‘ 5“ | Tr re ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE sur WISSENSCHAFTEN. SECHSTER BAND. DIE ABHANDLUNGEN VON DEN JAHREN 1850, 1851 UND 1852 ENTHALTEND IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXV. BAND. MÜNCHEN. 185% VERLAG DER K. AKADEMIE, IN COMMISSION BEI G. FRANZ. Inhalt des VI. Bandes. Dr. FRANZ VON KOBELL. Ueber die Bildung galvanischer Kupferplatten, vorzüglich zum Zweck der Galvanographie, mittelst des 'Trommelapparates Dr. LAMONT. Beschreibung der an der Münchener Sternwarte zu den Beobachtungen ver- wendeten neuen Instrumente und Apparate, Mit 8 Tafeln Dr. MAX PETTENKOFER. Chemische Untersuchung der Adelheidsquelle zu Heilbrunn in Oberbayern Dr. LUDW. SEIDEL. Untersuchungen über die gegenseitige Helligkeit der Fixsterne erster Grösse und über Jie Extinction des Lichtes in der Atmosphäre. Nebst einem Anhange über die Helligkeit der Sonne verglichen mit Sternen, und über die Licht reflectirende Kraft der Planeten Dr. A. VOGEL, jun. und Dr. W. C. WITTWER. Ueber den Einfluss der Vegetation auf die Atmosphäre Seite 381 s1 . 539 Dr. ANDR. WAGNER. Beiträge zur Kenntniss der in den lithographischen Schiefern abgelagerten urweltlichen Fische. Mit 4 Tafeln Beschreibung einer neuen Art von Ornithocephalus nebst kritischer Verglei- chung der in der k. paläontologischen Sammlung zu München aufge- stellten Arten aus dieser Gattung. Mit 2 Tafeln Charakteristik der in den Höhlen um Muggendorf aufgefundenen urweltlichen Säugthier-Arten. Mit einer Tafel Beiträge zur Unterscheidung der im süddeutschen Lias vorkommenden Ar- ten von Ichthyosaurus. Mit einer Tafel Neu-aufgefundene Saurier-Ueberreste aus den lithographischen Schiefern und dem obern Jurakalke. Mit 4 Tafeln Seite 193 483 661 ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE sur WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES ERSTE ABTHEILUNG. IN DER REIHB DER DENKSCHRIFTEN DER XXY. BAND. MÜNCHEN. 1851 VERLAG DER AKADEMIE. IN COMMISSION BEI G. FRANZ. DR YARLILEN ua 3224.10 KANOALIAAIZTHETAMAERAN PA STARRTIERINHITAT WR HATIAHIANTAAI VW nn HIMAEAHA u LER ‚‘ e > 4 e & sımdrim | Pi | tsaRh r ee ch AUMFAGAAA AUT DAMAV HART I Ta VOlzenMoD Hl ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES ERSTE ABTHEILUNG. Inhalı Beiträge zur Kenntniss der in den lithographischen $chiefern abgelagerlen urweltlichen Fische. Von Dr. Andr. Wagner. Mit 4 Tafeln Chemische Untersuchung der Adelheidsquelle zu Heilbrunn in Oberbayern. Von Dr. Max Pettenkofer Beschreibung einer neuen Art von Ornilhocephalus nebst kritischer Verglei- chung der in der k. paläontologischen Sammlung zu München aufge- stellten Arten aus dieser Gallung. Von Dr. Andr. Wagner. Mit 2 Tafeln Charakteristik der in den Höhlen um Muggendorf au'gefundenen urweltlichen Säugthier-Arten. Von Dr. Andr. Wagner. Mit einer Tafel . Seite 127 193 Beitriäüg'e zur Kenntniss der in den lithographischen Schiefern abgelagerten urweltlichen Fische, Von Dr. Andr. Wagner. Mit 4 Tafeln. Ablı. der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 1 u... er Na Doz E huge Bertras® zur Kenntniss der in den lithographischen Schiefern abgelagerten urweltlichen Fische. Von Dr. Andr. Wagner. Die hiesige palaeontologische Sammlung des Staates, deren Verwaltung mir anvertraut ist, enthält, seitdem mit der älteren aka- demischen Sammlung noch die des Grafen Münster vereinigt worden ist, unstreitig die zahlreichsten Ueberreste von den in den lithogra- phischen Schiefern abgelagerten urweltlichen Thieren. Diese beiden Sammlungen haben fast ausschliesslich die Exemplare geliefert, auf welche Agassiz seine in dieser Formation enthaltenen Fischarten begründete, von denen er jedoch nur den kleineren Theil in Abbil- dungen und ausführlichen Beschreibungen vorlegte, während er von den übrigen blos kurze Notizen oder lediglich die von ihm ihnen gegebenen Namen publicirte. Auch Graf Münster hat eine ziemliche Anzahl Arten bekannt gemacht, von denen er jedoch ebenfalls einen guten Theil nur mit wenigen Worten in Erwähnung brachte. 1 * Diese Arten nun, die weder in Abbildungen, noch in genauen detaillirten Beschreibungen zur Publieität gelangten, haben die Pa- laeontologen, die sich mit der Bestimmung der in den lithographi- schen Schiefern abgelagerten Fische zu befassen hatten, in grosse Verlegenheit gebracht. Sie konnten aus den unzureichenden Noti- zen, wie sie ihnen vorlagen, die meisten dieser Arten nicht wieder erkennen, und vermochten daher auch nicht, sich Gewissheit darü- ber zu verschaffen, ob ihre Exemplare diesen mehr dem Namen als dem Wesen nach bekannten Arten zuzutheilen seyen, oder selbst- ständige neue Formen darstellten. Nicht besser ergieng es dem Systematiker, der nicht wusste, was er aus diesen ihm unerkenn- baren Species machen sollte und gleich von vorn herein darauf ver- zichten musste, sie in einer ihren Verwandtschaftsgraden entspre- chenden naturgemässen Ordnung aneinander zu reihen. Um die Verlegenbeit, in welche die Palaeontologen mit den gedach- ten Arten geriethen, in ihrem ganzen Umfange bemessen zu können, darf man nur das reichhaltigste Verzeichniss der Petrefakten, den Index palaeontologieus von Bronn, zur Hand nehmen, und man wird fin- den, dass die meisten Namen von Fischarten aus den lithographi- schen Schiefern von ihm mit einem einfachen oder doppelt durch- strichenen Kreuze versehen sind. Im ersteren Falle will er damit bei einem solchen Art-Namen „dessen Niechtberechtigung auf Bei- behaltung in der systematischen Nomenclatur“ bezeichnen, indem er ihn für einen „todtgebornen“ erklärt, d. h. „indem er weder beglei- tet worden ist von einer genügenden Beschreibung, Diagnose oder Abbildung, noch die durch ihn bezeiehnete Species durch beigefügte Synonyme kenntlich geworden ist.“ Mit dem andern Zeichen will Bronn andeuten: „dass die Arten zwar kurz, aber ungenügend be- schrieben und nicht abgebildet sind und schwer zu enträthseln seyn werden.“ N or Diesen räthselhaften oder todtgebornen Arten aus den lithogra- phischen Schiefern zu einer gesicherten Existenz zu verhelfen, ist eine dringliche Aufgabe der Palaeontologie, und da ich allein die Exemplare, auf denen ihre Rechtsansprüche auf Anerkennung als legitimer Arten beruhen, unter den Händen habe, so habe ich mich ge- wissermassen für verpflichtet erachtet, ihren Sachwalter abzugeben. Ich werde sie daher nach und nach in Abtheilungen durch ausführ- liche Beschreibungen und theilweise auch durch Abbildungen bekannt machen, wobei ich ihnen aber noch die ganz neuen Arten aus der hiesigen akademischen und der Münster’schen Sammlung, von denen selbst nicht einmal die Namen zur Zeit in den wissenschaftlichen Verkehr gekommen sind, beifügen werde. Diese Arbeit mag zu- gleich als ein nicht unwesentlicher Beitrag zur späteren Bearbeitung einer urweltlichen Fauna Boica angesehen werden. Ehe ich zur Behandlung meines Gegenstandes übergehe, kann ich nicht umhin, meiner Bewunderung der grossartigen Leistungen von Agassiz auf diesem Gebiete noch Ausdruck zu geben. War die Bestimmung der fossilen Fische vor ihm eiß bloses Herumtap- pen im Nebel, so ist sie nun auf einmal durch ihn auf feste sichere Grundlagen gebracht worden, und die Classe der Fische bietet jetzt zur zoologischen Charakteristik der Gebirgsformationen die wich- tigsten Anhaltspunkte dar. A. Die Pycenodonten des lithographischen Schiefers. Die Pycnodonten bilden eine der interessantesten Familien in der Ordnung der Ganoiden, da sie sich vor allen andern durch ihr merkwürdiges Zahnsystem auszeichnen, während es uns gleichwohl noch nicht gelungen ist, zu manchen der auffallendsten Zahnformen die zugehörigen Körperreste ausfindig zu machen, so dass mehrere Gattungen lediglich auf die einzelnen Zähne begründet sind und ihre Festsetzung daher noch der nothwendigen Sicherheit entbehrt. In den lithographischen Schiefern des fränkisch-pfälzischen Juras haben wir den grossen Vortheil, dass uns fast nur solche Formen entgegen treten, von denen uns Körperbeschaßenheit und Gebiss zugleich bekannt ist, so dass wir über ihre generische Stel- lung nicht zweifelhaft seyn können. Sphaerodus crassus Ac. ist in diesen Ablagerungen unter den Pycenodonten die einzige Art, deren generische Einreihung lediglich auf der Kenntniss einzelner Zähne berubt. Die übrigen Gattungen, welche bisher aus den lithographi- schen Schiefern aufgezählt werden, beschränken sich auf nachfol- gende drei: Gyrodus, Microdon und Scrobodus, unter denen letzt- genannte Gattung in ihrer Körperform auffallend von den beiden andern abweicht. Diese Gattung zählt auch nicht mehr als eine Art, während die beiden andern in mehreren auftreten, von denen freilich ein grosser Theil gar nicht oder doch nur höchst unvoll- ständig gekannt ist. Da nun unsere Sammlung fast alle diese Arten 7 enthält, so werde ich durch vollständige Beschreibungen iu Verbin- dung mit den nothwendigen Abbildungen dem gedachten Uebel- stande abhelfen und dabei zeigen, wie sehr in den beiden Gattun- gen Gyrodus und Microdon die Arten durcheinander geworfen worden sind. Ich werde demnach zuerst die von Agassiz und Graf Münster den Gattungen Gyrodus und Microdon zugezählten Arten einer kritischen Revision unterwerfen, dann nach gehöriger Berichtigung ihrer Stellung und nach Schilderung der neuen oder unvollständig gekanuten Species eine systematische Anordnung ihrer sämmtlichen Arten folgen lassen und zuletzt noch einige Bemerkun- gen über Sphaerodus crassus und Scrobodus zufügen. L Revision der von Agassiz und Graf Münster der Gattung @YRODUS Ace. zugezählten Arten. Die Gattung @yrodus hat Agassiz sehr scharf nach der Be- schaffenheit ihres Zahnsystemes charakterisirt, so dass, wo solches von einem Exemplare auch nur theijlweise bekannt ist, die Zwwei- sung an die genannte Gattung nicht zweifelhaft bleiben kann. Desto unsicherer ist die Kenntniss der Arten, deren Mehrzahl aus unsern lithographischen Schiefern herrührt; denn weun man in Bronn’s In- dex palaeontologieus das Verzeichniss der der Gattung Gyrodus angehörigen Arten ansieht, so findet man, dass unter 14 aus diesen Schiefern angeführten Species nicht weniger als 10 mit dem einfa- ehen oder durch einen zweiten Querstrich verstärkten Kreuze be- zeichnet, d. h. als unbekannte räthselhafte Grössen erklärt sind. Indem mir nun die meisten dieser Arten in Original - Exemplaren vorhegen, will ich sie genau beschreiben, um die bisherige Unsi- cherheit in ihrer Kenntwiss zu heben, was mir um so nothwendiger 8 erscheint, da unter den Pyenodonten des lithographischen Schiefers die Gattung Gyrodus die bedeutendste und am meisten charakteri- stische ist. Bevor ich jedoch an die Ausführung dieses Vorhabens gehe, muss ich zuvor einen allgemeineren Gegenstand berühren, über des- sen Deutung schon Agassiz nicht ins Reine kam und die bisher auch andern Palaeontologen nicht gelungen ist. Es hat nämlich Agassiz bei Charakteristik der Pycnodonten, aber auch einiger anderer Ga- noiden, es als die merkwürdigste Eigenthümlichkeit ihres Skeletes bezeichnet, dass man hinter dem Nacken Knochengräthen wahr- nehme. die sich schief über die Dornfortsätze, manchmal selbst bis zu den Rippen, verlängerten, während bei allen lebenden Fischen nichts der Art gefunden würde, wenn man nicht etwa die beim Häringe längs des Bauches vorkommenden V-förmigen Knochen damit in Vergleich bringen wolle. Gewöhnlich seyen diese Grä- then, wie Agassiz bemerkt, auf die Gegend zwischen dem Nacken und dem Anfang der Rückenflosse beschränkt, es gebe aber auch Fälle, wo sie sich über die ganze Rückengegend ausdehnten. In diesem Falle, meint Agassiz, würde die Deutung um so schwieri- ger, als man leicht versucht werden könnte, in diesen gekreuzten Linien Spuren des Hautskeletes erkennen zu wollen. Er schwankt nun in der Entscheidung zwischen diesen beiden Meinungen, hält aber es doch für wahrscheinlicher, dass genannte Gräthen analoge Gebilde der V-förmigen Knochen des Härings darstellen möchten. Auch mich hatte anfänglich die Deutung dieser Knochengräthen in Verlegenheit gebracht, bis ich nach genauerer Vergleichung un- serer Exemplare zur vollen Evidenz hierüber gelangte, wozu mir hauptsächlich unsere Vorlagen von Gyrodus rbomboidalis und ma- eropterus behülflich waren. An diesen beiden Exemplaren hat sich 9 nämlich die Schuppenbedeckung auf der grössern Vorderhälfte des Rumpfes erhalten und überdeckt also hier die Wirbelsäule mit ihren Fortsätzen und Rippen; am G. macropterus so vollständig, dass die unterliegenden Skelettheile sich gar nicht bemerklich machen, wäh- rendf'beim G. rhomboidalis die stärkere Anpressung der Schuppen- bekleidung an das innere Skelet zur Folge hatte, dass die Haut- bedeckung in dessen Zwischenräume eingedrückt wurde, dagegen die Wirbel, Fortsätze und Rippen sich als Erhebungen auf dem Schuppenpanzer kundgeben, so dass man also deren Richtung und Zahl bestimmen kann. Die Schuppen sind nun alle in parallele Reihen gestellt, die sich von vorn nach hinten folgen, und zwar ist jede an ihrer vordern Seite an eine Längsleiste befestigt, welche durch ihr gegenseitiges Zusammenstossen eine vollständige Längs- leiste bilden, die die ganze Höhe der einzelnen Schuppen- reihen durchsetzt. Diese Längsreihen von Schuppen mit ihren Leisten machen von oben, nach unten eine schwache Beugung, de- ren Concavität gegen den Kopf gewendet ist. Oberhalb der Wir- belsäule ist die Beugung der Leisten stärker vorwärts als unter- halb derselben, und da die obern Dornfortsätze der Wirbel sämmt- lich rückwärts gerichtet sind, so kreuzen sich die Leisten mit diesen Fortsätzen, über welche sie hinweglaufen, und dadurch entstehen Rauten, Unterhalb der Wirbelsäule ist das Verhalten anders. Die Rippen haben nämlich eine Beugung, die der der Leisten mit ihren Schuppenreihen ziemlich conform ist, und da überdies die Zahl dieser Reihen mit der der Rippen gleich zu seyn scheint, so fallen in der Regel Leisten und Rippen aufeinander, oder wenn dies auch nicht immer der Fall ist, so weichen sie doch nicht weit von ein- ander ab. Im bintern Raum der Unterseite haben die untern Dorn- fortsätze der Schwanzwirbel allerdings eine andere Richtung als die Rippen, indem sie rückwärts sich beugen, während die Schup- penreihen ihre vorwärts gerichtete Beugung beibehalten, Beide Abh. der II. Cl. d. I. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 2 10 Krümmungen sind aber so gering, die Leisten fangen so bald an, sich zu verdünnen und die Flossenträger der Afterflosse greifen so weit hinein, dass das Kreuzen der Leisten mit diesen beiderlei Fortsätzen wenig merklich wird. Der Grad des Sichtbarwerdens von dem Verhalte der Rich- tungslinien der Schuppenreihen zu denen der Skelettheile hängt na- türlich von dem Grade ab, in welchem die Schuppenbedeckung er- halten ist. Der günstigste Fall tritt ein, wenn die Schuppen selbst sich abgelöst haben und nur ihre Längsleisten übrig geblieben sind, was bei mehreren unserer Exemplare sich ereignet hat. Die Schup- pen selbst mögen sich aber nicht schwer loslösen, da sie aus etlichen übereinander liegenden Blättern bestehen, die im erweichten Zu- stande wohl leicht von ihren Leisten abfallen. Dass die Kreuzung der Längsleisten mit den obern Dornfortsätzen häufig in der Vor- derhälfte des Rumpfes deutlicher zu sehen ist als in der hintern, mag ausser mancherlei Zufälligkeiten auch wohl dadurch bedingt seyn, dass die vordern Dornfortsätze weit stärker als die hin- tern sind. So wäre denn die oben besprochene Erscheinung, welche den Palaeontologen bisher viel zu schaffen gemacht, in sehr einfacher Weise aufgeklärt, und das Skelet der urweltlichen Ganoiden bietet demnach in dieser Beziehung keine Abweichung von dem der an- noch lebenden Fische dar. Ich gehe nun über zur Charakteristik der in unserer Sammlung aufgestellten Arten von G@yrodus. 1. Gyrodus circularis As. (Tab. 1. Fig. 1.) An die Spitze der Gattung stelle ich den @. eircularis, weil er zu den grössten Arten gehört und zugleich an unserem Exemplare 11 Gebiss und Skelet besser als an den übrigen erhalten ist, so dass es hierüber die erheblichsten Aufschlüsse gewähren kann, Die Kenntniss von dieser Art beruht auf dem grossen Pracht- Exemplare unserer Sammlung, das ich kurz vor Agassiz’s letzter Anwesenheit dahier von Solenhofen erhalten hatte und dem er in seinen Nachträgen *) den Namen Gyrodus circularis beilegte, ohne jedoch ausser etlichen gelegentlichen Bemerkungen sich auf eine Charakteristik einzulassen, weshalb spätere Palaeontologen auch mit dieser Art nichts anzufangen wussten. Die Körperform dieses Fisches, der mit seiner linken Seite der Steinplatte aufliegt, ist hreit-oval, fast stumpf sechsseitig, ähn- lich dem Mierodon hexagonus Ac., nur im bedeutend vergrösserten Maasstabe; seine Höhe macht 3 von der Körperlänge aus. Der Kopf ist gross mit steil ansteigendem Profil und starker, etwas gru- biger Bepanzerung. Von ähnlicher Beschaffenheit ist auch der Kie- mendeckel-Apparat, so weit er erhalten ist. Die rechte Brustflosse ist sichtlich, aber von keiner sonderlichen Entwicklung. Die Bauch- flosse, welche in der Mitte des Bauchhöhlengrundes angebracht ist, ist ebenfalls wahrnehmbar, aber nur mit schwachen Ueberresten, die andeuten, dass sie zu keiner besondern Grösse gelangt ist. Desto mehr sind die unpaaren Flossen ausgebildet. Sowohl die Rücken- als Afterflosse sind ansehnlich lang und hoch und erstrecken sich bis zur Schwanzflosse; ihr Anfangstheil springt als ein starker Lap- pen hervor. Die Schwanzflosse ist bedeutend gross, stark gegabelt mit sehr entwickelten Lappen, deren Strahlen ziemlich kurz geglie- dert sind, so dass nur die Glieder au der Basis eine etwas grössere *) Recherches ete. II. 2. p- 300. DE 12 Länge gewinnen. Alle Flossen sind unbewehrt, d. h. es findet sich vor ihnen kein Besatz von Stacheln, wie er so häufig bei andern Ganoiden vorkommt. Die Schuppenbedeckung ist bei diesem Exemplare ganz zer- stört, so dass nur wenig Schuppen sich erhalten haben, die über- dies, als meist der linken Körperhälfte angehörig, von ihrer Innen- seite sich darstellen, so dass nur etliche wenige mit ihrer Aussen- fläche aufgespürt werden können, an denen man eine schwächere Runzelung als bei der folgenden Art wahrnimmt. Die Schuppen sind länglich rechtseitig und fügen sich in der bekannten Weise aneinander. Sehr schön ist ein Theil des Zahnsystemes sowohl aus der obern als der untern Kinnlade erhalten und zwar vollständiger als bei irgend einem andern der vielen Exemplare von Gyrodus in un- serer Sammlung. Agassiz deutet die Mundtheile an demselben in folgender Weise: „La Jarge plaque qui dans la mächoire superieure est recouverte de cing rangees de dents, dont une moyenne, im- paire, est plus grande que les laterales, cd’est le vomer; en avant il y a un petit os qui porte quelques dents coniques, c’est linterma- xillaire; le cöte de la bouche est ferme par une plaque tres-dilatee en arriere en forme de large spatule, c’est le maxillaire superieur.“ Mit dieser Deutung kann ich nicht ganz einverstanden seyn. Nur darin stimme ich mit Agassiz überein, dass der Vordertheil der Schnautze dem Zwischenkiefer angehört, denn hierüber kann sowohl seiner Lage als der eigenthümlichen Zähne wegen, die er. trägt, kein Zweifel seyn. Dagegen kann ich den an ihn anstossenden horizontalen Theil nicht für die Pflugschaar ansehen, sondern viel- mehr für den einen Oberkieferast, indem er in gleicher Höhe mit dem Zwischenkiefer liegt und von diesem nur durch eine Einfur- 13 chung geschieden ist. Wir haben hier also eine ähnliche Bildung des Ober- und Zwischenkiefers wie bei unsern Salmen, und diese Form finde ich auch bei den andern Arten von Gyrodus wieder. Dass desshalb die Pflugschaar nicht auch zahntragend seyn könne, soll damit nicht bestritten werden, nur ist sie an unserm Exemplare nicht sichtbar. Den beiden Platten, welche Agassiz als Oberkiefer- beine deutet, kann ich alsdann nur die Bedeutung beilegen, dass sie zur Schliessung der Seitentheile des Mundes bestimmt sind. Sie sind an unserem Exemplare aus ihrer natürlichen Lage gebracht, und das eine zeigt sich von seiner Aussen-, das andere von seiner Innenfläche. Ihre Form ist spatelartig, etwas flach gewölbt, nach dem vordern Ende in einen hakenartigen Fortsatz auslaufend, mit dem sie im Zwischenraum zwischen Ober- und Zwischenkiefer befestigt gewesen zu seyn scheinen; die Aussenseite ist etwas granulirt, die Innenseite glatt. Die Beschreibung der Zähne beginne ich mit denen des Un- terkiefers, wobei mir der Gypsabguss von einem in seinen beiden Seitentheilen erhaltenen Unterkiefer des Gyrodus jurassicus sehr zu Statten gekommen ist. Die Unterkinnlade unsers Exemplares ist nur noch in ihrem linken Seitentheile aufbewahrt, zeigt aber nicht mehr ihre ganze Höhe; der rechte ist davon losgesprengt und ver- schwunden. Dass es wirklich nur der linke und nicht der rechte Seitenast ist, der vorliegt, geht unwidersprechlich aus der seitlichen Richtung der Zähne hervor, die gerade die entgegengesetzte seyn müsste, wenn letztere der rechten Kieferhälfte angehören sollten. Die Zähne stehen in vier Längsreihen, die an Grösse miteinander abwechseln, so dass in der ersten (innersten) und dritten Reihe kleinere, in der zweiten und vierten (äussersten) weit grössere Zähne eingebettet sind. In der ersten Reihe zählt man noch 10, in der zweiten 12, in der dritten 10, doch fehlen hier die vordersten, 14 in der vierten oder äussersten Reihe 14. In den beiden Reihen, welchen die kleinern Zähne gehören, haben diese eine rundliche Form, in den beiden andern Reihen eine etwas ovale; die Zähne sind vorn sehr klein und nehmen hinterwärts allmählig an Grösse zu. Sie haben den eigenthümlichen Charakter der Gattung sehr deutlich aus- geprägt, indem ein von einem seichten Graben umgebener Wall, de- ren Seitenwände sämmtlich gefurcht siud, eine kleine Warze um- giebt. Auf der vierten oder äussersten Reihe hat sich diese Warze an den Zähnen bedeutend ausgedehnt, und da sie durch das Kauen nach innen stärker abgeführt ist als nach aussen, so ragt sie auf der äussern Seite in einer kleinen stumpfen Spitze hervor. Die Zähne haben übrigens eine verhältnissmässig geringe Grösse, indem der letzte der beiden grossen Reihen nach der Quere (von innen nach aussen) nur 3‘ und der Kieferlänge nach (von vorn nach hinten) nur 24‘ misst. Ausser den rundlichen oder ovalen Zähnen finden sich an der Spitze dieses Unterkiefers zwei Zähne, von de- nen aber nur der eine deutlich sichtlich ist, und die eine ganz an- dere Form haben. Sie haben nämlich eine lange, hohle, cylindrische Wurzel mit einer eckzahnähnlichen Krone, indem diese zugespitzt, auf der äussern Seite gewölbt und auf der innern abgeplattet ist. Der losgetrennte rechte Kieferast zeigt an seinem Vorderende drei Zähne von derselben eckzahnähnlichen Form, und ein noch weiter abgesprengter isolirter Zahn der nämlichen Seite mag viel- leicht ebenfalls dem Unterkiefer entrissen worden seyn. In der Oberkinnlade zeigen sich zuerst im senkrecht aufstei- genden Theil des Zwischenkiefers zwei eckzahnähnliche Zähne, in hrer Form eben so, wie in ihrer Lage ganz den untern Vorder- zähnen entsprechend. Im Öberkiefer (der Pflugschaar nach der Deutung von Agassiz) sind, so weit die Entblösung am Gesteine b5 reicht, nur vier Längsreihen von Zähnen wahrzunehmen, die aber hinten, gleich denen des Unterkiefers, nicht vollständig sind. In der vordersten Reihe sind noch 12, in der zweiten 13 und in der drit- ten 8 Zähne vorhanden; von der vierten sind nur die zwei vorder- sten und ein isolirter hinterer sichtlich: alles Andere ist vom Ge- steine verhüllt und lässt keine weitere Ausarbeitung zu. Unter die- sen Reihen fasst die dritte die grössten Zähne, die beiden, ihr seitlich gestellten (die 2te und 4te), die kleinsten und die erste wieder grössere Zähne. Es ist daher wahrscheinlich, dass zur Herstellung der Symmetrie eine der ersten conforme fünfte Zahn- reihe vorhanden, aber gänzlich vom Gesteine verdeckt ist. Diese sämmtlichen Zähne zeigen eine rundliche Form mit ihrem charakte- ristischen gefurchten Wall und Graben. Die der ersten Reihe sind auf ihrer Aussenseite durch das Kauen abgeglättet und ihre nabel- artige Warze springt deutlicher hervor. Sie nehmen au Grösse nach hinten zu und übertreffen in dieser Beziehung nicht die untern. Das Rumpfskelet ist zum grössten Theil hlos gelegt, da die Schuppenbedeckung meist abgelöst ist. Die Wirbel sind ganz verschwunden und nur an ihren Ansätzen zu erkennen; es scheinen ihrer nicht mehr als 25 oder wenig darüber vorhanden gewesen zu seyn. Die obern Dornfortsätze, zumal die vordern, sind beträchtlich lang und stark; an den vordersten sieht man deut- lich eine Längsriune und etliche erscheinen nach oben gespalten. Die starken Rippen laufen herab bis zu dem aus starken Schienen gebildeten Bauchgurt, der wie bei Zeus faber von der Afterflosse bis zur Kehlgegend verläuft. Aehnlich wie bei diesem wird die Bauchhöhle von der Schwanzregion durch einen kräftigen Knochen- gurt abgeschlossen, der mit vorwärts gewendeter Concavität etwas vor der Afterflosse aus den Bauchschienen entspringt und an den ersten untern Dornfortsatz der Schwanzwirbel sich anschliesst. 16 Die untern Fortsätze der letztern sind von gewöhnlicher Bildung, und die Rücken- und Afterflosse werden darch starke Flossenträ- ger unterstützt. Folgende Ausmessungen werden zur Kenntuiss der wichtigsten Dimensionsverhältnisse genügen und so den Mangel einer Abbildung des ganzen Exemplares einigermassen ersetzen. Länge des Körpers von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanzflosse. . . - - Te er RER y RL — von eben dort bis zur Mitte Er chen hen beiden End- spitzen der Schwanzflossen gedachten senkrechten Linie . 24 0 Grösste Höhe zwischen dem Rücken und der Bauchflossengegend. 11 0 Höhe des Rückens oberhalb der Wirbelsäule ohngefähr . . . . 4 0 Länge der Rücken- und Afterflosse. . . PETE I ORS U ERN BE. 1277211 Grösste Höhe einer jeden derselben im Vordertheil, PR ET TERLEORTPE DBBe = TOR >) Länge jeder der beiden Schwanzlappen . » » x 2 2. .....6 7 Abstand ihrer Spitzen von einander. . » 2» 2.2 0 ..0...40.0 Dieses Exemplar stammt, wie erwähnt, aus den Steinbrüchen von Solenhofen. Derselben Art hat Agassiz in der Münster'schen Sammlung durch eine von ihm eigenhändig geschriebene Etikette ein Fragment mit etlichen Schuppenreihen, aus den Brächen von Eichstädt her- rührend, zugewiesen, und es mag damit seine Richtigkeit haben, ob- schon sich dies nicht verbürgen lässt. Diese Schuppen sind ziem- lich breit rhombisch und die meisten zeigen eine eigenthümliche feine Streifung, die niit zwei Seiten derselben parallel läuft, so dass die Streifen ebenfalls einen Winkel bilden, conform den beiden Aus- senwänden, dabei sind diese Schuppen fein gekörnt. An etlichen der hintersten Schuppen nimmt man aber blos runzelige, etwas ge- wundene und miteinander sich verflechtende Rippen wahr, und es scheint, dass diese die äusserste Schmelzlage bilden, die erst nach 17 ihrem Abblättern die andere Art von Streifung und Granulirung sichtbar werden lässt. Uebrigens haben diese Schuppen nichts Ei- genthümliches, was nicht auch an den Schuppen-Ueberresten unsers grossen Exemplares wahrnehmbar wäre. Sicherer als dieses Schuppenfragment gehört unserer Art ein anderes grosses Exemplar an, das ebenfalls aus den Solenhofer Steinbrüchen abstammt und im Besitz desHerrn Dr. Fischer dahier sich befindet. Es liegt ebenfalls auf der linken Seite und ist noch grösser als unser Exemplar, indem es von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanzflosse fast zwei Fuss Länge erreicht und seine grösste Körperbreite 164‘ beträgt. Wenn gleich es das unsrige an Grösse übertrifft, so steht es doch demselben bedeutend an Vollständigkeit der Erhaltung nach, indem es sehr zertrümmert ist und grosse Stücke ihm abgehen. Der Kopf ist sehr verworfen, doch sieht man, dass seine Schil- der rauh gekörnt sind und die Stirne steil ansteigt. Der Mund ist zertrümmert; von dem Öberkieferaste (Pflugschaar von Agassiz) ist nur ein geringer Theil sichtbar; die rechte Hälfte des Unterkiefers ist um fast 2“ unter die linke hinabgeworfen. In der Oberkinnlade zeigt sich längs der Gaumenfläche nur eine deutliche Reihe von Zähnen, in Allem 10, nebst einer Lücke für einen iften; sie nehmen nach hinten etwas an Grösse zu und sind klein und rundlich. Auf diese Reihe folgt eine zweite, die aber grösstentheils im Steine versteckt ist. Hinterwärts in der Mund- höble finden sich zwei einzelne losgesprengte Zähne, die ihrer Stel- Jung und Form nach der obern Kinnlade entnommen sind und, als noch nicht zur Abnützung gekommen, die charakteristischen Merk- male der Gyrodus- Zähne im eminenten Grade darbieten. Vorn er- Abh. der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 3 18 blickt man noch zwei losgerissene cylindrische Zähne mit eckzahn- ähnlichen kegeligen Spitzen ; weiter vorwärts kommen zwei andere derselben Sorte vor, die von der andern Seite des Zwischenkiefers losgerissen wurden. Die linke Unterkieferhälfte, die in ihrer normalen Lage geblie- ben ist, hat zwar vier Zahnreihen aufzuweisen, aber die drei vor- dersten, zumal die beiden mittlern, sind rückwärts sehr bald defekt; am besten erhalten ist die äusserste Reihe, indem sie noch 10 un- verrückt neben einander stehende Zähne darbietet, die, wie die an- dere, an Grösse hinterwärts zunehmen; sie sind oberwärts zuge- spitzt, sonst aber ganz glatt abgeschliffen. An der Spitze des Kie- fers steht, entsprechend dem Verhalten in der obern Kinnlade, ein eckzahnartiger Zahn und daneben eine Lücke für einen zweiten, der aber auf die Seite geworfen und halbirt ist. — Die weit abgerückte rechte Unterkieferhälfte hat ihre Zähne weniger gut conservirt, und da sich an ihnen nichts Besonderes findet, so kann ihre Beschrei- bung übergangen werden. Die Rückenflosse ist beträchtlich lang, und misst, obschon sie nicht ganz vollständig ist, doch 8”; von der Afterflosse ist noch das Anfangsstück erhalten, das nur wenig hinter der Linie der Rückenflosse beginnt. Von der Schwanzflosse ist blos das Anfangs- stück des obern Flügels und ein Stück aus der hintern Hälfte des untern Flügels vorhanden, letzteres mit kurz gegliederten Strahlen. Von den Brustflossen zeigt sich nur eine Spur an der gewöhnli- chen Stelle. Rippen und Dornfortsätze sind sehr stark, eben so der die Bauchhöhle hinten abschliessende Knochengurt, der sich wie bei dem vorigen Exemplare mit den Bauchschienen in Verbindung setzt. 19 Die Schuppen sind sehr gross, auf der Innenseite glatt oder mit einzelnen kleinen Körnchen besetzt, auf der Aussenseite mit unregelmässigen, meist der Quere nach verlaufenden und maschen- artig sich verzweigenden Runzeln. Aus der Vergleichung der Beschreibung dieses zweiten Exem- plares mit der unsers ersten, nebst Zuziehung der beigefügten Ab- bildungen, wird man sich leicht überzeugen, dass beide Individuen einer und derselben Art dem Gyrodus circularis angehören, und da dadurch die Selbstständigkeit dieser Species um so mehr gesichert wird, so erfreut mich die Uebereinstimmung der beiden Exemplare mehr, als wenn ich genöthigt gewesen wäre, für letzteres einen neuen Art-Namen in Vorschlag zu bringen. 2. Gyrodus rhomboidalis Ace. (Tab. 1. Fig. 2.) Eine Art, die an Grösse mit der vorigen wetteifert, und von Agassiz ebenfalls nach einem Exemplare der akademischen Samn- lung aufgestellt und zuerst den Gattungen Microdon und Sphaero- dus zugewiesen wurde, his er aus dem Gebisse ihre rechte Stel- lung bei Gyrodus erkannte. Alles, was Agassiz *) ausserdem von dieser Art sagt, ist im Nachstehenden zusammengestellt: „Grand exemplaire, la surface de ses &cailles est ornee d’un reseau de saillies, ou de rides tres marquees sur les flancs, et plutöt bosselees vers le dos.“ Hier haben wir also viel beizufügen, um von dieser Art eine genaue Kenntniss zu gewähren. Das erwähnte Exemplar zeigt ein Individuum, das mit seiner rechten Seite auf der Steinplatte aufliegt. Der Kopf ist fast ganz *) Rech. II. 1. p. 15; 2. p. 236, 299 und 300. g* 20 zerstört und nur ein Theil der Kinnladen hat sich erhalten, aber in sehr verdrücktem Zustande. Die Bauchflosse ist verschwunden, von der Brusiflosse zeigt sich nur die Ansatzstelle; Rücken- und Afterflosse, wenn auch mehr oder ‚minder beschädigt, geben doch ihre ganze Länge zu erkennen, und an der Schwanzflosse ist we- nigstens der untere Lappen ziemlich gut erhalten. Die Schuppen- bedeckung ist auf der ganzen Vorderhälfte des Rumpfes noch vor- findlich und giebt diesem Exemplare einen besondern Werth, In Grösse und Form kommt es mit dem vorigen überein und die scharfe Ziuspitzung des Hiutertheils lässt sich noch deutlicher erkennen, da von der Rücken- und Afterflosse an die Seitenränder des Leibes fast in einer geraden Linie gegen den Schwanz verlaufen. Vom Schnautzentheil des Schädels sind weiter nichts als die aneinander gepressten Kinnladen der einen Seite siehtbar, von de- nen jede nur die äussere Reihe der Zähne erblicken lässt, während dahinter durch die Bearbeitung ein ganzer Haufen Zähne entblöst worden ist, deren Zuweisung an ihre Ansatzstellen mir bei der Verrückung der Mundtheile unmöglich ist. Sie sind an Form und Beschaffenheit ihrer Oberfläche sehr verschieden, so dass, wenn sie isolirt gefunden würden, sie leicht Veranlassung zur Errichtung mehrerer Arten geben könnten. Die drei hintersten gehören zu den grössten; der vorderste von ihnen ist schmal oval, 5“ lang und in der Mitte 34‘ breit; er zeigt sein Wurzeltheil, dem noch ein klei- nerer abgesprengter Zahn aufgedrückt ist. Der zweite steht auf der schmalen Seite und ist etwas kleiner; er zeigt auf seinen Kau- flächen lauter kleine Grübchen. Der dritte ist unregelmässig breit oval, fast 5‘ lang und in seiner grössten Erweiterung 44’ breit; seine Kaufläche ist ebenfalls voll feiner Grübchen, als den Ausgän- gen der Markkanäle, die das Innere durchziehen. Wenn an diesen drei Zähnen alle Spuren von dem charakteristischen. gefurchten 21 Walle verschwunden sind, so sind diese bereits an dem vor dem ersten der gedachten Zähne liegenden und ihnen an Grösse nicht nachstehenden Zahn, trotz seiner starken Abglättung, dennoch deut- lich sichtlich, während etliche andere die typischen Eigentliümlich- keiten der Gyrodus-Zähne in voller Integrität an sich tragen. Am Vorderende der Schnautze, von dem ein Theil abgesprengt und weit zurückgeworfen ist, zeigen sich wieder wie bei voriger Art die eckzahnähnlichen Vorderzähne. Das Skelet ist zum grossen Theil von der annoch vorfindlichen Schuppenbekleidung überdeckt, „doch. giebt es sich durch die 'Auf- werfungen, die es auf letzterem verursacht hat, deutlich zu erken- nen. Wirbel scheinen etliche mehr als bei G. cireularis vorhanden zu seyn. Dornfortsätze, Rippen und Flossenträger sind. von der- selben Stärke und haben denselben Verlauf wie bei voriger Art. Hier, wo die Haut noch einen. grossen Theil des Körpers über- zieht, sieht man es deutlich, wie sie über das Skelet hinwegläuft und wie die schwach bogenförmigen Leisten, an denen sich die Schuppen ansetzen, die ganze Höhe des Rumpfes durchlaufen, ober- halb der Wirbelsäule sich mit den rückwärts gerichteten obern Dornfortsätzen‘ kreuzen und dadurch rautenförmige Figuren veran- lassen, während unterhalb der Wirbelsäule sie den Rippen theils aufliegen, theils auch von ihrem Verlaufe abweichen. Die Schup- pen selbst sind länglich, im Mittel 8S— 9 lang, durch schiefe Quer- wülste von einander gesondert, und durch unregelmässig sich ver- ästelnde körnige Kalten grubig ausgehöhlt; in der Rückengegend sind die Schuppen mehr granulirt. Ein kleiuer Rest, der sich vom Kiemendeckel und Schultergürtel noch vorfindet, ist an einigen Stellen mit Körnern besetzt, die theilweise durch kleine Querfalten verbunden sind, 22 Rücken-, After- und Schwanzflosse sind wie bei G, circularis beschaffen, indem von den beiden ersteren der Anfangstheil eben- falls bedeutend vorspringt; die Strahlen der Schwanzflosse, von de- nen sich nur der untere Lappen, aber nicht ganz bis an sein Ende, erhalten hat, sind ziemlich kurz gegliedert. Die Länge von der Schnautzenspitze bis zum Anfang des Schwanzes beirägt . iu. 2... Aaaeafier sank GrosstenHuherdesokumpnies un en ut 7 42.0 Länge der Rücken- und Afterllosse .. -. . 2.2.2... 80 Das eben beschriebene Exemplar ist der akademischen Sanm- lung aus den Solenhofer Steinbrüchen zugekommen. Von der vo- rigen Art unterscheidet es sich sehr bestimmt durch seine durch- gängig weit grösseren Zähne. Noch hat Agassiz in der Münster'schen Sammlung 2 von Dai- ting stammende Panzerfragmente als Gyrodus rhomboidalis etikettirt, von denen das eine nach der Form und Runzelung seiner Schup- pen, selbst auch nach der gesättigt gelbbraunen Färbung derselben, wohl ohne Bedenken dazu gezählt werden darf. — Das andere Fragment von hellgelber Farbe könnte aber eher vom @. eircularis herrühren oder noch wahrscheinlicher mit dem nachfolgenden G. multidens zuzammengehören, da wenigstens die Granulirung deut- licher ausgedrückt ist. Dieses zweite Fragment, ohngefähr 8‘ lang und etwas tber 5“ hoch, zeigt Reste des Hinterschädels und einen Theil des über und unter der durchgehenden Wirbelsäule liegenden Rumpfes und hat noch seine unversehrte äussere Schmelzbekleidung. Kopfknochen und Kiemendeckel sind mit kleinen Körnchen besetzt, die an meh- reren Stellen durch schwächere Falten verbunden sind. Die Schuppen 23 sind von derselben Form wie bei den vorigen Exemplaren. Von den oberhalb der Wirbelsäule liegenden Schuppen sind die in der Vorderhälfte befindlichen mehr gekörnt als netzartig gefaltet; ihr hinterer "Theil glatt, mit einer höchst feinen concentrischen Strei- fung; im Hintertheil der Rückengegend breitet sich aber die runze- lige Faltung der Schuppen mehr aus. Unterhalb der Wirbelsäule nimmt. die netzartige Faltung der Schuppen deren ganze Fläche ein und die Falten sind merklicher mit erhabenen Körnchen besetzt als bei den vorigen Exemplaren. Uebrigens sieht man deutlich, dass das Maschennetz nebst seinen Körnern nur die äussere Schmelzlage der Schuppen überzieht; die unterliegenden Blätterlagen sind gauz glatt. Einige grubige Abdrücke von Schuppenfragmenten rühren wohl von der Oberfläche der Gegenseite her. 3. Gyrodus multidens Mvesse. (Tab. 1. Fig. 3, 4.) Graf Münster *) bezeichnete mit vorstehendem Namen ein Schädelfragment, das er in ‚Pointen bekommen hatte. Es besteht aus 3 zusammengehörigen Stücken, von denen 2 dem Unterkiefer angehören und das dritte aus der Oberkinnlade herrührt. *) Jahrb. für Min. 1836. S. 581, woselbst er sich hierüber also äussert: „Unter den vielen neuen Arten fossiler Fische, welche ich seit einem Jahre ‚erhalten, zeichnet ‘sich ein ‚sehr grosser Fischkopf aus dem Jura- kalk von Pointen unfern Kelheim aus, an welchem jedoch der vordere Theil fehlt; dennoch sind 77 Zähne im hintern Theil des Kopfs sichtbar, welche oben in 4, unten in 5 bis 6 Reihen eng neben einander sitzen und rund wie Sphaerodus- und Gyrodus-Zähne sind, von 2 bis 4 Durchmesser. Dieser Kopf scheint einem sehr grossen Gyrodus gehört zu, haben, den ich G. multidens nenne,“ 24 Zur Orientirung hinsichtlich des Unterkiefers kam es mir aber- mals sehr gelegen, dass ich den Gipsabguss des von Agassiz be- schriebenen Unterkiefers des Gyrodus jurassicus benützen konnte. Leider sind bei dem des G. multidens die beiden Seitenwände ganz aneinander gedrückt, denn während die letztern bei dem'G. jurassicus an ihren Aussenseiten hinterwärts um 2 6‘ auseinander stehen, beträgt dieselbe Dimension beim G@. multidens, obschon ‘dessen Kie- fer viel höher und daher wohl auch länger ist, nur 1“ 5 Die Folge dieser Zusammendrückung ist, dass die Zahnreihen, wenig- stens die innersten, verwirrt worden sind, so dass man sich ohne Vorlagen des G. jurassicus hinsichtlich dieser Reihenanordnung nicht zurecht hätte finden können, was nunmehr aber nicht schwer fällt. Vom Unterkiefer ist vorhanden der aufsteigende Ast und ein Theil des horizontalen, das Vorderende fehlt. Der horizontale Ast hat eine bedeutende Höhe, denn während dieselbe in’ ihrem Maxi- mum bei G. jurassicus nur 1‘ 3“ misst, beträgt sie bei unserm G. multidens 2 3” Wie bei jenem durchzieht eine 5 bis 6 breite Ausfurchung den horizontalen Ast und die beiden Seitenwan- dungen sind dicht mit kleinen Körnchen besetzt. Zunächst der äussern Seitenwandungen des Unterkiefers ver- läuft eine Reihe länglich ovaler und etwas vorwärts gerichteter Zähne, ähnlich in Form und Stellung denen des G. jurassicus, nur dass man auf ihrer geglätteten Oberfläche die Spuren des ehemali- gen Walles und Grabens deutlicher sieht; der rechte Ast zählt noch 7, der linke 6 solcher Zähne. Darauf folgt nach innen wie bei je- nem eine zweite Reihe kleinerer Zähne, und auf der rechten Kie- ferhälfte zeigt es sich ganz unzweidentig, dass weiter einwärts eine dritte Reihe von Zähnen auftritt,‘ von denen aber nur’ noch 2 aus 25 , dem Gesteine hervorragen, die, wie hei G. jurassieus, noch grösser als die der ersten Reihe sind und auch eine ähnliche Form wie bei letztgenannter Art haben. Von nun an sind aber die Zähne so verrückt und vom Gestein verdeckt, dass man eine vierte Reihe nicht mehr wahrnimmt, obwohl die Analogie mit G. jurassiens für ihre Existenz spricht. An mehreren der kleineren und mehr gerun- deten Zähnen ist der gefurchte Wall in voller Deutlichkeit wahr- nehmbar. Auf diesem Unterkiefer hat nun ein kleines, nach oben mit seinen beiden Seiten dachartig zugeschärftes, auf der Gaumenseite aber Saches Kuochenstück aufgesessen, welches an seinem Hinter- theil mit dem Gestein, das den Zwischenraum zwischen den beiden Wänden der aufsteigeuden Aeste, des Unterkiefers 'ausfüllt, ver- wachsen war. Es ist etwas schmäler als der stark comprimirte Un- terkiefer, auf dessen Zähnen es aufgeruht hatte, Dieses Knochenstück trägt auf seiner Gaumenfläche (Fig. 4.) 4 Reihen von Zähnen. Die änssere Reihe jeder Seite hat ovale Zähne, deren grösster Durch- messer von aussen nach innen gerichtet ist; nur die hinterste ist mehr gerundet. Auf:der rechten Seite, die besser als die andere erhalten ist, zählt man 6 soleher Zähne, und in der anstossenden Ausfüllungsmasse zwischen den aufsteigenden Aesten des Uuter- kiefers noch die Spnr eines 7ten, womit nach binten die Reihe zu enden scheint, während sie vorn ‚abgebrochen ist. Diese Zähne, obschon sonst abgeglättet, lassen die Spuren der Ringfurchung noch bestimmt wahrnehmen; nach Aussen sind sie, offenbar in Folge der Abhnützung, auf der rechten wie auf der linken Reihe glatt abge- stutzt. - Zwischen diesen beiden Aussenreihen liegen 2 andere Rei- hen kleinerer und mehr gerundeter Zähne, die ‚noch deutlicher die generischen Merkmale auf, der Kaufläche aufweisen. Während nun Abh. der I1.Cl. d. k.ıAk. .d. W. VI. Bd. I. Abth. 4 26 aber im Vordertheil diese 4 Reihen symmetrisch geordnet sind, folgt hinterwärts auf einmal ein enormer ovalrunder und geglätteter Zahn, der hinterwärts und nach links auswärts seine Nachbarn ver- drängt hat. Sicherlich ist er erst bei Erweichung der Knochen in Folge der Zerrüttung aus einem andern Kinnladentheil losgerissen und hier eingelagert worden, denn er sitzt nun, wie ich mich durch Loslösen desselben überzeugt habe, mit seiner Wurzel eingekittet in dem erwähnten, von Gesteinsmasse ganz durchdrungenen, Kno- chenstück. Welchem Theil der Kauwerkzeuge gehört nun aber wohl die- ses bezahnte Knochenstück an? Seiner mittlern Stellung wegen gerade oberhalb der beiden zusammengepressten Unterkieferäste kann man es nicht für einen zahntragenden Oberkiefer- oder Zwischen- kieferast ansehen, denn sonst müsste es doppelt vorhanden seyn. Es kaun also wohl nichts anderes als ein unpaarer Knochen und demgemäss nur die Pflugschaar (vomer) seyn. Mit dieser Behaup- tung kommen wir aber in Widerspruch mit Agassiz, nach dessen Angaben und Abbildungen die Pflugschaar der Gyrodus - Arten mit 5 Reihen von Zähnen besetzt ist, unter denen die der Mittelreihe (der 3ten) weit am grössten sind; dagegen ist jedoch zu erinnern dass Agassiz bei keinem Gyrodus die Gaumentheile im Zusammen- hange gesehen hat, sondern jene sogenannten Vomeral-Platten nur als isolirte Theile vorfand, denen er diese Deutung gab. Nachdem ich nun aber an unserem G. circularis mich versichert habe, dass die Zähne des Oberkiefers in ihrer Form wnd Anordnung mit de- nen, welche Agassiz dem Vomer zuschreibt, vollkommen identisch sind, so kann also letztere Deutung nicht weiter beibehalten wer- den. Der Vomer, wie iln Agassiz bezeichnet, ist ein losgetrennter Oberkieferast, der sich vom Zwischenkiefer um so leichter ablöst, als er mit demselben nur durch Nath verbunden ist. Ich fürchte 27 daher nicht zu irren, wenn ich fragliches Knochenstück als die Pflugschaar dieses Schädels betrachte. Zuletzt bleibt noch die Frage zu erörtern übrig, ob dieser Schädel eine eigene Art repräsentirt oder einer der beiden andern Arten zuzuweisen ist. Diese Frage ist hinsichtlich des G. circula- ris mit Sicherheit zu verneinen, da an letzterem die Zähne eine ganz andere Form haben. Bei unserem G. rhomboidalis sind die Zähne des ohnedies stark beschädigten Unterkiefers so nahe au den Gaumen angepresst, dass sich ihre Form nicht erkennen lässt, doch möchte ich eher auf Verschiedenheit als Identität schliessen. 4. Gyrodus punctatissimus Ae. Mit diesem Namen hat Agassiz *) in der Münster'schen Samm- lung ein Exemplar bezeichnet, von dem er sagt: „Surface exterieure des &cailles couverte de petits points tres-rapproches; elles sont plus hautes que longues; lopercule est aussi pointille; rayons des nageoires larges et articules de pres.“ Das vorliegende Exemplar, das von Kelheim herrührt, ist ein Fragment von 11‘ Länge und ein bloser Abdruck von der einen Seitenhälfte eines Gyrodus, von dem Vorderrand des Kiemendeckels an bis etliche Zoll hinter den Knochengurt, der die Bauchhöhle von der Schwanzregion scheidet, reichend, und am höchsten Theil seiner Breite noch etwas über die Wirbelsäule hinauf sich erstreekend. Von Flossen ist nur der Abdruck der Brustflosse sichtlich, aber sehr deutlich; sie hat eine fächerartige Form, ist ohngefähr 24“ lang und *). Rech. II. 2. 'p. 301. A* 28 ihre Strahlen sind gegliedert und gegen das Ende gespalten. Der Kiemendeckel ist schildförmig, 2 7 lang und 1’ 8“ breit. Alle Knochen und Schuppen sind verschwunden und nur Eindrücke von ihnen auf dem Gestein sind wahrnehmbar und geben im Allgemeinen ein Verhalten, das dem von G. cireularis und rhomboidalis entspricht, zu erkennen. Die Leisten, an denen die Schuppen ansitzen, haben am deutlichsten ihre Eindrücke hinterlassen und ihre Zwischenräume, so wie der Kiemendeckel und Schultergürtel, sind mit lauter feinen Löchern, wie Nadelstiche, besetzt, die jedoch in der untern Hälfte der Bauchgegend viel spärlicher und zugleich etwas grösser sind. Die Entfernung des Hinterrandes des Kiemendeckels vom Knochen- gurt, der hinterwärts die Bauchhöhle abgrenzt, beträgt etwas über 6“, also so viel, als bei den beiden andern vorhin genannten gros- sen Arten. Agassiz schliesst aus diesem Abdruck auf eine besondere Art, vielleicht rührt er aber doch nur von einer der im Vorhergehenden aufgeführten 3 grossen Arten her, dessen Maschennetz zahlreicher mit Körnchen besetzt war und die allein ihre Eindrücke auf dem Gestein hinterlassen haben. Jedenfalls unterliegt die Berechtigung dieses Abdrucks als des Repräsentanten einer besondern Art noch er- heblichen Bedenken. 5. Gyrodus macrophthalmus Ae. Es ist diese Art von Agassiz nach dem in der Münster’schen Sammlung befindlichen Exemplare, dem einzigen, das mir davon bekannt ist, bestimmt worden. Zu seiner Beschreibung habe ich nur einige Bemerkungen hinzuzufügen. Die Schuppenleisten sind sehr gut erhalten und kreuzen sich längs der ganzen Kückengegend mit den obern Dorufortsätzen in 29 der gewöhnlichen Form. Agassiz hat wahrscheinlich nur seine Ab- bildung vor sich gehabt, als er davon sprach, dass die Schuppen blos von ihrer Innenseite sichtlich wären; allein es hat sich in der Bauchregion die äussere Bedeckung grösstentheils vollständig er- halten und man sieht daran nicht blos, dass die Schuppen verscho- bene Rechtecke bilden, sondern dass auf ihrem Schmelz maschen- artige, hie und da etwas granulirte Runzeln verlaufen. Die Zähne sind ganz von der typischen Form. 6. Gyrodus frontatus Aa Gleich dem vorigen von Kelheim herstammend und von Agassiz auf ein Exemplar der Münster'schen Sammlung begründet, das eben- falls das einzige mir bekannte ist. In Form und Grösse hält er das Mittel zwischen G. macrophthalmus und Mierodon hexagonus. Wie man aus Eindrücken, die etliche Schuppen von ihrer Aussen- seite hinterlassen haben, ersieht, sind diese in ähnlicher. Weise ma- schenartig gerunzelt, und die Zähne sind von der nämlichen Form. 7. Gyrodus rugosus Muxssr. Eine von Münster aufgestellte und von Agassiz anerkannte Art, ebenfalls von Kelheim, welche durch schmächtigern Leibesbau von den G. frontatus sich unterscheidet, denn während beide in der Länge übereinstimmen (5 7‘ von der Schnautzenspitze bis zum Ende der Wirbelsäule), erreicht die letztere eine Breite von 4”, indess sie beim G. rugosus nur auf 3“ 7% kommt. Wie man aus etlichen Ueberresten von Schuppen, die noch ihre Aussenseite er- halten haben, ersieht, sind sie ähnlich wie bei G. frontatus gerun- zelt und ist dies also kein specifisches Kennzeichen für G. rugosus. Von den Zähnen hat sich an dem, der Abbildung von Agassiz zu 30 Grunde liegenden Exemplare nur ein Vorderzahn und die Abdrücke etlicher anderer erhalten, was jedoch ausreichend ist, um daran die Gattung Gyrodus zu erkennen. An einem andern Exemplar sieht man auch mehrere einzelne Backenzähne, die ganz die typische Form dieser Gattung tragen. 8. Gyrodus maeandrinus Movsxsr und Gyrodus lepturus Waen. Im Jahrbuche für Mineralogie (Jahrg. 1842. S. 45) führte Graf Münster eine neue Art von Gyrodus unter obigem Namen an, wel- che er von Kelheim erhalten hatte und von der er sagt, dass sie sich „sowohl durch die conische Gestalt der vordern Hälfte, als durch die maeandrischen Linien auf der Oberfläche der Schuppen von allen bekannten Arten wesentlich auszeichnet; auch sind die Rückenschuppen mit kurzen starken Stacheln besetzt.“ Vergebens sah ich mich anfänglich in der Münster’schen Sammlung nach einer Platte um, die den Namen @. maeandrinus an sich trüge, bis ich endlich mit Zuziehung obiger Notiz den vermissten Neuling in ei- nem Exemplare erkannte, das als G. subconicus von Kelheim eti- kettirt war. Dieses Exemplar ist nun freilich in einem sehr defekten Zu- stande, so dass ich mich nicht getraut hätte, darauf eine eigene Art zu begründen, um so weniger, als die 3 Merkmale, welche Graf Münster als specifische hervorhebt, dies keineswegs sind. Denn 1) beruht die conische Gestalt der vordern Hälfte auf einer unbe- gründbaren Vermuthung, da von der Mitte des Rückens an bis zum Zwischenkiefer die ganze obere Contur fehlt; 2) kommen die mae- andrischen Linien auf den Schuppen wohl allen Arten zu, und 3) ist dasselbe der Fall mit den feinen Zacken, die auf der Contur 31 des Rückens sichtbar sind. Somit sind alle Merkmale von specifi- schem Wertle weggefallen, während ich doch dieses Exemplar bei seiner geringern Grösse (es hat von der Unterkieferspitze bis zum Anfang der Schwanzflosse nicht ganz 4“ Länge) keiner der vorhin angeführten Arten zutheilen kann. Am ersten würde es mit einem andern, viel besser erhaltenen Exemplare in der Münster’schen Sammlung zusammen passen, das bis auf den mangelnden Schnautzentheil ziemlich gut, namentlich in seinen Umrissen, conservirt ist und fast ganz dieselbe Grösse hat. Wenn auch die äussere Schmelzlage der Schuppen fast allenthal- ben verschwunden ist, so reichen doch die geringen Reste dersel- beu nebst etlichen Eindrücken aus, um sich zu versichern, dass auch ihnen die maeandrischen Linien nicht gefehlt haben. Was aber dieses Exemplar besonders auszeichnet, ist die Schmächtigkeit der langen weit ausgesperrten Schwanzlappen, daher ich es als Gyrodus lepturus etikettirt habe. Der Fundort ist nicht angegeben, dem Gesteine nach rührt es aber ohne Zweifel von Solenhofen her. Seine ganze Länge wird dieselbe wie vom sogenannten G. maean- drinns seyn. Als messbare Dimensionen bezeichne ich folgende: Abstand des Stirnvorsprungs von dem Anfang der Schwanzflosse 3" 8 — der Afterflosse von letzterer. . . . 2. .2...0.1% — der beiden Schwanzlappen von einander . 2 10 Länge eines Schwanzlappen . 1 11 Grösste Körperbreite 34 * An diesem Exemplare sind keine Zähne sichtlich, wohl aber am G. maeandriuus. Die rechte Unterkieferhälfte hat im Kleinen die Form von der des G. multidens nebst den für die Gattung Gy- rodus charakteristischen Backenzähnen; der linke Unterkiefer, der unter dem andern herabgerückt worden ist, zeigt vorn 3 zugespitzte Vorderzälıne. 32 9. Gyrodus gracilis Muexsr. Das kleinste seiner Gyrodus- Exemplare hatte. Graf Münster von Kelheim erhalten und unter dem Namen @. gracilis beschrieben und abgebildet *). Nach seiner Angabe und Zeichnung betrug des- sen Länge kaum 14“ und die Breite nicht ganz 1“. Dieses Exem- plar habe ich nicht mehr in der Sammlung Münster’s vorgefunden, dafür aber ein anderes grösseres, dessen Acquisition ihn wohl be- stimmt haben mochte, bei seinem ausgebreiteten Tauschhandel des kleinern sich zu entäussern. Die Länge dieses grössern Exempla- res beträgt bis zum Anfang der Schwanzflosse 1” 64’ und bis zum Ende der leiztern etwas über 2“, die Breite 1” 4‘. Ich habe aber im vorigen Jahre noch ein weit kleineres als das von Münster ab- gebildete und zwar ebenfalls von Kelheim erhalten; ein bayerischer Sechser reicht hin, um dasselbe vollständig zu bedecken. Seine Länge bis zum Anfang der Schwanzflosse beträgt 8’ und seine Breite 7’. Ich halte diese sämmtlichen Exemplare des G. gracilis für Jugendzustände des sogenannten Mierodon hexagonus, der frei- lich, wie gleich nachher erörtert werden soll, kein Microdon ist. 10 — 12. Gyrodus laticauda Mvsxst., Gyrodus gibbosus Mvzssr. und Gyrodus macropterus Ae. Es sind dies 3 Arten, welche auf Exemplare in der Münster’- schen Sammlung begründet sind, aber nicht der Gattung Gyrodus, sondern der folgenden angehören, daher bei dieser zur Sprache kommen. Nur die erstgenannte dieser Arten kann ich hier gleich abfertigen, da sie blos eine Nominalspecies ist. *) Münster's Beitr. III. S. 128. tab. 8. fig. 2. / 33 Schon Bronn machte in seinem Index palaeontologicus darauf aufmerksam, dass dieser Gyrodus laticanda Münst. später nicht mehr aufgeführt werde, auch fand ich in der Münster'schen Samm- lung kein Exemplar mit diesem Namen bezeichnet, doch konnte ich mit Hülfe der von Münster *) gegebenen Charakteristik ihn darunter bald ausmitteln. Er sagt nämlich, dass sein G. laticauda dem G. macrophthalmus ähnlich sey, von welchem er sich aber vorzüglich durch die breite, in der Mitte ausgefüllte Schwanzflosse und den schnautzenartig vorstehenden Kopf auszeichne, im letztern habe er gegen 100 Zähne gezählt. Diese Charakteristik passt unter allen Exemplaren in der Münster'schen Sammlung nur auf den Microdon elegans, wenn man gleich die zu 100 angegebene Zahl der Zähne nicht als strenge Zählung anzusehen hat. Ich zweifle daher nicht, dass man von nun an den Namen Gyrodus laticauda aus den Listen ganz zu streichen hat. 13— 14. Gyrodus analis und platurus As. Unter diesen Namen führt Agassiz aus den lJithographischen Schiefern 2 Arten auf, die mir sehr zweifelhaft erscheinen und in unserer Sammlung nicht angezeigt sind. Vom Gyrodus analis giebt er eine kurze Charakteristik und führt Kelheim als Fundort, Prag als Aufbewahrungsort an **). Vom @. platurus macht er blos be- merklich, dass er von Solenhofen herstamme #**), ohne eine weitere Notiz zuzufügen. Bedenklich ist es mir nun, dass Agassiz bei die- sen beiden Arten auf das früher erschienene Feuilleton verweist, *) Jahrb. für Mineralog. 1839. S. 678. *=#) Rech. II. 2. p. 236 u. 300. ***) Ebend. p. 436. Abh, d. IL. Cl. d, k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. d 34 wo allerdings diese Namen vorkommen, aber unter der Gattung Microdon, und dieser Mierodon analis und platurus wird auch spä- ter wieder in der Beschreibung der Arten von letztgenannter Gat- tung aufgenommen, der erstere überdies abgebildet und in einer Weise charakterisirt, dass die über den Gyrodus analis vorliegende Notiz nicht auf ihn passt. So scheinen also Gyrodus analis und Mierodon analis wirklich zwei verschiedene Arten zu seyn, und demnach dürfte man schliessen, dass eine ähnliche Verschiedenheit auch zwischen dem Gyrodus platuras und Microdon platurus statt- finde, obgleich beiden Solenhofen als Fundort bestimmt ist. U. Revision der von Agassiz und Graf Münster der Gattung MICRODON Ac. zugezählten Arten. Giebt es eine Gattung Microdon oder nicht? Diese Frage drängte sich mir bei der ersten Musterung der von Agassiz und Münster dieser Gattung zugewiesenen Arten in unserer Sammlung auf, und um sie unzweideutig beantworten zu können, ist es nöthig, die für die 3 nahe verwandten Gattungen: Pycnodus, Microdon und. Gyrodus aufgestellten generischen Merkmale kritisch miteinander zu vergleichen. . Agassiz hat bei Errichtung dieser 3 Gattungen üher ihre we- sentlichen Merkmale sich folgendermassen ausgesprochen *): 1) @y- rodus: dents & surface irr&gulierement sillonnees; 2) Microdon: ) Rech. II. 1. p. 16. 35 petites dents aplaties, anguleuses, sur plusieurs rangees; 3) Pyeno- dus: dents plus ou moins allongees, bombees, & surface lisse, — Später, wo er ausdrücklich erklärt, dass diese 3 Gattungen sich schlechterdings nur durch das Zahnsystem ‚unterscheiden, ‚ äussert er *): „je range dans le genre Pyenodus les especes a dents allon- gees en forme de feves; dans le genre Microdon, les especes & petites dents oblongues ou subeireulaires; et jappelle Gyrodus les especes dont les dents sont eirconscrites par un sillon eirculaire, ce qui leur donne laspeet de grosses papilles cerelees.“ — Zuletzt bei der Beschreibung der Gattung Microdon sagt Agassiz **) von deren Zähnen, dass sie viel kleiner als die von Pyenodus sind, dass der Vomer mit 5 Reihen, der Oberkiefer mit 1 Reihe und der Unter- kiefer mit 4 Reihen Zähne besetzt sey, von denen die des letztern fast alle gleiche Form hätten, wenigstens nicht in längliche und kreisförmige sich schieden. Untersucht man nun, in Hinsicht auf die eben gegebenen Cha- raktere der Gattungen, die von Agassiz und Münster zu Microdon gezählten Arten aus den Jithographischen Schiefern, so wird sich bei genauer Besichtigung ihres Gebisses bald herausstellen, dass ein Theil derselben das Zahnsystem von Pycnodus, der andere das von Gyrodus aufzuweisen hat, so dass für eine eigenthümliche Gattung Microdon gar keine Art übrig bleibt. Ich habe aber auch schon in‘der vorhergehenden Revision der Gyrodus bemerklich gemacht, dass 2 Arten der letzteren Gattung nicht dazu gehören, für die ich also auch einen andern Platz ausmitteln muss. In der nachfolgenden kritischen Uebersicht werde ich demgemäss 3 Abtheilungen auf- *) Rech. II. 2. p. 181. *#) Ebend. p. 204. 36 stellen, nämlich 1) eigentliche Microdon-Arten mit dem Gebiss von Pycnodus, und zwar zunächst des P. Platessus, 2) Microdon-Arten mit dem Gebiss von Gyrodus, und anhangsweise 3) Gyrodus-Arten mit eigenthümlichem Gebiss. a) Microdonten mit dem Gebiss von Pyenodus. 1. Microdon elegans Ac. — Pycnodus eleyans Waen. Die Beschreibung und Abbildung, welche Agassiz von dieser Art gegeben hat, beruht auf der herrlichen Doppelplatte, die die akademische Sammlung von derselben seit längerer Zeit besitzt, wozu nun neuerdings noch ein sehr schönes und weit grösseres Exemplar aus der Münster’schen Sammlung gekommen ist. Von den Zähnen versichert Agassiz selbst, dass man sich aus ihrer Beschaffenheit überzeugen könne, dass diese Art der Gattung Mierodon angehört. Da der Mund nicht weit geöflwet ist und blos von der einen Seite gesehen wird, so kann man die Zahnreiben nicht deutlich zählen, nur bemerkt man, dass Ober- wie Unterkiefer jeder etliche Reihen von kleinen, länglichen, flachen Zähnen ent- hält, die keine Spur von einer kreisförmigen Umfurchung und Um- wallung zeigen, sondern mit denen von Pyenodus Platessus über- einkommen. Wie bei diesem sind ferner die Vorderzähne des Zwi- schen- und ÜUnterkiefers nicht eckzahnartig zugespitzt, sondern meiselartig erweitert und zugeschärft. Die Schnautze ist spitz vor- gezogen und die Schwanzflosse blos halbmondförmig ausgeschweift: Merkmale, die beide, wie späterbin noch erörtert werden wird, al- len Arten von Pycnodus zukommen, denen von Gyrodus aber durch- gängig nicht zustehen. 37 Auch bei diesen Exemplaren halte ich den horizontalen Ast ‚der Oberkinnlade nicht für den Vomer, sondern für das vom Zwi- schenkiefer gesonderte Oberkieferbein. 2. Microdon notabilis Moss. — Pycnodus nota- bilis Waex. (Tab. 3. Fig. 3.) Aus den Steinbrüchen von Herrensaal bei Kelheim hatte Graf Münster *) eine kleine, den lithographischen Schiefern angehörige Platte mit Kinnladenstücken und darauf sitzenden regelmässig ge- ordneten Zähnen erhalten. Seiner Meinung nach sollte dies ein Gaumenknochen seyn, was er jedoch nicht ist, sondern der Unter- kiefer, dessen beide Aeste flach auseinander gelegt sind, so dass man die Zähne in ihren geordneten Reihen wahrnimmt, was diesem Stücke einen grossen Wertli verleiht. Der aufsteigende Ast des Unterkiefers ist auf der rechten Seite noch erhalten; die Vorder- zähne sind aus ihrer Verbindung gerückt, die Backenzahnreihen scheinen aber nach vorn und hinten vollständig zu seyn. Graf Mün- ster hat von diesem Unterkiefer eine vortreflliche vergrösserte Ab- bildung gegeben; ich will zur leichtern Vergleichung mit meinen Beschreibungen eine solche in natürlicher Grösse vorlegen. Die beiden Unterkieferhälften sind ihrer Länge nach dicht an- einander gerückt, und jede trägt 4 Längsreilen von Zähnen, von denen die der 3ten Reihe (von aussen her gezählt) am grössten sind, dann folgen die der ersten oder äussersten Reihe, hierauf die der 2ten und endlich die der innersten oder 4ten Reihe. Sämmt- liche Zähne nehmen von vorn nach hinten an Grösse zu. — Die *) Beitr. VI. S. 56. Tab. 2. Fig. 2 a. b. 38 äussere Reihe hat 10 Zähne und begiont vorn mit einem kleinen Punkt, bis der letzte im Querdurchmesser etwas über eine Linie erreicht; sie sind unregelmässig vierseitig, am äussern Rande abge- stutzt und auf der Kaufläche glatt und flach mit schwacher Aus- höhlung. — Die 2te Reihe lässt 13 Zähne erkennen, die eben- falls nach hinten an Grösse, aber in weit geringerem Grade als die der ersten Reihe, zunehmen; sie sind schmal oval, mit fein gekerb- tem Rande, der eine kleine napfförmige Aushöhlung umgiebt. — Die dritte Reihe, die grössten Zähne enthaltend, beginnt zwar ebenfalls sehr klein, aber ihre Zähne nehmen schnell an Grösse zu, so dass der letzte in der Quere etwas über 2 Linien misst; sie sind quer vierseitig, am äussern Rande verdickt, am innern abgerundet, auf der Kaufläche glatt und flach gewölbt. Der letzte dieser Zähne ist in beiden Kieferhälften losgerissen, so dass ihre Alveolen ent- blöst sind, während sie selbst nebenan anf der Platie liegen und die grosse Aushöhlung ihres Wurzeltheils zeigen. — Die vierte oder innerste Reihe enthält noch 7 Zähne, doch sieht man dahinter weiters eine Alveole und vorn mag auch noch der eine oder der an- dere gestanden haben; es sind lauter winzige Zähnchen, von denen die vordersten zugespitzt, die hintern flach und im Umriss gerundet sind. — Noch sind auf dieser Platte Vorderzähne zu sehen, die wahrscheinlich der Oberkinnlade angehören und in ihren halbirten Zwwischenkieferknochen enthalten sind. Die der einen Hälfte zeigen ihre Aussenseite, die der andern Hälfte die Innenseite; ihre Krone ist meiselförmig oder schaufelartig, auf der äussern Fläche flach gewölbt, auf der innern ausgehöhlt, mit scharfer Schneide. Dieses Gebiss ist ganz nach dem Typus von Pycnodus geformt und muss dieser Gattung zugewiesen werden. Fragt man nach der Art, von der es hergerührt haben könne, so wird man zunächst auf den Microdon elegans hingewiesen, zu dem es allerdings passend 39 wäre, obwohl ich hierüber nicht mit Bestimmtheit aburtheilen will, da bei unsern Exemplaren des letztern die Zähne des Unterkiefers nicht so weit entblöst sind, dass ich eine vollständige Vergleichung anzustellen vermöchte. Noch will ich hier eines andern Fragmentes vom Zahnsystem irgend eines Pyenodonten erwähnen, das nicht aus den lithographi- schen Schiefern, sondern aus dem Diceraskalk von Oberau ober- halb Kelheim herrührt: der erste Fischüberrest, der uns aus diesen Ablagerungen bekannt geworden ist und den ich auf Tab. 3. Fig.4. habe abbilden lassen. Es sind 3 Längsreihen kohlschwarz gefärb- ter Zähne, die unmittelbar auf dem Gesteine haften, da die Kinn- laden, in denen sie sassen, vollständig verschwunden sind. Es zei- gen sich 3 Längsreihen von Zähnen, unter denen die der mittleren am kleinsten, die der einen seitlichen etwas grösser und die der andern bedeutend grösser sind. Von der Reihe der grossen Zähne sind noch 5 erhalten, die allmählig an Grösse anwachsen und in ihrer Form und Stellung ganz denen der grössten der dritten Reihe im Unterkiefer des M. notabilis ähnlich sind, nämlich quer vierseitig und schief gestellt, am einen schmälern Ende etwas verdickt, am andern schwach abgerundet, auf der Oberfläche glatt und etwas ge- wölbt. Die nächste Reihe mit den kleinsten Zähnen lässt 11 dersel- ben wahrnehmen, die denen der 2ten Reihe bei M. notabilis ent- sprechen, gleich diesen flach napfförmig ausgehöhlt und rundlich-oval sind, aber ihren grössten Durchmesser nicht in der Längs-, sondern in der Querrichtung haben. Die letzte Reihe, der der äussern oder ersten bei M. notabilis entsprechend, unterscheidet sich von dieser ebenfalls dadurch, dass der grösste Durchmesser der Zähne auf die Querdimension fällt und dass sie an Grösse kaum merklich anwach- sen. Es sind ihrer nur noch 7 vorhanden von ruudlich ovaler Form, glatt und in der Mitte etwas ausgehöhlt; sie sind schwach geneigt, 40 in einer den Zähnen der grossen Reihe entgegengesetzten Richtung. Wegen der schiefen Stellung der grossen Zähne halte ich dieses Gebiss für das des Unterkiefers, dem also’ die innerste oder kleinste Reihe fehlt. Hinsichtlich der angegebenen Differenzen im Zahnbau sehe ich es als von einer andern und grössern Art als vom M. no- tabilis herrührend an und lege derselben den Namen Pyenodus for- mosus bei. b) Microdonten mit dem Gebiss von Gyrodus. 3. Microdon hexagonus Ac. — Gyrodus hexa- gonus Waex. (Tab. 3. Fig. 1.) Von dieser Art, der häufigsten in den lithographischen Schie- fern aus der Familie der Pyenodonten, hat Agassiz offenbar kein Exemplar mit deutlich blosgelegten Zähnen gesehen; er würde sonst auf den ersten Anblick erkannt haben, dass- er es hier nicht wit ei- nem Microdon von der Eigenthümlichkeit des M. elegans, sondern mit einem gewöhnlichen Gyrodus zu thun habe, dessen Gebiss ganz mit ‘dem von ihm selbst zu dieser Gattung gezählten Arten überein- kommt. Zu der Zeit, als Agassız unsere Sammlung benützte, wa- ren die Exemplare noch in demselben Zustande, wie sie aus den Steinbrüchen geliefert worden waren; erst in den letzteren Jahren habe ich sie sorgfältig ausarbeiten lassen und dadurch sind ihre Merkmale scharf hervorgetreten. Nach einem solchen unbearbeiteten Exemplare ist auch die Abbildung dieser Art in Agassiz’s Werke verfertigt worden, und da überdies nicht der höchst geschickte Zeichner sie auf den Stein übertrug, sondern ein Anderer, so ist es nicht zu verwundern, wenn zuletzt Agassiz selbst sich in der- selben nicht mehr vollständig zurecht finden konnte, sondern zu ei- ner neuen Prüfung des Originals aufforderte. Indem ich dieser Auf- forderung hiemit entspreche, habe ich zugleich eine neue Abbildung 4l von dem nämlichen Exemplare, das Agassiz auf Tab. 69. c. Fig. 5. darstellen liess, verfertigen lassen und kann versichern, dass sel- bige vollkommen naturgetreu ausgefallen ist. Bei der Beschreibung habe ich nicht nur gedachtes Exemplar, sondern noch viele andere Stücke aus der akademischen und Münster’schen Sammlung benützt. Der Gyrodus hexagonus, wie wir ihn von nun an fortwährend bezeichnen wollen, ist unter den kleineren Arten einer der gerun- detsten und breitesten, wodurch er sich gleich von dem ihm sonst sehr ähnlichen G. frontatus unterscheidet. Die Schwanzflosse ist sehr kräftig und stark; Rücken- und Afterflosse von der gewöhn- lichen Bildung. . Zuvörderst haben wir uns nun von der Beschaffenheit des Ge- bisses zu unterrichten, um über die Gattungsbestimmung die nöthige Evidenz zu erhalten. Dazu eignet sich das abgebildete Exemplar vortrefflich, weil der Rachen weit geöffnet ist. So klein auch die Zähne sind, so sind sie doch so gut erhalten, dass sie ganz scharf zu erkennen sind. Auch au mehreren andern Exemplaren hat sich das Gebiss theilweise sehr gut conservirt. Die befriedigendste Auskunft lässt sich über die Zähne des Unterkiefers geben, und dazu würde schon allein unser abgebildetes Exemplar ausreichen. Man sieht in der vollständig aufbewahrten Unterkieferhälfte 4 geordnete Längsreihen von Zähnen, die ganz verschieden von denen des Microdon elegans, dagegen ein getreues Nachbild von denen des Gyrodus circularis, sowohl in ihrer Form als in ihrer Richtung und relativen Grössenverschiedenheit sind, so dass es eigentlich gar keiner weitern Beschreibung derselben be- dürfte; jedenfalls genügen wenige Bemerkungen. Die zweite und Abh. der IL.Cl. d. W.Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abth. 6 42 vierte von diesen Reihen trägt die grössten Zähne, deren Bau daher auch am besten erkannt werden kann. In der. zweiten Reihe. sind die Zähne 'oval-rundlich, auf der Kaufläche von einem gekerbten Wall umsäumt, der eine kleine napfförmige Aushöhlung in sich fasst; an gut erhaltenen Zähnen sieht man auch, dass der Wall aussen von einem seichten, ebenfalls gefurchten Graben umgeben ist. Die Zähne der 4ten. oder äussersten Reihe laufen auswärts wie bei G. eireularis in eine ‚Spitze aus, die noch feiner und vorragender ist. Der Unterkiefer selbst ist kurz, aber ‚massiv. Minder. deutlich ist das Gebiss im Oberkiefer: unseres Exem- plars erhalten, denn beide Platten sind nur noch mit einer Reihe bewaffnet; aber auch dies reicht aus, um zu erkennen, dass es ächte Zähne eines Gyrodus sind. Die Vorderzälne sind am gedachten Exemplare allzu stark beschädigt, als dass sich etwas Sicheres über sie sagen liesse; desto deutlicher sind sie an andern Stücken wahrnehmbar als kleine dünne Walzen mit feiner eckzahnartiger Zuspitzung, also ganz ver- schieden von den schaufelförmigen breiten Vorderzähnen des Micro- don elegans. Dass jeder Oberkieferast ebenfalls wie heim Gyrodus circularis mit 5 Reihen von Zähnen besetzt ist, lässt sich nicht nur aus der Analogie mit jenen schliessen, sondern wird nachher durch Verglei- chung mit dem Microdon analis Ag. ausser Zweifel gesetzt werden. Ich habe nun noch der Zeichnungen zu gedenken, die auf dem Rumpfe unsers G, hexagonus vorkommen und um deren Deutung sich Agassiz und andere Palaeoutologen vergeblich bemüht haben. Es kommt uns dabei zu Statten, dass unser Exemplar grösstentheils / 43 seine Schuppen verloren bat; was sich aber von ihnen noch vor- findet, giebt zu erkennen, dass sie eben so unregelmässig maschig gerunzelt sind wie die des G. rugosus oder frontatus. Zunächst theilt die Wirbelsäule den Rumpf in zwei sehr un- gleiche Abschnitte, indem der oberhalb derselben gelegene im Ma- ximum seiner Entwicklung noch nicht die Hälfte der Breite von dem unterhalb der Wirbelreihe liegenden Abschnitt erreicht. Diese untere Abtheilung ist wieder durch den starken Knochengurt, der von der Wirbelsäule herab zu dem Schienengurt des Bauchrandes, und zwar ziemlich weit vorwärts vor der Afterflosse, verläuft, in die Bauch- und Schwanzregion geschieden. Durch das Abfallen der Schuppen ist an diesem Exemplare der Schienengurt längs des Bauchrandes nicht mehr sichtlich, wohl aber an andern Stücken. Die obern Dorufortsätze nebst den Flossenträgern ‘der Rückenflosse sind meist noch mit ihrer Knochenmasse erhalten; dasselbe gilt von den Rippen, den untern Dornfortsätzen der Schwanzwirbel, die sich je weiter rückwärts desto stärker nach hiuten richten, und von den Flossenträgern der Afterflosse. Ueber alle diese genannten gräthen- förmigen Knochen hinweg verlaufen als oberste Lage die feinen Leisten, an denen die Schuppen befestigt sind, indem sie sich vom ganzen Rückenrande bis zum ganzen Bauchrande erstrecken als schwach bogenförmig gekrümmte Linien, deren Concavität vorwärts schaut. Da sie selbst in der Rückengegend am meisten vorwärts gekrümmt sind, während die obern Dorufortsätze stark rückwärts gerichtet sind, ‚so müssen sich beide öfters kreuzen und dadurch melrere Reihen von Rauten hervorbringen. Diese Leisten ziehen sich in ihrem weitern Verlauf über die Wirbelsäule hinweg und da unterhalb. derselben ihre Krümmung geringer und conform der der Rippen: wird, ‚so fallen sie meist mit diesen zusammen, obwohl man es im obern Hintertheil der Bauchhöhle deutlich wahrnehmen kann, 44 dass etliche Leisten die Rippen durchschneiden. Merklicher kreu- zen sich die Leisten mit den untern Dornfortsätzen der Schwanz- wirbel, zumal mit den hintern, so wie auch mit den Trägern der Afterflosse, da diese eine entgegengesetzte Richtung mit jenen ha- ben. Die sogenannten osselets en V existiren demnach nicht, und, um dies bei dieser Gelegenheit hervorzuheben, sie beruhen auch bei den andern Ganoideen auf einer Täuschung. Als hauptsächlichste Dimensionsverhältnisse des von uns abge- bildeten Exemplares sind folgende zu bezeichnen. Länge von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanzflosse 4 7 Grösste Höhe des Rumples . . . A en Abstand des Vorderrandes der Birken: en Ann vom Anfang VER SCHWÄNZHOSSE. 7, a ae en ea Unsere Exemplare stammen alle von Solenhofen. 4. Microdon analis Ac. — Gyrodus hexagonus Waen. Agassiz, der diese Art aufstellte und abbildete, unterscheidet sie von der vorigen dadurch, dass die Schwanzlappen breiter und minder zugespitzt seyen, dass die Glieder derselben länger und die Flossenträger der Schwanzflosse minder zahlreich oder doch minder gedrängt zu seyn schienen. Nach Vergleichung von 4, in der aka- demischen und Münster’schen Sammlung von Agassiz selbst als M. analis etikettirten Exemplaren mit unsern sämmtlichen, von ihm als M. hexagonus bezeichneten, sehe ich zwischen beiden keine andern Differenzen als solche, die theils von der Individualität, theils aber und hauptsächlich nur vom Zustande der Erhaltung dieser Fische abhängen, Schon Agassiz sprach die Vermuthung aus, dass sein M. analis nur Varietät von M. hexagonus seyn möchte; und wirklich geht jener in diesem ganz auf. 45 Zu erwähnen habe ich noch einer Doppelplatte mit der Vorder- hälfte eines Fisches, den Agassiz als M. analis etikettirte. An dem- selben sind die beiden Unterkieferhälften wie bei M. notabilis Nach nebeneinander ausgebreitet und man sieht nun deutlich, dass jede 4 Reihen von Zähnen, ganz gleich denen des G. hexagonus, enthält; ausserdem vorn noch die kleinen, spitzen Vorderzähne, deren 3 in jeder Kieferhälfte vorzukonmmen scheinen. — Ausserdem findet sich in der Richtung der Oberkinnlade, aber losgerissen von ihr, eine schmale zungenförmige Platte, ebenfalls von ihrer Gaumenseite ge- sehen, und 5 Reihen von Zähnen tragend, deren mittlere die gröss- ten enthält, in ihrer Anordnung und Form ganz nach den grossen Gyrodus-Arten copirt. Diese Platte ist der eine Seitenast des Ober- kiefers, von Agassiz als Pflugschaar gedeutet. Wie sich dieser Microdon analis Ag. zu Gyrodus analis 4g. verhält, ist mir gänzlich unbekannt. 5. Microdon abdominalis Ac — Gyrodus ru- gosus Waen. In seiner systematischen Aufzählung der Ganoiden-Arten stellte Agassiz auch einen Microdon abdominalis auf, von dem er im Ver- gleich zu seinem M. hexagonalis sagt: „cavite abdominale plus al- longee, mais moins elevee; corps des vertebres moins haut.“ Diese Art beruht wahrscheinlich auf dem von Agassiz selbst mit obigem Namen etikettirten Exemplare der hiesigen akademischen Sammlung. Es fehlt ihm der Schädel, sonst aber ist es gut erhalten, und es ist ganz richtig, dass der Rumpf, trotzdem dass er etwas länger als der des Gyrodus hexagonus ist, doch nicht dessen Höhe erreicht. Von einer Vereinigung mit letzterem kann demnach keine Rede seyn, und man muss sich nach den gestreckteren Arten, dem Gyro- 46 dus frontatus und rugosus umsehen, unter denen letzterer die läng- lichere Form hat. Obwohl nun dieser Microdon abdominalis nicht ganz die Länge unseres Gyrodus rugosus erreicht, so ist dies doch kein Grund, 'da die relativen Dimensionsverhältnisse zu einander passen, ibn nicht mit demselben vereinigen. zu wollen, zumal da auch die von den Schuppen hinterlassenen Eindrücke eine ähnliche Runzelung derselben auf ihrer Aussenseite wie bei letzterem ver- rathen. Die Länge vom Hinterrand des Kiemendeckels bis zum Ende der Schwanzwirbelreihe. „1.4.1.1... mern. 2. 13 4 Höhe des, Rumpfes , grösste . “un zulassen ned — zwischen Rücken- und Alterllose . . . 2 11 ” Der Fundort dieses Exemplares sind die Steinbrüche von So- lenhofen. 6. Microdon platurus As — Gyrodus trun- catus Waecn Neben seinem Microdon analis führte Agassiz auch einen Mi- crodon platurus ‚von Solenhofen ‚mit den Worten auf: „portion cau- dale tres courte; insertion de l’anale et de la dorsale presque per- pendiculaire.“ Dies ist Alles, was er. hierüber sagt. Zum Glück habe ich ausreichendes Material, um diese Art gehörig. würdigen zu können. Es befindet sich nämlich sowohl in der ‚Münster'schen als in der akademischen Sammlung ein Exemplar, deren jedes, Agassiz selbst mit dem Namen Microdon platurus etikettirt hat. Zuerst beschreibe ich das akademische, ‘als; das, am besten conservirte Exemplar. Es hat. eine ‚ähnliche Form wie der, Gyro- dus hexagonus, ist aber kleiner. und was die Hauptsache, ‚die Contur 47 des Hinterleibes zwischen Rücken- und Afterflosse einerseits und dem Anfang der Schwanzflosse andererseits hat eine ganz andere Figur. Während nämlich bei G. hexagonus und allen andern Gyro- dus-Arten der Hinterleib von den beiden genannten Flossen an in einer fast geraden oder doch auf der Rückenlinie nur schwach ge- bogenen Linie allmählig gegen die Schwanzflosse abfällt, bleibt da- gegen bei unserem Exemplare der Rumpf viel weiter hinterwärts bauchig aufgetrieben, so dass Rückeu- und Afterflosse ebenfalls viel weiter rückwärts als bei allen andern Arten angebracht sind, weshalb der Hinterrand des Rumpfes ganz steil abstürzt und zwar von der Afterflosse aus in einem sehr merklichen convexen Bogen, und von der Rückenflosse aus anfangs in einer gleichfalls sehr starken eonvexen Krümmung, die aber gegen die Schwanziflosse hin in eine schwach eoneave übergeht. Mit der Rückwärtsstellung der beiden Flossen steht im Zusammenhange die beträchtliche Verlänge- rung der Bauchhöhle und die ungemeine Verkürzung der Schwanz- region, wie dies bei keiner andern Art dieser Gattung vorkommt. Die Schwanzflosse ist tief gegabelt; Rücken- und Afterflosse, ausser ihrer exceptionellen Rückwärtsstellung, von gewöhnlicher Form, doch die erstere in ihrem Anfangstheil losgerissen; die Brust- flosse ist klein und feinstrahlig, die Schuppen sind grösstentheils verschwunden, aber die Eindrücke, welche die der linken Seite auf dem Gestein zurückgelassen haben, zeigen die gewöhnliche maschen- artige Runzelung ihrer Schmelzoherfläche an. Vom Gebiss des Ober- und Unterkiefers sind noch mehrere wohlerhaltene Zähne übrig, sämmtlich vom typischen Charakter der Gattung Gyrodus. Länge von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanz- URS Em SE: NED. N gun gun 48 Länge von der Unterkieferspitze bis zum Knochengurt, der die Bauchhöhle hinten begrenzt . = 2.22.00 20.2 02 ge Grösste Höhe des Rumpfes . - = 2.2 me nnd 4% Vorliegendes Exemplar rührt aus den Solenhofer Steinbrü- chen her. Das zweite Exemplar, der Münsterschen Sammlung angehörig, ist in denselben Steinbrüchen gefunden worden. Es fehlt ihm der ganze Schädel, dagegen ist die Schwanzflosse vollständig und auch ein grosser Theil der Schuppen erhalten. An Grösse übertriflt es beträchtlich das erste Exemplar, denn die grösste Höhe des Rum- pfes misst bei ihm 3“ 7’, im Uebrigen hat es ganz die nämliche Form, so dass eine weitere Beschreibung umgangen werden kann. Die wohlerhaltenen Schuppen bestätigen, was schon vorher von ih- rer Beschaffenheit gesagt wurde. Agassiz hat die beiden eben beschriebenen Platten mit dem Namen Microdon platurus bezeichnet und denselben noch in seinem neuesten Artenverzeichniss beibehalten, obwohl er gleich- zeitig auch einen Gyrodus platurus aufführt:. Da nun, wie ich ge- zeigt habe, jener Microdon platurus ebenfalls ein ächter Gyrodus ist, so würden 2 Arten dieser Gattung gleichen Namen führen, weshalb die eine nothwendig anders benannt werden muss. Dies habe ich mit dem Microdon platurus Ag. gethan, da dem älte- ren Mitgliede unter den Gyrodus das Vorrecht in der Beibehaltung seines Namens zusteht und habe deshalb den Microdon platurus in den Gyrodus truncatus umgewandelt. 49 0) Gyrodus Ac. et Mursst. mit eigenthümlichem Gebisse. 7. Gyrodus macropterus Ac. (Tab. 4. Fig. 2.) Mit dem Namen G@yrodus macropterus hat Agassız *) in der Münster'schen Sammlung ein Exemplar bezeichnet, über das er Fol- gendes berichtet: „la plus petite espece du genre, que je connaisse; sa dorsale et son anale sont formees de rayons si allonges, qu’on la prendrait pour un Platax sans la forme partieuliere de ses dents et de ses £cailles; caudale egalement tres- grande, ventrale tres- petite.“ Unter allen von uns bisher betrachteten ächten Gyrodus - Arten giebt es keine von so absonderlicher Form als diese, von denen sämmtlich sie sich höchst auffallend durch die Korm der Schnautze, der unpaarigen Flossen und der Lage der Wirbelsäule unterschei- det. Schon gleich die schnabelartige Form der Schnautze entfernt sie von allen jenen Arten, denn nicht nur springt, wie gewöhnlich bei dieser Familie, ‚der Unterkiefer, sonderu ‘auch der Oberkiefer schnabelartig hervor und ‚erst hinter seinem Vorsprung steigt das Profil des Kopfes jäh in die Höhe. Kerner ist die Lage der Wir- belsäule von der aller Gyrodus abweichend, denn, während bei letz- teren dieselbe weit aus der Mitte des Rumpfes gerückt ist, so dass der Raum zwischen ihr und der Rückenlinie selbst in der stärksten Convexität von dieser nur halb. so ‚hoch als der Raum zwischen der Wirbelsäule und der Bauchlinie ist, verläuft dagegen bei unse- ver Art die Wirbelsäule fast durch die Mitte des Rumpfes, so dass der Rückenabschnitt beinahe so hoch ‚ist als der Bauchabschuitt. *) Rech. I1.'2.p. 301. Abh. der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. ua} 50 Am auffallendsten aber unterscheidet sich zuletzt unsere Species von allen ächten Arten der Gattung Gyrodus durch die Form der drei unpaarigen Flossen. Die Schwanzflosse nämlich ist nicht ge- gabelt, sondern vollständig ausgefüllt, mit convexem Endrande, so dass sie eine fächerförmige Gestalt hat; die Strahlen sind ziemlich kurz gegliedert und von der Mitte au gespalten. Trotz ihrer regel- mässigen Form läuft doch, wie bei Gyrodus, die. Wirbelsäule nicht in der Mitte der Schwanzwurzel, sondern im obern Lappen der Flosse aus und der grösste Theil ihrer Strahlen wird demnach von den Flossenträgern, die vom untern Rande der Wirbelsäule ausge- hen, getragen. Die Rücken- und Afterflosse setzen sich wohl auch, wie bei Gyrodus, bis zur Schwanzwurzel fort, aber in ganz ande- rer Forin, indem nicht blos ihre Strahlen viel länger sind, sondern erst ganz in der Nähe der Schwanzflosse sich verkürzen; übrigens sind sie in ähnlicher Weise wie die der Schwanzflosse gespalten und gegliedert, und die Rückenflosse hat sich, wie etliche Spuren zeigen, weiter vorwärts fortgesetzt als die Afterflosse. Im Allge- meinen bildet der Aussenrand der 3 unpaarigen Flossen einen gros- sen Bogen, der vom Anfang der Rückenflosse um die Schwanzflosse herum bis zum Anfang der Afterflosse sich erstreckt. Gegen die mächtige Entwicklung der senkrechten Flossen sticht die geringe Grösse der Brust- utd Bauchflossen merklich ab. Von der Schuppenbedeckung hat sich die der Vorderhälfte des Rumpfes im Zusammenhang erhalten, während die hintere Hälfte von Schuppen ganz entblöst ist, und daher sehr schön die Wirbel- säule, die obern und untern Dornfortsätze und die Flossenträger ge- sehen werden können, indess auf der Vorderhälfte des Rumpfes das ganze Skelet durch den Schuppenpanzer verdeckt ist. Der Theil, der von letzterem übrig geblieben ist, gehört nicht, wie es auf den ersten Anblick scheinen möchte, der ‚Innenseite der dem 5 Beschauer abgewendeten linken Körperseite an, sondern der rechten, hat aber ihre ganze äussere Schmelzlage verloren, ‘was den Vortheil gewährt, dass man die Verhindungsweise der einzelnen Schuppen miteinander in der grössten Deutlichkeit sehen kann. Bei genauerer Beachtung nimmt man weiters wahr, dass die Längsreihen der Schuppen in andern Linien als bei Gyrodus verlaufen. Während sie nämlich bei diesem flache Bögen bilden mit vorwärts gerichteter Concavität, wenden jene Linien bei unserer Art in der Rückenhälfte des Rumpfes ihre Concavität dem hintern Körperende zu, und erst in der Bauchbälfte gehen sie in die entgegengesetzte Richtung, ob- wobl nur schwach, über. Vom Gebiss sind weiter nichts als etliche unbestimmte Abdrücke und ausserdem deutliche Alveolen vorhanden, unter denen im Unter- kiefer besonders die Hauptreihe, ovale Näpfchen darstellend, be- merklich wird. Gleichwohl möchte ich es auf diese Anhaltspunkte hin nicht wagen, über die Gattung, der diese Art zuzuweisen ist, mich mit Sicherheit auszusprechen, wenn nicht theils ihre Verwandt- schaft mit dem Microdon elegans Ac., theils und vor Allem die noch nähere mit der nachfolgenden Species mir nicht hierüber einen Fin- gerzeig gewährte, den ich im Nachfolgenden weiters verfolgen werde. Länge von der Schnautzenspitze bis zum- Anfang der Schwanz- ES pe > ru ee re Länge bis zum Ende der letzten... . 0.56 Grösste messbare Rumpfhöhe . . . u. we nn. 3 6 Die höchste Breite der Rumpfhöhe kann nicht, gemessen wer- den,.da der‘ Vordertheil: des Rückens‘ mit einem Theil ’des Ober- schädels abgebrochen ist. Der Fundort ist Kelheim. 8 Gyrodus gibbosus Morssr. (Tab. 3. Fig. 2.) Es ist dies eine bisher noch ganz unbeschriebene Art, von de- ren Existenz Agassiz *) Nachricht gab und die auf einem Exem- plar der Münster’schen Sammlung beruht. Nach dem Gyrodus gra- cilis Mussst. ist diese die kleinste Art in der ganzen Familie der Pycnodonten. Insoweit diese Art mit der vorigen, dem Gyrodus macropterus, vergleichbar ist, zeigt sie eine auffallende Uebereinstimmung in der Bildung der Schnautze, der Lage der Wirbelsäule, der Richtung der Schuppenreihen und der Form sämmtlicher Flossen, nur dass man es hier mit aller Evidenz sieht, dass die Rückenflosse vorwärts weit über die Afterflosse vorspringt. Der Körper ist eben so ge- rundet wie bei jener Art; was aber seinen Umriss besonders auffal- lend macht, ist, dass oberhalb der Augenhöhle der Kopf in senk- rechter Richtung aufsteigt und scharf von der Rückenlinie sich absetzt. Es ist zu bedauern, dass bei Gyrodus macropterus gerade dieser Theil der Kopf- und Rückengegend abgebrochen ist, so dass man nicht wissen kann, ob die Aehnlichkeit beider Arten sich auch auf diese Eigenthümlichkeit erstreckt hätte. Von den Zähnen ist leider nur sehr wenig erhalten. Ein ab- gerückter Zahn am Hintertheil des Unterkiefers fällt eben so sehr durch: seine unverhältnissmässige Grösse wie durch seine Form auf. Die letztere ist länglich schmal oval und an dem nach unten gerich- teten Ende etwas kolbig angeschwollen. Seine Oberfläche ist nicht eben, sondern der Länge nach seicht ausgehöhlt und die Wandung *) Rech. II. 2. p. 236. 33 dieser Aushöhlung ist durch feine Falten schwach gekerbt. Ausser- dem habe ich von der Oberkinnlade 3 Zähne von ähnlicher Be- sehaffenheit, nur etwas gerundeter, losgelöst. Diese Zähne sind eine Mittelbildung zwischen der von Pyenodus und Gyrodus, indem sie, zumal der erstgenannte Zahn, in ihrem äussern Umrisse mit jener Gattung übereinkommen, an letztere aber durch die Aus- höhlung ihrer Kaufläche und der Furchung derselben sich auschlies- sen. Zwischen den Zähnen dieser Art und denen von Gyrodus, auch selbst wenn diese eine längliche Form haben, bleibt immer noch der Unterschied, dass ser Wall, welcher bei der letzteren Gattung die centrale Aushöhlung umgiebt, noch von einem ebenfalls gekerbten Graben unringt ist, der nur bei stärkerer Abnützung mehr oder minder verschwindet. Ein Zahn aber, von der Form und son- stigen Beschaffenheit wie der ersterwähnte von unserem Exemplar, den ich auf Tab. 3. Fig. 2.a vergrössert habe abbilden lassen, ist mir an allen andern zu Gyrodus gestellten Arten nicht vorgekom- men. Wenn auch diese wenigen Zähne nicht ausreichen, um dar- nach auf die Beschaffenheit des ganzen Zahnsystemes zu schliessen, so zeigen sie doch eine Eigenthümlichkeit an, wodurch sie sich vor denen von Gyrodus auszeichnen, und in Verbindung mit den auffallenden Merkmalen ihrer äussern Formen zur Aufstellung einer besondern Gruppe, von der nachher weiter gehandelt werden soll, berechtigen. Länge von der Schnautzenspilze bis zum Anfang der Schwanz- loss& . \ u re Länge bis zum Ende der teilte 2 Grösste Rumpfhöhe zwischen Bauchflosse und der! Bert vor- dern Körperspilze . [6 in Der Fundort ist Kelheim. II. Systematische Anordnung der von Agassiz und Graf Münster zu GYRODUS und MICRODON gezählten Arten aus den lithographischen Schiefern. Im Vorbergehenden habe ich gezeigt, dass die von Agassiz errichtete Gattung Microdon nicht länger ihre Existenz behaupten könne, dass sie vielmehr eingezogen werden müsse und die ihr zugezählten Arten an die Gattungen @yrodus und Pyenodus zu ver- theilen seyen. Ich habe aber auch dargethan, dass etliche zu Gy- rodus gewiesene Arten nicht länger bei derselben verbleiben dür- fen, obwohl sie auch nicht geradezu unter Pycnodus untergebracht werden können. Diese letzterwähnten Arten vereinige ich nunmehr in eine neue Gattung Mesodon (von u£0ov — medium), der ich die- sen Namen beilege, weil die von ihr bekannten Zähne eine Mit- telbildung zwischen Pycenodus und Gyrodus ausmachen. Genannte 3 Gattungen unterscheiden sich aber nicht blos nach dem Zahubau von einander, sondern auch durch sehr hervorstechende äussere Merkmale, so dass man in Zukunft, selbst bei gänzlicher Unbekannt- schaft mit dem Zahnbaue, diese Gattungen schon nach ihren äus- sern R'ormen leicht und sicher unterscheiden kaun, was in der Pa- laeontologie von besonderem Werthe ist, da man bei den Versteiner- ungen es nicht selten mit Fragmenten zu thun hat, und alsdann mit ihrer generischen Bestimmung in Verlegenheit kommt, wenn das einzige charakteristische Merkmal für die Gattung nicht mehr vor- handen ist. Ich gehe nun daran, die 3 erwähnten Gattungen um- ständlich zu charakterisiren, indem ich zugleich jeder die ihr aus den lithographischen Schiefern zuständigen Arten einreihe. oO. on 1. GYRODUS Ac. Die Backenzähne in der Ober- wie Unterkinnlade sind im Um- fange rund oder rundlich-oval, auf der Oberfläche mit einem ge- fürchten Graben und gefurchten Wall umsäumt, in dessen Mitte eine einfache oder gekerbte Warze sich befinde. — Die Vorderzähne sind eckzahnähnlich zugespitzt, Die Leibesform ist breit-oval, der Kopf abgestutzt, d. h. die Oberkinnlade bildet keinen schnabelartigen Vorsprung. Die Wirbelsäule verläuft oberhalb der Rumpfinitte längs der untern Grenze des obern Drittels von der Leibeshöhe. Rücken- und Afterflosse beginnen in gleichen Abständen von der Schwanzflosse, anfangs mit langen Strahlen, die sich schnell verkürzen, so dass im weitern Verlaufe beide Flossen sich hinter- wärts bis zur Schwanzflosse nur als schmaler Saum fortziehen. Die Schwanziflosse ist stark gabelartig gespalten mit weit aus- einander gesperrten Lappen. Die aus den lithographischen Schiefern bisher bekaunt gewor- denen Arten sind folgende: 1. Gyrodus eircularis Ac. 2. Gyrodus rhomboidalis Ac. 3. Gyrodus multidens Mursst. 4. Gyrodus punctatissimus As. 5. Gyrodus macrophthalmus Ac. 6. Gyrodus frontatus Ace. 7. Gyrodus hexagonus Wacn. (Mierodon hexagonus Ae.). Var. Microdon analis As. 8. Gyrodus rugosus Mussst. Var. Microdon abdominalis Ac. 9. Gyrodus truncatus Waen. (Microdon platurus Ae.). ‘10. Gyrodus lepturus Waen. Var. Gyrodus maeandriuus Muesst. 11. Gyrodus gracilis Murssrt. 12. ? Gyrodus analis Ae. 13. ? Gyrodus platurus Ac. 2. MESODON Wien. Die Backenzähne, soweit sie gekannt, sind länglich oval, auf der Oberfläche der Länge nach seicht ausgehöhlt und auf der Wan- dung dieser Aushöhlung fein gefurcht. Die Leibesform ist breit oval; der Kopf mit schnabelartiger Schnautze, indem nicht blos die Unter-, sondern auch die Oberkinn- lade schnabelartig vorspringt. Die Wirbelsäule verläuft längs der Rumpfimitte. Rücken- und Afterflosse haben durchgängig sehr lange Strah- len, die nur dicht am Grunde der Schwanzflosse sich verkürzen. Die Schwanzflosse ist fächerförmig, d. h. sie ist vollständig ausgefüllt mit convexem Endrande. Die Form der unpaarigen Flossen unterscheidet schon an und für sich diese Gattung von den beiden andern, und ihre Aufstellung ist deshalb bereits durch dieses Merkmal gerechtfertigt. 1. Mesodon macropterus Was. (Gyrodus maeropterus Ac.). 2. Mesodon gibbosus Wasn. (Gyrodus gibbosus Musssr.). [1 1 3. PYUNODUS As. Die Backenzähne sind Jänglich, glatt und gewölbt; die Vorder- zähne schaufelartig erweitert *). Die Leibesform ist breit oder gestreckt oval; der Kopf mit schnabelartiger Schnantze. Die Wirbelsäule verläuft längs der Rumpfmitte. Rücken- und Afterflosse sind entweder in ihrem ganzen Ver- laufe schmal oder im Anfangstheil, wie bei Gyrodus, beträchtlich erhöht. Die Schwanziflosse ist ausgefüllt, entweder ganz oder mit halb- mondförmigem. Ausschnitt. Von den 3 Arten, die ich hier aufführe, kennt man nur eine nach ihrer Skeletbeschaffenheit, die beiden andern blos nach dem Zahnbau des Unterkiefers und von diesen beiden Arten gehört die letzte dem Diceraskalk an. 1. Pyenodus elegans Waex. (Microdon elegans Ac.). 2. Pyenodus notabilis Wasn. (Mierodon notabilis Murssr.). 3... Pycnodus formosus 'W cn. *) Hinsichtlich der Zahl, der ‚Zahnreihen ‘im ‚Unterkiefer kann ich Agassiz’s Angabe nicht beistimmen. Er ‚giebt‘ nämlich für jeden Unterkieferast 3 oder 5 Reihen von Zähnen an, während unser Pycnodus notabilis evident ausweist, dass nicht mehr oder weniger als 4 Reihen vorhanden sind, wie dies auch in den Abbildungen von Agassiz seine Fig. 1 und 49 auf Tab. 72. a bestätigt. Die Anordnung der Zähne in der Oberkinnlade kenne ich nicht aus Vorlagen, doch wird der von Agassiz als Vomer ge- deutete Knochen ebenfalls wie bei den vorigen Gattungen der Oberkieler- ast der einen oder der andern Seite seyn. Abh. der IL. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 8 58 IV. SPHAERODUS crassus Ac und SCROBODUS subovatus Murssr. In der Münster'schen Sammlung findet sich ein Bruchstück vou einem Kalkstein, das mehrere Sphaerodus-Zähne enthält, die von Graf Münster dem Sphaerodus gigas Ac. zugeschrieben wurden; als Fundort ist angegeben der Jurakalk von Kelheim. Von diesen Zähnen sind 10 ganz erhalten, andere zeigen den entblösten Wur- zeltheil, etliche andere sind nur noch durch naplförmige Aushöhlun- gen im Gestein angedeutet. Diese Zähne sassen in 4 oder vielleicht selbst 5 Reiben, wie man dies am hintern breitern Ende des Hand- stücks sehen kann. Die der Mittelreihe sind im Umfange beinahe kreisrund, die der Seitenreihen dagegen oval und zwar die äusser- sten am meisten gestreckt, dabei alle stark gewölbt und ganz glatt: Die Krone ist sehr dick, denn bei einem 64‘ im Durchmesser hal- tenden Zahne beträgt ihre Dicke etwas über 1‘ Demnach können nicht, wie Münster meinte, diese Zähne dem Sphaerodus gigas Ac. zugewiesen werden, sondern sie sind, wenn man nicht sie ei- ner eignen Art vindiciren will, dem Sphaerodus crassus Ac. zu- zuzählen. Dieses Stück ist insofern beachtenswerth, als es einmal Sphae- rodus- Zähne aus einer Formation nachweist, von der sie bisher nicht bekannt waren; dann aber zeigt es uns auch, dass diese bis- her nur isolirt gefundenen Zähne in regelmässigen Reihen gleich denen der vorhergehenden Gattungen sitzen, und abermals sind es 5 Längsreihen, wie sie uns häufig aus der Oberkinnlade der letz- teren vorkommen. Freilich kennen wir noch immer nicht das Thier, aus dessen Rachen diese Zähne stammen, und einem glücklichen Funde bleibt es vorbehalten, hierüber die nöthige Aufklärung zu gewähren, 59 Die Gattung Scerobodus beruht zur Zeit auf dem einzigen Exem- plare, das Graf Münster aus den lithographischen Schiefern von Solenhofen bekam und als S. subovatus bezeichnete. Er zählte im Unterkiefer, der sich in natürlicher Verbindung seiner beiden Aeste erhalten hat, 5 Reihen kleiner Zähne; allein einige Spuren deuten darauf hin, dass noch eine und die andere vorhanden seyn dürfte, und es könnte wohl seyn, dass der Unterkiefer eben so viel Reihen als der des Pycnoduas notabilis gefasst hätte. Diese Zähne sind oval und lassen auf der Oberfläche eine seichte Aushöhlung, deren Wandung fein gefurcht ist, wahrnehmen. Das ganze Fischchen misst von der Schnautzenspitze bis zur Spaltung der Schwanzflosse nur 3” 1“. Von allen andern Arten aus der Familie der Pycno- donten unterscheidet es sich auffallend durch seine schmale ge- streckte Form. B. Die Lepidoiden mit langer Rückenflosse aus den lithographischen Schiefern. Es sind dies die 4 Gattungen Ophiopsis, Nothosomus, Nota- gogus und Propterus, sämmtlich von Agassiz aufgestellt und un- ter die Lepidoides homocerci eingereiht und ausgezeichnet durch die lange, entweder einfache oder doppelte Rückenflosse. Sie zäh- len uur wenige Arten, ‚von denen die meisten aus den lithographi- schen Schiefern herrühren. Ich bin im Stande, sie um 3 neue Ar- ten zu vermehren und mehrere nöthige Erläuterungen den schon beschriebenen, zum Theil auch nur unzureichend charakterisirten äl- teren Species. beizufügen. 60 I. OPHIOPSIS As. Agassiz charakterisirt diese Gattung durch die sehr lange und ununterbrochene Rückenflosse, welche nicht weniger: als die Hälfte des Rückens einnimmt, so wie durch die gleichartigen rhom- boidalen Schuppen. Er zählt davon 4 Arten auf, von denen 2 dem untern Oolith von England, die beiden andern, ©. procerus und ©. Miünsteri, den lithographischen Schiefern augehören. Ich habe den letztern eine dritte unbeschriebene Art anzureihen. 1. Ophiopsis procerus Ae Die Beschreibung und Abbildung, welche Agassiz von dieser Art lieferte, sind auf das in der Münster’schen Sammlung befindliche Exemplar begründet, und sind so genau, dass weitere Bemerkungen nicht nöthig sind. Seine ganze Länge beträgt etwas über 11“, die grösste Breite des Rumpfes 2” 4. Der Fundort ist Solenhofen. 2. Ophiopsis Münsteri Ae. Auch diese Art ist von Agassiz nach einem Exemplare der Münster’schen Sammlung aufgestellt worden, doch hat die kurze Charakteristik, welche er von ihr gab, Bronn in seinem Index pa- laeontologicus für so unzureichend zu ihrer Wiedererkennung ange- sehen, dass er ihr das leidige doppelt durchstrichene Kreuz bei- fügte. Dies ist der Grund, weshalb ich von ihr eine ausführlichere Beschreibung hier vorlegen will. Das Exemplar hat sich in seiner ganzen Länge erhalten, doch sind Bauch-, After- und Rückenflosse verschwunden, nur etliche 61 feine Strahlen zeigen, dass die letztere sehr weit vorn begonnen hat. An Grösse übertrifft diese die heiden andern Arten, während sie dabei zugleich die gestreckteste und schmächtigste unter ihnen ist *%). Der Kopf, der von seiner rechten und obern Seite sich dar- stellt, ist vorn stumpf abgerundet, ähnlich einem Quappenkopf, und lässt nur etliche‘ schwache Zähne wahrnehmen; die Augenhöhlen sind hoch oben und weit zurückgestellt. Da längs der rechten Kopf- seite der grösste Theil der Knochendecke fehlt, so sieht man wohl- behalten die 4 Kiemenbögen dieser Seite mit ihrer ellenbogenartigen Krümmung und tiefer Ausfurchung, ja sehr deutlich haben sich auch noch die Kiemenkämmevabgedrückt; ein faktischer Beweis, dass die Athmungsorgane der urweltlichen Ganoideen ähnlich denen der Mehr- zahl unserer lebenden Fische beschaffen waren. Die Wirbelsäule verläuft längs der Leibesmitte und besteht aus kräftigen, doppelt so langen als hohen Wirbeln, wie man dies an deu S vordersten, die von Schuppen entblöst sind, sehen kann. Das ganze übrige Skelet ist durch den äussern Panzer verdeckt oder im hintersten Körpertheil zugleich mit diesem verschwunden. Die Schuppen sind untereinander an Grösse wenig verschieden, rhom- bisch, fast gleichseitig, glatt, hinten zugeschärft, gewöhnlich ganz- randig, nur'hie und da mit einer überaus schwachen Zähnelung. Die Schwanzflosse ist gegabelt. *) Agassiz,giebt zwar im seinen Recherches etc. II. 2. p. 289 an. dass 0. procerus länger ‚gestreckt sey als ©. Münsteri; dies kann aber nur auf einer Verwechslung beruhen, da man blos meine Maassabnahmen zu vergleichen braucht, um sich vom Gegentheil zu überzeugen. 62 Länge von der Schnautzenspitze bis ‚zur Mitte zwischen den beiden Schwanzspitzena su... 0 a ge do Du Länge des Kopfs auf der Oberseite . . . . : . 2.2 ..2 4 Breite, srässte,.des Bumpfes:. y.. .- ... . a m. ge n®..2.°6 — desselben vor der Schwanzflose . - . . »....0 11% Als Fundort dieses Exemplars ist Kelheim bezeichnet. 3. Ophiopsis serratus Wacx In der Münster’schen Sammlung finde ich ein als Notagogus serralus etikettirtes Exemplar, das seinen wesentlichsten Merkmalen nach nicht zu Notagogus, sondern zu Ophiopsis gehört. Es ist so- gar dem O. procerus so ähnlich, dass man versucht werden könnte, es nur für ein jüngeres und deshalb kleineres Individuum von dem- selben zu halten, wenn nicht seine verhältnissmässig ‚breitere Lei- besform und die deutliche Zähnelung der Schuppen die Berechtigung gewährte, in ihm den Repräsentanten einer besondern Art zu ver- muthen. Der Kopf ist kurz und hoch, mit bogigem Profil, doch hat sich von ihm grösstentheils nur der Abdruck auf dem Gestein erhalten; blos der Kiemendeckel-Apparat hat sich ziemlich gut conservirt und man sieht auch noch mehrere Kiemenstrahlen. Der Bumpf ist ge- streckt und verschmächtigt sich nur sehr allmählig nach hinten. Seine Schuppenbedeckung überkleidet noch fast den ganzen Lieib und bestebt aus kleinen, in schiefen Reiben geordneten rhombischen Schuppen, die au Grösse fast miteinander übereinstimmen. Auf ih- rer Aussenfläche sind sie glatt, au ihrem Hinterrande deutlich fein und sägenartig gekerbt, was bei unserem O. proceras nicht der Fall ist. Die Rückenflosse hat den grössten Theil ihres obern Randes verloren, doch sieht man, dass sie die ganze Mitte des Rückens 63 einnimmt; man kann an ihr noch 17 Strahlen zählen, vor und hinter denen sich Spuren von etlichen andern finden. Die Brustflosse ist lang und breit mit gespaltenen Strahlen. Die Bauchflossen liegen der Mitte der Rückenflosse gegenüber und sind ziemlich lang; die Afterflosse ist verschwunden und ihre Lage nur durch etliche ihrer Flossenträger angezeigt. Der Schwanzflosse fehlt der ganze hintere Rand, so dass sich über dessen Form nichts angeben lässt; man sieht nur, dass die Strahlen gegliedert und gespalten sind. Länge bis zum Ende der unvollständigen Schwanzflosse fast . 7” 0 — des Kopfes 1wR7 Höhe desselben in935 Breite des Rumpfs, vorn Br 110 — desselben am Anfang: der Br . 0. 10',, Unser Exemplar stammt von Kelheim. U. NOTHOSOMUS Ae. Als Kennzeichen für diese Gattung hat Agassiz keine andern angegeben, als dass die Rückenflosse lang und die Schuppen höher als breit sind. Er zählt hieher nur 2 Arten: N. octostychius aus dem englischen Lias und N. Zaevissimus aus den lithographischen Schiefern. 1. Nothosomus laevissimus Ae. Agassiz hatte anfänglich diese Art zu Pholidophorus gezählt, bis er später sie mit der vorhergehenden in der Gattung Norhoso- mus vereinigte, ohne dass er jedoch von ihr eine Charakteristik gab. Sie ist mir nur aus dem in der Münster'schen Sammlung befindlichen Exemplare bekannt, dem Agassiz selbst die Aufschrift: Pholidopho- rus laevissimus gab und von welchem er eine Abbildung fertigen liess, die jedoch nicht in’s Publikum gelangte. 64 Gedachtem Exemplare, dem einzigen, welches wir: von dieser Art besitzen, fehlt der Vordertheil des Schädels nebst der ganzen Rücken- und Afterflosse; die Schuppen sind zum Theil losgelöst und verworfen. Auffallend sind die unverhältnissmässig hohen Schuppen, welehe sich längs der Rumpfmitte finden und von denen wohl nicht mehr als '2 in einer Reihe übereinander Platz ‚greifen konnten, während ober ihnen gegen den Rücken und unter ihnen gegen den Bauch kleinere Schuppen sich einstellen. Jene grössern Schuppen erreichen eine Länge von 4‘ bei einer Breite von höch- stens 14; sie sind gleich den andern Schuppen völlig glatt. Im Uebrigen ist diese Art in ihren Formen der Gattung Pholidophorus ähnlich und die Schwanzflosse ist ebenfalls gabelförmig. Ihre ganze Länge bis zur Mitte zwischen den beiden Schwanzspitzen mag ohngefähr 54” betragen haben, und ihre Form ist schmächtig. Diese mangelhafte Beschreibung mag einstweilen genügen, um, weun auch nieht die Gattung, doch die Art festzustellen, bis bessere Exemplare befriedigendere Aufschlüsse bringen werden. Unser Exemplar rührt aus den Steinbrüchen bei Eichstädt her. 1I. NOTAGOGUS Ac. Hieher hat Agassiz Fische von geringer Grösse und gleich den vorigen den Pholidophoren ähnlich gestellt, von denen allen er sie aber durch die doppelte Rückenflosse unterscheidet, Er zählt ihnen‘ 4 Arten zu, von denen 2 von Torre, d’Orlando, 2 au- dere aus den Jithographischen Schiefern herrühren und: die er sämmtlich beschrieben und abgebildet hat. 65 1. Notagogus Zieteni As. Das einzige Exemplar, auf dem diese Art berult, ist aus der Zieten'schen Sammlung in die Münster'sche gekommen und dadurch bin ich in den Stand gesetzt, auf eine Fiction in der Abbildung aufmerksam zu machen, die bei Auffiudung anderer Exemplare der nämlichen Species leicht zu gänzlicher Verkennung derselben führen könnte. Von der Schwanzflosse sind nämlich alle Knochenüberreste verschwunden und nur einige Eindrücke von ihren Strahlen am Anfang und au den Seiten dieser Flosse übrig geblieben. Das Fehlende hat nun der frühere Besitzer durch den Pinsel zu ergän- zen versucht und eine schöne gabelförmig gespaltene Schwanziflosse darauf gemalt. Diese ideale Ergänzung hat der Zeichner genau copirt, und Agassiz mochte, als er seine Beschreibung abfasste, nur noch diese Zeichnung vor Augen gehabt haben und. aus derselben war die Fiction nicht zu ersehen. Wohl konnte die Verwandt- schaft, in der Notagogus zu Pholidophorus steht, auf die Voraus- setzung leiten, dass jener gleich diesem eine gespaltene Schwanz- flosse hätte; aber hier hat die Analogie irre geführt, denn die noch nähere Verwandtschaft, in der Nofagogus Zieteni zu den andern Arten dieser Gattung sich befindet, lässt eine ausgefüllte Schwanz- llosse erwarten, Das beschriebene Exemplar stammt von Solenhofen. 2. Notagogus denticulatus Ae. Ebenfalls auf ein Exemplar in der Münster’schen Sammlung begründet, zu dem ein zweites kleineres gekommen ist, das die ge- doppelte Rückenflosse in noch besserem Stande als bei dem ersten zeigt und dessen Schwanzflosse ebenfalls ausgefüllt ist, so dass ihr Abh. der IL. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 9 66 Endrand höchstens eine ganz seichte Ausschweifung haben könnte. Beide Exemplare sind bei Kelheim gefunden worden. IV. PROPTERUS Ae. Zwischen Notagogus und Propterus hat Agassiz keinen an- dern Unterschied angegeben, als dass die Strahlen der ersten Rückenflosse, insbesondere die ersten, viel länger als die der zwei- ten sind. Ich füge noch ein anderes unterscheidendes Merkmal zwischen beiden Gattungen bei, dass nämlich bei Notagogus die Schwanzflosse fast ganz ausgefüllt, bei Propterus aber\tief gabel- förmig gespalten ist. Agassiz kennt von letzterer Gattung 2 Arten: P. microstomus und P. serratus, wovon er indess nur die erste beschrieben und abgebildet hat *); ich habe diesen 2 neue Arten zuzufügen. 1. Propterus microstomus As. Das Original-Exemplar, auf das Agassiz diese Art begrün- dete, ist in der Münster'schen Sammlung aufbewahrt und stammt *) Nach Agassiz hat Graf Münster im Kabinet von Berlin den P. serra- tus aufgefunden und ihm diesen Namen wegen der feinen Zähnelung sei- ner Schuppen am Hinterrande gegeben; er sey grösser als der P. micro- stomus und stamme von Kelheim her. Ich kenne diese Art nicht, wenn etwa nicht das von Münster als Notagogus serralus bezeichnete Exem- plar, das ich an die Galtung Ophiopsis überwiesen habe, darunter zu verstehen seyn sollte. 67 von Kelheim. Die hintere Hälfte der Schwanzflosse ist abgehro- chen und dadurch war Agassiz verhindert, die richtige Form der- selben zu erkennen. Länge von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanzflosser nee ee Grösste Breite des Rumpfs -. 2. .2..2..2....71 0 2. Propterus speciosus Was. (Tab. 4. Fig. 1.) Das Exemplar, worauf ich diese neue Art errichtet habe, ist mir erst im vorigen Jahre von Kelheim zugekommen. Sie unter- scheidet sich von voriger nicht blos durch bedeutendere Grösse, sondern auch durch gewölbteren Rücken; sonst kommt sie in den we- sentlichen Merkmalen mit derselben überein. Der Mund ist eben- falls wenig gespalten und mit kleinen feinen Zähnen besetzt. Die Beschuppung ist wie bei Pholidophorus und die untern Flossen sind klein. Die Rückenflosse ist doppelt und sehr entwickelt, doch ist es nur die erste, welche an ihrem Anfange einen bedeutend verlängerten Strahl von 1‘ 44‘ Länge zeigt. In der ersten Rückenflosse zählt man noch 11 Strahlen, von denen die hinter dem grossen Strahl gespalten sind; eben so viel Strablen lässt die zweite Rückenflosse erkennen. Der Schwanz ist gleichfalls sehr entwickelt und spaltet sich in zwei ungleiche Lappen, von denen, wie gewöhn- lich, der obere der schmälere ist, auf dem sich auch die Beschup- pung weiter als auf dem untern fortzieht. Der untere Lappen hat am Rande ebenfalls dicht aneinander gereihte Strahlen, die Mitte zwischen beiden ist aber blos mit 3 oder 4 gesonderten, im weitern Verlaufe gespaltenen Strahlen besetzt, welche bedeutend kürzer als die Seitenlappen sind, wodurch der Schwanz tief gabelförmig ge- spalten erscheint. Der Aussenrand eines jeden der beiden Schwanz- lappen ist mit kurzen einfachen Stacheln bewehrt. 9* 68 Länge von der Schnaulzenspitze bis zum Anfang der Schwanz- HOSE ein dnchbabdhe — bis zur Mitte zwischen den Schwanzlappen ohngefähr „. 4 5, Grösste Breite des Rumpfes - ». » » » 22 200.0. 4 6 3.. Propterus gracilis Waen. Das Exemplar, welches mich zur Aufstellung dieser Art ver- anlasste, hat zwar alle seine Schuppen verloren und von den Ske- lettheilen häufig nur die Eindrücke aufbewahrt, gleichwohl hat es nicht blos die generischen Merkmale noch deutlich erhalten, sondern lässt sich auch von dem ihm an Grösse gleichkommenden P. microstomus durch einen viel schmächtigeren schlankeren Bau, na- mentlich des Hinterleibes, leicht unterscheiden, in welch letzterer Beziehung es mehr mit Notagogus übereinkommt und so ein Binde- glied zwischen diesen beiden Gattungen abgieht. Die Rückenflosse stellt sich als eine gedoppelte dar, doch ist der Jange Strahl der ersten nicht mehr vorhanden, aber Ein- drücke von den ersten Strahlen zeigen, dass diese weit länger als bei den Arten von Notagogus sind. Die Schwanziflosse ist sehr lang und tief gabelförmig gespalten. Die Abdrücke, welche die Schuppen hinterlassen haben, lassen auf eine ähnliche Form dersel- ben wie bei Pholidophorus schliessen. Länge von der Schnautzenspilze bis zum Anfang der Schwanz- OS a a a N = 14a — bis zur Mitte zwischen den beiden Schwanzlappen . . 3 4 Arösste: BreiterdesYRumpfes>.2).0.. RU EMDEN 0 Vorliegendes Exemplar ist mir im vorigen Jahre von Eichstädt zugekommen. 69 C. Die Sauroiden mit abgerundeter Schwanzflosse aus den lithographischen Schiefern. Hierher gehören nur die beiden Gattungen Megalurus und Ma- crosemius, deren Arten auf die lithographischen Schiefer und auf den Oolith von Stonesfield beschränkt sind. Ihre Flossen sind un- bewehrt. I. MEGALURUDS Ae. Diese Gattung ist in ihren bisher publieirten 4 Arten: M. le- pidotus und M. brevicostatus Ac., M. elongatus und M. parvus Movxxsr. nur aus den lithographischen Schiefern bekannt; in der Münster'schen Sammlung sind noch 2 Arten bezeichnet, von denen bis jetzt nirgends eine Erwähnung, geschehen ist. 1. Megalurus lepidotus Aa. Die grösste, von Agassiz genau beschriebene und abgebildete Art, von der die akademische Sammlung eine Doppelplatte und die Münster'sche eine Platte mit einzelnen Wirbeln und Schuppen be- sitzt. Die Anzahl der Wirbel in der ganzen Wirbelsäule scheint über 45 zu betragen, jedoch unter 50 zu bleiben. Länge von der Schnautzenspitze bis zu Ende der Wirbelsäule 10” 6 — bis zum Schwanzende ohngefähr . . . 2.....43 0 Grösste Breite des Rumpfes ... » 2 2 2m. dd Beide Exemplare kamen von Solenhofen. 70 2. Megalurus brevicostatus Ae. Ein kleiner, aber untersetzter Fisch, dessen Rückenlinie vom Hinterhaupte an bis zur Rückenflosse hogig gewölbt ist wie bei vo- rigem, aber fast noch etwas mehr. Die Wirbelsäule scheint zwischen 42—45 Wirbel zu zählen. Länge bis zum Ende der Wirbelsäule . „2... 34 3 Da der untere Leibesrand beschädigt ist, wage ich nicht, die Rumpfbreite in Ziffern auszudrücken; sie ist aber, wie dies schon die Agassiz’sche Abbildung zeigt, im Vergleich zu den folgenden ziemlich beträchtlich. r Die Münster'sche Sammlung besitzt hievon das einzige bekannte Exemplar aus den Steinbrüchen bei Kelheim. 3—5. Megalurus elongatus, intermedius und parvus Mosnsr. Benannte Arten unterscheiden sich von der vorigen durch ge- streckteren, schmächtigeren Leibesbau, so wie dadurch, dass die Rückenlinie vom Hinterhaupte bis zur Rückenflosse in einer fast geraden Linie verläuft, daher ich auch nicht der Meinung von Agassiz heitreten kann, dass M. brevicostatus und M. lepidotus nur Varietäten einer und derselben Species seyn möchten, um so weniger, als letzterer auch eine grössere Anzahl von Wirbeln be- sitzt, denn man kann an 50 derselben zählen. Dagegen ist es mir, gleich ihm, wahrscheinlich, dass M. lepidotus und M. parvus nur Altersverschiedenheiten voneinander seyn dürften, und in dieser Meinung werde ich dadurch bestätigt, dass in. der Münster'schen 7ı Sammlung ein als M. intermedius Münst. etikettirtes Exemplar liegt, das in der Grösse das Mittel zwischen jenen beiden hält und voll- kommen die verkleinerte Copie des M. lepidotus darstellt, von dem ich nachstehende Maassabnahmen beifüge. Länge bis zum Ende der knöchernen Wirbelsäule. . ... . 30 zw — bis zu dem nicht ganz vollständigen Schwanzende ohn- län tos- ua ie Bit are M. elongatus und intermedius sind bei Kelheim, M. parvus bei Solenhofen anfgefunden worden. 6. Megalurus polyspondylus Mosxsr. Eine in den Verzeichnissen noch nicht erwähnte und doch sehr ausgezeichnete Art findet sich unter obigem Namen in der Mün- ster'schen Sammlung. Das Exemplar ist mit Ausnahme der fehlen- den Schnautzenspitze und eines geringen Theils des Endes der Schwauzflosse sehr vollständig und liegt, abweichend von den üb- rigen Exemplaren, auf der Bauchseite, so dass man gerade auf die Rückenfläche des Fisches sieht; eine Lage, die den Vortheil mit sich gebracht hat, dass man nun die ganze Oberseite des Schädels zu Gesicht bekommt und die Wirbelsäule frei vor sich liegen hat. Man ersieht auch daraus, dass, obwohl durch den Druck der Fisch jedenfalls platter geworden ist, er doch schon ursprünglich eine ziemliche Dicke und Rundung gehabt haben mag, die nach hinten nur wenig abnimmt. Das Schädeldach ist nicht sonderlich breit. Die Scheitelbeine sind durch eine Nath deutlich von den Stirnbeineu abgegrenzt; letz- tere verschmälern sich bedeutend in der Augengegend und sind un- ter sich durch eine Längsnath geschieden. Vom Kiemendeckel- 12 Apparat sind noch Kiemendeckel und Unterkiemendeckel vorhanden, beide etwas gestreift, sonst aber glatt und glänzend wie die andern Schädelstücke. — Die Wirbelsäule liegt frei da, indem sie ‘sich in ihrer Lage erhalten hat, indess die beiden Rumpfseiten durch die Schwere der während des Bildungsprocesses dieser Schiefer sich ablagernden Gesteinsmasse niedergedrückt wurden, wobei die obern Dornfortsätze auf die linke Seite, die untern auf die rechte Seite zu liegen kamen, ohne dass sie dadurch aus ihrer geordneten Lage ge- bracht wurden. Man zählt über 60 Wirbel in der Wirbelsäule und es scheint, als ob an den letzten knöchernen Wirbel sich noch eine kuorpelige Fortsetzung bis zum nahen Ende der Schwanzflosse an- gesetzt hätte, wenigstens bildet diese Strecke einen Kanal. S Wie bei allen Arten dieser Gattung sind die Rippen ausseror- dentlich kurz. Die obern Dornfortsätze sind es ebenfalls im An- fange, verlängern sich aber allmählig im weitern Verlaufe nach hinten; oberhalb derselben zwischen Brust- und Rückenflosse sieht man wie bei den andern Arten etliche kurze Nebendornen, die nicht zum Flossentragen bestimmt sind. Die Brustflossen sind nicht be- sonders entwickelt; die kleinen Bauchflossen stehen noch vor der Mitte des Rumpfes und bald hinter ihnen folgt die ebenfalls schmale Afterflosse, die von 8 Flossenträgern getragen wird. Die Rücken- flosse ist fast ganz verschwunden, aber aus ihren Flossenträgern kann man ersehen, dass sie den Raum gegenüber dem Anfang der Bauch- und dem Ende der Afterflosse eingenommen hat. Die Schwanzflosse ist wie bei den andern Arten durch das aufwärts gerichtete Ende der Schwanzwirbelreihe in 2 ungleiche Lappen ge- theilt, von denen der obere kleinere durch Dornen, die zwischen die letzten obern Dornfortsätze der Schwanzwirhel eingreifen, ge- halten ist. Der untere grosse Lappen lässt 16 bis 17 gegliederte und gespaltene Strahlen wahrnehmen, die von den stark verlängerten 73 und auf dieser Strecke an ihren Enden bedeutend erweiterten un- tern Dornfortsätzen der Schwauzwirbel getragen werden. Die Schuppen, von denen sich ein Theil gut gehalten hat, sind mittlerer Grösse, mit gerundetem und ganzem Rande und decken sich dach- ziegelartig; ihre Oberfläche scheint glatt zu seyn. Länge des annoch erhaltenen Ueberrestes von diesem Individuum 6’ 3 — , muthmassliche, des ganzen Thieres etwa Der iO — der knöchernen Wirbelsäule, etwas über he, st Breite, hintere, des Schädels 02.928 — zwischen den Augenhöhlen aaa — des Rumpfes zwischen seinen vordern Seitenrändern ze Wal. — zwischen seinen hintern 0 4 Auch dieses Exemplar stammt aus den Steinbrüchen von Kelheim, I. MACROSEMIUS Ae. Nur 2 Arten sind bisher ans dieser Gattung in den Verzeich- nissen aufgeführt: der Macrosemius brevirostris Ac. von Stones- field und der M. rostratus Ac. aus den lithographischen Schiefern ; dem letzteren habe ich eine neue Art anzureihen. 1. Macrosemius rostratus Ac. Von Agassiz vollständig beschrieben, daher ich hier nur noch zur Vergleichung mit der folgenden Art einige Maassabnahmen zufüge. Länge von der Schnautzenspitze bis zum Anfang der Schwanz- flosse . . . gr erh — bis zum Ende . een; Ars BE LY IE SE ER DT PAR: Abh. der II. Cl. d. k. Ak, d, Wiss. VI. Bd. 1. Abth. 10 74 “ Länge vom Hinterrande des Kiemendeckels bis zum Anfang der Schywanzflosse:tun. \udarye sunw hat: Veberelgsß Grösste ‚Rumpfhöhe ‚fastune yon AjäclgE ne el a A Unsere 3 Exemplare sind in den Steinbrüchen von Solenhofen und dem benachbarten Mühlheim aufgefunden worden. 2. Macrosemius latiusculus Wacn. Dem Exemplare, nach welchem ich diese neue Art beschreibe, fehlt der gauze Kopf; das Uebrige ist ziemlich gut erhalten und vollständig ausreichend, um die Gattung zu erkennen und die un- terscheidenden Merkmale von der vorigen Species anzugeben. Diese letzteren liegen schon in der grösseren Länge des Körpers, insbe- sondere aber in der verhältnissmässig weit grösseren Höhendimen- sion des Rumpfes. Die Leibesform ist beträchtlich breiter und bauchiger als bei voriger Art. Die äussere Bedeckung ist parthienweise erhalten, wenn gleich nur deren Innenseite aufweisend, und zeigt rbombische, fast gleichseitige Schuppen, deren Eindrücke au dem Rande, wo sie übereinander greifen, eine feine Zähnelung und Furchung wahrneh- men lassen. Die Wirbelsäule mit ihren Rippen und dem grössten Theile ihrer Dornfortsätze ist nicht mehr sichtlich; dagegen zeigen sich die der Rückenflosse angehörigen kurzen Flossenträger längs der ganzen Erstreckung der Rückenseite des Rumpfes, und ‚zwar zähle ich derselben gerade so viel als bei M. rostratus, nämlieh 33. Die Rückenflosse hat nur in ihrer hintern Hälfte ziemlich vollstän- dige Eindrücke hinterlassen, woraus ersichtlich ist, dass sich ihre Strahlen gegen die Spitze hin spalten; in der vordern Hälfte haben die Strahlen nur ihren kurzen Anfangstheil aufbewahrt, aber dieser 75 Umstand, in Verbindung mit den noch weiter nach vorn sich fort- seizenden Flossenträgern ist ein Beweis, dass die Rückenflosse sich ‚wie bei M. rostratus über die gauze Länge des Rückens er- streckt hat. Wie bei diesem sind die Brustflossen mässig entwik- kelt, die Bauchflossen und Afterflosse aber klein. Die Schwanz- flosse ist ebenfalls wie bei der andern Art fächerartig gestaltet, ihre Strahlen sind gegen die Enden gespalten, und an den untern Seitenrand legen sich dichtgedrängt etliche kleine einfache Strahlen an. Dass sich die letzten untern Dornfortsätze bedeutend verlän- gern, um dem untern grössern Schwanzlappen zur Stütze zu dienen, lässt sich noch durch die Hautbedeckung deutlich wahrnehmen. Länge vom Hinterrande des Kiemendeckels bis zum Anfang der Schw anizdlosseriend du, kei lass nat Grösste Rumpfhöhe) =} rer Sun sine ige ee Ist aus den Steinbrüchen bei Kelheim gekommen und in der Münster'schen Sammlung aufbewahrt. D. STROBILODUS giganteus Wuacn. Neue Gattung und Art aus der Familie der Sauroiden. (Tab. 2.) Als ich vor zwei Jahren die aus frühern Zeiten bei Seite ge- legten Trümmer von lithographischen Platten in der akademischen Sammlung darchmusterte, gerieth mir ein Stück mit einem Schädel- 10* 76 Fragment in die Hand, das durch seine Grösse, insbesondere aber durch die enorme Stärke seiner Zähne, sogleich meine ganze Auf- merksamkeit erregte, denn etwas Aehnliches hatte ich bisher in kei- ner Sammlung gesehen. Ich veranstaltete nun sogleich die sorgfäl- tigste Durchsicht aller zerstreuten Fragmente, und dadurch gelang es, den ganzen Fisch wieder zusammen zu finden, dessen Grösse nicht weniger als drei Fuss beträgt und der demnach unter den wenigen riesenhaften Formen, die in den lithographischen Schiefern vorkommen, die ausgezeichnetste Stelle einnimmt. Obwohl nun aber dieser Fisch in seiner ganzen Länge erhalten ist, so ist er doch in seinem grössten Theile dermassen zerrütiet, wie fast kein anderes Exemplar in unserer Sammlung, so dass deshalb seine Bestimmung grossen Schwierigkeiten unterlieg. Am besten ist noch Schädel und Schwanzflosse erhalten. Die Gestalt dieses Fisches ist langgestreckt und schmächtig, wie die von Sauropsis. Der Schädel ist in seinen allgemeinen Verhältnissen ebenfalls dem dieser Gattung ähnlich und in seiner Form noch gut zu erkennen, obwohl einzelne Theile losgerissen und von ihrer ursprünglichen Stelle weit abgerückt sind. Dies ist na- mentlich der Fall mit der rechten Unterkieferhälfte, die weit unter den Kopf herabgeworfen und umgekehrt wurde; eben so ist ein Stück von einem der beiden Kiefer abgebrochen und vor die Mund- spitze geschoben worden. Desgleichen haben die jetzt vor dem abgerückten Unterkieferast isolirt liegenden ‘drei Knochenplatten (Fig. 2.) ursprünglich wohl der Spitze der Oberkinnlade angehört. Ziemlich gut erhalten ist der grosse Kiemendeckel- Apparat, dessen Oberfläche glatt und hie und da fein punktirt ist. Die Kiemenstrah- len sind ziemlich. zahlreich und stark. Besonders gut conservirt ist der grösste Theil der Zähne und in diesen liegt das Hauptmerkmal. Sie übertreffen an Grösse und Stärke weit die aller andern 77 Ganoideen, sind kegelförnig, in ihrem untern Theile angeschwollen, dann spitz zulaufend und dabei [ganz glatt. Im hintern Theil des Oberkiefers werden diese starken Zähne durch weit kleinere, aber ebenfalls kegelförmige ersetzt. Wie es sich in dieser Beziehung mit dem hintern Theile des Unterkiefers verhält, kann nicht mit Be- stimmtheit gesagt werden, da er hier ganz mit dem Gesteine ver- fliesst; ‘nur einige abgesprengte kleine Zähne deuten darauf hin, dass bei ihm ein ähnliches Verhalten vorkommen dürfte. Der Un- terkieferast selbst ist schmal und von beträchtlicher Länge, der Ra- chen weit gespalten. Die Bestimmung des Rumpfskeletes kann nur sehr unvollstän- dig geschehen, da dasselbe durch und durch zerrüttet und verwor- fen, auch theils fehlend oder im harten Gestein unkenntlich gewor- den ist. Von der Wirbelsäule erkennt man den Anfangstheil, ohne dass man doch in der sehr festen Masse die einzelnen Wirbel si- cher von einander abgrenzen könnte. Besser kann man sie durch die in der: vordern Rumpf hälfte meist ‘gut erhaltenen obern Dorn- fortsätze unterscheiden, denn da diese ziemlich gedrängt stehen, so folgt daraus, dass die Wirhel ebenfalls zahlreich sind und ihre Kör- per nur eine geringe Länge hahen können. Einzelne unıher gestreute Wirbel, die von ihrer Gelenkfläche her sichtlich sind, haben einen Querdurchmesser von 5 bis 6 Linien. Die Rippen sind sämmtlich losgelöst: und erscheinen als lange dünne, etwas gebogene Gräthen. Abgeseben von der Schwanzflosse sind alle andern Flossen völlig zertrümmert und unkenntlich geworden, so dass sich über ihre Form und Stellung nichts sagen lässt; nur 'von der Rückenflosse ist eine Andeatung. vorhanden, woraus) man ersieht, dass sie etwas hinter der Mitte des Rückens Platz genommen hat. Von den hintern Glied- massen hat sich ‚sehr deutlich der die Bauchflossenstrahlen tragende eine Knochen (Fig. 3.) vollständig erhalten, während vom andern 78 nur ein kleines Stück vorhanden ist. Sie haben eine hammerartige Form mit vorwärts erweitertem und abgerundetem Stiele und kom- men in ähnlicher Gestalt bei Lepidotus, Caturus und andern ver- wandten Gattungen vor. Beide sind ebenfalls aus ihrer ursprüng- lichen Verbindung gerissen und selhst wieder von einander ge- trennt, so dass man darnach die ursprüngliche Lage der Bauchflos- sen nicht anzugeben vermag. — Verhältnissmässig am besten ist noch die Schwanzflosse conservirt, indem sie wenigstens in ihrer bintern Hälfte ziemlich vollständig ist. Sie ist beträchtlich gross, an ihrem hintern Rande tief gabelförmig gespalten, die beiden Schwanzlappen am Aussenrande etwas convex und an ihren Enden über 10° voneinander entfernt. Die starken, kurz gegliederten und im Verlaufe gespaltenen Strahlen der Schwanzflosse lösen sich zu- letzt in sehr feine Streifen auf. Von den Schuppen ist auch nicht die geringste Spur mehr wahrzunehmen, zum Beweise, dass sie von einer ähnlichen dünnen Beschaffenheit wie bei Sauropsis gewesen seyn mögen. Nur vor der Basis der Schwanzflosse sieht man auf der Bauchseite, aber losgerissen von ihr, eine isolirte Gruppe eigenthümlicher Schmelz- schuppen, deren Abbildung in Fig. 4. eine weitere Beschreibung überflüssig macht. Ihr entgegengesetzt liegt an der Rückenseite ebenfalls vor der Schwanzflosse eine zweite Gruppe ganz der näm- lichen Art, nur dass sie umgekehrt ist und was in der erstern vorn liegt, hier hinten ist. Fragt man zuletzt nach der systematischen Stellung, die diesem Fische anzuweisen ist, so ist es freilich augenfällig, dass er den Sauroiden angehört, während dagegen, weil man (mit Ausnahme der Schwanz- und theilweise der Rückenflosse) Form und Lage der Flossen nicht kennt, es misslich ist, sein rechtes Verhältniss zu den 79 Gattungen dieser Familie zu ermitteln. Diese Aufgabe wird indess dadurch erleichtert, dass zunächst doch nur die 3 Gattungen Thris- sops, Caturus und Sauropsis in Betracht kommen können, von denen sich die beiden ersten schon gleich durch ihre weit grösseren und daher in viel geringerer Anzahl vorhandenen Wirbel, so wie durch kürzere Dornfortsätze unterscheiden. In diesen Beziehungen kommt unser Fisch weit mehr mit Sauropsis überein, wenn gleich die An- zahl seiner Wirbel nicht so gross als, bei S. longimanus zu seyn scheint. Da mit letzterem auch die Kopfform und die Weite des Rachens übereinstimmt, so würde ich unsern Fisch unbedenklich der Gattung Sauropsis einverleibt haben, wenn mir nicht einerseits die Beschaffenheit seiner Flossen, mit Ausnahme der-Schwanzilosse, und die Anzahl seiner Wirbel unbekannt geblieben wäre, während au- drerseits seine auch relativ weit grösseren und dickeren, dabei ge- raden Zähne eine merkliche Abweichung von denen des S. longi- manus zu erkennen geben. Um jede Confusion zu vermeiden, habe ich daher für ihn eine besondere Gattung errichtet, der ich nach der zapfenförmigen Form der Zähne den Namen Strobilodus gege- ben habe; als Species ist für ihn der Beiname Sf. giganteus sehr bezeichnend. Seines enormen Gebisses und seiner Grösse wegen ist er der typische]Repräsentant der Familie der Sauroiden, und in den Gewässern, aus, denen sich die Jithographischen Schiefer abge- lagert haben, war dieser Strobilodus giganteus, nächst den mit ihm vorkommenden Haien, jedenfalls der gewaltigste Raubfisch. Die Platte, auf der er abgelagert ist, stammt der Gesteinsbeschaffenheit nach aus den Steinbrüchen von Solenhofen her. Fig. o° Fig. Fig. Fig. N Erklärung der Abbildungen. Tab. 1. Schädel des @yrodus circularis. Gebiss des @yrodus rhomboidalis. Unterkiefer des @yrodus multidens. Gaumenplatte derselben Art von der Gaumenfläche her gesehen. Tab. 2. Kopf und einzelne Theile des Strodilodus giganleus. Fig. 1. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 2. sl o» Kopf nebst Anfang der Wirbelsäule. Die 3 losgetrennten Platten, die wahrscheinlich der Spitze Wer Oberkinn- lade angehörten. Tragknochen der Bauchflosse. Schuppengruppe, die seitwärts vor der Basis der Schwanzflosse liegt. Tab. 3. Gyrodus hexagonus. Der neben der Steinplatte im vergrösserten Maasstabe abgebildete isolirte Zahn ist von einem andern Exemplare ent- nommen, um daran die charakteristischen Merkmale des Gyrodus-Gebis- ses zu veranschaulichen. Mesodon gibbosus. Nebenan ist durch Fig. a der im Texte ausführlich beschriebene Zahn in doppelter Grösse dargestellt. Gebiss des Pycnodus (Microdon) notabilis in natürlicher Grösse. Gebiss des Pycnodus: formosus. Tab. 4. Proplerus speciosus. Mesodon macropterus. Chemische Untersuchung der are gute 1 1 oe zu Heilbrunn in Oberbayern. Von Dr. Max Pettenkofer, ausserordentlichem Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften. Abhandlungen der II. Cl, d, k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 14 Chemische Untersuchung der Adelheidsquelle zu Heilbrunn in Oberbayern, Dr. Max Pettenhofer. Selten ist wohl eine und dieselbe Mineralquelle in kurzer Zeit so oft Gegenstand chemischer Untersuchungen gewesen, als die ihres Jodgehaltes wegen so berühmt gewordene Adelheidsquelle zu Heilbrunn im bayerischen Oberlande. Es wurden in einem Zeit- raume von 16 Jahren sieben quantitative Analysen veröffentlicht, die im Gehalte des Wassers an. Kochsalz und an fixen Bestand- theilen , überhaupt ziemlich übereinstimmen, aber in. den übrigen Details oft bedeutend von einander abweichen *). Die älteren Un- *) Untersuchung der Adelheidsquelle : 4) A. Vogel sen. zu München. — Dessen Mineralquellen des Königreichs Bayern. München 1829. p. 84. Vogel hat zuerst den Jodgehalt die- ser Quelle entdeckt, und hierüber der k. Akademie der Wissenschaften bereits am 18. Nov. 1825 Vortrag erstattet. Seine vollständige Ana- lyse publieirte er erst in seinem angeführten Buche. 2) E. Dingler, zu Augsburg. Polytechnisches Journal Jahrgang 1826. Bd. 1. p. 181. 3) N. Fuchs zu München 1833, in, Wetzler's Adelheidsquelle' ete. Augs- burg 1839. Dritte Auflage S. 33. 4) Barruell zu Paris 1835, in. Wetzler's Adelheidsquelle etc. p. 34. 112 84 tersuchungen von Karl (1759), von Flurl und Graf haben wohl nur mehr historisches Interesse, indem die Details ihrer Resultate mit denen der neueren Chemie kaum mehr vergleichbar sind. Die Re- sultate der neueren Analytiker werden am Schlusse der Abhand- lung angegeben werden. ‘Der Grund, ‘warum jetzt auch noch eine achte Analyse hinzukommen soll, liegt zunächst darin, dass die Quellen vor anderthalb Jahren ganz neu gefasst worden waren. Theils desswegen, theils aber auch gerade wegen der Abweichun- gen in den Angaben der einzelnen Analytiker wurde ich vom Be- sitzer der Quelle, Herrn Moritz Debler in München, beauftragt, die Adelheidsquelle neuerdings zu untersuchen, welchem Auftrage ich bei der Wichtigkeit des Gegenstandes für die praktische Medizin sehr gerne mit möglichster Umsicht und grösster Gewissenhaftigkeit zu entsprechen bemüht war. Da das Adelheidswasser nur sehr wenig an Ort und Stelle getrunken, sondern als Handelswaare in Flaschen versendet wird, so glaubte ich meiner Analyse den möglichst grossen praktischen Werth zu geben, wenn ich dazu ein Wasser wählte, welches be- reits einen Transport auf Wagen bestanden, und sodann noch un- ter jenen Umständen, welchen versendete Mineralwasser gewöhn- lich ausgesetzt werden, gelagert hatte. Die Untersuchung wurde im Monat November und Dezember 1849 im chemischen Laboratorium der Universität von mir ausge- 5) G. Bauer zu Berlin 1841 in Velters Annalen der Struve’schen Brun- nenanstalt. Jahrg. I. p. 151. 6) L. A. Buchner jun. zu München Juni 1842, in Buchner’s Repertorium. Bd. 82. p. 321. 7) L. A, Buchner jun. etc. August 1842 ebendas. 85 führt, und zwar mit einem Wasser, welches im Frühlinge dessel- ben Jahres zu Heilbrunn in Glasflaschen gefasst, wohl verkorkt und verpicht nach München gesendet, und in einem kühlen Gewölbe aufbewahrt worden war. — Es konnte sich durch die Versendung des Wassers und durch die Aufbewahrung desselben möglicherweise fast nichts geändert haben, als die im Wasser absorbirten Gase, welche an Ort und Stelle der Quelle immer in grösserem Verhält- nisse vorhanden seyn werden. Um aber auch über die Luft des frischgeschöpften Wassers ein Urtheil fällen zu können, wurden die an Ort und Stelle entwickelten Gasarten einer besonders sorgfälti- gen Prüfung unterworfen. Qualitative Untersuchung. a) Untersuchung der bei 100° C. flüchtigen Bestandtheile. 