrigen waren unge- kammert. Es ist dies ein fernerer Beweis dessen, was ich schon an einem anderen Orte**) an- *) Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dass für die sämmtlichen, von Barrande und anderen Autoren als Styliola Lesueur angeführten, hereynischen und devonischen Formen von Neumayr (Stämme des Thierreiches 1889 pag. 506) die Bezeichnung Pseudostyliola vorgeschlagen wurde. Da aber für die genannten Formen bereits der Name Styliolina Karpinsky (Mémoires de VAcadémie Im. periale de St. Pétersbourg t. 32. 1884) eingeführt wurde, so ist die von Neumayr gewählte Bezeichnung gegenstandslos geworden. Aus demselben Grunde ist auch die fast gleichzeitige Be- zeichnung Crescidopsis Sandberger (Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde Jahrgang 42) unhaltbar. **) Zur Fauna der Etage f, p. 7. ak 28 6. Ottomar Novák: geführt habe, dass nämlich Gehäuse einer und Zed Art, mitunter gekammert, mitunter aber vollständig ungekammert sein können. Die Kammerung eines Hyolithengehäuses kann daher weder als specifisches noch als generisches Merkmal benützt werden. Die auf die gekammerte Schalenspitze gegründete Untergattung Camerotheca Matthew *) ist daher jedenfalls unhaltbar. Vorkommen und Verbreitung. Die typischen Exemplare von Hyolithus undu- latus wurden von Barrande aus d, von Trubín und Vinice beschrieben. Ausserdem wird die Art von Barrande noch aus den Etagen d, und d, angeführt. Hiezu erlaube ich mir aber zu bemerken, dass, trotzdem zu der vorliegenden Arbeit ein sehr reiches Material vorlag, es mir doch nicht gelungen ist, aus den letztgenannten Etagen ein auf die obige Art beziehbares Gehäuse zu entdecken. Die in der Barrande’schen Sammlung als Hyol. undulatus bestimmten Exemplare aus d, beziehen sich auf einige verzerrte, jedenfalls unbestimmbare Gehäuse, die derart verdrückt sind, dass ihre Oberfläche mit wellen- förmigen Falten verziert erscheint. ; Die Art wird daher in meiner Übersicht der verticalen Vertheiluůg der Arten nur aus d, angeführt. Hyolithus sp. Taf. I. Fig. 41—46. Bei einer gelegentlichen Excursion in das Särkathal fand ich erst kürzlich ei- nige kleine Hyolithusgehäuse, die sámmtlich in einer einzigen, aus der Zone D—-d, y stam- menden Quarzconcretion eingeschlossen vorkamen. Da dieselben möglicherweise das Jugendstadium einer anderen, bereits beschriebenen, | grossen Form darstellen dürften, schien es mir zweckmässig die fraglichen Gehäuse vorläufig mit keinem besonderen Namen zu bezeichnen. Trotzdem besitzen die abgebildeten Exemplare einige Eigenthümlichkeiten, die allerdings auf eine selbständige Art schliessen lassen. Doch muss noch ferneres Material abgewartet werden, um darüber entgültig zu entscheiden. Beschreibung. Gehäuse klein, gerade, rasch an Breite zunehmend und in eine scharfe Spitze auslaufend. Der von den beiden Seitenkanten eingeschlossene Winkel beträgt etwa 30°. Der Querschnitt bildet ein niedriges, gleichschenkeliges Dreieck mit scharfen Winkeln an der Basis und gerundetem Scheitel. Die Vorderkante ist daher abgestumpft, die Seiten- kanten dagegen schneidend. Die kaum merklich quergewölbte Hinterfläche des Steinkernes zeigt jederseits eine, mit den Seitenkanten parallele Rille (Fig. 43). Auch die Vorderflächen des in Fig. 45 dargestellten Stückes zeigen jederseits eine schwache Rille in der Nähe der Schalenspitze. Die beiden Rillen verschwinden jedoch, ohne den Mundrand zu erreichen. *) Trans. Roy. Soc. Canada 1885 Section IV. p. 48. (Ulustrations of the fauna of the St. John Group Nro. 3.). Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 29 Vorderrand der Mündung querabgestutzt und gerade. Hinterrand halbkreisförmig, weit vorspringend. Deckelchen unbekannt. Schale nicht erhalten. Die Verzierungen ihrer Oberfläche jedoch an äusseren Abdrücken deutlich erkenntlich. Sie bestehen in einfachen, an der Hinterfläche convexen, an den Vorder- flächen jedoch quergerichteten, horizontalen, unregelmässig vertheilten und schwach angedeu- teten Anwachsstreifen. Die. Schalensubstanz selbst ist in Eisenoxydhydrat verwandelt. Der zurückgebliebene Hohlraum lässt, wie aus Fig. 43 hervorgeht, deutlich erkennen, dass die Schale von der Spitze gegen die Mündung allmählig an Dicke abnahm, wie dies auch bei dem auf Taf. VZ. Fig. 22—25 abgebildeten Exemplare von Hyolithus elegans Barr. der Fall ist. Isolirtes Deckelchen von Hyolithus sp. Taf. IV. Fig. 32. In Fig. 32 ist die Aussenfläche eines aus den schwarzen Schiefern der Etage d, von Trubin stammenden Hyolithendeckelchens dargestellt, an dessen Oberfläche einige erhabene, concentrische, mit dem Aussenrande der Hinterpartie (Partie conique bei Barrande) des Deckelchens parallele Streifchen bemerkt werden. Dasselbe scheint allerdings mit keiner, der von Barrande bereits beschriebenen und abgebildeten Formen übereinzustimmen. Da es aber in der oben genannten Abtheilung gleichzeitig mit Ayol. decipiens, indi- stinctus, striatulus, solitarius und undulatus vorkommt, die Deckelchen der drei erstgenannten jedoch von Barrande bereits sichergestellt wurden,*) dürfte es muthmasslich einer der beiden letztgenannten Arten angehören. Derartigen Combinationen will ich jedoch keinen besonderen Werth beilegen. 2. Gattung: Ceratotheca Novák 1891. Mit diesem Gattungsnamen bezeichne ich alle diejenigen Arten, als deren Typus die von Barrande unter dem Namen Zyol. aduncus zusammengefassten Formen betrachtet werden können. Die wichtigsten Merkmale der Gattung sind folgende: *) Nach den Untersuchungen Barrande’s gehört das auf Z. c. p. 80. Pl. 12. Fig. 37 und p. 99. Pl. 15. Fig. 46. als operculum „J“ beschriebene und abgebildete Deckelchen zu Hyol. decipiens, das als Oper- culum „G“ (Ibid. p. 84. und 96. Pl. 13.) bezeichnete Schälchen zu Ayol. indistinctus, ferner die als Oper- culum „B“ (Ibid. p. 92. und 97. Pl. 13.) characterisirte Form zu Hyol. striatulus. Letztere Form ist aber von dem, auf derselben Tafel mit der Bezeichnung „A“ (Vergl. auch pag. 25 der vorliegenden Abhandlung) angeführten Deckelchen kaum zu Unuenalenlan, 30 6. Ottomar Novák: Gehäuse flachgedrückt, rasch an Breite zunehmend, unsymmetrisch*) etwas nach vorn gebogen, mit stark nach der Seite gekrümmter Anfangspartie. Hinterfläche mit convexem, mässig vorragendem Mundrand, etwas länger als die Vorderflächen. Der Mundrand dieser letzteren concav. Der Querschnitt gleicht einem niedrigen Dreieck mit gerundeten oder scharf zugespitzten Winkeln an der Basis. Trotzdem einige Arten dieser Gattung in gewissen Schichten der Etagen e, und e, sehr häufig sind, ist es mir nicht gelungen, irgendwelche Deckelchen, die auf diese Arten bezogen werden könnten, zu entdecken. Die Gattung Ceratotheca ist in Böhmen nur aus den Etage E und F bekannt und ist daselbst durch 5 Arten vertreten. Bemerkung. Die Gattung Ceratotheca nähert sich etwas der von Hicks aus der Menivischen Gruppe von St. David's beschriebenen Gattung Cyrtotkeca.**) Letztere ist jedoch bloss auf eine einzige, durch einige zusammengedrückte Exemplare vertretene Art (C'yrt. kamula Hicks) gegründet. Die gegebene Zeichnung selbst bietet wenig Anhaltspunkte, zeigt aber einen weit vorragenden Dorsallappen, welcher bei der böhmischen Gattung Ceratotheca nur unbedeutend entwickelt ist. Die Art der Krümmung des Gehäuses von Cyriotheca ist weder aus der Be- schreibung noch aus der Zeichnung erkenntlich. Überdies entspricht die Menivische Schichtengruppe der Primordialfauna Bar- rande’s (Etage C), wogegen Ceratotheca erst mit dem Obersilur (Etage E) beginnt. Es ist daher schon aus diesem Grunde anzunehmen, dass beide Formen generisch verschieden sein dürften. Ceratotheca adunca Barr. sp. Taf. I. Fig. 32—40. 1867. Hyol. adumcus Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 76. Pl. 12. Fig. 24 und Fig. 32. Unter diesem Namen beschreibt Barrande drei verschiedene Arten, die leicht aus- einander gehalten werden können, und für welche ich folgende Trennung vorschlagen möchte. 1. Der Name Ceratotheca adunca Barr. könnte für die dickschalige, stark nach vorn und seitwärts gekrümmte, aus dem an Acanthochonia Barandei Hinde sehr reichen, zwischen Lodenic und Bubovic anstehenden, grünen Gastropoden-Kalke (E—e,) stammende. Form aufrecht erhalten bleiben. *) Stellt man das Gehäuse mit der Mündung nach unten und mit der Vorderfläche dem Beschauer entgegengerichtet, so erscheint die Spitze bei sámmtlichen hieher gehörigen Arten nach links umge- bogen. (Siehe Taf. I. Fig. 9, 22, 24, 28 und 38). Dagegen besitzen zwei in dieser Arbeit abgebildete Arten der Gattung Ayolithus (H. deeipiens Barr. und H. incurvatus Nov.) nach rechts gekrümmte Spitzen. Die Krümmung des sanzen Gehäuses dieser letzteren liest aber bloss in einer Ebene, wogegen die sämmtlichen Arten der Gattung Ceratotheca in zwei normalen Ebenen gekrümmt sind. **) Quart. Journal Gel. Soc. 1872. Vol. XXVIII. p. 179. Pl. VII. Fig. 14. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 3l Hieher gehören die von Barrande L. c. in Fig. 24 und 32*) abgebildeten Gehäuse. 2. Mit dem Namen Ceratotheca Barrandei Nov. bezeichne ich die kleinere dünnscha- lige, schwächer nach vorn gekrümmte, in l. c. Fig. 27—31 dargestellte Form aus dem weissen Cephalopoden-Kalke der Etage E—e, von Dlouhä Hora. 3. Den Namen Ceratotheca oxygona Nov. schlage ich für die scharfkantige, in l. c Fig. 25—26 abgebildete, ebenfalls aus dem weissen Cephalopodenkalke der Etage E—e, von Dlouhä Hora stammende Form vor. Zu dieser Form gehört auch das auf derselben Tafel in Fig. 7—8 abgebildete, als Hyol. sandalinus Barr. angeführte Gehäuse. **) Nachdem nun die von Barrande gegebenen Abbildungen, da sie entweder nach Steinkernen oder nach ungenügend praeparirten Exemplaren gezeichnet wurden, zur Erkenntniss dieser Formen nicht hinreichen, habe ich die sämmtlichen genannten Arten nochmals ab- gebildet. Die Charaktere der nun bedeutend restringirten Ceratotheca adunca Barr. liessen sich folgendermassen zusammenfassen. Gehäuse meist grösser als das der übrigen Formen, bedeutend nach vorn und seitwärts gekrümmt, rasch an Breite zunehmend und in eine scharfe, mitunter mit 2—3 Scheidewänden versehene Spitze auslaufend. Hinterfläche mässig quergewölbt und mit gerundeten Kanten in die, eine gleichmässige Wölbung bildenden Vorderflächen übergehend. Hinterrand der Mündung in der Mitte ganz unbedeutend nach vorn gebogen, dann jederseits etwas ausgeschnitten, so dass die beiden Ecken scharfwinkelig vorragen. Vorderrand halbkreisförmig ausgeschnitten, kürzer als der Hinterrand. Schale auffallend dick, mitunter eine rhombo&drische Spaltbarkeit zeigend. Die Richtung der mit blossem Auge wahrnehmbaren Anwachsstreifen parallel den Krümmungen des Mund- randes. In der Mitte des Steinkernes der grossen Fláche bemerkt man ein breites, convexes, von der Schalenspitze bis zur Můndung des Geháuses verlaufendes Band, welches von zwei schmalen Rillen eingeschlossen wird. Auch die Mitte der Vorderfláche des Steinkernes trägt drei ähnliche, jedoch meist undeutliche Längsbänder. Vorkommen. Ceratotheca adunca, so wie diese Art vorstehend charakterisirt wurde, ist mir bloss aus dem grünen Kalke der Etage E—e, zwischen Lodenic und Bubovic bekannt. Die aus diesem Fundorte stammenden Exemplare sind als Typus der Art auf- zufassen. Das von Barrande 1. c. p. 76 aus Etage F—f, von Mněnan angeführte, jedoch nicht abgebildete Stück bezieht sich auf die später zu beschreibende Form Ceratotheca ultima Nov. *) In der Erklärung zu dieser Figur ist kein Fundort angegeben. Ich bemerke daher, dass das Original vom selben Fundorte stammt wie jenes zu Fig. 24. **) Auch dieses Stück ist dem E—e, Kalke der Dlouhá Hora entnommen. Es wird in der Er- klärung zu der citirten Figur irrthůmmlicher Weise als aus dem Kalke der Etage F—f, von Ko- něprus herrührend angeführt. 39 6. Ottomar Novák: Ceratotheca Barrandei Nov. Taf. I. Fig. 12—22. 1867. Hyol. aduncus Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 76. Pl. 12. Fig. 27—31. Diese Art steht der vorigen sehr nahe. Sie unterscheidet sich von derselben: 1. Durch ihre geringere Krümmung nach vorn und seitwärts namentlich an der Schalenspitze, 2. die dünnere Schale, 3. die verschiedene Form der Mündung nnd die, von derselben abhängige Richtung der Anwachsstreifen. Der Mundrand der Hinterfläche ist nämlich in der Mitte bedeutend vorragend, in der Nähe der Seitenkanten nicht ausgeschnitten und die beiden Ecken daher nicht vorspringend. 4. Durch die stark nach vorn convexen Anwachsstreifen. Diese sind viel feiner als bei der vorigen Art und mitunter zu Bündelchen gruppiert. 5. Durch die verschiedene Anordnung der Furchen und Leisten an der Innenfläche der Hinterwand des Gehäuses. Der Steinkern des in Fig. 12—14 dargestellten Gehäuses trägt nämlich an der Hinter- fläche bloss ein Band, welches jederseits von einer ebenso breiten Rille begleitet wird. Da- gegen scheinen die Vorderflächen des Steinkernes ganz elatt gewesen zu sein. Vorkommen. Diese Art ist in dem weissen Cephalopodenkalke von Dlouhä Hora ziemlich häufig. Ceratotheca oxygona Nov. Taf. I. Fig. 1—11. 1867. Hyol. sandalinus Barr. Syst. Silur. Boh. III. p. 90. Pl. 12. Fig. 7—8. „ Hyol. aduncus Barr. Ibid. Fig. 25—26. Gehäuse klein, etwas nach vorn gebogen, anfangs stark zusammengedrůckt, dann aber sehr rasch an Dicke und Breite zunehmend. Anfangsspitze seitwärts gekrümmt. Der Rest des Gehäuses jedoch fast symmetrisch ausgebildet. Der Querschnitt gleicht einem nie- drigen Dreieck mit convexen Schenkeln und scharfen Winkeln an der Basis. Hinterfläche mässig gewölbt, längs der beiden Seitenkanten jedoch etwas deprimirt. Letztere in scharfe Schneiden ausgezogen und derart nach vorn verlängert, dass De beiden Ecken der Mündung in scharfe Zipfel auslaufen. Vorderflächen längs der Seitenkanten merklich niedergedrückt, sonst aber durch keine ausgesprochene Mittelkante getrennt und daher mit einer stumpf gerundeten Wölbung in ein- nander übergehend. Vorderrand der Mündung concav und kürzer als der Hinterrand. Dieser in der Mitte mässig convex, in der Nähe der stark vorragenden Ecken jedoch etwas ausgeschnitten. Schale bloss mit feinen Anwachsstreifen versehen. Letztere bilden an den Vorderflächen einen ziemlich tiefen Sinus, an der Hinterfläche aber mit dem Mundrande parallele, in der Mitte convexe, längs der Seitenkanten jedoch concav gebogene Querlinien. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens, 33 Die Hinterfläche des in Fig. 1—3 dargestellten Steinkernes ist in der Mitte mit einem breiten und flachen Bande versehen, welches jederseits von einer ebenso breiten Rille begleitet wird. Vorkommen. Häufig im Kalkstein der Etage E—e, von Dlouhá Hora bei Beraun und Vohrada bei Prag. ER Vergleich. Die rasche Zunahme an Breite, sowie auch die scharfschneidigen Sei- tenkanten unterscheiden diese Art von allen ihren Verwandten. Ceratotheca ultima Nov. Taf. I. Fig. 26—31. Da das Gehäuse dieser Art mit jenem von Ceratotheca adunca Barr. sehr nahe ver- wandt ist, dürfte es genügen nachstehends bloss auf einige Unterscheidungsmerkmale der beiden Formen hinzuweisen. Bei ©. ultima sind die beiden Vorderfláchen durch eine deutliche Mittelkante scharf von einander getrennt. Diese Kante ist bei C. adunca dagegen gerundet, die Vorderflächen daher verschwommen. Die Anwachsstreifen von C. ultima bilden an den Vorderflächen einen sehr tiefen Sinus. Ihre Schale ist längs der Lateralkanten ausserdem mit je einer Reihe quergerichteter Leistehen verziert. Diese letzteren fehlen bei C. adunca gänzlich, der Sinus der Vorderflächen ist nur mässig convav, folglich die Mündung daselbst sanfter ausgeschnitten. Die Anwachsstreifen an der Hinterfläche von C. ultíma bilden einfache, in der Mitte mässig nach vorn concave, bei C. adunca dagegen nach vorn convexe Querlinien. Mithin ist der Hinterrand der Mündung dieser letzteren Art in der Mitte etwas vorragend, bei der ersteren dagegen etwas ausgeschnitten. Vorkommen. Selten in der an Phacops fecundus var. major, und Bronteus Dormit- zeri reichen Bank des rothen Kalkes der Ztage f, von Koněprus, gleichzeitig mit Ayol. discors, Orthotheca guadricostata und Pterygotheca Barrandei. Das von Barrande*) als Hyolithus aduneus bestimmte, jedoch nicht abgebildete Stück aus Etage f, von Mněnan bezieht sich ebenfalls auf Ceratotheca ultima Nov. Ceratotheca unguiformis Nov. Taf. I. Fig. 23—25. Gehäuse mässig nach vorn, aber stark seitwärts gebogen, langsam’ an Breite zu- nehmend und mit einer halbkreisförmig gekrümmten Spitze versehen. Querschnitt wie bei Ceratotheca adunca oder Cerat. Barrandei. Mundrand der grossen Fläche unbedeutend vorragend, der der Vorderflächen mässig ausgeschnitten und kürzer. Seitenkanten gerundet. *) Vol. III. pag. 76. Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII. 6. 5 34 6. Ottomar Novak: Anwachsstreifen den Mundrändern entsprechend, ohne besonders hervorzuhebende Krümmungen. Vorkommen. Selten in den schwarzen Schiefern der Abtheilung E—e, von Braník zugleich mit Atrypa reticularis, Meristella Upsilon, Orthis elegantula, Cyrtia petasus, Mytilus parens etc. Vergleich. Die Art ist mit C. adunca Barr. und C. Barrandei Nov. nahe verwandt. Ceratotheca adunca nimmt rasch an Breite zu, besitzt eine schmälere, minder gekrümmte Spitze, die beiden Ecken des Mundrandes sind zugespitzt und vorragend. Ceratotheca Barrande: nimmt ebenfalls rascher an Breite zu, ihre Spitze ist’ mässig gebogen, der Hinterrand der Mündung ragt in der Mitte bedeutend vor. 3. Gattung: Bactrotheca Novak 1891. Zur Gattung Bactrotheca stelle ich zwei untersilurische Hyolithiden-Gehäuse, deren Hinterrand der Mündung nicht lappenfórmig vorrast, sondern quer abgestutzt ist. Eine dieser Formen wurde von Barrande als Zyol. teres*) beschrieben, die zweite, nämlich Bactrotheca deleta ist neu. Aus dem oben angeführten Grunde haben diese zwei Formen mit Hyolithus jedenfalls nichts zu thun und nähern sich viel mehr der Gattung Orthotheca. Es ist mir leider nur bei Bactrotheca teres Barr. sp. gelungen die Form der Mündung und des Deckelchens genau kennen zu lernen. Bei Bactrotheca deleta Nov. konnte, da bloss zusammengedrückte Exemplare vorliegen, das Verhältniss des Vorderrandes der Mündung zum Hinterrande derselben nicht ermittelt werden. Gattungsmerkmale. Gehäuse symmetrisch, gerade, vierseitig-pyramidal, langgestreckt, in eine scharfe Spitze auslaufend. Querschnitt trapezförmig. Die sämmtlichen Kanten der Pyramide gerundet. Vorderrand der Mündung unbedeutend, der Hinterrand dagegen tiefer ausgeschnitten, daher die beiden Seitenfláchen der Pyramide etwas vorspringend. Schale dick, ihre Oberfläche mit wulstigen Längs- und Querleistchen verziert (Vergl. Taf. VI. Fig. 20. und Taf. III. Fig. 8). Deckelchen dickschalig, mässig convex, vierseitig. Ecken gerundet. Vorderrand und Hinterrand parallel. Ersterer jedoch etwas kürzer. Seitenränder convex. Von dem nach vorn excentrischen Scheitel entspringen auf der Aussenseite des De- ckelchens drei mässig erhabene, triangulaere, gegen den Hinterrand sich allmählig erweiternde Wülste. Innenfläche concav, von einem wulstigen Randsaum umgeben, vorne zwei vertical ste hende, schmale, nach aussen gekrümmte, weit divergirende, bis zum Vorderrande reichende Zähne tragend. Innenfläche der Hinterpartie mit drei vom Scheitel ausgehenden, der Aussen- seite des Deckelchens entsprechenden, triangulaeren Erhabenheiten versehen, von denen die mittlere stets deutlicher hervortritt als die beiden seitlichen. *) Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 93. Pl. 10. Fig. 3—6. E : A % X H ‚Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 35 Verbreitung. Die beiden bis jetzt bekannten Arten der Gattung Bactrotheca sind untersilurisch. Eine derselben (Bactrotheca teres) ist auf die Basis (D—d, y), die zweite (Bactrotheca deleta) auf die höchste Abtheilung des Untersilur (D—d;) beschränkt. Bactrotheca gehört daher zu denjenigen Gattungen, welche Barrande als „intermittirend“ *) bezeichnete. Vergleich. Vergleicht man die Seitenansicht der Mündung von Bactrotheca teres (Taf. III. Fig. 3) mit der Mündung des ebenso orientirten Gehäuses einer Orthotheca z. B. Orthotheca columnaris (Taf. III. Fig. 15), so bemerkt man ein entgegengesetztes Verhältniss in der Ausbildung der Mundränder der beiden Formen. Während nämlich bei Bactrotheca die Hinterfläche des Gehäuses etwas kürzer ist als die Vorderflächen, findet bei Orthotheca das Gegentheil statt. Demgemäss liegen die Mundränder der erst genannten Gattung in einer nach hinten, bei der letztgenannten jedoch in einer nach vorn geneigten Ebene. Auch die Form der Deckelchen ist sehr verschieden. Bactrotheca besitzt ein nach aussen convexes, trapezförmiges, an der Vorderpartie der Innenfláche mit zwei lamellenartigen, weit divergirenden und stark nach aussen gekrümmten Zähnen versehenes Deckelchen. Dagegen ist das Deckelchen von Orthotheca dreiseitig, die mässig divergirendiren Zähne kräftig und nicht gekrümmt. Bactrotheca deleta Nov. Taf. VI. Fig. 17—21. Es liegen acht zusammengedrückte Exemplare dieser Art vor. Das Gehäuse derselben ist lang, schmal, langsam an Breite zunehmend und in eine scharfe Spitze auslaufend. Die Mündung quer abgestutzt, mit mässig concavem Hinterrande und geradem Vorderrande. Das Deckelchen, sowie auch die Form des Querschnittes des Gehäuses ist unbekannt Die Schale der sämmtlichen Flächen ist mit horizontalen, dicken Querwülstchen ver- sehen, die von stark vorragenden Längsrippen gekreuzt werden, so dass die ganze Oberfläche des Gehäuses ein gegittertes Ansehen bekommt. Von diesen Erhabenheiten der Schalenober- fläche sind am Steinkerne bloss die Querwülstchen bemerkbar. Vorkommen. Selten in den grünlichen Thonschiefern der Etage D—d, von Kö- nigshof (Králův Dvůr) bei Beraun. Gleichzeitig mit Remopleurides radians, Calymene de- clinata, Telephus fractus, Dicellograptus anceps, Diplograptus pristis etc. Vergleich. Das in D—d, y vorkommende Gehäuse von Bactrotheca teres Barr. sp. besitzt viel dichtere und feinere Längsstreifchen auf den Vorderflächen. Auch die Hinterfläche ist mit einem viel zarteren Netze von Längs- und Querleistchen versehen. *) Reapparation du Genre Arethusina pag. 14. | 5* 36 6. Ottomar Novák: Bactrotheca teres Barr. sp. Taf. II. Fig. 1—8 und Taf. VL Fig 1—5. 1867. Hyol. teres Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 93. Pl. 10. Fig. 3—6. Horizontale Verbreitung. Diese Art ist mir bis jetzt von Libuš, Nové Dvory, Mauth (Mýto), Vosek, der Šárka, sowie auch aus dem Garten der Dames du Sacré Coeur in Smichov bei Prag bekannt. Die sámmtlichen, genannten Fundorte gehören der Zone D—d, y an. 4. Gattung: Orthotheca Novák 1886. Da diese Gattung bereits in einer anderen Arbeit*) charakterisirt wurde, důrfte es genügen vorliegend bloss diejenigen Gründe anzuführen, welche mich zur Abtrennung der hieher gehörigen Formen von der Gattung Ayolithus bewogen haben. Diese sind folgende: 1. Der quer abgestutzte, jedoch nicht lappenförmig vorragende Hinterrand der Mündung. 2. Die in einer und zwar nach vorn geneisten Ebene liegenden Mundränder. 3. Die nach dem Cryptocaris-Modell**) gebauten Deckelchen. 4. Die sehr dünne, chitinartige Substanz der Schale. Aus den palaeozoischen Ablagerungen Böhmens sind bis jetzt 4 obersilurische (e,—e,) und 11 hereynische (F—G—H) also zusammen 15 verschiedene Arten bekannt. Die einzige aus der untersilurischen Abtheilung D—d, y stammende, im Anhange zur ° obigen Gattung als Orthotheca® Sarkaensis Nov. beschriebene Art ist bloss provisorisch hieher gestellt worden und zwar aus dem Grunde, weil die fragliche Form mit Orthotheca allerdings viel mehr Verwandtschaft besitzt als mit den übrigen, aus dem böhmischen Unter- silur bis jetzt bekannten Hyolithiden-Gattungen. Das Vorkommen der Gattung Orthotheca im Untersilur some (Etage D) ist daher noch zweifelhaft. Orthotheca baculoides Nov. Taf. II. Fig. 1—4. Gehäuse dick, langsam an Breite zunehmend und kaum merklich nach vorn gebogen. Der Winkel an der Spitze der grossen Fläche dürfte etwa 9° betragen haben. Der Querschnitt gleicht einem Kreissegmente, dessen Chorde der Durchschnittslinie der Hinterfláche entspricht. *) Sitzungsberichte k. Böhm. Gesell. d. Wiss. Jahrg. 1886. **) Oryptocaris Barr. Vol. T. Supplt. p. 459. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 37 In Folge des so gestalteten Querschnittes erscheint die Hinterfläche ganz eben und geht mit stumpfgerundeten Seitenkanten in die Vorderflächen über. Eine deutliche Abgrenzung der letzteren besteht nicht. Die grösste Breite fällt nicht mit der Hinterfläche des Gehäuses zusammen, sondern sie liest mehr nach vorn, fast in der Mitte der Schale. Mündung nicht erhalten, jedoch nach den Anwachsstreifen erkenntlich. | Deckelchen unbekannt. Die feinen, mitunter zu Bündelchen vereinigten Anwachsstreifen sind auf der Hinter- fläche nach vorn concav, auf den Vorderflächen jedoch einfach quergerichtet. Sonst ist die Schale ziemlich dick, schwarz gefärbt und zeigt eine rhomboádrische Spaltbarkeit. Vorkommen. Das abgebildete Exemplar stammt aus einem an Cyphaspis depressa und Staurocephalus Murchisoni reichen Kalkstücke der Etage E—e,, welches mir seiner Zeit vom Herrn Dr. Adalbert Vrany übergeben wurde. Nach dem Gesteincharakter scheint es von Listice bei Beraun zu stammen. Orthotheca Barrandei Nov. Taf. II. Fig. 23—26. Gehäuse klein, dreiseitig-pyramidal, etwas nach vorn gebogen und gleichmässig an Breite zunehmend. Der Winkel an der Spitze der grossen Fläche misst 14°. Der Querschnitt gleicht einem oleichschenkeligen Dreieck mit mässig convexen Schen- keln und etwas concaver Basis. Die Höhe dieses Dreieckes ist etwa um ein Drittel geringer als die Basis desselben. Hinterrand der Mündung horizontal abgestutzt, Vorderränder gegen die Medianlinie etwas ansteigend. Die Schale der kleinen Flächen trägt in der Mitte 3 nicht weit von einander entfernte longitudinale Leisten, wie bei Orthotheca secans Barr. (Vol. III. Pl. 13. Fig. 28). Die Seiten- wände sind mit je drei, die Seitenkanten der Pyramide selbst mit je einer Leiste jederseits verziert. Mithin trägt die ganze Vorderfláche der Schale zusammen 11 lamellenartige Vor- sprünge, deren Lage aus dem in Fig. 26. dargestellten Querschnitte ersichtlich ist. Die Hinterfläche trägt neben den Anwachsstreifen noch einige, seitlich gelesene, erhabene Längsstreifen, die jedoch den Scheitel der Pyramide nicht erreichen. Vorkommen. Nicht häufig im obersten Niveau der Etage G—g, von Choteč gleich- zeitig mit Phacops fecundus Var. degenera, Phacops modestus, Tentaculites acuarius und Ten- taculites elegans. Vergleich. Die Art unterscheidet sich von der in Etage G—g, vorkommenden Or- thotheca pyramidata Nov. (Taf. II. Fig. 19—22). 1. durch die Form des Querschnittes, 2. durch die verschiedene Vertheilung der Längslamellen an den Vorderflächen, 3. durch ihre auffallende Krümmung nach vorne, sowie 4. das gänzliche Fehlen von Longitudinalstreifen in den Intercostalráumen der Vor- derflächen. 38 6. Ottomar Novák: Orthotheca columnaris Barr. sp. Taf. III. Fig. 9—15. 1867. Hyol. columnaris Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 78. Taf. 12. Fig. 13—23. 