ir Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. u DI Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. aan anenenenoenaoonenennn Aus dem Jahre nn Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1839. 5 Ban, RN Sn | LULER ZZ Ba u BI DIE at U Ir He Na » A A di . ‚Ikkgaeı 14% I z DE Fr BJ [2 Eu = i Br hi 62 ei 5 L | ibn Er ei war Be als rar REaL 5 j bank al nd „am trennen | u Fanbalt Historische Einleitung. ......esr.ernneseesonenseesnnnensnnesn nennen en rennen Seite I Verzeichnils der Mitglieder und Correspondenten der: Akademie. es ae asemese nee - XI Physikalische Abhandlungen. “ Kuntu über die natürlichen Pflanzengruppen der Cypereen und Hypolytreen...... Seite 1 ‘ MÜLLER über den eigenthümlichen Bau des Gehörorganes bei den Cyclostomen, mit Bemerkungen über die ungleiche Ausbildung der Sinnesorgane bei den Myxinoiden (Fortsetzung der vergleichenden Anatomie der NyKInoIden) rm seele sans sen enleein een. Here e ereieie/emieie sa - 35 2y „BUCH. uber den. Juranın Deutschlande.cee2cnenaen san anne se enee melsegene wene - 49 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaöder (Sechsmalachtflächner) des regulären Krystall- systems, entwickelt aus den Dimensionszeichen für ihre Flächen... - 137 “MH. Rose über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, und über eine der schweflichten Säure entsprechende Chlorverbindung des Schwefels. - 179 Mathematische Abhandlungen. “ EncKE über die von Herrn Director Hansen auf Seeberg eingeführte Form, die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln....Seite 1 “ LEJEUNE-DIRICHLET: Beweis des Satzes, dals jede unbegrenzte arithmetische Pro- gression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne ge- meinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält... - 45 Philosophische, philologische und historische Abhandlungen. FF V.2CHAMISSo über die Hawauische 'Spräche „u... so seen nee nune nennen > Seite 1 “ PanorkA: Argos Panoptes, aus Zeugnissen alter Schrift und Kunst ans Licht gestellt - 81 “ ZumPT über Ursprung, Form und Bedeutung des Centumviralgerichts in Rom .... - 129 “ LACHMANN über die ersten zehn Bücher der Ilias........+.-sersessecrenenennne - 155 " STEFFENS: Pascal und die philosophisch - geschichtliche Bedeutung seiner Ansichten - 177 B/IDELER über die Zeitrechnung der Chinesen. ......sa0.0u-0r2000a00n0nenonnen - 199 ni an 1 n n ur : f r wi TE r ' Asche 5 “ fi EM »# 7 B ı@ 2 « DE ur Lens - Je eı ‚il. B1. urn a \ Ks | jr EEE 7; > Aicııa a nee BERUFE TE RER ET Sen ORTE Derefaen Aida \ ur ‚5 1 . 4® I % - . . LE EEE te Du i De f ' and Haan an 1 osurls v8 3 « ns . 4 u Er Ber EB RT dr a a re R i He i N gi nk Ei AETmENT wen N j PR . - ’ >. . i IM R SE ea air ls Fa al on ar nal a - BEN la. Ba a Bea zijn DT a, N \ { (Bi valreriere en a Bu Ren th 0 MIAP vr Pi . .. - % ü f * ’ nd i un Si 1 Bar de. 1 Di I EP sn rer a ir en wir re are FETT IE uhle ar ehe he a Ma aloe a a ee . . 12 Bunlırn in area enge TR. aan - . f f 4 . I, .r . ae hen ' nn ” j FOR = PR “4 eG. #11 M DT Er LE" wu, er N were. Ra kann re a Aa ir re Beten ei si eu ILL En 320 i TE Zu De ee Il ru RET- Bruatı! BIN = ulRe 5 eırZ t ae je A . Bee HE III a DE a Er Een 2.0 Eiıeın R EURER \ ! Bar i dh dahaı tt Le | nee ut Pan re Ir een wir u r ‘ i er a een dr Kan de m a a nah Tan hie dd: DI ante ae) nr oa Fra ia, ae ach an dal an a, il Pre EFER sıcaı als lud a Ann Panel raza min Fa a REFERENCE 7} sera nl ech) BEI RITE . _ De I aahır «408 3:7; zur D ie öffentliche Sitzung der Königlichen Akademie der Wissen- schaften am 26. Januar zur Feier des Jahrestages Friedrichs Il. wurde durch den vorsitzenden Sekretar, Herrn Encke, mit einer Einleitungsrede eröffnet. Hierauf lasen: Herr Ranke ‚‚über die Ver- fassung der Republik Venedig, besonders in Bezug auf den Rath der Zehn”, und Herr Ehrenberg ‚‚über das Vorkommen fossiler Infusorien”. In der Sitzung der Akademie vom 6. Julius zum Andenken ihres Stifters Leibnitz, welche Herr Erman als vorsitzender Se- kretar mit einem der Bedeutung dieser Feier angemessenen Vortrage eröffnete, hielten zuerst die Herren v. Olfers und Dove als kürz- lich aufgenommene Mitglieder ihre Antrittsreden, welche Herr Erman beantwortete. Derselbe trug sodann das Ergebnifs der Preisbewer- bung vor, welche von der physikalisch-mathematischen Klasse durch die vor zwei Jahren gestellte Aufgabe über die Anatomie des Bandwurms, des Nemertes, Gordius und anderer we- nig untersuchter Würmer und ihre Stellung im Systeme veranlafst wurde. Auf dieselbe ist nur Eine Beantwortung eingegan- gen, mit der Inschrift: ‚das Leben ein Traum”. Da sie geraume Zeit nach dem festgestellen Termin eingeliefert worden, so hätte sie bei einer Concurrenz schon darum von der Bewerbung ausge- schlossen werden müssen. Sie behandelt aber auch nur einen "Theil der Preisaufgabe, nämlich die Anatomie der Bandwürmer, und konnte daher bei entschiedenstem Verdienste nicht als eine Lösung der Preis- II aufgabe betrachtet werden. Die Klasse ist durch die Statuten der Akademie berechtigt, wenn die Preisaufgabe nicht gelöst wird, den ausgesetzt gewesenen Preis auswärtigen Gelehrten zu ertheilen, welche sich durch eine wichtige Entdeckung oder durch genaue und um- fassende Untersuchung noch nicht erforschter Gegenstände aus dem- selben Fache in dem Zeitraume der letzten Preisaufgabe um die Wissenschaft verdient gemacht haben. Es entstand daher die Frage, in wie weit die eingegangene Arbeit den letztgenannten Anforde- rungen genüge. Sie enthält eine sehr specielle Anatomie des Bo- thriocephalus latus mit ergänzenden Details aus der Anatomie des Bothriocephalus punctatus, und entwickelt eine grofse Anzahl neuer wichtiger Thatsachen. Ist gleich die Anatomie des Bothriocephalus auch noch in einzelnen Theilen, besonders in Beziehung auf das Verdauungssystem unvollständig, und fehlt noch das Nervensystem ganz, so ist sie durch die Arbeit des Verfassers um so reicher in den übrigen Systemen geworden. Letztere giebt eine genügende und klare Einsicht in den allgemeinen Bau der Glieder und die feinere Anatomie ihrer Schichten, in die Anordnung des Muskelsystems und die Structur der Haut und ihrer Organe. Am vollständigsten sind die Aufschlüsse über die Geschlechtsorgane; der Verfasser hat in diesem Theil mehrere wichtige neue Beobachtungen gemacht und eine grofse Zusammengesetztheit der männlichen und weiblichen Ap- parate mit den speciellsten Details vorgefunden und seine Entdeckun- gen in den eingesandten schönen Präparaten nachgewiesen. Beim Bothriocephalus punctatus hat er auch ein eigenes System von Ge- fäfsen vorgefunden. Auch über die physiologischen Verhältnisse der Bandwürmer hat der Verfasser viele interessante Beobachtungen bei- gebracht. Diese Fortschritte sind sehr erfreulich, und kann man es bei dem Aufwand an Zeit und Geduld, welche die schwierige Ana- 111 tomie dieser Thiere erfordert, nur für nützlich anerkennen, wenn der Verfasser durch die anderen Seiten der Preisaufgabe sich nicht hat von der Verfolgung der schon gemachten Beobachtungen abziehen lassen und seine ganzen Kräfte auf das Studium des Bandwurms ungetheilt ver- wendet hat. Unter diesen Umständen hat die Klasse beschlossen, zur Anerkennung des wichtigen Schrittes, der in der Arbeit des Verfassers zur Lösung der von der Akademie gestellten Preisaufgabe geschehen ist, und zur Entschädiguug für die damit verbunden gewesenen Ko- sten dem Verfasser der eingegangenen Arbeit eine dem Preise gleiche Summe zuzuerkennen, sofern sich der Verfasser der Akademie nen- nen wird (*). Hiernächst verlas Herr Böckh als Sekretar der philosophisch- historischen Klasse das Urtheil über die Preisbewerbung, welche auf Veranlassung dieser Klasse stattgefunden hatte. Sie hatte nämlich fol- gende Preisaufgabe schon vor vier Jahren gestellt und vor zwei Jahren mit Verdoppelung des Preises erneuert: „Aus den über das Alexandrinische Museum vorhandenen sehr frag- „‚mentarischen Nachrichten mit Hülfe einer kritischen Combination „ein Ganzes zusammenzustellen, das eine anschauliche Idee von ‚„„dem Zwecke, der Organisation, den Leistungen und den Schick- „‚salen dieser berühmten Anstalt gewähre.” ‚„„Es versteht sich,” war hinzugefügt, ‚‚dafs die einzelnen Wis- senschaften, die dem Museum ihre Begründung oder Erweiterung ver- danken, hervorzuheben, und die einzelnen Gelehrten des Vereins, die sich in dieser Beziehung verdient gemacht haben, anzuführen sind; (*) Als Verfasser hat sich Hr. Professor Eschricht in Kopenhagen zu erkennen gege- ben. Seine Abhandlung ist ihm auf Verlangen zurückgestellt, um sie anderweitig drucken zu lassen. Die ihm zuerkannte Summe ist ihm von der Akademie gezahlt worden. Die Präparate, welche mit der Abhandlung eingesandt waren, hat er dem hiesigen anatomischen Museum geschenkt. b IV aber es ist keinesweges die Absicht der Akademie, eine neue mit bio- graphischen und bibliographischen Einzelnheiten überfullte Litteratur- geschichte des späteren Griechenlands in’s Leben zu rufen. Es kommt hier, wie man leicht sieht, auf etwas mehr als auf blofse Anhäufung eines litterarischen Apparats an. Wer also nichts weiter als einen sol- chen zu geben vermag, verschwende seine Zeit nicht an eine Untersu- chung, die dadurch wenig gefördert werden würde. Dafs auch von den Schicksalen der berühmten alexandrinischen Bibliothek und ihrer angeblichen Katastrophe unter Omar die Rede sein müsse, versteht sich von selbst; es fragt sich nur, ob nach Bonamy’s, Dedel’s, Rein- hard’s und Augui’s Untersuchungen noch etwas Neues darüber zu sagen sein möchte.” Als äufserste Frist für die Einsendung der Abhandlungen war der 31. März des laufenden Jahres bestimmt. Zur Beantwortung die- ser Frage sind fünf Bewerbungsschriften eingegangen. Die eine ist Französisch abgefafst und mit dem Motto versehen: Meureiov A rgarela Alyurria guyaakousa Tous &v marn 74 7 &AAoyiueus, Der Verfasser giebt sich als ein belesener und geistvoller Schriftsteller zu erkennen, dem es aber zur Bearbeitung eines Gegenstandes, wie der vorliegende, an der nöthigen philologischen Gelehrsamkeit und Gründlichkeit zu fehlen scheint. Die vier übrigen Abhandlungen sind Deutsch geschrieben. Die eine mit der Devise: ‚„„Wohl enden kann der Mensch, doch nicht vollenden”, oder: Oix ayaSov moAuragavn‘ &is nolgavos ertw, eis Barırevs, unterscheidet sich von der vor zwei Jahren mit dem letztern Denk- spruch eingelaufenen nur dadurch, dafs zu dem damals eingesandten Hefte ein zweites mit einleitenden Abhandlungen, Berichtigungen, Zusätzen und Bearbeitungen einzelner Theile hinzugekommen ist. Bei der Zerrissenheit, in der das Ganze vorliegt, bedauert die Akademie, sich zu einer wesentlichen Anderung ihres früheren Urtheils nicht v veranlafst zu finden, wenn sie gleich dem Geist und der Belesenheit des Verfassers Gerechtigkeit widerfahren läfst. Eine andere Abhand- lung mit dem Motto: Dies diem docet, verdient von Seiten der Sorgfalt und des wissenschaftlichen Ernstes, womit die Untersuchung eingeleitet und durchgeführt ist, rühmliche Anerkennung. Leider nur hat der Verfasser, auf Wahrscheinlichkeit und Analogie sehr wenig gebend, fast alles in Abrede gestellt, was aus den gleich zu Anfange von ihm aufgeführten Zeugnissen, welche das Alexandrinische Mu- seum ausdrücklich erwähnen, nicht unmittelbar und direkt gefol- gert werden kann. Diese Behandlungsweise hat eine gewisse 'Trocken- heit über die Darstellung verbreitet, wofür den Leser, der geistvolle Combinationen erwartet, die Gelungenheit einzelner Partien, z. B. dessen, was über die späteren Schicksale des Museums gesagt ist, nicht schadlos halten kann. Die dritte Abhandlung mit dem Motto: Zst quadam prodire tenus, si non datur ultra, ist die Arbeit eines gründ- lichen und gelehrten Alterthumsforschers, der alles, was auf seinen Gegenstand nur irgend Bezug hat, sorgfältig aus genau erwogenen und wörtlich angeführten Quellen zusammenstellt, prüft und sichtet, die Ergebnisse seiner Untersuchung mit dem, was andere vor ihm geleistet haben, gewissenhaft vergleicht, und so eine Überzeugung zu erwecken strebt, wie sie auf dem Gebiete der Geschichte zu erreichen ist. Da der Verfasser eine grofse Belesenheit, die sich freilich, wie er selbst bedauert, nicht auf einige neuere ihm unzugängliche Werke erstreckt, mit vieler Combinationsgabe verbindet, so ist seine Arbeit reich an befriedigenden Ergebnissen, besonders in dem Abschnitt über die Lei- stungen des Museums. Minder genügt, was er über die Schicksale desselben sagt, indem er ausführlicher, als es nöthig war, auf die Ge- schichte und Persönlichkeit der Ptolemäer eingeht, und dagegen die späteren Verhältnisse der Anstalt zu leicht berührt. Seine Darstellung b2 vimI „‚das Urtheil bis auf einen gewissen Grad abgeschlossen sein dürfte, „‚so bleibt dennoch eine sorglältige Sichtung der gesammten Stoffes „‚ein wesentliches Bedürfnifs für die Geschichte der Griechischen Lit- „‚teratur und Philosophie: auch ist bis jetzt der ganze Stoff selber „noch nicht zusammengebracht, und deshalb um so weniger ein si- „‚cheres Urtheil möglich. Die philosophisch-historische Klasse der „Akademie stellt daher folgende Preisaufgabe: „Die auf uns gekommenen Schriften oder Stücke von Schriften, „welche den Namen von Pythagoreern und Pyihagorischen „Frauen tragen, sollen nach vorgängiger Sammlung und Dar- „legung des zerstreuten Stoffes, so weit die erstere noch nicht „von den letzten Bearbeitern geliefert ist, in Beziehung sowohl „auf Sprache und Darstellungsweise als auf den philosophischen „Inhalt und in allen übrigen erforderlichen Rücksichten einer „sorgfältigen Kritik unterworfen und über ihre Ächtheit oder „„Unächtheit ein begründetes Urtheil gefallt werden. Vorzüglich „wird eine genaue und erschöpfende Erwägung der Bruchstücke „des Archytas und eine Entscheidung über die Achtheit oder „Unächtheit derselben erwartet. Dagegen bleibt es dem Er- „messen der Bewerber anheimgestellt, ob sie auch auf Pytha- ‚„„goras selbst, Philolaos, Okellos und den Lokrer Timaeos ge- „nauer und bis ins Einzelne eingehen, oder sich in diesen Be- „ziehungen nur auf die Leistungen Anderer berufen wollen.” „Die ausschliefsende Frist für die Einsendung der Beantwortungen „„dieser Aufgabe, welche, nach der Wahl der Bewerber, in Deutscher, „„Lateinischer, Französischer, Englischer oder Italienischer Sprache „geschrieben sein können, ist der 31. März 1839. Jede Bewerbungs- „schrift ist mit einer Inschrift zu versehen, und diese auf dem Äu- „‚[sern des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers IX „enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 50 Duca- „‚ten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnitzischen Jahres- „tage im Monat Julius des gedachten Jahres.” Herr Encke beschlofs die Sitzung mit Vorlesung seiner früher bereits in einer nicht öffentlichen Versammlung der Akademie vorge- tragenen Abhandlung ‚‚Über die Störungen der Vesta nach der Form, welche Hr. Director Hansen eingeführt hat”. Die zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs am 3. August von der Akademie gehaltene öffentliche Sitzung eröffnete Herr Wilken als vorsitzender Sekretar mit einer einleitenden Rede. Hierauf las Herr Ehrenberg ‚,‚über ein neues Infusorien-Conglome- rat als Polirschiefer von Jastraba in Ungarn”. Derselbe legte dabei der Akademie über ein Pfund aus lebenden Infusorien des Berliner 'Thier- gartens bereiteten Tripel vor, und schlofs mit der Bemerkung, dafs es eine Art der Dammerde gebe, welche aus lebenden Kieselinfuso- rien vorherrschend zusammengesetzt ist. Ein und ein halbes Pfund solcher lebenden Dammerde des Thiergartens wurde vorgelegt. Zu wissenschaftlichen Zwecken hat die Akademie im Jahr 1837 folgende Summen bewilligt: Hrn. Regierungsrath Graff zur Herausgabe seines althochdeutschen Sprachschatzes eine Unterstützung von 200 Rthlrn.; Zur Bestreitung aufserordenllicher Ausgaben für das Corpus Inser. Graec. und namentlich für die Anfertigung der Register 125 Rthlr. Hrn. Geheimen Oberbaurath Crelle für die Auslagen der unter sei- ner Aufsicht veranstalteten "Tafeln der Primzahlen in der fünf- ten und sechsten Million 200 Rthlr.; Hrn. Dr. Jul. Ludw. Ideler für die von ihm veranstaltete Aus- gabe des Koptischen Psalters einen Kostenbeitrag von 200 Rthlrn.; xıl I. Auswärtige Mitglieder. Physikalisch-mathematische Klasse. Herr Arago in Paris. Herr Cauchy in Görtz. - Freih. v. Berzelius in Stockholm. - Gaufs in Göttingen. - Bessel in Königsberg. - .C.G.I. Jacobi in Königsberg. - Blumenbach in Göttingen. - Olbers in Bremen. - Robert Brown in London. - Poisson in Paris. Philosophisch-historische Klasse. Herr Cousin in Paris. Herr Lobeck in Königsberg - Jacob Grimm in Cassel. - H. Ritter in Göttingen. - Heeren in Göttingen. - ‚Silvestre de Sacy in Paris. - Gottfried Hermann in Leipzig. - ®. Schelling in München. - Jacobs in Gotha. - A.W.v. Schlegel in Bonn. - Letronne in Paris. Il. Ehren-Mitglieder. Herr C. F. $. Freih. Stein vom Altenstein Herr Lhutlier in Genf. in Berlin. - ®». Lindenau in Dresden. - Bunsen in Rom. - Gen.-Lieut. Freih. v. AMinutoli in - Imbert Delonnes in Paris. Berlin. - Milliam Hamilton in London. - Gen. d. Inf. Freih. v. Müffling in - ®. Hisinger auf Skinskatteb. bei Kö- Münster. ping in Schweden. - Graf zu Münster in Bayreuth. - Grafw. Hoffmansegg in Dresden. - Prevost in Genf. - I. F.Freih. v. Jacquin in Wien. - Duca di Serradifalco in Palermo. - Colonel Zeake in London. - C.Graf v. Sternberg in Prag. IV.. Correspondenten. Für die Physikalisch-mathematiche Klasse. Herr #ccum in Berlin. Herr Amici in Florenz. - Agassiz in Neuchätel. - Argelander in Bonn. - Biddel Adiry in Greenwich. - ©. Baer in St. Petersburg. Herr Becquerel in Paris. - P. Berthier in Paris. - Biot in Paris. - Bowditch in Boston. - Brera in Venedig. - Brewster in Edinburg. - Adolphe Brongniart in Paris. - Alexandre Brongniart in Paris. - de Candolle in Genf. - Carlini in Mailand. - Carus in Dresden. - Chevreul in Paris. - Configliacchi in Pavia. - Dalton in Manchester. - Döbereiner in Jena. - Dufrenoy in Paris. - Duges in Montpellier. - Dulong in Paris. - I. B. Dumas in Paris. - Elie de Beaumont in Paris. - Faraday in London. - F.E.L. Fischer in St. Petersburg. - Gotthelf Fischer in Moskau. - Flauti in Neapel. - Florman in Lund. - Freiesleben in Freiberg. - Fuchs in München. - Gaudichaud in Paris. - Gay-Lussac in Paris. - Gergonne in Montpellier. - €. G. Gmelin in Tübingen. - L. Gmelin in Heidelberg. - Thom. Graham in London. - Hansen in Gotha, - Hansteen in Christiania. - Hausmann in Göttingen. - Herschel in Slough bei Windsor. - Hooker in Glasgow. X1l Herr Jameson in Edinburg. Ivory in London. Kielmeyer in Stuttgard. v. Krusenstern in St. Petersburg. Larrey in Paris. v. Ledebour in Dorpat. Liebig in Giefsen. Graf Zibri in Paris. Lindley in London. v. Martius in München. Melloni in Paris. Möbius in Leipzig. Mohs in Wien. v. Moll in Dachau bei München. varı Mons in Löwen. F. E. Neumann in Königsberg. Oersted in Kopenhagen. Otto in Breslau. R. Owen in London. Pfaff in Kiel. Plana in Turin. Poncelet in Metz. de Pontecoulant in Paris. de Prony in Paris. Purkinje in Breslau. Quetelet in Brüssel. Rathke in Königsberg. Achille Richard in Paris. de la Rive n Genf. dug. de Saint- Hilaire in Paris. de Sayigny in Paris. v. Schlechtendal in Halle. ‚Schumacher in Altona. Marcel de Serres in Montpellier. v. Stephan in St. Petersburg. ‚Struve in Dorpat. Sturm in Paris. Tenore in Neapel. IVX Herr Thenard in Paris. Tiedemann in Heidelberg. Tilesius in Leipzig. L. C. Treviranus in Bonn. Aug. Valenciennes in Paris. Figors in London. Herr FYahlenberg in Upsala. FVallich in Calcutta. E. H. Weber in Leipzig. W. E. FVeber in Göttingen. Wiedemann in Kiel. FVöhler in Göttingen. Für die Philosophisch-historische Klasse. Herr Avellino in Neapel. Graf Borghesi in $. Marino. Brandis in Athen. Bröndsted in Kopenhagen. Burnouf in Paris. Cattaneo in Mailand. de Chambray in Paris. Graf Clarac in Paris. Constantinus Oeconomus in Athen. Charl. Purton Cooper in London. Degerando in Paris. Delbrück in Bonn. v. Frähn in St. Petersburg. Freytag in Bonn. Fries in Jena. Del Furia in Florenz. Geel in Leyden. Geijer in Upsala. Gesenius in Halle. Milh. Grimm in Göttingen. Freih. v. Hammer-Purgstall in Wien. Hase in Paris. Haughton in London. van Heusde in Utrecht. ». Hormayr in Hannover. Jomard in Paris. nn Herr v. Köhler in St. Petersburg. Kopitar in Wien. Kosegarten in Greifswald. Linde in Warschau. Madvig in Kopenhagen. Finn Magnussen in Kopenhagen. Mai in Rom. Meier in Halle. K. O. Müller in Göttingen. Mustoxides in Corfu. de Navarrete ın Madrid. C. F. Neumann in München. v. Orelli in Zürich. Palgraye in London. Peyron in Turin. Et. Quatremere in Paris. Raoul- Rochette in Paris. v. Reiffenberg in Brüssel. Rosellini in Pisa. Rofs in Athen. ‚Schmeller in München. ‚Schömann in Greifswald. Simonde- Sismondi in Genf. Thiersch in München. Wilson in Oxford. Physikalische Abhandlungen | der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. zananannnonannnanoeneoonnenn Aus dem Jahre N Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 1539. In Commission bei F. Dümmler. auE a ee Herre 5 u | . . \ . = u Banydyty FR u ee wu Br | ern Eee] IE er ae er . oo. Ina le ann KunTH über die natürlichen Pflanzengruppen der Cypereen und Hypolytreen ...... MÜLLER über den eigenthümlichen Bau des Gehörorganes bei den Cyclostomen, mit Bemerkungen über die ungleiche Ausbildung der Sinnesorgane bei den Myxinoiden (Fortsetzung der vergleichenden Anatomie der IM yxInO1 den) ERe eeen Sea mes Ve buchz übersden- Jura ın? Deutschland zeeeesn uw unesulseie een een sahne Weıss: Theorie der Hexakis-Octaöder (Sechsmalachtflächner) des regulären Krystall- systems, entwickelt aus den Dimensionszeichen für ihre Flächen .. H. RosE über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, und über eine, der schweflichten Säure entsprechende Chlorverbindung des Schwefels ————— u mann Seite i if RR) i pn 8 rt N Is Ir DIL i h En HEBEN TRUE . fi nl [2 Le ir] Al en elsihritene sib- ai ran tasgin He act a ya ie rare Ha et ua al Id Para Pure? uubkanir ef \ ln wo ah ad main ne et eig Th Ta in Hof sten; artalayır 5 & l « = = . ” .. ’ N eat ea et ae re \ R Yen lmeragelen ner eldardamımn?, 3 MH Über die natürlichen Pflanzengruppen der Cypereen und Hypolytreen. Von HIRUNE I nınnwvvwvvvmvwr [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 10. August 1837.] la habe in einer frühern, der Akademie vorgelegten Abhandlung über Seirpus und Schoenus Linn. von den verschiedenen Gattungen gesprochen, welche mit ihnen in Blüthen- und Fruchtbildung übereinstimmen, und die beiden grofsen Gruppen der Sceirpeen und Rhynchosporeen bilden. Blofs Eriophorum, Fuirena und Androtrichum sind hierbei unerwähnt geblieben, und sollen gelegentlich noch der Gegenstand einiger Bemerkungen werden. Die gegenwärtige Arbeit ist den natürlichen Gruppen der Cypereen und Hypolytreen gewidmet. Erste Abtheilung. Über die Cypereen. Diese Gruppe begreift blofs die Gattungen Cyperus, Mariscus, Kyl- lingia, Courtoisia und Remirea in sich. Über Cyperus Linn., Mariscus Vahl. und Kyllingia Rottb. Cyperus, nach Carex die gröfste Gattung der Familie der Cyperaceen, zeigt bei einem sehr verschiedenartigen Habitus eine so grofse Übereinstim- mung in der Blüthen- und Fruchtbildung, dafs bis auf Beauvois Niemand gewagt hat, dieselbe zu theilen. Denn die Aufstellung der Gattungen Ayl- lingia durch Rottboell und Mariscus durch Vahl kann nicht als eine Trennung derselben angesehen werden, da die Gewächse, welche sich unter Physikal. Abhandl. 1937. A 2 Kvustu über die natürlichen Pflanzengruppen diesen Benennungen vereinigt finden, nicht zu Cyperus, sondern zu andern Gattungen gerechnet wurden. Palisot de Beauvois, der in den Cyperaceen auf die Zahl der Staub- wege und die davon abhängende Form der Frucht eine grofse Wichtigkeit legte, entfernte aus der Gattung C'yperus alle Arten mit zweitheiligem Staub- wege und linsenartig zusammengedrückter Frucht, als besondere Gattung, un- ter dem Namen Pycreus. Hierin folgten ihm später die Herren Lestibou- dois und Nees von Esenbeck. Ob sich gleich nicht läugnen läfst, dafs diese Merkmale hier eine gröfsere Beständigkeit zeigen, als in den Gruppen der Scirpeen und Rhynchosporeen, so kommen dennoch Fälle vor, wo auf einer und derselben Pflanze, ja selbst in derselben Spicula zweitheilige mit dreitheiligen Staubwegen zugleich beobachtet werden können, z. B. in C'y- perus pygmaeus var. robustior (Scirpus Michelianus Sieb. Aeg., nec Linn.) und Cyperus tenerrimus Presl. Aufserdem giebt es Arten, welche sich blofs durch diesen Umstand zu unterscheiden scheinen, und selbst zu der Vermu- thung berechtigen, sie als Formen ein und derselben Species anzusehen, z.B. Cyperus amoenus und C. micans, C. exilis Willd. und C. pannonieus Jacg., ©. grammicus Kunze und C. simplex H. etK. Da aber dergleichen Fälle auch in andern Familien nicht selten sind, und .sich häufig unsern Klassifikations-Versuchen entgegenstellen, so würde ich nicht abgeneigt sein, die Gattung Pycreus anzunehmen, wenn dies nicht eine Menge von Umän- derungen bekannter Namen zur Folge hätte. Man mag sich übrigens für die eine oder die andere Ansicht entscheiden, Pyereus nämlich als beson- dere Gattung oder als blofse Abtheilung von C'yperus betrachten, so wird es immer nöthig sein, gleichzeitig eine dritte eben so natürliche Gruppe auf- zustellen, zu welcher die Rottboellschen Species Cyperus mucronatus, C. pygmaeus, C. serotinus und C. alopecuroides gehören. Sie stimmen in der Zahl der Staubwege mit Pycreus überein, unterscheiden sich aber wesentlich durch die Früchte, welche hier parallel mit der Achse abgeplattet, nicht aber seitlich zusammengedrückt erscheinen, wie in Pycreus. Zu bemerken ist hierbei, dafs Hr. Nees von Esenbeck (in Zinnaea 9. 283) Cyperus mu- cronatus Rottb. zu Pyereus, den ihm so ähnlichen, kaum als Form zu unter- scheidenden Cyperus pannonicus Jacg. dagegen (p. 285) zu Cyperus rech- net. Er hält ferner Cyperus pygmaeus Rottb. für eine von der gleichnami- gen Vahlschen verschiedene Art, rechnet diesen zu Pyereus, jenen zu Dicho- der Cypereen und Hypolytreen. 3 stylis. Später (in Might. Bot. 32) ändert er seine Meinung dahin ab, dafs er beide fraglich wieder vereinigt. Cyperus pygmaeus hat im Habitus einige Ähnlichkeit mit Seirpus Michelianus Linn., was wahrscheinlich Hrn. Link verleitete, denselben in seinem Horzus (I. p. 303) unter jenem unrichtigen Namen aufzuführen. Bei einer aufmerksamen Untersuchung lassen sich aufser diesen drei Gruppen noch mehrere kleinere in der gröfsern der ächten Cyperus unter- scheiden, allein ihre Begrenzung ist eben so schwierig, als es fast unmöglich wird, ihnen bestiinmte Merkmale beizulegen. Die von mir im zweiten Bande meiner Enumeratio vorgeschlagene Eintheilung der Gattung Cyperus hat mit ähnlichen frühern Versuchen dieser Art die meisten Unvollkommenheiten gemein, jedoch vielleicht den Vorzug, die Verwandschaften der einzelnen Species so viel als möglich zu berücksichtigen. Die Zahl der Blüthen in der Spieula variüirt bei Cyperus vielfach, nicht allein in den verschiedenen Arten, sondern oft in einem und demselben Indi- viduum. Gewöhnlich sind sie in grofser Anzahl vorhanden. Zuweilen ver- ringern sie sich aber auf sehr wenige oder erscheinen selbst einzeln. Auf diesen letztern Umstand allein gründen sich die Gattungen Mariscus und Kyllingia, diese mit zwei-, jene mit dreitheiligem Staubwege. Da, wie bereits bemerkt worden, oft in derselben Art die Zahl der Blüthen variiren kann (*), so folgt hieraus natürlich, dafs die Grenze zwischen jenen Gattun- gen eben so unbestimmt als willkührlich werden mufs. Auch kann der Ha- bitus hierbei durchaus nicht leiten, da er keine Unterschiede darbietet, und es ächte Cyperus giebt, die vollkommen das Ansehen von Mariscus- und Kyllingia-Arten haben. So könnte man Cyperus filifolius Willd., €. inde- corus, C. caracasanus, C. infucatus, C. congestus Vahl., C. strigosus L. und C. ferax Rich. leicht für Mariscus-Arten, Cyperus kyllingioides Vahl., €. radicans Nees. und €. filiculmus Vahl. dagegen leicht für Kyllingien halten, während sie doch sämmtlich mehrblüthige Ährchen besitzen, und hiernach zu Cyperus gehören. Die Unterschiede dieser drei Gattungen würden sich also auf folgende Karaktere beschränken: Cyperus hat viel-, selten wenig- (drei-) blüthige (*) Z. B. €. congestus Vahl. variirt mit 8-, 13- und 24-blüthigen Ährchen. A2 f Kuntu über die natürlichen Pflanzengruppen Ährchen, einen zwei- oder dreitheiligen Staubweg, und eine dreieckige oder linsenartig zusammengedrückte Frucht; Mariscus ein-, zwei-, selten 3- bis 5-blüthige Ährchen, einen dreispaltigen Staubweg und eine dreieckige Frucht; in Äyllingia endlich sind die Ährchen gleichfalls ein-, zwei-, selten drei- blüthig, der Staubweg zweispaltig und die Frucht seitlich linsenförmig zu- sammengedrückt. Wollte man consequent sein, so mülste man hiernach entweder Äyllingia mit Mariscus vereinigen oder Pycreus wieder als beson- dere Gattung herstellen. Die Unterschiede, welche in diesen drei Gattungen der Staubweg und die Frucht darbieten, sind nämlich auf jeden Fall wichti- ger als die Zahl der Blüthen in den einzelnen Ährchen, denn hiernach kann oft eine und dieselbe Species gleichzeitig zu Cyperus und Mariscus oder zu Pycreus und Kyllingia gehören, und Hr. Brown hat vollkommen Recht zu sagen: „Llimites inter C 'yperum, Mariscum et Kyllingiam omnino artificiales. In Mariscus umbellatus Vahl., M. macrocarpus und M. orularis Vahl. variirt die Zahl der Blüthen von 1 bis 3, in Cyperus Meyenianus und C. indecorus dagegen kommen dreiblüthige, in €. flexuosus Vahl. und C. multiflorus Presl. 3- bis 4-blüthige, in C. havanensis Willd. und €. Poeppigü 4- bis 5-blüthige, in C. caracasanus 5- bis 6-blüthige, in C. Zucidus Brown. 7-blüthige und in den meisten übrigen vielblüthige Ährchen vor. Mehrere Kyllingien, z. B. K. alata Nees. und K. pulchella zeigen constant dreiblüthige Ährchen, dage- gen redueiren sie sich bei Cyperus (Pyereus) hyalinus Vahl. bis auf 5 Blüthen. Auch in Cyperus (Pycreus) tremulus Poir. ist ihre Zahl gering (7-13). Der von mir früher (in Mora gen. et species plant.1. p. 212) der Gattung Mariscus beigelegte Karakter, wonach die Früchte in einer Vertiefung der Rhacheola liegen sollen, ist zwar vorhanden, findet sich aber gleichzeitig auch in meh- reren Abtheilungen der Gattung Cyperus, nämlich in denen, welche ich Pa- pyri, glomerati, pennati und mariscoides genannt habe. In der erstern dieser Gruppen trennt sich zuweilen im Alter der häutige Rand der einzelnen Glie- der und bildet zu beiden Seiten der Frucht kleine häutige Schuppen. Ich habe früher mit Petit-Thouars und Willdenow zu viel Wichtigkeit auf diesen Umstand gelegt, und darauf die Gattung Papyrus gegründet, die noth- wendig wieder eingehen mufste, da sie blofs auf etwas Zufälligem, durch das Alter Hervorgebrachtem beruhte, und Trennungen sehr nahe verwandter 8 Arten zur Folge hatte. Hr. C. A. Meyer in Petersburg hat übrigens diesen der Cypereen und Hypolytreen. 5 Gegenstand bereits vor längerer Zeit sehr gelehrt beleuchtet, und die Unzu- lässigkeit dieses Merkmals bei Aufstellung von Gattungen nachgewiesen. Über Remirea Aubl. Seitdem die Gattung /temirea Aubl., welche Schreber ohne Grund in Miegia umtaufte, genauer untersucht worden ist, hat sich ergeben, dafs sie Mariscus sehr nahe steht, und sich von ihm eigentlich nur durch einen einzigen, etwas wichtigen Karakter unterscheidet. Das Ährchen ist nämlich bier auf wenige Schuppen und eine einzige Blüthe reducirt; der Theil der Rhacheola, welchem diese angehört, zeigt sich zu ihrer Aufnahme ausgehölt, hüllt später die Frucht ein, und schwillt alsdann korkigschwammig an. Hr. Brown hielt diesen Theil fälschlich für eine Schuppe, und sagt nux squa- muld supremä incrassatä suberosä inclusa. Gleichzeitig hat Remirea einen eigenthümlichen Habitus, und ist wahrscheinlich nur auf eine einzige, aber sehr verbreitete Art zurückzuführen. Über Anosporum Nees. Hr. Nees von Esenbeck bildete aus einer von Roxburgh unter dem Namen Cyperus monocephalus beschriebenen Pflanze eine besondere Gattung, welche er Anosporum nannte, und durch ein Perigynium utrieulare stipitem caryopseos construens superne evanescens und einen Stylum indivisum karakterisirt wissen will. Es war ihm hierbei unbekannt geblieben, dafs jene Pflanze schon von Vahl unter dem Namen C'yperus cephalotes publieirt worden war. Ich habe sowohl Roxburgsche als Vahlsche Exemplare zu untersuchen Gelegenheit gehabt, und daran das angegebene Perigynium nicht auffinden können, verstehe auch nicht recht, was damit gemeint sein kann. Dafs die von mir beobachteten Früchte nicht ganz reif waren, möchte ich hiervon nicht als die Ursache ansehen, vielmehr glauben, dafs sich in diesem Zustande ein solches Organ, wenn es wirklich vorhanden wäre, würde leich- ter auffinden lassen. Ich bemerkte dagegen blofs, dafs die ungleich dreisei- tige Frucht an der Basis weifslich gefärbt und etwas schwammig war, wäh- rend sich der übrige Theil von brauner Färbung zeigte. Die Frucht ver- dünnte sich nach oben in einen ziemlich langen Staubweg, welcher an der Spitze abgebrochen war, so dafs ich mich nicht überzeugen konnte, ob er 6 Kunrn über die natürlichen Pflanzengruppen wirklich ungetheilt ist, wie ihn Hr. Nees von Esenbeck angiebt. Schon hiernach erscheint die Gattung Anosporum sehr problematisch, selbst wenn man annehmen wollte, dafs sich das angegebene Organ erst bei völliger Reife der Frucht ausbildete. Neue Gründe gegen ihre Haltbarkeit liefert ihre Ver- wandtschaft mit einigen andern Gewächsen. Cyperus nudicaulis Poir. ist unstreitig diejenige Species, welche Cyperus cephalotes am nächsten steht, und von der sie auf keinen Fall entfernt werden kann. Bei übereinstimmen- dem Habitus fand ich nämlich ganz dieselbe Fruchtbildung, zugleich zeigte sich der Staubweg, da die Exemplare besser erhalten waren, noch unbeschä- digt, und an der Spitze dreispaltig, was mich zu der Vermuthung berechtigt, den von Hrn. Nees von Esenbeck beschriebenen einfachen Staubweg in Cyperus cephalotes für verstümmelt zu halten. Übrigens ist die nahe Ver- wandtschaft dieser beiden Pflanzen mit Cyperus arenarius Retz. und €. aegyplius Glox. (Schoenus mucronatus Linn.) nicht zu verkennen. Hr. Nees von Esenbeck hielt sonderbarer Weise ein noch sehr junges Exem- plar der letztern Pflanze, welches mir mein Freund Achill Richard unter dem vorläufigen Namen Cyperus macrorrhizus mitgetheilt hatte, für eine neue Species, die er neben C'yperus lateralis Forsk. stellt, und selbst, nach einer Note in meinem Herbarium, für die ächte Forskälsche Pflanze zu halten geneigt ist, während diese letztere als eine blofse Form von C'yperus mucro- natus angesehen werden mufs, und von ihm auch anderweitig (in Linnaea 9. p- 253), vereint mit Cyperus mucronatus Rottb., und zwar mit Recht, zu Pycreus gezählt wird. Schoenus mucronatus Linn., welcher, wie schon erwähnt worden, ein ächter Cyperus ist, findet sich dagegen in der Neesi- schen Übersicht der Cyperaceen-Gattungen nirgends erwähnt. Es geht endlich aus dem Gesagten hervor, dafs die Gattung Anosporum, wenn sie beibehalten werden sollte, zu der Gruppe der Cypereen aber keinesweges zu den Hypolytreen gehört, unter welchen sie bei Hrn. Nees v. Esenbeck mit Melancranis eine besondere Abtheilung bildet. Über Courtoisia Nees. Die Gattung Courtoisia, von Hın. Nees von Esenbeck nach einer Roxburghschen Pflanze Ayllingia cyperoides gebildet, zeigt unverkennbar die nächste Verwandtschaft mit Mariscus, zu der sie auch Hr. Dr. Dietrich, aber wohl ohne die Pflanze je gesehen zu haben, gerechnet wissen will. der Cypereen und Hypolytreen. Aufser dem sehr abweichenden Habitus zeigen sich Unterschiede, welche, ob sie gleich blofs von der Beschaffenheit der Schuppen hergenommen sind, in einer so gleichförmig gebildeten Familie, wie die Cyperaceen, Berück- sichtigung zu verdienen scheinen. Die Schuppen sind nämlich zweizeilig wie in Mariscus, aber nachenförmig und am Kiel in eine flügelartige Haut erweitert. Hierbei sind die Ährchen ein- und zweiblüthig und zusammen- gedrückt. In den einblüthigen Ährchen finden sich zwei jener nachenförmi- gen Schuppen, wovon die untere gröfser und steril ist, die obere dagegen eine Blüthe einschliefst; in dem zweiblüthigen sind drei Schuppen vorhan- den, von denen blofs die mittelste steril ist. Die Gattung Courtoisia würde sich hiernach durch folgende Merkmale auszeichnen: Courtoisia Nees ab Esenb. Spieulae 1-2-florae, compressae. Squamae 3 vel 4; infima parva, ca- naliculata, vacua; reliquae distichae, carinato-naviculares, carina alatae, ex his una (in spiculis unifloris inferior, in bifloris intermedia) vacua. Setae squa- mulaeque nullae. Stamina 3. Stylus trifidus, basi pyramidato-incrassatus, cum ovario continuus. Achenium (immaturum) lanceolato- oblongum, trian- gulare, basi styli persistente pyramidata continua rostratum. — Culmus gra- cilis, triangularis, striatus, glaber, basi foliatus. Folia elongata, linearia, plana, membranacea, margine scabra. Umbella composita, pluriradiata: capiulis subglobosis, polystachyis. Involucrum subtetraphyllum, longissimum. Squamae ferrugineae, apice mucronatae. Über Comostemum Nees. Nachdem die Pflanze, worauf sich diese Gattung gründet, von Herrn Link als ein Eriophorum, unter dem Namen E. montevidense, und von Sprengel als Cyperus trigynus publieirt worden war, lieferte Hr. Adolph Brongniart in Duperrey’s Foyage autour du Monde die erste gute Be- schreibung und Abbildung, wonach dieselbe weder ein Eriophorum, noch ein Cyperus sein kann, sondern am nächsten mit Abildgaardia verwandt erscheint. Obgleich Hr. Brongniart die Pflanze noch in der zuletzt genannten Gattung stehen läfst, so vermuthet er doch, dafs sie vielleicht in der Folge eine beson- dere Gattung bilden dürfte, und schlägt dafür den Namen Androtrichum vor. Da dieser auf solche Weise älter ist, als der Neesische, so verdient er den 3 Kunrn über die natürlichen Pflanzengruppen Vorzug, und ist deshalb von mir im zweiten Bande meiner Enumeratio an- genommen worden. Ich kenne nur eine Art dieser neuen Gattung, nämlich Androtrichum polycephalum, zu welcher folgende Synonyme gehören: Eriophorum monte- vidense Link., Cyperus trigynus Spreng., Abildgaardia polycephala Brongn. und wahrscheinlich Cyperus prolifer Nees in Linnaea 7. p. 494 in adn. (excl. synon.) Hr. Nees von Esenbeck (in Linnaea 9 p.253) führt dagegen drei Arten von Comostemum auf, welche er C. montevidense, globuliferum und ‚Schotti nennt, ohne sie weiter zu karakterisiren. Wahrscheinlich sind die beiden erstern specifisch nicht verschieden und blofse Formen vom An- drotrichum polycephalum. Hr. Nees von Esenbeck zieht zu seinem Co- mostemum montevidense fälschlich Cyperus montevidensis, der nach Herrn Link’s eigenem Zeugnifs einerlei mit Cyperus Sellowü, also ein ächter Cy- perus ist. Ob endlich Comostemum Schottü gleichfalls eine Form der mehr- mals erwähnten oder eine bestimmte Art ist, habe ich nicht ermitteln können, da mir die Original-Exemplare fehlen. Ist aber keine Verwechselung vor- gefallen, und Cyperus Schottü des Königl. botanischen Gartens wirklich, wie Hr. Nees angiebt, ein Synonym jener Pflanze, so würde sie zu Cyperus gehören und von meinem Cyperus prolixus nicht verschieden sein. Hiernach sind in meiner Enumeratio folgende Berichtigungen vorzunehmen: pag. 78 mufs bei Cyperus laetus das fraglich angeführte Synonym, Comostemum montevidense, gestrichen werden, und p. 79 ist bei C. prolixus das Neesische Synonym Comostemum Schottü nur fraglich zu zitiren; pag. 250 mufs bei “Androtrichum polycephalum den bereits angeführten Synonymen noch Co- mostemum montevidense und C. globuliferum Nees. zugefügt werden, das letztere jedoch blofs fraglich. Zweite Abtheilung. Über die Hypolytreen. N: = . Diese Gruppe, welche, nach der von mir angenommenen Begrenzung, blofs die Gattungen Lipocarpha, Hemicarpha, Platylepis, Hypolytrum, Di: plasia und Mapania in sich begreift, steht offenbar in der Mitte zwischen der Cypereen und Hypolytreen. 9 den Scirpeen und Sclerineen, indem sie mit diesen durch Zepironia, mit jenen durch Melancranis verbunden ist. Dafs aber diese letztere Gattung, eben so wenig wie dnosporum, zu den Hypolytreen gehört, wozu beide von Hrn. Nees von Esenbeck gerechnet werden, habe ich bereits zu beweisen gesucht. Anosporum mufs wieder mit C'yperus vereinigt werden, Melan- cranis ist dagegen unter die Scirpeen, in die Nähe von Isolepis zu setzen. Eben so unpassend scheint es mir, Fuwirena für eine Hypolytree halten zu wollen. Sie ist vielmehr der Gattung Seirpus sehr nahe verwandt, und un- terscheidet sich von derselben blofs dadurch, dafs dort die Sepalen, welche den Seiten der dreieckigen Frucht entsprechen, blattartige Schuppen bil- den, während sie in ‚Scirpus sämmtlich borstenartig gestaltet sind. Zuwei- len erscheinen jene Schuppen überaus klein oder verschwinden auch wohl sammt den Setulis gänzlich, wie in Seirpus pubescens Lam., welchen ich dennoch, wegen seiner grofsen Ähnlichkeit mit gewissen Fuirena- Arten z.B. F. glomerata Lam., als zu dieser letztern Gattung gehörig, betrach- ten mufs. Über Hypolytrum und Lipocarpha. Die Gattung Hypaelyptum, wovon Tunga Roxb. ein späteres Syno- nym ist, wurde von Vahl nach manuscriptlichen Mittheilungen Richard’s aufgestellt, und mufs Hypolyirum heifsen, von rs und EAurgov. Sie begriff aber Pflanzen von verschiedenem Blüthen- und Fruchtbau in sich, worauf zuerst Hr. Brown (im Prod. 49) aufmerksam machte. Er veränderte daher den ohnehin sehr unpassenden Vahlschen Gattungskarakter, und erhob Schoenus nemorum Vahl., Sceirpus anomalus Retz. und Seirpus bromeliae- folius Rudg. zu einer besondern Gattung, welche er jedoch noch unbenannt liefs. Später zeigte sich, dafs Richard, bei Aufstellung seiner Gattung, eine dieser letztern Gruppe angehörige Pflanze, nämlich Hypaelyptum pun- gens Vahl., im Sinne hatte, während der von Hrn. Brown aufgestellte, neue Karakter sich auf Hypael yplum argenteum Vahl. und andere ihm nahe verwandte Arten bezog, was ihn in der Folge (in Congo 40) veranlafste, diese mit dem Namen Lipocarpha zu bezeichnen, und für die übrigen den Namen Hypolytrum beizubehalten. Weder Hr. Presl noch Hr. Lesti- boudois waren aber hiermit einverstanden, dieser bezeichnet nämlich die Physikal. Abhandl. 1937. B 10 Kunrtu über die natürlichen Pflanzengruppen Gattung Hypolytrum mit dem Namen Beera, während jener sie Albikia ge- nannt wissen will. Eine so willkührliche Namenveränderung hat natürlich keinen Beifall gefunden. Da Hr. Brown früher (Prod. 219) in den Gattungen Lipocarpha und Hypolyirum die beiden, die Blüthen unmittelbar umhüllenden Schup- pen als ein Perianthium bivalve beschrieb, und der Gattung Fuirena ein Perianthium trivalve beilegte, so ist wahrscheinlich, dafs er damals diese beiden Dinge für einerlei hielt. In Fuirena ist aber offenbar ein den die Frucht von Seirpus und Eleocharis umgebenden Borsten analoges Organ, ein wirklicher Kelch vorhanden, während jene Schuppen in Zipocarpha und Hy- polytrum eine andere Bedeutung haben. Hr. Brown hat dies später (Congo p- 40) auch selbst eingesehen, indem er in diesen Gattungen eine zusam- mengesetzte Ähre annimmt, und die zarten Schuppen nebst den von ihnen umhüllten Geschlechtstheilen für eine verkürzte, auf eine einzige Blüthe beschränkte Spicula erklärt. Diese Ansicht wird vollkommen durch die Bildung der nahe verwandten Melancranis bestätigt, und ist auf alle Gat- tungen der Hypolytreen auszudehnen. Der Unterschied zwischen Lipocarpha und Hypolytrum beruht haupt- sächlich auf der Stellung und Form der Squamae propriae und der Beschaf- fenheit der Frucht. In Hypolytrum sind die Squamae propriae carinato- compressae, exteriori majori contrariae, das Achenium osseum, basi styli conıca spongiosa rostratum, turgide lenticulare, squamam superans und sämmtliche Schuppen stehenbleibend, während in Zipocarpha die Squa- mae propriae exteriori majori parallelae sind, sich gegenseitig umhüllen, das Achenium interne planiusculum, externe convexo-obtusangulum, apica- tum vel acuminato-rostratum, squamis proprüs involutum, una cum his deci- duum erscheint; die gröfsern Schuppen sind gleichfalls hinfällig und aufser- dem spatelförmig gestaltet. Als wahre Hypolytra habe ich erkannt 1) Hypaelyptum pungens Vahl. (Seirpus pulcher RBudge), 2) Scirpus longifolius Rich., 3) Beera laxa Schrad., von der Beera caespitosa desselben blofs eine monstruöse Form ist, 4) Hypolyirum compactum Nees., 5) Hypolytrum latifolium Rich. (H. giganteum Wall., Nees., Tunga diandra Roxb., H. nemorum Beauv., Al- bikia scirpoides Presl.), 6) Scirpus anomalus Retz. (H. trinereium Willd. der Cypereen und Hypolytreen. 11 herb., Albikia schoenoides Presl., H. schoenoides Nees.), 7) Hypolytrum mauritianum Nees. und 8) Hypolytrum macrocephalum Gaudich. Hypo- Iytrum strietum, sylvaticum und amplum sind drei neue Arten dieser Gat- tung, welche Hr. Poeppig am Amazonenflusse gesammelt und mir mit andern Pflanzenschätzen zur Publication übergeben hat. Seirpus bromeliae- folius Rudge, den Hr. Brown (Prod. 219) hierzu rechnet, ist endlich einer- lei mit Diplasia karataefolia Rich. und wird in der Folge erwähnt werden. Die Gattung Hypolytrum scheint polygamisch zu sein. Zu Lipocarpha gehören Hypaelyptum argenteum, sphacelatum und filiforme Wahl. mit ihren Synonymen, Hypolytrum microcephalum Brown. und Ayllingia maculata Rich., nach Exemplaren, welche Beyrich in Georgien gesammelt und mir übersendet hat. Als zweifelhafte Art ist noch Hypolytrum graeile Rich. anzuführen, und vielleicht von Zipocarpha ar- gentea nicht zu unterscheiden. Lipocarpha Sellowiana endlich bildet eine achte, gleichfalls mit Z. argentea verwandte, aber hinlänglich verschiedene, neue Art. Über Hemicarpha Nees. IHemicarpha dürfte bei einer nochmaligen, strengern Revision wieder eingehen, indem sie sich von Lipocarpha blofs dadurch unterscheidet, dafs hier nur eine Syuama propria die Blüthentheile umhüllt. Diese bestehen aus einem Staubgefäfs und einem Pistill mit zweispaltigem Staubwege. Die Frucht soll nach Hrn. Nees von Esenbeck biconvex sein; ich habe sie dagegen elliptisch -länglich, fast walzenrund gefunden. Über Diplasia Rich. Diplasia wird, wie bereits bemerkt, von Hrn. Brown zur Gattung Hypolytrum gezogen, von der sie sich in der That blofs durch die Zahl der Staubgefäfse und der sie umgebenden Syuamae propriae unterscheiden läfst. So lange sie als Gattung besteht, ist sie auf folgende Weise zu karakterisiren. Diplasia Rich. Spiculae cylindraceae, multiflorae: floribus polygamis; intermedüs eujuslibet spiculae nonnullis fertilibus. Squamae undique imbricatae; non- B2 12 Kvuntu über die natürlichen Pflanzengruppen nullae inferiores vacuae. Squamae propriae 4, minores, subaequales, bi- lobae; ex his duae (laterales) exteriores carinalae; duae (anterior et po- sterior) interiores planae. Calyx nullus. Stamina 6 velS. Stylus capilla- ceus, apice membranaceo-dilatatus et bifidus, basi haud incrassatus. Fructus drupaceus, ovato-ellipticus, lenticulari- compressus, mucronalus, siccus TU- gulosus, squamum suam exteriorem superans. — Culmi triangulares, fo- liati. Folia plana, basi lineari-lanceolata. Spiculae in apice culmi per pa- niculam vel corymbum foliatum dispositae. Über Mapania Aubl. Ich kenne diese Gattung blofs aus einer unpublieirten Abbildung Richard’s. Hiernach stimmt sie in mehrern Merkmalen mit Hypolyirum und Diplasia überein. Ihre Verwandtschaft wird sich aber erst bei einer genauen Untersuchung vollständiger Exemplare ergeben, welche leider in den Herberien fehlen. Über Platylepis. Eine von mir aufgestellte, neue Gattung, welche bis jetzt blofs zwei Arten in sich begreift, wovon die eine von Hrn. Drege am Vorgebirge der guten Hoffnung, die andere von Hrn. Sellow in Brasilien gesammelt wurde. Ungeachtet dieses verschiedenen Vaterlandes zeigen sie im Habitus, in Blü- then- und Fruchtbildung eine so grofse Übereinstimmung, dafs über ihre Vereinigung in eine Gattung nicht der geringste Zweifel übrig bleibt. Die dichten, vielblüthigen Ähren bestehen in dieser Gattung aus zwei Arten von Schuppen, aus äufsern kleinern, von spatelförmiger Gestalt, und innern gröfsern, welche an der innern Fläche, unter zwei häutigen Klappen, die Geschlechtstheile bergen. Diese gröfsern Schuppen entwickeln sich of- fenbar in den Achseln der kleinern, und scheinen mir aus zwei seitlichen, an den äufsern, sich berührenden Rändern innig verwachsenen Squamis pro- prüs zu bestehen. Sollte diese Ansicht, woran ich nicht zweifele, als die richtige erkannt werden, so geht daraus offenbar die nahe Verwandtschaft dieser neuen Gattung mit Hypolytrum und Lipocarpha hervor, zwischen welche ich sie gestellt habe. Der Blüthen- und Fruchtbau zeigt nichts eigenthümliches, und ist in folgender Beschreibung angegeben: der Cypereen und Hypolytreen. 13 Platylepis. Spiculae multiflorae. Squamae (ex binis proprüs, latere anteriore con- natis compositae) undique imbricatae, leviter convexae, subrotundae, apice angustato - acuminatae, subspongioso - coriaceae, interne bivalves, externe squama multo minore cuneata vel lanceolata membranacea suffultae; valvis hyalinis, florem obtegentibus. Calyx nullus. Stamina 2 vel 3. Stylus bi- Fidus, basi aequalis. Ovarium complanatum. Achenium obovato-clavatum, biconvexum, calvum, breviter stipitatum, punctulatum, valvis squamae majo- ris interioris inclusum. — Culmi caespitosi, basi foliati. Spiculae solitariae- ternae, subglobosae. Imvolucrum diphyllum. NR — s BES RB BET Y b D e A “ N . av nr » . av “ h + A war Ust RER re Sales wo “in < Lied I AED Yayıs u a naar ing, ET, Han iur, he RE ENT RÄT erh AAERT IE Aralııı 1 ’ . 4 T « 17° ikllanın 43 AR " hr ar nn. An er ea TUEBEETTERETELELTU EEE? Pe) Sure ri, Mein ki he ot F naig aa 1.8 Pr ü ie ie u = yyirckabyı Kai rt or 2 re er NET) Su. AUnER| oe eh r % mer Art ze ” U u Über den eigenthümlichen Bau des Gehörorganes bei den Cyclostomen, mit Bemerkungen über die ungleiche Ausbildung der Sinnesorgane bei den Myxinoiden. Fortsetzung der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden. Vön Hm- "MÜLLER. mannAaNNAanaNnN wen [Gelesen in der Sitzung der physikalisch- mathematischen Klasse der Akademie der Wissenschaften am 25. April 1836.] 8 Allgemeine Bemerkungen über die Ursachen der Verschiedenheit der Gehörwerkzeuge. Vergteieht man die Veränderungen, welchen das Gehörorgan in den ver- schiedenen Classen unterworfen ist, mit den Veränderungen in dem Baue des Auges, so fällt es auf, dafs das erstere sich offenbar in einzelnen Classen auf viel einfachere Mittel einschränkt, während hingegen das Auge bei allen Variationen seiner Bildung eine gewisse Zusammensetzung, selbst bei vielen Wirbellosen behält. Bei den nackten Amphibien fehlt bereits der Apparat der Schnecke, gleich wie bei den Fischen, und mehrere Familien derselben entbehren selbst den Apparat der Trommelhöhle, wie die Coecilien, Amphiu- men, Menopomen, Proteiden, Salamandrinen und unter den Batrachiern die Sippe der Bombinatoren (!). Bei den Knochenfischen ist das Gehörorgan (') Die Gattungen Bombinator (B.igneus) und Cuiripes Müll., identisch mit Pelobates Wagler, mit den beiden von mir angezeigten Species Culripes provincialis und Cultripes minor seu Pelobates fuscus Wagl. Siehe meine Abhandlung in Tiedemann’s Zeitschrift für Phy- siologie Bd. 4. p. 211. 16 Mürter über den eigenthümlichen Bau meist ganz auf ein Labyrinth ohne Schnecke beschränkt und nur bei wenigen tritt die von E. H. Weber entdeckte Verbindung mit der Schwimmblase hinzu, welche meines Erachtens den Schallwellen einen auf das Labyrinth zurückwirkenden luftförmigen Resonator darbietet. Bei den Wirbellosen, den Cephalopoden und Krebsen, ist selbst das Labyrinth noch mehr verein- facht und der halbeirkelförmigen Canäle beraubt. Hingegen ist das Auge auch bei den Insecten und Mollusken noch ein sehr zusammengesetztes Or- gan, und selbst das einfache Auge der Spinnen und Insecten und das gleich- gebildete Auge der Schnecken enthalten noch die wesentlichen optischen Werkzeuge wie bei den höheren Thieren. Dieser Unterschied in Hinsicht der Veränderungen, welche das Gehörorgan und Gesichtsorgan in der Thier- welt erleiden, könnte von der ungleichen Schärfe und Bedeutung dieser Sinne für die Lebensökonomie abgeleitet werden, aber er beruht wahr- scheinlich zum grofsen Theil darauf, dafs die physikalischen Bedingungen zum Hören im Wasser viel einfacher sind, als zum Hören in der Luft. Das Sehen in verschiedenen Medien bedingt nur geringe Verschiedenheiten in dem Bau der Gesichtswerkzeuge, das Hören in verschiedenen Medien die gröfsten Verschiedenheiten im Bau der Gehörwerkzeuge. Zur Isolirung des von verschiedenen Punkten der Körper ausgehenden Lichtes auf verschie- dene Punkte der Retina sind immer besondere optische Werkzeuge nöthig und das Sehen im Wasser bedingt nur eine geringe Modification der Form der Linse. Beim Hören ist es ganz anders. Die Schallwellen gelangen ohne alle Apparate in derselben Ordnung zum Nerven, wie sie entstehen; es kommt nicht auf Isolirung der von verschiedenen Punkten ausgehenden Wellen auf verschiedene Punkte des Nerven an, wie beim Sehen, sondern blofs auf die Leitung der Wellen zum Nerven. Da aber alle Substanzen zwischen dem Nerven und der Oberfläche des lebenden Körpers die Wellen mehr oder we- niger leicht leiten, so ist das Gehör ohne alle akustischen Apparate denkbar, wenn es nicht auf Schärfe und Klang ankommt; und alle akustischen Appa- rate am Gehörorgan können nur den Zweck haben, theils die Leitung vom äufsern Medium zu den Medien des Gehörorganes zu erleichtern und Wellen hörbar zu machen, welche ohne diese Erleichterung nicht hörbar sein wür- den, theils die Stärke des Eindrucks durch resonirende Apparate, welche die Wellen multipliciren, zu vergröfsern. Hieraus ist nun sogleich die gröfsere Ein- fachheit des Gehörorganes bei den im Wasser lebenden Thieren zu erklären. des Gehörorganes bei den Cyclositomen. 17. Aus Versuchen folgt, dafs die Mittheilung der Schallwellen durch ungleichartige Medien mit einer Verminderung der Intensität ihres Stofses verbunden ist, während sich die Wellen am stärksten in einem gleichartigen Medium verbreiten. Ein in der Luft erregter Schall wird durch die Luft sehr gut, aber schlecht in einen festen Körper übergeleitet. Ein in einem festen Körper erregter Schall wird sehr gut unmittelbar in festen Körpern fortgeleitet, geht aber schwach aus einem festen Körper an die Luft über. Je ungleichartiger aber zwei Medien sind, um so gröfser ist die Schwächung der Schallwellen bei der Leitung derselben. Daher ist der Übergang der Schallwellen aus der Luft an feste Körper schwer, leichter aber von Wasser an feste Körper und von festen Körpern an Wasser. Diefs scheint der Grund zu sein, dafs die Fische, und auch viele im Wasser lebende Amphi- bien, wo es sich um den Übergang der Schallwellen aus dem Wasser an die festen Theile des Körpers und von diesen an das Labyrinthwasser han- delt, den ganzen Apparat des mittlern und äufsern Ohres entbehren können, während dieser bei den in der Luft lebenden Thieren nothwendig wird, um die schwierige Leitung aus der Luft an die festen Theile des Gehör- organes und an das Labyrinthwasser zu erleichtern. In der Ausbildung des Labyrinthes oder innern Ohrs zeigt uns die Natur drei Stufen, 1) das einfache bläschenförmige vestibulum membranaceum der Krebse und Cephalopoden, 2) das vorhergehende mit halbeirkelförmigen Canälen bei den Fischen und nackten Amphibien, 3) die vorhergehenden mit der Schnecke. Nach den übereinstimmenden Beobachtungen der neuern Anatomen sollten die Cyclostomen unter den Wirbelthieren die einzigen sein, welche mit den Wirbellosen durch den Mangel der halbeirkelförmigen Canäle übereinkommen. Aus den Beobachtungen, die ich im Folgenden mittheile, geht hingegen hervor, dafs es kein Wirbelthier ohne halbeirkel- förmige Canäle giebt, dafs aber unter den Cyclostomen merkwürdige Ab- weichungen in Hinsicht der Zahl dieser Canäle vorkommen (!). (') Einen vorläufigen Auszug von dieser Untersuchung enthält der Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften. April 1836. und daraus L’inszitut, Journal general des socieles et travaux scientifiques 1836. No. 162 und Müller’s Archiv für Anatomie, Physiologie u. s. w. 1836. p. LXXXIV. anne Physikal. Abhandl. 1537. C 18 Mürter über den eigenthümlichen Bau I. Historische Bemerkungen über das Gehörorgan der Cyclostomen. Das Gehörorgan der Petromyzon ist von Dumeril, Pohl, E. H. Weber, Blainville, Rathke und Breschet untersucht worden; Ammo- coeles wurde in Hinsicht des Baues der Gehörwerkzeuge von Rathke, Myzine von Retzius untersucht. Dumeril hatte 1800 über das Gehörorgan der Petromyzon eine kurze Bemerkung mitgetheilt, worin er die Gegenwart von halbeirkelförmi- gen Canälen und den Mangel eines Steines oder Kalkbreies im Labyrinth die- ser Thiere angab. Zoreille est contenue de chaque cötE dans des cavites par- ticuliöres qui font saillie au dehors et en arriere du cräne. Nous avons re- connu dans ces cavilds des canaux semi-.circulaires mais nous n’avons observe aucune parlie dure ou amilacde, comme chez les autres poissons. Anatomie des Lamproies. Memoires d’anatomie comparde p. 130. Alle nähere An- gabe über die Zahl der Canäle und den Bau des Labyrinthes fehlt. Die folgenden Beobachter konnten entweder die Canäle nicht finden, oder er- klärten, das was nach dem äufsern Anschein dafür gehalten werden konnte, für Falten des zelligen Labyrinthes, wie Weber, oder für Figuren, die durch die Vertheilung des Kalkbreies hervorgebracht sind, wie Breschet. Pohl vermifste die Canäle ganz und vermuthete blofs ihre Existenz, weil sie sonst constant seien. Quoad Petromyzon, familiae huic adnumera- tum, adnotare debeo, quod mihi praeter plures alias causas eliam ob structu- ram organi auditus alü penitus classi adsignandus videatur. Situm nempe ad latera occipilis tubera Jormat duo undique clausa, aperta cavum ostenden- tia vesiculam conlinens, quae aqua et pulpa nervea repleta, lapillo plane ca- rel. Etsi canales invenire non polui, tamen eos absentes non credo, cum con- slantissimi sint et exemplaria, quae examinanda habui, diu spiritu vini adser- vata, difficilius accuratam minutiarum talium disquisitionem permiserint. Ex- positio generalis anatomica organi auditus per classes animalium. Vindo- bonae 1818. E. H. Weber gab eine ausführlichere Beschreibung des Gehör- organes der Petromyzon in seinem an gründlichen Untersuchungen und Ent- deckungen reichen Werke de aure et auditu hominis et animalium, Lipsiae des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 19 1820. p. 15-17. Fig. 3-5. In der dem cavum cranü zugewandten Seite der knorpeligen Gehörkapsel befinden sich zwei Öffnungen, deren gröfsere untere weit und oval ist und von einer festen Membran geschlossen wird. Durch diese tritt der nercus acusticus in die Höhlung der Kapsel, welche Weber vestibulum cartilagineum nennt; durch die kleinere obere Öffnung tritt ein Gefäfs von der Oberfläche des Gehirns in die Kapsel. Die ellipti- sche Höhle der sonst ganz geschlossenen Kapsel füllt eine durchsichtige häutige, mit Wasser gefüllte Blase aus, welche der Kapsel nur an den ge- nannten Eintrittsstellen anhängt. Die Blase ist durch Vorsprünge nach innen in mehrere Zellen, namentlich eine obere gröfsere, eine untere kleinere getheilt und nimmt den Gehörnerven auf, der in eine pulpöse Masse ver- wandelt, die Wände der Blase überzieht. Den sackförmigen Anhang des Labyrinthes, die Gehörsteine, die halbeirkelförmigen Canäle, welche sonst bei keinem Fische fehlen, vermifste Weber. Derselbe beobachtete zwar auf der äufsern und obern Fläche des vestibulum membranaceum zwei ge- krümmte Falten, die oben durch eine unpaare Falte verbunden sind, hielt sie jedoch zufolge der Injection von Quecksilber in das vestibulum membra- naceum und der Untersuchung mit bewaffnetem Auge nicht für halbeirkel- förmige Canäle, sondern für wahre Falten. Diese Falten waren bei Petro- myzon marinus und fluviatilis gleich, von ersterem sind sie abgebildet. Vielleicht, sagt Weber, sind diese Falten für Rudimente der halbeirkel- förmigen Canäle zu halten, von welchen sie sich unterscheiden, dafs sie nicht bogenförmig mit dem einen Schenkel vom Sack des Vestibulum aus- gehen, mit dem andern dahin zurückkehren, so dafs ein Zwischenraum zwi- schen der Oberfläche des vestibulum membranaceum und den Canälen sich befindet, sondern dafs jene Theile auf der Oberiläche des vestibulum mem- branaceum faltenartig hergehen. Blainville läugnet alle Spur des Sacks, der halbeirkelförmigen Ca- näle und der Kalkconcremente und giebt nur an, dafs das vestibulum mem- branaceum kaum durch Falten in zwei oder drei Abtheilungen getheilt sei. Le labyrinthe est encore contenu dans une loge particuliöre creusde dans la parois du eräne, a peu pr°s comme dans les autres dermodontes, avec cette difference, quune partie de la cloison interne est membraneuse, comme dans les chimeres: cette cavitd ovale est entiörement tapissde par un veslibule a peine divise en deux ou trois loges par des replis membraneux, et qul noffre aucune CG2 20 Miürrer über den eigenlhümlichen Bau trace de sac proprement dit, ni meme de canaux semi-circulaires. Sa surface est revölue par une masse pulpeuse, formde, en grande partie, par le nerf au- ditif, mais sans trace de matire erölacce. De lorganisalion des animaux ou Principes danalomie comparece, Paris 1922. p. 564. Rathke bestätigte nach Untersuchung des Petromyzon fluviatilis die Beschreibung von Weber. Die knorpeligknöcherne ÖOhrkapsel, die an ihrer äufsern Seite vollkommen verschlossen ist, wird von einem blofs häu- tigen, mäfsig dickwandigen und mit einer dicklichen tropfbaren Flüssigkeit angefüllten Sack ausgekleidet, welcher der Gehörkapsel allenthalben dicht anliegt und auf seiner Binnenfläche in etliche Falten aufgeworfen ist. Be- merkungen über den innern Bau der Pricke. Danzig 1826. p. 87. Bei Ammocoetes fand Rathke das Innere der Gehörkapsel mit einer pulpösen Membran ausgekleidet. Beiträge zur Geschichte der Thierwelt IV. Halle 1527. p. 96. Diefs führt nun zu dem Schlufs, dafs der Bau der Gehörwerk- zeuge bei den Oyclostomen so einfach sei, wie er nur irgendwo sein kann, und um vieles niedriger, als bei irgend einem der bekannten Fische. Über den innern Bau der Pricke p. 87. Aus den Untersuchungen von Breschet über die Gehörorgane der Fische theilen Cuvier und Dumeril in ihrem Berichte an die Akademie der Wissenschaften folgendes in Hinsicht der Petromyzon mit. IIny a point de canaux semi-circulaires, ni möme de plis qui les representent. Ce que l'oon a pu prendre pour tels sont des traindes de graviers tres fins, de- poses sur la face interne du vestibule membraneux, et que l’on distingue aise- ment au microscope. Ce vestibule se laisse aiscment extraire de la boite carti- lagineuse qui le renferme et prösente en petit la forme d’une chätaigne avec un pedieule qui est le nerf acouslique, au-dessus du trou par ou ce nerf penetre dans la boite carlilagineuse du vestibule en est un autre petit, auquel M. Bre- schel donne le nom daquedue. Rapport fait a lacademie royale des sciences scance du 6. Septembre 1830, sur un m&moire de M. Breschet, sur les organes de laudition des poissons par MM. Cuvier et Dumeril. Annales des sciences nalurelles T. 21. Paris 1830. p- 108. In dieser Darstellung tritt nicht blofs der Mangel der halbeirkelförmigen Canäle, sondern auch eine Abweichung von den Angaben von Weber und Blainville in Hinsicht der Zellen und Falten, so wie hingegen die Behauptung der kalkigen Ablagerungen hervor, welche von den Vorgängern geläugnet worden waren. Die als Aquaeducius des Gehörorganes bei den Cyclostomen. p2 | bezeichnete Öffnung ist dieselbe, von welcher Weber angegeben, dafs sie einem Gefäfs zum Durchgang diene ('). Mayer (Analekten zur vergleichenden Anatomie, Bonn 1835) stimmt mit Rathke überein und auch die Handbücher der vergleichenden Ana- tomie von Carus, R. Wagner und Grant weichen nicht von der ältern Darstellung ab. Das Gehörorgan der Mywxine glutinosa ist von Retzius und zwar ganz der Natur entsprechend beschrieben worden. Es besteht aus einem ceirkelförmigen häutigen Rohr, welches von der Gehörkapsel eingeschlossen wird. Kongl. Vetenskaps Akademiens Handlingar 1824. p. 408 (?). Diese merkwürdige Variation, eine wichtige Entdeckung in der Geschichte des Ge- hörorganes, zeigt uns einen in sich selbst zurücklaufenden halbeirkelförmigen Canal, der also nicht mehr halbeirkelförmiger Canal ist und von welchem das vestibulum membranaceum gleichsam nur einen Abschnitt darstellt. In dem Gehörorgan der Peiromyzon und Ammocoetes weisen meine Beobach- tungen eine eben so merkwürdige Variation des Labyrinthes auf, indem es bei eigenthümlicher Form des Ganzen und seiner Theile 2 halbeirkelförmige Canäle enthält. annnwwmnannnan III. Eigene Beobachtungen über den Bau des Gehörorganes bei den Cyclostomen mit undurchbohrtem Gaumen, Peiromyzon und Ammocoetes. Dafs man den eigentlichen Bau des sehr zusammengesetzten. Labyrin- thes der Petromyzon nicht wahrgenommen hat, scheint in dem Umstande begründet zu sein, dafs man die Membran des eigentlichen Labyrinthes nicht von einer äufsern häutigen Hülle des Labyrinthes unterschieden hat, (') In dem eben erschienenen sehr reichhaltigen Werke: Fecherches anatomiques et phy- siologiques sur Porgane de l’ouie des poissons par Gilbert Breschet, Paris 1838 ist die Beschrei- bung dieselbe. Späterer Zusatz. (2) Diese zweite Abhandlung von Retzius über den Bau der Myxine glutinosa, welche die Anatomie der Knorpel, Muskeln, Eingeweide und Sinnesorgane enthält, war mir, wie in Deutschland überhaupt, unbekannt geblieben, und ihre Anzeige fehlt daher in meiner ersten Abhandlung über die vergleichende Anatomie der Myxinoiden. »2 Mürter über den eigenthümlichen Bau welche letztere den wahren Bau des Labyrinthes verhüllt, so dafs dieser erst nach Entfernung jener Hülle erkannt wird. Die Entfernung dieser Hülle, welche an vielen Stellen ziemlich fest auf dem eigentlichen Labyrinth auf- liegt, ist schwierig und kann nur unter dem Mikroskop mit Vermeidung der Verletzung des eigentlichen Labyrinthes geschehen. Das Labyrinth selbst hat zwei vollkommen röhrige halbeirkelförmige Canäle, es sind dieselben Theile, welche E.H. Weber für Falten hielt. Diese vollkommenen Röh- ren sind auf der Oberfläche des häutigen Vestibulum angewachsen. Das häutige Vestibulum oder der alveus communis canalium semicircularium zerfällt durch oberflächliche Furchen in mehrere Abtheilungen, darunter sind 2 gröfsere paarig, eine kleine sackförmige unpaarige hängt nur durch Stiel mit dem übrigen Labyrinth zusammen und ist offenbar ein Analogon des Sacks des Labyrinthes der übrigen Fische. Die nun zu beschreibenden Theile sind an einer Anzahl von Exemplaren von Petromyzon marinus als constant ermittelt. Bei den Ammocoetes hatten die wesentlichen Theile des Labyrinthes eine so vollkommene Übereinstimmung mit dem Verhalten bei den Petromyzon, dafs eine besondere Beschreibung unnöthig wird. Die Details der Beschreibung und die Abbildungen beziehen sich zunächst auf Petromyzon marinus. 1. Gehörkapsel. In Hinsicht des Baues der Gehörkapsel beziehe ich mich auf das in (dem osteologischen Theil der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden be- veits von Peiromyzon marinus mitgetheilte. In dieser Kapsel liegt das La- byrinth frei, aber florartig von einem faserig häutigen Gewebe umhüllt, dessen Entfernung zunächst Bedingung zu einer richtigen Erkenntnifs vom Bau des Labyrinthes der Petromyzon ist. 3. Äufsere faserig-häutige Umhüllung des membranösen Labyrinthes. Die florartige Umhüllung des Labyrinthes ist an einigen Stellen dünn- häutig, an andern deutlicher faserig, sie stellt eine elliptische Kapsel dar, der innern Fläche der knorpeligen Gehörkapsel angemessen. Diese häutige Hülle ist an verschiedenen Stellen ungleich dick, aufsen glatt, ihre innere Fläche hingegen den Vertiefungen und Erhabenheiten auf der Oberfläche des häutigen des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 23 Labyrinthes angemessen. Die Form des Labyrinthes gleicht nur im Allge- meinen der äufsern häutigen Schichte, an mehreren Stellen weicht sie da- gegen ganz von der Form der äufsern Schichte ab. An einigen Stellen ist die äufsere Schichte so dünn, dafs sie hier ganz zu fehlen scheint, so na- mentlich, wo die zwei halbeirkelförmigen Canäle liegen. Hier legt sie sich dicht an den Rand der Canäle an, scheint aber kaum darüber wegzugehen; auch wo sie sich an die Oberfläche der Ampullen der halbeirkelförmigen Canäle anschliefst, ist sie sehr dünn. Diese Canäle sind daher auf der Oberfläche des häutigen Gehörorganes, sobald man die knorpelige Gehör- kapsel aufgeschnitten, sogleich sichtbar; man sieht aber jetzt, so lange man die äufsere Schichte des häutigen Gehörorganes nicht weggenommen, nur ihre obere Fläche seicht hervorragen. Sie sehen dann gerade so aus, wie in der Abbildung von E. H. Weber, Fig.5; sie erscheinen nämlich als Wülste, welche sich durch ihr mehr durchsichtiges Ansehen auszeichnen und von der vordern und hintern Wand des häutigen Gehörorganes über die obere Wand desselben convergirend heraufsteigen und an dem innern Theil der obern Wand (d.h. dem Gehirn zugekehrt) knieförmig zusammen- gehen. An allen übrigen Stellen, aufser wo die halbeirkelförmigen Canäle liegen, sieht man an der Oberfläche des häutigen Gehörorganes von der tiefern Schichte des Labyrinthes nichts. Da wo der Gehörnerve zum La- byrinthe geht, hängt die äufsere fibrös-häutige Schichte mit der Haut zu- sammen, welche die Eintrittöffnung der Knorpelkapsel schliefst und um- schliefst den Gehörnerven ringförmig. In der obern und untern Mittel- linie des Labyrinthes ist diese Schichte besonders stark, indem nämlich die davon eingeschlossene Schichte des Labyrinthes sich furchenartig nach in- nen vertieft. Diese Furche, welche das membranöse Labyrinth in zwei symmetrische Zellen, eine vordere und hintere, abtheilt, geht von aufsen nach innen, d. h. die Ebene, worin sie angelegt ist, hat eine senkrechte Direction gegen die Achse des Körpers. Da wo diese Furche sich am Labyrinth befindet, liegen in der äufsern Schichte fibröse Bündel, wie Reifen, welche das zarte innere Gebilde zusammenhalten. Diese fibrösen Reifen schicken an mehreren Stellen auch seitwärts abgehende Fortsätze aus, namentlich da, wo secundäre Furchen über das innere häutige Laby- rinth weggehen, wie z.B. auf der äufsern vom Schädel abgewendeten Wand des Labyrinthes, wo sich zwischen dem häutigen Labyrinth und seinem 24 Mürrer über den eisenthümlichen Bau sackförmigen Anhängsel eine auf die Hauptfurche quere Vertiefung befin- det, und am innern Theil der obern Wand, wo die Commissur der beiden halbeirkelförmigen Canäle auf dem vestibulum membranaceum liegt. In Tab. I. Fig. 1. ist die äufsere Haut des membranösen Labyrinthes weggenommen, und nur die in ihr liegenden fibrösen Verstärkungen, Reifen oder Bänder sind von ihr noch sichtbar, aber zum Theil zurückgeschlagen, so der mittlere Reifen x, der in der Furche a’ lag, die kleinen Querreifen z, z, welche hinter der Commissur der halbeirkelförmigen Canäle befestigt waren, und die gröfseren Seitenreifen y, y, welche noch in ihrer Lage sind. abcd ist das innere häutige Labyrinth von der äufsern Schichte befreit. Die fibrösen Reifen sind auch in Fig. 5 und 6. unter x und y dargestellt. 3. Festibulum membranaceum und seine Abtheilungen. Das vestibulum membranaceum ist ein Säckchen, welches durch eine sowohl an der obern als untern Fläche befindliche oberflächliche, von aufsen nach innen verlaufende Furche in zwei symmetrische Zellen, eine vordere und hintere zerfällt, Tab. I. Fig. 1 und 2. a. a. Über jeder dieser beiden Zellen liegt ein halbeirkelförmiger Canal c, an der Oberfläche des vestibu- lum membranaceum angewachsen. Der eine beginnt aus dem äufsern vor- dern, der andere aus dem äußsern hintern Theil des vestibulum membrana- ceum und eonvergirt mit dem der andern Seite, um sich mit ihm nach innen zu unter einem Knie (d) zu vereinigen, an dieser Stelle hängen die Canäle abermals mit der Cavität des vestibulum membranaceum zusammen. In Fig. 2. sieht man die Lage der beiden Canäle bei der Ansicht von oben, in Fig. 1. hingegen dieselben Theile mehr von aufsen und oben und in Fig. 3. sieht man die innere Seite des vestibulum membranaceum dargestellt, so dals man die Umbiegung der Canäle in einander oder das Knie derselben d bemerkt. 4. Halbeirkelförmige Canäle und Ampullen. Die Ursprünge der beiden halbeirkelförmigen Canäle, welche von allen Theilen dieser Canäle am meisten von einander entfernt sind, sind ampullenartig ausgedehnt. Diese Ampullen haben eine eigenthümliche Ge- stalt, welche von der gewöhnlichen Gestalt der Ampullen sehr abweicht. Jede Ampulle besteht aus drei neben einander liegenden hohlen Erhaben- des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 25 heiten, zwei seitlichen gleichen und einer mittlern ungleichen, #55. Die seitlichen sind längliche ellipsoidische Ausbuchtungen des Labyrinthes. Aus der Vertiefung zwischen den seitlichen Erhabenheiten der Ampullen erhebt sich die mittlere. Diese Abtheilungen der Ampulle sind hohl und hängen unter einander frei zusammen. Aber aus der mittlern Abtheilung der Am- pulle erhebt sich zunächst der halbeirkelförmige Canal, der nun über das vestibulum membranaceum heraufsteigt, mit dem der andern Seite conver- girend, um sich knieförmig mit diesem zu verbinden. Das Knie sieht ge- gen die innere Wand der Knorpelkapsel des Gehörorganes, die Canäle bie- gen sich daher der eine von aufsen und vorn, der andere von aufsen und hinten nach innen gegen den Punkt ihrer Vereinigung und sind als canalis semicircularis anterior und posterior in Beziehung auf eine von aufsen nach innen zwischen ihnen durch gezogene Linie vollkommen symmetrisch, wie denn überhaupt das ganze Labyrinth gegen eine solche Linie oder Ebene 5 symmetrisch ist, 5. Das Innere des vestibulum membdranaceum. Die innere Oberfläche des vestibulum membranaceum läfst sich aus der äufsern schon errathen. Denn wo diese erhaben ist, ist jene ausge- höhlt und umgekehrt, einer äufsern Furche entspricht ein innerer Vor- sprung. Da nun das vestibulum membranaceum äufserlich durch eine Furche in eine vordere und hintere Zelle abgetheilt ist, so wird auch inner- lich ein dieser Furche entsprechender faltenförmiger Vorsprung bemerklich. Diese quer, oder von aufsen nach innen gehende Falte ist auf dem Boden und Gewölbtheil des vestibulum membranaceum deutlich. Auch ein in ent- gegengesetzter Richtung verlaufender gleicher Vorsprung, geht da, wo das Knie der 2 halbeirkelförmigen Kanäle auf dem vestibulum membranaceum aufliegt, bogenförmig von vorn nach hinten, sich mit dem vorhererwähnten Vorsprung kreuzend und theilt so das vestibulum membranaceum ganz seicht in eine obere und untere Zelle. Diese Vorsprünge (Fig.9. da’) besitzen eine viel gröfsere Festigkeit als die übrigen Theile des vestibulum mem- branaceum. Auf der Mittelfalte der untern Wand, die von aufsen nach innen geht, und das vestibulum membranaceum in eine vordere und hintere sym- Physikal. Abhandl. 1837. D 26 Mützen über den eigenthümlichen Bau metrische Abtheilung eintheilt, sitzt ein kleines knorpelähnliches Plättchen senkrecht auf (Fig. 5, 7, 9.e). Die Stelle seiner Befestigung befindet sich ohngefähr in der Mitte zwischen den einander entgegengesetzten Eingängen aus dem vestibulum membranaceum in die Ampullen. Sein gegen die in- nere Seite der knorpeligen Gehörkapsel gewendeter Rand ist etwas gebo- gen, der entgegengesetzte mehr gerade oder sogar etwas ausgehöhlt. Hier ist es an die vorspringende Falte des vestibulum membranaceum ange- heftet. Vor dem andern Rande führt eine ansehnliche Öffnung aus der Höhle des vestibulum membranaceum in die unpaarige Zelle (4, 5. f) oder den kleinen sackartigen Anhang des vestibulum membranaceum, der noch beschrieben werden soll. Auf beiden Seiten des senkrechten Knorpelplätt- chens, nämlich vorn und hinten liegen die weiten Eingänge in die Am- pullen der halbeirkelförmigen Canäle (Fig. 5, 7, 9. &). Sie entstehen da- durch, dafs die Haut des vestibulum membranaceum zwischen Ampulle und der entsprechenden Abtheilung des vestibulum membranaceum nach innen saumarlig vorspringt. Der Eingang zu jeder Ampulle ist oval. Am Rande dieser Öffnung geht die Haut des vestibulum membranaceum in die Haut der Ampulle über. Diese Öffnungen liegen am Boden des vestibulum membra- naceum symmetrisch vorn und hinten. Da wo zwischen den Seitenabthei- lungen der Ampulle aufsen eine Vertiefung ist, springt inwendig eine ganz steife Falte in die Höhle des vestibulum membranaceum vor, welche eine Art von unvollkommnem Septum auf dem Boden des vestibulum membrana- ceum in jeder Ampulle bewirkt. Diese Falten (Fig. 5, 7, 9. g) sind senk- recht gegen das früher beschriebene Knorpelplättchen gerichtet, gegen wel- ches sie zart auslaufen, ohne damit in Verbindung zu stehen. Dieser Vor- sprung theilt jede Ampulle nur unvollommen in zwei Hälften, indem beide Hälften der Höhle am freien Rande der Scheidewand communiciren. Die faltenförmigen Vorsprünge, welche in die Ampullen hineinra- gen, erinnern an die von Steifensand (!) in den Ampullen der Fische und anderer 'Thiere beobachteten Septa, welche aber eine entgegengesetzte Richtung in Beziehung auf den Ursprung des halbeirkelförmigen Canals aus der Ampulle haben. (') Müller’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1835. 171. des Gehörorganes bei den Cyelostomen. [&0) —1 6. Zweite Communication der halbcirkelförmigen Canäle mit der Höhle des vestibulum membranaceum. Aufser den Ampullen hängen die zwei halbeirkelförmigen Canäle durch eine dritte, ihnen gemeinschaftliche Öffnung an ihrer knieförmigen Commissur mit der Höhle des vestibulum membranaceum zusammen. In der untern Wand dieser Commissur, wo sie auf dem vestibulum membra- naceum angewachsen ist, befindet sich nämlich ein elliptischer Ausschnitt (Fig. 8, 9. A), durch welchen die Communication beider Canäle mit der Höhle des vestibulum membranaceum frei geschieht. Am Rande dieses Ausschnittes schlägt sich die festere Haut der halbeirkelförmigen Canäle gegen sich um und geht in die zartere Haut des vestibulum membranaceum über. In dieser, beiden Canälen gemeinschaftlichen Öffnung in das vesti- bulum membranaceum befindet sich ein länglicher, wulstiger, mittlerer Vor- sprung (Fig. 8, 9. i), er geht von der obern Wand der knieförmigen Com- missur beider Canäle aus und springt in die Communicationsöffnung hinein, so dafs dadurch diese Öffnung unvollkommen abgetheilt wird. - 7. Sackförmiger Anhang. Dieser unpaarige Theil des vestibulum membranaceum bildet die kleinste Zelle desselben, welche aber am meisten von der Haupthöhle abgeschieden ist (Fig. 4, 5. f). Das Säckchen, durch eine starke Ein- schnürung vom Ganzen abgesondert, liegt zwischen den beiden Ampullen und ist gegen den Hörnerven gerichtet, welcher sich vor dem Säckchen in seine zwei symmetrischen Äste theilt, die zu ihren Ampullen hinge- hen. Die Communication des Säckchens mit der grofsen Höhle des vesii- bulum membranaceum befindet sich in der Mittellinie zwischen der vordern und hintern Abtheilung des veszibulum membranaceum. Der Umfang dieses Säckchens ist noch kleiner als eine Ampulle, die Abtheilungen der letztern zusammengenommen. 8. Inhalt des Labyrinthes. Im Innern des Labyrinthes der Petromyzon habe ich niemals kalkige Massen angetroffen, weder Steine, noch krystallinisch -pulverige Sedimente. Ich habe namentlich eine grofse Anzahl von Exemplaren von Peiromyzon D2 25 Mürrzen über den eigenthümlichen Bau Jluviatilis hierauf untersucht. Ich fand zwar im Innern des vestibulum mem- branaceum immer eine trübe oft dickliche Masse, diese bestand aber nicht aus kalkigen Concretionen. Bei mikroskopischer Untersuchung zeigte sie sich vollkommen structurlos, sie bestand aus unregelmäfsigen Kügelchen, wie sie beim Gerinnen entstehen, und in der That können es Gerinsel sein, welche bei den in Weingeist aufbewahrten Thieren durch diesen bewirkt worden sind. Wurde etwas von diesem trüben Wesen unter dem Mikroskop mit Salzsäure in Verbindung gebracht, so entstand kein Brausen, es ent- wickelten sich einige ganz sparsame mikroskopische Luftbläschen, aber nicht mehr als in andern thierischen Substanzen, die man unter dem Mikroskop mit Säure zusammenbringt. Sie rühren von der Zersetzung einer geringen Menge kohlensaurer Salze her, wie sie in vielen thierischen Substanzen und Flüssigkeiten vorkommen. Diese Erscheinung hat keine Ähnlichkeit mit dem Brausen einer Substanz, die eine merklichere Quantität von kohlen- saurem Kalke enthält. 9. Gehörnerve. Der Gehörnerve der Petromyzon entspringt hinter dem n. facialis aus der Seite der medulla oblongata und geht mit dem facialis zugleich durch die Öffnung in die Gehörkapsel, hier theilt er sich am Boden der Kapsel in 2 Faseikel, einen vordern und hintern, beide gehen divergirend nach aufsen weiter, indem sie die Direction der Ampullen nehmen (Fig. 4, 5,6.%). Veilleicht gehen aus der Theilungsstelle der beiden Äste auch einige Fasern gegen den säckchenförmigen Anhang des vestibulum membranaceum. Jeder der beiden Hauptzweige des Gehörnerven legt sich an der Ampulle in die Mittelfurche zwischen den zwei seitlichen Erhabenheiten der Ampulle und theilt sich hier bald wieder in zwei Äste, die auseinanderfahren und die Seitenerhabenheiten der Ampulle artig umfassen. Der zwischen dem n. trigeminus und acusticus entspringende, zuerst von Born (!) entdeckte n. facialis giebt nach den sehr richtigen Beobach- tungen von Schlemm und D’Alton (?) einen ramus acuslicus accessorius ab. Dieser Nerve tritt nämlich mit dem n. acusticus zuerst zur Gehörkapsel, (‘) Heusinger’s Zeitschrift für organische Physik. I. 170. (°) Müller’s Archiv. 1838. 3. Heft. 269. des Gehörorganes bei den Cyelostomen. 29 und sendet hier ein Fädchen zum vordern Theil des Labyrinthes. Der Stamm des Nerven geht dann aber durch ein Kanälchen am vordern Um- fang der knorpeligen Gehörkapsel, welches vor derselben ausgeht, nach aulsen. Zur Untersuchung der hier beschriebenen Structur des Gehörorganes der Petromyzon eignet sich am meisten Peiromyzon marinus, wegen der gröfsern Festigkeit der Häute des Labyrinthes; dagegen habe ich das Laby- rinth von Petromyzon fluviatilis zur Ermittelung der Structur viel weniger geeignet gefunden. Ganz wie bei den Petromyzon habe ich das Gehörorgan bei Ammo- coetes branchialis gebaut gefunden. Nur wird hier die äufsere Schichte des häutigen Labyrinthes weniger deutlich wahrgenommen. Form und symme- trische Anordnung der beiden halbeirkelförmigen Canäle ist ganz so wie bei der andern Gattung. Die Familie der Cyclostomen mit durchbohrtem Gau- men, Cyclostomata hyperoartia, wie ich sie in der vergleichenden Anato- mie der Myxinoiden nannte, die Gattungen Petromyzon und ‚Immocoetes umfassend, zeigt uns also einen unter den Wirbelthieren ganz eigenthünli- chen Typus des Gehörlabyrinthes, der wesentlich darin besteht, dafs das vestibulum membranaceum in verschiedene, meist symmetrische Zellen ober- flächlich abgetheilt ist und dafs nur zwei halbeirkelförmige Canäle in eigen- thümlicher Anordnung, und angewachsen auf der Oberfläche des membra- nösen Vestibulum vorhanden sind. wmn.mmw IV. Über den Bau des Gehörorganes bei den Cyclostomen mit durchbohrtem Gaumen, den Myxinoiden. So eigenthümlich die Bildung des Labyrinthes ist, welche wir vorher beschrieben haben, so ist sie doch nicht in der ganzen Abtheilung der Cy- elostomen constant, sondern eben nur der Familie der Cyclostomen mit undurchbohrtem Gaumen eigen. Die zweite Familie der Cyclostomen, mit durchbohrtem weichem Gaumen, Cyeclostomata hyperotreta, oder Myxinoi- den mit den Gattungen Bdellostoma Nob. und Myxine haben einen ganz anderen Typus in der Bildung des Gehörlabyrinthes, welcher eben so sehr 30 Müruer über den eigenthümlichen Bau von dem der ersten Familie als dem aller Fische und Wirbelthiere abweicht. Es ist das Gehörorgan eines Wirbelthieres im einfachsten Zustande, aus einem ringförmigen häutigen Canal bestehend und so gleichsam auf einen einzigen, in sich zurücklaufenden halb cirkelförmigen Canal reducirt. 1. Knorpelige Gehörkapsel. Im äufsern scheint das Gehörorgan ganz demjenigen der Petromyzon und Ammocoetes zu gleichen. Das häutige Labyrinth liegt nämlich in einer knorpeligen ellipsoidischen Capsel, deren Lage und Verbindungen im ersten Theile der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden beschrieben worden sind, worauf hier verwiesen wird. In der innern, der Schädelhöhle zuge- kehrten Wand dieser Kapsel befindet sich ein grofser elliptischer Ausschnitt, der mit fibröser Membran bis auf die Eintrittsstelle des Gehörnerven ge- schlossen ist. Dieses fibröse Stück der innern Wand der Knorpelkapsel nimmt den mittlern Theil dieser innern Wand ein, während der obere und untere Theil an dieser Wand wieder knorpelig ist. Siehe vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Erster Theil Tab. III Fig. 2. Schneidet man den obern Um- fang der knorpeligen Capsel auf, so sieht man im Innern sogleich einen we- sentlichen Unterschied von der Gehörkapsel der Petromyzon und Ammo- coetes. Es geht nämlich von der äufsern Wand der knorpeligen Gehör- kapsel zum untern knorpeligen Theil der innern Wand ein knorpeliger Bal- ken in querer Richtung durch, so dafs die Höhlung der Gehörkapsel ring- förmig wird, während bei den Petromyzon und Ammocoetes der quere Riegel fehlt. Siehe Tab. I Fig. 11. der gegenwärtigen Abhandlung. Dieser ringförmige Raum liegt in einer Ebene, die mit einer senkrechten Ebene durch die Achse des Thiers fast parallel läuft. Die innere Fläche der Ge- hörkapsel ist mit einer zarten Haut (Tab. I Fig. 11.5) ausgekleidet, wel- che man von dem daran grenzenden häutigen Labyrinth (c) unterschei- den muls. 2. Häutiges Labyrinth. Es entspricht ganz der ringförmigen Höhle der Gehörkapsel und be- steht aus einem in sich selbst zurücklaufenden einfachen häutigen Canal (Tab. 1 Fig. 12) ohne besonderes Vestibulum, ohne Sack, ohne Ampulle. Nur der obere Theil des ringförmigen Rohrs erscheint ein weni g stärker und daran sieht man zwei zarte weilse quere Streifen (Fig. 12.55), welche des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 31 von der Ausbreitung des Gehörnerven herzurühren scheinen. Der obere Theil dieses Ringes kann als vestibulum membranaceum, der übrige Theil desselben als halbeirkelförmiger Canal angesehen werden. Im Innern des Rohrs fand ich weder eine feste Concretion noch mikroskopische crystal- linische Absätze. 3. Gehörnerve. Der Gehörnerve entspringt vom seitlichen Umfang des lobus medul- lae oblongatae, dicht hinter dem n. facialis und vor dem n. vagus. Er tritt in die Mitte der häutigen innern Wand der Gehörkapsel ein und ver- breitet sich mit mehreren Zweigen (zwei konnte ich deutlich unterschei- den), an der obern Wand des Ringes, so dafs er quer über das Rohr hingeht. Durch den vordern innern Theil der Gehörkapsel scheint noch ein besonderer Faden vom n. facialis ins Innere der Kapsel zu treten. Der Stamm des n. facialis geht vor der Gehörkapsel aus der Schädelhöhle heraus, um sich auf eine in der Neurologie der Myxinoiden zu beschrei- bende Weise am Kopfe zu verbreiten. Die Erscheinung eines ramus accessorius acusticus bei den Cyelo- stomen kann so gedeutet werden, dafs ein Theil der Fasern des acusticus den Weg mit dem facialis nimmt. So sind auch die analogen Erschei- nungen bei anderen Fischen, bei Vögeln und selbst beim Menschen anzu- sehen, bei welchem ein Faden vom facialis zum acusticus hinübergeht. Man sieht aus dem Ergebnifs dieser Untersuchung, dafs es in der That kein Wirbelthier giebt, welches durch die Einfachheit seines Laby- rinthes mit den Wirbellosen übereinstimmte. Ein einfaches Säckchen ohne alle Andeutung von halbeirkelförmigen Canälen ist nur den Sepien und Krebsen eigen. Bei allen Wirbelthieren, auch den einfachsten, sind halb- eirkelförmige Canäle vorhanden, bei allen Wirbelthieren, mit Ausnahme der Cyclostomen, drei, in der einen Familie der letztern zwei, in der andern nur ein einziger, welcher ringförmig in sich selbst zurückläuft. mwN 33 Müren über den eigenthümlichen Bau Anhang Über die ungleiche Ausbildung der verschiedenen Sinnesorgane bei den Myxinoiden. Unter den gemeinsamen, die Familie der Cyclostomen auszeichnen- den anatomischen Characteren, welche sich auf die Sinnesorgane beziehen, ist keiner eigenthümlicher, als die unpaarige Bildung des Geruchsorganes, die Röhrenbildung seines Leitungsapparates und die bald unvollkommne bald vollständige Durchbohrung der Nase bis in die Mundhöhle. In der einen Familie, welche Petromyzon und dmmocoetes umfafst, ist diese Durchboh- rung unvollkommen; nur der feste Gaumen ist durchbohrt. Die häutigen Theile des Nasensacks, in dessen oberer hinterer Wölbung die der Länge nach verlaufenden Riechfalten der Schleimhaut angebracht sind, verlängern sich in ein langes, zuletzt blind geschlossenes Rohr, welches durch die Choanne des harten Gaumens durchtritt, aber durch die undurchbohrte Schleimhaut des Mundes von der Mundhöhle abgesondert ist. Dieser Na- sengaumengang ist lediglich Spritzrohr, und zum Einziehen und Austrei- ben des riechbaren Wassers in die Nase bestimmt. Auch bei den 4mmo- coetes ist dieser Apparat, obwohl verschieden von demjenigen der Petro- myzon, doch nach hinten und unten vollständig geschlossen, wie wir im ersten Theil der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden ausführlich beschrieben haben. Bei den Myxinoiden hingegen ist der Nasengaumengang in die Mundhöhle geöffnet, und hinter der Nasengaumenöffnung befindet sich ein häutiges, durch Knorpel gestütztes und durch Muskeln bewegliches Segel. Das Wasser wird durch die luftröhrenartig von Knorpelringen gestützte lange Nasenröhre aufgenommen, kommt mit den am Gewölbe der Nasenkapsel befindlichen Längsfalten der Riechschleimhaut (!) in Be- (') Siehe die Abbildung dieser Falten auf dem Querdurchschnitt der Nase von Myxine glutinosa vergl. Anatomie der Myxinoiden I. Theil Tab. I. Fig. 10. und Tab. II. der gegen- wärtigen Abhandlung. des Gehörorganes bei den C'yclostomen. 33 rührung oder geht daran vorbei. Das Einziehen und Ansstofsen des Was- sers geschieht aber durch die Bewegung des hinter dem Nasengaumenloch angebrachten Ventilators (!). Es würde unnöthig sein, hier in das Einzelne dieser ganz eigenthüm- lichen Organisation einzugehen, da schon in der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden eine vollständige Beschreibung und Abbildung dieser Theile gegeben ist. Dagegen wird es zweckmäfsig sein, auf den letzten Grund so eigenthümlicher Abweichungen im Bau der Geruchsorgane bei den Cyclostomen aufmerksam zu machen. Es ist bekannt, dafs zum Riechen bei den in der Luft lebenden Thieren eine Bewegung der riechenden Prineipien durch die Nase, an den Oberflächen des Geruchsapparates vorbei, erforderlich ist und dafs man ohne Ventilation durch das Athmen nicht riecht. Bei den Fischen fehlt diese Bewegung nicht, obgleich ihre Nase nicht in die Höhle der Athem- wege offen ist. Denn da die Nasenhöhlen in der Nähe des Mundes oberflächlich am Kopfe angebracht sind, so bewirkt das Einziehen des Wassers in den Mund beim Einathmen und das Ausstofsen aus den Kie- menöffnungen zugleich die Erneuerung der Wasserschichten an dem Ge- ruchsorgan. Aus diesem Grunde sind die Nasenhöhlen auch bei den sehr breiten Fischen, wie den Rochen, nicht auf der Rückseite der Schnautze, sondern auf der Bauchseite, in der Nähe des Mundes angebracht. Die Cyclostomen bedienen sich aber entweder gar nicht des Mundes zum Ein- athmen oder wenigstens nicht beim Ansaugen, vielmehr mufs dann das Einathmen und Ausathmen durch dieselben Öffnungen der Riemen ge- schehen. Da nun letztere zugleich weiter als bei den übrigen Fischen zurückweichen, bei den Myxinoiden sogar durch einen sehr grofsen Raum vom Kopfe getrennt sind, so folgt, dafs das Athmen der Cyclostomen nur geringen oder gar keinen Einflufs auf die Erneuerung des Wassers an ih- ren Geruchsorganen haben könne und daraus folgt die Nothwendigkeit eines eigenen Ventilationsapparates des Geruchsorganes aufser dem Athem- organe. Diesen Zweck hat der Spritzsack der Petromyzon und der segel- (') Siehe die Abbildung desselben vergleichende Anatomie der Myxinoiden I. Theil Tab. II. Fig. 1-6.c. und der Muskeln ebendaselbst Tab. III. Fig. 5. >. ?. Physikal. Abhandl. 1837. E 34 Mürvenr über den eigenthümlichen Bau artige Ventilator am Gaumen der Myxinoiden. Diels scheint auch die Ursache zu sein, warum der Nasenapparat der Cycelostomen unpaarig ist. Denn die gleichzeitige Erneuerung des Wassers an zwei Geruchsorganen würde hier einen viel gröfseren Aufwand von organischen Theilen noth- wendig gemacht haben. So bedingt also die Abänderung des Athmens bei den Cyclostomen die Abänderung des Geruchsorganes. Die Veränderungen beider Organe gehören aber vor allen zu den charakteristischen Eigenthümlichkeiten, welche ein Thier aus der Familie der Cyclostomen begründen und gleich- sam die Formel seines Typus im Reiche der Fische und Vertebraten angeben. Was nun die Unterschiede der relativen Ausbildung der einzelnen Sinnesorgane bei den Myxinoiden betrifft, worin sich die Myxinoiden so sehr vor den übrigen Cyelostomen auszeichnen, so scheinen sie hauptsäch- lich davon abzuhängen, dafs die Myxinoiden parasitische Thiere sind, was von den übrigen Cyclostomen, den Petromyzon und Ammocoetes nicht behaup- tet werden kann. Die Lebensbestiimmung ordnet bei einem Thiere immer auch die relative Ausbildung seiner Sinnesorgane. Das unterirdische Le- ben des Maulwurfs, auf welches er durch seinen Instinkt und durch den Bau seiner Bewegungsorgane zum Graben angewiesen ist, macht eine so grofse Ausbildung des Sehorganes, wie bei den am Tage lebenden Thie- ren überflüssig und bestimmt die Natur zur relativ gröfsern Ausbildung seines Tastorganes in dem Nasenrüssel. Nirgends zeigt sich aber die Ab- hängigkeit der relativen Ausbildung der Sinnesorgane von der innern Be- stimmung des Thiers gröfser als bei den parasitischen Thieren. Durch den Verlust eines Sinnesorganes verliert der Mensch einen Theil seiner Aufsenwelt. Die Natur wird auch die Sinnesorgane beschränken, wenn sie die Aufsenwelt eines Thieres in enge Grenzen setzt. Es ist bekannt, dafs die meisten parasitischen Thiere blind sind, einige, welche im freien Zustande mit Augen versehen waren, verlieren sie, wenn sie nach einer Metamorphose ihres Körpers parasitisch werden. Dafs die Myxinoiden wirklich auch als Parasiten leben, obgleich sie hauptsächlich im Freien gefunden werden, steht jetzt durch wiederholte Zeugnisse fest. Schon nach älteren Zeugnissen, die.ich in der verglei- chenden Anatomie der Myxinoiden anführte, sollte Myxine glutinosa ins des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 35 Innere der Fische, namentlich des Dorsches eindringen. Mir schien diefs noch zweifelhaft: aber es steht nun fest. Herr Reinhardt in Copen- hagen versicherte mich, dafs er Myxinen im Innern grofser Fische des Sundes, z. B. des Störs angetroffen habe, und ich hatte selbst das Vergnügen, drei Exemplare der Myxine glutinosa in der Bauchhöhle eines grofsen Hornhaies, Zamna cornubica, zu finden, welcher frisch in Salz von Hrn. Eschricht hierher gesandt war. Hier können sie durch die Öfinun- gen der Bauchhöhle am After eingedrungen sein. Diesem parasitischen Leben entspricht nun der höchst unvollkommne Zustand der Augen bei den Myxinoiden, namentlich an Myxine glutinosa, die man sogar für ganz blind gehalten hat. An dieser Stelle mag es ver- gönnt sein, über die Gesichtsorgane dieser Thiere einige vorläufige Mit- theilungen zu machen. Eine genügende Untersuchung über das Auge der Bdellostomen hat sich bisher noch nicht anstellen lassen, da hierzu bes- ser erhaltene und frische Exemplare nöthig sind; gleichwohl kann ich nicht ganz übergehen, was ich an zweien gröfsern Exemplaren von Bdel- lostoma wahrgenommen. Das Auge der Bdellostomen liegt an jeder Seite der Oberfläche des Kopfes, der Grenze zwischen Nasenkapsel und Hirnkapsel entsprechend, auf der obern Grenze des vordern Theils des museulus retrahens ossis hyoidis (vergl. Anatomie der Myxinoiden Tab. VI. Fig.2. 7?) und am vor- dern etwas ausgeschnittenen Rande der grofsen Seitenmuskeln (d’). Es ragt ein wenig über die Oberfläche des Kopfes hervor und ist von einer dünnen Fortsetzung der Haut bedeckt. Bei oberflächlicher Ansicht scheint das Auge ziemlich grofs (2” im Durchmesser) zu sein. Bei genauerer Untersuchung erkennt man indefs, dafs der gröfsere Theil der Kugel, die man für das Auge genommen, aus Fett und Zellgewebe besteht, auf dem vordersten Theil dieses kugeligen Fettpolsters ist das sehr kleine Auge nur eingesetzt. Der Durchmesser dieses kugeligen Fettkörpers ist mindestens dreimal so grofs als der Durchmesser des kleinen Auges selbst. Das Fett- polster wird daher allein zunächst von den vorhergenannten Muskeln be- grenzt. Unten ruht es auf der Oberfläche der seitlichen Kopfleisten oder auf den Gaumenleisten (Siehe vergleichende Anatomie der Myxinoiden Tab. VIM. Fig.2. @). Zwischen dem Fettpolster und der Nasenkapsel E2 36 Müuuer über den eigenthümlichen Bau liegt der erste Ast des nerpus trigeminus (vergl. Anatomie der Myxinoiden Tab. VII. Fig.2 Nr.5). Das Verhältnifs des kleinen Auges zu dem Fett- körper wird am deutlichsten, wenn man das Ganze von oben nach unten durch die Mitte senkrecht durchschneidet. Man sieht dann den Durch- schnitt, welcher Tab.II. Fig. 1 der gegenwärtigen Abhandlung vergröfsert abgebildet ist. Das Auge ist nämlich in den obern Theil des Fettkörpers so eingesenkt, dafs es an den Seiten und hinten von diesem Körper einge- hüllt wird, während blofs der mittlere obere Theil des Auges, oder der- jenige, den man mit der Cornea vergleichen kann, davon frei ist. Dieser mittlere obere Theil des Auges stöfst unmittelbar an die äufsere Haut und wird davon dünn überkleidet; auch der obere Theil des Fettkörpers um das Auge herum wird von der äufsern Haut des Thiers bedeckt. Das kleine Auge ragt übrigens nicht über den Fettkörper hervor, sondern bildet mit seinem freien obern Theil nur den mittlern Theil der Convexität, deren äufserer Umfang von dem Fettkörper selbst gebildet wird. Siehe Tab. I. Fig. 1 der gegenwärtigen Abhandlung. Senkrechter Durchschnitt des Auges, Fettkörpers und der äufsern Haut, a. äufsere Haut, wo sie die obere Fläche des Feitkörpers, «, wo sie den obern Theil des Auges selbst überkleidet. b. Fetikörper, ce. Durchschnitt des Auges, d. Sehnerve. Der Sehnerve entspringt von der Basis einer Abtheilung des Ge- hirns, welche unpaarig ist und nur an der untern Fläche des Gehirns gesehen wird. Die beiden ersten Abtheilungen des Gehirns sind paarig. Diejenige, von welcher es sich jetzt handelt, springt an der Basis des Ge- hirns als eine convexe unpaarige Erhabenheit zwischen den Basilartheilen der zweiten Abtheilung des Gehirns leicht vor. Sie liegt vor der Hypophysis. Siehe Tab. HI. Fig. 9. der gegenwärtigen Abhandlung, Basis (des Gehirns von Bdellostoma hexatrema. A. A. vordere Abtheilung des Gehirns, ganz paarig ohne Commissur, Lobi olfactorü. B. B. zweite Abtheilung des Ge- hirns, paarig, Hemisphaeria cerebri. Zwischen B und B erscheint in der Mitte die unpaare Abtheilung C, von welcher die Sehnerven Nr. I. ent- springen. D ist der Stiel der Hypophysis, welche letztere nicht mit darge- stellt ist. Z’ ist die Basis der dritten paarigen Abtheilung des Gehirns. H der mittlere unpaare Vorsprung der Medulla oblongata, die verschmolzenen Lobi inferiores. II. die Seitentheile der Medulla oblongata. K. das Rückenmark. In Tab. II. Fig. 8. sieht man das Gehirn von oben abgebildet. A. A. Lobi des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 37 olfactorü. B.B. Hemisphaeria. Die untere unpaare Abtheilung ist hier nicht sichtbar. E. Glandula pinealis. F. dritte paarige Abtheilung des Ge- hirns, Lobi optici. G. hinterste oder vierte paarige Abtheilung. I. Medulla oblongata. Die nervi optici sind, wie auch bei Petromyzon, ohne Kreuzung und entspringen neben einander. Der Sehnerve geht durch eine kleine ÖFE- nung der Gehirnkapsel vor der Öffnung für den nervus trigeminus. Nach- dem er ausgetreten, liegt der erste Ast des nervus trigeminus über ihm. Er geht sodann nach auswärts und etwas nach vorwärts zum Fettkörper des Auges, durchbohrt denselben (Tab. II. Fig. 2. d) und gelangt so zum Auge selbst. Am Auge unterscheidet man eine dünnhäutige Selerotica und einen der Cornea entsprechenden vordern Theil der Augenhaut, welcher fast gar nicht oder gar nicht über die Fläche der Sclerotica vorspringt. Das Innere des Auges erschien, wahrscheinlich in Folge der Maceration, leer, kaum nahm ich noch Spuren eines zarten ungefärbten Häutchens an der innern Fläche der Sclerotica wahr. Von Iris und schwarzem Pigment konnte nichts beob- achtet werden, indefs war die Sclerotica mehr grau als weils. Der Kern des Auges schien ganz zerstört und macerirt zu sein. Weder Linse noch Glas- körper und nur kleine Fragmente einer gelblichen Substanz waren zu erken- nen. Bei keinem der von mir untersuchten Augen (ich untersuchte 4) war ich glücklicher. Ob das Auge wirklich durchsichtige Medien, Linse und Glaskörper oder vielleicht eine bulböse Anschwellung des Sehnerven ent- hält, mufs ich für jetzt unentschieden lassen. Bei diesem Zustand der Dinge wäre es vielleicht passender gewesen, das wenige vorliegende zu un- terdrücken, wenn ich einige Hoffnung gehabt hätte, durch neue Exemplare dieses so seltenen Thieres mir bessere Aufklärung zu verschaffen. Die Augen der Bdellostomen sind völlig ohne Augenmuskeln. Ich sprach dies schon in meiner ersten Abhandlung, jedoch mit einigem Mifstrauen aus, weil ich damals nur ein grofses Bdellostoma untersuchen konnte. Jetzt kann ich es mit völliger Gewifsheit behaupten, nachdem ich noch ein zwei- tes grofses Exemplar von Bdellostoma aus der Sammlung von Lamare Pi- quot untersuchen konnte. Bei der sorgfältigsten Untersuchung des Fett- körpers fand ich auch nicht eine Spur von etwas, was die Existenz von Augenmuskeln wahrscheinlich machen könnte. Welcher Unterschied von 38 Mürren über den eigenthümlichen Bau dem Auge der Petromyzon, dessen Inneres alle wesentlichen Theile des Fischauges enthält, dessen Augenmuskeln in der gewöhnlichen Anzahl vor- handen sind und durch zwei besondere motorische Nerven bewegt werden. Die Myxinoiden bieten uns daher unter den Wirbelthieren wirklich das einzige Beispiel eines Auges ohne Augenmuskeln und eines Sehnerven ohne die accessorischen motorischen Augennerven dar. Die zweite Gattung der Myxinoiden, Myxine steht hinsichtlich der Gesichtsorgane noch weit hinter den Bdellostomen zurück. Ich hielt die Myxine glutinosa lange Zeit für völlig blind, wie sie allgemein gilt und wie ich es in meiner ersten Abhandlung auch ausgesprochen habe. In der That findet sich an der Stelle, wo bei Bdellostoma das Auge oberflächlich unter der Haut und über den Muskeln liegt, keine Spur dieses Organes. Bei Wegnahme der Muskeln an dieser Stelle ward ich indefs nicht wenig überrascht, unter den Muskeln ein dem Auge der Bdellostomen ähnliches Körperchen zu finden, welches auch über der Gaumenleiste und über dem ersten Aste des n. Zrigeminus lag, wo er aus der Schädelhöhle ausgetreten ist, und dessen Lage ebenfalls der Grenze zwischen Nasenkapsel und Hirn- kapsel entsprach. Der einzige Unterschied war nur, dafs dieses Organ bei Alyxine ganz von den Muskeln, nämlich vom Ursprung des Anziehers der Nase und des Anziehers der Tentakeln bedeckt war. Es sind die Muskeln Q und AR Tab. VI. Fig.2. unserer ersten Abhandlung. Das Organ fand sich in allen untersuchten Myxinen in derselben Weise wieder und die Lage war immer gleich ungünstig für den Einflufs des Lichtes, in allen Fällen war es vom Ursprunge der genannten Muskeln völlig bedeckt. In Tab.I. Fig. 3. der gegenwärtigen Abhandlung sieht man die Lage des Organes nach Weg- nahme der genannten Muskeln dargestellt. Die Figur stimmt, abgesehen von dem viel kleinern Umfange des Auges, sehr mit der von Bdellostoma Tab. VIII. Fig. 2. unserer ersten Abhandlung überein. a. ist das Nasen- rohr, 5. die Nasenkapsel, c. die Gehirnkapsel, d. die Gaumenleiste, e. der Schlundkorb, f. die Ohrkapsel, g. das fragliche Organ, 1. erster oder vor- derer oberer Ast des n. trigeminus über der Gaumenleiste, 1’. Hautast des- selben, welcher gerade an der Stelle von ihm abgeht, wo das Organ über ihm liegt. -2. unterer vorderer Ast des n. irigeminus, unter der Gaumen- leiste hervortretend. 3. 4. Herabsteigende und rückwärtsgehende Äste des des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 39 n. trigeminus. In Tab. Hl. Fig. 4. der gegenwärtigen Abhandlung sieht man das Verhältnifs des Organes zu den darüber liegenden Ursprüngen der An- zieher der Nase und Tentakeln. Das genannte Organ der Mywine besitzt nicht ein solches Fettpolster wie bei Bdellostoma. Bedenkt man, dafs der scheinbar grofse Umfang des Auges der Bdellostomen von der Fettmasse herrührt, auf welcher und in welcher es, an sich klein, eingebettet ist, so sind die Organe der Bdellosto- men und Myxinen in der Gröfse verhältnifsmäfsig nicht sehr verschieden. Das Organ der Mywine ist nur von Zellgewebe umhüllt und sitzt durch dasselbe der Oberfläche des Anfangs des ersten Astes des n. trigeminus dicht auf, läfst sich aber leicht davon, ohne Störung eines organischen Zusammenhanges lösen. Zu dem Organe geht, wie bei Bdellostoma, ein besonderer, schr fei- ner Nerve, der aber, wie mir an mehreren Exemplaren erschien, nicht wie bei Bdellostoma unter, sondern über dem ersten Aste des n. /rigeminus zum Organ sich wendet. Siehe Tab.H. Fig. 5. dieser Abhandlung. Es scheint sonderbar und ohne Grund ein Organ Auge zu nennen, das doch durch seine Bedeckungen vom Lichte abgehalten ist. Indefs dafs der fragliche Theil wirklich die Bestimmung der Lichtempfindung habe, wird wahrscheinlich aus der Übereinstimmung seiner Lage mit dem oberflächli- chen Auge der Bdellostomen, aus der Übereinstimmung der Nerven und zum Theil auch aus seinem Bau. Die Bedeckung des Organes von Muskeln schliefst die Wirkung des Lichtes nicht völlig aus, da dasselbe ja scheinbar undurchsichtige thierische Theile von viel gröfserm Umfang, wie die Augen- lieder, die Knochen, die ganzen Finger durchscheinet. Das Licht mag also durch die Haut und durch die Muskeln der Myxine, welche zusammen 1 Linie an jener Stelle betragen, wirken, wie es durch unsere geschlosse- nen Augenlieder wirkt. Diefs ist hinreichend, um helle und dunkle Orte zu unterscheiden. Denn zu gröfserer Unterscheidung könnte das Auge der Myxinen schon wegen seines innern Baues, ohne brechende optische Mittel, nicht gelangen, wenn es auch nicht von Muskeln bedeckt wäre. Dieser Standpunkt eines Wirbelthieres erinnert an den ähnlichen eines andern, selbst in der Classe der Säugethiere; das Auge von Spalax typhlus enthält zwar die durchsichtigen Medien, ist aber von der ganzen Dicke der mit Haaren bewachsenen Haut bedeckt. 40 Mütter über den eigenthümlichen Bau Ich komme nun zur nähern Untersuchung des fraglichen Organes der My.sine glutinosa. Dieses Körperchen ist etwas länglich, so zwar dafs die Längenachse desselben mit der Längenachse des Körpers des Thieres über- einstimmt. Die äufsere Haut des Organes ist ziemlich fest und wie es scheint, ohne deutliche Grenze einer Cornea und Sclerotica. Eine zweite innere Haut konnte ich nicht auffinden. Auch zeigte sich von Iris und Pigment keine Spur. Wird die Haut des Organes aufgeschlitzt, so er- scheint darin ein trüber markıger runder Körper, welcher das Innere aus- füllt und nur auf dem Grunde, wo der Nerve zutritt, fester anhängt. Tab. H. Fig. 6. a. die aufgerissene äufsere Haut, 5. der markige Körper, c. der Sehnerve. Mit einer Linse hat dieser Körper keine Ähnlichkeit, da er weich und nachgiebig ist, cher könnte er einem Glaskörper verglichen werden, der in Weingeist trüb geworden; aber das mikroskopische Anse- hen spricht mehr für ein nervöses markiges Gebilde. Obgleich eine genü- gende mikroskopische Untersuchung nicht mehr angestellt werden konnte, so liefs sich doch in der trüben, scheinbar körnigen Masse eine Spur von faseriger Bildung erkennen. Hierbei wird man an die Augen einiger Würmer, wie der Nereiden erinnert, welche in einer becherförmigen Kapsel, eine bul- böse Anschwellung des Sehnerven, aber keine brechenden Medien enthal- ten ('). Es bleibt übrigens höchst wünschenswerth, dafs die fraglichen Or- gane an frischen Bdellostomen und Myxinen untersucht werden. Denn nur hierdurch läfst sich die noch fehlende Sicherheit in Hinsicht der Natur die- ser Werkzeuge erlangen. So vieles noch für die Untersuchung der Sehwerkzeuge bei den My- xinoiden übrig bleibt, so leuchtet jedenfalls der grofse Unterschied in die- ser Richtung von der vollkommenen Organisation der übrigen Cyelostomen ein, und wie die Natur bei den Myxinoiden ein viel gröfseres Gewicht auf die Leitung des Thieres durch die anderen Sinne als durch den Gesichtssinn gelegt hat. Denn in Hinsicht der Geruchsorgane, Gehörorgane und Tastor- gane stehen die Myxinoiden nicht hinter den Peiromyzon und Ammocoetes zurück. Diefs ergiebt sich aus den schon mitgetheilten Thatsachen über die Bildung der Geruchsorgane und Gehörorgane bei den Myxinoiden. (') J. Müller, Annales des sciences des naturelles. XXI. p- 19. des Gehörorganes bei den C'yclostomen. 41 Was die Tastwerkzeuge betrifft, so sind sie zwar auf verschiedene Weise in den Petromyzon, Ammocoetes und in den Myxinoiden angelegt, indem sie bei den Peiromyzon als franzige Anhänge des Lippenringes, bei den Ammocoetes als gefranzte Lappen der Lippen und Zunge, bei den Myxi- noiden als von Knorpeln gestützte Tentakeln erscheinen, aber keiner der Gattungen läfst sich in dieser Hinsicht eine gröfsere Ausbildung des Tast- sinnes zuschreiben. In die Structur der Tentakeln der Myxinoiden ein- zugehen, würde überflüssig sein, da diese Theile bereits ausführlich in der ersten Abhandlung über die vergleichende Anatomie der Myxinoiden beschrieben sind. uunwnnmnr Physikal. Abhandl. 1837. F SS [857 Mürrer über den eigenlhümlichen Bau Erklärung der Abbildungen. Tab.I. Gehörorgan der CGyclostomen. Fig. 1. Labyrinth von Peiromyzon marinus, aus der knorpeligen Gehörkapsel herausgenom- men, von oben angesehen, vergröfsert. Die äulsere Haut des Labyrinthes ist ab- präparirt und zurückgeschlagen, x. y. z. sind reifenartige Faserbündel der äulsern Haut des Labyrinthes. Das Bündel x gehört der Furche x’ an. a. Pestibulum membranaceum. d. Ampullen der halbeirkelförmigen Canäle. c. Halbeirkelförmige CGanäle. d. Commissur derselben. Fig. 2. Dasselbe von oben und innen. Die Bezeichnung a. b. c. d. wie in der vorigen Figur. k. Der Gehörnerve. Fig. 3. Ansicht des Labyrinthes von der innern Seite. Die Bezeichnung wie in den vorigen Figuren. Fig. 4. Ansicht des Labyrinthes von unten. a. Zellen des Labyrinthes. d. Ampullen der halbeirkelförmigen Canäle. f. Umpaariges Säckchen. k. Gehörnerve. Fig. 5. Theil des Bodens des Labyrinthes, mit welchem die halbeirkelförmigen Canäle und das unpaarige Säckchen verbunden sind. 5. Ampullen der halbeirkelförmigen Canäle. c. Halbeirkelförmige Canäle dicht über den Ampullen abgeschnitten. b’. Stelle wo die Ampullen mit dem hier abgeschnittnen membranösen Vestibulum zusam- menhängen, faltenförmiger Vorsprung. e. Knorpelplättchen in der Mitte des Bodens des veszibulum membranaceum zwischen den Ampullen der halbeirkellörmigen Canäle. f- Unpaariges Säckchen. k. Gehörnerve. x. Reste der faserigen Bündel aus der äulsern Haut des Labyrinthes. Fig. 6. Ampullen der halbeirkelförmigen Canäle isolirt dargestellt. b. 6.5. Abtheilungen der Ampullen. k. Gehörnerve. x. y. Beste der faserigen Bündel aus der äufsern Haut des Labyrinthes. Fig. 8 Labyrinth des Petromyzon marinus, geöffnet. A. Aufsere Haut des Labyrinthes, zurückgeschlagen. a. Das geöffnete vestibulum membranaceum. db’. Faltenförmiger Vorsprung, Grenze des vestibulum membranaceum und der Ampulle. c. Halbeirkelförmiger Canal, durchgeschnitten und zum Theil von der Oberfläche des ve- stibulum membranaceum abgelöst. des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 43 3. Aufrechtstehende Falte im Grunde der Ampulle. e. Knorpeliges Plättchen im Grunde des vestibulum membranaceum. Dasselbe was e. Fig. 5. Fig. 8. Halbeirkeiförmige Canäle von dem ihnen angewachsenen vestibulum membranaceum Fig. befreit, und Commissur derselben mit dem Schlitz %, durch welchen die Canäle sich gemeinschaftlich in das veszibulum membranaceum öffnen. Am Rande dieses Schlitzes geht die Haut der Canäle in die Haut des vestibulum membranaceum über. z. Papillenförmiger Vorsprung in der Mitte des Schlitzes, aus der obern Wand der Commissur der balbeirkelförmigen Canäle. 9, Das vestibulum membranaceum geöffnet und aufgeschlagen, die halbeirkelförmigen Canäle sind grölstentheils bedeckt, ihr Verlauf durch punktirte Linien ausgedrückt. Vestibulum membranaceum. ’.a’. Quere und Längs-Vorsprünge nach innen. db’. Vorsprünge oder Säume am Übergang des vestibulum membranaceum in die Ampullen. Ampulle. Stück des einen halbeirkelförmigen Canales, dessen Ampullen - Ende abgeschnitten wor- den, um die Borste einzuführen, welche an dem Commissur-Ende der Ampulle aus dem gemeinschaftlichen Schlitz beider Ampullen herausragt. Auf der andern Seite c’ ist das Commissur-Ende der Ampulle abgeschnitten und eine Borste in das Ampullen- Ende des Canales bis in das veszibulum membranaceum gebracht. Koorpeliges Blättchen im Grunde des veszibulum membranaceum zwischen den Eingän- gen beider Ampullen. Unpaariges Säckchen, zum gröfsten Theile in der Ansicht bedeckt. Ah. Schlitz der Commissur der Ampullen in das Innere des aufgeschniltenen veszibulum ınembranaceum klaffend. i. Papillenförmiger Vorsprung an diesem Schlitz, wie z. Fig. 8. g. Aufrechtstehende Falten im Grunde beider Ampullen. Fig. 10. Commissur der Ampullen von der dem veszibulum membranaceum zugewandten Seite. Fig. 11. Querdurchschnitt durch die knorpelige Gehörkapsel und das Labyrinth der Myxine glutinosa. a. Knorpelige Gehörkapsel. a’. Scheidewand im Innern der Kapsel. 6. Innere Knorpelhaut der Gehörkapsel. c. Labyrinth. Fig. a . 12. Das häutige ringförmige Labyrinth aus der knorpeligen Gehörkapsel herausgenommen. . Canal des Labyrinthes. .d. Zwei quere Streifen an der obern Seite des Ringes, wahrscheinlich von der Ausbrei- tung des Nerven herrührend. . 13. Durchschnitt durch das häutige Labyrinth. Taf. I. 1. Das Auge und sein Fettkörper bei Bdellostoma heterotrema, vergrölsert. . Haut. a’. Theil der Haut, welcher über das Auge weggeht. b. Fetikörper. F2 en vn Mürren über den eigenthümlichen Bau c. Auge. d. Nervus opticus. Fig. 2. Durchschnitt derselben Theile, man sieht die Fortsetzung des Sehnerven durch den Fettkörper bis zum Auge. 3. Lage des dem Auge der Bdellostoma analogen Theils bei Myzine glutinosa. . Nasenrohr. Nasenkapsel. Hirnkapsel. Gaumenleiste. Fortsetzung dieses Skelettheils in den Schlundkorb. Gehörkapsel. Dem Auge analoges Körperchen. . Erster En vorderer oberer Ast des n. zrigeminus über der Gaumenleiste. Y. Hautast desselben. 2.3.4. Äste des zrigeminus unter der Gaumenleiste. Fig. 4. Muskeln, das augenartige Körperchen bedeckend. . Nasenrohr. ? PR LA HRR Nasenkapsel. Gebirnkapsel. Schlundkorb. . Auge vom Ursprung der Muskeln A und S bedeckt. R. ie der Nase. PER ” S. Anzieher der Tentakeln. Fig. 5. Dieselben Theile wie in Fig. 3. Aber das augenähnliche Körperchen ist so gelegt, dals man den eigenen Nerven desselben bemerkt. Fig. 6. Zergliederung des augenähnlichen Körperchens der Myxine glutinosa. a. Aulsere Haut. d. Innere pulpöse Substanz. c. Nerve. Fig. 7. Einzelne Falten der Riechhaut aus der Nasenkapsel der Myxine glutinosa. Fig. 8. Gehirn des Bdellostoma hexatrema von oben. A. Lobus olfactorius. Erste paarige Abtheilung des Gehirns. B. Hemisphaerium. Zweite paarige Abtheilung des Gehirns. E. Unpaarer mittlerer oberer Körper des grolsen Gehirns. F. Dritte paarige Abtheilung des Gehirns. ’ G. Vierte paarige Abtheilung des Gehirns. I. Lobus medullae oblongatae. T’. Vorderes stumpfes Ende des Zobus medullae oblongatae, wovon der nervus trigeminus entspringt. IT". Sinus rhomboidalis medullae oblongatae. K. Rückenmark. I. Geruchsnerve. UI. n. trigeminus. IV. n. facialis. vn. acusticus. des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 45 VI n.vagus. Fig. 9. Gehirn von Bdellostoma hexatrema von unten. A. Erste paarige Abtheilung des Gehirns, lobi olfactorii. B. Zweite paarige Abtheilung des Gehirns, Hemisphaeria. €. Unpaare untere Abtheilung des Gehirns, von welcher die Sehnerven entspringen. D. Stiel der Hypophysis. F. Dritte paarige Abtheilung des Gehirns. H. Unpaarer mittlerer Vorsprung der medulla oblongata. T. Vordere Enden der Zodi medullae oblongatae, oder seitliche Vorsprünge der medulla oblongata. i. Innere untere Stränge der medulla oblongata, corpora pyramidalia. i’. Äufsere Stränge der medulla oblongata, untere Seite der lodi medullae oblongatae. Furche zwischen den äulsern und innern Strängen. K. Rückenmark. 1. Geruchsnerve. 11. Sehnerve. III. n. Zrigeminus. Iv. n. facialıs. V. n. acusticus. VI. n. vazus. Fig. 10. Die medulla oblongata von Bdellostoma hexatrema mit den Hirnstielen. a. Rückenmark. b. Lobus medullae oblongatae. c. n. trigeminus. d. sinus rhomboidalıs. e. Hirnstiel. f. Zwei Leisten, die neben der Mittellinie im sinus rhomboidalis vorwärts gehen, innere obere Stränge der medulla oblongata, sie schliefsen eine spaltartige Vertiefung ein. Fig. 11. Obere Seite des Gehirns der Myzine glutinosa. Die Bezeichnung wie in Fig. 8. Fig. 12. Untere Fläche des Gehirns der Myxine glutinosa. Die Bezeichnung im Allgemeinen wie in Fig. 9. ı. Nervenähnlicher Faden, muthmafslicher Sehnerve. D. Hypophysis. Fig. 13. Obere Fläche der medulla oblongata und der Hirnstiele von Myxine. Die hintern Lappen des Gehirns sind vom sinus rhomboidalis so abgezogen, dals man die im sinus rhomboidalis liegenden Gebilde wahrnimmt. a. Innere obere Stränge der medulla spinalis. a’. Äulsere Stränge derselben. b. Lobus medullae oblongatae. II. n. frigeminus. IV. n. facialıs. V. n. acusticus. VI. n. vagus. d. Sinus rhomboidalıs. 46 Mürrer über den eigenthümlichen Bau e. Seitlicher Theil der Hirnstiele. f. Innere obere Leisten der Hirnstiele, sie schliefsen die Spalte g, das einzige Rudiment eines Ventrikels zwischen sich ein. h. Hintertheil des Gehirns. x. Horizontaler Querdurchschnitt des Gehörorganes. Fig. 14. Seitliche Ansicht des Gehirns von Myxine glutinosa. A. Lobus olfactorius. B. Hemisphaerium. F.G. Dritte und vierte paarige Abtheilung des Gehirns. I. Lobus medullae oblongatae. i. Hirnstiel. TI”. Sinus rhomboidalıs. K. Rückenmark. 1-vI. Nerven wie in Fig. 12. Fig. 15. Senkrechter Längsdurchschnitt des Gehirns der Myxine glutinosa. A. B.F.G. Durchschnitt der 4 Abtheilungen des Gehirns. I. Durchschnitt durch den Zodus medullae oblongatae. TI”. Sinus rhomboidalıis. Fig. 16. Querdurchschnitt des Rückenmarkes von Myxine glutinosa. a. oben, d. unten. Taf. II. Fig. 1. Mikroskopische Ganglienkörperchen aus der medulla oblongata von Petromyzon marinus. Fig. 2. Bandartige Fasern in der medulla spinalis. a. bei mälsiger Vergrölserung, 5. bei 450 maliger Vergrölserung. Fig. 3. Gehirn von Petromyzon fluviatilis von oben, vergrölsert. A.A. Lobi olfactorü. B.B. Lobi optici. Ü. Lobus ventriculi tertii, unpaarig- c. Schnabelförmiger vorderer oberer Fortsatz desselben, mit zwei seitlichen und einer hintern Lippe und einem mittlern Spalt, c’. Eingang des dritten Ventrikels. D.D. Vierhügel. d. Stelle, wo die Substanz aufserordentlich dünn ist, so dafs sie für eine Spalte gehal- ten werden kann. E. Obere Seitentheile der medulla oblongata. e. Commissur dieser Theile, Spur des kleinen Gehirns. F. Sinus rhomboidalis und ventriculus quartus. G. Rückenmark. I. Geruchsnerve. IV. n. trochlearis. vs n. trigerninus. vI. n. facialis. VII. n. acusticus. VII. n. vagus. IX. n. hypoglossus. des Gehörorganes bei den Cyclostomen. 1. Ersten Rückenmarksnervens obere Wurzel. 1’. Desselben untere Wurzel. 2. Zweiten Rückenmarksnervens obere Wurzel. 2. Desselben untere Wurzel. Fig. 4. “Basis des Gehirns von Petromyzon fluviatilis. A.A. Lobi olfactorü. B.B. Hemisphaeria. b. Verbindung derselben nach hinten. C Lobus ventricuäi tertü. e Hypophysis. D.D. Vierhügel. E.E. medulla oblongata. e.e. Hirnstiele. eo Lobus inferior. G Rückenmark. I Geruchsnerve. IL. Sehnerve. UI. n. oculomotorius. y> n. trigeminus. 5. _Vordere Wurzel desselben. VI. n. facialis. VI. n. acusticus. vIll. n. vagus. IX. n. hypoglossus. 1. Untere Wurzel des ersten Spinalnerven. 2. Untere Wurzel des zweiten Spinalnerven. Fig. 5. Seitliche Ansicht des Gehirns von Petromyzon fluviatilis. A. Lobus olfactorius. B. Hemisphaerium. C. Lobus ventriculi tertü. Schnabel desselben. Spalte, Eingang des dritten Ventrikels. C’. Hypophysis. ir 2} Re D Vierhügel. ze Lobus inferior. E. Medulla oblongata. F. Sinus rhomboidalis. G. Medulla oblongata. I. Geruchsnerve. U. Sehnerve. II. n. oculomotorius. IV. n.trochlearis. N n. trigeminus. VI. n.facialıs. 48 Müruer über den eigenthümlichen Bau u. s.w. VI. n. acusticus. VIII. rn. vagus. IX. Fig. b. Fig. Fig. n. hypoglossus. Obere Wurzel des ersten Spinalnerven. Untere Wurzel desselben. Obere Wurzel des zweiten Spinalnerven. Untere Wurzel desselben. .6. Senkrechter Längendurchschnitt des Gehirns von Petromyzon fluviatilis (ohne die lobi olfactorü und Hemisphären). Lobus ventriculi tertü. Schnabel desselben. Fentriculus tertius. Hypophysis. Vierhügel. . Stelle desselben, die fast offen scheint und nur durch ein dünnes Markblatt geschlossen ist. Höhle des Vierhügels. Commissur der Seitentheile der medulla oblongata, Pudiment des kleinen Gehirns. Sinus rhomboidalis und ventriculus quartus. Basis des Gehirns hinter der Hypophysis und Basis der Höhle des Vierhügels, des vierten Ventrikels und des sinus rhomboidalis. medulla spinalis. rm .7. Senkrechter Querdurchschnitt des Gehirns von Petromyzon fluviatilis in der Gegend der Corpora quadrigemina. .8. Dasselbe in der Gegend des vordern Endes des venzriculus tertius. Schnabel des Zodus ventrieuli tertü. Fentriculus tertius. Hemisphaeria. .9. Dasselbe etwas weiter hinten. Durchschnitt des dritten Ventrikels. Schnabel des Zobus ventriculi tertü. Höhle dieses Ventrikels. Hypophysis hohl. 10. Dasselbe weiter hinten. Lobus ventriculi tertü. Höhle desselben. 11. Faltiges Organ, welches den hintern Theil des Gehirns und die meduila oblongata der Petromyzon bedeckt. 12. und 13. Ansichten vom Gehirn des Thunfisches, Trynnus vulgaris. Diese beiden Abbildungen, welche ich der Güte des Herrn Valenciennes verdanke, sind hier beigegeben, um das der Reduction des kleinen Gehirns bei den Petromyzon entge- gengesetzte Extrem, die ungeheure Entwickelung des kleinen Gehirns anschaulich zu machen. Ich werde mich auf diese Abbildungen in der Neurologie der Myxi- noiden beziehen. Zu Hrn: Müllers Abhandl: vber dies Gehororgan der Orclostomen » Lhres Cl AIB3Z. ENDE, Fig dt. d Fig. ER Fig. 8. I. Mütter del , - Grusmacher sc . Aka 2 ER I m Bi u 1 Eu L Br A ’ an ae BB Tu: AH n BE Me: ri® £3 a ” Hei N | P RR ü Mn Er . “ UN. ws SE BRcır en eg ne eu F . Be) en: y „a, u u ®3 ir Ds I et u u B- i Ka. u 2 u DR u f ni W “N R Y i "ac it PS ; — Be De IR DEN IN ei BR: Er; an Min ct Be: Se u on Ins 08 Aal R u u ‚ P . j ı AUG . cz y u Bu u E22 Er us Tu ( ‚v1 h Far ° \ j iR FA j . 5 . \ en fi a R Be: . vr ‚nu u . v un RN / Miller del. CE. Weber se. a. Tab.H. Da WE Bas Fr en ne 2 En - Di “y y [25 EN a ur > REN L 2 a 5 5 ey A wi 5 DEN, LE Ma: J RS Nr PORRER = = j FR ” x hr r EZ ER RER" Ey ii aa) E. ’ Re u E "A BR u St Tab IH. Zu Hon: Aliller's Abhandl: über das Gehörorgan der (yelostomen 1837. . Jiy.3. F y Fig. 1 9-3 ER Fiy.7. \ 7a y U] 29.8 a c \ \ + ER %y.2 b 1 ” F “ R) #2 Fig. /0 P @ & Fig. HM ) ‘ j Big. 5 a Fig. 0. a ER = e 3 a2 we Y el zZ N 2 ? c £ I | ER N DE RL N 2 Ks SRTEReERDn ou 2; RT WAR, I NASE ; or N: @ ESTER > E + Vi, -ZE . 22. VIE ME yE m yr € EG R 5 Fig. 13 ZZ Fıiq 12. > _ Bl RL x I [2 zZ C.E Weber sc. J Miller del. x > ü fi „ R% Er Über den Jura ın Deutschland. \ Is iv.0b Ü:CH;. mmmnmnnmwnVVYn [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 23. Februar 1837.] V. zwanzig Jahren wufste man nicht, dafs der Jura der Schweitz ohne in irgend einem Theile unterbrochen zu sein, durch den gröfsten Theil von Deutschland sich fortziehe, und nur erst an den Grenzen von Sachsen sich endige. Dals die feste Bestimmung und Verfolgung einer jetzt so offen da- liegenden Thatsache Schwierigkeiten hätte unterworfen sein können, würde man auch jetzt gar nicht mehr ahnden, da in der Erstreckung dieses Gebir- ges die Knochenhöhlen von Muggendorf liegen, die Steinbrüche von Solen- hofen und die Eisenwerke von Aalen welche schon immer die Naturforscher beschäftigt hatten. Wie viele Mühe es jedoch gekostet hat, in diesen Be- stimmungen bis zu einiger Vollständigkeit zu gelangen, zeigen hinreichend die Versuche, welche nach und nach angestellt worden sind, dieses Gebirge auf geognostische Karten zu verzeichnen, von denen glücklicherweise nur die Wenigsten bekannt gemacht worden sind. Die topographischen Karten haben erst spät angefangen das Resultat der geognostischen Untersuchung zu benutzen, und vielleicht ist auch nur noch die vortrefiliche kleine Karte von Deutschland von Grimm die einzige, welche den ganzen Fortlauf des Gebir- ges mit der gehörigen Deutlichkeit zeigt. Denn es hat dieses Gebirge die Eigenthümlichkeit, dafs es ganz schlagend den Irthum der Geographen er- weist, den Wassertheiler zugleich für den höchsten Gebirgsrücken zu hal- ten. In dieser falschen Voraussetzung sind fast alle Karten, vor der Grimm- schen, gezeichnet, und daher geben sie ein ganz falsches Bild der inneren Provinzen des Landes. Der deutsche Jura wird nehmlich 4 oder 5 mal in seiner ganzen Breite von Flüssen durchschnitten, welche ihre Quellen weit vom Gebirge entfernt in flachen Hügeln aufserhalb finden. Die Wernitz Physikal. Abhandl. 1837. G 50 v. Bucı bei Nördlingen, die Altmühl bei Pappenheim sammeln alle Gewässer von der Tauber und vom Main her, und führen sie, quer durch den Jura, nach Donauwerth und nach Kellheim zur Donau. In ganz entgegengesetzter Richtung durchschneidet wieder die Pegnitz das Gebirge um die Wässer der Gegend von Baireuth nach Nürnberg zu bringen. Es ist ein sonderbarer, höchst auffallender Anblick, wenn man sich diesen Durchbrüchen nähert. Der Flufs läuft einer weilsen Mauer zu, welche, ohne im Mindesten unter- brochen zu scheinen, sich seinem Fortlaufe entgegensetzt. Es ist durchaus im Voraus gar nicht zu entdecken, wo dieses Wasser wohl bleiben könne, und nur erst wenn man die Spalte selbst fast berührt, zertheilen sich die Felsen, und erlauben dem Wasser in solchen Spalten fort bis zum jenseiti- gen Abhange zu flielsen. Ähnliche nicht weniger auffallende Spalten mit senkrechten Mauern zur Seite, und mit flachem Boden im Grunde, Canälen gleich, durchsetzen das Gebirge nach anderen Richtungen, wenn sie auch nicht immer seine ganze Breite durchbrechen. Und dadurch wird nun das ganze Gebirge mehr zerschnitten als in wirkliche Berge zertheilt, und es ent- stehen Strafsen, tiefe Buchten, Einfurthen von der wunderbarsten Form und Natur. Schon vor dreifsig Jahren habe ich gezeigt, dafs dieses völlig der Bau und die Form des grofsen Corallenriffs sei, welches den Continent Neu- holland in seiner ganzen Erstreckung begleitet, und man kann nicht bezwei- fein, dafs die Ursachen, welche dieses Corallenriff hervorgebracht haben, ganz denen ähnlich gewesen sein müssen, durch welche der Jura zwischen älteren Gebirgen hin, bis an den oberen Main geführt worden ist, um so mehr da der gröfste Theil dieses Juragebirges wirklich von mannigfaltigen, aneinanderhängenden Corallenmassen gebildet wird. Auf der oberen Fläche wird man sie nicht leicht irgendwo vermissen, und sie sind es, welche dem oberen Theile der Berge die blendende Weisse geben, durch welche sie schon von Weitem so auffallend werden. Es ist wenig bekannt, dafs diesem deutschen ein französischer Jura gegenübersteht, von gleicher Ausdehnung und Länge und von auffal- lend ähnlicher Form; es ist noch ein wahres Stück von Deutschland, welches bei Betrachtung der geognostischen Verhältnisse dieses Landes gar nicht übersehen werden darf. Dieses französische Juragebirge erhebt sich auf dem linken Ufer der Mosel, zieht nahe bei Metz vorbei, bis dorthin wo die Mo- sel sich in den tiefen Klüften der Ardennen und des Hundsrücks verliert, über den Jura in Deutschland. ap und geht dann weiter mit weniger Bestimmtheit an der Südseite der Arden- nen hin. Gegen die obere Mosel hingegen setzt dies Gebirge seinen Lauf ohne Unterbrechung fort, nach dem Thale der Saone und bildet von die- sem Thale den rechten Abhang bis in die Gegend von Lion. Bei Vesoul wird es durch einen Arm mit dem deutschen von Basel herkommenden Jura verbunden. Es wird hierdurch ein grofser und weiter Kessel umschlossen, welcher in seinem Innern die Thäler der Saone, der Mosel, dann des Rheins von Schafhausen bis Bingen mit allen seinen Zuflüssen, selbst auch mit dem ganzen Mainthale enthält. Die nördliche, nicht von diesem Jura umgebene Seite, wird von den viel älteren Grauwacken und Schiefergebirgen des Hunds- rücks, des Taunus und Westerwaldes, endlich des Thüringer Waldes fast völlig verschlossen. Es ist eine Umgebung, wie eine ungeheure Festung, welche fast von allen Seiten von ihren Festungsgräben umringt ist. Denn, so wie ein mit Glacis versehener Graben ein äufserer Wall, so ist auch hier die äufsere Form dieser Juragebirge. Ihre steileren, ja oft fast senk- rechten Abstürze sind, auf ihrer ganzen Erstreckung gegen das Innere des Kessels gerichtet; sanfte Abfälle hingegen, die Contre Escarpe der Fe- stung, gegen das Äufsere. Die so sehr zerrüttete Schweitz macht allein von diesem auffallenden Gesetz in ihrem Jura eine scheinbare Ausnahme. Die Folge dieser Stellung ist, dafs die ältern, unterliegenden Schich- ten dieses Walles nur gegen das Innere hervortreten und beobachtet werden können. Gegen Aufsen hin aber bedecken die letzten und obersten Schich- ten dieser Bildung den ganzen Abhang, und verstatten nur selten, in aufge- brochenen Thälern, einige tiefere Schichten zu sehen. In das Innere dieses so seltsam und wunderbar umgebenen Landes dringen die Juragesteine nicht vor. Das wenige was noch vom Hauptgebirge getrennt angetroffen wird, ist von so geringer Ausdehnung, dafs es sich gar nicht einmal auf Karten auftragen läfst, und dabei ist es doch noch so sehr in der Nähe des gröfseren Gebirges, dafs man nicht in Zweifel sein kann, von welchem Theil dieses Gebirges es als ein Ausläufer betrachtet werden mufs. Auch sind diese aufser dem Gesetz hervortretende Punkte bald auf- gezählt. Der entfernteste ist ein Hügelzug von Liasschiefern bei Langenberg, zwischen Heidelberg und Bruchsal. Näher gegen die Schweitz legen sich obere Oolithschichten für geringe Erstreckung, bei Herbolzheim auf dem rothen Sandstein, und dieses ist der einzige Ort, an welchen, sowohl am G2 52 v. Brven deutschen, wie am französischen Jura diese oberen Schichten soweit sich vor- drängen; bei Freiburg und im Wiesthale sind auch untere Juraschichten mit diesen oberen vereinigt, als solle diese Isolirung einzelner Theile die geringe Breite des Jura im Frickthal ersetzen. Im übrigen Schwaben, in Franken, in Hessen hat man noch niemals obere weifse Juraschichten von ihrer Haupt- masse wesentlich getrennt aufgefunden, und nur die unteren, die Liasschich- ten sind noch ganz verloren im Gebiet des Keupers erschienen: Gryphiten- kalk bei Ober-Erlbach in der Gegend von Anspach; obere Liasschichten bei Schwaningen zwischen Gunzenhausen und dem Hesselberg. Weiter im Norden, in Hessen und weit von diesen Punkten entfernt trifft man auf Gryphitenkalk, die unterste Schicht des Lias bei Ehringen in der Nähe von Arolsen, und Liasschiefer, mit ihren sie auszeichnenden Pro- dukten, sind anstehend bei Volkmarsen etwas nördlich vom vorigen Orte. Ein Blick auf die Karte belehrt, wie diese Irrläufer zu der Kette des Weser- Jura gehören, und nur durch eine geringe Öffnung zwischen Westerwald und Thüringerwald können eingedrungen sein. Auch gehören hierher die Schichten von Lias, am Abhange des Heimberges bei Göttingen, welche so lange die Geognosten in Verlegenheit gesetzt haben, und die jetzt gänzlich zu einem Bierhause verwandt worden und verschwunden sind. Schwerlich hat also die Juraformation, wie eine Schaale, auch im In- nern des umgebenen Landes die älteren Formationen bedeckt. Die Bezie- hung der wenigen vereinzelten Punkte auf ihre zunächst gelegenen Gebirgs- reihen ähnlicher Art wäre dann in der gegenwärtigen Form nicht mehr mög- lich, und eine durch Nichts nachzuweisende Zerstörung solcher inneren Ju- raschichten würde ihre Reste in der Mitte so gut zurückgelassen haben, wie an den Rändern, und nicht Liasschichten allein. Eben dafs es fast nur Lias- schichten sind die soweit vorgreifen, ist ein Beweis, dafs sie noch gegenwär- tig, wenn auch ohne alle Bedeckung anderer Juraschichten, sich dennoch in ursprünglicher Lage befinden. Denn eben die Liasschichten sind es, welche überall unter den Gebirgsreihen des Jura sich wie ein Teppich aus- breiten, der unter dem Fufse des Gebirges hervor bedeutend weit sich aus- dehnt, und auf welchen in der Mitte sich die oberen Juraschichten erheben. Die kleinen isolirten Massen erscheinen daher durchaus nur als getrennte Stücke dieses vorgreifenden Teppichs, nicht als Reste gröfserer über Alles verbreiteter, und später gänzlich zerstörter und fortgerissener Schichten; wie über den Jura in Deutschland. 53 überhaupt die Zerstörung und Wegführung ganzer Formationen auf der Erd- fläche zwar oft behauptet und geglaubt, aber nie bewiesen worden ist. So geht denn aus diesen Erscheinungen die Thatsache hervor, dafs die Juragebirge, welche einen grofsen Theil von Deutschland umgeben, ihre merkwürdige, auffallende Form, ihre Abstürze gegen das Innre, ihre sanfte Neigung nach Aufsen einer ursprünglichen Bildung verdanken, und wohl schwerlich, in ihrem ganzen Umfange, einer späteren Hebung. Es geht her- vor, dafs es wahrscheinlich überall Corallriffe sind, welche, wie in Neu- holland, ältere Gebirge in einiger Entfernung begleiten. Es geht hervor, dafs diese neueren Gebirgsarten niemals als concentrische Schaalen überein- gen nur ein Stück gehoben, das gröfsere in der Tiefe zurückgelassen haben könnten; — und ander gedacht werden können, von welchen spätere Hebun es wird hierdurch begreiflich wie ganze Länder, selbst Continente, ohne Spuren von Juragebirgsarten vorkommen können. Wirklich ist kaum auf der skandinavischen Halbinsel eine Spur, in Sibirien aber und in der ganzen Ausdehnung der vereinigten Staaten von Nordamerika noch niemals etwas der Juraformation ähnliches gesehen worden. Steigt man vom deutschen Jura am äufseren Abhang gegen Regens- burg herunter, so erreicht man unten Schichten von Sandstein, welche alle Produkte der Kreide umgeben, und bei Regensburg selbst, und in der Flä- che zwischen Regensburg und München ist die wahre Kreide an vielen Orten entblöfst, so dafs es sichtlich wird, die obere Bedeckung der bairischen Ebene unter denen, dort so hoch aufgehäuften Gerüllmassen bestehe zu einem ansehnlichen Theile aus Gesteinen der Kreideformation. Man beglei- tet ihre obere Grenze am Jura, wie eine Nivellementslinie, am Abhange fort bis Amberg herauf, und am Fufse des Böhmerwaldgebirges hin, in dem gro- fsen Golf, den das Regenthal bildet, bis zur Krümmung des Regen bei Re- genstauf. Auf ähnliche Art sind auf der äufseren Seite Kreideschichten dem Schweitzer- Jura angelehnt, an der ganzen Westseite des Sees von Neu- chatel hin, und in der Gegend von Genf; und viele isolirte Schichten von Kreide liegen oben auf der Höhe des Gebirges, die durch spätere Zerrüttun- gen, wahrscheinlich in der Zeit der Erhebung des viel später hervorgestiege- nen Alpengebirges, vom Fufse der Berge bis zu dieser Höhe gebracht wor- den sind. Die Schichten des Kreidesandsteins bei Regensburg, bei Kellheim und im Regenthale sind söhlig, die Juraschichten an denen sie abstofsen, 54 v. Buch sind es nicht immer; ein Unterschied der Lagerung den man vorzüglich deut- lich und schön in denen, für die Erbauung der Walhalla eröffneten grofsen Steinbrüchen über Lappersdorf am Regen beobachten kann, wo die stark geneigten Juraschichten sich am Bruche selbst, unter den söhligen Sandstein- schichten verbergen, welche hinreichend ihre Natur durch den in ihnen häu- figen Nautilus elegans, durch Exogyra columba und Pecten aequicostatus erweisen. Daraus ist denn klar, dafs die Nivellementslinie in welcher der Sandstein sich am Jura abschneidet, keine scheinbare, sondern eine wirklich ursprüngliche Ablagerungsgrenze des Sandsteins sei, dafs also von Süden her die Kreideformation Niemals den Jura überstiegen hat. Eben so wenig ist dieses von Westen, von der französischen Seite her, gelungen. Es ist ganz überraschend, wenn die geognostischen Karten von selbst in ein System zusammenfallen, was durch unmittelbare Beobach- tungen über so weite Räume nur schwer sich in seiner Reinheit zu einem Ganzen vereinigen läfst. Wie schön zeigt aber nicht die Karte von Frank- reich, wie auf dem gar sanft und fast unmerklich nach Westen hin abfallen- den Jura die oberen Schichten sich in grofser Breite ausdehnen, aber den- noch ganz regelmäfsig und in colossalen concentrischen Kreisen sich auf- einander anlegen. Die oberen Juraschichten nehmen die ganze Breite ein von den westlichen Höhen der Mosel bis weit über die Maas und verstecken sich, in ungeheurem Bogen, bei Auxerre, bei Troyes, bei Bar sur Ornain und Mezieres, unter dem grüngefleckten Sandstein der Kreide. Dieser wird, in kleinerem Bogen, von Orleans über Chalons und Rheims, von der wei- fsen Kreide bedeckt; diese wieder, in noch kleinerem Bogen, von den Ge- steinen der Tertiärformation des Beckens von Paris. Es ist die regelmäfsige Absetzung in einem gewaltigen Becken, dessen Ränder immer näher und flacher zusammentreten. So unbedeutend auch die Höhen sein mögen, so greift doch hier keine Gebirgsart in das Gebiet der anderen über; und nie wird im Lothringischen Lande irgend etwas gesehen, das nur einigermafsen zur Kreideformation gezählt werden könnte. So ist der grofse Kessel von Inner-Deutschland durch seine Jurawälle der Kreide völlig verschlossen geblieben; und wirklich ist es bisher umsonst gewesen und noch niemals gelungen, im Innern von Schwaben, von Fran- ken und Hessen, ungeachtet der grofsen Mannigfaltigkeit der Gebirgsarten, welche in diesem Raume auftreten, irgend etwas aufzufinden, was nur mit über den Jura in Deutschland. 55 einigem Grunde der Kreideperiode zugerechnet werden könnte. Denn vom Quadersandstein bei Nürnberg und Erlangen, der zum Keupersandstein ge- hört, und von ähnlichen Bestimmungen, ist man schon längst zurück- gekommen. Diese merkwürdige Erscheinung, das gänzliche Fehlen der Kreide- formation im Jura-umgebenen Lande, scheint den Beweisen den Schlufsstein zu geben, dafs die Juragebirge fast durchaus ursprünglich wallartige Damm- gebirge sind, Corallenriffe im Meere. Der deutsche und der schweitzer Jura bilden eine ununterbrochene fortlaufende Reihe, und sie sind sich auch in ihrer Zusammensetzung, in dem zoologischen Charakter der einzelnen Theile, aus denen sie bestehen, so durchaus ähnlich, dafs man sie nie anders, als ein wesentlich zusammen- gehörendes Ganzes betrachten kann. Dennoch ist diese ganze Reihe, recht auffallend, in drei verschiedene Theile getheilt, welche sich durch äufsere Gestalt, wie durch hinzutretende Einzelnheiten in der Zusammensetzung, wesentlich und leicht von einander unterscheiden. Man könnte diese drei Theile, nach den Ländern, welche sie durchschneiden, den schweitzer, den schwäbischen und den fränkischen Jura nennen. Im schweitzer Jura liegen scharfe Bergreihen von vielen Meilen Erstreckung, parallel hintereinander, und sie umschliefsen Thäler, welche am Fufse dieser wie lange Wellen, ie Berge mit wenig Neigung hinlaufen. Die Schichten, aus welchen diese scharfen Grate gebildet sind, erheben sich mit grofsen Winkeln gegen den Horizont, mit 30, mit 40 Grad und auch häufig noch mehr; sie sind zer- rissen, gekrümmt und gewölbt, und in mannigfaltige andere Formen ge- zwängt. Niemals findet man sie an den Bergreihen söhlig über einander. Daher ist es gröfstentheils und fast überall viel leichter, das Übereinander- liegen der Schichten auf söhlig fortlaufenden Wegen und Strafsen, welche die Richtung der Schichten durchschneiden, zu erforschen, als durch Er- steigung der höchsten Berggipfel. Denn erreicht man diese Gipfel von der Fallseite der Schichten her, so ist es offenbar, dafs man niemals dieselbe Schicht verläfst, daher unten am Fufse genau dasselbe sieht, als oben am Gipfel. Und weit entfernt, dafs in diesen Bergen das Höchste unbedingt für das Oberste, daher Neueste dieser Schichten gehalten werden könnte, so hat schon längst Hr. Merian in seiner trefflichen „Beschreibung von Basel” 8 erwiesen, dafs auf dem höchsten Gebirgsrücken, zwischen den Cantonen von 56 v. BucH Basel und Solothurn, am Hauenstein, bei Langenbruck und Wallenstadt, nach den ausgezeichnetsten und neuesten Juragesteinen am Fufse, viele Gipfel und die Pässe selbst aus Muschelkalk gebildet werden, einer Ge- birgsformation, welche doch tief unter dem Jura verborgen ist. Es ist hier offenbar der Muschelkalk durch eine unglaubliche Zerstörung und Zerrüt- tung aus der Tiefe hervor durch alle Juraschichten gehoben worden, und diese Erhebung hat dann die bedeckenden Schichten auf die Seite und ge- gen den Fufs der Berge zurückgedrängt. Wirkungen, welche durch Me- rian’s schöne Profile im 2'= Theile der Denkschriften der schweitzer Natur- forscher, und später von Thurmann in Bruntrut durch zahlreiche, eben so genau beobachtete als vorzüglich kritisch gesichtete und mit Scharfsinn combinirte Profile, in seinem bekannten klassischen Aufsatze über Erhebun- gen im Jura, zur gröfsten Deutlichkeit und Anschauung erhoben worden sind. So gewaltige Zerrüttungen und Zerreifsungen des Gebirges finden sich doch nur gröfstentheils auf der Seite gegen die Alpen. Tiefer in Frankreich, gegen Besancon und gegen den Doubs, verschwinden sie allmählig. Es sind dieses Wirkungen der viel später als die Bildung des Jura und lange nach der Absetzung der Tertiärformation erfolgten Erhebung des Alpengebirges, und da dieses Gebirge in seiner gegenwärtigen Gestalt eine Combination zweier Erhebungssysteme ist, welche beide den späteren Pe- rioden angehören, so haben die Richtungen dieser Erhebungen, welche mit- einander im Winkel zusammenstofsen, im Jura sich durchkreuzen und die Juraberge ebenfalls in unaufhörlich sich durchkreuzenden Bergreihen und Graten erheben müssen. Ansichten, welche bekanntlich Hr. Elie de Beau- mont mit der gröfsten Klarheit entwickelt hat. Es kann, nach ihnen, nicht mehr auffallend sein, wie im schweitzer Jura die Kreideschichten noch oben auf dem Gebirge vorkommen, wenn sie im weiteren Fortlauf des Gebirges sich nur bis zu einer bestimmten Nivellementslinie erheben. Diese zerstörenden und zerrüttenden Alpenwirkungen endigen sich, sobald der Jura den Schwarzwald berührt, in der Gegend von Schafhausen und an den Ufern des Rheins. Der schwäbische Jura erhebt sich jetzt mit der gröfsten Regelmäfsigkeit und Ruhe. Was unterhalb liegt, bleibt auch jetzt immer unten zurück, und mit jedem Schritt aufwärts an der inneren Seite des Gebirges betritt man auch neuere und obere Schichten. Die Lias- kalksteine, die Liasschiefer, bilden die Tiefe der Thäler, den Fufs der Ge- über den Jura in Deutschland. 57 birge; aber nie wird man sie, wie bei Aarau und Olten, auf den Höhen der Pässe antreffen. Die Berge sind nirgends in langgezogene Reihen zertheilt, sie sind nicht einmal vom Ganzen als einzelne Theile geschieden. Die obere Fläche ist ein so wenig eingesenktes, so wenig zerschnittenes Plateau, dafs man sich mehr in grenzenlosen Ebenen, als in einem Gebirge versetzt zu sein glauben möchte, und wären nicht die den Corallenriffen so eigenthüm- liche kanalartigen Spalten, eng und steil umgebene Thäler, welche die Breite des Gebirges durchsetzen, so würde man den Fufs des Gebirges an der Donau erreichen, ohne es bedeutend zu bemerken, dafs man von der Höhe herabkomme. Der fränkische Jura verändert diese Form und Gestalt durch das Auftreten des Dolomits, der eben dadurch sich auch hier als eine der merkwürdigsten und der aufserordentlichsten Erscheinungen auf der Erd- fläche ankündigt. Im Ganzen scheint zwar auch dieser Theil des Gebirges die grofse Ruhe und Beständigkeit des schwäbischen Jura zu theilen. Noch immer treten die unteren Schichten nur am Fufse in der Tiefe hervor, und die oberen Schichten sind auch noch hier jederzeit die höher liegenden. Aber auf der gröfsten Höhe steigen wunderbare Felsen von Dolomit auf, zum Theil aneinander gereihet, zum Theil in phantastischen Formen, als Ruinen von Burgen, von Thürmen, als Obelisken oder freistehende Mauern. Dieser Dolomit bildet selten die Ränder des Gebirges; man bleibt Anfangs, wenn man die gröfste Höhe erreicht hat, vielleicht noch eine Stunde lang, auf plattenförmigen, dichten, feinerdigen Kalkstein, ehe man die Dolomitgränze erreicht; dann aber verläfst man den Dolomit in der ganzen Breite des Ge- birges nicht wieder, bis ganz nahe am Rande des jenseitigen Abhanges. Diese wunderbaren Massen, welche durch die Knochenhöhlen, die sie enthalten, so berühmt geworden sind, erheben sich schon mit dem ersten Anfange des Gebirges am Main, mit dem Staffelsberg und dem Kötlesberg bei Lichten- fels, und setzen dann ununterbrochen fort, südlich hin, über die Strafsen von Baireuth nach Bamberg, und von Nürnberg und Neumarkt nach Am- berg bis nach Hemmau, auf der Strafse nach Regensburg, volle 15 Meilen weit. Unter Hemmau wird der Dolomit von den Solenhofer fischhaltigen Kalkschiefern bedeckt und später gegen die Donau von den Schichten des noch höher liegenden Nerineen - und Diceraskalks. Nun sieht man ihn als steile Wand zu beiden Seiten an den kanalartigen Thälern der Laber, der Physikal. Abhandl. 1837. H 58 v. Buvca Naab und der Altmühl, und seltener in Aichstedt, zwischen Weifsenburg und Neuburg, auf der Oberfläche des Gebirges selbst. Ein Thal, welches sich von Neuburg über Rennertzhofen nach Monheim hinaufzieht, setzt ihm seine Grenzen, und somit auch dem ganzen fränkischen Jura. Im schwäbi- schen Theile dieses Gebirges ist der Dolomit wenig bekannt. Die gröfste Masse, welche man auf der Alp kennt, scheint eine Reihe von Felsen, welche sich unterhalb Blaubeuren in sonderbarer Form durch das Thal zieht, und die aus eben so feinkörnigem, zuckerartigem Dolomit zusammengesetzt ist, als die Felsen auf den Höhen von Castel und Pegnitz; allein es bleibt auch fast nur die einzige, deren Ausdehnung und Erstreckung so wenig bedeutend ist, dafs sie auf äufsere Form und Charakter des Gebirges gar nicht mehr einwirken kann. Alles Übrige von Dolomit auf dem schwäbischen Jura, am Eisenrüttel über Urach, oder am Hohenstaufen, hat gar kein geognostisches Gewicht und bleibt in der That nur mineralogische Ouriosität. Es ist daher klar hervorspringend, dafs diese ganze grofse Dolomit- erscheinung nur auf dem Theile des Jura beschränkt ist, der von Schwaben herauf seine bisherige nordöstliche Richtung in eine nördliche ändert und in dieser Richtung, dem Böhmerwald gleichlaufend, bis zum Main sich hinauf- zieht, und sie wird von dort an ganz herrschend, wo beide Richtungen zu- sammenstofsen. Von welcher Art die Beziehung zwischen diesen beiden Er- scheinungen sein möge, mag immerhin noch sehr verborgen sein, doch wer- den die, welche gewohnt sind, den Dolomit als die Wirkung einer grofsen, von innen hervordringenden Ursache zu betrachten, welche die ursprüng- lichen Kalksteinschichten ergriffen und durchaus verändert hat, an einem Zusammenhang, an einer nothwendigen Verbindung beider Erscheinungen nicht zweifeln, und sie werden vielleicht an eine gewaltige Spalte denken, dem Böhmerwald parallel, welche eben durch seine Erhebung entstanden sein kann, und die nur unvollkommen verschlossen, den Muscheln und spä- ter den Corallen einen gesuchten Ort der Ansiedelung darbot; — die Dämpfe, welche den Dolomit bilden, würden dann auf dieser nur überdeckten Spalte einen leichteren Weg des Ausgangs gefunden haben bis in den bedeckenden Kalkstein. Als ich im vorigen Jahre (1836) im Oktober mit dem ersten un- serer Geognosten, Herrn Elie de Beaumont, die fränkischen Juragebirge durchreiste, war dieser treflliche Beobachter sehr überrascht über die Art, wie er den Kalkstein gelagert sahe, welcher in den Thälern der Wiesent und über den Jura in Deutschland. 59 Pegnitz unter dem Dolomit hervortritt. Im ganzen Thale hinunter neigen sich die Schichten des Kalksteins bald abwärts im Thale, bald in entgegen- gesetzter Richtung, und in schneller Absetzung; ein fortdauernder Wechsel, der gar nicht auf ein für das ganze Gebirge geltendes Schichtungsgesetz zu- rückgeführt werden kann. Der darauf liegende Dolomit, wenn auch selbst nicht geschichtet, folgt doch allen Bewegungen des darunterliegenden Kalk- steins. Da meint Beaumont, es sei doch auch hier gar deutlich, wie das ganze Gebirge in seiner Ausdehnung erschüttert und zersprengt worden sein müsse, wodurch die Schichten in die mannigfaltigsten Lagen gebracht wor- den sind, welche jedoch der Natur der Wirkung gemäfs sich nur auf kleine Räume ausdehnen können. Es setzen diese Bewegungen eine Art von allge- meinem inneren Sieden und Aufblähen voraus, wie sie bei einer Dolomitisi- rung wohl gedacht werden mufs. Eben darin kann auch die Ursache liegen, dafs nicht die unteren Schichten des Kalksteins zu Dolomit verändert sind, wie dies wohl Anfangs das Natürlichere scheint, sondern vielmehr die oberen und höchsten unmittelbar daraufliegenden. Denn die grofsen und dabei häufigen im unteren Kalkstein geöffneten Spalten lassen ungehindert die do- lomitisirenden Gasarten aufsteigen, bis dahin, wo die oberen, weniger weit geöffneten Schichten ihnen ein Hindernifs entgegenstellen, und nun, in der näheren Berührung selbst verändert werden. — Nicht immer sind aber die fränkischen Dolomite auf Kalkstein gelagert; auf der ganzen östlichen Seite, bei Weischenfeld, bei Rabenstein und an der Pegnitz liegt der Dolomit ohne Kalkstein, unmittelbar auf dem braunen Sandstein, und der Kalkstein er- scheint nur erst tief im Thale hinunter. Hypothesen, welche von Thatsachen ausgehen, und diese zu einem System, zu einem ineinandergreifenden Ganzen zu verbinden streben, lassen keine Beobachtung unfruchtbar auf die Seite. Eben durch sie wird jede iso- lirte Thatsache lebendig und in erregende Wirksamkeit gebracht. Es wer- den dann auf alle Seiten neue Gesichtspunkte eröffnet, mit welchen man die Natur befragt und sogleich enthüllt nun diese eine Fülle anderer Beobach- tungen, welche dem Systemlosen völlig versteckt lagen und vielleicht immer unbekannt geblieben wären. Es läfst sich auch kaum begreifen, wie irgend eine Art der Naturforschung ohne Hypothesen sich fortführen liefse. Es giebt aber Naturforscher, welche sich einbilden, sie könnten es umgehen, sich über die Hypothese der Dolomitisirung zu äufsern, wenn sie H2 60 v. Buch die Thatsachen, wie sie ihnen erscheinen, als einen Katalog aufzählen. Sie reden von Jura-Dolomit, von Dolomit des Muschelkalks und des Keupers, und meinen, bei dieser reinen Angabe einer Thatsache sich frei von aller Voraussetzung gehalten zu haben. — Sie ahnden gar nicht, dafs auch sie sich hierbei einer Hypothese bedienen, welche zu rechtfertigen sie gar nicht ein- mal versuchen, daher sie denn auch der festen Grundlage entbehrt. Wer vom Juradolomit redet in einer bestimmten Lagerung und Folge der Jura- schichten, der übernimmt offenbar die Verpflichtung, den geognostischen Charakter dieser neu auftretenden Gebirgsart zu entwickeln. Er mufs zei- gen, welche andere Schichten des Jura durch den Dolomit ersetzt werden, oder ist dieses nicht, zwischen welchen anderen Schichten die neu auftre- tende sich eindrängt, und welchen neuen zoologischen Charakter sie ent- wickelt. So lange dieses nicht geschehen ist, so bleibt es doch offenbar eben so gut eine Hypothese, den Juradolomit als eine ursprüngliche, selbstständig in die Reihe der anderen eintretenden Schicht zu betrachten, als diesen Do- lomit für einen veränderten Kalkstein zu halten. Nun aber findet sich wirklich durchaus gar kein entscheidender Cha- rakter, weder der Lagerung, noch der zoologischen Verhältnisse, welche den fränkischen Dolomit von den Kalksteinschichten der schwäbischen Alp un- terscheiden könnte; und es ist gar nicht schwer, den geognostischen Hori- zont des Dolomits in Schwaben mit der gröfsten Bestimmtheit nachzuweisen. Die Versteinerungen des Kalksteins verschwinden, wie bekannt ist, im Do- lomit. Die Schaalen, wenn sie im Kalkstein sich erhalten haben, lösen sich auf, und es bleibt nur der Raum, den sie eingenommen hatten, und der ge- wöhnlich sehr rauhe Abdruck dieser Schaale auf der Gebirgsart. Ist aber auch im Kalkstein nur ein Kern übrig geblieben, so ist dieser im Dolomit völlig verschwunden. Der erste Fall findet sich gewöhnlich bei Terebrateln, Encriniten und auch Corallen, welche häufig lange ihre kalkartige Bedek- kung erhalten. Man bemerkt hierbei die sehr auffallende Erscheinung, dafs der hohle Raum, den die Muschel zurückgelassen hat, mit einer höchst fei- nen und zarten schneeweifsen Erde ausgefüllt ist, welche man oft, ohne sie näher zu untersuchen, Bergmilch, Mondmilch, genannt hat. Die Erde ist aber nicht kalkartig, sondern reine Kieselerde, und gleicht vollkommen dem Niederschlag der Kieselerde aus alkalischen Auflösungen (vgl. Strom- beck, Karstens Archiv, und Kestner in Leonhards Journal). Ich weils über den Jura in Deutschland. 61 nicht, ob diese Erscheinung im Kalkstein häufig vorkommt, aber im Dolomit wird sie fast zur Regel, so sehr, dafs man sie mit dem Verschwinden der Schaalen in Verbindung zu setzen geneigt wird; es mag den Schaalen ein Rest von organischem Stoff noch beigemengt gewesen sein; solche Stoffe werden aber durch irgend eine Zersetzung gänzlich entführt und die Kiesel- erde, deren Verbindung zersetzt worden, bleibt an ihrer Stelle zurück. — Diese wenigen organischen Formen, welche auf solche Weise sich im frän- kischen Dolomit erhalten, vorzüglich Teredbratula lacunosa und ‚Apioecrinites mespiliformis, sind aber wahre Leitmuscheln für die Schichten, welche un- mittelbar unter der grofsen Masse verschiedenartiger Corallen vorkommen, wie sie sich auf der schwäbischen Alp findet. Es ist daher der Dolomit in Franken keine in der Reihe neu eingetretene Schicht; es würde aber eine Schicht fehlen, wenn man ihm nicht mit dem schwäbischen Kalkstein gleiche geognostische Bedeutung zuschreiben wollte. — Wer daher den Jura-Do- lomit in einer Folge der Schichten des Jura aufführt, redet nicht, wie er glaubt, von einer reinen Thatsache, sondern er trägt eine Hypothese vor, welche sehr wenig begründet ist, und wohl schwerlich sich rühmen darf fester zu stehen, als die durch so viele sich gegenseitig unterstützende That- sachen hervorgerufene, welche im Dolomit einen lange nach seiner Bildung durch innere Kräfte veränderten und umgewandelten Kalkstein zu sehen glaubt. — Von der Zusammensetzung des deutschen Jura. Hätte man niemals einen anderen Jura vor Augen gehabt, als den deutschen, so würde man nicht einen Augenblick angestanden haben, ihn in drei Theile zu trennen: 1) in einen schwarzen am Fufs des Gebirges und bis zu geringer Höhe hinauf, gröfstentheils Kalkstein und Schiefer; 2) in einen braunen oder gelben an den steilen Abhängen, in welchen fast nichts als Sandsteine vorkommen; endlich 3) in einen weifsen Theil, die oberen corallenerfüllte Schichten von Kalkstein, welche wie eine oft senkrechte Mauer die steilen Abhänge begränzen. Jeder dieser Theile hätte sich dann von selbst in Unterabtheilungen zerspalten, theils durch einzelne Verschie- denartigkeit der Schichten über einander, theils durch den verschiedenen zoologischen Charakter in jeder einzelnen Schicht. — Allein da die Jura- formation in England mit grofsem Fleifs und grofser Genauigkeit entwickelt 62 v. Buch worden war, so hielt man es für sicherer und der Sache angemessener, alles, was man in England gesehen, auch in Deutschland, so gut es gehen wollte, wieder aufzusuchen. Es sollte hierbei der zoologische Charakter allein über Identität der Formationen entscheiden, welches freilich im Allgemeinen nicht unrichtig war, in der Voraussetzung, dafs man diesen Charakter wirk- lich schon gehörig bestimmt und fest aufgefafst hatte. Allein vor funfzehn Jahren, als man anfing, sich auch in Deutschland mit Petrefactologie zu be- schäftigen, waren so wenige Muscheln des Jura bestimmt und die Lagerung der Schichten, zu welchen sie gehören, war so wenig untersucht, dafs man, im Zweifel, sich auch nach anderen Eigenthümlichkeiten der englischen Schichten umsahe, um sie im deutschen Jura wiederzufinden, und da nun im südlichen England ein sehr grofser Theil dieser Formation aus zum Theil sehr weifsen Oolithen und dichten Kalksteinen besteht, so glaubte man, die obere, weifse Abtheilung des deutschen Jura müsse zu diesen Oolithen gehören, und vereinigte daher die beiden unteren Abtheilungen, die braune und die schwarze, als mülsten sie beide die Formation des Lias umschliefsen. — So haben es die Würtemberger lange vorgetragen, ungeachtet man ihnen doch selbst die ersten vollständigen Kenntnisse über die organischen Reste in den Juraschichten verdankt. — Graf Münster erhob sich zuerst gegen diese Ansicht im Januar 1829 (Leonh. Zeitschrift) und zeigte, dafs alle Ver- steinerungen der braunen Abtheilungen, vorzüglich in der Gegend von Wasseralfingen bei Aalen sich in den unteren Oolithen von England gleich- falls fänden, und seitdem glaubte man, der obere weifse Kalkstein der Alp vertrete die Stelle der mittleren oder sogenannten Bathoolithen in England und die oberen Schichten der Juraformation fehlten in Deutschland ganz. Das glaubte auch noch Murchinson und liefs es im Jahr 1831 in den Ver- handlungen der Londoner geologischen Societät bekannt machen. Nach ihm sollten die Schiefer von Solenhofen und Stonesfield zu einerlei geognosti- schem Horizont gehören, daher zur mittleren Oolithreihe, und dann setzt er hinzu: die oberen Glieder der Oolithreihe, der Coral-Rag und der Port- landstone, sind daher in keinem Theile von Deutschland zu finden, es sei denn in den Gebirgen an der Weser. Meine Entwickelung der wahren Lage dieser Schichten, die ich ihm am 2. Juli 1830 in Bamberg gemacht hatte, wie die Versteinerungen keinen Zweifel zuliefsen, dafs mit der braunen Ab- theilung die mittlere Oolithenreihe von England völlig beendet sei, dafs der über den Jura in Deutschland. 63 weilse Kalkstein darauf vollkommen dem Coral-Rag von England gleich sei, dafs daher die noch höher liegenden Schiefer von Solenhofen gar nicht mit denen von Stonesfield zusammengestellt werden könnten, hatten keinen tie- fen Eindruck gemacht und später ihm vorgetragenen Ansichten weichen müssen. Der treffliche Geognost, Herr Voltz, entwickelte indefs schon in Leonh. Zeitschrift 1530. S.271. ebenfalls die von mir gefafste Ansicht, und da er darüber angegriffen ward, so setzte ich die Gründe zu dieser An- sicht mit einiger Umständlichkeit auseinander in einem Briefe vom 2. Januar 1532 (Leonh. Zeitschrift), und seitdem hat niemand wieder gezweifelt, dafs die obersten Schichten des Jura auch zu den obersten und neuesten Forma- tionen gehören müssen. Seit der Zeit aber hört man häufig die ganze braune Abtheilung des Jura „die Oolithformation’ nennen, weil sie im südlichen, nicht einmal im nördlichen England, aus Oolithen besteht. Es ist doch zu widerstrebend und verursacht in der That noch täglich grofse Verwirrung, wenn man fortfährt, einen groben, braunen Sandstein, der von Oolithen gar nichts Ähnliches hat, dennoch immerfort Oolith zu nennen. Um so mehr ist dies auffallend, da die Natur selbst die Abtheilungen des Jura so klar und so deutlich vor Augen legt. Der untere, der mittlere, der obere Jura sind Benennungen, welche gar keine Beziehung auf die wandelbare mineralogische Beschaffenheit der Schichten hat, sondern nur auf ihre La- gerung, welche vorzüglich, ja fast allein die Gebirgsarten bestimmt; und da- mit schliefst man sich auch dem in Frankreich schon lange herrschenden Sprachgebrauch an, und den Grundsätzen, nach welchen die meisterhafte geognostische Karte von Frankreich entworfen ist, die unter der Leitung des Hrn. Brochant von den Herren Elie de Beaumont und Dufresnoy ausgeführt worden ist. Eine jede dieser Abtheilungen, ja sogar wieder eine Menge Unterabthei- lungen des Haupttheils, je nach ihrer höheren und tieferen Lage, ist, zum Er- staunen erregend, fest und bestimmt durch die organischen Reste, Muscheln, Fische, Reptilien, welche man in den Gesteinen dieser Abtheilungen findet, und dieses sowohl durch die Form und die Natur dieser Gestalten selbst, als auch durch die Art und die Gesetze, nach welchen sie mit einander in Ge- sellschaft vorkommen. Deswegen glauben auch die Geognosten, und mit Recht, nichts für die Bestimmung dieser Schichten nützlicheres thun zu können, als die möglichst vollständigen Verzeichnisse der in jeder Schicht 64 v. Bucu vorkommenden Muscheln und anderer organischen Reste zusammenzutragen und zu ordnen, und wir haben deshalb seit einigen Jahren sehr viele sol- cher Verzeichnisse erhalten. Auch dem deutschen Jura fehlt eine solche Übersicht nicht. Sie ist mit vielem Fleifse für den südlichen Theil vom Grafen von Mandelslohe in Urach entworfen und auf einem grofsen Bilde im zweiten Bande der Schriften der Naturforscher in Strafsburg bekannt ge- macht worden, und was man den Kenntnissen und der Bebarrlichkeit des Grafen von Münster zu Baireuth für Auseinandersetzung der zoologischen Verhältnisse des fränkischen Jura verdankt, ist gröfstentheils in dem bekannt gemachten Verzeichnifs der reichen Kreissammlung zu Baireuth enthalten. — Allein diese Verzeichnisse sind Namen, ohne Abbildung oder Beschrei- bung. — Sie sind daher, auch wenn sie auf bekannte Abbildungen hinwei- sen, doch immer so sicher nicht, als man bei der so bestimmten Lage die- ser Muscheln es wünschen möchte; und gar häufig wird man in Hinsicht der auch hier fast endlosen Synonymie mit denen, welche die Verzeichnisse entworfen haben, anderer Meinung sein. Endlich erschwert auch die Menge der angeführten Sachen die Übersicht, um so mehr, da ein grofser Theil von ihnen gewöhnlich noch nicht mit der Deutlichkeit aufgefunden worden ist, dafs man über ihre wahre Natur zur völligen Klarheit hätte gelangen können. Ich habe es daher versucht, der Vollständigkeit zu entsagen, und von jeder Schicht und von jeder Abtheilung nur das aufzuführen, was Des Hayes „les fossiles caracteristiques des terrains”, Leit-Muscheln, ge- nannt hat. Es finden sich nämlich in jeder Schicht einige Muscheln, die, wenn auch nicht die häufigsten, doch immer in derselben Schicht wieder vorkommen und nicht leicht die ihnen für einen bestimmten Raum ange- wiesenen Grenzen überschreiten. Sie geben, wo man sie findet, die völlige Bestimmtheit der Lagerung der Massen, die sie enthalten, und somit beleh- ren sie sogleich über das, was man darüber oder darunter antreffen kann. Und da von ihnen doch nie eine sehr grofse Menge vorkommt, oder auch dann sich noch eine bestimmtere Auswahl treffen läfst, so geben sie eine leichte, klare, nützliche und anwendbare Übersicht der inneren Natur des ganzen Gebirges. Ich werde die meisten dieser Leit-Muscheln im Allgemei- nen beschreiben, so dafs man sie nicht leicht mit ähnlichen aus anderen Ab- theilungen verwechseln kann, und werde hierbei auf gute Abbildungen ver- weisen, von denen wir jetzt in Deutschland eine grofse Menge sehr vortreff- über den Jura in Deutschland. 65 licher besitzen. — Ich werde diesen Beschreibungen einige wenige allge- meine Bemerkungen vorausschicken, zu welchen der zoologische Charakter jeder einzelnen Formation Gelegenheit darzubieten scheint. I. Der untere Jura. Der Lias. Die Schichten des Lias bilden einen Teppich unter dem Gebirge, der sich am Fufse noch weit auf den Seiten verbreitet. — Das giebt ihm, schon in der äufseren Form, etwas sehr Ausgezeichnetes; — es sind flache Hügel, gleichsam Vorberge vor dem höheren Wall, die zuweilen den Raum von fast einer Meile Breite einnehmen. Es ist daher möglich, diesen Theil des Jura noch auf Karten aufzutragen, und damit die übrigen Theile zu umgeben, welches bei der schnell ansteigenden mittleren Abtheilung, den braunen Sandsteinen nicht mehr angehen würde, weil sie zu solcher Aufzeichnung zu wenig Grundfläche geben. Daher zieht sich eine Liasgrenze im ganzen Thale des Neckars hinunter, und bei Ellwangen oder bei Weifsenburg dringt sie recht weit vor, über Keuperflächen hin. Auch bei Nürnberg oder Bamberg kann man vom Fufs des Gebirges noch mehr als eine Stunde weit vorgehen, ehe man diese Liasschichten verläfst. Noch mehr; dort wo der Jura ganz aufhört, zwischen Staffelstein und Lichtenfels, an den Ufern des Mains, er- streckt sich der Lias in derselben Richtung noch ein Ansehnliches weiter. Er setzt über den Main, bildet den Fufs der Hügel von Banz und endigt erst bei Obersimmau, auf dem Wege nach Coburg. Nach einiger Unterbrechung findet sich, immer noch in derselben Richtung, ein letztes getrenntes Stück vom oberen Lias, am Muschelkalk angelehnt, bei Fechheim und OÖber- Garnstadt, weit über Coburg hinaus. Auch hat dieser ganze Theil des Ge- birges, der fränkische Jura, das sehr Merkwürdige, dafs dieses Hervortre- ten der unteren Juraschichten nicht blofs auf der inneren Seite des grofsen Jurakessels beobachtet werden kann, sondern auch auf dem entgegenge- setzten äufseren, dem Böhmerwaldgebirge zugekehrten Abhange. Nicht al- lein sieht man sie am Fufse bei Weismain, sondern auch vordringend in ein- zelnen, getrennten Theilen, zu Wernstein bei Culmbach, und auf der Theta bei Baireuth, und noch bei Amberg erscheinen sie am Fufse des Gebirges selbst, unter dem sogenannten Erzberge (Hr. v. Voith in Leonh. Jahrb. 1836. 518.), dann aber auch nicht wieder. Neuere und obere Juraschich- ten, welche in dem Böhmerwald, oder Dolomittheile des fränkischen Jura Physikal. Abhandl. 1837. I 66 v. Buch ganz fehlen, die Fischschiefer und Diceras- und Nerineen-Kalk bedecken nun so gleichförmig die äufseren Abhänge gegen die Donau, dafs ältere Schichten nirgends hervortreten können. Dies ist eine sehr merkwürdige Erscheinung, welche schon in der ersten Absetzung dieser Schichten ge- o? gründet sein mufs. Wahrscheinlich haben die oberen Schichten in der Enge zwischen Jura und Böhmerwald nicht vordringen können. Fast alle Produkte, welche der Lias enthält, sind ihm eigenthümlich, und nur gar wenige theilt er mit anderen Abtheilungen; daher sind auch die meisten als Leitstücke zu betrachten, und was sehr beachtenswerth ist, nicht blofs für den deutschen Jura, sondern ganz allgemein für alle Liasschichten, wo man sie auch noch bisher gesehn hat. Unter ihnen zeichnen sich aus die ganze Ammontren-Familie der Anırrex. Eine grofse Mannigfaltigkeit von Gestalten, die alle in der Gestalt der Loben ihrer Kammern übereinkommen | und in den stets einfachen, nie getheilten Ribben der Seite. Und ziemlich der gröfste von allen, Ammonites Bucklandi, ist auch der, mit welchem die ganze Juraformation nach dem Keuper zum erstenmal auftritt. Ungeheure Massen, wie Wagenräder grofs, liegen unten dicht aneinander gedrängt und bilden ein wahres Pflaster von Ammoniten. Über den unteren Schichten er- hebt er sich jedoch nicht, und wenn er noch in oberen Liasschichten vor- kommen sollte, so wird dieses doch sehr selten geschehen. — Dagegen sind den unteren Theilen Belemniten fast völlig fremd, und von denen höher so überaus zahlreichen Fischen und Reptilien finden sich unten nur die Excere- mente, welche sogar in England, nicht in Deutschland, eine ganze Schicht unter den Ammoniten bilden. Es ist in diesen Schichten eine grofse Ruhe bemerklich, eine gewisse Behaglichkeit der Thiere in dem Element, in dem sie gelebt haben. Sie sind alle wohlgenährt, ungeheuer grofs, und in unge- heuren Heerden versammelt. Wo man die Gryphaca arcuata antrifft, welche für die unteren Schichten vorzugsweise bestimmend ist, da sieht man sie auch sogleich, über Quadratmeilen hin, zu vielen Millionen dicht aneinander ge- drängt, und alle in derselben Längenrichtung, der Schichtungsfläche paral- lel, mit dem Deckel aufwärts, wahrscheinlich, wie ihre geringe Lebensthätig- keit es ihnen vorschrieb. Ein sonderbarer Anblick, den man immer wieder mit erneuerter Verwunderung betrachtet, vorzüglich in der Schweiz, wo die geneigte Lage der Schichten häufig Gelegenheit giebt, sie auf ansehnlicher Länge entblöfst, zu verfolgen. So ist es auf der Strafse vom Hauenstein über über den Jura in Deutschland. 67 Olten, nahe bei dem Dorfe Trimbach. Die Gryphiten sind auf einer Fläche von mehr als 200 Fufs Höhe so schön nebeneinander geordnet, als hätte man mit vieler Mühe eine künstliche Mosaik ausführen wollen. Erst in den oberen Schichten des Lias erscheinen die ungeheuren und wunderbaren Reptilien selbst, die Ichthyosauren, die Plesiosauren, welche die ganze untere Formation so sehr vor den oberen hervorheben, und noch höher endlich eine Menge der wohlgenährtesten Fische. Alle aber in so zahl- reicher Gesellschaft anderer Geschöpfe, dafs man wohl überzeugt wird, es könne diesen Thieren niemals an Nahrung gefehlt haben. Auch beweisen dies die Schiefer selbst, in denen ihre Reste vorkommen. Denn sie bestehen fast gänzlich aus kleinen zerdrückten, zerriebenen und wohl gröfstentheils auch zerfressenen Theilen; sie sind so durchaus mit thierischem Öl erfüllt, dafs man sie unmittelbar zum Brennen benutzen und auch das thierische Öl durch Destillation daraus abscheiden kann. I. Der mittlere Jura. Zwei mächtige Schichten von blauem Thon, eine untere reinere und stärkere, und eine obere, in welcher auch einzelne dünne Schichten von Kalkstein eintreten, umschliefsen den mittleren Jura in Deutschland. Mit dem unteren Thon erhebt sich zugleich das Gebirge, über dem, unten fast wie eine Ebene sich fortziehenden Schiefer des Lias. Und unmittelbar auf die obere Schicht folgen die Lager von Kalkstein, welche überall im Fortlauf der Berge durch ihre Weifse besonders hervorleuchten. Es ist kaum möglich, dafs eine Abtheilung schärfer und genauer angegeben sein könnte. Alles aber, was zwischen diesen beiden Grenzbändern vorkommt, ist ebenfalls von den anderen Juratheilen durch ihre Zusammensetzung, wie durch ihre organischen Reste, ohne Mühe zu sondern. Alles besteht vor- zugsweise aus einem braunen, eisenschüssigen Sandstein, in dem häufig, vorzüglich im unteren Theile, wirklich ganze Schichten von linsenförmig körnigem Thoneisenstein auftreten. Reine Schichten von Kalkstein sind in dieser Abtheilung recht selten, und finden sich nur dort, wo die Masse der Versteinerungen besonders häufig erscheint. An Oolithen ist in diesem Raume gar nicht zu denken, ohnerachtet einige Geognosten noch immer fortfahren, das Ganze nach Analogie von Süd-England und West-Frank- reich, die Oolith-Formation zu nennen. 12 68 v. Bucu Höchst auffallend ist es gewifs, dafs dieser Juratheil in den verschie- denen Gebirgen eine so verschiedene Form annimmt, ohne dafs doch der zoologische ganz übereinstimmende Charakter eine weitere Trennung zu- liefse. Dagegen bleibt der untere und der obere Theil, der Lias und der Coral-Rag, so gleichförmig, dafs man sie auch in diesen so abweichend ge- stalteten Gebirgen gar nicht verkennen kann. — Schon im französischen Jura, von der Mosel zur Marne, haben kalkartige, gelbe Roogensteine das Übergewicht, und an Sandsteinen würde man hier gar nicht mehr denken. In Süd-England werden diese Sandsteine einigermafsen durch Thonschich- ten ersetzt, fullersearth, Bradfordelay, welche die mittleren Roogensteine durch viele Grafschaften hin, ziemlich genau in verschiedene Theile abson- dern. Aber dies alles ist im Norden von England, in Yorkshire, gänzlich verwischt. Sandsteine treten wieder auf in grofser Mächtigkeit und Ausdeh- nung und die Oolithe bleiben ganz untergeordnet zurück. Diese Yorkshire- Sandsteine des Jura enthalten aber eine grofse Menge von Pflanzenabdrücken, ja an einigen Orten finden sich sogar wirkliche Kohltlötze darin, und das entfernt sie nun wieder gar weit von den deutschen Sandsteinen des Jura, in welchen noch nirgends ein Ort nachgewiesen worden ist, wo auch nur eine Spur eines Pflanzenabdrucks, oder nur höchstens einmal der einer Alge oder eines Fucus vorgekommen wäre, und Nachforschungen, die ich in die- ser Hinsicht im schwäbischen Jura einigemal angestellt habe, sind völlig ohne Erfolg geblieben. Die Yorkshirer Abdrücke gehören gröfstentheils zu verschiedenen Gattungen von Cycadeen und zur Gattung Pecopteris der Farren; Gattungen, welche dem Keuper eigenthümlich zu sein pflegen, und Graf Münster bemerkt in der That, dafs in dem reichen Vorrath von Pflanzen, welche er bei einigen Versuchen auf Kohlen an der Theta bei Baireuth zusammengebracht und mit seiner gewöhnlichen Genauigkeit ge- sichtet und bestimmt hat, sich Arten finden, die völlig mit denen von Phil- lips beschriebenen übereinkommen, alle übrigen aber mit ihnen die gröfste Ähnlichkeit haben (Leonh. Jahrb. 