1) Wasser, 2) Luft, welche im Wasser absorbirt war. Sie besteht aus Kohlensäure, Kohlenwasserstoff (Grubengas), Stickstoff und Sauer- stoff. Der ‚Nachweis über die Gegenwart dieser einzelnen Gase kann. bei den Angaben der quantitativen Analyse nachgesehen werden. b) Untersuchung der bei 100° C. nicht flüchtigen Bestandtheile. Der abgedampfte Rückstand bildete eine deutlich krystallinische Salzmasse, und war bis auf einen sehr geringen Antheil wieder leicht in Wasser löslich. Die Lösung reagirte sehr stark alkalisch und brauste mit Säuren; sie enthielt an Basen nur Natron mit Spu- ren von Kali, welches als Kaliumplatinchlorid nachgewiesen wurde. Die alkalische Reaktion rührt desshalb vorzüglich von kohlensaurem Natron her. Das Natron wurde an der gelben Flamme vor dem 86 Löthrohr und an dem Mangel anderer Reaktionen hinlänglich er- kannt. Durch Zusatz von phosphorsaurem Natron und Ammoniak ent- stand nach längerer Zeit ein äusserst geringer krystallinischer Nie- derschlag von phosphorsaurer Ammoniak-Bittererde, herrührend von jenen Spuren kohlensaurer Bittererde, welche in die Lösungen von kohlensaurem Natron oder Kali übergehen; sie wurden bei der quan- titativen Untersuchung nicht berücksichtigt. Zur Untersuchung auf Ammoniak wurden mehrere Pfunde Was- ser mit Salzsäure bis zur schwach sauren Reaktion versetzt, und bei einer Temperatur, welche nie den Siedepunkt des Wassers er- reichte, abgedampft. Bei dem Wiederlösen in Wasser hatte sich etwas Kieselerde und organische Substanz abgeschieden, welche durch ein Filtrum getrennt wurden. Die Lösung wurde abermals zur Trockne verdampft, zerrieben, mit frisch geglühtem und wieder erkaltetem Natronkalke gemengt, und in einem Verbrennungsrohre so erhitzt, wie es Will und Varrentrapp bei ihren Stickstoffbestim- mungen vorgeschrieben haben. Die vorgelegte Salzsäure nahm kein Ammoniak auf, es blieb auf Zusatz von Platinchlorid nach dem Ab- dampfen und Wiederlösen in Alkohol kein wägbarer Rückstand von Platinsalmiak. Bauer und Buchner geben in ihren Analysen Am- moniak an. Das Ammoniak, was diese Chemiker erhalten haben, scheint mir nicht fertig gebildet im Wasser enthalten, sondern erst durch Zerstörung der stickstoffhaltigen organischen Substanz durch lange fortgesetztes Kochen des stark alkalischen Wassers, um das etwaige Ammoniak sammt Wasserdämpfen in eine Vorlage zu trei- ben, in welcher sich Salzsäure befand, gebildet worden zu seyn. Die organische Substanz ist stickstoffhaltig, sie liefert bei der trocknen Destillation ein alkalisches, nach Ammoniak riechendes 87 Wasser. Sie scheint bloss aus Infusorien zu bestehen, wenigstens nach den Untersuchungen, welche Dr. Horn hierüber angestellt hat *), Eine grössere Quantität der in Wasser löslichen Salze wurde mit Salzsäure so lange behandelt, als ein Aufbrausen von Kohlen- säure erfolgte, sodann mit absolutem Alkohol übergossen, dieser im Wasserbade verdampft, der Rückstand im Wasser gelöst, und un- ter Zusatz von phosphorsaurem Natron und kohlensaurem Natron aufs neue abgedampft. Es zeigte sich darnach keine in Wasser schwer lösliche Verbindung —- wodurch die Abwesenheit des Li- thions dargethan wird. Wurde die wässerige Lösung des fixen Rückstandes mit Stärk- mehl und sodann tropfenweise mit rauchender Salpetersäure versetzt, so zeigte sich sehr intensiv eine blaue Färbung durch Jodstärkmehl. Eben solche Lösung, mit Salzsäure neutralisirt und mit Palladium- chlorür versetzt, wurde augenblicklich schwarz, und setzte nach einiger Zeit einen schwarzen Niederschlag von Palladiumjodür ab. Die hievon abfıltrirte gelbgefärbte Flüssigkeit wurde mit Schwe- felwasserstoff behandelt, bis altes Palladium dadurch gefällt war, sodann nach Zusatz von etwas kaustischem Ammoniak concentrirt, und mit einer Schichte Aether übergossen. Nach Zusatz von Chlor- wasser und Schütteln färbte sich die Aetherschichte intensiv braun von aufgelöstem Brom. Die ätherische Bromlösaug mit Aetzkali in Berührung gebracht, lieferte bromsaures Kali und Bromkalium. — Der fixe Rückstand in möglichst wenig Wasser gelöst, mit Salzsäure neutralisirt und mit absolutem Alkohol vermischt, gah einen Niederschlag, welcher mit Akohol ausgewaschen Chlornatrium *) Vergl. Wetzler’s Adelheidsquelle. Vierte Auflage Augsburg 1843 p. 118. 88 in vorherrschender Menge enthielt, frei von Brom- und Jodverbin- dungen, welches durch die gewöhnlichen Reaktionen constatirt wurde. Mit Salzsäure angesäuert gab das concentrirte Wasser mit Chlorbarium einen äusserst geringen pulvrigen Niederschlag, der als schwefelsaurer Baryt angenommen wurde. Salpetersäure mittelst der Reaktion mit Eisenvitriol und con- centrirter Schwefelsäure aufzufinden, gelang nicht. — Alle jene Säuren, welche mit Baryterde in neutralen oder alkalischen Flüs- sigkeiten unlösliche Verbindungen geben, wurden ausser der Kohlen- säure und etwas Schwefelsäure nicht anwesend gefunden; denn der Niederschlag, den Chlorbarium hervorbrachte, löste sich unter Auf- brausen in Salzsäure, (mit Hinterlassung von etwas schwefelsaurem Baryt) welche Lösung, einige Zeit erwärmt, sich durch Zusatz von Ammoniak nicht im mindesten trübte. — Ebensowenig gaben Schwe- felammonium in der alkalischen Lösung und Schwefelwasserstofl in der angesäuerten irgend eine Reaktion. Der bei 120°C. getrocknete, in Wasser lösliche Theil des fixen Rückstandes verlor durch Glühen kaum an Gewicht — die weisse Farbe der Salzmasse bekam beim Erhitzen in einem geschlossenen Rohr unter Abgabe von etwas Wasser einen kaum bemerkbaren Stich ins Grauliche. Organische Substanzen oder organische Säu- ren konnten desshalb nur in geringer Menge vorhanden seyn. Bauer gibt essigsaures Kalı im Adelheidswasser an. — Mir ist es nicht gelungen, diese Angabe bestätigen zu können. Ich kenne überhaupt keine Methode, nach welcher sich in einer Mi- schung, wie sie das vorliegende Wasser zeigt, blosse Spuren von Essigsäure auffinden und constatiren liessen. Bauer könnte sich 89 durch Angabe derselben ein grosses Verdienst um die analytische Chemie erwerben. Der in Wasser lösliche Theil des fixen Rückstandes, mit Salz- säure übersättigt und abgedampft, hinterliess heim Wiederauflösen in Wasser eine Spur Kieselerde, welche Menge übrigens so gering war, dass sie bei der quantitativen Analyse füglich unberücksich- tigt bleiben konnte. Der in Wasser nicht wieder auflösliche Theil des fixen Rück- standes der Adelheidsquelle hat eine graulich gelbe Farbe, hraust stark mit Salzsäure, und hinterlässt dabei einen flockigen Rück- stand, der aus Kieselerde und einer organischen stickstoffhaltigen Suh- stanz besteht, die beim Verbrennen einen au verbrennende Federn erinnernden Geruch verbreitet. Die salzsaure Lösung gab mit Schwefeleyankalium eine intensiv rothe Flüssigkeit. — Mit Ammo- niak entstand ein flockiger Niederschlag, der beim Glühen röthlich wurde, und mit Kobaltsolution befeuchtet und neuerdings geglüht eine bläuliche Farbe annahm, wodurch Eisen und Thonerde ange- zeigt waren. Das ammoniakalische Filtrat gab mit oxalsaurem Am- moniak eine reichliche Fällung von oxalsaurem Kalke, und die Lö- sung, aus der der Kalk gefällt war, mit phosphorsaurem Natron eine Fällung von phosphorsaurer Ammoniak -Bittererde.. — Aus der salzsauren Lösung fällte Schwefelwasserstoff kein Schwefelmetall; — ebensowenig entstand in der mit Ammoniak über- sättigten und vom Niederschlage abfiltrirten Flüssigkeit eine Fällung durch Schwefelanmonium. — Schmelzen des in Wasser nicht wieder löslichen Theiles der Adelheidsquelle mit Soda und etwas Salpeter'auf einem Silberbleche Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth, 12 90 gab eine zweifelhaft grünlich gefärbte Schlacke, wonach eine äus- serst geringe Spur Mangan möglicherweise vorhanden seyn konnte, die übrigens nicht weiter beachtet wurde. Wurde die salzsaure Lösung zur Trockne verdampft, abermals in HCl gelöst, zur Ver- hinderung der Fällung von Thonerde und Eisenoxyd durch Ammo- niak weinsaures Kali zugesetzt, so zeigten sich in der ammonia- kalischen Flüssigkeit nach längerer Zeit an der Wandung des Gla- ses einige Kryställchen, die unter dem Mikroskope ganz das An- sehen der phosphorsauren Ammoniakmagnesia hatten, wodurch Spuren von vorhandenem phosphorsauren Kalke angezeigt wurden. Bauer giht auch noch die Gegenwart von Baryt und Strontian in sehr geringen Mengen an. — Mir glückte es nicht, diese beiden Basen nachzuweisen; ich muss die Richtigkeit der Angaben von Bauer entschieden in Zweifel setzen, da nach ihm auf: 100 Theile kohlensauren Kalkes 8 Theile kohlensaurer Strontian und fast 4 Theil kohlensaurer Baryt kämen, — Mengen, die sich jedenfalls mit Gypssolution und Kieselfluorwasserstoffsäure hätten müssen finden lassen. Durch die von mir ausgeführten Reaktionen waren im fixen Rückstande der Adelheidsquelle, welcher bei 120° C. getrocknet war, als zugegen nachgewiesen : Natron, Kali, Kalk, Bittererde, Eisenoxyd, Thonerde, Kieselerde, 91 Kohlensäure, Chlor, Brom, Jod, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Organische Substanz und etwas Wasser. Von diesen Bestandtheilen geschieht zwar nicht in allen frü- heren Analysen eine gleiche Erwähnung, — man darf demohnge- achtet nicht im geringsten zweifeln, dass sie von jeher im Wasser vorhanden gewesen seien; sie sind entweder von den Analytikern übersehen oder (vorzüglich so viel den in Wasser nicht wieder löslichen Theil des fixen Rückstandes anlangt) nicht berücksichtigt worden. So haben weder Vogel noch Dingler das für die Quelle so wichtige Brom in dem Adelheidswasser angegeben, welches zu- erst Fuchs darin nachwies, der einige Jahr früher auch der erste gewesen war, welcher das Jod als Bestandtheil unsers Steinsalzes entdeckt hatte. — Bezüglich der Gegenwart der übrigen wichtigern Bestandtheile stimmen die Eingangs aufgeführten Analytiker überein, und wei- chen nur in den quantitativen Angaben über dieselben mehr oder weniger ab, wie aus den am Schlusse aufzuführenden Resultaten ersehen werden kann. Barruell gibt zuerst ein schwefelsaures Salz an,, was keiner der angeführten Analytiker, Bauer ausgenommen, sonst erhalten hat. Ich habe gleichfalls geringe Mengen Schwefelsäure gefunden. 12# 92 Quantitative Untersuchung. Bestimmung des spezifischen Gewichtes. Ein Glas-Fläschehen, welches 17,014 Gramme destillirtes Was- ser von 10°C. fasste, enthielt Adelheidswasser von 14°C. 17,084. — Das nämliche Fläschchen mit destillirttem Wasser von 14°C. ge- füllt, hatte (die Correktur für die Ausdehnung des Glases, als eine in diesem Falle sehr unbedeutende Grösse unberücksichtigt gelas- sen) enthalten 17,0073 Gramme. — Hienach berechnet sich das spe- eifische Gewicht des von mir untersuchten Wassers auf 1,00468. — Buchner jun. fand bei fast gleichem Gehalt an fixen Be- standtheilen das specifische Gewicht, 1,0037. — Specielle Data über die Bestimmung desselben ‚sind in seiner Analyse nicht ange- geben. Vogel fand den Gehalt an fixen Bestandtheilen höher, als ich, ebenso auch, damit übereinstimmend, das spezifische Gewicht zu 1,005 bei 15°R. Vogel gibt nicht an, ob das Gewicht eines Vo- lums Adelheidswasser von 15°R. mit dem Gewichte desselben Vo- lunıs. destillirten Wassers von der nämlichen Temperatur vergli- chen ist. Bestimmung des festen Rückstandes. I. 480 Grammen Adelheidswasser hinterliessen beim Verdam- pfen zuerstin einer etwas grösseren Porzellanschale, zuletzt in einer Platinschale 2,935 Grammen bei 100° getrocknete Salzmasse. II. 480 2,924 ” ” ” ” ” 93 Von I. blieben nach dem Abdampfen in Wasser unanflöslich 0,048 Grammen, auflöslich 2,887 Grammen von I: blieben nach dem Abdampfen in Wasser unauflöslich 0,032: Grammen, auflöslich 2,892 Grammen. Hieraus ergibt sich als Mittel für die in Wasser wieder lös- lichen Substanzen des fixen Rückstandes (bei 100° getrocknet) 2,8895 Grammen. Die beiden unter sich ziemlich differirenden Mengen des in Wasser nicht wieder löslichen Theiles können nicht geradezu als richtig angenommen werden, denn da anfänglich in einer Porzellan- schale verdampft und zuletzt in einer tarirten Platinschale gewogen wurde, so mussten die kohlensauren Erden, die beim Abdampfen durch Entweichen der freien Kohlensäure sich niederschlugen, theil- weise auch bald mehr, bald minder die Schale inkrustiren. Bei I. wurde diese Kruste in der Schale wieder mit Salzsäure aufgelöst und mit kohlensaurem Ammoniak gefällt. — Es wurden nach dem Glühen des Niederschlags, (welches unter Zusatz von etwas festem kohlensaurem Ammoniak geschah) 0,0235 Grammen erhalten, die möglicherweise aus kohlensaurem Kalke, aus Thonerde, Eisenoxyd und Kieselerde bestanden. Aus dem ammoniakalischen ‚Filtrate fällte phosphorsaures Natron phosphorsaure Ammoniak-Bittererde, welche geglüht 0,020 Grammen 2 MgO, PO, == 0,012 kohlensaure Bitter- erde lieferte. Der in Wasser unlösliche Theil des Rückstandes von 480 Grammen Adelheidswasser muss mithin angenommen werden 0,0372 Grammen. a re + 0,0120, Summe 0,0727 > 94 Es ‘wurde nun eine grössere ‚Quantität Wasser (etwa 50 Pfd.) vorsichtig verdampft, und das Abgedampfte wieder in Wasser gelöst, von neuem abgedampft, zerrieben, gesiebt, und die beiden "Theile, in welche hiedurch der feste Rückstand zerfiel, jeder für sich bei einer Temperatur von 100° getrocknet und untersucht. — A. Quantitative Untersuchung des in Wasser wieder löslichen Theiles des festen Rückstandes. Bestimmung des kohlensauren und schwefelsauren Natrons. I. 2,8895 Grammen des Salzes in Wasser gelöst gaben mit salpetersaurem Baryt im . Ueberschuss versetzt, 0,730 Nieder- schlag, . der grösstentheils aus kohlensaurem Baryt bestand, mit sehr geringen Mengen von schwefelsauren Baryt. In Salzsäure ge- löst, blieben 0,005 Grammen schwefelsaurer Baryt ungelöst, mithin verbleiben 0,725 Grammen kohlensaurer Baryt. — Sowohl die er- haltene Kohlensäure als die Schwefelsäure müssen, wie sich aus der qualitativen Analyse, und weiter unten aus der Controlle durch Verwandlung aller Alkalisalze in schwefelsaure Verbindungen ‚er- gibt, als kohlensaures. Natron und schwefelsaures Natron angenon- men werden. . 0,005 BaO, SO, — 0,003 schwefelsaures Natron. 0,725 Ba0, CO, — 0,392 koblensaures Natron. II.. 3,059 Grammen Salz gaben ferner 0,773 Barytniederschlag bestehend aus 0,006 Ba0, SO, — 0,0036 schwefelsaures Natron und 0,767 BaO, CO, — 0,418 kohlensaures Natron. — Berechnet man dieses Verhältniss auf das vorhergehende, so erhält man schwefelsaures Natron 0,0034 kohlensaures » 0,3940. 95 Das Mittel beider Bestimmungen ergibt für schwefelsaures Natron 0,0032 Grammen. für kohlensaures = 0,3930 ” Bestimmung des Jodnatriums. I. 6,826 Grammen Salz wurden 'mit' Alkohol: wiederholt aus- gekocht, bis er kein Jodnatrium mehr aufnahm, verdampft, in Was- ser gelöst und unter Zusatz von etwas Salzsäure mit Palladium- chlorür gefällt. — Der Rückstand, den der Alkohol gelassen, wurde in Wasser gelöst, mit Salzsäure neutralisirt, und mit Palladium- chlorür auf einen etwaigen Rückhalt an Jod geprüft. Der Alkohol hatte wirklich nicht alle Jodverbindung aufgenommen. — Die bei- den Niederschläge auf einem tarirten Filter gesammelt gaben 0,039 Grammen Palladiumchlorür — 0,02747 Jod — 0,03244 Grammen Jodnatrium. U. Das Auskochen des Salzes mit Alkohol wurde desshalb vorgenommen, damit der grösste Theil der Natronsalze vom Jod- natrium geschieden blieb, weil die Fällung des Palladiumjodürs bei Gegenwart von sehr viel Natronsalzen immer etwas Missliches hat. — Da aber nicht alles Jodnatriumn ausgezogen werden konnte, so wurde bei diesem Versuche, wo 6,880 Grammen Salz verwendet wurden,‘ dasselbe zuerst in der möglichst geringen Menge Wasser ge- löst, und dann mit dem 3- bis 4-fachen Volum Alkohol vermischt, wo- durch alles kollensaure Natrum und der grösste Theil des Chlor- natriums wieder gefällt wurden. Dieser Niederschlag zeigte sich nach dem Auswaschen mit Alkohol frei von Jod und Brom, — deren Verbindungen mithin’ bei dieser Behandlung vollständig in der alko- holischen Lösung bleiben. — Die alkoholische Lösung wurde ver- dampft, der Rückstand in Wasser aufgenommen, und mit Palladium- 96 chlorür versetzt. Es wurden erhalten 0,0395 Palladiumjodür — 0,02782 Jod = 0,03285 Jodnatrium. III. 6,386 Grammen, ebenso wie IH. behandelt lieferten 0,040 Palladiumjodür — 0,0281 Jod = 0,0331 Jodnatrium. Berechnet man diese drei Bestimmungen auf die 480 Grammen Wasser entsprechende Menge Salz, nämlich 2,8895, so ergibt sich I. 0,0137 I. 0,0138 III 0,0138 0,0413 , Mittel T3m= 0,01376 Jodnatrium. Bestimmung des Bromnatriums. Die Brombestimmung wurde theils nach der vortrefflichen Me- thode von Fehling (Chemische Untersuchung der Soolen, etc. etc. der k. Würtemberg-Salinen von Dr. Hermann Fehling S. 17) durch fraktionirte Fällung mit salpetersaurem Silber, nachdem das Jod zuvor entfernt worden war, und Behandeln des geschmolzenen Niederschlages mit Chlorgas in der Hitze, theils auch durch Schmel- zen des gesammten Silberniederschlages, den das Salz lieferte, in Chlorgas, und Berechnung des Gewichtsverlustes hiebei,' nach den in H. Rose’s Handbuch der analyt. Chemie Bd. II. S. 572 angege- benen Prinzipien ausgeführt. — I. 3,739 Grammen Salz in Wasser gelöst, mit verdüunter Schwefelsäure angesäuert, durch Palladiumehlorür von Jod befreit, — wurde soviel salpersaures Silber zugesetzt, dass 0,169 Gram- men Niederschlag erhalten wurden. Davon wurden 0,1245:in Chlor- 97 gas geschmolzen, wodurch sie an Gewicht 0,010 verloren. Hie- nach hätten 0,169 verloren 0,0135. Das vom ersten Silberniederschlage Abfiltrirte wurde abermals mit salpetersaurem Silber versetzt, und zwar mit soviel, dass 0,611 Grammen erhalten. wurden, welche durch Schmelzen in Chlorgas 0,002 Grammen verloren, Es wurde angenommen, dass eine weitere Fällung kein Brom- silber mehr geliefert hätte, mithin auch kein weiterer Gewichtsver- lust entstanden wäre. Der Gesammtverlust des Silberniederschlages, welcher durch den Bromgehalt der 3,739 Grammen Salz veranlasst wurde, beträgt 0,0155, woraus sich 0,0273 Brom berechnen, die 0,0357 Brom- natrium entsprechen. I. 6,3886 Grammen Salz wurden wie I. behandelt. — Nach- dem das Jod als Palladiumjodür gefällt war, wurde das über- schüssige Palladiumchlorür durch Schwefelwasserstoff zersetzt, und die vom Schwefelpalladium abfiltrirte Flüssigkeit so lange an die Luft gestellt, bis der Schwefelwasserstoff sich theils verflüchtigt, theils zersetzt hatte, was nach drei Tagen geschehen war.. Zur völligen Sicherheit wurde die Flüssigkeit über einem Wasserbade noch einige Minuten in einer Temperatur von 30° erhalten, sodann wurde mit salpetersaurem Silberoxyd ein Niederschlag von 1,4435 Grammen bewirkt. Von diesem geschmolzenen Niederschlage wur- den 1,381 in Chlorgas 45 Minuten lang geschmolzen. Sie verloren 0,020 Grammen, mithin hätten 1,4435 Grammen Silberniederschlag 0,0209 Grammen verloren. Diess entspricht ‚einem Bromgehalt in den verwendeten 6,886 Grammen ‚Salz von 0,0375 Brom — 0,0482 Bromnatrium. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I, Abth. 13 98 III. Aus’480 Grammen Adelheidswasser,, welehe zuvor ge- hörig concentrirt, filtrirt und mit verdünnter Schwefelsäure sehr schwach angesäuert worden waren, wurde die ganze enthaltene Menge an Chlor, Brom und Jod durch salpetersaures Silber ge- fällt. — Wie aus der gleich folgenden Bestimmung des Chlores er- sichtlich seyn wird, lieferten 480 Grammen Wasser im Mittel von drei Versuchen 5,8979 Grammen Silberniederschlag. — Von diesem wurden 5,0365 Grammen 30 Minuten lang in einem Strome von Chlor- gas geschmolzen. Es zeigte sich hiebei an dem kälteren Theil der Kugelröhre ein sehr schöner gelber Beschlag von festem Chlorjod, welcher durch vorrückendes Erhitzen, während der Chlorgasstrom’ noch andauerte, aus der Röhre ausgetrieben werden musste. — Ich glaube, dass sich auf diese Weise bei gehöriger Form der Kugelröhre die geringsten Beimischungen von Jodsilber in einem Gemenge von Chlorsilber und etwas Bromsilber erkennen lassen. Nach 4 stündigem Schmelzen hatte der Silberniederschlag an Ge- wicht 0,0145 Grammen verloren. — Nach abermaligem, 30 Minuten anhaltendem Schmelzen in Chlorgas verlor er nur noch 0,0005 Gram- men. Gesammtverlust der 5,0365 Grammen = 0,015, welcher ebenso- wohl von Brom als Jod herrührte. 5,8979 Grammen hätten ‚0,0175 Grammen verloren. — Das Mittel der drei Jodbestimmungen gab für 480 Grammen Wasser 0,0116 Grammen. Jod, welche für sich einen Gewichtsverlust des Silberniederschlages durch Schmelzen in Chlor- gas von 0,0083 Grammen verursachen mussten. Der ganze Gewichts- verlust betrug aber 0,0175; es verbleiben mithin für Gewichtsverlust durch Umwandlung des Bromsilbers in Jodsilber 0,0092: Grammen, welche einem Bromgehalt von 0,01652 Granmen — 0,02127 Brom- natrium entsprechen. Berechnet man das Bromnatrium der Versuche I. und H. gleich- falls auf die Salzmenge, welche 480 Grammen Wasser liefern (= 2,8895 Grammen), so erhält man 99 I. 0,0275 II. 0,0202 II. 0,0213 Mittel 20T _ 0,0230 Grammen Bromnatrium. Bestimmung ‘des Chlornatriums. 480 Grammen Wasser, durch Abdampfen concentrirt, und mit Schwefelsäure schwach angesäuert gaben 5,8532 Grammen Silber- niederschlag, nach dem Schmelzen gewogen. Andere 480 Grammen Wasser gaben 5,9500 Grammen. Silber- niederschlag. 160 Grammen Wasser gaben 1,9635 Grammen Silbernieder- schlag — 5,3905 Grammen auf 480 Grammen Wasser. I. 5,8532 I. 5,9500 II. 5,8905 ‚6937 Mittel MULELEN, 5,8979. Granmen. Dieser Niederschlag konnte, wie aus der qualitativen Unter- suchung hervorgeht, nichts anderes seyn, als ein Gemenge aus Chlor- silber, Bromsilber und Jodsilber. Man muss daher die Menge Chlor- silber (resp. die Chlormenge) genau erhalten, wenn man den für die bereits gefundenen Mengen von Brom und Jod äquivalenten Theil Jodsilber und Bromsilber vom Silberniederschlage abzieht. — 480 Grammen Wasser mussten liefern 0,0400 Bromsilber und 0,0215 Jodsilber 13* 100 in Summa 0,0615 Grammen, welche 5,8364 Grammen für Chlorsil- ber übrig lassen. Diese sind äquivalent — 2,3792. Chlornatrium. Bestimmung des Chlorkaliums. 960 Grammen Wasser wurden concentrirt, filtrirt, mit Salz- säure neutralisirt, mit Palladiumchlorür von Jod kefreit, abermals bis auf ein sehr kleines Velum eingeengt, mit Alkohol übergossen, der dadurch entstandene Niederschlag mit Alkohol gewaschen, das Filtrat mit Platinchlorid versetzt, und im Wasserbade abgedampft. Der Rückstand wurde mit Weingeist aufgenommen, welcher ein gelbliches Pulver zurück liess, welches in Wasser gelöst, abermals mit Platinchlorid versetzt, weil es ein Gemenge aus Kochsalz und Kaliumplatinchlorid zu seyn schien, und wieder abgedampft wurde. Alkohol nalım nun Natriumplatinchlorid nebst überschüssigem Platin- chlorid auf, und hinterliess 0,0085 Grammen reines Kaliumplatin- chlorid, — 0,0025 Chlorkalium, Auf 480 Grammen Wasser tref- fen bienach 0,0012 Chlorkalium. Die Menge Chlor, welche in dieser äusserst geringen Menge Chlorkalium enthalten ist, wurde bei der obigen Berechnung des Chlornatriums aus dem Silberniederschlage unberücksichtigt gelassen, da die Grösse kleiner ist, als die Differenzen vom Mittel der ein- zelnen Bestimmungen des Chlorgehaltes aus verschiedenen Portio- nen Wasser. Controle. Die bisher quantitativ bestimmten Bestandtheile des Adelheids- wassers sind (die geringe Menge Chlorkalium ausgenommen) durchweg als Natronverbindungen angenommen und berechnet worden. Um die Richtigkeit dieser Aunahme zu controliren, wur- den die in einer bestimmten Menge Salz enthaltenen Chlor -, Brom- 101 und Jodverbiudungen, nebst den kohlensauren Salzen, durch Ueber- giessen. mit Schwefelsäure in einem Platintiegel, und durch Ein- trocknen und Glühen der Masse über der Weingeistlampe, bis keine Ge- wichtsabuabme, mehr bemerklich war, sämmtlich in schwefelsaure Salze verwandelt, und dann das Resultat des Versuches mit der Rech- nung, welche auf die besagte Annahme von Natrum basirt war, ver- glichen. — Der Versuch wurde mit bei 100° C. getrocknetem Salz ausge- führt. Dieses musste zuvor auf seinen Gehalt an. Wasser und or- gauischen Stoffen geprüft werden. 2,769 verloren durch Glühen, wo Wasser entwich, und durch Zerstörung äussert geringer Men- gen einer organischen Substanz 0,056 an Gewicht. — Nach der Verwandlung in schwefelsaure Salze und Glühen wog dasselbe 3,309 .Grammen. 2,8895 Grammen Salz, (entsprechend 480 Gram- men Wasser) hätten hienach gewogen 3,4530 Grammen, Berechnet man die in 2,8895 Grammen bestimmten Salze 0,0032 schwefelsaures Natron 0,3930 kohlensaures ig 0,0137 Jodnatrium 0,0230 Bromnatrium 2,3792 Chlornatrium 0,0012 Chlorkalium auf schwefelsaure Salze, so erhält man 0,0032 schwefelsaures Natron 0,5298 ” ” 0,0065 » » 0,0155 » » 2,8879 ” „ 0,0014 » Kali in Summa 3,4443 Grammen schwefelsaur2 Salze. 102 Versuch und Rechnung stimmen möglichst genau zusammen, wesshalh man nicht daran zweifeln kann, dass ausser der angege- benen geringen Menge Kali keine andere Basis als Natron mit den gefundenen negativen Körpern, (Kohlensäure, Schwefelsäure, Chlor, Brom und Jod), verbunden ist. B. Quantitative Untersuchung des in Wasser nicht wieder löslichen Theils des festen Rückstandes. Von dem bei 100°C. getrockneten Salzrückstande, lösten sich auf 16 Unzen Adelheidswasser nach Angabe Seite 101. 0,0727 Grammen in Wasser nicht wieder auf. — Bestimmung der organischen Substanz. 0,7595 unlöslicher Rückstand wurden geglüht bis zur vollstän- digen Verbrennung der organischen Substanz, darnach mit kohlen- saurem Ammoniak befeuchtet, und bis nahe zur Rotbgluth erhitzt. Der Gewichtsverlust betrug 0,0595 Grammen. — In 0,0727 Gram- men wären mithin enthalten gewesen 0,0057 d.i. in 16 Unzen Was- ser 0,0912 Grane. — Da aber auch der in Wasser lösliche Theil des festen Rück- standes organische Substanzen, obschon verhältnissmässig viel we- niger, enthält, so musste auch diese Quantität bestimmt werden. — 1,239 Grammen Salz bei 120°C. völlig getrocknet verloren durch Glühen 0,002 Grammen an Gewicht, welche als organische Substanz betrachtet wurden. 1,320 Grammen Salz bei 100°C. getrocknetes Salz verloren durch Glühen 0,025 Grammen. Aus diesen Daten lässt sich der Gehalt des in Wasser löslichen Theils der festen Bestandtheile auf 0,0736 Grane auf 16 Unzen Adelheidswasser berechnen. — Der Gesammtgehalt an organischen Stoffen in 16 Un- zen Wasser ziffert sich hienach auf 0,1648 Grane. 103 Bestimmung des kohlensauren Kalkes. 0,700 Grammen des in Wasser unlöslichen von der organischen Substanz befreiten 'Rückstandes, wurden in Salzsäure gelöst, und unter Zusatz von etwas Nalmiak abgedampft, erhitzt, und in Wasser gelöst. Es blieben 0,223 Grammen Rückstand (Kieselerde, Eisen- oxyd, Thonerde ete. ete.), mithin waren 0,477 Grammen kohlensaurer Kalk und kohlensaure Bittererde enthalten. Das Filtrat wurde mit oxalsaurem Ammoniak gefällt, der oxalsaure Kalk in schwefelsau- ren verwandelt und geglüht. Es wurden 0,520 Grammen schwefel- saurer Kalk erhalten — 0,382 kohlensaurem Kalk. Bestimmung der kohlensauren Bittererde. Demnach waren zugleich 0,095 Grammen kohlensaure Bitter- erde zugegen. — Bestimmung der Kieselerde. Von den unlöslichen 0,223 Grammen wurden nach gehöriger Behandlung mit Salzsäure erhalten 0,097 Grammen Kieselerde, welche vollständig in Kali löslich war. Bestimmung der Thonerde und des Eisenoxydes. In die salzsaure Lösung waren 0,126 Grammen übergegangen, welche bestanden aus Thonerde und Eisenoxyd nebst Spuren von phosphorsaurem Kalke. (Letzterer konnte bei den Wägungen nicht berücksichtigt werden.) Diese salzsaure Lösung wurde mit reinem Aetzkali neutralisirt, mit weinsteinsaurem Kali vermischt, und zuletzt mit Kali alkalisch gemacht. Aus der klaren Flüssigkeit wurde mit Schwefelammonium das Eisen als Schwefeleisen gefällt, auf einem Filter gesammelt, und durch Glühen in Eisenoxyd verwandelt. Es wurden auf diese Weise 0,0323 Grammen Eisenoxyd erhalten. Der Rest wurde als Thonerde im Betrage von 0,0932 Grammen angenommen. 104 Berechnet man die aus 0,7595 Grammen des unlöslichen Rück- standes erhaltenen Grössen, auf die 16 Unzen entsprechende Menge 0,0727 Grammen, so ergeben sich: Organische Substanz 0,0057 Grammen. Koblensaurer Kalk 0,0365 „ Kohlensaure Bittererde 0,0090 ; Eisenoxyd 0,0031 = Thonerde 0,0039 L; Kieselerde 0,0092 ” Phosphorsaurer Kalk Spur 0,0724 Grammen. Das gefundene Eisenoxyd muss im Wasser als kohlensaures Eisenoxydul vorhanden betrachtet werden. Es entsprechen aber 0,0031 Eisenoxyd 0,0045 kohblensaurem Eisenoxydul. Drückt man diese Verhältnisse in Granen aus, so ergeben sich in 16 Unzen Adelheidswasser als nach dem Abdampfen in Wasser nicht wieder lösliche Bestandtheile: Organische Stofe 0,0912 Grane. Kohlensaurer Kalk 0.585410 „ Kohlensaure Bittererde 0,1440 „ Kohlensaures Eisenoxydul 0,0720 Thonerde 0,1424 „ 2 Kieselerde 0,2472 „ Phosphorsaurer Kalk Spuren 1,1808 Grane. Hiezu die organische Substanz des in Wasserlöslichen Theiles gerechnet, 0,0736 Graue 1,2944 B5 105 C. Untersuchung der flüchtigen Bestandtheile des Adelheidswassers. Was beim Abdampfen des Wassers entweicht, sind ausser Wasserdampf noch Stickstoffgas, Sauerstoff, Kohlensäure und Koh- lenwasserstoffgas. Die Gegenwart des Kohlenwasserstoffgases hat sich schon oft in bedeutendem Grade kundgegeben, indem theils im Brunnen selbst, theils im Brunnenhause zu Heilbrunn bedeutende Explosionen durch hineingebrachte Lichter vorgekommen sind. — Es steigen im Brunnen bekanntlich fortwährend Gasblasen auf, die von mehrern in den Brunnen mündenden Gasquellen geliefert wer- den. Beim Emporsteigen durch das Wasser absorbirt dieses nicht unbedeutende Quantitäten davon. Um genauen Aufschluss über die im versendeten Wasser noch absorbirte Atmosphäre zu erhalten, wurde ein Glas-Kolben, welcher genau 600 Cubikcentimeter Inhalt hatte, mit dem nach München transportirten. Adelheidswasser (von 10°C.) gefüllt, und mit einem Korke verschlossen, welcher von einer mit destillirtem Wasser gefüllten, unter eine gradnirte, mit Quecksilber gefüllte Glasglocke mündenden Gasleitungsröhre durch- bohrt war. — Der Glaskolben wurde nun durch untergelegte glühende Kohlen nach und nach zum Kochen erhitzt,. bis die sich entwickeln- den Wasserdämpfe alle übrigen Gase möglichst vollständig in die Glocke getrieben hatten. Da durch die Ausdehnung des Wassers bei zunehmender Wärme auch ziemlich: viel von dem, kohlensaures Natron haltenden Wasser in die Glocke getrieben wurde, (wodurch die Bestimmung der Kohlensäure aus dem durch Kochen entwickel- ten Gasgemenge dem Volumen nach sehr unsicher geworden wäre), so wurde das durch Kochen entbundene Gas zuerst mittelst einer Kalihydratkugel von Kohlensäure befreit, und dann das zurück- gebliebene Gemenge von Sauerstofl, Stickstoff, und Kohlenwasser- stoff gemessen. Alle Gase wurden über destillirtem Wasser und in mit Wasserdampf gesättigtem Zustande gemessen. Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. W. VI. Bd. I. Abth, 14 106 Bestimmung des Sauersloffes, Stickstoffes und ‚Kohlenwasserstoffes. Der Sauerstoffigehalt wurde durch Absorption mit Phosphor be- ‚stimmt. Hierauf wurde reines Sauerstoffgas (nahe das dreifache Volum) zugebracht und im Eudiometer verpuflt, wodurch das Koh- lenwasserstoffgas in Kohlensäure und Wasser umgewandelt wurde. Die gebildete Kohlensäure wurde durch eine Kalikugel, der über- schüssige Sauerstoff durch eine Phosphorkugel entfernt. Der hienach bleibende Rückstand wurde als Stickstoffgas er- kannt. Das Kollenwasserstoffgas wurde als Einfach -Kohlenwas- serstoffgas angenommen und aus dem Verluste bestimmt. Die An- nahme als (CH,) werde ich weiter unten noch näher rechtfer- tigen. — Auf diese Art wurden folgende Resultate erhalten: 600 Cub. Cent. Adelheidswasser von 10°C. gaben 22 Cubik- Centimeter kohlensäure-freies Gas von 12°C. und bei 717 Milli- meter Barometerstand. 600 Cub. Cent. Wasser von 10°C. gaben 22,5 Cub. Cent. Gas bei 12,5°C. und 718 Millimeter Barometerstand. In diesen 22,5 Cub. Centimetern absorbirte Phosphor 2 Cubik Centimeter Sauerstoff, Nach der Verpuffung des Kohlenwasserstof- fes im Eudiometer u. s. w. blieben 9,25 Cubik - Centimeter Stick- stoff. Es waren mithin zusammengemengt 2 Cub. Cent. Sauerstoff bei 12,5°C. 718 Millimeter Barometer. 9,25» » Stickstoff „ ” „ AT ZIN N; » Kohlenwasserstoff (CH,) N Reduzirt auf die Normaltemperatur und den Normaldrack ergeben sich | 107 1,78 Cub. Cent. Sauerstoff 823, „ Stickstoff 10,020) » Kohlenwasserstoff. Bestimmung, der Kohlensäure. 267,5 Grammen gaben mit Barytwasser im Ueberschuss ver- setzt einen Niederschlag (0,988 Grammen), welcher in dem. von Will und Fresenius angebenen Kohlensäure-Apparate 0,220 Grammen Kohlensäure entwickelte. In 16 Unzen (= 480 Grammen) sind hie- nach 0,3948 Grammen Kohlensäure enthalten, Die in 16 Unzen gefundenen einfach-kohlensauren Salze enthalten an Natron gebunden 0,1613 Grammen „ Kalk » 00160 ° , „ Bittererde „, 0,0047 rR „ Eisenoxydul 0,0023 & 0,1843 Grammen Kohlensäure. Diese Salze müssen aber als doppelt-kohlensaure angenommen werden; es müssen daher als gebundene Kohlensäure 0,3686 Gram- men von der Gesammtmenge Kohlensäure abgezogen werden, wo- nach 0,0262 Grammen für absorbirte freie Kohlensäure verbleiben. Diese entsprechen 13,18 Cub. Cent. bei Normaltemperatur und Nor- maldruck. Berechnet man die von obigen 600 Cub. Cent. Wasser gelie- ferte Gasmenge auf 16 Unzen Wasser, so erhält man (da 16 Un- zen Wasser von 10°C. gleich 477,6 Cub, Cent. sind) 1,38 Cub. Cent. Sauerstoff 654 5° 5 Stickstoff 802, » Kohlenwasserstoff und dazu 13,18 „ freie Kohlensäure, In Summa 29,12 „ „ absorbirte Gasarten. 14* 108 Diese gefundenen Mengen auf Volumtheile des Wassers be- rechnet, sind in 100 Raumtheilen Adelheidswasser : 0,29 P\ Sauerstoff 1,37 3 Stickstoff 1,68 >, Kohlenwasserstoff 2,76 7 freie Kohlensäure. In Sumna 6,10 = Gas absorbirt. D. Untersuchung des aus der Quelle in Heilbrunn in Blasen aufsteigenden Gases. Dass in dem aus der Quelle aufsteigenden Gase der Haupt- menge nach ein Kohlenwasserstofl enthalten ist, der auf 1 Aequi- valent Kohlenstoff 2 Aequivalente Wasserstoff enthält, mithin die gleiche procentische Zusammensetzung mit dem als Sumpfgas bekann- ten Einfach-Kohlenwasserstoffe besitzt, hat bereits Fuchs nach- gewiesen. Ob aber jenes Gas wirklich mit dem Sumpfgase iden- tisch sei, darüber liessen die bisherigen analytischen Angaben kein Urtheil zu, ja manche (besonders über die Leuchtkraft des verbren- nenden Gases) schienen sogar eine wesentliche Verschiedenheit von letzterem anzudeuten. Um hierüber entscheiden zu können, wurde eine abermalige genaue Analyse dieses Gases vorgenonmen, und zu diesem Behufe 10 Massflaschen davon an Ort und Stelle auf geeig- nete Weise aufgefangen, mit etwas Wasser im Halse der Flasche abgesperrt, und sodann mit Kork und Blase wohl verschlossen nach München zur Analyse befördert. Das so erhaltene Gas war voll- kommen farb- und geruchlos. — Die analytischen Erhebungen er- streckten sich auf Bestimmung a) des enthaltenen Sauerstoffes b) der i Kohlensäure c) des > Stickstoffes. 109 Der Rest des Gases: wurde wie bei dem aus dem Adelheids- wasser entbundenen Gasgemenge als Kohlenwasserstoff (CH,) aus dem Verluste bestimmt. — d) Um diese Annahme rechtfertigen zu können, wurde das relative Verhältniss von Kohlenstoff und Was- serstoff bestimmt, e) ferner das spezifische Gewicht des Gasgemen- ges, und f) die Leuchtkraft, welche dasselbe beim Verhrennen ent- wickelte. a) 179 Cub. Cent. dieses Gases bei 9°C, und 718 Millim. Barometerdruck — 161,2 Cub. Cent. normal gaben nach der Behandlung mit. Phosphor 177 Cub. Cent. bei 12° C. und 719 Millim. Barom. — 157,5 Cub. Cent. normal. Mit- hin waren 3,7 Cub. Cent. Sauerstoff vorhanden — 2,2 Volumprocenten. b) 158 Cub. Cent. bei 9°C. und 718 Millim. Barom. — 142,3 normal gaben nach der Behandlung mit Kalihydrat 153 Cub. Cent. bei 12°C. und 710 Millim. Barom. — 136,2 Cub. Cent. normal. Mithin waren 6,1 Cub. Cent. Kohlensäure verschwunden — 4,3 Volumprocenten. c) 1) 22. Cub. Cent. bei 10°C. und 713 Millim. Barom. ga- ben mit 63 Cub. Cent. Sauerstoff verpufft nach Ent- fernung des überschüssigen Sauerstoffes und der Kohlen- säure 4 Cub. Cent. Stickstoff bei 10°C. und 713 Mil- lim. — 19,5 Cub. Cent. Gas und 3,5 Cub. Cent. Stick- stoff normal — 17,3 Volumprocenten. 2) Unter denselben 'Temperatur- und Luftdruck - Verhält- nissen gaben 27 Cub. Cent. Quellen-Gas (— 24,0 Cub. Cent. normal). 5 Cub. Cent. Stickstoff (—%4,4 Cub. Cent. normal) mithin 18,3 Volumprocente. — Mittel aus beiden Bestimmungen 18,0 Volumprocente. 110 Nach diesen Bestimmungen waren in 100 Raumtheilen Quel- lengas dem 2,2 Sauerstoff 4,3 Kohlensäure 18,0 Stickstoff 75,5 Kohlenwasserstoff. Da mir kein genaues Quecksilber - Eudiometer mit Wanne und nötbigen Quecksilbervorrathe zu Gebote staud, so musste ich zur Ermittlung des relativen und absoluten Gehaltes des brennbaren Gases an Kohlenstoff und Wasserstoff einen umständlichern, obwohl . nicht minder sicheren Weg einschlagen. d) Eine 2 Liter fassende und oben mit Tubulus und Hahn ver- sehene Glasglocke wurde mit Quellengas gefüllt, und in einen mit Wasser gefüllten Glascylinder gestürzt. — Die Glocke wurde mittelst eines starken Halters niedergedrückt. — An den Tuhulus der Glocke wurde eine U-förmig gebogene mit in eoncentrirte Schwefelsäure getauchten Bimssteinstücken ge- füllte Röhre Nr. 1 gebunden. Auf diese folgte eine mit Phos- phorstückeben, die durch Asbest getrennt waren, gefüllte Aus- trocknungsröhre Nr. 2, welche in ein Wasserbad eingesenkt war, welches immer auf etwa 30°C. erwärmt erhalten wurde. — Hierauf folgte ein Liebig’scher Kugelapparat Nr. 3 mit Kali- lauge gefüllt, sodann eine U-förmig gebogene Röhre Nr. 4, die mit in neutrale salpetersaure Silherlösung getauchten Bimsstein- stücken gefüllt war. Hierauf folgte abermals ein mit Kali- lauge gefüllter Kugelapparat Nr. 5, sodann eine 1 Fuss lange mit Chlorcaleiumstücken gefüllte Röhre N. 6. — Dieser schloss sich eine Verbrennungsröhre Nr. 7 an, die mit frischgeglüh- tem Kupferoxyd gefüllt und gewogen war. Sie wurde mit Asbest umhüllt und mit einem dünnen weichen Messingblech- 111 streifen umwickelt, dieser mit Eisendraht befestigt, und dann in. einen Liebig’schen Verbrennungsofen gelegt. — Darauf folgte ein gewogenes Chlorcaleiumrohr Nr. 8, ein gewogener Kaliapparat Nr. 9 (genau wie bei einer Elementaranalyse), ferner noch ein Chlorcaleiumrohr Nr. 10, welches endlich mit einem Gasometer, der als Aspirator dienen konnte, verbunden war. Der Zweck dieser Zusammenstellung ist klar: In Nr. 1 wurde das Gas entwässert, in Nr. 2 verlor es seinen Sauer- stoff durch den erwärmten Phosphor, in Nr. 3: wurde die Koh- lensäure des Gases, die etwa aus Nr. 2 entweichenden Däm- pfe von phosphoriger Säure und Phosphor absorbirt, in Nr. 4 das durch die Einwirkung von Phosphordämpfen auf: Kali- lauge möglicher Weise gebildete Phosphorwasserstoffgas zer- setzt, in Nr. 5 zur Sicherheit der Entfernung aller sauren Körper nochmals mit Kalilauge gewaschen und in Nr. 6 voll- ständig getrocknet. In die. Verhrennungsröhre Nr. 7. konnte mithin nur Stick- stoffgas und Kohlenwasserstoffgas gelangen, welch letzteres durch das vorher zum Glühen zu erhitzende Kupferoxyd zu Kohlensäure und Wasser verbrennen musste. Die Umhüllung mit Asbest wurde desshalb vorgenommen, um das stellenweise Ankleben des Gases an die Oberfläche des Blechstreifens, und das Losreissen kleiner Glassplitter von der gewogenen Röhre beim Erkalten zu verliudern. Die Gewichtsabnahme, welche die Verbrennungsröhre nach dem Versuche zeigte, sollte an- gehen, wie viel Sauerstoff verwendet werden musste, um die Verbrennung eines ungemessenen Volumes Kohlenwasserstoff zu bewirken. Die Produkte dieser Verbrennung wurden in den Apparaten Nr. 8 und 9 aufgefangen. Der Sauerstoffge- halt derselben musste, wenn nicht etwa zugleich Kohlenoxyd- 112 gas im Quellengase vorhanden war, der Gewichtsabnahme der Röhre Nr. 7 entsprechen. Aus dem Aequivalenten-Verbältniss zwischen Kohlensäure und Wasser musste sich das Aequiva- lentenverhältniss zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff erge- ben. — Die Röhre Nr. 10 diente, um das Zurücktreten von Wassergas in den Kali- Apparat Nr. 9 za verhindern. Der Aspirator musste den Druck der Kalilauge in den drei Kugel- apparaten und die Reibung des Gases überwinden "helfen, welche der Druck der Wassersäule im Glascylinder auf das Gas in der Glocke wohl anfangs, aber nicht nachdem eine grössere Quantität Gas bereits daraus verdrängt war, hätte überwinden können. Als man sich von dem luftdichten Schlusse des ganzen Apparates überzeugt hatte, wurde die Operation damit begon- nen, dass man aus dem Aspirator Jangsam Wasser ausfliessen liess, und den Hahn an dem Tubulus ‘der Gasglocke öffnete. Nachdem aus dieser mehr als 4 des Inhaltes durch den Ap- parat getrieben war, wurde angenommen, dass aus demselben die atmosphärische Luft ausgetrieben sei, und das Verbren- nungsrohr wurde rasch seiner ganzen Länge nach mit glü- henden Kohlen umgeben. Nachdem etwa 4 Liter Quellengas auf diese Weise verbrannt worden war, wurden die Kohlen wieder enifernt, und man liess ‘während des Erkaltens Gas noch lange aus der Glocke ausströmen, nachdem im Apparate Nr. 9 jede Absorption von gebildeter Kohlensäure längst auf- gehört hatte. Bei: dem grossen Ueberschusse an Kupferoxyd und dem langsamen Gasstrome befürchtete ich durchaus nicht, während des Abkühlens eine nur theilweise oder unvollstän- dige Verbrennung des Kohlenwasserstoffes, etwa zu Wasser und Kohlenoxydgas, — um so weniger, da Kohlenoxydgas ebenso leicht verbrennlich ist, als Sumpfgas. 113 Ich nalım an, dass, so lange die Temperatur des Kup- feroxydes die Verbrennung des Kohlenwasserstoffes überhaupt einleitete, die Verbrennung unter den obwaltenden Umständen auch eine vollständige sei. Nach dem vollständigen Erkal- ten des Apparates wurde derselbe zwischen Nr. 4 und 5 ge- trennt, und von Nr. 5 an atmosphärische Luft durch den- selben gesaugt, um die Wägung der Röhren vornehmen zu können. Die Verbrennungsröhre Nr. 7 hatte um 0,781 Grammen an Gewicht verloren. — Der Gewichtsverlust wurde als Sauer- stoff angenommen. Die darauf folgende Chlorcaleiumröhre Nr. 8 hatte 0,440 Grammen Wasser aufgenommen, in welchen ent- halten ist 0,0488 Wasserstoff und 0,3912 Sauerstofl. Der Kali-Apparat Nr. 9 hatte 0,534 Grammen Kohlensäure aufgenommen, in welchen enthalten ist 0,1456 Kohlenstoff und 0,3884 Sauerstoff. Aus diesen Daten ersieht man: 1) dass der im gebildeten Wasser und Kohlensäure enthal- tene Sauerstoff 0,3912 + 0,3884 — 0,7796 Grammen gauz nahezu dem Gewichtsverluste des Kupferoxydes 0,781 Grammen entspricht, mithin kein anderes brenuba- res Gas, als Kohlenwasserstoff (z. B. kein Kohlenoxyd- gas) in dem Quellengase vorhanden ist; 2) dass das Verhältniss des Kohlenstoffes zum Wasserstoffe in Aequivalenten ausgedrückt das nämliche ist, wie es im Sumpf- oder Grubengase ist, wie 1: 2, sowie es Fuchs bereits vor vielen Jahren angegeben hat: deun 1456: 488 = 6: 2,01. Abhandlungen der II. CI. d. k. Ak. d. Wiss. Vl. Bd. I, Abth. 15 114 e) Um zu entscheiden, ob dieses Kohlenwasserstoffgas auch die Elemente in dem nämlichen Dichtigkeitszustande wie das Gru- bengas enthält, wurde das spezifische Gewicht des aus der Quelle aufsteigenden Gases bestimmt, wodurch zugleich eine Controle der Analyse aller Bestandtheile desselben erzielt werden konnte, und zwar dadurch, dass das gefundene spe- zifische Gewicht mit dem aus den analytischen Angaben be- rechneten verglichen wurde. Ein genau verschliessharer Glasballon, welcher 329 Cub. Centimeter Inhalt hatte, wog mit atmosphärischer Luft von 11°C. und bei 711,3 Millim. Barom. gefüllt 125,252 Grammen. Mit getrocknetem Quellengas gefüllt wog er unter den nämlichen unveränderten Temperatur- und Luftdruck-Verbält- nissen 125,130 Grammen. 329 Cub. Cent. atmosphärische Luft von der angegebenen Beschaffenheit wiegen 0,3336 Grammen, und das gleiche Volum getrockneten Quellengases bei der näm- lichen Temperatur und gleichem Barometerstande wog hienach 0,2616 Grammen. Das spezifische Gewicht der atmosphärischen Luft als Einheit gesetzt, ist das des getrockneten Quellen- gases 0,6819. (3336: 2616 —= 1: x.) Nach den obigen analytischen Daten sind in 100 Raum- theilen Quellengas 2,2 Sauerstoff — welche wägen 2,4323 (das spez. Gewicht der atmosphärischen Luft —1) 4,3 Kohlensäure „, e 6,7247 18,0 Stickstoff en » .17,4834 75,5 Kolhlenwasserstoff ».. 41,7288 (als Grubengas angenommen) 100, — 68,3692 f) 115 Mithin wiegen 100 Theile 68,3692 Gewichtstheile, so- nach ein Volum dieses Quellengases 0,6837. Dieses berechnete spezifische Gewicht (0,6837) stimmt so genau mit dem durch direkte Wägung gefundenen (0,6819), dass kein Zweifel über die Richtigkeit der Analyse, und über die Natur des brennbaren Kohlenwasserstoffes mehr bestehen kann: — es ist in Wirklichkeit der als Einfach-Kohlenwas- serstoff, Gruben- oder Sumpfgas bekannte Körper, der im vorliegenden Kalle seine Entstehung ohne Zweifel nahelie- genden Braunkohlenflötzen verdankt. Da frühere Beobachtungen öfter von der hellleuchtenden Flamme sprechen, womit dieses Quellengas verhrennt, so schien es mir auch noch wichtig, die Leuchtfähigheit desselben näher zu prüfen. Das Grubengas brennt, je nachdem es aus wei- teren oder engeren Oeffuungen ausströmt, bald mit gelber, hald mit blauer Flamme, Ein gerader einfacher Flammenkegel (Bougie-Brenner mit ;', Linie weiter Bohrung) verzehrte in 103 Sekunden 2 Liter Gas. Das Gas war mit Feuchtigkeit gesättigt, und hatte eine Temperatur von 10° ©. Der Barometerstand war zur Zeit des Versuches 717 Millim. — Das Gas strömte überdiess unter einem Druck von 4,3 Millimetern Quecksilbersäule über dem angege- benen Druck der Atmosphäre aus. Reduzirt man diese 2 Li- ter auf 0°C. und 760 Millim. Barom., so ergeben sich 1810 Cubik Centimeter — 0,0728 bayr. Cubikfussen. — Der Ver- brauch in einer Stande wäre hiemit gewesen 2,5444 Cubikfuss. Als Anhaltspunkt zur Bestimmung der relativen Helligkeit diente eine Talgkerze von besster Qualität, wovon 6 Stück 15* 116 1 bayr. Pfund wägen, und ein Photometer, welches aus zwei im rechten Winkel geneigten weissen Flächen (jede vom Umfange eines Quartblattes) besteht, und so lange zwi- schen den beiden in gleicher Höhe brennenden Lichtquellen auf einer horizontalen Ebene hin- und hergerückt wird, bis heide Flächen gleichheitlich erhellt erscheinen. Man misst sodann den Abstand der Lichtquellen vom Mittelpunkt der Kante aus, und lässt das Quadrat der Entfernungen als Aus- druck für die relative Helligkeit gelten. Hienach ergab sich: Entfernung des Photometers vom Gaslichte 14,6 Zoll. " a 5 : Kerzenlichte 25,40, Hieraus berechnet sich das Verhältniss der Helligkeit der Quel- lengasflamme zu der des Kerzenlichtes wie 1: 3,2. Aus dem Versuche hat sich ferner ergeben, dass 2,5444 hayer. Cubikfuss Quellengas eine Stunde lang bei der beschriebenen Brenn- vorrichtung die Helligkeit von 0,33 Kerzen verbreitet haben wür- den. Vergleicht man diese Helligkeit mit der, welche ein gleiches Volum gutes aus Steinkohlen bereitetes Leuchtgas geliefert hätte, indem man auf einen Brenner, der stündlich 2,5444 bayr. Cubik- fuss davon verzehrt, die Helligkeit von 4,5 Talgkerzen rechnet, so ergibt sich die Leuchtkraft dieses Quellengases dreizehnmal gerin- ger, als die des Lieuchtgases, welches durch Destillation geeigneter Steinkohlen erhalten wird. Was daher frühere Beobachter von dem intensiven Lichte die- ses Gases angaben, mag theils davon herrühren, dass sie durch den blossen, keiner genauen Messung unterworfenen Augenschein ge- täuscht wurden, theils davon, dass sie dasselbe in grossen Massen, nicht aber in einer geeigneten Brennvorrichtung verbrennen sahen. 117 Somit ist auch dieser Widerspruch gegen die Annahme, dass das brennbare Gas der Adelheidsquelle Einfach-Kohlenwasserstoff oder Grubengas sei, vollständig gehoben. Berechnet man die aus dem Adelheidswasser durch Ko- chen entbindbaren Gase d. i. die im Wasser absorbirte Atmosphäre auf 100 Volumtheile, um sie mit 100 Volumtheilen des aus der Quelle aufsteigenden Gases vergleichen zu können, so beobachtet man eine merkliche Differenz in dem Procentgehalte an den einzel- nen Bestandtbeilen. — Die Differenz entspricht genau dem Verhält- nisse, in welchem die Gasarten vom Wasser mit grösserer oder geringerer Leichtigkeit absorbirt werden. Die durch Kochen aus dem Adelheidswasser entbindbare Luft enthält nach der Analyse in 100 Raumtheilen 4,8 5 Sauerstoff 45,2 % Kohlensäure 22,8 zy Stickstoff 27,5 B; Kohlenwasserstoff, während in 100 Raumtheilen des aus der Quelle aufsteigenden Gases 2,2 Sauerstoff 4,3 Kohlensäure 18,0 Stickstoff 75,5 Kohlenwasserstoff enthalten sind. Das Wasser absorbirt daher augenscheinlich aus dem Gase der Gasquellen sehr vorwaltend Kohlensäure, sodann Sauerstoff, weni- ger Stickstoff und am wenigsten Kohlenwasserstofl. Genaue Analysen der in unsern Quell- und Flusswässern absor- birten Atmosphären scheinen mir sehr wichtige Resultate sowohl für die 118 Medizin als auch für die Physiologie zu versprechen. Dass in die- ser sonderbaren Atmosphäre, welche im Adelheidswasser absorbirt ist, keine Fische leben können, wird von jedem Physiologen und Zioologen zugestanden werden. Es ist eine unbestrittene Thatsache, dass gewisse Süsswasser-Fische oft nur in gewissen Seen oder Flüssen, ja oft gerade nur an gewissen Stellen derselben gedeihen, obschon weder der Gehalt an mineralischen Bestandtheilen, noch die Temperatur-Verhältnisse merkliche Differenzen zeigen. So lebt zum Beispiel die Forelle (Salmo Fario) nur nahe dem Ursprunge der Wässer. Wir können sie selbst in sehr kalten klaren Flusswäs- sern mit schattigen Ufern u. s. w. nicht mehr erhalten, wenn sich der Lauf einmal über gewisse Dimensionen vom Ursprunge entfernt hat. Durch längere Berührung des fliessenden Wassers mit der freien Atmosphäre ändert sich natürlich die im Quellwasser enthal- tene Atmosphäre nach dem Gesetze der Diffusion der Gase rasch. Jeder Gärtner weiss, dass Quell- oder Brunnenwasser zum Begiessen der Pflanzen um so tauglicher wird, je länger es an der Luft gestanden hat. — Ebenso sicher merkt der Geschmacksinn des Menschen einen Unterschied zwischen frisch vom Brunnen kommen- dem Wasser, und zwischen dem nämlichen, nachdem es im offenen Glase einige Stunden an der Luft gestanden hat. Man hat den so- genannten Brunnengeist der Alten ganz in die Kohlensäure zu ban- nen gesucht, aber gewiss dadurch das Recht der übrigen in unsern Wässern absorbirten Gase zu sehr beeinträchtigt. Die in unsern ver- schiedenen Quellen absorbirten verschiedenen Atmosphären möchten vielleicht die Erfahrung der praktischen Aerzte erklären, dass die sogenannten künstlichen Mineralwasser, deren Herstellung sich ledig- lich auf die Kenntniss des Wasser- und Kohlensäuregehaltes, und der mineralischen Bestandtheile der natürlichen Gesundbrunnen ba- sirt, nur bis zu einem gewissen Grade den Gebrauch der natürlichen zu ersetzen vermögen. Die Behandlung von Krankheiten mit natür- 119 lichen Mineralwassern war noch nie so bedeutend und ausgedehnt, als gerade in gegenwärtiger Zeit; desshalb dürfte jeder neue wis- senschaftliche Beitrag zur Kenntniss derselben dem Arzte um so willkommener seyn. E. Zusammenstellung aller bisherigen Analysen des Adelheidswassers in Heilbrunn. Anmerkung. Alle Angaben beziehen sich auf 16 Unzen = 480 Grammen Was- ser; der Gehalt an fixen Bestandtheilen ist durchgehends in Granen des bayr. Apolhekergewichtes (16 = 1 Gramm) angegeben; der Ge- halt an gasförmigen Bestandtheilen in Cubikcentimetern bei 0°C. und 760 Millim. Barometerstand. Wo sich in den verschiedenen Rubriken ein Strich — befindet, wird angezeigt, dass dieser Bestandtheil von dem Analyliker nicht gefunden worden ist; wo sich hingegen in den Rubriken weder eine Zahl, noch ein Strich —, sondern nur ein Punkt + befindet, soll angezeigt werden, dass der Bestandtheil wohl qualitativ nachgewiesen, aber nicht näher quantitativ bestimmt worden ist. — 120 oleyypuejsagg uadLWLIOJSBO Aap aduaunwweser) Bel | mu 2 ”- “ porsioneg pc’9 . . . . . . yorsmous 20'8 | Cor lor’6r er * JoIsIossemua]yoy IST/ET bE'S 5 u ee 9umesuajyoyy Oldıy \EG'6r’9F OTE'SE |T06’9# |882662'27 |9ET6'IE raZ ER lOV'ZS |a2G'cH * ajloyıpuejsog UAXy Jap Odusunwueser) 3791‘0. 10200 |SG0'0 z : ! o0| : ? : » oyors ayasıuzdıg ; ==, — — = _ —_— |- | i . i * yjeyy Jeunestoydsoyg 2.710 98r’o \20r/o \rTagez’o oroV'o \ec10 l0s0 | ee ee Zapjasary Faro 8100 12200 |IPIzE00O | — ; —_ |— a ET in = Ir — 18791000 = 5 23 : 5 ° npixouedueny “ 10320'0 |P117'0 .080'0 [002970'0 8PF0'0 0v0 | "08% [npÄxouosıq sanesua]yoy OPrT'O 9020 |L0V’0 19882680 122870 |0ELO 1030 : E \ 5 * opaaıoylq # ıopsg‘o |azr'0 '9Er'0 |9702890 |F868'0 F0C’O 109'0 i 5 . ; Opaayjey ? = — [8727600 == —_ _— |— . : “ apAauenuong “ % N Eee "000.9 opaogÄleg Aumesua]yoy m 12800 ETE081'0 | — = — |— a et: yeluouuy “ 8g9r2'9 629° |sIc’g locre66‘9 joges’e car 007 coe'g : k 3 " _ uoNeN Saımesuayoy — — — % — — Fe 2, [3 “ “ ” ” . yej99eıey BErRoE — | = — re I— | | — "00909. 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Die Differenz beträgt nahezu 17 Grane. — Die Methode, den festen Rückstand eines Mineralwassers zu bestim- men, ist sich im Wesentlichen seit langer Zeit gleich geblieben, und sie ist so einfach auszuführen, und dabei so sicher, dass man unmög- lich Versuchsfehler, die ausserhalb der Gränze eines Granes lie- gen, annehmen kaun. Der verschiedene Gehalt zeigt nun deutlich, dass die Adelheidsquelle bald mehr, bald weniger mit minerali- schen Bestandtheilen beladen ausfliesst, mithin zu verschiedenen Jahreszeiten, bei verschiedenen meteorologischen Verhältnissen den nämlichen Fluctuationen im Gehalte unterliegt, wie jede andere Quelle. Besonders die beiden Analysen von Buchner zeigen dieses zur Evidenz, wovon die eine mit. Wasser vom Juni 1842 — die andere mit Wasser vom August desselben Jahres ausgeführt war, und welche im Gesammtgehalte eine Differenz von 11,6 Granen unter sich zeigen. — Das wirklich vorkommende Maximum *) und Minimum im Gehalte wird durch das Resultat der vorstehenden 8 Analysen allerdings nicht mit Gewissheit ausgedrückt werden kön- nen; aber für die Praxis gibt es jedenfalls ein genügendes Resultat, wenn man für den darchschnittlichen Gehalt des Adelheidswassers das arithmetische Mittel aus den 8 Bestimmungen zieht, welches *) Ich erhielt einmal bei einer Bestimmung 58 Grane festen Rückstand für ein zu anderer Zeit geschöpftes Adelheidswasser. Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, VI. Bd. I. Abth. 16 122 sich für 16 Unzen Wasser auf 44,2 Grane fester Bestandtheile entziffert. Die relativen Gewichtsmengen der einzelnen Bestandtheile un- ter sich scheinen sich bei diesen Fluctuationen im Gesammtgehalte immer nahe gleich zu bleiben, so dass, wenn man den festen Rück- stand jeder Analyse als Einheit annimmt, die Zusammensetzung des- selben ziemlich gleich ausfallen würde. So enthält der feste Rückstand nach Dingler 0,870 Theile Kochsalz ». Vogel 0,873 » „ „ Fuchs 0,893 ” ” „ Barruell 0,811, 1.» „ „ Bauer 0,302 „ „ » Buchner I. 0,833 ,„ » „» Buchner I. 0,500 , » ». Pettenkofer 0,824 , „ Die Differenzen beschränken sich durchgehends auf die zweite Dezimalstelle. Nicht so übereinstimmend sind die Angaben über andere Be- standtheile der Adelheidsquelle. Berechnet man z. B. das Jodna- trium, dessen Entdeckung in der Quelle ein Verdienst Vogel's ist, auf 100 Theile des festen Rückstandes, so erhält man nach Dingler (1826) 1,30 Theile Jodnatrium Vogel (1829) 1,43 ” Fuchs (1833) 2,10 ” „ Barruell (1835) 2,00 „ ” Bauer (1841) 0,42 9, ” Buchner I. (1842) 0,46 , ” Buchner H. 0,55» ” Pettenkofer (1349) 0,47 » ” 123 Man sieht bier deutlich Uebereinstimmung und Differenz sich nach dem Alter der Analysen gruppiren. Sehr genau stimmen un- ter sich zusammen die Analysen a) aus den Jahren 1826 und 1829, ebenso b) aus den Jahren 1833 und 1835, und endlich ©) aus den Jahren 1841, 1842 und 1849. Wollte man das Ergebniss der Ana- lysen als absolut richtig betrachten, so bliebe nichts übrig, als die Annahme, dass die Adelheidsquelle an relativem Gehalt au Jodna- trium zu- und abnehme, Die mittleren Zahlen aus den 3 Zeiträumen sind, a) 1,36, b) 2,05, e) 0,45, welche Zahlen sich nahezu verhalten wie 6: 9: 2. Leider finden sich von keinem Analytiker als von Buchner jun. die genaueu Details der Analyse angegeben. — Es kann überhaupt nicht genug bedauert werden, dass bei den früheren Mineralwasser- analysen so selten die Einzelheiten der Methode, woraus das Re- sultat abgeleitet wird, angegeben sind, — wesshalb dasselbe für eine spätere Zeit vft ganz nutzlos bleibt, indem es ohne Kenntniss der Einzelheiten nicht möglich ist, Resultate von Methoden, die mit constanten Fehlern behaftet sind, welche man erst später entdeckt, durch Rechnung zu corrigiren, und sodann mit den Resultaten spä- terer Zeiten zu vergleichen. N Bei Betrachtung der Schwankungen im Jodgehalte der Adel- heidsquelle wird es jedem mit der Geschichte der analytischen Che- mie Vertrauten auffallen, dass die Analysen aus jenen Jabrgängen alle unter sich 'zusammenstimmen, in: welchen sich die Methoden, das Jod quantitativ zu bestimmen, gleich geblieben waren, und dass der Jodgehalt der Adelheidsquelle steigt und fällt mit der Aenderung der Maassstäbe, mit welchen er bemessen wird. Vogel und Ding- ler haben das Jod höchst wahrscheinlich nach gleicher Methode als 16* 124 Jodsilber bestimmt. Die Resultate beider stimmen sehr gut über- ein. -—— Fuchs wandte 1833 eine neue Methode an, die sich seiner Zeit des ungetheilten Beifalles der gelehrten Welt zu erfreuen hatte. — Fuchs und Barruell (1835) fanden hienach den Jodgehalt höher, als ihre Vorgänger. So lange die Fuchs’sche Methode ge- übt wurde, hat sich der Jodgehbalt der Quelle auf gleicher Höhe erhalten. — Im Jahre 1838 machte Lassaigne eine neue Methode, das Jod quantitativ als Palladiumjodür zu bestimmen, bekannt, welche gegenwärtig als die beste betrachtet werden muss, weil sie die sicherste ist; und seit dieser Zeit geben die Analysen von Bauer (1841), Buchner I. u. II. (1842) und Pettenkofer (1849) den Jodgehalt der Adelheidsguelle wieder anders als früher an, und zwar finden sie ihn, unter sich sämmtlich’übereinstimmend, um mehr als die Hälfte niedriger als früher. — Die Ursache hievon liegt bloss in der Methode, indem nach der Methode von Fuchs leicht die Jod- menge zu gross erhalten wird, was man früher unmöglich entdecken konnte, ehe man eine zweite Methode besass, mit deren Resultaten man die erstere vergleichen konnte. — Buchner jun. hat sich bie- von durch das Experiment direkt überzeugt, und in Folge dessen die Fuchs’sche Methode so geregelt, dass nun auch sie ebenso scharfe Resultate gibt, wie die von Lassaigne. Buchner jun. sagt bei Be- schreibung seiner trefllich gearbeiteten Analyse: „Ich habe zuerst eine Reihe von Versuchen unternommen, um die Methode von Fuchs mit der von Lassaigne in ihrem Ergebnisse zu vergleichen und die Ursache auszumitteln, warum bei Anwendung der ersteren die Jod-. menge so leicht grösser erscheint, als sie wirklich ist, und ich bin durch die Beobachtung einiger Cautelen dahin gelangt, das Jod in Flassigkeiten nach Fuchs’ Methode mit derselben Sicherheit zu be- stimmen, als es nach dem Verfahren von Lassaigne geschehen kann. Es kommt hier Alles darauf an, dass man das Niederfallen des Chlor- und Bromsilbers neben dem des ‚Jodsilbers gleich von vorne 125 herein zu vermeiden suche, indem "dieselben, namentlich das letz- tere, einmal entstanden, nur sehr schwierig mehr auflöslich gemacht werden können; dieses verhindert man aber nur, wenn man zuvor der Flüssigkeit eine viel grössere Menge Ammoniak, als man frü- ber zu nehmen gewagt hätte, beimischt u. 8. w.“ — Aehnliche Schwankungen, und sicherlich aus gleichen Ursa- chen, bemerken wir bei dem Bromgehalte. — Dingler führt das Brom noch nicht als Bestandtheil der Quelle auf: es war zur Zeit, als Dingler seine Analyse anstellte, das Brom höchst wahrschein- lich noch gar nicht entdeckt; denn er publicirte seine Analyse zu Anfang des Jahres 1826 — und in diesem Jahre wurde das Brom erst von Balard als Bestandtheil des Meerwassers entdeckt. Vogel, dessen vollständige Analyse 1529, publicirt wurde, hat kein Brom gefunden *), und erst Fuchs gebührt die Ehre der Entdeckung die- ses so höchst wichtigen Bestaudtheiles in der Adelheidsquelle. Buch- ner hat um mehr als die Hälfte weniger Bromnatrium erhalten, als ich. Diese Differenz ist in den von uns befolgten Methoden be- gründet.. Buchner hat das von Jod befreite Wasser mit Chlorwas- ser vermischt, in einer Retorte gekocht, und vorausgesetzt, dass in dem Destillate alles Brom mit etwas Chlor enthalten seyn müsse. Die Buchner'sche Methode ist durch das Abdaupfen der yvorgeleg- ten Kalilauge und Glühen derselben sicher einem Verluste an Brom- natrium unterworfen, — abgesehen davon, dass man durch Chlor- wasser auf keinen Fall alles Brom aus seinen Verbindungen frei machen und überdestilliren kann, was sich evident durch die Er- *) Vogel's Mineralquellen des Königreiches Bayern. p. 87. „Hinsichtlich dieses Küstengeruches vermuthete ich, dass in dem Wasser etwas Brom enthalten seyn möchte, war aber nicht im Stande, diesen neuen Stoff in dem bis auf „5 abgerauchten Wasser wahrzunehmen.“ Das Nähere der Untersuchungs- melhode ist nicht angegeben. 126 fahrungen, ‘welche Fehling über die Fällung vou Chlor und Brom durch Silbersalze gemacht hat, begründet. . Die Metliode von Feh- ling, welche ich bei Untersuchung der Adelheidsquelle befolgt habe, verdient bei weitem den Vorzug vor allen bisherigen. Da ich drei Brombestimmungen gemacht, da, ferner meine übrigen Resultate (z. B. Jodnatrium, kohlensaures Natron etc.), wo ich mit Buchner gleiche Methoden befolgte, so sehr mit dem Resultate von Buch- ner’s Analyse I. harmoniren, so ist kein Grund vorhanden, an die- sem Betrage des Bromnatriumgehaltes der Quelle zu zweifeln, wie ich ihn angegeben. Hieraus geht nun aber hervor, dass die Adelheidsquelle mehr eine jodhaltige Bromguelle, als eine bromhaltige Jodquelle genannt werden muss, — was vielleicht viele Erfaurungen der Aerzte hierüber erklären dürfte. In 16 Unzen Wasser sind nach meiner Analyse nur 0,186 Grane Jod enthalten, während sie zugleich 0,2385 Grane Brom enthält. — Ein wichtiger fixer Bestandtheil der Quelle ist ferner das koh- lensaure Natron. Die vier neueren Analysen geben den Gehalt hieran sämmtlich übereinstimmend etwas höher, als die 4 älteren an. Hierüber Gründe vorzubringen, ist unmöglich, da ich von keinem Analytiker (Buchner jun. ausgenommen) genau weiss, nach welchen Methoden er diesen Bestandtheil bestimmt hat. Beschreibung einer neuen Art von Ornithocephalus, nebst kritischer Vergleichung der in der k. palaeontologi- schen Sammlung zu München aufgestellten Arten aus dieser Gattung. Von Dr. Andreas Wagner, ordentlichem Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften. Mit 2 Tafeln. | zum MER irn ei ana I q9 u si e SE il ha LET: . nr $ s r “ rn - hir n } ’ WAR Eu u‘ 2 > ve ni Fr Er a er = « vr Ba AA HER 0 er r Wi “ - Me Wr \ Pa TERon we “ u. h. Beschreibung einer neuen Art von OÖrnithocephalus, nebst kritischer Vergleichung der in der k. palaeontologischen Samm- lung zu München aufgestellten Arten’ aus dieser Gattung. Von Dr. Andreas Wayner. Unter all den urweltlichen Thierformen, von denen uns die in den 'Gebirgsschichten aufbewahrten Gerippe Kunde geben, hat wohl keine die Aufmerksamkeit der Naturforscher in einem höheren Grade auf sich gezogen als die, welcher der Name Ornithocephalus oder Pterodactylus beigelegt wurde. Wenn auch ein Zwerg gegen die riesenhaften Gestalten der Ichthyosauren und Plesiosauren, hat doch der Ornithocephalus vor ihnen die Seltsamkeit der Formen in einer Weise voraus, dass eben desshalb die Naturforscher sich angezogen fühlen mussten, an der Deutung dieser wunderlichen und von allen andern bekannten Typen ganz abweichenden Formen ihren Scharf- sinn zu versuchen. Abhandlungen der II.Cl. d. k. Ak. d, Wiss, VI. Bd. I. Abth. 17 130 Das Interesse daran musste um so mehr erhöht werden, als die angesehensten Zoologen und Zontomen über die Deutung dieser Formen sich lange Zeit hindurch nicht vereinigen konnten. Gleich der erste, der uns von dem Daseyn dieses räthselhaften Thieres Nachricht gab, Collini, wusste sich hinsichtlich desselben nicht zu- recht zu finden und gab blos die unbestimmte Erklärung ab, dass man das Original unter den Seethieren aufzusuchen hätte. Der grosse Anatom Sömmerring glaubte dasselbe unter den Fledermäusen finden zu dürfen, und blieb auf dieser Meinung auch dann noch be- stehen, nachdem Cuvier auf Grund des nämlichen Exemplares einen fliegenden Saurier darin erkennen wollte. Blumenbach, der ausser der Collini’schen Abbildung auch einige Fragmente von solchen Ge- rippen zu Gesicht bekommen hatte, deutete diese auf Fledermäuse und Vögel, und für erstere Auslegung stimmte auch Spix, der eine kleine Platte mit etlichen Ueberresten von Knochen acquirirt hatte. Wagler wollte sogar aus dem Ornithocephalus, im Verein mit den Monotremen, dem Ichthyosaurus und Plesiosaurus, eine besondere Classe von Wirhelthieren bilden, die zwischen der der Säugthiere und der Vögel ihren Platz einzunehmen hätte. Wenn ich diessmal von Neuem auf diesen Gegenstand, dem ich schon vor 14 Jahren in diesen Schriften eine Abhandlung wid- mete, zurückkonme, so geschieht es nicht sowohl, um in dem eben berührten Widerspruche der Meinungen eine Entscheidung be- anspruchen zu wollen, denn diese ist der Hauptsache nach durch allgemeinen Consensus der Sachverständigen bereits zu Gunsten Cu- viers abgegeben worden, sondern ich. habe hauptsächlich desshalb diesen Gegenstand wieder aufgenommen, weil mir erst vor Kurzem ein neues Exemplar desselben zugekommen ist, das nicht blos durch seine Grösse alle anderu weit übertrifft, sondern überdiess als eine neue eigenthümliche Art sich ausweist. Es macht eine der wertl- 131 vollsten Zierden unserer reichen 'palaeontologischen Sammlung aus, und seine Bekanntmachung ist mir daher eine angenehme Aufgabe, deren Ausführung sich an die früheren, von mir und Sömmerring in unsern Denkschriften niedergelegten Arbeiten anschliesst und zu de- nen auch noch Collini’s Abhandlung gerechnet werden darf, da die Acta Academiae 'Theodoro-Palatinae späterhin mit unsern akademi- schen Schriften vereinigt worden sind. Ich werde mich jedoch in nachfolgender Darstellung nicht blos auf die Beschreibung dieser nenen Art beschränken, sondern bei dieser Gelegenheit das reiche Material, das mir von der Familie der Ornithocephalen vorliegt — das reichste überhaupt, das irgend eine Sammlung in der Welt be- sitzt — benützen, um theils einzelne minder bekannte Arten genauer als bisher zu charakterisiren, theils um mehrere strittige Punkte ihres Knochengerüstes nach Maassgabe der mir vorliegenden Hülfs- mittel aufzuklären. Das Material, über das ich zum Behufe der mir vorgesteckten Aufgabe dermalen verfügen kann, besteht 1) aus dem zuerst von dieser Gattung bekannt gewordenen und vielfach beschriebenen und abgebildeten Exemplare, dem Sömmerring den Namen Ornithocepha- lus antiquus, Cuvier den Namen Pterodactylus longirostris beilegte. Dazu ist nns 2) vor wenig Wochen das neue Exemplar zugekommen, das den Hauptgegenstand vorliegender Abhandlung ausmachen soll und das von mir Ornithocephalus ramphastinus benannt wurde. An diese reihen sich die Exemplare an, mit welchen unsere Sanım- lung durch den Ankauf der Münster'schen bereichert worden ist. Durch diese sind uns zugekommen: 3) der Pferodactylus medius 4) Pt. dubius, 5) Pt. Meyeri, 6) Pt. Münsteri und 7) Pf. secun- darius; ferner in Nachformungen: 8) der Pf. crassirostris und 9) der Pf. longicaudus; endlich 10) einige Ueberreste des Pf. macro- nyx und Pt. Bucklandi aus dem Lias von Banz und England. Aller- 10r 132 dings Material genug, um zur genauen Kenntniss der seltsamen For- men des Ornithocephalus neue Beiträge liefern zu können. 1. Ornithocephalus ramphastinus. Tab. 1. Aus den reichen Fundgruben des lithographischen Schiefers . habe ich vor Kurzem das Glück gehabt, die Doppelplatte eines Or- nithocephalus zu erhalten, der schon gleich durch seine Grösse sich auffallend von allen andern Arten, deren Gerippe in einiger Voll- ständigkeit gefunden wurden, unterscheidet. Die beiden Tafeln er- gänzen sich gegenseitig, denn wo der einen die Knochenmasse fehlt, ist sie auf der andern vorhanden, wobei freilich die Knochen durch die Längsspaltung mitunter an Deutlichkeit verloren haben. Vom Skelete ist der grösste Theil erhalten: der ganze Schädel und die Wirbelsäule, das Brustbein und das Becken, und die Gliedmassen, wenigstens der einen Seite fast ganz. Das Gerippe ist nicht in so geordneter Lage wie hei ©. Kochii abgelagert, aber auch nicht in der Weise verrenkt, wie es bei unserem ©. longirostris der Fall ist, obgleich einzelne Knochen bei vorliegendem Exemplare ebenfalls bedeutend verworfen sind, doch ist ihre Aneinanderreihung meist nicht schwer auszumitteln. Höchst auffallend ist neben der unge- wöhnlichen Grösse dieses Exemplares das auffallende Uebergewicht, welches der gewaltige Schädel und die langen und starken Knochen des Halses über den kleinen schwachen Runpf behaupten; es er- innert diess einigermassen an die grossschnäbligen und ziemlich Jaug- halsigen Pfefferfresser [Ramphastos], wesshalb ich auch dieser neuen Art‘ den Namen Ornithocephalus ramphastinus beigelegt habe. 133 Schädel. Der Schädel ist fast mit seiner ganzen Knochenmasse, so weit sie überhaupt noch vorhanden ist, auf der einen Platte aufliegend, doch ist ein Theil des obern Randes des Schädeldaches, ein Stück des Hinterhauptes, etliche innere Knochen und die Unterkieferspitze an der Gegenplatte haften geblieben*). Das Hinterhaupt ist ähnlich dem Vogelschädel gerundet; das Schädeldach fällt in einer geraden Linie nach der Schnautzenspitze ab, und auch der untere Rand des Unterkiefers ist fast gerade, mit einer kaum bemerklichen convexen Ausbeugung. Die Spitze des Oberkiefers fehlt, doch hat sich auf der Gegenplatte ihr Eindruck erhalten; die Unterkieferspitze ist ebenfalls abgebrochen, findet sich aber auf der Gegenplatte und zwar, wie es scheint, bis zu ihrem wirklichen Ende. Beide Kiefer laufen zugespitzt aus. So. scharf aber auch die äussern Umrisse des Schädels erkenn- bar sind, so schwierig wird dagegen die Deutung seiner einzeluen Theile, da die Knochenmasse zu sehr zersplittert, in den innern Räumen theils verdrückt uud verrückt, theils auch ganz verschwun- den ist und keine Nath mehr wahrgenommen wird. Da demnach die Anzahl der festen Anhaltspunkte zum Verständniss der Con- struction des Schädels nicht sonderlich gross ist, so werde ich mir nicht die fruchtlose Mühe geben, das ganze Detail des Schädels er- läutern zu wollen, indem solche Demonstrationen, als eines sichern Grundes und Bodens entbehrend, mir völlig nutzlos erscheinen. Ich *) Ich will hier bemerken, dass ich auf der Abbildung gleich die auf der Gegenplatte haftenden Stücke habe eintragen lassen, um nicht zwei Tafeln liefern zu müssen. 134 werde mich demnach auf die Deutung einzelner Schädeltheile nur in so weit einlassen, als mir dazu ein einigermassen sicherer Anhaltspunkt gegeben ist, und diese Beschränkung kommt mir um so räthlicher vor, da bekanntlich die Schädel-Construction des Ornitho- cephalus wesentlich von allen Typen der lebenden Saurier abweicht, und daber von diesen aus für das Verständniss jener in solchen kritischen Fällen wie der vorliegende wenig gewonnen wird. Als sicherster Ausgang zur Deutung der Schädeltheile scheint mir hier die Nasenhöhle [a] zu dienen, deren Lage nicht bloss aus andern Exemplaren bekannt, sondern auch am vorliegenden unver- kennbar ist. Ihre vordere, obere und untere Begrenzung zeigt sich sehr scharf; minder sicher ist es ihre hintere, doch möchte sie durch die, von einem eigenthümlichen Knochen durchsetzte Brücke [b] ge- geben seyn, da wenigstens der vom Schädeldach ausgehende Fort- satz dieser Begrenzung anzugehören scheint. In diesem Umfange ist die Nasenhöhle wie bei O. longirostris von einer bedeutenden Grösse und von einer langgezogenen Form; von einer innern Scheide- wand sieht man keine Spur, so dass man auf nares perviae schliessen darf. Die mittlere Höhle, die allen Exemplaren zukommt, möchte dann wohl zwischen dieser Knochenbrücke und einem weiter da- hinter liegenden aufsteigenden Fortsatze liegen, hinter dem die Augenhöhle [e] kommt, deren Begrenzung allerdings ganz verwischt ist, die aber nach der Analogie anderer Arten nirgends weiter ihren Platz als gerade hier haben kann. Irre ich nicht, so zeigt sich [d] sogar ein Segment von einem einfachen Knochenring, wie er in der Augenhöhle anderer Oruithocephalen gefunden wird. In und unter dieser Region kommen verschiedene Knochen zum Vorschein, die ich bei ihrem mangelhaften Zustande nicht zu deuten wage. Die Lage des Quadratbeines [e] ist ersichtlich, aber der dritte Hals- wirbel hat sich dermassen an selbiges angedrückt, dass seine Form 135 nicht genau bestimmt werden kann; nur so viel lässt es erkennen, dass es schief von hinten nach vorn herabsteigt. Das Hinterhaupt ist abgerundet, aber da es bei der Spaltung der Platte sich eben- falls halbirt hat, so ist dadurch seine nähere Construction nicht mehr zu erkennen. Der Unterkiefer [f.] ist stark und zeigt eine ähnliche, nur weit länger gestreckte Form wie der ©. crassirostris. — Aus Vorstehendem geht hervor, dass der Schädel des 0. ramphasti- nus in seinen allgemeinen Formen mit dem der langschnäbligen, kurzgeschwänzten Ornithocephalen übereinkommt. Von guter Erhaltung ist die Mehrzahl der Zähne. Im Ober- kiefer zeigen sich auf dessen rechter Hälfte noch 10 Zähne, deren Anzahl hiemit jedoch noch nicht erschöpft ist, da die Spitze des- selben auf beiden Platten fehlt. Dass sie noch weiter vorwärts gereicht haben, zeigt sich schon an dem vordersten Zahn [g], der unmittelbar an der Bruchstelle des liuken Oberkiefers sich findet; die Wurzeltheile von 3 andern Zähnen derselben Seite sind eben- falls noch deutlich vorhanden. — Der Unterkiefer derselben Platte hat noch 9 Zähne aufzuweisen; auf der Gegenplatte aber sieht man, dass auf der losgerissenen Unterkieferspitze ebenfalls 4 Zähne, wo- von die 3 vordersten nur ihre Eindrücke zurückliessen, enthalten waren, und dahinter zeigt sich auf dem vom Unterkiefer herrühren- den Eindruck noch eine Reihe von 7 Zähnen, von denen jedoch nur der vorderste seine Zahnsubstanz conservirt hat. Die Zähne im Oberkiefer fangen erst der Mitte des Nasenloches gegenüber an aufzutreten; die unteren kommen sogar erst noch weiter vorwärts zum Vorschein, inden sie nämlich erst vor dem vierten obern Zahn beginnen. Obschon der wenig aufgesperrte Rachen hinter den letz- ten Zähnen des Oberkiefers sich gleich schliesst, so scheint es doch nicht, als ob dahinter, wenigstens in der obern Kinnlade, noch Zähne nachfolgen möchten, da die obern sich wohl bemerklich machen 136 würden, . wenn. sie vorhanden. wären. „Die Zähne stehen ziemlich geräumig, die untern, den obern entsprechend, sind glatt, ohne Kan- ten, etwas bauchig kegelförmig und sehr wenig gebogen, fast ge- rade, wovon nur die der Unterkieferspitze eine Ausnahme machen, da diese merklich gekrümmt, zugleich aber auch schmächtiger sind. Sie sind innen hohl, was besonders deutlich an den abgebrochenen Wurzelstücken der beiden vom linken Oberkieferast vorhandenen Zähne wahrzunehmen ist. Für die Grösse des Schädels und im Vergleich mit denen des 0. crassirostris, Münsteri und Gemmingi, sind die Zähne kurz; ihr relatives Verbältniss zu einander giebt un- sere Abbildung zu erkennen. Wirbelsäule und Brustbein. Von einer auffallenden Länge und Stärke ist die Reihe der Halswirbel [h.1—h. 7], noch mehr als. selbst ‚bei dem sehr robusten O. crassirostris. Obwohl die obern sehr zerrüttet und die untern bei der Spaltung der Platte ebenfalls ihrer Länge nach zertheilt wurden, so lassen sich doch ‚ganz bestimmt unter ihnen‘ 5 an einan- der gereihte Wirbel vollkommen scharf von einander unter scheiden. Unterhalb des letzten von diesen sieht man noch eine längliche Knochen- masse, die indess ihre Form dermassen verloren hat, dass man dar- wach ihre Bedeutung nicht ermitteln kann; ihrer Lage nach könnte sie aber den letzten Halswirbel vorgestellt haben. Wäre diess nicht der Fall, so würde die oberhalb der 5 an einander gereihten Hals- wirbel liegende und stark beschädigte Knochenmasse den ersten und zweiten Halswirbel zugleich gebildet haben, obschon sie mir doch alsdann etwas zu kurz erschiene. Sie mag daher wohl nur den ersten Halswirbel ausmachen, und die andere unbestimmte untere Masse würde sich alsdann als Ueberrest des siebenten Halswirbels ausweisen., Diese Wirbel sind alle von einer sehr robusten, seit- “ 137 lich stark ausgeschweiften Form und mit kräftigen Gelenkfortsätzen versehen. Mit dem Beginn der Rückenwirbelsäule müssen wir die Gegen- platte zu Rathe ziehen, da von ihr auf der Hauptplatte .nur ein schwacher Eindruck Kunde gibt, während sie mit ihrer Knochen- masse auf jener haftet*). Diese ganze Reihe liegt auf der Rücken- seite und bietet demnach blos die Bauchseite der Betrachtung dar. Alle diese Wirbel sind im Verhältniss zur Grösse des Thieres und insbesondere der enormen Entwicklung der Halswirbel sehr klein; unter sich sind sie an Länge und Stärke wenig verschieden. Vom Beckenrande an aufwärts lassen sich 13 Wirbel in scharfer Ab- grenzung unterscheiden; die weitere Strecke bis zum Anfang der Rumpfwirbel ist völlig unkenntlich, doch würden auf diesem Raum 3 andere Wirbel noch Platz gefunden haben. Hinsichtlich der Ver- theilung dieser sämmtlichen Wirbel an die verschiedenen Rumpf- regionen ist ein Anhaltspunkt dadurch gegeben, dass auf der einen Seite 11—12 Rippen, als von dieser ausgehend, sich aufzählen lassen. Unterhalb der rippentragenden Wirbel fi, 1— 1,7] folgen als- dann bis zum Becken, welches die Fortsetzung derselben verdeckt, noch 6 Wirbel ohne Rippen [k, 1—k, 6]. Davon liegen die bei- den ersten schon innerhalb des Raumes, welcher von den aufstei- enden Hüftbeinen äusserlich begrenzt wird; von ilıren Querfortsätzen ist nur noch der eine theilweise erhalten und dieser zeigt eine ho- rizontale Richtung, ohne das weit davon abliegende Hüftbein zu er- reichen. Darunter folgen zwei andere Wirbel, gleren Qnerfortsätze *) Die ganze Rumpfwirbelsäule nebst dem Becken habe ich von der Ge- genplatte gleich auf unserer Tafel eintragen lassen aus dem schon vor- hin erwähnten Grunde. Abhandlungen der U. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. Vl. Bd. 1. Abth. 18 135 robuster und stark abwärts gerichtet sind, und die Hüftbeine er- reichen, was namentlich an den Kortsätzen der untern dieser beiden Wirbel deutlich gesehen werden kann. An ihrer Verbindungsstelle stossen sie mit den mehr horizontalen Fortsätzen des unter ihnen liegenden Wirbels zusammen. Der letzte dieser 6 Wirbel ist be- reits zu viel verdeckt, als dass sich seine Querfortsätze noch er- kennen liessen. Es dürften demnach von den 6 rippenlosen Wirbeln, die sich auf unserer Platte vorfinden, die beiden obersten als Lendenwirbel und die darunter liegenden 4 Wirbel als Kreuzbeinwirbel. betrach- tet werden. Wie viele Wirbel noch das Ende der Wirbelsäule bilden möchten, lässt sich an unserem Exemplare nicht ausfindig machen, da dieses ganze Ende durch das Becken verdeckt ist. Aus dieser Verdeckung lässt sich nur so viel mit Sicherheit schliessen, dass unser neues Exemplar den Arten mit rudimentärem Schwanze sich anreiht. — Was die rippentragenden Wirbel, d. h. die eigent- lichen Rücken- oder Brustwirbel anbelangt, so gehören alsdann die 7 obersten dieser Ordnung an, und da ich mit ziemlicher Sicherheit glaube annehmen zu dürfen, dass von der einen Seite des Rück- graths 11—12 Rippen ausgehen, so dürften nicht unter 12 Rücken- wirbel vorhanden gewesen seyn, aber auch nicht leicht mehr als etwa noch einer, da für mehr der Raum nicht ausgereicht haben würde. — Sämmtliche Wirbel sind kurz, dick, glatt und ohne Kiel; die beiden vorletzten scheinen etwas schmächtiger. Die Querfort- sätze der Rückenwirbel sind ziemlich stark, doch haben sich von ihnen nur wenige gut erhalten. Von den Rippen [1,l] haben die obersten gegen ihr Rückenende eine ziemliche Stärke, werden aber tiefer herab immer mehr gräthenartig. Eine Verbindung mit dem Brustbeine ist nicht ersichtlich, wohl schon 139 desshalb nicht, weil letzteres aus seiner natürlichen Lage verrückt ist. Von Bauchrippen in situ zeigt sich nichts; dagegen könnte als eine solche die zwischen dem rechten Ober- und Unterschenkel lie- gende, in der Mitte articulirte Rippe [m] betrachtet werden. Das Brustbein [n] stellt seinen ganzen Umriss dar, wenn gleich die dünne Knochenmasse, aus der es besteht, hier und da abge- sprungen ist. Es bildet ein sehr bauchig ausgebogenes Halhoval von bedeutender Grösse, au dessen geradem Rande in der Mitte ein knopfartiges Knochenstück eingesenkt ist. Seine Oberfläche er- scheint glatt und nur wenig gewölbt, was Letzteres indess wohl blos Folge des starken Druckes, den das ganze Gerippe bei seiner Ablagerung in der Gesteinsmasse erlitten hat, seyn wird. Von allen bisher abgebildeten Exemplaren zeigt das vorliegende am besten die Beschaffenheit des Brustbeines an. . Becken. Während alle andern bisher bekannten Exemplare von Ornitho- cephalen aus den lithographischen Schiefern das Beckengerüste nur von der einen Seite oder von der Rückenregion her zur Betrach- tung darbieten, zeigt sich dagegen bei unserem ©. ramphastinus das Becken von seiner Bauchseite, also so, wie es auch das von Buck- ‚land *) abgebildete Exemplar des aus den Liasschiefern abstammen- den Pterodactylus macronyx aufzuweisen hat, mit dem es so ziem- lieh die gleichen Verhältnisse gemein zu hahen scheint. Diese Lage ist übrigens zur Deutung des Beckens durchaus keine günstige, da dessen Bauchwandungen flach niedergedrückt und dadurch in ihren Formen mehr oder minder alterirt sind. *) Transact. of Ihe geolog. Society. 2. series. Vol. II. tab. 27. 18* 140 Das linke Pfannengelenke liegt aufgedeckt da und lässt wahr- nehmen, dass es aus 3-Knochen zusammengesetzt ist. Von der Hinterseite her trägt zu seiner Bildung das Hüftbein [o] bei, das von derselben Form wie bei den andern Arten ist. Von vorn und unten schliesst sich ein grosser flacher Knochen [p] an, dessen Bedeutung als Sitzbein nicht verkannt werden kann. Auf diesen setzt sich oberhalb e'u anderes schmales, aber solides Knochenfrag- ment [g] an, das durch Nath von dem Sitzbeine getrennt erscheint, das obere Stück der Pfanne ergänzt, und dadurch sich als Basis des Schambeines ausweist. In der Mitte seiner Verbindung mit dem darunter liegenden Sitzbeine zeigt sich ein kleines Loch, von dem aus längs des letzteren Knochens herab eine Trennungslinie verläuft, die ich indess nicht für eine Nath, sondern blos für eine Bruchlinie ansehen kann. Noch unvollständiger als das Sitzbein ist das Schambein, indem dessen flügelartige Aushreitung gänzlich verloren gegangen ist. Das rechte Schambein [r] ist aus seiner natürlichen Verbindung losgerissen und hat nur eine Spar von seinem Flügel behalten; da- gegen stellt sich dieser auf der andern Steinplatte im grössten Theil seiner Ausbreitung, wenn auch mit beschädigten Rändern, dar. Das rechte Hüfibein ist deutlich, dagegen scheint das Sitzbein derselben Seite ganz abgerissen zu seyn. Vorderglieder. Das Schultergerüste ist auf beiden Rumpfseiten zum grossen Theile erhalten. Das Schulterblatt [s, s] bildet wie bei den andern Arten einen ziemlich langen, aber schmalen Knochen, der sich je- doch gegen die Verbindungsstelle mit dem Hakenschlüsselbeine [t, 1] merklich ausbreite. Von welcher Art diese Verbindung ist, 141 kann nicht ersehen werden, da an dieser Stelle die Kuochenmasse zersplittert ist. Das rechte Schlüsselbein wendet sich noch mit sei- nem innern. Ende dem Brustheine zu, von dem es jetzt wohl losge- rissen ist, mit ihm aber ursprünglich in Verbindung war, und zwar hat wahrscheinlich der Knopf in der Mitte des horizontalen Randes die Insertionsstelle für die beiden Schlüsselbeine abgegeben. Die Form dieser letztern ist länglich und im grössten Theil des Ver- laufes ziemlich eylindrisch. _ Wie bei den Krokodilen fehlen die eigentlichen Schlüsselbeine, die andern Sauriern eigenthümlich sind. An der Gelenkung beider Knochen des Schultergerüstes liegt auf beiden Seiten der Oberarmknochen [u, u] ein starker Knochen, dessen flügelartige Aushreitung am obern Ende bier mit scharf ge- zeichneten Umrissen wahrnehmbar ist. — Ueber den Vorderarm kann man auf der rechten Seite nicht zweifelhaft seyn, sondern man wird ihn gleich in v erkennen, wenn ‚auch die Verbindungsstelle mit dem Oberarm über die Grenze unserer Platten hinausfällt. Da- durch, dass seine Knochenmasse bei der Spaltung der Tafel zum Theil der einen, zum Theil der andern Platte anhängend geblieben ist, hat sich der Vortheil ergeben, dass man eine Sonderung in zwei Knochen [Ellenbogenbein und Speiche] erkennen kann, Etwas schwieriger hält es den Vorderarm auf der linken Rumpfseite her- auszufinden, da hier die Knochen der vordern Extremität bedeutend auseinander geworfen sind. Der Analogie mit dem rechten Vorder- arn nach kann jedoch der linke durch keinen ‚andern als durch den mit v’ bezeichneten Knochen repräsentirt werden. Wir kommen jetzt zur Betrachtung der Hand. An der rechten Extremität lässt sich ganz scharf derUmfang der Handwurzel [w] erkennen, und wenn auch ihre Knochenmasse vollständig fehlt, so sind doch Eindrücke von Knöchelchen im Iunern dieser Handgegend 142 zurückgeblieben. Daran schliesst sich auf dieser Seite in natürlicher Verbindung die Mittelhand [x] an, die hier einen langen starken Knochen und neben ihm einen schwachen griffelförmigen wahrnehmen lässt. Ersterer gehört dem Ohrfinger, letzterer einem der kleineren innern Finger an. — Wenden wir uns auf die linke Rumpfseite hinüber, so haben wir bei der Zerrüttung der linken Extremität schon mehr Mühe uns zu orientiren. Von einer Handwurzel ist daselbst nichts mehr wahrzunehmen; dagegen ist der isolirte quer-. liegende Knochen [x] kein anderer als der grosse starke Mittelhand- knochen und zwar des Öhrfingers, während die drei andern [x 1, x 2, x 3], für die innern Finger gehörigen, griffelförmigen Mittel- handknochen zwar von ihm abgesprengt, aber doch noch in seiner Nähe abgelagert sind. Unmittelbar an den starken Mittelhandknochen der rechten Ex- tremität schliesst sich das erste Glied des langen Ohrfingers |y] an; aber schon dieses hat noch vor seinem ursprünglichen Ende seine Begrenzung durch den Rand der Platte gefunden und die ihm nach- folgenden Phalangen fehlen demnach. Von den andern 3 Fingern finden sich allerdings bei z Spuren, aber nur in etlichen zerstreuten Phalangen, aus denen sich die Finger nicht mehr construiren lassen. — An der linken Extremität können wir uns hinsichtlich der Finger mehr Aufschluss erholen, so verworfen auch gerade dieser Theil der Hand ist. Der lange Knochen [1], der hinter dem Schädel bis unter das untere Ende des Oberarmknochens sich herab erstreckt, kann für nichts anderes als das erste Glied des Ohrfingers genom- men werden. Das zweite Glied desselben bildet der Knochen [2], und das dritte der Knochen [3]. Das vierte oder das spitze End- glied fehlt wohl ganz, denn der durch die Schädelgruben verlaufende griffelföormige Knochen [4] könnte zwar, wenn er nicht als dem Ziuungenbein angehörig angesehen werden dürfte, für ein solches End- 143 glied erklärt werden, würde dann aber mit mehr Wahrscheinlichkeit der rechten Extremität zuzuweisen seyn. Auch die andern Finger der linken Hand lassen sich bei einigem Suchen, leichter herausfin- den als die der rechten Hand. Zuvörderst zeigt sich uns am untern Ende des Vorderarmes der erste Finger in seiner ganzen Vollstän- digkeit [5]; aus 2 Gliedern bestehend, von denen das vorderste die gebogene starke Kralle trägt. In der Nähe liegen noch etliche Phalangen [6, 7], aus denen sich jedoch die andern Finger nicht vollständig zusammensetzen lassen; die beiden Krallen derselben sind indess wirklich vorhanden [8, 9], freilich aus ihrer natürlichen Verbindung weit losgerissen. Hinterglieder. Die hintern Gliedwassen sind am besten auf der linken Rumpf- seite. erhalten und. daher wenden wir uns zuvörderst der linken Extremität zu. Der Oberschenkelknochen [10] liegt noch mit seinem Kopfe in der Pfanne, ist schwach gekrümmt und merklich schwä- eher als der Oberarnknochen. In Verbindung mit ihm liegt der Un- terschenkel, aber nicht in seiner gewöhnlichen Richtung nach hinten, sondern er ist nach. vorn gedreht, so dass er unter dem Vorder- ende des Vorderarmknochens sich bis zum untern Einde des Hume- . rus hinzieht. Er ist beträchtlich länger als der Oberschenkelknochen und lässt au seinem obern Ende deutlich‘ die Trennung in Schienbein [11] und Wadenbein [12] erkennen; das letztere bildet einen dün- nen Griffel, der bald mit dem Schienbeine verschmilzt. Die Fusswurzel ist grösstentheils durch die Knochen der vor- dern Extrewität verdeckt, doch zeigen sich einige unbestimmte Ein- drücke von den dieselbe zusammensetzenden Knöchelchen. Dicht ne- ben dem Vorderarme ist der Mittelfuss [13] mit seinen Zehen [14] 144 abgelagert und ein Steinriss neben ihm sondert ihn von der untern Hälfte der Platte. Dicht neben einander liegen 4 lange Mittelfuss- knochen, doch hat keiner von ihnen die Knochenmasse in seinem ganzen Verlaufe erhalten. An diese setzen sich eben so viele Zehen an, von denen die der Spalte zunächst liegende kleiner als die an- deren ist, unter denen die Verschiedenheit in der Länge nicht sehr erheblich scheint. Das relative Verhältniss in der Länge der Zehen wird ganz dasselbe wie bei ©. longirostris und O. Kochii seyn. Die Anzahl der Phalangen bei den einzelnen Zehen kann nicht bei allen mit voller Sicherheit angegeben werden, da diese Theile et- was gelitten haben. Die dem Steinrisse zunächst liegende Zehe scheint nur aus 2 Gliedern zusammengesetzt, wovon das vordere die Kralle trägt. Die nächstfolgende Zehe besteht aus drei Pha- langen, nämlich zwei walzigen und dem Krallengliede. An den 2 anderen Zehen lassen sich dieselben Phalangen deutlich wahr- nehmen, da aber die beiden walzigen nicht unmittelbar aneinander stossen, so bleibt ein Raum übrig, in dem sich noch 1 oder 2 kleine Phalangen wie bei ©. longirostris und ©. Kochii einfügen könnten. Das grösste Glied ist wie bei diesen immer das, welches unmittelbar hinter der Kralle liegt. Von dem Rudiment einer fünften Zehe lässt sich keine Spur wahrnehmen, woraus freilich ein ursprünglicher Man- gel derselben nicht gefolgert werden darf, da bei der Einpressung des Fusses zwischen dem Vorderarme und dem Steinrisse dieses Rudiment verloren gegangen seyn kann. Die Zebenkrallen haben eben- falls eine sichelförmige Gestalt wie die Fingerkrallen, stehen aber an Länge und Stärke den letzteren beträchtlich nach. Aus allen die- sen Verhältnissen wird es klar, dass bei unserem ©. ramphastinus die Beschaffenheit der Hände und Füsse ganz mit ‘der des 0. lon- girostris und ©. Kochii in Uebereinstimmung stehen wird. Von der rechten hintern Extremität ist Oberschenkel [10] und 145 Unterschenkel sichtlich mit seiner Trennung in Schienbein [11] und Wadenbein [12], dagegen fehlt der ganze Fuss; auch nicht die Spur eines Eindruckes ist yon ihm übrig geblieben. Noch (ist schliesslich auf.2 lange dünne Gräthen aufmerksam, zu mächen, die in der Nähe der rechten Mittelhand liegen . [45. »+46-} H. v. Meyer *)| erwähnt. ebenfalls von einem zweiten‘ Exemplare des O. longirostris eines gräthenartigen Knochens, “der vom ’untern Ende, des, linken Vorderarms abgeht und in dem er eine ver- knöcherte Sehne wie bei den Vögeln sieht. ‚Vielleicht mögen diese Gräthen zur Unterstützung ‚der Flughaut gedient haben. G | Dimensionsverhältnisse. An Grösse \übertrifft unser 0. ramphastinus ‚weit, alle andern Gerippe, ‚die sich von dieser Gattung in ‚grösserer ‚oder ‚geringerer Vollständigkeit erhalten haben.‘ .Es ist‘ aber nothwendig zur Ver- gleichung mit ‘andern Arten auch ‘noch die wichtigsten seiner Di- mensionsverhältnisse in’ Ziffern auszudrücken, ‘wohei jedoch gleich zum voraus bemerkt werden muss, dass, da nicht immer die Enden der Knochen im guten Stande‘ erhalten sind,‘ den Messungen nur eine, annähernde, Bedeutung ‚beizulegen_ ist. ı Beigefügt, sind, auch einige Ausmessungen des .O. crassirostris, die ich theils den An- ‚gaben you, ‚Goldfuss, heils , km, Fiabeness von, diesem Exemplare entnommen ‚babe. ,, ,.. u ———— ı 119 s >) Jahrb. für’ Mineral) 4850.'8. 200. uud ala ' unto\V or JE Indm 1 Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, VL. Bd. I. Abth. 19 146 O0. ram- !O. crassi- phastinus.| ; rostris. Länge des Schädels, so weit noch dessen Knochenmasse er- halten ist . $ RE hl Muthmassliche ganze Länge aöibölben ohngefälhr 3 BI aNET 20 Länge .des ganzen Unterkiefers 6 N — des Halses beiläufig . 56 2,9 — ..des Rumpfes bis zum. untern Kunde) Zi Sitzbeines ohngefähr . ! Au. 2 7,0 — des Oberarmes [nach der N. en ee — der Handwurzel und Miltelhand . BITER. SU AAO — des ersten Glieds des u ah mindestens 36,27% — des zweiten > : 3. Uos Tv2raag — nicht vollständig conservirte, des Hüfbeins 1.» 9dri2 PHQ2 — des Oberschenkels PER SE rn, — des Unterschenkels 3:65. 2, >10 — Fusses beiläufig . ı 1 — des ersten Lendenwirbels '. 0 24 |90412 Breite des Brustbeins "längs seines laden Hänlles 16414003 Längsdurchmesser desselben in''der Mitte des ‚geraden’ Randes| 1 3 18.0 | 12 0 Länge. des ganzen Körpers bis' zur Kieferspitze ‚ohngefähr Vergleichung mit, andern Arten. "Von allen bisher bekannt gewordenen Arten braucht mit unse- rem 0. ‚räinpllasfihus zur Ermittelung seiner specifischen Selbststän- digkeit nur der 0. crassirostris in "nähere Vergleichung gebracht zu werden, denn seine Verschiedenheit von den "andern Arten leuchtet auf dem ersten Anblick ein. Dagegen hat er mit dem O. cras- sirostris die robustere Gestalt und insbesondere, den kräftigeren Bau des Schädels gemein, so dass die Vermuthung entstehen könnte, es möchte unser Exemplar nichts weiters als der erwachsene Zu- stand des letztern seyn. Dass dem jedoch nicht so ist, kann zur Evidenz erwiesen werden. 147 Es steht nämlich :1): bei O0. raniphastinus der enorme, -Schädel mit dem schwachen Rumpfe in einem solchen Missverhältnisse, dass die Länge des ersteren fast das Doppelte von der des letzteren ausmacht, während bei ©. crassirostris der Rumpf und Schädel an Länge sich fast gleichkommen oder vielmehr der erstere noch etwas überwiegt. Eine solche; Verschiedenheit hängt,nach allen Erfahrungen nicht von individuellen Differenzen, wie des Alters oder Geschlech- tes ab, sondern beruht auf‘ angehorner Arten-Verschiedenheit. Die- ses Merkmal allein wäre ausreichend, um, die specifische Selbststän- digkeit des O. ramphastinus ausser allen Zweifel zu setzen. 2) Während aber die Länge des Schädels vom 0. ramphasti- nus fast das Doppelte von der des O. crassirostris beträgt, sind die Zähne des letzteren nicht hlos relativ, sondern auch absolut länger als die des ersteren, Es ragt nämlich der längste Zahn im Ober- kiefer des O. crassirostris 5 über den Kieferrand hervor, bei O. ramphastinus nur 3% Linien. _Hiezu kommt noch, dass bei letz- terem die meisten Zähne fast gerade, bei ersterem aber alle stark gekrümmt und zugleich schlanker sind. 3) Ein ähnliches Missverhältujss ergiebt sich auch hinsichtlich der Dimensionsverhältnisse der Vorderkrallen. Bei O. erassirostris sind diese gegen 6'" laug und am Grunde fast 3‘ breit; bei O. ram- phastinus sind sie blos 33‘ lang-und nicht ganz 2‘ breit., Bei dem weit grösseren Thiere win man verhältnissmässig weit längere und stärkere Krallen ale! bei. dem. kleineren‘. Thiere zu ‚erwarten ar I Aare ; " E De sicltinoah, ‚etliche ‚andere Dißetenzei angaben, die indess von minderer Bedeutung sind und zum Theil auch schon aus den Ausmessungen ersehen werden können. "Die angeführten sind 192 148 vollkommen‘ ausreichend; um die Aufstelldng des iD. ramphastinus als: einer 'neuen Art Zu: rechtfertigen. II. Ornithocephalus dubius. Tab: 2. Fig. 1. ‚ Nachdem ich im Vorhergehenden eine neue Art von Ornitho- cephalus kennen gelehrt habe, will ich den ansehnlichen Vorrath von andern Exemplaren, die mir zu Gebote stehen, benützen, um die nur unvollständig gekannten genauer zu schildern, und um bei den schon beschriebenen auf bisher nicht ‚gehörig beachtete oder auch zum Theil nicht richtig gedeutete Verhältnisse aufmerksam zu machen, damit in solcher Weise ich mir den Weg bahne zur Lö- sung der schwierigen Frage, oh die vielen bisher aufgestellten Ar- ten vor einer strengern Prüfung die Probe auszuhalten vermögen. Bekanntlich kommt bei dieser Gattung der seltsame Umstand vor, dass sie — wenigstens gilt diess von den in den lithographischen Schiefern abgelagerten Ueberresten — fast eben. so viel Arten anf- zählt, als bisher Exemplare gefunden wurden. Dieser Umstand ist denn doch geeignet zu einer kritischen Prüfung des Materials auf- zufordern, um auf solche Weise über die Selbstständigkeit der bisher aufgestellten Arten ein motivirtes Urtheil abgehen zu können. Den Anfang soll der Ornithocephalus dubius machen. Graf Münster ist es, der in seiner Sammlung dem Rumpfstück eines’ ‘Or- nithocephalus den Namen Pterodactylus dubius beilegte, ohne je- doch weitere Erwähnung von ilm zu thun. Erst H. von Meyer *) *) Jahrb. für Mineralog. 1843. S.. 584. 149 brachte jenen Namen: zur: Publicität, doch: beschränkte er sich da- bei Auf eine kurze Notiz von der Beschaffenheit des Kreuzbeins und fügie dieser später bei seiner ‚Beschreibung des Pterodactylus Gemmirigi gelegentlich noch ein Paar ändere bei. ‘Dieses Exeniplar erfordert demnach, eine vollständige Beschreibung, und da beivihm einige: Stücke’ des Kuochengerüstes in: 'grösserer Denutlichkeit ‘als! bei andern ähnlichen Ueberresten: vorliegen, so habe ich auch auf Tab; 2. Fig. 1. eine Abbildung davon anfertigen: lassen. Das Exemplar, 'woranf Mänster seinen Pterodactylus dubius begründete, ist ein Rumpfstück, dem Schädel, ‚Hals und fast alle Theile der. Gliedmassen fehlen, das aber die Rumpfwirbelsäule, das Beckengerüste, das Brustbein und die Rippen in: ziemlicher Deutlich- keit aufbewahrt hat. Die Wirbelsäule liegt mit der Bauchfläche auf der Steinplatte und zeigt also: ihre Rückenseite. ‘Die Ablage- rang ‚dieses: Geripp-Fragmentes muss sehr ruhig vor sich gegangen seyn, ‚da die Wirbel unverrückt und selbst viele Rippen noch ın ihrer ursprünglichen Gelenkung geblieben sind. ‚Nur das Brustbein ist, vgrdrebt und die Bauchwandungen des Beckens sind auf die Seiten: gerückt.) Rumpfwirbelsäule. Zuerst "will ich versuchen die Rumpfwirbelsäule in ihre ver- schiedene‘ Arten von Wirbeln zu zerlegen. Als Anhaltspunkt dient ir" dabei der unterste rippentragende Wirbel [10]. Diesen mit eingerechnet sind alle ober ihm folgenden Wirbel als Rückenwirbel zu "betrachten, denn wenn auch der oberste ‘derselben mit keiner Rippe mehr in Verbindung steht, so kann’ 'er doch seiner ganzen Form nach zu keiner andern Wirbelsorte als’ zu dieser gehören. Somit hätten wir also 10 Rückenwirbel gefunden. Nach oben ist 150 jede weitere Orientirung unmöglich, da von dort an: das ganze obere Stück der Wirbelsäule zugleich mit ‘dem Sehädel fehlt. Nach un- ten kann es in Frage: gestellt werden, zu welcher Kategorie der zunächst darunter folgende ‘Wirbel [11] gehört.‘ ‚Seine Form‘ ist ganz wie die des vorhergehenden rippentragenden Wirbels ; da’ je- doch an’ seinen Querfortsätzen ‘keine Rippe, wie es'bei allen vor- hergehenden der Fall ist, ansitzt, auch nicht einmal ein Eindruck von derselben wahrnehmbar ist, und da 'er ferner bereits in die von den Hüftbeinen gebildete Region hineinreicht, so könnte sein Rippen- mangel ein ursprünglicher seyn und er wäre alsdann der erste Len- denwirbel. Solcher Wirbel folgen unterhalb noch 2 nach und wir hätten demnach 3 Lendenwirbel anzunehmen. Meyer”) unterschei- det an unserem Exemplare die Rückenwirbel nicht von den Lenden- wirbeln,' ‘denn wenn er von demselben bemerkt, dass er an ihm 43 Rückenwirbel gefunden habe und dass vorn einige weggebrochen schienen, so begreift er damit beide Sorten von Wirbeln unter dem Namen der Rückenwirbel, wie er denn: auch der: Lendenwirbel bei diesem Individuum nicht besonders erwähnt, sondern nur beifügt; dass die Zahl der Wirbel, aus denen das Kreuzbein desselben 'zusapımen- gesetzt ist, nicht unter 6 betragen haben konnte, und dass es durch die Gegenwart von sogenannten Kreuzbeinlöchern dem der Vögel gleiche. Dieses Kreuzbein beginnt mit dem Wirbel [14]; ‚dessen. beide Querfortsätze schief abwärts gegen .die Hüftbeine verlaufen; ein an- derer ähnlicher, Wirbel -f15] scheint darunter, gelegen zu .baben, doch ist derselbe zu sehr zerstört, um etwas Sicheres 'bierüber an- geben zu können. ‚Unterhalb desselben folgen-.4 ‚andere flache, ‚durch Näthe deutlich von einander 'abgegrenzte Wirbel, deren beide Sei- tenränder abgesprengt sind und. die Fortsetzung, des Kreuzbeines ausmachen. Demnach hätten. wir. für: letzteres. 5 oder; ;6.!Wärbel, 151 von (denen die 4 letzten an den Rändern Eindrücke wie von kleinen Löchern zeigen.‘ Dann folgt das kurze, nur wenig über der untern Beckenwand 'vorragende, aus mehreren kleinen Wirbeln bestehende Schwänzchen, deren Anzahl sich indess bei der Undeutlichkeit die- ser Parthie nicht genau angeben lässt. An den Rückenwirbeln ist die ganze obere Parthie weggerissen, dagegen haben sich die Querfortsätze sehr gut erhalten und zeigen wie 'bei den Krokodilen zwei Gelenkflächen, an denen sich das ca- pitulum und tuberculum ' costae einlenkt. Die den Querfortsätzen noch vansitzenden Rippen laufen als einfache, etwas gebogene Gräthen aus und endigen stumpf, was darauf hindeuten dürfte, dass sie hier in Verbindung standen mit vom Brustbeine ausgehenden Rippenstücken, die ‚aber von »knorpeliger Beschaffenheit gewesen seyn mochten, weil von ihnen nichts mehr wahrzunehmen ist. Beckengerüste. Von besonderer Wichtigkeit ist bei diesem Exemplare das Beckengerüste, von dem zwar nur wenig Knochenmasse übrig ge- blieben ist, das aber doch meist scharfe Eindrücke hinterlassen hat. Wie gewöhnlich zeigen die Hüftbeine [a. a] eine lange säbelför- mige’ Gestalt und endigen sich unten mit einem Haken wie bei den meisten Säugthieren, nur dass er bei’ diesen nicht vom Hüft-, son- dern vom Sitzbeine gebildet wird. Es hat allerdings beim ersten Anblick den Anschein, als ob diese untere Abtheilung wirklich nieht mehr ‘dem’ ersteren, sondern dem letzteren Knochen angehöre, denn man siehtVan' beiden Hüftbeinen in der Pfannengegend eine Quer- theilung, allein diese ist nur durch die, wahrscheinlich durch Ab- wärtsbiegung der Kriochen an dieser Stelle veranlasste, Abspreng- ung der Knochenmasse erfolgt und der Grabstichel’hat nachgeholfen, 152 indem. ein Querstrich' desselben) die! meiste Knochenmasse hier»in der dunkleren Umgebung »entblöst hat. Diese Absonderung; ist: demnach keine ursprüngliche, ‘sondern eine‘ spätere und: grösstentheils "künst+ liche. Wäre sie eine ursprüngliche und ‚demnach ‘der «untere: Theil des langen säbelförmigen Knochens als absteigender, Asti.des' Sitz- beins zu betrachten, so müsste von letzterem ein aufsteigender Ast ausgehen, was aber nicht der Fall ist. Im Gegentheil' sind die bei- den Sitzbeine [b.b.] ganz von diesem untern Fortsatz (gesondert) und stossen nur, im der Art :wie bei den’ Krokodilen, seitwärts und ‘ab- wärts, nicht 'hinterwärts, mit‘dem Hüftbeine in: der Pfannengegend zusammen. Ihre ‘gegenseitige Verbindung kann keine innige gewesen seyn, da sie sich so leicht und ‚ohne Beschädigung‘ getrennt (haben. Diese Knochen bieten an ihrem Symphysenrande eine’ besondere Bildung dar, deren Deutung ‘mir anfänglich viele -Schwierigkeiten gemacht hat, zumal da von der Knochenmasse nichts als ein leiser Anflug zurückgeblieben und also zur nach ihrem Eindrucke zu ur- theilen ist. Das rechte Sitzbein lässt dieses Verhältuiss noch am klar- sten erkeunen, Wie gewöhnlich ‚stellt es einen flachen, am untern Eude sich erweiternden Knochen dat, und zeigt also, in so weit ‚nichts Besonderes. Allein ganz eigenthümlich ist es, dass ihm oben, durch einen kurzen Stiel ein hammerförmiger. Theil angesetzt, ist, ‚der; mit ihm ‚auswärts. eine; elliptische Ausbuchtung ‚hervorbringt. | Beim ersten Anblick: ‚hatte ich diesen hammerförmigen. Eortsatz, für den Eindruck des ‚ohern Endes vom Femur gebalten, dessen Körper hier abge- brochen: wäre. Eine genauere Besichtigung ‚jedoch zeigte, dass nicht blos das ans Pfannengelenk ‚angrenzende Ende dieses. Eindruckes eine ‚ganz, andere Form ‘haben müsste, wenn „es vom, .obern. Ende des Femurs: herrühren ‚sollte, sondern. dass ‚auch ‘der rechte ‚Flügel des Hammers wit einem scharf begrenzten Rande ‚endigt, ‚wie. einen solchen eine Bruchfläche niemals darbietet. , Dieselbe Abgrenzung 153 des äussern Flügels 'von dem’ hammerförmigen Fortsatze findet sich auch an dem der linken Beckenseite, wenn gleich nicht mit dersel- ben Deutlichkeit, und wir haben ‘es demnach hier nicht mit dem obern Fragmente eines Oberschenkelbeines zu thun. Es könnte nur scheinen, dass dieser hammerförmige Fortsatz das Schambein dar- stellen möchte. Alsdann müssten aber die fächerartigen Knochen bei den Exemplaren, wo sie noch in unverrückter Lage sind, eben- falls von der Pfannengegend ausgehen und für besondere, allen übrigen Sauriern mangelnde Knochen erklärt werden, wie es auch G@oldfuss bei seinem Pterodactylus crassirostris wirklich gethan und sie als „Flügelfortsätze des Schambeins“ bezeichnet hat. Damit würde aber die Gleichwerthigkeit dieser Knochen mit den Schambeinen des Kro- kodils, mit denen sie in der Form und Anheftungsweise überein- kommen, verloren gehen, und das ganze Becken würde eine Con- formation gewinnen, wie sie bei allen lebenden und ausgestorbenen Sauriern kein Analogon hätte. Zu einer solchen Annahme möchte ich mich aber so lange nicht verstehen, als sich mir noch ein Aus- weg darbietet, der zu einer Ausgleichung führt. Ein solcher ist da- durch gegeben, dass man den untern Flügel zugleich mit seinem obern hammerförmigen Fortsatz für einen zusammenhängenden Kno- chen nimmt, der. das Sitzbein darstellt, wobei zu bemerken, dass die innere Ausbuchtung nur eine scheinbare ist, lediglich dadurch her- vorgebracht, dass die rechte Pfanne mit Steinmasse kugelig ausge- füllt ist, welche mit ihrem untern Rande in das darunter liegende Sitz- bein hineingreift und damit dessen Rand an dieser Stelle verdeckt. Dass dem so ist, zeigt das linke Sitzbein, wo auf derselben Strecke der innere Rand desselben nicht verdeckt ist und eher eine schwache Ausbeugung als umgekehrt einen tiefen buchtigen Ausschnitt wahr- nehmen lässt. Auch ist der äussere elliptische Einschnitt hier weit schmäler, was indess Folge der Verdrückung seyn kann. Alsdann sind die fächerförmigen Knochen (e. c.) die wahren Schambeine, Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 20 154 von denen zwar das rechte von seiner Verbindungsstelle weit ab- gerückt ist, das linke aber sich noch dicht an seiner ursprünglichen Einlenkungsstelle an der Pfaune befindet. Das Beckengerüste würde nach unserer Ansicht — salvo meliori — bei dem Ornithocephalus in seinen Hauptstücken den Typus der Saurier einhalten. Brustbein und Schulterblätter. Das Brustbein (d) hat zwar fast seine ganze Knochenmasse ver- loren, gleichwohl seine Form in einem scharfen Ahdrucke aufbe- wahrt. Es ist seitwärts geschoben, bauchig, gewölbt, von ansehn- licher Grösse und kommt in seinem Umrisse ganz mit dem des 0. ramphastinus überein; auch der knopfartige Ansatz in der Mitte des geraden Randes fehlt nicht. Von den Gliedmassen sind nichts weiter als die Schulterblät- ter (e. e.) übrig geblieben, die ihre Form in vollständigen Ein- drücken zu erkennen geben. Sie sind von der bei dieser Gattung gewöhnlichen langgestreckten Gestalt und zeigen au ihrem vordern erweiterten Ende die beiden Gelenkflächen zur Verbindung mit dem Oberarmbein und dem Rabenschnabelbein. Die Schulterblätter sind hier vollständiger erhalten als bei irgend einem andern Exemplare und geben durch ihre Isolirung zu erkennen, dass sie mit dem Ra- benschnabelbein nicht verwachsen waren, sondern in freier Gelen- kung mit demselben standen. Dimensionsverhältnisse. Bei der Schärfe der meisten Knochenumrisse lassen sich die Ausmessungen mit ziemlicher Sicherheit vornehmen. 155 Länge des annoch vorhandenen Theils der Wirbelsäule 3“ 10‘ „ gemeinschaftliche, der 13 obern Wirbel. « . ,2.7 „.. des linken Schulterblattes »„ des linken Hüftbeines, in gerader rm » des Schambeins Breite seiner fächerartigen Autrling Länge des geraden Randes vom Brustbein -„oor. DO wm on Fragen wir zuletzt nach der Stelle, die dem ©. dubius unter den Arten dieser Gattung gebührt, so wird die Antwort nur zwei- felhaft ausfallen können, da er zu wenig Mittel zur Vergleichung hinterlassen hat. Am nächsten scheint er sich dem O. Kochii und ©. medius anzuschliessen. II. Ornithocephalus medius. Es ist dies ebenfalls eine Art, die Graf Münster *) aufgestellt und zugleich durch eine ausführliche Beschreibung und eine schöne genaue Abbildung erläutert hat. Indem ich auf diese verweise, will ich blos etliche, von meinem Vorgänger nicht berücksichtigte Ver- hältuisse zur Sprache bringen und einige Berichtigungen in der Deu- tung dieser Knochen zufügen. Man hat bei dieser Versteinerung den Vortheil meist sehr scharfe Umrisse, zumal bei den Röhrenkno- chen, vor sich zu haben, denn wenn auch bier und da bei ihnen die äussere Knochenmasse abgesprungen ist, so ist doch ihre Form voll- ständig conservirt, weil sich das Innere dieser Knochen mit festem Kalkspath ausgefüllt hat. *) Nov. act. acad. nat. curios. XV. I. p. 49, tab. 6. 20 156 Münster deutet die von dem Schädel übrig gebliebenen Ueber- reste als Unterkiefer; in diesem Falle müsste ‘dann ein grosser Theil des hintern knöchernen Gaumens zwischen dessen Aesten hängen geblieben seyn. Mir ist es dagegen wahrscheinlicher, dass der Un- terkiefer gar nicht mehr vorhanden, sondern dass nur der eigent- liche Schädel es ist, der nicht blos ganz plattgedrückt, sondern auch umgewendet wurde und sich nun von seiner Gaumenseite zeigt. Es geht schon aus dieser Erörterung ‚hervor, dass au dem genannten Theile keine genauere Auskunft, ausser über. die Zähne , zw erho- len ist. Von den Wirbeln des Halses sind nur noch ‚3, vorhanden und blos der mittlere derselben zeigt seine volle Länge, die mindestens 7 Linien beträgt. Münster gibt ihm zwar nur 44 Linien Länge, allein er hat sich dadurch täuschen lassen, dass dieser Wirbel von dem einen Knochen des Schultergerüstes (17 in.der Abbildung von Münster) quer überlagert, aber nicht abgeschnitten wird, denn er setzt sich noch unterhalb fort, ‘wie ‚dies die Abbildung auch ganz richtig dargestellt hat. Die Rumpfwirbelsäule lässt bis zu ihrer Verdeckung durch die Sitzbeine herab 19—20 Wirbel erkennen; davon würden. die unter- sten 5 dem Kreuzbeine angehören, die folgenden 2 dürften als Len- denwirbel anzusehen seyn, und die ‚übrigen 12 oder 13 Wirbel würden dann die eigentlichen Rückenwirbel seyn. Unterhalb des Beckens tritt das Schwänzehen mit etlichen kleinen Wirbeln her- aus, sein Einde ist aber abgebrochen. Das Schultergerüste ist zum Theil erhalten, aber sehr beschä- digt. Desto besser stellt sich das Brustbein dar, jedoch nicht, wie Münster meint, von seiner äussern, sondern von seiner innern Con- 157 vaven Fläche. WUebrigens hat es ganz die Form, die wir schon bei ®, ramphastinus und. 0. dubius kennen gelernt ‚haben. , Es ist nur wenig aus ‚seiner ursprünglichen Lage gerückt und, an seinem, der Wirbelsäule zugewendeten Rande von dem; rechten Schulterblatte, auf dem wieder die. obern, Rippenfragmente. .aufliegen, ‚überlagert. Insertionsstellen., von Sternalrippen sieht man nicht. Die Rippen sind übrigens. von derselben Beschaffenheit wie. bei den vorhin ge- nannten Arten; die 5 ersten sind in. ihrem hintern Theile: sehr breit. Alle, deren Verlauf man. bis zu ihrem Ansatz. an den Querfortsätzen der Rückenwirbel verfolgen. kann, endigen einfach ; nur die zunächst unterhalb des Brustbeins verlaufende Rippe (7) ist durch Gelen- kung mit einer zweiten verbunden. Weiter abwärts folgt aber ein anderes ‚System ‚von Rippen, die mit, keinen Wirbeln mehr in Ver- bindung, stehen und sämmtlich aus zwei Stücken, die unter einem mehr oder minder offenen Winkel sich vereinigen, zusammengesetzt sind. Solche Rippen sieht man 5, und ihre Richtung ist eine ent- gegengesetzte. von, der, welche die mit 7 bezeichnete Rückenwirbel- rippe. hat. Ihre Bedeutung, kann keine andere als die der Bauch- zippen des Krokodils seyn. Weder Münster, noch Goldfuss haben diese ‚Bauchrippen beachtet. Der letztere schreibt den Rippen des 0. medius eine Längsfurche zu; diese ist jedoch. nicht ursprünglich vorhanden, sondern stellt sich nur dann ein, wenn die obere Kno- chenwand ‚der ‚Rippe zugleich mit. ihrer Ausfüllungsmasse losge- sprengt worden, und. blos noch die untere Wandung, die sich als- dann. hohl zeigen muss, unbeschädigt ist. | Das Becken liegt gleich dem Rumpfe auf der Bauchseite. Die Hüftbeine ‚sind ‚von Münster richtig, gedeutet worden, dagegen scheint es mir, dass er ‚die, Sitz- und Schambeine niebt gehörig abgegrenzt hat... Die, beiden Sitzbeine stossen nämlich hinten zusammen und senken sich, zumal das rechte, in die Gesteinsmasse ein, aus der sie ° 158 jedoch zum Theil Münsters geschickte Hand befreit hat. Am rech- ten Sitzbeine hat er unterhalb des Oberschenkels ganz durchgegra- ben, indess ist diese Partbie zu undeutlich, um genaue Angaben zu- zulassen, doch’ scheint‘ ein ähnlicher Einschnitt wie bei ©. dubius vorzukommen. Diesen ganzen Theil (19) deutet Goldfuss und mit ihm Münster als Schambein und die darüber liegenden fächerförmi- gen Knochen (19. 19.) als Sehambeinfortsätze. Ich sehe aber, ana- log dem Verhalten beim Krokodil, in 19. und 20. zugleich nichts weiter als das Sitzbein und in 19.19. nicht ein zweites Scham- beiustück, sondern das einzige und ungetheilte ganze Schambein. Ueber die Knochen der Gliedmassen habe ich dem von Mün- ster Gesagten nichts beizufügen, wohl aber Einiges bezüglich der Frage, ob der ©. medius zur Beansprechung der Art-Selbstständig- keit berechtigt sei. Münster hatte sieh für letztere erklärt, und deshalb seinen Pte- rodaetylus medins mit Pt. longirostris und Pt. erassirostris, den ein- zigen, damals bekannten anderu Arten, verglichen. In Hinsicht auf letzteren lagen zu augenfällige Differenzen vor, als dass diesen nicht gleich auf der Stelle der Werth speeifischer Verschiedenheiten hätte zuerkannt werden müssen. Schwieriger machte sich die Entschei- dung bezüglich des ©. longirostris, doch zählte Münster 11 Punkte auf, durch welche sich der O. medius von jenem unterscheiden sollte. Davon beziehen sich 5 auf Beschaffenheit und Verhältniss einzelner Skelettheile zum Unterkiefer. Diese verlieren jedoch, selbst wenn die Deutung des vorliegenden Schädelstücks als Unterkiefer richtig wäre, schon dadurch ihren Werth, weil die hintere Grenze des- selben nicht durch einen scharfen Rand, sondern durch eine Bruch- fläche bestimmt wird, alse seine wahre Länge nicht ermittelt wer- den kann, und weil sich dieses Schädelfragment überhaupt in einem 159 so beschädigten Zustand findet, dass sichere Merkmale davon nicht entnommen werden können, Münster bezieht sich weiter bei O. medius 1) auf die kürzeren Halswirbel, 2) die grössere Stärke der 4 bis 5 ersten Rippen, 3) das kleinere Schwänzchen, 4) die ausserordentliche Grösse des Brustbeins, 5) die verhältnissmässig grössere Länge des Schienbeins zum Oberschenkel und 6) die Trennung des Unterschenkels in Schien- bein und Wadenbein. Dagegen ist zu erinnern, und zwar zu 1) dass bei Münster diese Angabe, obwohl sie, wie vorhin gezeigt, in einem andern Sinne richtig ist, eigentlich auf einem Irrthum beruht; zu 2) dass bei O. longirostris nur eine dieser Rippen frei daliegt, die aber den nämlichen Charakter hat; za 3) dass das Schwänz- chen bei ©. medius unvollständig ist; zu 4) dass das Brustbein des 0. Jongirostris verhältnissmässig dieselbe Grösse hat; zu 5) dass das Missverhältniss, wenn es anders besteht, sehr unbedeutend ist; zu 6) dass zwar bei O. longirostris ein Wadenbein nicht sichtlich ist, dass aber aus der Analogie anderer Arten, bei denen es sich erhalten hat, geschlossen werden darf, dass dieser Knochen nur zu- fällıg nicht wahrnehmbar ist. Demgemäss sind die Gründe, welche Münster zur Unterschei- dung des ©. longirostris und ©. medins aufstellte, nicht haltbar; dem ohngeachtet erkläre ich beide für verschiedene Arten und zwar deshalb, weil bei O. medius, obwohl er ein viel grösseres Thier als der andere ist, die Halswirbel, wenn auch weit robuster, doch kaum so lang sind, als die des beträchtlich kleineren ©. longirostris. Die- ses Merkmal ist für sich schon ausreichend, um beide für verschie- dene Arten zu erklären. Anders stellt sich das Urtheil, wenn man den O. medius mit dem 0. Kochii in Vergleich bringt, wie ich es schon früher gethan 160 habe.*) Da ergibt sich denn als Resultat, dass an den miteinander vergleichbaren Theilen beider Individuen fast dieselben relativen Längenverhältnisse sich kundgeben, so dass ich schon damals die Meinung aussprach, dass ich mich einstweilen für berechtigt hielte, den O. medius nur als ein grösseres, aber defectes Exemplar vom 0.Kochii zu erklären. Derselben Meinung bin ich auch noch jetzt, und zwar mit um so grösserer Sicherheit, als ich nunmehr das Ori- ginal des ersteren selbst meiner Untersuchung unterwerfen konnte. IV. Ornithocephalus lougirostris. Schon in meiner Beschreibung des Ornithocephalus Kochii hatte ich beständig Rücksicht genommen auf den O. longirostris und in der Deutung seines Gerippes einige Berichtigungen vorzunehmen ver- sucht. Mit weit grösseren Hülfsmitteln zur Vergleichung als da- mals ausgestattet und in Hinsicht auf ein zweites aufgefundenes und in der herzoglichen Sammlung zu Eichstädt aufbewahrtes Exem- plar, von dem uns H. v. Meyer **) erst vor Kurzem einige Notizen mittheilte, will ich dem früher Gesagten: noch etliche Bemerkungen anreihen. Noch immer. bietet das‘hochberühmte und viel beschrie- bene Exemplar unsers ©. longirostris Stoff’ zu neuen Wahrnehmun- gen dar, wie es denn in .der zahlreichen Coneurrenz, ‚die es in neuerer Zeit durch Auffindung mehrerer Exemplare von dieser Gat- tung zu bestehen hatte, dennoch durch Vollständigkeit und Schön- heit seiner Erhaltung weitaus. den ersten Platz behauptet. Ich werde *) Abhandl. der k. bayer. Akadem. der Wissensch. U, Klasse S. 194. **) Jahrb. für Mineralog. 1850. S. 199. 161 zunächst bei Besprechung einzelner Theile nach Wagler's *) Abbil- dung citiren, obwohl der von Koeck zu Soemmerrings Abhandlung gefertigten der Vorzug der Schönheit und grösseren Deutlichkeit gebührt; die letztere würde ganz befriedigen, wenn der Künstler immer seinem eigenen Ermessen hätte folgen dürfen und sich nicht manchmal den Auffassungen Soemmerrings hätte anbequemen müssen. Dass bei O. longirostris die hintere grosse Höhle des Schädels wirklich die Augenhöhle ist, hat durch Meyer einen neuen Beweis erhalten, indem er an dem eichstädter Exemplar den Knochenring der Sclerotica auffand. Die nähern Deutungen des hintern Theils des Schädels werden aber bei dem Zustand seiner Erhaltung immer mehr oder minder unsicher bleiben. Am mindesten zweifelhaft lässt sich die knöcherne Umgrenzung der Augenhöhle detailiren. Ihre untere Wandung ist offenbar das Jochbein, dessen hinterer aufstei- gender Ast sich mit dem abwärts steigenden Fortsatz des hin- tern Stirnbeins verbindet, und die obere Wandung macht das Stirn- bein aus. Der vom vordern Ende des Jochbeins aufsteigende Kno- chen (8 ‘) darf wohl für das Thränenbein und der ihm entgegenkom- mende («) für das vordere Stirnbein genommen werden; der hinter letzterem liegende hakenförmige Knochen könnte ein Superciliar- bein gewesen seyn. Ganz unsicher bleibt aber die Region unter und hinter der Augenhöhle und die Wagler'sche Abbildung ist hier theils unzuverlässig, theils falsch. Falsch ist es, dass der stabförmige Knochen (z) sich nicht mit dem Unterkiefer verbindet; im Texte gesteht übrigens Wagler zu, dass er mit seiner vordern Spitze dem letzteren aufliegt. Allein er liegt diesem nicht eigentlich auf, son- dern fügt sich ihm gerade an der Stelle an, wo bei andern Sauriern *) Natürl. System der Amphibien. Abhandlungen der II. Cl. d, k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abth. 21 162 die Gelenkgrube des Unterkiefers sich befindet. Ich kann daher Oken’s Meinung nur beipflichten, dass dieser stabförmige Knochen das Quadratbein darstellt. Auf die Deutung der äussersten Hinter- hauptsgegend will ich mich gar nicht einlassen, da sie am meisten beschädigt ist, doch möchte sie von ähnlicher Beschaffenheit wie bei 0. Münsteri gewesen seyn. Nachdem nun das Brustbein von O. medius, dubius und ram- phastinus genau gekannt ist, lässt sich über dessen Lage bei un- serm ©. longirostris (1) nicht mehr irgend ein Zweifel erheben. Es hat fast ganz seine ursprüngliche Stelle beibehalten und zeigt die concave Innenseite, von der es den grössten Theil der Knochen- masse aufbewahrt hat. Seine Form kommt mit der des ©. medius überein und der knopfförmige Ansatz in der Mitte hat wenigstens einen sehr deutlichen Eindruck hinterlassen. Dass knieförmig artikulirte Bauchrippen auch nicht gefehlt ha- ben, davon geben 2 derartige, in der Gegend des linken Oberschen- kels liegende Rippen Zeugniss. Merkwürdig ist es, dass, wie beim eichstädter Exemplar und bei O. ramphastinus, in der Nähe des linken Vorderarms ein grä- thenartiger Knochen abgeht, der an der Haudwurzel eingelenkt ha- ben könnte, und der, wie ich schon andeutete, der Spannhaut zur Unterstützung gedient haben dürfte. Vom Becken will ich nur zu dem früher von mir Gesagten noch bemerken, dass sich hier abwärts vom Kopf des Oberschenkelbeins im Sitzbeine ein ähnlicher Einschnitt wie in dem des O. dubius zu erkennen giebt. 163 Hinsichtlich‘ des Hinterfusses giebt Meyer vom eichstädter Exenı- plare abweichende Verhältnisse von denen an, wie ich sie vom hie- sigen und vom 0. Kochii beschrieben habe. Zuvörderst bemerkt er, dass er an dem neu aufgefundenen Exemplare sich nicht anders überzeugen 'könne, als dass der Fuss vierzehig wäre. Zwar habe Wagler den Fuss für fünfzehig erklärt und auch ich hätte von ©. Kochii 4 Zehen nebst einem nagellosen Daumenstummel aufgeführt, ja das eichstädter Exemplar besitze ebenfalls Andeutungen eines ähnlichen Stummels, allein dieser sei so unvollkommen, dass er ihn nicht für eine Zehe ausgeben möchte, sondern eher für einen, dem äussern Fusswurzelknochen beim Krokodil und einigen vierzehigen fossilen Sauriern analogen Knochen. Da aber letzterwähnter Kno- chen an der Aussenseite auftritt, so nimmt Meyer ferner an, dass bei O. Kochii die Füsse bei sonst richtiger Lage des Skelets sich verdreht darstellen und demnach dieser Knochen nunmehr an der Innenseite erscheine, während er doch eigentlich der Aussenseite an- gehöre. Endlich giebt er für die Glieder, woraus die 4 Zehen des ®. longirostris bestünden, folgende Reihe an: 2, 3, 3, 4. Ueber diese Punkte habe ich demnach meine früheren Angaben zu recht- fertigen. Den ©. Kochii habe ich nicht mehr zur Hand und muss dem- nach mich zunächst an den 0. longirostris wenden. An diesem hat sich aber vom rechten Hinterfusse Mittelfuss und Zehen in einer sol- chen Vollständigkeit erhalten, dass über ihre Zahl und Gliederung der objektive Thatbestand ausser allem Zweifel erhoben werden kann. Von allen Zehengliedern haben sich die beiden Enden jedes einzelnen dieser Knochen so unversehrt conservirt, als ob sie von einem frischen Thiere eben praeparirt worden, und Wagler's Abbil- dung giebt die Zahl der Phalangen vollkommen richtig an. Zunächst sieht man, dass die Mittelfussknochen nicht gleiche Länge haben. 21* 164 Die 2 längsten liegen nebeneinander und sind fast gleich lang; dann folgt ein kürzerer und neben diesem ein noch merklich kürzerer Mit- telfussknochen. An dem ersten der längsten Mittelfussknochen setzt sich eine Zehe mit 2 Gliedern, am folgenden eine mit 3, am dar- neben stehenden eine mit 4 und am letzten von diesen Mittelfuss- knochen eine Zehe mit 5 Gliedern an, von denen sämmtlich das letzte Glied immer das Krallenglied ist. Aus diesen Angaben er- giebt es sich, dass mit der Verkürzung der Mittelfussknochen um- gekehrt die Anzahl der Zehenglieder zunimmt. In welcher Reihe- folge aber diese Zehen von aussen nach innen auftreten, lässt sich aus ihrer Stellung zum Unterschenkel nicht angeben, da der Hinter- fuss von diesem losgerissen ist und isolirt darliegt. Wir haben aber, ehe wir die Beantwortung dieser Frage versuchen, noch eines eigen- thümlichen Theiles dieses Hinterfusses zu gedenken. Man findet nämlich zwischen den beiden kürzesten Mittelfussknochen, und zwar zwischen deren hintern Enden, noch ein besonderes kleines Knochen- stück, das aus 2 Stücken besteht. Von diesen ist das hintere cy- lindrisch und endigt sich vorn in einer ähnlichen Form wie ein Mit- telhandknochen; daran setzt sich ein kleineres längliches Stück, das sich vorn abgerundet endigt. Dieser artieulirte Stummel liegt aber keineswegs seiner ganzen Länge nach vollständig eingebettet zwi- schen den 2 genannten 'Mittelfassknochen, sondern mit seinem hin- tern Ende legt er sich schief über den kürzesten von den vorhin genannten Mittelfussknochen, und giebt damit zu erkennen, dass er ursprünglich auswärts von diesem seinen Platz gehabt habe. Was kann nun aber dieser Stummel gewesen seyn, an dessen kurzem Mittelfussknochen sich nur ein einziges, und zwar nagelloses, Zehen- glied angeheftet hat? Offenbar ist es einer von den Knochen, die dem Seitenrande des Fusses angehören, d. h. entweder die erste oder die fünfte Zehe. Im ersteren Falle, wo er die Daumenzehe vorstellen würde, wäre alsdann die folgende Zehe mit ihren 5 Phalan- 165 gen die zweite, die mittlere mit 4 die dritte Zehe, die folgende mit 2 die vierte, und die letzte mit 2 Gliedern die fünfte oder soge- nannte kleine Zehe nach der natürlichen Reihenfolge der Zehen. Im andern Falle würde sich die Ordnung der Zehen umkehren und die Phalangenzahl würde von der innern zur äussern Zehe sich so herausstellen: 2, 3, 4, 5, 1. Für letztere Meinung; hatte: sich Oxvier ausgesprochen, und sie ist es allerdings, welche, wie ich schon früher bemerklich machte, die Analogie für sich hat. Für die andere Meinung scheint aber das Verhalten am Hinter- fusse des ©. Kochii zu sprechen. An diesem folgt nicht blos wie bei ©. longirostris auf die ebenfalls aus 2 Gliedern bestehende Stummelzehe die Zehe mit 5 und darnach die mit 4 Phalangen, son- dern die Stummelzehe stellt sich auch als die innerste, d. h. als Daumenzehe dar. Nun meint freilich Meyer, dass der Hinterfuss des 0.Kochii umgedreht worden seyn könnte, allein dafür kann er doch aus der Beschaffenheit desselben keinen Grund auffinden, und des- halb bleibe ich auch vor der Hand bei meiner früheren Annahme, die sich auf das augenfällige Verhalten der Reihenfolge der Zehen bei O. Kochii gründet. Am Ornithocephalus kommen so manche pa- radoxe Verhältnisse vor, dass man am Ende auch dieses wird hin- nehmen müssen, obwohl es die Analogie des Saurier-Typus gegen sich hat. Wie dem aber auch seyn möge, zweierlei bleibt gewiss, näm- lich erstens, dass der besprochene Stummel keineswegs ein dem äussern Fusswurzelknochen des Krokodils ähnlicher Knochen ist, denn dieser giebt nur einen einfachen äussern Fortsatz ab, während jener Stummel aus 2 regelmässig geformten, phalangenähnlichen Thei- len besteht und demnach eine wirkliche Zehe ist, zusammengesetzt aus einem Mittelfussknochen und einem Zehengliede. Fürs Andere, 166 von ‘dieser Stummelzehe aus —' sie mag 'nun'Daumen-' oder kleine Zehe seyn — gezählt, haben die Zehen folgende Anzahl von Glie- dern aufzuweisen: 1, 5,4, 3, 2. An dem’eichstädter Exemplare waren wohl'die kleinen Knöchelehen 'nicht deutlich’ sichtbar, ' wes- halb in jeder der beiden‘ Zehen, die der Stummelzehe zunächst lie- gen, eines nicht unterschieden werden konnte. *) *) Hat man einmal den rechten Hinterfuss an unserm Exemplar des O. lon- girostris sich genau besehen, so wird es auch nicht schwierig, sich in der Verwerfung des linken Hinterfusses zu orientiren. Hier liegt Ober- und Unterschenkel mit seiner rechten Seite dem Gesteine auf und dasselbe ist mit dem Mittelfusse der Fall, der nur eine schwache Wendung erlitten hat, so dass er zwei Mittelfussknochen: in ihrer ganzen Länge zeigt, ob- wohl der innere mit seinem hintern Ende nur wenig,noch aus der Platte vorragt.: Zu diesem äussern Mittelfussknochen ‚gehört die; Zehe mit, 2, und zum innern die Zehe mit 3 Gliedern. Am innersten ‚liegt die Zehe mit deutlichen 4 Gliedern, aber ihr Mittelfussknochen ist nicht mehr sichtbar, denn er ist von den andern überdeckt. An der Aussenseite des äussern Mittelfussknochens ragt endlich, unterwärts von diesem sich vorschiebend, noch ein kleiner, schief stehender derartiger Knochen hervor, der seiner Kürze nach kein ‚anderer als der, der ögliederigen:'Zehe angehörige Mit- telfussknochen seyn kann. Wenn diese Deutung, sich schon 'aus der.Kürze desselben als richtig darstellt, so erlangt sie ‚eine weitere Bestätigung da- durch, dass auch die ihm angehörige Zehe noch vorhanden ist. Zunächst liegt vor ihm das erste Zehenglied, dann sieht man zwischen der zwei- und dreigliedrigen Zehe die beiden kleinen Knöchelchen und den Anfang des vierten Gliedes liegen, dessen Ende nebst’ dem Krallengliede zwischen der drei- und viergliederigen Zehe enthalten ist. ‘Vom Daumen wird nichts sichtlich , ‚da: derselbe von den langen Mittelfussknochen ganz verdeckt ist. Also auch an diesem Fusse reihen sich die Zehen in, derselben Ordnung wie beim vorigen an, so dass von aussen nach innen die, Zehen folgende Ordnung für die Anzahl ihrer Phalangen aufzuweisen haben: 2, 3, 4, 5. Wie beim ©. Kochii kommt man demnach auch hier zum Schlusse, dass die Zehen von aussen nach innen an Zahl ihrer Glieder abnehmen. Wag- 167 V. Ornithocephalus Meyeri. Auch diese Art ist nach einem Exemplare im Besitze des Gra- fen Münster aufgestellt und von H. v. Meyer*) in einer ausführ- lichen Beschreibung genau geschildert worden. Hinsichtlich dieser habe ich nichts zu bemerken, woll aber möchte ich nach vermehr- ten Materialien einige Worte über die Artberechtigung dieses Exem- plares beifügen. Unser Exemplar ist leider nur das Fragment eines Rumpfes und. auch dieser ist nicht vollständig, indem das Stück, an welchem die andere Hälfte ansass, nicht aufbewahrt wurde. Dagegen hat sich die Gegenplatte mit der Ergänzung erhalten und von dieser habe ich Gelegenheit gehabt, einen Abguss zu sehen, der zwar sehr unvollkommen ausgefallen ist, doch aber von der Configuration des Schädels und Halses eine beiläufige Vorstellung giebt. Aus diesem Abgusse lässt sich schliessen, dass der ©. Meyeri den kurzschwänzigen Arten angehört, indem sein Schädel auffallend an O. brevirostris erinnert, Deshalb vermuthe ich, dass eine genaue Untersuchung dieser Gegenplatte und eine schärfere, Vergleichung des 0. brevirostris, als es bisher geschehen ist, wohl zu dem Re- sultate führen dürfte, dass beide einer Art angehören, von der als- daun O. Meyeri den jüngern, O. brevirostris den ältern Zustand re- praesentiren würde. Ohne dermalen im Stande za seyn, über die- sen Punkt eine Entscheidung zu geben, wollte ich doch wenigstens bei dieser Gelegenheit auf die frappante Aehnlichkeit dieser beiden ler's Abbildung stellt den linken Hinterfuss ganz falsch vor; weit genauer, obwohl;auch nicht durchgängig, ist die von Koeck. *) Münster's Beitr. zur Petrefaktenkunde. V.S. 24. Tab. 7. Fig. 2. 168 Individuen aufmerksam machen. Die von mir früher hingeworfene Vermutbung, dass der ©. brevirostris der Jugendzustand von ©. Kochii seyn möchte, will ich hierbei zurücknehmen; noch weniger ist aber daran zu denken, dass er, wie Wagler meinte, dem O. longirostris zuzuweisen sei. Jedenfalls haben wir nun unter den kurzschwänzigen Arten von Orpithocephalus zwischen lang- und kurzschnauzigen zu unterscheiden. VI. Ornithocephalus longicaudus. Von dieser höchst ausgezeichneten Art besitzt zwar die Mün- ster'sche Sammlung das Original nicht, denn dieses ist in das Tey- ler'sche Museum nach Harlem gekommen, wohl aber einen Abgnss, der, wenn er auch an Deutlichkeit viel zu wünschen übrig lässt und ein Eingehen in das feinere Detail nicht gestattet, doch eine allge- meine Vorstellung von dem Habitus des Thieres und den hauptsäch- lichsten Verhältnissen seines Knochengerüstes gewährt. Nun ist allerdings später noch ein zweites Exemplar von die- ser Art gefunden worden, das im herzoglichen Kabinet von Eich- städt aufbewahrt und von ZH. v. Meyer*) beschrieben ist; bis jedoch eine vollständige Schilderung des ersten Exemplares, von dem un- ser Abguss herrührt, erfolgen wird, dürften nachstehende Bemerkun- gen über letzteren nicht unwillkommen seyn und zur Ergänzung der vom Grafen Münster **) hierüber vorgelegten Notiz dienen. *) Homoeosaurus Maxzimiliani und Rhamphorhynchus longicaudus $S. 12. **) Jahrb. für Mineralog. 