ne Re y\ IEAT . Be EEE ee ran: en Kann x rc H Er “ ee ne en x nen we : “ x Sa en as: ee en Te Er Fa ne nme N en no ee ee = as en ehe ee ehe Ener a RN en EEE RETRIE RENTE DE ELETETT BETT = ee un RT RT nn ve nn a eh arena db sure re ee nee. a nn a ee ende = Doms me a nenn se ER EEE u Re if KERRETAU er N 3 I ER Ra DR . i h j ! i * 5 | vi 4 « } 42 h as, H f } Fr BR N) f f | h 27" 0), 2 a - i ü UN h [® 1 7 = Y It x N N % ’ ? ; 2 N ri kl 2 Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Abhandlungen der > Königliche» ken Akademie der Virsenschäfehn zu Berlin. z.unnnononannnononenenen Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1856. In Commission bei F. Dümmler’s Verlags - Brrelihandlung. ER ” a ‚ala A ah imadnantt DIT ERTL 7107 ae Anker En sah er ee ee 4, 0ct: v6 5 aha Pr Historischen Bunleituup enerer re ae en a er Bez EEE Ahr Seite I Verzeichnils der Mitglieder und Correspondenten der Akademie... 2....... =foIX BRANDIS: Gedächtnifsrede auf F. W. J. von Schelling ............. A Physikalische Abhandlungen. I “Beyrich über den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen, zur Erläu- terung einer geologischen Ühersichtskarte su. 2.0 ..ere Ss Seite 1 v VBRAUN über Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorienter ee see DUKESLIENSE ee ee rl v\ EHRENBERG über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens .. - 85 Mathematische Abhandlungen. “HAGEN über die Ausdehnung des destillirten Wassers unter verschiedenen Wärme- Baden ee „Relen-roRenen: OR Es, Orc © Qrordee Seite 1 “ENCKE über die Hansensche Form der Störungen ...... ES en ae 29 Philologische und historische Abhandlungen. vW. Grimm: thierfabeln bei den meilterfängern . ...... 2222220200. Seite 1 DirKsen über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung römischer Rechts-Quellen.... - 29 vJ. GRIMM über die marcellischen formeln ....... 2.2.2.2... Free ESTE a el YLepsıus über eine Hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu (Appollinopolis Magna) in welcher der Besitz dieses Tempels an Ländereien unter der Regierung Ptolemaeus XI Alexander I verzeichnet ist.... - 69 “ScHoTT: Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache ....... . ano se alule) VPERTZ über eine Rheinische Chronik des 13ten Jahrhunderts... ......... = VBUSCHMANN: Der athapaskifche Sprachltamm .....» 22222020. LM Sl) “DIETERICI über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Staaten Europa’s 321 überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere ...... . - VDiETERICI über die Fortschritte der Industrie und die Vermehrung des Wohlstandes VHomEXER: Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel unter den Völkern in besonderer Beziehung auf die ethischen Verhältnisse und die geistige Entwickelung der Menschen... . “GERHARD über Hermenbilder auf griechischen Vasen ....... rer. 00« “v. D. Hacen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung nach Elfen- beingebilden und Gedichten des Mittelalters .... - Deere “ BUSCHMANN: Die Sprachen Kizh und Netela von Neu-Californien . . . . - 300% “PıinDEr über die Cistophoren und über die kaiserlichen Silbermedaillons der römi- schen*Provinz Asıaı 0% % rar a ee Ne EEE nn nn en nn 433 461 487 501 933 Jahr 1855. Ay 25. Januar beging die Akademie der Wissenschaften den Jah- restag Königs Friedrichs des Zweiten in einer öffentlichen Si- tzung. Herr Trendelenburg hielt zum Gedächtnils des grolsen Königs einen Vortrag: Machiavell und Antimachiavell, welcher in den Monatsberichten der Akademie abgedruckt ist. Nachdem den Statuten gemäls über die im abgelaufenen Jahre bei der Akademie erfolgten Personalveränderungen Nachricht gegeben war, schlols die Sitzung mit dem Vortrag einer Abhandlung von Herrn Wilhelm Grimm über Thierfabeln bei den Meistersängern. Am 5. Juli wurde die öffentliche Sitzung zur Feier des Leib- nizischen Jahrestages gehalten. Herr Boeckh leitete die- selbe als vorsitzender Sekretar mit einem Vortrag über Schellings Verhältnils zu Leibniz ein, welcher in den Monatsberichten der Aka- demie gedruckt ist. Herr Ehrenberg verlas sodann folgende Be- kanntmachung der an diesem Tage zur Erledigung kommenden, so wie der neu gestellten akademischen Preisfragen: Die physikalisch-mathematische Klasse der Akademie hatte im Jahre 1849 aus dem von Eller für ökonomische Fragen gestifteten Legate als Aufgabe für das Jahr 1852 eine Untersuchung des Torfes mit besonderer Rücksicht auf die Anwendung desselben und seiner Asche als Düngungsmittel gegeben, und diese Aufgabe im Jahre 1852 bis zum 1. März 1855 verlängert. Da über diesen Gegenstand auch in der zweiten Konkurrenzperiode eine Bewerbungsschrift nicht ein- gegangen ist, so hat die Klasse die gänzliche Zurückziehung der Auf- gabe beschlossen. IL Ferner sollte die von derselben Klasse im Jahre 1852 gestellte mathematische Aufgabe zur Entscheidung kommen, deren Worte lau- teten: „Die Differentialgleichungen eines um einen festen Punkt roti- renden Körpers, auf welchen keine andere beschleunigende Kraft als die Schwere wirkt, durch regelmälsig fortschreitende Reihen zu in- tegriren, welche alle zur Kenntnils der Bewegung erforderlichen Grö- [sen explicite durch die Zeit darstellen.” Obgleich auch für diese Preisfrage eine Konkurrenzschrift nicht eingegangen ist, hat doch die Klasse, das Interesse des Gegenstandes im Auge behaltend, beschlos- sen, diese Frage in ganz gleicher Fassung, wie folgt, zu wiederholen. Bekanntlich ist die Anzahl der Fälle, in welchen die Differen- tialgleichungen der analytischen Dynamik in endlicher Form integrirt oder auch nur auf Quadraturen zurückgeführt worden sind, ziemlich beschränkt und nach den wiederholten Bemühungen, welche die grölsten Mathematiker diesem Gegenstande zugewandt haben, ist es sehr wahrscheinlich, dals die meisten der mechanischen Probleme, deren Lösung bisher in der erwähnten Form nicht gelungen ist, ihrer Natur nach eine Integration durch Quadraturen nicht zulassen und zu ihrer erfolgreichen Behandlung die Einführung anderer analy- tischer Formen erfordern. Nachdem Jacobi in der letzten Zeit eine schöne Darstellung der Rotation eines festen Körpers, auf den keine beschleunigende Kraft wirkt, in Reihenform gegeben hat, scheint es wünschenswerth, dals der Versuch gemacht werde, der Anwendung der Reihen eine grölsere Ausdehnung zu geben und mit ihrer Hülfe Fälle der drehenden Bewegung zu behandeln, die noch nicht auf Quadraturen zurückgeführt worden sind. Einen solchen Fall bietet das Problem der Rotation eines schweren Körpers dar, für welches die Zurückführung auf Quadraturen nur in einem speciellen Falle geleistet worden ist, dessen Behandlung man Lagrange ver- dankt. Die Akademie macht daher die vollständige Lösung dieses III Problems zum Gegenstande einer Preisbewerbung und stellt die Aufgabe: „Die Differentialgleichungen für die Bewegung eines um einen „festen Punkt rotirenden Körpers, auf welchen keine andere be- „schleunigende Kraft als die Schwere wirkt, durch regelmäfsig fort- „schreitende Reihen zu integriren, welche alle zur Kenntnifs der „Bewegung erforderlichen Gröfsen explicite durch die Zeit dar- „stellen.” Die ausschlielsende Frist für die Einsendung der Beantwortun- gen dieser Aufgabe, welche, nach der Wahl der Bewerber, in deut- scher, lateinischer, französischer, englischer oder italienischer Sprache geschrieben sein können, ist der 1. März 1858. Jede Bewerbungs- schrift ist mit einer Inschrift zu versehen, und diese auf dem Äufsern des versiegelten Zeitels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 100 Ducaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizischen Jahrestage im Monat Julius des gedachten Jahres. Überdies hatte in dieser Sitzung die physikalisch-mathemati- sche Klasse eine neue ökonomische Preisfrage aus der Ellerschen Stiftung zu verkünden, welche lautet: „Es ist der Gehalt verschiedener Weine von bestimmten Stand- „orten, etwa vom Rhein und der Mosel, an Säuren, die Natur „dieser Säuren und das Verhältnils ihrer Menge zu der des Alko- „hols festzustellen. Hiermit kann sehr zweckmälsig eine Unter- „suchung der in diesen Weinen gelösten Salze und der Einflufs „dieser Säuren und der Salze auf den Geschmack verbunden „werden. ” Die ausschlielsende Frist für die Einsendung der Beantwortun- gen dieser Aufgabe, welche nach der Wahl der Bewerber in deutscher, b IV lateinischer oder französischer Sprache abgefalst sein können, ist der 1. März 1858. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und dieses auf dem Äufseren des versiegelten Zettels, wel- cher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Preises von 100 Ducaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizischen Jah- restage im Monate Juli des Jahres 1858. Schliefslich las Herr Curtius eine von Herrn Brandis in Bonn, correspondirendem Mitglied der Akademie, verfalste und einge- sandte Denkrede auf Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Am 18. October wurde die öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs gehalten. Die Festbetrachtun- gen, mit welchen der vorsitzende Sekretar Herr Encke die Sitzung eröffnete, sind in den Monatsbericht der Akademie aufgenommen worden. Es reihte sich daran der Bericht über die grölseren Unter- nehmungen und diesjährigen Arbeiten der Akademie. Her Pinder las zum Schlufs der Sitzung über die kaiser- lichen Silbermedaillons der Provinz Asia. Zu wissenschaftlichen Zwecken hat die Akademie im Jahre 1855 folgende Summen bewilligt: 128-1 Rthlr. zur Herstellung einer Luftpumpe im physikalischen Ka- binet der Akademie. 350 „ an Herrn Dr. Reinhold Pauli für Abschriften von auf die deutsche Geschichte bezüglichen Urkunden im Archive des Towers in London. 50 " an Herrn Bekker für die Indices zum Nicephorus Gregoras in der Sammlung der byzantinischen Schrift- steller. 300 Rthlr. 200 400 150 150 Vv an Herrn Dr. Gosche zur Herausgabe seiner Geschichte der persischen Geschichtsschreibung. an Herrn Professor Friedrich Dieterici zur Heraus- gabe des Mutanabbi mit dem Kommentar des Wahidi. an Herrn Gurtius für Bearbeitung und Herausgabe des Corpus inscriptionum graecarum. an Herrn Professor Gerhardt zur Herausgabe des dritten Bandes von Leibnizens mathematischen Werken. an Herrn Bibliothekar Förstemann in Wernigerode für den ersten Band seines Altdeutschen Namenbuches. für Schriftzeichen zur chinesischen Sprachlehre des Herrn Schott. an Herrn Professor Weber für die 7. Lieferung sei- ner Ausgabe des White Yajurveda. an Herrn Dr. Hermann Schacht behufs Anstellung pflanzenphysiologischer Untersuchungen auf Madeira. Personal-Veränderungen im Jahre 1855. Erwählt wurden: Herr Carl Rammelsberg zum ordentlichen Mitgliede der Akade- 4 ” mie am 19. Juli, und bestätigt durch Königliche Kabinets- ordre vom 15. August 1855. Ernst Eduard Kummer zum ordentlichen Mitgliede der Akademie am 15. November, und bestätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 10. Dezember 1855. Carl Wilhelm Borchardt zum ordentlichen Mitgliede der Akademie am 15. November, und bestätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 10. Dezember 1855. b2 VI Herr Herr Sir Herr Baron L. J. Thenard in Paris zum auswärtigen Mitgliede der physikalisch- mathematischen Klasse am 26. Juli, und bestätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 15. August 1853. Baron Justus von Liebig in München, zum auswärtigen Mitgliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli, und bestätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 15. August 1855. Friedrich Wöhler in Göttingen zum auswärtigen Mitgliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli, und be- stätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 15. August 1859. Colonel Edward Sabine in London zum Ehrenmitgliede der Akademie am 26. Juli, und bestätigt durch Königliche Kabi- netsordre vom 15. August 1855. William Hooker in Kew bei London zum Ehrenmitgliede der Akademie am 26. Juli, und bestätigt durch Königliche Kabinetsordre vom 15. August 1855. C. J. Temminck in Leyden zum Ehrenmitgliede der Akade- mie am 15. November, und bestätigt durch Königliche Ka- binetsordre vom 10. Dezember 1855. Franz Unger in Wien zum Korrespondenten der physika- lisch-mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. James Dana in New-Haven zum Correspondenten der physi- kalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. M. Sars in Christiania zum Korrespondenten der physikalisch- mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. Charles Lyell in London zum Korrespondenten der phy- sikalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. P. J. van Beneden in Löwen zum Korrespondenten der physikalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. vn Herr Asa Gray zu Cambridge in Nordamerika zum Korrespon- denten der physikalisch-mathematischen Klasse am 26. Juli 1853. George Bentham in London zum Korrespondenten der physikalisch- mathematischen Klasse am 26. Juli 1855. Henri Martin in Rennes zum Korrespondenten der philoso- phisch-historischen Klasse am 10. Mai 1855. Otto Böhtlingk in Petersburg zum Korrespondenten der philosophisch-historischen Klasse am 10. Mai 1855. Ludwig Preller in Weimar zum Korrespondenten der phi- losophisch-historischen Klasse am 10. Mai 1855. S.: W. Koelle in Sierra Leone zum Korrespondenten der philosophisch -historischen Klasse am 10. Mai 1855. Joseph Roulez in Gent zum Korrespondenten der philo- sophisch-historischen Klasse am 10. Mai 1855. Heinrich Barth in London zum Korrespondenten der phi- losophisch -historischen Klasse am 9. August 1855. Gestorben sind: Herr August Leopold Crelle, ordentliches Mitglied der physi- kalisch-mathematischen Klasse, am 6. October 1855. Karl Friedrich Gauss in Göttingen, auswärtiges Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse, am 23. Februar 1855. G. L. Duvernoy in Paris, korrespondirendes Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse, am 1. März 1855. Jacques Charles Francois Sturm in Paris, korrespondi- rendes Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse, am 18. Dezember 1855. VIII Herr M. H. Eduard Meier in Halle, korrespondirendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse am 5. December 1855. Carl Friedrich Hermann in Göttingen, korrespondiren- des Mitglied der philosophisch - historischen Klasse, am 31. ”„ Dezember 1855. IANNDDNNNNNn der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften Herr Grüson, Veteran „ v. Humboldt . am Schlusse des Jahres 1855. Verzeichnifs 1. Beständige Sekretare. Herr Encke, Sekr. der phys.