1886. Orthotheca columnaris Nov. Sitzungsberichte k. böhm. Gesell. d. Wiss. Se- paratabdruck p. 14. Da die Mündung des Gehäuses dieser Art bis jetzt unbekannt geblieben ist, schien es mir zweckmässig das breite Ende eines Exemplares mit vollständig erhaltenem Mundrande abzubilden. Der in Fig. 13. dargestellte Hinterrand der Mündung ist nicht vorragend, sondern mässig concav, der Vorderrand ziemlich tief ausgeschnitten (Fig. 14—15). Mithin liegen die sämmtlichen Mundränder in einer, schräg nach vorn geneigten Ebene, wie dies auch bei den anf derselben Tafel abgebildeten Orthotheca guadricostata Nov. und Orthoth. interstrialis Nov. der Fall ist. Dieselben Verhältnisse können übrigens auch nach der Richtung der Anwachs- streifen ebenso gut ermittelt werden. Zu Orthotheca columnaris gehören jedenfalls die von Barrande*) als Cryptocaris ob soleta beschriebenen Deckelchen, wie dies nicht nur aus dem gemeinsamen Vorkommen, sondern auch aus der äusseren, dem Querschnitte des Gehäuses entsprechenden Form derselben, sowie auch aus der übereinstimmenden Schalenornamentik deutlich hervorgeht. Vorkommen. Die Art kommt ausschlieslich in Ztage E vor und ist namentlich in gewissen Kalkbänken der Abtheilung e, in der Umgebung von Beraun (St. Ivan, Koled- nik etc.) nicht selten. Von Barrande wird sie (7. c. pag. 70 und 79) auch aus f, angeführt, doch beruht diese Angabe jedenfalls auf einer Verwechslung. In meiner Übersicht der verti- calen Vertheilung der böhmischen Hyolithiden wird daher diese Art in der Colonne f, nicht mehr angeführt. i Orthotheca fragilis Nov. Taf. II. Fig. 33—35. 1867. Hyol. columnaris Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 79. Pl. 9. Fig. 13. 1872. Cryptocaris pulchra Barr. Ibid. Vol. I. Supplt. p. 462. Pl. 25. Fig. 1—6. Die sämmtlichen hieher gehörigen, nicht seltenen Exemplare sind derart flachgedrückt, dass ihre äussere Gestalt nicht ermittelt werden kann. Der gerade abgestutzte Hinterrand der Mündung, sowie die Richtung der Arlwaaliss streifen an der Bimtenliaie reichen aber vollkommen hin, diese Form zur Gattung Orthotheca zu stellen. Ein gekammertes Exemplar dieser Form wurde bereits von Barrande |. c. Pl. 9. Fig. 13. abgebildet, aber fälschlich als Hyol. columnaris bestimmt. Orthotheca fragilis besitzt nämlich keine vorragenden Kanten, deren man auf den Vor- derflächen gut erhaltener Gehäuse von Orth. columaris genau 13 zählt, sondern eine grosse *) Syst. Silur. Boh. Vol. 7. Supplt. p. 461. Pl. 25. Fig. 16—22. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 39 Anzahl (weit über ein Hundert) sehr feiner, dicht gedrängter, nur unter der Lupe sichtbarer Längsleistchen. Ihre Hinterfläche ist mit Anwachsstreifchen verziert, sonst aber glatt. Die in der oben citirten Barrande’schen Abbildung hervortretenden Erhabenheiten sind durch Druck entstandene Längsbrüche, die der genannte Forscher mit den erwähnten Kanten von Orthoth. columnaris verwechselte. Zu Orthotheca fragilis gehören jedenfalls die von Barrande (l. c.) als Cryptocaris pulchra beschriebenen Deckelchen aus den gelben, weichen Graptolithenschiefern von Borek. Das Gehäuse, sowie auch das Deckelchen sind nämlich nur aus dem genannten Fund- orte bekannt und kommen daselbst mit keinem anderen Hyolithiden vergesellschaftet vor. Es ist daher jede Verwechslung mit anderen Formen gänzlich ausgeschlossen. Vorkommen. Ziemlich häufig in dem senannten Graptolithenschiefer von Borek. Derselbe entspricht dem obersten Graptolithenhorizonte der Etage E—e, nämlich der Zone mit Monograptus colonus (typus*) und M. testis, welchen Arten sich noch zwei andere Formen und zwar Monograptus cnf. Ludensis und Cyrtograptus cnf. Carruthersi anschliessen. Derselben Zone gehört auch die in den Schriften Barrandes viel genannte Schichte mit Arethusina Konincki, Acidaspis mira, A. Prevosti ete. bei Lodenic, welche aber bis jetzt allgemein als einem Niveau der Abtheilung e, entsprechend angeführt wurde. Diese Schichte führt dieselben Graptolithen sowie auch die meisten bei Borek vorkommenden Trilobiten. Orthotheca intermedia Nov. Taf. IV. Fig. 8—12. 1867. Hyol. obvius Barr. (pars) Syst. Silur. Boh. Vol. III. pag. 87. 1886. Orthotheca intermedia Nov. Sitzungsberichte k. böhm. Gesell. d. Wiss. Se- paratabdruck p. 14. Taf. I. Fig. 9—13. und Taf. II. Fig. 11—17. Obwohl diese Form in meiner oben citirten Arbeit bereits näher geschildert wurde, möchte ich mir doch erlauben, die Hauptmerkmale derselben, bloss des Zusammenhanges wegen, nochmals hervorzuheben und die bereits gegebenen Abbildungen durch einige neue Zeichnungen zu ergänzen. Gehäuse mittelgross, gerade, scharf auslaufend und gleichmässig an Breite zunehmend. Schalenspitze mitunter mit einigen Luftkammern versehen. Hinterfläche mássig concav und mit gerundeten Seitenkannten in die Vorderflächen übergehend. Letztere bilden eine gleichmässige, halbkegelförmige Wölbung. Hinterrand der Mündung etwas concav. Vorderrand unbekannt. Schale der sämmtlichen Flächen mit Längs- und Querstreifen versehen. Die Längs- streifen der grossen Fläche sehr fein, die der Vorderflächen gröber und leistchenartig vor- ragend. Die ebenfalls mässig erhabenen Querstreifchen sind auf der Hinterfläche etwas concav, mitunter zu Bündelchen gruppirt, auf den Vorderflächen jedoch verwischt. Das zu dieser Art gehörige Deckelchen wurde, wie ich auf pag. 9 et segg. meines *) Darunter ist bloss das in Barrandes: Graptolites de Bohöme (1850) Taf. 2. Fig. 5. abge- bildete Stück von Borek zu verstehen. Die ebenfalls als colonus bestimmten Stücke Fig. 1—4 ge- hören einer anderen Art an. 40 6. Ottomar Novák : oben citirten Aufsatzes bereits gezeigt habe, von Barrande als Oryptocaris suavis*) be- schrieben und zu den Phyllopoden gestellt. Vorkommen. Ziemlich häufig in den schwarzen Kalken der Etage f, von Lochkov, Kosoř und Slivenec zugleich mit Bronteus umbellifer Beyr., Ceratiocaris Damesi Nov. Tentaculites intermedius Barr., Tent. acuarius Richt. ete. ete. Orthotheca interstrialis Nov. Taf. III. Fig. 29—35. Gehäuse mittelgross, dreiseitig-pyramidal, gleichmássie an Breite zunehmend und sehr schwach nach vorn gebogen. Der Winkel an der Spitze der grossen Fläche beträgt etwa 18°. Der Querschnitt bildet einen Halbkreis, dessen Durchmesser der breiten Hinterfläche des Gehäuses entspricht. Letztere erscheint daher vollkommen flach. Dagegen stossen die beiden Vorderflächen halbkegelförmig zusammen. Die Seitenkanten sind stumpf gerundet. Die Mündung ist schräg nach vorn abgestutzt, mit etwas concavem Hinterrande und halbkreisförmig ausgeschnittenem Vorderrande. Das Deckelchen ist unbekannt. Die Schale der sämmtlichen Flächen ist mit einzelnen, weit abstehenden und ungleich- mässig von einander entfernten Längsrippchen versehen. In den Rippenzwischenräumen be- merkt man unter der Lupe zahlreiche, äusserst feine Querstreifchen (Fig. 33 und 35), die auf den Vorderflächen noch von einigen, ebenso feinen Längsstreifchen (Fig. 34) gekreuzt werden. Die Anwachsstreifen der grossen Fläche sind nach vorn concav. Vorkommen. Selten im weissen Korallen-Kalke der Etage F—f, von Koněprus. Orthotheca lamellosa Nov. Taf. II. Fig. 14—18. und Taf. IV. Fig. 23—26. Es liegen vier Exemplare dieser Art vor. | Das kleine Gehäuse derselben bildet eine gerade, mässig nach vorn gebogene, ganz gleichmássig an Breite zunehmende Pyramide mit scharf auslaufender Spitze. Die die Hinter- fläche begrenzenden Kanten treffen unter einem Winkel von 149 zusammen. Das schmale Ende des Gehäuses ist gegen das breite Ende desselben durch eine oder mehrere, unsymmetrisch entwickelte Scheidenwände abgeschlossen. Der Querschnitt bildet ein gleichschenkeliges Dreieck mit geradliniger Basis, convexen Schenkeln und gerundeten Ecken. Hiebei ist der der Basis gegenüberliegende Winkel stumpfer gerundet als die beiden übrigen. Die Höhe des Dreieckes beträgt gewöhnlich etwas mehr als die Länge der Basis desselben. Doch ist mitunter auch das Gegentheil der Fall. In Folge des so gestalteten Querschnittes erscheint die hintere Fläche des Gehäuses vollkommen eben. Die beiden Vorderflächen gehen mit einer stumpfwinkeligen Kante in einander über. *) Syst. Silur. Boh. Vol. I. Supplt. p. 463. Pl. 31. Fig. 10—11. Revision der Palueozoischen Hyolithiden Böhmens. 41 Die Mündung ist nicht erhalten, doch lässt sich aus der Richtung der Anwachsstreifen bestimmt auf einen mässig concaven Hinterrand schliessen. Die sämmtlichen Mundränder liegen daher in einer nach vorn geneigten Ebene. Das Deckelehen ist unbekannt, doch sei bemerkt, dass das von Barrande als Cryptocaris Bohemica*) beschriebene Schälchen aus g, von Braník als Deckelchen dieser Art aufgefasst werden dürfte. Jedenfalls kann dies aus dem, dem Querschnitte des Gehäuses entsprechenden Umriss des Schälchens, sowie auch aus dem gemeinsamen Vorkommen ge- schlossen werden. Die dieke Schale ist auf der Aussenwand der grossen Fläche mit Längs- und Quer- streifchen versehen, Die ersteren sind etwas stärker als die letzteren und vermehren sich durch Intercalation. Die- Anwachsstreifchen sind äusserst fein und richten ihre Wölbung der Schalenspitze zu (Taf. IV. Fig. 26.). Die Aussenwand der kleinen Flächen trägt etwa 28 ra- diaer angeordnete Längsleistchen, wovon einige (etwa 13) lamellenartig vorragen. Diese letz- teren können namentlich an Querschliffen deutlich beobachtet werden. (Vergl. Taf. IV. Fig. 25.). Vorkommen. Kalkstein der Abtheilung G—g, von Braník bei Prag. Vergleich. Die beschriebene Art könnte nur mit denjenigen Formen verwechselt werden, deren vordere Flächen mit longitudinalen Leistehen wie Orthotheca columnaris Barr.,**) Orth. secans Barr.***) und Orth. hexagona Barr.) versehen sind. Bei allen diesen Arten ver- leihen jedoch die mit Leisten versehenen Kanten dem ganzen Gehäuse ein polygonales An- sehen, wogegen die Lamellen von Orth. lamellosa bloss ein äusseres Schalenornament bilden, wie dies z. B. auch bei Zyol. discors der Fall ist. (Verel. Taf. V. Fig. 4.). Orthotheca novella Barr. sp. Taf. II. Fig. 27—32. 1865. Hyol. novellus Barr. Def. des Col. III. p. 41. SO 5 » Syst. Silur. III. p. 86. Pl. 15. Fig. 23—24. 1886. Orthotheca novella Nov. Sitzungsberichte k. böhm. Gesell. d. Wiss. Separat- abdruck p. 14. Hieher gehören einige kleine, höchstens 5—9 mm. lange Gehäuse aus den Tentacu- litenschiefern der Etage 9, der Gegend von Choteč („Vávrův mlýn“). Mir selbst sind von dieser Art etwa zehn zusammengedrückte, mit den dazu gehö- rigen Deckelchen auf einem Schieferplättchen beisammen liegende Exemplare bekannt. Der von Barrande L. c. bereits gegebenen Beschreibung hätte ich nur soviel bei- zufügen, dass die Schale der Vorderflächen mit etwa 30—35 feinen, sich durch Intercalation vermehrenden, gleichmässig von einander entfernten Längsrippchen verziert ist. Solche sind auch an den beiden Seitenkanten der Hinterfläche bemerkbar, werden aber daselbst noch *) Syst. Silur. Boh. Vol. I. Supplt. p. 460. Pl. 31. Fig. 12—13. **) I. c. Vol. III. Pl. 12. Fig. 13—23. ***) Ibid. PI. 13. Fig. 27—30. +) Ibid. PL 13. Fig. 31—38. Mathematisch-naturwissenschaftliche Olasse VII. 6. 6 49 6. Otomar Novák: feiner und dichter gedrängt. An der mittleren Partie der Hinterfläche sind blos feine, con- cave Anwachsstreifen bemerkbar. Von dem etwa 1:5 mm. langen Deckelchen sind 2 Abdrücke der Innenfläche vor- handen. Die Vorderpartie derselben ist mit 2 tiefen, nach vorn divergirenden Eindrücken versehen, welche auf lange, stark entwickelte Zähne schliessen lassen. Die übrigen Merkmale sind ähnlich jenen des von mir 1. c.*) abgebildeten Deckelchens von Orthoth. intermedia aus f, von Lochkov. Für die von Barrande Pl. 16. Fig. 18 als Hyolithus novellus ? angeführte Form aus Etage h, von Hostin habe ich auf Grundlage eines genügenden Materials den Namen Orthotheca ultima gewählt. (Vergl. pag. 44.). Vergleich. Die beschriebene Form unterscheidet sich von dieser letzteren: 1. Durch ihre kleinen Dimensionen, 2. die glatte Mittelpartie der Hinterfläche und 3. die geringere Anzahl von Längsstreifen auf den Vorderflächen. Orthotheca pyramidata Nov. Taf. II. Fig. 19—22. Gehäuse gerade, klein, dreiseitig-pyramidal, sich gleichmássig erweiternd. Sein Querschnitt bildet ein niedriges, gleichschenkeliges Dreieck, dessen Basis „der doppelten Höhe beinahe gleichkommt. Der von den Seitenkanten eingeschlossene Winkel dürfte etwa 10° betragen. Die Mündung ist nicht erhalten. Die concave Hinterfläche zeigt neben feinen Anwachsstreifen eine undeutliche Längs- streifung. Die Vorderflächen tragen in der Mitte drei stärkere, nicht weit von einander ent- fernte und zu beiden Seiten je 3 weit abstehende, schwächere Längsrippen. An den Seiten- kanten des Gehäuses selbst sind keine Rippen vorhanden. Die Intercostalbänder sind mit einem Netze feiner Längs- und Querstreifen verziert. Vorkommen. Hlubočep Etage G—g, (Steinbruch „Žvahov“). Vergleich. Die beschriebene Art unterscheidet sich: von Orth. Barrandei Nov. (Taf. II. Fig. 23—26) aus g, von Choteč 1. durch die, ein viel niedrigeres Dreieck bildende Form des Querschnittes, 2. die verschiedene Disposition der Längsrippen auf den Vorder- flächen, 3. durch das Vorhandensein von Längsstreifen in den Intercostalräumen dieser ‚Flächen, 4. die gerade Form des Gehäuses. Orthotheca quadricostata Nov. Taf. III. Fig. 16—21. Das mittelgrosse Gehäuse bildet eine gerade, gleichmässig an Breite zunehmende, vierseitige Pyramide, deren sämmtliche Kanten leistenartie vorragen. Die Anfangspartie *) Fauna der Etage A. Taf. II. Fig. 11—17. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 43 fehlt, doch dürfte der von den Seitenkanten eingeschlossene Winkel auf etwa 10° ge- schätzt werden. Der Querschnitt bildet ein mit vorspringenden Winkeln versehenes, unregelmässiges Viereck, dessen Basis der mässig convexen Hinterfläche des Gehäuses entspricht. Die beiden convergirenden Vorderflächen berühren sich nicht direkt, sondern mittelst einer schmalen Quer- fläche. Die Durchschnittslinie der letzteren ist entweder gerade oder mässig concav, die der beiden Seitenflächen jedoch schwach convex. Die Hinterfläche stosst mit den Seitenflächen scharf- winkelig, diese letzteren mit der schmalen Mittelfläche jedoch stumpfwinkelig zusammen. Von den Mundrändern ist der in Fig. 16 deutlich sichtbare Hinterrand mässig concav und daher nicht vorragend. Der Vorderrand ist nicht erhalten, doch kann seine Form nach der Richtung der Anwachsstreifen deutlich erkannt werden. Demgemäss erscheint die restau- rirte Mündung schräg nach vorn abgestutzt. (Fig. 21). Die Schale der sämmtlichen Flächen ist mit feinen, unregelmässig vertheilten, quer gerichteten Anwachsstreifchen versehen. Die grosse hintere Fläche trägt ausserdem sehr zarte, © eingeritzte, nur bei starker Vergrösserung sichtbare Längsstreifchen. (Fig. 20.) Das Deckelchen ist unbekannt. Vorkommen. Ziemlich selten im Kalke von Koněprus. Etage F—1,. Orthotheca subula Nov. Taf. II. Fig. 5—9. Es liegen 6 Exemplare dieser Art vor. Das Gehäuse ist schlank, mit in eine lange, conische Spitze auslaufender Anfangs- partie. Diese ist an einem der vorhandenen Exemplare stark nach vorn gebogen. Der Anfangs nahezu oder ganz kreisförmige, dann querelliptische Querschnitt der Schalenspitze wird etwa vom ersten Drittel der ganzen Schalenlänge angefangen, halbkreis- förmig und behält diese Gestalt bis zur Mündung. Hinterfläche gerade und mit gerundeten Seitenkanten in die Vorderflächen über- gehend. Letztere eine gleichmässige, durch keinerlei Kanten unterbrochene Rundung bildend. Schale der Vorderflächen mit etwa 40 feinen, oleichmássig von einander entfernten, leistehenartig vorragenden Längsstreifen verziert. Die Zwischenräume, sowie auch die ganze Hinterfläche bloss mit Anwachsstreifen versehen. Das abgebildete Exemplar ist 8 mm lang und an der Mündung 25 mm breit. Vorkommen. Kalkstein der Etage E—e, von Vohrada und Tachlovie zu- gleich mit Ampyx Rouaulti Barr., Calymene diademata Barr. und anderen dieses Niveau cha- rakterisirenden Trilobiten. Vergleich. Orthoteca columnaris Barr. (Taf. III. Fig. 9—11) unterscheidet sich von der beschriebenen Art durch das Vorhandensein von blos 13, symmetrisch vertheilten Längs- leistehen an den Vorderflächen, sowie auch durch grössere Dimensionen. 6* 44 i 6. Ottomar Novák: Orthotheca ultima Nov. Taf. II. Fig. 36—40. 1867. Hyol. novellus? Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. p. 86. Pl. 16. Fig. 18. Unter diesem Namen fasse ich eine Anzahl ziemlich grosser Gehäuse aus den pflan- zenführenden Schiefern der Etage H—h, von Srbsko und Hostín zusammen, deren eines von Barrande, wohl nur provisorisch, zu Ayol. novellus gestellt wurde. Die hieher gehörigen Gehäuse besitzen eine gekammerte Anfangsspitze, ihre Vorder- flächen sind mit sehr zahlreichen, feinen, dichtgedrängten Längsrippchen versehen, die sich bis an die beiden Seitenkanten der Hinterfläche erstrecken, daselbst aber mehr auseinander treten. Die dadurch entstandenen Zwischenräume, sowie auch die ganze Mittelpartie der Hinterfläche ist mit zahlreichen microscopischen Längsstreifehen ausgefüllt, die von ebensolchen Anwachsstreifen gekreuzt werden, so dass die ganze Fläche ein netzförmiges Ansehen bekommt. ‘ Zu dieser Art gehört höchst wahrscheinlich auch das von Barrande Vol. I. Supplt. p. 463. Pl. 34. Fig. 23—24 als Oryptocaris tardissima beschriebene und abgebildete Deckelchen aus Etage H—h, von Srbsko. Dies ergibt sich nicht nur aus dem gemeinsamen Vorkommen, sondern auch aus dem Umstande, dass nicht nur das Gehäuse selbst, sondern auch das Deckelchen in dem genannten Fundorte bloss durch je eine Form repraesentirt ist. Überdies liegt auch das Original zu Barrandes Cryptocaris tardissima auf demselben Schieferpláttchen dicht neben einem wohl- erhaltenen Gehäuse von Orthotheca ultima. Die Unterscheidungsmerkmale zwischen Orthotheca ultima und der nahe verwandten Orthotheca novella, wurden schon früher p. 42 hervorgehoben. Nachtrag zur Gattung Orthotheca, Orthotheca? Šarkaěnsis Nov. dk IE nz, NOS, Mit diesem Namen bezeichne ich ein einziges, jedoch sehr charakteristisches unter- silurisches Gehäuse mit quer abgestutztem Mundrande an der Hinterfläche. Dasselbe kann daher weder zu Bactrotheca noch zu Ayolithus gestellt werden. Da aber weder der Vorderrand der Mündung, noch das Deckelchen dieser Form be- kannt sind, die übrigen Merkmale derselben jedoch mit Orthotheca übereinstimmen, hielt ich es für zweckmässig die fragliche Form vorläufig mit der genannten Gattung zu vereinigen. Das Vorkommen von Orthoteca im böhmischen Untersilur ist aber schon desswegen zweifelhaft, als von den zahlreichen, in diesen Ablagerungen vorkommenden Hyolithiden-Deckel- chen, bis jetzt kein einziges bekannt ist, welches nach dem typischen C'ryptocaris-Modell gebaut wäre. Beschreibung. Gehäuse klein, mässig nach vorn gebogen, sleichmässig an Breite zunehmend und in eine scharfe Spitze (etwa 14°) auslaufend. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. 45 Hinterfläche in der Mitte etwas ausgehöhlt und mit gerundeten, mássig erhabenen Kanten in die beiden Vorderflächen übergehend. Letztere in der Mitte flacher gerundet als an den beiden Seiten. Der wohlerhaltene Hinterrand der Mündung quer abgestutzt, der Vorderrand unbekannt. Die Breite des Querschnittes gleicht der doppelten Höhe desselben, Die im Abdrucke erhaltene Schale ist auf den sämmtlichen Flächen mit feinen, erha- benen Streifehen verziert. Diese sind auf den Vorderflächen dicht und gleichmássig von einander entfernt, auf den wulstigen Kanten der Hinterfläche rücken sie etwas auseinander und werden ziemlich grob; auf der concaven, mittleren Partie dieser Fläche werden sie wieder etwas feiner und etwa so vertheilt wie auf den Vorderflächen. Vorkommen. Das abgebildete Exemplar stammt aus einer im Sarkathale vor- gefundenen Quarzconcretion der Zone D—d, y. 5. Gattung Pterygotheca Novak 1891. Gehäuse symmetrisch, lang, kegelförmig, mit nahezu elliptischem Querschnitt. Hinter- fläche flacher gerundet als die Vorderflächen. Hinterrand der Mündung lappenförmig vorragend und gerundet. Vorderrand horizontal, mit einem mässigen Sinus in der Mitte. Die Seitenkanten werden von breiten, an der winkeligen Krümmung des Mundrandes beginnenden, hinter der Schalenspitze zusammenhängenden, breiten, flügelartigen Fortsätzen umgeben. Derartige, jedoch schmälere, radiaer angeordnete Longitudinallamellen befinden sich auch auf den Vorderflächen. Deckelchen nnbekannt. Die bloss durch eine Art vertretene Gattung Pferygotheca ist bis jetzt nur aus den hereynischen Abtheilungen f, und g, bekannt. Die beschriebene Gattung erinnert etwas an Přerotheca Salter und Phragmotheca Barr. Bei der kurzen und breiten Pierotheea reichen die Flügelfortsätze der Seitenkanten, sich rasch verjüngend, blos zur Schalenspitze und bilden vorne einen die Mündung über- ragenden, breiten, in der Mitte mehr oder minder ausgeschnittenen Lappen. Bei Phragmotheca hängen zwar die Flügelfortsätze vor der Schalenspitze ebenso zu- sammen wie bei Pferygotheca, die übrigen Merkmale gleichen aber im wesentlichen denjenigen der Gattung Přerotheca. Die Gattung Pterygotheca schliesst sich dagegen namentlich durch die äussere Form des Gehäuses und der Mündung viel enger an Hyolithus als an Pterotheca und Phragmotheca. Pterygotheca Barrandei Nov. Taf. III. Fig. 36—47. Gehäuse lang, kegelförmig, gerade, mit mässig nach vorn gebogener Anfangspartie. Letztere ganz scharf auslaufend, zuerst sehr langsam, später etwas rascher an Breite zunehmend. Querschnitt des Gehäuses fast elliptisch, doch entspricht die Krümmung der hinteren 46 6. Ottomar Novdk: Fläche einem Bogen von grösserem, die der beiden vorderen Flächen dagegen einem Bogen von geringerem Radius. Querschnitt der Schalenspitze fast kreisrund. Die beiden Seiten- kanten, selbst in der Nähe der Mündung stumpf gerundet. Mündung mit zungenförmig vorragendem Hinterrande und einem geraden Vorderrande. Die Schale der hinteren Fläche trägt einfache, convexe Anwachsstreifchen. Die Vorder- flächen, sowie auch die beiden Seitenkanten sind ausserdem mit einer Anzahl breiter, longi- tudinaler, radiaer angeordneter Lamellen versehen, deren am breiten Ende ausgewachsener Gehäuse jederseits 4 gezählt werden. Sie sind durch ziemlich gleiche Intervalle von einander getrennt. Das Erscheinen dieser Lamellen geschieht successive bei zunehmendem Wachsthum der Schale. Die ältesten sind jedenfalls die den beiden Seitenkanten entsprechenden, hinteren Lamellen (Fig. 46), indem sie die ganze Länge des Gehäuses von der Spitze angefangen, bis zu den Seitenrändern der Mündung umschliessen. (Fig. 39.) Sie vereinigen sich vor der Spitze vermittelst eines bald gerundeten, bald gothisch zugespitzen Querstückes zu einem breiten Bande. Der äussere Umriss der so gestalteten hinteren Lamellen ist wellig gekrümmt, ihre Oberfläche uneben. Etwas jünger als die eben geschilderten sind die beiden vorderen Lamellen (vergl. Querschnitt Fig. 37), indem sie die Schalenspitze nicht mehr berühren, sondern erst in einiger Entfernung von derselben zum Vorschein kommen. Am spätesten erscheinen die zwischen das vordere und das hintere Lamellenpaar sich einschaltenden Seitenlamellen, deren jederseits zwei zur Ausbildung gelangen. Mit Ausnahme der hinteren ist es sehr schwer die sämmtlichen Lamellen von der Spitze bis zur Mündung des Gehäuses zu verfolgen, da sie meist in dem harten, sie umge- benden Gestein stecken und daher meist nur an Querschnitten, die durch successives Ab- schleifen hergestellt werden, zum Vorschein kommen. i ; Aus dieser Anordnung geht hervor, dass sich auch bei der Gattüng Pierygotheca die Lamellen, ebenso wie bei allen anderen Hyolithiden, durch Einschieben von neuen, zwischen die bereits bestehenden vermehren. Dies gilt nicht nur von den Lamellen selbst, sondern im allgemeinen auch von sämmtlichen, longitudinalen Schalenornamenten wie Streifen, Furchen etc. der erwähnten Formengruppe. Es ist noch hervorzuheben, dass die Schale von Pterygotheca Barrandei mit sehr feinen Anwachsstreifehen verziert ist. An dem Gehäuse selbst sind sie quergerichtet, setzten aber an den Seiten-Lamellen fort und verändern daselbst ihre Richtung in eine wellig-longitudinale. Das Deckelchen ist unbekannt. Vorkommen. Häufig im rothen Kalkstein der Etage F—f, von Koneprus, zu- gleich mit Phacops fecundus variet. major, Bronteus Dormitzeri, Hyolithus discors etc. Ein einziges Exemplar, jedoch ohne Flügelfortsätze, ist mir aus Etage @—g, von Braník bekannt. Aus den vorliegenden Studien ergibt sich nun die nachstehende Übersicht der ver- ticalen Vertheilung der sämmtlichen, bis jetzt bekannten Hyolithiden Böhmens. Revision der Palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. Au Uebersicht der vertiealen Vertheilung der böhmischen Hyolithiden. JM. Gattungen und Arten m N | slu | NACH Ahhazdlung olelalald|ddale| 14s ler les|hnlbelhal Ps | -Tatel Hyolithus Eichwald. se 560 ; | oboje | . | 10 1| alter Bel. ja SVC BS SA mr o : 2 arcuatus na ea] BBA Kol NSA za 16 12 3| Benignensis Nov... . -|.|. 41. |. |] ooo 12 4| bicostatus elle nal Welle late AR Is 320 OE ia 5 5| calceus OS RB INIERANG RORBANE SEE area ee s des ee 6| cinetus Barr Pe oo PA ea ae So 0 7| costatulus Zoe ee PO eno ooo 6 3 cultellus So el lbs aje ea an © 9| decipiens Bar... -|-| Hrn |» elle j > le || 101 8 ee bee lee Ile | 16| 5 11| elegans o E dea Dá Bd © 12| euglyphus Nov... 1.1. IHl-|-|ejelele|eje | lelelle|e|- IS 13| fortis Bares ein 19| 5 14 giganteus Nov... =... hlelelejel-je le] |ele|e)- IA at ale late oo 20 © ee metus. Bar anal je nee ei m | la. oo le 2, 29 17| magister E124 RA SS ao Edomle 18| maximus K te BO sa EP Bull sale OEM Baa APM 08 19| obvius 52 seällelollalelalolelukmlioealsilellalelse“ 20| parens = 21| pauper R P PN om pob ee] 5 92] pausilus Nov... <|- e Ho- -eee ooo 22 4 23| paxillosus ee ellakelle elle alas slnee lau | P 24| primus Bart... < . |. +. 25 robustus R M. 126) rusticus BOP 51 | RR | ee 27 signatulus Nov... < |. 4.7.1» 1.1.1 lelelelelele/.j.]- 28) 4 28 simplex Ba a ooo o 66 |olbojo u eee se I. || 24 29 solitarius Sl =. au | 24 30 striatulus R +. PP ě 25 6 48 6. Ottomar Novák: Na Dieser Unter-Silur Hercyn Abhandlung Gattungen und Arten | ala la ala, sılealeslh Ih, 1b, | Me | Tatel all sulcatulus Nov... .|.|.|.|. | A SINE a o oo oak 20 3 92| superstes ee | Sale. nie SE MSR ie | amt 5 39| tardus PBS naoko Val ana a la LA Lan all ro Nele]. 2& 4 34 undulatus A a A ER Sen E O0 SE lie 4 85 sp. ind. OE oi ok hou poda hal au aloe lee) 28 1 Ceratotheca Noväk. ZB a li o Poa op oo ee 8 96| adunca Barın . 0.22 ee alla ooo halo 2a a oo, 0 37 Baxrrander 0 Noy: #12. se Del MEA nella o TS MSN KS S08 VA ee 38, oxygona EEE ki all oo ojo=ojoro| cl cjio |= I» 39) ultima oe le 25 40 uneuformis a. o ale le el ee S OB Bactrotheca Noväk. EN SS ale aloe Oe: i 41| deleta MNO a o ooo ole ee as a|odoalo o|o 2 6 42| Leres „Bates A | el ao Orthotheca Novák. |. 1.|.1.1.\.1.|.1.|.1..|.|.1.|.|.| 36 Aal baculoidest Nova 2. elle) ea es ol oso obal s|o| 25 44 Barrandei ale Ne VOS nad aa pos 085 ekeulsllohalie DU 45| eolumnaris Barr.. < < <|. |. |.\.|. -AE -ele 38 46 fragilis Nov. 2. E AE A o US 2 OL KS RE EN OTOK PBS Er Wer RS 47| hexagona Barr E Pa lea 48| intermedia Nov.. < 2.1.1.1]. ee er 39 4 49| interstrialis „x « - + |-|. s zhe eba eso 3 50, lamellosa ono | 51| nobilis Bam ee le SP 4 52| novella Z o aa o [le elek). 