1839. S. 676, wo diese Notiz also lautet: „Eine ganz neue Art Plerodactylus, welche sich von den bisher bekannten Arten durch den dünnen und sehr langen Schwanz auszeichnet, da er länger als die vereinigte Wirbelsäule des Halses und des Leibes ist, während die 169 Es ist dies eine der kleineren Arten unter den Ornithocepha- len, die aber durch den enorm langen Schwanz, dessen Länge der des ganzen übrigen Körpers gleichkonmmt, au Grösse gewinnt. Ueber- dies zeichnet sie sich durch Zierlichkeit der Formen aus, und das Exemplar, durch welches diese neue Art repraesentirt wird, erlangt noch einen besondern Werth dadurch, dass. sein Gerippe zum gröss- ten Theil wohl erhalten und meist noch im natürlichen Zusammen- hange geblieben ist. So weit die Beschaffenheit des Abgusses es zulässt, will ich eine Beschreibung desselben versuchen. Der Schädel liegt auf der rechten Seite und zeichnet sich aus durch verhältnissmässig kurze Kiefer; doch ist diese Kürze wohl anscheinlicher als sie es ursprünglich gewesen seyn mag, da der Oberkiefer abgebrochen zu seyn scheint und daher jetzt kürzer als der Unterkiefer sich darstellt*), was nach der Analogie aller an- dern Exemplare sicherlich nur von einem Defeet herrührt, Die Au- genhöhle ist beträchtlich gross, rings umgrenzt und in der gewöhn- lichen Lage. Vor ihr zeigt sich in der Richtung ihres Querdurch- messers eine schmale längliche Oeffuung, wahrscheinlich die ver- übrigen bekannten Arten 'nur ein ganz’ kurzes Schwänzchen haben. Sämmt- liche Knochen sind sehr fein, vorzüglich die Arm-, Bein- und Finger- knochen feiner als beim Pt. brevirostris, obgleich sie doppelt so lang sind. Der Schnabel ist kurz, mit langen scharfen Zähnen beselzt, und der Un- terkiefer desselben kürzer als der Oberkiefer, die Halswirbel verhältniss- mässig kürzer als bei den übrigen bekannten Arten. Ich schlage den Na- men PL. longicaudus vor. Dieses Individuum soll ebenfalls aus den so- lenhofer Schieferbrüchen seyn.“ *) Wenn Münster sagt, dass der Unterkiefer kürzer als der Oberkiefer ist, so kann dies nur ein Schreibfehler seyn, da der Abguss das Gegentheil zu erkennen giebt. Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. W. VI. Bd. I. Abth. 22 170 einigte mittlere und Nasenhöhle. Die Kiefer laufen spitz zu, und am untern hat es den Anschein, als ob 'an der Symphyse, wie bei ©. Gemmingi, seine beiden Aeste auseinander gewichen wären und dadurch auch die Spitze des linken Astes zum Vorschein käme, — Die Zähne sind im Oberkiefer weniger deutlich als im Unterkiefer sichtlich, wo sie denen der letztgenannten Art gleichen und eben- falls nicht ganz bis zur Kieferspitze sich zu erstrecken scheinen. Die Wirbelsäule stellt sich vom Anfange bis zum Ende im Zu- sammenhange dar, doch lässt sich am Abgusse die Anzahl der Wirbel bis herab zum Ende des Kreuzbeins nicht mit Sicherheit ermitteln. Der Hals macht eine Krümmung und seine Wirbel zeigen sich länger und stärker als die des Rumpfes, welch letztere auf ihrer Bauch- seite aufliegen. Das Auffallendste ist der ausserordentlich lange schmächtige Schwanz, der gerade ausgestreckt ist, sich fein zuspitzt und an dem ich muthmasslich über 25 Wirbel zähle, ungerechnet das äussere Ende, wo sich keine Abgrenzung mehr wahrnehmen lässt. Die Wirbelzahl kann mit Sicherheit nur am Originale gezählt werden, Von den vordern Gliedmassen sieht man zunächst den Oberarm und Vorderarm, und zwar sind sie auf beiden Seiten erhalten, Der Oberarmknochen hat wie gewöhnlich an. seinem obern Ende eine grosse flügelartige Ausbreitung und ist merklich kürzer als der Vor- derarm. Sehr wichtig ist es, dass man an diesem Exemplare sich überzeugen kann, dass die langgeschwänzten Arten gleich den kurz- geschwänzten mit demselben langen Ohrfinger versehen sind. Der eine, der dem linken Arme angehört, hat seine 4 Glieder noch im Zusammenhange aufzuweisen; sie nehmen wie an Länge, so an Stärke allmälig ab und das letzte läuft in eine feine Spitze aus. Vom rech- ten Ohrfinger ist auf der Platte nur noch das erste und der grösste Theil des zweiten Gliedes zurückgeblieben. 171 Die hintern Gliedmassen sind auf beiden Seiten vollständig er- halten und noch in ihrer natürlichen Verbindung unter sich wie mit dem Becken. Sie sind von schlankerem Baue als die Vorderglieder, der Unterschenkel länger als der obere, und die Füsse fein und zierlich. Einige Ausmessungen mögen zur Veranschaulichung der abso- luten und relativen Grössenverhältnisse dienen, doch muss ich be- merken, dass ich, mit Ausnahme des Obrfingers, die Dimensionen der Gliedmassen nicht mit Schärfe messen konnte, daher diesen nur ein approximativer Werth zugestanden werden darf. Länge des ganzen Körpers von der Unterkieferspitze bis zum Schwanzende 7’ 4 „. des Schädels bis zur Unterkieferspize . -. ..». 2... 0.1.4 » der Hals- und Rumpfwirbelreihe „» der Schwanzwirbelreihe .. „ des Oberarms „ des Vorderarms.. - „ des Ohrfingers im Ganzen „. des ersten Gliedes desselben „ . des zweiten Gliedes desselben . „ des dritten Gliedes desselben „ des vierten Gliedes desselben » des Oberschenkels . „ des Unterschenkels oO rm m m OD ww ID [J®] [es So, weit man, den.O©. longicaudus mit dem ©. Gemmingi ver- gleichen kann, nämlich nach Schädel und Schwanz, beträgt seine Länge 4. von der des letztern, doch scheint er nicht dessen Ju- gendstand anszumachen, ‚sondern eine eigenthümliche Art zu con- stituiren. 22% 172 VI. Ornithocephalus Münsteri. Tab. 2. Fig. 2. Für keines von den, der hier besprochenen Gattung angehöri- gen Exemplaren ist die Benennung Ornithocephalus bezeichnender als für das, worauf sich der O. Münsteri gründet. Von ihm liegt nämlich nichts weiter als ein Schädel vor, der dermassen in die Ge- steinsmasse eingesenkt war, dass von ihm blos die Oberseite sicht- lich blieb, und ebenso war der losgerissene und umgestürzte Unter- kiefer in die Platte so tief eingegraben, dass auch nicht mehr als seine Unterseite der Beschauung vorlag. Bei der frappanten Aehn- lichkeit aber, die der auf solche Weise umhüllte Schädel mit dem eines Vogels darbot, war es nicht zu verwundern, dass er zunächst auch für einen wirklichen Vogelschädel gehalten wurde. Graf Münster, der dieses aus den solenhofer Steinbrüchen her- rührende Exemplar an Soemmerring zur Untersuchung geschickt hatte, erhielt von letzterem den Bescheid, dass es ein Ornitholith wäre, der , einer besondern Gattung Wasservögel anzugehören scheine, welche Aehnlichkeit mit Larus tridactylus und Colymbus gehabt ha- ben könnte. Goldfuss*), der nach einem Gipsabgusse die erste Beschreibung und Abbildung dieses Schädels lieferte, führte ihn am Anfang seiner Schilderung ebenfalls geradezu als „Vogelschädel“ auf; im weiteren Verlaufe derselben aber machten ihn die auf der Platte umherge- streuten Zähne, so wie mehrere andere Verhältnisse auf die Aehn- *) Noy. act, academ. nat. curios. XV. I. p. 112. Tab. 11. Fig. 1. 173 lichkeit mit Pterodactylus erassirostris aufmerksam. Er forderte daher den Besitzer auf, durch weitere Entblössung des Schädels von der Gesteinsmasse nachzuforschen, ob nicht etwa gar die näher liegen- den’ Zähne demselben zugehört haben möchten, und belegte: einst- weilen das Exemplar mit dem Namen Ornithocephalus (Pterodacty- lus) Münsteri. Dieser Aufgabe entsprach auch Graf Münster alsobald und nach einer langen mühsamen Arbeit gelang es ihm, Schädel und Unter- kiefer zu ihren beiden Seiten vollständig von der Gesteinsmasse zu befreien. Zum grossen Erstaunen zeigte es sich nun ‚aber, dass der angebliche Vogelschädel im Ober- wie im Unterkiefer mit lan- gen gebogenen Zähnen versehen war, und Münster überzeugte sich auf der Stelle, dass er in ihm jetzt nicht mehr einen Vogel, sondern einen Pterodactylus anzuerkennen hätte. Er theilte sogleich seine Entdeckung in einer besondern kleinen Schrift mit *), die jedoch nicht in den Buchhandel gelangte, sondern uur im Kreise seiner Bekann- ten verbreitet wurde. Bei seinem Tode fand sich kein Exemplar derselben mehr vor, und theils dieses Umstandes wegen, theils weil ich in der Deutung der Schädelknochen hier und da mit seiner Au- sicht nicht übereinstimme, will ich eine neue Beschreibung entwerfen. Zum Glück sind die Hauptplatte und Gegenplatte vorhanden; letztere dient zur wesentlichen Ergänzung der erstern, da sie die oberste Knochenlage vom Schädel und Unterkiefer mitgenommen: hat und ausserdem noch 4 umher geworfene Zähne aufbewahrt. Wie *) Gral Münster's Nachtrag zu der Abh. des Prof. Goldfuss über den Orni- thocephalus Münsteri. Bayreuth 1830. 8 Seiten Quart, mit einer: lithogr. Tafel. 174 schon aus der Ansicht von oben her Soemmerring nach den Umrissen des Schädels auf einen Wasservogel: schloss, oder 'Goldfuss doch wenigstens auf die Aehnlichkeit mit dem Schädel eines Reihers und noch mehr mit dem der Uria: Troile aufmerksam machte, so wird Jedem auf den ersten Anblick die grosse Aehnlichkeit mit-dem Vo- geltypus auffallen. Ein näheres Eingehen wird aber ‘dem Kenner doch bald das Trügliche dieses Anscheins zu erkennen geben, und es würde sich selbiges auch dann: herausstellen und dagegen die Uebereinstimmung mit ‘dem Schädeltypus des Ornithocephalus‘ sich ihm darlegen, selbst wenn die Zähne im Gesteine ganz verdeckt geblieben wären. Nehmen wir den Schädel eines Monitors zur Hand und begin- nen wir unsere Vergleichungen mit der Augenhöhle (b. b.) als dem sichersten Ausgangspunkt, so werden sich die meisten Theile des Schädels bestimmt erkennen lassen. Da der obere Rand der Augen- höhle vom Stirnbeine gebildet wird, so ist dadurch dessen Lage von selbst bekannt. Es scheint ein doppeltes zu seyn und ist breiter als es bei diesen Sauriern und den Krokodilen ist. Wenn ‚auch seine hintere Abgrenzung gegen das Scheitelbein nicht sicher ange- geben werden kann, so ist dagegen seine vordere zu erkennen und man sieht, dass sich das einfache Nasenbein (e.) dazwischen ein- schiebt. ' Das hintere Stirnbein -(f. f.) kommt mit seinem . Fortsatz dem aufsteigenden Aste des Jochbeines (g. g.) entgegen, und letz- teres scheint aus zwei neben einander liegenden Knochen zu be- stehen, einem innern und obern (h. h.) und einem untern und äussern (g. g.)- Diesen letztern allein erkenne ich für das Jochbein an, während mir der andere ein aus dem Gaumenbein und dem Flügel- fortsatz des Keilbeins bestehendes Stück wie beim Monitor zu seyn scheint. Mangelhaft ist die vordere Begrenzung. der Augenhöhle; und die vor ihr liegende mittlere Höhle (d), die dieselbe Lage wie bei 175 ©. Gemmingi hat, ist durch den Druck zu einem schmalen Schlitz zusammengepresst. Vollkommen deutlich sind die beiden ganz auf der Oberseite des Schädels liegenden Nasenhöhlen (e. c.); die Ab- grenzung des Nasenbeins gegen die Kieferknochen ist nicht sicht- lich, der Schnautzentheil aber läuft in eine Jange schnabelartige Spitze wie an einem Reiher- oder Taucherschnabel aus. Da der Schädel gleich zu Anfang der Ablagerung in die weiche Gesteinsmasse von dieser innerlich erfüllt worden zu scheint, so hat sich dadurch auch die Form des Hinterhauptes so wenig alterirt er- halten, wie bei gar keinem andern Exemplare, und durch die ge- schickte Bearbeitung Münster’s liegt es nun zu seinen beiden Seiten und hinten aufgedeckt da. Man erkennt auf den ersten Anblick daran, dass es fast gauz nach dem Typus des Monitors gebildet ist. Schon gleich die Schläfenhöhle hat eine ähnliche Form und Lage (a. a.) und wird eben so abwärts durch den Schläfenbogen (. i.) gebildet, der hinten an den Zitzenfortsatz, vorn an das Jochbein und das hintere Stirnbein sich anschliesst. Der Hinterhauptsrand ist eben so wie bei den Monitors bogenförmig ausgeschweift; die Hin- terhauptsschuppe steigt senkrecht und gewölbt herab und die von den hintern Fortsätzen des Scheitelbeins und der Zitzenbeine ge- bildeten Bögen wenden sich, ebenfalls in Uebereinstimmung mit Mo- nitor, nach aussen und hinten. Vom Quadratbein ist nur ein kurzes Bruchstück zurückgeblieben. Der Unterkiefer bildet einen langgezogenen spitzen Winkel, dessen Aeste bald über der Mitte zusammenstossen und in einer lan- gen feinen Spitze auslaufen. Näthe kann ich an ihm nicht unter- scheiden, eben so wenig kann ich aber, wie Meyer es von Pt. Gem- mingi angiebt, Andeutungen von einer schnabelartigen, aus minder festen Masse, vielleicht aus Horn bestehenden, Verlängerung; finden, 176 denn beide Kiefer stellen sich mir als aus einer, mit dem übrigen Schädelgerüste ganz gleichartigen Masse gebildet dar, Uebrigens muss die Unterkieferspitze, als viel schmäler, ganz von der breitern Oberkieferspitze überdeckt worden seyn. Die Zähne sind von ähnlicher Form wie bei Pt. Gemmingi: glatt, gekrümmt, ohne Längskanten, am äussern Ende fein- und am innern oder Wurzelende stumpf zugespitzt und dabei von verschie- dener Länge. Im Oberkiefer ist nur der vorderste der linken Seite, über den die Kieferspitze noch um 3 Linien weit vorläuft, erhalten, und stellt sich als ein 24 Linien langer, schmaler, spitzer, vorwärts gerichteter Zahn dar. Die folgenden Zähne fehlen, aber man sieht doch mit Bestimmtheit, dass noch 8 dem ersten gefolgt sind, wovon der letzie, wie bei jener Art, schon gauz nahe der Region der Au- gengegend kommt. — Im Unterkiefer lässt sich die Auzahl der Zähne nicht mit derselben Sicherheit wie im Oberkiefer bestimmen, doch baben jederseits nicht unter 7 ihren Sitz gehabt, von denen der *) Durch die Entblösung des Schädels von der Gesteinsmasse müssen etliche Zähne abgesprengt worden seyn, weil Münster mehr derselben aufzählt, als jetzt noch den Kiefern anhaften. Er giebt vom @edisse folgende Be- schreibung. Im Oberkiefer ragt der erste Zahn 2‘ aus der Zahnhöhle hervor; der zweite misst mit der Wurzel 5, ohne dieselbe 34; der dritte ist der längste und misst mit der Wurzel 6, ohne diese 41‘. Diese Zähne stehen 24 weit auseinander, die folgenden 5 nur 2 und sind, nach den Zahnhöhlen und umherliegenden Exemplaren zu urlheilen, 24 bis 34"' lang gewesen. Der neunte Zahn misst nur 2’ mit der Wurzel und ist vom achten um 6‘ abgerückt. — Im Unterkiefer befinden sich nur 7 Zähne jederseils, von denen die 3 vordern gleiche Grösse und Entfernung von ‚einander wie im Oberkiefer haben; auch die 4 letzten sind bedeu- tend kleiner. Nach Münster ist demnach die Zahnlormel: er wie: ich es ebenfalls vermuthet habe. 177 vorderste: 7‘ von der feinen, Kieferspitze. entferut ist. Uebrigens sind nur noch 3 untere Zähne, und zwar auf der linken Seite vor- findlich, von denen der vorderste 44‘, der ihm ansitzende und zu seinem Ersatz bestimmte kleine Zahn 2‘ und der vierte in der Reihe 5’ vorragt. Ausserdem liegen auf der Gegenplatte noch 4 isolirte Zähne herum, von denen der ansehnlichste 6 lang ist. Die Zähne des ©. Münsteri kommen demnach sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Form und Stellung mit denen des O. Gem- mingi überein. Zu bemerken ist, dass sich auch ein feines zweischenkliges Zungenbein erhalten hat. Die hauptsächlichsten Dimensionsverhältnisse sind folgende: Tänpendesz Schudele an ara Amt ol de jan une Aue ken m Sauger A „ . der Schläfenhöhle . . . . 3 le = ie 2 ER A » der Augenhöhle zwischen den beiden eher Vorsprüngen . O0 84 it der Nasenlöhlent li, ı19Go A9aıaa ar Aosigde „ularıs „ercdes Unterkieferäfn str‘ maß or. A Ver Vai ra „» der Symphyse desselben. . . . a re rhen Breite des Schädels zwischen den Zitabeinen Ba al nn a ID „ zwischen den hintern aufsteigenden Aesten des Jochbeins 1 14 „ der Stirnbeine in der Mitte der Augenhöhlen. .. . .0 6 „ zwischen den vordern Augenhöhlenvörsprüngen . . . . 0 104 „. der Schnautze vor dem vordern Ende der Nasenhöhlen . 0 44 Der ‘Schädel des 0. Münsteri zeigt eine nähere Verwandtschaft nur mit dem des ©. Gemmingi; indess ist der Hirntheil des letzte- ren nicht in einem solchen Zustande, dass eine detaillirte Verglei- chung vorgenommen werden könnte, um zu entscheiden, ob die Af- finität so weit ginge, dass eine Vereinigung beider zu einer Art daraus sich folgern liesse. Jedenfalls dürfen wir uns aber zu der Ablıandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abth. 23 178 Annahme berechtigt ansehen, dass der'©. Münsteri ebenfalls den langgeschwänzten Arten zuzuzählen ist. VII. Ornithocephalus secundarius. Tab. 2. Fig. 3. Alles, was zur Zeit von dieser Species hekannt geworden, beruht auf der kurzen Notiz von H. v. Meyer *), dass er von dem Graf Münster einen Knochen mitgetheilt erhalten habe, der im Un- terschenkel eines Pterodactylus besteht, dessen Grösse auf Pt. gran- dis folgt und daher die des Pt. macronyx aus dem Lias noch über- trifft. Der Art, von welcher dieser Knochen herrührt, legte er den Namen Prerodactylus secundarius bei. Dieser Knochen ist wenigstens in seinen äussern Umrissen sehr gut erhalten, obgleich in seiner obern Hälfte die äussere Wandung abgesprengt ist, was auch von dem untern Ende gilt. Dass er der Unterschenkel ist, ergiebt sich aus der vollständigen Uebereinstim- mung seiner Form mit dem gleichnamigen Knochen bei den andern Exemplaren vom Ornithocephalus. Ich sehe ihn für den linken Un- terschenkel an, der sich von seiner hintern Seite darstellt. Es ist also am obern Ende der grössere Gelenkkopf der innere und der daneben liegende der äussere Gelenkkopf des Schienbeins, neben dem dann der Kopf des Wadenbeins hervorschaut. Letzteres ist eine dünne Gräthe, die wie bei O. ramphastinus noch im ersten Drittel der Länge des Unterschenkels mit dem Schienbeine ver- *) Jahrb. für Mineralog. 1843. S. 584. 179 schmilzt. Durch seine lange schmächtige Gestalt und das dünne Wadenbein weicht der Unterschenkel des Ornithocephalus auffallend von dem Typus der Saurier ab und nähert sich ‘dem der Vögel, von dem er indess wieder schon dadureh: differirt, dass seinem un- tern’ Ende der tiefe, Ausschnitt, des -Vogel-Schienbeins abgeht. 0. secun- darius. | 0. grandis. kenne. Länge des Unterschenkels| 5" 0 m 304 b 12 2 Breite am: obern Ende .| 0 54 05 0 0 0. ur „. am untern Ende. „in der Milte Der Unterschenkel des ©. secundarius hält demnach in seiner Länge das Mittel zwischen dem des O. grandis und des O. ram- phastinus und ist zugleich schlanker als jeder von diesen beiden. Man ist daher berechtigt, aus seinen Verhältnissen auf eine von den bisher bekannten Arten verschiedene eigenthümliche Species zu schliessen, Dagegen ist eine andere Art aufgeführt worden, die mit dem 0. secundarius zusammengehören könnte. Dies ist der Pferodacty- lus longipes, den Graf Münster*) nach einem; aus den solenhofer Steinbrüchen herrührenden Oberschenkel und einem abgebrochenen Unterschenkel aufstellte. Würde man letzteru nach Maassgabe des ersteren ergänzen, so würde man. für ‚den Unterscheukel des O, longipes: wohl die Länge des vom O. secundarias erreichen. ‚Noch ‚erlaube ich mir eine Frage ‚aufzuwerfen, ob: nicht am Ende gar diejetiiigen Knochenüberreste hieher zu rechnen seyn möch- *) Beiträge zur Petrefaktenkunde. 1. S..95. Tab. 7. Fig. 2. 23 * 180 ten, die Spix*) als „ein neues, vermuthlich dem Pteropus Vampy- rus Linn. zugehöriges Petrificat aus dem solenhofer Kalkbruch“ be- schrieben hat.7®Dass diese Ueberreste keiner Fledermaus angehör- ten, darf jetzt schon aus dem Umstande gefolgert werden, dass bis- her überhaupt ‘keine Säugthier- Ueberreste in den lithographischen Schiefern gefunden wurden. Sie sind sicherlich nichts anders als die beiden letzten Phalangen des grossen Ohrfingers eines Ornitho- cepbalus.. Der Länge nach könnte das vorletzte Glied desselben wohl zu einem Thiere, wie der O. secundarius oder O. longipes eines seyn mochte, gehört haben; dagegen würde es eine Anomalie bezüglich der andern Arten seyn, dass bei dem angeblichen Piero- pus Vampyrus das letzte Glied weit läuger als das vorletzte er- scheint. Hier müsste vor Allem die Steinplatte nochmals geprüft werden können, um sich der Zuverlässigkeit der Zeichnung zu ver- sichern; jene aber, die der akademischen Sammlung, nicht zu- ständig war, scheint von den Erben des Spix’schen Nachlasses nicht aufbewahrt worden zu seyn. IX. Allgemeine Betrachtungen über die Organisation der Gattung Oruithocephalus. Dass die seltsamen Ueberreste, welche mit dem Namen Orni- thocephalus oder Pterodactylus bezeichnet werden, keiner andern Klasse als der der Amphibien und unter diesen wieder nur der Ordnung der Saurier zuzuweisen sind, bedarf jetzt "keiner Erörte- rung mehr, wobei indess nicht geläugnet werden soll, dass in ihren *) Denkschrift. der k.' Akadem. zu München. N: S. 59; mit Abbild. 181 Formen zugleich Hinweisungen auf Eigenthünlichkeiten: des Vogel-, wie des Säugthiertypus sich kundgeben können. Fassen wir nun nach dem‘ Schlusse unserer speciellen Betrachtungen ‚einmal ‚die Hanptverhältnisse ins Auge, welche dieser Gattung ihre auffallende Gestaltung verleihen, um dadurch ein deutliches Bild von ihr zu ge- winnen. Wir wollen dabei vom Einzelnen zum Allgemeinen fort- schreiten. Schon gleich am Schädel giebt sich die sonderbare Vermen- gung des Vogel- und Reptilien-Typus in recht auffallender Weise zu erkennen. Der äussere Umriss und insbesondere die Ansicht von oben ist ganz die eines langschnäbligen Wasservogels, und an diesen, nicht an einen Saurier, erinnert auch die weite Abrückung der Nasenlöcher vdn der Kieferspitze, (das Vorkommen einer mitt- leren Höhle zwischen Nasen- und Augenhöhle und der gänzliche Mangel eines Kroneufortsatzes am Unterkiefer. Dagegen weist nicht blos die Anwesenheit und Form der Zähne auf Saurier hin, sondern die ganze Configuration des Hinterhauptes giebt diesen Ty- pus, und namentlich den des Monitors, zu erkennen. Der Knochen- ring iu der Sclerotica ist ein Merkmal, das den Vögeln wie den Sauriern zukommt; eigenthümlich dagegen ist dem Ornithocephalus die ausserordentliche Verkürzung des Hinterhauptes und die weit vorgerückte, erst unter der Mitte der Augenhöhle stattfindende, Ein- lenkung des Unterkiefers. Die Wirbelsäule trägt von den 3 höchsten Wirbelthierklassen Merkmale zugleich an sich. Der mehr oder minder lange und eine S-förmige Beugung zulassende Hals weicht sehr von dem kurzen steifen Halse der Reptilien ab und verweist auf die Vögel, mit de- ren Halswirbel auch die des Ornithocephalus in ‚der Form eine grosse Aehnliclikeit haben, während: ihre constante Anzahl von 7 182 an die Säugtbiere und Krokodile erinnert. Dass der Hals an Beug- samkeit dem der Vögel nicht nachsteht, giebt unser Exemplar vom ©. longirostris zu erkennen, bei dem das Hinterhaupt, ‘wenn auch gewaltsam, bis zum Steisse herab gewendet wurde, ohne dass da- bei die Halswirbel weder unter sich, noch aus ‚ihrer ‚Verbindung mit dem Schädel oder den Rückenwirbeln losgerissen wurden. Gegen die Länge und Stärke der Halswirbel sind die kurzen und ‘schwachen Rumpfwirbel in einem Missverhältniss, wie es sich in ähnlicher Weise selbst bei den längsthalsigen Vögeln und Säug- thieren nicht wieder findet. Die Rumpfwirbel sind übrigens voll- ständig getrennt und lassen sich in Rücken-, Lenden- und Kreuz- wirbel eintheilen; die Querfortsätze .der Rückenwirbel sind wie bei den Krokodilen ausgeschnitten. Der Schwanz ist bei den meisten Arten kurz, und dies ist eine Abweichung vom Typus der Saurier, dagegen eine Annäherung an die Vögel und an viele ‚Säugthiere. Allein es giebt auch Arten mit sehr langem Schwanze, wie es häufig bei letzteren und gewöhnlich bei den Sauriern der Fall ist; aber die Wirbel dieser langschwänzigen Ornithocephalen weichen sehr von ‘denen der Saurier ab, denn während sie bei: diesen mit langen Querfortsätzen und obern und untern Dornfortsätzen versehen sind, scheinen sie bei jenen fast ohne alle Fortsätze zu seyn und kommen darin mehr mit den Säugthieren überein, an deren Schwanze diese Fortsätze wenigstens sehr bald verkümmern. ' In‘ gewisser Hinsicht könnte man demnach von der Wirbelsäule des Ornithoce- phalus sagen, ‘dass sie den Hals vom Vogel, den Rumpfiheil vom Reptil und den Schwanz vom Säugthiere entlehnt hätte. Die Rippen lenken, wie bemerkt, nur an den Querförtsätzen der Rückenwirbel ein, wie dies auch, mit Ausnahme der’ beiden vor- dersten, bei den Krokodilen der ‘Fall ist, Ganz den Sauriertypus 183 verrathend sind die Bauchrippen, welche allen Vögeln und Säug- thieren abgehen, aber häufig bei der Ordnung der Eidechsen sich einstellen. H. v. Meyer glaubt auch bei ©. Gemmingi noch beson- dere Rippenfortsätze, wie bei den Vögeln, zur Verbindung der einen Rippe mit der nächsten bestimmt, gefunden zu haben, allein da diese Stücke nicht im Zusammenhange mit den Rippen stehen, und ich nichts Aehnliches auf allen unsern Platten salı, so kann ich dieser Ansicht nicht beitreten. Schultergerüste und Brustbein entfernen den Ornithocephalus ganz und gar von den Säugthieren, indem diese Theile nach dem Vogel- und Saurier-Typus gemodelt und dabei deren Charaktere mit- einander verschmolzen sind. Das Schulterblatt ist ein schmaler ge- streckter Knochen und komnt gleich dem Rabenschnabelbeine mehr mit dem der Vögel als der Saurier überein, von welchen letzteren ohnediess in Bezug auf den letztgenannten Knochen nur die Kroko- dile in Vergleich kommen können. ‘Das Brustbein weist durch sei- nen grossen Umfang auf letztere hin, zugleich aber auch durch Mangel des Kiels auf die straussartigen Vögel, nur dass es verhältnissmäs- sig ungleich grösser und gewölbter als bei diesen ist. Den Mangel der Schlüsselbeine hat der Ornithocepbalus mit den Krokodilen ge- mein. Das Becken ist dem Typus der Saurier nachgebildet, wenn gleich die Hüftbeine durch Form und Länge einigermassen auf die Sängthiere hindeuten. Die Gliedmassen weichen durch ihre ansehnliche Länge sehr von dem Saurier-Typus ab, der sich durch Kürze und Stärke der Extremitäten bemerklich macht, während die Länge und feinere Aus- prägung der langen Knochen, insbesondere auch das Ueberge- wicht des Vorderarms über den Oberarm, des Unterschenkels über den Oberschenkel, so wie die F'einheit nud Kürze des Wadenbeins 184 den Vogel-Charakter andeutet. Die Länge der Mittelhand ist zwar letzteren ebenfalls zustehend, aber die Form derselben ist beim Or- nithocephalus ganz anders und mehr nach der der Säugthiere gebil- det. Die drei ersten Finger dagegen sind nach Form und Zahl der Phalangen völlig wieder die der Bidechsen, indem der erste 2, der zweite 3 und der dritte Finger 4 Glieder mit Einschluss. des Krallengliedes trägt. Von ganz anderer Art ist aber der vierte Finger, der Ohrfinger, der von einer Eigenthümlichkeit ist, zu der sich keine Analogie bei allen andern Thieren als einigermassen bei den Fledermäusen in der Bildung eines ihrer Finger auffinden lässt, nämlich enorm lang und aus 4 Gliedern bestehend, von denen das letzte sich zuspitzt und krallenlos ist, während die andern Finger mit starken Sichelkrallen bewaflnet sind. Der Hinterfuss ist im Verhältniss zum vordern schwach und im Allgemeinen nicht nach der Norm des Vogels, sondern des Sauriers gehildet. Er zählt 5 Zehen mit ungewöhnlicher Anordnung der Phalangen in der Reihe: 1, 5, 4, 3, 2; die eingliedrige Zehe trägt keinen Nagel, die an- dern haben Krallen, die aber schwächer als an den Fingern sind. Fragen wir nun zuletzt, ob das Thier, dem das Gerippe mit der seltsamen Vermengung des Vogel- und Saurier-Typus und über- diess mit einigen Eigenthümlichkeiten des Säugthieres angehörte, seinen Aufenthalt im Wasser oder auf dem Lande und in der Luft genommen haben werde, so dürfen wir wohl das Wasser ganz aus- schliessen. Alle Saurier, sie mögen im Wasser oder auf dem Lande leben, sind kurzbeinig; dasselbe gilt für die Schwimmvögel. Der Ornithocephalus dagegen hat so lange Hinterbeine als ein Land- oder vielmehr Luftvogel und insbesondere übertreffen, wie bei die- sem, die Unterschenkel an Länge weit die Oberschenkel; zugleich liegen die Zehen, wo sie ihre natürliche Lage, wie z. B. bei ©. Kochii, behalten haben, meist so nahe beisammen, dass man 185 wohl auf den Mangel einer Schwimmhaut schliessen darf. Die be- deutende Entwicklung der Hand, herbeigeführt durch die lange Mit- telband und insbesondere durch die enorme Länge des Ohrfingers, lässt es nicht bezweifeln, dass sie das Hauptbewegungsorgan ab- gegeben hat und zwar in ähnlicher Weise wie bei den Thieren mit ausserordentlicher Handverlängerung, den Fledermäusen und Vögeln, als Flugorgan, wenn auch in eigenthümlicher Weise von diesen bei- den Typen differirend. Der lange Ohrfinger diente alsdann offenbar zur Ausspannung der Flughaut, die vom äussern Rande dieses Fin- gers sich bis zu den Rumpfseiten ausdehnte und wahrscheinlich die Hinterbeine nicht berührte, ‚ Letzteres lässt.sich aus dem Umstande schliessen, dass das Thier bei ruhiger Stellung mit zusammengeleg- ten Flugorganen nicht nach Art der Fledermäuse sich auf die vier Füsse stüzte, sondern gleich dem Vogel aufrecht auf seinen Hinter- beinen stand. Eine solche Stellung setzt aber dieselbe Freiheit der hintern Extremitäten wie bei letzterem voraus... Der ©. Kochii giebt deutlich zu serkennen, dass das Thier, wenn es von seinen Flügeln keinen Gebrauch machte, sondern ruhig stand oder schritt, die gleiche „aufrechte Haltung wie der Vogel annahm. Nur in dieser Stellung konnte es vorwärts schreiten, ohne von seinen Flugorganen, die dann vogelähnlich zusammen gelegt waren, behindert zu werden; nur in. der anfrechten Stellung konnte es seinen ungewöhnlich lan- ‚gen Kopf mit‘ dem langen und starken Halse aufrecht tragen und im Gleichgewicht halten, indem letzterer derselben S-förmigen Beu- gung wie der des Vogels fähig war. So hätten wir denn in dem Ornithocephalus allerdings einen Saurier, erkannt, aber von einem Habitus, der ihn von allen andern Formen dieser Ordnung weit abrückt, und den. Vögeln annähert. Mit den Fledermäusen ‚hat er, ausser dem Flugvermögen, durchaus - keine nähere Verwandtschaft. Der Ausspruch: „das Tbier ist halb Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abth. 24 186 Krokodil, halb Monitor, als Vogel verkleidet, jedoch in der Absicht eine Fledermaus zu werden,“ ist demnach nicht blos paradox, son- dern auch unrichtig. Minder fantastisch, aber wahrer, könnte man sagen: der Ornithocephalus ist ein Saurier, der im Uebergange zum Vogel begriffen ist. X. Systematische Anorduung der Arten. Es sind bereits so viele Arten von Ornithocephalus durch eigne Namen bezeichnet worden, dass es nöthig wird, sie, soweit als thunlich, in natürliche Gruppen zu sondern und diese nach ihren Verwandtschaftsgraden aneinander zu reihen. Hierbei will ich je- doch zum voraus bemerken, dass ich die aus dem Lias herstammen- den Arten, so wie den Pterodactylus Lavateri Myr, dem nur ein zweigliederiger Ohrfinger zugeschrieben wird, aus dem nachfolgen- den Schema ausschliesse, weil ich mit denselben’ nicht ausreichend bekannt bin. Meine Anordnung beschränkt sich lediglich auf die Ornithocephalen, deren Ohrfinger aus 4 Gliedern besteht und ‘deren Ueberreste in den lithographischen Schiefern Bayerns abgelagert sind. Ich habe mich schon bei der Charakteristik der im Vorhergehen- den besprochenen Arten bemüht, die letzteren zu reduciren, insofern dazu triftige Gründe vorlagen. Es musste denn doch schon von vorn herein grosses Bedenken über die Selbsständigkeit der bisher mit eignen Namen bezeichneten Arten erregen, dass es deren ge- rade so viel gab als Exemplare aufgefunden worden waren, denn die einzige Ausnahme hat sich erst heuer ergeben, wo ein neues Stück von Meyer auf den ©. longirostris zurückgeführt wurde. ‘Ein solches Sachverhältniss konnte sich nur unter der Voraussetzung als annehmbar hinstellen, wenn man den Ornithocephalen eine Wandel- 187 barkeit der Formen einräumte, die zwar an eine Gattungsbegren- zang sich halten, innerhalb derselben aber von stabilen Typen nichts wissen wolle. Diese Voraussetzung wäre indess noch paradoxer als die seltsamen Formen des Ornithocephalus selbst gewesen, und so konnte man sieh denn zur Erklärung für berechtigt ansehen, dass eine genauere Vergleichung der zur Zeit aufgefundenen Exemplare wohl eine grössere Uebereinstinmung in den Formen als bisher er- mitteln dürfte. Dabei war auch nicht zu übersehen, dass bei der Art der Erhaltung dieser Versteinerungen es in manchen: Fällen unmöglich wurde, ihre nächsten Verwandtschaftsverhältnisse ausfindig zu machen. Wenn eine Steinplatte blos einen Schädel, eine andere blos Kuochen der Gliedmassen, eine dritte nur die Wirbelsäule wahr- nehmen lässt, so kann, wenn nicht schon an andern Exemplaren das ganze Knochengerüste bekannt ist, in vielen Fällen kein sicheres Urtheil über ihre Zusammengehörigkeit abgegeben werden. "Selbst bei ‘gleichartigen Geripptheilen ist dies häufig nicht möglich, wenn sie nicht in gleicher Weise in die Gesteinsmasse eingebettet sind oder wenn sie durch Druck in ihren ursprünglichen Formen verschie- den alterirt wurden. Dies sind allerdings für die Arten-Bestimmung Schwierigkeiten, die bei allen in den festen Gebirgsmassen abgela- gerten Versteinerungen vorkommen, auf die jedoch eben deshalb auch fortwährend Rücksicht ‘genommen werden muss, um nicht die Zahl der Nominalarten zu vermehren. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, unterscheide ich die folgenden Gruppen und Arten, wobei ich den mit einiger Sicherheit gekannten die mehr problematischen, so weit dies angeht, anreihe, Zunächst scheiden sich die Arten in 2 Hauptgruppen, denen man Gattungswerthe. beilegen könnte, wie es schon H, v. Meyer gethan hat. | Die erste, Hauptgruppe oder Gattung umschliesst die 24 * 188 kurzschwänzigen Arten, die Ornithocephali brevicaudati (Pterodac- tylus Myr). Bei diesen ist der Schwanz sehr kurz, so dass er am lebenden 'Thiere entweder &ar nicht oder nur als ein unscheinlicher Stummel vorragte; ferner die Kiefer sind bis zum Ende mit Zähnen besetzt. Diese beiden Merkmale finden sich ‚bei den: vollständi- gen Exemplaren dieser Abtheilung immer in Gemeinschaft; ebenso darf als drittes Merkmal noch dazu gerechnet werden die Tren- nung der beiden Knochen des Schultergerüstes von einander. : Meyer führte als viertes Kennzeichen den Knochenring im Auge an, allein es steht zu vermuthen, dass dieser auch noch bei der andern Haupt- gruppe aufgefunden werden dürfte. Die zweite Hauptgruppe bilden die langschwänzigen Arten, die Ornithocephali longicaudati (Rhamphorhynchus Myr). Bei ihnen ist der Schwanz auffallend lang und die Kieferspitze ist fein und zahn- los. Dazu wird als drittes Merkmal genommen, die feste Verwach- sung der beiden Knochen des Schultergerüstes miteinander, jedoch sind hierüber weitere Beobachtungen abzuwarten. Meyer fügt dem ersten Merkmale noch bei, dass an der zahnlosen Spitze ‘ein horn- artiger Schnabel angebracht sei; da indess an dem wohlerhaltenen Schädel des ©. Münsteri davon nichts’ zu sehen ist, so kann dieses Merkmal hier nicht aufgenommen werden. Die zweite Hauptgruppe zählt zur Zeit zu wenig Arten, als dass es nöthig wäre, auf weitere Unterabtheilungen einzugehen. Da- gegen hat die erste Hauptgruppe mehr Arten aufzuweisen und unter diesen sind die: Verschiedenheiten auch‘ auffallender, ‚so dassı sie darnach in zwei kleinere Gruppen vertheilt werden können: in die langschnautzigen und kurzschnautzigen.: Den 2 Haupigruppen muss leider noch eine dritte Abtheilung' angehängt werden, welche die- jenigen Arten aufzunehmen hat, die nur auf einzelne isolirte Knochen 189 der Gliedmassen begründet sind, und. von denen man daher nicht weiss, welcher von den beiden Hauptgruppen sie angehören. In solcher Weise bekommen wir das nachfolgende Schema. I. Ornithocephali brevicaudati. (Pterodactylus Myr.) a) longirostres. 1. Ornithocephalus ramphastinus Wagn.; Schädel sehr gross, 8" lang, fast doppelt so lang als der Rumpf. 2. Ornithocephalus crassirostris Goldf., Schädel nur halb so lang als der des vorigen, an Länge den Rumpf nicht übertrefiend; Zähne länger und gekrümmter, Vorderkrallen grösser. 3. Ornithocephalus untiquus Soemm. (Pterodactylus longiro- stris Cuv.), Schädel schmächtig, 4 lang, Zähne klein und schwach. 4. Ornithocephalus Kochii Wagn., Schädel und Hals ungleich kürzer als bei vorigem, Halswirbel fast um die Hälfte kürzer. Ornithocephalus medius Münst. stellt eine Form dar, die in den vergleichbaren Verhältnissen wesentlich mit O. Kochii überein- kommt und demnach wohl nur als ein grösseres Individuum dessel- ben betrachtet werden darf. ‘ Ornithocephalus dubius. Münst. gehört zwar auch den. kurz- schwänzigen Arten und muthmasslich der Abtheilung der lang- schnautzigen an; bei völligem Mangel des Halses, Schädels und der Gliedniassen aber lässt sich nicht wohl bestimmen, zu welcher Art er hinneigt. \ 190 b) brevirostres, 5. Ornithocephalus brevirostris Soemm., Schnautzentheil kurz und mit dem Hirnkasten nicht mehr in einer Flucht verlaufend, son- dern von demselben abgesetzt; Körpergrösse gering. 6. Ornithocephalus Meyeri Münst., nahe verwandt dem vori- gen, vielleicht selbst zu einer Art mit ihm gehörig, worüber jedoch weitere Untersuchungen erst definitiv entscheiden können. II. Ornithocephali longicaudati. (Rhamphorhynchus Myr.) 7. Ornithocephalus Gemmingi Myr.; ziemlich grosse Art mit langem starkem Schwanze. Ornithocephalus Münsteri Goldf. hat zwar einen etwas kleinern Schädel, sonst aber zeigt er in den vergleichbaren Verhältnissen grosse Uebereinstimmung mit dem Schädel des 0. Gemmingi, 8. Ornithocephalus longicaudatus Miünst., weit kleinere Art mit langem dünnem Schwanze. II. Ornithocephali sedis incertae. 9. Ornithocephalus grandis Cuv., an Grösse alle andern Arten weit übertreffend; Unterschenkel 7” 3° lang. 10. Ornithocephalus secundarius Myr., die nächst grösste Art, Unterschenkel 5‘ lang. Ornithocephalus longipes Münst., ist wohl dem O.,secundarius beizugesellen. 191 Erklärung der Abbildungen. T arbiloh: Ornithocephalus ramphastinus, in natürlicher Grösse dargestellt, wie er sich auf der einen von den Doppelplatten präsentirt; doch habe ich, um nicht zwei Abbildungen anfertigen zu müssen, auf dieser Zeichnung gleich die Rumpf[wirbel- säule nebst dem Becken, die beide auf der Gegenplalte bei der Spaltung haftend geblieben waren, mit eintragen lassen. Das Gerippe war nach der Spaltung der Platte noch grösstentheils mit Steinmasse bedeckt, aus der es der bei der paläon- tologischen. Sammlung angestellte Diener Ditterich mit grossem Geschicke und be- stem Erfolge herausarbeilete. ‘a. Nasenhöhle. b. Brücke zwischen dieser und der Augenhöhle c. d. Muthmassliches Segment eines Knochenrings in der Sclerotika. e. Quadratbein. f. Unterkiefer. g. Vorderster Zahn .des abgebrochenen Oberkiefers. h.1—h. 7. Die 7 Halswirbel. i. 1—i. 7. Rippentragende Rumpfwirbel. k. 1—k. 6. Rippenlose Rumpfwirbel. 1. 1. Rippen. m. Muthmassliche Bauchrippe. n. Brustbein. o. 0. Hüftbeine. p: Sitzbein. q. r. Schambeine. s. Ss. ‚Schulterblatt. t. t. Hakenschlüsselbeine. u. u. "Oberarmknochen. v. v. Vorderarm. w. Handwurzel. x.x. x. 1,x. 2,x. 3. Mittelhandknochen. y.' Erstes Glied des langen Ohrfingers, rechts. z. Spuren von Fingern, 192 4. Eırstes, 2. zweites, 3. drittes Glied des linken Ohrfingers. 4. Zungenbein-Stück oder, viertes Glied des Ohrfingers. 5, 6, 7. Phalangen von Fingern. 8, 9. Losgerissene Krallen derselben. 40. 10. _ Oberschenkelknochen. 41. 11. Schienbein, 12. 12, Wadenbein. 13. Mittelfuss mit seinen Zehen 14. 15. 16. Lange dünne Gräthen, vielleicht zur Unterstützung der Spannhaut bestimmt. Tal bias Fig. 1. Ornithocephalus dubius, gleich allen andern Figuren in natürlicher Grösse gezeichnet. | | 4—19. Rumpf- und Beckenwirbel, die an Stärke weit die des O0. longiro- stris, medius und Kochii übertreffen, ‚und, selbst denen des O. ramphastinus nicht nachstehen. Es lässt sich daraus auf ein Thier schliessen, das letzterem an Grösse nicht nachstand. a. a. Hüftbeine. b. b. Sitzbeine; leider in einem Zustande der Erhaltung, dass ihre Formen nicht mit wünschenswerlher Sicherheit bestimmt werden können. c. c. Schambeine. d. Brusibein. e. e. Schulterblätter. f. f. Rippen. g. Schwänzchen. Fig. 2—5. Ornithocephalus Münsleri. Fig. 2. Schädel von der Oberseite gesehen. — a. a. Schläfenhöhle. — b. b, Augenhöhle. — c. c. Nasenhöhle. — e. Nasenbein. — f. f. Hintere Stirnbeine. — g. Jochbogen. — h. Verbindung des Os pterygoideum und Gaumenbeins. — i. i. Schläfenbogen. Fig. 3. Unterkiefer, von der Unterseite gesehen, hinterwärts mit dem Zun- genbein. — Fig. 3. a. Ein einzelner Zahn des Unterkiefers. Fig. 4. Seitenansicht des Schädels. — Buchstaben von derselben Bedeutung wie in Fig. 2. — d. Verdrückte dritte Höhle zwischen b und c. Fig. 5. Seitenansicht des Unterkiefers, die Zähne in die Gesteinsmasse eingesenkt, Fig. 6. Ornithocephalus secundarius. Unterschenkel. Charakteristik der in den Höhlen um Muggendorf aufgefundenen urweltlichen Säugthier - Arten. Von Dr. Andreas Wayner, ordentlichem Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften. Mit einer Tafel. Abhandlungen der II. Cl. d. k, Ak. d, Wiss. VI. Bd. I. Abth. 25 ob 1röbnanguM ur aslIdöH ob A en K PR Br Kart ' tee „suahunTspTus toi küukee asııÄ- ‚zsilignhß aa ih win. „u 2 br [2 . TEE ; u “ brigen et ‘ 25 " Et i sn ash altes Th Hin ae sbeilyitt martin 7 maale 1 h ET Zr ax Ne I erh fd se Te DE U Jere) . 1 Ge ww . r 5 er voale A zT un 3 Pr 7 Zun- r 4 Ei a R- a? Ka R ve » A de FE wu ven, De E72 % TC 4 ög MER U TT RE AO rob mgum > Charakteristik der in den Höhlen um Muggendorf aufgefundenen urweltlichen Säugthier-Arten. Von Dr. Andreas Wagner. Es wird nun bald vierzig Jahre seyn, dass ich zum Ersten- male die merkwürdigen Höhlen Muggendorfs mit ihren fossilen Thier- überresten zu sehen Gelegenheit hatte, und der Eindruck, den da- mals diese herrlichen Grotten mit ihren zahlreichen Denkmalen einer uralten, im Sturme einer gewaltigen Katastrophe zu Grunde gegan-, genen Thierwelt auf des Jünglings Sinn und Gemüth machten, war ein so mächtiger und nachhaltiger, dass ich mich späterhin in rei- feren Jahren dem Studium dieser urwelilichen Ueberreste und der geognostischen Verhältnisse der Gebirge, in welche sie eingelagert sind, mit besonderer Vorliebe hingab. Zeugniss hievon legen die verschiedenen Abhandlungen ab, die ich seit dem Jahre 1829 über die paläontologischen und geognostischen Verhältnisse der Umge- bungen von Muggendorf bekannt gemacht habe. Wenn meine er- sten genaueren Studien über (die fossilen Thierüberreste der mug- gendorfer Höhlen lediglich auf das allerdings sehr reichhaltige, der 2ER 196 zoologischen Sammlung der Universität Erlangen angehörige Mate- rial beschränkt waren, so haben sich mir die Mittel für meine Un- tersuchnngen bedeutend vermehrt, seitdem‘ mir die Verwaltung der hiesigen paläontologischen Sammlung anvertraut und ihr nun auch die Münster’sche einverleibt worden ist. Nachdem ich ebenfalls die in der schönen Kreis - Naturalien- Sammlung zu Bayreuth aufbewahrten fossilen Knochenüberreste aus den muggendorfer Höhlen untersucht habe, so habe ich wohl das Bedeutendste, was von diesen antediluvianischen Denkmalen in Bayern aufbewahrt wird, aus eigner Anschauung kennen gelernt und daraus mit Befriedigung ersehen, dass, trotz des starken Abzuges nach aus- wärts, doch noch der erheblichste Theil davon bei uns aufbewahrt wird und nunmehr, als in festen Händen ruhend, gegen weitere Ver- äusserungen gesichert ist. Die Nachfrage von Aussen nach unsern muggendorfer Ueber- resten fossiler Thiergerippe hat sich in neueren Zeiten nicht blos aus Mangel an vorräthigem Material, sondern hauptsächlich auch desshalb vermindert, weil nunmehr in England, Belgien, Frankreich und anderwärts ähnliche Knochen-Ablagerungen entdeckt und aus- gebeutet worden sind. Damit haben sich die wissenschaftlichen Un- tersuchungen über diese urweltlichen Höhlenbewohner gemehrt, zu- gleich aber auch die Ungewissheit in der Feststellung ihrer Arten. Denn während die Einen sich in der Vervielfältigung der letzteren gefielen, sind Andere von dem entgegengesetzten Bestreben ausge- gangen und haben die Arten in auffallender Weise zusammengezo- gen, selbst bis zur Identification mit den lebenden Verwandten. Ich habe mich mit diesen Bestrebungen nicht durchgängig befreunden können und gegen einige derselben meine widerstreitenden Ansich- ten bereits öffentlich ausgesprochen. Da ich nun überdiess durch 197 Vermehrung meines Materials in den Stand mich gesetzt sehe, man- eherlei Beiträge zur genauen Kenntniss und Unterscheidung der bis- her unter den urweltlichen Höhlenthieren Muggendorf's aufgestellten Arten zu liefern, so habe ich mich veranlasst gefunden, im Folgen- den eine kritische Revision derselben ‘vorzunehmen, wobei ich auf das, was ich als constatirt ansehe, nur kurz eingehen, dagegen das Zwweifelhafte ausführlicher besprechen werde, um es wo möglich ebenfalls zu einem festen Abschlusse zu bringen: zugleich werde ich meine eignen Beobachtungen, die ich neuerdings gemacht habe, hier vorlegen. Bevor ich jedoch mit dieser Revision beginne, erachte ich es noch als Pflicht der Pietät in einer kurzen Uebersicht an die Lei- stungen derjenigen Männer zu erinnern, von welchen die wissen- schaftliche Kenntniss der in den genannten fränkischen Höhlen auf- gefundenen urweltlichen Thierüberreste ausgegangen ist. An diese Namen werde ich dann noch die Leistungen der Naturforscher an- reihen, die durch ihre Schilderungen gleichartiger Thierüberreste aus auswärtigen Höhlen auf die Kenntniss der in unsern fränkischen Grotten abgelagerten Arten eingewirkt haben. Dagegen kann ich die Schilderung der topographischen und geognostischen Verhält- nisse des Gebirgsstockes, welcher die fränkischen Knochenhöhlen aufzuweisen hat, hier ganz übergehen, da ich solche schon früher an einem andern Orte ausführlich mitgetheilt habe. *) Die fossilen Knochen der fränkischen Höhlen, unter denen die gailenreuther weit aus die meisten dieser Ueberreste geliefert hat, *) Ueber die fossilen Säugthier-Ueberreste der muggendorfer Höhlen, mit besonderer. Berücksichtigung der geognostischen Verhältnisse ihrer Lager- stätten (Gelehrte Anzeigen. Münch. IX. $. 998). — Zu vergleichen ist auch meine Abhandlung über die Dolomitbildung in meiner „Geschichte der Urwelt“ $, 85. 198 waren lange Zeit, bevor die Naturforscher sie ihrer genauern Be- achtung würdigten, den Landleuten und auch manchen Aerzten wohl bekannt, indem sie von ihnen in verschiedenen Krankheiten statt des Einhorns, und, wie gerühmt wird, mit glücklichem Erfolge ver- wendet wurden. Von eigentlichen wissenschaftlichen 'Naturfor- schern ist jedoch der berühmte P. Bayer *), Professor an der ehe- maligen Universität Altdorf, der erste, der ihrer, wenn auch in ganz unbestinımter Weise, gedenkt. Er berichtet nämlich, dass sowohl auf dem nürnbergischen Gebiete in der Höhle bei Velden als auch ausserhalb desselben bei dem bambergischen Städtchen Bodenstein (Pottenstein) Knochen und grosse Zähne, Unicornu fossilis speci- mina, gefunden worden wären. Obwohl er auf keine weitere Cha- rakteristik derselben eingeht, so erklärt er doch mit der grössten Bestimmtheit — im Widerspruche mit vielen seiner Zeitgenossen — dass alle diese Stücke, gleichviel ob Hörner, oder Zähne, oder fos- sile Knochen, keineswegs ex lusu naturae entstanden, sondern Theile und Ueberreste wirklicher Thiere von verschiedenen Arten wären, Ueber ein Jahrhundert vergieng, ehe man wieder etwas von den Thierüberresten dieser Gegend zu hören bekam. Die Veranlassung dazu gab ein junger Arzt aus Muggendorf, Dr. Heumann, der eifrig sich mit naturhistorischen Studien befasste, und dadurch zur genaue- ren Kenntniss der Knochenhöhlen seiner Heimath gelangte. Zwar starb er frühzeitig als Stadt- und Land-Physicus zu Langenzeun und hinterliess keine schriftlichen Mittheilungen über seine Ent- deckungen, gleichwohl giengen diese nicht verloren. Johann Frie- drich Esper nämlich, der damals Pfarrer in Uttenreut bei Erlangen, später Superintendent in Wunsiedel war, ein Mann, gleich ausge- zeichnet als praktischer und gelehrter Theolog, wie als Naturfor- *) Oryctographia Norica. Norimb. 1632; zweite Auflage, 1658. p. 27. 199 scher, hatte davon gehört und beschloss an Ort und Stelle sich von diesen merkwürdigen Vorkommnissen selbst zu unterrichten. Er be- wog Heumann, der damals (im Jahre 1771) noch in Erlangen stu- dirte, und den dortigen Apotheker Frischmann, der mit dem grössten Eifer ebenfalls die Naturgeschichte betrieb, ihn auf dieser Untersu- chungsreise zu begleiten, und das Resultat derselben legte er in einem besonderen Werke nieder“), welches eine ausführliche‘ Be- schreibung der sämmtlichen, ihm in der Umgebung Muggendorf's be- kannt gewordenen Knochenhöhlen, nebst einer umständlichen Cha- rakteristik der in ihnen aufgefundenen antediluvianischen Thierüber- reste, so wie Vermuthungen über die Art und Weise ihrer Einla- gerung enthält. Vierzehn sorgfältig gearbeitete und colorirte Kupfer- tafeln dienen zur Erläuterung der in diesen Grotten aufbewahrten Knochenüberreste. Es ist dies die erste wissenschaftliche Arbeit über die urweltlichen fränkischen Höhlenthiere, und wenn sie auch in deren Deutung und Bestimmung gar vieles im Ungewissen lassen musste, so lag dies lediglich in dem Umstande, dass eine verglei- chende Anatomie damals noch gar nicht bearbeitet war, und eben desshalb Esper weder in der Literatur noch in den Sammlungen das Material auftreiben konnte, mit dessen Hülfe allein er die Deu- tung dieser Knochenüberreste mit zweifelloser Sicherheit durchzu- führen vermocht hätte. Durch Esper's treflliches Werk wurde nun auf einmal die Auf- *) Ausführliche Nachricht von neu entdeckten Zoolithen unbekannter vier- füssiger Thiere, und denen sie enthaltenden, so wie verschiedenen andern denkwürdigen Grüften der obergebürgischen Lande des Marggraftihums Bayreuth. Nürnb. 1774. Fol. — Nachträge dazu von Esper finden sich in den Schriften der Berlin. Gesellschaft naturf. Freunde. V. 1784. S. 56 bis 107; und im fränkischen Archiv. 1790. I. S, 77—105 und I. S. 165— 204. 200 merksamkeit der Naturforscher des In- und Auslandes auf die fos- silen Thierüberreste der muggendorfer Höhlen hingelenkt und diese wurden bald ein Gegenstand, um. dessen Besitz die Sammler sich eifrigst bemühten. Zunächst war es J. Christian Rosenmüller, nachmaliger Pro- fessor der Anatomie in Leipzig, der Esper's Untersuchungen ‚auf- nahm und weiter fortführte, Er hatte einen Theil seiner Studien- zeit in Erlangen zugebracht und mit grossem Eifer die Erforschung der muggendorfer Kuochenhöhlen und ihrer antediluvianischen Ueber- reste vorgenommen. In zwei kleinen Schriften *) versuchte er 'zu- erst, die Bestimmung derselben mit grösserer Sicherheit als es bis- her geschehen war, festzustellen. Er wiess nach, dass neben: äch- ten Bärenknochen gleichzeitig auch Ueberbleibsel von einem andern Thiere, das aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Katzengeschlecht wäre, abgelagert wurden. Die Knochen von Hirschen, Füchsen, Wölfen, Hunden und Vögeln unterschied er ebenfalls, hielt sie aber für spätere Vorkommnisse. Zehn Jahre hernach fieng Rosenmüller an, ein grosses Werk **) herauszugeben, wovon jedoch nur die erste Abtheilung erschien, welche zum Gegenstand die Beschreibung und Abbildung der Ueberreste des Höhlenbären hatte; die zweite Ab- theilung, welche in gleicher Weise den Höhlenlöwen: darstellen sollte, ist nicht zum Vorschein gekommen. Es ist dies eine aus- gezeichnete Arheit, da sie ausser genauen Beschreibungen alle Haupt- *) Quaedam de ossibus fossilibus animalis cujusdam, historiam ejus et cog- nitionem accuratiorem illustrantia. Lips. 4794. 4. — Beiträge zur Ge- schichte und nähern Kenntniss fossiler Knochen. Leipz. 1795. 8. **) Abbildungen und Beschreibungen der fossilen Knochen des Höhlenbären. Weimar 1804. Fol. mit 8 Kupfertafeln. 201 stücke des Höhlenbären in‘ lebensgrossen 'und- meisterhaft gearbei- teten Abbildungen darstellt. ® Gleichzeitig mit den ersten Arbeiten von Rosenmüller erschie- nen auch die Bemerkungen des berühmten Chirurgen John Hunter's *) über die fossilen Knochen aus der gailenreuther Höhle. Sie gehen nicht in das Detail ein, ‘sondern enthalten nur allgemeine Bemer- kungen mit verkleinerten Abbildungen vom Schädel und Oberarm- bein des Höhlenbären. : Wahrscheinlich wollte Hunter eine grössere Arbeit liefern, doch‘ der Tod übereilte ihn, so dass selbst die eben erwähnte Abhandlung durch Everard Home zum Druck befördert werden musste. Das Material dazu hatte Hunter von dem Mark- grafen von Ansbach erhalten, der seine letzten Lebensjahre in Eng- land zubrachte. Hatte diese Sendung zur Kenntniss der fossilen Knochen aus den muggendorfer Höhlen nur einen geringen Gewinn abgeworfen, so wurde eine andere, an Buffon gerichtete Sendung des nämlichen Markgrafen um: so bedeutender, da sie die Grundlage zu Ouvier's**) ersten und zugleich fundamentalen Arbeiten über die in unsern Kno- chenhöhlen begrabenen fossilen Thierüberreste abgab. Wenn Esper anfangs nur zweifelhaft die fossilen Bärenknochen für solche er- klärte , später wenigstens, wo er hierüber sicher war, sie doch mit denen des Eisbären identifieirte; wenn‘dann Rosenmüller sie zwar *) Observations on the fossil Bones presented to the R. Society by hıs most Serene Highness the Margrave ol Anspach. By the late John Hunter. Communicated by Z. Home (Philosoph. Transact. 1794. p. 417) **) In den Annales du Muscum d'hist. nat. Vol. V. (1805), VI. (1806), IX. (1809); später gesammelt und erweitert in den Recherch. sur les ossem. fossiles. IV. (1823). Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth. 26 202 von denen.des Eis- und Landbären unterschied, von ersterem je- doch nicht aus Autopsie eines solchen Skeletes, sondern nur nach der Beschreibung von Pallas, o konnte dagegen Cuvier mit aller Bestimmtheit ihre specifische Verschiedenheit ausser Zweifel setzen. Hatte auch Esper bereits das Vorkommen eines Höhlenlöwen ver- muthet und Rosenmüller denselben als evident nachgewiesen ange- kündigt, so war doch Cuvier der erste, der nicht blos solche Ueber- reste unter den Esper’schen, sondern selbst unter den Rosenmüller'- schen Figuren aufzeigte und überdiess einige: andere Skelettheile publicirte ; später fügte er der Gattung Felis noch eine zweite Art als Felis antiqua bei. Wiederum war es Cuvier, der zuerst das Vorkommen von Hyänen in den muggendorfer Höhlen nachwies und auf den antediluvianischen Iltiss aufmerksam machte. Freilich standen auch Cuvier durch die Skeletsammlung des Jardin des plantes Hülfsmittel zur Bestimmung bereit, wie sie am wenigsten ‘der arme Landpfarrer in Uttenreut und selbst nicht der Professor der Anatomie in Leipzig auftreiben konnte. Zur Vollen- dung brachte indess Cuvier seine Arbeit erst im Jahre 1823, nachdem er theils noch mehr Material acquirirt, theils die zahlrei- chen wichtigen Abhandlungen eines Mannes, dessen Namen wir gleich nachher nennen werden, zur Benützung vor sich hatte. Diese letzte Arbeit Cuvier’s ist eine der gediegensten und vollendetsten unter allen, die je von diesem grossen Meister der Paläontologie ausge- gangen sind. Zwischen die erste und letzte von den eben genannten Ab- handlungen Cuviers fallen nun die ansehnlichen Beiträge, durch welche Goldfuss die Kenntniss der antediluvianischen muggendorfer Höhlenthiere bedeutend förderte. Vor seiner Berufung nach Bonn viele Jahre hindurch in Erlangen lebend, hatte er mit besonderer 203 Vorliebe die muggendorfer Höhlen ‘und ihre früheren: thierischen Be- wohner zum Gegenstand seiner Nachforschungen gemacht. ; Schon gleich in seiner ersten Arbeit*) konnte er zu den Arbeiten seiner Vorgänger erhebliche Nachträge liefern, noch‘ mehr aber war dies später der Fall, wo er seine Abhandlungen über den Höhlenvielfrass, den Ursus fossilis, den Höhlenlöwen, Höhlenwolf und die Höhlenhyäne mittheilte, von deren Schädeln er zugleich herrliche Abbildungen in Lebensgrösse vorlegte. **) Im Jahre 1823 erschien Buckland's ***) berülmtes Werk über die Knochenhöhlen, in welchem nicht blos die muggendorfer Höhlen nach eigner Untersuchung beschrieben, sondern auch ihre antedilu- vianischen Thierüberreste mit den englischen verglichen wurden. Während ich in den Jahren 1827—1832 die zoologisch-paläon- tologische Sammlung der Universität Erlangen zu verwalten hatte, benützte ich diese Gelegenheit, um die daselbst aufbewahrten fossi- len Knochenüberreste aus den muggendorfer Höhlen durch eine Be- schreibung bekannt zu machen. +). Es ist dort ein ansehnliches Material zusammengebracht, trotzdem dass der letzte Markgraf, der so freigebig nach Paris und London Sendungen von diesen Ueber- resten hatte gehen lassen, seine Landes-Universität dabei ganz ver- *) ‘Die Umgebungen von Muggendorf. 1810; für den Naturforscher noch im- mer der beste Führer durch diese Gegenden. **) Act. academ. nat. cur. Bonn. IX. (1818), X. 2 (1821), XI. 2 (1823). ***) Reliquiae diluvianae. 1823. 1) Beschreibung der Ueberreste urweltlicher Säugthiere aus den muggendor- fer Höhlen, welche in der Sammlung der k. Universität Erlangen aufbe- - wahrt werden. (Isis. 1829. S. 966. und 1831. S. 555.) 26 * 204 gessen zu haben schien, denu der ältere Bestand dieses Theils der paläontologischen Sammlung ist erst unter der preussischen Regie- rung durch den Ankauf der Sammlungen des berühmten Zoologen Eugenius Johann Christoph Esper, Verfassers der Werke über die Pflanzenthiere und Schmetterlinge und Bruders des vorhin angeführ- ten Pfarrers Esper, acquirirt worden, und der spätere Zuwachs rührt grösstentheils aus dem Nachlasse des schon erwähnten Apo- thekers Frischmann her, dessen Vorrath von dergleichen Ueberresten unser geehrter Collega, Herr Hofrath v. Schubert, als damaliger. Director des Naturalienkabinets der Universität Erlangen, ‘durch Kauf für letzteres erwarb. Der von Esper herrührende Theil ist nicht sehr beträchtlich, obgleich werthvoll, weil er viele Originale von dessen Bruder enthält; desto bedeutender ist der von Frisch- mann herkommende Antheil. Eine von mir zehn Jahre später‘ verfasste Arbeit *) enthält zwar auch eine kurze Uebersicht über die in den 'muggendorfer Höhlen gefundenen Säugthiere; sie befasst sich aber hauptsächlich mit den topographischen und geognostischen Verhältnissen ihrer La- gerstätten. Während sonst von öffentlichen Sammlungen in Bayern nur Er- langen und München erhebliche Vorräthe au Ueberresten unserer vorsündfluthlichen Höhlenthiere aufzuweisen hatten, kam in neuerer Zeit eine dritte hinzu, die Kreis - Naturaliensammlung in Bayreuth, welche durch den k. Regierungs-Präsidenten, Freiherrn von An- drian, der sich für das Studium der Paläontologie aufs lebhafteste *) Es ist diess die schon vorher citirte Abhandlung in den Gelehrten An- zeigen. Münch. 1839. IX. S. 998. 205 interessirte, im Jahre 1832 angelegt wurde und schnell zu grosser Bedeutung heranwuchs. Zwei im Druck erschienene Verzeichnisse *) derselben weisen aus, dass es ihr gelungen ist, auch von den hier in Rede stehenden fossilen Ueberresten einen ansebnlichen Vorrath zusammen zu bringen. Ein Gegenstand weiterer Erörterungen wurden die Ueberreste unserer fränkischen Höhlenthiere in Blainvilles grossem Werke über die Osteographie, wobei er das von Cuvier bereits benützte Mate- rial vor sich hatte. Gefördert wurde indess ihre Kenntniss mehr durch die schönen Abbildungen als durch die Beschreibungen ; we- nigstens wäre durch letztere ein bedeutender Rückschritt in der Un- terscheidung der ausgestorbenen und lebenden Bärenarten erfolgt, wenn nicht die Paläontologen einmüthig sich gegen Blainville's Be- mübungen erklärt hätten. Ganz auders gereichten dagegen Owen's **) neuere Arbeiten über diesen Gegenstand zur wesentlichen Förderung: desselben. Als Material hatte 'er vor sich die vom Markgrafen in Ansbach an Hun- ter geschenkte Sammlung, so wie die noch werthvollere von Söm- merring, die nach England verkauft worden war. ‘Beide waren in die rechten Hände gerathen, und von den erheblichen Förderungen, die daraus zur Kenntniss unserer fränkischen Höhlenthiere hervor- gegangen, wird nachher zum öftern die Rede seyn. *) Verzeichniss der Versteinerungen, welche in der Kreis-Naturalien-Samm- lung zu Bayreuth vorhanden sind. Bayr. 1833 (von Gral Münster bear- beitet). — Verzeichniss der in der Kreis-Naturalien-Sammlung zu Bay- reuth befindlichen Petrefacten. Leipz. 1840 (von Dr. Braun verfasst). **) A History of British ‚fossil Mamınals and Birds. Lond. 1846. 206 Die Knochenhöhlen in Franken, einigen andern deutschen Be- zirken und Ungarn waren geraume Zeit hindurch die einzigen ge- wesen, welche man in Europa kannte, und darunter waren wieder weit die reichhaltigsten die fränkischen. Mit dem Beginne der zwan- ziger Jahre unsers Jahrhunderts aber gelang es den ernstlichen Be- mühungen der Naturforscher solche, und noch dazu in nicht gerin- ger Anzahl, nach und nach in England, Belgien, Frankreich, Italien und neuerdings auch im südlichen Russland, ja in andern Weltthei- len ausfindig zu machen. Die in England gefundenen derartigen Ueberreste sind durch Buckland's und Owen’s Bearbeitungen bekannt geworden. Die fran- zösischen, von welchen Cuvier, selbst bei der letzten von ihm veranstalteten Herausgabe seiner Recherches sur les ossemens fos- siles, noch keine Kenntniss hatte, haben verschiedene Bearbeiter ge- funden, unter welchen vorzugsweise zu nennen sind: Blainville in seiner Osteographie, und Marcel de Serres”*) in zwei Werken: einem von speciellem und dem andern: von allgemeinem- Inhalte. Ueber die fossilen Knochen der belgischen Höhlen liegt von Schmer- ling **) ein Werk vor, das mit ausserordentlichem Kostenaufwand ausgeführt ist und unter allen derartigen Arbeiten die grösste An- zahl von Abbildungen, nämlich 75 Foliotafeln mit lauter Figuren in natürlicher Grösse, aufzuweisen hat. Dieser Atlas gewährt seiner Reichhaltigkeit wegen die meisten Mittel zu Vergleichungen und da *) Recherch. sur les ossemens humatiles des cavernes de Lunel-Viel; par Marcel de Serres, Dubrueil et Jeanjean. Montpell. 1839. 4. mit 20 Tafem. — Ferner: Essai sur les cavernes ä ossements et sur les causes qui les y ont accumules, par Marcel de Serres. 3 edition. Paris 1838. 8. **) Recherches sur les ossements fossiles decouverts dans les cavernes de la Province de Liege. Liege 1846. Text in Quart, Atlas in Folio. rt 207 auch der Text mit grosser Genauigkeit verfasst ist, so werden wir uns im Folgenden auf diese meisterhafte Arbeit oft zu beziehen haben. Von den bei Odessa von A. von Nordmann in ungeheurer Menge entdeckten fossilen Säugthier- Ueberresten, worunter insbe- sondere auch die in den fränkischen Höhlen aufgefundenen Arten zum. grossen Theil vorzukommen scheinen, hat ihr Entdecker nur erst eine vorläufige Anzeige bekannt gemacht; die specielle Bear- beitung soll nachfolgen. So haben sich denn mit der Vermehrung meiner Anschauungs- mittel in unsern einheimischen Sammlungen zugleich auch die Mittel zur Unterscheidung und Fixirung der Arten unserer antediluviani- schen ‚Höhlentbiere durch den raschen Anwachs der auswärtigen Literatur in hohem Grade gemehrt. Ich gehe nunmehr daran, die aus. den fränkischen Höhlen aufgestellten Arten einer strengen Prü- fung und sorgfältigen Vergleichung mit den in andern Höhlen in und ausserhalb Deutschland vorkommenden zu unterwerfen und meine» neuen Beobachtungen daran anzuknüpfen. Die in den fränkischen Knochenhöhlen aufgefundenen Knochen, welche als ächt antediluvianisch anzuerkennen sind, gehören aus- schliesslich Säugthieren und zwar den Ordnungen der Fleischfres- ser, Nager, Einhufer, Diekhäuter und Wiederkäuer an. I. Ursus spelaeus und aretoideus. Die Frage, ob unter den in den europäischen Höhlen gefunde- nen fossilen Ueberresten von Bären verschiedene Arten zu unter- 208 scheiden sind oder nicht, ist von den Paläontologen sehr abweichend beantwortet: worden. Blainville ist der Meinung, dass unter den Höhlenbären gar keine specifischen Differenzen stattfänden, ja dass selbst unser Land- bär (Ursus aretos) weiter nichts als ein degenerirter Nachkömmling von ihnen. wäre. So einfach hiemit die Streitfrage abgemacht ‘wäre, so. wenig kann sie doch. durch diesen Ausspruch als erledigt ange- sehen werden. Ich habe ‚zuerst mich ‚gegen denselben erklärt *) und glaube mit Evidenz dargethan zu haben, dass die Höhlenbären nicht blos specifisch von unseren lebenden Landbären verschieden sind, sondern dass unter ihnen selbst wieder Arten-Differenzen be- stehen. In dieser Hinsicht haben mir auch Pietet **) und Owen ***) vollkommen beigestimmt, weshalb ich hier auf diesen Punkt nicht weiter einzugehen brauche; es handelt sich nun nur noch davon, wie viel Arten unter den Höhlenbären mit Sicherheit unterschieden werden können. Hierüber sind sehr verschiedene Meinungen gel- tend gemacht worden. Schon Esper unterschied zwischen grossen und. kleinen Schä- deln, von denen die letzteren mehr ins Runde und Mopsartige kurz zusammengeschoben wären, auch stärkere Zähne hätten. Er hielt letztere Form indess blos für Anzeichen des weiblichen Geschlechts, worin ihm jedoch Cuvier mit Recht widersprach. Auch Hunter machte bemerklich, dass die Schädel sowohl *) Münchn. Gel. Anzeig. XV. (1842) S. 9. und Wiegm. Archiv für Natur- gesch. IX. S. 25. **) Traite de Paleontolog. I. p. 147. **%*) Hist. of Brit. foss. Mamm. p. 98. 209 nach Grösse als Form verschieden‘ seien, ohne ‚jedoch diese Diffe- renzen genauer zu bezeichnen. Von speeifischer Bedeutung können sie indess nicht gewesen seyn, da sich Owen in seinem Verzeich- nisse der Hunter'schen Sammlung nicht veranlasst gesehen hat, dar- nach eine Arten-Scheidung vorzunehmen. D In Uebereinstimmung mit seinen beiden Vorgängern macht Ro- senmüller in seinem grossen Werke ebenfalls die Bemerkung, dass die Schädel in Rücksicht der Grösse und Form unter sich verschie- den seien. Einige seien mehr rundlich ‘und kleiner, andere dagegen mehr in die Länge gezogen und grösser. Die wulstige Leiste auf der Pfeilnath sei bei den rundlichen Schädeln etwas gewölbt, bei den länglichen aber völlig gerade laufend, wodurch also letztere schon weit platter und länglicher erschienen. Bei den ersteren lä- gen zugleich auch die Gesichtsknochen etwas höher. Es befindet sich nämlich, wie er sagt, „bei beiderlei Arten von Köpfen eine Vertiefung an der Stelle, wo sich das Stirnbein mit den Näsen- beinen vereinigt, und wo es sich also von der Stirnfläche abwärts senkt. Diese Vertiefung bildet eine weit grössere Grube bei den läuglichen als bei den rundlichen Köpfen“; bei jenen haben also die Nasenbeine einen weit grössern Abstand von dem Stirnbeine und geben dem vordern Theil des Schädels eine weit längere Ge- stal. Von den rundlichen Schädeln (Tab. 1) vermuthet Rosenmül- ler, dass sie von weiblichen, von den länglichen (Tab. 2 und 3 nebst Titelvignette), dass sie von männlichen Thieren herrühren möchten. Seine Meinung ist also gerade die entgegengesetzte von Esper, hat jedoch, nach den an den Schädeln des Landbären ge- machten Beobachtungen, ebenfalls keinen Grund. Blumenbach war es,'der im brieflichen Verkehre mit Cuvier zuerst zwei Arten als Ursus spelaeus und Ursus arctoideus unter- Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abtlı. a7 210 schied, ohne jedoch die Differenzen, wie es scheint, detailirt zu. haben. ; Dies that erst Cuvier *) im. Jahre, 1806, indem er‘ die’ unter- scheidenden Merkıale beider auseinander setzte und ‚durch Abhil- dungen erläuterte. Seitdem sind diese beiden Arten fast von allen Paläontologen in die systematischen Verzeichnisse aufgenommen worden. Zunächst (1810) nahm Goldfuss **) diese beiden Arten nach den von Cuvier aufgestellten Arten an, und deutete weiters den von Rosenmüller auf Tab. 1 abgebildeten Schädel als Ursus spe- laeus, den auf Tab. 2 und 3, so wie auf der Titelvignette darge- stellten als Ursus arctoideus. Später ***) fügte er eine dritte, von ihm entdeckte Art, unter dem Namen Ursus fossilis, bei, den er nachher mit Ursus priscus vertauschte. Im Jahre 1823 nahm Cuvier +) seine frühere Arbeit über die Höhlenbären wieder auf. Er erkannte in denselben. die specifische Selbstständigkeit des Ursus priscus an; dagegen bezweifelte er nun- mehr die Artenverschiedenheit des Ursus spelaeus und arctoideus und erklärte sich geneigt, beide nur als Varietäten einer und der- selben Art zu betrachten. Die Paläontologen waren indess nicht geneigt, auf Cuvier's, Autorität hin die Vereinigung dieser beiden Arten ‚eben so bereit- *) Annal. du mus. d’hist.. nat. VII. p. 301—372. **) Die Umgebungen von Muggendorf. S. 270. *#**) Nov. act. acad.' nat. curios. X. 2.(1824):p.. 259. 7) Rech, sur les ossem. foss. IV. p. 291. 211 willig als früher ihre Trennung anzuerkennen. ‘Ich selbst habe mich in: meiner ersten Arbeit vom Jahre 1829 nicht dazu: verstanden, in- dem ich glaubte, die zwei Arten nicht blos nach der Stirnbildung, sondern ebenfalls nach der verschiedenen Beschaffenheit des Ober- armbeins rechtfertigen zu können. > Marcel de Serres gieng noch weiter, indem er nicht blos den Ursus spelaeus, arctoideus und priscus beibehielt, sondern noch eine vierte Art als Ursus Pitorrii aufstellte. Aehnlich machte es Schmerling, indem er sowohl die drei erst- genannten Arten anerkannte, als ihnen auch noch zwei neue unter den Namen Ursus giganteus und U. leodiensis beifügte. Pictet ist dagegen in seinem Trait& de Paleontologie geneigt, der Meinung von Cuvier beizutreten. Er erklärt gleich letzterem nur zwei Arten, den Ursus spelaeus und priscus, als wohl begrün- det und theilt alle andern dem ersteren zu. In Uebereinstimmung hiermit steht Owen *), da er ebenfalls nur jene zwei Arten gelten lässt, indem er auf die Verschiedenheiten des Alters und. Geschlechtes bei einem fleischfressenden und kampf- fertigen, Thiere, wie es der Bär ist, aufmerksam macht, und dann mit der Erklärung schliesst, dass der. Ursus arctoideus nur auf junge, obwohl erwachsene Individuen und auf die Weibchen des grossen Ursus spelaeus begründet worden wäre. Mit diesen Ansichten harmoniren indess nicht die der neuesten Bearbeiter, denn Giebel **) führt unter den sicher unterschiedenen *) ‚Hist. ‘of Brit, foss. mamm. 1846. p. 108. **) Fauna der Vorwelt I. 1847. S. 67. 20° 212 Arten nicht blos den Ursus priscus und spelaeus, sondern auch den Ursus arctoideus, leodiensis und Pitorrii auf; A. v. Meyer *) lässt ‚wenigstens den Ursus 'arctoideus noch als abgesonderte Art von U, spelaeus und priscus gelten. Um wo möglich diesen Widerspruch der Meinungen zur Aus- gleichung zu bringen, ist es unerlässlich, einmal eine strenge und ins Detail eingehende kritische Prüfung mit den verschiedenen, unter den Höhlenbären aufgestellten Arten vorzunehmen, was bisher nicht ‚geschehen ist. Jedenfalls wird sich dadurch ergeben, welchen Grad von Zuverlässigkeit die mit Namen unterschiedenen Arten anzuspre- chen haben. Der Ursus priscus kann hiebei vor der Hand ganz ausser Acht gelassen werden, da seine specifische Selbstständigkeit von keinem Paläontelogen, ausser von Blainville, bezweifelt worden ist. Es handelt sich also hier nur von dem Ursus spelaeus und arc- toideus und dem verschiedenen, aus: ihnen hervorgegangenen neuen Arten. Zum Glück fehlt‘ es mir hiebei nicht an Autopsie, da ich über 30 fossile Bärenschädel in Bezug auf ihre Artberechtigung zu untersuchen Gelegenheit hatte. Bevor ich indess auf die Durchmusterung der urweltlichen Bä- renarten eingehe, halte ich es für angemessen, daran zu erinnern, dass man ähnliche Unterschiede wie zwischen Ursus spelaeus und U. arctoideus auch bei unserem Landbären antrifft und dass darnach Cuvier zwischen einem Ursus niger und Ü. arctos, Eversmann zwi- schen einem Ursus cadaverinus und U, formicarius unterschieden hat. Gleichwohl zeigen die Uebergänge, dass diese Unterschiede weniger auf specifische Differenzen hinweisen als auf solche, die *) Enumerator palaeontologicus 1849. S. 723, und‘ Nomenclator palaeonk 1848. S. 1346. | 213 von dem Alter, dem Geschlechte und der mehr oder weniger kräf- tigen individuellen Entwicklung herrühren, zum Theil auch vielleicht vererbliche Rasseneigenthümlichkeiten bezeichnen könnten. Jeden- falls wird es gut seyn, stets im Auge zu behalten, dass bei allen grossen Thieren, denen zugleich auch ein höheres Lebensalter ge- gönnt ist, gewisse Variationen in dem äussern Habitus und in der Physiognomie, so wie in den Formen des Schädels vorkommen, ohne dass dadurch die Einheit des Artbegriffes aufgehoben wird, Ich will hier nicht wiederholen, was ich schon anderwärts über Cuvier's beide‘ Arten, den Ursus spelaeus und aretoideus, gesagt habe, aber in- Kürze will ich die von ihm angegebenen Differenzen zwischen beiden hervorheben, um: bei Prüfung (der von andern Pa- läontologen, namentlich von Marcel de Serres uud. Schmerling auf- gestellten Arten darnach bemessen- zu können, ob ihre als Ursus spelaeus und arctoideus bezeichneten Individuen sämmtlich dieselben Merkmale‘ wie die Ouvier'schen an sich tragen, und in. wie weit sich ihre neuen Arten von letzteren entfernen. Cuvier zählt für ‚den Ursus spelaeus hauptsächlich folgende ‘Merkmale auf: 1) die Stirne fällt vorn steil ab und ist dadurch von den Nasenbeinen stark und treppenartig abgesetzt; 2) die Stirn- hügel sind, namentlich bei alten Thieren, ausserordentlich aufgetrie- ben’ und zwischen ihnen und der Nasenwurzel entsteht eine tiefe und breite Grube; 3) die Stirnbeinkämme stossen: bei alten Indivi- duen vorwärts zusammen: und bilden dann eine hohe Scheitelleiste. Bei Ursus arctoideus dagegen ist die Stirne flacher, die Stirnhöcker sind wenig "entwickelt, die Leisten schwächer und stossen weiter hinterwärts zusammen, der Raum zwischen dem ersten Backenzahn und dem Eckzalhn ist länger, und die Eckzähne sind auffallend kleiner. An Länge stehen beide Schädelformen sich ziemlich gleich, 214 Schon gleich Goldfuss hat, wenn man die vorstehenden Defi- nitionen festhält, in der Deutung der Rosenmüller'schen Figuren’ Tab. 2 ‘und 3 nebst der'Titelvignette fehlgegriffen, indem er: den: daselbst abgebildeten Schädel für den des Ursus arctoideus ausgab. Die «in natürlicher Grösse gefertigten Abbildungen, wie zum Theil die spe- ciellen Angaben des Textes, weisen dagegen aus, dass sowohl die Stirnhügel als die Leisten deutlich markirt sind und: letztere. bereits in der Scheitelmitte zusammenstossen, dass die Eckzähne gross sind und dass insbesondere die Stirnfläche noch höher über das Nasen- bein aufsteigt, als dies der Fall ist mit dem auf Tab. 1 abgebilde- ten Schädel, den Goldfuss ganz richtig dem U. spelaeus zuschreibt. Die beiden von KRosenmüller abgebildeten Schädel stellen also den Ursus spelaeus dar und zwar mit Differenzen, die keinen Grund zu einer specifischen Trennung im Sinne der Cuvier'schen: Arten: ab- geben können. Der von mir früherbin als Ursus arctoideus beschriebene Schä- del, der einzige dieser Form unter den mir zu: Gesicht: gekomme- nen, stimmt zwar in der Stirnbildung mit den Angaben Cuvier's überein, aber die Eckzähne sind. stark und der Raum zwischen ihnen und dem ersten Backenzahn daher auch nicht grösser als beim ächten U. spelaeus. Wie sich die von Murcel de Serres *) ‚unter. den»südfranzösi- schen Höhlenbären unterschiedenen 3 Arten: der Ursus spelaeus, arc- toideus und Pitorrii zu den Cuvier'schen‘ Bestimmungen verhalten, wird die nun folgende Prüfung zeigen: Er: giebt aber zu ihrer Un- terscheidung als die hauptsächlichsten folgende Merkmale an; *, Bibliotheque univ. des sciences, redigee A Geneve. Tome 58. 1835. p. 17% 215 1) Die Stirne des U. spelaeus ist an den Seitentheilen weit 2) 3) 4) mehr gewölbt als die des U. Pitorrii. Die Stirne des letz- tern ist mehr niedergedrückt, ‚und desshalb viel flacher, und zeigt auch nieht diese Aushöhlung, welche man beim U. spe- laeus zwischen den Stirnhöckern und der Nasenwurzel sieht. Der U. arctoideus hält das Mittel, indem seine Stirnhöcker weit vorspringender als beim U. Pitorrii, jedoch viel weniger als beim U. spelaeus sind. Die Leisten, ‚welche, von den hintern Orbitalfortsätzen aus- gehen, um durch ihre Vereinigung die auf der Pfeilnath ver- laufende Leiste zu bilden, sind fast null und abgerundet beim U. spelaeus, dagegen beim U. Pitorrii sehr vorspringend, beim U. aretoideus dasMittel zwischen beiden haltend. Die Leiste auf der Pfeilnath ‚selbst ist beim U. Pitorrii beträchtlich län- ger und vorspringender als bei den beiden andern, indem die Stirnleisten weiter zusammenstossen. Beim U. arctoideus er- folgt diese, Vereinigung weiter rückwärts, und noch mehr hiuterwärts ‚bei dem U. spelaeus. M. de Serres hält dieses Merkmal. allein sehon für ausreichend, um darnach. die 3 Ar- ten zu unterscheiden, Der Schnautzentheil ist: bei U. Pitorrii schmächtiger und mehr zugespitzt als bei den andern. Der‘ Zwischenraum zwischen den beiden Augenhöhlen ist schmäler, und letztere selbst sind mehr gestreckt. Der erste obere Backenzahn ist beim U. spelaeus fast so hreit, als lang, ‚beim U. Pitorrii dagegen schmäler als: lang, in. welcher ‚Beziehung, ‚er weit mehr mit dem U, arctoideus übereiukommt. 216 5) Der Unterkiefer ist beim U. Pitorrii länger als'bein U. spe- laeus, aber nicht so hoch. Der 'vorderste Backenzähn hat bei letzterem zwei getrennte Wurzeln,’ während sie bei er- sterem gewöhnlich zusammen gewachsen sind und nur eine einzige zu bilden scheinen. | Der Ursus Pitorrii hat eine Länge 'von'0,509 bis 0,549 M., der U. spelaeus 0,475 bis 0,527, der U. arctoidens 0,400 bis 0,420. Zur Benützung hatte M. de Serres, wie er sagt, mehr als 12 Schädel, was wohl so viel sagen will, als 12 ganze Schädel und etliche Bruchstücke. Bei aufmerksamer Vergleichung der von M. de Serres angege- benen Merkmale mit denen von Cuvier wird es sich auf der Stelle zeigen, dass der U, arctoideus des Ersteren nichts gemein hat mit dem des Letzteren, dass. im Gegentheil der U. arctoideus von Ser- res identisch mit dem U. spelaens von Cuvier ist. Beide Arten von M. de Serres: der U. spelaeus und arctoideus, sind demnach gleich- bedeutend mit Cuvier's U. spelaeus, und geben unter sich nur einige leichte Abweichungen nach individuellen und Altersverhältnissen zu erkennen. Die geringe Entwicklung der Sclieitelleisten zeigt an, dass die Schädel des Serres’schen U. spelaeus von keinen alten Thieren herrühren, wenn gleich, ihrer Grösse nach, schon fast ganz erwachsene Individuen darunter sind, denn die Veränderungen in den Schädelformen gehen noch lange über ‘die Periode hinaus, in welchen das Thier bereits ans Maximum seiner Grösse gelangt ist. Während aber M. de Serres junge Exemplare des U. spelaeus Cuv. für den U. arctoideus Our. ansah, 'hatte er dagegen letzteren wirklich vor sich in seinem U. Pitorrii mit deprimirter Stirne und schmächtigerem Schnautzentheil, denn der Unterschied dieser 217 Nominalart von dem U. arctoideus Cuv. liegt nur in der stärkeren Ent- wicklung der Scheitelleisten, was ausser der Totalgrösse des Schä- dels schon an und für ‘sich auf ein’ älteres Individuum hinweist als die von Cuvier und von mir dieser Form zugeschriebenen Schädel. In der Grösse liegt auch kein Widerspruch, denn der Schädel des von mir beschriebenen U. arctoideus, obwohl er keinem alten Thiere angehörte, hatte doch bereits eine Länge von 0,457 M. und der eine der Cuvier'schen 'war noch grösser. Das vom vordersten untern Backenzahn zur Unterscheidung des U. Pitorrii hergenommene Merk- mal hat gar keinen Wertl, da die Verwachsung der Zahnwurzeln eine zufällige oder vom Alter herbeigeführte ist. Was aber die Be- schaffenheit des ersten obern Backenzahnes anbelangt, so ist diese bei den 9 in hiesiger Sammlung vom ächten U. spelaeus aufgestell- ten Schädeln ganz so wie sie M. de Serres von seinem U. Pitorrü angiebt, nämlich dieser Zahn ist viel schmäler als lang. Uebrigens geht bei letzterem die Stirne auch nicht fach in die Wurzel der Nasenbeine über, sondern die an dieser Stelle vorkommende Aus- höhlung ist, "wie sich M. de Serres ausdrückt, nar viel weniger aus- gedehnt und weit minder ausgesprochen als beim U. spelaeus. Demnach sind von den 3 durch Marcel de Serres aufgestellten Bärenarten: Ursus 'spelaeus, arctoideus und Pitorrii, die beiden er- sten identisch mit dem U. spelaeus Cwv. und die dritte mit dem U. arctoideus Uuv. Dass Blainville den U. Pitorrii nicht als selbstständige Art an- erkennt, könnte an und für sich kein Gewicht haben, da er über- haupt unter den Höhlenbären keine specifischen Unterschiede gelten lässt; allein ‘er beruft sich in diesem: Falle auf eigne Vergleichung eines solchen Schädels. ‘Er sagt nämlich, dass Larrey einen Schä- del von Nimes eingeschickt habe, der alle Merkmale‘ des ächten U. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth, 28 218 spelaeus im emirenten. Grade an sich trage, und die Ansicht seinen Abbildung auf. Tab. 13. bestätigt. dies «allerdings. Es hat jedoch Blainville nicht gesagt, ob‘M.: de Serres diesen Schädel als U. Pi- torrii bestimmt‘ habe, ‚und dadurch wird die’ Beweiskraft' seines Ar- guments in Zweifel gesetzt. Wir gehen nun zu einer Vergleichung der von Schmerling auf- gestellten Bärenarten über, wie sie in den lütticher-Höblen ausgegraben wurden. Er unterscheidet deren 5, die er als Ursus spelaeus, arc- toideus, leodiensis, giganteus ‘und priöscus aufführt; Schädel hat er sich indess nur won den 3, ersten verschaffen können, an deren Be- trachtung wir daher zuvörderst geben wollen. Wir'haben dabei zu er- innern, dass Schmerling, die vorhin besprochene Arbeit‘ von Marcel de Serres nicht gekannt und also seine Unterscheidungen nur mit Rücksicht auf Cuvier und Goldfuss begründet hat. Den Ursus spelaeus charakterisirt Schmerling gauz so: wie alle seine Vorgänger, und bringt die hieher gehörigen Schädel in 2 Va- rietäten, die er als Ursus fornicatus magnus und U. fornicatus' minutus bezeichnet. Letztere sind kleiner (0,335M.) als die ersteren (0,406), zundlicher, die Stirnhöcker minder‘ entwickelt, die Stirne 'verhält- nissmässig breiter ‚und gegen ihre. vordere Mitte minder vertieft, der Schnautzentheil kürzer ‚und ‘an der Nasenwurzel mehr erhöht; die Schläfenleisten vereinigen sich erst gegen die Mitte des Schädels,; die Pfeilleiste hat ihre grösste Höhe gegen die Mitte, während sie in. der grössern Varietät fast gerade ist, die Eckzähne sind kürzer und dieker. Schädel von jüngern Individuen der grössern Varietät zusammengehalten mit gleichgrossen alten Schädeln der kleinern Va- rielät unterscheiden sich gleich ‘von letzteren durch ihre mehr läng- liche Form. Mit Recht macht Schmerling darauf aufmerksam, dass Esper schon in ähnlicher Weise, zwei Sorten unter den Schädeln ‘ 219 der Höhlenbären unterschieden hat; ich kann hinzufügen, dass theil- weise auch die von Marcel de Serres als U. spelaeus und arctoi- deus unterschiedenen Schädel darunter passen, obwohl nicht völlig, da er das Verhalten der Scheitelleisten ‘und der’ Grösse der Eck- zähne anders angiebt, was eben uns beweist, dass hier lediglich in- dividuelle oder Varietäten-Abweichungen, aber keineswegs constante Artenunterschiede obwalten. Vom U. spelaeus hat Schmerling eine Menge Schädel gefunden, von seinem Ursus arctoideus dagegen nur zwei, die er von den vorigen folgendermassen unterscheidet. 1) Die Eckzähne sind dün- ner und mehr horizontal vorwärts gerichtet; die Schnautze ist viel länger und schmächtiger, daher der Raum zwischen Eck- und er- stem Backenzahn grösser; 2) die Schmalheit der Stirn und des Schä- dels nach seiner ganzen Länge ist auffallend; die Stirnhöcker sind weniger entwickelt, die Stirne ist wenig erhöht, die Schläfenleisten stossen schnell zusammen; 3) die Augenhöhlen sind länger; 4) die Jochbögen länger, dünner und mehr gekrümmt. An Grösse kommen sich beide Arten gleich. Mit Ausnahme des schnellen Zusammenstossens der Schläfen- leisten passen die hier angegebenen Merkmale ganz auf Cuvier's U. arctoideus; sie passen aber auch fast durchgängig auf den U. Pi- torrii, der ebenfalls durch die Schmächtigkeit seiner Formen sich auszeichnet. Es ist dies ein weiterer Beweis, dass letzterer nicht als eigne Art figuriren kam, sondern mit dem U. arctoideus zusam- men gehört. Der Ursus leodiensis ist eine von Schmerling neu aufgestellte Art, die jedoch nar auf einem einzigen Schädel beruht. Er unter- scheidet sie als kleinere flachstirnige Art von dem U.) arctoideus 28 * 220 durch folgende Merkmale. Der. Schädel, obwohl alt. (2), ist: klei- ner, nur 0,37 M. lang; der Schnautzentheil''gestreckter, aber ver- hältnissmässig nicht so. breit als beim vorigen; die Stirne ist etwas mehr erhöht und der Raum zwischen den Augenhöhlen breiter, , die hintern Orbitalfortsätze sind viel. entwickelter und die Schläfenlei- sten stossen: weiter hinwärts zusammen; die Augenhöhlen sind grös- ser, die Jochbögen weniger erhöht und die, Eckzähne dünner. — Schmerling, nachdem er einmal zwischen U. spelaeus uud arctoideus die specifische Trennung vorgenommen hatte, ‚konnte begreiflicher Weise nicht anders als aus diesem Schädel eine eigne dritte Art zu bilden, da er keiner der beiden andern zugetheilt werden konnte, Allein schon aus der eben angeführten Charakteristik, noch mehr aber aus Ansicht der Abbildungen geht es hervor, dass dieser U. leodiensis eine Mittelform zwischen dem U. spelaeus und arctoideus ist, wobei er jedoch mehr zu den schmächtigeren Formen: des er- sten als zu dem letzten sich hinneigt. ‚Dieser Schädel giebt einen schlagenden Beweis ab, dass zwischen U. spelaeus und arctoideus keine Trennung von specilischer Bedeutung vorgenommen werden darf, weil wirkliche Arten keine Mittelglieder zulassen. Noch hat Schmerling ‚eine andere neue Art aufgestellt, die er Ursus giganteus benannte. Sie beruht zunächst auf einem Unter- kiefer, dessen Länge beträchtlich die aller, andern derartigen Stücke, übertrifft. Solche Ueberschreitungen der gewöhnlichen Grösse kom-, men ‘aber bei: allen Arten vor und geben demnach keine Berechti- gung zur Aufstellung einer neuen Species. Als Resultat unserer bisherigen Untersuchungen könnten wir nunmehr folgendes aussprechen. ; 3 Unter. den Höblenbären’/ mit mehr; oder minder stark von der. 221 Nasenfläche abgesetzter Stirne giebt es nur eine Art, deren Schä- del aber, wie es: auclı "beim lebenden -Landbären (Ursus arctos) der Fall ist, nach Grösse und Form verschiedene Abänderungen zeigt. Als die beiden äussersten Grenzpunkte, innerhalb welcher der'Spiel- raum. für die Variationen abgesteckt ist, sind der Ursus spelaeus und U. arctoideus im Sinne Cuvier's zu bezeichnen; eine der aus- gesprochensten Mittelformen zwischen ihnen ist der U. leodiensis. Die unter den Namen U. arctoideus, ‚U. Pitorrii, U. leodiensis als selbstständige ‚Arten bezeichneten Formen können keineswegs als weibliche Individuen angesehen werden, da ihr spärliches Vor- kommen. ausser allem Verhältnis zu dem häufigen des männlichen Geschlechtes stehen würde. _Goldfuss giebt au, dass auf. mehr als 800 Bärenschädel aus der gailenreuther Höhle nur 60 vom U. arc- toideus gekommen wären. _Cuvier kaunte nur 2 Exemplare des letzteren, Schmerlivg auch, nicht mehr, obwohl er aus den lütticher Höhlen eine Menge Schädel erhalten hatte. Marcel de Serres wird von seinem U. Pitorrii wohl auch nicht mehr Exemplare besitzen, da er von seinen 3. Arten überhaupt nur 42 Schädel aufzählt. Vom U. leodiensis aber hat Schmerling, gar nur einen einzigen auftreiben können, ;Mir selbst ist unter den vielen. Schädeln, die ich aus der gailenreuther Höhle gesehen habe, nur einer vorgekommen, den ich auf den U. arctoideus beziehen konnte. Aus der sundwicher Höhle, obwohl auch dort: die Bären-Ueberreste die aller übrigen Thiere überwiegen, führt @iebel‘*), keinen U. arctoideus, sondern nur den U. spelaeus auf. Die Hauptdifferenzen also, welche in der Form und Grösse des Schädels sich kundgeben, dürfen nicht auf Rech- nung des Geschlechts gebracht werden, sondern müssen Altersver- hältuissen und individuellen Eigeuthümlichkeiten zugeschrieben werden. *) Jahrb. für Mineral. i849. S; 61. 222 Auch im übrigen Skelete geben 'sich keine solche Differenzen kund, ‚die zur Anerkennung verschiedener Arten‘ unter den grossen Höhlenbären nöthigten. Zwar bin ich früher der Meinung gewesen, dass die Durchbohrung des innern Condylus bei einigen Oberarın- /nochen zur Begründung des Unterschiedes zwischen U. spelaeus und arctoideus benutzt werden köhnte, ich bin aber davon aus zwei Gründen zurückgekommen. Einmal sind durchbohrte Oberarmkno- chen noch weit seliner als Schädel vom U. arctoideus, obwohl jene in doppelter Anzahl vorkommen sollten. Man kennt nur die zwei von Cuxvier erwähnten Fälle*) und einen dritten, den Crorset und Jo- bert**) von ihrem problematischen U. arvernensis anführen. Weder Esper, noch Rosenmüller, noch Goldfuss, noch ich, noch Marcel de Serres und Schmerling haben je einen am innern Condylus durch- bobrten Humerus gefunden; ja Christol ***) bemerkt, dass unter 400 Knochen dieser Sorte, welche er m der Höhle von Aldene an- getroffen, nicht ein einziger so durchbohrter gewesen sei. Diese Durchbohrung ist demnach nur als Abnormität zu betrachten, was um so mehr zur Gewissheit wird, als ein in der hiesigen Sammlung aufgestelltes Skelet vom Ursus arctos am linken Oberarmbein die- selbe Durchbohrung des innern Condylus wie bei den Katzen wahr- nehmen lässt, während am rechten’ Oberarimbein ein solches Loch ganz fehlt. * Einer andern, eben so seltnen Anomalie am Humerus des Höh- lenbären ist noch zu gedenken, indem nämlich zwei Fälle von einer *) Rech. IV. p. 363. Dass der von Hunter abgebildete Oberarmknochen nicht, wie Cuvier meinte, durchbohrt ist, hat Owen bemerklich gemacht. **) Rech. sur les ossem. foss. du dep. du Puy-de-Döme. p. 189. Tab. 1. Fig. 5. ***) Blainv. osteograph. gen. Ursus. p. '93. 223 Durchbohrung der fossa olecrani, wie bei Hyänen und Hunden, vor- liegen: eine solche zeigt ein Humerus-Fragment in der Münster'- schen Sammlung. und ein anderes Beispiel wird von Schmerlug er- wähnt. Zuletzt ist noeh anzufüliren, dass A. v. Nordmann*) die Ver- muthung aussprach, dass die Formverschiedenheit der Ruthenkno- chen des Höhleubären vielleicht die Annahme von 2 Arten des letz- tern gestatte.. Von. 6 Stücken fand: er nämlich 4 an ihrem Basaltheile weniger hoch als an ihrem mitterw dickern Theile; bei 2 andern dagegen übertrifft die Höhe des Basaltheils die des mittlern Theils wohl um eim Drittel. Wir haben mit der Münster'schen Sammlung ebenfalls einen fossilen Ruthenknochen: erhalten und dieser kommt mit der zweiten Sorte überein, ist aber an seinem schmälern Ende stärker gekrümmt; er misst 7 6" Nordmaun giebt von seiner er- sten Sorte die Läuge des grössten zu 8 8‘, der andern Sorte zu 7’ 8" an. Da es zur Zeit an Beobachtungen über die Stabilität oder Veränderlichkeit der Formen der Ruthenknochen bei den le- benden Arten fehlt, so können davon keine Merkmale von speci- fischem Werthe für die ausgestorbenen Species. hergenonmen werden. Wir haben also aus der Beschaffenheit des ganzen Knochen- gerüstes. uns ‚nicht veranlasst gesehen, specifische Trennungen unter den Höhlenbären mit abschüssiger Stirne vorzunehmen, wohl aber können wir uns dazu verstehen, unter ihnen die markirtesten Diffe- renzen mit den hergebrachten Namen zu bezeichnen, wornach sich daun die Synonymie in folgender Weise anordnen würde, wobei wir von Abbildungen indess nur diejenigen citiren, die Schädel dar- stellen, *) Bullet. de la classe phys. matli. de l’acad. de St. Petersb. VIE pı 140. 224 Ursus spelueus Rosenm. stalura | maxima, frente. .declivi, 'dentibus ‚molaribus anterioribus nullis aut deciduis. Ursus spelaeus. Owen hist. of Brit. foss. 'mamm. p.'86. Var. &) fronte valde fornicala, allissima, lata. — Ursus fornicatus Oken. Ursus ‚spelaeus. : Cuv.; rech. IV. p. 352. Tab. 20. Fig..1., Tab. 21. Fig. 3., Tab. 24. Fig. 1., 2., Tab. 27. bis Fig. 1., 2. — Rosenmüller, Beiträge, Tab. 1.; Abbild. u. Beschreib. des Höhlenbären Tab. 1—3. nebst Titelvignette. — Goldf. Umgeb. von Muggend. S. 270. Tab. 4. Fig. 1. — A. Wagn. Isis 1829. S. 969. — Marcel de Serres, rech. de Lunel-Viel. p. 62. Tab. 1. Fig. 1—7.; bibliothe- que univ. de Geneve. 1835. p. 171.— Schmerl. rech. sur les ss. foss. ]. p. 98. Tab. 9—12. — Owen 1. ce. p. 86. Fig. 28. — Blaim. osteograph. 8. p. 53. Tab. 13, Ueber ein bei Adelsberg neu entdecktes Palaeotherium. Triest 1821. Tab. 1. Ursus giganleus. Schmerl. rech. I. p. 113, 122. Tab. 17. Fig. 1. (Unter- kiefer). Ursus arctoideus. _M. de Serr. bibl. univ. Geneve. 1835. p. 171.; recherch. p. 66. Tab. 1. Fig. 8—9. Var. 8) intermedia inter. «. et,y. Ursus leodiensis. Schmerl. rech. I. p. 108. u. 153. Tab. 15., 16 Var..y) fronte minus alta, planiuscula, angustata. — Ursus arcloideus Cuv. Ursus arctoideus. Cuv. rech. IV. p. 354. Tab. 24. Fig. 3., 4., Tab. 27. bis Fig. 3., 4. — @oldf. Umgeb. v. Muggend. S. 272. — A. Wayn. Isis 1829. S.’ 969. — Schmerl. rech. I. p. 105. Tab. 13., 14.— Blainv.; osteogr.‘ p. 57. Tab. 13. Ursus Pitorrü. M. de Serr. bullet. d. sc. nat. et de geol. 1830. p. 151.; bibl. univ. 1835. p. 171. Der grosse Höhlenbär mit abschüssiger Stirne (Ursus spelaeus) ist einst zahlreich verbreitet gewesen, da er fast in allen europäi- schen Knochenhöhlen und hin und wieder auch im aufgeschwemmten 225 Lande gefunden wird. Der erste Nachweis, dass die fossilen Bä- renknochen aus der gailenreuther Höhle auch noch anderwärts vor- kommen, rührt von Sömmerring*) her, indem er schon im Jahre 1790 darauf aufmerksam machte, dass in der scharzfelder Höhle auf dem Harze Bärenknochen gefunden werden, die ganz mit deu von Esper abgebildeten übereinstimmen. IL. Ursus fossilis s. priscus. Unter dem Namen Ursus fossilis gab zuerst Goldfuss **) die Beschreibung und Abbildung eines aus der. gailenreuther Höhle her- rührenden fossilen Bärenschädels, der die frappantesten Verschie- denheiten vom Ursus spelaeus und arctoideus zu erkennen gab, da- gegen eine überraschende Aehnlichkeit mit dem Schädel des brau- nen Landbären zeigte. _ Später bediente sich Goldfuss ***) des Namens Ursus priscus statt U. fossilis und. indem Cuvier jenen adoptirte, ist er der neuen Art von da an geblieben, z Der Schädel, der der Abbildung von Goldfuss zum Original diente, war ein Eigenthum von Sömmerring, und da dieser ihn an Cuvier +) lieh, so ist auch dessen Beschreibung und Abbildung nach dem nämlichen Exemplare entworfen. Eine dritte Benützung erfuhr *) Grosse Magaz. f. d. Naturgesch. des Menschen. III. (4790.) S. 65. **) Nov. act. acad. nat. cur. Bonn. X. 2. (1821.) p. 257. Tab. 20. C. ***) Ebenda XI. 2. S. 468. +) Rech. IV. p. 356. Tab. 27. bis Fig. 5., 6. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I, Abth. 29 226 aber dasselbe Stück durch Oxsen*), nachdem es mit der Sömmer- ring'schen Sammlung: in's brittische Museum, gewandert war. ı So beruhte denn die‘ Kenntniss; von dieser ‚Art bisher, 'ausschliess- lich auf diesem 'einzigen Schädel, denn wiewohl. Goldfass in. seiner Beschreibung, erwähnt, ‚dass ‚er späterbin auch, einen zweiten. Schä- del aus der gailenreuther Höhle ‚erhalten hätte, so. scheint dieser doch in seiner Darstellung nicht mehr berücksichtigt worden zu seyn. Die Schädel des Ursns priscus gehören aber zu den seltensten Vorkonmnissen der gailenreuther Höhle. Schon Goldfuss macht be- merklich, dass wenn man die Zahl der’ daselbst! begrabenen Indivi- duen vom U. spelaeus zu S00 annehmen würde, auf den U. arctoi- deus nur 60, und auf den U. priscus gar nur’ 10 kommen ' würden. Von diesen ist mir blos von 5 Schädeln ihr dermaliger Aufbewah- rungsort bekannt, nämlich der Sömmerring’sche im brittischen 'Mu- seum in London, der Goldfuss’sche "wahrscheinlich in’ Bonn, zwei habe ich in der paläontologischen Samınlung in’ Berlin gesehen, 'wo- von einer von Rosenmüller **) herrührt, und’ den fünften ‘Schädel habe ich hier in der akademischen Sammlung 'vorgefunden. Da nun die Kenntniss dieser Art bisher lediglich auf’ dem einen Exemplare von Sömmerring beruhte, also nicht mit Sicherheit gesagt werden konnte, ob alle an demselben aufgezählten Merkmale wirklich spe- cifischen oder nur individuellen Werth haben, so will'ich noch einige Notizen nach unserem Exenplare beifügen, odne jedoch sammt und sonders wiederholen zn wollen, was Goldfuss, Cuvier und Owen bereits hierüber gesagt haben. *) Hist. of Brit. foss. Mamm. p. 82. **) Diesen Schädel muss Rosenmüller erst nach Publication seines grossen Werkes über den Höhlenbären erlangt haben, ''weil er ausserdem sicher- lich diese ganz abweichende Form darin erwähnt haben würde, 227 Der Schädel unsers Museums ist fast vollständig, indem ihm nur die Jochbögen und das obere Ende des Kronenfortsatzes an den beiden Unterkinnladen fehlen. Die letzteren waren durch Tropf- steinmasse und zwar in ihrer natürlichen Lage wit dem Schädel ver- kittet, und dies ist ein sicherer Beweis, dass sie mit ihm auch im Leben des Tbiers zusammen gehört haben. Obwohl dieser Schädel an Grösse dem Sömmerring'schen nicht nachsteht, so gehört er doch nicht wie dieser einem alten Thiere au, sondern wie die unver- letzte Beschaffenheit der Zähne und die scharfen Auszackungen sämmtlicher Näthe ausweisen, einem, wenn auch vielleicht bereits ziemlich erwachsenen, doch keineswegs in ein höheres Alter ein- getretenen Individuum. In seinen äussern Umrissen kommt unser Schädel mit dem Sömmerring'schen überein. Die Stirne ist breit und fällt in einer Flucht mit deu Nasenbeinen ab; ‘die Stirnhöcker sind kaum merk- lich angedeutet und zwischen ihnen ist in der Mitte blos eine seichte. Längsaushöhlung. Die von den hintern Orbitalfortsätzen ausgehenden Leisten sind blos als wulstige Linien angedeutet, die sich 'erst hinter. der Kranznath zu einer schwachen Scheitelleiste vereinigen, was ebenfalls den jugendlichen Zustand dieses Exem- plares anzeigt. Was die kleinen Lückenzähne anbelangt, so ist im Oberkiefer auf der linken Seite der Raum zwischen dem Eckzahn und den ersten grossen Backenzahn durch Tropfsinter verdeckt, auf der rechten Seite dagegen, wo dieser Ueberzug fehlt, sind zwei zienlich grosse rundliche Fächer für die beiden ‚Lückenzähne vorhanden, von (deneu.der eine dicht hinter dem Eckzahu, der an- dere dicht vor dem ersten grossen Backenzahn ‚seinen Platz hatte. In Unterkiefer zeigen sich auf der rechten Seite drei Fächer: eines dicht hinter dem Eckzahn, ein anderes kurz vor dem ersten grossen Backenzahn und :noch eines in’ dem Zwischenraume zwischen beiden, 29* 228 doch näher dem vordern als dem 'hintern Fach. Auf der linken Seite ist noch die Alveole für den vordersten Lückenzahn vorhan- den, die zweite ist bereits verschwunden und über die hintere lässt sich nichts sagen, da diese Stelle mit fester Sintermasse über- zogen ist. — Noch will ich hier die kurze Notiz mittheilen, die ich mir von den beiden Schädeln des U. priseus im Berliner Mu- seum anfgezeichnet habe: „mit 3 und 2 Lückenzähnen, Stirne sehr breit, allmählig abfallend, flach, ohne Stirnhöcker.“ Es kommen demnach diese beiden Schädel in ihrer Form und in dem Vorkon- men der Lüchenzähne mit unserem Exemplare überein. Auf die Unterschiede, welche der Schädel des U. priseus von dem des U. spelaeus und U. arctos darbietet, brauche ich nicht wei- ter einzugehen, da dies bereits von meinen Vorgängern geschehen ist; nur hinsichtlich der auf den Zähnen beruhenden Differenzen habe ich einige Bemerkungen beizufügen. Sowohl Goldfuss als Owen haben bereits darauf aufmerksam gemacht, dass bei dem U. priseus der Zwischenraum zwischen dem Eckzahn und dem ersten grossen Backenzahn, sowohl im Ober- als im Unterkiefer, ansehnlich grösser ist als bei dem U. .arctos und dass dadurch auch bei dem ersteren die beiden kleinen Lücken- zähne weiter auseinander stehen als bei dem letzteren. Ein an- deres Unterscheidungskennzeichen hat Owen ferner in der Beschaf- fenheit des ersten grossen Backenzahnes im Unterkiefer (des vier- ten von hintenher gezählt) angegeben, indem nänlich dieser einen zweiten Zacken. an: der Innenseite, und etwas hinter dem ersten, zeigt, während dieser Zacken beim U. arctos ganz fehlt, da dem letz- teren blos ein einziger zukommt. ' Bei unserem Exemplare ist der Sachverhalt in dieser Beziehung folgender. Auf der linken’ Kiefer- hälfte ist dieser‘ erste Backenzahn (der vierte von hinten) 'auf der 229 Innenseite, dem grossen äussern Zacken gegenüber, nicht blos mit einem, sondern mit zwei Höckern. versehen, ganz so wie beim U. spelaeus; dagegen hat er auf der rechten Kieferhälfte nur einen Zacken wie beim U. arctos aufzuzeigen, ohne dass etwa die beiden 'innern Höcker durch die Abnützung verschwunden wären, denn der Zahn ist noch gar nicht angegriffen und vollständig mit seinem Schmelz überzogen. Dadurch wird allerdings das durch Owen von diesem ersten Backenzahn hergenommene Merkmal schwankend ge- macht, zumal wenn, wie gleich nachher beriehtet werden wird, noch andere derartige Fälle!zum Vorschein ‚kommen. Vom ‚Unterkiefer des U. spelaeus lässt sich der des U. priscus schon dadurch unterscheiden, dass jenem die kleinen vordern Lücken- zähne fehlen, von ‚denen wenigstens bei letzterem die Alveolen im- mer vorhanden sind. Zwar hat man auch. schon bei U. spelaeus etwas von Zalınfächern gesehen, aber diese Fälle gehören zu den ungewöhnlichen Seltenheiten, und kommen wenigstens nicht zu 2 oder 3, auf einem Kieferaste vor. Zur Unterscheidung beider Ar- ten nach den Unterkiefern kann man aber noch ein Merkmal hei- ziehen, das vom hintersten Backenzahn hergenomnen ist und an die- sen beiden Zäbnen unsers Exemplares ganz. gleichförmig mit Owen’s Abbildung auf Fig. 35 sich ausweist. : Es ist nämlich der hinterste Backenzahn bei U. priscus kürzer und in seinem hintern Theile weit mehr zugespitzt als bei einem gleich grossen Uuterkiefer des U. spelaeus. Dieses Merkmal kann mit aushelfen, um einze!ne Un- terkiefer an die rechten Arten zu vertheilen. Noch will ich einzelne Dimensionen näher bezeichnen, die ich am hiesigen Schädel des U. priscus gemessen habe und die ent- sprechenden beifügen, welche Goldfuss von seinem Exemplare und vom U. arctoideus und U. arctos angegeben hat. Es ist dabei von 230 der Rubrik U. priscus zu ‚ beikerken; dass mit I. das Exemplar vah Goldfuss, mit Il. das meinige bezeichnet ist. U. arc- toideus. Entfernung des Alveolenrandes der Schnei- dezähne vom innern Rande: des ‚gros- sen Loches .. ;; .: ‚sagsunogl=adtaHdal! 1440 — bis zum Hinterhauptskamm . Breite, grösste, des Zwischenkiefers am Alveolenrande der Eckzähne . . .[3 5 — des Schädels in der Gegend der Na- senwurzel . . .. 26 — des Schädels zwischen ion kenn Orbitalfortsätzen des Stirnbeins — des Stirnbeins an der Kranznath . .|2 8 Abstand der beiden äussern Gehöröffnun- gen von emandr . - . 46 — des Eckzahns vom ersten Blökeiiähn im Oberkiefer *) 11% zu 11" 6" —, derselbe, im Unterkiefer 12 7724 Länge des ersten untern Backenzahns .| 0 6 — „ zweiten ,„ 5 -141'.0 55 » dritten, „ » 1.0 _ „. vierten 9, an 0.114 So leicht es hält die beiden Bärenarten aus den fränkischen Höhlen (Ursus spelaeus und priscus) nach den Schädeln und selbst *) Für den Ursus arctos und priscus n. I. habe ich diese Distanz nach Tab- 20. A. und 20. B. bei Goldfuss bestimmt. OV &- 231 nach vollständig erhaltenen Unterkinnladen ‚zu ‚unterscheiden, so schwer ist: es hinsichtlich der Knochen des übrigen Skelets, da in den Formen; derselben. bisher, keine erheblichen Abweichungen wahr- genommen; worden sind, und die. Differenzen in der Grösse keinen sichern Anhaltspunkt gewähren können. Zur, Zeit kennt man von den sicher bestimmbaren Stücken des Ursus priscus, ‚nämlich ‘von. den Schädeln, keine andern Exemplare als die aus den gailenreuther Höhlen stammenden; gleichwohl wird auch. das Vorkommen. dieser Art aus englischen und belgischen Kuochenhöhlen gemeldet und. wir wollen. nun. prüfen, mit, welchem Rechte. Owen führt ‚einen Unterkiefer: aus der Kent’s- Höhle auf, der nach der Beschaffenheit seiner 'Zähne ohne allen Zweifel das, Vor- kommen des Ursus priscus in England erweist. Aus den lütticher Höhlen hat Schmerling *) keinen Schädel vom Ursus priscus erhalten, doch glauht er, dass einige Kieferstücke von dieser Art herrühren dürften. Zunächst reelinet er hieher zwei Por- tionen vom Oberkiefer, von denen er die eine Tab. 10. Fig. 2. A. abbildet und welche die Alveolen dreier Lückenzähne enthält; die- ses Stück sehe ich mit ihm als vom U. priscus herstammend an. Eben so bin ich der Meinung, dass Schmerling die auf Tab. 20. Fig. 1. abgebildete Unterkinnlade gleichfalls mit Recht dem U. pris- cus zugewiesen hat. Zu dieser Erklärung finde ich, mich nicht blos durch den Umstand veranlasst, dass hinter dem Eckzahn ein klei- ner Lückenzahn und ‘in etlichen andern ähnlichen Fragmenten auch *) Recherch. I. p. 112. 232 noch ein anderer vor dem ersten Backenzahn angezeigt ist, sondern ebenfalls wegen ''der Beschaffenheit des letztgenannten Zahnes. Wie nämlich Schmerling sagt, „unterscheidet sich der erste Backenzahn dieser Kiefer von dem aller andern fossilen Bären dadurch, dass er keine innern Höcker hat; der Haupthöcker ist mehr in die Mitte gestellt, es giebt einen etwas mehr erhöhten vordern Rand und einen Ansatz au der hintern Parthie, die in zwei getheilt ist, so dass also dieser Zahn von einer einfachern Form als bei den andern fossilen Arten ist.“ Ganz genau von dieser Form ist aber an unserm Exem- plare des U. priseus der erste Backenzahn der rechten Kiefer- hälfte, und darnach würde'es scheinen, dass diese einfache Form nicht seltener als die zusammengesetztere ist. Dieses Verhalten ist so eigenthümlich, dass eine Vergleichung der beiden in Berlin auf- bewahrten Schädel wünschenswerth wäre, um zu erfahren, wie diese in gedachter Beziehung beschaffen sind. In den französischen Knochenhöhlen sind bisher keine Spuren vom Ursus priseus nachgewiesen worden, wenigstens führt Marcel de Serres in seinem Werke: essai sur les cavernes ä ossements, keine Ueberreste dieser Art aus denselben auf. III. Gulo spelaeus. In der gailenreuther Höhle fand Goldfuss *) eine Unterkiefer- hälfte, von der er meinte, dass sie einer Viverre angehört haben möchte. Später erhielt er von eben daher einen ganzen Schädel *) Umgeb. von Muggend. $, 282. Tab. 5. Fig. 3. = 233 und erkannte, dass diese beiden Ueberreste dem Vielfrasse zu- kämen. *) Mit dem Schädel der lebenden Thiere konnte er ihn aber nicht vergleichen; dies geschah erst durch Cuvier **), der von Sömmerring einen ebenfalls in der gailenreuther Höhle gefundenen Schädel zur Ansicht erhalten hatte. Nach demselben Schädel, den Goldfuss hatte, gaben Pander und D’Alton ***) eine verkleinerte Abbildung, ohne weitere Erläuterungen beizufügen. Von den in der zoologischen Sammlung der Universität Erlangen aufbewahrten fossilen Vielfrass- Ueberresten, die in einem Schädel, Unterkiefer und Oberschenkelknochen bestehen, gab ich Nachricht.+) Auch die von Blainville ++) gelieferte Abbildung ist nach dem Gipsabgusse eines aus der gailenreuther Höhle stammenden Schädels gefertigt, der den Grafen Münster zugehörte und nunmehr hier aufbewahrt wird. Wenn ich noch anführe, dass die bayreuther Kreissammlung eben- falls einen Schädel von daher besitzt, so habe ich damit alle aus der gailenreuther Höhle stammenden Exemplare, von denen mir Nach- richt zugekommen ist, aufgezählt. Aus andern deutschen Höhlen ist nur noch aus der sundwicher Höhle ein Schädel bekannt gewor- den, ‘den schon Goldfuss anführt, von dem aber erst neuerdings Giebel-yjj) eine Beschreibung geliefert hat. Als Resultat seiner Vergleichung des fossilen Vielfrassschädels mit dem der lebenden Art hat Cuvier bekanntlich ausgesprochen, *) Nov. act. acad. nat. cur. IX. p. 311. Tab. 8. **) Rech. IV. p. 475. Tab. 31. Fig. 22—24. ***) Skelete der Raubthiere Tab. 8. Fig. m. n. o. +) Isis 1829. S. 989. tr) Osteographie. G. Mustela p. 53. Tab. 14. trr) Jahrb. für Mineralog. 1849. S. 65. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, VI. Bd. L Abth. 30 234 dass er, die etwas erheblichere Grösse von jenem ausgenommen, kaum einen Unterschied finde, der nicht individuell seyn könnte. Die einzigen, die er bemerke, bestünden in mehr entfernten Joch- bögen, etwas kürzerer Schnautze im Verhältniss zum Hirnkasten, einer minder hohen Unterkinnlade in Bezug auf ihre Länge und in der vorgerückteren Lage der Kinnlöcher, die sich unter dem zwei- ten und dritten Backenzahn befänden, während sie bei der leben- den Art unter dem dritten und vierten ständen. Giebel hat den sundwicher Schädel mit einem Gipsabguss des Münster'schen Schä- dels und einem Exemplare von der lebenden ‚Art verglichen und noch andere Unterschiede aufgezählt. Nach eeigner Vergleichung des Münster'schen Exemplares mit 3 Schädeln des Gulo borealis möchte ich folgende Merkmale für die standhaftesten zur Unterscheidung ansehen. Der fossile Schä- del ist grösser als irgend einer der frischen, und namentlich im Ge- sichtstheil und der Hinterhauptspartbie nicht blos absolut, sondern auch relativ merklich breiter, daher die Jochbögen weiter aus- einander gerückt sind. Die Stirne ist weniger gewölbt ‘und die Stirnleisten stossen eher zur Bildung des Pfeilkammes zusammen. Die Lage der Kiunlöcher ist etwas schwankend, indem sie bei un- serem fossilen Unterkiefer wie bei den frischen ist; die Höhe des- selben ist sogar etwas beträchtlicher als verhältnissmässig_ bei letz- teren, und der Kronenfortsatz ist breiter, daher auch die äussere Muskelgrube grösser. Von den übrigen Theilen des Skeletes ist, ausser dem von mir schon früher erwähnten Oberschenkelknochen, bisher unter den Ueberresten der gailenreuther Höhle kein Stück aufgeführt worden. Da indess mit der Münster’schen Sammlung mehrere solcher Knochen uns zugekommen sind, so will ich auf die hauptsächlichsten näher 235 eingehen, um zu sehen, ob an ihnen bestimnte Unterschiede von den gleichartigen Knochen des lebenden Vielfrasses nachzuweisen sind. Zur Vergleichung habe ich mich eines Skelets von einem sehr al- ten Thiere des letzteren bedient. Zuvörderst erwähne ich eines fossilen Oberarmknochens, dem indess der obere Kopf und die äussere Leiste, welche über das Loch des innern Condylus sich spannt, fehlt. An diesem Knochen stellt es sich wie bei dem Schädel heraus, dass er länger als der frische und zugleich merklich robuster ist; auch ist er auf der In- nenseite nicht so stark ausgeschweift und die Grube für den Ellen- bogenknorren ist ungleich höher als beim frischen Knochen. Einem Ellenbogenbeine fehlt der untere Kopf; es scheint höch- stens gleiche Länge mit dem frischen gehabt zu haben, wenigstens ist die grosse Gelenkhöhle nicht grösser als bei letzterem; dagegen ist der fossile Knochen breiter und kräftiger. Eine vollständige Speiche ist in ihren Formen ganz überein- stimmend mit der frischen, aber bedeutend kleiner, denn während jene nur 4” 2 lang ist, misst diese 4 7. Vom Öberschenkelknochen, von dem die obere Hälfte erhalten ist, gilt dieselbe Bemerkung wie vom Humerus, dass er nänlich län- ger und zugleich breiter und stärker als der frische ist. Die Breite dieses obern Kopfes beträgt 1” 8”, während sie am frischen nur 1° 44 misst. Ein wohl erhaltenes Schienbein ist ganz von der Form des frischen, aber es ist um fast 4“ kürzer und doch dabei etwas ro- buster ; seine grösste Länge beträgt 5" 3“. Es tritt also hier ein 30 * 236 ähnlicher Fall ein wie. bei dem vorhin erwähnten Ellenbogenbein und der Speiche. Ich hatte anfänglich gemeint, dass man aus der grössern Kürze der erwähnten Vorderarmknochen und des Schienbeins vielleicht auf eine grössere Kürze des Vorderarms und Unterschenkels bei der fossilen Art schliessen dürfe. Zu solchem Schlusse ist man jedoch nicht berechtigt, da der in der Universitätssammlung zu Erlangen aufbewahrte fossile Oberschenkelknochen nicht nur dem hiesigen an Grösse nachsteht, sondern nicht einmal die Länge und Breite eines frischen Knochens derselben Sorte erreicht. Zur Vermehrung der Unterschiede des urweltlichen vom leben- den Vielfrasse würden also von den Extremitäten nur die drei Merk- male benützt werden können, dass unter ihnen Knochen gefunden werden, deren Grösse unsere lebende Art nicht erreicht, dass fer- ner der Oberarmknochen nicht so stark ausgeschweift und seine Ellenbogengrube auch relativ weit höher ist als beim Gulo borealis. Obschon alle die vom Schädel und den Extremitäten entnom- menen Differenzen zwischen dem antediluvianischen und lebenden Vielfrass nicht so schlagend sind, dass die Annahme einer specifi- schen Verschiedenheit mit Nothwendigkeit daraus hervorgeht, so wiegt ihre Summe doch so viel, dass eher auf eine Art- Verschie- denheit als auf Identität geschlossen werden darf. Alle die bisher angeführten Ueberreste vom urweltlichen Viel- frass stammen aus deutschen Höhlen her, nämlich aus der gailen- reuther und sundwicher Höhle, unter denen die erstere die Melır- zahl geliefert hat. In England und Frankreich sind bisher "keine 237 solchen gefunden ‚worden, denn wenu gleich Marcel de Serres *) ihr Vorkommen in der Höhle von Joyeuse auführt, so beruht diese Angabe doch blos auf der Versicherung eines Andern, die durch nichts erwiesen ist. Aus den latticher Höhlen führt aber Schmer- ling **) an, dass daselbst ein Oberschenkelknochen und ein halbes Becken gefunden worden sei, die beide er nicht dem Dachse, son- dern dem Vielfrass zuschreiben müsse. Er hat sich indess in die- ser Deutung geirrt, denn beide ‚gehören wirklich dem Dachse und nicht dem Vielfrasse an. Das Becken ist allerdings dem des Dach- ses sehr ähnlich, auch nicht viel länger als bei diesem, es ist aber schmächtiger. Der angeführte fossile Femur ist zwar länger und robuster als der gleichnamige Knochen an unserem Dachsskelete, dagegen. ist er um 10 Linien kürzer als der des lebenden Viel- frasses; überdies hat er bei diesem eine schlankere Form, einen stark vorspringenden Höcker am. kleinen Trochanter, und sein Ge- lenkkopf ragt weniger über den grossen Trochanter hervor. Die deutschen Höhlen sind demnach die einzigen, aus denen bisher Ueberreste vom urweltlichen Vielfrass zum Vorschein gekom- men sind. IV. Meles antediluviana. Knochen vom Dachse sind in den fränkischen Höhlen sehr spär- lich gefunden worden, und es ist ganz ungewiss, ob darunter welche sind, die in die Zeit des Diluviums hineinreichen. Aus der Mün- *) Essai sur les cavernes' p. 141. **) Rech. I. p. 167. Tab. 34. Fig. 16, 17 238 sterschen Sammlung haben wir einen linken Unterkieferast erhal- ten, der vielleicht fossil seyn könnte, allein sein Fundort ist nicht bekannt. V.. Mustela antiqua. Alles, was ich bisher an Knochen von Thieren aus der Gat- tung Marder und Wiesel theils in den muggendorfer Höhlen selbst, theils in den Sammlungen zu Gesichte bekam, trägt die Zeichen seines postdiluvianischen Ursprungs so deutlich au sich, dass ich sie ohne Bedenken in meinem früheren Verzeichnisse der antedilu- vianischen Höhlenbewohner übergangen habe. Dagegen hat Ouvier *) aus einem Conglomerat von der gailenreuther Höhle, das ihm die Fuchsknochen lieferte, mehrere Knochen erhalten, nämlich ein Be- ekenfragment, 2 Mittelfussknochen, eine Phalanx der zweiten Reihe, einen Rückenwirbel und 2 Schwanzwirbel, welche er sämmtlich für antediluvianischen Ursprungs ansah und sie für identisch mit unse- rem Iltiss (Mustela Putorius) erklärte. Hinsichtlich einiger dieser Knochen stimmte Blainville **) mit Cuvier überein, dagegen meinte er von den andern, dass sie eher vom Marder herrühren dürften. VI. Canis spelaeus. Von einem Thiere, das in der Grösse und in den Formen aller seiner Knochen von dem lebenden Wolfe nicht unterschieden wer- *) Recherch. IV. p. 467. Tab. 37. Fig. 11—17. **) ÖOsteograph. G. Mustela p. 56. Tab. 14. 239 den. kann, bewahren sowohl die akademische als die Münster’sche Sammlung zahlreiche, aus der gailenreuther Höhle stammende Ueber- reste auf, darunter jedoch nur einen einzigen Schädel, dem das Vor- derstück der Schnautze fehlt. Bekanntlich haben weder @oldfuss, noch Ouvier, noch Owen constante Unterschiede ausfindig machen können, um diese fossilen Knochen von denen des Wolfs zu unter- scheiden, und mir ist es eben so wenig gelungen. Da überdies das Skelet des Wolfes mit dem mancher grossen Hunde ebeufalls über- einkommt, so bleibt es ungewiss, ob man die fossilen Ueberreste mehr jenem oder diesem zuzählen soll. Weil indess es sehr wahr- scheinlich ist, dass zur Zeit, wo die letzte grosse Katastrophe über die Erdoberfläche ergieng, Deutschland noch keine menschlichen Be- wolner hatte, so werden wir zu jener Zeit bei uns wohl eher den Wolf als den Hund zu suchen haben und so mag denn der Canis spelaeus für einen Höhlenwolf angesehen werden. In eine nähere Beschreibung der von diesem Thiere in unserer Sammlung aufbewalrten Ueberreste einzugehen, ist überflüssig, da ich nichts Neues beibringen kann. Ich will nur ‚bemerklich machen, dass unser vorhin erwähnter Schädel grösser ist als der von Gold- fuss abgebildete, denn während die Entfernung des hintern Orbital- fortsatzes des Stirnbeins bis zur Mitte der Hinterhauptsleiste bei jenem 4 11° heträgt, ist sie bei letzterem nur 3“ 11; mit der Länge nimmt aber auch die Breite zu, so dass namentlich der Schnautzentheil bei dem fossilen Schädel ‚merklich breiter ist als bei dem des lebenden Wolfes. An der Gleichzeitigkeit des Canis spelaeus mit dem Ursus spe- laeus lässt sich nicht zweifeln, wie dies schon Rosenmäller zuge- standen hat; dagegen hat er so wenig als ich‘ die Hundeknochen, die öfters in den muggendorfer Höhlen gefunden worden, für gleich- 240 alterig mit jenen anerkannt. Man hat indess solche doch in neuerer Zeit unter dem Namen Canis familiaris fossilis aus deutschen, eng- lischen, belgischen und französischen Höhlen als antediluvianische aufgeführt, obschon mir ihr Alter noch immer problematisch erscheint. In der Münster'schen Sammlung liegen allerdings etliche ächt fossile Knochen, namentlich 2 Fragmente vom Becken und 2 untere Hälften vom -Oberschenkelbein, die in der Grösse das Mittel zwischen den gleichartigen Theilen des Wolfes und Fuchses halten und daher wohl einen Hund andeuten könnten, wenn sie nicht von jungen Exemplaren des ersteren herrühren sollten. VH. Canis vulpinaris. Mir selbst ist es nicht gelungen, in den muggendorfer Höhlen Fuchsknochen von ächt antediluvianischem Gepräge aufzufinden, und was ich sonst davon sah, trug die Zeichen seines neueren Ur- sprungs deutlich an sich. Cuvier*) hat zuerst ihr gleichzeitiges Vorkommen mit den Bären- uud Hyänenknochen erwiesen, und mit der Münster'schen Sammlung sind mir auch zwei Unterkieferhälften nebst mehreren Wirbeln und Knochen von Extremitäten zugekom- men, die mit denen des Fuchses ganz übereinstimmen und allem An- sehen nach ein gleiches Alter mit ihrem Verwandten, dem Höhlen- wolfe, anzusprechen haben. Da Graf Münster **) schon im Jahre 1533 die antediluvianischen Fuchsknochen mit dem Namen Canis vulpinaris bezeichnete, so will ich ihnen denselben auch, statt der *) Ann. du mus. IX. p. 435. Tab. 33.; rech. IV. p. 461. Tab. 32. Fig. 8-22. **) Verzeichniss d. Verst. z. Bayreuth S. 6. 241 gewöhnlichen Benennung Canis vulpes minor s. Canis vulpes fossi- lis, belassen. Sie gehören in den fränkischen Höhlen jedenfalls zu den seltensten Vorkommnissen. VII. Hyaena spelaea. Obgleich bereits Esper Ueberreste von der Höhlenhyäne abbil- dete, so konnte er doch, aus Mangel an Hülfsmitteln, dieselben nicht als solche erkennen, so dass erst Cuvier *) ihnen ihre richtige Deu- tung gab. Die erste Abbildung eines Hyänenschädels aus der gai- lenreuther Höhle lieferie Goldfuss **), jedoch nach einem stark be- schädigten Exemplare; zu einer später von ihm, nach einem voll- ständigeren Schädel publicirten Abhildung rührte das Original aus der sundwicher Höhle her. Dagegen stammt der merkwürdige fos- sile Hyänenschädel, ehemals im Besitz Sömmerring’s, nun des britti- schen Museunis, ebenfalls aus der gailenreuther Höhle her; von ihm haben Sömsmerring ***), Cuvier+) und Owen +F) Abbildungen mitge- theilt. Die Hyänenschädel gehören, wie die Hyänenknochen überhaupt, zu den seltensten Vorkommnissen in den muggendorfer Höhlen. Von den wenigen Schädely, die daselbst gefunden wurden, ist keiner in *) Ann. du mus. Vi. (1806) p. 127. Tab. 42. Fig. 5—7, (0, 13, 15 **) Umgeb. von Muggend. S. 279. Tab. 5. Fig. 2. ’#*) Nov. Act. academ. XIV. 1. S. 1. Tab. I—3. 7) Recherech. IV. p. 396. Tab. 30. Fig. 6, 7. +7) Brit. loss. Mamm. p. 154. Fig. 59. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. 1. Abılı 31 242 den öffentlichen Sammlungen Bayerns aufbewahrt. Das Beste davon ist in der akademischen Sammlung befindlich und ist ein ziemlich gut erhaltenes Hinterbaupt, dem jedoch von: der Nasenwurzel 'an der ganze Schnautzentheil fehlt.*) Dieses Stück ist interessant, weil es unter der Scheitelleiste auf der linken Seite ein, wahr- scheinlich durch einen Biss entstaudenes ovales Loch von 8“ Länge hat, das zwar wieder innerlich durch Knochenmasse ausgefüllt wurde, indess an beiden Enden noch ein kleines Loch zeigt. Un- serer Armuth an Hyänenüberresten hat jedoch neuerdings die Mün- stersche Sammlung, wenigstens theilweise, abgeholfen, indem wir jetzt durch mehrere Fragmente des Ober- und Unterkiefers, wie durch viele einzelne Zähne das ganze Gebiss, mit Ausnahme des obern kleinen Höckerzahns, beisammen haben; auch einzelne Wirbel und Extremitätenknochen sind vorhanden. Alles, was bisher an Ueberresten von Hyänen in den deut- schen, englischen und belgischen Höhlen ausgegraben wurde, gehört einer und derselben Art, als Hyaena spelaea von Goldfuss bezeich- net, an, die in der nächsten Verwandtschaft mit der lebenden Hy- aena crocuta steht, gleichwohl noch Merkmale zur Unterscheidung von letzterer darbietet.**) Dagegen unterscheidet Marcel de Ser- *) Ich muss jedoch bemerken, dass dieses Stück ohne Angabe eines Fund- orts in unserer Sammlung liegt, so dass es vielleicht auch aus den Dilu- vialablagerungen von Kahlendorf im Eichstädtischen, woher schon Collini einen Hyänenschädel erhalten hatte, herrühren könnte. Diesen letzter- wähnten Schädel hat Kilian im neunten Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Naturk. 1843 abermals abbilden lassen. **) Dass die Hyaena spelaea major von Goldfuss nur ein erwachsenes In- dividuum der H. spelaea bezeichnet, habe ich schon in der Isis 1829. S. 980. nachgewiesen. 243 res #) von dieser noch 2 andere Arten aus der Höhle von Lunel- Viel und wenn diese beiden wirklich specifisch von der Hyaena spe- laea verschieden wären, so würden wir alsdann auch von der gai- lenreuther Höhle, ja selbst von der Kent-Höhle in England, eine zweite Art aufzuführen haben. ‘Wir haben uns also zuvor der Haltharkeit dieser neuen Art zu versichern, bevor wir uns ohne Weiteres zur Annahme einer zweiten Species verstehen können. Die eine von diesen Arten, von Marcel de Serres Hyaena prisca, von Christol Hyaena monspessulana benannt, kommt in allen Merkmalen des Schädels und des Zahnbaues mit der H. striata in einem Grade überein, dass selbst die Verschiedenheit von letzterer noch nicht nachgewiesen ist. Die H. prisca ist also eine wohlbe- gründete zweite Art unter den Höhlenhyänen, von der wir indess in den fränkischen Höhlen noch keine Spur wahrgenommen haben. Die andere neue Art ist die Hyaena intermedia, so benannt, weil Marcel de Serres in ihr eine Mittelbildung zwischen der H. prisca und H. spelaea zu finden glaubte. “Diese Mittelbildung findet sich aber bei ihr in der That nicht, denn wenn man nur die beiden Reisszähne, den obern und untern, in welchen die specifische Ver- schiedenheit zwischen H. prisca und H. spelaea ganz in der glei- chen Weise wie zwischen H. striata und H. crocuta auf's schärfste ausgesprochen ist, von dieser H. intermedia mit den eben genann- ten Arten sorgfältig vergleicht, so wird man sich überzeugen, dass letztere in all den Merkmalen, durch welche sich die H. spelaea von der H. prisca unterscheidet, gleichmässig von letzterer abweicht, dagegen in all diesen Stücken mit jener übereinkommt. Nur ein einziger Unterschied von der H. spelaea ist wirklich vorhanden. *) Recherch. sur les ossem. hum. de Lunel-Viel. p. 80. Tab. 3—5 31* 244 nämlich an dem untern Reisszahn der H. intermedia findet sich inven am bintern Zacken — und zwar unten an dessen hinterem Rande in geringem Abstande von dessen Vereinigung mit dem Ansatze — ein kleiner scharfspitziger Höcker und bisweilen noch ein zweiter innen am Ansatze. Indess dieses Merkmal hat schlechterdings keine spe- eifische Gültigkeit, wie ich dies schon früher an einer lebenden Art, der H. brunnea s. fusca*), erwiesen habe, und woran ich zuvör- derst erinnern will, ehe ich in der Unterscheidung der urweltlichen Hyänen fortfahre. Von dem Gebisse der H. brunnea hatte Uuvier die erste Notiz gegeben und von ihr gesagt, dass sich am untern Reisszahne der- selben ein ähnlicher innerer Höcker finde wie bei der gestreiften Hyäne, nur sei er minder vorspringend. Nach dem nämlichen Exem- plare hat Blainville **) diesen Zahn abgebildet und es zeigt sich allerdings ein kleiner innnerer Höcker bei demselben. Von dieser H. brunnea hatte ich 2 vollständige Schädel und überdies das Ge- biss eines aufgestopften Thieres zur Untersuchung. Bei zweien fand ich am untern Reisszahne von diesem innern Höckerchen gar keine Spur; bei einem dritten aber zeigte sich etwas unterhalb der Mitte des hintern Randes am hintern Zacken eine kleine Kerbe, *) Abh. der Bayr. Akadem. U. Klasse. II. S. 609. Tab. 1. und Wiegm. Ar- chiv für Naturgesch. 1845. 2. S. 24. **) ÖOsteograph. G. Hyaena p. 28. Tab. 6. Mit Unrecht, hält übrigens Blain- ville diese Ayaena fusca {ür identisch mit der H. striata, denn selbst der von ihm abgebildete untere Reisszahn mit dem innern Höckerchen zeigt sowohl durch die Verkümmerung des letzteren, als insbesondere durch die ansehnliche Breite der beid*n Hauptzacken des Reisszahnes seine spe- cifische Differenz von dem gleichnamigen der H. striata an. Beide Hyänen sind auch äusserlich durch Behaarung und Färbung: auffallend verschieden. 245 wodurch eine kleine, unten etwas angeschwollene Spitze entstand, die sich aber vom Hauptzacken nicht weiter loslöste. Wäre es bis zur Loslösung gekommen, so hätten wir eben den von Cuvier und Blainville beschriebenen Reisszahn vor uns gehabt, ohne dass da- durch eine neue Art hätte bezeichnet werden können, weil der Ueber- gang von dem Zahn ohne Höckerchen zu dem mit einem solchen als Thatsache vorliegt. Nach diesem Vorgange darf wohl schon im Voraus etwas Aehn- liches für den untern Reisszahn der H. spelaea präsnmirt werden, und was die Analogie als wahrscheinlich erwarten lässt, bestätigt die Beobachtung. Schon Blainville, der die Identität der H. spelaea mit der H. intermedia behauptete, führt an, dass er aus der Höhle von Kent in England, so wie aus einer andern von Bondy bei Paris, einen untern Reisszahn erhalten babe, von denen jeder das Rudiment eines innern Höckerchens wahrnehmen lasse, während er im Uebrigen evident der H. spelaea zugehöre. Dieselbe Beobach- tung habe ich gemacht, denn von 4 untern Reisszähnen der H. spe- laea aus der gailenrenther Höhle, die den hintern Rand des hintern Ziackens erhalten hatten, zeigten 3 derselben ein winziges spitziges Höckerchen (Tab. 1. Fig. 4.) wie die H. intermedia, und nur dem vierten Zahne gieng dieses ab. Letzterer Fall scheint übri- gens der gewöhnliche zu seyn, indem Cuvier, Schmerling und Owen nur untere Reisszähne ohne jenes spitze Höckerchen abbilden. Dem- nach kann die H. intermedia nicht als selbstständige Art fortbe- stehen, sondern sie ist der H. spelaea einzuverleiben. 246 IX. Felis spelaea. Noch seltener als die Schädel der Hyänen, sind die des Lö- wen in den muggendorfer Höhlen gefunden worden. Goldfuss*) wusste um nicht mehr als 3 oder 4 derselben, und. auch diese waren im- mer mehr oder weniger zerbrochen. Es behauptet daher das, .ehe- mals dem Grafen Münster, nunmehr der Kreis-Sammlung in Bay- reuth angehörige Exemplar von dieser Art einen hohen Werth, nicht blos wegen seiner Seltenheit, sondern auch wegen seiner Voll- ständigkeit, indem ihm zwar der Unterkiefer und. ein. Theil des rechten Jochbeins fehlt, sonst aber dasselbe auf’s Beste erhalten ist. Wir besitzen hier von demselben einen genau gefertigten Gips- abguss. Esper **) lieferte die erste Abbildung von einem Schädelfrag- ment aus der gailenreuther Höhle und erkannte bereits richtig, die Aehnlichkeit der, Zähne mit denen des Löwen. Eine Abbildung des ganzen Schädels gab zuerst Goldfuss ***), und weil sie ihm wegen ihrer Verkleinerung später nicht mehr genügte, liess er eine zweite in natürlicher Grösse fertigen; sie fiel indess in einigeu Stücken nicht ganz richtig aus, weil das Original erst aus seinen Bruchstücken hergestellt und dabei nach Conjecturen ergänzt wer- den musste. Von einem in der Universitätssammlung zu Bonn auf- bewahrten Exemplare legten bald hernach Pander und D’Alton eine Abbildung, vor, aber in sehr verkleinertem Maasstabe und daher zu Vergleichungen wenig brauchbar. Nach einem vom Graf Münster DEAN a0 **) Nachricht von Zoolith. Tab. 12. Fig. 2. ***) Nov. act. X. 2. S. 489. Tab. 45. 247 erhaltenen Gipsabgusse von dem ehemals ihm angehörigen Schädel ist ‚endlich die schöne Abbildung gefertigt, welche sich in Blain- villes ‚Osteographie G. Felis Tab. 15. findet, und auf die halbe Grösse gebracht ist. Dies ist Alles, was wir von Abbildungen des Schädels vom Höhlenlöwen besitzen; sie sind alle nach den weni- gen Originalen, die aus der gailenreuther Höhle gebracht wurden, entworfen, denn aus den auswärtigen Knochenhöhlen ist kein gan- zer. Schädel zu Tage gefördert worden. Die. Merkmale, durch welche sich der fossile Schädel von dem der lebenden grossen Katzenarten unterscheidet, sind bisher nicht genügend auseinander gesetzt worden, um die Frage zu beantwor- ten,.ob jener dem Löwen oder dem Tiger zugewiesen werden müsse. Goldfuss ‚hatte nur ein stark beschädigtes Exemplar vor sich und überdies vom Löwen und Tiger keine Schädel zur Vergleichung; seine Angaben sind deshalb theils unvollständig, theils unrichtig. Cuvier, der mit seinem Scharfblicke die Frage auf der Stelle erle- digt haben. würde, hatte zwar Ueberfluss an Schädeln von den le- benden Arten, aber gar.keinen von der urweltlichen, daher er zur Entscheidung der angeregten Frage nicht mitwirken konnte. End- lich Blainville hatte zwar einen Gipsabguss vom fossilen Schädel vor sich‘ und fand auch an demselben die meisten unterscheidenden Merkmale auf, leitete aber daraus doch einen falschen Schluss. über das Verwandischaftsverhältniss der ausgestorbeneu zur lebenden Art ab. Seiner Grösse nach kann der fossile Schädel zunächst nur in Vergleich mit dem des Löwen und Tigers gebracht werden. Er übertrifft aber beide an Grösse, denn während der grösste Löwen- schädel in der pariser Sammlung nur eine Läuge (vom Schneide- zahnrande bis zum Vorderrande des Hinterhauptloches) von 0,320 M. 248 erreicht, beträgt dieselbe Dimension bei unserm fossilen Schädel 0,340. Dem Tiger nähert er sich an durch grössere Krümmung der obern Linie des Profils, namentlich durch stärkern Abfall des Gesichttheils, so wie in der verhältnissmässig geringern Erweite- rung des Hirnkastens. Dagegen unterscheidet sich der fossile Schä- del von dem des Tigers schon dadurch wesentlich, dass bei ihm die Stirne nicht, wie bei letzterem, nach beiden Richtungen gewölht, sondern im Gegentheil tief ausgehöhlt ist und zwar weit mehr noch als beim Löwen *), während zugleich die hintern Orbitalfortsätze stumpfer als beim letzteren sind. Mer Schnautzentheil ist eben so stark als beim Löwen angeschwollen: die Nasenbeine sind nicht so schmal wie beim Tiger, sondern an ihrem untern Ende in gleicher Weise wie bei jenem erweitert; die Nasenlöcher weit grösser als beim Tiger und ganz so wie heim Löwen. Als ein Hauptmerk- mal zur Unterscheidung der Löwen- und Tigerschädel hat Owen endlich angegeben, dass bei jenen die Nasenfortsätze des Oberkie- ferbeins in gleicher Linie mit dem hintern Ende der Nasenbeine und zwar zugespitzt endigen, während sie bei letzteren um # bis 2 Zoll hinter dieser Linie zurückbleiben und stumpf auslaufen. In dieser Beziehung kommt abermals der fossile Schädel mit dem des Löwen überein, indem bei ihm die Nasenfortsätze des Oberkiefer- beins nicht blos spitz endigen und bis zu dem hintern Ende der Nasenbeine hinauf, sondern noch darüber hinaus reichen, Das un- tere Augenhöhlenloch ist schmäler als beim Löwen, auch durch eine breitere Brücke als hei letzterem von der Augenhöble getrennt. doch erreicht sie keineswegs eine solche Breite wie Goldfuss sie ge- zeichnet hat. Eben so unrichtig hat dieser die Stärke des Joch- *) Goldfuss hal an dieser Stelle seinen lossilen Schädel offenbar falsch re- staurirt, weil er die Slirne ganz irrig als fach bezeichnet. 249 bogens angegeben, . denn verhältnissmässig hat er keine grössere ‘Stärke als beim Löwen. Aus dem Vorstehenden erhellt, dass die grosse Höhlenkatze sicht, ‘wie Blainville geneigt ist, dem Tiger augereiht werden darf, sondern an den Löwen anzuschliessen ist. Gleichwohl kann sie ‚nieht mit diesem identifieirt werden, da in der. Contur des Schädels, in der geringern Entwicklung des Hirnkastens, in der ansehnlichern Aushöhlung der Stirne, der Abstumpfung der Orbitalfortsätze des Stirnbeins uud der geringern Grösse des untern Augenhöhlenlochs ‚Merkmale genug vorhanden sind, ‚um den Höklenlöwen für eine vom lebenden Löwen: verschiedene Art zu erklären. An eine Zusam- ‚menstellung desselben mit den beiden nächst grössten Katzenarten, dem Jaguar (Kelis Onca) ‘oder dem Parder, kaun aber noch weni- ger gedacht werden, weil diese ‚schon durch die weit geringere ‘Grösse, so wie durch die gewölbte oder doch flache Stirne allzu sehr von jenem abweichen. Um ferneren Vergleichungen bestimmte Anhaltspunkte darzu- ‚bieten, will ich ‚noch einige Ausmessungen, die ich an diesem fossi- den Schädel gemacht ‚habe, beifügen. Abstand vom Alveolenrande der Schneidezähne bis zum Vorderrande des Hinterhauptloches . . . . Als use ec Peg vAldes ch — von jenem bis zur Bikierhetptslsinte IR er SUINSTERLL — bis zum Orbitalfortsatz: des Stirnbeins 2. 2.0 8 3 — von letzterem ‚bis zur Hinterhauptsleiste .. 1. 44 20.040702 — der beiden Jochbögen von einander „......: Ep Breite des Hirnkastens am Abgange der, Jochbeinfortsätze des, Schläfen- beins . ana 4 4 — der Stirne Zhkenehh den Drbitalförisätzen ee — derselben, kleinste, vor den Orbitalfortsätzen . 34 — des’ Zwischenkiefers'an''den’ Eckzähnen‘. 30 Abhandlungen der II Cl. d. k. Ak. d. Wiss. Vi. Bd. I. Abth. 32 250 Breite des Schnautzentheils oberhalb’der 'Eckzähne vu. un... Auch — der beiden Nasenbeine am Ende . . 2... a ul em u258 — der Brücke über dem untern Augenhöhlenloch UN: ‚Höhe, des ‚Jochbogens in der Mitte . 14. 2m... seta 6 Länge des Reisszahnes . ; 1,9 Breite, grösste, des Eckzahnes En vorn fkeh hinten). 