1836. V. 502.). Die baireuther Abdrücke liegen aber unter dem Lias und gehören ohne allen Zweifel zur Formation des Keupers; eben so wenig kann es dagegen von den Schichten, welche die Abdrücke in Yorkshire enthalten, bezweifelt werden, dafs sie zwischen Lias und oberen Jura vorkommen, und dafs sie wesentlich zur Reihe des Jura, oder, wie man in England sagt, zur Oolithenreihe gehören. Das ist über den Jura in Deutschland. 69 eine gar merkwürdige Anomalie, welche zu ihrer Entwickelung noch eine grofse Reihe fehlender Beobachtungen erwartet. Denn die Formation des Keupers, des Muschelkalks und des bunten Sandsteins ist durch die orga- nischen Produkte so scharf und so bestimmt von der Formation des Jura geschieden, dafs man nicht gut einsieht, wie ein Übergang, den Muscheln 0) nicht zu vermitteln vermögen, durch Pflanzen und Landprodukte hätten zu Stande gebracht werden können. Indessen würde dieser Übergang immer noch näher liegen, als der von Hrn. Elie de Beaumont in den französi- schen Alpen entdeckte, wo Lias-Schichten Pflanzen enthalten, welche dem viel tiefer liegenden Steinkohlengebirge angehören. Die grofse, mächtige Thonschicht, mit welcher sich der mittlere Jura erhebt, wird von den meisten Geognosten in Deutschland zum Lias gerech- net, ja sogar auch noch ein ansehnlicher Theil des darüber liegenden Sand- steins. Das ist noch ein Rest von der irrigen schwäbischen Meinung, welche den Lias bis zum oberen Jura fortsetzen wollte, und dieser Rest wird auch nach weniger Zeit völlig verschwinden. Denn die Thonschicht enthält einige ganz charakteristische Muscheln, welche im Lias weiter nicht vorkommen; es sind vorzüglich Trigonia navis und Gersillia aviculoides. Die erstere von diesen ist sogar dem deutschen Jura ganz eigenthümlich, und sie hat sich bis jetzt weder in England noch in Frankreich gefunden, aufser im Elsafs bei Gundershofen, welches nur ein Ausläufer des deutschen Jura ist. Was sonst im unteren Thon und im darüber liegenden Sandstein vorkommt, und zugleich auch noch im Lias gefunden wird, ist noch mehr in solchen Sand- steinen herrschend, welche man niemals dem Lias beigezählt hat; unter ihnen rechne ich vorzüglich den weitverbreiteten Ammonites Murchinsonae, der unter mancherlei Namen, als Ammonites opalinus, maeandrus, primor- dialis und anderen, schon in ganz Europa und überall in grofser Menge auf- gefunden worden ist. Es scheint zwar kein bestimmter Grund in der Natur zu liegen und es dem Ermessen oder dem Gefallen eines jeden Geognosten überlassen zu sein, wie viel Schichten einer Reihe er zusammenfassen und als ein Ganzes betrachten wolle; indessen würde dieses Zusammenfassen sehr unfruchtbar bleiben, und die Vergleichung mit der Zusammensetzung anderer Gebirge und die Auffindung allgemeiner Gesetze ihrer Bildung gar sehr erschweren und hindern, wenn man bei solchen Zusammenfassungen nicht höchst sorg- 70 v. Bvcnu fältig verfährt, und sich nur von dem leiten läfst, was allein in solchen Din- gen bestimmend sein kann. Sowohl in Frankreich wie in England hat man die Formation des Lias immer mit den Fischschiefern als beendigt angese- hen, und die Ebene, mit welcher diese Schiefer unter dem deutschen Jura sich ausbreiten, zeigt hinreichend, wie auch hier die Natur mit dem Auf- hören der Schiefer einen bestimmten Abschnitt in der Reihenfolge bezeich- net hat. II. Der obere Jura. Unmittelbar über der oberen Thonschicht (oxford-clay) für welche Gryphae dilatata und Ammonites sublaevis ganz ausgezeichnete Leit-Mu- scheln sind, liegt senkrecht eine Reihe abwechselnder dünner, weifser Kalk- steine und Mergelschichten, welche nach Graf Mandelslohe in Schwaben die bedeutende Höhe von volle 600 Fufs erreichen. Diesen Schichten hat man bisher nicht gewagt, englische Namen zu geben; sie scheinen auch in der That dem deutschen Jura besonders eigenthümlich, sie werden durch eine kleine glatte Terebratel sehr ausgezeichnet, welche in ihnen in überaus grofser Menge vorkommt und die sich leicht durch die bedeutende Inflexion der Ventralschaale und durch den hervorstehenden Kiel der Dorsalschaale unterscheidet. Ich habe sie schon längst als Terebratula impressa beschrie- ben. Andere diesem Theile des Jura besonders eigenthümliche Muscheln hat man bisher nicht angegeben; man wird aber solche gewifs noch auffin- den. Das, was Graf Mandelslohe in seinen Listen aufführt, haben diese Schichten mit den oberen gemein, und sind seiner Meinung, diese kalkartigen Mergel für den oberen Theil des Oxford-Clay anzusehen, wenig günstig. sen das Ende des Jura am Main vermindert sich 8 die Mächtigkeit der Mergel, wie die des darunter liegenden braunen Sand- Gegen Franken hin, und ge steins, und es bedarf häufig einiger Aufmerksamkeit, sie über Lichtenfels o fe) b} ’ über Baireuth und Bamberg wiederzufinden. Die mittleren, sehr weifsen und sehr dichten Schichten des oberen > Jura sind vorzugsweise die, welche das Corallenriff bilden; auch sind sie in fo) ’ ’ Schwaben auf einer ansehnlichen Länge, in Franken überall, ohne Bedek- kung. Die Corallen, aus denen sie vorzüglich bestehen, liegen über die Felder der oberen Höhen zerstreut, und wenn auch der Fleifs der Land- leute sie in grolse Haufen gesammelt hat, so werden doch in wenigen Jah- ren durch die Verwitterung so viel neue Corallenstimme aus der, anfangs über den Jura in Deutschland. 71 dicht scheinenden Masse gesondert, dafs alles auf den Feldern wieder, wie vorher, von ihnen bedeckt ist. Cnemidien und Seyphien sind unter ihnen vorherrschend. Aufserdem wird dieser Theil noch ganz besonders bezeich- net, durch die in dem Kalkstein gar häufig vorkommende Terebratula lacu- nosa. Sie fehlt nirgends in der ganzen Erstreckung des Gebirges, selbst auch nicht in dem Theile von Frankreich, in welchem der schweitzer Jura eindringt, allein im übrigen Frankreich findet sie sich nicht und in England ist sie noch nie gesehen worden. Man kann sie also, wie Trigonia navis, für eine ausschliefslich deutsche Juramuschel ansehen. Auch die Ammoni- ten aus der Familie der Planulaten sind diesen Schichten besonders eigen- thümlich; unter ihnen vorzüglich Ammonites polyplocus, der auch nur in Deutschland und der Schweitz, nicht aber in Frankreich und England vor- kommt; dann Ammonites bifurcatus, biplex, plicatilis und multiradiatus und Ammonites flexuosus würde die Lagerung der Schichten, in denen er vor- kommt, sogleich mit grofser Genauigkeit bestimmen. Die Corallen haben eine grofse Menge Muscheln um sich her versammelt, welche sich wahr- scheinlich von ihnen genährt haben, die aber ihrerseits wieder von dem fortgesetzten Bau der Corallen umfangen und erstickt worden sind. Die höchsten Schichten dieses oberen Jura sind lange in ihrer Natur verkannt worden. Ihre genauere Kenntnils ist eine Frucht der Thätigkeit der Geognosten im Sommer des verflossenen Jahres (1836), durch welche eine Menge bisher zerstreuter Beobachtungen sich gleichsam von selbst zu einem gemeinschaftlichen Ganzen gesammelt und geordnet haben. Man verdankt diese Untersuchungen vorzüglich den Herren Thurman in Brund- rut, Volz in Strafsburg, Thirria in Vesoul, Graf Mandelslohe in Urach, Grezy und Hugi in Solothurn, und nicht wenig haben auch zur Kenntnifs dieser oberen oder Portlandschichten die vortrefflichen Arbeiten beigetra- gen, die wir Hrn. Römer in Hildesheim verdanken. Der Portlandstone, Diceras- oder Nerineen -Kalkstein bildet die äufsere Bekleidung des Jura, und scheint sogar die, von Pointen bei Kellheim bis nahe an Nördlingen fortsetzenden Kalkschiefer zu bedecken, welche durch die Fische, die sie bei Kellheim, bei Aichstedt und Pappen- heim enthalten, so sehr bekannt sind. Es ist eine sehr allgemeine Bildung, welche sogar auf dem Continent entwickelter ist, als in England. Denn in diesem Lande fehlt sie im nördlichen Theile, und tritt in der Mitte nur un- 7: v. Bucu - terbrochen hervor. In Frankreich aber umgiebt sie, ohne jemals zu fehlen, als ein bestimmter Saum, die innere Seite des grofsen pariser Beckens in so grolsem Bogen, von den Ardennen über Orleans bis zur Normandie, dafs sie hierdurch einen bedeutenden Theil von ganz Frankreich durchschneidet. Man erkennt sie leicht an der wie eine Bank fortlaufenden Schicht der klei- nen gestreiften Exogyra virgula, welche den äufseren Saum der ganzen Schicht bildet. Da im deutschen Jura die Schichten schneller auf einander folgen, daher auch weniger Breite einnehmen, so fiel es weniger in die Augen, dafs diese Schichten durch ihre Produkte von den Corallenschich- ten sich gar bestimmt absondern. Man ward erst aufmerksam auf diese Er- scheinung, als im Jahre 1935 zum Behuf eines Brückenbaues bei Waiblin- gen grofse Werkstücke zu Einsingen bei Ulm gebrochen worden waren; der Einflufs des Winters hatte in vielen Steinen den Zusammenhang gelöst, und im Frühjahre sahe man mit Verwunderung eine grofse Menge organischer Formen sich absondern, von denen vorher im festen Stein keine Spur zu sehen gewesen war. Da trat unerwartet die ausgezeichnetste aller Muscheln dieser Bildung hervor, die sonderbare dickschaalige, faserige Pinna, welche Saussure und de Luc schon vor einem halben Jahrhundert als eine beson- dere Merkwürdigkeit des Saleve bei Genf beschrieben hatte; Sowerby fand sie in England und gab von ihr eine Abbildung unter verschiedenen Namen, zuerst als Alytulus amplus, dann besser als Pinna granulata, und de France, um völlig sicher zu gehen, gab ihr den Namen Trichites, nach der faserigen Structur ihrer Schaale. Nun fand sich bald, dafs alles, was bei Ulm mit dieser ausgezeichneten Muschel vorkam, ebenfalls von eigen- thümlichem Charakter war, und doch mit dem übereinkam, was Hr. Thur- man bei Brundrut beschrieben hatte. Und nun war es nicht schwer, sich zu überzeugen, dafs auch die Juraschichten von Kellheim und Regensburg, die von Heydenheim, von Blaubeuren, von Zwiefalten und Möskirch hier- her gerechnet werden müfsten, daher was ganz zusammenhängend, an der Donau hin, den äufseren Abhang des Jura bildet. Ich habe diesen Kalkstein im südöstlichen Theil des Gebirges zuerst bei Pittendorf gefunden, eine Meile unter Hemmau. Die grofse Pinna lag auf den Chaussehaufen in Menge zerstreut und konnte nicht übersehen werden. Ihre Flächen waren glatt, wie polirt, und man konnte nicht sehen, dafs sie, wie die Pinna granulata, mit einer rauhen, dickgestreiften Schaale wäre be- über den Jura in Deutschland. 73 deckt gewesen. Doch ist dies wohl wahrscheinlich, da sie sonst in Form und Gröfse wohl übereinkommen. Dies wird wahrscheinlich der äufserste Punkt gegen Franken hinauf sein, an welchem man diese Schichten gefunden hat. Weiter gegen Regensburg sind darin bei Ettershausen an der Nab grofse Steinbrüche eröffnet, und hier findet man schon fast alles, was in den gro- fsen Brüchen von Aue bei Kellheim so ausgezeichnet vorkommt. Bei Neu- burg, bei Ingolstadt, verrathen ihn wieder die wunderbaren Diceras, welche häufig ganze Schichten erfüllen. Bei Möskirch sind es die Nerineen, welche ihn auszeichnen, und so fehlt es nur noch, dafs man sein Dasein am Fufse des Randen bei Schaffhausen und am Lägerberg bei Baden nachweise, um alle diese Schichten ununterbrochen mit denen in Verbindung zu setzen, welche am Fufse des schweitzer Jura sich hinziehen und durch Hugi’s Ent- deckungen bei Solothurn eine verdiente Berühmtheit erlangt haben. Es hat diese Formation mit dem Lias die Ähnlichkeit, dafs fast alle Produkte, welche darin vorkommen, ihr ganz eigenthümlich und daher wahre Leit-Muscheln sind. Allein nicht überall sind sie gleichmäfsig ver- einigt; daher würde bei einer durchgeführten Monographie dieser Gebirgs- art jede Gegend besonders beschrieben und betrachtet werden müssen. Denn in der allgemeinen Betrachtung würde man immer Gefahr laufen, zu vereinigen, was nach den Gesetzen der Natur vielleicht nicht leicht zu glei- cher Zeit vorkommen kann. Wenn daher auch die grofse Pinna oder der Trichit als ein Wahrzeichen der Formation angesehen werden mufs, so wird man ihn doch nicht immer antreffen, und wirklich scheint er bei Kellheim und an der Nab und der Laber zu fehlen. Die Nerineen könnten dagegen, wie es ihr Vorkommen zu Natheim und Heydenheim fast wahrscheinlich macht, tieferen Schichten gehören. — Untersuchungen, zu welchen jetzt die Beobachtungen schon völlig vorbereitet liegen und die nur noch die Hand eines geschickten und verständigen Compilators erwarten. — Keine von die- sen merkwürdigen Produkten scheint aber durch die ganze Formation ver- breiteter als Pierocera Oceani, welche zuerst von Alexander Brongniart beschrieben und abgebildet worden ist. Nicht blofs die Schweiz, Ulm, In- golstadt und Kellheim, der deutsche Jura, haben sie geliefert, sondern auch ganz gleich die Juraketten zwischen Weser und Leine, die Ränder des fran- zösischen Jura, wie die gleiche Gebirgsart an den Ufern der Loire und auf den Küsten-Inseln im atlantischen Meere. Und Beachtung verdient es wohl, Physikal. Abhandl. 1937. K 74 v.Buc# dafs die in den Corallenschichten so häufige Terebratula lacunosa im Dice- raskalk so selten ist, dafs ihre wirkliche Anwesenheit noch sogar bezweifelt werden kann. Dagegen erscheint Terebratula alata gar oft in völlig gigan- tischen Formen; offenbar ein Übergang zur Kreideformation, in welcher Terebrateln mit durch Zerspaltung getheilten Falten gar nicht mehr vor- kommen. Die geognostischen Verhältnisse zwischen dem Nerineen - und Diceras- kalkstein und den lithographischen Schiefern von Solenhofen und Pappen- heim sind noch nicht mit der Klarheit und Deutlichkeit entwickelt worden, welche die Sache erfordert. Noch ist es nicht gelungen, einen Punkt nach- zuweisen, wo die Schiefer mit Bestimmtheit über oder unter den Diceras- schichten liegen. Dafs die letzteren die oberen sein mögen, wird durch un- mittelbare Beobachtung bei Kellheim ganz wahrscheinlich, und eben so sehr durch die Betrachtung, dafs die Schiefer im Thale der Altmühl auf dem Do- lomit liegen, der zu den Corallenschichten gehört, am Abhange aber, gegen Neuburg und Ingolstadt, der Diceraskalk folgt, wo er die letzte aller Schichten bildet und durch gar nichts mehr bedeckt wird. Doch wäre es auch wohl denkbar, dafs beide Formationen nie übereinander, sondern nur neben- einander vorkommen könnten; denn die Gröfse und die Natur der Muscheln im Diceraskalk bestimmt sie als eine pelagische Formation, als eine Ab- setzung in sehr tiefem Meere. Dagegen können die lithographischen Schie- fer nur als eine Formation in der Nähe eines festen Landes, nicht weit von einem Ufer angesehen werden. Die grofse Menge von Fischen, welche darin vorkommen, entfernen sich so weit von den Ufern nicht; Algen eben so wenig, noch weniger Libellen, die doch in Solenhofen sehr häufig vor- kommen; der Geosaurus auf Füfsen, der Pterodaciylus, der in der Luft fliegt, können ohne die Nähe eines festen Landes wohl nicht gut gedacht werden. Mit dem Diceraskalk oder Portlandstein endigt sich die Reihe der Schichten des deutschen Jura. Die über sie noch folgenden in England und an der Weser vorkommenden Schichten sind an den Abfällen des deutschen und schweitzer Jura noch nicht gesehen worden, wohl aber in den Jura- gesteinen, welche schon zum Algengebirge selbst gerechnet werden müssen. Der Kimmeridge Clay oder die in Bückeburg ‚bebauten Steinkohlenflötze sind, nach Hrn. Studers Untersuchungen, in der Kette des Stockhorn über über den Jura in Deutschland. 75 Bern deutlich und bestimmt zu erkennen. Im deutschen Jura sind sie wohl niemals gewesen, denn sonst würde nicht Kreidesandstein bei Regensburg unmittelbar die Juraschichten bedecken. Leit-Muscheln des deutschen Jura. ıB Unterer Jura. Lias, 1. Ammonıtes Bucklandi. Die beste Abbildung ist in Ziethen's Versteinerungen Würtemb. tab. 2. fig.2. und tab. 27. fig.1., besser als die von Sowerby tab. 130. gegebene; doch ist sie ohne Loben. Diese finden sich in den Schriften der Akad. d. Wiss. in Berlin v.J. 1830.: über Ammoniten in älteren Gebirgsschichten, tab. 3. fig. 1. Vergebens würde man sich nach einer scharfen und bestimmten Beschreibung dieses vielleicht ausgezeichnetsten aller Ammoniten umsehen. Man erfährt nur, dals er grols sei, gewöhnlich mit viereckiger Mundöffnung und mit ungetheilten Rippen, welches letztere allen Arieten zukommt. Da aber die sehr grolsen Ammoniten dieser Art gar oft die inneren Windungen verlieren, so werden diese häufig als neue Arten wieder aufgeführt, wodurch denn die Eigenthümlichkeiten dieser merkwürdigen Gestalten ganz aus den Augen gerückt werden. Der Hauptcharakter dieser Art liegt in der Form der Loben und in dem Anwachsen der Windungen. Dafs der Dorsallobus tiefer sei, als der obere Lateral, ist eine ausgezeich- nete Eigenthümlichkeit der ganzen Abtheilung der Arieten; ebenso dafs der Lateralsattel hö- her stehe, als der Dorsalsattel. Allein dem 4. Bucklandi eigen ist die grolse Breite des La- terallobus, die so großs ist, dafs sie häufig der Tiefe gleich wird, oder auch sie wohl übertrifft. Ebenso ist der Lateralsattel eben so breit, oder auch wohl breiter, als hoch. Nach dem unteren Lateral folgt noch ein kleiner Auxiliarlobus, dessen Ventralwand sich in der Sutur verbirgt. Nach einem Durchschnitt vieler Stücke von verschiedener Gröfse verhält sich der Durchmesser zur letzten Windung wie 100:25, ein Verhältnifs, das zwischen 100 :23 oder 26 schwankt. Die Windungshöhe ist 55 bis 60; soviel nämlich würde die vorletzte Win- dung von der letzten abschneiden, diese zu 100 gesetzt. — Die Breite ist nicht immer der Höhe gleich; in grofsen Stücken ist die letztere grölser, in kleineren hat die Breite das Über- gewicht. Doch wird die Mundöffnung die viereckige Gestalt nicht leicht verändern. K2 76 v. Brcu Stücke von 5 bis 9 Zoll Durchmesser erreichen die gröfste Zahl von Rippen auf den Windungen, nämlich 40 Rippen für die letzte Windung (34 bis 47). Werden sie gröfser, so vermindert sich diese Zahl, wie bei allen Ammoniten, und die Zahl der Kammern nimmt zu. Schaalen von 24 bis 36 Zoll Durchmesser haben nur, im Durchschnitt vieler Stücke, 30 Rippen (28 bis 32). Wie ungefähr diese Zahl der Rippen in inneren Windungen sich vermindert, mag ihre Menge auf einem 3 Fuls im Durchmesser grofsen Ammoniten dieser Art in der Sammlung von Karlsruhe erweisen. Die letzte Windung hat 47 Rippen (anomal), die vorherige 40, dann 34, 28, 21, 16, 16. Die letzten haben kaum noch 2 Zoll im Durch- messer. Auf acht grolsen Ammoniten in dem Museum in Strafsburg von Waldenheim kat die letzte Windung nur 30 Rippen, und diese Zahl wächst zu 36, 37, vermindert sich aber schnell gegen das Innere bis zu 16 Rippen bei 5 Linien Durchmesser. Es ist daher einleuchtend, wie sehr man abweicht von dem, was uns die Natur lehrt, wenn man, ohne Grölsenangabe, nach Menge der Rippen neue Arten aufstellen will, wie A. multicostatus Sow., A. Kridion Hehl. und andere. Die Rippen dieses Ammoniten schwellen auf gegen den Rücken und bilden nicht sel- ten Spitzen auf der Kante des Rückens. Dadurch geschieht es, dals der nicht sich hebende Sypho in einer Rinne zurückbleibt. Sind die Rippen weniger angeschwollen, wie in inne- ren Windungen, so ist gar häufig der Sypho nicht in einer Rinne, sondern sogar hervor- stehend. Diese Lage des Sypho ist daher bei Bestimmung der Arten nur von sehr unter- geordnetem Werth, und kann daher für sich allein noch viel weniger neue Arten begründen. Überall, wo man die Schichten entblöfst hat, welche diese Ammoniten enthalten, lie- gen sie fast unmittelbar auf dem Keuper, und häufig so dicht zusammengedrängt, dals sie kaum noch Raum für andere organische Produkte gestatten. Aber nicht überall sind sie durch Steinbrüche an den Tag gebracht, daher ist an vielen Orten ihre Anwesenheit nur durch einzelne umherliegende Fragmente zu erkennen. Einige vorzügliche Orte, an welchen sie vorkommen, sind folgende: Rötheln und Candern im oberen Theile von Baden, Pforen bei Donaueschingen, Aldingen bei Rottweil, Friedrichstein bei Hechingen, Kaltenthal bei Stuttgardt, bei Schwäbisch Gmündt. Allein von der Wernitz bei Nördlingen an werden die unteren Liasschichten so schwach, dafs sie sich ganz verstecken, so sehr, dals selbst die reiche Kreissammlung von Baireuth, welche alles, was in Ober-Franken vorkommt, vollständig besitzt, doch durchaus keinen Ammoniten aus der Abtheilung der Arieten aufweisen konnte. Erst 1836 gelang es dem eifrigen Dr. Kirchner zu Bamberg, den Ammonites Bucklandi bei Zapfendorf zu entdecken, an der linken Seite des Mains, zwischen Bamberg und Staffelstein. Dieses all- mählige Verschwinden der unteren Liasschichten gegen den nördlichen Theil des Jura ist eine bemerkenswerthe Erscheinung. 2. Anmmonıtes Conybeari. Ziethen tab. 26. fig.2. mit Lobenzeichnungen, Sowerby tab. 131. Das geringe Anwachsen dieses Ammoniten bringt eine Menge Umgänge zur An- sicht, und dies unterscheidet ihn bald vom A. Bucklandi. Die vorherige Windung hat noch wi über den Jura in Deutschland. 77 die Höhe von Dreiviertheilen der letzten Windung. Aber noch ausgezeichneter und bestim- mend sind die Loben, die im Ziethenschen Werke gut und richtig gezeichnet sind. Wenn auch der Dorsallobus, wie bei allen Arieten, tiefer ist, als der obere Lateral, der Lateralsat- tel höher als der Dorsalsattel, so sind doch alle diese Loben bedeutend tiefer als breit, und so sind auch die Sättel ganz schmal gegen ihre Höhe. Der Durchmesser verhält sich zur letzten Windung wie 100:19 oder 20. In 7 Zoll Gröfse findet man 42 Rippen auf einer Windung, welches sehr nahe die gewöhnlichste grölste Zahl sein mag, die erreicht werden kann. Auf einem Stück von Hötensleben bei Scheningen, Braunschweig, in der Sammlung der naturforschenden Freunde zu Berlin, folgen sich die Rippen gegen das Innere auf diese Art: 45, dann 43, 34, 27. — In der Sammlung von Karlsruhe befindet sich ein Ammonit dieser Art von 15 Fuls Durchmesser mit 47 Rippen und 49 Rippen auf der vorherigen Windung, daher war hier die Zahl schon wieder im Abnehmen. Er wird nie so grols als 4. Bucklandi. Die Rippen bilden gewöhnlich einen Bogen auf der Seite mit vorwärts gekehrten Schenkeln. Sie haben nur ein geringes Aufschwellen gegen den Rücken, der daher selten so breit ist als die Seite. Doch ist diese Lage der Rip- pen bei Bestimmung der Arten nur von sehr untergeordnetem Werth und wenig beständig. Ziethen giebt tab. 15. fig. 1. eine Abbildung von einem A. obliquecostatus, der offenbar in wesentlichen Dingen von A. Conybeari nicht verschieden ist. — Es mag auch sehr zweifel- haft sein, ob A. rotiformis Sow. 453. Ziethen tab. 2. fig. 4. als eigne Art betrachtet wer- den könne. Die Rippen werden gegen den Rücken etwas stärker, sie sind weniger gebogen und die Mundöffnung ist daher weniger rund. Das sind aber Dinge, welche sich auf ver- schiedenen Lagerstätten leicht ändern. 3. Ammonıtes Brookü,. Ziethen tab.27. mit Lobenzeichnungen, Sowerby tab. 190. Das schnelle Anwachsen macht ihn bemerklich. Der Durchmesser verhält sich zur letzten Windung wie 100 :42. Die Loben haben Ähnlichkeit mit denen des 4. Bucklandi. Der Lateralsattel ist nämlich noch breiter als hoch, und sein äulserer Umrils ist ein Halb- kreis. Der obere Lateral ist weniger tief als breit. Der kleinere Hülfslobus ist noch über der Sutur sichtbar. Der Ammonit wird nicht grols, wohl nicht über 12 Zoll; gewöhnlich findet er sich von 14 bis 2 Zoll Durchmesser, und dann ist schon die Hälfte der Windung ohne Kammer. Bei solcher Gröfse bedecken 22 Rippen die Seiten. Sie sind wenig zurück- gebogen, und wenn auch etwas stärker am Rücken, erheben sie sich doch nicht zu Spitzen oder Dornen, daher der Sypho hervorsteht über der Rinne, in welcher er liegt. — Man findet ihn nicht selten zu Gammelshausen und zu Heiningen bei Göppingen. Dies sind die drei Formen, unter welchen alle von Sowerby und Ziethen abge- bildete oder beschriebene Ammoniten der Arieten sich einordnen lassen. Schwerlich wird es gelingen, noch andere Arten durch feste und bestimmende Kennzeichen abzusondern. 78 v. Bucu 4. Grypnara (Exocyra) arcuata. Goldfufs tab. 84. in vielen Varietäten. Sowerby tab. 112. Ziethen tab. 49. Diese ausgezeichnete Muschel steht ganz einzig da, sowohl in geognostischer, als in zoologischer Hinsicht. Auf einer mälsigen Schicht des Lias beschränkt, aber in ihr zu Mil- lionen aufeinander gehäuft, fehlt sie nirgends, wo man nur untere Liasschichten gefunden hat, in Deutschland, wie in England und Frankreich. Sie ist immer mit einer Rinne ver- sehen, welche vom Rande bis in die äufserste Spitze des Schnabels fortläuft. Im Innern der Schaale ist diese Rinne ein Buckel, auf dessen grölster Höhe sich jederzeit der Muskel- eindruck befindet. Es scheint also wohl, als habe der Schliefsmuskel mit besonderer Kraft den Mantel zurückgezogen, und die dadurch gebildete Falte des Mantels mufs sich dann in der Schaale wiederholen. Bei keiner wahren Gryphaca findet man diese Erscheinung wieder; allein sie ist allen Exogyren gemein und für sie ein bestimmendes Kennzeichen. Diese Ver- hältnisse habe ich in Brongniart’s Annales des Sciences naturelles (1835. II. 296. Jahrb. der Min. 1836. 251.) entwickelt. Dennoch unterscheidet sich Gryphaea arcuata von allen Exogyren gar sehr durch die Tiefe der Rinne, durch sehr rauhe und faltig übereinander liegende Anwachsstreifen, da diese bei Exogyren nur dünn und fein zu sein pflegen, endlich durch den Schnabel, der niemals so weit seitwärts gebogen ist, dals er, wie bei Exogyren, den grölsten Theil des Schlosses verdecken könnte, ja nicht selten ist der Schnabel mit der Spitze auf andere Körper befestigt. Wenn man diese Gryphaea auf ihrer Lagerstätte untersucht, wo ein ganzes Heer sich gegenseitig den Raum beschränkt, so findet man, durch diese Beschränkung entstanden, bald lang gezogene Formen, bald am Rande ausgedehnte breite, oder auch schmale, sehr vertiefte, alle die Formen neben einander, welche man in Sammlungen als einzelne Arten aufführt, wie Gryphaea Mac Cullochiü Sow., Gryphaea obliqua Sow., Gryphaea Suilla Goldf. tab.85. fig.3., welche doch nur alle sehr leichte und wenig wesentliche, durch zufällige äulsere Be- dingungen hervorgebrachte Abänderungen derselben Form sind. Es giebt kaum eine Gegend am inneren (nordwestlichen) Fufse des deutschen Jura, in welcher man diese merkwürdige Muschel nicht antreffen sollte; am ausgedehntesten in Würtemberg, allein auch noch bei Amberg, bei Baireuth an der 'Theta, und selbst auch noch, wenn auch wenig verbreitet, zu Wiesa und zu Döringstadt bei Banz. >. PrasıostomA (Lma) giganteum. Goldfufs tab. 1.2. Sowerby tab.77. Pl. punctata tab.113. Encyclopedie tab. 238. fig.3. Pl. semilunare Lam., Ziethen tab. 51. fig. 1. Eine Muschel, wie eine kleine Schüssel grofs. Die sehr dünne Schaale wird doch nur schwer zerstört; sie ist schwarz und wird dadurch im Gestein sehr auffallend. Sie bricht jedoch sehr leicht nach Richtung der stärkeren Anwachsstreifen, und da hierdurch der un- tere Rand ganz regelmälsig bleibt, so hält man häufig diese Bruchstücke für eigentkümliche Arten. In der That sind auch alle Diagnosen und Beschreibungen, die wir bisher erhalten über den Jura in Deutschland. 19 haben, nicht geeignet, auf feste und bestimmte Weise diese von ähnlichen Arten unterschei- den zu lernen. Die Form ist nach der Gröfse gar sehr veränderlich. In der Jugend ist die Muschel viel länger als breit; in grölseren Stücken wird die Breite sogar überwiegend, und der Um- rils wird, statt oval, halbmondförmig. Die oberen Anwachsstreilen auf gröfseren Stücken erweisen ganz deutlich die allmählige Veränderung dieser Form. Ich glaube die bestimmenden Merkmale der Art liegen in Folgendem: Die Oberfläche der Schaalen ist fein gestreift; die Streifen sind nicht dichotom, wer- den daher breiter im Fortwachsen, flacher, und verschwinden am Rande grölserer Stücke. Ihre Intervalle sind um Vieles enger als ihre Breite. Diese Streifen setzen fort über der Kante der Lunula, aber nur wenig in diese Lunula hinein, sie verschwinden darin sehr bald. Die Lunula selbst sondert sich durch eine scharfe Kante von der Seite, sie ist durchaus gleichförmig concav, und erhebt sich nicht wieder in der Mitte, wo beide Schaalen zusammenstolsen, und wo für den Austritt des Byssus eine längliche Öffnung zu- rückbleibt. Auf der Fläche dieser Lunula erscheinen die sonst schr feinen, fast unmerklichen Anwachsstreifen so stark über einander, dafs sie, vorzüglich am Obr, wirklich schuppig übereinander liegen. Sie bilden bier Streifen senkrecht an der Lunula herunter und werden von den Längsstreifen der Seiten nur in der Nähe der Kante durchschnitten. Auch das hintere Ohr zeigt nur schuppige Anwachsstreifen, die Längs- streifen setzen darauf nicht fort. Die schöne Figur im Werke von Goldfufs zeigt alle diese Verhältnisse mit der gröfsten Deutlichkeit und Klarheit. Diese Muschel findet sich unmittelbar über der Schicht, welche die unzählbare Menge von Gryphites arcuata enthält, oder auch wohl mit ihnen vereinigt, bei Pforen unweit Donau- eschingen in grolser Menge, bei Göppingen, bei Gräfenberg (Nürnberg) und an der 'Theta bei Baireuth (Catalog der Baireuther Kreissammlung). 6. Uxto concinna. Ziethen tab. 60. fig. 1-5. Noch ist es nicht gelungen, diese Muschel mit Bestimmtheit von Unio zu trennen. Die Form des Schlosses scheint ganz übereinstimmend. Aber es ist einleuchtend, dals eine Muschel, welche mit Ammoniten lebt, von ganz anderer Natur sein müsse, als eine, welche kleine Bäche und Flüsse bewohnt. In der That vermilst man auch stets die für Unio so ausgezeichneten kleinen Muskeleindrücke neben den gröfseren, welche doch, und vorzüglich der vordere, an den Flulsmuscheln so stark hervortreten. Ziethen’s Figur 5. lälst auch gar nicht die Möglichkeit zu, dals sie vorhanden sein können. Auch ist die allen Unionen eigen- thümliche Abreibung der Buckel an denen im Lias nicht sichtbar. Die feinsten Anwachs- streifen sind bis zum ersten Anfange der Buckel zu erkennen. j Es mag zweifelhaft sein, ob die in unteren Liasschichten mit den Ammoniten der Arieten so oft vorkommende Bivalwe wirklich mit Sowerby’s Unio concinna übereinstimme. Die Buckel stehen bei dieser noch mehr nach vorn; auch scheint sie etwas breiter. Die s0 v. Buca Buckel des Lias-Unio stehen auf 23 der Breite, wenn diese 100 ist; bei Unio concinna Sow. schon auf 17. Die Länge des Lias-Unio verhält sich zur Breite = 100 : 48. Sie findet sich unter der Gryphitenschicht zu Vaihingen bei Stuttgardt, zu Möglingen bei Gmündt. 7. Pınna Hartmanni. Ziethen tab. 55. fig.5-7. (Pinna dilwii) Goldfufs tab. 127. fig.3. Pinna folium Phillips Yorkshire I. tab. 14. Diese grolse Pinna, von der gewöhnlich nur Steinkerne gefunden werden, unter- scheidet sich von ähnlichen durch die starken, der Länge nach fortgehenden Rippen, welche auch auf den Kernen noch sichtbar zurückbleiben, und durch den sehr schiefen Rhombus, der vom Durchschnitt der Seiten gebildet wird. Der scharfe Winkel milst nur 40 Grad, der stumpfe 140 Grad. Sie findet sich in grofser Menge und sehr grols bei Plieningen und Degerloch, Stutt- gardt, und zu Wäschenbeuren bei Göppingen. Hr. Goldfufs hat gezeigt, dals Schlottheims Pinna diluviana eine andere Muschel sein müsse, und dals dieser Name auf die würtembergische nicht angewendet werden könne, dals aber Pinna Hartmanni Zieth. von der würtembergischen Pinna diluviana nicht ver- schieden sei. 8. Navriuvs aratus Schlotth. Ziethen tab. 17. Naut. giganteus. Sowerby tab. 125. Naut. intermedius. tab. 182. Naut. striatus. Herr Quenstedt (de notis nautilearum primarüs, 1836. p.30.) hat gezeigt, dals Schlottheims N. aratus mit dem in Würtemberg N. giganteus genannten völlig überein- stimme. Schlottheims Benennung ist aber die ältere und auch die bessere. Dieser Nautilus wird sehr grofs, bis 14 Fuls Durchmesser. Er ist nicht völlig in- volut; nahe ein Viertheil der vorherigen Windung bleibt sichtbar. Dies unterscheidet ihn von dem im oberen Jura vorkommenden N. Zineatus Sow. und auch von vielen anderen. Die Kammern bilden am Rande der Schaalen einen weiten und flachen Sinus, dessen größste Tiefe nur ein Sechstheil der Breite beträgt. Die gröfste Höhe des Ventralschenkels dieses Sinus liegt nahe an der Suturkante; die gröfste Tiefe aber findet sich nicht in der Mitte, sondern näher dem Rücken zu. Diese Form des Sinus ist vielleicht das auszeichnendste aller Kennzeichen, welche angewendet werden können, Nautilus-Arten zu bestimmen. — Er wächst ungemein schnell. Die Windungshöhe ist nur 30, oder die letzte Windung verhält sich zur vorherigen wie 100:30. Dabei übertrifft immer die Breite die Höhe um Vieles. Ihr Verhältnifs ist wie 100:60, welches ebenfalls vom N. Zineatus sehr ver- schieden ist. Der Sypho liegt über der Mitte der Kammer; ein anderer Sypho scheint am Ventralrande sich einzusenken; allein diese kleine Vertiefung ist nicht durchgehend, sie ist nur ein kleiner Ventrallobus, fehlt aber niemals. Nach diesen Kennzeichen ist der Nautilus ganz auf den unteren Lias beschränkt, und die Angaben, dafs er auch in höheren Schichten vorgekommen sei, bedürfen sehr der Be- über den Jura in Deutschland. si stätigung. — Häufig ist er zwischen Bahlingen und Rottweil; auch zu Schwarzach bei Baireuth. 9, Spmiren Moalecotti. Sowerby tab.377. fig.2. Ziethen tab. 38. fig.6. Bronn Zethaea tab. 18. fig. 14. Glatter Sinus, geringe Dicke, wenige Falten auf der Seite (4 bis 6 auf jeder), und eine Area, die kaum die Hälfte der ganzen Breite erreicht, lassen diesen Spirifer leicht un- terscheiden. Auch würde er nur mit dem, zugleich auf derselben Lagerstätte vorkommenden Sp. tumidus verwechselt werden können; dieser aber ist viel dicker und faltenreicher. Er findet sich auch in den mittleren Schichten des Lias, und ziemlich überall, wo diese Schichten vorkommen. Es ist der letzte Spirifer in der Reihe der Formationen. 10. Bezemsites paxillosus. Bronn Lethaea tab. 21. fig. 17. Voltz odservalions sur les Belemnites p.vır. fig. 2. Nach so vielen Monographien der Belemniten giebt es doch noch keine sichere und be- stimmte Kennzeichen, nach welchen einzelne Arten zu unterscheiden wären. Graf Münster in seinen trefllichen „Bemerkungen zur näheren Kenntnils der Belemniten” (1830), bemerkt sehr richtig, vorzüglich gegen Blainvitle, dals die Form im Allgemeinen, und die grölsere oder geringere Zuspitzung des Endes, bei Bestimmung der Arten nur von sehr untergeord- netem Werth sein können, und er selbst giebt eine Eintheilung der Belemniten, welche, so lange man nicht mehr von den Thieren weils, welche diese Kegel bilden, offenbar die leichteste und beste Übersicht giebt, auch wohl am meisten aus der Natur geschöpft zu sein scheint. Nach dieser Ansicht giebt es drei Classen von Belemniten: 1) solche, welche an der Basis mit einer kurzen, durch Kegel und Alveole gehenden Spalte versehen sind. Diese Spalte findet sich jederzeit auf der breiten Seite der Al- veole, daher dem Sypho entgegengesetzt; 2) eine Rinne, nur in den oberen Lagen des Kegels oder der Spindel, reicht von der Basis bis zur Hälfte oder auch wohl ganz bis in die Spitze; 3) ohne Basalrinne, aber mit Falten oder vielmehr mit kurzen Rinnen von der Spitze aus. Die letzteren sind dem Lias eigenthümlich, die zweiten dem mittleren und oberen Jura, die ersteren gehören ausschlielslich der Kreideformation. Es giebt jedoch auch ein Gesetz für die kleinen Apicicalrinnen der Lias- Belemniten, auf welches Hr. Voltz zuerst aufmerksam gemacht hat. Es gehen nämlich zwei Rinnen von der Spitze herauf, nicht drei, welche sich auf den Seiten gegenüber stehen, und näher der Dorsalseite als der Ventralseite des Kegels; dies ist an vielen Durchschnitten, die Hr. Voltz geliefert hat, deutlich zu sehen (tab. VII. fig. 3. 4. 7. tab. III. fig.2.). Verfolgt man diese beiden Rinnen gegen die Basis, ‘so werden sie stets flacher, und bilden endlich nur noch eine leichte Abplattung der runden Kegelform. Diese Abplattung endigt sich, wo der Durchmesser des Alveolenkegels am schmalsten ist, wo also irgend eine Ursache, vielleicht Befestigungsmuskeln an der Schaale, die Secrelionsorgane Physikal. Abhandl. 1837. L s2 v.Büch der Schaale in dieser Richtung zusammengezogen hat. — Andere Falten an der Spitze haben kein bestimmtes Gesetz; auch sind sie nie weit zu verfolgen. Belemnites paxillosus zeigt die beiden Seitenrinnen gewöhnlich sehr deutlich. Das Hauptmerkmal dieser Art liegt jedoch in der walzenförmigen, nur erst gegen die Spitze be- merklich abnehmenden Gestalt, mit einer nicht unbedeutenden Dicke vereint. Die ganze Länge des Kegels ist noch nicht völlig ömal die des Durchmessers in der Gegend des An- fanges der Alveole. Dieser Durchmesser verhält sich zu dem in zwei Drittheile der Länge wie 10088. — Wäre es möglich, so deutliche Alveolen zu finden, als die, auf denen Hr. Voltz so scharfsinnig die weitere Ausbildung der sonderbaren Mundöffnung der Schaale verfolgt hat, so würde man ohne Zweifel aus ihnen die sichersten Kennzeichen der Arten herleiten können. Offenbar stehen diese Mundöffnungen mit der Natur des Thieres in nä- herer Verbindung, als alles, was sich auf den Kegeln beobachten läfst. 11. Berensıres acuarius Schlotth. Graf Münster Belemniten tab. 2. fig.4.5.6. Ziethen tab. 22. fig. 2. (gracilis), tab. 21. fig. 10. (longissimus). Ein Gegensatz zum Belemnites pawillosus, denn dieser ist wie eine grofse Nadel fein und dünn. Die Länge übertrifft den Durchmesser an dem Anfang der Alveole 12 bis 13mal, wenn sie gegen einen Fuls erreicht. Jüngere und kleinere sind nur 9mal länger. Die beiden Apicial-Rinnen werden hier so stark, dals sie, wenn der Belemnit zer- drückt ist, bis zur Alveole fortlaufen. Gar häufig nehmlich zerstört die Verwitterung die innere Substanz des Kegels, ohne doch die letzte äufsere Schicht zu verletzen. Dann wird der Kegel platt gedrückt und eine Menge Falten treten an der Spitze hervor, unter denen die Seitenfalten die tiefsten und auch die längsten bleiben. Schon an der Basis sind sowohl Rücken als Seiten auffallend flach, so dals sie viereckig scheinen mit abgerundeten Kanten. Ist diese Form ohne Zerdrückung bis nahe an der Spitze zu verfolgen, so entsteht daraus wahrscheinlich der Belemnites quadratus Teodori, der in der Gegend von Banz häufig vor- kommt. Der Durchmesser der Alveole da, wo die Schichten des Kegels unmerklich werden, verhält sich zu seiner Tiefe wie 1:24. Bemerkenswerth ist es, dals die ersten Schichten einen so stumpfen Kegel bilden, wie der Längendurchschnitt dies ohne Mühe zeigt, dals man ihn 1 oder 14 Zoll weit von der Alveole von B. dreviformis Voltz gar nicht würde un- terscheiden können, welches allein schon ins Licht setzt, wie sehr eine strenge Prüfung und Durchsicht aller aufgeführten Belemniten-Arten nothwendig wäre. Dieser Belemnit ist nicht selten zu Boll, in den Marmorbrüchen von Berg, bei Altdorf, bei Mistelgau, bei Geisfeld unweit Baireuth, und zu Banz. 12. Gayenara Cymbium Lam. Goldfufs tab. 84. fig. 3.4.5. tab. 85. fig.1.2. (Gr. gigantea). Ziethen tab. 49. fig.4. (Gr. lae- viuscula). Sowerby tab. 112. (Gr. obliquata). Phillips I. tab. 14. fig. 7. (Gr. depressa.) Diese schöne Muschel hat die Aufmerksamkeit nicht erregt, welche sie, sowohl durch ihre Form, als durch ihr Vorkommen zu erregen berechtigt war. Bronn, in der klassischen über den Jura in Deutschland. 83 Lethaea, übergeht sie ganz, und in englischen Büchern ist sie nur sehr unvollkommen abge- bildet und beschrieben worden. Sie ist gewöhnlich schmal und lang, wie Gryphaca (Exogyra) arcuata; unterscheidet sich jedoch sogleich von dieser dadurch, dafs die Falte oder Einbie- gung an der rechten Seite des Randes nicht bis zur Spitze fortsetzt, sondern schon unter der Spitze am Halse ausläuft, wie es allen Gryphäen zukommt. Der Art eigenthüm- lich ist, dals diese Einbiegung gar oft bis zur Unkenntlichkeit sich verwischt und nur an sehr breiten Stücken sich erhält. Die Oberschaale ist vertieft und verengt sich schnell gegen den Anfang. Beide Schaalen sind von gar regelmälsigen, höchst dünnen und zarten Anwachsstreifen concentrisch gestreift, wodurch dem Ganzen oft eine Zierlichkeit gegeben wird, welche die rauhe, fast plumpe Schaale der Gryphaea arcuata nie erreichen kann. Die Abbildung bei Goldfuls tab. 84. fig. 3. 2. ist hiervon ein wahres Musterbild. Der Schnabel ist sehr krumm gebogen über dem Schlofs, allein kaum oder gar nicht seitwärts hin. An jedem Stück ist an der Spitze des Schnabels irgend eine kleine An- heftungsstelle zu bemerken, welche mit gleicher Form, sich auf-der zuweilen weit abstehen- den Oberschaale wiederholt, welches auffällt, wenn die Anheftung, wie gewöhnlich auf einer kleinen Muschel stattgefunden hat, auf einer Plicatula, Terebratel oder auf einem kleinen Ammoniten. Gryphaea gigantea Sow. tab. 391. theilt mit Gr. cyrnbium viele der wesentlichsten Kennzeichen. Auch bier sind die Anwachsstreifen ganz zart und dünn, wodurch sie von Gr. dilatata sich unterscheidet; auch hier geht die Muschel am Schlofls schnell und spitz zu- sammen, so dals man sehr geneigt wird, in ihr nur eine sehr breite Abändernng von Gr. cymbium zu sehen, um so mehr, da sie auch oft in der Länge sich ausdehnt. Allein der grolsen Breite scheint doch eine gewisse Beständigkeit eigen zu sein. Die Seitenfalte ist stets tiefer und auffallender und ihre Lagerung, wo sie in Menge erscheint, weist auf höhere Gebirgsschichten hin. Im deutschen Jura ist sie, soviel ich weils, noch nicht beobachtet worden. Gryphaea cymbium findet sich niemals mit Gryphaea arcuata vereinigt, daher auch nicht mit Ammoniten der Arietenfamilie. Sie erscheint stets in den höheren, Belemniten- schichten des Lias, wo wieder Gryphaea arcuata gänzlich verschwunden ist. Schön sieht man sie und in grolser Menge in diesen oberen Schichten am Fufse des Randen über Ober- Hallau bei Schaffhausen; dann zu Wäschenbeuren bei Göppingen, zu Ellingen, Altdorf, zu Mistelgau und an der Theta, bei Baireuth, am Gründtel bei Tiefenroth unweit Banz. 13. Proranonva ambigua. Römer norddeutsches Oolithengebirg, tab. 15. fig.1. Sowerby tab. 227. Von alle Pholadomyen ist diese eine der gröfsten und breitesten. Die hintere Hälfte ist so weit ausgedehnt, dals die Länge sich zur ganzen Breite verhält, wie 2:3 und sogar auch noch mehr. Die Dicke bleibt dagegen zurück und beträgt nur drei Viertheile der Länge. Unter den Buckeln befindet sich eine kleine, aber sehr tiefe Lunula; die Kante in der Mitte der vorderen Seite hebt sich aus dieser Lunula schnell und bildet einen vollständigen L2 54 v. Buch Halbzirkel von den Buckeln bis zum unteren Rande. Auch von den Seiten her ist diese vordere Seite stark gewölbt. Beides ist höchst auszeichnend für diese Art. Die bei an- deren Arten so oft auftretende Längenrippe oder Falte, welche auf der vorderen Seite un- weit des Randes herabzulaufen pflegt, fehlt dieser Art ganz. Die grölste Länge ist zwar unter den Buckeln, allein selten sieht man den unteren Rand von der ersten Hälfte an in starken Bogen gegen das hintere Ende fortlaufen; gewöhnlich sind der obere und der un- tere Rand ziemlich parallel, und nur erst gegen die hintere Hälfte wird der Bogen des un- teren Randes bemerklich, und hier werden beide Ränder durch einen (Querrand fast im rechten Winkel verbunden. Auch stofsen beide Schaalen an dieser hinteren Seite scharf, ohne merkliche Dicke, zusammen. Acht oder zehn nicht sehr schiefe Längenfalten auf den Seiten werden durch starke, concentrische Anwachsstreifen gekörnt. Diese Pholadomye ist in der Belemnitenschicht des Lias nicht selten zu Bahlingen und zu Vaihingen bei Stutigardt. Aus fränkischen Schichten wird sie seltener, jedoch aus höheren angeführt. 14. Pricarura spinosa. Goldfufs tab. 107. fig. 1. fig. 2. (Pl. sarcinula). Bronn Lethaea tab.18. fig. 20. (fig. 21. jung, Pl. nodulosa.) Eine Muschel, welche durch ganz Europa verbreitet zu sein scheint, und stets in der- selben Lagerung in den Belemnitenschichten des Lias unter den Fischen. Sie ist in ihrer ersten Jugend frei und dann völlig glatt, einem Pecten gleich, mit sehr stumpfen Schlols- kanten und ganz zirkelförmigen unteren Rande. So sieht man es bei Bronn fig. 21. Nach noch nicht einer Linie Länge wird die Muschel befestigt; die Anwachsstreifen treten jetzt dick und wellig heraus und werden von Längsrippen oder Falten zertheilt, die über den Rand hervorragen. Fast bei jedem Anwachsringe setzen sich neue Längsfalten zwischen den älteren und bilden eine ziemlich unregelmälsige Dichotomie. Bei weiterem Anwachsen wer- den diese Falten flacher und die Zerspaltung ist weniger bemerklich. Dann entsteht die Pxi- catula spinosa, wie sie in älteren Abbildungen dargestellt ist; allein Goldfufs hat in sei- nen Figuren ganz deutlich gezeigt, dals, wenn auch, selbst in der Jugend, die Falten flach und wenig hervortretend sind, dennoch darin nur eine Abänderung, und auch diese kaum, aber nie eine verschiedene Art gesucht werden könne. Die allmähligen Übergänge dieser Formen findet man auf der Lagerstätte, wo sie in grolser Zahl vereinigt sind, mit leichter Mühe, wie am Wittberg bei Metzingen, bei Neuhausen, bei Plieningen, bei Grofs-Eislingen; an der Theta bei Baireuth, zu Grofs-Bettendorf und wahrscheinlich noch an vielen anderen Orten. 15. Anmnmonttes Bechei. Ziethen tab.28. fig.4. Bronn Lethaea tab. 23. fig.7. Reinicke tab. $. fig. 65. Sow. tab. 280. Eine doppelte Reihe von Spitzen auf den Seiten geben ihm ein auffallendes Ansehn. Die Rippen zwischen beiden Reihen sind sehr stark, und nur nach der oberen Reihe wird die Zertheilung zu feinen Falten über den breiten Rücken ganz bestimmt. Der obere Lateral- lobus senkt sich schon nahe über der ersten Reihe herab, der untere aber etwas tiefer als über den Jura in Deutschland. s5 die untere Reihe. Daher gehört der Ammonit zu den Coronarien. Die Suturkante und die Suturfläche sind abgerundet; sie lassen ein Drittheil von der vorherigen Windung unbedeckt und daher einen tiefen Umbilicus frei, welcher bei dem schnellen Anwachsen in der Breite um so auffallender wird. Die Breite der letzten Windung verhält sich zur vorherigen wie 100:51. So ist auch die Windungshöhe. Es ist wohl bemerkenswerth, wie die Längsstreifen, welche bei allen Ammoniten, wie bei den Nautilen, unter der Schaale hervortreten, bei diesen Ammoniten so besonders stark sind, dals man sie sogar an kleinen Stücken bemerkt, ja dals sie im Stande sind, die äulseren Seitenfalten zu kleinen Körnern zu zertheilen, was die schöne Zeichnung von Ziethen vor- trefllich beobachten lälst. Er findet sich zwischen Belemniten zu Bahlingen, zu Boll, zu Grofs-Eislingen. Es bleibt immer eine, in der Abtheilung der Coronarien etwas anomale Gestalt, welche dem Ammonites pustulatus Rein. sehr nahe steht. 16. AmMonITES Capricornus. Sowerby tab.73. Bronn Lethaea tab.23. Ziethen tab. 4. fig 8. Durch starke, unzertheilte Seitenfalten, durch wenig gewölbte, fast ebene Seiten, durch viele frei liegende und sichtbare Windungen wird dieser Ammonit den Arten aus der Ab- theilung der Arieten so ähnlich, dals eine Verwechslung zwischen ihnen wohl veranlalst wer- den kann; indessen wird sie leicht vermieden, wenn man bemerkt, dafs die Falten über dem Rücken hin sich nicht an einem hervorstehenden Sypho verlieren, sondern vielmehr hier breiter und stärker werden, wie ein kleines Band über dem Rücken. Der vordere Theil bil- det eine kleine Spitze, welche bis zur Zertheilung in zwei nahe stehende Falten hervortreten kann. Noch bestimmter unterscheidet sich der Ammonit durch die Form seiner Loben. Der Dorsal ist kaum länger als der obere Lateral; der Dorsalsattel ist höher als der Lateral- sattel und fast so breit als hoch; der untere Laterallobus ist nur klein, und versteckt sich fast in der Sutur, wodurch auch in Profilen diese Art sich leicht erkennen lälst. 17. Amnmonıtes Amaltheus. Bronn Lethaea tab. 22. fig.13. Sow. tab. 191. A. Stoeckesi. Ziethen tab. 4. fig. 1. Reinicke fig. 9.10. A. Rotula. Scheibenförmige Gestalt, schnelles Anwachsen der Windungen, einfache Falten mit langen Stielen der wenig gebogenen Sichel, zierliche Schuppen auf dem hervorstehenden Rückensaum, welche, in Anzabl, die der Falten stets um mehr als das Doppelte übertreffen, endlich ein grölserer Auxiliarlobus und zwei kleinere nahe an der Sutur, mit einer ebenen, stets senkrechten Suturfläche. — Dies sind die Kennzeichen, welche als bestimmend für die Art angesehen werden können. In jüngeren Schaalen oder auf inneren Windungen erheben sich Knoten auf den Seiten, wodurch auch die scheibenförmige Gestalt etwas verändert wird, aber Schlott- te10) v. Bvceu heim hat schon, und mit Recht, diese jugendliche Formen mit dem Haupttypus ver- bunden. Die Windungshöhe ist 43, oder die Höhe der letzten Windung verhält sich zur vor- hergehenden wie 100 :43. Davon ıst mehr als die Hälfte eingewickelt. Fast auf allen Stücken bemerkt man von dort, wo die letzte Windung aufhört, bis zu drei Viertheilen des Umkreises fort, eine starke Längenstreifung, welche sich endlich in diagonaler Richtung von der Sutur nach dem Rande herauf, verliert. Diese Streifen gehen über die Falten weg, selbst bei vollständigen Stücken; daher sind sie wahrscheinlich der Eindruck eines Organs, das die Schaale umfalst hat, und scheinen zu erweisen, dals Ammo- niten-Schaalen innere Schaalen sind, welche fast völlig vom Thiere umgeben waren. Ein weitverbreiteter Ammonit, eben so häufig und ausgezeichnet in der Gegend von Boll und Schwäbisch Gmündt, als bei Altdorf, bei Thurnau und bei Banz. 18. Ammonıtes coslaltus. Bronn Lethaea tab. 22. fig. 12. Reinicke fig. 68. Stets einfache und starke Falten, welche am Rücken in einer nahe liegenden, dop- pelten Spitzenreihe sich ausbreiten; ein breiter, rinnenförmiger Rücken, in dessen Boden der stark eingekerbte Sypho liegt; eine bedeutende und gleichförmige Dicke, wodurch die Seiten- flächen fast parallel, der Durchschnitt beinahe viereckig wird; eine nur geringe, kaum ein Viertheil der Höhe betragende Einwickelung des vorletzten Umganges — sind die Merkmale, wodurch sich dieser Ammonit leicht und fest von anderen unterscheiden läfst. Er ist gewöhnlich bankweise versammelt; daher gar häufig. Doch scheint er weit mehr dem nördlichen als dem südlichen Theile des deutschen Jura eigenthümlich, so sehr, dals man ihn sonst wohl nicht selten als 4. franconicus aufgeführt hat. So findet er sich in den Marmorbrüchen von Berg bei Altdorf, bei Baireuth, zu Unnersdorf bei Banz; aber auch bei Heiningen und bei Zell unweit Boll. 19. Ammonıtes ‚Serpentinus. Reinicke fig. 74. Ziethen tab. 12. fig. 4. Die ausgezeichnete Abtheilung der Falciferen zerspaltet sich zu einzelnen Arten, vor- züglich durch die Schnelle des Anwachsens und durch das mehr oder weniger Umhülltsein der Windungen. Drei Arten von Ammoniten können aus diesem Gesichtspunkt als Stell- vertreter der Unterabtheilungen angesehen werden, in welchen diese Familie zerfällt: 4. de- pressus, welcher ganz involut ist; A. Murchinsonae, bei welchem ein grofser Theil der inne- ren Windungen frei bleibt; A. Serpentinus endlich, bei welchem nur ein kleiner Theil der vorherigen Windung umhüllt ist. Nicht blofs dieses Freiliegen der vorherigen Windungen bei jedoch wenig veränderter scheibenartiger Form, sondern auch, und vielleicht mehr noch, das sehr geringe Anwachsen der Windungen, geben der ganzen Gestalt ihren eigenthümlichen Charakter. Die letzte über den Jura in Deutschland. 37 Windungshöhe verhält sich zur vorherigen wie 100:70, da in den beiden anderen Abthei- lungen diese Windungshöhe nur 40 ist. Davon ist nur ein Drittheil umbüllt. — Die Sutur- kante ist sehr scharf; die Suturfläche ansehnlich und eben; dadurch ist diese Form von A.radians leicht zu unterscheiden. Gegen den Rücken stofsen die fast ebenen Seitenflächen mit grolser Schärfe zusammen und der Sypho steht darüber hervor. Unter den sehr feinen Sichelfalten treten stärkere Falten hervor und wenden sich noch stärker vorwärts vom Rande des Rückens gegen den Sypho. Da, wo der hohe Stiel der Sichel, der fast die Hälfte der Seite erreicht, sich zu wenden anfängt, bemerkt man eine deutliche Einsenkung, welche über alle Windungen der Länge nach fortsetzt, so stark, wie sie nur noch am 4. PValcotti wieder- gefunden wird. Im fränkischen Jura, bei Nürnberg, bei Baireuth, bei Banz, ist dieser Ammonit so wenig selten, dals man ihn in allen Sammlungen der dortigen Gegenden findet. Allein im schwäbischen Theile dieses Gebirges oder in der Schweiz scheint er weniger häufig zu sein. 20. Ammonıtes PM alecotti. Des Hayes Deser. caract. p.7. fig.7. Sowerby p.106. (4. Hildensis bei Young und Bird.) Er hat ungemein viel Übereinstimmendes mit A. Serpentinus, unterscheidet sich aber gleich durch den breiten Rücken, auf dessen Mitte der Sypho, wie bei den Arieten, in einer Rinne liegt. Dies ist in der That für die Falciferen etwas Seltsames, da fast alle durch die besondere Schärfe des Rückens sich so sehr auszeichnen. In dieser Rücksicht steht A. Wal- cotti zu den anderen Arten der Falciferen, wie 4. costatus zu den übrigen Amaltheen. Die Folge des breiten Rückens ist ein Rückenlobus mit senkrechten Wänden, und daher wie- der ein, nicht schief aufsteigender, sondern horizontaler Dorsalsattel. Ein kleiner Auxiliar- lobus steht schon auf der Suturfläche. — Der Sichelstiel der Falten biegt sich weit nach vorn, und noch ehe er die Hälfte der Seite erreicht hat, tritt er mit scharfem Winkel wie- der zurück und hildet eine stark gebogene Sichel. Es entsteht hieraus eine sehr bedeutende Rinne oder Vertiefung im unteren Theile der Seite, so, dafs die Ventralwand dieser Rinne sogar über die Seitenfläche hervorsteht und die Suturkante abrundet. Die Suturfläche bleibt glatt und geht schief zur Sutur. — Der Ammonit ist nur wenig involut und erreicht selten mehr als einige Zoll im Durchmesser. Er scheint in Frankreich (Mende, Lodeve) und in England viel häufiger vorzukommen als in Deutschland. Niemand erwähnt ihn in Schwaben, wohl aber findet er sich bei Nürnberg und zu Mistelgau bei Baireuth. 21. TeErEBRATULA numismalis. Ziethen tab. 39. fig.5. Encycl. method. tab. 240. fig. 1. Es ist vielleicht die flachste aller Terebrateln und da sie zugleich zu der Abtheilung gehört, in welcher Vertiefungen der Seiten oder des Randes, Buchten, gegen einander über stehen, und ebenso auch die Erhöhungen, nicht aber mit einander abwechseln, so ist sie sehr leicht zu erkennen. Sie ist ganz glatt; das allen Terebrateln im Umrifs eigenthümliche Penta- 8 v. Bucu gon tritt deutlich hervor durch die oberen Rippen, wenn auch diese mehr Wellen als Grate sind; Schnabel und Öffnung sind ungewöhnlich klein und wenig hervortretend. Diese Terebratel ist an vielen Orten, in den Belemnitenschichten von Würtemberg gar häufig; auch bei Amberg und bei Baireuth. Es ist eine deutsche Muschel. In Frankreich ist sie selten, von England wird sie nirgend angeführt. 22. TereseatUura Zetraedra. Ziethen tab. 41. fig. 1-3. So auszeichnend diese Terebratel auch sein mag für die Schichten, in welchen sie sich findet, so bedarf es doch Aufmerksamkeit, um sie gehörig zu erkennen und sie nicht mit ähnlichen Formen zu verwechseln. Es ist eine gefaltete Terebratel; die Mitte der Ven- tralschaale steht nicht höher als der Rand; wohl aber der letztere höher als die Mitte. Al- lein dieses Ansteigen ist schr allmählig und mälsig, und bei weitem nicht so auffallend, als bei anderen Pugnaceen; es scheint oft nur eine Horizontallinie. In seltneren Fällen steht auch der Rand höher. Zwanzig Falten bedecken die Seiten, von denen fünf im Sinus lie- gen. — Die Muschel ist von der Gröfse einer kleinen Wallnuls. Häufig findet man sie bei Pforen unweit Donaueschingen. Auch bei Tübingen, zu Amberg und zu Rabenstein. 23. Teresratuna triplicata. Phillips I. tab. 13. fig. 22.24. Ziethen tab. 42. fig. 6. Man würde sie leicht für eine Abänderung von 7. tetraedra halten, wäre sie nur in ihren abweichenden Verhältnissen nicht so beständig. Sie ist stets viel dicker, kugelförmig. Die Falten sind fast nur am Rande bemerklich, und übersteigen nicht leicht drei für jeden Sinus. So findet man sie zu Tausenden in den Steinbrüchen von Pforen bei Donaueschingen, zu Echterdingen und an vielen anderen Orten in Schwaben. Kugelform und geringe Menge wenig scharfer Falten unterscheiden sie von 7‘. varians. 24. Lermorvs Gigas. Bronn Lethaea tab. 24. fig.4. Agassiz tab. 28. 29. Die Fische pflegen gewöhnlich auf der Grenze zwischen der Belemnitenschicht und den Schiefern des Lias vorzukommen; häufig in grofsen Ellypsoiden, deren Mitte sie einneh- men. In Schwaben scheinen sie jedoch auch höher in den Schiefern zu liegen. — Keiner unter diesen Fischen ist weiter verbreitet, daher bestimmender, als Zepidotus Gigas. Seine rhombenförmigen glänzenden Schuppen, das Auszeichnende der Ganoiden, sind durch Gröfse und Glätte gar sehr bemerklich. Er wird 2 bis 3 Fufs grols, ist am Rücken und Bauch ge- wölbt und hat Schuppen so lang als sie breit sind. — Dals der obere Theil der Schwanz- !losse weiter vortritt als der untere, ein Charakter der Gattung, fällt sehr auf. über den Jura in Deutschland. 89 95. TETRAGONOLErIS. Bronn Lethaea tab. 24. fig. 1. Dieses, durch seine überaus breite Rückenflosse, welche von der Mitte des Rückens fast bis zum Schwanz reicht, so sehr ausgezeichnetes Geschlecht der Ganoiden ist an sich schon weit verbreitet, und wird es noch mehr, wenn man die Unterschiede, welche es von Dapedius trennen, für zu unbedeutend zur Bestimmung zwei verschiedener Geschlechter hält. Diese beiden Geschlechter möchten wohl bei weitem die Hauptmenge bilden von allen, welche in Liasschichten vorkommen. 26. Icutuvosaunus communis, tenuirostris, platyodon. Buckland Bridgw. Geol. pl.7-12. Die Schiefer, in welchen diese gefräfsigen Ungeheuer eingehüllt liegen, haben über- all eine so gleichförmige und dabei doch so auffallende Zusammensetzung, dals man sehr ge- neigt wird, ihre Entstehung gröfstentheils den zerstörenden Thieren selbst zuzuschreiben, welche darin liegen. Wenn man nämlich diese Schiefer mit Vergröfserungsgläsern unter- sucht, so ist kaum eine Stelle zu finden, welche nicht aus Fischzähnen, aus kleinen Schup- pen, aus Muschelfragmenten und ähnlichen Dingen bestände, und alles ist mit einem thieri- schen Öl durchdrungen, welches die Schiefer brennbar macht, oft so sehr, dafs man sie als Feuerung beim Kalkbrennen benutzt. Da nun die Auswürfe der Ichtbyosauren, die Copro- liten, nicht selten (an der Severn, in Glostershire) ganze Schichten bilden, so wäre es wohl denkbar, dafs die Liasschiefer nur als zertheilte und in Schichten verbreitete Coproliten an- gesehen werden müssen. Diese Schiefer sind der Feuchtigkeit nicht zugänglich; sie zerfallen und zerstören sich nicht. Sie bleiben daher in trocknen Gegenden ein Bild der grälslichsten Unfruchtbarkeit, weil keine Pflanze in dem festen und feuchtlosen Gestein haften will; dann tritt die Schwärze der Masse um so schreckender hervor und schon von weitem verkünden sich auf diese abstolsende Weise die Schiefer unter der herrlichen Vegetation, welche die oberen Schichten bedeckt. So sieht man es vorzüglich im südlichen Frankreich bei Gap, bei Digne, bei Castellane, bei Bar&me. Von allen genannten Ichthyosauren ist 7. platyodon der gestreckteste, dünnste und dabei auch der grölste. Man glaubt, dafs es Thiere von 30 Fuls Länge gegeben haben könne. Man besitzt Kiefer von 8 Fuls Länge und Wirbel von 7 Zoll im Durchmesser (Herrmann v. Meyer Palaeologica p- 215.). — I. tenuirostris, der kleinste, fällt auf durch die weit vor- springende und spitz zulaufende Schnauze. In einem Individuum von 25 Fuls Länge sind Kopf und Schwanz jedes 1 Fuls lang, so dals für den Rumpf nicht mehr als 15 Fuls blei- ben. Bei Z. communis milst der Kopf noch nicht den vierten Theil der ganzen Länge und die Länge vom Halse bis zu den Nasenlöchern ist grölser als die von den Nasenlöchern bis zur Spitze der Schnauze. Bei 7. zenuirostris ist diese Schnauze bedeutend länger. Physikal. Abhandl. 1837. M 90 v. Buch Man wird nicht leicht in der ganzen Ausdehnung des deutschen Jura die Liasschiefer entblöfst sehen, ohne dafs sich nicht Überreste dieser wunderbaren Thiere in Menge darin auffinden lielsen. Auch kennt man sie in dem ganzen Fortlauf des Gebirges, von der Schweiz bis in der Nähe von Coburg. Auch sind von ihnen jetzt viele herrliche Individuen in den Sammlungen aufgestellt. Unter diesen sind besonders bemerkenswerth die Stücke, welche in der Sammlung des landwirthschaftlichen Vereins in Stuttgardt verwahrt werden, dann in der Sammlung des eifrigen Dr. Schmidt zu Metzingen aus den Schieferbrüchen von Boll, von Zell und von Ohmden. Die herrliche Sammlung von Banz enthält (nach Meyer) wenigstens 5 Arten von Ichthyosaurus, alle aus der näheren Gegend, und die Sammlung von Bamberg besitzt in ausgezeichneten, oft Riesenfragmenten, was bei Geisfeld und an anderen nahe lie- genden Orten gefunden worden ist; unter anderen ein vollständiges, vom Pfarrer Geyer herrlich ausgearbeitetes Skelett von Battenheim. Herr Owen hat die sonderbare Bemerkung gemacht, dafs an allen Ichthyosauren, welche ihm zu Gesicht gekommen sind, der vierzehnte Wirbel vom Schwanze aus jederzeit aus seiner Lage gerückt ist und rechtwinklig auf dem folgenden steht. Er folgert hieraus, dafs diese Zusammensetzung keine zufällige sei, sondern wahrscheinlich dem Thiere gegeben wurde, den Schwanz als Stützpunkt zu brauchen. Bemerkenswerth ist es, dals auch Jäger in dem grofsen Thiere, welches er (Reptil. Würtemb. tab.1I. fig.4.) abbildet, eben auch den vierzehnten Wirbel ganz aus seiner Lage und rechtwinklig auf den folgenden zeichnet. Bei Erforschung der Eigenthümlichkeiten des deutschen Jura verdient es nicht über- sehen zu werden, dals Herrm. v. Meyer, der doch alle in Deutschland gefundene Frag- mente dieser Thiere untersucht hat, ausdrücklich versichert (p.320.), nichts gesehen zu ha- ben, welches ohne Widerspruch einem Plesiosaurus zugerechnet werden könnte, nicht ein- mal Wirbel. 27. BeLEmsITES digitalis. Voltz sur les Belemnites tab.2. fig.5. Bronn tab. 21. fig. 17. Wie am Finger ist an der Spitze die eine Seite gerade, die andere gewölbt; allein die erstere ist nicht, wie am Finger, die Rücken-, sondern die Ventralseite, die, an welcher in der Alveole der Sypho liegt, und ganz gegen diese Seite hin endigt sich auch die Apicical- linie und bildet auf der stumpfen Spitze einen kleinen Knoten. Fast an allen Stücken geht eine Rinne oder Falte auf dieser Ventralkante oft ansehnlich weit herauf. Die beiden anderen Seitenfalten, welche den Belemniten so eigenthümlich sind, werden durch zwei bedeutende Abplattungen angedeutet, welche bis zur Alveole fortlaufen. Diese Abplattungen sind so stark, dals der grölsere Durchmesser der daraus entstehenden Ellypse des Profils sich zum kleineren verhält wie 100 :74. — Die gewöhnliche Länge dieses Belemniten ist grölser als 3mal, kleiner als Amal des grölseren Durchmessers. Er wird nicht länger als 3 Zoll und selten ohne Alveole gefunden. Diese Alveole aber ist jederzeit gekrümmt, mit der Spitze näher der Bauchseite. Wenige Belemniten sind so beständig in diesen Kennzeichen; daher sind auch wenige als eigene Art bestimmter und fester begründet. — Sie sind weit verbreitet in Frankreich über den Jura in Deutschland. 91 wie in Deutschland, sie sind in Würtemberg eben so häufig als bei Altdorf, Baireuth oder Banz; aber in England scheinen sie zu fehlen, wenn nicht B. penicellatus (So w. tab.591. fig.6.) hierher gerechnet werden muls, wie fast wahrscheinlich ist. Doch auch diesen nennt Sowerby selten. 28. Amnmonıtes radians. Bronn Lethaea tab.22. fig.5. Ziethen tab.4. fig.3. tab. 14. fig. 6. (striatulus), fig. 7. (solaris). Dieser Ammonit theilt mit dem 4. Serpentinus die Eigenschaft, allen anderen Arten der Falciferen, in Hinsicht der Schnelle des Wachsens der Windungen weit zurückzustehen. Auch ist die Windungshöhe beider Arten fast gleich. Von der letzten Windung würde die vorherige fast drei Viertheile abschneiden, oder die Windungshöhe, nach einem Mittel aus vielen Stücken, ist 72. Gar wesentlich unterscheiden sich jedoch beide Arten durch die Form der Sichel, welche die Falten auf der Seitenfläche bilden. Diese Sichel ist bei 4. radians nur flach, fast ohne Knie; die grölste Biegung ist erst im letzten Viertel der Seite, und dann erst neigen sich die Falten schnell vorwärts gegen den Sypho. Bei Amaltheen, an welchen die Sichel auch nur wenig gebogen ist, würde der Stiel länger sein. Hier endigt sich, der Natur der Falciferen gemäls, der Stiel schon im ersten Viertel der Seite. — Die Sutur- fläche ist sehr schief und nicht hoch. Dadurch geschieht es, dals die, sonst so scharfe Suturkante sich ganz verwischt, und dals die gar wenig gewölbte Seite ganz gleichförmig bis zur Sutur selbst abfällt. Dies ist ganz auszeichnend für diesen Ammoniten. — Alle Fal- ten sind einfach, wenigstens die, welche gewöhnlich sichtbar bleiben; in inneren Windun- gen bemerkt man wohl, dals sie, der Sutur nahe, sich zertheilen, allein auf äufseren Win- dungen lassen sich die Falten auf der Suturlläche wenig erkennen. Die äulsere Schaale ist mit einer unzählbaren Menge feiner Falten bedeckt; ist sie, wie gewöhnlich, zerstört, so treten stärkere Falten hervor, in Abständen, welche grölser sind, als ihre Breite, bei 2 Zoll Durchmesser mit 46 Falten. — Der Rücken ist scharf, der Sypho tritt darüber hervor. Nur sehr wenig, selten über 0,2 der Windung ist von der folgenden umbhüllt. — Die Form der Loben ist ganz ausgezeichnet die der Falciferen. Die Spitzen nämlich hängen herab, die Seitenwände der Loben werden dadurch fast parallel und die Sättel werden auffallend eben. Für 4. radians besonders bleiben folgende Verhältnisse ganz beständig: Die beiden Arme des Dorsallobus divergiren nur wenig; von ihrer Vereinigung an geht der Lobusrand schief zum Dorsalsattel hinauf, so dafs der mittlere Secundärlobus sich schief einsetzt, mit der Axe ge- gen das Innere geneigt. Dorsal- und Lateralsattel sind fast in gleicher Höhe und auch in Breite wenig vom Laterallobus verschieden. Dieser ist unten fast eben so breit, als oben, 14 tiefer als breit. Der viel kleinere untere Laterallobus hat eine Ventralwand, die be- deutend unter der Höhe der Lateralwand zurückbleibt, und welche dann mit zwei kleinen Secundärloben in die Sutur sich verliert. Man findet daher keine wahren Au- xiliarloben, wie bei anderen Ammoniten dieser Abtheilung, welches auch bei so wenig um- hüllten Windungen nicht erwartet werden kann. — Das auffallende Abfallen der Wand des unteren Laterals und sonst noch Form und Menge der Loben setzen 4. radians in naher M2 93 v. Buchı Verbindung mit dem als 4. comensis (in Petrifications remarquables J. tab.2. fig. 1-3.) abge- bildeten Ammoniten von Pian d’Erba, dessen Falten sich aber aus Knoten an der Suturkante zertheilen und dessen Rücken den Sypho in einer Rinne enthält. Armmonites radians ist den Liasschiefern in Deutschlaud so eigenthümlich, dafs man ihn in keiner Gegend vermifst. Gewöbnlich ist er papierdünn flach gedrückt. Dann unter- scheidet man ihn durch die Form der Sichel von dem auch oft im Schiefer zerdrückten A. VF alcotti. 29. Ammonıtes fimbriatus. Bronn Lethaea tab. 23. fig.2. Ziethen tab. 12. fig.1. zerdrückt. Wahrscheinlich ist dieser unter allen Ammoniten der grölste. Man hat Bruchstücke von Geisfeld bei Bamberg in den Sammlungen von Bamberg und Baireuth, welche 4 Fuls Durchmesser erreicht haben müssen. Die vollkommene Rundung des Durchschnittes lälst ihn vor allen anderen erkennen. Er ist so wenig involut, dals eine Windung nur auf dem Saum der vorherigen aufzuliegen scheint; daher wird auch durch dieses Aufliegen die runde Form des Durchschnitts wenig gestört. Rücken, Seiten und Suturflächen sind gar nicht von ein- ander geschieden. Dennoch ist die Zunabme der Höhe bedeutend; die Windungshöhe bleibt auf 40 zurück; die grölste Breite ist der Höhe gleich. Die Seiten sind mit höchst feinen Falten bedeckt, welche ohne merkliche Biegung fast rechtwinklig von der Sutur zum Rücken hinaufsteigen. Stärkere Falten wechseln mit dünneren. Sie erscheinen gar oft im Umfange der Windung an ihren äufseren Rändern ausgezackt, wie mit Spitzen besetzt, welches, wie schon Sowerby ganz richtig bemerkt, Reste von Mundöffnungen sind, deren Ränder zu- rückgeschlagen bleiben. Die unteren Längenstreifen schieben davon einzelne Theile vor und bilden auf diese Weise die Spitzen. Die Loben sind durch ihre weitverbreiteten Arme auf- fallend und durch die Breite ihres unteren Theiles. Auxiliarloben fehlen. — Nur selten findet man Stücke mit vollständiger Rundung; aber häufig erscheinen sie zur Papierdünne zerdrückt auf den Schiefern zu Banz, Culmbach, Mistelgau, Altdorf, Ohmden, Boll und dem Randen bei Stühlingen. Sie deuten ziemlich gewils auf tiefer liegende Reste von Ichthyosauren und Fischen. 30. AmmonıTtEs annulatus Sow. Sowerby tab. 222. communis tab. 107. fig.2.3. angulatus tab. 107. fig.1. Reinicke fig. 73. an- guineus. In anderen deutschen Schriften scheint er nicht abgebildet worden zu sein. Die Familie der Planulaten zertheilt sich in zwei Abtheilungen, welches die Über- sicht und Feststellung der Arten gar sehr erleichtert: 1) Planulaten mit bestimmter Theilung, oder solche, in welchen die Theilung der Falten nahe am Rücken aus einem bestimmten Punkte hervorgeht; diese Punkte liegen für alle Falten auf demselben Bogen der Windung; die Theilung geschieht nur durch zwei kleinere und dünnere Falten, als die Hauptfalte ist, wie Bronn Leihaea tab. 23. fig. 3. oder Ziethen tab.9. fig. 1. A. Diplex, Parkinsoni, bifurcatus. 2) Planulaten mit unbestimmter Theilung. Die Theilung geschieht meistens durch über den Jura in Deutschland. 93 Einsetzung neuer Falten zwischen zwei grölseren, oder gehen sie von den grülseren weg, so sind die Theilungspunkte bald höher, bald tiefer auf der Seite, und eine Be- stimmtheit des Theilungsortes ist wenig bemerklich, wie Bronn Lerhaea tab. 23. fig.5 oder Ziethen tab. 8. alle Figuren. A. annulatus gehört zur Abtheilung mit unbestimmter Theilung. Kein anderer unter den Planulaten hat ein so geringes Anwachsen in Breite und Höhe. Da er dabei fast gar nicht involut ist, so liegen alle Windungen fast in einer Ebene und frei. Die Windungs- höhe steigt bis auf 75, das ist, die vorletzte Windung ist volle drei Viertheile so hoch, als die letzte. Der Radius verhält sich zur letzten Windung wie 100:42. — Die Loben sind auffallend. Der Dorsallobus ist tiefer als der obere Lateral, dann geht zwar, wie gewöhn- lich bei Planulaten, vom Lateralsattel aus die Richtung sehr schief gegen die Sutur; allein der untere Lateral wird unten breit und seine Ventralwand erhebt sich nur gar wenig zu einem Sattel, der sich bald unter der Sutur verbirgt. — Es fehlen also hier die sonst alle Planulaten so auszeichnende beiden schief herab sich einsetzende Auxiliar-Loben. Die grolse Menge von Falten auf Seiten und Rücken sind merkwürdig. Sie vermehren sich schnell bei dem Anwachsen; auf Stücken von 1+ bis 24 Zoll Durchmesser zählt man 57 Falten unten, 127 Falten am Rücken; auf einem Stück von 3 Zoll Durchmesser 125 Falten unten, 352 oben; der vorherige Umgang hat aber nur 88 Falten, dann 61, dann 51. — Von allen Pla- nulaten scheint dieser der einzige, welcher in Liasschichten vorkommt. Doch ist er nicht selten, zu Döringstadt unter Banz, zu Schwarzach bei Culmbach, unter dem Moritzberg und zu Berg bei Altdorf, zu Boll, bei Waldenbuch. 31. Ammonıtes Davoei. Bronn Zethaea tab.23. fig.4. Ziethen tab. 14. fig.2. Sowerby tab.350. Sowerby bemerkt ganz richtig, dals er sich wenig von A. annulatus oder commu- nis unterscheide. Er ist eben so wenig geneigt, schnell in Höhe und Breite zu wachsen; daher die Windungen auch alle fast in einer Ebene liegen. Die Falten darauf sind eben so fein und häufig und sogar in den Loben ist eine grolse Übereinstimmung. Denn auch hier steht die Ventralwand des unteren Laterals tief unter der Dorsalwand, und sie versteckt sich in der Sutur mit Ansatz von einem schiefen Auxiliare. Allein die Mundöffnung von 4. Da- voei bleibt stets gedrückt, so dals der Rücken breit wird. Die Seiten sind wenig gewölbt, daher wird die ganze Mundöffnung mehr viereckig als rund, und auf der Kante von Seite und Rücken erheben sich in ungleichförmigen Abständen Knoten, welche zugleich auch die ganze Falte, auf welcher sie stehen, bis nahe an die Sutur höher heben. Diese Falte wird auf der anderen Seite des Knotens in zwei zertheili. Zwölf Knoten stehen auf einer Win- dung von 2 Zoll Durchmesser. Diese unterscheidende Kennzeichen bleiben sich an allen Fund- orten wunderbar gleich, in Deutschland wie in England und Frankreich. Die Loben sind bei weitem mehr eingeschnitten, als 4. annulatus sie zeigt. Oft bleibt kaum noch eine papierdünne Wand zwischen Lobenspitzen, welche von verschiedenen Loben gegeneinander laufen. DieWin- dungshöhe = 706; der Radius zur letzten Windung wie 100:37; der Durchmesser wie 100: 20. 94 v. Buch 32. Ammonıtes heterophyllus. Buckland Zridg. Geol. pl.38.39. Sowerby pl.266. Bayer Oryctographia norica, Supplem. Er ist ganz involut, so dals nur eine Windung sichtbar bleibt. Er wächst dabei schnell, die Windungshöhe ist nur 35 (31 bis 40). Seine löffelförmigen Lobentheile treten besonders hervor und sind ihm vorzüglich eigenthümlich. Sehr feine Streifen bedecken die Seiten, werden aber bald abgerieben und sind nur selten noch sichtbar. Vier Auxiliarloben folgen dem unteren Lateral. — Nicht selten treten stärkere Falten auf, welche von den Streifen bedeckt werden; etwa zwölf auf sehr grofsen Stücken. Sie verschwinden wieder im weite- ren Fortlauf. — Dieser Ammonit scheint dem fränkischen Jura mehr anzugehören, als dem schwäbischen. Die Sammlungen von Banz und Bamberg enthalten herrliche und sehr grofse Stücke von Banz selbst und von Geisfeld, und in der Universitäts-Sammlung von Jena liegt das Exemplar von Altorf, welches in Bayers Oryctographia norica in seiner natürlichen Gröfse abgebildet ist. Nur sind die auf der einen Hälfte vorwärts, auf der anderen rück- wärts gebogenen Streifen ein Zusatz des Zeichners. Die Streifen gehen alle, so wie es die Regel will, mit Bestimmtheit vorwärts. Noch vorzüglicher als dies Jenaische Stück ist ein in Bamberg aufgestelltes Exemplar von 1% Fuls Durchmesser, mit herrlichen löffelförmigen Lobeneinschnitten und mit vier Auxiliaren. Hr. Dr. Hartmann in Göppingen besitzt diesen Ammoniten von Zell. 33. Pextacrmites subangularis. Goldfufs tab.52. Bronn Lethaea tab.17. fig. 12. Die schönen Platten von Boll, welche fast in jeder bedeutenden Sammlung sich fin- den, die herrlichen Stücke, welche der talentvolle verstorbene Pfarrer Geyer zu Banz mit unglaublicher Sauberkeit und Ausdauer bis zu den feinsten Fäden ausgearbeitet hat, und welche nun eine der vorzüglichsten Zierden der ausgezeichneten Sammlung von Banz sind, gehören fast alle diesem Pentacriniten. Man erkennt ihn sehr bald an die abgerundeten Ecken der Glieder, an die abwechselnd dickeren und dünneren Glieder, und an der knotig rauhen Oberfläche zwischen den Strahlen, welche aber selbst mit einem glatten Bande umgeben sind. Die Hülfsarme an der Säule sind nur sehr kurz. In keiner Gegend, in welcher Lias- schiefer vorkommen, ist dieser Pentacrinit bisher vermifst worden. 34. Pestackmıtes Briareus. Goldfufs tab.51. fig.3. Schlottheim Nachträge tab. 30. fig. 2. Das Pentagon der Wirbelsäule ist stark hervortretend mit scharfen Kanten und con- caven Seiten. Breite und schmale Glieder wechseln mit einander; die fünf Strahlen der Gliederllächen sind lang und schmal, ihre Zwischenräume sind glatt oder nur am Rande, fein gestreift. Die Hülfsarme an der Säule sind lang; die Krone mit weit verbreiteten Fühlern. Zu Boll, wie bei Culmbach und Banz. über den Jura in Deutschland. 95 35. Avıcura Monotis vel substriata. Goldfufs tab.20.fig.7. Bronn Lethaea tab. 27. fig. 12. Sie ist klein, nur erbsgrofs, fast gleich lang als breit; die höhere und gröfsere Schaale von sehr regelmäfsigen zirkelfürmigem Umfang, der nur in dem, den Buckeln entgegengesetz- ten Theile etwas verlängert ist. Die Fläche der Schaale ist mit höchst feinen Streifen be- deckt, welche sich so oft durch Einsetzung zertheilen, dals die Zwischenräume nie breiter werden, als die Streifen selbst, diese feine Streifen werden leicht abgerieben und die Schaa- len scheinen dann glatt. Avicula decussata, welche in höheren Schichten liegt, ist länger als breit, weniger schief und mit Streifen bedeckt, die drei bis viermal schmäler sind als ihre Intervalle. Ganze Schichten werden von dieser Muschel gebildet, so dals nur mit Mühe der schwarze Kalkstein zwischen den Schaalen sich auffinden läfst. Gewöhnlich liegen diese Schichten tiefer als die Posidonienschiefer, indessen scheinen sie auch oft den braunen Jura- sandstein fast zu berühren. Sie finden sich überall im Fortlauf des Gebirges von Coburg bis Schaffhausen. Bei Banz, Weismain, Mistelgau, zu Grofs-Gscheidt bei Nürnberg; zu Me- ningen bei Neumarkt werden damit Häuser gebaut, auch zu Pyrbaum; bei Wasseralfingen im untern Eisenoolith. Die von Scherzingen bei Schemberg könnten leicht einer andern gröfseren und breitgestreifteren Art gehören, die auch bei Banz vorkommt, über dem Mer- zensee bei Unnersdorf. 36. Posınosima Bronnü. Bronn Lethaea tab. 18. fig.23. Ziethen tab. 54. fig. 4. Sie bleibt stets klein, und erreicht wohl nie die Gröfse von P. Becheri, sie ist dabei orbiceulair, und diese Zirkelform wird nur wenig durch die schiefe Richtung der Axe ver- ändert. Denn diese Axe bildet mit dem geraden Ohr oder dem Schlofsrande immer noch einen Winkel von mehr als 70 Grad. Daher sind die Schaalen auch breiter als lang, wenn auch nicht bedeutend. Die Anwachsstreifen gehen in fortlaufender Krümmung bis unter den Buckeln. Das Ohr der hinteren Seite ist nur halb so breit, als die Schaale auf dieser Seite. P. Becheri ist länger als breit und hat noch ein kürzeres Ohr. Sie findet sich in unglaub- licher Menge auf den Schiefern. Doch ist sie weniger häufig, als man erst geglanbt hat, weil sie lange mit dem, viel häufigeren Inoceramus gryphoides verwechselt worden ist. Auch sind deshalb viele der angegebenen Fundorte noch grolsen Zweifeln unterworfen. Be- stimmte Orte dieses Vorkommens sind die Schiefer unweit des Bades von Boll und die Ufer des Merzensees bei Banz. In Frankreich ist sie ausgezeichnet bei Digne, bei Sederon unweit Sisteron in den Alpen, zu Flize bei Mezieres in den Ardennen, wo man diese Posidonien- schiefer als Düngung auf den Äckern benutzt. Sehr grols an der Porte de France zu Grenoble. 96 v. Brenu 37. Inoceramvus gryphoides. Ziethen tab. 72. fig. 6.7. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dals Schlottheim unter MYTiLus gryphoides keine andere, als die, ganze Schichten bildende Muschel gemeint habe, welche nach dem Schlofs als Inoceramus bestimmt worden ist. Die Schaalen sind fast jederzeit ganz platt gedrückt, und werden nur dann durch die stark hervortretenden Anwachsstreifen auffallend sichtbar; wodurch sie der Posidonia Becheri ähnlich werden. Allein nie erscheint ein Ohr. Die bei- den Seiten stolsen unter einem Winkel von 60 bis 70 Grad zusammen, so dafs die, etwas von einander stehenden Buckel eine Spitze bilden. Dieser Winkel kann jedoch nicht als sehr beständig angesehen werden, und kann um so weniger die Trennung in verschiedene Arten begründen, da sogar in einem Schieferstück Übergänge von 70 bis 90 Grad vorkommen. Die Anwachsstreifen, welche sich bis zur äufsersten Feinheit zusammendrängen, stolsen am geraden, aber schief liegenden Schlolsrande ab, und drehen sich nicht gegen die Buckel hin- auf. Die Muschel ist ungefähr noch ein halbmal länger als breit. Sie findet sich fast überall wo Liasschiefer im Jura vorkommen, zwischen Tiefenroth und Simau bei Banz, auch zu Banz selbst (I. rugosus), zu Schwarzach bei Culmbach, zu Mistelgau bei Baireuth, zu Ober-Gscheidt bei Nürnberg, am Wittberg bei Metzingen, am Wartenberg bei Donau- eschingen. 1. Mittlerer Jura. 38. Nuvcura Hammeri. Bronn Lethaea tab.20. fig.8. Goldfufs tab. 125. fig. 1. (Hammeri), fig. 2.3. (ovalis, non Zie- then.) Wahrscheinlich auch Phillips tab. 12. fig.5. (Amphidesma donaciforme). Eine ganze Gruppe von Nucula-Arten hat die merkwürdige Eigenschaft, in ihrer vorderen Hälfte, mehr oder weniger deutlich und bestimmt, in zwei Theile getheilt zu sein, durch eine tiefe, aber flach gegen die Seiten auslaufende Furche, welche an den Buckeln anfängt und sich bis zum unteren Rande fortzieht. Dieser Rand ist dadurch in seinem Um- rils ausgeschweift. Es ist ungefähr die Form eines Fufses, der durch die Vertiefung im vor- deren Theil in Hacken und Sohle getheilt ist. Diese Nucula- Formen gehen durch alle For- mationen, vom Muschelkalk bis zu den subapenninischen Geröllen. Zu ihnen gehören fol- gende Arten: 1. Nucula elongata im Muschelkalk. Myacites elongatus. Schlotth. Nachträge N. t. 33. f. 3. 2. Nucula Hammeri, aus Lias und unteren Thonschichten. 3. Nucula lobata, aus mittleren Schichten des Jura und aus Nerineenkalk (Portland) v. u. h. Nucula pectinata der Kreide. 5. Nucula placentina aus Subapenninenformationen. über den Jura in Deutschland. 97 Der Hacken dieser Formen ist mehr oder weniger spitz und in seinem unteren Theile vor- tretend. Der hintere Theil aber der Muschel, die Sohle, ist gewölbt, und endigt sich mit einer verticalstehenden, im Umrils gerundeten, Schärfe. Die Buckel sind so weit gegen vorne gerückt, dals sie fast überhängen, und von ihnen fällt der Rand schnell dem Hacken zu. Diese Buckel sind gegen den vorderen Theil gekrümmt. Dagegen haben alle Nucula-Arten, welche mit ihrem hinteren Theile in einer Spitze auslaufen, eine Vertiefung oder Falte, dieser Spitze ganz nahe, und dem durch eine scharfe Kante bestimmten Rande des Scutellum gleichlaufend. Ihre vordere Hälfte ist grofs, schon von den Buckeln an im Halbzirkel gerundet, und diese Abrundung ist am unteren Rande bis zum hinteren Theile fortgesetzt. Die Lunula unter den Buckeln ist kaum noch bemerklich. Da- gegen aber das Scutellum sehr ausgezeichnet und scharf gezeichnet. Sehr überraschend ist es, dals die Buckel bei allen, nicht wie das gewöhnliche Gesetz es verlangt, sich den vor- deren Theilen zukehren, sondern dem Seutellum zu. Zu diesen Arten gehören: Nucula ro- stralis v. claviformis, N. ovum Sow., Lachryma, mucronata, angulata Sow., deltoidea Lam., inflata Sow., emarginata etc. Man könnte die erste Abtheilung Nuculae Zobatae nennen, die zweite Nuculae acurninatae. Alle übrigen Arten ordnen sich leicht zwischen diesen bei- den als Nuculae aequales. Nucula Hammeri zeichnet sich sehr aus durch die lange fortgesetzte Abrundung der Sohle am unteren Rande. Die grölste Convexität dieser Sohle ist in zwei Drittheilen der Schaale. Der Hacken tritt nur wenig vor den Buckeln in der unteren Hälfte der vorderen Seite. Er steht um ein Viertheil der Länge höher als der Rand der Sohle, wenn das Scu- tellum horizontal gelegt wird. Eine tief eingesenkte Lunula bedeckt nahe die Hälfte der vorderen Seite. Das enge Scutellum hat scharfe Ränder, allein die entfernteren oder die Kanten gegen die Seiten, welche in allen Arcaceen so bemerklich zu sein pflegen, sind so abgerundet, dals man sie unter den fortlaufenden Anwachsstreifen nur mit Mühe erkennt. Die Depression von den Buckeln herab ist schwach und grölstentheils nur am unteren Rande zu erkennen; doch sieht man sie auch nicht selten, wie sie Goldfufs tab.125. fig.2. als N. ovata vorgestellt hat. Das weitere oder geringere Vortreten des Hackens steht mit dieser Depression in Verhältnils und scheint wohl aus Altersverschiedenheit zu entspringen. In der That findet man die Formen (Goldfufs fig.1. und 2.) stets auf derselben Lagerstätte ver- einigt und durch unmerkliche Übergänge verbunden. Auch glaubt deshalb Hr. Bronn, dafs selbst N. Hausmanni Römer tab. 6. fig.12. nur Abänderung von N. Hammeri sei, ungeachtet beide in dem Verhältnifs der Länge zur Breite sehr verschieden sind und die letztere nie einen bedeutend vorgreifenden Hacken besitzt. Selbst an der Weser bei Rinteln sind Über- gänge beider Formen nicht schwer zu finden. Nach Bronn ist die Dicke von N. Hammeri der Länge gleich, die Breite aber doppelt so grols als die Länge. In N. Hausmanni sind diese Verhältnisse: Länge = 100, Breite = 136, Dicke = 86. Man kann diese Muschel wahrscheinlich mit gleichem Rechte, vielleicht mit noch grölserem, den obersten Schichten des Lias zurechnen. Immer bestimmt sie doch ungefähr die Grenze, wo die Liasschiehten aufhören und die Schichten des mittleren Jura mit einer gar mächtigen Thonschicht aufsteigen. Sie ist familienweise in grolser Menge versammelt Physikal. Abhandl. 1837. N 95 v. Bucua und nicht selten. So findet sie sich am Merzensee bei Banz in der Thonschicht, bei Thurnau, Mistelgau, zu Boll und Gammelshausen, und an vielen anderen Orten. 39. Cyerıcarvıa obligua Lam. Astarte obligua Des Hayes Encyclop. melhod. 1. 80. Astarte planata Sowerby tab. 257. Sie ist so schief, dals die Buckel noch über die vordere Seite hervorragen, so dals beide Seiten unter den Buckeln mit einem spitzen Winkel von etwa 80 Grad zusammen- laufen. Der untere Rand bildet einen Zirkelbogen, der in einzelnen Stücken mehr oder we- niger regelmäfsig ist; der obere Rand, grölstentheils am Scutellum entlang, ist Nach gewölbt. Die Schaale ist glatt und nur mit ziemlich entfernt stehenden Anwachsstreifen bedeckt. Länge = 100, Breite = 126 von den Buckeln bis zum Ende des hinteren Randes, Dicke = 78. 1+ bis 2 Zoll grols. Sie finden sich häufig genug. mit weilser, erhaltener Schaale im blauen Mergel des Teufelslochs bei Boll und im gleichen Mergel über dem Merzensee bei Banz, nicht weit über Nucula Hammeri. Oft und grofs im unteren Oolith bei Bayeux und Caen. 40. Cyruerea trigonellaris. Ziethen tab. 63. fig.4. Phillips tab. 11. fig. 42. (Unio abductus). Goldfufs tab. 134. fig. 17. (Astarte subtrigona). Von dreieckiger Form, von welchen die Buckel eine Ecke bilden, das Ende der vor- deren und das der hinteren Seite die anderen. Die vordere Seite ist jedoch mit dem unte- ren Rande durch einen sehr regelmälsigen Zirkelbogen verbunden. An der hinteren Seite dagegen zieht sich eine starke (Tellinen-) Falte von den Buckeln bis zum Rande, und vor ihr liegt eine, vorzüglich am unteren Rande bemerkbare Vertiefung, welche die Anwachs- streifen nöthigt, ihren bisherigen Lauf bedeutend zu beugen. Sowohl Lunula als Scutellum sind nicht sehr vertieft und sehr enge. Die Buckeln stehen sehr nahe zusammen und sind stark nach vorn gekrümmt. Länge = 100, Breite = 112, Höhe =51. Das Ganze hat mehr Ähnlichkeit mit einer Tellina, als mit einer Cytherea. In den Mergel- und Thonschichten des Teufelslochs bei Boll, bei Gundershofen und Wasseralfingen. 41. GervirLıa pernoides. De Longchamp Mem. Soc. Linn. du Calvados I. tab.3. Goldfufs tab. 55. fig. 7. (G. Hartmanni). Bronn Lethaea tab. 19. fig. 13. (G. aviculoides). Ziethen tab. 54. fig. 6. (G. aviculoides). Phillips I. tab. 11. fig. 16. (G. lata). Der Winkel der Schlofskante mit der von den Buckeln abgehenden Wulst ist 50 Grad; bei G. avieuloides Sow. nur 35 Grad. Ist die Länge 100, so ist die Breite bei dem Aus- schnitte unter dem hinteren Schlofsllügel = 48, die Dicke = 41. Dieses Verhältnifs der Breite bleibt sich gleich. Solche Breite erreicht aber G. avicwloides nicht. Die Wulst, welche, sich ausbreitend, von den Buckela zum unteren Rande fortläuft, ist völlig einer Modiola über den Jura in Deutschland. 99 ähnlich. Denn sie wird an der vorderen Seite von einer Vertiefung begleitet, welche diese Wulst scharf vom oberen Flügel absondert und sich in der Mitte der Schaalen, am Seiten- rande, verläuft, dem Ende des hinteren Flügels gegenüber. Diese Vertiefung ist verschieden von der durch Hrn. Bronn beschriebenen, welche vom Schlofs bis zum Byssusausschnitt fortgeht. Sie fehlt keinem Exemplar und scheint daher wesentlich. Aber in anderen Ger- villien ist die Wulst nicht so scharf und bestimmt gesondert. Vier oder fünf sehr schiefe Falten, welche vom Ende des hinteren Schlofsrandes gegen die Buckel hinter einander sich folgen, und die Goldfuls sehr richtig abgebildet hat, scheinen ebenfalls der Art eigen- thümlich und für ihre Unterscheidung und Erkennung nützlich zu sein. — In den Mergeln des Teufelslochs bei Boll, zu Gundershofen, zu Wisgoldingen. 42. Trıconıa navis. Bronn Lethaea tab.20. fig.9. Goldfufs tab. 137. fig.4. Ziethen tab.58. fig.1. Diese aufserordentliche Trigonia unterscheidet sich vor allen anderen durch die son- derbare, senkrecht stehende und ebene vordere Fläche, „puppaeformis” sagt Lamarck. Ihre Kanten sind gegen die Seitenflächen mit starken Knoten (10 bis 12) besetzt, von welchen Rippen in horizontaler Richtung über die Area der Fläche hinziehen. Diese Rippen haben gar keine Verbindung mit den Rippen der Seitenllächen, und dies ist eine, dieser Art ganz eigenthümliche Erscheinung. Die Kante dieser vorderen Fläche, und der untere Rand der Seitenflächen bilden einen, sehr lach sphärischen rechten Winkel wie bei Trigonia clavel- lata, und senkrechte knotige Rippen, etwa 12, vom Buckel bis zum hinteren Rande, ziehen über die Seitenfläche herunter. Von diesen sind ohngefähr fünf gegen die Kante der Vor- derfläche geneigt, ohne doch sie zu berühren, die übrigen Rippen erreichen den unteren Rand. Das Scutellum senkt sich mit bedeutender Concavität von den Buckeln gegen den hinteren Rand. Seine Kanten sind abgerundet und nur nahe den Buckeln mit kleinen Knoten - bedeckt. Eine breite Area trennt diese Scutellum-Kanten von den Kanten der Seitenlläche, welche ebenfalls nur flach abgerundet sind und sich gegen den unteren Rand fast verlieren. Diese Area aber ist nur mit concentrischen Anwachsstreifen bedeckt, aber durchaus mit kei- nen senkrechten, wie doch dieses bei den meisten anderen Trigonien gewöhnlich ist. Die Schnäbel sind sehr bestimmt gegen die hintere Scutellum - Seite gewendet, ganz dem Gesetz bei allen übrigen Muscheln entgegen, eine wichtige Beobachtung des Hrn. Quenstedt, welche in den Beschreibungen nicht angeführt wird. Die, allen Trigonien eigene, innere Falte auf der Area ist hier eine scharfe Linie, eine enge Rinne, welche von den Buckeln dem Rande zuläuft. Die schöne Figur von Goldfuls zeigt sie sebr deutlich. In der Thon- schicht des Teufelslochs zu Boll, bei Gundershofen, in Krehbach bei Wisgoldingen, von Günsberg bei Solothurn; allein im fränkischen Jura hat man sie bisher noch nicht ge- funden. 100 v. Buca 43. Anmmonıtes Murchisonae. Sowerby pl.50. Bronn Lethaea tab. 22. fig. 3. (mit gänzlich verfeblter Lobenzeichnung), Zie- then tab. 4. fig. 4. (4. primordialis), Sowerby tab. 451. fig.1. (4. laeviusculus), Bronn Lethaea tab. 22. fig. 4. (A. opalinus), Ziethen tab.6. fig. 1-4. (mit guten Loben), tab. 28. fig. 3. (4. aalensis), Reinicke fig. 1. (4. opalinus, mit sehr richtigen Loben, weil sie von dem Stück selbst abgedruckt sind). Der sehr verschiedene Zustand der Erhaltung, der Gröfse oder des Alters, hat veran- lafst, dafs man einen Ammoniten, der vor anderen fähig ist, Formationen zu bestimmen, in einer so grolsen Anzahl von Arten aufgeführt hat, dafs, nur durch diese Arten geleitet, es schwer sein würde, ihn überall wieder aufzufinden, wo er wirklich vorkommt. Die Haupt- kennzeichen der Art, liegen wie bei allen Ammoniten in der Gröfse der Zunahme der Win- dungen oder in der Windungshöhe, in der Grölse des Involuten der vorletzten Windung, und vorzüglich in Form und Verhältnils der Loben, und in der Menge der Auxiliarloben. Wie untergeordnet aber das Kennzeichen der Menge und der Form der Falten sei, ist aus der lehrreichen Figur von Sowerby ganz offenbar, aus welcher es möglich wäre in einem einzigen Exemplar, dessen Windungen sich in einem verschiedenen Zustande der Erhaltung befinden, vier oder fünf verschiedene Arten herauszufinden. An der letzten Windung dieser Figur erblickt man die feine und gleichförmige Streifung der äufseren Oberfläche, wie an so vielen Exemplaren von Gundershofen oder an A. aalensis Zieth. oder A. comptus Rein.; an den inneren Windungen dagegen erscheint die untere Schaale und die Zertheilung zu dicken, gegabelten Rippen, wie in 4. primordialis Zieth., und in denen von Aalen, und wie man sie auch noch fast jederzeit auf den Flächen von 4. opalinus unter der feinen wei- (sen Schaale entdeckt. Man sieht an demselben Stück, wie der Rücken an inneren Windun- gen breit ist, mit Zunahme der Windungen aber stets schärfer wird, und wie zugleich der Ammonit an Dicke abnimmt. Es ist unbegreiflich, wie man dem, was die Natur so offenbar und mit so grofser Leichtigkeit aufzufassen erlaubt, dennoch seine Augen fortwährend ver- schliefsen will, ungeachtet doch die, vom natürlichen Exemplar auf das Papier abgedrückten Loben von A. opalinus in Reinicke fig. 1. mit denen, von Ziethen gezeichneten, der schaallosen Ammoniten von Aalen so genau übereinkommen, dafs an Identität der Art bei beiden doch nur sehr schwach begründete Zweifel erhoben werden könnten. Die bestimmenden Merkmale von 4. Murchisonae sind folgende: Die Windungs- höhe ist genau 50; die Zunahme ist um vieles stärker als bei A. radians, aber geringer als bei 4. depressus oder bei A. Lythensis. Der Durchmesser verhält sich zur letzten Win- dung wie 100:47 (43 bis 51). Von der vorletzten Windung sind nahe an drei Viertheile, nehmlich 72, involut; etwas mehr als ein Viertheil von der Windung bleibt frei. Die Seiten sind flach, nur wenig gegen den scharfen Rücken abfallend. Eine scharfe Suturkante endigt die Seite, und dann senkt sich eine ganz ebene Suturfläche schief gegen die Sutur. Die Seiten sind mit feinen, sichelförmigen Falten bedeckt, welche in der obersten Schaale einfach sind, mit einer, nur am Rande vorzüglich vorwärts gebogenen Sichel. Die untere Schaale ist mit dickeren Rippen bedeckt, deren Zwischenräume durch die feinen Fal- ten ausgefüllt werden. Diese Rippen sind gegabelt schon von tief unten her nahe an der über den Jura in Deutschland. 101 Suturkante; 20 Rippen stehen unten, 45 am Rücken. — Die Loben sind wegen des Paral- lelismus ihrer Seiten höchst auffallend. Die kleinen Zähne hängen herab und zerschnei- den diese Seiten nur wenig. Auch sind beide Lateralloben unten kaum schmäler als oben. Sie sind auch nur ein halbmal tiefer als breit. Die Arme des Dorsal divergiren stark zu beiden Seiten des Sypho; dann steigt der Dorsalsattel mit schiefer Dorsalwand in die Höhe. Die Secundärloben in den Sätteln sind wenig tief und ihre Oberfläche bleibt eben. Der Lateralsattel steigt etwas höher als der Dorsalsattel, und von dort sind alle Sät- tel bis zur Sutur auf einer geraden Linie geordnet. Zwei Auxiliarloben treten mit Bestimmtheit hervor und ein dritter verbirgt sich in der Sutur. Nicht leicht ist eine Art von Ammonit weiter verbreitet. Er hat sich bisher in allen Ländern gefunden, in welchen untere Juraschichten vorkommen, und auch in allen Gegen- den. Er zeigt sich an der Egg über Wöschnau, Aaarau; dann bei Liestal, bei Tönningen und Epringen im Kanton Basel (Basler Museum), am Randenberg, am Teufelsloch bei Boll, 3 Zoll im Durchmesser mit glänzend weilser Schaale; zu Wasseralfingen in Menge im Eisen- oolith, zu Wisgoldingen, bei Metzingen, bei Mistelgau, Baireuth, Schwarzach, Culmbach, Altenbanz, und an vielen anderen Orten. — A. opalinus mit weilser Schaale zeigt an, dafs er noch in der Thonschicht vorkomme, welche den Eisenoolith von den oberen Liasschiefern trennt. 44. Prcren disciformis. Ziethen tab. 53. fig.2. Goldfufs tab.99. fig.2. (Pecten demissus) Kreisrund aufser den Schlofslinien; daher eben so breit als lang. Die Schaale ist äu- (serst dünn und glatt, mit äufserst feinen und gedrängten concentrischen Streifen. Der Schlols- kantenwinkel ist um vieles grölser als ein rechter Winkel, zuweilen wohl von 120 Grad. Die Schlofskanten sind gerade, beide gleich lang und genau halb so lang als die Schaale. Beide Ohren erheben sich so, dals sie an der Spitze einen einspringenden Winkel bilden; sie bilden, wo sie aufhören, eine sehr stumpfe Ecke und sind nur sehr klein. Ihre Länge beträgt nur ein Viertheil der Schlofskante; mit dieser sind sie aber durch eine so schiefe Linie verbunden, dafs sie erst in der Hälfte ihrer Länge erreicht wird. Dieser ausgezeichnete Pecten findet sich auch in unteren Liasschichten, wie zu Pforen bei Donaueschingen und zu Mögglingen bei Gmündt; doch scheint er in den unteren Schich- ten des mittleren Jura, im Eisenoolith, viel häufiger vorzukommen. In Menge bei Wasser- alfıngen mit Aeicula Münsteri (Goldfuls tab. 118. fig.2.); ebenso bei Thurnau und Raben- stein. 49. PEcTEn personatus. Goldfufs tab. 99. fig. 5. Dieser weitverbreitete und deshalb sehr beachtungswerthe Pecten ist durch die Un- gleichheit seiner Schaalen sehr auffallend. Denn die linke Schaale ist in der Länge gestreift, so dals sich neue Rippen sparsam zwischen den älteren einsetzen; die rechte Schaale aber ist runder und zugleich völlig glatt. Der Schlofskantenwinkel ist stets kleiner als ein rechter, 102 v. Buca - zwischen 70 bis 80 Grad. Die kleinen Ohren haben stumpfe Ecken, und das Byssusohr auf der glatten Schaale ist im Halbkreis abgerundet. Inwendig ziehen sich starke Streifen oder Rippen bis zum Rand hin, werden aber durch einen glatten Saum von diesem getrennt. Eilf bis dreizehn Rippen, selten mehr. Sie stehen symmetrisch, welches bei den Rippen oder Streifen der Oberfläche nie der Fall ist, und da eine Rippe die Mitte einnimmt, so muls die ganze Menge eine ungerade Zahl sein; nicht zehn oder zwölf, wie es die Beschreibungen angeben. — Er findet sich von Schaffhausen bis Coburg, bei Wasseralfingen; bei Baldern, zu Gräfenberg bei Nürnberg, zwischen Moritzreuth und dem Sophienberge bei Baireuth, bei Banz. Der Pecten, welchen Bronn (Zethaea tab.19. fig.5.) abbildet, ist völlig rund, hat stets einen Schlolskantenwinkel, der gröfser ist, als ein rechter, und nicht leicht mehr als eilf Rippen im Innern. Auch hat man von ihm noch keine aulserhalb gestreifte Schaalen gesehen. — Er liegt in oberen Liasschichten zu Tausenden am Wittberge bei Metzingen. — Ob er wirklich mit P. paradoxus (Goldfuls tab.99. fig.4.) übereinstimmen sollte? — 46. Pecren Lens. Bronn Zethaea tab.19. fig.7. Goldfufs tab.91. fig.3. Ziethen tab.52. fig. 6. Eine ganze Reihe von Arten dieses Geschlechts sind mit Streifen enge bedeckt, welche nicht, wie auf anderen gestreiften Peetenschaalen, mit den Schlofsrändern parallel laufen, sondern schon vom Wirbel an bogenförmig sich krümmen und auf den Schlofsrändern senk- vecht abstolsen: Areuati Römer. Pecten Lens lälst diese sonderbare Streifung in so hohem Grade bemerken, dals die Streifen sogar über die Oberfläche deutlich hervortreten und von den Anwachsstreifen zu kleinen Perlen gekörnt werden. Diese Streifen setzen sogar in die Ohren fort, das Byssusohr allein ausgenommen, wo die Anwachsringe schuppig aufeinander liegen. Die Muschel ist fast ganz rund, so breit als lang, nur in der Jugend ist sie länger als breit. Der Schlofskantenwinkel ist eiwas kleiner als ein rechter; die hinteren Schlofs- kanten (Byssuskanten) sind concav und viel grölser als die vorderen. Sie erreichen die Hälfte der Länge der Schaale, gehen aber nur bis zum Drittheil dieser Länge herunter. Die vor- deren Schlofskanten fangen schon an, unter dem Öhre sich in grolsen und steilen Bogen zu krümmen; sehr viel flacher ist der Bogen, mit welchem die Schaale von der Byssusseite her begrenzt wird. Daher ist auch diese ganze Seite der Muschel bei weitem ausgedehnter, grölser und flacher. Die Axe der Schaale liegt deshalb bedeutend gegen die vordere Seite. Beide Seiten, von der Axe aus, verhalten sich wie 100 :90. — In England ist dieser Pecten durch alle Schichten des mittleren Jura verbreitet; in Deutschland bleibt er den unteren Schichten eigenthümlich. Schön und grofs am Stuifenberg bei Wisgoldingen, bei Pfullingen, bei Rabenstein, Thurnau und Banz. r Irıconıa costata. Bronn Lethaea tab. 20. fig.4. Goldfufs tab. 137. fig. 3. Ziethen tab. 58. fig. 5. 47. Es giebt nur sehr wenige unter den Trigonien, welche, wie diese, auf den Seiten mit horizontalen, concentrischen, dem unteren Rande gleichlaufenden Rippen bedeckt wären, über den Jura in Deutschland. 103 ohne von Längenrippen durchschnitten zu werden. Sie beschränken sich, aufser dieser, auf Trigonia gibbosa in den oberen Juraschichten (Portland) und auf Trigonia excentrica im Sandstein der Kreide. Die horizontalen Rippen werden gewöhnlich in allen anderen Arten von den senkrechten überwunden und ganz gegen die vordere Seite gerückt. — Die hori- zontalen Rippen von Tr. costata, zwanzig in den meisten Fällen, gehen ohne Kante in die vordere Seite über und vermengen sich hier mit den senkrecht aufsteigenden Anwachs- streifen. Der vordere und der untere Rand stolsen in einem rechten, im Halbkreis abge- rundeten Winkel zusammen. Der untere Rand ist in der Mitte flach gewölbt. Kennzeichen, welche bei: jeder Veränderung der äufseren Form in Höhe und Breite beständig bleiben. Die hintere Seite oder die Area des Scutellum ist von der gröfseren Seite durch einen scharfen, schuppigen Grat getrennt. Auf dieser, durch zwei andere Grate in drei Theile gesonderten Area ziehen sich stark gekörnte Längenstreifen von den Buckeln herunter, welche in ihrem Fortlauf sich häufig zerspalten. Nur der, von den inneren Graten umgebene läng- lich-herzförmige Raum, das Scutellum, bleibt stets ohne solche Längenstreifen und wird nur von stark hervortretenden Anwachsstreifen bedeckt, welche hier senkrecht aufsteigen. Obgleich diese Trigonia in allen Juraschichten vorzukommen scheint, so ist sie, we- nigstens im deutschen Jura, doch bei weitem am meisten den mittleren Juraschichten eigen- thümlich, denen, welche unmittelbar über den Thon von Boll vorkommen. So sieht man sie bei Metzingen, Wisgoldingen, Neuhausen, Rabenstein, Thurnau und Banz. In den oberen Juraschichten, in denen sie doch im nördlichen Deutschland nicht selten gefunden wird (Römer p.97.), ist sie in Schwaben und Franken noch nicht gesehen worden. 48. GesvirLıa Gastrochoena vel torluosa. Münster Baireuther Catalog p. 68. Sie hat überaus viel Ähnlichkeit mit der von Sowerby abgebildeten Gereillia avi- euloides in Hinsicht des Verhältnisses von Länge und Breite und des sehr schiefen Winkels, welchen die Schlofslinie mit der Axe der Schaalen bildet. Allein sie findet sich nie anders als gedreht, ungefähr wie Avicwa socialis des Muschelkalks gewunden, welches um so mehr auffällt und nicht zufällig scheint, da sie gewöhnlich familienweise versammelt und auf- einander gehäuft zu sein pflegen. — Sie findet sich bei Neuhausen unweit Metzingen, wo sie jedoch weniger gedreht und der G. aviculoides noch ähnlicher ist; zu Romansthal bei Kloster Langheim am Main und im Banzer Bruch über Banz. Auch trifft man sie bei dem Bade Kreuth in Baiern, am Kleinbach über dem Achensee und auf der Gruberalp über Kreuth. 49. Cerıtarum muricatum. Sowerby tab. 490. (Turritella). Phillips I. tab. 4. fig.5. Ziethen tab.36. fig. 6. WYahrscheinlich hat Phillips die Mundöffnung sehr gut und richtig gezeichnet, welche nur einem Cerithium zukommen kann. Auch entfernen die Längsrippen diese Muschel gänz- lich von einer Turritella. Diese Längsrippen stehen hoch hervor, 13 auf einem Umgang. 104 v. Bucuı Sie werden von feineren Querstreifen zertheilt und gekörnt, von denen 4, seltener 5, auf den Windungen unbedeckt bleiben. Jeder Umgang ist vom folgenden durch eine kleine, senkrecht auf der Axe vorstehende Fläche getrennt, welches sehr auszeichnend ist, und die ganze kleine Muschel schärfer hervortreten lälst. Bei Cerithium echinatum feblt diese Fläche. Auch sind nur zwei starke, entfernt stehende Querstreifen unbedeckt, und nur zwei, wenig erhabene andere Querstreifen, ohne Spitzen, gegen die Mundöffnung, werden bedeckt. Bei Cerithium muricatum zählt man noch fünf Querstreifen in der Mundöffnung, welche unter den Windungen versteckt werden. Da diese Muschel, wo sie vorkommt, nicht leicht einzeln, sondern in grolser Menge gefunden wird, so ist sie bezeichnend. Auch ist sie nicht selten. Bei Wasseralfingen, bei Lauchingen unweit Ellwangen, zu Komansthal und im Banzer Bruch über Banz. 50. AsTarnTE excarata. Sowerby tab.233. Ziethen tab. 73. fig. 3. Eine grolse schöne Muschel, welche sich durch ihre besonders starken Schlofszähne und durch ihre tief eingesenkte Lunula auszeichnet. Der untere Rand ist nur sehr wenig gewölbt. Die hintere Seite ist mit flachem Bogen abgestumpft, wie so oft bei Astarte. Länge = 100, Breite = 126. Am Stuifenberg, bei Bopfingen, bei Lauchingen unweit Ell- wangen, gesellschaftlich, mit Cerithium muricatum, Belemniten und kleinen Ammoniten von der Section der Coronarien. Wahrscheinlich ist sie in den bekannt gemachten Catalogen un- ter anderen Namen verborgen. 51. Puoranomya Murchisoni. Pusch Polens Palaeont. tab. 8. fig. 6. (die beste). Bronn Lethaea tab. 20. fig.19. Ziethen tab. 65. fig. 4. Römer tab. 15. fig. 7. Das Auszeichnende und Bestimmende dieser Muschel liegt in der geringen Verschie- denheit der Gröfsenverhältnisse von Länge, Breite und Dicke, wodurch sie sich leicht von allen ähnlichen unterscheidet. Pusch setzt diese Verhältnisse: Länge = 100, Breite = 120, Dicke = 113; Römer: 100, 118, 88. Stücke vom Nipf bei Bopfingen geben Länge = 100, Breite = 114, Dicke = 81. Herr Pusch hat von dieser Muschel wirkliche Profilansichten geliefert, wie Martin in Fossilia derbiensia dazu ein so vortreflliches Vorbild gegeben hat. Man kann daher die Verhältnisse auf der Figur selbst noch messen, welches bei allen übri- gen perspectivischen Ansichten unmöglich ist, die daher auch immer nur ein unvollkommnes, ja häufig falsches Bild des Vorgestellten geben. Nach Hrn. Pusch’s Figur wären die Ver- hältnisse: Länge = 100, Breite = 122, Dicke = 82, welches auch wahrscheinlich ist. Legt man die Axe der mittleren Breite horizontal, so ist auch der untere Rand nur sehr flach gebogen, und der obere, das Seutellum begränzende Rand, neigt sich nur sanft nach der hinteren Seite herab. Beide Ränder sind halbkreisförmig mit einander verbunden. Die Sei- tenllächen sind mit sieben starken Rippen versehen bis zu drei Viertheilen der Breite, wo über den Jura in Deutschland. 105 die Dicke schnell abnimmt und sich in eine Schärfe verliert. Die vordere, herzförmige Seite ist in der Mitte, wo beide Schaalen sich vereinigen, bedeutend aufgebläht, so dafs sie in der Seitenansicht hervorsteht. Zwei wenig erhöhete Grate laufen vom Buckel, mit dem Rande gleichlaufend, auf die Area herab, sonst ist sie nur mit starken Anwachsstreifen bedeckt. Zu Metzingen, Wisgoldingen, Hohenstaufen, bei Bopfingen, Rabenstein. Auch hier findet es sich, dals die Muschel in Schwaben und Franken auf weit bestimmtere Räume eingeschränkt ist, als im Wesergebirge, im westlichen Frankreich oder in England. 52. Ammonıtes Discus. Bronn Lethaea tab.22.fig.6. Ziethen tab. 16. fig.3. Sowerby tab. 12. Dieser Ammonit kann nur an seinen ausgezeichneten Loben erkannt werden, welche jedoch die Abbildungen nicht liefern. Denn schon auf der Lagerstätte findet man nur den inneren Kern; die sehr feine Schaale ist weggeführt und Falten auf den Seiten sind gar nicht mehr zu erkennen. Daher geschieht es, dals man alle Ammoniten, die ganz involut sind, und eine flache Discusform besitzen, durcheinander wirft, wenn sie auch sonst im vollkomme- nen Zustande von den wesentlichsten Verschiedenheiten sein mögen, und deswegen ist keiner Synonymie oder keinem Geburtsorte zu trauen, ehe diese Angaben nicht sorgfältig gesich- tet sind. Gar häufig ist die Verwechselung mit dem ganz abgeriebenen Amm. flexuosus der oberen Juraschichten, seltener mit Amm. depressus oder auch wohl gar mit Amm. hetero- phyllus. Aus Sowerby’s Figur lernt man, dals Arm. discus auf den Seiten höchst fein gestreift ist, und wahrscheinlich keine höher hervorsteigenden Falten besitzt. Dies und die Form der Loben weisen ihm seinen Platz zwischen den Amaltheen in einer Reihe an, welche etwa mit A. cordatus anfängt, sich durch 4. Amaltheus, A. Greenoughü und 4. Discus hin- zieht und sich mit 4. heterophylius endet. Die Loben von A. Discus haben alle Eigenthüm- lichkeiten der Amaltheen, ihre Breite ist nehmlich fast eben so grols als ihre Tiefe, und die kleinen Seitenarme und Zähne sind so grols und so tief eingeschnitten, dals sie den Raum der Sättel fast völlig einnehmen, und sich von verschiedenen Loben her fast berühren. Die Wände des Dorsallobus steigen so schief in die Höhe, dals die beiden Arme fast im rechten Winkel von einander divergiren. Der untere Lateral ist nur halb so tief als der obere, und ihm folgt, gegen die Sutur, nur ein einziger Auxiliarlobus. Die Windungshöhe ist 32, ein so schnelles Anwachsen, wie man es fast nur allein bei A. flexuosus noch wieder findet. Der Ammonit ist fast ganz involut, mit kleiner, senkrech- ter Suturfläche. Der Sypho steht scharf am Rande hervor. Im braunen Sandstein von Spaichingen bei Rottweil, von Wasseralfingen; aber wohl nicht im Lias und nicht im oberen dichten Jurakalk. 53. Nucura lobata. Ziethen tab. 63. fig. 3. (Amphidesma donaciforme). Brongniart Annales des Mines. 1822. pl. vıı. fig.4. (Zutraria jurassi). Eine Wiederholung von Nucula Hammeri. Es ist die gleiche Form eines Fulses, durch ungleiche Hälften in Hacken und Sohle getheilt. Die Depression, welche von den Physikal. Abhandl. 1837. 6) 106 v. Bvcn Buckeln anfängt, und, sich erweiternd, bis zum vorderen Theile des unteren Randes fortläuft, ist gar merklich und bestimmt, und der untere Rand ist dadurch zu einem bedeutenden Ausschnitt eingezogen. Von beiden Hälften nimmt der Hacken ein Viertheil, die Sohle drei Viertheile ein; diese Sohle ist überdies hinten gewölbt, mit einer Wölbung, die etwas weiter als der Hacken herabreicht. Unter den Buckeln geht auf der vorderen Seite eine ziemlich tiefe Lu- nula bis zum Drittheil der Länge; dann schiebt sich der Hacken hervor und bildet eine ab- gerundete Ecke gegen den unteren Rand. Von den Buckeln geht eine, allen Arcaceen ge- meinschaftliche scharfe Kante bis zur unteren Seite des hinteren Randes. Die gröfste Dicke ist etwas unter den Buckeln, von da fallen die Schaalen ziemlich schnell bis zu einer Schärfe am hinteren Rande zusammen. Länge = 100, Breite = 173, Dicke = 78. Die glatte Schaale wird nur durch stärkere und zwischen ihnen ganz schwache und feine Anwachsstreifen zer- theilt. Allein höchst selten geschieht es, eine Schaale zu finden. Gewöhnlich erscheinen nur Kerne, von so groben Sandkörnern, dafs von den Zähnen des Schlosses sich kein Ab- druck erhält. So wäre denn auch, der grolsen Analogie mit N. Hamrneri ungeachtet, die Natur der Muschel noch grolsem Zweifel ausgesetzt, wenn nicht endlich Hr. Klöden jun. an ganz gleichen Stücken von Fritzow bei Cammin die deutlichste Reihe von Schlofszähnen entdeckt hätte. Dann findet man auch auf den Kernen noch oft Spuren davon. Die Muschel ist übrigens gar nicht selten und den mittleren Juraschichten sehr eigenthümlich. Sie findet sich bei Wisgoldingen, oberhalb Boll, zwischen Ehningen und Reutlingen, bei Neuhausen, Metzingen mit Perna mytiloides, am Nipf bei Bopfingen, zu Rabenstein, im Rheinthal bei Feldberg, Nieder-Rümsingen, Rottern bei Herdern, und anderen Orten (Frombherz p. 22. donacites). Sie findet sich auch in England und Frankreich, vorzüglich zu Moustiers bei Caen. 54. Perna mytiloides. Bronn Lethaea tab.19. fig. 12. Ziethen tab. 54. fig.1. Goldfufs tab. 107. fig. 12. 13. (crassi- testa), tab. 108. fig. 1.’ (quadrata). Diese Perna ist im äufseren Umrifs fast ein Rectangel mit wenig divergirenden Sei- ten. Dieser Rectangel wird durch eine Diagonale in zwei Hälften getheilt, von welchen die eine, vordere, dem Byssus zugekehrte, wie ein Mytilus, wulstartig vom Schlofs- wirbel bis zum unteren Rande hinläuft, stets sich ausbreitend, bis sie den unteren Rand völ- lig einnimmt. Starke regelmälsig concentrische Anwachsstreifen gehen bis zum Rande fort und bestimmen seinen äufseren Umrils. Die andere, hintere Hälfte dagegen ist ganz flach und eben, mit dicken Anwachsschuppen bedeckt, welche senkrecht auf die Schlofslinie zulaufen und sich daran abstofsen, völlig wie das Ohr eines Pecten. Auch liegen hier die Schaalen so dicht aufeinander, dafs für die Organe des Thieres nur sehr wenig Raum bleibt. Im Inneren der Schaalen liegt der ungemein grofse Muskeleindruck genau dort, wo die My- tilus- und die Ohrhälfte sich scheiden, aber noch ganz in der ersteren. Die Mytilusseite ist stets leicht gekrümmt nach vorn hin, wie es der Ausschnitt des Byssus im ersten Anfange vor- schreibt. Das Ohr endigt sich an der hinteren Seite etwa in zwei Drittheilen ihrer Länge. über den Jura in Deutschland. 107 Sie findet sich bis in die oberen Thonschichten des mittleren Jura (Oxfordclay); doch nicht, soviel bekannt ist, in Deutschland. Am Hobenstaufen, bei Böhringen unweit Göppingen, bei Neuhausen, Metzingen, am Stuifenberg zu Wisgoldingen, am Nipf bei Bopfingen, zu Raben- stein und Thurnau. 59. BELENNITES giganteus, aalensis. Voltz Belemnites tab.ıv. Ziethen tab. 19. fig. 1-4. Die Unterschiede, welche angegeben werden zwischen Schlottheims und Blain- ville’s 2. giganteus und B. aalensis, scheinen in der That zu unbedeutend, um wirklich an zwei verschiedenen Arten zu glauben. Der Belemnit wird über 2 Fuls lang, daher findet man oft Bruchstücke von nahe an 2 Zoll im Durchmesser. Er ist im Durchschnitt ellyptisch, oder bestimmter, birnförmig. Die Ventralseite ist die engeste, die Rückenseite aber sehr ausgebreitet. Der Raum zwischen beiden ist abgeplattet, mit einer sehr merklichen Einbie- gung gegen das Innere. Der längere Durchmesser verhält sich zum schmäleren wie 5:4. Die beiden platten Seiten werden zu Rinnen (Falten) gegen die Spitze und zwar schon in bedeutender Entfernung von derselben. Es sind die beiden, fast allen älteren Belemniten eigenthümlichen Seitenfalten. — Ihre Alveolen sind so grols und so wenig kegelförmig, dals man sie oft für einen ÖOrthoceratiten gehalten hat. Die ellyptische Form und der in der Mitte fehlende Sypho hätten den Irrthum leicht berichtigen können. In keinem Theile des Jura, wo die mittleren braunen Schichten hervortreten, wird man diese Gestalt vermissen. Aber es scheint, als werde ihr Erscheinen zu tief in der Schichtenreihe angegeben. Am Nipf bei Bopfingen, bei Wisgoldingen, bei Metzingen, zwi- schen Erlangen und Ebermanstadt, liegt dieser Belemnit gewils schon in höheren Schichten; es scheint sogar, er könne bis in die obere Juraschichten heraufsteigen; wenigstens bringen die Arbeiten in den Steinbrüchen unter der Wilibaldsburg bei Aichstedt zollstarke Alveolen hervor, welche man nicht leicht einer anderen Belemniten-Art zuschreiben könnte. 56. Lo proboscidea. Goldfufs tab.103. fig.2. Ziethen tab.47. fig.1. Bronn Lethaea tab. 19. fig.9. 10. Eine unglaublich rauhe Muschel in allen ihren Theilen. Auf der Schaale mit zirkel- rundem Umfange erheben sich eilf Falten wie Wülste und die Anwachsstreifen ziehen wie grolse Schuppen darüber hin. Ja, sie heben sich häufig wie Hörner in die Höhe, zolllang, und die Falte mufs unter ihnen von neuem angefangen werden. Die Ohren sind schuppig in die Länge gestreift, das vordere am Rande herunter verlängert. Die linke, flachere Schaale hat weniger Falten, als die mehr erhöhete Rechte, aber selten mehr als neun. Die Muschel ist gewöhnlich mit Ostrea Marshil vereinigt und sehr bezeichnend für die Lagerung der Schichten, in denen sie vorkommt. Auch findet sie sich überall, von der Staffeleck bei Aa- rau, durch den Kanton Basel; in der Baar bei Fürstenberg, am Stuifenberg, am Nipf bei Bopfingen, bei Rabenstein, Thurnau; aber gewils nicht im oberen Kalkstein oder gar im Nerineenkalk von Arnegg und Ulm. 02 105 v. Brcu 57. Ostsea Marshü. Bronn Lethaea tab. 18. fig.17. Goldfufs tab. 73. Ziethen tab.46. fig.1. tab. 47. fig. 3. Das Auszeichnende der höchst veränderlichen Gestalt sind die hohen, dachförmigen, oben ganz scharfkantigen Falten, welche sehr unordentlich und regellos vom Wirbel dem Rande zulaufen, an diesem selbst senkrecht abgeschnitten sind, und hier, von beiden Schaalen her ineinander greifen. Die vielen Anwachslamellen übereinander bilden dann festungsartige Zeichnungen. Die äufsere Form aber richtet sich so sehr nach äulseren Bedingungen, dals man in diesen Veränderungen unbezweifelt neue Arten zu sehen glaubt, wie davon Bronn p-312. eine lange Liste giebt, ungeachtet man sehr bald auf der Lagerstätte selbst erkennt, wie alle diese Formen nur derselben Art angehören können. Der mächtig grofse Muskel- eindruck, einem Hufe gleich, liegt genau in der Mitte der Schaale und bedeckt häufig völlig die Hälfte der inneren Breite. Er wächst in schiefer Richtung auf die Axe, nach der rech- ten Seite hin, und nach eben dieser Seite dehnt sich auch die ganze Muschel und vermehren sich die dachförmigen Falten. Auch hat die Auster an dieser rechten Seite, die linke der Unterschaale, ein deutliches, der Länge nach gestreiftes Ohr, welches der anderen Seite fehlt. Diese Auster fehlt nirgends, wo die Juraschichten, welche sie bezeichnet, entblöfst sind. Auf keinen Fall und mit keinem Recht können aber diese Schichten als Unter-Oolith angesehen werden. 58. CiparıTEs maximus. Goldfufs tab. 39. fig. 1. Gröfstentheils nur Stacheln, und nur sehr selten findet sich das Thiergehäuse selbst, und auch dann nur in Bruchstücken. Besser erhalten erscheint es im oberen Jura, aber dann sind wieder die Stacheln recht selten. Sie sind leicht zu erkennen an den sehr entfernt ste- henden Dornen, auf fast cylinderförmigen Stäben, so sehr, dafs ihr wirklich reihenförmiges Fortliegen wenig auffällt. Der übrige Theil des Stachels ist glatt oder doch nur sehr fein gestreift. Die Schaale selbst, durch ihre Höhe ausgezeichnet, welche den Durchmesser über- trifft, hat noch das Eigene, dafs nur kleine, keine grölsere Warzen die Asseln umgeben. Die Stacheln stehen auf der mittleren Assel-Warze in funfzehn Einschnitten, welche eben so vielen Erhebungen am Stachel entsprechen. Dadurch ist dieser Stachel unverrückbar auf der Assel befestigt. Wird er nach einer Seite gebogen, so bleiben doch Erhebungen und Einschnitte auf der gebogenen Seite fest in einandergefügt, und verhindern, dafs der Stachel, bei dem Wiederaufrichten irgend eine Verschiebung erleide; eine bewundernswerthe Einrich- tung, welche sich, mit wenigen Ausnahmen, bei allen Echinodermen wiederauffinden läfst. Da die Assel sechsseitig ist, so richtet sich alles, was von ihr abhängt, nach dieser Zahl, die Menge der umgebenden Warzen, wie die Menge der Einschnitte, welche den Stachel festhalten, und sie können sogar gebraucht werden, Arten darnach zu bestimmen. Gewöhr- lich finden sich funfzehn Einschnitte und Erhebungen am Endrande des Stachels. Am Stuifen- berg bei Wisgoldingen, am Bopfinger Nipf, bei Rabenstein, sind diese Stacheln nicht selten. über den Jura in Deutschland. 109 59. Ammonıtes Herveyi. Sowerby tab.95. Bronn Lethaea tab. 23. fig. 11. Ziethen tab. 14. fig. 3. tab.5. fig. 1. u. 4. Bronn und Ziethen mögen wohl Recht haben, den Amm. tumidus Rein., den sie in ihren Abbildungen vorstellen, mit dem Armm. Herveyi zu vereinigen. Denn wenn beide auch an den äulsersten Grenzen sehr verschieden zu sein scheinen, so ist doch der Übergang von einer Form zur anderen so unmerklich, dafs eine feste Grenzlinie zu ziehen fast unmög- lich ist. Beide gehören zur Abtheilung der Macrocephalen; 4. zumidus mit breitem ge- wölbten Rücken, der mit gleicher Rundung bis zur Sutur fortläuft; A. Herveyi dagegen mit breiter, flacher Seite und schmalem Rücken, der nur ein Drittheil der Seite beträgt. Die Windungshöhe beider Formen ist gleich, nehmlich 50 :100. Da sie beide fast gänzlich involut sind, so füllt die letzte Windung fast die Hälfte des Durchmessers. Die Suturfläche steht senkrecht mit wenig abgerundeter Suturkante, und läfst, im Nabel, noch etwas von der vorigen Windung hervortreten. Die Breite von 4. Herveyi ist geringer als die Höhe der Seite, bei 4. zumidus ist sie grölser, welches als eine künstliche Grenze zwischen beiden betrachtet werden kann. Die Gabelung der Falten geschieht nahe über der Suturkante; al- lein die Zahl der Falten ist sehr veränderlich. Man zählt zwischen 83 bis 130 Falten auf dem Rücken, aber nur 20 bis 31 an der unteren Kante. Der untere Laterallobus steht, wie bei allen Macrocephalen, noch weit über der Suturkante; aber auf der Suturfläche selbst senkt sich noch ein Auxiliarlobus herunter. Dieser Ammonit ist häufig in den oberen Schich- ten der braunen Abtheilung des Jura, von der Schweiz bis zum Main. Bei Reichenbach, Göppingen, Wisgoldingen, Wasseralfingen, Gräfenberg, Röschlaub bei Scheslitz. 60. TerEBRATULA varians. Schriften der Berl. Akak. d. Wiss. für 1833: über Terebrateln, p.36. tab.1. fig. 19. Ziethen tab. 42. fig. 7. Durch ihre unglaubliche Menge und durch die Bestimmtheit ihrer Lagerung wird diese kleine Terebratel recht merkwürdig. Sie gehört zu den einfach gefalteten, bei wel- chen der Rand der Ventralschaale höher steht, als die Mitte. Bis nach Franken, durch ganz Schwaben, ist dieser Rand noch sogar aufgeworfen, wodurch die erste Falte der Wulst sich noch bestimmter von den Seiten absondert, welches sehr bald in die Augen fällt. Der Schlofs- kantenwinkel ist jederzeit kleiner als ein rechter, nicht ein rechter, wie Bronn sagt, wo- durch sich diese Art leicht und bestimmt von 7. Trurmanni unterscheidet. Im Sinus befin- den sich jederzeit vier oder mehr Falten; in 7. zriplicata weniger. Aufser den, von Bronn angeführten Orten, von denen die vorzüglichsten sind: Fürstenberg, am Wartenberg, in der Baar, Rabenstein, Thurnau, findet sich diese Terebratel in ganz gleicher Form, und in der- selben Lagerung (Bradfordthon), in ganzen Schichten bei Bubendorf, Winterfingen und Peg- lingen, Kanton Basel, an der Schaafmatt, zwischen la Miotte und Roppe (Haut-Rhin), zu Schar- rachbergheim (Bas-Rhin), zu Thalheim und Bouxweiler. Wie ein Conglomerat zwischen 110 v. Bucua Sabl& und le Mans (westl. Frankreich) und zu Chemise (Sarthe). Zu Neufchateau vers Cham- pagne (Vosges.) — In den baltischen Ländern, bei Berlin und zu Popilani in Kurland, ist der Rand nicht mehr so aufgeworfen; die ganze Muschel ist gröfser und die Ventralschaale ist gegen den Schnabel mehr aufgebläht; sie bildet schon im Anfange einen Buckel. Sonst bleiben Gröfse des Schlofskantenwinkels, Menge der Falten und andere wesentliche Kenn- zeichen dieselben. Auch ist die Lagerung gleich, sogar auch die meisten der anderen orga- nischen Produkte, mit denen sie vorkommen. 61. Beremsıtes canaliculatus. Ziethen tab. 21. fig. 3. fig. 2. B. subhastatus. Blainville Belemnites pl. 2. tab. 5. fig. 5. B. semi- hastatus, fig.1. B. altorfiensis. Die Rinne, welche diesen Belemniten auszeichnet, scheint von einer ganz eigenthüm- lichen Natur und verschieden von der zu sein, welche in anderen Arten, BD. semisulcatus (hastatus, acutus), von der Basis gegen die Spitze hinläuft. Diese letztere scheint nur ober- flächlich, hat scharfe Ränder und dringt nicht bis zur Apiciallinie hinein. — B. canaliculatus hingegen läfst die Rinne schon von den innersten Ringen her bemerken; wo sie zur äufse- ren Furche wird, sieht man an ihren Rändern die Lamellen sich immer mehr zurückziehen, mit ihren Profilen gegen das Innere der Furche. Es ist ungefähr, als müsse man sich vor- stellen, der bei den Belemniten zurückgeschlagene Sack aus dessen äulserer Oberfläche, welche aber durch das Zurückschlagen zur inneren geworden ist, die Masse des Kegels ausge- schieden wird, sei bei dieser Art offen gewesen und die Ränder hätten am dickeren Ende dieses Kegels nicht wieder zusammenstofsen können. — Die fasrige Struktur der Belemniten ist bekanntlich eine Folge der aus unzähligen Poren der Oberfläche des Sacks hervortreten- den Feuchtigkeit, aus welcher der kohlensaure Kalk, wie bei allen Muscheln, sich nieder- schlägt, und ein Kalkrhomboeder bildet, mit der Axe voran (Voltz Belemnites p.68.). Die Poren setzen sich auf diesen hervorstehenden Axen fest, wenn sie eine neue Schicht bilden; diese Axe wird dalier in derselben Richtung verlängert, und es entstehen so viele Fasern, als secretirende Hauptöffnungen des Sacks dagewesen sind. Demgemäls steht auch der blätt- rige Bruch schief auf die Richtung der Fasern, wie bei jedem fasrigen Kalkspath, was sich bei jedem Belemnitenkegel gar leicht beobachten läfst. Die Folge von dieser Bildungsweise ist, dals alle Fasern des Kegels zu wirklichen Radien des Kegeldurchschnitts werden, wenn der Zirkel im Durchschnitt vollständig ist. Auch im B. canaliculatus verhält sich dies so; allein wenn die Fasern der Furche sich nähern, so verändern sie ihre Richtung; die Radien krümmen sich gegen die Seite der Furche hin, als sollten sie mithinein gezogen werden. Die Fasern sind auch in Richtung der Furche gegen das Innere bis zur Apiciallinie völlig voneinander getrennt und ein fremder Stoff drängt sich zwischen sie ein. Die Furche oder Rinne von B. canaliculatus liegt stets auf der Ventralseite, dem Sypho zunächst. Der Kegel erhält hierdurch von dieser Seite eine breite Fläche, welche bis in die Spitze fortsetzt, und das Profil wird dadurch ellyptisch, mit gewölbter Rücken- seite; dadurch liegt die Apiciallinie nur um ein Drittheil des Durchmessers von der Ventral- über den-Jura in Deutschland. 111 seite oder von der Furche entfernt und zwei Drittheile vom Rücken (vgl. Ziethen tab. 21. fig. 3. c.). In der Regel geht diese Furche bis in die äulserste Spitze; doch finden sich auch viele Stücke, in welchen sie, gegen die Spitze hin, flacher wird, und nur noch durch die Breite der Fläche, auf der sie fortgezogen ist, erkannt werden kann. Unmöglich können solche Veränderungen, die man bei Individuen auf derselben Lagerstätte und an denselben Fundorten antrifft, das Recht zur Aufstellung verschiedener Arten begründen. Dieser Belemnit fehlt in keiner Gegend des deutschen Jura. Seine breite Rinne macht ihn schon von weitem bemerklich, und erinnert, dals man sich den oberen Juraschichten nähere. Einige vorzügliche Orte seines Vorkommens sind: die Baar bei Fürstenberg, Neu- hausen, Metzingen und Meningen bei Thurnau. 62. Amumonıtes Jason. Reinicke tab.3. fig.15. Ziethen tab. 14. fig. 4. (4. Guilielmi) tab. 4. fig.6. Bronn Lethaea tab. 23. fig. 14. Diese zierliche Gestalt gehört zur ausgezeichneten Abtheilung der Gezähnten, mit feinen Zähnen zu beiden Seiten des Rückens, wodurch dieser gröfstentheils zwischen den Zähnen ganz flach wird, oder wie abgehobelt, wie Schlottheim sagt, mit scharfer Kante gegen die Seite. Diese Art unterscheidet sich von den ähnlichen durch ihr schnelles Anwachsen in Höhe, durch die flachen, kaum und nur höchst flach gewölbten Seiten, durch eine doppelte oder, seltener, auch nur einfache Spitzenreihe auf der unteren Hälfte der Seite; endlich durch die fast gänzliche oder wenigstens bis auf drei Viertheile gehende Ein- wickelung der vorherigen Windung durch die letzte. Die Windungshöhe steigt auf 40 bis 45 :100 und die letzte Windung ist fast genau die Hälfte des Durchmessers. Dabei ist die grölste Breite von einer Suturkante zur andern nur 55 bis 60 :100 der Höhe. Diese Höhe wächst in gröfseren Windungen immer noch schneller als die Breite. Die Breite des Rückens ist ungefähr die Hälfte der gröfsten Breite der Seite. Die Spitzenreihen treten vorzüglich auf inneren Windungen oder in kleinen Stücken hervor; sie verschwinden aber gänzlich auf höheren und grölseren Windungen. Auf diesen erkennt man sie nur noch durch das Anschwellen der Falten dort, wo sie sich ga- beln. Die erste und unterste Reihe steht auf der scharfen Suturkante selbst; es sind nicht Dornen, wie die Spitzen am Rücken, sondern erhobene, und in grölseren Stücken, zurück- geschlagene Falten. Die zweite Reihe steht auf dem ersten Viertheil der Seite und von dort aus spalten sich die Falten, und gehen, mit sanftem Knie vorwärts, zum Rücken, wo sie wieder etwas stärker und schärfer anschwellen. Auf Stücken von 3 Zoll Durchmesser befinden sich 22 Falten unten an der Suturkante, 139 am Rücken; es setzen sich nehmlich noch viele Falten ein, ehe sie den Rücken erreichen, ohne eben von der Spitzenreihe aus- zugehen. — Kleinere Stücke sind ganz involut, gröfsere hingegen lassen nahe an ein Vier- theil der vorherigen Windung bemerken, deren Spitzen sich an der senkrechten Sutur- fläche der letzten Windung erheben. Die Loben stehen alle auf einerlei Radius. Der Dorsal ist um vieles kürzer als der obere Lateral, dieser nur halb so breit als Dorsal- und Lateral- 112 v. Bucu sattel; der untere Lateral ist sehr klein, nicht halb so grols als der obere; er wird durch einen breiten Sattel von einem Auxiliar getrennt, der sich auch noch auf der Seite befindet und dem auf der Suturfläche noch ein anderer kleiner Auxiliar folgt. Es ist durchaus nothwendig, auf alle diese Einzelnheiten genau zu achten, um nicht Gestalten mit einander zu vermengen, welche doch die Natur bestimmt von einander ge- trennt hat. Die angegebenen Kennzeichen finden sich ganz gleich an allen Stücken von der Schweiz, durch Deutschland, bis tief in Rufsland. Allein sie finden sich nicht bei ganz ähn- lichen Gestalten aus Frankreich und England, so wenig, dafs man geneigt wird zu glauben, der wahre A. Jason sei bisher weder in England noch in Frankreich gesehen worden. — Sehr nahe stehen ohne Zweifel A. Duncani und A. Calloviensis, so dals man auch wirklich in ihnen den 4. Jason wiederzuerkennen geglaubt hat; noch mehr in A. Guiielmi, den aber Bronn, mit Recht, nur für eine Abänderung von A. Calloviensis hält, welches auch der, sonst mit Artenaufführung nicht sparsame Phillips glaubt (Yorkshire I. sec. ed. p.167.). Alle diese Arten wachsen weit weniger schnell und bei ihnen ist jederzeit nicht einmal die Hälfte, sondern nur ein Viertheil der vorherigen Windung involut. — Ein Stück von A. Calloviensis von 4 Zoll Durchmesser, von Scarborough, bei dem also die Windungshöhe schon ihr Ma- ximum erreicht haben mulste, hatte doch dies Verhältnifs nur 60:100 und die Breite an der Suturkante betrug 77 :100 der Höhe. In der That sagt auch Sowerby, dafs in jün- geren Exemplaren der Durchschnitt des Ammoniten fast rund sei und zeichnet es auch so. A. Jason kann daher A. Calloviensis nicht sein, ungeachtet ihre Lagerstätte wohl sonst un- gefähr dieselbe ist. Aber auch 4. Duncani ist A. Jason nicht. Hr. Bronn (Zeihaea p.461.) macht die sehr gegründete Bemerkung, dafs 4. Duncani nur ein sehr vergrölserter A. Pollux sei, dessen grolse Spitzen sich in höheren Windungen verwischen. Wirklich ist in den mei- sten Stücken von les Vaches noires (Dep. du Calvados) der 4. Polux in den inneren Windungen kaum zu verkennen. Auch ist die Form beider Loben völlig dieselbe. Innere Windungen von A. Jason, wenn sie auch noch so klein sind würden doch nie an 4. Pollux erinnern. Ebensowenig die inneren Windungen von A. Calloviensis, welches aber auch fast das Einzige scheint, was ihn mit einiger Bestimmtheit von 4. Duncani unterscheidet. AMMONITES Jason ist recht häufig in oberen, mergeligen Schichten des braunen mittleren Jura in Deutschland, vorzüglich in Franken, und daher sehr bezeichnend;; meistens mit einem goldgelben Überzug von Schwefelkies. In Würtemberg zu Gönningen, Pfullingen, in Franken oberhalb Scheslitz bei Röschlaub, Staffelstein, Langheim. Aufserdem findet man ihn, in ganz gleichen geognostischen Verhältnissen in Hinsicht der zugleich dabei vorkommen- den anderen Muscheln, vorzüglich in der Sandgrube am Kreuzberge bei Berlin und auf den Feldern bei Potsdam, dann auch bei Fergitz und Güstow in der Uckermark (Klöden Verst. der Mark p.139.). Die bestimmte Schichtenfolge, in welchen diese merkwürdigen und schönen Überreste vorkommen, grölstentheils noch mit natürlichen, selbst farbenspielenden Schaalen, lernt man aus der genauen und lehrreichen Beschreibung des Hrn. Staatsrath Eichwald von den, noch anstehenden Schichten dieser Art zu Popilani an der Windau in Litthauen kennen (Quatember von Dr. Trautvetter. Mitau 1830. Bd.II. Heft 4.), und 4. Jason war von Hrn. Eichwald in seiner Zoologia specialis (II. 29.) als A. Argonis beschrieben worden. Gar über den Jura in Deutschland. 113 treffliche Stücke, 3 Zoll grofs, mit weilser, glänzender, natürlicher Schaale, hat auch Hr. Gustav Rose mitgebracht von der Eisengrube Beloselsk in der Kirgisensteppe (Gouvernement Orenburg). Es scheint daher, als haben sich durch die ganze Ausdehnung der baltischen Niederungen die oberen Schichten des mittleren Jura abgesetzt, ohne jemals oder doch nur auf sehr geringe Ausdehnung von den oberen Corallriffen bedeckt gewesen zu sein. 63. Ammonıtes Königü. Sowerby tab. 263. fig. 1-3. Ziethen tab. 10. fig. 10. (4. annularis), Aus der Abtheilung der Planulaten mit unbestimmter Theilung. Die runde Gestalt seines Durchschnitts, verbunden mit einem bedeutenden Umbilicus, lassen ihn vor- züglich erkennen. Vermöge der ersteren dieser Eigenschaften ist die, grölste Breite in der Mitte des Durchschnitts. Die vollkommene Rundung geht zwar in älteren Stücken verloren und der untere Theil gewinnt an Breite über den oberen; allein die Seite bleibt doch im- mer gerundet, und ist weder durch eine innere, noch durch eine Rückenkante von Sutur- fläche und Rücken geschieden. Die letzten Windungen heben sich weit über die vorher- gehenden und diese erscheinen dadurch auffallend eingesenkt. Bei den flachen Seiten so vie- ler anderen Planulaten fällt dies weniger auf. Die Falten sind unten stärker und etwas zurückgeschlagen; sie verlieren viel an Höhe, ehe sie die Theilung erreichen; diese geschieht fast auf der Hälfte der Seite zu zwei oder drei kleineren Falten, welche am Rücken gegen den Sypho anschwellen, doch ohne deshalb einen auffallenden Kanal für den Sypho zu bil- den. Bei 3 Zoll Durchmesser zählt man 35 Falten unten, 85 Falten oben. Wie überall, so nehmen auch hier die Falten schnell ab, sobald die Kammern aufhören. Dann sind etwa 14 bis 15 Kammern in einer Windung, wenn in inneren Windungen sich im Umkreise nur 12 finden. Die Windungshöhe ist 58: 100, die Windung zum Durchmesser wie 35:100, die Breite zur Höhe wie 114: 100. — In tieferen Schichten wird man diesen Ammoniten nicht leicht finden, und wenig in höheren. Er ist, aulser 4. annulatus des Lias, einer der ersten und tiefsten Ammoniten, mit welchen die zahlreiche Familie der Planulaten auftritt. Er fin- det sich unter dem Schlols Hohenzollern, am Stuifenberge zu Wisgoldingen und zu Gam- melshausen bei Göppingen; verkiest zu Langheim, Utzing und Thurnau. Zu Pourceaudes bei Mezieres. Zu Moustiers bei Caen. 64. Trıconsa clavellata. Bronn Lethaea tab.20. fig.3. Ziethen tab. 58. fig.3. Goldfufls tab. 136. fig. 6. In der Seitenansicht hat sie einige entfernte Ähnlichkeit mit Trisonia navis, vorzüg- lich durch ihren Umrils. Der vordere und der untere Rand dieser Seite verbinden sich un- ter einem an der Ecke nur wenig abgerundeten rechten Winkel. mit schwacher Wölbung des unteren Randes, und die Längsrippen, welche die Seiten bedecken, krümmen sich nur wenig nach vorn. Aber diese Rippen setzen fort über die vordere Seite hin, ohne Physikal. Abhandl. 1537. RB 114 v. Buca durch irgend eine Kante zwischen Vorder- und Seitenfläche gehindert zu werden und sto- {sen ab im rechten Winkel auf dem Vorderrande der Schaalen. Dagegen ist die hintere Kante der Seite, gegen das Scutellum, scharf und gekörnt, und zwei andere Längsrippen ziehen sich auf der Area selbst zu beiden Seiten von den Buckeln zum Rande. Die stär- kere, welche das Scutellum selbst umgiebt, die schwächere zwischen dieser und der Seiten- kante. Vierzehn Rippen bedecken die Seite, von denen acht die vordere Seite erreichen, sechs aber am unteren Rande sich endigen. Diese Trigonia soll in allen Schichten des Jura vorkommen, von den Nerineen- schichten an bis zum Lias. Im deutschen Jura ist sie jedoch nur vorzüglich, wie im Calva- dos, der oberen Thonschicht (Oxford Clay) eigenthümlich; zu Wisgoldingen, bei Metzingen, Rabenstein. 65. Ammonites sublaevis. Schriften der Akad. d. Wiss. zu Berlin für 1830.: über Ammoniten in älteren Gebirgsschichten tab. ıv. fig.7. Bronn Lethaea tab. 23. fig. 10. Ziethen tab. 28. fig. 5. Nicht leicht entfernt sich dieser Ammonit von den oberen Thonschichten und wird vielleicht nur noch in den zunächst darunter folgenden gefunden. Dabei ist er gar leicht zu erkennen. Seine Kugelform bestimmt ihm sogleich seinen Platz in der Familie der Ma- erocephalen. Die Suturkante ist ungemein scharf und von ihr fällt eine grolse, ebene Suturfläche fast senkrecht in den Umbilicus und setzt sich so genau auf die Suturfläche des vorherigen Umganges, dals beide nur eine fortgesetzte Fläche zu bilden scheinen, dafs daher der ganze grofse Umbilicus das Ansehn eines gedrehten Trichters er- hält. Diese Struktur findet sich bei keiner anderen Art. Die Suturfläche ist vollkommen so hoch als die Windung selbst, von Rücken zu Rücken gemessen, oder so wie man die Höhe der Windungen in Durchschnitten sieht. Nach diesem Maalse wäre die Breite, von einer Suturkante zur anderen, volle 44+mal gröfser als die Höhe. Wird aber diese Höhe senkrecht genommen, von der Sutur bis zum Rücken, so ist die Breite nur 27mal grölser. Die Falten sind auf inneren Windungen immer noch sichtbar, auf älteren verschwinden sie ganz. Neunzehn Kammern stehen in einem Umgange bei 2 bis 3 Zoll Durchmesser. — Zu Beggingen unter dem Randen, zu Behla bei Fürstenberg, zu Gönningen, Pfullingen, Offin- gen, Urach, Pourceaudes bei Mezieres. 66. Ammonıtes Lamberti. Bronn Lethaea tab. 22. fig. 14. Ziethen tab. 27. fig. 1. Von den Amaltheen. Scheibenförmig. Am scharfen Rücken vereinigen sich viele starke und breite Falten unter spitzem Winkel von ungefähr 60 Grad; dreimal mehr, als Falten von der Sutur aufsteigen. Ihre Zertheilung geschieht ziemlich genau auf der Mitte der Seite, nicht aus einem Punkte, sondern so, dals die meisten ebenen Falten sich zwischen den unteren verlaufen und verschwinden. Die unteren Falten sind an der Suturkante am stärksten und hier deutlich zurückgeschlagen. Dann vermindert sich ihre Stärke bis zum über den Jura in Deutschland. 115 Theilungspurkt. Sie sind schon vom ersten Anfange her bedeutend nach vorwärts geneigt. Die schwach gewölbte Seite fällt erst bedeutend nahe am Rücken. Die gröfste Breite findet sich daher in der Mitte der Seite. Sie verhält sich zur Höhe wie 63:100. Die Windungs- höhe ist 48:100 und die Hälfte der Seite ist involut. Oft sieht man ihn mit Schwefelkies goldgelb überzogen. Im Balmtobel bei Solo- thurn, über Wöschnau bei Aarau, im Kanton Basel sehr oft; zu Reichenbach und Wisgol- dingen bei Göppingen; bei Rabenstein, oberhalb Thurnau, Würgau. Recht häufig zu Pal- lande bei Besancon. Die auf derselben Lagerstätte erscheinenden A. cordatus, Lamberti, Leachi, ompha- loides, sublaevis hängen durch so unmerkliche Übergänge zusammen, dals man wohl zwei- feln möchte, ob das Thier dieser Gehäuse, wenn es bekannt werden könnte, die Trennung in so vielen Arten zugeben würde. 67. Ammonıtes hecticus (fonticola). Bronn Zethaea tab.22. fig.9.10. Ziethen tab. 10. fig. 11. Dieser kleine, zu den Falciferen gehörende Ammonit, der in Menge vorkomnit, zeichnet sich besonders aus durch das auffallend grolse und hohe Knie, mit welchem der Sichelstiel der Falten in die Sichel übergeht. Von der Sutur steigt schon dieser Stiel stark in die Höhe, ist amı Knie am höchsten, und gabelt sich dann in zwei oder drei andere Falten. Die Sutur- fläche ist abgerundet, das Knie der Falten scheint ihre Grenze und die Suturkante zu be- stimmen im unteren Viertheil der Seite. Die Windungshöhe ist ungefähr 50 :100; doch kann sie auch stärker sein. Die Breite ist drei Viertheile der Höhe; diese Höhe aber steht zum Durchmesser im Verhältnils von 40 :100. Beinahe die Hälfte der Windung ist involut. Bei einem Zoll Durchmesser stehen 20 Falten an der Sutur, 42 Falten am Rücken, mit 17 Kammern, von denen 10 in der letzten Hälfte des Umgangs sich befinden. In Würtemberg zu Gammelshausen, Neuhausen, Pfullingen, zu Bachzimmern, Fürstenberg, Thurnau, Scheslitz. 65. Gavemaza dilatata. Bronn Lethaea tab.19. fig.2. Römer tab. ıv. fig.1. (G. controversa). Es ist wichtig, ihrer bestimmten Lagerung wegen, diese Gryphaea genau von allen, ihr ähnlichen zu unterscheiden, vorzüglich von denen, die im Lias vorkommen. Unterschei- dende Kennzeichen, welche hierzu dienen, finden sich auch wirklich, wenn auch weniger in der äulseren Form, welche bei diesen Gestalten immer sehr veränderlich zu sein pflegt. Im Allgemeinen ist es wohl sehr richtig, dafs die Muschel, vom Schnabel weg, sehr schnell sich ausbreitet, so dals in den meisten Fällen die Breite grölser ist als die Länge, oder dals der Umfang des Randes orbiculär wird. Seltener sind die Exemplare, in welchen-die Länge die Breite bedeutend übertrifft. Die Schaale ist rauh; die Blättchen, aus denen sie besteht, liegen dicht hintereinander, werden daher leicht an ihren Rändern zerstolsen und ausgekerbt, und geben dadurch der Oberfläche ein Ansehn von Unordnung, welches schr abweicht von P2 116 v. Buch der Zierlichkeit der Oberfläche der Gr. gigantea oder Gr. cymbium, bei welcher die Anwachs- streifen an ihren Rändern wie mit der Scheere gleichförmig rund geschnitten zu sein schei- nen. — Das Schlofs steht fast immer senkrecht und ist durch eine weite Kluft vom obe- ren Schlols des Deckels getrennt. Der Schnabel biegt sich darüber hin. — Der starke Muskel- eindruck liegt jederzeit auf der Seite der ausgezeichneten und tiefen Gryphaeen -Falte, und zwar dieser ganz nahe, berührt sie jedoch nicht. Die Deckelschaale wird von der grö- fseren ganz umgeben; sie ist überdies ganz tief eingesenkt und concay und niemals fehlt darauf ein Stern von etwa sechszehn Furchen oder Rippen, welche von der Spitze des Schlosses wie Radien auslaufen, eine Erscheinung, welche diese Gry- phaea nur noch allein mit Gryphaea vesicularis theilt (Annal. sc. nat. 2001. 1835. III. 296.). Beide Arten werden dadurch so nahe gerückt, dals man in Verlegenheit kommt, wie man sie durch feste Kennzeichen unterscheiden solle. — Indessen findet sich doch bald, dafs die grofse Unförmlichkeit, das Aufgeblasene von Gryphaea vesicularis aus einem tiefen Ein- druck innen am Saume des Schlolsrandes auf der Seite entsteht, welche der Falte und dem grofsen Muskeleindruck entgegengesetzt ist. Er sieht einem kleineren Muskeleindruck ganz ähnlich, und stölst die Schaale auf dieser Seite, auswärtshin, zurück. Bei Gryphaea dilatata bemerkt man diesen Eindruck nicht, daher auch nicht diese Ausbreitung der Schaale nahe am Schlofs, wenn gleich auch, etwas entfernter, diese Seite der Schaale etwas flacher wird als die gegenüberstehende. Das Abstehen beider Schaalen am Schlofs, das Überbiegen des Schnabels, sind nur unwesentliche Merkmale, welche wahrscheinlich von dem Orte abhän- gen, an welchem die Muscheln gelebt und sich festgesogen haben. Im schwarzen Thon sind die Schlösser getrennt, im kalkartigen Sandstein oder im Kalkstein stehen sie nahe zusam- men. Bei Weymouth findet man beide Abänderungen auf derselben Lagerstätte. Wenige Muscheln sind bezeichnender für die Schichten, in denen sie sich finden. Doch sind sie im deutschen Jura nur selten. Unter dem Randen bei Stühlingen und bei Behla, Fürstenberg. 11. Oberer Jura. 69. TEREBRATULA impressa. Schriften d. Berl. Akad. d. Wiss. für 1832.: über Terebrateln, tab. r. fig. 11. Ziethen tab. 39. fig. 11. : Bronn Lethaea tab. 18. fig. 12. Eine kleine, glatte, stark gekielte Terebratel, im Umfange kreisrund, mit flacher, in der Mitte tief eingebogener Ventralschaale, ohne Sinus, mit ungemein kleinem, übergebogenem Schnabel. Kaum so grofs als eine Haselnufs und an vielen Orten auch kleiner. Sie ist in den unteren, dünngeschichteten Mergeln des oberen Jura in unglaublicher Menge vereinigt, und fast überall in der Ausdehnung des Gebirges. — Ausgezeichnete Orte des Vorkommens sind: am Lägerberg bei Baden, am Randen bei Stühlingen, zu Gruibingen, zu Reichenbach, zu über den Jura in Deutschland. als Wisgoldingen bei Göppingen; oberhalb Thurnau. Sehr grofs von Böckten, Kanton Basel. Hr. Dubois hat sie auch sehr schön zu Popilani an der Windau gefunden. Aber aus Eng- land sah man sie noch nicht. 70. TeresratuLa nucleati. Ziethen tab. 39. fig. 10. Der Kiel der Dorsalschaale wird gegen den Rand breit und flach, mit scharfem Saum zu beiden Seiten; die Ventralschaale dreht sich am Rande im rechten Winkel gegen die Dorsalschaale und greift bedeutend in diese letztere ein. Sie ist auch nur haselnufsgrols und im Umfange rund. Sie ist weniger häufig als 7. impressa, ist auch nicht an so vielen Orten gesehen worden. — Zu Gruibingen, Wisgoldingen, bei Amberg, Streitberg, Muggendorf. 71. AmMmoNITEsS perarmatus. Sowerby pl.352. Bayer Oryctographia norica tab.12. fig.17. Ziethen tab. 5. fig.2. (4. Zi- phius). Die Loben vergl. in den Schriften der Berl. Akad. d. Wiss. für 1831.: über Am- moniten, tab. 5. fig. 8. Hr. Bronn hat eben so scharf, als auch, wie es scheint, richtig beobachtet, dals der oft fulsgrolse A. perarmatus nichts anderes sei, als der kleine, nicht über 2 Zoll grolse A. Bakeriae, ungeachtet der erste Anblick sich mächtig gegen diese Vereinigung sträubt. Ein vollständiger 4. Bakeriae, ohne Kammern in der letzten Windung, hat schon alle Rippen verloren; man findet sie nur noch als Streifen auf den Seiten. Allein wenn man ausgezeich- nete und auch in inneren Windungen deutliche Exemplare vom 4. perarmatus untersucht, so ist in diesen inneren Windungen 4. Bakeriae gar nicht zu verkennen. Die Loben von beiden sind dabei ganz gleich in Form, Verhältnifs und Menge, und beide finden sich noch dazu allezeit auf derselben Lagerstätte und miteinander vermengt. Vollständige Exemplare von A. Bakeriae sind aber nicht immer jüngere oder innere Windungen, sondern wohl auch kleinere Thiere, welche nicht gröflser geworden sein würden; dies erweist das Verschwinden der Rippen. A. perarmatus, im vollständigen Zustande, wird vor allem durch das Viereckige seiner Windungen hervorgehoben. Die Seiten erheben sich gleichlaufend zum Rücken und dieser verbindet sie im rechten Winkel mit völlig horizontaler Fläche. Breite und Höhe sind gar nicht verschieden. Nahe der Rückenkante erheben sich Spitzen in einer Reihe fort, zuweilen in Form von weit hervorstehenden Dornen, und diese Spitzen sind durch eine starke ungetheilte Rippe oder Falte mit anderen Spitzen verbunden, welche an der Sutur- kante fortlaufen. Auch über den Rücken setzt die Falte hin und wird hier breiter, mit einer Spitze nach vorn. Zwischen den beiden Spitzenreihen senkt sich der obere Lateral- Lobus; der ganz kleine untere Lateral ist nicht grölser als der Secundärlobus im breiten Dorsal- sattel; Verhältnisse, welche allen Armaten gemein sind. Die Windungshöhe ist 52 :100, die letzte Windung zum Durchmesser wie 34:100. In Stücken von 3 bis 4 Zoll Durchmesser 118 v. Buch stehen 20 Spitzen in der letzten Windung, auch wohl 15 oder gar 25, sehr selten nur 12; in diesem Falle haben sie schnell abgenommen und innere Windungen sind schon mit 15 Falten besetzt. — Vom Randen bei Schaffhausen, vom Lochenberg bei Bahlingen, von Alt- dorf bei Nürnberg, vom Staffelstein bei Banz. Das Original des in Bayer Oryctogr. norica abgebildeten Stücks befindet sich unter nr. 1037. in der Universitäts- Sammlung zu Jena. — Häufig im Oxford-Clay aux Vaches noires (Dep. Calvados). 72. Ammonıtss alternans. v. Buch Petrifications remarquables tab. 7. fig.4. Ziethen tab. 15. fig. 7. Von den Amaltheen. Denn der Dorsallobus ist kürzer als der obere Lateral und die- ser fast so breit als der Lateralsattel. Die Seitenfalten haben einen langen Stiel und eine nur kurze, flache Sichel daran; der hervorstehende Sypho ist gekörnt. Die Falten sind theils einfach, theils gegabelt, aber erst von dem zweiten Drittheil der Höhe an. 32 Falten stehen unten, 42 auf der Rückenkante, wo diese Falten stärker werden und zurückgeschlagen sind. Seine Windungshöhe ist 46; daher ist die Zunahme der Windungen schnell; die letzte Win- dung zum Durchmesser wie 45:100. Fast die Hälfte ist involut. Die Breite ist 66 : 100 der Höhe, daher das Ganze ein scheibenförmiges Ansehn erhält, um so mehr, da die Seiten flach sind oder nur sehr wenig gewölbt. — Dieser zierliche Ammonit ist nicht selten; am Lochenberg über Bahlingen, an der langen Steige von Donzdorf, und bei Streitberg und Muggendorf. — Prof. Zeuschner hat ihn auch zu Mtokowa bei Krakau aufgefunden. 73. Arıocrinıtzs mespiiformis. Schlottheim Nachträge II. tab.23. Goldfufs tab. 57. fig. 1. Selten zeigen sich mehr als Bruchstücke des Stiels. Ihre armlose, völlig eylindrische Form, mit nahe aufeinander stehenden Gliedern, lassen sie doch leicht erkennen. Die Gelenk- Nächen sind mit schmalen Strahlen bedeckt, welche mit fast gleicher Stärke vom Nahrungs- kanal bis zum Umfange hinlaufen. In den grölseren Zwischenräumen setzen sich andere Strahlen ein, ohne bestimmte Regel; selten ist dies eine wahre Zerspaltung der Hauptstrah- len. Bei 6 Linien Durchmesser stehen 30 Strahlen in der Mitte, 67 Strahlen am Rande. Die Höhe von fünf bis sechs Gliedern ist ungefähr dem Durchmesser gleich. Wabrschein- lich ist dieses die häufigste Art; Stiele und Trochiten finden sich davon überall. Sehr häufig bei Giengen und Heydenheim. 74. Gauerıtes depressus. Bronn Lethaea tab.17. fig.5. Goldfufs tab. 41. fig. 3. Die Höhe. erreicht nur die Hälfte des Durchmessers = 51 ; 100. Sehr auffallend’ und bezeichnend ist der grolse ovale After, fast vom Rande bis zum Munde, der gegen die Mitte über den Jura in Deutschland. 119 etwas spitz zuläuft. Die untere Fläche ist gegen die Mitte eingesenkt. Auf dieser Fläche sieht man bis zum Rande fünf nicht scharf begrenzte Felder sich erheben in der Mitte zwi- schen den Fühlergängen, welche völlig warzenlos und glatt bleiben. Auf der Spitze des Rückens bemerkt man ganz deutlich die vier Ovarienöffnungen zwischen den Fühlergängen und den gänzlichen Mangel solcher Öffnung auf der fünften, dem After zu- gekehrten Seite, welches allen Arten von Echinodermen gemein ist, deren After seit- lich liegt, und nicht auf dem Gipfel des Rückens. — Dieser Galerit ist sehr gemein, schon in tieferen Schichten des oberen Jura. So am Randen, am Lochenberg bei Bahlingen, unter der Wilibaldsburg bei Aichstedt, bei Streitberg und Muggendorf. 75. CiparıtEs coronatus. Bronn Lethaea tab.17. fig.1. Goldfufs tab. 39. fig. S. Gedrückt. Die Höhe ist nur die Hälfte des Durchmessers; Dicke zur Höhe = 100 :52. Vier Stachelwarzen in einer Reihe; ein jedes Stachelfeld ist von 12 grölseren Warzen um- geben. Achtzehn Einkerbungen stehen um die Stachelwarzen, denen eben so viel Erhöhun- gen auf dem Stachel entsprechen. Goldfuls hat sie gut gezeichnet; allein am Rande der Stacheln sind sie nicht ausgedrückt. Diese Stacheln sind keulenförmig und mit mehr als 40 engstehenden Rippen bedeckt. — Es ist die häufigste aller Cidaris- Arten und wahrscheinlich fehlt sie keiner Gegend des oberen Jura. Am Randen, zu Heydenheim, bei Streitberg. 76. Navriwvs aganiticus (Montfort, Schlottheim). Sowerby pl. 194. (N. sinuatus) Es ist auffallend, dals ein so merkwürdiger und nicht eben selten vorkommender Nautilus so wenig die Aufmerksamkeit der neueren Petrefactologen erregt hat. Ziethen hat ihn nicht abgebildet; Bronn nennt ihn nicht. Nur Quenstedt hat ihn beschrieben (de notis nautilearum primariis p.31.). Er gehört zu einer besonderen Abtheilung der Nau- tilen, welche mit einem Seitenlobus versehen sind und mit einem convexen Ventralsattel ; eine Abtheilung, welche sich den Clymenien mit gewölbten Ventralsattel (C/ymeniae in- cumbentes) anschlielst und in der Formationsreihe mit Nautilus Aturi oder Zigzac been- digt wird. — Der Seitensinus der Kammerwand des Nautilus aganiticus ist weit und grols, mit geneigten Wänden. Die obere Breite nimmt fast die Hälfte der Seite der Windung ein; die Tiefe aber ist der oberen Breite fast gleich, unten mit stumpfem Ende. Dieser Lobus liegt ziemlich genau auf der Mitte der Seite; es bleibt dann noch ein Viertheil für Dorsal- sattel, ein anderes für den Ventralsattel. Dieser ist kein Halbkreis mit geringer Höhe, son- dern der Bogen, mit dem er aufsteigt, ist so hoch und eng, mit steilen Schenkeln, dafs diese Höhe wenig unter dem Durchmesser zurückbleibt. Diese Form ist ganz beständig. und aus- zeichnend. Sie findet sich sogar ganz ebenso am Nautilus danicus von Faxöe auf Seeland, und da auch andere abweichende Kennzeichen nicht hervortreten, so ist dies hinreichend, um die Vereinigung beider Nautilus- Arten, des Formations-Unterschiedes ungeachtet, noth- 120 v. Bucua wendig zu machen. Doch scheint der Dorsalsattel von N. danicus etwas breiter und er zeigt nicht die sehr flache Einbiegung auf dem Rücken, wie N. aganiticus. — Beide, der Dorsal- und der Ventralsattel, erheben sich zu gleicher Radial-Höhe. Der Sypho liegt über die Mitte der Kammer, dem Rücken zu, noch im ersten Viertheil der Länge vom Rücken aus. Die Windungshöhe ist 33:100. Der Durchmesser zur letzten Windung wie 100:62. — Er findet sich schon in den tieferen Schichten des oberen Jura. Die Arbeiter in den Stein- brüchen unter der Wilibaldsburg bei Aichstedt legen ihn oft auf die Seite. Oben auf dem Banden; zu Schönfeld bei Gräfenberg; bei Muggendorf. 77. BELEMNITES semisulcatus. Bronn Zethaea tab. 21. fig. 15. Blainville pl.2. fig.4. (B. hastatus). Münster von Belemniten fig. 1. 2. Wenn die Rinne, welche im Belemnites canaliculatus von der Basis zur Spitze hinauf- läuft, einem schmalen Streifen Papier ähnlich ist, den man von den Rändern her, seiner Länge nach, gegeneinander gerollt hätte, so würde man die ausgezeichnete Rinne, welche auch im Belemnites semisulcatus eine ganz ähnliche Lage hat, eher für eine Ausfeilung in der Oberfläche der Scheide ansehen; denn ihre Ränder sind scharf, ihre Seiten glatt, und sie endigen wie eine scharfe Dachrinne. Doch geht auch bei ihr die Einwirkung bis zur Apiciallinie in der Mitte der Scheide; denn die excentrischen Fasern der Scheide, wenn sie der Rinne nahe kommen, biegen sich gegeneinander und verbinden sich auf einer Mittellinie, gehen aber nicht bis zum äufseren Umfang, welches freilich keine der bisher gezeichneten Figuren angiebt. Die Fasern unter der Rinne bilden auf diese Weise die Form eines spitzen gothi- schen Gewölbes. Der Anfang dieser Rinne liegt allemal dem Sypho in der Alveole zunächst, daher auf der Ventralseite. Da, wo die Scheide die Alveole verläfst, ist sie völlig cylindrisch und glatt. Die Rinne wird gegen die Spitze immer etwas flacher und verschwindet gegen die Mitte der Länge, und in diesem Verhältnis verändert sich auch die Cylinderform der Scheide; sie wird breiter und erreicht endlich ihre gröfste Breite da, wo die Rinne ver- schwindet. Geht diese letztere bis zur Spitze vor, was wohl zuweilen, allein selten, ge- schieht, so ist auch die gröfste Breite der Spitze ganz nahe; und hierdurch verändern sich die Verhältnisse des Durchschnittes der Scheide. An der Alveole ist Sypho und Rinne der Scheide am Ende des längsten Durchmessers des Durchschnittes. Da, wo die Scheide sich erweitert, ist der gröfsere Durchmesser von Seite zu Seite, und die Ventralseite wird flach. Dieses alles giebt dem schönen Belemniten einen sehr eigenthümlichen, leicht aufzufassenden Charakter. — Wie die Alveole, ohne Scheide, durch eine pergamentartige Membran noch weit fortgesetzt wird, hat Graf Münster schön entwickelt. — Es ist wahrscheinlich, dafs viele, als besondere Arten aufgeführte Belemniten, sich diesem anschliefsen werden. Man achtet zu wenig darauf, dals einzelne Streifen, gröfsere oder geringere Länge der Rinne und Ähnliches, nur Localitäts-Verschiedenheiten sind und dafs zur Bestimmung einer Species es nothwendig ist, nachzuweisen, wie die Veränderung des einen wesentlichen Merkmals so- gleich auch die, mehr oder weniger grolse Veränderung aller übrigen nach sich ziehen müsse. über den Jura in Deutschland. 121 Dieser Belemnit findet sich überall in den oberen Schichten des Jura, sogar in den Solenhofer lithographischen Schiefern, und dadurch tragen sie nicht wenig bei, diese Schie- fer mit den übrigen Juraschichten im genauesten Zusammenhang zu bringen, woran man durch das Vorkommen so vieler Fische und Insekten wohl zu zweifeln hätte anfangen können. 78. TeresratuLa lacunosa. Bronn Lethaea tab. 18. fig. 1. Zu der Abtheilung der Concinneae, alatae. Der Rand der Ventralschaale steht tiefer als die Mitte; die Seiten beider Schaalen aber stolsen unter scharfem Winkel zusam- men (Terebr. Monogr. p.49.). Der Art eigenthümlich und für sie bestimmend ist vorzüglich der Mangel einer scharfen Kante am Schlofs, zwischen Dorsalschaale und Area. Die Falten der Dorsalschaale gehen in Abrundung auf die andere Seite über und sind auf der Area selbst noch zu bemerken. Der Schlofskantenwinkel ist stets ein rechter; hierdurch unterscheidet sich diese Terebratel leicht von der ziemlich ähnlichen 7. Grafana (subsimilis), deren Schlofskantenwinkel jederzeit spitz ist; auch ist sie um ein bedeutendes dicker. Einige Falten der 7. Zacunosa zerspalten sich, vorzüglich in der Nähe des Sinus, wie dies wohl auch bei anderen Arten vorkommt, weiche deswegen doch nicht zu den Dichotomen ge- rechnet werden können, denn die Falten wachsen an Breite, sie sind in der Nähe der Buckel ganz abgerieben, und das Deltidium ist nicht sectirend, sondern umfassend. Sechs Falten im Sinus, sechs bis zehn Falten auf jeder Seite. — Es giebt keine einzige Abbildung, welche diese Terebratel deutlich erkennen lielse. Die vor allem auszeichnende Abrundung der Kante an der Area wird jederzeit übersehen, welches um so mehr zu bedauern ist, da diese Art ein beschränktes Vaterland zu haben und einigen Gebirgszügen ganz besonders eigenthümlich zu sein scheint. Sie findet sich auf der Höhe des Juragebirges, wo man es nur berührt, auch in der Schweiz und in der Fortsetzung des Jura nach Italien und Frankreich, so zu Channaz am See von Bourget in Savoyen. Aber in den Schichten des westlichen Frank- reichs und in England scheint sie zu fehlen. 79. Anmmonıtes polyplocus. Reinicke fig.13. Bronn Lethaea tab. 23. fig.5. Ziethen tab. 8. fig. 1.3. 4.5.2128: Er gehört zu der Abtheilung der Planulaten, deren Faltentheilung aus unbe- stimmten Punkten geschieht, und von diesen ist er vielleicht der ausgezeichnetste. Die unteren Falten gehen wohl drei Viertheile der Seite in die Höhe, ehe sie sich theilen. Auf der Suturkante sind sie am stärksten und hier sind sie weit zurückgeschla- gen; dann nehmen sie ab und sind bei der Theilung nicht stärker als die abgehenden Äste. Diese Theilung geschieht büschelförmig, mit drei oder vier Armen, von denen die letz- ten und kürzesten den Hauptarm gar nicht mehr erreichen. — Die Hauptfalten an der Sutur- kante stehen in weiter Entfernung von einander, so dals die Zwischenräume wohl vier- mal gröfser sind, als die Breite der Falten. — Ihre Anzahl ist grölser in inneren Win- Physikal. Abhandl. 1837. Q 122 v. Buch# dungen, vermindert sich aber schnell auf höheren Umgängen. Gewöhnlich zählt man 30 Falten unten, in Stücken von 2 bis 3 Zoll Durchmesser. — Die Seiten neigen sich wenig gegeneinander, sie sind fast ganz flach und da die Dicke des Ganzen unbedeutend ist, so er- hält es hierdurch eine scheibenförmige Gestalt. Die Suturfläche ist nur klein, aber senkrecht. Mehr als die Hälfte des Ammoniten #st involut. Die Windungshöhe ist 64 : 100. Der Durchmesser zur letzten Windung wie 100:36. Die Breite an der Suturkante ist nur die Hälfte der Höhe, 55 : 100. — Die untere Entfernung der Falten, das ausgezeichnete Zurück- geschlagene und ihre sehr späte, büschelförmige Theilung lassen diesen Ammoniten leicht erkennen. Aber eben diesen Merkmalen zufolge ist er nur dem deutschen Jura und seiner Fortsetzung in Frankreich eigenthümlich. Vergebens sucht man ihn unter den Sowerby- schen Figuren oder in französischen Sammlungen. Am Staffelberg, oberhalb Streitberg, über Wilzburg, Weilsenburg, Donzdorf bei Göppingen und sonst überall auf der Höhe. 80. Ammonımes polygyralus. Reinicke fig.45. Ziethen tab. 8. fig.6. tab. 9. fig. 3. Planulat mit unbestimmter Theilung. Die Falten stehen eng zusammen auf einer abgerundeten Suturkante, 47 auf einem Umgang von 2 bis 3 Zoll. Sie sind wenig zurückgeschlagen. Ihre Theilung geschieht zwar über der Hälfte der Seite, aber doch nicht nahe am Rücken, mit Einsetzung eines neuen Arms zwischen zwei gröfseren. Die Seiten sind gewölbt, auch der Rücken; die grölste Breite aber bleibt an der Suturkante (bei Amm. Königii ist sie in der Mitte) und die Höhe ist gröfser als die Breite. Kaum ein Viertheil ist involut, daher sieht man sechs oder sieben Windungen frei. Ist der Ammonit dem äu- [sersten seines Wachsthums sehr nahe, so entfernen sich die Falten sehr schnell voneinander, und dies geschieht oft sehr plötzlich. In einem Stück von 34 Zoll Durchmesser folgt sich- die Zahl der Falten von innen nach aufsen so: 39, 38, 30, und von diesen letzeren stehen sogar nur 10 Falten auf der letzten Hälfte, welches für einen ganzen Umgang nur 20 Fal- ten geben würde. Dann sind in solchem Umgange auch keine Kammern zu finden. Win- dungshöhe 54, Durchmesser zur Windung wie 100:30, Breite zur Höhe wie 70 100. — Fufsgrolse Stücke und gröfser, werden unter dem Namen Ammonites triplicatus aufgeführt (Sow. 293.); dann finden sich nur wenige Falten im Umgange und ihre Theilung verschwin- det oft so sehr, dals man, wenn innere Windungen verdeckt sind, einfache Falten zu sehen glaubt. Oberhalb Streitberg, Wilibaldsburg, Juraberge von Solothurn und Aarau. 81. Ammonıres biplex. Bronn Lethaea tab. 23. fig.3. Ziethen tab. 8. fig. 2. Planulat mit bestimmter Theilung. Die Falten erheben sich auf der flachen oder nur sehr wenig gewölbten Seite wie Strahlen. Erst nahe an der Theilung fangen sie an, sich merklich nach vorn zu neigen. Sie sind schon an der Suturkante stark, wenig zu- rückgebogen, und in dieser Stärke erhalten sie sich bis zum Rücken. Die Theilung geschieht über den Jura in Deutschland. 123 auf dem letzten Viertheil der Seite jederzeit in zwei Arme, welche nach vorn gebogen sind und auf dem schmalen Rücken, von beiden Seiten her, unter stumpfem Winkel zusam- menstolsen. Nicht ein Viertheil der Seite ist involut, vielleicht weniger als bei irgend einer anderen Art dieser Familie; daher bleiben auch eine grolse Menge Windungen, sechs oder sieben, sichtbar. Auf einem Umgang von 3 Zoll Durchmesser stehen 46 Falten. Ist der Am- monit ausgewachsen und die letzte Windung kammerlos, so vermindert sich die Zahl der Falten so schnell, und sie stehen so entfernt, dals ihre Zwischenräume wohl drei- oder vier- mal ihre Breite übertreffen. Die Windungsböhe ist 60 :100. Der Durchmesser zur letzten Windung wie 100:28. Die Breite an der Suturkante ist noch nicht drei Viertheile der Höhe. Von Streitberg, Burglengenfeld in der Oberpfalz, Gipfel des Randen. 82. Ammonites bifurcatus Schlotth. Ziethen tab.9. fig. 1. Planulat mit bestimmter Theilung. Der Durchschnitt würde ungeführ ein Viereck bilden, denn der Rücken ist oft wohl noch etwas breiter als Seite und Basis; beide Seiten aber sind wenig convergirend und stofsen fast im rechten Winkel an den Rücken. Sie sind stets gewölbt, auch mit abgerundeter Suturfläche, wodurch die Windungen sich übereinander erheben und nicht mehr einen flachen Discus, sondern einen flachen Umbilicus bilden. Alles Kennzeichen, wodurch sich diese Art vom nahestehenden 4. Biplex unterscheidet. Die Falten sind sehr scharf und hoch, mit zwei- bis dreimal gröfseren Zwischenräumen. Sie zertheilen sich oberhalb des letzten Viertheils gegen den Rücken. Die Zertheilung ist scharf, doch ohne Knoten oder Spitzen, und der Zwischenraum der Gabelung steht immer bedeutend höher als der Zwischenraum zweier Falten. In einem Umgang von 2 Zoll stehen 25 Falten, auch wohl einige 30. Der einge- wickelte Theil beträgt kein Viertheil und könnte auf so breitem Rücken nicht leicht weniger sein. Die Windungshöhe ist 59 :100. Der Durchmesser zur letzten Windung wie 100 : 36. Die Breite zur Höhe wie 116 :100. — Oberhalb Streitberg, auf dem Lochenberg bei Bah- liogen, Ober-Rathshausen, über Spaichingen, bei Fürstenberg, auf dem Randen. 83. Ammonıtes flexuosus. Bronn Lethaea tab.23. fig.17. Ziethen tab. 11. fig 2. (A. discus) tab. 15. fig. 8. (A. serrulatus) tab. 28. fig. 7. Vielleicht der ausgezeichnetste aller Ammoniten der höheren Schichten. Wenn auch selten die zarten Verzierungen seiner Oberfläche sich auf Steinkernen erhalten, so erkennt man ihn dennoch auch in solchem abgeriebenen Zustande an dem überaus schnellen An- wachsen der Windungen, an dem völligen Involuten dieser Windungen, die nur einen ein- zigen Umgang zu sehen erlauben, und an der scheibenförmigen Gestalt des Ganzen. Der Rücken ist mit Zähnen besetzt, daher würde der Ammonit unter der Abtheilung der Gezähnten gesetzt werden müssen; allein zwischen den Reihen der Zähne erhebt sich der Rücken mit dem Sypho noch höher und ist auf dem Sypho selbst sehr fein und zier- Q2 194 v. Buch lich gekörnt. Die Zähne stehen auf äufseren Windungen weiter auseinander als auf engeren; wenn auf der inneren Hälfte 15 Zähne steher, so sieht man nur 9 Zähne auf der letzten Hälfte. Die Falten zertheilen sich auf der Mitte der Seite in zwei oder drei andere, welche von einer Reihe von Knoten ausgehen, eine sehr flache Sichel nach dem Rücken zu bilden, und dann feiner und stärker, vorwärts hin, auf dem Sypho sich endigen. Dreizehn solcher Knoten stehen auf einem Umgange von 2% Zoll Durchmesser. 24 Falten finden sich unten, 48 Falten gegen den Rücken. Die Windungshöhe ist 33 :100. Der Durchmesser zur letz- ten Windung wie 100:27; Verhältnisse, die kaum bei anderen Ammoniten-Arten sich wie- der auffinden. Die Breite unten ist nur 36 :100 der Höhe. — Er findet sich überall bis tief in die Schweiz. Oberhalb Streitberg, in den lithographischen Schiefern von Solenhofen ; aber auch in den tieferen Schichten der Wilibaldsburg. Häufig auf der Höhe des Randen und selbst bis Bar&me (Basses - Alpes). 84. Ammonıtes inflatus. Reinicke fig.51. Ziethen tab.1. fig. 5. tab. 13. fig. 1. (A. Gigas), tab. 16. fig. 4. (4. bispinosus, jung.) Von den Macrocephalen. Er wird ungemein grofs, vielleicht von einem mehr als 2 Fuls grofsen Durchmesser und dabei mit solcher Zunahme an Breite, dals diese grolsen Exemplare gewaltig aufgebläht aussehen. In kleineren Stücken umgeben zwei Spitzen- reihen die untere Hälfte der Windungen, die eine auf der Suturkante selbst, die an- dere noch innerhalb des ersten Viertheils. In gröfseren Windungen werden beide Reihen durch eine grofse, stark hervortretende Falte verbunden, und dann verschwinden die oberen Spitzen nach und nach gänzlich. An dieser oberen Reihe theilen sich die Falten und gehen dann über den hohen, abgerundeten Rücken fort. Dreizehn bis vierzehn Knoten stehen auf den Windungen grölserer Stücke; eilf auf kleineren von —+ Zoll Durchmesser. Die Windungs- höhe von der Sutur zum Rücken ist 46 :100 bei kleinen, 40 :100 bei grofsen Exemplaren. Die Breite ist zur Höhe wie 160 bei kleinen, 134 :100 bei grofsen Stücken. Die Sutur- Nläche steht senkrecht, lälst aber innere Windungen sichtbar werden, denn nur drei Vier- theile der inneren Windungen sind involut. — Dieser Ammonit ist häufig auf der Höhe des Gebirges und findet sich in allen Sammlungen. Vorzüglich auf dem Randen, über Göppin- gen, bei Heiligenstadt und Staffelstein. 85. Sceypma cylindrica. Goldfufs tab. 2. fig.3. tab. 3. fig. 12. tab. 31. fig. 5. Ein langer und hohler Schwamm, wohl fünfmal länger als breit und bis 5 Zoll lang, dessen Höhlung etwa die Hälfte des Durchmessers beträgt. Alle übrigen Kennzeichen sind negative, oder sie sind so verworren, wie das Gewebe des Corallenstocks selbst. Er ist je- doch in grofser Menge auf den Feldern der Höhe des Jura, auf dem Randen, bei Böhringen unweit Göppingen, zu Giengen, am Heuberg, auf den Bergen von Streitberg und Muggendorf. über den Jura in Deutschland. 1235 S6. Scypnı costata. Goldfufs tab. 2. fig. 10. Grofse Reifen umgeben, der Länge nach, den cylinderförmigen Stamm. Die Anlage dazu ist auch im Durchschnitt von Sec. cylindrica zu finden. Auch findet man beide an den- selben Orten vereinigt. 87. Tracos acetabulum. Goldfufs tab. 35. fig. 1. tab.5. fig. 9. Trichterförmig, so dafs die Breite die Höhe meistens übertrifft. Schwammförmig, verworren; auf der Oberfläche, sowohl aufserhalb als im Trichter, mit gröfseren und klei- neren Löchern besetzt, in denen man nicht selten sternförmige Lamellen zu erkennen glaubt. Diese Trichter liegen in grofser Menge auf den Corallenfeldern vom Randen und von Böh- ringen, und werden zu Tausenden von den Bauern auf den Äckern zusammengehäuft; auch so auf den Feldern von Heiligenstadt in Franken. SS. Cxemmıum rimulosum. Goldfufs tab. 6. fig. 4. Flach trichterförmig, mit vom Mittelpunkt nach dem Umkreis auslaufenden Kanälen, welche fein gestreift sind. Diese Trichter oder Kreisel sind weniger häufig als die von Tragos; doch auch in Menge sowohl bei Böhringen als auf dem Randen, ebenso auch bei Streitberg und Muggendorf. 89. Astraza helianthoides. Bronn Zethaea tab. 16. fig. 21. Goldfufs tab. 22. fig. 4. Astraea explanaria. Mit Lamellen der Sterne, welche vom Mittelpunkt aus hervorgehen und scharf be- grenzt sind. Grofse Sterne in bedeutend grofse, kugelige Massen versammelt. Astraea ex- planaria hat rautenförmige Sterne, deren Lamellen sich gegen den Rand vermehren. — Bei Heydenheim und Giengen, bei Gösweinstein; dem Nerineenkalk sehr nahe. 90. Liıtuovenoron Zrichotomum. Bronn ZLethaea tab. 16. fig.16. Goldfufs tab. 13. fig. 6. Cylinderförmige Stöcke, welche sehr bestimmt sich zu drei anderen von gleicher Grölse zertheilen. Die Lamellen stehen in sechs Bündeln, welche aber durch Druck aufeinander sehr unkenntlich werden. Äufserlich sind die Stöcke der Länge nach und sehr stark gestreift. Auf dem Heuberge, über Ehingen, bei Giengen, Heydenheim. 126 v. Buvcn Lithographische Schiefer. Es ist keine Muschel bekannt welche dieser Abtheilung der Juraschichten eigenthüm- lich wäre, ungeachtet Muscheln doch nicht selten zwischen den Schiefern vorkommen. Es sind aber dieselben, welche auch in tieferen Schichten «eingehüllt sind, wie Ammonites flexuo- sus, polygyratus, oder Belemnites semisulcatus,; — aber keine unter ihnen findet sich in den Schichten des Nerineen- und Diceraskalks wieder. Es ist daher einleuchtend, dafs die Schie- fer mit den mittleren Schichten des oberen Jura noch ein Ganzes bilden, und weit mehr, als mit den darüber liegenden Schichten, was man um so weniger vermuthet hätte, da sie beide im Gebirge, welches die Altmühl durchfliefst, durch eine so bedeutende Schicht von Dolomit von einander getrennt werden. Dagegen sind alle Thiere höherer Ordnungen, Fische, Saurier, Insekten, Krebse, die- sen Schichten ganz eigenthümlich, und finden sich sogar in anderen Theilen des Jura gar nicht mehr wieder. Aber für die Schiefer selbst scheinen sie beständig in ihrer ganzen Aus- dehnung; viele Fisch- Arten von Solenhofen finden sich auch bei Kellheim, bei Weltenburg an der Donau, welches doch entfernt genug ist; auch der Pterodactylus, wenn nicht die- selbe, doch eine nahe stehende Art, und wahrscheinlich würde diese Übereinstimmung noch gröfser sein, würden die Schichten an anderen Orten so sorgfältig durchforscht, als es bei Solenhofen geschieht. Von Fischen gehört das Geschlecht CATurus Agass. ganz den Schiefern, und Ca- Zurus nuchalis ist an der Donau wie an der Altmühl. Auch 7hrissops Agass., von welchem Thrissops salmoneus ebenfalls den Endpunkten des Schiefervorkommens gemein ist. Von Pholidophorus Agass. finden sich zehn Arten zu Solenhofen, von denen der ausgezeichnete Pholidophorus radians Agass. auch zu Kellheim vorkommt. Doch glaubt Hr. Agassiz dennoch, die Fische von Kellbeim, von denen eine ganze Menge der Gegend eigenthümlich bleiben, könnten wohl späteren oder höheren Schichten angehören, als die von Solenhofen und Aichstedt (Bronn Jahrb. der Min. 1833. p.676.). Die lehrreiche osteologische Geschichte des wundervollen PTERODACTYLUS, welche Herrmann v. Meyer geliefert hat (Palaeologica p.228.), beweist, auf welchem unsicheren Boden noch immer die Bestimmungen der Arten eines so aufserordentlichen Geschlechts be- ruhen. Daher ist es auch wohl noch keinesweges erwiesen, dafs der von Hrn. Forstmeister Koch in Regensburg aufbewahrte Pterodactylus von Kellbeim eine andere Art sei, als die bei Aichstedt aufgefundene, um so mehr, da sogar die Möglichkeit zugegeben ist, dals Prero- dactylus brevirostris bei dem Dr. Grassegger in Neuburg von dem Pierodactylus longi- rostris nicht verschieden sei (*). (*) Dafs unsere ausgezeichnetsten, scharfsinnigsten, vergleichenden Anatomen sich gar nicht in den Bau dieses sonderbaren Geschöpfes zu finden wufsten, sollte wohl diejenigen zu einiger Vorsicht auffordern, welche aus einzelnen Knochen oder Fischschuppen ganz neue Geschlechter zu bilden wagen. Peter Camper schrieb am 9. Oktober 1786 an Merck: L’oiseau d’Aichstedt est parfait. Je voudrois bien l’avoir dans ma collection. Je fremis! Vous l’appellez chauve- souris! Consultez le grand oracle Coiter tab.3. Und Sömmering glaubte das Geschlecht des über den Jura in Deutschland. 