-math. Klasse. - Böckh, Sekr. der philos.-hist. Klasse. - Ehrenberg, Sekr. der phys.-math. Klasse. - Trendelenburg, Sekr. der philos.-hist. Klasse. I. Ordentliche Mitglieder der physikalisch-mathematischen der philosophisch-historischen Datum d. Königl. Klasse. Herr ®. Savigny, Veteran . Lichtenstein, Veteran „ DW: eifs „ Veteran Mitscherlich Encke . Ehrenberg . Klug H. Rose Müller . G. Rose Klasse. Böckh, Veteran , Bekker, Veteran « Ritter, Veteran Bopp, Veteran Meincke . Ranke . Jacob Grimm . Bestätigung. m — mm | 1798 Febr. 22. 1800 Aug. 4. 1811 April 29. 1814 Mai 14. 1814 Mai 14. 1815 Mai 3. 1815 Mai 3. 1822 Febr. 7. 1822 April 18. 1822 April 18. 1825 Juni 21. 1827 Juni 18. 1830 Jan. 11. 1830 Juni 11. 1832 Febr. 13. 1832 Febr. 13. 1832 Mai 7. 1834 Juli 16. 1834 Juli 16. IX der physikalisch-mathematischen der philosophisch -historischen Datum d. Königl. Klasse. Klasse. Bestätigung. De u Ds Herr Steiner... . like Be 18sauhrle, Herr Gerhard. . . . . 1835 März 12. - Panofka ... .. . . 1836 April 5. = PD IBUERSSEERHEN St a» 6 le teleihiesr ie) Akne ELB SEN ANA = Bone. Een Ing Bang = Poggendorff - >» 2» = 2. ve 2 ee ..2 Blagniklehrrds LEO AH2TA - wonder Hagen . . 1841 März 9. - MWilh. Grimm. . . 1841 März 9. - . SCHOlE% rene 2er om ISA Märzid! 2 Si Dirksen RS TRNEV Anzi9: = Magen a a deln 0 ie ne 1842 Juni 28. SERIE] Sa ra ke en oe Kto. 1842 Juni 28. = WPerlz 2... ... .. 1845Jan323. - Trendelenburg. . . 1846 März 11. - Dieterici . . . . . 1847 Jan. 20, - Lepsius ... . . 1850Mai ls. - Homeyer . . . ...1850Mai 18. - Petermann . . . . 1850 Mai 18. = WunBols-Reyimond . 0... 0%. . IBolMamm: EGPELETSER NE ER er. 185, Marzos Se Pinder 2 22027 1851. Mara; - Buschmann. . . . 1851 Mai 24. SRiedeln. 2 0 Sl lar2a: = NRrauI a ei ee SH ulldLo: OS ee ee SSR eG: SE CUrtIUs 1552 NOyA29: Haupt. .» . 2... 1855.Juli2a. -" \Kiepert . . . . . 1853 Juli 25. => VBeyrich ee ee ee 1er SD ANE ED: N NEwallın et N Ne u RSS ALER =" !Rammelsbere‘ ..! .) . 2) 20 eo BB. u. 1B5ssnuegld. - Magnus... ... EN NKUMMEr: 2 SE 18558 Decl0: NWBOTCRaTdEN. 0.0 er SE ee, 18952Dechid: II. Auswärtige Mitglieder der physikalisch - mathematischen Klasse. rn /\ jr Herr Dirichlet in Göttingen Sir Robert Brown in London Herr Augustin Louis Cauchy in Paris Sir John Herschel in Hawkhurst in der Grafschaft Kent . Herr Michael Faraday in London. Sir David Brewster in St. Andrews . Herr Jean Baptiste Biot in Paris Friedrich Tiedemann in Frankfurt . M. .. - L.J. Thenard in Paris . - J.w. Liebig in München . - _F. FVöhler in Göttingen . der philosophisch - historischen Klasse. Pe Herr Heinrich Ritter in Göttingen Victor Cousin in Paris Christian August Lobeck in Königsberg . . . Horace Wilson in Oxford Francois Guizot in Paris Friedrich Gottlieb Welcker in Bonn . . “ Friedrich Creuzer in Heidelberg ı. ....0. Henry Rawlinson in London Karl Hase in Paris Al Datum d, Königl. Bestätigung. — 1832 Febr. 13. 1832 Febr. 13. 1832 Mai 7. 1832 Mai 7. 1834 März 20. 1836 April 5. 1839 Febr. 4. 1839 April 21. 1840 Dec. 14. 1842 Juni 28. 1846 März 11. 1846 März 11. 1846 März 11. 1850 Febr. 27. 1850 Mai 18. 1850 Mai 18. 1854 Juni 1. 1855 Aug. 15. 1855 Aug. 15. 1855 Aug. 15. 2.011 IV. Ehren-Mitglieder. Herr William Hamilton in London . - Sir William Martin Leake in London Karl Josias Bunsen in Bonn Herzog Domenico di Serradifalco in Palerıno, Freiherr Anton von Prokesch-Osten in Frankfurt a. M. Herzog Honore de Luynes in Paris Carl Lucian Bonaparte, Prinz von Canino . Peter Merian in Basel . 2 Garabed Artin Davoud-Oghlou in Wien Fürst di San Giorgio Domenico Spinelli in Nespä' Prinz Maximilian zu ied- Neuwied Peter von Tschichatschef . Johannes Schulze in Berlin . Rudolph Freiherr von Stillfried - ae) in Bern Edward Sabine in London . William Hooker in Kew . Herr C. J. Temminck in Leyden . Datum d. Königl. Bestätigung. — 1815 Juni 22. 1815 Juni 22. 1835 Jan. 7. 1836 Juli 29. 1839 März 14. 1840 Dec. 14. 1843 März 27. 1845 März 8. 1847 Juli 24. 1850 Mai 18. 1853 Aug. 15. 1853 Aug. 22. 1854 Juli 22. 1854 Juli 22. 1855 Aug. 15. 1855 Aug. 15. 1855 Dec. 10. V. Correspondirende Mitglieder. Physikalisch-mathematische Klasse. Herr Zouis Agassiz in Boston George Airy in Greenwich . . Giovanni Battista Amici in Florenz Friedrich Wilhelm August Argelander in Feen Karl Ernst v. Baer in St. Petersburg . . Antoine Cesar Becquerel in Paris . P. J. van Beneden in Löwen George Bentham in Kew Pierre Berthier in Paris ER eye Theodor Bischoff in Gielsen . . . . Johann Friedrich Brandt in St. Peterhun: Adolphe Brongniart in Paris Bo Heinrich Georg Bronn in Heidelberg . . Ernst Brücke in Wien i Robert Wilhelm Bunsen in Heidelberg : Francisco Carlini in Mailand . Karl Gustav Carus in Dresden Michel Eugene Chevreul in Paris James Dana in New Haven . NE Ernst Heinrich Karl v. Dechen in Bonn Pierre Armand Dufrenoy in Paris. . . Jean Marie Constant Duhamel in Paris Jean Baptiste Dumas in Paris : Jean Baptiste Elie de Beaumont in Paris Daniel Friedrich Eschricht in Kopenhagen . Gustav Theodor Fechner in Leipzig. Vincenzo Flauti in Neapel... . Elias Fries in Upsala i Johann Nepomuk Fuchs in München J. D. Gergonne in Montpellier Christian Gottlob Gmelin in Tübingen Heinrich Robert Göppert in Breslau Thomas Graham in London Asa Gray in Cambridge . Wilhelm Haidinger in Wien William Hamilton in Dublin . Datum der Wahl. 1834 März 24. 1834 Juni 5. 1836 Dec. 1. 1836 März 24. 1834 Febr. 13. 1835 Febr. 19. 1855 Juli 26. 1855 Juli 26. 1829 Dec. 10. 1854 April 27. 1839 Dec. 19. 1835 Mai 7. 1851 Febr. 6. 1854 April 27. 1846 März 19. 1826 Juni 22. 1827 Dec. 13. 1834 Juni 5. 1855 Juli 26. 1842 Febr. 3. 1835 Febr. 19. 1847 April 15. 1834 Juni 5. 1827 Dec. 13. 1842 April 7. 1841 März 25. 1829 Dec. 10. 1854 Juni 1. 1834 Febr. 13. 1832 Jan. 19. 1834 Febr. 13. 1839 Juni 6. 1835 Febr. 19. 1855 Juli 26. 1842 April 7. 1839 Juni 6. c2 XII XIV Herr Peter Andreas Hansen in Gotha Si L Christopher Hansteen in Christiania u Johann Friedrich Ludwig Hausmann in Göttingen August Wilhelm Hofmann in London Joseph Dalton Hooker in Kew a Ne Ludwig Friedrich Kämtz in Dorpat . . . . Gabriel Lame in Paris Emil Lenz in St. Petersburg . Urbain Joseph Le Verrier in Paris Graf Guiglielmo Libri in London . John Lindley in London Joseph Liouville in Paris Charles Lyell in London. Karl Friedrich Philipp v. ARE in "München Henri Milne Edwards in Paris . August Ferdinand Möbius in Leipzig Hugo v. Mohl in Tübingen Arthur Jules Morin in Paris . Ludwig Moser in Königsberg J. G. Mulder in Utrecht Roderick Impey Murchison in London Herr Karl Friedrich Naumann in Leipzig Franz Ernst Neumann in Königsberg Richard Owen in London . , Francois Marie de Pambour in Paris Theophile Jules Pelouze in Paris Giovanni Plana in Turin Jean Victor Poncelet in Paris George de Pontecoulant in Paris Johann Evangelista Purkinje in Prag ; Lambert Adolphe Jacques Quetelet in Brüssel - Heinrich Rathke in Königsberg . Henri Victor Regnault in Paris Anders Adolph Retzius in Stockholm Friedrich Julius Richelot in Königsberg Auguste de la Rive in Genf M. Sars in Christiania Dietrich Franz Leonhard v. sche hrehdsli in \ Halle Theodor Schwann in Lüttich . Datum der Wahl. —— men. 1832 Jan. 19. 1827 Dec. 13. 1812 1853 Juli 28. 1854 Juni 1. 1841 März 25. 1838 Dec. 20. 1853 Febr. 24. 1846 Dec. 17. 1832 Jan. 19. 1834 Febr. 13. 1839 Dec. 19. 1855 Juli 26. 1832 Jan. 19. 1547 April 15. 1829 Dec. 10. 1847 April 15. 1839 Juni 6. 1843 Febr. 16. 1845 Jan. 23. 1547 April 15. 1846 März 19. 1833 Juni 20. 1836 März 24. 1839 Juni 6. 1851 Febr. 6. 1832 Jan. 19. 1832 Jan. 19. 1832 Jan. 19. 1832 Jan. 19. 1832 Jan. 19. 1834 Febr. 13. 1847 April 15. 1342 Dec.8. 1842 Dec.S. 1835 Febr. 19. 1855 Juli 26. 1834 Febr. 13. 1854 April 27. Herr Marcel de Serres in Montpellier. . Karl Theodor Ernst v. Siebold in München. Friedrich Georg Wilhelm Struve in St. Petersburg Bernhard Studer in Bern Michele Tenore in Neapel . and.) Wilhelm Gottlieb Tilesius in Mühlhausen x Ludolf Christian Treviranus in Bonn Franz Unger in Wien. . Auguste Valenciennes in Paris Rudolph Wagner in Göttingen . Ernst Heinrich Weber in Leipzig . Wilhelm Weber in Göttingen Wilhelm Wertheim in Paris . Charles Wheatstone in London Philosophisch-historische Klasse. Joseph Arneth in Wien . , George Bancroft in New York . Heinrich Barth in London Christian Bartholmess in Strafsburg . Theodor Bergk in Freiburg Gottfried Bernhardy in Halle Ludwig Konrad Bethmann in Wolfenbüttel 2 Samuel Birch in London Johann Friedrich Böhmer in Franka), ar m. Otto Boehtlingk in St. Petersburg . Graf Bartolomeo Borghesi in San Marino . Christian August Brandis in Bonn Emil Braun in Rom Luigi Canina in Rom . Celestino Cavedoni in Modena Joseph Chmel in Wien 4 Charles Purton Cooper in London. Friedrich Christoph Dahlmann in Bonn Friedrich Diez in Bonn . Wilhelm Dindorf in Leipzig . Adolphe Dureau de la Malle in Paris Heinrich Lebrecht Fleischer in Leipzig . Georg Wilhelm Freytag in Bonn Datum der Wahl. m 1826 April 13. 1841 März 25. 1832 Jan. 19. 1845 Jan. 23. 1812 1812 1834 Febr. 13. 1855 Juli 26. 1836 März 24. 1841 März 25. 1827 Dec. 13. 1834 Febr. 13. 1853 Febr. 24. 1851 Mai 8. 1853 Juni 16. 1845 Febr. 27. 1855 August 9. 1847 Juni 10. 1845 Febr. 27. 1846 März 19. 1852 Juni 17. 1851 April 10. 1845 Febr. 27. 1855 Mai 10. 1836 Juni 23. 1832 April 12. 1843 Aug. 3. 1852 Juni 17. 1845 Febr. 27. 1846 März 19. 1836 Febr. 18. 1845 Febr. 27. 1845 Febr. 27. 1846 Dee. 17. 1847 April 15. 1851 April 10. 1829 Dec. 10. xV xXVI Herr Del Furia n Florenz . . 2 . 2.0... Jacob Geel in Leyden. . . Georg Gottfried Gervinus in Heidelberg: Konrad Gislason in Kopenhagen Karl Wilhelm Göttling in Jena . Freih. Joseph v. Hammer-Purgstall in Wien Wilhelm Henzen n Rom . .. . ir Brör Emil Hildebrand in Stockhiken Ir Oıto Jahn in Bonn . £ Edme Francois Jomard in Paris Stanislas Julien in Paris. ’ Theodor Georg v. Karajan in Wien. John Kemble in London A stHtON E. W. Koelle in Sierra Leone. . .. »- J. E. Kopp in Luzern Hans Gottfried Ludwig Keane in Greifewald Jean Baptiste Felix Lajard in Paris . Johann Martin Lappenberg in Hamburg Christian Lassen in Bonn ‘ Konrad Leemanns in Leydn .... K. Lehrs in Königsberg. . . . Charles Lenormant in Paris Johann Wilhelm Löbell in Bonn Elias Lönnrot in Helsingfors Joaquim Jose da Costa de Macedo in DaskoR Johann Nicolaus Madvig in Kopenhagen Graf Alberto della Marmora in Genua . Henri Martin in Rennes Georg Ludwig ®. Maurer in München Giulio Minervini in Neapel Julius Mohl in Paris a Christian Molbech in Kopeshägen Theodor Mommsen in Breslau. P. A. Munch in Christiania Andreas Mustoxides in Corfu . , Karl Friedrich Neumann in München Constantinus Oeconomus in Athen . Giovanni Girolamo Orti Manara in Verona . Franz Palacky in Prag . Datum der Wahl. DT en 1819 Febr. 4. 1836 Juni 23. 1845 Febr. 27. 1854 März 2. 1844 Mai 9. 1814 März 17. 1853 Juni 16. 1845 Febr. 27. 1851 April 10. 1821 Aug. 16. 1842 April 14. 1853 Juni 16. 1845 Febr. 27. 1855 Mai 10. 1846 März 19. 1829 Dec. 10. 1846 Dec. 17. 1845 Febr. 27. 1846 Dec. 17. 1844 Mai 9. 1845 Febr. 27. 1845 Febr. 27. 1846 Dec. 17. 1850 April 25. 1838 Febr. 15. 1836 Juni 23. 1844 Mai 9. 1855 Mai 10, 1854 Juni 15. 1852 Juni 17. 1850 April 25. 1845 Febr. 27. 1853 Juni 16. 1847 Juni 10. 1815 Juni 22. 1829 Dec. 10. 1832 Dec. 13. 1842 Dec. 22. 