134 Das Gebiss anlangend ist zu bemerken, dass an dem fossi- len Schädel zwar in beiden Oberkinnladen der erste und letzte Zahn fehlt, dass aber dagegen ihre Alveolen sich erhalten haben. Vom übrigen Knochengerüste der F. spelaea ist noch allerlei in unserer Sammlung; ich erwähne davon aber nur eines ‚Schien- beins, weil dies unter allen, die man kennt, das einzige von voll- ständiger Erhaltung ist. Es hat eine Länge von fast 14, hält im ‘Querdurchmesser des’ obern Eindes 3” 8“, des "untern Endes 2‘ ‘94; an ‚dem Schienbein eines grossen Eisbären unserer Sammlung sind obige Dimensionen — 11 9, 38“ und 3 3. Die fos- sile Tibia, welche Blainville nach einem Gipsabguss anführt, hat eine Länge von 13“. Von seinem grössten Löwenskelet giebt der- selbe die Länge des Schienbeins zu 11“ 3 und vom Tiger zu 12" 3 an, so dass also die Tibia des Höhlenlöwen an Länge die des Löwen und Tigers in gleicher Weise, wie dies auch hinsicht- lich des Schädels der Fall ist, übertrifft, Ueberreste des Höhlenlöwen sind zwar in den meisten Kno- chenhöhlen - gefunden worden, aber doch in geringerer Anzahl als die der Hyänen. ‘Marcel de Serres unterscheidet eine zweite ur- weltliche Art als Felis Leo, weil er etliche Knochen erhalten hat, die an Grösse nur der des lebenden Löwen gleichkommen; auch Schmerling wollte einige diesem ‚zuweisen. Da indess bei allen grossen Thieren, selbst wenn. sie schon. über das erste ‚rasche 251 Wachsthum hinaus sind, es noch geraume Zeit dauert, bis letzteres ganz beendigt ist, so wäre es zu 'verwundern, wenn nicht auch un- ter den Ueberresten des Höhlenlöwen solche von jüngern Thieren zugleich mit denen von ältern gefunden würden. Darnach aber eine Trennung in 2 Arten vorzunehmen, kann nicht gerechtfertigt werden. X. . Felis antiqua. Mit diesem Namen bezeichnete Cuvier*) eine Art, von der er einen obern Backenzahn und einen untern mit dem auhängenden Kie- ferstück aus der gailenreuther Höhle vor sich hatte, und deren Grösse er auf die eines mittelmässigen Parders schätzte. Seitdem ist von solchen Ueberresten aus dieser Höhle nichts weiter bekannt geworden. Aehnliche Ueberreste, aber ebenfalls in sehr beschränkter An- zahl, sind auch in französischeu und belgischen Höhlen gefunden worden. Marcel überwies die ersteren an den Leoparden, und Schmerling vertheilte sie unter 2 Arten: Felis antiqua Cur. und F. prisca, von denen die letztere erst von ihm aufgestellt wurde. So lauge indess nicht Schädel aufgefunden werden, an denen bei den meisten Katzenarten das Knochengerüste fast seine einzigen, zum ınindesten seine ausgesprochensten, Formdifferenzen aufzuweisen hat, möchte es gerathener seyn, alle diese zerstreuten Ueberreste unter der Bezeichnung F. antiqua zu begreifen. *) Rech. IV. p. 452. Tab. 36. Fig. 3, 4.— Blainv. ost&ograph. Felis Tab. 16. 32 * 252 XI. Felis lyneina. Ein interessantes Oberkiefer-Fragment, das Graf Münster aus der gailenreutber Höhle erhielt, habe ich auf Tab. 1. Fig. 3. und 3. a. abbilden lassen, Letzterer hatte es als Felis antiqua Cuv. etikettirt, von welcher es sich aber schon gleich durch die geriu- gere Grösse der Zähne unterscheidet. Es ist der linke Oberkiefer und enthält den Eckzahn nebst dem zweiten und dritten Backen- zahne und der Alveole des letzten oder Höckerzahnes; der erste kleine Lückenzahn fehlt und mit ihm zugleich jede Spur eines ihm angehörigen Zahnfaches. Die Form- und Grössenverhältuisse die- ser sämmtlichen Zähne sind ganz wie beim Luchse, so dass jede weitere Beschreibung überflüssig ist; nur dass das durch eine Schei- dewand gedoppelte Zahnfach des Höckerzahns beim fossilen Kiefer weit grösser als bei jenem und die Entfernung des Eckzahns vom ersten Backenzahn etwas geringer ist. In diesen beiden Punkten vermuthe ich, dass ein specifischer Unterschied zwischen dem ur- weltlichen Thier und dem Luchse angedeutet ist, mit welchem sonst der fossile Kiefer in allen Stücken, insbesondere auch in dem Mangel des kleinen Lückenzahnes übereinkommt. Wir haben hier also wirk- lich einen ächten urweltlichen Höhlenluchs vor uns, der den Namen Felis Iyncina führen mag. Aus andern deutschen und auch aus den englischen Knochen- höhlen ist nichts von dieser Art zum Vorschein gekommen, dagegen haben sich von ihr Spuren in belgischen und südfranzösischen Höh- len erhalten. Ich zähle hieher nämlich Schmerlings *) Felis engiho- liensis, welche Art auf einen obern Eckzaln und einen untern *) Rech. II. p. 88. Tab. 18. Fig. 11, 12. 253 Reisszahn begründet ist. Betzterer hat am hinterm Rande eine kleine Vorragung und der hintere Zacken ist grösser als der vordere: Beides sind: aber scharfe Merkmale, welche den untern Reisszahn der eigentlichen Luchse von dem anderer Katzen unterscheiden. Ich halte mich daher für berechtigt, diese F. engiholiensis unserem Hölilenluchse einzuverleiben.. Dasselbe ist der Fall mit der F\. Serval von M. de Serres *), die auf einem mit seinen.Backen- und Eckzähnen: versehenen Un- terkiefer aus der Höhle von Lunel- Viel beruht. Zur Verkennung desselben wurde M. de Serres verleitet, weil er irriger Weise von den Eckzähnen des Luchses meinte, dass sie weder gefurcht, noch mit einer Kante eingefasst seien und weil er überdies die Schädel des Servals und Luchses mit einander verwechselte. Seine F. Ser- val betrachte ich demnach für identisch mit unserem Höblenluchse. XI. Felis Catus. Was ich bisher aus den muggendorfer Höhlen von: Skeletthei- len, der Wild- oder Hauskatze vergleichbar, zu sehen bekam, trug *) Rech. p. 115. Tab. 9. Fig. 7. — Auf Tab.. 6. hat M. de Serres die Fig. 2bis und 2te als Schädel vom Luchs, Fig. 3bie „ 3ter als Serval- schädel bezeichnet, während die umgekehrte Deutung die richtige ist, in- dem auf) Fig. 3ter der, untere Reisszahn‘ den für den Luchs charakteristi- schen kleinen spitzen Höcker am hintern Ansalze zeigt, während ein sol- cher dem Serval fehlt, wie dies unsere Schädel von beiden Arten aus- weisen. Bei M. de Serres sind demnach die Schädel mit einander ver- wechselt worden. 254 Alles so sehr das Gepräge seines neneren Ursprungs; dass ich es schlechterdings nicht für gleichalterig mit den ‚dort vorkommenden grossen Raubthieren erklären konnte. Dagegen hat Rudolf Wag- ner *) aus der rabensteiner Höhle einen Unterkiefer erhalten, den er ‘wirklich für fossil ausieht und der kleiner ist als die meisten Kiefer von Hauskatzen; er gab dem Tbiere, dem er angehörte, den Namen Felis minuta. Einzelne Knochenüberreste, die auf die Wild- oder Hauskatze gedeutet wurden, sind auch in französischen, belgischen und engli- schen Höhlen zum Vorschein gekommen: XI. Castor (Palaeomys) spelaeus. In den beiden Verzeichnissen der bayreuther Kreissammlung werden verschiedene Ueberreste von Nagern aus der gailenreuther Höhle aufgeführt, und mit der Münster'schen Sammlung sind uns ebenfalls viele solcher Zähne und Knochen von denselben zuge- kommen. Die meisten gehören zu Aypudaeus und zwar zu H. am- 'phibius, einige auch zu Mus, alle aber sind von so frischem An- sehen, dass ihr antediluvianischer Ursprung durchaus unverbürgt bleibt. _ Zwar. sind einige auf Sinterstücken und Knochenbreceien angeklebt, aber da die Sinterbildung fortwährend vor sich geht, so können solche Stücke noch immer dadurch festgekittet werden; im Innern der mit Bären- und Wolfsknochen erfüllten Conglomerate, *) Wieym. Arch. für Naturgesch. I. 2. S. 99. Tab. 1. Fig. 6. 255 deren ich eine Menge zerschlagen habe, sind mir niemals Nager- überreste vorgekommen. Ich halte daher sie alle für neueren Ur- sprungs, und mache davon nur eine Ausnahme für den auf Tab. 1. Fig. 2. abgebildeten Unterkiefer aus der gailenrenther Höhle, der alle.Merkmale eines ächten fossilen Knochens au sich trägt. Graf Münster *) hat iln schon als Castor spelaeus publieirt und die Notiz heigefügt, dass er sich in der Grösse nicht von den Unterkiefern der noch jetzt lebenden Biber unterscheide, dass aber der vordere Backenzahn grösser und mehr gegen den: Eckzahn zugespitzt, auch der Abfall des vordern hochstehenden Backenzahns gegen den letz- ten niedrigen weit stärker. als bei dem lebenden Biber sei. Münster hatte den fossilen Unterkiefer nur mit dem des leben- den Bibers verglichen; für mich besteht aber die weitere Aufgabe, ihn mit allen verwandten Formen, nämlich mit Castor fiber fossilis und priscus, Trogontherium Werneri und Cuvieri, Palaeomys ca- storoides und Chalicomys Jaegeri iu Vergleich zu bringen. Zuvor werde ich jedoch diesen Unterkiefer kurz charakterisiren. Mit Ausnahme des fehlenden Kronen- und Gelenkfortsatzes, so wie des untern 'Theils vom Hinterrande, die abgebrochen sind, ist der Unterkiefer gut erhalten; er hat die Länge des Unterkiefers vom lebenden Biber. Der annoch vorfindliche Schneidezalın ist auf der Aussenseite schwach gewölbt und zu beiden Seiten flach, also ähnlich wie beim lebenden Biber. Der erste Backenzahn steht vom Schueidezahn fast in derselben Entfernung wie beim letzteren ab, ist zugleich bedeutend länger als bei diesem, von vorn nach hinten schief abgeschnitten, so dass der vordere Rand weit über den hin- *) Jahrb. für Mineralog. 1833. $. 326. 256 tern‘ vorragt, und die hintere Hälfte ist breiter als die vordere, Seine Schmelzfalten sind übrigens ähnlich denen des Bibers: 3 ziehen sich von innen hinein und eine vierte äussere schiebt sich zwischen die zweite und dritte ein. — Der zweite Backenzahn fehlt; sein Fach zeigt einen kürzern und fast eben so breiten Zahn an. — Der dritte Zahn ist vorhanden und fast so breit als lang; er hat dieselben Schmelzfalten als der erste. — Der vierte Backen- zahn ist länger als sein Vorgänger und zugleich merklich schmäler, namentlich hinten, hat aber die nämlichen Schmelzfalten. m Länge der Backenzahnreihe . 2 2. 2. 20202 02...278,.038 = 14 5" — des ersten Backenzahns . -. . » 2 2 2 2 220. .0,014 06 — . „. ‚dritten ” re ee ie a 0,00 0 3 — . ,„ vierten 5 EEOEENFARNESER DE, 0 4 Breite, hintere, des ersten u ee N SR DE 0 4 — vordere, des dritten DO RER EAONUUS 0 3 — hintere, des: vierten „ 0,006 0 23 Entfernung des ersten Backenzahns von dr Schneide des Schnei- dezahns uistehleiedg: sand salsidktstn] Ei ou9eaik - 400,038 Ir Den Unterschied dieses fossilen Unterkiefers von dem des le- benden Bibers hat bereits Münster in der Hauptsache ausgesprochen. Damit, ist aber auch schon der specifische Unterschied bezeichnet von dem fossilen Biber von. Goldfuss, von dem fossilen Castor Da- nubii*), ferner von Schmerling's**) Castor ‚priscus, dann vom Tro- gontherium Werneri Fisch. und endlich von dem Castor europaeus Ow., denn alle diese zusammen bilden nur eine einzige Art, die sich wenigstens in ihrem Zahnbaue nicht vom lebenden Castor fiber unterscheiden lässt. *) M. de Serres rech. sur les ossem. de Lunel-Viel p. 126. Tab. 10. Fig. 42. **) Rech. II. p. 112. Tab. 21. Fig. 22—25. 257 Das Trogontherium Cuvieri (Castor trogontherium) differirt auffallend durch eine ganz andere F'orm der Schneidezähne, grösse- ren Abstand der letzteren vom ersten Backenzahn, indem diese Di- stanz so gross als die vom ersten Backenzahn bis zur Gelenkfläche ist, ferner durch geringere Faltung des zweiten uud dritten Zahns, indem diese nur 2 Schmelzfalten zeigen. Chalicomys Jaegeri Kaup *) schliesst sich schon gleich durch die weit geringere Länge der Backenzahnreihe und eine andere Form der Backenzähne von der Zusammenstellung mit unserem fos- silen Unterkiefer aus. So bleibt endlich nur noch der Palaeomys castoroides **) übrig, mit dem der gailenreuther Kiefer zu vergleichen ist. So unvoll- kommen auch das Fragment ist, auf dem diese Kaup’sche Gattung beruht, so ist es doch ausreichend, um daran zu sehen, dass die Form des Schneidezahus und des ersten Backenzahns, welche Zähne allein erhalten sind, so wie die Form der Alveolen der 3 andern Backenzähne sich wie bei unserm fossilen Kiefer verhält. Dass bei jenem Palaeomys der erste Backenzahn auf der Kaufläche 4 iso- lirte Schmelzschlingen, statt der 4 von den Seitenrändern ausgehen- den Schmelzfalten bei unserem Exemplare zeigt, ist wohl lediglich Folge des hohen Alters und der starken Abnützung bei jenem Kie- ferstück. So zähle ich denn den gailenreuther Biber der Gruppe von Palaeomys bei, will ihn aber keineswegs mit P. castoroides identificiren, da letzterer zu wenig Anhaltspunkte zur allseitigen Vergleichung darbietet und überdies aus dem Tertiärgebilde von *) Descript. Tab. 25. Fig. i6—21. **) Kaup a. a. ©. p. 113. Tab. 25. Fig. 7—13. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. I. Abth 33 258 Eppelsheim herstammt, dessen fossile Thierüberreste gewöhnlich von denen der Diluvialablagerungen specifisch abweichen. Nachdem ich aber auch die Merkmale von Palaeomys nicht für ausreichend halte, um darauf eine selbstständige Gattung zu begründen, so behalte‘ ich diesen Namen nur als Untergattung bei und bezeichne das Thier, vou dem der gailenreuther Unterkiefer herrührt, als Castor (Palaeo- mys) spelaeus. Es ist der einzige Ueberrest, der von dieser Ab- theilung der Biber bisher in irgend einer Höhle gefunden worden ist. XIV. Equus fossilis. Erst in neuerer Zeit sind etliche Spuren vom. Pferde, vorge- kommen, aber nur in der klaussteiner Höhle und der ihr gegenüber liegenden Ludwigshöhle, ehemals Kühloch genannt. Das Verläs- sigste darunter ist ein fast vollständig erhaltener, aus, letztgenannter Grotte abstammender Oberarmknochen, der allerdings seinem ‚gan- zen Ansehen nach als antediluvianisch zu erklären ist: Es. ist dies derselbe Knochen, den Graf Münster *) dem Rhinoceros lep- torhinus zugeschrieben hat. Er hat eine Länge von 10‘.4“ und ge- hörte demnach einem mittelgrossen Individuum an. XV. Rhinoceros tiehorhinus. In der gailenreuther Höhle sind niemals Gerippfragmente von Hufthieren überhaupt gefunden worden, und die wenigen, die man *) Jahrb. für Mineralog. 1834. S. 538. 259 als wirklich antediluvianisch bezeichnen kann, gehören fast sämmt- lich der rabensteiner (Klausstein- und Sophienhöhle) und der Lud- wigshöhle an. Vom Nashorn kennt man übrigens aus den fränki- schen Höhlen nichts weiter als etliche Fragmente aus der raben- steiner Höhle, die in der bayreuther Kreissammlung aufbewahrt wer- den, und einen Backenzahn, dessen Lord Eygerton *) gedenkt. XVI. Elephas primigenius. Nur wenige Spuren sind es, die uns das gleichzeitige Vor- kommen des Mammuths mit: den Raubtliieren der muggendorfer Höh- len. andeuten. Von älteren Beobachtern ist Esper der einzige, der behauptet, Zahnfragmente des Elephanten im Zahnloch gefunden zu haben, und da der Bau dieser Zähne ihm wohl bekannt seyn konnte, so ‚zweifle ich nicht an der Richtigkeit seiner Bestimmung. In neuerer Zeit erwähnte Audolf Wagner **) aus der rabensteiner Höhle eines Beckens, das noch in eine Spalte eingeklemmt und vom Sin- ter überzogen, daher wenig zugänglich war und das er als dem Mammuth angehörig betrachtete. In dem vom Grafen Münster ver- fertigten Verzeichnisse der bayreuther Sammlung wird auch eines „Beinknochens aus der rabensteiner Höhle“ gedacht, dessen nähere Besichtigung ich vergessen habe. XVI. _Sus Scrofa: fossilis. Vom ‚Schweine habe ich ziemlich viele Knochenüherreste aus den muggendorfer Höhlen in unsern Sammlungen gesehen, aber auch *) Ebend. 1830. S. 377. **) Wiegm. Archiv für Naturgesch. 1835. 2. S. 98. 33 * 260 nicht ein einziges Stück darunter, das sich nicht durch seine frische oder nur schwach inerustirte Oberfläche als neueren Ursprungs er- wiesen hätte. ZAudolf Wagner führt jedoch einen wirklich fossilen Unterkiefer des Schweins aus der rabensteiner Höhle auf, und auf diese Angabe hin halte ich mich daher für berechtigt, Sus Scrofa fossilis (identisch wit Sus priscus Goldf.) als einen Zeitgenossen des Höhlenbären mit aufzuzählen. XVII. Bos primigenius. Mit den in den muggendorfer Höhlen hie und da aufgefundenen Ochsenknochen verhält es sich hinsichtlich ihres Alters wie mit de- nen des Schweines. Für wirklich antediluvianisch halte ich nur den von Esper schon abgebildeten und von mir*) ausführlich be- schriebenen zweiten Halswirbel; vielleicht gehören in diese Kate- gorie auch die aus den fränkischen Knochenhöhlen stammenden Ochsen- knochen, welche Cuvier **) bei Ebel in Bremen zu sehen bekam. Weder unsere akademische, noch die Münster’sche Sammlung be- sitzt aus diesen Lokalitäten Ueberreste von der Gattung des Rindes. Sie gehören daher jedenfalls in unseren Höhlen zu den blos zufäl- ligen Vorkommnissen, und sind in andern deutschen Knochenhöhlen, wie z. B. in der von Sundwich, noch gar nicht gefunden worden. XIX. dCervus tarandinus, Die rabensteiner Höhle ist unter den fränkischen die einzige, in welcher ächte antediluvianische Ueberreste von Thieren der Hirsch- *) Isis 1829. S. 991. **) Recherch. IV. p. 164. | | j | s 261 gattung aufgefunden wurden und zwar in ziemlicher Anzahl. Schon R. Wagner vermuthete, dass die Geweihe vielleicht dem Rennthiere angehören könnten, wofür ihm besonders die im Besitz des Grafen Münster's befindlichen Bruchstücke und ein Mittelhandknochen zu sprechen schienen. Diese Stücke nebst zwei später von letzterem aus derselben Höhle erlangten Geweihstangen befinden sich nun in unserer Sammlung und sind ausreichend zu einer sichern Bestim- mung; ich halte mich im Nachfolgenden nur an die wichtigsten die- ser Ueberreste. Zuvörderst erwähne ich eines sehr charakteristischen Knochens, nämlich eines vollständigen Mittelhandknochens, der sich durch seine tiefe rinnenartige Aushöhlung gleich als der des Rennthieres zu er- kennen giebt; bei keiner andern Art der Hirschgattung ist diese Aus- höhlung in solchem Grade vorhanden. Verglichen mit dem gleich- namigen Knochen unseres Skeletes von einem grönländischen Renn- thiere zeigten sich folgende Dimensionsverhältnisse: | frisch. Ganze Länge . 2 ; arg | U Breite des obern Endes . s - 2 5 k 15.[1 4 Breite des untern Endes . 5 1 - ö : Te ei Bei fast gleicher Länge ist also der fossile Mittelhandknochen schmäler als der frische. Ein von Cuvier angeführter fossiler der- artiger Knochen ist nur 6 104‘ lang. Sind wir nun schon durch den Mittelhandkuochen auf das Renn- thier hingewiesen, so ergiebt die Betrachtung der beiden G@eweih- Fragmente dasselbe Resultat. Das besser erhaltene habe ich auf Tab. 1. Fig. 1. abbilden lassen. Die Stange ist an der Ansatzstelle auf dem Rosenstock des Schädels von diesem abgebrochen und da- 262 bei ist ebenfalls; der unterste Augensprosse mit abgesprengt worden, wenigstens zeigt sich an der Stelle, von wo er ausgegangen wäre, eitie ‚Bruchfläche.‘ Vollständig ist dagegen: der obere Augensprossen vorhanden, der ziemlich:horizontal:verlaufend sich allmäblig verflacht und dann in’zwei platte, Aeste sich spaltet, von ‚denen der obere in einen einfachen, der untere in zwei spitze Zinken ausläuft, Ueber dem obern Augensprossen setzt sich die Stange, fort, indem sie ‚eine schwache convexe Krümmung; macht, ‚anfangs im Umfange , mehr rundlich ist, weiter oben aber hinterwärts sich verflacht:und. einen kürzern hintern Zinken abgiebt. Ueber diesem biegt sie sich wie- der einwärts, ist aber ‚bald, abgebrochen. Die andere Stange ‚ist ganz. der ersten‘ ähnlich und ‚oben au derselben Stelle: abgebrochen. , Der . hintere. Zinken und .der.. obere Augensprossen gehen an denselben Punkten ‘wie. beim ersten. ab; letzterer ist aber an der Stelle, wo er sich, handartig verflacht und zertheilt, abgebrochen. Dagegen ‚zeigt sich ‚an, dieser ‚Stange ganz deutlich der Ansatz des dicht vor demselben abgesprengten untern Augensprossen, der gleich über der Basis der Stange seinen Ur- sprung genommen hatte. Vom abgebildeten Geweihe füge ich fol- gende Ausmessungen bei: Länge des ganzen Stangeniragmenis (nach der Krümmung) . 21” 5 — bis zum hintern Zacken . . . ERBE. . sep — des obern Augensprossen his’ zum Khiulend ginken 246 19 — des hintern Zackens .ı. : : dei od 3 Abstand des obern Augensprossen von der Basis ERS War Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieses fossile Ge- weih sein Nachbild unter den lebenden Hirscharten lediglich und allein an den Rennthieren findet: Ob aber. das urweltliche Renn- thier für identisch mit (dem lebenden betrachtet werden. darf, oder 263 ob die geringere Krümmung der Stange und die mindere Breite des Mittelhandkuochens auf eine mehr als individuelle oder Alters- differenz hinweist, ist zur Zeit nicht zu entscheiden. Unter den fossilen Rennthiergeweihen aus andern Localitäten kommen den hier beschriebenen am nächsten die vom Grafen von Sternberg *) und Schottin **) in den Gipsgruben bei Köstritz aufgefundenen Geweihe, die jedoch von jüngeren Thieren herrühren. ***) Man kann diese an- tediluvianischen Rennthiere, statt sie mit dem zusammengesetzten Namen Cervus tarandus priscus zu bezeichnen, als Oervus taran- dinus benennen, was ihre Verwandtschaft ‘mit der lebenden Art ausdrückt, ohne doch für ihre specifische Identität einzustehen. Hiermit habe ich die Aufzählung und Charakteristik der in den muggendorfer Höhlen ‚aufgefundenen . urweltlichen . Sängthier - Arten beendigt, und es hat sich’ herausgestellt, dass 19 verschiedene Spe- cies darin ihr Grab gefunden haben. *) Isis 1828. S. 481. Tab. 7. **) Ebend. 1829. S. 416. Tab. 1. Fig. a. ***) Auch das von Kilian im neunten Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Naturk. 1843. Fig. 4. abgebildete Rennthiergeweih, obwohl der obere horizontale Sprossen mehr gekrümmt und‘ der hintere Zinken von diesem nicht so weit abgerückt ist, wird ebenfalls nur eine der vielen Geweih-Abän- derungen der nämlichen Art darstellen. 264 Erklärung der Abbildungen auf Tab. 1. Fig. 1. Cervus tarandinus; Geweihstange, auf 4 ihrer natürlichen Grösse gebracht. Fig. 2. Castor (Palaeomys) spelaeus; Unterkiefer - Fragment, gleich den nachfolgenden Figuren in natürlicher Grösse. — Fig. 2. a.; der vordere Backen- zahn in der Seitenansicht. Fig. 3. Felis lyncina; Oberkiefer-Fragment. — Fig. 3. a.; die Backenzähne von der Innenseite. Fig. 4. Unterer Reisszahn der HAyaena spelaea von der Innenseite, um daran das kleine spitzige Höckerchen am Hinterrande, wie es zuweilen vorkommt, zu zeigen. Fig. 1. 6yrodus oimreularis. Fig. 2. 6. rhomboidalis. Fig.3, 4. 6. multidens. Au. A Wagners urmelll ischere. Ib. 4 Math. physik. (lasse Bid I7. Abi S. Tab.I. Strobilodus giganteus. And. Wagners urweltl, Fischen: Ib} Zbbu CandE. der meh physik. Olasse BA DEE: & en IT. Abt 1. Fig.1. Gyrodus hexagonus. Fig. 2. Mesodon gibbosus . Fig.3. Pyenodus notabilis. Fig. 4. Pyenodus formosus . dh. der mach. Physir. Classe Bd. FI. Abbe: 1. iu „2. Wagners urmeltt. Fischen Tab.3 i8.1. Propterus speciosus. Fig.2.Mesodon macropterus . fi der mat. physik. Olasse BA. TI. 2b 1 Au A Mäagners urmweltl: Fischen Tab b Tab.V. Ornithocephalus ramphastinus dan. der mach phasik. Caisse Bad MT. Abth dh. physik. Classe. Ba. VI. .dbth V Au Magners Beschreib v. Ormithoceph. Tab. 2 Tab. VI. { { k | Hi \ | WW ll al | Reliquiae antediluvianae muggendorfenses. bh. der math: physik. Classe Ba. WI. Abth. 1 Au 2 Hagner’s urmweil. Säuglh. Tab. 4. ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE our WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES ZWEITE ABTHEILUNG. IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXV. BAND. MÜNCHEN. 1851 VERLAG DER K. AKADEMIE, IN COMMISSION BEI G. FRANZ. VIINIIAUAHAA aaya | 322.0 asutziuksiggeher E | ger aLLda = I NATHAHOEAHAELW m IH HAAM ak BAdKAd NMATEHIA2 MER TER Rd KATTUNKDSEnSd ana anına aa ut ig ZaRdrlN tser FO Amar aaa DALAGV ; SZENE. 19 NOISERENOI VI ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES ZWEITE ABTHEILUNG. NaDBNUIANAHAA a BEER KAHD2LIA NAVY en Vamdenaer zu HOLIOAOA u NaTIAHdanaaaıW aac BIMAAAHA wen 03 u SNGALE KAATEHIAR - ARI.NAUTHA ATIEMS Inhalt. Ueber den Einfluss der Vegetation auf die Atmosphäre. Von Professor Dr. A. Vogel jun., und Dr. W. ©. Wittwer Ueber die Bildung galvanischer Kupferplatten, vorzüglich zum Zweck der Galvanographie, mittelst des Trommel-Apparates. Von Franz v. Kobell Beschreibung der an der Münchener Sternwarte zu den Beobachtungen ver- wendeten neuen Instrumente und Apparate. Von Dr. Zamont. Mit 8 Tafeln E) Beiträge zur Unterscheidung der im süddeutschen Lias vorkommenden Arten von Ichthyosaurus. Von Dr. Andreas Wagner. Mit 1 Tafel 381 483 ehr Der men ment. I mi 2 m a dag. ie " rn 3 ar ie U bus. anf td hr a ee ab ee EG Ueber den Einfluss der Vegetation auf die Atmosphäre. Von Professor Dr. A. Vogel, jun., ausserordentlichem Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften und Dr. W. C. Wittwer, Privatdocenten an der Universität München. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 34 möb dell noiis3egaV. 3sb aanutanid siidgesmmi oib Yan voW s x ’ Ar She su, ao. oe aa nalndoansai H wb simabada, A 1b. abeilysilt alrlimnhryorene. hei RE ROTER i ALS UL I UI I Mena Bern U Bel IN ee ag ‚anıboaüllt Yearırin'S sub’ ne animwoblichl" Eur = ii Br % } r 5 az j g ci ABA + Erz 3 dr ch he ac DM ob gan Ueber den Einfluss der Vegetation auf die Atmosphäre. Unter allen Fragen, welche den chemischen Theil der Pflan- zenphysiologie betreffen, ist seit geraumer Zeit kaum eine so viel- fach und mit so viel 'Theilnahme bearbeitet worden, als die, ob die Pflanzen auf den Gehalt der Atmosphäre an Sauerstoff und Kohlen- säure einen Einfluss ausüben, und wenn sie es thun, von welcher Art derselbe sei. Es darf uns übrigens die allgemeine Theilnahme, welche diesem Gegensiande widerfuhr, nicht in Erstaunen setzen, wenn wir einen Blick auf die Konsequenzen werfen, die daraus abzuleiten sind. Es gibt unter den Gegenständen der Naturwissenschaften wohl keinen einzigen, von dem sich behaupten liesse, er stehe für sich allein in der Schöpfung da, sondern alle Erscheinungen, die unsern Sinnen sich darbieten, sind nur die Glieder einer grossen Kette von sich bedingenden Fakten, die zusammen von uns die Natur ge- 34* 268 nannt werden. Doch bei manchem dieser Punkte ist uns der Zu- sammenhang mit den übrigen Erscheinungen dunkel, ‘während andere uns wieder einen Schlüssel abgeben, der uns grosse Dienste leistet, wenn wir einen Blick auf das Ganze werfen, und einzelne Theile der Kette miteinander verbinden. Ein solches Bindeglied ist der in Frage stehende Gegenstand, denn es knüpft sich an ihn die Lösung zweier grossen Probleme, die sich uns darbieten; — die Erklärung der Unveränderlichkeit in der Zusammensetzung der Atmosphäre in ihren Hauptbestandtheilen, und die Auffindung der Quelle, aus welcher unsere Pflanzenwelt ihre Nahrung bezieht. Vermöge des Athmungsprozesses nehmen die Thiere ihr ganzes Leben hindurch beständig einen Theil des Sauerstoffes der Luft auf, und nachdem sie in ihrem Innern denselben mit Kohlenstoff ver- bunden, athmen sie ihn als Kohlensäure aus. Ebenso wird bei jeder Verbrennung, Vermoderung und einer grossen Menge von an- dern chemischen Prozessen beständig eine unglaubliche Menge von Sauerstoff gebunden und mit Kohlenstoff vereint als: Kohlensäure dem Luftkreise wiedergegeben. Es muss dadurch offenbar der Gehalt der Luft an Kohlensäure beständig zunehmen, während der Sauerstoffgehalt sich vermindert. Die Beobachtungen, selbst wenn sie noch so genau angestellt sind, zeigen weder eine Zunahme der Kohlensäure, noch eine Ver- minderung des Sauerstoffes der Luft, sondern sie sind blos im Stande, ein ganz geringes Schwanken in dem Gehalte an beiden Stoffen nachzuweisen, das sich jedesmal alsbald wieder ausgleicht. Auf welche Weise geschieht die Reduktion der Kohlensäure? 269 Auf welche Weise geschieht die Wiederherstellung des Sauer- stoffes ? Ein nicht minder auffallendes Räthsel bietet auf der andern Seite sich uns dar. Wenn wir einen Pflanzensamen in eine bestimmte Menge Erde säen, so wird sich daraus ein Gewächs entwickeln, das allmählig an Masse wie an Volumen zunimmt, und welches als einen der vorwaltenden Bestandtheile Kohlenstoff enthält. Untersuchen wir nach Entfernung der Pflanze die Erde wieder, so finden wir, dass sie an Gewicht wenig oder gar nicht abge- nommen habe, obwohl die grosse Pflanze sich daraus entwickelte. Es ist dieses ein Versuch, den bekanntlich schon van Helmont an- gestellt hat, und dieser glaubte, die Pflanze bilde sich aus dem Wasser, das zur Begiessung der Pflanze verwendet wurde, was ihm als Begründung seiner Ansicht diente, dass das Wasser das Element sei, aus dem alle audern Stoffe sich zu bilden vermögen. Diese Ansicht erwies sich in späterer Zeit als falsch, und es bot sich nun die Schwierigkeit dar, die Entstehung des Kohlen- stoffs der Pflanze zu erklären, da man für die beiden andern Haupt- 'bestandtbeile des Pflanzenkörpers nicht lange zu suchen brauchte. Mit der Entdeckung des Sauerstoffes bot sich auch zugleich ein Auskunftsmittel dar, beide eben angeregte Erscheinungen wie mit einem Schlage zu erklären. Priestley fand 1771, dass die grünen Theile der Pflanzen die Eigenschaft haben, die durch Athmen verdorbene, d. h. die mit 270 vieler Kohlensäure versehene Luft wieder herzustellen, und glaubte auch dabei zu bemerken, dass sie sogar in dieser Luft noch besser gediehen, als in der gewöhnlichen, Die weitern Schritte geben sich leicht, und so entstand der Satz, dass durch den Athmungsprozess der Thiere, Verbrennen u. s. w. der Kohlensäuregehalt der Luft vermehrt wird, während die Pflan- zen eben diese so gebildete Kohlensäure aufnehmen, sie reduciren, den Kohlenstoff für sich behalteu und den Sauerstoff wieder an den Luftkreis abgeben, wodurch sich das alte Verhältniss wiederher- stell. Nach diesen Vorgängen tritt der Kohlenstoff durch Ueber- gehen von den Pflanzen in die Thiere und von da in die Luft, seinen Kreislauf von Neuem an. So einfach und einladend diese Ansicht ist, so kann sie sich doch noch immer keiner allgemeinen Aner- kennung erfreuen, da sie sich viel weniger leicht erweisen lässt, als man vermuthen sollte. Um aber den Punkt, auf den es hier ankommt, in ein etwas klareres Licht setzen zu können, möge es uns vergönnt sein, die Entwicklung der ‚Priestley’schen Lehre und ihren dermaligen Stand in Kürze darzustellen, da es etwas schwer hält, sich aus dem Ge- wirre der verschiedenen sich oft durchaus widersprechenden. An- sichten zurecht zu finden, ohne näher auf die Literatur des in Frage stehenden Artikels, die für sich eine nicht ganz kleine Bibliothek ausmachen würde, einzugehen. Wie bereits erwähnt, war es Priestley, der zuerst die Beobach- tung machte, dass die Pflanzen Kohlensäure aus der Luft aufnehmen und Sauerstoff an sie abgeben, oder um mit ihm zu sprechen, eine phlogistisirte Luft depblogistisiren, wodurch er nicht nur den Grund zu einer genügenden Beantwortung der oben angeregten 2 Fragen 271 legte, sondern auch durch nähere Untersuchung der Erscheinung auf die Entdeckung des Sauerstofls geführt wurde. Durch diese folgen- reiche Entdeckung erhielt die Chemie eine vollkommen veränderte Gestalt, in welcher sie sich uns jetzt darstellt. Seine Erklärung des Vorganges bei der Pflanzenernährung wurde alsbald angenommen, und dem glücklichen Entdecker von der k. Gesellschaft der Wissenschaften zu London i. J. 1774 der Preis zuerkannt. Nicht lange dauerte der ungetheilte Beifall, den die Priestey- sche Entdeckung genoss, denn man fand bald, dass die Sache denn doch nicht so einfach sei, wie er sie hingestellt hatte. Scheele wiederholte an Bohnen die Versuche Priestley’s, und fand gerade das Gegentheil von dessen Resultaten; er fand zwar wohl, dass die Pflanzen respirirten, behauptete aber, der Erfolg der Respiration sei der nämliche, wie hei der der Thiere, nämlich die Luft noch mehr zu phlogistisiren. Priestley nahm seine Experimente im Jahre 1778 wieder vor, und war diesesmal so unglücklich darin, dass er bereits gesonnen war, seine ganze Lehre wieder aufzugeben. Des verlassenen Kindes nahm Jngenhouss sich an,*) und dieser fand bald, wo der Fehler lag, indem er zeigte, dass das Licht bei diesem Prozesse den grössten Einfluss ausübe, dass bei Tage die Luft von ihrem Phlogiston verliere, bei Nacht dagegen daran zunehme. Auch damit war noch nicht allen Anforderungen Genüge ge- leistet, denn es reicht offenbar noch nicht hin, zu sagen: bei Tage *) J. Versuche mit Pflanzen. A. d. Engl. übers. von Scherer. Wien 1786. 272 athmen ‚die Pflanzen Sauerstoff aus, und nehmen dafür. Kohlensäure’ auf, bei Nacht dagegen sei es umgekehrt, um zu, beweisen, dass; die Pflanzen den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre erhöhen; es muss hier ganz bestimmt auch nachgewiesen werden, dass der am Tage stattfindende Erfolg über das Ergebniss der nächtlichen Respiration prädominire, wenn eine Verbesserung der Luft durch die Pflanzen angenommen werden soll. Ist das Resultat bei Tage dem der Athmung bei Nacht quantitativ gleich, so werden beide sich auf- heben und die ganze Respiration ist so eigentlich umsonst da; ist: die letztere grösser als die erstere, so ist der Erfolg sogar ein umgekehrter von dem erwarteten, und die Pflanzen machen die Luft reicher an Kohlensäure, statt dieselbe ihr zu entziehen. Bei allen derartigen Versuchen ist daher die Quantität der ausgeathmeten Gase auf's entschiedenste zu berücksichtigen, und die Kohlensäure der verwendeten Luft muss abnehmen, wenn die Pflanzen sich von ihr ernähren sollen. Sehen wir nun, ob und wie diese unumgängliche Bedingung erfüllt wurde. Die ersten Andeutungen hierüber finden wir bei Hassenfratz, *) welcher zeigte, dass wenn man Pflanzen längere Zeit in derselben Luft eingeschlossen lässt, diese sich nicht wesentlich ändert, und dass daher auch unmöglich die Luft den Kohlenstoff der Pflanzen liefern könne, durch welches Resultat auch der eudiometrische Ein- fluss der Pflanzenwelt auf die Atmosphäre von selbst wegfällt. *) Annales de chimie 1792 tom. 13 et 14 sur la nutrition des plantes. 273 Angesichts dieser Resultate suchte Hassenfratz den Nahrungs- quell der Pflanzen in dem Kohlenstoff des Bodens. Ingenhouss im Gegensatze zu Hassenfratz suchte die ganze Wirkung in der Respiration und führte diesen Gegenstand auch in einer eigenen Schrift*) aus. Hier weisst er auf die unumstössliche Richtigkeit seiner Ansicht hin, da die Erde bei weitem nicht soviel Kohlenstoff enthalte, als die Pflanzen bedürfen, und ausserdem durch die stärkste Vegetation nicht abnehme. So gut gemeint hier die Absichten Jngenhouss waren, so findet man bei Betrachtung seiner Durchführung derselben bald, dass er seine Theorie nicht nur nicht gefördert hat, sondern sogar das Schwerdt gerade gegen das Hei- ligthum kehrte, das zu schützen er gesonnen war. Er macht nämlich darauf aufmerksam, dass alle nicht grünen Theile der Pflanzen beständig Kohlensäure ausatlımen, dass auch die grünen Theile im Finstern dasselbe thun, und schliesst aus die- ser Kohlensäurebereitung darauf, dass Kohlensäure das Hanpt- nahrungsmittel der Pflanze sei. ‘Die Pflanzen müssen ja dadurch an Kohlenstoff eher ärmer als reicher werden. Auch die Tbiere athmen beständig Kohlensäure aus, ohne dass es je Jemanden eingefallen wäre, desswegen die Kohlensäure unter deren Nahrungsmittel aufzuzällen. Durch Verwechslung von Nahrongsaufnahme und Nalırungs- *) Ueber die Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens. Uebers. von Fischer. 1798. Abhandlungen der II. Cl. d. k, Ak. d, Wiss. VI, Bd. II, Abth. 35 274 bereitung kommt Jngenhouss sogar auf den Schluss, dass die Pflan- zen zu ihrer Ernährung das Licht nicht nur nicht bedürfen, sondern dass dieses ihnen sogar daran hinderlich sei. Wir sehen, dass die Richtigkeit des Satzes: „Die Pflanzen beziehen ihren Kohlenstoff aus der Luft“ durchaus noch nicht er- wiesen war und hieraus ist der Ursprung der Ansicht abzuleiten, der Humus sei die Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzen, die wir namentlich bei den Botanikern verbreitet finden, während im Gegen- theile die Chemiker theils von der Unlöslichkeit des Humus, theils von der offenbaren Unzulänglichkeit desselben überzeugt der erstern Theorie huldigen. Diese beiden Ansichten: „die Ernährung der Pflanzen durch den Kohlenstoff des Bodens einerseits, die Ernährung der Pflanzen durch die Kohlensäure der Atmosphäre andererseits“, sind es nun, welche allen Arbeiten über den besprochenen Gegenstand, die wir seit Hassenfratz und Jngenhouss besitzen, zu Grunde liegen. Sie ziehen sich wie ein rother Faden durch alle Untersuchungen hin- durch, die seit jener Zeit zu Tage gefördert wurden, sie sind auch heutzutage noch die Angelpunkte, um‘ welche sich die Ansichten der Naturforscher in dieser Beziehung drehen. Sehr grosse Verdienste um unsern Gegenstand erwarb sich Saussure. *) Seine Resultate sind in Kürze folgende. Werden keimende Samen dem Einflusse des Sauerstoffs ausgesetzt, so verschwindet *) Recherches chimique 5. sur la vegetation. Paris 1804. 275 dieser, und es bildet sich dafür eine gleiche Menge Kollensäure. Das Resultat ist, dass die Samen an Kohlenstoff ärmer werden. Wenn am Tage die Pflanzen in die Sonne gestellt werden, so athmen die Blätter und überhaupt die grünen Theile Kohlensäure ein, Sauerstoff aus, und Pflanzen, die in destillirtem Wasser au der atmosphärischen Luft leben, erhalten auf solche Weise aus letzterer einen grossen Theil ihres Kohlenstoffs. Ist Kohlensäure in einem gewissen Verhältnisse (bis 12%) mit atmosphärischer Luft gemengt, so begünstigt sie das Wachsen der Pflanze, insoferne diese im Stande ist, die Kohlensäure zu zerlegen, d. h. wenn sie im Lichte steht. Die Gegenwart, oder vielmehr die Verarbeitung der Kohlen- säure ist von der Vegetation der grünen Pflanzentheile im Lichte unzertrennlich; sie sterben, wenn man ihnen in dieser Lage die Kohlensäure entzieht. Bei Nacht und im Schatten wird Sauerstoff eingeathmet, dieser wird jedoch nicht direct assimilirt, sondern verbindet sich mit einem Theile Kohlenstoff der Pflanze, und entweicht theils als Kohlen- säure, theils wird er als solche gebunden, und nur auf diesem Wege ist es den Pflanzen möglich, etwas von dem Sauerstoffe der Atmosphäre aufzunehmen. Die Pflanzen gehen zu Grunde, wenn sie im Dunkeln keinen Sauerstoff einathmen können. Stickstoff wird nicht für sich eingeathmet, wohl aber etwas davon ausgehaucht, und zwar soviel, als Sauerstoff assimilirt wird, so dass sich die Luft quantitativ gleich bleibt. Die Pflanzen saugen kein Stickgas ein; eben so wenig Wasserstofl. Die Wurzeln, das Holz und überhaupt die nichtgrünen Theile 35* 276 der Pflanzeu haben keine derartige Ein- und Ausathmung, sie neh- men weder direct noch indirect ‚Sauerstoff auf, sondern verwandeln den Sauerstof, der ihnen allenfalls zugeführt wird, einfach in Koh- lensäure, die sie theils ausathmen, theils den Gefässen entlang in die Blätter leiten, wo dieselbe durch das Licht wieder zersetzt. wird. Rücksichtlich der Quantität des eingesogenen Sauerstofis brau- chen die fleischigen Blätter am wenigsten, dann die der Wasser- pflanzen und die der immergrünen, worauf die abfallenden folgen. Stellt man Cactus oder andere Pflanzen mit fleischigen Blät- tern, nachdem sie einige Zeit in der Sonne waren, ins Finstere, so athmen sie zuerst Sauerstoff ein, ohne Kohlensäure abzugeben, wesswegen die sie umgebende Luft verringert wird und erst, wenn sie damit gesättigt sind, wird der ferner aufgenommene Sauerstoff dazu verwendet, aus der Substanz der Blätter Kohlensäure zu bilden. Die nichtfleischigen Blätter athmen im Finstern zu gleicher Zeit Sauerstoff ein und Kohlensäure aus. Die durch das Ausathmen bei Nacht erzeugte Kohlensäure ist quantitativ bedeutender, als der bei Tag abgegebene Sauerstoff, so dass also die Luft im Ganzen durch die Vegetation reicher an Koh- lensäure wird, Kranke Pflanzen atlımen Kohlensäure aus, die aus den Be- standtheilen der Pflanze selbst gebildet wurde. So umfassend die Saussuresche Abhandlung auch ist, so finden wir doch bei genauerer Betrachtung nicht nur, dass die Aufgabe 277 nicht vollständig gelöst ist, sondern auch, dass sie sogar sehr we- sentliche Widersprüche enthält. Saussure sagt (pag. 91) einerseits ausdrücklich, dass die Luft durch die Respiration der Pflanzen kohlensäurereicher werde, und behauptet andererseits (pag. 67) wieder, dass die in destillirtem Wasser an der atmosphärischen Luft lebenden Pflanzen ihren Koh- lenstoff grösstentheils aus dieser erhalten. Man sieht deutlich, dass diese beiden Sätze sich absolut wider- sprechen. Was die Pflauzen mit fleischigen Blättern anbelangt, so sagt Saussure, dass sie im Finstern Sauerstoff einathmen, ohne während geraumer Zeit (bei Cactus opuntia 12 Stunden) Kohlensäure zu verlieren. Gehen wir nun auf die Konsequenzen dieser Saussureschen Beobachtung ein, und nehmen wir an, eine Cactuspflanze habe 12 Stunden lang den Einfluss des Lichtes genossen, so wird sie wäh- rend 12 Stunden der Nacht Sauerstoff einathmen. Nun folgt nach Verlauf derselben (wenigstens im Vaterlande der Pflanze) sogleich oder in der ungünstigen Jahreszeit doch nach kurzem Zwischen- raum der Tag, und die Pflanze nimmt wieder Kohlenstoff auf, ohne die Nacht über davon abgegeben zu haben. Wir können daher bei unserer Cactus für erwiesen erachten, dass sie aus der Luft mehr Kohlenstoff bezieht, als abgibt. Betrachten wir nun die nicht fleischigen Pflanzen, so muss es von ihnen gelten, wenn Saussure behauptet, dass sie mehr Koh- 278 lensäure ‘aus- als einathmen, und wir haben 'hier ein Resultat, das dem vorigen ganz entgegengesetzt ist. Die Pflanzen mit fleischigen Blättern nehmen also nach Saus- sure durch die Respiration an Kohlenstoff zu, die andern nehmen ab. Ist das wohl wahrscheinlich? So viele Merkmale auch beide Pflanzengruppen unterscheiden, dürfte doch eine so grosse Ver- schiedenheit nicht zu erwarten sein. Auch Woodhouss*) erhielt ähnliche Resultate, wie Saussure. Er sagt: „Bedenkt man, dass die Blätter den Sauerstoff. aus der Kohlensäure nur im Sonnenschein ausscheiden, dass ferner jeder noch so kleine Insektenstich einen Theil des Blattes welken macht, dass er dann am Tage sowohl als des Nachts Sauerstoff absorbirt, dass in vielen Ländern im Herbste alle Blätter ahfallen, in Gäh- rung und Fäulniss übergehen, und so die Reinheit der Luft ver- mindern, und dass endlich durch die Blüthen und Früchte der Pflan- zen dasselbe geschieht, so sieht man, dass wir berechtigt sind, zu behaupten, dass die Pflanzen der atmosphärischen Luft den Sauer- stoff nicht liefern.“ So wenig Wahrscheinlichkeit diesemnach die Theorie Priest- ley’s für sich hatte, so führte doch die gänzliche Unmöglichkeit, für den Kohlenstoff der Pflanzen einen Ursprungsort anzugeben, die Na- turforscher trotz aller dawidersprechenden Untersuchungen immer und immer wieder auf sie zurück. *) Versuche und Beobachtungen über die Vegetation der Pflanzen, welche darthun, dass die Vegetation im Sonnenlichte die Luft nicht bessert. Gilb- Annal, XIV. 348. 363, 279 War es auch nicht möglich, deren Wahrheit zu beweisen, so suchte man der Erscheinung doch wenigstens auf Umwegen auf die Spur zu kommen, und diesem Streben ist es beizurechnen, wenn Davy *) versuchte, Luft, die mit Kohlensäure versetzt war oder mit Kohlensäure geschwängertes Wasser mit den Pflanzen zusammen- zubringen, wobei er allerdings eine Abnahme der Säure bemerkte. Davy machte den Versuchen, aus welchen als Resultat hervorging; dass die Luft durch den Vegetationsprozess reicher an Kohlensäure werde, den Vorwurf, dass man immer mit kranken Pflanzen operire, weil Gewächse, in enge Räume von Luft eingeschlossen, bald ihre Frische verlieren. Hat Davy auch die Wichtigkeit der Priestley'schen Theorie wahrscheinlich gemacht, so sehen wir doch leicht, dass er sie durch- aus nicht nachgewiesen, wenn man bedenkt, dass die Pflanzen wegen des geringen Gehalts der atmosphärischen Luft an Kohlen- säure doch ausserordentlich wenig Sauerstoff absorbiren dürfen, wenn dieser nicht das Quantum der aufgenommenen Kohlensäure überschreiten soll. Im Jahre 1819 machte Grischow**) seine Versuche bekannt, deren Resultat ein negirendes war. Er bediente sich zwar meist abgeschnittener also sicherlich kranker Pflanzen, und fand, dass bei ilınen die Kohlensäureausmathmung immer grösser ist, als bei gesun- den Pflanzen, doch geben ihm auch seine Versuche mit vollkommen gesunden Gewächsen keine Zunahme des Sauerstoffes, den Fall *) Elemente der Agriculturchemie. A. d. Engl. von F. Wolff. Berlin 1814. **) Physicalisch-chemische Untersuchungen über die Athmungen der Gewächse und deren Einfluss auf die gemeine Luft. 280 ausgenommen, ‘dass er eine Luft verwendete, die reicher an Koh- lensäure war, als die atmosphärische. Etwas weiter wurde die Theorie ausgebildet durch Decandolle*), der den Satz aufstellte, dass die Pflanzen nicht nur im Sonnenlichte, sondern auch im Schatten Sauerstoff entwickeln, wenn ‚dieses auch mit geringerer Energie geschehe, und durch Berzelius**), der auf die grosse Differenz zwischen der Tag- und Nachtlänge während der Dauer der Vegetation ‚hiowies, und es ebendavon abbängig machte, dass die Vegetation im hohen Norden in wenig Wochen dieselben Fortschritte zeigt, als in südlichen Ländern. in einer viel längern Frist. Er sagt: „Je länger die Pflanzen den Einfluss des Lichtes geniessen, um so mehr Kohlenstoff nehmen sie auf, und je kürzer die Nacht ist, desto weniger Kohlenstoff geben sie während der dunkeln Zeit wieder an die Luft zurück, um so schneller geht die Vegetation vor sich. '... Desshalb gehen alle Prozesse des Pflanzenlebens im Norden mit einer Schnelligkeit vor sich, die man in wärmern Ländern, wo die Länge des Tages die der Nacht wenig übertrifft, nicht kennt. Bei der nördlichen Mitternachtsonne ; durchläuft das Pflanzenleben in 6 Wochen dieselben Perioden, wozu es im schönen Italien 4 bis 5 Monate bedarf.“ Auch Liebig ***) spricht sich auf's entschiedenste für Priestley's Theorie aus. *) Physiologie vegetale ‚Paris 1832.:1. 133. *%*) Lehrb. der Chemie. 1837 VI. 89. ***) Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie‘ 281 Die innere Wahrheit derselben konnte unmöglich seinem Scharf- sinne entgehen, und der Anblick der Erscheinungen der Natur über- zeugte ihn bald, dass trotz der das Gegentheil augebenden Versuche nur diese Ansicht die richtige sein könne, wesshalb er sie in seinen Schriften in Schutz nimmt, so sehr auch Andere, welche die Mei- nung vertheidigen, dass der Humus den Pflanzen den Kohlenstoff liefere, ihn bekämpfen. Keiner von allen bisherigen Versuchen über die Pflauzenrespi- ration hat dargethan, a) dass die Blätter der Pflanzen wirklich die Kohlensäure der Luft zerlegen, und sich den Kohlenstoff derselben zueignen, denn alle waren mit künstlicher (kohlensäurereicher) Atmosphäre ange- stellt, oder hatten das entgegengesetzte Resultat, b) dass die Quantität der eingeathmeten Kohlensäure wirklich grösser sei, als die der ausgeathmeten, dass also wirklich die Luft durch den Vegetationsprozess an Kohlensäure verliere. Unsere Frage ist immer noch schwebend, und ihre directe Lösung ist nur durch Aufklärung der ebengenannten beiden Puncte denkbar. Das erstere Problem löste Boussingault.*) Bereits Woodhouse, ja sogar schon Priestley haben darauf auf- merksam gemacht, dass das Welken der Pflanzen alsbald ein fal- *) Landwirthschaft. I. 45: Abhandlungen der 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 36 282 sches Resultat zur Folge habe. Obwohl auch alle Nachfolger dieser Naturforscher dieselbe Bemerkung machten, so verdanken wir doch erst Boussingault einen fehlerfreien Versuch. Ein Ballon von 15 Liter Iubalt war mit 3 Oeffuungen versehen und eine in ‚voller Frische stehende, Weinrebe durch. die untere Oeffnung eingeführt, und zwar mittelst einer Kautschoukröhre genau befestigt. Die Weinrebe hatte 20 Blätter. Durch den obern Röh- renansatz ging eine dünne Röhre, um das Innere des Ballons mit der äussern Luft in Verbindung zu setzen. Die. seitliche . Röhre stand mittelst einer eingeführten Röhre mit einem besondern Appa- rate in, Verbindung, um den Kohlensäuregehalt der Luft auf's Ge- naueste zu bestimmen. Die Luft ging, ehe sie in den zuletzt ge- nannten Apparat ‚kam, durch den, Ballon, in welchem der Zweig enthalten war. Die Schnelligkeit der Luft betrug, nach dem Aus- flusse eines mit Wasser gefüllten Aspirators bestimmt, 15 Liter in einer, Stunde. Die Blätter wurden dem Lichte ausgesetzt, und der Versuch dauerte von 11—3 Uhr. , Bei dem einen Versuche fand sich, nachdem alle Correctionen angebracht waren, dass die, atmos- phärische Luft nach ihrem Durchtritte durch den Ballon 0,0002 Koh- lensäure enthielt; die Luft, welche zu derselben Zeit. in der. Nähe des Apparates aufgefangen warde, enthielt 0,00045. Bei einem andern Versuche faud sich der Kohlensäuregehalt -der Luft nach dem Austritte aus dem Ballon zu 0,0001, in der Luft der Umge- bung 0,0004. Es verlor also die Luft bei. dem ersten Versuche durch Einwirkung der dem Sonnenlichte ausgesetzten Blätter 5, bei dem zweiten $ der Kohlensäure. Die Versuche während der Nacht ergaben die jentgegengesetzten Resultate; dann ‚enthielt die Luft bei dem Austritte ans dem Apparate im Allgemeinen noch einmal soviel Kohlensäure als die umgebende Atmosphäre. Es wird wohl kaum bestritten werden können, dass unter 283 allen Versuchen über die Pflanzenrespiration keiner so viel Wahr- scheinlichkeit für sich hat, als dieser eben angeführte, denn bei keinem wurde die natürliche Lage der Pflanze so wenig verändert, und. bei keinem war so. Vorsorge getroffen, die geringsten. Verän- derungen in der, Atmosphäre bemerken zu können. Es ist bier nur zu 'bedauern, ‚dass wir trotz Allem doch nicht berechtigt sind, endgültig zu entscheiden, ob die Pflauzen mehr Kohlensäure aufnehmen oder abgeben, da wir hier nur mit 2 isolir- ten Facten zu thun.haben, und. es sich offenbar darum handelt, eine mehrere Tage fortlaufende Reihe von Versuchen zu erhalten. Die Tagesversuche Bonssingaults dauerten von 41—3 Uhr, also zur. Zeit der stärksten Insolation. Denken wir uns nun den Ver- such als während. 24 Stunden fortdauernd, so können 'wir diese Zeit in:2. Theile theilen, in deren einem die Insolation, im andern die Nacht wirkt. Nehmen wir einen Durchschnitt der ganzen Ve- getationszeit, so dürfte es als ein sehr günstiges Verhältniss be- trachtet werden, wenn wir setzen, dass täglich während 13 Stun- den die Pflanzen dem Einflusse der Sonne ausgesetzt sind, während sie sich die übrigen 11 Stunden in der Dunkelheit befinden. Es ist dieses sicherlich in keinem höhern Maasse der Fall, da Regenwetter, Schatten und sehr niederer Stand der Sonne am Morgen und Abend dazu beitragen, die Wirkung der Insolation zu verringern, Durch Vergleichung der Resultate Boussingaults mit der hier angenommenen Dauer beider Abschnitte können wir zu einem Re- sultat gelangen, welches auf den Einfluss während ‚des ganzen Tages schliessen lässt. Es ergibt sich durch Berechnung nicht nur keine Zunahme an 36 * 284 Kohlenstoff, sondern sogar eine Verminderung desselben. Im Bous- singault'schen Versuche strömten nämlich 13 mal 15 Liter = 195000 Cub.-Cent. durch, welche nach dem ersten Versuche 0,0002 Koh- -lensäure enthielten, also in der gauzen Menge 39 CC. Die atmos- phärische Luft enthielt zu gleicher Zeit 0,00045, demnach bei den in Frage stehenden 195000 CC. Luft 87,75 CC. Kohlensäure. Die Pflanze hatte daher die übrigen 48,75 CC. ‘Kohlensäure aufge- nommen. j Bei Nacht wurde der Säuregehalt der Luft von 0,00045 auf 0,0009 gebracht. Die Pflanze entwickelte also Kohlensäure, deren Quantität sich ebenfalls leicht durch Rechnung finden lässt. Es strömten 15mal 11 Liter —= 165000 CC. durch, welche nach dem Durchgange 148,5 CC. Kohlensäure enthielten, während sie vorher nur die Hälfte, d. i. 74,25 CC. enthalten hatten. Die Pflanze hatte also die übrigen 74,25 CC. geliefert. Vergleichen wir nun das Tag- mit dem Nachtresultate, so hat die Pflanze 74,25 — 48,75 = 25,5 CC. Kohlensäure mehr ausgehaucht, als aufgenommen; sie muss daher in ihrem Kohlenstoffgehalte zurückgeschritten sein. Ein ähnliches Resultat entziffert ‘sich aus dem zweiten: von Boussingault angestellten Versuche. Der Boussingault'sche Versuch beweist daher eher das Gegen- theil von dem, was erwartet wurde, als dass er eine Bestätigung unserer Theorie enthielte. Wie wir im Vorhergehenden gezeigt baben, gibt es bis jetzt durchaus keinen directen Beweis, aus dem abzunehmen wäre, dass die Pflanzen ihren Kohlenstoff wirklich aus der Luft beziehen und dass dadurch zugleich die Beständigkeit in der Zusammensetzung 285 unserer Atmosphäre bewirkt werde. Es hängen beide Probleme von der Beantwortung der schon oben angeregten Frage ab, ob die Quantität der ausgeathmeten Kohlensäure oder die der eiugeathme- ten grösser sei. Das hohe Interesse, das dieser Gegenstand für die Naturfor- schung darbietet, hat uns veranlasst, über diesen vielbesprochenen und bearbeiteten Punkt noch einige Untersuchungen anzustellen, und wo möglich die damit verknüpften Zweifel zu lösen, da wie schon gezeigt, der Gegenstand durchaus noch nicht endgültig abgeschlos- sen ist. Zu diesem Zwecke machten wir im chemischen Laboratorium des königlichen Generalkonservatoriums seit mehreren Monaten eine Reihe von Versuchen mit Pflanzen, deren Resultate wir hiemit der Oeffentlichkeit übergeben. Unsere Arbeit hatte sich während ihrer ganzen Dauer der be- sonderen Theilnahme der beiden Herren Hofräthe v. Vogel und v. Martius zu erfreuen, welche in ihrem bekannten lebendigen In- teresse für wissenschaftliche Forschung dieselben mit reger Theilnahme verfolgten, und nicht nur durch ihren Rath unterstützten, sondern auch insbesondere dadurch, ‘dass sie ‘die ihnen "anvertrauten Attribute der Sammlungen des Staats: uns zur Benützung überliessen, that- sächliche Hülfe leisteten, wofür ‚wir ihnen hier den verbindlichsten Dank ‚zollen. Ehe wir auf unsere eigentliche Arheit eingehen, dürfte es wohl angemessen sein, hinsichtlich der Methode, nach welcher wir 286 die Kohlensäure der Luft quantitativ bestimmten, einige Erörterun- gen vorauszuschicken, Es sind zu dieser Bestimmung mehrere Verfahrensweisen vor- geschlagen worden, welche ihren Zweck auch zu grösserer oder geringerer Zufriedenheit erfüllen, je nachdem man mehr oder weni- ger Anforderungen hinsichtlich des einen oder des andern Punktes an sie stell. Uns musste bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und der grossen Anzahl der anzustellenden Untersuchungen vorzüg- lich darum zu thun sein, möglichst genane Resultate auf dem mög- lichst einfachen Wege zu erhalten. Allerdings ist auch sehr zu wünschen, in kürzester Zeit eine grösstmögliche Quantität von Luft untersuchen zu können, in welcher Beziehung unsere Methode eini- ges zu wünschen übrig lässt, doch glaubten wir ‚den beiden erst- genannten Rücksichten den Vorrang einräumen zu müssen. Die grosse Umständlichkeit der Saussure’schen Verfahrungs- weise, die Luft mit Barytwasser zusammenzubringen und den ent- standenen kohlensauren Baryt zur Bestimmung ‚der Kohlensäure zu benützen, war offenbar für unsern Zweck nicht anwendhar. Bei weitem einfacher ist die Methode Brunners. Brunner leitet die Luft durch eine 3— 34 Fuss lange und 3 bis 34 Linien weite zweimal gebogene Röhre, welche zur »Hälfte mit feuchtem Kalkhydrat, zur Hälfte mit durch Schwefelsäure be- netztem Asbest gefüllt ist, und welche durch ihre Gewichtszunahme den Gehalt der Luft an Kohlensäure direet angibt. - Unter allen bisher vorgeschlagenen Bestimmungsarten dürfte vielleicht diese am meisten der Anforderung genügen, in sehr kurzer Zeit eine grosse Menge: Luft. zu. untersuchen; sie ‚unterliegt jedoch ‚einem andern Nachtheile, 287 Das mit Kalkhydrat und in Schwefelsäure getauchtem Asbest gefüllte 34 Fuss lange Rohr bekommt ein sehr grosses Gewicht, und wenn auch bei einer ausgezeichnet construirten Waage es möglich ist, die Schwere desselben bis auf Hunderttheile eines Grans zu bestimmen, so ist ein solcher Versuch sicherlich nichts weniger als geeignet, mit derselben Waage öfters ausgeführt zu werden, und wir glauben den Satz aussprechen zu dürfen, dass bei einer häufigen Wiederholung des Experimentes auch die beste Waage in Bälde so ruinirt sein wird, dass man sich nicht mehr auf die Richtigkeit ihrer Angaben verlassen kann. Man könnte zwar dem Uebelstande dadurch abhelfen, dass man statt der einen grossen Röhre mehrere kleine nimmt, doch bleibt noch immer der Nachtheil: man hat dabei sehr viele Wägungeu zu machen, und er- langt dann bei den unvermeidlichen Wägungsfehlern zuletzt ein un- genaues Resultat. Eine dritte Untersuchungsweise endlich ist von Pettenkofer angewendet worden. *) Derselbe trocknet die Luft durch Chlorcaleium, ' auf Chlorcal- cium folgen 2 Röhren mit feuchtem Kalihydrat und auf diese wieder eine Röhre mit Chlorcalecium, um das Wasser aufzunehmen, das dem feuchten Kalilıydrat durch den troekenen darüber ziehenden Luftstrom entzogen worden war. Die Resultate, welche auf diese Weise erzielt worden sind, weichen von den bisher ‘bekannten ziemlich ‘ab, da’ sie im’ Durch- *) Polytechnisches Journal von Dingler: Bd. CXIX. Heft. 1.40. 238 schnitte mehr als das Doppelte, mitunter sogar das Dreifache von dem Gehalte an Kohlensäure ergehen, der bisher ‚als Norm angesehen wurde. Obwohl wir in die Richtigkeit dieser Resultate keinen Zweifel setzen, obwohl uns auch die Arbeiten über die Tension der Schwe- felsäure nicht unbekannt sind,*) welche zeigen, dass die Schwe- felsäure als Trocknungsmittel keine absolute Genauigkeit bietet, so konnten wir es doch nicht unterlassen, über die Fähigkeit das Wasser zu ahsorbiren, welche Chlorcaleium und Schwefelsäure besitzen, einige vergleichende Versuche anzustellen, um den Grad der Genauigkeit unserer Untersuchungen doch wenigstens annähernd bestimmen zu können. Zu diesem Zwecke leiteten wir atmosphärische Luft: in. ihrem feuchten Zustande durch Röhren, welche theils Chlorcaleium, theils mit Schwefelsäure getränkten Asbest, oder auch Liebig'sche Kugel- apparate, die Schwefelsäure enthielten, und liessen die Luft wech- selsweise zuerst über das Chlorcalcium und dann über die Schwe- felsäure oder umgekehrt streichen, und untersuchten dann die Ge- wichtsveränderungen, ‘die sich dabei ergeben hatten. Bei diesen Versuchen wurde. Folgendes zu Grunde gelegt. Wenn man atmosphärische Luft über eine der beiden Suhstan- zen streichen lässt, so wird letztere ihrem Zweck am besten ent- sprechen, wenn sie alles Wasser ‚aus derselben aufnimmt, ‚ohne *) A. Vogel jun. Journal f. pr. Chemie. XXVII. 368. Wrede. Berzelius Jahresbericht. B. 28. S. 36. 1842. 289 selbst etwas an die Luft, welche durchströmt, abzugeben. Sind beide Bedingungen oder eine derselben unvollkommen erfüllt, so kann ersterer Fehler bei dem Chlorcalcium sowohl, als bei der Schwe- felsäure, letzterer aber bei der Schwefelsäure allein stattfinden. Strömt feuchte Luft zuerst über Chlorealeium und dann über Schwefelsäure, so nimmt ersteres entweder alles Wasser auf oder nicht. Ist die Schwefelsäure besser trocknend, olıne sich zugleich in bedeutender Menge vermöge der eigenen Tension zu verflüchtigen, so wird sie nicht zunehmen, wenn das Chlorealeium alles Wasser aufgenommen hat; sie wird es aber thun, wenn das Chlorcaleium noch Wasser durchlässt. Ist die Tension der Schwefelsäure grösser, als dieser Zuwachs von Feuchtigkeit, so wird sie an Gewicht ab- nehmen. Eine gleiche Schlussfolge wird offenbar auch stattfinden, wenn wir die Luft zuerst über Schwefelsäure und dann erst über das Chlorealeium streichen lassen, nur mit dem Unterschiede, dass letzteres an Gewicht nicht abnehmen kann, weil ihm die Tension fehlt. Einige in dieser Richtung angestellte Versuche zeigten, dass wenn nach einer 27° langen Chlorcaleiumröhre ein mit Schwefel- säure gefüllter Kugelapparat eingeschaltet wurde, nach dem Durch- leiten einer beträchtlichen Quantität feuchter Luft die Schwefelsäure an Gewicht zunabm, während im Gegentheil bei einer Chlorcaleium- röhre, die auf eine Schwefelsäureasbeströhre folgte, durchaus keine Zunahme zu bemerken war. Nachdem wir uns so überzeugt hatten, dass bei dem Durch- leiten grösserer Luftquantitäten das Trocknen durch Schwefelsäure dem durch Chlorcaleium wenigstens durch das uns zu Gebote stehende, obwohl dem Anschein nach fehlerfreie vorzuziehen sei, konnten Abhandlungen der Il. Cl. d, k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II, Abth. 37 290 wir nicht lange unentschlossen sein, uns für ersteres Mittel zu ent- scheiden. Zur Bestimmung der Kohlensäure nahmen wir kaustisches Kali, jedoch nicht in fester Form, sondern als Aetzlauge, weil letztere eine innigere. Berührung mit der Luft möglich macht, während es bei festem: Kali doch immer denkbar ist, dass einzelne Theilchen Luft, namentlich bei raschem Durchströmen, durch die vom Kali leer- gelassenen Kanäle gehen, ohne ihre Kohlensäuere an dasselbe ab- zugeben, um so mehr, da das befeuchtete Kali durch einen anhal- tenden Luftstrom seine Feuchtigkeit stellenweise sehr bald verliert. Als Gefäss diente ein Liebig’scher Kugelapparat, welcher durch ein Kautschoukröhrchen mit ‚einer über 30‘ langen Glasröhre in Ver- bindung stand, von der etwa 27’ mit in Schwefelsäure getauchtem Asbest gefüllt waren. Geht ein vollkommen trockener Luftstrom durch Kalilauge, so nimmt er ganz natürlich eine nicht unbeträchtliche Quantität Wasser aus derselben auf, und diese nimmt daher an Gewicht ab. Diesem Uebelstande wird durch einen zweiten Kugelapparat abgeholfen, der concentrirte Schwefelsäure enthält, und mit ihm in Verbindung steht, und von diesem erst ging ein Kautschoukrohr zu einem Aspirator, welcher die ausgeflossene Wassermenge und damit auch die durch- geströmte Luft leicht bestimmen liess. Der Kugelapparat mit Schwefelsäure bietet noch einen andern Vorzug. Vermöge der (wenn auch geringen) Tension der Schwe- felsäure würde sich ein Zunehmen an Gewicht im Kaliglase ergeben, und somit auch ein zu grosses Quantum von Kohlensäure; diese Zunahme wird aber dadurch aufgehoben, dass dieselbe Tension auch im zweiten Kngelapparate und im entgegengesetzten Sinne wirkt, wodurch sich das Resultat = 0 herausstellt. 291 Es lässt sich mithin aus der Zunahme beider Kugelapparate ‚die Quantität Kohlensäure, welche die Luft enthielt, mit grosser Genauigkeit bestimmen, ohne dass man darum nöthig hätte, mit sehr grossen Gewichten zu arbeiten, oder mehr als 2. Wägungen zu machen. Wir haben uns dieser Methode bei unsern Untersuchungen be- dient, und immer sehr befriedigende Resultate erhalten, wie auch angestellte Kontrollversuche uns von der Zweckmässigkeit unserer Methode überzeugten. Ist diese Untersuchungsweise auch ausreichend, wenn man nicht ganz grosse Mengen Luft in kurzer Zeit untersuchen will, so lässt sie doch einiges zu wünschen übrig, wenn der Luftstrom sehr stark ist, da dann namentlich die Kalilauge stark schäumt und spritzt, wodurch ein unrichtiges Resultat erzielt wird. Allerdings kann diesem Uebelstande in etwas vorgebeugt werden, wenn man die Rugelröhren nicht übermässig anfüllt, wie man auch bei einiger Uebung bald diejenige Stellung der Gläser erräth, bei welcher ein Spritzen am wenigsten zu befürchten steht; doch lassen sich grös- sere Quantitäten, als etwa 10000 CC. stündlich nicht mehr gut be- stimmen. Es sind indessen auf diese Weise Quantitäten Luft: durch die Apparate geleitet worden, welche die bisher bei derartigen Ver- suchen angewendeten Quantitäten bei weitem übersteigen. Zur Feststellung der durchgeströmten Menge Luft ist: jedoch noch ein anderer Umstand zu berücksichtigen. Die Luft hat bei ihrem Darchströmen durch die verschiedenen 37* 292 Apparate doch immer einigen Widerstand zu überwinden, und das Resultat hievon ist, dass innerhalb des Aspirators ein anderer Luft- druck stattfinden muss, als ausserhalb. Wir fanden diesen einfach dadurch, dass wir mit dem Aspirator eine calibrirte Glasröhre com- municiren liessen, die eine bestimmte Quantität durch Wasser ab- gesperrte Luft enthielt, welche je nachdem der Luftdruck im Aspi- rator grösser oder kleiner war, ein kleineres oder grösseres Vo- lumen einnahm, worauf sich die Luftguantität leicht reduciren liess. Die nach dem Gewichte gefundene Kohlensäare wurde nach dem Raumesinhalte berechnet, und die Luft auf 760"= Barometer- stand und 0° Temperatur reducirt; das Gewicht der Kohlensäure bei gleichem Luftdrucke und Temperatur — 1,97563 grm. für 1000 CC. angenommen. Wollte man den Kohlensäuregehalt der Atmosphäre strenge berechnen, so wäre es nothwendig, auch auf den Dunstdruck im Aspirator Rücksicht zu nehmen, was sich jedoch in unserm Falle nicht leicht machen liess, und wir unterliessen diese Reduction um so mehr desshalb, als wir blos vergleichende Resultate beabsich- tigten, und derselbe Fehler gemacht wurde, wenn wir die Luft, welche mit der Pflanze in Berührung gekommen war, oder die ge- wöhnliche atmosphärische Luft untersuchten. Wäre der Widerstand, den die Luft in den Kugelröhren überwinden muss, immer derselbe, so hätten wir ihn aus demselben Grunde ausser Acht lassen können, es war jedoch: nicht wohl thunlich, weil er je nach der Füllung und der Stellung der Apparate wenn auch nur in geringem Masse ver- schieden ist. Der Apparat, in welchem sich die zu untersuchende Pflanze befand, war ähnlich demjenigen, den Boussingault benützt hatte. 293 Zwei Brettchen, die im Uebrigen genau aneinander passten, liessen zwischen sich eine kleine Oefinung, in welcher sich der Stengel der Pflanze befand, und ausserdem war noch in ein jedes ein Loch gebohrt, durch welches ein gebogenes Glasrohr gesteckt und festgekittet war, Hierauf wurde die Fläche auf den Brettchen mit Baumwachs ausgegossen und auf dieses, so lange es noch flüssig war, ein grosser, etwa 30000 CC. haltender Glassturz ge- stellt. Es befand sich sonach die Wurzel des Gewächses mit dem Topfe ausserhalb, der Aufwuchs innerhalb des durch den Glassturz, abgeschlossenen Raumes, was den Vortheil gewährte, dass man die Pflanze von Zeit zu Zeit begiessen konnte, ohne dass darum die Erde mit der zu untersuchenden Luft in Berührung gekommen wäre, wie überhaupt an der naturgemässen Stellung der Pflanze keinerlei Veränderung vorgenommen und alle gewaltsamen Operationen an ihr sorgfältig vermieden wurden. Das Ausgiessen des Bodens mit Wachs hatte den Zweck, die Communication der äussern Luft mit der innern auf das Nothwen- dige zu beschränken. Die beiden oben erwähnten Oeffnungen befanden sich inner- halb des Glassturzes einander gegenüber, und die eine davon wurde offen gelassen, um der Luft den Zutritt zu gestatten, wäh- rend die andere durch eine Kautschoukröbre mit der Schwefelsäure- Asbeströhre in Verbindung stand. Die Luft hatte nun folgenden Weg zu machen: Durch die offengelassene Röhre ging sie zu der Pflanze, und 294 von dieser durch die zweite zur Schwefelsäure-Asbeströhre, um ihr Wasser abzugeben, worauf sie durch die Kalilauge und die zweite Schwefelsäure strömte, um ihre Kohlensäure abzusetzen, und von da endlich in den Aspirator. Zu gleicher Zeit wurde ein ähnlicher Versuch ohne Pflanze gemacht, bei welchem die Luft unmittelbar in die Asbeströhre ging, um die Atmosphäre auf ihren jeweiligen Kohlensäuregehalt unter- suchen zu können. Die Versuche dauerten Tag und Nacht fort, und es fand nur Morgens und Abends auf so lange eine Unterbrechung statt, als nöthig war, um die Wägungen vornehmen zu können. Es ist bier noch eine Beobachtung Grischow’s zu erwähnen. Grischow sagt, dass Blätter, welche den in starkes Son- nenlicht gestellten Behälter berührten, oft merklich welkten, wäh- rend die übrigen noch ganz frisch waren, worauf sie viele Kohlen- säure schon nach wenigen Stunden entwickelten, und dass er die- sem Umstande dadurch vorgebeugt habe, dass er über die Blätter ein weitmaschiges Netz zog. Es dürfte dieses wohl davon herrühren, dass die Luft nicht gewechselt wurde, und in diesem Versuche Grischow’s die Blätter einer zu hohen Temperatur ausgesetzt waren; wenigstens konnten wir nie eine ähnliche Veränderung wahrnehmen. Die Blätter, welche bei unsern Pflanzen den Glassturz berührten, grünten eben so frisch fort, als die andern, ja es bildeten sich sogar an mehreren solchen Stellen im Laufe des Versuches Schösslinge, die gerade durch den Glassturz zu einer andern Richtung genöthigt wurden, als sie ohne diesen voraussichtlich eingeschlagen hätten. Die Temperatur, welche ein im Glassturze, jedoch im Schatten 295 der Pflanze aufgehängtes Thermometer anzeigte, war wenigstens bei Tage beständig um i—2 Grade höher, als die der äussern Luft. Erste Versuchsreihe vom 5. bis incl. 13. März 1851; ausgeführt im geheizten*) Nebenzimmer des k. chemischen Laboratoriums. Die Pflanze war ein vollkommen gesundes Exemplar. von Vi- burnum Tinus L., und wurde am 4. unter den Glassturz gebracht. 5. März. 1. Versuch mit Pflanze. a) Tagversuch. Durchgeströmte Luft nach Vornahme der bereits angege- benen Correctionen: 35370 CC. Aufgenommene Kohlensäure: 0,022 grm. — 11,136 CC. Verhältniss der Kohlensäure zur Luft: 0,000315. b) Nachtversuch, Quantum der durchgeströmten Luft: 53240 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,100 grm. — 50,617 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000951. 2. Versuch ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38210 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm, — 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000344. *) Die Tagestemperatur war im Mittel 15°R., in der Nacht sank die Wärme bis etwa 8° — 9°. 296 - b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38200 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,027 grm. — 13,666 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000358. . Meteorologische Notizen. Witterung: Von Früh 7 Uhr bis Abends 4 Uhr Schnee, daun bewölkter Himmel und etwas Sonnenschein. Wind: W. 6. März. .„ Mit Pflanze. a) Tagversuch. ' Quantum der durchgeströmten Luft: 35480 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure : 0,026 grm. — 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft. 0,000371. h) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49870 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,064 grm. — 32,395 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000650. . Obne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38300 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,029 grm. — 14,679 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000383. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38110 CC. 297 Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,028 grm, — 14,172 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000372. 3. Meteorologische Notizen, Witterung: Schnee. Wind: W. später NW. 7. März. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 35410 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,022 grm. — 11,136 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000314. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 30490 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. — 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000515. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 37740 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,037 grm. — 18,728 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000496. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 35130 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,029 grm. — 14,679 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000382. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d, Wiss. VI. Bd. II. Abth. 38 298 3. Meteorologische Notizen. Witterung: Den Tag über trüber Himmel. Wind: NW. 8. März. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch, Quantum der durchgeströmten Luft: 41090 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,016 grm. — 8,099 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000197. b) Nachtversuch, Quantum der durchgeströmten Luft: 21600 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm. — 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000609. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38300 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,037 grm. — 18,728 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000489. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38540 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,036 grm. — 18,222 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000473. 3. Meteorologische Notizen. Witterung: Morgens trüber Himmel, Abends etwas Schnee. Wind: Morgens SW., Mittags NO., Abends SO. 299 9. März. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 47290 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: ‚0,026 grm, 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000278. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 26600 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,024 grm. 12,148 CC. Verhältniss derselben. zur. Luft: 0,000457. : 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38140 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure, 0,032 grm. 16,197 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000423. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 383280 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000410. 3. Meteorologische Notizen. Witterung: Morgens trübe, heiterte sich der Himmel gegen Mittag auf. Wind: Morgens S., von Mittag an NO. 38* 300 1. 2: 10. März. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 47180 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,018 grm. 9,111 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000193. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 26540 CC, Quantum der anfgefangenen Kohlensäure: 0,040 grm. 20,247 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000763. Ohne Pflanze, a) Tagversuch. Quantuın der durchgeströmten Luft: 38110 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,029 grm. 14,679 CC. Verhältuiss derselben zur Luft: 0,000385. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38420 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,032 grm. 16,197 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000422. . Meteorologische Notizen, Witterung: Morgens etwas Schnee, dann bewölkter Himmel. Wind: Morgens SW., Mittags SO. 301 11. März. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49240 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältuiss derselben zur Luft: 0,000339. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 21600 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,018 grın. — 9,111 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000422. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 37990 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm, — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000440. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 37950 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,028 grm. — 14,172 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000373. 3. Meteorologische Notizen. Witterung: Den ganzen Tag trüber Himmel. Wind: Morgens SW., Mittags N., Abends NO. 12. März. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 36540 CC. 302 Quantum der aufgefaugenen Kohlensäure: 0,021 grm. 10,629 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000291. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 26500 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000592. . Ohne Pflanze. a. Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38180 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,037 grm. 18,728 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000491. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38280 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,027 grm. 13,666 CC. Verbhältniss derselben zur Luft: 0,000357. . Meteorologische Notizen. Witterung: Morgens hell, von Mittag an trüber Himmel. Wind: Morgens SW. dann S,, Nachmittags W. 13. März. . Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 47130 CC. 303 Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm. — 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000309. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 26500 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000630. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38330 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,038 grm. — 19,234 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000502. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38380 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. — 45,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000409. 3. Meteorologische Notizen. Witterung: Morgens trüber Himmel, Abends etwas Regen. Wind: Morgens SW., Mittags NO., Abends W. Wollen wir aus diesen Beobachtungen uns ein Resultat ent- nehmen, so ist es nothwendig, die Versuche ohne Pflauze auf die Versuche mit Pflanze zu reduciren, d. h. die Frage zu beantworten: „Wie viel Kohlensäure enthielt die Luft, welche au der Pflanze vorbeiströmte, ursprünglich?“ Zur bessern Uebersichtlichkeit sei die- ses in der nachfolgenden Tabelle näher auseinander gesetzt. 304 Quan- Ursprünglicher [Gehalt an Koh- |/Zu- oder Abnahme der Kohlen- Tao | Tages- er Gehalt an Koh- | lensäure nach säure 8 | zeit. Luft in] lensäure. \d. Durchgange. |" Während des während Cc. |grm.*)| CC.*) | grm. | CC. Versuchs. 24 Stunden, E T 1% 370| 0,0241 12,182) 0,022) 11,136 0,00 2 Ka . | Tag. | 85 „136 |-0,002— 1,046 „, Naci.) 532401 0.038 19045 0,100 30,017 +0,062+31,572] "9,060 +30,526 ag. | 35 027) 13,598 | 0.024] 12,148 |-0.002 — 1.450 $ Nacht. | 49870| 0.037| 18.545 | 0.064] 32.395 40,027 +13,850, 7 0025712,400 7. | Tag. | 35410) 0,035| 17,572| ‚0,0221 11,136|—0,0131— 6,4361. 905) 2.429 Nacht. | 30490| 0,0231 41,684| 0,031) 15.691 |+0,008-+ 4.007) 8. | Tag. | 41090) 0.040 20,084| 0,016) 8,099|-0,024—11,985]_ 0 g18l- 9.037 Nacht. | 21600) 0.020] 10,212 | 0,026| 13.160 -+0.0061+ 2,9481 7% ; 9. | Tag. | 47290) 0,0391 19.990, 0,026 13,160 |-0,0131— 6,830] Joy 5.585 Nacht. | 26600! 0.022| 10,903| 0,024! 12,148 \4+0.002+ 1.245 011 5,585 10.) Tag. | 47180) 0.036 18,172) 0,018) 9,411 |-0,018— 0641, 4o00- 0.002 Nacht. | 265401 0,022) 11,188| 0.040| 20,247 +0,018+ 9,0591 % , 11. | "Tag. | 49240] 0.041 21.650| 0,033) 16,704 | 0.0081 2946 _ 9 o06_ 3.001 Nacht. | 21600| 0.016 8.066| 0.018] 9.111 +0.002+ 1,045] % > 12.| Tag. | 36540] 0,035 17,923, 0,021] 10,629 |-0.014— 7.294] 03 1.083 Nacht. | 26500 0.019) 9.460| 0.031, 15,691 |+0.011+ 6.231) 9003 1, 13. | Tag. | 47130) 0,047) 23,650 | 0,026) 13,160 \-0,021|-10,490|_.on9_ 4.645 Nacht. | 26500 0.021! 10.859 | 0.033) 16.704 |+0.012+ 5.845) ‚645 Summe 657670] 0,542|274,783|0,575291,047|-#0,033 716,264 Es ergibt sich hier auf den ersten Anblick ein unerwartetes Resultat, nämlich das, dass die Pflanze den Gehalt der Luft an Kohlensäure nicht nur nicht vermindert, sondern sogar vermehrt bat, woraus direct der Schluss folgen würde, dass die Pflanzen nicht von der Kohlensäure der Atmosphäre leben. Ueberblicken wir jedoch das Ganze etwas genauer, so findet sich alsbald, dass diese ganze Zunahme der Kohlensäure von dem starken Wachsen derselben in den ersten 2 Tagen herrührt, wäh- rend alle übrigen Tage eine wenn auch geringe Abnahme kund geben. *) Die zweite Decimale noch genau. 305 Zudem ist dieses abnorme Verhältniss am grössten am ersten Tage und erreicht am zweiten nicht mehr die Hälfte des vorigen, während am dritten Tage die Zunahme der Kohlensäure sich bereits in eine Abnahme umgewandelt hat. Es berechtigt dieses zu dem Schlusse, dass die Pflanze bei dem Einspannen in den Apparat irgend einen Schaden erlitten baben muss, der sich durch den Augenschein durchaus nicht erkennen liess, aber durch die unregelmässige Respiration, welche er veran- lasste, gefunden wurde, und sich im Verlaufe der Versuche von selbst ausglich. Es möge dieser Umstand als Beleg des Satzes dienen, dass bei dergleichen Untersuchungen mit der grössten Vor- sicht zu Werke gegangen werden muss, wenn anders man nicht zu ganz falschen Resultaten gelangen will. Es wird uns demnach erlaubt sein, die ersten zwei Tage als ausserhalb unserer Beobachtungsreihe anzusehen, und im folgenden soll daher nur von den übrigen die Rede sein. Aus diesen findet sich darchgehends eine mitunter allerdings geringe Abnahme der Kohlensäure der Atmosphäre, die nur von der Pflanze verursacht sein kann. Diese Abnahme beträgt in 7 Tagen nicht mehr als 26,662 CC. und berechtigt daher allerdings zu keinen sehr sanguinischen Hoff- nungen; allein es geht doch daraus hervor, dass die Pflanze an Kohlenstoff zugenommen haben muss. Wir machen noch darauf aufmerksam, dass dieser geringe Erfolg wohl auch der ungünstigen Jahreszeit und dem äusserst schlechten Wetter, das die ganze Versuchszeit andauerte, zuzu- Abhandlungen der 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 39 306 schreiben ist, und ebenso auch der Kürze des Tages und der Länge der Nacht, welches Missverhältniss ‚noch durch den Umstand ver- grössert wurde, dass die Fensterläden des Versuchslokals eben der schlechten Witterung wegen früh geschlossen und spät geöffnet wurden. Es machen um diese Zeit die Pflanzen überhaupt nur sehr ge- ringe Fortschritte, was bekanntlich die Gärtner mit dem Ausdrucke: „Die Pflanzen sind nicht im Triebe“ zu bezeichnen pflegen. Fassen wir unsere 7 Tage zusammen und behalten nur den Unterschied zwischen Tag und Nacht, so erhalten wir: Gehalt der atmosphärischen Luft an Kohlensäure a) bei Tage: 0,000461. b) bei Nacht: 0,000404. Kohlensäuregehalt der Luft nach der Einwirkung der Pflanze a) bei Tage: 0,000274. b) bei Nacht: 0,000570. Nach Beendigung dieser Versuche war die Pflanze noch so gesund und frisch, als sie bei dem Einbringen in den Apparat ge- wesen war, wenigstens konnte mau von aussen durchaus kein Kränkeln derselben bemerken, und die Versuche wurdeu unter- brochen, weil sie durchaus kein neues Resultat erwarten liessen. Zweite Versuchsreihe vom 2. bis incl. 10. April, ausgeführt im Laboratorium der k. chemischen Anstalt mit derselben Pflanze. Seit dem Ende der ersten Versuchsreihe war die Pflanze be- ständig unter dem Glassturze geblieben; sie wurde nur von Zeit 307 zu Zeit begossen, und um ihr mehr Luft zuzuführen, auch die zweite Oeffluung, welche bisher mit der Schwefelsäureröhre communieirt hatte, freigelassen. Mittlerweile war die Witterung etwas milder geworden, was erlaubte, die Pflanze in das Laboratorium zu bringen, weil dieses rücksichtlich der Aufstellung der Apparate mehr Bequenlichkeiten darbot, und wegen grösserer Helligkeit ein günstigeres Resultat er- warten liess. Die Temperatur desselben war wegen öfterm Oeffnen der Fenster nahezu die der äussern Luft, wesswegen diese für die verschiedenen Tage in ihrem Mittel von nun an angegeben werden soll. 2. April. 4. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 141600 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,008 grm. — 4,049 CC. Verhältniss derselben zur Luft. 0,000029. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 85080 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,057 gem. — 28,852 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000339. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49040 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,040 grm. — 20,247 CC, Verbhältoiss derselben zur Luft: 0,000413. 39* 308 . Meteorologische Notizen. . Mit Pflanze. . Ohne Pflanze. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49060 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,038 grm. — 19,234 CC. Verhältniss derselben. zur. Luft: 0,000392. Mittlere Temperatur: + 50,3. Witterung: Morgens stark bewölkter Himmel, von Mittag an ziemlich heiter, Wind: Morgens SW., Mittags 0. 3. April. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 115120 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,015 grm. = 7,592 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000066. b) Nachtversuch. Quantum der darchgeströmten Luft: 78520 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,054 grm. — 27,333 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000348. a) Tagversuch. Quantum. der durchgeströmten Luft: 49020 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000340. , 309 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48730 CC, Quantum der aufgefaugenen Kohlensäure: 0,030 grm. — 15,185 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000312. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: + 4°,1. Witterung: Morgens bewölkter Himmel, von 2 Uhr an etwas Regen. Wind: Morgens SW., Nachmittags W. 4. April. . Mit Pflanze, a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 59320 CC, Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,012 grm. — 6,073 CC, Verhältniss derselben zur Luft: 0,000102. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 76340 CC, Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,050 grm, — 25,308 CC. Verbhältniss derselben zur Luft: 0,000332. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48930 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,036 grm. — 18,222 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000372- 310 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48920 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,030 grm. 15,185 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000310. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: + 3°,8. Witterung: Morgens unterbrochener Regen, von 2 Uhr bewölkter Himmel. Wind: Morgens W., Nachmittags SW. 5. April. . Mit Pflauze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 73310 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,010 'grm. 5,062 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000069. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 97170 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,054 grm. 27,333. CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000281. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48850 CC. Quantum. der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000321. an 3ll b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49240 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,028 grm. — 14,173 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000288. . Meteorologische Verhältnisse. Mittlere Temperatur: + 29,5. Witterung: Den Tag über bewölkter Himmel, gegen Abend unterbrochen Sonnenschein. Wind: Den Tag über NW., gegen Abend N. 6. April- . Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 51290 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,006 grm. — 3,037 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000059. b) Naclıtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 89800 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,042 grm. — 21,259 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000237. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48710 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000343. 312 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49320 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. — 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000318. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: + 2°,5. Witterung: Bewölkter Himmel, von Mittag an unterbrochen Sonnenschein. Wind: NO. 7. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 70240 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,010 grm. — 5,062 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000072. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 73100 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,049 grm. — 24,302 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000339. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 49000 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,038 grm, — 19,234 CC. ; Verhältniss derselben zur Luft: 0,000393. 313 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48920 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,032 grm. — 16,197 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000331. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 2°,3. Witterung: Bewölkter Himmel, von Mittag an etwas Son- nenschein. Wind: Morgens NO., später O. 8. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 43390 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,002 grm. — 1,012 CC. Verhältoiss derselben zur Luft: 0,000023. b) Nachtversuch, Quantum der durchgeströnten Luft: 74210 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,038 grm. — 19,234 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000259. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 43450 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,029 grm. — 14,679 CC. Verbältniss derselben zur Luft: 0,000338. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 40 314 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48030 CC. Quantum. der aufgefangenen Kohlensäure: 0,030 grm, — 15,185 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000316. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 4°,0. Witterung: Morgens bewölkt, von Mittag an unterbrochen Sonnenschein. Wind: Morgens N., Abends W. 9. April. 4. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 45110 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,004 grm. — 2,025 CC. Verhältniss derselben zur Euft: 0,000045: b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 119380 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,001 grm. — 51,133 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000428. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48870 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,051 grm. — 25,815 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000528. 315 b) Nachtversuch, Quantum der durchgeströmten Luft: 48890 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensänre: 0,043 grm. — 21,765 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000445. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 5°,4. Witterung: Den Tag über trüber Himmel, Abends etwas Regen. Wind: Am Tage NW., Abends N. 10. April, . Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 74970 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,006 grm. = 3,037 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000041. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströnten Luft: 73780 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,056 grm. — 28,345 CC. Verhältniss derselben zur Luft:. 0,000384. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48980 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,036 grm. — 18,222 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000372. 40* 316 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 48970 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,034 grm. — 17,210 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000351. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 6°,4. Witterung: Morgens trüber Himmel, von Mittag an unter- brochen Sonnenschein. Wind: W. Da das Verhalten der Pflanze während dieser 9 Tage, deren Witterung zwar nicht besonders viel versprechend, doch auch nicht so ungünstig war, wie bei der vorigen Versuchsreihe, sich hin- länglich ausgesprochen zu haben schien, wurde die Reihe mit dem 10. April geschlossen. Zur bessern Uebersicht der Resultate derselben sind wie bei der vorigen Reihe die Luftversuche auf die mit Pflanze redueirt und die Ergebnisse befinden sich in der folgenden Tabelle zusam- mengestellt. 317 Quantum Tag. eisen der Luft 2 in CC . | 141600 Nacht.| 85080 2 3. | Tag. | 115120 Nacht. | 78520 4..| Tag: | 59320 Nacht, | 76340 5. | Tag. 73310 Nacht. | 97170 6. | Tag. 51290 Nacht. | 89800 7... | Tag. 70240 Nacht. | 73100 8. | Tag. | 43390 Nacht. | 74210 9. | Tag. | 45110 Nacht. | 119380 10. | Tag. | 74970 Nacht.) 73780 Gehalt an Kohlensäure. grm. | CC. 0.115) 58,462 0,066) 33,356 0.077 39,141 0.048 24.498 0,044) 22,091 0.047| 23,696 0.047 23,548 0,0551 27,969 0.035 17,589 0,056! 28,569 0,0551 27,571 0,048) 24,203 0,029) 14,659 0,046, 23,462 0,047, 23,829 0,1051 53,146 0,055| 27,870 0,051) 25,929 Ursprünglicher Gehalt anKoh- Zu- oder Abnahme der Kohlen- lensäure nach säure d. Durchgange während des während Summe |1441730 1,026/519,588 grm. Versuchs. 24 Stunden. gr. grm. |, CC. 0.037 28892 0.0091 — a0 0110798917 0.053127,333 0.0004 2/33] "0000 -28744 DR AA CRRR -onln ea O0 „a OR Aa oa onnge 0.049 21.802 00017. 0.399 OO4-21,910 0.038 19.234 0.008), 4.228) 00351-17,875 0.101 51.123 |-0004— 2.0331 700471 23827 0.050 28315 000915 210-004 2347 0,574,290,538,—0,452]—229,050 Aus diesen Versuchen tritt die durch die Pflanzen verursachte Abnalıme der Kohlensäure in der atmosphärischen Luft so deutlich hervor, dass sie wohl schwerlich zu beanstanden sein wird. Die Pflanze nahm täglich im Durchschnitte: 0,050 grm. — 25,45 CC. Kohlensäure auf. Der Gehalt der Luft an Kohlensäure war im Mitte]: vor dem Durchgange bei Tage: 0,000380. bei Nacht: 0,000340. nach dem Durchgange bei Tage: 0,000056. bei Nacht: 0,000327. So klar auch der Punkt der Kohlensäureabnahme am Tage 318 hervortritt, so zeigen doch unsere Nachtversuche andererseits ein auffallendes Ergebniss. Es ist nämlich das Resultat aller bisheri- gen Untersuchungen olıne Ausnahme gewesen, dass die Pflanzen, sei es nun vermittelst eines vegetativen Prozesses, wie es die frühere Ansicht war, sei es vermöge eines rein chemischen Aktes, nämlich der blossen Einwirkung des Sauerstoffes auf die dabei ganz un- thätige Pflanze, wie nach Liebig angenommen wird, bei Nacht Kohlensäure entwickeln, und somit die umgebende Luft reicher an Kohlensäure machen, als sie sonst gewesen wäre, und es hat bereits Saussure die Bestätigung dieses Faktums darin ge- funden, dass er auf dem Lande, also da, wo diese Reaction am meisten hervortreten muss, den Gehalt der Luft an Kohlensäure bei Nacht in der Regel etwas höher gefunden hat, als sie am Tage war. Unsere Versuche geben nur in 3 Nächten und auch in diesen eine nur unbedeutende Zunahme der Kohlensäure, welche durch die Abnahme in den andern Nächten bei weitem übertroffen wird, so dass sich der mittlere Gehalt der Luft von 0,000340 ursprünglich in 0,000327 umwandelt. Es stehen also unsere Resultate auf den ersten Anblick nicht nur mit allen frühern Forschungen, sondern auch unter sich im Widerspruche. Es ist hier nothwendig, auf unser Ziel sowie auch auf die Gränzen, die wir uns gesetzt haben, hinzuweisen. Unsere Arbeit hatte zur Zeit nur den Zweck, durch das Experiment das Faktum nachzuweisen, dass die Pflauzen mehr Kohlensäure aufnehmen, als abgeben; mit der Bestimmung der Zeitpunkte, in welchen diese oder jene Wirkung stattfindet, konnten wir uns für jetzt, so lange dieses nicht festgestellt war, nicht näher befassen. Es lässt sich nicht sagen: „Jetzt fängt die Aufnahme von Kohlensäure an, jetzt hört sie auf,“ und darum konnten wir unmöglich verhindern, dass nicht die Abnahme der Kohlensäure noch einige Zeit, nach dem wir unsere 319 abendliche Wägung gemacht hatten, fortgedauert hätte. Ebenso konnte die Zunahme der Kohlensäure am Morgen schon geraume Zeit aufgehört haben, ehe wir die Luft untersuchten. Es ist daher das Wort „Nachtversuch“ nicht buchstäblich zu nehmen, sondern als der Zeitraum zwischen 6—7 Uhr Abends und 8—9 Uhr Mor- gens zu betrachten, in welchem allerdings die Nacht den grössten Theil einnimmt. Späteres Wägen am Abende und früheres am Mor- gen hätte zwar wohl den Fehler in engere Gränzen einschränken aber nicht aufheben können. Um dieses Verhalten der Pflanze und die Richtigkeit vorstehen- der Bemerkungen nachzuweisen, unternahmen wir eine dritte Reihe von Untersuchungen, und bedienten uns dabei des Kunstgriffes, die Pflanze zu einer bestimmten Stunde so zu bedecken, dass sie gänz- lich im Dunkeln war. Es dauerte die Bedeckung am 11. April von 6 Uhr Abends bis 8 Uhr Morgens, 12. „ von 2 Uhr Mittags bis 8 Uhr Morgens, 13. ,„ von 2 Uhr Mittags bis 8 Uhr Morgens. Die Wägungen wurden an jedem dieser Tage Morgens 8 Uhr und Abends 6 Uhr vollzogen. Dritte Versuchsreihe, ausgeführt vom 11. bis inel. 43. April. 11. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 79390 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,004 grm. — 2,025 CC. \ Verhältniss derselben zur Luft: 0,000026. 320 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 89370 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,094 grm. — 47,580 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000532. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. nr Quantum der durchgeströmten Luft: 29370 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,027 grm. — 13,666 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000465. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 36560 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,017 grm. — 8,605 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000235. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 79,9. Witterung: Morgens etwas Regen, dann ziemlich heiter. Wind: Morgens N., von Mittag an NO. 12. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 81320 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,023 grm. — 14,173 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000174. 321 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 81290 CC, Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,130 grm. — 65,802 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000809. 2. Ohne Pflanze, a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 27620 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,018 grm. — 9,111 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000330. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 30190 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,027 grm. — 13,666 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000442. 3. Meteorologische Notizen, Mittlere Temperatur: + 10°,2. Witterung: Den Tag über heiter, Abends etwas bewölkter Hiinmel. Wind: NO. 13. April. 4. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 91200 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,055 grm. — 27,839 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000305. Abhandlungen der 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 41 322 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 85960 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,136 grm. — 68,839 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000801. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 32470 CC. Quantum der aufgefaugenen Kohlensäure: 0,025 grm. — 13,654 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000390. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 33070 CC. Quantum der aufgefangenen ‚Kohlensäure: 0,030 grm. — 15,185 CC. Verhältuiss derselben zur Luft: 0,000381. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 109,2: Witterung: Den Tag über heiter, Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr Gewitter. Wind: W. Nach Reduktion der Luftversuche ergibt sich folgende Tabelle, Quan- | Ursprünglicher [Gehalt an Koh-|Zu- oder Abnahme der Kohlen- Tages-| {UM Gehalt an Koh- | lensäure nach säure Tac | “>. der E °| zeit. [puft in) lensäure. |d. Durchgange.” \yährend des während cc. | grm. | CC. | grm. | CC. Versuchs. 24 Stunden. April grm. ce. grm. | CC. 11. | Tag. | 79390| .0,073| 36,941| .0,004| 2,025/—0,069-34,916 0.017 8371 Nacht. | 89370) 0,042) 21,035] 0,094) 47,580 +0,052#26,545| ° ? 12. | Tag. | 81320) :0,053| 26,825) 0,028] 14,173)—0,025)—11,652 +0.034-+18 187 Nacht. | 81290 0,071! 35,963) 0,130! 65,802)+0,059)+29,839| . 2 13. | Tag. | 91200) 0,070 35,542] 0,055| 27,839—0,015— 7,703 10.053/426.849 Nacht. | 85960| 0,068] 34,287|: 0,136| 68,8391+0,0681434,552| ">"? ? 323 Diese Tafel zeigt sicherlich auf's deutlichste den grossen Ein- fluss, den das Licht auf die Pflanzen ausübt, und die grosse Wich- tigkeit der Tageslänge für die Vegetation. Die Versuche mit Viburnum Tinus wurden nun geschlossen, und der Glassturz entfernt. Obwohl die Pflanze sich nun seit mehr als 6 Wochen unter demselben befunden hatte, war sie trotzdem, dass sie seit 2 Tagen in nicht ganz günstigem Lichte sich befunden hatte, durchaus nicht von krankhaftem Aussehen, sie war im Gegentheile vollkommen frisch, and hatte sogar in der letztern Zeit, in welcher sie in den Saft gekommen war, mehrere neue Triebe angesetzt. Würde sie noch längere Zeit den grössten Theil des Tages des Lichtes be- raubt gewesen sein, so hätte man allerdings wahrscheinlich gefun- den, dass sie nicht nur nicht in ihrer Entwicklung vorschreite, son- dern sie würde ohne Zweifel Rückschritte gemacht haben; doch das lag ausser der Gränzen unserer Untersuchung, Vierte Reihe von Versuchen, ausgeführt mit einer Varietät von Pelargonium. Viburnum Tinus hat bekanntlich ziemlich dicke lederartige Blät- ter; es lag nun nahe, zur bessern Kontrolle der mit ihr erhaltenen Resultate auch eine mit dünneren, hinfälligeren Blättern versehene Pflanze zu nehmen, und wir wählten dazu ein frisches Exemplar von Pelargonium. Die Pflanze wurde am 14. April in den Apparat gebracht. Die damit auf gleiche Weise erzielten Resultate waren fol- gende. 41* 324 15. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 85930 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,014 grm, — 7,086 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000082. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 140230 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,050 grm. — 25,308 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,0001 30. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 46270 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure, 0,047 grm. — 23,790 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000514. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 41300 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,044 grm. — 22,271 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000539. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 109,1. Witterung: Morgens heiter, Abends 5 Uhr Gewitter mit Regen. Wind: W., Abends NO. 325 16. April. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 60360 CC. Quantum der aufgefaugenen Kohlensäure: 0,021 grm. — 10,629 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000176. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 73370 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000228. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 36690 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,034 grm. — 17,210 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000469. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 19240 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,011 grm. — 5,568 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000289. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 11,0. Witterung: Bewölkter Himmel, Abends 5 Uhr Gewitter und Regen. Wind: W. 326 17. April. 4. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 109920 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm. 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000120. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 128410 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,044 grm. 22,274 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000173. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 33030 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,028 grm. 14,173 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000428. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 31270 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm. 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000421. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 99,5. Witterung: Ziemlich heiter. Wind: O. 327 18.. April. 4. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 125130 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,062 grm. — 31,382 CC. i Verhältniss derselben zur Luft: 0,000252. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 121150 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,108 grm. — 54,766 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000451. 2. Obne Pflanze. a. Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 40610 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,059 grm. — 29,864 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000735- b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 34880 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,035 grm. — 17,716 CC. Verliältniss derselben zur Luft: 0,000508. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: i2°,1. Witterung: Ziemlich heiter, Nachmittags 3 Uhr Gewitter und Regen. Wind: NW. 328 19. April. 4, Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 125400 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,042 grm. 21,259 CC. Verhältniss derselben zur Luft. 0,000170. h) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 107990 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,058 grm. 29,357 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000272. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 33580 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,030 grm. 15,185 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000452. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 37960 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,026 grm. 13,160 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000347. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 11,9. Witterung: Bewölkter Himmel mit unterbrochenem Sopnnen- schein, von 4 Uhr Abends an etwas Regen. Wind: NO. we 20. April. Leider fand sich am Abende dieses Tages, dass ein Theil der Kalilauge durch Spritzen in das Schwefelsäureglas übergegangen war, was das Resultat des Tages vereitelte, wesshalb wir sogleich weiter gehen wollen. 21. April. 1. Versuch mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 96970 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000172, b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 80230 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,047 grm. — 23,790 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000300. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 42930 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,054 27,233 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000637, b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 47980 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,030 grm. — 15,185 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000316. Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 42 =} 330 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 120,9. Witterung: Bewölkter Himmel. Wind: W, Nach der Reduction der Luftversuche erhalten wir: Ursprünglicher Gehalt an Koh- Zu- oder Abnahme der Tar Tages- Quantum) Gehalt an |lensäure nach Kohlensäure a5-| zeit = W| Kohlensäure. |d. Durchgange.) Während des während grm. | CC. |grm. | CC. Versuches. 24 Stunden. April Ar grm. cc. grm. | CC. 15.) Tag. | 85930] 0,087) 44,167) 0,014) 7,086|-0,073— 37,081 -0.182)—87,392 Nacht. | 140230] 0,159) 75.619] 0,050] 25,308—0,109— 50,311) ? 16.| Tag. | 60360) 0,056) 28,313) 0,021) 10,6291-0,035— 17,684] 1 0441_90.013 Nacht. | 73370] 0,042| 21,233) 0,033) 16,704—-0,009— 4,529| "> > 17. | Tag. | 109920) 0,093| 47,047| 0,026, 13,160)-0,067.— 33,887|_ 94301 65.657 Nacht. | 128410) 0,107| 54,041 0,044] 22,271|-0,063)— 31,770) RD 18. | ‚Tag. | 125410) 0,182] 92,019] 0,062] 31,382)=0,120)— 60,637) 4341 67.405 Nacht. | 121130| 0,122] 61,534] 0,1081 54,766 —0,014— 6,768 3 19. | Tag. | 125400| 0,112) 56,706] 0,042] 21,259] 0,070|— 35,447|_ 4 76. _43 550 Nacht. | 107990) 0,074] 37,460| 0,0581 29,357 —0,016— 8,103 >‘ » 21. | Tag. | 96970) 0,122] 61,740| 0,033] 16,704—-0,089— 45,036] _) 999. _46 638 Nacht. | 80230) 0,050 25.392) 0,047| 23,790|-0,003)— 1.602) > » Summe 11255350] 1,206 605,271| 0,538|272,416| 0,668 — 332,855 Hat bereits die Versuchsreihe II. uns das unzweifelhafte Re- sultat gegeben, dass die Kohlensäure der Atmosphäre durch die Vegetation vermindert wird, so tritt dieses in der nunmehrigen Reihe noch entschiedener hervor, da die Luft um mehr als die Hälfte ihres Kohlensäuregehaltes beraubt wird, was bei der frübern Reihe noch nicht der Fall war. Trotz der günstigen Ergebnisse war die Pflanze doch nicht in einem so vollkommen gesunden Zustande, als wir wohl gewünscht hätten, denn schon nach 2 Tagen wurden 2 der untersten Blätter 331 merklich gelblich, welche Farbe sich immer mehr auf ihnen aus- breitete, so dass sie bis zum Eude des Versuches am Abfallen waren, während noch einige andere der ältern Blätter grössere oder geringere Spuren derselben Krankheit zeigten. Die jüngern besonders aber die halbentwickelten Blätter jedoch zeigten nicht nur keine Spur von Gelbsein, sondern die letztern hatten sich sogar während dieser Zeit besser ausgebildet und merklich vergrössert. Da nun trotzdem, dass die gelbgewordenen Blätter etwas von ihrem Kohlenstoffe verloren haben mussten, doch die Luft an Koblensäure um mehr als die Hälfte abgenommen hat, so bleibt nichts anderes übrig, als dass die Consumtion der frischgebliebenen Blätter um so grösser gewesen sein müsse, Saussure sagt: „Die Gegenwart oder vielmehr die Verarbeitung der Kohlensäure ist von der Vegetation der grünen Pflanzentheile im Lichte unzertrennlich; sie sterben, wenn man ihnen in dieser Lage die Kohlensäure entzieht.“ Wenn wir von diesem Satze ausgehen, so ist die Erklärung unserer Erscheinung bald gefunden. Die Kohlensäure, welche unsere Pflanze nothwendig hatte, war nicht in hinlänglicher Quantität vorhanden, welcher Mangel sich na- türlich zuerst an den ältesten Blättern kund geben musste, während die jüngern noch kräftigeren darunter weniger litten, und ihnen so- gar das Verwelken der andern durch deren Aushauchen von Koh- lensäure günstig war. Bei Viburnum Tinus trat der Fall des Gelb- werdens der Blätter nicht ein, weil dieselben bei dieser Pflanze eine festere mehr lederartige Substanz haben, und folglich unter die Klasse derer gehören, welche weniger Kohlensäure bedürfen, weil der ganze Respirationsprozess nicht so rasch von Statten geht, als bei dünneren zarteren Blättern, zu welcher wir die der Pelargonien rechnen dürfen. 42* 332 Ausserdem fiel die vierte Reihe von Versuchen gerade in die Zeit, in welcher die Pflanzen wenigstens bei uns sich am rasche- sten entwickeln, und in Folge dessen auch mehr Kohlensäure noth- wendig haben. Ebenso war auch diese vierte Versuchsreihe vom Wetter viel mehr begünstigt, als die zweite. Alle diese Umstände lassen darauf schliessen, dass wenn es möglich gewesen wäre, bedeutend mehr Luft durch den Apparat strömen zu lassen, wir dieses Gelbwerden einzelner Blätter hätten vermeiden können. Wir erkannten zwar alsbald diesen Fehler und suchten ihn auch zu heben, doch mag das viel zu dem Unfalle des 20. April beigetragen haben. Es ist dieses auch die Ursache, warum es nicht rathsam ist, Blätter oder Zweige, die im vollen Safte stehen, und von denen man also eine ganz energische Kohlensäurezerlegung erwarten sollte, zum Versuche anzuwenden, weil sie um so mehr Kohlensäurezufahr bedürfen, je mehr sie im Safte stehen. Man hat also hier aus dem so eben angegebenen Grunde ein ungünstiges Resultat zu gewärtigen, es sei denn, dass man jm Stande ist, viel Luft in recht kurzer Zeit durchzuleiten, und ebenso einen möglichst kleinen Glassturz zu nehmen, damit die Luft, welche durchströmt, mit der Pflanze in nähere Berührung gebracht werde, auf welche Weise man dann auch erfahren hönnte, wieviel Kohlensäure überhaupt die Pflanzen in einer gegebenen Zeit aufzunehmen im Staude sind, was so un- thunlich ist. Dieser Umstand mag bei den Versuchen ohne Luftwechsel mit- gewirkt und die ungünstigen Resultate derselben veranlasst haben, Die Pflanzen verderben erst dann, wenn man ihnen, während sie im Lichte stehen, keine Kohlensäure bietet; doch geschieht dieses 333 Verwelken, wenn anders das Gewächs nicht in einer unnatürlichen Lage sich befindet, nicht allseitig, sondern es sterben zuerst die ältesten Blätter, und diese entwickeln Kohlensäure, welche von den jüngern aufgenommen wird, so dass der Zustand der Luft sich während der Dauer des Versuches nahe gleich bleibt. Sehen wir auf die Veränderung, welche die atmosphärische Luft bei den vorstehenden Versuchen erlitt, so ergeben sich folgende Ziffern: a) vor dem Durchgange: am Tage 0,000539, bei Nacht 0,000403, b) nach dem Durchgange: am Tage 0,000162, bei Nacht 0,000267. V. Reihe von Versuchen, angestellt mit einem blühenden Exemplar einer Calceolaria. Als wir die Frage, ob die grünen Blätter der Pflanzen die Kohlensäure der Atmosphäre aufnehmen oder nicht, entschieden be- jahen zu dürfen glaubten, beschlossen wir, noch in ein paar Ex- perimenten das Verhalten der blühenden Pflanzen zu untersuchen. Was den gegenwärtigen Stand des fraglichen Punktes betrifft, so lautet seit Ingenhouss Versuchen das einstimmige Resultat, dass die Blüthen bei Tag sowohl als in der Dunkelheit Sauerstoff auf- nehmen, und mit diesem aus ihrer eigenen Substanz Kohlensäure bilden, die sie dann aushauchen. Die zu diesem Versuche verwendete Pflanze war eine Cal- 334 ceolaria, die am 24. Mai in den Apparat gebracht wurde, und ausser einer ziemlichen Anzahl von Blumenknospen 12 entwickelte Blüthen trug. Bereits bei der ersten Versuchsreihe haben wir darauf aufmerk- sam gemacht, dass die Pflanzen bei dem Einbringen in den Apparat selbst bei der grössten Vorsicht etwas leiden. War damals dieser Umstand auch nicht sichtbar, so konnte man ihn an der unregel- mässigen Respiration alsbald erkennen. Bei unserer nunmehrigen Versuchspflanze konnten wir doch trotz aller Sorgfalt, sie nicht zu beschädigen, nicht verhüten, dass sie nicht dem Schicksale verfal- len wäre, wie die frühere; aber da sie bedeutend zarter ist, als das Viburnum, so war auch alsbald bemerkbar, dass die Blüthen- stiele, die vorher ganz straff gewesen waren, nunmehr bedeutend unter ihrer Last sich beugten, und es schien fast, als werde die Pflauze verwelken. Es wurde desswegen zur Zeit unterlassen, die von ihrer Be- rührung kommende Luft zu untersuchen, Der Apparat erhielt insofern eine kleine Aenderung, als statt des grossen Glassturzes, der mit der kleinen Pflanze in keinem Verhältnisse stand, eine etwa 6000 CC. haltende Glocke genom- men wurde. Der Holzboden des Apparates wurde zwar wie bei den frühern Versuchen mit Baunwachs ausgegossen, jedoch nicht alsbald die Glocke darüber gestürzt, sondern diese erst nach dem Erkalten aufgestellt und die Fugen mit Kitte verstrichen, um sie beliebig abnehmen und die abgefallenen Blumen herausholen zu können, Wurde die durchgeströmte Luft auch nicht untersucht, so un- 335 terliessen wir doch nicht, ein gehöriges Quantum davon durchzu- leiten, um das Verwelken der Pflanze möglichst zu verhindern. Am 25. Mai Morgens hatten sich bereits die Blüthenstiele wie- der aufgerichtet und das Gewächs erschien so frisch, als es am vorigen Tage vor dem Einbringen in den Apparat gewesen war. Nichtsdestoweniger wurde die Luft ununtersucht bis zum 28. Mai durchgeleitet, bis zu welchem Tage von den Blüthen 2 abgefallen waren, wogegen 8 andere sich geöffnet hatten, so dass wir nun mit 18 geöffneten Blüthen operirten; bis zum Ende des Versuches fielen wieder 3 ab, die aber durch frischentfaltete ersetzt wurden, was wohl als ein sicherer Beweis angesehen werden kann, dass unsere Pflanze sich in vollkommen gesundem Zustande befand. Die Oberfläche einer Blüthe kann etwa 2,5 D“ betragen, also hatten wir in dem Versuche mit 47 DD“ zu thun. Die Oberfläche der grünen Blätter betrug deren etwa 90. Die abgefallenen Blüthen wurden aus dem Apparate jederzeit entfernt, doch dürfte es immerhin möglich sein, dass die eine oder die andere ein paar Stunden abgefallen liegen blieb, da wir doch nicht beständig gegenwärtig sein konnten. Die erhaltenen Resultate folgen. 28. Mai. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 65330 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,037 grm. — 18,723. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000287. 336 . Meteorologische Notizen. . Mit Pflanze. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 26690 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,020 grm. — 10,123 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000379.. . Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38780 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,038 grm. — 19,234 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000496. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38870 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,034 grm, — 17,210 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000443. Mittlere Temperatur: 70,4. Witterung: Bedeckter Himmel, Abends Regen. Wind: ©. 29. Mai. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströnten Luft: 69950 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,031 grm. — 15,691 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000224. 337 b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 42390 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,703 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000389. 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38660 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm. — 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000432. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38750 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,039 grm. — 19,741 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000469. 3. Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 89,3. Witterung: Bewölkter Himmel. Wind: NO. 30. Mai. 1. Mit Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 82500 CC. Quantum der aufgefangenen Kohleusäure: 0,050 grm. — 25,308 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000307. b) Nachtversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 32360 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,021 grm. — 10,692 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000329. Abhandlungen der 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 43 338 2. Ohne Pflanze. a) Tagversuch. Quantum der durchgeströmten Luft: 38730 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,042 grm, 21,258 CC. Verhältuiss derselben zur Luft: 0,000549. b) Nachtversuch, Quantum der durchgeströmten Luft: 38650 CC. Quantum der aufgefangenen Kohlensäure: 0,033 grm, 16,704 CC. Verhältniss derselben zur Luft: 0,000432. . Meteorologische Notizen. Mittlere Temperatur: 119,2. Witterung: Bewölkter Himmel. Wind: NO. Nach der Reduktion der Versuche ohne Pflanze erhalten wir: Quan- Ursprünglieher|Gehalt der Luft Zu- oder Abnahme der Tages-|tum der| Gehalt an anKohlensäure Kohlensäure Tag: zeit. *) |Luft in) Kohlensäure. | nach dem während des während CC. |grm.| CC. | Durchgange. | Versuches. | 24 Stunden. Mai. rm. | CC. | grm, CC. grm, cc. 28. | Tag. | 65330 0a6ı 32,402) 0,037| 18,723 —0,027—13,674 0.030. —14,367 Nacht. | 26690] 0,023! 11,816] 0,020) 10,123; —0,003— 1,693. ? i 29. | Tag. | 69950] 0,060) 30,224) 0,031) 15,6911—0,029— 14,533 0.036. —17.940 Nacht. | 42390] 0,040) 20,110| 0,033] 16,7031—0,007— 3,407| 3 30. | Tag. | 82500] 0,089| 45,284! 0,050) 25,308 —0,039— 19,976 0.046—23,331 Nacht. | 32360) 0,028) 13,984] 0,021] 10,629 —0,007|— 3,355] _° | # Summe'319220' 0,304 153,820' 0,192! 97,182 —0,112'—56,638' *) Auch hier wie früher nicht buchstäblich zu nehmen. Die Wägungen wur- den etwa 8 Uhr Morgens und 7 Uhr Abends vollzogen. 339 Der Gehalt der Luft an Kohlensäure war: a) vor dem Durchgange bei Tage: 0,000492, bei Nacht: 0,000448, b) nach dem Durchgange bei Tage: 0,000273, bei Nacht: 0,000366. Vergleichen wir dieses Resultat mit dem in der Zeit zunächst stehenden der Reihe IV., so finden wir alsbald, dass verhältniss- mässig weniger Kohlensäure absorbirt wurde, denn während bei IV. sich die absorbirte Kohlensäure zu der Gesamtmenge dersel- ben verhielt wie 333: 605 (annähernd 5: 9) haben wir in der Reihe V. 2: 5, also bedeutend weniger. Ist der Einfluss der Blüthen auf die Atmosphäre hier auch nicht zu verkennen, so zeigt uns andererseits der Umstand, dass dach die Pflanze noch mehr Kohlensäure, aufgenommen, als abgegeben, dass dieser Einfluss der Blüthen nicht so bedeutend sei, als man ihn gewöhnlich sich vorzustellen pflegt, und es dürfte dieses wohl ein Beleg der Richtigkeit der Liebig’schen Ansicht sein, welcher zufolge alle diese Aushauchungen nur dem Einflusse des Sauer- stoffes der Luft auf die organischen Wesen überhaupt zuzuschrei- ben ist, und die darin keinen nothwendigen Akt der Vegetation sieht. Der Theorie Liebig's scheint allerdings die starke Aushauchung zu widersprechen, die wir in der Reihe III. erhalten haben, doch ist dabei zu bemerken, dass die Oberfläche des Viburnum 10 bis 12 mal so gross war, als die der Calceolaria. Wir unterliessen, dieselbe zu bestimmen aus dem Grunde, weil es uns zur Zeit nur darum zu thun war, einen. Beweis zu liefern, dass die Pflanzen die Kohlensäure der Luft absorbiren, ohne wenig- stens für jetzt betsimmen zu wollen, wieviel sie aufzunehmen ver- mögen, in welch letzterem Falle eine annähernde Angabe der Ober- fläche allerdings nöthig gewesen wäre. 43* 340 Das Resultat der Reihe V. berechtigt uns sonach zu dem Schlusse, dass blühende Pflanzen, die ausser den Blumenblättern auch noch grüne tragen, zwar weniger Kohlensäure aufnehmen als sonst, aber doch die Aushauchung derselben die Einnahme nicht übertreffen lassen. Nach der Untersuchung der grünen und der Blumenblätter wäre eigentlich noch übrig gewesen, das Verhalten der Früchte und der Rinde (beide im nicht grünen Zustande) sowie auch das der Wur- zeln dem Experimente zu unterwerfen. Bezüglich der Früchte haben wir deren, was Farbe, Zusam- mensetzung und Verhältniss der Masse zur Oberfläche anbelangt, eine ausserordentliche Verschiedenheit, während die Blüthenblätter, wenn auch noch so verschieden in Gestalt und Farbe doch eher nach demselben Muster konstruirt sind, es lässt sich daher bei ilmen ein sehr abweichendes Resultat erwarten. Wir unterliessen daher die Untersuchung derselben, da die Ergebnisse einiger weniger Arten, selbst wenn wir ihr Verhalten durch alle Stadien ihrer Entwicklung verfolgt hätten, doch nie zu einem allgemeinen Schlusse berechtigen würde. Wollte man sich mit einer Schätzung des Einflusses der Früchte begnügen, so könnte man von den Saussure’schen Versuchen aus- gehen. Nach diesen scheint die Aktion des Sauerstofles auf die Pflanzen mit der Oberfläche zuzunehmen, wenigstens weist die von ihm beobachtete Stufenleiter rücksichtlich der Absorption des Sauer- stoffes darauf hin, da sie wächst, wenn man von den flei- schigen Blättern zu den immergrünen und dann zu den abfallenden übergeht. Nun sind aber gerade die Früchte solche organische Produkte, die im Verhältnisse zur Masse nur wenig Oberfläche haben, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass ihr Einfluss auf 34al die Atmosphäre nur ein ganz unbedeutender sei, wenn man auch annimmt, dass während des Reifens behufs der Bildung von Zucker u. s. w. aus den vegetabilischen Säuren Sauerstoff absorbirt und Kohlensäure ausgehaucht wird, da diese Zeit im Vergleiche zur ganzen Vegetationsperiode doch sehr klein ist. Was die Rinde anbelangt, so wäre ihr Einfluss wohl zu un- tersuchen, wenu man im Winter eine entlaubte Pflanze dem Expe- rimente unterwirft, doch dürfte es etwas schwieriger sein, ihn zu finden. Wir sehen nämlich die ganze Wirkung dieser Sauerstoffauf- nahme und Kohleusäureabgabe vor Augen in dem Verwittern der Rinde, welches offenbar ein Resultat dieser Aktion ist. Aber wie unbedeutend ist dieses, wenn wir bedenken, wie lange eine Rinde am Baume zum Verwittern braucht ! Jedenfalls ist die Wirkung dieser Kohlensäureexlalation ge- ringer, als deren Aufnahme durch die grünen Blätter, selbst dann noch, wenn die Pflanze blüht, da unsere einschlägigen Versuche eine Abnahme der Kohlensäure ergaben, obwohl die Pflanzen eine Rinde hatten, welche allerdings Kohlensäure ausgeathmet haben kann. Die Versuche, welche Saussure über diesen Gegenstand ver- öffentlicht hat, zeigen wohl eine starke Aufnahme von Sauerstofl, sind aber alle mit entlaubten Zweigen gemacht, und die erhaltene Reaction kann daher füglich den Wunden, die bei dieser Operation entstanden, zugeschrieben werden. Ebenso wenig können die Versuche mit abgeschnittenen Wur- zeln einen Schluss zulassen; ja es dürfte wohl schwer möglich sein, eine Untersuchung der Einwirkung der Wurzeln auf die At- mosphäre anzustellen, ohne dieselben ihrer naturgemässen Stellung zu berauben. Wir haben hierüber Untersuchungen von Saussure, welche zeigen, dass dieselben Sauerstoff absorbiren, ihn in Kohlen- 342 säure umwandeln, und diese dann den Gefässen entlang in die Blätter leiten, wo sie wieder reducirt wird. Die Art, wie Saussure zu diesem Resultate kam, war die, dass er eine bestimmte Quantität Luft und etwas Wasser unter einem Recipienten mit Quecksilber absperrte, und dann ein Exemplar von Knöterich so anbrachte, dass es mit dem Wurzelende in die abgesperrte mit dem Blätterende in die freie Luft reichte, wobei der Sauerstoff der abgesperrten Luft allmählig verschwand. Bei Pflan- zen, die gänzlich in dem Recipienten waren, blieb die Luft unver- ändert. Dass die Wurzeln keine Kohlensäure, sondern nur Sauer- stoff einathmen, schloss Saussure daraus, dass kleine Rosskastanien- bäume, die der Blätter beraubt waren, und deren Wurzeln sich in einer Atmosphäre von Kohlensäure befanden, nach einigen Tagen zu Grunde gingen, ohne die umgebende Luft zu vermindern, also ohne etwas davon aufzunehmen. Es lässt sich wohl manches gegen diese Versuche einwenden, denn kann man wohl erwarten, dass Pflanzen bei einer: solchen Behandlung sonderlich gedeihen werden? Wenn eine Wurzel in der Luft, also ihrem ursprünglichen Elemente entfremdet, vegetirt, so muss sie Rückschritte machen, d. i. Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure abgeben, wie es auch die grünen Blätter in widerna- türlicher Stellung thun, da ein kleiner Antheil Wasser, der zugleich in dem Recipienten sich befindet, das Ungünstige der Stellung nicht aufzuheben vermag. Wenn Pflanzen mit ihrem Aufwuchse in reiner Kohlensäure vegetiren müssen, gehen sie zu Grunde; *) kann man etwas anderes von ihnen erwarten, wenn ihre Wurzeln sich in derselben befinden und ihre Blätter abgerissen sind? Ist es wohl wahrscheinlich, dass die ganze Respiration der Wurzeln nur dazu *) Saussure l. c. p. 31. 343 da ist, um den Blättern etwas: zu thun zu machen, nämlich Kohlen- säure zu bilden, die die Blätter wieder zerlegen müssen? Den, wie es scheint, einzigen richtigen Weg, sich hierüber Licht zu verschaffen, hat Davy eingeschlagen, inden er, wie bereits oben erwähnt, ein Stück Rasen in mit Kohlensäure impräguirtem Wasser unter einer Glocke vegetiren liess, wobei eine starke Zu- nahme von Sauerstoff stattfand, was auf eine Aufnahme des kohlen- sauren Wassers durch die Wurzeln schliessen lässt, wodurch sich nicht ein gegenseitiges Aufheben der, Wirkung von, Wurzel und Blatt, sondern eher ein in die Händearbeiten derselben ergibt, was auch offenbar dem Gange von Erscheinungen der Pflanzennatur mehr eonforın ist. Da die Wurzel nicht wie das grüne Blatt bald im Lichte, bald in der Dunkelheit sich befindet, sondern im naturgemässen Zustande beständig von der letztern umhüllt ist, so können wir auch nicht zweierlei Verhalten derselben gegen den Luftkreis annehmen, wie bei den Blättern, und wir sind. daher zu dem Schlusse berechtigt, dass die gesunden Wurzeln beständig Koblensäure aus dem Wasser aufnehmen, die daun ‚von den Blättern zerlegt wird. Eine Aus- athmung von Kohlensäure wird nicht stattfinden, wenn die Wurzel nicht von der Pflanze getrennt ist, oder sonst kräukelt. Nach Zusammenstellung aller dieser Thatsachen lässt sich nur mit Sicherheit der Satz anfstellen, dass die Pflanzen bedeutend mehr Kohlensäure und damit Kohlenstoff aus der Luft erhalten, als an sie abgeben und es übrigt nun nur noch, zu zeigen, dass der Sauer- stoff der Luft dadurch, dass die Pflanzen in derselben respiriren, vermehrt wird. Ohne darüber eigene Untersuchungen angestellt zu haben, kön- 344 nen wir doch mit aller Zuversicht den Satz aufstellen, dass die Luft, welche an äussern Pflanzen vorbeiströmte, an Sauerstoff we- nigstens in demselben Maasse zunahm, dass sie an Kohlensäure verlor. Der bei weitem grösste Theil der Pflanze besteht aus Verbin- dungen, in denen sich Sauerstoff und Wasserstoff in dem Verhält- nisse der Wasserbildung befinden. Wir können uns daher diese Stoffe zusammengesetzt denken aus n (H,O) + C., wo n irgend eine ganze oder gebrochene Zahl bedeutet und durch dessen Aen- derung eine Verbindung in die andere übergeht. Den Wasserstofl kann die Pflanze nur aus dem Wasser erhalten, und sie bekommt mit diesem so viel Sauerstoff, als sie bedarf, nimmt sie aber noch Kohlensäure auf, so muss offenbar soviel Sauerstoff frei werden, als die aufgenommene Kohlensäure enthielt, wenn eine organische Verbindung, wie Zucker, Stärke u. dgl. entstehen soll. Es bestätigt sich daraus der oben ausgesprochene Satz. Die Pflanze kann aber noch mehr Sauerstoff aushauchen, als der durch die Blätter aufgenommenen Kohlensäure entspricht, weil auch die Wurzeln nicht unthätig bleiben und den Blättern durch Zuführung von kohlensaurem Wasser förderlich sind. Es dürfte jedoch sehr schwierig sein, diese feinen Unterschiede nachzuweisen, wenn auch die Eudiometrie heutzutage einen sehr hohen Grad von Ausbildung erlangt hat, und man wird sich mit der unumstösslichen Wahrheit |des ausgesprochenen Satzes begnügen müssen. Aus den vorstebenden Untersuchungen sind wir daher berech- tigt, uns für die vollkommene Richtigkeit der Priestley'schen An- sicht auszusprechen. Ueber die Bildung galvanischer Kupferplatten, vorzüglich zum Zweck der Galvanographie, mittelst des Trommel - Apparates. Von Franz von Kobell. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. Il Abth 44 - voor ih hehe aiser Zurarsieh: Senken aufstellen: dur Lat: weiche-an’ sus Pfienner varieiträile kn Nase stoff ide Rgntcue m. deesehhep Mansst zunahm. dass sie an Köhkeumaocc verlar; Fler: ber weiten grosäfe el, Päßle Dehtabitai "Verb \ Kiga 3 Heien sieh Eee else 2% erbi ar) gta re \ le KR eu gende befe: a N Bedeu: u? Hessen” Bhrsay Ser Vrdleibehr #6 Kemägikise übergeht Mei Weise Sn a Di a Wasser erhalten; ’ünd' hi" Dr Kpbtieneie SR, en Yanıa elfenbar soriel Sadirkio Tri @ abe die malgtasimapen Kohfeneyigg gatkirit, weine, eike organische rn... RR, WEM Oo: “ ‚del. eirtsteheh se R) Be F Die ana ee a BR NIER de drich die-Blasier anlgenvaunemen-Kobirasäure ee auch. ie Wurzele sicht amhatig dein wad- de. 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Was jene Versuche versprochen haben, das hat die Zeit erfüllt; es ist diese Kunst in's praktische Leben übergegangen und wird gegen- wärtig hier in München mit so bedeutendem Erfolge ausgeübt, dass zwei der grösseren Kupferdruckereien fast fortwährend mit Balva- nographischen Platten beschäftigt sind. Die Künstler, welche die bedeutendsten Arbeiten geliefert haben, sind die Herrn Schöninger und Hanfstängl, und es gebührt vorzüg- lich dem Herrn Schöninger das Verdienst, die Anwendung der Roulette und die Kreidezeichnung für die Galvanographie eingeführt und ausgebildet zu haben. Beide Künstler bedienen sich zur Anfertigung der Platten des Trommel-Apparates; zum Copiren wendet Herr Hanfstängl auch mit Vortheil den getrennten Apparat an, wobei, wie ich es in mei- ner Galvanographie beschrieben, die Zinkplatte der Trommel und 44* 348 die darunter befindliche Kupferplatte durch Leitungsbleche (welche breiter als gewöhnlich genommen werden können) mit Kupferplatten verbunden sind, welche in einem getrennten Kasten in Kupfervitriol eingesenkt vertical oder horizontal einander auf etwa 2 Zoll Ent- fernung gegenüberstehen und wo dann diejenige Kupferplatte, welche mit der Kupferplatte des Trommelapparates verbunden ist, aufgelöst. die mit dem Zink verbundene aber mit Kupfer belegt wird. Dabei wird in beiden Kasten der Kupfervitriol zersetzt und können also zwei Platten zu gleicher Zeit gebildet werden, doch geht es langsamer als bei Anwendung des nicht getrennten Trom- melapparates. Es hat übrigens jener Apparat einige Vortheile und diese beruhen vorzüglich darin, dass zum Auflösen alte Kupfer- platten gebraucht werden können, dass man die zu copirende Platte horizontal über die sich auflösende auf einen Rahmen, die Bildseite nach unten, legen und also vor niederfallender Unreinigkeit schützen kann, und dass man nur eine Trommel nöthbig hat. Welcher Art dieses Apparates man sich aber bedienen mag, so ist die Reglung des galvanischen Stromes eine wesentliche Be- dingung, um cohaerente Kupferplatten von solcher Zähigkeit und Biegsamkeit zu erhalten, dass sie beim Abnehmen und bei den Manipulationen des Druckes nicht brechen und in der Masse so homogen sind, dass beim Aetzen, Graviren etc. keine Fehler sich Zeigen. Es kommen dabei folgende Punkte in Betracht: 1) Die Auflösung des Kupfervitriols als Fällungsflüssigkeit, die zweckdienlichen Beimischungen derselben, die Ver- änderungen, welche die Flüssigkeit während des Pro- 3 349 cesses erleidet und die Correetionen, welche mit einer bereits gebrauchten vorzunehmen sind. 2) Die Trommel (das Diaphragma) und die Erscheinungen beim Wechsel der Flüssigkeiten in und ausser derselben. 3) Die Erregungsflüssigkeit und ihre Veränderungen. 4) Das Zink und seine Veränderungen. 