1237 Auch die Krebse, welche bei Solenhofen in so grofser Menge vorkommen, vorzüg- lich ERYON arcziformis Cuv. und die verschiedenen Arten von Megachirus, sind nur in den Schiefern gefunden, und ähnliche sind noch von keiner anderen Gegend her bekannt ge- macht worden. Die genaue Untersuchung der Insekten in den Schiefern durch Hrn. Germar in Halle haben diesen zu einer wichtigen Betrachtung geführt. Es sind meistens Wasser-Insekten, wie er sagt, aus der Ordnung der Neuropteren (Zibellula, Agrion, Aeschna) und Hemipteren (Nepa, Gerni, auch Pigolampis). Die übrigen sind meistens solche, welche sich von Blättern nähren, Orthopteren (Zocusta, Mantis, Cecropis), auch ein Sphinx, so auch einige Hymeno- pteren und Dipteren. Alle diese Formen deuten auf ein warmes, aber eben nicht tropisches Klima. Allein sie verlangen eben so sehr die Nähe eines festen Landes, von welchem sie in das Meer gelührt worden sein müssen. Anzeigen, welche in der darüber folgenden Forma- tion des Nerineen- und Diceraskalks wieder völlig verschwinden. 91. NerıseA suprajurensis. Voltz und Bronn Monographie der Nerineen, Jahrb. der Min. für 1836. tab. 6. fig.3. Ziethen tab.36. fig.3. (N. terebra). Fitton strata between chalk and oxfordelay. Geol. Transact. sec.S. IV. pl. 23. fig. 12. (N. Goodalüi). Mit drei Falten im Innern, zwei auf der linken, eine in der Mitte auf der rechten Seite. Auf Ziethens Figur ist nur eine Falte links abgebildet; da aber die Mundöffnung offenbar unvollständig ist, alle andere Verhältnisse jedoch mit N. suprajurensis übereinkom- men, so läfst sich vermuthen, die zweite linke Falte würde sich, bei einiger Aufmerksam- keit, auch wohl noch auffinden. Die Windungen sind auffallend concav, mit erhöhter Sutur oben und unten und mit feiner, gebogener Längsstreifung, ohne Knoten auf der Sutur. Der Durchmesser der Windungen von der Sutur rechtwinklig auf die gegenüberstehende Seite ist ziemlich genau das Doppelte der Windungshöhe von einer Sutur zur anderen, oder nur wenig gröfser als zwei Windungen auf einander. Diese Verhältnisse können doch nur in einer gewissen Breite entscheiden. Man sieht zwölf Windungen und mehr. — In den gro- [sen Brüchen von Aue bei Kellheim ist diese Nerinea grofs und häufig, auch in Brüchen etwas oberhalb Kellheim an der Donau; doch sind die Stücke nie so deutlich, um sich von der Identität völlig überzeugen zu können. 92. Teresrartuna frilobate. Ziethen tab.42. fig.3. T'erebr. Monogr. p.51. Man kann sich nicht enthalten, bei dem Anblick dieser Terebratel sie für eine Mon- strosität der Terebratula lacunosa zu halten; denn sie hat dieselben Charaktere, das Abge- Vogels in dem Kopf zu erkennen, an welchem Graf Münster mit grofser Geschicklichkeit unge- heure Zähne entblöfste (Meyer Palaeologica p. 248.) 1238 v. Bucua rundete der Kante zwischen Area und Dorsalschaale, das Zerspalten einiger Falten, ohne doch eine wirkliche und bestimmte Dichotomie zu erreichen, selbst auch ungefähr die gleiche Menge von Falten. Allein das so weit Vorgezogene vor den Seitenllügeln des mittleren Theils, in welchem der Sinus liegt, bleibt überall gleich beständig und ziemlich in derselben Form. Der vorgerückte Theil nehmlich, vom Sinus herab, bildet stets einen stumpfen Win- kel von 120 Grad mit der Länge der Muschel, nicht aber einen rechten, wie sonst. wohl gewöhnlich. — Die Muschel wird bedeutend gröfser als Terebratula lacunosa, selbst auch an den wenigen Orten, wo beide vereinigt sind, und ihre Falten werden scharf und breit. Im Diceraskalk ist sie ganz häufig, wo doch 7. Zacunosa selbst bisher noch nicht gefunden worden ist. So sah man sie nicht selten zu Denkingen bei Ulm, als dort eine neue Chaus- see gesprengt ward (1836). So findet sie sich zwischen Söflingen und Klingenberg bei Ulm, zu Einsingen und zu Siechingen auf der Alp. 93. TEREBRATULA insignis. Ziethen tab. 40. fig.1. Abänderung von 7. perovalis. Im Diceraskalk erreicht diese Terebratel eine Gröfe von 3 Zoll und darüber, und wenn auch nicht immer so lang und nach Verhältnifs auch breit, so fällt sie doch stets sehr in die Augen, da sie fast nie in sonst gewöhnlichen Gröfsenverhältnissen erscheint. Doch findet sich auch hier kein bestimmendes Merkmal, sie von Teredbratula perovalis zu unter- scheiden. Die Wulst der Ventralschaale hat keine Bucht in der Mitte, wie Teredratula bi- plicata, oder der flache Sinus der Dorsalschaale ist in der Mitte ohne Erhebung, daher ist der Kiel dieser Schaale wenig hervortretend. Die Ventralschaale ist gar oft bei ihrem ersten Erheben am Buckel gar flach und setzt horizontal fort. Aber auch dieses sehr untergeord- nete Kennzeichen bleibt wenig beständig. — Die gröfsten Muscheln dieser Art finden sich zu Leisacker bei Neuburg an der Donau, bei Kellheim, bei Aue, Ettershausen; dann auch bei Denkingen, Arneck, Ehrensteiten und Einsingen, Ulm. 94. TerEBRATULA substriata. Ziethen tab. 44. fig. 2. (7. striatula). Terebr. Monogr. p.60. Eine sehr bestimmende Gestalt für die oberen Schichten. Sie gehört zur Abtheilung der Terebrateln, welche nur fein gefaltet sind und deren Falten an Menge, nicht an Breite zunehmen (Dichotomae). Sie unterscheidet sich von der überaus ähnlichen Teredratula stria- tula der Kreide durch den Mangel ohrartiger Fortsätze an der Ventralschaale, durch das weit Vorgerückte der Stirn (7. caput serpentis ist an der Stirn emarginirt) und durch die Erhebung der Ventralschaale am Rande, der ein sehr flacher Sinus entspricht. Starke An- wachsringe durch grolse Zwischenräume getrennt, erzählen die Geschichte dieser Terebratel, wie sie im Änfange ganz rund ist, und wie nach und nach diese Form sich, in Richtung der Länge, zu immerfort engeren und schmaleren Ellypsen ausbildet. Der Schlolskanten- winkel ist sehr spitz. — Schön findet sie sich über den Brüchen von Aue und zu Kellheim selbst, zu Ehrenstetten bei Ulm, zu Arneck, zu Siechingen auf der Alp. über den Jura in Deutschland. 129 [89 95. Teresrartura Zrigonella. Ziethen tab. 43. fig.3. (7. aculeata). Die hochstehenden vier Rippen, welche vom Schnabel aus diese Terebratel umgeben und sich am Stirnrande vereinigen, und welche dadurch bewirken, dals auch die Vertiefungen von beiden Seiten her mit einander übereinstimmen, bleiben immer noch ein Räthsel, denn diese sonderbare Einrichtung kann aus dem, was wir bisher aus dem Innern der Terebrateln wissen, gar nicht erklärt werden. Auch findet sie in anderen Gestalten glatter oder gefal- teter Terebrateln gar keine Analogie. Die Rippen sind oft in die Höhe geworfen, wie Dor- nen, und fangen dann wieder an, in gleicher Richtung fort. — Diese bemerkenswerthe Tere- bratel ist sehr ausgezeichnet bei Aue unweit Kellheim. Sie scheint überhaupt den höheren und obersten Schichten besonders eigen und ihr Vorkommen bei Nattheim und Heyden- heim würde schon hinreichen, zu zeigen, wie die oberen Schichten dieser Gegenden den Nerineenkalk sehr nahe berühren oder selbst auch wohl dahin gerechnet werden müssen. 96. Myrizus pectinatus. Goldfufs tab. 129. fig. 2. Dicke Buckeln, welche stark nach vorn gekrümmt sind. Am unteren Rande keil- förmig. An der vorderen Seite welche stark einwärts gebogen ist, stolsen beide Schaalen in einer Ebene zusammen, da sie beide von der scharfen Seitenkante, die von den Buckeln zum unteren Rande geht, senkrecht abfallen. Die ausgezeichnete Streifung der Flächen macht sie sehr bemerklich. Diese feinen und zierlichen Streifen biegen sich schon von den Buckeln her gegen den Rand der Vorderseite und stolsen an diesem Muschelrande senkrecht ab, von beiden Seiten her. Gegen den unteren, keilförmigen Rand wird dieser Zusammenstolsungswinkel immer spitzer und am unteren Rande selbst sind es dann Streifen, welche über den ganzen Rücken hinlaufen. Auf der hinteren Seite wenden sie sich ebenfalls wieder in Bogen, bis sie zurück die Buckeln wieder erreichen. Bei Modiola pulchra gehen die Streifen alle der Länge nach herab, dem Schlofs gleichlaufend, und krümmen sich gar nicht gegen die Vorderseite. Der Winkel, mit welchem der untere Rand und die hintere Seite zusammenstolsen und durch welchen das Keilförmige des unteren Theiles entsteht, ist nicht immer gleich ausgezeichnet, sondern oft auch, mit grofsem Bogen abgerundet. — Bei Nattheim vorzüglich. Auch an anderen Orten bezeichnet er obere Juraschichten. Bei Fallersleben in Braunschweig. Unweit Toul. Aber auch in der Kreide wird er noch gefunden und gewöhnlich viel grölser: zu St. Palaye bei Bourges. 97. PirorLanomva acuticosta. Bronn Lethaea tab. 20. fig. 18. j Sie ist leicht zu kennen an den vielen Längsfalten, welche die Seiten bedecken, von denen fünf bis sechs gegen vorn hin immer weiter auseinander entfernt stehen, gegen hin- ten zu aber sich verschmälern und enger zusammenrücken bis etwas jenseit der Hälfte der Physikal. Abhandl. 1837. R 130 v. Buch Breite; dann treten sie wiederum aus einander und verlieren sich gegen die hintere Seite. Diese Form findet sich bei keiner anderen Pholadomye wieder. Sie ist mehr als das Dop- pelte breiter wie lang. Die Buckeln stehen im ersten Drittheil der Breite, gegen vorn hin, und gleich unter den Buckeln hat die Muschel die grölste Dicke, welche wohl der Länge gleich kommt. Der obere und der untere Rand convergiren nur wenig gegen die hintere Seite. Im Mittel ziehen sich 27 Rippen über die Seite. — Diese Pholadomye ist so aus- zeichnend für obere Juraschichten in allen Gegenden, dafs man sie nicht gut übergehen kann. Doch scheint sie in deutschen Juraschichten dieser Art noch nicht gefunden worden zu sein; wahrscheinlich nur aus Zufall, denn am Bann@ bei Porentruy ist sie häufig mit eben den Muscheln, Pterocera Oceani, Pholadomya donacina, Isocardia exwcentrica und anderen, welche zu Einsingen und Denkingen bei Ulm in Menge vorkommen, und so finden sie sich auch zu Wendhausen bei Hildesheim (Römer) und an der Weser. Nur selten erscheinen sie in tie- feren Schichten. Daher darf man ihr Vorkommen im grolsen Steinbruch von Zimmern bei Pappenheim, tief unter den Fischschiefern, als eine Ausnahme ansehen. 98. Phoravdomya donacina NV oltz. Durch alle mannigfaltige und häufige Abänderungen dieser Muschel läuft ein Kenn- zeichen mit grofser Beständigkeit, welches sie bald unterscheiden läfst und das vorzüglich dem sogenannten Donacites Alduini feblt, mit welcher sie oft verwechselt worden ist. Es ist eine tiefe Depression, Bucht oder Rinne, welche auf der Spitze der Buckel anfängt und der Länge nach bis zum unteren Rande fortsetzt, wie bei Nucula Hammeri oder Nucula lobata. Der untere Rand ist dadurch emarginirt und in einem sehr kurzem Vordertheil und in eine viel grölsere hintere Hälfte getheilt. Hierzu kommt eine scharfe Kante, welche von den Buckeln zum hinteren Rande hinläuft und von der Seite eine breite (Scutellums-) Area abschneidet. Die starken Anwachsstreifen der Seite steigen von dieser Kante an senkrecht in die Höhe und gehen dann wieder weit gegen die Buckel hinauf. In Donacites Alduini ist weder die Kante noch dieses Aufsteigen der Streifen besonders auffallend. — Vier oder fünf entfernt stehende Rippen divergiren von den Buckeln über die Seite; sie sind gewöhn- lich auf den Kernen so sehr abgerieben, dafs man sie nur noch bei sehr schiefem Licht- einfall bemerkt. Aufserdem wird die ganze Schaale noch durch eine höchst zarte und feine wellige Längenstreifung bedeckt. Die Vorderseite ist bald der Längenaxe gleichlaufend, bald sehr geneigt gegen den hinteren Theil. Immer aber bemerkt man vorn eine sehr tiefe Lu- nula unter den nahe zusammenstehenden Buckeln. Eben so veränderlich sind die Gröfsen- verhältnisse. Gewöhnlich wird die Breite noch ein halbmal die Länge übertreflen, aber un- merkliche Übergänge führen bis zu Gestalten, in denen die Breite kaum noch die Länge erreicht, vielleicht gar unter dieser zurückbleibt. Formen, welche auf derselben Lagerstätte und miteinander vorkommen. Daher hat sie Hr. Voltz als Abänderungen unter den Namen Ph. donacini elongata, obliquata, abbreciata zu einem Ganzen vereinigt. Sie sind gar häufig sowohl bei Porentruy als auch zu Einsingen und Denkingen bei Ulm. Auch ganz ausge- zeichnet zu Chateau-Vilain (Cöte d’or). über den Jura in Deutschland. 131 99, Isocannıa excentrica. Bronn Lethaea tab.20. fig. 11. Römer tab. 7. fig.4. Goldfufs tab. 40. fig. 6. Die sonderbare Streifung ihrer Seitenflächen zeichnet sie aus. Diese Streifen sind weder dem oberen, noch dem unteren Rande gleichlaufend; sie gehen strahlenförmig, nicht concentrisch, von den Wirbeln aus, und endigen sich, der Breite der Muschel folgend, am hinteren Rande, nicht auf der Area des Scutellums. Dabei setzen sich oft neue Streifen zwischen den älteren, oder auch stofsen sie gegen einander und die oberen endigen sich dann an den unteren. Die Buckel stehen ganz am vorderen Theile und sind stark über einer tiefen Lunula gebogen. Vorder- und Hinderseite vereinigen sich in rechtem Winkel unter den Buckeln. Die Muschel ist viel breiter als lang, im Verhältnils von 125 :100. Der obere und untere Rand sind ungefähr gleichlaufend. — Sehr häufig au Bann& Porentruy. 100. Prerocera ÖOceani. Bronn Lethaca tab. 21. fig.7. Römer tab. 11. fig. 17. Aus Römers schönem Exemplar lernt man, dafs aufser dem am meisten erhöheten Strahl auf der Mitte der Windungen, dem sehr lang fortgesetzten, welcher die Mundöffnung beendet, und dem an den Windungen gegen die Spitze herablaufenden, noch zwei andere, kleinere, zwischen Mund und Carina sich einsetzen. In dem kleineren Pterocera Ponti stehen vier Strahlen zwischen Windungshöhe und Mund. Der Winkel an der Spitze ist 59 Grad. Die Länge zur Breite oder zum Durchmesser, wie 6:5. — Bei Kellheim an der Donau, bei Ingolstadt, bei Porentruy, Solothurn. Fast überall, wo Dicerasschichten sich zeigen. 101. Pırsa granulata. Goldfufs tab. 129. fig. 1. (P. ampla). Sowerby hatte tab.27. diese Muschel unter dem Namen Mytilus amplus gut abge- bildet, und dieser Abbildung gemäls waren auch die schwäbischen Petrificate ähnlicher Art unter dieser Benennung aufgeführt worden. Sowerby bemerkte selbst, dafs sie einer Pinna mehr gleiche, und einige Jahre später gab er von ihr eine neue (schlechtere) Abbildung, als Pinna granulata. Da sahe man bald, dafs es diesell,e Muschel sei, welche durch ihre dicke, fasrige Schaale so sehr auffällt und überall in Bruchstücken gefunden wird, wo nur die obersten Juraschichten hervortreten. Daher sind sie, um diese Schichten zu erkennen, höchst bezeichnend. — Die Figur von Goldfufs zeigt den Umrifs nicht deutlich. Es zieht sich, von den Buckeln weg, eine hohe Rückenwölbung etwas bogenförmig und ziemlich senkrecht zum unteren Rand. Diese Erhöhung von beiden Seiten schlielst die (hintere) Dyssusseite ein. Die Schlofslinie stölst mit 60 Grad gegen diese hintere Seite, ist aber nur halb so lang, und von dort zieht sich der untere Rand schief und gerundet nach der hin- teren Ecke, an welcher die Rückenerhöhung sich im Halbkreise endigt. Warzenförmige, absetzende Längsstreifen bedecken die Seiten und gehen divergirend bis zum Rande der R2 132 v. Bucu Schlofsseite hinunter; allein nicht so auf der anderen Byssusseite. Dort ziehen sie sich über die Seitenkante nicht weg und die ganze hintere Seite ist nur mit Anwachsstreifen bedeckt. Graf Mandelslohe (Mem. de Strasbourg. TI. 11.) hat zuerst angeführt, wie diese Pinna in gröfster Schönheit und Vollständigkeit zu Einsingen bei Ulm entdeckt worden sei: zusammen mit allen Abänderungen der Pholadomya donacina, mit Ammonites biarmatus oder longi- spinus, wie am Cap la Heve, mit einer Abänderung vom Nautilus aganiticus, mit breitem, eingesenkten Rücken, welches eine neue Art zu bilden noch nicht hinreichend ist, mit Zro- chus jurensis, Gervillia solenoides, Ammonites triplicatus und einem grofsen, einfach gefalteten Pecten, der auch bei Kellheim häufig vorkommt. — Zu Solothurn, zu Porentruy ist diese Pinna nicht selten und in Menge sieht man sie wieder zu Pittendorf über der Laber, zwi- schen Regensburg und Hemmau, wenn nicht ihre auffallend glatte Oberfläche sie als eigene Art bestimmt. Weiter nördlich scheint in Juraschichten von fasrigen Fragmenten dieser Muschel nie etwas vorgekommen zu sein. 102. Diceras arietina. Bronn Lethaea tab.20. fig.1. Goldfufs tab. 139. Mit Recht bemerkt Goldfuls, dals die Kerne dieser sonderbaren Muschel kein Merkmal darbieten, sie in mehrere Arten zu trennen. Die leichten Veränderungen in Bie- gungen der Hörner finden sich bei zunächst miteinander vorkommenden Schaalen. Einige sind stärker, andere wieder schwächer gewunden. Allen ist eine tiefe Rinne gemeinschaft- lich, inwendig vom Schlofs an den Hörnern hinauf, und eine weniger tiefe, oft nur eine Einbiegung, an der äulseren Seite dieser Hörner. — Soiche Kerne finden sich in grolser Menge über Aue bei Kellheim und bei Kellheim selbst, von der Gröfse einer Stecknadel an bis beinahe fulsgrofs. Ebenfalls schr grols zu Leisacker bei Neuburg, bei Ingolstadt, zu Bellerive bei St. Ursanne. Sehr grofs zu Fangebouche bei Besancon im Jura, und ebenso grols zu Ernstbrunn bei Wien. Es läfst sich nicht erwarten, dafs in zwei so getrennten Jurasystemen, als das englisch-französische und der deutsche und schweitzer Jura sind, der zoologische Charakter bis zu den geringsten Einzelnheiten sich gleich blei- ben werde. In der That treten auch recht wesentliche Verschiedenheiten, sogar in den Leit-Muscheln, hervor, selbst in solchen, welche in grofser Menge vorkommen, und diese merkwürdige Thatsache scheint darauf zu führen, dafs die Trennung beider Systeme wirklich eine ursprüngliche, und nicht erst eine, durch spätere Veränderungen entstandene ist. Eine kurze Wiederholung dieser eigenthümlichen Muscheln in allen Formationen wird die Thatsache klar hervortreten lassen. über den Jura in Deutschland. 133 Im Lias: Das Fehlen des PLEsiosAurvs ist auffallend. Ungeachtet die Schiefer wenig unter- sucht sind, und vielleicht mit einiger Sorgsamkeit nur an zwei Orten, zu Zell und zu Boll in Schwaben und bei Banz, so würden doch auch hier sich einige Reste gefunden haben, wenn dieses abentheuerliche Geschöpf nicht dem deutschen Jura fremd wäre. .TEREBRATULA numismalis fehlt in England und findet sich in Frankreich nur in der Fortsetzung des deutschen Jura. Posıpoxıa Bronniü, welche in so unglaublicher Menge die Liasschichten des süd- lichen Frankreichs erfüllt, wird von den westlichen Theilen nicht angeführt. BELEMNITES digitalis findet sich nicht in England. Mittlere Juraschichten. TRIGONIA navis, eine vorzugsweise ganz deutsche Muschel. PECTEN paradoxus, so häufig in Deutschland, wird weder von Sowerby, noch von einem anderen englischen Geognosten angeführt. AMMONITES Jason, nach der S.111. gegebenen Bestimmung, fehlt in England und in West-Frankreich. Dagegen sucht man PECTEN fibrosus im deutschen Jura vergebens, eine Muschel, die selbst im nördlichen Deutschland, bei Hannover, Hildesheim, bei Berlin und bis nach Popi- lani, zu den bestimmendsten und häufigsten ihrer Art gehört. Obere Juraschichten. Die ausgezeichnete TEREBRATULA impressa, welche in Schwaben ganze Schichten erfüllt, würde gewils von Sowerby oder Phillips gezeichnet worden sein, wäre sie in England gefunden. AMMONITES polyplocus findet sich in keiner französischen Sammlung und Sowerby hat ihn auch nicht. Bronn versichert (p.233.), dafs die ScypmiEn in Nord-Frankreich und in England durchaus fehlen. = EXOGYRA virgula, welche den ganzen französischen Jura wie einen Saum umgiebt, von dem atlantischen Meere bis zu den Ardennen, ist im deutschen Jura noch nie gesehen worden. Berichtigung. Seite 95. am Schlufs ist aus Versehen „Porte de France, Grenoble” gesetzt worden. Was dort vorkommt, ist ptichus, nicht Posidonia. 134 v. Buch Alphabetisches Verzeichnifs der Leitmuscheln AMMONITES Nr. alternans znernreener 12 Amaltheus z.......... 17 GNNUlGIUS = ne naeen= 30 Becher... ssenesenaen 15 bifurcatus srerenerens 82 biplex sceeneserenn Ines an, Brookii.centeesendes 3 Bucklandi...... A: | CapricornUS sernrerr- 16 Conybeari szeereeeere 2 costatus 2... eaeese 18 Davoßlsswesnasneneane 31 GISCUS nes ann aanean 52 Fimbriatus sr.....4.. 29 JEZUOSUS Seseenecsens 83 BECHLOUSIEeRReenanenes 67 Herveyl sererertontene 59 heterophyllus ....... 32 JUSONsesesesnssprmecenie 2 INJIGLUS seesuennensarne 54 KONIEIL es tensenseene 63 Lamberli ....... Kansas 66 Murchisonae :....... 43 perarmalus sereernrr- 7a polygyratus ......... so Polyplocus.eeseseeeee 79 radians SETPENEÜINUS seoreruene 19 SUDLGED IS: cese een . 65 MEQlCOLEb es esaeressene 20 ÄAPIOCRINITES mespiliformis ....... 73 ASTARTE ERLCAPAIAN 2ercesenunen 50 ASTRAEA helianthoides........ s9 AVICULA monolis, substriata 35 BELEMNITES GCURRIUSSSREaw en ns 11 canaliculatus su..n.. 61 Ateikaliseaseasssse it 27 giganteus, aalensis 55 POXULOSUSserenn usa 10 semisulcatus. ..uc.. 77T CErıTuTUMm muricatum.. 49 Seite 118 105 123 115 109 94 111 124 113 114 100 447 122 12a 41 86 114 87 118 104 125 95 82 110 90 107 s1 120 103 CIDARITES Nr. Seite COrONQalUS zereressere 75 119 MALUMUS:sresaresanans 58 108 CNENIDIUM rimulosum ce» .. 88 125 CYPRICARDIA obliqua serenrrn. aa 39 98 CYTHEREA trigonellaris......... 40 98 Diceras arielind.assseee 2102,132 GALERITES depressus aceeseseren- 74 118 GERVILLIA gastrochoena........ 48 103 pernoides ........ un. 41 98 GRYPHAEA ArCUdla saure 4 78 Cymbium.cseressereee 12 82 dilatütasscearscunnenne 68 115 JCHTHYOSAURUS.encaenseoe. 26 89 InocERAMUS gryphoides.snnere: 37 96 IsocARrDIA EXCEentricd zrereereern 99 431 Lerıporus BIBQSeaRsnn20s-skereapen 24 88 Lima proboscidea seererrr» 56 107 LITHODENDRON trichotomum seernr» 90 125 Myrıwus PEctingltuswersasnasns 96 129 Naurinus aganilicussnereesee: 76 119 GFATUS nen edneneesdanee s 80 NERINEA SUPrFAjUrEnSIS sure. 91 127 Nucura Hammerivcreernener > 38 96 loDalasereneserkoinenee 53 105 ÖSTREA IMAOrShileedasıssueseses 57 108 PECTEN disciformis screen: 44 401 LenSicssennses BRessagese 46 102 personalus cn... 45 101 des deutschen Jura. PENTACRINITES Nr. Seite Briareus.. anbeneeiee 34 94 subangularis un... 33 94 PERNA mytiloides .nnn.nni.. 54 106 PnoLanomyA acuticosta.cnrerne ...97 129 ambigugsereerseeeen 13 83 donacina zeeeeenernnn . 98 130 Murchisoni acscnen. 51 104 Pınna Sranulata.scacsenen 101 131 Hartmanni cine» 7 80 Praciostoma giganteum.srerererere: 5 78 Pricartura SDINOSGMae2. nern .. 14 84 Posınonta BRONNILeeass esse 36 95 PTEROCERA OCEANL esene sus ....,100 131 SCYPHIA COSTAEG een anee nenn 22.86 125 CYLNdrICha.e rennen 85 124 SPIRIFER Walcotti sereaereneee 9 8 TEREBRATULA impress@renren. RATE 69 116 WISIETILS:n essen sssnsunne 93 128 lacunosa...... BRIAN 78 121 nucledtä.ecisersennee 70 117 numismalis sereersee» 21 87 substriat@a.eererereree 94 128 teiraedra.sseeseereenen 22 88 trigonella tnllObalasesnare seen triplicata... VArIANS.esesensrnsnneen TETRAGONOLEPIS Tracos acetabulum .zunnene.» 87 125 Tarıconsa clavellata ............. 64 113 COST@lGesananlenaunnanı 47 102 TRODISTE nern 42 99 Uno CONCINNE erereereeen 06 79 über den Jura in Deutschland. 1855 Zur Abbildung der Libelle von Solenhofen. Hr. Prof. Erichson hat die Güte gehabt, der Abbildung dieser merkwürdigen Ge- stalt folgende Bemerkungen beizufügen: „Die Arten urweltlicher Insekten zu bestimmen, hat im Allgemeinen grölsere Schwie- rigkeiten, als füglich immer überwunden werden können; denn die specifischen Unterschiede der Insekten, in der Färbung, Behaarung, Skulptur und den Verhältnissen der Körpertheile bestehend, sind meist in den Abdrücken nicht mehr zu erkennen. Färbung und Behaarung sind natürlich immer verloren, die Skulptur ist meistens auch so fein, dals sie in den Ab- drücken verwischt ist, und Form und Verhältnisse der Theile sind zuweilen theils durch verzerrte Lage entstellt, theils öfter durch erlittenen Druck des oft weichen Körpers ver- ändert. Selbst das Wiedererkennen der Gattungen hat seine grolse Schwierigkeit, da die eigentlichen wesentlichen Charaktere gröfstentheils zu versteckt liegen, um noch sichtbar zu sein, und es bleibt nichts als die mehr habituellen sekundären Merkmale, die um so mehr Vorsicht in ihrer Berücksichtigung erfordern, als die Arten der urweltlichen Thiere in ihren Formen von den jetzt vorkommenden so weit abweichen, dafs eine vollkommene Identität der Gattungen weder nachzuweisen, noch häufig wahrscheinlich ist. Es muls also Alles nur darauf ankommen, die Familien, denen die betreffenden Thiere angehören, zu ermitteln, und mit den jetzt vorkommenden Gattungen die erforderlichen Vergleichungen anzustellen. Der vorliegende Abdruck gehört sehr deutlich einem Insekt aus der Familie der Libellen an. Hinterleib, Mittelleib und Flügel sind so schön als möglich erhalten. Der Kopf mit allen seinen Organen fehlt; es ist bei den Libellen überall die Verbindung des Kopfes mit dem Mittelleibe so lose, dafs er schon bei geringer äulserer Gewalt sich ab- trennt. Von Beinen sind die Vorderbeine allein am Vorderende des Körpers im vorliegen- den Abdrucke zu erkennen, die Schienen eingeschlagen, aber, so wie die Schenkel, deutlich zu unterscheiden. Was die Gattung betrifft, der diese Libelle angehören möchte, kann nur zwischen Aeshna und Lidellula die Wahl sein. Die Grölse und lanzettförmige Gestalt der Anhänge am Hinterleibsende ist in vollkommener Übereinstimmung mit der Form desselben Theils bei 4eshna, der mehr gleich breite, an seiner Basis weniger aufgetriebene, hinter der Auftreibung mehr eingeschnürte Hinterleib spricht mehr für Zideliula, während die bedeu- tende Grölse des Thieres, worin es die jetzt lebenden Aeskna-Arten noch um ein Beträcht- liches übertrifft, wieder mehr auf eine Annäherung an diese letztgenannte Gattung hin- weiset.”’ Es scheint wohl, dafs alle bisher in den Schiefern von Solenhofen gefundenen Ab- drücke dieser Geschöpfe, von welchen der Graf Münster in Baireuth eine ansehnliche Menge besitzt, derselben Art angehören. Sie sind wenig in Grölse verschieden, zeigen auch sonst keine auffallende und wesentliche Verschiedenheiten. LO EED ID HH =; wu nz a \ ‚oh HE 7 Be ur “ Muri A ann m u Iohgunr 1. A gi HE 2 RT u en 2° BL ) Al Pr k Hin > Ri hai une 27 a er ine er j ‘ re reis ee ET Auiläsen Kria SV Cure Ars * D j u en Im: » AR Fe u '. y i u — \ DImEEr Tue u ER zz Ze” ’ va ıd a 2. = ui ins We Bet vr Je ee > Er nn an: wi vu ur ci rratkeilil ı Si ae ee Be ar AA > gr 5 ' “ auahı? en j | IA u j er u. Pr - Isi e 5 ie Ries j = Ki . a 5 ne . \ 12 u wre . Now weh «La j = a ve Mar6k ei ade ıh ı yeah fu daft ul . ds u ° = like ET re _— tu en Zu Horn w Buchs Abh. Fhaysik Math in Deutschl: E41 Binden dei. P Mlacon Saarbır. 27 Fr ; u ‚fStrasburg I BuselS— 77 x I, u N EG) Schaffhauseı se Zürich = n - Granit Thonschiefer Steinkohlengebirge Kalkstein des Ur _u Übergangsgeb. Rother Porphyr Dolomit Rothliegendes Zechstein 47. | | Basalt 2 zz Lias 20 [see | Jurakalk BEE) senden aa era Tirufe c Pa | Quadersandstein a 2. 1%. mo | Cerithenkalk 5 ET obere Sünsuasseröittung 16. Gres et sable marin CEWeber se. m, gr N CB Na ha a a) Rh oe Be f a a k Im % ER Du au Eı. “r in, Lu R . v I um . Fr abe p rag D w Vo N a Pr e An . B EHER L Y % Je BL n Pe IR N Io IB Nn un W | Br R “ u i al 5 ie Er) “ en u u 5 b R er " - n2 Fon ne) ’ N: u An RT, 2 N . Y . 2 . i N re hy," en je \ Fi wi ve rt: u Bi a7 Dr Er 2 ”. a N ET ng F x A MR EL: .: ß =; "a NE 2 m "A Mi. F u Dr 1 Ani! a ee) u Bin kei N. r A, Fr AN i au a f i Mr. a j 4 oe f u 1) { Dr l / M me. u 4 BD r a 17 L A ey I EEN P — Br al. Abhandl. des Hrn. v. Bven für 1837: Über den Jura in Deutschland. NONONON INZRIRZRIRIRAR, DORIN IR? NANZNANZSZ SORZRANIRZRIRIRIRARIR IR IN IR ZUR BMA Or. = ST Te N) OF = >S PINNA GRANULATA. en >: s 770) SI donacina. Terebratula substriata, trigonella. 8 I ebra. Pholadomya aculticosta. Er IR TE EEE u ET ET u En a Ta re TEE Te Te nee ErerrGe S5 ee] Br7770) NT 7 ni < . EIG: g. Fryon arctiformis. Megachirus. =. [OF 77 Im LI LUL[[[[IÜI[I[ÜÜUUU[I Br 7777) NIIT = x EINIG) ea, | 7 =z% = Tahnes eoabu Lithodendron trichotomum € >= u NG) = Astraea helianthoides, explanata. Ss a Br7770) NIT, ERIG = _BRATULA LACUNOSA. == Aa B77I0) ON . D IN ®) >> SCYPHIA cylindrica, costata. Er >> za = = Be . Br777 = 5 semisulcatus. zZ: AT AR a9 = NAUTILUS aganilicus. = DEF Pr 7770 we ® OFT — NN OFF IN SIR ET Tue Oo, = N (9) <= INITES PERARMATUS, alternans. 3 = ER ®) u Br 77 21 ORT N ®) = TAEA DILATATA. Er Id 2 s u =7% +3 Ammonites Lamberti, hecticus. Ex ORT Ne) OEZE II N \ Zu der physikal. Abhandl. des Hrn. vr. Boen ‚für 1837: Über den Jura in Deutschland. DICERAS ARIETINA. Terebratula trilobata, insignis, T'0cardia excentrica. Mytilus pectinatus. Jura in Deutschland vorzüglich Prenonacrrius longirostris. CATURDS. LIBELL ANMONITES rorrprocvs, FLEXUOSUS, bifurcatus, polygyratus, INFLATUS, biplex. nach Leit-Muscheln geordnet. : corat-Ras. ÜlIDARITES CORONATUS. GALERITES depressus. Apiocrinites mespiliformis. TEREBRATULA IMPRESSA, nucleata. Mergel. ! Oxford-Clay. AÄMNMONITES SUBLAEFIS. hrorz. Trigonia clavellata. PTEROCERA 0CEANT. ’ NERINEA suprajurensis, terebra, Lithographische Schiefer. CNEMIDIUM rimulosum. Kalkstein. Pıyva GnawuLArA. ‚Pholadomya donacina, Terebratula substriata, trigonella. Pholadomya acuticosta. Eryon arctiformis. Megachirus. Tr4cos acetabulum. Lithodendron trichotomum. Astraca helianthoides, explanata. TEREBRATULA LACUNOSA. SCYPHIA cylindrica, costata, Belemnites semisulcatus. NAUTILUS aganiticus. AÄNMMONITES PERARMATUS, alternans. GRYPHAEA DILATATA. Ammonites Lamberti, hecticus. : Kelloway - Rock. Anmonıtes JASON, KOENIGI. TEREBRATULA PARIANS. Cidarites maximus. ÖOstrea Marshü. Pnor.apomra MvRcHtsont. Perna mytiloides. Nucula lobata. ı Bath-Oolith. Sandstein. Anmoxırzs Discus. BELEMNITES CANALICTLATUS. Ammonites Herveyi. LimA PROBOSCIDEA. BELEMNITES GIGANTEUS, aalensis. > Unter-Oolith. Astarle excavata, CERITHIUM MURICATUM. AÄMMONITES MuRcHISONAE. Trigonia costata. Pecten personatus, Lens. Gervillia Gastrochoena. PECTEN DISCIFORMIS. TRIGONIA NAV1IS,. Cytherea trigonellaris. Thon. Nucula Hammer:i. ArıcvtA Mmovorıs. ANMONITES radians, FIMBRIATUS, annulatus, Davoei. Posıpoxr4 Broyxır. SARA Belemnites digitalis. Schi ef er. Lerivorvs 61645. Zn icor OLEPIS. GERYILLIA PERNOIDES. Cypricardia obliqua. INOCERAMUS GRYPHOIDES. Pen TACRINITES SUBANGULARIS, Briareus. IcHTHYOSAURUS tenuirostris, communis, platyodon. E Ammonites SErpentinvs, Walcotti. THEUS, costalus. L 2 a Ss. Berenvızzs pawillosus, acuarıus, AumonıtEs Bechei, caprıcornus, Amaı Ammonites Conybeari, Brookü, rotiformis. ; 3 INAUTILUS ARA TUS. Pinna Hartmanni, Unio. concinna. Plagiostoma giganteum. AAN AMMONITES Bucktanpr, N j W MAMA y DUO OUT a v A Bene RN “in Sesam een Plicatula spinosa. Terebratula numismalis, telraedra, triplicata. GRYPHAEA CYMBICM. Pholadomya ambigua. Spirifer VValcotti. GRYPHAEA ARCUATA. ee Ä eg RT b RN N ul, rn 5 5 Ya Ar (% ar De HINTEN. NDR a ” " ‚RT nt N) Be A J RR A fr NE KR, Sn RS, an M den eh =) Yy Yy Ft. NE u [21 Fire, In} lang u: art rinmern 75 u 2 zu ara: u nr 5 B 4 ih & I L Y> be he u ne nn a — nen Bj ya e Bleu ina ‚ . i — _ I — en — ie era. yg* vor r. EN Er Ale, wer BE: BES ENN BER ER Be u Haren o Buchs Abhfı uber den Inra ın Vkutschl Phuf- mal KISS =; es Pa Ei) Theorie der Hexakis-Octaeder (Sechsmalachtflächner) des regulären Krystallsystems, entwickelt aus den Dimensionszeichen für ıhre Flächen. h „Yon Hm WEISS anne [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften den 13. April 1837.) D. ersten Grundzüge dieser Theorie wurden bereits in der am 4. No- vember 1819 gelesenen Abhandlung: ‚‚über eine ausführlichere Bezeich- nung der Krystallfllächen des sphäroödrischen Systems” (!), und insbeson- dere von S.257-296 dargelegt; jedoch nur zur Erläuterung der dort auf- gestellten Bezeichnungsmethode. Hier kommt es uns darauf an, sie vollstän- diger zu entwickeln, und somit zugleich die Vortheile der Methode um so klarer an den Tag zu legen. 8.1. 2 i 1 11 Wenn wir das bekannte Zeichen a :—a:—a|, in welchem „" Zn21ı n n nn — gesetzt wird (a. a. ©. S.286.), um die 3 einzelnen sich gleichen « von ein- schreiben, so dafs 1 1 De n n ander zu unterscheiden, am bequemsten a=b=c=1, so ergeben sich zuerst die Neigungen der geschriebenen Fläche gegen die drei Axen, und zwar 1) gegen die Axe a, sin:cos!rad=1ı: VER: : Vn’n°’pı 2) gegen dieAxed, »: »:» =n:/Yn’+ı :Vn’+n’+ı 3) gegen dieAxec, »!»:» =n:Vn’+ı :Vn’+n°’+i (') s. d. Abhandl. d. phys. Kl. d. Akad. d. Wiss. aus d. J. 1818 u. 1819. S.270 fgg. Physikal. Abhandl. 1837. S 138 Weıss: Theorie der Hexakis-Octaeder worin sich sogleich der bekannte Lehrsatz ausspricht: dafs die Summe der Quadrate der Sinus dieser drei Winkel = 1, und die Summe der Qua- drate der Cosinus = 2; das Verhältnifs der Sinus zu einander aber ist =ı:nın', also rational, wenn n und n’ es selbst, wie in jedem Fall, wenn es wirkliche krystallonomische Werthe sind. 8.2. Demnächst die 6 verschiedenen Neigungen der geschriebenen Fläche gegen die 6 mittleren Dimensionen, die mittleren nemlich zwischen je zwei der 3 rechtwinklichen Grunddimensionen. Um sie von einander zu unterscheiden, wollen wir die beiden, welche auf a senkrecht sind, « und «, die, welche es auf 5, @ und %', und die, welche es auf c sind, y und y nen- nen, die unaccentuirten Buchstaben aber für diejenigen gebrauchen, welche in unserem Zeichen, Fig.2. der Kupfertafel, in den Mitten der Seiten des Dreiecks, die accentuirten aber für diejenigen, welche in den Verlänge- rungen derselben ihre Stelle haben und welche im allgemeinen positiv oder negativ sein (den Verlängerungen in der angegebenen oder der entgegen- gesetzten Richtung entsprechen) können, an den Stellen, welche die Fig. 2. angiebt, aber wirklich positiv sind, wenn, wie vorausgesetzt wurde, mn >n>1. Es wird sonach « diejenige mittlere Dimension sein, in welcher der geschrie- benen Bee (a=ı gesetzt) der Werth ar « diejenige, in welcher ihr der Werth —— ß die, in welcher ihr „_— L an E N in welcher ihr ——, y die, in welcher a vi -———, und y’ die, in relcher ihr —— zukommt. Da nun z. B für die Neigung der Fläche g gegen a v2 R an v2 y EREENTEFER » sin: cos = ————— }— = n+n:\Y(H—n)’+20usf. = 2 n-Fn + rK ) ar ta n)” so ergeben sich die Neigungen der geschriebenen Fläche gegen die 6 mittle- ren Octaöderdimensionen leicht folgendergestalt: 1) gegen die mitt]. Dim. «a, sinzcostvrad=n'+n:Y(n—n)’+2 :Vz(n+n°’+1) - ET TEN ÜFTREEIFBEREES >) » » » 3 a =n—n:Y(n’+ n)’+2 :V2 2(n‘ +n" +1) 6) » u » Q, »i»i» en : Vin —ı1)’+2n?: Yz(n®+n°+ı) N) on 9 Bat n en—ı:/ m ri)+2n:: Van rn°Hı) S des regulären Krystallsystems. 139 8) gegen die mittl. Dim. y, sinzcostrad=n-+1:Y(n— ı)’+2n" :Yx(n’+n’+ı) f 2 / > 2 9) » » oo» » ya ni :VR+1)’+en °:Yaln’”+n’+-1) folglich verhalten sich die Sinus der 6 Neigungen, wie die Gröfsen n+n:n— nn $1:n—-1!n$trin—1, also rationell, wenn diese selbst es sind. Die Summe der Quadrate dieser 6 Gröfsen aber ist 4(n’’+n’+ 1) (!), die der 6 den Cosinus entsprechenden Gröfsen aber $(n”+n°’+- 1), während das Quadrat der dem Radius entsprechenden = X(n’-+n°-+1). Also ist die Summe der Quadrate der Sinus der 6 Neigungen —=2, die der Quadrate der Oosinus =4. SB Ferner die 4 verschiedenen Neigungen der geschriebenen Fläche ge- gen die 4 kleinsten Octaöderdimensionen, d.i. die mittleren zwischen je drei rechtwinklichen, oder senkrecht auf den Octaederflächen, vgl. das Zeichen in Fig... Rechtwinklich sind auf jeder der kleinsten Octaöderdimensionen drei der mittleren, und unter sich 60gradig; auf der im Mittelpunkt des Dreiecks geschriebenen nemlich sind es x , 2 I; auf der mit dem Werthe nn. ni nn 3 s 2 /2 /2 : = /3 : air sind es re. Y , } ; auf der mit dem Werthe — 2 sind es n+-n—1 nt+i ni non‘ n-i-n 2 2 2 : 7 3 Y s » ; Y ‚ und auf der mit dem Werthe zum oder dem entgegen- n+ti n-+-n" n—i n—-i—n ° /3 i : 2 /2 /2 /2 gesetzten —H _ sind rechtwinklich I, #_ 2, n—n—i nt+i nn n—1i (') Der Lehrsatz ist allgemein: Werden 3 Gröfsen a, 5, c, positiv und negativ, binär combinirt, wie oben die Gröfsen n’, n, 1, so ist die Summe der Quadrate ihrer binären Combinationen (die entgegengesetzten ausgeschlossen, deren Quadrate den vorigen gleich sind) jederzeit = 4(@°-+5°+c?). Werden sie in gleicher Weise ternär combinirt (vgl. den fol- genden $.) als ad +c, a+b—c, a—b+c, a—b—c (die entgegengesetzten wieder aus- geschlossen), so ist die Summe der (Quadrate ihrer 4 ternären Combinationen wiederum = 4(a?+2&?+-c?). Verfährt man mit 4 Gröfsen a, b, c, d eben so, so wird die Summe der Quadrate ihrer 12 binären Combinationen = b(@a’+b’+c?+-d?), ihrer 16 ternären Com- binationen = 12(a°-+5’+c?+d?), und ihrer 8 quaternären = $(a?+b°-+c?-+d?); der Zahlenco£fhicient 4, 6, 8, 12 jederzeit gleich der Zahl, in welcher das einzelne Glied in solchen Combinationen wiederkehrt. S2 140 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaeder Da je 3 eben genannte mittlere Dimensionen sich unter 60° schnei- den, so würde dies zur Berechnung des Sinus der Neigung der geschriebenen Fläche gegen eine kleinste Octaäderdimension hinreichen. Wenn wir uns aber der weiteren Ausführung des Zeichens Fig. 1. bedienen, welche wir be- reits a.a. O. S.300. gegeben haben, und in welcher die Werthe der ge- schriebenen Fläche zugleich noch in den 12 Leueitdimensionen, d.i. in den senkrechten auf den Leucitflächen, angegeben sind, von welchen jede eine mittlere ist zwischen zwei benachbarten der 6 mittleren Octaöderdimen- sionen; so erhalten wir den Vortheil, immer je zwei unter sich sowoll als gegen die in Rede stehende kleinste Octaöderdimension rechtwinkliche im Bilde gegeben zu erhalten, welche paarweise in beliebiger Auswahl der Rechnung zum Grunde gelegt werden können (!); und es findet sich für die . j E 1 1 Neigung der geschriebenen Fläche @:—a: a) n n (') Senkrecht auf der kleinsten Octa@derdimension in der Mitte des Zeichens Fig.1. mit V3 er s : Rn er ß - dem Werthe nen stehen sämmtliche 12, zu je zwei in positivem und negativem Sinne sich entgegengesetzte, symmetrisch aufserhalb des Dreiecks liegende, drei mittleren Octaöder- dimensionen und drei Leucitdimensionen angehörige Gröfsen N Vs Vz Vs Vz Vs en onen. sen an-rieen. nen. nen, v2 Vs v2 Vs v2 Vs n—ı?’ n'+n—2’ % n+1-an” Tea onen ner auf der mit dem Werthe a die 9 (3 nemlich, als die entgegengesetzten von 3 inner- halb und in den Seiten des Dreiecks geschriebenen Gröfsen, fallen weg, als positiv nicht möglich) Vs v2 Vs V2 Vs v2 Ve Ve Vs n—ı—ın? n—n” an+ı—n’ n+ı? n+n+2’ nr1?’ an +ı—n’ nn’ n—ı-an’ - v3 5 auf der mit dem Werthe -- die 9 Hin Vs v2 Vs V2 Vs v: Vs V2 Vs n—n-2’ n—ı’ en +R—i’ nn’ _nNi+r2n?’ n+i1’ 2ern—n” in’ i—n—ar? R V3 V3 : und auf der mit dem Werthe — —— , oder — die 9 ntHi—n n—n—1 Vs v2 Vs 12 Vs Y2 Vs 2 Vs I 6} I jr ee ) 1-n—.an?’ ı-n’ n+2—n?’ n+ı’ n+ı+tan? n’+n?’ an+n-ı? n—ı’ n—n—2 Unter einander aber rechtwinklich sind von diesen in Einer Reihe geschriebenen im- mer die erste und vierte, die zweite und fünfte u.s.f., da man von jeder zur folgenden um 30° in Einer Ebene fortschreitet. des regulären Krystallsystems. 141 3 . 5 = r v3 10) gegen die Dimension mit dem Werthe Eee] sin:cosirad—=n+n-+ı1:Y2 (n(n"—n—ı) +n(n—1) +1): Bareneı) _ / 11) gegen die mit dem Werthe re n+-n—1 sin:cos:rad= n+n—1:Yz(n("—n+1) +n(n+1)+1): Vs(n”+Fn’+ 1) 12) gegen die mit dem Werthe "— u ———————— } sin: cos!rad= Ha —n+1:Y2(n(n-Hn—ı1) +n(n-+1)+1):V3(n’+ 2) . . - Y3 N 13) gegen die mit dem Werthe Ze sin:cos:rad=n-+ı—n':Y2 (Ha +n+ 1) -Hn(n—ı1) +1): V3 (n’+-n?’+ 1) Folglich verhalten sich die Sinus der viererlei Neigungen abermals wie die Gröfsen RFRPFIRn en Ann Fin rtie- zn d.i. wie die Divisoren in den Werthen der in Rede stehen Dimensionen. Aber (H+n+1)’+ (mM +n— 1)’ + ("—n+1)’+(n+ı—n)’—= 4(n”’+n’+ 1) und die Summe der Quadrate der 4 den Cosinus entsprechenden Gröfsen —= S(n’+n°+1), während das Quadrat des Radius = 3(n’+n’+1). Folglich ist die Summe der Quadrate der Sinus der 4 Nei- gungen =$, die der Quadrate der Cosinus = (?). Überall aber haben wir in Fig.1-3. die abgeleiteten Dimensionen mit ihren abso- luten Werthen (gegen a=1) geschrieben; daher ys für 4x yZ, 3 für 3x y4, Y2 für 2x Yz; vgl. a.a. 0. S.301. u. 285. (') In dem Fall, wenn n+1n)), neigt sich die Fläche gegen ihr Ser hin; in dem Fall, wenn n+1=n), alo n+i—n’=0, geht die Fläche der bezeichneten Dimension parallel, d.i. sie gehört einem gebrochenen Leucitoäder, mit anderen Wor- ten, einem Pyramiden-Granatoäder an. (?) Das letztere ist eine unmittelbare Folge des ersteren, da für die 4 Neigungen die Summe der (Juadrate der Sinus und Cosinus 4 sein mußs. Will man indels den letzteren Theil des Lehrsatzes für sich beweisen, so schreibe man 142 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder S. 4. Die Neigungen der Kanten des Körpers gegen die verschiedenen Axen liegen ganz unmittelbar in unserem Zeichen ausgedrückt durch das Verhältnifs zweier Linien, davon die eine, die Cosinuslinie der gesuchten Neigung, die jedesmal in Rede stehende Axe selbst, die andere, die Sinus- linie, eine auf ihr senkrechte ist, welche gleichfalls im Zeichen sich findet. So ist 1) für die Neigung der gebrochenen Öctaederkante (!) gegen die Grund- dimension ce offenbar is ASt ‚ sın.coss=—. z—n:.n n n das umgekehrte gilt für ihre Neigung gegen die Grunddimension 2. 2) für die der gebrochenen Octaederkante gegen die kleinste der mittle- ren Dimensionen, d.i. gegen « ($.2.) 2 .„_V2 = n—n"n'+#n sin! cos = = nın:!n—n das umgekehrte gilt für ihre Neigung gegen die mittlere Dimension « ($.2.) 3) für die der Granatoidkante gegen die Grunddimension c 2 1 V :.. —nV2°:n-+#i sin:cos = 2 n-t1 n das umgekehrte gilt für ihre Neigung gegen die mittlere Dimension y (8. 2.) 4) für die der Granatoidkante gegen die kleinste Octaäderdimesion, oder die Axe der Würfelecke n(n"—n—1)Hn(n—1) +1=n"+n?+i1—nn—n’—n n(W’—n-H1) nn +1) #H1=n’”+n?41—nn’+n'#en n(n"’+#n —1) + n(nH1) +H1= nn? +Hi+-nn’—n’+n n/(n’#n-H1) + n(n—1) +H1=n"—+n?+H1-nn’en'—n LTE, = A(n'”+n?’+1) so ergiebt sich sogleich, dafs die Summe = A(n’?’+n?+-1) und ihr Doppeltes = $(n-Hn?—+1). Man wird die Bemerkung machen können, dafs die Vorzeichen, -+ oder —, der Pro- ducte von nr’, n und 1 in einander überall die entgegengesetzten sind von den ent- sprechenden im Divisor des Dimensionswerthes, worauf sie sich beziehen. (') s. die Anm. S.144. des regulären Krystallsystems. 143 e /6 3 SI 2 C0S — ve 3 V ‚ ’ ——— m (n+n+#+1)V2!: an —n—1i n—n—i"nN#n+1 ( Br IN Das umgehehrte Verhältnifs von Sinus und oriaks würde für die Neigung Peer gelten. der Granatoidkante gegen die Leucitdimension en’ — 5) für die Neigung der gebrochenen Würfelkante gegen die kleinste der mittleren De kronen @ (9.2. /7 V2 En sın cos =1:= =n+n:V2 2 das umgekehrte gilt für ihre Neigung gegen die gröfste Grunddim. a (8.2 6) für die Neigung der gebr. Würfelkante gegen die Axe der Würfelecke vv _._% ned nennt sin, cos —= = (n" +n-+1)Y2!n’+n—2 7) für die Neigung der gebrochenen Würfelkante gegen die Axe nicht der an ihr anliegenden, sondern der zweiten, in der gleichen Neigungs- ebne liegenden, Würfelecke I ee ’ / ! —! — = (n+-n—ı)Y2!n+-n-+2 nN-+n-F2’n" pn ( BE )V eh sin:cos = j IR ER j 7zn=„ der Sinus aber liegt in derjenigen auf dem Cosinus rechtwinklichen Leueitdimension, welche Es ist nemlich hier als Cosinus zu nehmen die von ihm aus jenseit des kleinsten De in einer mittleren Dimen- ] sion folgende ist, d.i. die jenseit des Gliedes „_—, folgende, mit dem Werthe Vs N+n+2 In allen Fällen hat man von einer gegebenen Linie aus nach einer be- stimmten, in der Anschauung des Körpers vorliegenden Richtung hin die zweite Linie in dem bildlichen Zeichen zu suchen; dann giebt dieses das Gesuchte leicht und mit Bestimmtheit. 8. 5. Aus unserm Zeichen ergeben sich nicht minder die Formeln für die Neigungen der gegebenen Fläche gegen die 12 verschiedenen Leueit- dimensionen; denn wir haben in ihm je 2 Gröfsen, welche sowohl unter sich, als gegen die jedesmal gewählte Leucitdimension rechtwinklich sind, und zwar allemal eine der kleinsten und eine der mittleren Octaeder- dimensionen. So sind z.B. auf der Leucitdimension mit dem Werthe 144 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder Vs Each Neigung der Sinus das Perpendikel (aus den rechten Winkel auf die nd de gefällt) in dem rechtwinklichen Dreieck, dessen Katheten - —_n— ö V3.2 ys sin.cos— - — 1 ——2n +n-+: V3(n—ı1)? +2(n' —n4)® Vi(n—1)? +2(n—n—1)? "n’-n-+1 . B / rechtwinklich die Dimensionen PaLEn und ; es wird also für die ’ 12 Vs und a, während der Cosinus = ;—.—„, Nun für [a:za:Za] z.B. sin: coso=9:V3+0 = 3V3:1; vgl. unten. 5 /3 V2 Auf — sind senkrecht — —_ und 7; also n’+1--2n n+ion ni - V3.2 . vs f eV 2 / 2 sın2 cos — — ee ten: 3(n—1) +2:(n in) Va’ —1)?+2(n’+1—n)? ann -H1 v3 / Auf —©- sind rechtwinklich —— und ‚ daher 2n + 1 1 urn ne Y"+i—n sin: cos = an’ +n—1:)3 (n+1)’+ 2(n + ı—n)? R /6 f /3 /2 Auf — _ sind es — und Ben. daher in+ n’+1 2n n—1 n+i—n sin:cos = an+n'—ı:)3 (n"+1)’+2(n+1—n')’ z.B. für a:za:Za], sin: cos = 6:Y3.1040 = V3:2u.8.f. Die gewählten Beispiele geben an zuerst die Neigung der Fläche ge- gen diejenige Leucitdimension, welche gegen die Granatoidkante (!) des Sechsmalachtflächners gekehrt ist; dann die Neigung der in der gebrochenen Würfelkante an die vorige angrenzenden gegen die nemliche Leucitdimension; sodann die der in der gebrochenen Octaöderkante an die erste angrenzenden (‘) Der Körper hat dreierlei Ecken und dreierlei Kanten: Octaöderecken, Würfelecken und mittlere Ecken; die Kanten von der Octa@derecke nach der Würfelecke sind die Gra- natoidkanten, die von der Octaöderecke nach der mittleren die gebrochnen Octaäderkanten, die von der Würfelecke nach der mittleren die gebrochenen Würfelkanten. Bei den Leuci- toiden fallen je zwei in einer Granatoidkante grenzende, bei den Pyramidenwürfeln je zwei in der gebrochnen Octaöderkante, bei den Pyramidenoctaödern je zwei in der gebrochnen Würfelkante an einander grenzende Flächen in Eine zusammen; bei dem Granato@der je 4 um die mittlere Ecke herum, beim Octaöder je 6 um die Würfelecke, beim Würfel je 8 um die Octaöderecke herum liegende. Das Hexakisoctaöder ist der allgemeine Fall, von welchem die einfacheren Körper gewisse specielle Fälle sind. Seine Formeln gelten alle auch für sie zugleich. des regulären Krystallsystems. 145 wieder gegen die nemliche Leucitdimension; endlich die der in der mittle- ren Ecke der ersten gegenüberliegenden Fläche abermals gegen die nem- liche Leueitdimension. Der Werth des Radius im Verhältnifs gegen die vorhingenannten Werthe von Sinus und Cosinus findet sich, eben so constant wie in den vo- rigen 8, = V6(n’+n’+1); und man erhält für die sämmtlichen 12 Neigun- gen folgende Formeln: für die Neigung gegen diejenige Leucitdimension, in welcher der geschrie- 5 benen Fläche der Werth zukommt — / /6 . a ES en = 2 2 4) Feet sinzcostrad=2n’#n+1:) 3(n—1)"+2(n—n—ı)?: [sn ’+n°’+1) = vs . . 2 il, ’ 2 7 2. 15) FeSzEBL, »E,D»D2D» =2n+n+1:V3(n—ı) +2(n H1—n)\: » vs ee / SIUSTE een Fee enge 1 erw, SE = 2n+n—1:Ys(n-ı) +2(n -H1—n) S » '6 / 2 r 2 17) u; De > =2n+n'—1:\ 3(n+1)’+2(n—n-—ı)?: „ 1 rent ne nr n-+2:Y3(n —n)’+2(n +n—1)®: » n n p7 19) Frage) De =n"—n+1:Vs(n+1)’+2(nn—ı)®: » 3 ) ys er ’ 2:Ys(n En)’ ran 2, y rer, »,», 2 zn—n-+2: 3(n +) +2(n —n—1) a 5) / . 21) 1& Tea =n+2—n:\s(n+n)’+2(n+#1—n)?: Er n-t-?2—n /i re > 7 I 22) - re »i»i» = ın—n+1:Vs(n+1)’+2(n-+n—ı)®: 5, n—n 23) ae) >» =2ın—n—1:Ys(n— 1)’ +2(n +n+1)°: » an—n— y 4 vs EN ‚ BI VE EEE Te N IRRE z re »i» io» =n+n—2:)Vs(n—n)’+2(n-+n+1)°: Rr / - ; = ee = -;»i»:» en +1—2n:Ys(n—ı)’+2(m+n-+1)°: » n —i—2n Die Summe der Quadrate der 12 Gröfsen an n+1, 2n+n’+1u.s.f. aber ist = 24(n’+n’+1), der die Cosinus(!) ausdrückenden = 48(n’+n°’+1), (') Jede der binären Combinationen der 3 Grölsen n’, n und 1, d.i. (n—1) u. s. f. kommt in den 12 Ausdrücken der Cosinus 2mal vor; folglich ist die Summe der Quadrate der binären Physikal. Abhandl. 1837. A 146 Weıss: Theorie der Hexakis-Octacder während das Quadrat des Radius = 6b (n’-+n’+1). Also ist die Summe der Quadrate der Sinus der 12 Neigungen = 4, die der Quadrate der Cosinus =9. Es ist nicht nöthig auszusprechen, dafs das Verhältnifs der Sinus der 12 Neigungen unter einander wiederum das rationelle der Gröfsen ar’ +n-+1 u.s.f., d.i. der jedesmaligen Divisoren in dem Ausdrucke des Werthes ist, welcher der Fläche in der in Rede stehenden Leucitdimension zukommt. 8. 6. Stellen wir die Lehrsätze der 8S.1.2. 3 und 5., betreffend die Sum- men der Quadrate der Sinus und Cosinus der Neigungen der gegebenen Fläche gegen die verschiedenen Dimensionen, die ursprünglichen und die abgeleiteten Axen des Systems, zusammen, so hatten wir für die Neigungen der Fläche gegen die 3 rechtwinklichen Axen, die Summe der Quadrate der Sinus = 1, der Cosinus = 2 Eu) » 6 mittleren Oct. Dim. ” ” ” ” ” », =2, n» ” —4 ” » 4 kleinsten Oct. Dim. ” n ” ” ” ” =, ” ” =ı ” » 12 Leucitdim. ” » ” n ” = ” ” =$. Es leuchtet ein, dafs, wenn n die Zahl der gleichartigen Dimensionen einer bestimmten Art ist, die 4 Lehrsätze sich unter dem einen gemeinschaft- lichen zusammenfassen lassen, dafs die Summe der Quadrate der Sinus = die Summe der (Juadrate der Cosinus = oder, anders ausgedrückt: dafs das Verhältnifs der Summe der Quadrate der Sinus zu der Summe der (Juadrate der Cosinus = 1:2 ist; denn da die Summe beider Summen —n sein mufs, so folgt aus dem gegebenen Ver- hältnifs 172, dafs die erstere Summe =-+.n, die zweite =n sein müsse. Ob der Lehrsatz in dieser allgemeineren Form sich in Bezug auf alle und jede Gattungen von Dimensionen bewähren werde, wie das Schema der Combinationen, 4(n’®”+-n°—+-1), mit 3.2 multiplicirt, = 24(n’’-+n?-+1); jede der ternären Combinationen aber, wie n"+n-H1, n—n—1 u.s.f. kommt 3mal vor, also die Summe der Quadrate der ternären Combinationen, A(n’?-+n?+-1), wiederum mit 2.3 multiplicirt, = 24(n’”+-n?+-1), giebt die Summe der Quadrate sämmtlicher die Cosinus ausdrückenden Gröfsen = 48(n’?”+n?+-1); vgl. den Lehrsatz 8.2. S.139. Anm. des regulären Krystallsystems. 147 Abhandl. von 1824, Taf. II. sie allgemein für die gegebene Fläche ausdrückt, dies wäre eine Untersuchung, welche den Kreis der hier zu erörternden Me- thode übersteigen würde. Die Betrachtung der 4 Reihen von Formeln in 8. 1-3.u.5. läfst u.a. noch wahrnehmen, dafs die 4 Ausdrücke für den Radius, nemlich VYıln’+n°’+1), Vz(n’+n’+1), Vs(n’+n’+1), Vo(n’-+n’+1) sichtliche Beziehung haben auf die Gröfsen ı, Y2, V3, V6, welche für die Dimensionswerthe der 4 ver- schiedenen Gattungen von Dimensionen charakteristisch sind, so wie, wenn statt absoluter Gröfsen ı, Y2, Vs, V6 die Coöfficienten der jedesmaligen Ein- heit einer solchen Dimension, d.i. 1, 2, 3, 4 gesetzt werden, wie in den Zei- chen der Abhandl. von 1519, diesen die Zahl der summirten Gröfsen in dem Divisor der Dimensionswerthe und somit in den Ausdrücken der Sinus cor- Gr Es versteht sich, dafs die Formeln der 88. 1-3.u.5. zugleich die Neigun- & 5 respondirt. gen der geschriebenen Fläche gegen jede einzelne Würfelfläche, Octaäder-, Granatoöder- und Leucitoederfläche ausdrücken, da man überall nur 90° zu der Neigung gegen eine der angegebenen Dimensionen hinzuzuaddiren hat. Auch welche Formel in jedem einzelnen Fall gilt, ist nicht schwer zu finden. In Bezug auf eine Hauptaxe des Octa@ders oder eine der 3 Grund- dimensionen als aufrecht stehend gedacht, zerfallen die 43 Flächen des Hexa- kis-Octaöders in 3 Reihen über einander symmetrisch zu 8 geordneter Flä- chen gegen das eine, und die parallelen gegen das entgegengesetzte Ende der Axe geneigt; eine jede Reihe für sich einem Vierundvierkantner (Tetramero- ped) entsprechend; eine obere, eine mittlere, eine untere. Zur oberen gehören die Flächen, welche ihren kleinsten Werth, also nach der Vor- aussetzung ">n>ı, in der Richtung dieser Axe haben; also ist es die Formel 3), $.1., welche, mit 90° hinzuaddirt, die Neigung der Fläche obe- rer Reihe gegen die Würfelfläche ausdrückt, welche auf eben dieser Axe senkrecht ist. Die mittlere Reihe wird von denen gebildet, welche ihren mittleren Werth, — in der nemlichen Richtung haben; und die Formel 2) drückt die Neigung der Flächen der mittleren Reihe gegen die vorige Würfel- fläche aus. Die untere Reihe aber wird von den Flächen gebildet, welche in der nemlichen Axe ihren gröfsten Werth, ı, haben; also giebt die For- mel 1) die Neigung gegen diejenige Würfelfläche, in Bezug auf welche, kann 72 148 Weıss: Theorie der Hexakis- Octaöder man sich ausdrücken, sie unterer Reihe ist. — Bei den Pyramidenoctaödern fällt, wie man sieht, die erste und die zweite Reihe, bei den Leueitoiden die zweite und dritte Reihe in Eine zusammen, so wie je zwei Flächen in der für sich bleibenden Reihe; bei den Pyramidenwürfeln je zwei Flächen in den beiden oberen Reihen, während die dritte beiden Enden gemeinsam ist. Wenn man eine der mittleren Octaöderdimensionen aufrecht ste- hend denkt, so ordnen sich in Bezug auf sie die Flächen des Hexakisoctae- ders in 6 Reihen zu je 4 über einander, eine jede Reihe den Flächen eines Rhomben-Octaöders (Dimeropedes) entsprechend. Die oberste Reihe wird gebildet von den in einer mittleren Ecke zusammenstofsenden 4 Flächen, d.i. denen, welche ihren kleinsten Werth in einer solchen Dimension, also — nach der Voraussetzung, in der als aufrecht gewählten haben ; da- her die Anwendung von Formel 4) auf die Neigung der Flächen der ober- sten Reihe gegen die auf der aufrecht gestellten Dimension rechtwinkliche Granatoäderfläche. Die zweite Reihe bilden die, welche ihren Werth VPE 5 —. in der auf- recht stehenden Dimension haben. Es sind die an die Flächen der obersten Reihe in den Granatoidkanten (!) angrenzenden; ihre Neigung gegen die auf der aufrecht gewählten Axe senkrechten Granatoederfläche liegt ausgedrückt in Formel 6). Für die dritte Reihe gilt der Werth >= und die Anwendung von n+ o° Formel 8). Es sind die in der gebrochenen Würfelkante an die 2'Reihe anstofsenden, unter sich in einer Granatoidkante zusammenstofsenden. Diese 3 Reihen werden von paarweise über einer und derselben Octa- öderfläche oder um eine und dieselbe Würfelecke herum liegenden Flächen des Hexakisoctaäders gebildet. Die vierte Reihe bilden die denen 3"Reihe in einer mittleren Ecke gegenüber liegenden oder an die 2 Reihe in einer gebrochenen Octa- &derkante angrenzenden. Für sie gilt der Werth . und die Formel 7). Die fünfte Reihe bilden die an die 4 Reihe in Granatoidkanten angrenzenden; sie stofsen paarweise unter sich in einer gebrochenen Octa- v2 @derkante zusammen. Es gilt der Werth —— und die Formel 5). Die sechste Reihe endlich bilden die denen 2 Reihe in einer mitt- (') s. oben $.144. Anm. des regulären Krystallsystems. 149 leren Ecke gegenüber liegenden; sie grenzen an die 3"Reihe in einer ge- brochenen Octa@derkante, an die 4" Reihe in einer gebrochenen Würfel- kante. Es gilt hier der Werth I: und somit die Formel 9). In Beziehung auf eine der kleinsten, d.i. auf den Octa@derflächen senkrechten Octaöderdimensionen, ordnen sich die 48 Flächen des Hexakis- octaöders so, wie es der rhomboedrischen Stellung des regulären Systems entspricht, in 4 Reihen zu je 6 Flächen über einander gegen jedes Ende der gewählten rhomboödrischen Axe, also erster, zweiter, dritter und vier- ter Reihe. Jede Reihe für sich, mit den zugehörigen parallelen Flächen, entspricht einem Dreiunddreikantner (Trimeroped), den Fall mit inbe- griffen, wo der Unterschied der Neigung in den Endkanten Null, also der Körper ein Dihexaeder wird, so wie den, wo die Flächen vierter Reihe der Axe parallel werden. Die oberste oder erste Reihe bilden die 6 an der Würfelecke, dem Endpunct der gewählten Axe, gemeinschaftlich anliegenden, d.i. die, welche in der als Axe gewählten Dimension ihren kleinsten Werth, _ haben. Mit Hinzuaddirung von 90° giebt also die Formel 10) die Neigung der Fläche gegen die Octaöderfläche, welche die anliegende Würfelecke abstumpft. Die zweite Reihe bilden die an die der ersten in den gebrochenen Octaäöderkanten angrenzenden. Für sie ist die als Axe gewählte Di- mension die mit dem Werthe ae, also giebt die Formel 11) die gesuchte Neigung. Die Flächen der dritten Reihe sind die an die der zweiten in Gra- natoidkanten grenzenden. Für sie ist die als Axe gewählte Dimension die mit dem Werthe — nN—nHı" Die der vierten Reihe endlich sind diejenigen, welche in der als / / .. * —#? __ oder an haben. Für ihre ntmion eh Neigung gegen die Octaederfläche, welche auf der als Axe gewählten Di- Also giebt die Formel 12) die gesuchte Neigung. Axe gewählten Dimension ihren Werth mension senkrecht ist, gilt also die Formel 13). Sie grenzen an die der drit- ten Reihe sowohl in den gebrochenen Würfelkanten, als in den gebrochenen Octa@derkanten; aber je nachdem v Zn -+1, neigen sich entweder die einen oder die andern nach dem nemlichen Ende der rhomboödrischen Axe, wie die der drei ersten Reihen. Und zwar, wie wir schon oben S. 140. Anm. beiläufig bemerkten, werden es die in der gebrochenen Würfelkante angrenzenden sein, wenn der Sechsmalachtflächner äqual ist einem gebroche- 150 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaeder nen scharfen Leucitoid, d.i. wenn seine Granatoidkante schärfer als beim Granatoöder selbst, gegen die Hauptaxe geneigt ist. Ist im Gegentheil eben diese Kante stumpfer, als die des Granato@ders gegen die Hauptaxe ge- neigt, also der Körper ein gebrochenes stumpfesLeucitoid, so sind es die in den gebrochenen Octa@derkanten angrenzenden, welche sich nach dem nemlichen (oberen) Ende neigen. Ersteres ist der Fall, wenn (n+1)>n), letzteres, wenn 7 >(n+1). Ist die Kante eben so gegen die Hauptaxe ge- neigt, wie die des Granatodders, geht sie also dieser parallel, so gehen die sämmtlichen Flächen der vierten Reihe eben dieser Kante, folglich der als Axe gewählten kleinsten Octaöderdimension parallel; sie bilden also, statt eines Dreiunddreikantners, die Seitenflächen einer sechs-und-sechskantigen Säule, welches einer der Grenzfälle jenes Geschlechtes von Körpern ist; es sind dann die Flächen eines Pyramiden-Granato&ders, welches syno- nym sein wird mit denen eines gebrochenen Leucito&ders; es ist dies der Fall, wenn „”—=n-+1, und die Formel 13) zeigt sogleich, dafs in diesem Fall der Sinus — Null wird, die bezeichnete Fläche also der gewählten Axe parallel ist; folglich ist auch die auf dieser Axe senkrechte Octaederfläche alsdann senkrecht auf der in Rede stehenden Fläche der vierten Reihe. Es ist übrigens klar, dafs die erste und zweite Reihe wieder zusammenfällt bei den Pyramidenwürfeln, die zweite und dritte bei den Leueitoiden, die dritte und vierte bei den Pyramidenoctaödern. 8.8. Was die Neigungen der Flächen eines Sechsmalachtflächners gegen einander betrifft, so sind, da der Richtungen derselben 24 verschiedene sind, 23 Neigungen einer gegebenen Fläche gegen die übrigen ihr gleichartigen zu unterscheiden. Für 9 haben wir die Formeln bereits in den vorigen $$., für die übrigen 14 finden sie sich ebenfalls mit Leichtigkeit. Es sind nemlich: 3 von ihnen die doppelten (oder deren Complemente zu 180°) von den Neigungen gegen die 3 Grunddimensionen, $.1., Formeln 1), 2), 3); b sind es von den Neigungen gegen die 6 mittleren Octaöderdimensionen, $.2., Formeln 4) bis 9); die übrigen alle aber sind die Neigungen abwechselnder Flächen, ent- weder von Vierundvierkantnern oder von Dreiunddreikantnern der verschiedenen Reihen ($.7.); d.i. es sind deren des regulären Krystallsystems. 151 6 die Neigungen in den Endkanten von quadratoctaädrischen Hälftfläch- nern eben jener Vierundvierkantner ihrer 3 Reihen; und 8 die Neigungen in den Endkanten von rhomboädrischen Hälftflächnern der Dreiunddreikantner der 4 verschiedenen Reihen; zusammen 23. 1. Die halbe Neigung in der gebrochenen Octaäderkante (!) ist offenbar das Complement zu 90° von der Neigung der Fläche gegen die Axe a (Formel 1), $.1.), also für sie gilt . Eu TB ET EN El sinz:cos:irad = Yn?+n?:ı:Yn®+n°’+ı 2. Das Complement zu 90° von der Neigung gegen die Axe 5 (Formel 2), 8.1.) ist die halbe Neigung zweier an die vorigen in Granatoidkanten grenzenden (also in einer Octa@derecke sich berührenden, aber durch ein Paar in der gebrochenen Octaöderkante zusammenstofsender getrennten Flä- chen). Zwei solche Flächen sind es, welche bei dem gebrochenen Pyri- toide, dem pyritoödrischen Hälftflächner des Hexakisoctaeders, sich über das sie trennende Paar von Flächen ausdehnen, und unter sich die gebro- chene Grundkante des Pyritoides bilden; für diese halbe Neigung also gilt sin: cos:rad = Yn’+ı:n:VYn®+n?+ı 3. Die Formel 3) $.1. findet directe Anwendung auf die halbe Neigung zweier in der Octa@derecke sich gegenüberliegender Flächen. Ihr Complement zu 90° würde sein die halbe Neigung zweier Flächen, welche an die eben genannten des gebrochenen Pyritoides in den gebrochenen Würfelkanten grenzen; für letztere also sinzcos:rad = Yn’+ı:n:Vn”+n’+ı Sucht man statt der Formeln für diese drei halben Neigungen die der ganzen, so erhält man bei 1. sin: cos rad — Binnen nen ini bei 2. sin:cos:rad = 2nYn”®+ı ın’— n”—ı:n"+n’+ı bei 3. sin: cos:rad = 2nYn’+1 :n’—n’—ı:n"’+n’+ı n”+n?-+1 Die Summe der drei Cosinäus = — = —1; ein Satz, rn +r Hr (') vgl. Abhandl. v. 1819. S.292. n.4. 152 Werıss: Theorie der Hexakis- Octaöder welcher für die dreierlei Kanten eines Rhombenoctaäders (mit 3 unter ein- ander rechtwinklichen Axen) allgemein gilt. 1. Die halbe Neigung in der Granatoidkante (!) ist das Complement zu 90° von der Neigung der Fläche gegen diejenige mittlere Octaöder- dimension, welche oben ($.2.) y' genannt wurde, oder in welcher der Fläche der Werth zukommt N Es gilt also für sie die umgekehrte Formel 9) ($-2.) > sin scostrad = Ven’+(n+1)’:n—ı:Y2(n”+n°-+ı) . Die halbe Neigung in der gebrochenen Würfelkante (?) ist das ee: zu 90° von der Neigung gegen diejenige mittlere Octaöder- dimension, welche ($.2.) « genannt wurde, in welcher der Fläche der Werth zukam. Es ist also die Formel 5) ($.2.), welche hier umgekehrt gilt sin : cos;rad = Y(n+n)’+2:n—n:Ve(n’+n°+ı) b. Die halbe Neigung zweier Flächen, welche sich in der Würfelecke am Hexakisoctaäder gegenüberliegen, ist das Complement zu 90° von der en der Fläche gegen die ($.2.) ®’ genannte ER mit dem Werthe ——; es gilt also hier die umgekehrte Formel 7) ($. 2 sin: cos:rad = Yer’+ (+ 1)?’:n—ı: as 7. Die halbe Neigung zweier in der mittleren Ecke sich gegenüber- liegender Flächen ist a cn mit ihrer Neigung gegen die Axe «a, in wel- cher der Fläche der Werth —— zukommt; also gilt die Formel 4) ($. 2.) n er sin: cos: rad = n+n:Y(n—n)’+2:YVe(n”+n°-+-1) Ihr Doppeltes wird zur Neigung in der Hauptkante bei dem Gra- nat-Dyoöder (dem rechts oder links gedrehten), jenem geometrisch mög- lichen Hälfiflächner, welchen wir unter dem Namen des gedrehten Leu- citoides zuerst beschrieben in der Abh. von 1815. S. 303. 8. Die an die in den mittleren Ecken sich gegenüberliegenden Flächen in den Granatoidkanten angrenzenden sind es, deren halbe Neigung die ge- (') vgl. die Abb. v. 1819. S.292. n.5. (2) a.a.0. 3.293. des regulären Krystallsystems. 153 A & 2 R - VER, 5 gen die Dimension 8 mit dem Werthe Hr ist, und auf welche also die For- mel 6) ($.2.) anzuwenden ist sin: costrad = n+1:Y(n— 1)’+2n?: Yan +n’+1) Das Complement zu 180° wird sein die Neigung zweier Flächen, welche an die einander in der Würfelecke gegenüberliegenden in den gebrochenen Octaöderkanten grenzen, also bei dem gebrochenen Pyramiden-Tetra- öäder (Hexakis-Tetra@der) die Neigung zweier in der Tetraöderecke sich gegenüberliegender Flächen. 9. Von der Neigung endlich gegen die mittlere Octaederdimension y ($.2.) mit dem Werthe .- ist das Complement zu 90° die halbe Neigung zweier Flächen, welche an zwei in der Granatoidkante zusammenstofsende in der gebrochenen Octaederkante grenzen. Es sind dies die Flächen, welche beim Hexakis-Tetraöder in den neuen, d.i. den gebrochenen Tetra- ederkanten zusammenstofsen; und für ihre halbe Neigung gilt also die umgekehrte Formel 8) ($.2.) sin: cosirad = VY(n— ı)’+en®?in-+1:Vz(n’+ n°’+1) Wenn wir die Ausdrücke für die ganzen Neigungen 4. bis 9., also für die doppelten Complemente der Neigungen gegen die 6 mittleren Octaederdimensionen aufsuchen, so erhalten wir — die Cosinus der stumpfen Winkel positiv ausgedrückt — bei n.4. bezüglich auf y, sin: cos!rad = (n—ı) Yen’+(n+1)?:n+en:n"+n’+ı bei n.5. bezüglich auf «', sin: cosirad = (n"—n) Vin+£n)’+2 sonn+1:n"+n’+1 bei n.6. bezüglich auf ®', sin: cos!rad = (n’—ı) Va+1)’+2n® ın’+ean:n’+n’+1 bei n.7. bezüglich auf «, sin: cos:rad = (n’+n) V(n—n)’+2:1ı—enn in” pn°’+1 bei n.8. bezüglich auf £, sin! cos:rad = (n+1) VYn- 1)°+2n? onen an Physikal. Abhandl. 1837. U 154 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaeder und bei n.9. bezüglich auf y, sin: cos:rad = (n-+1) VY(a—-1)?-+2n® !n°—an:in"®-un’+i 2(n’+n’+1)__9 Folglich ist die Summe der 6 Cosinus = — 2, oder vielmehr, w’+n’+i die Vorzeichen vertauscht =— 2; die Summe der zwei auf y und y bezüg- e on’? . ’ “7° en” lichen = — „,, der zwei auf ß und £’ bezüglichen = — „"—, deı 2 auf @ und « bezüglichen = — .- Wir haben somit erläutert, auf welche der gegenseitigen Neigungen der Flächen des Hexakisoctaeders die Formeln 1) bis 9), $$.1. und 2., ihre Anwendung finden; und darunter befanden sich nicht allein die drei Nei- gungen in den verschiedenen Kanten des Hexakisocta@ders selbst, sondern namentlich auch mehrere Kanten seiner verschiedenen Hälftflächner. Es blei- ben die Formeln zu entwickeln übrig, welche für die 14 übrigen Neigungen gelten, für die 6, abwechselnden Flächen von Vierundvierkantnern, erster, zweiter und dritter Reihe gehörig, und für die 8, abwechselnden Flächen von Dreiunddreikantnern, erster, zweiter, dritter, vierter Reihe gehörig. Der ersteren Formeln werden 3, der letzteren 4 sein; denn jede gilt doppelt für zwei gleichartige Neigungen rechts und links, immer in Bezug auf eine und dieselbe bezeichnete Fläche. 8.9. Ist von der Neigung abwechselnder Flächen eines Vierundvierkantners oberer Reihe ($. 4.) die Rede, so ist für deren Neigung gegen die Axe des- selben gegeben sin: cos oder s:c=n':Yn’+ı (Formel 3), 2.4), die gesuchte Neigung aber ist die in der Endkante (!) eines Quadrat- octa@ders (quadratoctaädrischen Hälftflächners des Vierundvierkantners) mit der gegebenen Neigung seiner Fläche gegen die Axe c. Es ist aber, nach bekanntem Lehrsatz (°), für die halbe Neigung in den Endkanten des Quadratoctaeders (') Dies -sind die Kanten an der ÖOctadderecke bei dem vorhin erwähnten Granat- Dyoäder. (*) Abhandl. d. phys. Kl. aus d. J. 1820 u. 1821. S.193. Qu des regulären Krystallsystems. 15 sin:cos:rad = Y2s®’+c?:c:Y2-Vs’+c” 2 ENTE: 2 .. 1/22 Ay; r2 2 c also hier = Van’ +n’+ı1:Yn’+1:Y2+Yn'+n’+1 Formel 26) Eben so, da für die mittlere Reihe gegeben ist (Formel 2) $. 1.) sic=n:Yn’+ı so ist für die halbe Neigung in den Endkanten des ihr entsprechenden Quadratoctaöders sin:cos:rad = Y2s®’+c’:c:Y2-V®’ + —= Vn’+n°+1:Vn®+ı:V2-Vn’+n’+ı Formel 27) Und da für die untere Reihe gegeben ist (Formel 1) 8. 1. s:c=1:Yn’+n? so ist wiederum für die halbe Neigung in der Endkante sin:cos:rad = V2s’+c?:c:V2 Ve? +cC — V:+n"+n?:Yn®+n?:y2.Vn®+n’+ı Formel 28) Wenn nun aber die Sinusse dieser 3 halben Neigungen sind Vin” n’i Von’ rn? V-+Hn'en? ST TER VER VER BSR und DEE ep ErB V2-Vn?+ n®+1 V2-VYn?En?+H1 V2-Yn?£n’+1 _ An’’en’+1) _ ) um Un’:pn?+1) 3 3 2 ‚2 2 die Summe der Quadrate der Cosinusse aber ea ey 2(n’®+n?+1) so ist die Summe ihrer Quadrate ein Seitenstück zu dem bekannten Lehrsatz, $.1., um so mehr, als die hal- ben Neigungen in den Endkanten das Complement zu 90° sind von den Nei- gungen der Fläche gegen die Queeraxen des Octaöders. Will man, statt der eben entwickelten Formeln für die halben Nei- gungen in den Endkanten quadratoctaädrischer Körper, die Formeln für die ganzen Neigungen (welche jedesmal stumpf sind) construiren aus dem ge- gebenen s:c, so hat man nach der Formel sin: cosirad = cY2s8°+ c:— s?:s’+c? für die ganzen Neigungen in den Endkanten der quadratoctaedrischen Hälft- 8 zung q flächner der oberen Reihe U2 156 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder sin:cos:rad = Yn’+1+Ven’£n’+1:—n":n”’£n’+1 für die der mittleren Reihe sin cos rad = Yn"+1- Yon En? Fi: Ent in pn und für die der unteren Reihe sin: cos:rad = Yn?+n?-Y2£n’+n’:— ı:n"+n°’+1 Also abermals die Summe der 3 Cosinusse (nicht ihrer Quadrate) n?-H-n°’-+1 Zu St Fer ehe dr Ist ferner bei der rhomboedrischen Stellung die Neigung der Fläche gegen die rhomboedrische Axe ebenfalls durch das Verhältnifs sin :cos—= s!c gegeben, so haben wir, wie für jedes Rhomboeder, so für den rhomboedrischen Hälftflächner des Dreiunddreikantners, und zwar für die halbe Neigung in seinen Endkanten nach der bekannten Formel () sin:cos:rad = Yi4s’-+c?:cy3:V2»Ys’+c° für die erste Reihe, wo s:c=n+n-+1:V2 (nn —n—ı) +n(n—1)-+1) (Formel 10), 8.3.) sin:cos:rad = Formel 29) Vn’n+n+1) Hn(n-+ı) +1:Vn/(mW—n—ı) Hn(n—ı) +1: V: (n”+n’+1) für die zweite Reihe, wo stc=n+n—1i! V:(na—n-+ 1) +n(n+1)+1) (Formel 11), 8.3.) sin: cos:rad— Formel 30) VYn(n+n— 1) Hn(n—ı1)+1: Yn(n— n+1) Hn(n-+1) +1: V: (n + n°’+1) für die dritte Reihe, wo s;c= n—n-+1:Y2(n(n +n— 1) + n(n+1)-+ 1) (Formel 12), 8.3.) sin:cos:rad = Formel 31) VYn(n— n+1)+n(n—ı1)+1: Vn(n+ n—1)+n(n+1)+1: V: (n’+n’+ 1) und für die vierte Reihe, wo ssc=n+1—n': Ve(ln(n +n+1)+n(n—1)+1) (Formel 13), 8.3.) (') 2.2.0. 8.189. des regulären Krystallsystems. 157 sin:cos!rad = Formel 32) Vn’(n"—n— I) +n(n-+1)+1: Vn(n+n-+1) +-n(n—1) +1! V2(n’+ n°’+1) Wiederum wird die Summe der Quadrate der 4 Cosinusse 2 2 ’ ’ n’+n’+ı—nn + n+n Knn®+1) _ 9 N" en’+i-Fnn"—n+n Un”+n?+1) nern eieennenen nee Te mon N ‚| die Summe der Quadrate der Sinusse ebenfalls n”’+£n’+i1+nn+n+n 12 ?2 , ’ ” nern Fienn—n—n kn®Fn®+1) _ 9 Den Pienn-ernn 2(n'®-Hn?+1) 2 ReEeER Finn enın der vorigen gleich. Will man auch hier die Formeln für die ganzen Neigungen, statt derer für die halben, in den Endkanten solcher rhomboädrischer Hälftfläch- ner hinzufügen, so ergeben sie sich aus der für sie bekannten Formel, in s und c ausgedrückt, 2 2 sin: cos:rad = cV3 + Yis’+c?:c’— 28? :2(s’+c?) für die erste Reihe (!) sin: cos: rad = Vn’£nn+n+n’Fn+1.VYnna-n—1)Hnan—-1)+1:—-nn—-n-n:ın’+n’+1 für die zweite, = Vn’ nn n+n’—n+1. VYn an Hl) nal) -Hl v-nn+n nn’ +n’+1 für die dritte, = VYn’- nn +n en’ n+l. Van) Fra +rl)-+1 ınn -n +n:n’+en’+1 und für die vierte, = VYn’— nn —n Hn’+-n+1.Vna en +1) Rn(n—)-+linn#n—nin’+n’+1 Die Summe der Cosinusse dieser viererlei Neigungen al- (') Dies sind die Kanten an der Würfelecke sowohl bei dem gebrochenen Pyri- toid, als bei dem Granat-Dyoäder. 155 Weıss: Theorie der Hexakis- Octaeder so wird = Null; die der beiden ersten = — — "7, die der beiden enn n’+n’+1? letzten = + a Re Dafs die Neigung in der ersten Reihe jederzeit stumpf sein mufs, spricht sich in den Vorzeichen des Cosinus unmittelbar aus. In der zweiten Reihe kann die Endkante scharf werden, wenn nemlich Y+n>n'n, oder rechtwinklich (der rhomboedrische Hälftflächner — dem Würfel), wenn n+n=nn', also n=—— (wie z.B. wenn „—=3, n=+, d.i. bei einem Hexakisoctaöder — a:3a:za] — [sarza:a ‚ oder bei dem Pyramiden- Octaeder |a:za:Za| = e:a:a], won=n=?2). Dafs die Neigungen in der dritten und vierten Reihe jederzeit scharf sind, geht wieder aus den Ausdrücken sogleich hervor, denn der entgegen- gesetzte Fall, wo „n-+n2, oder >14, also wenn 7 >(n-+1); im Gegentheil ein scharfes Leueitoid, wenn —— <2, oder ”<(n+1); und das Leucitoäder selbst, wenn 7 Y N+1 = 2, alo —— —=1, oder "= n-+-1 (vgl. oben $. 140. u. 149.) des regulären Krystallsysiems. 159 Wollte man den Körper mit dem gewöhnlichen stumpfen Leueitoid [a :a:Za|=|3a:3a:a| statt mit dem Leucitoäder 2a:sa:a=|a:a: a vergleichen, so ist eben so klar, dafs er noch stumpfer sein wird als die- la) ser, wenn >8, oder n> ,‚ minder stumpf, wenn n’< REEIN jenes Nu) Leucitoid selbst, wenn n — RE Unsere Methode führt Fracht darauf, den Sechsmalachtflächner in den Diagonalzonen dieser 3 verschiedenen Körper zu betrachten; die Axe der einen solchen Zone ist also parallel der gebrochenen Octaöderkante des gegebenen Sechsmalachtflächners, die der zweiten parallel seiner Leuci- toidkante, der dritten parallel seiner gebrochenen Würfelkante; und man kann die Zonen statt Diagonalzonen der Körper von den genannten dreier- lei Geschlechtern, auch die Zonen der gebr. Octa@derkanten, der Leucitoid- kanten, und der gebr. Würfelkanten des Sechsmalachtflächners selbst nen- nen. Unser Zeichen ist im Stande, in jeder solcher Zone mit Bestimmtheit anzugeben, welches Glied in derselben der Sechsmalachtflächner ist. Das Maafs für die Einheit der Neigung gegen den Zonenaufrifs, d.i. gegen die durch die Axe der Zone und durch die Hauptaxe gelegte Ebene, wird 1. in der ersteren Zone (der gebr. Octa&@derkante) geben die Fläche eines Leucitoids, welche durch zwei benachbarte gebr. Octaöder- kanten des gegebenen Sechsmalachtflächners geht. Diese Fläche wäre, in unserer Sprache des viergliedrigen Systems, die des nächsten schärferen . . . n . . .. Octaeders von dem des Pyramidenwürfels |a:—a: a |; das Leucitoid wäre n ri 1 1 . MT TE . & a:a:—a —=/—a:—a:—a). Der Sinus der halben Neigung dieser Fläche n n n n B NEE REEL TI I VIER 5 » 1 gegen die gleichartige in der gebr. Octaöderkante angrenzende ist — a, wenn der Cosinus ist das Perpendikel aus dem Mittelpunet der Construction auf Rt f N die Linie von —a nach —a (also = 7) Bei gleicher Oosinuslinie n n n'"—+-n* aber hat die Fläche unseres Sechsmalachtflächners zum Sinus 1a für ihre Neigung in derselben Zone (gegen den Zonenaufrifs, oder die halbirende Ebene der Neigung in der gebr. Octaöderkante). Folglich hat die Fläche des Sechsmalachtflächners in dieser Zone die nfach stumpfere Neigung der Fläche des genannten Leucitoides:; 160 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder wir nennen sie also kurz die nfach stumpfere Fläche in der angegebe- nen Zone. 2. In der Zone der Granatoidkante giebt das Maafs der Neigung ge- gen den Zonenaufrifs diejenige Fläche eines Pyramidenwürfels, welche durch zwei in der Octaöderecke zusammenstofsende benachbarte Granatoid- kanten gemeinschaftlich gehen würde, d.i. die Fläche des ersten schärferen Octaöders (Agliedrig genommen) von dem des Leucitoides a: TE - a. Dieser Pyramidenwürfel ist iQ ; a :ooa| (!). Zum Sinus ihrer Neigung gegen den hier in Rede stehenden Zonenaufrifs hat seine Fläche I wäh- rend der ae die Linie ist aus dem Mittelpunct senkrecht auf die Linie von a nach ; 2 Bei gleichem Cosinus kommt der ERMPUSCHERUE Nei- gung der Fläche des Sechsmalachtflächners zu der Sinus -—. Der Sinus der ersteren verhält sich also zum Sinus der zweiten (bei chen, Cosinus), 2 /2 . . + . . wie a. & Die zweite hat also den -—fachen Sinus der ersteren (bei gleichem Cosinus) ; sie ist also die 1 n fach stumpfere der ersteren. 3. In der Zone der gebrochenen Würfelkante giebt das Maafs der Neigung die Fläche eines Pyramidenwürfels a: Free; 00a], ist es, welche durch zwei solche Kanten gelegt wird, deren jede von einem denn diese BoDeNsen e a in der Einheit aus nach einer mittleren Dim. mit dem . .. . Js Werthe „._— geht; die Linie aber, welche zwei benachbarte Puncte nn verbindet, durchschneidet die dazwischen a Grunddimension in eg, Nun hat die Neigung einer Fläche a a :o0.a| gegen den Zonen- nn nn V2 nn aufrifs zum Sinus > während der Cosinus das Perpendikel ist aus dem /3 Mittelpunct auf die Linie von fa nach dem Puncet u bei demselben Co- sinus aber hat die Fläche des Sechsmalachtflächners zu ihrem Sinus IK . n—n Folglich verhält sich bei gleichen Cosinussen, der Sinus der letzteren Fläche R /2 /2 e = zu dem der ersteren, wie ) E Ir —= n-+n:n'—n. Die Fläche des n—n n n EN mir F R P Ve & (‘) Denn die Linie, welche zwei mittlere Dimensionen im Werthe von SIE verbindet, 2 R 5 P . 1 schneidet von der zwischenliegenden Grunddimension SE ab. des regulären Krystallsystems. 161 Sechsmalachtflächners ist mithin in dieser Zone die 7—fach stumpfere. non Ähnliche allgemeine Bestimmungen der Function der geschriebenen Fläche giebt unser Zeichen in 6 anderen Zonen, deren Axen, wie die eben erörterten, auch in einer der zweierlei Vertikalebenen liegen, entweder durch zwei Grunddimensionen, oder durch eine Grunddimension und eine auf derselben rechtwinkliche mittlere Octaöderdimension gelegt. Solcher Zonen giebt es überhaupt 3 der ersteren, 6 der zweiten Art; eine der er- steren, und zwei der anderen sind so eben erörtert. Es ist hinreichend, die Methode zu kennen, so löst man alle solche Probleme mit gleicher Leich- tigkeit. Wir enthalten uns hier einer weiteren Ausführung. $. 11. In der Wirklichkeit sind es zwei oder drei Zonen, welche in der An- wendung auf alle vorkommende Sechsmalachtflächner die Aufmerksamkeit vorzugsweise auf sich lenken; die ersten beiden haben allerdings auch die nächsten, einfachsten Beziehungen auf die Hauptkörper des Systemes; bei- der ist auch bereits in der Abhandl. v. 1519, 5.287. 258. gedacht worden; es ist die Kantenzone des Granato@ders und die Diagonalzone des Octaeders. Was die erstere betrifft, so ist ihre Gleichung N"=n-+ı Denn eine Linie, parallel der Kante des Granatoöders, geht von 1a nach dem Endpunct einer auf demselben rechtwinklichen mittleren Octa- ederdimension in der Verdoppelung, also von -,a, nach einem Endpunct letzterer Art mit dem Werthe —"; die Granatoidkante des Sechsmalacht- flächners aber geht jedesmal von a nach dem Glied hin mit dem Werthe a Wenn also die Granatoidkante mit der Kante des Granatoäders selbst coineidiren, d.i. wenn die Fläche in die Kantenzone des Granatoäders ge- hören soll, so mufs en — r sein, d.i. "=n-+-1, wie oben. In dem ausgeführteren Zeichen macht sich diese Eigenschaft, wie schon a.a.O. bemerkt wurde, sogleich dadurch kenntlich, dafs die beiden = x werden, weil n+1—n Coefficienten des Zeichens "und — n+i—n v—n—1 = 0. Das Zeichen x aber spricht den Parallelismus mit der entsprechen- Physikal. Abhandl. 1837. X 162 Weiss: Theorie der Hexakis-Octacder den Dimension, hier einer kleinsten Octaöderdimension, oder der Axe der Würfelecke aus; und eben einer solchen Dimension geht, wie in der rhom- boedrischen Stellung unmittelbar einleuchtet, die Kante des Granato- eders parallel. Die Sechsmalachtflächner aber, welche der Kantenzone des Granato- öders angehören, bilden eine besondere Abtheilung des Geschlechtes, die Pyramiden-Granatoöäder. Der gewöhnlichste Fall, der vorkommt, ist ein solcher; es ist der der Fläche [a:za: +a,, welcher in der Abhandl. von 1819. beispielsweise schon erörtert wurde. Welche Function hat diese Fläche in der Kantenzone des Granato- öders? — Wenn wir die Aufgabe individuell lösen, so fragt es sich: wie ver- hält sich die halbe Neigung in der Granatoidkante des Körpers (hier — Gra- natoöderkante) zu der halben Neigung der Granatoederflächen in derselben, d.i. zu 60°? In Zahlen lesen wir nach $.8.n.4. / sin cos = V2.3° + @ +1) :2—ı =Varsı=3)szı für die Neigung der Granatoederfläche aber (welche hier das Maafs giebt) haben wir sin:cos=Y3:1 Also ist die Fläche des gewöhnlichen Pyramiden -Granatoeders a:za:za] in der Kantenzone des Granatoöders die 3fach stumpfere. Lösen wir aber die Aufgabe allgemein, so haben wir nach dem vori- gen 8. n.2. die Fläche mit der -—{ = —- = 3fach stumpferen Nei- 1 2—1i gung; eben so. Die Pyramiden -Granatoöderfläche läfst sich in der Kantenzone des Granato@ders noch in zwei anderen Functionen betrachten, weil je 6 Grana- toederkanten unter sich parallel gehen, jede der 3 durch 2 entgegengesetzte gelegten Ebenen also als Zonenaufrifs betrachtet werden kann. Statt dafs wir je zwei in der Granato@derkante zusammenstofsende Flächen so eben be- trachteten, werden es dann je zwei den vorigen jenseit der mittleren Ecke gegenüberliegende, oder je zwei den letztgenannten in der Granatoidkante folgende sein. In beiden Beziehungen erscheint die Fläche in der betrach- g als die Granatoederfläche. In der er- ung en, während ihr Cosinus bestimmt Y2 nN—i teten Zone mit schärferer Neigun steren hat sie zum Sinus ihrer Neig wird durch die Katheten a und . Für die Neigung der Granatoöder- des regulären Krystallsy'stems. 163 fläche den Cosinus aber eben s genommen, d.i. sie ebenfalls durch —a ge- legt gedacht, wird ihr Sinus = —ı Der Sinus der ersteren Neigung als ver- . ö\ /2 2 hält sich zu dem der zweiten, wie a: : . =n:n+ıi=n:n--2 nach der Vorausseizung; die erstere hat also den kleineren Sinus bei gleichem Co- sinus, ist also die schärfere, und zwar, allgemein ausgedrückt, . _ n-+2 n'—+1 . die 2 —_ 2 „fach schärfere; n a —— für den Fall des gewöhnlichen Pyr. Granatoeders die ?fach schärfere. In der letzteren genannten Beziehung ist es das u u welches den Sinus abgiebt, den Cosinus durch die Katheten @ und —— bestimmt. Der Granatoöderfläche selbst, durch eben dieses 1@ gelegt, on als Sinus zu V2 wW-+n 1:n-+n; nach der Voraussetzung aber it "= n-+1, folglich ist die ge- a — V2 unverändert; also bei gleichen Cosinussen die Sinusse wie ee . suchte Neigung allgemein die ("-+n) = (2en+1) = (2n—ı)fach schärfere; für [a:+a:-4a) die Sfach schärfere. Was wir in der Abhandl. über die Sechsundsechskantner und Drei- unddreikantner (!) 8.4. von gegenseitiger Umkehrung der zweierlei Win- kel einer sechsundsechskantigen Säule gesagt haben, hat natürlicher Weise seine Anwendung auch auf die Pyramiden-Granato@der, von denen je 12 sich in parallelen Kanten schneidende die Seitenflächen einer sechsundsechs- kantigen Säule repräsentiren, wie je 6 Granato@derflächen die einer regulär sechsseitigen. Es giebt also immer je 2 Pyramiden -Granatoeder, welche nach einem analogen Gesetz die zweierlei Winkel gegenseitig vertauschen, von denen der eine ihr Zuschärfungswinkel der Granatoederkanten, der an- dere die Neigung zweier sich jenseit der mittleren Ecke (hier die Endspitze der Pyramide über der Granatoöderfläche) gegenüberliegender Flächen ist. Da nun für die Hälfte der letzteren Neigung (s. ob. 8.8. n.7.) das Gesetz ist, sin: cos —= n+n!Y(n—n)’+2 für die erstere aber, sin:cos= Y({n+1)’+n°’in—ı, (') s. d. Abhandl. d. phys. Kl. a. d. J. 1822 u. 1823. S.221. xX2 164 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaöder so mufs, wenn wir die beiden Pyramiden-Granatoöder, welche in dem Ver- hältnifs der gegenseitigen Umkehrung dieser ihrer Neigungswinkel stehen sollen, dadurch unterscheiden, dafs wir für den einen den Buchstaben m ge- brauchen, da wo wir für den anderen den Buchstaben n beibehalten, fol- gende Gleichung unter ihnen Statt finden: ET EEE SER FEN DEE FRE] A m+-m:\(m’—m)’+2 = Vin "+(n+1)'in—1 oder nach der Voraussetzung, "= n+1, und = m-1, 2Mm-+1:YV3 = VYs(n+1)? ni also (n— 1) (em+1) = 3(n-+1) 3(n +1 im+1= ) n—i 3 #3 —n—+1 2(n+2 Ey Nuten seien ni ae) u | n—1 n—+2 mn = u | ’ 2r +1 mn = ni So wäre also z.B. das gesuchte winkelvertauschende Gegenstück zu a:+a:4a], a:—a:-a umgekehrt nach derselben Formel das Gegenstück zu a:ta:-a]|; a:za:Za] 8.12. Die Diagonalzone des Octaäders enthält die gröfste Mannich- faltigkeit in Bezug auf das Vorkommen von Sechsmalachtflächnern aus den verschiedenen Abtheilungen derselben, und erfordert sowohl als verdient eine genauere Betrachtung. Alle verschiedenen in dieser Zone möglichen Flächen ordnen sich in drei Abtheilungen, welche unter einander geschieden werden durch die zwei besonderen Fälle, wo je zwei der 48 gleichartigen Flächen in Eine zusammen- fallen, sich also auf einen Vierundzwanzigflächner redueiren. Diese sind der Pyramidenwürfel la:za:a| (der gewöhnliche Pyramidenwürfel) und das niedrige Leucitoid |a:a: 4a |. des regulären Krystallsystems. 165 Von dem Parallelismus mit der Octaäderfläche selbst ausgehend, nen- nen wir erste Abtheilung von Sechsmalachtflächnern dieser Zone die- jenigen, deren Flächen liegen zwischen der Octaöderfläche und der Fläche [ja:ga:xa). Der Pyramidenwürfel |@a:Za:xa\, dessen Fläche durch zwei Diagonalen der Octaäderfläche (a; 56+-c) und (a; z6b+5c) geht, ist das Grenzglied zwischen der ersten und der zweiten Abtheilung. Die Lage der Flächen zweiter Abtheilung ist zwischen der Fläche [a:$a:a und der [a va: a |. Die letztere geht durch zwei Diagonalen (a; 4b+-—c) und (d; za’ +zc). Dieses niedere Leuceitoid |a:a:—a| (in der Hauptzone des Octa@ders die Fläche mit 3fach stumpferer Neigung gegen die Axe) ist das Grenzglied zwischen der zweiten und dritten Abtheilung. Die Lage der Flächen dritter Abtheilung ist die zwischen der Lage der Fläche [a :a:—a\und der der Granatoederfläche la 2: al, welche das eine Grenzglied oder Extrem der ganzen Zone macht, wie die Octaöderfläche das andere. Die Granatoöderfläche gehört in vier Diagonal- zonen des Octa@ders zugleich, wie ihr Schnitt, wenn er das Octaeder hal- birt, sogleich vor Augen legt. 8.13. Das Pyramiden - Granato@der [e:$a:>a] gehört zugleich in die Dia- gonalzone des Octaäders, wie schon in der Abhandl. v. 1819, S.257. bemerkt wurde, und zwar in die erste Abtheilung. Das hervortretend-Cha- rakteristische dieser Abtheilung ist: dafs eine Octa@derfläche, welche an den Sechsmalachtflächnern dieser Abtheilung die Würfelecke abstumpft, als re- guläres Sechseck erscheint, darum weil je zwei in der Würfelecke sich gegenüberliegende Flächen die Octaederfläche parallel den Diagonalen dersel- ben schneiden. Dies ist der Fall nicht bei den anderen Abtheilungen;, denn da sind es nicht die Octa@derflächen, über welchen je 6 Flächen des Hexakis- octaäders in der Würfelecke zusammenstofsen, in deren Diagonalzonen sie gehören, sondern angrenzende. Ist aber bei der ersten Abtheilung die gerade Abstumpfungsfläche der Würfelecke ein reguläres Sechseck, so ist nothwendig die Ecke, welche so abgestumpft wird, gleich der Endspitze eines Dihexa@ders, und der Unterschied der Neigung in ihren abwech- selnden Kanten wird Null. Die Würfelecke wird daher bei den Körpern 166 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaeder dieser Abtheilung jederzeit dihexaödrisch; so auch bei dem Grenzglied der Abtheilung, dem Pyramidenwürfel [a:@:00a { In unserem Zeichen liest man, dafs die Fläche der ersten Abtheilung in der genannten Zone angehört, darin, dafs die Linie von ihrem —a nach dem gegenüberliegenden Gliede in einer mittleren Octaäderdimension mit dem Coöfficienten ——, läuft, wie eine Diagonale der Octaederfläche, die durch die Einheiten der beiderlei Dimensionen gehen würde; also darin, dafs der Coöfficient —— gleich wird dem Coäfficienten —. Die Gleichung für diese Abtheilung also ist 1; m=en+,n=m-ı ni nn’ 2 a Wir können jetzt leicht ermitteln, welches die allgemeine Function, d.i. die vervielfachte Neigung der Fläche in der Zone ist, verglichen mit derjenigen, welche das Maafs in ihr abgiebt; das ist aber die der Fläche a:;-a:oa|. Denn wie in jedem viergliedrigen Octa@der die Diagonalzone ihr Maafs findet in der Neigung der Fläche des ersten schärferen Octaöders gegen den Zonen- aufrifs, so repräsensirt allerdings hier die Fläche des Pyramidenwürfels le: +a:oca| und mufs, als durch die zwei Diagonalen (a; Z65-+-c) und (a; 4b +-c) bestimmt, nothwendig repräsentiren: das erste schärfere Octaeäder des regulären (!). Für unsere Fläche liegt der Sinus ihrer Neigung gegen den Zonen- aufrifs, d.i. gegen die (einer Granatoöderfläche parallele) Ebene durch die 2 Diagonale und die Axe gelegt, in dem Gliede mit dem Coeffieienten ——, während der Cosinus bestimmt ist durch die Katheten mit den Coöfficienten — und ——— Die Fläche [a:5a:a|, welche, durch 1a gelegt, in den beiden aufla echiyaalliähen mittleren Octaäderdimensionen den Coöfficienten 1 hat, würde in denselben zum Coefficienten haben — wenn sie, statt durch 1a, gelegt würde (gleich der Fläche des Sechsmalachtflächners) durch —a. Es verhält sich also, bei gleichen Cosinussen, der Sinus der Fläche des Sechsmalacht- Nlächners zu dem des Pyramidenwürfels, wie era . + = nn —ı=2n:ın— (') Der anscheinende Widerspruch gegen die Anschauung löst sich leicht; es sind freilich nicht die 4 über der Würfellläche die Pyramide bildenden Flächen, welche zusammen das erste schärfere Octa@der des regulären bilden, wohl aber die in den Würfelkanten an jene angrenzenden 4, nebst den ihnen parallelen. des regulären Krystallsystems. 167 die Fläche des =n:n—ı=n+ı:n—ı nach der obigen Voraussetzung ; Sechsmalachtflächners erster Abtheilung hat also jederzeit n Bft die - — —, 0d. - —fa ch stumpfereN\ Neigung in der Diagonalzone des Octaöders, pP 5 die Fläche |a:+a:-a| daher die 2fach stumpfere in dieser Zone. 2:7 pP SA, Die Flächen der zweiten Abtheilung ($. 12.) haben ihre einer Dia- gonale der Octaederfläche parallele Linie in unserem Zeichen ausgedrückt durch die Identität der Coöfficienten in — und —— (wie vorhin durch die in — und —); die Gleichung für diese Abtheilung also ist: 2 1 n ‚ N =, n=zn—1, n=2n#1. n—i n Für ihre Neigung gegen den eu haben sie zum Sinus das Glied unseres he mit dem Coöffieienten ——, während der Cosinus bestimmt wird durch die beiden Katheten mit den "Codfficienten —(a) und —. Die Fläche [a:za:a| würde also, zur Vergleichung ebenfalls durch —a ge- legt, zum Sinus, wie vorhin ($. 13.), behalten die mittlere Dimension mit einem Coöfficientenwerth=—.. Es würde sich also für die verglichenen Neigungen, bei gleichen Cosinussen, der Sinus der Fläche des Sechsmalachtflächners zu a des Pyramidenwürfels verhalten, wie Z— 7: ann H=n—ıin+i = 2n:ın+2 = n:!n-+i nach der für N Abtheilung geltenden Gleichung. Die Fläche des Sechsmalachtflächners hat also, bei Sldichen Cosinussen, den —fachen Sinus ihrer Neigung von der des Pyramidenwürfels, also den Rr+1 T kleineren; daher kehren wir den Ausdruck um, und sagen: sie hat den fachen Cosinus, bei gleichem Sinus, mit anderen Worten: sie hat n—+1 n +1 ER S = s R die od: fach schärfere Neigung in der Diagonalzone des Octaeders. 4 870 o Beobachtet worden ist eine dieser Abtheilung angehörige Fläche [e:3a:za] beim Flufsspath durch Hrn. G. Rose (!). Sie ist die +fach schärfere in dieser Zone. Die Werthe überhaupt können in dieser Abthei- lung nur variiren zwischen einer mehr als einfach, und weniger als (') Poggend. Ann. 1828. Heft 3. 165 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder zweifach schärferen Neigung; denn das eine Grenzglied ist der Pyramiden- würfel [a:za:oca ‚ welcher die einfache, und das andere, das niedere Leuceitoid a:a:za], welches die zweifach schärfere Neigung in der Diagonalzone des Octaöders hat (wenn n’= 3, so ist = Wenn an einem Sechsmalachtflächner dieser Abtheilung die Octaäder- ar fläche als Abstumpfung der Würfelecke hinzutritt, so erscheint sie, wie be- reits erwähnt, nicht als ein reguläres Sechseck, sondern wie im Allgemeinen, wo die dreiunddreikantig gewordene Würfelecke von Kanten zweierlei Wer- thes gebildet wird, als ein dreiunddreiwinkliches Sechseck, mit ab- wechselnd stumpferen und schärferen Winkeln, und nicht parallelen, obwohl gleichen Seiten. Die Eigenschaft, dafs die Octa@derfläche als regu- läres Sechseck erscheinen mufs, wenn sie diejenigen 6 Flächen schneidet, welche in die ihr angehörigen 3 Diagonalzonen fallen, wird wieder her- vortreten, wenn sie die 6, die zweite Reihe der rhomboädrischen Stellung ($.5.) bildenden, schneidet. Wenn diese 6 über die oberen 6 sich verlän- gern, so werden sie wieder eine dihexa@drische Ecke unter sich bilden ; und dies wird unter andern der Fall sein, wenn der Sechsmalachtflächner zu seinem tetraädrischen Hälftflächner, dem Hexakis- Tetraäder, wird; denn an diesem sind es die bezeichneten 6 Flächen der zweiten Reihe der rhomboödrischen Stellung, welche über die verschwindenden 6 der oberen oder ersten Reihe sich ausdehnen, und dort in der Tetra@derecke zusammenstofsen. Geht man von der ersten Abtheilung zur zweiten über, so sieht man, wie die Flächen der ersten und der zweiten Reihe der rhomboödrischen Stellung gegenseitig ihre Lage vertauschen, so wie sie in dem Fall des Pyramidenwürfels [a:za:00a je in eine zusammenfielen. 8.15. Bei den Hexakisoctaödern der dritten Abtheilung aus der Diagonal- zone des Octaäders werden je 6 in der Weise zusammengehörige Flächen, dafs sie in die 3 Diagonalzonen einer und derselben Octaöderfläche fallen, diejenigen sein, welche die dritte Reihe der rhomboedrischen Stel- lung bilden. Wenn diese 6 Flächen über beide obere Reihen hinweg sich ausdehnen, so werden sie abermals eine dihexaödrische Ecke über ihnen bilden, und diese durch die Octaederfläche abgestumpft, wird abermals das des regulären Krystallsystems. 169 reguläre Sechseck darbieten; oder der Schnitt, parallel jener Octaöder- fläche, durch sie geführt, wird jederzeit Linien machen, welche den Seiten eines regulären Sechsecks parallel sind. Der Übergang aus der zweiten in die dritte Abtheilung wird bezeichnet werden durch die Vertauschung der relativen Lage zwischen je 6 Flächen der zweiten und dritten Reihe der rhomboedrischen Stellung. Der Durchgangspunct ist, wie bereits bemerkt, das Leucitoid [@a:a:—a|. Eben daraus ist ersichtlich: dafs auch das Leu- citoid |a:a: za] die dihexa@drische Eigenschaft in sich ver- birgt; und freilich sind es nicht die in der Würfelecke zusammenstofsenden 3 Flächen, denen diese Eigenschaft zukommen kann; aber es sind die an jene 3 in den Kanten der Octaöderecke (= gebr. Octa@derkanten) angren- zenden je 6 Flächen, welchen jene Eigenschaft wirklich zukommt. Die Gleichung für die dritte Abtheilung ergiebt sich daraus, dafs die der Diagonale der Octaöderfläche parallele Linie, welche der Fläche in die- sem Fall zukommt, die von dem gröfsten @ in unserem Zeichen, dem «a mit dem Coöfficienten 1, nach dem Gliede hingehende ist mit dem Coefhi- cienten ——. Diese beiden Coefficienten müssen also wieder identisch sein, wie bei der Diagonale der Octaederfläche selbst, wenn der Fall da sein soll; die Gleichung also wird “ Sheren-2:n =nF20), n n—n Die Neigung der Fläche des Sechsmalachtflächners gegen den Zonen- aufrifs hat zum Sinus das Glied unseres Zeichens mit dem Coöfficienten an während der Cosinus bestimmt wird durch die Katheten 1a und die mit dem Coöfficienten ——; die Fläche a:za:xa] hat, ebenfalls durch 1a gelegt, wie sie ist, zum Sinus eine mittlere Octa@derdimension mit dem Co- (') Es ist klar, dals nicht allein diese Formel sich auch an dem Beispiel des niederen Leucitoides [a:«: ‘a | bewährt, won = 1, undn"=1-++2= 3, sondern eben so die Glei- chung für die zweite Abtheilung, zu welcher dieses Leucitoid als Grenzglied eben so ge- hört, di. "=in +1; 3=2.1+1. In dem Fall des Pyramidenwürfels E za: ©a| — ps] = [e:30: 75@], wie er der Consequenz nach geschrieben werden muls, weil die Voraussetzung zum Grunde lag: das grölste a in der Einheit zu nehmen (wo also n=w, n'=2.00), giebt die For- mel für die zweite Abtheilung "=2n—++1, ganz richtig n’=2.00; und die Formel für die erste Abtheilung "=2n—1=2x, eben so richtig. Physikal. Abhandl. 1837. Y 170 Weıss: Theorie der Hexakis-Octaöder efficienten 1. Folglich verhält sich, bei gleichem Cosinus, der Sinus der Neigung für jene Fläche zu dem für diese, wie Me ‘4i=2:n pn=2%;2n-+r2 =1:n+1ı=1:n'—ı nach der in dieser Abtheilung geltenden Gleichung zwischen n’ und n. Also bei gleichem Cosinus hat die Fläche des Sechsmal- 1 n-+i fachen oder n’— ı fachen Cosinus, d.i. sie ist achtflächners den fachen Sinus, umgekehrt bei gleichem Sinus den n-+1- die n-rifach od. Y"—ıfach schärfere in der Diagonalzone des Octaeders. 8 Unter den wirklich vorkommenden ist eine der gewöhnlichsten [e: „a:—-a| (!), ausgezeichnet beim Schwefelkies (wo sie zur Hälfte vorkommt) durch die im Zeichen sogleich auffallenden zwei anderen Eigenschaften, welche sie besitzt, nemlich in zwei Diagonalzonen zweier Flächen des Pyri- to@ders [a:a:a] (des Hälftflächners des gewöhnlichen Pyramidenwürfels [a:+a:xa]) zu fallen, welches in den Verhältnissen der Coöffieienten 1:4, und +:4= 1:4 von selbst einleuchtet. In der Diagonalzone des Octaeders ist sie dritter Abtheilung (?), und zwar die (n-+1)-, d.i. fach schärfere. Der allgemeine Charakter die- ser Abtheilung ist die mehr als zweifach schärfere Neigung — bis zum Unendlichscharfwerden hin; so umgekehrt bei der ersten Abtheilung das Stumpferwerden der Neigung von der Einheit des Maafses an, die Verviel- fachung bis ins Unendliche. Nicht minder interessant ist eine zweite, auch in der Abhandl. v. 1819 a. eben a. O. ebenfalls schon betrachtete Fläche dieser Abtheilung, welche die sonderbare Eigenschaft hat, dritter und erster Abtheilung zugleich zu sein. Sie fällt in zwei Diagonalzonen des Octaöders, wie (a; 56 +e) und (5; 3@’+-+c); dennoch reduciren sich hier die Flächen nicht auf die Zahl 24, sondern es bleibt ein Achtundvierzigflächner. Der Grund, warum die Reduction hier nicht Statt findet, ist eben der: dafs die Fläche in beiden Diagonalzonen, in welche sie gehört, nicht gleiche Function hat; in der einen eben ist sie erster Abtheilung, in der anderen dritter. Es ist die Fläche a:za:za| (?). In der ersten Abtheilung hat sie die ——fach, d.i. zfach stumpfere, in der dritten die n+ıfach, d.i. 4fach schärfere Neigung. (') s. die Abh. v. 1819. S.294. 295. (*) Nach der obigen Gleichung n"=n-+2, bewälrt das Zeichen, dafs sie dies wirklich ist. (') Abermals = 2n—1, und "—=n-+2, wie beide Gleichungen fordern. des regulären Krystallsy'stems. 174 In diese Abtheilung würde ferner gehören die von Hrn. G. Rose am Flufsspath beobachtete Fläche za:4a: 5a] (!), welche wir, um unsere Formeln richtig anzuwenden, uns müssen geschrieben denken als [a: Ja: ma], alıon ==, n—=1l; wie die Gleichung fordert, istn =n-+2, d.i.Y=3+2. Und: ihre Neigung in der Zone ist die $fach schärfere. So sieht man: sie liegt zwischen der Fläche des Leucitoides |a:a:Za| als der fach schärferen, und der vorigen a:za:za] als der 4fach schärferen. Und so in jedem Fall ordnen sich alle Flächen Einer Zone, unter diesen Gesichtspunct gestellt, in ihre natürliche Aufeinanderfolge, mit kurzen und streng bezeichnenden Ausdrücken. 8. 16. Wenn wir einer dritten Zone noch ausdrücklich Erwähnung thun, so ist es die Diagonalzone des Pyritoöders, und mit besonderer Be- ziehung auf den Schwefelkies. Die Zone an sich ist nicht allein identisch mit der Diagonalzone des Pyramidenwürfels @:-a:xa‘, dessen Hälftflächner eben das Pyritoöder ist, sondern sie ist auch identisch mit der Zone der schärferen Kanten des Leucito@ders [a:a:+a . Die Fläche dieses Körpers giebt das Maafs der Neigung für die verschiedenen Flächen der Zone; die Einheit des Maafses ist also hier die halbe Neigung der Leucit- flächen in ihrer schärferen Kante. Die Fläche a: 22a], welche in zwei solchen Zonen liegt, hat in der einen die 2fach stumpfere, in der ande- ren die Afach schärfere Neigung, die Fläche a:za:3a] aber die 3fach schärfere Neigung, welches alles aus der Vergleichung der drei Zeichen, ara:—a|, a:za:-a,, a:Za:-a so leicht abzuleiten ist, dafs es keiner ausführlicheren Erörterung zu bedürfen scheint. 8.17. Es möchte nicht überflüssig sein, einige Beispiele zu geben von der Methode: aus dem gegebenen Begriff der Lage einer Fläche unser ent- sprechendes Zeichen zu finden. Gesetzt, man wollte wissen: welches wird die 3fach stumpfere Fläche in der Diagonalzone des Octa@ders (mithin in der ersten Abtheilung derselben) sein? So ist offenbar ($. 13. Schlufs) (') a.a.0. Poggend. Ann. 1828. 3. S.485. Y2 172 Weiss: Theorie der Hexakis-Octacder n — . — .o u) ze BERN: En =» an2—3=n; mn=3!n=}3%; n=nm—ı=2.3—-1=3—1=2 | giebt die Fläche a:Za:Za = [>« :4+a:-a|. Oder: was wäre die $fach schärfere in der Diagonalzone des Octa- eders? (—eine zweiter Abtheilung also!—) So hat man ($. 14.) n—t1 n Eis l A Eh ALTE =3; n=2n+2; m — 2: nN"= 21 = b) giebt die Fläche [e:>a:5a ; Oder: die 6fach schärfere? (dritter Abtheilung also!) So ist ($.15.) ni —=b; 2 —=5; N"„=n+r2=7 giebt [a:+a:a] u. Ss. w. Bei Aufgaben, für welche die allgemeinen Formeln noch nicht so ent- wickelt sind, wird man nur in die Construction des Zeichens zurückzugehen, und da sich klar zu machen haben, welches Verhältnifs welcher Glieder des Zeichens in ihm allgemein ausgedrückt, durch den gegebenen Begriff der Fläche speciell bestimmt ist. Dann findet man immer den jedesmaligen Werth für n und n’, ohne weitläuftige Constructionen oder Rechnungen. 8.18. Noch haben wir am Sechsmalachtflächner die relative Gröfse seiner dreierlei Kanten zu bestimmen, woraus dann seine ebenen Winkel sich er- geben. 1. Der Werth der gebrochnen Octaederkante in der Einheit des a aus- gedrückt. Wennan/tis.4,CG = CH —a—L CA=-CB= —CG _ CH, CD=-CF = —CG — —cCH, des regulären Krystallsystems. 178 also AF=BD= (- — FL _ — und CA:AF:CF=CB:BD:CD = 4:1 enına:n, so ist AE= BE die gebrochene Octaöderkante, en DE VG) En (2 = re Aber nach dem bekannten Lehrsatz (Abhandl. v. 1819. S.277.) ist in dem Dreieck CDF ('!) AE:ED:AD=BC.AF:DB.CF:BC.AF+DB.CF =n.(n"—n):(n—n)n:..=n:nin+n AE=-"..4D= en = gebrochner Octa@derkante. nn n'(n’+n) 2. Wenn in Fig.5.CF=a=1, CA= —CG — a, also CA:AG:CG=Z: 1-—;:1= 1:n—-ı:n, ferner CL= yo oder CM=2[0L= al: FE n-t1 n-t1 CE = r CL= CM, also nn n tn (') Es sei im Allgemeinen CA= —CG, CD=—-CH; CF= --CG, CB= CH, und n n m m bezeichnen wir in Fig.4. mit den Buchstaben n’, n’, m, n die entsprechenden Punkte F, A, B, D, so wird sich der Lehrsatz, in welchem Verhältnils die Linien AD und BF einander theilen, in einer an die Anschauung leicht anzuknüpfenden Form so aussprechen lassen, nemlich: FE: EB! FB= m(n'—m’) : m'/(m—n) ın'm—nm' DE: EA:DA=n'(m—n): n(n—m‘) inm—nm’ Wenn nemlich GAR AF: CF = = ‘ a —_ e = m’: ni m’: n’ und n’ * m zn’ * m CB:BD:CD=—-:_— —_:=n:m—n:m, so ist m'n m'n FE: EB:FB=:!FA.CD:AC.DB;... = (n—m’)m :m’(m—n) ın'm—nm’, wie oben, und DE:EA:DA= DB.CF:CB.AF:DB.CFH+CB.AF = (m—n)n'in(n’— m’) ın'm—nm', wie oben. 174 Weiss: Theorie der Hexakis- Octaöder SEN“ 2 _VaHN)?+2n? AK= ) (5) na (n +1)? FE n’(n-+1) 2 / n} n 2 EG —=| Ir ee — Kr or ‚ und 1 De ni ng GCE:ER.CK= ee gr Te er aa n—ıın+n, so ist AO die Granatoidkante, und OE die gebrochene Würfelkante. Aber 40:0K: AK= CE.AG:EK.CG:CE.AG-+EK.CG = (n+1) ("—ı1):(n"—ı)n’:..=n+1:n!n+n+1 IGESNSTREFIZ j A0=-H_AK- ae Granatoidkante; n+-n-1 n‘(n’+n-+1) OE:0G:EG = CA. KE:AG.CK:CA.KE+AG.CK —= 1.(n’—1):(m—1).(n"+n):..=1:!n+n:!n+n-+1 nn)? or zu ht gie Kater n+n-+1 (n+n) (n"+n-+1) —= gebrochene Würfelkante. Also verhalten sich die dreierlei Kanten des Sechsmalachtflächners, d.i. gebr. Octaöderkante : Granatoidkante : gebr. Würfelkante = Vn?+ n? . Vea+H1)?+ 2n’? R y (n’+n)?+2 = n’(n’-+n) 2 n’(n+n-+-1) 7 (n'’+n) (n"+n-+1) z— (n+n+1) Vn®+n?: (n+n) V(n+1)’+m°: nV(n+n)’+2 Hieraus ergeben sich die ebnen Winkel des Sechsmalachtflächners ; und zwar für den ebnen Winkel an der Octaöderecke, sin: cos:rad = n Yn’+n°’+1:n"+n’-++n:Yn°’+n°. V(n-+1)’+2n* an der mittleren Ecke, sin: cos:rad = (n’+n) Yn®+n°+ı meninen. Vin +n)’+2 an der Würfelecke, sin: cos:rad = (n-+n-+H1)Yn’+n°’+in+n (n—1)-+n+1:V(n’+n)?+2.V)(n+1)’+H2n" Es verhalten sich also die Tangenten der ebenen Winkel, wie n’ R n'+n . Mn Hi . nn(n-+H1) "nn n+-n(n—1)+(n-+1)’ ) derzeit rational. [71 des regulären Krystallsystems. 17 8.19. Der ebene Winkel an der Octaöderecke hat sein Minimum beim Octa- öder selbst, wo er 30°, sein Maximum beim Würfel, wo er 45° beträgt. Der ebene Winkel an der Würfelecke hat sein Minimum beim Würfel, wo er 45°, sein Maximum beim Octaeder, wo er 60° beträgt. Der ebene Winkel an der mittleren Ecke hat offenbar ein Maximum am Granatoeder, wo er 90° be- trägt, aber consequent verglichen, findet sich, dafs er am Würfel und am Octaöder ebenfalls 90° beträgt. Er mufs jederzeit noch gröfser sein als 75°; denn wenn auch die beiden ersteren gleichzeitig ihr Maximum haben könn- ten, was unmöglich ist, so würde ihre Summe auch dann nur 105° betragen, folglich 75° noch als der imaginäre Werth des dritten bleiben. Wenn also sogleich einleuchtet, dafs jederzeit der ebene Winkel an der Octaöderecke der kleinste, der an der Würfelecke jederzeit gröfser, der an der mittleren Ecke aber der gröfste sein müsse, wie dies auch aus den Werthen der dreierlei Kanten ersichtlich ist, von welchen die Granatoid- kante jederzeit die gröfseste, die gebrochene Octaöderkante der Gröfse nach die mittlere, die gebrochene Würfelkante die kleinste ist, jene aber dem ebnen Winkel an der mittleren Ecke, die zweite dem ebnen Winkel an der Würfelecke, die dritte dem an der Octa@derecke in dem Dreieck der Fläche gegenüberliegt; so entsteht doch noch die Frage: wo wird der ebene Win- kel an der mittleren Ecke sein Minimum erreichen? und welches wird das- selbe sein? Um dieses Problem zu lösen, welches nach dem Obigen sich so dar- stellt: bei welchen Werthen von n’ und n wird die Gröfse "*?Yn£n’ı non ein Minimum? kann man in folgender Weise verfahren. Zuerst ist klar: wenn man irgend einen gegebenen Sechsmalacht- flächner mit dem Leuceitoid vergleicht, dessen Fläche die Granatoidkante des gegebenen gerad abstumpfen würde, so wird das Leucitoid einen schär- feren ebnen Winkel an der mittleren Ecke haben, als der Sechsmalacht- flächner. Es mufs also das Minimum des ebnen Winkels an der mittleren Ecke jedenfalls bei einem Leueitoid gesucht werden; und die Frage verein- facht sich jetzt durch die Verwandlung in die: welches ist das Leucitoid mit dem schärfsten ebnen Winkel an der mittleren Ecke? Es wird angenehm sein, die beiden Hauptfälle solcher Körper, das Leucitoeder selbst mit den 176 Weiss: Theorie der Hexakis-Octaeder Flächen [e:a: za] und das vorhin bei der Diagonalzone des Octaeders er- örterte niedrige Leucitoid mit den Flächen la :a:-a in der Anschau- ung gegenwärtig zu haben. Der Augenschein lehrt schon, dafs das letztere den schärferen ebnen Winkel von beiden an der mittleren Ecke habe, ja dafs er nicht allzuweit von dem absoluten Minimum bei ihm entfernt sein könne, Nun ist für das Leucitoid, dessen Zeichen [e:a: za] ist, eins der beiden, n oder n’ der obigen Formeln = 1, folglich verwandelt sich die Formel für den ebnen Winkel an der mittleren Ecke, sin! cos = (n’+n) Vn’£n’H:n—n in die, sin :cos= (n+1) Yn’+2:n—1 (!). Also ist die Tangente des Winkels = = Yn’+2; und die Auf- n—1 gabe verwandelt sich also in diese: welches ist der Werth von n, bei wel- chem die Gröfse 7! -=Vn’+2 ein Minimum wird? Die Entwickelung gab die Gleichung n’— an —n—4=0 und diese nach der Cardani’schen Formel (') Als Rechnungsprobe mag dienen die Construction der allgemeinen Formel für diesen ebnen Winkel am Leucitoid [e:a:+a], wenn man sie an ihm als solchem aufsucht. Man darf sich dann nur die Fläche desselben durch beide Diagonalen, die Längendiagonale und die (Jueerdiagonale, getheilt denken, welche beide jederzeit sich rechtwinklich schneiden, und von denen die erstere die zweite jederzeit halbirt, von ihr aber in zwei verschie- dene Stücke zerschnitten wird, die sich allgemein verhalten, wie n-+2:n, so ist klar, dals der ebene Winkel an der mittleren Ecke die Summe ist der Complemente zu 90° des hal- ben ebnen Winkels an der Octaöder- und des an der Würfelecke. Für ersteren ist sin:coso=n:Vn’+2 für letzteren sın!cos= n-2: Vn?+ 2 Der ebene Winkel an der mittleren Ecke ist also die Summe der Winkel R Vn?+ 2ın sın?cos = Vn’+ 2:n-#2 folglich ist für ihn sinzcos= (n+1)VYn?+2:n—1, wie oben. des regulären Krystallsystems. 177 2 77 7 jet I ne 1173 ee MH HH VEN =2+ ıy 71 + Vi69s + 1Y’rı — Vässs n also irrational, keinem krystallonomischen Leueitoid entsprechend, und angenähert = 2,51516636.. Bei dem gewöhnlichen niederen Leucitoid [|a:a: a| istn=)3; man sieht daher, wie nahe es bereits dem Fall des absoluten Minimums jenes Winkels kommt, und wie derselbe zwischen ihm und dem Leucitoöder ana: za], jenem näher, liegt, unter den einfacheren Zahlenwerthen von n den Werthen +7 und “7 am nächsten. Das Gesetz für das Verhältnifs von Sinus zu Cosinus dieses Winkels, welches bei dem Leucitoid |a:a: - a| ist Yi4zı, würde, entsprechend aus- gedrückt, angenähert sich finden = V43,53502: 1; der Winkel selbst, welcher bei dem Leucitoid |@:a:-a , in Graden ausgedrückt, beträgt Ss 4°9 25 at ”„ würde bei dem absoluten Minimum betragen (annäherungsweise 5 5 S1° 24° 41” $. 20. Es geht aus dem Obigen ohne Schwierigkeit hervor, welches die Ge- setze für die ebnen Winkel sein werden, welche den Schnitten zukommen, parallel den Würfelflächen, den Octa@derflächen und Granatoöderflächen, durch die verschiedenen Reihen der Vier-und-vier-, Drei-und-drei-, Zwei- und-zweikantner der dreierlei verschiedenen Stellungen gelegt; und es würde überflüssig sein, diese Gesetze der Reihe nach zu entwickeln. Die aus dem Mittelpunct jeder solchen ebnen Figur nach ihren verschiedenen Ecken gehenden Radien, so wie die auf denselben senkrechten Dimensionen, sind in unserem Zeichen gegeben; und wenn man in das Verständnifs seiner Theile eingedrungen ist, und deren Bedeutung als Grundlage der obigen Rechnung eingesehen hat, so ist die Anwendung auf Probleme dieser Art fast nur eine Wiederholung der Betrachtungen, aus welchen die obigen Rechnungen hervorgingen. Physikal. Abhandl. 1837. 2 178 Weıss: Theorie der Hexakis-Octaeder des reg. Krystallsystems. g.21. Bereits in der Abhandl. v. 1819. S.290. wurde angegeben, wie leicht der Sechsmalachtflächner jedesmal zu construiren ist auf dem Octaeder, in- dem nemlich bei unverändert beibehaltener Hauptaxe des Octaöders die Rn sämmtlichen 6 mittleren Octaöderdimensionen um 7, die 4 kleinsten um Rt ihrer selbst zu verlängern sind; erstere Verlängerungen geben die anti mittleren Ecken, letztere die Würfelecken des Sechsmalachtflächners an, wie sie sich über den Mitten der Kanten und über den Mitten der Flächen des Octaeders erheben. Eine eben solche Construction über dem Würfel, also die Würfel- ecken unverändert gelassen, und die mittleren Ecken durch ihre Erhebung über den Mitten der Würfelkanten, die Octaödereken durch ihre Erhe- bung über den Mitten der Würfelflächen bestimmt, würde sich so gestalten: Die dreierlei Dimensionen am Würfel verhalten sich, die kleinste : die mittlere : die gröfste = 1:V2:V3 Ihnen entsprechen am Sechsmalachtflächner die Dimensionen nach den Octaäderecken : nach den mittleren : nach den Würfelecken = ! ‚ V: 5 v3 .= n' 5 n#n 2 n"+n-+i ja n#n-#+1 P (n"+n-+1)yY2 . V3 n' N n+ n X Also ist, wenn am Würfel die gröfste Dimension, Ys, unverändert ge- ’+Hn+ N+HNn+1 lassen wird, die mittlere auf ihr "Z°faches, die kleinste auf ihr 7 faches, die kleinste N—tn 1 faches zu erhöhen, also die mittlere um ihr —— um ihr "5"faches zu verlängern, um den Sechsmalachtflächner auf dem Würfel zu errichten. ki Hexaktsootaeder. Phys. KL. 1837. Über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, und über eine, der schweflichten Säure entsprechende Chlorverbindung des Schwefels. Von R 1 71. ROSE, wu [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 21. December 1837.] Chlor und Schwefelzinn. Vo längerer Zeit machte ich die Bemerkung, dafs man krystallisirte Ver- bindungen von Zinnchlorid und von Titanchlorid mit Chlorschwefel erhal- ten könne, wenn man diese Substanzen vorsichtig zusammenmengt und in wohl verschlossenen Flaschen längere Zeit in der Kälte stehen läfst. Diese im Winter gebildeten Krystalle werden während des Sommers wieder flüssig (!). Es schien mir von Wichtigkeit zu sein, die Zusammensetzung dieser krystallisirten Verbindungen genau kennen zu lernen, um zu sehen, in wel- chem Verhältnisse in ihnen das Chlor mit dem Schwefel im Chlorschwefel enthalten sei. Ich hatte früher mehrere Versuche angestellt, um eine hö- here Chlorstufe des Schwefels auf die Weise zu bilden, dafs ich durch Chlor- schwefel, welcher vermittelst Destillation vom überschüssigen Schwefel ge- reinigt worden, Chlorgas lange Zeit hindurch strömen liefs. Aber obgleich eine grofse Menge von Chlorgas absorbirt wurde, so gelang es mir nicht, eine immer gleich zusammengesetzte Verbindung darzustellen (?). Wenn (') Poggendorff’s Annalen, Bd. XVI S. 67. (2) Ebend. Bd. XXVII S. 107. 180 H. Rose daher eine höhere Chlorstufe des Schwefels existiren sollte, so ist es schwer, sie in isolirter Form zu erhalten. Es schien mir indessen wahrscheinlich, dafs sie in Vereinigung mit anderen Chlorverbindungen dargestellt werden könne, und aus diesem Grunde untersuchte ich jene krystallisirten Verbin- dungen näher. Diese Verbindungen, auf die oben erwähnte Art erhalten, können in- dessen unmöglich zu diesen Untersuchungen dienen, da sie schwer vom über- schüssigen anhängenden Chlorschwefel zu trennen sind, und wegen ihrer äufserst leichten Zersetzbarkeit nicht beim Zutritt der atmosphärischen Luft behandelt werden können. Ich fand indessen, dafs die Verbindung des Chlorschwefels mit dem Zinnchlorid sich sehr leicht auf die Weise im gut krystallisirten Zustande bildet, wenn man Chlorgas über Schwefelzinn im Max. von Schwefel (Musivgold, SnS?) leitet, ohne dasselbe zu erwärmen. Das Schwefelmetall zerfliefst erst zu einer braungelben Flüssigkeit, und durch mehr hinzugefügtes Chlorgas bilden sich schöne gelbe Krystalle, zu welchen die ganze Flüssigkeit erstarrt. Ich habe diese sehr leicht im reinen Zustand erhalten, geschieden von allen Unreinigkeiten, die sich im Zinnsulfid befin- den konnten, auf die Weise, dafs ich mich eines Apparates hediente, der aus einer gläsernen Kugel bestand, in welcher das Zinnsulfid sich befand, die an eine Röhre gelöthet war, welche einen ziemlich grofsen Durchmesser hatte, und an beiden Seiten sehr verengert wurde. Sie war dazu bestimmt, die krystallisirte Chlorverbindung aufzunehmen. Mit einer ihrer verengten Mündungen hing sie mit der, das Schwefelmetall enthaltenden Kugel zusam- men, und diese wurde mit einem Apparate verbunden, aus dem Chlorgas entwickelt wurde, das durch Chlorcaleium sich trocknete, ehe es mit dem Schwefelmetall in Berührung kam. Auch die andere verengte Mündung der Glasröhre wurde mit einer kleinen mit Chlorcalcium angefüllten Röhre in Verbindung gebracht, damit keine Spur von Feuchtigkeit aus der Luft in die Glasröhre zu der gebildeten Substanz dringen konnte — Durch eine geringe Hitze, vermittelst einer kleinen Spirituslampe, wurde, wenn das Zinnsulfid in die zu untersuchende Verbindung sich verwandelt hatte, diese in die Glas- röhre getrieben. Nach Beendigung der Operation wurde ein Strom von über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u.s.w 481 trockner Luft über die erhaltene Verbindung geleitet, um das freie Chlorgas zu vertreiben, und darauf die Glasröhre an beiden Seiten bei ihren veren- gerten Mündungen zugeschmolzen, Die entstandene Substanz bildet sehr deutliche Krystalle, oft von nicht unbedeutender Gröfse, von gelber Farbe, deren Form aus dem Grunde nicht bestimmt werden konnte, weil man sie nur durch’s Glas der Röhre betrach- ten und untersuchen kann, in welcher man sie aufbewahrt. Ich enthalte mich daher jeder Beschreibung der Krystallform, weil man bei Bestimmung derselben sich zu sehr täuschen kann. An der Luft stofsen die Krystalle einen sehr starken weifsen Dampf aus, stärker als Zinnchlorid allein. Sie ziehen äufserst leicht Feuchtigkeit an und zerfliefsen. Bringt man sie in Wasser, so geben sie eine milchichttrübe Auflö- sung durch sich ausscheidenden Schwefel. Sie röthet Lackmuspapier, riecht aber nicht unmittelbar nach ihrer Bildung nach schweflichter Säure, wohl ö aber nach kurzer Zeit. Leitet man durch die Auflösung Schwefelwasserstoff- gas, so erhält man einen gelben Niederschlag von Zinnsulfid; die davon ge- trennte Flüssigkeit giebt mit Chlorbaryum einen Niederschlag von schwefel- saurer Baryterde. Wird die Auflösung gekocht, so trübt sie sich durch sich ausscheidendes Zinnoxyd, das auflöslich in Chlorwasserstoffsäure ist. Wird die trübe Auflösung mit einer Auflösung von salpetersaurem Sil- beroxyd vermischt, so entsteht ein dicker, käsiger Niederschlag von Chlor- silber. Dieser ist im Anfange ganz weils, bräunt sich aber nach kurzer Zeit von selbst, und wird endlich, besonders leicht durch’s Erhitzen, schwarz, doch nicht vollkommen, weil er mit einer grofsen Menge von weifsem Chlor- silber gemengt ist. Dies Verhalten beweist offenbar, dafs die Auflösung un- terschweflichte Säure enthält, welche diese Zersetzung hervorbringt. Diese Versuche zeigen, dafs in der krystallisirten Verbindung das Zinn als Zinnchlorid enthalten sei, weil die Auflösung mit Schwefelwasserstoffgas gelbes Zinnsulfid bildet; sie zeigen ferner, dafs der Chlorschwefel, welcher mit dem Zinnchlorid in der Substanz verbunden ist, bei seiner Auflösung in Wasser in Chlorwasserstoffsäure, in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zerfällt. 182 H. Rose Dafs in der krystallisirten Verbindung das Zinn mit dem Schwefel noch in demselben Verhältnisse enthalten ist, wie im Zinnsulfid, und dafs keine Chlorverbindung des Schwefels bei der Bildung entwichen ist, zeigt folgender Versuch. Es wurde schwarzes, gepulvertes, krystallinisches Zinn- sulfuret, SnS, in demselben Apparate in der Kälte einem Strom von Chlor- gas ausgesetzt, wie das Zinnsulfid. Es zeigten sich im Anfange dieselben Erscheinungen, wie bei der Behandlung des Zinnsulfids mit Chlorgas. Das Schwefelmetall wurde leicht dnrch das Gas angegriffen, und zerflofs zu einer braungelben Flüssigkeit, aus welcher sich nach und nach die gelbe krystalli- sirte Verbindung absetzte. Während aber bei der Behandlung des Zinnsul- fids, SnS?, die gebildete braune Flüssigkeit durch mehr hinzugeleitetes Chlor- gas vollständig in gelbe Krystalle sich verwandelt, blieb, nach langer Behand- lung des Zinnsulfurets mit Chlorgas, über diesen Krystallen eine farblose Flüssigkeit schwimmen, die sich durch ferneres Durchleiten von Chlorgas nicht mehr veränderte. Es bestand diese aus reinem Zinnchlorid, Sn€l?, das sich im Wasser ganz klar auflöste, uud dessen Auflösung die salpetersaure Silberoxydauflösung vollkommen weifs fällte. Wird die krystallisirte gelbe Verbindung in etwas verdünnte Salpeter- säure so 'gebracht, dafs dieselbe nur nach und nach auf jene wirken kann, so löst sie sich in der Kälte ganz vollständig unter Entwicklung von pome- ranzengelben Dämpfen von salpetrichter Säure darin auf, und es scheidet sich nicht eine Spur von Zinnoxyd aus: der Schwefel wird vollständig zu Schwefelsäure oxydirt, und die Auflösung enthält, aufser Chlorwasserstoff- säure, keine Spur von unterschweflichter oder schweflichter Säure, und sal- petersaure Silberoxydauflösung bildet darin einen rein weifsen Niederschlag. Ist die angewandte Salpetersäure zu verdünnt, so bleibt eine Spur von Schwe- fel unaufgelöst. — Wenn man rauchende Salpetersäure zur Oxydation der Verbindung anwendet, so bildet sich eine dicke, weifse Masse, die sich aber durch hinzugefügtes Wasser vollständig auflöst, ohne dafs Zinnoxyd abge- schieden wird. Dieses Verhalten der krystallisirten Substanz zur Salpetersäure giebt eine gute Methode ab, dieselbe zu analysiren. Die an beiden Seiten zuge- über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 183 schmolzene Glasröhre, welche die Verbindung enthält, wurde an einer Mündung geöffnet, schnell gewogen, und mit der offenen Spitze in einem grofsen zu verschliefsenden Glase in verdünnte Salpetersäure gebracht. Sehr langsam stieg die Säure in die Röhre, indem sie die Substanz auflöste. Nach vollständiger Auflösung wurde die Röhre gereinigt und gewogen, wodurch das Gewicht der zur Untersuchung angewandten Verbindung sich ergab. Durch die mit Wasser verdünnte Auflösung wurde ein Strom von Schwefelwasserstoffgas geleitet; das gefällte gelbe Zinnsulfid liefs man sich vollständig setzen, und es mit der Flüssigkeit längere Zeit stehen, ehe es Sil- trirt wurde. Es wurde darauf in einem offenen Platintiegel beim Zutritt der Luft zuerst so lange sehr gelinde erhitzt, als sich schweflichte Säure entwik- kelte, und dann erst bis zum Glühen gebracht. Erhitzt man das Zinnsulfid plötzlich stark, so entweicht die Hälfte des Schwefels, und es verwandelt sich in schwarzes Zinnsulfuret, das leicht schmilzt, den Platintiegel dabei stark angreift und im geschmolzenen Zustande sich sehr schwer in Zinnoxyd ver- wandelt, was aber vollständig geschieht, wenn die Röstung vorsichtig, äufserst langsam, und bei einer Temperatur stattfindet, bei welcher das Zinnsulfuret nicht schmelzen kann. Man begeht übrigens keinen Fehler, wenn nicht alles Zinnsulfuret in Zinnoxyd verwandelt worden ist und eine Mengung von bei- den als Zinnoxyd berechnet wird, da Zinnsulfuret und Zinnoxyd ein fast ganz gleiches Atomengewicht besitzen. Es ist aber dann nöthig, dafs alle gebildete Schwefelsäure aus dem Zinnoxyde entfernt ist. — Auf das erhal- tene Zinnoxyd wurden zuletzt Stückchen von kohlensaurem Ammoniak ge- legt, und der Tiegel nochmals zum starken Glühen gebracht, um hierdurch die letzten Spuren von Schwefelsäure vom Zinnoxyd zu verjagen. Aus der vom Zinnsulfid abfiltrirten Flüssigkeit wurden die noch darin enthaltenen Spuren von Schwefelwasserstoff vermittelst einer Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxyd entfernt, und nach Entfernung des Schwefel- kupfers vermittelst salpetersaurer Silberoxydauflösung Chlorsilber gefällt. Der Schwefel wurde in der salpetersauren Auflösung einer anderen Menge der Verbindung unmittelbar als Schwefelsäure vermittelst einer Auf- lösung von Chlorbaryum bestimmt. 184 H. Rose In drei Versuchen erhielt ich folgende Resultate: Menge der angewandten Menge des erhaltenen Menge des erhaltenen Verbindung. Zinnoxyds. Chlorsilbers. m N Fanta en nn I: 1,666 Grm. 0,407 Grm. 4,672 Grm. I. 2,456 - 0,610 - 6,778 - II. 1,479 - 0,390 - 4,029 - Hieraus ergiebt sich folgende procentische Zusammensetzung der Ver- bindung: T> IT. II. Zinn 19,21 19,52 20,73 Chlor 69,18 68,18 67,20 Schwefel als Verlust 11,61 12,30 12,07 100,00 100,00 100,00. Bei einem vierten Versuche erhielt ich von 0,857 Grm. der Verbin- dung, welche in rauchender Salpetersäure aufgelöst wurde, 0,707 Grm. schwefelsaure Baryterde oder 11,38 Procent Schwefel. Die Verbindung hat, als eine deutlich krystallisirte, immer eine be- stimmte Zusammensetzung. Die nichi völlige Übereinstimmung in den Re- sultaten der Analysen hat ihren Grund in der Analyse selbst. Bei der Oxy- dation der Verbindung durch Salpetersäure ist es nicht zu vermeiden, dafs etwas freies Chlor als Gas entweicht. Der Chlorgehalt ist daher in allen Analysen ein wenig zu niedrig, besonders bei denen, wo eine nicht zu ver- dünnte Salpetersäure angewandt wurde, was bei der zweiten, und besonders bei der dritten Analyse geschah. Bei der dritten Analyse ist ferner der Zinn- gehalt zu hoch ausgefallen, weil beim Glühen des Zinnoxyds die Anwendung des kohlensauren Ammoniaks unterlassen wurde. Die Resultate der Analysen indessen stimmen hinreichend mit der be- rechneten Zusammensetzung einer Verbindung, welche aus 1 Atom Zinn, 12 Atomen Chlor und 2 Atomen Schwefel besteht. Diese würde im Hun- dert enthalten: über das F erhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 185 1 At. Zinn 19,35 12 At. Chlor 70,01 2 At. Schwefel 10,61 100,00. Da in der Verbindung das Zinn als Zinnchlorid enthalten ist, weil nach der Zersetzung mit Wasser durch Schwefelwasserstoffgas gelbes Zinn- sulfid entsteht, so ist der Schwefel mit so viel Chlor verbunden, dafs er eine neue, noch nicht dargestellte Chlorverbindung bildet, welche der schwef- lichten Säure entspricht. Die Zusammensetzung der Verbindung kann da- her durch folgende Formel ausgedrückt werden: Sn€@l?+2S€1?. Die neue Chlorverbindung des Schwefels, welche im Hundert zusammengesetzt ist aus: Schwefel 18,52 Chlor 81,48 10,000 enthält in der Verbindung doppelt so viel Chlor als das Zinnchlorid. Es war nicht möglich, in der Verbindung von Zinn- und Schwefel- chlorid, letzteres in eine noch höhere Chlorstufe auf die Weise zu verwan- deln, dafs ich durch gelinde Hitze sie in eine sehr geräumige, mit Chlorgas angefüllte Flasche trieb, und diese darauf luftdicht verschlofs. Ich habe sie länger als zwei Jahre darin aufbewahrt, und sie von Zeit zu Zeit vorsichtig erwärmt. Die Krystalle konnten von einer Wand des Gefäfses zur anderen sublimirt werden, ohne sich im Mindesten zu verändern. Diese höhere Chlorstufe des Schwefels scheint nicht in isolirter Form dargestellt werden zu können, sondern nur in Verbindung mit einigen Chlor- metallen, vorzüglich mit Zinnchlorid. Mischt man daher Chlorschwefel, C1l-+S, mit Zinnchlorid, wie ich es früher gethan habe, so entsteht die kry- stallisirte Verbindung auf die Weise, dafs ein Theil des Chlorschwefels aus einem anderen Theile desselben %, von dessen Schwefel aufnimmt, so dafs dieser Theil sich in Schwefelchlorid, SC1*, verwandeln kann, das sich mit dem Zinnchlorid verbindet. Es ist bekannt, dafs Chlorschwefel jede Menge von Schwefel aufzulösen vermag. Physikal. Abhandl. 1837. Aa 156 H. #B-ovs'\E Die wichtigste Eigenschaft der neuen Chlorverbindung des Schwefels ist, dafs sie nicht, wie man aus der Zusammensetzung derselben vermuthen sollte, bei der Behandlung mit Wasser in schweflichte Säure und in Chlor- wasserstoffsäure zerfällt. Ich habe schon oben angeführt, dafs in der Auf- lösung der Verbindung in Wasser Zinnchlorid enthalten ist, aber aufser dem- selben Chlorwasserstoffsäure, Schwefelsäure und unterschweflichte Säure. Letztere Säure fängt aber sehr bald nach der Behandlung mit Wasser auf die bekannte Weise sich zu zersetzen an; die Auflösung wird trübe durch sich ausscheidenden Schwefel, und es zeigt sich sehr bald ein Geruch nach schwef- lichter Säure. Diese Eigenschaft des Schwefelchlorids, SCl*, durch Wasser in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zu zerfallen, ist ganz analog dem Verhalten der schweflichten Säure im wasserfreien schweflichtsauren Am- moniak, welche durch Wasser, wie das ihr entsprechend zusammengesetzte Schwefelchlorid, ebenfalls in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zerfällt ('). Wird das Zinn - Schwefelchlorid mit trocknem Ammoniakgas in Be- rührung gebracht, so findet eine sehr starke Einwirkung statt, und es ent- steht eine sehr starke Erwärmung. Man erhält eine gelbbraune Masse, nicht unähnlich dem Chlorschwefelammoniak (?). Wird diese mit Wasser behan- delt, so bleibt eine flockige, weifse Masse ungelöst; die filtrirte Auflösung bläut nicht das Lackmuspapier, wenn auch das Ammoniakgas im Überschufs angewandt worden war, sondern fängt sogar nach einiger Zeit an dasselbe zu röthen. Sie enthält keine Spur von Zinnoxyd aufgelöst, dasselbe bleibt, mit Schwefel gemengt, unaufgelöst bei der Auflösung im Wasser, und ist voll- ständig durch’s Ammoniak abgeschieden worden. Die wässrige Auflösung wird schon in der Kälte durch Auflösungen von Chlorbaryum und Chlorstrontium gefällt, und mit einer salpetersauren Silberoxydauflösung bringt sie, aufser dafs dadurch Chlorsilber gefällt wird, alle Erscheinungen wie die Auflösung eines (') Poggendorff’s Annalen, Bd. XXXII S. 235. (?) Ebend. Bd. XXIV S. 306. über das F erhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 187 unterschweflichtsauren Alkalis hervor. Die wässrige Auflösung enthält daher schwefelsaures, unterschweflichtsaures und Chlorwasserstoff- Ammoniak. Dieses Verhalten der mit Ammoniak gesättigten Verbindung ist in gewisser Hinsicht bemerkenswerth. Sie enthält keine Mengung von Zinn- chlorid-Ammoniak und Schwefelchlorid- Ammoniak, denn das Zinnchlorid- Ammoniak ist im Wasser auflöslich, und aus dieser Auflösung wird durch mehr Ammoniak das Zinnoxyd nicht gefällt (1), das überhaupt aus seinen Auflösungen durch Ammoniak nicht vollständig abgeschieden werden kann. Wird das Zinn-Schwefelchlorid hingegen mit wässrigem Ammoniak behandelt, so sind die Erscheinungen etwas anderes. Es wird dadurch eben- falls eine Mengung von Schwefel und Zinnoxyd ausgeschieden, aber die Auf- lösung enthält noch viel Zinnoxyd, das nach einem Zusatze einer Säure durch Schwefelwasserstoffgas als Zinnsulfid abgeschieden werden kann. Sie ent- hält ferner noch schwefelsaures, unterschweflichtsaures und Chlorwasser- stoff- Ammoniak. Ich habe mich auch des wässrigen Ammoniaks bedient, um das Zinn- Schwefelchlorid quantitativ zu analysiren; aber obgleich die Resultate der Analysen sich sehr den oben angeführten nähern, so konnten sie aus mehre- ren Ursachen nicht vollkommen genau sein. Das durch Ammoniak abge- schiedene Zinnoxyd enthielt noch eine kleine Menge Chlor; aber die gröfste Menge desselben in einer Auflösung zu bestimmen, welche zugleich unter- schweflichtsaures Ammoniak enthält, ist mit vielen Schwierigkeiten und des- sen ungeachtet mit Verlust verbunden. Chlor und Schwefeltitan. Durch Zusammenmischen von Titanchlorid und Chlorschwefel erhielt ich früher, wie durch Zinnchlorid und Chlorschwefel, Krystalle (?) von hellgelblicher Farbe, die aus einem oben angeführten Grunde nicht näher untersucht werden konnten. Ich habe indessen auch schon vor längerer Zeit (‘) Poggendorff’s Annalen, Bd. XVI S. 64. (2) Ebend. Bd. XVI S. 67. Aa2 188 H. Rose bemerkt, dafs, wenn man Chlorgas über Schwefeltitan leitet, man eine flüch- tige, feste, gelbe Verbindung von Chlorschwefel und Titanchlorid erhält (1). Bei der Behandlung des Schwefeltitans durch Chlorgas erhält man, wie beim Schwefelzinn, zuerst eine gelbe Flüssigkeit, welche indessen durch mehr hinzugeleitetes Chlorgas und durch’s Erkalten vollständig zu einem festen hellgelben Körper erstarrt. Dieser bildet aber nicht, wie bei der ent- sprechenden Zinnverbindung, deutliche Krystalle, sondern nur eine pelzar- tige Masse, in welcher keine krystallinische Structur entdeckt werden kann. An der Luft stölst sie einen starken weifsen Dampf aus, zieht sehr schnell Feuchtigkeit aus derselben an, zerfliefst und zersetzt sich sehr leicht. Mit Wasser verhält sie sich ganz ähnlich wie die Zinnverbindung. In der wäss- rigen Auflösung findet man nämlich Titansäure, Chlorwasserstoffsäure , Schwefelsäure und unterschweflichte Säure. Auch gegen Salpetersäure hat sie ein gleiches Verhalten. Sie löst sich in etwas verdünnter Salpetersäure, unter Entwicklung von pomeranzengelben Dämpfen, ganz vollständig auf. Die Auflösung enthält keine unterschweflichte Säure, sondern nur Schwefel- säure, Titansäure und Chlorwasserstoffsäure. Von rauchender Salpetersäure wird sie, wie das Zinn-Schwefelchlorid, in eine dicke weilse Masse verwan- delt, die sich aber, ohne Abscheidung von Titansäure, vollständig durch hinzugefügtes Wasser auflöst. Die Verbindung wurde durch dieselben Handgriffe wie die Zinnver- bindung im reinen Zustand erhalten, um zur quantitativen Untersuchung an- gewandt werden zu können. Diese war in sofern weit leichter, als die Ti- tansäure vollkommen durch Ammoniak gefällt werden kann, was bekanntlich beim Zinnoxyd nicht der Fall ist. Es konnten daher in der salpetersauren Auflösung alle drei Bestandtheile der Verbindung bestimmt werden, was bei der Auflösung des Zinn-Schwefelchlorids nicht gut möglich war, in dessen schwefelsaurer Auflösung das Zinnoxyd durch Schwefelwasserstoffgas gefällt werden mufste, wodurch eine genaue Bestimmung der Schwefelsäure schwe- rer möglich wurde. (') Poggendorff’s Annalen, Bd. XV S. 145. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 159 Zur quantitativen Analyse wurde die Verbindung auf dieselbe Weise wie. das Zinn-Schwefelchlorid in verdünnter Salpetersäure aufgelöst. Aus der Auflösung wurde durch Ammoniak die Titansäure gefällt. Die davon getrennte Flüssigkeit wurde durch Salpetersäure sauer gemacht, durch salpe- tersaure Silberoxydauflösung Chlorsilber gefällt, die abfiltrirte Flüssigkeit mit Chlorwasserstoffsäure, zur Abscheidung des überschüssig hinzugesetzten Silberoxyds, versetzt, und sodann durch eine Auflösung von Chlorbaryum schwefelsaure Baryterde niedergeschlagen. Auf diese Weise habe ich vier Analysen von vier Quantitäten der Ti- tanverbindung angestellt, welche zu verschiedenen Zeiten bereitet worden waren. Die Resultate derselben gaben indessen nicht die übereinstimmen- den Resultate, wie die der Analysen des Zinn - Schwefelchlorids. I. 1,5095 Grm. der Verbindung gaben 0,390 Grm. Titansäure und 0,993 Grm. schwefelsaure Baryterde. Die Verbindung war bei diesem Ver- such mit rauchender Salpetersäure behandelt worden; daher wurde die Be- stimmung des Chlorgehalts unterlassen. II. 1,452 Grm. gaben 0,427 Grm. Titansäure, 0,656 Grm. schwefel- saure Baryterde und 4,491 Grm. Chlorsilber. III. 0,959 Grm. gaben 0,332 Grm. Titansäure, 0,275 Grm. schwefel- saure Baryterde und 2,935 Grm. Chlorsilber. IV. 1,775 Grm. gaben 0,576 Grm. Titansäure, 0,525 Grm. schwe- felsaure Baryterde und 5,563 Grm. Chlorsilber. Aus diesen Versuchen ergiebt sich folgende Zusammensetzung der zu verschiedenen Zeiten bereiteten Verbindung im Hundert: I II, II IY: Titan 15,58 17,7: 20,57 19,56 Schwefel 9,08 6,23 3,70 4,08 Chlor 73,34(!) 76,31 75,98 77,31 100,00 100,27 100,15 100,95 (') Als Verlust bestimmt. 190 H. Rose Aus diesen Resultaten folgt offenbar, dafs die Verbindung immer ver- schieden zusammengesetzt bei jeder Bereitung erhalten wird. Denn der Man- gel an Übereinstimmung kann nicht durch den Gang der Untersuchung ent- springen, welcher einfach ist; auch geben die verschiedenen Analysen kei- nen Verlust, sondern gerade nur einen so kleinen Überschufs, als man, bei gehöriger Vorsicht und Genauigkeit, immer bei der Analyse ähnlicher Sub- stanzen erhält. Die Bereitung der Verbindung, die zu den verschiedenen Analysen angewandt wurde, war fast immer die nämliche; nur die zur drit- ten Analyse angewandte war in sofern von den andern verschieden bereitet worden, als sie mehrmals in einem Strome von Chlorgas von Neuem sublimirt worden war, und mit dem Chlorgase lange in Berührung blieb. Die berechnete Zusammensetzung einer Verbindung welche dem Zinn- Schwefelchlorid analog zusammengesetzt ist, und der Formel Ti€1?+2S€1? entspricht, ist folgende: Titan 9,03 Schwefel 11,97 Chlor 79,00 100,00. Nimmt man an, dafs das Titan als Chlorid in der Verbindung enthal- ten ist, so nehmen die verschiedenen Mengen dieses Metalls, welche in den vier oben angeführten Analysen erhalten wurden, folgende Mengen von Chlor auf: I I. II. IV Titan 1558 17,73 20,87 19,56 Chlor 45,52 51,69 60,34 57,02. Der Schwefel ist dann in den vier untersuchten Quantitäten mit fol- genden Mengen Chlor verbunden: I. II. III. IV. Schwefel 9,08 6,23 3,70 4,08 Chlor 29,923 .24,62 144,74: 20,29. Diese Verbindungen des Schwefels mit Chlor würden folgende Zu- sammensetzungen im Hundert haben: über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 191 I: I. II. IY. Schwefel 23,28 20,19 20,07 16,74 Chlor 76,72 13,81 79,93 83,26 100,00 100,00 100,00 100,00. Vergleicht man diese Zusammensetzung mit der des Schwefelchlorids S€El?, welche im Hundert aus: Schwefel 18,52 Chlor 81,48 100,00 besteht, so findet man, dafs in den drei ersten Versuchen das Schwefelchlo- rid weniger Chlor, im vierten Versuche hingegen mehr Chlor als dieses ent- hält. Es glückte mir indessen nicht, durch mehrmalige Behandlung der Verbindung mit Chlorgas ein höheres Schwefelchlorid hervorzubringen. Durch erneuertes Erhitzen der Verbindung in Chlorgas entweicht Schwefel- chlorid, ob mit einer gleichen Menge von Chlor, oder mit mehr, als es schon enthielt, lasse ich unentschieden. Diefs beweist wenigstens das Resultat des dritten Versuches, bei welchem dadurch die geringste Schwefelmenge bei der Analyse gefunden wurde. Es scheint aus diesen Versuchen hervorzugehen, dafs sich das Titan- chlorid wohl mit dem Schwefelchloride, SEl? zu verbinden scheint, dafs aber durch gelindes Erhitzen die Verbindung nach und nach zersetzt wird, indem das Schwefelchlorid entweicht, und eine an Titanchlorid reichere Verbindung zurückbleibt. Wie weuig Schwefelchlorid beim Titanchlorid zurückbleiben mufs, um mit diesem noch eine feste Verbindung zu bilden, bleibt noch zu untersuchen. — Das Verhalten des Antimonchlorids zum Schwefelchlorid, von welchem ich weiter unten handeln werde, ist dem des Titanchlorids ähnlich. Zinnchlorid sowohl als Titanchlorid können sich mit den niedrigeren Chlorstufen des Schwefels verbinden; denn ich habe schon oben angeführt, dafs Zinnsulfid sowohl als Titansulfid, wenn sie der Einwirkung des Chlor- gases ausgesetzt werden, zuerst zu einer braungelben Flüssigkeit zerfliefsen, 192 H.sRdeisız welche erst durch mehr hinzugeleitetes Chlorgas feste Verbindungen bilden. In den flüssigen Verbindungen sind die Chloride mit einer niedrigen Chlor- stufe des Schwefels verbunden. Etwas von dieser ist in drei der untersuch- ten Verbindungen des Titanchlorids enthalten gewesen. Ich mufs noch bemerken, dafs das Schwefeltitan, welches ich zu den angeführten Versuchen anwandte, nicht vollkommen rein war, was übrigens keinen Einflufs auf die angeführten Versuche haben kann. Ich habe schon früher gezeigt, dafs, wenn man es durch Behandlung von Schwefelkohlen- stoff mit erhitzter Titansäure bereitet, es schwer ist, es ganz frei von Titan- säure zu erhalten (!). Aber aufser dieser Einmengung enthält das Titansul- fid noch oft Titansulfuret, das schwarz ist, während jenes grün, und im Strich messinggelb und stark metallisch ist. Beide Schwefelungsstufen schei- nen den beiden Schwefelungsstufen des Zinnes, dem Sulfuret und dem Sul- fid zu entsprechen. Ich behandelte ein Schwefeltitan, das sichtlich von dem schwarzen Titansulfuret enthielt, mit Chlorgas, und leitete, während jenes erhitzt wurde, das flüchtige Titan-Schwefelchlorid in Wasser, durch welches das Chlorgas noch längere Zeit hindurchströmte, wodurch fast aller sich aus- scheidende Schwefel oxydirt wurde. Die Titansäure wurde durch Ammo- niak, und die Schwefelsäure durch eine Auflösung von Chlorbaryum gefällt. Ich erhielt 0,0065 Grm. Schwefel, der nicht oxydirt worden war, 2,147 Grm. schwefelsaurer Baryterde und 0,428 Grm. Titansäure. Diese enthalten 0,2550 Grm. Titan und 0,3027 Grm. Schwefel, oder im Hundert 46,01 Proc. Titan und 53,99 Proc. Schwefel. Das Titansulfid, TiS?, enthält im Hun- dert 43,01 Proc. Titan und 56,99 Proc. Schwefel. Die geringere Menge von Schwefel rührt daher vom eingemengten schwarzen Titansulfuret her. Chlor und Schwefelantimon. Reines Schwefelantimon (SbS°?) in ganzen Stücken sowohl, als auch als feines Pulver wird in der Kälte nicht von Chlorgas angegriffen. Wird (') Poggendorff’s Annalen, Bd. XV S. 145. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 193 indessen das Schwefelantimon nur höchst gelinde an irgend einer Stelle er- hitzt, so fängt sogleich das Chlor an auf dasselbe einzuwirken, und verwan- delt es in eine braune Flüssigkeit, die durch fernere Einwirkung des Chlors zu einer fast pulverförmigen, nicht krystallinischen, beinahe ganz weifsen Masse sich umändert. Wird diese ein wenig stärker erhitzt, so schmilzt sie, und bei noch stärkerer Erhitzung zersetzt sie sich vollständig in Antimon- chlorür (Sb€1?), Chlorschwefel und Chlor, wie ich diefs schon früher bei einer anderen Gelegenheit erwähnt habe (!), wo ich umständlich die Er- scheinungen beschrieb, die Chlorgas auf Schwefelantimon bewirkt, wenn man dieses erhitzt und die entstandenen flüchtigen Producte abdestillirt werden. Wegen dieses Verhaltens ist es schwer, oder unmöglich, die Verbin- dung von Antimon- und Schwefelchlorid rein von eingemengtem Antimon- chlorür zu erhalten. Ich brachte eine bestimmte Menge von gepulvertem Schwefelantimon in einen gewogenen Apparat, und nachdem lange Chlor- gas über dasselbe geleitet worden war, wurde an einer Stelle das Schwefel- metall sehr gelinde erhitzt. Wurde die Einwirkung dadurch zu stark, so wurde der Apparat von aufsen mit Äther oder Alkohol betröpfelt, um die Hitze zu mildern. Diefs wurde mehrere Male wiederholt, und wenn die Verwandlung vollendet zu sein schien, wurde der Apparat gewogen, worauf er von Neuem der Einwirkung des Chlorgases ausgesetzt wurde. Die Wä- gungen wurden so oft wiederholt, bis keine Gewichtszunahme, sondern so- gar durch erneutes gelindes Erhitzen eine geringe Gewichtsabnahme sich zeigte. 0,525 Grm. Schwefelantimon, auf diese Weise mehrere Tage hinter einander behandelt, nahmen, nach vielen Wägungen, so lange beständig an Gewicht zu, bis sie 1,463 Grm. wogen. Aber es konnte nicht vermieden werden, dafs durch das gelinde Erhitzen eine kleine Menge von Chlor- schwefeldampf sich verflüchtigte, während das schwerer flüchtige Antimon- chlorür verhältnifsmäfsig in gröfserer Menge zurückblieb. Bei der nächsten Wägung wog das Ganze nur 1,435 Grm. (') Poggendorff’s Annalen Bd.III. S.466. Physikal. Abhandl. 1837. Bb 194 H. Rose Die Masse wurde mit sehr verdünnter Salpetersäure behandelt, worin sie sich, unter Entwicklung von pomeranzengelben Dämpfen, auflöste, ohne dafs sich Antimonoxyd oder Antimonsäure ausschied. Durch die mit Wasser verdünnte Auflösung wurde Schwefelwasserstoffgas geleitet, und das erhal- tene Schwefelantimon durch Wasserstoffgas in metallisches Antimon ver- wandelt. Es wurden 0,3683 Grm. daraus erhalten. Aus der vom Schwefel- antimon getrennten Flüssigkeit wurden die letzten Spuren von aufgelöstem Schwefelwasserstoff durch eine salpetersaure Kupferoxydauflösung abge- schieden, und sodann durch salpetersaure Silberoxydauflösung 3,882 Grm. Chlorsilber gefällt. Nachdem das überschüssig hinzugefügte Silberoxyd durch Chlorwasserstoffsäure entfernt worden war, wurden durch Chlor- baryumauflösung 0,794 Grm. schwefelsaure Baryterde niedergeschlagen. Die Analyse hatte also ergeben: 0,3638 Grm. Antimon 0,1095 » Schwefel 0,9572 » Chlor 1,4305 » In 0,525 Grm. Schwefelantimon sind indessen 0,382 Grm. Antimon, und 0,143 Grm. Schwefel enthalten. Während der Operation hatten sich also 0,0137 Grm. Antimon und 0,0335 Grm. Schwefel, mit Chlor verbun- den, verflüchtigt. Im Hundert enthält jene Verbindung: Antimon 25,67 Schwefel 7,63 Chlor 66,70 100,00. Offenbar ist hierin das Antimon mit der gröfsten Menge von Chlor, die es aufnehmen kann, als SbE1°, und der Schwefel als Schwefelchlorid, SEI”, enthalten. Aber in dieser Verbindung, Sb€l? +3S€1?, ist noch Antimonchlorür gemengt enthalten, weil bei der nothwendigen Einwirkung über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 195 der gelinden Hitze ein Theil der Verbindung sich in Chlorgas, Antimon- chlorür und Chlorschwefel verwandelt hatte, von welchen, wie schon oben angeführt worden, sich verhältnilsmäfsig mehr vom letzteren als vom Anti- monchlorür verflüchtigt hatte. 7,63 Theile Schwefel erfordern 33,57 Th. Chlor, um Schwefelchlo- rid, SEI?, zu bilden. Aber 7,63 Th. Schwefel erfordern zu jener Verbin- dung, Sb€l?’+3S€1?, statt 25,67 Th. Antimon nur 20,39 Th., welche mit 27,97 Th. Chlor die höchste Chlorstufe des Antimons, Sb€1?, bilden. Die übrig bleibenden 5,28 Th. Antimon gebrauchen 4,35 Th. Chlor, um Anti- monchlorür, SbE1?, zu erzeugen. Die ganze Menge des Chlors, welche erfor- dert wird, wäre also 65,59 Th., statt 66,70 Th., welche die Analyse erge- ben hat, woraus folgt, dafs das eingemengte Antimonchlorür durch längere Einwirkung des Chlors sich zu einem kleinen Theile in die höchste Chlorstufe verwandelt hatte. Das Antimon-Schwefelchlorid verhält sich gegen Reagentien wie die entsprechenden Verbindungen des Zinns und des Titans. Bei der Behand- lung mit Wasser zerfällt es in Antimonsäure, in Chlorwasserstoffsäure, in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure. Wird die Verbindung, SbE]? +3S€1?, mit trocknem Ammoniakgas behandelt, so zeigen sich ähnliche Erscheinungen, wie bei der Behandlung der analogen Zinnverbindung, Sn€l?+2S€1?, mit Ammoniakgas. Die Menge des absorbirten Ammoniaks ist beträchtlich, und beträgt beinahe 2, von der Menge des angewandten Schwefelantimons. Chlor und Schwefelarsenik. Von allen Schwefelmetallen werden die Verbindungen des Schwefels mit dem Arsenik am leichtesten durch Chlorgas angegriffen. Ganze Stücke des in der Natur vorkommenden reinsten Auripigments (AsS°) -zerfliefsen nach einer kurzen Zeit zu einer braunen Flüssigkeit, ohne dafs dazu eine äufsere Erwärmung nothwendig ist, wohl aber entsteht eine nicht unbedeu- tende Erwärmung durch die Einwirkung des Chlorgases von selbst. Die Bb2 196 H.:Rosz braune Flüssigkeit wird, wenn sie in einer Flasche aufbewahrt wird, welche mit Chlorgas angefüllt ist, nicht weiter verändert. Das Arsenik wird auch in seiner Verbindung mit Schwefel, wie im metallischen Zustande, durch Chlorgas nur in das der arsenichten Säure entsprechende Chlorarsenik, AE1?, verwandelt, und kein Übermaafs von Chlorgas bringt eine höhere Chlorstufe hervor. Wird die braune Flüssigkeit mit verdünnter Salpetersäure behan- delt, so löst sie sich, unter Entwicklung von pomeranzengelben Dämpfen, vollständig darin auf; es scheidet sich zwar aus der Auflösung keine arse- nichte Säure ab, aber mit salpetersaurer Silberoxydauflösung versetzt, giebt sie, nach Abscheidung des Chlorsilbers und Sättigung der Flüssigkeit mit Ammoniak, einen gelben Niederschlag von arsenichtsaurem Silberoxyd. Auch entsteht in der salpetersauren Auflösung der braunen Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoffgas sogleich ein gelber Niederschlag. Aber eben so wenig, wie das Arsenik in der Verbindung sich nicht durch die Einwirkung des Chlorgases in die höchste Chlorstufe verwandelt, geschieht diefs beim Schwefel; er bleibt auch bei einem Überschusse von Chlorgas auf einer niedrigeren Chlorstufe. 1,762 Grm. der braunen Flüssigkeit, in Salpetersäure aufgelöst, gaben mit salpetersaurer Silberoxydauflösung 4,507 Grm. Chlorsilber. Die davon getrennte Flüssigkeit gab, nach Abscheidung des überschüssig hinzugesetzten Silberoxyds vermittelst Chlorwasserstoffsäure, 1,786 Grm. schwefelsaure Ba- ryterde. Die Menge des Arseniks wurde aus dem Verluste bestimmt. Die Analyse ergab im Hundert: Chlor 63,10 Schwefel 13,98 Arsenik (als Verlust) 22,92 100,00. . Bei einer zweiten Analyse wurden 3,020 Grm. der Verbindung in wässrigem Ammoniak aufgelöst. Aus der milchichten Auflösung setzte sich Schwefel ab. Nach längerer Zeit wurde derselbe abfiltrirt, und die Flüssig- über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 197 keit mit salpetersaurer Silberoxydauflösung versetzt. Der Niederschlag war erst weils, wurde aber nach einiger Zeit braun. Er wurde so lange mit Sal- petersäure digerirt, bis alles Schwefelsilber daraus entfernt war. Er wog darauf 7,701 Grm., was 62,91 Proc. Chlor in der Verbindung entspricht. 13,95 Theile Schwefel würden mit 21,78 Th. Arsenik (statt mit 22,92 Th.) sich zu Schwefelarsenik, AsS?, verbinden. 21,78 Th. Arsenik erfor- dern 30,76 Th. Chlor, um Chlorarsenik, As€l? zu bilden; 13,95 Th. Schwe- fel würden mit 30,76 Th. Chlor eine Verbindung bilden, welche noch ein Mal so viel Chlor als der gewöhnliche Chlorschwefel (SC]) enthält, und deren Darstellung im isolirten Zustande mir nicht, wohl aber Dumas (!) gelungen ist. Die Zusammensetzung der braunen Flüssigkeit, in welche Auripig- ment durch Chlorgas verwandelt wird, kann also durch die Formel AsEl’ + 35€] ausgedrückt werden. Der sehr geringe Überschufs von Chlor, wel- chen die Analyse giebt, rührt von etwas aufgelöstem Chlor her, da die braune Flüssigkeit in einer grofsen Flasche aufbewahrt wurde, welche mit Chlorgas angefüllt war. Die wahrscheinliche Ursache, weshalb in dieser Verbindung der Schwefel mit dem Chlor nur die Chlorstufe SEl und nicht SE1? bildet, wird weiter unten angegeben werden. Übrigens verhält sich diese Verbindung gegen Wasser in sofern analog den früher beschriebenen, als sie bei Behandlung mit demselben in arse- nichte Säure, in Chlorwasserstoffsäure, in Schwefelsäure und in unterschwef- lichte Säure zerfällt. Bei der ferneren Zersetzung letzterer in schweflichte Säure und in Schwefel scheidet sich letzterer, mit der Menge von Schwefel gemengt, ab, den die Verbindung mehr enthält, als die früher erwähnten. Wird Realgar, AsS?, mit Chlorgas behandelt, so zerfliefst es schon in der Kälte eben so leicht wie Auripigment, im Anfange zu einer gelblichen Flüssigkeit, welche indessen durch Absorption von mehr Chlor braun wird. (') Annales de chimie et de physique, T. XLIX p. 204. 198 H. Rose Chlor und Schwefelselen. Das Schwefelselen war aus einer Auflösung der selenichten Säure ver- mittelst Schwefelwasserstoffgas gefällt worden. Die Fällung geschieht eben so schwer vollständig, wie die einer Auflösung von Arseniksäure vermittelst Schwefelwasserstoffgas.. Nach dem Trocknen sah das Schwefelselen roth aus. Mit Chlorgas behandelt, verhält sich das Schwefelselen wie eine Men- gung von gepulvertem Selen und Schwefel. Ich erhielt eine weilse Masse von Selenchlorid (Se €1?), gemengt mit Chlorschwefel, der gelbbraune Stel- len darin bildete. Durch sehr gelinde Hitze liefs sich letzterer ganz voll- ständig vom Selenchlorid abtreiben, so dafs dasselbe ganz rein zurückblieb. Es löste sich vollständig in Wasser auf, und bei einer Analyse erhielt ich daraus fast die ganze Menge von Chlor, welche im Selenchlorid enthalten ist. 1,417 Grm. davon gaben 3,638 Grm. Chlorsilber oder 63,34 Proc. Chlor. Im reinen Selenchlorid sind 64,16 Proc. Chlor enthalten. Wird das Selenchlorid im Wasser aufgelöst, wenn der Chlorschwefel noch nicht vollständig davon verjagt worden ist, so erhält man eine rothe Auflösung, in welcher durch die, aus der unterschweflichten Säure frei ge- wordene schweflichte Säure die selenichte Säure zum Theil zu Selen redu- cirt worden ist. Aus den beschriebenen Versuchen ergiebt sich, dafs mehrere flüchtige Chlormetalle mit einem für sich nicht darstellbaren, der schweflichten Säure analog zusammengesetzten Chloride des Schwefels Doppelverbindungen bil- den können, welche oft durch erneuertes Erhitzen in Chlorschwefel, Chlor und in die Chlorverbindung des Metalles zerfallen. Von allen diesen Chlor- verbindungen bildet das Zinnchlorid die ausgezeichnetste Verbindung mit dem Schwefelchlorid, welche in grofsen, deutlichen Krystallen erhalten wer- den kann, und nicht zersetzbar durch erneuerte Erhitzungen wie die anderen Verbindungen ist. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 199 Als ich diese Reihe von Untersuchungen anfıng, glaubte ich, dafs die beschriebenen Verbindungen wie wahre Chlorsalze (analog den Schwefel - und den Sauerstoffsalzen) betrachtet werden könnten, da es einleuchtend ist, dafs das Schwefelchlorid, S€E1?, offenbar weit besser mit basischen Chlor- metallen Chlorsalze würde bilden können, als die Chloride des Quecksilbers, des Goldes, des Platins und ähnlicher Metalle mit denselben, welche Ver- bindungen v. Bonsdorff als wahre Chlorsalze betrachtet. Ich mufste in- dessen diese Ansicht sogleich aufgeben, als ich fand, dafs das Schwefel- chlorid sich nur mit solchen Chlormetallen verbindet, deren entsprechend zusammengesetzte Oxyde Säuren bilden, wie die dem Zinnoxyd, der Titan- säure und der Antimonsäure analogen Chloride. Mit Chlormetallen, deren entsprechend zusammengesetzte Oxyde starke Basen bilden, wie die Chlor- verbindungen des Bleis, des Silbers, des Kupfers, des Kobalts, des Nickels, des Mangans u. s. w., kann das Schwefelchlorid sich nicht verbinden, we- nigstens kann es in Verbindung mit diesen Chlorverbindungen nicht dar- gestellt werden, wenn man die entsprechenden Schwefelverbindungen mit Chlorgas behandelt. Während Zinn - und Titansulfid, so wie die Schwefel- verbindungen des Arseniks in der Kälte schon durch Chlorgas vollständig zersetzt werden, und Schwefelantimon schon bei einer äufserst gelinden Hitze, werden Schwefelblei, Schwefelkupfer und die Schwefelverbindungen der übrigen, so eben erwähnten Metalle, in der Kälte gar nicht zersetzt, und bei anhaltender Hitze äufserst langsam und unvollständig, so dafs z. B. zur vollständigen Zersetzung einiger Grammen von Schwefelblei mehrere Tage erfordert werden, während welcher es beständig erhitzt werden mufs. Aber auch dann bildet sich nur Chlorblei, das zurückbleibt, und gewöhnlicher Chlorschwefel, der abdestillirt, und der eine gelbe Farbe hat, wenn äufserst wenig Chlorgas, eine braune hingegen besitzt, wenn dasselbe in reichlicher Menge zuströmt. Nur die Verbindungen des Schwefels mit dem Eisen lassen sich von diesen Schwefelmetallen leichter als andere durch Chlorgas zer- setzen, aber auch in diesem Falle ist äufsere Erwärmung nothwendig, und 8 & es bildet sich keine Verbindung; es destillirt Chlorschwefel ab, und es sub- limirt Eisenchlorid. Dahingegen wird selbst das durch die schwächsten Säu- 200 H. Rose ren so sehr leicht zersetzbare Schwefelmangan, wie andere basische Schwe- felmetalle, fast gar nicht durch Chlorgas zerlegt; nur durch ein stärkeres Erhitzen destillirt eine höchst geringe Menge Chlorschwefel ab. Dasselbe ist auch beim Schwefelchrom der Fall (!). Der Grund davon scheint mir darin zu liegen, dafs es vielleicht weder vom Mangan, noch vom Chrom höhere Chlorverbindungen im isolirten Zustande giebt, als Manganchlorür (Mn&€l?) und Chromchlorid (Er€l?). Ich habe gezeigt, dafs das höhere Chromchlorid (Cr€l?) nur in Verbindung mit Chromsäure dargestellt wer- den kann, und habe es wahrscheinlich gemacht, dafs beim Mangan etwas ähnliches stattfindet. Die Verbindungen des Schwefelchlorids mit flüchtigen Chlormetallen können, wenn man sie oxydirten Verbindungen analog betrachten will, am füglichsten mit den Doppelsäuren verglichen werden, welche die jenen flüchtigen Chlormetallen analogen Oxyde mit stärkeren Säuren bilden. Es ist bekannt, dafs Zinnoxyd, Titansäure und Antimonsäure mit stärkeren Säu- ren Verbindungen nach bestimmten Verhältnissen bilden, die zum Theil im Wasser unlöslich sind. Ich mufs noch einen Umstand erwähnen, der vielleicht Beachtung verdient. Während reines Schwefelantimon, selbst im gepulverten Zustande, in der Kälte nicht vom Chlorgas angegriffen wird, und die Verbindungen basischer Metalle mit Schwefel, wie Schwefelblei, Schwefelkupfer u. s. w., der Zersetzung durch Chlorgas lange widerstehen, selbst wenn sie erhitzt werden, zersetzen sich die in der Natur vorkommenden Verbindungen des Schwefelantimons mit Schwefelblei, Schwefelkupfer u. s. w., welche wie Schwefelsalze betrachtet werden müssen, ganz vollständig durch Chlorgas schon in der Kälte, oft sogar wenn sie in ganzen Stücken damit in Berüh- rung gebracht werden. Eine spätere Erhitzung ist dann nur nothwendig, um die flüchtigen Chlorverbindungen von den nicht flüchtigen abzudestilliren. (') Das Schwefelmangan wurde dargestellt, indem über stark erhitztes schwefelsaures Manganoxydul Schwefelwasserstoffgas so lange geleitet wurde, als sich noch Wasser ent- wickelte. Das Schwefelchrom war durch Behandlung des Chromchlorids (Er El’) mit Schwefelwasserstoffgas bereitet worden. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 201 Ich habe schon bei einer anderen Gelegenheit erwähnt, dafs, um die in der Natur vorkommenden Verbindungen des Schwefelantimons und des Schwefelarseniks mit basischen Schwefelmetallen zu analysiren, keine Me- thode der vermittelst Chlorgas vorzuziehen ist (?). — Diese Methode pafst indessen durchaus nicht, wie sich aus dem so eben Gesagten ergiebt, für die Untersuchung basischer Schwefelmetalle, und selbst auch nicht zur Analyse der Verbindungen von Antimon - und Arsenikmetallen mit Schwefelmetallen (Nickelglanz, Glanzkobalt, Arsenikkies), weil auch diese nur mit grofser Schwierigkeit und langsam vom Chlorgas zerlegt werden (?). Ich kann dieser Abhandlung noch die Bemerkung hinzufügen, dafs das Schwefelchlorid, S€El?, nicht die höchste Chlorstufe des Schwefels sei. Es ist mir gelungen ein Schwefelchlorid darzustellen, welches der Schwefel- säure entsprechend zusammengesetzt ist, SE]?, und das bei seiner Zersetzung durch Wasser in Schwefelsäure und in Chlorwasserstoffsäure zerfällt. Bemerkungen über den Chlorschwefel (S+C]). Der Chlorschwefel zeichnet sich durch den Mangel an Analogie in seinen Eigenschaften von allen anderen flüchtigen Chlorverbindungen aus. Bekannlich werden diese durch Behandlung mit Wasser in Chlorwasserstoff- säure und in eine Sauerstoffsäure zersetzt, welche durch den mit Chlor ver- bundenen Körper und durch den Sauerstoff des Wassers gebildet wird. Ei- nige wenige Chlorverbindungen setzen, weil keine ihnen entsprechende Sauerstoffsäuren existiren, einen Theil des mit Chlor verbundenen Körpers ab. Diefs ist der Fall beim Tellurchlorür und Selenchlorür, welche, bei der Behandlung mit Wasser, Tellur und Selen hinterlassen, während Chlor- wasserstoffsäure, tellurichte und selenichte Säure gebildet werden. Auch der Chlorschwefel hinterläfst bei seiner Behandlung mit Wasser Schwefel ungelöst. Aber es ist bekannt, wie schwierig und langsam sich die- (') Poggendorff’s Annalen Bd.XV. S.456. (?) Ebend. Bd.XV. S.588. Physikal. Abhandl. 1837. Cc 202 H. Rose ser ausscheidet. Früher, als man die Zusammensetzung des Chlorschwefels als der unterschweflichten Säure analog zusammengesetzt glaubte, also der Formel S+€l entsprechend, war man ziemlich allgemein der Meinung, dafs dieser sich ausscheidende Schwefel von der Zersetzung der durch Be- handlung mit Wasser gebildeten unterschweflichten Säure herrühre, und dafs der Chlorschwefel durch Wasser in Chlorwasserstoffsäure und in unterschwef- lichte Säure, und diese wieder in Schwefel und in schweflichte Säure zer- falle. Aber schon vor längerer Zeit gaben Bucholz und Berthollet unter den Zersetzungsproducten des Chlorschwefels durch Wasser Schwefelsäure an. Diese Thatsache, welche ihre volle Richtigkeit hat, ist indessen in die meisten neueren Lehrbücher der Chemie nicht aufgenommen worden, und von allen, die ich in dieser Hinsicht durchgesehen habe, ist es nur vorzüg- lich Dumas (Traite de chimie T.I. p.225.), der ihrer erwähnt. Die Schwe- felsäure, welche sich bei der Zersetzung des Chlorschwefels vermittelst Was- ser bildet, entsteht, wie ich mich oft überzeugt habe, nicht durch Oxydation der aufgelösten schweflichten Säure durch den Sauerstoff der atmosphäri- schen Luft. Man kann ihre Gegenwart entdecken, wenn man luftfreies Was- ser angewandt, und mit der gröfsten Sorgfalt allen Luftzutritt verhindert hat. Auch ein Chlorschwefel, der sehr viel überschüssigen Schwefel aufgelöst enthält, giebt unter seinen Zersetzungsproducten durch Wasser Schwefel- säure, so dafs man nicht die Meinung aufstellen kann, die Schwefelsäure würde vielleicht durch überschüssiges Chlor des Chlorschwefels bei der Zer- setzung mit Wasser gebildet. Der Chlorschwefel, von welcher Zusammen- setzung er auch sein mag, zerfällt also durch Wasser in Chlorwasserstoff- säure, in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure; diese zersetzt sich dann ferner langsam in schweflichte Säure und in Schwefel, und mit letzte- rem scheidet sich auch noch der Schwefel ab, den der Chlorschwefel auf- gelöst enthält. Aber dieselbe Eigenschaft, in Chlorwasserstoffsäure, in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zu zerfallen, besitzt auch das Schwefelchlo- rid, S€El?, in seiner Verbindung mit Zinnchlorid, mit Titanchlorid und mit Antimonchlorid. Es scheint mir daher sehr wahrscheinlich, dafs im Chlor- über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 203 schwefel, wie er durch Einwirkung von überschüssigem Chlor auf Schwefel entsteht, das Schwefelchlorid enthalten sei, das durch Einwirkung von Chlor auf die Schwefelverbindnngen des Zinns, des Titans und des Antimons er- zeugt wird. Aber nur in Verbindung mit den höchsten Chloriden dieser Me- talle, kann der Schwefel so viel Chlor aufnehmen, dafs er das der schwef- lichten Säure entsprechende Chlorid S€1? bildet. Wahrscheinlich kann die- ses Schwefelchlorid im reinen Zustande für sich nicht existiren, sondern nur entweder in Verbindung mit jenen Chloriden, oder mit Schwefel, den es in allen Verhältnissen aufzulösen vermag. Nach dieser Ansicht ist also aller Chlorschwefel, der durch Einwir- kung von Chlor auf Schwefel entsteht, Schwefelchlorid, SE1?, das Schwe- fel aufgelöst enthält. Aufser Schwefel scheint das Schwefelchlorid viele an- dere Substanzen auflösen zu können, ohne seine charakteristische Eigen- schaft, durch Wasser in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zu zerfallen, zu verlieren. Weiter unten werde ich zu zeigen suchen, dafs wasserfreie Schwefelsäure in sehr grofser Menge vom Chlorschwefel aufge- nommen werden kann. Ich habe früher zu zeigen gesucht, dafs die Verbindung des Chlors mit Schwefel, in welcher gleiche Atome von beiden Elementen verbunden sind, S-+Cl, in sofern eine gewisse Beständigkeit besitzt, als sie ohne Zer- setzung von einem Chlorschwefel, der noch mehr Schwefel enthält, abde- stillirt werden kann, und dafs dieses Destillat immer von gleicher Zusammen- setzung ist (). Man mufs daher wohl auf die Meinung geführt werden, dafs dieses Product eine bestimmte chemische Verbindung sei. Nimmt man in- dessen diefs an, so wäre die rationelle chemische Formel für diese Verbin- dung nicht S+Cl, sondern nach obiger Ansicht SEl?+3S. Ich habe früher bemerkt, dafs es mir nicht hat gelingen wollen, eine beständige Verbindung von Chlor und Schwefel darzustellen, welche der Zusammensetzung S+€l entspräche; Dumas hat sie indessen im isolirten Zustande dargestellt. Aus oben angeführten Versuchen ergiebt sich, dafs sie (*) Poggendorff’s Annalen Bd. XXI. p.432. 204 H. Rose auch in Verbindung mit Arsenikchlorür, As€l?, existiren könne. Nimmt man an, dafs auch sie eine bestimmte chemische Verbindung ist, so ist die chemische Formel für dieselbe SEl?+S, und für die oben erwähnte Ver- bindung von diesem Chlorschwefel und Arsenikchlorür, welche oben mit der Formel As€l’+3S€l bezeichnet wurde, müfste dann eigentlich die For- mel »As&l?-+3S€1?+3S gelten. — Offenbar giebt das Schwefelarsenik mit dem Chlor aus dem Grunde nicht analoge Verbindungen, wie Schwefelzinn und Schwefelantimon, weil das Schwefelchlorid, S€l?, sich nur mit den höchsten Chlorverbindungen von Metallen zu verbinden scheint. Vom Ar- senik existirt indessen keine der Arseniksäure analoge Chlorverbindung, As€l’. Würde sie dargestellt werden können, so würde dieselbe eine ähn- liche Verbindung mit dem Schwefelchlorid geben, wie das Antimonchlorid, Sb£l°. Die Existenz der Verbindungen SCl und SEI streiten, obgleich sie nach bestimmten Verhältnissen zusammengesetzt sein können, nicht dagegen, dafs sie nicht Verbindungen von Schwefel mit dem Schwefelchloride SE]? sind. Auch dafs diese Verbindungen, besonders die Verbindung SC], bei niedrigerer Temperatur flüchtiger sind, als Schwefel, und von diesem bei der Destillation nichts zurückbleibt, kann nicht auffallend sein, da schwerer flüchtige Körper gemeinschaftlich mit leichter flüchtigen bei niedrigeren Tem- peraturen überdestilliren, als wenn sie allein ohne diese erhitzt werden. Bei dieser Verflüchtigung werden oft Verbindungen von bestimmter Zusammen- setzung überdestillirt, wie dies der Fall bei den Verbindungen des Alkohols und des Chlorwasserstoffs mit Wasser ist. Aufser den Verbindungen SCl und SE] kann bekanntlich das Chlor noch mehr Schwefel aufnehmen, und endlich so viel davon, dafs die erhal- tene Auflösung eine dicke Consistenz bekommt, und dafs aus einer heifs be- reiteten Auflösung beim Erkalten Schwefel in ausgezeichneten Krystallen sich ausscheidet. Es wäre möglich, dafs auch unter diesen Auflösungen Ver- bindungen von einer bestimmten Zusammensetzung aufgefunden werden könnten, so. dafs man hiernach vielleicht viele Verbindungen des Schwefels mit dem Chlor annehmen könnte. Aber alle diese würden die Eigenthüm- über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w.. 205 lichkeit besitzen, durch Wasser in Chlorwasserstoffsäure, in Schwefel, Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zu zerfallen, und können da- her unstreitig wohl als Verbindungen von Schwefel mit diesem Chloride S&E1? angesehen werden. Diese Ansicht scheint durch mehrere Thatsachen bestätigt zu werden. Wird Chlorschwefel mit wasserfreier Schwefelsäure in Berührung gebracht, so verbinden sich beide zu einer braunen Flüssigkeit, welche sich bei sehr niedriger Temperatur unzersetzt erhält, bei erhöhter Temperatur indessen unter Entwicklung von schweflichter Säure eine eigenthümliche Verbindung von wasserfreier Schwefelsäure mit einem der Schwefelsäure entsprechenden Schwefelchloride (SE13+55) erzeugt, von welcher in einer besondern Ab- handlung ausführlich gehandelt werden soll. Wird indessen sehr wenig Chlorschwefel mit sehr vieler wasserfreier Schwefelsäure in Berührung ge- bracht, so erhält man eine Verbindung von schön blauer Farbe, die durch mehr hinzugefügten Chlorschwefel braun wird. Wird die blaue Verbindung erhitzt, so erzeugt sich aus ihr, wie aus der braunen, unter Entwicklung von schweflichter Säure, das schwefelsaure Schwefelchlorid (SE13-+55), nebst überschüssiger wasserfreier Schwefelsäure. Es ist indessen bekannt, dafs die wasserfreie Schwefelsäure mit wenig Schwefel eine blaue, mit mehr Schwefel eine braune Verbindung giebt. Nimmt man an, dafs der gewöhnliche Chlorschwefel, auch wenn man lange Chlorgas durch denselben hat strömen lassen, eine Auflösung oder Verbin- dung von Schwefel im Schwefelchloride SE1? ist, so ist es offenbar dieser aufgelöste Schwefel, welcher bei dem angeführten Versuche die blaue und die braune Farbe mit der wasserfreien Schwefelsäure hervorbringt. Die Ansicht, dafs der Chlorschwefel eine Auflösung von Schwefel im Schwefelchloride SE? sei, wird ferner dadurch unterstützt, dafs die diesem Chloride analog zusammengesetzte schweflichte Säure, wenn sie im wasser- freien Zustand mit trocknem Ammoniak verbunden wird, einen festen Kör- per bildet, der krystallinisch und von gelber Farbe ist, und in welchem durch Behandlung mit Wasser die schweflichte Säure, wie das Schwefel- chlorid SE1?, in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zerfällt. Ich 206 H. Rose habe dieser Verbindung schon in einem früheren Bande dieser Abhandlun- gen Erwähnung gethan (1), später indessen die Untersuchungen darüber fortgesetzt. Da die schweflichte Säure in dieser Verbindung dem Schwefel- chloride SE? in seinen Eigenschaften vollkommen analog ist, so theile ich diese Untersuchungen hier mit. Bei den Versuchen, die ich früher mit dem wasserfreien schweflicht- sauren Ammoniak anstellte, liefs ich beide Gasarten, das Ammoniak - und das Schweflichtsäure-Gas, im gut getrockneten Zustande, in ein gut getrock- netes, geräumiges Gefäfs treten, welches erkältet wurde, und in welchem die Vereinigung stattfand. Ich sorgte dafür, dafs stets Ammoniakgas in einem grofsen Überschufs vorhanden war, was durch den Geruch erkannt wurde, den das überschüssig ausströmende Gas zeigte. Ich verschlofs das Gefäfs, nachdem sich eine hinreichende, nicht zu grofse Menge des gelben schwef- lichtsauren Ammoniaks gebildet hatte, und ich befürchten mufste, dafs die Gasarten nicht mehr von der gröfsten Trockenheit entwickelt wurden. Die- ser Vorsicht wegen bereitete ich nie eine bedeutende Quantität der Substanz bei einer Operation. Ich habe schon früher bemerkt, dafs sich hierbei nur ein gelblicher Körper bildet, den ich früher, wenn auch nicht krystallisirt, doch krystalli- nisch erhielt. Wenn keine Feuchtigkeit zugegen ist, erzeugt sich nichts von einer weilsen Substanz, wohl aber verwandelt sich die gelbe Substanz sehr leicht in eine weifse, wenn der Zutritt der Luft nicht ganz vollkommen ab- gehalten wird. Durch spätere Versuche überzeugte ich mich, dafs die gelbe Substanz wirklich in kleinen Krystallen erhalten werden kann, wenn beide Gasarten über Quecksilber verbunden werden, und eine der beiden im Überschufs vorhanden ist. Die Form dieser Krystalle zu bestimmen, ist nicht gut mög- lich, da sie nur durch Glas beobachtet werden können. Ich hatte früher keine quantitative Untersuchung des erhaltenen Sal- (') Abhandlungen der physikalich-mathematischen Klasse der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin aus dem Jahre 1834. 8.737. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 207 zes angestellt, sie für überflüssig haltend, da ich von der Meinung ausging, dafs 2 Volume des Ammoniaks mit 1 Vol. der flüchtigen Säure sich verbin- den müfsten. Bei einigen oberflächlichen Untersuchungen überzeugte ich mich in- dessen, dafs immer Ammoniakgas weniger als in dem angeführten Verhältnifs absorbirt würde, wenn auch beide Gase lange mit einander in Berührung waren, und als ich Ammoniakgas zu einem grofsen Überschufs von schwef- lichtsaurem Gase treten liefs, fand ich durch mehrere Versuche, dafs beide Gase sich zu gleichen Volumen verbinden könnten. Ich überzeugte mich ferner, dafs ein solches erhaltenes wasserfreies saures schweflichtsaures Ammoniak sich in seinen Eigenschaften und in sei- nem Verhalten gegen Reagentien gar nicht von dem unterschiede, bei dessen Bereitung ein Übermaafs von Ammoniakgas angewandt wurde, und dafs in beiden die schweflichte Säure langsamer durch die Länge der Zeit, schneller aber durch Einwirkung gewisser Reagentien in Schwefelsäure und in unter- schweflichte Säure zerfalle. Es schien mir deshalb zu wahrscheinlich, dafs, wegen der Ähnlichkeit hinsichtlich des äufseren Ansehens und hinsichtlich der Eigenschaften, beide Verbindungen von derselben Zusammensetzung sein müssen. Ich stellte des- halb Versuche darüber an, die ich früher anzustellen unterlassen hatte. Ich fand, dafs in der That beide Gase sich nur nach gleichen Volu- men verbinden, wenn auch Ammoniakgas im Übermaafs vorhanden ist. Das Nähere der Versuche, bei denen stets ein bedeutendes Volum von Ammo- niakgas mit sehr geringen Volumen von schweflichtsaurem Gase zusammen- gebracht und immer lange Zeit in Berührung gelassen wurde, ist Fol- gendes: 1. 43,75 Vol. schweflichtsaures Gas verbanden sich mit 46,5 Vol. Ammoniakgas IF. 28,75 ” ” n ” EL ” 26,9 Er) 7 11I. 30 ” ” Er) ” ” Er) 29,5 ” Es ergiebt sich aus diesen und aus früher bekannt gemachten Ver- suchen, dafs sich unter allen Umständen schweflichtsaures- und Ammoniak- 208 H. Rose gas nur zu gleichen Volumen verbinden, und dafs das wasserfreie schwef- lichtsaure Ammoniak nur im sauren Zustande dargestellt werden könne ('). Die nächste Veranlassung zur Anstellung dieser Versuche war ein in den Comptes rendus der Pariser Akademie (zweites Semester 1837, No. 10. S.395.) abgedrucktes Schreiben des Hrn. Forchhammer in Kopenhagen, in welchem er zu beweisen sucht, dafs bei der Verbindung vom trocknen Ammoniak - und schweflichtsauren Gase sich wasserhaltiges schwefelsaures Ammoniak und ein Schwefelamid bilde. Er bemerkt, dafs beide sich un- abhängig von einander, das eine von weifser, das andere von oraniengelber Farbe, absetzen, und sucht seine Ansicht durch eine quantitative Bestim- mung des Schwefelsäuregehaltes zu bekräftigen, indem er aus einer gewoge- nen Menge der Substanz, nach Auflösung in Wasser und Behandlung mit Chlorbaryumauflösung, die Hälfte der schwefelsauren Baryterde erhielt, als die betrug, welche durch Chlorbaryumauflösung gefällt wurde, nachdem eine andere gewogene Menge des Körpers mit Chlor behandelt worden war. (Die Mengen der Schwefelsäure verhielten sich wie 8,84: 18,20.) Hr. Forch- hammer fand ferner die Auflösung der Substanz immer alkalisch. Nach ihm bilden sich aus 2 Atomen des schweflichtsauren Ammoniaks 1 Atom wasserhaltiges schwefelsaures Ammoniak (schwefelsaures Ammoniumoxyd) und 1 Atom Schwefelamid, nämlich: 2(NH3+9)—= (SNH’+H) + NH?S. (') Wenn zwei Gasarten, die sich mit grolser Schnelligkeit zu einem festen Körper ver- binden, über Quecksilber mit einander vermischt werden, so steigt das Quecksilber in der Röhre, in welcher die Mischung geschieht, so rasch, dals viele Gasblasen an den Wänden der Röhre haften bleiben, die nur mit Schwierigkeit und nie vollständig davon getrennt werden können. Diels ist die Ursache, dafs, wenn ein kleines gemessenes Volum der einen Gasart zu einem gemessenen grofsen der anderen Gasart gemischt wird, der Rückstand fast immer ein geringeres Volum hat, als er eigentlich haben sollte. Deshalb ist bei zweien der oben angeführten Versuche das Volumen des absorbirten Ammoniakgases gegen das des schwellichtsauren Gases scheinbar etwas geringer ausgefallen. Aber aus derselben Ursache hat bei meinen früheren Versuchen, wo umgekehrt, kleine gemessene Mengen von Ammo- niakgas zu einem grofsen Volumen von schwellichtsaurem Gase gesetzt wurden, sich das Volumen des absorbirten schwellichtsauren Gases geringer als das des absorbirten Ammo- niakgases gezeigt. über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. Ss. w. 209 Ich habe schon oben angeführt, dafs, wenn ich grofse Vorsicht be- obachtete und alle Feuchtigkeit vermied, ich durch Vereinigung des Ammo- niak - und des schweflichtsauren Gases nur einen gelben krystallinischen, nicht gleichzeitig einen weilsen Körper erhalten konnte. Man kann diefs besser wahrnehmen, wenn man beide trockne Gase über Quecksilber, und nicht in einem Ballon zusammentreten läfst. Der krystallinische Zustand deutet auf einen Körper nach bestimmter Zusammensetzung. Nun ist zwar in vielen Fällen erlaubt, sich, wenn ein zusammengesetzter Körper durch Einflufs von Reagentien in gewisse Bestandtheile zerfällt, ihn sich aus diesen zusammengesetzt vorzustellen, und so könnte man sich in dem wasserfreien schweflichtsauren Ammoniak ein Schwefelamid denken, das bei seiner Auf- lösung in Wasser basisch unterschweflichtsaures Ammoniak bilden würde. Da indessen das wasserfreie schweflichtsaure Ammoniak eine saure Verbin- dung ist, so müfste man sie sich aus einem Schwefelamid und Schwefelsäure- hydrat zusammengesetzt vorstellen, denn NH°’+ :S—=SH-+NH?S, eine Verbindung, die bei ihrer Auflösung in Wasser nicht alkalisch reagiren kann, wie ich diefs auch nicht fand; es müfste denn sein, dafs das Gefäfs, in wel- chem der Körper sich gebildet hatte, und in welchem er in Wasser aufge- löst wurde, mit sehr vielem freien Ammoniakgas angefüllt war. Ich habe in meiner früheren Abhandlung angeführt, dafs die Auflösung der Substanz, wenn zu derselben ein Übermaals von Ammoniakgas angewandt wurde, wo also das Gefäfs damit noch angefüllt war, frisch bereitet zwar das Lackmus- papier nicht röthet; dafs diefs indessen der Fall sei, wenn sie einige Zeit in verschlossenen Gefäfsen aufbewahrt worden ist. Ich habe in meiner früheren Abhandlung absichtlich nicht die Gegen- wart eines Schwefelamids im wasserfreien schweflichtsauren Ammoniak an- genommen. Mich bewogen dazu mehrere Gründe. Ein Schwefelamid NH?S würde durch Aufnahme von Wasser basisch unterschweflichtsaures Ammo- niak bilden. Bis jetzt indessen kennen wir keine basische, sondern nur neu- trale unterschweflichtsaure Salze, und dann entsprechen die bekannten Amide, wie das Oxamid und das Benzamid, nur neutralen Ammoniaksalzen. Weit mehr indessen als diese Ansicht, auf welche man vielleicht nur wenig Gewicht Physikal. Abhandl. 