1845 Febr. 27. Sir Francis Palgrave in London Herr Amadeo Peyron in Turin Sir Thomas Philipps in Middlehill Herr August Friedrich Pott in Halle Ludwig Preller in Weimar William H. Prescott in Boston . Etienne Quatremere in Paris . & Karl Christian Rafn in Kopenhagen . Rizo Rangabe in Athen . Felix Ravyaisson in Paris . Joseph Toussaint Reinaud in Paris Alfred v. Reumont in Florenz Friedrich Wilhelm Ritschl in Bonn Eduard Robinson in New York. Ludwig Rofs in Halle . e Giovanni Battista de Rossi in Rom Vicomte Emmanuel de Rouge in Paris Joseph Roulez in Gent de Santarem in Paris . DE Paul Joseph Schaffarik in Prag . Konstantin Schinas in München . G. J. Schömann in Greifswald . Pietro Giovanni Secchi in Rom . Jared Sparks in Cambridge bei Eaton 2 Leonhard Spengel in München Christoph Friedrich Stälin in Stuttgart . Friedrich von Thiersch in München . Ludwig Uhland in Tübingen . Th. Hersart de la Villemarque in Paris Johannes Voigt in Königsberg Wilhelm Wackernagel in Basel . Georg Waitz in Göttingen . Jean Joseph Marie Antoine de Witte in ee Wuk Stephanowitsch Karadschitsch in Wien Datum der Wahl. ———— 1836 Febr. 18. 1836 Febr. 18. 1845 Febr. 27. 1850 April 25. 1855 Mai 10. 1845 Febr. 27. 1812 1845 Febr. 27. 1851 April 10. 1847 Juni 10. 1850 April 25. 1854 Juni 15. 1845 Febr. 27. 1852 Juni 17. 1836 Febr. 18. 1853 Juni 16. 1854 März 2. 1855 Mai 10. 1847 Juni 10. 1840 Febr. 13. 1851 April 10. 1824 Juni 17. 1846 März 19. 1845 Febr. 27. 1842 Dec. 22. 1846 Dec. 17. 1825 Juni 9. 1845 Febr. 27, 1851 April 10. 1846 Dee. 17. 1851 April 10. 1842 April 14. 1845 Febr. 27. 1850 April 25. XV " Y R" N n Kr 04 4 Di RN, u Y er Fre Be .; TE (EDS Br i, Re) \ r BUT ER ! 5,10 N ee N a FERNE BR We N nn a 25 Paz REZEPT Su Ey Ba NEE 2 REN u 12 y | R Aue Aa u a N ur ir ‘ r Boa) i Bi a 7 N it t Gedächtnilsrede auf F. W.J. von Schellinge. Von Br BRANDTS: mann www Van nn [Gelesen in der öffentlichen Sitzung der Akademie der Wissenschaften am 5. Juli 1855.] D. heutige Sitzung will die Akademie der Wissenschaften der Erinnerung an einen Mann widmen, der ihr 25 Jahre angehört und in der letzten Periode seines Lebens an ihren Arbeiten Theil genommen hat; eines Mannes, dessen Name mit Bewunderung und Ehrerbietung genannt werden wird, so lange unermüdlicher Drang auch die schwierigsten Probleme zu lösen, Tiefe des schöpferischen Denkens und Kraft des Wortes in Ehren bleibt. Dafs Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling diese Eigenschaften in ho- hem Grade besessen, erkennen seine entschiedensten Gegner an, und zwar in dem Maafse an, in welchem sie berechtigt waren ihm entgegenzutreten. Wie vollkommen aber Forschung und Leben, Gaben des Geistes und des Gemüthes bei ihm in Einklang waren, wie er jedes redliche Streben Wissen- schaft zu fördern ermuthigte, wie seine Freundschaft und Liebe auch im spä- tern Greisenalter jugendlich warm war, — defs werden stets eingedenk blei- ben die ihm näher zu treten Gelegenheit fanden. Das Gedächtnifs eines solchen Mannes seiner würdig feiern zu können, wird Niemand leicht wähnen; namentlich nicht wer bedenkt, wie die Gröfse desselben nicht an unbestrittenen Entdeckungen oder au Thaten des Geistes sich nachweisen läfst, die sich durch sich selber bewährten. Ist ja die Phi- losophie, wie man ihr oft und bitter genug vorwirft, das Feld des ewigen Kampfes; fehlt ja immer noch das Lehrgebäude welches den ewigen Frieden ihr bringen könnte. An welchem Maafse sollen die Leistungen in ihr ge- messen werden? Doch wohl nicht an dem das die eigenen Überzeugungen 8 8 des sie Abschätzenden mit sich führen, welche ihrerseits selber der Bewäh- rung der zum Maafs erforderlichen Allgemeingültigkeit entbehren? Oder A 3 Branpviıs: soll nach dem Vorbilde eines Werkes das stets ein Muster deutscher Schärfe des Geistes bleiben wird, und dessen Urheber eine der gröfsten Zierden die- ser Akademie gewesen, — eine rein formale Kritik geübt und durch Übung derselben die Höhe und Tiefe der Schellingschen Lehren ermessen wer- den? Zu geschweigen dafs Anwendung dieser formalen Kritik auf dem Ge- biete der die ganze Philosophie umfassenden Systeme unendlich schwierig und weitschichtig, über die Grenzen einer Denkrede weit hinausreichen würde, — kann es nicht in der Absicht der Akademie liegen einer solchen Würdigung bei der Mifslichkeit des Gelingens ihre Auspicien zu leihen. Soll ja auch eine Denkrede, ihrer Bestimmung nach, das Wesen und Thun des Abgeschiedenen weder zergliedern noch richten, sondern ein Bild desselben zur Erinnerung entwerfen, — ein Bild das sich bescheidet seine Belebung und Ausführung der Verinnerung derer überlassen zu müssen, die mit Liebe und Verehrung des Abgeschiedenen gedenken. Was reizt nur, fragen wir um den richtigen Standpunkt für das Bild zu gewinnen, in Plato’s und Aristoteles’, Des Cartes’ und Malebranche’s, Spinoza’s und Leibnitzens Lehrgebäude uns immer von neuem zu vertiefen? Zunächst das Bewustsein, dafs der Trieb aus dem sie hervorgegangen, auch unser Sinnen und Denken beherrscht, dafs in ihnen die Fragen und Pro- bleme in aller Schärfe ausgesprochen sind, die auch unserem Geiste fort und fort sich darstellen, sobald er über die Sphäre des nächsten Berufs und über die drängenden Sorgen des Lebens sich erhebend, in sich selber einkehrt. Mehr noch fühlen wir uns angezogen, weil wir in den Werken solcher be- vorzugter Geister Lösungen jener Probleme finden, die, auch wenn sie uns nicht befriedigen, durch die Tiefe ihrer Auffassung, durch ihre innere Zu- sammengehörigkeit, durch die sich in ihnen darstellende schöpferische Kraft die Selbstthätigkeit unseres Geistes beflügeln und lenken, und zugleich uns einen Genufs gewähren, dem vergleichbar, welchen eindringliche Betrachtung von Kunstwerken mit sich führt. Denn, verhehlen wir es uns nicht, den höchsten Grad der Anziehungs- kraft übt der Geist, der in seiner von ewigen Ideen getragenen Schöpferkraft, in der vollen Lebendigkeit seiner individuellen Eigenthümlichkeit sich aus- spricht. So wie wir das Kunstwerk um so höher stellen, je klarer sich in ihm zugleich und untrennbar verbunden die zu Grunde liegende Idee und die Eigenthümlichkeit des Künstlers abspiegelt; ähnlich auch das philoso- Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 3 phische Lehrgebäude. Nur das Verhältnifs ist ein verschiedenes, in welchem jene beiden Erfordernisse in je einer der beiden geistigen Schöpfungen zu einander stehen oder von uns aufgefafst werden. Während das Kunstwerk in einer in sich abgeschlossenen Einheit die vermittelnde Thätigkeit seines Urhebers uns verbirgt und gleich einer scharf ausgeprägten Persönlichkeit unmittelbar uns anspricht, führt das wissenschaftliche System uns in die Werkstatt des sinnenden Geistes und läfst erst durch Rekonstruction die le- bendige Persönlichkeit des Urhebers uns zur Anschauung gelangen. Grofse Denker, wie Plato und Spinoza, gehen ganz auf in ihrem Gegenstande; ver- schmähen es auch nur andeutend von sich selber zu reden; und dennoch, was fesselt uns in der Beschäftigung mit ihren Schriften mehr als das gewis- sermafsen wider ihren Willen überall durchbrechende Bild ihrer edlen, rei- nen Persönlichkeit? Doch fragen wir, was also das Maafs sei zur Würdigung der Leistun- gen in der Philosophie? Der Grad in welchem ihnen deutliche Einsicht in die ewig sich erneuernden Fragen und Probleme, in ihrer ganzen Tiefe und in ihrem ganzen Umfange, zu Grunde liegt; der Grad in welchem sie den Standpunkt für Lösung derselben mit Erkenntnifs dessen, was nach Maafs- gabe der vorangegangenen Bewegungen noth thut, zu fassen und als Träger der Fortentwickelung, weiter fortschreitende Lösungsversuche hervorzurufen 5 0? wissen; der Grad in welchem das Mannigfaltige ihrer Theorien zu innerer lebendiger Einheit sich zusammenschliefst; der Grad endlich in welchem die Schöpferkraft einer in lauterem Streben nach Wahrheit sich verklärenden Persönlichkeit aus ihnen hervorleuchtet. Prüfen wir die Schriften des grofsen Abgeschiedenen, so wird jede über eigenes Dafürhalten sich erhebende Kritik einen hohen Werth ihnen zuzugestehen sich nicht weigern dürfen, — einen hohen Werth, betrachtet man sie in ihren Beziehungen zu der vorangegangenen Entwickelungsperiode, oder von Seiten der fruchtbaren Keime weiterer Fortbildung, die sie in sich enthalten, oder als Spiegelbild einer edlen geistig beflügelten Persönlichkeit. Zu ihrer richtigen Würdigung aber darf noch ein anderer Gesichts- punkt nicht aufser Acht gelassen werden. Bei weitem die meisten philosophischen Lehrgebäude treten uns, als der Hauptsache nach abgeschlossen in ihrer Darstellung entgegen und selten gelingt es die Geistesarbeit, aus der sie allmählig hervorgegangen und gereift A2 4 Branspviıs: sind, uns zu vergegenwärtigen, aus dem Gewordenen das Werden uns zu verdeutlichen. Selbst bei Kant in den zahlreichen seinen Kritiken vorange- gangenen Schriften sehen wir zwar das Ringen eines hohen unermüdlichen Geistes und die Zuversicht, es werde ihm gelingen einen neuen sicheren Grund zu legen: — wie dieser allmälig sich ansetzt und emporsteigt, können wir uns nur sehr theilweise veranschaulichen. Wohl begreift sich auch, wie die neue Grundlegung erst nach mancherlei vergeblichen Versuchen gelingen konnte, und wir bewundern die nie verzagende Ausdauer dieses Copernikus der Philosophie. Anders verhielt sich’s mit Fichte und vorzüglich mit Schelling. Ein noch nicht zwanzigjähriger Jüngling hat letzterer den Aus- gangspunkt seiner folgenden sechzigjährigen Forschung mit sicherer Hand erfafst. Dürfen wir daraus schliefsen, Schelling habe Kanten an Spann- kraft des Geistes in dem Grade übertroffen, in welchem er in früherem Alter als jener den entscheidenden Schritt gethan? Schwerlich, wenn wir die Verschiedenheit der Standpunkte uns vergegenwärtigen, von welchem aus jeder von beiden, in Anknüpfung an die vorangegangenen Entwickelungen, zum Bewustsein seiner Aufgabe sich zu erheben hatte. — Kant hatte durch Vermittlung der äufsersten Gegensätze in der Erkenntnifslehre und durch Widerlegung der Skepsis in ıhrer drohendsten Form, sich eine neue Bahn zu eröffnen, Fichte wie Schelling, zunächst auf ihr fortschreitend, die neu gewonnene Weltanschauung nach der ganzen Strenge ihrer Vorausset- zungen durchzuführen, um den darin noch vorhandenen Gegensatz zwischen Stoff und Form, theoretischer und practischer Vernunft, Erkennen und Han- deln auszugleichen. Aber eben die Schärfe mit der Schellings kühner Geist die Aufgabe fafste, unsere Welt der Dinge dem Stoffe wie der Form nach aus der Selbstthätigkeit des Ich abzuleiten, führte ihn bald über jenen Standpunkt hinaus, und es folgt eine Reihe ihm eigenthümlicher Entwicke- lungen, die Schritt für Schritt vor unseren Augen Gestalt gewinnen. In den frühesten seiner Schriften bemerken wir schon die Keime zu einer Umge- staltung des ursprünglichen Idealismus und sehen in einer Anzahl rasch auf- einander folgender Bücher die allmählige Entfaltung jener Keime. Und wie- derum in der Naturphilosophie sind die Vorzeichen einer theils sie ergänzen- den, theils darüber hinausgehenden Periode kaum zu verkennen. Schelling ist durchdrungen von der Wahrheit dessen was er in einer seiner frühesten Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 5 Schriften ausspricht: (!) „Die Erhabenheit der Wissenschaft besteht eben darin, dafs sie nie vollendet sein wird.” So stellt sich uns der nimmer ra- stende Geist in stets fortschreitender Selbstentwickelung dar; denn nur zu dem Standpunkte worauf er zuerst stand, war er in Anknüpfung an das un- mittelbar Vorangegangene gelangt; alle ferneren Entwickelungen sind, so weit das überhaupt von menschlichen Werken gelten kann, ohne Einwirkung von Aufsen, die selbstständige That der in ihnen sich aussprechenden Eigen- thümlichkeit des Urhebers. Ihre Selbstentwickelung, wie sie eine fortge- hende Reihe von Schriften uns darstellt, ist aber zugleich eine im Entwicke- lungsgange der Wissenschaft selber begründete. Schelling ist stets einge- denk geblieben dessen was er gleichfalls schon in jener Jugendschrift aus- spricht: „Philosophie soll den Gang des menschlichen Geistes selbst, nicht nur den Gang eines Individuums darstellen” (?). Mag es immerhin bedenklich sein die Epochen der Entwickelung, die der völlig gereiften Frucht der Lebensarbeit vorangingen, wie sie in jeder derselben mit dem Stempel der subjectiven Überzeugung und der Zeitrich- tung, dem gährenden Geiste sich darstellten, durch Werke der Schrift zu fixiren; mag wer so verfährt, sich der Gefahr aussetzen die allmähligen Über- gänge aufser Acht lassend, die früheren Überzeugungen für völlig einhellig mit den späteren zu halten: — wir wollen der Einsicht uns freuen die auf die Weise in das Getriebe einer Reihe von Stufe zu Stufe fortschreitender Entwickelungen des Geisteslebens eines Mannes uns eröffnet wird, der mit glänzenden Kräften ausgerüstet, fast während zweier Menschenalter derWahr- heit und nur der Wahrheit nachgestrebt hat. Wir sehen den früh gereiften noch nicht zwanzigjährigen Jüngling (im Septbr. 