5) Die Verbindung der Platten, das Schliessen der Kette, Messen des galvanischen Stromes, die Einflüsse auf die Quantitäten des abgelagerten Kupfers durch Temperatur etc. Ich habe, um ein möglichst vortheilhaftes praktisches Verfahren der Kupferbildung für die Galvanographie fest zu stellen, eine Reihe von Versuchen über die betreffenden Punkte unternommen, die ich im Folgenden mittheile. Ich füge einige Bemerkungen bei über die Versilberung, die Beseitigung der Luftblasen, das Anfertigen der Bilder und über eine neue Methode in Kupfer zu ätzen. E Wird Kupfervitriol bei gewöhnlicher Temperatur in Brunnen- wasser aufgelöst, so hat die Auflösung im Durchschnitt 210 — 220 Beaume. Wenn man solche Auflösung im Sieden bereitet, so hat sie nach dem Erkalten 224° B., man kann sie aber auf 24° bringen, wenn man die noch warme Auflösung mit Wasser bis 26° ver- dünnt und dann erkalten lässt. Aın zweckmässigsten geschieht die Auflösung bei gewöhnlicher Temperatur in der Art, dass man die Kupfervitriolkrystalle in lei- 350 « nene Säcke bringt und diese in dem Wasser oder der zu sättigen- deu Flüssigkeit so aufhängt, dass die Säcke nur etwa eine Hand breit in die Oberfläche eintauchen. Zu einer ersten Auflösung kann man auch Wärme anwenden, wenn aber ein gebrauchter Vitriol neuerdings zu sättigen ist, so ist es besser die Auflösung ohne Wärme in der angeführten Weise zu bewerkstelligen, weil abgesehen von dem Umstande, dass Kessel, Oefen etc. nöthig würden, die Concentration durch Verdampfen des Wassers und das damit verbundene Auskrystallisiren mancherlei Uebelstände mit sich bringt. Wird solcher Kupfervitriol bei Anwendung des Trommel-Ap- parates als Fällungsflüssigkeit gebraucht, so erhält man nur Kupfer von mittlerer Qualität. Ich unterscheide nämlich dreierlei Qualitä- ten galvanisches Kupfer. Von der besten Qualität ist es, wenn ein Blech von Papierdicke (von 24 Stunden) sich vollkommen umbiegen, wieder auf- und nach der entgegengesetzten Seite umbiegen lässt, ohue zu brechen. Mittelgut ist das Kupfer, wenn sich ein solches Blech nach einer Seite vollkommen umbiegen lässt, beim Aufbiegen aber bricht. Spröde ist es, wenn es schon beim Umbiegen nach einer Seite bricht. Diese Verschiedenheiten beruhen übrigens nur in der Art der Aggregation der präeipitirten Kupfertheilchen oder Krystalle, denn die Analyse zeigt für geschmeidiges und sprödes Kupfer keine Differenz. Man kann die Qualität des Kupfers bei übrigens geeignet gutem Apparate verbessern, wenn man die. Vitriolauflösung mit andern Salzlösungen oder auch mit freier Schwefelsäure mischt. Ich habe früher vorzüglich Zusätze von, Glaubersalzauflösung augewendet, ziehe aber gegenwärtig Zusatz von freier Schwefelsäure vor, dem 351 hiebei hat man den Vortheil, den Gehalt dieser Schwefelsäure in einem zu untersuchenden Vitriol jederzeit auf eine sehr einfache Weise und in wenigen Minuten zu bestimmen. Solches kann bei Zusatz des Glaubersalzes und anderer Salzlösungen in ähnlicher Art nicht geschehen. Zu der von mir angewandten Methode dieser Bestimmung ge- braucht man eine Auflösung von kohlensauerem Kali (sal tartari) in destillirttem Wasser und von solcher Verdünnung, dass sie nur 7° Beaume zeigt. Man bereitet sich eine grössere Menge davon und bewahrt sie in einer verschliessbaren Flasche. Man hat ferner einige graduirte Gläser nothwendig, unämlich ein Cylinderglas ohngefähr 44 Zoll Höhe, welches in Cubikzolle, jeder Zoll in 10 Linien, eingetheilt ist. Zu solchen Gläsern sind die sogenannten Galactometer anwendbar. Ferner gebraucht man eine Messröhre, an einem Ende verschlossen und etwas über einen Cubikzoll fassend, welcher in 100 Theile getheilt ist. Die Grade sind hinlänglich gross, wenn die Röhre 5 Zoll lang und 8 Linien im Lichten weit ist. ‘Zum Mischen bei der Operation dient ein Cylinderglas von 5 Zoll Höhe und 2 Zoll Durchmesser und ein ähnliches mit einem Ausgusschnahel versehenes von etwa 3 Zoll Höhe und 3 Zoll Durchmesser. Durch Versuche habe ich ausgemittelt, dass nahezu 38 Strich- theile der Messröhre an sal tartari von 7% B. einen Strichtheil an concentrirter englischer Schwefelsäure neutralisiren. Die Versuche wurden so angestellt, dass eine kleine Menge Kupfervitriol mit der Kaliflüssigkeit bis sur Trübung neutralisirt wurde. Diese getrübte Lösung wurde dann mit einer in der Röhre gemessenen Menge eoncentrirter Schwefelsäure geklärt und mit einer ebenfalls gemes- senen Kalilösung wieder zur Trübung neutralisirt. Ich wählte eine 352 schwache Auflösung des Kalisalzes, um Fehler, welche beim Mes- sen leicht vorkommen, möglichst unschädlich zu machen. Will man eine mit Schwefelsäure: versetzte Kupfervitriollösung auf diesen Säuregehalt untersuchen, so misst man in dem graduir- ten Cylinderglas einen Cubikzoll ab und giesst dann die Flüssig- keit mit Nachspülen von etwas Wasser in das grössere Cylinder- glas. Ferner misst man in der graduirten Röhre 90—100 Linien (die Zahl ist aufzuschreiben) von der Kaliflüssigkeit, giesst davon in das kleine Sehnabelglas und aus diesem mittelst eines darange- haltenen Glasstabes allmählig in den Vitriol, den man nach einigem Zusatz jedesmal umschüttelt. ‘So’ wie das Brausen schwächer wird und ‚die Flüssigkeit einen Stich in's Grünliche annimmt, bringen ge- wölnlich noch einige Tropfen der Kalilösung die Trübung hervor. Wenn diese eingetreten, giesst man die nicht verbrauchte Kalilö- sung in die Messröhre zurück und ersieht leicht die Menge des verbrauchten Antheils. Der Vergleichung wegen wird‘ bei''allen Proben auf dieselbe. Weise verfahren, also immer ein 'Oub.-Zoll des Vitriols dazu verwendet. Ich nenne im Folgenden diese Probe die Kaliprobe und bezeichne relativ den Gehalt an freier Schwefelsäure durch Angabe der Anzahl Strichtheile, welche den Verbrauch der Kalilösung anzeigen, z. B. Vitriol von 58 Sirichtheilen 'Kaliprobe, von 62 Strichthl. Kaliprobe etc. Ich habe nun aus mehreren Vitriollösungen, die mit verschiede- nen Quantitäten Schwefelsäure versetzt waren, galvanisches Kupfer gefällt. Zunächst untersuchte ich die Vitriollösung, wie sie vom Herzog von Leuchtenberg bei seinen ‘grossen galvanoplastischen Arbeiten in. St. Petersburg gebraucht wird: Sie wird bereitet, indem man'eine 353 Kupfervitriollösung mit Wasser bis 20° B. verdünnt und dann so viel concentrirte englische Schwefelsäure (welche 66° B. zeigt) zusetzt, bis das Areometer 22° angibt. Diese Flüssigkeit gibt ein vorzügliches Kupfer. Mit der Kaliprobe geprüft zeigt sie 108 Strichtheile. Ich erhielt aber bei einem merklich geringern Zusatz von Schwefelsäure eben so schönes Kupfer, und Proben, wo die Flüssigkeit 30, 70, 60, 56—50 Strichtheile zeigte, liessen in Be- ziehung auf die Qualität des Kupfers nichts zu wünschen übrig. Für den Beginn einer galvanischen Fällung wählte ich meistens einen Vitriol von ungefähr 68 Strichtheilen Kaliprobe. Einen solchen erhält man, wenn man auf 60 Cub.-Zoll einer gewöhnlichen Kupfer- vitriollösung von 21° B. einen Cub.-Zoll concentrirter englischer Schwefelsäure zusetzt. Ein Cub.-Zoll von diesem so angesäuerten Vitriol enthält 23 Gran Kupfer. Bei der galvanischen Fällung gehen bei Anwendung des Trom- melapparates folgende Veränderungen an der Fällungsflüssigkeit vor. 1) Wird der Kupfervitriol durch die galvanische Ausscheidung allmälig geschwächt, 2) Geht eine kleine Menge Kupfervitriol durch die Trommel und wird vom Zink zersetzt. 3) Geht auch eine kleine Menge der freien Schwefelsäure durch und löst Zink auf. 4) Mischt sich dem Kupfervitriol allmälig Zinkvitriol aus der Trommel bei. Es ist klar, dass ein gebrauchter Kupfervitriol nar in so ferne Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. Vi. Bd. II. Abth. 45 354 auf den Normalzustand zurückgeführt ‘werden kann, als man ihn zur Fällung von gntem Kupfer corrigirt; der ‘einmal 'beigemischte Zunkvitriol lässt sich ‚aber nicht mehr entfernen. Es ist daher zu untersuchen, in wie weit ein‘ Zinkgehalt für‘ die Kupferbildung nachtheilig ist und wie die nöthigen Correctionen zu machen sind. Was die Schwächung des Kupfervitriols durch die Kupferaus- fällung betrifft, so kaun man die Flüssigkeit leicht gesättigt erhalten, indem man (während der Apparat im Gang ist) Säcke mit Kupfer- vitriolkrystallen darin anfhängt, am ‚Rande, oder an den Ecken .des Kastens etc. Dieses geht jedoch nur bis der Zinkgehalt ‚der Flüssigkeit ein gewisses Maass nicht überschritten hat, wovon, un- ten die Rede sein wird. Um den Nachtheilen zu begegnen, welche aus ?2) entstehen können, wird erfordert, dass die Zinkplatten alle 24 Stunden ge- reinigt werden oder doch alle 2. Tage, weil sonst das auf das Zink gefällte Kupfer eine nachtheilige Schwächung des galvanischen Stromes hervorbringen kann. Da nach 3) der Inhalt an freier Schwefelsäure im Kupfervitriol allmälig abnehmen muss, welches übrigens sehr langsam geschieht, und da die Beimengungen von Wasser und Zinkvitriol mancherlei Veränderungen der Masse und somit der Quantität der freien Schwe- felsäure hervorbringen, so ist nothwendig, diesen Gehalt bestimmen und ergänzen zu können. Dazu dient die oben angeführte Kaliprobe und der Gebrauch nachstehender Tafel. ' Es entsprechen: Strichtheile Strichtheile Kalilösung (sal tartari v. 70 B.) concentr. engl. Schwefelsäure. 688. Aa, Meran; (ehrar0,1,79 Regen er, 66h. 01,74 6 arme. arutelstavwrdoet,T4 BAnnaw.. 1oNiR tes sih. Idia nshy68 (UB DIRETTETT BEE DT TR DERRE N BRETT 831 7;) 62 ea erh rer; Hkuiissimehubaie os ‚adiy raAiN 4,80 B0loifdeähkesihı Er wood ei 597) ih num. Ileis 02 „anı0lils}55 Bert lie 5 VA EAST TIERE TE IER 777 CV ARE ESUEUTENETEN TE 77510) Sb: san lohn Vonabesniigdr 55 wersenöäinsn wird,.;eih far .alldgdd SAN asser oder -Yitsiok bin vu ded;R HORn Kuss. WIRT. SOMtell.c 601509 Deren, kl TERN SEN .6i-68 Nr DU EN En Bahr, KISTEN, UL: Oaer,3n DOREE : vonunaniahr. 7 za. HRune-. OR, 49hllıa Gef. om hemerkt dus. N1529 dSebar se. Flassizkenr.:ab; bien ai526 ui and, Ba HRS YA ao ano. raunpigangtl ‚nah, ind) angahı Ad Deere Be Adewöhrlieh, iin misseiniges. Eämes16 Adieriisen am. dead demand 42 onen LO Bieiisch deN abasdsterd ar. Sdoıul,083 4 od. for) 791,05 us VErassftrrsth. Beduisakderet03 Man hat nun, um. zu finden, wieviel Schwefelsäure auf 100 Cub.-Zoll Kupfervitriol zuzusetzen,. zuerst die Kaliprobe mit 1 Cub-- 45* 356 Zoll des Vitriols zu machen und dann die in der Tafel entspre- chende Zahl der Schwefelsäure, als ganze Zahl genommen. von 179 abzuziehen, dann gibt die erste Ziffer, wenn der Rest 2 Zif- fern hat, in Cub.-Linien an, wieviel concentrirte Schwefelsäure zuzusetzen, die zweite Ziffer gibt Zehntel Cub.-Linien an. Wenn der Rest nur eine Ziffer gibt, so sind damit immer nur Zehntel- Cub.-Linien angezeigt. Es gäbe z. B. die Kaliprobe 50 Strichtheile au verbrauchter Kalilösung, so zieht man die (für die Schwefel- säure) beistehende Zahl 132 von 179. ab und erhält so 47, d. ı. 477, Cub.-Linjen concentrirter Schwefelsäure sind auf je 100 Cub.- Zoll des zu corrigirenden Vitriols zuzusetzen. Gibt die Kaliprobe 39 Strichtheile, so ist 103 von 179 abzu- ziehen. Vom Rest 76 gibt die erste Ziffer (7) die Cub.-Linien an, die zweite (6) die Zehntel, es sind also 7-6; CL. oder etwas über 74 CL. concentrirter Schwefelsäure auf je 100 Cub.-Zoll Vitriol zu- zusetzen. Dass durch solchen Zusatz das Gesammtvolum der Flüssigkeit vermehrt wird, kann bei der Berechnung ohne Nachtheil vernach- lässigt werden. Will man einen Vitriol nicht bis zur normalen Säuerung brin- gen, sondern zZ. B. nur bis zu 58 Strichtheile Kaliprobe, so ist für die gemachte Kaliprobe die bestehende Zahl der Schwefelsäure von 153 abzuziehen. Der Vitriol gebe z. B. 44 Strichtbeile Kaliprobe, so ist 116 von 153 abzuziehen. Der Rest 37 zeigt, dass 3,5 CL. Schwefelsäure auf 100 CZ. Vitriol zugesetzt werden müssen. Zum Abmessen dient das oben beschriebene graduirte COylinderglas, an welchem der Cub.-Zoll in 10 Linien getheilt ist. Die Zehntel kann 357 man an der Messröhre messen oder annähernd schätzen, da hiebei kleine Differenzen ohne Einfluss sind. Die Tabelle geht nur bis 39 Strichtheile Kaliprobe, weil ein Vitriol meistens corrigirt werden muss, ehe er auf diesen geringen Gehalt au Schwefelsäure kommt; es ist aber leicht auf einen gerin- geren Gehalt durch Proportion zu berechnen. Zur Bestimmung der Quantität der Fällungsflüssigkeit bedient man sich grösserer Messgläser von 50 CZ. oder dergl. Es ist übrigens zweckmässig, wenn man die Gefässe oder Holzkasten, worin die Fällung vorgenommen wird, ein für allemal aicht, indem man gemessenes Wasser oder Vitriol bis zu der Höhe, wie die Trommel gewöhnlich gestellt wird, einfüll. Um Niveau-Verände- rungen zu beobachten, kann man sich eines Niveau-Messers bedie- nen, eines in Zoll und Linien getheilten, auf einem Stativ von Glas befestigten Glasstabes von ungefähr 4 Zoll Höhe. Man stellt diesen Messer in das gefüllte Gefäss und bemerkt das Niveau, dann nimmt man mit einem ‚Heber die Flüssigkeit ab, bis sie eine oder zwei Linien tiefer steht, und misst die abgezogene Flüssigkeit, wodurch die Quantitäten leicht zu erfahren sind, welche das Niveau verändern. Man hat es gewöhnlich nur mit einigen Linien von der Ober- fläche abwärts zu thun, die man, ohngeachtet die Wände des Kastens durch den Pech- und Firnissüberzug nicht eben sind, als gleichen Mengen entsprechend ansehen kann. Zur Beurtheilung verschiedener Beimischungen von Zinkvitriol habe ich mehrere Versuche angestellt und in Zinkvitriollösungen von verschiedenem Gehalte Kupfervitriolkrystalle bei gewöhnlicher Temperatur aufgelöst und den Stand des Areometers beobachtet. 358 Zänkvitriol von 140 B,.hatte nach ‚dem Sättigen, ohne Zusatz freier Schwefelsäure 2840, Zinkvitriol:von 15% und 16° hatten 31° und etwas darüber, Zinkvitriol von 20° und 21° hatten 3240, Zink- vitriol von ‚22% war auf 33% gekommen und Zinkvitriol von 24°, 250,.26% stiegen bis 343°, 350, 3530. Der Kupfergehalt dieser Mischungen differirte nicht so stark, als ich erwartet hatte, und betrug bei der Auflösung in Zinkvitriol von 26° noch 22 Gran im Cubikzoll. Erst bei einer starken Con- centrätion des Zinkvitriols nimmt er merklich weniger Kupfervitriol auf und ein gesättigter Zinkvitriol «von 44% gab im Cub.-Zoll nur noch 6,1. Gran Kupfer. Dabei war die Flüssigkeit auf 430 gekom- men, es scheint also eine Ausscheidung von Zinkvitriol ‘oder eines auskrystallisirenden Doppelsalzes stattgefunden zu haben. Zur Bestimmung des Kupfergehaltes wurde die Fuchs'sche Probe in der Art angewendet, dass der Vitriol in einem Kolhen zuerst mit’ Kalilauge bis zur ‚alkalischen Reaction versetzt, dann mit concentrirter. Salzsäure übersättigt und im Sandbade zum Kochen erhitzt ‚wurde. Dann wurde eine gewogene Menge von Kupfer- streifen, die. aus einem galvanisch gefällten Bleche geschnitten wa- ren, eingetragen und das Kochen fortgesetzt, bis die Flüssigkeit farblos geworden war, dann der Kolben mit Wasser gefüllt, geleert und das Kupfer zwischen Fliesspapier getrocknet, erwärmt und gewogen. Bekanntlich gibt der Gewichtsverlust, den das zugesetzte Kupfer erleidet, die Menge des Kupfers an, welche vor der Ope- ration in der Flüssigkeit enthalten war. Für die Versuche, wobei das Kupfer galvanisch gefällt wurde, brachte‘ ich theils Mischungen von concentrirtem Zinkvitriol und Kupfervitriol iu Anwendung, theils löste ich in Zinkvitriol von ver- “ 359 schiedener Verdünnung Kupfervitriolkrystalle (bei gewöhnlicher Tem- peratur) auf und gebrauchte diese Auflösung. 1) Es wurden 5 Vol.-Theile. Kupfervitriol vom, 20° B. ohne Zusatz von freier Schwefelsäure mit 1 Vol. Zinkvitriol von 43° gewischt.. Das: Gemisch zeigte 24%.B. Das gal- vanisch gefällte Kupfer war spröde und brüchig. 2) Es wurden auf 55 Vol.-Theile der vorigen ‚Flüssigkeit 1 Vol,-Thl. concentrirter Schwefelsäure zugesetzt. Die Kaliprobe der Mischung gab 69 Strichtheile., Das Areo- meter zeigte 27°. Das erbaltene Kupferblech zeigte sich vollkommen geschmeidig, die vorige Mischung war also durch den Zusatz der Schwefelsäure ganz entsprechend verbessert worden. 3) Es wurden 3 Vol.-Thl. Kupfervitriol von 20° mit 1 Vol.-Thl. Zinkvitriol von 40° gemischt. Das Gemisch zeigte 264° und wurde mit Schwefelsäure bis 2710 erhöht. Kaliprobe 64 Strichtheile. Das Probeblech war mittelgut. 4) Es wurden 5 Vol.-Thl. Kupfervitriol mit 3 'Vol.-Thl. Zinkvitriol von 409 und freier Schwefelsäure versetzt, so dass die Kaliprobe 68 gab. Das Gemisch zeigte 31%. Das Kupfer war spröde. Die Copie einer polirten Platte war bei einem Versuche mit diesem Vitriol nach 18 Stunden übersäet mit kleinen Löchern, die beim Durchsuchen bemerkbar waren. "Dessenungeachtet zeigte das Blech den: vollen Glanz ‘der Originalplatte. Solche Löcher ver- wachsen übrigens beim Diekerwerden der Platte, 360 5) 6) 9) Eine Auflösung von Zinkvitriol von 12° wurde bei gewöhn- licher Temperatur mit Kupfervitriol (durch Einhängen von Krystallen) gesättigt. Es wurde Schwefelsäure zugesetzt, so dass die Kaliprobe 69 zeigte. Die Flüssigkeit hatte 274 B. Das Probeblech war stark und normal geschmeidig. Eine Auflösung von Zinkvitriol, mit Kupfervitriol gesättigt und nach Correction der Schwefelsäure das Gemisch von 284° B. gab ein ganz fehlerfreies Kupfer. Weniger gut war die Qualität des Kupfers, aber noch ganz brauchbar, wenn derselbe Vitriol mit Wasser bis 24° verdüunt wor- den war. Eine Auflösung von Zinkvitriol von 14° wurde mit Kupfer- vitriol gesättigt und noch etwas stärkerer Zinkvitriol, der auch mit Kupfervitriol gesättigt war, zugesetzt, bis die Mischung 294° zeigte. Dann wurde die Schwefelsäure auf 70 Kaliprobe corrigirt, wodurch der Vitriol auf 30° B. ge- bracht wurde. Es wurde mit der unverdünnten Flüssigkeit ein Kupferblech gefällt und zeigte sich mittelgut. Von derselben Qualität war das Kupfer, nachdem die Flüssigkeit mit Zusatz von 4 Vol. Wasser auf 250 gebracht worden war, wobei die Kaliprobe nur 55 Strich- theile zeigte. 8) Ein verdünnter zinkhaltiger Kupfervitriol von 20°, welcher 37 Kaliprobe zeigte, gab ein sehr sprödes Kupfer mit ei- genthümlicher blumiger Zeichnung. Durch die Correction der Schwefelsäure wurde das Kupfer nicht verändert, wohl aber durch Sättigung mit Kupfervitriolkrystallen bis zu 25°, 361 wobei ein ausgezeichnetes Kupfer erhalten wurde. Kali- probe 52. Man ersieht aus diesen Versuchen, dass eine Fällungsflüssig- keit ziemlich viel Zinkvitriol enthalten kann, ohne dass es für die Qualität des Kupfers nachtheilig ist, wenn die gehörige Menge freier Schwefelsäure vorhanden, dass dieses übrigens seine Gränze hat, und dass das spec. Gewicht oder der Areometerstand darüber Aufschluss gibt, vorausgesetzt, die zu prüfende Flüssigkeit sei mit Kupfervitriol (bei gewöhnlicher Temperatur) gesättig. Man kann als Gränze zur Erzeugung von hinlänglich geschmeidigem Kupfer für einen solchen Vitriol 29° B. annehmen. Um Platten, deren erste Lage in der Dicke eines starken Kartenhlattes aus gutem Kupfer besteht, zu verstärken und dicker zu machen, kann auch ein Vitriol von 30 und mehr Graden gebraucht werden. Will man nun einen gebrauchten Kupfervitriol von irgend einem Gehalt an Zinkvitriol und Wasser untersuchen und corrigiren, so nimmt man davon eine Menge von etwa 25 Cub.-Zoll und sättigt die Flüssigkeit durch Einhängen eines Sackes mit Kupfervitriol- Krystallen, den man, manchmal umschüttelnd, etwa 24 Stunden damit in Berührung lassen kann. Kommt der Vitriol dadurch nicht über 280°— 281° und mit der Correction der Schwefelsäure nicht über ungefähr 29°, so corrigirt man durch Sättigen und Zusatz der nöthigen Menge Schwefelsäure nach der in I. gegebenen Anleitung die ganze verwendbare Menge. Wenn aber auf diese Weise ein Vitriol über 290 oder 30% kommt, dann kann er für ganz gutes Kupfer nur dadurch corrigirt werden, dass man ihn mit gewöhnlicher reiner Kupfervitriol-Auflösung bis zu etwa 25° oder 26% mischt und dann die Schwefelsäure corrigirt. Abhandlungen der II. Cl d. Ak. d. W. VI. Bd. Il. Abth. 46 362 Blos zur Massenvermehrung kann man das Kupfer irgend eines Vitriols ausfällen, bis er ganz leicht in der Farbe wird. Dann fällt man die letzten Antheile Kupfer durch hineingeworfene Zinkstücke, wäscht diese nach der Fällung ab, löst mit etwas Schwefelsäure das noch dabei befindliche Zivuk anf und bringt den Kupferschlamm auf ein Filtirtum. Nach dem Trocknen besteht er meistens aus einem Gemenge von metallischem Kupfer und Kupferoxydul. Man kann dann eine grössere Menge in einem Kohlentiegel mit Zusatz von etwas schwarzem Fluss etc. umschmelzen. n. Die Trommel (das Diaphragma) besteht für grössere Platten in einem rectangulären Gestell oder Rahmen , welcher mit einem roh gegerbten Kalbsfell (die Haarseite nach aussen) überspannt ist. Meine grösseren Trommeln haben gegen 2 Fuss Länge und 14 Fuss Breite, auch noch mehr. Die Fassung hat innen bis zum Fell gegen 2—24 Zoll Höhe. An den vier Ecken sind Halter des Gestells angebracht, welche dürchbohrt und mit hölzernen Schrauben von 73 Zoll Länge versehen sind, die den Rahmen tragen und mittelst welcher er höher oder niederer gestellt werden kann. Der Rah- men ist inwendig nahe am Fell eingefalzt, um einige Holzstäbe aufzunehmen, auf welche die Zinkplatte zu liegen kommt; ober dem Zink kann er angebohrt und mit einem Abzugrohr, welches auch durch den Kasten des Kupfervitriols geht, versehen sein. S. II. Der Rahmen wird vor dem Aufspannen des Fells mit Firniss über- zogen, wozu der Offenbacher Asphaltfirniss *) vorzüglich brauchbar ist, welcher sehr schnell trocknet. Ueber die Aussenseite des Fells *) Aus der chemischen Fabrik von Karl Oehler in Offenbach a. M. 363 werden gespaltene Stäbe von spanischem Rohr netzförmig gekreuzt and am obern Theil des Rahmens festgenagelt. Dieses ist noth- wendig, damit sich das Fell, wenn es nass wird, nicht einsenkt. Die freien Stellen zwischen den Stäben sind einige Quadraszoll gross. Eine gute Trommel lässt kein Wasser durchfliessen, wenn solches hineingegossen wird und sie nicht in einer Flüssigkeit steht. Auch nach mehreren Tagen fühlt sich die untere Seite nur feucht an, ohne Tropfen zu bilden. Bemerkt man solche Tropfen, so sind gewöhnlich kleine Löcher in der Membrane, die man mit Firniss decken kann, oder sie ist zu dünn und dann schon aus dem Grunde nicht zu brauchen, weil zu viel Ziukvitriol durchgeht und dem - Kupfervitriol beigemengt wird. Wenn aber die Trommeln längere Zeit gebraucht werden, lassen sie Flüssigkeiten leichter durch. Man kann sie dann mit Klauenfett einreiben und es ist dieses von Zeit zu Zeit zur Erhaltung des Fells zu thun. Wenn eine Trommel, die für sich keine Flüssigkeit durchlässt, in ein Gefäss gestellt wird, welches eine andere Flüssigkeit enthält, welche die Trommel berührt, so findet gleichwohl immer ein Aus- tausch der Flüssigkeiten statt. Es sind dieses die unter dem Namen Endosmose bekannten eigenthümlichen Erscheinungen. Um ihren Einfluss für den gegenwärtigen galvanischen. Prozess kennen zu lernen, stellte ich einige Versuche an. 1) In ‚eine Kupfervitriolauflösung von 204° Reaume wurde eine Trommel gestellt und diese mit 20 Cub.-Zoll Zink- vitriol von 26° gefällt. In 17 Stunden hatte sich der In- halt der Trommel um 1 Cub.-Zoll vermindert und der Ziuk- vitriol war auf 270 Reaume gekommen, 46* 364 2) In eine Kupfervitriolauflösung von 21° wurde eine Trom- mel gestellt, welche mit 24 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 90 gefüllt war. Die Membrane berührte bei dem Versuche uur das Niveau der äussern Flüssigkeit. Nach 18 Stun- den waren 34 Cub.-Zoll Flüssigkeit weniger in der Trom- mel und der Zinkvitriol war auf 10° gekommen. Der Zinkvitriol hatte eine schwache Spur in's Grünliche ange- nommen und es war offenbar Kupfervitriol eingedrungen. Um dessen Menge ohngefähr zu erfahren, wurden 24 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 9° mit Kupfervitriol von 21.9 auf 10° gebracht und die erfor- derliche Menge des letztern gemessen. Es waren dazu 2,2 Cub.- Zoll nothwendig und die Flüssigkeiten beider Versuche waren von gleicher Farbe. Es waren also beim ersten Versuche in den nach 18 Stunden in der Trommel noch befindlichen 204 Cub.-Zoll Zink- vitriol nahezu 1,72 Kupfervitriol enthalten oder die Hälfte des durch- gegangenen leichtern Zinkvitriols war durch den schwereren Kupfer- vitriol ersetzt worden. 3) Es wurde eine Trommel mit 60 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 6° in Kupfervitriol von 21° gestellt. Nach 18 Stunden befanden sich nur 48 Cob.-Zoll in der Trommel und der Zänkvitriol war auf 94 gekommen. 4) Es wurde eine Trommel mit 24 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 18° in Wasser gestellt. Nach 18 Stunden befanden sich 26 Cub.-Zoll Flüssigkeit, also um 2 mehr, in der Trom- mel und der Zinkvitriol war auf 16° gekommen. Es war also Wasser in die Trommel gestiegen, aber gleich- zeitig war auch Zinkvitriol in das Wasser übergegangen, denn dieses reagirte darauf und um. 24 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 18° 365 auf 16° zu bringen bedarf man 4,1 Cub.-Zoll Wasser. Darnach zeigt die Rechnung, dass die oben in der Trommel gemessenen 26 Cub.-Zoll Zinkvitriol aus 22,2 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 18° und 3,8 Cub.-Zoll Wasser bestehend angesehen werden können, denn 22,2 Vol.-Zinkvitriol von 18° erfordern 3,8 Vol.-Wasser um auf 16° gebracht zu werden, dass also 1,38 Cub.-Zoll Zinkvitriol von 18° durch die Trommel gegangen und durch 3,8 Cub.-Zoll Wasser oder etwas mehr als das doppelte ersetzt worden. 5) Es wurden 30 Cub.-Zoll Wasser in die Trommel gemessen und diese in Kupfervitriol gestellt. Nach 18 Stunden fan- den sich 284 Cubh.-Zoll Flüssigkeit in der Trommel. Das Areometer stand auf 13° und das Wasser reagirte auf Kupfervitriol. Es ergiebt sich aus diesen Versuchen, dass ein gegenseitiges Mischen der Flüssigkeiten in und ausser der Trommel in kleinen Mengen stattfindet und natürlich wird der eindringende Kupfervitriol, wenn eine Zinkplatte in der Trommel befindlich ist, vom Zink zer- setzt und dieses auch von der mit eindringenden freien Schwefel- säure aufgelöst. Zum Zweck der Plattenbildung geht daraus her- vor, dass die Reinigung der Zinkplatten wenigstens alle zwei Tage geschehen soll, weil sonst das Belegen derselben mit einer Kupfer- schichte nachtheilig auf den galvanischen Strom einwirken kann. m. Als Erregungsflüssigkeit, welche in die Trommel einige Linien hoch über die Zinkplatte gegossen wird, habe ich in der letzteren Zeit nur gewöhnliches Brunnenwasser genommen und bemerkt, dass namentlich das Ablösen und die Trennung der Platien dabei vor- 366 züglich gut von statten geht. Eine etwas grössere oder geringere Menge von Wasser ist ohne wesentlichen Einfluss auf die Kupfer- bildung. Ich erhielt bei einem Versuche mit 32 Cub.-Zoll Wasser unter gleichen Umständen dieselbe Menge Kupfer wie bei einem andern von 44 Cub.-Zoll Wasser. Die Bildung von einer grösseren oder kleineren Menge des Zänkvitriols in einer bestimmten Zeit hängt von dem Gange der gal- vanischen Präcipitation ab, und wenn sonst die Verhältnisse die- selben sind, kann man aus der Stärke des (z. B. in 24 Stunden) gebildeten Zinkvitriols auf die stattgefundene galvanische Thätig- keit und Kupferausscheidung schliessen. Ich habe auch versucht aus der Stärke des gebildeten Zinkvitriols die Menge des gefällten Kupfers zu bestimmen und habe dafür eine Tabelle entworfen, ob- wohl vorauszusehen war, dass damit nur annähernde Resultate ge- wonnen werden können, sie waren aber doch zu wenig genügend, theils wegen des Austausches der Flüssigkeiten, theils wegen der Differenzen, die sich beim Messen mit dem Areometer bei verschie- denen Temperaturen ergeben. Unter einer Temperatur von 6—8 R. sollen die Fällungen nicht gemacht werden. Ich benützte während des Winters für grosse Platten einen Keller, dessen Temperatur ohngefähr 6° RK. war. Dabei kam der Zinkvitriol in 24 Stunden nicht über S° R. und wurde vortreflliches Kupfer erhalten, doch ging die Bildung lang- sam. In kleinen Apparaten kam der Zinkvitriol bei einer Tempe- ratur von 15° in 24 Stunden zuweilen bis 22° und 24° R. Man kann den Zinkvitriol in Bottichen sammeln, und allmählig verdunsten und krystallisiren lassen und verkaufen. Da der Kupfervitriol ohue weitere Correction um so länger 367 brauchbar erhalten werden kann, als sich weniger Zinkvitriol dem- selben durch die Trommel beimischt, so kann man dafür durch An- wendung guter Trommeln und tägliches Wechseln des gebildeten Zäukvitriols mit Wasser einigermassen sorgen; weit vortheilbafter aber ist es, ein beständiges gleichförmiges Zu- und Abfliessen des Wassers in die Trommel einzuleiten. Wo man fliessendes Wasser anwenden kann, da lässt man es durch eine geeignete Röhre in die Trommel einströmen und bringt etwas über der Zinkplatte ein Ab- zugsrohr an. Hat man kein fliessendes Wasser, so stellt man den Wechsel durch Anwendung eines oder zweier Heber her. Diese können von Blei oder Glas sein mit engen Ausflassröhren, und au dem Theile, wo das Wasser in die Röhre strömt, glockenförmig erweitert und mit feinem Flor überspannt, dass keine Unreinigkeiten in die Röhre dringen und sie verstopfen kann. An der Trommel wird ein Abzugsrohr angebracht, auch wenn man einen Heber zum Wegnehmen gebraucht, weil der zuführende Heber eher mehr als weniger Wasser zuführen soll, als der abziehende aufnimmt, da sonst das Zink trocken gelegt würde, zugleich aber gesorgt werden muss, dass die Trommel nicht überfliesst. Bei Anwendung dieses Wechsels der Trommelflüssigkeit kann ein Kupfervitriol sehr lange ohne alle weitere Correction gebraucht werden, als dass man den zersetzten Kupfervitriol durch eingehängte Krystalle fortwährend ergänzt und zuweilen den Gehalt der freien Schwefelsänre prüft und regelt. Ich habe dabei vortreffliches Kupfer erhalten. IV. Für die Zinkplatten habe ich ohne wesentlichen Unterschied gegossenes und gewalztes Zink angewendet. Diese Platten sollen 368 nicht zu dünn seyn und eine Dicke von etwa 2 Linien haben. Sie werden in der Trommel entweder auf kupferne Hacken, die am Trommelgestell angebracht sind, gelegt oder auf Holzstäbe, wie bei II. gesagt worden. Bei den grössern Apparaten ist die Zinkplatte von dem Felle gegen 4 Zoll entfernt. Nach 24 Stunden findet man die untere Seite des Ziuks mit einem schwärzlichen Schlamm bedeckt, welcher auch oft auf die Trommel fällt und dann Veranlassung werden kann, dass sich unten an dieser kleine Kupferwärzchen ansetzen, welche Löcher im Felle hervorbringen. Es ist daher sehr zu empfehlen, die Zinkplatte in ein grobes Leinentuch einzuschlagen, die obere Seite für den Leiter natürlich ausgenommen. Ich habe den. schwarzen Schlamm unter- sucht, nachdem er mit Wasser gut ausgewaschen war und das Waschwasser nicht mehr auf Schwefelsäure reagirte. Beim Auf- lösen in Salpetersäure bleibt schwefelsaures Bleioxyd zurück und die Auflösung zeigt einen kleinen Gehalt an Kupferoxyd und Spu- ren von Eisenoxyd. DasBlei, dessen Menge im Zink übrigens ge- ring ist, nimmt daher auch Antheil an dem galvanischen Processe. Die Zinkplatten werden alle 24 Stunden oder je nach Umstän- den auch nach zwei Tagen durch Abbürsten gereinigt und die für den Leiter bestimmten Stellen mit einer Feile oder mit Bimsstein rein gerieben. V; Die Platte, welche copirt werden soll, wird, wie ich dieses in meiner Galvanographie beschrieben habe, auf ein wohl gereinig- tes Kupferblech, welches um einige Zoll ringsum grösser ist, ge- legt. Die Ränder dieser Unterlage sind mit Wachs zu decken, 369 die Rückseite der zu copirenden Platte muss, wo sie auf der Un- terlage aufliegt, blank gefeilt seyn. An dem Unterlagbleche sind ein oder zwei entgegengesetzte oder auch vier Leitungsstreifen an- gebracht, am besten bei einem grössern solchen Bleche mit der Scheere ausgeschnitten, welches besser ist als das Anlöthen. Diese Streifen haben eine Länge von 6— 8 Zoll, sind gegen 2 Zoll breit und von der Dicke eines gewöhnlichen Bleches. Sie werden ver- tical aufgebogen. Um die Verbindung mit der Zinkplatte herzustel- len, gebrauche ich Bleistreifen von ähnlicher Breite und Dicke, welche über die ganze Zinkfläche hingehen und darauf durch Be- schwerstücke vou Glas, Porcellau, etc. niedergedrückt werden. Das Blei soll nicht angelaufen und unrein seyn, sondern metallisch glänzend und homogen. Die Enden und die aufliegenden Theile sind beim jedesmaligen Reinigen blank zu putzen. Die Verbindung der Kupfer - und Bleistreifen geschieht durch eine Klammerschraube. Will man sich vom Gange des Processes und der Stärke des Stromes überzeugen, so kann man ein Galvanometer anwenden. Ein hiezu ausreichendes besteht in einem spitzen Stahlstift von ein Zoll Länge, welcher durch einen Holzstreifen von ohngefähr 6 Zoll Länge und 1 Zoll Breite gesteckt wird; an diesen Stift wird ein durchbohrtes Kupferblech von 2 Zoll Länge, 2—3 Linien Breite und 4—4 Linien Dieke angesteckt und gegen das Holz niederge- schoben und zu diesem rechtwinklich gedreht. Ueber dieses Kupfer- blech, welches am Stifte fest anschliesst und dessen Enden auf der untern Seite blank und eben gefeilt seyu müssen, kann man ein in Grade getheiltes kreisförmiges Kartenblatt stecken, um daran die Grösse ‘der Abweichung der Magnetnadel zu messen. Der Stift durchbohrt also das Brettchen, das kleine Kupferblech und die gra- duirte Scheibe. Beim Versuche wird eine empfindliche Magnetnadel auf die Spitze. des Stiftes gesetzt und das kleine Kupferblech mit Abhandlungen der Il. Cl. d. Ak. d. W. VI. Bd. II. Abth. 47 370 dem einen Ende auf den Kupferstreifen des Unterlagbleches des Apparates, mit dem andern auf das Ende des Bleistreifens, der von Zink kommt, aufgelegt. Zu diesem Zweck werden beide Streifen mit den Enden geeignet horizontal gebogen und die Klam- merschraube abgenommen, so dass die Verbindung nun durch das Kupferblech des Galvanometers geschieht. Der Holzstreifen dient, um das Galvanometer mit den Händen halten und wenn die Nadel ruhig steht, dasselbe langsam auf die Verbindungsstreifen nieder- lassen zu können. Die Abweichung erfolgt in dem Augenblicke der Berührung der Metalle und hat man zuerst den Stand der Nadel beobachtet, so wird die Grösse der Abweichung und damit die Stärke des . Stromes an dem Kreisbogen gemessen. Ich habe nicht für noth- wendig befunden, dass dem Apparate ein solches Galvanometer con- stant eingeschaltet werde. Da Kupfer ein weit besserer Leiter ist als Blei, so habe ich auch statt der bleiernen Verbindungsstreifen kupferne angewendet; sie haben aber das Unbequeme, dass sie nicht so leicht zu biegen und zu handhaben sind wie jene und legen sich nicht so eben auf die Ziukfläche. Auf die Fällung hat es keinen beachtenswerthen Einfluss, ebenso findet keine merkliche Differenz statt, ob die Ver- bindungsstreifen bei gleicher Breite 4 Linie oder 1 Linie dick sind. Von wesentlichem Einflusse ist aber auf die Menge des ge- fällten Kupfers unter übrigens gleichen Umständen die Temperatur. Ich erhielt bei einer Temperatur von 14°—15° R. in derselben Zeit um 4 mehr Kupfer als bei einer Temperatur von 5° R. Ebenfalls von Einfluss, der hier in Betracht kommen kann, ist 371 die Entfernung der Zinkplatte von der Kupferplatte. Bei meinen Versuchen war die Trommel in der Regel 2 Zoll von der Unter- lage entfernt. Weniger soll sie nicht betragen. Die Trommel be- rührt nur die Oberfläche des Kupfervitriols oder taucht nur wenig in diesen ein. Es ist zur Erzeugung von gutem Kupfer von wesentlichem Vortheil , grosse Quantitäten von Kupfervitriol, also grosse Gefässe für die Fällungsflüssigkeit anzuwenden. Das Gefäss soll rings um die Trommel noch einen Raum von 8--10 Zoll haben. Meine grössern Gefässe bestehen aus vierseitigen Holzkasten, welche innen wohl getheert und gefirnisst sind. Sie sind von rectangulärer Form und parallel den längern Seiten sind rinnenförmige Leinwandstreifen an die Wände genagelt, welche zur Aufnahme der Kupfervitriolkry- stalle dienen, um die erschöpfte Flüssigkeit zu sättigen. Mit den Krystallen gefüllt tauchen sie in den obern Theil der Flüssigkeit ein. Bei einem sonst guten Vitriol habe ich dergleichen Krystalle alle zwei Tage eingelegt, so dass er zwischen 22° und 24° B. er- halten wurde. VI. Die Kupferplatte, welche copirt werden soll, versilbere ich zuvor, und dieses geschieht höchst einfach und mit geringen Kosten dadurch, dass man solche Platten in eine Auflösung von Chlorsilber in Kochsalzauflösung einlegt. Dazu bereitet man eine concentrirte Auflösung von Kochsalz und tropft in diese salpetersaures Silber- oxyd unter Umrühren so lange ein, bis der entstehende Niederschlag nicht mehr verschwindet, dann lässt man diesen Niederschlag sich absetzen und gebraucht die klare Flüssigkeit. Diese kann immer 47° 372 wieder benützt werden und ist nur von Zeit zu Zeit etwas Silber- auflösung zuzusetzen. Hat man glatte Platteu zu versilbern, so lässt man sie etwa 20—25 Minuten in der Versilberungsflüssigkeit liegen, nimmt sie dann heraus, wäscht sie mit Wasser ab und trocknet sie schnell zwischen Fliesspapier unter Abwischen mit einem feinen lei- nen Tuche. Man kann sie dann noch mit weichem Leder reiben. Hat man aber eine geätzte oder roulletirte Platte oder ein Relief davon zu versilbern, so ist es besser das Versilbern 1 bis 2 Stunden fortwähren zu lassen (bei gewöhnlicher Temperatur). Die Platten bekommen dann einen matten weisslichen Ueberzug, werden abge- waschen und durch aufgelegtes Fliesspapier und Andrücken des- selben getrocknet ohne nachträglich gerieben zu werden. Die Kupfer- platten müssen vorher durch reines Terpentinöl, nöthigenfalls durch Salzsäure und Wasser wohl gereinigt werden, Der Grund warum roulettirte oder tief geätzte Platten stärker zu versilbern sind, ist der, dass sich eine galvanisch gebildete Platte von solchen begreiflicherweise viel schwerer trennt als von glatten. Eine stärkere Versilberung erleichtert diese Trennung, in- dem dann das Silber zum Theil sich loslöst und auf die Copie über- geht. Indessen ist es nicht rathsam die Versilberung über 3 Stun- den dauern zu lassen, weil sich sonst das Silber schon beim Ab- trocknen ablösen kann und auch die Kupferfläche unnöthig ange- griffen wird. Wenn auf eine versilberte Platte gemalt oder gezeichnet werden soll, so’ ist diese vorher noch 6 bis 8 Stunden in schwach 'sauern Kupfervitriol oder in Wasser mit wenig Schwefelsäure zu legen, abzutrocknen und zu gebrauchen. Wenn man dieses unterlässt, s» zeigen sich meistens nach einigen Tagen gelbliche oder grünliche 373 Flecken auf dem Silber, welche beim Zeichnen stören können, üb- rigens ohne Nachtheil sind. Bei einer gehörig vorbereiteten Platte, mit oder ohne Zeichnung ist vor dem Einlegen die in den Vertiefungen adhärirende Luft zu entfernen. Legt man ein roulettirtes Relief oder ein mit Graphit eingestaubtes. Bild unmittelbar in den Vitriol, so bemerkt man eine Menge adhärirender Luftblasen, die zuweilen als eine fast. silber- glänzende Schichte ganze Stellen der Platte zu überziehen scheinen. Entfernt man sie nicht, so wächst das galvanische Kupfer über diese Blasen und Schichten und man erhält sehr oft eine glatte Stelle an der Kopie statt einer rauhen ete. Ich habe, um solche Luftblasen zu entfernen, ein Andampfen mit kochendem Wasser empfohlen and dieses Mittel bewährt sich auch sehr gut. Ich er- wähne aber hier noch eines andern, welches der französische Gal- vanoplastiker Demirmont bekannt gemacht hat und welches fast in allen Fällen gute Dienste leiste. Man bereitet sich nämlich ein Gemisch von gleichen Maasstheilen Weingeist und Wasser und über- giesst die zu copirende Platte vor dem Einlegen mit dieser Flüssig- keit, wobei die Luftblasen fast ganz entfernt werden. Es ist auch zweckmässig die Platte anfangs nur in eine dünne Schichte von Kupfervitriol zu legen, die sie gerade überdeckt, denn einmal werden dadurch die Luftblasen deutlicher sichtbar und dann sind sie mit einem feinen Pinsel leichter zu entfernen oder steigen auch bei längerem Liegen von selbst in die Höhe; bei einer höheren Lage der Flüssigkeit ist dieses natürlich weniger der Fall. Sind die Luftblasen entfernt, dann füllt man den übrigen Vitriol ein etc. Da sich roulettirte oder geätzte Platten aus begreiflichen Grün- den schwerer trennen als glatte oder getuschte, so wird beim Ab- feilen die Trennungslinie am Rande nicht immer gleich sichtbar und man hat sie zuweilen an den Ecken durch leichtes Einschlagen 374 eines Meissels zu suchen. Es ist daher zweckmässig, solchen Plat- ten einen ebenen Rand von etwa 4 Zoll zu geben, was ohnehin gewöhnlich geschieht. Nach dem Abfeilen des Randes überzeugt man sich durch Einschieben einer beinernen Spatel, welche um die ganze Platte geführt wird, ob das Abfeilen überall vollkommen ge- schehen sei und fängt dann bei den Ecken die Trennung vorsich- tig und allmälig an. Hat die Platte eine hinreichende Dicke, so ist die Qualität des Kupfers weniger wesentlich, dünne Platten aber müssen von gutem zähem Kupfer gebildet werden, um nicht ein Ahbrechen derselben befürchten zu müssen. Wenn ein dünnes Reliefblech copirt wird, so geschieht es zu- weilen, besonders bei roulettirten Platten, dass nach einigen Tagen durch den Niederschlag eine Spannung an dem Bleche entsteht und dass es nicht mehr eben auf der Unterlage liegt, sondern concav gegen die Trommel gebogen. Dadurch kommen die Ränder näher an die Trommel und es häuft sich dann darauf das Kupfer in Wulsten an. Wenn man ein solches Gebogensein bemerkt, so nimmt man die Platte heraus und biegt sie ohne Nachtheil durch einen gehörigen Druck mit der flachen Hand auf einem Tische wieder eben. Es ist immer räthlich, eine werthvolle Platte erst in den Apparat zu legen, nachdem man sich von einem guten Gange des- selben überzeugt und ein Probeblech von 12 bis 24 Stunden genom- men hat. Um die Quantität des gefällten Kupfers, also die Dicke der Platte zu beurtheilen, kann man ein versilbertes Kupferblech von etwa 2 Quadratzoll Grösse auf die zuerst gedeckten Stellen legen und damit den Platz täglich wechseln. Bei kleinen Platten nimmt 375 man nach 8 Tagen, bei grossen nach 14 oder 18 Tagen dieses Blech heraus und feilt die Kupferplatte ab, man ersieht daraus die Dicke der grossen Platte. Da die Fälluug in der Nähe des Leiters, wenn nur ein solcher angewendet wird, manchmal stärker ist, als an andern Stellen, so ist die wachsende Platte von Zeit zu Zeit so zu legen, dass nicht immer dieselbe Stelle dem Leiter zunächst kommt. Wenn der Kupfervitriol nicht klar ist und fremdartige Körper darin herumschwimmen, so legen sich diese auf das wachsende Kupfer und wachsen dann hinein. Man kann diesem Uebelstande zum Theil begegnen, indem man täglich das Kupfer mit einem Borstpinsel überfährt und adhärirende solche Körper bei Seite schiebt, am besten aber ist es, klaren Vitriol anzuwenden, welchen man nicht durch Filtriren, sondern dadurch erhält, dass man die Lösun- gen einige Tage ruhig stehen lässt und dann den klaren Theil mit einem -Heber abnimmt. Ein solcher Heber ist bei allem Einfüllen und Umfüllen nothwendig, und besteht ganz einfach in einer im Bogen gekrümmten Röhre, deren einer Schenkel gegen 14 Zoll, der andere etwa 2 Fuss misst. Um galvanische Platten zum Zwecke des Druckes dicker zu machen, habe ich auch einige. Versuche mit Auflöthen von Kupfer- blechen angestellt. Dieses Auflöthen kann nicht geschehen, so lange das galvanische Blech mit der Originalplatte noch vereinigt ist. Es zeigte sich, dass dann die Platten, die sich sonst sehr gut getrennt hätten, nicht mehr so leicht zu trennen waren und mancherlei Feh- ler hatten. Es muss also das galvanische Blech abgenommen wer- den. Für kleinere Platten habe ich nun solche Bleche auf eine ebene lithographische Platte mit der Bildseite in feinen Gyps ein- 376 gelassen und eingepresst. Dann legte ich 4 oder 5 Blätter Staniol auf die mit salzsauerm Zinkoxyd befeuchtete Rückseite des Bleches und ein ebenes Kupferblech von geeigneter Dicke auf den Staniol, und bewerkstelligte das Zusammenlöthen durch eine aufgelegte roth- glühende Stahlplatte. Nach dem Erkalten nahm ich die Platte ab und obwohl die Bildseite schwach bunt angelaufen war, so zeigte sie sich doch vollkommen brauchbar. Für grosse Platten habe ich es bis jetzt nicht versuchen ‚können, da mir hinlänglich grosse Stahlplatten zum Anschmelzen fehlten. Man kann vielleicht statt solcher einen Kasten von hinlänglich starkem Eisenblech auf das Kupfer stellen und zum Erwärmen dann eine hinlängliche Menge geschmolzenes Blei schnell eingiessen. Ich muss diese Manipulationen Andern überlassen, es wäre aber ein grosser Gewinn an Zeit und Geld, wenn man auf diese Weise galvanische Bleche von einigen Tagen zu Druckplatten machen kann. vn. Zur Anfertigung der galvanographischen Bilder werden matt auftrocknende enkaustische Farben gebraucht und die lithographische Kreide. Um letztere anwenden zu können, muss die Platte mit einem Korn versehen sein, welches man mit Anwendung der Rou- lette erhält oder mit Aetzen eines Aquatinta-Korns etc. (S. m. Gal- vanographie 2. Aufl) Wenn man ein Tuschbild malt, so sind die stärkern Schattenparthien zuletzt, wenn das übrige Bild schon trocken ist, zu übermalen und die noch frische Farbe ist mit Graphit- pulver, welches man darauf schüttet und wieder abklopft, rauh zu machen. In solche raulı gemachte Stellen kann man mit einem spitzen Holzstifte, wenn die Farbe etwas angezogen, noch radiren 377 und mannigfaltig modelliren. Mit manchem Vortheil ist auch aufge- staubtes Pulver von Colophonium und andern leicht schmelzbaren Harzen zu benützen, indem man die Platte vorbereitend damit körnt oder auch nach dem Malen die Oberfläche der Farben rauh macht. Das Anschmelzen geschieht durch die Flamme einer Kerze oder von brennendem Papier. Ein stärkeres Erhitzen gibt ein breitgeflossenes Korn, Das Aufstauben kann sehr gut durch ein mit Flor über- spanntes Rohr, in welches das Harzpulver geschüttet wird, und durch Klopfen an dieses Rohr geschehen. Es ist sehr wesentlich, dass die Farbe vor dem Einlegen der Platte vollkommen trocken sei und es kann das Trocknen durch gelindes Erwärmen beschleunigt werden. Um die Luftblasen zu verhindern, kann man ohne Nachtheil das oben angeführte Gemisch von Wasser und Weingeist über das Bild giessen und dann die Platte einlegen. Für die mit lithographischer Kreide anzufertigenden Bilder werden die Conturen und alle leichtern Schattirungen auf das roulettirte Relief aufgetragen, die stärkern Schatten werden meistens nachträglich durch Aetzen eines Aquatinta- oder Roulett- korns hervorgebracht. Man kann sie auch durch Auftragen enkau- stischer Farbe oder lithographischer Kreide in dicker Lage hervor- bringen, wenn man dann solche Lagen mit einer geeigneten Ron- lette furcht ete. Um beim Aetzen durch keine Gasentwicklung belästigt zu wer- den, habe ich einige Versuche mit Aetzflüssigkeiten angestellt und gefunden, dass das Eisenchlorid allen Anforderungen entspricht, die hiebei gemacht werden können. Die Bereitung ist einfach und wohl- feil und das Präparat ist fortwährend brauchbar zu erhalten. Man löst dünnes Eisenblech, welches mit der Scheere in Streifen ge- schnitten wird, in mässig starker Salzsäure bei gewöhnlicher Tem- Abhandl. d. 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 48 373 peratur auf. Zu der erhaltenen dunkel grünlichbraunen Flüssigkeit setzt man eine Auflösung von chlorsauerm Kali in kochendem Was- ser, so lange, bis die Farbe der Flüssigkeit, wenn man etwas da- von in einem Probeglas mit wenig Wasser verdünnt, der von Bier gleich geworden ist und mit Aetzammoniak einen braunrothen Nieder- schlag gibt. Hat man beim Auflösen des Eisens nicht einen kleinen Ueberschuss an Salzsäure genommen, so wird die Flüssigkeit beim Zusatze des chlorsauern Kali’s eine braunrothe breiartige Masse. Man setzt dann concentrirte Salzsäure zu und erwärmt nöthigenfalls, bis Alles klar aufgelöst ist. Es ist gut, diese ganze Operation unter einem ziehenden Kamin vorzunehmen, weil sich besonders durch zu viel Zusatz von chlorsauerm Kalı schädliche Gase entwickeln kön- nen. Wenn aber die Operation beendigt und die Flüssigkeit bis zur gehörigen Durchsichtigkeit mit Wasser oder verdünnter Salz- säure versetzt worden ist, so ist sie ohne merklichen Geruch und es entwickelt sich kein Gas beim Aetzen. Diese Flüssigkeit kann nach längerem Gebrauche durch den erwähnten Zusatz von chlorsauerm Kali immer wieder vollkomınen brauchbar gemacht werden. Das Eisenchlorid gibt beim Aetzen an das Kupfer Chlor ab und in Verbindung mit diesem geht das Kup- fer in die Auflösung. Entlält diese, nach öfterem Gebrauche mit chlorsauerm Kali wieder ätzend gemacht, Kupferchlorid, so verhält sich dieses dem Eisenchlorid äbnlich und löst ebenfalls, sein Chlor theilend, Kupfer auf, wie aus der Fuchs’schen Kupferprobe be- kannt ist. Der dabei anzuwendende Firniss ist ein gewöhnlicher guter Aetzgrund. Das Eisenchlorid kann auch dienen, um kupfernen Gegenständen eine schön matte Oberfläche zu geben etc. Es wäre sehr zu wünschen, dass die Anfertigung solcher gal- vanographischer Platten, d. h. die Kupferbildung von den galvano- 379 plastischen Anstalten übernommen würde, damit die Künstler nicht selbst die Apparate etc. anschaffen müssten und sich um das Tech- nische, nur insoweit es die Kunst erfordert, zu bekümmern hätten. Ich zweifle nicht, dass dieses mit der Zeit geschehen werde und dass man ebenso roulettirte Reliefs oder auch vom Aquatinta-Aetz- korn etc. zum Zeichnen und 'Tuschen wird kaufen können, wie man anderes Material dieser Art kaufen kann, und wenu es dahin ge- kommen sein wird, dann wird die Galvanographie eine Verbreitung und Anwendung gewinnen, wie es gegenwärtig mit der Lithographie der Fall ist. 48* use ie eo re Kuanb ‚uchaew nee ee AT ak a er binnen auibarrne a ru vechr wand re a ee ee an ren ‚are ka sirraer lieg ee rt er Abi when Aa re are eur arrittheor u ie ee er en ee sn eiekanb an ee ne" a: er 5 er are PR I avi = ichepn balonhna kg bar wonach ‚bei ce u en ere sah Herı SE ae VORERTENR: yuobumwd ha we. Kanzel Fi 2 ae wel een tısiekahe: zn 7 A wi - a Kal neh Une ne ispre lu Abit- D ran et top hesırliga a ar ee RAT Hier, Ye VE usitz ) Kap Su an Kık, ae. 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Im Laufe der letzt verflossenen Jahre sind zur Ausführung der verschiedenen Arbeiten, welche zum Wirkungskreise der Stern- warte gehören, mehrere neue Instrumente und Apparate eingerichtet worden, wovon ich in den folgenden Blättern eine kurze Beschrei- bung zu geben beabsichtige. Eine solche Beschreibung scheint mir aus zweierlei Gründen zweckmässig und nützlich: einmal gewährt sie die nöthige Grundlage zur Beurtheilung des Werthes der von unserer Anstalt bekannt gemachten Beobachtungsreihen, dann kann sie aber auch, unabhängig von den erzielten Resultaten, als ein Bei- trag zur Instrumentenlehre betrachtet werden. Um von den in dieser Abhandlung vorkommenden Instrumenten eine allgemeine Idee zu geben, will ich hier voraus Einiges über ihren Zweck und ihre Entstehung anführen. Es ist gegenwärtig wohl allgemein anerkannt, dass registri- rende oder selbstschreibende Instrumente zur Förderung der Me- 354 teorologie und zur Erforschung der Verhältnisse des Erdmagnetis- mus, unabweisbares Bedürfniss sind. Ohne eine stündliche, Tag und Nacht fortgesetzte Beobachtungsreihe kann man die vorgehen- den Aenderungen nicht gehörig verfolgen; eine solche Beobach- tungsreihe aber durch Gehülfen ausführen zu lassen, erfordert Geld- mittel, wie sie nur ausnahmsweise begünstigte Anstalten bie und da besitzen, ganz abgesehen von der Krage, ob es möglich sei, zuver- lässige Gehülfen zu erhalten, die ohne Nachtheil für ihre Gesund- heit eine so austrengende Arbeit ausführen würden. Diese Ver- hältnisse sind Veranlassung gewesen, dass in neuerer Zeit mehrere Gelehrte sich mit der Construction registrirender Instrumente be- schäftiget haben. Lässt man die von mir vor dem Jahre 1840 con- struirten, aber nur kurze Zeit benützten registrirenden Barometer und Thermometer ausser Betracht, so war Kreil in Deutschland der erste, der mit registrirenden Instrumenten eigener Erfindung nütz- liche meteorologische Resultate geliefert hat. Seinem Vorgange bin ich einige Jahre später gefolgt und habe durch ganz verschiedene mechanische Einrichtungen, die in dieser Abhandlung beschrieben sind, ähnliche Zwecke zu erreichen gesucht. Was die registrirenden magnetischen Instrumente betrifft, so sind die an der hiesigen Sternwarte aufgestellten die ersten gewe- sen, die zum wirklichen Beobachten verwendet worden sind; der von mir befolgte Weg ist von den anderwärts unternommenen Ver- suchen (die indessen, so viel bisher bekannt, nirgends entsprechende Resultate geliefert haben) gänzlich verschieden. Ziemlich allgemein scheint sich die Ansicht verbreitet zu haben, dass mit registrirenden Instrumenten überhaupt nur eine Approzi- mation, nicht die Genauigkeit unmittelbarer Ahlesung erreicht wer- den könne oder solle. Diese Ansicht kann ich nicht als begründet 385 anerkennen. Es sind jetzt mehrere Jahre die hier beschriebenen registrirenden Instrumente an der hiesigen Sternwarte in ununter- brochenem Gebrauche gewesen, während zu gleicher Zeit zur Con- trole täglich zwölfımal die Aufzeichnungen nach den gewöhnlichen Instrumenten gemacht werden, und als Ergebniss der vorgenomme- nen Vergleichungen trage ich kein Bedenken, die Angaben der re- gistrirenden Instrumente für eben so sicher wie die unmittelbare Beobachtung zu erklären, Der galvanische Zeitregistrirungs- Apparat ist eine Nachahmung des von Dr. Locke in Washington erfundenen und von ihm „auto- matic elock register“ benannten Apparates. Da Dr. Locke's Er- findung für die praktische Astronomie die wichtigsten Vortheile ver- spricht, und voraussichtlich an den europäischen Sternwarten iu nächster Zukunft allgemein eingeführt werden wird, so dürfte die Beschreibung der au der hiesigen Anstalt getroffenen, in mehrfacher Beziehung eigenthümlichen, Einrichtung einiges Interesse darbieten, um so mehr, als die amerikanischen Mittheilungen keineswegs die Vollständigkeit haben, welche bei der ersten Ausführung oder An- wendung des Apparates wünschenswerth erscheinen möchte. Der Registrirungs- Apparat für Stern- Declinationen hat den Zweck, die Arbeit der Zonenbeobachtungen zu erleichtern und eine weit grössere Anzahl von Bestimmungen zu liefern, ohne der bei solcher Beobachtungsweise sonst erreichten Genauigkeit Eintrag zu tun. Das hier beschriebene Klectrometer, dem Prinzip nach überein- stimmend mit dem von Peltier für die Brüsseler Sternwarte con- struirten Instrumente, ist seit dem Frühjahre 1850 an der Stern- warte gebraucht worden, um die Spannung der Luftelectricität zu Abhandl. d. I. Cl. d. k.-Ak, d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 49 386 messen. Die Art und Weise, wie dieser Zweck erreicht wird, na- mentlich aber die Berechnung der Spannung aus den Angaben des Instrumentes, unterscheidet sich in wesentlicher Beziehung von dem sonst befolgten Wege. Der galvanische Strom ist hänfig in den letztem Jahren zur Bewegung von Uhrwerken angewendet worden, aber nur in der Weise, dass dadurch die Gewichte ersetzt wurden, und es also nicht notlıwendig war, die Uhr aufzuziehen. Dem hier beschrie- benen galvanischen Pendel liegt ein ganz anderer Zweck zu Grunde: ich babe nämlich gesucht, durch mittelbare Einwirkung des galva- nischen Stromes ein vollkommen gleichmässiges Schwingen eines Pendels, mithin eine genaue Zeitmessung, wie sie insbesondere in der Astronomie erforderlich ist, zu Stande zu bringen. Dass durch Uhrwerke eine vollkommene Zeitmessung nicht zu erlangen ist, wird wohl, man mag die Theorie oder die Praxis berücksichtigen. nicht in Abrede gestellt werden können. Der Höhensector wurde zunächst erfunden und angewendet, um Berghöhen zu messen, kann aber auch sonst, da er kleine Höhen- Unterschiede mit weit grösserer Genauigkeit als irgend eines der gewöhnlichen Winkelinstrumente angiebt, mancherlei nützliche An- wendung finden. Das Differential- Inclinatorium ist von mir gebraucht worden, um die Neigung der Magnetnadel an verschiedenen Punkten Bayerns zu ermitteln. Die Einrichtung besteht im Wesentlichen aus zwei weichen Eisenstäben, iu welchen durch den Erdwagnetismus ein gewisses magnetisches Moment inducirt wird, und die, auf einen magnetischen Theodoliten aufgesetzt, eine Ablenkung der freien Na- del bervorbringen, woraus man die Inclination berechnen kann. \ | 387 Die magnetische Waage hat die Bestimmung, die Kraft zu messen, welche erfordert wird, um zwei Magnete oder einen Magnet und ein Stück weiches Eisen von einander loszureissen: sie giebt ein Maass der, magnetischen Anziehung unter Umständen, wo die gewöhnliche Messungsweise nicht zum Ziele führt, und kann beson- ders angewendet werden, um die Vertheilung der magnetischen Kraft in magnetisirten Körpern zu ermitteln. . 1. Registrirende meteorologische Instrumente. A. Frühere, an der Sternwarte ausgeführte Versuche. Seit dem Jahre 1837 habe ich mit der Idee registrirender In- strumente zeitweise mich beschäftigt. In dem eben genannten Jahre wurden an der Sternwarte ein registrirendes Barometer und Ther- mometer aufgestellt, wovon ich hier um so mehr eine kurze Nach- richt gebeu zu müssen glaube, als die damit erhaltenen Beobach- tungs-Resultate bereits im Drucke erschienen sind. *) In einem mit Quecksilber gefüllten eisernen Gefässe standen 12 Barometerröhren, wovon am Ende einer jeden Stunde eines ge- sperrt wurde. Nach Verlauf von 12 Stunden musste immer abgelesen werden, Das Sperren geschah auf folgende Weise. Jedes Ba- rometerrohr war in einem eisernen Stiefel festgekittet; das Queck- *) Annalen f. Meteorologie und Erdmagnetismus. Heft I. 49* 388 silber floss bei der Oeffnung a (Fig. 1) ungehindert ein und aus, so lange der eiserne Cylinder f, an welchem der stählerne Kegel b festgemacht war, oben gehalten wurde. Liess der oben angebrachte Mechanismus den eisernen Cylinder los, so drückte er durch sein Gewicht den stählernen Kegel in die Oeffnung ein und versperrte das Barometer. In Fig. 2 sieht man den Durchschnitt des Stiefels. Als diese Vorrichtung aufgestellt wurde, erfüllte sie den Zweck vollkommen; es dauerte indessen kaum 14 Tage, so zeigte sich, dass die Kegel nicht mehr das Quecksilber vollkommen absperrten. Alles wurde aufs Nene gereinigt und wieder eingerichtet, aber un- gefähr mit demselben Resultate, dass nämlich nach einiger Zeit die Stahlkegel eine vollkommene Absperrung des Quecksilbers nicht mehr bewirkten. Mehrere Modifikationen wurden eingeführt, jedoch ohne den gewünschten Erfolg. Nach allen von mir gemachten Erfahrungen halte ich es für unmöglich, Kegel oder Wechsel herzustellen, die nicht nach längerm Gebrauche Quecksilber durchlassen. *) Nach dem Missglücken dieses Versuches ersetzte ich die Ba- rometerröhren, ohne an dem übrigen Mechanismus etwas zu ändern, *) Ein ähnliches Ergebniss erlangte ich im Jahre 1843, als ich den Versueh machte, ein registrirendes Weingeistthermometer in Gang zu setzen, wo- bei am Ende einer jeden Stunde ein Rohr mittelst eines sehr sorgfältig eingeschliffenen Wechsels verschlossen wurde. Nach einem ganz kurzen Zeitraume war eine doppelte Kraft nothwendig, um die Wechsel zu drehen, und sie sperrten den Weingeist nicht mehr ab. 389 durch Röhren von der Form (Fig. 3) und machte an jedem der eisernen Cylinder eine Glaskapsel fest. Die Oberfläche des Queck- silbers ab deckte die Oeflnung des Rohres vollkommen zu; um die bestimmte Stunde wurde oben der eiserne Cylinder losgemacht; die Kapsel ging in das Quecksilber hinein (Fig. 4) und schnitt die Ver- bindung zwischen dem Quecksilber im Gefässe und dem Quecksil- ber im Rohre ab. Dabei wurde das Quecksilber im Rohre durch die in der Kapsel hefindliche Luft mehr oder weniger, etwa bis ce. hinuntergedrückt. Sollte später ahgelesen werden, so musste man langsam die Kapsel heben und so gieng das Quecksilber hinauf, bis es mit der Fläche des Rohr-Endes bei d im Niveau stand, dann erst zeigte die Scala den wahren Luftdruck an. Das Caliber des un- tern Theiles vom Barometerrohre betrug etwas mehr als eine Linie. der obere Theil war um das Dreifache weiter. Diese Einrichtung hat, wie man sieht, den Vortheil, dass man die Temperatur des Quecksilbers zu der Zeit, wo es abgesperrt wurde, nicht zu kennen braucht; es reicht hin, die Temperatur nur einmal, nämlich da wo die Barometerröhren abgelesen werden, zu notiren. Dieses Instrument war im Gang vom Jahre 1838—1841 und hat vollkommen entsprochen, obwohl es praktisch minder bequem war als die neueren Vorrichtungen. Zu gleicher Zeit mit dem Barometer wurde ein registrirendes Thermometer für die Messung der Lufttemperatur eingerichtet. Es bestand aus einem horizontal liegenden starken Messingdrath von 26 Fuss Länge, festgemacht an einem Ende und am andern Ende in a (Fig.5), verbunden mit der auf Frietionsrollen liegenden Schiene AB, so dass die Schiene — durch die Einwirkung der Temperatur 390 auf den Drath — vorwärts und rückwärts gieng. Einer Temperatur- Aenderung von 45 ° (wie sie im Laufe des Jahres bei uns in der Regel vorkommt) entsprach eine Bewegung der Schiene von unge- fähr fünf Linien. Die Schiene trug 12 gleiche Gradtheilungen und hatte in der Mitte einen Schlitz, durch welchen der um die Axe c bewegliche Arm be binaufgieng: dieser Arm trug auf 12 Spitzen die Zeiger von der in Fig. 6 und 6* dargestellten Form. Vermittelst einer Uhr wurde bewirkt, dass am Eude einer jeden Stunde der Arm be um eine Stufe sich senkte und einen Zeiger auf die Schiene hinlegte, der den Temperaturstand zu der betreffenden Stunde angab. - Auch diese Einrichtung zeigte sich vollkommen entsprechend und wurde von 1833—1841 angewendet. \ B. Neuere registrirende Instrumente. Da im Jahre 1840 das magnetische Observatorium eingerichtet wurde und ohnehin stündliche Beobachtungen aufgezeichnet werden mussten, so schienen vorerst die registrirenden Instrumente über- flüssig. Bis zum Jahre 1846 *) wurde das neue Beobachtungs- *) Im Jahre 1844 habe ich versuchsweise ein registrirendes Barometer und Thermometer herstellen lassen, wovon ich hier mit ein paar Worten die Construction andeuten will. Das Barometer bestand aus 12 Röhren von der Form BCD (Fig. 7), deren offene Enden in das gemeinschaftliche Quecksilber-Reservoir A sich eintauchten. Am Ende einer jeden Stunde fiel ein Rohr zurück in die Lage B’CD', der obere Raum bei D’ füllte sich mit Quecksilber und das untere Ende des Quecksilbers kam etwa nach 6 und zeigte den Baromelerstand auf einer von ce bis d getheilten Scala an. Zur Registrirung der Lufttemperatur dienten 12 schief gestellte Weingeist- ihermomelter mit doppelter Röhre (Fig. 8). Die eine Röhre war oflen de ee 391 System in aller Strenge ausgeführt; am Ende aber erkannte ich die Unmöglichkeit, es länger fortzusetzen und verlegte mich wieder auf die Construction registrirender Instrumente. _So entstanden die In- strumente zur Aufzeichnung des Luftdruckes, der Temperatur und der Feuchtigkeit, die hier beschrieben werden sollen. Da die Art und Weise, wie der Stand der Instrumente markirt und abgelesen wird, sämmtlichen Instrumenten gemeinschaftlich ist, so werde ich sie hier voraus erklären. 1. Markirung des Standes der Instrumente. - Die Einrichtung ist in Fig. 9 dargestellt: ab ist ein leicht be- weglicher Waagbalken oder Hebel, vertical drehbar um die Axe cc; ein Stück von einer Uhrfeder de, mit einer feinen konischen Spitze f versehen, ist daran festgeschraubt. Der Waagbalken ist mit dem Barometer, "Thermometer oder Hygrometer so verbunden, dass er sich bewegt, wie der Stand des Instramentes sich ändert: so wird die Spitze f höher oder tiefer stehen, je nach dem Stande des Instrumentes, und wenn neben der Spitze f eine Scala sich befände, so würde sie den Stand des Instrumentes anzeigen. Vor der Spitze f steht nun eine Walze W von Zinn, mit einer bei 6, die andere gieng hinab bis a, nahe am Boden der Kugel. In dem untersten Theile der Kugel befand sich eine kleine Quantität Quecksilber. Am Ende einer jeden Stunde stellte sich ein Thermometer senkrecht (Fig. 8*), das Quecksilber nahm den untersten Theil der Kugel ein und verschloss das eine Rohr bei a. Die Ablesung der an beiden Röhren be- findlichen Scalen zeigte an, wie viel die Temperatur, zur Zeit als die eine Röhre verschlossen wurde, höher oder tiefer war als zur Zeit der Able- sung. Diese Vorrichtungen, obwohl ihrem Zwecke entsprechend, erwiesen sich als nicht hinreichend bequem für den Gebrauch. 392 ganz dünnen Schichte von Wachs und Russ geschwärzt. Rück- wärts von der Spitze befindet sich das Winkelstück ghi, beweglich um die Axe kA. So wie dieses Winkelstück vorgeht, so drückt es die Spitze f gegen die geschwärzte Oberfläche der Walze und macht daselbst einen Punkt, der dem obigen zufolge höher oder tiefer auf der Walze steht, je nach dem Stande des Instrumentes, so dass, wenn man die Entfernung des Punktes von dem Ende der Walze misst, der Stand des Instrumentes dadurch gegeben wird. Die Bewegung des Winkelstücks ghi geschieht auf folgende Weise. Die senkrechte Axe Im trägt eine Rolle (Schnurlauf) zx, wo- durch sie herumgedreht wird. Der Sperrhaken g hält die Rolle auf. Wird der Sperrhaken durch ein Uhrwerk gehoben, so fängt die Axe Zm an, sich zu bewegen und macht eine Umdrehung: der Sperrhaken fällt nämlich gleich zurück und hält die Rolle, wenn sie einmal herumgekommen ist, wieder auf. Die Axe Zn trägt auch den Daumen p, gegen welchen das Winkelstück ghi durch die Feder FF angedrückt wird. Der Dau- men » hält das Winkelstück ghi in einiger Entfernung von der Feder de; geht aber die Axe /m um, so wird das Winkelstück frei, die Feder FF drückt es vor und die Spitze f macht einen Punkt auf der Walze. Die Axe Zn hat endlich noch eine kleine Excentrik r und ein Stück s, welches in ein an der Axe der Walze festgemachtes ge- zähntes Rad eingreift. Geht die Axe Zn herum *), so wird der *) Die Axe wird ausgelöst am Ende einer jeden Stunde durch eine gewöhn- liche Pendeluhr. Zu diesem Behufe ist an der Axe des Minutenzeigers 393 Haken t aus dem Zalıne « zurückgezogen, fällt in den Zahn » und bewegt diesen vor, wo zuvor der Zahn w war. Auf solche Weise wird bewerkstelligt, dass die Spitze f den zweiten Punkt nicht auf derselben Stelle, sondern neben dem ersten Punkte macht. Eine fortgesetzte Drehung der Axe bringt eine Reihe von Punkten um die Peripherie der Walze zu Stande. Die Axe der Walze ist am untern Ende sorgfältig abgerundet und ruht auf der Glasplatte «a. Der Daumen » muss eine besondere Form haben, so zwar, dass er das Winkelstück ghö nicht eher verlässt, bis die Spitze f die Walze berührt und dass er das Winkelstück wieder hinreichend hebt, um die Spitze frei zu machen, ehe die Excentrik r den Zahn vorwärts bewegt. Wäre letzteres nicht der Fall, so würde auf der Walze ein Strich oder Riss entstehen. Die Feder FF' soll nur die nöthige Kraft haben, um die Spitze f so anzudrücken, dass sie durch die Schwärze geht; in das Metall soll sie nicht hineingedrückt werden. hinter dem Zifferblatte eine Excentrik fest: gemacht, welche die Stunde hindurch einen kleinen Hammer immer höher hebt; am Ende der Stunde fällt der Hammer herunter und macht eine mit einem Schnurlauf ver- sehene Excentrik frei, so dass diese einmal herumgeht. Während des Herumgehens drückt die Excentrik einen Hebel herab, von welchem aus zu den verschiedenen Instrumenten ‚Drälhe hingehen. Man wird vielleicht glauben, dass durch den galvanischen Strom die Auslösung zweckmässiger bewerkstelligt werden könnte, bedenkt man indessen die Kosten und die Arbeit, welche das Einrichten galvanischer Batterien erfordert, dann die vielerlei Umstände, wodurch ihre Wirkung aufgehoben oder unzureichend gemacht werden kann, so wird man ihnen einen weit geringern prakti- schen Werth beilegen. Wo ich andere Mittel zureichend finde, ver- meide ich stets den Gebrauch galvanischer Batterien. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 50 394 Die Axe des Waagbalkens hat ‚beim. Barometer die Form Fig, 9 und eine Vorlage aa, damit sie nicht bei dem Markiren 'seitwärts hinausgeschoben werden kann. 2... Ablesung der Walzen. Zur Ablesung der Walzen wird ein besonderes Gestell Fig. 10 gebraucht. FF ist ein kleines Fernrohr. von 3 Linien Oefloung und! ganz kurzer Focaldistanz, so gezogen, dass man damit die Scala «@ und die an der Scala hinkommenden Punkte der Walze deutlich sieht. Das Fernrohr ist verschiebbar in den Lagern b, ce. Man könnte die Instrumente so richten, dass ander Scala der absolute Stand abgelesen würde. Bei den hiesigen Instrumenten wird aber 'anders verfahren: da nämlich bei Tage unmittelbare Beob- achtungen) aufgezeichnet werden, so stellt man: die Scala an. der Walze so, dass das registrirende Instrument mit der unmittelbaren Ab- lesung sehr nahe übereinstimmt; ist dann die ganze Punktenreihe abge- lesen, so wird die Correction gesucht, welche hinzugefügt werden muss, damit zwischen den registrirten und unmittelbaren Beobach- tungen eine möglichst genaue Uebereinstimmung hergestellt werde.. Die ‚Ablesung der Walzen wird jede Woche einmal vorge- nommen: die Räder der Walzen haben 180 Zähne. Damit keine Verwechslung stattfinde, was sonst bei einer so langen Punkten- reihe leicht möglich wäre, so werden alle Tage unmittelbar nach 12 Uhr Mittags die sämmtlichen Walzen um einen Zahn vorge- schoben, so dass ein immer kennbares Intervall entsteht; ausserdem sind die Zähne der Räder numerirt, und es wird täglich dreimal zu bestimmten Stunden der Stand der Walzen, zugleich auch die Tem- 395 peratur des Barometers in das‘ „Control-Heft“ eingetragen. Jede im: Mechanismus eingetretene Unordnung, wird auf solche Weise gleich erkannt und unschädlich gemacht. 3. Das Thermometer und Hygrometer. Das Thermometer ist ein Metall-Thermometer und besteht aus einem Zinkrohre aa Fig. 11 von # Zoll Durchmesser und 8 Fuss Länge, am obern Ende festgemacht und unten mit einer Glasplatte bb versehen. *#) Eine conische Spitze ce von dem Hebel dd hervor- stehend drückt gegen die Glasplatte. Der Hebel bewegt sich um die Axe gg. Die Entfernung cg ist 4 von der Entfernung fy. In Folge der Zusammenziehung und Ausdehnung des Zinkrohres durch die Temperatur der Luft wird die Spitze f hinauf und herunter gehen, wie die Temperatur steigt und fällt. Das Hygrometer ist ein Haarhygrometer, und besteht aus 4 pa- ralleleu in Lauge ausgesottenen Menschenhaaren, welche in 7 fest- gemacht sind und durch den Ring == gehen. Vom Ringe m geht ein ganz feiner Messingdraht hinab, ist festgemacht bei » und wird *) Es ist bisweilen in Zweifel gezogen worden, ob Metall-Thermometer zur Bestimmung der Luft-Temperatur zweckmässig angewendet werden können. Experimente, wodurch diese Ansicht begründet worden wäre, sind mir nicht bekannt. So weit meine eigene Erfahrung geht, halte ich dafür, dass Metall-Thermometer alle erforderliche Genauigkeit gewähren, zugleich bemerke ich aber, dass ich die Ablesungen des regisirirenden Thermome- ters blos als Varialions-Beobachtungen betrachte und als Grundbestimmun- gen oder Anhaltspunkte die (bei Tage aulgezeichneten) unmittelbaren Beobachtungen zweier neben den Metallröhren befindlichen Quecksilber- Thermometer gebrauche. 50 * 396 durch das kleine Gewicht » gespannt gehalten. Die Haare sind 4 Fuss lang. Der Hebel ag ist beweglich um die Axe r. Die Ent- fernungen rn und rg verhalten sich wie 1: 2. Das Thermometer und Hygrometer sind an dem mittleren Fen- ster des Beobachtungssaales gegen Norden neben einander an einem Brette (Fig. 12) angehracht und zwar wird sowohl die Temperatur als die Feuchtigkeit doppelt markirt. Auf der einen Seite des Brettes AB befindet sich nämlich das Zinkrohr aaaa und die Haare bbbb; auf der audern Seite des Brettes ist ein ganz gleiches Ziuk- rohr, welches den Hebel e in Bewegung setzt, und Haare, die mit dem Hebel g in Verbindung stehen. Dieselbe Axe gh trägt vier Daumen und zwei Excentriken, welche den Zweck der Kurbel r Fig. 5 erfüllen und die gezahnten Räder nach jeder Markirung um einen Zahn vorschieben. Diessämmtlichen zur Befestigung oder als Unterlage verwendeten Eiseustücke 4, B, C, D gehen durch das Brett und leisten auf beiden Seiten denselben Dienst. Auf solche Weise wird bewerkstelliget, dass, wenn durch eine Aenderung des Holzes eines dieser Eisenstücke eine schiefe Stellung annimmt, der Einfluss dieser Aenderung in dem arithmetischen Mittel der beiden Markirungen wegfällt. Es ist nämlich leicht einzusehen, dass wenn das eine Ende eines Eisenstückes hinaufgeht, das andere um eben so viel herabgehen muss. 4. Das registrirende Barometer. Das Barometer hat die Form Fig. 13. Die Art und Weise, wie die Bewegung des Waagbalkens durch das Steigen und Fallen des Quecksilbers hervorgebracht wird, zeigt Fig. 14. Der Schwimmer « ist eine (in natürlicher Grösse Fig. 13* ge- 397 zeichnete) Glaskapsel mit einem Stiel, der bei b Fig. 13 festge- kittet ist: die Glaskapsel ist mit Quecksilber gefüllt und ausgekocht. Man kann sie umstürzen, ohne dass das Quecksilber herausfällt. Wenn man sie in das Barometerrohr bringt, so adhärirt das Queck- silber der Kapsel an das Quecksilber des Barometers so, dass ein Gewicht erfordert wird, um sie zu trennen. Man kaun deshalb auch der Hälfte B des um die Axe Ü beweglichen Waagbalkens, wie es wirklich bier der Fall ist, einiges Uebergewicht geben, ohne dass die Kapsel sich losreisst; das Uebergewicht hebt aber das Quecksilber des Barometers um eine bestimmte Grösse und bewirkt, dass die Kapsel an dem höchsten Theile der Wölbung des Queck- silbers sich stellt. Mit der Zu- oder Abnahme des Luftdruckes wird die marki- rende Spitze (bei f) höher oder tiefer zu stehen kommen, aber die Markirung wäre dennoch ungenau, weil das Quecksilber an den Wänden des Barometers adhärirt, daher zu hoch steht beim Fallen und zu tief beim Steigen, Um diesen Uebelstand zu beseitigen, sind an der Hälfıe B des Waagbalkens zwei Gewichte angebracht, ein festes Gewicht D (Fig. 15) und ein frei an einem Coconfaden hängendes p». Unter dem Gewichte » findet sich ein Hebel mit einer Kapsel 4. Der Hebel ist beweglich um die Axe n und hat am Ende »n eineu Haken r. Der Haken r wird gehalten von der Scheibe S, welche an der Markirungs-Axe befestiget ist. Die Scheibe S, welche man in vergrössertem Maasstabe in Fig. 15* sieht, hat einen Einschnitt 7; wenn non die Markirungs-Axe herumgeht, so fällt der Haken durch den Einschnitt herunter und die Theile nehmen die Stellung Fig. 16 an. Die Kapsel % hebt das Gewicht p: das Uehergewicht ist dann auf der Seite A und der Schwimmer drückt das Quecksilber des Barometers etwa um eine Linie herunter. Diese Lage bleibt, bis das Uhrwerk wieder auslöst, alsdaun zieht das Uhrwerk die 398 Schnur vv hinauf, der Haken hängt sich auf der Scheibe wieder ein und man hat von neuem die Stellung Fig. 15. Das kleine mit Siegellak befestigte Scheibehen % hat die Bestimmung, zu ver- hindern, dass ‚der Schwimmer, wenn. er herabgedrückt wird, sich nieht an die innere Wand des Rohres anlegen kaun. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Kapsel gerne au das Rohr adhärirt. Einen wesentlichen Punkt müssen wir aber noch erwähnen: das Uhrwerk löst nicht unmittelbar die Axe aus, dass sie herumgehen könnte, sondern macht das Hauptrad eines Laufwerkes L (Fig. 17) frei; dieses Rad geht nun einmal herum und braucht dazu ungefähr eine Minute, erst wenn dieses Rad herumgekommen ist, löst es die Axe aus und dann erfolgt die Markirung. Diese Einrichtung hat den Zweck, zu bewirken, dass die Schwankungen des Quecksilbers, welche durch das Freiwerden des Gewichtes p» entstehen, vorüber gehen können und der Schwimmer einen ruhigen Stand annimmt. Wie ich zwei Thermometer und zwei Hygrometer brauche, so habe ich auch zwei Barometer eingerichtet, wie in Fig. 17 zu ersehen. Wenn die Temperatur des Barometers in Rechnung gebracht wird, so braucht man blos auf die Ausdehnung des im kurzen Schen- kel EE (Fig. 14) enthaltenen Quecksilbers und der Metalltheile Rücksicht zu nehmen. Der Einfluss; der Temperatar wird hiernach sehr gering seyn und es wäre ein Leichtes eine Compensation an dem Hebel AB anzubringen. Bei den von mir gebrauchten Iustru- menten ist dies indessen nicht versucht worden, sondern es wird die Temperatur Morgens, Mittags und Abends durch unmittelbare Ablesung aufgezeichnet und daraus durch Interpolation die Verbes- serung des registrirten Barometerstandes für die einzelnen Stunden des Tages und der Nacht bestimmt. . 399 1. Die registrirenden magnetischen Instrumente. Man hat früher sehr allgemein die Ansicht gehabt, dass eine richtige Markirung durch einen Magnet nicht bewerkstelliget wer- den könnte, weil immer eine Kraft zum Markiren gehöre, welche ein Magnet nicht im Stande sei, auszuüben. Desshalb haben auch alle diejenigen, welche in neuerer Zeit Registrirungs-Apparate zu construiren ‘bemüht waren, zur Photographie ihre Zuflucht ge- nommen. Die Idee, durch Photographie zw registriren, ist gleich, nachdem Daguerre seine Erfindung bekannt gemacht hatte, der Pa- riser Akademie von Breguet mitgetheilt worden und ich’ war auch von Anfange Willens, sie in Anwendung zu bringen. Bei näherer Erörterung gelangte ich indessen zu der Ueberzeugung, dass dieses Mittel, wenn man Platten anwendet, zu kostspielig, wenn man pho- tographisches Papier gebraucht, zu wenig präcis, im einen wie im andern Falle aber zu umständlich und unpraktisch ist. Ich suchte desshalb andere Wege, um zum Ziele zu gelangen. Meine erste Idee ging dahin, mehrere Spiegel von einem Magnet tragen zu lassen und am Ende einer jeden Stunde 'einen Spiegel in unveränderter Stellung abzuheben. "Im Jahre 1846 liess ich auch wirklich 'einen Apparat nach die- ser Idee ausführen. Ein-Magnet trag 12 Spiegel, unter jedem Spie- gel befand sich eine Messingfeder, welche durch eine kleine Ex- ventrik ungefähr um 4 Pariser Linie hinabgedrückt wurde. Am Ende einer jeden Stunde wurde mittelst eines Uhrwerkes eine Ex- centrik gedreht, die Feder ging dadurch etwas hinauf und hob deu Spiegel vom Magnet ab. Beim Einrichten des Ipstrumentes wurden die Spiegel abgelesen 400 mittelst eines Fernrohres mit verticaler Bewegung; wenn die 12 Spiegel abgehoben waren, so wurde wieder abgelesen: die Unterschiede gaben die stündlichen Aenderungen des Magnets zu erkennen. Diese Einrichtung gab ich wieder auf, weil sie für den täg- lichen Gebrauch viel zu complieirt war, und verfiel dann auf fol- gende Idee. Ich hieng einen Magnet mm’ (Fig. 18) von ungefähr 15 Zoll Länge an einem feinen Drath auf, dessen oberes Ende an einer Messingfeder ff befestiget war. Die Feder war an einem Balken angeschraubt bei H,. über der Feder befand sich eine Excentrik e, an einem eigenen Gestelle unabhängig von der Feder fest gemacht. Wurde die Excentrik gleichmässig umgedreht, so drückte sie die Feder allmählig ungefähr um eine Pariser Linie herab und liess sie wieder am Ende der Umdrehung auf die frühere Stelle zurück- kommen. Der Magnet mm hatte zwei abwärts gehende Spitzen ce, ce’ und unter den Spitzen befanden sich zwei horizontale Zink-Cylinder ©, © in der oben S. 391 (11) angegebenen Weise, mit Wachs und Russ geschwärzt und mit gezähnten Rädern versehen. Die Entfernung der Spitzen von der Oberfläche der Oylinder betrug etwas weniger als eine Pariser Linie, so dass wenn die Feder durch die Excentrik herabgedrückt wurde, die Spitzen mit den Cylinder- Oberflächen in Berührung kamen und einen feinen Punkt hinterliessen. Wenn die Spitzen von den Cylindern sich wieder erhoben, so wurde durch die Excentrik bewirkt, dass die gezähnten Räder um einen Zahn vorgeschoben wurden. > 401 Die Excentrik wurde durch ein Laufwerk gedreht; eine Um- drehung dauerte ungefähr 2 Secunden. Eine Uhr befand sich iu der Nähe und löste alle Stunden das Laufwerk aus. Das Vorhergehende gibt eine allgemeine Vorstellung von der Einrichtung der registrirenden magnetischen Instrumente; ich will nun die verschiedenen Versuche, die damit angestellt wurden, nnd die definitiv angenommenen Einrichtungen einzeln entwickeln. 1. Prüfung der Genauigkeit, womit die Richtung eines Magnets markirt wird. Um zu untersuchen, in wie ferne der Stand eines magnetischen Instrumentes durch die obige Vorrichtung genau markirt wird, ver- sah ich den Magnet mit einem Spiegel, brachte in beträchtlicher Distanz ein Fernrohr und eine Scala au, womit der Stand nach der gewöhnlichen Weise abgelesen werden konnte. Nun wurde ein Magnetstab in der Nähe in verschiedener Lage hingelegt, so dass der freie Magnet jedes Mal einen verschiedenen Stand annahm; der freie Magnet wurde beruhigt und wenn er zur Ruhe kam, der Stand nach der Scala aufgezeichnet und in demselben Augenblicke das Laufwerk mittelst einer Schnur ausgelöst, so dass der Magnet seinen Stand markirte, Auf solche Weise erhielt ich eine Reihe von Beobachtungen nebst der correspondirenden Markirung auf den Walzen; die Wal- zen wurden herausgenommen und abgelesen, dann die Vergleichung gemacht. Das Resultat war immer dasselbe, nänlich dass eine völ- lige Uebereinstimmung (natürlich innerhalb der Grenzen der Able- sungsfehler) stattfand. Ich halte es für unnöthig, Zahlen hier beizubringen, weil die Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 51 402 registrirenden Instrumente bereits über 3 Jahre im Gebrauche sind und durch mehrfache Prüfung sich erwiesen hat, dass die Marki- rung eben so genau ist als die unmittelbare Ablesung. 2. Ablesung der Walzen, Berechnung der Ablesungen. Zum Ablesen der Walzen braucht man den Apparat Fig. 19. AA ist ein grosses Micrometer von der gewöhnlichen Construction; der Schieber BB trägt ein Lager, worin die Walze liegt, das Ende der Axe wird von einer Feder, welche in der Zeichnung durch das Rad RR verdeckt ist, gegen die Glasplatte aa gedrückt. Das Microscop mm ist festgemacht und gegen die Axe der Walze ge- richtet. Es sei A k die Reihe von Punkten, welche der Magnet auf die Walze gemacht hat, so bringt man den ersten Punkt in das Mi- eroscop und bewegt den Schieber, bis der Faden den Punkt cen- tral bedeckt. Alsdann liest man die Schraubenumgänge und die Trommel der Schraube (d. h. die Hundertel- Umgänge) ab. Dreht man hiernach die Walze ein wenig vorwärts, so kommt der zweite Punkt in das Feld des Microscops; man bringt ihn wieder unter den Faden und liest ab wie zuvor. So wird ein Punkt nach dem andern vorgenommen und seine Lage aufgezeichnet. Das Micrometer ist so gestellt, dass die Ablesungen von Osten nach Westen zunehmen, d. h. man erhält die Grössen ab, cd (Fig. 20), wenn der Nullpunkt des Micrometers mit dem Kreise gh, ik zusammenfällt; ist demnach die Ablesung der nördlichen Walze — N, die Ablesung der südlichen Walze — S und der Angulär- Werth eines Umganges der Micrometerschraube — a, so 403 ist der Winkel, welchen der Magnet mit dem Meridiau macht (von Norden über Westen gezählt) —A++a(N— 8) Die Walzen haben Räder mit 60 Zähnen, und werden jeden vierten Tag abgelesen. Um Verwechselmg zu vermeiden, sind ganz ähnliche Einrichtungen getroffen wie bei den meteorologischen registrirenden Instrumenten; die Aufzeichnung in das Controll-Heft geschieht aber nur einmal des Tages, nämlich zu Mittag. Die In- strumente können so leicht gestört werden, dass es nicht rathsam schien, sich denselben öfters, als es unbedingt nothwendig ist, zu nähern. 3. Beruhigung der Magnete. Anfangs habe ich zur Beruhigung dieke Kupferplatien KK, K’ K’ (Fig. 18) gebraucht, welche über den Euden des Magnets sich befanden; zugleich waren die Magnete in engen Holzkästen eingeschlossen. Die Oscillationen hörten gänzlich auf und ich glaubte, dass die Einrichtung vollkommen entsprechend sei; unterdessen zeigte sich bald ein Uebelstand, den man nach den allgemein angenomme- nen Ansichten und Lehrsätzen nicht hätte erwarten sollen. Das erste Instrument, welches versuchsweise aufgestellt wurde, war ein Declinations-Instrument und die Ablesungen wurden täglich mit den an einem gewöhnlichen Declinations- Instrument gemachten unmittelbaren Ablesungen verglichen. In den ersten Tagen nach der Aufstellung war die 'Ueberein- stimmung sehr befriedigend; nach und nach zeigte sich aber eine regelmässige Abweichung, bestehend darin, dass die Excursionen 51* 404 des registrirenden Magnets vom Mittelstande kleiner waren, als die des gewöhnlichen Instruments. Ich vermuthete irgend etwas störendes im Innern des registrirenden Instrumentes, und nahm alle Theile aus- einander, ohne irgend etwas zu finden, was auf die Bewegung Ein- fluss hätte ausüben können; ich: stellte das Instrument ‘wieder auf und es entsprach vom Anfauge vollkommen, aber nach einigen Ta- gen zeigte sich wieder der vorige Uebelstand. Nachdem eine neue Untersuchung wieder dasselbe Resultat ge- liefert hatte, so vermuthete ich zuletzt, es möchte das zur Beruhi- gung gebrauchte Kupfer nicht eisenfrei seyn: ich liess nun eine der Kupferplatten verschieben, während ich die Bewegung des für Spie- gelablesnng eingerichteten Magnets beobachtete; es zeigte sich, dass der Magnet der Kupferplatte folgte und jedesmal einen verschiede- nen Stand annahm, so oft die Kupferplatte in eine verschiedene Lage gebracht wurde. Es schien mir nun ausser Zweifel, dass Eisen im Kupfer ent- halten seyn müsse, und ich ersetzte die bisher gebrauchten Kupfer- platten durch vollkommen eisenfreie, die durch galvanischen Nieder- schlag gewonnen waren, in der sichern Erwartung, auf solche Weise den Uebelstand wirksam zu beseitigen. Allein zu meinem grossen Erstaunen fand ich denselben Erfolg wie zuvor; wenn das Kupfer einige Tage über dem Magnet sich befand, so erfolgte eine Aenderung in der Richtung des Magnets, so oft die Lage der Kupferplatte verändert wurde. Fernere Versuche zeigten, dass das Kupfer in Beziehung zur magnetischen Kraft ganz dieselben Eigenthümliehkeiten hat wie das Eisen, nur in geringerem Grade; ein Magwet ruft in einem Stück Kupfer eine gewisse Quantität indueirten Magnetismus bervor und 405 von dem auf solche Weise hervorgerufenen Magnetismus bleibt ein Theil permanent zurück, auch wenn der Magnetstab entfernt wird. Aus diesem Grunde sind denn auch alle Beobachtungen mit Maguetometern, wo Kupfer zur Beruhigung gebraucht wird, mehr oder weniger fehlerhaft und geben weder für den Mittelstand noch für die tägliche Bewegung richtige Werthe an *). Nachdem ich mich genöthigt gesehen hatte, das Kupfer zu ent- fernen, so versuchte ich verschiedene Mittel, um eine entsprechende Beruhigung zu Stande zu bringen; zuletzt ersann ich die Fig. 18 dargestellte Einrichtung, die sich nun durch mehrjährigen Gebrauch als vollkommen zweckmässig erwiesen hat. Ein Drath zn von un- gefähr 1 Linie Durchmesser, mit einem dünnen Messing-Streifen p q versehen, wird unten iv den Magnetstab eingeschraubt und taucht in ein längliches mit Wasser gefülltes Glasgefäss AB. Zu dem Wasser wird im Winter ein wenig Weingeist hinzugegossen, damit es nicht gefriere. Das Glasgefäss soll nur so gross seyn, dass der Streifen pq sich frei darin bewegen kann. Würde man ein grösseres Wasser- gefäss anwenden, so wäre zu befürchten, dass im Wasser bei Zu- oder Abnahme der Temperatur Strömungen entstehen könnten, die auf den Stand des Magnets Einfluss ausüben würden. 4. Unterlage der Instrumente, Lager der Walzen. Die registrirenden magnetischen Instrumente. befinden sich unter dem Beobachtungssaale der Sternwarte; zur Suspension dient das *) Zu demselben Resultate ist in neuerer Zeit auch Hr. Staatsralh Kupffer gelangt (Observations magneliques et metcorol. 1845). 406 isolirte Mauerwerk, worauf die Pfeiler der Meridian-Instrumente stehen. Als Unterlagen habe ich neben diesem Mauerwerk isolirte Steinpfeiler mit einer festgekitteten Platte von Kellheimer Marmor (Fig. 21) herstellen lassen. Die Einrichtung der Lager ersieht man aus Fig. 22a. Eine starke Messingplatte mit einem. senkrecht stehen- den Messingstück AA ist auf dem Stein festgemacht. Auf der Messingplatte läst sich der Schieber aa, der die Walze trägt, hin und her bewegen. Will man die Walze einrichten, so zieht man den Schieber heraus, wie Fig. 22a, legt die Walze hinein und be- wegt den Schieber wieder vor, bis das Ende der Walzenaxe an der Glasplatte b anliegt. In Fig. 22 b ist diese Stellung des Schie- bers gezeichnet. Das Gewicht p drückt das Ende der Walzenaxe gegen die Glasplatte b. 5. Drehung der Walzen. Sobald auf der Walze ein Punkt gemacht ist, so muss sie um einen Zahn vorgeschoben werden. Dies habe ich anfangs durch eine Excentrik bewerkstelliget, ungefähr wie bei den registrirenden meteorologischen Instrumenten, später habe ich aber die Fig. 23 dargestellte Einrichtung, die weit zweckmässiger ist, eingeführt. a b ist ein Messingrohr mit ein paar Schraubenumgängen bei e und d und einem Schnurlaufe A versehen. Die Schraubenumgänge greifen in die Räder der Walzen ein. Das Laufwerk, welches die Excentrik umdreht, zieht, sobald die Spitzen von den Walzen abgehoben sind, die Hemmung f mittelst der Schnur g hinauf, dass sie gegen den Stiften % ansteht und der rechtwinklig gebogene Stiften r gelangt auf die Fläche A. Die Hemmung fällt aber sogleich wieder zurück, dann wird der Stif- ten r frei und das Rohr dreht sich herum, bis der Stiften wieder 407 an der Fläche f auschlägt; dabei werden die Räder um einen Zahn vorwärts bewegt. Die Fläche % hat deu Zweck, zu verhindern, ‚dass der Stif- ten x vicht herumgehen kann, ehe die Hemmung zurückfällt, um ihn aufzuhalten. Liesse man jenes Stück weg, so würde der Stiften r mehrere Umdrehungen machen können, ehe er aufgehalten würde. 6. Registrirendes Declinations- Instrument. Für das Declinations-Instrument schien es unnöthig, eine eigene ‚Zeichnung. herzustellen, da alle Theile bereits erklärt worden sind. Man kann übrigens die Einrichtung auch aus dem Intensitäts-Instru- ment Fig. 24 entnehmen. Dieselbe Figur stellt das Declinations-In- strument vor, sobald man die Ablenkungsmagnete weglässt. Es bleibt uns nur noch übrig, die Reduction der Beobachtungen anzugeben. Die Ablesung der Walzen giebt nach S. 23 den Winkel, den der Magnet (oder vielmehr die keiden Spitzen) mit dem Meridian macht —A+4ta(lN— 8. Dazu muss man noch die Torsion des Suspensionsdrathes bin- zufügen, welche wir durch T+19N0- 8 vorstellen können. Setzt man demnach A+T=tC 3a + N=yg so hat man die wahre Declination =zC+g4(N— 8). 408 7. Registrirendes Intensitäts-Instrument. Das registrirende Intensitäts-Instrument stellt Fig. 24 vor. Die Einrichtung ist ganz dieselbe wie bei dem Declinations-Instrumente, mit dem Unterschiede, dass zwei Ablenkungsmagnete ns und n’s’ angebracht sind, welche den freilängenden Magnet um 40° vom Meridian ablenken. Da die magnetische Compensation, die ich bei den gewöhnlichen Instrumenten gebrauche, bei grössern Magnetstäben nicht angewen- det werden kann, so hahe ich die Fig. 25 dargestellte Einrichtung gelroffen. Die Magnete sind fest gemacht an den messingnen Cylindern cb, c'b'. Diese Cylinder werden getragen von der hölzernen Unter- lage AB und sind beweglich um die Axen a, a’. Unterhalb der Axen befindet sich das Zinkrohr ff’, gegen welches die Cylinder angedrückt werden durch die Messingfedern h, h’. Wenn die Tem- peratur zunimmt, so vermindert sich das magnetische Moment der Stäbe M, M’, zugleich aber dehnt sich das Ziukrohr aus und bringt die Stäbe dem freien Magnet näher. Die Verminderung des magnetischen Moments ist M (1 — «'t) und M’ (1 — et), wo « und «” die Temperatur-Coefficienten der Stäbe bedeuten. Die Stäbe werden, (wenn $ den Expansions-Coeffi- cienten des Zinks bezeichnet) um 3 Bund 3 yyB “ dem freien Magnet näher gebracht. 409 Setzt man cc — %e, ff = ?%e, 2 — “© — % und den Ab- = oT lenkungswinkel des freien Magnets — y, so hat man ze (1 — PA) sin. y = MAL — ed + NM (AM — et). Bezeichnet man M + M’ mit u, wi + wem mit @, so wird der Einfluss der Temperatur verschwinden, wenn man hat 1Ü — Pk = A — el oder SNAKE) Für einpfündige Magnetstäbe darf man setzen « — 0,0008, und da ß = 0,000039, so ergiebt sich 4 —= 6,84. Hiernach wurde das hiesige Intensitäts-Instrament construirt; eine genauere Bestimmung schien nicht nöthig, weil die Temperatur in dem Lokal, wo das Instrument sich befindet, sehr constant ist und die tägliche Periode kaum über 4 Grad beträgt. Die Reduction der Beobachtungen geschieht wie folgt: Sind die Ablesungen der Walze N’ und S’, so hat man ana- log. mit dem für die Declination gegebenen Ausdrucke den Winkel, den der Magnet mit dem Meridian macht y rue cos y und zieht man davon die Declination ab, so ergiebt sich A+T—A—T+3(a +.) N —S)—4 (a+9) (N--S) oder d A + T -A— T— 9 is or yuibe (ta) -N-UurNn a9 r \amauwps (IS 12 tany x Man kann zwar die Grössen «@'. a, &, 3, :g bestimmen und so Abhandl d. I. Cl. d. k. Ak d. Wiss. VI. Bd. II. Abtlı 52 410 den’ numerischen Werth der Coeffieienten von N’ — 5’, N — 8 finden. Bei den hiesigen Instrumenten ist dies nicht geschehen, son- dern es werden die Beobachtungen des registrirenden Instruments blos auf das gewöhnliche Variations-Instrument redacirt. Bezeich- net man demnach die Intensität nach dem gewöhnlichen Variations- Instrument mit n, so wird man haben n zb[N — S® — (N—S) (( + M], wo die Constanten 5 und % aus den Beobachtungen selbst abgeleitet werden müssen, 8. Registrirendes Inclinations - Instrument. Das: registrirende Inclinations - Instrument ‚besteht aus, einem freien Magnet, welcher durch senkrechte Eisenstäbe von dem magne- tischen Meridian abgelenkt wird. Die Einrichtung ist aus Fig. 26 zu ersehen. An einem oberhalb des Instruments befindlichen. Quer- holz AB werden die Ablenkungsstäbe von weichen Eisen mittelst der Kupferdräthe. ab, cd aufgehängt. Zur Ablenkung werden nicht einfache, sondern Doppel-Stäbe gebraucht von der Form (Fig. 27); die Verbindung geschieht durch Messingschienen. Das Querholz AB läst sich nach der Richtung seiner Länge, d. h. senk- recht gegen den Magnet verschieben; der Zweck dieser Verschie- bung ist, die Stellung zu finden, wo ‘die beiderseits befindlichen Stäbe gleiche Kraft auf den freien Magnet ausüben. Was die Reduction betrifft, so bat man die Ablenkung analog mit den obigen Formeln, und unter Berücksichtigung der von mir (Handbuch des Erdmagn. S. 215) entwickelten Bedingungen a" =ce[N” — S’— (N—- S) id +AT)] + cd nm wo c, k”, ec‘ Constanten sind, welche aus den Beobachtungen 'abge- 4ll leitet werden müssen, und »’ und n” die Intensität und Inclination nach den Ablesungen der gewöhnlichen Instrumente bedeuten. 9. Erläuterung der Aufzeichnungsweise durch ein Beispiel. Um die Aufzeichnungsweise der registrirenden magnetischen . Instrumente zu erläutern, und die Uebereiustimmung mit den unmit- telbaren Beobachtungen nachzuweisen, lasse ich hier einen Auszug aus dem Beobachtungs-Journal der Sternwarte folgen: 412 u | spuaqy 74 60'0— hor+ 69 — 176°0+ |90'0— || 9’EE 1260-4 I127'62 JEC’0E Ioo’o8E |196'62 |FP‘62 |Tr/0E 9 I8F 170°04 19804102 — 08:04 |20'0—| O’FE 118°0+ I|nc’62 ler/oe I66'62 12667 Ioc’sz I2e'oe G SLT 16004 cr0+10'8 — 18904 |60°0— || 0°CE Irg0+ |Ir2’62 [2208 |26'62 190’08 29/62 I7z’0€ v vLr 19204 1600-188 —I02°0+ 10°0— | £'98 |72°0+ |1E0’08 I86’62 Ic6’62 |p6'62|98°82 |ro/og € Ber 070 80°0— 19:07 102°0— 80:0— | 0'28\2770+ |92’08 Ir2’62 Is6'62 |06'62|P0'08 Iz6’6z ° gcH 2704 H70— 871 160:0— |07°0— | 8'98 |100— 12/08 Icr’62 z0/0e 26'652 \og’ßz Iug'ez v rır 8r0+ 100-1176 — 20:04 [70°0— | &’9E |r7’0-+ oo’og \66'6% I66’62 Ich’ 62 I16'67 %0'0E ar 897 304 leco-+ 66 — PP OF PE0— | SPE 8204 172'6% 122/08 127’08 |82’62 |85’62 '9E/08 rn 99 EFO+ Br TH 66 — 2204 1290— | 9°2E VET+ |6E’6z Bc/os |sz’oe |99°62 6262 \e9°0€ 07 er 1000 Eures — 12074 1690—| 2°7E 2274 |ler‘62 cS’oe |B2’0E |E9'62 18062 08/0€ 6 327 1900— 109°74+-10°2 — 120 7+ 1270— || 0728 FET+ |s7'62 82’08 Ioz'oe ler 62 Isr/z a.'0E 8 SL7H 800 160° 74 |8°2 — |2C0+ 0c0o—| V’EE 2074 |Iep’62 pg/oE |pz’oe Ipr’6z Ir6z gr/og ul su9slom LS-.N)- > (S-.N)+ a SAL ee sans “sa ,s|.vn\s|iw|ıs |x 33785 | Gang N Kl | pns |paou| -Ipns |“naou E uomeumougf yersuayup uoneumpad uoneunpuf | yeıısusyup | uoneunoalf apung = "Öunsajgy -uazju 4 ap Bunwmy9a.1ag7 "bunsajgy - uazn 4 "TEST enaef CI 413 Bei den eben angegebenen Formeln haben wir vorausgesetzt, dass das Intensitäts-Instrument sowohl als das Inclinations - Instru- ment nach Westen abgelenkt sei, dass ferner die Ablesung in der Richtung von Ost nach West zunehme. Zu der Zeit, in welche die obigen Beobachtungen fallen, war die Richtung der Ablenkung und die Richtung der Ablesung bei unseren Instrumenten zum Theil die entgegengesetzte, wesshalb auch die Zeichen der Redactions- formeln in entsprechender Weise geändert werden müssen. Wer- den vorläufig die kleinen Grössen %, A’, c’ vernachlässigt, so erhal- ten wir folgende Reductionsformeln : n = 36,61 er 3,00 (N =. Ss) n — 4023 1305 IN — S— (N — 8%] n. —, 18,08 — 6.95 [N — S — (N” — 8”)]. Reducirt man mittelst dieser Formeln die registrirten Ablesun- gen, so ergeben sich folgende Abweichungen der registrirenden In- strumente: Declination Intensität Inclination Morgens 7* 22.0 0,4 22.20 + 6222020 0,6 Side hi 0,0 1.0... 032.0... —0,7 9.22.2002 22 ld 0,9 10: 1331517 0,0 42.2 — Li 22. 0,89 asian) He ir re oe dRiwersss 00 ..:.. #09 2... — 02 ol 0 di en +06 2 rg 0,0 22.00 + 0,3 0.2.2004 0,4 I: AN er u: nr MERNIP 0,0: nr 0,0 5 00 ::..:. +06 ... + 06 6 — O1... + 0702: 0,0. 414 Bekanntlich lässt sich eine vollständige Uebereinstimmung zwi- schen verschiedenen magnetischen Instrumenten nicht erzielen; es bestehen hier ähnliche Verhältnisse wie bei Waagen und Barome- tern, wo die Ablesung auf Grössen sich erstreckt, welche das In- strument nicht mehr mit Sicherheit angiebt. Dass bei der Intensität die Abweichungen so gross ausfallen, hat (wie aus einer noch nicht beendigten Untersuchung sich ergiebt) seinen Grund darin, dass die Temperatur- Compensation unzureichend ist. Wahrscheinlich bedarf auch die Inclination ‘einer Verbesserung wegen der vorkommenden Temperatur- Aenderungen; eine nähere Bestimmung des Betrags ist bis jetzt nicht vorgenommen worden. III. Galvamischer Zeitregistrirungs-Apparat. Um die Mitte des Jahres 1349 erhielt ich durch gefällige Ver- mittelung des nordamerikanischen Consuls in Leipzig, Hrn. Dr. Flügel, einen Bericht von Walker in Washington über einen Apparat, wel- chen Dr. Locke erfunden hatte, um Zeitbeobachtungen zu registriren und den er automatic clock register nennt. Auf einen durch ein Laufwerk mit gleichmässiger Bewegung fortgezogenen Papierstreifen werden die Schwingungen eines Secundenpendels mittelst einer gal- vanischen Batterie und eines Electromagnets registrirt, ungefähr nach derselben Methode, die bei Telegraphen angewendet worden ist. Neben den auf solche Weise registrirten Zeitsecunden kann ein Beobachter durch einen zweiten Electromagneten und zwar durch Unterbrechung des Stromes, den Augenblick, wo irgend ein Ereigniss eintritt, mit der grössten ‚Präcision bezeichnen. Walker hat umständlich die Vortheile nachgewiesen, welche 415 diese Idee für astronomische Beobachtungen und insbesondere für die Beobachtung der Meridian - Durchgänge gewährt. ; Die Sache schien mir so wichtig, dass ich sogleich anfieng, einen Apparat her- zustellen, der bei Beobachtung von Meridian-Durchgängen gebraucht werden sollte. Ich werde bier in Kürze die Einrichtungen angeben, welche ich zur Realisirung der obigen Idee getroffen und jetzt durch län- gere Erfahrung als praktisch brauchbar erkannt habe. Voraus muss ich bemerken, dass ein Zeitmoment durch den galvanischen Strom auf doppelte Weise markirt werden kann, nämlich durch Herstel- lung der Leitung und durch Unterbrechung der Leitung; im ersten Falle zieht der Electromagnet den Anker an, im zweiten Falle lässt er den Anker los. Die amerikanischen Gelehrten scheinen nun durchgängig ein grosses Gewicht darauf gelegt zu haben, die Markirung durch Un- terbrechung der Leitung zu bewerkstelligen, in der Voraussetzung, dass bei der Unterbrechung des Stromes der Anker augenblicklich zurückfällt, oder wenn eine Zwischenzeit vorhanden ist, sie immer gleich bleibt, während bei der Herstellung der Leitung immer eine gewisse von der Stärke des Stromes und anderen Ursachen abhän- gige, also nach Umständen verschiedene, Zeit vergeht, bis der An- ker angezogen wird. Diese Voraussetzung kann ich nicht als be- gründet betrachten, da es eine durch viele Thatsachen erwiesene und allgemein anerkannte Lehre ist, dass jede Induction zum Ent- ‚stehen wie zum Aufhören eine gewisse Zeit braucht und diese Zeit immer von der Stärke der Induction ahhängig ist. Hat man einen constanten Strom, so wird zwischen dem Schliessen der Kette und dem Anziehen des Ankers immer ein gleiches Zeitintervall vergehen und ist der Strom nieht constant, so wird nach der Unterbrechung 416 der Leitung mehr oder weniger Zeit vergehen, bis der Anker zu- rückfällt. Ich habe desshalb mich bemüht, einen möglichst constan- ten Strom zu Stande zu bringen und durchgängig die Schliessung der Kette zum Markiren angewendet, weil hiebei ein geringerer Aufwand von galvanischer Kraft erfordert wird. Es würde übri- gens der von mir angewendete Mechanismus nur einer kleinen Mo- dification bedürfen, um durch Unterbrechung der Leitung ‚dieselben Bewegungen hervorzuhringen, die ich durch Schliessung hervorge- bracht habe. 1. Markirung der Uhrzeit oder Secunden- Punkte. Zum galvanischen Registrirungs- Apparat gehört zunächst eine geschwärzte Walze W (wie oben bereits beschrieben wurde), welche durch ein Laufwerk LL (Fig. 28) mit gleichmässiger Ge- schwindigkeit umgedreht wird. Eine Spitze a fällt (durch Vermitt- lung des galvanischen Stromes) jede Secunde ‚auf die Walze hin und macht ‘einen Punkt; wenn der Punkt gemacht ist, so geht die Spitze augenblicklich wieder zurück. Nur bei der 60. Secunde bleibt die Spitze etwas länger auf der Walze liegen und macht einen kleinen Strich. Die Walze ruht auf den Lagern A, B; die Axe ist glatt von b bis ce und hat einen Schraubengang; von d bis e. Vermöge dieses Schraubenganges rückt die Walze beständig in ihren Lagern vor- wärts und die Secundenpunkte bilden eine spiralförmige Reihe um die Peripherie der Walze. Wie die Punkte gemacht: werden, müssen wir noch »äher 'er- klären. MM ist ein Electromagnet, mın der Anker mit einem Arm Ak verbunden und beweglich um die Axe f: Der Spitzenträger pp'p” 417 hat eine Axe g. Das Gewicht P sucht die Spitze « der Walze zu nähern; diese Bewegung; des Spitzenträgers wird aber verhin- dert durch den Haken sr, der bei r den Spitzenträger niederdrückt. Der zugespitzte Stahldrath «ah (grösser gezeichnet in Fig. 29) wird in der Axe x festgehalten durch die Schraube y. Der Vordertheil, bei «, hat das Uebergewicht und ruht auf der Stütze 7. Jede Secunde geht der Strom durch den Electromagnet MM, dieser zieht den Anker (der durch die Spirale SS emporgehalten wird) an und hebt dadurch den Arm f% (Fig. 28 u. 30). Das Gewicht P be- wirkt, dass die Spitze auf die Walze hinfällt und einen Punkt macht. Dabei verlässt die Spitze den Stützpunkt Z und folgt der Bewegung der Walze. Dies dauert indessen nur einen Augenblick, denn kaum ist der Punkt gemacht, so wird der Strom wieder un- terbrochen; der Arm f4 fällt auf den Spitzenträger bei r und die Spitze a wird von der Walze zurückgezogen. Nur bei der 60. Se- cunde dauert die Stromverbindung etwas länger; der Drath ah wird bei A von dem Stück » verhindert, der Walze weiter zu folgen und macht einen Strich auf der Walze. Nun haben wir zu erklären, wie die Uhr die Stromverbindung herstellt. Zu diesem Behufe wird ein Stückchen Kupferdrath (ge- krümmt, wie in Fig. 31 zu ersehen und in ein oben offenes Glas- rohr mit Siegellak festgemacht) in das untere Ende der Pendel- stange eingeschraubt (Fig. 32); man bringt ein paar Tropfen Queck- silber in das Rohr, so dass das Quecksilber eine gewölbte Ober- fläche bildet. Vor dem Pendel befindet sich das Brettchen AB (Fig. 33) und darauf ein Lager von Messiug abed, angeschraubt mit der Schraube A In dem Lager liegt die Axe «ae, vorn mit einer kleinen runden Scheibe fy versehen *). Ueber der Axe geht *) Ich habe Scheibchen von Kupfer, Messing, Silber, Plalin gebraucht; sie Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 93 418 das Ende des Winkelstückes E herein. Die Axe wird hinaufge- drückt durch die Feder F#F' und kann abwärts bewegt werden durch die Schraube H. Das eine Ende des vom BElectromagnet ausgehenden Drathes ist bei D angeschraubt, das andere Ende ist bei X an dem mes- singnen Gestelle der Uhr festgemacht. Die Batterie ist zwischen D und dem Electromagnet eingeschaltet. So oft nun das Pendel in die Verticallinie kommt, so berührt die gewölbte Quecksilberfläche A die Scheibe bei y; der Strom geht an dem Pendel hinauf und ge- langt durch das Uhrgestell zum audern Ende des Drathes bei K. Auf solche Weise wird eine leitende Verbindung hergestellt und der Electromagnet zielt den Anker an. Die Berührung wird re- gulirt durch die Schraube AH. Um die Minutenstriche hervorzubringen, geht eine Drathver- bindung von 7 nach n, wo sich wieder eine Quecksilberfläche bei o befinde. Wenn der Secundenzeiger auf die 60. Secunde kommt, so berührt das untere Ende desselben die Quecksilberfläche, der Strom geht durch den Secundenzeiger und das Uhrgestell und der Anker des Electromagnets wird so Jange festgehalten, bis der Se- cundenzeiger vorwärts geht, d. h. bis die Hälfte der Secunde vorüber ist. leisten alle ungefähr gleich gute Dienste. Die Scheibehen von Messing, Kupfer oder Silber müssen mit Quecksilber amalgamirt, dann über die Weingeistlampe gehalten werden, bis das Quecksilber zum grösten Theile sich wieder verflüchtigt. Reibt man dann die Kante mit einem Lumpen oder gegen Holz, so wird sie blank und der Strom geht bei Berührung des Quecksilbers leicht durch, ohne dass sich (was sonst der Fall seyn würde) das Quecksilber anhängt. 419 3. Der Electromagnet und die galvanische Batterie, Hindernisse der Stromverbindung und Mittel zu ihrer Beseitigung. Der anfänglich von mir gebrauchte Eleetromagnet wog ungefähr 2 Pfund und war mit 25 FussK upferdrath von 4 Linie im Durchmesser um- wunden. Später ersetzte ich ihn durch einen Electromagneten von 14 Pfund, über dessen beide Schenkel Kupferdrath-Rollen gesteckt waren, Jede Drathrolle hatte 34 Zoll in der Länge und war mit 40 Fuss Drath umwickelt. Diese Einrichtung habe ich dessbalb getroffen, damit der Eisenkern von Zeit zu Zeit herausgenommen und ausgeglüht werden kann; ich vermuthe nämlich, dass der Eisenkern mit der Zeit beträchtlich au Inductions-Fähigkeit *) verliere, wie ich dies bei den Stäben des Differential-Inclinatoriums gefunden habe. Dem Auker habe ich zuerst die Stellung Fig. 34, später die weit vortheilhaftere Stellung Fig. 35 gegeben. In neuester Zeit ge- brauche ich einen umwickelten Anker, d. h. einen zweiten, kleinern Electromagnet als Anker, wie aus Fig. 30 zu ersehen ist; die Wir- kung wird auf solche Weise sehr verstärkt. Die grösste Wirkung würde man erhalten, wenn der Electromagnet und der Anker ganz gleich wären. Zur Erzeugung des galvanischen Stromes wende ich ein ein- ziges Kupfer - Zink - Element **) von ungefähr 4 Quadratfuss Ober- *) Der permanente Magnetismus, der im Eisenkerne zurückbleibt, übt keinen störenden Einfluss aus, wenn man die Vorsicht gebraucht, den Strom im- mer nach derselben Richtung durchgehen zu lassen. Geschieht dieses nicht, so dauert es vom Anfange einige Zeit, bis der Eleciromagnet ge- hörig anzieht. **) Vom Anfange halte ich unterlassen, das Zink zu amalgamiren und mit 53 # 420 fläche an. Das Diaphragma ist von Porcellanerde und wird jedes- mal nach dem Gebrauche einen halben Tag in eine schwache Säure (Wasser mit ein wenig Salpetersäure) gestellt. Bei solcher Be- handlung bleiben die Diaphragmen lange Zeit brauchbar. Die grösste Schwierigkeit bei dem galvanischen Registrirungs- Apparat bietet die Stromverbindung dar. Wo die Berührung der Scheibe fy (Fig. 33) mit der Quecksilberfläche stattfindet und zwar am Ende der Berührung, entstehen Funken, wobei eine kleine Quantität Quecksilber verbrennt und theils an der Oberfläche des Quecksilbers bleibt, tbeils fest an das Scheibehen adhärirt. Sind einmal die Oberflächen auf solche Weise verunreinigt, so geht der Strom nicht mehr durch. Man kann allerdiugs bewirken, dass der Strom ungeachtet dieses Hindernisses dennoch sicher durchgeht, wenn man die Scheibe tiefer in das Quecksilber eindringen lässt, allein dadurch wird der Ausschlag des Pendels beträchtlich ver- mindert und der Gang der Uhr gestört. Will man, was ich als wesentliches Erforderniss ansehe, die Berührung möglicht fein machen, so ist es unbedingt nothwendig, die Scheibe rein zu erhalten. Ich habe dies bisher dadurch be- werkstelligt, dass ich von Zeit zu Zeit die Scheibe herumgedreht habe, während ich den Finger an die Peripherie hielt *); zweck- gehöriger Sorgfalt zu reinigen; die Folge war, dass bald 2, dann 3 und zuletzt 6 Elemente angewendet werden mussten. Eine slarke und immer gleiche Wirkung kam erst zu Stande, als ich neue Zinkblöcke giessen und amalgiren liess. *) Zur Markirung der Secunden wird an der hiesigen Sternwarle nicht die Hauptuhr (von Mahler verfertigt), sondern eine ältere Pendeluhr von Ber- Ihoud gebraucht; von Zeit zu Zeit wird eine Vergleichung der beiden 421 mässiger wäre es aber, ein Laufwerk anzubringen, wodurch die Scheibe beständig gedrelt würde und sich an einem darüber befind- lichen Stückchen Holz reinigte. Die Drehung der Scheibe könnte auch durch einen Electromagnet bewirkt werden, wie man es weiter unten bei dem galvauischen Pendel beschrieben finden wird. Versuchsweise habe ich zur Stromverbindung auch die Fig. 36 dargestellte Vorrichtung gebraucht. Auf einem festgemachten Quer- stück von Holz befindet sich ein messingnes Lager, worauf die Axe des Magnets ns ruht. Dieser Magnet ist aus einer Uhrfeder ge- macht, 1 Zoll lang und 4 Zoll breit, mit dem Nordpol in n und dem Südpol in s. Die Südhälfte s hat das Webergewicht, der Haken ce verhindert aber das Umschlagen und hält den Magnet in horizontaler Lage. An dem Pendel befindet sich ein kleiner Magnetstab NS von ungefähr 4 Zoll Länge, mit dem Nordpol in N und dem Südpol in $. Das eine Ende f des Verbindungsdrathes der galvanischen Batterie ist au das Lager des Magnets zs fest geklemmt, das an- dere Ende e geht unter den Magnet zs herauf und ist von 2 unge- fähr 4 Linie entfernt. So oft nun das Pendel durch die Vertical- linie schwingt, wird durch den Nordpol N der .Südpol s ge- hoben und der Nordpol n niedergedrückt; so kommt der Nordpol zn mit dem Drathende e in Berührung und der Strom geht durch. Uhren vorgenommen. Wenn man den Regisirirungs - Apparat in Gang setzt, so fängt eine allmählige Abnahme des Schwingungsbogens an; der Schwingungsbogen wird erst constant, wenn er ungefähr um „1, abge- nommen hat. 422 Da der Pol N nur eine Drehung des Magnets ns zu bewirken sacht und die Abstosung eben so stark ist wie die Anziehung, so hat diese Einrichtung auf den Gang der Uhr gar keinen Einfluss. Dies ist allerdings ein grosser Vorzug; auf der andern Seite hat man indessen wieder den Nachtheil, dass eine stärkere Batterie erfordert wird, denn wenn man auch das Drathende c hineinbiegt, so dass es nur in kleiner Entfernung von der Axe des Magnets ns steht, so ist der Druck noch sehr gering. Bei einem spätern Versuche habe ich an das Drathende e eine kleine kupferne Kapsel angeschranbt und mit schwach gesäuertem Wasser angefüllt. Won dem Magnetende » gieng ein Stückchen Kupferdrath in die Kapsel und berührte den Boden, so oft der Magnet NS’ vorübergieng. Dadurch wurde die Entstehung eines Funkens verhindert und die in Berührung kommenden Metalltheile blieben beständig blauk. Aber auch so gelang es mir nicht, eine sichere Stromverbindung ohne eine stärkere Batterie zu Stande zu bringen. Bei den amerikanischen Registrirungs-Apparaten sind stärkere Batterien im Gebrauche und es wird die Stromverbindung vermittelt durch einen kleinen Hammer, welchen das Steigrad jede Secunde von einer Platte abhebt und wieder fallen lässt. Die oben beschriebene Einrichtung könnte, wie mir scheint, den Hammer vortheilhaft ersetzen, und würde auch sonst ganz dieselben Dienste leisten, wenn das Drathende e unter dem Südpol s stünde und mit diesem in Berührung wäre. Das Vorübergehen des Magnet- stabes NS würde dann eine Stromunterbrechung. hervorbringen. 423 4. Markirung der Beobachtung oder Beobachtungspunkte. Wir kommen nun zur Markirung der Beobachtung. Zu diesem Zwecke befindet sich ober dem Drathe ab (Fig. 37), welcher die Secun- denpunkte macht, ein zweiter Dratlı ed, auf ganz ähnliche Weise zum Punktmachen eingerichtet. Anfänglich hatte ich in 4 einen Blectromag- net festgemacht, zu dem eine eigene Batterie gehörte; die Strom-Ver- bindung konnte durch das Anschlagen einer Taste hergestellt wer- den. So oft die Taste angeschlagen wurde, so zog der Blectro- magnet den Anker B an; dadurch wurde das Winkelstück r ge- hoben und die Spitze d machte einen Punkt, den man von den Se- eundenpnnkten leicht unterscheiden konnte, weil er merklich stärker war und ein wenig seitwärts von der Reihe der Secundenpunkte stand. Dass die zwei Spitzen, welche neben einander stehen soll- ten, über einander sich befinden und desshalb der Beobachtungs- Punkt nicht auf die entsprechende Zeit, sondern um einen constan- ten Betrag früher fällt, hat auf den Erfolg der Beobachtung keinen Einfluss. Später beseitigte ich den zweiten Electromagnet und brachte eine Schnur ef au, so dass der Beobachter, anstatt die Stromverbin- dung herzustellen, durch einen Zug den Arm CC hob, wodurch das Stück EE frei wurde und die Spitze d auf die Walze hiufiel. End- lich ersetzte ich den Arm CÜ durch eine Feder. Die Art und Weise, wie ich die Schnurverbindung angebracht habe, kann man aus Fig. 38 ersehen; ff ist eine Feder, welche mittelst des Hakens r das Stück, welches die Beobachtungspunkte macht, niederdrückt; von der Feder geht die Schnur ek bis zu dem einen Ende c des Hebels ab, welcher an der Decke des Beobachtungs-Saales sich be- findet und seine Axe in c hat; von dem andern Ende b geht die 424 Schnur bZ herab, die der Beobachter in der Hand hält. Die Schnur 52 kann man nördlich oder südlich vom Meridiankreise gleich gut ge- brauchen, Die beschriebenen Einrichtungen werden, wie ich Eingangs er- wähnt habe, nicht ganz mit den Ansichten der nordamerikanischen Gelehrten übereinstimmen, welche auf die Schnelligkeit der Markirung grosses Gewicht gelegt haben und es als wesentliche Bedingung ansehen, dass die Markirung augenblicklich geschieht. Bei dem von mir angewendeten Mechanismus habe ich diese Bedingung nicht zu erreichen gesucht. Wenn der Spitzenträger frei wird, so ver- geht eine gewisse Zeit, bis die Spitze die Walze erreicht, aber immer dieselbe Zeit. Man darf nicht etwa annehmen, dass der Arm p’p” des Spitzenträgers (Fig. 30), während der Punkt gemacht wird, an der Arretirang r anliegt; wenn man bedenkt, dass den Spitzenträger die Kraft der Schwere in Bewegung setzt, während der Anker, wenn er sich dem Electromagnet nähert, mit schnell zunehmender Kraft angezogen wird, lässt sich leicht ermessen, dass jener Theil des Spitzenträgers während der Bewegung mit der Arre- tirung gar nicht im Contact stehen kann. Dasselbe wird der Fall seyn bei der Bewegung des Spitzenträgers, der die Beobachtungs- punkte wacht. 5. Einrichtung des Fadennetzes für den Gebrauch des Registri- rungs - Apparats. Will ıman einen galvanischen Registrirungs-Apparat vortheilhaft gebrauchen, so muss man das Fadennetz des Meridian - Instruments in anderer Weise einrichten, als es für die gewöhnliche Beobach- tungs-Methode eingerichtet wird. Falls man, wie es an der hiesi- gen Sternwarte geschieht, theils einzelne Sterne mit grosser Prä- 425 / cision beobachten, theils Zonen nehmen will, wo die Beobachtung schneller geschehen soll und ein minderer Grad von Präcision aus- reicht, so sind zwei Bedingungen zu berücksichtigen 1) muss eine grössere Anzahl von Fäden eingezogen werden, 2) müssen die Fadenintervalle so ausgetheilt seyn, dass man, wenn nicht alle Fäden beobachtet werden, aus der Beob- achtung selbst weiss, welche Fäden genommen worden sind. Mit Rücksicht hierauf habe ich die Fäden nach der Fig. 39 dargestellten Weise eingerichtet. Wie man sonst fünf Fäden auf- spannt, so hat man hier fünf Parthien. Die Meridian-Parthie hat durchaus gleiche Intervalle; bei den übrigen Partlien kommt überall ein grösseres Intervall vor und zwar bei jeder Parthie an einer an- dern Stelle. Bei den Sternen, die mit grösster Genauigkeit beoh- achtet werden sollten, nimmt man die sänmmtlichen Fäden, bei den Zionen jedesmal nur eine Parthie. 6. Ablesung der Walzen. Zur Ablesung der Walzen gebraucht man das Gestell Fig. 40. Das Fernrohr ist dem S. 394 beschriebenen vollkommen gleich; die Kante ab dient als Index. Indem -man die Walze langsam herumdreht, geht nach und nach die ganze Punktenspirale an dieser Kante vorüber, dabei erkennt man sogleich die Beobachtungspunkte, deren Stelle unter den Secundenpunkten abgelesen wird und zwar so, dass man die Entfernung von der nächstvorhergehenden Secunde nach dem Augenmaasse schätzt. Die Länge einer Secunde beträgt 2 Pariser Linien, und das Fernrohr vergrössert 13 Mal, so dass also jede Secunde eine schein- Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 54 426 ; bare Grösse von 26 Pariser Linien hat. Bei der Ablesung werden die Zehutel-Secunden geschätzt, bisweilen auch die halben Zehntel, in der Weise nämlich, dass wenn z. B. 0,5 zu klein und 0,6 zu gross scheint, man als Ablesung 0,55 einschreibt. Wollte man an das Ablesungs-Fernrohr ein Microscop oder im Focus eine Scala, oder au der Walze selbst eine Micrometer-Bewegung anbringen, so hätte es gar keine Schwierigkeit, die Hundertel- oder, wenn man will, auch die Tausendel-Secunden abzulesen. Durch so genaue Ablesung ist indessen nur dann ein wirklicher Vortheil zu erzielen, wenn die Beobachtung eine entsprechende Präcisiou hat, wie es z. B. der Fall ist bei Pendelbeobachtungen und andern physikali- schen Versuchen. Zugleich muss aber bemerkt werden, dass es alsdann nöthig seyn würde, Laufwerke mit gleichmässigerem Gange als die jetzt gebräuchlichen zu construiren. *) *) Ein Räderwerk giebt nie eine gleichmässige Bewegung. Das beste Mittel, eine gleichmässige Bewegung hervorzubringen, besteht, wie ich glaube, darin, dass man eine ziemlich schwere Metallscheibe durch ein Räderwerk in Rotation erhält, und an der Axe der Scheibe eine Schraube ohne Ende anbringt, welche die beabsichtigte Bewegung (im obigen Falle die Drehung der Walze) unmittelbar bewerkstelligt. Die Bewegung der Scheibe müsste ferner von einer Pendeluhr in der Weise regulirt seyn, dass jede Secunde das Pendel einen galvanischen Strom durchgehen lässt, der die Bewegung der Scheibe etwas verzögert, wenn sie zu schnell geht, und etwas be- schleunigt, wenn sie zu langsam geht. Eine solche Einrichtung wird ge- genwärtig bei dem neuen Aequalorial der Sternwarte gelroffen. -— In Amerika hat man, wenn ich nicht irre, Laufwerke, wie sie von Fraunhofer zur Bewegung von Refractoren construirt wurden, angewendet, um den Papierstreifen bei dem „automalic clock register“ fortzuziehen. Einen sol- chen Papierstreifen mit Secundenpunkten habe ich von dem Direktor der National-Sternwarte in Washington, Herrn Maury, erhalten; die Länge einer Secunde beträgt 5 Linien, 427 = Damit man den Grad der Genauigkeit ungefähr beurtheilen könne, füge ich hier die sämmtlichen (d. h. bei ungünstiger wie bei günstiger Luft angestellten) Beobachtungen von « Serpentis im Jahre 1851 bei. Die Distanzen der einzelnen Fäden vom Mittelfaden sind für « Serpentis wie folgt: I. Parthie —+ 40,62 + 38,89 .—+ 36,97 + 35,15 + 31,32 In folgender Tabelle findet man nun II. Parthie IH. Parthie IV. Parthie V. Partlıie. " + 22,50 + 20,30 + 18,55 + 14,73 + 12,89 [7 + 3,79 + 1,78 0,00 — 1,85 — .3,83 „ [23 — 12,96 — 31,37 — 14,81 — 35,11 — 14,44 — 37,00 — 20,31 — 38,81 — 22,28 — 40,74. die Beobachtung der ein- zeluen Fäden für jeden Tag, dann die Abweichung vom Mittel der 25 Fäden, welche sich ergiebt, wenn man mittelst der obigen Fä- dendistanzen auf den Mittelfaden reducirt. E = =. Beobachtung Beobachtung = vv En. En [8 =S = =] F# R= => Ai e=} B-R=| == 3 ar S = S == 1 Es = r} =! as S =5 Pr 1 «> [7 f 0.950,07 2 2.60/40,01 3 4.60/—0,07 4 6.3040,05 5 10.1040,08 11.15 6 19.00| 0,00) 20.00 7 21.00/4-0,20 22.15 8 22.90/+0,05| 24.00 9 |26.60/-0,17| 27.90 10 28.55/4-0,06| 29.70 1 37.70)-40,01| 38.70 12 39.75—0,03| 40.85 13 41.55/-0,05| 42.60 14 43.40. —0,05| 44.45 15 45.450,12) 46.30 16 54.500,04 55.55 17 56 40—0,09 57.45 18 59.95 —0,01| 1.00 19 1.90 —0,09 2.80 20 3.900,12] 4.80 21 12.85.--0,02) 13.75 22 16.550,06] 17.50 23 18.45. 40,05| 19.30 24 20.30 40,01) 21.05 25 22.20|40,04) 23.10 [2 +0,03 0,00 +0,05 -—0,05 —0,13 —0,09 +0,01 —0,13 —0,10 —0,10 42.15/4-0,04 44.450,06 46.150,01 50.000,04 51.80 0,00 0.950,05 3.000,09 4.60.4-0,09 6.50/--0,04 10,03) 8.40110,12 —0,09| 17.600,05 0,14 19.50) 0,00 —0,06| 23.05 40,08 0,01) 25.00 0,00 0,02) 26.900,07 20,11) 39.704+0,10 10,20] 41.65 40,04 +0,26 43.50 0,00 18 hr On = Ä E. jet} oO er en en er. = =8 5 =© Ss == = FR be == = aa 3 Ss E s= E eIZ =] = 28 3 BE & > & > S% ” „ 0.05, —0,19) 41.25/—0,02 1.55.+0,04| 44.654-0,01 3.50/+0,01) 46.60 —0,02 5.40 —0,07| 48.40 0,00 9.201 —0,04| 52.301—0,07 18.000,02 1.00. +0,05 20.200,02] 3.251 0,00 21.800,13) 4.950,05 25.801—0,05| 8.85—0,03 27.65 —0,06| 10.701 —0,04 36.60+0,09| 19.70. +0,06) 38.50/-£0,20| 21.801—0,03| 40.50—0,02| 23.55| 0,00 42.40 —0,07| 25.40| 0,00 44.40/—0,09| 27.3514-0,03 53.451 —0,01| 36.50,+0,01 55.2514-0,04 38.40 —0,04 58.95|—0,03) 42.00 —0,01 0.70 +0,09) 43.95 —0,09 2.65.4-0,11) 45.80 +0,03 +0,12) 36 10—0,04| 12.00 —0,15| 54.80/+0,12 15.50/-+0,09) 58.550,11 17.450,03) 0.50140,05 19.30—0,01| 2.45/—0,09 0,14) 45.50 —0,07) 21.2040,02| 4.300,01 429 51. | Juli. |. Juli 7. | Aug. %. | 2 es Bwin nn map a = = ES = = = == Dun = => a = 52 3 ER = = =#= 3 e$ = 3 = = au = == =3 = == == A = | 5m Eee ze 2 | Se Ze E == = = E31 E= 2 P BE, Selina a Bu 23 m. 0,03| 9.60.-4:0,05| 40.00 —0,01| 33.000,09) 29.00 —0,03| 42.65/4-0,04 8.90/F0,02) 11.50-0,01' 41.850,02) 34.65/+0,10| 30.85|—0,04 44.50 40,03 18.00--H0,02 20.55 --0,04| 51.001—0,07| 43.851 0,00) 39.90.-40,01) 53.55/40,08 20.00/+0,03| 22.500,10) 53.00 —0,06| 45.80 0,06) 41.90 10,02 55.55.40,09 21.800,01) 24.45.—0,07| 54.60 +0,12) 47.554-0,09| 43.60 -L0,10| 57.450,03 23.65/-H0,01| 26.30 —-0,07| 56.50)-+0,07| 49.45-4-0,04| 45.50] 40,05) 59.25/4-0,02 25.55-+0,09 28.200,01) 58.500,05) 51.450,02) 47.500,03] 1.200,05 34.600,17 37.25 -0,09| 7.55.-+0,13| 0.50-40,10| 56.550,11) 10.40. —0,02 36.650,03) 39.300,11 9.50-10,03| 2.500,05 58.50.+0,01| 12.35 —0,12 40.400,15, 42.80 40,02) 13.10/-40,06| 6.050,03) 2.100,04 15.80 +0,06 42.20 —0,08 44.65/4-0,04 15.000,03] 7.850,10) 4.00.-4-0,01| 17.60 --0,13 —0,01| 46.60 +0,06, 16.904-0,10] 9.950,03) 6.00—0,02] 19.65.40,05 53.15.-+0,03) 55.65 +0,10) 26.05.-+0,04| 19.10—0,09] 15.0514-0,02| 28 7040,09 —0,03) 59.50) —0,01| 29.90, —0,07| 22.800,05) 18.85 —0,04 Bon —0,04 1.40.—0,02) 31.60/40,12] 24.604-0,04| 20.60 +0,10) 34.45 0,03 -0.60-40,02) 3.05/4-0,14| 33.50'4-0,03| 26.550,10) 22.45 -40,06| 36.25 u 2.450,10) 5.000,12) 35.50|—0,04| 28.45/—0,07| 24.450,01] 38.25 —0,0 ” „ 430 Da in Folge der Unruhe der Atmosphäre die Bilder der Sterne, nicht selten um 2 bis 3 Secunden (im Raume) schwanken, so darf man wohl diesem Umstande allein die hier vorkommenden grösse- | ren Abweichungen beimessen. Uebrigens ist es auch nicht in Ab- rede zu stellen, dass zum richtigen Gebrauche des galvanischen Registrirungs-Apparates Uebung erfordert wird, besonders bei den- jenigen, die durch vieljährige Praxis an die alte Beobachtungsmethode gewohnt waren. , IV. Registrirungs - Apparat für Declinations- Beobachtungen. Die grosse Genauigkeit, womit auf einer geschwärzten Zinn- walze Punkte gemacht und abgelesen werden können, hat mich zu dem Versuche veranlasst, ob nicht durch dieses Mittel bei Zonen- beobachtungen die Declination markirt werden könnte *). Der *) Ich habe kürzlich in ‚Dr. Gould’s Astronomical Journal‘ gelesen, dass Prof. Mitchel in Cincinnati ebenfalls mit dem Probleme sich beschäftigt, die Declinationen zu registriren. Auf welche Weise er den Zweck erreicht oder zu erreichen beabsichtigt, darüber hat er noch nichts veröffentlicht, wenigstens ist mir noch keine Kunde davon zugekommen. Ich bemerke hier, dass mein Apparat im Sommer 1849 angefangen wurde, zugleich mit dem galvanischen Registrirungsapparate. Einige Astronomen haben, wie ich glaube, versucht, Zonnenbeobach- tungen anzustellen mit einem Fadennetze, bestehend aus mehrfachen Fa- densystemen, die sich unter spilzigem Winkel durchkreuzen; das Fernrohr bleibt unverändert und sowohl gerade Aufsteigung als Declination werden aus den Fadendurchgängen abgeleitet. Dies ist die Methode, welche 431 Apparat, den ich desshalb construirt habe, ist in Fig. 41 dar- gestellt. An der Axe des Passage-Instruments ist ein Messingrohr aa (Fig. 41) von 6 Fuss Länge mittelst der Klemmen A, B befestiget; wenn man eine Zone beobachten will, so löst man die Klemmen, richtet das Fernrohr auf die Mitte der Zone, dreht das Rohr aa bis es senkrecht steht, und zieht die Klemmen wieder an. Am un- tern Ende des Rohres ist eine Feder cc mit einer feinen Spitze f, die in Fig. 42 dargestellt ist, angebracht. Vor der Spitze und in ganz kleiner Entfernung davon befindet sich die Walze, rückwärts, ebenfalls in ganz geringer Entfernung vou der Feder, das Stück bb mit einer Axe d. Am untern Ende befindet sich die Excentrik g an einer Axe, welche durch den Schnurlauf m gedreht wird. Geht die Excentrik herum, so wird das Stück dn herausgedrückt durch die Feder gg; der Theil bb geht gegen die Walze vor und die Spitze macht einen feinen Punkt auf der geschwärzten Oberfläche der Walze, ganz so wie es bereits oben bei dem registrirenden Thermometer erklärt worden ist. La Caille bei seinen Zonenbeobachlungen in einfachster Form angewendet hat. Nimmt man ein kleineres Fernrohr mit grossem Sehfelde und ge- ringer Vergrösserung, so ist die Methode vorzüglich, will man aber eine grössere Genauigkeit erreichen und folglich auch eine stärkere Vergrös- serung anwenden, so wird die Breite der Zone zu klein und man muss zu lange warten, bis ein Stern kommt. Ich habe bei meinem frühern Zonenapparat (Observ. Astronomicae Vol. XII. Einleitung) vom Anfang Zonen von 14 Grad genommen, fand aber, dass der Beobachter in den meisten Gegenden des Himmels damit nicht Beschäftigung genug hat. Später vergrösserte ich den Zonenbogen auf 2 Grade; beim Gebrauch eines Registrirungs-Apparates für die Durchgänge ist auch diese Breitenausdeh- nung viel zu klein. 432 Ist der Beobachtungspunkt gemacht, so schiebt der Haken hh das Rad R der Walze v um einen Zahn vor. Vor der Walze sieht man eine zweite Spitze r (Fig. 42) an einer Feder und rückwärts ein Stück ss (Fig. 41), wodurch beim Umdrehen der ‚Excentrik % (welche an derselben Axe wie die Excentrik y und der Schnurlauf m festge- macht ist) die Spitze gegen die Walze gedrückt wird. Diese Spitze hat den Zweck, die Grösse des beobachteten Sterns zu markiren. Die vier Tasten T (10), T (9), T &, T (X), welche man in Fig. 41 sieht, lösen sämmtlich die Axe, woran der Schnurlauf » angebracht ist, mittelst der Stücke uw, vv aus, so dass sie einmal herumgeht und die beiden Spitzen gegen die Walze gedrückt wer- den, Die Tasten stehen aber ausserdem noch in Verbindung, mit der Feder F' (Fig. 42), so dass, wenn man die unterste Taste an- schlägt, die Feder um 14 Linie hineingeschoben wird und der Punkt, den die Spitze macht, 2 Linien von der Kante 3 entfernt ist. Ein Punkt in dieser Entfernung von der Kante bezeichnet einen Stern 7. Grösse oder darüber. Wird die zweite Taste angeschlagen, so kommt-der Punkt {4 Linie von der Kante zu stehen und bezeichnet einen Stern 8. Grösse; die dritte Taste entspricht der Entfernung 1 Linie und bedeutet die neunte Grösse und die oberste Taste der Entfernung 4 Linie, wodurch die 10. Grösse angezeigt wird. Das Brettchen, woran die Tasten sich befinden, lässt sich höher oder tiefer stellen, damit der Beobachter hei verschiedener Lage des Fern- rohres, d. bh. bei Beobachtung verschiedener Zonen, die Tasten er- reichen könne, Alle Theile sind an einer hölzernen Rahm, welche die Säule des Passage-Instruments umgiebt, angebracht und demnach kleinen Aenderungen unterworfen, nur das Widerlager W (ein starkes Eisen- stück), gegen welches das Ende der Axenwalze angedrückt wird, ist in der Säule eingekittet und vollkommen fest. 433 Die Ablesung der Declinationen an der Walze geschieht mit der Vorrichtung Fig. 43. Die Walze W liegt in einem Lager, ganz ähnlich dem Lager, worin sie beim Gebrauche sich befand (Fig. 41). Die Feder f drückt das Ende der Walzenaxe gegen eine Glas- platte. Das Stück AB bewegt sich an einer Axe, wovon das Ende bei @ zu sehen ist; die Walze steht genau so weit von der Axe a ab, als sie bei der Beobachtung von der Axe des Passage-Instru- ments entfernt war. Unter der Walze befindet sich der Kreisbo- gen ce in Minuten getheilt. In dem Microscop M sieht man die Punkte der Walze, in dem Microscop M’ die Theilung des eben erwähnten Kreisbogens. Um eine Ablesung vorzunehmen, bewegt man mit der Schraube mın das Breit AB, bis ein Punkt der Walze unter den Faden des Mi- eroscop M kommt; alsdann sieht man in das Mieroscop M’, notirt die nächst vorhergehende Minute und bestimmt durch das Micro- meter dieses Microscops wie viele Secunden noch dazu kommen. V. Das Electrometer. 1. Beschreibung des Instruments. Das Electrometer ist in Fig. 44 im Durchschnitte dargestellt; es besteht aus einem Rohr RR mit einem viereckigen Bügel AABB (letzterer aus Kupferdrath von 3 Linie im Durchmesser gemacht), dann einer frei hängenden Nadel ab von versilbertem Kupfer- dratlı. Nach der von mir gewöhnlich gebrauchten Einrichtung sind Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 55 434 die beiden Nadelhälften ac, be_nur ‚die. Enden; eines Drathstückes, wovon die Mitte in e ist; der Drath wird zusammengedreht bis 7 so dass bei e eine Oehre zum ‚Aufhängen. bleibt, dann, gehen ‘die beiden Draththeile auseinander und bilden einen viereckigen Bügel zwischen f und g, dann sind sie wieder zusammengedreht bis .c. Der Drath hat 4 Linie im Durchmesser. Ein kleiner Magnet. nm (ein Stückchen: von. einer Nähnadel etwa 3 Linien in der Länge) wird: ungefähr in der Mitte zwischen g und c ‚durchgesteckt. und mit etwas Siegellak befestigt. Das Ganze wird getragen von dem einfachen Coconfaden ss, der oben an dem ‚Stiften 4 befestigt ist. Der Stiften wird geklemmt durch die Schraube g, und das gauze Stück CC kann im Rohre RR gedreht werden, um die Torsion des Fadens aufzuheben. Durch das Rohr RR und durch den Bügel fg wird ein Stiften gesteckt, so dass die Nadel ab sich nicht über 90° herumdreben kan. Die Platte PP ist an dem Rohre angelöthet, die Platte OO fest aufgeschraubt, dazwischen‘ befinden sich zwei Parthien Gutta-Percha-Scheiben, die eine ausserhalb, ‘die andere in- nerhalb der Glasglocke. Die Wand der Glasglocke @@ bleibt et- was mehr als einen halben Zoll vom Rohre entfernt. Auf solche Weise wird das Rohr und die 'Theile, die damit zusammenhängen, von der Glocke und dem Gestelle zsolirt. In Fig. 45 ist das Electrometer perspectivisch gezeichnet. Zum Aufstellen des Instruments gebraucht man das Kästchen KK, dessen Gestalt aus Fig. 46 zu ersehen ist. Den Boden des Kästchens bil- det das Brett HH; darunter befindet sich die feste Unterlage PP (am besten eine in der Mauer befestigte Diele). Zwischen dem Brett HH und der Unterlage PP liegt eine. starke Messingfeder, welche das Kästchen binaufdrückt. Die drei Stellschrauben R, 8,7 gehen in die feste Unterlage PP und wirken der Feder entgegen. 435 Mittelst dieser Stellschrauben giebt man dem Electrometer die er- forderliche horizontale Lage *). *) Ich habe sehr viele Versuche angestellt, bis ich zu der hier beschriebenen Consiruclion. des Electrometers gelangte. Bei den ersten Versuchen ge- brauchte ich eine flache Nadel anstatt des feinen Draths, und messingene Röhren von ungefähr 1 Zoll Durchmesser anstatt des Bügels; ich hoffte nämlich, durch grössere Oberflächen eine grössere Abstossung zu Stande zu bringen, also das Instrument empfindlicher zu machen. Ich erkannte indessen bald, dass es mit der Vertheilung der Electrieität ganz andere Bewandtniss habe, als man gewöhnlich annimmt, und dass dünne Dräthe eine verhältnissmässig sehr grosse Abstossung geben. Ferner halte. ich bei meinen ersten Instrumenten alle Theile abgerundet, in der Voraus- selzung, dass die Electrieität durch scharfe Kanten leichter ausströme. Auch diese Voraussetzung habe ich später unbegründet gefunden. Die vorgenommenen Experimente zeigten, dass wenn man an dem Electrometer einen ganzen Kranz von Nähnadeln anbringt, die Ausströmung nicht schnel- ler erfolgt, als wenn die Nadeln entfernt werden. Die meisten Schwierig- keiten ergaben sich mit der Isolirung. Kleine Electricilätsmengen, (die überhaupt sich ganz anders verhalten als grosse) werden durch Glas gar nicht isolirt, ebenso wenig durch Siegellak. Klebwachs isolirt sehr gut, so lange die Temperatur nicht über 16° geht, es ist aber, wenn die Tem- peratur der eben erwähnten Grenze sich nähert, viel zu weich, um zur Construction von Electrometern vortheilhaft sich verwenden zu lassen. Mit Schellak habe ich wenige Versuche angestellt; die Bearbeitung des- selben erfordert besondere Vortheile, die nicht allgemein bekannt sind. Die Substanz, die unter allen vorkommenden Temperaturen am Besten isolirt, ist, so weit meine Versuche gehen, Gulta-Percha. Ich habe an- fangs rohe Gulta-Percha genommen und sie an der Weingeist-Flamme er- hitzt oder geschmolzen, um sie in die gewünschte Form zu bringen; später gebrauchte ich Platten von Gulta-Percha, wie sie im Handel vor- kommen. Die Isolirung war in beiden Fällen ungefähr gleich gut. Nur ein grosser Uebelstand bietet sich dabei dar, dass nämlich die Gutla-Percha hygroscopisch ist, und, an einen feuchten Ort hingestellt, in ganz kurzer 55 * 436 2. Ablesung des Electrometers. Stellt man das Instrument auf, so dass die Fläche des Bügels AABB mit dem magnetischen Meridian zusammenfällt, so wird der kleine Magnet in dieser Fläche zur Ruhe kommen und die Nadel ab wird paralell seyn mit BB; so wie man aber Electricität in das Rohr bringt und die Electricität in den Bügel und in die Nadel zu- gleich kommt *), so wird die Nadel ab vom Bügel abgestossen und weicht seitwärts ab, während der kleine Magnet sie in die frühere Lage zurückzubringen sucht. Nach einigen Oscillationen nimmt die Nadel eine bestimmte Richtung an und macht mit dem Bügel den Winkel acB (Fig. 45), welcher von der Stärke der Blectricität ab- hängt und als Maassbestimmung dieser Stärke angewendet wer- den kann. Zunächst kommt es darauf an, diesen Winkel abzulesen. Zu diesem Zwecke befindet sich unter dem Bügel eine Glasplatte, welche zugleich zum Verschliessen der Glocke dient. Auf der Glasplatte ist eine Kreiseintheilung ZE angebracht und unterhalb derselben in dem Kästchen K liegt ein Spiegel, unter 45° gegen den Horizont geneigt (in Fig. 46 zu sehen und mit S' bezeichnet); endlich ist @ eine Linse von solcher Brennweite, dass wenn man das Auge daran hinbringt, man im Spiegel S ein deutliches Bild Zeit die Isolirungsfähigkeit verliert. Ein Electrometer, welches auf solche Weise unbrauchbar geworden ist, wird erst wieder brauchbar, wenn man es längere Zeit in einem trockenen Orte aufbewahrt. *) Beim Gebrauche des Instruments macht die Nadel «64 vom Anfange immer grosse Schwingungen oder wird in Schwingungen gebracht, dass der Bü- gel fg mit dem durchgesteckten Stiften in Berührung kommt, 437 der Kreis-Theilung EE erhält, und auf der Kreis-Theilung den un- tern Theil des Bügels BB sowohl als die Nadel ab (die beide in geringem Abstande von der Glasplatte sich befinden müssen) pro- jieirt sieht. Die von mir angewendete Kreis-Theilung stellt Fig. 47 dar. Die Projection des Bügels BB geht durch die beiden Nullpunkte. Da die Excentricität der Nadel ab veränderlich ist, so muss man die beiden Bogen ad und be ablesen; das arithmetische Mittel daraus giebt den Winkel, den die Nadel mit dem Bügel macht. Es wird hiebei vorausgesetzt, dass man die Nadel zur Ruhe gebracht habe. Dieser Bedingung wird jedoch gewöhnlich nicht Genüge geleistet, sondern man vermindert den Schwingungsbogen, bis er einen mässi- gen Betrag etwa ««’‘, pP’, erlangt und liest dann auf der einen Seite die grösste, auf der andern die kleinste Abweichung, d. h. «ed und ß’e oder «’d und ße, ab. 3. Anwendung des Electrometers zur Messung der atmosphärischen Electricität. Will man mit dem Electrometer die Spannung der atmosphäri- schen Electricität messen, so hebt man das Instrument von dem Kasten KK ab, geht damit auf einen erhöhten Punkt unter freiem Hinmel (die an der hiesigen Sternwarte bestehende Einrichtung stellt Fig. 48 dar) und berührt mit dem Finger das Rohr gerade oberhalb der Platte. Trägt man dann das Instrument wieder herab und stellt es auf den Kasten bin, so zeigt sich, wenn eine Span- nung vorhanden ist, sogleich eine entsprechende Abweichung der Nadel, die man in der oben beschriebenen Weise abliest. Beim Herabtragen des Instruments muss man dafür sorgen, dass das Rohr mit keinem Gegenstande in Berührung kommt. 