1837. Dd 210 H. Rose zu legen braucht, bestimmte mich der Umstand, dafs man die schweflichte Säure aus dem wasserfreien schweflichtsauren Ammoniak auf Kali übertragen könne, und dafs sie in der Verbindung mit Kali unter gewissen Umständen noch die von gewöhnlicher schweflichter Säure verschiedene Eigenschaft, durch gewisse Reagentien in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zu zerfallen, beibehalten könne. Ich halte die Entdeckung der Amide für eine der wichtigsten, wo- durch in neuerer Zeit die Chemie bereichert worden ist. Aber gerade des- halb ist es rathsam, streng nur das für ein Amid zu erklären, was ohne Zwei- fel und Anfechtung dafür erkannt werden kann. Nichts schadet der Ver- breitung einer folgereichen Entdeckung mehr, als eine zu voreilige Anwen- dung derselben. Ich nahm daher an und beharre dabei, dafs die schweflichte Säure im wasserfreien Salze eine isomerische Modification der gewöhnlichen schwef- lichten Säure sei, und dafs es nicht das ganze Salz ist, dessen Auflösung mit der des wasserhaltigen sauren schweflichtsauren Ammoniaks als isomerisch zu betrachten sei. Ich zeigte, dafs wenn die schweflichte Säure im wasser- freien Salze in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zerfällt, in bei- den Säuren gleich viel Schwefel enthalten sein müfste, was auch Hr. Forch- hammer durch den oben angeführten Versuch bestätigt hat. Dafs die schweflichte Säure im wasserfreien Salze durch Einwirkung von Chlorbaryum sogleich in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure zerfällt, und daher sogleich die ganze Menge der schwefelsauren Baryterde, die durch erstere gebildet werden kann, sich ausscheidet, während das was- serfreie Salz in seiner Auflösung längere Zeit sich in seiner isomerischen Modification erhält, erfolgt durch die prädisponirende Verwandtschaft der Baryterde zu der sich ausscheidenden oder bildenden Schwefelsäure. Aus demselben Grunde zeigt die Auflösung des salpetersauren Silberoxyds und anderer Metalloxydsalze, welche in der frisch bereiteten Auflösung des was- serfreien Salzes Schwefelmetalle abscheiden, etwas ganz Ähnliches, während andere Reagentien erst in einer längere Zeit aufbewahrten Auflösung die Um- wandlung der schweflichten Säure in Schwefelsäure und unterschweflichte über das Verhalten des Chlors zu Schwefelmetallen, u. s. w. 311 Säure bewirken. Übrigens erhielt Hr. Forchhammer durch Chlorbaryum nicht genau die Hälfte des Schwefels der Verbindung in der schwefelsauren Baryterde, sondern etwas weniger, eben so wie ich bei der Untersuchung das aus einer frisch bereiteten Auflösung des wasserfreien Salzes durch sal- petersaure Silberoxydauflösung ausgeschiedene Schwefelsilber reicher an Silber fand, als das gewöhnliche Schwefelsilber, weil gewifs noch nicht die ganze Menge der schwefllichten Säure sich vollständig in Schwefelsäure und in unterschweflichte Säure verwandelt, und ein Theil derselben, wie ge- wöhnliche schweflichte Säure, metallisches Silber aus dem Silbersalze aus- geschieden hatte, das mit dem Schwefelsilber gemengt wurde. N — DE u 1 Ba GE EEE GE Frust * re 12 saislad sr meld ah —- us noeadtolilid de nah PEREHRR LE 07 ai ger) une ayınaaldurnlaa ch wi gunhe. da"? oh olalavırl‘ ash nftiskt oh ren don] Ash istk. ılai ai, ne asde ua : ia en PR SARLETERIE RG ala al genzöllun Suche Ko kart raten nulraidnangen Pu Iren ae des liar: amtiislslondsf sloilanlöwsg an el: 34 \ j Br. ih, Ti Raplihprnian di geumellan a un sa zab.agnalt ss oe „uarktsauah Inu? le num ‚Hohswuar a5 Slsiilerrloerh rn aha ll sera. ran”. aulndliawiie alle i she ynasg ulltehslaneb er an Sur an ‚attad mabehbrn: . m Li . I; 0 I . e un A ü . u j . u . an u . N - . ze - . — u nz . 5 . u . . i 7 . . - . . Er 5 . . iD Bu Mathematische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. sa an aaa sauna ererorernerneennnn Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 1839. In Commission bei F. Dümmler. I a x B 0 . . . . @ | nj! ech" Ws dh a ib is ı. Es j ü i > - ru = . . Br . u LEUTE j E EL N he | F = ner u Be j a on . j 2 Ei . . En ara, bit. mn EncKE über die von Herrn Director Hansen auf Seeberg eingeführte Form, die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln....Seite 1 LEJEUNE -DIRICHLET: Beweis des Satzes, dals jede unbegrenzte arithmetische Pro- gression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne ge- meinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält.. - 45 ——_ un mau i ’ - rs 2 x f! R| Vi si [Ce A wi n+ i . z ai ur al 2 ee er . nn ai nina VRR og ] j . ze 2 \ P . 2 Ko werdet POL" aenuinnsu War AD He a a RL ME Tee nn m ME 0 2 Kane wahl lg eh Naclı a Fans iorch mu. Bo. al ir Mille an un T ATTUNNE I ITIR UNTEN Über die von Herrn Director Hansen auf Seeberg eingeführte Form, die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. Von H” ENCKE. mm | Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 15. Juni 1837.] h. der von der Akademie gekrönten Preisschrift über die Störungen des Jupiters und Saturns bezieht sich Hr. Director Hansen, bei der Darlegung des Ganges seiner Untersuchung, für die ersten zum Grunde gelegten For- meln auf eine Abhandlung in Schumacher’s astronomischen Nachrichten. An sich scheint es angemessen, dafs in unsern akademischen Schriften Alles enthalten sei, was zur Würdigung einer Preisschrift nöthig sein möchte. Um so mehr wird es hier der Fall sein, daHansen’s Form eine ungewöhn- liche ist, welche von einigen Seiten die gewifs ungegründete Beurtheilung erfahren hat, als seien die Änderungen, die Hansen einführt, nicht so motivirt, dafs ihre Nothwendigkeit einleuchte. Vielleicht dafs die erste Ableitung der Formeln in der von Hansen citirten Abhandlung etwas dazu beigetragen hat, ihre Einführung zu erschwe- ren, in jedem Falle dürfte aber die Betrachtung derselben Frage von ver- schiedenen Gesichtspunkten aus, besonders bei einem neuen Gegenstande von Werth sein. In der folgenden Abhandlung habe ich deshalb versucht, die beiden Grundformeln, welche Hansen gleich anfangs in seiner Preis- schrift anführt, und welche die Störungen der Länge in der Bahn und des Radius vector begreifen, zugleich mit allen Vorschriften zur Berechnung der Störungen der ersten Ordnung auf die einfachste und natürlichste Weise abzuleiten. Die Störungen in der Breite habe ich ausgeschlossen, eben so wie auch die Störungen der höhern Ordnungen in Bezug auf die Massen, Mathemat. Abhandl. 1837. A 2 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, weil die fortgesetzte Beschäftigung mit diesem Gegenstande von Seiten des Hrn. Director Hansen selbst, wesentliche Änderungen von der in der Preisschrift angedeuteten Art der Berechnung herbeigeführt hat. Die folgende Ableitung scheint die einfachste zu sein, die sich wün- schen läfst, denn sie ist nichts anderes als die ganz kunstlose Substitution der Änderungen, welche die Elemente durch die Störungen erfahren (die sogenannte Variation der Constanten), in die rein elliptischen Ausdrücke, bei welcher durch die Unterscheidung der Zeit, sofern die Variation der Elemente davon abhängt, von der Zeit, welche bei constanten Elementen die Änderung des Ortes herbeiführt, der Einflufs der Störungen auf die Länge in der Bahu völlig strenge und isolirt erhalten wird. Diese Unter- scheidung durch ein doppeltes Zeichen ist der erste wichtige Schritt, den Hansen gethan hat. Der zweite, hauptsächlich in den Störungen der hö- heren Ordnungen einflufsreiche, ist die Übertragung der Störungen von der wahren Länge in der Bahn auf die mittlere. Dieser letztere, dem eine nicht hinlänglich motivirte Neuheit vorgeworfen ist, kann strenge genommen nicht neu genannt werden, da in den Störungen des Jupiters und Saturns, wo auf die höheren Potenzen der Massen Rücksicht genommen werden mufs, bei Laplace bereits ein solches Glied sich findet. Neu aber bei Hansen ist die allgemeine Durchführung des Princips, die Jedem, der sich näher damit beschäftigt, durchaus zweckmäfsig erscheinen mufs. Der dritte Vor- zug der Hansenschen Methode besteht in der absoluten Strenge aller Aus- drücke, so dafs nirgends etwas vernachlässigt zu werden braucht, eine Strenge, die sich nicht blofs auf die erste, sondern auf alle Potenzen der Masse erstreckt. Diese Strenge wird mit dadurch erreicht, dafs Hansen nicht, wie es bei andern Methoden geschieht, darauf ausgeht, die einzelnen bedeutenderen Glieder zu finden, sondern dafs er immer voraussetzt, die Entwickelung der Kräfte in periodische Reihen sei vollständig geschehen, wozu er eine mechanische Berechnung anwendet, und in dieser Voraus- o setzung stets alle kleinen und grofsen Glieder zugleich finden lehrt. Weder in Bezug auf die Eccentrieität, noch auf die Neigung, noch auf die Potenz der Masse wird eine Beschränkung anders eingeführt, als sie in der Natur des Problems liegt. Zugleich wird die Zeit aufserhalb der Sinus- und Cosinusfunctionen auf eine leichte und vollständige Art (bei einer spätern Bearbeitung noch vollständiger als in der Preisschrift geschehen) vermieden, die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 3 so dafs in der That hier eine Form aufgestellt ist, die an Schärfe und Kürze die früheren übertrifft, und gegründete Hoffnung giebt, dafs wenn unser ganzes Planetensystem darnach wieder von Neuem untersucht worden sein wird, die Unterschiede, welche bis jetzt noch genauere Beobachtungen haben erkennen lassen, verschwinden werden. Als einen Beitrag zur Verständigung mit dieser Form möchte ich diese Abhandlung angesehen wissen. Hr. Dr. Wolfers, der sich um die Be- vechnung des astronomischen Jahrbuchs so grofse Verdienste erworben hat, und Hr. Galle, mein jetziger Gehülfe, haben bereits einen beträchtlichen Theil der Störungsrechnungen für Vesta darnach vollendet, und fahren da- mit fort, soviel ihre andern vielfachen Geschäfte erlauben. Von den Re- sultaten derselben werde ich später Rechenschaft ablegen. I: Die vier Elemente, deren man zur Bestimmung der Länge in der Bahn und des Radius vector bedarf, mögen folgendermafsen bezeichnet werden: Exsneenee.„ Epoche der mittleren Anomalie ; Kassen. Mittlere tägliche siderische Bewegung, und davon abhängig die halbe grofse Axe .....a..... vermittelst der Gleichung eek, wo k eine Constante bei jedem Planeten ist, die von der Summe seiner und der Masse der Sonne abhängt; E sanennen.. Eccentricität, welche auch gesetzt wird = sin; Fr. eine Gröfse, analog der Länge des Perihels; bezeichnet man die letztere mit r, den aufsteigenden Knoten mit Q, die Nei- gung mit ö, so ist N 7 fü cos) nn. Die Einführung dieser Gröfse, welche Lagrange schon vor- 5 s ö geschlagen hat, die aber Hansen eigentlich erst in Anwen- A2 4 Excke über die vom Director Hansen eingeführte Form, dung gebracht, dient wesentlich zur schärferen Darstellung, in so fern durch sie die kleineren Glieder der Störung der Länge in der Bahn, welche von der Änderung der Lage der Bahn gegen eine feste Ebene herrühren, mit völliger Strenge aus den Störungen der Länge in der Bahn verschwinden, so lange man unter Länge in der Bahn die Gröfse versteht, welche eben so von =, abhängt, wie die gewöhnlich mit Länge in der Bahn bezeichnete Gröfse von 7. Wenn man mit diesen Elementen einen Ort zur Zeit Z berechnet, so werden die bekannten elliptischen Formeln: g =ut-+s, g = E-—esinE, re=wtEyl), I =U-+7, ali—e?) r = al—ecosE) = zo’ wobei, der Kürze wegen, p = a(1—e?) genommen werde. Hier ist g die mittlere Anomalie, E die eccentrische, v die wahre; l, die nach der ebenerwähnten Bestimmung modifieirte Länge in der Bahn, r der Radius vector. Statt der Epoche e führt man gewöhnlich die mittlere Länge ein. Ihr analog möge deshalb L, — e +7, gesetzt werden. Der so berechnete Ort wird völlig strenge sein, wenn man die Ele- mente selbst als variabel, Functionen von ?, betrachtet, welche durch die Integration der Differentialformeln erhalten werden: de . 77 7 ‚"taa cos p sinv ,+ aa cos$ (cosv + cosE) I, drı __ aa cos (b cosv \ asinv de zu | e R+ (p+r) e cosp Ss.) d . , ( = _ uf skVa tgp sinv R,— 3kVa-— — = Sch ?du SAU dt It, atgtop . Y „= ul (ara cosdtgpcosv) R,-+(p-Hr) if e die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 5 wo AR, die störende Kraft in der Richtung des Radius vector, positiv genom- men in seiner Verlängerung, S, die störende Kraft senkrecht auf den Radius vector, positiv genommen im Sinne der Bewegung ist. Es ist dabei de dl, dr, t dır dı dt dt dt FF ST Die Integrale werden zu Constanten die Werthe der Elemente haben, welche stattfinden, wenn die störende Kraft Null ist, und sie müssen genom- men werden bis zu 2=f, oder derselbe Werth der Zeit mufs in ihnen sub- stituirt werden, welcher zur Berechnung des Ortes vermittelst der Elemente dient. 2. Um das Differential der Änderung, welche die Variabilität der Ele- mente in den Polar-Coordinaten des Ortes hervorbringt, ganz vollständig und isolirt zu erhalten, wende man dieselben variabeln Elemente, welche für 2 gelten, an zur Berechnung eines Ortes zur Zeit r, so dafs in dem End- resultat die Zeit, sofern sie die Variation der Elemente bedingt, durch 7, sofern sie bei der Anwendung der Elemente zur Berechnung des Ortes dient, durch r bezeichnet wird. Alles was auf diese Weise von der Variabilität der Elemente abhängt, ist Function von /. Beide Gröfsen r und / sind völ- lig unabhängig von einander. Für diese Berechnung sei: % ZzZuUT#+ES, Y =fF—-esinE, ar Wte=wtey(H) A, =W+7, — Fu: Q — Le S Zee 1-+ecosw " Das vollständige Differential von A, in Bezug auf die Zeit wird auf diese Weise Ar, ar, dr dt 6 Exckz über die vom Director Hansen eingeführte Form, wofür man die Werthe findet dy dy dı des I —I gs — dr KB, dt dt % dt’ de a dy dE _ a dy asn& de dr ee ar’ der e dt eg dt’ dw 24 aa cos j n dw zu aacosp dy es aacosh sin &(1ı+ 2) dr ee dr dt e2 dt p a), dw di, __ dw dr; ds 7 u? Ber aa: dt Es folgt hieraus, dafs dr, __ aacosp dy £) . de e2 i dr; \ dt ee ! dt + (1+ p sin € dt + aa cos dt |’ welches man auch schreiben kann 2 di, __ de ( e IE 2200 drı dr, de "dt Era Gas 2)snez A cosh d2® dr oder, wenn man Z, einführen will, Ih ar, al, __ a (1 m . == T— — 1 = — Eu Dee (1) AN dt dt „,d+G ) + ( sin es aacos® z dr se ’ 3 . ä a dL d Wenn in diese Differentialformel die Werthe von —-, 5; nn -— sub- stituirt werden, und dann alles nach 7 integrirt, so wird als Constante der Werth von A, hinzugefügt werden müssen, welcher stattfindet für die störenden Kräfte = Null. Vertauscht man in dieser so erhaltenen Function r mit /, so hat man den völlig strengen Werth von Z,, da y, w, A, g durch diese Vertauschung unmittelbar übergehen in g, v, /,, r. EIERN RB N Um die Substitution der Werthe von #1 ete. zu erleichtern, gebe . # dL dt ke) man den Coeflicienten von R, und S, in “7- eine etwas veränderte Form, wodurch sie mit den Coeflicienten derselben Kräfte in a und — sich leichter vereinigen lassen. Es ist: die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 7 1 1— cos 2ar + aa coshtg 7P cosv = zar + aacosb COSU ———, = COS v aa cos« = a(2r— =) ZB Aa BIN 2 e vermöge der Gleichung cos$ = sinEsinv + cosE cosv cos® wird aber cosv __ sinEsinv r cosv e = cos d ae ° und folglich da cosv r cosU £ me gps pcs e [4 cosv =rsinv’ ®+rr — = acosdsnEsnv+r so wird der ganze Werth von 2ar + aa cosbtg-— P cosv = aa cosb sin E sine (1 +) ( aa cos —1]) ——— cost. e aa rn Eben so läfst sich auch der Coefficient von S, in Zu umgestalten. Denn es ist ptr atg-p : es. f : 1— cos Sale sinv = (p+r) asınv en RE. (p+r) asıinv (1—ecosE) (1-Fe cosv) 1 = cosh ecosh e = (p+r)asinv [een (cosv + cosE) + (1—e cos E)? w -} cos eos cosh ecosp e = —(: 1+ 2) aa c0s$ sin E (cosv+cosE)— ee = a sinv (— 1). Vermittelst dieser beiden Transformationen erhält man sogleich [Z je = m ze p+tr . . aacosv e2 vr > ) +47 gsinw asinv— 7 r sinv asinv — —— 1 — if, 2 p e aa aa nn (E-) rom Ele reines 8 S Excke über die vom Director Hansen eingeführte Form, Die Richtigkeit dieses Ausdrucks wird dadurch bestätigt, dafs, wie der Augenschein lehrt, die rechte Seite Null wird, wenn r mit 7 vertauscht wird. Da nämlich, nach der Theorie der Variation der Constanten, die Differential- quotienten der rechtwinklichten Coordinaten in Bezug auf ? genommen, d.h. wenn man in ihnen blofs die Elemente als mit der Zeit variabel betrachtet, Null werden müssen, so zeigt der Übergang auf Polar-Coordinaten, dafs en und en — Null sein müssen bei derselben Be- schränkung. Nun aber ist ıy wenn man nach der Differentiation 7 mit / ebenfalls allgemein vertauscht, nichts anderes als der so bestimmte Differentialquotient. A, Zum Behuf der Integration werden die störenden Kräfte A, und $, in periodische Reihen nach ?, oder nach den mittleren Bewegungen des störenden und des gestörten Planeten entwickelt. Eben dieselbe 'Transfor- mation wird mit den Coefficienten derselben vorgenommen werden müssen. Sie wird beträchtlich erleichtert durch den Umstand, dafs alle Entwickelun- gen nur von den Reihen für das Quadrat des Radius vector abhängen. Es ist nämlich, wenn man der Kürze wegen Ta —ı = h ne —i1- a? b) a? % setzt, a p r aa h er [4 7° a ’£ e und folglich (2 -2)=- £ 2). 2 e eg a e e Ferner ist . ı acosb dh f dh ’SnV! = — — > rcosv=—-— 4A , © e dg = de und wegen a(l(p-+r)rsinv r a or) = aa cos&b £ _ cosu + cl 2 a dh j F -+3en e = da cos&b I- FR 2 dh NYd (p+r)r sinv = — aa cos® (38 dg, die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 9 ohne weitere Hinzufügung einer Constante nach der Integration. Es wird daher auch ı acosh dy, N dy, einw=— ; gcsw= — —a—, e dy de (p+2) eg sinw = — au cos ( ae se) dy. Endlich ist auch wegen r+er cosv = p (p-+-r)r” sinv® = (p+r)r’— (p-++r)r’ cosv’ 2 ä rcosv 5 r’ cosv = 2pr”—er cosv — DD’ —— > cosv o rcosv ) — = 2pr’+ ae e pr? 23 aprcosv (h+e? ji Folglich nach dem Öbigen dh fi 30) de =(h+e )— — ie(h+-1). 9) dg de Wendet man diese Ausdrücke auf (2) an, so wird 127 ar, __ dıı Ar NZ dt dr dh - Se —3e) Be Fr dh ) de; dh (x Du MRo (4) res a 0 +) (Es) dr ur Be ) ds} &28, oder wenn man die letzte Transformation einführt: 14 dA’, dis dx, dE C =; ) dt dr 2e a’ 2 dy, 2 dh , a far. Be 3e)dy— (ge IE — 3E£ woraus man sicht, dafs die ersten beiden Theile des Coefficienten von R, a? - AS ER ) dy are‘ + u ARRo (5) MSo dg aus der Differentiation der beiden Theile des Coefficienten von S, erhalten werden können. Mathemat. Abhandl. 1837. B 10 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, Wenn gesetzt wird +0) SG —3e) dIY=FN): GO me blofs durch Vertauschung von g mit y und umgekehrt erhalten werden, so so wird dafs man nur die beiden Entwickelungen von den beiden Functionen zu machen und mit einander zu ee hat. Bezeichnet man jetzt noch der Kürze wegen EN) -KE) = Fls;Y: so wird der ganze Ausdruck geschrieben werden können: Ai dt 1 dr ee AXı F 1A dt ne 8 (6) Ze a? dF (g,,y) ’ nu e? ra 8. Der Werth von -% ist nicht mit den andern vereinigt, weil der dt 5 ; Coefficient (r—t) keine weitere an möglich machte. Durch die so- genannte fonction perturbatrice wird 7, am einfachsten bestimmt, da, wenn diese = gesetzt wird, 1 du __ R k an a Sa daR 3 dt ya ds H den: wo nn von der Kraft in der Richtung der Tangente im Sinne der Bewegung dR de ? R,, S,, läfst sich eine durch die beiden andern eliminiren, wegen der Gleichung positiv genommen abhängt. Von den drei so vorkommenden Kräften 1 dia 3k da? acosh fee . — äh — _— Rn dt Va de eVatg psinv R, 3k Va r 5; die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 11 wodurch So __ 1 da? er sinv Ro r aacos [fb) ur ru == p er oder So __ 1 da? 1 dh Ro = r " aacos (03) "de 2cos & " dg "Or C ) Substituirt man diesen Werth in (4), so werden die Coefficienten von — unmittelbar erhalten. Der Coefhicient von a ah Ate? Ir) ) dv x(2 (1+ ER a’ dh , " dh „te? a? dh Er Ef de —3e) dgx{ü (1+ cos(p? 2) + de x—h) __ ( dy, e „ah dh p dh, = - [5.2 f(& —:e) )W-5 N )dgs—& 7 (u-h) 2 oder wenn man aus (3) substituirt und reducirt: wird aber Be a® un an Be 2, dh see? r? = 2 " —3e) d a? are a? Ze den man auch so schreiben kann: ft Y, — SG) a — +e‘) (E-x)+e& Es wird dann der ganze Ausdruck Air an ie) EEE Ser in > () dr S aa dF(g,,y) = , =, = rad = +3(1—e)trR,. ° Unter eine der beiden Formen (6) und ($) wird sich die Störung in der Länge der Bahn jedesmal stellen, entweder B2 12 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, A di a? 0 208, = (2—Y) 3a E77 ar cosp 8%) = dr a dAF(g,,y) 4r? 3Dz fi 2 Ro Bi dg a le) r oder (9) AA dt Er ( AR: No de dr 1F(g, ? > ___@@ Mr (6,9) + = +3-e)}rR,, p dg a wo die Function /'(g,y) ist — +) —30)dy-(2+) f(H —:e) dg, bei welchen die Coefficienten der Kräfte, abgesehen von den Factoren — und 7, sich ganz allein aus der Reihenentwickelung für das (Quadrat des Radius vector herleiten lassen. z Das Gesetz dieser Reihenentwickelung hat Bessel auf eine sehr ele- gante Weise in unsern Abhandlungen für 1524 gegeben (Untersuchung über den Theil der planetarischen Störungen, welcher aus der Bewegung der Sonne entsteht). Es ist, wenn man die Reihenentwickelung von = — 150 bezeichnet: = K’+K' cosig allgemein ee Nee Tree GG )“ +} mit Ausnahme von X°, welches =-+--e?’. Entweder hieraus oder aus der gewöhnlichen Reihenentwickelung nach dem Lagrange’schen Theorem erhält man bis zur 9'* Potenz der Eccentricität inclusive: die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 13 Eine 1 1 1 n | h=40—cos gl De oT er an 4 96 4608 368640 ao ee enge ° 6 48 720 Se = Ye —.C0S30J ee te — £ st 64 + 2560 20450 103; 2 2 _ euch re allge Ehe >16 15 rt 45 25 62 15625 — cossg I — ee — —e + — er 192 4608 258048 9 st — cosbg 4 — e’ — e® 50 560 _ Zi 17649 9 — cosig Be et 23040 737250 cosse I e® —_ S RE O1 315 und damit bis zur 8'%* Potenz der Eccentricität inclusive: dh 3 2 5 7 6 1 = 12— c0s g| 2— Ben > e’ + an de 8 0 2 & 567 6 729 8 — C053Q 4 — €7 — —— e' _ e oO). \ Li 2560 20480 | oosiel ee erg 5 45 25 137 2 — 00558 Kenn an ge be) 4608 25672 ö 27 st — cosbg 4 — e’ — — e” \ 70 R 16907 5 17649 8 — c0S7g een OD | 23040 51920 14 dh Eur BE = —sinel 2 ——e —e — JS )dg s ! a Rec) BEP SRRREAT AE 8 707112 3 16 1 15 159 — sinseJ= ee? — ern e° °14 64 2560 A dv, 5 Ya,s 4: m — sınieJ—e — — e — Err.. EI. 5 tr 45 Ense BE 875 Be 3125 SO) 1 4608 25672 . 59049 — sın 38: (2 573440 Aus der Verbindung beider Entwicklungen von © 2 te und N erhält man den Werth von F(g,9)= 3 235 5 — 5e Zr en us 192 e ae Bor — — e? — e —_ —e 4 E 6 32 pe rn De ng 128 5 5 6 zur, ur # Ve 334 9 — e® Enckeg über die vom Director Hansen eingeführte Form, dh Ze —3e) dg sin (+ %) sin (0g +2) sin (0gC-+3%) sin (0g +4) sin (0 +5Y) sin (0g+6%) sin (0g-+7Y) sin ((C+8Y) die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu eniwickeln. 15 u e’ sin(g—9Y) 236720 nn sin(g— sy) 201 2101 i 11520 e' m "sin(g-9) Er en e’ + “ 2 sin (g — 6%) 5 25 52 i Zu = ; 64 e‘ u = °" sin(g—5Yy) _——e' +—e’ — = z sin(g—4Y) _—e’ +—e' — 2 + nr e" sin(g—3Y) _e +—e' ee’ nn y sin (g— 2%) R 5 7 ’ N ee +0 +’ et sing 0 0 0 0 sin(g+ Y) 1 1 19 E zur e' +5 ; 15360 See — = e = e‘ = Fr "sin (g+3Y) 1 23 B n ie en Z sin (g-+4Y) =” E e’ En "sin(g+5Y) n— e’ sin (g+6%) ae le) _ e* sin(2g —8Y) 2401 ß Z = ; u) _ - 2 + == e* sin (28 — 6%) 25 175 B — 8 Er 2 sin (28 — 5Y) 1 1 19 > _—e + ——, e sinbg—iy) Re. ee BR, sin (28 — 3%) 16 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, n 1 #. _—e +— e _ —e + e’ 4 4 72 43 ie 1. 7 7 _e ES _— —e az 4 64 2304 5 Se; 6 1 8 EL u a — i- 4 6 ur 32 72 1 1 19 + —e _ —e?’ 2 24 96 15360 o 1) 0) 1 5 1 7 354 r 7680 1 6 1 8 360 450 Ss, 9216 3 8 1120 ZUM 8 92160 =) „7 320 Ze DSBE 768 334 I 5 7 7 _ —e 24 + 96 1 243 rn ee e® Br + 8 16 2 4096 5 Bee 2 4 — — ff — — 4 b) + 2 5 3072 ) I 35 M 5 —_— —e£ ( _ — , 2 + 2 128 2530 « 3028 7 5 19 7 — e PET REDEETER e 2 + 8 128 et 1024 e Ban 13 Mi ar la —_ —e 2 32 960 15360 10 U e — = 384 7630 0 0 1 7 1920 PL) — e 36864 sin (28 —2Y) sin (2g— %) sin2g sin(2g-+ %) sin (25 +2) sin (22-+3%) sin (28 +4) sin (2g +-5y) sin (28 46%) sin (38 —'Y) sin (38 — 6%) sin (ag — 5%) sin (38 — Ay) sin (3g—3Y) sin (sg — 2%) sin (ag — Y) sinsg sin(3g-+ %) sin (38-2) sin (3g-+3%) sin (ag -+-4y) sin (3g-+5Y) die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 17 160 3» , 152 Aus 1 — 36 E 15 1 5 7 7 — e —— == — 52 1 4 1 6 19 — ee ——B —_ 12 + 8 240 1 3 5 5 4 7 — ad une m 3 un 12 192 pe gt +— 12 2 9 23 5 ar 7 —— £ — +7 1440 Pe, 360 450 1 7 + 1920 ) 625 36864 =, 1152 SER, +— 768 334 25 5 175 7 334 1536 SER 35 6 1525 ne pP — 96 + 64 6144 TE 15 5 2 ER 334 9216 +24 = 1152 1344 3, = 9216 25 36964 3 160 eng: 320 Mathemat. Abhandl. 1837. e’ sin (ig — 6%) sin (lg — 5%) e® sin (ig —4y) sin (IQ — 3%) e" sin ((g— 2) sin (ig— %) e” sinig sin (ig+ Y) ° sin (ig -+2Y) sin (ig +3%) sin (iQ +4) ° sin (sg —5Y) sin (sg — 4) e" sin (sg — 3%) sin (5g—2Y) e’ sin (5sg— Y) sin 5g "sing Y) sin (5g 2%) " sin (5g+-3%) ° sin (8 —1y) sin (6g — 3%) C 18 Exckz über die vom Director Hansen eingeführte Form, 9 9 : 6 8 = — e e’ sin(6g—2 160 = so ( ö >y) Er 8 7 i — OO ug en sin (6g— Y) 27 2 6 8 ee er sin 6g + BE .. sin (6g-+ Y) 448 O 3 Be e’ sin(6e 2 Sarn (68 +29) AM 8. = sin (Tg — 3% 2160 ( be) Y) 1 i _ €’ sin (72 —2 46050 ( oO 22) Hi oe ZUM 8 _ e“ — —_e: sin(7e— 11520 5760 ( ie) y) 41 : S "0 9216 21075 Zi 8 SER 122550 sin(/g+ Y) 16 5: — e’ sin(se — 23 315 ( 5 Y) Fr . _ - e sin (se — 3 228 sinsg 63 o 5 — _— oe sın(90.— 9 256720 (88 Y) und dann auch den Werth von dem Coefficienten von A, (abgeschen von dem Factor |) in der zweiten Gleichung von (9) 1F(g, > z 3 {= + +3 e)} = —2 — cos(02-+0y Euer (085-+0%) 1 3 5 7 e — —L — _ cos(0g ” an 192 g 9216 ( 5t+ y) IN I E 1008 —£f — —£ e — ——_ e COs [06x03 28 r 4 12 + 96 1440 ( 5+ 2) die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 19 De Sa st 5 125 5120 —£ — (& + 12 15 Er 3. 625 384 9216 9 6 .s 160 2401 46050 33 315 ZN 23040 +—e’ - -. — ——£ 80 320 ER 20 be ——E& — & BL 192 128 : 5 5 A —e _ —e -r 6 24 354 a ze EBEN. g / 256 na 2 5} e + 13 e® 67 2 8 123 4608 7 2 4 6 2 —e —e _ ” 22 2 576 . 0 15,3 3; 35 2 16 334 15432 0 {0} 0) 1 3 0 19 —£ — 55 48 192 30720 13 4 6 nn — oz 64 1920 BEN, Zu — — _——L£ 30 25350 2304 Be 896 cos(0g-+-3%) a8 h + ze cos(og-+4Y) cos(0g-+5Y) 8 1120 e’ cos(0g+-6%) cos(0g+7Y) Een. cos(0g-+-3Y) 315 877 5049 8 zn © cos(g—9%) cos(g—5Y) 2i01 nn e" cos(g—1Y) cos(g—6Y) ae e" cos(g—5%) 12238 ° cos(g—4Yy) 1 8 Se cos(g—3Y) cos(g—2Y) 8 + cos(g— Y) cos(g-+2Y) +. u) cos(g+4Y) 5 a e” cos(g-+5%) cos(g+6%) ZU 8 _ 215760 SOOEn) C2 20 Enckr über die vom Director Hansen eingeführte Form, + —e cos(eg— sy) 315 o 2401 cos(22 —7 46080 ( ° Y) 9 6 9 8 - nt — e cos 20h + 160 80 (8 2) A: 175 e _ cos(22 —5 = 334 1536 ( Y) 1 19 4 6 8 —£ — —£ cos(22 —4 + 12 8 240 (28 Y) Ana er 215 —e —_ —e cos(22 —3 zu 8 32 3072 (28 Y) 1% 1, TI ae: —e re —e — -— ee cos(22—2 +7 } ne 7 (28 —:Y) 3 13 67 +e _ ce er e® en cos(2g— Y) 5 2 Seh 5 6 1 8 —_——e —eEe _ e —— ee’ cos2g 4 A 6 32 E 72 ° ae 12 19 — —e£ —e£ —_— 20 24 ze 96 15360 cos( 5t+ y) 0 0 0 cos (2g+2Y) en _ — cos (25+3%) 354 7680 © 1 6 8 —£ — cos (22 +4 za 360 480 (28 +4y) = cos (2g-++5%) 9216 ° 3 8 cos(22 +6 1120 28 +69) HM 8 cos (32 —7 61440 68 y) 27 . cos (32 — 6 640 ( be) Y) Br 305 —e£ _ cos(32 —5 x 512 256 68 Y) 1 5 7 h, —e — —E£ cos (32 —4 > 16 64 ( be) Y) 3 Jr 120005 ’ az = e cos (32 —3 cr 2 € 64 8192 (8 y) SE 5 5 215 — e° — —_e cos (32 —2 + 1 64 2048 68 Y) 2 3 4 75 6 1231 8 —_e — —eL —— — cos (30 — ar 4 + 256 2 1920 (8 Y) 155 3 225 6 567 ae 16 256 aus ° die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 21 © cos(3g+ %) cos (3g+2Y) cos (3g+ 3%) cos (3g+4Y) cos (3g+5Y) cos ((g — 6%) cos (ig — 5%) cos(Ig —4y) cos (Ig — 3%) cos (18 —2Y) cos(ig— Y) cosig cos(ig+ %) cos (ig +2Y) cos (IS +3Y) cos (ig +4Y) cos(5g — 5%) cos(5g — 1) cos(5g —3Y) cos (sg —2Y) cos (sg —y) cos5g tO [507 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, _ = e® + — e" cos(5sg ++ Y) 2304 2653 Faust cos (9429) 125 zo. * cos (5g+3%) + r e® cos(6g — Ay) = ._ 2 cos (6g — 3%) a _ ——e? 00s((g— 29) 2 159 + ne on a cos (6g— %) u s1 == e® ne ° cosög _ n $ cos(6g-+ %) 9 er ° cos (6g-+2Y) _ e® cos(rg —3Y) ” 2 cos (7g—2Y) 16807 16507 23040 e — ven “ eos(tg— Y) _ 607. ER 18432 ° = e? cos('g-+ Y) ” " cos (sg —2Y) + n £ cos(sg— %) —_ 08 cosse 63 o SU 8 nos (ee 573440 die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu eniwickeln. 23 Hätte man die erste Gleichung von (9) gewählt, so würde für — nur Y der Factor “* von F(g,y) mit —— zu vertauschen sein, und eben so bei O2 cos b 2 = der Factor 2 mit a’, aufserdem würde noch dem letzteren Coeffheien- ten hinzuzufügen sein — 2a’ (h—yx). g: da Diese Werthe müssen mit den für 7—- und ri, oder auch $, zu ent- wickelnden periodischen Reihen multiplieirt werden, wobei sich eine be- trächtliche Abkürzung einführen läfst. Nach der oben angenommenen Bezeichnung der Entwickelung von h wird h 5 1 — E-+ — 008ig, 2 e eo: | { een ) dg ar ne —— 36 = —. O', de oO E de 8° % 5 7% —+e=-—e+äK" cosay, e 2 SE 3e)d en sinx — — 3e =—. t . de ) 7 # de Y für alle positiven Werthe von z und # in ganzen Zahlen, die Null ausge- schlossen. Hieraus folgt die Form von 7(g,y) Be A 5,4 dK' ee ie Fe sınIEY — — = : sınzg er 1 1 Zr Re Ir 1 dK' sin (ig + z Pa de i e e "ide oO y) 1 1 dK* K' PT, K* 1 aK' sin (ig ) — . . . . —ıvy). = z de e e Ü de c 2 Substituirt man hier den Werth von Ä', so wird das erste Glied in dem Coefficienten von sin (ig 4 : 2 (2 42 Er) ee 1.2.3... HD) 1.2.3... (#1) re) =) Ü z ”»—2 = ih+x—2 ° . e SINITI HS) sa a un ee eg R (8 Y) POREBARL: 1a else ©) .6. 24 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, Bei der Kleinheit der Eccentricität unserer Planetenbahnen werden hiernach nur wenige Glieder mitzunehmen sein, so dafs es bequemer sein wird, invo- lutorisch fortzugehen, und aus wenigen berechneten Gliedern die übrigen abzuleiten, als jedes besonders durchzugehen. In Bezug auf y sind die Factoren, mit denen man F(g,y) zu multiplieiren hat, constant, sie werden folglich, welche Form sie auch haben mögen, das gegenseitige Verhalten der Coefficienten von sin(ig-+-xy) und sin(@£— xy) nicht ändern, so bald man nur solche Coefficienten zusammen vergleicht, in denen 7 constant und x» allein veränderlich. Bezeichnet man den Coefficienten von sin (iS+xY) mit «“, den von sin((F—xy) mit a7”, wobei ö constant und x nicht gleich Null angenommen wird, so wird ui ++ 1 aR* K' RK 1 dK' Ye > x ; ee = * x de e e 1 de a 1 1 OR 188 K* 1 dK' =—-— . Fr = 6 de e sr e D de z folglich Ka ee ea 1 dK* x de s\ DR: E © ta ı de us K'* 2 e dK*' ZURgE } 1 B de Ryıı z de ER) ER A RE N En — ; =® a, za} K* ni 7 dK* a, Ar 2 K* PP dK* dt, de de ak! | EACH 7,0 2 de Re 2 de Hal 1 3 1 az —x a, men K* ’ dK* a, m 2 K* Ar ’ dK* a, ’ de de so dafs man aus den beiden Coefficienten @* und «7* jeden andern mit Hülfe der beiden von i unabhängigen Factoren berechnen kann. Hat man also die beiden gröfsten Coefficienten bei jedem z berechnet, welche dem = — 1 und «= + ı entsprechen, so wird jeder andere Coefficient, wenn man setzt die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 25 aR+ Sa 1 de "oJ _ Se = 2 K'’ Tr P7 ER? de dK* g* RR R*r 1 de ae RL 2 dK’ ’ de gefunden durch ae =nd +Na' =" +Nd. Die allgemeine Form für diese beiden Functionen wird: Hz "= 6) ty + se) Re - {ea ) &9)— in +42} re +2 = 4 () —4fhı- te 2? 1.2.3...(2—2) 2 21 4 3(#+2) 243 32(24+3) 1 e 4 — I — — —1}0e'.... au \ £ 4(#-43) 3(2+2) h, oder in Zahlen t 1 1 (2) 3 5 7 = — —Ee 0e— L 4 16 52 1152 1 1 1 11 (3) 2 4 6 8 = —e — —£ —— TH ne " 8 16 + 128 11520 y® em e? u! 1 e* Ze e® 1 16 64 25 4 25 25 y'?) — e* Eu 6 8 354 354 1024 9 (6) 5 7 = — —_— ee» ” 160 123 yD 2401 6 2401 8 46050 30720 16 y® — BR 315 y u 59049 8, 1146550 Mathemat. Abhandl. 1837. D 26 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, | 49 ” (2) 3 5 7 5 —— e 2 96 ce 61440 1 13 (3) 4 6 8 9 e —— & 125 + 1929 BE 40960 r 1 1 ge == e’ . 160 1152 di 25 6_ 15 8 74603 64512 Ho — 9 21 1792 ar EAU a Eu 3317760 Selbst bei der gröfsten Eccentrieität in unserm Sonnensystem (etwa 0,25 bei der Juno) wird man nur in den seltensten Fällen von dem 9* Gebrauch zu machen nöthig haben, und in der Regel sich mit der einfachen Multiplication der n* begnügen können. Von dieser Anwendung macht das Glied, wo i=0, keine Ausnahme, denn es läfst sich schreiben +5 a RK Kr" aK? nee) el ger We Au: IETET ‚fi .ex* x SE a er er = e,. de en (08 “) und das Resultat der Multiplication dieser Form mit einer periodischen Function mufs identisch ausfallen mit dem der ursprünglichen Gestalt, so dafs der Schlufs von den Gliedern, die +y und —y enthalten, auf die Glieder, welche + xy und — xy enthalten, ungeändert bleibt. Ganz derselbe Fall und die Anwendung derselben Coefficienten 7" und 9* findet auch bei dem Coefficienten von rt, statt, welcher die Form hat (abgeschen von dem Factor =) 1 e ak‘ —2+—- eK’ cosay—— - 7 cosig ı 1 dK* IK 2 1 dK' cos(ig 21x Pr ee 3 gS-+xY) li art „RR Kr 1 dK' = 7 Pas de Sur + e ıi ı de en (8 = ”Y) 2 die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 27 wo sich das Glied — 4 Ä” coszy auch schreiben läfst 1 1 RE 1 KR aK? cos (0g-+x ) Eur 2 de er e ° 2: f 1 aK* 7, RK dK® eosloe u N + e de (8-29); und folglich, weil der constante Factor und die Cosinus-Function statt der früheren Sinus-Function keine Anderung macht, ebenfalls wenn « cos(ig +Y) und «' cos(ig —Y) berechnet sind, allgemein wird =erdrN a, enrarhd. Hiernach hat man bei den Multiplicationen mit nn und A’, in jeder Gruppe von Gliedern, für welche ö constant ist, nur zu berechnen durch wirkliche Multiplication die drei Coeflicienten:: und findet durch einfache numerische Multiplication aus den äufsersten bei- den alle andere Coeflicienten «*, «”* in dem Producte. 10. . . da Wenn man die Reihenentwickelung von —- und rAR, gemacht, und o de 0 > die Multiplication ausgeführt hat, so erhält man nach der bisherigen Form dr, B . /uN b er dt _, Man würde also noch mit u — 0 zu multiplieiren ha- Ak, dr pp dr ben, und dann noch 7 zu integriren, um A, zu erhalten. Die Reihenent- wiekelung dieser Gröfse hat nicht ganz ein so einfaches Gesetz wie %, man kann überdem die Multiplication sich ersparen, wenn man, anstatt die Stö- rungen auf A, zu beziehen, oder die wahre Länge in der Bahn, lieber sie auf die mitilere Länge bezieht. Es werde nämlich eine Function von r und t, die mit & bezeichnet werden möge, so bestimmt, dafs wenn man sie an die Stelle von r setzt, und in Verbindung mit den Elementen, welche für die störende Kraft — Null gelten, anwendet, dabei die Form der Functio- D2 238 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, nen, durch welche der Übergang von 7 zu A, vermittelt wird, beibehält, das wahre A, ebenfalls sich ergeben soll. Bezeichnet man also die gestörten Elemente mit die ungestörten mit so wird A, =f(a, &,&,%,, 7) = fat ,e%e),m,5%) > wo das Functionszeichen f einerlei Bedeutung hat. Hieraus folgt, weil a’, e°, e°, =) frei von Z sind: dr, ae ar, dt dt de? und weil a°, &e°, e’, #? frei von r sind: dr, ae ai; Urmsmtgree 730 folglich ars dt dbn, dt AXı dt "dr dr so dafs, wenn man die rechte Seite von (9) mit IE K,) bezeichnet, vollkommen strenge wird: dg dd AR | Se > .f N R,)- di dr ds Die Constante, welche hier nach der Integration nach / hinzuzufügen sein würde, wird r sein, in so fern für die störende Kraft = Null die Function 1, = f(a°,e’,e’,r),r). Wenn man aber, wie die Natur der Aufgabe es mit sich bringt, zuerst die rein elliptischen Werthe überall substituirt, um die von der ersten Potenz der Massen abhängigen Werthe zu bekommen, und nachher die so erhaltenen Störungen in den ersten allgemeinen Aus- druck substituirt, um zu den höheren Potenzen der Masse aufzusteigen, so wird man im ersten Anfange &=r, folglich en = ı setzen müssen, oder in dieser Form der Störungen ist für die erste Potenz der Massen: de ( an —- Zıf(—, DR ) dt ri de ? oJ? die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 29 ohne weitere Hinzufügung eines Factors. Zur wirklichen Berechnung von l, verwandelt man nachher r in £. Es möge die Function Z, wenn in ihr r in Z verwandelt ist, übergehen in z, so wird völlig strenge : 0° 2040, 200 = 1a ,e Eu, m 2: wo z an die Stelle der Zeit bei ungestörten Elementen tritt. Aufser dem Vortheile eines einfacheren Ausdrucks bei der ersten Po- tenz der Masse gewährt aber noch diese Form einen weit erheblicheren bei den folgenden höheren Potenzen. Die sämmtlichen Reihenentwickelungen g abhängig gemacht werden zum Behuf der Integration, während der Ausdruck der störenden müssen von der mittleren Länge und mittleren Bewegun Kräfte und ihrer Coeflieienten die wahre Länge und den wahren Ort vor- aussetzt. Kann man deshalb den sämmtlichen Störungen des wahren Ortes eine solche Form geben, dafs sie blofs durch eine Änderung der mittleren Länge strenge dargestellt werden, so wird die Änderung des Argumentes bei den Reihenentwickelungen ganz allein in völliger Strenge die höheren Potenzen der Massen berücksichtigen lassen und zwar bequemer als jede andere Form. Für die erste Potenz wird A, aus a°, €’, e’, m) und r be- rechnet, und ebenso /, aus a°, e’, e’, #, und 7. Hieraus erhält man für alle reinen Functionen von A, und /, Reihen von periodischen Gliedern, in 1 welchen die Coefficienten der Sinus- und Cosinus-Functionen von a°, e°, e°, », sein mögen, und die Argumente y und g respective u r+e’ und u°t-+re" sind. Um für alle solche reinen Functionen von A, und /, den Werth der zweiten Potenz der Masse zu erhalten, hat man nach der hier gewählten Form, ohne Änderung der Coefficienten der Reihenentwickelungen (weil a’, &’, e’, =, ungeändert bleiben) nur statt r und £ die Werthe von und z, welche aus der ersten Potenz erhalten worden sind, in dem Werthe von y und g zu substituiren, und so für alle folgenden Potenzen. Die einfache Differentiation in Bezug auf y und g reicht folglich bei der zweiten Potenz der Masse zur völligen Strenge hin, um Ay = u’(d&—r) und Ag = u’(z—1t) einzuführen. Sind die Functionen nicht blofs abhängig von A, und /,, son- dern auch noch von andern Gröfsen, z. B. den Radienvectoren 7, g, oder den wahren Elementen a, e, €, 7,, so müssen aufserdem die Variationen die- ser Grölsen besonders berücksichtigt werden. 30 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, In dieser leichteren Berechnung der ersten Potenz der Masse und der leichteren Substitution für die höheren Potenzen bei völliger Strenge ist der Hauptvorzug der Hansenschen Form gegründet. 11. Wenn man die Reihenentwickelung von a und rA, im allgemeinen durch a+ a, cos(ig+ig) + a, sin (iS Hg’) vorstellt, wo g’ dem störenden Planeten zugehört, und in nn kein vong freies Glied et, so wird die rechte Seite von (9) oder Fe; R 2) folgende Formen enthalten ce+(g—yY) ec. sin(ig-+ig‘) + (g—Y) ec cos(ig+i'g‘) + ce” sinay + ce’ cosay + ec, sin (ig+üg'+2y) + ce) cos(ig+ig’+ xy), welche für die erste Potenz der Masse, wobei i = ı, nach der Integration bei gehöriger Hinzufügung der Constante geben, wenn u ebenso zum stören- den Planeten gehört, wie u? zum gestörten: ul=utr+cut+ cutisinzy+ c’u?tcosay „? cd o EU cos(ig+ig) + (g—Y) — sin (ig +ig') > (2 —Y) 2 = in? Zee in ip’ 0? » o? . + ——-—- sin(ig+i'g') + —— cos(ig +ig') (in + i Z)* (in? + WW)? o = 77} ec, — ETF cos(ig +i' g+%Y) Pen 7 on MC, sin (e+ig+ y) in pi” o oO " Vertauscht man hier y mit g, so fallen die Glieder mit dem Factor g—Y weg, und man erhält die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 31 »"z=u(iHe)t+ cutsinzg + cut cosag 22 8 2a), o , c B DR) r 1° E 2 c. sin(@s+ig)+ (FW ’o ’ + Se cos (ig +ig‘) „° 72 ee 5 cos(i+r)g ig) iu pi’ u nlcHe + —— sin (i+#)g +ig)). in ip Berücksichtigt man die Gleichung (1), welche mit der (9) ganz iden- tisch ist und in welcher der Coefficient von - eine Sinusfunction von den vielfachen von y ist: te N si ai i 2 3.2 + sneE= siny——f11— Ze+--..: pP 1— e“ « 2 + sin 2y —rlteh 1— e”“ e der Coefficient von —7- eine Cosinusfunction der vielfachen von y: 1+-e’— Y(i-e? 1 ER EB uı a er — (008 Y——— Tre — te... nn aa cos VYi—e’) EI [4 ch so sieht man, dafs das Glied cut von der der Epoche und aufserdem noch von der Seculargleichung der Länge des Perihels, die Glieder cut coszy und c’a°tsinzy aber allein von der Seculargleichung der Eccentricität und 7, herrühren. Sie vertreten hiernach die Stelle dieser Seculargleichungen in der hier gewählten Form der Störungen. Die obige Integration ist gemacht worden in der Voraussetzung, dafs der ursprünglich berechnete Ort aus der Gleichung yet re berechnet war und folglich dy = u’ dr. Das erhaltene Resultat zeigt aber, dafs durch die störenden Kräfte ein der Zeit proportionales Glied cu°Z in diesem Falle hinzukommt. Eben dieses Glied wird bewirken, dafs die mittlere Bewegung, welche man aus den Beobachtungen ableitetet, unter der Annahme, dafs die periodischen Glie- 32 Excxe über die vom Director Hansen eingeführte Form, der, da sie nie eine gewisse Grenze überschreiten können, sich vernichten — eine Annahme, durch welche die früheren Bestimmungen der mittleren Be- wegungen allein gerechtfertigt werden können — nicht #°, sondern eine um cı#° verschiedene Gröfse davon ist. Es wird besonders für die Berechnung der höheren Potenzen der Massen von Wichtigkeit sein, ein solches Glied in den Störungen nicht beizubehalten, sondern die endliche Form so zu nehmen, dafs das, was von den Störungen abhängt, nur periodisch ist. Man erreicht dieses am leichtesten und directesten, wenn man gleich anfangs die mittlere constante Bewegung so bestimmt, dafs cu, bereits darin begrif- fen ist, so dafs die neue mittlere Bewegung, wenngleich sie ein von den Störungen abhängiges Glied in sich begreift, doch genau dieselbe ist, welche die Beobachtungen allein ohne die Kenntnifs der Störungen geben würden. Bezeichnet man diese Gröfse mit [#], so wird folglich für die erste Potenz der Masse [u] = u’ (1-+c), oder weil c selbst eine Gröfse von der ersten Ordnung ist, wenn man die höheren Glieder hier vernachlässigt: a = [u](1—ec). Die Einführung dieses [] hat weiter keinen Nachtheil, als dafs die halbe grofse Axe jetzt nicht unmittelbar mehr von [«] abhängt, sondern wenn man diese strenge haben will, und man eine Gröfse [a] bestimmt vermöge der Gleichung (a [u = Rt, die wahre halbe grofse Axe a’, weil sie aus der Gleichung au" —R? erhalten wird, gefunden wird durch lg a’ = 1g [a] + 3 Ig(ı-+c), oder für hyperbolische Logarithmen lgsa’ = 1g[a]) + Zc. Mit dieser Modification kann man A, betrachten als eben die Function von €, e’,, und [u], wie früher von e°, e’, r/ und u°, so dafs jetzt y = [u]r-+e° und dy = [u]r, und die Endgleichung wird die Form haben die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 33 [uJ2 = [#]r — elu] (r—t) + € [u]t sinzy + e[u]i cos#y...... wo überall an die Stelle des früheren Factors 4° jetzt [1] tritt, die wirklich aus den Beobachtungen sich ergebende mittlere Bewegung. Bei der Ver- wandlung von r in 2 besteht dann [u]z aus [2]? + periodischen Gliedern. Dasselbe gilt natürlich auch für #, unter welchem man ebenfalls eine Gröfse [#] zu verstehen hat. 12. Wenn auf diese Weise & bestimmt ist, so wird man am einfachsten dasselbe $ zur Berechnung von 9 benutzen. Zwar werden sämmtliche Stö- rungen, welche og oder r erleidet, nicht in & oder z enthalten sein, aber doch ein nicht unbeträchtlicher Theil derselben. Der Theil, welcher aufserdem noch hinzukommt, mufs besonders berechnet werden, und nach der Form unserer bisherigen Planetentafeln dem vermittelst & berechneten Werthe von g hinzugefügt. Es hat folglich der strenge Ausdruck von 1gg die Form e=1,9,+18(), wo g, der aus a°, e°, 7, & berechnete Werth des Radius vector ist, (g) den Theil bezeichnet, der noch wegen der sämmtlichen Störungen hinzukommt. Sein Ausdruck wird leicht gefunden. Wegen diı __ kyp er wird, da die Form der Function die nämliche ist, auch Ar kyp® ag go2o und wegen ar, __ ar, FE dr “ad? dr hat man kyp a? kyp® FF 7 oder leo — leo, — tlep— Alen_ ]e © 50 & 00 2 '5P 8 87, Mathemat. Abhandl. 1837. E 34 Exckz über die vom Director Hansen eingeführte Form, welche Formel sich auch schreiben läfst az 1 algp 2lge)=—1g ke /- 7 di. Nach den bekannten Formeln für die Variation der Constanten ist aber so dafs man hat k())=— tlg = +4,/; 2I dt, woraus sich sogleich (g) findet, sobald man & hat. Dem letzten Integrale wird, wie aus der ursprünglichen Form 4 1gp —— l1gp” hervorgeht, keine Constante hinzuzufügen sein. Wollte man hier den 1g _ vermeiden, so kann man auch differen- tiiren, wodurch man erhält rail det alg() Fu A dr dt Dh dt eg dt = Vr rs, ’ dr als auch dat KAAION Be f dr: dr ee dt u dr dz dt dt ei dt alg() dt alg(k) __ i dr ae” dt do dr Zr ro ee Vr So dr de in welche Gleichung der obige Werth von Zu leicht substituirt werden dr kann. Für die erste Potenz der Massen wird ) = 0, weil (eg) eine Gröfse von der ersten Ordnung der Störungen ist " Wenn 1e (2) gefunden ist, so verwandelt man 7 und 7, und erhält daraus Ig(r), welches zu dem lgr° aus z berechnet hinzugefügt werden mufs, um den wahren Logarithmen des Radius vector zu erhalten. die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu eniwickeln. 35 Hiebei aber wird man berücksichtigen müssen, dafs wenn man aus [1] auch [a] berechnet und anwendet, der lgr noch wegen dieses von dem wahren a° verschiedenen Werthes verbessert werden mufs. Nach den Dif- ferentialformeln ist d lg r = ) =i1, d lg a folglich wird nach dem Obigen wegen lga’ =1lg[a] + ec noch dem Werthe von (r) die Constante - c hinzuzufügen sein, falls man, wie es am bequemsten ist, [@] angewandt hat. 13: Die Störungen in /, und r, oder in A, und 9 sind auf diese Weise für die erste Potenz völlig gegeben, sobald die Reihenentwickelung der stören- den Kräfte gefunden ist. Diese Reihenentwickelung leitet Hansen nicht analytisch ab, sondern aus speciellen Werthen der Örter, die gleichförmig nach der mittleren Anomalie durch die ganze Peripherie vertheilt sind, so- wohl bei dem störenden als gestörten Planeten. Man kann aus der allge- meinen Formel für die Bestimmung der einzelnen Coefiicienten einer perio- dischen Reihe, vermittelst bestimmter Integrale, für die praktische Berech- nung verschiedene Vorschriften ableiten, welche sich nur durch die Ver- theilung der Werthe in der Peripherie unterscheiden. Hansen nimmt die Zahl der Werthe in dem ganzen Umfange immer so, dafs sie von der Form 2" ist. Noch etwas bequemer wandte Gaufs früher bei einer ähnlichen Untersuchung die Form 3.2 n an, wodurch man die rationalen Werthe von sin 30°, 90°, 150°, ıso° ete. zu benutzen im Stande ist. Der Unterschied wird indessen nicht sehr bedeutend sein. Dagegen ist der Vorzug einer solchen mechanischen Bestimmung vor der rein analytischen sehr bedeutend, wenn man auf Strenge ausgeht. Man erhält durch die mechanische Bestim- mung nicht blofs die ersten Glieder, sondern den numerischen Werth sämmt- licher so genau, als man es wünschen kann, wobei freilich der Nachtheil nicht zu vermeiden ist, dafs man in der Regel die Rechnung weitläufliger anlegen mufs, als nötbig ist, die unbedeutenden, später zu vernachlässigen- E2 36 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, den Glieder im Anfange mitzunehmen gezwungen ist, und vielleicht, wenn anfangs zu wenig specielle Werthe genommen wurden, die Rechnung zu wiederholen hat. Immer ist die Kürze bei der mechanischen Bestimmung, wenn gleiche Strenge erreicht werden soll, überwiegend. Die Multiplication der unendlichen Reihen kann ebenfalls durch praktische Hülfsmittel erleich- tert und übersichtlich gemacht werden, wenn man z. B. die Glieder so ord- net, dafs man gleichzeitig dasselbe Argument bei allen Gliedern, oder die sämmtlichen Coeflieienten eines Argumentes zugleich in einer horizontalen Reihe stehend erhält. Diese Abkürzung wird Jeder nach seiner Gewöhnung am leichtesten machen. In der Regel wird man mit 24 Werthen (wenn man Gaufsens Vertheilung annimmt) ausreichen, weil die Reihen so schnell con- vergiren, dafs man schon hiebei die letzten Glieder vernachlässigen kann. 14. Für die höheren Potenzen der Massen ist es wesentlich, in den Coeffhi- cienten der Reihenentwickelung der störenden Kräfte nur solche Gröfsen zu haben, deren gestörter Werth mit Leichtigkeit aus den berechneten Stö- rungen sich einführen läfst. Am bequemsten würde es sein, wenn sie reine Functionen von /, und A, sein könnten, da in diesem Falle nach der Han- senschen Form die Coefficienten der periodischen Reihen Functionen von wirklich constanten Elementen wären, und die ganze successive Verbesse- rung nur auf die Differentiation nach r und Z sich erstreckte, so dafs jedes- mal die durch die Differentiirung erhaltene Reihe mit Ar oder Ar, d. h. mit 2&—r oder z—t zu multipliciren, und das Product hinzuzufügen wäre. Um übersehen zu können, wie weit dieses gilt, wird es nothwendig sein, die Coefficienten von en Ii,, S, in solche Ausdrücke umzugestalten, dafs nur /, und A,, r und 9, und aufserdem noch Elemente darin vorkommen, alle Zwischengröfsen aber wegfallen. Kann man den Coeflicienten in (2) die Form geben, dafs sie nur Functionen von #—v werden, ohne w oder v einzeln noch in sich zu begreifen, so wird der Zweck erreicht sein, weil w—v nach der Definition =A,—/,, und folglich die Correctionen in der Form der Störungen anzubringen sind. Aus der Vergleichung von dem Coeffieienten von 5‘, in (9) mit dem Coefficienten von ‚S, in (2) sieht man sogleich, dafs die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 37 ER 283 NL DEE Wand 2 -2(2-2) Be Fsy)= — [(£ -) gsinw— — z 5 „rsinv(. Wegen a (fp Tr; pe 2 (2 e —) = (p+r) cosv+ <, e (2 —-2)= e e a u wird Fly) = RL (prgKpr) sinn) + aclpr)gsinw—aclp+r)rsinv} und da esinw— rsnv= n_ (sin — sinv) + En esin(#—v) 99 sinw — rr sinv = — gr (sinw — sinv) + (r+g) fe sinw— rsinv}, so läfst sich das Ganze schreiben cos = Fey) = [& (ap+ag-tar-+er) sin(#—v) + = ae(r-+2) Ginw-sin)}. Vermittelst der Form . . cosv + cosw . sin w — sinv = ———— sin (w—®V) 1-4 cos(w—v) und durch Substitution von 1 f ovw=— (7-1), cow=— (2-1) e ? ja €e e wird damit e’r ap R er a sin (w—v) er EN 2. (a EN sin (w—v) + (r+2) Te) ( & (cos (w—v) )+#)} welche Form man auch so schreiben kann, wegen w—v=A,—|,, F(g y)= cos a x „2 i in &,—2, (= er) nr ze (cos(A, —L,)-1)#+ +} 2 sin (A,—7,) r en tz ea -w9+r}h 38 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, in welcher Form die Bedingung des Ausdrucks durch A,, Z,, g, r und Ele- mente erfüllt ist. Bei weitem einfacher wird noch in dem Coefficienten von R, der Werth von = 7 bi: (600,9) +2 0-1) + 1)}- 32 durch wirkliche Differentiation des vorhergehenden Ausdrucks gefunden, am leichtesten, wenn man von der ersten Form für F(g,y), in welcher w und v enthalten sind, ausgeht. 15. Wenn hierdurch auch die Möglichkeit gegeben wäre, die Änderungen der Coefficienten in den Störungsformeln für die zweite und höhern Poten- zen der Masse zu finden, indem man zuerst die Coefficienten als Functionen von A, und /, betrachtet, y und g so änderte, dafs wenn sie vorher u? r-re° und w°i-+e” waren, sie jetzt u°&-++e? und u°z-+e? werden, (wo d und z für die zweite Potenz aus den Entwicklungen der Störungen erster Ordnung genommen werden u. s. f.) und aufserdem für die übrigen variabeln Ele- mente und die g und 7, welche in den Coeffieienten vorkommen, die gestör- ten Werthe setzte, so würde doch diese Substitution besonders deshalb beschwerlich, weil man die Änderungen der Coefficienten und der störenden Kräfte jede isolirt betrachten müfste, und nicht auf Formen käme, welche beide zugleich umfafsten. Der Werth von en zeigt von selbst, dafs weil Z’(g,y) in Bezug auf r und 2 symmetrisch ist (abgesehen vom Zeichen), das Differential er ebenfalls einen sehr einfachen Ausdruck hat. Da nun die störenden Kräfte kein r enthalten, so wird es wesentlich zur Verein- Akı da fachung beitragen, wenn man nicht die Form us oder 7 selbst bei Akı dr de den höhern Potenzen betrachtet, sondern ihr Differential in Bezug auf r. Die Rechnung für die erste Potenz kann ebenfalls darnach geführt werden, und wird aufser der geringen Mühe, nach entwickelten Reihen einmal mehr nach 7 integriren zu müssen, nur noch dadurch etwas zusammengesetzter, dafs die Constante, welche man dem Integrale nach r hinzuzufügen hat, eine Function von Z wird, welche die Bedingung von wenn man r mit Z vertauscht, erfüllt. Setzt man folglich jetzt mit Hansen der Abkürzung wegen dt dt d- de d 2 — 7: dr so wird a da? a? aF(8,,) Ss a? I d? F(s,,y) a? R, zo . — um a Fe OF = 7 T ag de = cosh dy 2 % 2 dg dy R d h 7a wo dF(g,,y) re P e . ) 3 en 21 — _— — > = Se 2 ze 3+ = (cos(A,—1,)—1)+ z cos(1,—L,)H1)r + r und ? 2 p r 5 Fe 7 LE d* F(g,y) 22 a ’ er R —— = er nl dg.dy ö dy n dg us aa cosp n( 1 2); wie man nach gehörig ausgeführter Differentiation finden wird. Substituirt man diese Werthe und aus (7) aa so erhält man T= 1? — 008, —1)—1-+2 = (005%,—1—1)} er rS, . [7277 - 2 sin (A, —1,) —— rBA cos 2 welches die Form ist, von welcher Hansen in seiner Preisschrift ausgeht, und auf welche er die Berechnung der Störungen der höhern Potenzen in Bezug auf die Massen gründet. Der Werth der Function von i, welche dem fTdr hinzugefügt wer- den mufs, um die erwähnte Bedingung zu erfüllen, ergiebt sich am einfach- sten aus (1). Sondert man darin alle Gröfsen ab, die frei von r sind und folglich bei der Differentiation verschwinden, so erhält man: 40 Enckz über die vom Director Hansen eingeführte Form, al 1 dı 1 dı 41% e? dr BEN eE U: 2 VER FE ) a dg 14 dt 73 dt cos&b dg oder kürzer ausgedrückt de 1 1+>e? dr; dg cs$ de’ wofür man auch schreiben kann drı dg 2 dıır 1, 20 Rn +4 etg® die letzten beiden Glieder geben durch ihre constanten Theile den Werth der oben eingeführten Constante c. 16. Aus diesem letzten Werthe von T kann man noch eine kürzere Be- rechnung von (r) herleiten. Es ist nämlich, da (g) in (7) übergeht, bei Ver- tauschung von 7 mit Z, 2 I ER 10) ’ dt dr dt wenn man auf der rechten Seite r mit / vertauscht. Nach den früheren Gleichungen für das Differential von (g) in Nr. 12. war aber dET alg(e) __ 1 dr FE ee Ta dr und d’T alg(e) n dt dr ı & Fr a er 77,79 dr Yr so dafs für diese Vertauschung die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 41 de At art d’T dc alg(£) ak) _ 4 dr: dr dt de Piel dt Be de dz 2 dr dr dr oder wenn man auflöst de dt Er BER ed dr Du ur 7 E73 ? dr folglich, da -“- für diese Vertauschung Null wird, nach dem Obigen all- gemein dlg(r) mare 1 dt u ur 7 Dr 7 dr wenn auf der rechten Seite nach der Differentiation 7 mit / vertauscht wird. Es hätte dasselbe auch aus der allgemeinen Formel hergeleitet werden kön- nen, dafs wenn man in r blofs die Elemente als mit der Zeit variabel be- trachtet, das Differential er Null werden mufs. Dieses Differential wird hier algzo dg alg(<) a a ae 2 algg dd alg(;) algro dz alg(r) ZA LT inne Pap7, dt oder weil algeoo __ dalgro dd _x dz de dz und ds "de immer bei Vertauschung von r mit /, so wird als(r) _ alg(e) dt dr bei derselben Vertauschung, wie die eben abgeleiteten Ausdrücke es gleich- falls bestimmen. Mathemat. Abhandl. 1837. F 42 Encke über die vom Director Hansen eingeführte Form, Bei der Anwendung dieser Form lg (er) T>)® nach Hansen’s Bezeichnung, um die Vertauschung anzudeuten, wird man aber noch auf die dem Integrale hinzuzufügende Constante Rücksicht neh- men müssen, welche sich am leichtesten aus dem oben Nr. 12. schon erhal- tenen vollständigen Integrale kQ=-+15 ergiebt. Bei der Verwandlung von r in Z mufs dieses mit lg(r) identisch ausfallen, folglich, da in dem letzten Theile keine Constante in Bezug auf i enthalten ist, wird die einzige noch übrig bleibende die sein, welche in —1g = vorkommt, oder nach den früheren Annahmen die Gröfse — + c. Verbindet man diese mit dem durch die Einführung von [4] nöthig gewor- denen + -c, so ist der vollständige Werth Tee (M)=+c— f er: dt. dr Ar: In dem Bisherigen sind die Entwickelungen, welche für die erste Po- tenz der Massen nothwendig sind, vollständig angedeutet und das, was Han- sen’s Preisschrift darüber enthält, gegeben. Der Unterschied besteht nur darin, dafs hier von der ersten Differentialformel, auf welche man zuerst kommt, ausgegangen ist und der Grund, warum Hansen das zweite Diffe- rential vorgezogen hat, zuletzt angegeben. Der Vorzug desselben wird hauptsächlich bei den höheren Potenzen der Masse bemerkbar. Stellt man die Endformeln zusammen, so sind sie für die erste Potenz folgende: Mit mittleren, wirklich constanten Elementen [a], e’, =), e’, bei welchen [a] von dem [u] abhängt, welches aus den Beobachtungen bei Ver- die Störungen in unserm Sonnensystem vollständig zu entwickeln. 43 nachlässigung der periodischen Störungen erhalten werden würde, berechnet man die störenden Kräfte De und PR, und entwickelt sie in periodische Reihen. Ferner berechnet man die oben gegebenen Entwickelungen von F(g,y) und seines Differentials in Bezug aufg. Die Multiplication beider Arten von unendlichen Reihen giebt dann den Werth von -- nach der Formel dt af] daR aa da? ze, 2 Fan, aa , | aF(s,y) 62 el, —— p +{ dg + a e”) rR.; welcher integrirt und mit Hinzufügung der Constante [u] (1—c)r eine Form giebt [u]J@ = [e]r — elu](r—t) + periodischen Gliedern. Durch Verwandlung von r in 7 erhält man daraus [u]z, oder den Werth der mittleren Anomalie, der für die Zeit 2 angenommen und in Verbindung mit den constanten Elementen [@], e’, #/ und e’ den strengen Werth der Länge in der Bahn /, nach den rein elliptischen Formeln berechnet geben wird. Eben so erhält man durch lg (r) =70—7 ar dt einen Werth, der zu dem mit [#]z und den constanten Elementen berech- neten rein elliptischen Werthe von dem Logarithmen des Radius vector lg r, hinzugefügt, den wahren Werth ler = Igr,+1g(r) giebt. Wenn man auf diesem Wege die Störungen in Bezug auf die erste Po- tenz der Massen berechnet hat, so wird man, um nach den in der Preisschrift enthaltenen Bestimmungen die höhern Potenzen zu ermitteln, von dem zwei- ten Differential von [#]Z in Bezug auf y und g ausgehen müssen. —— NED — F2 vr DER | j . a at I al Ah ven Ara the j la ı Date ie Ir Hi Tg: al v asuofihingsg Fe t; ee MY EA ET 10 HAELIRETETZZE ER Hi fl aahnorüle si. nıseit a v j ei. mir aaa allen 2 Hallaitılas bi ! | ir er par ae 1 0 \5 vie a ‘ yN 22 ah SE PER TIEREN Prrs S Dria, Korte ls Si. m UIR: j a an; “+ BERN el da e: nor dsl cab 8, By a hip 9. — ee ‘ { A ai v F A f f et \ | an I relegengölenn] E kar ben yiag Nat u slolarr kiaag 7 m j En a a EIS ce u F ’ f u FArIrE: Ki x HH r TH av tnsakl ehe a vn] land ara a1 Mr a Nat ae Er T\) ee air nal dar \aulen yoln gsi e 5 1 el 11,3? 44 L di 1. r Fan 1 Kia “ A - . j alp.brs sin] ern en ur sh uher7 el. N f 4 ‚ton 144 IEUERR ER EN a f} ‘ r FR + r i ’e7 au uber rl Agstöyearel VS ’ in. — L a == 2 K; = „swiss # ıdn 2] Imupdln uh sea mass re apart uns Hi LT DPEIEIT IT ae mt Je basteln Sant sah; 1 N. ) erraten ih agree dt ı es nen ar Birn gras s } or Irina slide el Mpeg - . = Beweis des Satzes, dafs jede unbegrenzte arithmetische Progression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne gemeinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält. Von H'"- LEJEUNE -DIRICHLET. nmnannrnavirdeVn [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 27. Juli 1837.] D. aufmerksame Betrachtung der natürlichen Reihe der Primzahlen läfst an derselben eine Menge von Eigenschaften wahrnehmen, deren Allgemein- heit durch fortgesetzte Induction zu jedem beliebigen Grade von Wahr- scheinlichkeit erhoben werden kann, während die Auffindung eines Beweises, der allen Anforderungen der Strenge genügen soll, mit den gröfsten Schwie- rigkeiten verbunden ist. Eines der merkwürdigsten Resultate dieser Art bie- tet sich dar, wenn man sämmtliche Glieder der Reihe durch dieselbe übri- gens ganz beliebige Zahl dividirt. Nimmt man die Primzahlen aus, die im Divisor aufgehen und mithin unter den ersten Gliedern der Reihe vorkom- men, so werden alle übrigen einen Rest lassen, welcher relative Primzahl zum Divisor ist, und das Resultat, welches sich bei fortgesetzter Division herausstellt, besteht darin, dafs jeder Rest der genannten Art unaufhörlich wiederkehrt, und zwar so, dafs das Verhältnifs der Zahlen, welche für irgend zwei solche Reste bezeichnen, wie oft sie bis zu einem gewissen Gliede er- schienen sind, bei immer weiter fortgesetzter Division die Einheit zur Grenze hat. Abstrahirt man von der zunehmenden Gleichmäfsigkeit des Vorkom- mens der einzelnen Reste und beschränkt das Beobachtungsresultat auf die nie aufhörende Wiederkehr eines jeden derselben, so läfst sich dasselbe in dem Satze aussprechen: »dafs jede unbegrenzte arithmetische Reihe, deren »erstes Glied und Differenz keinen gemeinschaftlichen Factor haben, un- »endlich viele Primzahlen enthält.« 4b Dimuichter: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. Für diesen einfachen Satz existirte bis jetzt kein genügender Beweis, wie sehr auch ein solcher wegen der zahlreichen Anwendungen zu wünschen war, welche von dem Satze gemacht werden können. Der einzige Mathema- tiker, welcher die Begründung dieses Theorems versucht hat, ist, so viel ich weils, Legendre (!), für den diese Untersuchung aufser dem Reiz, welcher in der Schwierigkeit des Gegenstandes liegt, noch ein ganz besonderes In- teresse durch den Umstand haben mufste, dafs er die erwähnte Eigenschaft der arithmetischen Progression bei früheren Arbeiten als Lemma benutzt hatte. Legendre macht den zu beweisenden Satz von der Aufgabe ab- hängig, die gröfste Anzahl auf einander folgender Glieder einer arithmeti- schen Reihe zu finden, welche durch gegebene Primzahlen theilbar sein können, löst aber diese Aufgabe nur durch Induction. Versucht man, die auf diese Weise von ihm gefundene, durch die Einfachheit der Form des Resultats höchst merkwürdige Auflösung der Maximumsaufgabe zu be- weisen, so stöfst man auf grofse Schwierigkeiten, deren Überwindung mir nicht hat gelingen wollen. Erst nachdem ich den von Legendre einge- schlagenen Weg ganz verlassen hatte, bin ich auf einen völlig strengen Be- weis des Theorems über die arithmetische Progression gekommen. Der von mir gefundene Beweis, welchen ich der Akademie in dieser Abhandlung vor- zulegen die Ehre habe, ist nicht rein arithmetisch, sondern beruht zum Theil auf der Betrachtung stetig veränderlicher Gröfsen. Bei der Neuheit der da- bei zur Anwendung kommenden Prineipien hat es mir zweckmälsig geschie- nen, dem Beweise des Theorems in seiner ganzen Allgmeinheit die Behand- lung des besonderen Falles voraus zu schicken, in welchem die Differenz der Progression eine ungerade Primzahl ist. $.1. Es sei p eine ungerade Primzahl und c eine primitive Wurzel dersel- ben, so dafs also die Reste der Potenzen 0 1 2 er \ RE a EEE eure bei der Division durch p, wenn man von ihrer Ordnung absieht, mit den Zahlen 1, 2, 3, ...p—ı zusammenfallen. Ist n eine nicht durch p theilbare (') Theorie des Nombres. Yitme Partie. G.ıx. unendlich viele Primzahlen enthält. 47 Zahl, so werden wir mit Gaufs den Exponenten yı sein sollte. Man überzeugt sich von der Nothwendigkeit dieser Beschränkung, wenn man auf den we- sentlichen Unterschied Rücksicht nimmt, welcher zwischen zwei Arten von unendlichen Reihen Statt findet. Betrachtet man statt jedes Gliedes seinen Zahlenwerth oder wenn es imaginär ist, seinen Modul, so können zwei Fälle eintreten. Es läfst sich nämlich entweder eine endliche Gröfse angeben, welche die Summe von irgend welchen und noch so vielen dieser Zahlenwerthe oder Moduln stets übertrifft, oder diese Bedingung wird von keiner noch so grofsen aber endlichen Zahl erfüllt. Im ersteren Falle ist die Reihe immer convergirend und hat eine völlig bestimmte Summe, welche von der Anord- nung der Glieder ganz unabhängig ist, sei es nun, dafs diese nur nach einer Dimension, sei es, dafs sie nach zwei oder mehr Dimensionen fortschreiten, und eine sogenannte Doppel- oder vielfache Reihe bilden. Im zweiten der eben unterschiedenen Fälle kann zwar die Reihe auch noch convergiren, aber diese Eigenschaft, so wie die Summe der Reihe, werden wesentlich durch die Art der Aufeinanderfolge der Glieder bedingt sein. Findet die Convergenz für eine gewisse Ordnung Statt, so kann sie durch Änderung unendlich viele Primzahlen enthält. 49 dieser Ordnung aufhören, oder es kann, wenn dies nicht der Fall ist, die Summe der Reihe eine ganz andere werden. So ist z.B. von den beiden aus denselben Gliedern gebildeten Reihen A ee Pa a Te Fe a pe IE BEER. ve. v3 Y2 v5 yr ya a“ nur die erste convergirend, während die folgenden wen... 2 ya 5 a 1 BEE BELLE ELSE. + an ar ae ai re zwar beide convergiren, aber keinesweges dieselbe Summe haben. Was nun unsere unendliche Reihe Z betrifft, so gehört diese, wie leicht zu sehen ist, nur dann in die erste der beiden eben unterschiedenen Klassen, wenn man s> ı annimmt, so dafs also unter dieser Voraussetzung, wenn man L=?-+uY—1 setzt, A und « völlig bestimmte endliche Werthe sind. Bezeichnet man nun mit f,+8,. V— ı das Product der m ersten Facto- 1 j ER... ER ren der Form eo diese Factoren in einer beliebigen Ordnung gedacht, 1— u? s so wird man immer n so grofs nehmen können, dafs sich unter diesen m er- sten Factoren alle diejenigen befinden, in denen g< Ah ist, wo A irgend eine ganze Zahl bezeichnet. Sobald m diesen Grad von Gröfse erreicht hat, wird offenbar jede der beiden Differenzen f„—?, g,—#, abgesehen vom Zei- 1 (h+1)' auch m noch ferner wachsend denke. Unter der Annahme s>ı kann aber chen, immerfort kleiner bleiben als —- + + ..., wie weit man sich ’ 73 ’ Ir m ER + ... für ein gehörig grofses h beliebig klein werden. Es ist so- mit beweisen, dafs das unendliche Product in (3) einen von der Ordnung seiner Factoren unabhängigen, der Reihe Z gleichen Werth hat. Ist hin- gegen s—ı oder s<1, so ist dieser Beweis nicht mehr anwendbar, und in der That hat das unendliche Product in diesem Falle im Allgemeinen und unabhängige von der Ordnung der Factoren keinen bestimmten Werth mehr. 515 ö Liefse sich bei einer gegebenen Art der Aufeinanderfolge der Factoren die 8 8 Existenz eines Grenzwerthes für die ins Unendliche fortgesetzte Multiplica- 5 1% tion nachweisen, so würde zwar die Gleichung (3), gehörig verstanden, noch Mathemat. Abhandl. 1537. G 50 Diicuzer: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. Statt finden, aber zur Feststellung dieses Werthes keinen wesentlichen Nut- zen mehr gewähren. Man müfste nämlich, wenn g', q”, 9”, ... die der an- genommenen Ordnung entsprechenden Werthe von g sind, die Reihe Z als eine so zu ordnende vielfache Reihe betrachten, dafs man zuerst diejenigen Glieder zu nehmen hätte, in denen zn nur den Primfactor g’ enthält, dann diejenigen der übrigen, in denen n keine anderen Primfactoren als g’, q’ ent- hält, u.s.w. Durch die Nothwendigkeit, den Gliedern diese Ordnung zu geben, würde die Summation der Reihe eben so schwierig, als es die Unter- suchung des Productes selbst ist, vor welchem die Reihe nur dann hinsicht- lich der Einfachheit etwas voraus hat, wenn die Ordnung ihrer Glieder will- kührlich ist, oder sich wenigstens nicht nach den Primfactoren in n richtet. 2 Setzt man s=1-+-9, so bleibt die Gleichung (3) gültig, wie klein man auch die positive Gröfse g annehme. Wir wollen nun untersuchen, in wel- cher Art sich die darin enthaltene Reihe Z ändert, wenn man 9 unendlich klein werden läfst. Das Verhalten der Reihe ist in dieser Beziehung ein ganz verschiedenes, je nachdem w der positiven Einheit gleich ist oder irgend ei- nen andern Werth hat. Um mit dem ersten Falle oder mit der Untersuchung von Z, zu beginnen, betrachten wir die Summe 1 1 (k+H1)'+? r (k-+2 1 Set arten in welcher % eine positive Constante bezeichnet. Schreibt man in der be- BO _ T(i#+2) S® log (—) dr = u für % der Reihe nach k, k+1, k+2, ... und addirt, so kommt 1 ä El ar nn [03 = 0% Ds a log ©) er ı 11 Addirt man -- und subtrahirt zugleich = SEN PIE. af log (-) dx, Dig) Tlte)) o = kannten Formel so geht A Gleichung über in It ee unendlich viele Primzahlen enthält. nf wo das zweite Glied für ein unendlich kleines p sich der endlichen Grenze „ ar =, t fe ( u - ) oe nähert. aut 2 len) Betrachtet man statt der Reihe S die allgemeinere, welche zwei posi- tive Constanten a, 5 enthält, 1 1 1 ER er at ern ide so braucht man diese nur in die Form 1 1 1 1 getegeteget zu bringen und mit ‚S zu vergleichen, um sogleich zu sehen, dafs sie einem Ausdrucke von folgender Form gleich ist a tro wo (eg) für ein unendlich klein werdendes 9 sich einer endlichen Grenze nähert. Die zu untersuchende Reihe Z, besteht aus p—ı Partialreihen, wie 1 1 st ee, 1 ale peace + rm wo man successive m=1, 2, ... p—1 zu setzen hat. Man hat mithin - Fu u | - 2; = = rz + (e); (2) wo wieder &(g) eine Function von p ist, die für ein unendlich kleines 9 einen endlichen Werth annimmt, welchen man nach dem Vorigen leicht durch ein bestimmtes Integral ausdrücken könnte, was jedoch zu unserm Zwecke nicht erforderlich ist. Die Gleichung (5) zeigt, dafs Z, für ein unendlich kleines g den Werth erhält, und zwar so, dafs Z, — — : endlich bleibt. 8.3. Nachdem wir gefunden haben, nach welchem Gesetze unsere Reihe, wenn darin = ı angenommen wird, für abnehmende der Einheit sich nä- hernde Werthe von s sich ändert, bleibt uns dieselbe Untersuchung auf die übrigen Wurzeln w der Gleichung ”"'—ı = auszudehnen. Obgleich die Summe der Reihe Z, so lange s>1, von der Ordnung der Glieder unab- hängig ist, so wird es doch für diese Untersuchung vortheilhaft sein, sich G2 52 Diicuter: Beweis, da/s jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. die Glieder einander so folgend zu denken, dafs die Werthe von n wach- send fortschreiten. Es ist nämlich unter dieser Voraussetzung Zu”, eine Function von s, welche für alle positiven Werthe von s stetig und endlich bleibt, so dafs also namentlich die Grenze, der sich der Werth der Reihe nähert, wenn man darin s= 14-9 setzt und g unendlich klein werden lälst, und welche von der Ordnung der Glieder unabhängig ist, durch $w”— aus- gedrückt ist, was bei einer SpCeEE Ordnung nicht hen der Fall wäre, indem für eine solche $u”— von $w”_—— um eine endliche Gröfse verschie- den sein oder auch gar Keinen Werth Den kann. Um die eben ausgespro- chene Behauptung zu beweisen, bezeichne man mit A irgend eine ganze po- sitive Zahl und drücke die Summe der A(p—) ersten Glieder der Reihe mit Hülfe der schon oben gebrauchten für jedes positive s gültigen Formel +1 s_—i 1 T a”='log (-) A 2 0 Pr n durch ein bestimmtes Integral aus. Man erhält so für diese Summe of. Eros (ef, Zero (C)er wo man zur Abkürzung gesetzt hat Na)— FR BR PRRRARE A) ke Ist nun, wie wir voraussetzen, w nicht = 1, so ist das Polynom = &) durch 1— x theilbar, denn man hat OL WEHT EEE FT, Befreit man daher Zähler und Nenner des Bruchs unter dem Integralzeichen von dem gemeinschaftlichen Factor ı— x, so wird derselbe + u vi 1Fx+22... ar? wotund u Polynome mit reellen Coöfficienten bedeuten. Bezeichnen 7 und U die gröfsten Zahlenwerthe von Z und x zwischen @& = 0 und @= ı, so sind offenbar der reelle und imaginäre Theil des zweiten Integrals respective kleiner als 7 ! 174 T PERSAEE: ‚Ap ] o ( = -) A) zn [0 _ A (6) x = L(s) 5 ie) Pr (Rp +1)’ ’ unendlich viele Primzahlen enthält. 53 U 1 nr "ea = U fs ® ie rege Das genannte Integral wird also für A= x» verschwinden. Die Reihe ist also, bei der angenommenen Ordnung ihrer Glieder, convergirend und man hat für ihre Summe den Ausdruck 1a N 1 =) A ee — = en HAI“, Zu n’ Is). 1x? log (- ) = Diese Function von s bleibt nicht nur selbst, so lange s>0, stetig und end- lich, sondern dieselbe Eigenschaft kommt auch ihren nach s genommenen Differentialquotienten zu. Es genügt, um sich davon zu überzeugen, nach s zu differentiiren und zu berücksichtigen, dafs T(s), a ‚ ebenfalls stetig und endlich sind, so wie dafs T(s) nicht Null wird, so En: s positiv bleibt. Setzen wir daher fa) Taler log. (& )e = UHR V-1, wo Us) und x(s) reelle Functionen bedeuten, so haben wir nach einem be- kannten Satze für ein positives g Var) = Yı)re Var), KUH) =EXRUNFEXUHE), (6) wo zur Abkürzung Vs) = -., HOF 2 = von g abhängige Brüche bedeuten. Es versteht sich übrigens von selbst, dafs für v=—1, x(s)= 0 ist, gesetzt ist und ö und e positive und dafs, wenn man von einer imaginären Wurzel » zu ihrer conjugirten — übergeht, %(s) denselben Werth behält, x(s) aber den entgegengesetzten annimmt. $.4, Wir haben jetzt nachzuweisen, dafs die endliche Grenze, der sich Su”; , unter der Voraussetzung, dafs w nicht die Wurzel ı bedeutet, nä- hen, wenn man das positive 9 Anerälieh klein werden läfst, von Null ver- schieden ist. Diese Grenze ist nach vorigem $ durch das Integral gegeben | vi = (&: zu f I n a a welches sich leicht durch Logarithmen und Kreisfunctionen ausdrücken läfst. 54 -Diricnter: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. 2mr ı/ Irsend ein Linearfactor des Nenners x” — 1 ist @—e ? {= wo m aus der 5 ’ -f&) Reihe 0, 1, 2, ... p—ı zu nehmen ist. Zerlegt man „In Partialbrüche, A so wird nach den bekannten Formeln der Zähler des Bruchs 2mr durch den Ausdruck =r ai 2 gegeben, wo x =e 7 1 zu setzen ist. Man hat also A„—= Lynn), Substituirt man diesen Werth und bemerkt, dafs A,= 0 ist, so erhält man Znr Trug 1 - 1 1 V-1 dx nn, P REIBETIENIZE zu" = „=.f(e or. Immı 73 wo sich das Summenzeichen auf der zweiten Seite von m=ıbsm=p—1 erstreckt. gu Die Buneiiän F Ga er = ist die bekannte in der Kreistheilung vor- kommende und läfst sich leicht auf f(er eV = zurückführen. Es ist nämlich 2mnr ı/ 27 1) Ce - =) en u wo sich das Zeichen von g=1 bis g=p—-1 erstreckt. Setzt man statt gm den jedesmaligen Rest A ir dem Modul p, so sind ı, 2, ... p—1, die he denen Werthe von 4, und man hat, wegen gm=h (mod. p), „=Y— Yn (mod. p—ı). Schreibt man also zugleich y,—Y, für y,, was wegen der Gleichung »"'— 1 = 0 erlaubt ist, so kommt 2nE Ver a F 2” BEE, ne gr Ya fle? a )=u” ur Be vn fer ö; Die obige Gleichung wird so 1 = E\ y ox zul trler? = Ww ae ri Nun ist für einen positiven Bruch « S = log (2sinar) + — (1— 2«) v1, folglich OR 6 7 zum a ae 1 en) ln ._ mr 7 2m Zu -=—-fle zw ’ (log sin —)+ 7 (— VZı). unendlich viele Primzahlen enthält. 55 Obgleich dieser Ausdruck für Su”—, sehr einfach ist, so kann man doch im Allgemeinen nicht daraus schliefsen, dafs &u”— einen von Null verschiedenen Werth hat. Es fehlt noch an gehörigen Principien zur Fest- stellung der Bedingungen, unter denen transcendente Verbindungen, welche unbestimmte ganze Zahlen enthalten, verschwinden können. Die verlangte Nachweisung gelingt jedoch für den besonderen Fall, w@o=—1ı. Für die imaginären Werthe von » werden wir im folgenden $ ein anderes Ver- fahren angeben, welches aber auf den genannten besonderen Fall nicht an- wendbar ist. Unter der Voraussetzung, dafs v„=— ı, erhält man, mit Be- rücksichtigung, dafs %, gerade oder ungerade ist, je nachdem =) = +1 oder =— ı, und dals folglich (— 1)?" = (2) ist, so wie dafs (— ı)"—= (+), als Grenze von Z,-: für ein unendlich klein werdendes 9 2 fr 1 =. 1 ee } =i fr yon MT 7 m Er z(-)-=-,/ e >(7 log (2 sin e ee]; 1), . . = m . oder einfacher, da zwischen den Grenzen n=ı, m=p—1ı, 3 (2) —=0 ist, fr 1 1 er) ya ( u . mr” 7 i) a Een . > A Din )— mi—1). = (”) z z KG r log (2 sin = ) z ı) Es sind jetzt zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem die Primzahl p die Form 4u-+3 oder 4u-++1ı hat. Im ersteren Falle ist für zwei Werthe, wie m und p—m, die sich zu p ergänzen, (> _-— (= er ee er, p p p p Mithin verschwindet der reelle Theil der Summe, und man erhält, wenn man mit a die Werthe von m bezeichnet, für welche =) —=1ı, und mit 5 diejenigen, für welche 5. — — ı, oder mit anderen Worten, wenn a und 5 die Quadratreste und Nichtquadratreste von p bedeuten, welche kleiner als p sind, Ra 3(2)2= fe ")@a-2)Vmı. Ist p=4u+1, so verschwindet der imaginäre Theil der Summe, weil als- dann e) — a ir und man erhält 56 Dmicnzer: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. 4. =) 10g II sin 7 =(7), =, /( 08 Ten?’ wo sich das Multiplicationszeichen auf alle a oder db Si Bemerkt man jetzt, dafs unter der hier gemachten Annahme von w= — ı, nach bekannten Formeln (!), er ) =) im ersteren Falle Yp VY—1, im letzteren Vp ist, so kommt respective II sin > 3b—3a), 3 6 )== -- —-. Ja n = (2 2 ) =7 lo m Für den Fall, wo p=4u-+-3, sieht man sogleich, dafs 3(5 )=v Null verschieden ist, indem 8a +35 = p —— —ı 2) nicht 82 —=*Ö sein kann. Um dasselbe für p = iu-+ı zu beweisen, nehme ungerade ist a a man die aus der Kreistheilung bekannten a (?) zu Hülfe, em] (ae = Y—zw, en (x—e’! = Y+ZVp, wo Y und Z Polynome mit ganzen Co£fficienten bedeuten. Setzt man in diesen Gleichungen und der daraus folgenden x’— 1 — Y’—pZ’, 4- xz—1 x = ı, und nennt g und A die ganzen Zahlen, welchen Y und Z gleich wer- den, so kommt, nach einigen leichten Reductionen, „E Beet . 5 , Il sin = = g—hVp, 2: Isn-— — g-+hVp, g’—-ph’= ip. p Aus der letzten Gleichung folgt, dafs g durch p theilbar ist. Setzt man da- her g=pk, und dividirt die beiden Be durch einander, so erhält man II sin I kVp+R Mit ER el, II sin — kVp—n Nach der zweiten dieser Gleichungen kann A nicht Null sein, folglich sind die beiden Seiten der ersten von der Einheit verschieden, woraus so- (') Comment. Gotting. rec. Vol. I. oder die Abhandlungen unserer Akademie, Jahrg. 1835. (?) Disy. arith. art. 357. unendlich viele Primzahlen enthält. Du gleich, mit Berücksichtigung des oben erhaltenen Ausdruckes folgt, dafs 2(5 — nicht den Werth Null haben kann, w.z.b. w. Man kann noch hinzufügen, dafs die Summe $ (a ) da sie als Grenzwerth Pr a oe m ein unendlich klein werdendes g, auch nicht negativ sein kann, nothwendig aus lauter positiven Factoren, nämlich als Grenzwerth von I———— positiv sein wird. Aus dieser Bemerkung folgen unmittelbar zwei wichtige und auf an- derem Wege wahrscheinlich sehr schwer zu beweisende Sätze, von denen der auf den Fall p=4u+-3 bezügliche darin besteht, dafs für eine Primzahl dieser Form immer 35 >3a ist. Wir wollen uns jedoch bei diesen Folge- rungen unserer Methode hier nicht aufhalten, da wir bei einer anderen Un- tersuchung Gelegenheit finden werden, auf diesen Gegenstand zurückzu- kommen. 8. 5. Um für Z,,, wenn m weder o noch einem unendlich kleinen R entsprechender Genen von Null verschie- 1 ?Z! ist, nachzuweisen, dafs sein den ist, nehme man den Logarithmus von II ‚ und entwickle den 1 — u? —— 1i— uw Fr) Logarithmus jedes Factors mittelst der Formel — lg —a)=a+4x" +42 +... Man findet so 4.4 ) zw” +723u” 2y1+H? +33u” =: tee =logZ, wo sich die Summationen auf g beziehen und y den Index von g bedeutet. Setzt man der Reihe nach für w seine Werthe 1, 0, 2°, ... Q°”°, addirt und berücksichtigt, dafs die Summe 0° OT ee Q(P-2Ay immer verschwindet, aufser wenn Ay durch p—1 theilbar ist, in diesem Falle aber den Werth p—ı hat, und dafs die Bedingung Ay=0 (mod. p—ı) gleich- bedeutend mit g’=ı (mod. p) ist, so erhält man Mathemat. Abhandl. 1837. H 58 Dirıcnwer: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. 4 1 1 1 > — (pP—1) (= Zr +73 gets“ PELER +... —log (is 2, ... Lo) wo sich die erste, zweite, ... Summation resp. auf die Werthe von g be- zieht, deren erste, zweite, ... Potenzen in der Form »p-+1 enthalten sind. Da die erste Seite reell ist, so folgt, dafs das Product unter dem Zeichen log positiv ist, was auch sonst klar ist, und dafs für den Logarithmus der arith- metische mit keiner Vieldeutigkeit behaftete Werth zu nehmen ist. Die Reihe auf der ersten Seite bleibt stets positiv, und wir werden nun zeigen, dafs die zweite, in Widerspruch hiermit, für ein unendlich kleines g den Werth — » haben würde, wenn man die Grenze für Z, als verschwindend annehmen wollte. Die zweite Seite läfst sich in die Form bringen log Z,+log Z,-ı +logL,ZL, ,+logL,L,_,+ ..-, wo log Z, nach (5) dem Ausdruck log (?7 +99) = log (Z)+log(?-+29@) p gleich ist, dessen zweites Glied sich der endlichen Grenze log ( ? —) nähert; eben so bleibt log Z,-ı endlich, da der Grenzwerth von Z,-ı nach $.4. z 2 von 0 verschieden ist. Irgend einer der übrigen Logarithmen, wie log 7, Z,_,_ ist nach 8.3., log (*«ı +I+Y -++2)), welcher Ausdruck, wenn Z,, und also auch Z,_,_,„ die Null zur Grenze hätte, so dafs gleichzeitig Y(1) =, x(1) = 0 wäre, in log (g’v +09 + %°C1+89))) =—.2log > + log (V* 1489) +’ (+82) übergehen würde. Vereinigt man das Glied — 21log (--) mit dem ersten Gliede von log Z,, so bleibt — log (-), welcher Werth für ein unendlich kleines g in — oo übergeht, und es ist klar, dafs dieser unendlich grofse negative Werth nicht etwa durch log (W*(1 +89) + %”C1+29)) aufgehoben werden kann, denn dieser Ausdruck bleibt entweder endlich oder wird selbst — oo, wenn nämlich gleichzeitig W()=0, x()=0o wäre. Eben so ein- leuchtend ist, dafs, wenn man aufser Z,, und Z,_,_„ noch ein anderes oder mehrere andere Paare zusammengehöriger Z als verschwindend betrachten wollte, der Widerspruch nur noch verstärkt würde. Es ist somit bewiesen, dafs die einem unendlich klein werdenden p entsprechende Grenze für Z,, unendlich viele Primzahlen enthält. 59 (wo m nicht o ist) endlich und von der Null verschieden ist, so wie dafs Z, in demselben Falle © wird, woraus sogleich folgt, dafs die Reihe u rt tt = lglL (M sich immer, wenn nur nicht »—=1, einer endlichen Grenze nähert, für » =1 aber unendlich grofs wird, wenn man 9 unendlich klein werden läfst. Wollte man diese endliche Grenze selbst haben, deren Kenntnifs je- doch zu unserem Zwecke nicht erforderlich ist, so würde (wenn w nicht —ı ist) ihre Bestimmung durch den Ausdruck log (X(1) +y,.)V-—1) mit einer Vieldeutigkeit behaftet sein, die man aber in jedem speciellen Falle, d.h. sobald p und » numerisch gegeben sind, leicht heben kann. Setzt man die Reihe (7), =u+vV—ı, und folglich u log ZL=log (La-+r9) | %4U+9), so hat man u= 4log VUN) HR UHO), L = b) cosv — a) sinv — — xUte VeaHD+ KUH) VIEH) FRAHN und folglich ist der Grenzwerth von z ohne Vieldeutigkeit, = tlg (V’()+%°)). Um den von v eben so zu erhalten, bemerke man, dafs die Reihe, wie klein auch 9 sei, stetig mit dieser Gröfse veränderlich ist, wie man leicht nach- weisen kann, und dafs mithin auch v eine stetige Function von 9 sein mufs. Nun wird sich, da nicht zugleich Y(1) = 0, %(1) = sein kann, aus den oben gegebenen Ausdrücken von Vu+9) und %G1-+g) in Form bestimmter Inte- grale immer ein positiver endlicher Werth 2 von solcher Beschaffenheit ab- leiten lassen, dafs wenigstens eine der Functionen Y(1-+g), %(1-+g) für jedes g, welches < Zt ist, dasselbe Zeichen behält. Es wird mithin cosv oder sinv, sobald 9 abnehmend kleiner als A geworden ist, sein Zeichen nicht mehr ändern, und also der continuirlich veränderliche Bogen v nicht mehr um r zu- oder abnehmen können. Bestimmt man also den g9—= A entsprechenden endlichen Werth von v, den wir / nennen wollen, und den man durch nu- merische Rechnung aus der Reihe (7) selbst leicht finden kann, da diese für H> 60 Diicazer: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. jeden endlichen Werth von 9 in die erste der in $.1. unterschiedenen Rlas- sen gehört und also eine völlig bestimmte Summe hat, so ist nun der Grenz- werth v, von v durch die Gleichungen va) VEeW+R’@ mit der Bedingung verbunden, dafs die Differenz Y—v,, abgesehen vom ö Zeichen, < sein mufs, vollständig bestimmt. 4) VIE) +xO" 0 = eosU, — 8.6. Wir sind jetzt im Stande zu beweisen, dafs jede arithmetische Reihe, deren Differenz p ist und deren erstes Glied nicht durch p theilbar ist, un- endlich viele Primzahlen enthält, oder mit anderen Worten, dafs es unendlich viele Primzahlen von der Form up-+m giebt, wo u eine unbestimmte ganze Zahl und m eine der Zahlen ı, 2, 3, ... p—ı bedeutet. Denkt man sich die in der Gleichung (7) enthaltenen Gleichungen, so wie sie der Reihe nach den Wurzeln 1,0, 0°, ..., Q°”*, (4) entsprechen, mit ı, 7", a", ... ad, multiplieirt und addirt, so erhält man auf der ersten Seite Yon Uy— Ym —2 en 1 3(1+0°”? El BR >) Zr u 12 (HT ld N, 42H TI I) Kl RR wo sich die Summationen auf q beziehen und y den Index von g bezeichnet. Nun ist aber Tr IT aufser wenn Ay—y„=0 (mod. p—1) ist, in welchem Falle diese Summe —=p-—1 ist. Diese Congruenz ist aber gleichbedeutend mit g’=m (mod. p). Man hat daher die Gleichung 1 1 1 1 } 125% 3 Ir 1 2Ier 37,37 +... = (log L, +0 "log 1, +0" log L,+ + PM 10gZ,_.), unendlich viele Primzahlen enthält. 61 wo sich die erste Summation auf alle Primzahlen g der Form up-Hm er- streckt, die zweite auf alle Primzahlen g, deren Quadrate, die dritte auf alle Primzahlen g, deren Cuben, u. s. w. in derselben Form enthalten sind. Denkt man sich nun g unendlich klein werdend, so wird die zweite Seite durch das Glied log Z, unendlich grofs. Es mufs also auch die erste Seite unendlich werden. Auf dieser Seite bleibt aber die Summe aller Glieder, mit Aus- schlufs des ersten, endlich, da bekanntlich +3 72 +43 +... noch end- lich ist, wenn man unter g nicht, wie hier, gewisse Primzahlen, sondern alle ganzen Zahlen, welche > ı sind, versteht. Folglich mufs die Reihe Ss; über jede positive Grenze hinaus wachsen, sie mufs mithin unendlich viele Glieder enthalten, d.h. es giebt unendlich viele Primzahlen g der Form Kp-+-m, w.z.b. w. ST. Um den im Vorhergehenden geführten Beweis auf eine arithmetische Reihe auszudehnen, deren Differenz irgend eine zusammengesetzte Zahl ist, sind einige Sätze aus der Theorie der Potenzreste erforderlich, die wir hier kurz zusammenstellen wollen, um uns in der Folge leichter darauf berufen zu können. Die Begründung dieser Resultate kann man in den Disq. arith. sect. 111. nachsehen, wo dieser Gegenstand ausführlich behandelt ist. I. Die Existenz von primitiven Wurzeln ist nicht auf ungerade Prim- zahlen p beschränkt, sondern findet auch noch für irgend eine Potenz p” einer solchen Statt. Ist c eine primitive Wurzel für den Modul p”, so sind die nach diesem genommenen Reste der Potenzen — Ka PD Dr BEP A: !)p 5 alle von einander verschieden und fallen mit der Reihe derjenigen Zahlen zu- sammen, welche = &+n (mod. 2”) zu nehmen sein wird. Man kann auch, wenn man will, beide Indices in einer Formel vereinigen, und (—1)” sn (mod. 2*) schreiben, durch welche Congruenz der Rest von n nach dem Modul >° vollständig bestimmt ist. II. Es sei nun k=2* p” p'”..., wo, wieinIl.2,%Z3, und p, p}, ... von einander verschiedene ungerade Primzahlen bezeichnen. Hat man ir- gend eine durch keine der Primzahlen 2, p, p', ... theilbare Zahl n, und kennt man die den Moduln A, 2D, D . und ihren primitiven Wurzeln entsprechenden Indices Anz B.. Ynı Ya) Pan so hat man die Congruenzen (—1)” =n (mod. 4), sP» ==+n (mod. :’), Ya = ce” =n (mod.p”), €”’=n (mod. p'”), ... durch deren Inbegriff der Rest von n, nach dem Divisor k genommen, voll- ständig bestimmt ist, wie aus bekannten Sätzen sogleich folgt, wenn man 64 Dimucuter: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. berücksichtigt, dafs das doppelte Zeichen in der zweiten dieser Congruen- zen durch die erste festgestellt wird. Wir werden die Indices «,, B,, Ya» Yan» ... oder &, 9, y, Y, ..., das System der Indices für die Zahl n nennen. Da die Indices «, B,y, Y, ... resp. 2, 2°”*, (p—ı1)p”"", (P—1)p”""", ... ver- schiedene Werthe erhalten können, so ist di) (m) © die Anzahl aller möglichen Systeme dieser Art, was mit dem bekannten Satze übereinstimmt, nach welchem X die Anzahl derjenigen Zahlen ausdrückt, welche kleiner als k und zu X relative Primzahlen sind. $.8. Indem wir nun dazu übergehen, das Theorem über die arithmetische Progression in seiner ganzen Allgemeinheit zu beweisen, bemerken wir, dafs man, ohne dieser Allgemeinheit zu schaden, die Differenz k der Progression als durch s theilbar und also in der Form des vorigen 8. n.IlI. enthalten, an- nehmen kann. Ist der Satz unter dieser Voraussetzung bewiesen, so wird er offenbar um so mehr gelten, wenn die Differenz ungerade oder nur durch 2 oder 4 theilbar ist. Es seien ®, ö, w, w, ... irgend welche Wurzeln der Gleichungen gr-2 (1) pP”! 2 —41)p’ #3 P—=0,6 —ı=0,u dr —1=0, 10... und g eine beliebige von 2, p, p', ... verschiedene Primzahl. Bildet man nun die Gleichung 1 A TORE: z HE —=ı+9 u NT 1 1-0 u’wr... 7’ in welcher s>1, und das System der Indices «, ß, y, Y, ... sich auf g be- zieht und multiplicirt alle Gleichungen dieser Form, welche man erhält, wenn man für q alle von 2, p, p', ... verschiedenen Primzahlen setzt, in ein- einander, so kommt, mit Berücksichtigung der oben erwähnten Eigenschaften der Indices und der Gleichungen (9), 1 = a re EEE 2 7 (10) —_ PutwY ..— s unendlich viele Primzahlen enthält. 65 wo sich das Multiplicationszeichen auf die ganze Reihe der Primzahlen, mit Ausschlufs von 2, p, p', ..., und das Summenzeichen auf alle positiven gan- zen Zahlen, welche durch keine der Primzahlen 2, p, p', ... theilbar sind, erstreckt. Das System der Indices «, B, Y, Y, «.. entspricht auf der ersten Seite der Zahl q, auf der zweiten der Zahl n. Die allgemeine Gleichung (10), in welcher die verschiedenen Wurzeln 8, #, w, w, ... auf irgend eine Weise mit einander combinirt werden können, enthält offenbar eine Anzahl X be- sonderer Gleichungen. Um die jeder dieser Verbindungen entsprechende Reihe Z bequem zu bezeichnen, kann man sich die Wurzeln von jeder der Gleichungen (9) als Potenzen von einer derselben dargestellt denken. Sind e=-—1,#,0,0,... hierzu geeignete Wurzeln, so kann man setzen = 9%, Bee VEN wo en <<’, t<(pein)pn, ce <(p=eydp a und dieser Darstellung entsprechend, die Reihe Z mit as a (14) bezeichnen. Die Nothwendigkeit der Voraussetzung s>ı in der Gleichung (10) beruht auf den schon in $.1. entwickelten Gründen. 8.9. Die im vorigen $. mit Z bezeichneten Reihen, deren Anzahl = X ist, lassen sich, nach den verschiedenen Wurzeleombinationen ®, &, w, w, ..., denen sie entsprechen, in folgende drei Klassen theilen. Die erste Klasse enthält nur eine Reihe, nämlich Z,, 9 0» 09 ++, d.h. diejenige, in welcher p=1, o=1,u=i, A, ... Die zweite Klasse soll alle übrigen Reihen umfassen, in welchen nur reelle Wurzeln der Gleichungen (9) vorkommen, so dafs also zur Darstellung die- ser Reihen die Zeichen in p=-1, gerettet auf jede mögliche Weise combinirt werden müssen, wobei nur die eine der g auszuschliefsen ist. Die dritte Klasse endlich wird alle Reihen Z in sich begreifen, in denen wenig- Mathemat. Abhandl. 1837. I ersten Klasse entsprechende Zeichenverbindun 66 Dmicazer: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s.W. stens eine der Wurzeln $, w, w, ... imaginär ist, und es leuchtet ein, dafs die Reihen dieser Klasse einander paarweise zugeordnet sind, da die beiden Wurzelcombinationen N A| ö, DB, Wei =), —, —, 0 g offenbar von einander ver- schieden sind. Wir haben jetzt das Verhalten dieser Reihen zu untersuchen, unter der eben ausgesprochenen Voraussetzun wenn man darin s=1-+g setzt, und das positive 9 unendlich klein werden läfst. Betrachten wir zunächst diejenige Reihe, welche die erste Klasse con- stituirt, so ist klar, dafs diese als die Summe von X Partialreihen angesehen werden kann, deren jede die Form hat 1 1 1 m't? u (km)! +? + (ek -H-m)'*? Eee; wo mo setzt, für diese die Gleichung set... - — > ne log (-) 0x, (13) wo sich das Zeichen $ auf der zweiten Seite auf alle positiven ganzen Zah- len n erstreckt, welche der ’ wo sich das Zeichen 3 auf g erstreckt, und /Y das Product der nach a, b, 6, d, ... resp. zwischen den angegebenen Grenzen zu nehmenden Summen bedeutet, ha—c,)Q nß—B„)b Ay—yn)e Ry—yn)e zo m yg And gr Ye ygRY Ym)E Nun ist, mit Berücksichtigung von $.7., leicht zu sehen, dafs die erste die- ser Summen 2 oder o ist, je nachdem die Congruenz ARa—a,„=0 (mod. 2), oder was dasselbe ist, die Congruenz "= m ol, 4) Statt findet oder nicht Statt findet, dafs die zweite 2”® oder o ist, je nachdem die Congruenz h®—R,=0 (mod. 2’”*), oder was dasselbe ist, die Congruenz ?==+m (mod. 2°) Statt findet oder nicht Statt findet, dafs die dritte (p—ı) p”"' oder o ist, je nachdem die Congruenz Ay—y„=0 (mod. (p— ı) p””'), oder was dasselbe ist, die Aue g"=m (mod. p”) Statt findet oder nicht Statt findet, u.s.w. Es folgt hieraus, dafs WW immer verschwindet, aufser wenn man gleichzeitig g’= m, nach den Moduln >’, p”, p'”, ... hat, oder was das- selbe ist, aufer wenn g’=m (mod. k), ist, in welchem Falle /’ = X wird. Unsere Gleichung wird daher a Ad ya Ynl - = 20 = 5 ar, log Lu, 0,0, &j..1h (15) unendlich viele Primzahlen enthält. 69 wo sich die Summationen auf der ersten Seite resp. auf alle Primzahlen q beziehen, deren erste, zweite, dritte Potenzen in der Form uk + m enthal- ten sind, während die Summation auf der zweiten Seite über a, b, u, c', ..., zwischen den schon angegebenen Grenzen zu erstrecken ist. Setzt man spe- ciell m=1, so wird «,„=0, Bß„=0, „=0, Ya; ».., und die zweite Seite reducirt sich auf 1 => logZ,, b,cycC,..- Unter den Gliedern dieser Summe wird dasjenige, welches dem Z der er- sten Klasse, oder nach (11), Ly, o» 0» 0» ++» entspricht, vermöge (12), log (+) enthalten. Diejenigen Glieder, welche den verschiedenen Z der zweiten Klasse entsprechen, werden, unter Voraussetzung der oben geforderten Nach- weisung, für ein unendlich kleines 9 endlich bleiben. Wäre nun der Grenz- werth für irgend ein Z der dritten Klasse der Null gleich, so würde, wie in $.5., die Betrachtung der Continuität des Ausdrucks (13) für den Logarith- mus dieses Z, mit dem des ihm zugeordneten Z verbunden, das Glied — 21og(5) ergeben, aus dessen Vereinigung mit log (+) in log Z, u oo +-- noch — log (5) bliebe, welches Glied für ein unendlich klein werdendes 9 den Werth —x annimmt, während die erste Seite aus lauter positiven Glie- dern besteht. Es kann daher kein Z der dritten Klasse die Null zum Grenz- werth haben, und wir haben das Resultat (unter Vorbehalt des noch zu ge- benden Beweises für die Reihen der zweiten Klasse), dafs log Z abd,c,d,:- sich für ein unendlich klein werdendes 9 immer einer endlichen Grenze nä- hert, ausgenommen, wenn gleichzeitiga=o, b=0, c=0, f=o, ... ist, in welchem Falle dieser Logarithmus einen unendlich grofsen Werth erhält. Wendet man dieses Resultat auf die allgemeine Gleichung (15) an, so sieht man sogleich, dafs die zweite Seite derselben für ein unendlich klei- nes 9 unendlich wird, und zwar durch das Glied 7 log don +, wel ches über jede Grenze hinaus wächst, während alle übrigen endlich bleiben. Es mufs also auch die erste Seite jede endliche Grenze überschreiten, wor- aus, wie in $.6. folgt, dafs die Reihe Ir unendlich viele Glieder enthält, oder mit anderen Worten, dafs die Anzahl derjenigen Primzahlen q, welche ! die Form ku + m haben, in welcher x eine unbestimmte ganze Zahl und 70 Diuicuter: Beweis, dafs jede unbegrenzte arithm. Progression u. s. w. m eine gegebene Zahl bezeichnet, die keinen gemeinschaftlichen Factor mit k hat, unendlich ist, w. z. b. w. Suddı Was nun die zur Vervollständigung des eben entwickelten Beweises noch erforderliche Nachweisung betrifft, so reducirt sich diese nach dem unter (14) gegebenen Ausdruck für den Grenzwerth eines ZL der zweiten oder dritten Klasse darauf, dafs man zeige, dafs für irgend eine Wurzel- combination der Form #1, #1, #1, #1, ..., mit alleiniger Ausnahme der folgenden +1, +1, +1, +1, ..., die Summe Ey EP EY EN. (16) n worin a, ß, Y, Y, ... das System der Indices für n bedeutet, und für n alle positiven ganzen Zahlen, welche durch keine der Primzahlen 2, p, p', p", »-. theilbar sind, und so wie sie ihrer Gröfse nach auf einander folgen, zu setzen sind, einen von der Null verschiedenen Werth hat. In der Abhandlung, so wie sie der Akademie ursprünglich vorgelegt wurde, hatte ich diese Eigen- schaft durch indirecte und ziemlich complieirte Betrachtungen beweisen. Ich habe mich aber später überzeugt, dafs man denselben Zweck auf einem an- dern Wege weit kürzer erreicht. Die Principien, von welchen wir hier aus- gegangen sind, lassen sich auf mehrere andere Probleme anwenden, zwi- schen denen und dem hier behandelten Gegenstande man zunächst keinen Zusammenhang vermuthen sollte. Namentlich kann man mit Hülfe dieser Principien die sehr interressante Aufgabe lösen, die Anzahl der verschiede- nen quadratischen Formen zu bestimmen, welche einer beliebigen positiven oder negativen Determinante entsprechen, und man findet, dafs diese An- zahl (was jedoch nicht die Endform des Resultates dieser Untersuchung ist) als Product von zwei Factoren dargestellt werden kann, wovon der erste eine sehr einfache Function der Determinante ist, welche für jede Determi- nante einen endlichen Werth hat, während der andere Factor durch eine Reihe ausgedrückt ist, die mit der obigen (16) zusammenfällt. Aus diesem Resultat folgt dann unmittelbar, dafs die Summe (16) nie Null sein kann, da sonst für die entsprechende Determinante die Anzahl der quadratischen Formen sich auf Null redueiren würde, während diese Anzahl wirklich im- mer Zt ist. unendlich viele Primzahlen enthält. /8 / Aus diesem Grunde werde ich meinen früheren Beweis für die ge- nannte Eigenschaft der Reihe (16) hier weglassen, und wegen dieses Punktes auf die erwähnten Untersuchungen über die Anzahl der quadratischen For- men verweisen (!), welche nächstens erscheinen werden, und aus welchen der zur Vervollständigung der gegenwärtigen Abhandlung erforderliche Satz, wie schon bemerkt worden, als ein blofses CGorollar hervorgeht. (') Eine vorläufige Notiz über diesen Gegenstand findet man im Crelleschen Journal Band XVII. unter dem Titel: Sur Y’usage des series infinies dans la theorie des nombres. — HET — BETERea AN DR LEBEN? 2 re ‚9 Milk Dr PT a sie I ı Anseaiaın # ui 10T sr .allia, als Mans nt SR ‘\ . Er Ather ae ir." er : a eds ir Dh er en WERE den Kr u in, aha Hear helm a Be FD a Te Philosophische, philologische und historische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. -.n..aunaananao anna. Aus dem Jahre anna. Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 1839. la Commission bei F. Dümmler. rn Bis Worisukühe Blu | st un ulbasdds ve en. yaigins ohne yub simaha BU ne er a Bu sehnt wu 0 a #, 2 a Eee Te SE n- oo. . \ 2 u . Ga“ AL IE z Narren . Im alt v. Cuamisso über die Hawaiische Sprache ...........eerseercneeeeenenenennen Seite 1 PANorKA: Argos Panoptes, aus Zeugnissen alter Schrift und Kunst ans Licht gestellt - 81 ZuMmPpT über Ursprung, Form und Bedeutung des Centumviralgerichts in Rom .... - 129 LACHMANN über die ersten zehn Bücher der Ilias........2..2s22eeeeeneeennenn =7109 STEFFENS: Pascal und die philosophisch - geschichtliche Bedeutung seiner Ansichten - 177 IDELER über die Zeitrechnung der Chinesen. ...........-rscreeneenennenen nennen - 199 ——— m nun wi 104 * x 2 3 er Br anf aha al a aaa. V m Une i0yas Wer tat eryıh azroraf ae BEE Lr seit 0° ‚au 2107 sul YasıaN ei en. he er Arnd N gl Is iesand SemaTIRıd ö , art gueadasiiirX ih Isla rasaual Über die Hawaiische Sprache. ‚Von Hm- y, CHAMISSO. [Vorgelegt der Akademie der Wissenschaften am 12. Januar 1837.] As ich jüngst (im Winter 1834-1835) behufs einer neuen Ausgabe die Bemerkungen und Ansichten überlas, welche ich auf der Romanzoff’schen Entdeckungsreise (1515-1818) gesammelt und bald nach der Heimkehr für den Druck verfafst hatte, ward ich gewahr, wie seither diese Blätter im schnellen Fortgang der Weltgeschichte und der Wissenschaft veraltet sind. Die Zukunft, in die ich blickte, ist Vergangenheit geworden; Fragen, die ich abzuhandeln berufen war, hat die Erfahrung beseitiget, und wo ich, in tiefer Finsternifs tappend, errathen mufste, ist jetzt der Forscher berechtigt eine klare Einsicht zu verlangen. Als die Sprache von Hawaii in meinem Ohr erklang, und ich sie selbst zum nothdürftigen Verständnifs innerhalb eines engen Kreises von Begriffen mit den Eingebornen sprach, war noch kein Versuch gemacht worden, sie der Schrift anzuvertrauen; jetzt ist sie zu einer Büchersprache geworden, und von diesen Inseln, die der unermefsliche Ocean, aus dessen Mitte sie emportauchen, mit uns verbindet, sind uns bereits der Druckschriften genug zugekommen, um einem gründlichen Sprachstudium zu Grunde gelegt zu werden. Wilhelm v. Humboldt schickte sich an, auf die Sprachen Poly- nesiens das Licht seines Auges auszustrahlen. — Dieses Auge hat sich ge- schlossen. Ich habe geglaubt in meiner Reise und in meinen früheren Versuchen meinen Beruf zu erkennen, meine letzte Kraft daran zu setzen, dieses Feld der Sprachforschung urbar zu machen. Philos.- histor. Abhandl. 1837. A 2 v. Cuamısso Ich habe unternommen, aus den mir vorliegenden Büchern die Ha- waiihische Sprache zu erlernen. Ich habe mir vorgesetzt, eine Grammatik und ein Wörterbuch derselben zu verfassen. Ich behalte mir schliefslich vor, dieselbe, nachdem ich sie mir angeeignet, mit anderen Sprachen oder Mund- arten desselben Stammes zu vergleichen, welche uns durch Druckschriften, Grammatiken und Vocabularien zugänglich geworden sind. Bei dem Umfang des unternommenen Werkes vermag ich heute nur eine Vorarbeit darzubringen, für welche ich die Nachsicht der Sprachfor- scher ansprechen mufs. Ich versuche etliche Grundzüge der Hawaiischen Grammatik nach eigener Auffassung zu entwerfen. Folgendes ist das Verzeichnifs der uns zugekommenen Hawaiischen Druckschriften : Das neue Testament vollständig. 8. Das Evangelium S. Matthaei. Rochester 1828. Das Evangelium S. Marci. Rochester 1829. Das Evangelium $S. Lucae. (Zweite Auflage). Oahu 1830. Das Evangelium S. Johannis. Rochester 1829. Die übrigen Bücher in vier Lieferungen ohne besondere Titel. Die Jahr- zahl am Schlusse: Oahu 1832. Die Geschichte Josephs, Auszug aus der Genesis. Ka hope o ka mooolelo kinohi. [Nr.S.] Oahu 1830. 60 Seiten kl. 8. Exodus (vom Kapitel 21 an ist blofs auszugsweise übersetzt, Bruchstücke und ganze Kapitel sind ausgelassen. Angehängt sind etliche Bruchstücke des Levi- ticı). Ka puka ana. [Nr.10.] Oahu Octob. 1829. 112 Seiten kl. 8. Deuteronomium vollständig. Ke kanawailua. 76 Seiten 8. Ohne Titel, Jahr- zahl und Druckort. Die Psalmen Davids. He mau halelu a Davida. Oahu Juni 1850. 24 S. 8. Ein Traktat von der Ehe. He olelo no ka mare ana. Oahu März 1853. 128.8. Das tägliche Brodt auf das Jahr 1853. Enthält die Apostelgeschichte vom Kap. 9, Vs.23 bis Kap.19, Vs.36; ein Vers auf jeden Tag im Jahre. Ka ai o ka la. Nr.1. 1853. Oahu Jan. 1833. 368. 8. Erdkunde. He hoikehonua. Oahu 1832. 204 8. 8. Von den Thieren der Erde. Ka olelo no na holoholona o ka honua. Ein Bogen in S mit Holzschnitten, ohne Titel, Jahrzahl und Druckort, Anfangsgründe des Gesanges. O ke kumu o ke mele ana. Ein halber Bo- gen gr. Queer 8. mit Noten. über die Hawaüsche Sprache. > Gesangbuch. He mau himeni. Zweite Auflage. Oahu 1826. 60 S. 8. (Alte Rechtschreibung.) Dasselbe. Fünfte Auflage, beträchtlich vermehrt. Oahu 1850. 105 S. 8. Ein ABC ohne Titel. [Nr.1.] Oahu Oct. 1825. 8 S. 8. (Alte Rechtschreibung). Dasselbe. Zehnte Auflage. Oahu 1832. (Bereits zu 180,000 Exemplaren abgedruckt.) Die erste Schrift für Kinder. He palapala mua na na kamalii. Dritte Auflage. Oahu 1830. 36 S. kl. 8. Dasselbe. Vierte Auflage, unverändert. Oahu 1831. Das Wort Gottes. He olelo a ke Akua. [Nr.2.] Oahu Juni 1825. 48.8. (Alte Rechtschreibung.) Dasselbe in Fragen und Antworten. He ui no ka olelo a ke Akua. [Nr.3.] Oahu Juni 1825. 88. 8. (Alte Rechtschreibung.) Die zehn Gebote Gottes. Ke kanawai o Jehova. [Nr.4.] Oahu Juli 1826. 4 S. 8. (Wiederabdruck mit neuer Rechtschreibung.) Die Meinung der Könige. Ka manao o naarii. [Nr.5.] Oahu Dez. 1825. SS. 8. (Alte Rechtschreibung.) Das Erstlingsbuch. O ka buke hua mua. Oahu 1832. 108 S. kl.8. (Enthält die obigen 5 Nummern und Mehreres.) Das Rechnen der Kinder. He helu kamalii. Zweite Auflage. Oahu 1853. 48 $.8. Das Kopfrechnen. He helunaau. Oahu 1833. 64 S. 8. Ein Kalender auf das Jahr 1835. 4lemanaka Hawaii. 15855. Oahu 1834. 168.8. Der Hawaiische Lehrer (eine der zwei auf Hawaii erscheinenden Zeitungen). Die zweite Nummer, vom 26. Nov. 1534. Ke kumu Hawaii. 1 Bogen gr. 4. Ein Katechismus der Katholisch-Römischen Mission. He olelo hoonaau ao. Macao 1851. 48 S. 8. Zur Vergleichung anderer Sprachen Polynesiens sind vorhanden: A grammar of the Tonga language. — A vocabulary Tonga and English and English and Tonga. — Beides in Mariner and Martin: Account of Ihe natives of the Tonga islands. Second edit. London 1818. A grammar and vocabulary of the language of New Zealand. London 1820. A grammar of the Tahitian dialect of the Polynesian language. (Tahiti) Druck- ort und Jahrzahl sind im vorliegenden Exemplar zufälligerweise nicht ausge- druckt. Eine Grammar of Ihe Marquesan dialect by the Rev. $. Greateed, die in der Tahitischen Grammatik angeführt wird, scheint nicht gedruckt wor- den zu sein. A2 4 v. Cuamiısso Ein Hawaiisches Vocabularium, dessen Herausgabe die Missionare zu Honolulu auf Oahu im Jahr 1833 zu beabsichtigen schienen, ist uns noch nicht zugekommen; von einer Grammatik war nicht die Rede. Die vorer- wähnten Neu-Seeländischen und Tahitischen Grammatiken, die von Missio- naren verfafst sind, lassen dem Sprachforscher vieles zu wünschen übrig; wir möchten nicht so bald aus Honolulu eine Sprachlehre erhalten, die un- sere eigene Forschung ganz überflüssig machte. Beim Entwerfen des obigen Verzeichnisses drängte sich uns schmerz- lich die Bemerkung auf, dafs unter diesen Schriften, und wohl unter allen, die aus der Presse der Mission hervorgegangen, und sämmtlich in der Ab- sicht verfafst sind, dem Hawaiier die ihm so fremde Welt unserer Gesittung zu eröffnen, keine einzige dem Zwecke gewidmet ist, das Alterthümlich- Volksthümliche dieses Menschenstammes in der Erinnerung festzuhalten, wenn der Fortgang der Geschichte das Alte vor der aufgehenden neuen Zeit dem Untergang weiht. Gesellige Zustände, Satzungen, Bräuche, Geschichte, Sagen, Götterlehre, Cultus; die Sprache selbst der Liturgie, die eine von der lebenden abweichende zu sein gesagt wird; alle Schlüssel zu einem der wichtigsten Räthsel, welche die Geschichte des Menschengeschlechtes und seiner Wanderungen auf der Erde darbietet, werden von uns selbst in der Stunde, wo sie in unsere Hände gegeben sind, in das Meer der Vergessen- heit versenkt. Sollte man diesen frommen Missionaren nicht zurufen: Er ist auch von Gott der Durst nach Erkenntnifs, der den Menschen von dem Vieh unterscheidet, und es ist nicht Sünde, wenn er auf seine eigene Ge- schichte zurück zu schauen begehrt, worin sich Gott im Fortschritt offen- baret. Aber zu spät! bevor sich das Neue gestaltet hat, ist das Alte bereits verschollen. Als wir gleichzeitig den Vorrath Tahitischer Bücher durchmusterten, hatten wir die Freude, darunter E Ture na Huahine nei anzutreffen, dies ist: Das Gesetz von Huahine hier, gedruckt zu Huahine 1826, 36 Seiten, 8. Noch ist kein heimisches Gesetzbuch von der Presse von Hono- lulu hervorgegangen. Noch hat zu Hawaii unter der Einwirkung der Missio- nare kein Fortschritt der Art die Segnungen des Evangelii bezeichnet. Wenn man die Zustände dieses Volkes, das auf seinen meerumspülten sonnigen Wohnsitzen mit frischer Freudigkeit der Lust lebte und dem Au- genblick, mit den künstlichen Wundern unserer Gesittung vergleicht, wird über die Hawaüsche Sprache. 5 man nicht erwarten, dafs solche zu besprechen, seine Sprache ausreichen werde. Dinge und Begriffe waren ihm gleich fremd und unerhört: unsere winterliche Natur, das Eisen, die uns fröhnenden Thiere, mit denen wir der kargen Erde unsere Nahrung abkümmern; die Stadt mit ihren Bauten, Stra- fsen, Brücken; das Geld, die Schrift, die Buchdruckerei; die Theilung der Gewerbe; unsere Wissenschaft, unsere grübelnde Philosophie — — wird von allem Fremden nicht auch mit fremden Worten geredet werden müssen? Aber die kindliche Sprache fügt sich mit unerwarteter Schmiegsamkeit, und von dem Allen spricht man mit dem Hawaiier mit seinen eigenen Worten. Es liegt uns ob, von dieser Sprache, deren Verständnifs wir uns er- öffnet haben, ein gedrängtes, möglichst anschauliches Bild zu entwerfen. $.1. Die Mundarten der Stammsprache, welche über die Inseln des grofsen Oceans verbreitet ist, scheinen im Allgemeinen von Westen gegen Osten, vom festen Lande gegen das Innere des Meerbeckens zu, einfacher und kinderhafter gleichzeitig in ihrem Bau und ihrem Laute zu werden, in- dem sie mehrere Consonanten verlieren. $.2. Die Missionare, denen das Geschäft oblag, die lebendige Sprache von Hawaii durch die Schrift zu verfestigen, haben schliefslich in ihrem Al- phabet, neben den fünf einfachen Vocalen, welche sich verschiedentlich zu Diphthongen verbinden, nur sieben Mitlauter beibehalten, unter denen der Spiritus asper, das }, gerechnet wird: A, k, I, m, n, p, w. Wie der Sachse die harten und weichen Buchstaben p und 5, £ und d leicht verwirrt und der Spanier das & mit dem » verwechselt, so schwankt im Munde der Ha- wajier der Laut fast unentschieden zwischen k und 7, Z und r, dem engli- schen « und dem französischen v. Frühere Reisende haben jedoch, wie wir, gehört und geschrieben, einerseits kanaka (Mensch), ilio (Hund), und an- dererseits Zaro (Arum esculentum), aroha (Friedengrufs), maitai (gut), Tamehameha u.a. (das w oder # kommt minder häufig vor). Also haben auch die Missionare in diesen und andern Wörtern bis 1926 neben dem k ein /, neben dem / ein 7, und neben dem w ein » bestehen lassen, welche sie zu unterscheiden erst seit 1926 aufgegeben haben. In der älteren Auf- lage des Pi a pa (des ABC, Oct. 1825) werden noch 5 und d unter den Buchstaben aufgeführt, aber im Texte nicht gebraucht; wir finden selbige nur im Gesangbuch von 1826 und nur in den Wörtern: raida für laila, 6 CHAMISSo dort; riro und auch rido für lilo, werden; und Zabu und Zapu für kapu, verboten. Überhaupt ist die Rechtschreibung in Hinsicht der Mit- lauter, die verwechselt werden können, in den verschiedenen Druckschriften, ja selbst in einer und derselben, keinesweges übereinstimmend, und der feh- lervolle Druck erschwert noch, das Gesetz, das man sucht, aufzufinden. Der Umstand, dafs im Hawaiischen für jene schwankenden Laute grade die Buchstaben beliebt worden sind, die im Tahitischen Alphabet fehlen, wo sie durch die entsprechenden Z, r und e vertreten werden, läfst den Un- terschied beider Mundarten dem Auge gröfser erscheinen, als der Wirklich- keit entspricht. Das Tahitische hat aufser den besprochenen Buchstaben noch d, d und f. Das Neu-Seeländische hat, einschliefslich des ng, sechs- zehn, das Tongaische, das ch, ng und gn eingerechnet, achtzehn Mitlauter. 8. 3. Fremde Wörter und Namen zu schreiben, werden dem Hawaii- schen Pia pa noch acht Hülfsbuchstaben angehängt: d, d, g, r, s, t, v und z. Da aber ein Mitlauter nur zu Anfang einer Sylbe, und nie ein doppelter geduldet wird, so nehmen sich die so geschriebenen Wörter ziemlich eigen aus, und es gehört einige Übung dazu, in Bonepate, Beluka, Ladana, Kakerema, Bonaparte, Blücher, London und Sakrament zu er- kennen. Doppelconsonanten kommen in einem Hawaiischen Buche nur im Namen Äristo vor, der in den älteren Druckschriften Kraist geschrie- ben wird. 8. 4. Es herrscht in Hinsicht der Vocale und Diphthongen keine grö- fsere Sicherheit als in Hinsicht der Consonanten. Zwei Buchstabirbücher vom Jahre 1532 zählen, übereinstimmend mit dem älteren vom Jahre 1525, dreizehn Diphthongen auf, als: aa, ee, ü, 00, uu, ae, ai, ao, au, ei, eu, ou und ua. Die Bücher von 1830 und 1831 haben deren sechszehn:: sie lassen va aus und zählen zu den übrigen oa, oe, oi und iv hinzu. Sämmtliche Dop- pelvocale werden aber auch sehr oft, selbst in einfachen, unzertheilbaren Wörtern, zweisylbig lautirt. Oft ist die Rechtschreibung fremder, der Sprache angeeigneter Wör- ter auch in Hinsicht der Vocale schwankend: so findet man Aaneri und hanere (hundred) hundert; berena und barena (bread) Brod; gula, goula und kula (gold) Gold u.a. 8.5. Der Katholische Katechismus legt uns das Hawaiische von einer andern Schule, von einer Oppositionspartei geschrieben, zur Vergleichung über die Hawaiüsche Sprache. 7 dar. Aber die Katholiken scheinen sich die Vorarbeit der Ketzer angeeignet zu haben, von deren Schriftsystem sie nur in Geringfügigem abweichen. Sie unterscheiden w und v, haben also einen Buchstaben mehr, und schreiben öfters Partikeln und Wörter getrennt, die jene zusammen ziehen. 8.6. Der Reichthum an Vocalen ist im Hawaiischen ein solcher, dafs es Wörter giebt, worin deren achte an einander gereiht sind: hooiaioia, beglaubigt, und man könnte eine Zeitlang zusammenhängend reden und sich ganz ohne Mitlauter behelfen: Ua oia au, e ue ae oeia li, eao ae oeiaia,eiaeoeiaia,ua...u.s.w. Ichbines, grüfse du den li, lehre du ihn, sage du ihm, dafs... u. s. w. 8. 7. Unser Ohr hat in der gesprochenen Sprache von Hawaii weder Prosodie noch Accent wahrgenommen; bemerklich war uns nur ein eigen- thümlich rednerisches Abschliefsen jedes Satzes durch geschärftes Abschnel- len der Endsylbe desselben. Wir haben in dem Gesangbuch der Mission Belehrung gesucht, und in dem Gesangunterricht, worin acht der Lieder den Melodien angepafst sind, nach welchen sie gesungen werden. Wir ha- ben uns vergewissert, dafs in diesen Versen, welche drei - und vierfüfsige Jamben mit männlichem Reim vertreten, die Sylben nicht gewogen, sondern nur gezählt werden, was die erweiterte Befugnifs, einander berührende Vo- cale entweder zusammen zu ziehen oder als volle Sylben gelten zu lassen, sehr erleichtern mufs. Zwar steht oft die erste Sylbe zweisylbiger Wörter in der Hebung des Verses, weil, wie im Deutschen, der Artikel den Auf- schlag abgiebt; aber alle einsylbigen Wörter und der Artikel selbst stehen eben so oft in der Hebung als in der Senkung; zweisylbige Wörter, wie Jesu, maikai, kakou, naau werden jambisch und trochäisch gebraucht, und aloha kommt ebensowohl vor als dloha. 8.8. Wo in etlichen bestimmten Fällen von zwei einander begegnen- den Vocalen einer elidirt wird, so ist es in der Regel, gegen den Brauch eu- ropäischer Sprachen, der Endvocal des ersten Wortes, welcher den Anfangs- vocal des folgenden verdrängt. Das Fürwort der ersten Person au, die Par- tikeln ae, aku und ai, das Wort alii werfen nach etlichen Partikeln und Wörtern das « ab. So thut auch die Partikel ana in zusammengesetzten Wörtern, wo sie zur Endsylbe wird. Die suffixe Partikel des Passivs ia ver- liert das iin ikea und in wenigen andern Wörtern. Von dieser Regel giebt es Ausnahmen. Die Partikel va verliert bisweilen das « und die praefixe 0) v. Caamısso Partikel A0o verliert vor einem Vocal das zweite o. Es kommen auch Fälle vor, wo in zusammengesetzten Wörtern ein Endvocal abgeworfen wird: makuwahine statt makuawahine. — Wir sehen von den Versen der Missionare ab, worin sonst unbräuchliche Elisionen stattfinden, und zum Beispiel die Partikel i, selbst vor Consonanten, ausgelassen und durch ein Apostroph ersetzt wird. Von der volksthümlichen Poesie der Hawaiier ist uns keine Probe überliefert worden. Wir haben von dem Laute gehandelt, wir kommen nun zu dem Sinne. 8.9. Die Sprache entbehrt der Fähigkeit, viele Beziehungen zu be- stimmen, die in unsern Sprachen bestimmt werden, und ist dagegen an Be- stimmungen reich, die unsern Sprachen gänzlich abgehen. 8. 10. Die Wurzelwörter — einsylbibige (jeder Vocal, jeder Diph- thong, fast jede Sylbe), zweisylbige (maikai, ino, kane), dreisylbige (kanaka, wahine) — sind durchaus unveränderlich. Sie sind ohne Unter- schied Haupt - und Beiwort, Substantiv und Verbum, Adjectiv und Adver- bium, und das Fachwerk unserer Grammatik findet auf sie keine Anwendung; ihre jedesmalige Geltung in dieser Hinsicht erhalten sie von ihrer Stellung im Satze und von den sie begleitenden Partikeln, worin das Leben und die Beweglichkeit der Sprache sich äufsert. Unserm Sprachgebrauch zuwider steht das Hauptwort (Substantiv oder Verbum) voran und dem folgen die Beiwörter in der Ordnung, wie sie von einander bedingt werden. MWahine maikai, Weib gut, gutes Weib, dies ist, selbst biblisch, schönes Weib. Kanaka molowa ole, Mensch träg nicht, fleifsiger Mensch. MWa- hine kane make, Weib Mann todt, todten Mannes Weib, Wittwe. Es lag in der Willkühr derer, welche die Sprache zuerst geschrieben haben, solche Wörterreihen entweder getrennt zu lassen oder in ein Wort zusammen zu ziehen; ihre Unsicherheit hierin wird bemerkbar. In den zu Rochester gedruckten Evangelien werden noch viele Wörter getrennt, die in den später zu Oahu erschienenen Büchern als zusammengesetzte in eins geschrie- ben werden. In letzteren heifst es zum Beispiel immer wahinekanemake. Wie die in dieser Hinsicht angenommene Schreibart innerer Nothwendig- keit ermangle, scheint aus den Bestimmungen des Zeit- oder Zustandwortes zu erhellen: Aaawi, geben, haawi wale, umsonst geben, schenken; über die Hawaiische Sprache. N) haawiia, gegeben werden, haawi wale ia, geschenkt werden. Diese Partikel des Passivs, die wir vorgreifend hier berühren, scheint die gleichlautende Praeposition zu sein, die als Casualzeichen des Accusativ be- zeichnet werden kann, und die von dem Object der Handlung herüber- genommen ist, um an der Handlung selbst die Beziehung, die sie dort aus- drückte, zu bezeichnen. 8. 11. Da die Wurzeln sehr vielumfassende, weitgreifende Bedeutun- gen haben, sehr oft auch verschiedene von einander unabhängige Urbegriffe zufällig durch denselben Laut bezeichnet werden, und meist jeder Laut, einzelner Vocal oder Sylbe, eindeutig oder vieldeutig, zu den Wurzeln ge- hört, so hat das Verständnifs der mehrsylbigen Wörter eine grofse Schwie- rigkeit; wer selbige sichern Blickes in die einfachen Elemente, aus denen sie bestehen, zu zerlegen wüfste, der verstünde erst erschöpfend die Sprache. Aina bedeutet Erde, Land, Länder, und wir finden dieses Wort in den verwandten Mundarten nicht wieder. Papaaina, in einer früheren Druckschrift ein Mal papa ai 'na geschrieben, ist die Speisetafel, von papa Tafel, ai Speise, und ana, eine Partikel, deren Geltung beim Verbo durch die englische Verbalendung ing genügend erklärt wird ($.87): eating, ealing board. So auch ahaaina: aha Versammlung, Spei- sungsversammlung, Gastmahl, Fest, und von der Urbedeutung ablen- kend, auch jedes kirchliche Fest. Sollen wir von diesen Wörtern aina das Land, die nährende Erde verstehen lernen? sollen wir uns hüten, uns von denselben verleiten zu lassen. Wer einmal in einem solchen Wort auf eine falsche Trennung ge- kommen ist, ist dem zu vergleichen, der im Deutschen Gespen-Stern für Gespenstern gelesen hat. Ulaula: u die Brust, die Zitze (mamma), la die Sonne; lau das Laub, Zaula die Breite; aber ula heifst roth, ula-ula, roth-roth, scharlach oder purpur, und dieselbe Wurzel kommt im Tahitischen ura und im Tongaischen coola-coola wieder vor, so dafs dabei an Sonnenbrust nicht zu denken ist. 8. 12. Nur der Geschlechtsunterschied, der in der Natur liegt, wird erforderlichen Falls im Hawaiischen, wie in den verwandten Dialeeten, her- ausgehoben und bestimmt ausgedruckt, indem den geschlechtslosen Wurzeln die Beiwörter kane (mas) und wahine (femina) hinzugefügt werden. An Philos. - histor. Abhandl. 1837. B 10 v. Cuamisso den zunächst sich darbietenden Beispielen sind ungewöhnliche Buchstaben- veränderungen zu bemerken, dergleichen hauptsächlich die gebräuchlichsten Wörter betreffen, die ein Volk sich mundrecht zu glätten zuerst veranlafst wird. Makua, das Lateinische parens, makuakane Vater, makuwahine Mutter. Keiki Kind, keikikane Sohn, kaikamahine (statt keiki- wahine) Tochter. Der himmlische Vater und Gottes Sohn oder der Sohn des Menschen werden immer in dieser Hinsicht unbestimmt blos Makua und Keiki geheifsen. 8. 13. Dieselben Beiwörter finden auch auf die Thiere ihre Anwen- dung und werden auch nur, wo die Bestimmung erheischt wird, gesetzt. Die Henne, die ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt (Matth. 23, 37) und der Hahn, defs Geschrei Petrus mahnt, werden beide blos moa ge- nannt. Wir bemerken beiläufig dafs dem Hawaiischen die Zartheit fremd ist, die uns das Thier von uns entfernen heifst, indem wir in Hinsicht des- selben andere Wörter und Ausdrücke gebrauchen, als die so von dem Men- schen üblich sind. Pipi Rind, pipikane Stier, pipiwahine Kuh, pipi- keiki oder auch keiki pipi Kalb. — Waha Mund und Maul, ai spei- sen oder essen und weiden oder fressen; inuw trinken und saufen u.5.w. $. 14. Ein unbestimmter Artikel steht vor dem Substantiv: Singular KE oder XA, Plural NA ('). Ke und ka sind völlig gleicher Geltung, nur steht ke vor allen Wör- tern, die mit k, vor vielen derer, die mit « oder o, und vor wenigen derer, die mit p oder m anfangen; ka vor allen übrigen. Bei den vier letzten Buchstaben scheint der Gebrauch allein zu entscheiden; ein Gesetz hat nicht aufgefunden werden können: ke Akua Gott; ke kanaka der Mensch oder ein Mensch; ka mea das Ding oder ein Ding (auch von Personen der oder einer), na kanaka die Menschen oder Menschen, na mea die Dinge oder die Leute, Dinge, Leute. Dieser Artikel fehlt, wo ganz im Allgemeinen geredet wird, z.B. vom (') Unter den Partikeln welche der Sprache Bewegung verleihen, und die zu erläu- tern wir uns anschicken, hat am öftersten derselbe Laut sehr verschiedene Geltungen. Wir werden ke unter den Verbalpraepositionen (8.84 und 85), ka und na unter den Casual- praepositionen ($.31 und folg.) und na wiederholt unter den persönlichen Fürwörtern ($. 40) wiederfinden. über die Hawaiüsche Sprache 41 Menschen oder von den Menschen überhaupt. Er fällt aus, wo das Wört- chen he seine Stelle vertritt, und wo ein Pronomen oder eine Besitz- bestimmung, sei es durch Pronomen oder Substantiv, ihn verdrängt (nur die zwei Pronomina demonstrativa oia und eia verdrängen ihn nicht): keia kanaka dieser Mensch, kuu mea mein Ding, ko ke kanaka mea des Menschen Ding. 8. 15. In diesen Fällen wird der Plural erforderlichen Falls auf eine andere Weise bezeichnet. Die Partikel MAU vor dem Substantiv deutet, wie der Artikel na, eine unbestimmte Mehrheit an, Zwei oder Mehrere. Von leblosen Dingen wird sie allein gebraucht: keia mau mea diese Dinge, keia mau la diese Tage, kela mau hale jene Häuser, kuu mau lima meine Hände, ko ke kanaka mau lala des Menschen Glieder. Für Personen und lebende Wesen besteht eine andere Bestimmung des Plurals (ka poe); doch sagt man kana mau haumana sowohl als kana poe haumana, seine Jünger; kana mau keiki seine Kinder, kana mau kauwa a pau seine Knechte alle u.s. w.; und wo von nur Zwei ge- sprochen wird, ist mau nothwendig: keia mau alii elua diese zwei Fürsten, kou mau makua deine Ältern. [Mau als Verbum bedeutet: dauern, währen; als Adjectiv: dau- ernd; als Adverbium: allezeit, semper.] $.16. KAHI ist die Zahl eins; mit praefixem Artikel kekahi Einer, irgend Einer; kekahi kanaka, kekahi mea, irgend ein Mensch, irgend ein Ding; kekahiikekahi(!), Einer den Andern, denn für diesen Anderen unserer Sprachen giebt es kein besonderes Wort (alius alium). 8.17. KA POE (wie ein Substantiv sich verhaltend, den Artikel führend und blos von Menschen oder lebenden Wesen gebraucht (°)) bedeutet eine Mehrheit (mehr als zwei), mehrere. Ka poe kanaka, mehrere Menschen, und, wie im Deutschen, ohne weiteres: ka poe, Mehrere. (') Dafür steht in anderen älteren Druckschriften (Evang. Joh.) i kekahi i kekahi, Einen den Andern. So schwankt in sehr wesentlichen Dingen noch der Sprachgebrauch. (?) Man liest im „Yoikehonua” öfters auch ia und keia poe moku, diese vielen Inseln. Im „YZua mua” hingegen steht in gleicher Verbindung pae — pae moku, so wie pae aina — ein anderes Wort, welchem der Pluralartikel na vorangesetzt werden kann. B2 19, v. CHAmMLS'so So auch kekahi poe kanaka und kekahi poe, eine Mehrheit Men- schen, eine Mehrheit. — Poe ist eigentlich Hauptwort, kanaka Eigen- schaftswort. — Poe wird also zu einem Zeichen des Plurals, wo der Artikel weggefallen ist. Keia poe kanaka diese Menschen, kuu poe pipi meine Rinder, ko kekanaka poe hoahanau des Menschen Anver- wandte. Auf ka poe bezieht sich ein Pronomen singularis: ka poe nana, die Vielheit von welcher oder welche (Act. 7, 52); aber das Prono- men possessivum richtet sich in Hinsicht des Vocals nach der Beschaffenheit der in der Mehrheit enthaltenen Wesen: ka lakou poe mamo ihre Nach- kommen, ko lakou poe kupuna ihre Vorfahren; kau poe kauwa deine Knechte, kou poe hoahanau deine Brüder (8.31). Es ist zu bemerken dafs der Hawaiier öfters den Singular braucht, wo wir den Plural anwenden, indem er da, wo wir überhaupt von den Men- schen oder den Dingen reden, von dem Menschen oder dem Dinge spricht. $. 18. O ist ein bestimmter Artikel, der im Nominativ Singular und Plural vor dem Nomen proprium, vor dem Substantiv, wenn der unbe- stimmte Artikel fehlt, und wo dieser vorhanden ist, vor demselben steht. Ferner vor der Besitzbestimmung, die dem Substantiv vorangeht (wie im Griechischen: ö neV warıg, 5 red dvSgwreu vie); und endlich vor den per- sönlichen und demonstrativen Fürwörter, wenn der Gegenstand als ein ganz bestimmter bezeichnet werden soll und der Zusatz: ‚‚und kein anderer” oder ‚‚und keine anderen” hinzugedacht werden kann. O Jesu, o Jeru- salema;, o kakaka, der Mensch im Allgemeinen, im Gegensatze etwa zu dem Thiere; o ke Akua, Gott; o ke kanaka, der Mensch (ein be- stimmter); ona mea, die Dinge, Diejenigen; o kekahi, ein gewis- ser, o ka poe, die bestimmten, diejenigen; o kuu keiki o Paulo, mein Kind Paulus; o ko kakou poe kaikaina, unsere Brüder, o oe du (und kein Anderer); o ua, derselbe, der Besagte. Der bestimmte Artikel o ist mit einer gleichlautenden Casualpraeposi- tion des Genitivs leicht zu verwechseln und mufs wohl davon unterschieden werden ($.31 und folg.) O kommt aufserdem noch als Verbalpraeposition verschiedentlich vor ($.82 und 85) und wird, wie die mehrsten Partikeln, als ein vieldeutiges Wurzelwort im Vocabulario erscheinen. $. 19. Das Wörtchen HE reiht sich hier natürlich an. Es verdrängt über die Hawaüsche Sprache. 13 den unbestimmten und den bestimmten Artikel, nimmt die Stelle des letz- teren ein, läfst eine Bestimmung des Plurals durch mau und poe zu, und unter der Form eines Artikels begreift es in den mehrsten Fällen den Sinn des Verbindungswortes sein oder eines andern Zustandswortes mit ein. Zum Beispiel wird gefragt: heaha o Mose? das Fragewort ist aus he und aha? ke aha? ein Was? gebildet: sein was der Moses? wer ist oder war Moses? Antwort: he kaula o Mose, sein Prophet der Moses, Moses ist oder war ein Prophet; he aina maikai o Farani, sein Land gut Frankreich, Frankreich ist ein gutes Land; Re mau mauna ma Se- pania, es giebt mehrere Berge in Spanien; he poe lawaia ka nui okanaka, es sind Fischer die Mehrzahl der Menschen (o Praeposi- tion des Genitivs bei fehlendem Artikel); Aeakamai loa kekahi poe, es sind kunstreich sehr Mehrere; a hemakemake oe, wenn sein wil- lens du, wenn du willens bist; ke makemake au, sein willens ich, ich bin’s willens; Ahemakano ka maka, henihonokaniho, Aug um Aug, Zahn um Zahn. Bei Vergleichungen, wo das Subject der Handlung verglichen wird, steht Ae vor dem Gegenstand, womit es verglichen wird. Ich liebe dich wie ein Vater, wie ein Vater liebt: me hemakua. Doch kommt die- selbe Redeweise auch bisweilen vor da, wo das Object der Handlung ver- glichen wird: du sollst sie zerschellen wie einen irdenen Topf, wie ein irdener Topf zerschellt wird, me heipulepo la (la ist die Orts- partikel da). He steht jederzeit vor der Zahl: ke umi tausani kanaka, zehn Tausend Mann, und duldet auch da keine Casualpraeposition, wo die Zahl als Object der Handlung in unseren Sprachen im Accusativ stehen müfste: wae ae la Jesu he umi a me kumamalua, Jesus erwählte die Zwölf. He steht auch vor Wörtern, die eine wenn auch unbestimmte Anzahl bedeuten: he nui loa, eine grofse Anzahl, sehr viele; aole henui, nicht viele. Endlich steht Ae, wo etwas benannt wird, vor dem Namen, den die- ses erhält, wenn solcher kein Nomen proprium ist: na mea i kapaia he lunaolelo, (mit dem Passiv) die Leute die da genannt werden Apo- stel; kapa aku la Jesuiko lakou inoa he lunaolelo, Jesus nannte ihren Namen Apostel. 14 v. CaamIısso Die Hülfs - und Verbindungs - Zustandswörter unseres Sprachsystems werden im Hawaiischen durch Partikeln ersetzt, die mit dem Zustandswort nichts gemein haben. Vergl. wa ($.50) und ai— aia ($.88 u. 89). 8.20. Die Vergleichungsgrade unserer Sprachen werden durch ver- schiedene Wörter ersetzt, die wir hier nur andeutend berühren können. Man müfste diese Wörter in ihrer ganzen Bedeutung begreifen, bevor man sie in dem einzelnen Fall verstehen könnte. $. 21. Ein Superlativ wird ganz einfach auf folgende Weise ausge- drückt: o ka moku nui Nu holani ona moku a pau ma ka honua nei, die grofse Insel Neu-Holland, von den Inseln allen auf der Erde hier (d.i. die gröfste); ma Asia ke kuahiwi kiekie o na kua- hiwiapau oka honua nei, in Asien die Berge hoch von den Ber- gen allen der Erde hier (d.i. die höchsten Berge). .22. OL ist eine vieldeutige Wurzel, die unter anderen die Bedeu- tung hat: übertreffen, exceller, und in diesem Sinne, meist als Zustands- wort, zur Vergleichung zweier Gegenstände dient, von denen einer über den anderen erhoben wird (8.112). 8.23. NUT, Vielheit oder Gröfse; Zustandswort: viel oder grofs sein, sich mehren, wachsen (8.113); Substantiv ka nui, so- wohl eine Menge oder auch die Mehrzahl, als die Gröfse oder auch der gröfste Theil; nui als Eigenschaftswort: grofs; als Adverbium: viel oder sehr. Aanuio Europa, ist das Festland Europas, im Ge- gensatze zu den Inseln (o Praeposition des Genitivs); ka moku nui, der grofse Theil, so wird England unter den vereinigten Reichen genannt. Ka poe nui, die Grofsen, im Gegensatze zu: ka poe liilii oder ka poe uuku, die Kleinen; ke aliinui, der grofse Fürst (Kaiser, König oder Präsident); ke kahuna nui, der hohe Priester. Nui Adv. aloha nui, viel oder sehr lieben; manao nui, viel denken. 8.24. LOA, Substantiv: ka loa ist die Länge, im Gegensatze zu ka laula, die Breite. Als Adverbium bedeutet es sehr: maikai loa, sehr gut; akamai loa, sehr kunstreich. Wir suchen noch den Aus- druck für den wohl gefühlten Unterschied zwischen nui und loa. Letztes Wort bildet in vielen Fällen einen Superlativ, über welchen hinaus nicht gegangen werden kann: oiloa; nuiloa,;, — mauloa, ewig (mau, blei- bend, dauernd); a pau, ganz oder alle, a pau loa, ganz und gar, über die Hawaüsche Sprache. 15 alle ohne Ausnahme; aole, nein oder nicht, aole loa, mit nich- ten, keinesweges. $.25. A PAU. Pau bedeutet als Zustandswort vollendet wer- den, enden, mithin aufhören. Die Partikel a, die viele Bedeutungen hat, entspricht in dieser Verbindung dem deutschen zu oder bis zu in ‚‚zur Ge- nüge” „‚zum Sterben” ‚‚zur Gewifsheit” ‚‚zur Vollendung”: a pau, bis zur Ganzheit oder Allheit; ka aina apau, das ganze Land; na ka- naka a pau, die Menschen alle, und mithin auch jedermann, wofür ’ die Sprache keinen anderen Ausdruck hat. $.26. A PUNI scheint, wo es vorkommt, gleichbedeutend zu sein mit @ pau; lafst uns beiläufig diese Redensart erklären. Puni, Zustands- wort, heifst im eigentlichen Sinne: umringt sein von etwas, z.B. von dem Meere, ike kai. Ka aina a puni, Akaia a puni, heifst: das Land rundumher im ganzen Umkreis, Achaia im ganzen Umfang, S.27. OLE, AOLE, AOHE. Wir haben aole beiläufig berührt, wir fügen noch ein Wort hinzu. Ole, die einfache Verneinung, wird als Zustandswort: nicht sein, gebraucht (8.114). Als Adverbium entspricht ole dem griechischen « privativum, dem deutschen Praefix un- und dem Suffix -los; dem letztern z.B. in makua ole, älternlos, ka poe ma- kua ole, die Waisen. Aole ist: nein und nicht; aoAe ist anscheinlich aus @ole und he zusammengezogen und bedeutet: es ist nicht, es giebt nicht, kein. $.28. AE (gleichlautend mit einer Partikel, von der später die Rede sein wird) ($.53 und 56) ist die einfache Affirmation ja. Als Zustandswort bedeutet ae: bejahen, einwilligen, gewähren lassen. Ae als Ant- wort auf eine Frage wird mündlich oft in e abgekürzt, was in der Schrift selten geschieht. Wir gehen zu den Praepositionen über, die als Casualzeichen zu be- trachten sind. Wir schicken als ungleichartig voran die Interjection, die den Vocativ bezeichnet. 8.29. E wird im Vocativ dem unbestimmten Artikel oder dem No- men proprium vorgesetzt und manchmal nach demselben oder dem Eigen- schaftswort, wenn ein solches vorhanden, wiederholt, was gegen Vorneh- mere zu beobachten, die Sitte zu erheischen scheint. E ka honua, du 16 v. Cuamısso Erde; ena lani, ihr Himmel; eka haku, Herr; ekealiie, König; e ke Peseto maikai e, guter Festus; ekeali, e Ageripa e, König Agrippa; eJehova, eka haku e, Jehova, Herr. Doch kommt auch ohne Wiederholung des e, e Jehova, e Jehova ke Akua, vor. Hier ist beiläufig des E zu erwähnen, welches als Interjection allein stehend, die Aufmerksamkeit für den Satz, welchen es einleitet, in Anspruch nimmt. Dafür kommen auch a und andere Laute vor. Dieses e ist leicht von anderen zu unterscheiden, welche uns noch beschäftigen werden (8.35 —82). 8.30. TA—T, völlig gleicher Geltung (?). Ta vor persönlichen Für- wörtern und Personennamen (vor nei und waho vergl. 8.61 u. 64), i sonst überall und namentlich vor Namen von Städten und Ländern (?), entsprechen dem Accusativ und Dativ, welche, wie in minder gebildeten deutschen Mund- arten, nicht unterschieden werden. Es würde dieser Fall der Hawaiischen Sprachlehre der objective Fall zu nennen sein. In jedem Satze, wo das Object nach dem Zeitwort steht, hat es diese Praeposition, und sie steht, wo im Deutschen das Zeitwort etwa den Accu- sativ der Sache und den Dativ der Person erfordert, bei der Sache und bei der Person: ich lehre dich dieses, gebe dir dieses, vergebe dir dieses: ia oei keia. Auch reicht oft im Hawaiischen diese üblichste Praeposition aus, wo im Deutschen eine andere erfordert wird, z.B. bei den Wörtern: gehen, kommen, eingehen nach, zu, in einen Ort u.a. m. Wo jemandem eine Befugnifs zugeschrieben werden soll, wird die Person mit dieser Praeposition ohne Verbum vorangesetzt, und der Satz ent- spricht dem deutschen: es steht bei ihm u. s. w. ia ia ke kanawai o ka aina, beiihm das Gesetz des Landes (das zweite ia ist das persönliche Fürwort der dritten Person). Der Zweck, wozu eine Sache gebraucht wird, wird ebenfalls in den objectiven Fall gesetzt, z.B. das Korn zur Speise: ? mea ai (Speiseding, (') Die Praeposition ia ist von dem persönlichen Fürwort der dritten Person (8.38), dem demonstrativen Fürwort (8.48) und der Partikel des Passivs ($.90) wohl zu unter- scheiden. 7 kommt unter den Verbalpraepositionen vor (8.83 und 85) und bedeutet als Wur- zel: sagen. Wir bemerken es, weil dieses Zustandswort gar leicht für eine Partikel ange- sehen werden dürfte. (?) Vor diesen nur ausnahmsweise va. über die Hawaüsche Sprache. #2 Nahrungsstoff). Ebenso die Zeit: ina wa mamua, in den Zeiten zu- vor; ikeiala, an diesem Tage, d.i. heute, ina la mahope, inden Tagen nachher; so auch wo die Zeit durch eine Handlung angegeben wird, diese wird dann, wie im Griechischen, substantivisch genommen: ‚‚bei meiner Ankunft unter euch” ‚während meines Predigens” u. s. w. 8.31. Aund O, KA und XO, NA und NO (!). Diese drei Praepositionen, von denen die zwei ersten dem Genitiv und der Praeposition von entsprechen, und die dritte, näher zu erläuternde, anderen Praepositionen, bedeuten sämmtlich ein Angehören, dessen zwie- fache von unseren Sprachen unberücksichtigte Natur inn Hawaiischen und in den verwandten Mundarten durch die Verschiedenheit des Vocals unter- schieden wird. Es ist anschaulich, dafs ich meinen Vater und meinen Sohn, meine Mitbürger und meine Knechte, mein Vaterland und mein Feld in ver- schiedenem Sinne mein nenne. Diese Verschiedenartigkeit ist es, von der die Rede ist; wenn aber solche im Normalbeispiel, Vater und Sohn, am Tage liegt, läfst sie sich doch nicht an allem, von dem geredet werden kann, nachweisen, und es giebt Gränzen, über die hinaus der Sprachgebrauch un- entschieden zwischen beiden Vocalen schwankt. Wir suchen die Fälle, wo a gebraucht wird, näher zu bezeichnen. Wir borgen zu unserer Bequemlichkeit das Pronomen possessivum dritter Person, das aus der Praeposition ka und ko und dem persönlichen Fürwort zusammengezogen ist: kana, kona, ejus und nicht suus ($. 45). Man sagt: ko ke keiki makua, kona makua, des Sohnes Va- ter, seinVater. Kakemakua keiki, kana keiki, des Vaters Sohn, seinSohn. Kana wird natürlich auf alle Nachkommen angewandt, aber merkwürdiger Weise auch wechselseitig auf Mann und Weib: kana wa- hine, kana kane, sein Weib, ihr Mann, was eine unerwartete, vielbe- deutende Gleichheit des Verhältnisses zu setzen scheint. Wie kana keiki sagt man auch kana haumana, sein Jünger, kana kauwa, sein Knecht; und dieses gilt in der Regel von jeder Be- (') 4, Casualpraeposition, ist von a, Verbindungswort, wohl zu unterscheiden ($.72); ebenso ko von dem Pronomen possessivum zweiter Person (8.46); no von der gleichlau- tenden Partikel wohl (8.76). O, ka und na sind bereits unter den Artikeln vorgekom- men ($.14 und 18) und o wird unter den Verbalpraepositionen wiederkehren ($.82— 85). Philos.- },stor. Abhandl. 1837. C 18 v. Cuamısso nennung eines abhängigen Verhältnisses, dahingegen bei jedem unabhängigen kona gesagt wird: sein Meister, sein Bruder, sein Mitknecht u. s. w. Wie kana kauwa so heifst es auch gewöhnlich kana anela, sein (des Herrn) Engel, aber auch kona anela kommt wiederholt vor. Eben- so unerwartet ist uns kona ohua, seine Diener (sein Gesinde, sein Haus) Luc. 12, 42. — Man sagt: kana hana, seine That; kana olelo, sein Wort. Dieses beides steht fest, aber es ist nicht leicht dem Eigensinn zu folgen, mit dem die Sprache alles menschliche Handeln und Dulden, Sein und Werden, Denken und Wollen u. s. w. unter die zwei gegebenen Kate- gorien vertheilt; im Einzelnen wird die Erwartung oft getäuscht. Wir ent- halten uns zu entscheiden, in wiefern im Allgemeinen Gesetz herrsche, und in jedem besonderen Fall der Sprachgebrauch unabänderlich fest stehe. Kona gilt unabänderlich von dem Körper und den Körpertheilen: kona kino, sein Leib; kona naau, sein Eingeweide, auch in dem bräuchlichsten Sinne von Herz und Gemüth; kona poo, sein Kopf u. s. w. so auch kona leo, seine Stimme. In Hinsicht des Besitzes ist der Sprachgebrauch schwankend. Man sagt: kana mau mea a pau, alle seine Sachen, alles was er hat; doch kommt auch kona mea a pau vor (1 Mos. 39, 5.6. 45, 10) u. s. w. Man sagt: kana und kona waiwai, sein Reichthum; kana und kona pipi, hipa, hoki, sein Rind, Schaf, Esel u.s.w.; kana und kona palaoa, waina, aila, sein Weizen, Wein, Ölu.s. w.; und es finden sich kana ai, seine Speise; kona aina, sein Land, das ihm angehört; kana mahina, sein Feld; kona hale, sein Haus; kana malawaina, sein Weingarten; kona kapa, sein Kleid, und kana pahikaua, sein Schwert, unübereinstimmend nebeneinander. Die hier waltende Will- kühr ist derjenigen vergleichbar, mit welcher unsere Sprachen in Hinsicht der Geschlechtsbestimmung der Wörter verfahren. Wir bemerken im Voraus, dafs, wo immer bei einer dem Hawaiischen und den stammverwandten Sprachen eigenthümlichen Construction des Satzes das Subject eines Zustandswortes vor demselben mit einer dieser Praeposi- tionen steht, diese Praeposition den Vocal a hat ($.96 und folg.) Diese Re- gel möchte nur in Hinsicht des Passivs einiger Beschränkung unterliegen. 8. 32. Am häufigsten steht der Genitiv mit @« und o nach dem Haupt- wort, von dem es eine Bestimmung ist, und kann, wenn man die Praeposi- über die Hawaüsche Sprache. 19 tion ausläfst, zu demselben als Eigenschaftswort gezogen werden: o ke keiki aka hipa oder o ke keiki hipa, das Kind des Schafes, das Schafes- kind, das Lamm; ka Zua o ka ahi, ka lua ahi, die Grube desFeuers, die Feuergrube. Man sagt: kekahi olakou, einer vonihnen; kekahi poe o ou- kou, etliche von euch; ka nui o lakou, die Mehrzahlihrer; ka nui oka.aina, der gröfste Theil des Landes, und überall, wo ein ähnliches Theilungsverhältnifs statt findet, wird ausschliefslich die Praeposition o ge- braucht. Die Ortspraepositionen unserer Sprachen, die sich im Hawaiischen wie Hauptwörter verhalten, erheischen diesen Genitiv nach sich: maloko o ka hale, im Innern des Hauses, im Hause; mawaena o oukou, in Mitten eurer, unter euch ($. 64). So auch die Ordinalzahlen (S. 119). 8. 33. Der Genitiv mit ka und ko, welche Praeposition mehr Ge- wicht zu haben scheint als die vorige, pflegt, so wie das Pronomen possessi- vum, vor dem Hauptwort zu stehen, von dem er eine Bestimmung ist. Wir wollen besonders einen Fall herausheben. Die Völker werden auf folgende Weise benannt: ko Aigupita poe kanaka und kurzweg ko Aigupita, Menschen von Ägypten, die von Ägypten, die Ägyptier; so ko Fa- rani, ko Poloni, die Franzosen, Polen u.s.w. Kokeaonei, dievon der Welt hier, nach unserm Sprachgebrauch: die Welt. Aa Iseraela poe mamo und kurzweg ka Iseraela, Nachkommen von Israel, die von Israel, die Israeliten. So auch ka Kaisara, ka ke Akua, wobei man mea ergänzen mufs, was Caesar’s und was Gottes ist. Ist das Wort, welches von diesem Genitiv bestimmt wird, in einem obliquen Falle, so steht seine Praeposition voran, und bleibt selbst, wenn das Wort ausgelassen wird: ka ekalesia o ko Tesalonike, die Gemeinde der Thessaloni- cher; na lima o ko Roma, die Hände der Römer u. s. w. 8. 34. Na und no vertreten vieldeutig verschiedene Praepositionen unserer Sprachen. Wir begnügen uns etliche Beispiele aufzustellen: Das Geschlechtsregister Jesu (Matth. 1) lautet Hawaiisch wie folgt: na Aberama o Isaaka, na Isaaka o Jakoba u.s.w. von Abraham Isaak, von Isaak Jakob. He poe mamo oukou na Aberama, ihr seid Nachkommen Abrahams. — O Petero kekahi lunaolelo na C2 20 v. Cuamiısso Jesu Kristo, Petrus ein Apostel von (durch) J. Chr.; Paulo o lu- naolelo, aolena kanaka mai, Paulus der Apostel, nicht vonMen- schen her. — Na Paulo ia Timoteo, von Paulus an Timotheus; na Paulo aku i ka ekalesia, von Paulus hin an die Gemeinde. — In der ‚‚Meinung der Könige” sind die einzelnen Briefe überschrieben: na Kalaimoku, na Nahienaena, von N.N. und die Missionare unter- schreiben sich: na makou, ka poe misionario Hawaii nei, von uns Missionaren Hawaii’s allhier. Aber auch die Zuschrift, die eben die Praeposition za —i hatte, be- kommt manchmal die Praeposition na. O Paulo na na ekalesia, Pau- lus an die Gemeinde; o Petero na ka poe etc. Petrus an die welche u.s. w. und die Missionare richten das Vorwort ihrer Erdkunde: na ka poe heluhelu, an die Leser. Entsprechend dem na des Geschlechtsregisters und der erst gegebe- nen Beispiele ist das no in: o Josepano Arimataca, Joseph von Ari- mathia. Dem na, welches die Person bezeichnet, von der das Wort oder die Schrift herrührt, steht das no entgegen, welches die Sache bezeichnet, wovon oder worüber gesprochen wird, z.B. den Inhalt der Capitel als Über- schrift derselben: no ka mihi ana, von dem Bufsethun; no ko Jesu mana, von Jesu Macht; no Perusia, no Farani, von oder über Preufsen, Frankreich u.s.w. I aku la ia (er sprach) no Beniamina, von Benjamin. Dem na der Zuschrift reihen sich erläuternd folgende Beispiele an: lilo makou i kauwa na Paraona, wir werden Knechte dem Pha- rao; lilokaainano Parao, das Land wird dem Pharao, kommt an Pharao. (Der Vocal richtet sich nach der Natur der Sache: kana olelo, kana kauwa, kona aina). Gewöhnlicher ist in diesem Falle ia—i: lilo ke aupuniia Liholiho, das Reich kommt an Liholiho.— No ke alüi ka aina, dem Könige gehört das Land; no Farani ia mau moku, Frankreich (gehören) diese Inseln. Der Person, der etwas zugeeignet wird, steht der entferntere Zweck entgegen, wofür oder weswegen etwas gegeben wird oder überhaupt ge- schieht, und dieses hat immer no. Beides im nächstfolgenden Satze: a haa- wi aku la o Josepa iaina lakou, und Joseph gab Speise an sie (man sagt kana ai, hier könnte eben auch stehen: ia lakou) no na lio, über die Hawaüsche Sprache. Sa anonahipa,anonapipi,anona hoki, für die Pferde und für die Schafe und für die Rinder und für die Esel. Jesus hat sein Blut ge- geben für uns, wegen uns, um unseretwillen, no kakou; für unsere Sünden, um unserer Sünden willen, no ko kakou hala. Vor Alter, alterswegen: no ka elemakule. Der Preis, um welchen eine Sache verkauft wird, pfleg tmit za — i an- gegeben zu werden; doch steht 1 Mos. 47,19: e kuai oeia makouno ka ai, kaufe du uns für die Nahrung. $. 35. E, von beschränktem, sehr bestimmtem Gebrauch, bezeichnet im Satze, wo das Verbum passive Form hat, dasjenige, was Subject und im Nominativ würde sein, falls das Verbum in die active Form umgesetzt würde. Hookukeia o Bonepate e Beluka, verjaget wird Bonaparte durch Blücher; hRookuke o Beluka ia Bonepate, Blücher verjaget Bona- parte. Es kommt auch in seltenen Fällen bei activer Form des Zustands- wortes in gleichem Sinne vor, und es ist zu bemerken, dafs auch beim Pas- siv 2 manchmal für e gebraucht wird. — Dieses e ist von der Verbalpraeposi- tion ($.82) und der Interjection ($.29) leicht zu unterscheiden. 8.36. MA, Praeposition des Casus localis. Den Ort zu bestimmen auf die Frage: wo? genügt im Hawaiischen diese eine Praeposition, während ihr im Deutschen verschiedene abwechselnd entsprechen müssen. Von dem sinnlichen Ort erweitert sich ihr Gebrauch auf den geistig gedachten, dem das Mittel, wodurch, sehr nah verwandt ist, und wird da manchmal im Deutschen durch übersetzt werden müssen. Ma Aigupita, in Ägypten; ma Epeso, zu Ephesus; ma ke alanui, auf dem Wege; ma ka lima hema, zur linkenHand; ma ka oiaio, in der Wahrheit; ma ka ma- naoio, im Glauben; ma ka uhane, im Geiste; ma Jesu Kristo, in Jesu Christ; ma ke kanaka hoohalike olelo, durch einen sprach- ausgleichenden Menschen, einen Dolmetscher. Wie am bestimmten Orte, so auch am bestimmten Tag: ma ka la penetekota, am Pfingst- tage. Ma in folgenden Beispielen ist auch der Ort wo, und nicht wohin: e holo ma ke kapa o Asia, zu schiffen am Saume (längs dem Ufer) von Asien; e holo ma Epeso, zu schiffen vor Ephesus vorüber. So möchte es sich auch in einigen Fällen verhalten, wo im Deutschen der Accusativ erfordert wird und ma im Hawaiischen steht: jemandem fallen PD») v. Cuamısso um den Hals, ma ka ai; jemanden geleiten an das Schiff, ma ka moku; aber nicht immer also: in dem Satze: pae mai na misionari mua ma Hawaii nei, die ersten Missionare landen her zu Hawaii hier, spricht die Partikel mai die Bewegung her ganz ausdrücklich aus. In folgenden Sätzen wird ebenfalls die Bewegung ausgedrückt. Wir müssen in denselben das erste unübersetzbare ma als einen Hawaiismus auf sich beruhen lassen: holo aku o Liholiho ma, ma Beritania, Liho- liho schiffet hin nach Britannien; pae mai la o Boki ma, mai Be- ritania mai, Boki landete her, her (von) Britannien her. Ma ist in folgender Verbindung völlig gleicher Geltung mit der Par- tikel mai, die dafür auch stehen kann, und bedeutet: von einem Orte aus oder von einer Zeit an: malaila aku, von dort aus weiter; ma kahi loihi aku, aus fernem Orte hin, von weitem; ma ia hope mai, von diesem Ende (Zeitpunkte) her, seither; ma ia hope aku, von diesem Zeitpunkte hin, fernerhin; ma kela hale aia hale aku, von jenem Hause zu diesem Hause hin, von Haus zu Haus. Man könnte vielleicht mai und dieses letzte ma als Casualzeichen eines eigenen Falles betrachten. Wir werden auf mai zurückkommen. 8.37. IO. Diese Praeposition von sehr bestimmter Bedeutung wird nur in einer einzigen Verbindung gebraucht. Sie entspricht dem deutschen zu, in: ,„‚zu mir her, zu jemandem hin, zu einer Person (nie aber zu einer Sache) gehen oder kommen.” Nach dem Fürwort oder dem Nomen pflegt dann fast unerläfslich eine der Ortspartikeln: nei hier, /a da, zu stehen. lo Jesu la, zu Jesu da; io makou nei, zu uns hier; io Kaipa la, i kekahuna nui, zuCaiphas, dem hohen Priester, wobei der Objectiv- fall (@) am hinzugesetzten Hauptwort zu bemerken ist. Auch ist zu bemer- ken: io nei, hieher, ohne Fürwort. Die das Hawaiische zuerst aufgeschrieben haben, scheinen in Hinsicht dieser Praeposition lange zweifelhaft geschwankt zu haben. Sie haben sich endlich entschieden, sie in ihrer Verbindung mit den persönlichen Fürwör- tern des Singulars also zu schreiben: io'u, zu mir; zou, zu dir; io na, zuihm, nachdem sie: iou, zu dir, undiona, zuihm, geschrieben hat- ten (vergl. $. 45). So weit die Oasualpraepositionen. über die Hawaüsche Sprache. 23 $. 38. Das persönliche Fürwort, das sich nur durch die verschiedene Rechtschreibung von dem Tahitischen unterscheidet, hat neben dem Plural einen Dual, und unterscheidet, wie alle Mundarten Polynesiens, und wohl alle mit dem Malayischen verschwisterten Sprachen, in der Mehrzahl zwei erste Personen, von denen die eine die angeredete Person mit einbegreift (wir Menschen), und die andere sie ausschliefst und sich ihr entgegenstellt (wir, die wir zu euch reden). Erste Person. Zweite Person. | Dritte Person. Singular: au (wau) oe ia (na) einschliefsende | ausschlielsende Dual: kaua maua olua laua Plural: kakou makou oukou lakou 8.39. Wau, ohne Artikel, ist die minder übliche Form, sonst von au nicht verschieden. $. 40. Na, Pron. pers. dritter Person, kommt selbstständig getrennt einzig und allein mit der Praeposition io vor: io na la, zu ihm hin (8.37). Wir werden es sogleich, mit anderen Praepositionen zusammengezogen, be- trachten ($. 45). $. 41. Die Fürwörter des Duals sind offenbar aus denen des Plurals mit der Endung der Zahl zwei (/ua) gebildet. Eigenthümlich werden die- selben verbindend zwischen zwei Namen eingeschaltet, die gepaart werden sollen. Paulus sagt 1 Cor. 1,1: o Paulo o maua me Sosetene, Pau- lus, wir die beiden, mit Sosthenes, ich Paulus und Sosthenes. Na moku manuwa o Beritania laua o Farani, die Kriegsschiffe (man of war) Britanniens, sie beide, Frankreichs, d.i. Englands und Frank- reichs. Mele aku lao Mose laua o Aarona, gingen hin Moses, sie beide, Aaron, Moses und Aaron. 8.42. Wann der Sinn Nachdruck auf die Person zu legen heischt (c'est toi qui l!’a nomm£), nimmt, wie gesagt worden (8.18), das Pronomen den bestimmten Artikel an. Die Fürwörter des Singulars werden alsdann geschrieben: erste Pers. owau, zweite Pers. o oe, dritte Pers. oia. Doch erscheint die Zusammenziehung des Artikels willkührlich, da sie in manchen Fällen wieder aufgehoben wird: o ka ke Akua ia, o ka’u ia (oia 94 v. Cuamiısso ist zwar hier Pron. demonstrativum, jedoch dasselbe Wort, wie das Pron. pers.), dieses von Gott, dieses von mir. 8. 43. Den persönlichen Fürwörtern ist wohl HAI anzureihen: das französische autrui. Es hat, wie sie, im objectiven Falle die Praeposition ia: ia hai. 8. 44. Ebenfalls würde das fragende Fürwort WAI? wer? hier auf- zuführen sein, welches auch ia wai im objectiven Falle hat. Wir werden später darauf zurückkommen ($. 66). 8. 45. Die persönlichen Fürwörter bilden mit den Casualpraepositio- nen Pronomina possessiva, oder doch ein Analogon dafür in dem Sinne des lateinischen ejus. Im Singular findet eine Zusammenziehung der Praeposi- tion mit dem Fürworte statt, welche die beikommende Tabelle übersichtlich zeigen wird. In der zweiten Person ist die Verschmelzung vollendet, und nicht mehr zu erkennen, ob oe oder eine andere Form dieses Fürworts zu Grunde liegt. In der dritten Person mufs anstatt ia ein anderes Wort, mufs na angenommen werden. Es ist uns schon in der Verbindung von io na la, zu ihm hin, vorgekommen. Bei dem ähnlichen Verhalten der Praeposition io mit denen, die uns hier beschäftigen, hätten vielleicht die Missionare, die lange unsicher geschwankt haben, auch iona schreiben sollen (vergl. 8.37). Beim Dual und Plural bleibt die Praeposition von dem Fürwort getrennt; wir haben weiter nichts darüber zu bemerken, Praeposition: a o ka ko na no Erste Person: a’u ou katu kou nau nou Zweite Person: au(') ou kau kou nau nou Dritte Person: ana(?) ona kana kona nana nona. Die Geltung dieser Fürwörter wird lediglich durch die Praeposition bestimmt und ist in dieser Hinsicht nichts zu erinnern; wie diese aber mit dem Selbstlauter @ die Pronomina relativa vertreten, wird später bei der Lehre des Zustandswortes dargethan werden ($. 98). $- 46. Wirkliche Pronomina possessiva giebt es aufserdem zwei: eins von der ersten Person des Singulars: XUU, und eins von der zweiten Person (') Dieses au ist wohl von dem persönlichen Fürwort der ersten Person des Singu- lars zu unterscheiden. (?) Wohl von der gleichlautenden Partikel (8.97) zu unterscheiden. über die Hawaüsche Sprache. 25 des Singulars: XO. Auu wird in älteren Druckschriften und namentlich noch im Evang. Matth. ku’u geschrieben, wodurch eine Zusammenziehung angedeutet wird, die uns nicht eingeleuchtet hat. AKuu, völlig gleicher Gel- tung mit ka’u und ko’w ohne Unterschied des Vocals, wechselt willkührlich mit dem einen und dem andern ab. Kuu haku, mein Herr; kuu keiki, mein Kind; kuu lima, meine Hand. Am häufigsten wird es mit Verbal- substantiven verbunden: kuu noho ana, meinBleiben; kuu moe ana, mein Träumen; doch auch nicht ausschliefslich (vergl. Röm. 1, 9). Ganz so verhält sich ko zu kau und kou: ko haku, ko wahine, dein Herr, dein Weib. 8.47. Wir lassen die Pronomina demonstrativa folgen. Sie haben sämmtlich keinen Plural; jedes derselben gilt von einem oder mehreren Dingen oder Menschen: IA, OIA, EIA, KELA, KEIA, NEIA, UA. 8.48. In I4 erkennen wir das unveränderte Pronomen personale der dritten Person, welches, wie im Deutschen der bestimmte Artikel, das nächste und üblichste hinweisende Fürwort abgiebt: ia mea, ia mau mea, ia kanaka,ia poe kanaka: das Ding (mit betontem Artikel), oder die- ses Ding, und so die Dinge, der Mensch, die Menschen. Dieses Pro- nomen hat die Sonderbarkeit, im objectiven Fall ohne Praeposition zu blei- ben, da es doch die Praepositionen der obliquen Fälle annimmt. So sagt man z.B.: ia manawa, so viel wie i keia manawa, zu der Zeit, zu dieser Zeit; ia kanaka ia kanaka, so viel wie kekahii kekahi, der Mensch den Menschen, einer den Andern. $. 49. OIA ist im Nominativ dasselbe Pronomen, mit vorgesetztem bestimmten Artikel. Es hat mit EIA die Eigenschaft gemein, den unbe- stimmten Artikel vor dem Substantiv nicht zu verdrängen. Oia bezieht sich auf bereits namhaft gemachte Dinge, eia auf Dinge die erst namhaft gemacht werden sollen: z. B. fängt ein Capitel, das „no Amerika huipuia” vom vereinigten Amerika, überschrieben ist, mit den Worten an: oia ka ainanuiloa, dieses oder besagtes (ist) das ganz grofse Land. Dann heifst es weiter: eia na inoa o na moku, diese oder folgende (sind) die Namen der Theile, folgt das Namenregister der einzelnen Staaten, worauf es dann weiter heifst: oia na moku, diese (besagte) Theile u. 8. w. Philos.- histor. Abhandl. 1837. D 36 CHAaMmısso 8.50. KELA, jenes; KEIA, dieses; das Hawaiische entspricht dem Deutschen vollkommen. Es ist nur zu bemerken, dafs, wo beide in einem Satze gepaart oder entgegengesetzt werden, unserm Sprachgebrauch zuwider, das Entferntere zuerst gesetzt zu werden pflegt: kela mea, keia mea. Wo ausnahmsweise die in unsern Sprachen übliche Ordnung beibe- halten worden, klingt es Hawaiisch wie ein Europäismus. Übrigens wird keia am häufigsten gebraucht, und auch von Personen oder Dingen, die in Zeit und Ort entfernt sind. $. 51. NEIA, worin die Partikel nei, hier oder jetzt (8.58), nicht zu verkennen ist, reiht sich den letztgenannten Fürwörtern an und bedeutet gegenwärtiges. Es ist nicht von häufigem Gebrauch, dafür steht oft keia. I neia manawa, gegenwärtig. $. 52. UA, welches Wörtlein in anderer Verbindung später erläutert werden wird ($. 80), mufs auch unter den hinweisenden Fürwörtern aufge- führt werden. Als solches verhält es sich ganz wie die obigen drei. Es be- zieht sich auf bereits Besprochenes und möchte füglich: solches, selbiges oder besagtes übersetzt werden. 8.53. MAI, AKU, AE, IHO. Zu den Beziehungen, welche die Sprachen Polynesiens mit grofser Sorgfalt und Bestimmtheit ausdrücken, gehören der Ort und die Richtung. MAI wird durch her, 4KU durch hin, befriedigend erklärt. Der Ort gehört dem Ersten, der ihn einnimmt. Der Erste, der in der Erzäh- lung auftritt, spricht hin: aku, der Zweite antwortet her: mai; von diesem Gentrum aus wird hingegangen: aku, zu demselben zurück wird hergekom- men: mai; und dem entsprechend wird die Richtung jeglicher Handlung bestimmt angegeben. Wo aber Menschen zu einander reden, wo in einer Versammlung zu der Versammlung gesprochen wird, wo die Handlung nicht aus dem Kreise hinausstrebt, der sie beschränkt, und doch Bewegung ist, da steht 4E. Wo endlich sich die Handlung auf das Subject zurückbiegt oder das Zustandswort (Verbum neutrum) keine Bewegung nach aufsen voraus- setzt, da steht ZH O,. $-. 54. Wir werden mai im Vocabulario in der Bedeutug von Ge- brechen, Krankheit wiederfinden. Mai vor dem Zustandswort verneint und bedingt den Prohibitiv-Imperativ (8.52): mai pepehi kanaka, nicht über die Hawaische Sprache. 9 Menschen tödten, du sollst nicht Menschen tödten. Ein Grundbegriff des Subtrahirens scheint durch alle Bedeutungen durchzugehen. Hele aku, gehen; hele mai, kommen. Hele mai kekahi mai ka hale mai, kommen her einer her (vom) Hause her; mai loko mai oka hale, her (vom) Innern her des Hauses. Hele aku kekahi mai ka hale aku, gehen hin einer, her (vom) Hause hin, d.i. von dannen weiter. Jemanden erretten mai ko lakou lima ae, heraus aus ihren Händen, aber nicht weiter. Ka loihi mai kekahi aina aku a hikii kekahi aina, die Entfernung her von einem Lande hin bis zu ei- nem andern Lande. 8.55. Aku hat nur den einen Sinn, doch begreift er auch das Mehr- sein, als ein Weitergehen, in sich; sagen wir doch auch zu Deutsch ‚,dar- über hinaus”. Aia mea aku ia mea aku, und dieses Ding mehr, die- ses Ding mehr, und dies und das noch dazu. 8. 56. Ae wird gewöhnlich, aku seltener dem Adjectivum e, ande- res, nachgesetzt. Na mea e ae, andere Dinge daneben; na mea e aku, andere Dinge darüber. — Ae ist mit der Affirmation gleichlau- tend (8.28). 8.57. IHO, Handlungswort, bedeutet herabsteigen. Dem Haupt- Nenn - oder Fürwort gleichsam als Adjectiv hinzugefügt, entspricht es ganz dem deutschen ‚,‚selbst, selber”: Jesu iho, Jesus selbst; oe iho, du selber; iaiho, er selbst; iaia iaiho, er sich selbst. Wo dem Haupt- wort eine Besitzbestimmung vorangeht, bedeutet es eigen: o kona kino iho, sein eigener Leib. In diesem Sinn als Hauptwort allein stehend: kona iho (Joh. 1, 11), r« idı@ und ei idıc. Den Richtungspartikeln schliefst es sich an und tritt da ein, wo Ruhe ist, und keine Richtung hin- oder her- wärts gedacht wird: anohoiho la ilaila, und wohnete daselbst; ma- lunaiholaoke kanaka, über dem Menschen. 8.98. NEL, LA. NEI bedeutet gegenwärtig, im Raum oder auch in der Zeit: hier oder jetzt. LA, im Gegensatz zu nei, bedeutet entfernt, im Raum oder in der Zeit: da. Beim Zustandswort dienen diese zwei Partikeln vorzüglich zur Bestimmung der Zeit, nicht jedoch ausschliefslich, denn auch da ist auf räumliche Beziehung Rücksicht zu nehmen. In anderer Verbindung bestim- D2 28 v. CuamIısso men sie gewöhnlich den Ort. Ihr Gebrauch bringt oft Klarheit in die Rede, da wo wir selber in unsern Sprachen unbeholfen Mühe haben uns verständ- lich auszudrücken, z. B. wenn wir erzählen: diese hätten mit jenen von dem gesprochen, was sie thun wollten u.s.w. Lakou nei, sie hier, und lakou la, sie dort, beugen im Hawaiischen jeglicher Zweideutigkeit vor. Wo ‚‚diese unsere Welt” ‚‚diese unsere Erde” erwähnt wird, fügt sich fast unerläfslich die Ortspartikel nei dem Worte an: keia ao nei, diese Welt hier; keia honua nei, diese Erde hier. So wird in unsern Ha- waiischen Büchern nicht leicht Hawaii anders, als o Hawaii nei genannt. Wie wir selbst zu gröfserem Nachdruck ‚‚dieser Mann da” ‚‚diese Sache hier” sagen, so pflegt auch oft nach hinweisenden Fürwörtern und nach he eine Ortspartikel in gleicher Verbindung und in gleichem Sinne zu stehen: ia kanaka la, der Mann da; keia mau mea la, dieseDinge da. Nach ua, hinweisendem Fürwort, scheint sie schier unerläfslich zu sein: o ua kanakala, eben dieser Mann da (von dem die Rede ist). Dafs la häu- figer wiederkehren mufs, als nei, liegt in der Natur der Sache. Wie wir auch wohl im Deutschen fragen: ‚‚wer kann da sagen — ?” „weshalb sollte da—?” ‚wohin führet da—?” so steht auch im Hawaiischen häufig eine Ortspartikel bei Fragen, aber unmittelbar nach dem Fragewort: owaila—? no ke ahala—? pehea la—? u. s. w. ($. 66 u. folg.) Der Gebrauch dieser Partikeln nach der Praeposition io ist bereits bemerkt worden ($. 37). Wir haben jetzt nei in seiner Verbindung mit verschiedenen Partikeln zu betrachten. Nur im nächstfolgenden Falle steht ihm noch 2a in gleicher Zusammensetzung entgegen: PENEIL PELA. Das Präfix pe bedeutet wie: wie hier, wie dort, oder: wie jetzt und wie damals: also, mit dem Unterschied, den die Orts - oder Zeitpartikel bedingt. Für penei kommt auch PENEIA, MENEI und MENEIA vor. Me bedeutet: wie, so wie (8.74), und neia erinnert an das Fürwort ($. 51). $- 59. ANEI, wie das lateinische num, giebt dem sonst unverän- derten Satze fragende Bedeutung. Es nimmt beim Zustandswort die Stelle der Zeitpartikel ein oder steht hinter derselben. Es verdeutlichet uns bei über die Hawaüsche Sprache. 39 der Partikel Ae, die wir den Artikeln angereiht haben ($.19), wie selbige das Hülfs - und Verbindungswortes sein dem Begriffe nach in sich schliefst, und kommt auch ohne Ae und ohne Verbindungswort vor: Ke hiamoe nei anei oe? schläfst du? — Ooeaneikealiio ka poe Judaio? bist du der König der Juden? — Oia anei he kahuna? ist dieser der Priester oder ein Priester? — He Akua anei o Jesu? ist Jesus Gott? — Ekoluaanei Akua lakou? sind sie drei Götter? 8.60. AUANEI deutet auf die nächst bevorstehende Zukunft, auf das, was im Werden begriffen ist, was kommen mufs, was kommen wird, und vergegenwärtigt in vielen Fällen das griechische u.2%%0. Es nimmt beim Zustandswort die Stelle der Zeitpartikeln ein: e rele mai auanei o Jesu, venturus est Jesus. UANET, mit demselben Sinn als auanei, scheint nur da zu stehen, wo das Zustandswort fehlt: pehea uanei ia mea? wie soll oder kann dieses geschehen? NELIA ist unter den hinweisenden Fürwörtern aufgeführt worden: neia wa, gegenwärtige Zeit (8.51). 8.61. Noch bleibt uns nei in Verbindung mit etlichen Casualprae- positionen zu betrachten. ONEI scheint wohl Genitiv mit der Casualpraeposition o zu sein, jedoch wird selbige davor wiederholt: na aina a pau o onei, die Lande alle des Hiers, alle hiesigen Lande; ko onei kanaka, die Menschen von hier, populares. IA NEI, hier, im objectiven Falle. Die Praeposition getrennt und ausgeschrieben, wie vor den persönlichen Fürwörtern. Joh. 4, v. 15 und 16. (£vSade). — Nicht zu verwechseln mit ia nei, er oder dieser hier. — Auch IO NEI kommt vor: hieher. MANEI (mit der Casualpraeposition des Casus localis), hier, all- hier; auch in der Bedeutung: von hier aus. In letzterem Sinn auch MAANEI (wobei anei statt nei zu bemerken ist); maanei aku, von hier aus weiter. 8.62. Für dort oder dann und die relativen Orts- und Ordnungs- bestimmungen, die im Deutschen durch Praepositionen ausgedrückt werden, hat die Hawaiische Sprache Wörter, welche sich eher wie Substantiva ver- 30 v. Cuamısso halten, nur dafs sie keinen Artikel dulden und nicht wohl im Nominativ vor- kommen. Der Gebrauch der Partikel mai bei diesen Wörtern entspricht dem einer Casualpraeposition. Als solche betrachtet, ist sie die einzige, die nie als Praefix mit dem Worte selbst zusammengezogen wird, es sei denn, man wolle sie selbst abgekürzt in demjenigen zusammengezogenen ma erkennen, welches mit ihr gleiche Bedeutung hat; aber dieses ma kommt auch in glei- chem Sinne getrennt vor (vergl. 8.36). Auch die Praeposition ko wird gewöhnlich getrennt geschrieben. 8.63. LAILA (dem nei in den letzterwähnten Formen entgegen- gesetzt): dort, im Raume, dem ein dort in der Zeit, der Vergangenheit oder Zukunft, sich beiordnet. Es kommen vor: Alaila: dann, dann war es, dann wird es sein. Als Verbindungs- wort häufigen Gebrauches: dann oder so. 4laila könnte vielleicht als der Nominativ betrachtet werden. Das Praefix @ scheint dem Worte nur Selbstständigkeit zu geben, für welche Ansicht aole (8.27), die Cardinalzahlen (8.117) und andere Beispiele sich anführen lassen. Tlaila: da, an den Ort oder am Orte. Olaila: des Ortes; na kanaka olaila, die Menschen des Ortes; iloko olaila, in dem oder in das Innere des Ortes, darin, dar- ein; Kolaila: von dort; kolaila poe kanaka, die Menschen von dort, die dortigen Menschen. Auch von der Zeit: o kolaila la, o kolaila hora, der bestimmte Tag, die bestimmte Stunde davon, von diesem dann. Nolaila: daher, deswegen. Malaila: daselbst, und wie folgendes: Mai laila: her von dort; mai laila mai, aku, ae — herwärts, hinwärts, oder blos: heraus. 8.64. LOKO, innen oder das Innere; WAHO, aufsen oder das Äufsere; LUNA, oben oder das Obere; LALO, unten oder das Untere; WAENA, zwischen oder das Mittlere. Diese Wörter kommen gewöhnlich ohne Artikel vor; am häufigsten mit den Casualpraepositionen i, 0, ko, no, ma und mai, die, mit Ausnahme von mai und ko, sich mit ihnen als Praefix verbinden. Das, worauf sie sich über die Hawaüsche Sprache. 31 beziehen, wenn es überhaupt genannt wird, folgt im Genitiv mit der Prae- position 0. Ilokooka hale, in das Haus oder im Hause; iwaena o oukou, unter euch; iwaena konu o lakou, mitten unter sie oder unter ih- nen. ZJole he wai oloko, es war kein Wasser des Innern, es war kein Wasser darin. Me he hale la ko luna, wie daistein Haus von oben, das Ding oder die Dinge von oben. Maluna ona, über ihn; malalo ponookala, grade oder scheitelrecht unter der Sonne (pono, di- rectement), häufig mit der Partikel der Ruhe, iho: maluna iho ona, ma- lalo iho ona, über ihm, unter ihm; auch mit der Partikel der be- schränkten Bewegung, ae. Mawaho mai oder mai waho mai o digu- pita, aus Ägypten heraus; mailuna a lalo loa, von oben bis ganz unten. Sehr merkwürdig ist der Satz: aoleoeimanaoiawaho (Luc. 20, 20), nicht du meinen Äufseres, du achtest nicht das Äufsere, worin ia die Praeposition des objectiven Falles zu sein scheint, in der Form, die sie vor dem persönlichen Fürwort annimmt. $. 65. Eben so verhalten sich: MUA, vor; MULI, nach; beide in Raum und Zeit, Adjectiv und Adverbium. HOPE, letzt (ka hope, das Ende; jedes Ende, von dem an weiter gerechnet werden kann). Ka mua, der vordere, der erste; o ke kanaka mua loa o Adamu, der allererste Mensch (war) Adam. Imua, vor; imua oParao aimua okana poe kauwa, vor Pha- rao und seinen Knechten; imua i ke alo o Parao, vor dem Ange- gesichte Pharao’s (in dieser Redensart ist der objective Fall, i ke alo, bemerkenswerth). Mamua, zuvor, sonst, dem jetzt entgegengesetzt. In diesem Sinne steht es oft allen. Mamua aku nei, vorhin, vormals, und ma- mua mai, vorher; ka wa mamua aku o Mahometa, die Zeit vor Mahomet. Die Jahre vor Christi Geburt werden gezählt: na makahiki mamua aku oka hiki o Kristo, die Jahre zuvor hinwärts (sich von uns entfernend) des Eintreffens Christi (der Geburt Christi). Ka muli, der folgende, der nachherige. Dem erstgeborenen 32, v. CHuamısso Sohn wird der jüngste: ka muliloa, der allernachherigste, entgegen- geselzt. Mamuli, nachher, künftig. Oft, wo es schwer ist zu übersetzen, in dem Sinne von ‚‚folgen, gehorchen, nachgehen”: ae aku no lakou mamuli o ke alii, sie gehorchen im Folgen des Königs, dem Könige; aia no lakou mamuli o ka pono (aia bedarf einer eigenen Erklärung, 8.89), sie sind im Folgen der Gerechtigkeit, sie folgen der Gerech- tigkeit. Hope. Ka mea mua a me ka mea hope, der erste und der letzte. Ka hope,— ma keia hope aku, von dieser Zeitan. Ka ho- pena (hope ana), das Enden, das Ende. Mahope o’u, hinter meiner (mir); noho lakou mahope o ka lealea, sie weilen (leben) hinter der Üppigkeit, ergeben sich der Üp- pigkeit; mahopeona ki lakoue pule nei, hinter derBildersie beten jetzt, sie beten Bilder an. — Die Jahre, na makahiki, werden gezählt: mahope maioka hookumu o ke ao nei, nach (herwärts) der Erschaf- fung dieser Welt. Mahope aku nei, mahope aku, späterhin, künf- tig (d’oresenavant). Mahope o ka make ana o Mose, nach dem Ster- ben Mosis; mahope iho o ka ai ana, nach dem Essen; mahope iho, nachher, zuletzt. Fragewörter. 8.66. WAL? ist das fragende Fürwort ohne Unterschied der Zahl: wer” welche? Ohne Artikel: ka inoa wai la? welcher Name? — ka poe kana- ka waila? welche Menschen? — ka poe wai? welche? Mit dem bestimmten Artikel: owai la Jesu Kristo? wer (ist) Je- sus Christ? — owai ke kanaka? wer (ist) der Mensch? — owai ka inoa? was (ist) der Name? — owailakou? wer (sind) sie? — owai na inoa? welche (sind) die Namen? Ta wai? im objectiven Fall: wen? wem? Owai? Genitiv: wessen? scheint wenigstens selten vorzukommen. Nawai? von wem? häufig bei der später zu erläuternden Construc- tion des Zustandswortes: nawaio Jesu Kristoi pepehi? von wem Je- sus Christ tödten (vergangene Zeit)? wer hat Jesus Christ getödtet? über die Hawaüsche Sprache 33 Nowai? für wen? weswegen? wessen? Nowai kona ki? wes- sen dessen (des Geldstückes) Bild’? 8.67. AHA? — Aha kommt in der Bedeutung von „Versammlung besonders in zusammengesetzten Wörtern (Rathsversammlung, Speisever- sammlang u. a.) häufig vor. Damit läfst sich kaum das Fragewort in Zusam- menhang denken. Mit letzterem haben wir allein zu thun. Aha? Hauptwort: ein Was? Zustandswort, active Form: was thun? passive Form: was werden?! Hauptwort: heaha? (heaha?) wasist? Heahake Akua? was ist Gott? — heaha lakou? was sind sie? — heaha laia oe? wasist es dir oder für dich‘ wie meinst du das? — heaha ka ke Akuaihana? u.s.w. wasist’s von Gott machen?... was ist es was Gott gemacht hat? u.8.w. Ikeaha la? objectiver Fall: zu was? wozu? Nokeahala? wegen was? weswegen? Zustandswort (zu mehrerer Deutlichkeit lassen wir die Verbalpraepo- sition getrennt, die nach der neueren Rechtschreibung vereiniget wird), ac- tive Form: e aha mai ke Akua? was thut Gott? (um uns zu bessern u.s.w.) Passive Form: i ahaia ko Jesu Kristo kino make? was ist worden der todte Leib von Jesus Christ? was ist daraus geworden oder gemacht worden? — e ahaia lakou mahope? was werden sie nachher? was wird nachher aus ihnen? — e ahaia oe ina ehewa? was wirst du, was wird aus dir, wenn du sündigest? 8.68. HEA? oft gleichsam als Eigenschaftswort einem Substantiv nachgesetzt: ika wa hea? zu welcher Zeit? — ma ka aina hea? in welchem Lande? — ma kahi hea? an welchem Orte? (der Pseudo- artikel Ae scheint wohl die Wurzel zu sein). Oft aber auch selbstständig mit Casualpraepositionen oder sonstigen Praefixen zusammengezogen: mahea la ia i make? wo ist er gestor- ben? — nohea la? woher? oder weshalb? nohea la mai ke kino o ke kanaka? woher der Leib des Menschen? Antwort: aus Staub. — noheala ke Akua he kahikolu? weshalb Gott der Dreieinige? Ant- wort: no ka mea, weil u.s.w. — peheala? wie da? wieso? pehea ke ano o kaaina? wie (ist) die Natur des Landes? — ahea? wann? aheala uanei hikiia mau mea? wann sollen geschehen diese Din- Philos. - histor. Abhandl. 1837. E 34 v. Cuamisso ge? — inahea? (ina, wenn) wann? (Luther: wenn?) inaheaiike mai makou ia oe? wann haben wir dich gesehen? (Matth. 