20 E 2 3 HE FH DM ODD =- 53| pyramidata Nov.. <- <(4|-|-|-|-| -|-| 42 54| guadricostata 4+ + le|l.le\. lH... |. |.1a2 55| secans ar Cee R O ehm o EU ba 56| subula Noví Le ll. EE OE o ao oo ode o, SZ 57| ultima alien als Pá VEM PB NEON B br ee 2 19% Orthotheca? P a a alla ale | 58| Särkaönsis more (EEA x 2 Pterygotheca Novák. ß "ol cl olia.lellal alle c 59. Barrandei Novo E aan: ns... ANHANG. Das mir seiner Zeit von Herın Martin Dusl zur Verfügung gestellte, reichhal- tige Material böhmischer Hyolithiden, enthielt auch einige Conularien, von welchen die auf Taf. VI. abgebildete Form in sofern von Interesse ist, als selbe einige Eigenthümlichkeiten besitzt, welche sie von allen, bis jetzt aus dem böhmischen Untersilur bekannten Arten leicht unterscheiden lassen. Ich habe mir erlaubt die fragliche Form, nach ihrem Entdecker, mit dem Namen Conularia Duslii zu bezeichnen. Conularia Duslii Nov. Taf. VI. Fig. 37—38. Das wichtigste Merkmal dieser Form wäre ihre regelmässige Krümmung nach vorn, wie solche auch bei der obersilurischen, aus Etage E—e, von Dlouhá Hora stammenden Conu- laria solitaria Barr.*) bekannt ist, ferner die äusserst feinen, dicht gedrängten, in regel- mässigen Längs- und Querreihen stehenden, nur unter der Lupe sichtbaren Wärzchen an der Oberfläche. Vergleich. Durch die auffalend verschiedene Schalenornamentik ist Conularia Duslě, von der oben erwähnten obersilurischen Form sofort zu unterscheiden. Vorkommen. Ausser dem abgebildeten, sind mir noch einige Exemplare aus der ehemaligen Zeidler’schen Sammlung bekannt. Diese letzteren befinden sich gegenwärtig in der Sammlung des böhmischen Museum zu Prag. Die sämmtlichen, untersuchten Exemplare stammen aus dem Grauwackenschiefer der Etage D—d, von Zahoran bei Beraun. *) Syst. Silur. Boh. Vol. IM. p. 52 Pl. 6 Fig. 15—16. Win Klar EUR DAS : . TOR OU ame © R nn FATRA G „bb ol iin ‚ohren x he eo pou Vo hajduse: ý B AT. DIN TODE. Mein tronlant ah Vat Od ja am tá N 3 n za M ao ih | hills: „E | KOHNOdSLIE Ni Bi ROSE NG R ká x ji, Erklärung der Tafeln. Tafel I. Ceratotheca oxygona Nov. (Siehe Barr. Syst. Silur. Boh. III. Pi. 12. Fig. 1; 9. 10 Id. Seitenansicht. 11. ld. Querschnitt. Fig. 7—8 und Fig. 25—26). Hinterfläche eines Steinkernes in na- tůrlicher Grósse. Dlouhá Hora E—e,. Id. 2 X vergrössert. . Id. Querschnitt. Hinterfläche eines breiten Gehäuses in natürlicher Grösse. Ebendaher. Id. 2X vergrössert. Hinterfläche eines anderen Gehäuses von länglicher Form in natürlicher Grösse. Ebendaher. . Id. 2X vergrössert. . Unvollständiges Gehäuse von den Vorderflächen gesehen. Ebendaher. Id. 2 X vergrössert. Ceratotheca Barrandei Nov. (Siehe Barr. Syst. Silur. III. Pl. 12. Fig. 27—31). Fig. 12. Hinterfláche eines Steinkernes in na- tůrlicher Grósse. Dlouhá Hora E—e,. 2 Fig. ie. 13. 14. 15. 10. 17. 18. 19. 20. 21 22 ld. 2 X vergrössert. Id. Querschnitt. Anderes Gehäuse mit Schale von der Hinterfláche gesehen. Eben- daher. Id. 2X vergrössert. Id. Von der concaven Kante des Geháuses gesehen. Id. Von der convexen Kante der Krümmung. Id. Querschnitt. Hinterfläche eines anderen Gehäuses in natürlicher Grösse. Ebendaher. . Id. 2 X vergrössert. . Id. Von den Vorderflächen. Ceratotheca unguiformis Nov. . 29. 24 26. Hinterfläche eines etwas flach ge- drückten Gehäuses in natürlicher Grösse Braník E—e.. „ Id. Von den Vorderflächen. 25. Id. Querschnitt in der Nähe der Mündung. Ceratotheca ultima Nov. Hinterfläche eines Gehäuses mit . Schale in natürlicher Grösse. Koně- prus Ff,. Es Fig. 27. Id. 2X vergrössert. „ 28. Id. Von den Vorderflächen gesehen. „ 29. Id. Querschnitt. „ 30. Id. Von der convexen Seitenkante. „ 31. Id. Von der concaven Seitenkante. Ceratotheca adunca Barr. sp. (Siehe Barr. Syst. Silur. Boh. Pl. 12. Fig. 24 und 32). Fig. 32. Gehäuse mit Schale von der Hinter- Häche. Natürliche Grösse. Zwischen Bubovic und Loděnic bei Be- raun E-e,. „ 38. Id. 2X vergrössert. „ 34. Hinterfláche eines Steinkernes mit theilweise erhaltener Schale in na- türlicher Grösse. Ebendaher. . Id. Zweimal vergrössert. . Id. Von der concaven Schalenkante gesehen. . Id. Querschnitt in der Nähe der Mündung. „ 38. Id. Von den Vorderflächen. Fis. » AB 40. 41. 42. 43. 46. Anderes Exemplar von der concaven Schalenkante gesehen. Ebendaher. Id. Querschnitt in der Nähe der Schalenspitze. Hyolithus sp. Hinterláche 3 X vergrössert nach einem Wachsahdrucke gezeichnet. Šárka D—4,y. Id. Wachsabdruck der entgegenge- setzten Flächen desselben Stückes mit unvollständigem Mundrand. ld. Unvollstándiger Steinkern des- selben Stückes, oben den äusseren Abdruck der Vorderflächen, unten den inneren Abdruck der Hinter- fläche zeigend. . Id. Querschnitt. 45. Vorderflächen eines anderen 3X vergrösserten Exemplaresnach einem Wachsabdrucke gezeichnet. Eben- daher. Restaurirte Seitenansicht. (Die sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des geologischen Institutes der böhmischen Uni- versität zu Prag). PRES: Orthotheca baculoides Nov. 1. Vorderansicht 2 X vergrössert. Li- stice? E-e.. 2. Id. Seitenansicht. 3. Id. Hinteransicht. 4. Id. Querschnitt. Orthotheca subula Nov. 5. Vorderansicht 4 X vergrössert. V o- hrada E-e.. . Id. Seitenansicht. . Jad. Hinteransicht. . Id. Querschnitt. . Id. Partie der Vorderfáchen 8 X vergrössert. RO 00 Io Orthotheca Sarkaensis Nov. ie. 10. Vorderansicht nach einem Wachs- abdruck gezeichnet 3 X vergrössert. Šárka D—d,y. 11. Zd. Seitenansicht. 12. Id. Hinteransicht mit Mundrand. 13. Id. Querschnitt. Orthotheca lamellosa Nov. (Siehe Taf. IV. Fig. 23—26). . 14. Vorderansicht 3 X vergrössert. Brä- ník G—y. 15. Id. Seitenansicht. Fig. 16. Id. Hinteransicht 17. Id. Querschnitt 4X vergrössert. 18. Id. Partie der Vorderfláchen 8 X vergrössert. Orthotheca pyramidata Nov. . 19. Vorderansicht eines unvollständigen Gehäuses 4 X vergrössert. Hlubo- čep G9.. 20. Id. Seitenansicht 4 X vergróssert. 21. Id. Hinteransicht 4 X vergrössert. 22. Id. Querschnitt 4 X vergrössert. Orthotheca Barrandei Nov. . 23. Vorderansicht 2 X vergrössert. Ch o- teč. G—g,. 24. Id. Seitenansicht 2X vergrössert. 25. Id. Hinteransicht 2X vergrössert. 26. Id. Querschnitt 3 X vergrössert. Orthotheca novella Barr. sp. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh. III. Pl. 15. Fig. » Fig. 23—24). 27. Schieferplättehen mit einigen Exem- plaren in natürlicher Grösse. Vá- vra-Můhle im Thale von Ra- dotin Etage G—g,. 28. Id. Flachgedrücktes Gehäuse von den Vorderflächen 6 X vergrössert. Fig. 29. Id. Abdruck der Innenfläche des Deckelchens 7 < vergrössert. „ 30. Id. Abdruck der Hinterfläche eines verdrückten Gehäuses 6M ver- srössert. „ 31. ld. Partie derselben Fläche 12 X vergrössert. „ 32. Id. Querschnitt durch die Hinter- fläche 12 X vergrössert. Orthotheca fragilis Nov. (Siehe Barr. Syst. Silur. III. Pl. 9. Fig. 13). Fig. . Drei flachgedrückte Exemplare 3 X °= | vergrössert von Borek E—a,. an! Orthotheca ultima Nov. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh. III. Pl. 16. Fig. 18). Fig. 36. Hinterfläche eines flachgedrückten Gehäuses 2 X vergrössert. Srbsko H—h.. „ 37. ld. Stark vergrösserte Partie der Schale vom breiten Ende des Ge- häuses. „ 38. Vorderflächen eines ebenfalls flach- gedrůckten Gehäuses 2 X ver- grössert. Ebendaher. „ 39. Id. Partie der Schale 6X ver- grössert. „ 40. Querschnitt derselben. (Die sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des geologischen Institutes der böhmischen Universität zu Prag). >rasel el Bactrotheca teres Barr, Sp. (Siehe Barr. Syst. Silur. Vol. III. Pl. 10. Fig. 8—6 und Taf. VI. Fig 1—5 dieser Abhandlung). Fig. 1. =] Partie eines Steinkernes mit erhal- tenem Mundrand 4X vergrössert. Von der hinteren Fläche gesehen. Vosek D—-d, y. . Id. Von vorne. . Id. Von der Seite, bei v die vor- dere bei ž die hintere Fläche. . Id. Querschnitt. é . Id. Wachsabdruck, die Sculptur der Schale zeigend. Ansicht der Hinter- fläche. . Ansicht der Vorderfläche. . Seitenansicht, v und 2 wie in Fig. 3. . Stark vergrössertes Schalenstůck der vorderen Fláche, eines nicht abgebil- deten Exemplares. Šárka bei Prag D4, vy. Orthotheca columnaris Barr. sp. (Siehe Barr. Syst. Silur. Vol. III. Pl. 12. Fig. 13—23). Fig. 9. Geháuse mit erhaltener Schale, 2 3X » » vergrössert. Ansicht der Hinterfläche. St. Iwan bei Beraun E-.. 10. Id. von vorne. 11. Id. von der Seite. Fig. Fig. 12. 13. 14. 15. Id. Querschnitt vergrössert. Id. Mundrand der Hinterfläche 4X vergrössert. Id. Mundrand der Vorderfläche 4 X vergrössert. ld. Mundrand von der Seite, v und h wie in Fig. 3. und 7. Orthotheca quadricostata Nov. 17% 18. 118). 20. 21. 22. 23. 24. r 16. Hinterfläche mit erhaltenem Mundrand 2% vergrössert Koněprus. F-f.. Id. von vorn. Id. von der Seite. Id. Querschnitt. Id. Vergrössertes Schalenstück vom Mundrande der grossen Fläche. ld. Vergrössertes Schalenstück der vorderen Flächen. Hyolithus sulcatulus Nov. Flachgedrücktes Gehäuse in nat. Grösse. Unten : Innenseite der grossen Fläche. Oben: Abdruck der Aussen- seite der beiden kleinen Flächen. Kosov. D—d,. Id. vergrössert. Id. Partie des Abdruckes der Vor- derflächen 3 X vergrössert. Hyolithus decipiens Barr. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh. Vol. III. Pl. 12. Fig. 3337). Fig. 25. Flachgedrücktes Gehäuse in nat. = © 26. 27. 28. „29 . 36 Grösse. Unten Abdruck der Aussen- seite der hinteren Fläche, oben Schalenstück der kleinen Flächen. Kosov. D—d;. ld. 2X vergrössert. ld. Vergrösserte Ansicht der mit Schale versehenen Vorderflächen. Stark vergrössertes Schalenstück der vorderen Flächen eines nicht abge- bildeten Gehäuses. Ebendaher. Orthotheca interstrialis Nov. . Unvollständiges Gehäuses mit Mund- rand und erhaltener Schale 2 X vergrössert. Hinterfáche. Koně- prus FX. . Id. von vorn. . Id. von der Seite. . Id. Querschnitt. . Id. Schalenstück der hinteren Fläche 4X vergrössert. . Id. Schalenstück der vorderen Flä- chen 4 X vergrössert. . Schalenstück von der Seitenkante orientirt wie Fig. 31. Pterygotheca Barrandei Nov. . Gehäuse mit Mundrand und theil- weise erhaltener Schale, 2X ver- Fig. 97. 38. 39. 40. 41. 47. sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des Universität zu Prag). grössert, Ansicht der hinteren Fläche. Koněprus, A-f.. Querschnitt durch die Spitze eines nicht abgebildeten, jungendlichen Gehäuses, die hinteren und die vor- deren Lamellen zeigend. Id. Querschnitt in der Nähe der Mündung mit bereits paarig ent- wickelten Seitenlamellen. Ausgewachsenes Gehäuse mit Spitze und Mundrand. 2 X vergrössert. Von der hinteren Fläche gesehen. Ebendaher. Id. Querschnitt in der Nähe der Mündung, die sämmtlichen Lamellen zeigend. Vorderansicht des Steinkernes eines Gehäuses mit erhaltenen Hinterla- mellen 2 X vergrössert. Eben- daher . Id. Seitenansicht. . Id. Querschnitt. Hinterfläche eines jugendlichen Ge- háuses mit angeschliffenem Ende. 2X vergrössert. Ebendaher. . Id. Seitenansicht desselben Gehäuses. 46. Querschnitt durch die Anfansspartie desselben Gehäuses bloss die bei- den älteren (hinteren) Lamellen zeisend. Die vorderen, sowie auch die Seitenlamellen fehlen noch gánz- lich. ld. Querschnitt des breiten Schalen- endes, die Durchschnittslinien der sämmtlichen Lamellen zeigend. geologischen Institutes der böhmischen Tafel IY. Hyolithus pauxillus Nov. 1. Steinkern mit Mundrand von vorn. Nové Dvory bei Prag D—d, y. .. Id. von hinten. . ld. von der Seite. . Id. Querschnitt. . Id. Hinterrand der Mündung 2X vergrössert. 6. Id. Seitenansicht 2 X vergrössert. 7. Abdruck der Aussenwand der vor- deren Flächen stark vergrössert. OU P wm Orthotheca intermedia Nov. Fig. 8. Hinterfláche eines zusammengedrůck- » Fig. ten Gehäuses 2 X vergrössert. Lochkov F-f.. 9. Id. Partie derselben Fläche 4 X vergrössert. 10. Schräg zusammengedrücktes Exem- plar mit einigen Luftkammern in der Spitze 2 X vergrössert Eben- daher. 11. Hinterfläche eines anderen Gehäu- ses 2 X vergrössert. Ebendaher. 12. Id. Stark vergrössertes Schalenstück derselben Fläche. Hyolithus paxillosus Nov. 13. Gehäuse mit theilweise erhaltener Schale von der Hinterfläche. Klein Chuchle (Kuchelbad) F—f,. Fig. Fig. . 14. Id. von vorne. 15. Id. von der Seite. 16. Id. Vergrösserte Vorderansicht mit Mundrand. 17. Id. Stark vergrössertes Schalenstück, die feine Längsstreifung zeigend. 18. Id. Vergrössertes Schalenstůck von der Seitenkante. 19. Vorderansicht eines anderen Exem- plares mit erhaltenem Mundrande. , Ebendaher. 20. Id. Von der grossen Fláche. 21. Id. Von der Seite. 22. Id. Querschnitt. Orthotheca lamellosa Nov. (Siehe Taf. II. Fig. 14—18). 23. Hinterfläche eines Gehäuses mit _ quer-abgeschliffener Mündung, die Suturen einiger Querscheidewände zeigend. Braník G—y,. 24. Id. Vergrösserte Partie derselben Fláche. 25. Id. Querschnitt durch das breite Schalenende. 26. Id. Vergrössertes Schalenstůck der Hinterfláche. Hyolithus calcéus Nov. 27. Grösse Fläche eines unvollständigen Gehäuses. Listice B—e,. 8 Fig. 28. Id. Von der Seite. 29. ld. Von vorne. 30. Id. Querschnitt. » » Hyolithus undulatus Barr. (Siehe Barr. Syst. Silur. Boh. III. Pl. 11. Fig. 29—30). Fig. 31. Flach gedrücktes Exemplar, eine Reihe von Luftkammern zeigend. Trubin D—4,. Hyolithus sp. Fig. 32. Isolirtes Deckelchen in nat. Grösse. Trubin D—aq,. Hyolithus tardus Barr. Siehe Barr. Syst. Silur. II. Pl. 6. Fig. 17—18). ie. 33. Hinterfläche eines kleinen Gehäuses. Lochkov G—9.. „ 34. Id. Längsprofil derselben Fläche. „ 35. Hintere Fläche eines grösseren Ge- háuses. Ebendaher. „ 36. Id. Querschnitt. Fig. ig. 37. ig. 38. 39. 40. 48. Bruchstück eines grossen Gehäuses Hyolithus signatulus Nov. Zusammengedrücktes Gehäuse in nat. Grösse. Mühle „Slap“ bei Skrej Co. Id. 2 X vergrössert. Oben, Abdruck der Aussenwand der kleinen Flächen. Unten, Abdruck der Innenwand der grossen Fläche. Id. Partie vergrössert. Hyolithus giganteus Nov. Unvollständiges Gehäuse mit theil- weise erhaltener Schale. Hinteran- sicht. Mauth (Mýto) D—d, p. . Id. Vorderansicht. . Id. Seitenansicht. . | Ja. Vergrösserte Schalenstücke der Vorderflächen. . ld. Vergrössertes Schalenstück von der Seitenkante, orientirt wie Fig. 42. . Id. Vergrössertes Schalenstück der Hinterfläche. . Id. Querschnitt. von vorne. Vosek D—d, y. 49. Id. Seitenansicht. 