1794) mit einer kleinen Schrift hervortreten, über die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt, welche ernstliche Studien der Kant- schen Kritik, Bekanntschaft mit Leibnitz, Des Cartes, Spinoza voraussetzt und sich in den Mittelpunkt der damahligen Bewegung deutscher Philosophie stellt. Er will die Leibnitzische Zweiheit der Sätze des Widerspruchs und des zureichenden Grundes, die Kantsche Unterscheidung analytischer und I) synthetischer Urtheile auf ihr letztes Prineip zurückzuführen; durch voll- (') Philosoph. Briefe über Dogmatismus u. Kriticismus, in s. philosoph. Schr. I, S. 148. (?) ebend. S. 130. 6 Branpviıs: ständige Deduktion der gesammten Form des Subjekts, des Objekts und der Vorstellung, Reinholds Theorie des Vorstellungsvermögens neu gestalten und gegen die Einwendungen des Aenesidemus sichern. Während er in der For- schung nach einem solchen letzten Princip aller Form und alles Inhalts des Wissens und der Wissenschaft begriffen war, kam ihm Fichte’s Abhandlung über den Begriff der Wissenschaftslehre überraschend entgegen, und veran- lafste ihn zu einer vollständigeren Entwickelung seiner Gedanken. Dafs diese schon im voraus demselben Zielpunkte zugestrebt, müssten wir seiner Ver- sicherung glauben, auch wenn sich’s nicht durch die Eigenthümlichkeit seiner Behandlung der Probleme vollkommen bestätigte. Beide Männer hatten Kühnheit genug, die Wahrheit „bis aufihre ganze Höhe zu verfolgen, nicht blos den Saum ihres Kleides hie und da zu berühren,” wie unser junger Phi- losoph in seiner nächstfolgenden Schrift sich ausdrückt (!), beide wollten die Resultate der kritischen Philosophie in ihrer Zurückführung auf die letz- ten Principien alles Wissens darstellen. — Diese zweite, kaum sechs Mo- nate nach der ersten verfafste Schrift vom Ich, die der Verfasser noch nach 24 Jahren eines Wiederabdrucks in dem ersten und bis jetzt einzigen Bande seiner philosophischen Schriften werth geachtet, enthält schon Hinweisungen auf eine über Fichte’s ursprüngliche Absicht hinausreichende Fassung des transscendentalen Idealismus. Es wird stark betont, dafs im unbedingten grundlegenden Princip der Wissenschaft das Princeip des Seins und des Den- kens zusammenfallen müsse, und es eben darum nur als Subjekt, nicht als Objekt, und zwar als unbedingtes, nimmer zum Dinge (Objekte) werdendes Subjekt, d. h. als absolutes, sich durch sein Denken hervorbringendes freies Ich zu fassen sei; dafs Spinoza’s Irrthum nicht in willkürlicher Voraussetzung der Substanz, sondern darin bestehe, dafs er sie aufserhalb alles Ich’s gesetzt. Das Ergreifen des allem empirischen Ich zu Grunde liegenden reinen, d.h. absoluten Ich, wird auf intellektuelle Anschauung, im Unterschied von al- lem und jedem allgemeinen oder abstrakten Begriffe, zurückgeführt, obwohl anerkannt, dafs diese gleich der absoluten Freiheit im (empirischen, endli- chen) Bewustsein nicht vorkommen könne; und Schöpfung soll Darstellung der unendlichen Realität des Ich in den Schranken der Endlichkeit sein. Die in demselben Jahre geschriebenen Briefe über Dogmatismus und Kriti- (') Vom Ich, in d. philosoph. Schr. S. V. Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 7 eismus, in denen der leitende Gedanke der neueren deutschen Philosophie deutlicher ausgesprochen und entwickelt ist wie wohl in irgend einer andren Schrift jener Zeit, bestimmen die reine Anschauung näher. Indem sie den eigentlichen Angelpunkt der Kantschen Kritik der reinen Vernunft, die Frage wie sind synthetische Urtheile a priori möglich? — auf ihren letzten Grund, den Widerstreit zwischen Subjekt und Objekt zurückführen, und als noth- wendige Bedingung aller Synthesis eine ursprüngliche Thesis voraussetzen, die nur in der Idee des Unbedingten sich finden könne, — bezeichnen sie das Ergreifen derselben als eine unmittelbare Thathandlung der Freiheit. „Uns allen nämlich”, so heifst es, „wohnt ein geheimnifsvolles, wunderbares Vermögen bei, aus dem Wechsel der Zeit in unser innerstes, von allem was von Aufsen her hinzukam, entkleidetes Selbst uns zurückzuziehen, und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige anzuschauen. Diese An- schauung ist die innerste eigene Erfahrung; sie zuerst gewährleistet uns, dafs irgend etwas im eigentlichsten Sinne ist, während alles übrige, worauf wir jenes Wort übertragen, nur erscheint” (!). Mit diesen Worten spricht Schelling die Überzeugung aus, die sein ganzes Leben beseelt hat und zum Ausgangspunkte einer Neugestaltung der Religionsphilosophie gewor- den ist. Je nachdem diese Idee, zeigt er, als ewige starre Substanz, oder als schlechthin freies Ich gefafst wird, ergeben sich zwei einander entgegenge- setzte Anschauungsweisen des Verhältnisses des Endlichen zum Unendlichen. Während Spinoza, der Vertreter des Dogmatismus oder Naturalismus, wie- wohl von jener lebendigen Vertiefung in sich selber, nicht von todten Be- griffen ausgegangen, mit dem eines Helden der griechischen Tragödie wür- digen Opfermuth, in der Unendlichkeit des absoluten Objekts, das sich in erklärlicher Selbsttäuschung seiner Anschauung untergeschoben hatte, ver- loren, an der Schwelle schwärmerischer Mystik stand, soll dem wahren Kri- ticismus oder Idealismus nicht etwa Alles was Objekt heifst in der intellek- tuellen Anschauung seiner Selbst verschwinden, — was ohne Aufhebung des Subjekts als solchen, d.h. aller Persönlichkeit unmöglich ist; — wir sollen vielmehr das letzte Ziel: unveränderliche Selbheit, unbedingte Frei- heit, uneingeschränkte Thätigkeit, als Gegenstand einer unendlichen Aufgabe betrachten, aber eben darum auch der Seligkeit nicht mehr als einem Lohn der Tugend, sondern als der Tugend selber nachstreben. (‘) Philos. Schriften S. 165. 8 Branpviıs: Von den in den Jahren 1796 und 1797 verfafsten Abhandlungen zur Erläuterung des Idealismus der Wissenschaftslehre sei es verstattet kurz an- zudeuten, wie in ihnen die Wurzeln des transscendentalen Idealismus, die Beseitigung des unklaren Begriffs von Dingen an sich, die Ableitung des Stoffes wie der Form unsrer Erkenntnisse aus der Selbstthätigkeit des Ich und die Zurückführung der theoretischen wie der praktischen Philosophie auf ein und dasselbe Postulat des Ich, ein und dasselbe Ergreifen des ur- sprünglichen Wollens, worin der Geist seiner selbst unmittelbar inne wird, — wie alles dieses als in den Grundgedanken der Kant’schen Kritiken enthalten, nachgewiesen und das Ungenügende der gewöhnlichen Auffassung derselben gezeigt werden soll, und wiederum als Vorläufer von Kant Leibnitz be- zeichnet wird. Auch diese Abhandlungen geben Zeugnifs von der Gründ- lichkeit und Umsicht, mit der der junge Philosoph die Schwierigkeiten der Fragen die zu lösen er unternimmt, zu ermessen weils und wie es ihm darum zu thun ist, bei Widerlegung einer Meinung sie so vernünftig, ihrem Ur- sprunge nach so begreiflich als möglich zu machen (!). Irren wir nicht, so findet sich hier bereits angedeutet, was ihn bald darauf zu mathematisch-naturwissenschaftlichen Studien und zur Grundle- gung einer Naturphilosophie überführte. Freilich, sagt er, (?) „behauptete Kant, die Gesetze der Natur seien Handlungsweisen unsres Geistes, Bedin- gungen unter welchen selbst unsre Anschauung erst möglich werde; aber, setzte er hinzu, die Natur ist nichts von diesen Gesetzen verschiedenes, sie ist selbst nur eine fortgehende Handlung des unendlichen Geistes, in welchem er erst zum Selbstbewustsein kommt und durch welchen er diesem Selbst- bewustsein Ausdehnung, Fortdauer, Kontinuität und Nothwendigkeit gibt.” — Schaut nun der Geist, indem er Objekte anschaut, nur sich selbst an, und kann er nur in seinem Handeln aufgefafst werden; kann ferner das Prineip des Sinnlichen nicht selber im Sinnlichen, sondern nur im Übersinnlichen liegen (wiederum nach Kant): so lag der Versuch nahe, ein bestimmtes Sy- stem unsers Wissens oder das Wissen um unsere gesammte Erfahrungswelt, als angewandte theoretische Philosophie, aus Principien abzuleiten und damit die Naturwissenschaft philosophisch entstehn zu lassen. Dafs aber Schelling zu diesen Versuchen durch umfassende Studien ernstlich sich vorbereitet (') ebend. S. 219. ö (?) ebend. S. 216 f. Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. N) habe, geht aus seinen in den Jahren 1797 und 1798 verfafsten Schriften: Ideen zu einer Philosophie der Natur und von der Weltseele, hervor. Wir sehen ihn in Erörterungen und Prüfungen der Lehren vom Verbrennungs- procefs, vom Licht und der Wärme und ihren Wechselbeziehungen, von der Luft und ihren verschiedenen Arten, von Elektrieität, von dem Magnet, vom Organismus, in jenen Schriften begriffen. Durch Erwägung und Sichtung der Thatsachen, durch Kritik der vorzüglicheren unter den bis dahin versuch- ten Erklärungen, durch Widerlegung der mechanischen Physik, wie Le Sage sie aufgestellt hatte, bahnte er sich den Weg zu seiner eigenen "Theorie, die er dann im Jahre 1799 in seinem ersten Entwurfe eines Systems der Natur- philosophie, demnächst mit wesentlichen Veränderungen in seiner Zeitschrift für spekulative Physik 1802 entwickelte. Die durch diese neuere Darstel- lung bedingten Abweichungen von seiner ersten Auffassung finden sich in den berichtigenden Zusätzen zur zweiten Auflage seiner Ideen (1803) und in der der zweiten Auflage seiner Schrift von der Weltseele hinzugefügten Ab- handlung über das Verhältnifs des Realen und Idealen in der Natar bezeichnet. Es ist dieses Orts nicht auf die Frage einzugehn, ob zwei oder mehrere Stadien in der Entwickelung der Naturphilosophie zu unterscheiden, und wie viele verschiedene Entwickelungsperioden in der Schellingschen Philoso- phie überhaupt nachzuweisen seien. Entschieden aber müssen wir der Be- hauptung entgegen treten, die jenen verschiedenen Stadien zu Grunde lie- genden Standpunkte seien einander geradezu entgegengesetzt, der zweite geradezu die Umkehrung des ersten gewesen. Man darf nicht von Gegensatz und Umkehr reden, wenn die Keime der Entwickelung in der folgenden Pe- riode, der vorangegangenen schon eingewachsen sind. So aber verhält sich’s nicht nur mit den beiden Stadien der Naturphilosophie, sondern auch mit ihrem Verhältnifs zu dem vorangegangenen Standpunkte, den wir der Kürze wegen als den der Wissenschaftslehre bezeichnen wollen. Das Ich welches in dieser an die Stelle der ewigen Substanz Spinoza’s treten soll, ist selber ewig und unendlich. Es wird nur in den Momenten der tiefsten Selbstbe- sinnung von uns ergriffen. Es ist, wie es in der ersten Periode der Natur- philosophie heifst, der Inbegriff zugleich alles Objektiven der Natur und alles Subjektiven der Intelligenz, und die Aufgabe der Philosophie ist einer- seits vom Objektiven ausgehend, die ganze Natur in Intelligenz aufzulösen, andererseits vom Subjektiven beginnend, das Objektive aus ihm entstehen zu B 10 Branpviıs: lassen. Eben darum sollen Natur- und Transscendentalphilosophie die bei- den nothwendigen Grundwissenschaften der Philosophie sein. Wird dann im zweiten Stadium der Naturphilosophie das Unbedingte als absolutes Sub- jekt Objekt, als Identität des Idealen und Realen bezeichnet, so erhalten wir nur den bestimmtern Ausdruck für das was früher als Absolutes schlechthin und noch früher als das absolute Ich hingestellt war. Weitere Entwickelung ist hier, besonders in Bezug auf den früheren Standpunkt, unverkennbar; aber eben auch nur Entwickelung, nicht Um- oder Abkehr, noch weniger Widerspruch. An die Stelle der Polaritäten der älteren Darstellung der Na- turphilosophie, nach deren Gesetz das Leben der Natur aus den Gegensätzen sich bilden soll, treten in der andern Potenzen, eben weil dort vorläufig von Zweiheit des Idealen und Realen ausgegangen und diese hier aus dem Abso- luten abgeleitet wird. Auf die Weise ergeben sich Abweichungen in der Darstellung; Prineipien, Zielpunkte und Methode bleiben im Wesentlichen dieselben. Ebenso ist als Fortschritt in der Entwickelung, nicht als Umkehr zu betrachten, wenn Schelling Natur- und Transscendentalphilosophie als entgegengesetzte Pole des Philosophirens, in der neuern Darstellung zum In- differenzpunkt sich erheben läfst, in welchen nur der recht fest und sicher sich stellen könne, der ihn zuvor von ganz entgegengesetzten Richtungen her construirt habe. Diese Darstellung des Systems selber, wie er sie in dem unvollendet gebliebenen Entwurfe bezeichnet, oder vielmehr die Grundle- gung desselben, hat dann freilich mehr und mehr seine Thätigkeit vorzugs- weise in Anspruch genommen und ihn von jenen beiden Zweigen der Philo- sophie nach und nach abgewendet. Glaubte er in seiner Naturphilosophie das beabsichtigte Ziel erreicht zu haben? Allerdings hatte er die Naturwissenschaften in eine neue Bahn gelenkt, hatte den Blick für tiefere Naturforschung geschärft, war der zer- stückelnden Naturbetrachtung und ihren unzureichenden Erklärungen der Erscheinungen durch sein Bestreben entgegengetreten, unsere Naturerkennt- nifs auf die tiefsten Wurzeln zurückzuführen und diese in