25, 37 u. folg.) Ailaihea? oder mit den katholischen Missionaren: ai la ihea? — Ai, wovon später die Rede sein wird ($. 88), ist der Stellvertreter unserer Hülfszustandswörter; Za die Orts - und Zeitpartikel; ihea? ist hea? im objectiven Falle. dilaihea ko ke Akuawahiinoho.ai? woist Gottes Ort, da er wohnen solle? ai la ihea Jesu Kristo i keia manawa? woist Jesus Christ zu dieser Zeit? Antwort: aiiluna, erist oben. 8.69. EHA? scheint kaum dem Sinne nach von hea? verschieden zu sein. Es wird meist als Praedicat dem Substantiv nachgesetzt: ka inoa eha la? welcher Name? was für ein Name‘? — kaino eha la? welches Übel? — ka olelo pule ehala? welches Gebet? — ikawaeha la? zu welcher Zeit? — i ka maikai eha la? welches oder welchem Gute? — Maheala? woher? $. 70. EHIA? wieviel? — ehia pepeinohao o karinokerote? wieviel Hörner (sind) des Rhinoceros? ANET? ist früher erläutert worden ($. 59). Wir haben noch etliche Bindewörter und andere Partikeln zu erör- tern, welche in der Hawaiischen Grammatik eine Stelle einnehmen müssen, und die wir bis jetzt nicht unterzubringen gewufst. $. 71. MEA, Ding, wird eben so häufig von Personen wie von leb- losen Dingen gebraucht, und vertritt die Stelle vieler Fürwörter. Jemand, einer, etwas: kekahi mea. Der oder wer, unbestimmt, derjenige, der: ‚‚wer nie sein Brod mit Thränen afs”: o ka mea. Dieser und je- ner, kela mea, keia mea. Niemand (no man), aole mea, und was nicht ist, nichts, mea ole. So vertritt mea in einigen Fällen die Prono- mina relativa: o oe ka mesia, ka mea hele maiike ao nei, du (bist) der Messias, das Ding kommen her iin diese Welt, welcher gekommen ist in diese Welt. — Ka mea hale, das Hausding, d.i. der Hausherr. — Von aispeisen, inutrinken, kalepa handeln, heifst: ka mea ai, Speise- ding, eine Speise; ka mea inu, ein Trank; ka mea kalepa, eine Waareu.s.f.— Hilahila, Scham und Schande; he mea hilahila ia lakou, es ist ihnen eine Schande, gilt ihnen für eine Schmach. — über die Hawaüsche Sprache. 35 Ka mea pai palapala, das Schrift-präge-ding, die Buchdrucker- presse. No ka mea, wegen eines Dinges, entspricht den Bindewörtern: denn, weil, sintemal, sich auf das beziehend, was darauf folgt. — No ia mea, no keia mea, no ia mau mea, wegen dieses Dinges oder die- ser Dinge, deswegen, deshalb, bezieht sich hingegen auf eben Ge- sagtes. Mea kommt auch als Zustandswort vor: besachen, beschäfti- gen, Ungemach verursachen. Man findet in älteren Druckschriften (Evang. Matth.) bisweilen me anstatt mea, eine Wortform, die später aus der Büchersprache zu ver- schwinden scheint. 8.72. A ist die üblichste Conjunction: und; auch die Disjunction : oder. Wenn zwei Glieder eines Satzes, die gleiche Subjecte und Objecte haben, gepaart werden, wird in der Regel die Conjunction ausgelassen: Olelo aku la Jesu, i aku la, Jesus sprach (und) sagte. Wo aber Dinge und Personen zusammengezählt werden, steht nicht a allein, sondern ame, und mit: ike la lakou ia Maria a me Josepa a me ke keiki, sie sahen Maria und Joseph und das Kind. (Die Praeposition, die sämmtliche Wörter regiert, wird aber nur vor dem ersten gesetzt und vor den folgenden nicht wiederholt.) 4 zu Anfang des Satzes bedeutet oft wenn, worauf alaila, so, folgen kann: «ao ka Mesia oe, e hai pono ia makou, wenn der Messias du (wenn du der Messias bist), verkündige (es) uns recht (andere Beispiele später beim Conjunctiv, $. 111). 4 steht auch zu Anfang eines Satzes, der lateinisch mit dem absoluten Ablativ über- setzt werden kann, entsprechend dem deutschen nachdem, worauf ein so folgen kann: a — alaila. — Wir haben a bereits in der Bedeutung von „bis zu —” kennen gelernt, vergl. a pau (8.25), a puni ($.26): mai ke- kahi aina aku a hiki kekahi aina, von einem Lande bis zu einem anderen Lande. 8.73. HOI bedeutet auch, und no Ahoi, wohl auch; es hat manch- mal auch die Bedeutung von jedoch. 8.74. ME bedeutet mit und auch wie. Wir haben es bereits in Verbindung mit a: a me, die gewöhnliche Copula, bilden sehen ($. 72). Me ka manaoio, mit Glauben; me ka wiwo ole, mit Unverzagt- E2 36 v. CuAmısso heit, dreist, kühn (wiwo scheint nur in Verbindung mit der Negation vorzukommen, dem deutschen Wort ungeschlacht analog). Winken, zei- gen me ka lima, mit der Hand; messen me ka ohe, mit dem Rohre (mit dem Mafsstab). Moho puiho la Maria me Elisabeta ekolu paha malama, Maria wohnete zusammen mit Elisabeth drei ungefähr Monate (ungefähr drei Monate). In der Redensart: e like, oder i like, oder ua like kekahi mea me kekahi mea, ist like Zustandswort und bedeutet: gleichen, ähnlich sein, mithin kann auch hier me mit heifsen: etwas ähnlich sein mit etwas. Owai ka mea like meia holoholona? wer das Ding gleich mit die- sem Thiere? wer gleichet diesem Thiere‘ Me he manu nunu la ke ano, wieistein Vogel Taube da die Gestalt, die Gestalt wie eine Taube, me he anianila, wie daist Kry- stall, wie Krystall; he kai, me ke kai eleeleame ke kai keokeo, es ist ein Meer, wie dasschwarze Meer und das weifse Meer. $- 75. PAHA haben wir eben mit dem Sinne von ungefähr, bei- läufig, gesehen; es heifset aber auch etwa, vielleicht, und ist von häu- figem Gebrauch. de paha, aole paha, vielleicht ja, vielleicht auch nein, wer weils? Enana oe,o ke kapa paha o kau keiki, aole paha, siehe du nach, das Kleid vielleicht deines Sohnes, vielleicht nicht (ob es das Kleid deines Sohnes ist oder nicht). Das Zustandswort erhält von dieser Partikel des Zweifels die Geltung des griechischen Optativs: ua ma- nao paha ka lehulehu e hele i ka lani, aka —, die Menge meinet etwa (möchte vielleicht meinen) in den Himmel zu kommen, aber — S. 76. NO, Partikel, die man von der gleichlautenden Casualprae- position (8.31 und 34) wohl unterscheiden mufs, steht überall, wo im Deut- schen bejahend oder betheuernd wohl stehen könnte. He maikai no ka nuio kaaina, esist gut wohl der gröfste Theil des Landes.— Wenn einer Negation eine Affirmation entgegengesetzt wird, und im Deutschen „wohl aber” ‚‚wohl hingegen” oder ‚‚sondern’” stehen kann, reicht öfters no allein hin, diese auszudrücken. 4ia no, siehe! (We); no hoi, wohl auch, und wale no, sind gewöhnliche Wortverbindungen. $. 77. Das Adverbium WAL E, wofür im Deutschein ein Wort fehlt, bedeutet: ‚‚von selbst, freiwillig, zufällig, zwang - und zwecklos, blos so, so hin”. FVale no aber bedeutet nur, allein: o Jesu wale no, oia wale über die Hawaüsche Sprache. 37 no, nur Jesus, erallein. MNaia mau mea waleno, in diesen Din- gen allein oder nur in diesen Dingen. 8.78. AKA, aber, sondern, und: wenn nicht, es sei denn, sed, & wur. NAE, aber, doch und zwar, autem, quidem. Aka zu Anfang des Satzes, nae in demselben verflochten. 8.79. INA, wenn. Ina paha, wenn etwa, wenn vielleicht. Das denn oder so, welches die Consequenz der so gestellten Bedingung einleitet, wird im Hawaiischen erforderlichen Falls durch alaila oder auch durch ein wiederholtes ina ausgedrückt. 8.80. UA. Wir haben diese Partikel unter den hinweisenden Für- wörtern aufführen zu müssen geglaubt (8.47 und 52), weil sie entschieden mit der Geltung eines solchen vorkömmt; aber darauf beschränkt sich ihr Gebrauch nicht. Übrigens, wie verschieden dieser auch sei, scheint uns ihre Identität nicht zu bezweifeln. Ua steht, in unsere Sprachen unübersetzbar, zu Anfang des Satzes, wie eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger: ‚,‚seht, merkt”: verbindet das vorangestellte und betonte Eigenschaftswort mit dem nachfolgenden Hauptwort und ersetzt in dieser Verbindung das fehlende Ver- bindungswort sein (vergl. 8. 19, 88 und 89). Die Hawaiische Erdkunde fängt mit den Worten an: ua poepoe ka honua, seht: rund die Erde, die Erde ist rund. — Ua akamai loa lakou, sie sind sehr kunstreich; ua nui na hipaihanaiia malaila, viel (sind) die Schafe, die allda er- nähret werden; ualikealike kapoeikeikapalapala ame ka poe ike ole, gleich und gleich die Wissenden die Schrift und die Wis- senden nicht. Ua wird häufig dem Zustandswort vorgesetzt, welches sodann die zeitbestimmende Praeposition und Partikel verliert. — Diese Redeweise fin- det hauptsächlich ihre Anwendung im beschreibenden Styl. Ua ike lakou a paui ka palapala, kennen sie alle die Schrift, alle kennen die Schrift; wa hanauia ia i alii, geboren werden er zum Könige, er wird zum Könige geboren. Wenn das Subject vorausbenannt, vielleicht auch durch Zwischen- sätze von dem Zustandswort entfernt worden, wird ein neuer Satz mit ua angefangen und das Subject durch ein Fürwort vertreten. Jesu Kristo — uahaawiakuiaikona koko no kakou, Jesus Christ — seht geben hin er sein Blut für uns. 38 v. Cuamısso Wo eine Consequenz gezogen wird, wird häufig die Redeweise mit ua gebraucht: no ka mea, ua kokoke maika manawa, denn, nahen her die Zeit, die Zeit nahet. Nolaila, uaike maopopoia, he poepoe ka honua, daher offenbar scheinen (passiv mit Adverbium und ge- trennter Endung) sein rund dieErde. Nokamea, uanaaupo, denn thöricht (Zeit und Person anderwärtig bestimmt), er oder sie, sind oder waren Thoren. ATA, verwandt mit ai, werden wir dieser letzteren Partikel anreihen (8.89). Das Verbum. $. 81. Wir versuchen zuerst die Geltung der verschiedenen Partikeln zu ermitteln, vermöge derer die Bestimmungen, welche das Zustandswort erfordert, bewirkt werden. Etliche werden demselben vorangesetzt, so wie der Artikel dem Substantiv. Wir wollen sie Verbal-Praepositionen nennen; sie könnten vielleicht ebenso gut Verbal-Artikel heifsen. Wir finden kaum Ähnliches in unsern Sprachen. 8.82. E, MAI und O. E deutet gegenwärtige oder zukünftige Zeit an, was wird oder werden wird, oder (gebietender Imperativ) was werden soll. Bei dem verbietenden Imperativ wird es durch das verneinende mai verdrängt und ersetzt ($.54). In älteren und neueren Druckschriften kommt der gebie- tende Imperativ von hele, gehen: o hele (statt des gebräuchlicheren e Aele) wiederholt vor, und auch von den sinnverwandten Wörtern haele, gehen, megevouau, und hoi, zurückkehren, läfst sich in gleicher Bedeutung o haele und o Roi nachweisen. Diese Anomalie mufste bezeichnet werden. $. 83. I deutet vergangene Zeit an, was bereits geworden ist. Es ist zu bemerken, dafs Passiva und Verba neutra, die mehr einen Zustand als ein Handeln bedeuten, öfters die Praeposition z annehmen, wo wir in unseren Sprachen das Praesens brauchen. Wir bilden, vielleicht unlogisch, das Pas- sivum mit dem Hülfswort werden; wenn wir an dessen Statt das Verbin- dungswort sein gebrauchten, so würde uns das Hawaiische anschaulicher erscheinen. Geliebt, amatus, drückt ein bereits Gewordenes, liebend, amans, ein Werdendes aus. $. 54. KE. Im Praesens, wenn nach der gewöhnlichen Construction das Subject nach dem Zustandswort steht, tritt ke an die Stelle von e, wo- über die Hawaüsche Sprache. 39 durch ein gröfserer Nachdruck auf die Handlung gelegt wird. Einem Volke, das ganz in der Gegenwart lebte, mufste es vorzüglich natürlich sein, die Gegenwart verstärkend hervorzuheben. 8.85. Die Verbalpraepositionen deuten allein im Hawaiischen die Beziehungen des abhängigen Satzes an, wofür unsere Sprachen den Con- junctiv haben. In solchen Fällen bedeuten: KE, falls, im Falle dafs, oder auch: dafs. I, dafs, und: auf dafs, damit. O, auf dafs nicht, damit nicht. (Vergl. 8.111.) Es möchte eine mifsliche Aufgabe sein, unter den Verbalpraepositio- nen das ke der Gegenwart von dem ke der bedingten Rede, und das i der Vergangenheit von dem i der bedingten Rede scharf zu sondern, indem sich wohl keine wesentliche Verschiedenheit nachweisen liefse. 8.56. Von den Partikeln, die zu den Bestimmungen des Handlungs- wortes beitragen, haben wir bereits folgende erläutert: Die Zeit- und Ortspartikeln NEI und LA (8.58), und bei Gelegen- heit von nei, auch die Partikel AUANEI ($.60), die das griechische 14.2Aw vertritt, und das Fragewort AN EI (8.59); ferner die Richtungs- partikeln MAT, AKU, AE und IHO (8.53). Wir beziehen uns auf das Gesagte. 8.57. ANA. Diese Partikel bestimmt die Handlung oder den Zu- stand, den das Verbum ausdrückt, als einen währenden, fortdauernden, da- her sie meist ihre Anwendung findet, wo wir das Particip der activen Form gebrauchen. Sie fügt sich nur selten der passiven Form an. Am nächsten entspricht ihr die englische Verbalendung -ing. Das durch sie bedingte Zu- standswort wird ebenfalls häufig als Substantiv gebraucht: ke ola, the live; ke ola ana, the living, ka ai, die Speise, ka ai ana, das Speisen. Wir erkennen diese Partikel mit elidirtem Anfangsvocal in der Endung vie- ler Wörter, die wir demnach mit einem Apostroph schreiben wollen: mo- ku'na, hopena, hanaunau.a.m. Die deutschse Endung -ung ist der- selben analog. 8. 98. AI vertritt beim Zustandswort die Stelle unserer Hülfswörter: in der vergangenen Zeit sein oder haben, in der zukünftigen sollen, wollen. 40 v. Caamisso 4i kommt auch in gleichem Sinne selbstständig vor, und steht da zu Anfang des Satzes von allen Partikeln entblöfst, die zu den Bestimmungen eines Zustandswortes gehören, und doch mit der Geltung eines Zustands- wortes. Luc. 1,28: ö xugis ner@ ocv, der Herr ist mit dir, wird über- setzt: ai ia oe ka haku. Luc. 1, 66: ul xeig ugicu Av Mer’ aured, die Hand des Herrn war mitihm, aiiaia ka lima oka haku. Aiike- kahi kulanakauhale kekahi lunakanawai, sein (es war) in einer Stadt ein Richter; ailaihea e hanau ai o ka mesia? — ai Betele- hema i Iudaia nei, wo soll der Messias geboren werden? — soll sein zu Bethlehem in Judäa hier (Matth. 2, v.4u.5). Vergl. ailai- hea? unter den Fragewörtern. 8.59. AIA, von welchem Worte wir uns hier zu sprechen aufge- spart haben, kommt in vielen Dingen mit «i überein, und könnte vielleicht als das Passivum dieser seltsamen Zustandspartikel angesehen werden. 4ia steht, so wie ai, zu Anfang des Satzes mit der Geltung eines Zustandswortes und ohne die Partikeln, die ein solches begleiten sollten. Es steht da, wo die Lage, der Ort, den eine Sache einnimmt, angegeben wird, und wo wir die Verba liegen, sich befinden, sein gebrauchen. 4ia wird oft von der Partikel no begleitet. dia no Amerika ma ka hikina o Hawaii nei, es liegt wohl Amerika im Osten von Hawaii hier. Aianona lio maloko o ka moku, es befinden sich wohl die Pferde im Innern des Schiffes. dia ma ka puka, esistvor der Thür. dianoike alii nuina mea apau o ke aupuni, es liegen bei dem Könige alle Dinge des Reiches (hängen von ihm ab). 4ia wird aufserdem häufig als Bindewort gebraucht. Es kommt zu Anfang des Satzes in der Bedeutung von wann oder wenn vor, worauf alaila, dann oder so folgen kann, und steht auch für sondern und es sei denn, & mw. dia ma ka pule, ei un &v mgoreuyg (Matth. 17,21). 4ole kou makemake e hanaia, aia o kou, nicht mein Wille werde ge- macht, sondern der deine. Für das oft im neuen Testamente wieder- kehrende ödeV pflegt aia no, aia hoi oder aia ka zu stehen. 8.90. - 1A, Suffix des Passivs ist bereits erwähnt worden, und die Frage in Anregung gebracht, ob nicht in demselben die Casualpraeposition zu erkennen sei, die von dem Object zu dem Handlungswort herübergezogen worden (8.10). Aloha oJesuia kakou, Jesus liebetuns. Alohaia über die Hawaüsche Sprache. 41 kakou e Jesu, wir werden geliebt von Jesus. Wenn dem Handlungs- wort ein Adverbium beigefügt ist, so steht ia nach letzterem und getrennt: haawiia, gegeben werden; Ahaawi wale ia, geschenkt werden; haawi hou, aufs neue geben; haawi hou ia, aufs neue gegeben werden. In einigen Fällen wird das i von za in der Zusammenziehung elidirt: ike, ikea, lohe, lohea, puni, punia, doch scheint in Hinsicht dieser Wörter die Rechtschreibung noch schwankend. In anderen Fällen wird ein } euphonisch eingeschaltet: malu, ma- luhia, ulu, uluhia. Ikea, öfters ike'a geschrieben, ist ganz bestimmt das, wofür wir es ansehen, eine mehr zusammengezogene Form von ikeia, dem Passiv von ike. Auffallend ist es, wo ein Adverbium zu dem Zustandswort hinzutritt, die Form ikea sich wie eine einfache Wurzel verhalten zu sehen und die Passiva anzutreffen: vonike maka, mit Augen sehen, Augenzeuge sein, ikea maka ia (Luc. 17, 20), und vonike koke, bald sehen, ike kokeia (Luc. 19, 11). Wie in o onei (8.61) die Praeposition, wird hier das Suffix des Passivs wiederholt. Nach der Endung des Passivs wird der Anfangsvocal der Partikeln aku, ae, ana und ai elidirt. Dieses Passivum hat das Hawaiische mit der Mundart von Tahiti ge- mein. Es fehlt hingegen dem Neuholländischen und der Tongasprache. 8.91. HOO-, Praefix. Es ist zuvörderst zu bemerken, dafs viele Wurzeln als Zustandswörter transitive und intransitive Bedeutung vereinigen. Maiho, legen und lie- gen, setzen und sitzen, stellen und stehen; Aau, auflegen und auf- liegen, aufsetzen und aufsitzen, hängen und hangen; ao, leh- renundlernen u.a.m. IH o0- bestimmt das Wurzelwort zu einem Verbum activum und macht jedes Verbum neutrum zu einem Transitivum. Es schafft wenigstens jedes Dulden zu einem Handeln um, wenn auch dieses Handeln manchmal rück- wirkend kein directes Object voraussetzt (Verbum reciprocum). Die so ge- bildeten Wörter entsprechen zuweilen nur einseitig in bestimmt beschränk- tem Sinne der Bedeutung ihrer Wurzel. Hier etliche Beispiele (in der Zu- sammenziehung wird meist vor einem Vocal ein o elidirt): Philos.- histor. Abhandl. 1837. F 42 v. CHuaMmısso 4lii, Fürst, König; hoalii, fürsten, zum Könige machen. — Lei, Kranz, Krone; hoolei, bekränzen, krönen. — Noho, sitzen; hoonoho, setzen, einsetzen. — Lohe, hören; hoolohe, gehor- chen. — Maikai, gut; hoomaikai, gut machen, preisen, danken, segnen. — Hiki, der Urbedeutung nach, Activum: erreichen, Neutrum: geschehen; hoohiki, schwören, Eidschwur. Hoo- geht auch Verbindungen ein, durch welche kein Zustandswort entstehet: kahi, eins; hookahi, ein Einziges, ein Einzelnes, daher auch jedes. Ka wahine hookahi, ein einziges Weib; hookahi ha- neri, ein Hundert; Ahookahi kanaha, ein Vierzig (wie wir ‚ein Dutzend” sagen). — Hookahi makahiki, hookahi kala, ein Jahr, ein Piaster, jedes Jahr ein Piaster. 8.92. Die einzige Spur einer Wortbeugung, die im Hawaiischen nachgewiesen werden könnte, ist die Reduplication, bald des ganzen Wurzelwortes und bald nur der ersten Sylbe desselben. Letzteres dem griechischen Augmente vergleichbar. Die Elision der Vocale, die dabei statt zu finden pflegt, wird aus den Beispielen erhellen. Die Reduplication bildet bei Eigenschaftswörtern einen Comparativ oder Augmentativ: (nui) — nu- nui wird von riesigen Menschen, (loa) — loloa von Dingen, z.B. von Landstrichen, die lang und schmal sind, gesagt. Bei Zeitwörtern bildet die Reduplication einen Frequentativ, meist in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes: pehi, pepehi, schlagen, erschlagen; kamailio, Ge- spräch führen, kamakamailio, sich wiederholt besprechen; ni- nau, fragen, eine Frage thun, ninaninau, mehrere Fragen thun. — Ein Wiederholen der Handlung, wofür uns der Ausdruck fehlt. Von ike, sehen, kündigt sich die Zeitung von Hawaii an: he pepa hoikeike ina mea... diesist ein Papier machen sehen sehen die Dinge u. s.w. „zeigen, anzeigen, nicht ein einzelnes Ding und ein einziges Mal, sondern gewohntermafsen alle Dinge, die” u.s. w. Der Anschlagzeitel am Kreuze wird ka hoikeike ana genannt. Etliche dieser Frequentativa werden je- doch in einem bestimmten beschränkten Sinne genommen: Ahoi, zurück- kehren, hoihoi, (Dinge) zurückgeben, (Personen) entlassen; kau, hoch oder über etwas setzen oder sein, walten, kakau, aufzeich- nen, aufschreiben, verfassen (eine Schrift). A über die Hawaüsche Sprache. 43 $. 93. Wir stellen die Formen des Hawaiischen Zustands- und Hand- lungswortes übersichtlich zusammen, wie solche aus den angegebenen Bil- dungsmitteln sich ergeben, und wirklich in vielen Fällen alle vorkommen. Dafs sie in anderen Fällen nicht alle möglich sind, und z. B. ein Zustands- wort, das eines Objectes entbehrt, kein Passivum bilden kann, versteht sich von selbst. Ike, sehen, kennen, wissen. Ikeia oder ikea, gesehen werden (scheinen); gekannt, gewufst werden. Hoike, sehen, kennen, wissen lassen oder machen; zeigen, be- zeugen, offenbaren. Hoikeia, gezeigt, bezeugt, offenbart werden. Ikeike Ikeikeia A Hasteshb Frequentativa. Hoikeikeia 8.94. Aber jedes Adverbium, das dem Zustandswort sich gesellt, bildet in der That mit demselben ein neues, ein zusammengesetztes Wort, welches wiederum dieselben Formen, wie das einfache, bilden kann. Es giebt dieser Adverbien sehr viele, welche den praefixen Praepositionen un- seres Zeitwortes entsprechen und sich auch zum Theil durch dieselben über- setzen lassen: nui, sehr; loa, ganz; iki, ein Weniges, etwas, irgend; ole, nicht, un-, -los; hou, wieder-; mau, immer; mau loa, ewig; hewa, fehl-, mifs-;, pono, recht, gehörig; wale (früher erklärt 8.77); e, weg-, anders, anderswohin, auch wider-; io, wahrhaft; koke, bald; mua, vor-; pinepine, häufig; und welches Wort der Sprache sollte sich nicht als Adverbium einem anderen gesellen können, das als Zu- standswort gebraucht würde? Ka maka, das Auge, ike maka, mit Au- gensehen, Augenzeuge sein; passiv: ike (oderikea) maka ia. Dafs nach einem Adverbium die Partikel i@ getrennt bleibt, ist oben erwähnt worden ($- 90). 8.95. Wir wollen aus den Elementen, die wir uns bis jetzt zu erklä- ren bemüht haben, den Hawaiischen Redesatz hervorgehen lassen. Es findet keine Conjugation nach unserer Weise statt. Person und Zahl sind blofs am F2 44 v. Cuamısso Subject zu erkennen, und von den sonstigen möglichen Bestimmungen, die wir hier verzeichnen, werden jedesmal nur die erforderlichen in die Rede aufgenommen. Wo beschrieben wird und nicht erzählt, werden sie meist entbehrlich, und wa schliefst in der Regel die Partikeln nei und la sowohl, als die Verbalpraepositionen aus. Haawi, geben, mit doppeltem objectiven Falle der Sache, die ge- geben wird, und der Person, welcher gegeben wird. Ua haawi aku makoui keiaia oe: seht, geben, hin, wir, die- ses, dir; ua haawiia aku keia e makouia oe: seht, gegeben wer- den, hin, dieses, von uns, dir (vergl. 8.80). 8.96. Gegenwärtige Zeit. KE-NEIwund E-NEl. Wir bemerken einmal für allemal, dafs die Wortfolge nur von der Verbalpraeposition bis zu der Zeitpartikel inclusive eine nothwendige ist; Subject und Object können hingegen sehr wohl nach und vor dem Zustands- wort ihre respective Stellung verwechseln. 1) Ke haawi aku nei au i keia ia oe (ke die nachdrückliche Verbal- praeposition): geben, hin, jetzt oder hier, ich, dieses, dir. 2) Owau ka (ka'u) e haawi aku neii keiaia oe: ich und kein an- derer, von (oder von mir), (e Gegenwart oder Zukunft), geben, hin, jetzt oder hier, dieses, dir. 3) O keia kauehaawi aku neiia oe: dieses und nichts anderes, von mir, (e Gegenwart oder Zukunft), geben, hin, jetzt oder hier, dir. Der bestimmte Artikel o und Ae dulden keine Praeposition vor sich, daher diese in gegenwärtigem Falle nachgesetzt wird. So heifst es auch: he kanaka ka e haawi u. s. w. statt ka ke kanaka e haawi, von einem Manne, geben u. s.w. Oia ka'u oder o ka'u ia e haawi aku nei ia oe (vergl. $.42). Wir müssen die Sprache bewundern, die bei der Starrheit ihrer Ele- mente, so lebensvoll den Nachdruck beliebig auf die That, auf den Thäter oder auf das Gethane, auf Handlung, Subject oder Object, zu legen ge- schickt ist, und jedesmal die Rede mit dem Hervorgehobenen, Bedeutsame- ren anheben läfst. Hier weht offenbar derselbe Geist, den uns in den stamm- verwandten, viel künstlicheren Sprachen der Philippinen zu veranschaulichen, über die Hawaüsche Sprache. 45 die Hauptaufgabe der Tagalisten ist (*). Bei den vier Formen des Tagali- schen Zeitwortes (einem Activ und drei Passiven) kann in jedem Satze be- liebig das Subject, das Object, der Zweck oder das Werkzeug, oder endlich der Ort der Handlung hervorgehoben und im Nominativ vorangesetzt wer- den. Aber der richtige Gebrauch dieser Freiheit erfordert eine Zartheit des Gefühls, die sich der Fremde nicht so leicht anzueignen vermag. Wir ge- stehen unumwunden, dafs wir aus der Tagalischen Sprachlehre ein Haupt- geheimnifs des guten Styles, in welcher Sprache es sei, hervorleuchten zu sehen vermeint haben. Dieses auszuführen ist es aber hier nicht der Ort. 8.98. Die letzterwähnte Wortfolge ist diejenige, welche die Prono- mina relativa unserer Sprachen entbehrlich macht, wie es aus Beispielen er- hellen wird: Oia ka mea a’u e haawi aku nei ia oe: dieses (ist) das Ding von mir, e, geben hin jetzt oder hier dir — das Ding, welches ich dir gebe. Kelawe maineioeika'u mea e haawi akuneiia oe: ke, neh- men, her, jetzt oder hier, du, das von mir Ding, e, geben, hin, jetzt oder hier, dir — das Ding von mir geben dir — das Ding, welches ich dir gebe. Ua noho lakou ma ka hale a'ue haawi aku nei ia oe: seht, wohnen sie in dem Hause von mir, e, geben, hin, jetzt oder hier, dir — sie wohnen in dem Hause, das ich dir gebe. 8. 99. Der verneinende Satz lautet also: Aole au e haawi aku neii keia ia oe: nicht ich u. s. w.; der Sinn ist aber der: ich gebe dir dieses nicht, und die Verneinung, die wir nachsetzen und betonen müssen, steht voran. Der Mangelhaftigkeit der uns dienenden Sprache auszuhelfen, sagen wir oft: ‚‚nein, ich gebe dir das nicht.” $. 100. Ebenso lautet der fragende Satz mit anderen Fragewörtern als anei: Pehea au e haawi aku nei i keia ia oe? wie gebe ich dir dieses? $. 101. Mit dem ke des Praesens wird sehr wohl ein Za der Entfer- (') Vergl. meine Werke Bd.II. S. 66 u. f. 4b v. Cuamısso nung gepaart: ’HAlav dwvei wird (Matth. 27,47) ke kahea aku nei oia ia Elia, und (Marc. 15, 35) ke kahea aku la ia ia Elia, übersetzt: ke, rufen, hin, jetzt, dieser, den Elias; ke, rufen, hin, dort, er, den Elias. ‚‚Der Prophet spricht” ‚‚der Herr spricht” wird überall übersetzt: ke olelo maila ke kaula; ke olelo maila ka haku (olelo, sprechen; mai, her, herwärts). 8.102. Vergangene Zeit. LA ohne Verbalpraeposition — und I ohne Zeitpartikel. In der Erzählung, da wo der Grieche den Aorist und wir das Imper- fectum brauchen, ist die ungestörte, dem Praesens mit ke entsprechende Wortfolge diese: Haawi aku la auikeiaia oe. Aber die Wortfolge, welche den für das Praesens unter 2) und 3) aufgeführ- ten Sätzen entspricht, lautet also: Ka’u keia i haawi aku ia oe: von mir dieses, i der Vergangen- heit, geben hin dir. Na ke Akua ia i haawi wale mai ia Aberahama: von Gott, es, i der Vergangenheit, geben, umsonst, her, an Abraham, Gott gab dieses dem Abraham. Der verneinende Satz: Aole au i haawi akui keia ia oe. Der fragende: Pehea auihaawiakuikeiaia oe? Auch schliefst hier die vergangene Zeit die Partikel des Ortes nei nicht aus: Kau keiki auihoohanau aku neiiloko o kou paa ana (Philem. vs.10): mein Sohn von mir, i der Vergangenheit, zeugen hin hier inmitten meiner Gefangenschaft; mein Sohn, den ich hier gezeuget habe in meiner Gefangenschaft. So unbezweifelt die Redeweise mit der Verbalpraeposition @ ohne Zeitpartikel sich der obigen ohne Praeposition mit der Zeitpartikel la an- schliefst und in den mehrsten Fällen hinsichtlich der Zeit gleiche Geltung mit derselben hat, so kann doch nicht geläugnet werden, dafs sie auch in Fällen angewendet wird, wo die Handlung oder der Zustand als aufgehört habend betrachtet wird (Perfectum), wovon der letztangeführte Satz als ein über die Hawaiüsche Sprache. 47 Beispiel gelten mag. So auch folgender: o ka'uwi palapala,na'u ia i pa- lapala (Joh. 19, 22), was ich geschrieben, das habe ich gzschrie- ben. Die verschiedene Geltung der Praepositionen ka und na und die Trennung von o ia sind wohl zu bemerken. 8108. ZEAR Wenn die Handlung als bereits abgeschlossen oder der Zustand als ein gewesener und nicht mehr bestehender dargestellt werden soll, sei es in der Zeit worin man spricht (Perfectum), sei es in der Zeit von der man spricht, wenn selbige eine vergangene ist (Plusquamperfectum), so wird meist dem Satze die Partikel ai eingeschaltet, die wir mit haben oder sein übersetzen müssen, und die Verbalpraeposition ö deutet die Vergangenheit an. Diese Praeposition scheint nur selten den Satz anfangen zu können: Pela i haawi aku ai auikeiaia oe: also, i Vergangenheit, geben, hin, haben, ich, dieses, dir. O ua kanaka la, i haawi mai aii keia ia oe, oiau.s.w.: eben der Mann da, i Vergangenheit, geben, her, haben, dieses, dir, derselbe u.s.w. — dieser Mann, welcher dir dieses gegeben hat, der u. s.w. Eia ka mea a’u i haawi aku ai ia oe: folgendes das Ding von mir, 2 Vergangenheit, geben, hin, haben, dir. Verneinend: dole aui haawi aku aii keia ia oe. Fragend: No ke aha aui haawiakuaiikeiaia oe? warumich u.s.w. $. 104. Zukünftige Zeit (Imperatif). Verbalpraeposition E. Unserem Futurum entspricht folgende Wortfolge: E haawi aku aui keia ia oe: zukünftig geben hin ich dieses dir. Und eben so auch dem gebietenden Imperativ: E haawi mai oe i keia ia'u: zukünftig geben her du dieses mir. Du wirst mir dieses geben, oder: gieb du mir dieses. Aber der Gebietende pflegt sich kurz zu fassen, daher e kaawi oder e haawi oe, gieb oder gieb du, in diesem Sinne am häufigsten vorkommt. 48 v. Cuamiısso O hele, anstatt: e hele, gehe, ist erwähnt worden ($. 82). Bei dem verbietenden Imperativ nimmt das verneinende mai die Stelle der Verbalpraeposition ein, und die Wortfolge bleibt dieselbe: mai aihue oe, du sollst nicht stehlen — aole e aihue oe wird auch gesagt. In den oben für das Futurum aufgestellten Satz kann auanei in die Stelle der Zeitpartikel eingeschaltet werden: E haawi aku auanei au ii keia ia oe: daturus sum id tibi. Die Wortfolge kann, wie bei dem Praesens, und in gleichem Sinne verändert werden. 8.105. E— AI. Ganz wieihaawi aku.ai wird e haawi aku ai construirt. In dem Satze ist die Verbalpraeposition, welche die Zeit bestimmt, allein verschie- den; aber der Sinn ist ein anderer, und wir haben es hier mit keinem Paulo post futurum zu thun. Oia no ka’u mea e haawi aku ai ia oe: dieses, wohl, von mir Ding, zukünftig, geben, hin, haben oder sollen, dir. Das ist, was ich dir geben soll oder will, was dir zu geben mir ob- liegt, mir bevorsteht, und in diesem Sinne: was ich dir zu geben habe. 8.106. Passivum. Die Bildung der vorerwähnten Zeiten ist bei dem Passivum genau dieselbe als beim Activum:: Ke haawiia mai nei keia (e Paulo ia Petero): dieses wird her gegeben (von Paulus an Petrus). Oia ka mea e haawiia mai nei: dieses (ist) das Ding (welches) her gegeben wird. Haawiia mai la keia: dieses wurde her gegeben. Oia ka meai haawiia mai: dieses (ist) das Ding (welches) her ge- geben wurde. Oia ka meai haawiia mai ai: dieses (ist) das Ding (welches) her gegeben worden ist. E haawiia mai keia: dieses wird her gegeben werden, oder Im- perativ: werde dieses her gegeben. E haawiia mai auanei keia: dieses ist im Begriff her gegeben zu werden. über die Hawaiüsche Sprache. 49 Oia ka mea e haawiia mai ai: dieses (ist) das Ding (welches) her gegeben werden soll. $. 107. Infinitiv. Der Infinitiv ist eben nur das die Handlung bedeutende Wort, ent- blöfst von allen Bestimmungen. Das Hawaiische Zustandswort ist an sich nur Infinitiv, die Bestimmungen werden anderwärts hinzugefügt. Das Wurzel- wort mit der Verbalpraeposition e entspricht dem Infinitiv: e haawi, e haa- wiia, geben, gegeben werden. He mea pono e haawi akuikeiaiaoe: esist ein Ding recht zu geben hin dieses dir. He mea pono e haawiia mai keia ia’u: esist ein Ding recht ge- geben zu werden her dieses mir. (Beim Passiv gebrauchen wir den Conjunctiv: es ist recht, dafs mir dieses gegeben werde.) ANA. $. 105. Ana, bezeichnet den Zustand als einen fortdauernden. Ehaawianaaku: gebendhin. Ka meaehaawiana aku: der dahin giebt, der Gebende. Ka haawi ana aku: die Handlung des Gebens, das Geben in der von der Partikel angegebenen Richtung, falls eine solche vor- handen. 8. 109. Dem entspricht im Passiv: Ka mea i haawiia mai: das Ding hergegeben werden, das Ge- gebene, Ka mea i haawiia mai ai: das Ding hergegeben worden sein, das, was gegeben worden ist. Ka haawiia mai, Hauptwort, die Handlung des Gegebenwerdens. Na meaihanaia, — na meaihanaiaii: die gethanenen Dinge; — die Dinge, die gethan worden sind. Verba neutra, die einen Zustand und nicht eine Handlung bedeuten, schliefsen sich in dieser Hinsicht dem Passiv an: ola, leben; ka meai ola, das Ding das da lebt, das Lebendige. Selbst dem activen Zeitwort scheint diese Redeweise nicht ganz fremd zu sein. 8. 110. Der Gebrauch der Redeform mit ana ist aber nicht auf obige Fälle beschränkt, und diese Partikel kommt vor, gleichsam der Wortfolge des Futurums eingeschaltet, wo eine Zeit anderwärtig bestimmt ist, und an- Philos.- histor. Abhandl. 1837. G 50 CHAMISSO scheinlich kein Partieipium gebraucht werden kann: e haawi ana aku au, bedeutet in der That: ich bin, war oder werde sein ein Gebender, / (am, was, will be) giving. — Üblicher ist diese Redeform bei dem Verbum neutrum, z.B. noho, wohnen: Ka hale a lakou enoho ana: das Haus wo sie wohnend sind, waren oder werden sein. Enohoananoma Jerusalema na haipule: es sind, waren oder werden sein wohnend zu Jerusalem die Heiligen. Diese Form wird selbst als gebietender Imperativ gebraucht: E kane ana ia na ka wahine hookahi (1 Tim. 3, 2): kane, mas, Mann, als Zeitwort gebraucht, Mann sein: sei Mann er für ein einziges Weib, er sei eines einzigen Weibes Mann. 8.111. Wir führen schliefslich etliche Fälle des abhängigen Satzes an, ohne einen Conjunctiv des Hawaiischen Zustandswortes aufstellen, und noch weniger denselben durch alle Tempora durchführen zu wollen (8.85). He mea hiki ole ia'u ke haawi akuikeia ia oe: esist ein Ding unmöglich mir, dafs, geben, hin, dieses, dir. He pono ke haawi aku auikeiaia oe: esist ein Recht oder ein Mufs, dafs, geben, hin, ich, dieses, dir. E.ae mai oe iauke haawiakuikeiaia oe: erlauben, her, du, mir, dafs, geben, hin, dieses, dir (dafs ich dir dieses gebe). Aole e hiki ia makou keike aku i kamaka ouakanakala, ke hele pu ole ko makou kaikaina me makou: nicht möglich sein für uns, dafs, sehen, hin, das Antlitz dieses selbigen Mannes da, falls, kommen, zusammen, nicht, unser Bruder mit uns. Das zweite Glied dieses Satzes kann auch lauten: aka i hele pu ko oukou kaikaina me makou: aber dafs kommen (es sei denn, es komme) zusammen unser Bruder mit uns. Auch nach a, wo es zu Anfang eines Satzes eine Bedingung ausdrückt, folgt die Redeweise mit z: Ai hele ole mai ia me oukou, aole oukou e ike hou maii kuu maka: wenn, dafs, kommen, nicht, her, er, mit, euch, nicht ihr zukünftigsehen wieder her mein Antlitz. über die Hawaüsche Sprache. 51 Aihaawiia ku keiaia oukou, alaila u.s.w. wenn dafs gegeben werden hin dieses an euch, so ... wenn euch dieses gegeben wird, so... E hana oe pelai haawi aku au i keia ia oe: thun dualso, auf dafs, geben, hin, ich, dieses, dir; — i haawiia'ku keiaia oe: auf dafs, gegeben werden hin, dieses, dir. O haawiia ku keia ia oe — o haawi aku aui keiaia oe: auf dafs nicht, gegeben werden, hin, dieses, dir — auf dafs nicht, geben hin, ich, dieses, dir. Makau iho la kela o haawia mai keia meaiaia: sich fürchten da jener, dafs nicht, gegeben werden, her, diese Sache, ihm. Nehmlich nach unserer Redeweise: jener fürchtete sich, dafs ihm diese Sache gegeben werde. — Im Hawaiischen (wie im Fran- zösischen: ne pas, Altdeutsch: ne nicht) verstärken sich meist zwei Verneinungen, anstatt einander aufzuheben. Wir schalten hier eine nachträgliche Bemerkung ein. Wenn das Subject der Handlung mit einer der Praepositionen ka, «a und na (öfters ein Fürwort, welches sich auf ein vorhergehendes Hauptwort bezieht) vor dem Handlungswort steht, pflegt auch das directe Object vor dem Handlungswort (vor oder nach dem Subject) zu stehen, und zwar, wenn es von keinem anderen vorhergehenden Handlungswort abhängt, ohne Prae- position. Tritt aber der Fall ein, dafs das Subject auf obige Weise vor, das Object hingegen nach dem Handlungswort steht, so finden wir letzteres bald ohne Praeposition, bald mit der Praeposition des objectiven Falles; gewöhn- lich ohne Praeposition, da wo das Subject mit na, mit der Objectivpraepo- sition, da wo es mit ka verbunden ist. Hier Beispiele: O oe no ke dkua nanai hana ka lani: du wohl der Gott von dem (welcher) machen (mit der Verbalpraeposition der Vergangen- heit) der Himmel — du bist der Gott, welcher den Himmel ge- macht hat (Act. Apost. 4, 24). Aia no ma ka ipuka na wawae o ka poenana i kanu kau kane: liegen wohl vor der Thür die Füfse der (Menschen-) Mehr- heit von welcher (welche) bestatten (mit der V. Praep. der G2 v. Cuamısso ou [85] Vergangenheit) dein Mann — noch sind vor der Thür die Füfse derer, die deinen Mann bestattet haben (Act. Apost. 5, 9). Oia nana e hoike mai ka mea a pauloaia makou: derselbige von dem (welcher) offenbaren her (mit der V. Praep. der Zu- kunft oder Gegenwart) das Ding ganz und gar uns — derselbige wird uns alles offenbaren (Joh. 4, 25). Mit diesen Beispielen ist folgender Satz nicht im Widerspruch: Anana hoii hoike maii ka oiaio: und von ihm auch zeugen her (mit der V. Praep. der Vergangenheit) die Wahrheit (im ob- jectiven Falle: in oder nach der Wahrheit) — xai ueuaprignze 7 ünn- Seile (Joh. 5, 33). Folgendes Beispiel läfst sich wohl nicht mit den obigen in Einklang bringen: Ka Mesia, nana e hoihoi hou aku ia lakou ma ka aina ma Ju- dea: der Messias, von welchem (welcher) wiederkehren (wiedereinsetzen, mit der V. Praep. der zukünftigen Zeit) aufs neue hin, sie (mit der Praep. des objectiven Falles) in das Land in Judäa — welcher sie in Judäa wiedereinsetzen wird (Hoikehonua 3.9). Ooekaihoouna mai ia’u: du von senden her (mit der V. Praep. der Vergangenheit) mich — du hast mich hergesandt; du bist es, der mich hergesandt hat (Joh. 11, 14). Oia kaiikeikamakua: derselbige von sehen (mit der V. Praep. der Vergangenheit) den Vater — derselbe, der hat den Vater ge- schen (Joh. 6, 46). $. 112. Wir haben das Wort oi bei den Vergleichungsgraden erwähnt ($-.22), wir kommen hier auf dasselbe zurück und reihen dem etliche Wör- ter an, die gelegentlich als Verba gebraucht werden. Hieher würde auch das Fragewort aha? zu ziehen und der 8.67 zu vergleichen sein. Bei diesen Zustandswörtern ist meist eine Zeitbestimmung unnöthig, sie haben vom Zustandswort gewöhnlich nur die Verbalpraeposition e oder i, welche selbst oft von wa verdrängt wird. OI, übertreffen, hat jederzeit die Richtungspartikel aku hinter sich: übertreffen hin. E oi aku kona maikai i kou: übertreffen über die Hawaüsche Sprache. 53 hin sein Werth den deinen. Aole anei ee oi nui aku ko oukou mai- kaii kona manu? nicht, Fragepartikel, übertreffen viel hin euer Werth den von den Vögeln? (übertrifft nicht euer Werth um vieles den der Vögel). Ua oiloa aku ko oukou maikaii ko ka manu liilii: seht übertreffen weithin euer Werth den des kleinen Vogels (ein Sin- gular, wo wir den Plural brauchen). Sole eoiiki aku kekahii kekahi: nicht übertreffen irgend hin Einer den Andern. In folgendem Satze ist oö mehr als Eigenschaftswort zu betrachten: he oi aku ko lakou hewa i ko na kanaka a pau: es ist übertreffend ihre Sünde die von den Menschen allen (ka oi, der Vorzug, la preeminence, la preexcel- lence). S. 113. NUI (8.23), viel oder grofs sein. Ainui ka meaiwai- hoia maiike kanaka,enuino ka meaenoihouia maiia ia.— Nach dem a, welches eine Bedingung anzeigt, haben wir die dem Conjunctiv ent- sprechende Verbalpraeposition ö bereits bemerkt (8.111) — wenn grofs sein das Ding, das anvertraute her einem Menschen, grofs sein wohl das Ding zurück fordern werden her von ihm (Passivform mit einem Adverbium). $. 114. OLE (8.27), die Negation, wird besonders zustandswörtlich gebraucht (nicht sein) in Fällen, die dem Conjunctiv entsprechen: ai ole, wenn nicht; @iole hoi, wenn auch nicht. E lawe oukou i hipa keiki, aka,ioleia,ikaokeiki hoi: nehmet ein Lamm, aber, falls nicht sein es, einZiegleinauch. He mea maikaiia kakou, ke hoo- kauwa na ko Aigupita,iole kakou emake ma kawaonahele: sein ein Ding gut für uns (es wäre uns besser), dafs wir fröhneten den Ägyptern, auf dafs wir nicht sterben in der Wüste. $. 115. LIKE, gleich: owai kou mea like? werist dir gleich? — gleich sein: elike ke aupuni oke Akua me ke aha? gleich sein das Reich Gottesmit was? Ua like ia me kekahi hua, seht gleich seinesmiteinerFrucht. Hana iho la lakouelike me ke kauoha ana o Jehova, handeln (ohne Bewegung) da sie gleich sein mit dem Gebieten Jehova’s (nach dem Gebote Jehoya’s). Aoleilikena wahine Hebera me ko Aigupita wahine, nicht gleich sein dieEbräerinnen mit den Ägypterinnen (hier die Verbalpraeposition der Vergangenheit oder der bedingten Rede: nicht möchten gleich sein). 54 v. CuaMIsso 8.116. HIKI, erreichen, gelangen, ankommen, eintreffen, geschehen, sich ereignen: a hikii keia manawa, a hikii keia wahi, bis (gelangen) zu der Zeit, bis zu dem Orte. Hiki, was geschehen kann, möglich: ka mea hiki, ka mea hiki ole, was möglich, was unmöglich ist; in diesem Sinne oft zeitwörtlich: ai ole e hikiia oukou ka mea uuku loa, wenn nicht (8.114. ole) möglich sein für euch das ganz geringe Ding. Aoleehikiiaia, ke ea’eiluna, nicht möglich sein für ihn, dafs er sich erhebe in dieHöhe. Ehiki pahaiaia, möglich sein vielleicht für ihn; aole no i hikiia ia, nicht wohl möglich sein für ihn (hier die Verbalpraeposition der Vergangenheit oder der bedingten Rede). He nui no ka poe eimi ana ekomo, aolenoe hiki: es sind viele wohl, die datrachten einzugehen, nicht wohl möglich sein. 8. 117. PONO, dasRecht, die Gerechtigkeit, gerecht, recht- schaffen, was Rechtist, sich gebührt, einem zukommt, frommt, nützt, was sein soll, sein mufs. E pono ke heleauenanaiaaina: esistnöthig oder gebührt sich, dafs ich gehe zu sehen diesesLand. Aole e pono ialakou ke mihi, esistnicht nöthig für sie, dafs (sie) Bufsethun. Aole aue pono ke kapa houia mai he keikinau: ich bin nicht würdig, dafs ich wieder genannt werde ein Kind von dir. Wir bemerken, dafs aole au e pono derselbe Satz ist, als aole e pono ia au, nur mit veränderter Wortfolge, um das Object hervorzuheben und voranzustellen. $. 118. Im Lateinischen haben die Verba deponentia passive Form und active Bedeutung; es finden sich hingegen im Hawaiischen Verba, de- nen wir, nach der umkehrenden Auffassung unserer eigenen Sprache, bei activer Form passive Bedeutung beilegen müfsten. LOAA bedeutet erreicht, erhalten, erlangt, erworben, ge- wonnen werden. Das Gewonnene steht im Nominativ, der Gewinnende im objeetiven Falle. Die Hawaiische Construction läfst sich manchmal im Deutschen mit dem Zeitwort werden nachahmen, wie im nächstfolgenden Beispiel: Aeaha la ka’u mea e hanali, iloaa ia’u ke ola loa? (Mare. 10,17) wasist da von mir das Dingzuthun haben, dafs werden mir das Leben lang? was soll ich thun, auf dafs mir werde das ewige Leben? E loaa ia olua kekahi keiki hoki (Marc. 11, 2): es wird wer- über die Hawaüsche Sprache. 55 den euch beiden ein Eselsfüllen, ihr werdet finden, antreffen, ein Eselsfüllen. Zoaaiholalakouiaia e hiamoe ana (Marc. 14, 37): sie wurden da gefunden von ihm schlafend, er fand sie schlafend. © ka mea ua loaa, e haawiia aku nana anui loa, akaoka mea ua loaa ole, elaweeiaae kana (Matth. 25, 29): derjenige, dem gewor- den (das Object vor dem Zustandswort im Nominativ), es wird gegeben werden hin demselben bis viel ganz (zum Überflußs), aber derjenige, dem geworden nicht, es wird weggenommen werden das Seine (lawe nehmen, e Adverbium, ia Endung des Passiys). Ehiku la e loaa ole iaii ka mea hu maloko o ko oukou hale (2Mos. 12,19): sieben Tage sollnicht angetroffen werden (passive Form mit dem Adverbium ole) Gährungsstoff, Sauerteig (im objectiven Falle) im Innern eurer Häuser... Kau loaa ana a pau (5 Mos. 16, 15): dein ganzes Ein- kommen. So heifst PUNT in seiner Urbedeutung umringt, umfafst, be- gränzt werden; das Umringte im Nominativ, das Umringende im ob- jectiven Falle. — Figürlich: ‚‚belogen, betrogen, gleichsam umgarnt und umfangen werden”. — Puniia hingegen: umringen, umfassen, be- gränzen ($. 26). $. 119. Wir gehen schliefslich zu den Zahlwörtern über, die wir hier überschaulich mittheilen. Wurzelzahlen. Beim Zählen. Wieviel? Der wievielste? Zu wievielen? Der wievielste Theil? 1 kahi akali un ka mua pakahi erenerneonnenene 2 Jdua alua elua ka lua palua ka hapalua 3 kolu akolu ekolu kekolu pakolu ka hapakolu 4 ha aha eha ka ha paha ka hapaha 5 lima alima elima ka lima palima ka hapalima 6 ono aono eono ke ono paono ka hapaono 7 hiku ahiku ehiku kahiku pahiku ka hapahiku 8 walu awalu ewalu ka walu pawalu ka hapawalu I iwa aiwa eiwa ka iwa paiwa ka hapaiwa 10 umi umi umi ka umi paumi ka hapaumi 56 v. Cuamiısso Wurzelzahlen. Wurzelzahlen. u ———— N u un 141 umikumamakahi 20 iwakalua 12 umikumamalua 30 kanakolu 13 umikumamakolu 40 kanaha 14 umikumamaha 50 kanalima 15 umikumamalima 60 kanaono 16 umikumamaono 70 kanahiku 17 umikumamahiku 80 kanawalu 18 umikumamawalu 90 kanaiwa 19 umikumamaiwa 100 haneri 1000 tausanı 1000000 miliona. Wir werden sogleich erfahren, warum in der Hawaiischen Sprache sich für Hundert, Tausend und Million keine Wörter vorgefunden haben, und solche aus dem Englischen entlehnt werden mufsten. $. 120. Etliche Beispiele werden die Art erläutern, wie in der Rede gröfsere Zahlen ausgesprochen zu werden pflegen: he umi ia hanauna a me kumamaha, es sind zehn diese Geschlechter und vier = 14. kanaono lakou a me kumamaono, sechszig sie und sechs = 6b. Hookahi haneri manahiki a me kanahakumamahiku, einhundert Jahre und vierzig und sieben =147. Hookahi haneri ame ka umi keu, einhundertund die zehn darüber. Hookahimiliona a keu, eine Million und darüber. Eono haneri paha tausani kane, ungefähr sechshunderttausend Mann. Na tausani he umi, Tau- sende zehn = 10,000. 8.121. Bei den Ordinalzahlen ist der Genitiv der Sache zu bemer- ken: ke kolu o ka hora, die dritte der Stunde, die dritte Stunde. Ka lima o ka makahiki, das fünfte des Jahres, das fünfte Jahr. Dafs das o hier wirklich die Casualpraeposition sei, setzt der Umstand aufser Zweifel, dafs es also bleibt, wenn auch die Zahl im objectiven Falle ist. Awehe aelaiaikaluaokawapa, underlösete das zweite des Siegels, das zweite Siegel. $. 122. Pakahi bedeutet einzeln und auch einfach; palua zu zwei und auch zweifach u.s.w. Ka helu paumi, das Zählen zu Zehn, das Decimal-Zahlensystem im Gegensatze zu dem einheimischen. über die Hawaüsche Sprache. 57 Lulu iho la Isaaka ii ka hua ai maia aina, aloaa mailaiaiaka pahaneri ia makahiki ana i lulu ai (1 Mos. 26, 12): säete Isaak die Fruchtspeise (das Saatkorn) in diesem Lande, und wurde ihm (und er erhielt) das Hundertfache in diesem Jahre von ihm gesäet haben. Namakahikipahiku, die Jahre zu sieben, die siebenten Jahre, jedes siebente Jahr. — Diese Wörter werden häufig zeitwörtlich gebraucht für: vereinzeln, verdoppeln, verdreifachen; zu eins, zu zwei, zu drei u. s. w. zählen oder vertheilen. 8. 123. Die Benennungen der Brüche in der letzten Spalte bedürfen keiner Erklärung. Hookahi omera he hapaumi ia no ka epa: ein Omer sein der zehnte Theil dieses von dem Epha. 8. 124. Das volksthümliche Rechensystem der Hawaiier war aber folgendes: 4 Einheiten = 1 kauna = 4 10 kauna = Aikanahla = 40 10 kanaha = A lau = 400 10 lau = A mano — 4000 10 mano = Akini = 40000 10 kini = 1lehu = 400000 Spuren von dieser Rechenweise haben sich in den Werken der Missionare erhalten. 2Mos. 7,7: elua kanaha makahiki o Mose a elua kanaha makahiki o Aarona a me kumamakolu: Moses war zwei Vierzig Jahr und Aaron zwei Vierzig und drei. Es kann niemand die Mangelhaftigkeit des gegenwärtigen Versuches deutlicher erkennen als ich selbst, und dennoch nehme ich keinen Anstand, ihn der Öffentlichkeit zu übergeben. Diese Arbeit, so unreif ich sie weifs, wird dem Gelehrten, in dessen Forschungskreis der besprochene Gegenstand liegt, die nicht geringe Mühe, die sie mich gekostet hat, ersparen, und falls er billig denkt, wird er mir noch Dank wissen, wenn er mich längst auf dem betretenen Wege überholt haben wird. Ich theile noch eine Probe von der Sprache mit, die in ihre Elemente zu zerlegen, meine Aufgabe war, damit man sie in ihrer lebendigen Bewe- gung anschauen möge. Ich entlehne diese Probe aus dem Evangelio S. Lucae Philos. - histor. Abhandl. 1837. H 58 v. Cuamısso Cap. 23. Das Verständnifs werden die Nachweise der Paragraphen, in wel- chen die Redetheile und Wendungen erörtert worden sind, eine Wortüber- setzung, etliche Sprachbemerkungen und endlich der beigefügte Text hin- reichend vermitteln. LUCAS XXI. \ J \ m ad „ \ 3 G 1. Kai warrav amav TO TiNIos aürav, Ayayov aürov Emi rov Ihrarev. Ku 0 ae 5 IQ ss. 10 ko 31. 33 lakou 3.5 DOe m A Pau», Aufstehen da ihre Vielheit ganz, alakai 11 aku »» IQ ss. 102 lakou > IQ » IQ ss 10 » Pilato » IQ s. führen (') hin da sie ihn zu Pilatus da. (') Die einfache Wurzel kai bedeutet führen (vergl. vs.18). — Kaikai: he- ben, tragen. — Ke kai: das Meer. — — Ala: Weg, Stralse, gewöhn- lich: alanui oder alaloa (bei Marc.); ma ke alanui: auf dem Wege, unterweges. — Ala: erwachen, aufstehen; alahou: wiedererste- hen, die Auferstehung. — Ala: Wohlgerüche; ka mea ala: asuner« (v5.56).— Ke alakai: der Wegweiser, der Lehrer. f 2 s \ m m ’ n ec ’ \ 2. Hogavro de Karnyogeiv QAÜTOU, AEYOVTES" TOUTOV EUROLEV Nasrgehorra To „7 14 G ’ e \ , N EeIvos, nal KWAUOYT« Kairagı ogous dldovar, Acyovra Eauröv Xauorov Barırda eivaı. Hoohewa a de 5 la 68. 102 lakou 38 1a > 24 38 , Zu aku 53 Machen schuldig da sie ihn, sagen (') hin la s.ı0, Ua» ike ı makou s.1I@ » IQs neis E» hoohuli sı da, sehen wir (du nicht) ihn hier machend kehren (*) hewa » ana w.ıs I» kanaka », es papa ana s.ıs I» ka u mils - Menschen, verbietend das hookupu s» ia » Kaisara ;, ar € » olelo ana s:. 10 OIQ «= machen Zins(’) an Caesar und sprechend ('): er (u. kein anderer) ka „ Mesia 3% ke 14 Alıı 10. der Messias der König (*). (') Verwandten Sinnes und zur Übersicht hier zusammengestellt: 1) Ole2o: spre- chen, die Sprache, eine Sprache, das Wort, auch Verheilsen und Verheifsung; gebieten (siehe vs.24.); (verwandten Sinnes und Lautes: alelo, die Zunge). — 2) I: sagen. — 3) Hai (siehe vs.3) sprechen, über die Hawaüsche Sprache 59 reden, sagen; verkünden. Frequentativ: Aakai,predigen (Matth. 3, 1). (Das Homonym kakai, folgen, geleiten, siehe vs. 27.) (?) Huli, kehren (sich oder anderes im eigentlichen oder bildlichen Sinne); verkehrend zum Argen (den oder die Menschen, das Volk). () Kupu, Zins. — Wachsen (von Saaten und Bäumen). (Na kupuna, die Grofsältern, die Vorältern.) (*) Alii, volksthümlich: die Adlichen. Das Wort wird auf jeden Vorgesetzten, jede Obrigkeit angewandt. Ke alii, zur’ 2Eoyrv, oder ke alii nui: der Erzfürst, Kaiser, König, Präsident der Republik. 3. ‘0 d& IlAaros Erngwrnsev adrev, Akyuv- Zu & 5 Burırevs ruv "Tovdaiwv; ‘O de dmongiSeis abrd Eon ZU Akyaıs. Ninau «u mai » la s.ı2 Pilato > ia » ia », lu ma s Fragen her da Pilatus ihn, sagen her la s.ıa, Ooe» aneis» ken alii 0Os.. kan POoe da: du (u. kein andrer) frageweise der König der Vielheit Tudaio: s»? »Hai.u aku » lass ıa Jesu. Ta aaa, lu ak s Juden ? Sprechen hin da Jesus zu ihm, sagen hin la ss. 102, Oia ‚9 kau .3 2» Olelo u Mails Ql ss. ıo. da das (u. nichts anderes) von dir sprechen her haben. A e \ ’ m N \ m \ \ 4 IN = 4. ‘O de IlAaros eime moos Tous agyızgeis mai Tous oyAsvs: Ovdev zupinuw „ = nn. 3 ’ r airıov Ev TO AvdgWmy TOUTW. I» akus las Piato , i» na u kahuna u mus a» Sagen hin da Pilatus den Priestern (') Erz- und me ka. poen kanaka », Aole hewan ikia 0» keia s auch die (der) Vielheit Menschen: Nicht Schuld irgend dieses kanaka vo is» ikea so I@’U x. ». Menschen gesehen werden mir (?). (') Kahuna, der Priester und Arzt, nöthigenfalls durch die Beiwörter puzZe, beten, und /apau, heilen, zu unterscheiden; von kahu ana, kahu, cu- rare, biblisch: der Hirt. (2) Zeru d.i. Ge au. - e er ’ c/ / N \ ’ 77 nm 3. Ol de ERITYUOV, Acyovres® Or avareicı Tov Aacv, dldarzuv zuT oAns TNS > Nr } TEMN m ‚ u Ga Iovduias, apkuneves amo ns TaArAuıas Ews woe. H2 60 Yv. CHAMISSO Ua » ko » ıkarka » mais» las lakou » € » olelo » Zwingen stark (') her da sie, sprechend: ana 87.108, Ua 80 hooku a ee 9 1a 33 Mel ss 2 30 kanaka 10Z 30 machen stehen wider er hier Menschen durch kana » a0 » ana s.ı0 Ar puni » Judea », mai » Galtlaia ; sein Lehren (°) rundum Judäa her (von) Galiläa . mais ar hikiıs mals i» keia » wahl ı. her bis zu gelangen her zu diesem Orte (°). (') Tkaika, Kraft. Die Reduplication drückt öfters eine Verstärkung aus, hier scheint der Begriff sie veranlalst zu haben. Die einfache Wurzel /ka kommt meines Wissens nicht vor. (*) Ao, der Tag, tagen, der Zustand des Lichtes, die Oberwelt, im Gegensatze zu po, die Nacht, der Zustand der Finsternils, die Un- terwelt, biblisch: die Hölle. Daher naauao, Herz- oder Geist - (ei- gentlich Eingeweide) hell, weise, gelehrt, aufgeklärt, undnaaupo, das Entgegengesetzte. — 4o, lehren und lernen. — Ao bedeutet aulserdem 1) eine Wolke, das Gewölk, der Wolkenhimmel. — 2) der Griff, Stiel oder Henkel. — Hoao, versuchen, prüfen, kosten. Ob hieher gehörig? kommt noch in anderem Sinne vor. — Von ao unabhängig und als eine eigene Wurzel zu betrachten: aoao, die Seite, latus. () Wahi, Ort, Stelle, Stück. Wahienoho ai lakou: Ort wohnen sollen sie (wo sie wohnen sollen); wahi a ka haku: bei Anführung einer Stelle aus der Rede des Herrn, wo wir sagen: spricht der Herr; he mau wahi ia: etliche Stücke Fisch (ia, Fisch). Davon wawahi, zer- stücken, brechen; e wawahi i ka berena: das Brodt brechen. —— Wahi, wickeln (siehe vs.53), Umschlag. ’ \ ’ ’ 5 ’ Pe TAT, 6. Ilaaros 8 dxzouras Tarıralav, Emngwrnsev, Ei 6 avSgwmos Tarımalos Erri. I 30 ko 33 Pilato 3 lohe 10 ANG sr. 107 L » Galilaia 3, nI- In (der Zeit) des Pilatus Hören: Galiläam, fra- nau » ihos» las no» Galilaia, paha» ia, kanaka v. gen da, aus Galiläa vielleicht dieser Mensch. - Aysns, \ bl > m 2 W e Is 3 \ u} l > .\ Fi \ /. Kaı emiyvous, orı En Ts Egovnias How oVv EOTiV, avemsunbev aurov mgos e 6 D2 q en \ > € r E) 4 m e [4 How NV, OVT@ HU AUTOV Ev Ingororunais EV TRUTUS TUIS NAEQAIS. A 72 ike 10 aku s la ss 1@ 38. 102 malalo 64 iho 03 He- Und (als) sehen hin da er, zu unten selbst He- über die Hawaüsche Sprache. 61 rode ; oia » nei s, hoouna aku» las Ola » IQ s IQ s.102 10 rodis derselbige hier, schicken (') hin da derselbe ihn zu Herode ; las, ex» noho«» ana sm.ıs NMOr iQ s.ıo mas leru- Herodes da, weilend (?) wohl er zu Jeru- salema ; ia. manawa ı. salem diese Zeit (°). (') In Roouna scheint das Praefix %oo anzuklingen, aber ouna kommt, meines Wissens, nicht vor, und una in keiner Bedeutung, die hieher zu ziehen wäre. (2) Noho, sitzen, Sitz, Stuhl (nokoalii, Königstuhl, Thron); woh- nen, weilen, bleiben, sich befinden. Verb. act.: e noho aku i ka wahine, dem Weibe beiwohnen. (°) Mana, die Macht und auch die Verzweigung; wa, die Zeit. Ma- nawa und wa sind dem Sinne nach kaum verschieden: na wa o keia na- aupo ana, die Zeiten dieser Unwissenheit. \ [4 >»N\ \ > n > I , 5 \ Y > e 3Nw 8.08 “Howöns idwv rov "Inseüv, Ex,apn Alavı N Yap Serwv EE inavov ideiv | & \ > ! q q > . \ Y ’ 69 > 697 € > > er auröv, OR TO axove ToAAa megi aurou" nal MAmıde Tı omuelov ideiv Um” aurou ! Yıvomevov. A 72 ike 10 mai 53 la 53. 102 Herode 3 IQ 30 Tesu 3, olioli 92 Und (als) sehen her da Herodes Jesum, sich freuen (') nul » MO » la ss.ıe iQ »; no ka mea rn, Ua» loihi. kona sehr da er; sintemal langwierig sein makemake » ana s es Ike 1.1 IQ» 1A», NO» NAu mean Wollen (Wunsch) (°) zu sehen ihn wegen der Dinge nut» ana» Is loheı QAis.ın IA» lIAs, Ar MANQAO ı NO grofs von ihm hören haben von ihm (Jesu) und meinen wohl hoi» ia» es» Iken.ır I» kekahlis hanavo manax Ex auch er zu sehen eine That (der) Macht hanaia » ae» es» ia. gethan werden durch ihn. (') (Vergl. ikaika vs.5). In rRawoli, Synonymon, das oft mit o/ioli gepaart wird, wiederholt sich die einfache Wurzel. Das, woran man Freude hat, steht im objectiven Falle. : (?) In gleichem Sinne mit dem Frequentativ makemake, mögen, wollen, kommt auch, aber selten, die einfache Wurzel make vor. Häufigeren Ge- brauches ist das Homonym make, sterben (vergl. vs. 16). 62 v. CHuamisso 9. "Ernawra 8 aürov Ev Aoyas Inavois‘ auTos de oUdev amenpivaro auru. He os nu» hoi» na u mean ana» is ninau ı mals Sen viele auch die Dinge von ihm fragen her al s.1 IA » 1A 385 aka = aole m 0 is Jesu ı Is hai oo ıkı » haben an ihn; aber nicht der Jesus sprechen irgend akus» IA» IQ ». hin zu ihm. e 4 \ < mw e m > m > m 10. Eirryzeisav & 0 dgyusgeis zai ci Youuuareıs, euTovws HATNYOgOUVTES AUTOU. Ku» mais la s.ıa na « kahuna «u nis Ar men ka u Stehen her da die Priester Erz- und auch die poe » kakauolelo ».., hoohewa » ikaika » lakou » ia z» ia ». Vielheit Aufschreib-Wort('), machen schuldig stark sie ihn. (') Öfters kakaolelo geschrieben (siehe vs.50). = \ ’ > < I m / Ar = 11. ’EEouSevgras de aürov 6 "Howöns aüv Tois FTERTEUHaTIW ALTO, nal Eu- I; \ | > nm \ »>+ \ m ’ TULZUS, eg darwv auToVv ErTATa AQuTrgQav, dversunbev aurov rw Ilaarw. Hoowahawaha s.s mais da s.ıe O1 Herode ; ia » ia » Machen Mundmund (verachten) her da der Herodes ihn me „ kana s poe ı kauwa w, men ka u hoomaewaewa s1. 2 1A » mit seiner Vielheit Diener mit dem Verspotten ia», kahiko » mais la ss. ı2 iQ » ia» mer ka „ aahu » nanı « ihn, bekleiden (') her da ihh mit dem Anzug herrlich, Ur hoihoi 92 mai 53 la 58. 102 va 30 2a 38 10 37 Pilato 3 la 58. und entlassen her da ihn zu Pilatus da. (') Dieses Wort, welches „mit schönen Kleidern bekleiden” (parer) bedeutet, heilst auch alt von Dingen und Menschen; so werden namentlich sowohl die Alten (die Vorfahren) als die Ältesten des Volks genannt. 12. "Eyevovro d& Bircı o,re IlAdros nal ö Howöns Ev aury rn Ausge mer’ aA- Anıuv: maoumNEY,oV Yag ev EN,IOL OVTEG Moos Eaurovs. la s ao 7» Zdlo o» ai 88.103 O0 18 Pilato: a» men He- Diesen Tag werden sein der Pilatus und auch He- über die Hawaüsche Sprache. 63 rode s is» mau » hoaaloha u pus», ua» lokoino u no» hol» rodes zu Freunden (') zusammen, innenböse (?) wohl auch kekahi ı i» kekahil ı mamua s. Einer zu dem Andern zuvor. (') Aloha, Haupt-, Eigenschafts- und Handlungswort: Liebe, Barmherzig- keit; aloha oe ist der volksthümliche Friedensgruls.. Hoa, Gefährte, Gesell; in vielen zusammengesetzten Wörtern Mit- zu übersetzen: hoa- kauwa, Mitknecht; Aoalauna (vs.49), Befreundete, Bekannte, Nachbarn, mit denen man gesellig verkehrt (auna). — Das Transitivum der Wörter, welche mit dem Vocal @ anfangen, ist leicht mit den zusammen- gesetzten von hoa zu verwechseln: pono, Recht; Rewa, Unrecht, Schuld; koopono, machen Recht, gerecht (vs. 50); Roohewa, machen schul- dig, beschuldigen (vs. 2); hRoapono (hoo a pono), rechtfertigen; hoa- hewa (hoo a hewa), verdammen. (Verwandten Sinnes mit hewa ıst hala, die Sünde, welches eigentlich Überschreitung, transgressio, be- deutet. (2) Maikai — ino. Maikai, Haupt-, Eigenschafts - und Zustandswort, Verb. neutr.: das Gute in aller Beziehung, Tucht, Tugend, Schönheit (von dem Weibe). Dem entgegengesetzt: ino, das Übel, schlecht, Elend, Wehe. — Hoomaikai, machen gut, bessern, preisen, danken, seg- nen; Rooino, machen schlecht, schmähen, verfluchen. — Pomai- kai, glückselig; poino, das Entgegengesetzte: poino oukou, oder vnin. — Lokomaikai, Innengüte, Milde, Barmherzigkeit, biblisch: die Gnade; /okoino, das Entgegengesetzte. ‘ , N / m ‘ % \ ’ 13. IlAaros dE Fuynareranevos ToUs agxuegeis ru ToUs aoy,ovras za Tov Auov, Hoakoakoa s.» mai» la s.ıe Plato ;3 i» na „ kahuna n. s Machen versammeln (') her da Pilatus die Priester nis An men nau lunds Ar Men nau kanaka ı. Erz- und auch die Obern und auch die Menschen. (') Akoakoa, sich versammeln (siehe vs.48); die einfache Wurzel akoa scheint nicht vorzukommen. 4, Ey \ _.,t et ’ ’ \ v nv e > r 14 . Eire 7995 UUToUs* 7 DOTAVEYRATE Kor Tov avIgwrrov TOUTOV, ws AWOTTOE- \ n Vol,\ EEE em 7 ERNI og 3 n bovra ToVv Aaov* za do, EYW EVWTIOV UUUV dvanpıvas, codev eupov ev TWw av- ! ‚ 0) © nv FR Iewrw TOUTW ALTIcv, WV KUTNYODETE xar’ AUTOV. I» akus las Ola» ia» lakou », Ua» lawe ı mals Sagen hin da derselbe zu ihnen: seht, bringen hier b4 v. CHAMISSO nei » oukou » is» keia » kanaka ı I0U » nei ıs Men hes mean hier ihr diesen Menschen zumir hier; als seinein Ding la s € » hoohuli s es I» kanaka 105 eia » hor 73, UG hoo- da machen kehren wider Menschen: folgendes auch, seht machen kolokolo ». s: au: IA» IAs ImUd cs 0» kO » oukou ». « kriechenkriechen (verhören) ich ihn vor eures alo 10, aole hor 3 2» load 1 za’u 30. 38 ka 14 hewa 0 03% Angesichtes nicht auch werden mir die Schuld ua» kanaka » neis, A» oukous is hoohewa a mal s dieses Menschen hier von euch machen schuldig her nei 58 za 30 va 38, hier ihn. 15. ’AAA” ode “Howöns" averena yap Mas moös abrov, mal idov, oudev agıcv Savarov Erri Mempayevov aurl. Aole » hol» 0. Herode ;s: Uas.» hoouna aku ss au » Nicht auch der Herodes denn schicken hin ich 1a ; oukou s» Or Nas la 685 is ke hol» oukou », aole » euch zu ihm da sehen auch ihr nicht as nes is» hanani»kau mean Es p9nO so al 5.15 ka u er hier thun ein Ding gerecht sein sollen das make » Una s. 10. Sterben. , 5 > 16. Ilaıdevras oiv aurov amorvrw. E » hahau » hoi» au» id» As, Ar e» hookuu s Geifseln (') auch ich ihn und loslassen (?) aku 63. 104. hin. (') Der Form nach, das Frequentativ von rau, welches in diesem Sinne kaum vorkommen möchte. — YZau, der Thau und auch der Schnee. (?) Kuu, ein Ding oder eine Person sich selber überlassen, etwas sinken lassen, senken (vergl. vs.50). » f \ [4 =) ’ > m € 1 17. "Avayınv ÖdE eiyev dmoAUesv aurois nara Eogrny eva. über die Hawaüsche Sprache. 65 No ka mean, es» pono » ke» hookuu » aku » oa « Sintemal gerecht sein dafs loslassen hin derselbe ?» hookahi so. ia» lakou ss dass ahaaina u. einen einzigen ihnen an diesem Feste. ) > 4 \ [4 n es > / \ m \ 15. Averpagav ÖE maumAndEe, Acyovres' Alpe Tourov, amoAurov de Aulv Tov BagaßRar . Hooho like » ae» las lakou s apaux» ex» olelo w Schreien (') gleich da sie alle sprechend: ana sı..s: Es» kata kun.» hkeias, Are» hookuu » mais geführt werden hin dieser und loslassen her 0e » 1a» Daraba s ia» makou ». du Barabbam uns (dir nicht mit). (') Hooho, den Laut nachahmend, möchte als Wurzel zu betrachten sein; oho scheint nicht vorzukommen und %o kommt nur in der Bedeutung von darreichen vor. Y D \ r \ ’ > n ’ ’ 19. "Osris I dia Trasıw TIva Yevomevyv Ev TN MORE, nal bovov, RBeßrnuevos > ! eis buAanıv. O s kau mean is hahaoia ku se. »0. s;. 109 ıloko s 0» ka u Das (kein anderes) Ding gefangen hin im Innern des halepaahao «, nos kan hoohulia es ana s.ı: 1loko s. 0» Haus fest fangen (') wegen des Machen kehren wider - im Innern ke kulanakauhale u a» me ka. pepehi » kanaka :. der Stadt (*) und auch das Erschlagen Menschen. (') Hale-paa-hao, Gefängnifs. — Hale, Haus; jedes Gebäude, dessen Zweck durch die mit dem Hauptwort zusammengezogenen Beiwörter näher bezeichnet wird: Aalelewa, Lufthaus, Zelt; Ralepule, Bethaus, Kir- che; Ralekiai, Wachthaus, Thurm. — Paa, fest machen, fest, auch starr; na mea paa: Bande und Fesseln. — Hao, Urbegriff der Kraft: gewältigen, fangen, rauben. Das Eisen ist %ao benannt worden; die Hörner und Geweihe der Thiere: pepeiao hao, die Kraftohren. — Haohao, in Zweifel und Gedanken sein, von etwas befangen sein, Öwrogodjace. Das, worauf man sich verwundert, im objectiven Falle. (?) Kula-na-kau-hale. Kula, das Feld, campus; aulserdem auch Schule (school). — Na, eine mir noch zweifelhafte Verbindungspartikel. — Kau, auf- Philos.- histor. Abhandl. 1837. I 66 v. CuaMmIsso liegen. — Hale, Häuser. Geringere Örter und Marktflecken werden kau- hrale genannt. 20. Marıw cöv 6 IhAdres mooTehuunde, SAauv drordru riv Inrovv. Makemake » iho » la :s Pilato >.» es. hookuu a. 107 iQ », Wollen da Pilatus loslassen Jesu ;, olelo » hou a mais las Ola » iQ » lakou :. ıo. Jesum, sprechen wieder her da derselbe zu ihnen. 1.0 & Eredwvouv, Akyovrss‘ Zravgwrov, Fraugweov aurev. Hooho aku s» las lakou s, Tıo akus» la s.ıa, Es kau Schreien hin da sie, sagen hin da, aufstellen i» ken kea 10, 0 9 kaus I» hkew kea 1 IQ » IQ 3. 10. an dem Kreuze, aufstellen an dem Kreuze ihn. e 5 \ Se, Ay e SR ir 22. ‘0 & rorrov EImE MOOS auToUs" E Yap nanov EmomTev oUToc; oUdev airıov \ [2 ie > >» m 4 Inu >_.\ > IA Savarou eUpov Ev aurW" mandeusas oliv aürov dmoAucw. Olelo » hous mais» las ia»i» keu kolun 0» ka« Sprechen wieder her da er zu dem dritten der manawa u, No» ke ahas? Heaha » kau mean hewa vw Zeit: wegen was? sein was das Ding schuldig im» hana is.ıa? aller Aus is Ikern is» kona s hewa nes thun haben? nicht ich sehen seine Schuld pono » dis kau make ı ana s.ıs, e. hahau » hoi» au » gerecht sein sollen das Sterben, geilsen auch ich IQ »o IA ss, Ar eu hookuu ı aku 53. 1%. ihn und loslassen hin. 23. Oi ÖE Erenewro duwvais meyadaıs, airounevor aurov Fraugwänvan Aal Huri- Fyvov ai duval aurwv aa Tüv Gpyx,ıegewv. Aka 73, UG so koır 10 mai 53 la 58 lakou 3 Me nm ka 14 leo 10 Aber dringen her da sie mit der Stimme mul», es MOl 1 Mal ss Ana snı Es make no IA» Max kei grols bittend (') her sterben er an dem über die Hawaiüsche Sprache. 67 kea vo ua so ko 10 iho 53 la 58 ko » lakou 38. 45 leo o a zz Me »s Kreuze vollwerden (°) da ihre Stimme und mit ko» kan pPoeı kahuna « nul . von der Vielheit Priester Erz - (') Der Frequentativ nonoi ist üblich für betteln. (*) Ko ist der gewöhnliche Ausdruck für das Erfülltwerden von Verheilsungen und Weissagungen. \ / > [4 ’ \ y m 24. ‘O de IlAaros EmERQIVE Yeverlal TO airmua aurwv. Olelo » ihos» las Piato;s e» hanaia» akus kan Sprechen da Pilatus gemacht werden hin (') lakou 3... Mean Üss NOlı MAI s QL ss. 10% ihr Ding bitten her haben. (‘) Nach der Endung des Passivs pflegt das @ von aku elidirt zu werden, so ist in manchen Dingen die Rechtschreibung nicht unabänderlich festgesetzt. - N \ \ ! ’ ! E3 x \ A > 25. ’Areduse ÖE Tv da Frarıv Hal bovov BeßAnusvov Eis Tyv cuAanyv, ov N- = \ \\ m IN m 4 m rouvro: vov de "Inaovv magedwre Tw DeAnuarı aurarv. Hookuu sı ae » da ss hoi» 0iQa » is ka » lakou ss. mea + Loslassen da auch derselbe ihr Ding is» olelo 1 mal s @l 5.103, 230 kQ u Mean is hahaoia T se. so. ss sprechen her haben, das Ding gefangen worden sein ıloko ss 0: kan halepaahao «, no» kan hoohulia es». im Innern des Gefängnisses wegen des Machen kehren wider- ana s.15 Ar Mer kan pepehis. kanaka 1.9; Ar haawi und mit des Erschlagen Menschen; und geben aku » la ss Ola sw 1a so Tesu ». 102 7 30 kO » lakou 3. MANAO 10. hin da derselbe Jesum ihrer Meinung (ihrem Willen). 2b. Kai Ws dmmyayer aurev, Emiraßcousve Siuwves Tivos Kupnvalou Egx,omevou © E- ) 3 mn > IQ >» m \ \ G Y nm 3 m [77 @ypov, ETETARAV AUTwW TOov Fraupov, pegeiv oma Dev Tou Iysov. A 72 T 30 ko 33 lakou 38. 45 kai ı ANA 57. 108 1a 30 2a 38 , lalau 92 Und bei ihrem Führen ihn ergreifen (') 2 68 v. Cuamısso ıho » la ss lakou ss ia » Simona s no», Kurene ;, es hele da sie Simonem aus Kurene, kommend MA ss ANA 81.106 MAUs Kka:u..dMa nm Mil, kaun-akts Zi her her von dem Lande her, auflegen hin da lakou » is ke keaı maluna # ho sı ona s € » hali » aku » sie dass Kreuz zuoben selbst seiner tragen bin ia ss mahope s 0 »2 Jesu ». er in Folge Jesu. (') Law kenne ich nur in der Bedeutung von Laub und vierhundert (siehe 8.119). 5 27. ’HroAcbIeı 68 aurw word mANIos To Aacd, zul yuvamav“ ai xul &xo- TTOVTO Hu &Ignvouv aurev* He » nul » hoi» ka. poeı kanaka » is» hahai » aku » Sein viel auch die Vielheit Menschen folgen hin la ss IG 30 1Q 3,4 7r Me, NA ı wahine 10, ka 1s DO Us UWE 10 da ihh und auch die Weiber, die Vielheit klagen akus Qr men kau Urn akus iQ 0 id s. hin und mit dem Weinen hin um ihn ('). (') Wo in unsern Sprachen zwei Verba verwandten Sinnes gepaart werden: zc- mrovro zer &Sgyvouv, pflegt im Hawaiischen das zweite zu einem Hauptwort umgeschaffen und der Satz wie hier construirt zu werden (vergl. vs. 11). 28. Zrgadeis dE moos auras 6 "Inneüs, eimer @uyaresges “Isgourarnnu, pn wAue- TE Em’ Euer mANv Ed” Eauras nAmETE, Aal Em Ta TEnva Üuwv. Haliu w mai » la ss Jesu : ia so lakou 3, Tıo mals la ss. 102, Sich wenden her da Jesus zu ihnen, sagen her da: E:» na . kaikamahine u.ı2 NO >, Tlerusalema >, mais uwe ı oukou ss o die (ihr) Töchter aus Jerusalem, nicht weinen ıhr 77 u 30. 385 aka 73, E ee UWE 10 oukou 38 1a 30 oukou 38 ıho 57.104 @ 72 um mich; aber weinen ihr um euch selber und me 7 ka» 0ukou s., mau » keikl ı. nit (um) eure mehreren Kinder. über die Hawaüsche Sprache. 69 «u >»\\ „ ’ > m > m G e m \ 29, "Orı idov, EOWEVTaL Ausgal, Ev ais Egaugı" Mazagıcı wu Trug, Au Rol- ’ ei > > ’ \ % A 2) > [4 Aaı a 0URX EyeiyTav, KU MAaTToL 0 00% EImAarar. No ka mea rn, € » hiki ıs mai » ana ıs nA» lao €@ x Sintemal gelangend her die Tage(‘) olelo » mai s ai ss lakou 3.15, Pomaikal u na. means is sagen her sollen sie: selig die Dinge pa ».ı0, Ar men nau 0PuUn is hanau» oles, Ar unfruchtbar sein (°), und auch die Leiber gebären (°) nicht, und men nass Un Is» 0MO ole s. IQ »0. 10. auch die DBrüste(’) gesogen nicht. (‘) Za, die Sonne (vs.45), eine Sonne, d.i. ein Tag von vierundzwanzig Stunden. Die Tage werden übrigens durch Nächte (po) gezählt: die dritte Nacht, vierzehn Nächte. (?) Pa, Hag; sowohl das Hegende: Mauer, Ringmauer, Zaun, als das Ein- gehegte: ka pahale, der Haushof, ka pawaina, der Weingarten gard). Zu der angegebenen eigentlichen Bedeutung lälst sich wohl eine bild- liche: „das Verschlossensein der Unfruchtbarkeit”, zurückführen. — Pa, We- hen vom Winde. — Berühren, anfassen u. s. w. (°) Hanau, Verb. act. gebären, und Verb. neutr. nascor, naitre, wofür auch das Passivum hanauia, geboren werden; (hanauna, das Geschlecht, yEvunlac, yevec. (*) Beispiel der so häufigen Homonymen: u vs.27 Sorviw und hier uerres. } ’ ” ’ A „ a e er Ar 30. Tore agkovrau Asyeıy TOIS 0gETL° Tlesere &b’ Auas' mar Tols Beuveis: Ka- 4 e 2y Aunbare Aus. Alaila s e» kahea „ aku s» lakou s i» na « mauna nv, Dann rufen (') hin sie den Bergen: E » hiolo » mail » maluna » {ho = 0 » makou », dr me +. stürzen her zu oben selbst unserer, und auch na puun», Es uhlıo mais ia» makou ss. 1. die (den) Hügel: verbergen her uns. (') Die Wurzel ea kommt in demselben Sinne vor: rufen, anrufen. 5 u Sr} KR KA = 3.4 m v > m n 7 , 31. Or ed & rw vygw EvAw raura malsurw, Ev TW Eng® TI YEUNTALZ No ka mean, @r» is hana . lakou » !» keia » mau ı Sintemal wenn dafs thun sie diese mehreren 70 v. CHAMISSso mea n is ka u laau » maka », heaha » kau mean ex Dinge an dem Holze(') saftig(?), sein was das Ding hanaia 19.5.1 2» ka Jaau ı maloo »? gemacht werden sollen an dem Holze trocken? (') Laau, Pflanze, sowohl Kraut als (vorzüglich) Baum (ka Zaau Fiku, der Feigenbaum), — Holz, Stange, Balken. — Laau lapaau und laau z«r’ 2Eoyyv, Arzneikräuter und Arzneimittel. (?) Ka maka, das Auge. Ob zu dieser Bedeutung das Eigenschaftswort des „grünen Holzes” oder des „lebendigen Baumes” sich zurückführen lasse, bleibe dahin gestell. Was wir an den Pflanzen Augen nennen, wird Hawaüisch Ohren, pepeiao, genannt. 0] \ u“ ’ =v ’ sw 5 m 32. "Hyovro dE zul Eregol Övo nanoupyol, GuV auTd avameInvar. Elua ıs hol» kanaka » eae, hes mau» mean is Zwei auch Menschen andere ('), sein Dinge hana » hewa ».1ı» 7» qalakai u puUu 1a kuss» men ia» thun übel geführet zusammen werden hin mit ihm es make 10.107. zu sterben. (') E, als Eigenschaftswort, bedeutet anders, fremd; das Wörtlein @e, welches bisweilen, wie hier, hinzugefügt wird, ist die Richtungspartikel (8.56). Als Adverbium hat e verschiedene, aber verwandte Bedeutungen. nY vd e u > 4 £ a vw» / 33. Kat öre dmmASov Emi Tov Tomov, Tov HaAcumevov Koaviev, EREl ETTaUgWAaV EIER \ \ \ % A \ > m Di N. > v auTEV, nal TOUS KanoUgyous* 0v MeV Eu de£imv, ov de &£ agıoreguv. A » hiki us aku » las lakou s».ıe !» kau wahl wo 0 1.s Und gelangen hin da sie an den Mrt, das Kalevarı ; ka u moa wo, malalla » lakou » is» kau.n aku s Calvarium der Name, daselbst sie aufstellen hin Al ss.ın IA 30 IQ > 13 ke u kea 0, Ar Men nd MeAdAn Is haben iin an dem Kreuze, und mit die Dinge hana » hewa s.1ı», Ma» ka lima akau ı kekahi s. ma x thun übel, an der Hand rechts einer, an ka. lima o» hema » hoi» kekaht ıs. der Hand links auch einer. über die Hawaüsche Sprache 71 f N mn 3 ’ wm \ EN ‚ n 34. °O de ’Insous eAeye* Iareo, ades aürais: oü yap oidanı rı masüsı. Auc- / \ re; m „ FR megigonevor de ra Inarıa aurcl, EBarcv uAngev. Alaila s !o akus las Tesu ». 102, E» ka. makua ı. Dann sagen hin da Jesus: {0 der (du) Vater, e se kala 0 O&».1 1» KO » lakou 38.15 MEL ss hewa 10, NO ka vergeben (') du ihrer hier Schuld, sinte- mea nı, aole x 0 .ıs lakou ss. ie ke o i» kan lakou ». » mea mal nicht sie (keine Andere) wissen ihr Ding eo» hana w nei s. Puunaue » lakou » !» kona s» mau » kapa w thun hier. Vertheilen sie seine mehreren Kleider men ka hoolei kelero ;. mit dem Werfen (?) Loos. (') Kala, lösen, erlösen, aufbinden, erlassen, vergeben; von dieser Urbedeutung möchte vielleicht kala, das Geld, und so auch das Silber (P’argent), herzuleiten sein. Doch wird der Piaster, Dollar, die gangbare Münzsorte, nicht immer ka/a, sondern auch dala und dola geschrieben. (?) Wohl unabhängig von Zei, Kranz, Krone; Roolei, bekränzen, krönen. Eine Wurzel, Zei oder olei, die hierher gezogen werden könnte, ist mir nicht bekannt. Y2= a el. e \ n n) 1; ey U 35. Kai sirrnaeı 6 Aus Sewpwv' EEeuunrngugov de nal ol agy,ovTes Tüv aürcıs, P » e PR I ar % e m m Aeyovres: "AAAoUs EIWTE, TWTATW EauTov, Ei oUTos Erw 6 Xaurrös, 6 rou Secv 3 ’ EHÄERTOS. v2 . ER . j Ku. mai » la »s kanaka 1.12 € » makaikai » and s. os. Stehen her da Menschen zuschauend ('). Ua s hoomaewaewa u. lakou » mern ko» lakou s.s mau Seht höhnen sie mit ihren mehreren alıı 10, lo aku s» la ss lakou :s. 102, Ua so hoola ı ka ia» iQ » Fürsten, sagen hin da sie: seht machen heil(?) (’) er hai s, @r= MA» OId x ka. Mesia ;, ka « hiwahiwa Andere, und wenn er(kein Anderer) der Messias, der Auserwählte ar» keu Akua vo e» hoolas OA» id» id AMO sr. 10. Gottes machen heil derselbe ihn (sich) selber. (') In eben dem Sinne kommt auch makai vor. u | DD v. Cuamisso (°) Ola, Leben, Gesundheit, Heil, als Haupt-, Eigenschafts - und Zustands- wort. C) Ich kann von diesem ka keine Rechenschaft geben. 36. ’Everadlov dt alt al ci Sroarwra, TOOSERY,ONEVOL nal 0Ecs mgoshegov- TEs QUTD, Hoomaewaewa s.ı aku » las nau koao iQ» iA, Verspotten hin da die Krieger ihn, hele » aku » la s lakou » @Q r» haawi» akus las in» ka gehen hin da sie und geben hin da vrıneka u IQ » IQ 38. 102. Essig an ihn. - > Ne m el , 37. Kai Adyovres: Ei av ei 5 Rarıreus av "Iovdaluv, TWTov Feaurev. I. akus» la 58. 102 , Ina 79 008. ke 14 ali 10 0 32 ka 14 Sagen hin da: wenn du (kein Anderer) der König der poe » Judaio :, es» hoola a oe» ia» 063 Ih0O 5.10. Vielheit Juden, machen heil du dich selber. ca 3 \ a >» w G [4 ww c 38. "Hy de za Eriypabn yeygaunen Er’ aürs yoaumarıv "EAAyvircis, zu “Pw- m c Dr.) eı 3 e = AUIKOLS, zul Eßgaixcis Ovros Eoriw 0 Barıevs ov Tovdarwv. He „ palapala » hoi , maluna « ona s i » kakauia se. so. 10 Sein eine Schrift auch zu oben seiner aufgezeichnet i» kau hua. Helene:s, az» men kau Koma ;s, a: in dem Zeichen NHellenischh und auch dem Römischen, und me» ka u. Hebera :;, Oia» nes keu alün O0» ka u auch dem Hebräischen: dieser hier der König der poe = Judaio ;. Vielheit Juden. P ve \ m ’ fi > ‚ ER > \ E 39. Eis de rav nEELATTEVTWV KURSUgYwv EBAardyusı aörev, Atyuv* Ei ou & c \ a m > Xgusros, awrov weuurov nal fuds. Ar 0%» kekahi s OO» na u mean is hana v» Und der Eine der Dinge thun über die Hawaiüsche Sprache. 13 hewa ».1» 7» kaula in.8, UN» A0vmo a ae» las übel aufgestellt worden sein, seht machen schlecht da oa » MM» ia», io Ges las, Ina» 0 00 % ka ı derselbe ihn, sagen da: wenn du (kein Anderer) der Mesia 3.0.82 hoola 9 Oe 38 za oo 08 38 iho 7.14 Od 2 Me 7 Messias, machen heil du dich selber und auch MAUGA 58. 10. mich und ihn. \eog > ’ x D x n \ en 40. "AmongıSels de 6 Eregos Ererina abrk, Acywv' Oüde Bon su rov Seov, orı &v TO aürw npinare &; Ao » aku » la » kekahi ss @a» Ms, Lo aku » Lehren hin da der Andere ihn, sagen hin la s.12, Aole x anei » ou » makau » Üi» keu Akua i, da: nicht frageweise deiner Furcht zu Gott ua so ÄÖke ıs pu % hoi » kou s make » ana s.ıs me seht gleichen zusammen auch dein Sterben mit iQ so mel ss? ihm hier? 41. Kal Aus nv Ömaius: afın yap wv Erpakauev amoraußavouev- cürcs de oudEv aromov ergafe. Aia» kauas, hei pPono ı ias; no ka mean, Ua » Aber ich und du sein ein Recht das: sintemal denn loaa us Pono» ia» kauas kan uku» no“ ka» zukommen gerechterweise mir und dir der Lohn für kaua»s hana vw anas.ıs;s aka» aolez Ola» nes Is mein und den Thun; aber nicht derselbige hier hana » hewa » Iki a. 1. thun übel irgend. Philos.- histor. Abhandl. 1837. K 74 v. Cuamisso 42. Kai &reye 79 "Inrev: MyyoSyri mov, nMUgIE, orav &AOns iv m Banı- Asia cv. Ar in ae» las ia» ia» Jesus, E» ka Haku », Und sagen da er zu Jesu: o der(du) Herr, ar hikiıs 0e» 7» kous aupuniu es» hoomanao » mal s wann gelangen du zu deinem Reiche, machen denken her 08 38 za u 30. 38. 104 . du an mich. & m e 27 > 27 „ E 43. Kal eimev aürn 5 ’Imrois- "Au Aeyw or, Fnuegev Mer’ Euol ern Ev rw magadeiow. Io aes las Jesu ı IA» 1a 38, He» o1aıo ka’u » Sagen da Jeus zu ihm, sein Wahrheit (') von mir e » oleo » aku s nel s IQ » 08 =. 96, li» keia » la 10, sprechen hin hier zu dir: an diesem Tage, O0 0e a pu 3% kekahi s men au» loko a O0» ka « du (kein Anderer) zusammen einer mit mir im Innern des paradaiso >. Paradieses. (') Oiaio, die Wahrheit: scheint aus oia io, dieses wahr, zusammengezo- gen zu sein. 44.°Hv 8 wre wo« Enrn, nal GnoTos Eyevero Eh” oAyv Tav yav, Ews waus ev- varns. A 2 U» ke 14 ONO 19 O 32 ka 14 hora 3. 121, pouli 10 ho 53 Und in der sechsten der Stunde, sich verfinstern la ss.ı2 dZunas O0» ka, honuan a pau»s q@ hiki ıs in» kaw da über der Erde (') ganz bisgelangen zu der hiwa 119 OÖ 32 ka 14 hora 3. 121° neunten der Stunde. über die Hawaüsche Sprache. 75 (') Ka honua, die ganze Erde. — Ka aina, das Land (vergl. 8.11). — Lepo, Erde, die Damm -Erde, die Erde als Material, der Staub; ipu lepo, irdene Gefälse; papa lepo, irdene Tafeln, Ziegel. m > e ıd/ > \ ’ 57 m B 45. Kai änzoris9n 6 MAuos“ nal EIWIOM TO KATATETaTHR TOV vaov MErov. Ua 80. 95 poele 1 no » hol » ka « la 0, Ar nahae Seht nachtschwärzen wohl auch die Sonne und reilsen !ho » da s mawaena « konu » kau paku» 0» kau da inzwischen mitten der Vorhang des luakini ı0. 10. Tempels ('). (') Zuakini, der Tempel zu Jerusalem; Moscheen und andere Tempel, die nicht dem Götzendienst geweiht sind. — Halepule, Bethäuser, die christ- lichen, auch die katholischen Kirchen. — Heiau, die altvolksthümlichen Götzentempel und so auch die Tempel Griechenlands. 46. Kal punras dw meyaay 6 ’Inreüs, eime Tlareg, eis Xeigds dov maga- ’ \ m ! \1 m BEN Eu Snroua To mvsüua mov. Kai ravra eimwv, Efemvsucev. Kahea u aku » las Jesus men kau leo» nun, Rufen hin da Jesus mit der Stimme grofs, T 10 aku » da 58, E 29 ka 14 Makua 10, ıloko 6 03 kou [) sagen hin da: 0 der (du) Vater, im Innern deiner mau » lima» ex» walho » akus as aus I» kous Hände legen hin sollen ich meinen uhane «.ı0. Ar pau» kanas olelo » ana s.ıs ia », Geist. Und vollenden sein Sagen dieses, make » tho» las. sterben da. 47. Idwv de ö Enarovrapy,os TO yevimevov, &bogure Tov Teov, Aeywv‘ "Ovrws ö av9gwmes eures dlnaucs A. A 72 ike 10 aku s» Ja s ka 14 lunakoa u IQ s "mea n Und sehen hin da der Oberkrieger dieses Ding K2 76 v. CuAmiısso is» hanata Un. 88, hoomaitkai sı aku 3 da ss oia ” To keu gemacht worden sein, machen gut hin da derselbige den Akua », Üv akus IQ s.ıu, Oiaio he » kanaka w Pono Gott, sagen hin da: Wahrheit sein ein Mensch gerecht no 76 keia 50. wohl _ dieser. G e 14 „ > ’ 57 48. Kai mayres oi Gunmagayevonevor oyAcı Emi riv Sempiav ausm, Sewgoüvres Ta YEVoEV«, TUMTOVTES Eaurav Ta Or Umerrgepor. Ar 0» kau poev kanaka » a pau» is» akoakoa » Und die (selbige) Vielhet Menschen ganz versammeln mal 5.1» !» kea » mean Is ikea ».1ı0, Ar Ike w aku » her zu diesem Dinge gesehen werden, und sehen hin la s lakou » is» nau mean is» hanaia o.ı». papai » iho s da sie die Dinge gethan worden, schlagen la s lakou »s» Ti; kO » lakou ».» umauma » 0», @r Hoi da sie an ihre Brust eigene, und zurückkehren aku 53 la 58. 102, hin da. e 4 \ 4 c \ > m / \ m e 49. Einryaeısav de mavres ol yvworoi aürou MangoSev, Kal YUVaIHES ai GUV- anoAouyraraı aürd ame rs Tarımaias, epwra raura. Ku » mamao » aku » la s» kona »s poe » hoalauna Stehen von ferne hin da seine vielen Gesellenumgangs apau ss, Ar men na uw wahine o» 2» Aahai x mai » IA so alle und mit die Weiber gefolget her ia» mals. 'Galilaia ;s mails, es» makaikai u ana s.ıs lakou : ihm her von Galiläa her, zuschauend sie ia» maus mean. diese mehreren Dinge. über die Hawaüsche Sprache. ir 50. Kai ide, dvyg övonarı ’Iuend, BovAsurns Umapywv, drmp dyados mai 5 dirwuos, Aa » hol», he» kanaka w, 0. Josepa ; kona » inoa ı, Aber auch, sein ein Mensch, der Joseph sein Name, he » kakaolelo u; he » kanaka » maikai w, he „ hoo- sein ein Aufschreib-Wort, sein ein Mensch gut, sein ein machen pono s; Gerechtigkeit. mw e 5 m m m u EIER, > 1. (Oüros our Av Tuynararegestvos TN Bevry za rn mgafeı aürav,) u) / [4 m , A ‚ ’ 3‘ \ "ApınaS alas morews Tüv "Iovdaiwv, 65 al moossdex,ero aa auros rrv QBarıriav Toü Seov° (Adlez oa is ae» pPpuw akus mas kan.» (Nicht er derselbige einwilligen zusammen hin in lakou ».» manao », az men kan.» lakou ».» hana «;) ihre Meinung, und mit (in) ihre That;) no » Arimakaia > ia s, he: kulanakauhale ı no » ka. aus Arimathia er, sein eine Stadt von der poen Judav s: ua s.» kali o nos Ola s Ti» ken aupuni ı Vielheit Juden: seht warten wohl derselbige das Reich 0» keu Akua n. Gottes. 32. Oüres mgoseAdwv rw IlMarw, Nryraro 70 suma Tod Ineev. Ua so hele 10 aku 53 la 58 01a 49 10 37 Pilato 3 la ss, Ar Seht gehen hin da derselbige zu Pilatus da, und nOL 10 aku 53 la ss 2 30 ke 14 kıno ı0 03 lesu 3. 102. bitten hin da den Körper Jesu. P7 \ \ Se > r EN ’ 0] > > n 33. Kai zadeAuv aurs, Everudufev auro Tıvdovi, nal EOmnev auTo Ev MAMarı w w = NW sNı ’ Aufeurw, oV our NV OVdERW oUoEIS HEIMEVOS. 78 v. CHuamısso Kuu vo ho» las Olalo IA» IA zlalo 64, wahl wo iho » Lassen da derselbige ihn herunter, wickeln la ss ia» As lo ka u lole w olona 0, An waiho » aku s da ihn in das Zeug Leinen, und legen hin la ss. 108 ıloko “4 032 ka 14 luakupapau 11 zZ 83 kalata 90. 109 ıloko 64 da ins Innere der Grube Leichen - gehauen ins Innere 0» ka u pohaku vo, aole a is» waihoia vo ke kanaka 1. des Steines, nicht geleget worden ein Mensch darlla s. daselbst. m c ’ 5 ! 2} ’ 54. Kal nuega N TapusneuN, za vaßBarov EREDUTHE. Os kau law Tas es» hoomakaukau a ais, Ar UGs Derselbige Tag der vorbereiten (') sollen, und seht kokoke » mail» las ka Sabatı . nahen (°) her da der Sabbath. (') Makaukau, bereit, Bereitschaft: ke pono ke noho mau me ka makaukau, es ist recht, dals man muls sein alle Zeit (mit) in Be- reitschaft. — Makau, die Furcht, fürchten. — Kau, vergl. 8.92 am Schlusse. () Kokoke, nahen in Zeit oder Raum, von koke, bald und nahe. 55. Karazorousyraraı 68 nal yuvalncs, airwes Arav FuveAyAudvia auTd Ex a , > U \ mw \ ec Ce} \ n > Ind 195 Tarıaaias, EIearavTro TO MvnWelov, nal WS ETEM TO TE aÜrToL. A 2 0 18 ka 14 DOEe ı7 wahine 1027. 83 hele 10 pu mal s Und die Vielhet Weiber kommen zusammen her me» ia» mais Gahlaia ;s mais», hahai » aku » la s lakou », mit ihm her von Galiläa her, folgen hin da sie, ar ikeo is» ka luakupapau u, Gr» men kan waiho « und sehen die Grube Leichen- und auch das Liegen ana» 0» kona » kino ı. seines Körpers. über die Hawaüsche Sprache. 79 56. Vrorrgebarar dE Hroinasav dgumara nal wüga' nal ve uw vußlarev Hruyarav zara Trv EvroAyv. Hoi » mal » la s lakou » ar» hoomakaukau « ho s Kehren her da sie und machen bereit las» i» ka u mean ala», men ka u hmu v; a» hoo- da die Dinge Spezerei, mit der Salbe; und machen moha x Mo » las in kau Sabatis ex Ühe ms men keu Ruhe da den Sabbath zu gleichen mit dem kanawar :. Gesetze. ——a—&äilED>— Ze i a u u . Ne DRIN I b Tr ar i DEEP har je kl Be! Ei | Bu Mr: Bo ı ra ie Ben -_ a ae ie Akne ie...‘ un e al Bi eh A TE Ts > ni a u ) Zu I en \ ö n r ni Bey win DR 1702.) ana ah . re f a FM Dr . zE Yn del 1 Da = ML Ri e. a n nd a , A ‚* . . . A se . . iR N | i Nuhr . E- | u . . j . sr ET | Bi u u Au | Argos Panoptes aus Zeugnissen alter Schrift und Kunst ans Licht gestellt v H'" PANOFKA. manner. [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 2. Februar 1837.] 2: den eigenthümlichsten und fremdartigsten Erscheinungen auf dem Ge- biete der griechischen Mythologie gehört unstreitig die des Argos mit dem Beinamen des Allsehers, Havorrrs. Wortkarg freilich und nicht besonders zahlreich sind die schriftlichen Zeugnisse des Alterthums welche auf den- selben sich beziehen: ebensowenig verbreiten die Denkmäler alter Kunst, die bisjetzt veröffentlicht worden sind, Licht und Aufklärung über diese mythische Person. Ein Umstand dem es wohl hauptsächlich beizumessen ist, dafs selbst gelehrtere und umfassendere Werke über griechische Reli- gion hinsicht der Bedeutung und des Charakters dieses Argos uns unbeschie- den zurückweisen. Allein gerade die bisherige Vernachlässigung eines dunk- len Punktes der griechischen Sagenwelt hat für den Freund der Mythen- forschung einen eignen verführerischen Reiz; und schliefst sich der glück- liche Zufall daran, mehrere wichtige, den Gegenstand beleuchtende Kunst- denkmäler, deren Kenntnifs den Archäologen bisjetzt verschlossen blieb, publieiren zu können: so wird der Versuch einer solchen Arbeit um so mu- thiger gewagt, je sicherer, selbst wenn das gesteckte Ziel nicht zu erreichen wäre, die Zusammenstellung aller meist unbekannten Denkmäler an und für sich schon auf Theilnahme und Nachsicht Anspruch machen dürfte. Die ausführlichste Kunde über den Gegenstand unsrer Monographie verdanken wir dem Zeugnifs des Apollodor (!), das wir deshalb wörtlich an die Spitze unsrer Untersuchung setzen: COLELib: IL, 1,5:2eh: Philos. - histor. Abhandl. 1837. L s2 PIXNOERA: ‚„‚Von Iasos stammt Agenor, von diesem Argos, Panoptes genannt. ‚„‚Dieser hatte Augen am ganzen Körper: überragend an Macht tödtete er „den Stier welcher Arkadien verwüstete, und umhüllte sich mit dessen „Haut. Auch den Satyr welcher den Arkadern Unrecht anthat und ihre ‚„‚Heerden raubte, brachte er im Kampfe ums Leben. Es heifst auch dafs er „‚Echidna, die Tochter des Tartaros und der Ge, welche die Vorüberreisen- ‚„‚den raubte, im Schlafe ertappt und getödtet hat: desgleichen entgalt er ‚denen welche den Mord des Apis verübt, mit dem Tode.’’ ‚„‚„Sohn dieses Argos und der Ismene, des Asopos Tochter, war Iasos, „von dem, wie es heifst, Io abstammt. Kastor aber, der Verfasser der chro- „‚nologischen Irrthümer, und viele von den Tragikern nennen lo die Toch- „ter des Inachus; Hesiod und Akusilaos sagen, sie sei die T'ochter des Pei- „ren. Diese lo, welche das Priesteramt der Hera bekleidete, ward vom Zeus „entweiht, und als Hera ihn ertappte, verwandelte er durch seine Berüh- „rung seine Geliebte in eine weilse Kuh ('), und schwur, niemals mit ihr », Umgang gepflogen zu haben. Hera erbat sich darauf vom Zeus die Kuh ‚„‚und setzte ihr zum Wächter Argos, den Allseher, welchen Asklepiades ei- „nen Sohn des Arestor, Pherekydes des Inachos, Kerkops des Argos und ‚„‚der Ismene, Tochter des Asopos, nennt. Akusilaos nennt ihn einen Erd- ‚„‚gebornen. Dieser Argos band die Kuh Io an den Ölbaum welcher im Hain „von Mycenae sich befand. Als aber Hermes vom Zeus den Auftrag erhielt „die Kuh zu stehlen, indefs wegen des Verraths eines Sperbers es nicht „heimlich vollbringen konnte, tödtete er durch Steinwurf den Argos, wo- „her er de Namen Argostödter erhalten hat.”’ In der Reihe der Autoren welche dieser Abschnitt des Apollodor als Quellen für die Monographie des Argos uns angiebt, denen wir im Verlaufe dieser Untersuchung noch mehrere andre anzuschliefsen gedenken, nimmt Hesiod, als der älteste Gewährsmann, die erste Stelle ein. Indefs bildet auch dieser noch nicht die nachzuweisende äufserste Grenze für das Alter unsres Mythos. Denn Homer mufste offenbar schon Kunde von demselben be- sitzen, wenn er an mehr als einer Stelle (?) den Hermes schlechtweg als "Agyeubövrns, Argostödter, bezeichnet. (‘) Damit Hera sie nicht erkenne. Hyg. f.145. (*) ID. 11,v.103. XXIV, v.182. Argos Panoptes. 53 Sehen wir nun auf die Genealogie dieser mythischen Person, so liefse sich leicht nachweisen, dafs die Vielnamigkeit seiner Väter, weit entfernt abschreckend und verwirrend zu sein, vielmehr dazu beiträgt die Einheit des Gedankens in der Mannigfaltigkeit der Formen nur um so sichrer zu offenbaren (!). Allein ohne in eine besondre etymologische Prüfung der Vaternamen des Argos und der mit ihm in Verbindung gesetzten Io tiefer einzugehen, genügt es uns, an dieser Stelle auf die verwandtschaftliche Be- ziehung aufmerksam zu machen welche zwischen beiden obwaltet, sowohl ie) in Bezug auf Iasos, als dessen Enkel Argos erscheint, indefs To seine Toch- ter genannt wird, als in Bezug auf Argos, Gemal der Ismene, welcher un- serm Argos zum Vater und der Io zum Grofsvater gegeben wird, endlich in Rücksicht auf Inachos, der laut Pherekydes als Erzeuger des Argos anzu- sehen ist, während Io demselben als Tochter zugeschrieben wird. Die Quellen aber welche hinsicht der Genealogie des Argos so reich fliefsen, sind in Bezug auf seine Thaten als Heros fast ganz verstopft. Apol- lodor ist der einzige Bürge für uns, dafs Argos wirklich zu den Heroen ge- zählt werden darf und 'Thaten ausgeführt hat, die ihn dem Herakles und Theseus an die Seite setzen. Wenn wir gleich nicht mit Bestimmtheit wissen, wer der Stier, der Arkadien verwüstete, gewesen, ob es ein Achelous, der mit gleichem Rechte unter der Gestalt eines völligen Stiers und der eines Menschen mit Stier- kopf erscheinen kann, oder ein andrer Stier als symbolisches Wesen chtho- nischer Natur: jedenfalls vergegenwärtigt diese Heldenthat des Argos uns die ähnlichen oder gleichen Kämpfe und Siege der beiden früher genannten Helden über den Achelous, den Minotaur, den kretensischen und maratho- nischen Stier, Bezähmungen welche uns auf zu vielen Bildern der alten Kunst entgegentreten, als dafs wir über die Vorstellung einer solchen That in Bezug auf Argos in Zweifel sein könnten. Schwieriger ist es, sich von der zweiten That des Argos Rechenschaft zu geben, nemlich von dem Ringekampf und Sieg, den er über den Satyr, welcher die Arkader beeinträchtigte und ihre Heerden stahl, davontrug. (') Z.B. ’Aysvwg, der Etymologie nach ein Männerführer, somit ein Synonym von "Aryrsireos, Volksführer, trifft mit dem Namen des andren Vaters unsres Argos, mit "Age- srws, von Ares abzuleiten und gleichbedeutend mit dgısros, der tapferste, überein. L2 84 Pınorka: Derselbe Satyr wird von Apollodor (!) bei Gelegenheit der Amymone er- wähnt, und in dem darauf bezüglichen Mythos, wo Poseidon dieser Danaide mit Liebe entgegegenkömmt, finden wir auch auf alten Kunstwerken wirk- lich einen bald jugendlichen, bald ältlichen Satyr (°) als Theilnehmer der Handlung. Dieser Satyr aber der in den Mythen des Argos und der Amy- mone von Apollodor der Satyr schlechtweg genannt wird, mufs ohne Zwei- fel die Satyrnatur in hohem Grade besessen haben: deshalb möchte, wie unter den Worten ‚‚der Cyclop’’ vorzugsweise Polyphem zu denken ist, so unter Apollodors Bezeichnung ‚,der Satyr”’ schwerlich ein andrer ge- meint sein, als jener Iyceische Pan Arkadiens, mit dem Beinamen Zıvcess, der Verderbliche (°), dessen Beleidigungen gegen die Arkader in seiner Leidenschaft für das weibliche Geschlecht bestanden, von der pompejanische Wände und römische Sarcophage so unzweideutige Zeugnisse ablegen, einer Leidenschaft, die in dem römischen Fest der Lupercalien noch anschaulicher hervortritt, wo die Frauen von Jünglingen, Nachahmern und treuen Dienern dieses Pan, im Laufe verfolgt und mit ledernen Riemen gegeifselt wurden, nicht ohne den religiösen Glauben, dafs wenn sie sich dieser Demüthigung unterwürfen, sie eine dem Gott wohlgefällige Handlung begingen, die ihnen dieser mit dem Segen der Fruchtbarkeit wieder vergüten würde (*). Auf diesen Iyceischen Pan pafst auch der andre Umstand, dafs er nämlich die Heerden der Arkader wegnahm, insofern das Opfer der vielen Schafe, welche man diesem Gotte darbot, mit Recht als eine Verringerung der Heerden an- gesehen wurde. (Tb. 15%, (?) Gerhard und Panofka Neap. Antiken Vas. Z.II. Säule XII. + . 2 Eu \ > (°) Paus. VIII, 30,2. auf der Agora von Megalopolis: isgov Auzarov Aros* &sodos Ö° Es aüro ) ” x \ > ’ 3 \ ’ G EN En m \ / 2 ’ \ > x OUX ETTI' TA ya EVTOS ETF 9 SUVOTTR* Eupoi FE EITE TOU "TEOU Hk FTORTES Övo, Zar GETOR ns 12 5 \ ” x IQ ’ I x ’ > ’ „> m x reis roameScus Iso, za ayaryı Mavos ArStov memompevov, EmizAysw ds Iwosis Eoriv @ÜrW de ’ FR En ia n KERN ‚ =, ’ ‚ \ N v m Tyv TE EmimdyTw yercotaı Tw Iavı amo vumpys Zwons Asyousı, TRUTH de FUV aAAMIS TÜV VUR- > \ r Pr 3; \ > & y bav zn 1die yarisSan roöcov roü Iavos. Errı de meo TOU TEMEVOUS TOUFOU YRAzoUv Ayarıı ‚ PP en \ 5 S x > Ei N 5 ’ ’AnoMwvos Sers wEror, PESEISCH nv 5 modas Öwdere" EromisOn de dr FYS Pıyarsuv cavv- ’ - " ” . * . Tersias 25 zoruv N Myyarn more. (Epicurius zu Bassae). Pan Sinoeis ist dem Strafsen- räuber Sinnis zu vergleichen. "(*) Ovid. Fast. II, v.31. 267. 283-287. v.425 -427. v.445: j Jussae sua terga maritae Pellibus exsectis percutienda dabant. C£. V, v.101. 102. Argos Panoptes. 35 Die dritte That deren Apollodor Erwähnung thut, ist die Hinrichtung der Echidna, der er im Schlafe aufpafste, um den Mord um so leichter zu vollbringen. Auf gleiche Weise benahm sich bekanntlich Perseus bei der Enthauptung der Meduse (1). Was diese Echidna anbelangt, so lehrt uns Hesiod in der Theogonie (*), dafs sie halb ein schönes Weib, halb eine grofse und mächtige Schlange war, in hohler Felsengrotte fern von Göttern und Menschen wohnte; nach Apollodor (?) theilte sie mit der berüchtigten Scylla die Lust am Männerraube, eine Leidenschaft, die wir bei mehr als einer unterirdischen Göttin mystischer Religion wiederfinden (*). Da die Kunstdarstellung der Echidna nicht zu den häufigen gehört, so schien es passend ein Basrelief schönen Styls (siehe Taf. I, 1.) aus der Villa Albani (°) bei dieser Gelegenheit wiederum ans Licht zu ziehen, ohne zu verschweigen dafs dasselbe bisher auf Hereules, wie er die lernaeische Hydra tödtet, be- zogen worden ist. Indefs wenn einerseits diese Hydra laut den Zeugnissen alter Schrift und Kunst, als Ungeheuer mit vielen Schlangenköpfen sich zeigt, während unsre albanische Vorstellung der Hesiodischen Schilderung der Echidna genauer entspricht, und wenn andrerseits ein Fell als Beklei- dung des Argos sich ebenfalls nachweisen läfst: so dürfte man der Vermu- thung, Argos als Echidnatödter sei hier vorgestellt, vielleicht eine gleiche Beachtung schenken, als der bisherigen des hydratödtenden Herakles. Doch wir legen auf die Benennung kein grofses Gewicht und ziehen nur den Schlufs daraus, dafs die siegreiche Bekämpfung der Echidna durch Argos, dem Ge- danken nach völlig gleich mit der der lernaeischen Hydra durch Herakles, uns einen neuen Zug kennen lehrt, in welchem Argos sich mit Hercules ver- gleichen läfst. Eine ähnliche Parallele möchte die vierte That des Argos, nemlich die Bestrafung der Mörder des Apis, uns darbieten. Wir ziehen es aber vor, (') Apollod. II, 4, 2. (?) v.295 sgg- () Lib.U, 1, 2. (*) Siehe meine Abhandlung der Tod des Skiron und des Patroklus 8.7. (°) Zoega bassirilievi della Villa Albani tav.Lxv. p.96. T.II. Vgl. Panofka, Res Samiorum Pp- 19: Insolentior typus in nummis Gordianı et Gallieni: vir nudus qui stans ambabus mani- bus lapidem praegrandem in arrectum serpentem conjieit. Etwa Argos und Echidna ? 36 DPAamnorFrKka; auf die Haupthandlung im Leben des Argos überzugehen, die im Gebiete der Poesie und bildenden Künste ausführlich geschildert, am meisten im Stande ist, über Wesen und Bedeutung dieser mythischen Person den wün- schenswerthen Aufschlufs zu geben. Als unzähligäugigen Rinderhirten der mit listigem Blick die Io verfolgt ('), als allsehenden Wächter, erdgeboren und unmäfsig im Zorn, schildert uns Aeschylus (?) den Argos. Seine Eigenschaft als Wächter ver- schaffte ihm auch den Beinamen Ongevs und gab zu einem Wortspiel in den Vögeln des Aristophanes (°) Anlafs, wo des Euelpis Frage an Epops ‚,bist du denn Thereus, der Vogel, oder der Pfau?’’ uns deutlich lehrt dafs die Sage des nach seiner Ermordung im Pfau wiederauflebenden Argos nicht so späten Ursprungs ist, als viele zu glauben geneigt sind. Die Unzahl der Au- gen die Aeschylus dem Argos in Bezug auf seinen Beinamen Allseher, Pan- optes, verleiht, entspricht der Versicherung Apollodor’s und des Scholiasten zu den Phoenissen des Euripides (*), dafs Argos am ganzen Körper mit Au- (') Aeschyl. Prometh. v.567 sqq. Io: EN \ s ’ z Xgisı TIS @U ME FaAawav OLFTOOS, EIN. 7 u 7 be 3 Nm erdwAov Aoyov yuyevoÜs, aAeV W da, w 3 x > m , doßodneı Fov MVELWTOV EISopwee Rovrar. e \ ’ ) v > »# 6 08 Mogeveran doAıov on EX,wr, a y Q ’ m IQ 0v oude zurIavovre yaıa zeuDSLEr. sun, \ 7 me >} m ArAE WE TaV FaAaıwav EG evepuv TEgWv m 67 27 > x x ’ AUVNYErEL, TAUVE FE UHTFIW Ava Tav TagaAv ’ eo x ’ > m 4 Launov, Uro Ö8 ANgOTARTTOS öroßet dovaE DEE, e ’ AYETRS Urvodorav VOolAOoV. £ P “1 \ (°) Prometh. v. 678 sgq.: Rovzoros de yyyerns BA > x y € ’ m @rouros opyyv Apyos unaprer, muRrVvols Y N x A‘ > \ x ’ orros Ösdogrus FoUs Emols zara arilous. > \F r] 3ER > IN ’ dmgosdoryros Ö” aürov aibridıos l40gos > un en =: F 9: 1. N e 8 > x roü Shv dmesregysev. oisroominE Ey ‚ 5 a nasrıyı Sara yav meo YAS EArvVvone. 3 6 „ a ’ (°) v.102: Euelp. Tygeüs yag ei ou; moregov opus y FAWS; 3 „ Epops. Ogvıs Eywye. N y ‚ Sa y r R a Schol. "Eraıfe dEov eimeiv avSgwmos N Taws’ 6 MÜSIog de Akysı Tov "Agyov ES TRWVEK METR- m I E) y m BelrHs Sc. die FoUTo [eg mOTsgoV ogvıs & U, ö Asyonsvos Trgeüs (Taga 70 Tyesiv vrV x) „ ‚ rn TUNG. (*) v.1122. 1123. Argos Panoptes. 87 gen versehen war, eine Eigenthümlichkeit welche Plautus (') sinnig durch sein Zotus oculeus, ganz augenvoll, auszudrücken versucht; schmilzt aber bei Ovid (?) zu einem blofsen Hundert Augen rings um den Kopf zusam- men. Der Dichter der Nostoi (?) gönnt unserm Aufseher der Io zwar Stärke und Macht, aber nur zwei Paar Augen, die einen vorn, die andern hinten, in Verbindung mit unermüdlicher Kraft die den Schlaf stets abzuwehren ver- mochte. Hiernach würde unser Argos mit dem doppelköpfigen Janus, wenn nicht eine vollkommne Ähnlichkeit des Gesichts, doch eine unbestreitbare Geistesverwandtschaft für sich in Anspruch nehmen dürfen. Allein es giebt noch eine andre Tradition welche unsrem Allseher nicht mehr als drei Au- gen gönnt, die beiden ersten an der gewöhnlichen Stelle, und nur das dritte ihm von Hera in den Nacken gesetzt, um auf diese Weise ihn zu verhindern dem Schlafe zu unterliegen (*). Mit dieser Augenzahl erinnert er an den pelasgischen Zeus mit drei Augen, Triophthalmos oder Triopas, von denen das dritte auf der Stirn angebracht war, einem Zeus der in sich die Macht der drei Reiche vereinigte (°). Wie verhalten sich nun aber die Kundstdenkmäler zu den angeführten Berichten des Alterthums über Argos? Sie zeigen uns denselben nicht blos in verschiednen Formen, sondern auch in verschiednen Momenten, welche bei der Musterung derselben nicht aufser Acht gelassen werden dürfen. (') Aulul. Act. III, Sc.vı: Quos si Argus servet, qui oculeus totus Ffuit, Quem quondam Ioni custodem addidit, Is nunquam servet. (?) Metamorph. I, v.624: Donec Arestoridae servandam tradidit Argo. Centum luminibus cinctum caput Argus habebat. (°) ap. Schol. Eurip. Phoeniss. v.1122. 6 Ö2 söv Nosrov moinsas dyri’ T r ’ we 3 ’ 7 u G ’ Kaı ot emiszomov Aoyov ı2ı zo@repov TE MEyavrE, > > » r »,@ m e ’ ro Ivo Te rgarın ohTaAMorTıV Ogwievov EVTE He EvIa* > 2 \ er gi &.N ’ EL NS) Pe; Azanarov de 0 wire Te MEVoS, oude oi Umvos ’ N 3 \ 3 9 7 N „I Irrev Emı Bredaoos‘ Purasn 8’ Eygv Eumsdov aurov. Ss { © . . D vg oo er (*) Schol. Eurip. Phoeniss. v.1122: "Agyos u "Hga« ep Suruov riInsw Ev To ivim za Töv 3 fe m. q e ’ x ! > \ Dr} er c 29 u | wi; umvov Egger zu vpırrara za DUAaRE avrov N Ic, ereıre Eauns AUTOV HFEIWVEI. (°) Paus. II, xxıv, 4. 58 PAnorka: 1. Argos als Hirt und Wächter der Kuh Io. To nemlich laut Apollodor (!), von Zeus, laut dem Zeugnifs der übri- gen Schriftsteller (?), von Hera in eine weifse Kuh verwandelt, weidete auf einer Höhe von Argos, die von diesem Umstand den Namen Nemea (?) be- kam. Diese Scene finden wir 1) auf einem Amethyst (*) der florentiner Gallerie (siehe unsre Taf. I, 2.) wo Argos als bärtiger Hirt mit einem über die kurze Tunika gebundnen Felle auf einem Stein unter dem Schatten eines Ölbaums sitzt, Un- thätigkeit und Ermüdung sowohl durch Aufstützung des Hauptes auf die rechte Hand, als durch die gesenkte Linke verrathend. Seine rechte Hand hält einen langen Stab. Ein Hund schläft zu seinen Füfsen. Links scheint die Kuh Io sich seiner Obhut entziehen zu wollen. 2) Eine ähnliche Scene auf einer Paste des Hrn. Townley wird bei Raspe Catal. des pierres grav. Vol.I, p.104. angeführt, 3) Die künstlerische Auffassung des Gegenstandes auf dem eben beschrie- benen Amethyst kann zugleich zur Wiederherstellung eines andren Denkmals dienen, nemlich des Schildes des Turnus, welchen uns Virgil (°) beschreibt, mit goldnen Figuren geschmückt, darstellend Io () Lib.IL, 1,3. cf. Hygin. £.145. (2) Lucian. Deor. Dialog. III. Ars z«ı “Ezuov. \ wand AR \ \ a = N ’ 2. Tyv ou Ivayov made Trv zu oO, W “Eoun; EP. vai. zyv "In Atysıs. Z. 00% ” er ‚ r > ES ’ > ‚ 5 Erı mais Easıvn Eoriv, ara Ocaarıs. EP. TEgaFTIOV TOUTO. TW FEOmW Ö° Eimaadyn; Z. Endo- ’ ed. ıNn >», rumysasa 4% Hoa nereDarev avruV. . E) \ 5; x 3 , q ’ m NA ‘ (?) Lucian. l.c. @rra zur zawov AAO Fı Öswov Ermeunyaryren FR zunrodamovı‘ Povuzorcv \ ’ EU] y > ’ «A ’ \ SL Y a , hy € n Fwa morvopMaeroVv Apıyov Touvolue EMEITNTEV, 09 VEeL TyV damar.ıw, aumvos wv. EP. si owv Yuds \ m ’ > \ r ’ jr ’ 7 m >», m x ARE Yon musv; Z. Aaranranevos € Tyv Nemsov (Exei de mou © Aoyos Bovzorer) EZEWOV MEV ATO- \ Ss‘ N $ \ n ’ > \ „ > ‚ E2 y} \ \ arewov, nv Öe Iw die FoV merayous Es Tyv Ayurzrov arayayuv, Isıw monror. zu FoAormov El Q,' m >», wm \ \ rw > ’ \ \ 3, E 2 \ ’ \ EsTWw "Teogs TOIs £rel. ar Tov Neidov avayerw, Hot TOUS OVEMDUS EMIMEMTETO HL ouwlero ToUs ’ m ni > ’ \ N Y * y mAeovras. Of. Mus. Borb. Vol.X, tav.ı. Etym. M. v.’Apecıos Zeis" % de ange (scil. Agyovs) u r ’ ) IQ s>.\x m 3 , a N ’ y u >2e \ > m voregov Neusr &2An Sn dmo ruv Agyou Bosznuerwv exe yervopevuv, ourws Agppsırvos ErumoAoyet > u nr le - ev Tu) 2 Bısuneziv. (*) Gall. di Firenze Ser. V, tav.xıı, n°1. Davon eine Glaspaste in unserm Museum, pu- blicirt von Schlichtegroll P. gr. de Stosch n°30. Millin Gal. myth. XCIX, 384. (°) Aen. VII,789 sqq. At levem clypeum sublatis cornibus Io Auro insignibat, jam saetis obsita, jam bos, Argos Panoptes. 89 als Kuh, ihren Wächter Argos und ihren Vater Inachus, der seine Strö- mung aus schöngemeisselter Wasserurne enttfliefsen läfst. 4) Auf einer Glaspaste (') der Stoschischen Sammlung (siehe Taf. I, 3.) sitzt Argos mit zwei Lanzen, jugendlich, mit einem Fell bekleidet, auf einem Steinhügel; hinter ihm ein Hund an den Ölbaum anspringend, vor ihm zwei Kühe an der Erde gelagert, über ihnen auf einer höheren Fläche Io als Kuh sich entfernend. 5) Eine dunkelrothe Paste meiner Sammlung (s. Taf.I, 4.) zeigt Argos ebenfalls mit einem Fell bekleidet, jedoch stehend und auf einem Stab gestützt, den Blick auf Io gerichtet, die rechts vor ihm in Gestalt einer weidenden Kuh erscheint. Den Mittelpunkt der Scene bildet ein Öl- baum, auf dessen Ast der Pfau als Repräsentant der Juno sitzt, indefs vor der Kuh der Hund des Hirten sichtbar ist. 6) Im Vatican in der Sala degli animali (?) befindet sich eine stark er- gänzte Marmorgruppe, eine Kuh darstellend mit einem Pan, die ich kein Bedenken trage, auf den Mythos von Io und Argos zu beziehen. Argumentum ingens, et custos virginis Argus. Caelatlaque amnem fundens pater Inachus urna. E . an lre er: A ee or re 5 R - Vgl. Piet. antiq. Virgil. Cod. ex pietur. God. Vatic. sign. n.3225. tav.xvV ad lib. II. Georg. v.152. 2 7 Na ’ ’ \ \ Sn, 2, e n ’ > 3 \ Paus. 8 XVII, 4. Ivayyov de BasıRsVovre Tore Tov moremev aD ERUTCU Asyovsır Ovomnance 708 n [2 ’ \ a} e }} ’ > En Er ' Ic Ey Düse 9 Hoc. (5) Asyeraı de zur 008 6 Aoyos‘ Poguwer Ev N yNn Tau Yevescn TOWTOV, Y. x > 7 \ Inn ı \ \ ’ Eu ve m x ya [77 ’ Ivay,ov Öse 00x avöge, Ara Fov morauov maregee ziran Poguwei‘ Tourer de Horadavı zcei Ha« diza= Nr ‚ \ \ SZ ‚ 5 ‚ ’ er > \ n Tr megt RS Ywgas, FUV de aüra Kydıssov Fe zur Arrsgnvar zgwavruv de Haas zwar rrv yav, u ’ > B OR n u va Y D7 ev „ Y_ ‚ ovrw apırıw aavıraı Fo vong Tossiöuve. zu dia Fodro oure "Ivayos vd, OVTE MAAS TRQE- N > ’ = u va 0 er N z ‚ SEX vie’ YErM FOV EignWevuv moraasv, Orı an UTAEVTOS FOU "TEOU, "TEgoUS de ale adisw Zrrı ra geUWere, \ PR} ’ ne \ BRR: 7 R m e ’ mAyv rwv Ev Aspım. Paus. II, xvını, 3. Ilgos?.Toüs: Ö2 morKumog Errıv Ivayos, zaı Sıaß&rw "Harov ’ > rR Von n eg 7 SEAN Er ‚ fs er RT ‚ 3 RBuuos, EvrsüTev ÖE Emı mUAyV ngsic ARAoUlEryV emo ToU mAnTIOV 1Eg0OV. FO ÖE tegov errıw EiRsı- FAR, eo »ı# \ Er. \ ET > ’ „ EN Suites. Paus. VIII, vI, 2. Ws eyo: ner (Artemisium mons) veov zaı ayanına Agremıdos, Ey,oı de 5 x I L F N 2 e ds ip, A = 3.23 x PER N Be 58% EN 8 \ Ex nv di za FoV lvayov res mnyas. 008 Ivayos, eb oFov MEv moosTı zare TAv 600v TV Öle TOU 0g0US5 FE | 3 2 \ n J 7 a > ’ ! x > 67 e Er \ VAN x rovro Errıw Aydysıoıs zu Marriweüsw 0g08 Fn5 Ywpas' KTOTTgEVaS de &2 TU 6dol To Udwp, die \ [2 Po) 9 SER ’ , Ne ‚ „ „7 Kan R 77 'Apysias yon FO ame Fourou zarsını, za Emı vouru roV "lvaycv @rAoı re zur Alsyudos moremov m E) m J \ \ x a > ’ »cAoOrw "Agyetov. Paus. VII, vır, 1. Ursoßdrrovre de Es ryv Mavrivizyv di Tod Apremsiov, ea Er 8 A aa lv. zaral Scre N EN SE medıov erdeseru ve 'Apyov zaAounevov, ZuTamso yE zur este TO Yap ÜÖwo To Ex ToU Teol zureg- n Re, ar SR > \ r = ER REN Aosvov Es auro Ex Fuv ogwv agıyov eivar To mediov morei etc. Paus. VIII, va, 1. Kar zer srw ’ e ‚ , \ \ IR ’ DE} m rt er) ’ Nestavyv vrazereı MarıTTaE moroce J4EL [r«: aürr] ToU mediou To Agyov, Xogos öde evonagerar Maigas Fo0 mediou de Eorw fi ditEodos roü "Agyov sradınv Öse. (') Winckelm. Descript. d. pierr. gr. de Stosch. Cl. VII, 34. (?) Gerhard Vatican. Mus. S. 163. in d. Beschreibung Roms von Bunsen: M. Pio-Clem. Sala degli animali 83. Philos.-histor. Abhandl. 1837. M 90 PAworxa: 7) Ein Schwefelabdruck in Lipperts Dactyliothek (!) lehrt uns eine von den bisherigen abweichend komponirte Scene kennen (s. Taf.I, 5.). Io als Kuh springt ins Wasser, rechts in ihrer Nähe am Ufer der Hund des Argos, etwas höher neben dem Ölbaum eine Aedicula, in deren Thür eine Figur steht, von der es unmöglich zu entscheiden ist, ob sie die des Argos oder der Juno vorstellen soll (?). 8) Ein pompejanisches (?) Gemälde (s. Taf. I, 6) zeigt Io blos durch Kuh- hörner kenntlich auf einem Stein sitzend und an einen Fels gelehnt; der lange rosafarbne Chiton fällt oberhalb von der linken Schulter, und verräth dadurch die Jugend dieser weiblichen Gestalt; während die linke Hand auf dem Steine aufliegt, hält ihre rechte den grünen Peplos, welcher in schönen Falten den Unterkörper vollkommen ver- hüllt; Sandalen schmücken ihre Füfse. Rechts steht ein Ephebe fast nackt, die rothe Chläna über die linke Schulter und den rechten Arm geschlagen, den rechten Fufs auf einem Steine erhoben, die linke Hand- in die Seite gestützt; die andre hält ein Schwert in der Scheide und eine mit der Spitze nach der Erde gesenkte Lanze und ruht auf dem Schenkel; rechts von Io steht ein grofser Baum. Der neapolitanische Gelehrte (*), dem wir die Bekanntmachung dieses Denkmals verdanken, trug kein Bedenken, der Frau mit Kuhhörnern den Namen Io beizulegen, schlug aber für den ihr zur Seite stehenden Jüngling den Namen Epaphus vor, in der Meinung, Io habe hier ihren Sohn Epaphus wiedergefunden und verkünde ihm mit weissagender Stimme, er werde einst über Egypten herrschen. Allein das Abgewandtsitzen der Io, die Stellung des Jünglings, welche eine ausruhende und sorglose ist, sein Kopf, welcher sich der Io durchaus nicht zuwendet, sondern gleichgültig vor sich hinschaut, der Kopf der Io, der ebenfalls nur ungern sich halb umwendet, ohne beson- 5 dres Interesse für die Person ihres Nachbars: dies alles scheint der Annahme (') Erstes mythologisches Tausend n° 50. Re, Paus. II, xvıur, 7. am amyklaeischen Throne °Hg« d2 apog& mgös Is ryv Twayou Bodv olrav Yon. (°) Mus. Borbon. Vol.IX, tav.L. im J. 1828 entdeckt in einem Nachbarhause der Casa del Naviglio. (‘) Finati im eben angeführten Werke. Argos Panoptes. 91 eines Liebesverhältnisses, selbst eines mütterlichen, zu widerstreben, dagegen der Beziehung eines Wächters zu der zu bewachenden Person ebensosehr zu entsprechen, als das fast gleiche Alter beider Figuren aus der oben ange- führten Genealogie, in welcher Io und Argos als Geschwister erscheinen, vollkommen gerechtfertigt wird. Wir gehen nun auf einen andren Moment im Mythus des Argos und der Io über. II. Die Einschläferung des Argos durch Hermes. Diese Vorstellung mit eigenthümlicher Freiheit künstlerischer Erfin- dung und Behandlung, entlehnen wir einem pompejanischen Wandgemälde (s. Taf. II, 1.), welches im Mus. Borbonico Vol. VIH, tav.xxv zum ersten- mal bekannt gemacht ward. In einer Felsengegend sitzt Io lang bekleidet, mit einem Schleier über dem Haupte, auf einem Felsen, die linke Hand auf einen andern Stein auf- lehnend, während die entblöfste Rechte mit einem Pulsband geschmückt, den Schleier erfafst. Die Kuhhörner an der Stirn lassen keinen Zweifel über ihren Namen. Sie blickt vor sich hin, ohne den sie umgebenden Personen eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Links ebenfalls auf einem Stein, doch etwas tiefer, sitzt in entgegengesetzter Richtung Argos Jugendlich, mit langfliefsenden Haaren, aufgeschürzter Tunika und Chlamys; seine Be- schuhung besteht in Sandalen, die Schnürstiefeln ähnlich oberhalb des Beines mit mehrfachen Schleifen befestigt sind. Der lange Hirtenstab liegt an das rechte Bein gelehnt, die linke Hand ist auf den Stein aufgestützt. Mit der andern scheint er die Syrinx von Mercur zu erbitten, der ihm gegenüber un- bärtig, völlig nackt, mit übergeschlagenen Beinen steht, die linke Hand, von welcher die Chlamys herabhängt, auf einen langen, caduceusartigen Stab gestützt, überdies kenntlich durch die Flügel an seiner Beschuhung. Mercur ist im Begriff, die Syrinx mit der Rechten dem Argos zu reichen. Die Ab- wesenheit eines Schwertes läfst darauf schliefsen, dafs Mercur mit einem der am Boden liegenden Steine den Argos tödten werde (!). Die hier vom (') Wie Hr. Quaranta schon Mus. Borbon. Vol. VIII, tav.xxv. bei der Erklärung dieses Gemäldes bemerkte. M2 92 Pıxsorka: Künstler gewählte Handlung scheint der Einschläfrung des Argos mit Hülfe der Hirtenflöte des Mercur voranzugehen: irre ich nicht, so hat Mercur bis jetzt nur einige Töne präludirt und dadurch die Aufmerksamkeit und Ver- wunderung des Argos erregt, weshalb sich dieser das neue, ihm unbekannte Instrument (!) zu näherer Ansicht ausbittet, ohne den verrätherischen Zweck zu ahnden, zu welchem Mercur dasselbe gebrauchen wird. Ganz anders verhält es sich schon auf dem geschnittenen Steine vor- züglicher Arbeit (?), welchen wir nach einem Schwefelabdruck Taf.II, 2. herausgeben. Hier erblicken wir rechts Hermes mit Flügelhut, Chlaena, Flügel- schuhen, auf einem Felsstück sitzend und die Doppelflöte zu blasen im Be- griff. Die Wirkung seiner Musik wird schon an dem ihm gegenübersitzenden unbärtigen Argos sichtbar, welcher, vom Schlummer ergriffen, seinen Kopf mit fast schon geschlossenen Augen nach hinten zu auf die rechte Hand senkt; sein rechter Arm stützt sich auf den Fels, indefs die linke Hand auf (') Ovid. Metam. I, v. 687, 688: Quaerit quoque (namque Reperta fistula nuper erat) qua sit ratione reperta. (?) Ovid. Metam. I, v. 668 — Nec superum rector mala tanta Phoronides ultra Ferre potest: natumque vocat, quem lucida partu Pleias enixa est: letoque det, imperat, Argum. Parva mora est: alas pedibus virgamque potenti Somniferam sumsisse manu, tegimenque capillis. Haec ubi disposuit, patria Jove natus ab arce Desilit in terras. Illic tegimenque removit, Et posuit pennas: tantummodo virga retenta est. Hac agit, ut pastor, per devia rura capellas, Dum venit abductas: et structis cantat avenis. Foce nova captus custos Junonius, at tu, Quisquis es, hoc poteras mecum considere saxo, Argus ait: neque enim pecori fecundior ullo Herba loco est: aptamque vides pastoribus umbram. Sedit Atlantiades et euntem multa loquendo Detinuit sermone diem: junctisgue canendo Fincere arundinibus servantia lumina tentat: Ille tamen pugnat molles evincere somnos: Et quamvis sopor est oculorum parte receptus, Parte tamen vigilat: Argos Panoptes. 93 dem Knie ruht: neben ihm steht ein langer Stab, völlig gleich demjenigen, welchen wir auf zwei der früher beschriebenen Denkmäler als Stütze und Waffe des Argos bemerkt haben. Zu seiner linken steht lo die Kuh, nur der vordern Hälfte nach sichtbar, aber sinnig vom Künstler zur Mittelfigur gewählt zwischen Hermes und Argos, die ja beide die Obhut derselben sich streitig machen. Nachdem es dem Mercur gelungen ist mit Hülfe seiner Hirtenflöte und seines Schlafverleihenden Stabes die Wachsamkeit des Argos zu hemmen, beeifert er sich, die Befehle des Zeus auszuführen, nämlich II. Die Enthauptung des Argos. Diese wird entweder nach Nemea in Argolis (!) verlegt, oder nach Argura (Argoswacht), einem Ort auf Euboea (*), wo, nach einer andern Tradition (°), Io als Kuh geweidet haben soll. Auf einer merkwürdigen Glaspaste des Königl. Museums (*), die auf Taf. IH, 1. beifolgt, erscheint Mercur unbärtig, mit einem Flügelhut, einer Chlamys über dem Chiton und Flügelstiefeln; in der Rechten hält er die Harpe (°), mit der Linken bei den Haaren das bereits abgehauene bärtige Haupt des Argos, dessen mit Augäpfeln überall versehener Körper todt am Boden liegt (°). Seine Stellung und vorzüglich die Lage seiner Arme lehren (') Etym. M. v. ’Acbesıos Zeüs. Lucian Deor. dialog. III. Ars za “Esnod. gorsgov "Apyırca. "Esrı 6: Foros F5 3 e) \ Pr Pe . Eißcas Agyovor, Omov doret rev mavorryv "Eours meboveuziver. Argura wie Lykosura, Kynosura. eyovo f or ’ (?) Steph. Byz. v. "Agyovga mors Osssadias, W m, y n \ ‚ \ ö EUR s n = 3) Etym. M. v. Eißoe, 4 viros fy zar Mazaıs zur Acrdıyy orı sn Isıdı eis Rolv nera@rr- yon 1 Q RN ‘ 4 em > ’ FaAnS N vNToS Errirt Sein, Ereire morras Boravas % yn aveßAuornrev, 7 or sußoros re zur eü: nor dv aurn Poüs yevoncım KaAAıTTY, Ösergnb ev y In. (*) Winckelmann Descr. d. pierr. grav. de Stosch II. Cl. II. Sect. n? 161. Chalcedoine Pate. (°) Val. Flacc. Argon. IV, 390. 6) Ovid. Metam. I, v. 713 sqq. I Talia dieturus (die Geschichte der Syrinx) videt Cyllenius omnes Ak Succubuisse oculos, adopertaque lumina somno. Supprimit extemplo vocem, firmatque soporem Languida permulcens medicatä lumina virgä. Nec mora: falcato nutantem vulnerat ense, Qua collo confine caput: saxoque cruentum 94 Pısorkk: deutlich, dafs die mörderische Waffe des Mercur ihn im Schlafe überrascht hat. Zur linken des Mercur steht sein Caduceus, ebenfalls länger wie ge- wöhnlich. Dicht dabei der Ölbaum, auf dessen Ast ein Pfau sitzt, indefs am Fufse des Baumes die unglückliche Kuh Io durch eine von der eifersüchtigen Juno gesandte Bremse gestochen (!), vor Schmerz rasend, Reifsaus nimmt, um ihre vielbesungenen Irren zu beginnen (?). Diese Vorstellung des am ganzen Körper mit Augenliedern ausgerü- steten Argos hatte vor allen bisher bekannten, auf Argos bezüglichen Denk- mälern einen unschätzbaren Vorzug dadurch, dafs sie in Übereinstimmung mit den Zeugnissen der Alten, den Beinamen Allseher, welcher diesem Gi- ganten gegeben wird, zu rechtfertigen scheint. Allein auf diese Priorität mufs dieselbe verzichten, seit der Entdeckung einer Amphora, die aus einem vol- centischem Grabe in das Museum des Hrn. Durand (°) in Paris übergegangen ist und bei dessen Auction für 3550 Fr. von Hrn. William Hope für seine vorzügliche Antikensammlung in London erstanden ward. Der Gefälligkeit Dejicit et maculat praeruptam sanguine cautem. Arge, jaces: quodque in tot lumina lumen habebas Exstinctum est: centumque oculos nox occupat una. Excipit hos, volucrisque suae Saturnia pennis Collocat, et gemmis caudam stellantibus implet. C£. Val. Flacc. Argonaut. IV, 390. (') Aeschyl. Suppl. v.300 sqq.: Kogea. Fov mans” ögävre diraz Ererrysev Ro. Basırsus. morov mavorrYV oiol@ourcAov reyaisz Kogaı. "Agyov, Tor “Eauns raid yns KaTeHTavE. y „ ” R3 Basıneus. ri 8° ovv Ereußev a@Ado Öusmoruw (ot; r ’ ’ ’ Kogas. Borraryv, nuure, AWyTYgioV, oirrgov #aro0rıv avrov ci NeiAov werds. M. > m ” m RR A Basırzus. Foyagp vr Er yns YAasev Mazgw Ögonu. Kooaı. za FaÜr ErsEas mavra FUyAoAAws Zuoı. Cf. Sophocl. Electr. v. 4 et 5: \ x BR | e IQ \ \ To yap maraıov Apıyos oumoSTsis" To de m > m 7 TAS oirTgonAnyos arros Ivayov #0gYS. (?) Aeschyl. Prometh. v. 655, 656: oisrecminE 8 Ey ‚ e = > Marrıyı Sea yrv mp8 yas EAavvouan. (°) De Witte Deseript. du Cabinet Durand p. 110 et 111; Bröndsted A brief description of thirty two greeck vases, n° I. Argos Panoptes. 95 dieses Kunstfreundes verdanke ich durch gütige Vermittelung des Herrn de Witte, eine treue Durchzeichnung, welche um ein Drittel verkleinert auf unsrer Tafel II, 2 und 3. erscheint und die Hauptzierde unsrer Argos be- treffenden Denkmälersammlung ausmacht. Das Gefäfs, welches einerseits Dejanira darstellt, wie sie in Gegenwart ihres Vaters Oeneus dem unter Ge- leitung der Athene aus Lydien rückkehrenden Herakles ihr schon herange- wachsenes Kind Hyllus entgegenreicht, ist andrerseits mit dem Tode des Argos geschmückt. _ Hermes erscheint bärtig, das Haupt mit Epheu bekränzt, den hinten herabhängenden Petasus am Halse befestigt, bekleidet mit einem kurzen, gerad gefalteten Chiton, über welchem eine Chlamys den ganzen linken nach Argos ausgestreckten Arm aegisartig deckt. Mit Flügelschuhen ver- sehen, dringt er mit gezücktem Schwerte, dessen Scheide an der linken Seite befestigt ist, auf den in der Flucht fast sinkenden Argos ein ('). Dieser, dessen wilder Bart und Haupthaar einem Giganten wohl ziemen, am ganzen Körper, Hände und Füfse nicht ausgenommen, auf der Rückseite ebenso wie auf der vordern, mit wirklichen Augen ausgerüstet, verräth in den Ge- sichtszügen des ohne Zweifel schon verwundeten Kopfes und in der Haltung ö seiner Hände sein demüthiges Flehen um Gnade, dem aber Hermes kein Ge- hör zu geben geneigt ist. Rechts zur andern Seite des unglücklichen Argos steht ein bärtiger, mit einem Kranz von Weidenblättern geschmückter Mann, den Blick auf Hermes hingerichtet, mit ausgestreckter Rechten demselben in Bezug auf die That einige Worte zuredend. Es wird schwer zu entschei- den, ob diese Worte zum Morde anmahnen, osuer davon abrathen. Im er- stern Falle dürften sie von Zeus (?) ausgehen, welcher aus Zorn über den Wächter seiner Geliebten dem Hermes dessen Enthauptung aufgetragen hatte. Wahrscheinlicher kommen sie wohlwollend dem Argos, und Schonung für (') Vergl. Teiresias, welcher auf dem Wege von Theben nach Glisas dem Ophis mit dem Schwert den Kopf abschlägt. (Paus. IX, xıx, 2.) (?) Annal. de U’Institut Arch£olog. Vol.IV, p.365. Etym. M. v. ’Aesıos Zeus. Hr. de Witte a.a. O. vermuthet hier den Flufs Asterion, welcher in der Nähe des Junotempels fliefsi; allein abgesehen von der Schwierigkeit, einen Flufsgott ohne Hydria, ohne Horn, ja ohne Schilfbekrän- zung sich zu denken, erlaube ich mir die Bemerkung, dals Asterion der Erzieher und Freund der Here war, als solcher Theilnahme für Argos empfinden mufste, und daber auf keine Weise dem Mercur, wie Hr. de Witte vermuthet, die Hinrichtung des Argos zu befehlen Veranlassung hatte. 96 PANnorka: ihn erbittend von einem Manne, welcher den Ort Nemea, wo Argos die Io weidete, als Demos zu vertreten bestimmt ist. Dieser Demos von Nemea, für welchen sich die Hauptbekränzung ebensosehr als das Kostüm und der Stab eignet (!), hatte keine Veranlassung, dem Argos feindlich zu sein, und Morde daher am natürlichsten den Bi um Gnade für denselben anflehen (°). Bemerkenswerth ist diese Darstellung auch noch dadurch, dafs der eigentliche Grund zum Morde des Argos, nemlich die dem Zeus lästige Bewachung der Io, auf diesem Bilde vermifst wird. Desgleichen stimmt auch in der Art der Ermordung diese Kunstdarstellung nicht mit der gewöhnlichen Sage, nach welcher Argos erst eingeschläfert Aa dann ent- hauptet wurde. a diese beiden Obpeichengen dürfen unserm Vasen- bilde nicht als Unvollkommenheiten angerechnet werden; sie zeugen viel- mehr entweder von einer andern Form des Mythos, oder von einer ver- schiedenen Ausbildung desselben in der mystischen Religion. Dieses merkwürdige Bild des Allsehers ist um so schätzenswerther, als es zur Restauration des Schildes dienen kann, welchen in dem Feldzug der Sieben gegen Theben Hippomedon trug. Euripides nemlich schildert uns in den Phoenissen (°) diesen Schild des Hippomedon, in der Mitte ge- (') Vergl. den Demos von Delphi bei dem Morde des Neoptolemos auf einem Cantharus des Grafen Pourtales (Raoul Rochette Mon. ined. pl.xL; Panofka Cab. Pourtales pl. vır.) und den Demos von Eleusis auf dem eleusinischen Preisgefäls des Muste du Louvre (siehe meine Vasi di Premio tav. 11.). (°) Dafs Hermes von der Hera vor Gericht (dem Areopag?) gezogen, aber aus Rücksicht für Zeus freigesprochen ward, weil alle Götter ihm Absolutionssteine zuwarfen, lehrt uns folgende Stelle des Xanthus: Etym. M. v. Eonuafov rev wogdv rav Ay zur FuvoAus Foüs > r sn ’ \ \ te y > ‚ ec m ıv ARER E) Evodtous ALTOUG. 27 ds au RUTWV ZRV-TOS OT RWOHTEIVEVTOS Ego Tov Agyov Rau dizas EIS- Fate Zvou Hal Ümeyovros ev rois Seois dia 70 Bi alas Sa, FoÜs Aorrous dporiwunsvous 70 ayos za Amorvovras Foü hevev, BE aürı vav Yrpov' 0Sev Öapevem Erı za vov TArados m 60 "Egnetos 0:bos errıv. — “Eauns zuara Ars zirRsurıw aveAuv "Agyov 775 log Pirna, 4 NG} 77 3% \ m 7 Q.,r > ’ EIER 4 \ l Q \ yySn vmo On, Hoas avrov za Twv av Sewv eis agıru ayovruw. zpIVOVTeS de roUs SeoVs, ER PERL = N 2 \ Lu 1 ER IS x c m %y ‚N = ’ a > EUARDELTTCE JAEV Aa, dt To Urodızov YEVvETO cı TOov Eoumv, CRIACE de aboTıwaajsEvous Yv Erl,cv \ rs an & = nn N m coyrv, ngosParew auro Tas Yypous‘ zu oUTWG Emiswgeus given mA Sog moAU. dla Foüro Aöyeran awgoüs mov Alzwm* zu TOVToUg zaAElv “Eguaious Aocbous. N 3 k) \ 3 () »v. 113: Qyiyın 8° eis murWuaT Immonsdwv avag EITuH Ey Fnmetov Ev erw vazeı, 5 „7 x N iR ITIHTOLS mavonryv OMARTIV Sedoprora, x E7 TE MeV UV arrow emıroAairıv Olueeroe N, \ \ brAzrovre, Ti ds AgUmFOVTE Övrovrwv WET. Argos Panoptes. 97 schmückt mit der Figur des Panoptes, welcher mit eingesetzten Augen sah, die einen beim Aufgang gewisser Sterne öffnend, die andren beim Unter- gang andrer schliefsend. Den schon vollbrachten Mord des Argos finden wir auch noch auf dem goldnen Korbe wieder, welchen uns der Dichter Moschos (t) als ein Werk des Hephästos schildert, den dieser der Libya bei ihrer Vermählung mit Poseidon zum Geschenk machte. Von Libya bekam ihn ihre Schwie- gertochter Telephassa, die ihn darauf ihrer Tochter Europa gab. Auf der Vergl. Ovid. Metam. I, 625 sqq-: Centum luminibus cinctum caput Argus habebat: Inde suis vicibus capiebant bina quietem: Caetera servabant atque in statione manebant. Constiterat quocunque modo, spectabat ad Io: Ante oculos Io, quamvis aversus habebat. z (') Idyll.II, v. 37-60: FR \ ’ , ’ > ’ Alrn ds ovrsov TaAcegov cbegev Evpwrrein x ’ [a Er ’ 4 [2 ’ Oynrov, neye Tavpe, Meyer movor Hbearsroo, ed nı ’ 67 43 E} FAR; ” 3 Ov Aıkun woge Ouoov, or £5 Acy,os Evvoriyeiov Y .. € N ’ LZE ’ Hiev® 4 de mogev MEQIAcAAE Tyrrspassen, Y er v er) > > , Hre co: aumaros erzev. avvmdu ö Evgwrsn ’ ’ x 7 27 Myrrg Trrsbassse megimdurov wmiTeE Öuigon, E} nr \ „ x ’ F Ev 73 dadarae word FETEUNYRFO MIQIAIRCVTE. > \ „ ’ ’ > \ EN Ev nev eyv gVroro reruynsın TWvayxıs Iw, / ,’ EI] ’ > ’ 5 [4 Eisere mogrıs Eoüsa@" un Ö° oÜx EIYE Yuvaszos. ’ \ ’ 3,32 .€ N ! & PBorrad.en de modsrrw eb armvor Keive ZEIEUTE, ’ eh Pr” Ver ER; S, Nyyonevn izeiy° zvavy Ö° Erirumro Sraocee von > er \ De2 n , 3 Acıoı Ö Eorarav ülol ir obgvos wiyıaAoto 5 , 67 \ , nn.» Bürss doAAYInv' Syslvro de movromögev Poüv. = x > ’Ev Ö’yv Zeus: x ‚ E) e ’ \arl? Hogrıos Ivayıns, syv erramcow mapa Neirw ’ 2 oa ‚ mabwievos ngejace Kergt Teen > m x ’ 2 F m ’Ex Roös eüzegaoıo mar neransılde YUVCeAl. E} ’ x 7 ’ et [3 >» ;} Agyvpsos nv eyv Neidov g005, % ö age mogrıS } = \ ‚ Sir 7 ’ Xarzeın? YWovroü de reruymivog auros eyv Zeus. \ N ‚ \ ‚ ’ A MDpt Ö8, Öwrevros Umo orebavyv FAM.@GOLO © , El ’ 4 es ’ Eonsins nsanro® meras dE 0i Exreravucro ul ’ ’ > /- Aoyos, dzroımyroısı zezasnevos obIaAuoırı n N ’ 33.0 > r Too de bowrsvros ap auMaros EEavererdev y 7} ’ m af m Opvis AraAAoLEVOS TFEIUYWV morvandEt Kom, \ > 7 € , DR m Tagrov AVATAWTARS WSE TE TIS WAURAOS VAUS. v.61: Xgureiov raAagoıo megiszere Yeirca regrois halte ich mit Meinecke für unecht. Philos.- histor. Abhandl. 1837. N 98 Pısorka: einen Seite des mit erhabnen Figuren geschmückten Korbes sah man die Inachidin Io, noch als Kuh, in Gold gearbeitet; rasend schritt sie einer schwimmenden ähnlich, über die salzigen Fluthen; dunkelblau war das Meer. Auf einem Hügel des Ufers standen zwei Männer zusammen und schauten auf dieselbe wie sie das Meer durchirrte. Auf der andern Seite des Korbes stand Zeus und berührte leise mit göttlicher Hand die Inachische Kuh, die er am siebenmündigen Nil aus einer wohlgehörnten Kuh wiederum in eine Frau zurückverwandelte. Silbern war die Strömung des Nils, von Erz war die Kuh, Zeus aber selbst von Gold. Ringsum unter dem Kranze des runden Korbes war Hermes gearbei- tet; nahe bei ihm lag Argos ausgestreckt, mit nie schlummernden Augen ver- sehen; aus seinem purpurnen Blute erhob sich ein Vogel, prangend mit der blumenreichen Farbe seiner Fittige, seinen Flug emporschwingend gleich einem schnellseegelnden Schiffe. Die Taf. 1, 5. publieirte Paste, auf welcher Io über die Fluthen hin- wegschreitet, indefs auf hohem Ufer eine Figur aus einem Häuschen hinaus- schaut, hat vielleicht denselben Gegenstand zur künstlerischen Aufgabe, wel- chen wir auf der einen Seite des Korbes der Europa kennen lernen, und verdient jedenfalls bei der Restauration dieses Kunstwerks des Hephästos einige Berücksichtigung. Ebenso dürfte für die andre Seite des Korbes ein Karniol des Worsleyschen Museums (siehe Taf. I, 7.) mit Erfolg zu Hülfe genommen werden, welcher von Visconti in der Sammlung der Antiken die- ses englischen Kunstfreundes (!) bekannt gemacht und auf Io bezogen ward, die als Kuh zwischen Mercur und Jupiter steht. Der Vater der Götter mit einem faltenreichen Mantel bekleidet, der indefs den Oberkörper entblöfst läfst, erhebt die linke Hand und streckt die rechte, seine Rede begleitend, gegen Mercur hin, welcher mit Flügelhut und Flügelcaduceus neben der (‘) Ed. Milan. tav.xx, n° 3. p. 93: Quesia bellissima corniola lavorata con sapere e con eleganza, rappresenta Giove che raccomanda a Mercurio Io trasformata in vacca. Il soggetto © rarissimo e quasi unico. Sappiamo da Pausania (lll, xviu, 7.) che Baticle, artefice di Magnesia molto antico, avea rappresentata Io in vacca alla presenza di Giunone ne’ bassiri- lievi di bronzo del trono dell’ Amicleo. Due pitture d’Ercolano peranco inedite ci rappresen- tano Io trasformata in vacca con Argo e Mercurio, e poi divenuta Dea dell’ Egitto, parimente accompagnata dal messagero degli dei. La circostanza pero che si esprime nel nostro intaglio € diversa dalle accennate immagini e rende la gemma pik singolare. Argos Panoptes. 99 Kuh steht, seine linke auf ihren Kopf haltend. Er sowohl als Jupiter ist beschuht, rechts zu den Füfsen des letztern erblickt man den Adler (t). Die Enthauptung des Argos scheint uns noch auf einer Silbermünze der Stadt Argos (siehe Tafel I, 5.) versinnbildet, die einerseits mit dem Vor- dertheil des im Laufe begriffenen Wolfes, andrerseits mit einem Viereck ge- schmückt ist, worin ein Argos bezeichnendes A sich befindet und unter diesem eine Pfauhenne, die auf einer Harpe steht (?): in den beiden obern Winkeln des Vierecks befindet sich in dem linken ein II, im rechten ein Y (°). Die zum Vergleich mit dieser Münze Taf. II, 3. von mir zum ersten Male publi- cirte Paste möchte wohl wegen des Wolfskopfes und des Pfaues auf Argos und den Cultus der Hera daselbst (*), der unter dem Pfau liegende Schild (') Man kommt in Verlegenheit, auf welchen Moment im Mythus der Io diese Vorstellung eigentlich zu beziehen sei. Ist es der Augenblick, wo Jupiter, um Io vor der Eifersucht der Juno zu schützen, dieselbe, laut Apollodor, in eine weilse Kuh verwandelte und sie zunächst dem Mercur übergab, um sie an den Ort Nemea zu bringen, auf welchem sie weidete, und wohin ihr Juno den Argos als Wächter nachsandte? oder sollte Io nicht vielmehr nach der Ermordung des Argos, von Mercur dem Jupiter zurückgeführt werden, um ihre weibliche Gestalt, wenn nicht früher, so doch an der Mündung des Nils, wieder zu erhalten? Doch wir haben vielleicht Unrecht, den Motiven dieser Composition so ängstlich nachzuspüren, da dieser Stein, so sehr auch Visconti Erfindung und Ausführung des Gegenstandes auf demsel- ben anpreist, vielleicht eine römische Arbeit neuerer Zeit uns vergegenwärtigt: ein Verdacht, der in Bezug auf Jupiter in der unmotivirten Haltung seines linken Arms, in der ungeschick- ten Richtung des rechten, der plumpen Lage des Gewandes über der rechten Schulter, ja selbst in den Flügeln am Caduceus des Mercur seine Begründung findet. (?) Die Vergleichung des Hermes mit Perseus, welche wir Musce Blacas pl.xxvı A, p. 76, 77. weiter ausgeführt haben, spricht sich auch hier in der für beide Individuen gleich passenden Harpe aus: mit dieser opfert in Nemea (Etym. M. v. ’Acpzrıcs) Hermes dem Zeus Aphesios den Argos; und Perseus (Paus. II, xv, 3) auf dem Berge Apesas über Nemea zuerst dem Zeus Apesantios, welcher meines Erachtens von Aphesios nicht verschieden sein kann. Vgl. beim Schol. Viet. Hom. Il.xıv, 319 den Perseus, welcher den Dionysos tödtet und seinen Kopf in den lernaeischen See wirft. (°) Millin G. mythol. pl.xcvı. n? 388 *. (*) Paus, II, xvır, 6. im Heraeum bei Mycenae yguroV de zur ArSwv Auumovrwv "Adgıcvös Barırzds resv av&Syzev. Hiermit vergleiche man die zwei Pfauen von vergoldetem Erz nebst dem vergoldeten kolossalen Pinienapfel, welche, wie es heilst, der Spitze des Mausoleum Hadriani zum Schmucke dienten und gegenwärtig im Vatican sich befinden. (Gerhard Vati- canisches Museum in Bunsens Beschreib. Roms $. 106; Visconti M. P. Clem. T. VII, tav. 27.). Athen. XIV, p.655 A. Myvodoros de 6 Namıos Ev FW megı zuv zura TO iegov THs Iapias “Hoas dur „Oi zaor kegor eisı TyS "Haas. za anmors maWrıoF0 zu Eyevovro za Eracbnrav ev Sana N2 100 Pınorka: auf die argivischen Schildspiele an den Heräen (') zu beziehen sein: das aus der Hydria hervorströmende Wasser dürfte, wie auf dem von Virgil (?) be- schriebnen Schilde des Turnus, den Flufs Inachus (?) uns vergegenwärtigen. Dies wären unsres Wissens die Denkmäler, welche den Mythos des Argos und der Io in seiner populären oder demotischen Form uns vergegen- wärtigen. Es bleiben uns aber noch einige andre übrig, die einen tieferen religiösen Charakter an sich tragen und auf die wir jezt übergehen. IV. Argos als Tempelpförtner der Hera. Eine Amphora (siehe Taf, IV, 1.) bei Anzi in Basilicata gefunden, zeigt auf der Hauptseite eine Jungfrau mit fliefsendem Haar, nur den Unterkörper mit dem Peplos bedeckt, auf einem Altar sitzend, durch Kuhhörner an der Stirn als Io erkennbar. Links neben ihr steht auf einer jonischen Säule das Idol der Hera mit herabwallendem Haar, einem gestickten, bis an die Füfse reichenden und mit einem Gürtel befestigten Chiton (*), die rechte Hand erhoben als wäre sie ein Scepter zu halten bestimmt, die Linke gleichfalls in einer Lage, die vermuthen läfst, dafs sie mit irgend einem Attribut verse- hen war. Vor Io tritt ein unbärtiger Mann, den Unterkörper und linken Arm in einen Peplos gehüllt, dessen Saum gestickt ist: in der Rechten hält er einen in ein jonisches Capitell auf welchem ein Vogel steht, auslaufenden Stab, welcher als Scepter die Anwesenheit des sonst nicht leicht kenntlichen Zeus uns verbürgt. Auf einer höheren Fläche dicht bei Zeus erscheint ein er) a > \ EZ, AO EVTEUDEV EIG TOUG € (= & ’ > n I TREN > ’ > we D \ wevce JMERERYELOES Ev N Alrwire. 010 za Avrıbavns ev Tor Onorergors DrTiv \ ’5 4 i { S { ’ IQ e Ye 29 ‚ > = IS Ne ER ) FomouG dısdoOyTav, WS Zar © @AERTOUOVES ev FN Ilegeıdı, AOL RL ARADU- ’Ev "Hrlov nv darı yıyvertaı more Doivızas, Zv ’ASyvaıs de yAadzas. % Kuörgos Eygı mereies Öcehogous* 0’ ev Saum "Ha« 70 Yevsoüv, darıv, SavıTuv yevos, roüs zur AMeghbous ze mes @Azmrous Tao. (') Hesych. v. 'Ayuv yurzeios. Callimach. Lavacr. Pallad. v. 35 sqq. cum not. Spanhem. Creuzer Symbol. II, 585. (2) Aeneid. VU, 792. (°) Piet. antiq. Virgil. Cod. tav.xv.ad Georg. 1. II, v. 152. (‘) Wohl ähnlich dem, welches Paus. II, xvır, 3. im Heräum bei Mycenae sah „erriw' Eri ’ 7 Ri u ) nn.» zıovos ayarııa Haas agyator. Argos Panoptes. 101 bärtiger Satyr, in der Linken eine Syrinx haltend: während er sich von der Scene entfernt, wirft er noch einen Blick nach ihr zurück: dafs der Gest seiner rechten Hand Bewundrung des schönen Mädchens Io ausdrückt, wie Hr. Ottfr. Müller meint, wagen wir nicht zu versichern. Io im Rücken, auf der andern Seite der Composition, erscheint ein Ephebe mit einer Chlamys und mit Schnürstiefeln bekleidet, den linken Fufs erhoben und die rechte Hand gleichzeitig mit der verhüllten linken wohl auf einen nicht sichtbaren Stab stützend. Oberhalb deutet ein Baum (!) in seiner Nähe den Hain an, welcher im Mythos der Io erwähnt wird. Über Io, doch in entgegengesetzter Richtung, sitzt ein Flügelknabe, mit der Rechten aus einem Lekythos wahr- scheinlich Oel oder Balsam auf das Haupt des Heraidols herabgiefsend. Der Herausgeber (*) dieses merkwürdigen Vasenbildes erkannte mit Recht Io die Tochter des Inachus, glaubte aber sie auf einem Altar sitzen zu sehen, wie sie den Schutz eines Königs sich zu erflehen bemüht ist. Ueber den Epheben im Rücken der Io verlor er kein Wort, und hinsicht des Satyrs am entgegengesetzten Ende der Composition versicherte er, derselbe stehe aufser aller Beziehung zum Gegenstand. ,,Da die dionysischen Sce- nen in Grofsgriechenland sehr beliebt waren, so brachten die Vasenmaler, meint Herr Millingen, oft Satyre und ähnliche Figuren in den Compositio- nen an, die sie nachzuahmen den Auftrag hatten.” Diese bequeme Weise mit Figuren schwieriger Deutung fertig zu werden, indem man sie der Will- kühr der Vasenmaler zur Last legt, geniefst zwar noch heutigen Tags den Beifall angesehener Archäologen, kann aber auf keine Weise denen genü- (') Vgl. den auf dieselbe Weise dargestellten Baum hinter dem Pfau auf dem Zodiacalmo- nument bei Clarac Mus. du Louvre pl. 171,19; Millin Gal. myth. xxıx, 806 a. (?) Millingen Vas. Coghill pl.xLv1; früher von Vivenzio in einem Briefe an Guattani (Memor. Encicloped. Romane Roma 1815 tom. V, p. 41) schlecht publieirt und auf Iphigenia beim Idol der taurischen Artemis, Orest und Pylades gedeutet. Die Rückseite dieser Amphora (Millingen Vas. Coghill. pl.xLv) zeigt eine verschleierte Trauernde auf den Stufen eines durch eine jonische Säule bezeichneten Grabdenkmals sitzend; schwarze Tänien und ein Lekythos sieht man neben ihr, desgleichen eine Hydria: rechts ein Hierokeryx mit einem Petasus, einer Chlamys, die rechte Hand erhebend, die Linke verhüllt auf den Caduceus stützend: hinter ihm eine Frau mit einem Kekryphalos um den Kopf, in der erhobenen Rechten ein Alabastron. Rechts neben dem Grabmal ein Ephebe behelmt, mit einer Chlamys und Lanze, in der Rechten ein Kar- chesion; er trägt Schnürstiefeln. Orestes, Elektra, Pylades und eine Dienerin, nach Millin- gens Erklärung. : 102 PAnorka: gen, die von dem engen Zusammenhang religiöser Ideen und künstlerischer Formen, welcher in Griechenland zum Gesetz der Nothwendigkeit gewor- den war, bei jeder neuen Denkmälerentdeckung sich aufs Neue überzeugen. Daher ziehen wir es vor, auf das Taf. II, 1. gestochne pompejanische Bild hinzuweisen, das uns Io mit Kuhhörnern sitzend in der Mitte zwischen Argos und dem mit einer Syrinx versehenen Hermes kennen lehrt. Auf die Auto- rität dieses Bildes mit Rücksicht auf die Stellung unsres Epheben in der Nähe des Heraidols, mit dem Blick nach der vor ihm sitzenden Io, und andrer- seits in Erwägung des neben Jupiter befindlichen und mit einer Syrinx gleich- falls versehenen bärtigen Satyrs, tragen wir kein Bedenken auf unsrem Va- sengemälde für den Epheben links den Namen Argos vorzuschlagen, und in dem Satyr mit der Syrinx rechts jenen arcadischen Pan zu vermuthen, der mit Hermes theils darin sich identificirt, dafs beide als Götter der produkti- ven Natur, als Prineip der Generation (!) angebetet wurden, theils aber auch darin, dafs dem einen wie dem andern die Erfindung der Syrinx (?), ja selbst auch der Schildkrötenlyra (*) zugeschrieben wird. Wir kommen jezt auf ein andres Vasenbild (siehe Taf. IV, 2.) welches einer Hydria des K. Museums (*) zum Schmucke dient, und als Zankapfel zweier Veteranen deutscher Archäologie bereits eine gewisse Oelebrität er- langt hat. In der Mitte einer figurenreicheren Scene als die des vorigen Bildes, steht auf einem aus zwei Stufen bestehenden Altar eine weibliche Götter- statue mit einem Polos auf dem Haupte, lang herabfliefsendem Haar, einem langen mit Ueberschlag versehenen Chiton, in der Rechten eine aus Quer- (‘) Dals Pan mit dem Hermes ithyphallicus zusammen fällt, hat schon Creuzer nachgewie- sen, Symbolik 2° Ausgabe, Bd. III, S. 236. (?) Mercur, Erfinder der Syrinx, Homer. h. in Mercur. v.512; Apollod.III, 10,2; Athen.IV, 184 a; Raoul Rochette Monum. ind. pl.xrıx, 1, p. 261; Panofka Ann. de l’Institut Vol. II, p- 188; Mus. Blacas p. 60. — Pan, Erfinder der Syrinx, Paus. VIII, xxxıx, 8. und Paus. VIII, XXXVL, 5. (°) Mercur, Erfinder der Schildkrötenlyra, Hom. hymn. in Mercur. v. 460 sqg. und v. 525; Paus. VIII, xvır, 4; Philostr. Imag. I, 10; Horat. Od.I, ıx,6; Apollod.III, 10,2; Hygin. Astron. Lyra VII. — Pan, Erfinder der Schildkrötenlyra auf dem Berg Parthenion in Arkadien, Paus. VII, Lv. (‘) 1F.6-2.h., 1F.1Z.D., aus der Gr. Ingenheimschen Sammlung in die Königliche über- gegangen. Levezow Vasenverzeichnils n® 902. S. 205; Gerhard, Berlins antike Bildw. S. 260. Argos Panoptes. 103 stäbchen zusammengesetzte Fackel haltend, in der Linken einen Bogen. Rechts sitzt neben ihr, doch seitwärts gewandt, eine weibliche Figur, deren lange geschürzte Tunika nur an der linken Schulter noch befestigt ist, sonst aber rechte Brust und Oberkörper nicht bedeckt. Ein Peplos dient aufser- dem noch als Verhüllung ihres Unterkörpers; der Stirn entspriefsen zwei kleine Kuhhörner. In der gesenkten Rechten hält sie einen kranzartigen Kopfschmuck, in dessen Mitte eine Lotosblume sichtbar ist, in der erhob- nen Linken ein Kästchen, wohl zum Schmuck. Ihr tritt ein bärtiger und lorbeerbekränzter Herrscher mit einem in eine Lilienblume ausgehenden Scepter entgegen; sein Unterkörper ist in den Peplos gehüllt, seine Rechte nähert sich dem Munde, indefs sein Blick ganz in die Jungfrau versenkt ist. Hinter diesem, weiter rechts, steht eine schwerbekleidete, mit Sphendone, Schleier und Halsband geschmückte weibliche Figur, auf ihrer erhobnen Rechten den Vogel Iynx haltend: hinter derselben steht ein Dreifufs: über ihr, jedoch durch eine Linie, die einen Bergrücken andeutet, geschieden, sitzt ein jugendlicher, mit einem Fell bekleideter Pan, in der Linken eine Staude haltend, in der Rechten wohl eine Syrinx: vor ihm bemerkt man eine Asterblume. Seine Aufmerksamkeit scheint auf einen Flügelknaben hingerichtet, der ihm gegenüber oberhalb lo auf seinem Gewande sitzt, in der Linken Stöckchen und Reifen haltend und mit der erhobnen Rechten ihn vielleicht zum Spiele einladend. Links unweit des Idols der Göttin, doch etwas tiefer, steht ein Ephebe in einer Chlamys, den linken Fufs auf einen Haufen kleiner Steine erhoben. Sein Haupt ist mit einer einfachen Binde geschmückt: die linke Hand hält ein Diptychon, die rechte stützt sich auf eine Keule. Vor ihm, sowohl ober- als unterhalb wächst eine Staude; in der Nähe der leztern befindet sich ein Rehkalb. Hinter dem Epheben, am äufsersten Ende der Composition steht eine Hydria, neben einer gleichen Staude: über demselben eine schwerbekleidete Frau, das mit einer Stephane geschmückte Haupt hinten vom Schleier bedeckt, in der Rechten einen Sce- pter haltend, welcher dem vorherbeschriebenen fast gleichkommt, Blick und linke Hand nach der mit Kuhhörnern versehenen Jungfrau gerichtet. Wenn wir bei der Beschreibung der Figuren uns enthalten haben, selbst den unzweifelhafteren Eigennamen beizufügen, so geschah dies aus Rücksicht für die vielen und verschiedenartigen Erklärungen, welche diesem Denkmale vorzugsweise vor vielen andren zu Theil geworden sind. 104 PaAnoreka: Nachdem der erste Herausgeber dieses Vasenbildes (), nicht ohne einige Überwindung, der kretensischen Ariadne Hörner gesetzt, glaubte er diese Tochter des Minos hier wiederzufinden, gegenüber ihrem Vater, in dessen Nähe die Personification von Kreta in der Frau neben dem Dreifufs, und oberhalb Diktynnios als Berggottheit sich befänden. Linkerseits ver- muthete er das Idol der Artemis Britomartis, daneben in dem Jüngling mit der Keule Theseus als Brautwerber der Ariadne, und ihm zur Seite Aphro- dite, an welche sich der Flügelknabe Eros in der Höhe anschliefse. Mit Recht erhob Böttiger gewichtige Zweifel nicht blos gegen die Kuhhörner der Ariadne, gegen die willkührliche Erklärung der Frau mit dem Vogel als Personification von Kreta, sondern vorzüglich gegen die Per- son des Theseus, welche in der Absicht um die Hand Ariadnens anzuhalten, wohl den Muth haben würde vor sie hinzutreten, und nicht sich den Rücken kehren zu lassen. Allein neben dem Verdienst, die schwachen Seiten dieser Erklärung aufgedeckt zu haben, gebührt ihm das ungleich gröfsere, die Mo- tive der Handlung richtiger aufgefafst und für die einzelnen Personen tref- fendere Benennungen vorgeschlagen zu haben. So konnte er sich nicht über den bärtigen Mann mit Scepter und dessen Absicht einen Augenblick täu- schen. Er sah in ihm den Herrscher des Olympus, Zeus, wie er der auf dem Altar sitzenden Liebesanträge nach den ihr übergebnen Geschenken zu machen willens ist. Ebenso folgerecht gab er der Frau mit dem Vogel Iynx den Namen Aphrodite, und dem gehörnten Waldgott über ihr den Na- men Pan. Auf gleiche Weise nöthigte ihn bei der Frau am andern Ende der Scene, Bekleidung, Schleier und vorzugsweise die Ähnlichkeit des Sce- pters mit dem des Zeus, die Gemahlin des Zeus, Hera zu vermuthen. Sein gesunder Blick täuschte ihn ebensowenig über Charakter und Motiv des mit einer Keule versehenen Epheben; und obgleich er ihn mit keinem Eigenna- men ausstattete, so bezeichnete er ihn doch vollkommen genügend als einen Freund und Boten der Hera. Das alterthümliche Idol schien ihm der Hekate anzugehören und die bei demselben sitzende, nach Böttiger mit Ziegenhör- nern versehene Frau, Iynx vorzustellen, die Tochter der Peitho, die den Zeus durch Zauberreiz zu fesseln gewufst hatte. (Dane die Brautschau, Berlin 1825. Argos Panoptes. 105 Es ist zu bedauern, dafs diese in den meisten Punkten unangreifbare Erklärung durch das Mifsverständnifs der Hauptfigur zerstört wurde. Denn hinsicht dieser liefs Böttiger sich durch die Ansicht des ersten Erklärers ver- leiten, dafs nämlich in der griechischen Mythologie, wenn einem Gliede einer Familie Hörner zukommen, sie ohne weiteres auch andern Gliedern dersel- ben, trotz dem Schweigen alter Zeugnisse, zugemuthet werden dürfen; und so glaubte er, mit Rücksicht auf den ziegenhörnigen Vater Pan, die Hörner der Iynx rechtfertigen zu können, wie der frühere Erklärer aus den Stier- hörnern des Geliebten der Pasiphaö und aus denen des Minotaur die Hörner der Ariadne abzuleiten versucht hatte. Den beiden angeführten Erklärungen schliefst sich als dritte der Com- mentar eines berühmten neapolitanischen Archäologen an, welcher den Wie- deraufstich dieses Vasenbildes begleitet. Hr. Avellino (!) vermuthet in dem Idol das Bild der taurischen Artemis und bezieht hierauf die unter demselben befindliche Hirschkuh. Zu den Füfsen der Göttin sitze Iphigenia, die als Priesterin der Tauropolos mit Kuhhörnern geschmückt sein könne. Der vor ihr stehende Fürst mit Scepter stelle Thoas vor, die hinter diesem befindliche Frau die Personification der taurischen Halbinsel, welche Euripides (?) als vogelreich bezeichnet. Oberhalb sitze Pan, dessen Gesang der euripidei- sche Chor (*) der rückkehrenden Iphigenia verheifst. Der Flügelknabe mit Stäbchen und Reifen deute in Bezug auf die Flucht der Iphigenia den Wech- sel der Dinge an: linkerseits erscheine der Iphigenia im Rücken ihr Bruder Orest, in seiner Nähe der Schatten der Klytemnestra. So wenig dieser Deutung Scharfsinn und in manchen Einzelheiten ein gewisser verführerischer Schein der Wahrheit abzusprechen ist, so läfst sich doch vorzugsweise gegen sie dieselbe Einwendung machen, welche den bei- den früheren ihr Ansehen raubte, nämlich dafs die Kuhhörner der Iphigenia ihre Begründung von noch zu entdeckenden Zeugnissen der Schrift oder Kunst erst zu erwarten haben. Desgleichen möchte bei so feiner Zeichnung (') Opuscoli diversi Vol.II, tav. 7. p. 169-174. (2) :v.435 moAvogvıTor. () v. 1125-1127. Zugguv 8° 6 wngodtres Karanos oögsiou Ievos Kuraıs imSwügen. Philos.-histor. Abhandl. 1837. (6) 106 PAnorkKa: und verständiger Composition dem Seythenkönig Thoas sein barbarisches Costüm wohl nicht versagt worden sein, auch mufste die Repräsentantin von Tauris etwas weniger hellenisch, ja vielleicht mit einer Stierhaut bekleidet erscheinen: endlich der Schatten der Klytemnestra konnte dem Orest und der Iphigenia im Rücken gar keine Wirkung hervorbringen; vielmehr hätte er sich, wie es einer jeden Vision zukommt, und wie wir die &odwr« auch auf Kunstwerken sehen, vor den Augen dessen, dem diese aus dem Grabe hervor- kommende Erscheinung gelten sollte, wirklich zeigen müssen. Abweichend, aber gewifs nicht glücklicher, kat Ottfr. Müller (?) unser Vasenbild aufgefafst, wenn er im Tempel der Artemis Lusia, deren Bild das Idol mit Fackel und Bogen vergegenwärtigen soll, den Seher Melampus zu erblicken glaubt, wie er die Prötiden, namentlich seine Geliebte Iphianassa, zu heilen bemüht ist. Die Stelle, worauf diese ganze Erklärung sich stützen soll, ist bei Virgil. Eclog. VI, 48 sqgq.: Proetides implerunt falsis mugitibus agros; At non tam turpis pecudum tamen ulla secuta est Concubitus, quamvis collo timuisset aratrum Et saepe in leyi quaesisset cornua fronte, sagt aber durchaus nicht, dafs die Prötiden in Kühe verwandelt worden wären, sondern blos, dafs sie in ihrer Raserei sich für Kühe hielten, wie Kühe brüllten: der v.51 lehrt sogar ausdrücklich, dafs die Prötiden eine glatte Stirn und keine Hörner an derselben hatten, wie auch Vofs in seinem Commentar leris frons richtig von einer hornlosen Stirn verstand. Auf diese Weise erscheint die Kuhverwandlung der Iphianassa als eine Gewaltthat des Erklärers und verliert somit ihre Bedeutung. Allein auch abgesehen davon, suchen wir vergeblich in dieser Scene nach Anzeichen, die auf Sühnung und Heilung schliefsen lassen. Gälte es wirklich eine solche {e) Handlung, so dürfte, wenn auch der Seher Melampus, doch schwerlich das o’ Idol der Göttin eine Schaale als Sühnungssymbol entbehren, insofern die griechische Kunst nicht mit Bogen und Fackel, sondern mit einer Gesund- heitsschaale, wie Hygiea sie trägt, den Begriff der Lusia, als Reinigungs- und Sühnungsgöttin, auszudrücken für gut fand. Endlich vermissen wir auch alle bacchischen Attribute nicht blofs in der Nähe jener von bacchischer (') Handb. d. Archäologie $. 363, 2A. Apollodor. IH, 2, 2. spricht blos von Raserei. Argos Panoptes. 107 Wuth ergriffenen Prötiden, sondern auch selbst in der Hand des Melampus, der als Gründer des Dionysoscultus in Griechenland genannt wird. Wie ganz anders tritt uns dieser Mythos auf dem von Millingen (!) publieirten und richtig erklärten Vasenbilde des neapler Museums entgegen, wo wir nicht eine, sondern sämmtliche Töchter des Prötus um das Idol der Göttin schutz- flehend sitzen sehen, und Dionysos so wie Melampus in ihrer Umgebung! Das Ungenügende dieser so wie der drei vorher erwähnten Auslegun- gen bestimmte unsern Collegen Gerhard (?) eine fünfte, vom ersten Heraus- geber dieses Denkmals leichthin verschmähte (°), aber unsers Bedünkens einzig richtige Deutung dieser Scene vorzuschlagen und zu begründen. Dieser gemäfs ist die Hauptfigur von auffallender Ähnlichkeit mit der des Coghillschen Bildes keine andere als die Inachidin Io, welcher die Zeug- nisse alter Schrift mit der gröfsten Bestimmtheit Kuhhörner zuertheilen. Eben so unzweifelhaft ist die Benennung Zeus für den bärtigen Mann mit Scepter, der ihr gegenübersteht, mit liebendem Blick die Wirkung seiner eben überreichten Geschenke beobachtend (*); desgleichen der Name Hera für die scepterführende Frau am Ende der Scene. Auch Aphrodite findet in der Frau mit dem Vogel Iynx eine vollgültige Kunstdarstellung: noch weni- ger lassen sich gegen den oberhalb sitzenden Pan Zweifel erheben. Das Idol mit Fackel und Bogen kann nach des Erklärers richtiger Bemerkung eben- sowohl einer Geburtsgöttin Hera, “Hoa ’Eırn Sue, wie sie in Argos ver- ehrt ward (3), als einer Artemis zukommen, und jedenfalls gehört es der Göttin an, deren Priesterthum Io bekleidete. In der That, zeigen uns nicht die späteren Erzmünzen von Samos die Idole beider Göttinnen in sehr ähn- licher Gestalt, und haben nicht Hera und Artemis auf dieser Insel die Bei- namen Chesia und Imbrasia miteinander gemein? (°) wie ja auch andrerseits in Sparta Artemis unter dem Beinamen Lygodesmos und mit derselben darauf (‘) Peint. d. Vas. pl.uıl. Gerhard und Panofka Neapels Antiken S. 375. (2) Berlins antike Bildwerke, erster Theil S.260 u. ff. (°) Hirts Brautschau 8.2. (*) Vgl. Helena die Geschenke des vor ihr stehenden Paris betrachtend, Dubois Maison- neuve Introd. & l’Etude d. Vas. pl. LXXX. () Hesych. v. ErySues. Pausan. VII, xxıı, 5. Ovid. Fast. II, 453; III, 355; VI, 39. (°) Panofka Res Samior. p. 03. O2 105 Pınsorka: bezüglichen Ceremonie verehrt ward ('), wie auf Samos die argivische Hera, eine Erd- und Mondgöttin zugleich, bei Gelegenheit ihres Festes Tonea? (?) Indem wir aber soweit der Ansicht unsres Freundes fast durchaus beistimmen, müssen wir zugleich bekennen, dafs für den keulentragenden Epheben hinter Io der Name Phoroneus als Bruder derselben zwar in Absicht auf Alter und das etwas gleichgültige Verhältnifs beider nicht angefochten werden kann, wohl aber in Rücksicht auf das Stillschweigen, welches der Mythos der Io hinsichtlich dieses Phoroneus beobachtet. Es scheint uns daher zweckmäfsig, für unsren Keulenträger einen andern Namen zu suchen, welcher den Vor- theil besitzt, eine nothwendige Stelle in diesem Mythos zu behaupten. Noch weniger können wir unsrem Collegen beipflichten, wenn er das Reh unter- halb der Göttin auf bacchische Spiele, die Hydria unterhalb der Hera und den Dreifufs neben Aphrodite als bacchische Siegespreise, endlich den Pan als Beschützer bacchischer Schauspiele zu deuten geneigt ist: da von sichrer Andeutung dionysischen Charakters (*) in dem ganzen Gemälde sich nirgends eine Spur findet. Unsers Bedünkens ist die Göttin mit dem Vogel Iynx in der Hand nicht blos eine Aphrodite schlechtweg, sondern gerade durch den Liebes- zauber, welchen dieser Vogel einzuflöfsen die Kraft hat, ist sie eine Aphro- dite Peitho, somit in der Bewerbungsscene des Zeus um Io eine unentbehr- liche Person (*). Bedenken wir aber zugleich, dafs in der Mythologie die später in den Zaubervogel verwandelte Nymphe Iynx eine Tochter der Peitho (°) genannt wird, und zugleich den Pan zum Vater hat (°), so wird die Nachbarschaft des Pan und der Peitho nur um so verständlicher. Indefs können wir es nicht unterlassen, um des mit einem Reifenspiel (790%,05) ver- (') Pausan. III, 16, 7. (?) Res Samior. p. 60. (°) Vergeblich sieht man sich nach einem Thyrsus, bacchischem Gefäls, Epheukranz, Tym- panon um. (*) Vergl. Pitho bei der Bewerbung des Paris um Helena. Relief früher in der Samm- lung des Duca di Noja (Winckelm. mon. ined. n® 115, Milling. gal. myth. 173); jetzt im Museo Borbonico (Gerhard Neapels Antiken S. 69). (°) Schol. Theoerit.II, 17; Schol. Pind. Pyth. IV, 380; Nem.IV, 56. Tzetz. ad Lycophr. v. 310. (°) Tzetz. ad Lycophr. v. 310. “Argos Panoptes. 109 sehenen Eros willen (!), an jene Göttertriade zu erinnern, die, aus Phaos oder Pan, Aphrodite und Eros bestehend, auf einer Reihe von Vasenbildern uns entgegentritt (?) und deren Gegenwart der mythischen Scene, welche unter ihren Augen vorgeht, den Charakter einer mystischen aufdrückt. So- bald aber von allen bisherigen Erklärern anerkannt ward, dafs die dargestellte Scene in einem Tempel stattfindet, so dürfte die Anwesenheit des Dreifufses wohl am natürlichsten als Symbol des Cultus und Opfers zu deuten sein. Was aber das Reh anbetrifft, so kann ich nicht der Ansicht derer beitreten, welche in ihm den gewöhnlichen Begleiter der bogenführenden Göttin hier erkennen wollen: in dieser Eigenschaft müfste er nicht unterhalb des Altars, sondern auf dessen oberen Stufe neben der Statue der Göttin selbst erschei- nen. An der Stelle aber, die das Rehkalb auf unsrem Bilde einnimmt, kann es nur, gleich einem Hunde, als Vorläufer des keulentragenden Epheben angesehen und mit diesem in Verbindung gesetzt werden. Es mufs auffallen, dafs diejenigen, welche den Mythos der Io auf unserm Vasengemälde anerkannten, in der Verlegenheit hinsicht des Keulen- trägers, gerade denjenigen aufser Acht liefsen, welcher in diesem Mythos eine der ersten Rollen spielt, ich meine den Argos. Werfen wir einen Blick auf mehrere der oben angeführten Denkmäler, so finden wir diesen Wächter immer in der Nähe und zwar im Rücken der Io, sie möge nun als Kuh, oder blos als gehörnte Frau erscheinen. Diese Art der Stellung ist wohl auch die natürlichste für einen Wächter, welcher den zu hütenden Ge- genstand stets im Auge behalten will. Auf diese Weise wird die Stelle, welche der Ephebe in unserm merk- würdigen Vasenbilde einnimmt, vollkommen gerechtfertigt; ja die Art und Weise des Stehens mit erhobnem Fufse finden wir nicht blos in dem Coghill- schen Bilde, sondern auch in dem pompejanischen Gemälde wieder, nur dafs in dem letztern der erhobne Fufs auf einem einzigen grofsen Steine, in dem andern Bilde auf einem Haufen kleinerer ruht. Allein die Attribute, (') CH. Acron. ad Horat. Art. poet. v.380: es/ rota quam currendo pueri virga regunt. Ganymed erscheint auf zwei Vasenbildern ebenfalls mit Reifen und Stab versehen: desgleichen ein Ephebe, der in der andren Hand einen Hasen bei den Ohren hält, auf einer gemalten Schaale des Prinzen von Canino (Mus. Etrusque n® 1013. p. 99). Trochilos wird als Sohn der Io von Theon ad Arat. 161 bezeichnet. (?) Mus. Blacas p. 27. pl. vıı. 110 Pıvorka: Keule und Diptychon, sind es wohl vorzüglich, die unsern Collegen ab- schreckten, den Argos Panoptes hier zu vermuthen. Sobald wir uns aber an diejenigen Thaten unsres Argos erinnern, welche ihn mit TTheseus und Herakles auf gleiche Linie stellen (?), so wird die Keule, eine auch andern Heroen zukommende Waffe (2), in seiner Hand nicht mehr auffallen. Übri- gens trägt auch Pan oftmals auf Vasenbildern eine Keule statt seines gewöhn- lichen Hirtenstabes (?). Schwieriger ist die Deutung des Diptychon, wel- ches Argos in seiner linken Hand hält. Auf Vasenbildern die den Mysterien unstreitig zugehören, finden wir es in der Hand bald eines jugendlichen He- rakles, bald eines jugendlichen Pan (*), bald einer Eingeweihten (°), einmal sogar aufgeschlagen und ganz mit kleinen Kreisen bedeckt von einem Myste- riengenius einer sitzenden Eingeweihten zum Lesen vorgehalten (°), während diese gleichzeitig mit dem mystischen Radspiel sich beschäftigt (7). Ist doch im Grunde jenes Petroma in Phenea in Arkadien beim Hieron der Eleusini- nischen Gottheiten nichts anders als ein grofses Diptychon, insofern es aus zwei aneinander gefügten Steinen besteht, die jedes Jahr, wenn die gröfsere Mysterienfeier statt findet, geöffnet wurden, um die auf die Mysterien be- züglichen Schriften herauszunehmen, den Mysten vorzulesen und noch in derselben Nacht wieder zurückzulegen (°). Denken wir zugleich an Deme- ter Thesmophoros oder Thesmia, wie sie als Geberin der heiligen Satzun- gen und Weihen, bald mit einer Rolle in der Hand (°), bald die Rolle um (') Siehe S.83-86. dieser Abhandlung. (?) Millingen Uned. Monum. Ser. ], pl. 18. Müller Denkm. a. K. T.xıv, 212. (°) Landon Numism. pl. 43; Müller Denkm. d. a. K. T.xı, n® 181. Mon. Ined. dell’ Instit. archeol. Vol. II, tav. xxx. (*) Gerhard Mysterienvasen Taf. I. (°) Gerhard und Panofka Neapels Antiken Vasen Z. V auf Schrank 5. Campana: Ein- geweihte, in der Rechten das Diptychon haltend; links eine Frau mit einer Haube, einem mysüschen Zweig und Prefericolo. — Vgl. Vasen Z. II, Schr. 5, oberes Fach 1488. (°) Passeri Pict. Etr. Vol.I, tav. LXX. (”) Dubois Maisonneuve Introd. ä l’&tude d. Vas. pl.xLı; Gerhard Mysterienvasen Taf. I. Theokrit. Idyll. II. v.30 cum Schol. (°) Paus. VIII, xv. (°) Gerhard Mysterienvasen Taf. VI; auf einer Metope des Parthenon bei Bröndsted Voy. en Grece Livr. II, pl. 11, 20. Argos Panoptes. 111 daraus zu lesen, schon entfaltend (!), auf Kunstwerken uns häufig begegnet, so wird vielleicht die Folgerung nicht zu kühn erscheinen: dafs in gleichem Sinne der Stifter und Lehrer dieser Satzungen und Weihen, der Hierophant, er heifse nun Pan, Herakles, oder in verschiedenen Ländern anders, mit einem Diptychon zur Bezeichnung seiner Würde am schicklichsten versehen ist (2). Dieser Gesichtspunkt allein rechtfertigt auf einem schönen volcenti- schen Bilde das Diptychon in der Hand eines bärtigen, dem Dionysos entge- geneilenden Hermes, welcher offenbar wie in der egyptischen Religion und Kunst als isgoypannareus erscheint. Wie kommt nun aber unser Kuhhirt Argos zu der ihm hier zugedachten Auszeichnung, von dem gemeinen Platz seiner Weide in die Tiefen der Mysterienweisheit abgerufen zu werden? Aus keinem andern Grunde als dem, weshalb uns Pan in der gemeinen Mytho- logie als Ziegenhirt erscheint, und in der Mysterienreligion als der Gott dem die Gabe der Epopsie im höchsten Grade eigen ist (°). Den Argos berechtigt dazu unsers Erachtens sein Beiname Panoptes, insofern derselbe den Begriff des Wortes Epoptes völlig in sich aufnimmt (*), und streng genommen als Superlativ des Epoptes erscheint, insofern der Allseher gewifs den höchsten Aufseher abgiebt, den man verlangen kann. Da aber in den Mysterien der Hierophant den höchsten Epopten (°) (') Tischbein Vas. d’Hamilton IV, 36; Millin. G. myth. xuıx, 276. (?) Gerhard Mysterienvasen Taf. V. ein sitzender Mann mit einem Stab und einer geöff- neten Rolle. (°) Panofka Mus. Blacas p. 25; Pan als Paredros der Rhea Pind. Pyth. IH, 139 et Schol. (*) Auf diese Assimilirung von Panops und Epops geht wohl auch die oben schon ange- führte Frage des Euelpis in den Vögeln des Aristophanes v.102: Bist du denn Tereus? der Vogel oder der Pfau? insofern nemlich Tereus in einen Epops, Wiedehopf, und Argos in einen Panops als vieläugigen Pfau verwandelt ward. — Vgl. O«co\ den Späher und Lehrer der Mysterien. Diod. III, 64. 5) Theo Smyrnaeus Mathem. I, p.18 ed. Bull. Mussews Ö8 uion wivre. To usv moonyol- ) »P € gonyı < DE > EIS \ u Er ’ ‚ 5 D la EPAERE TRIER. 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CH: 112 Pısoreka: darstellt, so dürfen wir kein Bedenken tragen, unsrem Argos in seiner Qua- lität als Panoptes die Attribute des Hierophanten, das Diptychon zuzugeste- hen, so gut wie jene einfache Binde, womit sein Haupt umwunden ist, die eigenthümliche ävaderıs (!) der Eingeweihten. Ein zweiter und noch gewichtigerer Grund dem Argos die Hierophan- tenwürde zuzuerkennen, liegt aber in seinem Verhältnifs zur Kuh Io und zur Hera, ein Verhältnifs, über welches uns der Cultus der Demeter Mycalessia die in Bezug auf ihre Kuhgestalt den Namen der Brüllenden führte (?), die nöthige Aufklärung verschafft. Dieser mykalessischen Demeter nemlich ward Herakles als Tempelpförtner beigesellt, mit dem Beruf jeden Tag ihren Tempel zu öffnen und jeden Abend wieder zu schliefsen (?). Ist dieser Dienst aber nicht vollkommen ähnlich dem unsres Argos, welcher am Mor- gen (*) der Kuh Io ihre Freiheit zu weiden giebt und am Abend sie wieder an den heiligen Olbaum anbindet? So wäre denn Io, die bekanntlich in Egypten als Isis verehrt ward (°), und auf unserem Vasenbilde aus diesem Diog. Laert. II, 101: Hierophanta ipse Aeysı rols duuyros seu Ömyeiraı Ta MUSFAER. Lobeck Aglaopham. p. 62. (') L. c. Theonis Smyrnaei; vergl. einen unsrem Argos sehr ähnlichen Herakles mit einer gleichen Tänia um den Kopf, in der einen Hand einen Apfel, in der andren die Keule, bei Millin Peint. d. Vas. gr. T.], pl. nı. F ri VORN nu > ar Sy n n > (2) Paus. IX, xıx, 4. MuzaAyroov de önoAoyodsıw evonas>rva dor 5 Boüs Evradya Emv- n e er x \ m 0} ‚ıNn \ Pr #1raro ü Kadnov zwi Tov UV aurW Frocröv ayousa &s Oyßes. meos Serarrav de 775 Muze- N 67 ’ ’ ’ no \ > e ‚ Ayssoö Ayunrgos £srw MuzaAyerias iegov' aAsIeTSaı be aürd Emı vuxrrı EZaCTY, \ [ > N} a ’ e ’ \ \ ’ ch ws a za aVSıs dvoiyssStai dasıv Umo “Hoazreovs' Tov de “"Hoazrca eiven av data zaAoU- ’ L4 ’ x > ’ x \ m ’ \ \ a7 !. m m ’ zvow Aczriduw. dsizvuren Ö8 MuroSı zur Talpıa rorovder meo Toü Ayanııroc ruv moonv rıTearw, [77 > > ’ ’ © m N % x ’ {a} [4 De oT Ev Omwoc mehuze Yevertar TÜTE de da mavros nevsı TEeOyAoTE Tod Erous. x > e x m 2 ’ m ” ’ (°) Paus. IX, xxvIi, 5. od nv oüd” os Borwror roü “HowzAsovs Ayvoovv FoUro 76 ovoum Omov E} q ms a B ’ m m 7 ah - x F 4 ve auro 775 Muzednroias Arunreos "Hoazre FW Tdrwm 79 kzoor EmirergadbIa Asyoyrıv. J 1 la D 6 Q 0 y (‘) Metam.I, 630: Zuce sinit pasci: cum Sol tellure sub alta est, Claudit et indigno circumdat vincula_ collo. r ® En > ’ ’ \ J m N m Y. Apollod. II, 1, 3. oUros Ex +70 Paias Eöermevev auryv, Yrıs £v rw Muzvvainv Unyoysv aAreı. bh 1 1 1 n { 18% Man vergleiche hiermit das Idol der samischen Hera, welches die Priesterin Admeta des Mor- . . . ’ . gens am Ufer mit Weidenzweigen festgebunden findet, und das Fest Tovex, das sich daran schlielst (Menodot: ap. Athen. XV, p. 672 A.). (°) Herod.II, 41; Apollodor. II, ı, 3; Hygin. 145. Vgl. das schöne Wandgemälde Mus. Borbonico Vol.X, tav. I, wo Io auf den Schultern des Nil in Ägypten anlangt und von Isis freundlich empfangen wird: hinter der Göttin bemerkt man zwei Priesterinnen mit Sistrum, neben ihr den kleinen Horus. Argos Panoptes. 113 Grunde eine Lotosblume als Isiszeichen in der Mitte ihrer Stirnkrone einge- setzt hat, in der That wenig verschieden von der mykalessischen Demeter. Dafs diese leztere aber wiederum gleicher Bedeutung mit der argivischen Hera sei, deren Priesterthum Io bekleidete, ist noch leichter zu beweisen. Denn wenn einerseits der argivischen Hera der Granatapfel als Symbol der Fruchtbarkeit, und die Blumen (!), mit denen ihre Stephane ge- schmückt ist (?), einen allgemein anerkannten tellurischen Charakter bei- legen: so läfst sich andrerseits die Kuhgestalt als der argivischen Hera so gut wie der mykalessischen Demeter eigenthümlich ebensowenig in Zweifel zie- hen. In dem Kampfe der Götter mit den Giganten, wo erstere sämmtlich Thiergestalten annahmen, wählte Hera für sich die einer weifsen Kuh (°). Auf diese Kuhgestalt der Hera deutet ferner der homerische Beiname Roöris (*) eben so bestimmt hin, wie der Kuhkopf auf den Münzen der durch Junoeultus berühmten Insel Samos (°) und ihrer Colonie Messene in Sicilien (°). Nichts andres verräth auch der Name EvVßce, es sei nun dafs man an den Beinamen der Hera selbst (7), oder an den Namen der Erzieherin der Hera (°), oder an den der Insel Euböa denkt, welcher bald auf die in eine Kuh verwandelte Isis, bald auf Io, die als Kuh daselbst weidete, bezogen wird (?). Weifse Kühe wurden der Hera geopfert (!), und auf einem Gespann von weifsen Stieren fuhr die Priesterin nach dem Tempel der argivischen Hera (!'). Berücksichtigt man alle diese einzelnen Punkte, (‘) Vgl. unsre Taf. II, 4. Diese Vorstellung eines auf einem Zweige von tulpenähnlichen Blumen stehenden Pfaues dient zum Schmuck einer Lampe bei Passeri Lucern. XL, und ist wohl auf die Hera von Argos oder Samos, die den Beinamen Antheia führte, zu beziehen. (?) Cadalvene Recueil de med. gr. pl. ım, n® 1; Müller Denkm. d. a. K. T.xxx, 132; Duc de Luynes Etudes numismat. p. 22-25. (°) Ovid. Metam. V, 330: Niveä Saturnia vaccä. ()eD.L v.551. (?) Mionnet Descr. d. Med. Ant. pl. Lx1, 6. Combe Mus. Hunter. T. 47, n° 1-6 sieht überall Stiere statt Kühe. (°) Millingen Anc. Coints of gr. cities pl. 11, n® 12. (7) Paus. II, xvır, 1 und 2. Cf. Here Bunaia in Korinth, Paus. II, 4. (°) Paus.1l. c. Plut. Sympos. III, 9. (°) Etym. M. v. Elßcıc. ('%) Hesych. v. @yav garzeios. Paus. IX, Im, 4. (1!) Herod.I, 31. Philos.- histor. Abhandl. 1837. 1% 114 Panorka: so wird man nicht mehr die Sage, dafs Hera die Io in eine weifse Kuh ver- wandelte, als eine durchaus verschiedene von der ansehen, nach welcher Io das Priesterthum der argivischen Hera bekleidete (!): vielmehr wird es aus andern Analogien der griechischen Religion (?) einleuchten, dafs Io als Prie- sterin der alten Kuhgöttin Hera ganz passend unter dem alten Bilde der Göttin (°) selber erscheint, entweder in völliger Thiergestalt, oder nach der Sitte späterer Kunst in blofser Andeutung früherer Thiersymbolik, mit klei- nen Kuhhörnern an der Stirn. Aus diesen Betrachtungen gewinnt auch das in den Schriftstellern so schwach und dunkel angedeutete Verhältnifs des Argos zur Hera selbst an Licht, und wir dürfen uns nicht mehr wundern, dafs, so wie Zeus den Hermes, den gewöhnlichen Diener und Vollstrecker seiner Befehle, zur Hinrichtung des Argos absandte, ebenso Hera dem Argos den Auftrag geben konnte, ihre Priesterin Io gegen die Ungebühr des Zeus zu bewachen und zu schützen. Also Argos, den seine Heroenthaten schon dem Herakles gleichstellten, theilt nun mit Herakles einen neuen Beruf, nämlich der »Andcöxes oder Tempel- s aufs Neue 5 an den Gott Janus (*), mit welchem wir ihn schon früher, wegen seiner pförtner einer Kuhgöttin zu sein, und erinnert in dieser Beziehun vorn und hinten befindlichen Augen, zu vergleichen Veranlassung fanden (°). Diese Ansicht von dem Charakter des Argos als Begleiter und Wäch- ter der Kuhgöttin Hera mag zur Erklärung dieses Vasenbildes genügen, die Rechtfertigung des Hirschkalbs aber, welches gewöhnlich als Symbol des gestirnten Himmels aufgefafst wird (°), erst später ihren Platz finden. Die hinter Argos befindliche Hydria, gleicher Form wie das Gefäfs selbst, auf (') Aeschyl. Supplic. v. 299. (2) Iphigenia, die als Artemis und Hekate verehrt wird; Artemis verwandelt Taygete in eine Hirschkuh, um sie der Liebe des Zeus zu entziehen, Pind. Olymp. III, v.27; Schol. ad h. l. et v.52. Vgl. die Arktoi, Priesterinnen der Artemis Kalliste, welche bekanntlich von der Bärin Kallisto nicht verschieden ist, Bröndsted Voy. en Grece Livr. U, p.255, 256 c. not. (°) Creuzer Symbolik II, 576. (*) Coelestis janitor aulae, Ovid. Fast. I, 139; Patuleius und Clusius benannt, Ovid. Fast. I, 129, 130. (°) Siehe $. 87. unsrer Abhandlung. (°) Diodor. S.I, 11. Vgl. Arge, eine Jägerin, die, zur Strafe ihrer Prahlerei, mit Sol um die Wette zu laufen, von demselben in eine Hirschkuh verwandelt wird, Hyg. f. 205. Argos Panoptes. 115 welchem unser Gemälde sich befindet, deutet entweder auf das im Cultus der Hera so bedeutungsvolle alljährliche Bad hin, durch welches die Göttin wieder zur Jungfrau wird (!), oder sie hat eine hochzeitliche Bestimmung, mit der bei solcher Gelegenheit üblichen Sitte der Hydrophorie zum Acurgov für die Braut (°). Wenn wir nun die sämmtlichen Kunstvorstellungen des Argos über- schauen, so tritt die des Gemäldes auf dem volcentischen Gefäfse (Taf. III, 2.) als die der Zeit nach älteste uns entgegen. Auf diesem Bilde erscheint Argos treu den ältesten Zeugnissen der Schrift, als ein Erdgeborner, ähnlich dem Panopeer Tityos, und mit Augen am ganzen Körper versehen. Ja sein durch die Vieläugigkeit schon unverkennbarer Lichtcharakter tritt noch bestimmter dadurch hervor, dafs der ihn ermordende Hermes, der Hauptgott der Phe- neaten (°), mit Epheu, jenem der Juno feindseligen bacchischen Blätter- schmuck (*), das Haupt umkränzt hat. Dem Begriffe nach ganz gleich, als einäugigen Giganten, finden wir ihn auf dem Chalcedon (Taf. IH, 1.), wel- cher den Mercur einem Perseus ähnlich mit der Harpe darstellt, den bereits abgehauenen Kopf des Argos haltend. Von diesen beiden Denkmälern unterscheiden sich aber bedeutend alle übrigen, weil sie die Eigenschaft der Vieläugigkeit dem Argos tbeils ent- ziehen, theils auf eine andre Weise darzustellen versuchen. Zuvörderst nenne ich hier dasjenige Denkmal (Taf.I, 1.), auf wel- chem Argos bärtig und mit einem Fell bekleidet in der Nähe der Kuh Io sich befindet, theils durch sein müssiges unthätiges Sitzen (°) das Wort @gyos uns versinnbildend, theils aber auch durch den neben ihm befindli- chen Hund, welcher nicht blos in Beziehung auf Odysseus (°), sondern auch (') Z.B. die Quelle Kanathos in Nauplia (Paus. II, xxxvau, 2). (?) Recherches sur les noms des vas. gr. p.8, 9. und die Noten. (°) Cie. de nat. Deor. III, 22: quintus (scil. Mercurius) quem colunt Pheneatae, qui et Argum dieitur interemisse, ob eamque causam Aegyptum profugisse alque Aegyptüs leges et litteras tradidisse. Cf. Paus. VII, xıv, 7. und V,xxvu, 5. (*) Plutarch. libr. perdit. fragm. IX, u. (°) Martial. II, 67. (°) Odyss. XVII, 291 sgq. P2 116 PAnorka: bei andern Gelegenheiten (1) den Namen Argos führt. Die Vorstellung (Taf. II, 3.), wo Argos neben der Kuh nicht bärtig, sondern unbärtig er- scheint, ist nicht blos der Zeit nach jünger, sondern auch darin abweichend, dafs der Charakter der Autochthonie noch mehr in demselben verwischt ist. Fast als Jäger mit zwei Speeren erscheint Argos auf der Paste Taf.1, 3. und mit gleicher Waffe und Schwert, in jugendlicher Heroengestalt wie Theseus, findet er sich auf dem pompejanischen Bilde hinter Io (Taf. I, 6.), — eine Darstellung, welche durch die an der Spitze dieser Abhandlung erwähnten Heroenthaten des Argos hinlänglich motivirt ist. Diesen sämmtlich aus römi- scher Zeit herrührenden Denkmälern, welche den Argos bald als Hirt, bald als Heros, jedesmal aber als Wächter der Kuh Io vergegenwärtigen, gehen der Zeit sowohl als der religiösen Bedeutung nach, die zwei Vasenbilder voraus, vorzüglich das lehrreichere des hiesigen Museums (Taf. IV, 2.), wo Argos allerdings einerseits auch als Heros jugendlich und mit einer Keule bewaffnet auftritt, andrerseits aber durch die den Eingeweihten eigenthüm- liche Kopfbinde, sowie durch das Diptychon in seiner Linken als Hiero- phant und Kleduchos der Göttin sich kund giebt. Es bleibt uns aber noch übrig, auf den Charakter des ältesten Bildes des Argos, nemlich auf den alläugigen Giganten zurückzublicken, welchem Euripides (?) nachrühmt, dafs viele seiner Augen beim Aufgang gewisser (') Paus. I, xıx, 3 in Athen: "Errı ds “HoazAovs iegöv zarounevov Kuvoragyes' zu va new a > > ’ ” Es ryv zUver eidevan Fov Aeummv EmireEupzvors Errı Tov Yerswov. Argos, Hund des Aktäon, Apollod. UI, ıv, 4; Welcker Äschylische Trilog. S. 129. (?) Phoeniss. v. 1123, 24: x \ \ 7 ’ m y Te JAEV GuV aoTowv EmIToAKITıV OpMARTee RR, \ \ ’ ’ r Brtmovre, va de AoUmToVree ÖUvovrwv METE. . Cf. Ovid. Metam. I, 625- 627: Gentum luminibus cinctum caput Argus habebat: Inde suis vieibus capiebant bina quietem: Caetera servabant atque in statione manebant. \ . $ D7 ’ r ’ N] > \ Cf. Eustath. in Hom. Il. B. p. 138, 24: "Agyov purews regas % irrogie mageödnew, h>arueus > m > IE N \ \ 07 ’ «A ” Y > , \ m \ ’ m x Wurm avorsara Old Muvros FoÜ TWIMLTOS, OUS RAAOTE AAAOUS dvoiyuw, z TOIS [EV MY, FOL ÖE er) ae E 5 up Y ’ > r > }} \ ’ 2.Q \ Brtrwv, aürvos yv dir Biou‘ RTFgoIS EV TITim AvorEhAousıw EraVOLyWV TOUS [AVOVTEeS ObT@ÄMoUs, ’ u \ > x TAT | [Sa „ & - I ’ > , x FUVAURTEAAOVTRS WISTEg Ai MÜTOUs, Eregors ÖE au mar TÜV arregwv Övonsvors Eyzarapvuv FOUS ß ’ 2,9 \ vo ‚ \ > ER \ ey. a Ns IN Aemovras OobIannous, zu wsmeg uyzaradunv rev Zv alrois Ömrızöv YArov. 0 zur Eügmiörs > © RA; 7 \ \ N 7 > w I \ \ d ÖnAd, Ev os dnsw Aoyov onnare Tee MeV GuV aorowv EmiroAnisı Brerovra, va de ARUMFOUTE Y ’ ’ Surovrwn MET, Argos Panoptes. 