438 Bisher haben wir vorausgesetzt, dass der Bügel und die beiden Nullpunkte der Kreis-Theilung genau im magnetischen Meridian sich befinden, dass die Torsion des Fadens vollständig gehoben sei, und dass eine Entweichung oder Verminderung des electrischen Fluidums während der Beobachtung nicht eintreten könne. In der Praxis lässt sich aber dem Instrumente niemals die richtige Lage geben; und was die Isolirung betrifft, so ist sie nie so vollkommen, dass nicht beständig einige Electricität entkommt oder abfliesst, was durch: eine allmählig verminderte Abweichung der Nadel sich offen- bart. Um diese verschiedenen Umstände bei der Beobachtung un- schädlich zu machen, verfährt man auf folgende Weise, Fürs erste notirt man die Zeit 7, wo man mit dem Instrumente herunterkommt und wo in dem Instrumente die electrische Spannung eintritt, mithin auch der Electricitäts- Verlust anfängt. Wenn die Nadel beruhigt ist und sich in der Lage ab (Fig. 47) befindet, so liest man die Bögen ad — u, und be — uw, ab *), notirt die Zeit T, dazu und berechnet x, — % (uw, + w,). Dann hält man einen Magnetstab an die Glasglocke **), der ein hinreichendes Drehungsmoment auf den kleinen Magnet sr» ausübt, um die Nadel ab auf die entgegengesetzte Seite des Bügels zu bringen, wo sie nach einigen Oscillationen in der Richtung «’b’ zur Ruhe kommt. Nun liest man die Bögen ad = u, und be — w, ah, notirt die Zeit 7, *) Wie man verfährt, wenn die Nadel nicht vollkommen beruhigt ist, habe ich oben bereits erklärt. **) Wer ein Electrometer gebrauchen will, muss mit Magneten gehörig um- zugehen wissen und sich in dieser Hinsicht die nölhige Uebung erwerben. Dies gilt vom Bewegen sowohl als vom Beruhigen. Anleitung dazu findet man in meinem „Handbuch des Erdmagnetismus, Berlin 1849“ (Verlag von Veit u. Comp.). 439 und berechnet das arithmetische Mittel x, — 4 (u, + w,). End- lich bringt man die Nadel wieder in die ursprüngliche Lage zurück; sie wird aber nicht mehr genau die Richtung «b annehmen, sondern eine etwas geringere Abweichung zeigen. Die Ablesungeu seien u, und «',, die Zeit der Ablesungen 7’, und das arithmetische Mit- tel x, = 3 (u, + W,). Aus der ersten und dritten Beobachtung ergiebt sich der Kraftverlust für die Zeiteinheit _— ı& —j%3 "a To Reducirt man hiemit die erste und zweite Beobachtung auf die Zeit T, so hat man # + Ba Tue (T, Br 7) mt, zz + wa (DT): Nimmt man aus diesen zwei Bestimmungen das arithmetische Mittel, so erhält man die wahre Ablenkung, unabhängig von sämmt- lichen oben bezeichneten Fehlerquellen. Die wahre Ablenkung, die wir mit » bezeichnen wollen, ist also Yang Dtm 21 nZyam tz) mn) nn Die hiesigen Beobachtungen werden so eingerichtet, dass die sämmtlichen Intervalle 7, — T, T, — T,; T, — T, so nahe als möglich gleich und — 1 Minute sind. Hiernach verwandelt sich das obige Resultat in folgendes "ZI tm) +i3 ar) Die Aufzeichnung und Berechnung geschieht an der hiesigen Sternwarte nach folgendem Schema: 440 1851. — IM wahre 1 fi A err me E en E — ‚4 |SpannungjBemerkungen 2 El © 1M+4 Zeit Beobachtung Mittel 4,00 3,45 3,35 3,40 3,65 2,65 3,10 2,65 2,38 3,56 0,65 4,21 posiliv 3,33 0,75 4,08 positiv 2,73 0,55 3,28 positiv | | Ob die Luft-Electricität positiv oder negativ sei, wird dadurch gefunden, dass man eine Siegellackstange mit einem wollenen Lum- pen reibt und sie in die Nähe der Kugel des Electrometers bringt, wie in Fig. 45 zu ersehen ist. Enthält das Electrometer positive Electrieität, so nähert sich die Nadel dem Bügel und die Ablen- kung wird kleiner; ist die im Instrument befindliche Electricität ne- gativ, so entfernt sich die Nadel vom Bügel und die Ablenkung wird grösser. Dem eingeführten Sprachgebrauche zufolge sagt man im ersten Falle, die „Luftelectricität sei negativ,“ im zweiten Falle, die „Luftelectricität sei positiv.“ *) *) Obwohl der Gebrauch des Electrometers ganz unabhängig ist: von’ dem 441 4. Berechnung der gegenseitigen Abstossung des Bügels und der Nadel, unter der Voraussetzung, dass die Electricität in beiden ‚gleichmässig vertheilt sei. Wir müssen nun, um aus der Ablenkung n die electrische Span- nung, abzuleiten, vor Allem die Kraft bestimmen, womit sich der theoretischen Ansichten, die man sich über das Bestehen der Luftelectricität bildet, so glaube ich doch, dass es nicht unzweckmässig seyn wird, wenn ich bei der grossen Verschiedenheit und schwankenden Beschaffenheit der bestehenden Meinungen die Hypothese, die ich nach meinen bisherigen Beobachtungen für die annehmbarste halte, mit wenigen Worten erwähne. Ich nehme an, dass die Zrdkugel eine gewisse Menge negativer Electri- eilät besilze; die Menge bleibt sich stets gleich, die Vertheilung kann aber zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden seyn. Die Atmosphäre, d.h. die Luftmasse, welche die Erde umgiebt, hat gar keine Electricität; sie ist unfähig, die Electrieität zu behalten oder zu leiten. Die Electricität - der Erde sucht immer die höchsten Punkte der Oberfläche zu gewinnen, oder wird vielmehr gegen die höchsten Punkte hinausgedrängt und häuft sich daselbst an, übereinstimmend mit den Lehren der Physik, denen zu- folge gleichnamige Electricität sich abstösst. Die Anhäufung der Electri- eilät ist der Höhe proportional. Wenn man demnach das Electrometer wie in Fig. 48 auf einen hohen Punkt bringt und die Verbindung mit der Erde herstellt, so häuft sich die negative Electricilät der Erde in dem Instrumente an, und offenbart sich, sobald das Instrument in einen verschlossenen, also von electrischer Span- nung freien Raum kommt. So geschieht es, dass das Electrometer bei heiterer Luft stets negative Electricität enthält. Da es gebräuchlich ist, der Luft die entgegengesetzte Electricität zuzuschreiben, so sagt man in solchem Falle, die Luft sei positiv electrisch. Ist ein Landstrich mit dicken Wolken überzogen und enthält die Luft so viele Wasserbläschen, dass zwischen dem Erdboden und den Wolken Abhandl. d. II. @l. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 6%) 442 Bügel und die Nadel in den verschiedenen Lagen gegenseitig ab- stossen. j eine Leitung hergestellt wird, so begiebt sich die ganze sonst auf der Bodenoberfläche vorhandene Electricität — übereinstimmend mit den oben bereits erwähnten Lehren — in die Wolken und man befindet sich wie in einem verschlossenen Raume. Das Electrometer zeigt unter solchen Verhältnissen eben so wenig eine eleclrische Spannung an, als wenn man damit in einem Zimmer beobachten wollte. Rückt von einer Seite eine schwere Gewitterwolke heran, die — eiwa durch den Regen, der davon herabfällt — mit der Erde in leitender Ver- bindung steht, mithin eine starke negalive Eleclrieität haben muss, so wirkt sie auf das Electrometer wie eine geriebene Siegellackstange, in die Nähe gebracht, wirken würde und das Instrument wird positive Elec- tricität enthalten. Eine Wolkendecke, die nicht mit der Erde in leitender Verbindung steht, besitzt immer eine gewisse Menge negativer Electricität, die ihr durch Vermiltelung der aufsteigenden Dunstbläschen zugeführt wird; dess- halb zeigt das Electrometer an der Erdoberfläche bei bedecktem Himmel weniger Electricität an, als _es bei reiner Luft der Fall ist. Es ist sehr zu bedauern, dass bisher keine Versuche — ähnlich den magnelischen Terminbeobachtungen — unternommen worden sind, um die gleichzeitigen Bewegungen oder Variationen der Luftelectricilät an ver- schiedenen Orten zu bestimmen. Von einem solchen Unternehmen wären höchst lehrreiche Resultate zu erwarten. Dass bei ganz heiterm Wetter und trockener Luft eine Gleichzeitigkeit und eine Aehnlichkeit, wenigstens in demselben Maasse, wie bei den erdmagnelischen Varialionen, vorhanden seyn wird, läst sich mit Bestimmtheit schon im Voraus annehmen, da die Erde ein guter Leiter ist. Was: die electrischen Aenderungen betrifft, die durch das Vorhandensein von Wolken zu Stande kommen, so sind sie als >» 443 1) Es sei (fig. 49) ab der untere Theil desBügels ed die Na- del und man bezeichne cp mit &’, cq mit x, pcg mit g, ab mit 24, p?g wit o: ferner nehme man an, dass in »p und g die Blectrici- tätsmengen ndx’, kei sich befinden; endlich setze man zz de’ dr‘ 5 =; IV re, so wird der untere horizontale Theil des Bügels auf die Nadel ed ein Drehungs-Moment —= 27? }sing P ausüben. Der eben angenommenen Bezeichnung zufolge bedeutet 7 die Quantität elektrischen Fluidums, welche in der Längeneinheit sich befindet und kann also als gleichbedeutend mit der electrischen Spannung, die wir suchen, betrachtet werden. Vernachlässigt man die ganz kleine Entfernung zwischen der Nadel und dem untern Theile des Bügels, so hat man oe = 22 +8? — 222 c00sp folglich P-— Bor Va: +22 — 208 0089 - Setzt man ae =cb =4, cd = ce —=eÖ/ so sind die Grenzen dieses Integrals für &° + A und — 4 und für x + ei und — «4 lokal zu betrachten, weil es gleichgiltig ist für die allgemeine Vertlheilung, ob die einem bestimmten Landstriche zukommende Electricilätsmenge auf der Bodenoberfläche oder in den Wolken sich befindet, oder zwischen Boden und Wolken getheilt ist. 56 * 444 Zwischen diesen Grenzen erhält man nun Pe ur [VT # @? + 2 @cosg — VI Fa? —% a 00sg] oder auch wenu ıT= — 4 gesetzt wird | Der -— [Y a + c0sg — Va — c0sg]- 2) Setzt man, um die Abstossung der Seitentheile des Bügels zu berechnen (fig. 50) ap’ — u, eg — a, p'q — 0’ und bezeichnet das Integral N mit O, so erhält man das von dem ver- ticalen Theile des Bügels af ausgeübte Drehungsmoment — 2397?Asinp(Q,- Hier ist 0? — @2 + 4? — 242 cos + u? und die Inte- gration giebt RG e—u a ( — n(2—/cosp) Q0,= 4 log Fr +3 LITE ee Um das von dem verticalen Theile gb ausgeübte Drehungsmo- ment zu finden braucht man nur in dem vorhergehenden Ausdrucke — 4 statt A zu substituiren. Wenn man also oe? — a? + A? + 2ir cosp + u? setzt, so kann man das ganze Drehungsmoment der. verticalen Theile durch 27°4 sinp (0 + 9) ausdrücken, so dass nz (e—u) (o’-tu) u SU Are) und D 1 ulc—)cosp) 1 u(2z-+)cosg) en TER A ZN a LEER) 0 2 1gp = (1 Asinpe” 2 typ (1 Asinpe” ) angenommen wird. 445 Setzt man af = bg—ß4 und werden diese Integrale zwischen den Grenzen u — 0 und w — 4 x — a) und 2 —=— ai genommen, so ergiebt sich = r-B r +8 0=4 log. 7.5 FB uU — #la—cosp) a —. Bla-trcosp) Fe 199 arg (tg rsinp ) + typ UnE 7 m. Fisinp wo der Kürze wegen vi + e? — ?2ec0osp+p? —r vi + e? + 2e00sg+ß? — r gesetzt ist. Um eine für numerische Rechnung bequemere Form zu finden, setze man I+e + Lee) wir ve” so hat man 0) _ 4 log. Vb-cosp m, Vb-+cosp -+c ah log. V a—cosp CHVb-Fcosp Vbtcosp — Y-—beosp -Fe Vatcospg etyb-cosp” En’ 2 C00p. tgy = SMmp_ cap t 'y w u ü a-+-cosp sing er „29. wer] 0 Zu. Spannung aus der beobachteten Ab- Berechnung der electrischen lenkung. Mit Hülfe der obigen Formeln können wir nun das Verhältniss zwischen der electrischen Spannung und der Ablenkuug g finden. 446 Setzt man das magnetische Moment der kleinen Nadel — u, die absolute horizontale Intensität des Erdmagnetismus — X und die pri Narr des Fadens — £ so hat man n?4 sing U, = uX sing -+tg, wo nach dem Obigen U, — pP +0 +0 ist. Wenn man das obere Ende des Fadens um 180° dreht und dadurch die Nadel um m Theilstriche aus ihrer Lage entfernt wird, so bat man wÄ sinym — t (180% —ym) wenn y den Werth eines Theilstriches bedeutet. Hieraus folgt e: X sinym " 77.1800 —ym und man hat, wenn yn für 9 substituirt und die Function sin ym yn T sin yn " 180% —ym e mit T, bezeichnet wird, N?AU, = uXT.. Die Funktion 7", weicht unter den gewöhnlich vorkommenden Verhältnissen nie viel von der Einheit ab und kann, wo nicht be- sondere Genauigkeit gefordert wird, als eine Constante betrachtet werden, weil die Aenderungen, die durch Substitution verschiedener Werthe für n entstehen, nur sehr gering sind. Die letzte Gleichung giebt für die electrische Spannung 7 fol- genden Werth "= V n — J Aue . Wir wollen die Funktionen U, und T,, beispielsweise für das an der Sternwarte gebrauchte Instrument bestimmen. 44T Für dieses Instrument hat man: Av 50,12 millim. @ =: 0,9572 Ps 1,6757 a =. 1,00095 b = 2,46761 € »== ı1,21106 = n2 m — 3,095 Hieraus folgt: n P Q Q D T, 02215062, a N 120783... 188 Bes 20... Di... HOT. RE... 114138 3. 11,463 2... 1,133 2... 3421... 16017 .» ..1,139 4. 6,063... .:0,870 .....n 461 .u.. 5.5 394,5 7. 15,141 5. 3,633... + 0,6750, 1,841... 01.6,150.0..41,144 Bow. 6.41, 25844 10.0100 AI 280; 7 re. 100 te 0508 + 15152 8. 1,082. - . 0,304... 0825... 2,205 52.1137 9. 0,734... 71 0217,. %4..0,60% 2... 1,561... . 1,164 10... 0,478 2.2. 0,151 ...0416... 1,045... . 1,172 Berechnet man hieraus die Werthe der electrischen Spannung n so findet man, dass sie sehr nahe den Theilstrichen proportional sind, so dass man, wenn nur. Verhältnisszahlen gesucht werden, die dem Theilstriche » entsprechende electrische Spannung znt+e, annehmen kann. Für «@, erhält man folgende Werthe: 448 s n ven ) 0,00 4 . SOrRE 0008 2, sonder 0:08 3 0,00 4 . — 0,08 5 = 0,46 6 Ben = 3 7 e 040 PERERIENE Br 5. Bestimmung der Funktion U, unabhängig von dem Gesetze der Vertheilung des electrischen Fiuidums. Zu diesem Zwecke braucht man das Gestell fig. 51: @ ist die Linse, ‚S der Spiegel zum Ablesen, AB,CD sind zwei Arme, die aufgeschraubt werden und auf welche der Magnetstab NS (in gleicher Höhe wie die Nadel ns) zum Ablenken hingelegt ‘werden kann. Fig.52 stellt die horizontale Projection des Magnetstabs und der Nadel dar. 1) Es sei ac der magnetische Meridian, ns die zum Elektro- meter gehörige Nadel, NS ein Magnetstab, der in derselben Hori- zontalebene wie die Nadel sich befindet, und man setze ad—=a,c" a, a=eb’ = o, endlich bezeichne man das Integral x (esiny-+z cosy) dmam' 3 2 e mit 7, so hat man uX Tysiny = uFcosy. 449 '" Nach der: gewöhnlichen Methode hätten wir statt o seinen Worth‘ Ver + ©? — 2a” (ecosy—xsiny) zu substituiren und nach den negativen Potenzen von e den Aus- druck zu entwickeln: dabei kaun man indessen, da .x’ eine sehr kleine Grösse, ist, die höheren Potenzen von. x’. vernachlässigen, alsdann hat man, wenn « anstatt fz’ Eoseiat wird F cos en JS dın sin S a dm dm cos cos u h r (e* +22)3 LE (e®-+22)2 Da für dn — fat dın = — Ja in= o so bleikt zuletzt F a zdm te Man muss hier eine Hypothese über die 'Vertheilung des Mag- netismus im Stabe einführen und kann’zu diesem Behufe dın — Ar dr annehmen, da die Resultate jedenfalls hinreichend genau seyn wer- den. Unter dieser Voraussetzung hat man r= PR PIERRE) = ie wi Vet»: Setzt man die Länge des Magnetstabes — 27 und nimmt das eben gefundene Integral zwischen den, Grenzen = 7 wd = —I so ergiebt sich sn fi F=A [ 9, verehn_ _ 2 | vete-ı ve+t folglich 7 3 IX Pan =Aalte var. 2 1, Pr | Real ya | 2) Es sei ınn das \lostrument eleetrisirt, mit der Intensität 7 Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 57 450 und man drehe in Fig. 52: den Magnetstab NS horizontal um 90°, dass er die Stellung V'S’(Fig.53) erhält, so hat man, wenn dasılu- tegral / (e +2). am e? mit F" bezeichnet wird 7? Asing U, — u X sinp T, — using F’ wobei 0 = (e+r — Dos + =’? sin?y. Vernachlässiget man die höheren Potenzen von x’, wie oben, so hat man | = —4 [’o9e+=) + —ı Bi; Nimmt man das Integral zwischen den Grenzen x — ! und x = —.! so hat, man i - ne = 2el Bi == == 4A l nd ee ] . "Man erhält dh 23%, = uXT. AT 2o ei 2er ar "= uAT,. + aA, Igor E oder wenn man vermittelst der obigen Gleichung (1) A eliminirt und die Funktion | " sr 11 5 . 2 u > yıi nl sr Erz F bh meer Is1 1 usa 190° log vetcH ea 19 191% 0 vefk-ı Wert mit H bezeichnet: Ä TA —=uXT, +uXT,tgyH. doilal Dreht man den Wacheräigh in der RAN: um 180°, so erhält man eine analoge Gleichung Al; = we X Ty—uXT,tygyvH. 451 Anus’ den beiden letzten Gleichungen erhält man durch Division U. I, En T 9 vH oder wenn man n und n' für 9 und g’ substituirt und T «“=7,4yYH setzt Es ist zweckmässig für e immer ein Vielfaches von 7 zu neh- men; unter dieser Voraussetzung erhält man die Werthe von H aus folgender Tabelle: e H SE SuEE var 2,930 NE RE ERIOTEN Mit dem oben bereits erwähnten Eleetrometer der hiesigen Sternwarte wurden folgende Versuche angestellt: Maugnetstab nördlich. Magnetstab südlich. n n n' n 3770010.41.,4080 | 9,20... . 5,02 6535 - . 2.0808 0 1,995 7,07... 3490 y — 2,115 dr ee 1,92 525... 320 2,75 . remli00L: ae er Asdd ER... 4,80 BAT ne Dun 6.90 43:00 ap .190:7 5,70 70. 2 ara 2105 3,07 ern 4,40 3,95". 10 1,92... . . 0,62 N PORTO 57* 452 Hiernach habe ich mit Zuziehung einiger anderen Bestimmungen derselben Art für die Werthe von «„ folgende Tafel construirt: n An Er 0,0 1 ar ER + 0,2 De —40,1 3. ee 0,0 de et + 01 A a + 0,2 A +04 Yioag Habe: +07 Seen + 1,2 ee 1:48 Die nur mässige Abweichung dieser Werthe von den oben durch Rechnung gefundenen beweist, dass jedenfalls die der Rech- nung zu Grunde gelegten Hypothesen wenig von der Wahrheit ab- weichen. j 6. Unvollkommenheiten des Electrometers und Andeutungen über die Mittel sie zu beseitigen. Wenn gleich das Electrometer über die an der Erdoberfläche vorhandene electrische Spannung richtige Bestimmungen liefert, so wird dennoch weder den Anforderungen der Theorie noch den prak- tischen Bedürfnissen vollständig dadurch Genüge geleistet. ' Eine wesentliche Unvollkommenheit besteht darin, dass die Angaben des Electrometers nicht absolut sind, daher die Beobach- tungen verschiedener Orte mit einander nicht verglichen werden 453 können. Nach dem gegenwärtigen Stande gewähren unsere elec- trischen Beobachtungen ungefähr eine eben so gute Grundlage für theoretische Untersuchung, wie die Temperaturbeobachtungen um. die Mitte des 17. Jahrhunderts, wo die Grade des Thermometers eine willkührliche Grösse hatten und die Zählung von einem willkühr- lichen Punkte anfıeng. Diesen Uebelstand könnte man dadurch beseitigen, wenn sämmt- liche Beobachter übereinkommen würden, Blectrometer. von bestimm- ten Dimensionen und Magnete von bestimmtem Momente*) zu ge- brauchen. Es ist keine Hoffnung, dass ein solches Uebereinkommen je zu Stande gebracht werden kann. Eine zweite wesentliche Unvollkommenbheit des Electrometers besteht darin, dass es die eleetrische Spannung ‚nor dann mit Sicher- heit angiebt, wenn diese innerhalb bestimmter und zwar ziemlich enger Grenzen sich befindet. Hiefür kann; man. auf eine freilich ‚ziemlich umständliche Weise dadurch helfen, dass man auf ein Ge- stelle PQ (Fig. 45) in gleicher Höhe mit ‚dem Magnet ns einen Mag- netstab NS hinlegt, der die Ableukung vermehrt oder vermindert, *) Es ist kaum nölbig zu erwähnen, dass: die Angaben eines Electrometers von ‚der Horizontal- Intensität des Erdmagnetismus an. dem Punkte, wo beobachtet wird, abhängen. In so ferne man die Beobachtungen des- selben Ortes vergleichen will, kann man diese Intensität immerhin als con- stant betrachten, weil die täglichen und jährlichen magnetischen Variatio- nen unter der Beobachtungsgrenze des Electrometers bleiben. Will man aber dasselbe Instrument an verschiedenen von einander entfernten Orten anwenden, 'so ist. es erforderlich, den Erdmagnelismus zu berücksichligen. N Hat man, wie es meistentheils der Fall’ ist, keine Gelegenheit das Electrometer in einem eisenfreien Lokal aufzustellen, so muss auch der Einfluss des vorhandenen Eisens in Rechnung gebracht. werden. 454 ersteres, wenn die electrische Spannung für das Instrument za klein letzteres, ' wenn sie zu gross ist. Den Einfluss des Magnetstabes NS bringt man 'nach der‘ oben 8.450 dargelegten Methode in Rechnung. £ i f ‘Eine «dritte wesentliche. Unvollkommenheit-.des' Eleetronieters besteht darin, dass der kleine Magnet, der die Directionskraft ‘giebt, nach und nach an Stärke verliert. Zwar ist es möglich, das Moment des Magnets zu jeder Zeit durch Ablenkungen absolut zu bestim- men, indessen gehören dazu eigene Vorrichtungen, wie man sie nur an ganz wenigen magnetischen Observatorien gegenwärtig besitzt, Endlich haben die Elektrometer auch den Nachtheil, dass sie für den Transport unbequem und ungeeignet, dann auch so compli- eirt in ihrer Constrnktion sind, dass ein nicht unketrächtlicher Grad von technischer Fertigkeit zu ihrem Gehbrauche erforderlich ist. In Anbetracht ‘aller dieser Umstände halte ich es für sehr wünschenswerth, dass das Electrometer einfacher und praktischer gemacht werde. ‘ Eine Hauptsache dabei ist, die atmosphärische Electricität in hinreichender Menge in einem Körper anzusammeln, bei welchem die Form, dann die Vertheilung des electrischen Flui- dums für die Berechnung keine Schwierigkeit darbietet. Für die- jenigen, welche etwa mit der obigen Aufgabe sich beschäftigen wollen, kann ich ein ‚Mittel angeben, der letztern Anforderung Ge- nüge. zu leisten. Man mache eine hohle Messingkugel (Fig. 54), die eine mit einem Deckel verschliessbare Oeffuung aaa hat, auf der Spitze eines Kegels von Gutta-Percha; fest. In der Kugel befinde sich eine feine Messingkette, wovon das eine Ende unten bei b, imwendig, das andere Ende an dem Deckel oben bei c, ebenfalls inwendig, ange- 455 löthet ist. Mit dieser Kugel gehe. man auf, einen erhöhten, Punkt, halte den Deckel mit einer Gabel von: Gutta Percha.(Fig. 55), so dass die Kette gespannt wird, und berühre die Kugel mit, dem Finger; man lasse dann die Gabel herab, so "dass die Kette in die Kugel kommt, und bringe den Deckel auf die Oeffuung, so vertheilt sich die ganze früher in der Kette befindliche Elektrieität gleich- mässig auf der Kugeloberfläche und sämmtliche vorkommenden Ver- hältnisse können leicht der Rechnung unterworfen werden. Die so erhaltene Electricitätsmenge lässt sich mittelst einer ‚ Torsionswaage messen. Ich habe Versuche mit einer solchen Kugel angestellt: sie hatte einen Durchmesser von etwas weniger als 1 Pariser Zoll und ent- hielt eine Kette von 6Fuss. Auf demselben Punkte, wo die sonstigen Electricitätsbeobachtungen gemacht werden (Fig. 48), erhielt ich da- nit eine sehr beträchtliche Bieten 3 Ran: "IE Da Ph Pendel, Zu den wesentlichen Bedingungen, wovon die Fortschritte der Astronomie abhängen, gehört insbesondere. .die Herstellung genauer astronomischer Uhren. Die gegenwärtig angewendeten Uhrwerke leiden an zwei Hauptgebrechen: für's erste ist es unmöglich ein so vollkonmenes“ Uhrwerk herzustellen, dass das Pendel bei jeder Schwingung ‚gleichen, Impuls, erhielte, für's zweite hängt die Grösse des. Ampulses von, dem, Zustande des Oels ab und ändert sich mit der ‚Temperatur! sowohl als mit dem längern. Gebrauche. 456 Einen Theil der vorhandenen Uebelstände glaube ich durch»das galvanische Pendel beseitigt zu haben, Yim ha Das galvanische Pendel stellt Fig. 56 vor. Die Pendelstange ist vonHolz*) und hat oben ein flaches Querstück von Messing AB, woran die Messerschueide angeschraubt ist und welches zugleich als Unterlage dient für die zwei, kleinen Electromagnete MM. Von den entferntern (oder rückwärts befindlichen) Schenkeln der Blectro- magnete MM gehen die Enden des Umwickelungsdrathes in. das Querstück AB hinein und sind daselbst festgeklemmt, die zwei an- dern Enden be, ad gehen an der Pendelstange herab, kreuzen sich in e, obne sich zu berühren, und endigen sich in den mit Queck- e gefüllten Glasröhren h, k ganz unter den ‘oben in der Be- schreibung des Zeitregistrir ungs-Apparats erklärten Verhältnissen. Vor: dem Pendel befindet‘ sieh ein Querstack! UU, von Holz an dem Uhrkasten festgemacht;. dieses Querstück trägt‘ eine- Axe, mitı einem Platina-Scheibehen p, wohin der Strom von dem Kupferele- ment einer Daniel'schen Batterie mittelst der Drathverbindung KR gelangen kann. Von dem Zinkelement geht ein Drath Zy hinauf bis zum eisernen Gestelle der Uhr. Der Strom kann von diesem Drathe aus durch das Uhrgestell, die Messerschneide und das Quer- stück ab zu dem Umwickelungs-Drathe der Blectromiagnete M,M' gelangen. iu e "*) Eine‘'Compensation ‘habe ich’ nicht angebracht, da>es''sich” vorläufig’ mur darum::handelte,; zu: zeigen; dass ‚man einem Pendel: mittelst des ‚galvani- ‚schen, Stromes immer gleichen Impuls geben und „auf; solche. Weise .eine) genaue Zeitmessung erhalten ‘könne. Hinsichtlich des,Lagers, worauf.die ‚ Messerschneide ruht, Temerkh ich, dass es vollkommen eben ist, und “keine Vertiefung hat, wie es gewöhnlich der Fall ist: das Abgleiten der Messerschneide verhindere ich ‘durch zwei, mit einem kleinen Einschnitte versehene Stahlfedern ‚die sich"ah beiden Enden des Lagers befinden. ' 457 Zwischen den zwei Eleetromagneten M und M’ befindet sich ein Anker K von weichem Eisen, dessen Form aus Fig. 57 zu entnehmen ist. Der Anker hat eine Axe ff (Fig. 57), wovon in Fig. 56 das Ende bei ? zu sehen ist und das senkrechte Stück zn kann sich bewegen von u bis v. Setzt man das Pendel in Bewegung, so dass die Quecksilber- fläche % mit dem Platina-Scheibchen in Berührung kommt, so geht der Strom durch den Electromagnet M, der Anker wird angezo- gen und das Stück x kommt nach « hinüber. Der Schwerpunkt des Ankers befindet sich nun links von der Verticallinie und das Gewicht desselben giebt dem Pendel einen Impuls der gerade ausreicht um die Frietion zu überwinden, so dass das Pendel bei der nächsten Schwingung eine gleich grosse Elongation auf der andern Seite erreicht. Dabei kommt aber die Quecksilber- fläche % mit dem Platina-Scheibchen in Berührung; der Strom geht durch den Electromagnet M’, das Stück x wird nach v zurückge- zogen und der Schwerpunkt des Ankers befindet sich nun wieder auf der rechten Seite der Verticallinie. So wiederholt sich immerfort ein vollkommen gleicher Impuls und verhindert eine Abnahme der Schwingungsweite. Unter solchen Bedingungen würde das Pendel wohl lange Zeit fortgehen, aber zuletzt müsste eine Störung eintreten dadurch, dass bei der Trennung des Platinascheibchens von dem Quecksilber jedes- mal ein Funke entsteht, und in Folge dessen nach und nach an dem Scheibchen wie an dem Quecksilber Schmutz sich ansetzt. Der Strom dringt alsdann nicht mehr durch. Um dieses zu verhindern, Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 58 458 habe ich mit dem Platina-Scheibchen die weitern Vorrichtungen ver- bunden, die in Fig. 58 dargestellt werden. Mittelst dieser Vor- richtungen wird ein doppelter Zweck erlangt. Fürs Erste dreht sich das Platina- Scheibehen und reinigt sich selbst durch die Rei- bung gegen das Stück 9, für's Zweite wird der Strom unterbrochen, während noch das Scheibehen mit dem Quecksilber in Berührung steht. Die Drehung des Platina-Scheibchens wird bewerkstelligt durch den Electromagnet M”, welcher zwischen dem Zinkelement und dem Uhrgestelle so eingeschaltet ist, dass der Strom auf dem Wege zsil zu dem Umwickelungsdrath des Electromagneten und von da über nn zum Uhrgestelle gelangt. Bei jeder Schliessung der Kette wird der Anker EZ angezogen und das Rad MH mittelst des Hakens f um einen Zahn vorgeschoben. Der mit dem Anker E verbundene Hebel F'F wird durch die Spiralfeder Z hinabgezogen und ruht auf der Stellschraube ©. Die Unterbrechung des Stromes geschieht durch den Balancier PP; dieser trägt eine Platina-Spitze s, welche in das Quecksilberschäl- chen d eintaucht. Wenn der Anker # angezogen wird, so erhält der Balancier einen Impuls durch das Schraubenende o und schwingt aus bis zur Linie «wo; dabei wird die Spitze s aus dem Quecksilber gehoben und fällt erst wieder zurück, wenn das Platina- Scheib- chen p sich von den Quecksilber-Flächen A, % getrennt hat. Durch den eben erklärten Mechanismus wird endlich noch der Zweck erreicht, dass das Pendel die Secunden auch zeigt. Das Rad H hat 60 Zähne und die Axe trägt den Zeiger y, hinter wel- chem ein kleines Zifferblatt @@ sich befindet. Es würde sehr leicht seyn, die Einrichtung zu treffen, dass 459 auch die Stunden und Minuten gezeigt würden; es schien aber dies unnöthig, weil das galvanische Pendel nicht als selbstständige Uhr, sondern blos zur Controlle der astronomischen Uhr dienen soll. VII. Der Höhensector. In den letzt verflossenen Jahren bin ich veranlasst gewesen, einige trigonometrische Höhenbestimmungen vorzunehmen, wobei ich einen eigenthümlichen Weg verfolgt habe. Die von mir ausgeführten Höhenbestimmungen unterschieden sich von den bisherigen Operationen dieser Art sowohl hinsichtlich der Methode als auch hinsichtlich der angewendeten Hülfsmittel. Was die Methode betrifft, so bestimme ich durchgängig Höhen- unterschiede von je zwei Punkten A und B, beobachte aber nicht etwa an dem einen Punkte die Zenithdistanz des andern, sondern suche einen dritten Pankt ©, der von beiden gleich weit entfernt ist und bestimme von Ü aus die Zenithdistanzen von A und B; aus der Entfernung und dem Unterschiede der Zenithdistanzen berechne ich dann den Höhenunterschied. Auf diese Weise erreiche ich den wesentlichen Vortheil, die Refraction gänzlich zu umgehen; denn, da die Refraction eine Fune- tion der Entfernung ist, so wird sie für A und B gleich seyn, wess- halb der Unterschied der Zenithdistanzen von der Refraction gänz- lich unabhängig ist. Hinsichtlich der Hülfsmittel schien mir die Anwendung der ge- 58 * 460 wöhnlichen Höhenkreise nicht zweckmässig, theils weil sie die nö- thige Genauigkeit nicht geben, theils weil der Gebrauch derselben im Verhältnisse zum Erfolg zu viel Zeit und Mühe erfordert. Ich habe desshalb einen Höhensector construirt, der in Fig. 59 darge- stellt ist. Das Fernrohr FF' hat eine verticale Bewegung um die Axe a; mit der Schraube 5 wird diese Bewegung hervorgebracht. Mit der Schraube A wird der Höhensector auf ein geeignetes Ge- stelle aufgeschraubt. Auf dem Fernrohr ruht die mit dem Niveau NN versehene hölzerne Schiene EE, welche einer gewöhnlichen Niveau- maschine ähnlich ist. Sie hat nämlich eine verticale Bewegung um die Axe % mittelst der Micrometerschraube K. Wenn die Schraube k gedreht wird, so zeigt der Index z an der Scala s die Umgänge an; die Unterabtheilungen werden an dem Schraubenkopfe abgelesen. Wenn das Fernrohr horizontal gerichtet ist, so steht der In- dex z auf O und die Blase des Niveau befindet sich in der Mitte. Soll nun der Höhenwinkel eines über dem Horizont befindlichen Ge- genstandes gemessen werden, so richtet man das Fernrohr auf den Gegenstand, und schraubt danu die Micrometerschraube K so weit hinein bis die Niveaublase wieder in der Mitte steht: die Länge, um welche man die Schraube bewegt hat, ist die Tangente des Höhen- winkels, wenu die Entfernung der Axe % von der Schraube als Radius angenommen wird. Es versteht sich wohl von selbst, dass Alles, was bisher über die Construction des Höhensectors wie über die Beobachtungsweise gesagt wurde, nur zur Erklärung dienen soll; bei wirklicher Anfertigung und Anwendung des Instruments würde es jedenfalls unpraktisch seyn, den im Vorhergehenden angegebenen oder vorausgesetzten Bedingungen ge- nügen zu wollen. So würde man dem Fernrohre kaum eine so feste Auf- stellung zu geben im Stande seyn, dass nicht durch das Bewegen der 461 Micrometerschraube eine Aenderung zu befürchten wäre. Man muss also approximativ das Fernrohr einstellen und die Libelle in die Mitte bringen; hierauf wird die genaue Einstellung des Ferurohres vor- genommen und die Libelle sowohl als die Micrometerschraube abge- lesen. Auf solche Weise wird es wohl niemals geschehen, dass die Libelle genau in die Mitte zu stehen kommt; man muss viel- mehr die Abweichung der Libelle in Rechnung briugen. Die Li- belle ist, wie Fig. 59 zeigt, gegen das Objectiv mit + und gegen das Ocular mit — bezeichnet; mit Berücksichtigung dieser Zeichen schreibt man die Entfernung der beiden Enden der Blase von der Mitte auf; ist dann die Summe davon — /! und die Ablesung der Micrometerschraube — n, so wird die corrigirte Ablesung der Mi- erometerschraube zn &Kl seyn, wo der Üoefficient % (halbe Werth eines Theilstriches der Libelle in Schraubenumgängen) auf die gewöhnliche Weise mittelst des Instrumentes selbst bestimmt wird. . Ferner wird die Bedingung, dass eine Senkrechte auf die Rich- tung der Micrometerschraube, von der Bewegungsaxe « aus gezo- gen, durch die Spitze der Schraube geht, wenn die Ablesung — 0 ist, gewöhnlich nicht erfüllt, sondern es trifft jenes Verhältuiss ein, wenn die Ablesung eine andere, etwa 9, ist. Endlich wird die optische Axe des Fernrohres nicht horizontal seyn, wenn die Ablesung — 0 ist, sondern einen Winkel f (in Mi- nuten) mit dem Horizont machen. Diese Umstände erfordern, dass man aus der corrigirten Ab- lesung der Mierometerschraube, welche wir mit n bezeichnen wollen, zunächst den wahren Höhenwinkel abzuleiten suchen muss. 462 Nennt man den Werth eines Umganges der Micrometerschraube y Gin Minuten), so kann man den wahren Höhenwinkel in Minuten -ft@+ my setzen; dabei hat man ferner arc (19 == #) + arc (19 = °) = na+d)y oder gya+mM)yY= Ge 69) wo r die Entfernung der Axe von der Schraube in Schraubenum- gängen bedeutet. Aus letzterer Gleichung erhält man 3 (n dn) y — - S_ ae u SU Ar r sin’ ('- g ran (1209) u r3 sin V (' — rap n5 5 SE sus. $ r3 sin I ('- ” = in (1 oder, da ry sin 1’ — 1 ist Ön=[ng (n-g)-4n?] y? sin? 1’+[ng?(n-g)?-n3 (n-g) +4n5] y* sin? 1’+... In Beziehung auf den Gebrauch des Höhensectors bemerke ich, dass es im Freien nothwendig und auch in geschlossenen Räumen zweckmässig ist, einen Metall-Schirm SS’ über der Libelle anzu- bringen, um den Einfluss vorübergehender Temperatur-Ungleichheiten zu beseitigen. Der Höhensector ist bisher nur zu trigonometrischen Höhenbe- stimmungen verwendet worden, würde aber auch für manchen an- dern Zweck in nützlicher Weise gebraucht werden können, na- 463 mentlich zur Messung der Anziehung des Lothes durch Berge und zur Messung von Lokal- Anziehuugen überhaupt, wie ich in dem Bulletin der Akademie 1850 Nr. 21 näher dargelegt habe. VIH. Differential-Inclinatorium. Als mir im Jahre 1849 ein Theil der naturwissenschaftlichen Erforschung des Königreichs, namentlich die Herstellung einer mag- netischen Karte von Bayern übertragen wurde und ich zu diesem Behufe Messungen an verschiedenen Punkten des Königreichs vor- zunehmen hatte, stand mir ein entsprechendes Inclinatorium nicht zu Gebote und ich war in die Nothwendigkeit versetzt, ein geeignetes Instrument zu construiren. Ich nahm desshalb die Versuche wieder auf, die ich im Jahre 1843 angefangen hatte, und denen die bereits von Brugmann ausgesprochene und in neuerer Zeit mehrfach in Be- tracht gezogene Idee zu Grunde lag, die Neigung der Magnetnadel durch die Induction weicher Eisenstäbe zu messen. Der Erfolg war in so ferne günstig, als es mir wenigstens ge- Jungen ist, ein Instrument herzustellen, welches, wenn nicht die ab- solute Inclination selbst, doch Differenzen der Inclination mit weit grösserer Sicherheit, als es durch die bisher angewendeten Hülfs- mittel geschehen konnte, angieht. 1. Beobachtungsmethode. Die Messung geschieht auf folgende Weise: Von dem Ring RR (Fig. 60) mit eben geschliffenen Fächen 464 und überall möglichst gleicher Dicke, gehen zwei Arme aus, der eine aufwärts ab, der andere abwärts cd. An diese zwei Arme werden zwei runde Stäbe von weichem Eisen angeklemmt, mittelst der Schrauben e, f. Auf das Magnetgehäuse eines magnetischen Theodoliten wird dann der Ringträger Fig. 61 aufgesetzt und durch die Klenm- Schraube % festgemacht, wie aus Fig. 62 zu ersehen. Nun legt man den Ring mit den Stäben auf die drei Schrau- benspitzen n, n’, n”, dabei müssen die Arme ag, ch gegen die Stützen 7, m und die innere Fläche des Ringes gegen den Stift p anliegen. In dieser Lage wird von der Erde Magnetismus in den Stäben inducirt; dadurch wird die freie Nadel im Magnetgehäuse von der Richtung des magnetischen Meridians abgelenkt werden. Man dreht nun die Alhidade des Theodoliten, bis im Frernrohre der Faden und das F'adenbild coincidiren, wie es bei den sonstigen Beobachtungen mit dem magnetischen Theodoliten geschieht, und nimmt dann die Kreisablesung vor. Die Induction hängt bekanntlich nicht blos von der Grösse und Lage des weichen Eisens, sondern auch von der Zeit ab. Da es bei dem Zwecke, der hier beabsichtigt wird, nur um eine Fer- gleichung der Inductionskraft an verschiedenen Punkten sich han- delt, so ist es ganz gleichgültig, ob man das Eisen eine längere oder kürzere Zeit der inducirenden Kraft der Erde aussetzt, wenn nur die Zeit überall dieselbe ist. Ich habe desshalb dasjenige Zeit- intervall gewählt, welches zu einer bequemen Beobachtung erfordert 465: wird und lasse durchgängig den Erdmagnetismus’ vier Minuten auf die Stäbe einwirken, ehe ich die Einstellung und Ablesung vor- nehine. Wäre die Richtung des magnetischen Meridians bekannt und hätte man vollkommen weiche Eisenstäbe, die keinen permanenten Magnetismus enthielten, so würde eine einzige Einstellung zur Be- stimmung der Inclination hinreichend seyn. Die eine wie die andere Bedingung findet aber in der Praxis gewöhnlich nicht statt und desshalb ist es nöthig, mehrere Einstel- lungen vorzunehmen, wobei der Ring jedesmal in anderer Lage auf- gesetzt wird. Streng genommen braucht man vier Einstellungen; unterdessen ist es von wesentlichem Vortheile, die etwa vorhande- nen Unregelmässigkeiten der Stäbe selbst möglichst zu eliminiren, wesshalb man die Stäbe umzukehren und die Messung zu wieder- holen pflegt. Zu solchem Behufe wird der eine Stab mit A, der andere mit B bezeichnet (Fig. 60) und zwar kommt die Bezeich- nung auf das eine Ende des Stabes; dieses Ende wird das mar- kirte Ende genannt. Hiernach hat man für eine vollständige Inclina- tions-Messung folgendes Schema: A oben westlich ...... vo Markirte Enden der Stäbe Arunten Beteht a, DH, v, geklemmt. A oben östlich "No, 4A unten westlich ......», A unten westlich ......v, Nicht markirte Enden der Stäbe | A oben östlich ......% geklemmt. 4A unten öslich _...... v, A oben ‚westlich ......», Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 59 466 Ausser den Winkelablesungen ist es noch nöthig, die Tempe- ratur nach dem Thermometer 7' (Fig. 61 und 62) beizusetzen und bei östlicher wie bei westlicher Ablenkung die Neigung der Ring-, ebene — und zwar nach zwei Richtungen, so nämlich, dass das Niveau einmal paralell mit der Nadel, einmal senkrecht gegen die Nadel steht — zu bestimmen. 2. Entwickelung des Verhältnisses zwischen der Inclination und der Ablenkung. Der Berechnung der Inclination aus den Ablenkungen liegen folgende Betrachtungen und Lehrsätze zu Grunde: Es sei der horizontale Erdwagnetismus — X, der verticale —Y, man setze ferner das Drehungsmoment, welches die Stäbe vermöge des inducirten Magnetismus auf die Nadel ausüben — aY und a‘Y, und es sei das Drehungsmoment, in so ferne es von permanentem Magnetismus der Stäbe herrührt — u und w, so hat man, wenn die Ahblesung der Mittelrichtung mit v bezeichnet wird Asn® —v)=za+ad)Y+u+ uw Xsn® —v)=za td) Y—u— uw Xsanw, -v)=ata)Y—u— uw XÄsıne, -v)=la+tua)Y+u-+ u. Diese Gleichungen setzen einen ganz symmetrischen Bau des Instruments und symmetrische Beschaffenheit der Stäbe voraus, was strenge nicht stattfindet. Wir wollen dessbalb, um alle Umstände zu berücksichtigen, die Gleichungen so schreiben: Xsn®w —v) = 4AY+u+ u Xsn®e —v) =BY—-u— uw Xsn@w, -v)=(lY— u— u Asn@—-v)—=DY+u-+u. ‚467 Hieraus ergiebt sich: X sin (v — "":) cos 4. —-—v)=4(4+ Dr X sin een) os!@, —v)=i4(+DYr ‚und mit Weglassung der Factoren cos 4 (v, —v,) und cos 4 (v, —v,), die der Einheit gleich gesetzt werden dürfen, Xsin >) cos ( Me „tnzetn)—4(4+B+C+D) Y oder hinreichend genau X sin yv, = K,Y; wen 9, —4 (%+2,— 2%, —v,) ud K,=4 (4+B+C+D) gesetzt wird. Nach Umkehrung der Stäbe erhält man die analoge Gleichung: X sinyw, = Kıf. Als Mittel der beiden Resultate ergiebt sich endlich eine Glei- chung, die wir so schreiben wollen: X sinyv — KY. Setzt man die Inclination — ? und substituirt X /g i anstatt Y, ‘so hat man endlich Wi 4 sin W. 3. Einfluss der Temperatur. Die Grösse K hängt von der Temperatur ab, theils weil diese “die Dimensionen des Messingringes ändert, theils weil sie auf den Magnetismus der Stäbe Einfluss hat. Die Aenderung, welche aus der Expansion des Ringes hervor- 59* 468 geht, lässt sich direct messen. Zuerst wird’ der Riog mit dem'Stab A allein in der gewöhnlichen Weise aufgelegt und die Ablenkung x gemessen, dänn verschiebt mau den Ring’ um die Grösse x von dem Stiften. p hinaus (Fig. 61. 62) und beobachtet wieder die Ablenkung u + Ju. Dieselbe Operation wird dann mit dem Stabe B vorge- ‘ommen,- und in der gewöhnlichen Lage die Ablenkung w' beobach- tet, nach einer Verschiebung von gleicher Grösse wie oben, w + dw. Setzt man den Ausdehnungs- Coefficienten des Messings — ß, die Entfernung der Stäbe von der Mitte des Ringes — e, so hat man die Verminderung des Winkels y, die einem Grade Tempera- tur-Zunahme. entspricht: lu tw) gr Was den Eiufluss.der Wärme auf den Magnetismus der Stäbe betrifft, so hatte ich denselben im Jahre 1849, als ich die ersten Be- obachtungen ausführte, nach den allgemein angenommenen Ansichten für so gering gehalten, dass ich füglich von einer Wärme-Correc- tion Umgang nehmen zu können glaubte. Desshalb ist auch besonders vom Anfange die 'Temperatur gar nicht aufgezeichnet worden. Erst als die sämmtlichen Messungen vollendet waren und. eine allgemeine Zusammenstellung gemacht wurde, gaben die vorkommenden Diffe- renzen zu der Vermuthung Anlass, dass dennoch ein nicht unbe- trächtlicher Temperatur-Einfluss stattfinde.e Am 10. Novhr. 1849 wurden directe Versuche in folgender Weise veranstaltet: Der. Theodolit wurde im Freien aufgestellt, in einer Tempera- tur, die nur wenig über den Gefrierpunkt ging; die Stäbe nebst den Theilen des Ringes, die nicht entblösst seyn mussten, wurden dick mit Baumwolle umwickelt, damit Temperatur-Aenderungen nur 469 Jangsam stattfinden sollten, und ein Thermometer, in Ber ührung mit ‚einem, der Stäbe, zeigte die Temperatur an. Nun wurde der Ring mit den Stäben in einem Zimmer. bis zu einer höhern Temperatur erwärmt, daun die zwei ersten zu einer Inelinations - Bestimmung gehörigen Messung in der gewöhnlichen Weise gemacht; alsdann wurde der Ring eine halbe Stunde in der Luft gelassen, bis seine Temperatur der Lufttemperatur nahe gleich kam und damit wieder zwei Messungen in derselben Weise vorge- nommen. Hierauf wurde der Ring mit den Stäben wieder erwärnt und so wiederholt Ablenkungen abwechselnd bei höherer und tieferer Temperatur beobachtet. In der Zwischenzeit, während des Erwär- mens und Erkaltens, waren die Stäbe stets in derselben Lage, näm- lich von Ost: nach West gerichtet. Die Ergebnisse der Messung waren, wie folgt *): Temperalur der Stäbe. Ablenkung. 1. Versuch "4 193... 28 25,5 2 a a 5 ln 2 De hide 2 1 0,DN ) 23, 2 AN bei ah sa AD 1607008, 48 9 » , 23. „208.085 6 » RN, 6601050 Combinirt man, um etwaige allmälig vor sich gehende Aende- *) Als Temperatur der Stäbe ist hier das Mittel aus der Ablesung am An- fang und Ende des Versuches angegeben. Um die eigentlichen Ablen- kungs-Winkel, wie sie hier gegeben sind, zu finden, wurde die Mittelrich- tung oder die Richtung der freien Nadel von jeder Beobachtung abgezo- gen. , Die‘ Mittelrichtung. ist unmittelbar nach‘ jedem. einzelnen: Versuche aufgezeichnet worden. 470 rungen zu eliminiren, jede Beobachtung mit dem arithmetischen Mit- tel der vorhergehenden und folgenden, so findet man die Tempera- turänderungen und die correspondirenden Aenderungen der Ablen- kung wie folgt: Temperatur- Correspondirende ‚Aenderung. Aenderung des Winkels. 0 D BD 2 u en vn Es 24,0 I RR e..28,9 1 EEE 15,9 ETENE . Be 5! Hieraus ergiebt sich, dass bei einer Ablenkung von 230 18° der Winkel um 1’,048 für jeden Reaumur'schen Grad Temperatur- Erhöhung zunehme. Der Temperatur-Coeflicient ist also = 0,0007070 und die Vermehrung des Winkels y für einen Grad Wärmezunahme — 7,433 fang y. Es ist demnach nöthig, sämmtliche am Theodoliten gemessenen Inclinations-Ablenkungen auf eine Normal-Temperatur — (als Nor- maltemperatur habe ich durchgängig + 10° angenommen) — zu re- duciren. Die Reductionsformel ist: reducirtesy—beobachtetes y - 1',053 [1+0,00067 (%-23°. 30')] (£-10°). Die Temperatur ist hier mit # bezeichnet; der Factor w— 230.30’ muss in Minuten ausgedrückt seyn. j Im Jahre 1850 liess ich einen neuen Ring und neue Stäbe her- stellen. Die Bestimmung der Temperatur-Correction, in obiger Weise aus- geführt, gab folgende Resultate: 471 Temperatur. Ablenkung . 1. + 22025 24.2.2090. 337,48 ir BO NER ah 20; 120,77 I. +20 ETUIF Er ra 20 70 Im Mittel kann man hiernach den Temperatur-Coefficenten — 0,0006779 und die Vermehrung des Winkels y für 1° Tem- peraturzunahme — 2,330 tg y setzen und daraus ergiebt sich fol- gende Reductionsformel: reducirte Ablenkung y= beobachtete Ablenkuug — 0',8713(1 + 0,000891 (v— 20° 30')) (£-10°). Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Temperatur-Coeflicient des weichen Eisens von den Dimensionen und sonstiger specieller Beschaffenheit der Stäbe unabhängig ist und — 0,000693 angenom- men werden kann. 4. Berechnung der Inclination aus der Ablenkung. Sind die Winkel auf solche Weise corrigirt, so erhält man die Inclination durch die bereits oben angegebene Formel: ti . sin W. Die Constante + muss aus den Beobachtungen eines Ortes, für welchen die Inclination bereits bekannt ist, abgeleitet werden. Ist an diesem Ort die Inclination ?, und die Ablenkung y,, so er- giebt sich K —= er 7° und man findet dann für irgend einen andern Beobachtungsort die Inclination durch folgende Formel . __ sinw . = = tg ig. 412 Am zweckmässigsten ist es die Grösse und Entfernung der Stäbe so zu richten, dass die Aenderungen von y sehr nahe denen der Inclination gleich sind, was der Fall seyn wird, wenn man hat tgy — sini cosi Unter dieser Voraussetzung darf man annehmen Folgende Tabelle giebt den Werth von x für das von mir im Jahre 1850 gehrauchte Differential-Inclinatorium. v |, — 2° 0 |, — 20° 10°) w, — 20° 20 | w, — 20% 30° m | 20 0 0,0 — 05 — 10 aba 0 +05 0,0 IB,y. — 08 2) +08 + 04 0,0 bg 0 +10 + 0,6 +03 0,0 4 +10 +07 BA + 02 50]... 0,8 1.06 + 04 1.02 1.0 +06 + 0,4 + 0,3 0 101 203 +01 0,dsau fi ai bot 2 _—108 re — 0,4 eo 30 — 09 ug — 09 — 0,9 a. 77 er: eh”: 5 .— 26 — 26 — 54 a3 DA ar 29 3 en 473 5. Allmälige Abnahme der Inductionsfähigkeit des weichen Eisens. Es ist eine merkwürdige Eigenthümlichkeit des weichen Eisens, dass dieselbe Kraft darin unmittelbar nach dem Ausglühen weit mehr Magnetismus inducirt, als in späterer Zeit*): die allmälige Abnahme der Inductionsfähigkeit ist ganz und gar analog mit dem allmäligen Kraftverlust der Magnete. Folgende Beobachtungsreihe zeigt den Gang und die Grösse der vorkommenden Aenderungen. Bei Berechnung der vorletzten Columne habe ich vorausgesetzt, dass die wahre Ablenkung am 11. Juni 200 34',4 betrug, und dass die Abnahme der Zeit proportional und — 0,2 täglich war. Bei der Beobachtung vom 30. August ist offenbar ein Versehen vorge- fallen: auch bei der zweiten Beobachtung vom 13. Juli und der ersten vom 5. Oct. übersteigen die Fehler die zulässigen Grenzen. *) Man wird vielleicht geneigt seyn zu vermuthen, dass mit der Zeit der permanente Magnetismus beim Eisen immer zunehmen und die Induc- tion in demselben Verhältnisse abnehmen werde. Diess ist jedoch nicht “ der Fall, die von mir gebrauchten Stäbe haben im Verlaufe der Zeit eine grössere Quantität permanenten Magnetismus nicht erlangt. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 60 474 | beobachtete D altum. 1850. Juni 1 1”.4, 31’Ab. ” 12 Ablenkung Ablenkung | Stunde. Mllenkeng: Temperatur. Pa: berechnet Ma f ee) 20 41,75 + 20,10 | 20 32,87 | 20344 |+ 45 220,| 204361 | 19,15 | 2035,56. | 20342 I2.43 4 3,| 203490 | 18,15 | 20 27,79 | 20 304 |2 26 T26Mg. 20 30,87 | 12,60 | 20 28,61 |20 302 1 46 9 45,|.20 31,12 | 10,50. | 20. 30,69 | 20.23,0 | 9,7 10 26,| 20 33,85 | 10,5 | 20 33,37 | 20 28,0 1% 9 28,| 20 3438 | 15,20 | 20 29,83 | 20 26,8 | 30 8 55, 20.3085 | 16,20 |20 25,45 |20 262 | 08 9 48,„| 20 30,97 17,35 20 24,57 | 20 26,2 | 4,6 ' 440Ab.| 2031,47 | 18,90 | 20 23,72 | 20 2236 | 4,1 743Mg| 20 26,73 | 14,65 | 20 22,69 | 20 21,8 |- 0,9 } 851,|.20 25,33 | 14,35 | 20 21,56 | 20 21,8 |+ 02 £ 7 11,| 20 24,06 | 16,15 | 20 18,73 | 20 21,0 4 23,3 257A1.| 20 14,10 | 13,80 |20 883 |20 184 | * 3.33 „| 20 14,87 8,10 | 20 16,50 | 20 164 | OA ; 3 35,| 20 1404 | 10,30 |20 13,78 | 20 15,8 |+ 30 | 154,| 20 641 | 1190 |20 479 20112 | * 238,| 20 992 | 11,30 |20 881 |20 112 + 24 3 1,| 20 11,24 | 10,40 | 20 10,90 | 20 108 |- 0,4 416, 20 666 | 1100 !20 581 [20 88 Ir 30 | 1 29,,| 20 5,79 + 11,30 20 84 + 37 20 4,68 475 Wir haben bei Berechnung der Abnahme des Winkels y, diese Abnahme der Zeit direct proportional angenommen: es ist indessen nicht zu zweifeln, dass die wahre Form der Funktion Ca” seyn wird, wo C und a Constanten sind und 9 die Zeit bedeutet. Ich vermuthe, dass auch die Temperatur auf die Schnelligkeit der Abnahme der Inductionsfähigkeit Einfluss ausübt. Im Jahre 1849 habe ich zwei flache Eisenstäbe gebraucht und hinsichtlich der Inductionsfähigkeit ein ähnliches Verhalten beobach- tet: die Abnahme betrug anfangs 1 Minute später 4 Minute täglich. 6. Correction der Inclination wegen der Libelle. Die Libelle stellt Fig. 63 dar: sie besteht aus einer hinreichend starken Unterlage mit drei Füssen «, b, c, welche auf der Ring- fläche zu stehen kommen, dann einem Messingstücke dfe, worauf die Libelle angebunden ist, und welches abwärts bewegt werden kann durch die Micrometer-Schraube S, während eine darunter be- findliche Feder einen Gegendruck leistet. Die Bewegungsaxe ist bei eg. Mittelst der Micrometer-Schraube bringt man die Luftblase in die Mitte und liest die Umgänge der Schraube ah. Bei östlicher Ablenkung v, , v, wollen wir mit @ und o die Grössen bezeichnen, um welche der Ring in Osten und Süden zu hoch steht: bei der westlichen Ablenkung v,, v, seien die analogen Grössen © und 6°. Wir nehmen ferner an, dass diese Grössen in Schrauben- umgängen ausgedrückt seien, und dass man sie mit % multipliciren müsse, um sie in Minuten zu verwandeln. Wenn die Stäbe mit der Richtung der magnetischen Kraft den 60 * 476 Winkel z machen, so ist die Induction dem Cosinus von z propor- tional und da der Sinus der Ablenkung mit der Induction in gera- dein Verhältnisse steht, so wird man haben sinyw— A cos z und nn — — EU Be Drückt man z und ds durch , y, o und w aus, so ergieht sich, dass die östliche Ablenkung zu klein seyn wird um an (5 cos v+w sin y); die westliche Ablenkung wird ebenfalls zu klein um 9Y_ (0 cos y—w sin y) tyi und man erhält die corrigirten Ablesungen 19 w : u +,— #2 (cos y+ @ sin y) 1 u. — .2%2.(0 cos y—-w sin y) 2 Wı +9 gi MH k Daraus folgt die Correction des Ablenkungswinkels + #2 (4 (+0) cos v+4 (w-w) sin v). tgi Hiebei ist aber der Umstand nicht berücksichtiget, dass bei ver- änderter Stellung der Stäbe die Kraft, womit sie die Nadel ab- lenken, ebenfalls etwas verschieden ist. Da es schwer ist, diesen Einfluss mit Sicherheit theoretisch zu bestimmen, so hielt ich es für das Zweckmässigste, eine Bestim- mung auf praktischem Wege herzustellen. ‚Ich nalım desshalb fol- gende zwei Reihen von Ablenkungen vor; die erste Reihe enthält vo, und v,, die zweite v, und v,, bei veränderter Neigung. Die ver- änderte Neigung wurde dadurch za Stande gebracht, dass die süd- liche oder westliche Schraube r’ oder n” um eine bestimmte Grösse erhöht wurde. 0 260 54,4 52,7 58,1 55,8 59,8 55,4 56,6 54,5 == 3@; +9) | 260° 164 | — 0,47 — 0,25 | 260° 35,4 TE a LET 17 DEE EFT 32,5 203 | —00 | _03 39,0 a en 35,1 Ro 0m | 08 38,0 137%: ..:54:085, |. + 0,56 34,6 15,61 1040, |... .085 36,1 145 | +03 | +06 34,5 24° . Neigung. > 30, +®)| 313° 44,6 — 0,55 — 0,13 | 313° 25,4 53 | +04 | +050 33,0 3 ee 27,8 50,5 +04 | +00 32,8 2 | —05 | 0948 28,5 39,5 | Lo | 164 23,2 238... 055., Mini dis | 27,6 39, apmiunigägeill deis 416g | 23,7 331°,5 478 Aus den obigen Zahlen ergiebt sich nun: corrigirte Ablesung östlich # (w, + v,) — 3,64 6 —3',07 w corrigirte Ablesung westlich 4 (vo, + v,) + 3,89 € — 3,32 w, Dass hier die Coefficienten in dem ersten und zweiten Aus- drucke verschieden sind, ist ohne Zweifel den Beobachtungsfehlern beizumessen und wir wollen daher 3°,77 für o und 0’, dann 3’,20 für © und w’ gelten lassen. Mithin muss im Endresultate die Ab- lenkung y vermehrt werden um 3,774 (0 + 0)’ + 3720 Ko — o)). Ein Schraubenumgang bei der ‚Libelle beträgt 21’; demnach hätte die oben entwickelte theoretische Formel den Betrag der Cor- rection — 3,35 4 (oe +0) + 1122 4 (w— w) gegeben. 7. Erläuterung der Inclinations-Messung durch ein. Beispiel. Am 24. Aug. 1850 beobachtete ich auf dem Mönchsberg bei Salzburg mit einem Differential-Inchinatorium folgende Ablenkungen: v6 >. 9% = 27 50,00 v, — 47 3325 ‚00% 0, 296 2100, 20% v, — 257 54,25 vs — 216 21,90 v, — 256 44,90 v, — 217 43,10 bei Einstellung 2170 0 — — 0,40 w = — 0,36 Does 8 0. Daraus ergiebt sich die ‚Ablenkung zEzge . 479 Die Reduction auf + 10° R. beträgt — 9,44 und die Correc- tion wegen der Neigung des Ringes — 1,33; man erhält demnach vn ı499 577,54: Die Ablenkung in München betrug 20° 18,4 — y,; der Werth von u ist (S. 92) = — 1,0; wir haben also i —i, — 29. Die Inclination ist also in Salzburg kleiner als in München um 21,9. — Im Jahre 1849 hatte ich ähnliche Messungen, aber mit einem andern Instrumente (und zwar ohne Berücksichtigung der Neigung des Ringes) vorgenommen und am 8., 9. und 10. October an drei verschiedenen Stellen gefunden — MWo«. - 18u: 8 IX. Die magnetische Waage. Die magnetische Waage hat den Zweck, das Gewicht zu be- stimmen, welches erfordert wird um zwei magnetische Körper von einander zu trennen, Dadurch soll eine Maasangabe der magneti- schen Anziehung erlangt werden. Die Einrichtung der magnetischen Waage stellt Fig. 64 dar. ABC ist eine dreieckige Holzrahm mit den messingnen Platten «, v versehen und getragen von den Axen A, A’, welche auf der Unterlage DE festgemacht sind. Die Form der Messingplatten und die Art und Weise, wie sie auf die Axen aufgelegt sind, ist aus Fig. 65 zu ersehen. 480 Eine Schraube mit dreifachem Gewinde S' (Fig. 64) geht durch die Rahm und steht an gegen das feste Querstück F@. Durch Umdrehen der Schraube entfernt man die Rahm aus der senkrech- ten Lage: damit die Rahm nicht vorfällt, wird sie gegen das Quer- holz F'@ gezogen durch das Gewicht P. Rückwärts an der Rahm ist nämlich eine Schnur angebracht, die über eine Rolle R geht und das Gewicht P trägt. ab, cd sind zwei parallele seidene Bänder, die das Stück K mit dem Gewicht p tragen. Oben gehen sie durch die Messingplatte LM und sind an dem Querholz @ befestiget. Das Querholz ist be- weglich um die Axe q und Jläst sich höher oder tiefer stellen mit- telst der Schraube O; durch diese Bewegung wird das Stück X in die erforderliche Lage gebracht. Das Stück K (in grösserm Maasstabe in Fig. 66 dargestellt), bestehend aus zwei aneinander geschraubten Messingplatten, hat oben einen Bügel; unter diesem wird der eiserne Cylinder, oder der cy- lindrische Magnet Zn durchgesteckt und mit der Schraube A geklemmt. Von dem Stücke K geht der Faden hi neben der horizontalen Scala ss hinab und trägt das Gewicht »p. Sind die Körper, deren Anziehung gemessen werden soll, in Contact, so trifft der Faden Ad mit dem Nullpunkte der Scala zusammen; dreht man die Schraube S, bis das Losreissen erfolgt, so wird der Faden Ai auf einen gewis- sen Theilstrich x der Scala treffen. Mau sieht leicht ein, dass die Grösse x der Sinus des Winkels ist, deu die Bänder ab, cd mit der Vertical-Linie machen, wenn die Entfernung ab, cd — r als Radius angenommen wird. Hieraus ergiebt sich für die zum Los- reissen erforderliche Kraft V folgende Gleichung VvZzpß+9 wenn g das Gewicht des Stückes K bezeichnet. 481 Welchen Grad von Genauigkeit man mit der magnetischen Waage unter gewöhnlichen Umständen erlangen kann, zeigen fol- gende Versuche, wobei ein kleiner eiserner Cylinder von einem run- den Magnetstabe losgerissen wurde. BE Scalatheil z, bei welchem das Losreissen erfolgte. Be ee rar 1. Versuch 80,3 80,0 77,4 79,1 | Br 83,8 81,2 75,1 77,7 3 4 83,3 78,7 76,1 76,7 A 85,5 79,4 74,7 79,1 5 | 84,7 71,7 75,6 80,0 6 = 85,7 rer! 74,4 81,2 p+I9 = | 50 gramm. | 100 gramm. | 200 gramm. | 300 gramm. | = |.ad4310 1310 7 #4310 1310 Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abthı. 61 Berichtigungen zu der vorhergehenden Abhandlung. Seite 394 Zeile 1 von oben stalt Fig. 9 lese Fig. 9 *. EI 390 DE ID er „ Kurbel lese Excentrik. Dee a „ Fig. 5 lese Fig. 9. „ 409 B2] 1 » ” 2 ff lese Ile ee N a A Pa ESP Can Pa: I A „ Ende lese Ende dieses Stücks. 18432, | smile » Walze « lese Walze. 5515, Add » 2a = lese 7a = ANDRE a. „ Schraube % lese Schraube X. „ 463 „ 1 von unten ,„ Fächen lese Flächen. „ 476 „ 13 von oben „ 4@, +», lesei (w, + r,). ” — 4.14 „ ” E (v3 + dv, lese 3 (v;, + v,)- Beiträge zur Unterscheidung der im süddeutschen Lias vorkommenden Arten von Ichthyosaurus. Von Dr. Andreas Wagner, ordentlichem Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften. Mi 6 Tr ek 617 uubinhagen) TR opiniohl. R ea itunE ; a: BEN, adaaymabbir wi alumammd ad or ‚arinaeo «ilrılol ToNV nk Ei» mV p x u‘ ) re ‘ t ehr ‚anatt mann Br „noflsdhanssuitt 5 suebaikh »h Tal na mariltonhrn er. ® ‘ Be a 64 | > ER: | ET BE En 5 pc , > ra Er R E «X Beiträge zur Unterscheidung der im süddeutschen Lias vorkommenden Arten von Ichthyosaurus. Von Dr. Andreas Wagner. . Auf die Ueberreste eines der merkwürdigsten Thiere der Ur- welt, auf die des Ichthyosaurus, ist man zuerst in Deutschland, und zwar schon sehr frühzeitig, aufmerksam geworden. Joh. Jakob Baier *), Professor in Altdorf, der mit eben so viel Eifer als Sachkenntniss das Studium der in dem Gebiete der Reichsstadt Nürnberg und ihrer Nachbarschaft vorkommenden Ver- steinerungen betrieb, war der erste, der Kunde von Ueberresten des Ichthyosaurus gab und zugleich dieselben durch Abbildungen er- läuterte. Sie bestanden in einigen Wirbeln, die er theils lose im Sande, theils in einem Bache bei Hagenhausen und der Schleif- mühle unweit Altdorf gefunden hatte. Dem damaligen Stande der Zootomie gemäss konnte er in ihnen nichts anders als Wirbel gros- ser Fische sehen und führte sie desshalb als Ichthyospondyli auf. *) Oryctographia Norica. 1708. p. 30; 2. Ausgabe S. 27. Tab. VI. Fig. 32, 33 486 Diese Deutung bestritt indess Scheuchzer in einem, im Jahre 1708 an Baier gerichteten Briefe, den dieser in seinem Supplemente S. 49 mittheilte. Scheuchzer erzählte darin, dass ihn einst, in Ge- sellschaft seines Freundes Langhans, die Lust an Steinen nach dem Hochgericht bei Altdorf geführt hätte. Im Innern desselben hätte Letzterer einen grauschwarzen Stein gefunden, in welchem acht versteinerte und wie von einem schwarzen Firniss glänzende Rückenwirbel eingeschlossen waren, die sein Freund, vom panischen Schrecken ergriffen, über die Mauern warf. Von diesen Wirbeln besitze er noch zwei, die mit denen von Baier übereinkämen, in- dess mit diesem könne er nicht übereinstimmen, dass sie Fischen angehörten, sondern weil sie alle Fortsätze und eine vollständige Form hätten, halte er sie für menschliche Wirbel. Es sind dies dieselben Wirbel, die Scheuchzer in seinem Werke: Querelae Pis- cium Tab. 3 abbilden liess. Baier antwortete noch in dem nämlichen Jahre auf diesen Brief, erkannte aus Scheuchzer’s Abbildungen die Uebereinstimmung der von Letzterem gefundenen Wirbel mit den seinigen, verwahrte sich aber entschieden dagegen, dass diese Wirbel von Menschen herrühren sollten, zeigte ihren Unterschied von denselben und wies auf ihre Aehnlichkeit mit den von Scilla abgebildeten Ichthyospon- dylen bin. Man ersieht aus diesem Beispiele, wie wenig noch zu Anfang, des vorigen Jahrhunderts selbst die menschliche Anatomie bekannt war, indem ein so berühmter Arzt und. Naturforscher als Scheuchzer einen so gewaltigen Missgriff begehen konnte, Ichthyo- saurus-Wirbel für menschliche zu halten. In dem von Baier's Sohne im Jahre 1757 herausgegebenen An- hange zu seines Vaters Werke sind auf Tab. V ebenfalls einige hieber gehörige Wirbel als Ichthyospondylen abgebildet. Auch 487 Knorr *) lieferte Abbildungen von solchen Wirbeln, ohne jedoch den Fundort zu bezeichnen. Da indess die Originale aus der Samm- lung von Trew genommen waren, so ist es wohl nicht zweifelhaft, dass sie gleichfalls in der Gegend von Altdorf gefunden worden sind. Wie in Franken wurden auch in Würtemberg diese Wir- bel von den Samnilern beobachtet, aber ebenfalls für Fisch-Ueber- reste angesehen. Zur richügen Deutung konnte man allerdings nur durch Auf- findung von mehr oder minder vollständigen Skeleten gelangen, und da dies in England zuerst der Fall war und zugleich tüchtige Na- turforscher sich mit ihrem Studium bhefassten, so ist von daher, na- mentlich durch Everard Home, de la Beche und Üonybeare, die ge- naue Kenntniss des Thieres, dem die vorhin erwähnten Wirbel angehören, ausgegangen. @eorg Friedrich Jäger kommt aber das grosse Verdienst zu, dass er bald nachher, und zwar schon im Jahre 1824, in einer Abhandlung **) zuerst den Nachweis lieferte, dass die Ichthyosauren nicht auf Eugland beschränkt sind, sondern ebenfalls im südlichen Deutschland gefunden werden. In demselben Jahre machte auch Cuvier ***) darauf aufmerksam, dass die von Baier und Knorr abgebildeten Wirbel den Ichthyosauren angehörten und dass solche Ueberreste ebenfalls in Frankreich vorkämen. Mit neuem Materiale bereichert, nahm Jäger schon vier Jahre nachher seine Arbeit nochmals auf, und lieferte eine zweite Abhandlung +). *) Nalurgesch. d. Versteinerungen II. 2. Tab. ]. Fig. 5—7. **) De Ichihyosauri sive Proteosauri fossilis speciminibus in agro Bollensi re- perlis, Stutig. 1824. Ä *#*) Rech. sur les ossem. foss. V. 2. p. 451. t) Ueber die fossilen Reptilien, welche in Würtemberg aufgefunden worden sind. Stuttg. 1828. 488 auf die wir ihrer Wichtigkeit wegen im Verlaufe unserer Darstel- lung öfters zurückkommen werden. Durch die genannten Arbeiten war eine genaue Kenntniss des Knochengerüstes der Ichthyosauren gewonnen worden, und wir wol- len es nicht unterlassen, hier darau zu erinnern, dass Cuvier, ob- wohl er mit seinen Arbeiten später als die englischen Palaeonto- logen kam und auf ein bei weitem nicht so reiches Material als diese sich stützen konnte, doch zur sichern Begründung der Kennt- niss vom Skeletbau dieser Thiere noch einen wichtigen Beitrag zu liefern im Stande war. Auch Buckland *) trug zur genauern Aus- einandersetzung der osteologischen Verhältnisse der Ichthyosauren in seinem weit verbreiteten Werke bei. Zur Unterscheidung der englischen Arten war bereits durch Yonybeare eine sichere Grundlage erlangt worden, wenn gleich bei ihm nur der Zahnbau in Berücksichtigung kam. Er setzte 4 Arten fest, denen er den Namen Ichthyosaurus communis, intermedius, fenuirostris und platyodon gab **); durch das prächtige Kupfer- werk von Hawkins ***) erhielten diese Arten eine weitere Erläu- *) Geology and Mineralogy. I. p. 168; II. p. 20. Tab. 7—14. **) Es geschah dies von ihm in den Additional Notices on the Fossil Genera Ichthyosaurus and Plesiosaurus (Transact. of the Geol. Soc. sec.-ser. 1. 1. 1822. p. 103) — Die Gattung Ichthyosaurus wurde schon früher erläu- tert in der „Notice of the discovery of a new Fossil Animal, forming a link between the Ichthyosaurus and Crocodile, together with general re- marks on the Osteology of the Ichthyosaurus; from the observations of De la Beche and Conybeare‘“ (Transact. of the Geol. Soc. V. 2. 1821. p- 363). **#) Wemoirs of Ichthyosauri and Plesiosauri. Lond. 1834. 489 terung. ‘Auch Owen machte sich an die Bearbeitung der Ichthyo- saurus-Arten und bereitete eine umfassende Abhandlung hierüber vor, die zwar noch nicht im Druck erschienen ist, von der er aber bereits im August 1839 der Versammlung der englischen Naturfor- scher in Birmingham einen ausführlichen Auszug vorlegte*), den wir als Grundlage für unsere Untersuchungen benützen werden. Owen bestätigte nicht blos die 4 früheren Arten, sondern kündigte aus dem englischen Lias noch 5 andere an, nämlich: Ichthyosaurus latimanus, lonchiodon, acutirostris, thyreospondylus und latifrons Koenig; endlich eine letzte Art, J. frigonus, die aber nicht mehr aus dem Lias, sondern aus dem Kimmeridge Clay herstammt. Die in England vorkommenden Ichthyosauren haben, wie aus Vorstehendem erhellt, eine vielfache Bearbeitung gefunden. Ueber die in Frankreich abgelagerten ist seit Cuvier nichts mehr von Er- heblichkeit erschienen; es sind in diesem Lande die Ueberreste von Ichthyosauren auch ungleich seltener und spärlicher als in England und Deutschland. Bei uns ist in dieser Beziehung mehr geschehen, wenn gleich noch nicht so viel und in so umfassender Weise als jenseits des Kanals. Zwerst trat Kanzleirath Theodor: **) auf und gab eiue kurze Nachricht von einem bei Banz ausgegrabenen riesenhaften Exem- plare, in dem er eine neue Art vermuthete, welche er als Ichthyo- saurus trigonodon bezeichnete. Er fertigte prachtvolle Zeichnungen von demselben an und es ist sehr zu wünschen, dass sie mit Bei- - *) Report of the ninth meeting of the British Association for the advanc. of science. Lond. 1840. p. 86—124. *#*) Münchn. Gel. Anzeigen. XVI. (1843) S. 905. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 62 490 gabe einer ausführlichen Beschreibung bald. eine. Veröffentlichung finden möchten. | Im folgenden Jahre unternahm es Bronn *), nach Ansicht von 8 Exemplaren aus den Liasschiefern von Boll,‘ wozu später noch ein neuntes: kam, diese schwäbischen Exemplare ‘mit ' den von Owen unterschiedenen Arten zu vergleichen.‘ Er 'erkannte in ihnen aber nicht mehr als 3 Species, nämlich nach einem einzigen Indi- viduum: eine mit‘ Ichthyosaurus communis verwandte neue Art, der er den Namen J. integer heilegte, während er die andern :Skelete dem I. acutirostris: zuwies, wofern nicht etwa>eins oder zwei von diesen dem J. tenuirostris zugehören dürften, worüber er sich je- doch bei dem Zustand seiner ‚Exemplare keine Sicherheit verschaf- fen. konnte. Diese Untersuchung war demnach zu einem theilweise andern Ergebnisse gekommen, als die. von Jäyer und Owen. über«die in den Sammlungen zu. Stuttgart aufbewahrten Ichthyosaurus-Ueber- reste, obwohl letztere gleichfalls aus der Gegend: von. Boll ‚her- rührten. Jäger, der freilich geraume Zeit vor Owen’s genauerer Auseinandersetzung der Arten seine Arbeit publicirte, glaubte in diesen Ueberresten 4 Species zu erkennen, nämlich 1) Ichthyosau- rus platyodon nach grossen Wirbeln, 2) I. communis, doch zwei- felhaft, 3) I. intermedius, ebenfalls nur muthmasslich, 4): I. tenuiro- stris, als häufigste Art. — Owen hate bei einer ‚Besichtigung. der- selben Ueberreste unter ihnen unterschieden: 1) den: d. communis, 2) I. platyodon, 3) I. tenuirostris, 4) I. acutirostris (Jäger's I. in- termedius). Jäger hatte also richtig 4 verschiedene Formen er- *) Jahrb. für Mineralog.. 1844, 8.385. 676. 491 kannt, nur dass er in der einen. den I. intermedius vermuthete, wäh- rend Owen sie mit seiner ‚neuen. Art, dem I. acutirostris, in Ueber- einstimmung fand. Schon Bronn fand es sehr schwierig, die deutschen Iehthyo- sauren nach. den englischen Beschreibungen bestimmen zu wollen, und Quenstedt *) erklärt in einer eben erschienenen Arbeit es gleich- falls für, sehr schwer, die verschiedenen Arten auch nur mit einiger Sicherheit feststellen zu wollen, obwohl ‚sich eine grosse Mannig- faltigkeit nicht läuguen. lasse. In England, meint, er, mache man so viel Species, dass zuletzt kein einziges deutsches Exemplar darauf mit einiger Sicherheit zurückgeführt werden könne. Obwohl ich diese Schwierigkeiten aus Erfahrung ebenfalls kenne, so ‚habe. ich. mich. doch‘ durch sie nicht abhalten lassen, gleichfalls eine. ‚selbstständige Vergleichung unserer, in den Lias- schiefern des fränkisch-oberpfälzischen und schwäbischen Juragebir- ges aufgefundenen Ichthyosauren sowohl unter sich als mit den eng- lischen Arten vorzunehmen, und ich. hoffe, zu befriedigerenden Resultaten gelaugt zu seyn, als meine eben genannten beiden Vor- gänger.. Das: Material, das mir in der biesigen Sammlung zu mei- nem Zwecke verfügbar ist, stammt gleichfalls der Hauptsache nach aus den nämlichen Gegenden her, aus ‚denen Jäger, Bronn und Quenstedt ihre Exemplare erhielten, nämlich aus den Brüchen von Boll, Holzmaden und Ohmden. Von daher besitzt unsere Sammlung, abgeseben von: vielen einzelnen Kragmenten, 8 ganze Skelete von 24 bis zu. 17 Kuss Länge; von diesen sind 3 der grössten und schönsten erst durch mich acguirirt worden, die andern stammen *) Handb. der Petrefaktenkunde. Tübing. 4851. S. 127. H2= 492 vom Grafen Münster her. Ausserdem konnte ich noch 2 Exem- plare in ‘der geognostischen Sammlung des Staates und eines im Besitze des Herrn Dr. Fischer dahier zu meinen Studien benützen. Aus dem schwäbischen Lias ist demnach hier ein ansehnliches Ma- terial aufgehäuft; desto ärmlicher sind wir mit Ueberresten aus dem fränkisch - oberpfälzischen Lias bedacht. Ausser einem bei "Berg (zwischen Altdorf und Neumarkt) ausgegrabenen Rumpfe sind es nor einzelne Theile von Ichthyosauren, die wir von daher erlangen konnten. Wer die bei uns aufgefundenen Ueberreste dieser Gat- tung kennen lernen will, muss desshalb die Sammlungen in Banz, Bamberg und Ansbach besuchen, unter denen die erste die reichste ist. Ich babe dieselben auch vor Kurzem besichtigt, zwar nicht in der Absicht, die dort aufbewahrten Exemplare im Einzelnen zu stu- dieren, sondern lediglich, um mich von ihren Artbeziehnngen zu den schwäbischen und englischen Formen zu unterrichten, wozu die kurze Frist, die ich darauf verwenden konnte, wenigstens in der Hauptsache so ziemlich ausreichend war. Allerdings wäre es sehr wünschenswerth, wenn die vorzüglichsten Stücke in den genannten drei: Sammlungen durch detaillirte Beschreibungen genau erläutert würden; indess gehören alsdann auch Abbildungen dazu, deren Aus- führung freilich mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden und daher bis jetzt nieht erfolgt ist. Auch von auswärts finden sich einige Ueberreste von Ichthyo- sauren in unserer Sammlung. Von pariser Museum mitgetheilt ist vorhanden ein Gipsabguss von einem kleinen Skelet des I. inter- medius, wovon das Original von Home unter dem Namen Proteo- saurus in ‘den Phil. Transact. 1819. Tab. 15 abgebildet wurde; ferner ein Abguss von dem Schädel des I. communis, den Home und Cuvier beschrieben und abgebildet haben. Aus England liegt von Lyme Regis eine kleine Platte vor, auf der vom I. communis =” 4 1] 3 4 grosse ganze Zähne von mehr als 2 Länge und "ausserdem Bruchstücke von 3 andern aufrahen. Von demselben Fundorte ist vorhanden ein als I. platyodon etikettirtes Schnautzen-Frragment von 8‘ Länge, an welchem eine Reihe von Zähnen des Ober- wie des Unterkiefers im besten Zustande erhalten ist. Sind diese Stücke auch nicht zahlreich, so haben sie mir doch bei Vergleichung un- serer Ichthyosauren mit den englischen wesentliche Dienste gelei- stet, indem Beschreibungen und Abbildungen doch niemals ganz die Natur ersetzen können. Bevor ich indess an die Auseinandersetzung der in den Lias- schiefern des fränkisch-oberpfälzischen und schwäbischen Jurage- birges vorkommenden Arten gehe, will ich zuvor noch die Fund- orte aufzählen, an welchen Ueberreste von Ichthyosauren bei uns zum Vorschein gekommen sind. Das süddeutsche Juragebirg hat bekamntlich sein nördliches Ende bei Banz und hier ist auch die Liasformation mehr entwickelt und aufgeschlossen als an irgend einem andern Punkte in Franken und der Oberpfalz. Indem dieser günstige Umstand von dem Kanz- leirathe Theodori und dem Pfarrer Geier und dessen Nachfolger Murk mit unverdrossenem Eifer benützt wurde, bildete sich in kur- zer Zeit die reiche Sammlung in Banz heran, welche unter ihren Bestandtheilen auch schöne Ueberreste von Ichthyosauren zählt. Längs des Ostrandes des Juragebirgs sind innerhalb Bayern wenige Fundorte bekannt, als @rötz und Mistelgan bei Bayreuth und Aschach bei Amberg, wo indess nur unerhebliche Stücke gefunden wurden. Die Lüäasschiefer sind am östlichen Gebirgsfusse nur wenig ent- wickelt und von Amberg au im weitern Verlaufe nach Süden durch jüngere Formationen verdeckt. Weit mehr Ausbeute hat der West- rand des Juragebirgs geliefert, denn von G@eisfeld (ostwärts von 494 ” Bamberg) stammen die in letzterer Stadt aufbewahrten Skelete und weiter südwärts ist Altdorf mit dem. benachbarten Berg ein altbe- rühmter klassischer Fundort von Iechthyosaurus-Ueberresten: Hier hat besonders die Anlegung des Ludwigkanales eine Masse von sol- chen Stücken zu Tage gefördert, wobei es nur zu beklagen, dass diese Gelegenheit nieht besser benützt worden ist, doch ist: wenig- stens ein riesenhaftes Skelet-F'rragment erhalten und von dem’ histo- rischen Verein in Ansbach erworben worden. In Schwaben finden sich die Ichthyosauren-Ueberreste nur am Westabfall des Juragebirgs (der Alp), da der Lias am ‚Ostrande desselben nieht zu Tage kommt. Die berühmtesten und ergiebigsten Fundorte sind hier die Umgegend von Boll, Ohmden und Holzma- den, von. wo fortwährend ganze Skeleie ausgegraben und. durch den Handel verbreitet werden. Ich gehe nun über zur Auseinandersetzung, der in den‘ Lias- schiefern des fränkisch-schwäbischen Juragebirgs abgelagerten Ar- ten von Ichthyosanrus, um zu ermitteln, wie viel Species und durch welche Merkmale sie sich unterscheiden lassen und in welchei Ver- wandtschaftsverbältnissen sie zu den englischen. Arten stehen. 1. Ichthyosaurus integer Bronx. Unter den 9 Exemplaren von Ichthyosauren, die Bronn aus der Umgegend von Boll und Ohmden zur Vergleichung vor sich. hatte, fand er ein auf dem Rücken Jiegendes Skelet von mässiger Grösse, dessen Kopf erhalten war, die Wirbelsäule aber nur bis zum 66. Wirbel reichte; Schulterapparat und. Vorderglieder waren vorhan- den, die Hinterglieder fehlten. Als hanptsächlichste Merkmale die- ses Skelets führte er folgende auf. 495 Die Zähne sind: im Verhältniss zum ganzen 'Thiere viel grös- ser, namentlich dicker, als bei allen andern Exemplaren; ihre Basis ist zwiebelartig, gestreift. Am Unterkiefer macht die Symphyse fast ‚die Hälfte seiner ‚ganzen Länge. aus. Die FAabenschnabelbeine sind von länglich runder Form und ohne allen Ausschnitt. Die Oberarmbeine sind in der Mitte nicht vereugt, kurz und breit, Der Vorderränd : der Speiche ist nicht ausgeschnitten, An der linken Hand zählt man noch. 34, an der rechten ‚30 Täfelchen an ihrer natürlichen: Stelle, die alle.den 3 vordersten Fingerreihen angehö- ren, von denen sich der dritte vom 4. oder 5. Täfelchen an in 2 Längsreihen theilt. Keiner derselben ist am Vorderrande ausge- schnitten.» Nur die 4 bis 5 ersten Täfelchen im Gauzen sind eckig, die folgenden länglich rund und zuletzt rund und von einander. eut- ferut liegend. ; Bronn: hat die eine vordere Extremität auf Tab. 4 Fig. 7 (Jahrb. für Min. »1844) ahbilden lassen. Bei Vergleichung; dieses Exemplares mit den bereits bekannten Arten kam Bronn' zusdem Resultate, dass es in allen wesentlichen vergleichhareu Beziehungen mit I. communis: übereinstimme, insbe- sondere hinsichtlich «der. zwiebelförmig angeschwollenen Basis der stärker gestreiften Zähne, der Länge des Unterkiefers zum Sym- physentheil, der, Kürze und Dicke des in der Mitte nicht verengten Oberarmbeins und des: Mangels einer Ausraudung der vordern Flos- sentafeln.. ‚Als ‚eine ‚sehr auffallende Verschiedenheit vom I. com- munis erklärte jedoch Bronn: den: völligen Mangel eines Ausschnittes am Rabeuschnabelbeine; auch schienen ibm die Flossentafeln ‚eine etwas andere Lage zu besitzen und ihre Fingerreihen weniger und später gegabelt zu seyn. Diese Verschiedenheiten bewogen ihn, in einem Nachtrage zu seiner Abhandlung, dieses Exemplar von 1. communis zu trennen und darauf eine eigne. Art mit dem Namen J. integer zu "begründen, 496 In wie fern diese Trennung eine berechtigte ist, darüber habe ich mich an einem andern Exemplare, das im Besitze des Herrn Dr. Kischer dahier sich befindet und aus derselben Gegend wie das Bronn’sche, nämlich von Holzmaden, abstammt, unterrichten können. Dieses Skelet liegt gleich dem vorhin beschriebenen auf dem Rücken, ist aber seiner ganzen Länge nach erhalten, indem die Wirbelsäule vollständig ist, wenn gleich die letzten Wirbel nur in Abdrücken angezeigt sind. Die ganze Länge dieses Gerippes beträgt 43‘, wo- von der Schädel ohngefähr 1‘ 4“ einnimmt; es ist also etwas klei- ner als das von Bronn angeführte Exemplar. Der' Schädel ist stark verworfen, und zeichnet sich durch eine lange und spitz zulaufende Schnautze und durch verhältnissmässig starke Zähne aus. ‘Die Anzahl der Wirbel beträgt ohngefähr 140. Sehr schön sind die Vorderglieder erhalten, wovon ich die eine Extremität auf Tab. 1 Fig. i gauz, die andere Fig. 2 in ihrem An- fangstheile habe abbilden "lassen. Das Tförmige Brustbein fehlt, so dass die beiden Rabenschnabelbeine (a, a) frei daliegen, die eine länglich runde Form ‘wie am Bronn’schen Exemplare haben. Am Vorderraude des linken Rabenschnabelbeius zeigt sich eine seichte Ausrandung, ‘wenn anders solche nicht durch das Auflie- gen auf das darunter befindliche Schulterblatt 'blos scheinbar hervorge- bracht ist, indem am andern Rabenschnabelbein eine solche 'Aus- randung nicht wahrgenommen wird. : Die Oberarmbeine (b, 'b‘) sind in’ der Mitte zwar nicht sehr verengt, aber doch ‚mehr als es Bronn angiebt *). Von vortrefllicher Erhaltung ist die linke Vorderflosse, *) Diese Differenz kann leicht nichts weiter als Folge der Bearbeitung seyn. Die Knochen sind in den schwäbischen Schiefern, wenn sie nicht 'etwa verkiest sind, sehr weich und der Meisel nimmt‘daher leicht’einen‘ Theil 497 die eine etwas säbelförmige Form hat. Die Täfelchen, mit Aus- nahme der alleräussersten, sind von einem starken Wulste um- säumt, was ein Beweis ist, dass ihre ursprünglichen Formen weder durch Druck, noch durch Reibung alterirt worden sind. Sie haben einen fünf- oder sechsseitigen Umriss und nur die äussersten und kleinsten werden mehr oval; im Ganzen sind noch 50 Täfelchen vorfindlich, doch fehlen mehrere von der äussersten Spitze. Die erste Querreihe der Tafeln, Ellenbogenbein und Speiche darstelleud, besteht aus 2, die nächste Reihe aus 3 und alle folgenden aus 4 Täfeleben, die geschlossen aneinander liegen und mit der Entfer- nung allmählig an Grösse abnehmen. Der Länge nach gerechnet sind also 4 vollständige Fingerreihen vorhanden. Die von Bronn angegebene Spaltung des dritten Fingers in 2 Längsreihen findet demnach bei unserem Exemplare nicht statt, sondern ist bei dem seinigen nur dadurch entstanden, dass vom vierten Finger die er- sten Täfelchen verloren gegangen sind. Von allen Täfelchen der ganzen Flosse, mit Einschluss der beiden des Vorderarms, ist keine einzige ausgerandet; bei allen ist der durch einen Saum verstärkte Raud ganz. — Die Hinterfüsse sind klein und sehr defekt, aber auch an ihren Täfelchen ist keine Eiukerhung sichtlich. Unser Exemplar stimmt demnach mit dem erstbeschriebenen überein und dient zu dessen Ergänzung: Mit Bronu bin ich ein- verstanden, dass sein Ichthyosaurus integer specifisch verschieden von I. communis ist, und zwar sowohl durch die Beschaffenheit der Rabenschnabelbeine als der Vorderflossen. ‘Die ersteren haben we- ihrer Ränder weg und ändert dadurch ihre ursprüngliche Form. Uebri- gens geben die eignen Ausmessungen und Abbildungen von Bronn selbst zu erkennen, dass das Oberarmbein in der Mitte allerdings, wenn auch in Bezug auf das obere Ende nur schwach, verengt ist. Abhandl. d. IT. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 63 498 der an ‚der Vorder-, noch Hinterseite eine Ausrandung, die höch- steus ganz seicht an der vordern sich finden könnte, während bei I, communis beide Seiten stark ausgeschnitten sind. Bei diesem ist ferner die Vorderflosse weit breiter — die breiteste von allen Ar- ten — indem sie 8 his 9 Fingerreihen enthält und daher über 200 Täfelchen zählt, während bei I. integer nur 4 Fingerreihen vorhan- den sind, denen höchstens eine fünfte mit kleinern Täfelchen bei- gegeben seyn könnte. Auch die Symphyse des Unterkiefers ist bei I. integer länger als bei I. communis. Zur Rechtfertigung der Selbstständigkeit des I. integer ist er aber auch noch mit dem I. intermedius zu vergleichen, der mit ihm im Mangel einer Einkerbung an dem Vorderrande der Flossen über- einkömmt *). Auch hier besteht zwischen beiden dieselbe Ver- schiedenheit in den Umrissen der Rabenschnabelbeine und in der Beschaffenheit der Gliedmassen, indem die Vorderflossen bei 1. in- termedius 7 Fingerreihen aufzuweisen haben. Ausserdem ist der Schnautzentheil bei letzterem ungleich kürzer als bei I. integer. Der I. integer ist demnach eine wohl begründete Art, obgleich bisher nur zwei Exemplare, beide aus denselben Lokalitäten, be- kannt sind. : Wahrscheinlich existiren aber in den Sammlungen noch einige Ueberreste, die bisher unter dem Namen I. communis be- griffen seyn dürften. So führt nach einem in Stuttgart aufbewahr- ten: Schädel, Wirbel und einer Rippe Jäger diese letztgenannte Art an, und darauf beruht auch wohl die Erklärung von Owen, dass *).Die Angabe, als ob bei I. intermedius einige der vordern Tafeln ausge- schnitten wären, ist irrig, wie dies aus den Abbildungen von Aawkins und der Erklärung von Owen (Report. p. 115) hervorgeht. 499 der I. communis unzweifelhaft in dem Lias von Boll vorkomme. Ob der erwähnte Schädel dem I. integer, von dessen Existenz da- mals weder Jäger noch Owen wussten, angehören dürfte, kann ich nicht entscheiden, da an dem hiesigen Exemplare dieser Theil ganz zerdrückt ist; es muss daher den würtembergischen Palaeontologen überlassen werden, zu bestimmen, ob nicht etwa die Angahe vom Vorkommen des I. communis im schwäbischen Lias auf einer Ver- wechslung mit I. integer beruhen könnte. Mir selbst ist aus F'ran- ken kein Anzeichen vom I. communis bekannt, und da auch Oxen- stedt *) seine Existenz in Deutschland bezweifelt, so scheint er in der That im süddeutschen Juragebirge ganz zu fehlen, und hier als sein Aeguivalent der I. integer aufzutreten, freilich als die sel- tenste ‘unter den hier vorkommenden Arten, wobei indess’ zu be- merken, dass auch in England der I. communis nicht allenthalben die gewöhnlichste Species ist, Hawkins sie sogar die ungewöhn- lichste nennt. 2. Ichthyosaurus tenuirostris CoxyB. Wenn gleich Jäger schon frühzeitig das Vorkommen des eng- lischen Ichthyosaurus tenuirostris im schwäbischen Lias nachge- wiesen und Owen die Richtigkeit dieses Nachweises bestätigt hatte, mit’ der besondern Bemerkung, dass das im Gymnasium zu Stuttgart aufbewahrte Skelet von dieser Art in manchen Beziehungen viel *) Er. gesteht in seinem. Handb. der Petrefaktenk. (S. 127), dass alle Füsse, welche er aus Süddeutschland kenne, mindestens einige gekerbte Täfel- chen hälten; es ist ihm also der I. integer wenigstens nach den Glied- massen unbekannt geblieben. Dagegen erwähnt er eines 1°,‘ langen Schädels von Holzmaden, der mit dem von Jäger als I. communis abge- bildeten übereinkomme. 63 * 500 vollständiger: als irgend ein ‚englisches sei, ‚so konnte doch später Bronn unter den 8 Exemplaren, ‚bei: welchen ihm nur die Wahl zwischen I. tenuirostris und I. acutirostris frei blieb, nicht mit Si- cherheit den ersteren ausfindig machen, weil gerade die Theile, in welchem die specifischen Differenzen ‘sich am bestimmtesten aus- sprechen, nicht in hinlänglicher Dentlichkeit sich erhalten hatten. Ich bin in dieser Beziehung glücklicher gewesen und sehe, dass dies neuerdings auch bei Quenstedt der Fall ist, während letzterem in seinem früheren Werke: „das Flötzgebirge Würtembergs“, die Unterscheidung der schwäbischen Arten nicht gelungen war. Vor Allem hat man sich zuerst der Merkmale zu versichern, durch welche die englischen. Palaeontologen ihren I. tenuirostris von den andern Arten unterscheiden, um alsdann mit Evidenz über die specifische Identität der englischen und deutschen Exemplare entscheiden zu können, Zur Grundlage wählen wir die von Owen *) gegebene Charakteristik, aus welcher wir diejenigen Merkmale her- vorheben, die am sichersten bei Vergleichungen zu leiten im Stande sind. Als auffallendste Eigenthümlichkeit des I. tenuirostris bezeich- net Owen die grosse Länge und Dünne der Schnautze, welche in Verbindung mit den grossen Augenhöhlen und dem abgeplatteten Hirnkasten dem ganzen ‚Schädel eine gewisse Aehnlichkeit mit dem einer riesenhaften Schnepfe geben. Die Zähne **) sind weit schmächtiger als bei I. communis, *) Report of the ninth meeting etc. Lond. 4840. ,p. 117. *#). In Omwen’s Odontography II. Tab. 73. Fig. 5. ist ein solcher Zahn abge- bildet. 501 intermedius und platyodon und zugleich schiefer rückwärts gestellt. Owen zählte im’ Unterkiefer auf jeder Seite 65--70, im: Unterkiefer jederseits ohngefähr 60 Zähne, Die Wirbelsäule entspricht durch ihre Schmächtigkeit den cha- rakteristischen Formen des Schädels. Die Wirbel kommen an An- zahl mindestens mit den vorhin genannten Arten überein; Owen zählte zwischen Atlas und erstem Schwanzwirbel 50 Wirbel. Sie sind im Umfange gerundeter und minder eckig. als bei andern Ar- ten und zugleich am hintern Theil ‚des Unterleibs und am Anfang des Schwanzes (nach der Längsrichtung des Körpers) verhältniss- mässig dicker. Die Rabenschnabelbeine haben einen breiten Hals, eine schwache untere Ausrandung und eine tiefe enge ohere Einkerbung. Das Oberarmbein ist lang und unten hammerartig ausgebreitet. Die Breite der Speiche kommt fast dem Querdurchmesser der zwei nächsten Wirbel gleich, während er bei I. communis und intermedius nur $ eines solchen Wirbels ausmacht. Das Ellenbogenbein und die übri- gen Täfelchen der Vorderflosse zeigen eine ähnliche verhältniss- mässige Breite. Die Hand beginnt mit einer Querreihe von 3 ova- len Carpalknochen und enthält nur 4 Fingerreihen, deren Täfelcheu gerundeter als bei I. communis und intermedius sind. Die Speiche und das erste Haudwurzel-Täfelchen sind eingekerht, nicht aber das folgende. Die Aintern Gliedmassen sind weit kleiner als die vordern. Das Schienbein und das folgende Täfelchen in der Tarsalreihe sind vorn ausgeschnitten; (das Täfelchen, welches zwischen Schien- und Wadenbein liegt, verhältnissmässig kleiner als bei andern Ichthyo- sauren. 502 Ein nicht vollständiges Skelet in der Bristol Institution hat 13° Länge; der Unterkiefer von einem andern Individuum misst 26" und einer der grössten Zähne desselben ragt mit seiner Krone 14% hervor bei einer Breite von 4‘ an der Basis. Wahrscheinlich wer- den dies die grössten Exemplare seyn, von denen Owen Kenntniss hatte. Indem ich jetzt zur Charakteristik der mir hier zu Gehote stehenden 6 Exemplare, die ich dem I. tenuirostris zuschreibe, komme, will ich zuvor noch wiederholt bemerken, dass man bei Beurthei- lung der Umrisse der Knochen bei allen in den schwäbischen Lias- schiefern abgelagerten Skeleten mit einiger Vorsicht zu Werke gehen muss, indem die Conturen sowohl durch Druck als durch den Meisel einigermassen alterirt worden seyn können. Die erwähnten 6 Skelete stammen aus der Gegend von Holzmaden und Ohmden her und 4 davon werden in der palaeontologischen Sammlung, 2 in der geognostischen aufbewahrt; das kleinste gehörte einem Indivi- duum von 24‘ und das grösste einem fast 17‘ langen an.‘ Sie lie- gen alle auf der einen Seite, der Schädel etwas gesenkt, oder ho- rizontal ausgestreckt, nur hei dem grössten mit der Spitze ein wenig in die Höhe gerichtet; die Wirbelsäule ist anfangs etwas aufwärts, dann schwach abwärts gekrümmt, bis hinter der Mitte des Schwan- zes durch einen Bruch plötzlich der letzte Theil der Wirbelreihe sich stark abwärts senkt. Ausser den genannten Stücken habe ich noch 3 aus gleichen Fundorten herrührende Schädel, von denen der eine mit der prachtvoll erhaltenen Vorderflosse vergesellschaftet war, zu meinen Zwecken benützen können. Den Schädel: hat Owen ‘ganz passend mit einem riesenhaften Schnepfenkopf verglichen; er läuft in einen langen dünnen Schnabel aus und kommt in seinen Umrissen ganz mit dem von Hawkins auf 503 Tab. 13 abgebildeten Schädel eines englischen Exemplares von I. tenuirostris überein. Au den weichern Schiefern ist er meist flach gedrückt, in den härtern bat er mitunter seine gewölbte conische Form. conservirt. Die Zähne sind in nicht geringerer Anzahl, als sie Owen au- giebt, vorhanden, obgleich sie nicht ganz sicher zu zählen sind, da der Rachen wenig geöffnet und manche verloren gegangen sind; längere wechseln mitunter mit jüngeren kleinen Ersatzzähnen. Sie sind ganz von der nämlichen Form, wie sie Owen beschreibt und abbildet: schlank, an der Wurzel etwas angeschwollen und stark gefurcht, ihr Kronentheil kegelig, mit der Spitze etwas rückwärts gekrümmt, höchst fein der Länge nach gestreift, fast glatt. Am 17 füssigen Exemplare ragen die längsten Zähne ohngefähr 9 bis 10 hervor. 1 Von der Wirbelsäule gilt Alles, was Owen hierüber gesagt. An denjenigen unserer Exemplare, wo sie bis zum Ende vollstän- dig sich erhalten hat, lassen sich im Ganzen 150 bis 155 Wirbel zählen. Von diesen mögen 48 bis 50 anf deu Rumpf, d. h. his zum Anfange des Schwanzes kommen, obwohl die Grenze sich nicht scharf angehen lässt, da die Beckenknochen nicht der Wirbelreihe anhaften. Der Schwanz zählt also nochmals so viel Wirbel als der Rumpf, doch sind die letzten sehr klein; hinter dem 80. Wir- bel findet der bekannte Bruch des Schwanzes statt, dessen Ende sich von da an plötzlich abwärts biegt. Die meisten Rippen zeigeu deutlich zwei Köpfe zur Einlenkung mit den zwei Höckern, die sich jederseits an den Körpern der Rückenwirbel finden. Diese Höcker sind auf ihrer Gelenkfläche ausgehöhlt; wenigstens gilt dies vom untern. Einfache Bauchrippen, jedoch lediglich in der Vorder- hälfte des Unterleibs, zeigen sich mit grosser Deutlichkeit. 504 Die Rabenschnabelbeine haben aus dem vorhin angeführten Grunde an manchen Exemplaren in ihrem Umrisse gelitten, wo sie aber unbeschädigt sind, zeigen sie eine Jänglich ovale Form und an der Vorderseite eine nicht sonderlich grosse Einkerhung, wie sie Owen angegeben hat*). Oberarmbein und Speiche verhalten sich ganz so, wie Letzterer sie charakterisirt hat. Die Vorderflosse zeichnet sich aus durch ihre lange, schmale, säbelartig gekrümmte Form. Auf die beiden tafelförmigen Knochen des Vorderarms (El- lenbogenbein und Speiche) folgen gleich die 4 Tafeln, mit denen die Hand beginnt, wovon jedoch die hinterste viel kleiner als die andern ist; hiemit beginnen die vier vordern und zugleich stärkern Finger. Hinter ilmen, und, wie es scheint, erst zwischen der 4. und 5. Tafel des vierten Fingers seinen Anfang nehmend, setzt sich der fünfte Finger an, der aus kleinern Täfelchen gebildet wird. Wo die Flosse unverdrückt ist, zeigen die Tafeln eine quer fünf- oder sechsseitige Form, wobei die letztere an dem zweiten und dritten Finger vorwaltet; die äussersten Täfelchen sind mehr ge- rundet. An den besterhaltenen Vorderflossen lassen sich in den drei Mittelfingern noch 17 bis 19 Täfelchen in jeder Längsreihe zählen, obwohl an der äussersten Spitze einige kleine fehlen mögen; im Ganzen haben dieselben noch SO und etliche Täfelchen in der Hand aufzuweisen. Mit Einschluss der Speiche sind am Vorder- *) Am besten erhalten zeigen sich in unserer Sammlung die Rabenschnabel- "beine an einem von Berg herrührenden Stück im festen Liaskalk, an dem zugleich auch noch das Brustbein und seine Verbindung mit den Schlüs- selbeinen wahrzunehmen ist. Der länglich ovale Umriss der Rabenschna- belbeine mit vorderem Ausschnitt ist hier gut conservirt; dabei sind diese Knochen nach der Längs- wie nach der Querrichtung sattellörmig gebo- gen, doch nach letzterer mehr als nach der ersteren. Ihre Länge be- Irägt an 5’; ihre Breite in der Mitte (in gerader Linie gemessen) 3'/,". 505 rande der vordersten Tafelreihe 3 oder 4 oder 5 Tafeln ausge- schnitten; an einem Exemplare aus der Münster'schen sind es sogar 6. Von den 3 Beckenknochen haben wenigstens 2 eine verhält- nissmässige Länge und Stärke. Die Hinterflossen sind weit kleiner als die vordern, aber ebenfalls lang und schmal, jedoch ohne säbel- artige Krümmung. Das Oberschenkelbein steht an Grösse bedeutend -dem Oberarmbein nach; dasselbe gilt von den beiden Knochen des Unterschenkels. An vieren von den hiesigen Skeleten geben sich 3 Finger mit grösseren Tafeln und hinter ihnen ein vierter Finger mit kleineren Tafeln zu erkennen. Am grössten unserer Exemplare zählt man an jedem der beiden längsten Finger 17 bis 18 Tafeln und es mag noch eine oder die andere endständige fehlen. An eben dieser Flosse sind, mit Einschluss des Schienbeins, die 3 ersten Tafeln der Vorderreihe gekerbt, dann folgt ausnahmsweise eine ganze, und dieser wieder eine ausgeschnittene Tafel. Au dem Exemplare, das an den Tafeln der Vorderflosse 6 Einkerbungen wahrnehmen lässt, zeigt die Hinterflosse 5 ausgeschnittene Tafeln. An den andern Exemplaren sind die Tafeln der Vorderreihe an ihren vordern Rändern beschädigt, so dass man über die Beschaffenheit der letztern nichts Sicheres sagen kann. Mit den in den hiesigen Sammlungen befindlichen Exemplaren des I. tenuirostris kommen auch in allen Stücken die aus den näm- lichen Fundorten herrührenden von Jäger und Quenstedt überein. Der Erstere sagt zwar nichts über die Auskerbungen der obersten Tafeln in der vordern Reihe der Flossen, aber ein in der Münster’- schen Sammlung aufbewahrter Gipsabguss von dem Hinterfusse, den Jäger Tab. 2 Fig. 21 abgebildet hat, belehrt mich, dass zwar am Schienbein die Ausrandung nicht sicher erkennbar ist, dass sie sich aber an den beiden folgenden Tafeln ganz deutlich einstellt. — Abhandl.. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 64 506 Quenstedt hat von einem vollständigen Schädel des I. tenuirostris eine getreue Abbildung auf Tab. 9 Fig. 7 geliefert und hinsichtlich der Ausrandung macht er bemerklich, dass sich an beiden Füssen ausser Radius und Tibia noch 3 Tafeln auf der Daumenseite ge- kerbt finden. Dieselbe Art findet sich auch im fränkischen Lias und es sind von ihr mehr oder minder vollständige Skelete in Bamberg (von Geisfeld herrührend) und in Banz aufbewahrt. An diesen hat sich der Schädel besser erhalten als an den schwäbischen, was beson- ders vom Schnautzentheil gilt, der bei letzteren mehr oder weniger plattgedrückt ist, bei jenen aber, obwohl ebenfalls sehr schlank, doch seine ursprüngliche Wölbung nicht verloren hat. An einer gut conservirten Vorderflosse in der Sammlung zu Banz lassen sich auch noch in den längsten Fingern 19 bis 20 Tafeln zählen; die 5 obersten der Vorderreihe (mit Einschluss der Speiche) sind ge- kerbt *). Vergleichen wir endlich unsere süddeutschen Exemplare mit den englischen, wie sie mir durch die Abbildungen von Hawkins und die Beschreibung von Owen bekannt sind, so ergiebt sich in allen Stücken eine vollkommene Uebereinstimmung, mit der einzigen Ausnahme, dass Letzterer in beiden Flossen blos 2 Tafeln als aus- *) Unter den herrlichen Zeichnungen, die Kanzleirath 7’reodori von den in Banz aufbewahrten fossilen Reptilien-Ueberresten anferligte, und zwar alle in Lebensgrösse, findet sich auch die Abbildung eines Schädels, der im ganzen Habilus mit I. tenuirostris übereinkommt, aber mit einer Vorder- flosse zusammen lag, die nicht weniger als 10 ausgeschnittene Tafeln aufzeigt. Dieser Umstand fordert zu weitern Untersuchungen des ge- dachten Exemplares auf. 507 geschnitten angiebt, nämlich Speiche und die folgende Tafel, so wie Schienbein und die nächste Tafel. Diese Differenz könnte aber wohl nar von Mangelhafügkeit der englischen Exemplare an diesen Theilen herrühren, denn, wie bereits erwähnt, bezeichnet Owen das von Jäger beschriebene Skelet in manchen Stücken als vollständiger wie irgend ein englisches Exemplar, und Hawkins hat von den Flossen nichts weiter als etliche ganz mangelhafte und verworfene Bruchstücke vor sich gehabt. Die fragliche Differenz dürfte sich also wohl bei weiteren Auffindungen von vollständigen Flossen in England beseitigen lassen, und überdiess ist die Anzahl der ge- kerbten Tafeln keineswegs eine constante. Noch lasse ich am Schlusse einige Ausmessungen folgen, wo- bei ich unser grösstes und kleinstes Exemplar nebst einem eben- falls noch ziemlich jungen ausgewählt habe. Von diesen ist das kleinste nicht vollständig, indem seine Wirbelsäule nur 86 Wirbel aufzuweisen hat; wäre sie vollzählig, so würde sie um ohugefähr 5 bis 6” weiter reichen. Diese Ergänzung ist in der Tabelle bei- gefügt worden, um die ursprüngliche Länge des ganzen Individuums angeben zu können. Zu bemerken ist noch, dass an den beiden kleinern Exemplaren der Hinterfuss weit weniger vollständig ist als am grossen Skelet. 64 * 508 Länge, ganze, des Skelets — des Schädels — des Schnautzentheils — der Augenhöhle — . ‚des Unterkiefers, in ge- rader Linie . — der Reimpfsirhelueiip, ohngefähr — . der SchwankWirbeireihi ohngefähr £ Durchmesser der Se Wir- bel fast . E Länge des Schulterblatts. Oberarmbein, lang — breit am ae Ende Breite des Vorderarms — der Handwurzelreihe Länge der Hand nebst dem Vor- derarm :h ‚Ar: — der ganzen vordern Ex- tremität . Oberschenkel lang 2 — breit am untern Ende Breite des Unterschenkels — der ersten Tarsalreihe . Länge des Fusses nebst dem Unterschenkel — der ganzen hintern Ex- tremität 16° 6” 0 300 206 = Tai 3 2:41. 5 10 0 ee 0-r3..0 0: 0.45 042 a og 15a 2 06 030 0426 0. 9 0 30 0 10 6 IP © 3' 0 0 3 10 4 [20 2 0 0 0 0 0 6 0 100 li 2,310 407 22 8 10 a PR 0 5 4.088 0 10 es) 0 10 11 NE 0” 3 0 4 a ee Aus den vorstehenden Maassangaben ist ersichtlich, dass beim grössten Exemplare der Schädel 4, beim weit kleinern 4 und beim 509 allerkleinsten 4 der ganzen Länge des Skelets ausmacht *), dass ıithin das Wachsthum des Schädels nicht gleichen Schritt hält mit dem der Wirbelsäule, die mit dem Alter sich weit mehr streckt. Der Schnautzentheil beträgt bei allen ohngefähr 3 der ganzen Schä- dellänge. Aus einzelnen Knochen lässt sich schliessen, dass diese Art eine Grösse von 20 Fuss und wohl noch darüber erreicht hatte. 3. Ichthyosaurus acutirostris Ow. und Ichthyosaurus microdon Wacn. Eine erst von Owen **) unterschiedene Art, von der er indess bisher nur eine kurze Notiz gegeben hat, die wir hier im Wesent- lichen mittheilen müssen, um darnach die Bestimmung unserer Exem- plare vornehmen zu können. Wie Owen sagt, sind bei I. acutirostris die Zähne einzeln schwer von denen des I. tenuirostris unterscheidbar, doch sind sie an ihrer Basis etwas breiter. Die markirteste Differenz zwischen diesen beiden Arten liegt in der Länge der Kiefer, indem sie bei I. acutirostris das Mittel zwischen denen des I. intermedius und I. tenuirostris halten. An einem 11‘ 10‘ langen Schädel ist der senkrechte Durchmesser vor den Augenhöhlen 3‘, und von da an convergiren sowohl Ober- als Unterkiefer regelmässig in fast jeder Richtung bis zum Eude der Schnautze, welche schärfer und mehr speerförmig als bei den andern Arten ist. Die Zähne sind 3 bis Ä *) Bei dem grösseren Exemplare in der geognostischen Sammlung, dessen Wirbelsäule vollständig erhalten ist und das im Ganzen eine Länge von 7 hat, nimmt. davon der, Schädel elwas mehr’ als ’/, weg. **) Report. Lond. 1840. p. 121. 510 5 lang; die Augenhöhlen sind kleiner als bei I. tenuirostris, das Oberarmbein eben so lang, aber unten minder erweitert. Die Speiche ist vorn ausgeschnitten, die Flossentafeln sind unregelmässig gerun- det und bilden 4 Fingerreihen, von einer Anordnung und einer ver- hältnissmässigen Grösse, die das Mittel zwischen der des L tenui- rostris und intermedius hält. — Hieher citirt Owen die Abbildun- gen, welche Hawkins auf Tab. 14 von zwei Schnautzentheilen, so wie den von Jäger auf Tab. 1 Fig. 4 abgebildeten Schädel, den letzterer für den des I. intermedius angesehen hatte. Diese eben angeführten Merkmale sind freilich nicht so zahl- reich und frappant, dass jede Verwechslung des I. acutirostris mit I. tenuirostris dadurch verhindert werden könnte, zumal wenn, wie gewöhnlich in den schwäbischen Schiefern, die Schädel verdrückt und zerrüttet sind und damit das Hauptmerkmal unsicher wird. Es ist daher nicht zu verwundern, dass Bronn, obwohl er seine mei- sten Exemplare dem I. acutirostris zuzäblte, doch über ihren Unter- schied von I. tenuirostris zu keiner Evidenz gelangen konnte. Hiezu konnte auch die ihm von Owen brieflich mitgetheilte Notiz nicht ausreichend seyn, dass, „obschon die Zahl der ausgerandeten Pha- langen etwas veränderlich sei, solche doch immer zahlreicher bei I. acutirostris als bei der ersten Art (I. tenuirostris) erschienen und dass bei unmittelbarer Vergleichung die mindere Grösse der Pha- laugen dieser Art gegen die bei I. tenuirostris auffalle.“ Diese An- gabe von Owen scheint auch hauptsächlich Bronn bei der Zuwei- sung seiner Exemplare an I. acutirostris geleitet zu haben, indem er an beiden Flossen, ausser Speiche und Schienbein, noch 3 bis 4 Tafeln wit Einkerbuug vorfand. Hiebei ist nur zu bemerken, dass ich an unzweifelbaften Exemplaren von I. tenuirostris dieselbe Zahl von eingekerbten Tafeln, wie sie Bronn für den I. acutirostris an- giebt, ja sogar noch mehr gefunden habe. 5ll Gleichwohl soll der ächte I. acutirostris im schwäbischen Lias vorkommen, denn Owen selbst hat ein in Stuttgart aufbewahrtes Exemplar dieser Art zugetheilt. Desshalb war ich auch bisher der Meinung, in etlichen unserer hiesigen Exemplare, die am Schädel und den Flossen einige augenfällige Differenzen zu erkennen ge- ben, den wirklichen I. acutirostris zu besitzen, bin aber bei wei- terer Erwägung der von Owen für die Species aufgeführten we- sentlichen Merkmale wieder irre geworden. Bevor ich mich jedoch hierüber weiter ausspreche, will ich diese Exemplare, die sämmtlich von Holzmaden und Ohmden herstammen, kurz charakterisiren. Das erste ist ein 10 Fuss langes Skelet, an dem die ganze Wirbelsäule vorhanden ist, doch feblen die hintern Gliedmassen. Es liegt auf der Seite: der Kopf etwas abwärts gerichtet, die Wir- belsäule anfangs in einem Bogen aufsteigend, dann mit zwei leich- ‚ten Einsenkungen horizontal verlaufend bis zu der gewöhnlichen Bruchstelle des Schwanzes, von wo dieser sich schnell abwärts wendet. Der Schädel ist etwas verdrückt und in einzelnen Theilen verschoben, er fällt aber im Vergleich mit I. tenuirostris gleich auf sowohl durch seine bedeutend geringere Länge in Bezug zur Wirbelsäule als durch die grössere Stärke des Schnautzen- theils, der an und für sich etwas kürzer ist als bei I. tenuirostris und durch seine massivere Form noch kürzer erscheint, als es die Ausmessung ergiebt. Am allerauffallendsten ist aber die ungemeine Kleinheit der Zähne. Zwar ist der Rachen vorn geschlossen und nur hinten so weit geöffnet, dass man die Zähne sehen kann; diese sind aber so klein, dass sie die unsers dritthalb Fuss langen Ske- letes des I. tenuirostris nicht an Grösse übertreffen, zugleich sind sie so spärlich, dass man meinen sollte, die grössern Zähne seien ausgefallen und blos ihre kleinen Ersatzzähne übrig geblieben. Es ist dies ein Umstand, der an andern Exemplaren weitere Aufklärung 512 zu erwarten hat. Die Wirbelsäule verhält sich nach Form und An- zahl der Wirbel wie bei eben genannter Art; dasselbe gilt von den Rippen, so wie von den Bauchrippen, ‚welche letztere ebenfalls nur am Vordertheil des Unterleibs gleich hinter der Vorderflosse sich finden. Sehr charakteristisch ist die vordere Extremität. Das Ober- armbein ist ein starker kräftiger Knochen. Die darauf folgenden Tafelreihen bilden nicht wie bei I. tenuirostris eine so schmale säbel- arlig gebogene Flosse, sondern geben dieser eine breitere und mehr gleichmässig ovale Form, was beim Nebeneinanderhalten beider Ar- ten augenfällig hervortrit. Die Tafeln sind alle von einem vor- springenden Saume umgeben und zeigen daher noch ihre natürlichen Formen; in der obern Hälfte sind sie der Quere nach stark anein- ander gepresst, so dass hier die Flosse schmäler erscheint als sie ursprünglich war, während sie in der untern Hälfte nach der Längs- richtung, zum Theil auch nach der Querdimension, etwas auseinan- der geschoben sind. Auf die beiden Tafeln des Vorderarms folgen die 4 grossen Finger in eben so viel Tafelreihen und dahinter noch der kleine Finger mit kleinern Tafeln. Die obern Tafeln sind quer fünfseitig, die untern rundlich; in der Vorderreihe sind, mit Ein- schluss der Speiche, 4 an ihrem Vorderrande ausgeschnitten. Am vollständigsten Finger lassen sich noch 18 Tafeln zählen. Im Gan- zen sind, mit Einschluss der beiden Platten des Vorderarnis, etliche und 70 Tafeln vorhanden, doch fehlen einige kleinere. Das zweite Exemplar ist etwas kleiner, hat dieselbe Lage, aber die Schädelknochen sind mehr auseinander gerissen und die äusserste Schwanzspitze fehlt. Schulter- und Brustapparat mit dem ausgeschnittenen Rabenschnabelbeiue ist gut erhalten, eben so die Bauchrippen, auch sind die beiden Vorder- und die beiden Hinter- 513 flossen vorhanden, aber mehr oder minder verworfen und defekt. Im Ganzen zeigen sich dieselben Verhältnisse wie beim vorigen Exemplare, so dass ich nur einige besondere Bemerkungen beizu- fügen habe. Am besten hat sich die linke Vorderflosse conservirt, doch sind die hintern Tafeln stark auf einander geschoben und viele fehlen; der besser erhaltene Vordertheil zeigt dieselbe breitere und ovale Form wie am vorigen Exemplare ; mindestens 3 der vordern Tafeln (mit Einschluss der Speiche) sind ausgeschnitten. Die Hin- terflossen sind in demselben Missverhältniss hinsichtlich ihrer Grösse zu den vordern wie bei I. tenuirostris, und von ihren Tafeln (das Schienbein mit einbegriffen) sind wenigstens 3 gekerbt. Die Zähne sind an diesem Exemplare ganz verloren gegangen. Als hauptsächlichste Dimensionsverhältnisse der beiden genann- ten Exemplare sind die nachstehenden gemessen worden, wobei ich die vollständige Länge des zweiten, von dem der vorhandene Rest 8’ 6‘ beträgt, ergänzt und zu 9‘ angeschlagen habe. I. I. Ganze Länge des Skelets . " s - .. 1407 2 Länge des Schädels 1 246,55 06h 02 — des Unterkiefers Bene neh 8 Oberarm, lang : ; - : oa a an Be nl a Dear Aa — breit am untern Ende 4 ‚ 3 E 03 0 Nae8 Vorderarm. breit . e 0.3.4 003 4 [Benipnıze (Breite der 3 mas Tafeln)... Orr - A | Länge der ‚Vorderflosse ohne Oberarın 0410 3 | Oerschenke, lang . a “ s Od 7 —_ breit Ond, 8 Noch zeigt mit diesen Formen Verwandtschaft ein drittes Ske- let, das etwas grösser als N. I. ist, wo aber der von der Unter- Aus d. Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 65 514 seite sichtliche Schädel ganz zerfallen. ist, so dass er zur Charak- teristik. nicht benützt werden, kaun, und nur die Flossen. auf die eben ausgesprochene Vermuthung hindeuten, obwohl. auch selbige zur Begründung eines sichern Urtheils nicht vollständig genug sind. Von der vordern Extremität ‘ist weiter nichts erhalten, als das Oberarmbein und die 2 vollständigen Querreiben. von deu Tafeln des Vorderarms und der Handwurzel, nebst dem ohern. Rest der dritten Reihe; auch bier zeigt sich eine breitere, an den Seiten mehr gebogene, daher ovale Form der Flosse als bei I. tenuirostris. Auf- fallend ist es, dass von diesen Tafelu der Vorderflosse keine 'ge- kerbt ist*). Die hintern Gliedmassen sind beide vorfindlich, ‚doch an den Enden defekt, denn an dem. Jängsten Finger lassen. sich nur noch 10 Tafeln zählen; auch hier stellt sich wieder die breitere ovale Form der Flosse ein, deren Tafeln zugleich im weitern Ver- lauf schneller als bei L tenuirostris an Grösse abnehmen und von denen mindestens 3 ausgeschnitten sind. Die wichtigsten der in Betracht zu ziehenden Maasse sind folgende: TEN) SET ET Te a % — breit s 3 h \ ; : : x A ms. Breite der Handwurzel 5 4 4 all Koppel; — der folgenden Reihe (lediglich nach den 3 grossen Tafeln gemessen) 4 2 *) Es scheinen hier die Einkerbungen an der Vorderflosse ursprünglich zu fehlen, denn wenn auch gleich der Vorderrand der beiden annoch voll- ständigen vordern Tafeln offenbar durch den Meisel etwas zugeschärft worden ist, so konnte er doch dadurch nicht so viel an Masse verlieren, | dass die tief eingehenden Ausschnilte der Tafeln desshalb verloren gegan- gen wären. Es geht überhaupt aus meinen eignen und fremden Beob- achtungen hervor, dass bezüglich der Einkerbungen keine constante Gleich- mässigkeit stattfindet, ‚sondern innerhalb gewisser Grenzen Schwankungen eintreten. bh is 515 "Vergleiche ich nun unsere Exemplare mit den wenigen Merk- ‚malen, die Owen für seinen J, acutirostris angegeben hat, so passt ‚auf jene kein anderes als das, welches von der stärkeren und etwas kürzeren Form des Schnautzentheils hergenommen ist, und dies allein dürfte doch zur Identification unserer Exemplare mit dem I. acuti- rostris nicht ausreichend seyn. Noch weniger will die Kleinheit der Zähne und das breitere untere Ende des Oberarmbeins zu letz- terem passen, wenn man auch‘ von. der ‚grösseren Anzahl der ge- kerbten Tafeln absehen will, da in diesem Merkmal keine Be- ständigkeit liegt. Dagegen ist von Owen über das Verhältniss der Länge des Schädels zu der des ganzen Skelets, so wie über die Form der Flossen nichts gesagt und es fehlen mir also zur Ver- gleichung dieser Theile wichtige Anhaltspunkte. Es lässt sich demnach ein sicheres Urtheil über das Verhalten der hier beschrie- benen Exemplare zu Owen's I. acutirostris erst dann fällen, wenn die vollständige Beschreibung des letzteren erschienen seyn wird, doch weisen die angeführten Merkmale mehr auf Verschiedenheit als anf Identität der beiden in Frage kommenden Formen hin. Mit I. tenuirostris aber unsere Exemplare zu vereinigen, trage ich auch Bedenken, ‘da bei ihnen‘ der kürzere robustere Schädel, der kaum + der ganzen Körperlänge ausmacht, ferner die kleineren Zähne, und, wie es wenigstens den Anschein hat, auch die breitere und mehr ovale Form der Flossen zu einer solchen Zusammenstellung nicht passen will. Uebrigens gestehe ich gerne, dass noch mehr Exemplare zu untersuchen sind, bevor sich mit Evidenz über die Zuweisung der von mir im Vorstehenden charakterisirten Skelete ‚an eine der bereits aufgestellten Arten oder über ihre Berechtigung zur Copstituirung einer besondern Species absprechen lässt. Einst- weilen soll nur darauf aufmerksam gemacht werden, dass bei uns eine mit I. tenuirostris verwandte, aber in einigen Beziehungen doch wieder von ihr abweichende Form vorkommt, die zwar auf I. acuti- 65 * 516 rostris die Vermuthung lenkt, ohne, dass sich ‚diese theils wegen einiger bestehenden Differenzen, theils wegen Mangelhaftigkeit der Beschreibung von letzterer Art sicher begründen lässt. Gedachte Form mag daher einstweilen mit dem Namen Ichthyosaurus acuti- rostris var. microdon, oder wenn ihre Selhstständigkeit sich heraus- stellen sollte, als I. azicrodon bezeichnet werden. 4. Ichthyosaurus trigonodon Turon. Unter dem Namen Ichthyosaurus trigonodon lieferte Kanzlei- rath Theodori *) die Beschreibung eines bei Banz ausgegrabenen gewaltigen Skeletes und erklärte es für eine von I. .platyodon ver- schiedene Art. Zur Beurtheilung der Selbstständigkeit derselben sind unter den in jener Beschreibung aufgeführten Merkmalen folgende hervorzuheben. Der Schädel des gedachten Exemplares von Banz würde, wenn er hinten nicht beschädigt wäre, über 6° messen. Von Wirbeln fin- den sich 29 meistens vollständige, wovon die grössten 6“ im Durch- messer haben; „die Seiten-Artikulationen haben keine Grübchen, wie z. B. die Wirbel des I. tenuirostris, darum haben auch die mehr als 50 zäblbaren Rippen keine getrennten Gelenkflächen, sondern nur 2 Artikulationsfacettien “ Die Zähne sind an Länge und Dicke verschieden, stets aber dahei dreieckig und dreikantig; nach hinten nehmen sie bedeutend an Grösse ab. Am Oberkiefer sind links 26, rechts 29, am Unterkiefer links 11 vorhanden; ausserdem lagen viele zerstreut umher **), Ueber die Beschaffenheit der Gliedmas- *) Münchn. Gel. Anzeig. XVI, (1843) S. 903. **) Genauer werden die Zähne im Jahrb. für Mineral. 1844.S. 340 beschrieben. 517 sen ist nichts gesagt. Die Grösse des Thieres dürfte sich, nach dem Kopf im Verhältniss — 1 : 5 angeschlagen, auf 32 Fuss be- laufen haben. Von den Maassen sind folgende zu erwähnen: Von der Spitze der Schnautze bis zum abgebrochenen Theil der Schläfengruben Von jener bis zum Nasenloch Länge der Symphyse des Unterkiefers Abstand der beiden Unterkieferäste von einander am Ende Rabenschnabelbeine, lang — breit Länge des Oberarmbeins Breite desselben am obern Ende — u in der Mitte —_ r am untern Ende . Länge des Oberschenkelbeins Breite desselben am obern Ende untern ,„ 10” gu 4 = SOOoOo 909° 2090» w —_— u) >» oooos$»o000o0 ” ”„ Von dem englischen Ichthyosaurus platyodon (I. cheiroligosti- nus Hawk.) sind aus Owen’s *) Charakteristik folgende Merkmale zu beachten. Der Schädel ist im Verhältniss zum Rumpfe länger als bei I. communis. Die Krone der Zähne ist conisch, etwas zu- sammen gedrückt und die convexen Flächen stossen jederseits in einem. scharfen Kiele zusammen. Hiedurch unterscheiden sie sich von den Zähnen des I. communis, so ‘wie weiter dadurch, dass die Ausfurchuugen der Wurzel nicht so tief auf der Krone sich fort- ziehen, welche letztere im Gegentheil gewöhnlich eine glatte und *) Report p. 112. 158 polirte Fläche zeigt”). Owen fand nicht mehr Zähne als 24, der grösste Zahn ist 23” Jang, wovon seine Krone 1’! misst. "Bi zum 25. Wirbel hat jeder Körpertheil desselben 2 Höcker zur Ein- lenkung der Rippe, von da an nur einen **), Das Rabenschnabel- bein hat eine engere und tiefere Auskerbung als bei den andern Arten von Ichthyosaurus; die äussere Fläche ist schwach convex. Den Längsdurchmesser giebt Owen zu 8‘ 4'", den kurzen oder Querdurchmesser zu 6” an. Als die beiden augenfälligsten und schärfsten Merkmale dieser Art bezeichnet er die Gleichheit der vordern und hintern Flossen bezüglich der Grösse, und die verhält- *) Die Zähne des I. platyodon hat zuerst Conybeare (Transact. of Ihe Geol. Soc. sec. ser. I. 1. p. 108 Tab. 15 Fig. 7) abgebildet, die ganze Be- schreibung aber auf folgende Worle beschränkt: ‚upper part of the tooth smooth and flattened, so as to present sharpened edges“; die Abbildung zeigt den Zahn zweischneidig. Hiemit stimmen vollkommen die Angaben und Abbildungen von Cuvier überein (Recherch.*v. 2. p. 456 Tab. 28 Fig. 4, 5). — In der Odontography bildet Owen ebenfalls auf Tab. 73 Fig. 3 und 6 zwei Zähne vom I. platyodon ab und giebt von ihnen nach- stehende Charakteristik. Die Zähne zeigen eine bauchige Wurzel und eine conische, elwas zusammen gedrückte und eingebogne Krone, ‚deren äussere und innere Fläche in zwei enigegengesetzten scharfen Rändern, die oben an der scharfen Spitze der Krone enden, zusammenstossen. Die Längsrinnen und Leisten der Wurzel sind so grob wie bei I. communis, aber regelmässiger; die Oberfläche er Krone ist glatter und polirter und die Längslinien rühren von schwach entwickelten winkeligen. Leisten her, die enge flache Strecken gleich denen eines. Polyeders abtheilen. 2 **) Von den. Rippen sagt Hawkins in seinen Memoirs p. 21: the anterior. 22 ribs have a Ihicker and sironger head than Ihe olhers and two convex arlicular surfaces for Ihe concave tubercles of the vertebrae to which they belong. The remaining ribs article by one hollow tubercle to Ihe vertebrae and have a flattened head. 1 519 nissimässige. Einfachheit ihrer Struetur hinsichtlich der Zahl der Fin- gerphalangen und der sie zusammensetzenden Tafeln. Die Vorder- flosse zeigt blos 3 Fingerahtheilungen mit 2 oder 3 kleinen supple- mentären Täfelehen am Speicherrande der Hand, welche als Rudi- ment eines vierten Fingers betrachtet werden können. Die Tafeln sind in ihrem Umrisse gerundeter und minder quer gestreckt als bei I. conımunis "und intermedius; in den‘ beiden Seitenreihen zählte Owen (mit Ausschluss des Vorderarms) 14 und in der Mittelreihe 15 Tafeln. Sowohl die Speiche als die beiden ihr folgenden Ta- feln der Hand sind ausgeschnitten. Das Oberschenkelbein ist nur wenig kleiner als das Oberarmbein. Die Hinterflosse enthält eben- falls nur 3 Haoptreihen von Fingern, doch ist hinter ihnen noch eine supplementäre mit mehr Täfelchen als in der Vorderflosse. Schien- bein und die beiden folgenden Täfelchen sind ausgeschnitten. Owen schätzt die ganze Länge dieser Art auf mehr als 30 Fuss. Ausser den Fundorten in England führt er noch an, dass Wirbel von ihr im Lias von Ohmden vorkämen. Um aus Selbstansicht die in unsern einheimischen Sammlungen aufbewahrten Ueberreste von I. trigonodon kennen zu lernen, be- suchte ich vor Kurzenı Banz und Ansbach, an welch letzterem Orte in der Sammlung des historischen Vereins ebenfalls ein riesenhafter Schädel und Rumpf von Berg bei Altdorf aufbewahrt wird. Bei meiner Zurückkunft fand ich dann Quenstedt's Petrefaktenkunde vor, aus welcher ich das in Würtemberg ausgegrabene Exemplar, wenn auch nur nach einigen kurzen Notizen, kennen lernte, Da mir nun neuerdings auch Kanzleirath 'Theodori die Vergleichung seiner mit der grössten Genauigkeit und Schönheit in Lebensgrösse ausgeführ- ten Abbildungen des Banzer Exemplares gestattete und überdiess ausführliche handschriftliche Notizeu über den Zahnbau desselben, 520 begleitet von herrlichen Abbildungen eines solehen Zahns, mittheilte,' da ferner unsere Sammlung; ebenfalls einige Ueberreste von Berg besitzt, so will ich versuchen, nach diesen Materialien das Ver- wandtschafts-Verhältniss zwischen unserem süddeutschen I. trigono- don und dem englischen I. platyodon auseinander zu setzen. Ueber den Schädelhau muss ich bei diesem Vorhaheu ‘hinweg gehen, schon aus dem Grunde, weil von dem englischen IL platyo- don keine in’s Einzelne eingehende Beschreibung desselben vorliegt, also eine Vergleichung in dieser Beziehung mit unsern deutschen Exemplaren zur Zeit nicht vorgenommen werden kaun. Ich gehe also ‚gleich zur Beschaffenheit der Zähne über. Das Verhalten der- selben bei I. platyodon ist im Vorigen schon geschildert worden *); *).In der Münster’schen Sammlung befindet sich, unter der Aufschrift. 2) pla- tyodon von Lyme. Regis, ein Schnautzen-Fragment ‚von 8° Länge mit sehr gut erhaltenen Zähnen aus dem Ober- und Unterkiefer, von denen ich einen auf Tab. 1 Fig. 7, 8 habe abbilden lassen. Wenn auch diese Zähne mit denen des I. platyodon, wie letztere mir aus den vorher cilir- ten Beschreibungen und Abbildungen bekannt sind, sehr übereinstimmen, so. zeigen sie, doch in einer Beziehung eine Differenz, von der bei keinem der Autoren, die von genannter Art..handelten, die Rede: ist. Der Bau der Zähne des.I. platyodon wird von allen Schriftstellern in ganz. gleicher Weise geschildert und die Abbildungen ‚Ozwen's von 2 solchen Zähnen auf Tab. 73 der Odontography geben nur insofern eine Verschiedenheit zu er- kennen als bei Fig. 6 der Wurzeltheil viel kürzer als die Krone, daher auch die Anschwellung des ersteren weit tiefer liegt als bei Fig. 3, wo der: Wurzeltheil die Hälfte des ganzen Zahns' ausmacht, seine stärkste An- schwellung desshalb' mehr gegen die Zahnmilte. gerichtet, und seine Ver- dünnung nach unten auffallender ist, In gedachter Beziehung kommen nun die Zähne des Schnautzen- Fragments der Münster’schen Sammlung mehr mit Owen’s Fig. 3 überein, 521 es bleibt also nur noch die Charakteristik der Zähne des I. trigo- nodon übrig. so dass die mit Schmelz belegte Krone über die Hälfte des Zahnes aus- macht. Die Oberfläche derselben verhält sich so wie sie die Darslellun- gen von I. platyodon angeben: die zwiebelförmig angeschwollene Wurzel runzelig längsgefurcht, dann folgt ein schmaler Caementring, auf dem die Furchung bereits verschwunden ist, und zuletzt die lange Krone mit glat- ter glänzender Oberfläche, welche auf der Aussen- wie auf der Innen- seite von feinen erhabenen Längslinien durchzogen ist. So weit ist also an diesen Zähnen nichts Abweichendes, wohl aber in einer andern Be- ziehung. Alle Beschreibungen und Abbildungen von I. platyodon nämlich, auch die von Conybeare und Cuvier, geben die Zähne als zweischneidig an, d. h. mit zwei scharfen vorspringenden Seitenkanten. Bei sämmtlichen Zähnen aber des Schnautzenstückes aus der Münster'schen Sammlung (vgl. unsere Fig. 7, 8) springt nur die stark gekrümmte Vorderseite in eine schneidende Kante hervor, während die Hinterseite abgerundet ist, also ohne Längskiel. Die ganze Krone behält bis gegen die Spitze ihre co- nische Form, daher jeder Querschnitt einen rundlichen Umriss zeigt, der nur auf der Vorderseite in eine schmale Querspilze ausläuft, während er bei den vorhin. citirten Abbildungen von Zahndurchschnitten des I pla- tyodon. in zwei solche Querspitzen ausgezogen ist. In dieser Beziehung verhalten sich alle Zähne des erwähnten Schnautzenstücks in gleicher Weise und es besteht demnach zwischen ihnen und den bisher geschil- derten Zähnen des I. platyodon eine erhebliche Verschiedenheit, die mich hinsichtlich der Zuweisung jenes Fragments zu letzterer Art so lange in Zweifel lässt, bis nicht von den englischen Palaeontologen etwa darge- than würde, dass bei I. platyodon Zähne von doppelter Form ‚ nämlich zweischneidige und einschneidige, vorkämen; eine Beschaffenheit, die nach _ der Analogie der andern Arten, wo alle Zähne gleichförmig sind, sich nicht erwarten lässt. Auch einer der andern englischen Arten von Ich- thyosaurus, deren Zähne Owen beschrieben und abgebildet hat, kann ich dieses Fragment nicht zutheilen, da es nicht zu ihnen passt. Der Grösse nach möchte man etwa auf I. Ionchiodon rathen, allein die specifische Ver- Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. IL Abth. 66 522 Was zuerst die Zähne des in Ansbach ‚aufgestellten Exem- plares betrifft, so konnte ich mich von der Beschaffenheit der Spitze der Zahnkronen nicht mit Sicherheit unterrichten, da letztere ent- weder abgebrochen oder zu sehr mit dem Gesteine verwachsen sind; übrigens sind es sehr starke conische, von tiefen Längsfurchen durchzogene Zähne. x Am Vollständigsten lernt man den Zahnbau des I. trigonodon an dem Exemplare von Banz kennen, und ich lege im Nachstehen- den die ausführliche Beschreibung desselben vor, welche mir Herr Kanzleirath T’heodori nebst den Ahbildungen auf Tab. 1 Fig. 3—6 schriftlich mitgetheilt hat. „Wenn man darüber urtheilen will, ob die in neuerer Zeit auf- gestellte Species des Ichthyosaurus irigonodon mit Recht begründet ist und ob sie nicht etwa der Species des I. platyodon beizuzäblen sei, scheint es mir nöthig zu seyn, auf die ursprünglich für letztere Species und zwar von Üonybeare in den „Trausactions: of the geolog. Society, Second Ser., Vol. I. Part. 1.“ festgestellten charakteristi- schen Merkmale zurückzugehen; denn es kömmt wohl hiebei nicht darauf an, was seine Nachfolger, — ob mit Recht oder Unrecht, steht in Frage, — etwa unter diese Species subsumirt haben mögen. Conybeare nimmt jene Merkmale von den Zähnen her. Nach ihm *) schiedenheit unserer Zähne ergiebt sich leicht aus ihrer weit dickern und gekrümmiern Form, der Art ihrer Streifung und der Einsäumung von wenigstens einer Seitenkante. Ich muss es daher den englischen Palaeon- tologen überlassen, über dieses Schnautzen-Fragment, dessen Herkunft aus dem Liası von Lyme Regis ‚unzweifelhaft ist, die lelzte Entscheidung zu bringen. *) L. c. p. 108. Pl. XV. £.7. 523 sind nämlich die Zähne des J. platyodon am obern Theile glatt und flach gedrückt, so dass sie zugeschärfte Schneiden (sharpened ed- ges) darbieten, und die von ihm gegebene Abbildung des Quer- durchschnittes zeigt denn auch ein sehr flach gedrücktes Oval mit zwei scharfen Schneiden, dessen Breitendurchmesser sich zur Dicke verhält wie 24 zu 1. Diese Beschreibung und diese Abbildung müssen wohl als richtig angenommen werden. Vergleicht man nun damit die Zähne des I. trigonodon (Tab. 1 Fig. 3—6), so stellt sich sogleich als specifische Haupt-Verschiedenheit heraus, dass an diesem alle Zähne am obern Theile entschieden dreieckig sind und zwar so, dass zwei Ecken durch scharf heraustretende, scharfe Seitenkanten, das dritte Eck aber durch einen aus hoher paraboli- scher Wölbung entstandenen Kiel längs der Krone gebildet wer- den, so dass der Querdurchschnitt unweit der Zahnspitze ein fast gleichseitiges Dreieck bildet, also Dicke und Breite der Krone nahebei gleich sind. Wenn man die Spitze eines solchen Zahnes in weiches Wachs einsticht, so erhält man ein Loch, welches die dreieckige Gestalt des Querdurchschnittes recht augenfällig darstellt. Sämmtliche Zähne der beiden Kiefer verlieren ihre entschieden dreieckige Gestalt, indem dieselben nach unten allmählig in die drehrande Wurzel übergehen. Sie tragen alle im Ganzen densel- ben Haupt-Charakter und sind blos dadurch unter sich verschieden, dass die hintersten im Verhältniss zar Läuge der sehr dicken Wur- zel eine kurze, schnell sich zuspitzende emaillirte Krone haben, welche nur ungefähr den dritten Theil der ganzen Länge des Zah- nes ausmacht. Nach vorn zu nehmen die Zahnkronen allmählig an Länge und schlankem Ansehen zu, so dass die vordersten ungefähr die Hälfte der ganzen Länge des Zahnes einnehmen. Sämmtliche Zähne sind oben leicht nach rückwärts gekrümmt, stehen aber ziemlich gerade und regelmässig in den Kiefern und zwar mit den 66 * 524 Kanten meistens in schräger Richtung. gegen die Achse der Kiefer. Häufig wechseln grössere und kleinere (jüngere) mit einander ab.“ „Die emaillirte Oberfläche der Zahnkrone ist bei allen leicht gestreift, nicht gerieft und nicht der Länge nach so bestimmt facet- tirt oder, besser gesagt, nicht so flach hohl cannelirt, wie an den Nil-Krokodilzähnen, doch ist bei allen und besonders stark bei den hinteren das glänzende Email mit kleinen, sehr zarten Längsfält- chen unregelmässig übersäet, welche den dicken hintern Zähnen selbst ein leicht runzliges Ansehen geben. An letztern ziehen sich diese Fältchen selbst schief über die scharfen Seitenkanten hinweg, so dass die Schneide derselben wie eine feine Säge erscheint. Diese Seitenkanten erheben sich so plötzlich aus der Oberfläche der Krone, dass man sie eigentlich Gräthen nennen sollte.“ „Die zwiebelförmige Verdiekung der Wurzel gleich unterhalb der Krone, welche an den Zähnen des I. platyodon so stark ist, fehlt an den Zähnen des I. trigonodon ganz oder ist an manchen nur sehr unbedeutend. Die Wurzeln sind, wie schon erwähnt, drehrund und tief eindringend gefurcht oder cannelirt, ganz wie an den Zähnen der übrigen Ichthyosaurus-Arten, und die innere Struc- tur entspricht vollkommen der Abbildung, welche Conybeare (l. e. Tab. XV. f. 13) und Owen (Tab. 13 Fig. 2) von den Wurzeln der Zähne des I. communis und I. lonchiodon gegeben haben.“ „An dem fast 7’ langen Schädel unsers I. trigonodon (bis zum hintern Schläfengrubenrand, wo das Hinterhaupt abgebrochen ist, gerechnet) misst der längste vollständig vorhandene Zahn 2“ 3%, der dickste an der Wurzel 11 Linien.“ — Von demselben Fundorte, von dem das Ansbacher Exemplar 525 herstammt, nämlich von Berg, besitzt unsere Sammlung eine kleine Breceienmasse, in der mehrere grosse Zähne, freilich mehr oder minder verstümmelt, eingewachsen sind, die ebenfalls dem I. trigo- nodon angehören. Sie sind von der Form wie sie Owen auf Tab. 73 Fig. 3 abbildet, in der hintern Hälfte stark längsgeforcht und im Querdurchschnitt rundlich, an der Krone etwas mehr oval und ihre Spitze, wie es an einigen abgehrochenen Stücken den Anschein hat, mit einem Ansatze zu einer dritten Kante, was sich besonders an einer Zahnspitze zeigte, die bei dem Versuche, sie ganz vom Ge- steine zu lösen, absprang. Im Zahnbaue besteht demnach zwischen I. trigonodon und 1. platyodon die Differenz, dass bei ersterem die Zähne im Umfang rund sind und dass zu den beiden Seitenkanten der Zahuspitzen noch eine dritte schwächere hinzukommt, während die Beschreibun- gen und Abbildungen des I. platyodon von letzterer nichts anzeigen und die Zahnkrone im Unrisse als gedrückt oval und zweischneidig darstellen. Die Syuphyse des Unterkiefers ist bei den Exemplaren in Ansbach und Banz sehr lang, zumal am ersteren, der weit besser erhalten ist. Die Beschaffenheit des I. platyodon in dieser Be- ziehung kenne ich nicht. Von den Wirbeln des in Bauz aufbewahrten I. trigonodon hat, wie schon vorhin angeführt, Theodori angegeben, dass sie sich von denen des I. tenuirostris dadurch unterscheiden, dass die seitlichen, zur Aufnahme der Rippen bestimmten Höcker keine Grübchen haben, während Hawkins alle diese Höcker als ausgehöhlt bezeichnet. Un- sere Sammlung besitzt mehrere solcher Wirbel von Berg hei Alt- dorf, die im Durchmesser 5 bis 6‘ erreichen. Darunter habe ich 526 zwei gefunden, die an jeder Seite ihres Körpers 2 Höcker aufzu+ weisen haben und also der Vorderreihe angehören; bei diesen ist immer der obere Höcker an der Spitze stark gewölbt, während der untere mehr verflacht ist. Bei zwei Wirbeln, die jederseits nur einen Höcker tragen, ist an dem einen Exemplare dieser sehr stark ge- wölbt, an dem andern, wo der Höcker minder entwickelt ist, ist er flach mit seichter Aushöhlung. In der Form der Rippen besteht kein Unterschied zwischen den deutschen und englischen Exemplaren; sie differiren auffallend von denen anderer Arten dadurch, dass sie nur einköpfig sind. Die Rabenschnabelbeine (ossa coracoidea), die an dem Exem- plare in Bauz sich vollständig vorfinden, sind sehr charakteristisch durch ihre grosse Breite, die namentlich von der Ausdehnung der innern und bintern Seite hervorgebracht wird; durch ihre breite Form unterscheiden sie sich sehr von der länglich ovalen des IL, tenuirostris. Der vordere Rand ist ausgeschnitten, aber nicht son- derlich weit; der hintere Rand ist nicht ausgeschnitten, sondern etwas ausgebogen. An dem Exemplare in Anshach fehlen die Flossen; an dem in Banz sind wenigstens die vordern noch gut zu erkennen, obschon sie gegen das äussere Ende nicht vollzählig und die Tafeln mehr oder minder auseinander geworfen sind. Man sieht in der am Be- sten erhaltenen Vorderflosse nur 3 eigentliche Fingerreihen, und wie es Owen vom I. platyodon angiebt, sind die Tafeln in ihrem Um- fange mehr gerundet und weniger quer gestreckt als bei I. com- munis. Während aber bei den englischen Exemplaren nur Speiche und die 2 darauf folgenden Tafeln ausgeschnitten sind, zeigen bei dem Bauzer Skelete die 11 Tafeln, die sich mit Inbegriff der Speiche 527 in der 'vordern Reihe der Vorderflosse erhalten haben, sämmtlich einen Ausschnitt, Ganz dasselbe Verhalten hat Quenstedt au seinem Exemplare gefunden. Die Vorderreile zählt nach seiner Angabe 14 Tafeln und alle sind gekerbt; neben den 3 Hauptfingern zeigt sich hier noch ein Nebenfinger. Von der hintern Extremität findet sich am Banzer Exemplare nur noch der Ober- und Unterschenkel nebst einer Fusstafel vor, aber das Schienbein und diese Tafel sind ausgeschnitten. Eine willkommene Ergänzung liefert das Exemplar in Tübingen, indem an ihm die Vorderreihe in der Hinterflosse noch 13 Tafeln zählt, die sämmtlich ausgeschnitten sind *). Durch die grosse Anzahl gekerbter Tafeln in den Vorder- und Hinterflossen unterscheidet sich demnach der I. trigonodon in auf- fallender Weise von dem I. platyodon, der nicht mehr als 3 aus- geschnittene Tafeln aufzuweisen hat. Dagegen stimmen wieder beide darin überein, dass die Hinterflosse in keinem solchen Miss- verhältuisse ihrer Grösse zu der Vorderflosse wie bei den andern Arten der Ichthyosauren steht, was schon aus den vorhin angeführ- ten Maassen des Oberarms und Oberschenkels vom Banzer Exem- plare hervorgeht. Fassen wir nun am Schlusse das Resultat unserer Vergleichung des süddeutschen I. trigonodon mit dem englischen I. platyodon zu- *) Quenstedt hat in seiner Petrefaktenk. auf Tab. 9 Fig. 6 eine Abbildung von dieser Hinterflosse mitgetheilt. 528 sammen, so haben wir — so weit als sich uns Anhaltspunkte für unsere Zwecke ergaben — gefunden, dass allerdings beide im We- sentlichen nach demselben Typus geformt sind und dass sie sich durch ihre riesenhaften massiven Formen, durch die Seitenkanten der Zähne, durch die einfache‘ Beschaffenheit des obern Endes der Rippen und die geringe Verschiedenheit in der Grösse der Vorder- und Hinterflossen auffallend von allen andern Typen unter den Ich- thyosauren unterscheiden. Gleichwohl möchten wir trotz dieser gros- sen. Uebereinstimmung die deutschen Exemplare dieser Hauptform nicht ohne Weiteres mit den englischen unter gleichem Namen be- greifen, da, wenigstens nach dem bisherigen Stand unserer Kennt- niss derselben, in der Beschaffenheit der Zahnkronen und der Aus- kerbung ‘der vordern Tafelreihe in den Flossen Differenzen sich er- geben haben, die, wenn sie durch Auffindung von noch mehr Skeleten weitere Bestätigung erlangen sollten, mindestens constante Lokal- verschiedenheiten darthun würden. Damit wäre aber auch die Be- rechtigung gegeben, dieselben mit verschiedenen Namen zu bezeich- nen, gleichviel, ob man sie alsdann als besondere Arten oder nur als Varietäten einer und derselben Art ansehen wollte. Es wird daher rathsam seyn, das Verschiedene auch durch verschiedene Na- men auszudrücken, und somit den Namen I. platyodon auf die eng- lischen Formen zu beschränken und den deutschen den Namen von L trigonodon zu belassen. 