ihrer nothwendigen Zusammengehörigkeit nachzuweisen. Dafs die von ihm eröffnete Bahn der Tummelplatz von träumerischen die Thatsachen der Erfahrungen mifsachten- den Phantasiespielen geworden, hat niemand tiefer beklagt wie er selber, und bei einer neuen Bearbeitung der Naturphilosophie würde er sie wahr- scheinlich durch strengere Beachtung des Thatsächlichen und genauere Me- Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 11 thode, gegen solche Ausschreitungen zu wahren gesucht haben. Vergessen wir aber nicht über dem Widerwillen gegen solche Zwittergestalten der Wis- senschaft, auch nicht über den Mängeln der ursprünglichen Darstellung der Naturphilosophie, die erhöhte Spannkraft des Geistes, die als dauernder Ge- winn sich aus ihr entwickelt hat. Haben nicht Männer wie J. W. Ritter, Ignatz Döllinger, Oerstedt, Ph. v. Walter, deren aus sorgfältigster Beachtung der Thatsachen geschöpfte Entdeckungen den Jahrbüchern der Wissenschaft eingegraben sind, — haben sie nicht den Schwung ihres Geistes durch be- geistertes Studium der Naturphilosophie genährt? Diese Geist weckende und Geist fortzeugende Kraft, deren Eigenthümlichkeit Schelling später als Anschliefsen des Gedankens an die Natur bezeichnete, hat sich für das ge- sammte Gebiet der Wissenschaften, namentlich in Schellings Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums (1802-1803) unverkennbar ausgesprochen, und der unbefangene Beurtheiler wird sie der Naturphiloso- phie zuerkennen müssen, wie viel von den Lehrsätzen derselben seine Kritik auch in Anspruch nehmen mag. Den Ausbau dessen was Schelling als sein eigentliches System im Unterschiede von den Zweigwissenschaften der Natur- und der Idealphiloso- phie, bezeichnete, hat er nicht vollendet, wohl aber die zunächst von der Seite der Naturphilosophie ausgegangenen Anfänge desselben durch sehr wesent- liche Bruchstücke ergänzt, die vorzugsweise theils der allgemeinen Grundle- gung, theils der Geistesphilosophie angehören. Wie Alles in der einigen, schlechthin sich selber gleichen Vernunft sei, das Endliche im Unendlichen; ohne dafs ein Heraustreten der absoluten Identität aus sich selber anzuneh- men, und wie es uns gelingen könne „den Einschlagspunkt” (!) des Unend- lichen in das Endliche zu finden, d.h. in den Dingen nur das zu sehen, wo- durch sie die absolute Vernunft ausdrücken, nicht aber, was sie seien, insofern sie Gegenstände für die blos an den Gesetzen des Mechanismus und der in der Zeit fortlaufenden Reflexion seien, — das ist die mifsliche Aufgabe, an deren Lösung Schelling während dieser Periode mit nimmer versagender Spannkraft des Geistes in mehreren Schriften sich versucht. Die Indifferenz im Absoluten, in Ansehung dessen die Idee die Substanz, — das Reale schlechthin, — die Form auch das Wesen, das Wesen die Form sei, eins (') Schellings Bruno S. 215. B2 12 Branpiıs: von dem andern untrennbar, jedes des andern völlig gleichendes Ebenbild nicht nur, sondern das andere selbst, — diese Indifferenz erkennen, den ab- soluten Schwerpunkt und gleichsam jenes Urmetall der Wahrheit ergreifen, dessen Stoff alles einzelne Wahre legire, und ohne welche nichts wahr sei, — soll das durch innerste Vertiefung in sich selber zu erreichende Ziel sein (!). Mit dieser Aufgabe erhob Schelling sich über den Gegensatz von Mate- rialismus und Intellektualismus, Realismus und Idealismus, — über Gegen- sätze deren Glieder, wenn jener absolute Schwerpunkt erreicht würde, ihre einander vernichtende Schärfe verlieren müfsten. Man mag es für Vermessenheit halten in einer Sphäre sich bewegen zu wollen, innerhalb deren darauf verzichtet werden mufs, nach dem Ver- hältnisse von Grund und Folge, Ursache und Wirkung zu verknüpfen. Und wehe denen die nicht von den Flügeln des Genius getragen, zu solchem rei- nen Äther des Gedankens emporstreben; phantastische Luftgebilde oder Ausgeburten dumpfer Mystik werden die Folgen davon sein. Verkennen wir aber nicht, dafs tiefere Geister von jeher mehr oder weniger bestimmt ein- gesehen haben, dafs jene blofse Verknüpfung von Grund und Folge, Ursache und Wirkung, — wie unentbehrlich auch für Erkenntnifs im Gebiete der Erscheinungen, — das Unbedingte zu ergreifen, in das zu vertiefen wir immer von neuem uns getrieben fühlen, aufser Stande sei. Wundern wir uns darum nicht, dafs Schellings kühner Geist das Absolute an sich zu erkennen und die zwischen Endlichem und Unendlichem, Bedingtem und Unbedingtem be- festigte Kluft durch Vertiefung in den Begriff der Identität auszufüllen, Jahre lang mit Anspannung seiner wunderbaren Kräfte gerungen hat. Der Gefahr sich in Phantasiegebilde oder mystische Träumereien einzuspinnen, war sein der begrifflichen Deutlichkeit und Bestimmtheit bedürftiger Geist nicht aus- gesetzt. Konnte er auch das angestrebte Ziel nicht erreichen, — unfruchtbar ist seine Speculation mit nichten geblieben; leuchtender Blitze wird in den hierher gehörigen Schriften auch der sich erfreuen, dem die Entwickelung der Idee der Identität dunkel wie kymmerische Nacht erscheint. Solche durch sich selber leuchtende Gedanken sind namentlich die auf das Wesen der Kunst und Poesie bezüglichen. Wie in der künstlerischen Produktion bewufste und unbewufste Thätigkeiten durch freiwillige Gunst (') vgl. Bruno 220 £. u. s. w. Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 13 einer höhern Natur in unerwartete Harmonie gesetzt werden, und wie der Künstler unter der Einwirkung einer Macht stehe, die ihn von allen andern Menschen absondere, und ihn Dinge auszusprechen oder darzustellen zwinge, die er selbst nicht vollständig durchschaue, — erörtert schon das System des transscendentalen Idealismus. Dafs die ewigen und eben darum absolut wah- ren Begriffe aller Dinge allein und nothwendig schön seien, mithin Schönheit und Wahrheit im höchsten Sinne zusammenfallen müssen, veranschaulicht der Eingang zum Bruno. — Zu dem Urquell der Kunst führt die im Jahr 1807 über dasVerhältnifs der bildenden Künste zu der Natur gehaltene Fest- rede. Dem begeisterten Forscher, dem die Natur die ewig schaffende Kraft der Welt war, die alle Dinge aus sich selber und werkthätig erzeuge, konn- ten die üblichen Theorien nicht genügen, die in der Kunst entweder nichts als die Nachahmung abgezogener Formen der Natur sahen, oder Hervorbrin- gung idealischer über die Wirklichkeit erhabener Formen ihr anmutheten. Er verlangt, dafs die Form vom Begriffe aus erzeugt, der ewige Begriff der Dinge ergriffen, verwirklicht und verkörpert werde, dafs die Kunst ihrem Werke, mit der höchsten Klarheit des Verstandes, zugleich jene unergründ- liche Realität ertheile, durch die es einem Naturwerke ähnlich erscheine; dafs sie die dem Einzelnen inne wohnende Kraft als lebendigen Charakter und eben darum in scharfgefafsten Umrissen, in der Schönheit charakteristi- scher Formen darstelle, um demnächst den völlig ausgewirkten Formen die Anmuth, diese Seele der Form, die Naturseele, zu entlocken, und endlich die Schönheit der Seele selber, die Durchdringung sittlicher Güte mit sinn- licher Anmuth zu erreichen. — Zeugen diese allgemeinen Ideen von tiefem Verständnifs der Kunst, so noch mehr ihre Veranschaulichungen und Anwen- dungen auf Sculptur und Malerei, wie auf die Vertreter der bedeutendsten Kunstepochen. Hat sich ja auch Schellings künstlerischer Sinn in po&- tischen Erzeugnissen nicht unbezeugt gelassen, und wohl mochte der mit Begeisterung ihm hingegebene Dichter ihm zurufen: Gebeut nicht auch im Königreich des Schönen Wer immer König ist im Reich des Wahren? Du siehst sie beide sich im Höchsten paaren, Gleich in einander wie verlornen Tönen. Das Absolute oder Idealische hatte Schelling noch nicht als Gott- heit gefafst; aber wie hätte er den höchsten Gegenstand alles Sinnens in seiner 14 Branpviıs: Spekulation unberührt lassen, wie das Verhältnifs desselben zu jenem Unbe- dingten zu erforschen, oder vielmehr von ihm zur Idee der Gottheit sich zu erheben, nicht bestrebt sein sollen? Den Glauben, dafs ein persönliches Wesen, als einzig denkbares absolutes Ich, Urheber und Lenker der Welt sei, in wissenschaftliche Erkenntnifs zu verklären, ist das Ziel, dem er fortan mit der ganzen Energie seiner Gedanken nachstrebt. Die Entwickelung der Idee der persönlichen Gottheit aber setzt Ver- ständigung über die Begriffe der Freiheit und des Bösen voraus, so wie diese ihren Abschlufs nur in ihrer Beziehung auf das Weltganze und auf den letz- ten Grund desselben finden können. Schelling geht vom Begriff der Frei- heit aus und hat in der ihr gewidmeten Abhandlung (!) den Grund zu seiner Fassung der Gotteslehre gelegt. Es wird gezeigt dafs die Schwierigkeiten die der Feststellung individueller Freiheit entgegentreten, auch wenn man sie unzureichend als blofse Herrschaft des intelligenten Princips über das Sinn- liche der Begierden fasse, keinesweges ausschliefslich die pantheistische Welt- ansicht treffen, und dafs individuelle Freiheit mit der Abhängigkeit vom gött- lichen Grunde ganz wohl vereinbar sei, ja dafs wenn die Folge der Dinge aus Gott eine Selbstoffenbarung Gottes sein solle, Gott nur in dem was ihm ähn- lich, in freien, aus sich selbst handelnden Wesen sich offenbaren könne. Fassen wir nun aber auch, fährt er fort, idealistisch das Wollen als Ursein und alles wahre Sein als Wollen, d.h. die Freiheit als den positiven Begriff des An sich, so ist doch immer noch zu untersuchen, wie die einzelnen Wil- len mit dem Urwillen bestehn können, von ihm nicht verschlungen werden. Als realer Begriff der Freiheit ergiebt sich ihm dafs sie ein Vermögen des Guten und des Bösen sei, und damit zugleich die Aufgabe zu erklären, wie das Böse, sei es als ein Positives oder auch als Mangel und Schranke, gesetzt werden könne, ohne es zugleich in den Urwillen selber irgendwie mitzusetzen. Der Fichtesche Begriff von der Gottheit als sittlicher Weltordnung reicht in dieser Rücksicht eben so wenig wie in andrer aus. Zu einem realen Begriff des lebendigen Gottes zu gelangen, mufs der Idealismus einen lebendigen Realismus zur Basis erhalten. Zu ihm leitet die in der Naturphilosophie gel- tend gemachte Unterscheidung über zwischen dem Wesen sofern es existirt und sofern es blofs Grund der Existenz ist. Gott muls Etwas vor sich haben, (') In s. philosophischen Schriften S. 399-511. Gedächtnifsrede auf F.W.J. von Schelling. 15 nämlich sich selber, so gewils er aus und durch sich (caussa sui) ist. Dieses Etwas ist die seinem freien Willen, seiner Güte und Weisheit zu Grunde lie- gende Kraft oder Stärke, als die Möglichkeit der Intelligenz, als die Bedingung des Bewulstseins, als die der bejahenden Kraft entgegengesetzte verneinende, als die Natur in Gott. Aus dieser untrennbar verbundenen Zweiheit in Gott und der unbedingten Gewalt der Intelligenz über den dunklen Grund, er- giebt sich die Unterscheidung Gottes von der Welt und seine Herrschaft über dieselbe. In dem Grunde nämlich, in dem was zwar der Gottheit "angehört, aber nicht Sie selbst ist, mufs die Welt der Dinge wurzeln, aus ihr wird das anfänglich Regellose begreiflich, aus ihm die Nothwendigkeit stufenweis fort- schreitender Scheidung und Entfaltung in der Reihe der Entwickelungen, aus ihm die Sucht und Begierde des Eigenwillens der Kreatur. Aus ihm aber soll auch in Licht verklärt der Geist sich erheben und die Möglichkeit des Bösen daraus sich ergeben, dafs die in Gott unzertrennliche Einheit im Ge- schöpfe zertrennlich ist. Nur durch ihre Einheit mit dem idealen Princip wird die Seele Geist und dadurch dafs sie Geist ist, wird sie aus dem Krea- türlichen ins Überkreatürliche gehoben, hat sie Theil am freien Willen, der wenn er was er nur in der Identität mit dem Universalwillen sein kann, als Partikularwille zu sein strebt, die Selbheit, anstatt sie zur Basis und zum Organ zu machen, zum herrschenden und Allwillen erhebt und das Geistige in sich zum Mittel herabsetzt,— dem Bösen verfällt. Ist ja das Böse nicht etwa blofse Privation, auch nicht blofse Trägheit oder Sinnlichkeit, sondern innere Ver- kehrtheit, falsche Einheit. Der natürliche Hang zum Bösen wird dadurch begreiflich dafs die durch Erweckung des Eigenwillens in der Kreatur einge- tretene Unordnung der Kräfte schon in der Geburt sich ihr mittheilt und unablässig fortwirkt. Nichts desto weniger entscheidet sich der Mensch für Gutes oder Böses mit Freiheit, zwar nicht mit einer in sich widersprechenden Freiheit des Gleichgewichts, vielmehr mit Freiheit, die gleichweit entfernt von Zufall und äufserem Bestimmtwerden, eine aus dem Wesen des Handeln- den quellende höhere Nothwendigkeit ist,— und dennoch Freiheit, sofern das Wesen des Menschen wesentlich seine eigene That sein mufs, die That eines Ur- oder Grundwollens, das obgleich aufserhalb aller Zeit liegend, kraft der unveräufserlichen inneren Zurechnung als freie That anerkannt wird, und das die Möglichkeit nicht ausschliefsen darf der Einwirkung des guten Geistes immer von neuem sich hinzugeben. 