117 Sterne sich öffneten und andre beim Untergang andrer sich schlossen. Diese Eigenthümlichkeit, welche den Commentatoren des Euripides viele Noth ge- macht hat, gewinnt an Licht, sobald man mit Macrobius (') den Argos für das Bild des gestirnten Himmels erklärt, welcher auf die Kuh Io hin- schaut (?), die nicht blos als Erd-, sondern vorzüglich als Mondgöttin ver- ehrt ward (°). In diesem Sinne würde die Bedeutung Argos als weifs (*) in dem Namen unsres Argos hervorzuheben sein; zugleich fände aber auch das Rehkalb vor dem Argos (°) auf dem Vasenbilde unsres Museums seine natürliche Auslegung. Allein wir mögen dieser Deutung Gehör geben oder nicht, so müssen wir doch eingestehen, dafs die Darstellung des Argos mit Augen am ganzen Körper um so auffallender ist, je weniger sie durch das Beiwort Panoptes allein gerechtfertigt wird. Denn wer erinnert sich nicht, dafs Zeus als Weit- schauender Eiguora bei Homer (%), und Allsehender ravrorr« bei Sopho- kles (7), dafs die Eumeniden bei demselben Tragiker (°) als Allsehende mau egarau, ganz besonders aber, dafs Helios von Agamemnon schon bei (') Saturnal. L.I, xıx: Argiphontes praeterea cognominatur non quod Argum peremerit, quem ferunt per ambitum capitis multorum oculorum luminibus ornatum, custodisse Junonis imperio Inachi filiam Io, ejus Deae pellicem conversam in bovis formam: sed sub hujuscemodi fabula Argus est caelum stellarum luce distinctum, quibus inesse quaedam species caelestium videtur oculorum. (Caelum autem Argum vocitari placuit a candore et velo- citate, rag« To Asuzov za rayy. Et videtur terram desuper observare: quam Aegyptü hieroglyphicis literis cum signare volunt, ponunt bovis figuram. Is ergo ambitus coeli, stellarum luminibus ornatus, tunc existimatur enectus a Mercurio, cum sol diurno tempore obscurando sidera velut enecat, vi luminis sul conspectum eorum auferendo mortalibus. — C£. Nemesian. Cyneget. 31: Stellatumque oculis custodem virginis Ius. Welcker Äschyl. Tril. S. 129. (?) Io gleich Isis bei Herod. II, 41; Hygin. f. 145. Vergl. Ottfr. Müller Prolegom. z. Mythologie S. 183. Ce) Suid. v. Io; Hesych. v. Is z@Arı Verse c. not. Herodot. IV, 36. Welcker Äschyl. Trilog. S.127 u. f. Schwenck etymol. Andeut. S. 67. (*) Macrob. Saturnal. l.c. Schwenck etymolog. Andeut. S. 67. (°) Diod. S. I, 11. (°) Odyss. XVII, v. 322; Hymn. in Cerer. v.3. (”) Oed. Colon. Chor. v. 1086. (°) Oed. Col. v. 42. 1185 Pınoreka: Homer angerufen wird (!) als Gott &s ravr &bepgs nal mavr Eransusis? dem- nach kein Grund vorhanden ist, diesen sämmtlichen ungleich erhabneren Gottheiten die Vieläugigkeit am Leibe vorzuenthalten. Andrerseits haben die tragischen Dichter der Griechen uns mit Bildern orientalischer Poesie schon vertraut gemacht, nach welchen insbesondere die grofsen Gestirne am Firmament, die Sonne als Auge des Tages (?), und der Vollmond, das älteste Gestirn, als Auge der Nacht (?) besungen werden. Deshalb könnten wohl auch andre Gestirne unter dem Bilde von Augen in der dichtenden und zeichnenden Kunst ihren Ausdruck gefunden haben (*). Allein was auch in dieser Beziehung durch Analogie gewonnen wer- den kann, würde doch nur als schwankende Conjectur erscheinen zur Be- gründung der Ansicht, welche Macrobius aufstellt, dafs Argos den gestirn- ten Himmel personifieire: wenn nicht die ganz gleiche Kunstvorstellung in der indischen Religion uns begegnete, und was das wichtigere ist, dieser ganz gleichen Kunstform ein gleicher kosmischer Gedanke zum Grunde läge. Die auf Taf. IH, 4. dargestellte Figur zeigt uns einen Mann, dessen Ober- körper mit vier Händen begabt und ganz mit Augen besäet ist. Es ist Indra welcher in der indischen Religion a Gott 1 Äthers, des Firma- ments, des sichtbaren Himmels (Swargas), bezeichnet. Vor ihm steht mit Elephantenkopf und einer Lyra der Gott Ganesa, der Gott der Weis- (') I.IU, v.277; cf. Odyss. XI, 109; XII, 323. Cf. Hom. Il. XIV, 344, 345: od” Av vi Önögetzor °Herıos mep, “. u} ’ ’ ’ - 4 ovFE Aa cEvrarov TERETOH paos eisogdarTau. (?) Soph. Antig. Chor. v. 100 sqgq.: "Arrıs deMlou 70 Aar- Arsrov Ertamuiw davev [Op 7ER" TWv meOTEgoV baos, epavons wor W Yeuosas anzgas Brebapor. (°) Aeschyl. Sept. c. Theb. v. 387 a "Ayyı Eyzı (Tydeus) 2 Une eghgov on Em asmıdos Tode, pre Eyouo” Um dorgois ougemöu FeruynEvon" et, dE mavssiyvos ev erw cazeı, ’ mesoorov arrow, VURTOS RR FRAMROS, TEETEI. (*) Nemesian. Cyneget. 31. Argos Panoptes. 149 heit und aller Erfindungen (!), dem Begriffe nach also ähnlich dem Leier- erfinder Hermes der Griechen. Auf einem andern Denkmal indischer Reli- gion (Taf. II, 5.) erscheint derselbe Gott Indra auf dem Elephanten Iravat reitend, mit Scepter und Schwert bewaffnet (?). Auf einem dritten (Taf. II, 6.) sehen wir den Gott mit einem Scepter, Pfeil, Bogen und einer Art Son- nenblume, auf einem ruhenden Elephanten, gelehnt an einen Baum, auf dessen Krone jederseits zwei Pfauen sitzen, während über der Mitte dersel- ben die strahlende Sonne aufsteigt (°). Eine vierte Vorstellung (Taf. U, 7.) zeigt uns denselben Gott Indra mit einem Hunde neben sich, während unter ihm der Sonnenlenker mit seinem Gespann sichtbar ist (*). Die Anschauung dieser Denkmäler und ihre Vergleichung mit den vor- hererwähnten griechischer Kunst ist ebenso überraschend und erfreulich, als sie für die Kunst- und Religionsvorstellungen beider Völker einen gemein- samen Ursprung in Anspruch nimmt. Die Überraschung aber wird noch gesteigert, weun wir in der Reihe der Gemmen, die unter dem allgemeinen Namen Chimären bekannt sind, für die Übereinstimmung indischer und griechischer Mythologie auf dem Felde des Argos neue Beispiele entdecken. Zwei derselben haben wir Taf. II, 8 und 9 stechen lassen. (') Moore the Hindoos Pantheon Lond. 1810. tab. 32 zeigt Dewi oder Bhavani angebetet von Mahadeya, Wischnu, Brahma, Ganesa und Indra. Wiederaufgestochen bei Creuzer Bilderheft zur Symbolik Taf. xxıx; vergl. die Erklärung Th.I, S.583, 586, 587, 645, 647. In verkleinertem Maafsstab bei Guigniaut Religions de l’Antiquit@ pl. v1, 28: Devi ou Bha- vani, nommee encore Sacti, la grande deesse et la mere des dieux, recevant les hommages d’abord des trois personnes de la Trimourti, placce dans V’enceinte sacree d’une pagode, dont elle occupe le sanctuaire; ensuite de Ganedsa, qui en occupe Ventree et tient le vina ou luth indien; enfin d’Indra aux cent yeux et d’Indrani ou Satchi son epouse, qui sont en dehors des deux cotes. Le lotus est partout reproduit dans les ornemens, ainsi que le Lingam et le boeuf. Cf. Vol.I, p.156 sqq. 164, 166, 168 note, 246, et la note 8 sur le liv. I fin du vol. Von dem bei Guigniaut verkleinerten Stich haben wir unsre Zeichnung entlehnt. (?) Recueil des dessins du Brahmane Sami depos“s au Cabinet des estampes de la Biblio- thöque Roy. de France n° 96. Guigniaut pl.xv, n° 83. Vol.I, p.168 note, 198 note, 246 sqg. (°) Niklas Müller, Glauben, Wissen und Kunst der alten Hindus Vol.I, tab. ım, 96. Guigniaut pl.xv, n? 84. (*) N. Müller tab. ııı, 147. Indra voyageant sur les nuages auxquels il preside, avec le sceptre et le tchakra en main; pres de du est un chien, symbole de la vigilance; au dessous, Jrouna conduisant le char du soleil. Guigniaut Vol. I, P- 250, 256, not. 2. Confer. lv. III, p. 518. 120 Pınorka: Auf der einen (Taf.II, $.) erblicken wir einen Pfau, dessen Körper ein bärtiger Mannskopf bildet: hinter dem Pfau liegt ein Scepter in diago- naler Richtung, ähnlich demjenigen, welcher auf einer samischen (') Münze (Taf. 1, 9.) sich in gleicher Richtung befindet. Der Rücken des Pfaus wird durch einen Elephantenkopf dargestellt, in dessen Rüssel man ein Messer mit Doppelhacken, wie die Harpe des Kronos und Perseus bisweilen gebil- det ist, deutlich bemerkt. Taf.II, 9. gewährt uns dieselbe Vorstellung, nur darin abweichend, dafs das bärtige Gesicht auf den Rücken des Pfaus gelegt ist, und dessen kahler Kopf in Verbindung mit dem Hals und Kopf des Pfaues uns den Kopf und Rüssel des Elephanten vollständig wiedergiebt (?). Nun ist es zwar eine hergebrachte Sitte, die auf geschnittnen Steinen und anderwärts sich vorfindenden Chimären ohne Unterschied als Spiele grie- chischer und römischer Künstlerphantasie keiner besondern Beachtung zu würdigen, am allerwenigsten ihnen die Symbolik griechischer Götterlehre als Motiv einzuräumen. Allein wenn man diese Gattung Antiken mit grö- {serer Aufmerksamkeit, als es bisher geschehen, und nicht vereinzelt, son- dern in gröfseren Massen prüfen wollte, so würde es sich leicht ergeben, dafs der Name Chimäre im modernen Sinne, als Gegenstand phantastischer Willkühr, ihnen mit Unrecht beigelegt wird. Deshalb nimmt es uns nicht Wunder, wenn auf unsern beiden Chi- mären einerseits die bärtigen Köpfe, welche mit dem Pfauenkörper verbun- den sind, das Bild unsres Argos Panoptes uns vergegenwärtigen, und andrer- seits, mit Übertragung indischer Religionslehre, statt des Hermes mit der Harpe ein Elephantenkopf mit ähnlicher Waffe uns entgegentritt. Diese Beziehung scheint mir besonders in Rücksicht auf das in der griechischen Kunst so sehr durchgedrungene System der Doppelhermen wahrscheinlicher als die Meinung, welche mit Rücksicht auf das Bild Taf. II, 5. den Gott Indra mit dem Elephanten ohne Hinzuziehung des Ganesa in griechisch- römischer Kunstvorstellung zu sehen geneigt wäre. (') Combe Nummi Mus. Hunter. Tab. xLvur, 8. Vergl. in Bezug auf die zwei Pfauen der Hera Samia, Millin G. Mythol. XII, 49. (?) Winckelm. descript. d. pierres grav. de Stosch Cl. VII, n° 247: Jaspe rouge. Argos Panoptes. 4231 Die Vorstellung des griechischen Argos mit seinen Augen am ganzen Körper, welche in keiner andern Religion als in der indischen ihr Analogon findet, darf uns aber ebensowenig befremden, als die hunderthändigen Tita- nen (!), welche an der Spitze griechischer Kosmogonie stehen und nur aus Bildern indischer Religion anschaulich werden können. Beide sind Zeug- nisse von jener Wahrheit, welche das Studium der indischen Sprache im Vergleich mit dem der griechischen zu so grofser Evidenz erhoben hat, dafs nämlich der Ursprung beider Völker ein gemeinsamer ist, weshalb die Offen- barung des religiösen Geistes, so sehr sie auch später zerstört oder doch wenigstens entstellt und modifieirt worden, hie und da immer noch Spuren alter Einheit des Ursprungs uns zurücklassen mufste. Durch die Berichte alter Schriftsteller über Argos, verbunden mit der Prüfung von 26 Kunstvorstellungen (von denen 3 nur durch Beschreibungen der Klassiker uns bekannt sind, unter den übrigen aber 2 pompejanischen Wandgemälden, 3 gemalten Gefäfsen von Basilicata und Volei, 10 geschnit- tenen Steinen und Pasten, 2 Münzen von Argos und Samos, die 5 andern einem Basrelief der Villa Albani und indischen Zeichnungen entlehnt sind) haben wir demnach für diese mythische Person folgende Resultate gewonnen: 1) in der gewöhnlichen demotischen Mythologie erscheint Argos meist als Hirt und Wächter der Kuh Io; 2) in der Religion der argivischen Hera, deren Priesterthum Io beklei- dete, spielt Argos dieselbe Rolle, welche Herakles bei der mykalessi- schen Demeter hat, nämlich die des Kleduchos, Tempelpförtner, und des Hierophanten; 3) die älteste Vorstellung, übereinstimmend mit der des Indra in der indischen Religion, wird von Macrobius mit Recht als das Bild des gestirnten Himmels gedeutet, insofern seine unzähligen Augen die un- zähligen Sterne versinnbilden und die Kuh in der alten Religion zur Symbolisirung der Erde sowohl als des Mondes diente. (‘) Hesiod. Theog. v. 148-153. Apollod. I, ı, 1. nme Philos.- histor. Abhandl. 1837. Q 133 Paıvworka: Nachschrift. Als wir in der vorliegenden Abhandlung die Vermuthung aufstellten, auf der Hydria des K. Museums (Taf. IV, 2.) möchte der Ephebe mit einer Tänie um den Kopf und einer gesenkten Keule in der rechten Hand, am passendsten den Namen Argos für sich in Anspruch nehmen: ahndeten wir nicht, dafs die Entdeckung eines neuen, auf diesen Mythos bezüglichen Va- senbildes so schnell unsre Meinung zur Gewifsheit einer Thatsache erheben würde. Diesen glücklichen Zufall verdanken wir einer erst im verflossenen Jahre von Herrn Campanari in einem volcenter Grabe gefundenen Oeno- cho& (!), welche uns folgende gut gezeichnete Vorstellung rother Figuren kennen lehrt. Rechts sitzt Io, in langem, ärmellosem Chiton und Ampechonium, durch Kuhhörner am Haupte erkennbar, überdiefs das Haar noch mit einem Epheukranz geschmückt: ihr nach Argos umgewandter Kopf sowohl als die Richtung ihrer Hände scheinen ein Gespräch mit ihrem Wächter anzudeuten. Argos sitzt nämlich ziemlich nahe, Io den Rücken kehrend, doch den lang- gelockten, mit einer Tänie geschmückten Kopf scharfen Blickes nach ihr gerichtet; seine rechte Hand ruht auf dem Knie, indefs die mit einem Zie- genfell bedeckte linke eine Keule stützt. Der Unterhaltung der beiden Sitzenden scheint der links stehende, obwohl im Weggehn begriffene (?) Hermes einige Aufmerksamkeit zu schenken: er erscheint ephebenartig mit einer Tänie um das Haupt, einer Chlamys und dem hinten herabhängenden Petasus versehen, und hält in der linken Hand den Caduceus, während die (‘) Braun im Bullet. dell’ Instit. Archeolog. n® XI, 1836. p. 171, 172. (?) Der Verfasser des Artikels im Bullet. 1. c. meint, „Hermes habe sich von der andern Seite genähert, um die unglückliche Jungfrau von so grausamer Bewachung zu befreien ;” eine Deutung, deren Begründung wir leider in der Beschreibung selbst vermissen. Argos Panoptes. 123 rechte an das Bein sich anlegt. Oberhalb zwischen Argos und Hermes, doch der Richtung nach diesem letztern zugewandt, erblickt man den Vordertheil einer mit einer weilsen Kette geschmückten Kuh, wahrscheinlich in Bezie- hung auf die argivische Hera, der diese Thiere zum Opfer gebracht wurden, und zur Bezeichnung der Localität nicht ohne Nutzen. Wenn es leider nicht vergönnt war, der vorliegenden Abhandlung eine Zeichnung des eben beschriebenen Bildes beizufügen, so entschädigt in vollem Maafse für diesen Mangel die Gefälligkeit unsres Freundes Gerhard, welcher ein andres, für den Mythos des Argos nicht minder wichtiges Vasen- gemälde zur Bekanntmachung in dieser Monographie uns überliefs. Das- selbe in alterthümlich strengem, aber sorgfältig gezeichnetem Styl, schmückt eine ebenfalls in Volei entdeckte und für das Münchner Museum angekaufte Amphora und ist in der Gröfse und Treue des Originals auf unsrer Taf. V. dargestellt. Argos erscheint daselbst als Sohn der Erde unbekleidet und, im Ver- gleich zu dem vor der Kuh Io stehenden Hermes, von colossaler Gestalt; in seinen Gesichtszügen, übermälsig starkem Bart und lang herabwallendem Haupthaar könnte man versucht werden, eine Löwenähnlichkeit zu vermu- then, wenn nicht auf Vasen alten Styls eine ganz ähnliche Gesichtsbildung auch Silenen (!) und andren männlichen Figuren barbarischen Charakters (?) zu Theil würde. Indefs ist jedenfalls die Zeichnung des Auges des Argos wegen ihrer Abweichung von der des Auges des Hermes wohl zu berück- sichtigen, das in der Nähe der Stirn sichtbare Horn (?) aber noch schwieriger zu erklären. Argos sitzt am Boden, in der erhobenen Rechten den Zaum haltend, womit die vor ihm stehende Kuh Io an den Hörnern gefesselt ist. Links tritt Hermes vor die Kuh hin, mit der Linken nach dem Zaum der- selben fassend, wohl in der Absicht, auf Befehl des Zeus ihre Banden zu lösen. Der kurze gestickte Chiton und der Peplos, welche ihm zu einer etwas weiblichen Bekleidung dienen, sind mitten durch eine Umgürtung befestigt und würden kaum auf diesen Gott schliefsen lassen, wenn nicht Flügelstiefeln und der sein bärtiges Haupt deckende, oben spitz auslaufende (‘) In der Vasensammlung des K. Museums Amphora n? 665 der Silen links. (°) In der genannten Sammlung auf der Hydria n® 701. Q2 124 PAmorkx: Petasus den Diener des Zeus verriethen. Vor Hermes steht ein Hund, den Kopf nach diesem zurückgewandt, die linke Vorderpfote erhoben: ob er den Hermes begleitet (1) oder dem Hirten Argos zugehört, ist schwer zu entscheiden. Der Baum in der Mitte der Scene bezeichnet Nemea, den Ort der Weide (?). Nach der von uns befolgten Anordnung der Denkmäler würde dies Vasenbild in der ersten Klasse, die Argos als Wächter der Io kennen lehrt, den ersten Platz wegen seines hohen Alterthums einnehmen: doch scheint die Fesselung der Io darauf hinzudeuten, dafs die dargestellte Scene nicht am Tage sondern bei Nacht oder doch wenigstens des Abends zu denken sei. Merkwürdig bleibt es, dafs Hermes auf diesem Bilde weder mit der Syrinx oder Flöte versehen ist, um.Argos einzuschlummern, noch eine Harpe oder sonstiges Schwert trägt, womit er den ihm aufgetragenen Mord vollziehen könnte; ein Umstand, der vermuthen läfst, dafs Hermes hier auf friedlichem Wege die Befreiung der Kuh Io laut dem Befehle des Zeus zu erreichen sich bemüht. Die vorher beschriebene Oenocho& dagegen, deren Zeichnung wir leider unsrer Argosmonographie nicht beifügen durften, erinnert hinsicht der Composition und Zahl der Figuren an das pompejanische Gemälde unsrer Taf. II, 1, läfst aber von Seiten des Hermes die von der Sage ihm angedich- teten Anschläge gegen das Leben des Argos durchaus nicht befürchten. Selbst die Art und Weise, wie unser Vasenmaler die beiden Hauptfiguren, Argos und Io, gesetzt hat, verräth kein feindliches Verhältnifs zwischen bei- den: ja, irre ich nicht, so giebt es Vasenbilder, auf welchen sogar eng ver- bundene Personen, namentlich Dionysos und Kore, in solcher Stellung er- scheinen. Diese Rücksicht nebst der Erwägung, dafs der mit einer weilsen Kette geschmückte, oberhalb der Scene befindliche Kuhkopf für das Heilig- thum und den Cultus der Kuhgöttin Hera eine hinlängliche Gewähr leisten kann, bestimmt uns, der Zeichnung dieser Oenocho& den dritten Platz in der vierten Klasse der auf Argos bezüglichen Denkmäler, welche denselben als T'empelpförtner der Hera darstellen, anzuweisen. (') Musce Blacas pl. vır, p. 28, not. 52-57. (*) Annal. de I’Institut arch£olog. Vol. IV, p. 368. Argos Panoptes. 125 Auf denselben Argos, welchen wir zum Gegenstand dieser Monogra- phie gewählt haben, möchte wohl auch das Zeugnifs des Hesychius sich be- ziehen, der unter dem Namen Panops (!) einen Heros erwähnt, dem eine Kapelle, Statue und Quelle geheiligt war. (') Der Name Panoptes kommt noch im Plural als Titel einer Komödie des Eubulos vor bei Athen. XI, p.478 c., der aus dem Stück 'Oöusseüs 5 Haverren einige Verse anführt. Obschon der schlaue Ulyss, den der Sophokleische Ajas v. 379 anredet: in mawS öguv, drdvruv de FE, 2 , zaRsv ogyavov, TERVoV Auprıov, bei vielen Gelegenheiten, namentlich bei dem Fang des Dolon, als Panoptes sich kund that, so glaube ich doch, möchte in diesem Stück vielmehr zweien andern Personen das Prädikat Hevorre: zukommen und Odysseus vielleicht den Ertappten vorstellen, nachdem Palamedes sei- nen erheuchelten Wahnsinn durchschaut hatte. (Gf. Annal. de ’Institut archeologique Vol. VII, p. 249 et 250.) ummmemnn 126 Tafel I, 1. ” n 4. ” 9, Pınorka: Erläuterung der Kupfertafeln. Hercules die lernäische Hydra, oder Argos die Echidna tödtend. Basrelief der Villa Albani. Argos als Hirt und Wächter der Kuh Io. Amethyst der Florentiner Gallerie. Argos mit zwei Jagdspeeren, vor ihm zwei Kühe an der Erde gelagert, über ihnen Io als Kuh sich entfernend. Glaspaste der Stoschischen Sammlung. Argos vor der weidenden Kuh Io: auf dem Ölbaume ein Vogel; der Hund des Argos wie auf den beiden früheren Vorstellungen. Dunkelrothe Paste meiner Sammlung. Io als Kuh ins Wasser springend, daneben der Hund des Argos, oberhalb eine Aedicula mit einer Figur. Petersburger Gemmensammlung Kasten V, Schieber 20, NS. Io mit Kuhhörnern, auf einem Stein sitzend; rechts Argos als jugendlicher Heros. Pompejanisches Wandgemälde. Io als Kuh zwischen Mercur und Jupiter. Karniol des Worsleyschen Museums. Silbermünze von Argos mit dem Vordertheil eines laufenden Wolfes, andrerseits unter einem A eine Pfauhenne auf einer Harpe. Samische Erzmünze mit einem bekränzten männlichen Kopf und andrerseits einem Pfau, hinter welchem ein Scepter in diagonaler Richtung liegt. Io mit Kuhhörnern auf einem Fels sitzend, links Argos mit einem langen Hirten- stab, rechts Mercur, der ihm die Syrinx reicht. Pompejanisches Wandgemälde. Hermes die Doppelllöte blasend, Argos davon bereits eingeschlummert, beide sitzend, zwischen ihnen steht Io als Kuh. Auf einem geschnittenen Stein. Der Wolfskopf nebst der Hydria auf Argos und den Fluls Inachus zu beziehen, der Pfau und Schild dem Heracultus angehörig. Auf einer antiken Glaspaste. Der Pfau auf einem Zweige tulpenähnlicher Blumen. Auf einer Lampe von gebrannter Erde. Indra, mit Augen am Oberkörper besäet, auf dem Elephanten Iravat reitend. Indra, auf einem ruhenden Elephanten, gelehnt an einen Baum, auf dessen Krone jederseits zwei Pfauen sitzen. Indra mit einem Hunde neben sich, unter ihm der Sonnenlenker mit seinem Gespann. Ein Pfau, dessen Körper ein bärtiger Mannskopf bildet; hinter dem Pfau liegt ein Scepter in diagonaler Richtung; der Rücken des Pfaus wird durch einen Elephantenkopf dargestellt, in dessen Rüssel man ein Messer mit Doppelhaken bemerkt. Ähnliche Vorstellung auf einem rothen Jaspis des K. Museums. Tafel III, 1. Tafel IV, 1. Argos Panoptes. 197 Mercur hat bereits mit der Harpe den am Boden liegenden vieläugigen Argos enthauptet: rechts die von der Bremse gestochene Io, im Hintergrund ein Pfau auf einem Baume sitzend; Glaspaste des K. Museums. Hermes im Begriff mit dem Schwert den vieläugigen fliehenden Argos zu ent- haupten; rechts der Demos von Nemea: Vasengemälde des Hrn. Hope in London. Form dieses Gefälses. Indra, dessen Oberkörper mit Augen besäet ist, vor ihm Ganesa mit Elephanten- kopf, in der Linken eine Art Lyra haltend. Io auf dem Altare sitzend beim Idol der Hera, Zeus als Brautwerber vor ihr, oberhalb hinter diesem ein Pan mit einer Syrinx; links hinter Io Argos: ober- halb derselben ein sitzender Eros, aus einem Lekythos das Idol begielsend: Vasenbild der CGoghillschen Sarnmlung. Sehr ähnliche Vorstellung, nur dals hinter Zeus noch Aphrodite Peitho erscheint und andrerseits hinter Argos des Zeus eifersüchtige Gemahlin Hera; Gemälde einer Hydria des K. Museums. Argos am Boden sitzend, den Zaum der an den Hörnern gebundenen Kuh Io haltend; vor dieser Hermes im Begriff, ihre Banden zu lösen: zwischen ihm und der Kuh ein Hund, im Hintergrund ein Baum. Auf einer Amphora der Candelorischen, gegenwärtig nach München versetzten, Sammlung. Form des Gefäfses. : BR DENT anfing | u S “ Daltı ur a ai ot ic Kntuieag, HERNE BL 4 zu ind wa DEI Tn 0 vlg ke won a elle IHRE nl vr ‚naisadqnlii Sa. one “ wi non Kita f | . ; Bar ENcE zull. vo Arco de au url) hl lb ia rain au Tape BR sel, 1 Yan. ‚nnlseh: won sun mis nis: AN) Er zb Kin . andsginikhhe hir ar BE ar m fi B ans Mi dal Mi. RN uk when hihi a Ra dir FOR SR Hy Er He sc R BZ art BR E na er kalt! “ Jane en hr eb iR ar ar aus u a + Let: (si RR PR EIRN wen u ei Ha: es " Fanıkı mh ra ee RnFrla Rates . sh rind a, Na „ehuntl Ar Drogrnbiif u : i ü Apr } eat ana De: ; bp Zn Are. Ubh cles Hr" Lunelka Arst K113/ Tas, 7 (02 x 0 VEN A \ | IT, > x Y 4 Tal MH. Zu der Abh.drs Hr" Ianolka West AAN hu SIruch als Steffen in Herde. Taf S Yh der Hr Janofka His 2% u Fu TR TU Zu der Abh. des Hr!" Panofka Hist K1.I637 Tal N N NASE MARS Leu Dar) VRR Über Ursprung, Form und Bedeutung des Centumviral- gerichts in Rom. ‚Von 227 UN BIT. nuninivirruirndd [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 30. November 1837.] D. CGentumvirn werden bei den Lateinischen Autoren der besten Zeit überaus häufig als eine richterliche Behörde in Rom erwähnt. Über ihre äufseren Verhältnisse und ihre Competenz eine neue Untersuchung anzu- stellen veranlafste mich die Unbestimmtheit, mit der sich die gangbaren Lehrbücher der Römischen Rechtsgeschichte darüber aussprechen, und die Mifsgriffe, die ich in den neusten Monographien über diesen Gegenstand, nahmentlich in der scharfsinnigen Abhandlung eines auch von mir hochge- o° achteten Gelehrten, des Hrn. Bethmann-Hollweg, Centumviralgerichte in der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, Band V. S.358 ff. entdeckt zu haben glaubte. Heineccius in den Antigq. IV, 6, 9 begnügt sich aus Cic. de Orat. über die Competenz der 1, 38 die Reihe der Rechtsverhältnisse, welche bei Centumviralprozessen in Betracht kamen, herzuzählen, eine Aufzählung, welche durch Ciceros Zusatz aliaque innumerabilia ins Unbestimmte erweitert oder geradezu ver- eitelt wird. Bach in der historia jurispr. Rom. II, 1 9.28 sagt: Praetor videtur causas gravissimas, in quibus non de facto tantum, sed de jure et aequi- tate certaretur, ad Centumviros delegavisse; womit alles umfafst wird und die Bedeutsamkeit unbestimmt bleibt. Philos.- histor. Abhandl. 1837. R 130 Zunmer über Ursprung, Form und Bedeutung Hugo in der Gesch. des Röm. Rechts 11. Aufl. S.687 stellt nur Fra- gen und Bedenken auf (!): „In Rom waren nun gewifs schon die Centum- virn. Ob der Prätor an ihrer Spitze stand ist jetzt noch (d.h. bis 650 Roms) sehr zweifelhaft, wenn gleich spät im folgenden Zeitraum eine Spur davon vorkommt. Im Edicte ist, so viel wir wissen, nicht von ihnen die Rede. Wie war die Verfassung, wie viele waren mit einer einzelnen Sache beschäf- tigt, kam alles, wie wir sagen, im Plenum vor, oder gab es einzelne Abthei- lungen, wie unsre Senate, welches war das eigentliche Kennzeichen dessen, was vor sie kam? Waren sie mit den ordinaria judicia in den Provinzen oder mit den Recuperatores zu vergleichen? Auch das Verhältnifs der Decemviri stlitibus judicandis zu ihnen ist zweifelhaft. Dafs sie in dem folgenden Zeit- raume wichtiger waren als in dem gegenwärtigen, leidet kaum einen Zweifel Pe Und in dem Zeitraume, auf welchen verwiesen wird, heifst es S. 956: „Mit den Centumvirn sind höchst wahrscheinlich in diesem Zeitraume, beson- ders durch die lex Julia judiciaria, höchst wichtige Veränderungen vorge- gangen. Sie sind uns aber so wenig genau bekannt, wie fast alles Andere, was wir von dieser Einrichtung wissen möchten.” Zimmern in der Geschichte des Röm. Privatrechts Theil 3 handelt 8.14 bis 16 und wiederum $. 36 ausführlich genug von den Centumvirn, und versucht nach seiner Art auch die verschiedenartigsten Meinungen zu com- biniren; das Resultat wird aber dadurch, abgesehen von der Richtigkeit, so unsicher, dafs der Leser, der irgend etwas Gewisses sucht, sich dabei nicht beruhigen kann. Ich unterfange mich nicht alle Fragen zu beantworten und alle Schwie- rigkeiten aufzulösen, bin aber überzeugt, das Wesentliche dieses Instituts durch Vergleichung der zahlreichen Stellen bei den Alten genügend darstel- len zu können, und bekenne dabei der Monographie des Sibrand Siccama de judicio centumvirali und der gelehrten Bearbeitung derselben von Ze- pernick, Halle 1776, sehr viel zu verdanken. Beide Autoren, glaube ich, haben das Wesentliche richtig erkannt; sie sprechen es aber nicht deutlich (') In der Note verweist er auf die Untersuchungen von Hrn. Bethmann -Hollweg, die unleugbar das Beste seien, was über diese Frage geschrieben. Von dem Resultate derselben scheint er jedoch nicht überzeugt zu sein, weil er es im Texte nicht erwähnt. des €. entumwiralgerichts in Rom. 151 genug aus, vermischen es mit Falschem und verhüllen es besonders in un- endliche Weitschweifigkeit. Es ist durchaus nothwendig, zuvor die äufsern Verhältnisse des Cen- tumyiralgerichts in Betracht zu ziehen, ehe man zur Beantwortung der wich- tigsten Frage nach der Competenz desselben schreiten kann (!). Um das Alter der Centumvirn oder die Zeit der Einsetzung des Cen- tumviralgerichts zu bestimmen, giebt es kein anderes Zeugnifs als die Stelle des Festus im Auszuge des Paulus: Centumeiralia judicia a centum- piris sunt dicta. Nam cum essent Romae triginta et quinque tribus (quae et curiae dictae sunt) terni ex singulis tribubus sunt electi ad judicandum, qui Centumveiri appellati sunt; et licet quinque amplius quam centum Juerint, tamen quo facilius nominarentur, Centumeiri sunt dicti. Wenn dies Ex- cerpt in allen seinen Theilen richtig ist, so würde daraus zu foigern sein, dafs die Centumvirn, wenigstens unter diesem Nahmen, nicht eher eingesetzt sein können, als 35 Tribus bestanden. Diese Zahl wurde erfüllt im Jahre vor Chr. 241. Und damit wird die Stelle des Rechtsgelehrten Pomponius im Enchi- ridion juris (1.2 9.29 Dig. de orig. juris) combinirt, wo es unmittelbar nach der Erwähnung der Einsetzung des Praetor peregrinus, im Jahre 242 v. Chr., heifst: deinde, cum esset necessarius magistratus, qui hastae praeesset, Decemviri liiibus judicandis sunt instituti. Demnach also nehmen Siccama und alle älteren Rechtshistoriker an, dafs die Centumvirn zugleich mit den Decemvirn, ihren Vorstehern, im Jahre 241 v. Chr. nach Beendigung des ersten Punischen Krieges constituirt worden sind (2). (') Ich glaube, dafs Hr. Hollweg, wenn er die Zusammensetzung des Gerichts und die Art der Abstimmung schärfer ins Auge gefalst hätte, oder vielmehr wenn er diese Punkte nicht absichtlich von seiner Betrachtung ausgeschlossen hätte, schwerlich auf den Gedanken gekommen wäre, dals die längste Zeit hindurch alle sachlichen Klagen vor die Centumvirn gelangten. (?) Man könnte ferner die Lex Glitia, über welche Gajus zu Folge der Überschrift des Fr. 4 Dig. de inoff. (V,2) ein einzelnes Buch geschrieben, damit combiniren, wenn es wahr- scheinlich wäre, dals dies Gesetz den M. Claudius Glicia, Dictator im Jahre 249 vor Chr., zum Urheber hätte, wie Cujacius zuerst behauptete (Obss. II, 2 und xıv, 14) und Siccama nebst mehreren anderen gelehrten Juristen annahm. Da die Querela inofficiosi anerkannter Maafsen zur Competenz der Centumvirn gehört, so dürfte es scheinen, dafs die Verstattung der Klage auch die Einsetzung der Richter nach sich gezogen habe. Aber dafs jener nur R2 1323 Zunmpr über Ursprung, Form und Bedeutung Dieser Meinung steht aber mehreres entgegen. Erstens kann der No- tiz des abgekürzten Festus schwerlich vollkommen getraut werden: die Er- wähnung der Curien ist ganz verkehrt: der eigentliche Inhalt ist doch nur die grammatische Bemerkung, Centumviri seien nur mit runder Zahl hundert genannt worden, da eigentlich 105 gewesen. Dieselbe Bemerkung macht auch Varro, der überall von grammatischen Notizen überströmt, de re rust. II, 1, 26: Si numerus non est ut sit ad amussim, ut non est cum dicimus, mille naves isse ad Trojam, centumvirale judieium esse Romae. Es kommt aber hinzu, dafs wir aus Plinius Briefen VI, 33 wissen, dafs das Cen- tumviralgericht unter Trajan aus 180 Personen bestand. Wenn also die Centumviri von Anfang an auf 35 Tribus bezogen waren, so müfste eine Vermehrung der Repräsentation jeder Tribus, etwa von 3 auf 5, Statt gefun- den haben. Darüber fehlt uns aber jede Nachricht; und es ist kein Grund zur Vermehrung abzusehn, da die Zahl der Richter in diesem Collegium die Verhandlungen nicht erleichterte, sondern erschwerte. Zweitens unterliegt die Angabe des Pomponius über die Decemviri litibus judicandis und die Zeit ihrer Einsetzung manchen Bedenken. Es ist schon unrichtig, dafs er sie von vorn herein als Vorsteher der Centumviri bezeichnet, denn dies wur- den sie nach Sueton (!) erst in Kraft einer Anordnung Augusts, indem vor- her in der Regel gewesene Quästoren das Gentumviralgericht zusammen- brachten, d.h. die Zusammenziehung der Centumvirn besorgten und die äufsere Ordnung handhabten. Aber wenn man auch darauf nicht viel Ge- wicht legen will, da eine gewisse Verbindung dieser Decemviri mit den Centumviris nicht abgeläugnet werden soll, so scheint es doch, dafs der Ausdruck des Pomponius deinde Decemviri instituti sunt in der Verbindung zum Hohn des Senats in wahnsinnigem Übermuth ernannte Dictator (s. Suet. Tib.2) ein Gesetz gegeben habe, ist historisch eben so unwahrscheinlich, als es grammatisch bedenklich ist von einem Beinahmen wie Gäcia ein gleichlautendes Adjeetivum zu formiren. Das einzige Beispiel davon wäre die Zex Glaucia bei dem Pseudo - Asconius zu Cic. in Verr. I, 9, wenn nicht vielmehr G/auciae zu corrigiren ist. Da sich Gäizü in der Kaiserzeit unter Nero bis Trajan (s. Tac. Ann. xv, 56 und 71. Gruter Thes. pag. 416, 6. 7.) finden, so wird eine Lex Glitia dieser oder einer noch späteren Zeit zugeschrieben werden müssen, um so mehr als eine gesetzliche Verfügung über die Querela inofhciosi sich durchaus nicht für die Zeit des alten Rechts eignet. (') Sueton. Aug. e. 36: Augustus auctor fuit, ut centumeiralem hastam, quam Quaestura Juncti consuerant cogere, Decemoviri cogerent. des Centumviralgerichts in Rom. 183 der ganzen Darstellung gar nicht so sehr eine strenge Reihenfolge in der Zeit enthält, als vornehmlich nur die weitere Entwicklung der Römischen Magistrate in sachlicher Beziehung ausdrückt. Der Verfasser stellt an jener Stelle alle niederen Magistratus, die sogenannten Vigintiviri, zusammen, so wie sie unter den Kaisern bestanden. Dabei interessirt ihn von den Decem- viris nur ihre Bestimmung als Vorsteher der Gentumvirn, nicht aber ihr frü- herer Bestand (!). Eben so verletzt er die Zeitfolge in Betreff der Tresviri capitales, welche nach dem unverwerflichen Zeugnisse der Epitome des Li- vius, im XI. Buche, schon 50 Jahr vor dem Praetor peregrinus (im J. 290 vor Chr.) eingesetzt worden sind. Nähmlich der an und für sich nicht bedeutenden Autorität des Pom- ponius tritt ein sehr gewichtiges Zeugnifs, wonach die Decemvirn sehr viel älter sind, geradezu entgegen. Livius 3, 55 gedenkt einer Lex Valeria Ho- ratia vom Jahre 449 vor Chr. unmittelbar nach Aufhebung der extraordinä- ren Gewalt der Decemviri legibus seribendis, des Inhalts: u qui Tribunis plebis, Aedilibus, Judicibus Decemeiris nocuisset, ejus caput Joyi sacrum esset. Dafs die in dem alten Gesetze, welches Livius nicht obenhin blofs dem Sinn nach, sondern mit einer gewissen philologisch - juridischen Gründlichkeit an- führt, genannten Decemviri keine andern als die Decemviri litibus judi- candis sind, nach deren Ursprung gefragt wird, leidet keinen Zweifel. Aber wer sind die Judices? Niebuhr, Röm. Gesch. Theill. S.441 der zweiten Ausgabe, erkennt in ihnen die Centumviri als plebejische Richter, deren Ein- setzung er noch höher hinauf, auf Servius Tullius, zurückführt. Zum Be- weise defs beruft er sich auf Dionysius, der 4,25 von Servius Tullius meldet, dieser König habe eine Trennung der öffentlichen und privaten Rechtssachen gemacht, über Beschuldigungen, die auf den Staat bezüglich waren, selbst erkannt, für private Rechtshändel aber private Richter angeordnet, und als Norm und Richtschnur für sie die von ihm verfafsten Gesetze aufgestellt. Diese Meinung Niebuhrs ist von mehrern neuen Rechtsgelehrten, die sich über diesen Gegenstand geäufsert haben, adoptirt worden, wie von Zimmern, Rechtsgeschichte Bd.3 5.26 und 38; und Hr. Alb. Schneider (') Als veraltet bekümmert er sich auch nicht um die von Augustus aufgehobenen Pote- states der Duoviri viarum extra urbem und der Quatuorviri in Campaniam. Die obige Argu- mentation stimmt mit Hrn. Meiers Programm über die Decemyiri stlit. jud. zum Index scho- larum in acad. Halensi 155; habendarum überein. 134 Zunurr über Ursprung, Form und Bedeutung hat in seiner zu Rostock 1835 erschienenen Schrift de centumviralis judicii origine noch ganz andere spezielle Behauptungen in Betreff der Competenz der Centumvirn darauf gebaut. Aber sie hat offenbar einen sehr schwachen Grund. Denn Dionysius spricht von Einzelrichtern, was die Centumvirn nicht waren, und was er als ein eigenthümliches Institut des Servius Tullius angiebt, ist so allgemein Römisch, dafs er selbst es schon II, 14 dem Romu- lus beigelegt hatte. In der Lex Valeria Horatia kann ich Judicibus weder von den Centumvirn, noch überhaupt von privaten Richtern verstehen. Die Sicherheit dieser braucht nicht durch ein Gesetz garantirt zu werden: der Magistratus, der sie bestellt hat, giebt sie ihnen: das Gesetz geht nur auf Beamte und nahmentlich auf plebejische Beamte, denen die Zwangsgewalt der Lictoren fehlt. Sollten Judices wirklich Richter sein, so würde es ab- steigend Decemviris, Judicibus heilsen. Man mufs Judicibus Decemviris ver- binden (!) und in diesem Ausdruck die alterthümliche Bezeichnung der De- cemviri litibus judicandis erkennen. Decemeiri ohne Zusatz ist Römisch durchaus unverständlich, die Opposition Judices ersetzt den nothwendigen Dativ der Beziehung und Befugnifs. Die Decemviri litibus judicandis wer- den aber überall als Magistratus angesehen. Dafs sie ursprünglich plebejisch waren, könnte man aus der Zusammenstellung mit den Tribunis plebis und den Ädilen, die ursprünglich und damals auch noch ausschliefslich der Plebs angehörten, ferner aus dem Gesammtbezuge der Lex folgern. Aber ich halte dies nicht für nothwendig, wohl aber, dafs sie nicht ausschliefslich patrizisch waren. Es ist die Frage, worüber die Decemviri judicirt haben, denn, woran Niebuhr wohl gedacht hat, ihre Vorstandschaft der Centum- viri, wird für jene Zeit wohl aufgegeben werden müssen. Über ihre Func- tion in der Zeit der Republik ergiebt sich weiter nichts als aus Cicero p. Caec. 33 und de domo 29, dafs sie de statu judieirten. Wir werden weiter unten versuchen, diesen Theil ihrer Amtsthätigkeit in Verbindung mit dem Centumviralgericht zu setzen. Denn dafs dies nicht ihr ganzes Amt war, mufs schon der allgemeine Titel Zitibus judicandis vermuthen lassen. Über die Centumviri sind wir nun aber desto weniger aufs Reine ge- kommen. Die Zeit ihrer Einsetzung läfst sich nicht durch Zeugnisse der (') So thut es auch Hr. Huschke zum Auctor der Expositiones magistratuum et sacer- dotiorum populi Rom. pag. 49. m des Centumviralgerichts in Rom. 135 Autoren darthun. Die Meinung des Anton. Augustinus de legibus, dafs sie durch die Lex Aebutia eingesetzt seien, welcher auch Siccama lib. 1 cap. 8 dergestalt beistimmt, dafs er die Lex Aebutia in jene oben besprochene Zeit um das Jahr 241 vor Chr. setzt, hat keinen andern Grund als Gellius und Gajus Zeugnifs (!), dafs durch die Lex Aebutia die Legis actiones mit Aus- nahme ihres Gebrauchs bei Centumviralgerichten abgeschafft seien. Und hiedurch wird vielmehr der ältere Bestand der Centumviralgerichte bezeugt. Die Lex Aebutia ist wahrscheinlich erst nach Ciceros Consulat gegeben worden, da in der Rede für Murena (cap. 12) die legis actio sacra- mento bei Vindicationen so beschrieben wird, als bestehe sie noch in gewöhn- lichem Gebrauch. (Man vergleiche auch was unten S. 144. vorkommen wird). Ich halte die Centumviri, eben weil nichts über ihre Einsetzung ge- meldet wird, für alt und mit dem ganzen Civilprozefs durch die zwölf Tafeln constituirt. Ja ich erkläre ihren Nahmen und die Notiz von 105 Richtern, welche gleichmäfsig aus allen Tribus erlesen wurden, durch die Zahl von 21 Tribus, welche zur Zeit der Gesetzgebung bestand. Fünf Richter aus jeder der 21 Tribus sind 105. Die Zahl stieg mit der Vermehrung der Tri- bus, und als 35 Tribus erfüllt waren, betrug sie 5x 35 d.h. 175, welche in 4 Consilia getheilt, mit 4 Decemvirn als Vorständen und dem Prätor als gemeinsamen Vorsitzer, die Zahl von 180 Personen bildeten, welche Pli- nius (Epist. VI, 33) als die nicht zufällige sondern constante Zahl der Bei- sitzer des Centumviralgerichts angiebt (?). In der Notiz bei Festus heifst es, die Centumvirn seien erlesen wor- den, elect. Wenn das Wort richtig gebraucht ist, so darf nicht an Wahl in comitiis tributis gedacht werden; und es wäre in der That unrömisch, (') Gell. Noct. XVI, 10: Cum omnis illa XII tabularum antiquitas, nisi in legis actionibus centumviralium causarum lege debutia lata consopita sit. Gaj. IV, 30: Itaque per legem Aebutiam et duas Julias sublatae sunt istae legis actiones effectumque est, ut per concepta verba, id est per formulas ltigaremus. Tantum ex duabus causis permissum est lege agere, damni infecti et si centumvirale judieium zzurerre» ante lege agit sacramento aput Praetorem urbanum vel peregrinum. (°) Niebuhr Th. I. S.441 der zweiten Ausg. (472 der dritten) nimmt an, dafs jede plebe- jische Tribus (unter dem Vorsitz der Aediles plebis, Th. III. S.648) drei Männer gewählt habe, also seien ursprünglich 90, dann 60 gewesen, und diese Zahl allmählich auf 105 gestiegen. Ich bemerke nur, dafs die Zahlen 90 und 60 keine Autorität haben, und dafs Niebuhr auf Plinius Angabe keine Rücksicht nimmt. 136 Zuupr über Ursprung, Form und Bedeutung jährige Richter für ungewisse Fälle vom Volke wählen zu lassen. Es ist auch aufser jener oben zurückgewiesenen Erklärung der Lex Valeria Horatia keine Andeutung vorhanden, dafs der auswählende Magistratus (wahrschein- lich der Praetor urbanus) auf Männer plebejischer Herkunft beschränkt war. An und für sich ist es unwahrscheinlich, dafs die alten Anordner eines Ge- richts, welches keineswegs blofs über plebejische Interessen zu entscheiden hatte, patrizische Beisitzer entfernt haben sollten. Die Klage bei den Centumvirn wird eingeleitet durch das aus den zwölf Tafeln abgeleitete Verfahren mittelst des Sacramentum oder der Bufse von resp. 50 oder 500 Afs, welche der verlierende Theil an den Staat zu entrichten sich verpflichtete. Statt der 500 Afs nennt Gajus IV, $.95 die gleiche Summe 125 Sesterzen als stehend bei den Centumviralklagen. Die Klage kann bei dem Praetor urbanus oder dem peregrinus ange- meldet werden: so viel geht ganz gewifs aus der lückenhaften Stelle bei Gajus IV, 8.31 hervor. Dabei kann gefragt werden, in welchem Falle das Letztere geschah. Ich glaube, wenn der Kläger ein Fremder und der Be- klagte ein Römischer Bürger war. Denn der gegen einen Fremden klagende Römische Bürger fand gewils seine Rechtshülfe bei dem Praetor urbanus. Wenn aber beide Theile Fremde waren, so gehörte die Sache gar nicht vor ein Gericht der Quiriten, sondern es wurden Recuperatoren gegeben. Die Hasta war das Zeichen des niedergesetzten Centumviralgerichts, weshalb dann auch hasta centumviralis öfters für judicium centumvirale ge- sagt wird (1). Uber die Bedeutung dieses Symbols sind die Meinungen ver- schieden (?): Gajus erklärt IV, $.16 die hasta sei das signum justi dominü, und setzt als Grund hinzu: maxime enim sua esse credebant quae ex hostibus (') Hastae judicium Val. Max. VII, 8 ex.1. Hastam centumviralem cogere Sueton. Aug. 36. Hunc miratur adhuc centum gravis hasta virorum Martial. VII, 62,7. Cessat centeni modera- trix judicis hasta Stat. Silv. IV, 4, 43. Die Hasta decem virorum im Carmen ad Pisonem vs. 41 ist auch nichts anderes als die nach den Vorständen genannte Ahasta centumviralis, wie sich aus dem, was unmittelbar dort folgt, ergiebt. (?) Festus Notiz ist unvollständig: Hastae subjiciebantur ea quae publice venumdabant, quia signum praecipuum est hasta. Nam et Carthaginienses cum bellum vellent Romam hastam miserunt, et Romani fortes viros saepe hasta donarunt. Zepernick zu Siccama p- 137 glaubt, die Rasa sei das Zeichen der prätorischen Jurisdiction. Aber die Stelle, welche er als Beleg anführt, Seneca de brev. vit. 11. quos hasta praetoris infamibus beat lucris geht auf fiskalische Versteigerung. des Centumviralgerichts in Rom. 137 cepissent: unde in centumviralibus judieüs hasta praeponitur. Ich kann mich dabei nicht beruhigen. Die Hasta ist nicht Zeichen des privaten Eigenthums, denn sub hasta wird nur dasjenige verkauft, was dem Volke gehört oder des- sen Erlös dem Volke anheimf:llt. Sie wird auch angewandt bei censorischer Verpachtung, wo doch nicht das Eigenthum, sondern nur die Nutznielsung verkauft wird, z. B. Columella praef. lib.I: Nunc ad hastam locamus ut nobis ex transmarinis provincüs advehatur frumentum. Deshalb kann ich die Hasta nur für das alte Symbol des Römischen Volkes selber halten: sie wird aufgerichtet zum Zeichen, dafs populi res agitur. Ich werfe mir selbst ein, dafs man doch keine Nachricht von einer Hasta bei judiciis publieis hat, wo sie vornehmlich hingehört. Aber ich löse dies Bedenken dadurch, dafs die judieia publica eine spätere Einrichtung aus einer den symbolischen Forma- litäten abgeneigten Zeit sind. So lange die alten judicia populi bestanden, war nicht nur die Lanze vorhanden, sondern mehr als die Lanze, ein Posten sub signis auf der Höhe des Janiculum oder auf der Burg. Man sche Dio Cassius 37, 28. Gellius XV, 27. Macrob. Saturn. 1, 16. Die Centumvirn bildeten vier Consilia judicum, und es läfst sich nach- weisen, dafs die Consilia sowohl einzeln, jedes Consilium über eine verschie- dene Sache, richteten, als dafs sie in zwei Hastae oder in eine einzige zusam- mengezogen wurden, in welchem Falle dann das Centumviralgericht ein duplex oder ein quadruplex heifst. Von der Sonderung der Consilia zeugt Quintilian XII, 5: Cum Trachalus in basilica Julia diceret primo tribunali, quatluor aulem Judicia, ut moris est, cogerenlur, atque omnia clamoribus ‚fremerent, et auditum eum et intellectum, et, quod agentibus ceteris conlume- liosissimum fuit, laudatum quoque ex qualtuor tribunalibus memini. Der Redner Trachalus hatte eine so klangreiche und starke Stimme, dafs er, wenn er im ersten Tribunal der Basilica Julia sprach, auch von den in den drei andern Tribunalen sitzenden Richtern verstanden und angehört wurde, obgleich diese ihrem eignen Redner das Ohr leihen sollten. Eben so ergiebt sich aus Plinius Epist. 2, 14, dafs in der Basilica (Julia ist immer zu ver- stehen) mehrere Centumviralgerichte neben einander abgehalten wurden: si quando transibis per basilicam et voles scire, quomodo quisque dicat u. s. f. Assectabar Domitium Afrum apud Centumpiros agenlem — cum audüt e proximo immodicum insolitumque clamorem. Philos.- histor. Abhandl. 1837. S 138 Zunert über Ursprung, Form und Bedeutung Das judieium duplex findet sich bei Quintilian XI, 1, 78: Etiamsi apud alios Judices agetur, ul in secunda asserlione aut in centumviralibus Ju- dicis duplicibus, parte victa, decentius erit, quotiens conligerit, servare judicum pudorem — mit welcher Stelle eine andere V, 2 zu combiniren ist: cum de eadem causa pronuntiatum est, ut in reis deportatis et asserlione secunda et Be er quae in duas hastas divisae sunt, d.h. eine causa centumyiralis zerfällt in zwei Prozesse: die Centumvirn sind in zwei Lanzen getheilt, so dafs jedes Gericht ein doppeltes ist oder aus je zwei Consiliis besteht: der Kläger hat in einem Prozefs verloren (parte victa), er versucht nachher im andern Gericht sein Glück, ebenfalls bei Gentum- virn, aber andern Personen: so soll er sich in Acht nehmen, nachtheilig von seinen frühern Richtern zu sprechen. Das qguadruplex judicium findet sich bei Plinius Epist. VI, 33, wo entschieden die vier Consilia zu gleicher Zeit nur über Eine Sache richten, so dafs der Patron nur Eine Rede vor sämmtlichen Centumvirn hält. Zimmern Röm. Rechtsgesch. Theil 3. S.42 behauptet zwar, dafs über jede einzelne Frage immer nur ein Consilium geurtheilt habe, und dafs nur in sofern meh- rere Consilia in derselben Rechtssache urtheilen, wenn die Sache in mehrere Prozesse zerliel. Er erklärt demnach den Fall, welchen Plinius erzählt, wo die enterbte Tochter das Vermögen des Vaters gegen die testamentarisch eingesetzte Stiefmutter und deren zugebrachten Sohn in Anspruch nimmt, und wo zwei Consilia für und zwei gegen die Tochter entscheiden, so, dafs er annimmt, die Tochter habe aufser der Stiefmutter noch gegen andere Testamentserben geklagt, und jedes der vier Consilia habe über einen derselben zu urtheilen gehabt. Aber Plinius hat es nur mit der Stief- mutter und ihrem Sohn, der ihr wahrscheinlich substituirt war, zu thun: es mögen noch andere Erben eingesetzt gewesen sein, aber gegen diese klagt er nicht: Plinius verwundert sich, wie eadem in causa, üsdem judicibus, eodem tempore eine solche Verschiedenheit des Urtheils habe Statt finden können. Was wäre aber da zu verwundern gewesen, wenn jedes der vier Uonsilia über eine andere Person zu entscheiden gehabt hätte? Dieser Fall kam häufig genug vor, dafs, wenn gegen mehrere Erben geklagt wurde, die Entscheidungen je nach dem Rechte dieser Erben verschieden ausfie- len, s. Papinian in 1.15 Dig. de inoff. test. (V, 2) und Ulpian 1.24 Dig. des Centumviralgerichts in Rom. 139 eod. (!). Aber dies gab eben so viele successive Prozesse. Bei Plinius ist aber nur von Einem Prozefs die Rede, in welchem die in einer Versammlung vereinten vier Consilia so entschieden, dafs zwei Consilia der gegen das Te- stament klagenden Tochter, zwei der im Testament zur Erbin eingesetzten Stiefmutter Recht gaben. Ich beziehe auf diese Eigenthümlichkeit des Centumviralgerichts das Fragment des Marcellus in 1. 10 des angeführten Titels, worin es heifst: $ pars Judicantium de inofficioso testamento contra testamentum, pars secun- dum id sententiam dederit, quod interdum fieri solet, humanius erit sequi ejus partis sentenliam, quae secundum testamentum spectayit. Offenbar kann hier pars-pars nicht von gleichen Richterstimmen innerhalb eines Consiliums verstanden werden: dafür wäre der einfache Ausdruck gewesen si pares sen- tentiae judicum fuwerint: und solche Parität der Stimmen wird durch andere Vorkehrungen vermieden. Noch weniger aber handelt es sich hier um suc- cessive Aburtheilung verschiedener Theile des Prozesses. Sondern die par- tes sind die Consilia des doppelten oder vierfachen Centumviralgerichts, wo jedes Consilium einzeln für sich stimmt und gezählt wird. Durch diese Art der Abstimmung konnte zwar einer Seits eine etwas bedeutendere Majorität gewonnen werden, als wenn alle Richterstimmen zusammengerechnet wor- den wären; aber sehr häufig mufste auch eine Stimmengleichheit, 1 gegen 1, oder 2 gegen 2, entstehen, wodurch die Entscheidung zweifelhaft wurde. In diesem Fall empfiehlt (Aumanius erit) Marcellus bei der Querela inofhiciosi Abweisung des Klägers. Aber der Prozefs, welchen Plinius beschreibt, hatte einen andern Ausgang. Plinius sagt: duobus consilüs vieimus, totidem victi sumus, und nachher victa est noverca, ipsa heres ex parte sexta. Diese Worte scheinen einen Widerspruch zu enthalten. Denn, wurde sie besiegt, so erhielt sie nichts; blieb sie Erbe, so wurde sie nicht besiegt. Sie mufs also nicht zu dem Theil Erbe geblieben sein, zu welchem sie eingesetzt war. Ich erkläre den coneisen Ausdruck des Plinius so: sie erhielt nur die Hälfte (') L.15 8.2 Dig. de inoff.: Filius qui inofficiosi actione adversus duos heredes expertus diversas sententias judicum tulit, et unum vicit, ab altero superatus est etc. Leg. 24 eod.: Circa inofficiosi querelam evenire plerumque adsolet, ut in una alque eadem causa diversae sententiae proferantur. Quid enim, si, fratre agente, heredes scripti diversi juris fuerunt? Quod si fuerit, pro parte testatus, pro parte intestatus decessisse videtur. Hier sind die Worte in una atque eadem causa materiell zu verstehen, in Einer Rechtsfrage, nicht formell von Einem Prozesse. 52 140 Zunrr über Ursprung, Form und Bedeutung des ihr im Testamente Bestimmten, den sechsten Theil der Güter, während sie nach dem Testamente das Drittheil erben sollte. Für die übrigen zwei Drittheile, scheint mir, waren andere Erben eingesetzt, gegen welche nicht geklagt wurde. Wahrscheinlich hatten der Prätor und die Decemvirn, als Vorstände des Gerichts, diese Entscheidung als Ausgleichung vorgeschlagen und die Centumvirn sie angenommen: denn dafs eine Willkühr dabei Statt fand, beweist ja noch der Ausdruck des Marcellus, kumanius erit. Es ergiebt sich aus dem Bisherigen, dafs das Centumviralgericht mehr war als ein Privatgericht; es entschied zwar über causae privatae, aber die Centumviri waren eine Staatsbehörde, richteten collegialisch, theils in ein- zelnen aber immer noch zahlreichen Consilien, theils alle vier Consilien zu einem Gerichtshofe verbunden. Andere Gerichte konnten aufgeschoben werden, das angesetzte Centumviralgericht konnte auf keine Weise aufge- schoben werden: Plin. Epist. 1, 18 extr. Est enim sane alia ratio tua, alia mea fuit. Nam Judicium centumeirale differri nullo modo, istud aegre quidem, sed tamen potest Daher werden bei den Autoren die Centum- viri den judieibus privatis, das Centumviralgericht dem judicio privato ent- gegengesetzt, z. B. Quint. V, 10, 115: Proprium est illud causae, quod Amphictyones judicant: ut alia apud Centumwiros, alia apud privatum judi- cem in üsdem quaestionibus ratio. Plin. Epist. VI, 33, 8.9: Intervenit enim — ‚frequens necessitas computandi — ut repente in privali judicü formam cen- tumvirale judicium vertatur. Nach diesen Untersuchungen über das Alter und die Form des Cen- tumviralgerichts komme ich zu der Frage nach der Competenz desselben. Dafs die Centumviri nicht über Crimina judicirten, ihr Gericht kein Crimi- nalgericht war, wird jetzt allgemein angenommen (!). Bewiesen wird es durch den Umstand, dafs die Klagen bei dem Praetor urbanus oder peregri- nus angebracht werden, und durch die Summe der einzelnen Fälle, welche durchaus nur Civilprozesse sind. Es kann dagegen nur die Erzählung bei Phaedrus Fab. III, 10 angeführt werden, wo die Frau beschuldigt wird, den (') Die Stelle Quint. IV, 1, 57, welche bei der früheren Lesart: Quidusdam judiciis maxi- meque capitalibus, ut apud Centumviros, ipsi judices exigunt sollicitas et accuratas actiones verführen konnte, das Centumviralgericht für criminalisch zu halten, ist jetzt durch das besser bewährte disjunctive au vielmehr ein Beweis vom Gegentheil. des Centumviralgerichts in Rom. 141 Tod des unmündigen Sohnes und den Selbstmord des Mannes verschuldet zu haben und von dem Freigelassenen vor die Centumvirn (!) geführt wird. Aber es wird dabei gemeldet, dafs die Frau im Possefs der Güter und der Freigelassene heres secundus ist: also ist anzunehmen, dafs Sohn und Frau erste und einander substituirte Erben waren, und dafs der Freigelassene die Erbschaft als zweiter Erbe auf civilem Wege ansprach, weil die Frau der Succession unwürdig sei. Darüber also ist man einverstanden, dafs nur Civilklagen vor die Centumvirn kommen. Aber über die Frage, welche Civilsachen ihrer Ent- scheidung unterworfen wurden, sind die Ansichten sehr verschieden. Die neuern Bearbeiter der Römischen Rechtsgeschichte schliefsen sich meist der Ansicht an, welche Hr. Bethmann-Hollweg in der Abhandlung über die Competenz der Gentumviralgerichte in der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Theil 5 aufgestellt hat. Dieser Gelehrte geht von dem Satze aus, dafs alle Beispiele von Cen- tumviralprozessen, welche wir kennen, sachliche Klagen, actiones in rem sind, wo der Kläger eine Sache oder ein Recht als ihm gehörig anspricht. Cicero de Oratore 1, 33 nennt eine Menge Rechtsverhältnisse, welche in Centumviralprozessen vorkommen. Hr. Hollweg führt die genannten auf Eigenthums - Servitut- und Erbschaftsklagen zurück. Hiemit ist für die nähere Bestimmung der Competenz der Centumvirn noch wenig gewonnen: denn so bleiben nur persönliche Klagen, aus Con- tracten oder Delicten, aufser ihrem Bereich. Hr. Hollweg nimmt ferner noch Status quaestiones aus, obgleich nach seinem Prinzip ohne genügenden Grund, weil wenigstens die Vindicatio in servitutem eine Eigenthumsklage ist. Aber, wenn ihm dies auch zugegeben wird, da sich darthun läfst, dafs über den Stand der Menschen Recuperatoren und (wenn eine andere Beziehung, wie ich glaube, hinzukommt) die Decemviri litibus judicandis richten (?), (') Hr. C. A. Schneider in der oben angeführten Abhandlung S.54 corrigirt bei Phaedrus Triumeiros (scil. capitales), um auf diese Art die Criminaljustiz von den Centumyirn entfernt zu halten. Zuvörderst bedarf es noch eines Beweises, dals die Alten Triumviri gesagt haben, denn der Singularis Zriumeir beweist noch nicht das ungrammatische triumviri, gleich zresviri. (2) S. über diese Function der Recuperatoren die Stellen Plaut. Rud. V, 1,3. Sueton. Vespas. 3, Domitian. 8 und Ed. Huschke Excursus II. ad Cic. orat. p. Tullio de Recuperatoribus in Imm. Huschkii analect. litterar. p.230. Über die Decemviri stlit. jud. oben $.134 und unten $. 148. 142 Zumrr über Ursprung, Form und Bedeutung so ist doch der Umfang der Gentumviralklagen noch so ungeheuer, dafs ein anderes Prinzip der Beschränkung gesucht werden mufs. Dies findet Hr. Hollweg in der Bestimmung, dafs, seitdem durch die Lex Aebutia der Formularprozefs eingeführt war, nur diejenigen sachlichen Klagen an die Centumvirn gelangten, welche durch die alte Legis actio sacra- menti eingeleitet wurden. Zwischen beiden Wegen, glaubt er (S. 382), stand dem Kläger die Wahl frei: klagte er in rem mittelst der Legis actio sacramenti, so wies der Prätor die Sache an die Centumvirn ; bediente er sich der prätorischen Formula, so gab der Prätor den einzelnen Richter. So sei es bis auf August gewesen. Nähmlich vor der Lex Aebutia seien schlechthin alle Klagen, durch welche Quiritarisches Eigenthum behauptet wurde (wozu Hr. Hollweg auch die Servitutklagen, z. B. de stillicidüs vech- net), an die Centumvirn gegangen; nach der Lex Aebutia nur diejenigen, bei denen man sich der alten Klageform bediente, d. h. die allerwenigsten: denn wer hätte wohl das weitläufige Verfahren gewählt, da der Einzelrichter, über welchen sich die Parteien vereinigten, dieselbe Gewähr der Unpartei- lichkeit bot? Hiemit seien also die Centumviralprozesse ganz in den Schat- ten getreten. Da sie nun aber doch in der Kaiserzeit wieder bedeutend her- vortreten, so nimmt Hr. Hollweg an, dafs Augustus die Competenz der Centumvirn von Neuem geordnet, die freie Wahl aufgehoben, und einen Betrag festgesetzt habe, über welchen die Sache an die Centumvirn, unter welchem an den Einzelrichter gelangte. Als Ausnahme von dieser Bestim- mung sei jedoch anzunehmen, dafs die (Querela inofficiosi testamenti immer, mochte der Werth der Erbschaft grofs oder klein sein, den Centumvirn verblieb. Gegen diese Ansicht ist von andern Rechtsgelehrten (Heffter Obss. ad Gajum p.32. Zimmern Rechtsgesch. Th. 3. $. 36) eingewandt worden, dafs die Beschränkung der Competenz der Centumvirn auf actiones in rem unbegründet sei: sie hätten eben so gut auch in persönlichen Klagen ent- scheiden können. Denn auch bei diesen habe die Legis actio sacramenti Statt gehabt (von welcher Gajus IV, $. 15 gesprochen haben mufs) (?). (*) Hr. Heffter beruft sich aulserdem noch auf Cicero’s Erwähnung der jura nexorum et mancipiorum unter den Rechtsverhältnissen, welche bei Centumviralprozessen zur Sprache kamen, was wiederum Zimmern $. 36 not. 6 Seite 95 zu entkräften sucht. des Centumveiralzerichts in Rom. 143 8 Zimmern zieht auch die Status quaestiones mit zur Competenz der Cen- tumvirn — so dafs wiederum jede Beschränkung aufgehoben und die Com- petenz ins Unendliche erweitert wird. Darin aber stimmen beide genannten Gelehrten mit Hrn. Hollweg überein, dafs nach Einführung des Formular- prozesses freie Wahl Statt fand, ob der Kläger mittelst der alten Legis actio sacramenti die Entscheidung seiner Sache bei den Centumvirn, oder mittelst der Formula des Prätors bei dem Einzelrichter nachsuchen wollte. Von einem Unterschiede, welchen die Gröfse des Objects machte, ist durch- aus nichts bekannt: auch erklärt Hr. Hollweg, der diese Meinung aufgestellt hat (S. 382), und Zimmern, der sie unentschieden läfst (S. 95), dafs jeden- falls bis auf Augustus der Werth der Sache nicht in Betracht gezogen wurde. Nun stellt sich also die Sache so: Es stand in dem Belieben eines Jeden, ob er eine Klage auf das Eigenthum einer Sache, einer Erbschaft, eines Rechts (um nur hiebei stehen zu bleiben), wie bedeutend oder unbe- deutend das Object sein mochte, zur Entscheidung des Einzelrichters oder des Volksausschusses von 180 Richtern bringen wollte. Im letztern Falle hatte er nur, wenn er mit seiner Klage abgewiesen wurde, eine Bufse von 125 Sesterzen, d. h. ungefähr 6 Thalern, zu erlegen. Ich enthalte mich aller populären Demonstrationen, und sage nur: Dies ist unmöglich anzunehmen. Man kann sagen: die Centumvirn haben nicht immer im Plenum entschieden. Aber doch häufig! Und jedenfalls ist auch ein einzelnes Consilium von 45 Personen zu ehrwürdig, um der Will- kühr eines Streitsüchtigen oder Spafsvogels Preis gegeben zu werden. Aber worauf gründen sich die Behauptungen, dafs es auf der freien Wahl des Klägers beruhte, welchen Weg des Prozesses er einschlagen wollte, und dafs alle sachlichen Klagen (nach der Hollwegischen Beschrän- kung, wenn sie so genannt werden darf) an die Centumvirn gebracht wur- den oder gebracht werden konnten? Das Erste, die freie Wahl, wird dadurch bewiesen (man sehe Holl- weg S. 382. Zimmern S.97), dafs Cicero de Orat. 1, 38 unter andern auch die Rechtsverhältnisse der Wände, Fenster und Regentraufen (parietum, luminum, stillieidiorum) als solche erwähnt, um welche es sich öfters in Cen- tumviralprozessen handelt, und doch wiederum im Orator c. 21 sagt: „Es ist sehr ungehörig, wenn man vor dem Einzelrichter über Regentraufen 144 Zumpr über Ursprung, Form und Bedeutung En vedet, erhabene Worte und Sentenzen anzuwenden, dagegen von der Ehre des Römischen Volks in niedrigem und ängstlich abgemessenen Stil zu spre- chen” (!). Ferner dafs Cicero in Verr. I, 45 als die zwei Wege der Erb- schaftsklage ex testamento aufstellt: Zege ageret in hereditatem aut pro praede litis vindiciarum cum salis accepisset, sponsionem faceret. Hr. Holl- weg ergänzt nähmlich zu lege agere „apud Centum eiros’ und denkt bei sponsionem facere an den Einzelrichter. Dies ist aber nicht der Sinn der Stelle, sondern Cicero bezeichnet nur die beiden Arten der Klage in rem, welche bei Gajus IV, 91 ebenfalls aufgestellt werden, nur dafs Cicero statt der prätorischen Formula petitoria, welche noch nicht im Gebrauch ist, lege agere sagt. Zweierlei Wege, sagt er, giebt es: entweder man klagt auf das Eigenthum, oder man macht eine Sponsio, wodurch die Klage eine persön- liche, auf das dare oportere gerichtete, wird. Von Gentumviris ist gar nicht die Rede, denn daraus, dafs eine Sponsio Statt findet, bevor eine Sache an die Centumvirn kommt, was Gajus IV, $. 95 lehrt, kann ja nicht gefolgert werden, dafs jede Sponsio von den Centumvirn entschieden wird. Die differirenden Stellen über Stillicidia beweisen aber weiter nichts, als dafs in einigen Fäl- len darauf bezügliche Klagen vor die Centumvirn, in andern vor den Einzel- richter gelangen; ja Cicero sagt, genau genommen, nicht einmal, dafs Kla- gen über Stillieidia an die Centumvirn gebracht werden, sondern nur, dafs in Centumviralprozessen oft auch dieses Rechtsverhältnifs zur Sprache kommt. Der Beweis, dafs alle Klagen auf Quiritarisches Eigenthum vor der Yinführung des Formularprozesses an das Centumviralgericht kamen, und nachher bis auf Augustus kommen konnten, wenn es dem Kläger beliebte, beruht wesentlich auf einem Mifsverständnifs der Stelle Ciceros de Orat. 1, 38. Sie ist schon oft angezogen worden, mufs aber zur Widerlegung einer irrigen Meinung doch noch ein Mahl betrachtet werden. Cicero spricht von der Nothwendigkeit der Rechtskenntnifs für den Redner. Es ist unverschämt, sagt er, sich, ohne selbst die Elemente des Rechts zu kennen (?), breit zu (') Cie. Orat. 21 extr.: Quam enim indecorum est, de stillicidiis cum apud unum judicem dicas, amplissimis verbis et locis uti communibus, de majestate populi Romani summisse et subtiliter. (?) Cicero sagt: cum omnino quid suum, quid alienum, quare denique civis aut peregrinus, servus an liber quispiam sit, ignoret. Daraus ist aber nicht zu schlielsen, dals die Status quae- stiones vor das Centumviralgericht gehörten, wie Ältere thun. des Centumviralgerichts in Rom. 145 machen, d.h. häufig aufzutreten, in Centumviralprozessen, in quibus usu- capionum; tulelarum, gentilitatum, agnationum; allusionum, circumlurionum; nexorum, mancipiorum; parielum, luminum, stilliidiorum; testamentorum ruplorum aut ratorum, ceterarumque rerum innumerabilium Jura versentur. Also alle diese Rechtsverhältnisse kamen bei Centumviralpro- zessen (gelegentlich) zur Sprache, aber noch unzählige andere. Das heifst doch keineswegs: alle Klagen, die sich auf diese Rechtsverhältnisse beziehen, kommen vor die Gentumvyirn; sondern: diejenigen Klagen, welche vor die Centumvirn kommen, sind so mannigfaltig, dafs bald dieses bald jenes Rechts- verhältnifs in Betracht kommt. Gemäfs der Anwendung, welche Hr. Holl- weg von dieser Stelle macht, müfste ja wegen des Ausdrucks unzählige andere gefolgert werden, dafs geradezu alle Prozesse von den Centumvirn entschieden wurden, und dafs es aufser ihnen gar keine Richter in Rom gab, oder wenigstens vor der Lex Aebutia nicht gegeben habe! Aus den genann- ten Rechtsverhältnissen aber die Klagen demonstriren zu wollen, ist auf der einen Seite zu viel, auf der andern zu wenig (!). Es ist also nothwendig ein anderes Prinzip aufzusuchen, wonach be- stimmt wurde, welche Sachen vor die Centumvirn gehörten. Gajus verläfst uns hier leider, und es ist nicht einmal wahrscheinlich, dafs er in einer der Lücken des vierten Buchs über die Competenz der Centumvirn gesprochen hat. Dies gehört zur juristischen Administration, welche er von seinen (‘) Hr. Hollweg benutzt eine Analogie des Deutschen Rechts, S.377: „Über Eigen, echtes Eigenthum an Grundstücken, worauf der Antheil an der Volksgemeinde, also die recht- liche Existenz, das Caput, beruht, soll, so wie über Freiheit, nur das Gericht des Grafen oder der ganzen Volksgemeinde richten.” Aber nicht über jede res mancipi, nicht über das jus eundi agendi, welche Rechte an Grundstücken Hr. Hollweg S.378 ebenfalls zum Quiri- tarischen Eigenthum rechnet. Niebuhr Röm. Gesch. Th. IH. S. 648 bezeichnet das „Quiri- tarische Eigenthumsrecht und was damit zusammenhängt, das Erbrecht ohne und durch Testa- ment, so wie das caput” als eigenthümlich zur Competenz der Centumvirn gehörig. Und noch bestimmter, aber wesentlich aus Niebuhrischen Prämissen abgeleitet, ist die Ansicht, welche Hr. K. A. Schneider in der obenangeführten Schrift S.74 aufstellt, alle Privat- rechtssachen, welche auf den Anspruch des Römischen Bürgers, an dem Comitiatus maximus Theil zu nehmen, Bezug hatten, seien von den Centumvirn entschieden worden. Dann mülste aber jeder Rechtsstreit, dessen Gewinn oder Verlust den Vermögensstand und die Classe, in welcher jemand stimmte, ändern konnte, von den Centumvirn entschieden worden sein, und man begreift nicht, warum sie nicht ganz vorzüglich in capitis causis gerichtet haben sollten. Philos.- histor. Abhandl. 1837. AR 146 Zunepr über Ursprung, Form und Bedeutung Rechtsinstitutionen ausschliefst. Er lehrt nur, dafs die alte Art mündlich mit den aus der Lex abgeleiteten Worten seinen Anspruch vorzutragen, und sich dabei zu einer Bufse an den Staat zu verpflichten, (die Legis actio sacra- menti,) sonst abgeschafft und nur bei Klagen, welche die Centumvirn ent- scheiden sollen, beibehalten sei. Was dies aber für Klagen sind, sagt er nicht. Wenn man aus den Autoren die Prozesse zusammenstellt, welche bestimmt und mit nahmentlicher Erwähnung bei den Centumvirn geführt wurden, so findet man, dafs erstens die meisten sich auf Erbschaftsklagen gegen das Testament beziehen. Bei Cicero de Orat. I, 38 und Valerius Maximus VII, 7,1 klagt der übergangene Sohn, von dem der Vater fälschlich geglaubt hatte, er sei im Kriege umgekommen. 2) Bei Quint. VII, 2 und im dialogus de Oratoribus 38 ebenfalls der übergangene und verschollene Sohn (die lis Urbiniana). 3) Gleiche Farbe werden die Eindringlinge bei Valer. Max. IX, 15, 4 und 5 ihrer Klage gegeben haben. 4) Bei Valer. Max. VII, 7,2 klagt der übergangene in Adoption weggegebene Sohn. 5) Bei dem- selben VII, 8, 1 der nächste Agnat gegen das Testament eines närrischen Mannes, der einen Fremden eingesetzt hatte. 6) Ebendaselbst nr. 4 will der übergangene Bruder gegen den fremden Testamentserben bei den Gentumvirn aus unverdienter Achtung gegen den Willen seines Bruders nicht klagen. 7) Bei Plinius Epist. VI, 33 klagt die enterbte Tochter gegen das Testament des Vaters, worin die Stiefmutter eingesetzt war. 8) Bei demselben V, 1 der von der Mutter enterbte Sohn. 9) Bei Quint. VII, 4, 20 der wegen eines Grundes, dessen Gültigkeit angefochten wird, vom Vater enterbte Sohn. Die zweite Klasse sind Erbschaftsklagen, wo es auf Interpretation des Testaments ankommt. Dahin gehört die bei Cicero an vielen Stellen erwähnte causa Curiana, wo ein M’. Curius unter der Bedingung zum Erben eingesetzt war, wenn der nachgeborne Sohn des Erblassers vor erreichter Mündigkeit gestorben wäre. Der Sohn war aber gar nicht geboren worden, und deswegen wurde die Erbschaft dem Curius streitig gemacht. Dafs die Sache von den Centumvirn gegen den Buchstaben zum Vortheil des Cu- rius entschieden wurde, geht besonders aus Cie. de Orat. I, 39 und Brut. 39.53 hervor. Ich rechne hieher auch Phaedr. III, 10, wo der zweite Erbe die Erbschaft anspricht, weil der erste Erbe sich derselben durch sein Be- nehmen gegen den Erblasser unwürdig gemacht habe. des Ceniumviralgerichts in Rom. 147 Die dritte ebenfalls zahlreiche Klasse sind Streitigkeiten über die Erbfolge ab intestato. Bei Quint. IV, 2,5 wird der Streit zwischen dem Sohn und dem Bruder eines Frauenzimmers erwähnt. 2) Bei Cic. de Orat. I, 39 handelt es sich darum, ob die Verlassenschaft des Sohnes eines Freigelassenen dem plebejischen Patron des freigelassenen Vaters, oder den patrizischen Gentilen angehöre. 3) Eben daselbst ist der Streit über die Erbfolge des Fremden, der sich an einen Römischen Bürger wie an einen Patron angeschlossen hat: er ist der quasi libertus eines quasi patronus. Die vierte Klasse sind Vormundschaftsstreitigkeiten, wie Quint. IV, 2, 5, ob die Pubertas, also die Befreiung von der Vormundschaft, nach Jahren oder nach der körperlichen Reife zu beurtheilen sei. Fünftens handelt es sich um Eherecht, bei Cic. de Orat. I, 40 und 56, ob eine Ehe auch ohne förmliche Aufkündigung durch das Eingehen einer zweiten Ehe aufgehoben wird. Der Fall kam bei einem Erbschafts- streit vor, wo die Kinder zweiter Ehe als spurii ausgeschlossen werden soll- ten, er findet aber seine Entscheidung auf'einem andern Gebiete. Sechstens über das Jus postliminii, ob es auch demjenigen zustehe, der vom Pater patratus den Feinden ausgeliefert, von diesen aber nicht angenommen worden ist, die causa Maneini bei Cicero de Orat. I, 40 und 56, welche von Centumvirn entschieden wurde. Dabei bleibt es hier unent- schieden, ob die in Verbindung mit diesem Fall angeführten anderen Rechts- streitigkeiten über Freiheit und Bürgerrecht ebenfalls Causae centumvirales waren. In den Digesten werden die Centumviri und das centumvirale judicium nur in Bezug auf Erbschaftsklagen gegen das Testament (unsere erste Klasse) erwähnt. Es ergiebt sich aus dieser Zusammenstellung, dafs es 1) keineswegs blofs Eigenthumsklagen sind, welche zur Erkenntnifs der Centumviri kamen; und 2) dafs es sich in allen diesen Sachen, abgesehen von dem Tatbestand, um die Entscheidung einer Rechtsfrage handelt. Diese Eigenthümlichkeit der Centumviralprozesse spricht auch mit klaren Worten Quintilian aus IV, 2, 5: Cum de re constat, de jure quaeritur: ut apud Centumeiros Filius an frater debeat esse intestatae heres; Pubertas annis an habitu corporis aestimetur; und Cicero deutet in der ausführlichen Stelle de Orat. I, 38 ff. mehrmals darauf hin, dafs in Centumviralprozessen unerforschte und zweifel- T2 148 Zunepr über Ursprung, Form und Bedeutung hafte Rechtsverhältnisse behandelt und festgestellt werden mufsten, z.B. c. 39: Nonne in ea causa fuit oratoribus de 1oto stirpis ac gentilitatis jure dicendum? und Nonne in ea causa jus applicationis obscurum sane et ignotum pale- ‚Factum in Judicio et illustratum est a patrono? Ich spreche als Resultat dieser Untersuchung aus, dafs der Prätor den Einzelrichter gab, wenn es sich um die Anwendung des anerkannten Rechts auf den einzelnen Fall handelte, dafs er aber die Sache an die Centumvirn wies, wenn das Gesetz unvollständig war, oder wenn es selber als fehlerhaft, d. h. dem herrschenden Rechtsgefühl nicht angemessen, angegriffen wurde. Dafs dabei die Richter keine Formula, nach der sie entscheiden sollten, vom Prätor erhalten konnten, ergiebt sich von selbst: deshalb blieb die alte Legis actio bei Centumviralklagen ausschliefslich in Gebrauch. Man spricht von der Heiligkeit des Gesetzes und der ängstlichen Ge- wissenhaftigkeit der Römer, mufs aber doch bekennen, dafs das Römische Recht im Laufe der Zeit solche Veränderungen erlitten hat, dafs die Zwölf Tafeln in dem bestehenden Rechte zur Zeit der klassischen Juristen nicht mehr zu erkennen sind. Dafs diese materiellen Veränderungen Sach- und Zeitgemäfs vor sich gingen, wurde durch die treflliche Einrichtung einer juristischen Volksrepräsentation bewirkt, an welche alle Klagen aufser- halb des Gesetzes und alle rechtlichen Beschwerden über das Gesetz gingen. Durch das Institut der Centumvirn wurde das Römische Recht in demselben Grade materiell erweitert und verbessert, als es durch den Einzelrichter analog befestigt wurde. Der Prätor hatte zu beurtheilen, ob der Fall geeig- net war, nach der Analogie des Gesetzes vom Einzelrichter entschieden zu werden, oder ob eine Ergänzung der Gesetzgebung nöthig war. Es kann nicht bezweifelt werden, dafs es oft weitläufige VerhandInngen über die Zu- weisung der Sachen gab, und weil der Praetor urbanus bei seinen übrigen Amtsgeschäften dazu schwerlich Mufse genug hatte, so glaube ich, dafs von Anfang das Collegium der Decemviri litibus judicandis eingesetzt war, um die Categorien der Klagen vorläufig zu bestimmen. Wir wissen freilich über ihren Beruf vor August nur dies, dafs sie über den status hominum judieirten, aber diese (Juästionen können sehr wohl zur Instruction des Cen- tumviralprozesses gehört haben. Man begreift sonst nicht, wie sie zu dem allgemeinen Berufstitel Zitibus Judicandis gekommen sind; und man erklärt so leichter, wie Augustus sie (wahrscheinlich auch noch neben der vorläu- h des Centumviralgerichts in om. 149 figen Instruction) zugleich zu Vorständen des wirklichen Centumviralgerichts machen konnte. Die Entscheidungen der Centumvirn sind es besonders, denen das Edict des Prätors nachging; und ich bin der Ansicht, dafs es gerade durch die Verbindung mit dem Centumviralgericht seine Bedeutung und Kraft er- hielt. Wenn früher wahrscheinlich jeder einzelne Fall, der nicht nach dem Gesetze zu entscheiden war, zuerst vor den Decemyirn verhandelt, und nach deren Entscheidung vor die Centumvirn gebracht wurde: so konnte der Prätor, wenn die Decemvirn lange Zeit hindurch gleichmäfsig überwiesen hatten, wohl das vorläufige Verfahren abkürzen und für solche Fälle sein actionem dabo ins Edict setzen. Wodurch es dann dahin kam, dafs die De- cemviri dasjenige Geschäft, von dem sie den Nahmen hatten, nähmlich, wie ich meine, Privatklagen zu beurtheilen, ob sie zur freien Entscheidung ans Centumviralgericht gebracht oder an den gewöhnlichen Richter gewiesen werden sollten, gerade am Wenigsten ausübten. Wenn der Prätor wiederum lange genug die Klage verstattet hatte, und die Entscheidungen der Cen- tumvirn sich gleich geblieben waren, so konnte er zu einer nochmahligen Abkürzung der Geschäfte sogleich possessionem dabo ins Edict zu setzen wagen. Es blieben noch genug Fälle zur freien Entscheidung der Centum- virn übrig und der vom Prätor gegebene Besitz war nur eine Art Praejudi- cium, was die Klage nicht hinderte. Ulpian in dem Fragment aus seinen Büchern zum Ediet 1.1 Dig. de inoff. warnt die Cognaten über den Bruder hinaus, sie möchten sich nicht in eine Erbschaftsklage gegen das Testament einlassen; sie hätten doch keine Hoffnung durchzudringen (1) — nähmlich bei den Centumvirn, denen allerdings freie Entscheidung zusteht; weshalb Marcellus in der oben angeführten Stelle auch nur von dem Schicklichkeits- gefühl der Centumvirn spricht: Aumanius erit. Bei dieser das Gesetz verbessernden Behörde und dem Nachgehen des Prätors bedurfte es in der That keiner neuen Civilgesetzgebung. Man sieht, wie das Römische Erbrecht allmählig ganz verändert worden ist, und wie die natürliche Familie das Übergewicht über die bürgerliche erhielt. Alle (') Sciendum est frequentes esse inofficiosi querelas: omnibus enim tam parentibus guam liberis de inofficioso licet disputare. Cognati enim proprü, qui sunt ultra fratrermn, melius face- rent, si se sumptibus inanibus non vexarent, cum obtinere spem non haberent. 150 Zumer über Ursprung, Form und Bedeutung einzelnen Punkte, worin diese Bewegung geschah, der Vorzug des Sohnes vor dem Bruder eines Frauenzimmers, die Herstellung der Rechte des eman- cipirten Sohnes, die Bekämpfung der testamentarischen Willkühr durch die Blutsverwandtschaft, dagegen aber auch die Aufrechthaltung des Testaments gegen die Agnaten über den Bruder hinaus: alles dies wird uns als Entschei- dung der Centumyirn angeführt, Jahrhunderte bevor das Gesetz endlich mit Worten aussprach, was im Usus schon fest stand (!). Ganz gewifs haben aber auch noch viele andere streitige Rechtslehren ihre Ausbildung durch Entscheidungen der Centumviri erhalten. Cicero nennt in gleicher Linie mit Gültigkeit und Ungültigkeit der Testamente auch Vormundschaft, Usucapion, An- und Abspülung, Kauf- und Schuldverhältnisse. Er würde eben so gut Curatelen, Culpa, Schen- kungen, Fideicommisse haben nennen können. Am wenigsten werden jedoch obligatorische Klagen vor die Centumvirn gekommen sein, weil dabei das Institut der Arbitri zu Hülfe kam. Noch Justinian gedenkt 1. 12 init. Cod. de petit. hered. (III, 31) der magniludo et auctoritas centumviralis judicü als Antiquität. Wie sehr diesem Gericht das Prädicat auctoritas zukommt, ist aus unserer Darstellung klar, aber unvereinbar mit derjenigen Ansicht, nach welcher Centumviralklagen nur durch die Einleitung von gewöhnlichen actiones in rem unterschieden sind. Wir sind aber auch im Stande, die verschiedene Schätzung dieses Gerichts im Laufe der Zeit aus andern Ursachen zu erklären, als durch die unbegründete Annahme einer von Augustus vorgenommenen Änderung in der Competenz des Gerichts. Der Verfasser des Dialogus de Orat. 38 läfst seinen Sprecher sagen: „Jetzt (unter Vespasian) nehmen die Centumviral- prozesse den ersten Rang ein; zur Zeit der Republik wurden sie so sehr von dem Glanz anderer Gerichte verdunkelt, dafs wir keine einzige Rede von Cicero oder Cäsar, Brutus, Caelius, Calvus oder von irgend einem grofsen Redner haben, die vor den Gentumvirn gehalten ist.” Hr. Hollweg schliefst daraus, dafs seit August nur wichtigere Eigenthumsklagen vor die Centum- virn kamen. Dieser Annahme stellt sich jedoch eine Stelle des Plinius (') Das Successionsrecht der Kinder in die Güter der Mutter wird erst im SCt. Orfitianum vom J. 178 nach Chr. festgesetzt, und viel später durch kaiserliche Constitutionen auf die Suecession der Enkel in die Güter der Grofsmutter ausgedehnt. Justinian. Instit. lib. 3 tit.4. des Centumviralgerichts in Rom. 151 Epist. II, 14 entgegen: Distringor centumviralibus causis, quae me exercent magis quam delectant. Sunt enim pleraeque parvae et exiles. Raro incidit vel personarum claritate vel negotü magniludine insignis. Also die Erheblichkeit bleibt dieselbe: es kamen grofse und kleine Sachen vor. Die Sache ist aber diese: Zur Zeit der Republik waren die Causae publicae, mag man sie Staats- oder Criminalprozesse nennen, die wichtigsten: sie setzten durch die Gröfse der Personen und die Gefahr der Verurtheilung alle Leidenschaften in Bewegung: glanzvolle Beredsamkeit konnte sich nur in ihnen zeigen. Die Gentumviralprozesse waren und blieben vorzugs- weise juristisch: der glühende Redner war in ihnen offenbar weniger an sei- ner Stelle als der erfahrne und scharfsinnige Rechtsgelehrte; und zu oft fehlte dem Redner von Profession die gründliche juristische Bildung. Cicero ist jedoch weit entfernt, geringschätzig von ihnen zu sprechen; er empfiehlt sie ganz besonders als ein würdiges Theater des Redners, vielleicht gerade deswegen, weil er sich selber den Vorwurf machte, nicht genug in diesem Fache geleistet zu haben. Und sein grofses Vorbild L. Crassus rühmt sich de Orat. I, 39 seiner Rede in causa Curiana bei den Centumvirn. Eine grofse Veränderung trat allerdings durch Augustus Constitution ein, aber auf der entgegengesetzten Seite: die Judicia publica wurden be- deutend vermindert. Augustus ertheilte dem Senat die Gerichtsbarkeit in Criminalsachen über die Mitglieder des Senats, ihre Frauen und Kinder; er entzog also den interessantesten Theil der Causae publicae den gewöhn- lichen Richtern. Ich weifs nicht, warum dieser Umstand so wenig berück- sichtigt wird; er ergiebt sich aus der häufigen Praxis der Geschichte bei Taeitus und wird theoretisch vorgetragen von Dio Cassius LII, 31. Hiedurch und durch die Strafgerichtsbarkeit, welche der Praefectus urbi erhielt und fortwährend erweiterte (1), wurden die judicia publica so beschränkt, dafs sie in ihrer alten Form und Freiheit bald ganz aufhörten (?). Natürlich mufsten nun die Gentumviralprozesse die wichtigsten werden. Die (') Ulpian in 1.1 Dig. de officio praef. urbi (I, 12): Omnia omnino crimina praefectura urbis sibi vindicavit cet. (?) Paulus in 1.8 Dig. de publ. jud. (48, 1): Ordo exercendorum publicorum capitalium in usu esse desiit, manente tamen poena legum, cum extra ordinem crimina probentur. Die Benennung judicium publicum blieb bestehen, aber Bedeutung und Umfang waren zu- sammengeschrumpft. 152 Zumrr über Ursprung, Form und Bedeutung Zahl dieser Klagen mufste sich aber auch erstaunlich mehren in dem Ver- hältnisse, wie die Härte des alten Civilrechts erkannt wurde, und seine Be- stimmungen für die immer mehr verstrickten und verderbten socialen Ver- hältnisse nicht ausreichten. Eine neue durchgreifende Civilgesetzgebung lag nicht im Sinn der Zeit, und man bedurfte ihrer auch nicht, da das Institut der Centumvirn alle Wünsche befriedigte. Es war noch der einzige Über- rest der Republik, der einzige Schauplatz der Freiheit, und genofs der höch- sten Achtung. Eine so grofse Zahl von Gentumviralklagen war in den zwei Jahren der Successionskriege nach Neros Tode aufgesammelt, dafs das Le- ben der Prozessirenden nicht auszureichen schien, ehe sie abgeurtheilt wer- den konnten: Sueton. Vespas. 10. Plinius des Jüngern Thätigkeit als Red- ner vertheilte sich auf die Cognitionen im Senat und auf die Centumviral- prozesse in der Basilica. Nach ihm ist eine grofse Lücke in der Römischen Litteratur, welche uns auch alle Erwähnungen der Centumviralgerichte ent- zogen hat. Inzwischen hatte Hadrianus das prätorische Ediet redigiren lassen und es in die Reihe der Gesetze aufgenommen. Hiemit wurde, wie es scheint, die ausgedehnte Thätigkeit der Centumvirn beschränkt und das Meiste von dem, was bisher vor sie gelangte, konnte nun auch von dem gewöhnlichen Richter entschieden werden. Da aber die Gentumvirn noch fortwährend von den klassischen Juristen, aus deren Büchern die Digesten zusammengetragen sind, bis unter Kaiser Alexander Severus, theils entschie- den genannt (!), theils verdeckt bezeichnet (?) werden, so scheint es, dafs ihrer freien Beurtheilung noch ferner die Gültigkeit der Beschwerden gegen das Testament überlassen blieb. Noch Hieronymus im Jahre 395 nennt in dem Apologeticon ad Domnionem (p. 51°? T. III. edit. Erasm.) hereditariae vel centumeirales causae gleichbedeutend, als solche, wo die Geschicklich- keit des Juristen sich vornehmlich zeigen konnte (°). (') Scaevola in 1.13 Dig. de inoff. Paulus in 1.17 Dig. eod. und Recept. sent. V, 16, 2: Centumviri si aliter de rebus hereditariis vel de fide generis instrui non possunt, poterunt de servis hereditarlis habere quaestionem. (2) Marcellus in 1.10 Dig. de inoff.: Si pars judicantium de inofficioso testamentum — pars cet. Papinian 1.76 Dig. de legat. II. (31, 1) divisa tribunalia. (2) Liberatus est mundus a periculo, et hereditariae vel centumvirales causae de barathro erutae, quod hic forum negligens se ad ecclesiam transtulit, sagt Hieronymus spöttisch: der Mönch würde alle diese (wichtigsten) Prozesse gewonnen haben, wenn er mit seinem Scharfsinn hätte Jurist werden wollen. des Centumviralgerichts in Rom. 153 Sehr vieles wurde auch, auf dem Wege der Appellation, an den Kaiser und sein Consistorium gebracht, wovon sich schon früher Beispiele zeigen, die zum Theil durch die bewiesene Parteilichkeit der Centumvirn gerechtfertigt wurden. So cassirte Domitian, aufser der Ordnung auf dem Forum zu Gericht sitzend, parteiische Entscheidungen der Centumvirn, wie Sueton im Leben des Domit. c.8 mit Lob anführt. Hadrian entschied gegen die Testamentserben einer Frau, die in dem falschen Wahn, ihr Sohn sei im Felde umgekommen, testirt hatte, bestimmte aber dabei gegen die Regula juris, dafs die Legate und Freilassungen gültig sein sollten, s. 1.28 Dig. de inoff. verglichen mit 1.8 9.16 eod. Und so berichten die Juristen Marcellus in leg. 3 Dig. de his quae in test. delentur (28, 4) und Paulus in leg. 92 Dig. de hered. inst. (28, 5) und 1.27 Dig. de leg. et fideicom. III (32, 1) von kaiserlichen Entscheidungen in Sachen, wo sonst entschieden die Centumvirn richteten. Dergestalt ging die Gesetzergänzende und ver- bessernde T'hätigkeit, wie es bei dem gesunkenen Zustande des Volks nicht anders sein konnte, allmählig ganz an die Regierung über. —— ED —— Philos.- histor. Abhandl. 1837. U ‘ | . i AIZE Y { 1 | if (lad Ku, # - I b Ir \ıi Br 1 I@ yıl! u EN R ": Sf EL AL a 5 15 al L Ö N > „€ DR li ır \ ir ‚ F “4 : I D ‚si ” a = N kr Ä ‘ 2 ih: I. “ Eu URL Nerl ZIuer in aa „hl DELETE NEID DEE Sn. 4 13x Ins: # N = BL u, ‚1212 u: ie nu re, au Allterc Au lan Aha EN lan" nö Ko I. f w u deut us Wh {9 ins Be Ps DE TEN i TUE Me lm rail nes >. ae DETM hi Rss Mm 2 IN De ! var) il IR a i I Tee Bir i an Fan a a Pr Mae) j a u U Er Ei EINE 4 F ui - Y Y & Fi a RE ar a a BI a Beh 90 ER [5 an? s | [74 Kni \ Pak FR u EB BEL ur dr iX r FR ’ 2 r BE R BB NEE Pe ErrEe7) rer WET rl» usa j \ rl: > ie), i { ZIP en ß ) a}! Fer er ne Ar . ; ah Me . Peg] he tl) i u vw Br B a | i i i F = a . = 5 Er ” u r . er Z 5 . . - Su . z u * j 2 2 MELLE j 1 Kcht Mumldi. zerkieseet Y — Über die ersten zehn Bucher der Ilıas. : Von H” LACHMANN. [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 7. December 1837.] r ar ich der Akademie eine Betrachtung der ersten Bücher der Ilias vor- lege, hoffe ich zwar zur Entscheidung der Frage über den Ursprung der homerischen Gedichte etwas beizutragen, aber ich bin weit entfernt von einer etwa schon gewonnenen Entscheidung auszugehn oder sie als das Er- gebnifs dieses Aufsatzes zu versprechen. Denn da nun einmahl die Trägheit ein wesentliches Stück der menschlichen Natur ist, wird es doch wohl erlaubt sein ihr so weit nachzugeben, dafs man, so lange noch Leichteres mit Nutzen kann untersucht werden, das Höhere den vorbereiteteren Nachfolgern über- lasse. Ja ich weifs nicht ob die homerische Frage nicht schon weiter geför- dert sein könnte, wenn man, mit minderem Aufwand von Gelehrsamkeit und von Theorie, nicht alles auf einmahl aus den ersten Gründen zu erforschen versucht hätte, den Ursprung und die Ausbildung der troischen Sagen, die Entstehung von Liedern über die troischen Begebenheiten, und die Entste- hung der beiden homerischen Gedichte. Ich will von der einfachen Beobachtung ausgehen, die vielleicht schon viele gemacht haben und die gewifs jeder zugeben wird, dafs manche Stücke in beiden Werken in der Form einzelner Lieder gedichtet sind; ich will sagen, dafs, einstweilen zugegeben zwei auf einander folgende Abschnitte seien von Einem Dichter, oft nach dem ersten ein Aufhören des -Gesanges und ein neues Anheben voraus gesetzt wird. Wähle ich unter vielen Bei- spielen das nächste, so ist offenbar zwischen den zwei ersten Büchern der Dias eine Unterbrechung dieser Art wahrzunehmen. U2 156 LacHMmaAnn Zeus de 7 mgBs ev Acyuos Mi” "OAyurıss ao OTegemuniG, &vda 7 mages KONG, orE nv yAuzds Umvos inaven. evIa naFevd” avaßas, mag des EUTOSgovos "Hon. "Arrcı nev da Feol TE Kal dveges immonogugrai © 4 [4 3 7 IN eo eudov mavvuyıcı, Aa 0° our Eye vndumos Umvos. Weder ist hier der Gegensatz durchgeführt, “Alle giengen zu Bett und schlie- fen, aber Zeus schlief nicht’, sondern es heifst “die Götter giengen zu Bett, und auch Zeus schlief. Alle Götter und Menschen schliefen, Zeus aber nicht’: noch war es zweckmäfsig, wenn doch dies folgen sollte, "Zeus schlief nicht, sondern er rief den 'Traumgott’, vorher daran zu erinnern dafs neben ihm die goldenthronende Here lag, die von der Berufung des Traumes nichts wissen durfte. Und nun füge ich über diese Form der epischen Poesie, dafs sie min- der streng verknüpfte Abschnitte sich gestattet, noch die Bemerkung hinzu, dafs zu Anfang der Lieder auch scheinbar sehr enge Verbindungen im Ge- brauch gewesen sein müssen; so dafs z.B. ein Abschnitt der mit «rag erei anfıeng, deshalb nicht eben streng mit dem vorher gehenden zusammen zu a brauchte. Denn welche Verbindung kann enger scheinen als die durch ev$«? und gleichwohl fängt so die Erzählung der Odyssee an, Y EvS’ ardcı JAEV mavres 0C0L duyov aimüv cAeIgov, v oikcı Egav. Wie weit sich nun im Anfang der Ilias einzelne Lieder von einander absondern, wie sie ihrem Inhalt nach gegen einander stehn, will ich, ohne von bestimmteren Grundsätzen auszugehen, ohne für jetzt nach einer Ansicht über die ganze Ilias zu streben, fast ganz in der Ordnung wie ich die Unter- suchung für mich geführt habe, aus einander setzen. Ich bin selbst bei dem Späteren oft zur Betrachtung des Früheren zurück gekehrt: es wird mich daher nicht wundern oder verdriefsen, wenn bei fortgesetzter und umfassen- derer Forschung manches genauer und einiges anders bestimmt wird. Nur ein, rein negatives und polemisches Verfahren sähe ich meinen Beobachtun- gen nicht gern entgegen gestellt, weil dies in kritischen Dingen immer nur zu abenteuerlichen Übertreibungen führt. über die ersten zehn Bücher der Ilias. 157 IE Bis zur Auslieferung der Briseis, A 347, liest man ohne sonderlichen Anstofs. / > A\ ’ ! % 2 > aa e ’ ws ars Margoxrss de biäw eremergeT ETWugW, > u ’ DAN Fr ! 2 ayayezrıcıns Baismida zarrıraprnov, > b do NEE) \ & [nd „ at > m WEEO ayew. TW d aurıs ıryv raga vyas Ayamv. Alles in der Erzählung ist kunstreich gegliedert, aber auch vollendet in kür- zerer Darstellung der Erfolge von V. 305 an, IInAsiöys nv Eri nAırias — "Argei- ns 0’ a9a una Serv — Auods 6° "Argeiöns drorumawersu wvwyev — AAX oye TarSyu- Bıov — u 8° derovre Barıv — us bare: IergoxAcs dE. Nun aber folgen zwei Fortsetzungen, die theils unter sich theils mit dem Vorhergehenden nicht leicht zu vereinigen sind. Die erste mag die- jenige heifsen welche in die andere eingeschaltet ist, 430-492, die Erzählung wie Odysseus die Chryseis zurück bringt; die andere 348-429 und 493-611, Thetis bei Achilles und auf dem Olymp. Die erste Fortsetzung zwar ist nur bedenklich, wenn man sie mit der zweiten vergleicht, eben dadurch dafs sie in diese eingeschoben ist. Nämlich in der zweiten heifst es 493 4 Nr es > EN N / 4 2.7 AAN orE 04 6° Ex role duwöszarn yever’ Aws: und dieses &z reio hat keine Beziehung mehr, weil es inzwischen, in der ersten Fortsetzung 475-477, Nacht und wieder Morgen geworden ist, ja 490 ff. sogar der Verlauf mehrerer Tage bezeichnet ist, wo es von Achill heifst ” 37.0025 \ ’ N] GUTE Mor’ EIS Äyogmy TWÄETRETO KUdLAveIıgaV Y >= [4 x I %. mw SUTE OT" Es moReuov, Aa bIWwUIErzE biAcv ung FQ ‚ ar DB 5e 7 ’ ‚ AUFL MEVWV, WOrFEETHE OÖ AUTAV TE TTOAEUOV TE. Hingegen die zweite Fortsetzung ist in sich im Zusammenhang. Gestern, sagt Thetis 424, sind die Götter zu den Äthiopen gereist, am zwölften Tage werden sie heim kehren: und richtig am zwölften Morgen nach Thetis Un- terredung mit Achill, 493, kommen die Götter in den Olymp zurück. Läfst man aber die erste Fortsetzung gelten, so trifft Thetis Voraussage nicht ein, sondern die Götter kommen frühestens nach vierzehn oder funfzehn Tagen wieder. jemin Qu I LAcHuMmann Also, da man einem Dichter nie solche Verkehrtheiten zutrauen darf, in unschuldiger Zeit, die auf bestimmte Anschauung hält, in dieser Ord- nung kann der erste Dichter des Anfangs die beiden Fortsetzungen nicht gedacht haben. Vielleicht nimmt man auch Änstofs an der etwas steifen Symmetrie in den Anknüpfungen aurag ’AynneVs 348 und aurag ’Odurreis 430. Ich lege darauf für jetzt kein Gewicht, und will lieber die Manieren der epi- schen Poesie erst lernen. Setzen wir nun die erste Fortsetzung unmittelbar an das erste Lied, ar »» Do „ \w.0> "> dune Ö° ayew. rw Ö° aurıs Iryv maga vnas’Ay,auav. ce 3.3348 Si m \ ’ RA) \ N 6’ denouT’ ana Toinı yuva niev. wurap Odurreüs > et es 0] en e ’ &s Nournv ıravev aywv Iegmv Eraroußnv, und lassen sie, wie gesagt, 492 schliefsen a ec ’ aurag öd anvıe — Fa ‚ ‚ CRSENTEN) / ‚ auSı MEvwV, WOIEETHE Ö” AÜTAV TE TTOAEWOV TE, so pafst alles genau zusammen, und der Ausgang wird auf beiden Seiten völ- lig zu Ende gebracht, durch die Auslieferung der Chryseis und das Grollen Achills. Die letzten Verse «rag & wyvıe sind nothwendig hinzu zu fügen, damit die Erzählung zuletzt wieder auf ihren Anfang, den Zorn des Achilles, zurück kehre. Also der Anfang des Gedichts A 1-348 und die erste Fort- setzung 431-492 haben entweder ursprünglich zusammen gehört, oder der zweite dieser Theile ist wenigstens sehr geschickt und im Geiste des ersten hinzu gedichtet. II. Hingegen die zweite Fortsetzung A 348-429 und 493-611 ist eben so wenig als mit der ersten Fortsetzung mit den Haupttheilen der Erzählung zu vereinigen. Die Vortrefllichkeit des Gedichts erkenne ich vollkommen an: aber es kann nicht von demselben Dichter sein, sondern er hat zwar das erste Lied fortgesetzt, aber es ist ihm nicht ganz gelungen sich auch in den Einzelheiten in die Anschauung des ersten Dichters zu versetzen. Wenn die Götter (423) seit gestern bei den Äthiopen sind, und Apol- lon nieht ausgenommen wird, so ist es wunderlich ihn von dort auf das achäische Heer schiefsend zu denken, und Kalchas kann nicht sagen 96 über die ersten zehn Bücher der Ilias. 159 Touver’ ag” aryE Edwnev Ernlercs A Erı durei, ud” Oye molv Aavasirı deinga Acıyev arure oder gar öl” Oye mov Acımolo Ragsias KEigus üpefe, wenn man auch allenfalls zugiebt dafs Here und Athene 195 bei den Äthio- pen den Zank gehört haben, und 474 Apollon bei den Äthiopen das Sühne- lied der Achäer hört. Und nur durch eine höchst gezwungene Auslegung rechtfertigen die Alten was 221 von Athenen gesagt wird, nd Ovruurevde Beßyreı dwnar’ Es alyıoyoıo Aus uera Öwuuovas aAAoUs. Ich habe den beiden Fortsetzungen, der vielleicht echten und der von einem andern Dichter, einerlei Anfang zugeschrieben, “H 6° dercun’ aua reisı yuvn ziev. aurag’Odurreis — “H 8’ aexous” ana relsı yuvh niev. aurag ’Axuddeis —: und so fällt das Versstück ganz weg (430) ruv da [et denovros drnigwv. Eine Bemerkung die mir Hr. Lehrs mitgetheilt hat, kommt mir daher sehr gelegen, dafs dmnugwv dmmuga und ähnliches sich sonst nur am Ende der Verse finde. Aber die gleichen Anfänge beider Fortsetzungen geben doch wohl der Vermutung ein Übergewicht, dafs auch die erste nicht von dem Verfasser des Liedes ist. In der zweiten nahm Aristarch an der @vareparaiwrıs Anstofs, A 370 ff. Xgunns ai iegeus EnarnlBerov AroArwvos NIE Soas Emi vjas’Ay,aav yaAnoyırWvwv, AuTouevos TE Suyargı u.$s. w. Sie ist sehr schön in einem andern Liede, in einer Fortsetzung, die so an einen andern beliebten Gesang anmutig zurück erinnert. IN. Im zweiten Liede, wenn man dem Dichter desselben nicht unrecht thun will, scheinen mir einige Athetesen von bedeutendem Umfang nöthig zu sein. Ich will den Zusammenhang nach den echten Versen angeben. B 1-52 Zeus sendet den Traumgott an Agamemnon, der sich dann rüstet und am Morgen die Völker zur Versammlung berufen läfst. 87-142, 160 Lacamann 144-193, 198-202, 207-264 Als sie versammelt sind, ermahnt er zur Flucht, und sie widerstehn der Versuchung nicht. Athene, von Here gesandt, rettet, indem auf ihren Antrieb Odysseus die Entfliehenden ermahnt und schilt. So kehren sie zur Ruhe zurück. Thersites, der noch lästert, wird von Odys- seus bedroht. 333-483, 780-785 Nestor beruhigt die noch Lermenden, indem er an Zeus glückverheifsenden Blitz beim Auszug erinnert, und heifst Agamemnon die Völker scharen. Nach dem Opfer versammeln und ordnen sie sich zum Kampf, Athene unter den Feldherren, und ziehen aus. Auch hier ist alles wohl angelegt, besonders auch die Gespräche. Die vielen Gleichnisse (Höre rüg diöyAcv —) machen einen würdigen Schlufs. Auf das Ausziehen gegen die Troer mufs eine Schlacht folgen. Aber das dritte Buch in seiner einfachen Darstellung pafst wenig zu diesem: es pafst gar nicht, wenn man, wie ich es thue, die Rüstung der Troer streicht. Diese aber, die Einleitung zum Katalog der Troer (756-815), ist gar zu dürftig, in der Erfindung und in der Schilderung des Rüstens, als dafs ich mich leicht entschliefsen könnte noch dieses Stück und den Anfang des dritten Buches (DT 1 bis 9 oder bis 16) hinzu zu nehmen. Im Folgenden ändert sich der Ton augenscheinlich. Das zweite Lied zeichnet sich aus durch prachtvolle ausführliche Gleichnisse, B 87. 144. 147. 209. 394. 455 ff. 780. Der Vers ei uev Eunguc- Fov, Tel Ö’ Ayeigevro uaX Wra kommt hier zwei Mahl, 52. 444, sonst nicht in der Ilias. Die Darstellung hat etwas besonders Alterthümliches, indem das Innerliche, die Gedanken und Absichten verschwiegen werden, und der Er- folg plötzlich hervor tritt. Zeus will den Achäern schaden, darum heifst er sie zum Kampf rüsten: er spricht aber nicht aus, wie ihnen der Kampf solle verderblich werden. Agamemnon thut nicht nach dem Befehl des Gottes, sondern er klagt und reizt sie zur Flucht: dafs er auf ihren Mut rechnend das Gegentheil erwartet, wird kaum angedeutet, 37 #9 yag oy aignrew Hgıauev reorw yuarı neww: und dafs er das Volk nur versuchen will, steht nur als Odysseus Vermutung da, 192 cÜ yap mu vada cir9” cios voos "Argeiduo m \ al N? E] “= 5» m VUV MEV FEIGATEL, TAYXa 8° Aberaı vias Ay,audv. Die Beziehungen auf das erste Buch sind so schwach, dafs der Inhalt desselben dem Dichter nicht sehr lebendig vorzuschweben scheint. Nichts über die ersten zehn Bücher der Jlias. 161 von der Pest, nichts von Thetis Bitte. Nur V.3 @s ’Ayırya rıuysn und die letzten vier Zeilen von Thersites Rede 239-242 gehen bestimmter auf Achil- les Beschimpfung und Zorn. Und wer weifs ob diese vier Zeilen echt sind? mit ihrer wörtlichen Anspielung auf einen Vers der zweiten Fortsetzung des ersten Liedes A 356. 507. Im achten Liede I 111 ist die Wiederholung des- selben Verses nicht unerwartet (s. XII). Die Worte in der Rede des Zeus, B 13 cÜ Yag Er’ aubis’Ordumia Öuuar’ ExX,evres aSavarcı ppalovrar Ereyvanıbev yap dmravras "Hon Aussonevn, Tawersı de ande’ Ebyrran, sehen jetzt wie eine Lüge in dem Munde des Gottes aus. Ich werde später (IX) noch auf sie zurück kommen. Aber Eine Beziehung zwischen dem zweiten Liede und der ersten Fortsetzung des ersten ist unleugbar. Die Be- schreibung des Opfers, die sonst kürzer gefafst zu werden pflegt, ist in bei- den gleich ausführlich mit dem wiederholten aürag Erei, A A455 ff. B 421 ff., aürag emeio” eugavro, aurag erEi ara ung’ exan, auTag emEl TaUTavTO eve, aurag Emei mörıss zal &dyrucs EE &gev evro. Dergleichen ist nie ohne Anspielung: nur ist die Frage, ob hier das zweite Lied an die erste Fortsetzung erinnern will, oder diese an jenes. V. Über die Abkürzungen, die ich im zweiten Liede nöthig gefunden habe, mufs ich noch einiges bemerken. Wenn die beiden Fortsetzungen des ersten an sich vortrefflich sind, so kann man dies von dem verworfenen Stücke, der Bevay yegdvruv B 53-86, gewifs nicht sagen. Ich stehe nicht an diese Verse für schlechtes Machwerk zu erklären. Die Überraschung durch die Sache, dafs Agamemnon ganz wider des Gottes Geheifs die Achäer erst versucht, ist schon als auffallend bezeichnet worden: durch eine vorher gehende Rathsversammlung der Feld- herren konnte sie freilich gemildert werden. Aber der Dichter wollte das nicht: denn wenn die Führer des obersten Feldherrn Absicht wufsten, so brauchten Here und Athene sich nicht zu bemühen. Und was hat denn der Verfasser dieser Erzählung vom Kriegsrath weiter hervor gebracht als eine Philos.- histor. Abhandl. 1837. X 162 LAcHhmaAann andre Überraschung? und wo sie ganz unerträglich ist, im Rath, statt in der Sache. Agamemnon giebt nicht etwa seine Gründe, wie sie in den Rath gehören: “ Wohlan,” sagt er (72-75), “ob wir vielleicht die Achäer rüsten! Aber zuerst will ich sie versuchen (9 Seuws erw — was heifst das‘) und sie fliehen heifsen: ihr dann haltet sie zurück.” Ist darin wohl im mindesten mehr Verstand, als wenn ihm nun Nestor antwortet (76-83) “Wenn den Traum ein andrer als der Höchste der Achäer gesehn hätte, würden wir ihm nicht glauben. Wohlan, ob wir vielleicht die Achäer rüsten.” Teh übergehe was Aristarch sonst noch Verständiges wider die Verse von Nestor einwendet (zu B 76; vergl. zu 55): gegen das Übrige ist er offenbar zu nachsichtig gewesen. Wie wortarm und unbeholfen ist der dritte von diesen Versen! ß \ ds w ( er ı DouAm de FOWroVv HEYaTUMWV ice Yegovrwv r ’ \ ale ’ ER) Nerrogen Taga vn Hvroıyeveos Barıryes. \ d Fe \ 14 FE} TOUS OYETUYHRAETAS TUHVNV Agruvero Bevam. HAUTE, dıA0ı. Dafs dann Zeus Worte zum dritten Mahl wiederholt werden, geht wohl auch über das Mafs des Erträglichen. Mit der Ravrr Yegovruv, die sich glatt ausschneiden läfst, fallen nur zwei Verse, und ebenfalls ohne Spur nachzulassen, 143 und 194 Farı uerd mrmSUv, oToı od (BcuAfs Erancurar. &v Roury 8° ol mavres anouranev olev Eeimev. Den zweiten dieser Verse strich schon Aristarch mit den drei folgenden (195-197), aus guten Gründen: weniger möchte ich ihm beistimmen, wenn er mit ihnen auch einen schon (IV) erwähnten verwirft, 193 vuv Ev meigaraı, ray,a $° INera vias Ay,awv. Er thut es aber wohl nur, weil auf vias "Ayasv nicht gut folgen konnte cÜ uev mws mavres Barıksvrouev vIad” Ay,uueı: und doch mufste dieser Vers mit den zwei folgenden, wie er sehr richtig fühlte, hier stehen, bei der Ermahnung der Könige, nicht nachher in der Anrede an das gemeine Volk (203-205). Ich will aber eher glauben dafs beide Reden gleich unechte Zusätze erhalten haben, von gleichem Inhalt, “die Macht ist vom Zeus,” 194-197. 203-205. über die ersten zehn Bücher der Dias. 163 V.278-332 hoffe ich nicht ohne den Beifall feinerer Leser zu ver- werfen. Odysseus hat das Seinige gethan, er hat die Fliehenden zurück getrieben und den Thersites zum Schweigen gebracht. Dafs er danach eine lange Rede hält, auf die kein Mensch Rücksicht nimmt, aufser dafs sie ihm Beifall schreien, dafs er darin nicht einmahl, wie Nestor nachher 386, auf die zur Flucht Treibenden zurück kommt, dies widerstreitet einer vernünf- tigen Ökonomie des epischen Gedichts. Ohne Zweifel ist es nur der Ver- such eines Nachdichters, den Helden hier noch zum dritten Mahl auch im Rath auszuzeichnen. Auch die Athene, welche bei seiner Rede als Herold die Völker schweiget, 279, ist nur eine schwächliche Nachbildung der schö- nen Stelle 446, wo die Göttin mit der Ägis durch die Scharen schreitet und ihnen Mut und Kampfbegier einflöfst. Fällt nun die Rede des Odysseus weg, so müssen entweder, wie ich bisher ang sites, ebenfalls ausgelassen werden, oder aber V. 333-335, der Beifallruf enommen habe, die Verse 265-277, von der Züchtigung des Ther- nach Odysseus Rede. Ich habe nichts dawider, wenn jemand Gründe hat lieber diese letzten drei Verse zu streichen. Mich leitet die Bemerkung, dafs in der Volkspoesie lächerliche Scenen gern ins Rohere ausgebildet wer- den: ich glaube daher, der Dichter liefs seinen Odysseus den Thersites nur bedrohen (bis 264), worüber das Volk ihm zujauchzet (333-335), und dies reizte einen Nachfolger die Strafe würklich vollziehn zu lassen (265-277). Endlich der Katalog der Griechen (B 454-779) ist ein zu wichtiges Stück, als dafs es durch die vorher gehenden prächtigen Gleichnisse hätte dürfen verdunkelt werden. Ich halte diesen Katalog für ein besondres Lied, dessen Stelle willkürlich ist, ob es gleich zu den Liedern vom Zorn des Achilles ausdrücklich gehört. Mit dem zweiten Liede hat die Nachahmung des Katalogs der Achäer, der troische, ebenfalls nichts zu schaffen. Von der Einleitung zu demselben ist schon geredet worden (IV). v1. Das dritte Lied fängt nach meiner Ansicht mit T 15 an, Oi’ öre din Tyeddv ray Em’ aAAMAoırıv iovTes, X2 164 LAcHMANN oder auch ohne Weiteres, 16, Towriv utv mgOuaX Le "AreZavdgos Seosiöns, und es läfst sich, wie ich (VIII) zeigen werde, nicht weiter als bis an den Schlufs des dritten Buchs führen, wo Agamemmnon nach dem Verschwinden des Paris sagt “Offenbar ist Menelaus Sieger. Wohlan, ihr Troer, gebt uns die Helena zurück.” A Y , , Y ws ebar’ "Argeidyg, em yveov arcı "Ayaıoı. Aber innerhalb hat dies Lied, wie ich glaube, bedeutende Zusätze erlitten, und ich halte von den 461 Versen des dritten Buches nur etwa 170 und einige mehr für echt, 16-102. 111-115. 314-382. 449-461. Mit Einem Worte, Helena und Priamus gehören nicht in dies Lied. Erstens Helena. Nachdem Menelaus dem Paris den Helm abgestreift hat, heifst es weiter 379-382 >» er Ser r 7 alrap sa EFOLOUTE KATLATALEVAL JAEVERIVWV EyuElyarnein" rev EEygraf "Aogodırn, deia mar wrre Seos, Erarunbe Ö’ @g’ negı moAAN, nad 0” ei’ iv Harapıy euwdei uywerri. Dieser Erzählung vom Verschwinden des Paris entspricht es vollkommen, wenn hierauf sogleich von Menelaus so fortgefahren wird, 449-454, = LaN Ver 12 IK > , As ! Argeiöns d’ av oıAoV Eborra Img EoIHWs, Ei ou Er aSgnreiev "Arekavdpev Seosiden. AAX ourıs duvaro Towwv #Acırwv 7° Erınougwv deikaıArEgavdgov Tor’ ügnibiäy Meveray. E \ \ / RT} # 2 BIN eÜ ev yap bıloryri y’ EreuIavov, ei Tıs dar“ Ey ’ v 3 >. \ , 1Tov yag div masıy AmNX,IEro urgi WEAQIN. Hingegen wird ganz das Gefühl der Symmetrie verletzt, wenn von Paris noch in 66 Versen (383-448) erzählt wird. So verfehlt nur ein Nachdichter das Ebenmafs. Und nicht minder störend ist die mit jenem Abschnitt zusammen hangende Teichoskopie (121-145. 150-244). Die Unschicklichkeit der Fragen an Helena im zehnten Jahr des Krieges könnte vielleicht der erste Dichter dieses Liedes so gut verschuldet haben wie ein Interpolator: aber über die ersten zehn Bücher der Ilias. 165 den ungeschickten Übergang von Aias auf Idomeneus, nach dem gar nicht gefragt war, 230, möchte ich ihm doch nicht zutrauen; und noch weniger die kindische Abwechselung in den Versen 171. 199. 228 \ 12 r 3 ’ m rev 8° "Erevn uuScarıv ausißero, die yuvarzav. , „ es m rev Ö Ausißer” Ersı$ "Erevn Ars Eryeyavia. ’ 7 7 m rev Ö° "EAeyn ravumerdos ausidere, dia yuvamzav. Aber mag es doch um Helena sein, die ich hier gern einer tieferen Untersuchung überlasse; wenn ich nur überzeugend darthue dafs das Auf- treten des Priamus, auch aufser der Teichoskopie, dem ursprünglichen Plan dieses Liedes fremd war, 103-110. 116-120. 146-149. 245-313. Wo finden die Herolde den Priamus, als sie mit dem Opfergeräth zu ihm kommen, 249? Sein Wagen scheint in der Nähe zu sein: denn es wird sogleich angespannt, 259. 260, und dann aus dem skäischen Thor gefahren, 263. Die Bestimmung des Ortes, dafs die Greise am skäischen Thor sitzen, 146-149, ist nothwendig für die Erzählung vom Bundesopfer, zwischen V. 120 und 245: wenn sie aber nach den Abschnitten von Helena auf dem Thurme sind, 153. 384, so sollte Priamus doch wohl herab steigen. Ferner zu welchem Zwecke wird der König geholt? Damit er die Eidopfer schneide, 99° opxıa rau aurcs, heifst es V. 105. Das thut aber nicht er, sondern Agamemnon, 273 ügvav Er zepartuv rauve rolyas, 292 dmo Frouax,eus ügvav raue vrAeiyarro. Und Agamemnon, was hat er mit Lämmern zu thun? Nur Ein Lamm war für die Achäer geholt worden, 104 Au ö° yuels eivouev aAcv, 119 50° apv’ Enerevev oireuevaı, für die Troer hingegen zwei, 103 cisere 0° agv’, Eregov Asundv Ereonv de uerawav, 117 apvas TE begeiv Igtauov TE HUAET- cu, 246 agve dUw nal olvov Züpgova: und diese zwei Lämmer nimmt Priamus wieder mit, 310 5 da xal &s dipgev agvas Sero, iro9ecs dus, geschlachtet, wie die Ausleger annehmen. Dies alles ist eine abscheuliche unzusammenhangende Erzählung, der mit gelehrten Deutungen nicht zu helfen ist. Wenn ich dagegen alles von Priamus auslasse, so ist das Ganze im schönsten Zusammenhang. Nur ändert sich dann die Fabel in einem nicht unwesentlichen Punkte: das Bundesopfer wird nicht vor dem Zweikampfe dargebracht, sondern dies soll erst geschehen nachdem einer von beiden gesiegt haben wird. So sagt Paris 71 | 166 LAcHMAnNN Ömmoregos de ne vIRNTH ngEITTWV TE YEUATaL, arnua$ EAodv EU Tavra Yuvalza Te oral ayerSw. ei d’ arrcı Yıloryra zal egrıa FITTa Fanovres valoıre Tocınv ea duraxe, Fol dE veerI$wv Y ES / N ‚ Ü Apyos es inmoßorev zaı Ay,auda zaAAıyUvare. Eben so Hektor statt der letzten drei Verse, 94, ei ö’ arrcaı biRornra zal eoxıa FITTR TARWIEV. So beten die Völker vor dem Zweikampf, 320, Ze marep "IdnSev uedewv, KUNTTE MEYITTE, Ömmoregos Tede Eoya MET ünboregemiv EeIynev, rov dos amobSlevov duvaı domov” Aldos eiow, Aulv d’ ad diAoryra zal eprıa mırra yevecIaı. Den Zweifel kann ich für meinen Zweck ungelöst lassen, ob der Dichter des Liedes am Schlusse den Agamemnon nur sagen liefs Uneis Ö° "Apyemv “Ereynv zal ariuaS au aürn 4 „ \ N 265 ’ < Pe) ERÖOTE, Aal TUANY ATFOTIWVEILEV AVTIV EOLHEV, oder ob ursprünglich schon, wie in dem eingeschobenen Stück 257, darauf folgte 460 NTE Hal ETTOMEVOLTI MET” avIgwraı YEUATAL vi. Wir haben bis hieher zwei Mahl Zusätze gefunden, die wir für schlecht und ungereimt erklären mufsten, die Revan yegcvrwv und die egxıa. Beide Stellen sehen nicht danach aus, als ob sie etwa nicht sowohl eingeschoben als durch Auslassungen verdunkelt wären: doch wollen wir der Kritik ja noch nicht die Hände binden, und ihr vielmehr auch die Annahme von Lücken, wo sie nöthig sein sollte, vorbehalten. Sonst will ich nur noch bemerken dafs wir im zweiten und im dritten Buche der Ilias mit einfachen Athetesen ausgekommen sind, gegen die von theoretischer Seite selbst die strengsten Vertheidiger der Einheit des home- rischen Gedichtes nichts einwenden können. Wer sich also von der Ver- schiedenheit des Tones in meinem zweiten und dritten Liede nicht über- über die ersten zehn Bücher der llias. 167 zeugt, und wer die Rüstung der Troer (B 756-815 und etwa auch T 1-15) vertheidiget, der kann sagen, wenn er mir auch alle übrigen Interpolationen zugiebt, das zweite und das dritte Buch sind von Einem Dichter hinter ein- ander weg gesungen. Aber nicht so steht es mit dem ersten Buche. Denn wenn wir von diesem die zweite Fortsetzung als ein widerstrebendes Stück weglassen müssen, so fehlt zwischen A und B aller Zusammenhang, wenn entweder auf A 347 düze Ö° ayew' rw 0° aurıs iryv Tage vnas 'Ay,amv, oder auf A 492 adSı uevwv, moSEerne Ö° düryv re vroreucov re unmittelbar folgen soll B 1 "AAroı mev d« El TE Kal äveges Immonogugrai sbdov ravuyıaı, Ale 6° our Eye vadumos üUrves. Wer also die Annahme eines in den Hauptabschnitten beabsichtigten zusammen hangenden epischen Gedichts fest halten will, der muls die zweite Fortsetzung des ersten Liedes mit aller Gewalt vertheidigen. Oder, da dies nun wohl schwerlich gelingen wird, jene zweite Fortsetzung muls an die Stelle eines verloren gegangenen echten Stückes getreten sein. Gegen diese Ansicht habe ich theoretisch nichts zu erinnern: nur legt sie sich den Be- weis auf, dafs die echten Stücke unter sich überein stimmen, im Inhalt, im Stil, in der Sprache, die unechten aber ihnen ungleich sind. Ja vielleicht wird die Erscheinung, auf die wir zunächst stofsen, manchen noch mehr zu dieser Ansicht reizen, dann aber auch hoffentlich zur Beweisführung. VI. Das vierte Lied nämlich, von A 1 an, knüpft sich genau an die Ge- schichte des Zweikampfes und an die Entführung des Paris, der sogar weder V.10 noch sonst wo genannt wird: und gleichwohl ist es keine Fortsetzung des dritten Liedes. Denn aus dem dritten mufsten wir die corıa hinweg schaffen: dieses aber hat keinen andern Inhalt als die gxiwv suyyvrıs. Und wenn ich mich auch entschlösse die Athetese der &gzı« aufzugeben, doch ist zwischen beiden Stücken nicht genug Übereinstimmung. Nach A 159 reich- ten sie sich bei dem Bündnifs auch die Hände, rrevdai 7’ angnrei »al defual ais ererıSuev, wovon in T nichts vorkommt. Der Bruch des Bundes wird in A immer durch den Ausdruck bezeichnet Ümeg eprıa nnrarsuu, 67. 72. 236. 271; in T nicht so, sondern 107 Auss ogzıa ÖnAyrarSur und 299 ürsg ögrıa anunva. Also der Bund wird in A als abgeschlossen voraus gesetzt, aber 168 LAcHMmANN nicht nach der Darstellung die wir in T finden: mithin entweder fehlt uns ein ganz andres Lied oder Stück für T, oder wenigstens statt der von mir verworfenen Verse eine andre Ausführung. Aber man wird wohl lieber sagen ein andres Lied: denn bei A1 ist ein Liedesanfang wie B1, da hier an den Schlufs von T' durchaus nicht wieder angeknüpft wird, namentlich nicht an Agamemnons Worte üueis Ö° "Apyeinv 'EAevyv nal uryuaS' au aürh endere. Das vierte Lied also enthält den Götterrath, Menelaus Verwundung, das Anrücken der Troer, und die sogenannte &rırwWAnrıs Agamemnons, — also den Bruch des Bundes und die Vorbereitung zur Schlacht. Allein diese Vorbereitung schliefst A 421 ohne Übergang, ohne dafs man erfährt wohin sich Agamemnon begiebt: und erst E 35 kommt er wieder vor. Also bei A 421 ist der Schlufs des Liedes, oder wenigstens ein Abschnitt bei dem eine Unterbrechung des Vortrages voraus gesetzt wird. Hier würde man mit besserem Grunde das fünfte Buch haben anfangen lassen, wenn es nicht da- durch über tausend Verse bekommen hätte. IX. Gleich wo das fünfte Lied anfängt, A 422 ‘Qs 8° 67’ Ev aiyıaaa morunygi rüna Sararcys, zeigt sich ein ganz anderer uns aber bereits wohl bekannter Charakter der Darstellung, nämlich der des zweiten Liedes. Ja, wenn man es recht bedenkt, auf B 483 oder 780-785 kann man, ohne eine Störung zu bemerken, A 422 unmittelbar folgen lassen. Denn die Beziehung auf das vierte Lied, auf die Verwundung des Menelaus, (E 207 noy yap darsirıv dgurrnersiw EdNzG, Tudeidy re nal’Argeiön, En Ö’ duboregouv ürgenss an’ erveva Barwv, Ayeıga de MaAAcv) scheint mir nicht sehr wichtig, da sie in der langen und gewifs ursprünglich nicht ganz so langen Rede des Pandarus vorkommt. Dagegen stimmt eine bedenkliche Stelle des zweiten Liedes genau mit einer des fünften zusammen, in einer Fabel die uns das erste Buch nicht überliefert. Dort sagte Zeus B 14, Here habe alle Götter durch Flehen bewegt zur Gunst für die Achäer: und hier im fünften Liede E 832 sagt Athene, Ares habe ihr und der Here versprochen gegen die Troer zu streiten und den Achäern beizustehn. über die ersten zehn Bücher der Dias. 169 Ich erlaube mir bei diesem Liede mich der Rechte eines Anfängers zu bedienen. Wenn auch der Hauptinhalt desselben wohl der Kampf mit den Göttern ist, so sind doch die Begebenheiten so abwechselnd und man- nigfaltig, dafs man, noch ungeübt und ohne auf das Einzelnste der Darstel- lung und selbst der Sprache einzugehen, nicht hoffen darf mit einiger Wahr- scheinlichkeit die ursprünglichen und die etwa später eingefügten Bestand- theile des Liedes zu unterscheiden. Wer also nach mir sich an das Schwe- rere wagt, dem mag auch überlassen sein zu entscheiden, ob etwa das zweite und das fünfte Lied von Einem Dichter sind, oder ob nur einer streng der Manier des andern folgt. Er mag auch entscheiden, ob es zu vereinigen ist, dafs Athene im zweiten Liede B 446 mit der Ägis unter den Achäern geht, und dafs sie im fünften E 738 sie sich erst um die Schulter wirft; ob über- haupt die Rüstung der Göttinnen und ihre Fahrt ins Heer hier im fünften Liede E 711-792. 907 ff. einem später folgenden © 350 ff. nachgeahmt ist, oder umgekehrt. Ich sehe nur so viel, dafs bei der jetzigen Fassung der Anfang von Z noch zum fünften Liede zu rechnen ist: denn nur nachdem eben gesagt worden ist, die Götter seien in den Himmel zurück gekehrt, kann man den Vers verstehen f: DR 1 \ m ! SEN Towwv Ö° oiwSn zal Ay,udv bvAomis aivn. X. Gleich mit dem folgenden Verse aber, Z 2 IIcara &° ag’ EvSa nal EvS ISurE may medioo, oder mit dem nächsten Absatze, 5 Alas de moWToS Terauwvıos, Eonos ’Ayav, Towwv 89 £e barayya, fängt ein neues Lied an, das sechste. Es schliefst sich nicht genau an die vorher gehenden Begebenheiten. Die unvollendeten epxıc werden H 69 erwähnt: aber wunderbar, bei dem Zweikampf zwischen Hektor und Aias ist nirgend eine Beziehung auf den des Menelaus mit Paris, auch da nicht wo Menelaus selbst sich zum Kampf mit Hektor anbietet. Also die Erinnerung an das dritte und vierte Lied Philos.- histor. Abhandl. 1837. Y 170 LAcHMmaAnN zeigt sich eben nicht stark im sechsten. Sehr wichtig scheint mir dafs Andro- mache Z 435 sagt, drei Mahl sei schon von den Feinden die Mauer am Fei- genbaum versucht worden; wovon aber im fünften Liede nichts zu finden ist. Aristarch tilgte die sieben Verse Z 433-439, Erı beüdos rapeyevrw: die andern Gründe, die er gegen sie aufsucht, halte ich nicht für erheblich. Das ganze Lied hat einen milden und anmutigen Charakter. Schil- derung der Kämpfe wird vermieden. Die Begegnung des Glaukus und Dio- medes ist ein Vorspiel zu Hektors Besuch bei Andromache. Die kurze Auf- zählung der Kämpfe Z 5-36 ist ganz wie die andere H 8-16. Helenus ver- anlafst in Z Hektors Gang in die Stadt, er auch in H den Zweikampf. Nestor, der im fünften Liede nicht auftritt, obgleich wohl in der ErirwWAyrıs, im vier- ten, erscheint hier sowohl in Z, 66, als in H, 123. Dies alles macht glaub- lich, dafs Z und H ein zusammen hangendes Lied sind, bis H 312 Alavr" «UI Eregw.Iev Eünvruides’Ayauol >» ’ Av 7 ’ ’ E15 AyYaEMvova Olov aryov KEXAENOTa vinm. XI. Was aber nun folgt, H 313-252, hat nicht mehr den mindesten Zusammenhang mit dem Vorigen, ausgenommen etwa in den zwei Versen H 321. 322, die eben so gut fehlen können, wo Aias beim Mahl mit dem Rückenstück des Stiers geehrt wird. H351 wird im Vorbeigehen der Bun- desbruch erwähnt. In allem Übrigen pafst dieses Stück nur soweit hieher, als das sechste Lied mit dem Einbruch der Nacht endigte, hier aber die Achäer nach dem Opfer vor Nacht sich berathen, und die Troer vor dem Abendessen. Die Erzählung ist so kurz und ungeschickt, dafs man selbst die Tage nicht sicher berechnen kann. H 381 ist es Morgen, 421 wird es Tag, 433 noch nicht (wieder?) Morgen, 465 geht die Sonne unter, © 1 wieder auf, 68 ist Mittag. Es ereignet sich viel und mancherlei in noch nicht 500 Ver- sen; vier Mahl Essen H 313. 370. 466. © 53 (das letzte Mahl am Morgen, nachdem eben H 476 die ganze Nacht durch geschmaust worden ist), vier Mahl Donner und Blitz, H 478. © 75. 133. 170, zwei Götterversammlungen NH 443. © 1, eine Reise des Zeus © 40, er wägt die Todesloose © 69 und 7 über die ersten zchn Bücher der Tlias. 4174 sendet den Adler mit dem Hirschkalb in den Klauen © 247, ein Gespräch zwischen Here und Poseidon ® 195, ein Rath der Achäer, ein Rath der Troer nnd eine Botschaft, die Todten werden verbrannt, die Mauer der Achäer wird in kaum zwanzig Stunden gebaut mit Thoren und Graben H 433. 465, Nestor verliert fast sein Leben ®@ 90, die Achäer werden fast in Tlios eingesperrt wie Lämmer © 130, Hektor zündet ihnen fast die Schiffe an © 217: aber nirgend kommt die Scene zur Klarheit, die Darstellung zur Ruhe. Man kann dies Stück, wie es aller Einheit ermangelt, nicht ein be- sonderes Lied nennen, und gewifs mit Recht hat es Hermann schon in der Vorrede zu den Hymnen S. vır als ein auffallendes Beispiel des elendesten Nachahmerstils aufgestellt. Am richtigsten hält man es wohl für eine Vor- bereitung auf das Folgende, die an die Stelle des echten Anfangs getre- ten ist. XI. Denn wie wird nun mit Einem Mahl alles wieder anders und hell! mit den Versen © 253 »” „y ’ mn - Eu Ev evrıs mgoTEgeV Aavanv ToAAWv weg Eovrwv Vs S 2S ’ ’ Fa; 72 euzarc Tudeidao TAOES TYEILEV WAEAS IMTOUS ’ >5 R > , ’ rapgsu T’ EEeraraı zaı &vavrißıov nayerartaı. Ton und Darstellung zeigen dafs wir uns hier in einem andern Liede befin- den, das ich das siebente nennen will. Von dem Vorigen wird hier aller- dings einiges voraus gesetzt. Der Graben vor dem achäischen Lager ward in den vorher gehenden Liedern nicht erwähnt: in dem verworfenen Stücke war er um die neu erbaute Mauer gezogen, H 440. 449. Der Mauer er- wähnt indefs auch das siebente Lied nicht. Die Achäer sind nach jener verworfenen Einleitung © 213 zwischen den Graben und die Mauer zurück gedrängt: im siebenten Liede rücken sie über den Graben aus, 255, und treiben die Troer ger! IAıov 295, werden aber dann 336 iSvs rapgeıo zurück gedrängt, ja bis über den Graben 343. Auch finden wir 397 Zeus auf dem Ida sitzend, wohin er sich im Anfang des achten Buches H 47 begeben hat. Trotz diesen Übereinstimmungen wage ich mich auf das gebildete Gefühl jedes Lesers zu berufen: es ist unmöglich dafs Ein Dichter in so verschie- Y2 172 LAcHMANN denem Ton, so armselig und so vortrefllich, die Einleitung und das siebente Lied kann gesungen haben. Das aber ist klar, dafs das siebente Lied jetzt keinen Anfang hat: die Rüstung der Here und Athene und ihr Versuch den Achäern zu helfen © 350 ff., wobei auf den Inhalt der zweiten Fortsetzung des ersten Liedes angespielt wird (372), gehört wohl auch noch zum sieben- ten: für den Schlufs wird man © 484 nehmen dürfen, wo die Göttinnen, von Zeus gescholten, stillschweigen. Weiter können wir nämlich nicht gehen. Denn © 485 erfolgt der Untergang der Sonne so unpassend als möglich, ohne dafs erst die Troer heimkehren. Es ist doch wahrlich nicht genug, wenn nachträglich in die Erzählung eingeschaltet wird, Hektor habe sie von den Schiffen an den Flufs 5 ’ geführt, 489 14 ser Bliss \ 2 D a Towwv ö° aür’ ayopyv meimraro haidınos"Enrug, vordi vewv dyayuv, FoTand Emı diwnevri, Ev nadap, 691 du veruwv diebaivero Y&gos. Es wird nicht nöthig sein dafs ich bei diesem achten Liede, der Ge- sandtschaft an Achilles, ins Einzelne gehe: es scheidet sich bestimmt genug aus und trägt überall den Stempel der Nachahmung. Nur das will ich be- merken, wie Homer, der doch ein halbweg verständiger Dichter gewesen sein wird, sich hier so schmählich selbst parodiert, indem er den Agamemnon 117 die Achäer, ernsthaft oder sie versuchend, zur Flucht ermahnen läfst mit denselben Worten in die B 110 die erste Versuchung gefafst worden war. Rleinlich ist auch 134 die Beziehung auf die erirwAnsıs A 370, indem Dio- medes sagt aArnv ev or mawWroV öveidiras Ev Aavasirıw, \ 7 &) [4 271 bas EuEv EmroAsuov zaı dvamrıda. Die Mauer ist 1349 eben erst gebaut, wie in dem Stücke vor dem siebenten Liede. Alles scheint mir den Ton späterer Nachdichtung zu haben, die wohl auch schon auf das Zusammenreihen der Erzählungen in einer stätigen Folge ausgeht. über die ersten zehn Bücher der llias. 173 XIV. Das neunte Lied, K, die Dolonie, sondert sich von dem Vorherge- henden und Folgenden rein ab. Im folgenden Buche A 1 wird es zu spät Morgen: denn bei dem Ausgang der beiden Helden K 251 ist er schon nah, auch haben sich beide K 578 schon zum Frühmahl gesetzt. © 491 versam- melten sich die Troer &v nadupn, 691 On veruwv diebamero Xwgos: und wenn hier auch durch die Worte roraus erı dwwyevrı eine etwas gröfsere Entfernung bezeichnet wird, so kann es doch niemand loben dafs sich K 198 nun in derselben Nacht die Könige der Argeier jenseit des Grabens auch wieder setzen > el ‚ ‚ n &v naSapd, 0-91 ON veruwv Ölebaivero X,üpcs. Und wenn irgend Überlegung und Sparsamkeit bei dem Aufbauen eines epischen Gedichts waltet, wie kann ein Dichter dazu kommen, in einer Nacht wo die Wachtfeuer der Troer ganz nah bei den Schiffen brennen, beides und zwar nach einander unternehmen zu lassen, die Aussendung der Boten an Achill, und die der beiden Helden die spähen oder den Feinden schaden sollen? Dafs aber Odysseus beide Mahl mit mufs, ist gar ungereimt oder doch höchst armselig. Wenn also beide Darstellungen würklich die- selbe Nacht meinen, so sind es verschiedene Sagen, unmöglich von Einem Dichter dargestellt, aber doch von dem Anordner der Ilias hier richtig, wenn auch nicht ganz geschickt, zusammen gebracht. Ist hingegen in der Sage die Ordnung der Schlachten und der Hauptbegebenheiten so fest nicht gewesen, so haben die beiden Lieder vielleicht gar nicht dieselbe Nacht gemeint. XV. Da ich nur Betrachtungen über einen Theil der Ilias versprochen habe, wird es mir wohl erlaubt sein hier beim elften Buche abzubrechen, zumahl da Untersuchungen dieser Art sich nicht auf Verlangen zu jeder Zeit führen lassen, sondern nur in den besten Stunden. 174 LACcHMAnNN Aber im elften Buche fangen ja gerade die Versuche Hermanns an, wenigstens die ausgeführteren und weiter greifenden, in seiner Abhandlung de interpolationibus Homeri (Opuscula V p. 52): sollte ich nicht sagen müs- sen, ob sie mir eben so wahr scheinen als sie gewifs sinnreich sind? Sinn- reich, und wohl überlegt; so dafs es gleich erfreulich und ehrenvoll sein würde, sie weiter zu bestätigen oder sie zu widerlegen, wer es könnte. Ich aber mag mich zu dem nicht drängen was ich vielleicht nur unvollkommen ausführte: mögen andere sehn ob sie recht thun blindlings zu folgen oder unbesehn zu widersprechen. Genau genommen habe ich ja bis jetzo kein näheres Recht zum Urtheilen. Denn da unsere Wege doch etwas verschie- den sind, da ich mehr als Hermann darauf aus bin die ursprünglichen Ab- schnitte aufzufinden und den Umfang der einzelnen Lieder zu bestimmen, so müfste ich erst meine Untersuchung selbständig geführt haben. Wenn sich auch allenfalls ergeben sollte dafs in den folgenden Büchern nicht mehr wie bisher sich die einzelnen Theile so bestimmt sondern liefsen, dennoch erst dann wenn von verschiedenen Seiten her die Versuche würklich gemacht wären, könnten sie gegen einander als Mafsstab dienen, und vielleicht eine Wahrheit ergeben, die durch gegenseitige Beschränkung bestimmt wäre. Ich glaube mich daher nur berechtigt und verpflichtet‘ das zu ver- gleichen was Hermann über einen von mir auch bereits behandelten Abschnitt sagt. Um mich ganz frei zu erhalten, habe ich absichtlich Hermanns Aufsatz erst nach der schriftlichen Abfassung dieser Betrachtungen wieder gelesen: und es freut mich sehr dafs ich jetzt nur einen bestätigenden Nachtrag zu liefern habe, übrigens aber kein Buchstab zu ändern war. Hermann nimmt (S.63) mit Recht Anstofs am Anfang des achten Buches, © 1-51, wo Zeus den Göttern mit harten Drohungen untersagt Troern oder Achäern zu helfen. Sehr unpassend, sagt er, fahren dann Here und Athene ganz offen im Wagen unter die Heere den Achäern zu Hilfe. Ich hätte diesen Widerspruch, wie gewifs manchen andern, nicht ohne Nutzen anmerken können, wenn er mir eben aufgefallen wäre. Die Fahrt der Göttinnen ist in meinem siebenten Liede, die Götterversammlung in dem Stücke welches statt des fehlenden Anfanges zu diesem Liede hinzu gedichtet ist. Der Verfasser desselben mochte denken, der Widerspruch sei dadurch gehoben dafs er Athenen © 35 zwar versprechen läfst sich des über die ersten zehn Bücher der JTlias. 175 Krieges zu enthalten, nicht aber des Rathes den sie den Argeiern geben könne. Aber in der Erzählung von den Göttinnen ist vom Rath nicht die Rede, sondern sie rüsten sich mit Waffen zum Kriege 376. 358, und Zeus leidet nicht dafs sie in die Schlacht gehen. Hermanns Meinung ist nicht dafs die ersten 51 Verse des achten Buches zu tilgen seien (S. 68): aber er will sie vor N 4 wiederholt wissen, wo sie ihm, glaub ich, ursprünglicher scheinen. Dafs sie sich dort sehr gut aus- nehmen würden, ist keine Frage: ob aber so starke Verkürzungen und Um- stellungen bei der Einrichtung der Ilias würklich geschehen sind, darüber zu entscheiden ist nicht meines Amtes: denn in den ersten zehn Büchern habe ich zu dieser Annahme keine Veranlassung gefunden. Für den Satz, auf den Hermann hier baut, dafs die Rhapsoden an gleiche Anfänge ver- schiedene Erzählungen geknüpft haben, ist uns aber wenigstens Ein bestäti- gendes Beispiel begegnet (III), dafs die beiden Fortsetzungen des ersten Lie- des ganz gleichen Anfang hatten, “H 8° derous” aua reirı Yun niev. aurag 'Oduasevs und aurag "AyıAMeVs. ————ahdHETD—— H Pascal und die philosophisch - geschichtliche Bedeutung seiner Ansichten. „Von Hr%- STEFFENS. mm [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 27. April 1837.] Bisis: Pascal ward zu Clermont in Auvergne geboren den 19'* Juni 1623, als Richelieu das Regiment in Frankreich lenkte und starb den 19: August 1662, ein Jahr nach Mazarin’s Tod. Sein ganzes Leben fiel also in eine Zeit grofser Gährungen, die, durch Heinrich den Vierten beschwich- tigt, nach dessen Tode in allen Richtungen wieder auszubrechen drohten, durch Richelieu kaum zurückgedrängt, nachdem dieser gestorben war, die verhängnifsvolle Bildung der Fronde hervorriefen. Schon als Knabe kam er nach Paris und als Mann erlebte er den Gipfel der Unruhen, die wir als den Anfang der Revolution in der civilisirten Welt betrachten können. Denn es war nicht blofs von particulären Interessen einzelner Stände die Rede. Der Begriff des Staats ward in Frage gestellt Karl der Erste war in England ermordet, Hobbes und Hugo Grotius, jener wilder, dieser be- sonnener, wissenschaftlicher, hatten das Fundament der traditionellen Staa- ten durch ihre Reflexionen unterwühlt, und der Krieg der Meinungen, jetzt fast zweihundertjährig, fing damals an, ruhte nur scheinbar, und ist noch nicht geschlossen. Eine Zeit, in welcher zwei Cardinäle die Theologie mit der Politik vertauschten, in welcher Reez Cardinal wurde, mufste für einen Mann, wie Pascal eine sehr wichtige sein, und auf seine ganze Entwicke- lung einen entschiedenen Einflufs ausüben. Denn auch in der Kirche, für welche er ganz lebte, fanden bedeu- tende Gährungen Statt. Die Erbitterung gegen die Hugenotten war durch die Blutströme der Bartholomäusnacht nicht erloschen. Kurz vor seiner Geburt war der Friede zu Montpellier mit den Hugenotten geschlossen. Man konnte ihn nur einen unsichern Waffenstillstand nennen. Der Krieg Philos.- histor. Abhandl. 1837. Z 178 STEFFENS: mit politischen Unruhen und Hofintriguen verschmolzen, brach immer von Neuem hervor. Wichtiger noch war für Pascal die Reformation — wie wir sie wohl nennen können, die innerhalb der katholischen Kirche selbst, durch Jansenius mehr vorbereitet, als herbeigeführt wurde. Es war das Wiederaufleben des alten rein geistigen und speculativen Elements der Kirche, wie es sich durch Augustin ausgebildet hatte, und durch eine lange Reihe von Jahrhunderten immer mehr in Äufserlichkeiten ver- schwunden war. Denn davon war die Rede: ob das sinnliche Leben, fest- gehalten innerhalb seiner Grenze, irgend einen Keim zum höhern Geistigen aus sich zu entwickeln vermöchte (der Semi-Pelagianismus der herrschen- den Kirche). Die Generatio aequiroca auf ihrer höchsten Stufe. Der Jan- senistische Begriff der Gnade setzte das höchste, geistige Leben in der Liebe voraus, wo es gedeihen sollte; wie.alles Lebendige nie aus einer blofs sinn- lichen Erscheinung abgeleitet werden kann, sondern sich selbst voraussetzt. Wie diese Jansenistische Lehre praktisch durch die Frauen und zugleich, als Lehre, durch die mit ihnen verbundenen Männer in Port-Royal sich entwickelte, ausbreitete und den geistreichsten Repräsentanten in Antoine Arnauld fand, war es ein Zurückziehen der katholischen Kirche selber von den Äufserlichkeiten, in welche sie gefesselt war, zum rein Geistigen der Gesinnung. Wie tief und mächtig diese Gährung den Pascal ergriff, ist bekannt. Aber eine dritte Bewegung seiner Zeit drängte sich in die frühreife Jugend dieses merkwürdigen Mannes höchst bedeutend hinein. Es war jene fröhliche Zeit naturwissenschaftlicher Entdeckungen, als das frische Be- wufstsein, die Gesetzmäfsigkeit der Erscheinungen, die scharfen Verhältnisse der reinen Thatsachen auffassen und bestimmen zu können, die tiefsten Geister ergriff. Keppler und Galiläi waren da gewesen, Baco hatte für das- jenige, was die Zeit bewegte, den gemeinsamen Ausdruck gesucht. Tele- skope und Mikroskope hatten den Menschen eine Unendlichkeit in doppel- ter Richtung aufgeschlossen. Während die Völker sich in sich und unter- einander bekämpften, während religiöse Parteiungen in den drei eivilisir- testen Ländern Europa’s sich wechselseitig vernichteten, war hier ein stilles Bündnifs der Geister entstanden, welches von den Kämpfen der Völker, wie von den religiösen Ansichten abgewandt war. Es war bestimmt, eine neue Zeit am tiefsten zu begründen; denn vergleichen wir die neue Zeit mit der Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 179 alten, so wird man nicht leugnen können, dafs die Naturwissenschaft in ihrer eigenthümlichen Entwickelung das bedeutendste Unterscheidungsmittel dar- bietet. Durch die mathematisch-strenge Bestimmtheit im Festhalten und Erkennen aller Verhältnisse, durch die, mit dieser gegebene reinliche und sichere Sonderung, ward der Zeit die Aufgabe entschieden vorgelegt That- sachen zu verificiren, durch welche die unreine Mischung von unbestimm- ter Ahnung und schwankendem Auffassen gegebener Verhältnisse auf immer verdrängt werden sollte. Pascal trat als Jüngling, ja schon als Knabe, in diesen Bund. Mer- senne, Boberval und Andere, die an der lebendigen Entwickelung der Na- turwissenschaft der damaligen Zeit thätig theilnahmen, waren die Hausge- nossen seines Vaters, und Üartesius war sein Freund. Es schien, als müfste diese Richtung den jungen Pascal ganz in An- spruch nehmen. Ein bewundrungswürdiges Talent, welches Eltern und Freunde in Erstaunen setzte, unterstützte die günstigen äufseren Verhältnisse. Es ist bekannt, dafs er schon als Kind die Fähigkeit der scharfen Auffassung gegebener Erscheinungen auf eine auffallende Weise entwickelte. Es wird erzählt, dafs er in seinem eilften Jahre einen Aufsatz über die durch den Stofs erregte Bewegung in den klingenden Körpern und über ihre plötzliche Hemmung durch einen Druck, ausgearbeitet habe. Der Vater wollte den Knaben in seinen jüngern Jahren vorzüglich mit den Sprachen beschäftigen, und fast erschrocken über die Lebhaftigkeit, mit welcher er Erscheinungen, die ihm auffielen, scharf auffafste und zu erklären suchte, hielt er ihn von allen mathematischen Unterricht entfernt. Der Knabe aber ward, nachdem er, begierig fragend, den Gegenstand der Mathematik, roh angedeutet, durch den Vater kennen gelernt hatte, zum eigenen Nachdenken gebracht und arbeitete sich in seinen Freistunden, indem er eigene technische Aus- drücke und eigene mechanische Hülfsmittel ersann, bis zur sechsten Pro- position des Euclides hindurch. Der Vater überraschte den Knaben bei dieser heimlichen Beschäftigung und liefs nun dem bewundrungswürdigen Talent seinen freien Lauf. In seinem sechszehnten Jahre schrieb er einen Aufsatz über die Kegelschnitte, der allgemeines Aufsehen erregte. Carte- sius, wie Bayle in dem Artikel „Pascal” erzählt, hielt eine solche Ausarbei- tung in diesem Alter nicht für möglich und schien auch jene frühere Selbst- entwickelung des Knaben in Zweifel zu ziehen. Frühzeitige Talente der Art 22 180 STEFFENS: sind aber nicht so selten. Seltener ist es, dafs sie, durch die Einseitigkeit der Entwickelung in einer starren Vereinzelung gefesselt, eine geschichtliche Bedeutung erhalten. So durch ein eigenes, höchst merkwürdiges, Talent getrieben, durch die günstige Umgebung ermuntert, trat der Jüngling in das fröhlich erregte, auf die Naturforschung hingewandte Geistesleben hinein. Wie bedeutend diese seine Umgebung war, erhellt schon daraus, dafs die Versammlungen der Gelehrten bei seinem Vater, an welchen er schon, fast als Knabe, theil- nahm, und die auf die Belehrungen des Jünglings horchten, den Keim der französischen Akademie der Wissenschaften enthielten, die von Richelieu beschlossen, wenige Jahre nach Pascal’s Tode eröffnet wurde. In der That schien die Thätigkeit des Jünglings ganz dieser Richtung zugewandt, und man erlaube uns, was hier nur im Allgemeinen mit unserer Absicht zusammenhängt, Pascal’s geschichtliche Bedeutung als Mathematiker und Physiker kurz anzudeuten. In der Geschichte der Physik bezeichnet Pascal’s Name eine Untersuchung, durch welche Torricelli’s grofse Ent- deckung erst fruchtbar wurde. Auch hier finden wir Cartesius dem jungen Pascal feindlich gegenüberstehend. Dieser schlofs bekanntlich, dafs wenn der Druck der Luft, wie Torricelli vermuthete, die Quecksilbersäule in der Barometerröhre hebe, mit der Abnahme des Drucks in höheren Regionen die Säule sinken müfste. Versuche, zuerst im kleinen in seinem Hause, dann nach seiner Aufforderung im Grofsen auf den Gipfel des Mont d’Or durch seinen Schwager Perier angestellt, entschieden über diese, nicht al- lein für die Physik, wichtige Aufgabe. Aber Cartesius behauptete diesen Gedanken dem Pascal früher mitgetheilt zu haben. Die Schwäche des be- rühmten Philosophen, sich durch ähnliche Behauptungen bedeutende Ent- deckungen zuzueignen, ist bekannt und Pascal’s Recht auf die Entdeckung ist anerkannt. Er sah auch die Quecksilbersäule durch Verdünnung der Luft, durch Saugen, sinken, ein Versuch, der directer gegen die Hypothese von einem Horror Vacui gerichtet war. Er gründete auf diese Versuche Werke über die Schwere der Luft und über das Gleichgewicht der Flüssig- keiten, in denen Stevin’s hydrostatische Entdeckungen zuerst mit mathema- tischer Schärfe bestimmt wurden. Wer die grofse Revolution, die durch die Widerlegung der Hypothese von Horror Vacui in der Denkweise der Zeit hervorgerufen wurde, erwägt, der wird, was auch allgemein anerkannt Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 181 ist, dem Pascal neben dem Cartesius einen bedeutenden Antheil an dieser Umwälzung zuschreiben müssen. Obgleich seine Rechenmaschine keinen Eingang gefunden hat und durch die Erfindung der Logarithmen überflüssig wurde, legte sie doch einen Beweis von seinem Tiefsinn ab. La Place, in der Vorrede zu seinem Werk über den Wahrscheinlichkeits- Caleül, nennt Pascal als den eigent- lichen Begründer dieser Lehre; und durch die Entwickelungen der Functio- nen der Cycloide stellte Pascal sich dem berühmten Wallis gleich, wenn er ihn nicht übertraf. Wäre nur diese Richtung seiner geistigen Productivität bekannt, so würde er schon durch sie zu den ausgezeichneten Geistern einer bedeu- tenden Zeit gehören; aber in den letzteren Jahren seines kurzen Lebens trat eine andere hervor, die ihn eben so berühmt gemacht hat, obgleich sie, un- serer Überzeugung nach, keinesweges gehörig geschätzt und verstanden ist, und die den eigentlichen Gegenstand unserer Betrachtung bilden soll. Wer kennt Pascal’s Pensdes und Provincialbriefe nicht? Sie sind schon äufserlich betrachtet, durch den Eindruck, den sie gemacht haben, sehr merkwürdig. Ein junger kränklicher Mann, der sich von der Welt zurückzieht, der in einer Art religiöser Strenge lebt, die fast legendenhaft sercheint, der allen Genüssen entsagt, nur für die Armut und für das Ge- bet lebt, der einen Stachelgürtel auf dem blofsen Leibe trägt, um durch den Druck jede Äufserung selbstsüchtiger Eitelkeit zu unterdrücken, arbei- tet zwei Werke aus, die beide völlig aus diesem Sinne hervorgehen, und, anstatt etwa eine religiöse Secte zu bilden, wird er ein Heros der Litteratur seines Landes. Diese Werke, deren Gegenstand so ganz abweicht von der schon damals herrschenden und später immer mächtiger gewordenen An- sicht, geniefsen noch ein ebenso bedeutendes Ansehen, wie zur ersten Zeit ihrer Entstehung. Selbst während man Pascal’s religiöse Gesinnung ge- ringschätzte, ja verachtete, bewunderte man ihn, und wie die erste unvoll- ständige Ausgabe seiner Freunde das Erbauliche einseitig hervorhob, so konnten Condorcet und Voltaire sich entschliefsen, eine, freilich im entge- gengesetzten Sinne eben so einseitige Ausgabe zu veranstalten. Die älteren, wie die letztgenannten Herausgeber, fanden sich offenbar mit den Pensees in Verlegenheit. Die älteren befürchteten, dafs die Kühnheit und der gei- stige Umfang mancher Gedanken seinen Glauben verdächtig machen könnte, 182 STEFFENS: und die letzteren konnten diesen nicht begreifen. Jene glaubten daher, in- dem sie die weltlichen Gedanken, diese indem sie die christlichen unter- drückten, diesen, ihnen unverständlichen Menschen von den störenden Ele- menten zu reinigen, jede auf ihre Weise. Mon ami, äufserte sich Voltaire gegen Condorcet, vous lassez point de repeter que depuis Vaccident du pont de Neuilly, le cerveau de Pascal etoit derange. Es ist wahr, dafs das Ereig- nifs bei der erwähnten Brücke einen tiefen Eindruck auf Pascal machte. Die wildgewordenen Pferde drohten ihn mit dem Wagen einen steilen Ab- hang hinunterzuwerfen und seit der Zeit glaubte er erwachend, zwischen Wachen und Schlaf, einen tiefen Abgrund dicht neben sich zu erblicken, der ihn hinabzuziehen schien. Richtig bemerkt aber Bossut, der bekannte, völlig gewissenhafte Herausgeber seiner sämmtlichen Werke: In’y a qu’une petite difficult€ dans ce systeme: ce cerveau, derange en 1654, produisit en 1656 les Lettres provinciales et en 1658 les Solutions des problemes de la roulette. Es ist merkwürdig, dafs die Deutschen zwar die Pensdes oft genug nennen, aber ihnen dennoch nur eine geringere Aufmerksamkeit geschenkt haben, als man erwarten sollte. Es giebt nur eine deutsche Übersetzung der Pensces von Kleuker, und zwar nach den älteren unvollständigen Aus- gaben. Heydenreich hat einen etwas leichtsinnigen Anfang gemacht, einige Artikel der alten Ausgabe wieder zu übersetzen und mit flüchtigen kantisch- religiösen Bemerkungen zu begleiten. Das kaum angefangene Werk ward schnell abgebrochen, und obgleich das Titelblatt keine Jahreszahl enthält, so ist mir die Erscheinung dieser Schrift doch sehr wohl erinnerlich. Sie kann nicht früher, als in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts er- schienen sein. Wie unbekannt Pascal damals noch sein mufste, so oft er auch eitirt wurde, erhellt schon daraus, dafs Heydenreich nicht einmal die neuere vollständige Ausgabe von Bossut von 1779 kannte. Mir ist kein neueres Werk über Pascal’s Pensdes bekannt. Ein Freund nannte mir einen Aufsatz von Dr. Veit in Hamburg, wahrscheinlich in irgend einem Journal, den ich aber nicht habe auftreiben können. Rixner und Erdmann fertigen ihn mit wenigen Zeilen ab. Pascal ist in der neuern philosophischen Litte- ratur, wie Baco, zu einem Motto zusammengeschrumpft, und wie der Letz- tere fast nur durch das bekannte: non fingendum aut excogitandum, sed inveniendum etc. bezeichnet wird, so scheint die Erinnerung an Pascal’s Pascal und die philos-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 183 Pensees sich ganz in der Stelle: Za Nature confond les Pyrrhoniens et la raison confond les Dogmatistes, die durch Jacobi in Umlauf gesetzt wurde, verloren zu haben. Dafs die Provincial-Briefe öfters und selbst in den neue- sten Zeiten übersetzt wurden, hatte bekanntlich einen Grund, der in keiner Beziehung stand zu der geistigen Eigenthümlichkeit des Verfassers. Es ist meine Absicht darzuthun, dafs Pascals Pensees und Provincial- briefe eben so bedeutend für die Geistesentwickelung des siebzehnten Jahr- hunderts geworden sind, wie die Philosophie des Cartesius, dafs Pascal, auch hier, als das geistige Supplement der berühmten Philosophen betrach- tet werden kann. Er löste, schlagender als Cartesius durch schlecht be- gründete Construction, durch unmittelbare Versuche eine wichtige Aufgabe der Zeit, und durch ein inneres geistiges, sich immer tiefer entwickelndes Leben rückte er uns die höchste Aufgabe des Daseins nahe, und bereitete eine bedeutende Zukunft vor, während das System des Cartesius an seiner Vollendung starb. Um Pascal zu beurtheilen, dürfen wir die geschichtliche Thatsache der in Frankreich herrschenden katholischen Kirche nicht übersehen. Das weltliche Frankreich im grofsen Styl, war zwar von der Religion abgewandt, benutzte sie nur und die Kriege mit den Hugenotten hatten ihr selbst ein Prineip zerstörender Politik und eine grofse Erbitterung zugestellt. Perrault, in seinen Nom. illustr. macht uns mit Petrus Camus be- kannt, welcher, als er Bischof ward, mit grofsem Eifer sich mit der innern Verbesserung der Kirche beschäftigte. Die Mönche, denen sein Eifer be- sonders beschwerlich fiel, suchten ihn durch Richelieu zu milderer, nach- sichtiger Gesinnung zu bewegen. Der Cardinal sagte ihm einst: „Ich habe nur eins an Ihnen auszusetzen — Ihre Härte und Erbitterung gegen die Mönche. Ich würde Sie heilig sprechen, vermöchten Sie diesem zu entsagen.”’ — „Wollte Gott,” antwortete Camus, „dafs es geschehen könnte, wir hät- ten dann beide, was wir wünschen. Sie wären Pabst und ich ein Heiliger.” Camus wird als ein Solcher geschildert, der mit ganzer Seele und seiner innersten Gesinnung nach religiös war, und dennoch behandelte er, dem Cardinalminister gegenüber, das Heiligthum seiner Religion mit einer ver- nichtenden Ironie, die durch die Heiligsprechung aus einer solchen Quelle das, was ihm das Theuerste war, preisgab. Richelieu’s Gesinnung, ja selbst die Frivolität des Cardinals Retz konnten nicht entschiedener als Beweis für 184 STEFFENS: die damals herrschende Ansicht der Religion dienen, als ein solches Hinein- dringen leichtsinniger Gesinnung in die reinsten Gemüther. Aber dennoch war die katholische Kirche, für diejenigen, die in ihr lebten, ein wesentliches, alles beherrschendes Element der Zeit. Weltliche Absichten, so wenig als wissenschaftliche Reflectionen, durften sie abweisen. Richelieu sowohl als Cartesius mufsten ihre Herrschaft anerkennen, und Pas- cal ergab sich ihr ganz. Der Art. II. der spätern Handausgabe, der vierte der Bossutschen: Reflexions sur la Geometrie überschrieben, der offenbar in dem ursprüng- lichen Zusammenhange zu uns gekommen ist, unterscheidet das geistige Er- kennen höherer Art, das rein Geistige, von dem secundären Sinnlichen, nicht dem Grade nach, sondern Zoto genere. Alles was wir sinnlich erken- nen, bleibt, auch mit mathematischer Schärfe aufgefafst, seiner Wahrheit nach in den Verhältnissen durchaus verborgen, wir erkennen nur diese. Wir können sie scharf auffassen, entschieden bestimmen, benennen, so dafs wir innerhalb der Grenzen unserer Auffassung sicher und gewifs werden; aber dieses Vereinzelte hat nicht den Grund seines Daseins in sich selber, son- dern in einem Andern, dieses wieder in einem Andern und so fort ins Un- endliche. Dafs diese Unendlichkeit von der Wahrheit selbst unendlich ent- fernt sei, dafs sie das Wesen der Dinge nicht aufschliefst, sondern verhüllt, dafs wir, um uns, wie Kant, auszudrücken, durch sinnliche Kategorien nur Erscheinungen, nicht die Dinge an sich erkennen, darüber herrscht in den Pensces, durch alle hindurch, das deutlichste Bewufstsein. „Alle Körper,” sagt er, „das Himmelsgewölbe, Sterne, Erde und Reiche, sind dem klein- „sten der Geister nicht vergleichbar, denn er erkennt das Alles und sich „dazu, die Körper nichts. Alle Körper und alle Geister zusammen, mit „Allem was sie schaffen, haben nicht den Werth der kleinsten Regung der „Liebe, denn sie gehört zu einer unendlich erhabenern Ordnung. Aus allen „Körpern kann man nicht den kleinsten Gedanken ziehen, es ist unmöglich „und gehört in eine andere Ordnung. Alle Körper und alle Geister ver- „mögen nicht die geringste Bewegung wahrer Liebe zu schaffen, es ist un- „möglich und gehört in eine andere, völlig übernatürliche Ordnung.” — Das sind die drei Regionen, die, völlig von einander getrennt, jede in sich geschlossen, — das Ansich, das Fürsich, das An- und Fürsich in der Sprache einer neuern Schule — die Grundlagen seiner ganzen Ansicht bilden. Es Pascal und die philos-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 185 ist klar, dafs hier das Denken, als das Sich-selbst-Fassen, in seiner höchsten Intensität, im Gegensatz gegen das Sein, als die höchste Extensität, (der Dualismus des Cartesius), nur in jener Form des Secundären, nicht als die Wahrheit begriffen wird. Die Einheit des Denkens und Seins war ihm die Liebe. Ebendeswegen, weil er das wahrhaft Geistige in der Form der Re- ligion auffalste, kann man läugnen, dafs er ein Philosoph war, wenigstens kein Philosoph der Schule; aber von der Philosophie im eminenten Sinne, von ihrer höchsten Aufgabe war er tiefer durchdrungen, als Cartesius. Man würde sich irren, wenn man diese Idee der Liebe — für Pascal der ruhende Mittelpunkt alles Daseins — etwa als ein blofses Gefühl, das Erkennen, also alles Denken ausschliefsend, betrachtete. Dieser Mittelpunkt der Liebe, in ihrer tiefsten speculativen Bedeutung, war ihm Jesus Christus: „C'est lui qui est le vrai Dieu des hommes, cest a dire, des miserables et „des pecheurs. 11 est le centre de tout et T'objet de tout: et qui ne le „connait pas, ne connait rien dans lordre du monde, ni dans lui-meme. „Car non-seulement nous ne connaissons Dieu, que par Jesus Christ, „mais nous ne connoissons nous-meme que par Jesus Christ! Art. xı. der Handausgabe. Vol.2. p. 144. So war ihm die Liebe das Schaffende, das Wirkliche, und Alles aufser dieser ein Unwirkliches, Abstractes. — „Als Gott,” heifst es an einer andern Stelle, „Himmel und Erde erschaffen hatte, die keine Empfindung von dem Glück ihres Daseins hatten, wollte er Wesen schaffen, die dieses Bewufstsein hät- ten und Körper denkender Glieder ausmachten. Alle Menschen bilden die Glieder dieses denkenden Körpers, die, damit sie glücklich seien, ihren besondern Willen dem allgemeinen, der das Universum regiert, gemäfs bil- den müssen. Nur zu oft glauben wir, das Ganze zu sein, erkennen nicht unsere Abhängigkeit von den übrigen Körpern, glauben nicht diesen unter- worfen, vielmehr das Centrum und der Körper selbst zu sein. So aber ist man nur ein vom Körper losgerissenes Glied. Dieses verwirrt sich, da es kein Leben in sich selber hat, in sich, und staunt unwissend über das Unge- wisse seines Wesens. Fängt man aber an sich zu erkennen, dann ist man, wie zu sich selbst gekommen, man erkennt, dafs man nicht der Körper ist u.s.w.” Es wäre leicht eine Menge anderer, eben so bedeutender Stellen anzuführen. Philos.-histor. Abhandl. 1837. Aa 186 STEFFENS: Haben wir es nun erkannt, dafs dem Pascal die Idee der göttlichen Liebe, nicht blofs getrennt von den untern Ordnungen, sondern auch diese durchdringend, als der Mittelpunkt der höchsten geistigen Einheit vorschwebt, so müssen wir auch die Schranken, innerhalb welcher sie gehalten wurde und die er nicht zu überschreiten vermochte, genauer betrachten. Die Idee selbst war der Kirche nicht fremd. In der Gestalt des Mystieismus hatte sie sich oft, tiefer oder oberflächlicher, auszusprechen gesucht. Aber sie ward von Pascal nicht blofs äufserlich aufgenommen, nicht blofs in der Form eines überschwänglichen Gefühls aufgefafst, sie ward lebendig reprodueirt, und zwar als der Mittelpunkt der zerstreueten wissenschaftlichen und allge- mein geistigen Elemente seiner Zeit. Sie war daher, in der Art, wie sie sich durch ihn aussprach, neu. Obgleich seine religiöse Richtung ihn zu den Jansenisten hinzog, obgleich er das Fundament ihrer Lehre klarer, als sie selbst, auffafste und mit Glück vertheidigte, so konnte sein freierer Geist sich doch nicht entschliefsen, sich mit diesen unbedingt zu verbinden. Die göttliche Liebe war ihm allerdings das Princip alles Erkennens, aber dieses reifte nicht zum thätigen Erkennen, zur denkenden Entwickelung. Die Einheit des Denkens schwebte ihm vor, zog ihn an, er ergab sich ihr, aber lediglich als einem Fremden, als Autorität, er war ganz und durch- aus Katholik, und er konnte sich mit der Freiheit des Denkens, mit dem per- sönlich in sich sicher gewordenen Glauben des Protestantismus nie befreun- den. Die Geschichte, das ganze Menschengeschlecht, jede Persönlichkeit, seine eigene, hatten ihre Wirklichkeit nur in der geistigen Einheit der Liebe, aber sie selbst schwebte ihm vor, wie ein dämmernd enthülltes Mysterium, in welchem er alle Reichthümer des erkennenden Geistes fand, aber nicht besafs, nicht denkend beherrschen konnte. Sie war ihm, aber in viel tie- ferm Sinne, was dem Kant die synthetische Einheit des Selbstbewufstseins. Sie war daher nicht Erkennen, aus ihr bildete sich keine Philosophie, aber wenn in einem solchen Geiste der Katholicismus zum wahren Protestantismus heranreifte, dann würde man in der mit dieser Tiefe aufgefafsten Idee die wahre Aufgabe der Philosophie erkennen, die ihre Lösung gefordert und gefunden hätte. Dennoch war das Resultat seiner Reflexion dem der kantischen Kri- tik so ähnlich, wie bei keinem Philosophen vor und nach ihm; die Tren- nung der Freiheit von der Nothwendigkeit, der Geschichte von der Natur, Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 187 der theoretischen von der praktischen Philosophie finden wir bei ihm, wie bei Kant, nur dafs der Hauch der göttlichen Liebe mit der seligsten Gewils- heit das Ganze durchdrang und ebendaher für die Reflexion einen Wider- spruch hervorrief, der dem Kant fremd blieb, weil Freiheit und Nothwen- digkeit bei diesen in gar keiner Berührung traten und daher sich nicht wider- sprechen konnten. Dieser Widerspruch, der sich immer von Neuem her- vordrängte, der, so lange die Liebe dem Erkennen fremd blieb, nie gelöst werden konnte, und dennoch durch jene, als absolut gelöst, anerkannt wurde, enträthselt uns seine eigenthümliche Persönlichkeit. Dafs seine Religiosität ein Product der Geistesschwäche war, haben wir freilich widerlegt; aber dennoch wollen wir nicht leugnen, dafs Manches in seinem Leben vorkam, was wir nicht als die Äufserung eines starken, in sich gesunden Sinnes betrachten können. Manche seiner Seltsamkeiten, viele Äufserungen einer religiösen Ängstlichkeit, die seinem Leben ein fast legendenartiges Gepräge aufdrückten, scheinen durch eine Verzärtelung, wenn auch nicht erzeugt, so doch gepflegt und einseitig ausgebildet, aus der Bewunderung und ängstlich hingebenden Sorgfalt, mit welcher er von Ver- wandten und Freunden behandelt wurde, entsprungen zu sein. Aber man findet ihn in einem Widerspruche befangen, den er nicht zu lösen vermochte, der ihn sein ganzes Leben hindurch verfolgte, ängstigte und quälte, und der offenbar aus einer tiefern Quelle entsprang. In der letztern Hälfte seines Lebens fühlte er sich von der Gröfse seiner eigenen Aufgabe gedrückt. Ur- sprüngliche Neigung und seltenes Talent drängten ihn zur exacten Naturfor- schung, und dann sagte er sich: dieses Alles sei nichtig und man müsse allein und unmittelbar Gott suchen. Er konnte sich offenbar glücklich fühlen, wenn er sich der Beschäftigung hingab, zu welcher ihn sein Talent, oft wieder seinen Willen, hinzog, aber dann störte ihn eine innere Angst; und wenn er sich ganz der religiösen Betrachtung hingab, beunrubigten ihn wieder die vernachlässigten Untersuchungen. In den Pensces erkannte er Gott allenthalben und, wie er sich da oft genug äufsert, müfste eine jede gewis- senhafte Beschäftigung, auch diejenige, die nicht ihren Grund in sich selber findet, sondern abhängig ist von einem fremden Ganzen, in sich eine Wahr- heit haben, die höher liegt, als ihre Erscheinung, und dennoch in dieser ge- sucht, erforscht, erkannt werden. Sie trat ihm nahe, aber er konnte sie Aa? 188 STEFFENS: nicht festhalten, denn was ihm die Idee der Liebe schenkte, zerstörte die Reflexion. Aus dieser schwankenden Stellung entsprangen Schwächen, die er vergebens zu bekämpfen suchte. Ja, die Ängstlichkeit des Kampfes be- zeugte eben, wie oft er sich besiegt fühlen mufste. Als er die Lösung der Probleme, zu welchen die Natur der Cycloide führte, gefunden zu haben glaubte, überredete man ihn — und das sollte als Entschuldigung dienen — diese Lösung geheim zu halten und die Probleme, als Preisaufgabe, den Mathematikern vorzulegen. Zwei Lösungen liefen ein. Die eine, von Lallouere, einem Jesuiten, konnte man wohl als mifslungen betrachten. Die zweite aber, von einem Mathematiker, der sich wohl mit Pascal mes- sen konnte, von dem Engländer Wallis, führte einen Streit herbei, der, wie man ihn auch betrachten mag, einen Schatten auf Pascal wirft. Die seltsame Absicht war die, einen Beweis ad hominem zu liefern, dafs ein ausgezeichneter Mathematiker auch ein Christ sein konnte. Daher ward Pascal von seinen Freunden aufgefordert, die Zuversicht, mit welcher er sich über alle Mathematiker seiner Zeit erhaben fühlte, auf die naivste Weise auszusprechen; und nichts beweist wohl mehr, wie nöthig ihm der Stachelgürtel war, und wie wenig er half. Die Demüthigung, die das zwei- felhafte Resultat herbeiführte, war wohlverdient. In der Geschichte, in dem Reiche der Freiheit ward die geistige Wirkung mit religiöser Wahrheit anerkannt, aber dieses Anerkannte, wel- ches sich ihm aufdrang, dem er sich hingab, blieb dem reflectirenden Er- kennen innerhalb der Erscheinung fremd — und die Wahrheit nur eine ge- gebene, nie aus sich selber entsprungene. So entstand eine Dialektik, die wenn man das ins Auge fafst, was sie beabsichtigte, vielleicht niemals grofs- artiger erschien, obgleich sie ihren eigenen positiven Mittelpunkt nicht fin- den konnte und nur die zerstreuten Glieder eines ihm dunkel vorschweben- den in sich geordneten Gesprächs enthielt. Die mehr durch einen Sprung, als durch ein stetig fortschreitendes Denken vermittelten Gegensätze dieser Dialektik, die theils ethischer, theils psychologischer Art waren, in ihrer geistreichen Kürze, erschienen denjenigen, die eben keine Vermittelung suchten, auch keine wollten, und was unmittelbar mit der religiösen Idee der Liebe gegeben war, abwiesen, pikant und interessant, und haben seinen Ruf begründet. Pascal und die philos-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 189 Man pflegt Pascal’s Pensces nur einzeln zu nehmen, und bewundert die Tiefe einiger, die geistreiche Wendung anderer, und man kann doch nicht läugnen, dafs, wenn sie so vereinzelt betrachtet werden, sie in der That nur ein müfsiges Spiel mit Antithesen darzustellen scheinen. Nur wenn man die grofse Antithese des ganzen Daseins, die immer wiederkehrt, die er nie aus den Augen verliert, aus allen Aphorismen und mehr zusammenhan- genden Darstellungen herausliest, versteht man jene wahrhaft speculative Gesinnung, die selbst dem scheinbar Trivialen eine tiefe Bedeutung giebt. Pascal’s Schwester, die bekanntlich sein Leben beschrieb, erzählt, dafs es seine Absicht war, die Aphorismen und hingeworfenen Gedanken der Pensees in einem grofsen Werke zu vereinigen, und dafs nur seine Kränk- lichkeit und früher Tod die Ausführung dieses Entschlufses verhinderte. Ich gestehe, ich glaube, dafs dieses Werk in dem Umfange, in welchem es Pascal, nach den zerstreueten Aphorismen zu urtheilen, vorschwebte, selbst unter pP ’ ’ den günstigsten Umständen nie fertig geworden wäre. Die höchste Ord- ö ) 885 nung der Liebe war in rein geistiger Auffassung von ihm anerkannt. In ihr lebte alles Erkennen, aber es trat, als solches, in seinem geordneten Zu- $) $) ’ o sammenhange nie hervor. Seine Gedanken erhielten ihre Bedeutung durch ö ie) das Ganze, aber sie ordneten sich nicht unter einander zu einem Ganzen. In der ersten Ausgabe der Pensces, die bekanntlich erst nach seinem Tode aus seinen Papieren gesammelt wurden, wie sie zu verschiedenen Zei- ten hingeworfen waren, sind nicht blofs die wichtigsten ausgelassen, son- Oo ’ Oo fo) b) dern auch die aufgenommenen höchst willkürlich unter einander geworfen. 8 5 Die Bossutsche Ausgabe hat Nichts ausgelassen und Alles besser zu ordnen ö gesucht. Einige Aphorismen, wenn auch zu ganz verschiedenen Zeiten ge- schrieben, hangen deutlich zusammen, und erscheinen — in den ältesten Ausgaben auf eine unbegreifliche Weise oft, wie man glauben mufs, mehr durch Nachlässigkeit, als durch Mifsverstand getrennt — hier wieder ver- bunden. Die neuere Handausgabe hat oft eine andere Ordnuug. Über- sehen wir aber die ganze Masse der Pensces, so wird man in allen diesen Zusammenstellungen die häufigen Spuren der Willkür erkennen. Ich glaubte anfänglich, und bis mir das Wesen der Pensces deutlicher ward, dafs es vielleicht möglich wäre, die Idee des allgemeinen Zusammenhanges, wenn auch nicht vollkommen, herauszulesen. Ich überzeugte mich aber > 8 dann, dafs es unmöglich sei. Man findet nur zu häufig, wenn man die ver- 190 STEFFENS: schiedenen Regionen der Betrachtung gesondert hat, dafs einzelne Gedan- ken und oft die tiefsten und bedeutendsten, diese Sonderung nicht anerken- nen. Ich bin überzeugt, dafs Pascal selbst, wäre ihm das Geschäft aufge- tragen, diese Gedanken, wie sie vorliegen, zu ordnen, genöthigt sein würde eben so willkürlich zu verfahren, wie die Herausgeber; denn nicht blofs die Pensces, Pascals Geist selbst war fragmentarisch; es ist uns, als hörten wir, wenn er spräche, die Bruchstücke eines halb vergessenen Epos. Wenn nun diese Willkür, selbst wo sie, wie in den ältesten Ausgaben, vorherrscht, den- noch nicht das widerwärtige Gefühl einer Gedankenverwirrung hervorruft, so können wir den wirklichen Genufs, der uns wird, nur daraus erklären, dafs uns aus einer jeden Äufserung das Ganze entgegenkömmt, als bewege der Verfasser sich mit willkürlicher Sicherheit in einer Welt, in welcher er hei- misch ist, deren Unveränderlichkeit wir ahnden, ohne dafs es ihm gelingt, uns in sie zu versetzen. Seine Pensees bilden, in Beziehung auf die Einheit, die ihren eigenthümlichen Inhalt ausmacht, einen Kreis, dessen Mittelpunkt allenthalben, dessen Peripherie aber nirgends zum Vorschein kömmt, damit wir diesen, dem Timaeus zugeschriebenen Ausdruck von der Welt, der auch von Pascal gebraucht wird, auf ihn selber anwenden. So enthalten die Pensees die Materialien zu einem Platonischen Gespräche vom christlich -religiösen Standpunkt aus; aber dieses konnte sich nie runden, nie fertig werden, weil der wesentliche, alles vereinigende Inhalt, das Centrum, in einer jeden be- sonderen Form nur angedeutet, sich immer in seinen eigenen, nie darge- stellten Umfang verlor. Zwei Jahrhunderte sind seitdem verflossen, und wir müssen gestehen, dafs die Aufgabe, die dem Pascal vorschwebte, noch immer eine der kühnsten, grofsartigsten, die wir uns zu stellen vermögen, genannt werden muls. Es lag in dieser Dialektik, wie sie aufserhalb der vereinigenden Liebe hervortrat, die Nothwendigkeit, dafs das Positive, um welches sie sich be- wegte, als ein unbewegliches inmitten der Wandelbarkeit aller Erscheinun- gen stehendes, dem Innersten entfremdetes Gesetz, dem Handelnden ein Gebot sein mufste, an dessen Unbeweglichkeit eben die schwankenden Formen sich brachen. Die Freiheit der Menschen mufste selbst von ihrer Knechtschaft, und dadurch von ihrem Elende das härteste Zeugnifs ablegen. Dieses Gesetz konnte zwar, wie es Pascal, seiner Eigenthüm- lichkeit nach, aufzufassen vermochte, nicht, wie bei Kant, in der ab- Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 419 stracten Allgemeinheit, als Sittengesetz, hervortreten; wohl aber konnte es, als unwandelbarer Mittelpunkt einer casuistischen Dialektik erscheinen, deren meisterhafte Entwickelung wir in den Provincial-Briefen, und hier in der schönsten klarsten Einheit einer in sich geschlossenen meisterhaften Darstellung finden. Diese Briefe erschienen im Druck einzeln nach einan- der vom Januar 1656 bis März 1657, in den späteren Jahren seines kurzen Lebens, und legen ein vollgültiges Zeugnifs von der grofsen Energie seines Gei- stes zu dieser Zeit ab. Unsere Königl. Bibliothek enthält in einer Sammlung jJansenistischer Piecen, die ein grofses Licht über die Geschichte des Janse- nismus verbreiten, daher von einem Jeden, der diese studiren will, als ächte Urkunden, sorgfältig studirt zu werden verdienen, diese Briefe in ihrer ur- sprünglichen Form, wie sie nach einander erschienen. Sie setzten, als sie erschienen, und fast ein Jahrhundert hindurch, ganz Frankreich in Bewe- gung. Von dem Streit zwischen den Jansenisten und Molinisten sehen wir ab: eben so wenig soll der Streit gegen die Jesuiten, als ein solcher hier berührt werden. Wie viele Umstände dazu beitrugen, diese zu stürzen, ist eine historische Untersuchung, weder vor ihm, noch nach ihm, einen Gegner fanden, der mit ihm vergli- die uns hier ferne liegt. Dafs aber diese chen werden kann, ist entschieden. Alle späteren Angriffe erscheinen als mehr oder weniger seichte, aus dieser Urquelle geschöpfte Fragmente. So hat dieses Werk eine grofse äufsere geschichtliche Bedeutung, die allgemein anerkannt ist; aber auch eine künstlerische, die eben so allgemein, ja hö- her noch geschätzt wird: die vollendete Form nämlich. Diese Briefe haben dem Verfasser die Stelle unter den gröfsten Prosaikern seines Landes auf immer erworben, und die tiefe Gründlichkeit, die geistige Gewalt, mit wel- cher er sein Material beherrschte, die durchsichtige Klarheit seiner Darstel- lung werden eben so sehr bewundert. Hier wollen wir den Inhalt von einer anderen Seite betrachten. Dafs die Sittlichkeit ihre Verwirklichung nur durch die Religion er- hielt, die das Gesetz zur Liebe verklärte, war, wie bekannt, Pascals innige Überzeugung. Als Gesetz war sie aber für alle Menschen, auch für den Ungläubigen da, sie war, als Gesetz eine anerkannte Thatsache des mensch- lichen Bewufstseins, und die eigentliche, über alle Streitigkeiten der Zeit liegende, ja alle künstlerische Vorzüge überragende Bedeutung der Briefe liegt eben darin, dafs der Begriff der wahren Sittlichkeit, als das unwan- 192 STEFFENS: r delbare, immanente Princip einer, nicht durch Abstraction gewonnenen, vielmehr unmittelbar durch die Geschichte ausgesprochenen dialektischen Bewegung festgehalten wurde. Obgleieh diese Briefe nacheinander erschie- nen, mufs man dennoch annehmen, dafs der Inhalt Aller ihm vorschwebte, als er den ersten niederschrieb. Es ist wahrhaft bewundrungswürdig, wie hier, wenn die ganze Schrift ihrer Bedeutung nach zusammengefalst wird, dasjenige, was alle Gemüther in Bewegung setzte, was dem Verfasser selbst ein höchst Wichtiges war, dennoch in der Darstellung, als ein Ganzes, einen von allen Zeitverhältnissen und jeder Persönlichkeit abgesonderten, allge- meinern Charakter annimmt — als wären die Gegner, als solche, gar nicht da, als hätten sie keine äufsere Wirklickeit, als hätten Jesuiten und Molini- sten sich zu Typen und durch diese zu Begriffe einer Dialektik erhoben, die der Verfasser mit völliger geistiger Freiheit beherrscht. Es ist gar nicht zufällig, dafs die meisterhafte und klare Darstellung mit den Spitzfindigkeiten der Molinisten anfängt. Der Pelagianismus der Jesuiten liefs in der That, durch eine generalio aequivoca das Leben aus dem Tode, die Sittlichkeit aus der rein sinnlichen Glückseligkeitslehre entstehen. Die Lehren von der nächsten Kraft, von der hinreichenden und wirkenden Gnade, waren Ver- suche, denen der Materialisten ähnlich, die durch überfeine Fluida den Übergang vom Leibe zur Seele zu vermitteln hofften. Die Probabilitäts- lehre ward nur auf diese Weise möglich. Von da an stellen nun diese Briefe eine kunstreiche Dialektik dar, deren Steigerung bis zur Vernichtung ihres ursprünglichen Gegensatzes aus den Schriften der Jesuiten herausgehoben und dargelegt, unaufhaltsam fortschreitet. So bildet sich eine praktische Sittenlehre ganz im Kantischen Sinne, durch ihre Negation in allen möglichen Formen aus, und bei Kant spielt die Casuistik eine so bedeutende Rolle, dafs erschon dadurch sich an die Provincialbriefe auf eine bemerkenswerthe Weise anschliefst. Von einer anderen Seite wurden aber die Provinzial-Briefe nicht we- niger wichtig. Zwar ist der Gegenstand, den wir berühren wollen, so völ- lig trivial, und so ausgemacht geworden, dafs er kaum einer Erwähnung zu verdienen scheint; und doch wird er demjenigen, der ruhig und rein ob- jectiv die Geschichte betrachtet, der sich von einer durch Bildung und Er- ziehung herrschend gewordenen Ansicht loszureifsen vermag, keinesweges unbedeutend erscheinen. Viele Jahrhunderte sind verflossen, ohne dafs es Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 193 den Menschen gelang, die sinnliche unbefangene Betrachtung und die feste Bestimmung sinnlicher Verhältnisse innerhalb ihrer Grenzen reinlich und sicher von subjeetiven Meinungen, die durch viele Generationen hindurch ihre Gewalt ausübten, zu sondern. Der bekannte Streit über die wahre Beschaffenheit der Lehre des Jansenius, die von den Jesuiten und durch ihren Einflufs auch vom Papste als ketzerisch betrachtet wurde, (während die Jansenisten behaupteten, dafs die Lehren, die vom Papste verdammt, auch von ihnen als ketzerisch verabscheut würden, dafs diese aber, so wie sie von den Jesuiten dargestellt würden, in den Schriften des Jansenius nicht vorkämen), gab dem Pascal Gelegenheit zu der Untersuchung: inwiefern dem Papste überhaupt ein Recht zukäme, zu bestimmen, ob entschieden ausgemachte 'Thatsachen als solche anerkannt werden dürften, oder nicht. Diese Untersuchung scheint trivial, ist es aber keinesweges. Die sinnliche Gewalt entschiedener Thatsachen wird zu keiner Zeit, weder in der Natur- wissenschaft, noch in der Geschichte rein zugestanden, und als Pascal sie an- stellte, hatte sie eine grofse Bedeutung, und seine Stimme war von grofem Ge- wichte; denn sie hatte in einer doppelten Richtung einen bedeutenden Ein- flufs. Pascal war durch seine religiöse Gesinnung, ja durch seine Anhäng- lichkeit an die katholische Kirche ausgezeichnet und als Naturforscher be- rühmt. Zwar hatte die Reformation und die zu derselben Zeit sich mächtig entwickelnde Naturwissenschaft eine Richtung der Forschung hervorgerufen, die sich, abgewandt vom kirchlichen Glauben, immer selbsständiger be- wegte, sie hatte durch Baco ein einflufsreiches Organ gefunden. Aber die Emaneipation der sinnlichen Forschung in der Region des religiösen Glau- bens, und, bestimmter, innerhalb der katholischen Kirche, sollte entschieden ausgesprochen werden, und dazu war keiner berufen, wie Pascal. Sein Aus- spruch, mit welchen die Provincialbriefe schliefsen, als wenn es das höchste, vielleicht ihm selbst unbewufste, Ziel derselben war, hat diese Sache für immer ausgemacht. Er trat, unterstützt von dem herrschenden Geiste, mit der Macht einer päpstlichen Bulle, dem Papst selber gegenüber, und mit der naiven Unbefangenheit, als deren Opfer Galiläi fiel, wagte die Kirche seit- dem niemals die Untersuchungen der Naturforscher zu stören. Das Resultat dieser Untersuchung hatte aber für Pascal nicht blofs ein äufseres, praktisches Interesse, es hing genau zusammen mit seinen Philos.- histor. Abhandl. 1837. Bb 194 STEFFENS: tieferen Ansichten; denn die Grundlage seiner Lehre ging, wie oben erwähnt wurde, von der Trennung des Seins, als der untern Ordnung, von der des freien Denkens, als einer höhern, aus. Beide bewegten sich selbständig und fanden ihre höchste Einheit in der Liebe, die, als ein göttliches Ge- heimnifs, zwar anerkannt, geglaubt, aber nicht selbst ein Gegenstand des Erkennens werden konnte. Auf diese Lehre gründete sich auch seine politische Gesinnung. Die Entwickelung der Geschichte, wie sie sich in den Staatsformen aussprach, war ihm ein göttliches Geheimnifs, dem wir uns unterwerfen müfsten, nicht einer menschlichen That, nicht der Willkür der Meinungen preisgegeben. Die Religion war ihm die wirkliche Geschichte, die Staatsverfassung, von jener durchdrungen, christlich traditionell, wie die Kirche. Daher war Pascal, um einen modernen Ausdruck zu brauchen, der hier wohl angewandt wer- den darf, ein Legitimer in demselben Sinne, in welchem er ein Katholik war. „Ich könnte,” sagte er, „ebensogut mich entschliefsen, alle Menschen zu ermorden, wie die Ordnung des Staats zu zerstören,” und er äufserte diese Gesinnung ganz unbefangen zu einer Zeit, in welcher eine Äufserung der Art nicht ohne Gefahr war. Nicht die Form der Verfassung, mochte sie demokratisch, aristokratisch oder monarchisch sein, erschien ihm tadelns- werth, wohl aber der revolutionäre Übergang von der einen, so oder anders gebildeten Form zur andern. „Ein Venetianer,” behauptete er, „der die „aristokratische Verfassung stürzen und die Monarchie einführen will, ist „ein Verbrecher, wie derjenige, der in einem monarchischen Lande diese „zu stürzen sucht.” Fassen wir das Resultat unserer Betrachtung zusammen, so sehen wir: die praktische und theoretische Philosophie, Freiheit und Nothwendigkeit, wie bei Kant, getrennt. Was von diesem als synthetische Einheit des Be- wulstseins, als ein Mannigfaltiges mit einem wnauflöslichen Widerspruch behaftet, aufgefafst und geduldet wird, ist aber dem Pascal die, freilich dem Erkennen unzugängliche Liebe. Alle Momente einer Reflexion, die ihre eigene Grenzen, aber eben dadurch auch ein über die Grenzeu Hinauslie- gendes anerkennt, wie sie später, durch Kant, wieder hervortraten, nach- dem sie in der Einseitigkeit eines lediglich sinnlichen Bewufstseins ver- schwunden waren, erkennen wir bei Pascal. Sie blieben den Schriftstellern Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 195 der Geschichte der Philosophie nur deshalb verborgen, weil sie durch die innere Klarheit eines geistigen Lebens, nicht durch die Abstraction der Schule vermittelt waren. Aber eben dadurch stand Pascal höher als Kant. Denn in diesem Leben lag die Tiefe einer höhern Einheit verhüllt und be- herrschte seine Gedanken. Daher brachen höhere Äufserungen , wie un- willkürlich hervor, die den Mitlebenden unverständlich erschienen, ob- gleich Pascal offenbar das Talent der Popularität seiner Landsleute besafs und auszubilden strebte. Eine Stelle verdient in dieser Rücksicht Aufmerk- samkeit. In dem Artikel xvı. 101. S. 226 der Duodez-Ausgabe kömmt fol- gende Stelle vor: „Za multitude qui ne se reduit pas a Tunite est confusion. „Lunite qui nest pas multitude est tyrannie. Bossut hat diese Stelle unver- ändert. Dem Herausgeber der genannten Ausgabe war sie bedenklich. Er wiederholt sie daher S. 231 und in der Note bemerkt er: „Cette meme pen- sce, qui se trouve ci-dessus, telle quelle est dans ledition de M. B. n'y forme quun sens assez obscur.' Abschreiber, die ohne allen Zweifel dieselbe Schwierigkeit fanden, die dem Herausgeber auffiel, suchten einen Sinn hin- einzubringen. Sie corrigirten die Stelle und wir finden sie, so verständlich gemacht, folgendermafsen wiederholt: „Liumit qui ne depend pas de la „multitude est tyrannie.” In der Liebe waren Natur und Freiheit von Gott durchdrungen, in der Einheit gesetzt; aber für die Reflexion fielen beide unvermeidlich aus- einander, nicht relativ, sondern absolut getrennt. Pascal behauptet eben so bestimmt, wie Kant (‘), dafs Gottes Dasein sich aus der Welt der Er- scheinungen nie beweisen lasse. Das non liquet der Kantschen transcenden- talen Kritik, nach welchem sich über das Ansich weder für noch wider ent- scheiden lasse, so dafs Gottes Dasein sich zwar nicht beweisen, aber eben- sowenig abläugnen läfst, finden wir bei Pascal in einer besondern Form aus- gesprochen. Er bittet denjenigen, der mit der Religiosität den Standpunkt der Liebe und mit diesem das zuversichtliche Gottesbewulfstsein verloren hat, zu erwägen, wie wichtig der Gegenstand sei. Bei der gleichen Wahr- (*) Nach dem Supplement zum Artikel ıı. $.15., welches nach einem Original-Manuscript mit Recht, als Dialog betrachtet, in der Duodez-Ausgabe Paris 1803. 