529 Charakteristik und systematische Anordnung der im Lias abgelagerten Arten von Ichthyosaurus. Zum Schlusse wollen wir noch zur leichtern Erkennung und sicherern Unterscheidung der im Lias abgelagerten Ichthyosaurus- Arten eine Charakteristik derselben und zwar in systematischer An- ordnung beifügen, wobei jedoch nur diejenigen berücksichtigt wer- den sollen, welche nach ganzen Skeleten bekannt sind. Die augenfälligsten Merkmale zur Unterscheidung der Arten sind hergenonmen von. der Form der Zähne, des Schädels und der Gliedmassen; auch in der Gestaltung der Rabenschnabelbeine (ossa eoracoidea) ist oft die Artverschiedenheit scharf ausgesprochen. Sämmtliche Arten kann man, je nachdem die Vorderreihe der Flos- sentafeln ausgerandete Tafeln hat oder nicht, in zwei Gruppen brin- gen. *) Die erste Gruppe, in der keine Flossentafel ausgeschnitten ist, Jässt sich nach der Anzahl der Finger wieder abtheilen in solche, die an den Vorderflossen 4 oder 5 Finger, und in solche, die mehr als 5 Finger haben. Die zweite Gruppe, die in letztge- nannter Hinsicht keine erhebliche Verschiedenheit darzubieten scheint, sondert sich nach dem Grössenverhältnisse, in welchem die vordern Flossen zu den hintern stehen, in zwei Abtheilungen, nämlich in solche, bei denen die hintern Flossen ungleich kleiner sind als die vordern, und in solche, bei denen die hintern Flossen an Grösse nur wenig den vordern nachstehen. Als zweites Merkmal kann man *) In dieser Schematik rechne ich die tafelförmig gestalteten beiden Knochen des Vorderarms ‚und Unterschenkels gleich mit den übrigen Flossentafeln zusammen. Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 67 530 binzufügen, dass bei letziern alle Rippen einköpfig, bei den erstern wenigstens die meisten zweiköpfig sind. Wenn diese Unterabthei- lungen der Gruppen im folgenden Schema noch nicht durch beson- dere Ueberschriften bezeichnet sind, so rührt dies blos daher, dass ich in der ersten Gruppe vom Ichthyosaurus latimanus und in der zweiten vom I. lonchiodon das Verhalten in den vorbin gedachten Beziehungen nicht kenne, indem von diesen beiden Arten noch keine vollständigen Beschreibungen vorliegen, I. Gruppe. Keine Flossentafel ausgerandet. 1. Ichthyosaurus communis Coxve.; Vorderflossen sehr breit, mit mehr als 200, in 8 Fingerreihen vertheilten Tafeln; Zähne sehr gross, stark, conisch, im Umfange gerundet und ihrer ganzen Länge nach gefurcht; Schnautzentheil stark und verhältnissmässig kurz; Rabenschnabelbeine am vordern und hintern Rande ausgeschweift. Ichlhyosaurus communis. CONYB. transact. of the Geol, Soc. sec. ser: I. 1 (1822) p. 108 Tab. 15 Fig, 8, 13. — CUV. rech.. V. 2. p. 456, 463 Tab. 29 Fig. 1, 9, 12, 13. — BUCKL, Geol. and Mineral. II. Tab. 8 Fig. 1. — OWEN report of Ihe ninth meeling. Lond. 1840 p. 108; Odontograph. I. p. 276, II. Tab. 73. Fig. 4 (Zahn). Ichthyosaurus chiropolyoslinus. HAWK. memoirs p. 25 Tab. 7—12, Die Grösse ist ansehnlich, denn ein Schädel in der Sammlung des Lord Cole von 2‘ 9‘ Länge zeigt ein Thier von 20° Länge an. Diese Art kommt an mehreren Punkten in England vor und soll auch nach Owen's Angabe unzweifelhaft bei Boll gefunden worden seyn, wie denn Jäger von daher ein Schädelfragment als dem I, communis angehörig aufgeführt hat. Gleichwohl bleibt dieses Vor- 2 531 kommen zweifelhaft, da weder Quenstedt, noch Graf Münster, noch ich sichere Ueberreste dieser Art aus Würtemberg erhalten haben, mir auch aus ganz Franken kein Anzeichen von ihrer Existenz be- kannt ist. 2. Ichthyosaurus intermedius Coxw».; Vorderflossen nicht ganz so breit wie beim vorigen, mit 7 Fingerreihen; Zähne im Kro- nentheil weit schärfer conisch als bei I. communis und die Streifen minder vorspringend, dabei aber die Zähne weniger schmächtig als bei I. tenuirostris und am Wurzeltheil mehr angeschwollen als bei diesem; Schnautzentheil verhältnissmässig kürzer als bei I. communis; Rabenschnabelbeine am vordern und hintern Rande ausgeschweift. Ichthyosaurus intermedius. CONYB. 1. c. p. 108 Tab. 15 Fig. 9 (Zahn). — CUV. rech. V. 2. p. 456, 463 Tab. 29 Fig. 2—5. — BUCKL. 1. c. II. Tab. 8 Fig. 2. — OWEN report. p. 110; Odontograph. p. 277 Tab. 73 Fig. 1 (Zahn). Ichthyosaurus chiroparamekoslinus. HAWK. memoirs p. 32 Tab. 17—22. Proteosaurus. EV. HOME philosoph. transact. p. 215 Tab. 15. Eine der kleinsten unter allen Arten, da man kein Exemplar kennt, das die Länge von 7 Fuss überschritten hätte; zugleich die gemeinste in England und ganz auf dieses Land beschränkt, da der von Jäger als I. intermedius beschriebene Schädel von Boll durch Owen selbst dieser Art abgesprochen und dafür seinem I. acutiro- stris zugewiesen wurde. 3. Ichthyosaurus latimanus Ow.; zur Zeit liegen von dieser neuen Art nur etliche Notizen vor, die nicht ausreichend sind, ihr mit irgend einer Sicherheit ihre Stellung anzuweisen; sie steht nur hier, weil Owen sie mit I. communis vergleicht und sie von diesem hauptsächlich durch stärkere Vorderflossen unterscheidet, während er von der Ausrandung der Tafeln nichts sagt. 07” 532 Ichthyosaurus lalimanus. OWEN report. p. 123. i Scheint nur nach einem 6’ 10“ langen Skelet im Museum der Philosophical Institution zu Bristol aufgestellt zu seyn. 4. Ichthyosaurus integer Bronx; Vorderflossen schmäler als bei den vorigen und nur mit 4 (oder wohl richtiger mit 5) Finger- reihen; Zähne weit schwächer als bei I. communis, aber stärker als bei I. tenuirostris; Schnautzentheil verhältnissmässig länger und gestreckter als bei den vorhergehenden Arten; Rabenschnabelbeine Jlänglich rund und nicht ausgeschnitten. Ichthyosaurus integer. BRONN Jahrb. für Mineral. 1844 S. 679, 389 Tab. 4. Fig. 7 (vordere Extremilät). Nach 2 Exenplaren von geringer Grösse, und beide aus den Schiefern der Umgegend von Boll herrührend, gekannt; scheint der süddeutsche Repräsentant des englischen I. communis und interme- dius zu seyn. ll. Gruppe. Mit ausgerandeten Flossentafeln in der Vorderreihe. 5. lIchthyosaurus tenuirostris Coxys.; Vorderflossen lang, schmal, etwas säbelförnig gebogen mit 3—4 ausgerandeten Tafeln; Zälıne sehr zahlreich, schlank, kegelig, etwas gekrümmt, fein längs- gestreift, fast glatt; Schädel Erwachsener 4 der ganzen Länge aus- machend, mit schmächtigem-langgestrecktem Schnautzentheil; Raben- schnabelbeine länglich oval, am vordern Rand mit Ausschnitt. Ichthyosaurus tenuirostris. CONYB. 1. c. p. 108 Tab. 15 Fig. 10 (Zahn). — G. F. JÄGER de Ichtlıyosauri s. Proteosauri foss. speciminibus in agro Boll. re- 533 pertis 1824; foss. Reptil. Würtemb. $. 7, 47 Tab. 2 Fig. 9-12. 15—21.— CUV. rech. V. 2. p. 456, 463 Tab. 28 Fig. 1, 29 Fig. 6—9. — BUCKL. 1. c. Tab. 9.— OWEN report. p. 117; Odontograph. p. 277 Tab. 75 Fıg. 5 (Zahn). — BRONN Jahrb. 1844 S. 386. — QUENST. Peirefaktenk. S. 127 Tab. 9 Fig. 2, 7. Ichthyosaurus grandipes. Sharpe Lond. Edinb. phil. mag. VIl. (1830) p. 458. Ichthyosaurus chirostrongulostinus. HAWK. memoirs p. 29. Tab. 13, 15, 16. Erreicht eine Länge von 20 und vielleicht noch mehr Fuss, ist durch England und den süddeutschen Lias verbreitet und bei uns, in Würtemberg wie in Franken, weitaus die häufigste Art. Zu be- merken ist noch, dass in den deutschen Exemplaren die Zahl der ausgerandeten Tafeln grösser ist als bei den englischen. 6. Ichthyosaurus acutirostris Ow.; nach Owen’s kurzen No- tizen ist die Zahl der ausgeschnittenen Flossentafeln grösser als bei I. tenuirostris und die Tafeln selbst kleiner; Zähne eben so, nur etwas breiter an der Wurzel; Schnautzentheil kürzer als bei sel- bigem, in der Länge das Mittel zwischen I. intermedius und I. te- nuirostris haltend, dabei stärker und die Spitze mehr speerförmig. Ichthyosaurus aculirostris. OWEN report. p. 121. Ichthyosaurus chirostronguloslinus (parlim). HAWK. mem. Tab. 14. Von dieser englischen Art fehlt noch eine in’s Einzelne ein- gehende Beschreibung, daher es uns nicht möglich ist, mit Bestimmt- heit anzugeben, ob sie auch in dem süddeutschen Lias vorkommt. Zwar führt Owen selbst Boll in der Angabe ihrer Lagerstätten auf, und Bronn theilt ihr die meisten seiner von dort herrührenden Exen- plare zu, allein die von Letzterem aufgezählten Merkmale lassen nicht mit Sicherheit zwischen I. tenuirostris und I. acutirostris un- 534 terscheiden und können auf den ersteren wie auf den nun nachfol= genden bezogen werden. 7. Ichthyosaurus acutirostris var. microdon (I. microdon Mus. Monac.); in der Forın des Schädels mehr mit I. acutirostris als mit I. tenuirostris übereinkommend, aber die Zähne schwächer - als bei beiden. VonI. tenuirostris weiter verschieden dadurch, dass die ganze Gestalt robuster, die Vorderflossen breiter und oval sind, und der Schädel verhältnissmässig stärker und dabei kürzer ist, in- dem er nur 4 der ganzen Länge ausmacht. Ob diese Form, die über 10 Fuss Länge erreicht und in der Umgebung von Boll gefunden wurde, als der süddeutsche Repräsen- tant des englischen I. acutirostris zu betrachten ist, wird sich erst dann mit mehr Sicherheit bestimmen lassen, wenn uns von diesem ausführliche Beschreibungen vorliegen werden. Für den Fall, dass sie: von dem englischen I. acutirostris in noch andern Stücken, als bisher bekannt, abweichen sollte, wäre weiters zu ermitteln, ob sie durch bisher noch nicht aufgefundene Mittelglieder etwa doch dem 1. tenuirostris sich anschliessen liesse. Würde auch dies nicht an- gehen, so müsste man sie als eigne Art betrachten. 8. Ichthyosaurus lonchiodon Ow.; ebenfalls zur Zeit noch sehr mangelhaft bekannt, nahe verwandt dem I. platyodon, aber Vorderflossen weit grösser als die hintern; Zähne schlanker, an der Basis eylindrisch und cannelirt, an der Krone von feinern, zahl- reichern, unregelmässig wellenförmigen Furchen durchzogen, im Durch- schnitt rund, nicht zusammengedrückt; Schnautzentheil höher und weniger allmählig sich zuspitzend. Ichthyosaurus lonchiodon. OWEN report. p. 116; Odontograph. p. 277 Tab. 73 Fig. 2 (Zahn). 535 Auf ein Exemplar von 15 Fuss Länge, das aus dem Lias von Lyme Regis abstammt, begründet, und eine sehr ausgezeichnete eigen- thümliche Art. 9. Ichthyosaurus platyodon Coxve.; von allen vorhergehen- den Arten schon dadurch verschieden, dass die hintern Flossen an Grösse den vorderu nicht sonderlich nachstehen und dass alle Rip- pen einköpfig sind (das Verhalten des I. lonchiodon in dieser Be- ziehung ist mir nicht bekannt); an den Vorder- wie an den Hinter- flossen sind die 3 obersten Tafeln der Vorderreihe ausgeschnitten; Zähne stark, an der Krone fast glatt, etwas zusammengedrückt mit zwei scharfen vorspringenden Seitenkanten. Ichthyosaurus plalyodon. CONYB. l; c. p. 108 Tab. 15 Fig. 7 (Zahn). — CUV. rech. V. 2. p. 456, Tab. 28 Fig. 3—5 (Unterkiefer und Zähne). — BUCKL. l. e. Tab. 7, 10 Fig. 1, 3. — OWEN report p. 112; Odontograph. p. 276 Tab. 73 Fig. 3, 6 (Zähne). Ichthyosaurus giganteus LEACH. Ichthyosaurus chiroligostinus. HAWK. memoirs p. 14 Tab. 2—7. Remains of an animal more nearly allied to fishes. EV. HOME phil. trans- act. 1814 p. 571 Tab. 17—20; 1816 p. 320 Tab. 14 (Wirbel). Die grösste englische Art, die über 30 Fuss lang wurde. Nur in England abgelagert, denn was man aus Deutschland ihr zuthei- len wollte, gehört der folgenden Art an. 10. lIchthyosaurus trigonodon Tiuron.; wie voriger, aber an den Flossen (wahrscheinlich) alle Tafeln der Vorderreihe ausge- schuitten und die Zähue an der Krone nicht zusammengedrückt, sondern rund, mit zwei stärkern und einer schwächern Seitenkante. 536 Ichthyosaurus trigonodon. 'THEODORI Münchn. Gel. Anzeig. XVI. (1843) S. 905; Jahrb. für Mineralog. 1844 S. 340. Ichthyosaurus plalyodon (partim). QUENST. Petrefaktenk. S. 128 Tab. 9 Fig. 6 (Hinterflosse). An Grösse dem I. platyodon nicht nachstehend, als dessen Re- präsentant er im Lias des schwäbischen und fränkischen Juragebir- ges auftritt. Was noch 3 andere Arten aus dem englischen Lias anbelangt, nämlich den Ichthyosaurus latifrons Korn., I. thyreospondylus Ow. und I. trigonus Ow., so ist der erstere blos auf ein Frag- ment von einem Schädel und der Wirbelsäule, die beiden andern aber nur auf einzelne Wirbel begründet, so dass uns also die An- haltspunkte fehlen, um diesen Arten in unserer vorhergehenden sy- stematischen Anordnung ihren Platz anweisen zu können, weshalb wir sie auch übergangen haben. 537 Erklärung der Abbildungen auf Tab. 1. Alle Abbildungen sind in natürlicher Grösse gezeichnet. Fig. 1. Linke vordere Extremität des Ichlhyosaurus integer, und zwar a. das Rabenschnabelbein (os coracoideum), b?’ Oberarmknochen, c. Radius, d. Ulna. Von der rechten vordern Extremität sicht man noch den Anfang des ihr angehöri- gen Rabenschnabelbeins a’. Fig. 2. Obere Hälfte der rechten vordern Extremität des nämlichen Exem- plars, und zwar a’ das Rabenschnabelbein, b’ Oberarmknochen, c’ Radius, d’ Ulna. Am Skelet stossen beide Extremitäten mit ihren Rabenschnabelbeinen (wie dies in Fig. 1 angedeutet ist) in horizontaler Richtung zusammen, indem die Vorderglieder wagrecht ausgestreckt sind. Der convexe Rand der Flosse ist der vordere, der dem Kopf zugewendet ist. Fig. 3—6. Ein Zahn vom Ichthyosaurus trigonodon in 4 verschiedenen An- sichten. Die Originalzeichnung verdanke ich Herrn Kanzleirath T’reodori, der sie nach dem Banzer Exemplare selbst mit grösster Genauigkeit und Vollendung an- geferligt und mir ihre Veröffentlichung hier gestattet hat. Fig. 7 und 8. Ein Zahn des Schnaulzenfragments, das Graf Münster, als vom Ichthyosaurus platyodon herrührend, aus England erhalten hat. Fig. 7 zeigt einen dieser Zähne in der Seitenansicht, Fig. 8 denselben im Querdurchschnilt. Verglichen mit Owen’s Abbildung der Zähne vom Ichthyosaurus platyodon zeigen die Zähne unsers Fragmentes durch ihre einseitige flügelartige Einsäumung eine auffallende Verschiedenheit von jenen, so dass man, wenn man lediglich die Zahn- form berücksichtigen wollte, dieses Exemplar als eigene Art ansehen müsste, die man mit dem Namen Ichthyosaurus sphenodon bezeichnen könnte. Dass ich hier nur mit Vorbehalt die Berechtigung dieses Exemplares, als Repräsentant einer be- sondern Art zu gelten, ausspreche, rührt lediglich von dem Umstande her, dass, da dasselbe aus England herstammt, es zu erwarten wäre, dass wohl englische Palaeontologen uns zuerst mit dieser Art, wenn sie anders ihre Selbstständigkeit anerkannt hätten, bekannt gemacht haben würden. Nachdem indess alle andern Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. II. Abth. 68 538 Species von Ichthyosaurus nach den Zähnen, die bei jeder von gleichförmiger Bil- dung sind, sich unterscheiden lassen, ist es wenigstens nicht inconsequent, in einer neuen Zahnform auch eine neue Art zu vermuthen, falls nicht noch der Nachweis beigebracht werden wird, dass einer der englischen Ichthyosauren zweierlei Zahn- formen darbietet. Hierüber muss ich auf die Entscheidung der englischen Palae- ontologen provociren. - 4 In II» a | NL w Zu Dr:hamonts Beschreibung v.Instruan. Tab, Tah.IX. = g [e je uE Ze u | netanımn ur Be pP 38 1 : = =) A man SERTRINUBTRTETEUONIETHOTROERANUOTERDFRRINAD RER ENZNRRLLABRNAEREOREBABORFTRATNDRRADEN ANGABEN , Physik: (lasse Bd.V_Abth.2. Zu Dr. Lamonts Beschraib, v. Jnstrument lab2. win Sr; D Id ermath. physik. Classe Bd.VTAbth.2. Zu. Dr. Lamonts Beschreih. v. Jnstrum lab.3. Im. hi | 5 = hi Tann A ZuDr. Lamonts Beschreib, v. Instrument Iab4 Au D” LamontsBeschreib.v. Instrument Tab 5. Sfedler aeg Möridia Krey Äreigeg Au_DT Lamonts Beschreib. v. Instrument. Tab. 6. ach physik Classe Bd IT Abth.2 ler math.physik.Classe Ba.VI Abth 2 Äu_D" Lamonts Beschreib. von Instrument. Iab 7. H i Ep PDT. a 52 an en an a Te ee AIIERIEFOEE ENDEN 5 Tab. XV | | ga. | m zT DL 2 TIL pri Mn I ann =. rmath. phuysik.Classe Ba.VI Abth.2. : Zu.DE Lamonts Beschreib.v. Instrument Iabß Tab. XV. Fio. 7,8. I.platvodon ? oO oO > 5-6. Lirisonodon.. ver. Fi 0. josaurus imlener. Fig. 1,2. lchthy ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES DRITTE ABTHEILUNG. ’‚HDrIddvranaa 1424.00 ANAL METHI-TEMAHTAM NO DFIHATAR HOLIOIAOR Ha VATARHIAIAFLIN au. HIMHARAR eauzaa ATEM N DAN. EANTSEA ATIIRU ABHANDLUNGEN DER MATHEMAT.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE sur WISSENSCHAFTEN. SECHSTEN BANDES DRITTE ABTHEILUNG. » IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXV. BAND. MÜNCHEN. 185% VERLAG DER K. AKADEMIE, IN COMMISSION BEI G. FRANZ VA9NUIaUAHRA AU 482.29 VEK Pa MEN HS.TANSIHTAM FREIAIRATER Bach Hal YATHAH: JAN ReL WM m HıM SHIA FR ZIUALE VITERI4r = N DULIIHTEL ITTIRG dnsm 172 Kai AatWlinserann dj aurgn war wı KAandrde N x i :® ad ; AMaaAar A Aa Dan ira aan Kae. Fr... Seite * Untersuchungen über die gegenseitige Helligkeit der Fixsterne erster Grösse und über die Extinction des Lichtes in der Atmosphäre. Nebst einem Anhange über die Helligkeit der Sonne verglichen mit Sternen, und über die Licht reflectirende Kraft der Planeten. Von Zudwiy Seidel . . 539 Neu-aufgefundene Saurier-Ueberreste aus den lithographischen Schielern und dem obern Jurakalke, Beschrieben von Dr. Andr VWWagner. Mit 4 Tafeln : e i > 5 : ; s & : „ 661 IIadml TEN wi ern) voleyı varylazit ol Maag yilsanıyag ib dh noyeudsmarid® maain Fade! uilgenmi abe 2a, Bo sohn ih od Te oda bes ‚maanmie him asdloihrtar sandd yelı inztgillsl ib dd syidak U \sbi an eV eu Mer obranitooftrı kai sib ben srstaidı? usikeajderrpocil nob. 08. sierriadsU-nitund surbmäsyine-melt 3 Ba A rer er A mode wa 100 $ REN s Baer 15 73 Ge R Untersuchungen über die gegenseitigen Helligkeiten der ö Fixsterne erster Grösse und über die Extinction des Lichtes in der Atmosphäre. Nebst einem Anhange über die Helligkeit der Sonne verglichen mit Sternen, und über die Licht reflectirende Kraft der Planeten. Von Ludwig Seidel. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 69 nalen e% Ei a a + aa er ru ui ir 2 ar ‚2ib_ 10dl ; ER ua d LTE = Die En ns 2 er usliodzilloH nngiio.u5308 > “ . je a, , BL aatehr be A 2 » rn Era k a mie ortdagonh oh re vb weist snada DEE na Ki ne De ac 3 DB PR ae in a A a ih and Kine ‚ana1R \ er untaitgiar, ag ob 3 ja B naeh, oh Rail arena 3 u. a G PROB RE 3 2°: 5 a % BE of m en > BR pr er le ä “ Re 1 . | ae 7 RE ” ' F x u ki A TETE RT Shah 197% A zen re ee ee - als SArr- ” 2 * BieL he ’ vs Wunde Tue 3 , rev ee RI u Se er - nz E. u 4 16.00.08 Ama 08 aaa EBEN Untersuchungen über die gegenseitigen Helligkeiten der Fixsterne erster Grösse und über die Extinetion des Lichtes in der Atmosphäre. Nebst einem Anhange über die Helligkeit der Sonne verglichen mit Sternen, und über die Licht reflectirende Kraft der Planeten. Von Ludwig Seidel, Die ausführliche Besprechung, welche Alexander von Humboldt in dem neuerlich erschienenen II. Bande des Kosmos den Hellig- keitsverhältnissen der Himmelskörper (so weit dieselben bisher Ge- genstand der Untersuchung geworden sind) gewidmet hat, ist mir Veranlassung gewesen, auf die Arbeiten zurückzukommen, welche ich selbst in dieser Richtung mit dem Steinheil'schen Prismenphoto- meter in den Jahren 1844—48 unternommen habe. Einigen vor- läufigen Nachrichten über diese Messungen, nebst den Resultaten einer nur theilweisen Berechnung derselben, die ich im Anfang des Jahres 1346 zusammenstellte, bat die hohe Akademie in Nr. 130 und 131 der Gelehrten Anzeigen desselben Jahres Aufnabme ge- währt: Gegenwärtig beehre ich. mich, derselben die, schliessliche Bearbeitung des von mir bisher gesammelten Materials mit so viel Detail vorzulegen, als nöthig erscheint, um Jeden, der sich ein eig- nes, Urtheil über- die den Resultaten. beizulegende ‚Sicherheit bilden will, vollkommen dazu in den Stand zu setzen. Bei den Messungen 69* 52 , selbst hatte ich mir zunächst ein doppeltes Ziel gesetzt: erstens, mir die Kenntniss des durchschnittlichen Betrages des Lichtverlustes der Sterne durch die Atmosphäre in verschiedenen Zenitdistanzen zu verschaffen, um mittelst derselben Vergleichungen von Sternen, die bei verschiedenen Höhen gemacht sind, auf gleiche Höhe redu- ciren zu können; — dann zweitens, die bei uns sichtbaren Sterne der ersten und ersten auf zweiten Grösse wirklich in Betreff der gegenseitigen Helligkeit zu vergleichen. Der letztere Zweck hätte sich nicht erreichen lassen ohne die erstere Untersuchung; denn da die Nächte, welche zu Messungen dieser Art geeignet sind, weit sparsamer vertheilt sind, als diejenigen, welche überhaupt hrauch- bare astronomische Beobachtungen liefern können, und da hei vielen, wo die atmosphärischen Verhältnisse günstig genug wären, noch der Mondschein hinderlich wird, so erscheint es als unausführbar, nur immer Sterne in sehr nahe gleicher Höhe mit einander zu verbinden. Ueberdies 'hat die Kenntniss der Extinetion des Lichtes durch die Atmosphäre ein selbstständiges Interesse. Man muss freilich im Voraus erwarten, sie an verschiedenen Tagen merklich verschieden zu finden, indessen hoffe ich durch die Zusammenstellung der Beob- achtungen selbst den Beweis zu liefern, dass wenn man auch nur mässige Vorsicht in der Auswahl der Nächte anwendet, die Schwan- kungen in der Durchsichtigkeit der Luft keineswegs so gross sind, dass man nicht mit durchschnittlich sehr genügendem Erfolg die Beobachtungen aller einzelnen Abende mit denselben Mittelzahlen re- duciren könnte. Ausser den Vergleichungen, welche zur Erreichung der beiden bereits angegebenen Zwecke erforderlich waren, wird man im Fol- genden eine grössere Anzahl von Messungen der Helligkeit des Polarsterns finden (verglichen mit Sternen der ersten Grösse), und eine kleine von Beobachtungen der Planeten Jupiter und Mars. Die 543 Vergleichungen der Planeten mit Fixsternen haben vor der der Sterne unter sich das Interesse voraus, dass sie geeignet sind, zur Kenntniss der Helligkeit unserer Sonne, verglichen mit Fixsternen, einen Beitrag zu liefern, namentlich aber bei längerer und conse- quenter Fortsetzung die (bereits von Lambert *) augeregte) Frage zu beantworten, ob die Sonne ein variabler Stern ist. Ich habe mir vorgesetzt, bei der Wiederaufnahme meiner Beobachtungen (zu wel- cher mir die Güte des Herrn von Steinheil sein Instrument zur Ver- fügung gestellt hat) auf diesen Punkt meine Aufmerksamkeit vor- zugsweise zu richten; die neun Messungen an Planeten, welche ich vom August 1845 bis Februar 1846 erhielt, reichen dazu bei weitem nicht aus. Gleichwohl können sie schon jetzt, in Verbin- dung gesetzt mit dem Wenigen, was man sonst über die Helligkeit der Sonne gegen Sterne bisher erhalten hat, gebraucht werden, um einigen vorläufigen Aufschluss über verschiedene interessante Fragen zu geben. Da man indessen hiebei kaum umhin kann, Hypothesen mit einzuflechten, deren Wahrscheinlichkeit verschiedenem Urtheil unterliegen kann, so schien es mir passend, die Folgerungen, welche sich auf solchem Wege für die Körper unseres Sonnensystems ge- winnen lassen, von dem Uebrigen ganz zu trennen, und iu den An- hang zu verweisen, wo ich sie mit Dem zusammenstellen werde, was mir über ähnliche Versuche sonst bekannt geworden ist. Fra- gen nach dem Wenigen, was von physischen Eigenschaften der Körper unseres Systems Gegenstand der Messung werden kann, sind zu anziehend, als dass man nicht, in Ermanglung sicherer Re- sultate, einstweilen wahrscheinliche der völligen Unkenntniss vor- ziehen sollte; ausserdem aber wird man über die Grenzen der Un- sicherheit, welche die Beantwortung noch an sich trägt, nur damu *) Pholometria $. 781. 544 ein Urtheil gewinnen können, wenn Alles, ‚was dazu einen Beitrag liefern kann, gesammelt wird. In der That hat die letztere Rück- sicht den Hauptgrund abgegeben, welcher mich veranlasst hat, im Anhange das bisher von Verschiedenen erlangte Material, um es so auszudrücken, zu confrontiren; es kommen: dabei freilich manche, wenigstens anscheinende, Widersprüche zu Tage, deren Vorhauden- sein aber gerade zu neuen Versuchen in ähnlicher Richtung auflor- dern sollte, und dies um so mehr, als man in manchen andern Punk- ten zwischen den hieher gehörigen Resultaten verschiedener Beoh- achter eine Uebereinstimmung findet, die jedenfalls grösser ist, als man in Anbetracht der grossen Schwierigkeiten, welche ihrer Er- langung entgegenstehen, erwarten möchte. Indem ich aus den angeführten Gründen von vielen der in den Anhang gesetzten Zahlen im Voraus die Ungewissheit bekennen ‚muss, — eine Ungewissheit, die nicht sowohl darin besteht, dass die Zahlen nicht für völlig exact gelten können (denn diese Un- vollkommenheit tragen auch die genauesteu Beobachtungen immer), als vielmehr darin, dass man nicht weiss, iu welchem Maasse die gefundenen Zahlen sich möglicher Weise: noch «von der Wahrheit entfernen können, — glaube ich jedoch, ‘die in den Haupttheil der vorliegenden Arbeit aufgenommenen Untersuchungen von diesem Ta- del möglichst frei gemacht zu haben. _ Die Uebereinstimmung der auf mannigfache Art gekreuzten Vergleichungen unter sich und die Controle, welche ich der Reductionsmethode zu geben suchte durch Vergleichung der rein empirischen Resultate mit der Laplace'schen Theorie der Extinction des .Lichtes in der Atmosphäre, scheinen mir den Beweis zu geben, dass die verhältnissmässigen Helligkeiten, mit welchen mein Auge durch die Gläser des Photometers die Sterne gesehen hat, durch die abgeleiteten Zahlen sehr nahe dar- gestellt sind, und dass, wenn man denselben eine merklich grössere ee a en , 545 Unsicherheit als die im Mittel anzugebende beilegen wollte, dieselbe nur darauf sich gründen könnte, dass diese Helligkeitsverhältnisse möglicher (und in der That für Sterne von ungleicher Farbe auch wahrscheinlicher) Weise für verschiedene Augen verschieden sind. Der Mangel würde dann also nicht darin liegen, dass das Instru- ment, mit welchem beobachtet wurde, die Antwort auf die gestellte Frage verweigert hätte, sondern vielmehr in einer nicht hinlänglich präcisen Art der Fragestellung selbst. Wirklich liegt etwas wie eine petitio principii darin, sich um die relative scheinbare Hellig- keit der Sterne, als um Etwas ihnen Eigenthümliches, zu erkundi- gen, so lange der Begriff dieser Helligkeit von der Suhjectivität des Beobachters nicht unabhängig gemacht ist. Ohne auf die Frage einzugehen, ob er davon unabhängig gemacht werden könnte, muss man jedenfalls darüber im Klaren seyn, dass alle bisher gebrauch- ten oder nur vorgeschlagenen Instrumente (ich erwähne namentlich auch das von Arago erdachte, dessen Humboldt im Kosmos genauer erwähnt) diesem Mangel, der nicht in ihnen liegt, auch nicht ab- helfen können. Für Beobachtungen eines einzelnen Beobachters ist der schwankende Begriff gleicher Helligkeiten, so lange sein Auge sich nicht ändert, von selbst wieder fixir. Um dem nothwendiger Weise bleibenden Uebelstand einigermassen abzuhelfen, hat Hr. Prof. E. Leonhard dahier (früber Adjanct der Sternwarte in Bogenhausen) die Gefälligkeit gehabt, einen grossen Theil der Beobachtungen mit mir zu machen (so wie ich ihm auch für seinen Antheil an den Be- rechnungen gleichen Dauk schuldig bin), und sehr zahlreiche wech- selweise von uns gemachte Einstellungen werden nachweisen, dass in der Beurtheilung der Gleichheit zweier Helligkeiten zwischen uns beiden kein Unterschied bestand, welcher die Grenzen der Un- sicherheit eines Jeden für sich überschritten hätte *). *) Vgl. in Betreff der Uebereinstimmung unserer beiderseiligen Einstellungen 546 1. Das Instrument, mit welchen meine Beobachtungen gemacht sind, Eigentum des jetzigen k. k. Sectionsrathes Herrn von Stein- heil, ist dasselbe, welches sich in dessen von der Göttinger Societät gekrönter Preisschrift „Elemente der Helligkeitsmessungen am Stern- himmel“ (besonders abgedruckt aus den Abhandl. der bayr. Aka- demie, math. phys. Classe Bd. II, 1836) unter dem Namen des Pris- menphotometers (Beilage II der erwähnten Abhandlung) genau er- läutert und abgebildet finde. Von dem Erfinder sind damit, um die Richtigkeit seines Principes auch praktisch nachzuweisen, zahlreiche Messungen an künstlichen Sternen, deren Helligkeitsverhältniss im Voraus bekannt war, gemacht worden; dagegen war es zu Beoh- achtungen am Himmel selbst nur versuchsweise angewendet worden. Es ist seitdem nur noch einmal, für die Wiener Sternwarte, ausge- führt und für diese mit einer bequemeren Aufstellung versehen wor- den, als das ältere Exemplar hat, welches ich benützen konnte, Da demnach die Einrichtung des Instrumentes noch nicht für hin- länglich bekannt gelten kaun, muss ich so viel darüber sagen, als nöthig seyn wird, damit der gegenwärtige Aufsatz für sich selbst binlänglich verständlich sei. Der wesentliche Grundgedanke be- steht darin, dass man die Lichtflächen mit einander vergleicht, welche man von den Sternen statt der leuchtenden Punkte im Fernrohr er- hält, wenn das Ocular desselben gegen die gewöhnliche Stellung weit nach aussen oder nach innen verschoben wird. Je grösser die Verschiebung ist (gleichgiltig nach welcher Seite), über einen um so grösseren Raum auf der Netzhaut wird das Licht des Sterns z. B. die Beobachtungen Nr. 60 f. in dem dieser Abhandlung beiliegen- Journal. : nA LaR zer 547 verbreitet, d. h. eine um so grössere Lichtscheibe sehen wir; offen- bar muss aber auch in demselben Verhältniss die Erleuchtung aller ihrer einzelnen Theile matter werden. Betrachtet man nach einem helleren Stern einen dunkleren, so wird, da sein Licht an sich schon schwächer ist, eine geringere Verschiebung des Oculars aus seiner gewöhnlichen Stellung der Lichtscheibe denselben matten Glanz geben, auf welchen die des helleren Sterns erst durch eine grössere Verstellung des Oculars redueirt wird. Die beiden un- gleichen Verschiebungen müssen also ein Maass abgeben können für die ungleichen Helligkeiten der Sterne selbst, welche durch sie für das Auge compensirt worden sind, und zwar überzeugt man sich leicht davon (genau ist es bewiesen in Steinheil’s Abhandlung Beil. V.), dass die Helligkeiten der Sterne direct proportional sind den Quadraten der Verstellungen des Oculares (von derjenigen Stel- lung aus gerechnet, in welcher das Auge ein deutliches Bild des Sternes sieht), durch welche bewirkt wird, dass beide Scheiben gleich intensiv erleuchtet (aber ungleich gross) erscheinen. Um sich davon zu vergewissern, dass diese Bedingung erfüllt ist, ist es nothwendig, dass man beide zugleich unmittelbar neben einander im Auge hat; dies wird dadurch bewirkt, dass durch vollständige Re- flexion (unter 450 Auflallswinkel) an den Hypotenusenflächen zweier rechtwinklicher Glasprismen die Strahlen von "beiden Sternen pa- rallel in das Fernrohr geworfen werden, welches senkrecht auf die Ebene des durch beide Sterne gelegten grössten Kreises gestellt ist; jedes Prisma speist mit dem Lichte des Sternes, dem es zu- gekehrt ist, die eine Hälfte des Objectives, welches wie das eines Heliometers mitten darchgeschnitten ist; jede der beiden Hälften sitzt an einem eignen Schuber fest, der in einem Schlitze Jäugs des eylin- drischen Rohres verschoben 'und darin nach Belieben 'festgeklemmt werden kann; es können also beide Objectivhälften unabhängig von einander nach Gutdünken dem Oculare genähert oder. von demselben Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 70 548 entfernt werden, wovon die Wirkung natürlich . ganz dieselbe ist, als’ ob, wie es oben ausgedrückt wurde, das Ocular gegen das Objectiv verschoben würde. Die Lichtscheiben, in welche man auf solche Weise die Bilder der Fixsterne verwandelt, geben in ihrer äussern Begränzung die Form des erleuchteten Ob- jectivtheiles wieder, sie würden also halbe Kreise seyn, wenn das Licht frei auf die beiden Hälften fiele. Es befindet sich aber zwi- schen den Prismen und dem Objectiv noch eine Vorrichtung, welche ich mit dem Namen der Quadratschuber benennen will, und welche angebracht ist, damit man die Grösse der Lichtscheiben beliebig in der Gewalt hat. Sie besteht für jede Objectivhälfte in einer Art von Diaphragma, dessen dreieckige freie Oeffnung mittelst einer Schraube beliebig erweitert oder verengert werden kann, so dass, je nachdem man will, ein grösserer oder kleinerer, immer dreieckig begränzter Raum der Objectivhälfte vom Sterne erleuchtet wird. Die Lichtfläche, welche man bei der Verschiebung des Objectives statt des Sternes sieht, wird daher gleichfalls immer von einem (gleich- schenkligen und rechtwinkligen) Dreieck begränzt; bringt man 'beide Dreiecke mit den Hypotenusen an einander und macht sie durch passende Verstellung der Objeetivhälften gleich hell und. hierauf durch passende Stellung der Quadratschuber gleich gross, so bilden sie zusammen ein gleichmässig erleuchtetes Quadrat. Ist im Ge- gentheil die Stellung der Objectivhälften nicht richtig, so ist das Quadrat durch eine Diagonale in zwei Hälften von ungleicher Helle getheilt; das Auge hat ein sehr feines Gefühl für die Unterschei- dung des ersten Falles (den man in der Messung herbeiführen muss) vom zweiten. Die Quadratschuber selbst, die also eigentlich die freie Oeffunng jeder Objectivhälfte vergrössern oder verkleinern, die- nen übrigens bei dem Steinheil’schen Instrumente ncht zur Messung *); *) Andere, z. B. Gerling (wenn ich nicht irre) haben bekanntlich‘ auf eine . Be Tre 549 man könnte sie ganz eutbehren und sie sind blos angebracht, um die Unbequenlichkeit zu vermeiden, dass man häufig über die gleiche Erleuchtung einer grossen und einer viel. kleinern Lichtfläche ur- theilen müsste, wobei es denkbar wäre, dass das Auge zu Gunsten der einen oder der andern bestochen wäre. Bei meinen Messun- gen habe ich übrigens ungefähr gleich häufig und sehr oft im Ver- laufe derselben Vergleichung die Quadratschuber angewendet oder sie ausser Gebrauch gelassen und nie einen Unterschied im Resul- tat gefunden. Von den beiden Prismen sitzt das Eine, welches ich das Haupft- prisma oder Prisma A nenne, ganz unbeweglich am Ende des Fernrohres; das andere (Nebenprisma oder Prisma B) ist drehbar um die verläugerte Axe des Rohres, welche (so wie beim Prisma A) auf Einer seiner beiden Seiten, die den rechten Winkel zwischen sich einschliessen, senkrecht steht und der anderen parallel ist. Der Betrag der Drehung kann auf einem Kreise, der in Grade getheilt ist, abgelesen und das Prisma in jeder Stellung mittelst Klemm- und Micrometerschraube festgehalten werden; der Nullpunkt des Kreises ist derjenige, welcher abgelesen wird, wenn. sämmtliche Flächen beider Prismen paarweise sich parallel sind. In jeder an- dern Stellung ist der abgelesene Winkel gleich der scheinbaren Entfernung von einander der beiden Punkte (Sterne), deren Licht die zwei Prismen gleichzeitig in die Axe des Rohres werfen. Der Körper des Rohres sitzt senkrecht auf einer Axe, deren messbare Verengerung oder Erweiterung der Objeetivöffnung die Ver- gleichung der Sterne selbst (die dabei im Bilde beobachtet werden müs- sen) gegründet; den Grund, wesshalb Herr v. Steinheil sie zu diesem Zwecke nicht angewandt hat, findet man pag. 16 (Anmerk.) in seiner Schrift aus einander gesetzt. 70* 550 Richtung parallel der ursprünglichen desjenigen Lichtstrahls ist, welchen das Hauptprisma in die Absehenslinie wirft. Um diese Axe ist es dreh- bar. Sie selbst hat noch, wie das Fernrohr eines Theodolithen, Höhen- und Acimutalbewegung, so dass sie nach Belieben auf jeden Stern gerichtet werden kann, was erleichtert wird durch einen kleinen Sucher, der zum Behuf meiner Messungen ibr parallel und also senkrecht auf dem Hauptrohre des Instrumentes an dem letztern an- gebracht wurde. Sollen nun zwei Sterne verglichen werden, so muss zuerst das Prisma B aus der Nullpunktslage um so viel gedreht werden (gleichviel nach welcher Seite) als die scheinbare Distanz beider Sterne von einander beträgt, welche zu dem Ende im Voraus be- rechnet seyn muss. Man richtet nun den Sucher und also auch die ihm parallele Axe auf den Einen der beiden Sterne (gleichviel wel- chen), was, wenn der Fuss des Instrumentes stehen bleibt, für jeden auf doppelte Art geschehen kann. Ist dies geschehen, so sieht man denselben Stern auch im grossen Rohr durch das Prisma A, und er bleibt darin (so wie im Sucher), während es um die auf den Stern gerichtete Axe gedreht wird. Bei dieser Drehung beschreibt aber die Normale der nach aussen gekehrten Fläche des Prisma B am Himmel um denselben Stern einen kleinen Kreis, dessen scheinbarer Halbmesser gleich der Distanz beider Sterne ist. Sie muss also in einer bestimmten Lage durch den zweiten Stern gehen, der in die- sem Moment dem Auge, welches während der Drehung am Oculare bleibt, in der Absehenslinie neben dem ersten Stern erscheinen! wird. In dieser Lage wird das Iustrument geklemmt, hierauf diejenige Objectivhälfte, welche den helleren Stern zeigt, aus der Lage, wo das deutliche Bild sichtbar war, beliebig längs der Absehenslinie verschoben, und dann die andere so weit, bis beide Lichtscheiben gleich hell erscheinen, wobei man auch noch die Quadratschuber an- 551 wenden kaun, um sie gleichzeitig gleich gross zu machen. Die Stellung der beiden Schuber, welche die Objeetivhälften tragen, wird abgelesen, zu welchem Ende sich längs der Schlitze, in wel- chen sie gehen, Theilungen (in Linien, deren Zehntel geschätzt wurden) befinden. Ist einer der beiden Sterne sehr hell, so kann man bei einiger Uebung die Vorausberechnung der Distanz, die nicht selten lästig wäre, ersparen. Mau richtet den Sucher anf den dunklern Stern, verstellt die Objectivhälfte, welche den ersten zeigen soll, stark, wodurch man ibn in eine grosse und doch immer noch helle Licht- scheibe verwandelt, und es gelingt durch einiges Probiren leicht, diese za dem andern Stern in das Gesichtsfeld zu brivgen und dann genauer einzustellen. Ebenso ist es bei einiger Uebung kaum mehr für eine Unbequemlichkeit zu achten, dass man der Bewegung der Sterne während des Verlaufs einer Beobachtung durch Drehungen des Instrumentes um seine drei mechanischen Axen folgen muss. Unter den verschiedenen Lagen des Photometers, in welchen das- selbe Sternpaar verglichen werden kann, wählt man diejenige, welche eine möglichst gute Stellung gewährt. Indessen muss ich bemerken, dass meine Beobachtungen von dieser Seite häufig unter ungünstigen Umständen gemacht sind. Da ich nicht auf einer offe- nen Galerie, sondern am Dachfenster einer Bodenkammer beobach- tete, wo ich nur von Einer Seite zu dem Instrument gelangen konnte, so muss die Genauigkeit der Beobachtung häufig durch das Unangenehme der Stellung, zu welcher sie nöthigte, beeinträchtigt worden seyn. Jedoch hat dies auf der andern Seite den Vortheil, dass die so gemachten Messungen zeigen können, was eine Anwen- dung des Instrumentes auch unter keineswegs günstigen Verhält- nissen leisten kann. Das Lokal, wo dieselben gemacht wurden, war das oberste Stockwerk des der k. Akademie der Wissen- 552 schaften zugewiesenen kleinen Thurmes, welcher die nordwestliche Ecke des Wilhelminischen Gebäudes bildet, sechs Treppen hoch. An dem nördlichen Fenster dieses Raums war zur Aufstellung des Instrnmentes ein Brett von Eichenholz angebracht worden, und ein grösseres ähnliches vor dem westlichen Fenster, das durch zwei Klappen geschlossen wird und bis etwa 3 Fuss vom Stubenboden herabreicht; an diesem letztern Fenster sind bei weitem meine mei- sten Beobachtungen gemacht, indem das pyramidale Dach dem vor das Fenster gestellten Instrument die Aussicht auch weit nach Sü- den und nach Norden frei liess; nur sehr östlich stehende Sterne mussten vom nördlichen oder südlichen Fenster aus genommen werden. Die Vergleichungen sehr heller Sterne mit dem Steinheil’schen Photometer werden dadurch etwas erschwert, dass man die Licht- flächen, welche dieselben liefern, nicht gauz gleichwässig erleuchtet sieht, sondern sehr nahe dem Rande eines jeden Dreieckes ziehen sich längs der Gränzen derselben dankle Linien hin, ‚welche mit helleren wechseln. Das Auftreten derselben ist durch die bekann- ten Erscheinungen der Beagung und Interferenz der Lichtstrablen völlig erklärt. Den inneren Raum jeder Fläche lassen sie in seiner Erleuchtung unverändert, daher wirken sie um so weniger nach- theilig, je grösser man (durch starke Verstelluug der Objectivhälf- ten) das ganze Dreieck und also auch die innere Fläche im Ver- hältniss zum Umfange macht. Am störendsten waren sie immer bei den Vergleichungen von Planeten mit Sternen. Bei der Messung darf man natürlich immer nur die Helligkeiten der innern gleich- mässig beleuchteten Flächen mit einander vergleichen, wozu es nö- thig ist, abwechselnd die Eine und die andere in's Auge zu fassen, weil sonst allemal diejenige zu hell zu seyn scheint, welche man nicht gerade fixirt. Vor-der Einstellung auf gleiche Helligkeit ist es gut, das Ange ein paar Secunden: lang zu schliessen, um ‚es re u I u a 553 empfindlicher für das Licht zu machen, und dies zu wiederholen, wenn die Einstellung nicht rasch gelingt. Vor jeder neuen Ein- stellung (deren wir bei mittlerer Uebereinstimmung der verschiede- nen Notirungen in der Regel vier bis sechs machten) ist immer die Vorsicht gebraucht worden, die eine Objectivhälfte ganz zu ver- stellen, um bei dem neuen Versuch nicht durch den vorausgehenden bestochen zu seyn. Zu gleichem Zwecke habe ich dazwischen häufig die freie Oeflnung des einen Quadratschubers etwas geän- dert, damit nicht die Erinnerung an das zuvor erhaltene Verhältniss der Grössen beider Dreiecke unwillkührlich Einfluss auf die neue Messung erhielte. Das Erste ist namentlich auch bei denjenigen Beobachtungen, welche Herr Leouhard mit mir gemacht hat, immer geschehen, und da ich die sämmtlichen Einstelluugen allein notirte, so waren ihm dabei die meinigen gar nicht bekannt. Zur Ablesung und Aufzeichung der Beobachtungen bedienten wir uns einer Blend- laterne mit möglichst schwacher Flamme, welche nur für diese Augenblicke geöffnet wurde, sonst aber ganz verdunkelt war, weil jeder fremde Lichtschimmer, der neben dem Schein der beobachteten Sterne ins Auge kommen könnte, schr störend wirkt. Desshalb sind auch bei den späteren Beobachtungen solche Nächte immer vermieden worden, wo der Mond anders als in feiner Sichel am Himmel stand. Stärkerer Mondschein schad®@t auch desshalb, weil er das Licht aller Sterne im Vergleich mit der Helligkeit des Grun- des, auf welchem sie gesehen werden, schwächt, so dass man nur kleinere Verstellungen der Objectivhälften anwenden kann, um noch hinreichend sicher über die gleiche Erleuchtung der Flächen zu ur- theilen, also dann aus einer kleineren Grösse einen Schluss ziehen muss. Die ungleiche Erleuchtung der Atmosphäre in der Umge- bung von Sternen, die verschiedene Distanz, vom Monde haben, ist hingegen Beobachtungen mit dem Prismenphotometer nicht nachthei- lig, wie es überhaupt zu den wesentlichen Vortheilen dieses Instru- 554. mentes gehört, dass es die Helligkeitsverhältnisse der ‚Sterne von dem stärkern oder schwächern Lichtschimmer des Grundes un- abhängig macht, weil dieser im Fernrohr des Photometers sich für beide zu Einem Mittel vermischt, so dass auf diesem gemeinsamen Grunde die beiden Lichtscheiben dann gleichen Eindruck auf das Auge machen, wenn von beiden Sternen gleich grossen Theilen der Retina gleich viel Licht zugesendet wird *). Die meiste Vorsicht, um das möglichste Gelingen der Beobach- tungen herbeizuführen, ist nötbig in der Auswahl der darauf zu ver- wendenden Nächte. Der Himmel soll in diesen durchaus rein seyn, und namentlich sollten keine Vergleichungen gemacht werden, wenn am Abend durchsichtige Schleierwölkchen am Himmel zerstreut wa- ren, da diese in der Nacht unsichtbar werden, ohne dass man irgend eine Garantie hat, dass sie wirklich verschwunden sind. In dem Wunsche, bald zu einigen Resultaten zu kommen, habe ich am An- fang meiner Vergleichungen öfters auch in Nächten beobachtet, wo ein Theil des Himmels mit Wolken bedeckt war, indem ich mich auf die (auch von Argelander in Schumacher’s Jahrbuch für. 1844 ausgesprochene) Bemerkung stützte, dass gerade unter soichen Um- ständen die freien Theile des Firmaments oft mit auffallender Klar- Er *) Dass der Lichteindruck, den ein Stern auf unser Auge macht, von der Helligkeit des Grundes, auf dem er erscheint, sehr abhängig ‚ist, und dass man den Stern, verglichen mit einem immer gleich hellen. leuchtenden Punkte auf völlig schwarzem Grund für um. so schwächer schätzt, auf je hellerem Grunde er selbst steht, hat Herschel aus seinen Messungen di- rect nachgewiesen (Beobb. am Cap. p. 368). Er zeigt dort, dass für die Er- leuchtungen des 'Grundes, mit welchen er zu ihun halte, die geschätzte Helligkeit des Sternes umgekehrt dem Quadrate von der seines Grundes proportional ist. | 555 heit leuchten. Dieser Klarheit ist aber, wie ich mich bald über- zeugte, nicht zu (rauen, und man wird z. B. aus meiner Verglei- ebung N® 34 und 35 (Sirius und Capella) sehen, dass Sterne, die den Wolken nahe stehen, merklich beller erscheinen als sonst, in- dem wahrscheinlich das Wassergas, welches in solchen Gegenden stärker als in andern mit der Atmosphäre gemischt ist, die Durch- sichtgkeit begünstigt, gerade wie man bekanntlich bei nassem Wet- ter entfernte Gegenstände deutlicher sieht, und es zum Beispiel in München allgemein angenommene Witterungsregel ist, aus grosser Deutlichkeit der Alpenkette Regen zu prophezeien. Da man also, wenn ein Theil des Himmels bedeckt ist, guten Grund hat, auf un- gleichmässige Durchsichtigkeit des freien Theils der Atmosphäre zu schliessen, so hätten Beobachtungen, die unter solchen Umständen gemacht sind, billig verworfen werden sollen, und noch mehr Ver- anlassung hätte ich hiezu bei einigen andern gehabt, wo meine Mes- sungen durch aufsteigende Nebel unterbrochen worden sind. Ich habe mir indessen zur Vorschrift machen müssen, bei einer Arbeit, welche den ersten Nachweis. der Brauchbarkeit des Iustrumentes durch Beobachtungen am Himmel selbst liefern soll, gar keine Aus- wabl des Materials zu treffen; ich gebe desswegen die Verglei- chungen ohne Unterdrückung einer Einzigen, und habe sie auch alle ohne Ausnahme bei der Ableitung der Resultate benützt. Es ist klar, dass bei diesem Verfahren der mittlere Kehler einer einzelnen Beobachtung sich grösser ergeben musste, als er bei der Wieder- holung ähnlicher Messungen, mit der räthlichen Vorsicht angestellt, ausfallen wird. Das Instrument, dessen ich mich bediente, hat nur 15,5 Pariser Linien Objeetivöflnung, wovon noch ein Theil durch die Quadrat- schuber abgeschnitten wird. Indessen lassen sich damit Sterne zweiter auf dritter Grösse noch ziemlich gut mit den helleren der Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 71 556 ersten (z. B. Wega) vergleichen. Um aber unter die dritte Grösse zu gehen, müsste man jedenfalls einen lichtstärkeren Photometer haben. Das Glas des Objectivs hat, wie die meisten, besonders älteren, aus dem hiesigen optischen Institut, einen Stich in’s Grüne. Dadurch muss in meinen Beobachtungen den röthlichen Sternen eini- germassen Unrecht geschehen seyn. Einen irgend beträchtlichen Einfluss dieses Uehelstandes glaube ich aber nicht besorgen zu müssen (s. hierüber noch in $. 4). — Die verschiedene Farbe der Sterne erschwert natürlich die Vergleichung auch mit dem Prismen- photometer bedeutend, doch scheint mir im Ganzen das Urtheil über die gegenseitige Helligkeit auch von dieser Seite her leichter, wenn man mit den Flächen zerstreuten Lichtes, anstatt der Bilder ‘der Sterne, zu thun hat. — 2. Wenu zwei Sterne auf die angegebene Art im Photometer ver- glichen worden sind, so hängt das Resultat der Messung offenbar noch von dem Grade der Durchsichtigkeit beider Prismen nebst ihren zugehörigen Objectivhälften ab. Will man nicht ohne Noth etwas von der erreichbaren Genauigkeit aufopfern, so muss man den Einfluss der jedenfalls verschiedenen Durchsichtigkeit beider Gläser durch passende Anordnung der Beobachtung eliminiren, oder ihn bestimmen. Wenn S und T die Helligkeiten bedeuten, mit wel- chen zwei (mit den gleichen Buchstaben zu bezeichnende) Sterne dem freien Auge erscheinen, und wenn von einer Lichtmenge 1 durch das Hauptprisma A nebst seiner Objectivhälfte ein Theil — durch das Nebenprisma B aber ein Theil E bivdurchgelassen wird, — wenn ferner & und ß diejenigen Verschiebungen beider Objectiv- hälfıen bezeichnen, vermöge welcher die Sterne gleich hell er- 557 scheinen, so wird man nach dem, was im vorigen $. auseinander gesetzt worden ist, — wenn der Stern S durch das Hauptprisma A gesehen worden ist, — haben (1.) Vz:Vz = e: 8. Um das Verhältuiss zwischen S und T selbst zu finden, kann man nun das Instrument umlegen, d. h. jetzt den Stern T in das Prisma A, und S in das Prisma B nehmen, und die Beobachtung wiederholen, Bezeichnen ‘wieder « und £° die Verschiebungen (aus der Stellung des deutlichen Bildes) des resp. zum Stern S und zum Stern T gehörigen Objectivschlittens, und hat in der Zwi- schenzeit die scheinbare Helligkeit beider Sterne sich nicht geän- dert, so wird jetzt seyn En en VL Um A und B zu eliminiren, kann man die beiden Proportionen mit einander multiplieiren, und erhält ST ee: pp ‚ oder für die logarithmische Rechnung 8) ig S— log T= log 4 + log 5, so dass auf solche Weise das Resultat von der möglichen Ver- schiedenheit der Grössen A und B unabhängig wird. Hat man nun noch ein anderes Paar von Sternen, U und W, mit einander ver- glichen in derjenigen Lage, wo U sich im Hanptprisma befindet, so wird anch seyn (4.) v2 - vF =@:.b (weun hier die, Verstellungen a und b heissen), und. es ist, um U: W zu finden, nicht nöthig, auch für ‚dieses Paar Sterne das 71% 558 Instrument umzulegen. Denn durch Division von Gl. 1. durch Gl. 2. findet sich das Verhältniss # wie folgt: ehrt Bf re oder 4A a « 6) lag z = log gar log z und man hat dann aus (4.) \ 6) lg U—loy W = 2log — + log 5 so dass der Einmal aus (5.) gefundene Werth von log a nur als constante Correction zu den Logarithmen der direct gefundenen Hel- ligkeitsverhältnisse addirt werden muss, um die Verschiedenheit der Prismen zu eliminiren. Man kann denselben log 2 noch auf eine andere Art bestim- men. Richtet man nämlich beide Prismen des Photometers auf den nämlichen Stern, und vergleicht also die Helligkeit der beiden Bil- der desselben mit einander, so wird in diesem Falle in Gl. (4.) an die Stelle von U und W Ein und dieselbe Grösse treten, die sich sofort aufhebt, und wenn hier a “und b die Verschiebungen des zu A und resp. B gehörigen Schlittens bedeuten, so hat man einfach 1... V: =a:b also auch | (7) log a = — 200g Pe) welcher Werth nun eben so gut als der aus (5.) sich ergebende in die Gl. 6. substituirt werden kann. Es ist ein Nachtheil dieser zweiten Bestimmungsart des Pris- menverhältnisses (so werde ich mir erlauben der Kürze wegen die 559 Grösse an oder 2 zu nennen) im Vergleich mit der ersten, dass man bei jener durch den Factor 2, der rechts in 7. vorkommt, den Fehler der Beobachtung nothwendig verdoppelt. “Dies findet bei Gl. (5.) nicht statt; aber dennoch verdient in der Mehrzalll der- Fälle die Methode, das Prismenverhältniss durch Vergleichung eines Sterns mit sich selbst zu bestimmen, entschieden den Vorzug vor der, es durch Umlegen des Instruments zwischen zwei Sternen zu finden. Die Vergleichung ist weit leichter, und also sicherer, wenn beide Prismen denselben Stern zeigen; man hat in diesem Fall ganz gleichfarbige Lichtflächen, kann einen Stern von ganz ruhigem Schein und bequemer Stellung nach Belieben wählen, und riskirt nicht einmal einen Fehler, wenn er seine scheinbare Helligkeit wäh- rend der Wiederholung der Beobachtung äudert, weil jede Verän- derung beide Bilder in gleichem Grade trifft. Wenn dagegen bei der andern Metliode einer der beiden Sterne in etwas merklichem Steigen oder Sinken begriffen ist, so werden die Buchstaben S und T in (1.) und in (2.) nicht genau dieselben Grössen bezeichnen (da die scheinbare Helligkeit sich mit der Höhe des Gestirns ändert), und obwoll man sich leicht üherzeugt, dass die Gl. (3.) noch giltig bleibt (vorausgesetzt, dass man in ihr unter S und T die mittleren scheinbaren Helligkeiten versteht), so wird doch die Uebertragung fehlerhaft, welche man nach Gl. (5.) und (6.) von solchen Beobach- tungen auf das Resultat der Vergleichung eines andern Sternpaares zu machen hätte. Nachdem namentlich dieser letzte Uebelstand (welcher den zuerst angeführten der andern Methode bei weitem überwiegt) auch aus der Berechnung der Beobachtungen selbst klar hervorgetreten war (vgl. Beob. von 1845 April 3), so habe ich daher später immer die Methode der Vergleichung eines Sterns mit sich selbst vorgezogen, wo es sich darum handelte, den einmal ge- fundenen Werth des Prismenverhältnisses uuf die Beobachtungen 560 mehrerer Sternpaare anzuwenden. Denn für jedes einzelne unter denselben die Umwechslung der Prismen und Objectivhälften vorzu- nehmen, würde zwar genügende Resultate geben, aber wenigstens bei der Aufstellungsart des Instrumentes, mit welchem ich beobach- tete, zu viel Zeit fordern. Es hat sich gezeigt, dass man nicht annehmen kann, dass das Durchsichtigkeitsverhältniss + von Nacht zu Nacht constant bleibt. Meine verschiedenen Bestimmungen kommen zwar mit nur ein Paar Ausnahmen darin überein, dass sie eine merklich grössere Durch- siehtigkeit des Prisma’s B ergeben, als die von A ist, der Werth ist aber Schwankungen unterworfen, die sich leicht erklären, da dies Verhältniss nicht nur von der innern Klarheit der Glasmasse beider Prismen und der zugehörigen Objectivhälften und von der Politur ihrer Oberflächen, sondern offenbar auch von dem Zustande von Reinheit der letzteren abhängt. Man kann aber (ohne das ganze Instrument zu zerlegen) nur Einer von den zehn Flächen (drei für jedes Prisma und zwei für jede Objectivhälfte) gut bei- kommen, um sie zu reinigen. Es war daher durchaus nöthig, das - „Prismenverhältniss“ für jede Nacht eigens zu bestimmen. Oefters habe ich auch mehrere Bestimmungen in Einer Nacht gemacht (von denen übrigens jede einzelne ohnedies immer aus mindestens etwa vier Einstellungen über und ebenso vielen unter dem Bilde besteht), und alsdann bei der Berechnung das Mittel angewendet. Wenn die Vergleichung zweier Sterne auf beiden Seiten des Bildes gemacht ist (d. h. indem die Objectivhälften von der Lage des deutlichen Bildes aus sowohl nach dem Oculare zu als auch von demselben weg, verschoben worden sind), — wie dies mit Aus- nahme von ein paar Beobachtungen, die unterbrochen wurden, im- mer geschehen ist, — so braucht man die Lage des Bildes nicht zu 561 _ kennen, um von ihr aus die Verstellungen der Objectivschlitten zu rechnen, sondern kann sie vortheilhafter ganz eliminiren. Es mö- gen S und T wie oben die Helligkeiten zweier Sterne bedeuten, p und q für die dem Ocular genäherte Stellung der Objectivhälften die Ablesungen der Stellung der dieselben tragenden Schlitten an einer Scala, deren Zahlen vom Ocular gegen das Objectiv za wach- sen, p und q’ die entsprechenden Ablesungen für die vom Ocular entfernte Stellung, i und k die Ablesungen für beide Schlitten, wenn sie so gestellt sind, dass man die Sterne möglichst scharf als Punkte sieht, — so wird man (hier abgesehen von verschiedener Durchsichtigkeit der Prismen ete.) nach dem Früheren haben I. Lage über dem Bild: VS: VT=Zi—p:k—g U. Lage unter dmBild: VS: VT=p—ı:q —k Daher auch I vVS:vT=zp,— p:q —g Man kann sich daher unter den Grössen, die vorher mit «, ß, «', P' etc. bezeichnet. worden sind, anstatt der Verstellungen der Objectivschlitten von der Bildlage aus, gleich die ganze Verschie- bung p — p, q — g denken, welche jeder von der Lage über dem Bild bis zu der unter dem Bild erhalten hat. Man hat dann den Vortheil, dass die unnöthigen Grössen i, k, hinausgehen, und man mit grösseren Zahlen zu thun bekömmt, welche durch kleine Beobachtungsfehler weniger entstellt sind, Auf diese Art sind die Messungen daher berechnet worden, und die Kenntniss der Lage des Bildes oder. der Werthe von i und k wurde nur benützt, um —- zu überzeugen, dass die Beobachtung in Ordnung, war. sich aus der ungefähren Uebereinstimmung der Werthe von uk und TER 4 Das Vergleichen ‘desselben Sternpaares sowohl über als unter 562 dem Bilde bat ausserdem auch noch den Vortheil, dass die beiden Lichtdreiecke bei dem Uebergang von einer Lage in. die andere ihre Stellung wechseln, so dass dasjenige, welches sich Anfangs links befand, nachher rechts erscheint und umgekehrt. In Folge dessen wird der nachtheilige Einfluss einer möglicher Weise’ ver- schiedenen Empfindlichkeit der verschiedenen Theile der Netzhaut gröstentheils eliminirt werden. Sind (wie dies immer geschah) in gleicher Lage des Iustru- mentes mehrere Einstellungen gemacht worden, so erhält man das mittlere Resultat aus denselben am bequemsten, wenn die Beobach- tung so angeordnet war, dass der Eine Objectivschlitten fest stehen geblieben ist, wo man mit der Ablesung desselben nur das Mittel der Ablesungen des andern zu combiniren braucht. Eine fernere kleine Bequemlichkeit gewährt es, diesen festzustellenden Schlitten an die äusserste Gränze seiner Verschiebbarkeit zu führen, weil in diesem Fall seine gauze Verrückung Ein für allemal constant ist und gar nicht abgelesen zu werden braucht. Man muss hiezu na- türlich denjenigen Schuber wählen, welcher den hellern Stern zeigt, und darf dies Verfahren nicht anwenden, wenn der Unterschied beider Sterne im Photometer nicht sehr entschieden ist, so dass man bei einzelnen Einstellungen versucht seyn könmte, den andern für heller zu schätzen. Sonst hat die möglichst grosse Verschie- bung der Objectivhälften (wenn die Sterne dazu überhaupt Licht genug haben) auch den Vortheil, dass man über die Unterschiede der beiden sehr geschwächten Lichtscheiben sicherer urtheilt, als bei grösserer Helligkeit*), und dass die übrig bleibenden Unsicher- *) Auch Herschel führt an (Beob. am Cap., p. 357 Note), dass wenn das Licht der Sterne auf passende Weise geschwächt wird, geringe Ungleich- heiten hervorireten, die sich sonst dem Auge entzogen hätten. 563 heiten der Einstellung bei gleicher Grösse geringeren Einfluss auf das Resultat erhalten, Die Objectivschlitten des von mir gebrauchten Instruments sind auf Ablesung mit Nonien eingerichtet, von welcher jedoch nie Ge- brauch gemacht wurde, weil das Auge dadurch unnöthig auf eine für die Beurtheilung der Helligkeiten nachtheilige Weise angestrengt worden wäre. Statt dessen wurde an der Scala selbst, die in Pa- siser Linien getheilt ist, immer die Stellung des dem Oculare nähe- ren Schlitten- Endes abgelesen, und die Zehntel der Linien ge- schätzt. Die Unsicherheiten der Einstellung sind immerbin be- trächtlich grösser als die einer nur auf solche Art gemachten Ab- lesung. Ebenso ist auch die Stellung der Quadratschuber, welche die Objectiv-Oeflnung verändern, nie abgelesen worden, da sie üher- haupt nicht hätten gebraucht werden dürfen, wenn ihre Stellung ir- gend einen wahrnehmbaren Einfluss auf das Resultat der Messung hätte. Hingegen war es nöthig, die Zeit der Beobachtungen zu no- tireu, um mit Hilfe derselben die Zenitdistanzen der Sterne zu rech- nen, von welchen die Extinction des Lichtes in der Atmosphäre Eunction ist. Grosse Genauigkeit ist-dabei nicht nöthig, daher ich mich blos einer Taschenuhr bediente, deren Stand gegen die (nach Beobachtungen der Sonne gerichtete) Normaluhr auf der k. Aka- demie d. W. bekannt war. In der Formel, welche die Zenitdi- stanzen mittelst der Stundenwinkel gibt cos s — sin p sin d + cos p cos Öd cos t kann man zu diesem Zwecke sin 9 sin Ö und log. cos p cos d für längere Zeit als Constanten des Sterns ansehen, indem es ganz un- nöthig ist, mehr als Zehntels-Grade in der Rechnung zu berück- siehtigen, — ausgenommen etwa bei sehr tiefem Stande des Sternes. Abhandl. d. IE Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 72 564 Für den Beobachtungsort wurde augenommein: log sin 9 — 9,87202; log cos 9 — 9,82434. Die einzelnen von mir (und zwar vom August 1844 bis Sep- tember 1848) gemachten Beobachtungen, ohne irgend eine Auswahl, sind in der Beiluge, einem Abdrucke des Beohachtungsjournals, in der Originalform mitgetheilt. Es sind ihrer in allem 107, angestellt in 46 Nächten, und zwar 70 Vergleichungen von Fixsternen er- ster Grösse unter sich, 28 des Polarsterns mit belleren Sternen, und 9 von Planeten mit Fixsternen. Da jede emzelne Verglei- chung, wie die Beilage zeigt, auf durchschnittlich etwa 8 Ablesun- gen gegründet ist, und dazu noch die Messungen kommen, welehe zur Bestimmung des Prismenverhältmisses gemacht sind, so ist die Zahl aller einzelnen Einstellungen des Photometers, auf welchen meine Resultate beruhen, natürlich weit grösser, und zwar über- steigt ste Elfhundert. 3. Die Resultate der 107 Beobachtungen, berechnet nach den im vorigen $. dargelegten Principien (namentlich also unabhängig ge- macht von der Verschiedenheit der Prismen) enthält das folgende Tableau in logarithmischer For, zugleich mit den berechneten wah- ren (nicht scheinbaren) Zenitdistanzen der Sterne und mit den Grös- sen, welche zur schliesslichen Berechnung noch nöthig sind, und über deren Ermittlung das weiter Folgende Aufschluss geben wird. Die Planeten-Beohachtungen sind von denen der Fixsterne unter sich getrennt, weil bei jenen keine constante Helligkeit statt findet; die Beobachtungen des Polarsterns sind ebenfalls besonders gestellt, weil es aus ihnen in hohem Grade wahrscheinlich wird, dass dieser Stern variabel ist (vgl. hierüber $. 5. C.) und man ihnen, sollte 565 diese Annahme nicht zugelassen werden, jedenfalls einen viel grös- sern mittlern Fehler zuschreiben müsste, als den Vergleichungen der Sterne erster Grösse unter sich, so dass sie mit den letzteren nicht zur Ableitung der Extinction des Lichtes in der Atmosphäre verbunden werden dürfen. (Bei den Vergleichungen der Sterne erster Grösse unter sich sind unter „log des beob. Verhältn.“ zwei Zahlen angegeben, von denen die erste dasselbe ausdrückt, wenn man sich die Helligkeit des zuerst genannten Sterns im Zähler denkt, die zweite im umge- kehrten Fall. Was die Bildung der Extinetionsgrössen gps betrifft, so folgt über diese das Nähere hernach. Ebenso vergl, über die Bedeutung der letzten Columne bei den Planetenbeobb. den An- hang, bei IV. — Resultate, welche schon durch die Umstände .der Beobaehtung, Wolken ete. als besonders unsicher indieirt werden, sind mit : bezeichnet, wo dann das Nähere aus dem Beobachtungs- Journal (s. die Beilage) zu ersehen ist.) el 566 Tableau der Resultate sämmtlicher Vergleichungen. I. Beobachtungen von Sternen erster Grösse. e— 1 =} 1 = Wahre = Logarithmus des Wahre) 3 Da Zenitd.| mE | 9% |neob. Verhält. | 9” Name Zenita. | z ER er cn ie | | 3 |1844Nvb. 10/61° 20° Capella 0,107/9,8500 0,1500 10,027) Wega 44° 30 13 Nvb. 19/51 49 Capella 0,052,9,9280 0,0720 0,069 Wega 55 283 15 Nvb. 20156 14) Capella 0,073/9,9116 0,0884 |0,047| Wega 50. 35 20 Deb. 454 50| Capella 0,06619,9436 0,0564 10,054 Wega 152 9 2 Deb. 5555 59) Capella 0,0729,8933 0,1067 |0,048| Wega 50 52 25 Deb... 846 30) Capella |0,032)9,9670 ‚0,0330 0,098) Wega 60 6, 28 Deb. 2243 59| Capella 0,026,0,0540 9,9460 0,209) Wega TI 20 29 Dcb. 2832 7 Capella 0,00910,3026 : 9,6974:|0,243| Wega 73 37 32 1845 Jan. 27/14 24) Capella |0,001/9,5108 |0,4892 0,282 Sirius 75 43 34 Jan. 28110 40| Capella 0 9,3530: 0,6470 0,237) Sırius 73 16 35 Febr. 810 58 Capella | 0 9,1290: 0,8710:|0,140 Sirtus 64 58 36 Febr. 8/14 55. Capella ‚0,001/9,9570: 0,0430:0,027| Procyon 44 16 37 Febr.2513 40 Capella |0,00119,4124 |0,5876 0,135 Sirius 64 29 38 April 143 33| Capella 0,0259,5811 0,4189 10,266 Sirius 74 55 39 April 243 33| Capella |0,025,9,5353 ‚0,4647 |0,266| Sirius |74 b57 40*) April 248 0 Capella 0,038,0,0195: |9,9805::10,056| Procyon 52 4 4 April 3142 38 Capella 0,022/9,5654 (0,4346 0,255) Sirius 74 18 42 April 3/46 20| Capella |0,0340,5948:|9,4052:|0,563) Rigel |83 13 43 April 349 4| Capella /0,041/0,2764 9,7236 |0,441| Wega 81 10 44 April 441 58) Capella /0,02119,5159 0,4841 10,246) Sirius 73 49 45 April 449 13| Capella |0,0420,4056 9,5944 0,432) Wega 81 2 46 April 453. 22| Capella /0,059)0,1489 9,8541 \0,081| Proeyon 57 34 47 April 542 20) Capella |0,02219,5221 0,4779 10,250) Sirius 74 4 48 April 548 41 Capella |0,040.0,3643 9,6357 0,012 Regulus 35 28 49 April 5/51 39 | Capella 0,052,0,0045 9,9955 0,055] Arcturus 52 27 50 Juli 610 0) Wega | 0 0,1452 9,8548. 10,074 Arcturus 56 29 Sl Juli 713 20 Wega 0 ‚0,1492 9,8508 0,050 Arcturus 51 20 2 Juli 3082 4 Capella |0,5149,4426 0,5574 | 0 | Wega 11 52 53 Juli 3020 33| Wega /0,003/0,2543 9,7457 0,228) Arcturus 72 40 *) Anmerkung. Bei der Berechnung der Beob. N 40 wurde das Prismenverhältniss nicht so angenommen, wie es aus der Beob. N" 39 folgt; weil nämlich während der letztern Sirius im Sinken war, musste die Zahl dadurch entstellt seyn \vgl. die-Bemerk. in $. 2); ich habe angenommen, dass sie einer eben so grossen Gorrection bedarf, als sich aus den Beobb. des folgenden Tages für das aus Vgl. N" 41 bestimmte Prismen- verhältniss ergibt, wenn man das Resultat der Vgl. Gapella’s mit sich selbst (nach N® 43) als richtig betrachtet. Die Annahme ist dadurch begründet, dass die Beob. N" 39 und 41 ganz ähnliche Umstände haben. N” 40 ist übrigens ohnedies unsicher. Zn ee nn A ERWIN REEL — — Wahre Logarithmus des) nu Datum Zenitd. Naus | 98 beob. Verhält. | 7” Name ahre | Zenitd. | oo |N® d. Beob. 2) e: 41845 Juli 31,800 50’) Capella 0,4206,5790 0,4210 |0,001 | Wega 14° 10° Aug. 23173 40) Capella 0,244'9,5814 0,4186 0,006 | Wega 77 5 57, Aug. 23132 29| Wega 0,0090,3812 9,6188 |0,029 | Attair \45 Af 59 Aug. 2474 44| Capella /0,263\9,6610:/0,3390:|0,005 | Wega 25 22 60 Aug. 2580 15 Capella 0,397 9,5410 0,4590 0,001 | Wega 115 17 64 Sept. 1,76 1416| Capella |0,293/9,7006 0,2994 \0,004| Wega 22 42 1131 26) Wega |0,0080,8578 9,1422 |0,797:| Arcturus 86 17 278 6| Capella 0,336 9,8804 0,1196 10,282 | Arcturus 75 42 275 29| Capella Bias pp 0,3102:/0,004| Wega 24 3 71 Sept. pi 1| Wega 0,007 ‚4676 9,5324 | 5 ‚50 46) Capella 0,048. 9,8784 0,1216 . 556 37| Capella |0,075'9,8968 |0,1032 | 75 Nvb. 5145 35| Capella 0,030.0,4162 9,5838 ,0,082 'Aldebaran 57 53 78 Nvb. 29150 3) Capella |0,0459,8864 |0,1136 |0,079| Wega 57 19' 79 Nvb. 29159 42| Wega 0.095.0,4459 9,5541 0,014 | Deneb Bi we 80 Nvb. 29128 51| Capella 0,007 0,0980 |9,9020 |0,290 , Wega 76 6 81) Nvb. 29/25 27 Capella 0.005,0,0054 9,9946 0,148 | Rigel 65 45 83 Nvb. 29117 18) Capella |0,001/9,5892 |0,4108 \0,326 | Sirius 177 43) ‚ 84/1846 Febr. 229,9 Capella | 0 9,4230: 0,5770:)0,083 | Rigel ‚58,0 86 Febr.26/65 46| Sirius 0,1470,6138 9,3862 \0,140 | Rigel 65 3 87 Febr.26,43 5 Procyon 0,023,0,3428 |9,6572 |0,065 |Aldebaranı 54 35 88 _ Febr.2633 25 Capella 0,010.0,1046 9,8954 0,207 | Rigel 71 13) 89 Febr.26/69 30| Sirius |0,185/1,0908 |8,9092 |0,228| Rigel 172 40) 90 Mai 2176,03 | Capella |0,2890,3576 '9,6424 \0,192 | Pollux 70,1 9 Mai 2159,35 | Spica 0.092.0,3903 9,6097 \0,239 | Pollux 73,4 92 Mai 2160,15 | Spica 0,09810,1936 9,8064 0,130 | Regulus 164,0 93 Mai 22,59,0 Spica |0,090,9,6113 0,3887 \0,045 Wega 50,0 94 Mai 2247.1 Wega (0,034 0,6353 9,3647 0,114 | Regulus 162,2 95 Juni 139 33| Wega 0.017 0,4177 9,5823 |0,114| Spica 62 16 96 Juni 1.32 57 Arcturus0,0100,3490 9,6510 0,136, Spica 64 33 7 Juni 1/74 22 Antares 0,257/9,7762 0,2238 |0,234| Spica 73 5 98 Juni 282 50) Capella |0 ‚550)9,8066: 0,1934:\0,180 | Attair 68 58 99 Juni 2\)50 5| Deneh 0.046 9,8622 0,1378 0,145 | Attair 65 28 ‚100 Juni 2,39 50 Arcturus/0,017,0,5991 9,4009 \0,254 | Antares 74 15 101) Juni 2.43 8 Arcturus0,02310,2548 9,7452 |0,031 | Attair 46 8 102 Aug. 2612 46| Deneb | O0 \9,738..:0,262..:,0,017 | Attair 39 52, ug. 10311848 Aug. 771 44 Arcturus (0, 214.0,0875 9,9125 10,017 | Attair 139 Al 104 Aug. 7121 4l| Wega ‚0,00310,3123: 9,6877:,0,018| Attair 40 25, 105 Sept. 21127 15| Wega 0, 006, 0,3242 ee ‚022 | Attair |42 24 106 Sept. 21|16 34| Deneb v, ‚00f 9,8372 0,1628 0,046 | Attair 50 20) 107 Sept. 21,47 52) Wega o, ‚037,0,4320 9, 5680 ‚005 Deneb 24 35 568 II. Beobachtungen des Polursterns. Ir Wahre 8 Verglichner |Zenitd. en 5 Stern a Polaris : * d. vgl.x | ep j | 0 1 Pr Aug. 2 Capella |, 42,1 | 0,021 | 9,7965 | 0,562 | 83,2 2| Nvb. 9 Capella. | 40,6 | 0,018 | 9,1958 | 0,055 | 53,5 4 Nvb. 10 Wega 40,6 | 0,018 | 9,0932 | 0,034 | 47,0 5 Nvb. 10; 84 57 Algol 40,4 | 0,018 | 9,9331 | 0,007 | 29,4 6 Nvb. 17 Aldebaran | 40,8 | 0,019 | 0,0945 | 0,454 | 81,5 7 Nvb. 17 Capella | 40,6 | 0,018 | 9,3370 | 0,104 | 61,0 8| Nvb. 17 Aldebaran | 40,5 | 0,018 | 9,7570 | 0,167 | 67,7 g| Nvb. 17 Procyon | 40,7 | 0,018:| 9,2612 | 0,153 | 66,3 40 Nvb. 17 Capella | 40,8 | 0,019 | 9,2434 0 10,8 41 Nvb. 19 Capella | 40,8 | 0,019 | 9,2230 | 0,134 | 64,4 | 12 Nvb. 19 Wega | 40,5 | 0,018 | 9,0457 | 0,042 | 49,3 14 | Nvb. 20 Wega 40,7 | 0,018 | 9,1042 | 0,022 | 42,3 16 Nvb. 20 Aldebaran | 40,5 | 0,018 | 9,7503 | 0,153 | 66,3 47 “ Deb. 3 Wega | 40,5 | 0,018 | 9,1677 | 0041 | 49,0 18 | Deb. 3 Capella | 40,5 | 0,018 | 9,2389 0,061 | 53,7 | 19 Deb. 4 Capella ! 40,5 | 0,018 | 9,1166 | 0,078 | 57,2 22 Deb. 5 Capella | 40,4 | 0,018 | 8,8277 | 0,047 | 50,5 I 23 Deb. 6 Capella | 40,4 0018| 9,2172 | 0,038 | 47,9 | 24 Deb. 8 Capella | 40,4 | 0,018 | 9,1951 | 0,047 | 50,6 | 26 Deb. 10 Capella 40,4 | 0,018 | 9,2429 | 0,009 | 31,8 | 27 Deb. 18 Capella | 40,4 | 0,018 | 9,1376 | 0,045 , 50,0 30 Deb. 28 Capella | 40,5 | 0,018 | 9,1378 | 0,029 | 45,4 31 Deb. 31 Capella | 40,4 | 0,018 | 9,0286: | 0,013 | 36,5 33 ‚1845 Jan. 27 Capella | 40,9 | 0,019 | 92907 | 0 84 158 | Aug. 24 Wega | 41,6 | 0,020 | 9,1653 | 0,001 | 16,9 61 Aug. 25 Wega | 41,4 | 0,020 | 9,1050 | 0,003 | 20,8 65 Sept. 1 Wega 41,1 | 0019 | 9,1468 | 0,007 | 28,7 82 Nob. 29 Capella | 40,6 | 0,018 | 8,5952 | 0,003 | 21,2 ] Wahre Zenitd. 1845 Aug. 23) 0,200 0,004) Wega 62 Aug. 2577 18 Jupiter 0,316) 0,5617 |0,006| Wega 163 |- Aug. 25/68 4| Mars |/0,180) 0,6474 0,012 67 Sept. 164 21 Jupiter |0,133| 0,7920 68 Sept. 170,3 Mars |0,195) 0,6639 0.038 Wega | 72 Nvb. 448 2 Jupiter 0,038] 0,9809 0,065) Wega 54 39| 9,4338 76 "Nvb 5.39 57 Jupiter |0,017| 0,9700: |0,144| Wega 65 22) 9,4338 77 Nvb. 573,4 Mars 0,239 0,0276: 0,213) Wega |71 38) 9,6181 85 11846 Febr. eg 58 Jupiter 0,180) 0,1614 0,140) Sirius 65 3: 9,7123 Zur leichtern Uebersicht dieses Materials setze ich noch fol- gendes Täfelchen bei, in welchem die Fixsterne nach alphabetischer Orduung ihrer Namen aufgeführt sind, und worin jede Vergleichung doppelt vorkommt. Es ist verglichen Aldebaran mit Capella 1 mal [N® 75]. , (« Tauri) Polarstern 3 mal (6, 8, 16]. Procyon 1 mal [87]. Summe 5 ınal. Algol mit Polarstern. 1 mal [N® 5]. (8 Persei) Antares mit Arctur 1 mal [N° 100]. (« Scorpii) Spica 1 mal [97]. Summe ?2 mal, 570 Arcturus mit Antares 1 mal [N® 100). (« Bootis) Altair 2 mal [101, 103]. Capella 2 mal [49, 69]. Spica 1 mal [96]. Wega 4 mal [50, 51, 53, 66]. Summe 10 mal. Altair mit Arctur 2 mal [N® 101, 1031! (« Aquilae) Capella 1 mal [93]. Deneb 3 mal |99, 402, 106]. Wega 3 mal [57, 104, 105], Summe 9 mal. ° Oapella mit Aldebaran 1 mal |N® 75]. (« Aurigae) Arctur 2 mal [49, 69], Attair 1 mal [98], Polarstern 16 mal [1, 2, 7,10, 11, 18, 19, 22, 23, 24, 26, 27, 30, 31, 33, 82]. Pollux 4 mal [90]. . Procyon 3 mal [36, 40, 46]. Regulus 1 mal [43]. Rigel 4 mal [42, 81, 84, 88]. Sirius 10 mal [32, 34, 35, 37,38, 39, 41, 44, 47, 83]. Wega 21 mal [3, 13, 15, 20, 21, 25, 28, 29, 43, 45, 52, 54, 56, 59, 60, 64, 70, 73, 74, 78, 80]. Summe 60 mal. Deneb mit Attair 3 mal [N® 99, 102, 106). (« Cygni) Wega 3 mal [74, 79, 107]. Summe 6 mal. Polarstern mit Aldebaran 3 mal [N® 6, 8, 16]. («® Ursae minor.) Algol 4 mal [5]. i Capela 16 mal [1, 2, 7, 10, 11, 18, 19, 22, 23, 24, 26, 27, 30, 31, 33, 82]. Procyon 1 mal [9]. Wega 7 mal [4, 12, 14, 17, 58, 61, 65]. Summe 28 mal. - Pollux (3 Geminorum) Procyon (« Canis minor.) Regulus (« Leonis) Rigel (8 Orionis) ‚Sirius (= Canis major.) ‚Spica (« Virginis) Wega (= Lyrae) IE ee m —— mit mit B. Capella Spica Summe Aldebaran Capella Polarstern Summe Capella Spica Wega Summe Capella Sirius Summe Capella Rigel, Jupiter 571 1 mal [N 90]. 1 mal [91]. 2 mal. 1 mal [N® 87]. 3 mal [36. 40, 46]. 1 mal [9]. 5 mal. 1 mal [N® 48]. 1 mal [92]. 1 mal [94]. 3 mal. mal [N? 42, 81, 84, 87]. > 2 mal [86, 89]. 6 mal. 10 mal [N® 32, 34, 35, 37,38, 39, 41, 44, 47, 83]. 2 mal [86, 89]. 1 mal [85]. Summe Antares Arctur Pollux Regulus Wega Summe Arctur Altair Capella Deneb Polarstern Spica Regulus Jupiter Mars 13 mal. { mal [N® 97]. 1 mal [96]. 1 mal [91]. 1 mal [92]. 2 mal [93, 95]. 6 mal. 4 mal [N® 50, 51, 53, 66]. 3 mal [57, 104, 105]. 21 mal [3, 13, 15, 20, 21, 25, 28, 29, 43,45, 52, 54, 56, 59, 60, 64, 70, 73, 74, 78, 80], 3 mal [71, 79, 107]. 7 mal [4, 12, 14, 17, 58, 61, 65]. 2 mal [93, 95]. 1 mal [94]. 4 mal [62, 67, 72, 76]. 4 mal [55, 63, 68, 77]. Summe 49 mal. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, VI. Bd. III. Abth. @2 572 Jupiter mit Sirius 1 mal [N® 85]. Wega 4 mal [62, 67, 72, 76]. Summe 5 mal. Mars mit Wega 4 mal [N® 55, 63, 68, 77]. Rechnet man die Beobachtung des veränderlichen Algol nicht mit, weil sie allein steht und daher vorläufig keinen Werth hat, so kommen noch 14 Fixsterne und zwei Planeten in den Vergleichun- gen vor, und zwar unter den ersteren, neben dem Polarstern, sämmt- liche bei uns sichtbare Sterne erster Grösse mit Ausnahme von « Orionis oder Beteigeuze, der von Herschel als variabel erkannt worden ist, — dann noch einige, die den Uebergaug zur zweiten Grösse bilden, unter welchen jedoch « Piscis austrini (Fomelhut) des tiefen Standes wegen nicht mitgenommen ist. Die Vergleichungen des Polarsterns mit andern Sternen wur- den gleich am Anfange meiner Beobachtungen in der Absicht be- gonnen, da die Höhe des erstern so gut als constant ist, auf mög- lichst einfache Weise zur Kenntniss der verschiedenen Extinctionen zu gelangen, welchen das Licht eines andern, seine Zenitdistanz stark verändernden Sterns, je nach seiner Stellung unterworfen ist. Da sich aber bald zeigte, dass die Vergleichungen mit dem Polar- steru viel weniger übereinstimmende Resultate lieferten, als die an- derer Sterne unter sich, so wurden jene nur mehr wegen des In- teresses fortgesetzt, das ein von allen Astronomen so oft beobach- teter Stern vor andern voraus bat, und dafür, um das Gesetz der Extinctionen vorläufig zu ermitteln, möglichst häufige Vergleichun- gen der beiden Sterne Wega und Capella mit einander angestellt. Diese empfehlen sich durch ihre Stellung, vermöge deren bald die Eine bald die andere hoch am Himmel verweilt, während die au- dere dem Horizont nahe ist, und wieder zu anderen Zeiten beide 573 sich in mittleren Höhen befinden. Ausserdem sind sie nahe gleich bell und die Farben (weissblau bei Wega und gelblich bei Capella) sind nicht so hervortretend, dass sie die Vergleichung bedeutend erschwerten. Da durch diese zahlreichen Messungen zugleich das Helligkeitsverhältniss beider Sterne selbst weit genauer bekannt ge- worden ist, als für irgend ein anderes Paar, so betrachtete ich dann diese beiden als eine Art Normalsterne für meine Beobachtungen, und habe jeden andern zu bestimmenden Stern wenigstens mit Einem von ihnen direct verglichen, den einzigen Antares ausgenommen, dessen Stellung es mir nicht erlaubte. Ausserdem wurden die Beob- achtungen sonst möglichst gekreuzt, um zahlreiche Controlen zu er- halten, und es ist kein Fixstern ‘(Algol abgerechnet) nicht wenig- stens mit zwei andern verglichen worden. Wenn man annimmt, dass in derselben Zenitdistanz von dem Licht aller Sterne ein gleicher aliquoter Theil (Function der Zenit- distanz allein) bei dem Durchgang durch die Atmosphäre verloren geht, und dass die positive Grösse yz den (Briggischen) Logarithmus bedeutet des constanten Verhältnisses zwischen der Helligkeit eines Sterns, im Scheitelpunkt gedacht, und der desselben Sterns in der Zenitdistanz s, so wird jede Verglei- chung zweier Sterne eine Gleichung liefern IV. log. Walıres Helligkeitsverhältniss — log. Beobacht. Helligk. Verh. ht Wasms, wo 3 die Zenitdistanz desjenigen Sterns bedeutet, dessen Hellig- keit man sich im Zäbler des Verhältnisses gesetzt denkt, und 3’ die des andern, ' Hat man dieselben (nicht variabeln) Sterne mebrmals verglichen, so hat die Grösse links für alle diese Beobachtungen denselben (unbekannten) Werth, während rechts bei allen die erste .” 574 Grösse und die Argumente z, 2° der Funktionen yz, yz’ gegeben sind, die Werthe der letztern selbst aber ebenfalls noch ermittelt werden müssen. In dieser logarithmischen Form haben daher die Gleichungen ganz älmnliche Gestalt, wie diejenigen, welchen man bei der Berichtigung einer Thermometerscala nach Bessel's Methode zu genügen hat, doch hat man in unserm Falle den Vortheil, dass die Function 93, welche für s = o nothwendig verschwindet, einen einfachen Gaug haben und mit z zugleich beständig wachsen muss. Um die Werthe, welche sie bei mittlerer Durchsichtigkeit der Luft hat, zugleich mit den noch unbekannten wahren Helligkeitsverhält- nissen der Sterne zu erlangen, muss ein Verfahren successiver Nähe- rung angewandt werden. Wählt man unter den für diesen Zweck angestellten 21 Verglei- chungen von Wega und Capella solche aus, wo die Zenitdistanzen beider nahe gleich sind, also in der obigen Vgl. 92° = gs’ nähe- rungsweise angenommen werden kann (z. B. N° 73, 74, 78), so erhält man einen vorläufigen Werth für den Log. des wahren Hel- ligkeitsverhältnisses beider Sterne, der sogleich noch etwas ver- bessert werden kann, wenn man aus je zwei solchen Beohachtungs- gleichungen, in welchen s und z’ nahezu ihre Werthe tauschen, die Mittel hinzunimmt. Auf solche Weise kann nun die linke Seite der Gl. IV. einstweilen als bekannt angesehen werden, so dass man aus derselben für eine Reihe von gegebenen s und 2’ die yz — y3’ erhält. Die beiden hier vermischten Functionalwerthe trennen sich am leichtesten durch eine graphische Methode: man denke sich die Wertbe der Zenitdistanzen als Abseissen, die der zugehörigen gz als Ordinaten einer Curve, welche nothwendig im Anfangspunkt die Abscissenaxe berühren ‚muss. Vernachlässigt man nun in irgend einer der Beobachtungsgleichungen, welche zwei beträchtlich ver- schiedene Zenitdistanzen enthält, und die jetzt, wie alle andern, die. 575 Form angenommen hat: 95 — 93° — einer gegebenen Grösse, für den Augenblick dasjenige y, welches zur kleinern Zenitdistanz ge- hört, und nothwendig selbst das kleinere ist, so erhält man den Werth des grösseren, also einen zweiten Punkt der Curve, und wenn mau durch diesen und den Berührungspunkt mit der Axe eine continuirliche Linie legt, kann man an ihr den Werth des so eben vernachlässigten g ablesen, und damit die Lage des zweiten Punkts, durch den die Curve gelegt wurde, sogleich wieder etwas berich- tigen. Wird dies Verfahren auf die verschiedenen Gleichungen an- gewendet, welche das Sternpaar liefert, so erlangt man einen mitt- leren Zug für die Curve, an welcher sich nun für beliebige Abs- eissen s die Ordinaten ys ablesen lassen, und so eine vorläufige Tabelle der Extinctionen geben. Der von mir hiebei gebrauchte Näherungswerth für Log. Men war 9,920 und die Ablesun- gen der Curve, (bei deren Bildung ich auch die Beobachtungen des Arcturus zum Theil zugezogen hatte), von 8 zu S Graden gemacht, und sogleich nach den Differenzen eiwas corrigirt, gaben folgendes Täfelchen: 3 g2 3 93 0 RUDE 48°... 0,048 8... 20,002 90°... 0,078 16 FARO Sr 22 FERROT 2». ..0,229 32°... 0,019 80 ... 0,400 40 ... 0,030 ET: _ Von hier aus wurde nun eine ausführlichere Tabelle von Grad zuGrad interpolirt und aus derselben die Werthe der g für sämmtliche in den Vergleichungen der Sterne erster Grösse unter sich vorkom- mende Zenitdistanzen entnommen. Die Resultate, nach Gl. IV. jetzt 576 von dem Einflusse der Extinetion des Lichtes befreit, wurden hier- auf (immer in der logarithmischen Form) je nach den Sternpaaren, auf welche sie sich beziehen, geordnet, und indem ich dabei von den Sternen ausging, welche am sichersten bestimmt sind, und nach und nach an sie die andern anreihte, (wobei allen Beobachtungen, welche wegen tiefen Standes eines Sterns, oder aus andern Grün- den von vornherein verdächtig waren, das halbe Gewicht der übri- gen beigelegt wurde) — erhielt ich der Reihe nach folgende vor- läufige Werthe für die Logarithmen der respectiven Helligkeiten *): log Wega = 0,000 (Dieser Werth ist willkührlich angenommen, indem ich das Licht Wega's als des, meinen Messungen nach, hellsten Sterns nörd- lich vom Aegnator, zur Einheit der Helligkeit wählte) — R log Capella = 9,918 Sirius — 0,680 Arctur — 9,936 Spica — 9,670 Regulus = 9,488 Antares = 9,523 Attair — 9,679 Deneb — 9,489 Pollux — 9,446 Procyon = 9,887 Aldebaran — 9,564 *) Näheres Detail brauche ich hierüber nicht anzuführen, da es sich hier nur um die Ableitung vorläufiger Nüherungswerthe handelt, die nachher ver- bessert werden, und von welchen es desshalb im Grunde gleichgiltig ist, wie man zu ihnen gelangt. 577 Die Beobachtungen des Rigel, über welche später, sind hier nicht mitgenommen, weil ihr auflallender Mangel an Uebereinstim- mung eine Veränderlichkeit des Sterns sehr wahrscheinlich macht (vgl. $. 5. B.); auch konnte die Beobachtung N 66 über den Unter- gang des Arctur hier nicht mitbenützt werden, weil sie diejenige ist, in welcher die grösste Zenitdistauz vorkommt, daher sie über die Werthe der Extinetion in sehr grosser Nähe am Horizont den einzigen Aufschluss gibt, und sonst nichts lehren kann. Nimmt man nun diese worläufigen Sternwerthe und die auf die oben ange- gebene Weise erhaltenen Extinctionen einstweilen als richtig an, so kann man nach Gl. IV. den Fehler für jede einzelne Beobachtung berechnen. In der folgenden Tabelle sind diese Fehler, ausgedrückt in Einheiten der dritten Decimale des Logarithmus, und so angesetzt, dass das Zeichen + eine grössere Absorption des Lichtes in den tiefern Gegenden des Himmels bei der Beobachtung als im mittlern Zustand, auf den sich die Tafel bezieht, andeutet: (oder mit andern Worten: denkt man sich immer den tiefer stehenden Stern in den Zähler und den höher stehenden in den Nenner der Verhältnisse in IV. gesetzt, so sind folgende Zahlen die Unterschiede, welche man durch Abziehen der rechten Seite der Gleich. von der linken erhält) N° Rechn. — Beob. N® Rechn. — Beob. us: ; —: 3 PISTEN ER — 45 Alan. 8 rat: 1 UT RR — 17 2ER — 22 A N — 36 BAR — 133 A or 35.1, 2947 BON —'10 BO. G = 108 578 N Rechn. — Beob. N Rechn. — Beob. Re Ttie Lie — 65 PER EN Anaakıle ih 39... 52 TI nei io AD) an — 28 7 Suiarg: — 63 Ah. td Fe Mer ME) une m — 27 SS CMBRIIERS — 110 Anl: ad Flanken 45...4+ 10 EWR .—.8 Ay as ee 90 an Adult. sur sh. 7-04 a a a. — ar Peg AN in Dash er Sie DA. ae 5. HE: 30 rat "Ash0 ori GB a = Eu — 42 Dänen Ih 58 hie sah m 98... + 117 Erst u 9... oh 40 57... 39 100... — 5 Ihe — 10 ADiilch —. 8 60... — 26 102... sms —. 99 BA. — 82 103 ı — 26 BB... 5 104... -— a1 TOgofi » — 55 10... — 18 Am. 28 106 4. — 23 1075 et 43 Der Gang dieser Grössen, unter welchen Anfangs die nega- tiven, dann die positiven vorberrschen, hierauf eine Weile Schwan- ken eintritt, und zuletzt wieder die Minuszeichen überwiegen, 579 scheint auf eine mit der Zeit in längeren Perioden veränderliche Durchsichtigkeit der Luft hinzudeuten. Von der Jahreszeit, wie man glauben könnte, verräth aber dieser Wechsel keine Abhängig- keit, wie man sich bei Vergleichung der Daten der Messungen über- zeugen kann. Ob vielleicht ein Zusammenhang mit den Schwan- kungen des Barometerstandes erkennbar ist (von welchem nach Laplace's Theorie die Extinctionen abhängig seyn müssen — wor- über später —) und also in Zukunft durch Berücksichtigung des- selben eine grössere Uebereinstimmung der einzelnen Beobachtungen zu erwarten wäre, babe ich für jetzt ausser den Gränzen meiner Untersuchung gelassen, und werde darauf vielleicht bei andrer Ge- legenheit zurückkommen. Hingegen habe ich die obige Fehlertabelle zu einer Correction der vorläufigen Extinctionstafel mit Berücksich- tigung des Ensemble's aller darin enthaltenen Beobachtungen be- nützt. Ich bildete zu diesem Ende eine Tafel mit doppeltem Ein- gang, indem ich sowohl in horizontaler als in vertikaler Richtung die Zenitdistanz zum Index nahm. In diese Tafel trug ich alle oben aufgeführten Fehler an den Stellen ein, welche den beiden Zenitdistanzen der Beobachtung gleichzeitig entsprachen, so dass jeder zweimal darin zu stehen kam (Einmal über und Einmal unter der Diagonale der Tafel), und zwar Einmal mit dem Zeichen + und Einmal mit —, nämlich immer so, dass wenn man ihn mit dem gesetzten Zeichen als Correction an dem 9 der vertikal stehenden Zenitdistanz, oder mit dem umgekehrten an dem der horizontal stehenden, anbringen würde, die betreffende Beobachtung genau dar- gestellt wäre. (Dabei kommen alle Fehler mit dem Zeichen der obigen Tabelle auf die Eine, und mit dem entgegengesetzten auf die andere Seite der Diagonale.) Nachdem dies geschehen war, wurde untersucht, ob in gewissen horizontalen oder ver- tikalen Richtungen Fehlerzeichen einer bestimmten Art vorherrsch- Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 74 580 ten. *) In der That war auf solche Weise eine negative Correc- tion der Werthe von g in der Gegend z — 42° angedeutet, unge- fähr == — 0,013. Um so viel wurde hiernach der Werth von 942° geändert, wohei die benachbarten gleichfalls ähnliche, aber nach beiden Seiten von 42° abnmehmende Verbesserungen erhalten muss- ten, um die Regelmässigkeit der Differenzen nicht zu beeinträch- tigen. Nach dieser Correction stellte sich die, bisher mehr ver- deckte, Nothwendigkeit einer Verkleinerung der Extinctionen ‚in grossen Zenitdistanzen (um s — 75° her) gleichfalls heraus, und in dieser Art wurde aus der früheren Tafel für die Extinctionen die folgende definitive abgeleitet **): *) Dabei darf aber Fehlern, welche sehr nahe der Diagonale stehen, kein Gewicht beigelegt werden, weil diese nicht durch Irrihimer der Reduc- tion, sondern durch störende Einflüsse bei der Beobachtung sich erklären. **) Nur das letzte Ende der Tafel, von z = 80° an, hat nachher noch eine eigene Verbesserung und Erweiterung erhalten, über welche späler $.5, A. Die im Texte gegebene Tafel enthält schon durchaus meine definitiven " Werthe. 581 Tafel für die Extinction des Lichtes in der Atmosphäre. Bis zu z = 13° sind die Werthe von 9% unmerklich. 13° 0,000 23° 0,006 43° 0,023 58° 0,083 73° 0,233 14 0,001 29. 0,007 44 0,026 59 0,090 ?| 74 0,249 19 15 0,001 30 0,007 45 0,028 60 0,097 | 75 0,268 1° 16 0,001 31 0,008 46 0,031 61 0,104 7 | 76 0,288 2° 17 0,001 32 0,009 47 0,034 62 0,112 8 | 77 0,309 21 18 0,002 33 0,010 48 0,038 63 0,121,09.1..%28 „0,333 £% 19 0,003 34 0,011 49 0,041 64 0,130- % | 790,359 2® | 20 0,003 35 0,012 50 0,045 65 0,140 1° | 80 0,388 ?° 21 0,003 |; 36 0,013 | 51 0,049 | 66 0,150 1° | 81 0,428 *° 22 0,003 37 0,014 52 0,053 67 0,160 *° | 82 0,484 5% 23 0,004 38 0,015 53 0,057 68 0,170 1° | 83 0,549 65 24 0,004 39 0,016 54 0,062 69 0,180 1° | 84 0,616 97 25 0,005 40 0,017 55 0,067 70 0,191 11 | 85 0,684 ®® 26 0,005 41 0,019 56 0,072 71 0,204, 23 „|. 36 0,754 7% 27 0,006 42 0,021 57 0,077 22218 28 0,006 | 43 0,023 | 58 0,083 73 0,233 15 Die Zahlen dieser Tabelle haben auch darin einen Vorzug vor denen der früheren, dass sie der Curve eine etwas bessere, d. h. regelmässiger aussehende, Gestalt geben. Die Summe der Quadrate aller Fehler, früber — 0,2629, wurde durch diese Berichtigung herabgebracht auf 0,2536. Aus dieser definitiven Tabelle sind die Wertbe der % in dem Anfangs dieses $. gegebenen Tableau der Beobachtungen überall sogleich beigesetzt worden. 74* 582 Die Grössen y3 sind unmittelbar Logarithmen der Factoren, mit welchen man die Helligkeit eines in der Zenitdistanz s ge- sehenen Sterns multipliciren muss, um die Helligkeit zu erhalten, mit welcher er im Scheitelpunkt erscheinen würde. Es verhält sich also z. B. die Helligkeit eines Sterns von 3 — 45° zu der Zeni- talhelligkeit wie 15 : 16; bei 60° hat man noch # der grössten Helligkeit; bei 75° ungefähr 3; bei 769,6 . . 4; bei 86° nur mehr a Dass übrigens die letzten Werthe der Tafel die unsichersten sind, versteht sich von selbst. Wenn nur die möglichst genaue Be- stimmung der verhältnissmässigen Helligkeiten der Sterne beabsich- tigt worden wäre, hätte bei Zenitdistanzen, welche 80° erreichen und sogar überschreiten, nie beobachtet werden dürfen. Nachdem der mittlere Lichtverlust in jeder Zenitdistanz jetzt ziemlich genau bekannt geworden ist, müssen nun die für die Stern- helligkeiten ‘zuvor gefundenen Zahlen ebenfalls verbessert werden. Das folgende Schema enthält die dazu nöthigen Resultate der einzelnen Vergleichungen, definitiv reducirt auf gleiche Zenitdistan- zen und immer in solcher Form, dass die angesetzten Zahlen den Logarithmus bedeuten des Verhältnisses der Helligkeit des zuerst genannten Sternes zu der des zweiten; wobei mit: diejenigen Beob- achtuugen bezeichnet sind, welchen ich bei der Berechnung nur halhes Gewicht gab, entweder weil sehr grosse Zenitdistanzen darin vor- kommen, oder weil sie schon im Journal als verdächtig (z. B. we- geu Wolken) bezeichnet sind. Um nicht dem Tadel einer Aus- wahl des Materials zu unterliegen, habe ich nur diese zweierlei Gewichte, 4 und 1, angenommen, und nichts ausgeschlossen. 583 1) Capella gegen Wega. 3) Arctur gegen Capella. Ne 3..:..5:/9,930 No 49... . 9,999 43 .. „ 4929941 637 „2 2.717,066: 13 . DS Mittel 0,021; Gew. 1, 5. 20°... FET9956 A FFRIILT 4) Spica gegen Wega. 23.... 9,901 N® 93... .. 9,656: 28 :...9,871: 95... 9,679 29 ... 2301069: . Mittel 9,671; Gew. 1, 5. .- ae wie 5) Spica gegen Arcturus. . MIO: ” a. 52... 30937: N® 96... ...9,777; Gew. 1. 54... . 9998: 6) Regulus gegen Wega. 56... . 9,819: N° 94.... 9,445:.Gew.. 0, 5. Im... a9: 7) Regulus gegen Capella. 60... . 9,937: N’48.... 9,608; Gew. 1. 64... 9990: 70... .. 9,964: 8) Regulus gegen Spica. ee 9,851 N® 92:,1.,94 9,838; Gew. 1. HA. sun 4926 9) Antares gegen Spica *). AB) una 9,852 N® 97 2... .9,799: Gew. 0, 5. Fi LER 10) Antares gegen Arctur. Mittel 9,920; Gew. 15. N’ 100... . 9,638: Gew. 0, 5. 2) Arctur gegen Wega. 11) Altair gegen Wega. 9 50 ,.:.:.4:: 9,928 Ne 572.62... „9.689 91, 29908 104 7m... 9,708: 93°... .BOJTTE 105%, 1822 91692 Mittel 9,926; Gew. 2, 5. Mittel 9,673; Gew. 2, 5. *) Bei der Beob. N” 97 hatten beide Sterne ziemlich nahe gleiche Zenitdistanz, so dass mit einigem Grund ihr ein grösseres Gewicht als der Vgl. N® 100 mit Arctur zur Be- stimmung des Antares gegeben werden könnte. Aber theils weil die Acimute zu ver- schieden waren, als dass mit gehöriger Sicherheit anzunehmen wäre, dass die Abwei- chungen der yz von den mittlern Werthen sich aufheben, theils weil die Vgl. N® 100 den Vortheil der gleichen (rothen) Farbe beider Sterne voraus hat, habe ich auch das Gewicht von N® 97 nur = ! gemacht. 584 12) Altair gegen Capella, I... Sirius gegen Capella. N° 98... ...,9,823: Gew. 0, 5. N®,32. ı 98 0770 13) Allair gegen Arctur. < + 0,884 N® 101 2... 9,753 RE un 103... ... 9,716: WER Dr 38... . 0,660 Mittel 9,741; Gew. 1, 5. 39... 220,706 14) Deneb gegen Wega. 4... 0,668 No 2.22. 9,58: 4 .....0,209 9.....9473 AT... . 0,706 107 2... 9,536 ee Mittel 9,509; Ge wa - Mittel 0,744; Gew. 9, 5. 15) Deneb gegen Altair. TI’. Procyon gegen Capella. N® 9....9,763 N® 36..... 0,069: 102... .. 9,721: 40... . 9,998: 106 . . . . 9,792 46... . 9,873 Mittel 9,766; Gew. 2, 5. Mittel 9,953; Gew. 2. 16) Pollux gegen Capella. IT’. Aldebaran gegen Capella. N®.90.........9,5455 Gew. 1: N 2,75... .2%2963651,Gew. 1: 17) Polluxz gegen Spica. III‘. Aldebaran gegen Procyon. NIE TIGE: 1. N® 87... . 9,699; Gew. 1. Aus allen diesen Vergleichungen sind jetzt die wahrschein- lichsten Werthe für die darin vorkommenden Sterne zu berechnen, Sie zerfallen zu dem Ende in drei von einander geschiedene Sy- steme, von welcheu das erste, 17 Mittelgleichungen enthaltend, ausser der bekannten Helligkeit von Wega — 1 noch 8 Unbekannte ent- hält, während das zweite die Helligkeit des Sirius von der im ersten System gefundenen Helligkeit Capella's allein abhängig macht (da die Beobachtungen von Rigel, der ebenfalls in diese Groppe gehören würde, nicht auf gleichem Fuss mit den andern be- handelt werden dürfen). Das dritte System endlich verbindet Pro- 585 eyon und Aldebaran ebenfalls mit dem Werthe von Capella allein. Da das zweite nur eine einzige Gleichnng enthält, werden also nur die beiden andern, von 17 Gleichungen mit 8 Unbekannten und resp. von 3 Gleichungen mit 2 Unbekannten, nach der Methode der kleinsten Quadrate zu lösen seyn. Setzt mau zu dem Ende, indem immer Wega die Einheit bildet, log Capella — 9,920 + zum Arctur — 9,936 + m Spica — 9670 + u Attair — 9,679 + m r Regulas — 9,488 + jun Deneb = 9,489 + En Pollux = 9,446 + u Antares — 9,523 + 0 so bilden c, A, S, a, r, d, p, « die 8 Unbekaunten des ersten Sy- stems, für welche die obigen Mittel 17 der Strenge nach lineäre Bedingungsgleichungen liefern (das Letztere ist Vortheil der Ein- fübrung der Logarithmen statt der Verhältnisszahlen selbst), welche so stehen: 1) a I A [30] 9))e —-S=—54...[1l] 2) Az -10...[5] 10)e — A— +51...[1] YA ocoz=+ 5...[3] 1) 8 =.6... [5] 4) Se all mar [3] 12) a— ce = +64... II —-A= +4... [2] 3) a —Az= — '2...ß8] ehror = 43 2. [1] 14) d = +%0...[ö] rer 0...12 15)d— a = — 44...[öl 9) r —-— SZ +90...[2] 16)p-e=-+19...[2] c mp —-S=-—-1...% 586 wo die in den [|] beigesetzten Zahlen die verdoppelten Gewichte sind. Leitet man, mit Rücksicht auf letztere, die 8 Normalgleichun- gen nach der Methode der kleinsten Quadrate ab, so heissen die- selben: 1) BC 4 RER 43 an an. re 2) 30 1 RR de Paar a — «——166 3)... — 2A 08 PO EHralisge). ion I — 4 y—ıc— Mn, bie. ri — + 248 5) — 2c — 28 a cc —+ 77 EEE a Er, — — 120 D—2e Me Re +9p...— 0 8) Br Br TE +le=— 3 Da die Coefficienten links ziemlich einfache Zahlen sind, be- sonders bei Einigen der Unbekannten, so ist die Auflösung durch successive Elimination mit verhältnissmässig wenig Mühe verbunden. Nachdem ich der Reihe nach p, a, S, c, r, @, A fortgeschafft und also zuerst d gefunden hatte, fanden sich die Werthe, welche den 8 Gleich. Genüge leisten, wie folgt: d — — 4,84 A = — 6,53 (be Dan. Bu 4 Ei a 3 FT en ll 3 2 Bu en nn a — + 14,31 p= + 7,66. Indem also jetzt unter anderm die Verbesserung raı >= —_— der Helligkeitszabl von Capella bekannt war, konnten nun auch für Sirius so wie für Proeyon und Aldebaran die Werthe gerechnet werden und es ergaben sich nach Anbringung der gefundenen Cor- rectionen die definitiven Werthe, jetzt nach der Grösse geordnet, wie folgt: 587 Verhältnissmässige Helligkeiten der Sterne erster Grösse. Logar. Nuiner, Sirius . Sl 0,000 NO Wega . 515 .270,000107:9* 1,000 Arctur 20.397989 De. 20,550 Gapella +". 7%9:97916»2:. ..\ 0,824 Procyon .... 9,866 0... . 0,735 Attair 2er. 9,698: 370,494 Spica EHE 20 9,689117. . FM 489 Aldebaran ..... 9,598 6... . 0,362 Antares RR ATREN AM OH,33T Regulus ....9,5096.... 0,323 Deneb N. HAST .r# 0,305 “ Pollux ART . 0,284 Mit diesen definitiven Werthen für die Sterne und der berich- tigten Extinctionstafel habe ich nun wieder nach der oben aufge- stellten Gl. IV. alle einzelnen Beobachtungen verglichen und die übrig bleibenden Fehler abgeleitet. Indem sie, wie bei der frühern Tabelle, wieder in Einheiten der dritten Decimale des Logarithmus angesetzt und auch die Zeichen verstanden wurden wie zuvor, er- gaben sie sich jetzt wie folgt: N Rechn. — Beob. N Rechn. — Beob. Zune; — 14 32.08. — %6 LEN Se — 5 BAR. > — 140 Dr. — 22 Sowa..H — 267 RO: — 40 36 34 — 119 an a; BE 37.2.4292 Ben. een Bd BB... las 39 4... + 38 29...4153 10... Abhandl. d. I. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. UI. Abth. 10 588 N Rechn. — Beob.“ N? Rechn. — Beoh. a. PART 13:.:.28 ASPeE: Re — 40 eygeise're — 164 A. he 3 De Bm 45... 100 Sl war —101 AD ee 47 5er Be SR: 8...-+045 REIT ER 49: .- geld. b Ye 50... 0 OR u — 17 B1...4 238 93... rl Dreh — 4 94 ....+:65 EE — 41 95...-410 ee — 83 IH. ce — m ER: 02: chi re za gg... 46 Be — 8 GO — 238 I) — 21 100... I) 6... Bu} 107°... 1 ABI Bla. a. Zul) Burae — 48 AI nr — 48 ee | 104... u IE Fall: 08 105 De — 10 1068. + 4 107...4 52 Die Summe der negativen Fehler (= 1561) übertrifft die der positiven (— 1213) nicht unbedeutend, das Uebergewicht rührt aber nur von den unsichersten Beobachtungen her, denn rechnet man die- jenigen (an der Zahl 5) nicht mit, deren Fehler 0,100 übersteigen, 589 so wird die negative Summe — 1034, die positive + 1060. Die Anzahl der negativen Fehler ist 33, der positiven 29, und Einmal kommt 0 vor. Im Ganzen siud jetzt auch die Zeichen in ihrer Auf- einanderfolge etwas mehr, als zuvor, gemischt, doch ist ein periodi- sehes Vorherrschen des Einen oder des audern noch immer wahr- nehmbar. Die Summe der Quadrate aller Fehler, welche ursprüug- lich war 0,2629, und durch die Verbesserung der Extinctionstafel herabging auf 0,2536, ist jetzt nach Ausgleichung der Zahlen für die Sterne weiter gesunken auf 0,2485. Der mittlere Fehler für Eine Beobachtung wird hiernach 0,0628 und der wahrscheinliche + 0,0424; so nämlich wenn man gar keine Beobachtung verwirft. Schliesst man aber nur die einzige Vergl. N° 35 zwischen Capella und Sirius aus, welche einen exorbitanten und die Quadratsumme unverhältuissmässig vergrössernden Fehler hat, und bei welcher auch (s. die Aufzeichnung des Journals) mehr als genügender Grund dazu in den Umständen der Beobachtung selbst liegt *), — so wird der wahrscheinliche Fehler um # kleiner, — + 0,03606, und dass dieser Werth in der That der wirklich anzunehmende ist, beweist auch die Vertheilung der Fehler, welche in auffallender Weise mit den Ergebnissen der Wahrscheinlichkeits- Rechnung übereinstimmt. Nach diesen sollten nämlich (Vgl. unter Anderm Eucke, Astr. Jahrb. für 1834) von den im Ganzen 62 Fehlern liegen zwischen den Gränzen: *) Es war bei dieser Beobachtung um Sirius her in einem Opernglas von etwa 4 maliger Vergrösserung zuletzt ein heller Schein, eine Art Hof, sichtbar; überdies waren die Quadratschuber nicht in Ordnung; vgl. die Bemerkung im Journal bei der Vergleichung Oapella mit sich selbst vom gleichen Tage 75* 590 +4.%x wahrsch. F.... 16,4 Febler. In der That liegen unter 0,018... 22 +1.%x wahrsch.F....31,0 » „ie, 19, .- » 0,036 ... 30 + 2.x wahrsch.F....51,0 » 3 Bye; 5 00,072. 541 +3.x wahrsch.F....59,3 AN Bu 5 „ 0,108...59 Ebenso soll nach ‘der :Probalität der. wahrscheinliche Fehler sehr nahe seyn — 0,345 X arithmetisches Mittel aller Fehler ohne Rücksicht auf das Zeichen. Dieser Werth wird 0,0372, oder, wenn N 35 ausgeschlossen wird, 0,0342. Endlich der Kebler, welcher iu der Reihenfolge nach der Grösse die Mitte einnimmt, ist 0,038, eben- falls mit dem abgeleiteten wahrscheinlichen sehr gut übereinstimmend. Die für den wahrscheinlichen Fehler des Logarithmus gefun- dene Grösse 0,0361 ist — log = Das aus einer einzelnen voll- ständigen Beobachtung abgeleitete Helligkeitsverhältniss zweier Sterne wird also durchschnittlich ungefähr um seinen 12” Theil von der Walırheit abweichen können, wobei es übrigens keinen Zweifel lei- det (in Anbetracht der Uebereinstimmung, welche die einzelnen zu derselben Beobachtung gehörigen Einstellungen unter sich zeigen), dass der geringere Theil dieser Unsicherheit auf Rechnung der Beobachtung, der grössere aber auf Seite der Reduetion fällt, bei welcher für g3 immer dieselben Mittelwertbe angenommen sind, während in Wahrheit die Durehsichtigkeit der Luft von einem Tag auf den andern variirt. Künftige Messungen werden leicht eine grössere Genauigkeit hoffen lassen: bei den meinigen waren die Umstände im Allgemeinen durchaus nicht die vortheilhaftesten, in so ferne ich, wie mehrmals erwähnt, Anfangs in der Auswahl der Nächte keineswegs sernpulös war, ferner oft absichtlich tief stebende Sterne beobachtete, um die Extinction des Lichtes auch in grösserer Nähe am Horizont kennen zu lernen, und endlich weil die von mir beobachteten Sterne erster Grösse, da sie überhaupt sparsam am 591 Himmel vertheilt sind, durchschnittlich grosse Entfernungen haben. daher der Einfluss von stellenweise ungleichmässiger Durehsichtig- keit der Atmosphäre hier mehr als in andern Fällen zu fürchten ist. Indess scheint mir für den Augenblick die erlangte Genauig- keit schon ziemlich befriedigend, Von den Zahlen der obigen Sterntabelle muss ich neben der für Antares, dessen tiefer Stand ungünstig wirkt, die für Procyon gefundene für die unsicherste halten, da seine drei Vergleichungen mit Capella nicht gut übereinstimmen. Wahrscheinlich ist sein an- geseizter Werth eher etwas zu gross als zu klein. 4. Unter meinen 21 Vergleichungen zwischen Wega und Capella sind nur zwei, welehe den Stern des F'uhrmanns heller als den der Leier geben (s. die obige Zusammenstellung), und diese beiden ge- hören zu den unsicherern. Ich kann daher nicht zweifeln, dass für mein und Herrn Leonhard’s Auge Wega ganz entschieden der hellere Stern ist. Wenn daher andere Beobachter nach dem Ur- theil des freien Auges (welches bei mir ebenfalls für « Lyrae ent- scheidet) Capella heller schätzen, nachdem sie zum Theil früher umgekehrt geurtheilt hatten (vgl. Kosmos IH. p. 254 u. p. 262), so möchte ich eher an eine Veränderung in der Empfindlichkeit des Anges als in dem Glanze der Sterne selbst glauben. Uebrigens scheint mir solches Urtheil, auch wenn die Sterne gleiche Zenit- distanz haben, bei nahe gleich hellen, aber verschieden gefärbten Sternen ausserordentlich trügerisch. Wenigstens bin ich mir bei ähnlichen Versuchen oft eines unwillkührlichen Antriebs bewusst geworden, demjenigen Sterne den Vorzug zu geben, dessen Licht mir das schönere schien. Es ist mir auch von anderer Seite be- kannt geworden, dass das Auge in der Beurtheilung der Helligkeit 592 verschiedener Flammen ähnlicher Bestechung ausgesetzt ist, wo nicht selten der einfache Versuch, bei dem einen oder dem andern Lichte feine Schrift zu lesen, das erste Urtheil geradezu umstösst. Hat man die Lichtflächen im Photometer vor sich, so überzeugt man sich leicht, dass ein solcher, ich möchte sagen moralischer, Einfluss auf die Beobachtung jedenfalls in viel engere Grenzen gewiesen ist; denn eine geringe Verschiebung des einen Objectivschlittens, welche das Zahlenresultat noch nicht bedeutend alterirt, macht die Helligkeit der einen Scheibe so sichtlich grösser als die der andern, dass jede Vorliebe für das Eine Licht schweigen muss. Am gröss- ten bleibt die Unsicherheit in Ansehung der rothen Sterne, weil bei diesen die Farbe am stärksten vortritt. Bei dieser Gelegenheit muss ich auch Etwas über die Farbe von Sirius sagen, von welcher man bekanntlich annimmt, dass sie seit den alten: Zeiten sich verändert habe, weil Ptolemäus ihn den rothen Sternen anreiht. (Vgl. Kosmos HE p. 169 u. 204.) Es ist aber auffallend, wie verschieden selbst neuerer Zeit die Farbe die- ses schönen. Sterns angegeben wird. So bezeichnet ihn Olbers *) als gelbgrün, Humboldt (a. a. O.) als vollkommen weiss, während Prof. Leonhard und ich darüber einig sind, ihn bläulich, selbst mit einem Stich in’s Violete, zu nennen. Die zweite dieser Angaben mag sich allenfalls mit jeder der beiden andern vertragen, in so ferne wir bei Nacht Nichts zur Vergleichung haben, was der De- finition nach weiss genannt werden müsste, wie bei Tage die Strah- len der Sonne. Aber gelhgrün könnte ich das Licht des Sirius un- möglich nennen, und: habe auch von Alleu, denen ich den Stern zeigte und sie darüber fragte, gleiche Antwort erhalten. Gleich- *) Zach, Monatl, Correspondenz Bd. VIII. p. 304. 593 wohl wird kaum Jemand glauben wollen, dass die Farbe sich seit 1803 (von welchem Jahre der Aufsatz von Olbers „Mars und Alde- baran“ ist) verändert hat. Könnte sich nicht der Unterschied der verschiedenen Angaben, auch der alten von den neuen, dadurch er- klären, dass Sirius, als der hellste Stern unter den Fixen, zugleich der funkeludste am ganzen Himmel ist, und sein Licht in verschie- denen Farben spielt, von welchen nach der Individualität des Be- trachtenden diese oder jene mehr Eindruck macht? Im Laufe des letzten Winters 1850 —51, wo ich ihn oft desshalb ansah, schien mir im Allgemeinen.eine blaue Farbe sehr ausgesprochen, zuweilen auf Augenblicke eben so sehr, als die rothe von Beteigeuze oder Aldeharan, in andern Momenten, bei etwas tiefem Stand, funkelte aber auch « Canis maj. vielleicht eine halbe Seeunde lang in so entschieden rother Farbe (die freilich nicht dauernd war), dass mir die Angahe des Piolemäus seit dieser Wahrnehmung weit weniger auffallend ist; denn dem, welcher mehr gelegentlich als mit beson- derer Absicht die Farbe bemerkt, wird immer die rothe am auf- fallendsten seyn. Eine gewisse Unwahrscheinlichkeit bleibt bei die- sem Erklärungsversuch ohne Zweifel; dass aber die Annahme einer Farbveränderang des Sterns gleichfalls viel innere Unwahr- scheinlichkeit hat, kann man sich eben so wenig verhehlen *). — Bei der Neuheit photometrischer Messung am Himmel überhaupt wird es Interesse haben, neben die von mir für die Helligkeitsver- hältnisse der Sterne gefundenen Zahlen diejenigen gestellt zu sehen, welche andere Beobachter erhalten haben. Da die von Humboldt *) Vgl. auch Sir John Herschel in den Astron. Nachr. N® 372; der wegen derselben Unwahrscheinlichkeit sich zu der Annahme neigt, dass die rothe Farbe Wirkung eines dazwischen getretenen Mediums war, 594 (A. N. NP 374) erhaltenen Werthe keine solchen Verhältnisszah- len sind, sondern sich auf eine willkührliche Scala beziehen, ge- hören hieher eigentlich nur die von Herschel aus seinen Beohach- tungen mit dem Astrometer am Cap der guten Hoffnung abgeleiteten Resultate. Ich entnehme dieselben aus p. 367 des; Werkes über die Cap- reise, dessen werthvollen Besitz ich der Güte des Verfassers ver- danke, habe aber die Herschel'sche Einheit (welches die Helligkeit des Sterns & Centauri ist) dadurch auf die meinige reducirt, dass ich das arithmetisebe Mittel aller Correctionen anwandte, welche man zu den Logarithmen der Herschel’schen Zahlen legen muss, um meine Logarithmen zu erhalten*). Noch setze ich zur Verglei- chung auch diejenigen Zahlen her, welche ich durch eine gleiche Reduction auf meine Einheit aus den- von ‚Steinheil p. 24 der „Ele- mente der Helligkeitsmessungen“ mitgetheilten Grössen erhalte. Die dort unter der Ueberschrift „Lichtflächen-Dorchmesser“ gegebenen Grös- sen sind den Verstellungen der Objectivschlitten proportional, sie müssen daher erst quadrirt werden, ehe die Reduction der dortigen Eiuheit (Polarstern) auf die meinige gemacht werden kann. Uebrigens darf ich nicht verschweigen, dass Hr. v, Steinheil selbst auf seine Zah- len, die nur auf einzelnen Beobachtungen ohne Reduction wegen Zenitdistanzen etc, beruhen, gar keinen Werth legt, sondern sie am angeführten Orte nur eines Bechnungsbeispiels wegen aufgenom- men hat. Die Zusammenstellung ist nun folgende: *) Dieses Mittel ist —= + 0,090 = log. 1,23, so dass die Annahme « Cen- tauri = 1,23 Wega oder Wega— 0,813 « Centauri die beiderseitigen Beob- achtungen in möglichst gute Uebereinstimmung. bringt. Herschel Steinheil Seidel Sirius 4,99 1,482 4,57 Wega [0,55]9 1,18 1,00 Arctur 0,89 0,94 0,85 Capella RR 0,54 0,82 Procyon 0,64 0,66 0,73 Attair -0,43 en 0,49 Spica 0,38 0,53 0,49 Aldebaran ... 0,32 0,36 Antares 0,50 0,23 0,34 Regulus ak 0,36 0,32 Deneh ba 0,36 0,30 Pollux ER e Er 0,28 Polarstern ... 0,15 0,12, Iu der Tabelle, welche p. 138 des IH. Bandes des Kosmos aus Herschel's „Outlines“ gezogen ist, sind Capella, Wega, Pro- eyon (in dieser Aufeinanderfolge) gleich gesetzt: Aldebaran fällt ‚(von den hier aufgenommenen Sternen) zwischen Procyon und An- tares; Pollux und Regulus sind gleich gesetzt, und beide etwas über Deneb. Die Steinheil'schen Zahlen, wahrscheinlich aus Beob- ‚achtungen von April oder Mai genommen, sind offenbar bei den ‚Sternen Sirius, Capella, Antares durch niedern Stand derselben al- terirt, bei den übrigen stimmen sie mit den meinigen so ‚gut, als man *) Herschel bemerkt selbst, dass diese Zahl, wegen des tiefen Standes des Sterns, nothwendig zu klein, und die unsicherste von Allen, mit der für Sirius, ist. p. 365. **) S, über diesen Stern $. 5. C. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. IH. Abth. 76 596 von einzelnen Beobachtungen irgend erwarten kann. Was die Her- schel'schen Bestimmungen angeht, so ist es unverkennbar, dass das Auge desselben, im Vergleich mit den hiesigen Beobachtern, mehr für das rothe Licht empfindlich ist; in der That sind neben Sirins, (— dessen Bestimmung Er, der grossen Lichtmenge des Sterns we- gen, für ziemlich unsicher erklärt, die indessen, in Erwägung die- ses Umstandes mit der meinigen gut genug übereinstimmt —) die beiden rofhen Sterne Arcetur und Antares die einzigen, welche bei Ihm durch grössere Zahlen, als bei mir, ausgedrückt werden, und dass Er auch den ebenfalls rothen Aldebaran heller, als Steinheil, Leonhard und ich, taxirt, geht aus der citirten Tabelle p. 138 des Kosmos hervor, wo Procyon die 1,4, Aldebaran die 1,5 photome- trische Grössenklasse zugetheilt und der letztere gleich & Eridani (Achernar) gesetzt wird, dessen Helligkeit nach Herschel’s Messun- gen auf meine Einheit reducirt, die Zahl 0,54 zukommen würde, während wir. übrigen Aldebaran übereinstimmend nur halb so hell als Procyon setzen. Dass die grünliche Farbe der Objectivgläser des Photometers in diesem Sinne wirken muss, ist unzweifelhaft; aber kaum weniger gewiss scheint es mir, dass sie nur den klein- sten Theil des Unterschiedes erklären kann, indem ich auch nach dem Urtheil des freien Auges « Tauri durchaus nicht mehr als die halbe Helligkeit von dem Stern des kleinen Hundes beilegen könnte, und ebenso Arcturus nicht den Rang vor Wega geben kann, Was Aldebaran betrifft, so ist sogar zu bemerken, dass ich mit ihm zugleich im Photometer inmer einen kleinen Stern der Hyaden hatte, dessen Licht sich bei der Verstellung des Objectivs nothwendig mit dem von « Tauri mischen und diesen Stern in Folge dessen wahrscheinlich um mehr zu hell zeigen musste, als ihn die Färbung, des Glases zu duukel erscheinen liess. Abgesehen von diesem constanten Unterschiede sind nun aller- 597 dings auch die übrigen Differenzen ohne Ausnahme grösser, als nach den angestellten Untersuchungen über die Uebereinstimmung meiner Resultate unter sich die Unsicherheit derselben erwartet werden kann; indess muss man auf der andern Seite in Erwägung ziehen, dass die Zahlen auf gänzlich verschiedenen Wegen erlangt worden sind *), und dass Herschel nicht darauf ausgegangen ist, die seinigen von dem Einfloss der verschiedenen Zenitdistauz (die bei den Beobachtungen in Feldhausen, meiner Rechnung nach, zwi- schen 30 und 58° variirte, bei Wega aber 75° betrug) und von dem vielleicht noch mehr zu fürchtenden der verschiednen Erleuch- tung des Himmelsgrundes durch den Mond frei zu machen. Bei billiger Berücksichtigung dieser Umstände wird man die bestehen- den Unterschiede nicht allzu gross finden, und es können gewisse Resultate, zu welchen man auf anderem Weg nicht gelangen konnte, als bereits anerkannt betrachtet werden: z. B. dass Sirius etwa 5 mal mehr Licht hat, als ein Stern von der Helligkeit Wega’s oder Aretur’s, und ungefähr 15 mal so viel als die letzten Sterne, die noch zur ersten Grösse gerechnet werden. Diese Verhältnisszahlen lassen sich noch etwas fortsetzen: nach Steinheil’s und meinen Beob- achtungen hat ein Stern zwischen zweiter und dritter Grösse, wie der Polarstern oder auch Algol (s. $. 5. C.), etwa + oder # vom Lichte des Normalsterus erster Grösse; nach Herschel folgt für die Sterne ß Ceti und # Orionis, die er ebenfalls der 2,5 Grösse (ge- wöhnlicher Scala) zutheilt, dasselbe. Sirius hat hiernach, was als *) Nach der asirometrischen Methode Herschel’s vergleicht. man die wirkli- chen Sterne mit einem künstlichen, der ein durch eine Linse erzeugles kleines Mondbild ist, und dessen Entfernung vom Auge messbar geändert wird, bis es dem wirklichen Sterne gleich erscheint. (Vergleichung mit freiem Auge.) 216, 598 ziemlich sicher gelten kann, ungefähr so viel Licht als 40 Sterne wie der Polarstern. 5: Ich habe noch Einiges beizufügen, was sich auf besondere Beobachtungen bezieht. A. Beobachtung N® 66. über den Untergang des Arcturus. (Von 1845. Sept. 1.) Diese Beobachtung ist (vgl. das Journal) so lange fortgesetzt worden, als es irgend noch angieng, um die Extinctionen in der un- mittelbaren Nähe des Horizontes einigermassen kennen zu lernen. Die in dem Tableau zu Anfang des $. 3 gesetzten Zahlen sind nur das Ergebniss der 8 ersten Einstellungen, von welchen 4 auf jede Seite des Bildes fallen. Die späteren sind alle auf der oberen Seite desselben gemacht. Wir haben sie alle auch einzeln berech- net (wobei immer die Verstellungen vom Bilde aus gezählt werden müssen), dann, um die Fehler einigermassen zu verringern, aus je zwei auf einander folgenden Einstellungen die Mittel genommen, diese als giltig für die Mittel der zugehörigen Zeiten angesehen und die Zenitdistanzen gerechnet. Da nun das Helligkeitsverhält- niss des Sterns gegen Wega (mit welcher er verglichen wurde) bekannt ist, und auch die Extinctionen für den letztern, hoch stehen- den, Stern als bekannt gelten können, so ergibt sich aus Gl. IV. des $. 3. oz für Arcturus als die einzige Unbekannte. Die gefun- denen Werthe wurden als Ordinaten zu den Abscissen = angesehen, dadurch eine Reihe von Punkten bestimmt, und eine Curve von ein- fachem Gang hindurchgelegt. Die an derselben gemachten Ablesun- gen wurden noch einer Correction nach ihren Differenzen unterwor- fen, und so entstand die folgende 599 Tabelle der Extinctionen in sehr grossen Zenitdistanzen. (NB. z ist immer die wahre, nicht scheinbare, Zenitdistanz.) Diese Tabelle kann gewissermassen als Supplement der früher gegebenen grössern Tafel gelten, da sie aber nur auf dieser einzi- gen Beobachtungsreihe beruht, so wird sie mehr zur Beurtheilung der Aenderungen der Extinetion in diesen Gegenden des Himmels. als zur Erkenntniss des ganzen Betrags derselben einen Beitrag liefern. An die grössere Tafel schliesst sie sich nicht genau an, weil bei der Bildung jener auch noch Beobachtungen von andern Tagen mitgestimmt haben. Uebrigens werden die Mittel je zweier Ablesungen durch dies Täfelchen dargestellt bis auf folgende Feh- ler: (Einheit der dritten Decimale des L,og.) 600 (Rechnung — Beobachtung) 50) winig +4 URN) — — 39 + 46 1.495 = 10-74 + 22 ER EB ads = ang Summe + 274 — 260 Bei 89° 30° wirklicher Zenitdistanz wäre nach der "Tabelle die Helligkeit nur mehr m von derjenigen, welche der Stern im Zenit haben würde. In der That wächst die Extinction dem Hori- zont nahe so rasch, dass der eigentliche Untergang des Sterns nicht notirt werden konnte, weil wir ihn vorher aus dem Gesicht verloren; was sich bei ähnlichen Versuchen, die ich anstellte, jedes- mal so zeigte. Was die letzten Werthe in der grösseren Extinctionstafel be- trifft, deren Bildung eine besondere Behandlung erforderte (weil die Beobachtungen nur wenig über sie hinausreichen), so habe ich diese dadurch abgeleitet, dass zunächst aus den 7 Beobachtungen N 60, 54, 45, 43, 52, 98, 66, in welchen Zenitdistanzen über 80° vor- kommen *), mittelst der bereits gefundenen Wertbe für die Sterne und für die Extinction in der kleinern Zenitdistanz welche bei je- der vorkommt, 7 Gleichungen für Werthe von g2, wo z > 80° ist, *) Eine solche kommt auch noch vor in der Beob. N® 42 des Rigel, die aber hier nicht mitstimmen durfte. Siehe B. 601 abgeleitet wurden; aus je zwei auf einander folgenden Werthen (in der Ordnung der Zenitdistanzen, in welcher die Beobb. eben aufgeführt worden sind), wurden dann Mittel genommen und diese als giltig für die Mittel der entsprechenden Zenitdistanzen ange- sehen; diese 6 Mittel wurden dann auf ähnliche Weise paarweise zu drei neuen Mitteln, als einer Art von Normalörtern, vereinigt, welche als Punkte graphisch aufgezeichnet wurden. Zwei andere Punkte lieferten die zuvor für 978° und 4799 abgeleiteten Werthe, und einen sechsten der Werth von 986°0° aus dem zuletzt gegebe- nen Täfelchen. Zwischen den sechs Punkten wurde, in möglich- stem Anschluss an dieselben und durch die ersten beiden genau bindarch gehend, eine Curve von einfachem Zuge durchgelegt, de- ren Ordinatenablesungen, noch etwas corrigirt nach ihren Differen- zen, die Werthe gaben, welche für s > S0° in der frühern Tafel aufgeführt sind. Durch diese letzte Verbesserung der Extinctions- tafel werden die Fehler der betreffenden Beobachtungen noch etwas kleiner als sie S. 50 angesetzt sind, doch wird dadurch nichts We- sentliches geändert. B. Beobachtungen des Sternes Rigel oder 8 Orionis. Dieser Stern ist in Allem 6 mal mit andern verglichen; die Zusammenstellung der Beobachtungen, reducirt auf gleiche Zenit- distanzen, ist folgende: (Logarithmisch) 1845 April 3. N® 42. Rigel — 9,934 Capella — 9,850: Wega Nyh. 29. 81. 0,138 Capella — 0,054 1846 Febr. 22. 81. 0,660 Capella = 0,576: Febr. 26. 86. 9,379 Sirius = 0,039 id. 88. 0,092 Capella — 0,008 id. 89, 8,952 Sirius = 9,612 (NB. Bei N® 42 hat Rigel' z= 83°, und N® 84 ist verdächtig wegen Wolken etc. S. Journal). 602 Wenn man auch die Beobb. NO 84 wegen ihrer besonders grossen Abweichung von den andern und der verdächtigen Um- stände (die bier ganz ähnlich waren, wie bei der Vergleichung N° 35 des Sirius mit Capella) sogleich verwirft, so weichen doch ‚auch die übrigen in auffallendem Grade von einander :ab. Das Mittel der zu diesen fünf gehörigen Numeri würde seyn Rigel — 0,872 Wega oder log Rigel — 9,941 und hiernach der Stern zwischen Wega und Arcturus zu stehen kommen. Die Abweichungen der 5 Logarithmen von ihrem Mittel 9,913 (ausgedrückt wie immer in Einheiten der dritten Decimale ‚des Logarithmus) wären aber folgende *}: NP 42 ..... Rechn. — Beob. = + 63 Btrch. wi. 2.5.2. ala ey eh Sri: maus? Aral No Hide BB dasdentk wäbwiltiiige sah nörle —95 8Hulısh hey Anob...hüs ink + 301 Der kleinste dieser Fehler ist — 4 des wahrscheinlichen Feh- lers aller Vergleichungen von Sternen erster Grösse unter sich, und dieser kommt gerade bei der Beobachtung vor, die wegen der star- ken Zenitdistanz des Sterns am ersten einen grössern erwarten liesse; Fehler, die 0,090 oder 2,5 des wahrscheinl. Fehlers erreichen oder übersteigen, kommen hier unter 5 Beobachtungen 4 mal vor, während sie in allen 63 übrigen Beobachtungen nur 7 mal vorkommen (oder nur 6 anal, wenn N® 35 ausgeschlossen wird), und der letzte Fehler, bei N° 89, ist der grösste, der überhaupt vorkommt, und *) Ihre Unterschiede von 9,941, dem Logar. des Mittels der Numeri, wären natürlich noch grösser. 603 zwar hier bei einer übrigeus gauz unverdächtigen Beobachtung. Offenbar ergibt sich hieraus eine sehr grosse Wahrscheinlichkeit, dass diese Grössen keine wirklichen Fehler sind, sondern dass der Stern variabel ist, und zwar (wie die drei Beobachtungen der Nacht von Febr. 26 zeigen) mit sehr rascher Aenderung seiner Helligkeit. Die Veränderlichkeit scheint mir auch durch Betrach- tung mit dem freien Auge in so weit constatirt, als dieses überhaupt entscheiden kann; im Januar 1846 nahm ich keinen Anstand, in der damals veröffentlichten ersten Notiz über meine Messungen mich auf den Augenschein in jeder heiteru Nacht zu berufen, dass Rigel Capella bei weitem überstrahle: im letztverflossenen Winter 183% konnte man dies im Allgemeinen durchaus nicht sagen. Ich habe vor mir die Notirungen von sechs Nächten, nach welchen Rigel, verglichen mit Capella und Procyon, nach meinem und Anderer über- einstimmendem Urtheil zuweilen zwischen beide und Procyon sehr nahe tiel, zu anderen Zeiten entschieden heller als Capella war. Iu mehreren Nächten schien er mir im Glanze zu wechseln; ganz sicher ist es aber, dass er im Allgemeinen nicht (wie im Jauuar 1846) auffallend heller als Capella war. Wenu ich auch auf diese Art Vergleichungen kein grosses Gewicht lege, so scheinen sie mir doch den aus den Messungen geschöpften Beweis der Veränderlich- keit Rigel’s zu vervollständigen. Man wird also die beiden Haupt- sterne des Orion, & und ß, unter die Väariabelu zu setzen haben *). ©. Beobachtungen des Polarsterns. Die 27 Vergleichungen dieses Sterns mit Sternen erster Grösse geben, wenn man sie zunächst auf gleiche Zenitdistanzen reducirt *) Es bemerkt auch Argelander in seiner „Aufforderung an Freunde der Astro- nomie“, Schumacher's Jahrb. für 1844 p. 254, dass Rigel und Procyon ihre relative Helligkeit zuweilen zu änderu scheinen. Abh. d. 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Ahth. 77 604 (wozu auch bei ihnen die Werthe der y3 aus der Tafel bereits in das Tableau der Beobachtungen eingetragen sind) und dann durch die bereits bekannten Helligkeiten der angewandten Sterne immer auf die von & Lyrae übergeht, folgende logarithmische Resultate: N® 41..,Polaris = 9,255 Capela = 9,171 Wega Busen 9,159 » =. 9,075 Are ee 9,077 Wega 9,087 ROTEN IRB © BERN 9,659 Aldebaran — 9,218 is ar 9,251 Capella = 9,167 EEE. 9,608 Aldebaran — 9,167 0: re 9,224 Procyon == 9,090 Mu ee 9,262 Capella — 9,178 ki BO — 9,024 1129 MORE ERNETFERFOFER 9,022 Wega ==.9;022 AA I aärie 9,100 al; — 9,100 A 9,615 Aldebaran — 9,174 N REBEL: 5 9,145 Wega = NA5 Dr ee a 9,195 Capela = Yıtı RC TORE WAR LE NRTEL" 2 SER 9,057 3 = 8,973 Ne 8789» —=.8,206 ET ER Tr — 9,113 Ayo. he Me 9,166 » — 9,082 ee 9,252 3, — 9,168 I RE ae DRRE 9,111 ) = 9,027 304 Aue Del Üerkuchh, — 9,043 She VE 9,034 — 8,950: ER a Sc 9,310 ” = 9,226 DEREN CR. 9,184 Wega — 9,184 3 | 9.193.005 — 9,122 een 9159 „ — 9,159 BI. ok 8,610 Capella — 8,526 605 Im Mittel aller dieser Zahlen würde seyn log Polaris — 9,0740 oder Polarstern — 0,1186 Wega (Wega 8,434 mal heller als der Polarstern.) Die Fehler, welche hiernach den einzelnen Beobachtungen zu- kämen (in Einheiten der dritten Stelle des Logar.) würden der Reihe nach seyn (Rechnung — Beobachtung) — 97 | + 101 nen EE. eng — 144 BER. 9 BET. — 198-147 1.46.1031 — 104 | + 124 + 50 — 152 + 52 — 110 — 36! — 48 — 100 — 85 — 71|+ 548 N, 19 negative Fehler stehen hier gegen nur 8 positive. Arith- metisches Mittel aller Fehler obne Rücksicht auf die Zeichen = + 0,098; Summe ihrer Quadrate — 0,6183 *); mittlerer Fehler *) D. h. bei nicht halb so vielen Beobachtungen über doppelt so gross als bei den Vergleichungen der Sterne erster Grösse unter sich. U 606 — 0,1513; wahrscheinlicher — 0,1020. Mittelster aller Fehler, der Grösse nach, — 0,085. Alle diese Grössen zeigen auch bei den Beobachtungen dieses Sterns auffallend grössere Abweichungen, als bei denen der Sterne erster Grösse (Rigel ausgenommen) unter sich. Fehler, welche 0,100 übersteigen, kommen hier unter 27 Beobach- tungen 8 mal vor, dort unter 63 Beobachtungen nur 6 mal. Die beiden Beobachtungen, welche die grössten Fehler haben (N°- 22 und 82) sind dem Journale nach durch nichts verdächtig *), nur war wegen der Dunkelheit des Polarsterns die Einstellung schwierig. Nun ist es allerdings in der Ordnung, dass die Vergleichungen die- ses Sterns mit solchen, die weit heller sind als er, eine grössere Unsicherheit haben, als die der letztern unter sich, in so ferne die Einstellung der Objeectivschlitten auf gleiche Helligkeit der Licht- flächen schwieriger ist, und Fehler in derselben grössern Einfluss auf den Logarithmus des Verhältnisses erhalten. Um beurtheilen zu können, in wie- weit dieser Umstand die Abweichungen erklären kann, habe ich für die 14 ersten vollständigen Vergleichungen des Sterns mit Wega, Capella und Procyon die Abweichuugen aller ein- zelnen Ablesungen (zusammen 129) von den zugehörigen Mitteln gebildet, und auf solche Art gefunden, dass, wenn die Objectiv- hälfte, welche den Stern erster Grösse zeigt (wie bei diesen Beob- achtungen immer), an die Gränze ihrer Verschiebbarkeit gebracht ist, die mittlere Unsicherheit einer einzelnen Einstellung des andern Schubers beträgt (in Pariser Linien): ri Einstellung Polarstern im über dem Bild unter dem Bild Hauptprisma 114,97 0'489 Nebenprisma | 0,97 1",07 *) N° 31 hingegen verdient wenig Vertrauen. Vgl. d. Journ. 607 Daraus berechnet sich*), wenn jede Einstellung nur dreimal gemacht ist, der mittlere Fehler in der Bestimmung des so abgelei- teten Verhältnisses = 0,0404 des Verhältnisses selbst; der wahr- scheinliche — + 0,0272 oder der wahrscheinliche Fehler im Loga- ritbmus — 0,0117. Der wahrscheiuliche Kehler einer vollständi- gen Beobachtung, so weit er von Unsicherheit der Einstellung ete. herrührt, kann also diese Grösse sicher nicht übersteigen. Die Re- duetion anf gleiche Zenitdistanz aber ist bier nicht unsicherer als bei andern Sternen; da sie also für jene, noch vermischt mit den Einstellungsfehlern, nur 0,036 der Probabilität nach unsicher macht, so bleibt der wahrscheinliche Fehler, der den Beobachtungen des Nordsterns wirklich zugeschrieben werden kann, jedenfalls sehr weit unter dem Werthe 0,102, welcher aus der Abweichung der einzelnen Beobachtungen vom Hauptmittel sich ergab. Dies, verbunden mit der ebenfalls gegen die Gesetze der Probabilitäten bei zufälligen Fehlern streitenden Verfheilung der Fehler **) scheint mir sehr we- nig Zweifel zu lassen, dass auch der Polarstern veränderliche Hel- ligkeit hat, und zwar scheint sich aus den Beobachtungen zu erge- ben, dass sein Licht die meiste Zeit sich ziemlich gleich bleibt, dass es aber in bestimmten Perioden Minima annimmt, in welchen *) Die ganze Verschiebung, von der Lage über dem Bild in die unter dem Bild, beträgt für Polaris im Hauptprisma durchschnittlich etwa 35‘, im Nebenprisma. 40“ (im letztern mehr als im erstern, weil Prisma B das durchsichtigere ist). Für den helleren Vergleichungsstern ist sie 93. **) Zwischen 0 und 0,020 kommen vor 4 0020, 7. 004027... 2 0,040 ,„ 0,060 4 IHOBUT US. Tone En 08079520, 100%, VPapanang Ueber 0,100 8 608 es sieh ungefähr auf die Hälfte des gewöhnlichen Werthes redncirt. Das Nähere hierüber wird einer fortgesetzten Untersuchung um so mehr vorbehalten bleiben müssen, als meine Vergleiehungen des Po- larsterns, wie schon früher bemerkt, ursprünglich nicht zu diesem Zwweeke unternommen wurden, und in Folge davon auch keineswegs auf die zur Erreichung desselben passendste Art angestellt sind. — Eine Veränderliehkeit in der relativen Helligkeit des Polarsterns gegen ß Ursae minoris ist übrigens bekanntlich schon von Herschel, von Struve und von Heis wahrgenommen (vgl. Kosmos III. p. 255 und Herschel, Capreise p. 350), aber wenigstens von ersterem auf Rechnung des letzt genannten Sterns gesetzt worden. — Was die allein stehende Vergleichung N® 5 des Polarsterns mit Algod betriflit, so giebt sie reducirt: 1844 Neb. 10. 8" 57’ log Algol — 0,056 + log Polaris. Setzt man hier log Polaris — 9,074, weleher Mittelwerth zu- fällig mit demjenigen sehr nahe zusammenfällt, den die Vgl. des Nordsterns mit Wega vom gleichen Datam giebt (9,077, aus Beob. N® 4), so wird also für die angegebene Epoche log Alyol — 9,130 oder Algol — 0,135 Wega; ziemlich unablängig von der vermutheten Veränderlichkeit des Po- larsterns. Meine anfänglich gehegte Absicht, die Beobachtungen von 8 Persei regelmässig fortzusetzen, musste ich aufgeben, nach- dem ich mich überzeugt hatte, dass der Plan, die Extinetionen und die Helligkeitsverhältnisse der Sterne erster Grösse zu ermitteln, allein die hiefür disponible Zeit in Anspruch nahm. Die Beobach- {ung wird daher erst mit künftigen über diesen bekanntesten der varıabeln Sterne in Verbindung zu setzen seyn. — 609 6. Es schien mir passend, die Untersuchung über die Extinction des Lichtes in verschiedenen Zenitdistanzen auch noch von einer andern Seite her anzugreifen, als der, von welcher aus ich sie oben auseinander gesetzt habe. Man hat nämlich bereits von Lambert (Photometria, pars V, cap. I.) eine theoretische Untersuchung dieses Gegenstandes, welche für die Absorption einen Ausdrack giebt, der eine einzige aus Beohachtungen zu ermittelnde Constante enthält. Etwas genauer hat Laplace (Mecanique eeleste, T. IV. Livre X, Chap. I.) den Gegenstand behandelt und ihn mit der Theorie der astronomischen Refraction in Verbindung gesetzt. Abgesehen da- von, dass es an sich interessant ist, die Uehereinstimmung der Beob- achtungen mit dieser Theorie zu prüfen, so hat diese Untersuchung noch den Vortheil, dass sie mit Hilfe der in den Formeln vorkom- menden und den Beobachtungen anzupassendeu Constante auch den Verlust bestimmen lehrt, welchen ein Strahl bei senkrechtem Durch- gang durch die Atmosphäre (also ein Zenitalstern) an Helligkeit erleidet, —- wodurch die Extinetionen erst vollständig bekannt werden. Vorzüglich aber schien mir die Beifügung dieser Betrachtungen noch desshalb nöthig, um es völlig ausser Zweifel zu setzen, dass die Abweichungen einzelner Resultate von den mittleren nicht grösser sind, als sie am Schlusse von $. 3 gefunden wurden. Es haben nämlich dieselben Beobachtungen zugleich zur Ermittlung der Hellig- keitsverhältnisse und zur Bildung der Extinctionstafel gedient; — allerdings mit Hinzunahme der Bedingung, dass die letztere regel- mässig fortschreitende Werthe auch dann geben soll, wenn man nicht blos von Grad zu Grad, sondern etwa von 8 zu 8° die Diffe- renzen bildet. Da aber nicht genau anzugeben ist, in wie fern durch diese Bedingung der Willkühr in der Herstellung einer em- pirischen Tafel ein Zaum angelegt wird, so könnte man noch glau- 610 ben, dass die einzelnen Beobachtungen nur desshalb durch die ge- fandenen Mittelwerthe im Ganzen gut dargestellt würden, weil jeder einzelnen zuvor schon ein über die Gebühr grosser Einfluss auf die Ableitung der Werthe von 93 eingeräumt worden sei. ‘Eine Ver- muthung dieser Art wird am besten beseitigt werden durch den Nachweis, dass man durch die Bestimmung einer Einzigen Con- stante, von welcher alle Extinctionen abhängen, wesentlich zu den- selben Resultaten geführt wird. Lauplace, dessen Theorie ich hier folgen will (die Lambert'sche stimmt damit im Wesen überein), geht von der Voraussetzung aus, dass in jedem Element der Atmosphäre der Lichtverlust eines Strah- les proportional ist seiner Intensität, der Dichtigkeit des Elementes und der Länge des durch dasselbe beschriebenen Weges. Bedeutet = die übrigbleibende Lichtmenge, in Theilen der ursprünglichen, noch unge- schwächten, ausgedrückt, © die scheinbare Zenitdistanz, mit wel- cher der Strahl in's Auge trifft, E den Werth von s für den Fall @ = o, so erhält er die Näherungsgleichung (1) log © == 20 iu welcher log @ so wie log E (beides negative Grössen) dem Ba- rometerstand proportional sind. Für die unmittelbare Nähe des Ho-- rizonts, wo diese Gleichung nicht mehr ausreicht, leitet er mit Hilfe einer Annahme über die Constitution der Atmosphäre die Gl. ab BETEN Hd} ei Tre wo H eine Coustante, d$ aber das Element der Refraction ist, so dass er die Gl. auch in Worten integrirt so aussprechen kann: (2.) „Les Logarithmes des inteusites de la lumiere sont done alors comme les refractions astronomiques divisees par les cosinus des hauteurs apparentes de I astre.“ 611 Aus einer andern Stelle (in $. 13.) geht hervor, dass Laplace die Giltigkeit der ersten Gl. bis auf © = 88° des Inudertheiligen Quadranten oder etwa 79° der gewöhnlichen Scala glaubt ausdeh- nen zu dürfen, also die zweite Formel speciell für Zenitdistanzen über 79 Grad aufstellt. Ich habe es vorgezogen, die zweite, als die genähertere, für alle Fälle auzuwenden. Um die Verbindung zwischen diesen Gleichungen und unseren Grössen az herzustellen, kann ich die zweite Gl. integrirt so schreiben: H. Refr. loge =zU — 0. log Beok. Helligk. Will man die wahre Helligkeit des Strahls, ohne Atmosphäre, so ist die Refr. — 0, also bedeutet C die ursprüngliche Helligkeit und es ist H._Refr. Sin 0 log Ursprüngl. Helligk. — log Beobachtete Helligk. — oder wenn ich nach der Form der Bessel'schen Refractionstafel setze @.) Refract. — « tg © (wo « noch einigermassen von © abhängig ist, und übrigens die verschiedenen Correctionen in sich enthält, welche bei genauer Rech- nung angebracht werden), so wird Ha cos © (4.) log Ursprüngl. Helligk. — log Beobacht. Helligk. — Setzt man hier die Zenitdistanz o, und bedeutet «, den zuge- hörigen Werth von «, so ist (5.) og Ursprüngl. Helligk. — log Zenitalhelligk. — He, Wir haben aber auch, nach der Definition unserer Grössen % (6.) log Zenitalhelligk. — log Beobacht, Helligk. — yz Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, VI. Bd. III Abth. 78 612 (z und ® unterscheiden sich um den Betrag der Refraction, indem z die wahre, © die apparente Zeuitdistanz ist.) Die letzte Gl. von N® 4 abgezogen, giebt links dieselbe Grösse wie in N® 5, so dass man erhält: H «u cos 0 — 92 — Ho, oder wenn man den Werth von H sucht (7.) eo H = — 2 Se 0 — 1 u, Die Grösse rechts soll also für zusammengehörige Werthe von z, ©, « immer dieselbe Constante werden, wenn die Theorie mit den Beobachtungsresultaten übereinstimmt, und zwar ist diese Con- stante @, 44 nach Gl. 5. die Reduction des Logarithmus der Zenital- helligkeit anf den Logarithmus der ursprünglichen Helligkeit, oder dasselbe, was in Gl. (1.) — log E bedeutet: (3-) @, H = — lgE (proportional dem Barometerstand.) Um nun zuerst zu untersuchen, ob überhaupt einige Ueberein- stimmung dieser Theorie mit den empirischen Resultaten statt findet, bildete ich eine Tabelle, welche für © als Argument die Werthe von 93 gab (indem ich durch die mittlern Refractionen überging) und eine zweite, welche für dasselbe Argument die Werthe Fr Sec &© — 1 nebst ihren Logarithmen enthielt, — wobei ich die Werthe von &@ und «, aus den Tabb. Regiomm. Tab. XIV. für den Barometerstand 317 (ungefähr der mittlere für München) entnahm. Mittelst dieser beiden Tafeln wurden aus Gl. (7.) für «, H fol- gende Werthe gefunden, die eigentlich alle gleich seyn sollten: 613 [0) @, H o @ H [0] «HM 20° 2...0,0471 56%... 0,0918 80%... 0,0858 30 ... 0,0454 80:1..# 0,0978: 82 4%. 12121 0,0891 40 °:..00559 64 ..:.0,41024 84 0,0831 44. 2.006770. 68 0,1030 86°» +. 0,0704 488 7912000778922; } 10,09934u588 1 >.410)0732 52r 3.2. 0,0854 76 »:.0,0890 89 ... 0,0672 Mau sieht, dass die Werthe Anfangs zunehmen, in der Ge- gend von 68° ein Maximum erreichen, und dann wieder abnehmen. Uebrigens ist auf die ersten nicht viel Gewicht zu legen, weil sie aus zu kleinen Werthen von 93 berechnet sind, und bei den letzten sind Unregelmässigkeiten zu besorgen. Nimmt man daher das Mittel aus den Werthen von © — 52° bis inclusive © — 80° allein, so ist dieses 0,09433 (vorläufiger Werth). Berechnet man nun rück- wärts mit diesem Werthe von «@, H aus Gl. (7.) die Werthe von gs, so erhält man zwischen dieser Rechnung und den empirischen Werthen folgende Unterschiede in Einheiten der dritten Decimale (Rechnung — Beobachtung) o 6) 6) Kup Sage Da aa DR = tr 7er R-ET 20 „1 ELELER, yursensid main 30) win 42 30! 