16 Brunvıs: Wir verfolgen die tiefsinnige Entwickelung dieser Anschauungsweise nicht weiter und fragen nicht, ob und wie weit es unsrem Philosophen gelun- gen sei, die Persönlichkeit Gottes denkbar, die Freiheit und das Böse be- greiflich zu machen. Nur warnen möchten wir vor Verkennung oder Ver- unglimpfung einer Spekulation, die wenn sie auch nimmer ihr Endziel errei- chen sollte, den sinnenden Geist fort und fort in ihre Sphäre ziehen wird. War nicht Kant, der prüfendsten und besonnensten Denker einer, überzeugt die Vermittelung zwischen Determinismus und Indeterminismus nur in der Idee der intelligibelen Freiheit finden zu können? Findet sich die Fassung die Schelling ihr giebt, im Keime nicht schon bei Plato? Ist es nicht die stets sich uns erneuernde Aufgabe, zur Beseitigung des Pantheismus in seinen verschiedenen Formen, die Persönlichkeit Gottes festzustellen und denkbar zu machen? Eine Untersuchung, die, wie die Schellingsche, diese Pro- bleme in ihrer ganzen Tiefe fasst und an ihrer Lösung mit so eindringlicher Schärfe sich versucht, mufs als Förderung der Wissenschaft auch denen gelten, die nach unbefangener reiflicher Prüfung andre Wege zur Lösung einzuschlagen sich gedrungen sehn. Für die Geschichte der Entwickelung der Schellingschen Lehren ist die Abhandlung wichtig, sofern in ihr der Übergang von der Naturphiloso- phie zu dem schliefslichen Standpunkte des Philosophen, und die Zusammen- gehörigkeit dieses mit jener bestimmt hervortritt. Der Idealismus soll auch dieser Abhandlung zufolge einen lebendigen Realismus zur Basis erhalten, jener die Seele, dieser der Leib der Philosophie sein, und die Natur begreif- lich werden durch Zurückführung auf den Grund der Existenz Gottes, als auf ein von ihm zwar untrennbares aber doch unterschiedenes Wesen. Auf die Weise ergab sich eine Sonderung von Gott und Natur, die auf dem frü- heren Standpunkt zwar nicht geläugnet, aber auch nicht ins Licht gestellt war. Hätte Schelling später eine neue Darstellung der Naturphilosophie un- ternommen, ohne Zweifel würde sie wesentliche Ergänzungen und — warum sollen wir es nicht aussprechen? — Verbesserungen erfahren haben. Er würde in der Durchführung derselben zu zeigen bestrebt gewesen sein, wie Gott zugleich als Grund und als Ursache der Welt und wie die Schöpfung als Herablassung Gottes zu denken sei. Die am Schlusse der Schrift über das Wesen der menschlichen Frei- heit verheifsene Reihe von Abhandlungen, in denen das Ganze des ideellen Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 17 Theils der Philosophie allmählig dargestellt werden sollte, ist nicht zu Stande gekommen und es folgt eine Periode der Zurückhaltung. Der Mann der seit seinem zwanzigsten Jahre durch eine ununterbrochene Reihe schnell auf- einander folgender Schriften in weiten Kreisen gewirkt hatte, zieht sich seit dem Jahre 1812, noch bevor er die Mitte der ihm bestimmten Lebensdauer erreicht, in die Einsamkeit des Denkens zurück. Nur einzelne von ihm ver- öffentlichte Blätter und Stimmen begeisterter Zuhörer zeugen von der un- verminderten Spannkraft seines schaffenden Geistes und von der lebendigen Theilnahme, mit der er die ferneren Entwickelungen der Philosophie verfolgt. Sehr begreiflich dafs so langes Schweigen von seinen Verehrern schmerzlich empfunden, von seinen Gegnern durch Spott und Hohn verun- glimpft ward. Die Einen sehnten sich um so mehr seine gewichtige Stimme zu vernehmen als einerseits auf dem von ihm gelegten Grunde ein seinen Ab- sichten augenscheinlich nicht entsprechendes Gebäude mit grübelndem Scharf- sinne aufgeführt, von der andren Seite diesem und jenem Grunde selber ein mit aller Kraft des logischen Denkens durchgeführtes neues System des Re- alismus entgegengestellt ward; die Andren wähnten sein Verstummen auf Verzweiflung an der Wahrheit seiner Lehren, oder auf Unfähigkeit sie im Kampfe mit solchen Gegnern aufrecht zu halten, zurückführen zu dürfen. Seine frühere Jahr für Jahr in die philosophische Bewegung jener Zeit mäch- tig eingreifende Thätigkeit schien die Forderung ihrer unausgesetzten Fort- setzung zu rechtfertigen. Ein solches Recht konnte er mit gutem Fug in Abrede stellen. Was aber bewog den rastlosen Geist aller freundlichen An- forderungen und alles milsliebigen Drängens ohngeachtet, so lange auf schrift- stellerische Wirksamkeit zu verzichten? warum fühlte er sich nicht gedrun- gen, eingreifend in die auf andren Bahnen energisch vordringende Spekula- tion, die fernere Entwickelung der seinigen geltend zu machen? Wohl mochte er in vorgerückten Jahren sich scheuen die Ruhe der F orschung durch die mit wissenschaftlichen Fehden verbundene Aufregung zu stören: — in einer dem gestählten Geiste fremden Zaghaftigkeit, oder gar im Irrewer- den an sich selber, können wir den Grund des langen Schweigens unmöglich suchen. Auch Kränklichkeit, die in Folge grofser geistiger Anstrengungen, Jahre lang seiner Thätigkeit Schranken setzte, ist kein ausreichender Erklä- rungsgrund jener Erscheinung. Einen solchen vermögen wir nur anzuer- kennen einerseits in der Schwierigkeit und dem Umfange der Untersuchungen, C 18 'BRANDIS: in welche die sich ihm aufdrängenden neuen Probleme ihn verwickelt hat- ten, andrerseits in dem immer lebhafter in ihm hervortretenden Bedürfnifs nach möglichster Vollendung des verheifsenen Werkes, der Form wie dem Inhalte nach. Den Abschlufs jener und die Erreichung dieser hat er wie- derholt als nahe bevorstehend betrachtet und in Worten verheifsen, die, der lebhafte Ausdruck zuversichtlicher Erwartung des Gelingens langjähriger mit voller Kraft und unselbstisch geführter Untersuchungen, anmafslicher Über- hebung geziehen wurden. Die Geschichte dieser mehr wie 40 Jahre seines ringenden Geistes wird aus völligentsprechenden Urkunden sich schwerlich je vor unsern Blicken entrollen; aber mit Sehnsucht sehen wir den Bruchstücken dazu entgegen, die, wenn auch theilweise nur und in Andeutungen, sein schriftlicher Nach- lafs enthalten mufs. Den Mittelpunkt seines Geisteslebens während dieser ganzen Periode bezeichnen uns die letzten Werke der unmittelbar vorange- gangenen: die Persönlichkeit Gottes zu begreifen und auf die Weise den Weg zu sicherer Lösung der Probleme sich zu bahnen, die von jeher die Philosophie beschäftigt haben, — das ist das Ziel welches er unverrückt im Auge behielt. Dafs zur Erreichung desselben Tiefe der Spekulation mit ein- dringlicher Auffassung des Thatsächlichen der Geschichte sich vereinigen müsse, ist eine Überzeugung die bestimmt genug schon in jenen Schriften durchscheint. Vom ersten Entwurf zur Durchführung dieser Überzeugung in einer Schrift über die Weltalter, hat der Verfasser nur ein Bruchstück, von den Gottheiten von Samothrake (1815), der Veröffentlichung werth ge- achtet. Sein die Anforderungen an die Wissenschaft und sich selber immer höher spannender Geist zog jenen Entwurf mit seltener Selbstentsagung zu- rück, um ihn dereinst durch ein völlig gereiftes Werk zu ersetzen. Und doch zeigt uns die erhaltene Abhandlung, in wie hohem Maafse gerüstet er dies neue Feld der schwierigsten mythologischen Untersuchungen beschritten. Was aber hatte ihn bestimmt in diese neue Bahn einzulenken? Ohne Zweifel zunächst der Drang seine vorzugsweise der Natur zugewendete Welt- betrachtung durch Erforschung des historischen Processes zu ergänzen; dann die sich ihm immer mehr und mehr aufdrängende Überzeugung, dafs mit dem Begriff, dem rein rationalen, an die Wirklichkeit nicht heranzukommen sei, dafs einerseits der Philosophie die Erklärung der Wirklichkeit obliege, ohne dafs andererseits der Vernunft das grofse Recht entzogen werden dürfe, den Gedächtnifsrede auf F.W.J. von Schelling. 19 Begriff des absoluten Seins, selbst den der Gottheit, aus und durch sich zu entwickeln, dessen Besitz ihm die Freiheit gebe, die erforderlich sei, um die positive Wissenschaft als Wissenschaft zu erwerben. So traten ihm positive und negative Philosophie aus einander als zwei sich einander gegenseitig er- gänzende Hälften eines und desselben Ganzen; diese soll uns zur Pforte der wirklichen Erkenntnifs führen, eine rein logische Wissenschaft sein, ihr In- halt die Welt der Möglichkeiten bis zum Begriff des Absoluten; sie soll die Gegenstände bis zur Erkennbarkeit bringen: jene dagegen durch das mit dem Wollen identische Denken, das nothwendig Seiende in seiner Wirklich- keit ergreifen und nicht das Sein, sondern die Göttlichkeit desselben begrei- fen. Die negative Philosophie scheint eine Sichtung und Läuterung der frü- hern Natur- und Identitätslehre zu sein; sie in ihrer schliefslichen Fassung und mehr noch die positive Philosophie, die jenen Abhandlungen von der Freiheit und den Samothrakischen Mysterien den Keimen nach eingewachsen ist, nach den aus unlauterer Quelle geflossenen Mittheilungen würdigen zu wollen, wird nicht versucht sein, wer bedenkt wie zur Verständigung über die höchsten Gegenstände des Denkens sorgfältigste Beachtung des Ausdrucks erforderlich ist, durch den sie in stetem Ringen mit dem Worte sich aus- sprechen. Sobald die Darstellungen von letzter Hand, wenn auch nicht in der vom Verfasser beabsichtigten Vollendung, vorliegen werden, wird die Zeit eindringlicher Kritik gekommen sein und sie als Triebrad aller wissen- schaftlichen Entwickelung, ihrem Beruf um so mehr entsprechen, je mehr sie das Einzelne im Lichte des Ganzen aufzufassen bestrebt sein wird. Ein aus der Tiefe des Geistes gebornes Ganze bewährt sich als solches im Läu- terungsprocesse der Kritik. Mögen manche Einzelheiten in ihm zu beseitigen, zu berichtigen, genauer zu fassen sein: der eigentliche Lebensnerv kann da- bei bestehen und zeugungsfähig fortwirken. Wenn nicht für diesen Lebens- nerv selber, so doch mit ihm untrennbar verbunden, dürfen wir in der neuen Schellingschen Lehre die Sonderung und Verbindung einer negativen und einer positiven Philosophie halten. Wie auch die weiter fortschreitende Wis- senschaft die Grenzen zwischen beiden näher bestimmen, wie sie jede von beiden gliedern und entwickeln mag, — auf Versuche aus der Zeugungskraft des Begriffs die Welt des Wirklichen und ihren Herrn und Meister hervor- gehen zu lassen und zu begreifen, wird sie mehr und mehr verzichten müssen. Wird sie nicht auch reichlichen Ersatz finden, im Bestreben auf den neu C2 20 Braınpviıs: eröffneten Gebieten, das Wirkliche wahrhaft zu begreifen? Schelling, mit sicherem Blick für das was noth that, hat als solche angebahnt die Philoso- pbie der Mythologie und der Offenbarung. Wie vieles auch die Kritik ab- streifen mag von seinen Entwürfen zur Begründung dieser zwei neuen Zweig- wissenschaften der Philosophie, — die Vertiefung des Standpunktes für beide wird sie anerkennen müssen, wird anerkennen müssen, dafs die Götter des Heidenthums nicht erfunden oder erdacht, sondern gleich den Sprachen Er- zeugnifs eines über die Willkühr des Einzelnen hinausliegenden Entwicke- lungsprocesses des menschlichen Geistes seien. Die Gesetze desselben zu erforschen aber ist eine Aufgabe, deren Lösung mit verdoppelter Anstrengung zu versuchen, die glänzenden Fortschritte der neugebornen Sprachwissen- schaft uns zugleich mahnen und erleichtern. Trifft ja auch Schellings Bestreben mit der immer entschiedener sich aussprechenden Richtung der philologisch -historischen Mythologie zusammen, die seine Mahnung an die Philosophie, dieser Richtung ihrerseits entgegen zu kommen, nicht als Ein- griff in ihr Gebiet betrachten kann. In gleichem wenn nicht höherem Grade mufs die Idee einer Philosophie der Offenbarung als bleibender Gewinn be- trachtet werden. Anfechtungen wird die Idee als solche, abgesehen von der besondern Form in der Schelling sie zu verwirklichen versucht hat, von den entgegengesetzten Seiten einer Wissens scheuen Glaubenslehre, und einer den Glauben verneinenden Wissenschaftslehre zu gewärtigen habe. Gegen erstere hat sie den Wissensdrang des heiligen Augustinus und anderer er- leuchteter Glaubenshelden geltend zu machen, gegen letztere die die Philo- sophie immer von neuem durchzuckende Glaubensbedürftigkeit. Vernunft und Erfahrungswissenschaften, die ohne gegenseitigen Nachtheil einander nicht entbehren können, durch innige Bande zu verknüpfen, war die Absicht der Schelling’schen Dreiheit, einer Philosophie der Natur, der Mytholo- gie und der Offenbarung. Dafs es ihm durchgängig hätte gelingen können, das Thatsächliche, das in Gedanken wiedergeboren werden sollte, in seiner Bestimmtheit, mit unbefangenem Blicke aufzufassen, wird nicht wähnen wer die Schwierigkeit der Aufgabe ermisst; — einer Aufgabe die nicht der Ein- zelne sondern nur eine unabsehbare Reihe in einander greifender Forschungen und auch so schwerlich mehr als annäherungsweise zu lösen vermag. Bedeutende Leistungen in den Wissenschaften führen auch in ihren Irrthümern Samen des Wahren mit sich, die zu finden und zu entwickeln Gedächtnifsrede auf F. W.J. von Schelling. 