1. den Pensees vor- ansteht. Bb2 196 STEFFENS: scheinlichkeit des Daseins und Nichtdaseins Gottes befinde sich der ernst- haft nachdenkende Mensch, auch wenn er gestehen mufs, dafs Gottes Da- sein sich nicht beweisen lasse, in dem Zustand eines solchen, der eine Wette eingehen mufs, wo gleiche Wahrscheinlichkeit für und wider statt- findet. Man erkennt den Mathematiker, der sich mit dem Wahrscheinlich- keits-Caleul beschäftigt hat. So sucht er nun den Ungläubigen für die positive Annahme des Dasein Gottes, wie der Unsterblichkeit der Seele durch den Vortheil zu gewinnen. Dafs Ungenügende dieses Versuchs ist einleuchtend; denn erstens ist es mehr als zweifelhaft: ob ein entschieden Ungläubiger seinen Vortheil finden würde bei der Annahme, und zweitens kann aus einer zugestanden völlig unbegründeten Annahme keine Art von Überzeugung entspringen. Und dennoch hat eben dieser Versuch, durch seine Popularität, einen grofsen Beifall gefunden. Bayle, der denselben Gedanken bei Arnobius gefunden hat, rühmt seine siegreiche Entwickelung bei Pascal. Aber eine Eigenthümlichkeit theilt Pascal mit allen Philosophen des 17'* Jahrhunderts. Sie äufsert sich in einer entschiedenen Starrheit und auffallenden Ungelenkigkeit aller Naturansichten: und man fühlt sich um so mehr gedrungen, den Grund dieser Eigenthümlichkeit aufzusuchen, da die Naturansichten einen gröfseren Einflufs auf die philosophische Darstellung ausübten, als in früheren Zeiten. Dieser liegt aber in der mechanischen Auffassungsweise der Natur, die durch die Richtung, in welcher die Natur- wissenschaft sich in diesem Jahrhundert ausbildete, veranlafst wurde, und die alle philosophischen Methoden beherrschte. Sie vertrug sich freilich am leichtesten mit dem Dualismus des Cartesius; aber sie zeigte sich den- noch ebenfalls in der mathematischen Demonstration des Spinoza, und selbst, wenn Mallebranche die Lehre von der göttlichen Freiheit dem System der spinozistischen Nothwendigkeit gegenüber auszubilden suchte, konnte er dieser Gewalt einer mechanischen Naturansicht nicht entgehen. Vor Allem erschien sie aber hemmend für Leibnitz, wenn er seine philosophischen Ideen entwickeln wollte, und wenn wir seine Versuche sich klar zu machen, besonders in seinen Streitschriften verfolgen, mufs es uns einleuchten, dafs seine Lehre nur deswegen in einer prästabilirten Harmonie, die keine leben- dige Wechseldurchdringung des Freien und Nothwendigen erlaubte, erstarrte, Pascal und die philos.-geschichtl. Bedeutung seiner Ansichten. 197 weil ihm eine umfassende Anschauung des organischen Lebens fehlte. Man verkennt Kant’s wahres Verdienst und den Keim einer höhern Speculation, der seine Kritik über ihre eigene Grenzen herausführen mufste, wenn man den Einflufs übersieht, welchen seine ästhetische und teleologische Urtheils- kraft dadurch auf die Entwickelung der Speculation ausübte, dafs er zuerst die Begriffe der Schönheit und der innern (organischen) Zweckmäfsigkeit in die philosophische Schule einführte. Sie hätten, wären sie den ältern Phi- losophen bekannt gewesen, die Schranken ihrer Darstellungen niedergerissen: und was die lebendigere Ansicht der Kunst und die immer mächtiger wer- dende, umfassende Anschauung des organischen Lebens für die Ausbildung der Philosophie unserer Tage geworden, ist kaum in seiner ganzen Bedeu- tung anerkannt. n P N P € Pi u. f vu ann. ale geilen) Maidpegeneliig an bias Inssa | : 5 . HH une 1.13, watlwnlenaun 95h een Siam fr a 5: N ar AL Ba vanhar 790 HET, rain asiitir ana LE. i1o7 Pr F ws P & 0 u + . . .. al na, el ans mind nat hen silber zrrlayr Knall Ianadır alt tr { ü an un m a a se ls RT ana Ken ea Hinslal hrsse sHlantindtet sta mar Ypjagadl art R ralı ragt ea, hierin oh mal ummladskalast 53% Ina dental Kira share ae tar DL ERE Faire ETSIRe: wii ur Kai a ll Hub ara ne u te ee ilne Hin al an al leigl aaa ae Feunlod aka! err inc nit ll ham ann? wa Ted is ran} in) > uk i et ee ed Far echt: kifenireul: shualı Ki han, Harlem nl ed el set a en Eee x Tisl | 2 Rarır } ö e Pen Über die Zeitrechnung der Chinesen. | walk eh wi re “w: Über die Zeitrechnung der Chinesen. Von H" IDELER. Vorerinnerune. I. Jahr 1832 habe ich der königlichen Akademie der Wissenschaften eine aus dem Persischen des Ulug Begh übersetzte Abhandlung über die Zeitrechnung von Chatä und Igür vorgelegt, die in den akademischen Schriften gedruckt ist. Ich äufserte damals die Vermuthung, dafs unter Tärich Chatä nichts anderes gemeint sei, als die gewöhnliche chinesi- sche Zeitrechnung, hin nur den nördlichen Theil von China versteht. Ein fortgesetztes und tieferes Eingehen auf die Sache hat gezeigt, dafs diese Vermuthung nicht blofs gegründet war, sondern dafs die von Ulug Begh beschriebene Zeit- ungeachtet man unter Chatä oder Chatai gemein- rechnung in ihren wesentlichsten Punkten noch jetzt im chinesischen Reiche besteht. Sie verdient schon wegen ihres eigenthümlichen Gepräges alle Aufmerksamkeit, aber noch weit mehr deshalb, weil sie tief mit der frühe- ren Geschichte des Landes verflochten ist, die ohne sie nicht gehörig auf- gefafst werden kann. Es schien mir daher an der Zeit, die mancherlei Nachrichten, die sich über die technische Zeitrechnung der Chinesen in europäischen Büchern zerstreut finden, zu sammeln, zu sichten und zu einem Ganzen zu verbinden. Ich habe mich hiermit seit jener Zeit unab- lässig beschäftigt, würde es aber kaum gewagt haben, mit einer Arbeit vor- zutreten, die den Stempel einer blofsen Compilation an sich trug, wenn ich nicht so glücklich gewesen wäre, aus einer bis jetzt nicht benutzten Quelle schöpfen zu können. Es ist dies ein chinesisches, erst unter der jetzigen Philos.- histor. Abhandl. 1537. Ce 200 IpEerer Regierung gedrucktes Werk, das Hr. Dr. Schott, Professor der ostasiati- schen Sprachen an der hiesigen Universität, mir nicht blofs mitgetheilt, son- dern mich auch, bei meiner Unkunde des Chinesischen, zu benutzen gelehrt hat. Dem zu Folge habe ich am 16. Februar 1837 in der Akademie eine Abhandlung über die Zeitrechnung der Chinesen gelesen und sie mit drei Beilagen begleitet, von denen die erste eine Regententafel, die zweite eine Tafel zur Reduction der cyklischen Data, die dritte eine Über- sicht der Kalender aller Jahre seit dem Anfange der jetzigen Dynastie ent- hält. Zu weiterer Erläuterung habe ich nun noch elf Nachträge hinzu- gefügt, um den fremdartigen Stoff für diejenigen, denen nicht alle von mir benutzte, zum Theil seltene Bücher zu Gebote stehen, möglichst zu er- schöpfen. Sollte mir diese Arbeit nicht mifslungen sein, so habe ich es grofsentheils dem eben erwähnten Gelehrten zu verdanken, der mich seit Jahren bereitwilligst über die mannigfachsten chinesischen Fragen belehrt hat, wofür ich ihm hiermit meinen tief empfundenen Dank abstatte. Überdies habe ich alle mir zugängliche Hülfsmittel benutzt, namentlich die Werke des Missionars P. Gaubil, der während seines 36jährigen Aufenthalts in China mit einer seltenen, von den Eingebornen selbst bewunderten Kennt- nifs der beiden daselbst vorherrschenden Sprachen die gründlichsten Unter- suchungen über die Astronomie, Chronologie und Geschichte dieses Landes angestellt hat (!). Ich eitire sie fast auf jeder Seite unter den Titeln Observations, Lettres edifiantes und Trait£. Unter dem ersten verstehe ich die Observations mathematiques, astronomiques, geographiques, chrono- logiques et physiques, die der P. Souciet aus den Mittheilungen der Jesui- ten in China gesammelt und in 3 Bänden von 1729 bis 1732 zu Paris in 4. herausgegeben hat. Der erste Band enthält Vieles von Gaubil, der zweite und dritte gehören ihm ganz an. Besonders wichtig für meinen Zweck war die im zweiten Bande enthaltene Geschichte der chinesischen Astronomie vom Jahr 206 v. Chr. bis auf die neuere Zeit. Die älteste Geschichte bis auf das eben genannte Jahr findet sich im dritten Bande und mit vielen Ver- besserungen im vierzehnten der neuen Ausgabe der Lettres edifiantes, Lyon 1819, 8. Ein eigenes sehr schätzbares Werk von ihm führt den Titel: (') Ein würdiges Denkmal hat ihm Abel-R&musat im zweiten Bande seiner Nowveaux melanges Asiatiques gesetzt. über die Zeitrechnung der Chinesen. 201 Traite de Chronologie chinoise, divise en trois parties, compos£ par le P. Gau- bil, Missionnaire a la Chine et publi& pour servir de suite aux Memoires con- cernant les Chinois par M. Silvestre de Sacy, im sechzehnten Bande dieser Me£moires, auch besonders Paris 1814, 4. Was ich sonst von ihm und An- deren benutzt habe, findet sich gehörigen Orts angeführt. In Ansehung der Rechtschreibung der chinesischen Wörter und Na- men mufste ich mich bei meiner Unkunde der Sprache an eine Autorität halten, und welcher konnte ich sicherer folgen, als der von Abel-Remusat, die nun eine fast europäische Geltung erlangt hat? Es versteht sich, dafs ich statt der französischen Lautzeichen ou, u und ch die entsprechenden deutschen u, ü und sch geschrieben habe. Das y, an welches unser Auge im Anfange der chinesischen Wörter einmal gewöhnt ist, habe ich beibe- halten, wenn es gleich eben so gut als Vokal durch i und als Gonsonant durch j ersetzt werden könnte. Den Laut des französischen j und des g vor e und i, wofür es uns an einem Zeichen fehlt, habe ich durch dsj eini- germalsen wiederzugeben gesucht. Feine Unterschiede in der Aussprache des /s und Zsch habe ich mit Gaubil unberücksichtigt gelassen, dagegen das aspirirte kh, ph und 2% immer von dem nicht aspirirten k, p und unterschieden. Noch bemerke ich, dafs das s im Anfange der Wörter nach französischer Weise auszusprechen ist. Wo der Zischlaut besonders stark hervortritt, wie in Sse-ki, Sse-ma-tsian, habe ich ein doppeltes s gesetzt Die Vokale eu, ei und ai, die im Deutschen Diphthonge bilden, müssen in den chinesischen Wörtern einzeln gehört werden. Den 20. Januar 1839. wmm.nenwui GC 202 IpDEtrer Vorlesung. n.nmnmnnn Die Chinesen haben, wie einst die Griechen und von jeher die Juden, ein Mondjahr, das sie durch einen von Zeit zu Zeit eingeschalteten Monat mit dem Laufe der Sonne ausgleichen. Zu diesem Behuf bedienen sie sich eines Sonnenjahrs, von welchem sie im bürgerlichen Leben fast gar kei- nen Gebrauch machen. Sie haben seit den ältesten Zeiten durch Beob- achtung des Mittagschattens mit dem Gnomon den Tag der Winterwende zu bestimmen gesucht, auch lange ihr Mondjahr in der entsprechenden Ge- gend der Sonnenbahn angefangen. Aber seit der Dynastie der Han (seit 206 v. Chr.) machen sie zum Ausgangspunkt die Mitte des Wassermanns, an die sie den Anfang ihres Frühlings knüpfen. Sie fangen ihren Tag mit der Mitternacht, ihren Monat mit dem Tage des Neumondes, und ihr Jahr mit dem Monate an, in dessen Verlauf die Sonne in das Zeichen der Fische tritt. Da ihr Monat, bald von 29, bald von 30 Tagen, in der Regel kürzer ist, als die Zeit, welche die Sonne in einem Zeichen verweilt, so kann ein Monat eine solche Stellung erhalten, dafs auf ihn gar kein Ein- tritt der Sonne in ein neues Zeichen trifft. Dies ist der Schaltmonat, der unter der Nummer des vorhergehenden Monats mit begriffen und von demselben blofs durch den Charakter dsjün unterschieden wird. Auf diese Weise wird bewirkt, dafs die Eintritte der Sonne in die Zeichen Widder, Krebs, Wage und Steinbock — die Nachtgleichen und Sonnenwenden — unabänderlich auf dem zweiten, fünften, achten und elften Monat haften. Die Rechnung wird für den Meridian von Peking geführt, der um 6 Stun- den 52 Minuten östlich vom Berliner abweicht. Dies sind die Grundzüge der jetzigen chinesischen Zeitrechnung, die, wie man sieht, ganz nach astronomischen Principien geordnet ist. Wir wollen nun näher auf das Einzelne eingehen. über die Zeitrechnung der Chinesen. 203 Zuerst müssen wir einen Zeitkreis kennen lernen, der sich durch die ganze Geschichte der Chinesen hinzieht, dergestalt dafs von sehr alter Zeit her die Jahre und Tage in nie unterbrochener Folge nach ihm gezählt wer- den, wodurch ihre Chronologie, wenigstens seit der obgedachten Dynastie, eine Sicherheit erlangt hat, deren sich die keines anderen Volkes rühmen kann. Es ist dies ein sechzigtheiliger Cyklus, der auf eine einfache Weise aus einem zehn- und zwölftheiligen zusammengesetzt ist. Die Charaktere des ersten werden die zehn kan, Stämme, die des zweiten die zwölf Zschi, Zweige, genannt. Die Namen der kan sind: 1) kia. 6) ki. 2) y- 7) keng. 3) ping. 8) sin. 4) ling. 9) dsjin. 5) wu. 10) kuei: die der tschi: 1) tsö. 7) 16 2) tscheu. 8) wei. 3) yn. 9) schin. 4) mao. 10) yeu. 5) tschin ('). 11) su. 6) Sse. 12) hai. Die kan kommen, wenigstens jetzt, nie allein vor; die ischi werden ohne Verbindung mit den kan nur bei der Zählung der zwölf Theile des Tages und der zwölf Zeichen der Ekliptik gebraucht. Allgemein im östlichen Asien verbreitet ist die Benennung der Ein- heiten des Duodecimalcyklus nach Thieren in folgender Ordnung: 1) Maus. 7) Pferd. 2) Ochs. 8) Schaf. 3) Tiger. 9). Alte, 4) Hase. 10) Henne. 5) Drache. 11) Hund. 6) Schlange. 12) Schwein. (*) Das fünfte und neunte /schi werden mit verschiedenen Charakteren geschrieben, aber ganz gleich ausgesprochen, nämlich sckin. Um Verwechslung zu verhüten, habe ich nach Gaubil’s Vorgange (Traite, p. V) das erste £schin genannt. 204 Inpsrer Die Chinesen bedienen sich dieser Namen blofs, wenn sie zu astrologischen Zwecken ihre Jahre nach alter Weise im Duodecimalcyklus zählen. Wenn man die kan und ischi paarweise verbindet, so dafs man jene voransetzt und beide Reihen, wenn sie sich erschöpft haben, so lange wie- derholt, bis sie zugleich wieder von vorn anfangen, so kehren dieselben Combinationen nicht eher zurück, als bis der Decimalcyklus sechs und der Duodecimaleyklus fünfmal abgelaufen ist. Auf diese Weise entsteht folgen- der Sexagesimalcyklus, den die Chinesen von den beiden Charakteren, womit die ihn bildenden Reihen ihren Anfang nehmen, den Kreislauf kia-1sö nennen: 1) kia-tsö. 31) kia-u. 2) y-tscheu. 32) y-wei. 3) ping -yn. 33) ping-schin. 4) ting-mao. 34) ting-yeu. 5) wu-tschin. 35) wu-su. 6) ki- se. 36) ki-hai. 7) keng-u. 37) keng-tsö. 5) sin-wei. 38) sin-tscheu. 9) dsjin-schin. 39) dsjin-yn. 10) kuei-yeu. 40) kuei-mao. 11) hia- su. 41) kia-tschin. 12) y-hai 42) y-/se. 13) ping-tsö. 43) ping-u. 14) ting-tscheu. 44) ting-wei. 15) wu-yn. 45) wu-schin. 16) ki-mao. 46) ki-yeu. 17) keng-tschin. 47) keng-su. 18) sin- Sse. 48) sin- hai. 19) dsjin-u. 49) dsjin-tsö. 20) kuei-wei. 50) kuei-tscheu. über die Zeitrechnung der Chinesen. 205 21) kia-schin. 51) kia-yn. 22) y-yeu. 52) y-mao. 23) ping-su. 53) ping -tschin. 24) ting - hai. 54) fing - [se. 25) wu-tsö. 595) wu-u. 26) ki-tscheu. 56) ki-wei. 27) keng-yn. 97) keng-schin. 28) sin-mao. 55) sin-yeu. 29) dsjin-tschin. 59) dsjin-su. 30) kuei- se. 60) kuei- hai. Der Sexagesimaleyklus wird zuerst zur Zählung der Jahre gebraucht. Man wiederholt ihn stets, wie während des Mittelalters im Occident den funfzehnjährigen Indiktionskreis, ohne je nach der Zahl der abgelaufe- nen Cykel zu fragen. Überhaupt fehlt es den Chinesen gänzlich an einer festen Äre, aber darum doch nicht an einer sicheren Bestimmungsweise ihrer Jahre. Zu einer solchen gelangen sie durch die Combination des Sexagesimaleyklus mit den Regierungsjahren ihrer Kaiser. Seit etwa 4000 Jahren zählen sie in ununterbrochener Folge 21 (nach einer anderen Rechnung 22) Dynastien, von denen ich hier nur die vier letz- ten nennen will: die der Sung seit 960 unserer Zeitrechnung, die der Yuan oder Mongolen seit 1280, die der Ming seit 1368, und die der Tsing oder Mandschus seit 1644. Von der Dynastie Tsing — der reinen — oder Tai-tsing — der sehr reinen — haben bis jetzt regiert: Schün-tschi von 1644 bis 1661, Khang-hi bis 1722, Yung-tsching bis 1735, Khian- lung bis 1795, Kia-khing bis 1820 und von 1821 an Tao-kuang. Diese Namen sind keine persönliche. Wenn ein Kaiser zur Regierung gelangt, so legt er seinen Namen ab, der nun nicht weiter gehört werden darf, und wählt ein Prädikat für seine Regierung — nian-hao, Jahrtitel, genannt. Erst nach seinem Tode ertheilt ihm sein Nachfolger einen Ehrennamen — miao-hao, Tempelnamen, der ihm in den Annalen bleibt. So gab der jetzige Kaiser seiner Regierung das Prädikat Tao-kuang, Glanz der Ver- nunft, und seinem Vorgänger, dessen Regierung Aia-khing, vollkom- mene Glückseligkeit, geheilsen hatte, den Titel Dsjin-tsung - dsjui, gnadenvoller Vorgänger, mit dem gewöhnlichen Zusatz hoang-ti, er- 206 IpDEser habener Monarch. Der Regierungsname findet sich in allen öffentlichen Verhandlungen genannt. So ist jeder vom heutigen Tage, dem 16. Februar 1337, ausgehende Akt vom zwölften Tage des ersten Monats des siebzehnten Jahrs Tao-kuang datirt. In Europa werden die Regierungs- namen der jetzigen Dynastie gewöhnlich als persönliche genommen und können auch als solche gelten, bis einmal die Annalen der T'sing erscheinen, wo dann die posthumen Titel an die Stelle der Regierungsprädikate treten werden. Dies ist nun bei der vorletzten Dynastie der Ming der Fall, deren Annalen Khian-lung ans Licht gestellt hat (1). Die Regierungsjahre werden durchgängig voll gezählt. Wenn ein Kaiser gestorben ist, so wird der Rest des chinesischen Jahrs der Trauer geweiht, während welcher die öffentlichen Akten von Regierungsverwesern vollzogen werden. So wurden bei Yung-tsching's Tode vier Verweser ernannt. Erst vom nächstfolgenden Neujahrstage, dem 12. Februar 1736, unterzeichnete der neue Kaiser selbst mit dem Namen Khian-lung, Schutz des Himmels. Nachdem er durch einen vollkommenen Cyklus regiert hatte, trat er zu Gunsten seines fünften Sohns (jedem Kaiser steht nach den Reichsgesetzen die Wahl seines Nachfolgers unter seinen Söhnen oder nächsten Verwandten frei (?)) am 8. Februar 1796 in den Privatstand zurück (°), und der neue Monarch Kia-khing begann an dem folgenden Tage, dem Neujahrstage des chinesischen Jahrs, seine Regierung. Dieser starb in seinem 25°" Regierungsjahr am 2. September 18520, und laut seines Testaments trat sein zweiter Sohn Tao-kuang mit dem folgenden Neujahrs- tage, dem 3. Februar 1821, seine Regierung an. Die Chinesen haben nun von Alters her die vollgezählten Jahre ihrer Kaiser an den Sexagesimaleyklus geknüpft, und so hat sich im Verlauf der Jahrhunderte eine chronologische Tafel gebildet, in der jedes einzelne Regierungsjahr mit den zugehörigen Charakteren des Cyklus bezeichnet ist. Dafs wenigstens seit der Dynastie der Han, unter der ihr erster kritischer (') Über das Namenwesen der chinesischen Kaiser vergleiche man Abel-R&musat’s Noweaux Melanges Asiatiques, Tom. I, p. 4 ff. (?) Memoires concernant les Chinois, Tom. VI, p. 336. Dieses Werk, das ich immer kurz Memoires citiren werde, besteht aus 16 (uartbänden, die von 1776 bis 1814 zu Paris er- schienen sind. (°) Er starb den 7. Februar 1799, im 88° Jahre seines Alters. über die Zeitrechnung der Chinesen. 207 Geschichtsforscher Sse-ma-tsian lebte (um das Jahr 140 v. Chr.), der Sexa- gesimaleyklus zu diesem Behuf gebraucht worden ist, leidet keinen Zweifel. Wenn sich aber schon bei den früheren Regenten die cyklischen Charaktere der Jahre in den Annalen bemerkt finden, so bleibt es unentschieden, ob sie von gleichzeitigen Autoren oder erst späterhin beigefügt worden sind. Letzteres ist das wahrscheinlichste. Die Traditionen der Chinesen gehen sehr weit zurück. Ihre klassischen Bücher, die King, welche von Con- fucius und seinen Schülern seit 500 v. Chr. redigirt und der Verbrennung der Bücher unter T'shin-schi-hoang entgangen sind, namentlich das Y-king, Schu-king und Tschün-tsieu, enthalten viele Bruchstücke aus der ältesten Geschichte Chinas, die von einer frühzeitigen Cultur des Landes zeugen; aber die chronologische Zusammenstellung derselben bleibt nach dem eige- nen Geständnifs der bewährtesten einheimischen Forscher schwierig und nicht ganz sicher. Ich werde hierüber unten (im sechsten Nachtrage) in nähere Erörte- rungen eingehen. Für jetzt bemerke ich nur, was sich thatsächlich fest- gestellt hat. Der Kaiser Ahang- hi liefs im Jahr 1715 chinesische Annalen von Yao bis auf den Schlufs der Dynastie Yuan (1367) in 101 Heften in seinem Pallast zu Peking drucken, welche als das Endresultat der Forschun- gen der Chinesen auf dem Gebiete ihrer Geschichte zu betrachten sind, an dem sie in dem chronologischen Theile nichts wesentliches weiter geändert haben. Im ersten Heft, das dem Ganzen zur Einleitung dient, folgen auf die Vorrede, die der Kaiser selbst dazu geschrieben hat, 72 Seiten, welche eben so vielen 60jährigen Cykeln gewidmet sind. Jede Seite enthält 60 Quadrate für die einzelnen Cykeljahre, und in diese Quadrate sind gehöri- gen Orts, nämlich bei dem jedesmaligen ersten Regierungsjahr, die Namen aller Regenten eingetragen, vom 61“ Jahr des uralten Hoang-ti bis zum 22°= des Khang-hi (1683), mit welchem der 72" Gyklus schliefst. So z.B. steht der Name des Yao, den die Chinesen nach dem Schu-king gewöhnlich als die erste ganz historische Person unter ihren Regenten be- trachten, im 41" Quadrat des fünften, und der Name Yü, des Stifters ihrer ersten Dynastie Hia, im 13‘ Quadrat des 8° Cyklus, was für jenen das Jahr 2357, für diesen das Jahr 2205 v. Chr. giebt. Diese tabellarische Übersicht ist sehr bequem. Noch in einem ganz neuen, unter der jetzigen Regierung gedruckten Werke, das der verstorbene Baron Schilling von Philos.-histor. Abhandl. 1837. Dd 208 InpDEesLer Canstadt Hrn. Dr. Schott mitgetheilt und dieser Sinolog mir zugänglich gemacht hat, findet sie sich wiederholt. Dieses Werk führt den Titel Wan-nian-schu, Buch der zehntausend Jahre, was nicht buchstäblich zu nehmen ist, da es nur einen Zeitraum von noch nicht halb so vielen Jahren umfafst (!), und besteht aus zwei Abtheilungen, von denen die erste jene etwas weiter fortgeführte Tafel, und die zweite besondere Kalender für alle Jahre der jetzigen Dynastie von 1644 bis 1835 enthält. Von der letzteren Abtheilung werde ich unten (in der dritten Beilage) handeln. Die erste stellt auf 76 Seiten eben so viele Cykel dar. Der Anfangspunkt und die ganze Anordnung ist die eben beschriebene. Der Name Khian-lung steht im 53°" Quadrat des 73" Cyklus, also beim Jahr 1736, wo dieser Kaiser zur Regierung kam. Seine beiden Nachfolger Kia-khing und Tao- kuang fehlen, weil sie noch nicht die Weihe der Annalen erhalten haben. Ich gebe diese Tafel mit Weglassung ihrer chinesischen Form in der ersten Beilage, indem ich jedem Cykeljahr das entsprechende unserer Zeitrechnung beifüge. Dies hatte keine Schwierigkeit; denn wenn man 72 Cykel und 52 Jahre, also 4372 Jahre, von 1736 an zurückrechnet, so erhält man das Jahr 2637 v. Chr. als das erste des ersten Oyklus. Vermittelst dieser Tafel wird man leicht jedes mit den cyklischen Charakteren bezeichnete Regenten- jahr, z. B. das einer in den chinesischen Annalen erwähnten Finsternifs, auf unsere Zeitrechnung reduciren. Im bürgerlichen Leben wird blofs nach den Regierungsjahren der Kaiser, nicht nach Cykeljahren gerechnet. Die eyklischen Charaktere fehlen aber in den chinesischen Kalendern nie. So steht auf dem Titel eines der hiesigen königlichen Bibliothek gehörigen Kalenders vom siebenten Jahre Kia-khing das Cykeljahr dsjin-su oder 59 bemerkt, das seinem gröfsten Theil nach mit unserm Jahr 1502 überein- stimmt. Das jetzt laufende siebzehnte Jahr Tao-kuang wird mit den Cha- rakteren Zing-yeu oder 34 bezeichnet. Ein zweiter Gebrauch des Sexagesimaleyklus besteht darin, dafs man in ihm die Tage zählt. So bildet sich eine sechzigtägige Woche, die bei den Chinesen eben so wenig je eine Unterbrechung erlitten hat, wie die siebentägige im Occident. Letztere haben auch sie seit langer Zeit ge- (') Wan, zehntausend, wird häufig als eine unbestimmte Bezeichnung einer sehr gro- fsen Zahl gebraucht, wie bei den Griechen nvgres. über die Zeitrechnung der Chinesen. 209 kannt, doch nie für die bürgerliche Zeitrechnung benutzt. Nur die Christen in China gebrauchen sie, da sie ihrer beim Cultus nicht entbehren können. Von der Gewohnheit, die Tage mit den cyklischen Charakteren zu bezeichnen, finden sich bereits Beispiele im Schu-king und im Tschün-tsieu. Es wird dadurch eine grofse Sicherheit für die Zeitrechnung gewonnen. Kennt man nämlich das Regentenjahr, den Monat und den Cykeltag irgend einer Begebenheit, so läfst sich das julianische Datum derselben sehr be- stimmt ermitteln. Zur Erläuterung diene die Sonnenfinsternifs, die nach den chinesischen Annalen unter der Dynastie der Han am letzten Tage des dritten Monats im siebenten Jahr des Auang-wu-ti am Tage kuei-hai einge- treten ist. Das siebente Jahr dieses Kaisers, das in den Annalen mit den Charakteren sin-mao oder 28 bezeichnet ist, entspricht dem Jahr 31 n. Chr. Der 1. Januar dieses Jahrs ist der kia-yn oder 51“ Tag der Sexagesimal- woche; der kuei-hai oder 60“ Tag ist also entweder der 10. Januar, oder der 11. März, oder der 10. Mai, oder der 9. Julius, oder der 7. September, oder der 6. November. Da nun der dritte Monat seit jener Epoche allemal derjenige ist, in welchem die Sonne in den Stier tritt, so kann nur der 10. Mai gemeint sein, und wirklich hat sich an diesem Tage des Jahrs 31 eine in China sichtbare Sonnenfinsternifs ereignet. Es kommt hier, wie man sieht, auf eine Methode an, die cyklischen Charaktere des 1. Januar eines gegebenen christlichen Jahrs mit Bestimmt- heit zu ermitteln. Da unser Neujahrstag in der sechzigtägigen Woche nach einem Gemeinjahr um 5, nach einem Schaltjahr um 6 Tage vorschreitet, so überzeugt man sich leicht, dafs erst nach Ablauf von 80 julianischen Jahren wieder dieselben cyklischen Charaktere in gleicher Ordnung auf dieselben julianischen Data treffen können. Hierauf gründet sich die Construction der in der zweiten Beilage gegebenen Tafel. Sie schliefst sich an die Jahre der christlichen Äre an. Um vermittelst derselben die ceyklischen Charak- tere des 1. Januar irgend eines Jahrs unserer Zeitrechnung zu erhalten, di- vidire man die Jahrszahl durch 80 und gehe mit dem Rest der Division in die Tafel. So findet sich, dafs das laufende Jahr 1837, das 77°“ des Cyklus, mit den Charakteren ping-tschin oder 53 anfängt, und zwar im alten Ka- lender, an den die ganze Tafel geknüpft ist. Im neuen tritt der 1. Januar jetzt 12 Tage früher ein; er hat mithin die Charaktere kia-tschin oder 41. Erwägt man nun, dafs im Gemeinjahr die Charaktere des 1. Januar am Dd2 210 IpEsreEer 2. März, 1. Mai, 30. Junius, 29. August, 28. Oktober und 27. December, im Schaltjahr um einen Kalendertag früher, wiederkehren, so wird man durch Weiterzählen im Oyklus leicht die Charaktere ermitteln, die jedem anderen Tage zukommen. So ergiebt sich, dafs der heutige 16. Februar 1537 mit den Charakteren keng-yn oder 27 bezeichnet ist. Auf die Jahre v. Chr. wird man die Tafel leicht anwenden, sobald man nur weils, dafs sie mit den Jahren 80, 160, 240, kurz mit allen denen anfängt, die sich durch 80 ohne Rest dividiren lassen. Drittens wird der Sexagesimaleyklus auch zur Zählung der Monate gebraucht. Da der Schaltmonat, wie oben (S. 202) bemerkt worden, keine besondere Nummer erhält, so erneuert sich der Cyklus der Monate allemal nach Ablauf von fünf chinesischen Jahren. Er hängt mit dem Jahrcyklus dergestalt zusammen, dafs jedes Jahr, welches durch 5 dividirt den Rest 1 giebt, also das erste, sechste, elfte u. s. w. das erste des Monatscyklus ist. Merkwürdig ist, dafs das erste Jahr des letzteren nicht mit dem ersten Monat des chinesischen Jahrs, sondern mit dem dritten anfängt, also das zweite mit dem funfzehnten, das dritte mit dem siebenundzwanzigsten, das vierte mit dem neununddreifsigsten, das fünfte mit dem einundfunfzigsten. Dies hängt ohne Zweifel mit der vor den Han gebräuchlichen Zählungsweise der Monate zusammen, nach welcher der jetzige erste Monat für den dritten galt ('). Hiernach mufs die eyklische Bezeichnung der Monate schon früh- zeitig in die Kalender gekommen sein, wenn sich auch vor der jetzigen Dy- nastie nirgends eine Nachricht darüber findet. So viel ich weifs, erscheint sie zuerst in einem Kalender des elften Jahrs Schün-tschi (1654), von wel- chem Andreas Müller eine Notiz gegeben hat (*), seitdem in allen. So werden in dem oben (S. 208) erwähnten Kalender auf das siebente Jahr Kia-khing die einzelnen Monate erst nach der im gemeinen Leben allein gebräuchlichen Weise von 1 bis 12 gezählt, und dann mit den cyklischen Charakteren von 39 bis 50 bezeichnet. Ubrigens scheint der fünfjährige Monatscyklus, über dessen Entstehung viel gegrübelt worden ist (*), seinen (') Das Nähere hierüber unten im neunten Nachtrage. (9) In seiner Disquisitio geographica et historica de Chataja hinter seiner Ausgabe des Marco Polo. (Berlin 1671, 4.) (°) Man sehe, was Des-Vignoles darüber beibringt. Miscellanea Berolinensia, Tom. IV, p- 37. Was hier von einer Vorliebe der Chinesen für die Zahl fünf, und von der Huldi- über die Zeitrechnung der Chinesen. >14. Grund ganz einfach darin zu haben, dafs die Chinesen, welche mehr als ein anderes Volk zum Systematisiren geneigt sind, den Sexagesimaleyklus, den sie von Alters her für ihre Jahre und Tage gebrauchten, auch auf die Mo- nate anwenden wollten. Nach dieser Erörterung ihres Cykelwesens wollen wir ihre bürger- liche Zeitrechnung näher kennen lernen. Sie haben den bürgerlichen Tag von jeher in 12 schi getheilt, die wir Doppelstunden nennen können. Diese Theile werden mit den Cha- rakteren des Duodecimalcyklus bezeichnet. Auffallend ist hierbei, dafs sie die Mitternacht, mit der sie, wie wir, den Tag beim Datiren anfangen, auf die Mitte der ersten Doppelstunde 7sö, und den Mittag auf die Mitte der siebenten u setzen, also ihre Stundenrechnung eigentlich mit 11 Uhr Abends beginnen. Eine genügende Hypothese hierüber aufzustellen, möchte schwer sein, wenn man nicht etwa sagen wollte, dafs die Chinesen Freunde des Juste milieu sind. Auf das schi zählen sie 8 khe, also auf den ganzen Tag 96. Die Eintheilung des Tages in 10000 Theile, die zu Ulug Begh’s Zeiten unter den Nling beim astronomischen Calcul gebräuchlich war ('), ist jetzt erloschen. An ihre Stelle ist seit dem Anfange der gegenwärtigen Dynastie auf den Vorschlag des P. Schall (?) die europäische getreten, zum Beweise, dafs die Chinesen nicht so ganz gegen jede Neuerung einge- nommen sind, wie man gewöhnlich glaubt. Jedes schi zerfällt nämlich zu- nächst in zwei Hälften, unseren Stunden analog; die erste wird Zsu, die beginnende, oder kiao, die ungerade, die andere Zsching, die gerade, genannt. Auf jede gehen 4 khe, unseren Viertelstunden, auf jedes khe 15 fen, unseren Minuten entsprechend. Kleinere Theile kommen wol bei astronomischen Rechnungen, aber nicht im bürgerlichen Leben vor. Diese Eintheilung setzt sich durch unsere in China eingeführten Taschen- gung gesagt wird, welche in alten Zeiten die zinspflichtigen Fürsten dem Kaiser alle fünf Jahre darbringen mufsten, sind unsichere Behauptungen. (') S. meine Abhandlung über die Zeitrechnung von Chatä und Igür. (*) Gaubil, Odservations Tom. TU, p.51. Eben diesem Europäer verdanken die Chi- nesen ihre jetzige Eintheilung der Ekliptik in 360°, da sie früher 3654 Grad rechneten, so dals der Grad der mittleren täglichen Bewegung der Sonne entsprach. Wenn man also in alten chinesischen Büchern die Schiefe der Ekliptik zu 24 Grad angegeben findet, so sind dies nach jetziger Weise nur 23° 39’. 212 IpELEr und Pendeluhren immer mehr im Gebrauch fest (!). Wenn man einen Zeitpunkt des Tages mit der Genauigkeit einer Minute angeben will, so nennt man erst das laufende schi mit Beifügung des Zsw oder tsching, dann das ab- gelaufene khe, endlich das laufende fen. So bezeichnet hai isching san khe lo fen den Zeitpunkt 10 Uhr 51’ Abends, wo hai die zwölfte Doppelstunde von 9 bis 11 Uhr Abends, Zsching ihre zweite Hälfte von 10 bis 11 Uhr, san khe drei Viertelstunden und Zo fen 6 Minuten bedeutet. Die Chinesen theilen die Sonnenbahn von der Mitte des Wassermanns in 24 gleiche Abschnitte, die sie, so wie die 24 dadurch bestimmten Halb- monate des Sonnenjahrs, Zsie-khi, Witterungs- oder Temperatur-Ab- theilungen, nennen. Folgendes sind die Namen, wörtlichen Übersetzun- gen und Anfänge der einzelnen Zsie-khi: Frühling. 1) b-tschün, Frühlings-Anfang...assssenssene Nethine 159% 2) Yü-schun, GEWässer des RM eE en sn enacnenssesesgamenee 0% 3). kung=tschı,’ Bewegung der WÜLMEN sen 15° 4 4) Tschin-fen, Einschnitt des Frühlings ..uusssconsssneennsennes Dry b)'tsing=ming, Teine Klarheik.un.nntäsgnesnsessanssenesesssnsnne 15 Y 6) ku-yü, Regen der Saaten Sommer. Tai hıa, Sommers Ankanaectsrssecosseerentsnrnnspnesssentsnssehnesennee 15° % 8) siao-man; kleiner Überflufs.uussosesemusesersmmssssreisnenenne OS: 9) mang-tschung, Saat des Getreides.... ser 10) hia-tschi, Sommerwende 5 19) siao-schu,, kleine Hitzesessssnssnssessnesneenesnsestonmornrennsansnsssnerasennee 5 12) ta-schu, grolse Hitze N (') In den Transactions of the Royal Asiatic society, Tom.I, p.141 steht eine Verord- nung des Vorstehers der Hong, d.i. der mit dem europäischen Handel zu Canton beauf- tragten Kaufleute, nach der unter den Einfuhr-Artikeln auch Taschen- und Pendeluhren er- wähnt werden. Früher haben sich die Chinesen blofs mit ıhren Sonnen- und Wasser- uhren beholfen, die noch immer nicht ganz aufser Gebrauch gekommen sind. über die Zeitrechnung der Chinesen. 913 Herbst. Nayrketsien,JHerbst-Anfank...esdnstenteredes et N N) 14) tschü-schu, gemäfsigte Hitze..ussssnsonsenensne OR USEE: nn) 15) pe-lu, weilser Thau on) 16) zsieu Jen, Einschnitt des. HEerbstessemsesnssssaessurassrsenss 0° u AT), kan-iu, kalter hau... ee neeeeses 15° u 18) schuang-kiang, Fall des Reifes ... RER andaseesetaeidhe 0m 5 5 Winter. 19) d-tung, Winters-Anfangaeun vers 20) szao-siüe, kleiner Schnee... De geaskontberbae T 2) t2=stle, Snolsenı SCHNie@ sense EHRT, ans Da TR 22) tung-tschi, Winterwende core re et 0277 23), s10a0- kan, Kleiner ETOSE.swersesnnenesssnesnsssenusnernensennruunnsnssnesnssasse 157 2 24). 12. han, STOLSEer ETOSkesaenseaspssonsensenssnenmeimeree ae henrtassnenus, DE 25% Diese Namen passen mehr auf die nördlichen Provinzen, wo fast immer der Sitz der Regierung war, als auf die südlichen. Man sieht, dafs die Chinesen die vier Jahrszeiten mit den Mitten des Wassermanns, Stiers, Löwen und Skorpions anfangen. Eben so ordnete sie Julius Cäsar (!). Im Durchschnitt hält jedes zsie-khi 15 Tage 54 Stunden. Wenn also die Halbmonate für die bürgerliche Zeiteintheilung benutzt werden sollten, so müfsten sie bald zu 15, bald zu 16 Tagen gerechnet werden. Die Chi- nesen bedienen sich ihrer aber blofs, theils um die Jahrszeiten und einige davon abhängige Feste zu reguliren, daher auch in den Kalendern Tag und Stunde ihres Anfangs bemerkt werden, theils um das bürgerliche Mondjahr in sein richtiges Verhältnifs zum Sonnenjahr zu bringen. Nachdem sie durch die Jesuiten mit den astronomischen Tafeln der Europäer bekannt geworden sind, wissen sie die Anfänge der Zsie-khi der wahren Bewegung der Sonne gemäfs ganz gut zu berechnen. Früherhin be- stimmten sie die Winterwende durch Beobachtung und zählten von dort mit der mittleren Dauer der isie-khi weiter. So findet es sich noch bei Ulug (') Handbuch der Chronologie, Th. I, S. 143. 214 Iperer y Begh, nach welchem die Chatajer (so nennt er die Chinesen) das Son- nenjahr zu 365,2436 Tagen, um etwa 2 zu lang, und die zsie-khi zu 15,2185 Tagen annahmen. Den vierteltägigen Überschufs des Sonnenjahrs über 365 Tage haben sie seit den ältesten Zeiten gekannt. Ihr bürgerliches Jahr ist ein nach Sonne und Mond zugleich ab- gemessenes oder gebundenes Mondjahr. Es fängt mit dem Monat an, in welchem die Sonne unter dem Meridian von Peking in die Fische tritt. Seitdem die Neumonde aus den astronomischen Tafeln berechnet wer- den, ist der erste Monatstag immer der, auf welchen der Neumond oder die Conjunction trifft. Früherhin, wo man weniger genau rechnete, oder sich auch wol des 19jährigen Mondeyklus bediente, blieb der erste Monatstag schwankend. Dies erhellt aus den Daten der Sonnenfinsternisse, die man in den Annalen bald am letzten, bald am ersten Monatstage bemerkt findet. Nach jetziger Weise gehören sie allemal dem ersten Monatstage an. Der Monat heifst yue (der Mond yuei). Der erste im Jahr führt die besondere Benennung isching-yue, der geweihte. Die übrigen elf ha- ben keine Eigennamen, sondern werden mit den gewöhnlichen Charakteren der Zahlen von 2 bis 12 bezeichnet. Der Schaltmonat wird dsjün-yue oder blofs dsjün genannt. Da der synodische Monat im Durchschnitt 29 Tage 12 St. 44 hält, so kann er im bürgerlichen Leben nicht anders als zu 29 oder 30 Tagen gerech- net werden. Die 29tägigen werden in den Kalendern mit siao, klein, die 30tägigen mit Za, grofs, bezeichnet. In welcher Ordnung sie auf einander folgen sollen, kann nur die astronomische Rechnung entscheiden. Das Ge- meinjahr hält 354 oder 355, das Schaltjahr 383 oder 384 Tage. Die Monatstage werden hintereinander fort von 1 bis 29 oder 30 ge- zählt. Die ersten 10 pflegen mit dem Charakter Zsu, des angehenden (Mo- nats), dem griechischen isausvev analog, bezeichnet zu werden, so wie man überhaupt eine Dekadeneintheilung des Monats, wie sie bei den Grie- chen gebräuchlich war, in den chinesischen Kalendern wahrnimmt. Im W an-nian-schu, das die Kalender aller Jahre vom Anfange der jetzigen Dy- nastie enthält, wird der Sitz des 1“”, 11'* und 21“ Monatstages im Sexage- simaleyklus immer besonders hervorgehoben. Um ein Beispiel von der jetzt gebräuchlichen Anordnungsweise des chinesischen Jahrs zu geben, wähle ich die beiden letzten in dem eben über die Zeitrechnung der Chinesen. 215 gedachten Werke aufgeführten Jahre Tao-kuang, die ihrem gröfsten Theil nach mit unsern Jahren 1834 und 1835 correspondiren. Mit dem Neumonde, der dem Eintritt der Sonne in die Fische zunächst vorhergeht, anfangend, setze ich sämmtliche Neumonde und Eintritte der Sonne in die Zeichen der Ekliptik, nach mittlerer Zeit von Peking berechnet, hieher. Neumonde. Eintritte in die Zeichen. ee‘ En EU 1854. 9.Februar 12 U. 47’ Morg. ”» 19.Februar 9U. 35’Morg. 10. März 7 5 Ab. y 21.März 9 42 Morg. 9. April 12 28Ab. % 20. April 10 0 Ab. 9. Mai 11 Morg. zz 21.Mai 10 14 Ab. 7. Junius 5 43 Ab. & 22.Junius 6 49 More. 7. Julius 4 59 Morg. N 23. Julius 5 42Ab. 5. August 2 21 Ab. np 24. August 12 9 Morg. 3. September 10 37 Ab. ww 23.September 8 44Ab. 3.Oktober 6 47 More. m 24. Oktober 4 47 Morg. 1.November 3 55 Ab. 7% 25.November 1 22 Morg. 1.December 2 33 Morg. 5 22.December 2 T7Ab. 30. December 2 58Ab. x 21. Januar 12 47 Morg. 1555. 29. Januar 4 58 More. 19. Februar 3 91 Ab. 27.Februarr 8 14Ab. Y 21. März 3 34 Ab. 29. März 12 27 Ab. % 21. April 3 48 Morg. 28. April 5 6 More. ıt 22.Mai 3 59 More. 27. Mai 9 18Ah. &5 22. Junius 12 31Ab. 26. Junius 12 6 Ab. N 23. Julius 11 24 Ab. 26. Julius 1 0 Morg. 24. August 12 8 Ab. np 24. August 5 50 Morg. 22. September 10 412Ab. “v 24.September 2 26 Morg. 22. Oktober 8 3 More. m 24.Oktober 10 38 Morg. 20.November 6 15 Ab. 7 25. November 7 11 Morg. 20. December 5 0 Morg. 5 :22.December 7 56Ab. 1856. 18. Januar 4 13 Ab. > 21. Januar 6 34 Morg. 17. Februar 4 3 Morg. “ 19. Februar 9 16Ab. Erinnert man sich nun, dafs der erste chinesische Monat allemal derje- nige ist, in welchem die Sonne in die Fische tritt, dafs die Nachtgleichen immer auf dem zweiten und achten, die Sonnenwenden auf dem fünften und Philos.- histor. Abhandl. 1837. Ee 216 IDEstver elften Monat haften, und dafs der Schaltmonat der ist, in dessen Verlauf kein Eintritt der Sonne in ein neues Zeichen statt findet (!), so überzeugt man sich, dafs die beiden in Rede stehenden Jahre im MV an-nian-schu ganz richtig wie folgt geordnet sind (unsere Data sind durch die Charaktere des Sexagesimalcyklus bezeichnet): Vierzehntes Jahr Tao-kuang. Monate. rn Dauer. I. 9. Februar. 1334 snnssonseonsroussnogunsensensenssninggassnttene DI, LABB: II. SAN antenne rennen. IV. O5 Malksscensnentasssegeeunndrnsnuenvasenstennenessswenennensnessenserasenhe he 28 ETC V 1 JUDIUSieenensteseennensundnunsnensersensnenssnenesnensseenn 30 « 29 « 29 « VI. 7. Julius .... vn. DEAULUSU En em vl. ö. September . IX. 3. Oktober ..... X. 1. November ...... 30 « XI. 1. December ..... 29 « xU. 30. December ..... SEK: Dauer des Jahrs .erctsemenenszn. OD4 Tage. Funfzehntes Jahr Tao-kuang. 1. 29. Januar 1835 .. I. 27. Februar... II. 29. März... Ty. 2BSADII Eee. Vv. 27: Mal biriese 7 VI DON TFUTDTUSN dsecssszndenanuncnüesnundnensetgennsensscktansnungtenensetennne I dsjün DOT UIIS hessen seneennensdannsnsssunsasuenhsetnenzbesnusurnannnenenne ZI vi. PRÄSHENDA RR UTC TTS U VI. 22.1SEPLEMD ER .enerzennensnneressneneunssnnnnenesdesneenaennssn nat DL (') Dieses oben S.202 erwähnte Princip lautet mit Gaubil’s Worten also: Quand pen- dant tout le cours des jours civils d’une lune le soleil n’entre dans aucun signe et demeure toujours dans celui ou il etait au commencement de la lune, la lune est jun, intercalaire, et Pannde a treize lunes. Observations, Tom.I, p. 182. über die Zeitrechnung der Chinesen. 217 Monate. Datum des Anfangs. Dauer. mn U IX. 22: Oktober ..eeeeteenenne Re re er En X. DO.UNOVEMD EN esnee eek erneheneen a dekerendneeeen 30 « XI. 20. December ...... PEN T? Ar BIER EN Baesdinsede 29 « X. 18. JANUAR sercosesdensennenennse ARE sugenänvadusneznuntenasnkenehen 30 « Dauer des Jahrs anne 384 Tage. Er Seit dem Jahr 1644, wo die jetzige Dynastie T'sing zur Herrschaft ge- langt und Europa durch die Jesuiten näher mit China bekannt geworden ist, kommen in den dieses Land betreffenden europäischen Büchern und Zei- tungsberichten nicht selten chinesische Data vor. Um den Lesern derselben die astronomische Rechnung, welche ihre Reducirung erfordert, zu ersparen, gebe ich in der dritten Beilage nach dem MWan-nian-schu eine tabellarische Übersicht der Kalender aller Jahre von jenem Zeitpunkt an. Wenn also z. B. im 31° Jahre Khang- hi, dem neunten des Cyklus der Jahre, am fünf- ten Tage des zweiten Monats mit der Cykelzahl y-yeu oder 22 ein Edikt zu Gunsten des freien Cultus der Christen erlassen wurde (!), so findet man sogleich, dafs vom 22. März 1692 die Rede ist. Der Kalender heifst bei den Chinesen Zi-schu, Buch der Zeitbe- stimmung, oder kurz Zi. Jährlich erscheint unter öffentlicher Autorität ein Reichskalender, der seinem astronomischen Inhalt nach als Norm für alle Privatkalender dient, deren mehrere in Peking, Canton und anderswo ge- druckt werden. Der Normalkalender führt den Namen Hoang-li, des kai- serlichen, und ist mit den Charakteren yü-ischi, mit kaiserlicher Ge- nehmigung, bezeichnet. Die Anfertigung desselben besorgt ein eigenes Collegium zu Peking. Dieses Collegium, von den Missionaren gewöhnlich das mathemati- sche oder astronomische Tribunal genannt, gehört zu den ältesten In- stituten des Reichs, das schon der uralte Hoang-ti gegründet haben soll (2). Es führt den Namen Ahin-thian-kian, das Collegium der himmlischen Angelegenheiten, eigentlich das den Himmel ehrende. Ihm liegt die (') S. Gobien’s Histoire de l’edit de ’Empereur de la Chine en faveur de la religion chre- tienne. Paris 1698, 12. (*) Eine Andeutung desselben unter Yao findet sich bereits im ersten Kapitel des Schu- king. S. Gaubil’s Übersetzung und Anmerkungen. Ee2 218 IpsrLer Berechnung und Beobachtung der Himmelserscheinungen, namentlich der Finsternisse, und die Redaction des Reichskalenders ob. Neben diesem Collegium besteht von Alters her ein historisches Tribunal, welches Alles, was Merkwürdiges im Reich geschieht, unter an- dern die Finsternisse, zu verzeichnen und die Reichsannalen fortzuführen beauftragt ist. Seine gegenwärtige Organisation als eine der obersten Staals- behörden verdankt es dem Kaiser Hliuan-tsung der Dynastie Thang (von 713 bis 765 n. Chr.). Es ist eine Art Akademie, der alle andere gelehrte An- stalten des Landes untergeordnet sind. Das Beamtenpersonal ist sehr zahl- reich, wie schon der Name Han-lin-yuan, Pinsel-Wald-Collegium, lehrt. (Man erinnere sich, dafs die Chinesen ihre Charaktere mit Pinseln schreiben, oder vielmehr malen.) Wenn das mathematische Tribunal die Finsternisse eines Jahrs voraus- berechnet hat, so legt es seine Arbeit dem Kaiser vor, der sie von dem hi- storischen einregistriren läfst. In den Kalendern werden die Finsternisse nicht aufgeführt. In früherer Zeit, bis zur Ankunft der Jesuiten, stand es mit dergleichen Berechnungen sehr schwach. Die Finsternisse stellten sich häufig nicht ein, was jedoch die Astronomen nicht beunruhigte. Einem alten Volksglauben zufolge, der noch immer nicht ganz erloschen zu sein scheint, betrachtete man die Finsternisse als Zeichen des Zorns der Gottheit, und dachte sich einen ungeheuren Drachen, der Sonne und Mond zu ver- schlingen drohe. So wie nun die Zeit der Finsternifs herrannahte, machte man mit Trommeln und kupfernen Becken ein gewaltiges Getöse, um den Drachen einzuschüchtern. Während das mathematische Tribunal sich nach der Finsternifs umsah, lagen die vornehmsten Mandarinen im kaiserlichen Pallast auf den Knien, zum Drachen flehend, dafs er ein der Welt so unent- behrliches Gestirn nicht verschlingen möge (!). Wenn dann die Finsternifs (') Wenn dieser Gebrauch nach Duhalde (Description de la Chine Tom. III, p. 343 der Haager Ausgabe) und nach dem Abbe Grosier (s. Mailla’s Hist. gener. de la Chine Tom. XIII, p. 733) noch um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bestanden hat, so mufs man, da die Chinesen gewils schon früher eines Besseren durch die Jesuiten belehrt waren, den Grund davon blofs in ihrer Anhänglichkeit an die alte Sitte suchen, die sich bei jeder Gelegenheit zu erkennen giebt. Wie man im Jahr 1786 in China bierüber dachte, zeigt ein merkwürdiges Rescript — schang-yü — des Kaisers Khian-lung vom 18. Januar (Me- moires, Tom. XII, p. 478 ff.), wodurch er seine Unterthanen über die am 30. Januar, dem über die Zeitrechnung der Chinesen. 2319 nicht eintrat, so sagte man, dafs die vortreflliche Administration des Kaisers den Zorn der Gottheit abgewendet habe, und das historische Tribunal be- merkte ohne Weiteres, dafs die Rechnung nicht eingetroffen sei ('). Dies ist aber nicht selten vergessen, und so mufs man, wenn sich in den Annalen eine Finsternifs aufgezeichnet findet, immer erst untersuchen, ob sie auch wirklich statt gefunden hat. Unter den in Couplet’s chronologischen Tafeln (?) bemerkten Finsternissen sind manche unrichtige, durch die Ja- kob Cassini zu falschen Ideen über die Chronologie und das Kalenderwe- sen der Chinesen verleitet worden ist. Nachdem Chubilai-Chan 1250 die Dynastie der Mongolen — Yuan — begründet hatte, stellte er das mathematische Tribunal unter die Leitung muhammedanischer Astronomen, die sich über 300 Jahre in demselben behauptet haben. Unter den letzten Ming sind die Jesuiten an ihre Stelle getreten. Der Pater Ricci, der 1583 nach Peking kam, war der Stifter der portugiesischen Mission, die sich lange von Macao aus ergänzt hat. Er und seine Nachfolger nahmen bald wahr, dafs sie sich unter den Chinesen, die gegen alles Fremde argwöhnisch sind, nur durch Kenntnisse in Achtung setzen könnten, in denen die europäische Cultur der ihrigen augenscheinlich überlegen ist, namentlich durch die Astronomie. Der Orden schickte da- her meistens nur tüchtige Astronomen nach China. Zu diesen gehörte der P. Adam Schall aus Cölln seit dem Jahr 1622. Er wurde nach Peking berufen, um das sehr in Verfall gerathene Kalenderwesen, das in China immer für eine wichtige Staatsangelegenheit gegolten hat, zu ordnen, und zum Vorsteher des mathematischen Tribunals ernannt. Er stand bei dem Neujahrstage des chinesischen Jahrs, bevorstehende grofse Sonnenfinsternils zu beruhigen sucht. Man sieht, dals er über diesen Punkt sehr aufgeklärte Ansichten hegte, aber doch nicht wagte, sich gänzlich über alte Vorurtheile wegzusetzen. Er erwähnt darin schon die 9 Jahre später ebenfalls am Neujahrstage zu erwartende Sonnenfinsternils vom 21. Januar 1795, und bemerkt, dafs ihn dieselbe, wenn er am Leben bleibe, veranlassen werde, seinen Vorsatz, mit dem Antritt seines 60° Regierungsjahrs abzudanken, bis ans Ende desselben zu verschieben, wie es auch wirklich geschehen ist (s. oben S.206), damit nicht sein Nachfolger seine Regierung an einem so ominösen Tage antreten möge. (‘) Vergl. Gaubil, Odservations, Tom. I, p. 32. (?) Tabula chronologica Monarchiae Sinicae, Paris 1686, fol., gewöhnlich seinem Con- fucius Sinarum Philosophus angebunden. 220 IDEsLer Kaiser Schün-tschi, dem Stifter der jetzigen Dynastie, in hoher Gunst. Als aber nach dessen Tode unter der vormundschaftlichen Regierung der Man- darinen die erste Christenverfolgung in China ausbrach, würde er mit allen übrigen „Bonzen aus Westen” ein Opfer derselben geworden sein, wenn nicht durch das zufällige Zusammentreffen eines Kometen, Erdbebens und Feuers im kaiserlichen Pallast seine Verfolger auf andere Gedanken gebracht worden wären. Er kam wieder an die Spitze des Tribunals und wufste sich unter anderen auch dadurch in Ansehen zu erhalten, dafs er die ersten Stück- giefsereien in China gründete. Nach seinem 1666 erfolgten Tode (!) gerieth das Kalenderwesen in die Hände eines unwissenden Chinesen Yang-kuang- sian, dessen Fehler die Jesuiten geltend zu machen wufsten. Dadurch wurde der damals noch sehr junge Kaiser Ahang- hi veranlafst, den Jesuiten P. Verbiest, allen Kabalen der Mandarinen zum Trotz (?), zum Vorsteher des mathematischen Tribunals zu ernennen, und ihn zu beauftragen, den chine- sischen Kalender mit Beibehaltung seiner Formen ganz nach den europäischen Tafeln zu ordnen (*). Seitdem haben sich die Jesuiten bis über die Aufhe- bung ihres Ordens hinaus bei allen in China über die Christen ergangenen Verfolgungen im Tribunal zu behaupten gewufst. Unter den beiden letzten Regierungen ist aber das Ansehen der Missionare sehr gesunken. Im Jahr 1517 waren nach Morrison (*) die Vorsteher des mathematischen Tribunals ein Tatar und ein Europäer, die Assistenten ein Tatar und ein Chinese, die Viceassistenten ein Tatar und ein Europäer. Neuerdings sind gar, wie der evangelische Missionar Gützlaff versichert (°), alle Europäer aus dem Tri- bunal entfernt, daher der gänzliche Verfall desselben zu befürchten sein soll. (') Sein Todesjahr wird verschieden angegeben. Für 1666 erklärt sich Abel-R&musat in dem Artikel, den er diesem verdienstvollen Mann in seinen Now. Melanges Asiatiques Tom. II, p. 217 ff. gewidmet hat. (2) Man sehe die sehr ergötzliche Erzählung derselben in Duhalde’s Description Tom. I, p- 349 ff. (°) Vergleiche dieses Missionars Aszronomia Europaea ab Imperatore Tartaro- Sinico (an- Hy ex umbra in lucem revocata a R. P. Ferdinando Verbiest, Flandro- Belga. Dillingen 1687, 4. Biographische Nachrichten von ihm giebt der 48° Band der Biographie universelle. (*) APiew of China for philological purposes, containing a sketch of Chinese chronology, geography, government, religion and customs (Macao 1817, 4.) p. 91. (?) Sketch of a Chinese history (London 1834, 2Vols. 8.) Tom. I, p. 43. über die Zeitrechnung der Chinesen. 9 Diese Besorgnifs sprach Abel-Remusat schon 1929 aus. Depuis la re- traite des Jesuites, sagt er (!), la redaction du calendrier a dt€ de nouweau remis a des astronomes chinois qui sen acquittent dune manicre fort impar- faite. Bis jetzt giebt sich aber davon noch nichts zu erkennen, selbst nicht in den beiden neusten oben zergliederten Kalendern des vierzehnten und funfzehnten Jahrs Tao-kuang. Die Christen werden jetzt in China gerade nicht verfolgt, aber auch keinesweges begünstigt. Am angesehensten ist noch die russische Mission, die seit Peter dem Grofsen traktatenmäfsig unter einem Archimandriten in Peking besteht. Aufserdem giebt es im Lande englische, amerikanische, deutsche und andere evangelische Missio- nare, die ihr Geschäft auf eigene Gefahr und Rechnung betreiben. Der oben (5.208) erwähnte, der hiesigen königl. Bibliothek angehörige Kalender ist ein vom mathematischen Tribunal ans Licht gestellter. Ich gebe hier kurz den Inhalt desselben nach Klaproth, dessen Beschreibung handschriftlich angebunden ist. Einiges hat noch Hr. Dr. Schott hinzuge- gefügt. Der auf dem gelben Umschlage befindliche Titel lautet: „Kalender auf das siebente Jahr Aia-khing der Tai-ising.’ Dieser Titel ist auf der ersten Seite wiederholt, mit Hinzufügung von dsjin- su oder 59, der Cykel- zahl des Jahrs. Noch liest man auf dem Umschlage, dafs der Ahin-thian- kian in Gemäfsheit der erhabenen Befehle des Kaisers diesen Kalender im ganzen Lande vertheilen lasse, dafs er aus den kaiserlichen Tafeln ent- nommen sei (?), und durch das Siegel des Gollegiums Gesetzeskraft erlangt habe. Das Siegel, in rother Farbe ausgeprägt, findet sich auf dem Um- schlage und wiederholt auf der ersten Seite des Kalenders mit der Aufschrift in alten chinesischen und mandschu- Charakteren: „Kalendersiegel des Khin- thian-kian.”’ Von den 17 Blättern, woraus der Kalender besteht, giebt das (') Noweaur Melanges Asiatiques, Tom. I], p- 60. (?) Diese Tafeln sind 1683 unter Arang-hi von den Jesuiten redigirt worden. Es bedarf keiner Erinnerung, dals es die damaligen besten europäischen waren. Näheres über ihre Anordnung weils ich nicht zu sagen. Nur bemerke ich, dals sich die Jesuiten der gewöhn- lichen chinesischen Zahlzeichen für 1 bis 9 bedient, sie aber nach Art unserer arabischen oder indischen Ziffern nebeneinander gestellt und den Gebrauch der Null eingeführt haben, wodurch der chinesische Algorithmus nun ganz der unsrige geworden ist. Auch ist auf Knang-hi’s Befehl von ihnen besorgt eine Sammlung logarithmischer und trigo- nometrischer Tafeln unter dem Titel Su-piao, Zahlentafeln, erschienen, wovon sich ein Exemplar in der hiesigen königlichen Bibliothek befindet. ID, Iperer erste in 12 vertikalen Spalten die Dauer der Monate und die Monatstage und Stunden, wo unter dem Meridian von Peking die Zsie-khi ihren Anfang neh- men, deren je zwei auf den Monat gehen. Die letzte Zeile auf der Rück- seite sagt, dafs das Jahr 354 Tage halte. Das zweite Blatt ist astrologischen Inhalts, wobei wir nicht verweilen wollen. Von den nun folgenden 12 Blät- tern ist jedes einem Monat gewidmet. Auf der Hauptseite stehen nebenein- ander in grofser Schrift die Nummer des Monats, der Charakter yue, Monat, der Charakter za, grofs, oder siao, klein, und die eyklischen Charaktere, die sich auf den fünfjährigen Kreis der Monate (S. 210) beziehen. Unter- halb liest man in vier Spalten theils wiederholt, was auf dem ersten Blatt über jeden Monat gesagt ist, theils einige Fersus memoriales, die Natur des Monats andeutend, z. B. beim ersten Monat: „der Ostwind löset den Frost; die Würmer in der Erde regen sich; die Fische streifen das Eis vom Rücken ; die wilden Gänse ziehen gegen Norden.” Dann folgen vertheilt auf die Haupt-und Rückseite 29 oder 30 Spalten für die einzelnen Monatstage, in denen angegeben ist: die Nummer des jedesmaligen Tages, mit dem Charak- ter /su, des angehenden, bei den 10 ersten (S. 214); hiernächst die Cy- kelzahl des Tages, der Charakter des ihm angehörigen Elements, und ein Charakter des Mondzodiakus, welcher unsern jedesmaligen Wochentag zu erkennen giebt (1). Der Elemente sind nach den Chinesen fünf, nämlich schui, Wasser, kin, Metall, ko, Feuer, mu, Holz, und /Ahu, Erde. Dies sind zugleich, wenn der Charakter sing, Stern, beigefügt ist, die Na- men der Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Jeder Charakter ist an zwei auf einander folgenden Tagen angesetzt, wodurch sich ein Cyklus bildet, der eine astrologische Bedeutung zu haben scheint, von dem ich jedoch nichts Näheres zu berichten weifs. Was sonst noch in den Tagescolumnen steht, sind Vorschriften im Geschmack der Erwählungszei- chen „gut Aderlassen, gut Holzfällen, gut Kinderentwöhnen, gut Haarab- schneiden” unserer alten Volkskalender. Die vier Seiten des funfzehnten und sechzehnten Blatts zerfallen in zwei Abtheilungen. Die obere, ki-niar, Jahrreihe, betitelt, zählt die jüngst verflossenen 60 Jahre vom siebenten Kia-khing vückwärts bis zum achten Ahian-lung in eben so vielen Golum- nen auf, von denen auf jeder Seite 15 stehen. In dieser Tafel kommen (') S. Nachtrag VII. über die Zeitrechnung der Chinesen. 2993 unter anderen Merkmalen eines jeden Jahrs die Thiercharaktere zur Bezeichnung eines zwölfjährigen Cyklus vor. Man ersieht daraus, dafs das siebente Jahr Aia-khing oder das 59" des Sexagesimaleyklus das Jahr des Hundes oder das elfte des Thiercyklus ist, so dafs sich derselbe zugleich mit dem Sexagesimaleyklus, in welchem er fünfmal umläuft, erneuert. Das jetzige chinesische Jahr ist das der Henne. Diese Bezeichnungsweise der Jahre ist im bürgerlichen Gebrauch längst erloschen. Die untere Abthei- lung ist wieder astrologischen Inhalts. Das siebzehnte und letzte Blatt giebt die Namen und Titel der Mitglieder des mathematischen Tribunals, die an dem Kalender gearbeitet haben. Als erster Präsident ist Tung-ischin, ein kaiserlicher Prinz, und als Vice-Präsident So-te-schao genannt. Diefs ist der chinesische Name des P. Bernardo, der zur Zeit der Christenverfol- gung im Jahr 1805 portugiesischer Bischof in Peking war. Auf der Rück- seite des Umschlages liest man: „Jedem, der diesen Kalender verfälschet, ist gesetzlich die Todesstrafe zuerkannt. Sollte Jemand einen solchen an- zeigen und zu seiner Verhaftung verhelfen, so ertheilt ihm die Obrigkeit eine Belohnung von 50 Unzen Silbers. Jeder Kalender, dem das Siegel unsers Collegiums fehlt, ist eine Privatarbeit.” Ich habe ein paar solche Privatkalender vor Augen, von denen ich unten (!) zu handeln Gelegenheit nehmen werde. (') Nachtrag XI, wo auch die eigentliche Bedeutung des Verbots einer Verfälschung des Reichskalenders klar werden wird. mn Philos.- hisior. Abhandl. 1837. F£f [89] [N] DS Iperer Beilagen. 1. Chronik der chinesischen Kaiser nach dem WW an-nian-schu. Die in nachstehender Tafel zu jeder Dynastie gegebenen Erläuterungen haben den Zweck, theils ganz kurz die Umstände anzudeuten, die den jedes- maligen Dynastiewechsel herbeigeführt haben, theils die wenigen Abwei- chungen in den Zahlen und Namen nachzuweisen, die sich bei der Ver- gleichung des Wan-nian-schu mit Mailla’s Histoire generale de la Chine ergeben (!). Dieses Werk ist eine abgekürzte Übersetzung der Reichs- geschichte, die der Kaiser Ahang-hi in der Mandschusprache hat drucken lassen, und die ihrerseits wieder eine etwas abgekürzte Übersetzung des chinesischen T’hung-kian-kang-mu ist, eines sehr ausführlichen Geschichts- werks, welches, in seiner gegenwärtigen Gestalt unter den Ming vollendet, von den ältesten Zeiten bis auf den Schlufs der Dynastie der Mongolen geht (?). Die Annalen der Dynastie Ming hat der Kaiser Ahian-lung vedi- giren und ans Licht stellen lassen. Die der jetzigen Dynastie werden nach chinesischem Gebrauch erst, wenn sie erloschen ist, officiell erscheinen. Eine ähnliche tabellarische Übersicht, wie die vorliegende, giebt Gaubil in der ersten Abtheilung seines Traitd für die vier ersten Dynastien. Er hat sie aus dem T'sö-1schi-kang-kian-ta-tsuan, einem unter den Ming ent- (') Der vollständige Titel ist: Zistoire generale de la Chine, ow Annales de cet Empire traduites du Tong-Kien-Kang-Mou, par Moyriac de Mailla, publiees par Abbe Grosier et dirigces par le Roux des Hauterayes, 13 Bände in Br, Paris 1777-1780. (*) S. den fünften Nachtrag. über die Zeitrechnung der Chinesen. 995 standenen Abrifs der chinesischen Geschichte, geschöpft. Mit diesem Aang- kian, so wie mit dem Kang-mu (so werde ich immer kurz schreiben), stimmt das Wan-nian-schu in der Chronologie fast durchgehends überein. Von den drei Zahlencolumnen unserer Tafel giebt die erste die Nummern des Cyklus, die zweite die cyklischen Jahre und die dritte die zugehörigen Jahre vor und nach Christi Geburt an. Älteste Periode. T. 44 2597 v. Chr. Schao-hao. IL. 5 2513 Tschuan- hiü. IV. 23 2435 Ti-ko. V 32 2366 Ti-tschi. _ 44 2357 Yao. vi. 23 2255 Schün. Diese Periode, welche die Chinesen gewöhnlich das Zeitalter der drei Hoang oder erhabenen Monarchen, und der fünf T7i oder Herrscher nennen, ohne jedoch über die Bedeutung dieser ganz einver- standen zu sein, trägt noch einen mythischen Charakter an sich, wie schon aus der langen Regierungsdauer des Schao-hao, Tschuan-hii und Yao hervorgeht. Der allgemeinen Sage nach haben vor Schao-hao noch Fu-hi, Schin-nong und Hoang-ti regiert, letzterer 100 Jahre. Sein Anfang würde hiernach in das Jahr 2697 zu setzen sein, 60 Jahre vor Beginn des ersten Cyklus. Auch Yao's Regierung soll 100 Jahre gedauert haben, bis 2258, worauf eine dreijährige Trauer folgte, nach deren Beendigung Schün seine Regierung, die er schon 25 Jahre mit ihm gemeinschaftlich geführt hatte, 2255 allein fortseizte. I. Dynastie Hia. vo. 13 2205 v.Chr. Fü. _ 21 2197 Heu-ki. _ 30 2188 Tai-kang. — 59 2159 Tschung-kang. IX. 12 2146 Heu-siang. _ 40 2118 Schao-kang. X, 41 2057 Heu-tschü. Ff2 226 IDELeEr x: 58 2040 v. Chr. Heu-hoai. XL 24 2014 Heu-mang. —_ 42 1996 Heu-sie. _ 58 1980 Pu-kiang. XL. 57 1921 Heu-ti. XIII. 18 1900 Heu-kin. — 39 1579 Kung-kia. XIV. 10 1848 Heu-kao. _ 21 1837 Heu-fa. _ 40 1818 Kie-kuei. Die erste Dynastie hat keinen örtlichen Namen, wie die meisten übri- gen. Hia heifst eigentlich Sommer, hier so viel als Glanz. Das Kang- mu setzt für Heu in den Namen der Regenten überall Ti, Monarch oder Kaiser. Gaubil läfst nach dem Kang-kian beides weg, indem er z. B. für Heu-ki oder Ti-ki blofs Ki schreibt. Heu-ti ist der Ti-kiang des Kang- mu, der Kiang des Kang-kian. Der letzte Kaiser dieser Dynastie heifst Zi- kue im ersten, Kue oder Kie im zweiten Werke. H. Dynastie Schang, auch Yn genannt. XV. 32 1766 v.Chr. T'sching-tang. _ 45 1753 Tai-kia. XVL 18 1720 Wu-ting. _ 47 1691 Tai-keng. Xvi. 12 1666 Siao -kia. _ 29 1649 Yung-ki. _ 4 1657 Tai-wu. XV. 56 1562 Tschung-ting. XIX. 9 1549 FF ai-wang. _ 24 1534 Ho-tan-kia. —_ 33 1525 Tsu-y. _ 52 1506 Tsu-sin. xx. 8 1490 Wu-tschung. _ 33 1465 Tsu-ting. XXL 5 1433 Nan-keng. _ 30 1408 Yang-kia. _ 37 1401 Poan-keng. über die Zeitrechnung der Chinesen. 2327 XXI. 5 1373 v. Chr. Siao-sin. _ 26 1352 Siao-y. _ 54 1324 FVu-ting. XXI. 53 1265 Tsu-keng. 60 1258 Tsu-kia. XXIV. 33 1225 Keng-sin. _ 39 1219 Keng-ting. - 60 1195 MWu-y. XXV. 4 1194 Tai-ting. = 7 1191 Ti-y. _ 44 1154 Ti- sin. Das MWan-nian-schu setzt den Anfang der Regierung des Tsching- tang, des Stifters dieser Dynastie, in das Jahr XV, 15 oder 1783 v. Chr. Dies ist aber das Jahr, wo er seine Regierung in Schang, einem Distrikt von Ho-nan, antrat, in welchem er zuvor als Vasall des Reichs geherrscht hatte. Daher der Name dieser Dynastie. Das Kang-mu und Kang-kian machen das Jahr XV, 32 oder 1766 v. Chr. zum ersten dieser Dynastie, und selbst das MWan-nian-schu bemerkt bei diesem Jahr, dafs Tsching-tang in dem- selben, dem 17‘ seiner Regierung, den Aie, letzten Herrscher der Hia, besiegt habe. Nach dem Meng-tsö, einer alten von den Chinesen sehr geachteten Autorität, regierten zwischen T'sching-tang und seinem Enkel Tai-kia noch seine beiden Söhne Mai-ping und Tsschung-dsjin (!). Das Wan-nian-schu erkennt beide eben so wenig an, wie das Kang-mu. Tai-wu wird im Kang-mu und Kang-kian auch Tschung-tsung ge- nannt. FMai-wang heifst daselbst MWai-dsjin, und Wu-tschung ... Wu- kia. Den Keng-sin nennen beide Geschichtswerke Zin-sin, und den letzten Re- genten Scheu-sin oder blofs Scheu. II. Dynastie Tscheu. XXVL 16 1122 v. Chr. FPu-wang. _ 23 1115 Tsching - wang. _ 60 1078 Kang- wang. XXVI. 26 1052 Tschao-wang. (') Gaubil, Traite p.235. Letter. edif. p. 332. 238 IpEerLer XXVII. 17 1001 v. Chr. Mu- wang. XXIX. 12 946 Kung- wang. _ 24 934 Y-wang. _ 49 909 Hiao - wang. XXX. 4 894 Ye-wang. _ 20 878 Li-wang. XXXL 11 827 Süen-wang. —_ 57 781 Yeu-wang. XXXI. 8 770 Ping- wang. _ 59 119 Huan - wang. XXXIL 22 696 Tschuang- wang. _ 37 681 Hi-wang. _ 42 676 Hoei-wang. XXXIV. 7 651 Siang-wang. _ 40 618 King-wang. _ 46 612 Kuang-wang. —_ 52 606 Ting- wang. XXXV. 15 585 Kien-wang. E= 27 571 Ling-wang. _ 54 544 King-wang. XXXVL 19 519 King-wang. XXXVL. Ö 475 Yuen-wang. _ 10 468 Tsching-ting-wang. —_ 38 440 Kao - wang. E= 53 425 Wei-lie-wang. XXXVIL 17 401 Ngan-wang. _ 43 375 Lie -wang. _ 50 368 Hien- wang. XXXIX. 38 320 Schin-tsin- wang. _ A4 314 Nan-wang. IWu-wang, der Stifter dieser Dynastie, Sohn des Wen-wang, den die klassischen Bücher sehr preisen, bestieg nach dem Aang-mu und Kang- kian den Thron 1122 v. Chr. Wenn das WWan-nian-schu dagegen das Jahr 1134 nennt, so meint es seinen Regierungsantritt in T'scheu, einem Distrikt in Schen-si, wo er zuvor als zinspflichtiger Fürst 12 Jahr regiert hatte. Die Dynastie führt daher ihren Namen. Alle Regenten derselben haben, wie man sieht, das Prädikat wang, das späterhin nur den Vasallen - Königen bei- über die Zeitrechnung der Chinesen. 399 gelegt wurde, als die Kaiser sich Ti, Monarch, oder Hoang-ti, erhabe- ner Monarch, nannten. Die Namen der beiden aufeinander folgenden Aing-wang werden, obgleich übereinstimmig ausgesprochen, mit verschiedenen Charakteren geschrieben. Zi-wang wurde 842 seiner schlechten Eigenschaften wegen entthront, worauf von 841 an ein 14jähriges Interregnum folgte, das unter dem Namen der Regentschaft Kong-ho, d.i. Eintracht, bei den Chinesen sehr berühmt ist und häufig als eine zuverlässige Epoche erwähnt wird (!). Li-wang starb 525, worauf sein Sohn Süen-wang 827 folgte. Zwischen den beiden Aing-wang stritten im Todesjahr 520 des älte- ren seine beiden Söhne Meng und T'schao um den Thron. Keiner behaup- tete sich, und 519 folgte ihr Bruder, der jüngere King-wang. Das MWan- nian-schw betrachtet Meng und T'schao als Usurpatoren. Nan-wang, der hier als letzter Regent der Dynastie Tscheu aufge- führt ist, starb 250. Das Aang-mu und Kang-kian geben ihm als Nach- folger von 255 bis 249 den Tsscheu-kun, einen Abkömmling des Kao-wang, während das Pan-nian-schu beim Jahr 256 ausdrücklich den Untergang der T'scheu anmerkt, und die Dynastie T'shin mit dem folgenden Jahr ein- treten läfst. IV. Dynastie T'sAin (?). XL. 43 255 v.Chr. T'schao-siang-wang. _ 48 250 Hiao-wen-wang. _ 49 249 Tschuang-siang-wang. _ 52 246 Tshin-schi-hoang. XLI. 29 209 Öl-schi. Die Familie T'skin hatte bereits seit Hiao-wang, dem achten Kaiser der Dynastie Tscheu, im Lande T'shin, zum Gebiet von Kong-tschang-fu in Schen-si gehörig, regiert. Gaubil giebt die vollständige Reihenfolge ihrer Regenten (*). Das PVan-nian-schu bemerkt, dafs T'schao-siang-wang (@) Gaubil, Traite p. 38. . (?) Um diese Dynastie von der sechsten, die mit einem anderen Charakter bezeichnet wird, zu unterscheiden, schreibe ich ein aspirirtes ?s, das hier eigentlich an seiner Stelle ist. (&) Traite p. IX. 230 IpEstLEr im Jahr 255, im 52" seiner Regierung, den Kaiserthron bestiegen habe, während das Kang-mu und das Kang-kian das Jahr 249 als das letzte der Tscheu betrachten. Hiao-wen-wang regierte nur wenige Tage. Ihm folgte Tschuang- siang-wang, den das Kang-mu und das Kang-kian von 248 an als ersten Regenten dieser Dynastie aufführen. Der vierte Herrscher nach dem Man-nian-schu nannte sich lange Tsching-wang. Erst 221 nahm er den Titel Hoang-ti, erhabener Rai- ser, an. Er hiefs nun Schi-hoang-ti, oder mit vorgesetztem Familienna- men Tshin-schi- hoang-ti, wofür gewöhnlich T'shin-schi-hoang gesagt wird. Dieser Kaiser steht bei den Chinesen in schlechtem Ruf, weil er im Jahr 213 den Befehl gab, alle klassische und geschichtliche, seine Familie nicht be- treffende Bücher zu verbrennen, um das Andenken an jede andere Gesetz- gebung, als die seinige, zu vertilgen. Dieser Befehl wurde mit barbarischer Strenge, jedoch nur unvollkommen ausgeführt. Öl- schi, der jüngere Sohn des Tsshin-schi-hoang, kam 209 in Folge einer Intrigue auf den Thron, mit Beseitigung des älteren Fu-su. Es ent- stand eine grofse Verwirrung im Reich, die damit endete, dafs Lieu-pang, Fürst des Distrikts Han, als Kaiser anerkannt wurde. V. Dynastie Han. XLI. 32 206 v. Chr. Tai-tsu-kao-hoang-ti. _ 44 194 Hiao -hoai-ti. _ 59 179 Hiao-wen-ti. XL. 22 156 Hiao -king-ü. _ 38 140 Hiao-wu-ti. XL. 32 86 Hiao-tschao-ti. _ 45 13 Hiao-süen-ti. XLIV. 10 48 Hiao-yuan-ti. _ 26 2 Hiao-tsching-ti. _ 52 6 Hiao-ngai-ti. _ 58 1 n. Chr. Hiao-phing-t. XLV. 6 9 Wang-mang. _ 22 5 Kuang-wu-t. 9 _ 55 58 Hiao-ming-ü. über die Zeitrechnung der Chinesen. 284 XLVI. 15 76 n. Chr. Hiao-tschang-ü. _ 26 89 Hiao-ho-ti. _ 44 107 Hiao-ngan-ti. XLVI. 3 126 Hiao-schün-t. _ 24 147 Hiao -huon-t. — 45 168 Hiao-ling-ü. XLVII. 7 190 Hiao -hian-ti. _ 38 221 Tschao-lie-ti. _ 40 223 Heu-tschü. Ol-schi, der letzte Regent der Dynastie Tshin, starb 207 v. Chr. Die Dynastie Han beginnt also mit dem Jahr 206, und dieses Epochenjahr steht nach Gaubil vollkommen fest (1). Das Wan-nian-schu knüpft den Anfang der Dynastie erst an das Jahr 202, wo Lieu-pang, Fürst von Han, nach Besiegung seiner Gegner allgemein als Kaiser anerkannt wurde. Sein geschichtlicher Name lautet kurz Aao-ti oder Kao-tsu, oder mit vorgesetz- tem Namen der Dynastie Han-kao-tsu. Es ist überhaupt zu bemerken, dafs die Chinesen, da so viele Regentennamen in den verschiedenen Dynastien übereinstimmig lauten, wie Aao-tsu, Tai-isu, Wu-ti, W en-ti, zur Unter- scheidung den Namen der Dynastie vorzusetzen pflegen, z. B. Han-kao-tsu, Thang-kao-tsu: Sung-tai-tsu, Ming-tai-tsu; Tsin-wu-ti, Sung-wu-ti: Han-wen-ti, Tschin-wen-ti. Es ist daher ganz in der Ordnung, dafs das Kang-mu bei der Dynastie Han statt des Prädikats FHiao, pius, welches die meisten ihrer Regenten führen, überall Han setzt, wie Han- hoai-ti, Han-wen-ti, Han- king-ti. Die Han werden in die westlichen und östlichen unterschieden. Jene residirten in Si-ngan-fu, der Hauptstadt von Schen-si, diese, von Kuang-wu-ti an, in Lo-yang, jetzt Ho-nan-fu, in der Provinz Ho-nan. W ang-mang ist ein nicht zur Familie der Han gehöriger Usurpator. Aus den beiden letzten Kaisern Tschao-lie-ti und Heu -tschü machen die chinesischen Annalen eine besondere Dynastie unter dem Namen Heu- han, der späteren Han, wofür auch, nach dem Distrikt Schu, wo sie residirten, Schu-han gesagt wird. Es bestanden damals in China drei unab- hängige Reiche neben einander, die der Heu-han, der Wei und der Wu, (') Traite, p. 198. Philos.-histor. Abhandl. 1837. Gg 252 Iperer welche die Chinesen Sankue, die drei Reiche, nennen. Werden die Heu-han besonders gezählt, so hat man 22 Dynastien. Es scheint dies aber nicht zweckmäfsig, da es späterhin noch eine Dynastie des Namens Heu-han gegeben hat. Die Regierungsprädikate oder Jahrtitel — nian-hao (nian, Jahr, hao, Ehrenname) — werden zuerst unter den Han erwähnt, und zwar seit Han-wen-ti. Es war lange gebräuchlich, dafs die Kaiser mehrmals damit wechselten, und es ist gar nicht selten, dafs ein Kaiser deren acht und mehr nach einander führte. Erst seit den Ming hat sich jeder Kaiser mit Einem begnügt. Bei chronologischen Bestimmungen wird aufser dem post- humen Namen auch in der Regel der Jahrtitel erwähnt. Um nicht meine Regententafel mit Namen zu überladen, gebe ich die Jahrtitel erst von den Ming an. Wer sie für die früheren Dynastien verlangt, findet sie in den Regententafeln, die des Hauterayes im 12‘ Bande der Histoire gencrale de la Chine von S.4 an, und Klaproth in seinem Verzeichnifs der chinesischen und mandschuischen Bücher und Handschriften der königl. Bibliothek zu Berlin (!) von S. 5 bis 32 haben abdrucken lassen. VI. Dynastie T'sin. XLIX. 22 265 n.Chr. MVu-ti. —_ 48 291 Hoci-ti. L. 4 307 Hoai-ti. _ 10 313 Min-ti. _ 14 317 Yuan-ti. _ 20 323 Ming-t. _ 23 326 Tsching-ti. _ 42 345 Mu-ti. _ 59 362 Ngai-ti. LI. 3 366 F-ti. 8 371 Kian -wen-üÜ. Es 10 373 Hiao-wu-ti. u 34 397 Ngan-ti. _ 56 419 Kung-ü. (') Paris, 1822, fol. über die Zeitrechnung der Chinesen. 233 Sse-ma-yen, Fürst von T'sin, vereinigte durch Waffengewalt das ganze chinesische Reich und nahm den Kaisertitel an. Sein geschichtlicher Name ist Wu-ti. Dafs den Namen der einzelnen Herrscher dieser Dynastie, so wie aller übrigen, der Name der Dynastie vorgesetzt, und das ii in hoang-ti ergänzt, also z. B. Tsin-y-hoang-ti statt Y-ti geschrieben werden kann, wird nun nicht weiter erinnert werden. Unter den T'sin herrschte eine grofse Verwirrung im chinesischen Reiche. Es tauchten neben und nach einander 17 Nebendynastien auf. Mehrere Kaiser wurden ermordet, die meisten starben jung. Zwischen Tsching-ti und Mu-ti in den Jahren 342, 343 und 344 schiebt das Aang- mu einen Kaiser Ähung-ti ein, den das //an-nian-schu nicht anerkennt. VII. Dynastie Sung I. LI. 57 420 n. Chr. Pu-ti. LI. 4 24 Wen-ti. _ 1 454 Hiao-wu-ti. _ 42 465 Ming-ti. _ 50 473 Tschü-yo. —_ 54 477 Schün-üÜ. Die Dynastie der erstern Sung hat ihren Namen von einer Herr- schaft, die Kung-ti, der letzte Kaiser der T'sin, ihrem Stifter Lieu-yü ver- liehen hatte. Dieser warf sich 420 zum Kaiser auf und erhielt den geschicht- lichen Namen /Fu-ti, auch Kao-tsu-wu-ti. Er starb schon 422. Sein älte- ster Sohn Schao-ti, den er zu seinem Nachfolger ernannt hatte, wurde sei- ner schlechten Eigenschaften wegen bald abgesetzt und umgebracht (das W an-nian-schu nennt ihn gar nicht), worauf sein dritter Sohn FYen-ti den Thron bestieg. Zwischen Hiao-wu-ti und Ming-ti schiebt das Kang- mu einen Fi-ti ein. Dieser Name sagt so viel als abgesetzter Kaiser. Ihn haben mehrere Kaiser geführt, die nicht mitgezählt werden, oder es wenig- stens nicht verdienen. Das im Saal der Vorfahren des kaiserlichen Pal- lastes zu Peking aufgehängte Verzeichnifs der Kaiser übergeht sie mit Still- schweigen (!). Der Name T'schü-yo, den das Wan-nian-schu dem Nach- (') Der Titel, der dem Kaiser nach seinem Tode beigelegt wird und ihm in den Annalen bleibt, drückt in der Regel ein Lob aus, wie Pu-ti, kriegerischer Monarch, Wen-Hti, Gg2 234 IveLer folger des Ming-ti beilegt, fehlt im Kang-mu, welches dafür den Lieu-yü aufführt, der in der Geschichte auch Fi-ti II und Wu-wang heifst. VIH. Dynastie Ti. LII. 56 479 n. Chr. Kao-ti. —_ 60 483 Wu-t. LIH. 11 494 Ming-tü. _ 16 499 Tschü-pao -kuen. — 18 501 Ho-ti. Siao-tao-tsching war erster Minister unter den letzten Kaisern der vorhergehenden Dynastie. Er nahm den Titel eines Königs von T'si, und nach Absetzung und Ermordung des Schün-ti den Kaisertitel an. Sein ge- schichtlicher Name ist Tai-tsu-kao-hoang-ti, abgekürzt Kao-ti, oder, mit Vorsetzung des Namens der Dynastie, T’si-kao-ti. IX. Dynastie Leang. LM. 19 502 n. Chr. MVu-ti. LIV. 7 550 Kian-wen-ti. _ 9 552 Siao-yuan-t. - 12 555 King-ü. Siao-yen, der Stifter dieser Dynastie, gehörte zur Familie der vorigen. Er ermordete den Mo-ti, der ihn zum Könige von Leang gemacht hatte, und setzte sich auf den Thron. gelehrter Monarch, Kao-ii, erhabener Monarch, Tai-isu, grolser Ahnherr (Stif- ter einer Dynastie), zuweilen aber auch einen Tadel, wie Fei-ti oder Fi-t. Eine ähnliche Verschiedenheit der Regentennamen fand bei den alten Ägyptern unter der Pharaonenherr- schaft statt. Die Könige veränderten gewöhnlich ihre Namen, wenn sie den Thron bestiegen, und werden in der Geschichte zuweilen unter Beinamen aufgeführt, die sie erst nach ihrem Tode erhalten haben. $. Champollion’s Zeztres au Duc de Blacas I, p.80 ff. Daher erklären sich die Worte des Syncellus (Chron. p.33, A ed. Goar): Awvunc: za rawuvu- Kor ToAARY,oU TWv Alyyzrinv ci Barırdıs elgyvrau. So wird Apries in den nach seinem Tode abgefalsten hieroglyphischen Legenden Pnarecrro, der verhalste Pharao, genannt. S. Rosellini, Monumenti del’ Egitto e della Nubia Part.1l., Monumenti storici, Tom. II, 2 146. Nach einer Mittheilung meines Sohns, des Dr. Jul. L. Ideler. Qi über die Zeitrechnung der Chinesen. 93: X. Dynastie T'schin. LIV. 14 557 n.Chr. Wu-ti. e= 47 560 Wen-ti. _ 24 567 Pe-tsung. _ 26 569 Süen-ti. Tschin-pa-sian setzte den letzten Kaiser der Zeang, King-ti, auf den Thron, liefs ihn aber bald nachher ermorden und nahm den Kaisertitel an. Sein geschichtlicher Name ist u-ti. Pe-tsung heifst im Kang-mu auch Lin-hai-wang und Fi-ti. Süen-ti starb 582 im ersten Monat des chinesi- schen Jahrs. Ihm folgte nach dem Aang-mu sein Sohn Heu-tschü. Aber schon 581 hatte Yang-kian, Fürst von Sui, die Nebendynastie Tscheu ver- nichtet und im Norden des Ta-kiang oder grofsen Flusses den Kaiserti- tel angenommen. Im Jahr 555 drangen seine Heere im Süden dieses Flus- ses vor, eroberten Nanking, die Residenz des Meu-tschü, und so ward Yang- kian 590 Herr von ganz China. Xl. Dynastie Su. LIV. 38 581 n. Chr. Kao-tsu-wen-ti. LV. 2 605 Yang-ti. _ 14 617 Kung-t. Das MV an-nian-schu fängt die Dynastie Sui bereits mit der Empörung des Yang-kian, ihres Stifters, an, auf die unmittelbar der Tod des Süen-ti, Kaisers von T'schin, folgte. Das Kang-mu dagegen läfst die Dynastie T'schin unter Heu-tschü noch bis 590 fortbestehen, wo Yang-kian sich in den Be- sitz von ganz China gesetzt hatte. Er erhielt den geschichtlichen Namen Kao-tsu-wen-ti. Yang-ti wurde wegen seiner Ausschweifungen ermordet, und sein Enkel Äung-ti, erst 13 Jahr alt, trat seine Regierung 618 im fünften Monat des chinesischen Jahrs an Li-yuen, Prinzen von T’hang ab, der ihn auf den Thron erhoben hatte. Dies Jahr ist also zugleich als das letzte der Su’ und als das erste der T’hang zu betrachten. 236 IDELERrR XIH. D ynastie Thang. LV. 15 618 n. Chr. Kao-tsu. _ 24 627 Tai-tsung. _ 47 650 Kao-tsung. LVI. 21 684 Tschung-tsung. _ 47 10 Dsjui-tsung. _ 50 113 Hiuan-tsung. LVL. 3 756 Su-tsung. 39 162 Tai-tsung. E 57 1780 Te-tsung. LVII. 22 805 Schün-tsung. = 23 806 Hien-tsung. — 38 821 Mu-tsung. _ 4 824 King-tsung. _ 44 827 Wen-tsung. —_ 58 841 IWu-tsung. LIX. A 847 Süen-tsung. —_ 17 860 Y-tsung. _ 31 874 Hi-tsung. _ 46 889 Tschao-tsung. LX. 2 905 Tschao-süen-ti. Li-yuen, Fürst von T’hang, gelangte durch Entsagung Äung-t's, letz- ten Kaisers der Swi, zum Thron. Sein geschichtlicher Name ist Kao-tsu. Er trat 626 im achten Monat des chinesischen Jahrs zu Gunsten seines Sohns Li-schi-min, der den geschichtlichen Namen Tai-tsung erhielt, in den Pri- vatstand zurück. Das Kang-mu legt dieses Jahr seinem Nachfolger bei; aber das /Van-nian-schu befolgt hier, wie fast überall, die Regel, das letzte Jahr eines Kaisers noch ganz ihm zuzuschreiben. Das tsung in den Namen der Kaiser dieser Dynastie heifst illustris. Den Namen Hiuan-tsung, des sechsten Kaisers, habe ich als den gebräuchlichsten aus dem Kang-mu entlehnt. Das I an-nian-schu gebraucht dafür Ming-hoang-ti, und dafs dieser Name auch sonst vorkomme, bemerkt Gaubil in seiner Histoire de la grande Dynastie Tang (t). (') Memoires Tom. XVI, p.5. (Der Anfang steht schon im 15!" Bande). Grande Dynastie sagt Gaubil, um diese Dynastie von der nachmaligen Heu-hang zu unterscheiden, die nur 13 Jahre regiert hat. über die Zeitrechnung der Chinesen. 997 Schün-tsung trat seine Regierung nach wenigen Monaten wegen phy- sischer Schwäche an seinen Sohn Hien-tsung ab, der sie noch in demselben Jahr 805 übernahm. Da aber die Jahre der chinesischen Kaiser vollgezählt werden, so macht das Wan-nian-schu erst das folgende zum ersten des Hien-tsung. XII. Dynastie Heu-leang. LX. 4 907 n. Chr. Tai-tsu. _ 10 915 Tschü-tien. Tschü-wen, Stifter der Dynastie Heu-leang d. i. der späteren Leang, General des Kaisers Hi-tsung der T’hang, wurde von Tschao-tsung zum Könige von Zeang ernannt. Er ermordete seinen Wohlthäter, setzte ein paar Jahre später dessen Nachfolger T'schao-süen-ti ab, und gründete eine neue Dynastie. Sein geschichtlicher Name ist Tai-tsu. Das Aang-mu nennt den zweiten Kaiser dieser Dynastie Mo-ti. XIV. Dynastie Heu-thang. IX 20 923 n. Chr. T'schuang-tsung. _ 23 926 Ming-tsung. - 31 934 Min-ti. Li-ke-yong wurde vom Kaiser Fi-tsung der Dynastie Thang zum Könige von T'sin ernannt. Li-isün-hiü, sein Sohn und Nachfolger, schlug den Tsschü-tien, den letzten Kaiser der Dynastie Heu-leang, der sich aus Verzweiflung tödtete, und nahm den Kaisertitel an. Er wollte sich als den Wiederhersteller der Dynastie T’hang betrachtet wissen, und führt in der Geschichte den Namen T'schuang-tsung. Min-ti regierte nur einige Monate. Li-tsung-ku, Adoptivsohn des Ming-tsung, ermordete ihn und nahm den Kaisertitel an. Als Kaiser wird er Zu-wang genannt. Das Wan-nian-schu nennt ihn zugleich mit Min-ti, aber als Usurpator. XV. Dynastie Heu-isin. LX. 33 956 n. Chr. Kao-tsu. _ 40 943 Sche-tschung oder T'si-wang. 238 IpEsrer Sche-king-tang, dessen Abkunft unbekannt ist, heirathete Äue-ischang, Tochter des Ming-tsung der Dynastie Heu-thang. Er ergriff die Partei des Usurpators Lu-wang, vernichtete aber nachher mit Hülfe der Chitan, einer tatarischen Horde, die Dynastie Heu-thang, und bestieg den Thron. Er nannte die von ihm gegründete Dynastie T'sin und erhielt den geschicht- lichen Namen Kao-isu. Das Kang-mu macht das Jahr 937 zum ersten seiner Regierung. Der Kaiser T'si-wang (der Name Sche-tschung, den er vor seiner Erhebung führte, kommt nur im MWan-nian-schu vor) wurde von den Tataren abgesetzt. XVI. Dynastie Heu- han. LX. 44 947 n. Chr. Kao-tsu. — 45 948 Yen-ti. Lieu-tschi-yuan, Türke der Horde Schato, Gouverneur der Provinz Ho-tong, machte sich, während die Chitan China überschwemmten und den Kaiser Tsi-wang gefangen wegführten, eine Partei und bestieg den Thron. Er gab seiner kurzdauernden Dynastie den Namen Han, und wird in der Geschichte Kao-isu genannt. XVHO. Dynastie Heu-tscheu. LX. 48 954 n. Chr. Tai-tsu. —_ 51 954 Schi-tsung. Yen-ti, Kaiser der Heu-han, wurde bei einem Aufruhr umgebracht, und als man ihm eben den Siang-yn-kong, Neffen des Kao-tsu, zum Nach- folger gab, wurde Auo-wei, der an der Spitze einer siegreichen Armee stand, zum Kaiser ausgerufen. Er nannte die von ihm gestiftete Dynastie T'scheu, weil er von der alten Dynastie dieses Namens abzustammen vorgab. Sein geschichtlicher Name ist Tai-isu (!). (') Unter ihm erschien im Jahr 952 das erste gedruckte Buch in China, eine Ausgabe der neun King. Die Charaktere waren nach der noch jetzt in China fast allein gebräuchlichen Weise auf Holztafeln eingeschnitten. Die Erfindung der Druckerei gehört eigentlich schon der Regierung des Ming -tsung, des zweiten Kaisers der Dynastie Heu-ihang, an. S. Abel- Remusat's Now. Melanges Asiat. Tom. I, p. 287 ff. über die Zeitrechnung der Chinesen. 239 Schi-tsung starb gegen den Schlufs des sechsten Jahrs seiner Regie- rung. Ihm folgte unter Vormundschaft sein 12jähriger Sohn Kung-ti, der aber bald einer neuen Dynastie weichen mufste. XVII. Dynastie Sung II. LX. 57 960 n. Chr. Tai-tsu. LXI. 14 977 Tai-tsung. _ 35 998 Tschin-tsung. _ 60 1023 Dsjin-tsung. LXI. 44 1064 Yng-tsung. = 45 1068 Schin-tsung. LXIH. 3 1086 Tsche-tsung. - 18 1101 Hoei-tsung. _ 43 1126 Kin-tsung. _ 44 1127 Kao-tsung. LXIV. 20 1165 Hiao-tsung. _ 47 1190 Kuang-tsung. _ 52 1195 Ning-tsung. LXV. 22 1225 Li-tsung. LXVI. 2 1265 Tu-tsung. _ 12 1275 Kung-tsung. _ 15 1276 Tuen-tsung. —_ 15 1278 Ti-ping. Von der Dynastie Sung, der zweiten dieses Namens, heifsen die neun ersten Kaiser die Sung des Norden, die letzten, von Kao-isung an, die des Süden. Jene residirten in Kai-fong- fu, diese in Hang-tscheu-fu, der Hauptstadt von T'sche- kiang. Tschao-kuang-yn, der Gründer dieser Dynastie, hatte sich durch die Siege berühmt gemacht, die er über die Chitan davon getragen. Er wurde von dem Volk und Heer auf den Thron erhoben, als derjenige, der allein den Frieden im Reiche wiederherzustellen im Stande sei ('). Sein geschichtlicher Name ist Tai-isu. Er starb 976 im zehnten Monat des chi- (') Man sehe die Umstände der Thronbesteigung dieses ausgezeichneten Monarchen in der Biographie, die Amiot im achten Bande der Memoires S.3 ff. von ihm giebt. Philos. kistor, Abhandl. 1837. Hh 240 IDELeEr nesischen Jahrs. Das Kang-mu macht daher richtig das Jahr 977 zum ersten seines Nachfolgers Tai-tsung, das Ian-nian-schu schon 976. Im vierten Monat des Jahrs 1127 wurde Ain-tsung mit seiner Familie von den siegreichen Ain fortgeführt, einem tungusischen Volke, den Vor- fahren der heutigen Mandschus. Es blieb blofs der neunte Sohn des Hoei-tsung übrig, der sich im Süden des T’a-kiang behauptete, und seine Residenz erst nach Nanking und dann nach dem gedachten Hang-tscheu- ‚fu verlegte (). Er führt den geschichtlichen Namen Aao-tsung. Kung-tsung wurde 1276 im dritten Monat des chinesischen Jahrs von den siegreichen Mongolen nach dem Norden geführt, den sie schon längst in Besitz genommen hatten, und hierauf sein Bruder Tuen-tsung, auch Y-wang genannt, zum Regenten erwählt. Als dieser 1278 im vierten Monat des chinesischen Jahrs gestorben war, wurde sein noch sehr junger Bruder Ping oder Ti-ping zum Kaiser ernannt, der aber schon 1279 im dritten Monat des chinesischen Jahrs nach einer verlornen Seeschlacht im Meer um- kam. „So endete,” sagt das /Wan-nian-schu beim Jahr 1279, „die Dyna- stie der Sung. Ganz China kam nun unter die Herrschaft der Mongolen.” XIX. Dyn astie Yuan (der Mongolen oder westlichen Tataren). ONE Mopgölüsche Namen. LXVI. 17 1280 n. Chr. Schi-tsu. Chubilai- Chan. _ 31 1294 Tsching-tsung. Temür-Chan. — 45 1308 FW u-tsung. Küllük- Chan. — 49 1512 Dsjin -tsung. Öldscheitu- Chan. — 58 1321 Yng-tsung. Gegen-Chan. LXVI. 1 1324 Tai-ting. Jessun-temür- Chan. — 7 1350 Wen-tsung. Dschijaghatu- Chan. — 10 1833 Schün-ti. Toghon-temür. Die Mongolen treten zuerst als ein eroberndes Volk unter T'schin- ghis-Chan im Jahr 1206 auf. Sie machen unter diesem Krieger, unter seinem Sohn Ogdai- (richtiger Ugedei-) Chan und seinen Enkeln Mangu (') Diese Stadt wurde nun Aing-/se, kaiserliche Residenz, genannt. Dies ist das Quinsai des Marco Polo, das Kinsa des Ebn Batuta. über die Zeitrechnung der Chinesen. 241 (richtiger Möngke) und Chubilai-Chan veifsende Fortschritte gegen die Kin im Norden und Nordosten von China, und gegen die Dynastie der Sung, die sie allmählig weiter gegen Süden drängen. Schon beim Jahr 1260 erkennt das JVan-nian-schu den Chubilai-Chan als Beherrscher von China an, was er auch faktisch war; aber den eigentlichen Anfang der Dynastie Yuan set- zen die Chinesen erst in das Jahr 1250 nach gänzlicher Erlöschung der Dy- nastie Sung. Chubilai-Chan (der auch weniger richtig Hupilai-Han geschrie- ben wird) nahm seine Residenz in Chan-baligh, dem heutigen Peking (!). Hier fand ihn der berühmte Reisende Marco Polo. Während Mangu und Chubilai ihre Eroberungen von der Hochebene Asiens aus gegen Osten und Südosten fortsetzten, zog ihr Bruder Hulagu gegen Westen, und machte 1255 durch die Eroberung von Bagdad dem Chalifat ein Ende. Noch andere Mongolenhorden drangen bekanntlich bis Ungarn und Schlesien vor. Die Dynastie der Mongolen führt bei den Chinesen den Namen Yuan. Dieses Wort bezeichnet nach Kang-his Wörterbuch (dem besten chinesischen) „die grofse Kraft des Himmels und der Erde, welche alles Lebende ins Dasein ruft.” Abgeleitete Bedeutungen sind: 1) Anfang, Ursprung; 2) grofs, erhaben, gleichgeltend mit /a. In der letzteren ist das Wort hier zu nehmen (?). (') Es existirte früher eine Stadt, der die Nebendynastie der Ain im Jahr 1153 den Namen Tschung-tu, Residenz der Mitte, beigelegt hatte. T'schinghis- Chan zerstörte sie. Chubilai stellte sie wieder her und erbaute nahe dabei (nur 3 ä entfernt) eine neue Stadt Chan-baligh (Cambalu bei Marco Polo) d.i. königliche Stadt. Baligh oder Balik ist eine Ver- kürzung des mongolischen Wortes baigafsun, Stadt. Die Chinesen sagten dafür Tai-tu, grolse Residenz, oder Pe-king, Hof des Norden, im Gegensatz zu Nan-king, Hof des Süden. Die gewöhnlichste Benennung ist jetzt Äing-/se, die Hauptstadt. (2) Hr. Dr. Schott, dem ich die obige Belehrung verdanke, theilt mir noch folgende die Rechtschreibung einiger Namen betreffende Bemerkungen mit. Man findet in europäischen Büchern öfters Mogolen und Tartaren für Mongolen und Tataren. Ersteres Volk nennt sich selbst Mongghol. Tataren ist allein richtig. So schreiben die Araber, Perser, Osmanen, Austro-Sibirier, Russen und Mongolen, namentlich Ssanang-Ssetsen in der Schmidtschen Ausgabe seiner Geschichte der Ost-Mongolen, Petersburg 1529. (Man vergleiche die Anmerkung zu S.3 meiner Abhandlung über die Zeitrechnung von Chatä und Igür.) Die mongolischen Namen der Kaiser dieser Dynastie, die hier nach dem eben erwähnten mongolischen Geschichtschreiber gegeben werden, sind sämmtlich Appellativa. So z.B. heifst zernür bei den Mongolen Eisen, wofür die Osmanen Zimur oder demir sagen. Hh2 IpEsrLer XXX. Dynastie Ming. Geschichtliche Namen. Regierungsprädikate. LXVI. 45 1568 n. Chr. Tai-tsu. Hung- wu. LXVI. 115 1398 Kian-wen-t. _ — _ 20 1405 Tsching-tsu. Yung-lo. _ 43 1426 Dsjin-tsung. Hong-ki. _ 44 1427 Süen-tsung. Süen-ti. _ 54 1437 Yng-tsung. Tsching-tung. LXIX 1 1450 King-t. King-tai. — 15 1458 Yng-tsung. Tien-schün. _ 23 1466 Hien-tsung. Tsching-hoa. on 45 1488 Hiao-tsung. Hong-tschi. LXX 3 1506 Wu-tsung. Tsching -ti. _ 19 1522 Schi-tsung. Kia -tsing. LXXI 4 1567 Mu-tsung. Lung-king. _ 10 1573 Schin-tsung. Wan-l. _ 57 1620 Kuang-tsung. Tai-tschang. —_ 58 1621 Hi-tsung. Tien-ki. LXXI. 5 1628 Hoai-tsung. Tsung-tsching. Der Bonze Tsschü-yuan-ischang tritt in den Unruhen unter Schün-ti, dem letzten mongolischen Kaiser, zuerst 1355 als Parteigänger auf, findet Anhang und macht Eroberungen, die sich allmählig über ganz China verbrei- ten und sich mit dem Untergange der Dynastie Yuan endigen (!). Er nimmt 1368 den Kaisertitel an und nennt seine Regierung Hung-wu, seine Dynastie Ersteres heifst gewaltige Tapferkeit, letzteres Licht. Auch Sein geschichtlicher Name ist Tai- Ming. findet sich Tai-ming, grofses Licht. isu. Von jetzt an werden die Regierungsprädikate wichtig, indem sie noch oft gehört werden. Ich habe sie daher allen Kaisern dieser Dynastie bei- gefügt. kian-wen-ti, der Enkel des Tai-tsw, wird von seinem Oheim Tschü- Da er nicht stirbt, sondern als Bonze verkleidet entkommt, so mufs dieses Jahr schon tai, Fürsten von Yen, im Jahr 1403 vom Thron gestofsen. (') Man vergleiche den Artikel, den Abel-R&musat über ihn in seinen Nowv. Melanges Asiatiques, Tom. 1, p. 4 ff. giebt. über die Zeitrechnung der Chinesen. 243 als das erste des neuen Regenten betrachtet werden, dem es auch das MWan- nian-schu beilegt, dahingegen die Histoire generale de la Chine, die von den Ming an eine blofse Compilation ist (das Aang-mu geht nur bis auf den Schlufs der Dynastie Yuan), die Regierung des Tssching-tsu erst mit 1404 anfängt. Adan-wen-ti lebte in der Verbannung bis zum Jahr 1441, in wel- chem er erkannt und an den Hof berufen wurde, wo er seine Tage als Pri- vatmann beschlofs. T'sching-tsu, der seiner Regierung das Prädikat Yung-lo beigelegt hatte, verordnete, dafs die Regierung seines Neffen unter dem Prä- dikat Hung-wu, des Stifters der Dynastie, mit begriffen sein sollte. Süen-tsung stirbt im Anfange des Jahrs 1436. Sein achtjähriger Sohn Yng-tsung folgt ihm unter der Vormundschaft seiner Grofsmutter, welche das Jahr 1437 für sein erstes erklärt, dem Herkommen gemäfs. Das Wan- nian-schu legt ihm schon das Jahr 1436 bei. Fng-tsung verliert 1450 eine Schlacht gegen die Tataren und geräth in Gefangenschaft, worauf sein Bruder Aing-ti den Thron besteigt. Er kehrt zwar 1451 zurück, gelangt aber erst 1458 während Aing-ti's Krank- heit und nach dessen Tode wieder zur Regierung. Seine Verwaltung führt zwei Namen, Tisching-tung für die erste, Tien-schün für die zweite Periode. Schin-tsung und Auang-tsung starben beide im Jahr 1620. Letzte- rer hat nur zwei Monate regiert. Unter Hoai-tsung war das Reich von den Mandschu-Tataren be- droht und im Innern von Rebellen erschüttert. Erstere hatten sich der Hauptstadt genähert und letztere sie erobert, als der Kaiser durch einen frei- willigen Tod der Dynastie Ming 1644 im dritten Monat des chinesischen Jahrs ein Ende machte. XXI. Dynastie Tsing (der Mandschus oder östlichen Tataren). ma Regierungsprädikate. LXXI. 21 1644 n. Chr. Schi-tsu-tschang. Schün-tschi. _ 39 1662 Sching-tsu-dsjin. Khang-hi. LXXIL. 40 1723 Schi-tsung-hien. Yung-tsching. —_ 59 1736 Kao-tsung-schün. _ Khian-lung. LXXIV. 53 1796 Dsjin-tsung-dsjw. _ Kia-khing. EXNXV: 18 1821 _ _ Tao -kuang. 244 Ipverer Zur Vollständigkeit der geschichtlichen Namen gehört noch Aoang-ti, erhabener Monarch, z.B. Schi-tsu-tschang-hoang-ti, wofür auch ab- gekürzt Tschang-hoang-ti gesagt wird. Eben so kommt Dsjin- hoang-ti, Hien- hoang-ti u. s. w. vor. Die Mandschus (!), die jetzt in China herrschen, stammen zunächst von den Ain ab, einem tatarischen Volke, das 120 Jahre lang einen Theil des nördlichen Chinas in Besitz hatte. Von den Mongolen vertrieben, zogen sie sich in ihre alten Wohnsitze im Norden von Corea zurück, wo sie sich in sieben Horden unter eben so vielen Chans theilten. Im Jahr 1586 unter der Regierung Wan-li näherten sie sich China aufs neue und gewan- nen Sitze in Leao-tang. Die Chinesen tödteten verrätherischer Weise ihren Anführer, worauf dessen Sohn Tai-tsu, den die Mandschus als den Stifter ihrer Dynastie betrachten, vordrang und seine Residenz in Mukden nahm. Ihm folgte 1625 sein Sohn Tai-tsung, der, eben so kriegerisch, bis gegen Peking vorrückte und 1635 den Titel eines Kaisers von China annahm. Er legte seiner Dynastie den Namen T'sing, der reinen, oder Tai-tsing, der sehr reinen, bei, starb aber schon 1636 und hinterliefs keinen Sohn. Nun trat ein achtjähriges Interregnum ein, während dessen die Mandschus in einer Art republikanischer Verfassung lebten. Die inneren Unruhen Chi- nas und die Chinesen selbst, die ihre Hülfe gegen die Empörer suchten, beriefen sie zu neuer Thätigkeit. Sie besetzten Peking und erhoben 1644 im fünften Monat des chinesischen Jahrs einen Neffen des Tai-isung auf den Thron. Dieser nahm das Regierungsprädikat Schün-tschi, glückliche Herrschaft, an, und wird von den Chinesen als der erste Kaiser der Mand- schu-Dynastie betrachtet. Ihm sind bis jetzt fünf Kaiser vom Vater auf den Sohn gefolgt, und China hat sich unter ihnen einer festen und im Gan- zen glorreichen Regierung erfreuet, besonders unter Ahang-hi (tiefer Frieden) und Ahian-lung (Schutz des Himmels), die zu den ausge- zeichnetsten Regenten gehören, welche die Weltgeschichte kennt. Man sehe die vortrefllichen biographischen Artikel, die Abel-Remusat im zwei- ten Bande seiner Vowweaux Melanges Asiatiques über sie gegeben hat, worin auch von ihren Verdiensten um die chinesische Literatur die Rede ist. (') Der Ursprung des Namens Mandschu, den sich dieses tatarische Volk selbst beilegt, liegt im Dunkeln. S. Abel-R&musat Recherches sur les langues Tartares p.14 ff. Die beiden chinesischen Charaktere, wodurch der Name ausgedrückt wird, sind Man-ischeu auszusprechen. WYVULmLU UV über die Zeitrechnung der Chinesen. 1. Tafel zur Reduction der cyklischen Data. 1 tng-tscheu 14 2 dsjin-u 19 3 ting-hai 24 4 dsjin-tschin 29 5 wu-su 35 6 kuei-mao 40 7 wu-schin 45 8 kuei-tscheu 50 9 ki-wei 56 10 kia-tsö 1 11 ki-fse 6 12 kia-su il 13 keng-tschn 17 14 y-yeu 22 15 keng-yn 27 16 y-wei 32 17 sin-tscheu 38 18 ping-u 43 19 sin-hai 48 20 ping-tschin 53 21 dsjin-su 59 22 ting-mao 4 23 dsjin-schin g 24 ting-tscheu 14 25 kuei-wei 20 26 wu-tsö 25 Di: kuei- ‚Sse 30 28 wu-su 35 29 kia-tschin 44 30 _ ki-yeu 46 19 ou 31 kia-yn 51 32 ki-wei 56 33 Y-tscheu 2 34 keng-u 7 35 y-hai 12 36 keng-tschin 17 37 ping-su 23 33 sin-mao 28 39 ping-schin 3 40 sin-tscheu 38 41 ting-wei 44 42 dsjin-tsö 49 43 ting-se 54 44 dsjin-su 59 45 wu-tschin 5 46 kuei-yeu 10 47 wu-yn 15 48 kuei-wei 20 49 ki-tscheu 26 50 kia-u 31 51 ki-hai 36 52 kia-tschin 41 535 keng-su 47 54 y-mao 52 55 keng-schn 57 56 y-tscheu 2 57 sin-wei 8 58 ping-tsö 13 59 .. sin-/se 18 60 ping-su 23 246 IDEsrLer 61 dsjin-tschin 29 71 kia-schin 21 2 ling-yeu 34 b. 72 ki-tscheu 26 63 dsjin-yn 39 175 y-wei 32 b. 64 ting-wei 44 74 keng-tsö 37 65 Auei-tscheu 50 175 Se 42 66 wu-u 55 b. 76 keng-su 47 67 kuei-hai 60 77 ping-tschin 53 b. 68 wu-tschin 5 178 sin-yeu 58 69 kia-su 44 79 ping-yn 6) 70 ki-mao 16 b. 80 sin-wei 8 81 ting-tscheu 44 Dafs erst nach Ablauf von 80 unserer Jahre, wie oben S. 209 behaup- tet ist, dieselben julianischen Data zu denselben cyklischen Tagen der Chi- nesen zurückkehren, ergiebt sich aus folgender einfachen Darstellung: nach 4 julianischen Jahren schreitet ein bestimmtes Datum, z.B. der 1. Januar, im Sexagesimaleyklus um 3.5-+6 = 21 Tage vor. Dies giebt für den 20 mal gröfseren Zeitraum oder für 80 julianische Jahre einen Vorschritt von 7.3.20 = 7.60 Tagen oder von gerade 7 Cykeln oder Sexagesimalwochen, so dafs sich nach 80 Jahren alles ausgleicht. Dies zeigt auch ein Blick auf obige Tafel, welche die Charaktere des Sexagesimaleyklus kennen lehrt, die dem 1. Januar der ersten 80 Jahre der christlichen Are entsprechen. Das 81“ Jahr fängt, wie man sieht, mit eben den cyklischen Charakteren an, wie das erste, und nimmt zugleich dieselbe Stelle im 4jährigen julianischen Schalteirkel ein. Schon Des-Vignoles erkannte dies (!), und gründete hierauf eine Tafel zur Reduction der ceyklischen Data auf den julianischen Kalender, die aber wenig Bequemlichkeit gewährt. Weit einfacher und sicherer gelangt man vermittelst der vorstehenden Tafel zum Ziel. Sie findet sich meines Wissens zuerst bei Gaubil (?) unter dem Titel: Caracteres Chinois du pre- mier Janvier de chaque annde d'une periode de 80 ans. Er hat sie so geord- net, dafs ihr erstes Jahr dem 1" v. Chr. entspricht. Um sie zum Gebrauch noch bequemer einzurichten, habe ich sie dahin verändert, dafs sie sich an (') Miscell. Berolin. Tom.IV, p. 44. (*) Traite p. 191. Letter. edif. p.442 und 443. über die Zeitrechnung der Chinesen. 247 die ersten SO Jahre unserer Äre anschliefst und leicht auf alle folgende oder vorhergehende 80 Jahre übertragen werden kann. Um ihre Richtigkeit zu prüfen, darf man nur die cyklischen Charak- tere irgend eines Tages unserer Zeitrechnung kennen. So war nach Ulug Begh (!) der 8. Schevval des Jahrs 847 der Hidschret d.i. der 28. Januar 1444 der 56° Tag der Sexagesimalwoche. Der 1. Januar war mit- hin der 29 Tag derselben mit den Charakteren dsjin-tschin, welches auch wirklich in unserer Tafel die Charaktere des 1. Januar 1444, des vierten im S0jährigen Cyklus, sind. Obgleich oben bereits das Nöthige über den Gebrauch dieser Tafel beigebracht ist, wird es doch nicht überflüssig sein, denselben noch durch einige Beispiele weiter zu erläutern. In den chinesischen Annalen wird eine Sonnenfinsternifs erwähnt, die sich im sechzehnten Jahr des Kaisers Mu-ti der Dynastie T'sin, d. i. im Jahr 360 n. Chr., am ersten Tage des achten Monats mit den Charakteren sin- tscheu ereignet hat (?). Das Jahr 360 ist das 40"° des SOjährigen Cyklus. Der 1. Januar ist also der Tag sin-tscheu oder der 38“ der Sexagesimalwoche, und dieser cyklische Tag kehrte unter andern am 28. August wieder (360 ist ein Schaltjahr). Der achte Monat des chinesischen Jahrs ist aber seit der Dynastie Han derjenige, in welchem die Sonne in die Wage tritt (S. 202). Da nun die Finsternifs am ersten Tage des achten Monats statt gefunden ha- ben soll, so kann kein anderer Tag des Jahrs 360 gemeint sein, als eben der 28. August, an welchem sich auch eine in China sichtbare Sonnenfinsternifs ereignet hat. Um ein Beispiel von einem Jahr vor Christi Geburt zu geben, wähle ich die Sonnenfinsternifs, deren sich Gaubil bedient hat, um die Epoche der Han festzustellen (?). Sie hat sich im neunten Jahr des Tai-isu, des Stifters dieser Dynastie, am Tage y-wei, dem letzten des sechsten Monats, (') Epochae celebriores ed. Gravii, p.55. Vergl. meine Abhandlung über die Zeitrech- nung von Chatä und Igür in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahr 1832, S.279 und 283. (?) Histoire generale de la Chine, Tom.IV, p.411. Gaubil, Traie p.194. . (?) Traite p. 202. Philos.- histor. Abhandl. 1837. li 248 IpbEerer ereignet. Hat die Dynastie im Jahr 206 v. Chr. begonnen, so ist 198 ihr neuntes Jahr. Um ein Jahr v. Chr. auf den S0jährigen Cyklus zu bringen, ziehe man es von derjenigen unter den Zahlen S1, 161, 241, 321, 401, 481, 561, 641, 74, 801... ab, die jedesmal zunächst gröfser ist, also hier 198 von 241. Man erhält 43. In diesem Jahr des Cyklus ist der 1. Januar der Tag ting- fse, der 54" der Sexagesimalwoche. Dieselben Charaktere kehren am 2. März, 1. Mai und 30. Junius wieder. Wenn wir nun von letzterem Datum, als dem 54°“ Tage, bis zu y-wei, dem 32“ der nächsten Woche, fortgehen, so gelangen wir zum 7. August, welches der Tag der Finsternifs sein mufs, weil vom letzten Tage des sechsten Monats die Rede ist, sich also die Sonne im Löwen befand. Es ereignete sich auch wirklich an diesem Tage eine für Si-ngan-fu, die Residenz der westlichen Han, beträchtliche Sonnenfinsternifs, und da viele Jahre vor und nach 198 keine Sonnenfinsternifs unter gleichen Umstän- den eingetreten ist, so ergiebt sich das Jahr 206 v. Chr. als das vollkommen zuverlässige Anfangsjahr der Dynastie Han. Man ersieht hieraus, welchen Nutzen die Sonnenfinsternisse zur Anordnung der historischen Chronologie der Chinesen gewähren. Gaubil sagt ('), dafs in den chinesischen Annalen seit den Han die Finsternisse immer mit den Charakteren des Jahrs und des Tages, und mit den Ordnungszahlen des Monats bezeichnet sind. Wenn man nun erwägt, dafs Jahrhunderte hingehen, ehe eine Sonnenfinsternifs mit denselben Charakteren des Jahrs und des Tages wiederkehrt, so wird man ihm Recht geben, wenn er behauptet, dafs dergleichen Angaben eine chronologie indubitable bilden. Bei den Finsternissen vor den Han fehlen entweder die Charaktere des Jahrs, oder man ist wenigstens nicht gewifs, dafs sie von gleichzeitigen Schriftstellern beigefügt sind. Man kennt aber die Reihenfolge der Regierungen rückwärts bis zu sehr entfernten Zeiten, und so läfst sich, wenn nur die Charaktere des Tages, die Ordnungszahl des Monats und das Regentenjahr bekannt sind, das Datum der Finsternifs sicher ermit- teln, und die Finsternifs dient dann ihrerseits zur Feststellung der Chrono- logie. Dies gilt von den uns im T'schün-tsieu des Confucius aufbewahrten Sonnenfinsternissen. >) Traite p- 195. über die Zeitrechnung der Chinesen. 249 Die Tafel des 50jährigen Cyklus ist auf den julianischen Kalender gegründet. Ist von Zeiten nach der gregorianischen Reform die Rede, so mufs der Unterschied beider Kalender gehörig beachtet werden. Für diesen Fall diene eine vom P. Verbiest berechnete und beobachtete Sonnen- finsternifs (1). Sie ereignete sich im achten Jahr A’hang-hi am ersten Tage des vierten Monats, d. i. am 30. April 1669 (?). Die Finsternifs trat am Tage kuei-hai oder am letzten Tage der Sexagesimalwoche ein. Das Jahr 1669 ist das 69““ des 80jährigen Cyklus, in welchem der 1. Januar der Tag kia-su, der 11‘ der Sexagesimalwoche, war. Diese Charaktere kehren am 2. März wieder, und gehen wir vom 11“ Tage bis zum 60“ fort, so gelan- gen wir zum 20. April alten oder 30. April neuen Stils. Die Jesuiten in China rechnen immer nach dem neuen Kalender, der bekanntlich von 1582 an durch das ganze siebzehnte Jahrhundert um 10, im achtzehnten um 11 8 und im gegenwärtigen neunzehnten um 12 Tage mehr zählt, als der alte. Kennt man die Charaktere des Tages, mit welchem ein chinesisches Jahr anfängt, so kann man leicht und bestimmt das gregorianische Datum desselben finden, welches allemal von dem 21. Januar und 20. Februar als seinen Grenzen eingeschlossen ist. So fängt das jetzige 17“ Jahr Tao-kuang mit dem Tage ki-mao, dem 16 der Sexagesimalwoche, an. Da nun der 1. Januar 1537 die Cykelzahl 53 im alten, 41 im neuen Kalender hat, so ergiebt sich durch Weiterzählen, dafs die Cykelzahl 16 innerhalb jener Gren- zen dem 5. Februar entspricht. Wenn man umgekehrt unser Datum des chinesischen Neujahrstages kennt, so läfst sich eben so leicht die ihm zukom- mende Cykelzahl finden. Der S0jährige Cyklus dient also zur gegenseitigen Vergleichung der Cykelzahlen der chinesischen Tage und der Data unsers Kalenders. Bei der Reduction der ersteren auf die letzteren mufs immer zugleich der chinesische Monat gegeben sein, weil einerlei Cykelzahl im chinesischen Gemeinjahr sechs, im Schaltjahr sieben verschiedenen Tagen des Jahrs angehört. In den chinesischen Kalendern sind jedem Tage des Jahrs seine cykli- schen Charaktere beigeschrieben, die jedoch im bürgerlichen Leben beim Datiren fast nie erwähnt werden, indem man sich begnügt, das Regierungs- (') Des-Vignoles a.a. O. p. 50. (2) Man sehe den Kalender dieses Jahrs in der dritten Beilage. 7 250 IpveEerer jahr des Kaisers, die Ordnungszahl des Monats und das Datum zu nennen. Ein anderes ist es, wenn zum Behuf der Geschichte ein Zeitpunkt mit grofser Genauigkeit bestimmt werden soll. Auch die Chinesen haben ehemals den S0jährigen Cyklus gebraucht, um die cyklischen Charaktere eines jeden Tages ihres Sonnenjahrs zu finden, als sie dasselbe noch der Dauer unsers julianischen Jahrs gleichsetzten. Zu dem Ende durften sie nur eben so von dem Tage der Winterwende ausgehen, wie wir oben vom 1. Januar, und einem jeden ihrer 24 Zsie-khi eine be- stimmte Zahl von 15 oder 16 Tagen beilegen. Schon Hoai-nan-tse soll nach Gaubil (1) mehr als 100 Jahre v. Chr. sich des SOjährigen Cyklus zu diesem Zweck bedient haben. (') Treite, p. 197. wiriirnrirrnienV über die Zeitrechnung der Chinesen. 951 IT. Kalender aller Jahre der jetzigen Dynastie nach dem W an-nian-schu. Das IW an-nian-schu giebt in seiner zweiten Abtheilung eine Übersicht der Kalender aller Jahre der jetzt regierenden Dynastie bis zum funfzehnten des Kaisers Tao-kuang. Man entnimmt aus derselben einmal den Jahranfang und die Dauer eines jeden Monats, und zweitens Tag und Stunde des Anfangs der 24 Zsie-khi oder Abschnitte des Sonnenjahrs. Der zweite Punkt hat für das Ausland kein erhebliches Interesse. Desto wichtiger ist der erste, weil wir dadurch in den Stand gesetzt werden, jedes chinesische Datum seit «lem Jahr 1644 mit Leichtigkeit auf unsern Kalender zu reduciren. Bevor ich die tabellarische Übersicht dieser Kalender mittheile, halte ich es für nöthig, die chinesische Form derselben auseinander zu setzen, was Gelegenheit geben wird, mehrere Punkte der chinesischen Zeitrechnung näher zu erläutern. Als Beispiel wähle ich das zweite Jahr Tao-kuang, eines Schaltjahrs, welches den 23. Januar 1822 anfing und mit dem 10. Fe- bruar 1523 endigte. Zur Vergleichung stehe hier zuvörderst eine Berech- nung der Neumonde und der anfangenden Zsie-khi für den Meridian von Peking. Neumonde. Tsie-Ichi. ee Tr \ | ____ espeiiii I: 23. Januar 1822. 1 U. 10’Ab. | 1) Zi-tschün 4.Febr. 1822. 3 U. 12'Ab. 2) Fü-schw 19 — 11 29M. 1. 22. Februar 3 20M. | 5) King-tschi 6. März 10 9M. 4) Tschün-fen 21 — 11 435M. Ill. 23. März 2 54 Ab. | 5) T'sing-ming 5. April 4° 23 Ab. 6) Ku-yü 21 — 12 12M. dsjün 22. April 12 2M. | 7) Ei-hia 6. Mai 11 6M. 252 Neumonde. je {1 U Ten Iperer Tsie - khi. I IV. 21.Mai 1822 7U. 29M. 8) Siao-man 22. Mai 1822 12 U. 33’M. 9) Mang-tschung 6. Junius 4 A1Ab. V. 49. Junius 2 18 Ab. | 10) Hia-tschi 2 — 9 5M. " 11) Stao-schu 8. Julius 2 40M. VI. 18. Julius 9 45Abh. | 12) Ta-schu 23 — 1 51. Ab: 13) Zi-tsieu 8. August 12 7 Ab. VII. 17. August 7 2M. | 14) Tschü-schu 24 — 2 19M. 15) Pe-Iu 8. September 2 _ 12Ab. VII. 15. September 6 46Ab. | 16) Tsieu-fen 23 — 10 57Ab. 17) Han-lu 9.Oktober 4 46M. IX. 15. Oktober 9 18M. | 18) Schuang-kiang 24 — M 9M. 19) Li-tung 8.November 6 44M. X. 14. November 2 22M. | 20) Siao -stüe 23 — 3 .,34M. 21) Ta-stüe 7. December 10 34Ab. XI. 13.Decembr 9 16Ab. | 22) Tung-tschh 2 — 4 4 Ab. 25) Siao-han 6. Jan. 18235. 9 16M. XI. 12.Jan. 1825. 4 39Ab. | 24) Ta-han 1 — 2 33M. 1) Zi-tschün 4. Februar 9 6 Ab. I. 11. Febr. 1823. 10 46M. | 2) Yü-schui 19. Febr. 1823.5 18 Ab. Die Monate fangen allemal an den Tagen an, auf welche unter dem Meridian von Peking die wahren Neumonde treffen. sie in diesem Jahr von folgender Dauer sind: I: 30 Tage. II. 293 — II. 30 — dsjün 29 — IV. 293 — Nr 29 — v1. 30 — Vergleicht man die Anfänge der VII. 29 Tage. vm. 30 — X. 30 — X. 293 — x. 350 — XI. 30 — Dauer des Jahrs une. 384 Tage. Man sieht also, dafs tsie-khi mit denen der Monate, so ergiebt sich, dafs der Au-yü am 21. April und ein Monat am 22. April, ferner dafs der folgende Monat am 21. Mai und der Siao-man am 22. Mai anfängt. Da nun der Au-yü dem Eintritt der Sonne in den Stier und der Siao-man ihrem Eintritt in die Zwillinge entspricht, so erhellt, dafs im vierten Monat, vom über die Zeitrechnung der Chinesen. Anfange des Jahrs gerechnet, kein Eintritt der Sonne in ein neues Zeichen erfolgt, dafs also derselbe der Schaltmonat ist. Alles dies stimmt vollkommen mit dem Kalender überein, den das Form folgender ın -schu von dem in Rede stehenden Jahr an-nıan W tsching-yue lsjün-yue ta siao ta siao siao ting ling ping ping Y wei, se, mao | tscheu, hai, yeu| u, tschin, yn |tsö, su, schin | [se, mao, tscheu 13 13 14 15 17 20 22 schin tscheu schin u tscheu yn u li-tschün king-tschi tsing-ming li-hia mang-tschung siao-schu li-tsieu u u tsö 1sö se su 232°. 28 30 2 ug 63” hai su yeu schin wei u Vo. VII. IX. 3. xl. XU. siao ta ta siao ta ta kuei dsjin dsjin dsjin sin sin yeu, wei, fse| yn, tsö, su schin, u, tschin y, tsö, su wei, [se, mao |tscheu, hai, yeu 23 25 25 24 25 24 wei mao tschin Isö Sse hai pe-lu han-Iu li-tung ta -siüe siao-han li-tschün a 1sö tschin yn schin tscheu 9 10 10 10 108 tschin mao yn ischeu 150 kia kuei su, schin, u |mao,tscheu, hai IpDerLer In) ou in Bei dieser in dem chinesischen Original eine Oktavseite einnehmen- den Tafel steht, dafs sie für das zweite Jahr Tao-kuang mit der Cykel- zahl 19 gelte. Zu ihrer Erläuterung bemerke ich Folgendes: In der ersten und fünften horizontalen Columne sind die Ordnungszahlen und Längen der Monate angegeben. Der erste Monat ist mit den Uharakteren tsching-yue (S. 214), geweihter Monat, und der vierte, vom Anfange des Jahrs ge- rechnet, mit den Charakteren dsjün-yue, Schaltmonat, bezeichnet. Die übrigen sind durch die gewöhnlichen Zahlcharaktere angedeutet, wofür ich römische geschrieben habe. Die Wörter /a und siao, grofs und klein, geben zu erkennen, ob der Monat 30 oder 29 Tage hält. In der zweiten und sechsten Columne sieht man oben einen Charakter des Decimal- und unten drei des Duodecimaleyklus. Der erste, mit den letzteren einzeln verbunden, wie ting-wei, ting-/se, ting-mao, d.i. 44, -54, 4, macht die Stellen bemerklich, welche der erste, elfte und einundzwan- zigste Tag des jedesmaligen Monats einnehmen, wodurch sich bestättigt, was oben (a. a. OÖ.) von einer Dekadeneintheilung des chinesischen Monats angedeutet ist. Hier sind die Zahlwerthe für sämmtliche Monate: 1. Mk O5 04 vIL 10.20 30 1. 1 24 34 VII. 39 49 59 . 3.58- 3 x. 9.19 29 dsjün. 13 2% 33 X. 39 49 59 V.- 2 592.2 xL 8. 18.28 v mn a 3 XII. 38 48 58 VL 40 50 60 Mit Hülfe des 80jährigen Cyklus (Beil. II.) findet man leicht, dafs der 23. Januar, mit welchem der erste Monat anfängt, wirklich der 44°“ Tag der Sexagesimalwoche ist, und aus der Dauer eines jeden Monats ergiebt sich eben so leicht die Richtigkeit der ersten Zahl im folgenden. Man kann hiernach eine Monatstafel entwerfen, worin jedem Tage des chinesischen Jahrs unser Datum und die Cykelzahl beigeschrieben ist. In der dritten und siebenten Columne werden zuerst die Monatstage angegeben, mit denen die ungeraden Zsie-khi, die den Mitten der Himmels- zeichen vom 15 Grade des Wassermanns an entsprechen, ihren Anfang nehmen. Die Benennungen derselben finden sich unterhalb. Wenn man von dem Anfangstage eines Monats einschliefslich bis zum Anfange des jedes- über die Zeitrechnung der Chinesen. 255 maligen Zsie-khi fortgeht, so stellen sich diese Zahlen durchgehends als rich- tig dar. In der Mitte stehen Charaktere des Duodecimalcyklus, welche die chinesische Stunde des Anfanges der Zsie-khi bezeichnen sollen. Die zwölf Tagesabschnitte — schi — der Chinesen (S. 211) sind: 1) tsö von 41 U.Ab. bis 1 U.M. Tu von 11 U.M. bis 1 U. Ab. 2) tscheu von A bis 3U.M. 8) we von A bis 3U.Ab. 5) yn von öbis 5U.M. 9) schin von 3 bis 5U. Ab. 4) mao von 5bis 7U.M. 10) yu von 5bis 7U.Ab. 5) tschin von 7 bis 9U.M. 11) su: von “Ibis 9U.Ab. 6) Sse von 9 bis 11 U.M. 12) hai von 9 bis il U. Ab. Vergleicht man nun die chinesischen Stunden der Tafel mit den europäi- schen in obiger Berechnung des Jahrs, so ergiebt sich, dafs die Zahlen beim ersten und dritten Monat, beim Schaltmonat, und beim sechsten, sie- benten, elften und zwölften richtig sind, dafs beim fünften, achten, neunten und zehnten die um 1 gröfsere Zahl steht, und dafs beim zweiten 2 statt 6, beim vierten 2 statt 9 gesetzt ist, wobei entweder Schreib- oder Rechnungs- fehler im Spiel sind. In der vierten und achten Columne endlich sind die Monatstage des Anfanges der geraden tsie-khi oder der Eintritte der Sonne in die Zeichen der Ekliptik, von den Fischen an gerechnet, richtig angegeben. Auf den Schaltmonat trifft seinem Wesen nach kein Eintritt der Sonne in ein neues Zeichen. Hinter jeder Zahl stehen zwei Charaktere des Duodecimalcyklus. Der oberste giebt die Stunde des jedesmaligen Eintritts dieser Zsie-khi, und zwar ganz richtig, mit Ausnahme des siebenten und achten Monats, wo 3 für 2 und 1 für 12 steht. Der unterste nennt statt des Zsie-khi das zugehö- rige Zeichen der Ekliptik. Die Zeichen werden von den Chinesen mit den Charakteren des Duodecimalcyklus wie folgt benannt: „+ hai 412 np Se 6 you 11 wu tschin 5 Y yeu 40 m mao 4 ıt schin 9 zZ ym 6) 5 wei be) 5 tscheu 2 n u 7 also 1 Philos.- histor. Abhandl. 1837. Kk 256 IDELER Sie heifsen kung, was Bayer (!) durch palatia regia seu domos caelestes übersetzt. Den cyklischen Charakteren wird in diesem Falle der Cha- rakter kung beigefügt, wie hai-kung, su-kung. Ein Mehreres hiervon unten im neunten Nachtrage. Ich habe nun in der nachstehenden Tafel für die 192 Jahre vom An- fange der jetzigen Dynastie bis 1835 aus dem /J’an-nian-schu zusammen- gestellt, was zu wissen nöthig ist, um ein jedes chinesische Datum aus diesem Zeitraum bequem auf unseren Kalender reduciren zu können. Den Inhalt der drei ersten Golumnen geben die Überschriften hin- länglich zu erkennen. Ich bemerke nur, dafs von dem chinesischen Jahr der elfte Monat zuweilen, der zwölfte allemal in unser nächstfolgendes übertritt. Die vierte Columne nennt die entsprechenden Jahre des 19jährigen Mondeyklus der Chinesen. Ehe sie ihre Neumonde nach jJetziger Weise astronomisch berechneten, bedienten sie sich zur Anordnung ihres Kalenders auch des bekannten Metonischen Cyklus von 235 Mondwechseln, dessen Spuren man mit Sicherheit bis zur Dynastie der Han zurückverfolgen kann. Sie nennen ihn Zschang. Ungeachtet sie von ihm keinen Gebrauch mehr machen, so pflegen sie doch in ihren Kalendern noch immer sein laufendes Jahr zu nennen. So waren die ersten 11 Jahre Yung-tsching (1723 bis 1735), aus denen Bayer Kalender vor sich hatte (?), das 13 bis 4“ des tschang. Hieraus folgert man leicht, dafs der Rest der Division unserer Jahrzahl durch 19 allemal das laufende Jahr des ischang giebt. Das d. bezeichnet die Schaltjahre. Ein Mehreres von diesem Cyklus im zehnten Nachtrage. Die fünfte und sechste Columne geben den Anfangstag des chinesischen Jahrs im Sexagesimaleyklus und im gregorianischen Kalender, die zwölf fol- genden die Dauer der einzelnen Monate, und die letzte die Tagsumme des Jahrs. Wo in einer Monatscolumne zwei Zahlen stehen, bezeichnet die erste die Dauer des gewöhnlichen, die zweite die des ihm folgenden Schaltmonats. Das Wan-nian-schuw geht nur bis zum Jahr .1835. Die letzten 5 Jahre habe ich hinzugefügt. Im zwölften Jahre Tao-kuang (1832) tritt der Schaltmonat, der 1795 angefangen hatte, in das neunte Jahr des 19jJährigen Mondeyklus hinüber zu (%) Theoph. Siegefr. Bayer de Horis Sinicis (Petropoli 1735, 4) p- 30. (2) Ebend. p. 23 ff. über die Zeitrechnung der Chinesen. 297 schwanken noch einmal in das achte zurück, und zwar unter Umständen, die eine nähere Erwägung verdienen. Die Data der Neumonde und der Ein- tritte der Sonne in die Zeichen sind vom achten Monat an folgende: Neumonde. Eintritte der Sonne. DD ——— VIII. 26. August 1832. wu 23. September 1832. IN. 24. September. m 23. Oktober. dsjün 24. Oktober. X 22. November. 22. November. 22. December. . T XI. 22. December. e> »x 20. Januar 1839. H XI.-.:24: Januar 1833. 19. Februar. 1. 20. Februar. I. 21. März. y 21. März. Befremdender Weise findet hier in zwei nicht weit von einander ent- fernten Monaten kein Übergang der Sonne in ein neues Zeichen statt. Man kann daher einen Augenblick über den eigentlichen Sitz des Schaltmonats zweifelhaft sein. Dafs aber der Kalender richtig geordnet ist, erhellet so- gleich daraus, dafs der Eintritt der Sonne in die Wage im achten, ihr Eintritt in den Steinbock im elften, ihr Eintritt in den Widder im zweiten Monat er- folgt, ganz der uralten Vorschrift gemäfs. Das Befremdende der Sache liegt darin, dafs auf den elften Monat zwei Eintritte der Sonne in ein neues Zei- chen treffen, welcher Fall sehr selten vorkommt, wovon die Folge nothwen- dig die ist, dafs bald nachher in einem Monat gar kein Eintritt statt findet. Zur Erläuterung hiervon bemerke ich Folgendes. In unserer Kalendertafel tritt der dsjün, der dem Prineip nach jedem Monat des Jahrs folgen kann, nicht Ein Mal nach dem elften, zwölften und ersten Monat ein. Die Sonne verweilt nämlich im Schützen zu unserer Zeit 29 Tage 13 Stunden, im Stein- bock, wo das Perihelium liegt, also ihre Bewegung am schnellsten ist, 29 T. 41 St., im Wassermann 29 T. 15 St. Die in dieser Gegend anfangenden bürgerlichen Monate sind daher, wenn sie, wie hier der elfte Monat, 30 Tage halten, länger als die durch die Eintritte der Sonne in die Zeichen be- dingten Sonnenmonate, und wenn sie auch bei einer Länge von nur 29 Ta- gen kürzer sind, so wird es sich gleichwol nur sehr selten so treffen, dafs ein bürgerlicher Monat ganz von den Grenzen eines und desselben Zeichens eingeschlossen ist; ja es kann sogar, wie hier, der Fall eintreten, dafs zwei Übergänge der Sonne in ein neues Zeichen Einem Monat angehören. Kk2 Christl. Jahre. 1644 1645 1647 1648 1649 1650 1652 1653 1654 1655 1656 1657 1658 1659 1660 1662 1663 1664 1665 1667 1668 1669 1670 1646 1651 1661 1666 Cykel-Jahre. LXXU. 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Regierungs-Jahre. Schün-tschi. Kang-hi. 1 IpDErLeEr Kalendertafel für alle Jahr Eee Mond- Neujahrstage. Cyklus. Cykelzahl. Datum. 10 keng-yn 27 8. Februar | db. 11 y-yeu 22 28. Januar 12 ki-yeu 46 16. Februar 13 kuei-mao 40 5. Februar b. 14 ling-yeu 34 25. Januar 15 keng-schin 57 11. Februar 16 y-mao 52 1. Februar b. 17 ki-yeu 46 21. Januar 18 kuei-yeu 10 9. Februar b. 19 wu-tschin 5 29. Januar 1 dsjin-tschin 29 17. Februar 2 ping-su 23 6. Februar be u8 keng-tschin 17 26. Januar 4 kia -tschin al 13. Februar 5 WU-SU 35 2. Februar b. 6 kuei-fse 30 23. Januar 7 ting-fse 54 11. Februar b. 8 sin-hai 48 30. Januar 9 Y-hai 12 18. Februar 10 keng-u 7 8. Februar bzsal kia-tsö 1 28. Januar 12 wu-tsö 25 15. Februar 13 dsjin-u 19 4. Februar b. 14 ping-tsö 13 24. Januar 15 keng-tsö 37 12. Februar 16 y-wei 32 1. Februar b. 7 ki-tscheu 26 21. Januar über die Zeitrechnung der Chinesen. 259 er jetzt herrschenden Dynastie. Tag- summe, Vo. VII. 260 Ipsver Te | rg Cykel-Jahre. Regierungs -Jahre. ee R Neujahrstage. T. . ykelzahl. Datum. 1671 LXXIL 48 Kang-hi. 10 18 kuei-tscheu 50 9. Februar 30 1672 49 11 b. 29 wu-schin 45 30. Januar 29 1673 50 12 1 dsjin-schin 9 17. Februar 29 1674 51 13 2 ping-yn 3 6. Februar 29 1675 52 14 b. 3 keng-schin 57 26. Januar 29 1676 53 15 4 kia-schin 21 14. Februar 29° 1677 54 16 5 wu-yn 15 2. Februar 30 1678 55 17 b. 6 kuei-yeu 10 23. Januar 29 1679 56 18 7 ling-yeu 34 11. Februar 29 1680 57 19 b. 8 | sin-mao: 28 31. Januar 30 1681 58 20 9 y-mao 52 18. Februar 30 1682 59 21 10 ki-yeu 46 7. Februar 30 1683 60 22 db. ı kuei-mao 40 27. Januar 30 1684 LXXII. ı 23 12 ling-mao 4 15. Februar 30 1685 2 24 13 sin-yeu 58 3. Februar 30 1686 3 25 b. 14 ping-tschin 53 24. Januar 29 1687 4 26 15 keng-tschin 17 12. Februar 29 1688 5 27 16 | y-hai 12 2. Februar 29 1689 6 28 b. 17 ki-fse 6 21. Januar 30 1690 7 29 18 kuei-fse 30 9. Februar 30 1691 8 30 b. 19 ting-hai 24 29. Januar 30 1692 9 3l 1 sin-hai 48 17. Februar 30 | 1693 10 32 2 y-Sse 42 5. Februar 30 1694 11 33 Da ki-hai 36 25. Januar 30 4 kuei-hai . Februar 1696 13 35 5 WUu-u 55 3. Februar 29 1697 14 36 b. 6 | Auei-tscheu 50 23. Januar 29. 1698 15 37 7 | ting-tscheu 14 11. Februar 29 | 1699 16 38 b. 8 sin- wei 8 31. Januar 30 1700 17 39 9 Y-wei 32 19. Februar 30 1701 18 40 10 ki-tscheu 26 8. Februar 30 N 1702 19 al db. ıı kuei-wei 20 28. Januar 30 1703 20 42 12 ling- wei 44 16. Februar 29 1704 21 43 13 sin-tscheu 38 5. Februar 30 ping-schin 33 25. Januar 29 über die Zeitrechnung der Chinesen. 261 Tag- summe. Christl. Jahre. 1706 1707 1708 1709 1710 1711 1712 1713 1714 1715 1716 1717 1718 1719 1720 | 1721 1722 1723 1724 1725 1726 1727 1728 1729 1730 1731 1732 1733 1734 1735 1736 1737 1738 1739 1740 Be Cykel-Jahre. LXXIU. 23 24 Regierungsjahre. 45 46 47 48 49 Kang-hi. 50 61 52 53 54 6l Yung- tsching. 1 2 3 4 5 6 7 8 ) 10 Khian - lung. IpEerLer Mond- Neujahrstage. Cyklus. Cykelzahl. Datum. 15 keng-schin 57 13. Februar 16 Y-mao 52 3. Februar b. 77 ki- yeu 46 23. Januar 18 kuei-yeu 10 10. Februar b. 19 ling-mao © 4 30. Januar 1 keng-yn 27 17. Februar 2 y-yeu 22 7. Februar b. 3 ki-mao 16 26. Januar 4 kuei-mao 40 14. Februar 5 WU-SU 35 4. Februar b. 6 dsjin-tschin 29 24. Januar 7 ping - tschin 53 11. Februar b. 8 keng- su 47 31. Januar 9 | kia-su 11 19. Februar 10 wu-tschin 5 8. Februar bs 11 kuei-hai 60 28. Januar 12 ting-hai 24 16. Februar 13 sin-[se 18 5. Februar b. 14 ping-tsö 13 26. Januar 15 keng -tsö 37 13. Februar 16 kia-u 31 2. Februar b» ’17 wu-tsö 25 22. Januar 18 dsjin-tsö 49 10. Februar b. 19 ping-u 43 29. Januar 1 keng-u 7 17. Februar D: y-tscheu 2 7. Februar b. |3 ki- wei 56 27. Januar 4 kuei-wei 20 14. Februar 5 wu-yrn 15 4. Februar b. :6 dsjin-schin 9 24. Januar 7 ping -schin 33 12. Februar b. 8 keng-yn 27 31. Januar 9 kia -yn 51 19. Februar 10 wu-schin 45 8. Februar db. 1 kuei-mao 40 29. Januar über die Zeitrechnung der Chinesen. 263 (I I IV. v. VI. VII. VII. IX: x. xL XII ne summe, 29 29 30 29 29 30 30 29 30 30 30 355 ;0 29 29 30 29 29 30 29 30 30 30 354 ;0 30 29 29 30 29 29 30 29 30 30 30 384 1) 30 29 29 30 29 29 30 29 30 30 354 ;0 30 29 30 29 30 29 29 30 29 30 29 383 ;0 29 30 30 29 30 29 29 30 29 30 355 ‚0 29 30 30 29 30 29 30 29 30 29 354 9 30 29 30 29 30 30 29 30 30 29 29 384 9 30 29 30 29 30 29 30 30 30 29 355 9 29 30 29 29 30 29 30 30 30 29 354 0 29 29 30 29 29 30 29 30 30 30 29 384 N) 29 29 30 29 29 30 29 30 30 29 354 N) 29 30 29 30 29 29 30 29 30 29 30 384 1) 29 30 29 30 29 29 30 29 30 29 354 0 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 355 0 29 30 30 29 30 29 30 29 30 29 30 384 0 29 30 29 30 30 29 30 29 30 29 354 9 30 29 29 30 30 29 30 30 29 30 355 0 29 30 29 29 30 29 30 30 30 29 30 384 0 29 30 29 29 30 29 30 30 29 30 354 9 30 29 30 29 29 30 29 30 29 30 354 0 29 30 29 30 29 29 30 29 30 29 30 334 9 30 30 29 30 29 29 30 29 30 29 354 9 30 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 384 9 30 29 30 30 29 30 29 30 29 30 355 o I 30 29 30 29 30 30 29 30 29 354 ) 30 29 29 30 29 30 30 30 29 30 29 384 ) 30 29 29 30 29 30 30 29 30 50 355 2 29 30 29 29 30 2 30 29 30 30 354 ) 30 29 30 29 29 29 30 29 30 30 30 384 j 30 29 30 29 29 30 29 29 30 30 354 ) 30 29 30 29 30 29 30 29 29 30 30 381 ) 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 354 ) 30 29 30 29 30 30 29 30 29 30 355 ) 29 29 30 30 29 30 30 29 30 29 30 354 Philos.- histor. Abhandl. 1837. Ll 264 IDetLeEr hristl. Mond- Neu) ge. E w Cykel-Jahre. Regierungs -Jahre. C Fi. Neujahrstage nn ayIRLUS. Cykelzahl. Datum. ET mn. 1741 LXXII. 58 Khian-lung. 6 12 ling-mao 4 16. Februar 29 1742 59 7 13 sin- yeu 58 5. Februar 30 1743 60 8 b. 14 ping -tschin 53 26. Januar rg 1744 LXXIV ı 9 15 ki-mao 16 13. Februar 30 1745 2 10 16 kuei-yeu 10 1. Februar " 1746 3 11 db. 97 wu-tschin 5 22. Januar 2 1747 4 12 18 sin -mao 28 9. Februar 3 1748 5 13 | b. 19 | ping-su 23 | 30. Januar 2 1749 6 14 keng-su 47 | 17. Februar 2 1750 ti 15 2 | y-JSse 42 7. Februar a 1751 8 16 b. |3 ki-hai 36 27. Januar 3 1752 9 17 4 kuei-hai 60 15. Februar 3 1753 10 18 5 ting- se 54 3. Februar B 1754 11 19 b. 6 sin-hai 48 23. Januar 3 1755 12 20 7 y-hai 12 11. Februar E 1756 13 21 b. 8 ki-fse 6 31. Januar € 1757 14 22 ) kuei-fse 30 18. Februar g 1758 15 23 10 wu-tsö 25 8. Februar 5 1759 16 24 i 15 ki- wei 56 13. Februar 16 kuei-tscheu 50 2. Februar be 11 ling-wei 44 21. Januar 18 sin- wel 8 9. Februar b. 19 ping-yn 3 30. Januar RZ 18. Februar y-yeu 2 7. Februar ki-mao 16 27. Januar keng-yn 2 D) ww DD kuei-mao 40 15. Februar ling-yeu 34 4. Februar sin-mao 28 23. Januar Y-mao 52 11. Februar = . z@ ıo vw» db. ı kuei- wei 20 29. Januar 1760 17 25 12 ling- wei 44 17. Februar s 1761 18 26 13 sin -tscheu 38 5. Februar 1 1762 19 27 b. 14 Y-wei 32 25. Januar { ki-yeu 46 31. Januar über die Zeitrechnung der Chinesen. 265 ee EEE EEE EEE BenSansrsrorsseer T. III IV V. VI vu VII. IX; | X XI. Xu IgE Summe. | 0 29 29 30 29 30 30 29 30 30 29 354 9 30 29 29 30 29 30 29 30 30 30 355 0 29 30 29 29 29 30 29 30 30 30 29 383 1} 29 30 29 29 29 30 29 30 30 29 354 1) 30 29 30 29 29 30 29 29 30 30 355 ) 30 29 30 29 30 29 30 29 29 30 29 383 ) 29 30 30 29 30 29 30 29 30 29 355 ) 29 30 30 29 30 30 29 30 29 30 29 384 ) 29 30 29 30 30 29 30 30 29 30 355 ) 29 29 30 29 30 29 | 30 30 30 29 354 ) 30 29 29 30 29 29 30 30 30 29 30 384 ) 30 29 29 29 30 29 30 30 29 30 354 ) 29 30 29 29 29 30 29 30 29 30 354 ) 29 30 29 30 29 30 29 29 30 29 30 384 ) 30 30 29 30 29 30 29 29 | 30 29 354 } 29 30 29 30 30 29 30 29 29 30 29 384 ) 30 29 30 30 29 30 30 29 30 29 355 ) 29 30 29 3 29 30 30 30 29 30 355 ) | 30 | 29 30 29 30 29 30 30 2” | 8 30 384 ) 29 29 29 30 29 30 30 29 30 30 354 ) 30 29 29 29 30 29 30 29 30 30 354 ) 30 30 29 29 29 30 29 30 29 30 30 384 ) 30 29 30 29 30 29 29 30 29 30 354 ) 30 30 29 30 29 oo | 29 29 30 29 354 30 30 29 30 29 30 30 29 29 30 29 384 | » 29 30 30 29 30 29 30 30 29 355 ) 29 30 29 30 29 30 30 29 30 7 29 384 ) 29 30 29 29 30 30 29 30 30 30 355 ) 29 29 29 30 9 30 29 30 30 30 354 ) 30 29 29 29 30 29 30 29 30 30 30 384 |» 30 29 29 20 29 30 29 30 30 354 ) 30 39 30 29 29 30 29 30 29 30 354 ) 30 29 30 30 29 29 30 29 30 29 30 384 ee Er ee Cykel-Jahre. Regierungs-Jahre. en Neujahrstage. L Cykelzalıl. | Datum. 1776 LXXIV. 33 Khian-lung. 41 9 kuei-yeu 10 19. Februar 30 1777 34 42 10 wu-tschin 5 8. Februar 9 1778 35 43 b. ıl dsjin-su 59 28. Januar 30 1779 36 44 12 ping -su 23 16. Februar 30 1780 37 45 13 keng-tschin 17 5. Februar 30 1781 38 46 b. 14 kia - su 11 24. Januar 30 1782 39 47 15 wu-su 35 12. Februar 30 1783 40 48 16 kuei-fse 30 2. Februar 29 1784 al 49 b. ı7 ting-hai 24 22. Januar 30 1785 42 50 18 sin-hai 48 9. Februar 30 1786 43 51 b.19 ping-u 43 30. Januar 29 1787 44 52 1 keng-u 7 18. Februar 29 1788 45 53 2 kia-tsö 1 7. Februar 30 1789 46 54 bb. 0:3 WU-U 55 26. Januar EIG 1790 47 55 4 dsjin-u 19 14. Februar BE 1791 48 56 5 ping-tsö 13 3. Fehruar 3 1792 49 57 b. 6 sin- wei 8 24. Januar 2 1793 50 58 7 y-wei 32 11. Februar 2% 1794 51 59 8 ki-tscheu 26 31. Januar 3 1795 52 60 b. 9 kia - schin 21 21. Januar 2% 1796 53 Kia -khing. 1 10 wu-schin 45 9. Februar 2 1797 54 2 Db. 11 dsjin-yn 39 28. Januar 3 1798 55 3 12 ping-yn 3 16. Februar 2 1799 56 4 13 keng-schin 57 5. Februar 9 1800 57 5 b. 14 kia-yn 5l 25. Januar 3 1801 58 6 15 Wu-yn 15 13. Februar Ä 1802 59 7 16 kuei-yeu 10 3. Februar ; 1803 60 8 b. 17 ting-mao 4 23. Januar 1804 LXXV. 1 9 18 sin-mao 28 11. Februar 1805 2 10 b. 19 ping -su 23 31. Januar 1806 3 ıl 1 ki-yeu 46 18. Februar 1807 4 12 2 kuei-mao 40 7. Februar 1308 5 13 b, 3 WU-SU 35 28. Januar 1809 6 14 4 sin-yeu 58 14. Februar 1810 7 15 5 ping-tschin 53 4. Februar I. I. IV. v. VI. vu. | vo. IX. , XT. x en \ 29 30 29 29 30 30 29 30 30 29 30 355 30 29 29 30 29 30 29 30 30 30 29 354 2.9 30 29 23» | 3029 | 30 29 50 30 30 29 384 2) 30 29 29 30 29 30 29 30 30 29 354 30 29 30 29 29 30 29 30 29 30 29 354 ;0 30 2» |3029| 9 30 29 30 29 30 29 384 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 355 ;0 29 30 30 29 30 29 30 29 30 29 354 9» | 3029 | 3 29 30 30 29 30 29 30 29 384 ‚9 30 29 29 30 30 29 30 30 29 30 355 M 29 29 30 29. )3029 | 30 30 29 30 384 so 29 29 30 29 30 29 30 29 30 30 354 ) 30 29 30 29 29 29 30 30 29 30 354 so 29 so | 2029 | 29 30 29 30 29 30 384 ) 30 30 29 29 30 29 30 29 30 29 354 30 30 29 30 29 30 29 30 29 30 355 ;0 23» |so29| 30 29 30 29 30 29 30 384 M) 29 29 30 30 29 30 30 29 30 | 29 | 354 9 29 30 29 30 29 30 30 30 29 30 355 9| 9 30 29 30 29 30 29 30 30 30 334 ;0 29 30 29 29 29 30 30 29 30 30 354 m) 30 29 so |2929| 30 29 30 30 30 384 ;0 30 29 29 30 29 29 30 29 30 30 354 30 30 29 30 29 30 29 30 29 29 30 354 9 30 | 3029 | 30 29 30 29 30 29 30 29 384 30 30 29 30 29 30 30 29 30 29 30 355 N) 30 29 30 29 30 30 30 29 30 29 354 29 1 30 29 30 29 30 30 29 50 30 29 384 9 29 30 29 29 30 30 29 30 30 30 355 30 29 30 22 12929 | 30 29 30 30 30 29 383 o | » 30 29 29 29 30 29 30 30 29 354 30 30 29 29 30 29 29 30 29 30 30 355 0 30 29 | so29 | » 29 30 29 29 30 29 383 30 29 30 30 29 30 2 30 29 29 30 355 30 29 30 30 29 30 30 29 30 29 50 355 über die Zeitrechnung der Chinesen. 267 268 Ipeter an Cykel-Jahre. Regierungsjahre. ea Neujahrstage. I Cykelzahl. Datum. ee EEE 1811 LXXV 8 Kia-khing. 16 b. 6 sin-hai 48 25. Januar 29 1812 9 17 7 Y-hai 12 13. Februar 29 1813 10 18 8 ki- [se 6 1, Februar 30 1814 1 19 b. 9 kuei-hai 60 21. Januar 30 1815 12 20 10 ting-hai 24 9. Februar 30 1816 13 21 b. 1 sin -se 18 29. Januar 30 1817 14 22 12 y-Sse 42 16. Februar 30 1818 15 23 13 ki-hai 36 5. Februar 30 1819 16 24 b. 14 kia-u 31 26. Januar 29 1820 17 25 15 WU-U 55 14. Februar 29 1821 18 Tao-kuang. 1 16 kuei-tscheu 50 3. Februar | 29 1822 19 2 b. 17 ting- wei 44 23. Januar 30 1823 20 3 18 sin - wei 8 11. Februar 30 1824 2l 4 b. 19 y-tscheu 2 31. Januar 30 1825 22 5 1 ki-tscheu 26 18. Februar 30 1826 23 6 2 kuei-wei 20 7. Februar 30 1827 24 7 [Dan #8} ting-tscheu 14 27. Januar 30° 1828 25 8 4 sin-tscheu 38 15. Februar 30 1829 26 9 5 ping-schin 33 4. Februar 29 1830 27 10 b. 6 sin-mao 28 25. Januar 29 1831 28 11 7 y-mao 52 13. Februar 29) 1832 29 12 b. 8 ki-yeu 46 2. Februar 29 1833 30 13 9 kuei-yeu 10 20. Februar 29 1834 31 14 10 ling-mao 4 9. Februar 29 1835 32 15 db. ı sin-yeu 58 29. Januar 29 1836 33 16 12 y-yeu 22 17. Februar 29 1837 34 17 13 ki-mao 16 5. Februar 30 1838 35 18 b. 14 kia- su 1 26. Januar 29 1839 36 19 15 WU-SU 35 14. Februar 29 1840 37 20 16 dsjin-tschin 29 3. Februar 30 über die Zeitrechnung der Chinesen. 269 r 7 . _ Tag- II. IH. IV. Y. vI. Vo. VII. IX. >< XT: am Be — —— ln ee Pe oe seen 29 02393190 ! 9 30 019 | 9 oo I» 30 384 29 30 29 30 29 30 29 30 30 30 29 354 29 30 29 29 29 30 29 30 39 30 29 354 ) 29 30 29 29 29 30 29 30 30 29 30 384 30 29 23 1.30 29 29 30 29 30 29 30 354 30 29 30 29 30 29 29 30 29 30 29 30 384 29 30 30 29 30 29 30 29 29 30 29 354 270 IpDesrer Vermittelst des Datums des Neujahrstages und der Dauer der einzel- nen Monate findet man leicht die Data unsers Kalenders, mit denen sie beginnen. So z.B. für das siebzehnte Jahr Tao-kuang gestaltet sich der chinesische Kalender also: Monate. Dauer. Datum des Anfanges. —— KT I. 30 5. Februar 1837. u. 29 7. März. III. 30 5. April. IV. 2 5. Mai. V. 30 3. Junius. vi. 29 3. Julius. VI. 30 1. August. VII. 50 51. August. IX. 29 30. September. x. 30 29. Oktober. xl. 29 28. November. XI. 30 27. December. r 29 26. Januar 1838. Wenn man aus einer Zeit, die dem Anfange unserer Kalendertafel vorangeht, ein chinesisches Datum zu reduciren hat, so mufs der Neumond, der den Anfang des chinesischen Monats bestimmt, aus den astronomischen Tafeln berechnet werden. Am bequemsten bedient man sich hiezu der Mayerschen Tafel der Neu- und Vollmonde, wie ich unten im zehnten Nachtrage an einem Beispiel zeigen werde. Da während der Dyna- stien Yuan und Ming das mathematische Tribunal von muhammedanischen Astronomen geleitet wurde, die weniger sicher rechneten, als nachmals die Jesuiten, so kann man bei der Reduction eines chinesischen Datums aus dieser Periode leicht um einen, bei noch früheren Daten gar um zwei Tage fehlen, wenn nicht zugleich die eyklischen Charaktere des Tages bemerkt sind. Diese fehlen selten; auch vertreten sie öfters in Verbindung mit der Ordnungszahl des Monats allein und mit grofser Bestimmtheit die Stelle des gewöhnlichen Datums. In solchem Falle ist, wie wir in der zweiten Beilage gesehen haben, die Rechnung mit Hülfe des achtzigjährigen Cyklus sehr einfach. mANNANNANVANT über die Zeitrechnung der Chinesen. 271 Nachträge. r Historische und literarische Bemerkungen über den Sexagesimalcyklus der Chinesen. Die Charaktere der kan und tschi, die vereint den Sexagesimaleyklus bil- den, finden sich in mehreren Büchern (!). Die meisten derselben haben noch anderweitige Bedeutungen, die aber mit ihrer Function als chrono- logische Charaktere in keinem erweislichen Zusammenhange stehen. So ist isö, das erste Zschi, in der Schrift, wie in der Sprache des Lebens, das gewöhnliche Wort für Sohn, Kind; ting, das vierte kan, bedeutet Stärke, Festigkeit, kräftiges Mannesalter u. s. w. Nur von dreien dieser Charaktere läfst sich nicht nachweisen, dafs sie je etwas anderes bedeutet haben, nämlich vom zweiten, sechsten und zwölften Zsch. Morrison sagt, dafs der Denarius auch thian-kan, die himmlischen Stämme, der Duodenarius auch &-tschi, die irdischen Zweige, und der Sexagenarius auch hoa-kia-isö, der chinesische Cyklus (?), genannt werde. (') Z.B. in Golii Additamentum de regno Catayo hinter Martinii Arlas Sinensis; in Noäl’s Obdservationes mathematicae et physicae in India et China factae (Prag 1710, 4.) p-57; im Nouveau Journal Asiatigue Tom. XV, p.310 und 314; in Morrison’s Fiew of China, p. 3. (?) Hoa heifst eigentlich die Blume. Die gewöhnlichsten Namen, welche die Chinesen ihrem Lande beilegen, sind /schung-hoa, Blume der Mitte; zRian-tschao, himmlisches Reich; Zschung-kue, Reich der Mitte; /se-Aai, die vier Meere, indem sie glauben oder doch ehemals geglaubt haben müssen, dafs ihr Land, die Mitte der Erde, von vier Meeren Philos.- histor. Abhandl. 1837. Mm 272 IpErLeEr Nach Gaubil (!) sollen die kan ehemals ein Cyklus von 10 Tagen gewesen sein, wovon sich jetzt keine Spur mehr zeigt. Man gebraucht sie blofs, um durch ihre Combination mit den Zschi den Sexagesimaleyklus zu bilden. Die zschi dagegen kommen auch abgesondert vor, als Namen für die 12 schi oder Stunden des Tages und die 12 kung oder Zeichen der Ekliptik. Wenn die Chinesen ihren mythischen Hoang-ti als den Ordner ihres Sexagesimaleyklus betrachten (?), so wollen sie damit nur andeuten, dafs der Cyklus uralt sei, und dies ist er ohne Zweifel. Zur Bezeichnung von Tagen wird er schon im Schu-king bei Gelegenheit eines Datums erwähnt, das dem ersten Jahr des Tai-kia, des zweiten Regenten der Dynastie Schang, eingeschlossen sei, in denen alle übrige Länder blofse Inseln bilden. Wollte man dies wört- lich nehmen, so mülste man westlich bis zum kaspischen Meer und nördlich bis zum Eismeer fortgehen. Sich selbst nennen sie gewöhnlich nach der regierenden Dynastie, z. B. ising- dsjin, die Tsing-Menschen. Der Name China, der bei ihnen nicht gebräuchlich ist, stammt aus dem dritten Jahrhundert v. Chr. her, wo sie sich nach der kurzdauernden Dynastie 7'shin benannten, und ihr Herrscher 7'skin-schi-hoang seine Eroberungen über das südliche China bis nach Cotschinchina ausbreitete.e Die Malaien, mit denen sie damals in Berührung kamen, legten dem Lande den Namen Tschina bei, der sich zu den Hindus und noch weiter west- lich fortpflanzte. Die Perser sagen (>, Tschin, oder (x>%, Mätschin, die Araber W>, Dschin, oder eo, Ssin. Schon Ptolemäus nennt die südlichen Chinesen Sıvar und ihre Hauptstadt (vielleicht das jetzige Canton) Oziver.. Da die Piloten, welche die ersten europäischen Schiffe nach China führten, Malaien waren, so entlehnten die Portugiesen von ihnen den Namen China, der sich nun über Europa verbreitete. Die Benennung Seres, welche die nördlichen Chinesen bei den Griechen und Römern führten, verdankt ihre Ent- stehung dem Handel mit Seidenstoffen, der seit dem höchsten Alterthum durch die cen- tralen Länder Asiens betrieben wurde, und die Kunde von einem grofsen östlichen Reiche nach Westen brachte. Der Name s72, den die Griechen der Seidenraupe gaben und der sich schon beim Aristoteles findet, ist im östlichen Asien einheimisch. Die Chinesen, denen bekanntlich das r fehlt, wenigstens in der Mandarinensprache, sprechen ihn /se oder Jsi aus. Die Benennung Chata oder Chatai, die das nördliche China seit Marco Polo ge- führt hat und bei den Russen noch jetzt führt, schreibt sich von den Chitan her, einer tatarischen Horde, die im zehnten und elften Jahrhundert unserer Zeitrechnung einige Pro- vinzen des nördlichen China in Besitz gehabt hat. Ein Mehreres hierüber ersche man in Klaproth’s Aufsatz: Sur les differens noms de la Chine im Journal Asiatigue Tom.X, p- 53 ff. und vollständiger in seinen Memoires relatifs & !’Asie, Tom. Ill, p. 257 ff. (') Vorrede zum Traite p. v. (?) Noel a.a. O0. über die Zeitrechnung der Chinesen. 273 angehört (!). Von Jahren gebraucht kommt er mit Sicherheit erst seit den Han vor (?). Es läfst sich gar nicht absehen, was Anlafs gegeben haben mag, den Jahreyklus gerade so, wie es herkömmlich ist, an die Geschichte zu knüpfen. Die natürlichste Voraussetzung scheint zu sein, dafs seine Einführung einem Jahr angehört, welches mit denselben Charakteren des Tagescyklus begann. Aber ein solches mit Sicherheit zu ermitteln, ist bei dem schwankenden Zustande des frükeren Kalenders nicht wohl möglich. Einen Sexagesimaleyklus für die Jahre haben auch die Inder, die aber jeder Einheit einen besonderen Namen beilegen. Den Kunstgriff, ihn aus zwei kleineren Cykeln zusammenzusetzen, die immer wieder von vorn anfangen, bis sie sich zugleich erschöpfen, treffen wir nicht blofs bei den Chinesen an, sondern auch bei den Japanern, Mandschus, Mongolen und Tübetanern. Etwas Analoges fand sich bei den Azteken oder alten Mexi- kanern, die einen 52theiligen Cyklus aus einem 4 und 13theiligen, und einen 260theiligen aus einem 13 und 20theiligen combinirten. Hr. von Humboldt nimmt hierin einen Anklang asiatischer Ideen wahr (3). Beim Gebrauch der cyklischen Jahrzahlen erwähnen die Chinesen nie die Nummer des laufenden Cyklus von einer bestimmten Epoche an gerechnet, wie es in der obigen Regententafel geschehen ist. Die daselbst gegebenen Nummern können dazu dienen, die Anzahl der seit der Epoche der Tafel (2637 v. Chr.) abgelaufenen Jahre mit Leichtigkeit zu berechnen. So sind bis auf den jetzigen Kaiser Tao-kuang, der seine Regierung im 18'* Jahr des 75°* Cyklus angetreten hat, 74 ganze Cykel und 17 Jahre, also 74.60 +17 = 4457 Jahre verflossen. Mehrere europäische Gelehrte, die über die chinesische Geschichte und Chronologie geschrieben haben (*), gehen noch einen Cyklus weiter (') Kap. Y-rrün p.92 der Gaubilschen Übersetzung. Es ist von dem Cykeltage y- scheu (2) des zwölften Monats die Rede, auf den nach damaliger Rechnung die Winterwende traf. Untersuchungen über das julianische Datum dieses Tages stellt Gaubil in den Zezres edi- fiantes p. 332 ff. an. (?) Gaubil, Traite p. 271. (°) Man sehe die interessanten Untersuchungen hierüber in seinen Fues des Cordilleres, Th. I, S.322 ff. der Oktavausgabe. (*) Deguignes in der Table des anndes du Cycle chinois reduites & celles de Jesus-Christ im ersten Bande seiner Zistoire generale des Huns; Martini in seiner Historia Sinica, wo Mm 2 274 Iperer zurück, nämlich bis zum Jahr 2697 v. Chr., dem angeblich ersten Regie- rungsjahr des Hoang-ti. Sie sind hierbei der Autorität des unter Chubilai- Chan lebenden Hiü-heng gefolgt (1). Martini behauptet gar, dafs die Chinesen bereits von Hoang-ti an ihre Jahre nach dem Sexagesimalcyklus zu zählen angefangen haben. Es liegen dafür durchaus keine Beweise vor. Das Thung-kian-kang-mu, eins der Hauptgeschichtswerke der Chinesen, fängt zwar bereits mit Yao an, die cyklischen Charaktere zur Bezeichnung der Jahre zu brauchen; Souciet macht aber die treffende Bemerkung (?), dafs daraus gar nicht ein so hohes Alter des Cyklus folge; man könne die spätere Bezeichnungsweise der Jahre auf die früheren Zeiten übergetragen haben, wie man die von Dionysius Exiguus zuerst gebrauchte christliche Are auf alle frühere Jahrhunderte auszudehnen pflege. Es komme darauf an, zu ermitteln, wann und von wem diese Jahrrechnung zuerst angewendet sei. Dies wüfsten aber die Chinesen nicht. Im bürgerlichen Leben wird jetzt allein nach Regierungsjahren der Kaiser gerechnet, und dafs dies von jeher geschehen sei, lehren unter andern die Nachrichten von allen in China beobachteten Finsternissen. Ein mit den cyklischen Charakteren bezeichnetes Jahr kann natürlich nur dann auf unsere Zeitrechnung reducirt werden, wenn man den Kaiser kennt, dem es angehört. Ist hierüber kein Zweifel, so bedarf es zu diesem Zweck nur eines Blicks auf unsere Regententafel. In der Bibliotheca Germanica (?) legt sich Des-Vignoles das Ver- dienst bei, die Sexagesimalwoche der Chinesen zuerst wahrgenommen zu haben. Sie soll denen, die sich mit der Chronologie und Geschichte der Chinesen bis auf ihn am meisten beschäftigt haben, ganz entgangen sein. Wie ist dies denkbar, da er anderswo (*) selbst sagt, die Sexagesimal- charaktere der Tage fänden sich in den chinesischen Annalen so häufig er- wähnt, dafs sie eher Diarien als Annalen genannt zu werden verdienten? besonders S. 14 der Münchener Ausgabe zu vergleichen ist; Couplet in seiner Tabula chro- nologica; Des-Vignoles, Miscellanea Berolinensia Tom. IV, p. 24 ff. (') Gaubil, Traiie p. 164. (?) Observations Tom.II, p. 137. (°) Tom. V, p. 53. (*) Tom. XU, p. 145. über die Zeitrechnung der Chinesen. 2375 Wenn er aber auch gerade nicht den Sexagesimalcyklus der Tage zuerst wahrgenommen hat (die Jesuiten sind ihm darin entschieden vorangegangen), so mufs man ihm doch die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dafs durch seine Abhandlung de cyclis Sinensium sexagenarüs ein grofses Licht über diesen Gegenstand verbreitet worden ist. Er scheint in Europa zuerst bestimmt ausgesprochen zu haben, dafs der Cyklus der Tage in ununter- brochener Folge durch die chinesischen Annalen sich hinzieht, wie die sie- bentägige Woche durch die der Christen und Muhammedaner. 76 IpeEerer I: Über den Thiercyklus der ostasiatischen Völker. Der Thiercyklus (S. 203), den man gewöhnlich den tatarischen nennt, kommt in Japan, in Hinterindien, namentlich in Siam, in China und bei allen den Völkern Centralasiens vor, welche jetzt die chinesische Oberherr- schaft anerkennen. In Vorderindien findet sich keine Spur davon. Es ist ein Jahreyklus, der in dem grofsen Gebiete, worin er vorherrscht, überall zugleich seinen Anfang nimmt, was auf eine Entstehung aus einer gemein- schaftlichen Quelle hindeutet (!). Die Thiere sind überall wesentlich die- selben, nur die Namen nach den Sprachen verschieden. Eine Zusammen- stellung dieser Namen findet sich in verschiedenen Büchern (?). Der Ursprung des Thiereyklus liegt im Dunkeln. Aller Wahrschein- lichkeit nach ist er im westlichen Asien entstanden und daselbst später durch (') Man hat gesagt, dals, da die Affen und Tiger auf dem kalten Plateau von Central- asien nicht heimisch sind, die Tübetaner, Mongolen, Kalmücken und Mandschus den Thier- cyklus aus einem südlicheren Lande erhalten haben müssen. Mit Bezug auf die Affen ist diese Ansicht ganz richtig; aber der Tiger — felis tigris — kommt überall in Centralasien vor. S. Pallas Zoographia Rosso-Asiatica (Petropoli 1811, 4.) p.19 und 20. Die Kaiser Kang-hi und Khian-lung haben alljährlich in der Mandschurei, bis zum 42°t Breitengrade hin, Tigerjagden angestellt, die gegen den eigentlichen bengalischen oder Königs- tiger gerichtet waren. Im zoologischen Museum zu Berlin befindet sich ein Exemplar eines am südlichen Abhange des Altai geschossenen Tigers. (?) So giebt Georgi (Alphabetum Tibetanum, S.466) die tübetanischen, chinesischen und tatarischen (igurischen); Bayer (de Moris Sinicis, Taf. VII und VII) die chinesischen, kal- mückischen, mongolischen, tübetanischen und mandschuischen; Langl&s (Noten zu Thun- berg’s Reisen, Th.IV, S.91) die tübetanischen, türkischen (igurischen), kalmückischen, mongolischen, mandschuischen, chinesischen und japanischen; Hr. v. Humboldt (a. a. O. 5.3) die mandschuischen, japanischen und tübetanischen Namen. über die Zeitrechnung der Chinesen. 2377 andere Jahrrechnungen verdrängt worden. Beim CGensorinus (!) ist unter mehreren Zeitkreisen von einem 12jährigen die Rede mit den Worten: Proxima est hanc magnitudine, quae vocatur Öwderaerngis, ex annis verten- tibus duodecim. Huic anno Chaldaico nomen. est, guem genethliaci non ad solıs lunaeque cursus, sed ad observationes alias habent accomodatum, quod in eo dicunt tempeslates Frugumque proventus, sterilitates em morbosque eircumire. Scaliger (?) zweifelt nicht, dafs damit unser Thiereyklus ge- meint sei, und dafs die Benennungen der einzelnen Jahre auf astrologischen Ansichten beruhen. So bezeichnet seiner Meinung nach die Schlange ein ungesundes Jahr, der Hase ein fruchtbares, das Pferd ein durch Krieg heimgesuchtes, der Ochs ein dem Ackerbau günstiges, die Maus ein un- fruchtbares u. s.w. Marco Polo gedenkt ausdrücklich (°) eines solchen bei den Tataren (Mongolen) gebräuchlichen astrologischen Cyklus, wenn er gleich irrig das erste Jahr dem Löwen, der gar nicht im Thiereyklus vor- kommt, das dritte dem Drachen, das vierte dem Hunde beilegt. Die Iden- tität beider Cykel läfst sich in der That kaum bezweifeln, und sie würde noch augenfälliger sein, wenn, wie Georgi irrig versichert (*), Censo- rinus wirklich sagte, dafs der 12jährige Cyklus fünfmal zu einem 60jährigen wiederholt werde, wie dies bei dem tatarischen der Fall ist. Bei voraus- gesetzter Identität läfst sich weiter schliefsen, dafs der Thiercyklus vom westlichen Asien über Baktrien nach China gekommen ist und sich von dort aus allmählig nach allen Richtungen hin über die benachbarten Völker ver- breitet hat. Von sehr hohem Alter scheint er im östlichen Asien gerade nicht zu sein. Klaproth sagt (°), dafs die erste Erwähnung desselben bei den Chinesen, so viel man wisse, dem Jahr 622 n. Chr. angehöre. Seine Worte sind: „Die Beschreibung einer Sammlung von Alterthümern, betitelt Po-ku-thu von Bm hai. deren älteste Ausgabe zwischen 1119 und 4125 unserer Äre, die vor mir liegende neuste 1753 erschienen ist, stellt (Tom. XIX, fol. 16) die Figur eines bronzenen Spiegels dar, auf welchem (') De die natali, c. 18. (2) De emendatione temporum 1.1, p. 100, ed. 1629. GYEL LS, 625: (*) Alphabetum Tibetanum, p. 462. (°) Nowveau Journal Asiatique, Tom. XV, p- 312. 278 IvEerLer die zwölf Thierfiguren in gehöriger Folge abgebildet sind, mit der Beischrift, dafs der Spiegel im achten Monat des Cykeljahrs dsjin-u (19) des fünften Regierungsjahrs des Aao-tsu, des Stifters der Dynastie T’hang, gefertigt sei.” Mehrere Gelehrte (1) haben die Thiernamen der ostasiatischen Völ- ker für uralte Benennungen der Zeichen der Ekliptik gehalten. Man begreift nur nicht, wie aus dem Cyklus der Zeichen, der allenfalls, wie im Parapegma des Geminus (?), die Stelle eines Cyklus der Sonnen- monate vertreten konnte, ein Cyklus von Jahren geworden sein sollte. Auch findet sich bei keinem der Völker, die jetzt ihre Jahre im Thiercyklus zählen, eine Andeutung davon. Die Chinesen bezeichnen zwar die zwölf Abschnitte der Ekliptik vom Wassermann rückwärts bis zu den Fischen mit den zschi, den gewöhnlichen Charakteren ihres zwölftheiligen Cyklus (s. oben S. 255), aber nie mit den Thiernamen. Was allein für diese Ansicht zu sprechen scheint, ist das Plani- sphär des Bianchini, ein marmornes Fragment, das, 1705 zu Rom aus- gegraben, sich gegenwärtig im Musce Royal zu Paris befindet. Als es noch vollständig war, stellte es in fünf concentrischen Zonen, von aufsen nach innen gerechnet, die Planeten, die Dekane, dann zweimal ganz überein- stimmig, nur in ungleicher Gröfse, die gewöhnlichen Zodiakalbilder, end- lich noch einen anderweitigen Thierkreis dar, der allerdings einige Ähnlich- keit mit dem tatarischen Cyklus hat. Man sehe, was Fontenelle (°), Bailly (*) und Hr. von Humboldt (°) darüber sagen, und die in gro- fsem Maafsstabe entworfene Zeichnung beim ersteren. Folgende Bemer- kungen werden hier genügen. Die Dekane sind bei den alten Astrologen die Repräsentanten der Wirkungen, die sie dem Zodiakus zuschreiben, jeder für ein Drittheil eines Zeichens oder für 10° (°). Sie erscheinen hier (') Salmasius de ann. clim. Vorrede; Bailly Hist. de P.Astron. ancienne p.493 und 505; Hr. v. Humboldt S.2. (?) Isagoge c. 16. (°) Hist. de P’Academie des Sciences vom Jahr 1708, S.110. In der zweiten Auflage fehlt das Kupfer. (*) An der zweiten der oben angeführten Stellen. (°) A.a.0. S.42. Hager’s Ilustrazione d’uno zodiaco orientale (1811) habe ich nicht gesehen, auch keine sonderliche Belehrung daraus erwartet. (°) Firmicus Astronomica IV, 16. Vergl. Salmasius de annis climactericis S. 617. über die Zeitrechnung der Chinesen. 279 als ganze Figuren in ägyptischem Stil, zum Theil mit Thierköpfen und Thiermasken. Über jedem Dekan steht die Büste eines Planeten nach der Ordnung des ptolemäischen Systems, und zwar so, dafs Mars, Sonne, Ve- nus dem Widder, Merkur, Mond, Saturn dem Stier u. s. w. entsprechen. Die Bilder des griechischen Thierkreises tragen nichts von der gewöhnlichen Vorstellung weiter abweichendes an sich, als dafs die Wage von einer männ- lichen Figur gehalten wird (!). In der innersten Zone erkennt man ein Pferd, einen Krebs, eine Schlange, einen Hund oder Wolf, zwei Vögel und noch drei Vierfüfser, die sich nicht mit Sicherheit deuten lassen. Es entsprechen sich folgende Bilder: Widder 02.2, jem Vogel. SEIER asesssak ande ein Hund. Zwillmgesss.. ..... eine Schlange. IoeBa ea: .... ein Krebs. (LOWwE) ae esesssen . ein Pferd. (Jungfrau)........... ein Vierfüfser mit langem Schwanz. Wage zwei Vierfüfser, am meisten einer Skorpion } Ar | Ziege oder einem Hasen gleichend. Schütze saeossserne.. ein Vogel, Von den Zodiakalbildern fehlen die beiden eingeklammerten und die drei letzten. Im innersten Raum, der sich fast vollständig erhalten hat, nimmt man eine Schlange und in den Windungen derselben zwei Bären wahr, so dafs sich hier drei dem Nordpol benachbarte Constellationen beisammen finden. Durch alles, was die gedachten Gelehrten über dies Bruchstück gesagt haben, sind seine Entstehung und die Absicht seines Urhebers nicht genügend aufgeklärt worden. Nur geht entschieden aus den Figuren der Dekane hervor, dafs es ein ägyptisches Monument von apotelesmatischer Bedeutung ist, und aus dem Stil der Planetenbüsten, dafs es in die Zeiten der Kaiser gehört. So urtheilt Visconti. Man sieht, dafs der proble- (') Hierdurch rechtfertigt sich folgende sonst ganz isolirt stehende Notiz bei dem unbe- deutenden Lucius Ampelius (ld. memor. c.2): Libra, guam Graeci Zygon appellant, virile nomen est adeptus. Is omni clementiae iustitia Mochos dictus, qui primus dicitur librae pondus hominibus invenisse, quae utilissina mortalibus aestimantur, ideoque in numerum stellarum receptus est. Die Worte sind offenbar bedeutender Verbesserungen bedürftig. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Nn 280 IDEsrLeEr matische Zodiacus weder ganz dieselben Figuren, noch die deutlicheren in derselben Ordnung enthält, wie der Thiercyklus der Ostasiaten. Wir wollen nun die Nomenklatur dieses;Cyklus bei den verschiede- nen ostasiatischen Völkern kennen lernen. Ohne die freundliche Hülfe des Hrn. Dr. Schott würde ich darüber wenig Genügendes zu sagen gehabt haben. Ghineisen, 1) schu, Maus. 7) ma, Pferd. 2) nieu, Ochs. 8) yang, Schaf. 3) hu, Tiger. 9) heu, Affe. 4) thu, Hase. 10) ki, Henne. 5) lung, Drache. 11) keu, Hund. 6) sche, Schlange. 12) zschu, Schwein. Die Namen geben unter anderen Gaubil (!) und Bayer (?), letz- terer auch die Charaktere. Schu bedeutet bei den Chinesen Ratze und Maus, thu Hase und Kaninchen, yang Schaf und Ziege. Sie bedie- nen sich dieser doppelsinnigen Wörter, so oft es gleichgültig ist, welche der verwandten Thierarten man versteht. Doch sind die Bedeutungen Maus, Hase und Schaf vorherrschend. Eben so doppelsinnig sind die entsprechenden mandschuischen Benennungen. Lung heifst eigentlich der Drache, der die Sonnen- und Mond- finsternisse dadurch verursachen soll, dafs er das Licht dieser Körper ent- weder ganz oder zum Theil absorbirt. Diesen fabelhaften Drachen haben auch die Tübetaner unter dem Namen Adrug oder in der gemilderten Aus- sprache drug. Die Thiernamen sollen die Chinesen nach Bayer blofs in der Astro- logie gebrauchen. Er sagt (?): Hunc cyclum Sinenses non nisi in suis eleclionibus et praesagüs astrologicis adhibent. In calendarüs nusguam occurrit. Letztere Behauptung ist unrichtig. In dem Normalkalender vom Jahr 1502 (s. oben S. 223) kommen die Charaktere des Thiercyklus aller- (') Odservations, Tom.I, p. 174, 175. (?) De hor. Sin. Tab. I- VI. ©)- A: 0.585319: über die Zeitrechnung der Chinesen. 281 dings vor, und man ersieht daraus, dafs die Chinesen, wenn sie eine Reihe von Jahren hinter einander aufführen, die einzelnen Jahre auch in einem 12jährigen Cyklus mit den Thiernamen zählen. Die Maus entspricht bei ihnen, wie bei allen übrigen Völkern, unter andern unserm Jahr 1804, mit welchem ein Sexagesimaleyklus anfing, wor- aus sich leicht eine Regel für die Correspondenz mit den übrigen Jahren unserer Äre herleiten lassen wird. Auch in Corea, Tunkin und Cotschinchina bedient man sich der chinesischen kan, tschi und Thiernamen, doch, da die Sprachen verschieden sind, mit anderen Wörtern (!). Mandschus. 1) singgeri, Maus. 7) morin, Pferd. 2) ichan, Ochs. 8) chonin, Schaf. 3) tascha, Tiger. 9) bonio, Affe. 4) chölmachön, Hase. 10) tschoko, Henne. 5) muduri, Drache. 11) indachön, Hund. 6) meiche, Schlange. 12) ulgijan, Schwein. Die Namen, die bei Bayer und Langles etwas abweichend lauten, habe ich nach Hrn. Dr. Schott’s Anweisung gegeben. Klaproth (?) und Gabelentz (°) schreiben sie richtig. Die Namen, welche Hr. von Humboldt als die mandschuischen aufführt, sind, mit Ausnahme von singgeri, die mongolischen. Die Benennungen für den Denarius entlehnen die Mandschus von den Farben, wie folgt: (‘) Gaubil, Odservations, Tom.I, p.137. Die beiden letzteren Reiche werden von den Chinesen Tung-king und T'schen-tsching genannt und von ihnen unter dem gemeinschaft- lichen Namen Annan oder Ngan-nan zusammenbegriffen, der so viel als beruhigter Süden heilst. In dem kurzen geographischen Werke Kuang-yü-thu-ki, wovon die hiesige königl. Bibliothek ein Exemplar besitzt, heilst es unter Ngan-nan: „Im Anfange der Jahre Hong-wu (der Ming) huldigte dieses Reich dem Kaiser und empfing damals den Namen Ngan-nan. Sein König wurde als Vasall belehnt.” Aus einer Mittheilung des Hrn. Dr. Schott. (?) Chrestomathie Mandchoue, S. 244. (°) Grammaire Mandchoue, S.33 und 34. Nn?2 282 Iperer 1) nioanggijan, grün. 6) sochon, gelblich. 2) niochon, grünlich. 7) schanggijan, weils. 3) fulgijan, voth. 8) schachon, weifslich. A) fulachon, röthlich. 9) sachalijan, schwarz. 5) suajan, gelb. 10) sachachon, schwärzlich. Auch diese Benennungen schreiben Klaproth und Gabelentz richtig. Die beste Autorität für die Orthographie und die Bedeutung der Thier- und Farbennamen bei den Mandschus ist das grofse mandschuisch- chinesische Wörterbuch des Kaisers Khian-lung, welches 1778 erschien, und von welchem die königl. Bibliothek zu Berlin ein Exemplar in acht Bänden besitzt. Der Sexagesimaleyklus der Mandschus wird eben so aus den Farben- und Thiernamen zusammengesetzt, wie bei den Chinesen aus den kan und tschi. So z. B. ist das elfte Jahr das des grünen Hundes — nioanggijan indachön; das 25° das der gelben Maus — suajan singgeri. Mongolen. 1) chulaghana, Maus. 7) morin, Pferd. 2) üker, Rind. 8) chonin, Schaf. 3) bars, Panther. 9) betschin, Affe. 4) taolai, Hase. 10) takja, Henne. 5) Zu, Drache. 11) nochai, Hund. 6) moghai, Schlange. 12) ghachai, Schwein. Die Namen, die bei Bayer und Langle£s in Kleinigkeiten abweichen, lauten hier so, wie sie mir Hr. Dr. Schott nach Ssanang-Ssetsen (S. 31) und nach Schmidt’s Mongolisch-russischem Wörterbuche (Peters- burg 1835) angegeben hat. Für betschin sagen die Kalmücken metschin. Sonst stimmen die kalmückischen Benennungen (!) wesentlich mit den mon- golischen überein, indem die kalmückische Sprache nur ein weicher Dialekt der mongolischen ist. Klaproth giebt (?) die mongolischen Namen im (') Man findet sie bei Bayer und in Müllers Sammlung Russischer Geschichte B. IV, 5.354. () A.a.0. S. 244. über die Zeitrechnung der Chinesen. 283 Ganzen richtig; chono für chonin und taoli für taolai sind wol nur Schreib- oder Druckfehler. Für den Denarius bedienen sich die Mongolen entweder der chinesi- schen kan, die sie nicht ganz treu also wiedergeben: 1) ga. 6) ki. 2) yiü. 7) king. 3) Bing. 8) sin. 4) ling. 9) schin. 9) u. 10) kui; oder ihrer Wörter für die fünf Elemente, nämlich modun, Holz, ghal, Feuer, schiroi, Erde, temür, Eisen, ussun, Wasser, denen sie ere, männlich, und eme, weiblich beifügen, wie folgt: 1) ere modun. 6) eme schiroi. 2) eme modun. 7) ere temür. 3) ere ghal. 8) eme temür. 4) eme ghal. 9) ere ussun. 5) ere schiroi. 10) eme ussun; oder endlich ihrer Wörter für die fünf Grundfarben, mit männlicher und weiblicher Endung, nämlich: 1) köke, blau. 6) schiraktschin. 2) kökektschin. 7) tsaghan, weils. 3) ulaghan, roth. 8) tsaghaktschin. 4) ulaghaktschin. 9) chara, schwarz. r 5) schira, gelb. 10) charaktschin. Hr. Dr. Schott bemerkt hiebei: „Klaproth irrt, wenn er köke durch grün übersetzt (das mongolische Wort dafür ist noghon), und wenn er, durch die mandschuischen analogen Wörter verleitet, die Endung kischin für ein Zeichen des Deminutivs hält.” Der Sexagesimalcyklus wird hier- nach auf dreierlei Weise gebildet. Ssanang-Ssetsen (!) verbindet immer den chinesischen Denarius mit den Thiernamen, wie folgt: (') Ich erwähne hierbei, dals die Epoche der Äre, nach der er zählt, das Jahr 2133 v. Chr. ist, indem er, wie alle Völker, bei denen der Buddhismus Staatsreligion ist, mit dem 284 Inverter 1) ga-chulaghana. 2) yi-üker. 3) bing-bars. 4) ting-taolai. 5) u-lu u. s. w. Leuven 1) kesku, Maus. 7) jund, Pferd. 2) oth, Ochs. 8) koi, Schaf. 3) pars, Parder. 9) pitschin, Affe. 4) thuschkan, Hase. 10) dakuk, Henne. 5) Zui, Drache. 11) ih, Hund. 6) jilan, Schlange. 12) thungus, Schwein. So lauten diese Wörter bei Ulug Begh (!). Nur einige, pars, jilan, ith, kommen in der Sprache der Osmanen oder westlichen Türken noch jetzt vor; andere etwas verändert, thuschkan in thawschan, jund in junde, Stute, koi in kusu, dakuk in thaük, Ihungus in dommuz; andere gar nicht mehr, nämlich kesku, oth, pitschin. Lui ist der Name, den die Iguren dem chine- sischen Drachen Zung beilegen. Die Osmanen kennen dies fabelhafte Thier nicht und Eee es mit dem nehenk oder Krokodill der Perser. Der Thiereyklus ist von den östlichen Türken nach ihrer Annahme des Islam zum Zählen der Jahre beibehalten worden (?). Abulghasi Bahader Chan pflegt in seiner Genealogia turcica die Namen mit den Jahren der Hidschret zu verbinden. Bayer berichtet (?) auf die Autorität Jahre nach dem Tode Buddha’s zu rechnen anfängt. Die Angaben über dieses Todesjahr lauten verschieden (s. v. Bohlen’s altes Indien, 'Th.I, S.279); er bestimmt sich für 2134. (') S. meine Abhandlung über die Zeitrechnung von Chatä und Igür in den Schriften der Berl. Akademie vom Jahr 1832, S. 275. (?) Dafs sie ihn auch zur Bezeichnung ihrer zsckagk oder 12 Stunden des bürgerlichen Tages gebrauchen, versichert Ulug Begh. Dasselbe gilt von den Japanern und vermuth- lich auch von den Mongolen. Die Chinesen haben dafür frühzeitig ihre Zschi gesetzt. Ob nicht vielleicht die ganze Eintheilung des bürgerlichen Tages in zwölf Theile ursprüng- lich durch den Thiercyklus bedingt sein sollte, den man nicht blols für die Jahre, sondern auch für die Stunden gebrauchen wollte? (?) De horis Sinicis, p. 17. über die Zeitrechnung der Chinesen. 285 des Mulla Chasan, eines bucharischen Priesters, Folgendes: „Die Jahre der Hidschret und die arabischen Monate werden bei allen öffentlichen und Privatverhandlungen gebraucht. Das Sonnenjahr dient blofs dazu, den Landmann bei seinen Feldarbeiten zu leiten. Es fängt mit dem 10. März des julianischen Kalenders (dem Tage der Frühlingsnachtgleiche) an. Jedes Jahr erhält seinen Namen in dem Duodecimalcyklus von einem Thier. So wurde das Jahr 1735 vom Hasen benannt. In Turkestan, namentlich in den Städten Taschkend, Jerkend, Kaschgar, Chotan, sind die obigen Be- nennungen im Gebrauch; die Bucharen dagegen in Bochara, Samarkand, Badakschan, substituiren dafür die persischen.” Diese sind: 1) vu musch, Maus. 7) om! esb, Pferd. 2) & bakar, Ochs. 8) ums“ kusfend, Schaf. 3) süh pelenk, Tiger. 9) sag hamdune, Affe. 4) v&sS,> charkusch, Hase. 10) &,+ murg, Henne (Vogel). 5) Ss nehenk, Krokodill. 11) &« seg, Hund. 6) ‚» mar, Schlange. 12) &,> chug, Schwein. Tübetaner. 1) dyi, dschi, Maus. T) rta,'ta, Pferd. 2) glang, lang, Ochs. 8) Zug — Schaf. 3) stag, tag, Tiger. 9) spre, pre, Affe. 4) jos, jo, Hase. 10) bya, dscha, Vogel. 5) hbrug, brug, Drache. 11) klji — Hund. 6) sbrul, brul, Schlange. 12) phag — Schwein. Die Namen sind hier meistens in zweierlei Schreibart gegeben; ein- mal nach dem eigentlichen Gehalt der tübetanischen Buchstaben, und dann ihrer gemilderten Aussprache gemäfs. Letztere hat Hr. Dr. Schott nach den in Csoma de Körös Grammar of the Tibetan language (') gegebenen Regeln gemodelt. Das heutige Tübetanische nämlich ist durch Elision vie- ler Consonanten aus einem rauhen Gebirgsidiom allmählig eine ziemlich weiche Sprache geworden. Der zweiten Schreibart nähert sich am meisten der Pater Hyacinthe in seiner aus dem Chinesischen übersetzten Be- (') Calcutta 1834, 4. 286 IpDErLeEr schreibung von Tübet (!). Etwas mehr weichen Georgi und Lan- gles ab. Den Namen wird beim Zählen der Jahre in der Regel lo, Jahr, bei- gefügt, z. B. ta-lo, Pferdejahr. S. den Anhang zur gedachten Gram- matik (?), wo sich auch alles mit tübetanischen Buchstaben geschrieben findet. Um den Denarius zu bilden, bedienen sich die Tübetaner entweder der chinesischen kan, die sie nach ihrer Weise etwas verändert aussprechen, oder, gleich den Mongolen, der Namen ihrer Elemente, sching, Holz, me, Feuer, sa, Erde, lschags (?), Eisen, /schu, Wasser, denen sie, um sie zu verdoppeln, die Wörter pho, männlich, und mo, weiblich, beifügen, wie folgt: 1) sching pho. 6) sa mo. 2) sching mo. 7) lischags pho 3) me pho. 8) Itschags mo. 4) me mo. 9) tschu pho. 5) sa pho. 10) /schu mo. Den 60jährigen Cyklus setzen sie entweder, wie die Chinesen, aus dem Denarius und Duodenarius zusammen, oder sie legen, nach Art der Hindus, jedem Jahr einen eigenen Namen bei, worüber in Csoma de Körös Grammatik das Nähere zu ersehen ist. Ich bemerke nur noch, dafs sie auch die Wörter männlich und weiblich weglassen, und die Cykeljahre folgendermafsen zählen: 1) sching dschi. 2) sching lang. 3) me tag. 4) me jo. 9) sa brug. 6) sa brul u. s. w. (') Der Titel ist: Description du Tubet traduite du Chinois en Russe par le P. Hya- cinthe, et du Russe en Frangais, par M**, revue sur Poriginal Chinois et accompagnee de notes par M. Klaproth. Im Noweau Journal Asiatigue, Tom. IV, p. 81 ff. (2) S.147 ff. (°) In der gemilderten Aussprache wird das 7 in /schags nicht gehört. über die Zeitrechnung der Chinesen. 237 Japaner. Nach Kämpfer. Nach Langles. \— — 1) ne, Maus. ne. 2) us, Ochs. us. 3) torra, Tiger. torra. 4) on, Hase. or. 5) Zats, Drache. Lats. 6) mi, Schlange. mi. 7) uma, Pferd. una. 8) Zsitsuse, Schaf. tschitschus. 9) sar, Meerkatze. sar. 10) zorri, Henne. torri. 11) in, Hund. in. 12) y, Eber. y Kämpfer’s Namen entlehne ich aus seiner Geschichte und Be- schreibung von Japan (!). Er nemnt sie die Jetta oder japanischen Himmelszeichen. On bei ihm und una bei Langles scheinen Schreib- oder Druckfehler zu sein, Nach Kämpfer werden die Thiernamen auch zur Bezeichnung der zwölf Stunden des Tages gebraucht. Um die Namen für den Denarius zu gewinnen, verbinden die Japaner, wie die Mongolen und Tübetaner, die Benennungen der fünf Elemente, kino, Holz, fino, Feuer, Zsutsno, Erde, kanno, Metall, midsno, Was- ser, mit den Wörtern je, männlich, und Zo, weiblich, wie folgt: 1) kino je. 6) Zsutsno to. 2) kino to. 7) kanno je. 3) ‚fino je. 5) kanno to. 4) fino to. 9) midsno je. 5) Zsutsno je. 10) midsno to; (') Nach der Dohmschen Ausgabe (Lemgo, 1777, 4.) Th.I. S. 182. Philos.-histor. Abhandl. 1837. Oo 288 Ipestrer woraus dann weiter durch Combination mit den Thiernamen der Sexagesi- malcyklus gebildet wird. Was die Charaktere betrifft, womit die Japaner gewöhnlich den zehn- und zwölftheiligen Cyklus bezeichnen, so sind es nach Kämpfer ganz die der chinesischen kan und Zschi. Hr. Dr. Schott theilt mir hierüber fol- gende Erläuterung mit: „Die Japaner bedienen sich, nicht blofs beim Schreiben der Cykel, sondern häufig auch für jedes andere Wort, der un- veränderten chinesischen Charaktere. Eine Menge in Japan gedruckter Werke sind sogar von Anfang bis zu Ende chinesisch geschrieben, d.h. nicht blofs mit den chinesischen Charakteren, sondern auch ganz nach den Regeln der chinesischen Wortstellung. Beim Lesen solcher Schriften spricht man die Charaktere chinesisch aus, aber in einem den Japanern eigenthüm- lichen Dialekt, der jedoch mit der japanischen Sprache nichts zu schaffen hat. Man sehe das auf Siebold’s Kosten lithographirte Werk Zi-lin-gyok- ben, Literarum ideographicarum thesaurus (!). Es enthält eine vollständige Sammlung der chinesischen Charaktere, lexikalisch geordnet, mit ihrer bei den Japanern üblichen Aussprache. Aus demselben sind folgende Benen- nungen für den Decimal- und Duodecimalcyklus entlehnt: für den ersteren: 1) kaf: b) ki. 2) üs. 7) kan. 3) fei. 5) sin. 4) tei. 9) Jsin. 5) 5oo. 10) ki. für den letzteren: 1) si. 7) ko. 2) isiu. 8) bi. 3) in. 9) ‚sin: 4) bau. 10) zu. 5) sin. 11) siuts. 6) si. 12) gai. (') Leiden 1834, ein Band in folio. über die Zeitrechnung der Chinesen. 259 Um in ihrer Landessprache zu schreiben, bedienen sich die Japaner ge- wöhnlich zweier Sylbenschriften, Firo-kanna und Kata-kanna genannt. Die letztere ist viel einfacher als die erste. Beide bestehen aus einer Anzahl verkürzter und verstümmelter chinesischen Charaktere (!), die nur phone- tische Geltung haben, und von deren Bedeutung gänzlich abstrahirt wird.” Man vergleiche Abel-Remusat’s Notice sur U Encyclopedie Japanaise (?). Siamesen. Ihren Thiercyklus findet man bei Kämpfer und in de la Loubere’s Histoire du Royaume de Siam (?), ziemlich divergent, nach Allem zu schlie- fsen bei beiden nicht sehr zuverlässig, daher ich ihn auf sich beruhen lasse. (') Oft gebrauchen sie sogar die unveränderten chinesischen Charaktere als japanische Sylbenzeichen, doch selten bei Abfassung gröfserer Texte. Schott. (°) Im elften Bande der Notices et Extraits des Manuscrits de la Bibliotheque du Roi. Der japanischen Encyklopädie liegt ein grolses encyklopädisches Werk in chinesischer Sprache zum Grunde. Über den Inhalt beider in Paris befindlichen Werke und ihr Verhältnils zu einander giebt Abel-Remusat in seinen Melanges Asiatiques, Tom. ll, S.378 ff. einen belehrenden Artikel. (°) Amsterdam 1691, 12., Th. II, S. 59 ff. 290 IveuLer 11: Über die King oder klassischen Bücher der Chinesen. Unter King verstehen die Chinesen ein Buch, das eine feste, untrügliche Lehre enthält. Jede Sekte in China hat ihre Aing. Hier soll nur von den Büchern die Rede sein, die dem Confucius und seinen Schülern zuge- schrieben werden. Der eigentliche Name dieses Weisen ist Xhung-fu-tsö, wofür auch blofs Khung-tsö, oder Fu-tsö, oder kurz T'sö, der Meister, gesagt wird. Er ist 551 v. Chr. geboren und 479 gestorben, wie Gaubil mit Hülfe zweier Sonnenfinsternisse aufser Zweifel gesetzt hat (1). Er lebte also unter Zing-wang und den beiden Aing-wang der Dynastie T'scheu (?). Die wichtigsten der King, die bei der literarischen Sekte, zu der sich der Kaiser und die Grofsen des Reichs bekennen, in dem Ansehen kanonischer Bücher stehen, sind das Y-king, Schu-king, Schi-king, Li-ki und T'schün-tsieu, die unter der gemeinschaftlichen Benennung U-king, die fünf klassischen Bücher, zusammenbegriffen werden. Hier ist eine kurze Notiz derselben, meistens nach Gaubil (°). (&) Traite p. 208 und 213. (?) Einige Nachrichten über seine Lebensumstände ebendaselbst S.49. Eine ausführliche Biographie von ihm giebt der Missionar Amiot im zwölften Bande der Memoires. Er sagt S.437, dafs er nur die Absicht gehabt habe, den Confucius so darzustellen, wie die Chi- nesen sich ihn denken und die Traditionen ihn schildern; ainsi nulle critique de ma part. Chacun pourra faire la sienne, suivant sa maniere et ses prejuges. (°) Trait& p.76 ff. Sehr umständliche, aus den Quellen geschöpfte Nachrichten über die King enthält die Abhandlung: L’Antiquite des Chinois prouvode par les monumens des gedach- ten Missionars im zweiten Bande der Memoires. Auch hier macht sich der Mangel an Kritik sehr fühlbar. über die Zeitrechnung der Chinesen. 291 Das ursprüngliche Y-Aing ist von hohem Alter. Es enthält eine Er- klärung der 64 kua, der ältesten, aus sechs ganzen oder gebrochenen hori- zontalen Strichen bestehenden Schriftzeichen der Chinesen. Acht dersel- ben, jedes drei ganze oder gebrochene Striche enthaltend, soll schon Fu-hi eingeführt haben. Über dieses von verschiedenen Verfassern herrührende Werk hat Confucius commentirt, und sein Commentar, der fast blofs moralischen Inhalts ist, bildet den Hauptbestandtheil dessen, was man jetzt Y-king nennt. In einem Anhange wird als erster Kaiser von China Pao- hi oder Fu-hi genannt, nach welchem Schin-nong, Hoang-ti, Yao und Schin regiert haben sollen. Confucius stellt sie als Weise dar, die zu dem gan- zen Leben und Wesen Chinas den Grund gelegt haben. Das Y-king ist von einigen französischen Gelehrten, namentlich von dem P. Re&gis, ins Lateinische übersetzt worden (!). Bei der Verbrennung der Bücher unter Tshin-schi-hoang (5. 230) blieb das Y-king verschont, weil man nur Regeln für die Divination darin zu finden wähnte. Dieser Kaiser der kurzdauernden Dynastie T'shin machte sich bis zum Jahr 222 v. Chr. zum unumschränkten Herrn des ganzen chinesischen Reichs, indem er alle Nebendynastien ver- nichtete. Er nahm 221 den Titel T'shin-schi-hoang-ti, des erhabenen Gründers der Dynastie T'shin, an. Er wird als ein despotischer und grausamer Regent geschildert (?). Im Jahr 213 ging er in seinem Über- muth so weit, dafs er die meisten Aing und alle von Astronomie und Ge- (') Y-king, antiquissimus Sinarum liber, quem ex latina interpretatione Patris Regis alio- rumque edidit Julius Mohl. Stuttgart und Tübingen 1834, 8. 9 5 8 (2) Aber auch als ein sehr energischer. Er vollendete die grofse schon unter den letzten Kaisern der Dynastie 7'sckeu von einigen Vasallen-Fürsten in den nördlichen Provinzen zum Schutz gegen die Incursionen der Tataren angefangene Mauer, welche sich vom gelben Meer 300 geographische Meilen weit gegen Westen bis zu unzugänglichen Höhen erstreckt. Sie ist an 20 bis 25 Fuls hoch und so breit, dals sechs Pferde neben einander darauf laufen können. Von Strecke zu Strecke hat sie Thore, die von Bastionen vertheidigt werden. Nach Barrow’s Schätzung (Transactions of the Royal Asiatie Society, Tom. I, p- 7) enthält sie mehr Material, als alle Gebäude Grofsbritanniens zusammengenommen. Doch ist sie kei- nesweges ganz massiv, sondern zum Theil ein blofser gepllasterter Erdwall. Die Kaiser der jetzigen Dynastie, die ein grolses Land im Norden der Mauer beherrschen, vernachlässigen sie als nunmehr unnütz, und so verfällt sie allmählig. Die Chinesen nennen sie Wan-l- tschang-tsching, die lange Mauer von 10000 ä. (Man sehe die Anmerkung zu S. 208). Sie ist aber nur halb so lang. Zehn 4 geben nach der jetzigen Bestimmung eine französische Lieue zu 25 auf einen Grad des Äquators. 