50 Universität zu Prag). . Id. Querschnitt. sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des geologischen Institutes der böhmischen I rare] Ve Hyolithus discors Barr. (Siehe Barr. Syst. Silur. III. Pl.13. Fig. 12—21 und Pl. 16. Fig. 1—6). Fig. 1. Hinterfläche eines unvollständigen Gehäusns mit theilweise erhaltener Schale. a) äussere, b) innere Scha- lenschichte, c) Steinkern mit den Abdrücken der beiden Längsleisten. Koněprus F-f,. 2. Id. 2X. vergrössert. „ 3. Id. Querschnitt. 4. Querschliff eines anderen Gehäuses, die Anordnung der Längslamellen an den Vorderflächen zeigend. Eben- daher. Hyolithus indistinetus Barr. (Siehe Barr. Syst. Silur. III. Pl. 9. Fig. 1—4). Fig. 5. Steinkern von vorn. Lejskov D—d;. „ 6. Id. von der Seite. „U Id. Querschnitt. „8 Abdruck der Vorderfláchen eines zusammengedrücktes Exemplars mit gekammerter Schalenspitze. Ratin- ka bei Beraun D—d,. „ 9 Id. Partie der Vorderfáchen ver- gróssert. Hyolithus superstes Nov. 10. Hinterfáche eines zusammenge- il 12 L 13. drückten Gehäuses. Srbsko H—h.. Gehäuse mit erhaltenem Mundrand 2X vergróssert. Ebendaher, Id. Partie der Vorderflächen 4X vergrössert, Id. Querschnitt, die Anordnung der Längslamellen zeigend. Hyolithus cultellus Nov. . Hinterfláche 2X vergrössert. Li- stice E-e,. . Id. Von der Seite. . Id. Von vorn. . Id. Querschnitt. Hyolithus euglyphus Nov. Steinkern von vorn. Vosek, D—d, y. . Id. Seitenansicht. . Id. Hinteransicht. . Id. Stark vergrösserte Partie der Schale der Vorderflächen nach einem Wachsabdruck gezeichnet. . Id. Querschnitt. . Partie der Hinterfläche eines an- deren Exemplares 2 X vergrössert. Nach einem Wachsabdruck gezeich- net. g* Fig. 24. 05 2.20 » 27 Hyolithus bicostatus Nov. Gehäuse 2 X vergrössert. Von vorn. Kozel E—e,. . Id. von der Seite. . ld. von hinten. . Id. Querschnitt. Hyolithus pauper Barr. (Siehe Barr. Syst. Silur. Boh. III. Pl. 18. Fig. 28. Fig. 36—40). Hinterfläche eines fast vollständigen Gehäuses, die beiden Schalenschich- ten zeigend, 2 X vergrössert. a) äussere, gestreifte, 5) innere, glatte Schalenschichte, c) Steinkern. Koně- prus Ff,. Fig. 29. Id. Von der Seite. ” 30. Id. Von vorn. 31. Querschnitt. Hyolithus fortis Barr. (Siehe Barr. Syst. Silur. Boh. Vol. III. Pl. 15. Fig. 16—19). Fig. 32. Steinkern mit Mundrand, von vorn. » » Mauth D—y. 33. Id. Seitenansicht. 34. Id. Hinteransicht. 35. ld. Querschnitt. (Die sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des geologischen Institutes der böhmischen Universität zu Prag). er NE Bactrotheca teres Barr. sp. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh. III. Pl. 10. Fig. 3—6. und Taf. III. Fig. 1—8. dieser Ab- Fi ji o o handlung). 1. Abdruck der Innenfläche eines De- ckelchens 4 X vergróssert. Aus einer Ouarzknolle der Etage D—4d,y. Šárka bei Prag. . Id. Wachsabdruck derselben Fläche, die Innenseite des Deckelchens dar- stellend. Die beiden Zähne jedoch unvollständig. h . Aussenfläche eines anderen Deckel- chens 4 X vergrössert. (Nach einem Wachsabdrucke gezeichnet.) Eben- daher. 4. Id.Innenfläche desselben Deckelchens. (Nach einem Wachsabdrucke gezeich- net.) Die beiden Zähne vollständig. 5. Id. in horizontaler Lage, von vorne. Hyolithus cinctus Barr. (Siehe Barrande ( Pl. 9. Fig. 8—12. Syst. Stlur. O2 20: Boh. Ill. 100, 76, ab): Fis. 6. Abdruck der äusseren Fläche eines Deckelchens 4X vergrössert. Aus einer Quarzknolle von Vosek. Etage D—d, y. Fig. Fig. 14. 16. 17. . Id. Abdruck der . Id. Wachsabdruck derselben Fläche, die Aussenseite des Deckelchens darstellend. inneren Fläche des Deckelchens, nach einem Stein- kerne gezeichnet. . Wachsabdruck derselben Fläche, die Beschaffenheit der Innenseite des Deckelchens darstellend. . Id. Medianschnitt. . ld. Querschnitt durch die Zähne. . Id. Querschnitt durch die Wůlste. Hyolithus incurvatus Nov. , Vorderfláche eines Gehäuses in na- türlicher Grösse. Koněprus F—f,. Id. Seitenansicht. . Id. Querschnitt. Vorderansicht eines anderen Ge- häuses 2% vergrössert. Eben- daher. Bactrotheca deleta Nov. Äusserer Schalenabdruck eines zu- sammengedrückten Gehäuses 2 X vergrössert. Königshof (Krälüv Dvůr) bei Beraun D—d,. . Id. Partie der Oberfläche stark ver- grössert. . Anderes Gehäuse, oben den äusseren, unten den inneren Schalenabdruck zeigend, 2X vergróssert. Eben- daher. . Id. Schalensculptur nach einem Wachsabdruck gezeichnet. . Anderes ebenfalls zusammengedrück- tes Gehäuse, 3 X vergrössert. Eben- daher. Hyolithus elegans Barr. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh. III. Pl. 11. Fig. 14—25). Fig. 22. Vorderflächen einer Wohnkammer mit Septum am Oberende 2 X ver- grössert. Lodenic D—d,. „ 23. Id. Hinterfláche. Hyolithus striatulus Barr. (Siehe Barrande Syst. Silur. Boh, III. Pl. 12. Fig. 42—50). 24. Hinterfláche eines Gehäuses mit Schale. Lodenic D—ď,. „ 25. ld. Oberende desselben, von den Vorderflächen gesehen und 2 X ver- grössert, bei a) ein Septum, bei b) eine Partie der mit rhomboědrischem Kalkspath ausgefüllten Schalenspitze. „ 26. Id. Unterende von der grossen Fig, (Die Fis. 27. 90. 37. 38. Universitát zu Prag). Fläche gesehen, 2 X vergrössert a) äussere, 5) innere Schalenschichte, c) Steinkern. + Seitenansicht eines anderen Gehäu- ses mit Septum am Oberende und abgebrochener Spitze. Ebendaher, . Id. Septum 2 X vergrössert. 29. 30. Id. Querschnitt. Vorderflächen eines Steinkernes, mit Längsrillen. Ebendaher. . Anderes Gehäuse 2 X vergrössert. Bei a) die äussere, b) die innere Schalenschicht, c) Steinkern. Eben- daher. . Id. Querschnitt. . Oberende eines Steinkernes mit con- cavem Septum. Ebendaher. 3X vergrössert. . Id. Septum von oben. 5. Oberende des Steinkernes einer Wohnkammer mit etwas ausgestůlp- tem Septum in der Mitte. 3 X ver- gróssert Ebendaher. Id. Septum von oben. Conularia Duslii Nov. Seitenansicht eines zusammenge- drückten Gehäuses in natürlicher Grösse. Zahořan D—d... ld. Partie der Oberfläche stark ver- grössert. sämmtlichen Originale befinden sich in der Sammlung des geologischen Institutes der böhmischen II. INHALT. . Einleitende Bemerkungen ...... Bike Übersicht der verticalen Vertheilung der böhmischen Hyolithiden nach Barrande Übersicht der eingezogenen Formen Bar- MEI oo o O 056 Übersicht der neu aufgestellten Arten. . . R der theils restringirten, theils in mehrere Formen zerlegten Arten Bar- BANG ooo er: Übersicht der mit Nachträgen versehenen Arten Barrandes .... Revision der palaeozoischen Hyolithiden aljitej ee 10 -s sa ja Böhmens .... OLD KOZ OL DOVO A. Begrůndung der eingezogenen Arten Bar- PAMA 50 za Bean en Hyolithus catenatus Bar. . . elongatus Barr. « . - - - Laubei Barr. .“ sandalinus Barr.. . venustus Barr.. . - - 5 B. Beschreibung der neuen Hyolith. Pohon nebst Ergänzungen zu den bereits bekann- ten Arten . .. 1. Gattung: Hyolithus Fichwald . Hyolithus arcuatus Barr. ...... Benignensis Nov. . . bicostatus Nov. . calceus Nov. . . . . č asd cinctus Barr. . = eultellus Nov. = decipiens Barr.. ň (d28C0720BACU M- cl a Gan BRM o oo 0 00 5 c Ý euglyphus Nov... > < - .. 5 S BRNO (o -a oo 0 0c 5 giganteus Nov... -< « + « 6 ineurvatus Nov. - - 2... indistinctus Barr.. obvius Barr. . (YAP ISK a a ao o J acc > pauzillus Nov.. . - - - o © © JN U Hyolithus pazxillosus Nov. S signatulus Nov. ... 5 simplex Barr. 5 solitarius Barr.. . 5 striatulus Barr.. F sulcatulus Nov. . “ superstes Nov. = tardus Barr.. . M undulatus Barr. sp. indet. ihren Deckelchen . 2. Gattung Ceratotheca Novák.. Ceratotheca adunca Barr... . Barrandei Nov.. : oxygona Nov.. ...... A ultima Nov. l unguiformis Nov 3. Gattung Bactrotheca Novák Bactrotheca deleta Nov.. . . E teres Barr. . 4. Gattung Orthotheca Novák Orthotheca baculoides Nov. h Barrandei Nov. n columnaris Barr. . 5 Sfragilis Nov.. . 5 intermedia Nov. i interstrialis Nov... 5 lamellosa Nov.. . “ novella Barr. . 5 pyramidata Nov.. 5 quadricostata Nov. Orthotheca? Šávkačnsis Nov. subula Nov... .. ultima Nov... .... 5. Gattung, Přerygotheca Novák Pterygotheca Barrandei Nov. böhmischen Hyolithiden .... Anhang. ... Ss Conularia Duslüi No ov. n,.0°0 III. Übersicht der verticalen Vertheilung der 32 Naar Ott, Novak ad nat. delin. et lith, 1890, Abhandlungen d Konıel Böhmischen Gesellschaft d Wissensch. Mathemat. naturwissensch Olasse VII Folge V dd. 18.90. 0. Novak: Revision DER PALAEOZ. HYOLITHIDEN. Ott. Wovar ad nat. delin. et lıth ch Glasse VII Folóe N Ba. S 0) Abhandlungen d Koniol Böhmischen Gesellschaft d Wissensch. Mathemat. naturwissen -Q. Novak: REVISION DER PALAEOZ. HYOLITHIDEN. N Š o kita ul nal ad 1SSENS TWIS atı alumW un ik! SI 25) = = 0. Novak: REVISION DER PALAEOZ. HYOLITHIDEN. (BIKE Novak ad nač. delin. et th. 1890 Abhandlungen ü komigl Böhmischen Gesellschaft d Wissensch. Mathemat. naturwissensch Classe VII Folde N 0. NovAk: REVISION DER PALAEOZ. HYOLITHIDEN. Taf. V. N Ott. Vorak ad nat. deli. et Užla. 1890. Abhandlungen d. konusl Böhmischen Gesellschaft d Wissensch Mathemat. naturwissensch Qlasse VII Folde IN Ba 0. Novak: REVISION DER PALAEOZ. HYOLITHIDEN. 1690 cd rat. deli. et ličlů a . Vovále dt va ensch Glas h. Mathemat. naturwiss senst Ischaft d.Wis: n Gesel B U Č © Jungen d. koni9l Böhmis d Abhan OR SETZUNG DER UNTERSUCHUNG ÜBER ALGEBRAISCHE UND AAUMCURVEN (v. diese Abh. B. III, IV, F. VII). Von Prof. KARL KÜPPER. (Abhandlungen. der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — VII. Folge, 4. Band.) (Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe Nr. 9.) PRAG. Verlag der königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. 1891. eG = todadoznove V? 0, so kann der GS die Eigenschaft zukommen, dass jede durch Q—1 beliebige Gruppenpuncte gehende C” auch den Fehlenden aufnimmt. In diesem Falle heisst 62 primitiv, mag hiebei g = 1 sein. Allgemein gilt für jede anormale GS: Erstens. Es lassen sich in ihr stets A — g, aber nicht mehr Puncte angeben, die normal gegen C" liegen, und es muss dann jede C”, welche diese Go enthält, durch die übrigen g-Puncte gehen. i Hieraus wird deutlich, dass die Ge-für alle Curven C”"@>0) anormal ist, sowie dass normales Verhalten gewisser Puncte gegen C" ein eben solches gegen Curven höherer Ordnung bedingt. Zweitens. G umfasst eine Untergruppe a primitiver Art mit dem Excess 1. (Siehe Abh. III. B.) Liest eine primitive B% vor, so kann in ihr keine anormale Gruppe vorkommen, weil sonst offenbar für die ganze Gruppe der Excess >> 1 wäre. Manche Autoren schreiben ohne Weiteres einer G. die Primitivitát als guasi selbst- verstándlich zu. Dass dies nicht angeht, mag an einem einfachen Beispiel erkannt werden: In den 12 Schnittpuncten einer C* und C* hat man bekanntlich eine primitive cO bezüglich C*, Nimmt man zu diesen 12 irgend einen 13“" der Ebene, so erlangt man eine G,,, welcher ersichtlich der Excess 1, nicht aber Primitivität zukommt. 1* 4 7. Prof. K. Küpper: Eine primitive “> für C" liegt normal gegen C""", und somit eben- falls gegen Curven höherer Ordnung. Beweis. Wir entnehmen der Gruppe irgend welche Q—1 Puncte a, der übrig- bleibende sei 5: Dieser wird jetzt allen durch die a möglichen C" gemeinsam sein. Dagegen muss durch Q—2 der a eine C? möglich sein, welche weder den fehlenden a, noch auch 5b enthält, weil je Q—1 Gruppenpuncte normal für ©” sind. Da nun in dieser C/” nebst einer durch a, gezogenen Geraden eine nicht durch b gehende C"7* erhalten wird, da ferner die O — 1 Puncte a sowohl normal gegen C”, als gegen C""* sind, so entsteht, wenn man ihnen b zugesellt, wieder eine normale Gruppe bezüglich C""". Besonders wáre hervorzuheben: Weil jede anormale Gruppe eine primitive G© einschliesst, so müssen anormale Gruppen kleinster Punctzahl jederzeit primitiver Art sein, und den Excess 1 haben. 2. Steht fest, dass eine für C" primitive G5 wohl noch auf einer Curve n' Ordnung (nr < m), nicht aber auf einer C'(č< m) liegen kann, so lässt sich eine untere Grenze ihres Excesses für die C”” herleiten: er Man entnehme der @%ß Puncte %, welche gegen C’ normal sind, was immer angeht, da man ß beliebig klein denken kann; alsdann müssen alle diese d auf jede 0” fallen, die man durch die übrigen A— B Qruppenpuncte a lest: Denn wegen der normalen Lage der b geht durch 8— 1 beliebige b eine C, welche den fortgelassenen 5, nicht enthält; folglich muss die genannte C"* durch 5; gehen. Nun kann man, ausgehend von den 5 innerhalb G2 zu nn — 1 Puncten ge- langen, welche sich normal gegen C* verhalten. Man lege nämlich durch die 5 eine C*, und füge ihnen einen der Gruppenpuncte zu, den diese Ú* nicht aufnimmt, so erhält man eine normale Gruppe von B—-1 Puncten b. Ist B+- m so lässt sich in gleicher Weise eine Gruppe von ß—+-2 Puncten 5 aufstellen, u. s. w., bis man zu einer solchen von = b gelangt ist. Jetzt wäre durch diese b eine C bestimmt, welche (wegen 7< n) nicht die ganze Gruppe Ga aufnehmen wird, etwa B nicht. Rechnet man daher diesen B mit zu den eben ermittelten d, so' sind (i-L 3 : ž : == +1= Zu b gefunden, derart, dass jeder ausserhalb der durch die übrigen bestimmten C* sich befindet. Weil aber diese 5 auf jeder durch die o- d+DE+D , 2 a denkbaren C"7* liegen, so beträgt der Excess der G be- züglich C"7* mindestens == Er wird diesen Werth überschreiten, oder nicht, je nachdem die a sich gegen C"T* anormal, oder normal verhalten. Dies lässt sich unter Umständen entscheiden (v. No. 4). Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumcurven. 