24 | der Kritik gelingen mufs, die da prüft nicht um zu zerstören, sondern um mit Vermeidung des Verfehlten Anknüpfungspunkte für weitere Fortschritte der Forschung zu entdecken. Neidlos würde Schellings edler Geist jedes Fortschritts auf der von ihm beschrittenen Bahn sich freuen, eingedenk, dafs nur die vereinten Bestrebungen Vieler, nicht der Einzelne für sich, den Bau der Wissenschaften zu fördern vermögen; denn hat er auch von seinen Über- zeugungen durchdrungen, mit ihnen verwachsen, sie oft in heifsem Kampfe mit Zornmuth vertreten, — des Neides und eitlen Dünkels war er nicht fähig. Was in weiten Kreisen, bis zu den Thronen hochgesinnter Fürsten, Vertrauen ihm erwarb, was bei näherer Bekanntschaft an ihn fesselte, es war nicht diese oder jene seiner Lehren, nicht diese oder jene seiner hervorragenden Geistes- gaben; es war die in seinem Denken und Handeln, im Gleichgewicht und der Intensität seiner Kräfte, in seinem wissenschaftlichen und sittlichen Ernste sich aussprechende lautere und gediegene Persönlichkeit. Ihr Gepräge ist auch seinen Schriften unverkennbar eingedrückt und wird belebend, reini- gend und erhebend fort und fort wirken. EL — RN Be Ita Be Re Men ) ee alien vr ee ) N Me hy nal" nA 0202 Ph Bin: In: ya Ah "a li. re ra ana Hi » BE va DR I) ih A Physikalische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. nano nn. Aus dem Jahre 1833. =... nn Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1856. lu Commission in F. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung. Pi A "aa a: ar ki I Er A er ® ı [N er rut a \ fi 5 j = » “ DM BUT ER I IE di uk 6% yy - a ET TIERE a PN DEREN AAöe h . 5 k 7 BAR Are ae A ne BEyrıcH über den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen, zur Erläu- terung einer geologischen Übersichtskarte... ....2.2..... Seite 1 BRAUN über Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien ....2.... Sokeletanenstiersagelcherekene Syars Pa ii N nn 4 kN re j i } PIRr ab PR Dil 4 ? I a er ni” m B FOR re 8 ä j h4 EN a: Kann j ar Über den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbil- dungen, zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. A Von H”" BEYRICH. nn [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 19. Juli 1855.] D. Karte, für welche die folgenden Erläuterungen bestimmt sind, soll in einem übersichtlichen Bilde die Verbreitung der verschiedenen nord- deutschen Tertiärlager anschaulich machen, wie dieselbe unterhalb der be- deckenden oder auf der Karte als nicht vorhanden gedachten Diluvialforma- tion als wahrscheinlich vorausgesetzt werden kann. Es schien von Nutzen, die grofse, zum Theil erst in neuester Zeit gewonnene Summe von Erfah- rungen über das Vorkommen anstehender Tertiärlager innerhalb des weiten Raumes der norddeutschen Diluvialebene in einem solchen Bilde zu verei- nigen, wenn es auch wahrscheinlich ist, dafs vielleicht schon bald neu hin- zutretende Thatsachen Änderungen in den hier versuchten Construktionen nothwendig machen werden. Trotz des vielen Unsicheren werden die Schlüsse über die relative Altersstellung der in verschiedenen Gegenden auf- tretenden Tertiärbildungen, zu welchen die Vergleichung ihrer organischen Reste geführt hat, als naturgemäfs eine Stütze behalten in der Betrachtung der einfachen räumlichen Verhältnisse, nach welchen sich im Grofsen die verschiedenen Lager geordnet darstellen lassen. Das Gebiet der norddeutschen Niederung ist in seinem ganzen Um- fange als ein im Grunde von tertiären Ablagerungen erfüllter Raum zu be- trachten, in welchem schon während der Tertiärzeit nur kleine Inseln älte- ren Gesteins, wie der Muschelkalk von Rüdersdorf, der Gyps von Sperem- Phys. Kl. 1855. A Bu Pi 2 Beraıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, berg, die Flözinsel von Lüneburg und andere, eine geringfügige Unter- brechung in der allgemeinen Wasserbedeckung ausmachten, ohne von Ein- flufs zu werden auf die Anordnung der Absätze des umgebenden tertiären Gewässers. Im Westen hängt dieses grofse norddeutsche Tertiärgebiet mit dem belgisch-holländischen, im Osten mit der weiten Tertiärzone zusam- men, welche die geologische Übersichtskarte des europäischen Rufslands in dem Werke der Herrn Murchison, de Verneuil und Graf Keyserling von dem Königreich Preufsen und dem nördlichen Polen her durch die Be- zirke von Grodno, Minsk und Mohilew hindurch bis nach Iekaterinoslaw am unteren Dniepr hinzieht. Das Innere des norddeutschen Tertiärgebietes ist räumlich nicht durch Einbiegungen seiner nördlichen und südlichen Ränder gegliedert, so dafs es in einzelne kleinere Becken zerlegt werden könnte. Man kann so wenig von einem besondern westfälischen, meklenburgischen oder von einem bran- denburgischen Tertiärbecken reden, wie es einen Sinn haben würde, wenn aus irgend einem anderen gröfseren Tertiärgebiet einzelne willkürlich heraus- gegriffene Räume, oder einzelne seiner Lager, als besondere Tertiärbecken mit eigenthümlichen Benennungen belegt würden. Der Name yon Becken kann allein bezeichnend den gröfseren Verzweigungen beigelegt werden, mit welchen das zusammenhängend aus tertiären Ablagerungen zusammengesetzte gröfsere Gebiet in die aus älteren Formationen bestehenden einfassenden Gebirgsräume eingreift. Verfolgt man den südlichen Rand der tertiären norddeutschen Niede- rung, so zeichnen sich 3 beträchtlichere seitliche Ausbuchtungen oder Ne- benbecken aus, in welchen vornehmlich braunkohlenführende Lager abge- setzt wurden und welche unter diesem Gesichtspunkte in einer naturgemäfsen Weise schon von L. v. Buch in seiner 1851 der Akademie vorgetragenen Abhandlung über die Lagerung der Braunkohlen in Europa mit besonderen Benennungen belegt wurden. Das nieder-rheinische Becken ist eine bis in die Gegend von Bonn in das rheinische Gebirge eingreifende Bucht, welche in der Breite von Wesel und Düsseldorf einerseits, Aachen und Mastricht andrerseits, gegen das belgisch-holländische Tertiärgebiet geöffnet und mit diesem ver- bunden ist; nur nach innen ist diese Bucht von braunkohlenführenden Süfs- wasserbildungen, nach aufsen von marinen Tertiärlagern erfüllt. zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 3 Das thüringisch - sächsische Becken hat mehr die Form eines kesselförmig von älteren Formationen umgebenen Wasserbeckens, welches zwischen Halle auf der einen, und Wurzen oder Eilenburg auf der andern Seite geöffnet und mit dem grofsen Aufsen- Meere im Zusammenhange ist. Auch in dieses Seitenbecken drangen bis nach Leipzig marine Tertiär- lager ein. Dem schlesischen Becken, welches zur Unterscheidung von dem nicht mehr zum norddeutschen Tertiärgebiet gehörenden oberschlesischen Becken besser das niederschlesische zu nennen ist, fällt die mit Braun- kohlenlagern erfüllte Niederung des Odergebietes zu, aus der Gegend etwa von Liegnitz und Breslau aufwärts bis nach Neifse und Oppeln. Nur dieser südliche Raum des von L. v. Buch weiter gegen Norden ausgedehnten schlesischen Beckens kann als eine Seitenbucht des grofsen nördlichen Tertiärgebietes ein besonderes Becken genannt werden. Es wird durch den Zug des oberschlesischen Muschelkalkgebirges von dem oberschlesischen Becken geschieden und enthält in seinem Innern nichts von marinen Lagern, In allgemeinen Umrissen nur ist es möglich, zwischen den Ausgängen der südlichen Seitenbecken den Rand des grofsen zusammenhängenden Tertiärgebietes zu begrenzen. Die einfachen Linien, welche hier auf der Karte den Rand bezeichnen, sind nicht mehr beobachtbare geologische Grenzen; sie entsprechen auch nicht einer in den Formen des Bodens über- all deutlich ausgedrückten Abgrenzung eines niederen aus Jüngeren und eines höheren aus älteren Massen zusammengesetzten Landes. Die Diluvialüber- schüttungen, welche uns aufser Stand setzen, das Tertiärgebirge selbst im Zusammenhang zu beobachten, verhindern eine schärfere Bestimmung sei- ner Grenzen, indem sie sich über die wahren nicht beobachtbaren Grenzen des in der Tiefe liegenden Tertiären übergreifend verbreiten und mit der Grenze zugleich noch grofse Theile des Flözgebirges in Gegenden bedecken, wo keine Spur mehr von tertiären Ablagerungen vorhanden ist. Im Rheinthale war das Vorkommen eines marinen tertiären Sand- steins bei Düsseldorf, am Grafenberge, lange Zeit hindurch eine ganz ver- einzelt dastehende Thatsache, welche allein auf ein östliches Vordringen mariner Tertiärbildungen von Belgien her gegen das Rheinthal hinwies. Erst in neuester Zeit ist durch Bohrungen in der Gegend von Neufs westlich von Düsseldorf, von Crefeld und von Xanten bei Wesel erwiesen, dafs der A2 4 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, ganze Boden der Rheinniederung bis zur Mündung der Lippe hin von mari- nen Tertiärlagern erfüllt ist. Weiter nördlich sind anstehende Tertiärlager bei Bocholt in Westfalen und an mehreren Orten nahe der westfälischen Grenze in der holländischen Provinz Geldern bekannt. Diese letzteren tertiären Punkte liegen nur wenig entfernt von der äufsersten westlichen Zone, in welcher die Gesteine der westfälischen Kreideformation noch in unterbrochenem Zusammenhange zu Tage liegen. Dagegen ist noch keine Spur von anstehenden Tertiärbildungen im Innern des grofsen von Kreide- ablagerungen erfüllten Busens aufgefunden worden, welcher im Osten durch den Teutoburger Wald und im Süden durch das Kohlengebirge der Ruhr oder den Nordrand des rheinischen Schiefergebirges eingeschlossen wird. Die Linie, welche aus der Gegend von Bentheim, westlich von Rheina an der Ems, gegen Wesel hin die äufsersten anstehenden Punkte der Kreide- formation mit einander verbindet, bildet demnach auch eine natürliche öst- liche Grenze des nach Deutschland zum Rheinthale übergreifenden belgisch- holländischen Tertiärgebietes. Aus der Gegend abwärts von Rheina an der Ems ist eine Linie, welche nach Osten die am weitesten gegen das Flachland vorgeschobenen, zum Theil schon in demselben liegenden Hervorragungen älterer Flözbildungen mit einander verbindet, als die südliche Grenze des zusammenhängenden nördlichen Tertiärgebietes angenommen. Sie führt nördlich des Kohlenge- birges von Ibbenbühren vorüber in die Gegend von Bramsche an der Hase, von hier nach Lemförde an der Südseite des Dümmer-Sees, über die Weser nördlich von Minden fort nach dem Steinhuder See und nach Neustadt am Rübenberge, dann nahe Hannover vorüber zu der nördlichen Grenze des subhercynischen Flözgebirges hin, welche durch den Lauf der Aller und Ohre gegen Magdeburg zu bezeichnet wird. An diese angenommene südliche Grenzlinie nahe herantretend ist zwischen der Ems und Weser nur ein ein- ziger Punkt anstehenden Tertiärgebirges durch Ferdinand Roemer bekannt geworden: bei Bersenbrück, einem an der Hase im Osnabrückischen nörd- lich von Bramsche gelegenen Orte. Äufserst wichtig durch seine geogra- phische Stellung wie durch die Beschaffenheit des blosliegenden Lagers er- weist dieser Punkt, dafs die gleichartigen und vollständig gleiche organische Reste einschliefsenden Lager im östlichen Geldern und in der Gegend von Bocholt nur Theile eines und desselben Tertiärlagers sind, welches weit im zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 5 Osten in gröfserer Verbreitung erst wieder zwischen Weser und Elbe und besonders im unteren Elbgebiet sichtbar wird. Östlich der Weser sind die der Südgrenze nächstliegenden Punkte anstehender Tertiärlager in der Ge- gend von Walsrode und bei den Dörfern Walle und Eversen, in der Lüne- burger Heide nördlich von Celle, durch Herrn Jugler aufgefunden worden. Die von der Ems bis zur Elbe aus der Gegend von Rheina bis nach Magdeburg gezogene Linie kann nur als die ungefähre Grenze der zusam- menhängenden Absätze des nördlichen Tertiär-Meeres angesehen werden, nicht als die Grenze des Meeres selbst, welches ohne Zweifel über ansehn- liche Theile des Flözgebirges fort mit zahlreichen Kanälen, deren Lauf nicht angegeben werden kann, in letzteres eingriff. Die zahlreichen zerstreuten Tertiärpunkte, welche unsere Karte innerhalb des Flözgebirges von der Grenze des nördlichen Tertiärgebietes südwärts nach dem von L. v. Buch mit dem Namen des rheinisch-hessischen Beckens belegten Tertiärgebiete hin anzeigt, sind gröfstentheils Meeresabsätze, welche in ihren Einschlüssen mit bestimmten Ablagerungen des grofsen nördlichen Gebietes übereinstimmen; sie können sich unmöglich anders als in Verzweigungen des nördlichen Mee- res abgesetzt haben. Ist es freilich unmöglich die einzelnen Kanäle zu er- kennen, durch welche hier die Wasser mit einander in Verbindung standen, so lassen sich doch im Grofsen die Grenzen angeben, in welchen die südli- chen Verzweigungen des nördlichen Meeres eingeengt waren. Die Linie des Teutoburger Waldes und der Ostrand des rheinischen Schiefergebirges wird im Westen an keinem Punkte von marinen Tertiärlagern erreicht; im Osten bleiben sie entfernt von dem Gebiet der Wasserscheiden zwischen den Thä- lern der Leine und Werra einerseits und denen der Unstrut, Wipper und Helme andrerseits, wo sich zwischen dem