7.0, Bo UgomiE.. Img 65 40 BET 7 ETRIF = 0b ia sion! 116 44 pi tr: I 148 Tugß «ra 295 48 cha u 5 ee u ER 377 HN 658 Für sehr kleine und sehr grosse Zenitdistanzen ist also die empirische Extinetion kleiner als die theoretische, in der Mitte hin- gegen grösser. Uebrigens kann man sich die Unterschiede bis etwa 0 614 ® — 80° noch gefallen lassen, von da an werden sie aber ent- schieden viel zu gross. Bei 89° giebt die Rechnung eine 4,55 mal grössere Extinction als die Beobachtung (d. h. der Stern wird 4,55 mal heller gesehen als er nach der Theorie erscheipen sollte.) Ich schliesse hieraus, dass die Laplace'sehe Theorie für Zeuit- distanzen, welche über 80° steigen, nicht ausreichend ist (was auch schwerlich überraschen kann), — dass sie aber in grösseren Höhen den Beobachtungen ziemlich gut genügt. Um mich von dem letztern Umstand noch genauer zu überzeugen, unternahm ich es noch, statt des vorläufigen Werthes «, H = 0,09433 denjenigen abzuleiten, welcher dem Total aller Beobachtungen an Fixsternen erster Grösse, — mit Ausschluss derjenigen, in welchen Zenitdistanzen über 0° vorkommen, dann der Vergleichungen Rigel's mit andern Sternen und der Beobachtung N® 35. — möglichst gut genügt. Jede Beob- achtung liefert zu-dem Ende, wenn man in die Gl. $. 3. IV. für gz seinen theoretischen Werth aus (7.) setzt, eine Gleichung fol- gender Form: log Wahres Helligkeitsverh. — log Beobacht. Helligkeitsverh. « 74 ‚ +, H |] Sec 0 — 1] — | Sec 9 _ 1]i (wo die Grössen «‘, © sich auf den Stern beziehen, welchen man sich im Nenner denkt). Um übrigens wirklich die Zahlen zu finden, welche die Theorie mit der Beobachtung in möglichst gute Uebereiu- stimmung bringen, darf man hier die Grössen zur Linken nicht als bekannt ansehen, und etwa die gegen Ende von $. 3. gefundenen Werthe dafür setzen: denn diese Werthe sind nur die wahrschein- lichsten in Voraussetzung der in demselben $. abgeleiteten Zahlen für die Extinetion; — sondern man muss sie selbst erst aus den nämlichen Gleichungen suchen. Will man nicht successive Aunähe- rung anwenden, bei welcher man sich erst besonders zu überzeugen (9) e- 0 Fu = Ze Ze Ze 2 2 Er ee 615 hätte, dass man sich nicht in einem Cirkel bewegt, so wären also aus den Gleichungen (welche für alle Unbekaunten, nämlich für die walıren Helligkeitsverhältuisse und für die Grösse «@,H, streng lineär sind) die wahrscheinlichsten Werte von 12 Unbekannten (@, H und 11 Sterne ausser Wega) nach der Methode der klein- sten Quadrate zu berechnen. Die Unbekannten würden nicht, wie früber, in mehrere Systeme zerfallen, weil die neue Unbekannte «, H, die in allen Gleichungen vorkommt, sie alle verknüpft. Die Bildung der Normalgleichungen und die Elimination der Unbekannten wäre also ziemlich mühsam; allen man kann hier eine Methode auwen- den, welche sich in ähnlichen Fällen oft mit Vortheil wird brauchen lassen, und welche Strenge mit Bequemlichkeit verbindet. Das We- sen derselben werde ich, da es sehr einfach ist, sogleich an der besondern Gestalt unserer Gleichungen durch folgende Betrachtungen erläutern: Es bezeichne x den Werth des Logarithmus der Helligkeit (in Einheiten der Helligkeit Wega’s) für Einen, y für einen zweiten Stern u. s. w.; f den bekannten Zahlenfactor rechts in der Klammer in (9.), und zur Abkürzung werde @ statt @, H geschrieben. Die Gl. steht dann so: (10.) xz — y = log Beob. + f@ . (wobei f positiv ist, wenn links die voranstehende Grösse x sich auf den tiefer stehenden Stern bezieht). Zu jedem Werthe, den man für «, H oder @ annehmen mag, gehören gewisse am besten mit ihm harmonirende Werthe für z, %... Diese Wertbe sind Functionen von @, und zwar, wie leicht zu sehen ist, Zineäre. Denn sie werden gefunden, indem man erst aus allen Gleichungen solcher Art, in welchen links dieselben Grössen . stehen, die Mittel (mit Rücksicht auf Gewichte) ableitet, wodurch 616 man wieder eine Gleichung der nämlichen Gestalt erhält (nur dass in der so abgeleiteten Bedingungsgleichung an die Stelle von Zoy Beob. und f die Mittelwerthe dieser Grössen treten); hierauf multi- plieirt man nach dem bekannten Verfahren der Methode der klein- sten Quadrate jede Gleichung mit einem vorgeschriebenen, bekannten und von @ ganz unabhängigen Factor, addirt sie in dieser Form, und erhält so eine erste Normalgleichung, in welcher links die Un- bekannten &, y, 2... mit gegebenen Zahlenfactoren multiplieirt, rechts ausser einem rein eonstanten Gliede die Grösse @ mit einem ähnlichen Zahlenfactor multiplieirt vorkommt. Gleiche Gestalt haben alle übrigen Normalgleichungen, so dass sie alle in folgender Form gedacht werden können: azs+by+cz+...=n u. 8. W. wo die Grössen n, n', n”, ... lineäre Functionen von @ sind. Aber 2%, 9% 3... sind nach diesen Gleichungen selbst lineäre Functionen von den n; — also müssen sie es auch, wie behauptet wurde, von G seyn. Hätte man daher für @ irgend einen beliebigen Zahleu- werth @, angenommen, und mit Zugrundelegung desselben nach der Methode der kleinsten Quadrate für &, y, 2, ... Zahlen &,, Yo» 205 +. gefunden, nnd dann für einen zweiten angenommenen Werth G, von @ entsprechende Zahlenwerthe &,, Y,; 21, --„ So wird man zwischen jedem andern Werth @ und den zugehörigen Werthen vn, % % .. . folgende strenge Gleichungen haben: PEN (11.) Yu Ihre Aa Colin s=z. +l@— 6,) wen uU. S. W: ienas F.20 SIPIE ZEREEIZE 617 (Wenn die Bedingungsgleichungen nicht wie in unserem Kalle genau, sondern nur näherungsweise lineär wären, würden auch diese Gleichungen nur genäherte Geltung haben, und zwar müssten dabei @G, und @, ebenfalls schon in die Nähe des eigentlich gesuchten wahrscheiulichsten Werthes von @ fallen.) Mittelst der Gleichungen (11.) können nun die Grössen x, y. 2,... aus allen Bedivgungsgleichungen von der Form (10.) elimi- nirt und durch die Einzige Unbekannte @ oder auch @ — G, er- setzt werden. Geschieht dies, und bezeichnet man zur Abkürzung mit F den Fehler, welchen die Hypothese @ — G, in Gl. (10.) ührig gelassen hat, d. I. setzt man \ 2 — Un — log Beh. — f@, = F (12.) | und GG, + &G so nimmt die Gl. (10.) die Form an: a8 A lneet do) und eben so alle übrigen Bedingungsgleichungen. Man rechnet aus ihnen allen denjenigen Werth ihrer Einzigen Unbekannten AG, welcher die Summe der Quadrate ihrer Fehler zu einem Minimom macht, und hat dann auch den Werth vn @ = @, + AG und die zugehörigen von &, 9, 2,... aus den Gl. (11.), — welche der- selben Bedingung genügen. Das Wesentliche dieses Ganges besteht also darin, dass man, anstatt alle Unbekannten @, ©, y, % .. . auf Einmal nach der Me- thode der kleinsten Quadrate suchen zu müssen, erst für zwei will- kührliche Werthe @, und @, von @ die übrigen Unbekannten al- lein zu suchen hat; für diese beiden Werthe von @ haben die Coeffieienten der andern Unbekannten in entsprechenden Norwal- 618 gleichungen dieselben Werthe, und nur die rein constanten Glieder derselben verschiedene; von der Rechnung, welche zur Auflösung der Gleichungen durch successive Elimination der Unbekannten erfor- derlich ist, braucht daher nur der kleinste Theil hier doppelt ge- führt zu werden. Zuletzt wird dann die vorher von den Uehrigen getrennte Unbekannte @ für sich gefunden und durch einfache Sub- stitution derselben in die Gl. (11.) das definitive Resultat auch für alle übrigen festgestellt. Der Vortheil dieser Theilung des Algo- rithmus ist erheblich, wenn, wie in unserm Fall, nach Beseitigung der Unbekannten @ die übrigen von selbst in mehrere geschiedene Systeme zerfallen: statt 12 Unbekannte aus 12 Normalgleichungen zu suchen, haben wir in Folge dessen auf Einmal nicht mehr als 8 Gleichungen mit 8 Unbekannten zu lösen, welches eiue bei wei- tem weniger mühsame Rechnung giebt. In unseren Falle kommt noch dazu, dass in diesen einzelnen Systemen von Gleichungen (die man zweimal zu lösen hat, für @ — @, und für @ — @,) die Coefficienten der Unbekannten nothwendig dieselben werden, wie in den Normalgleichungen 1) bis 8) des $. 3. u. s. w.*); dass also der grösste Theil des Eliminationsverfahrens durch die schon ge- führte Rechnung ganz erspart ist. Auf solche Weise hahe ich aus allen Beobachtungen mit Aus- schluss der angegebenen als wahrscheinlichsten Werth gefunden die Grösse @ oder *) Sie werden genau dieselben, wenn man, wie ich geihan habe, auch hier diejenigen wenigen Beobb., in welchen Zenitdistanzen über 80° vorkom- men, mit halbem Gewicht mitstimmen lässt, diese aber wie zuvor mit den empirischen Werthen von 9% reducirt, da die Theorie auf sie nicht mehr anwendbar ist. 619 a«,H = 0,0948 — — log E daher E — 0,8039 — Verhältniss der Helligkeit eines im Zenit gesehenen Sterns zur Helligkeit, die er ohne Da- zwischentritt der Atmosphäre haben würde. Ein Strahl verliert also bei senkrechtem Durchgang durch die Atmosphäre ungefähr 4 seines Lichtes. «&, H muss dem Barometer- stand proportional seyn. Reducirt man daher von dem unsrigen (= 317 Pariser Linien) auf den gewöhnlich angenommenen uor- malen von 0,760 Metre, so wird E ='0,7942; &,H — 0,10007 — „5 Laplace führt (a. a. O.) eine Bestimmung Bouguers an, der dieselbe Grösse E an der Oberfläche des Meeres bestimmt hat zu 0,8123. Die Uebereinstimmung beider Resultate, die auf gänzlich verschiedenen Beobachtungsarten beruhen *), kann überraschend ge- nannt werden. Dagegen weicht die von Lambert gefundene Zahl 0,59 weit ab. Ich glaube daher, dass die letztere, die meinen zahl- reichen und über mehrere Jahre vertheilten Beobachtungen durchaus nicht genügen würde, für künftige Anwendung geradezu verworfen werden muss **). *) Bouguer hal seine Zahl gefunden, indem er durch Vergleichung des Mondlichtes mit Kerzenlicht erhob, dass das erstere bei einer Höhe des Monds von 66° 41’ sich zu dem bei der Höhe von 19° 16’ verhielt wie (50)2 : (41)? oder sehr nahe wie 3 : 2. In Anbetracht, dass er nur Einen Versuch gemacht hat,-und bei der Unsicherheit, welcher Verglei- chungen zwischen Mondlicht und künstlichem Licht nothwendig ausgesetzt sind, scheint ein günstiger Zufall der Umsicht des Beobachters noch sehr zu Stalten gekommen zu seyn. — $. übrigens seinen Essai d’optique sur les graditions de la lumiere, p. 162. **) Dies kann auch schwerlich überraschen, wenn mun bedenkt, dass Lambert “ Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss VI. Bd. III. Abth. 19 620 Die wahrscheinlichsten Werthe für die Verhältnisse der Hellig- keiten der Sterne werden, wenn sie aus den auf diese Art theore- tisch bestimmten Extinctionen gerechnet werden, die in der zweiten Columne des folgenden Täfelchens stehenden Zahlen. In-die erste setze ich zur Vergleichung die zuvor mit den rein empirischen Ex- tinctionen gefundenen Werthe (s. p. 49.) noch einmal: L u. Sirius 4,57 4,47 Wega 1,000 1,000 Arctur 0,850 0,848 Capella 0,824 0,826 Procyon 0,735 0,735 Attair 0,494 0,488 Spica 0,489 0,474 Aldebaran 0,362 0,354 Antares 0,337 0,326 "Regulus 0,323 0,316 Deneb 0,305 0,309 Pollux 0,284 0,276 Mag man dieser oder jener Art der Reduction den Vorzug ge- ben, so bleiben sie also wesentlich ungeändert. Die Fehler, welche nach dieser auf die Laplace’sche Theorie eigentlich gar nicht die Absorption des Lichtes in der Atmosphäre, son- dern vielmehr die der s/rahlenden Wärme der Sonne bestimmt und nur stillschweigend vorausgesetzt hat, dass dieselbe der des Lichtes gleich sei. Er verglich nämlich den Gang zweier Thermometer während eines Tages, von welchen das Eine den Strahlen der Sonne ausgesetzt war, während das andere, vor denselben geschützt, den gleichzeitigen Wechsel der allgemeinen Temperatur angab. Vgl. seine Pyromelrie, $. 283, auf welche Stelle die „Photometrie“ $. 886 Bezug nimmt, 621 gegründeten Reductionsart in der Darstellung der einzelnen Beob- achtungen übrig bleiben, sind folgende: N® Rechn. — Beob. N°® Rechn. — Beob. me RE a: PR = Zur; , — 40 Kurt ar ee | En, A296 nr — 62 er ll; ae ni Ba Ba. ig e 1 Ba 0 a EEE we BR Log gar — 59 age ur a = ia; ya insg Bol“: 47 34... — 142 3 BA = sub. u. ae Aug KERNE 7 Re a 1 usb „ara :) ELENGE IE Bar ingg garen, rg hab: zug gymulad ag ZT Er Ba ya He 7} BERN DI 2,77 95... #15 au. ale gg u Luprtg re I EDER ET. a ee 991. N) una ar. 16 100%. nn, 50... 0 1er AH... ‚ (1 0 — 9 5 ER IB 103... 24 56... + 108 u Ku 3 DE ten se, LAT 105... — 10 501. Kurse 408: u: 45 Ober _—! KO. 622 Die Summe ihrer Quadrate ist 0,1595, während sie für diese Beobachtungen bei der Reduction nach der rein empirischen Tafel beträgt 0,1547. Der Unterschied ist nur m des Ganzen. Man kann also Beobachtungen, in welchen keine Zenitdistanzen über 80° vor- kommen, sehr wohl nach der Laplace’schen Formel oder nach un- serer Gl. (9.) auf gleiche Zenitdistanzen reduciren, indem man für &,H den gefundenen Werth — n ( m) anwendet. Vertheilt man indessen die übrigbleibenden Fehler nach den beiden Zenit- distanzen, zu welchen sie gehören, in ein schachbrettartiges Schena, auf dieselbe Art wie dies in $. 3 bei der Verbesserung der ersten empirischen Extinctionstafel erläutert worden ist, so bemerkt man, dass eine gewisse Regelmässigkeit in der Vertheilung der Zeichen unverkennbar ist, von der Art, dass sie anzeigt, dass die grössten Extinctionen im Vergleich mit den kleinsten, und eben so die mitt- lern im Vergleich mit den grössten, etwas zu gross sind, d. h. die Formel giebt für sehr grosse und noch mehr für mittlere Zenit- distanzen zu grosse Extinctionen. Verringert man aber die Werthe in diesen Gegenden, so werden sie dadurch denjenigen näher ge- bracht, welche die rein empirische Tafel giebt. Mehr zufolge die- ser Betrachtungen und weil ohnedies für Höhen, welche kleiner als 10° sind, die Formel sich ganz von der Wahrheit entfernt, als we- gen des wenig erheblichen Unterschieds in der Quadratsumme der Fehler glaube ich, der empirischen Tabelle den Vorzug geben zu müssen, und unterdrücke desshalb die ausführlichere Tafel, welche ich zur bequemeren Reduction nach der Formel für die theoretischen Werthe von 93 (aus Gl. 7) mit z als Argument berechnet habe, indem ich daraus, zur Vergleichung mit den rein empirisch gefun- denen, nur folgende Werthe gebe: TE re 623 Werthe von p3 nach der Laplace'schen Theorie, mit «,H — 0,0948. % y3 2 93 3 93 0° . ....0,000 30°... 0,015 60° . . . 0,094 10... 0,001 40 ... 0,029 70 .... 0,180 20 ,.- 0,006 50H) . 11%40,052 80 ... 0,428 Anhang. Ueber die Helligkeit der Sonne, verglichen mit Sternen, und über die Licht reflectirende Kraft der Planeten und des Mondes. Bei dem ungehenern Abstande der Helligkeit der Sonne gegen die der Sterne kann Alles, was in dieser Richtung bisher ermittelt worden ist, nur in die Klasse selır roher Versuche gerechnet wer- ‚den. Die verschiedenen bisher erlangten Resultate, zu welchen meine eigenen Beobachtungen ebenfalls einen kleinen Beitrag liefern, werde ich so vollständig, als sie mir bekannt sind, hier wiedergeben. Die Vergleichungen zwischen Sonne und Sternen sind alle durch Einschaltung eines andern leuchtenden Objectes von einer Art mitt- lerer Helligkeit gemacht. Der directeste Versuch dieser Art ist I. Der von Wollaston, (Philos. Transactions for 1829 Part 1. N° IV.) das Licht der Sonne mit dem von Sirius zu vergleichen. Das Mittelglied bildete künstliches Licht. Von der Sonne wurde 624 durch Reflexion auf einer mit Quecksilber gefüllten Thermometer- kugel ein kleines Bild, ein künstlicher Stern, erzeugt, ebenso von dem Kerzenlicht; das letztere Bild, durch eine Loupe betrachtet und je nach der Entfernung des Lichtes heller oder dunkler zu machen, wurde verglichen mit dem durch ein Fernrohr gesehenen Sonuenbild, und ebenso mit dem Sterne selbst. Durch gelbe Gläser am Okular des Fernrohrs waren das Sonnenbild sowohl als der Stern gefärbt, um ihre Farbe der des Kerzenlichtes näher zu brin- gen; eigentlich ist daher die Vergleichung nicht sowohl anzusehen wie eine solche der Helligkeit der Sonne mit der des Sirius über- haupt, als vielmehr wie eine Vergleichung der Quantitäten gelben Lichtes in beiden. Für jeden Himmelskörper sind sieben Verglei- chungen mit dem künstlichen Licht gemacht. Die Zusammenstellung der 49 aus ihnen sich ergebeuden Resultate (p. 26 bei W.) zeigt, dass sie in sehr hohem Grade unsicher sind; sie variiren in keinem geringeren Verhältnisse, als dem der Zahlen (70)? : (183)? oder 1 : 6,8. Das mittlere Resultat ist, wenn man annimmt, dass die Thermometerkugel alles auffallende Licht reflectirt, Sonne heller als Sirius 11800 Millionen mal, nimmt man aber, was jedenfalls der Wahrheit bedeutend näher liegt, an, dass hei solcher Reflexion die Hälfte alles Lichtes ungefähr verloren geht, so wird . Sonne heller als Sirius 20000 Millionen mal. Dass diese Zahlen einen sehr grossen wahrscheinlichen Fehler haben müssen, ist aus dem bereits Gesagten klar *). *) W. hat auch eine einzelne Vergleichung von Wega mit dem künstlichen Stern gemacht, wornach wäre Wega : © = 1: 180000 Millionen (a. a. 0. p. 24.) Nach dem, was über die Abweichung der verschiedenen A EEE TEE ET nr 625 Andere Vergleichungen haben die Helligkeit des Voltmondes zum Mittelglied zwischen Sonne und Sterne gemacht. Hieher ge- hört Folgendes: ll. Versuche, die Helligkeit der Sonne mit der des Vollmon- des zu vergleichen. a) Die erste Idee eiver solchen Vergleichung scheint die von Smith zu seyn, welcher die scheinbare Helligkeit des Mondes der mittleren Helle des reinen Himmels („coelum sudum“ bei Bambert, Photom. $. 1048 und sonst) bei Tage ungefähr gleich setzt. Durch Betrachtungen, deren ich weiter unten (bei IV.) noch etwas zu er- wähnen haben werde, kaun man die Erleuchtung, welche eine hori- zontal liegende Fläche vom blauen Himmel her erhält, einigermassen in Verbindung bringen mit der, welche die Sonne, in Zenit stehend, ihr geben würde; nimmt man also an, dass der Mond eben so viel Licht sendet als ein scheinbar gleich grosses Stück des Himmels- gewölbes bei Tage, so kann man das Verhältniss zwischen Sonnen- schein und Mondschein rechnen und es würde hiernach nach Lam- bert a. a. O0. etwa 300000 zu 1. An die Stelle dieser Zahl müsste man indessen jetzt besser setzen 400000 : 1, indem nämlich L. aus einer Art von Mittek seiner eignen und der Bonguer’schen Be- stimmung über die Absorption des Lichtes folgert, dass die Sonne direct uns 6 mal mehr Licht sendet, als das Himmelsgewölbe ($. 914.); hält man aber, wie jetzt geschehen muss, die Bouguer'sche Bestim- mung allein aufrecht, und bleibt übrigens den Lambert'schen Schlüs- für Sirius von ihm erhaltenen Zahlen gesagt worden ist, versteht es sich indess von selbst, dass ein auf einer einzigen Beobachtung beruhendes Resultat solcher Art so gut wie gar kein Vertrauen in Anspruch nehmen kann, 626 sen treu, so erhält man statt der Zahl 6 jetzt 8, und muss daher auch die Zahl 300000 in demselben Verhältniss $ oder $ ver- grössern. Allein in dem ganzen Raisonnement steckt noch ein grös- serer Irrthum. Denn da wir bei Tage in den Richtungen, welche nach Punkten der Mondfläche führen, nicht blos Licht des Mondes empfangen, sondern auch Licht vom Himmel, eben so gut als von den benachharten Theilen der Atmosphäre, so kann die als richtig eingeränmte Thatsache, dass die scheinbare Helligkeit des Mondes bei Tage nicht sehr auffallend grösser ist als die des umgebenden Grundes, durchaus nicht sagen, dass der Mond uns etwa eben so viel Licht zusendet als ein gleich grosses Stück des Himmels, sondern vielmehr, dass er uns merklich weniger Licht sendet (weil sein Licht dasjenige des Theils der Atmosphäre, hinter welchem er steht, nicht bedeutend verstärkt). Um wie viel weniger, weiss man nicht, jedenfalls kann aber diese Betrachtung, hiernach berichtigt, es nur wahrscheinlich machen, dass das Sonnenlicht dasjenige des Vollmondes in einem beträchtlich stärkeren Verhältniss als 400000:1 übertrifft. P b) Einen zweiten Versuch zur Vergleichung von Sonne und Mond hat Bouguer *) gemacht, indem er das Licht beider mit dem von Kerzen verglich. Vier verhältnissmässig gut übereinstimmende Versuche (die Werthe schwanken nur im Verhältniss 26 : 33) ge- ben im Mittel nahe 300000 : 1 c) Von diesem Resultate weicht wieder dasjenige sehr stark ab, welches Wollaston auf ähnliche Weise (und zwar mittelst Ver- *) Essai d’optique sur les gradations de la lumiere, p. 31. 627 gleichung der Schatten) erhielt. Er findet (Ph. Tr. 1829. p. 27) aus 12 Vergleichungen zwischen der Sonne und Kerzenlicht und zweien zwischen Vollmond und Kerze Sonne heller als Vollmond 8SOI0O00 mal, wobei er anführt, dass seine Vergleichungen zwischen Sonne und Kerzenlicht gut, aber die zwischen Mond und Kerzenlicht schlecht mit den Bouguer'schen übereinstimmen. Bedenkt man, dass B. vier von einander ganz unabhängige Versuche gemacht hat (W. für den Mond nur 2), ferner, dass das auf ganz ähnlichen Beobachtungen am Mondlicht beruhende Resultat B.’s über die Extinctionsconstante durch meine Untersuchungen so gut als vollkommen bestätigt wor- den ist, so müsste man, so lange keine anderen Umstände mitspre- chen, den innern Gründen nach der Zahl des Französischen Gelehr- ten wohl den Vorzug geben. Andere Beziehungen (s. unten bei der Besprechung der wahrscheinlichen Albedo des Mondes) scheinen aber wieder darauf hinzudeuten, dass selbst die Wollaston’sche Zahl noch zu klein seyn möchte. d) Auf einer verschiedenen, sehr sinnreichen Idee beruht ein Versuch, den Steinheil zur Vergleichung zwischen Sonne und Mond gemacht hat*). Sein Verfahren vergleieht eigentlich zunächst die Er- leuchtung, welche der Himmelsgrund von der Sonne erhält, mit der, die er vom Monde empfängt, und zwar dadurch, dass bei Tage und in der Vollmondnacht ein Ferurohr auf den Polarstern gerichtet und dann das Ocular aus der Lage, wo es das Bild deutlich zeigt, so weit verschoben wurde, bis der Lichikreis, in welchen der Stern dadurch verwandelt wurde, sich von der allgemeinen Erleuchtung des Grundes nicht mehr auszeichnete. Aus der Grösse beider hiezu *) Elemente der Helligkeitsmessung, p. 32. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. so 628 nöthigen Verstellungen wurde danu auf das Verhältniss der Erleuch- tungen selbst geschlossen, und dieses gefunden = 1650 : 1; wel- ches Resultat natürlich nicht erlangt werden konnte ohne die (un- wahrscheinliche) Voraussetzung ‘gleicher Empfindlichkeit des Auges bei Tage und bei Nacht. Da nun noch hinuzukommt, dass der Po- larstern wahrscheinlich veränderlich ist, ferner, dass man auf das Verhältniss zwischen Sonne und Mond nur schliessen könnte in der weitern Voraussetzung, dass bei Tage und bei Nacht gleich viel Lieht-refleetirende Theile in der Atmosphäre in der Richtung gegen den Polarstern waren, — welches von den meteorologischen Verbältnisseu abhängt und höchstens im Mittel häufiger Vergleichun- gen annehmbar wäre, — endlich, dass die Vergleichuug unter be- sonders ungünstigen Umständen nur versuchsweise gemacht ist, — so muss man ohne Zweifel ihrem Urheber Recht geben, welcher nicht nur a. a. ©. ausdrücklich erwähnt, sondern mich noch beson- ders zu der Erklärung ermächtigt hat, dass er auf das Zahleure- sultat derselben für die Vergleichung zwischen Sonne und Mond keinen Werth lege. In Folge dessen würde ich diese Beobachtung gar nicht erwähnt haben, wenn nicht ihr Princip doch geeignet schiene, in Zukunft einigen Beitrag zur Beantwortung unserer Frage zu liefern, und wenn nicht Humboldt (p. 133 des Kosmos Ill.) einer Zahl für das Verhältuiss zwischen Sonne und Arcturus die Auf- nahme gestattet hätte, welche zum Theil auf dieser Beobachtung beruht *). h , #3 Nach Allem diesem, besonders nach der schlechten Ueberein- *) Humboldt eitirt dieselbe aus Struve, Stellar. compos. mens. Die Original- stelle ist die oben angeführte. Den andern und weit sicherern Theil des Uebergangs von @ auf Arctur bildet die sogleich zu erwähnende Vergl. des Sterns mit dem Vollmond. Be oe 2 25 0 u ee ea N 629 stimmung zwischen Wollastons Zahl und der des sorgfältig beob- achtenden Bouguer, ergiebt sich, dass wir über das Verhältniss der Helligkeit von Sonne und Vollmond nur etwa so viel wissen. dass jene Hunderttausende von Malen grösser ist, als diese. Il. Versuche, die Helligkeit des Vollmondes mit der von Ster- nen zu vergleichen. h Da die hellsten Sterne dem Vollmonde weit näber kommen, als dieser der Sonne, so kann man dieser Art Vergleichungen jeden- falls mehr Vertrauen schenken, als den eben Besprochenen. Es gehören hieher folgende: «) Vergleichung zwischen Vollinond und Arcturus von Stein- heil. (p. 31 der „Elemente“). Der Stern wurde hiebei durch Ver- schiebung des Oculares in eine helle Scheibe verwandelt, der Mond aber im Bilde, ebenfalls inı Kernrohbr, betrachtet, und bei der Beob- achtung des letztern durch vorgesetzte Blendungen die Oeflnung des Objectivs so verkleinert, dass die Helligkeit der Lichtscheibe des Sterns der des Mondes comparabel wurde. Da dasselbe Fern- rohr in beiden Fällen angewandt wurde, so ist der Uebergang mit- telst künstliehen Lichtes, mit dem beide Helligkeiten verglichen wur- den, gemacht. Man findet die Originalzahlen der 3 ziemlich zut übereinstimmenden Vergleichungen a. a: O.; indem ich die Licht- mengen sich gleich setze, welche im Einen uud im andern Fall auf gleich grosse Flächen der Retina gelangen *), erhalte ich im Mittel der 3 Beobachtungen das Resultat *) Wenn J' der ganzen Helligkeit des Vollmondes, J der des Sternes pro- portional ist, p die Brennweite des Fernrohrs, g den Durchmesser der Blendung, A die Verschiebung des Oculars von der Stellung des deut- so * 630 Vollmond heller als Areturus 17510 mal. Diese Zahl muss nothwendig etwas zu klein seyn. Bei der Beobachtung des Sterns gelangt nämlich mit dem Lichte desselben zugleich auch Mondlicht, vom Himmelsgrunde reflectirt, in’s Auge, und verstärkl das erstere. Ich babe versucht, diesen Umstand eini- germassen in Rechnung zu ziehen, wozu ich die schon oben ange- führte Beobachtung benützte über die Verschiebung, die bei Betrach- iung des Polarsterns dem Ocular gegeben werden konnte, bis sein Licht in dem allgemeinen des Himmelsgrundes verschwand, uud da- bei ammahm (wie es ungefähr den Erfahrungen bei meinen photome- trischen Messungen entspricht), dass dem Auge der Unterschied zweier leuchtenden Flächen etwa von der Helligkeit, die der Vollmond dem Himmel giebt, dann unmerklich wird, wenn die Eine . : k 1 1 um einen Bruchtheil zwischen „, und ;, heller seyn mag, als die andere *). Hiernach dürfte das obige Verbältniss um n zu ver- lichen Bildes aus ‚bedeutet (alle drei in gleichem Maase ausgedrückt), endlich der scheinbare Durchmesser des Mondes — 31',1 gesetzt wird, so ergiebt sich die Formel: I __ 4311.60. pp |? IT 1206688 . gA In so ferne 31',1 der mittlere scheinbare Durchmesser des Mondes ist, enthält diese Formel zugleich schon die Reduction auf die mittlere Entfernung des Mondes von der Erde, — wobei man nach dem Prineip der Beobachlungsart diese Entfernung für den Moment der Vergleichung -selbst gar nicht zu kennen braucht. Zur nähern Beurtheilung des Resul- tats mag übrigens die Anführung einen Beitrag liefern, dass die 3 Werthe von 94, die sich gleich seyn sollten, waren: 672; 564; 774 * Obige Annahme stimmt auch wohl überein mit dem Resultate Steinheil's p. 80 der erwähnten Schrift, wornach das Auge ;'; die Flächenbhelligkeit noch unterschiede. 631 grössern seyn, und in runder Zahl kann man als Resultat der Stein- heilschen Vergleichung annehmen Vollmond heller als Arcturus 20000 mal. P} Eine Vergleichung von Herschel zwischen Vollmond und dem Sterne @ Centauri „mit einem prismatischen Apparate verau- staltet“ and ein Mittel aus 11 Messungen, führt Humboldt im Kos- mos IH. p. 103 aus Herschel's Outlines of Astronomy p. 553 an. Die Beobachtungen, auf welchen dies Resultat beruht, sind die wanı- lichen 11 Einstellungen des durch eine Linse erzengten kleincu Mondbildes auf gleiche Helligkeit mit dem Stern, — welche zu- gleich zur Vergleichung dieses Doppelsterns mit andern Sterneu nach der astrometrischen Methode ihres Urhebers gedient haben. Man kann offenbar die relative Helligkeit dieses kleinen Bildes ge- gen den Mond selbst berechnen, und so durch dasselbe den Ueber- gang vom Stern zum Mond auf dieselbe Art herstellen, nach wel- cher bei Wollaston’s Vergleichung zwischen Sonne und Sirius der vom Sonnenlicht erzeugte künstliche Stern zu gleichem Zwecke ge- dient hat. Die gefundene Mittelzahl selbst ist: Vollmond heller als & Üentauri 27408 mal, wobei indessen die in der Nähe der Quadraturen des Mondes (welche Herschel für die vortheilhaftesten Stellungen erklärt) ge- machten Beobachtungen eine nahe 3 mal kleinere Zahl für den Voll- mond, oder eine ungefähr dreimal grössere relative Helligkeit für deu Stern, ergeben, als die den Vollmond nahe fallenden (Outlines p- 553, Anmerkung). Dieser Unterschied, den übrigens Herschel für keineswegs auffallend erklärt, würde noch wesentlich verringert und das Verhältuiss von 3 : 1 auf weniger als 2 : 1 herabgebracht worden seyn, wenn die dabei nothwendig durch Rechnung auzustel- lende Reduction der Stärke des Mondlichtes in den Quadraturen 632 auf diejenige im mittlern Vollmond nach der sogleich unter IV. an- zuführenden Lambert'schen Formel gemacht worden wäre, statt de- ren Herschel eine von ihm p. 356 der Capreise aufgeführte abwei- chende Formel benützt hat (Vg}. die Anmerkung zu p."96). Der noch übrig bleibende Unterschied erklärt sich dann leicht, wenn man bedenkt, dass bei den Messungen Herschel’s das Mondbild sich auf den schwarzen Grund eines Schirmes projicirt (in welchen die es erzeugende Linse eingesetzt ist), während der Stern au dem vom Mond erhellten Himmel erscheint. In Folge der Wirkung des Contrastes mit dem Grunde muss also das Mondbild überhaupt ge- sen den Stern zu hell erschienen seyn, aber um mehr zu hell beim Vollmond, wo der Stern sich weniger auf dem Himmel auszeichnete, als in der Nähe der Quadratzren. (Diesen Einfluss des Mondlich- tes hat Herschel selbst auf's Klarste erläutert p. 368 der Capreise.) Hieraus geht hervor, dass die obige Zahl 27400 für das Verhält- niss von Vollmond zu Stern überhaupt der Wahrscheinlichkeit nach eiwas zu gross seyn muss, und in Anbetracht dieses Umstandes kann man mit ihrer Uebereinstimmung mit dem Steinheil'schen Re- sultate wohl zufrieden seyn, und als eine Art von Mittel aus bei- den (in so fern nach meinen und Steinheil’s Messungen Wega etwas heller als Arctur, gewiss aber etwas schwächer als & Centauri ist) wird man annehmen dürfen, dass in mittlerer Entfernung von der Erde der Vollmond etwa 24000 mal heller ist als ein Stern von der Helligkeit Wega's. Hieher gehört übrigens die Bemerkung (welche bereits Bouguer p- 32 des „Essai d’optique etc.“ gemacht hat), dass, weil die grösste und kleinste Entfernung des Mondes sich etwa wie 8 : 7 verhal- ten, das Licht des Vollmondes, mit Sternen verglichen, nahe im _Verhältniss 3 : 4 varüiren kann. IV. Eine andere Art von Beziehung zwischen den Lichtmengen 633 der Sonne und der Fixsterne hat man mittelst der Pfaneten herzustellen gesucht. Diese Jassen sich ziemlich leicht photome- trisch mit Fixsternen vergleichen, ihr Helligkeits- Verhältniss zur Sonne wird aber dabei aus den Stellungen gegen diese und gegen die Erde mit Zuhilfenahme eines hypothetischen Elementes berech- net. Dieses nur sehr roh auzugebende Element bildet nämlich die Albedo des Planeten, d. h. das Verhältniss zwischen der von ihm zurückgeworfenen und der auf ihn fallenden Quantität des Sonnen- lichts. So wenig diese Grösse einer genauen Bestimmung zugäng- lich ist, so können Resultate, die durch hypothetische Annahme der- selben gewonnen sind, gleichwohl für jetzt mit denjenigen concurri- ren, welche man auf den kisher angedeuteten Wegen erlaugt hat; deun wie wir gesehen haben, ist sowohl die Zahl, welche Wolla- ston für das Verhältniss zwischen Sonne und Sirius direct gefun- den hat, als auch, wenn man durch den Mond gehen will, das Ver- hältniss desselben zur Sonne ebenfalls in sehr hohem Grade un- sicher. Eine Vergleichung von dieser Art hat Olbers in Zach's monatl. Correspondenz VII. p. 293 ff. gegeben und verschiedene Folgerungen daran geknüpft; in die gleiche Classe sind auch un- sere eigenen Vergleichungen zwischen Planeten und Fixsternen zu rechnen, welche in dem $. 3. gegebenen Tableau besonders zusan- mengestellt sind. Würde man auf anderem Weg einmal etwas sicher die verhältnissmässige Helligkeit von Sonne und Sternen festgestellt haben, so würden diese Beobachtungen dann umgekehrt dienen kön- nen, die Albedo der Planeten selbst zu berechnen. - Die richtige Formel zur Berechnung der Lichtguantität, mit welcher ein als Kugel betrachteter und von der Sonne beschienener Planet (oder auch der Mond) eine Fläche auf der Erde senkrecht erleuchtet, ausgedrückt in Theilen der Lichtmenge, welche die Sonne selbst auf eine gleich grosse Fläche (z. B. des Auges) senkrecht 634 schickt, — hat Lambert in der Photometria $. 1058 gegeben. Wenn nämlich vo in dem Dreieck zwischen Sonne, Erde, Planet, das Supple- ment (zu 180°) des Winkels am Planeten, 6 den scheinbaren Halb- messer des Planeten, s den scheinbaren Halbmesser der Sonne, vom Planeten aus gesehen, S denselben von der Erde aus, A die Albedo des Planeten vorstellt, so ist jenes Helligkeitsverhältniss Planet 2 . . . . Sonne — 5; (Sinv — v cos v) A Sins? Sino? : Sın S? wobei auf die Phase des Planeten und auf die Neigungswinkel sei- ner Oberflächenelemente gegen die Richtung nach der Sonne und nach der Erde die gebührende Rücksicht genommen ist *). Für meine Beobachtungen der Planeten habe ich den Logarithmus des reciproken Werthes dieser Grösse, aber ohne den unbekannten Fac- tor A, unter der Ueberschrift log © : Planet + log Alb. in dem Tableau p. 3f; jeder einzelnen Beobachtung beigesetzt (ganz genau stellen eigentlich meine Zahlen die Werthe vor, welche man *) Nicht nur die vor dem Erscheinen von Zamdert's bewunderungswürdigem Werke von Zuler so wie die von Michell aufgestellte Formel, deren nu- merische Resultate im Kosmos II. p. 133 wieder gegeben sind, sind falsch, sondern auffallender Weise ist auch Zaplace, wie es scheint aus Unkenntniss von dem Hauptsatze der ‚„‚Photometria‘, in seiner gelegentlichen Untersuchung über die Sonnenatmosphäre Mec. cel. IV. Liv. X. Chap. I. $. 13 in den von Euler zuvor begangenen Irrthum zurückverfallen. (Vgl. bei Lambert p. 36; 37; 324.) Dessgleichen giebt auch Wollaston 1329 (Ph. tr. p. 20 unten) eine falsche Formel. Selbst der von Henschel (p- 356 der Capreise) zur Reduction anderer Phasen des Mondes auf den Vollmond angewandte Ausdruck ist (wie schon bemerkt) nicht genau, braucht es aber für die dortige Anwendung auch nicht zu seyn. Olbers hat den richtigen angewendet. 635 erhält, wenn man die Helligkeit der Sonne sogleich noch auf die in mittlerer Entfernung von der Erde reducirt). Die Stellungen der Planeten gegen Sonne und Erde wurden dabei aus dem Berliner astronomischen Jahrbuch und die scheinbaren Halbımesser aus den wahren berechnet, für welche ich die Mittel der von Hansen in Schumacher’ s Jahrbuch für 1837 und von Mädler in den astron. Briefen gegebenen Zahlen annahm. Beide stimmen so gut als voll- ständig überein. Olbers giebt in der oben angeführten Abhandlung „Mars und Aldebaran“ vorzüglich Eine hieher gehörige Beobachtung. Nach dieser fiel 1801 Febr. 23. die Helligkeit des Mars zwischen die von @ Orionis und Aldebaran, dem letztern sehr nahe. Da die beiden Fixsterne (vgl. Herschel's Zahlen, Kosmos IH. p. 138) sich selbst nahe gleich und beide, wie Mars, von rother Farbe sind, hat diese Angabe fast den Werth einer Messung. Indem Olbers selbst sie nach der obigen Formel berechnet, findet er (mit der jetzt angenom- menen Zahl für den mittleren scheinbaren Halbmesser des Mars): 1) Lichtstärke der Sonne in mittlerer Entfernung von der Erde — 05 Millionen X Lichtstärke des Aldebaran. Ehe ich mit Olbers durch einen angenomn.enen Werth von Alb 4 weiter gehe, füge ich hier sogleich die entsprechenden Zahlen für die zweite von Olbers angeführte Beobachtung an, wornach am 25. Januar 1803 Saturn, dessen Ring damals fast verschwunden war, sehr nahe gleich heil mit Procyon erschien (viel heller als Regulus, aber unter Arcturus), und eben so für meine eigenen Planetenbeob- achtungen (an Mars und Jupiter), auf gleiche Zenitdistanz des Sterns und des Planeten reducirt: Abh. d. 11. Cl. d. k Ak. d. Wiss. VI. Ba. III. Abth. 81 636 2) (Nach Olbers) © heller als Procyon . . . 70800 Mill. : Alb h GC... Seidel) N055. 1845 Aug. 23 „ » » Wega ... 6890 Mill. : Alb < 62. HE re ».. +. 26100 Mill. : Alb 4 63. ” ” ZURU ” a te 9740 Mill. : Alb < j 67. Sept: 4.» 4 0% 0% 25527100 Mill. : Alboak | 68. „ a ” ” eslei en 6280 Mill. : Alb 1 DR. INyDR A en, en .... 24400 Mill. : Alb 4 76. a tn „» .. . 18900 Mill. : Alb 4 7%. »on nn» » .-...4700 Mill. : Alb 85. 1846 Fehr.26. „ » „ Sirius ... 8180 Mill. : Alb 4 Wenn ich aus allen Vergleichungen zwischen Wega und Mars ein Mittel nehme, also natürlich voraussetze, dass weder die Sonne ihre Helligkeit, noch Mars sein Reflexionsvermögen inzwischen ge- ändert hat, so erhalte ich hierdurch): 3) © heller als Wega ... 5900 Millionen : Alb £ Hingegen durch Jupiter: 4) © heller als Wega ... . 24100 Millionen : Alb 3. Reducire ich die erstere Zahl durch Division mit 0,362 (dem *) Die Uebereinstimmung der einzelnen Beobb. unter sich ist hier merklich schlechter als bei den Fixsternen. Ein Theil hievon wird auf Rechnung der Unsicherheit in den Werthen von oz fallen, da hier (vgl. das Tableau in $. 3) im Allgemeinen etwas grosse Zenitdistanzen vorkommen. Ein grösserer Theil fällt auf die Schwierigkeit der Beobachtung, veranlasst durch die grosse Helle der Scheiben und die starken Beugungslinien, welche Schwierigkeit im Journal, z. B. bei den Beobb. von Nvb. 5., aus- drücklich angeführt ist. Gleichwohl zweifle ieh, ob diese Ursachen die vorkommenden Schwankungen völlig erklären. 637 Aldebaran Wega Helligkeit Aldebaran's, so wird die der Sonne gegen diesen 16000 Millionen : Alb <; sehr gut übereinstimmend mit der in 1) aufge- stellten Olbers’schen Zahl, — wahrscheinlich zum Theil in Folge eines günstigen Zufalls. Reducire ich hingegen die Vergleichung Jupiter's mit Sirius (N 85) durch Mustiplication mit 4,57 — va auf die Helligkeit Wega’s, so gieht sie © heller als Wega . . . 37400 Millionen : Alb 4 unerwartet stark abweichend von dem Resultate in 4). Da die Be- rechnung erst lange nach der Beobachtung gemacht worden ist, ich also den Unterschied in dem Resultate nicht zeitig genug erkannte, so bin ich für jetzt ausser Stand, etwas zu seiner Erklärung anzu- führen; ich kann nur sagen, dass ein so grosser Beobachtungsfeh- ler bei N® 85. (in ganz besonders klarer Nacht angestellt; vgl. Journal) oder eine entsprechende Unsicherheit der Redüction bei ziem- lich nahe gleichen Zenitdistanzen mir beide sehr unwahrscheinlich sind. von mir für das Verhältniss gefundenen Werthe) auf die Lassen wir dies einstweilen dahingestellt, so können die Glei- chungen 3. und 4., die beide Mittel aus je vier Beobachtungen sind, benützt werden, um das Verhältniss der Albedo Jupiters zu der des Mars zu bestimmen. Es findet sich 5) Albed 4 — 4,1 Albed d oder Jupiter reflectirt von dem auf ihn fallenden Sonnenlichte 4,1 mal mehr als Mars. (Natürlich unter der Annahme, dass keiner von beiden auch etwas eigenes Licht hat.). Reducire ich auch noch die Olbers’sche Beobachtung an Saturn auf die Helligkeit Wega’s statt der des Procyon, durch Multiplica- tion mit ‚0,735, so giebt diese: 6) © heller als Wega ... 52000 Millionen : Alb h 31” 638 Die Verbindung dieser Gleichung mit N® 4 und 3 giebt 7) Albedo 5 — 2,2 Alb4 — 8,8 Alb <. Man kennt nun die Albedo von keinem dieser Körper. Einer Vermuthung ist am ersten die des Mars zugänglich, wegen der physikalischen Aehnvlichkeit, die zwischen ihm und der Erde zu be- stehen scheint. Für die leiztere hat Lambert in der Photometria einen approximativen Versuch der Bestimmung gemacht, den er auch selbst auf Mars überträgt, und wornach sie eiwa 4 wäre *). *) Lambert gelangt zu seinem Werthe im Wesentlichen auf folgende Art: Er nimmt an, dass von allem Lichte, welches die Sonne in der Atmos- phäre verliert, etwa Eine Hälfte verwendet wird, uns den Himmel sicht- bar zu machen, während die andere nach aussen geht. (Photometria $. 905 bis 913). Ist also der Lichtverlust durch die Atmosphäre bekannt. so kann man hiedurch die Erleuchtung des Himmels gegen innen und gegen aussen im Rohen überschlagen. Lambert macht selbst den Ueber- gang, indem er in die Betrachtung noch die Erleuchtung eines weissen Papiers durch die Sonne hereinzieht, welches aber wieder hinaus gerech- net wird. Die Folge einer bei diesem doppelten Uebergang begangenen kleinen Inconsequenz (er setzt nämlich den Lichtverlust durch die At- mosphäre = 2, wie es seine eigene Messung giebt, die Helligkeit des Himmelsgewölbes, verglichen mit der’ der Sonne, aber nicht, wie er nach obiger Annahme hiermit übereinstimmend ihun müsste, — 3, sondern in einer Art von Mittel aus seiner eigenen und Bouguer’s Bestimmung der Extinction — +#) ist es gewesen, dass er hienach für die Albedo der At- mosphäre gegen aussen denselben Werth ;, findet, welchen man bei rich- tigem Gang und derselben Voraussetzung mit der Bouguer'schen oder meiner Extinctionsconstante allein erhält. Weil dann der Erdkörper selbst noch einiges, aber nicht viel, Licht reflectirt, so vergrössert er die Zahl auf + für die Albedo der Erde. — Für Cremserweiss ist sie nach seinen Versuchen nur 0,4; für Gyps nach Bouguer ebenso. Auch bei hochpolir- ten Metallspiegeln beträgt das reflectirte Licht nicht über 0,5 zufolge Ver- suchen von Herrn v. Steinheil und mir. . u 639 Olbers selbst findet es in der citirten Abhandlung wahrscheinlich, dass 4 für Mars etwas zu gross sei, hält aber 4 schon für das Mi- nimum. Vgl. a. a. ©. p. 299 und 301. Die Zahl wird aber nach Gl. 5. und 7. jedenfalls kleiner angenommen werden müssen, denn es müsste darnach Jupiter mehr Licht reflectiren als ein Metall- spiegel (oder als Wollaston von seinen mit Quecksilber gefüllten Thermometerkugeln annimmt), und Saturn müsste absolut eigenes Licht haben. In Erwägung dessen, so wie der von Olbers ange- führten Gründe (welche eine sehr grosse Fehlerhaftigkeit des Wer- thes 4 doch nicht wahrscheinlich machen) glaube ich, dass man vor- läufig am meisten Ursache hat, einen Werth von Alb & ungefähr — für den wahrscheinlichsten zu halten. Für die entfernteren Plane- ten bleibt übrigens auch hiernach eine ungemeine Weisse ihrer Ober- flächen, etwa 0,38 für Jupiter und 0,8 für Saturn, indieirt. Nach dieser Annahme würde aus 3.) seyn © heller als Wega 65000 Millionen mal welches Resultat auch mit der Wollaston’schen Vergleichung zwi- schen Soune und Sirius in Anbetracht aller Umstände (nämlich dass hier die Alhedo des Mars, dort die der Quecksilberkugel nur roh ge- schätzt sind; ferner dass die gelben Gläser W.s dem Fixsterne wahrscheinlich mehr als der Sonne Eintrag gethan haben) in leid- licher Uebereinstimmung ist. Nach jener Bestimmung sollte nämlich (mit Sirius — 4,57 Wega) seyn © heller als Wega 90000 Millionen mal. Als eine, freilich rohe, Annäherung könnte man hiernach also bis auf weitere Bestimmung etwa annehmen Sonne heller als Wega 75000 Millionen mal. 640 Nimmt man nun als Minimum der Entfernung Wega's die früher von Struve erhaltene Zahl (die aber nach Peters noch viel zu klein ist) — 790000 mal die Entfernung der Sonne an, so ergiebt sich, dass, auf gleiche Entfernungen gedacht, das Licht des Ster- nes der Leier das der Sonne bei weitem übertreffen würde; näm- lich der Helligkeit nach Wega > 8,3 mal Sonne, wornach also unser Centralkörper in die Entfernung jenes glanz- vollen Sternes versetzt, sicher nicht heller wäre als der Polar- stern; ein Resultat, welches mir ausser allem Zweifel zu stehen scheint, und zwar um so mehr, als der Uebergang von der Sonne auf die Sterne durch den Mond auf eine noch geringere Helligkeit der ersteren hindeuten würde. Nimmt man nämlich, wie ich oben (bei III.) that, im Mittel aus Herschel’s und Steinheil's Bestimmung an Vollmond heller als Wega 24000 mal und setzt man nach Wollaston das Licht der Sonne 8300000 mal stärker als das des Mondes, so würde hiernach das Licht der Soune nur 19000 Millionen mal stärker als das des Fixsterns seyn *). *) Durch den hier zuletzt gemachten Uebergang mittelst der Wollaston’schen Zahl gelangt auch Herschel p. 553 der Outlines zu seinem Resultate, dass der Stern « Centauri, in die Distanz der Sonne von uns gedacht, 2,3 mal heller seyn müsste als diese (Kosmos II. p. 103). Ich glaube aber im Text hinlänglich zu erläutern, dass die beobachtete Zahl für das Verhält- niss zwischen Sonne und Vollmond von allen hier in Betracht kommen- den Grössen die unsicherste ist; wenn man sie daher, wie ich bei der ersten Vergleichung im Text zwischen Sonne und Wega that, verwirlt, und die oben gefundene Zahl 75000 Mill. für das Verhältniss zwischen Sonne und Wega gelten lässt, so ergiebt sich, dass die Sonne, auf die 641 Man sieht, dass in diesen Bestimmungen nach eine arge Verwirrung herrscht. Wie die Sache liegt, scheint in der That das Verhältniss zwischen Sonne und Vollmond .die allerunsicherste Grösse zu seyn. Lässt man die Zahl für das Verhältniss zwischen Mond und Stern als vergleichungsweise besser bestimmt passiren (da hier zwei ganz verschiedene Beobachtungsmethoden zu ziemlich übereinstim- menden Zahlen geführt haben), so kann man dasselbe in Verbin- dung mit den Gleichungen 3 und 4 für die Planeten setzen, um eine Beziehung zwischen der Albedo des Mondes und der jener Körper herzustellen; denn man kann natürlich nach der Lambert-- schen Formel den theoretischen Ausdruck auch für die Helligkeit des Mondes bilden. Man findet dadurch, dass das Licht des Voll- mondes (in mittlerer Entfernung von der Erde), hei gleicher Albedo, 12000 mal stärker seyn müsste, als das des Mars in der Opposi- tion; da aber im Mittel der Beobb. von 1845 Aug. 23. und Aug. 25. (welche sehr nahe um die Opposition fallen) Mars 7,2 mal heller war als Wega, so ergiebt sich mit dem angenommenen Verhältniss zwischen Vollmond und Wega, dass das Licht des erstern das des Mars in der That nur übertrifft 3320 mal (anstatt 12000 mal), und also dass hiernach die Albedo des Mondes über 3 mal kleiner seyn müsste als die des Mars. Da nun letztere selbst weit kleiner ist als die der entfernteren Planeten, so wird man nach diesen Betrachtungen den Mond für Entfernung von «& Centauri gebracht (Parallaxe — 0',913) eiwas heller seyn müsste als. die deiden Körper, welche diesen südlichen Doppelstern bilden, zusammen genommen. 642 einen sehr dunkeln Körper halten müssen. Das widerspricht stark der ältern Annahme, wornach man ihm eine grosse Weisse zuzu- schreiben geneigt war. Nach unserem Resultat müsste er in der Nähe weit eher schwarz als weiss aussehen, da seine Albedo nicht gut über = seyn könnte. Bedenkt man, wie auffallend manche Punkte der Mondoberfläche, z. B. das Ringgebirg Aristarch, an Helle über das allgemeine Niveau hervorleuchten, so scheint mir übrigens auch dies für die dunkle Farbe des Körpers im Ganzen zu sprechen. Die Vergleichung von Wollaston des Vollmonds mit der Sonne giebt jenem, nach der Lambert'schen Formel berechnet, die Albedo 195 wornach dann die des Mars etwa 4 wäre, und schon Jupiter nothwendig eigenes Licht haben müsste; Saturn noch mehr. Will man diese Consequenzen nicht ziehen, doch aber die Wollaston’sche Bestimmung aufrecht halten, so muss man (da die Vergleichungen zwischen Fixsternen und Planeten nicht angefochien werden kön- nen) die Zahl verwerfen, welche ich für das Verhältniss zwischen Mond und Sternen angenommen habe. Diese aber, an sich kleiner, ist gewiss nicht in solchem Grade unsicher als die für das Ver- hältniss zwischen Sonne und Mond, welches überdies Bouguer und Wollaston nach gleichen Methoden total verschieden gefunden haben. Gerade das Gegentheil findet bei Herschel's und Steinheil’s Bestim- mung für das Verhältuiss zwischen Stern und Mond statt. Die zu treffende Wahl scheint also nicht schwer zu seyn. Bleibt man demgemäss bis auf Weiteres bei der Annahme, dass *) W. selbst findet nach seiner irrigen Formel z- 643 das Licht der Sonne etwa 75000 Millionen mal stärker ist, als das von Sternen, die in vorderster Reihe unter denen der ersten Grösse stehen, und nimmt man, zufolge Herschel's Untersuchung *) an, dass die Helligkeiten in den verschiedenen Grössenklassen sich nahezu wie die Quadrate der Classenzahlen verhalten, so wird das Licht der Sonne dasjenige eines Sterns sechster Grösse, der noch mit blossem Auge sichtbar ist, ungefähr 3 Billionen mal — 3. (10)!? mal übertreffen **). Dies Resultat wird auch bestätigt durch eine Ver- gleichung, welche Olbers in der oft erwähnten Abbandlung (p. 307) zwischen Uranus und einem Stern sechster Grösse (n Virginis) an- stellt, wornach der Planet im März 1801 gewiss so hell, wo nicht heller, als dieser Stern war. Rechne ich das Verhältniss zwischen der Helligkeit der Sonne und des Uranus nach der Lambert'schen 3,2 Billionen nee D un ee Formel, so finde ich es = zipem Unanf Einen sehr grossen Fehler wird also obige Zahl kaum haben, und dieselbe zeigt den ungeheuern Umfang der Empfänglichkeit des Auges für Lichteindrücke. Dasselbe Organ, welches, wenn auch nur auf Augenblicke und mittelst einer Verengerung der Pupille, den Glanz der Sonne ertragen kann, zeigt ohne alle künstliche Hilfs- mittel bei Nacht noch Punkte, deren Lichtmenge Billionen mal schwächer ist. Auf so enorme Zahlen wird man beinahe nirgends sonst in den Naturwissenschaften geführt, wenn man nicht absicht- lich ein unpassendes Maas wählt, und z. B. die Entfernung der *) Vgl. hierüber auch Kosmos II. p. 137. **) So weit diese Zahl abhängig ist, von dem Uebergange von Sternen erster Grösse auf solche der sechsten, ist sie gewiss eher zu klein als zu gross. Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 82 644 Sonne nach Zollen, oder die Geschwindigkeit des Lichtes nach der von der Spitze des Zeigers einer Damenuhr misst. Am allerwenig- sten sind irgend sonst Grössen von solcher Verschiedenheit dem Sinne zugänglich. Ehe man mikroskopisch die Infusorien im Was- sertropfen sieht, ist längst schon das Maass eines Fusses unüber- sehbar geworden. — B,,e.isl ag. Enthaltend die Copie des Journals der photometrischen Beobachtungen. Bemerkungen. Die mit der Bezeichnung „Stand der Uhr‘ oder „St. d. U.“ angesetzten Grössen (welche gleich nach dem jedesmaligen Datum stehen) sind die Correc- tionen, welche man mit ihren Zeichen zu den nachher folgenden Uhrzeiten zu legen hat, um mittlere Münchner Zeit zu erhalten. Bei jeder Vergleichung ist derjenige Stern zuerst genannt, welcher Anfangs im Sucher und also auch im Prisma A und der zugehörigen Objectivhälfte er- scheint; folgt nachher das Wort ‚‚Umgelegt“, so bedeutet dasselbe, dass nun der zu zweit genannte Stern durch die Gläser A und der erste durch das System B beobachtet wird. Die mit den Zeichen * und ’ versehenen Zahlen sind abgelesene Zeiten der Taschenuhr in Stunden und Minuten, von Mittag an gezählt. Sie gelten, wenn nichts weiter angeführt ist, für den Moment der Einstellungen der Objectivschlitten, über welchen sie stehen. Die Zahlen, welche ohne die Zeichen * und ’ in je zwei Zeilen unter einan- der stehen, sind die Ablesungen der Stellung der Objectivschlitten, in Pariser Li- nien, von einem willkührlichen Nullpunkt an gerechnet und in der Richtung vom Ocular gegen das Objectiv zu wachsend. Durchaus stehen in der oberen Zeile die Zahlen für den Schlitten A, und unter einer jeden derselben die zugehörige für B. Steht in einer von beiden Zeilen ein Strich (—) slatt einer Zahl, so be- deutet derselbe, dass der entsprechende Schuber an die Gränze seiner Verschieb- barkeit geführt ist (s. über diese sogleich). Sind in einer Zeile Stellen leer ge- lassen, so ist die in derselben Zeile zunächst vorher angesetzte Einstellung so lang beibehalten, bis eine neue folgt. Das Zeichen DJ) bedeutet, dass die Oeffnung der entsprechenden Objectivhälfte mittelst Anwendung des „Quadratschubers“ ver- engt worden ist. Steht es, wie gewöhnlich, ohne eine Zahl, so steht der Schlitten immer an der Gränze seiner Verschiebbarkeit. Diese Gränzen und der Ort des Bildes, d. h. die Stellungen der Objectiv- 32 646 » hälften, welche die Sterne als Punkte zeigen, sind bestimmt durch folgende Able- sungen: : - Gränzen der Verschiebbarkeit der Objectivschlitten. Ort des dentlichen Bildes. Schlitten A. Schlitten B. Schlitten A. Schlitten B_ 1844 Aug. 2. 15,9 109,1 16,0 109,2 1844 Aug. 6. 63,0 62,4 (fernes terrestri- sches Object.) Nvb. 9. 16,0 109,1 16,0 109,3 1845 Apr. 4.(#)\63,4 63,5 1848 Aug. 16,05 109,3 15,95 109,2 163,33 63,1 Mittel 15,98 109,17 15,98 109,23 Apr. 5. 63,4 63,7 Grösstemögl. Verstell. 93,19 93,25 Aug.24. 63,7 62,2 Nvb.29. 63,5 63,7 Mittel 63,39 63,10 Bei den (wenigen) Beobb. des Jahres 1848 ist die Lage des Bildes eine an- dere, nämlich 80,30 ; 80,11 (s. d. Journal selbst). Ablesungen, welche „über dem Bilde“ gemacht sind, sind von solchen unter dem Bilde durch Semikolon (;) gelrennt. Erstere sind kleiner, letztere grösser als die Ablesung des Bildes. Beide Schlitten stehen immer auf derselden Seite des Bildes. Die Zeichen > und < bedeuten, dass nach dem Urtheil des einstellenden Beobachters selbst (und nicht nach der Vergleichung mit andern Einstellungen) die Ablesung, nach welcher diese Zeichen stehen, bei > eher zu gross als zu klein, oder bei < eher zu klein als zu gross ist. Die hin und wieder beige- setzten Worte gut“ „gelungen“ u. s. w. geben ebenfalls das augenblickliche Ur- theil im Moment der Beobachtung wieder. Wo hin und wieder der Deutlichkeit wegen Einzelnes später beigesetzt wurde, ist dies immer in eckige Klammern [ ] gestellt. Die hin und wieder angesetzten Distanzen der Sterne sind zum Theil berech- net, zum Theil an dem kleinen Kreise, auf welchem Prisma B sitzt, abgelesen. Im letztern Fall können sie um ganze Grade falsch seyn, und sind nur nolirt, um bei späteren Vergleichungen desselben Sternpaares beide schneller in das Gesichts- feld zu bekommen. Die Zeichen I), ©, © bedeuten, dass der Mond in wachsender Sichel, nahe voll oder in abnehmender Sichel über dem Horizonte war. Wo hinter einer Ab- lesung des Schliltens gar nichts oder S steht, ist die Einstellung von Seidel ge- macht; wenn L steht, von Herrn Professor Leonhard. Einige Einstellungen am Anfang, welche Herr Ministerialrath von ‚Sieirkeil gemacht hat, bezeichnet das ihnen nachgesetzte St. r 647 IS0FS 508 18ER TS a'ar o'pr hie — _: —_ 129[08ur) 7A, 217 ‚JE C 96 "JuoztIog we JogaNn c _ er pe Hr: >g2, tier! 8 [274 ‚Fl ‚61 L % "ejode) pun wiogsaepog °I7 I NP IS 6E an "DIS 3q9y.19 TogoN napvas am epfoden sap Omar 0°0y © 018 618 : 027 10% LI 8 ‚ol ‘eıjode) pun wiogsiepog 07 88: 481 Yee on Cr 02E ‚LE ug Bajosun) Gi vo8 VOR Eee Cao8F SI [oSy pun wiajsıepog °C Ser>Ler ep Lo Ep year: S0'08 Sr'nL 208 6'08 ‘ ‚ch yı um 18ojodu = 5 El ch, SOLL SHEL gu elrı © sygr geigp aWy c'gr are isıq EN pun wisgsuepog °F Pogteizg: 9'IR 1Sojodun) vsE Se ZLR 0‘cg 77 7° la erw ua zus Ele IUroyas me] » legyipis ug Juozuop uop uoda UWOYTOAIILNS oulag L08 9LL 2 69. 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Sie sind deshalb nun sorgfältig bemüht, solche Ueberreste aufzuspüren und mit Vorsicht aus dem Gesteine herauszuheben, so- dass man dort jetzt verhältnissmässig häufiger als sonst Gelegenheit hat, interessante Versteinerungen za erwerben, und deshalb auch fast kein Jahr mehr vergeht, in welchem nicht neue Formen in diesen Steinbrüchen zu Tage gefördert werden. Freilich sind. daselbst nunmehr die Ver- steinerungen auch im Preise ausserordentlich gestiegen und es wer- den dafür bisweilen Summen begehrt, die einen besonnenen Samm- ler von ihrem Ankaufe abschrecken und ihn bestimmen, ihre Acqui- sition Andern, die ihren Sammeleifer minder mässigen können, getrost zu überlassen. Noch immer gehören die Ueberreste von Sauriern zu denen, die im ‚lithographischen Schiefer weit seltener als die der Fische vor- 664 kommen; am allerseltensten aber und zugleich am unvollständigsten sind sie in dem obern Jurakalke. Ich theile hier die Beschreibung von sieben in den letzteren Jahren aus diesen Gesteinen ausgegra- benen Saurier-Ueberresten mit, welche mir theils durch die Herren Dr. Hell, Apotheker Mack und Dr. Oberndorfer zur Publication zu- kamen, theils Eigenthum der hiesigen Sammlung sind. I. Piocormus laticeps Wacn. Traop: 1: Das Geripp einer urweltlichen Eidechse, von dem ich hier eine Beschreibung und Abbildung mittheile, ist eines der schätzbarsten Stücke aus der werthvollen Sammlung von Versteinerungen, die Hr. Gerichtsarzt Dr. Oberndorfer in Kelheim aus der Umgegend seines Wohnortes angelegt hat. Mit Ausnahme weniger Stücke, nament- lich der Wirbelsäule, die in ihrem Rumpftheile stark beschädigt ist, ist dieses Gerippe in einem bewundernswerth guten Zustande der Erhaltung, so dass wir uns auch bei der Beschreibung kurz fassen können und wegen des Weiteren auf die Betrachtung der genau gefertigten Abbildung verweisen. Es ist mit der Bauchseite in die Steinplatte eingesenkt und wendet deshalb dem Beschauer seine Rückenseite zu, und zwar so, dass alle Theile ihre natürliche Lage und Verbindung beibehalten haben und daher die ursprüngliche Form des Thieres unzweideutig sich erkennen lässt. Schädel. Der Schädel ist, der Lage des ganzen Thieres gemäss, blos von der Oberseite sichtlich; die sämmtlichen Zähne nebst dem Un- terkiefer sind ganz in der Steinplatte versteckt. Die Form des 665 Schädels ist gedrungen und kurz, hinten breit, im Schnautzentheil allmählig stumpf sich zuspitzend. Das Scheitelbein ist schmäler und dabei verhältnissmässig län- ger als bei irgend einer der lebenden Eidechsen, von denen mir ihr Schädelbau bekannt ist. Die Schläfengruben sind oval und länger gestreckt als bei den lebenden Eidechsen; die äussere Wandung derselben ist ungemein stark, wahrscheinlich dadurch, dass sie nicht blos wie beim Monitor niloticas vom hintern Stirnbeine und dem Schläfenbeine (temporal Cuv.) gebildet wird, sondern dass das breite Jochbein wie bei Uro- mastix und Stellio zur Verstärkung hinzutritt. Das Stirnbein ist schmal; ob einfach oder doppelt, lässt sich wegen Beschädigung seiner Knochenmasse nicht ermitteln. Die Augenhöhlen sind kürzer als die Schläfenhöblen; vorn, wie gewöhnlich durch die vordern Stirnbeine geschlossen. Nasenbeine und Nasenhöhlen sind zerstört, doch lässt sich schliessen, dass letz- tere nicht besonders gross seyn konnten. Wirbelsäule. Von den Rumpfwirbeln haben sich im Ganzen nar 4 erhalten; alle andern sind mit der Gegenplatte, die mir nicht zu Gesicht ge- kommen ist, losgerissen worden. Diese 4 Wirbel sind der 2° bis öte Halswirbel; der erste ist durch den Schädel ‘verdeckt. Sie zeigen nichts Besonderes und haben starke Gelenk- und obere Dorn- fortsätze. Die Schwanzwirbel bilden einen dünnen und beträchtlich langen \ 666 Schwanz, der binten in eine feine Spitze ausläuft. Er besteht aus mehr als 40 Wirbel, die sich jedoch nicht alle scharf zählen lassen. Im Aufange zeigen die Schwanzwirbel starke obere Dorn- und Querfortsätze. Die letztgenannten halten länger als bei Lacerta, aber nicht so lang als bei Uromastix aus, indem sie vor der Mitte des Schwanzes verschwinden. Die Dorufortsätze erniedrigen sich sehr schnell und zeigen sich dann nur noch am Hintertheil der Wirbel, bis sie im letzten Drittel ganz zu fehlen scheinen. Die Geleukfort- sätze verhalten sich wie bei den gewöhnlichen Lacerten. Die hin- tern Schwanzwirbel sind sehr gestreckt und schmächtg. Rippen. Die Rippen sind verhältnissmässig stark, von gewöhnlicher Bil- dung und bilden einen breiten Rumpfkasten; sie scheinen bis hinten mit Bauchrippen in Verbindung zu stehen. Vom Brustbeine ist we- gen der Lage des Thieres nichts sichtlich. ” Vorderglieder. Die Vorderglieder sind weit stärker und kräftiger als bei La- certa und erinnern in dieser Beziehung an die Stellionen. Der b} Schultergürtel ist zerstört. Das Öberarmbein ist ein starker Knochen, mit schmaler Spalte am Condylus der Radialseite. Der Vorderarın ist kurz und besteht ebenfalls aus zwei starken Knochen. Wie bei Lacerta, Uromastix und mehreren anderen Sauriern findet sich zwischen dem Oberarın- kuochen und der Ulna eine besondere Hllenbogenscheibe (patella brachialis), die bekanntlich bei diesen Reptilien in der Strecksehne des Humerus enthalten ist. 667 Die Hundwurzel lässt zwar nicht mehr vollständig die Zahl ihrer Knöchelchen erkennen, doch zeichnen sich unter ihnen das Cobitalknöchelchen und das Erbsenbein als ziemlich gross aus. — Die Mittelhand ist stark, aus den gewöhnlichen 5 Knochen be- stehend, von denen die beiden randständigen am kürzesten sind. — Die Finger kommen nach Zahl und Längenverhältniss mit denen der Lacerten überein, indem sie von der Daumenseite an gezählt aus 2, 3, 4, 5, 3 Phalangen bestehen. Hinterglieder. Vom Becken hat sich nicht mehr als ein Stück vom linken Hüftbein erhalten, das von gewöhnlicher Form zu seyn scheint. Der Oberschenkel ist kräftig, aber der eine wie der andere ist sehr beschädigt. — Der Unterschenkel ist beträchtlich kürzer und zeigt seine beiden Knochen in gutem Stande der Erhaltung. Die Husswurzel ist an beiden Füssen, die eben so robust als die Hände sind, stark beschädigt, scheint aber nach den Resten von normaler Bildung zu seyn. — Von den 5 Mittelfussknochen sind wie gewöhnlich die 3 mittlern die längsten; der der kleinen Zehe ist wie bei Lacerta geformt. — Die Zehen bestehen der Reihen- folge nach aus 2, 3, 4, ö, 4 Phalangen ; sie halten demnach, gleich den Fingern, durch ihre Anzahl, so wie ferner durch ihre Längen- verhältnisse die Norm der Lacerten eiu. Grössenverhältnisse. Länge des ganzen Gerippes .. . : s EEE — des Schädels bis zur hintern Sralung des Behektelbeins i 1 2 — des Rumpfes . _. n 4 . 4 4 Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d Wiss. VI. Bd. III. Abth. 85 668 Länge des Schwanzes " R & : i : i ö gast — der Schläfenhöhlen — der Augenhöhlen Breite des Schädels, hinten 10 —_ ,„ = am Hinterrand der Kurehkiählen 9 —_—, % am Vorderrand „, $: 5% — ‚grösste, des Rumpfes Länge des Oberarmbeins : A a ® — des Ellenbogenbeins, ohne Abcsun ix: E) mit „ » —_ ne vierten Fingers incl. des Üitelhandkngchens — des Oberschenkels ohngefähr — des Schienbeins . — . der vierten Zehe incl. des Mittelfussknochens > O0 0009 » © S-QO.075 [0 0) Systematische Stellung. Das Thier, von welchem das hier erörterte Gerippe herrührt, scheint nach seinem äussern Habitus, wie nach seinem Knochenge- rüste, eine Mittelform zwischen Lacerta und den Stellionen gebildet zu haben. Kopf, Rumpf und Gliedmassen sind robuster als hei er- sterer, doch nicht in dem Maasse wie bei Uromastix; nur der Rumpf ist wohl eben so angeschwollen gewesen als bei letzterem. Der Schwanz ist indess sehr verschieden von dem der Stellionen, in- dem er durch seine schmächtige Form mehr zu Lacerta passt. Die Extremitäten sind verhältnissmässig kurz. Von grosser Wichtigkeit zur Vervollständigung des Bildes, das sich nach den vorliegenden Resten von dieser Eidechse entwerfen lässt, ist es, dass sich an der Schwanzwurzel ein grosses Feld von der Beschuppung erhalten hat. Es ist von der Oberseite der Hantbedeckung übrig geblieben, was sich daraus entnehmen lässt, dass durch selbige zum Theil noch die Wirbel verdeckt werden. Bi nn 669 Diese Schuppen sind klein, viereckig, glatt, ohne Kiel, und stehen in geraden Querbinden. Diese Art der Beschuppung ist gänzlich verschieden von der der Stellionen, passt aber auch nicht völlig zu der von Lacerta, sondern schliesst sich zunächst der der Leguane und Ameiva an. Die neue urweltliche Gattung nimmt demnach ihren Platz un- bestritten unter den Schuppeneidechsen ein, kann aber bei keiner der bestehenden Gattungen eingereiht werden. So weit mir der Schädelbau der Eidechsen nach den Vorlagen in unserer Sammlung und nach Abbildungen — ein allerdings nur dürftiges Material — bekannt ist, ist für denselben, ausser seiner allgemeinen Configura- tion, besonders charakteristisch das schmale und lange Scheitelbein und die an Grösse die Augenhöhlen übertreffenden Schläfenhöhlen. Ich habe der neuen Gattung den Namen Piocormus beigelegt, von niov, feisst, und zoguös, Rumpf. Il. Homoeosaurus macrodaetylus Wasn, Eahi2. Herr Bürgermeister und Apotheker Mack in Reichenhall, der früher in Kelheim wohnhaft war und während seines Aufenthaltes daselbst eine schöne Sammlung von den in der Umgebung dieses Städtchens vorkommenden Versteinerungen zusammen brachte, war so glücklich, dort aus den lithographischen Schiefern eine Doppel- platte zu erlangen, welche die Ueberreste eines Sauriers in sich schloss. Die Hauptplaite, auf welcher der Schädel mit seiner Kno- chenmasse sich erhalten hat, behielt er selbst für sich; die Gegen- platte, welche vom Schädel nur Eindrücke zeigt, dagegen an den Extremitäten viel Knochenmasse aufbewahrt, überliess er später an den Herrn Gerichtsarzt Dr. Hell in Traunstein. Beide Herren hatten 85 * 670 die Gefälligkeit, auf mein Ersuchen mir diese Platte zur Beschrei- bung und Abbildung mitzutheilen, wofür ich ihnen hier meinen ver- bindlichsten Dank erstatte. Das Knochengerüste des hier in Rede stehenden Sauriers lässt sich in seinen meisten 'Theilen gut erkennen, da die Mehrzahl der Knochen sehr scharf begränzte Eindrücke in das Gestein eingeprägt hat und überdies ein ansehnlicher Theil der Knochenmasse erhalten ist. Am meisten gelitten hat der Schulter- und Brust-Apparat nnd das Schwanzende; der Schädel ist wenigstens in seinem hintern Theile sehr verdrückt. Ob das Thier auf der Rücken- oder Bauch- seite dem Gesteine eingelagert ist, konnte auf dem ersten Anblick zweifelhaft erscheinen; indess bei genauerer Besichtigung glaube ich doch mit Sicherheit behaupten zu dürfen, dass es, mit Ausnahme des Schädels, auf dem Rücken liegt, indem die Scham- und Sitz- bögen die Wirbel zu überdecken scheinen, statt des Schultergerüstes Andeutungen vom Brustbeine sich zeigen und Oberarm nebst Vor- derarm die Innenseite aufweisen. Schädel. Der Schädel hat bei der Einlagerung des Thieres in die Ge- steinmasse eine Wendung erlitten, so dass er nunmehr den grössten Theil seiner Oberseite zur Betrachtung darbietet; ein vortheilhaftes Ereigniss für den Beschreiher, da der Schädel auf seiner obern Fläche schärfere Merkmale zur Unterscheidung von den verwandten Formen als auf der untern darbietet. Uebrigens ist er durch Druck, zumal in der hintern Hälfte, vielfach beschädigt; gleichwohl hat er einige zur Bestimmung wichtige Theile in gut erkennbarem Zustande aufbewahrt. Wir beginnen unsere Beschreibung des Schädels mit der Vor- u De 671 derhälfte desselben, da diese am besten sich conservirt hat und ihre Theile desshalb sicher gedeutet werden können. Es fällt hier gleich der Zwischenkiefer (a) auf, der am vordern Ende sich bogenförmig erweitert und hinterwärts in einen schmalen Stiel sich fortsetzt. In dieser Form des Zwischenkiefers liegt nun zwar nichts Unge- wöhnliches, da sie in ähnlicher Weise anch bei dem Monitor ge- funden wird; wohl aber ist es etwas Ungewöhnliches, dass dieser Zwischenkiefer durch eine Längsfurche in 2 Hälften gespalten ist. Dies lässt sich deutlich an der Haupt- wie an der Gegenplatte er- kennen, bei welch letzterer die beiden Zwischenkiefer-Hälften einen tiefen Eindruck in das Gestein zurückgelassen haben, zwischen denen sich, anstatt der Furche auf der die Knochenmasse aufbewahrenden Hauptplatte, eine schmale, vom Gestein gebildete Leiste hindurch zieht. Bei den lebenden Sauriern ist aber der Zwischenkiefer in der Regel unpaarig, und es ist daher unser urweltlicher Saurier schon durch den Umstaud, dass dieser Knochen bei ihm gedoppelt ist, von den lebenden Verwandten wohl unterschieden. Zu beiden Seiten des Zwischenkiefers zeigen sich die Ober- kieferknochen (b. b), sie sind aber aus ihrer Verbindung mit erste- rem losgerissen und vom rechten ist das vordere Ende abgebrochen. Als Oberkiefer geben sie sich unzweideutig zu erkennen, nicht blos nach ihrem Zusammenhange mit dem übrigen Schädel, sondern ins- besondere auch durch ihren Besatz von Zähnen und durch die mit ihrem untern Rande parallel laufende Reihe von Löchern, welche den zu den Zähnen von der innern Kieferseite gehenden Nerven und Gefässen den Austritt verstatten. Der Stiel des Zwischenkiefers ‚schiebt sich zwischen ‚die bei- den vordern Spitzen der ebenfalls doppelten Nasenbeine (ce) ein, die vollständig erhalten sind. Hinter ihnen ist der Schädel zerdrückt 672 und verbrochen, so dass sich schon über die Beschaffenheit der Stirnbeine nichts sagen lässt; nur ihr Augenhöhlenrand (d) auf der linken Seite hat sich scharf conservirt und giebt die mittlere Lage der Augenhöhlen zu erkennen. Ganz deutlich zeigt sich wieder das grosse Hinterhauptsloch (e) mit dem obern und den seitlichen Theilen des Hinterhauptbeins; das Uebrige ist zu zerrüttet, als dass ein Versuch zu seiner Entzifferung sichere Resultate liefern könnte, daher wir einen solchen auch ganz unterlassen. Der Unterkiefer hat sich vor den obern vorgeschoben und hat an der Wendung des Schädels keinen Theil genommen; daher zeigt sich, der Rückenlage des Rumpfes gemäss, sein unterer Rand als oberer und seine Zähne sind abwärts gerichtet. Nur der linke Ast (f) hat seine Knochenmasse bewahrt, die ebenfalls wie der Oberkiefer eine Reihe von Löchern aufzuweisen hat; vom rechten Unterkieferaste (g) findet sich blos ein Eindruck, der in der vor- dern Hälfte sehr scharf, in der hintern aber mehr 'verwischt ist. Der Unterkiefer ist übrigens von gewöhnlicher Eidechsen-Bildung. Sowohl die Ober- als Unterkinnlade ist mit Zähnen versehen, doch lässt sich bei keiner die volle Anzahl derselben in jeder Reihe angeben, da keine ganz erhalten is. Am linken Oberkiefer zählt man 8 Zähne, über welchen 6 Gefässlöcher stehen; am rechten 10 Zähne mit 7 solchen Löchern. Der linke Unterkiefer-Ast, der sich indess bald unter dem Schädel versteckt, zeigt 7 Zähne, über wel- chen 6 Gefässlöcher zu zählen sind. Diese Zähne stehen nicht sehr gedrängt, sind verhältnissmässig ziemlich lang, zugespitzt und etwas rückwärts gekrümmt. Am linken Zwischenkiefer sind 2 ähnliche Zähne wahrnehmbar, die weit auseinander gerückt sind. 673 Wirbelsäule. Die Reihe der Wirbel ist nicht. mit Sicherheit anzugeben, da insbesondere in der Rumpfgegend nur wenige noch mit ihrer Kno- chenmasse vorhanden und von den andern selbst die Eindrücke mehr oder minder verwischt sind. Ziemlich scharf erkennbar sind die 5 ersten Halswirbel, die schief gewendet sind, so dass die obern Dornfortsätze auf die linke Körperseite zu liegen kommen. Am At- las sieht man noch die obern getrennten Bogentheile; der obere Dornfortsatz des Epistropheus zeichnet sich, wie gewöbnlich, vor denen der nachfolgenden 3 Halswirbel durch seine grössere Aus- dehnung aus. Die nachfolgenden Wirbel sind ganz undeutlich und lassen sich bis auf die beiden letzten Rumpfwirbel nicht sicher zäh- len; es scheinen indess in der ganzen Strecke zwischen Hinter- haupt und Becken nicht über 25 Wirbel vorhanden gewesen zu seyn. Alsdann folgen 2 kurze Beckenwirbel, die sich als solche durch ihre breiten, mit den Hüftheinen zusammenstossenden Querfort- sätze zu erkennen geben. Verhältnissmässig besser stellen sich die Wirbel des Schwan- ses dar, doch verliert sich dessen Ende in einem ungliederten Strei- fen allmählig im Gesteine, so dass sich nicht sagen lässt, ob er hiemit auch seine volle Länge erreicht habe. So weit sich seine Spur verfolgen lässt, beträgt seine ganze Länge etwas mehr als die des übrigen Körpers. Im Ganzen lassen sich vor dem kurzen ungegliederten Ende wenig mehr als 20 Schwanzwirbel unterschei- den, die eine ziemliche Stärke besitzen und von denen sich die vor- dersten durch starke Querfortsätze auszeichnen; auch von untern Dornfortsätzen sind einige Spuren aufzuzeigen. Ueber die Beschaffenheit der Gelenkflächen der Wirbelkörper konnte ich mir keine Gewissheit verschaffen. 674 Schultergerüst, Brustbein und Rippen. Da der Rumpf von der Bauchseite aufgedeckt ist, so lassen sich Spuren vom Brustbeine erwarten. Wirklich kann auch der T- förmige Eindruck (h), der zwischen beiden Oberarmen liegt, wohl von keinem andern Knochen als von dem unpaaren Stück des Brust- beins' herrühren, während dessen Seitenplatten sonst keine Spur hin- terlassen haben. Unverkennbar ist das rechte Schlüsselbein (i), das sich zwischen der Handhabe des Brustbeins und dem Schulterblatte (k) aushreitet, von welch letzterem indess nur wenige Spuren ührig geblieben sind. Die Rippen sind ziemlich stark und zugespitzt und setzen sich bei allmähliger Verkürzung an sämmtliche Rumpfwirbel bis unmittel- bar vor den Beckenwirbeln an. D Beckengerüste. Das Beckengerüste lässt sich ziemlich scharf erkennen, indem es sich in seiner Knochenmasse oder doch in deutlichen Eindrücken darstellt. Es zeigt den gewöhnlichen Typus der lebenden Eidech- sen: kurze, starke Hüftbeine (l. I), vorwärts gewendete, ziemlich breite, miteinander sich verbindende, Schambeine (n. n) und gerad einander entgegen laufende Sitzbeine (m. m). Vorderglieder. In vortrefllichem Zustande der Erhaltung sind die Knochen der Gliedmassen, sowohl die vordern als hiutern, und mit Zuziehung der Gegenplatte sind ihre Formen und ihre Anzahl evident nachzu- weisen. 675 Die vordern Gliedmassen sind in allen Theilen weit kürzer und schwächer als die hintern. Der Oberarm ist ein verhältniss- mässig starker, an seinem untern Ende sehr erweiterter Knochen und scheint an seinem Ulnarende von einem schmalen Schlitz durch- bohrt zu seyn; er ist länger als die Knochen des Vorderarms. Die Handwurzel der Eidechsen besteht gewöhnlich aus 9 Kno- chen, von denen 3 die obere und 5 die untere Reihe einnehmen, während ein 9!er sich zwischen die beiden obern Knöchelchen ein- schiebt. Von diesen Theilen sieht man an der linken Handwurzel, die am vollständigsten ist, das abgerückte Erbsenbein (0), dann den der Ulna entsprechenden Knochen, während der dritte von der obern Reihe ausgesprungen ist. Von der untern Reilıe sind nnr die 3 Knöchelchen sichtlich, welche den 3 äussern Mittelhandkno- chen entsprechen. Indem diese nach Form und Lage mit den ana- logen Stücken der lebenden Eidechsen übereinkommen, darf man mit Grund schliessen, dass die Haudwurzel unsers fossilen Sauriers von gleicher Beschaffenheit mit der der lebenden ist. Dasselbe erweist sich auch für die 5 Finger und Mittelhand- knochen, die in der Zahl ihrer Glieder und in dem Verhältniss ihrer Länge zu einander die Norm der gewöhnlichen Eidechsen wieder- holen. Es besitzt also der Daumen — bei ihm wie bei den folgenden Fingern abgesehen von dem Mittelhandknochen — 2, der Zeigefinger 3, der Mittelfinger 4, der Ringfinger 5 und der Ohrfinger 3 Phalangen, die sämmtlich sehr fein und zierlich gebildet sind. Hinterglieder. Das Oberschenkelbein ist ein starker, etwas gekrümmter Kno- chen mit deutlichem Trochanter. Der Unterschenkel: ist fast von Abhandl. d. II. Cl. d. k. Ak. d Wiss. VI. Bd. III. Abth. 36 676 gleicher Läuge mit jenem und seine beiden Kuochen sind schwach gekrümmt; das Schienbein ist verhältnissmässig stark. Von den Fusswurzelknochen, die bei den Eidechsen in 2 Reihen, jede mit 2 Knochen, stehen, sind an beiden Füssen nur noch 2 vor- handen (p, 9); nämlich aus den beiden Reihen je der erste unter- halb des Wadenbeins. Die 5 Mittelfussknochen sind nach Form und Längenverhältniss ganz nach dem Typus der lebenden Eidech- sen gebildet. Dasselbe gilt von den Zehen, die sämmtlich vollzäh- lig au beiden Gliedmassen vorhanden sind, und von der Daumen- zehe an gezählt 2, 3, 4, 5, 4 Phalaugen aufweisen. Die Zehen haben eine sehr zierliche gestreckte Form und ihre Krallen sind etwas grösser als an den Fingern. Grössenverhältnisse. Auch hier sollen wie bei dem vorhin beschriebenen Saurier nur die hauptsächlichsten Dimensionsverhältnisse in Ziffern ausgedrückt werden; die übrigen können aus der genau gefertigten Abbildung entnommen werden. Länge des ganzen Gerippes : - . ; 61.7 7105? — des Schädels vom Hinterhauptloch bis zum ne des Zwischenkiefers : ; A 0 10 — des Rumpfes mit Einrechnung fir Beiäb "Beckenwirbel t 2 6 — des Schwanzes } k E . F k B 3 65 — des ungegliederten Theils Heseelkeg 2 s e k 0 8 — des Oberarmbeins . 5 : a 4 e e i 0 64 — des Vorderarms : 5 . 2 j 2 0 — des vierten Mittelhandknoolienas g - : 5 ; 0 24 — des vierten Fingers mit seinen 5 Phalangen 0 6) — des Oberschenkels . : } 3 R , N . 0 85 — des Schienbeins 0 8+ 677 länge des vierten Mittelfussknochens k h . 5 . 0 5 — der vierten Zehe mit ihren 5 Phalangen = 0 10 Systematische Stellung: Wir haben an dem. hier vorgeführten urweltlichen Saurier eine von dem vorhin beschriebenen, dem Piocormus laticeps, sehr ver- schiedene Form, die durch ihr zierliches elegantes Ansehen und überhaupt durch ihren gauzen äussern Habitus zunächst auf die le- beuden Arten der Gattung Lacerta hinweist. Gleichwohl darf sie unter diese nicht eingereiht werden, da ihre Schädel- und Zahn- bildung — also der wichtigste Anhaltspunkt zur Feststellung der Gattungen — allzu sehr von einander verschieden ist. So ist, um nur von den erheblichsten Differenzen zu sprechen, der Zwischen- kiefer bei unserem fossilen Saurier gedoppeli, bei den Lacerten ein- fach und überdies von einer ganz andern Form. Die Zähne bei jenem sind spärlich angebracht, weit grösser, und alle von gleich- artiger, gekrümmter, spitzer Gestalt, während sie bei den Liacerten dicht gedrängt stehen, klein sind und zweierlei Formen zeigen, in- dem die Schneidzähne conisch und schwach gebogen, die Backen- zähne gerade, etwas zusammengedrückt und zwei- oder dreispitzig sind. Diese Verschiedenheiten zwischen unserem urweltlichen Sau- rier und den lebenden Lacerten sind zu gross, als dass er mit die- sen. in einer Gattung verbunden werden dürfte. Dagegen haben wir unter den ausgestorbenen Eidechsen, und zwar gerade unter denen, deren Ueberreste in den gleichen Lagerstätten, nämlich in den litho- grapbischen Schiefern, aufbewahrt sind, zwei Formen, die sich weit näher als die Gattung Lacerta an ihn anschliessen. Dies ist der Homoeosaurus Mazimiliani von H. von Meyer *) und die Lacerta *) Vgl. dessen Beschreibung des Homoeosaurus Maximilian. FrkN. 1847. 86 * 678 neptunia von Goldfuss*), die wir demnach in nähere Vergleichung zu ziehen haben. Betrachten wir zunächst den Homoeosaurus Maximiliani, der mit unserem Saurier fast von gleicher Grösse ist. Beide stimmen in ihrem äussern Ansehen so sehr überein, dass man auf den ersten Anblick wirklich meint, nur zwei Exemplare nicht blos von einer und derselben Gattung, sondern auch derselben Art vor sich zu haben. Geht man indess auf eine genauere Vergleichung ein, so werden sich bei vielen übereinstimmenden Merkmalen auch solche finden, die ansehnliche Differenzen darbieten. Das höchst verschie- dene Ansehen, das die Schädel beider Thiere zeigen, soll hiebei gar nicht in Betracht kommen, denn abgesehen davon, dass der Schädel des Homoeosaurus Maximiliani, wie überhaupt der grösste Theil des Gerippes, nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit erhalten ist, kann die breitere Form des letztern auf Rechnung des Druckes, der senkrecht auf das Schädeldach wirkte, kommen, während bei dem Schädel unseres Sauriers der Druck mehr in seitlicher Richtung er- folgte und jener daher in seinem Hintertheil jetzt schmäler erscheint, als es wohl in seiner ursprünglichen natürlichen Beschaffenheit der Fall seyn möchte. Es liegen aber in den Längenverhältnissen Dif- ferenzen, die als ursprüngliche sich darstellen und beachtungswerth sind, wie nachstehende Tabelle ersehen lässt, von der ich zur Er- läuterung bemerken will, dass ich mich auch für unsere Saurier des Metre-Maasses, das von Meyer gebraucht wurde, bedient habe. *) Nov. act. academ. nat. car. XV. 1 (1831) S. 115 Tab. XI. Fig. 2. A, 13. 679 M. Maxi-|) Unser | miliani. | Saurier. Länge des Schädels s k : ; h k - |. 0,022. | 0,0225 — des Oberarms . P ä 5 a } 5 0,015 0,0145 — des Vorderarms . ; ” : . : s 0,013 | 0,0115 — des vierten Mittelhandknochens . : i - | 0,0045 | 0,005 — des vierten Fingers *) ; ; 3 R h 0,009 | 0,011 — des Oberschenkels b : 7 5 , . 0,02 0,02 — des Schienbeins . ; " . n B ; 0,0165 | 0,019 | — des vierten Mittelfussknochens . j 5 - 0,009 | 0,011 — der vierten Zehe**) . ö > i b g 0,014 | 0,022 Die Vergleichung dieser Ziffern mit einander erhebt zur Evi- denz, was die Ansicht der Abbildungen schon hat ungefähr entneh- men lassen. Während nämlich bei unserem Saurier und dem Ho- moeosaurus Maximiliani Schädel, Oberarm und Oberschenkel gleiche absolute Länge haben und die Differenzen in den Angaben der Länge des Vorderarms und Unterschenkels auf Rechnung der mehr oder minder guten Erhaltung dieser Knochen oder auf die Art der Abnahme der Maasse sich bringen lassen, tritt dagegen in der Länge der Finger und der Zehen eine solche Verschiedenheit auf, indem diese sämmtlich an unserem Saurier, zumal die Zehen des Hinter- fusses, auffallend länger als bei Homoeosaurus Maximiliani sind, dass eine solche enorme Differenz die specifische Vereinigung dieser bei- den Thiere geradezu als unzulässig erscheinen lässt. Ihre Zusam- *) Für Homoeosaurus Maximiliani nach der Abbildung von Meyer gemessen. **) Desgleichen; nach Meyers Maassangaben von den 5 einzelnen Phalangen würde die Länge dieser Zehe noch geringer erscheinen, nämlich nur zu 0,0125. 680 menstellung unter einer Gattung möchte dagegen, obwohl vom letz- teren das Detail des Schädelbaues und das ganze Zahnsystem un- bekannt ist, provisorisch gestattet werden, um so mehr, als Meyer's Abbildung wirklich den Zwischenkiefer. als durch eine Längsfurche wie bei unserem Saurier getheilt, darstellt. Es mag daher dieser letztere gleichfalls als ein Homoeosaurus erklärt und ihm seiner lan- gen Zehen wegen der Name Homoeosaurus macrodactylus gegeben werden. Diese Einreihung unsers Sauriers unter die Gattung Homoeo- saurus erhält eine weitere Bestätigung, wenn man ihn mit der ZLa- certa neptunia, die Meyer selbst schon zu seiner neuen Gattung ge- zogen hat, in Vergleichung bringt. Dieser Saurier, der gleichfalls aus den lithographischen Schiefern herrührt, ist zwar nur halb so gross als der Homoeosaurus Maximiliani und H. macrodactylus, sonst aber von demselben Habitus als diese beiden, mit dem letzteren so- gar durch die grössere Länge seiner Zehen noch mehr als mit dem ersteren übereinstimmend. Ein sehr vortheilhafter Umstand für die Vergleichung ist es, dass diese Lacerta neptunia nicht blos mit dem Rumpfe, sondern auch mit dem Kopfe auf der Rückenseite liegt, so dass an dem wohl erhaltenen Schädel sämmtliche Zähne der Ober-* kinnlade frei vorragen. Von dieser aber berichtet G@oldfuss folgen- des: „Man zählt 26 Zähne im Oberkiefer. Diese sind im Verhält- niss viel grösser und stärker als bei Lacerta agilis, aber nicht so spitzig. Die 4 vordersten stehen weiter von einander entfernt und sind grösser und stumpfer als die 4 folgenden jeder Seite. Weiter nach hinten nehmen sie an Grösse zu, und die hintersten sind die grössesten der ganzen Reihe.“ Betrachten wir nochmals die Zähne an unserem H. macrodac- tylus, so können wir allerdings von demselben nicht mit Sicherheit 681 angeben, ob die hintern Zähne merklich grösser werden als die vor- dern, da jene mit ihren Spitzen in's Gestein eingesenkt sind, und müssen daher diesen Punkt unentschieden lassen; aus demselben Grunde können wir auch nicht bestimmen, ob die 4 vordersten Zähne des H. macrodactylus stumpfer als die 4 folgenden jeder Seite sind. Dagegen finden wir in der Zahl und Vertheilung der Zähne der Oberkinnlade bei beiden Sauriern eine grosse Uebereinstimmung. An dem H. macrodactylus haben wir in der einen Hälfte des Ober- kiefers 8 und in der andern 10 Zähne vorgefunden, und obwohl keiner dieser Kiefer unbeschädigt war, so konnte doch bei jedem nicht viel von seiner ganzen Länge fehlen, mithin auch die Zahl der fehlenden Zähne nur sehr unbedeutend seyn. Wir dürfen mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten, dass die Zahl der Zähne in jeder Oberkieferhälfte nicht über 12 hinaus gegangen seyn wird. In dem linken Zwischenkiefer haben sich ferner bei unserem Saurier nur 2 Zähne vorgefunden, die an dessen beiden Enden stehen, also ziemlich auseinander gerückt sind. Da nun auch die vollständig er- haltene Spitze des linken Oberkiefers keinen Zahn trägt, so bleibt hier abermals ein grösserer Zwischenraum, so dass also die 4 vor- dern Zähne unter sich und von den nächsten seitlich stehenden weiter abgerückt sind, als dies von den letzteren gegen einander gilt. Dies ist es aber, was auch Goldfuss behauptet, denn die 4 vordersten Zähne seiner Lacerta neptunia sind sicherlich nichts au- ders als die Schneidezähne, d. h. die Zähne, die im gedoppelten Zwischenkiefer enthalten sind. Alsdann kommen auf jede Ober- kieferhälfte seiner Eidechse 14 Backenzähne, und dies wird auch — ein Zahn mehr oder weniger kann hiebei nicht in Betracht kon- men — der gleiche Fall bei H. macrodactylus seyn. Wir finden demnach, dass H. macrodactylus und Lacerta neptunia in der Be- schaffenheit des Zalnsystemes mit einander im Wesentlichen über- einstimmen. Wie sich der H. Maximiliani in dieser Beziehung ver- 682 hält, ist unbekannt, da seine Zähne nicht sichtlich sind; bei seiner anderweitigen Uebereinstimmung mit den beiden erstgenannten Eidech- sen darf man wohl annehmen, dass er auch im Gebiss mit ibnen übereinkommen wird. Goldfuss glaubte au seiner Lacerta neptunia auch noch kleine Gaumenzähne wahrgenommen zu haben. Bei der Lage des Schädels von H. macrodactylus können wir über diesen Punkt nichts sagen, was auch weiter nichts auf sich hat, da ihr Vorkommen oder Feh- len keinen Grund zur generischen Trennung abgeben kann, indem bei manchen lebenden Arten, z. B. bei Lacerta muralis, diese Zähne bald vorhanden sind, bald fehlen. Hals- und Rumpfwirbel giebt Goldfuss zusammen 22 au, ausser- dem noch 2 Beckenwirbel. Dies ist so ziemlich auch die Zahl, auf die ich für H. macrodactylus gekommen bin; bei H, Maximiliani ist bei dem üblen Zustand der Rumpfgegend diese Zahl mit irgend einiger Sicherheit nicht zu ermitteln. Der Rumpf ist übrigens bei den 3 fossilen Exemplaren verhältnissmässig kürzer als bei den lebenden Arten von Lacerta. Noch ist von der Lacerta neptunia bemerkenswerth, dass auch bei ihr, wie bei den beiden andern Exemplaren, die Schwanzwir- belreihe am hintern Ende nicht erhalten ist, so dass die ganze Länge nur noch durch die fortlaufende eingedrückte Furche wahr- zunehmen ist. Die letzten Schwanzwirbel müssen daher sehr schwach, vielleicht selbst nur knorplig gewesen seyn. ._ Wir kennen demnach jetzt 3 Exemplare von Homoeosaurus, die wir vor der Hand als die Repräsentanten eben so vieler Arten müs- sen gelten lassen. Nach Auffindung des H. macrodactylus können en 683 jetzt die Gattungsmerkmale für Homoeosauros schärfer als früherhin festgestellt werden, und eine Vereinigung mit Lacerta ist nun gar nicht mehr zulässig, da die Beschaffenheit des Gebisses und des Zwwischenkiefers bei beiden gänzlich verschieden ist. Bei der Fa- milie der Eidechsen kann aber immerbin die neue Gattung ihren Platz behalten. II. Ornithocephalus grandis Cuv. Tab. 3. Fig. 1. Von dieser Art, der grössten unter allen den lithographischen Schiefern augehörigen Ornithocephalen, hatten wir bisher nur eine sehr mangelhafte Kenntniss, indem diese lediglich auf einer einzigen Steinplatte, die einige Knochen der Gliedmassen enthält, beruhte. ‚Soemmerring, der sich um die Bekanntmachung der in den litho- graphischen Schiefern‘ aufgefundenen Ueberreste von Ornithocephalus so grosse Verdienste erwarb, hatte diese Steinplatte zur Ansicht aus der grossherzoglichen Sammlung in Carlsruhe erhalten und von ihr eine Beschreibung und Abbildung in unsern akademischen Denk- schriften mitgetheilt *#). Ihr Fundort war nicht bezeichnet, allein aus der Uebereinstimmung des Gesteins mit dem, auf welchem die Ueber- reste des Ornithocephalus antiquus haften, schloss er mit Recht, dass ohne Zweifel beide aus der nämlichen Eichstädt'schen Gegend des Königreichs Bayern kamen. Auf der gedachten Platte waren ent- halten: ein vollständiger Ober- und Unterschenkel mit undeutlichen Spuren von Fusswurzel- und Mittelfussknochen; ferner 2 ganze w *) Denkschrift. der K. Akadem. der Wissensch. zu München für die Jahre 1816 und 1817. Münch. 1820. S. 105. Tab. 14. Abh.d. Il. Cl. d.k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 87 684 lange Knochen, die Soemmerring für das 2 und 3t° Glied des Flug- fingers eines Ornithocephalus deutete, und woran sich noch der An- fang des ersten Gliedes ansetzte, endlich ein stärkerer Röhrenkno- chen, den er für den Vorderarmknochen erklärte. Als Resultat seiner Vergleichungen sprach Soemmerring es aus, dass 1) diese Ueberreste einem Tbhiere angehörten, dessen Gerippe mit dem O. antiquus und brevirostris die grösste Achnlichkeit hatte; 2) dass dasselbe an Grösse den ©, antigquus wenigstens 6 mal über- traf, indem nach einer leichten Berechnung seine ausgespannten Flügel über 6 Fuss maassen. Cuvier *), der von Soemmerriug nicht bloss die Beschreibung und Abbildung dieser Ueberreste, sondern auch einen Gipsabguss derselben erhalten hatte, war mit der Deutung erwähnter Knochen und ihrer Beziebung auf die Gattung Ornithocephalus völlig einver- standen; nur insofern war er mit Soemmerring nicht in Uebereinstim- mung, als dieser in dem Ornithocephalus überhaupt nicht ein fliegen- des Reptil, sondern eine Fledermaus-Gattung sehen wollte. Da Soemmerring diesen Ueberresten keinen specifischen Namen beige- legt hatte, so gab ihnen Cuvier einen solchen, indem er sie als. Pterodactylus grandis bezeichnete, und dieser Name ist daher als der erstgegebene auch beizubehalten **). Seit der Publication von Soemmerring’s Abhandlung sind keine *) Recherch. sur les ossem. foss. V. 2. p- 380 Tab. 33 Fig. 8. **) Häufig werden diese Ueberreste mit dem Namen Ornithocephalus gigan- teus Soemm. bezeichnet; allein derselbe stammt nicht von Soemmerring her, der sich eines solchen Namens in seiner ‚Abhandlung nicht bediente. 685 weiteren Ueberreste von diesem gigantischen Ornithocephalus aufge- funden worden, bis im heurigen Sommer der an liesiger Petrefak- tensammlung angestellte Diener Ditterich so glücklich war, in Dai- ting eine in zwei Stücke zerbrochene Steinplatte, auf der ebenfalls grosse Knochen enthalten waren, zu erwerben. Auch die dazu ge- hörige Gegenplatte war noch vorhanden, die aber nichts von der Knochenmasse, sondern nur deren Eindrücke aufzuweisen hatte. Die auf jener Steinplatte anhaftenden Knochen habe ich auf Tab. 3 Fig. 1 abbilden lassen. Unverkennbar zeigt es sich, dass diese Knochen der vordern Extremität angehören und noch ziemlich in ihrer naturgemässen An- reihung aneinander gefügt sind. Ihre Färbung ist gelblichweiss und von der des Gesteines, auf dem sie aufsitzen, nicht verschieden. Der Oberarmknochen (a) ist bis auf das obere Ende, von dem ein kleines Stück fehlt, wohl erhalten. Es ist ein starker kräftiger Knochen, dessen oberes Ende sich zu beiden Seiten stark flügelar- tig ausbreitet und wovon durch den Druck der aufliegenden Ge- steinsmasse der obere Flügel weit mehr gegen den andern geneigt wurde, als es im unverdrückten Zustande der Fall war. Die flü- gelartige Ausbreitung des obern Kopfes vom Oberarmbein kommt bei keinem andern, in dem lithographischen Schiefer abgelagerten Saurier in dem auffallenden Maasse als bei Ornithocephalus vor und man darf sich deshalb für berechtigt ansehen, schon aus diesem Merkmale auf die Zuständigkeit dieses Knochens an die eben ge- nannte Gattung zu schliessen. Seine Länge beträgt in seinem jetzi- gen etwas beschädigten Zustande 4” 6, im unbeschädigten mochte sie ohngefähr 3 bis 4 Linien mehr. ausgemacht haben. Unmittelbar an das Obtrarıbein fügt sich der Vorderarm (b) 87* 686 an, indem er in entgegensetzter Richtung, von jenen verläuft. Diese Abtheiluug der Extremität ist fast vollständig conservirt und ihre beiden Knochen, Ellenbogenbein und Speiche, zeigen ihre Sonderung sowohl an den Enden als längs der innern Seite auf's allerdeut- lichste an. Es sind ebenfalls starke kräftige Knochen, von denen die Ulna 7‘, die Speiche 6‘ 10‘ misst. Darauf folgen die Ueberreste der Handwurzelknochen (ec), un- ter denen sich ein hakenförmig gestalteter besonders auszeichnet. An diese schliesst sich ein anderer langer Knochen (d) an, der aber in seiner untern Hälfte abgebrochen ist. Er kann seiner Lage und Anfügung nach nichts anders seyn als der Mittelhandknochen. Seine obere Wand ist eingedrückt, zumal im untern Theil seiner Erstreckung. Oben zeigt er sich einfach, nach unten aber scheint sich eine Spaltung in drei Theile zu erkennen zu geben. Seiner Stärke, Länge und untern Theilung nach entspricht dieser Knochen dem Mittelhandknochen, wie er bei andern Ornithocephalen beoh- achtet worden ist. Von seiner Länge ist noch 4° 7”! übrig; aus dem vollständigen Eindruck aber, den er auf der Gegenplatte hin- terliess, ersieht man, dass seine ganze Länge 6‘ betragen hat. Ueber das defeete Ende dieses Mittelhandknochens verläuft ein anderer langer Röhrenknochen (e), dessen beide Enden aber abge- brochen sind. In ihm lässt sich nichts anderes als ein Glied aus dem langen Flugfinger (Ohrfinger) eines Ornithocephalus erkennen. Wahrscheinlich ist der noch mehr verstümmelte Knochen f ebenfalls ein anderes Glied aus diesem Finger und zwar das zunächst darauf folgende. Noch zeigen sich zwei schmächtige griffelfürmige Knochen BE nr 687 (g und h). Der eine (h) schiebt sich unter den Mittelhandknochen; der andere (g) geht von der Handwurzel aus und verdünnt sich all- mählig gegen sein abgebrochenes anderes Ende. Längs seiner Ober- fläche verläuft eine Ausfurchung, die aber wohl erst in Folge des Drucks auf den innerlich hohlen Knochen entstanden ist. Man sieht in der Nähe des einen Mittelhandknochens vom ©. ramphastinus zwei ähnliche griffel- oder vielmehr gräthenartige Knochen, wie hier ein solcher in h sich darstellt. Der andere (g), der noch 3° 2 seiner Knochenmasse aufbewahrt und, nach dem darauf folgenden spitzen Eindruck zu schliessen, mit 3 6’ seine ganze Länge er- schöpft hat, scheint seiner Lage und Dünne wegen nicht, wie es den Anschein haben könnte, das letzte Glied des Flugfingers dar- zustellen, sondern dieselbe Bedeutung wie der gräthenartige Kno- chen an der einen Handwurzel unsers ©. antiquus (Pterodactylus longirostris) zu haben, nämlich wahrscheinlich als Sporenknochen zur Unterstützung der Flughaut zu dienen. Erwähnt soll zuletzt noch werden, dass auf der Gegenplatte seitwärts, wo das obere Ende des ersten Flugfingers mit dem un- tern Ende des Mittelhandknochens zusammen stösst, eine kleine Phalanx sich findet, die offenbar einem der drei kleineren Finger angehörte. Nachdem uns jetzt aus hinlänglich vielen Exemplaren das Kno- chengerüste des Orvithocephalus zur Genüge bekannt ist, kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass die von uns hier vorgeleg- ten Knochenüberreste nicht wirklich von einem. Thiere aus dieser Gattung herrühren sollten. Die einzige Frage, die zur Erledigung schliesslich uns noch übrig bleibt, ist die, ob diese Ueberreste auf eine neue Art schliessen lassen oder einer der bereits bekannten Arten zuzuweisen sind. 688 Von allen bereits beschriebenen Species kann mit den hier vor- gelegten Knochenresten nur der Ornithocephalus grandis in Vergleich gezogen werden; alle andere, selbst der ©. ramphastinus, schliessen sich schon ihrer beträchtlich geringeren Grösse wegen davon aus. Es ist jedoch ein Uebelstand, dass beide Platten nur wenig gleich- namige Knochen, nämlich den Vorderarm und ein Glied des Flug- fingers, und auch diese nicht einmal unter besonders günstigen Ver- hältnissen, darzubieten haben. Denn wenn auch an unserem Exem- plare der Vorderarm mit seinen beiden Knochen auf's Trefflichste erhalten ist, so ist dagegen der Vorderarn des Carlsruher Exem- plares fast nur durch den Eindruck angezeigt, und zwar so undeut- lich, dass Soenmmerring denselben für einfach ansah, obwohl mir an dem einen Ende durch n und p die Spaltung in zwei Knochen klar angezeigt zu seyn scheint. Der Vorderarm unseres Exemplares misst längs der Ulna 7‘, längs der Speiche 6 10‘; der gleichna- mige Knochen auf der Carlsruher Steinplatte hat nach Soemmerring eine’ Länge von 6 4"; also eine geringe Diflerenz, die zur Be- gründung einer specifischen Verschiedenheit keineswegs ausreichend ist, und wobei es sich noch fragt, ob letzterer Knochen an der Bruchstelle der Steinplatte nieht ebenfalls etwas von seinem Ende eingebüsst hat. Es erscheint zwar dieser Knochen auch schmäch- tiger als der von unserem Exemplare, aber diess kann theils von der Verschiedenheit der Lage beider herrühren, theils von dem Um- stande, dass an dem von Soemmerring beschriebenen Knochen fast nur der Eindruck übrig geblieben ist, der auch an unserem Exem- plare schmächtiger als die auf der Hauptplatte haftende Kochen- masse sich ausweist. Ich halte mich demnach für berechtigt, nach den Vorderarmknochen der beiden Steinplatten auf eine Zugehörig- keit derselben zu einer und der nämlichen Art zu schliessen. Schwieriger macht sich die Vergleichung der Glieder der Flug- Nun Wa 689 finger von beiden Platten miteinander, zumal da bei unserem Exem- plare keines vollständig ist, doch ergiebt sich bei einiger Aufmerk- samkeit auch ein positives Resultat. Aus der Lage und aus der ansehnlicheren Breite des von uns mit e bezeichneten Gliedes des Flugfingers mit dem von Soemmer- ring mit h bestimmten Gliedes, welches bei diesem das 2° in der Reihenfolge ist, dürfen wir schliessen, dass jene Phalanx die erste ist. Alsdann stellt sich an unserem Exemplare in f das zweite Glied des Flugfingers, und zwar dessen oberes Ende, dar, und die- ses kommt, so weit es messbar ist, in seiner Breitenausdehnung ganz mit dem gleichnamigen Knochen auf der Carlsruher Platte überein. Hier haben wir also einen zweiten Grund auf Art-Identität der bei- derlei Ueherreste zu schliessen. Ein dritter Grund kann hergenommen werden von dem Längen- verhältniss, in welchem Vorderarm und Sclienbein zu einander stehen. Bei den vollständigen Ornithocephalus- Skeleten sind näm- lich beide Knochen fast gleich lang, und diess findet auch statt be- züglich der Länge des Schienbeins auf der Carlsruher Platte zu der des Vorderarms bei unserem Exemplare. Den eben vorgelegten Erörterungen gemäss sehen wir daher in den von uns hier vorgeführten Ueberresten nur solche, die von Or- nithocephalus grandis herrühren, und wenn an sich schon der Samm- ler auf diese Geripp-Fragmente einen grossen Werth legt, weil sie zu den allerseltensten Vorkommnissen gehören, so werden die un- serer Sammlung zuständigen auch in wissenschaftlicher Beziehung von hohem Belauge, da sie uns von dieser bisher nur sehr mangel- haft bekannten Art Kunde über die Beschaffenheit des Oberarms, Vorderarms, der Handwurzel und Mittelband geben, also von sehr 690 bedeutenden und instructiven Theilen des Skelets, durch welche der Charakter dieser sämmtlichen Ueberreste als Glieder eines Ornitho- cephalus, und zwar einer eigenthümlichen Art, ausser allen Zweifel gesetzt wird. IV. Ornithocephalus secundarius Myr. Tab. 3. Fig. 2. Die ganze Kenntniss vom Ornithocephalus secundarius beruhte bisher auf dem einzigen Unterschenkelknochen, der in der Münster'- schen Sammlung aufbewahrt wird, und allerdings war dieser Theil auch ausreichend, um aus seinem Längenverhältniss zu den gleich- namigen Knochen der andern bekannten Arten auf eine neue Spe- cies schliessen zu dürfen, die in ihrer Grösse nur dem Ornithoce- phalus grandis nachstand. In meiner, in diesem Bande erschienenen Abhandlung über den Ornithocephalus ramphastinus babe ich nachgewiesen, dass mit die- sem 0. secundarius der ©. longipes vereinigt werden müsse, indem von den beiden Knochen, auf welche die leiztgenannte Art fundirt ist, nämlich dem Ober- und Unterschenkel, der letztere in seinen Grössen- und Formverhältnissen mit dem Schienbein des ©. secun- darius vollkommen übereinstimmt. Hiemit war nun zugleich ein zweiter Knochen von dieser Species, der Oberschenkelknochen, be- kannt geworden. Ein drittes Stück von dem Knochengerüste dieser Art glaube ich in dem auf Tab. 3 Fig. 2 abgebildeten Oberarmknochen, den ich schon vor drei Jahren von Kelheim erhielt, vorlegen zu können. Es ist dies ein starker kräftiger Knochen, von dem nur der Rand 691 des obern Kopfes beschädigt ist. Dieses obere Ende dehnt sich zu seinen beiden Seiten breit flügelartig aus, namentlich an der in- nern Seite, wo dieser Flügel nicht blos viel mehr entwickelt ist, sondern sich auch zugleich stark abwärts biegt. Der Schaft des Knochens ist durchzogen von einer scharfen Längskante, die sich im unteren Theile verwischt. Das untere Ende ist ebenfalls er- weitert, doch in weit geringerem Maasse und in ganz anderer Weise als das obere. Seine grösste Länge beträgt 3” 6, und nach den annoch vorhandenen Umrissen des obern Endes ist dies auch seine normale Länge. Die grösste Breite des obern Endes beträgt in gerader Linie 1“ 5‘ nach der Krümmung 1 64"; das untere Eude hält 0“ 104‘; die Breite in Mitte des Schaftes ist 33. Die stark flügelartige Ausbreitung des obern Kopfes dieses Knochens lässt bei ihrer völligen Uebereinstimmung mit der, wie sie am Humerus aller Ornithocephalen, sie mögen aus den lithogra- phischen Schiefern oder aus den Liasschiefern herrühren, gefunden wird, auf gar keinen andern Saurier als einen aus der eben ge- genannten Gattung schliessen. Stimmt auch dieser Oberarmkuochen in seinem untern Ende nicht ganz mit dem überein, wie wir ihn z. B. bei ©. grandis sehen, so kommt dies nur von der Verschie- denheit der Lage her, in der sich derselbe uns präsentirt. Kann die Gattung nicht zweifelhaft seyn, so handelt es sich jetzt nur noch um die Ermittlung des Verhältnisses, in welchem das durch diesen Knochen repräsentirte Individuum zu den bekann- ten Arten steht. Hiebei muss uns zunächst die Grösse des vor- liegenden Oberarmknochens leiten. Derselbe hält die Mitte zwi- schen den gleichartigen Knochen des ©. ramphastinas und’O. gran- dis; dadurch werden wir aber auf den ©. seeundarius hingewiesen, dessen Unterschenkel in der Länge ebenfalls das Mittel zwischen Abh. d. 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 83 692 den genannten beiden Arten zeigt, Nun ist es freilich ein Uebel- stand,: dass vom ©. secundarius der Humerus nicht miterhalten ist und also keine direkte Vergleichung zwischen ihm und unserm ver- liegenden Exemplare vorgenommen werden kann. Indess können wir uns auf einem Umwege helfen, Vergleicht man das Längen- verhältniss, in welchem bei den andern Ornithocephalen das Ober- armbein zum Unterschenkel steht, so findet man, dass jenes gegen 3 von der Länge des letzteren einnimmt. Nun misst aber die Tibia bei O. secundarius 5 — 60“', der Oberarm unseres Exemplares 3 6% — 4%, d. h. ohngefähr. 3 von jener. Es passt also dieser Oberarm seiner Grösse nach zu dem Schienbein des O. secundarius, und deshalb wird es wohl. erlaubt seyn — will man anders nicht mit einer Nominalspecies das Artenverzeichniss belasten — densel- ben mit dem ©. secundarius, als einer und derselben Art zuständig, in Verbindung zu bringen. Dass vorliegender Oberarmknochen von Kelheim stammt, die Ueberreste des ©. secundarius und longipes aber bei Solenhofen gefunden wurden, kann. keinen haltbaren Grund gegen ihre specifische Vereinigung abgeben, zumal bei einem fliegen- den Thiere, dessen Verbreitung weit weniger Hindernisse als selbst einem im Wasser lebenden Thiere entgegen stehen. Wenn endlich meine schon früher ausgesprochene Vermuthnng Begründung haben sollte, dass nämlich die beiden letzten Phalangen des Flugfingers, welche Spix abhildete und dem Pferopus Vampy- rus zuwies, ebenfalls vom ©. secundarius herrühren könnten, so wären damit noch andere Theile von dieser, zur Zeit blos höchst fragmentarisch gekannten Art aufgefunden. Das vorletzte Glied we- nigstens bleibt in seiner Länge (3‘ 34‘) nür wenig hinter der zu- rück, welche nach der Analogie anderer Arten muthmasslich berech- net werden kann. Bei dieser Gelegenheit soll noch aufmerksam gemacht werden auf eine Aeusserung von ‚Soemmerring, die bisher 693 nicht beachtet wurde. In seiner Abhandlung „über die fossilen Reste einer grossen Fledermausgattung“ (O0. grandis) erwähnt er gelegentlich *), dass auf einer solenhofner Steinplatte ein „verletz- ter Flugstangenknochen“ von 3” 4, gleichend dem von Spix ab- gebildeten, enthalten sei. Es haben sich demnach bereits mehrere Spuren von einem Ornithocephalus, der in seiner Grösse das Mittel zwischen ©. grandis und ©. ramphastinus hält, gezeigt, und es steht demnach zu erwarten, dass ein glücklicher Fund in näherer oder fernerer Zeit ein mehr oder minder vollständiges Gerippe darbieten wird, an welchem es sich alsdann ausweist, in wie fern unsere Conjecturen über die Zusammengehörigkeit der zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten aufgefundenen einzelnen Knochen das Rechte getroffen haben oder nicht. V. Ormnithocephalus Meyeri Musssrt. In meiner frühern, in diesem Bande mitgetheilten Beschreibung einer neuen Art von Ornithocephalus habe ich (S. 167) die Vermu- thung ausgesprochen, dass eine genauere Vergleichung des Ornitho- cephalus Meyeri und O. brevirostris miteinander wohl zu dem Re- sultate führen dürfte, dass beide einer Art angehören, wovon alsdann O0. Meyeri den jüngern, ©. brevirostris den ältern Zustaud repräsen- tiren würde. Damals, als ich dies schrieb, kannte ich von O. Meyeri nichts weiter als das sehr mangelhafte Fragment, welches mit der Münster'schen Sammlung hieher kam, und der ©. brevirostris war mir nur aus den Beschreibungen und Abbildungen von Soemmerring und Oken bekannt. Seitdem habe ich den ©. brevirostris an Ort *) Denkschr. d. k. Akadem. d. Wissensch, zu München. VI. (1820) S. 110. 88 * 694 und Stelle selbst zu untersuchen Gelegenheit gehabt, und bin da- durch in den Stand gesetzt worden, namhafte Berichtigungen in der Deutung seines Skeletes beizubringen *), und Hr. Dr. Oberndorfer hatte die Gefälligkeit, mir seine, weit vollständiger erhaltene Ge- genplatte vom O. Meyeri zur Ansicht zu übersenden, wodurch meine Kenntniss von diesem Skelete sehr vervollständigt worden ist. Ich kann mich deshalb jetzt mit ungleich mehr Sicherheit über den Ver- wandtschaftsgrad dieser beiden Ornithocephalen als früherhin aus- sprechen, halte es aber für angemessen, zuerst einige Notizen, die zur Vervollständigung der frühern Beschreibungen des ©. Meyeri dienen, vorauszuschicken. Der Schädel des ©. Meyeri ist am Oberndorfer'schen Exem- plare in seinem Vordertheil ganz erhalten, hinten aber beschädigt. Das Hinterhaupt setzt nicht stark von der Schnautze ab, welch letztere sich zuspitzt und in ihrer vordern Erstreekung bis zur Spitze mit feinen spitzen Zähnen besetzt ist. Am dünnen Unter- kiefer sieht man, wahrscheinlich seiner Lage wegen, keine Zähne. In der Augenhöhle zeigt sich ein schmaler gegliederter Ring, des- sen Glieder länglich oval sind, mit übergreifenden Rändern. Die Halswirbel sind nieht ganz deutlich, doch ebenfalls in der Zahl 7 nachweisbar, *) Vgl.. meine Bemerkungen über die in den Sammlungen des Hrn. Dr. Re- denbacher in Pappenheim und des Hrn. Magistratsraihs Grassegger in Neuburg. befindlichen Exemplare von Ornithocephalus (Münchn. Gel.) An- zeig. XXXIN. S. 13). Ausser über O. drevirostris habe ich hier Notizen mitgetheilt über den ©. longipes, über ein zweites Exemplar vom ©. an- tiquus, und ein neues Skelet-Fragment, dem ich provisorisch den Namen O. Redenbacheri beilegte. I ze: 695 "Die rechte Extremität ist fast ganz vorhauden, nur die drei kleinen Finger sind undeutlich, Der Oberarm zeigt au seinem obern Einde die für Ornithocephalus charakteristische grosse Ausbreitung, Die hauptsächlichsten Dimensionsverhältnisse dieses Gerippes sind folgende: Länge des Schädels, muthmasslich . . a 11 — von der Hinterwand des Augenrings 5 zur Schnabelspitze Pe — des Halses, mulhmasslich 0 8% — des Rumpfes (ohne Schwänzchen) ohngefähr EL, — des Oberarms . 0° 5 — des Vorderarms . i £ ! 3 F ARE TFT; — der Mittelhand, en ; - } r ‚ 2 ER | Ira: — des ersten Seele i 0 64 — des zweiten „ [= 07.2 — des dritten „, \e 0 5 — des vierten „, = 0 & — des Oberschenkels Ag Um auf die Vergleichung des ©. Meyeri mit O. brevirostris zurückzukommen, wie ich sie nach den neuen Hülfsmitteln vorge- nommen habe, so ist als Resultat derselben hervorzuheben, dass bei fast gleicher Länge des Schädels und Rumpfes beider Ornithoce- phalen doch die Formen von ©. Meyeri weit schmächtiger sind, was insbesondere auch beim Schädel sich sehr deutlich herausstellt, der bei ©. brevirostris in allen Theilen robuster, im Schnautzentheil stumpfer ist. Die vordern Gliedmassen des O. Meyeri sind aber ferner nicht blos feiner gebaut als bei dem andern, sondern zugleich weit kürzer, wie dies nachstehende Ausmessungen zeigen: 696 0, brevirostris, Mittelhand . Geeemei, 00 5 vu gu Erstes Glied des Flugfingers . i x Orsst6hrr 0 “94 Zweites „ a : n R 0 6 Osnt8} Der ganze Flugfinger hat bei O. brevirostris eine Länge von ohngefähr 2“ 6, bei O. Meyeri von 1“ 11, So lange demnach nicht Mittelglieder zwischen den Grössever- schiedenheiten der Vorderglieder von beiden Ornithocephalen aufge- funden werden, ist doch die Differenz zu gross, als dass man ohne Weiteres O. brevirostris und O. Meyeri unter einem gemeinschaft- lichen Speciesnamen begreifen dürfte, wiewohl beide höchst nah verwandte Formen sind, hinsichtlich deren es immerhin noch mög- lich wäre, dass meine früher ausgesprochene Ansicht über ihr ge- genseitiges Verwandtschafts- Verhältniss durch spätere Auffindung von neuen Exemplaren sich thatsächlich bewähren könnte. VI. Pliosaurus giganteus Wacx. Tab. 4. Fig. 1—3. Die Ueberreste der Gattung Pliosaurus sind bisher nur aus dem Kimmeridge Clay bei Oxford und dem Oolith an den Ufern der Moskwa bekannt gewesen, bis ganz neuerdings Quenstedt *) darauf aufmerksam machte, dass von ihr auch Zähne im obern weissen Jurakalk bei Kelheim vorkämen und Herr Dr. Oberndorfer davon *) Handb. der Petrefaktenk. S. 130 Tab. 8. Fig. 8. m SEE Zr 697 einen 10° langen Zahn besitze. Dieser Notiz fügte Quenstedt die Abbildung einer solchen Zalnspitze bei, in der jedoch wegen ihrer Kleinheit die charakteristischen Merkmale nicht scharf hervortreten. Weder Graf Münster noch ich waren so glücklich gewesen, Ueber- reste von dieser Gattung in unserem Jura zu erlangen, daher ich Herrn Dr. Oberndorfer ersuchte, mir den erwähnten grossen Zahn zur Ansicht zukommen zu lassen, was auch von ihm bereitwilligst geschah, so dass ich von diesem merkwürdigen, in seiner Art bis- her einzigen Exemplare eine Abbildung und Beschreibung vorlegen kann: Der Zahn liegt noch in einer Masse dichten Jurakalksteins, in dem er gebrochen wurde, doch so, dass er aus derselbeu herausge- nommen werden kaun. Leider sind die Arbeiter, als sie beim Stein- brechen zufällig auf ihn stiessen, nicht sehr säuberlich mit ihm um- gegangen, so dass er in der Mitte der Quere nach entzwei gehro- chen und von der Krone die eine Längshälfte abgespreugt wurde, welch letztere auch verloren ging; das Endstück der Krone hat sich jedoch, die äusserste Spitze abgerechnet, erhalten. Auch vom Wurzelende ist seitlich ein kleiner Theil abgesprengt, aber auf der entgegengesetzten Seite scheint er bis zuletzt vollständig zu seyn. Man hat hier also einen Zahn vor sich, der wenigstens auf der einen Seite seine ganze Länge aufbewahrt hat. Wurzeltheil und Kronentheil des Zahnes sind durch den Schmelz- überzug des letztern scharf von einander geschieden. Der erstere ist ansehnlich länger als der letztere, erweitert sich unterhalb des Kronentheils bis gegen seine Mitte und verschmälert sich dann wieder gegen sein Ende hin, und zwar schneller als er an Stärke zugenommen hatte. Der Wurzeltheil krümmt sich schwach in der Richtung der Krümmung der Zahnkrone, doch nach unten etwas 698 mehr als in seinem obern Verlaufe. Auf seiner Oberfläche ist er ganz glatt, ohne Streifen und Furchen, nur am untern Ende zeigen sich einige schwache Querrunzeln. Im Umfange ist er auf dem Querschnitte oval und zeigt feine concentrische Ringe. Seine Mitte ist der ganzen Länge nach von der im Umfange ebenfalls ovalen, doch etwas mehr zusammengedrückten Keimhöhle durchzogen, die von derselben Kalkmasse, welche die äussere Umbüllung des Zah- nes ausmacht, ausgefüllt ist; die Keimhöble behält fast in ihrer gan- zen Erstreckung durch den Wurzeltheil die gleiche Stärke bei. Von Farbe ist der ganz von Caement umlegte Wurzeltheil licht leber- bräunlich. Der Kronentheil, der, wie schon gesagt, beim Brechen seiner Länge nach, mit Ausnahme der Spitze, halbirt wurde, ist gegen die letztere hin merklich rückwärts gekrümmt und zeigt auf der an- noch erhaltenen Längshälfte zwei Flächen: eine ungerippte nnd eine gerippte, die beide unter einem fast rechten Winkel zusammenstos- sen und durch eine scharfe Leiste auf ihrer Kante gesondert sind. Die ungerippte Fläche bildet den convexen Theil der Längskrüm- mung des Zahnes und ist auch nach der Quere in der Mitte schwach gewölbt; sie ist glatt und in der Art, wie die Zeichnung es dar- stellt, schwach gerunzelt. Die andere Fläche ist der Quere nach stärker gewölbt und gegen das Ende zugespitzt. Auf ihr verlaufen, mit Einschluss der schon vorhin angeführten Kantenleiste, 14 schmale Längsrippen, die sich längs ihrer Mitte zu einer schneidenden Kante zuschärfen, nicht alle aber die Zahnspitze erreichen, da ein Theil derselben in grösserer oder geringerer Entfernung von ihr bereits aufhört. Obwohl diese Rippen im Allgemeinen sich nach der Krüm- mung des Zahnes richten, so macht doch die erste, auf die Längs- kante unmittelbar folgende, und dabei die stärkste, eine auffallende Ausnahme, indem sie in ihrem 'obern Verlaufe sich weit von jener 699 Kante entfernt. Die Zwischenräume zwischen den Rippen sind viel breiter als diese selbst, glatt oder höchstens fein und schwach ge- runzelt. Wie erwähnt fehlt dem Kronentheil im grössten Theil seiner Erstreckung die andere Längshälfte, und es wäre deshalb schwierig und unsicher, die Beschaffenheit dieses Stückes zu errathen, wenn sich nicht glücklicher Weise das Kronenende auf die Länge eines Zolls fast vollständig erhalten hätte, so dass nur die ganz kurze äusserste Spitze fehlt. Daraus ist ersichtlich,. dass die ungerippte, der Convexität des Zalınes folgende Fläche sich auch auf ihrer zweiten Kante scharf von der andern Seite absondert, und dass die beiden Seitenflächen gewölbt sind und unter einem stumpfen Win- kel zusammenstossen, so dass der Querdurchschnitt der Kronen- spitze eine gewölbt dreiseitige, an ihrer Spitze ziemlich stumpf- winklig abgerundete, Figur zeigt. Man ersieht ferner, dass diese zweite Seite ebenfalls gerippt ist, gleich der ihr gegenüber stehen- ‚den, beide zusammen haben aber auf diesem Endstück der Krone, mit Ausnahme der beiden Kantenleisten der ungerippten Fläche, nur noch 7 Rippen, von denen indess auch 3 oder 4 bald zurückbleiben. Die äusserste Spitze scheint, mit Ausnahme der beiden Seitenleisten ‘der ungerippten Fläche, ganz rippenlos zu seyn. Den Verlauf der Rippen auf der annoch erbaltenen einen Sei- tenfläche den Krone kann man sehr gut auch an dem Gestein, wel- ches den Zahn einschliesst, sehen, indem sie sich daselbst als Fur- chen scharf eingedrückt haben. Der Zahnkeim des Wurzeltheils setzt sich auch in der Krone fort, wo er sich aber schnell verdünnt, so dass er als ein lang ge- zogner, nach der Richtung des Zahnes gekrümmter Kegel erscheint, Abh. d. Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth. 89 700 der sich erst über der Mitte des Kronentheils in eine feine eur auskeilt. Die Farbe der Aussenseite des Kronentheils ist ein glänzendes und ziemlich intensives Saftbraun. Die. Zabnsubstanz des ganzen Zahnes fällt in’s Gelhliche, im Wurzeltheil mit einer leichten grau- röthlichen Beimischung. Die hauptsächlichsten Dimensionsverhältnisse dieses Zahnes sind folgende: Länge. des ganzen Zahnes, nach seiner äussern Krümmung gemessen . 9" 7" — des Wurzeliheils h 2 . & E 2 5 6 0 — ,, Kronentheils, so weit er se 3.7 — mulhmassliche, des ganzen Kronentheils fast 40 Durchmesser, grösster, des Wurzeltheils auf seinem grössten re _ schnitt 5 SCH: rn _ kleinster, desselben Durchschnilts R 3 ea ber) _ grösster, der Keimhöhle auf demselben Durchschnitt 0 64 _ kleinster, dto. R x A $ 1 2 ; 0:98 Die übrigen Dimensionsverhältnisse können aus der mit aller Genauigkeit gefertigten Abbildung entnommen werden. Dass dieser gewaltige Zahn, der bei seiner vollständigen Er- haltung auf eine Länge von 10 Zoll gekommen wäre, einem der riesenhaften Thiere aus der Gattung Pliosaurus angehört, ist nach allen seinen Merkmalen unzweifelhaft; es bleibt deshalb nur noch die Frage zu beantworten übrig, ob aus ihm auf specifische Iden- tität mit den in England und Russland gefundenen Ueberresten die- ser Gattung erkannt werden dürfe oder nicht. Wie Owen’s *) Beschreibung und Abbildung der Zähne seines *) Odontograph. I. S. 282, II. Tab. 68 Fig. 5;—report of the XI. meet. of the British Associat. Lond. 1842 S. 60. 701 Pliosaurus brachydeirus ausweist, kommt der bier beschriebene Zahn in seinen Formverhältnissen ganz mit demselben überein, und es liegt um so weniger Grund vor, auf kleine Formdifferenzen Ge- wicht zu legen, als der englische Palaeontolog selbst darauf auf- merksam macht, dass Abweichungen in der Form an den Zähnen eines und des nämlichen Kiefers gefunden werden. Dagegen ist in der Grösse des deutschen und der englischen Zähne ein auffallen- der Unterschied angezeigt. Owen giebt von 2 Zähnen die volle Länge zu 7‘ au, wovon auf die Wurzel 44‘ kommt. Nun ist an- zunehmen, dass er sich zu diesen Messungen, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, die grössten Zähne ausgesucht hat; gleichwohl halten diese in ihrer Länge nur 7” engl. — 6 7‘ par. Maass, so dass also unser Zalın um mehr als 3‘ länger ist. Ferner giebt Owen bei einem 64‘ langen Zahn den Durchmesser der Keimhöhle zu 13°" an, während er bei unserem Zahne in seiner grössten Er- weiterung nur die Hälfte beträgt. Es sind dies Differenzen in den Grössenverhältnissen, die zu beträchtlich sind, als dass sie nicht zur Vermuthung hindrängten, dass durch den gigantischen Zahn von Kelheim eine von den beiden englischen Arten verschiedene Species repräsentirt wird. Die Zähne des Plivsaurus Wosinskii, welche Art Fischer von Waldheim *) nach einem im Oolith des rechten Ufers der Moskwa oberhalb Troitzko@ gefundenen Kieferfragmente aufstellte, scheinen nicht grösser als die des englischen Pliosaurus gewesen zu seyn und unser Zahn kann daher nicht mit ihnen identificirt werden; auch bat bei ihnen wie bei den englischen Zähnen die Keimhöhle einen bedeutenderen Umfang als bei letzterem. *) Bullet, de la soc. des natural. de Moscou. 1846. n. 3. p. 105. Tab. 3, 4. sg* 702 Demnach sehe ich mich für.berechtigt an, in dem riesigen Zahn von Kelheim, der nach gefälliger schriftlicher Mittheilung des Hrn: Dr. Oberndorfer im dortigen lithographischen Schiefer gefunden wurde, eine neue Art za vermuthen, der ich den Namen Pliosaurus giganteus beilege, welche zu den colossalsten Formen der Urwelt gehörte. VI. Ichthyosaurus posthumus Wasn. Tab. 4 Fig. 4, 5. Man hatte bisher die Ichthyosauren in Deutschland auf den Lias beschränkt gehalten, bis vor Kurzem Quenstedt *) zur Kennt- niss brachte, dass Ueberreste von ihnen sich im Schwarzwalde be- reits am Anfange der Muschelkalk-Formation einstellen und ihre letzten Denkmale noch im solenhofer Schiefer gefunden werden, Schon früher hatte ihre Spuren Owen für den englischen obern Jura nachgewiesen; neyerdings aber erweiterte er das geognosti- sche Gebiet der Ichthyosauren für England noch mehr, indem er Abbildungen von Zähnen einer neuen, von ihm Ichthyosaurus cam- pylodon benannten Art vorlegte **), die in dem untern Kalk von Kent und dem Kalk und Grünsand von Cambridgeshire gefunden worden waren, so dass also bis in die Kreide-Formation hinein die letzten Ueberreste der Ichthyosauren reichen. Ueber das Vorkommen von Ichthyosaurus-Ueberresten im solen- hofer Schiefer hat Quenstedt nichts weiter als die Notiz mitgetheilt: *) Petrefaktenk. S. 129. **) Hist. of Brit. foss. Reptils. part. 4. Lacertians Tab. 9 Fig. 10; Enaliosauria Tab. 1 Fig. 1—10, 13—16. Eine Beschreibung dieser neuen Art ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. vi io in fr 703 „es ist darin ein Exemplar gefunden mit Polygonalknochen in den Finnen und damenbrettförmigen Wirbelkörpern“. Mir selbst ist von diesem Exemplare nichts Weiteres bekannt; dagegen hat mir Herr Dr. Oberndorfer einen Zahn zur Ansicht zugeschickt, der bei Kel- heim in dem dortigen Diceraskalke gefunden wurde und oflenbar einem Ichthyosaurus angehörte. Der Zahn ist, zumal gegen seine Spitze hin, gekrümmt. Die eigentliche Krone stellt einen sehr kurzen, merklich gekrümmten, im Umfange rundlichen, schwarz gefärbten Kegel dar, der seiner Länge nach mit sehr zahlreichen geraden, ziemlich feinen Längs- rippen besetzt ist. Die gerippte Krone setzt plötzlich ab und legt sich mit ihrem untern Rande über den glatten glänzenden Ring, der sie vom Wurzeltheil trennt, über welchen letzterer mit seinem un- tern Ende hinübergreift. Dieser gänzlich ungerippte Ring ist in seiner obern Hälfte braun, in seiner untern schwarz gefärbt. Schon an ihm wird der seitliche Durchmesser von aussen nach innen grös- ser als der von vorn nach hinten, d. h. nach der Richtung der Zahn- krümmung gehende. Noch mehr ist dies am Wurszeltheil der Fall, das unterhalb des Ringes in seiner Breite schnell anschwillt, dann in dieser fast bis zum Ende anhält, während es an Dicke abwärts immer mehr abnimmt. Seine ganze Oberfläche ist der Länge nach unregelmässig und fein gefurcht; seine Vorderfläche von der hintern durch eine stumpfe Längskante geschieden. Von Farbe ist die Wur- zel ebenfalls schwarz, doch ist in ihren Furchen ein Theil der weissen Gesteinsmasse, von der der Zahn umhüllt war, eingedron- gen. Gegen das untere Ende der Wurzel zeigt sich eine ovale Oeffnung, welche durch Druck und Absorption von dem nachwach- senden Ersatzzahn hervorgebracht worden ist *). *) Es ist dies derselbe Vorgang, wie ihn Owen von den lebenden Alliga- 704 Länge des Zahnes, in gerader Linie gemessen . a Be ud? OL — der gerippten Krone ; 2 ö 5 n 0 6 — des Rings = 2 n 2 — des Wurzeltheils . : - - Care Breite der Krone an ihrem untern Rande . 04 — grösste, der Wurzel 9 Dicke, grösste, derselben . 05 Nach allen Merkmalen ist es wohl nicht zweifelhaft, dass die- ser Zahn von einem Ichthyosaurus herrührt; eben so sicher ist es aber auch, dass er von den Zähnen sänmtlicher deutscher und eng- lischer Arten, die von dieser Gattung im Lias aufgefunden wurden, specifisch verschieden ist. Nach seinen Lagerungsverhältnissen müsste er zunächst mit dem Ichthyosaurus trigonus aus dem Kimmeridge Clay in Beziehung gebracht werden; da aber von diesem nichts weiter als ein Wirbel bekanut ist, so ist es eine Unmöglichkeit, über die Verwandtschaftsverhältnisse des kelheimer Zahnes zu die- ser englischen Art irgend etwas bestimmen zu wollen. Wir rücken deshalb weiter hinauf bis zu dem Ichthyosaurus campylodon aus der Kreideformation, und finden allerdings mit demselben noch die meiste Aehnlichkeit im Zahnban. Es tritt uns aber hier ein anderer Uebelstand entgegen, dass wir nämlich mit diesem keine vollstän- dige Vergleichung vornehmen können, da Owen zwar mehrere Ab- bildungen von dessen Zähnen, zur Zeit aber noch keine Beschrei- bung mitgetheilt hat, ohne deren Vorlage eine sichere Entscheidung nicht gegeben werden kann. So weit sich indess nach den er- wähnten Abbildungen urtheilen lässt, ist der Zahn von Kelheim in seinem Wurzeltheil viel schlanker und gestreckter als sämmtliche toren in der Odontograph. Tab. 75 Fig. 4 a und in der Hist. of Brit. foss. Rept. IV. Enaliosauria Tab. 1 Fig. 11 darstellt. I A ü BI ’ B ! 3 705 Zähne des I. campylodon und dies ist auch der Grund, warum ich mich nicht getrane, ihn dieser Art zuzuweisen, sondern in ihm eine neue Species vermuthe, der ich den Namen Ichthyosaurus posthu- mus beilege; ein Name, der im Gegensatze zu I]. atavus, wie Quenstedt die ältesten Ueberreste der Ichthyosauren benannte, für den spätgebornen Sprössling dieses Riesengeschlechtes im deutschen Juragebirge sehr bezeichnend seyn dürfte. VII. Stenosaurus elegans Waex. Die neueste Acquisition, die unsere Sammlung aus den litho- graphischen Schiefern machte, ist eine in vielen Stücken zertrüm- merte, nunmehr aber wieder zusammengesetzte Platte mit Ueber- resten eines der Familie der Teleosauren angehörigen Thieres. Die Hauptsache macht der Schädel aus, der, wenn auch vielfach be- schädigt und flach gedrückt, doch seiner ganzen Länge nach er- halten is. Vom übrigen Knochengerüste ist nichts mehr vorhanden als ein Stück aus dem Vordertheil der Wirbelsäule, einige zer- streute Rippen und etliche Andeutungen von den vordern Glied- massen. Der Schädel ist von der Ober- und Unterseite ausgearbeitet, aber die beiden Flächen des Hirnkastens sind aufeinander gepresst und mehrfach verdrückt, so dass eine vollständige Beschreibung nicht möglich ist, weshalb ich mich auf einige kurze Angaben über die wesentlichsten Merkmale beschräuke. Der Hauptsache nach trägt der Schädel den Typus von Mystriosaurus au sich, von dem er nur in der Bildung des Vorderendes der Schnautze abweicht; ich kann mich demnach in der Beschreibung kurz fassen. Die obern Scheitelgruben sind gross und durch eine viel schmälere 706 Scheidewand als die Augenhöhlen von einander getrennt; das breite. Stirnbein ist mit strahlenartig gestellten Ausfurchungen bezeichnet. Ein sehr langer rüsselförmiger Schnautzentheil schliesst sich dem Hirnschädel an und ist auf der Oberseite längs der Mitte, wo die beiden Oberkieferbeine zusammenstossen, von einer starken Längs- furche durchzogen. Die Andeutungen der Nasenbeine und Thränen- beine zeigen völlige Uebereinstimmung dieser Knochen mit denen der Teleosauren. Bisher ist Alles wie bei den Mystriosauriern des Lias; das Schnautzenende dagegen ist sehr verschieden. Während es nämlich bei jenen spatelartig anschwillt, und die Nasenlöcher an den Vorderrand gestellt und vorwärts gerichtet sind, stellt sich bei dem hier beschriebenen Schädel keine solche Erweiterung ein, son- dern das Schnautzenende spitzt sich, auf-dem Ober- wie auf dem Unterkiefer, allmählig zu und die Nasengruhe liegt weit abgerückt vom Vorderrande und wendet also ihre Oeflnung nicht vorwärts, sondern aufwärts. Die Nasenlöcher haben demnach eine Richtung wie bei den lebenden Krokodilen, nur dass sie viel weiter vom Schnantzenende als bei diesen entfernt sind. Ueber die Schädel- basis lässt sich bei ihrem stark verdrückten Zustande nichts Siche- res sagen. Der Schädel hat vom Hinterhauptrande an bis zur Schnautzenspitze eine Länge von 10°; der vordere Nasengruben- rand steht von der Kieferspitze um 7‘ ab. Die Unterkiefer sind kräftige Knochen und ganz von der Form der Mystriosaurier, nur dass, wie bereits erwähnt, ihr Vorderende in eine stumpfe Spitze, ohne löffelartige Anschwellung, ausläuft. Wie bei jenen nähern sich ihre Aeste allmählig und stossen ohn- gefähr gegen die Hälfte ihrer Länge. miteinander zusammen. Die Kiefer sind zahlreich mit Zähnen besetzt von schmächtiger kegelförniger, etwas rückwärts gekrümmter und glatter Form; die 707 meisten scheinen ziemlich gleiche Länge zu haben, doch sieht man auch einige kleinere darunter. Die grössten Zähne messen 33. Was sieh von Wirbeln und Vordergliedern erhalten hat, ist zu undeutlich, als dass es sich der Mühe lohnte, dieselben speciell zu beschreiben; doch scheinen gleichförmige Verhältnisse wie hei den Mystriosauriern obzuwalten. Insbesondere scheinen auch die vordern Gliedmassen eben so kurz und von älimlicher Form wie hei diesen gewesen zu seyn, wenigstens sprechen dafür die Eindrücke, welche auf einem Stück der Gegenplatte von der Handwurzel und 4 Phalangen der ersten Reihe vorhanden sind; auch von 2 obern Köpfen der Phalangen der folgenden Reihe zeigen sich Impressionen. Von den gedachten Phalangen der ersten Reihe haben 3 noch ihre Knochenmasse auf der Hauptplatte aufbewahrt als kurze, aber ziem- lich robuste Knochen von 4 Länge. Etliche der vorhandenen Rippen haben deutlich 2 Köpfe aufzuweisen; die Wirbel scheinen bieconcav zu seyn. Indem wir jetzt zu einer Vergleichung dieses Skeletüberrestes mit den früher im Jithographischen Schiefer gefundenen verwandten Kormen übergehen, haben wir hiebei nur zwei Stücke in Erwäh- nung zu bringen, nämlich den Gnathosaurus subulatus Myr. und den Crocodilus priscus Soemm. Vom ersteren existirt nichts weiter als ein Unterkiefer, der mit der Münster'schen Sammlung nunmehr in den Besitz der hiesigen übergegangen ist. Er zeigt die Unterseite, ist hinterwärts abgebrochen, und obwohl auch gegen die Spitze seine Knochenmasse sich abgeblättert hat, so scheint das Ende doch allmählig, ohne löffelartige Erweiterung, sich zugespitzt zu haben, wie bei dem neu aufgefundenen Schädel. Mit diesem stimmt der Gnathosaurus noch weiter in der langen Symplıyse des Unterkiefers und dem allmähligen Auseinanderweichen der Aeste hinter derselben Abh. d. 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VI. Bd. III. Abth, 90 708 überein, aber seine Zähne sind weit länger (bis 6), dabei schmäler und stehen gegen die Spitze weit gedrängter. Obwohl es mir nun scheint, dass Gnathosaurus eine nah verwandte Form mit der neu aufgefundenen ist, so ist von jener doch viel zu wenig vorhanden, als dass man sie ohne weiteres mit letzterer identifieiren dürfte. Festere Haltpunkte zur Vergleichung hietet der Crocodilus priscus dar, aus dem Meyer die Gattung Aelodon errichtete. An diesem stellt sich der ächte Mystriosaurus- Typus vollständig dar, namentlich auch die löffelartige Ausbreitung beider Kieferenden mit der vorgerückten Nasengrube, so dass die generische Trennung die- ses Sauriers von den Lias-Mystriosauriern nicht zu billigen ist. Aber eben deshalb können die neu aufgefundenen Ueberreste, ob- wohl sie aus den nämlichen Localitäten herrühren, nicht mit jenem Crocodilus priscus zusammengehören, weil bei ihnen das Schnautzen- ende eine ganz andere Form und die Nasengrube eine andere Rich- tung hat. ı Aus dem nämlichen ‚Grunde können diese Ueberreste überhaupt nicht der Gattung Mystriosaurus zugewiesen werden, trotz ihrer sonstigen grossen Verwandtschaft. Dagegen hat uns zuerst Ouvier *) mit einer Form bekannt gemacht, die eher hieher passt und die er als 2. Gavial de Honfleur et de Geneve bezeichnete. Geoffroy er- hob sie zu einer besondern Gattung Steneosaurus, richtiger Steno- saurus, mit 2 Arten Sf. rostro-minor und Sf. rostro-major, von denen die erstere sich auf das von Cuvier charakterisirte Thier be- zieht. H. v. Meyer, indem er die Gattung Stenosaurus in 2 Gat- tungen auflöste, gab dem St. rostro-minor den Namen Metriorhyn- *) Recherch. 4. edit. IX p. 303 Tab. 238 Fig. 5—7, Tab. 236 Fig. 6, 7 und 4, 2. 709 chus Geofroyii; eine Aenderung, in der ihm übrigens weder Pictet *), noch Zaurillard #*), noch Owen***) beitraten, daher wir auch den ältesten, von Geoflroy gegebenen Gattungsnamen beibehalten, den Begriff desselben aber so festsetzen wollen, wie er durch die drei letztgenannten Palaeontologen bestimmt wurde. Demnach unterschei- det sich Stenosaurus von Mystriosaurus oder Teleosaurus dadurch, dass das Schnautzenende nicht löffelartig erweitert und die Nasen- löcher nicht endständig, sondern auf der Oberseite der Schnautze angebracht und deshalb aufwärts gerichtet sind, also Merkmale, wie sie sich ebenfalls bei unserem hier beschriebenen Skeletüberreste finden, den ich aus diesem Grnnde auch der nämlichen Gattung zu- weise und ihn seiner zierlichen Schädelbildung wegen als Steno- saurus elegans bezeichne +). Erklärung der Abbildungen, Traibr® 17 Piocormus laticeps in nalürlicher Grösse dargestellt, T a,b, 2, Homoeosaurus macrodaclylus, in natürlicher Grösse. Der Zwischenkiefer, deutlich als gedoppelt sich zeigend. b. Die Oberkieferknochen. Die beiden Nasenbeine, Das Stirnbein. Das grosse Hinterhauptsloch. erer» *) Paleontolog. II. p. 45. **) Diet. univ. d’hist. nat. IV. p. 364. **#) Report of Ihe XI. meet. of the Brit. Associat. p. 82. +) Eine Abbildung dieses Stenosaurus elegans soll im nächsten Bande nach- folgen. x 90* 710 f. g. Rechter und linker Unterkieferast. h. T-förmiges Brustbein. i. Rechtes Schlüsselbein, k. Schulterblatt. 1. 1. Hüftbeine. m. m. Sitzbeine. n. n. Schambeine. o. 0. Erbsenbein. p- . 2 Knöchelchen aus der Fusswurzel. r. r. Daumen. s. s. Daumenzehe. Tab. 3. Fig. 1. Ornithocephalus grandis Cwv., in natürlicher Grösse. a. Oberarmbein. b. Vorderarm, aus dem Ellenbogenbein und der Speiche bestehend; von beiden ist der Rand des obern Endes etwas beschädigt. Handwurzelknochen. Mittelhandknochen: Ein Glied aus dem ’langen Flugfinger, an beiden Enden abgebrochen. Ein anderes Glied desselben, noch mehr als das vorige verstümmelt. . h. Griffelarlige Knochen, von denen der erstere als Sporenknochen zu dienen scheint. Fig. 2., Oberarmbein, wahrscheinlich vom Ornithocephalus. secundarius. Tab. 4 Fig. 1-—3. Zahn vom Pliosaurus giganteus. 4. Der Zahn in seiner ganzen Erhaltung in nalürlicher Grösse. 2. Die obere Zahnhälfte auf ihrer Bruchfläche gesehen, mit deutlich erhal- tener Keimhöhle; ebenfalls natürliche Grösse. 3. Vergrösserle Ansicht von einem Stück der Längsrippen, welche der Krone des Zahnes auf zwei Seiten derselben aulsitzen. * und **. Durchschnitte des Zahnes, deren gleiche Bezeichnung am Zahne selbst die Stelle angiebt, von der jeder genommen ist. Fig. 4, 5. Zahn des Ichthyosaurus posthumus in zwei verschiedenen An- sichten; die Durchschnitte + und +7 sind von den am Zahne in gleicher Weise bezeichneten Stellen genommen. : ga mo mo Tab.XL. L_-.72 2: r ES RE ETE 100 N ie Yı 1. Wagners neuen Saur Tab. { der mathı phjeik, Oasse Bel. H. Abth. 3. Piocormus laticeps. Homoeosaurus macrodactylus. db der math. phajsik. Gasse Bad. IT. .dbth. 3 Aut d. Wagners neuen: Saur Iab 2 Sb. der math physik. Gasse Bad TI. Abtie 5. Fig. 1.Ornithocephalus $randis. Fig. 2.0. secumdarius . iu 2. Hagmers neuen Saur. lab. 3 Fig.1._3. Pliosaurus siganteus. Abt. der math phisik. Classe Bel. II. Abth.3 Fig.4_5. Jehtlıyosaurus posthumus . Au Wagners neuen Saur. Ib 4. Ei D =