5 Für den Beweis ist Primitivität der GS unerlässlich; bildet man aber eine blos anor- male G,, dadurch, dass man der Ge einige Puncte zufügt, so gilt der aufgestellte Satz für Go, ebenfalls deshalb, weil dieser Gruppe für C" kein niedriger Excess zukommen kann, als der ursprünglichen G0: 3. Die anormalen G auf einer irreduciblen C"(n < m. Wir setzen C" ohne vielfache Puncte voraus, um nicht jedesmal wiederholen zu müssen, dass ein etwaiger vielfacher Punct der C" zur Gruppe nicht zuzulassen ist. Betrachten wir zunächst den vollständigen Schnitt der C" mit einer C”. Die Mannis- Dir = 2 faltigkeit der durch diese mn Puncte gehenden C" ist ma nn und führt- sofort zum Excess ao Von diesen mn Puncten sind immer wenigstens » — 2 durch die übrigen festgelegt, weil eine Gruppe von weniger als a— 1 Puncten auf C" nicht beweglich sein kann. Hieraus ist die Primitivität der Gruppe klar. Sollen nun irgend welche © dieser mn Puncte sich anormal gegen C" verhalten, so ist nothwendig und genügend, dass die anderen mn — © Puncte einer C"7* angehören. Hierdurch wird dem © ein Minimalwerth O, zugewiesen, welcher eintritt, wenn die mn — A, Puncte den vollständigen Schnitt von C" mit einer C"“ ausmachen. Also: „Die anormale Gruppe kleinster Punctzahl für C" wird aus C" durch eine C””" ausgeschnitten.“*) Diese Gr ist nach Obigem primitiv, und hat den Excess 1. Nunmehr sei A> A, — n(m— n-+3); es findet Folgendes statt: „Der Excess g für G9 beträgt um 1 mehr, als die Mannigfaltigkeit 7 der durch die übrigen mn — A = © Puncte möglichen C"7“; und wenn kein Gruppenpunct allen diesen C"* gemeinsam ist, so wird G primitiv sein.“ m (m — 3) Eee: Beweis. Gehen durch Gp“ Curven C", so ist: g=u— Da die Schaar von A' — mn— © Puncten, 5, welche die oo4("" aus C" schneiden, auch von C"* aus schneidbar ist, so kann man mit Hilfe des Riemann-Roch’schen Satzes ihre Beweglichkeit g' bestimmen. Námlich: 2 (g' — r) = 2 (mm — A) — n (n— 3), folglich hen woraus durch eine kleine Rechnung sich 9=1--r ergibt. Der zweite Theil der Behauptung folgt also: a; sei ein Gruppenpunct, C" eine durch die Q = mn — O Puncte b gehende, a; nicht aufnehmende C" ". Die durch © — 1 Gruppen- *) Der Satz gilt auch für a <4, wobei C"7* ausfällt (v. B. 3). 6 7. Prof. K. Küpper: puncte, a; ausgenommen, möglichen C" liefern auf C" eine Schaar, wovon eine Gruppe be- steht aus a;, nebst den Q auf C*”” fallenden Puncten b. Zieht man durch a; eine Gerade A, so macht diese mit C" * eine C"” aus, und man erkennt, dass die fragliche Schaar durch C””” ausschneidbar ist, welche durch die »—1 Puncte sehen, die A und C" ausser a; gemein haben. Mithin enthalten diese C"7" alle die Gerade A als Bestandtheil, d. h. a; ist in der Schaar unveränderlich, oder jede C", welche die G% mit Ausnahme des Punctes a; enthält, muss auch diesen aufnehmen. Man ersieht hieraus die Primitivitát, sowie die Bedingung, woran sie geknüpft ist. 4. Betrachten wir speciell die Minimalgruppe welche der vollständige Schnitt von C" mit einer C"7"*“ liefert, so kann man ihren Excess bezüglich C"7* sofort angeben. Denn eine C” hat ausser G noch n (m —i) — n (m— n-F3) = 1 (n— %— 3) Puncte mit C" gemein, die auf einer C"** liegen müssen, falls 7 * gemeinsam sein, welche durch die übrigen mm — B Puncte a gehen. — Wird hier pe gesetzt, d. h. ge- G+DE+9 2 hören diese db nicht einer C an, so müssen sich die mn — anormal gegen 63 verhalten, weil sonst der Excess der Gruppe bezüglich dieser Curven aE EE ausfallen würde. Wenn hingegen eine Ú* durch die 5 geht, so folet aus der Primitivität der @®, dass die Puncte a nicht normal zu C"""** liegen, mn) also auch, dass nicht sämmtliche durch die a möglichen C”'” "auch died enthalten können, weilandernfalls sich wieder ein zu grosser Excessherausstellen würde.“ Für die Anwendung bleibt es eleicheiltig, ob die mm Puncte von einfachen, oder auch von vielfachen Puncten der C” herrühren. Das Folgende stehtinengem Zusammenhang mit der Abhand- lung B. IV A, B, C, D. Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumeurven. 7 5. Die Theorie der Raumeurven R”'* vom Maximalsgeschlecht, oder ihrer Projectionen C"T* erheischt die Behandlung der Aufgabe: „Die Minimalgruppe a für C" zu finden, wenn diese der einzigen Bedingung unterworfen wird, dass durch dieselbe eine C'(/< m) un- möglich sei.“ Einen Anhaltspunct zur Lösung bietet der von mir (B. III) bewiesene Satz: „Geht durch die fragliche Gruppe eine C", so ist )>n(m —n--3), einerlei ob diese C“ irre- ducibel ist, oder nicht“. Setzen wir nur voraus, die Gruppe solle höchstens n (m —n --3) Puncte haben, und zugleich 1.m=2n—-3, so zeigt sich, dass sie auf oo! C" liegt, sonach nicht aus weniger als 2? Puncten bestehen kann. Also: Die Projectionscurve CHT muss wenigstens nž Doppelpuncte D besitzen, die Grundpuncte eines Bůschels C“ bildend. Setzen wir 2. m — 2n —4, so ergibt sich, dass nicht nur eine C*, sondern noch 0*" durch die Gruppe möglich ist; und dass sie deshalb mindestens » (a — 1) Puncte haben muss. Die etwa mögliche Projectionscurve C? müsste wenigstens n(a—1) Doppelpuncte D haben, und wennsieso viele hat, somüssen sie den Schnitt einer C" u. C"" darstellen. Um nunmehr die Existenz irreducibler Projectionscurven darzuthun, verfahre man folgendermassen: Erstens. 0", Wird eine irreducible C7""" mit »* D angenommen, welche D die Basis eines Büschels (C”) sind, so beweise man zuerst die Irreduciblität dieses Büschels: Ein Zerfallen sämmtlicher &©!C” wäre aber nur in der Weise denkbar, dass die C" beständen aus einer festen Curve 0””?, und einem irreduciblen Büschel C", auf dessen Basis v*D kämen, so dass 0”? n®—v* Puncte D enthielte. Hier ist nun (n— v) @v +1)<2(n? — v?); mithin wäre C”—?” ein Bestandtheil der C2*t1, welche doch irreducibel vorausgesetzt wurde. Wenn sonach eine irreducible C" zu Grunde gelest werden darf, um auf ihr die n* D zu ermitteln, so ergibt sich ganz naturgemäss die projectivische Erzeugung aller denkbaren CH, wie wir sie in diesen Abhandlungen (IV. B.) aufgestellt haben. Zweitens. Eben dort haben wir auch für C”* die n(n — 1) Doppelpuncte D, durch welche sowohl eine C" * als eine C" existiren muss, auf einer als irreducibel supponirten C"7* bestimmt. Nun ist diese Voraussetzung nicht nöthig; aber die oo“ durch die G, möglichen C" dürfen nicht alle reducibel sein, wenn die irreducible C** bestehen soll. Denn andernfalls würde wie vorhin eine feste Curve C"—", nebst &°C” auftreten, wobei letztere eine irreducible Mannigfaltigkeit bildeten, der eine gewisse Anzahl der D als Basis dient. Weil diese Basis höchstens v*—v D absorbirt (ef. B. II), so entfielen auf C" we- nigstens nž — n —v?—+vD, und da 2 (m —n — v? 0) >> (n —v) m, so wäre 0”? ein Bestandtheil der C??. $ 7. Prof. K. Küpper: Schneidet man nunmehr aus einer irreduciblen C" durch irgend eine C" * die Gruppe der D aus, so folgt ohne Weiteres die projectivische Construction für jede überhaupt mögliche C??. 6. Die Projectionscurve C? mit r—1)na+1D. Wir haben a. a. O. B.) die Gruppe der D als eine primitive once „1 bezüglich (2+ aufgestellt; es entsteht die Frage, ob dies nothwendig ist? Mit Hilfe des Riemann- Roch’schen Satzes kann man blos das anormale Verhalten der D gegen die C%—+* folgern. Sollen aber alle D ausschliesslich von scheinbaren Doppelpuncten der Raumcurve R% stammen, so lässt sich beweisen, dass die Gruppe primitiv sein muss. Man sieht leicht, dass durch die D als anormale Gruppe wenigstens ©?C” gehen, ein irreducibles Netz ausmachend: Denn beständen diese C" aus einer festen C*” und einer irreduciblen Mannigfaltigkeit von Curven C", v1, so könnten diese letzteren höchstens v„"—v--1 der D enthalten, die übrigen, wenigstens nž — n—v?--v kämen auf C*”7”; und C7" hätte allein in den Doppelpuncten der C? mit ihr mehr als (rn — v) 2n Puncte gemein, was bei einer irreduciblen C2 nicht angeht. Aus demselben Grunde ist die Annahme v —=1 nicht zulässig. Handelt es sich hiernach darum, auf einer irreduciblen C* n (n —1)--1 Grund- puncte D eines Netzes (C”) anzugeben, so bieten sich zwei Möglichkeiten dar: Da, wie be- kannt, jede Netzeurve ausser den D noch n— 1 Puncte mit C* gemein hat, die zugleich auf die Strahlen eines Büschels (x) fallen, dessen Centrum « auf C* liest, so kann & entweder mit einem der D, etwa D,, coincidiren, oder nicht. Im letzteren Falle hätte man die pri- mitive RE 47, Welche unserer früheren Betrachtung B) zu Grunde lag. Gehen wir nun auf den Fall näher ein, wo « selbst ein Gruppenpunct D, ist, so folgt sofort, dass durch die anderen D eine C”" existirt, d. h. dass in diesen D die Minimal- © gruppe Gen vorliegt, und es ist klar, dass als D, irgend ein Punct der C* dienen kann, den man der G zufůgt. Es besteht dann Anormalität der D für C?*, aber nicht mehr Primitivität. Sind diese D Doppelpuncte einer C?*, so ist vor allem einzusehen, dass die AR, deren Projection C? ist, auf einer Fläche 2t* Ordnung 7? sich befindet. k Zu diesem Ende bestimmen wir wieder die Mannigfaltigkeit der Vollschaar, in welcher die von den C? der Ebene aus C% geschnittene co“ Schaar enthalten ist. Indem man CŤ zu- sammen mit einer willkührlichen C* als eine der C% adjungirte C"** auffasst, findet man diese Mannigfaltigkeit als diejenige der adjungirten C""", welche mit C? die námlichen 2n—2 einfachen Puncte gemein haben wie die C. Es kommt daher nur darauf an, die Beweglich- keit der (n +- 2) n — n (n —1)— 1— 2n -2=r--1 Puncte zu ermitteln, die eine solche G" ausser den festbleibenden noch mit C" gemein hat. Schreibt man n +1 = 21 — (n —1), so sieht man, dass die maximale Beweglichkeit von »--1 Puncten 2 nicht übersteigt, sofern n—1>>2, od. n>3. Die Annahme n > 3 ist aber dadurch schon geboten, dass das Ge- schlecht der C2? grösser als » — 3 sein soll. Hieraus geht alsdann hervor, dass jene Mannig- faltigkeit den Werth 9 nicht erreicht, und demzufolge muss eine F? durch R% gehen. Die Voraussetzung, dass alle D von scheinbaren Doppelpuncten der R% herrührten, hätte zur Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumcurven. 9 Folge die Existenz einer u auf C2 von der Beschaffenheit, dass dieselbe durch adjungirte C" ausschneidbar wäre (v. B.). Weil hier die Doppelpuncte mit Ausnahme des D, auf einer G"7* sind, so würde die 02 von den durch D, gezogenen Geraden ausgeschnitten, was nicht möglich ist, da wegen des Auftretens einfacher Doppelpuncte das Projectionscentrum nicht auf F% gedacht werden darf. | Ganz anders verhält es sich, wenn D, allein von einem eigentlichen Doppelpuncte der R% herrührt. Dann wären nämlich die Geraden der F? ohne Unterschied n-punctige Se- canten von R?*, wie dies die Gleichungen lehren: t-+y= 2 L ie y: Und auf C% erschienen 2 Schaaren ga: deren Gruppen auf den Tangenten eines Kegelschnitts lägen. Trägt z. B. die Tangente T die Gruppen G", ©, so ziehe man durch D, eine Gerade L, welche C? in 2" — 2 Puncten s schneide. Man hat jetzt in C"* nebst T und Z eine adjungirte C""" durch die G gehend; also würde die 5 zu welcher G“ ge- hört, durch die durch die Puncte s und © gehenden C""* erhalten. Offenbar bildet Z einen Bestandtheil dieser oo! Curven, und so folgt, dass go durch diejenigen C” ausgeschnitten wird, welche durch die n(a— 1) D und die Gruppe © sich legen lassen. 7. Der eingehenden Untersuchung der R?"t1 mit n?—+-2 scheinbaren Doppelpuncten hat die Erledigung der Schlussbemerkung unseres vorigen Aufsatzes voranzugehen. „Besitzt eine C”*t1n2 1 DoppelpuncteD, die für C*-3 eine primitive Gruppe bilden, so ist C%Tl reducibel“. Beweis. Wäre eine C"* durch die D möglich, so müsste diese, wie leicht zu sehen, einen Theil der C?+1 ausmachen. Existirt solche C"7* nicht, so gehen nach No. 2 durch die D wenigstens o*C”'", Es sind nun 2 Hypothesen zu machen: Die erste: Diese C”'” zerfallen sämmtlich in eine feste Curve C" T1—" und eine irreducible Mannigfaltigkeit von C". Der Fall v — I ist von selbst ausgeschlossen; bei v =2 hätte C””” in den n? auf sie kommenden D mehr Puncte mit C?*+! gemein, als es bei Irre- dueibilität sein kann: Ist »>2, so könnten die C" höchstens v»®— (2v — 2) der D enthalten, wie sich zeigt, wenn man eine dieser C" festhält, und die Schaar betrachtet, welche die übrigen auf ihr liefern, der mindestens die Beweglichkeit 3 zukommen muss. Sonach entfielen auf C"T1—" wenigstens: n 1— v? + 2v—2 D. Durch eine kleine Rechnung findet man (n—+1—1) (21 + 1)— 2 (n? — v? -E 24 — 1)<0, wofern v zwischen 2 und 2--1 gewählt wird, was sich ja von selbst versteht. Also wird wieder erkannt, dass die C" T1—" ein Bestandtheil von C*"* wäre. Zweite Hypothese. Unter den C""" kommt eine irreducible vor, was die Irre- ducibilitát der ganzen Mannigfaltigkeit zur Folge hat. Je zwei C""" haben alsdann“ ausser Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe VII, 4. 2 10 7. Prof. K. Küpper: den D noch (r +1)? — n*— 1=2(n-+-1)— 2 Puncte s gemein. Werden diese s auf einer der 0”"', welche festgehalten wird, beweglich gedacht, so kann denselben höchstens die Be- weglichkeit 3 zukommen, und damit diese eintrete, müssen die s auf einer C* liegen. Mithin erhellt, dass hier nicht mehr als &*C”"" möglich sind, und zugleich, wie man auf einer vor- gelegten C*'" die D bestimmen könnte. Um unnöthige Weitläufigkeit zu vermeiden, schlagen wir einen anderen Weg ein: Da (nach 2) durch die D immer noch eine C" selest werden kann, so suchen wir die mögliche Gruppe auf einer irreduciblen C7; die Irreducibilitát der o 4C"TT folgt dann von selbst. Nun hat eine C""" nebst den D m“ —1 Puncte s mit C" ge- mein, denen die Beweglichkeit 1 zukommen muss. Eine höhere ist unmöglich, und damit 1 stattfinde, müssen die s auf einer Geraden liegen. Hieraus ergibt sich die Construction der Gruppe: Durch einen auf C* gewählten fixen Punct f ziehe man eine Gerade Z, und lege durch dien — 1 Puncte s, in welchen sie C" trifft, eine f nicht enthaltende C""", so schneidet diese aus C" die verlangte G1 aus. Nämlich der vollständige Schnitt von G"*", C" ist pri- mitiv bezüglich C*H12, also sind es die D bezüglich C*tH1!