292 IvdDEeLeEr schichte handelnde Bücher der Chinesen, deren es damals schon sehr viele gegeben haben soll, als unnütz, ja gefährlich, verbrennen liefs, diejenigen ausgenommen, welche die Astrologie, die Geschichte seiner Familie, den Landbau und die Arzneikunde betrafen. Er und sein Minister Zi-/se, von dem diese Maafsregel eigentlich ausgegangen sein soll, wollten, dafs die Chinesen unwissend bleiben und nicht an die alten Könige und Weisen erinnert werden sollten (!). Der Befehl wurde mit barbarischer Strenge, aber doch nur sehr unvollkommen ausgeführt, weil wenige Jahre später (206 v. Chr.) die Dynastie T'shin unterging und die Han, die nun zur Herrschaft gelangten, Befehle im entgegengesetzten Sinne gaben. So kam Vieles wie- der ans Licht, was in einzelnen Exemplaren gerettet war. Doch gab diese Verbrennung in späterer Zeit zu manchen Verfälschungen Anlafs; auch ist sie auf jeden Fall Schuld, dafs eine den kritischen Forscher befriedigende, völlig sichere chinesische Geschichte erst mit den Han ihren Anfang nimmt. Das Schu-king ist ein beträchtliches, sehr schätzbares Bruchstück der ältesten Geschichte Chinas, welches mit mehreren Unterbrechungen von Yao und Schün durch die Dynastien Hia und Schang bis zu Ping- wang, dem dreizehnten Kaiser der Tischeu, fortläuft. Confucius lebte in einer sehr bewegten Zeit, wo mächtige Vasallen als Usurpatoren auftra- ten und sich von der herrschenden Dynastie unabhängig zu machen suchten. Er schrieb das Schu-king, um ihnen die Maximen der weisen Regenten, unter denen China geblüht hatte, ins Gedächtnifs zurückzurufen. Nach des gelehrten Ma-tuan-lin Literargeschichte (?) fand Confucius schon (') Das Nähere hierüber ersehe man bei Gaubil, Trait“ p.64, bei Deguignes, Vor- rede zum Schu-king p.17, und bei Mailla, Vorrede zur Histoire de la Chine und in seinem ersten Sendschreiben an Fre£ret S. cxı. (?) Ma-tuan-lin, einer der grölsten chinesischen Gelehrten, welcher unter den letzten Kaisern der Sung und den ersten der Yuan von 1245 bis 1322 unserer Äre lebte, ist der Verfasser eines encyklopädischen Werks, betitelt Pen -hian-thung-khao, genaue Erfor- schung der alten Denkmäler, einer Art historischer Bibliothek, welche die Geschichte der Civilisation Chinas bis zum Jahr 1224 unserer Zeitrechnung umfalst und die Quelle fast von Allem ist, was sich in den europäischen Büchern über das ältere China zuverlässiges gesagt findet. Das Werk ist um so schätzbarer, da ein grofser Theil der Bücher, die seit den Han geschrieben und dabei benutzt sind, nicht mehr existirt. Es erschien zum ersten Mal 1321 und ist nachher öfters gedruckt worden, unter andern 1747 auf Befehl Arian- Zung’s in 100 pen oder Heften. Es besteht aus 24 grolsen Sectionen, zusammen aus 348 über die Zeitrechnung der Chinesen. 293 ein Werk dieses Titels vor, das er nur auffrischte. Ma-tuan-lin’s Worte, wie sie mir Hr. Dr. Schott mitgetheilt hat, sind: „Da das Schu-king zur Zeit des Confucius eine Masse abergläubiger und absurder Dinge enthielt, wie sie einem Zeitalter der Unwissenheit eigenthümlich sind, so schaffte Confucius allen diesen Wust fort, und reducirte das Buch auf 100 Ka- pitel.” T'shin-schi- hoang hatte es bei der Verbrennung der Bücher ganz besonders auf dieses Werk abgesehen. Von den gedachten 100 Kapi- teln sind unter den ersten Han, namentlich unter Hiao-wu-ti ums Jahr 140 v. Chr., 58 wiederhergestellt worden, worüber man das Nähere bei Mailla (!) nachsehen kann. Diese 58 geretteten Kapitel, die in Gau- bil’s Übersetzung zu 50 zusammengezogen sind, werden von den Chinesen vorzugsweise Schang-schu, das alte Buch, genannt. Die beiden ersten Kapitel, Yao-tien und Schün-tien überschrieben (Zien heifst eine zuverlässige Tradition), enthalten das Älteste und Sicherste, was wir von der Geschichte Chinas wissen. Ping-wang, mit dem das Werk schliefst, regierte von 770 bis 720 v. Chr. Gaubil hat sich ein grofses Verdienst um dieses Werk durch seine mit zahlreichen chronologischen und anderweitigen Erläute- rungen begleitete Übersetzung erworben, welche folgenden Titel führt: Le Chou-king, un des livres sacres des Chinois, qui renferme les ‚Jondemens de leur ancienne histoire, les principes de leur gouvernement et de leur mo- rale: owrage recueilli par Confucius. Traduit et enrichi de notes par le P. Gaubil. Revu et corrige sur le texte Chinois, accompagne de nouvelles notes et d’additions ürdes des historiens originaux par M. de Guignes (?). Der Antheil, den der Herausgeber an diesem Buche hat, ist nicht so erheb- lich, als es der Titel vermuthen läfst. Büchern. Die im Text erwähnte Literargeschichte bildet die 18'° Section, in der alle Zweige der Literatur abgehandelt sind. Aus der 21°= Section, die von den Himmelskörpern handelt, ist der Katalog der in China beobachteten Kometen entlehnt, den Pingr& in seiner Cometographie mittheilt. Die ausführlichste und bündigste Notiz über das ganze Werk giebt Abel-R&musat im zweiten Bande seiner Noweaux melanges Asiatiques. Man vergleiche auch Gaubil’s Traite, p.167. Ein Supplement zu dieser Encyklopädie ist das Sin - wen- hian-thung-khao, welches die Fortsetzung der Artikel bis auf die neueste Zeit enthält. (') Vorrede zu seiner Geschichte Chinas von S. vo an. (2) Paris 1770, 4. 994 IpEeLer Das Schi-king ist für die Geschichte von keinem grofsen Belange, wenn es gleich öfters auf Personen und Dinge bis zu Ping-wang herab an- spielt. Es enthält, wie es von Confucius redigirt vorliegt, theils Betrach- tungen über allerlei Gegenstände der Moral, namentlich über Regenten- pflichten, theils 311 längere oder kürzere Gedichte, die bei öffentlichen Festlichkeiten gesungen wurden. Ily a des pieces, sagt Gaubil ('), dont Vesprit et Üeloquence naturelle ont je ne sais quoi de sublime qui serait du goüt de ceux qui en Europe se piquent de belles lettres. Schon seit Schün waren, wie man aus dem Schu-king ersieht, dergleichen zur Belehrung der Jugend bestimmte Lieder im Gebrauch, die in Musik gesetzt wurden. Der P. Delacharme hat das Schi-king ins Lateinische übersetzt und mit schätz- baren Erläuterungen versehen (?). Das Li-ki enthält, wie der Titel besagt, Denkwürdigkeiten über reli- giöse und andere Gebräuche. Das Buch soll dem Confucius angehören, ist aber allem Anschein nach sehr entstellt auf uns gekommen. Selbst Ma- tuan-lin spricht dem Weisen jede schriftliche Beisteuer zu den Quellen des Li-ki ab, und behauptet nur, dafs viele durch Tradition erhaltene Sprüche und Maximen von ihm darin zu finden seien. Nach ihm waren die Sammler des Li-ki zwei Gelehrten der Familie Tai, die unter den Han lebten. Das Geschichtliche, das sich darin zerstreut findet, und zum Theil noch über die Zeiten des Fu-hi zurückgeht, ist unzusammenhängend und für die Zeit- rechnung unbrauchbar. Desto wichtiger in dieser Beziehung ist das T'schün-tsieu, welcher Titel so viel sagt als Frühling und Herbst (?). Es ist eine Geschichte der Nebendynastie Zu in Schan-tung, unter der Confucius lebte, und von ihm in der Absicht geschrieben, um durch die Erzählung der traurigen Folgen einer Herrschaft, die nicht auf Tugend gegründet ist, die damaligen Regenten zu erschüttern und zu belehren. Es ist unter allen Büchern, die seinen Namen tragen, das einzige, das ganz ihm angehört. Er redet von (') Traite p. 86. (?) Confucii Chi-king, seu liber carminum. Ex latina Patris Lacharme_ interpretatione edidit Julius Mohl. Stuttgart 1830, 8. (°) Die Chinesen bezeichnen auf diese Weise das ganze Jahr, und so soll der Titel eigentlich so viel als Annalen sagen. Abel-R&musat, Melanges Asiatiques, Tom.II, p. 404. über die Zeitrechnung der Chinesen. 295 zwölf Fürsten der Familie Zu, von Yn-kung bis Ngai-kung, aus dem Zeit- raum von 722 bis 481 v. Chr., so dafs das T'schün-tsieu ungefähr da anfängt, wo das Schu-king aufhört. Was diesem Werke für uns ein grofses Inter- esse giebt, ist die Erwähnung von 36 Sonnenfinsternissen, von denen ö nach Gaubil, der sie untersucht und durchgerechnet hat, nur 3 oder 4 falsch und ein paar nicht in China sichtbar gewesen sind (!). Die erste von allen hat sich am 22. Februar 720 v. Chr. im dritten Jahr des Yn-kung, die letzte am 22. Julius 495 im funfzehnten des Ting-kung ereignet. Das Werk schliefst mit dem Jahr 481 v. Chr., dem vierzehnten des Ngai-kung. Die Schüler des Confucius haben es noch zwei Jahre weiter bis zum sechzehnten dieses Fürsten fortgeführt, in welchem der Weise starb. Das Tschün-tsieu gehört zu den Büchern, die Tshin-schi-hoang verbrennen liefs; doch kamen nach Erlöschung seiner Dynastie Exemplare davon zum Vor- schein, die bei den Chinesen allgemein für das ächte Werk des Confucius gelten. Nächst dem Schu-king ist dies die wichtigste Quelle für die ältere Geschichte Chinas, deren Werth noch sehr durch die Werke Tso-tschuen und Aue-yü des Tso-khieu-ming erhöht wird. Dieser Zeitgenosse des Confucius hat noch die Finsternifs vom 19. April des Jahrs 481 v. Chr. hinzugefügt. Das T'so-/schuen nimmt bei den Chinesen die erste Stelle nach den Aing ein. Es ist ein Commentar zu dem in einer sehr gedrängten Sprache geschriebenen T'schün-tsieu, und das Kue-yü eine Ergänzung des- selben, die bis auf das sechzehnte Jahr des Tssching -ting-wang der T'scheu oder 453 v. Chr. geht. Beide Werke enthalten ein reiches Material für die älteste Geschichte des chinesischen Reichs (?). | Aufser den bisher gedachten fünf King werden noch drei von Schü- lern des Confucius geschriebene Bücher, das Tai-hio, Lün-yü und Tschung-yung, und das Buch des über hundert Jahre später lebenden Meng-tsö (Memcius) zu den klassischen gezählt, jedoch von einem niedri- geren Grade. Sie führen den gemeinschaftlichen Namen Sse-schu, der vier Bücher, und sind als ein Inbegriff der Lehren des grofsen Weisen zu betrachten (?). Die drei ersten sind in Couplet’s Confucius Sinarum (') Obdservations, Tom. U, p. 156 ff. und Tom. III, p. 239 ff. (?) Traite, p.96 ff. Vergl. Zettres edif. p. 399. () Traite, p. 90 ff. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Pp 296 IpDELeEr philosophus (') und alle vier in No&l’s Sse-schu (?) übersetzt oder viel- mehr paraphrasirt. In neuerer Zeit sind bessere Übersetzungen mit den Originaltexten zur Seite erschienen, von denen ich nur die des Aleng-tsö von Hrn. Etienne Julien und des ganzen Sse-schu mit dem sehr ge- schätzten Commentar des T'schü-hi von Hrn. Pauthier nenne (°). Eine Sammlung der U-king, des Sse-schu und von noch vier an- deren in grofsem Ansehen stehenden Büchern ist unter Tai-tsung, dem zweiten Kaiser der Dynastie Thang, von Khung-yng-ta, einem Abkömm- ling des Confucius, veranstaltet worden. Über jedes der 13 Bücher wählte dieser kundigste Mann seiner Zeit den besten Commentar, wie das Tso-tschuen über das Tsschün-tsieu, und fügte noch viele Bemerkungen von sich und anderen Gelehrten hinzu. Nach Gaubil’s Urtheil (*) ist dies eine der schönsten Sammlungen für die chinesische Literatur, die man besitzt; nur fehlt europäische Kritik. () Paris 1687, fol. (2) Prag: 1711, 4. (°) Man vergleiche die Artikel Trseng-tseu, Tseu-/se und Meng-tseu in Abel-R&musat’s Nouv. Melanges Asiatig. Tom.11, p. 106 ff. und Notices et extraits des Manuscrits, Tom. X, p- 269. (*) Traite p. 147. nn [89] > I über die Zeitrechnung der Chinesen. IV. Über die Sieu oder Mondstationen der Chinesen. Seit den ältesten Zeiten existirt in China ein durch den periodischen Umlauf des Mondes bestimmter Zodiakus von 28 Theilen, der auf eine ähnliche Weise, wie unser erst später daselbst bekannt gewordener zwölf- theiliger Thierkreis zur Bezeichnung der Sonnen-, Mond- und Planeten- örter gebraucht wird. Die gemeinschaftliche Benennung seiner Abthei- lungen ist sieu. Der chinesische Charakter kann auch su ausgesprochen werden und bedeutet dann eine Herberge für die Nacht, als Verbum ausruhen. Von der letzteren Aussprache ausgehend, werde ich mich der Benennung Mondstationen bedienen, da die in europäischen Büchern übliche: Mondconstellationen für eine Reihe isolirter Sterne nicht passend ist. Das arabische „& J;u» menäzil el-kamar, Mondherbergen, ist ganz analog gebildet. Nach Gaubil(!) sagen die Chinesen auch die 28 sche, welcher Charakter, astronomisch genommen, eigentlich die täg- liche Bewegung und den täglichen Ort des Mondes bezeichnet. Die Namen der einzelnen Mondstationen und die Sterne, die ihren Anfang bestimmen, nebst deren Stellungen, ersieht man aus folgender von Gaubil gegebenen Tafel (?): (') Observations "Tom. Il, p. 80. (*) Ebend. Tom.II, p. 178-181. Lezer. edif. auf der Kupfertafel zu S.440 und Traite in der Vorrede. An letzterem Ort sind nicht die Sterne selbst, sondern blols ihre Längen und Breiten aufgeführt. Pp2 Namen. | Sterne. Länge. Breite. Intervall. | 1) kio Spica w 940 | 228. 12" 2) kang » Jungfrau m 0% 256 N. 9 3) ü a Wage 10 54 02N. 15 4) fang Skorpion 28 45 5 27 S. 5 5) sın or — X 336 358 $. 5 6) wei vo — 11235 14 50 S. 18 7) khi y Schütze 27 4 657 S. 11 8) teu — 5 +6:,0 354 8. 26 9) nieu | ß Steinbock | 29 52 437 N. ERFEFIEE 8 10) nıü e Wassermann mw 713 sı0o N. 12 11) huü ß E= 19 13 8.33 N. 10 12) wei er _ 29 ıl 10 40 N. 17 13) sche a Pegasus )e. 19.17 19.25 N. 16 14) pi Yo— | Y 45 12 37 N. 9 15) kuei | C Andromeda | 16 31 17 48 N. 16 16) leu ß Widder | 29 46 839 N. 12 17) wei a Fliege yv124 1 8 N. 14 18) mao n Stier 25 47 a ıN. 11 19) pi E — ‚EE ARI5 236 S. 16 20) tsui ? Orion 19 36 13 26 S. 2 21) tsarı 6 — 18 10 23 36 $. | 9 22) tsing Zwillinge 89% Mid 054 8. 33 23) kuei 6 Krebs N 13 | 048 8. 4 24) lieu ö Wasserschlange 68 12 27 S. 15 25) sing & _ 23 6 22 25 S. 7 26) tschang lv _ np 130 26 12 S. 18 27) y a Becher 19 33 22 41 S. 18 28) tschin y Rabe u 63 1425 S. 17 Bei Gaubil fehlen die Sterne zu 15, 17, 23, 24, 26 und 27. Ich habe sie nach den angegebenen Längen und Breiten hinzugefügt. Die Tafel ist auf das Jahr 1700 unserer Zeitrechnung gestellt. Vergröfsert man die Längen um 2 Grad, so pafst sie auf unsere Zeit. Die sechste, zwölfte und siebzehnte, die vierzehnte und neunzehnte, die funfzehnte und dreiundzwanzigste Station lauten übereinstimmig, wer- den aber mit verschiedenen Charakteren geschrieben. Die Charaktere über die Zeitrechnung der Chinesen. 299 finden sich bei Gaubil (!) und Morrison (?). Sie sind zugleich Reprä- sentanten von allerlei Begriffen. So bedeutet der Charakter für Aio auch Horn, der für kang auch Hals. Man darf aber deshalb nicht glauben, dafs Bilder an diese Benennungen geknüpft sind. Die Chinesen haben gar keine Sternbilder, sondern blofse Namen für einzelne Sterne und kleine Sterngruppen. . Die Intervalle sind im Aquator genommen und passen auf die Zeit des Han-wu-ti, 140 Jahre v. Chr. (°). Die Chinesen haben nämlich in älterer Zeit die am Himmel vorgehenden Bewegungen blofs auf den Äqua- tor bezogen, wie es die unmittelbare Beobachtung mit sich bringt. Sie scheinen nicht im Stande gewesen zu sein, die beobachteten Örter durch Rechnung auf die Ekliptik zu redueiren, was eben keine besonders günstige Idee von ihrer älteren Astronomie erweckt. Von t£swi auf tsarı findet in der Länge ein Rückschritt von anderthalb Graden statt, in der geraden Aufsteigung nicht, da ö Orion vor 2000 Jahren im Äquator östlicher stand als A Orion. Es ist sehr auffallend, dafs die Intervalle so ungleich ausfallen, und dafs man zum Theil so kleine Sterne gewählt hat, wo man ganz in der Nähe viel gröfsere hatte, z. B. « im Skorpion statt « oder Antares. Dies läfst sich, wenn nicht alte Mifsverständnisse im Spiel sind, sehr schwer erklären. Ich vermuthe, dafs bei dieser anscheinend wunderlichen Anordnung der Mondstationen alte Vergleichungen des auf- oder untergehenden Mondes mit gleichzeitig culminirenden Sternen zum Grunde gelegen haben, bin aber nicht so glücklich gewesen, das dabei leitende Princip zu entdecken. Gab es ein solches, so mufs die Anwendung desselben sehr roh gewesen sein; denn bei keiner möglichen Combination konnte eine Station 26, ja 33 Grad halten, während benachbarte nur aus 4, ja nur aus 2 Graden bestanden. Nur so viel ist gewifs, dafs man wenigstens seit der Dynastie der Han die Mondstationen immer so bestimmt hat, wie sie obige Tafel darstellt. Wir ersehen dies aus fünf anderweitigen Tafeln, die Gaubil als schätzbare Denk- mäler der älteren chinesischen Astronomie mitgetheilt hat. Es sind folgende: (') Auf der erwähnten Kupfertafel. (?) Piew of China, p. 102. (°) Observations, Tom. III, p. 105. 300 IDEstLEr 1) eine für die Zeit des Wu-ti, 140 v. Chr. (!), aus der Astronomie der westlichen Han entlehnt. Sie enthält blofs die Intervalle im Äquator, ganz wie die obige Tafel. Wie Gaubil bemerkt, bediente man sich damals der Armillen und bezog die himmlischen Bewegun- gen allein auf den Äquator; 2) eine für das Jahr 103 n. Chr. (?). Es sind darin die Intervalle im Äquator und zugleich in der Ekliptik gegeben, erstere fast ganz über- einstimmig mit obiger Tafel, letztere um 4 bis 5 Grad unrichtig. Die Tafel fängt mit der Station teu an, auf die damals die Winterwende traf. Um die Intervalle im Äquator zu messen, soll man sich eines grofsen Instruments aus Messing bedient haben, das man nicht näher beschrieben findet; 3) eine für das Jahr 724 n. Chr. (?). Sie gründet sich auf die vom Bonzen Y-hang unter Hiuan-tsung zu Si-gan-fu in Schen-si mit einem grofsen bronzenen Instrument angestellten Meridian - Beobachtungen. Es sind darin die Intervalle im Aquator und in der Ekliptik, nebst der Polardistanz der Sterne aufgeführt; 4) eine für das Jahr 1250 n. Chr. (*), bei der die von Ko-tscheu-king unter Chubilai zu Peking gemachten Beobachtungen zum Grunde liegen. Es sind die Intervalle in der Ekliptik und im Äquator gege- ben. Die Sternörter fehlen ; 5) eine für das Jahr 1683 (°). Sie ist, wie Gaubil sagt, aus der Astro- nomie chinoise faite par ordre de l Empereur Kang-hi, d.i. aus der Sammlung astronomischer Tafeln entlehnt, welche der Kaiser durch die Jesuiten veranstalten liefs (s. oben S. 221). Es sind darin die Längen, Breiten und Gröfsen der Sterne nach europäischen Beob- achtungen angesetzt. Gaubil bemerkt dabei, dafs isan eigentlich vor Zsui hätte stehen müssen; man habe aber von der alten Ordnung der Mondstationen nicht abgehen wollen. Seitdem bezieht man sie blofs auf die Ekliptik. (') Observations, Tom. III, p. 104, 105. (*) Ebend. p. 81, 82. (°) Ebend. p. 103, 109. (*) Ebend. p. 106, 107. (°) Ebend. p.79, 80. über die Zeitrechnung der Chinesen. 301 Um obige Äquatoreal- Intervalle zu prüfen, habe ich folgende Tafel der geraden Aufsteigungen für das Jahr 140 v. Chr. berechnet, wobei ich die Längen und Breiten der Sterne aus der Berliner Sammlung astro- nomischer Tafeln entlehnt, die Präcession in 72 Jahren auf einen Grad gesetzt, und die Schiefe der Ekliptik zu 23° 45’ angenommen habe. Rect- nach Namen. Sterne. ascensionen. | Chin. Grade. | Intervalle. | Gaubil. 1) kio Spica 173 4 176,26 11,92 12 2) kang x Jungfrau 155 29 153,18 8,55 N) 3) ıü & Wage 194 12 197,03 14,92 15 4) fang r Skorpion 208 51 211,95 5,37 5 5) sen T — 214 12 217,32 5,08 5 6) wei € _ 19 12 222,40 18,75 18 7) khi y Schütze I 2337 Al 241,15 10,59 11 5) teu .— 248 7 251,74 26,76 26 9) niew 8 Steinbock | 274 30 | 273,50 7,89 be) 10) zuü &: Wassermann 252 16 286,39 11,90 12 11) hi ß _ 294 0 298,29 9,53 10 12) wei r _ 303 24 307,82 16,52 17 13) sche a Pegasus 319 4l 321,34 16,79 16 14) pi Y - 336 14 341,13 - 8,32 | ) 15) kuei C Andromeda 314 26 349,45 16,19 16 16) leuw 8 Widder 0233 0,39 | 12,57 | 12 17) wei c Fliege 12 46 12,96 14,00 | 1 15) mao n Stier 26 34 26,96 10,66 | 11 19) pi ee — | 37 5 37,62 | 15,00 16 20) tsul ?* Orion 54 49 55,62 1,25 | 2 21) tsarı oe‘ — 56 8 56,57 | 7,76 e) 22) tsing u Zwillinge | 63 42 61,63 | 33,23 33 23) Auei 5 Krebs 96 27 97,86 4,08 4 24) lieuw ö& Wasserschlange 100 28 101,94 15,04 15 25) sing & —_ | 115 18 116,95 | 6,53 | 7 26) tschang lv Z— 12 2 123,51 17,06 15 27) y a Becher 138 51 140,87 | 18,37 18 25) tschin y Rabe 156 57 15924 | 17,02 | 17 Summe 365,5 | 368 302 IpveEeuLeEr Die Sterne zu No. 6 und 17 sind nach Gaubil u im Skorpion und a in der Fliege (Bode). Ich habe dafür e Skorpion und c Fliege gesetzt, weil Noel (') die sechste Station durch den Stern in secundo spondylo scor- pionis bezeichnet, und c der hellere in der Gruppe der Fliege ist. Dann stimmen die Angaben in ganzen Graden für eine so entfernte Zeit so gut, als man es nur erwarten kann. Mit den Mondstationen hängen alle Untersuchungen über die frühere Astronomie der Chinesen zusammen. Im ersten Kapitel des Schu-king (?) werden für die Zeit des Yao als Signale der Gleichheit von Tag und Nacht in der Mitte des Frühlings der Stern niao, des längsten Tages in der Mitte des Sommers der Stern ho, der Gleichheit von Tag und Nacht in der Mitte des Herbstes der Stern Aiö, und des kürzesten Tages in der Mitte des Win- ters der Stern mao genannt. Nach den Auslegern aus der Zeit der Han waren niao und ho die Sterne, welche jetzt sing und fang heifsen, die fünf- undzwanzigste und vierte Station, die Sterne hiü und mao eben die, welche noch jetzt so genannt werden, die elfte und achtzehnte. Wenn also diese Sterne eben die sind, an welche die Stationen unter den Han geknüpft wurden, so war unter Yao das Signal der Frühlingsnachtgleiche « Hydri, der Sommerwende r Skorpion, der Herbstnachtgleiche @ Wassermann, der Winterwende der helle in den Plejaden. Diese Sterne standen damals beim Untergange der Sonne ungefähr im Meridian. Hieraus hat man gefolgert und seit den Han allgemein angenommen, dafs unter Yao die vier Cardinal- punkte, von der Frühlingsnachtgleiche an gerechnet, durch die Sterne mao, sing, fang und Aiüö repräsentirt wurden. Ich habe die geraden Aufstei- gungen, welche sie vor 4000 Jahren hatten (dies ist ungefähr die Zeit, wo nach chinesischen Berichten Yao gelebt haben soll), berechnet, indem ich die Vorrückung der Nachtgleichen wie oben, und die Schiefe der Ekliptik auf 24 Grad gesetzt habe. So ergab sich für den hellen in den Plejaden ...ums 0° 23 für a HIydrd@ cn. seerstateenee. sanken nee 89 31 BUNTES KOTDTOTL Bes eReeeesneeeen Tu ERRRRRBSLARALNELLANAUREEAEREER DE 182 30 für SO NV assermannimeaereesensnnenscneranessneneansetnneen 265 30 6) Observationes, p- yal® (?) S.& der Gaubilschen Übersetzung. über die Zeitrechnung der Chinesen. 303 Hiernach trafen das Sommer- und Wintersolstitium wirklich auf sing und hiü; das Frühlings- und das Herbstäquinoctium gingen nahe vor mao und fang ber. Man mufs also Gaubil beipflichten, wenn er sagt (!): Ze Catalogue des 28 constellations est tres-ancien de m&me que leur arran- gement, et cest sans doute un monument de Yao. Natürlich läfst sich nicht umgekehrt auf eine so schwankende Basis eine Berechnung der Epoche des Yao gründen, da es sich nur um ganze Stationen handelt, und da man, wie Gaubil bemerkt (?), nicht annehmen darf, dafs man in so entfernten Zeiten schon im Stande war, mit einiger Sicherheit die Örter der Sterne zu bestimmen. Auch im Schi-king, Tschün-tsieu und Tso-tschuen werden schon einzelne Mondstationen genannt. Das vollständige Verzeichnifs derselben findet sich aber erst in den Fragmenten, die sich aus der Schrift Zü-schi- tschün-tsieu erhalten haben (?). Der Verfasser derselben, Lü-pu-wei, ein Kaufmann aus Honan, der durch seine Reichthümer und seine Ränke den Kaiser T'shin-schi-hoang auf den Thron brachte und dafür zum Grofswür- denträger des Reichs ernannt wurde, soll mit grofsen Kosten von allen Seiten her Schriften gelehrter Männer gesammelt und Auszüge daraus in gedachter Schrift mitgetheilt haben. Die Anfänge der Mondstationen correspondiren zu unserer Zeit mit den Zeichen der Ekliptik — kung — wie folgt: Y pi, kuei. wu tschin, kio. % leu, wei, mao. m Aang, ti. IT pi, tsui, tsan. 7 Jang, sin, wei, khi. &5 tsing. ten. N kuei, lieu, sing. > nieu, niü, hi. np tschang, y. )C wei, sche. In den chinesischen Kalendern pflegt angegeben zu sein, mit welchem Grade der drei Stationen nieu, niü und hiü, die jetzt im Zeichen des Was- sermanns beginnen, das Jahr seinen Anfang nimmt. So in den elf Kalen- dern, die Bayer vor sich hatte. Von dem ersten derselben, der unserm (') Lettres edif. p. 310. (?) Traite p. 258. (°) Ebend. p. 107 ff. Vergl. p. 56. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Qgq 304 IperLer Jahr 1723 entspricht, sagt er (!): Primus dies sin-/fse (der 18“ Tag der Sexagesimalwoche, der 5. Februar), quo die sol in 1sö-kung seu Aquario fuit gr. 15 29, constellationis niü gr. 7 33. Die Station ni begann da- mals mit 7° x 54. Man sieht also, dafs die Zusammenstellung bei ihm sehr nahe zutrifft. Allen von Gaubil gesammelten Nachrichten zufolge haben die Chi- nesen von jeher den Tag der Winterwende durch Beobachtung des längsten Mittagschattens am Gnomon zu bestimmen gesucht. Hatten sie nun auch eine Methode, den Ort derselben im Cyklus der Mondstationen mit einiger Sicherheit zu ermitteln, so konnte es nicht fehlen, dafs sie durch ihre fortgesetzte Anwendung auf die Vorrückung der Nachtgleichen ge- leitet wurden. Eine solche Methode erfand Aiang-ki um das Jahr 284 unserer Zeitrechnung (?). Er beobachtete den Ort des Mondes zur Zeit der Mitte einer Mondfinsternifs, und erhielt so den gegenüberstehenden Ort der Sonne. Von hier an rechnete er in der Reihe der Mondstationen, deren Ausdehnung im Äquator damals schon mit ziemlicher Genauigkeit bekannt war, unter der Voraussetzung, dafs sich die Sonne täglich um einen (chinesischen) Grad vorwärts bewege, weiter, und so ergab sich ihm der Ort der Winterwende vermittelst der Zeit derselben, die er durch die gno- monische Messung erhalten hatte. Auf diese Weise fand er, dafs das Sol- stitium damals dem 17‘ Grade der Station Zeu entsprach. Eben dieser Methode bedienten sich nachmals die Astronomen Ho- g. Jener setzte mit Hülfe der Mond- finsternisse der Jahre 434, 436, 437 und 440 den Ort des Wintersolstitiums auf den 14'=, und dieser im Jahr 724 auf den 10‘ Grad von Zeu (°). Diese Bestimmungen sagten ihrer Zeit nahe zu. sching-tien und der Bonze Y- han Yü-hi, ein Zeitgenosse des eben gedachten Aiang-ki, soll der erste gewesen sein, der von der Vorrückung der Nachtgleichen sprach (*). Es ist meines Erachtens gar nicht nöthig, dabei mit Hrn. Letronne an eine influence occidentale zu denken (°). Schon längst waren in China Beobach- (') De horis Sinicis, p. 24. (2) Gaubil, Odservations, Tom.II, p. 45. (°) Ebend. p.48, und III, p. 109. (*) Ebend. Tom.II, p. 46. (?) Origine grecque des zodiaques pretendus Egyptiens, p:. 17. über die Zeitrechnung der Chinesen. 305 tungen des Wintersolstitiums vorhanden, die, wenn auch noch so roh, zu dieser Entdeckung Anlafs geben mufsten. Nur die Quantität der Präcession blieb lange schwankend. Yü-hi setzte sie in 50 Jahren, und der Astro- nom Lieu-hiüen unter den Suwi gar in 45 Jahren auf einen Grad (!). Erst unter Hong-wu, dem Gründer der Dynastie Aling, näherte man sich der Wahrheit, indem man sie in 70 bis 72 Jahren zu einem Grad annahm (?). Diese Bestimmung scheint den muhammedanischen Astronomen anzugehö- ren, unter deren Leitung damals das mathematische Tribunal stand. Die Mondstationen kommen nicht blofs in China, sondern in dem gröfsten und kultivirtesten Theil Asiens von Arabien bis Japan vor. Die Inder nennen sie Nakschatras. Sie zählen, der Dauer des periodischen Monats zu 27 Tagen gemäfs, eigentlich nur 27, vermehren aber diese Zahl, um den vernachlässigten Bruch einzubringen, durch Einschaltung auf 28. Die Sanskritnamen der einzelnen Stationen und die Sterne und Sterngruppen, an die sie geknüpft sind, lernt man am bündigsten aus Colebrooke’s Abhandlung: On the Indian and Arabian divisions of the Zodiack kennen (°). Sie kommen schon in den Vedas vor, wo die Ple- jaden — Äritika — als das erste Gestirn genannt werden. Hat man, wie zu vermuthen steht, die Reihe ursprünglich mit der Frühlingsnacht- gleiche angefangen, so mufs das Alter der indischen Stationen ungefähr dem der chinesischen gleich sein. Jene unterscheiden sich dadurch we- sentlich von diesen, dafs sie ziemlich von gleicher Gröfse und meistens durch augenfällige Sterne bezeichnet sind. Dieses verschiedenen Charak- ters wegen glaube ich, dafs die Mondstationen höchstens der zum Grunde liegenden Idee nach von dem einen Volk zum andern übergegangen sein können. Praktischen Nutzen scheinen sie bei den Hindus eben nicht gehabt zu haben; sie spielen meistens nur eine Rolle in ihrer Astrologie. Die Araber haben die Menäzil el-kamar, von denen sich in ihrer älte- sten Astrognosie keine Spur findet, erst nach Muhammed kennen gelernt, und zwar von den Indern; denn die Griechen, deren Astronomie sonst ganz zu ihnen übergegangen ist, wufsten nichts von einem Mondzodiakus. (') Traite p. 258. (3 Observations, Tom. U, p- 116. (°) AIsiatic Researches, Tom. IX. Qq2 306 IDELER Ich habe in meinem Buch über den Ursprung und die Bedeutung der Sternnamen die Namen und Sterne der einzelnen arabischen Sta- tionen nach Kazwini gegeben (!). Die Japaner haben sie, selbst mit Einschlufs der Namen, von den Chinesen entlehnt, denen sie fast alle ihre astronomischen Kenntnisse verdanken (?). Eine kurze Notiz über die chinesischen Gestirne wird sich hier schicklich anschliefsen. Sie bestehen meistens nur aus wenigen Ster- nen, die auf der Sphäre und in den Karten durch Linien verbunden zu werden pflegen, wodurch sie das Ansehen mathematischer Figuren erhalten. Von eigentlichen Sternbildern ist nicht die Rede. Die Namen sind meistens von der kaiserlichen Familie und den Würdenträgern des himm- lischen Reichs entlehnt. Von gleichem Charakter ist der Sternhimmel der Mongolen, mit welchem uns Abel-Remusat bekannt gemacht hat (). Schon in dem Fragment eines Kalenders Hiao-siao-tsching aus den Zeiten der ältesten Dynastie Hia werden mehrere Sternnamen erwähnt (*). Aber erst mit der Ankunft der Missionare klärt sich der chinesische Sternhimmel für uns Europäer auf. Der P. Schall gab um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts ein Planisphär nach der Ekliptik abgetheilt unter dem Titel Thang-scho-wang in vier grofsen Blättern heraus, wovon sich ein Exem- plar in der königlichen Bibliothek zu Berlin befindet (?). Später haben der P. Verbiest und sein Nachfolger im mathematischen Tribunal, der P. Grimaldi, neue chinesische Planisphären ans Licht gestellt, letzterer auf sechs graduirten Blättern. Bei diesen Darstellungen liegen Tycho’s Sternpositionen zum Grunde; aber die Sternnamen der Chinesen und ihre Constellationen sind beibehalten (°). Ein ausführliches Sternverzeichnifs in alter Weise, nämlich blofs nach den Örtern in den griechischen Bildern geordnet, mit chinesischer Nomenklatur begleitet, und deshalb noch immer schätzbar, lieferte der Jesuit Noel (7), der sich lange in China aufgehalten (') 8.287 ff. (?) S. Abel-R&musat, Notices et extraits des manuscrits, Tom. XI, p. 151. (?) Fundgruben des Orients, Bd.IlI, S.179 ff. Melanges Asiatiques, Tom.I, p. 212 ff. (*) Letres edifiantes, p. 325 ff. (°) S. Klaproth’s Verzeichnils, S. 183. (°) Observations, Tom.I, p.4 und 5. (") Observationes, von p.67 bis 103. über die Zeitrechnung der Chinesen. 307 und die dortige Astrognosie fleifsig studirt hat. Weiter sind neuerdings Deguignes der Sohn und Reaves gegangen. Jener hat, von seinem Vater unterstützt, No&l’s Katalog auf eine neue, dem jetzigen Zustande der Wissenschaft angemessenere Form gebracht, und zwei Planisphären dazu stechen lassen (!). Dieser, Mitglied der Londoner Societät, hat bei seinem Aufenthalt in Canton ein Sternverzeichnifs zusammengestellt, in welchem er die chinesischen Namen mit den unsrigen zu identificiren bemüht gewe- sen ist. Seine Arbeit steht am Schlusse des ersten Bandes von Morri- son’s chinesischem Wörterbuch. Nach Abel-Remusat (?) hat er dabei besonders eine von den Missionaren compilirte chinesische Ency- klopädie, Ziu-U-yuan-yuan betitelt, benutzt, in deren 31°” Heft (es sind ihrer 100) eine Liste von 92 Sternen der ersten und zweiten, und eine andere von 217 Sternen dritter bis fünfter Gröfse, nach gerader Auf- steigung und Abweichung gegeben ist. Auf diese Weise ist es ihm gelun- gen, eine grofse Sicherheit in seine Synonymik der chinesischen Constella- tionen zu bringen. (') S. den zehnten Band der Memoires presentes, S. 359 ff. (?) S. das oben erwähnte Verzeichnils der mongolischen Sternnamen in den Melanges Asia- tiques. vn 308 IpEerter V. Über die Geschichtschreibung und die wichtigsten historischen Werke der Chinesen. As unter den Han das Schu-king grofsentheils wiederhergestellt und das Tschün-tsieu mit dem Commentar T'so-tschuen und der Fortsetzung Äue- yü, das Sse-schu und andere der Verbrennung der Bücher unter T'shin- schi-hoang entgangene Geschichtsquellen (!) an das Licht gezogen waren, wünschte /Fu-ti, der fünfte Kaiser dieser Dynastie, ein grofser Freund der Literatur, die frühere Geschichte Chinas so gut als möglich aufzufrischen. Er versammelte die einsichtsvollsten Gelehrten um sich, liefs sie so viele Materialien, als in den Archiven und anderweitig aufzufinden waren, zusam- mentragen, und stellte Sse-ma-than, den tüchtigsten Forscher seiner Zeit, an die Spitze des damals schon vorhandenen historischen Tribunals, mit dem Befehl, den Stoff zu einem Ganzen zu verarbeiten. Diese Auf- gabe löste erst Sse-ma-than's Sohn Sse-ma-tsian durch seine Sse-ki oder historischen Denkwürdigkeiten, wodurch er sich den Namen eines Begründers der chinesischen Geschichte erworben hat. Dieses Werk ist noch vorhanden und die Grundlage aller späteren Forschungen über die ältere Geschichte Chinas geworden (?). Für eben so wichtig gilt den Chinesen die Geschichte der westlichen Han von Phan-ku, der unter Aling-ti, dem zweiten Kaiser der östlichen Han, dem historischen Tribunal vorstand. Das Sse-ki wurde nun von diesem Tribunal allmählig in der Art fortgesetzt, dafs die Geschichte einer jeden Dynastie erst dann ans Licht (') Vergl. den dritten Nachtrag. (?) S. Gaubil’s Traite p.123 ff., und besonders die Artikel Sse-ma-than und Sse-ma- /sian in Abel-R&musat’s Now. Melanges Asiatiques, Tom.1l, p. 132 ff. über die Zeitrechnung der Chinesen. 309 trat, wenn sie ganz erloschen war. So erschien die Geschichte der T’hang und der ihnen folgenden fünf kleinen Dynastien erst unter den Sung, die der Sung und der Yuan erst unter den Ming, die der Aling erst unter Khian-lung, der sie 1742 drucken liefs. Auf diese Weise sind die chinesi- schen Reichsannalen entstanden, welche Hoai-tsung 1630 in Eine Samm- lung gebracht hat, unter dem Titel Öl-schi-yi-/se oder Nian-yi-se, die einundzwanzig Geschichtswerke, wofür man jetzt, nachdem die Geschichte der Ming hinzugekommen ist, Nian-öl-fse, die zweiund- zwanzig Geschichtswerke, sagt ('). Dieses sehr ausführliche Werk, das für sich eine ganze Bibliothek bildet (?), ist weniger eine Geschichte im europäischen Sinne des Worts, als ein Inbegriff nach den Dynastien geordneter Materialien, worin allge- meine Geschichte, Geschichtstafeln, zahllose Biographien und eine Masse Notizen über Geographie, Verwaltung, Finanzen, Sitten und Gebräuche, Astronomie und Kalenderwesen, Musik, Literatur und andere Gegenstände zu einem Ganzen verbunden sind, das keine deutliche Übersicht über den Gang der Begebenheiten gewährt (°). Eine andere Art, die Geschichte zu behandeln, die sich mehr der unsrigen nähert, führte der im elften Jahrhundert unter den Sung lebende Sse-ma-kuang ein (*). Er wählte das T'schün-tsieu und den Commentar von Tso-kieu-ming zum Muster, indem er Alles, was in das Gebiet der Geschichte gehört, streng an den Faden der Cykeljahre reihte und viele min- der erhebliche Einzelheiten wegliefs. So brachte er im Verein mit mehreren Mitgliedern des historischen Tribunals, dessen Vorsteher er war, ein Werk .(') Über die Zahl der chinesischen Dynastien vergleiche man die oben S.232 gemachte Bemerkung. (?) Abel-R&musat sagt (Mei. Asiat. Tom. II, p. 356), dafs die Reichsannalen aus 480 chinesischen Bänden bestehen, die in einer Übersetzung 50 bis 60 Bände von dem For- mat und der Stärke der Bände der Histoire de la Chine geben würden. Er zweifelt, dals sich in irgend einer europäischen Bibliothek ein vollständiges Exemplar davon vorfinde. (°) Die Inhaltsanzeige, die Klaproth in seinem Verzeichnils (s. oben a. a. O.) von den Ming-fse, den Annalen der Dynastie Ming, giebt (S.48 fl.), gewährt hierüber die beste Auskunft. (°) Nachrichten von diesem verdienstvollen Mann finden sich im zehnten Bande der Me- moires und in Abel-Remusat’s Noweaux Melanges Asiatiques, Tom.1l, p- 149 ff. unter dem Titel: Sse-mna-kouang, Ministre et Historien chinois. 310 IpDEerer unter dem Titel Tsö-tschi-thung-kian, allgemeiner Spiegel zum Ge- brauch der Regierenden, zu Stande, worin er die Geschichte Chinas durch einen Zeitraum von 1362 Jahren, von 403 v. Chr., dem 23" Jahre des MWei-lie-wang der Dynastie Tscheu (!), bis 959 n. Chr., dem letzten der kleinen Dynastie Heu-tscheu, fortführt. Der Kaiser Schin-tsung, dem er es 1084 überreichte, nahm es beifällig auf, und noch jetzt steht es, erläutert und fortgesetzt, bei den Chinesen in grofsem Ansehen. Zuerst ergänzte Lieu-dsjü, einer der Mitarbeiter des Sse-ma-kuang, das Thung-kian, indem er nach demselben Plan sein /Yai-ki schrieb, welches die älteste Geschichte bis auf das Jahr 403 v. Chr. umfafst. Um ein möglichst vollständiges Werk zu liefern, nahm er eine Menge Tradi- tionen über die frühsten Regenten Chinas aus den Schriften der Tao- Sekte und anderen apokryphischen Büchern auf, wohin auch der Titel Wai-ki deutet, der soviel als Extra-Denkwürdigkeiten sagt, indem er es seinen Lesern überliefs, zu glauben oder nicht zu glauben, was da- von nicht in den King steht (?). Ferner fand das Thung-kian in den späteren Zeiten der Sung einen tüchtigen Erklärer an Hu-san-sing, der es sich zur Aufgabe machte, alle sprachliche und sachliche Schwierigkeiten des Werks gründlich zu beseiti- gen. Dieser Commentar, betitelt Yn-ischü, Auslegungen, erschien zu- erst 1286, und ist seitdem ein unzertrennlicher Begleiter des Textes gewor- den, den er nach chinesischer Weise in kleinerer Schrift an jeder schick- lichen Stelle unterbricht (°). (‘) Weshalb er gerade von dieser Epoche ausgegangen ist, die seitdem einen Hauptabschnitt in der chinesischen Geschichte bildet, ist nicht ganz klar. Nur so viel ist nach Gaubil’s Versicherung (Trait€ p.158) gewils, dafs er nicht etwa diesen Zeitpunkt als denjenigen be- trachtet hat, mit welchem erst die zuverlässige Geschichte beginnt. Abel-R&musat sagt a.a. O0. S.155, er habe zum Ausgangspunkt gewählt ce que les Chinois appellent les temps des guerres civiles. Eine Menge Vasallen kämpften damals um die Oberherrschaft. (?) Gaubil, Trait@ p.158, und Amiot, Memoires, Tom. V, p. 315. (°) Eben dieser Hu-san-sing machte eine kritische Prüfung der historischen Data des Thung-kian zum Gegenstande eines besonderen Werks, welches von demselben stets getrennt geblieben ist. Es führt den Titel: 7rung-kian-schi-wen-pian-u, Verbesserung der Fehler des 7Trung-kian. Ein Exemplar davon besitzt die Berliner Bibliothek. S. Klap- roth’s Verzeichnils S.3. über die Zeitrechnung der Chinesen. il Unter den Aling endlich ist das Thung-kian mit Hülfe der Reichs- annalen bis zum Jahr 1367, dem letzten der Yuan, unter dem Titel Sung- yuan-thung-kian, allgemeiner Spiegel der Dynastien Sung und Yuan, von Sie-yng-khi fortgesetzt. Dieses Werk wurde 1566 zum ersten Mal gedruckt und 1626 von dem Reichshistoriographen T'schin-dsjin-si mit dem des Sse-ma-kuang zu Einem Ganzen vereinigt, von welchem die ältere Berliner Sammlung ein Exemplar in 21 Bänden besitzt ('). Neben diesem Hauptwerk über die chinesische Geschichte besteht ein zweites, das durch seine eigenthümliche Anordnung dem Geschmack der Chinesen vorzugsweise zusagt. T'schü-hi nämlich, einer der geschätz- testen Stilisten, dessen Commentar über das Sse-schu oben (S.296) erwähnt worden ist, glaubte das Werk des Sse-ma-kuang dadurch noch brauchbarer zu machen, dafs er es auf die Form des von T'so-khieu-ming commentirten Tschün-tsieu brächte. Zu diesem Zweck gab er von jeder mehr oder min- der umständlich erzählten Begebenheit eine gedrängte Übersicht oder einen summarischen Inhalt als Text, dem er das Einzelne der Thatsachen gröfs- tentheils mit den eigenen Worten des Sse-ma-kuang in kleinerer Schrift als Commentar anreihte, ohne etwas wesentliches zu ändern. Um das Unterscheidende seiner Arbeit kurz anzudeuten, fügte er dem Titel T'sö- tschi-thung-kian noch die Charaktere kang-mu, Netz und Augen (Ma- schen) hinzu. Auf gleiche Weise bearbeitete er das Mai-ki des Lieu- dsjü, und lieferte so eine vollständige Geschichte Chinas von Fu-hi bis auf den Anfang der Dynastie Sung. Dieses Werk erschien zum ersten Mal 1172. Es wurde mit grofsem Beifall aufgenommen, und ist seitdem immer als ein selbständiges betrachtet worden. Man vergleiche oben die erste Beilage, in der es immer kurz Aang-mu genannt worden ist. Es hat seine eigenen Commentatoren und Fortsetzer gefunden. Kin-li-siang, Wai-ki so vieles Fabelhafte aufgenommen hatte. Er schrieb demzufolge gestorben 1303, misbilligte es, dafs Zieu-dsjü in sein ein neues Werk über die ältere Geschichte Chinas von Yao an, unter dem Titel Tsian-pian, frühere Jahrbücher, das er aus dem Schu-king, (') S. das eben gedachte Verzeichnils S.1 ff. Das Pai-ki, das nach Gaubil mit dem Thung-kian in den früheren Ausgaben immer zu Einem Ganzen verbunden ist, hat 7schin- dsjin-si nicht aufgenommen. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Rr 312 Ipverer Tschün-tsieu, Tso-tschuen, Kue-yü und einigen unbestrittenen Traditionen schöpfte. WMWei-schang hat unter dem Kaiser Hien-tsung der Dynastie Ming noch einige Zusätze dazu geliefert, welche die Zeit vor Yao betref- fen (!), und seitdem ist dieses Werk im Kang-mu an die Stelle des Wai- ki getreten. Der zweite von Tsschü-hi redigirte Theil des Kang-mu ist unter den Ming von mehreren Gelehrten mit Anmerkungen versehen worden, welche Erläuterungen über geographische, chronologische und anderweitige Gegenstände enthalten. Die Fortsetzung des Werks bis zum Schlufs der Yuan ist unter Schin-tsung oder Wan-li, einem der letzteren Ming, von Schang-lu und anderen Mitgliedern des historischen Tribunals in gleicher Form bearbeitet und zum ersten Mal 1576 gedruckt worden. Sie bildet den dritten Theil des Kang-mu, der nach Gaubil (?) dem Werke des Sie-yng-khi an Aus- führlichkeit und Gründlichkeit nicht gleich kommt. So bestand also nun das AKang-mu aus drei Abtheilungen, dem 5 Tsian-pian des Kin-l-siang, der Arbeit des Tschü-hi und der Fortsetzung derselben bis auf den Schlufs der Yuan. Eine neue Ausgabe des Ganzen besorgte der obgedachte Reichshistoriograph T'schin-dsjin-si im Jahr 1630, in der er die beiden letzten Abtheilungen, nach der Analogie der ersten, Tsching-pian, gerade oder mittlere, und Su-pian, ergänzende Jahr- bücher, nannte. Eine der nachmaligen nicht weiter veränderten Aus- gaben vom Jahr 1803 befindet sich in der neueren Sammlung der könig- lichen Bibliothek zu Berlin in 20 Bänden, von der Hr. Dr. Schott in einer Fortsetzung des Klaprothschen Verzeichnisses einen Bericht erstat- ten wird, den er mir handschriftlich zur Benutzung mitzutheilen die Ge- fälligkeit gehabt hat. Ich bin dadurch in den Stand gesetzt worden, den hier gegebenen Notizen die nöthige Bestimmtheit und Zuverlässigkeit zu ertheilen. Beide Werke, das Thung-kian und das Thung-kian-kang-mu, sind in die Mandschusprache übersetzt, jenes vom Vater des Kaisers Schün-tschi, einem tatarischen Fürsten, dieses auf Befehl und unter Mit- (') Gaubil, Traite p. 172. (?) Ebend: p. 174. über die Zeitrechnung der Chinesen. >13 wirkung des Kaisers Ahang-hi, der beide Übersetzungen hat drucken lassen, letztere mit einer eigenhändigen Vorrede. Die chinesische Form des Kang-mu ist nicht beibehalten worden, so dafs das Werk im Mandschu als eine zusammenhängende, gleichsam aus Einem Gufs entstandene Ge- schichte erscheint. Von Yao an sind den Jahren überall die Cykelzahlen beigefügt. Eine neue prachtvolle Ausgabe ist auf Befehl des Kaisers Adian- Jung veranstaltet worden. Diese tatarische Übersetzung des Aang-mu ist wieder von Mailla('), einem eben so gründlichen Kenner des Mandschu wie des Chinesischen, ins Französische übertragen worden. (Der Titel ist bereits oben S. 224 an- geführt.) Er konnte den Sinn des chinesischen Originals, das er überall verglich, um so treuer wiedergeben, da die Mandschusprache, wie er sagt, weit weniger als die chinesische swjette aux quivoques ist. Ohne weiter etwas an dem Mandschutext zu ändern, hat er sich blofs hin und wieder einige Abkürzungen erlaubt. In der Vorrede und in den ihr folgenden Sendschreiben an Fr£ret handelt er ausführlich von dem Alter und den Quellen der chinesischen Geschichte. Aufser den bisher gedachten Werken besitzen die Chinesen noch viele andere, welche sich mehr oder minder befriedigend über ihre ge- sammte Geschichte oder einzelne Abschnitte derselben verbreiten. Ich verweise desfalls auf Gaubil (?), und will hier blofs noch ein Mal auf das oben (S.207) erwähnte Geschichtswerk zurückkommen, welches Ahang- hi 1715 ans Licht gestellt hat. Es führt den Titel Yü-ting-l-tai-ki-sche- nian-piao, chronologische Geschichte der Dynastien in Jahrs- tabellen, und ging in seiner ursprünglichen Gestalt von Yao bis auf die Dynastie Swi (581 n. Chr.). Der Kaiser, dem es auf einer Reise in die südlichen Provinzen des Reichs handschriftlich überreicht war, wurde durch die darin befolgte Methode und die Klarheit der Darstellung überrascht, (') Dieser französische Missionar starb 1748 zu Peking nach einem A5jährigen Aufenthalt in China. Seine Kenntnils der Sprache und der Alterthümer des Landes wurde selbst von den chinesischen Gelehrten bewundert. Der Kaiser Ahang-hi, der ihn sehr schätzte, trug ihm und den Vätern Regis und Jartoux eine Triangulirung des chinesischen Reichs auf, die sie in 8 Jahren zu Stande brachten. Das Resultat davon war eine Karte, die sie dem Kaiser 1721 überreichten, und die d’Anville 1732 mit französischer Schrift hat stechen lassen. (°) S. die zweite Abtheilung seines Traite. Rr?2 314 IprrLrer und liefs es von dem historischen Tribunal bis auf den Schlufs der Dy- nastie der Yuan fortsetzen, worauf es mit einer eigenhändigen Vorrede von ihm gedruckt wurde. Gaubil rühmt es sehr (1). Es giebt in tabel- larischer Form eine gedrängte Übersicht über die Hauptbegebenheiten eines jeden Oykeljahrs, über das Personal der regierenden Familie und dessen Apanagen in den Provinzen, über die Nebendynastien, wenn solche vor- handen waren, und über die Länder, mit denen China in Verbindung kam. Von der Regententafel, die dem Werke vorgesetzt ist, bildet die erste Abtheilung des MWan-nian-schu eine blofse Kopie und Fortsetzung. Mit der Chronologie beider Tafeln stimmt die des Thung-kian und des Kang- mu wesentlich überein. Schliefslich bemerke ich, dafs Hr. Morrison, Verfasser eines sehr geschätzten chinesischen Lexikons, in seinem oben schon mehrmals erwähn- ten Fiew of China unter anderen China betreffenden nützlichen Nachrich- ten auch eine chronologische Tafel der chinesischen Dynastien giebt. Er geht von den neusten Zeiten rückwärts bis zu den ältesten fort, und stellt mit den Hauptereignissen der chinesischen Geschichte synchronistisch die der Universalhistorie zusammen. Wenn ich gleich dem strengen Urtheil Klaproth’s (°), der diese Zusammenstellung für eine „höchst mangel- und fehlerhafte” erklärt, die nur von unserem Jahr 1572 an einiges Zu- trauen verdiene, gerade nicht beitreten möchte, so mufs ich doch auch gestehen, dafs sie nur mit grofser Vorsicht zu gebrauchen ist. Überdies haben die chinesischen Namen ein so fremdartiges Ansehen, dafs der Aus- länder sie nur einigermafsen richtig lesen kann, wenn er mit den Eigen- thümlichkeiten der englischen Aussprache sehr vertraut ist. Wenn Abel- Remusat bemerkt (3), es sei leichter, den Laut der chinesischen Wörter in den Lexicis des Landes aufzufinden, als ihn in den europäischen Tra- vestirungen wieder zu erkennen, so gilt dies vorzugsweise von der engli- schen Schreibeweise bei Morrison, Davis, Gützlaff und anderen. (') Ebend. S. 177. (2) Verzeichnils der chinesischen und mandschuischen Bücher, S.4. (°) Melanges Asiatiques, Tom. Il, p. 276. AUT UV über die Zeitrechnung der Chinesen. 315 v1. Prüfung der Epochen der chinesischen Geschichte bis auf den Beginn der Dynastie Han. Ds: Jahr 206 v. Chr. steht als Epoche der Han vollkommen fest. Man sehe, was Gaubil hierüber beibringt (1). Er bedient sich zur Fixirung derselben unter andern zweier in den chinesischen Annalen erwähnten Sonnenfinsternisse, von denen sich die erste im neunten Jahr des Kao-tsw am 7. August 198 v. Chr., die andere im siebenten Jahr des Auang-wu-ti am 10. Mai 31 n. Chr. ereignet hat. Letztere ist bereits oben (S. 209) erwähnt worden. Sie war zwar zu Lo-yang, jetzt Ho-nan-fu, der Resi- denz der östlichen Han, nicht total, wie Couplet sagt (°), aber doch so beträchtlich, dafs sie der allgemeinen Aufmerksamkeit nicht entgehen konnte (°). Hiernach trat also Auang-wu-ti, der erste der östlichen Han, (') Traite p.198 ff. (2) Tab. chronol. p. 38. B (°) Diese Finsternifs soll nach Andreas Müller (de eclipsi passionis, Berlin 1685) eben die gewesen sein, die sich nach dem Evangelium bei Christi Tode ereignete, und zwar eine gegen den natürlichen Lauf der Dinge eingetretene, weil das Passahfest der Juden, an welchem Christus starb, bekanntlich am Vollmonde gefeiert wird, wo keine Son- nenfinsternils eintreten kann. Offenbar war der Probst zu Cölln an der Spree ein eben so schwacher Astronom wie Sinolog. Theoph. Siegfr. Bayer (de eclipsi solis Sinica, Königs- berg 1718, 8.), Christfried Kirch (Miscell. Beror., Tom. I, p.133 ff.) und Gaubil (Oöser- vations, Tom. II, p. 163 ff.) haben es der Mühe werth gehalten, eine so wunderliche Hypo- these zu widerlegen. Es ging mit der Finsternils ganz natürlich zu. Nach Kirch’s Rech- nung hat sie zu Peking, wo ihr Mittel gegen 9 Uhr Vormittags eintrat, 6,7 Zoll betragen. Zu Lo-yang in der Provinz Ho-nan mulste sie stärker sein; zu Canton hatte sie 9,5 Zoll. Nach den chinesischen Annalen wurde der Kaiser Kuang-wu-ti dadurch so erschreckt, dals er sich fünf Tage in seinem Kabinet einschlofs, um über seinen Lebenswandel nachzudenken. Er erliefs ein Rescript — schang-yü —, worin er sagte: „Der Anblick der vom Monde verfinsterten Sonne mahnt uns, in uns zu gehen und unsere Fehler zu verbessern, damit uns 316 IpbErLEr seine Regierung im Jahr 25 n. Chr. an, und da nach dem wenig später lebenden Phan-ku (oben S. 308) die westlichen Han 230 Jahr regiert haben, so ergiebt sich das Jahr 206 v. Chr. als das erste der ganzen Dynastie. Eben so sicher, wie das Epochenjahr der Han, ist ihre Geschichte, die uns von gleichzeitigen Annalisten überliefert worden ist. Noch gerin- geren Zweifeln unterliegt das Geschichtliche der nachfolgenden Dynastien. Es kann mithin der Chronologie der obigen Regententafel von der Dyna- stie der Han abwärts unbedingter Glaube beigemessen werden. Was aber die frühere Geschichte Chinas betrifft, so sind nicht wenige europäische Gelehrten der Meinung gewesen, dafs sie als ganz unzuverlässig zu betrach- ten sei. So sagt Goguet (!): On peut assurer que jusqua l’an 206 avant Jesus-Christ U’histoire des Chinois ne m£rite aucune eroyance. C'est un tissu perpetuel de fables et de contradictions; c'est un cahos monstrueux dont on ne saurait extraire rien de suivi el de raisonnable. Auch unser Schlözer, der zwar nicht aus den chinesischen Quellen schöpfen konnte, doch jeden- falls ein Historiker von scharfem Blick war, erklärt die Epoche der Han für den Anfang des historischen Zeitalters der Chinesen, und verweiset ihre gesammte frühere Geschichte in das Gebiet der Fabel (?); anderer ähnlicher Urtheile nicht zu gedenken. Der Gegenstand ist von Freret (?), De- das Unglück, womit der Himmel droht, nicht treffe. Ich zittere bei dem Gedanken an meine Sünden, und vermag kaum zu sprechen.” Er forderte die Grolsen seines Hofes auf, ihm ihre Meinung über dieses Naturereignils in versiegelten Eingaben mitzutheilen, worauf einer, Namöns T'sching-hing, bemerkte, dafs die Finsternils eigentlich am ersten Monatstage hätte eintreten sollen. Da sie sich nun, wie früher schon mehrere, am letzten Tage des Monats ereignet habe, so deute dies auf eine Beschleunigung der Bewegung des Mondes, also auf eine Störung seines Laufs. „Die Sonne, fügte er hinzu, ist das Bild des Herrschers, der Mond das der Unterthanen. Die Fehler der letzteren haben gemeinhin ihre Quelle in denen der ersteren.” Gaubil S.167. Dals die Finsternils am letzten Monatstage eintrat, dient blofs zum Beweise von dem schwankenden Zustande des damaligen Kalenders. Übrigens würde der Kaiser schwerlich so eingeschüchtert worden sein, wenn man damals schon die Finster- nisse zu berechnen verstanden hätte. (') Origine des lois, Tom. III, diss. 3. (?) Vorstellung der Universalhistorie, 2' Aufl. S. 131. (°) In der Abhandlung de Y’antiquitd et de la certitude de la chronologie chinoise. Memoi- res de I’ Acad. des Inscript., Tom. X. Noch andere dahin gehörige Abhandlungen liefern die folgenden Bände. über die Zeitrechnung der Chinesen. 317 guignes('), besonders von dem kundigen und kritischen Gaubil (?) ausführlich besprochen worden. Ich rechne auf den Beifall meiner Leser, wenn ich ihnen hier kurz die Resultate der Untersuchungen vorlege, die der letztere über die chronologische Basis der älteren chinesischen Ge- schichte angestellt hat. Was wir von der kurzdauernden Dynastie Tshin wissen, ist aus ihrer Geschichte entlehnt, die, von gleichzeitigen Autoren geschrieben, unver- brannt geblieben ist und noch existirt. Auch hatte Sse-ma-tsian unter Han-wu-ti gewils noch viele Berichte von Personen vor sich, die Augen- zeugen der Begebenheiten unter den letzteren T'shin gewesen waren. Alle stimmen darin überein, dafs Ol-schi, der letzte Kaiser, 3 Jahre von 209 v. Chr. an, und sein Vater T'shin-schi-hoang 37 Jahre von 246 an regiert haben. Das Jahr 249 wird gewöhnlich als das letzte der vorangehenden Dynastie Tscheu betrachtet (°). Was ferner diese dritte Dynastie betrifft, so bestätigen sich die Zahlen der obigen Regententafel rückwärts bis zum achten Jahrhundert v. Chr. vollkommen durch alle im T'schün-tsieu erwähnte Sonnenfinster- nisse (s. oben S. 295). Sie sind durch die Jahre der in der Provinz Schan- tung vegierenden Fürsten von Zw bezeichnet, unter denen Confucius lebte. Da nun im Sse-ki des Sse-ma-tsian und anderen alten Büchern die Jahre der Nebendynastien genau mit denen der Hauptdynastie ver- glichen werden, so kennen wir auch die Kaiserjahre, denen die Finster- nisse angehören. So soll sich die erste von allen im dritten Jahr des Yn-kung am Cykeltage ki-/se (6) ereignet haben. Das dritte Jahr des Yn-kung der Lu entsprach aber dem 51“ des Ping-wang der T'scheu, d. h. nach unserer Tafel dem Jahr 720 v. Chr., und am 22. Februar die- ses Jahrs mit der Cykelzahl ki-/se ist wirklich eine bedeutende in der Provinz Schan-tung sichtbare Sonnenfinsternifs eingetreten (*). (') In der Vorrede zur französischen Übersetzung des Schu- king. (?) In der dritten Abtheilung des Traite de la Chronologie Chinoise. (°) S. oben S. 229. (*) Man vergleiche, was Gaubil über diese Finsternils sagt. Odservations, Tom. II, p- 156 ff. Traite p. 210 ff. Deguignes (Vorr. zum Schu-king p.XXXI) findet es merk- würdig, dals die erste Finsternils im T'schün-tsiew fast gleichzeitig mit der ersten chaldäischen 318 IDELer Über das gedachte Jahr zurück verlassen uns die Finsternisse fast gänzlich, so dafs die hin und wieder ausgesprochene Behauptung, die alte Geschichte der Chinesen beruhe durchgehends auf der Gewährleistung auf- gezeichneter Sonnenfinsternisse, nur bis zum achten Jahrhundert v. Chr. richtig ist. Aus dem fast 2000Jjährigen Zeitraum, der nach den chinesischen Annalen dem T'schün-tsieu vorangegangen ist, hat sich nur noch die Nach- richt von zwei Finsternissen erhalten, von denen die eine, auf die wir unten kommen werden, ziemlich problematisch erscheint. Die andere wird in einer dem Zeitalter des Kaisers Yeu-wang der T'scheu angehörigen Ode erwähnt, die das Schi-king (s. oben S. 294) in dem Abschnitt ‚Siao-ya auf- bewahrt hat. Es heifst daselbst: „Adao des zehnten Monats erster Tag sin- mao, Sonnenfinsternifs.” Alle Ausleger sind darin einig, dafs diese etwas räthselhaften Worte auf eine wirkliche Sonnenfinsternifs hindeuten. Der Charakter Aiao bezeichnet nach Gaubil (!) in der älteren chinesischen Astronomie die Knoten der Mondbahn, in deren Nähe sich die Finster- nisse bekanntlich allein ereignen können. Das Aue-yü und das Sse-ki sagen, dafs Yeu-wang elf Jahre regiert hat. Nach der obgedachten Geschichte der Familie Thin, die seit dem neunten Jahrhundert v. Chr. in einem Distrikt der Provinz Schen-si regiert und sich unter T'shin-schi-hoang zur Oberherr- schaft von China erhoben hat, ist das siebente Jahr des Siang-kong dasje- nige, wo Yeu-wang von den Tataren in einer Schlacht getödtet wurde. Dies ist aber nach der bekannten Reihenfolge der Fürsten von T'shin bei Gaubil(?) das Jahr 771 v. Chr. Hiernach kam Yeu-wang 781 zur Re- gierung, wie es auch unsere Regententafel besagt. Im Verlauf derselben Beobachtung im Almagest vom 19. März 721 v. Chr. ist. Par quel hasard, sagt er, a-t-on commencd alors a la Chine & marquer les echpses dans Uhistoire Chinoise®? I y a beau- coup d’apparence que Confucius avait connaissance des operations astronomiques faites a Ba- bylone, et que ces operations ont servi ü augmenter les progres de l’astronomie a la Chine, comme elles ont fait ü la Gr&ce. Nicht zu gedenken, dafs uns von den Chaldäern nur Mond- finsternisse, von den Chinesen nur Sonnenfinsternisse überliefert sind, ist das Zu- sammentreffen der Epochen beider Beobachtungsreihen rein zufällig, da Confucius erst von dieser Zeit an die Geschichte der Zu, die den eigentlichen Gegenstand seines Werks aus- macht, zu erzählen anfängt. (') Man sehe seine Abhandlung über diese Finsternils im zweiten Bande der Odservations S.151 ff. und im Traite p. 215 ff. (*) Vorrede zum Traize, p. IX. über die Zeitrechnung der Chinesen. 319 gab es aber zu Si-ngan- fu in Schen-si, der damaligen Residenz der T'scheu, nur Eine sichtbare Sonnenfinsternils, und zwar im Jahr 776 am ersten Tage des zehnten (jetzt achten) Monats, den 6. September. Da dies nun wirk- lich der Tag sin-mao war, so leidet es keinen Zweifel, dafs derselbe gemeint ist, und dafs sich die Finsternifs im sechsten Jahr des Feu-wang ereignet hat. Dies bestätigt auch die Chronologie des Tschu-schu, die das sechste Jahr des Yeu-wang mit den Charakteren y-tscheu (2) bezeichnet und auf den Tag sin-mao (28), den ersten des zehnten Monats, eine Sonnenfinster- nifs setzt. Dieses Tschu-schu ist eine der Quellen der ältesten Geschichte Chinas. Der vollständige Titel ist Tschu-schu-ki-nian, d.i. Annalen des Bambusbuchs. Es ist nämlich eine Chronik auf Bambustafeln, die, mit veralteten Charakteren geschrieben, im Jahr 284 n. Chr. unter T'sin- wu-ti im Grabe eines Fürsten von /Vei gefunden wurde. Man entzifferte sie, und fand, dafs sie von Geschichtschreibern dieser Nebendynastie ver- fafst und der Verbrennung der Bücher entgangen war. Sie enthält eine Regententafel vom uralten Hoang-ti bis auf Nan-wang, den letzten Kaiser der Tscheu, die Gaubil mittheilt ('). Von Yao an sind nicht blofs die Regierungsjahre, sondern auch die Cykeljahre beigefügt, in denen die Kai- ser zum I'hron gelangt sind. Was die letzteren betrifft, so hat es mit dem Bambusbuch ohne Zweifel dieselbe Bewandtnifs, wie mit der Geschichte der T'shin. Diese enthält keine Charaktere des Jahreyklus. Da man aber die Dauer der Regierungen dieser Fürsten von dem letzten Kaiser zunächst vor den Han bis zum neunten Jahrhundert v. Chr. zurück kannte, so konnte man ihre Jahre leicht cyklisch ordnen. Dies geschah allen Nachrichten zu- folge erst unter den Han. Die Geschichte der Familie Tshin geht bis zum Jahr 857 v. Chr. zurück, wo Tshin-heu zur Regierung gelangte. Ungefähr bis zu dersel- ben Zeit, nämlich bis auf Liwang, giebt Sse-ma-tsian die Regierungsdauer der T'scheu ganz übereinstimmig mit unserer Regententafel. Da nun diese Chronologie, wie bemerkt worden, durch die zahlreichen im Tschün-tsieu erwähnten Sonnenfinsternisse controlirt und bestätigt wird, so kann man ohne Bedenken die Dynastie Tscheu von der Regentschaft Aong-ho ab als (') Traite p. 114 ff. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Ss 320 Ipveter wohl begründet betrachten. Diese Regentschaft trat im Jahr 841 v. Chr. ein, nachdem Zi-wang seiner schlechten Eigenschaften wegen im 37" Jahre seiner Regierung entthront worden war. Zwei Minister Schao-kung und Tscheu-kung übernahmen dieselbe, und führten sie in vollkommener Ein- tracht — wie der Name Kong-ho besagt — vierzehn Jahre lang bis zu Zi- wang's Tode und bis zur Mündigkeit seines Sohns Süen-wang so wohlthätig für das Land fort, dafs ihre Administration den Chinesen noch jetzt für ein Muster einer guten Staatsverwaltung gilt ('). So haben wir also einen sicheren Ausgangspunkt für die chinesische Geschichte gewonnen, der ungefähr derselben Zeit entspricht, wo es in der griechischen Geschichte zu tagen begann. Was aber die früheren Zeiten betrifft, so walten darüber allerdings bedeutende Zweifel ob, wie nach Gaubil selbst die einsichtsvolleren chi- nesischen Gelehrten nicht in Abrede stellen. Die Überlieferungen mannig- facher Art, aus denen die Annalisten von den Han her eine zusammenhän- gende, mit den cyklischen Charakteren der Jahre versehene, Geschichte seit Yao gebildet haben, können nur als einzelne Trümmer betrachtet werden, die dem Schiffbruch der Zeit entgangen sind. Sie finden sich zerstreut im Schu-king des Confucius, in dem alten Buche T'so-ischuen und dessen Fortsetzung Kue-yü, in dem Traktat Meng-tsö, in dem Bam- busbuche, auf dessen Zahlen man sich jedoch vor der Regentschaft Aong- ho nicht verlassen kann, und in dem Sse-ki des Sse-ma-tsian, wozu noch manche jetzt verschollene alte Bücher gekommen sein mögen. Die Namen und Zahlen der aus den vereinten Forschungen jener Annalisten allmählig hervorgegangenen Chronologie liegen in unserer Regententafel vor, die jetzt in China allgemein angenommen ist. Gaubil hat sie einer ausführlichen Kritik unterworfen, aus der ich hier nur das Wesentlichste anführen kann. Die erste Veranlassung, von der recipirten Chronologie abzugehen, findet er bei Kang-wang, dem dritten Kaiser der T’scheu, der von 1078 bis 1053 v. Chr. regiert haben soll. Es heifst nämlich im Schu-king (?): „Im sechsten Monat des zwölften Jahrs des Kang-wang war der Tag keng-u (7) (') Man sehe, was Gaubil im Trait€ p. 38 über das Geschichtliche und p. 218 über das Chronologische dieser Epoche sagt. (?) Kapitel Pi-ming, p.279 der französischen Übersetzung. über die Zeitrechnung der Chinesen. 3941 derjenige, wo sich die Helligkeit (die erste Mondphase) zeigte. Der dritte Tag nachher war dsjin-schin (9).” Der sechste Monat des Jahrs kam unter der dritten Dynastie seiner Stellung nach mit dem jetzigen vierten überein, in welchem die Sonne in das Zeichen der Zwillinge tritt (?). Für den Monatstag, an welchem die Mondsichel zuerst in der Abenddäm- merung erscheint, gilt den Chinesen allgemein der dritte, und so verstehen hier auch alle Interpreten den Charakter pu, welcher aus zwei anderen, yue, Monat, und ischu, hervorgehen, zusammengesetzt ist. Nun ent- sprach im Jahr 1067 v. Chr., welches nach der recipirten Chronologie das zwölfte des Aang-wang ist, der Cykeltag keng-u dem 16. Mai, der aber kein dritter Monatstag war. Dies gilt dagegen vom Jahr 1056 v. Chr., wo die Conjunction dem 16“ und der Cykeltag keng-u dem 18. Mai an- gehört. Schon der Bonze Y-hang (?) hatte diese Bemerkung gemacht, und das Cykeljahr y-yeu (22) oder 1056 v. Chr. für das 12% des Aang- wang genommen. Auf eine ähnliche Weise thut Gaubil mit Hülfe zweier eyklischen Data im Schu-king dar, dafs Y-Ahang Recht hatte, wenn er das siebente Jahr des T'sching-wang, des Vaters von AKang-wang, nicht zum 1109, sondern zum 1095“ machte. So bringt er uns also die Epoche der T'scheu oder den Anfang des Iu-wang um 11 Jahre näher, als nach der recipirten Chronologie, nämlich ins Jahr 1111 v. Chr., für welches er sich bestimmt erklärt, sich noch auf einige andere Beweise derselben Art stützend, die ich bei ihm nachzusehen anheimgebe (°). Aus dem Schu-king, Meng-tsö, T'so-tschuen, Kue-yü und anderen vor der Verbrennung geschriebenen Büchern weifs man, dafs es damals eine Geschichte der Dynastie Schang gab, worin die Reihenfolge ihrer Regenten von T'sching-tang bis Ti-sin nebst der Dauer einer jeden Regierung verzeichnet war. Diese Geschichte ist längst nicht mehr vor- handen. Eben so wenig existirt eine astronomische Beobachtung aus der (') Das Nähere hierüber sehe man unten im neunten Nachtrage. (?) Der Buddbapriester Y-Rang stand unter dem Kaiser Hiuan-tsung der Thang (im ach- ten Jahrhundert n. Chr.) an der Spitze des mathematischen Tribunals. Er gilt bei den Chi- nesen für einen tüchtigen Astronomen, und mus es auch gewesen sein, wie unter anderen seine Kritik der Finsternisse im 7'schün-tsieu beweist. Man sehe, was Gaubil, Traite, S. 148 und in den Odservations, Tom.1I, p. 73 über ihn sagt. (@' Traite von S.223 an. 322 Ipvsrer Periode der Schang. Nur von wenigen ihrer Kaiser kennt man die Re- gierungsdauer aus dem Schu-king und Meng-tsö mit Sicherheit. Die Liste, welche Sse-ma-tsian und das Tschu-schu geben, wird von den Chinesen allgemein als richtig angenommen. Sie ist unstreitig ein altes Monument. Nach Phan-ku dauerte die Dynastie 629 Jahre. Gehen wir hiervon aus, und setzen den Anfang der Tscheu mit Gaubil ins Jahr 1111 v. Chr., so erhalten wir für den Anfang der Schang das Jahr 1740. Nehmen wir dagegen nach einem Fragment des alten Buchs Yo-tse (1) an, dafs von T'sching-tang bis auf den Regierungsantritt des Ti-sin 576 Jahre verflossen sind, und setzen die Dauer seiner Regierung mit dem Tschu-schu auf 52 Jahre, so ergeben sich für die ganze Dynastie 628, und so würde ihre Epoche ins Jahr 1739 rücken, um 27 Jahre näher, als nach der gewöhnlichen ronologie. ubil erklärt sich für dies l h der gewöhnlichen Ch logie. Gaubil erklärt sich für diese Bestimmung, bemerkt aber selbst, dafs sie nicht als zuverlässig zu betrach- ten sei (?). Noch schwankender ist die Chronologie der ersten Dynastie Fia. Das Schu-king (?) gedenkt einer Sonnenfinsternifs, die sich unter ihrem vierten Kaiser Tschung-kang ereignet haben soll. Liefse sich das Jahr derselben mit Sicherheit ermitteln, so würde sie ein Lichtpunkt in der ältesten Geschichte Chinas sein. Ihre Epoche steht aber keinesweges ganz fest. Gaubil setzt sie in das Jahr 2155 v. Chr., das er als das erste des Tschung-kang betrachtet. Er hat sie mehrmals in Untersuchung ge- nommen (*). Die sie betreffenden Worte des alten Buchs sind nicht so- wohl dunkel als unbestimmt. Sie lauten in seiner Übersetzung also: Au premier jour de la derniere lune d’automne le soleil et la lune dans leur con- (') Traite, p. 95 und 236. (?) Man sehe, was er hierüber in seinem Traite von S.235 bis 242 beibringt. Weitere Untersuchungen über die Epoche der Schang stellt er in seiner später geschriebenen Ge- schichte der chinesischen Astronomie bis auf die Han an. Lettres edifiantes p. 332 ff. In Folge derselben ergiebt sich ihm das Jahr 1760 v. Chr., das mit der recipirten Chronologie weit näher übereinkommt, als das erste der zweiten Dynastie. Man sieht, wie schwankend hier alles ist, je nachdem man auf dieses oder jenes Moment mehr Gewicht legt. (°) Kapitel Yn-isching, p- 67. (*) In den Odservations, Tom. II, p. 140, am Schlusse seiner Übersetzung des Schu-king p- 372, im Traite p. 242 und in den Lezzres edifiantes p. 316. über die Zeitrechnung der Chinesen. 228 jonction ne furent pas d’accord dans Fang. Der Ausdruck ne furent pas d’accord deutet, wie der Traktat T’so-tschuen sagt und die Chinesen all- gemein annehmen, auf eine sichtbare Finsternifs ('). Auch sind wir über die Stellung des Monats in keiner Ungewifsheit. Die Form des Jahrs war unter den Hia ganz die gegenwärtige, also der letzte Herbstmonat der neunte im Jahr, der nach dem Eintritt der Sonne in die Wage anfängt. Die Conjunction wird im Text durch den Charakter tschin angedeutet, der noch jetzt in diesem Sinn gebraucht wird, wenn man von den zwölf tschin oder Neumonden des Jahrs spricht. Es ist eigentlich ein Cha- rakter des Duodecimaleyklus, der zugleich die chinesische Stunde von 7 bis 9 Uhr Morgens bezeichnet, wofür er jedoch hier nicht zu nehmen ist, weil der Gebrauch des Duodenarius für die Stunden erst nach den Zeiten des Tschün-tsieu aufgekommen ist (?). Leider giebt obiges Citat nicht den cyklischen Tag der Finsternifs an, wodurch es sehr an Bestimmtheit gewonnen haben würde. Der Hof befand sich damals in der Provinz Ho-nan, in der Gegend des jetzigen Tai-kang-hien unter 34° Breite, 2° westlich von Peking. Gaubil nun glaubt, dafs die Sonnenfinsternifs, die sich daselbst am 12. Oktober 2155 v. Chr. beim Aufgange der Sonne zeigte, die einzige sei, die den im Schu-king ang zusagt. Die Sonne stand in den ersten Graden der Wage. Die Chine- sen ermittelten in älterer Zeit den Tag des Wintersolstitiums durch un- egebenen Umständen mittelbare Beobachtung mit dem Gnomon, und nahmen die Bewegung der Sonne in der Ekliptik als gleichförmig an, täglich zu 59 5”, welcher Bo- gen ihnen für einen Grad galt. Das Wintersolstitium traf aber im Jahr 2155 v. Chr. auf den 8. Januar, also das Herbstäquinoctium nach ihrer Bestimmungsweise auf den 8“ oder 9. Oktober, so dafs sich nach ihnen die Sonne am 12. Oktober 3 bis 4 Grad östlich vom Herbstpunkt befand. Die Finsternifs ereignete sich demnach wirklich im neunten Monat, und zugleich in der Station fang, wenn diese damals schon, wie es aller- (') Amiot (Memoires, Tom. II, p.256 und 272) misbilligt die Übersetzung: Ze soleil et la lune ne furent pas d’accord, wobei sich freilich nichts Bestimmtes denken lälst, und setzt dafür: Ze soleil ayant et cache par la lune. Er sagt, dies sei der Sinn, den der Kaiser Khian-lung in seiner Mandschu- Übersetzung des Schu-king ausgedrückt habe. (?) Traite p- 243. 324 IpDErLer dings wahrscheinlich ist, auf eine ähnliche Weise wie späterhin bestimmt wurde (!). Es ist nicht nöthig, den Sachkenner auf das Unsichere dieser Zeit- bestimmung aufmerksam zu machen. Die Hauptschwierigkeit liegt aber in der Kleinheit der Finsternifs, die nur etwa einen Zoll betrug, da sie doch nach dem Schu-king sehr bedeutend sein mufste, weil sie zur Be- strafung der Astronomen Hi und Ho, die sie zu verkündigen versäumt hatten, Anlafs gegeben haben soll. Delambre sagt (?): „Wenn es be- wiesen ist, dafs die Chinesen 2500 Jahre später noch keine Regel für die Parallaxe hatten, so ist die Geschichte von der Nachlässigkeit und Bestra- fung des Hi und Ho nichts weiter als ein Mährchen. Die von Gaubil angenommene Finsternifs war klein, und keinesweges geeignet, das Volk in Schrecken zu setzen. Man kann allerdings sagen, dafs man sich bei einer Sonnenfinsternifs aus einer so frühen Periode, zumal da sie nahe am Horizont eingetreten ist, nicht ganz auf unsere Tafeln verlassen könne. Jedenfalls müfste aber eine Finsternifs zuverlässigere Charaktere an sich tragen, um unser Zutrauen zu verdienen. Dazu kommt, dafs sie ganz isolirt in der Geschichte dasteht, und dafs erst 1500 Jahre später wieder von einer Sonnenfinsternifs bei den Chinesen die Rede ist. Woher diese auffallende Lücke? Sollte vielleicht, setzt er scherzhaft hinzu, das Schick- sal der Astronomen Hi und Ho die Chinesen von einer Wissenschaft ab- geschreckt haben, die ihren Verehrern so gefährlich wurde?” Er legt überhaupt wenig Gewicht auf die in den chinesischen Annalen aufgezeich- neten Finsternisse. Sie haben auch in der That blofs einen geschicht- lichen Werth, und diesen nur dann, wenn sie sich, wie die im Tschün- tsieu, chronologisch genau verificiren lassen. Nirgends findet sich bei den älteren Finsternissen Anfang, Ende und Gröfse angegeben, was auf eine eigentliche Beobachtung schliefsen liefse. Sie scheinen nur zufällig wahr- genommen und in den Annalen unter anderen Naturereignissen bemerkt worden zu sein, so dafs sie für die Theorie von gar keiner Wichtigkeit sind. (‘) Man vergleiche, was oben S. 302 die Rechnung für die gerade Aufsteigung des Sterns r im Skorpion, mit welchem diese Station beginnt, für Yao’s Zeit gegeben hat. (?) Histoire‘ de l’Astronomie ancienne, Tom. I, p. 353 ff. über die Zeitrechnung der Chinesen. 325 Die Chinesen selbst schwanken nach Gaubil in der Bestimmung der Finsternifs unter T'schung-kang. Im Tschu-schu wird sie den angegebenen Cykelzahlen des Jahrs und des Tages nach auf den 28. Oktober 1948 v. ‚Chr. gesetzt, wo es keine Conjunction, geschweige denn eine ekliptische gab. Der Bonze Y-hang erklärte sich für den 13. Oktober des Jahrs 2128. An diesem Tage fand allerdings eine Finsternifs statt; sie war aber in der Provinz Ho-nan, dem damaligen Sitz der Regierung, nicht sichtbar. Die bedeutende von Cassini berechnete Finsternifs vom 25. Oktober 2007, die Freret für die richtige hält, verwirft Gaubil aus mehreren Gründen, besonders weil sie sich nicht in der Station fang zutrug. Dieser Umstand erscheint aber von keiner sonderlichen Bedeutung, da wir nicht berechtigt sind, von der jetzigen Bestimmung der su, die sich aus den Zeiten der Han herschreibt, einen ganz sicheren Schlufs auf die frühere zu machen. Auf jeden Fall ereignete sich diese Finsternifs in der Nähe der jetzigen Station Jeng, und dies scheint zu genügen. Gaubil selbst sagt (!): Aprös tout, je ne fais que proposer un doute, et je ne pretends pas que la difficulte que je presente, soit une demonstration contre T’öpoque de l’an 2007. Wichtiger ist es, dafs diese Finsternifs sich nicht mit den Überlieferungen vereinigen läfst, die uns über die Dauer der Dynastien Hia und Schang durch das T'so-tschuen, das Meng-tsö, das Fragment Fo-ise und andere Bücher aus den Zeiten vor dem Brande zugekommen sind, dahingegen die Finsternifs vom 12. Oktober 2155 ganz gut dazu stimmt (?). Nach dem T'schu-schu ist das Intervall zwischen der Regierung des Yü, des Stifters der Dynastie Mia, und des Tschung-kang 37 Jahre. Ad- diren wir diese zum Jahr 2155, in der Voraussetzung, dafs die Finsternifs des Schu-king wirklich im ersten Jahr des letzteren Kaisers eingetreten ist, so erhalten wir für die Epoche der Dynastie Hia das Jahr 2192. Gaubil entscheidet sich für 21914, weil Fü nach dem Meng-tsö ein Jahr weniger regiert hat, als nach dem T'ischu-schu. Nehmen wir mit ihm das Jahr 1739 für die Epoche der Schang, so erhalten wir für die Dauer der ersten Dynastie FHia 452 Jahre. Nach der recipirten Chronologie beträgt sie nur 439. (4) Traite p. 250. (?) Das Nähere hierüber ersehe man im Trait€ von der eben gedachten Seite an. 326 IpEuLer In den Kapiteln Yao-tien und Schün-tien, mit denen das Schu-king beginnt (!), wird berichtet, dafs Yao im 73" Jahr seiner Regierung den Schiün zum Mitregenten annahm, dafs er 28 Jahre nachher starb und dafs 50 Jahre später Yü zum Thron gelangte. So wäre also das Intervall zwi- schen Yao und Fü 150 Jahre. Addiren wir diese zu dem eben erwähnten Epochenjahr 2191 der Hia, so erhalten wir für den Regierungsantritt des Yao das Jahr 2341 v. Chr. Nach der recipirten Chronologie ist es 2357. Auf sechzehn Jahre mehr oder weniger würde es hier gerade nicht ankommen, wenn sich nur das Jahrhundert des Yao mit Sicherheit er- mitteln liefse. Niemand hat sich in dieser Beziehung mehr Mühe gegeben, als Fr&ret (?), jedoch, wie Gaubil nachweiset (?), ohne genügenden Erfolg. Die Astronomie läfst uns hier gänzlich im Stich, und es bleibt uns nichts weiter übrig, in welchem die Überlieferungen der Chinesen zu einander stehen. Dafs Yao eine historische Person sei, kann niemand bezweifeln, der die Au- als uns mit Gaubil an den Zusammenhang zu halten, torität des Schu-king nicht ganz in Frage stellen will. Noch dunkler, wenn nicht ganz mythisch, erscheint das Zeitalter der Regenten, die vor Yao genannt werden. In rückgängiger Ordnung sind es: Tschi, Ti-ko, Tschuan-hiü, Schao-hao, Hoang-ti, Schin-nong und Fu-hi. An zerstreuten Traditionen über sie fehlt es in den King und anderswo nicht. Das Tschu-schu und das gegen den Schlufs der Dynastie Tscheu verfafste Schi-pen (*) geben ihre Regierungsjahre ungefähr eben so, wie unsere Regententafel, die mit Schao-hao anhebt. Cassini und Kirch haben sich viel mit einer Zusammenkunft der fünf Planeten in der Mondstation sche beschäftigt, welche unter T'schuan- (‘) Aus diesem Werke haben sich, wie wir in dem Nachtrage über die King gesehen haben, nur einzelne Kapitel erhalten, die von Yao und Schün, von Yü, Ki, Tai-kang und Tschung-kang der Hia, von Tsching-tang, Tai-kia, Poan-keng, Kao-tisung oder PPu-ting und Scheu oder Ti-sin der Schang, und von Wu-wang, Tsching-wang, Kang-wang, Mu- wang und Ping-wang der Tscheu handeln. Diese Bruchstücke tragen ganz das Gepräge gleichzeitiger Annalen an sich. Sie sind das älteste, was an geschichtlichen Denkmälern auf uns gekommen ist. Confucius ist nur als Sammler dieses Stoffs zu betrachten. (*) In der oben S.316 citirten Abhandlung. G) Traite p. 259 ff. (‘) Ebend. p. 120. über die Zeitrechnung der Chinesen. 327 hit am ersten Tage des Zi-tschün, wo auch Mond und Sonne in Conjunction waren, stattgefunden haben soll. Sie wird nur in späteren Geschichts- büchern erwähnt, und kann nach Gaubil ('!) nur als eine dpoque feinte et systömatique betrachtet werden, die sich nicht astronomisch verificiren läfst. Dafs Hoang-ti existirt hat, läfst sich wol nicht bezweifeln. Con- fucius nennt ihn, wie den Fu-hi und Schin-nong, im Anhange zum Y-king als Regenten von China. Wenn aber Lü-pu-wei, der unter Tshin- schi- hoang schrieb (s. oben S. 303), versichert, dafs dieser uralte Kaiser das historische Tribunal gründete, astronomische Instrumente, Kalender und Himmelskarten anfertigen liefs und den Sexagesimalcyklus ordnete, so möchte dies alles leicht eben so unsicher sein, wie so Manches, was die Römer von ihrem alten Numa Pompilius berichten. Gaubil sagt (?): „Ich glaube, dafs Hoang-ti der erste Regent von China gewesen ist; dafs das chinesische Reich bis auf Yao weder so mäch- tig, noch so eultivirt war, wie es die späteren Geschichtschreiber darstellen, und dafs man die Summe der Jahre von Yao zurück bis auf Hoang-ti nicht mit Sicherheit angeben kann. Auch sind meines Erachtens Fu-hi und Schin- nong Fürsten der Chinesen gewesen, aber auf ihrer Wanderung aus der Umgegend Babylons nach China” (°). (') Traite p. 269. (°) Am Schlufs seiner Untersuchung p. 280. (°) Die letzteren Worte gehen auf die Zerstrenung der Völker nach der Sündfluth der Genesis, bis zu deren Epoche die Traditionen der Chinesen nahe hinan reichen. Als der P. Ricci im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts die Mission der Jesuiten in China gegründet hatte, glaubten einige Missionare, dafs die dortige Chronologie, die den Anfang der Regierung des Yao ins Jahr 2357 v. Chr. setzt, der heiligen Schrift zuwider laufe. Man besprach sich mit den gelehrtesten Mandarinen und beauftragte 1628 den P. Schall, deshalb mit dem Jesuitengeneral zu Rom in Unterhandlung zu treten. Der Pater schickte eine Abhand- lung ein, worin er den Yao als den ersten chinesischen Kaiser (Ai), und seine Vorgänger bis Fu-hi zurück als achtbare Familienhäupter darstellte, deren Verdienste ihnen den Königstitel (wang) erworben. Die Epoche 2357 sei aufser Zweifel 1) wegen der ununterbrochenen Reihenfolge der cyklischen Jahre von Yao bis auf die neueste Zeit; 2) weil der siebente Grad der Station Ar/ü wirklich damals, wie die Chinesen behaupteten, dem Wintersolstitium entsprochen habe; 3) weil alles, was sonst noch von astronomischen Beobachtungen aus jener Zeit angeführt werde, mit den zugleich angeführten Cykeljahren übereinstimme. Nachdem die Sache zu Rom von einer Commission geprüft war, erfolgte unter dem 20. December 1637 eine Antwort, worin der Mission eingeschärft wurde, bei der Verkündigung des Evan- Philos.- histor. Abhandl. 1837. Et 328 IpEsrer Um die Meinung noch eines gründlichen Kenners der chinesischen Geschichte und Literatur anzuführen, so sagt Abel-Remusat (!): „Die Geschichte Chinas geht mit Sicherheit bis zum 22” Jahrhundert v. Chr. zurück, und Traditionen, die nicht zu verachten sind, erlauben, den Aus- gangspunkt noch vier Jahrhunderte weiter zurückzusetzen bis zum Jahr 2637, dem angeblich 60“ des Hoang-ti. Fu-hi gilt für den Gründer des Reichs; aber seine Regierung, so wie die mehrerer seiner Nachfolger, ist mit Fabeln verbrämt. Yao ist der erste Herrscher, von welchem im Schu- king, dem glaubwürdigsten der klassischen Bücher der Chinesen, die Rede ist. Yü, sein zweiter Nachfolger, ist der Stifter der ersten Dynastie, der noch zwanzig gefolgt sind. Es fehlt aber viel, dafs sie alle ganz China beherrscht haben. Die ersten Kaiser scheinen blofs im Besitz der nörd- lichen Provinzen Schen-si, Ho-nan und Schan-si gewesen zu sein.” geliums eine übereinstimmige Zeitrechnung zu beobachten, mit dem Beifügen, dals man un- bedenklich die chinesische Chronologie, wie sie der P. Schall dargestellt habe, als richtig annehmen könne, da sie durch die Autorität des römischen Martyrologiums, des Kardinals Baronius und der Kirchenväter bestätigt werde (!). Gaubil, der uns (Traite p.283 ff.) von dieser Thatsache in Kenntnils setzt, fügt noch hinzu, dafs die Mission auch das Gutachten einiger berühmten europäischen Astronomen eingeholt habe. Unter anderen habe der P. T&- rence an Kepler geschrieben und ihm mitgetheilt, was sich im Schu-king, Schi- king und Tschün-tsieu von alten Beobachtungen findet; man wisse aber nicht, ob und was Kepler geantwortet habe. (Er war daran vermuthlich durch seinen am 15. November 1631 erfolgten Tod gehindert worden.) (') Noweaux melanges Asiatiques, Tom.TI, p- 65. aannanan wma über die Zeitrechnung der Chinesen. 329 VII. Nachträgliche Bemerkungen über die Stundeneintheilung des Tages bei den Chinesen. Das Wesentlichste von der jetzt bei den Chinesen gebräuchlichen Einthei- lung des bürgerlichen Tages ist bereits oben S. 211 und 255 beigebracht worden. Hier sollen nur noch einige historische und sprachliche Bemer- kungen nachgetragen werden. Nach Gaubil (!) war es PFu-wang, der Stifter der Dynastie Tscheu, der die Mitternacht zur Epoche des bürgerlichen Tages machte. Unter der vorhergehenden, Schang, soll der Tag mit dem Mittage angefangen worden sein (?). Die 12 schi und 96 khe sind ohne Zweifel eine Überlieferung der ältesten Zeit. Die Eintheilung des schi dagegen in zwei Hälften zsw oder kiao und tsching, so wie die des khe in 15 fen ist erst unter der jetzigen Dynastie aufgekommen. Die chinesische Stundenrechnung ist dadurch ganz der unsrigen analog geworden. Die Jesuiten haben zum Behuf des astro- nomischen Calculs auch unsere Sekunden unter der Benennung miao ein- geführt. Dieses Wort bezeichnet eigentlich die Spitzen der Kornähre, dann jedes Feine und Subtile (°). Vor Ankunft der Jesuiten theilte man beim Calcul den Tag in 10000 Theile, die sich bequem in Form von Decimalbrüchen des Tages schreiben (') Traite, p.34. Lettres edifiantes, p. 337. (>) Lettres edifiantes, p. 330. (°) Die Charaktere für alle diese Kunstwörter giebt Bayer in seiner Schrift de horis Sinieis. In seinem Museum Sinicum, Tom.II, p. 304, schreibt er irrig schao für miao. Auch bei der Gradeintheilung werden fen und miao für Minute und Sekunde gebraucht. Der Grad heilst bei den Chinesen zu. S. Klaproth’s Verzeichnils der Bücher u. s. w. S.181. Tt2 330 IpEuLer lassen. Ulug Begh nennt diese kleinen Theile «\i:, feng. Welchen Cha- rakter die Chinesen dafür gebrauchten, finde ich nirgends erwähnt. Klap- roth sagt (t), dafs er eigentlich „5, wan, hätte schreiben sollen; denn sein ‚Jeng sei nichts anderes, als das chinesische Wort für zehntausend (s. oben 5.208). Das für unseren Begriff Minute in Gebrauch gekommene fen, das so viel als Theil bedeutet, scheint nicht damit zusammenzuhängen. Das Wort &i>, tschagh, womit der tatarische Fürst das schi ausdrückt, ist ein alttürkisches, das die dschaggataischen Wörterbücher, wie Klaproth versichert, durch das arabische ws, wakt, Stunde, geben (?). Wie die Chinesen einen Zeitpunkt mit der Genauigkeit einer Minute bezeichnen, ist schon oben (S. 212) an einem Beispiel gezeigt worden. Ich bemerke noch, dafs sie nach Morrison (°) auch die Charaktere Zsw oder kiao und isching dem Duodeeimalcharakter der Stunde voransetzen, wie kiao mao öl khe, halb 6 Uhr Morgens, Zsching mao y khe, ein Viertel auf 7 Uhr Morgens, wo mao das vierte schi von 5 bis 7 Uhr Morgens, kiao die erste, isching die zweite Hälfte, y eins, öl zwei, bezeichnet. Die Mitternacht drücken sie durch Zsching tsö, die mittlere erste Stunde, den Mittag durch Zsching u, die mittlere siebente Stunde, aus. (') Noweau Journal Asiatique, Tom. XV, p. 313. (2) Nach einer Mittheilung des Hrn. Dr. Schott kommt dieses de in mancherlei Phra- sen noch jetzt für die Begriffe Zeit und Stunde bei den Osmanen vor, die sich dafür sonst eigentlich der arabischen Wörter O8 und u, bedienen. Auch die Mongolen haben sich das d> angeeignet. (°) View of China, p. 104. mm über die Zeitrechnung der Chinesen. 331 VIO. Über die siebentäiciee Woche der Chinesen. 58 Seit Jahrhunderten läuft durch die chinesischen Kalender ein 2Stägiger Cyklus zur Bezeichnung unserer Wochentage. Die Einheiten desselben werden durch die Charaktere der 23 Mondstationen unterschieden, die hierbei die Stelle blofser Zahlzeichen vertreten, ohne mit dem Lauf des Mondes in irgend einer Verbindung zu stehen. Vier dieser Charaktere, nämlich fang, hiü, mao, sing, Montag u. s. w. zu erkennen, ganz in der gewöhnlichen Ordnung der Sta- tionen, wie nachstehende Tafel zeigt: geben den Sonntag, die vier folgenden den Sonntag fang, hi, mao, sing Montag sin, wei, pü, tschang Dienstag wei, sche, tsui, Y Mittwoch khi, pi, tsan, tschin Donnerstag teu, kuei, tsing, kio Freitag nieu, leu, kuei, kang Sonnabend _niü, wei, deu, ti. Diese Charaktere sind in ununterbrochener Folge den einzelnen Mo- natstagen des chinesischen Kalenders beigeschrieben, so dafs der Chinese, so oft er will, von unseren Wochentagen Notiz nehmen kann. So z. B. fängt der Kalender des siebenten Jahrs Aia-khing mit dem Charakter Zschin, der Kalender des vierzehnten Jahrs Tao-kuang mit dem Charakter mao an. Jener entspricht dem Mittwoch, dieser dem Sonntage, und wirklich hat ersteres Jahr den 3. Februar 1802 mit einem Mittwoch, letzteres den 9. Fe- bruar 1834 mit einem Sonntage begonnen (1). Wie sich aus verschiedenen (') Des-Vignoles, der einen Kalender vom elften Jahr Schün-ischi vor sich hatte, und darin den ersten Tag mit dem Charakter y bezeichnet fand, sagt in seinem r«ssgycv Sinicum (Miscell. Berolin. Tom.IV, p. 246): Istud non percepi, nec patitur ratio temporum, Teste 332 IDELeEr Andeutungen bei Bailly (') und Gaubil (?) abnehmen läfst, müssen ehe- mals die Charaktere der sieben Planeten des alten Systems, Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn, an welche die Astrologie seit dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung die Wochentage geknüpft hat, den Charakteren der Stationen beigefügt gewesen sein; sie finden sich aber in keinem der Kalender aus neuerer Zeit, die ich zu vergleichen Gelegenheit gehabt habe. Übrigens bedienen sich die Chinesen der siebentägigen Woche im bürgerlichen Leben gar nicht, wie Gaubil und Morrison (°), die so lange unter ihnen gelebt haben, ausdrücklich versichern. Nur zu astrologi- schen Zwecken sollen sie zuweilen Gebrauch davon machen. Wann dieser uralte, vom westlichen Asien ausgegangene Zeitkreis zu- erst nach China gekommen ist, weifs man nicht mit Bestimmheit. Nach Gaubil (*) hat ihn schon Confucius unter dem Namen isi, Sieben, als seit dem Anfange der Dynastie T’'scheu bekannt, mit der Bemerkung erwähnt, dafs der jedesmalige siebente Tag dem ernsten Nachdenken eines jeden über seine Fehler zu widmen sei (°). Die Namen der Planeten zur Bezeichnung der Wochentage sind natürlich viel später eingewandert. In Indien hat sich ihrer zuerst der Astronom Brahmagupta, der nach Golebrooke (°) um den Schlufs des sechsten Jahrhunderts n. Chr. lebte, bei seinen Rechnungen bedient (7). Nicht lange nachher, unter den ersten T’hang, sind nach allen Martinio, Müllero et Cassinio constellatio y dicta a gradu 18 virginis ad 5 librae tunc exten- debatur; sed annus civilis Sinarum semper in aquario incipit. Richtig! Aber der Charakter y bezeichnet in diesem Fall nicht einen Stern, sondern unsern Dienstag, mit welchem jenes Jahr am 17. Februar 1654 seinen Anfang nahm. Der gedachte Kalender war früher in An- dreas Müllers Händen, der davon in seinem Werke de Chataja p.38 spricht (s. oben S. 210). Nachmals kam er in die Bibliothek der Marienkirche zu Stettin, mit der er verbrannt ist. €) Histoire de l’Astronomie ancienne, p- 493. (2) Memoires, Tom. XVI, p. 382. Auch der Missionar Cibot, Memoires, Tom. IX, p. 381, ist hier zu vergleichen. () Fiew of China, p. 102. (*) Lettres edifiantes, p. 368. (°) Bei den Ceremonien zum Gedächtnils der Verstorbenen gebrauchen die Chinesen, wie Gaubil an der eben angeführten Stelle versichert, den Charakter is? noch jetzt in diesem Sinne, indem sie von einer, zwei, drei zsi oder Wochen sprechen. (°) Algebra of Brahmagupta and Bhascara. Notes and illustrations, p. 39. (’) Asiatic Researches, Vol. VII, p. 236. über die Zeitrechnung der Chinesen. 333 Traditionen mehrere astronomische Begriffe und Kenntnisse von Westen her nach China gekommen. Dahin gehören die Mondknoten — lo-heu und /üö-tu (!), das Apogäum des Mondes — po — und eine Periode — ki — von 25 Sonnenjahren (?). Letztere kann keine andere als unser Son- nencirkel von 28 julianischen Jahren sein, der bekanntlich bei der Be- rechnung des Österfestes zur Bestimmung der Wochentage gebraucht wird. Da er für die Chinesen von gar keiner Bedeutung war, so ging er für sie bald wieder verloren. Dafür müssen sie aber seitdem einen Cyklus von 28 Tagen, das Vierfache unserer Woche, in ihren Kalender aufgenommen haben. Vermuthlich waren es Christen, die jene Begriffe und Kenntnisse, namentlich den Sonnencirkel, nach China brachten. Dafs unter Tai-tsung, dem zweiten Kaiser der T’hang, christliche Missionare bis China vordrangen, lehren unzweideutige Spuren, wovon man das Nähere in Gaubil’s Ge- schichte der Thang und in des P. Visdelou Monument de la religion chretienne (?) nachsehen kann. (') Bei den Indern rahu und kitu. Man erinnere sich, dafs die Mandarinensprache kein r hat, und dafür ein 7 setzt. (?) Gaubil, Odservations, Tom.II, p.122 ff. und Geschichte der grofsen Dyna- stie Thang in den Memoires, Tom. XVI von p. 378 an. (Der Anfang derselben steht schon im funfzehnten Bande.) (°) Supplement ü la Bibliotheque orientale von d’Herbelot, p. 165 ff. der Mastrichter Aus- gabe. Vergl. Memoires, Tom. V, p.61. Die Zweifel, die man über dieses zu Si-ngan-fu in Schen-si gefundene und in unser Jahr 781 gehörige Monument erhoben hat, werden in Abel- R&emusat’s Melanges Asiatiques, Tom.1, p.35 besprochen und beseitigt. Auch vergleiche man den Artikel Olopen, predicateur du Christianisme ü la Chine im zweiten Bande seiner Noweaux Melanges Asiatiques, p. 189. mreiriurvrrmirnU 334 Iperer IX. Geschichtliche Bemerkungen über das Sonnenjahr der Chinesen. Die Chinesen haben von Alters her zur Regulirung ihrer Jahrszeiten und zur Anordnung ihres bürgerlichen Mondjahrs ein Sonnenjahr von 3654 Tagen gebraucht, und den Anfang desselben ursprünglich auf den Tag der Winterwende gesetzt, den sie durch unmittelbare Beobachtung mit dem Gnomon zu bestimmen suchten (!). Das bürgerliche Jahr fängt mit dem Mondmonat an, in dessen Verlauf die Sonne in unser Zeichen der Fische tritt, so dafs die Conjunction, die diesen Monat bestimmt, auf das Zeichen des Wassermanns trifft. Um diese Conjunction zu ermitteln, müssen sie in alter Zeit folgen- dermafsen verfahren sein. Sie gaben nach der Länge des Sonnenjahrs der Ekliptik 3654 Grad und nahmen an, dafs die Sonne täglich einen derselben zurücklege. Sie theilten ferner das Sonnenjahr in vier gleiche Jahrszeiten und jede einzelne wieder in sechs gleiche Abschnitte oder isie-khi. Die letz- tere Eintheilung trugen sie auch auf die Ekliptik über, welche sonach in 24 gleiche Bogen zerfiel, von denen jeder der Hälfte eines unserer Zeichen entsprach und noch jetzt entspricht. Das vierte Zsie-khi von der Winter- wende gerechnet gab den Anfang des Frühlings, das siebente die Frühlings- nachtgleiche, das zehnte den Anfang des Sommers, das dreizehnte die Som- merwende, das sechzehnte den Anfang des Herbstes, das neunzehnte die Herbstnachtgleiche, das zweiundzwanzigste den Anfang des Winters, das fünfundzwanzigste oder erste die Winterwende. Jedes isie-khi hielt im Durchschnitt 15,22 Tage; wahrscheinlich legten sie aber jedem einzelnen in bestimmter Folge 15 oder 16 ganze Tage bei, so dafs sich nach vier (') Gaubil, Odservations, Tom. II, p. 133. über die Zeitrechnung der Chinesen. 335 Sonnenjahren oder 1461 Tagen alles ausglich. Nachdem sie nun durch den Gnomon den Tag der Winterwende ermittelt hatten, zählten sie so viele ganze Tage weiter, als bis zum Anfange des vierten /sie-Ihi verfliefsen sollten. So erhielten sie den Tag des Frühlingsanfanges, und sie durften dann nur die Mondgestalt vergleichen, um zu erkennen, ob das nächst- folgende tsie-khi, das mit dem Eintritt der Sonne in unsere Fische be- ginnen sollte, noch im laufenden Monat oder erst im folgenden seinen Anfang nehmen werde. Im ersten Fall war der laufende Monat der erste des bürgerlichen Jahrs, im letzteren der folgende. .War auf diese Weise der Kalender einmal geordnet, so kam es darauf an, ihn durch gehörige Einschaltung eines Mondmonats mit dem Himmel in Übereinstimmung zu erhalten. Zur Controle diente das gewifs schon frühzeitig aufgestellte Prin- cip, dafs die Nachtgleichen immer auf den zweiten und achten, die Sonnen- wenden auf den fünften und elften bürgerlichen Monat treffen müssen. Jetzt zählen die Chinesen die Reihe ihrer Zsie-khi nicht mehr von der Winterwende, sondern von der Mitte des Wassermanns an, so dafs das erste dasjenige ist, an welchem der Anfang des Frühlings haftet, wie auch sein Name Li-tschün besagt. Nach der Meinung vieler chinesischen Gelehrten (!) soll schon der uralte Tschuan-hiü (5.225) den Anfang des bürgerlichen Jahrs auf den Mo- nat gesetzt haben, welcher der Mitte des Wassermanns am nächsten kommt. Diese Anordnung bestimmte Yü, der Stifter der Dynastie Ilia, näher dahin, dafs der erste Frühlingsmonat der erste im Jahr sein sollte (?). Unter der zweiten Dynastie wurde der Anfang des bürgerlichen Jahrs um einen Monat, unter der dritten um zwei vorgeschoben. Der erste Monat des Jahrs war demnach unter den Hia derjenige, in welchem die Sonne in die Fische, unter den Schang der, in welchem sie in den Wassermann, unter den Tscheu der, in welchem sie in den Steinbock tritt (?). Erst (') Gaubil, Odservations, Tom. I, p. 182, Traite, p. 261. (?) Traite, p. 21. (°) Alles dies beruht auf alten in dem Buche 7's0-2schuen enthaltenen Traditionen, wie Gaubil, Traite, p.232, 238 und 243 bemerkt. Unter der kurzdauernden Dynastie 7'skin soll auf Befehl des T'skin-schi-hoang sogar noch eine weitere Verschiebung des Jahranfangs bis auf den Beginn des jetzigen zehnten Monats staltgefunden haben. Gaubil, Odservations, Tom. II, p.4, und Traite, p. 60 und 61. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Uu 336 Ipetrer unter MWu-ti, dem fünften Kaiser der Dynastie Han, wurde der ursprüng- liche Jahranfang wieder aufgenommen (!), und hierbei ist es seitdem ge- blieben. Merkwürdig ist es, dafs, wie die Tafel der Sonnenfinsternisse im Tschün-tsieu lehrt (?), bei der Verschiebung des Jahranfangs unter den Schang und Tscheu auch die vier Jahrszeiten gleichmäfsig verschoben wur- den, so dafs das Jahr zwar nach wie vor mit dem ersten Frühlingsmonat begann, der Frühling aber unter den Schang mit der Mitte des Steinbocks, unter den T'schew gar mit der Mitte des Schützen seinen Anfang nahm. Diese sonderbare Anordnung der Jahrszeiten läfst sich, wenn nicht anders spätere Mifsverständnisse dabei obwalten, nur daraus erklären, dafs man bei der allmäligen Veränderung des Jahranfangs von der alten Bestimmung des Yü nicht abgehen wollte. Die Folge davon war freilich zuletzt die, dafs man die ganze langdauernde Dynastie der T'scheu hindurch den Früh- ling noch vor der Winterwende anfıng (°). Wenn Tschuan-hiü den Anfang des Jahrs auf den Monat gesetzt haben soll, welcher der Mitte des Wassermanns am nächsten kommt, so wird offenbar die Mitte des Intervalls zwischen der Winterwende und der Frühlingsnachtgleiche oder die Mitte des Zeichens Wassermann gemeint, an welchen Punkt der Sonnenbahn die Chinesen in der ältesten Zeit den Anfang ihres Frühlings geknüpft haben. Es ist eine ganz unstatthafte Mei- nung von Bailly (*), dafs hier an die Mitte des Sternbildes Wasser- ınann zu denken sei. Welches ist denn eigentlich die Mitte dieses Bildes, dessen ausgestreckte Linke weit über den Steinbock weg gegen Westen hin ragt? Und haben die Chinesen je etwas von dem griechischen Stern- bilde gewufst, zumal dritthalbtausend Jahre vor unserer Zeitrechnung? Gleichwohl sucht er mit Hülfe der Präcession die sehr entfernte Epoche (') Observations, am letztern Orte und anderswo. (2) Ebend. Tom. IM, p.239 ff. Mit dieser von Gaubil berechneten Tafel vergleiche man seine nachträglichen Bemerkungen in den Lezir. edif. von p. 371 an. (©) Nach Gaubil (Zexer. eaif. p.369) hat Confucius im 7'schün-tsieu den ersten Monat des Jahrs der Nebendynastie Zu, das mit dem der Hauptdynastie 7'scheu übereinstimmte, ge- wöhnlich den Monat des wang oder Königs genannt, um anzudeuten, dafs das, was damals Frühling hiefs, nicht der naturgemälse Frühling sei, und so seine Milsbilligung dieser gan- zen Anordnung des Jahrs an den Tag zu legen. . . . . 7 (*) Histoire de U’ Astronomie ancienne, p- 347. über die Zeitrechnung der Chinesen. 337 (seinem Calcul nach das Jahr 3513 v. Chr.) zu bestimmen, wo sich der Winterpunkt, „mit welchem die Chinesen nach einem alten constanten Gebrauch ihr Jahr von jeher angefangen haben,” in der Mitte ‚dieses Ge- stirns befand. Eine seltsame Verwirrung der Begriffe, die sich auch Da- vis angeeignet hat (!). Die obgedachte Anordnung, der zufolge die Nachtgleichen und Son- nenwenden, wie einst in Cäsars Kalender, den Mitten der Jahrszeiten entsprechen, hat nach dem Schu-king (?) schon unter Yao bestanden. Auch das Sonnenjahr zu 3654 Tagen soll schon unter diesem alten Mo- narchen bekannt gewesen sein. Yao sagt nämlich daselbst zu Hi und Ho(°): „Nehmet eine Periode von 366 Tagen wahr. Die Einschal- tung eines Monats und die Bestimmung der vier Jahrszeiten dienen zur vollkommenen Anordnung des Jahrs. Ist dies Alles genau regulirt, so wird ein jeder sein Geschäft in der rechten Jahrszeit verrichten und Alles gehörig von Statten gehen.” Die gesperrt gedruckten Worte versteht Gau- bil von der vierjährigen julianischen Schaltperiode, nach der das Sonnen- jahr dreimal hintereinander zu 365, das vierte Mal zu 366 Tagen, also der Zeitraum von vier Jahren zu 1461 Tagen gerechnet wird. Die Stelle des Schu-king ist wegen allzu grofser Kürze dunkel; doch läfst sich nicht zweifeln, dafs bereits in einer sehr frühen Periode das astronomische Jahr der Chinesen aus 3654 Tagen bestanden, und ihr bürgerliches Jahr den Charakter eines gebundenen Mondjahrs gehabt hat. Der Grund, weshalb die Chinesen vorzugsweise die Winterwende beobachtet haben (von der Sommerwende ist viel seltener die Rede), (') Memoir concerning the Chinese im ersten Bande der Transactions of the Royal Asiatie Society. Langles, der freilich in solchen Dingen keine Autorität ist, tritt dieser verkehrten Ansicht bei. S. eine Note von ihm zu Thunberg’s Reise, Tbl.IV, p. 89. >) Kap. Yao-tien p. 6 und 7. (°) Diese Namen werden im Schu-king, Kap. Yn-tsching, S.67, bei Gelegenheit einer 200 Jahre später eingetretenen Sonnenfinsternils (s. oben S. 324) abermals erwähnt. Offenbar sind es keine nomina propria, sondern appellativa von hohen Würdenträgern des Reichs, denen die Anordnung der religiösen Ceremonien und die damit zusammenhängende Beobach- tung des Himmels oblag. Hr. Kurz betrachtet Zi und Ho als die Priester des Stern- kultus, aus welchem, seiner Meinung nach, in jener alten Zeit die Staatsreligion der Chi- nesen bestand. : S. sein: Memoire: sur l’etat politique et religieux de la Chine 2300 ans avant notre ere, im fünften und sechsten Bande des Noweau Journal Asiatique. Un 338 Ipsrer lag wol unter andern darin, dafs bei dem niedrigen Stande der Sonne in derselben die Länge des Mittagsschattens sich von einem Tage zum andern merklicher ändert, als bei dem hohen um die Sommerwende, dafs also die Beobachtung im ersten Falle sicherer den Tag des Solstitiums zu erken- nen giebt, als im zweiten. Gaubil versichert ('), dafs die Chinesen ziem- lich genaue Tafeln über die Länge des Mittagsschattens eines Gnomons von 8 Fufs Höhe für verschiedene Polhöhen und Jahrszeiten besitzen. Vermit- telst solcher Beobachtungen ergab sich leicht die Schiefe der Ekliptik. Die älteste Beobachtung dieser Art ist um das Jahr 1100 v. Chr. von Tscheu-kung angestellt worden. Dieser Fürst, ein Bruder des Wu- wang, des Stifters der Dynastie T'scheu, hat sich als Reichsverweser wäh- rend der Minderjährigkeit des T'sching-wang, dem er nach dem Schu-king die weisesten Lehren ertheilte, einen unvergänglichen Namen bei den Chi- nesen erworben. Er fand, dafs der Sfüfsige Gnomon zu Lo-yang in der Provinz Ho-nan einen Mittagsschatten am Tage der Sommerwende von 14- Fufs und am Tage der Winterwende von 13 Fufs gab (?). Laplace, dem diese Beobachtung mit Recht als sehr wichtig erschien (?), hat sie in Rechnung genommen, und dreien Correctionen unterworfen, von denen die bedeutendste den scheinbaren Halbmesser der Sonne, eine zweite die Strahlenbrechung, und eine dritte die Parallaxe der Sonne betrifft. Auf diese Weise hat er, unter der Polhöhe 34° 47’ von Lo-yang als gröfste Mittagshöhe der Sonne 79° 6° 52” und als kleinste 31° 18° 47” gefunden (*), woraus eine Schiefe von 23° 54’ 24” folgt. Er sagt, die Theorie der all- gemeinen Schwere (°) gebe für diese entfernte Zeit nur 23° 52’; der Unter- schied komme aber wegen der Schwierigkeit, den Halbschatten bei der- gleichen Beobachtungen zu beseitigen, in keinen Betracht. Der erste Chinese, der selbst eine solche Rechnung versuchte, war der um das Jahr 66 v. Chr. lebende Zieu-hin, der in seinem San-tong, einem (') Observations, Tom.II, p. 138. (?) Man sehe die schätzbare Sammlung von Solstitial-Beobachtungen der Chinesen, welche Gaubil im Jahr 1734 an den Astronomen Delisle übersendet und Laplace im Jahrgange 1809 der Connaissance des tems, P- 382 ff. hat abdrucken lassen, namentlich P- 393. (°) Exposition du systeme du monde, p. 400. (*) Ich habe seine Decimalgrade auf die uns geläufigere alte Kreiseintheilung zurückgeführt. (?) Mecan. celeste, 1. VI. über die Zeitrechnung der Chinesen. 339 der ältesten astronomischen Bücher der Chinesen, die Schiefe der Eklip- tik auf 24 chinesische Grade setzte (1), welche nach unserer Kreiseinthei- lung 23° 39’ geben. Dreizehn Jahrhunderte später unter Chubilai fand Ko-tscheu-king mit einem Gnomon von 40 Fufs 23,903 chinesische Grade, nach unserer Eintheilung 23° 33,6 (?). Unter den Han hatten die Chinesen, wie das eben gedachte San- tong lehrt, noch keine Ahnung von den Anomalien der Sonne und des Mondes. Die tägliche Bewegung der Sonne wurde noch immer auf einen chinesischen Grad gesetzt, und das Sonnenjahr in 24 isie-khi von gleicher Dauer getheilt. Erst um den Anfang unsers sechsten Jahrhunderts soll Tschang-tsö-sin gelehrt haben, dafs das Intervall zwischen der Winter- wende und der Frühlingsnachtgleiche kürzer sei, als das zwischen der letz- teren und der Sommerwende (3). Seitdem wufste man also, dafs sich die Sonne nicht gleichförmig in ihrer Bahn bewegt. Diese Wahrnehmung blieb aber für den Kalender unbenutzt. „Als die Chinesen, sagt Gau- bil (*), die Ungleichheit der Intervalle zwischen den vier Jahrpunkten erkannt hatten, ordneten sie ihre Monate noch immer in der Voraussetzung, dafs die Jahrszeiten gleich sind. Dies wird durch ihre Geschichte, die Aussage ihrer Astronomen, und durch alles bestätigt, was uns von ihren Kalendern bis auf den Eintritt der Jesuiten in das mathematische Tribunal übrig ist.” Noch Ulug Begh, der 1444 unter den Ming schrieb, grün- det den Kalender der Chatajer auf die mittlere Bewegung der Sonne; doch nahm er die Dauer des Sonnenjahrs nicht mehr, wie es früher ge- schah, zu 365,25, sondern zu 365,2436 Tagen, d.h. zu 365 Tagen 5 Stun- den 50’ 47” an. Genauer hatte sie schon vor ihm Ko-tscheu-king auf 365,2425 Tage oder 365 Tage 5 Stunden 49 12” gesetzt (°). Erst als im Anfange der jetzigen Dynastie das Kalenderwesen der Chinesen unter die (') Gaubil, Odservations, Tom. Il, p. 8. (?) Ebend. p. 112. (°) Ebend. Tom. III, p. 125. (*) Traite, p. 247. (°) Gaubil, Odservations, Tom. III, p.69. Dies ist eben die Länge des Sonnenjahrs, welche bei der Gregorianischen Kalenderverbesserung zum Grunde gelegt wurde. Hand- buch der Chronologie, Th.II, S. 305. 340 IpeELer Leitung der Jesuiten kam, wurde an die Stelle der älteren rohen Rechnung eine genauere, auf die europäischen Tafeln gegründete, Bestimmung der Sonnen- und Mondörter gesetzt. Seitdem fängt ihr bürgerliches Jahr mit dem Mondmonat an, in dessen Verlauf die Sonne, zufolge ihrer wahren Bewegung, in die Fische tritt. Die Chinesen nennen die Ekliptik hoang-tao, die gelbe Bahn (!). Sie haben eine dreifache Eintheilung derselben, eine in 28 su oder Mond- stationen, eine in 12 kung oder Zeichen, eine in 24 isie-khi oder halbe Zeichen. Von der ersten habe ich im vierten Nachtrage gehandelt, und von der zweiten in der dritten Beilage bei Gelegenheit der Erläuterung der Kalender im MWan-nian-schu die Nomenklatur gegeben. Wie man daselbst ersieht, werden die kung in diesem Buche mit den Charakteren des Duo- decimaleyklus in rückgängiger Ordnung gezählt, so dafs der Wassermann das erste, der Steinbock das zweite, der Schütze das dritte Zeichen ist. In derselben Ordnung nennt sie Gaubil (?). Noel (?) und Klaproth (*) dagegen versichern, dafs die chinesische Zählungsweise der kung, vom Was- sermann angefangen, ganz die unsrige sei. Ich weifs mir diesen Wider- spruch und jene rückgängige, unseren Begriffen nach widersinnige, Zählungs- weise nicht zu erklären. Übrigens stimmen die kung einzeln genommen ganz mit unseren Zeichen überein. Es sind blofse Abschnitte — isie — der Ekliptik zu je 30 Graden, ohne alle Verbindung mit einem Sterngürtel. Einen solchen haben die Chinesen blofs in ihren Mondstationen. Unsere Namen Widder, Stier, Zwillinge u. s. w. mit den zugehörigen Bildern kommen wol bei den Indern, aber nicht bei den Chinesen vor. Zwar soll sie unter den T’hang ein Buddhapriester Namens Pu-kong aus Nie-po-lo (d.h. Nepaul) nach China gebracht haben (°); doch sind sie daselbst (') Memoires, Tom. II, p- 160. (?) Observations, Tom.II, p. 174, 175. (°) Observationes, p- 64. (*) Nouveau Journal Asiatique, Tom.X, p. 485. Sein Gewährsmann ist Zi-ming-ische, Verfasser eines 1820 zu Canton gedruckten Traktats über die Sphäre, wovon er einen Auszug giebt. Der Chinese ist dem Traktat über die Sphäre von Yang-ma-no gefolgt. Dies ist der chinesische Name des portugiesischen Jesuiten Emanuel Diaz, der 1618 nach China kam und daselbst 1659 starb. (°) Gaubil, Odservations, Tom. U, p- 122. A über die Zeitrechnung der Chinesen. 341 nie in Gebrauch gekommen. Von gewissen alten Benennungen der Zeichen, die Gaubil anführt (!), nämlich: 1) hiüen- hiao. 7) schün- ho. 2) tseu-tse. 8) schün-wei. 3) kiang - leu. 9) scheu- sing. 4) ta-leang. 10) za-ho. 5) sche-sching. 11) si-mu. 6) schün- scheu. 12) sing-ki, kennt man die Bedeutung nicht mit Sicherheit; nur so viel ist gewifs, dafs sie auf die griechischen Bilder keinen Bezug haben. Sie folgen, vom Was- sermann oder Steinbock an gerechnet (?), in östlicher Richtung auf einander. Schon im Aue-yü, das einen Zeitgenossen des Confucius zum Verfasser hat (s. oben S. 295), sollen nach Gaubil (?) verschiedene Beobachtungen und Rechnungen an die 12 isie oder Abschnitte der Ekliptik geknüpft vor- kommen. Ist die Zwölftheilung, wie ich in meiner Abhandlung über den Ursprung des Thierkreises wahrscheinlich zu machen gesucht habe (*), von Babylon ausgegangen, so mufs sie von dort frühzeitig nach China ge- langt sein, ob über Indien oder auf den alten Serenstrafsen (°), wage ich nicht zu entscheiden. Von den isie-khi habe ich oben S. 212 die Namen, Bedeutungen und Stellungen gegeben. Sie werden sowohl von den Abschnitten des Sonnen- jahrs, als von den entsprechenden, je 15 Grad haltenden, Bogen der Son- nenbahn gebraucht. Das Wort sagt soviel als Witterungs- oder Tem- peraturabschnitte (%). Die chinesischen Charaktere der Zsie-khi findet (') Obseroations, Tom.III, p. 98. Letr. edif. p. 338. Sie sollen bei den Astronomen der Han gebräuchlich gewesen sein. (2) Jenes sagt Gaubil an der ersten, dieses an der zweiten der eben citirten Stellen. (°) Observations, Tom. III, p- 95. (°) S. den nächstfolgenden Jahrgang 1838 der akademischen Schriften. (°) Ich meine auf den Stralsen, auf denen der Handel mit Seidenstoffen zwischen Nord- china und dem westlichen Asien getrieben wurde. Sie gingen durch Centralasien, entweder über Khotan und Kabul, oder nördlicher über Kaschgar, Kokand und Bochara. S. Ritter’s Erdkunde, B. VI, Westasien, I. Abschnitt 8.5 und 6, S. 320 ff. (°) Khi heilst Luft, Atmosphäre, Wetter; es ist nicht mit Ai zu verwechseln, wel- ches Periode, Umlauf, bedeutet. 342 Ipsrer man in Golius Additamentum de regno Catayo, bei Morrison ('!) und im Nowvreau Journal Asiatique (?). In den chinesischen Kalendern werden jetzt die Tage, Stunden und Minuten angegeben, womit die einzelnen Zsie- khi der wahren Bewegung der Sonne gemäfs ihren Anfang nehmen. Mit den Zeichen hängen sie dergestalt zusammen, dafs jedes gerade zsie-khi mit einem kung, jedes ungerade in der Mitte eines kung beginnt. Die Früh- lingsnachtgleiche trifft auf den Anfang des tschün-fen, die Herbstnachtgleiche auf den des Zsieu- fen, die Sommerwende auf den Anfang des hia-tschi, die Winterwende auf den des Zung-tschi. Die Chinesen scheinen für die vier Jahrpunkte keine andere Benennungen zu haben, als eben diese. Die Namen der tsie-khi lassen sich mit Sicherheit nur bis zu den Han zurück verfolgen; es leidet aber wol keinen Zweifel, dafs sie für die Halbmonate des Sonnenjahrs schon früher im Gebrauch gewesen sind. (') Fiew of China, p. 103. (?2) Tom.X, p. 485. annnnmaammnAarn über die Zeitrechnung der Chinesen. 343 X. Geschichtliche Bemerkungen über das Mondjahr der Chinesen. Wie die Chinesen während der jetzigen Dynastie unter dem Einflusse der Jesuiten ihr bürgerliches Jahr geordnet haben, und, ungeachtet dieser Ein- flufs jetzt nicht mehr besteht, mit Hülfe der europäischen Tafeln, deren sie sich bedienen, auch wol ferner ordnen werden, ist bereits in der Vor- lesung und in der dritten Beilage ausführlich auseinander gesetzt und durch Beispiele erläutert worden. Man vergleiche Gaubil’s Remarques chrono- logiques (') und das Sendschreiben an P. Foureau, das er seinem Trait€ angehängt hat, worin man die wesentlichsten Punkte der chinesischen Zeitrechnung kurz und bündig zusammengestellt findet. Das Prineip, nach welchem der Schaltmonat angesetzt wird, ist seit den Han immer dasselbe gewesen (?). Es besteht darin, dafs der Mo- nat, in dessen Verlauf die Sonne kein neues Himmelszeichen oder keins der geraden Zsie-khi, von den Chinesen Zschung-khi genannt, sondern blofs eins der ungeraden, z. B. Li-hia (?), erreicht, für einen überzähligen gilt. Als die zwölf eigentlichen Monate des Jahrs werden nur diejenigen betrachtet, auf welchen die Anfänge der geraden Zsie-khi haften. Dafs der Schalt- monat unter der Nummer des vorhergehenden Monats mit begriffen und von demselben durch den beigefügten Charakter dsjün unterschieden wird, ist gleich zu Anfange dieser Abhandlung bemerkt worden. (') Otservations, Tom.I, p. 182-184. (2) Unter der Dynastie 7’%sin soll der Schaltmonat hinter den jetzigen neunten Monat, also an den Schluls des damaligen Jahrs (vergl. oben S. 335 die Note 3) gesetzt worden sein. Gaubil, Odservations, Tom. I, p.4. Wie es früher damit gehalten wurde, wissen wir nicht mit Bestimmtheit. (°) Wie im zweiten Jahr Tao-kuang, wovon oben in der dritten Beilage S. 251 eine tabellarische Übersicht gegeben ist. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Xx IpEeter o in DS Überhaupt haben nach den Traditionen der Chinesen die Haupt- grundsätze ihrer Zeitrechnung von den ältesten Zeiten her bestanden. Die unzweideutigsten Spuren davon finden sich bereits in den beiden ersten Kapiteln des Schu-king, Yao-tien und Schün-tien überschrieben. In dem letzteren heifst es: „Am ersten Tage des ersten Monats wurde Schün von Yao in dem Saal der Vorfahren (!) zum Erben des Reichs eingesetzt. — Im zweiten Monat besuchte er den östlichen, im fünften den südlichen, im achten den westlichen, im elften den nördlichen Theil seines Reichs.” Da dies die Monate sind, denen von jeher die Nachtgleichen und Sonnenwen- den, die Mitten der vier Jahrszeiten, entsprochen haben, so läfst sich nicht zweifeln, dafs das gebundene Mondjahr der Chinesen in seiner gegenwär- tigen Stellung zum Sonnenjahr schon damals im Gange war, und dafs ge- rade hierin die Anordnung der Monate und Jahre bestand, die ebendaselbst dem Schün beigelegt wird (2). Martini will mit diesen und anderen chro- nologischen Einrichtungen bis auf Hoang-ti zurückgehen (*); doch Gau- bil (*) hält es für sicherer, in dieser Beziehung dem klassischen Buche zu folgen. Was allein lange schwankend blieb und sich erst sehr allmählig ver- vollkommnet hat, ist die Berechnungsweise der Zsie-khi und der Neum onde. Bei dem rohen Zustande der Sternkunde mufste man sich Jahrhunderte lang begnügen, die mittlere Dauer der Halbmonate des Sonnen- und der Mond- monate des bürgerlichen Jahrs in Rechnung zu bringen, die Eintritte der- selben durch fortgesetzte Beobachtung der Solstitien, Mondphasen und Fin- sternisse zu controliren, und bei einer wahrgenommenen Verschiebung des Kalenders nur dahin zu trachten, dafs die vier Jahrpunkte mit dem zweiten, (') Wen-tsu. Dieser Saal besteht noch jetzt. Es werden darin die Namen aller legitimen Kaiser auf Tafeln geschrieben aufbewahrt; nur die abgesetzten, Fi-t genannt (s. oben $.233) fehlen. Der regierende Kaiser besucht denselben herkömmlich in jedem Schaltmonat, also alle zwei bis drei Jahre einmal. (?) Nach Gaubil, Zetires edifiantes p.313, begeht man noch jetzt jährlich gewisse Ce- remonien in der östlichen Gegend Pekings im zweiten, in der südlichen im fünften, in der westlichen im achten, in der nördlichen im elften Monat. Er setzt hinzu: il y a de beaux et vastes emplacemens pour les ceremonies. Dies sind jetzt offenbar leere Gebräuche, womit man blols das Andenken an Yao und Schün ehren will. (@) Historia Sinica, p. 18, 19. (*) Traite, p- 274. über die Zeitrechnung der Chinesen. 345 fünften, achten und elften Monat in Übereinstimmung blieben, wobei es, wie man leicht erachten kann, nicht ohne Fehler abgegangen sein wird. Wir würden uns daher bei der Reduction älterer Zeitangaben auf unseren julianischen Kalender überall in grofser Verlegenheit befinden, wenn statt der Monatstage nicht gewöhnlich die Charaktere des nie schwankenden Sexa- gesimaleyklus der Tage angegeben wären, die in Verbindung mit der Num- mer des Monats und dem Jahr des jedesmaligen Kaisers glücklicherweise eine Sicherheit der Zeitbestimmung gewähren, wie sich deren wenige Völ- ker rühmen können (!). Erst um den Anfang unseres sechsten Jahrhunderts lernte man die Ungleichheit der Bewegung der Sonne (s. oben S. 339), und erst unter den T’hang im siebenten das po oder Apogäum des Mondes kennen (S. 333), von welchem hauptsächlich seine Anomalien abhängen. Seitdem konnte also erst von einer genaueren Berechnung der Sonnen- und Mondörter die Rede sein. Dafs sie aber noch immer bis auf die Ankunft der Jesuiten hin sehr unvollkommen blieb, lehrt Ulug Begh’s Darstellung der Zeitrechnung von Chatä, bei der sich für die Sonne noch gar keine Äquation gebraucht findet, und für den Mond nur eine sehr rohe, die erst durch die muhammedanischen, mit den Mongolen unter Chubilai ins Land und an die Spitze des mathematischen Tribunals gekommenen, Astronomen eingeführt zu sein scheint. Die Jesuiten brachten endlich unter Ahang-hi die europäischen Tafeln nach China, und seitdem hat, so lange ihr Einflufs dauerte, der chinesische Kalender sehr wohl mit dem Himmel übereinge- stimmt. Ob die Nationalastronomen, unter deren Leitung das Tribunal jetzt allein steht, auch fernerhin für eine genaue Berechnung des Sonnen- und Mondlaufs sorgen werden und können, wird die Zeit lehren. Mit Ausnahme des ersten Monats, der von Alters her den Namen tsching-yue, geweihter Monat, führt, haben die heutigen Chinesen keine Eigennamen für ihre Monate. Vom zweiten an zählen sie dieselben mit ewöhnlichen Zahlwörtern (?) und beigefügtem yue, Monat. In ihren g (') Diese Bemerkung machte schon Des-Vignoles. De cyclis Sinensium sexagenariis. Miscell. Berolin., Tom.IV, p. 46. (2) Die Namen der Zahlen sind im Zusammenhange: y oder yi eins. /se vier. öl zwei. u fünf. sarn drei. lo sechs. Xx2 346 IpEerer mehreren Büchern (!) findet sich die Notiz, dafs sie die Monate auch mit den tschi oder Charakteren des Duodecimaleyklus bezeichnen; in den Ka- lendern und beim Datiren kommt jedoch keine Spur davon vor. Wohl aber zählen sie ihre Monate im Sexagesimaleyklus, wovon ich oben S. 210 das Nähere beigebracht habe. Ich bemerke nur noch, dafs diese Zählungs- weise blofs in den Kalendern, nicht beim Datiren gebräuchlich ist. Nach einer Tafel bei Gaubil (?) werden die zwölf Monate des Jahrs auch durch die Namen erster, zweiter, dritter des Zschün, Frühlings, hia, Som- mers, tsieu, Herbstes und Zung, Winters, bezeichnet. Die Stelle der Zahlen vertreten hierbei die Wörter meng, exordiens, Zschung, medius, und ki, parvus oder posterior, so dafs die zwölf Monate vollständig folgende Namen führen: 1) meng- 7) meng- 2) tschung- r tschün. 8) tschung- f tsieu. 3) ki- 9) ki- 4) meng- 10) meng- 5) tschung- 7 hia. 11) tschung- f tung. 6) Ki- 12) ki- tsi sieben. schi-/se vierzehn u. s. w. pa acht. öl-schi oder nian zwanzig. kieu neun. san -schi dreilsig. schi zehn. Sse-schi vierzig u. S. w. schi-y elf. pe hundert. schi-ö1 zwölf. thsian tausend. schi-san dreizehn. wan zehntausend. Man sieht, die Chinesen haben wesentlich unser Decimalsystem, nach welchem sie auch rech- nen, jedoch meistens nur mit Hülfe einer Rechenmaschine — suan pan —, eines Bretts mit Kugeln, die an Schnüren aufgereiht sind, wovon man eine Abbildung und Beschreibung bei Duhalde findet. Description de la Chine, Tom. Ill, p. 330, 331. Dafs die Jesuiten beim astronomischen Calcul unsere Zahlencharakteristik mit Einschluls der Null eingeführt haben, ist schon oben, S. 221, bemerkt worden. Seitdem hat sich auch für den Handelsverkehr eine Art von Positionsziffern gebildet, auf deren Erklärung ich hier nicht eingehen kann. (') Z.B. in Bayer’s Museum Sinicum, Tom.II, p. 349. (?) Observations, Tom. II, p. 174, 175. über die Zeitrechnung der Chinesen. 347 Sie sind sehr alt (') und kommen meines Wissens gegenwärtig nicht mehr vor (2): Der Neujahrstag wird nach Morrison (°) yuan-dsji genannt. Yuan heifst Ursprung, Anfang, dsji, Tag. Es ist ein Fest damit ver- knüpft, das ein paar Tage lang durch Besuch der Tempel, durch Glück- wünschen und andere Ceremonien gefeiert wird. Die Monatstage zählen die Chinesen mit den gewöhnlichen Zahl- wörtern hinter einander fort von 1 bis 29 oder 30, je nachdem der Monat siao, klein, oder ta, grofs, ist (*). Bei den ersten zehn Tagen kommt (') Eine Spur davon findet sich schon im Schu-king, S. 67 der französischen Übersetzung. (*) Noch andere, an der eben angeführten Stelle der Odservations erwähnte, jetzt ver- altete Benennungen der Monate, nämlich: 1) Tai-tsu 7) Y-tse 2) Kia-tschung 8) Nan-lü 3) Ku-sian 9) Wu-y 4) Tschung - lü 10) Yng-ischung 5) Dsjui- ping 11) Hoang -tschung 6) Zin-tschung 12) Ta-lü sind von den Tonverhältnissen entlehnt. Die gelehrte Erläuterung, die mir Hr. Dr. Schott aus dem nach Materien geordneten mandschuisch-chinesischen Wörter- buche des Kaisers Ahian-Zung, Art, Musik, darüber mitgetheilt hat, ist zu ausführlich, als dafs ich sie hier ganz wiederholen könnte. Nur um den Geist anzudeuten, in welchem sie gefalst sind, gebe ich hier die Erklärung des ersten: „Tai-isu, mandschuisch amba dualinacha, ein Ton des geistigen Princips, heilst also, weil im ersten Monat alle Dinge in ihrer Art entstehen. Bedeutung: grolses Werden.” Die Namen sind abwechselnd vom gei- stigen Princip — yang — und vom materiellen —yr — entlehnt. Gaubil bemerkt (Lettr. edif. p. 396, verglichen mit 408), dafs schon der Verfasser des Buchs Kue-yü (s. oben S.295) von einer Beziehung der astronomischen Rechnungen auf die Zahlen der Töne und Accorde für jede Art von Instrumenten redet. Eine Abhandlung über die Musik der Chi- nesen von Amiot findet man im sechsten Bande der Memoires. Im elften von S.528 an kann man seine Neugier befriedigen, wenn man zu wissen wünscht, was die chinesischen Phi- losophen alles über das yang und yr gegrübelt haben. Unsere Metaphysiker können etwas daraus lernen. () Fiew of China, p. 105. (*) Die Chinesen haben nur diese beiden Arten von Monaten. Martini irrt, wenn er (Hist. Sin. p. 19) den Chinesen dreierlei Monate, communes, deficientes und abun- dantes beilegt. Es kann sein, dafs in alter Zeit bei nöthig gewordenen Rectificationen des Kalenders auch Monate von 31 Tagen vorkamen; nur gesetzlich waren sie nicht. 348 IpELEr der Charakter Zsw, iniens, hinzu, wie Zsu y dsji, tsu öl dsji u. s.w. In den Kalendern des Wan-nian-schu werden allemal die Stellen angegeben, welche der erste, elfte und einundzwanzigste Monatstag im Sexagesimal- cyklus einnehmen, wodurch sich, wie schon bemerkt worden (S. 214 und 254) eine Eintheilung des Monats in drei Dekaden — siun — zu erken- nen giebt, von denen die erste, wie Morrison sagt (!), schang, die obere, die zweite Zschung, die mittlere, die dritte Aia, die untere, genannt wird. Letztere hält in den kleinen Monaten nur 9 Tage. In den öffentlichen Akten geben die Chinesen jetzt ganz einfach das Datum so an, dafs sie blofs das Regierungsjahr des Kaisers, den lau- fenden Monat und den Monatstag nennen. Wie sich ihr Sprachgebrauch hierbei gestaltet hat, werden ein paar mir von Hrn. Dr. Schott mitge- theilte Beispiele lehren. Die Vorrede zu des Kaisers Khian-lung mandschuisch-chinesi- schem Wörterbuch ist folgendermafsen datirt: Ahian-lung san-schi-lo nian schi-öl yue öl-schi- se dsji, „im 36” Jahre Khian-lung im 12'” Mo- nat am 24“ Tage.” Die Reduction giebt den 28. Januar 1772. Die Vorrede zu dem chinesischen Wörterbuche des Kaisers Khang-hi (?) ist mit folgender Zeitangabe versehen: Khang-hi u-schi-u nian dsjün san yue schi-kieu dsji, „im 55" Jahr Khang-hi im Schaltmonat, der dem 3 des Jahrs folgt, am 19'* Tage.” Dies ist der 10. Mai 1716. Das Rescript zur Abfassung des von dreifsig Gelehrten ausgearbeiteten Werks ist vom 7. April 1710 datirt, wie folgt: Khang-hi fse-schi-kieu nian san yue tsu kieu dsji, „im 49"® Jahr Ahang- hi im 3“ Monat am 9‘ Tage der ersten Dekade.” Früher wurde in officiellen Aktenstücken zu gröfserer Bestimmtheit auch wol das ceyklische Jahr und der cyklische Tag bemerkt, wie in dem oben S. 217 angeführten Edikt des Kaisers Ahang-hi vom 22. März 1692. Jetzt möchte dergleichen selten mehr vorkommen. Da nunmehr ein weit lebhafterer Verkehr mit China, besonders von den britischen Besitzungen in Indien aus, eingetreten ist, als noch vor (') Fiew of China a.a. O. (?) Dieses grofse Werk enthält an 40000 Charaktere. Morrison hat es bei dem seini- gen zum Grunde gelegt, doch die Erklärungen nicht überall vollständig gegeben. über die Zeitrechnung der Chinesen. 349 einem halben Jahrhundert, so kommen häufig chinesische Zeitungsberichte mit ihren Originaldaten nach Europa, die sich mit Hülfe der in der drit- ten Beilage gegebenen Tafel leicht reduciren, oder, wenn sie schon redu- eirt sind, leicht verificiren lassen. So z. B. heifst es in der preufsischen Staatszeitung vom Jahr 1832, No. 266: „Die Zeitung von Peking (!) enthält das Programm des Ceremoniells, das am zehnten Tage des achten Monats des elften Jahrs, als am 50° Geburtstage Sr. Kaiserlichen Majestät, stattfinden soll.” Das 11“ Jahr Tao-kuang fing 1931 den 13. Februar an, und der 10‘ Tag des $“* Monats ist der 15. September. Man sieht also, dafs die Pekinger Zeitung erst ein Jahr später nach Europa gekommen ist. Im Jahr 1837 traf der 10“ Tag des 8“ Monats auf den 9. September, an welchem der Kaiser sein 56°“ Lebensjahr angetreten hat. So einfach und bestimmt die Datirungsweise in den öffentlichen Akten erscheint, so gekünstelt und nicht selten schwankend lauten gewöhn- lich die Daten, welche von Privatpersonen ausgehen. Um auch hier- von ein paar Beispiele anzuführen, so hat die grofse chinesische Natur- geschichte Pen-tsao-kang-mu zwei Vorreden, von denen die eine: Schün-tschi y-wei tschün-dsji „im Cykeljahr 32 Schün-tschi am Frühlings- tage,” die andere: Schün-tschi ling-yeu tschang-tschi-dsji „im Cykeljahr 34 Schün-tschi am längsten Tage” datirt ist. Das 32 und 34“ Cykeljahr fingen unter Schün-tschi, dem ersten Kaiser der jetzigen Dynastie, am 6. Februar 1655 und am 13. Februar 1657 an. Der erste Frühlingstag ist bei den Chinesen derjenige, an welchem die Sonne in den 15‘ Grad (') Im chinesischen Reiche erscheint nur eine Zeitung, nämlich in Peking, dem Sitz der Regierung, von wo aus sie in alle Provinzen versandt wird. Sie heilst king-pao, Bote der Hauptstadt, und enthält gewöhnlich nichts weiter, als Auszüge aus den Dekreten des Kaisers, die zuvor in einem Hofe seines Pallastes angeschlagen gewesen sind, worin der Kai- ser fast immer redend eingeführt wird. Sie ist mit unseren Amtsblättern zu vergleichen. Mit Ausnahme der Tage vom 20° des letzten Monats bis zum 20° des ersten (im Jahr 1537 vom 26. Januar bis zum 24. Februar), wo in allen Reichsgeschäften Ferien eintreten, erscheint sie täglich. Weitere Nachrichten über sie findet man im Journal Asiatique, Tom. XI, p- 239, und im Nouveau Journal Asiatique, Tom. XH, p. 567. Auszüge daraus giebt Davis im ersten Bande der Zransactions of the Royal Asiatice Society. In den Reductionen der Data kommen hier einige Fehler vor, vielleicht Druckfehler, die man leicht verbessern wird. So steht p.44 eine Proklamation des Fu-yuen oder Subyicekönigs von Canton, datirt vom $!e Tage des 11!" Monats des 2! Jahrs Tao-kuang. Es muls der 20“, nicht der 28°, December 1822 heilsen. 350 IpDEster des Wassermanns tritt, der 4. Zi-tschün, und der längste Tag der 4. Hia- ischi (1). Dies waren in den gedachten Jahren der 5. Februar (?) und der 21. Junius. In der Vorrede zur ältesten Ausgabe des chinesischen Wörter- buchs Tsö-wei findet sich folgendes Datum: MWan-l y-mao meng-tseu- tschi-yue ki-dsji Ü-tschün, „unter der Regierung P/an-l im ersten Monat des Cykeljahrs 52 an einem glücklichen Tage des Li-ischün” (?). Der Kaiser Wan-li der Dynastie Ming, nach seinem Tode Schin-tsung genannt, regierte 47 Jahr von 1573 bis 1619 oder vom 10‘ Cykeljahr bis zum 56"® (S. 242). Das 52 Cykeljahr fing am 29. Januar 1615 an und der Li-tschün reichte während des ersten Monats vom 4. Februar bis zum 15" einschliefslich. Welcher unter diesen 15 Tagen der in Rede stehende glückliche sei, hat der Verfasser seinen Lesern zu errathen überlassen. Aus dem Jahr 1615 liegt keine Ephemeride vor. In solchem Falle mufs man den jedesmaligen Neumond, den ersten Tag des chinesischen Monats, aus den astronomischen Tafeln berechnen. Dies kann am be- quemsten mit Hülfe- der Mayerschen Tafeln der Neu- und Voll- monde geschehen, welche die Conjunctionen und Öppositionen bis auf (') Man vergleiche die Tafel der zsie-khi oben S.212. 7'schang in der zweiten Vorrede heifst lang und Länge; ischi ist die Partikel des Genitivs. T'schang -tschi-dsji bedeutet also wörtlich den Tag der Länge. (°) Da der 1. Zi-ischün um einen Tag vor dem Eintritt des 32°" Cykeljahrs herging, so könnte man glauben, dafs erst der folgende 1. Zi-ischün gemeint sei. Aber dieser trat in das 33° Cykeljahr hinein, das 1656 bereits mit dem 26. Januar anfıng. Vermuthlich war der 1. Li-ischün 1655 bei der damals noch unsicheren Berechnung des Kalenders, um einen Tag zu spät, auf den Neujahrstag gesetzt, so dals der Concipient der Vorrede den combi- nirten Neujahrs- und ersten Frühlingstag, den 6. Februar, gemeint hat. (°) Hr. Dr. Schott hat mir über das Sprachliche dieses Datums folgende Erläuterung mitgetheilt. 7'sew bezeichnet nach dem Original-Wörterbuche Arang-Ai’s und nach Mor- rison die vorspringende Ecke eines Hauses, und dann in Verbindung mit dem oben S. 346 erklärten eng und dem Worte yue, Monat, den ersten Monat im Jahr, ge- wöhnlich Zsching-yue genannt. T'schi ıst wieder das Zeichen des Genitivs. Wenn die Chi- nesen ein Genitiv-Verhältnils andeuten wollen, so setzen sie das regierte Wort vor das re- gierende. So z. B. zhian-tschi-ming, der Befehl des Himmels (?kian, Himmel, ming, Befehl). Die Partikel zschi kommt allemal, wenn sie gesetzt wird, zwischen beiden Wör- tern zu stehen; in der Regel bleibt sie weg. Meng-tseu-tschi-yue ist also der Monat meng- tseu, gleichsam der vorderen Ecke. über die Zeitrechnung der Chinesen. rail Unterschiede von höchstens einer Viertelstunde geben (!). Ich setze ein Beispiel einer solchen Rechnung hicher, der ich keine Erläuterung beifüge. Sie würde sehr weitläufig sein müssen für den, der mit dem astronomischen Caleul ganz unbekannt ist, und überflüssig für den, der nur die geringste Idee davon hat. Es sei der Anfang des ersten chinesischen Monats im Jahr 1615 (zwi- schen den Grenzen 21. Januar und 20. Februar) zu berechnen. Brase Mittl. Anomalie | Mittl. Anomalie I " da O=a ds (=M I1600.m. hrs engeenssgesktenneinee 5.1. 791. 31°.13° | 62.189371. 47. | 32,150 29054, ER ne 3 15 3249|0o 13 314 Aa 1 55 27 SUMME melenesenener en 19... 088, 4202 |.772 22 6: 34% | 77.172:35° 21° Unterschied der Kalender (*) + 10T. Mittlerer Neumond ......... ee 29:7. 0:85 4 0 Argumente. EB en a = ı2 2° 634 2 St. 15 45” M=7 173 2 6 St. 48’ 44” a+ N = 2 19 323 | 6 53 a-— M=ı1 Mal 2 47 a+:2M] = 1% 6 57 42 a—-:2M = 3 37 16 29 2 St. 19 14” 6 St. 56° 6 2 19 14 — 45t. 36 52” Mittlerer Neumond .sensenesosersseensenssseseen .29. Januar 12U. d’Ab. — 4 St. 37 Wahrer Neumond zu Berlin u. 29. Januar 7 U. 27’ More. Unterschied der Meridiane .ssesssossosensssnssnsssssoneenene + 6 St. 52 Wahrer Neumond zu Peking „u. „29. Januar 2 U. 19’ Ab. Es trifft also im Jahr 1615 der Anfang des ersten Monats des chine- sischen Jahrs auf den 29. Januar, oder sollte wenigstens auf denselben (') Berliner Sammlung astronomischer Tafeln, B. II, S. 97. (2) Die Mayerschen Tafeln sind bis zum Jahr 1700 auf den alten Kalender gerlle Philos.- histor. Abhandl. 1537. Yy 3593 IpveEerLer treffen; denn mit Sicherheit läfst sich hierüber nichts entscheiden, da der Kalender damals noch schwankend war. Doch kann der Unterschied schwer- lich mehr als einen Tag betragen haben. Das ki-dsji, glücklicher Tag, in dem zuletzt erwähnten Datum findet sich in den Zeitangaben, welche von Privatpersonen ausgehen, nicht selten beigefügt. Es giebt kein abergläubigeres Volk, als die Chinesen. Sie beginnen in der Regel nichts Wichtiges, bevor sie sich nicht aus ihrem Ka- lender überzeugt haben, dafs der gewählte Tag ein günstiger sei. Ich be- merke bei dieser Gelegenheit, dafs sie einen eigenen zwölftägigen Wahl- cyklus haben, dessen Einheiten nach Ulug Begh folgende Namen füh- ren. (2): 1) kian. 7) pho. 2) tschü. 8) fi. 3) man. 9) tsching. 4) phing. 10) scheu. i 5) ing. 11) khai. 6) ischi. 12) pi. Vier von diesen Tagen — kian, man, phing und scheu — sind he, schwarz oder unglücklich; vier — ischü, ting, tschi und fi — hoang, gelb oder glücklich; zwei — pho und pi — hoen, schmutzig oder sehr unglück- lich; zwei — tsching und khai — pe, weifs oder sehr glücklich. Ulug Begh bemerkt, dafs dieser Cyklus an die Tage der 24 tsie-khi, also an das Sonnenjahr, geknüpft sei und jährlich 12 Mal unterbrochen werde, indem man den letzten Tag eines jeden geraden zsie-khi und den folgenden ersten des ungeraden als Tage von gleicher Beschaffenheit betrachte und mit einer- lei Charakter bezeichne (?). Er lehrt den Tag finden, mit welchem jedes Mal der Li-ischün seinen Anfang nimmt, wobei ich nicht verweilen will, da die Sache in chronologischer Beziehung von keiner Erheblichkeit ist und ich auch nicht weils, ob die von ihm gegebene Anweisung noch jetzt gilt. In dem oben S. 221 beschriebenen Normalkalender kommt diese astrologi- sche Terminologie nicht vor. (') Klaproth fügt den Namen zugleich die Charaktere und ihre Bedeutungen bei. Nou- veau Journal Asiatique, Tom. XV, p. 341. (?) Epochae celebriores, p.87 ff. über die Zeitrechnung der Chinesen. 393 Zu den Mitteln, deren sich die Chinesen in früherer Zeit zur Anord- nung ihres Kalenders bedient haben, gehört auch der bekannte neunzehn- jährige Mondcyklus, den wir zu gleichem Zweck von den alten Griechen und seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung von den Juden gebraucht finden. Auch liegt er bekanntlich der Bestimmung unseres Öster- festes zum Grunde (!). Wenn Laplace behauptet (?), dafs dieser Cyklus, als dessen Urhe- ber gewöhnlich der im fünften Jahrhundert v. Chr. lebende Athener Meton (nicht, wie er sagt, Callippus) betrachtet wird, in China bereits seit Yao bekannt gewesen sei, so scheint er sich nur darauf zu stützen, dafs viele chinesische Chronologen die Kenntnifs desselben so hoch hinaufsetzen (3). Man weils aber, dafs auf solche Angaben aus der ältesten Zeit bei Schrift- stellern der jüngsten nicht viel zu bauen ist. In den klassischen Büchern findet sich hiervon nichts. Ich will hiermit den Chinesen keinesweges das Verdienst absprechen, die Entdeckung, dafs 235 synodische Monate sich sehr nahe mit 19 Sonnenjahren ausgleichen, selbst gemacht zu haben; nur zweifele ich, dafs dies so früh geschehen ist. Mit Sicherheit lassen sich die Spuren des 19jährigen Cyklus nur bis zu den Han zurück verfolgen; und wenn nun jemand die Hypothese aufstellen wollte, dafs bei dem lebhafteren Verkehr mit dem Auslande, der damals eintrat (*), eine Notiz von der Metonischen Erfindung nach China gelangt sei, so sehe ich nicht, was sich mit Grund dagegen einwenden liefse. Die Verbindung konnte auf den Se- renstrafsen (s. oben S. 341) über Baktrien (Balkh) statt finden, bis wohin sich seit Alexanders Zug nach Indien griechische Cultur verbreitet hatte. (‘) Vergl. Handbuch der Chronologie, Th.I, S.47, 313, 578, Th.II, S. 192. (?) Exposition du Systeme du Monde, p. 317. () Gaubil, Odservations, Tom. Il, p. 47. (°) So sollen nach der Geschichte der östlichen Han im Jahr 164 unserer Zeitrechnung Fremde nach China gekommen sein, die sich Gesandte des Gan-zun, Königs von Ta-tsin, nannten. Unter 7’a-isin verstehen die chinesischen Gelehrten das damalige römische Reich, wenigstens seinen östlichen, in Asien gelegenen Theil, und ist diese Annahme richtig, so möchte Gan-zun kein anderer als Marcus Aurelius Antoninus sein. Gaubil, Odser- vations, Tom. II, p. 118, 119. So zeigt sich eine Möglichkeit, dafs sehr früh eine, wenn auch nur dunkele, Kunde vom Almagest des Ptolemäus nach China gelangt ist. .Ob sie einen Einfluls auf die chinesische Astronomie gehabt habe, lasse ich dahingestellt. Yy2 354 IDEsLer Auch haben sich unter den Han jüdische Familien aus Tien-tscho in China niedergelassen (1) und vielleicht die Kenntnifs des 19jährigen Cyklus mit dahingebracht. Dem sei wie ihm wolle, genug es steht fest, dafs die Chinesen unter den Han den Metonischen Cyklus nicht blofs gekannt, sondern auch für ihre Zeitrechnung benutzt haben. Nach Gaubil (?) werden im San-tong des Lieu- hin (s. oben S. 338) 235 Mondmonate 19 Sonnenjahren gleichge- stellt. Dieser mit dem Charakter ischang bezeichnete Cyklus enthält sieben Schaltmonate, weil 19 Jahre zu 12 Monaten nur 228 Monate geben. Gau- bil fügt hinzu (?), dafs die Astronomen der Han sich dieses Zeitkreises zur Berechnung der Conjunctionen und Oppositionen bedient, aber ausdrücklich bemerkt haben, dafs er nicht ganz genau sei. In der zweiten Hälfte unseres ersten Jahrhunderts war auch schon die Periode des Callippus, die verbesserte Metonische, in China bekannt. Wie der eben genannte Gelehrte berichtet (*), construirte der Astronom Li-fang, auf Befehl des Kaisers Tschang-ti der östlichen Han, einen neuen Kalender oder vielmehr eine neue Methode zur Berechnung des Kalenders, Sse-fen, vier Theile, genannt, wovon eine 76jährige Periode — pu — und eine 1520jährige — ki — die Grundlage bildeten. Jene sollte die Con- junctionen zu demselben Punkt des Sonnenjahrs, diese sie auch zu demsel- ben cyklischen Tage zurückführen. Die Anordnung des pw kennen wir nicht näher; nur so viel ist gewifs, dafs sich 940 Mondwechsel nicht genau mit 76 Sonnenjahren ausgleichen, sondern um nahe 6 Stunden kürzer als 76 julianische und über 8 Stunden länger als eben so viele tropische Jahre sind. Es konnte also um so weniger das ki, das Zwanzigfache des pu, eine richtige Ausgleichungsperiode sein, wenn es gleich wirklich die Eigenschaft hat, dafs es die cyklischen Charaktere zu denselben Tagen des julianischen Jahrs zurückführt. (') Gaubil, Trait, p.267.- Tien-tscho ist ein schwankender Name, den die Chinesen bald dem Theile Indiens, aus welchem Fo gekommen sein soll, bald der Gegend von Me- dina, der Wiege des Islams, bald Syrien beilegen. (?) Observations, Tom. 1, p. 11. (°) Ebend. p. 13. (*) Ebend. p. 20-22. über die Zeitrechnung der Chinesen. 399 Aus diesen und mancherlei andern Versuchen, welche die Chinesen unter den Han und später zur Ausgleichung des Sonnen- und Mondjahrs gemacht haben (!), geht klar hervor, welche Schwierigkeit sie fanden, ihren Kalender durch eine blofse cyklische Berechnung der Neumonde mit dem Himmel in Übereinstimmung zu erhalten. Sie vertauschten sie daher end- lich ganz mit der astronomischen. Beim Ulug Begh und seinem Vor- gänger Nassir Eddin (?), der zu Chubilaä's Zeit lebte, ist von dem neun- zehnjährigen Cyklus keine Rede mehr. Der Kalender der Chinesen beruht indessen, wie ein Blick auf obige Kalendertafel lehrt, wesentlich auf diesem Zeitkreise. Er ist ihnen daher mit Recht von jeher als sehr wichtig erschienen, und noch immer bemerken sie in ihren Kalendern sein laufendes Jahr. Zu Anfange der Regierung Ahang-hi's compilirte Su sein Geschichtswerk Tien-yuan-ti- li (?), worin er vorzugsweise dem Bambusbuche (s. oben S. 319) folgte. Er bediente sich dabei des 19jährigen Cyklus als eines Fadens, an den er von den ältesten Zeiten her die Begebenheiten reihte. Zum ersten Jahr des ersten Cyklus machte er das Jahr 2157 v. Chr., mit welchem ein sechzig- jähriger Zeitkreis begann. Das dreizehnte des ersten Cyklus, also das Jahr 2145 v. Chr., war ihm das erste des Yao. Von hier ging er bis zum ersten des Khang-hi fort, dem letzten des 204“ Cyklus. Er wich in manchen Punkten von der herkömmlichen Chronologie ab. Selbst die Jahre des Cyklus zählte er anders, als sie in den chinesischen Kalendern angesetzt zu werden pflegen; denn 1662 ist nach der gewöhnlichen Zählung nicht das 19°, sondern das 9" des Zschang. (') Man vergleiche den ganzen zweiten Band der Odservations, der wichtige Beiträge zur Geschichte der chinesischen Astronomie seit den Han enthält. (2) Golius behauptet in seinem oben S.271 citirten Additamentum de regno Catayo, dals Ulug Begh fast alles, was er in der chronologischen Einleitung zu seinen astronomi- schen Tafeln über die Zeitrechnung der asiatischen Völker sagt, aus den Tafeln des 200 Jahre früher lebenden Nassir Eddin geschöpft habe. Einige Nachrichten von diesem berühmten Geometer und Astronomen gebe ich in der Einleitung zu meinen Untersuchungen über die Sternnamen, $.Lv. Da ich seine nur handschriftlich vorhandenen Tafeln nicht gese- hen habe, so kann ich nicht beurtheilen, in wie weit Golius Recht hat. Doch lassen die Auszüge, die er daraus mittheilt, wol nicht zweifeln, dals Ulug Begh’s Arbeit höchstens in der Form und Darstellung von der des Nassir Eddin verschieden sein konnte. C) Gaubil, Traie p.175. 356 IpEuLeEr In einem an Bayer gerichteten Schreiben der Missionare Kögler, Pereyra und Slaviceck aus Peking vom Jahr 1733 (!) wird bemerkt, dafs die Schaltmonate in dem ischang, der 1730 begann, auf die Jahre 3, 6, 8, 11, 14, 17 und 19 trafen. Dies gilt nicht blofs von dem damals lau- fenden Cyclus, sondern auch von den zunächst vorhergehenden und nach- folgenden. Erst mit dem Jahr 1795 fängt der Schaltmonat an, aus dem achten Jahr in das neunte hinüberzutreten; er kehrt aber 1832 noch einmal zum achten zurück (?). Zum Schlufs mufs ich noch eines Schaltcyklus gedenken, den Freret aufgestellt hat (*), um eine sichere Epoche für Yao zu gewinnen. Er nimmt an, dafs man bis auf die Han 60 Sonnenjahre mit 742 Mondmonaten, wor- unter 22 eingeschaltete, verglichen habe. Hierbei würde man einen Fehler von 2 Tagen 20 Stunden begangen haben, um welche 742 synodische Mo- nate kürzer als 60 tropische Jahre sind, wovon die Folge die gewesen sein müfste, dafs nach etwa 625 Jahren der Anfang des bürgerlichen Jahrs um einen Monat im Sonnenjahr zurückwich. Hieraus liefse sich die allmählige Verschiebung des Jahranfanges aus der Mitte des Wassermanns bis zur Mitte des Schützen, von der oben S. 335 die Rede gewesen, sehr natürlich erklä- ren. Nur Schade, dafs sich von einem solchen Schalteirkel in den chine- sischen Annalen keine Spur findet, und dafs die Vergleichung des Sonnen- jahrs mit dem Mondmonat, von der er ein Resultat gewesen sein würde, natürlicher auf den 19jährigen, ungleich genaueren, Cyklus leiten mufste, der ohnedies eine alte Tradition für sich hat. (') De horis Sinicis, p. 29. (?) Man vergleiche, was hierüber oben S.256 und 257 gesagt ist. (°) In der S.316 citirten Abhandlung. nanammnwvvVÄan über die Zeitrechnung der Chinesen. 357 XI. Über das Kalenderwesen der Chinesen. Die Redaction des Kalenders ist in China von jeher als eine wichtige Staats- angelegenheit betrachtet worden. Wenn gleich die Principien, nach wel- chen die Zeitrechnung geordnet wird, wesentlich dieselben bleiben, beginnt doch jede Dynastie damit, dafs sie in den Formen des Kalenders, in der Terminologie oder in der Methode der Berechnung irgend etwas Eigenthüm- liches feststellt, dessen Anerkennung von Seiten der Provinzen und Indivi- duen für ein Zeichen der Unterwürfigkeit und des unverbrüchlichen Gehor- sams gilt. Den Kalender der regierenden Dynastie verwerfen, heifst das Panier der Empörung erheben; auch fängt jeder Usurpator, der eine neue Dynastie zu begründen beabsichtigt, hiermit an. Das mathematische Tribunal, ein eigens für den Kalender bestelltes Reichskollegium, wacht unter der Kontrole eines kaiserlichen Prinzen über die gesetzmäfsige Anfer- tigung desselben, und legt ihn elf Monate vor Anfang des jedesmaligen Jahrs, nämlich am ersten Tage des zweiten Monats, dem Kaiser zur Genehmigung vor. Ist diese erfolgt, so wird der Kalender gedruckt, gestempelt und mit grofsem Gepränge, dessen Beschreibung man bei Duhalde nachsehen kann (t), den Personen der kaiserlichen Familie, den Würdenträgern und Staatsbeamten überreicht. Von diesem Normalkalender — hoang-L, der kaiserliche, genannt — erscheinen dann mehr oder weniger, doch nur in unwesentlichen Punkten, modificirte Abdrücke in den einzelnen Pro- vinzen, von deren grofsen Anzahl man sich daraus einen Begriff machen wird, dafs in China jede Familie, sie sei auch noch so arm, sich ihren eigenen Kalender hält. (') Description de la Chine, Tom. Ill, p. 346. 358 IDELeEr Die Anfertigung eines Reichskalenders gehört ohne Zweifel zu den ältesten Institutionen Chinas. Nach dem Schu-king hat schon Yao den Grund dazu gelegt. Alte Traditionen gehen gar bis Hoang-ti zurück. Die Änderungen, die allmählig mit dem Kalenderwesen vorgenommen sind, leh- ren die Reichsannalen (S. 309) kennen, die bei jeder Dynastie in einem eigenen Artikel von dem unter ihr gebräuchlichen Kalender, von der Me- thode der Berechnung der Finsternisse, von den angestellten Beobachtungen und von den Männern handeln, die sich in dieser Beziehung einen Namen gemacht haben. Hieraus hat Gaubil die Beiträge zur Geschichte der chine- sischen Astronomie geschöpft, die wir ihm verdanken. Ein besonderes Werk über die Kalender und die Astronomie unter den einzelnen Dynastien hat Hing-yün-lu zur Zeit des Kaisers /an-li der Ming compilirt (!), worin auch eine Methode zur Berechnung der Finsternisse und ein Verzeichnifs derselben aus einem Zeitraum von 3500 Jahren enthalten ist. Das Kalenderwesen unter den Dynastien Yuan und Ming kennen wir sehr genau durch Ulug Begh, der im Jahr 1444 schrieb. Es wurde da- mals von muhammedanischen Astronomen geleitet, die mit den Mon- golen ins Land gekommen waren und über 300 Jahre an der Spitze des mathematischen Tribunals gestanden haben. Unter der jetzigen Dynastie traten die Jesuiten an ihre Stelle, die, nachdem sie schon unter den letz- ten Kaisern der Ming und unter Schün-tschi, dem ersten der T'sing, bei der Redaction des Kalenders zugezogen waren, von Khang-hi 1669 förmlich beauftragt wurden, die Rechnungen zu reformiren und nach festen Grund- sätzen zu ordnen. Durch sie kamen die europäischen Tafeln in Gebrauch, nach denen noch immer gerechnet wird, wenn auch sonst der fremde Ein- flufs auf das Kalenderwesen jetzt als gänzlich erloschen zu betrachten ist. Durch die Annahme unserer Astronomie haben die selbstgenügsamen Chi- nesen der europäischen Cultur eine Huldigung dargebracht, die sie ihr fast in jeder anderen Hinsicht versagen (?). Sie räumen übrigens nur so viel (') Vorrede zum zweiten Bande der Odservations, p. XIN. (?) Folgendes Urtheil von Davis (On the Chinese year, Philos. Transact. 1823, P.I, p- 91), verdient hier angeführt zu werden, wenn gleich einige Übertreibung darin nicht zu verkennen ist: „Alle Untersuchungen lehren, dals die Chinesen ohne die Araber und später- hin die europäischen Missionare mit der Astronomie so gut wie unbekannt sein würden. Es ist wahr, Confucius hat 36 Sonnenfinsternisse erwähnt, deren grölste Zahl durch die Rech- über die Zeitrechnung der Chinesen. 359 ein, dafs die Europäer die Sternkunde von Yao und Schün empfangen, sie seitdem sorgfältig aufbewahrt und ihnen neuerdings wieder zugeführt haben, worauf sie von Ähang-hi in eine bewundernswürdige Ordnung gebracht sei (?): Von den chinesischen Festen, die im Kalender eben so wenig wie die Finsternisse bemerkt werden, giebt Morrison eine Übersicht (?). Sie sind theils an das bürgerliche Mondjahr, theils an die Zsie-khi oder Halb- monate des Sonnenjahrs geknüpft. Zur letzteren Art gehört die Feier des Wintersolstitiums und ein zehntägiges Fest zu Ehren des Landbaus und der Viehzucht im Anfange des Zi-tschün. Besonders merkwürdig ist die uralte Ceremonie, welche der Kaiser um die Zeit der Frühlingsnachtgleiche (der Tag scheint kein ganz bestimmter zu sein) zur Verherrlichung des Acker- baues dadurch begeht, dafs er nach einem feierlichen Opfer, welches er als Oberpriester seines Landes dem Schang-ti oder höchsten Wesen dar- bringt, auf einem geweihten Felde in eigener Person mit dem Pfluge einige Furchen zieht, worauf dann die Mandarinen die Bestellung vollenden. Was nungen europäischer Astronomen verificirt worden ist; aber die Erwähnung einer Finsternils kann wohl die Authenticität der Annalen, doch nicht die Existenz astronomischer Kenntnisse darthun. Beschauet haben die Chinesen allerdings den Himmel seit der frühesten Zeit sehr Nleilsig; aber alle ihre sogenannten Beobachtungen zeigen, dafs sie keine Astronomen waren. In diesem Punkt allein sind sie von ihrer Maxime, nichts Fremdes zuzulassen, abgewichen. Dals ein so eiteles Volk die Sternkunde des Auslandes aufgenommen und die fremden Astro- nomen hochgeehrt hat, lehrt überzeugend, wie sehr es ihnen an eigener Wissenschaft gebrach. Es leidet keinen Zweifel, dafs die astronomischen Instrumente, welche die Missionare bei ihrem Eintritt ins Land vorfanden, von Arabern construirt waren. Duhalde’s Bemerkung, dals der Gebrauch dieser Instrumente mit chinesischen Charakteren darauf geschrieben war, bewei- set für das Gegentheil nichts. Die Kanonen, welche für die Chinesen von den Europäern gegossen wurden, sind stets mit chinesischen Charakteren bezeichnet gewesen. Die undank- bare Eitelkeit dieses Volks verleitete es stets, wenn es etwas von den Europäern erborgte, den Ursprung möglichst zu verhehlen. Als Pearson die Chinesen mit den Schutzblattern bekannt gemacht hatte, erschien eine kleine chinesische Schrift, worin die Anleitung zum Gebrauch derselben gegeben, und die Erfindung als eine englische bezeichnet war. Aber bald nachher wurde eine verbesserte Auflage ans Licht gestellt, in der kein Wort über den Ursprung der Erfindung gesagt war, so dals ein jeder glauben mufste, sie sei von den Chi- nesen selbst gemacht worden. (‘) S. ein Schreiben von Gaubil im Noweau Journal Asiatique, Tom. X, p. 341. Vergl. Lettres edifiantes, p- 365 und 366. ö (?) Fiew of China, p- 105 ff. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Zz 360 Inpeser gewonnen wird, dient wieder zur künftigen Aussaat. Eine Beschreibung dieser Feierlichkeit giebt die kleine Schrift: die Jesuiten in China (!). Die Provinzialkalender werden von Privatpersonen besorgt; ob unter der Aufsicht der Vicekönige und Provinzialregierungen, weifs ich nicht. Sie wiederholen das Material des Normalkalenders, fügen aber in der Regel noch manches Astronomische und Astrologische hinzu, letzteres im Geschmack unsers hundertjährigen Kalenders. Ihr gewöhnlicher Name ist Zhung-schu, allgemein gültiges Buch. Ein solcher theils roth, theils schwarz gedruckter Kalender (?) vom zehnten Jahr Tao-kuang (1830) liegt in 52 Oktavblättern mit einer Inhaltsanzeige von Hrn. Dr. Schott vor mir. Sein Titel lautet: T'su-pe-ta-tsiuan-thung-schu, das grofse umfas- sende Zhung-schu des T'su-pe (vermuthlich der Name des Herausgebers). Die Provinz, für die er bestimmt ist, und der Druckort sind nicht bemerkt; aber nach der auf dem 1:3 Blatt gegebenen Tafel der Tages- und Nacht- längen zu schliefsen, ist die Rechnung auf eine Polhöhe von 354 Grad gestellt, weil der längste Tag zu 60, der kürzste zu 40 khe, also jener zu 14 St. 24, dieser zu 9 St. 36’ angesetzt ist (?). Das erste Blatt stellt in einem rohen Umrifs den Frühlingsstier dar, den der Kaiser bei der so eben gedachten Ceremonie der Ackerbestellung opfert. Die von S. 39 bis zu Ende gehende Tafel der 13 Monate des Jahrs (das zehnte Tao-kuang ist ein Schaltjahr) wiederholt nur die Monatstafel des Normalkalenders (S. 222). Das Merkwürdigste möchte die Ephemeride der elf Planeten auf den Blät- tern 5 bis 7 sein. Die Chinesen haben nämlich aufser den 7 Planeten des Ptolemäischen Systems: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Ju- piter und Saturn, von denen sie die fünf letzteren, wie oben (a. a. OÖ.) bemerkt worden, Wasser-, Metall-, Feuer-, Holz- und Erdstern nennen, noch vier unsichtbare, nämlich Zo-sing (der Stern Lo), Ki-tu, Pei und Khi. Dies sind blofse Punkte, die sie wegen ihrer regelmäfsigen (') Nürnberg 1782, 8., S.78 ff. Man vergleiche das Programm der Ceremonie im drit- ten Bande der Memoires, p. 499 ff., auch Tom. V, p. 40 ff., und Gaubil’s Traite, p. 40. (?) Im Besitz des Hrn. Prof. Garl Ritter. (°) Der Tag ist hier, nicht wie im bürgerlichen Leben zu 96, sondern zu 100 Akhe ge- rechnet. Es muls dies ein Überrest der früher beim astronomischen Calcul gebräuchlichen Eintheilung des Tages in 10000 Theile sein. S. oben S.211 und 329. über die Zeitrechnung der Chinesen. 361 Bewegung zu den Wandelsternen zählen. Die beiden ersten sind offenbar die Mondknoten (S. 333), was nicht blofs aus ihren gewöhnlichen Namen lo-heu und ki-tu, sondern auch aus ihren, wenn gleich schwankend ange- gebenen, Ortern und aus der beigefügten Bemerkung erhellet, dafs sie ihren rückgängigen Umlauf in 15 Jahren vollenden und immer einander gegenüber stehen. Auch die Inder betrachten diese Knoten als unsichtbare Planeten. Das pei kann nichts anderes, als das Apogäum des Mondes sein, das oben (an dem zuletzt angeführten Ort) nach einem Citat von Gaubil po genannt ist. Was aber unter dem Wandelstern kAi zu verstehen sei, ist mir ein Räthsel. Es mufs ein imaginärer Punkt sein, der irgend eine astrologi- sche Bedeutung hat. Wenn versichert wird, dafs er alle Monat einen Grad fortrückt, so läfst dies auf einen Zusammenhang mit dem Ai oder 2Sjährigen Cyklus schliefsen, dessen oben (ebend.) gedacht ist; nur läfst sich nicht absehen, worin dieser Zusammenhang bestehen kann. Die Ephemeride der sieben sichtbaren Planeten ist nur ganz oberflächlich entworfen. So z.B. heifst es von der Sonne: „Sie steht am ersten Tage des ersten Monats (den 25. Januar 1830) in der Stunde 7sö (um Mitternacht) im zweiten Grade der Station nieu im Zeichen tsö (Wassermann).”” Da sie sich damals im vierten Grade des Wassermanns befand, so mufs die Station niew (die neunte im Mondzodiakus) mit dem dritten Grade dieses Zeichens angefangen haben, was für unsere Zeit ganz richtig ist (1). Die Himmelszeichen mit den ihnen entsprechenden Mondstationen, welche die Blätter 8 bis 10 mit Beimi- schung vieler astrologischen Träumereien enthalten, geben übrigens nichts Bestimmtes und Sicheres über die gegenwärtige Stellung der letzteren. Ein zweiter ganz ähnlicher Kalender für das vierzehnte Jahr Tao- kuang (1834), dem Hrn. Dr. Schott gehörig, führt den Titel Seng-tsching- ta-tsiuan-thung-schu, das grofse umfassende thung-schu der Provin- zial-Hauptstadt. Dafs dies Canton — Kuan-tung — sein soll, erhellet aus einer Randbemerkung. Als demselben eigenthümlich erwähne ich nur die beiden auf dem zweiten Blatt befindlichen Tafeln. Die erste führt die zwölf chinesischen schi oder Doppelstunden des bürgerlichen Tages in kiao und tsching abgetheilt (s. oben S. 211 und 330) mit den entsprechen- den europäischen Stunden auf. So steht bei /sö-kiao 11, bei tsö-tsching 12, (') Vergl. oben den vierten Nachtrag S. 298. Zz2 362 IpELEr bei tscheu-kiao 1 ...., bei u-kiao wieder 11, bei u-isching 12, bei wei- kiao 1»... Offenbar hat der merkantilische Verkehr Canton’s diese Zusammenstellung herbeigeführt. In der zweiten sind die Stunden der dortigen Ebbe und Fluth für das ganze Jahr bemerkt. Die Kalender der Chinesen, besonders die in den Provinzen erschei- nenden, starren von astrologischem Unsinn. Der Jesuit Duhalde berich- tet zu Ehren seines Ordens Folgendes (!): Quand on voulut charger les Missionnaires du calendrier , ils sen excuserent. L’Empereur parut surpris. HE quoi! leur dit-il, vous m’avez dit souvent que c’etait la charitd envers le prochain qui vous avait conduit @ la Chine: ce que je vous demande est tres- important au bien public; quelle raison pouvez-vous avoir de ne pas accepter ce travail? Les peres repondirent quils craignaient qu'on ne leur attribuät les superstitions ridicules qui sajoütent au calendrier. Ce n'est pas la ce que je souhaite, repligua ÜEmpereur; cela ne vous regardera point, et je n’ajoüte pas plus de foi que vous & ces imaginations ridicules. Ce que je vous de- mande, cest ce qui concerne le calendrier, et qui na de rapport qua Ü'_Astro- nomie. Alors les peres se rendirent aux volontes de U Empereur; mais ils firent une declaration publique, par laquelle ils protesterent que non seule- ment ils navaient nulle part a ces folies, mais quils les condamnaient abso- lument, le succes des actions des hommes ne dependant nullement de lin- fluence des astres, mais de la sagesse avec laquelle ils se conduisent. Le feu Empereur Kang-hi, qui avait trop d’esprit et de sens pour donner dans de semblables extravagances, comme il Vavait tdmoigne lui-meme, approuva fort quils sexpliquassent de la sorte. Erst wenn der vom mathematischen Tri- bunal entworfene Kalender die Genehmigung des Kaisers erhalten hat, sol- len die Unterbeamten dieser Behörde den Aberglauben gehörigen Orts ein- tragen. Über die Kalender der Nachbarvölker, welche gegenwärtig die chi- nesische Oberherrschaft anerkennen, weifs ich nichts Zusammenhängendes und Sicheres zu berichten. Nur über die Zeitrechnung der Tübetaner kann ich aus den oben (S. 285) nachgewiesenen Quellen hier einige, wenn auch nur oberflächliche, Nachrichten mittheilen. Sie haben ihre Astrono- mie und Astrologie theils von den Hindus, theils von den Chinesen entlehnt, (') Description de la Chine, Tom. Il, p. 345. über die Zeitrechnung der Chinesen. 363 und sollen eine Menge Werke besitzen, in denen entweder das indische oder das chinesische Princip vorherrscht. Jenes nennen sie nach Csoma de Körös skar-rtsis, dieses nag-rtsis, in gemilderter Aussprache kar-tsis und nag-tsis (!). Wie sie ihre Jahre im Sexagesimalcyklus zählen ist bereits oben auseinander gesetzt worden. Nach indischer Weise rechnen sie 3 Jahre weniger als die Chinesen. So war das Jahr 1834 bei ihnen das 25, bei den Chinesen das 31“. Da sie jetzt in ihrem vierzehnten Cyklus sind, so mufs ihre Jahrrechnung mit unserm Jahr 1027 angefangen haben. Nach der Description du Tubet (?) haben sie zwar, als Unterthanen des chinesi- schen Reichs, wesentlich den Kalender der regierenden Dynastie angenom- men, aber doch in der Anordnung ihrer Monate und Schaltjahre einiges Eigenthümliche aus ihrer älteren Zeitrechnung beibehalten. Sie fangen ihr Jahr, wie die Chinesen, mit dem ersten Frühlingsmonat um die Mitte des Wassermanns an. Ihre Monate haben in der Regel 30 Tage; um aber mit dem Monde in Übereinstimmung zu bleiben, überspringen sie zuweilen einen Tag, so dafs sie z. B. vom 26“ Monatstage gleich zum 28“ über- gehen, und da dies nicht immer in den 29tägigen oder kleinen Monaten der Chinesen geschieht, so weicht der Anfang ihres Monats und Jahrs nicht selten um einen Tag von dem chinesischen ab. Auch befolgen sie ganz andere Schaltprincipien. So z.B. setzten sie im zehnten Jahr Yung-tsching (1732) den Schaltmonat nicht, wie die Chinesen, hinter den fünften, son- dern hinter den ersten Monat. Ja sie schalten nicht immer in demselben Jahr ein. So war das zwölfte Jahr dieses Kaisers (1734) bei ihnen ein Schaltjahr, bei den Chinesen ein Gemeinjahr, und das dreizehnte fing bei ihnen um einen ganzen Monat später an. Ob und in wie weit sie hierbei nach festen Grundsätzen verfahren, läfst sich aus den vorliegenden dürf- tigen Nachrichten nicht mit Sicherheit beurtheilen. (') Skar-rtsis heilst Stern-Berechnung (von skar, Stern, und risis, Rechnung); nag-rtsis, schwarze Berechnung, weil die Tübetaner China gya-nag, die schwarze Ebene, nennen, im Gegensatze zu gya-gar, der weilsen Ebene, wie sie Indien betiteln. Schon der Umstand, dafs die indische Astronomie nur schlechthin Stern-Berechnung heilst, zeugt für das höhere Alterthum des indischen Einflusses. Aus einer Mittheilung des Hrn. Dr. Schott. (?) Noweau Journal Asiatique, Tom. IV, p. 134 ff. 364 IDELER Bei dieser Gelegenheit gedenke ich noch einer der chinesischen nahe verwandten Zeitrechnung, der japanischen. Meine Gewährsmänner sind blofs Kämpfer und Thunberg (!); tiefer einzugehen, ist mir nicht mög- lich gewesen. Wie die Japaner den Sexagesimalcyklus vermittelst der Thiernamen und der Benennungen der Elemente ordnen, haben wir bereits oben (8. 287) gesehen (?). Dieser Cyklus läuft bei ihnen vollkommen mit dem chinesischen parallel; denn unser Jahr 1685 war nach Kämpfer ihr Cykeljahr tsutsno je tats, das wu-tschin oder fünfte der Chinesen. Die Nummer des jedesmaligen Cyklus, von einer bestimmten Epoche an gerech- net, wird bei ihnen eben so wenig wie bei den Chinesen gehört (?). Aufser- dem bezeichnen sie ihre Jahre or auf zweierlei Weise; einmal in der Äre nino, und dann in einer wechselnden Jahrreihe nengo. Die Epoche der ersten ist das Jahr 660 v. Chr., wo ihr erster erblicher Kaiser Sin mu ten oe den Thron bestieg. Unser gegenwärtiges Jahr 1837 ist das 2497“ des nino. Das Wort bedeutet nach Kämpfer einen mächtigen Monarchen. Das nengo begreift nur einen Zeitraum von wenigen Jahren, selten von mehr als 20. Irgend ein merkwürdiges Ereignifs giebt Veranlassung zum Wechsel, den allemal der Kaiser verfügt. Es ist, selbst der Entstehung des Worts nach, ganz das chinesische nian-hao (S. 205), das auch bei den Chinesen in früherer Zeit mehrmals unter jedem Kaiser zu wechseln pflegte (S. 232), jetzt aber immer für eine ganze Regierung gilt. Das Jahr 1688 war z.B. das erste des nengo gen rokf, welches Wort nach Kämpfer so viel als Glückseligkeit der Natur und Kunst bedeutet. Diese Jahrrechnung wird in den Kalendern, den öffentlichen Akten und der Correspondenz gebraucht. In Büchern dagegen bedient man sich gewöhnlicher des nino und des Cykeljahrs. Ein nengo wird allemal mit einem neuen Jahr ange- fangen. Bis sich das Publikum an das neue nengo gewöhnt hat, pflegt neben demselben das alte noch einige Zeit fortgeführt zu werden. Das Jahr (') Die benutzten Werke sind schon S. 276 und 287 erwähnt worden. Von Thunberg's Reisen habe ich auch das schwedische Original verglichen. Upsala, 1788-93, 4 Bände in 8. (2) Kämpfer giebt eine Tafel über die Namen und Charaktere sämmtlicher Jahre des Cyklus. (°) Wenn Kämpfer behauptet, dals die Chinesen bei Erwähnung eines Cykeljahrs auch die Nummer des laufenden Cyklus beifügen, so irrt er. $. oben S. 273. über die Zeitrechnung der Chinesen. 365 der Japaner wird, wie Kämpfer sagt, immer mit dem Neumonde begonnen, welcher vor dem 5. Februar hergeht oder demselben zunächst folgt, also ganz nach chinesischer Weise. Auch ihre Schaltmethode scheint wesentlich dieselbe zu sein. Ich schliefse dies aus nachstehender Zusammenstellung bei Kämpfer (!): Jahre des nino. Jahre des nengo. Cykeljahre. Neujahrstage. en Wa A 2348 1 gen rokf tsutsno je tats 2. Februar 1688 2349 2 tsutsno to mi 21. Januar 1689 2350 3 kanno je uma 9. Februar 1690 2351 4 kanno to tsitsuse 29. Januar 1691 2352 5 midsno je sar 17. Februar 1692 2353 6 midsno to torri 5. Februar 1693 Die Monate werden, wie bei den Chinesen, blofs mit den Ordnungszahlen bezeichnet, wie folgendes unserm Jahr 1776 entsprechende Schema bei Thunberg lehrt: Monate. Anfang. Dauer. m (\ nn | ———— num T. Sjoguats 19. Februar 1776 30 Tage I. Niguats 20. März 29 III. Sanguats 18. April 30 IV. Siguats 18. Mai 29 V. Goguats 16. Junius 30 VI Kokguats 16. Julius 29 VI. sSitsguats 14. August 30 VII. Fatsguats 13. September 29 IX. Kuguats 12. Oktober 30 X. Sjuguats 11. November 30 XI. Sjuitsguats 11. December 30 XI. Sjunitsguats 10. Januar 1777 29 Dauer des Jahrs 355 Tage. Die Data stimmen wesentlich mit den chinesischen überein; denn der Un- terschied in der Dauer des fünften und sechsten Monats, so wie in der des elften und zwölften, rührt blofs von dem Meridianunterschiede zwischen (') Vergleiche die chinesische Kalendertafel oben S.260 und 261. 366 IpDELErR Peking und Miaco her, indem der sechste und der zwölfte Monat an jenem Ort den 15. Julius und 9. Januar, an diesem (ungefähr 20 Grade weiter östlich) den 16. Julius und 10. Januar angefangen haben. Wie die Japaner den Schaltmonat nennen, finde ich nirgends bemerkt. Unsere Woche ist bei ihnen eben so wenig gebräuchlich, wie bei den Chinesen. Der erste und der funfzehnte eines jeden Monats sind bei ihnen Ruhetage, die nach Thunberg selbst die öffentlichen Dirnen gewissenhaft beobach- ten. Den Tag theilen sie, wie die Chinesen, in 12 Stunden, nur mit dem Unterschiede, dafs sie auf den natürlichen Tag, so wie auf die Nacht, je 6 Stunden rechnen, die mit dem Auf- und Untergange der Sonne ihren Anfang nehmen, so dafs der Mittag auf den Anfang der 4“, die Mitternacht auf den Anfang der 10'* Stunde trifft. Die Dauer der Stunden wechselt hiernach mit den Jahrszeiten, nach Art der Zeitsiunden der Griechen und Römer. Der bürgerliche Tag, nach welchem datirt wird, mufs aber, nach obiger Monatstafel zu schliefsen, wie bei den Chinesen mit der Mit- ternacht beginnen. Die einzelnen Stunden werden mit den Jetta oder Thiernamen bezeichnet, wie bei den Chinesen mit den Zschi. Zu Käm- pfers Zeit wurde der Kalender von einem gelehrten Bürger in Miaco ver- fertigt, jedoch, ehe er in die Druckerei ging, bei Hofe von dazu bestellten Commissarien geprüft. Dafs seitdem die Holländer in Java den Japanern ihren Kalender entwerfen und ihnen jährlich zuführen, ist eine hin und wieder angeführte sehr unwahrscheinliche Sage, die sich auf einen jährlich zum Behuf des Handels von den Holländern veranstalteten Nachdruck des japanischen Kalenders reduciren möchte. Nachdem ich nun die Zeitrechnung der Chinesen so weit ins Licht gesetzt habe, als es die mir zu Gebot stehenden Hülfsmittel gestatteten, will ich zum Schlufs noch kurz im Zusammenhange zeigen, in welchen Punkten sich der Kalender der Yuan und Ming, den Ulug Begh unter der Benen- nung Tärich Chatä ausführlich beschrieben hat, von dem gegenwärtigen unterscheidet. Die Änderungen, die der Kalender unter den Ting erfah- ren hat, sind theils durch einen auch in China, wenn gleich schwächer als anderswo, wahrnehmbaren Fortschritt wissenschaftlicher Ideen, theils durch den oben gedachten Umstand herbeigeführt worden, dafs jede Dynastie in den Kalender, den sie als Typus ihrer Herrschaft aufstellt, etwas Eigen- thümliches zu bringen pflegt. über die Zeitrechnung der Chinesen. 367 Jener Punkte sind wesentlich vier: 1) wurde der bürgerliche Tag zwar, wie noch immer, in 12 Stunden zu 8 khe, also in 96 khe, aufser- dem aber auch in 10000 feng getheilt. Die letztere Eintheilung, die jetzt nicht mehr gebräuchlich ist, scheint blofs zum Behuf der astronomischen Rechnung (!) unter Chubilai eingeführt oder auch nur wieder aufgefrischt zu sein (?). Erst im Anfange der jetzigen Dynastie haben die Chinesen auf Anrathen des P. Schall die Eintheilung des khe in 15 fen oder Minuten angenommen, deren sie sich sowohl im bürgerlichen Leben als beim Calcul bedienen. Da sie nun auch die Doppelstunde in zwei einfache zu 4 khe zerfällen, so ist ihre Eintheilung des Tages ganz der unsrigen analog gewor- den. 2) wurden die Anfänge der Zsie-khi nicht, wie jetzt, nach den astro- nomischen Tafeln berechnet, sondern blofs der mittleren Bewegung der Sonne gemäfs angesetzt, indem die Dauer des Jahrs zu 365,2436 Tagen, d.i. zu 365 Tagen 5 Stunden 50’ 47”, also die durchschnittliche Dauer der tsie-khi zu 15,2185 Tagen angenommen wurde. Um in der Sexagesimal- woche den Anfang des Li-ischün oder den Zeitpunkt, wo die Sonne die Mitte des Wassermanns erreicht, für irgend ein Jahr zu finden, stellt Ulug Begh eine Tafel auf, die sich auf obige Dauer des Sonnenjahrs und auf die Voraussetzung gründet, dafs für seine Epoche (den 8. Schevval 847 der Hidschret oder 25. Januar 1444) der Anfang des Litschün nach Samar- kander Zeit, die fast die Mitte zwischen der Berliner und Pekinger hält, 55,6140 Tage nach Anfang der Sexagesimalwoche eintraf. Diese Tafel giebt, wie ich in meiner mehrmals erwähnten Abhandlung gezeigt habe, für unsere Zeit den Eintritt des Litschün über zwei Tage später, als die astro- nomischen Tafeln, weil theils die mittlere Dauer des Sonnenjahrs um 2 Mi- nuten zu lang angenommen, theils die Ungleichförmigkeit des Sonnenlaufs nicht berücksichtigt ist. 3) bei der Berechnung der Zsie-khi wurde der An- fang des bürgerlichen Tages, wie noch jetzt, auf die Mitternacht gesetzt, bei der der Neumonde dagegen auf den Untergang der Sonne, wovon sich heut zu Tage keine Spur mehr zeigt. Trifft z.B. ein Neumond auf den (') Wie die 1080 chlakim, welche die Juden bei ihrer Kalenderrechnung dem Tage beilegen. (?) Nach einer Notiz in den Odservations (Tom.II, pag. 78) sollen schon die östlichen Han die Eintheilung des Tages in 100 khe und die des khe in 100 Theile gebraucht haben. Philos.- histor. Abhandl. 1837. Aal 368 Ipsrer 2. April zwischen Sonnenuntergang und Mitternacht, so ist nach dem gegen- wärtigen Gebrauch der 2. April der erste Monatstag, nach dem damaligen der 3%. Auf die Anomalien des Mondlaufs wurde zwar schon Rücksicht genommen, jedoch noch auf eine sehr unvollkommene Weise; denn die nach Ulug Begh’s Methode berechneten Neumonde stellen sich um 5 bis b Stunden später ein, als nach unseren Tafeln. Die Regel für die Ein- schaltung lautet bei ihm minder bestimmt, als oben (S. 216). Er sagt nämlich: „der Schaltmonat ist derjenige, auf den der Eintritt eines der 24 Theile des Sonnenjahrs allein — L&&ü — trifft.” Er hätte blofs von den ungeraden /sie-khi, vom Li-tschün an gerechnet, welche mit den Mitten der Zeichen anfangen, sprechen sollen. 4) wurden bei der Jahrrechnung allemal drei sechzigjährige Cykel combinirt, von denen der erste schang- wen, das obere, der zweite ischung-wen, das mittlere, der dritte Jia- wen, das untere wen hiefs. Ulug Begh setzt den Anfang eines schang- wen auf das Jahr 847 der Hidschret, mit welchem ein Sexagesimaleyklus begann. Bis dahin, sagt er, sind nach den Chatajern seit der Schöpfung 8563 wen, jedes von 10000 Jahren, und noch 9560 volle Jahre, zusammen 55639560 Jahre verflossen. Man sieht, er gebraucht hier sein wen — c3» — in einem doppelten Sinn, einmal als Benennung des sechzigjährigen Cyklus, dann zur Bezeichnung eines Zeitraums von 10000 Jahren. Ein chinesischer Charakter, warn gelesen, bedeutet allerdings 10000 (S. 208); was soll aber wan oder wen in Verbindung mit schang, tschung und hia sein? Der P. Visdelou sagt (!), es müsse yuan heilsen, was eine allgemeine Benen- nung für jede Periode sei. Auch der P. Amiot schreibt yuan (*), und übersetzt schang, tschung und hia-yuan durch oberes, mittleres und unteres Princip, mit dem Beifügen, dafs je drei solcher sechzigjährigen Cykel, zu einer 180 jährigen Periode combinirt, von den Chinesen unter der Benennung san-yuan zusammen begriffen würden, was er durch tri-cycle übersetzt. Nach Visdelou kommt die 1S0jährige Periode blofs noch bei (') Supplement zu d’Herbelot’s Bibliotheque orientale p- 15. (*) Memoires, Tom. XII, p. 232. In einigen Provinzialdialekten lautet yuan ganz wie wan, wie Morrison in seinem chinesischen Wöürterbuch S. 1046 versichert. Hr. Dr. Schott, der mich hiervon in Kenntnils gesetzt hat, sagt, es sei ein Milsgriff von Klap- roth, wenn er (Nowv. Journal Asiatiqgue, Tom. XV, p. 316) einen Charakter wen, der nie von einem Gyklus gebraucht sei, dem .,» des Ulug Begh substituiren wolle. über die Zeitrechnung der Chinesen. 369 der Tao-Sekte vor. Nach Amiot hat sie der Kaiser Ahian-lung in einem chronologischen Abrifs der chinesischen Geschichte, der auf sei- nen Befehl bearbeitet und 1759 gedruckt worden (!), wieder aufgefrischt, um die Verwechslung zweier sechzigjährigen Cykel bei denjenigen Regierun- gen zu verhüten, die länger als einen Cyklus gedauert haben. Von einer Aere der Schöpfung, deren Ulug Begh gedenkt, ist in der Lehre des Confucius keine Rede. Sie scheint mit der Religion des Fo aus Indien gekommen zu sein, wo von jeher viel über das Alter der Welt gegrübelt und dasselbe durch ungeheure Zahlen ausgedrückt worden ist. (') Näheres über dieses von Amiot sehr gerihmte Werk weils ich nicht zu berichten. Er giebt in dem dreizebnten Bande der Memoires, nach einem ausführlichen Discours prelimi- naire, von $.234 an eine Übersetzung des (vielleicht unwichtigsten) Theils desselben von 2637 v. Chr., dem einundsechzigsten Jahr des Hoang-ti, bis auf den Anfang der Dynastie Hia. Die vielen darin erwähnten Einzelheiten gelten diesem unkritischen Gelehrten für lauter baare Thatsachen, deren Wahrscheinlichkeit er am Ende den Zweifeln von Goguet (s. oben S.316) entgegenstellt. ——— Verbesserungen. 2.8 1. 755 st. 765. Z. 16 ist das Wort Benennungen aus dem Text gefallen. ist unter dem zehnten Monat yn, 2sö, su st. y, tsö, su zu lesen. 2.5 v. u. I. Horis st. Moris, und Z.2 v. u. 1. a.a.O. Th. II, S.3. zy vu T @.2i). ’ In dem erst später verglichenen schwedischen Original von Thunberg's Reise steht ow, uma und, wie bei Kämpfer, zsitsuse. Langles scheint an diesen Namen ge- klügelt zu haben. Ich weils nicht, ob er Kenner des Japanischen war. Z. 8 1. letztere zum Theil um 4 bis 5 Grad unrichtig. Z. 6 1. 61sten st. 60°, 2.17 und 18 1. gerade st. mittlere. 7.23 1. der ersten st. des ersten. wmmimiwwirvurnrid De Era SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES InNÜNNNN N 9088 01298 8234