— (indem man die Z ausfallen lässt). Wir ziehen in f die Tangente Z, der C*, von den n— 1 auf ihr zu denkenden Puncten s, fällt einer mit f zusammen, aber diese s, bilden mit den D die Grundpuncte einer drei- fachen irreduciblen Mannigfaltigkeit von C""", ebenso wie dies bei den auf Z befindlichen s der Fall war. Wir beweisen jetzt, dass jede C*+! mit den Doppelpuncten Ddie von f verschiedenen »— 2 Punctes, enthalten muss, und falls n>>3, zudem den f selbst: Hiebei benutzen wir den Schnittpunctsatz 4b): Die D, zusammen mit f und den n—2 Puncten s, fassen wir als Doppelpuncte einer aus zwei C""" bestehenden 0°” auf. Wir bestimmen 7 gemäss: n+2rn #2 3— += An—-2, dh. iz=n—3. Die »— 2 = n—3 -1 Puncte s, haben nothwendig normale Lage gegen C", können - deshalb für die Puncte 5 des Satzes genommen werden; mithin wird jede C?*+t2, welche die s, nur einfach, die D nebst f dagegen doppelt enthält, noch einmal durch jeden s, gehen. Existirt daher C**+1 mit den Doppelpuncten D, so liefert dieselbe mit der Geraden Z, eine solche C?*+2; folglich wird C'’?*t! die »—2 Puncte s, aufnehmen. Wenn n >3 angenommen wird, so zeigt sich, dass auch f auf der supponirten C®*+1 liegen muss, wo dann C" Bestandtheil dieser Curve wird, weil sie mehr als n (22 +1) Puncte mit ihr gemein hat: Man beachte nämlich die Schaar von 2» --1 Puncten, welche von den denkbaren CH auf einer durch D, f, s, gehenden C”"" ausgeschnitten wird. Als eine solche (+! nehme man C" in Verbindung mit einer nicht durch s, gehenden C""", so erhält man eine Gruppe der Schaar, bestehend aus dem Puncte f, und 2(n +1) — 2 auf einem gewissen C* liegenden Puncten. Daraus erhellt die Ausschneidbarkeit der Schaar mittelst Curven C®, welche etwa durch die » Puncte gehen, in welchen die oben benutzte Gerade Z die C""* trifft. In der Schaar wird demnach f ein fester Punct sein, falls an >3, und somit jene C* diese L zum Bestandtheil haben. Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumcurven. 11 8. Die irreducible Projectionscurve CT! mit n? 2 D, welche sámmtlich von schein- baren Doppelpuncten der A211 stammen. Wir werden hier den Nachweis erbringen, dass die im vorigen Artikel (B. IV) ge- gebene Construction für » > 4 absolut vorgeschrieben ist. Zuerst wäre die Gruppe der D festzustellen. Es ist nicht zu übersehen, dass man mit Hilfe des Riemann-Roch’schen Satzes blos die Anormalität der D bezüglich Cs, nicht die Primitivität findet; in der That wird letztere erst zur Nothwendigkeit, wenn kein D einem eigentlichen Doppelpunct der R% entspricht. Mag aber die G,2/. primitiv sein, oder die Minimalgruppe 6%), oder die primitive Untergruppe G1:41 umfassen, stets gehen durch dieselbe wenigstens oo? Ct, a) Diese C”tH! stellen eine irreducible 3fache Mannigfaltigkeit dar. Denn, zerfielen sie in eine feste C" T 1—" und in eine Mannigfaltickeit irreducibler C", so könnten die letzteren höchstens um v? — v Puncte D beweglich sein, so dass Or +1 wenigstens n? +2 —v?—+-vD enthielte. Schreibt man die Differenz: 2 (a +2 — v? I v)— (ra+1—v) (2n +1) in die Form (n — v) (2v — 3) +8, so bemerkt man sofort, dass sie für die zulässigen Werthe von v 12. Ist daher n >4, so beträgt die Mannigfaltigkeit jener C*+3 weniger als 9, und durch RT geht eine F?. Alsdann aber hat die Voraussetzung vonn?--2 scheinbaren Doppel- puncten zur nothwendigen Folge (B. IV) die Existenz einer G auf CH, welche sowohl von den Tangenten 7 eines Kegelschnitts, als auch von adjungirten C*t1 ausschneidbar ist. Und hieran knüpfen wir die weitere Folgerung: Durch sämmtliche D ist eine C* unmöglich, noch können durch n’Da!(*r existiren. Nämlich G" sei eine beliebige Gruppe der 9®_, auf der Tangente 7’ befindlich, welche ausser G" noch n +2 Puncte r der C”+! enthält. Lägen die D auf C*, so müssten durch die r noch »!C”t! möglich sein, durch welche die 9D, ausgeschnitten würde. Da diese CH aber die Gerade 7’ zum Bestandtheil hätten, so gingen oo! C% durch die nž— 2D, was wegen der Irreduciblitát von C,%T1 nicht sein kann. Wären ferner n*D Grundpuncte eines Bůschels (C*), und gehörten D,, D, nicht zu diesen, so geht doch durch D, eine Curve des Bůschels. Wir haben a. a. O. gezeigt, dass jede C*"1, welche von einer Gruppe wie G" einen Punct aufnimmt, die Gruppe ganz enthält; I* 12 (7. Prof. K. Küpper: somit müsste G" auf eine Gerade fallen, welche einen ihrer Puncte mit D, verbindet, ebenso auf eine durch D, gehende Gerade, was unmöglich ist. c) Das Gesagte begründet den Ausspruch: „Wenn AR%+1 (n > 4) n*--2 scheinbare Doppelpuncte hat, so gehören von ihren Projectionen niemals 1*-—- 1 einer C" an.“ Damit ist zugleich bewiesen, dass die Gruppe der Projectionen primitiver Art sein muss, da sie weder die primitive Minimalgruppe Gas noch auch G„2:ı umfassen kann. Endlich erhellt hieraus die Nothwendigkeit bei der Construction der D und der C*T1 so zu verfahren, wie es in D) der vorigen Abhandlung geschehen ist. d) Die Annahme 1 = 4 verdient specielle Berücksichtigung. Befolgen wir auch hier unsere Methode, um die 18 D, sodann die C? zu erlangen, wobei also die D nicht auf C“ sein werden, so erkennt man sofort, dass durch die entsprechende Raumcurve AR? eine A? legbar ist. Nämlich die von den C* der Ebene auf C? bestimmte Vollschaar von 18 beweg- lichen Puncten kann wegen des Nichtvorhandenseins einer adjungirten C* nicht Specialschaar sein; und weil das Geschlecht der C* gleich 10 ist, so beträgt die Mannigfaltigkeit jener Schaar 8. Im vorliegenden Falle gibt es aber eine Projectionscurve C®, deren 18 Doppelpuncte einer C* angehören, nur geht jetzt keine F* durch die R°, denn die eben betrachtete Voll- schaar besitzt als Specialschaar eine höhere Mannigfaltigkeit als 8. Bekanntlich ist diese C* der vollständige Schnitt zweier Flächen 3 Ordnung. 9. Um den Weg vorzuzeichnen, auf welchem man zu neuen Resultaten gelangen kann, wollen wir R% mit n(n— 1)-+4 scheinbaren Doppelpuncten und ihre Projection C?* be- handeln. Hauptsächlich werden wir diese Aussprüche rechtfertigen: a) Dien(r—1)-+4D sind die Basis einer vierfachen irreduciblen Mannigfaltigkeit von CČ*t! und eine primitive Gruppe für CO? b) Wenn n>6, so geht durch R% eine #2, deren Gerade n—2- und n—-2-punctige Secanten der Raumcurve sind. a) Weil die D anormal bezüglich C** liegen, und weil wegen Irreducibilitát der C% eine Curve von niedriger als der »‘* Ordnung durch dieselben unmöglich ist, So lässt sich der Satz 2) anwenden. Er ergibt sofort für č — n—5, dass wenigstens &* (+! durch die D legbar sind. Zunächst ist nun einzusehen, dass diese C*t! nicht alle zerfallen können: Denn geschähe dies in eine feste Curve C*T1—" und in eine irreducible Mannigfaltickeit von C, wobei selbstverstándlich v — 1 ausgeschlossen erscheint, so wäre nur v>2 zuzulassen. Beiv=2 fielen auf C*t1—2 m (n — 1)—+3 der D, alsdann müsste aber diese C”-! einen Theil der C% ausmachen. Ist v>>2, so wären als Grundpuncte der irreduciblen Mannigfaltiekeit (C") höchstens v? — (2v— 2) D in Anrechnung zu bringen, so dass auf C* T1—" wenigstens n(n— 1) +2 —v?+2vD kämen. Aber die Differenz: 2n (a— 1) + 4— 20" +4v -2n(n+1—v), d.h. 2(n— v) (v—2) +4 ist positiv, daher můsste (TEA 77" wieder Bestandtheil der C2 sein. Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumeurven. 13 ' Mithin stellt sich uns die Aufgabe: Auf einer gegebenen irreduciblen Ort! eine ge- eignete Gruppe der D aufzufinden! Ihre Lösung beruht einfach darauf, dass es erforderlich’ und genügend ist, wenn die Puncte, welche eine durch die D geleste C?r-: noch ausserdem mit C*T1 gemein hat, einer C*t!-3 angehören. Diese C"-? würde sodann C*+! in weitern 6 Puncten (den Restpuncten R) schneiden, welche man umgekehrt beliebig auf C*t1 annehmen kann, um von ihnen ausgehend, die D zu erhalten. Hiebei kann man offenbar so verfahren: Durch die R lege man irgend eine C®, die nebst einer (*-3(n >> 5) eine C*—2 darstellt. Nun würde eine durch die (a — 2) (r +1) — 6 Schnittpuncte gehende C?*— die D ausschneiden: Da hier die C?* den vollständigen Schnitt von C*T1 und C*-5 enthält, so muss durch D und die auf C* entfallenden 3(» +1) — 6 Schnittpuncte noch eine Or—-@-5), d, i. Ort möglich sein. Mit andern Worten: Die Schaar, welche von allen durch die D existirenden Cor aus C711 geschnitten wird, ist identisch mit derjenigen, welche die durch die 6 R leg- baren C* liefern. Sie hätte somit die Beweglichkeit 3, wenn es feststände, dass mehr als 4R nicht in gerader Linie angenommen werden dürfen. In der That lässt sich die Unvereinbar- keit einer solchen Annahme mit der Irreducibilität von C?* darthun: Erstens. Befánden sich alle JG auf der Geraden Z,, so füge man zu dieser eine C2, dann müssten die 2” —- 2 Schnittpuncte von C*T1 und C? nebst den D noch einer Ort1 angehören, folglich gäbe es durch die D eine C*—!, was ein Zerfallen der C?* nach sich zöge. Zweitens. Fünf R seien auf Z,, einer (R,) nicht. Z, trifft C*T1 in n—4 Puncten f, und eine um R, sich drehender Strahl Z schneidet C*+! in einer Schar g©. Indem man I, mit L und einer willkührlichen Geraden der Ebene als C* auffasst, bemerkt man, dass diese g(® durch Curven C" ausgeschnitten wird, welche die D und jene f enthalten und die zusammen rn?” ausmachen. Auch sieht man sofort, dass der hier auftretende Büschel (C*) irre- ducibel ist, wenn man die Beschaffenheit der 9© beachtet. Gesetzt C;* sei eine irreducible der oo! Curven, C? habe die D zu Doppelpuncten, so behaupte ich, C% hat in jedem f zwei vereinigte Puncte mit C gemein: Zunächst ist klar, dass irgend 2 von C;* verschiedene Curven unseres Büschels (C*) eine C? zusammen- setzen, für welche das Gesagte stattfindet. Und man wird weiter schliessen, dass die etwa möglichen ©?* eine Schaar aus G" schneiden würden, von welcher die doppelt gerechneten f eine Gruppe bilden. Es gibt aber auch keine zweite Gruppe, wie unmittelbar aus dem be- kannten Restsatz hervorgeht. Nämlich, die Gerade Z,, doppelt genommen, stellt eine Linie 2! Grads dar, welche die vorliegende Gruppe enthält, sie trift C;* in einem Rest von 2.4 Puncten, durch welche offenbar keine zweite C? denkbar ist. Hiermit ist die Behauptung erwiesen: Da nun an die Stelle von C;* eine andere Büschelcurve treten kann, so folgt, dass die C?* alle a—4f zu Doppelpuncten haben, und mithin in je zwei C* zerfallen müssen. Die Existenz einer irreduciblen C?* bedingt also die einer genau 4fachen irreduciblen Mannigfaltigkeit adjungirter C"+1, und zugleich ist durch dieselbe die Construction der D vorgeschrieben. „Auf Ct! nehme man 6 Puncte R an, von denen keine fünf in gerader Linie liegen, führe durch die R eine C? und durch den ferneren Schnitt von C*, Crt! eine C*t!, so liefert diese die Gruppe der D.“ 14 7. Prof. K. Küpper: Weil der ganze Schnitt von Ort, Cr+1 sich primitiv bezüglich C2+2—3 verhält, so wird auch den D Primitivität für C2r1-2 d. i. C-4 zukommen. Durch Anwendung von 3) findet man endlich als Excess der construirten Gruppe 1 bezüglich C4, wenn man berücksichtigt, dass 6 Puncte einer CH unbeweglich sind, sobald n >5 und keine fünf derselben auf einer Geraden liegen. b) Diesen Punct erledigen wir durch den Nachweis, dass die Mannigfaltigkeit der auf A% von den F? des Raumes gelieferten Schaar weniger als 9 betrást. Wie in voran- gegangenen Fällen wird es darauf ankommen, die Mannigfaltigkeit der Vollschaar zu ermitteln, welche die von den C? der Ebene auf C% bestimmte &° Schaar einschliesst. Erwägt man, dass in C*+! nebst einer willkührlichen 0? eine C? adjungirte Cs vorliegt, so erkennt man die fragliche Mannigfaltiekeit als diejenige u jener C*t3, welche C?* in den nämlichen 0, =(n+ 1D in — 9m —8—=4n—8 einfachen Puncten schneiden, wie CH, Für n=6 oder n+3=2.6—3 folet u direct mittels des Riemann-Roch’schen Theorems. Denn den Q, Puncten kommt auf 0% die Beweglichkeit 4 zu; also 2 u— 4)=24— 16; u=8. Ist n>6, so hat man nur die Beweglichkeit der Schaar festzustellen, welche von den in Rede stehenden C*t3 auf CrH erzeugt wird. Eine Gruppe umfasst: (n +3) @TY—Rr tn —4—n+8=2(n+1)— (n—5) Punete. Wenn daher n—57>2, oder n>>7, so wäre hier die Maximalbeweglichkeit = 2, folglich u S 8. Bei »— 7 könnte diese Schaar noch die Beweglichkeit 3 haben, jedoch nur dann, wenn durch jede Gruppe eine C? existirte. Diese Voraussetzung ist deshalb unzu- lässig, weil sie auf einen Widerspruch mit dem Riemann-Roch’schen Satze führt. Nämlich sie hätte zur Folge, dass die auf C,* befindlichen Grundpuncte D und A, der &*C!° eine primitive Gruppe für od r 23 darstellten; so dass der Excess dieser Gruppe bezüglich C1! wenigstens A 6 betráge, wáhrend die Beweglichkeit der O, auf C% erheischt, dass er = 4 sei. Wenn jetzt kein Zweifel bestehen kann darüber, dass R% auf einer Fläche F? vor- kommt, so ergeben die oft benutzten Gleichungen e-+y=2n -= E oD = wie sich die Geraden von F? zur R?r verhalten. Fortsetzung der Untersuchung über algebraische und Raumcurven. 15 10. Man findet durch eine der vorstehenden analoge Betrachtung für Projeetions- curven CF! mit n?+6D: „Ihre Doppelpuncte sind die Basis einer fünffachen irreduciblen Mannigfaltigkeit von Curven C*+?. Die entsprechende ZH! liegt auf F?, falls n >5. Anstatt hierauf näher einzugehen, wollen wir zum Schluss eine einfache Regel ab- leiten, um auf einer Fläche 2 Grads 7? die Raumeurve zu erhalten, für welche die Geraden der F?r, und y-punctige Secanten sind. Wir stützen uns auf den bekannten Satz, dass die Raumeurve R*t» durch eine gewisse Anzahl windschiefer Geraden der F? zum vollständigen Schnitt dieser Fläche ergänzt wird. Bedarf man hiezu « der x-punctigen Secanten, so wäre ersichtlich «+ die Ordnung der ausschneidenden Fläche, also 24 + 21 diejenige des ganzen Schnitts. Dieser besteht aber aus « Geraden und der Rst9; mithin: e + y=r+ye=r—h, und es wird x selbst die Ordnung der ausschneidenden Fläche angeben. Wenn sonach £>>Y, so lege man durch e— y der r-punctigen Secanten eine FE, so wird diese die verlangte Raumcurve liefern. = SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES KLANŮ 3 9088 01304 3674