Südrande des Harzes und dem Nordrande des Thüringer Waldes eine breite von Tertiärlagern jeder Art unbedeckte Scheide zwischen den westlichsten Verzweigungen des thürin- gisch-sächsischen und den Ablagerungen des rheinisch - hessischen Beckens vorfindet. In dem Aufsatze über die Stellung der hessischen Tertiärbildun- gen in den Monatsberichten der Akademie vom November y. J. wurde ein Punkt am Rande des Vogelsgebirges beiEckardroth westlich von Schlüchtern als der südlichste Ort bezeichnet, bis wohin das Vordringen des tertiären Meeres von Norden her angenommen werden kann. Der Zusammenhang der ausgedehnteren marinen Tertiärlager in der Gegend von Cassel und Mün- 6 Beynıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, den mit denen der norddeutschen Niederung wird vermittelt durch die zer- streuten Lager von Osnabrück, Bünde und Lemgo, welche dem Landstrich zwischen der Linie des Teutoburger Waldes und dem Zuge der Weserkette aus der Gegend von Bramsche nach Minden hin angehören; daran reihen sich ostwärts zwischen der Weser und Leine die Vorkommen bei Holtensen am Deister und von Lüthorst bei Eimbek, dann östlich der Leine die von 'Diekholzen bei Hildesheim, von Freden bei Alfeld und von Bodenburg. Dafs ferner auch das ganze Gebiet des subhereynischen Flözgebirges von Kanälen des tertiären Meeres durchzogen war, zeigen die Vorkommnisse mariner Tertiärgebilde bei Salzgitter, bei Söllingen südlich von Schöningen, so wie die zum Theil schon länger bekannten Ablagerungen, welche in den Mulden von Helmstedt, Biere, Egeln und Aschersleben die unterliegenden Braun- kohlen bedecken. Man darf annehmen, dafs die Kanäle, in welchen diese Absätze sich niederschlugen, nach beiden Seiten hin, gegen Nordwesten in der Richtung über Braunschweig und Fallersleben hinaus, gegen Südosten in der Richtung nach Köthen hin mit dem grofsen äufseren Meere in Ver- bindung standen. In ähnlicher Weise wie vom Rhein bis zur Elbe bei Magdeburg ist auf der Karte von dem Ausgange des thüringisch-sächsischen Beckens ost- wärts zur Oder hin als südliche Grenze des nördlichen Tertiärgebiets eine die äufsersten Vorberge des Lausitzer und des schlesischen Gebirges umzie- hende Linie angenommen. Diese führt aus der Gegend von Eilenburg zwi- schen Riesa und Mühlberg über die Elbe fort nach Ortrand, südlich von Hoierswerda vorbei zur Neilse zwischen Rothenburg und Görlitz, von hier nach Wehrau am Queiss, dann gegen Liegnitz hin. Indem sie im weiteren Verlauf die äufsersten Punkte der westlich der Oder hervorstehenden primi- tiven Gesteine umgiebt, bildet sie, dem Lauf der Oder selbst ziemlich pa- rallel über Strehlen fortlaufend, den westlichen Rand des niederschlesischen Beckens. Längs der ganzen Erstreckung von der Elbe bis zur Oder hin halten sich marine Tertiärlager weit von der Grenze des Tertiären entfernt. Nur die braunkohlenführenden Ablagerungen, welche die Seitenbuchten des thüringisch -sächsischen und des niederschlesischen Beckens ausfüllen, brei- ten sich hier aus; ihr Auftreten bei Finsterwalde, Spremberg, Muskau und Sorau erweist die ununterbrochene Verbindung, in welcher die westlichen Braunkohlen des Elbgebietes und die östlichen des Odergebietes abgesetzt zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 7 wurden. Die seitlichen, von hervorragenden älteren Gesteinen noch um- gebenen Ausläufer gleichartiger Absätze, welche von der Mulde bis zur Neifse hin in der Gegend von Grimma, Oschatz, Meifsen und Bautzen vor- kommen, entfernen sich nicht weit von der angenommenen Grenze des zu- sammenhängenden äufseren Tertiärgebietes; sie verbreiten sich unabhängig von dem Einschnitt des Elbthals, welches von Meifsen bis Tetschen hin eben, so wenig einenVerbindungsweg für die Absätze des böhmischen mit denen des sächsisch - thüringischen oder des gröfseren norddeutschen Tertiärbeckens abgab, wie der Einschnitt des Rheinthals von Bonn bis Bingen für die Ab- sätze des Mainzer oder des hessisch - rheinischen Beckens mit denen des nie- derrheinischen. Die Richtung, in welcher die Wasser des böhmischen Beckens mit denen des norddeutschen Tertiärgebietes in Verbindung standen, giebt sich vielmehr zu erkennen durch die in der Gegend von Zittau und zwischen Görlitz, Seidenberg und Lauban verbreiteten Ablagerungen von braunkohlenführenden Tertiärbildungen. Nur durch Kanäle, welche der Trennung des Lausitzer Gebirges von dem Riesengebirge in ihrem Laufe entsprechen, kann daher das böhmische Becken mit den norddeutschen Tertiärwassern in Verbindung gewesen sein. Während es möglich war, wie im Vorhergehenden in Umrissen ver- sucht ist, für das grofse norddeutsche Tertiärgebiet sowohl die südliche Grenze wie die Verbindungswege zu bestimmen, auf welchen seine Absätze mit denen der kleineren mitteldeutschen Tertiärbecken zusammenhängen, lassen sich meist nur Vermuthungen über die Grenzen hegen, wo im Norden in jetzt zum Theil von Meeren eingenommenen Räumen die Ablagerungs- grenzen desselben Tertiärgebietes za suchen sind. Es ist wahrscheinlich, dafs ein Theil des Beckens der Nordsee von tertiären Bildungen erfüllt ist, welche mit denen der norddeutschen Niederung zusammenhängen. Keinem Zweifel unterliegt es, dafs Schleswig und Holstein, ein Theil von Jütland und ein Theil der dänischen Inseln unter der Diluvialdecke eine gewifs nur wenig unterbrochene Tertiärformation enthalten. Man darf die Linie, welche Forchhammer schon auf seiner im J. 1835 bekannt gemachten geologischen Übersichts - Karte von Dänemark aus der Gegend von Lemvig an der Westküste von Jütland nach Aarhuus an der Ostküste, von hier mit- ten durch Seeland hindurch nach der Ostküste von Möen, von hier nach Rügen und nach der östlichen Odermündung bei Kammin in Pommern als S Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, Grenze für die zusammenhängende Verbreitung des Diluvialgebirges gezo- gen hat, auch als die Grenze der Verbreitung zusammenhängend darunter liegender Tertiärbildungen annehmen. Der durch diese Linie abgeschnit- tene nördliche Raum, durch welchen jetzt die Nordsee mit der Ostsee ver- bunden ist, mufs in der Tertiärzeit ein Vorland des scandinavischen Gebir- ges gewesen sein, an dessen östlicher Seite an der Stelle der Ostsee noch kein Wasserbecken eingesenkt war. Anstehende Tertiärlager sind eben so wenig wie tertiäre Einschlüsse in den Ablagerungen der Diluvialformation im südlichen Schweden, auf den schwedischen oder russischen Ostsee - In- seln, oder an irgend einem Punkte der ausgedehnten Östseeküsten aufser den preufsischen gekannt. Der in neuerer Zeit erst in seinem Umfange be- kannt gewordene gröfsere, von jurassischen Bildungen eingenommene Raum zwischen Wollin, Kolberg und Gülzow, welchen unsere Karte im Norden als einen von Tertiärlagern unbedeckten Flözgebirgsdistrikt angiebt, kann als die jetzt dem deutschen Festlande angehörende Südspitze des Landes ange- sehen werden, welches in der Tertiärzeit den scandinavischen Gebirgen vor- lag. Man hat keinen Grund zu vermuthen, dafs eine durch den südlichsten Theil der Ostsee von Kolberg gegen Memel hin gezogene Linie weit von tertiären Bildungen überschritten werde. Eine Übersicht der Thatsachen, aus welchen die zusammenhängende Verbreitung des Tertiärgebirges im Innern des grofsen Raumes, dessen Grenzen im Vorhergehenden verfolgt wurden, hervorgeht, wird sich an- schaulicher einer Darstellung von der Verbreitung der Glieder des nord- deutschen Tertiärgebirges anschliefsen. Einige Worte mögen vorausgehen über die Hilfsmittel, welche im nördlichen Deutschland das Vorkommen tertiärer Einschlüsse in den bedeckenden Diluvialablagerungen für die Be- urtheilung der Ausbreitung der darunter liegenden Tertiärlager darbietet. Die Erscheinung, dafs in Diluviallagern, häufiger in sandigen als in thonigen, einzelne Blöcke von festen Tertiärgesteinen oder lose Tertiärcon- chylien gefunden werden, ist durch das ganze Gebiet des Diluvialgebirges von den Elbgegenden bis zur Oder hin und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus verbreitet. Überall sind solche Einschlüsse den Materialien zuzuzäh- len, welche die aus nördlichen Gegenden kommenden Schuttfluthen erst aus dem aufgewühlten Boden, über welchen sie mit grölster Gewalt fortgewälzt wurden, in sich aufnahmen und mit denjenigen Massen vermischten, die zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 9 zum Theil auf gleiche Weise schon aus gröfserer Ferne her mitgeführt wa- ren. Wennsich einmal ein einzelnes Tertiärgeröll oder eine einzelne Muschel zeigt, verschwindend zwischen den verschiedenartigsten anderen Massen, so wird man aus diesem Vorkommen, so lange man sich in Gegenden be- findet, wo die Zusammensetzung der Diluviallager ausschliefslich durch die aus dem Norden herbeigeführten Materialien bedingt ist, auch nichts anderes zu folgern berechtigt sein, als dafs im Allgemeinen in nördlicher oder in unseren Gegenden genauer in nordöstlicher Richtung von dem Beobachtungs- punkte entsprechende Lager anstehen müssen. Wo aber ein bestimmtes Ge- stein und mehr noch, wo lose Conchylien in grofser Menge und leicht zu finden vorkommen, ist zu schlielsen, dafs das anstehende aufgewühlte Ter- tiärlager sich nicht in grofser Entfernung vorfinden könne. Dieser Schlufs liegt so nahe, dafs beispielsweise, so lange das sogenannte Sternberger Ge- stein in Meklenburg bekannt ist, nie daran gezweifelt wurde, dafs in Mek- lenburg selbst das auch heutigen Tages noch nicht anstehend beobachtete Lager, welchem jenes Gestein angehört, vorhanden sein müsse. Die Orte, wo dasselbe in Meklenburg häufiger gefunden wird, umschliefsen einen nicht grofsen Bezirk, in welchem andere Tertiärgesteine nicht vorkommen, aber wohl aufser dem Sternberger Gestein in grofser Menge lose Conchylien von denselben Arten, welche in jenem sich finden. Jenseits einer östlichen und westlichen Grenze, welche von dem Sternberger Gestein nicht überschritten wird, finden sich andre, wenn auch petrographisch ähnliche Tertiärgesteine im Diluvium, die ihrem conchyliologischen Inhalt nach zu andern Tertiär- lagern gehören. Diese Verhältnisse machten es möglich, auf unserer Karte in Meklenburg einen Verbreitungsbezirk für die Tertiärlager vom Alter des Sternberger Gesteins zu umgrenzen, obwohl für denselben noch kein einzi- ger Punkt anstehend beobachteten Gebirges einen unverrückbaren Anhalt gegeben hat. In anderen Gegenden stützt sich, wie im Folgenden mehrfach wird zu erwähnen sein, die auf der Karte angenommene horizontale Er- streckung bestimmter Tertiärlager auf die Verbindung diluvialer Vorkomm- nisse mit anstehend gekannten Punkten. Die sorgfältige Beobachtung ter- tiärer Diluvial-Einschlüsse ist demnach in unseren Gegenden, wo die anste- hend beobachteten Punkte auch da, wo sie am zahlreichsten sind, immer noch weit von einander entfernt liegen, von grofser Bedeutung. Zu fal- schen Schlüssen ist man überall gelangt, wo die Diluviallager wegen des häufi- Phys. Kl. 1855. B 10 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, gen Vorkommens tertiärer Einschlüsse selbst für anstehendes Tertiärgebirge gehalten wurden. So häufig und so verbreitet übrigens die ganze Erschei- nung im nordöstlichen Deutschland ist, so wird sie doch nirgends so auffal- lend und leicht täuschend, wie dies in einigen Gegenden Belgiens der Fall ist, wo die Conchylien der aufgewühlten Tertiärlager in wunderbarer Menge zusammengespült fast allein ganze Lager in dem auch dort das anstehende Tertiärgebirge bedeckenden Diluvium zusammensetzen.(!) Die gesammte Folge der norddeutschen Tertiärlager, welche auf der Karte unterschieden sind, vertritt nur einen mittleren Theil der langen Ter- tiärperiode, in welcher in mannichfaltigen Abstufungen und sehr allmäligem Wechsel der Faunen die organischen Verhältnisse der Gegenwart nach und nach vorbereitet wurden. Ausgeschlossen sind in dem norddeutschen Tertiär- gebiet Vertreter der älteren eocänen Tertiärreihe, welche die verschiedenen Glieder der Formation des französischen Grobkalkes und die in England früher unter dem Namen des London-Thons vereinigt gewesenen Lager umfafst. Ebenso fehlen jüngere Pliocän-Lager, welche dem Crag in Eng- land oder den Lagern von Diest und Antwerpen in Belgien parallel gestellt werden könnten. Die jüngsten norddeutschen Tertiärlager sind daher durch einen beträchtlichen, durch keine Ablagerungen vertretenen Zeitraum ge- trennt von den übergreifend über die sämmtlichen vorhandenen Glieder des Tertiärgebirges ausgebreiteten Ablagerungen der Diluvial- oder Quartärfor- matıon. Das ältere eocäne Tertiärgebirge erstreckt sich in Belgien nordwärts bis zu einer Linie, welche in der Richtung von W.N.W. gegen O.S.O. aus der Gegend von Brügge über Gent und Brüssel fort quer das Land durch- schneidet. Dem jüngsten eocänen Lager, dem System von Laeken bei Dumont, ruhen die ältesten der in Norddeutschland wiedererscheinenden Tertiärlager auf, welche Dumont das System von Tongern genannt hat. In Deutschland fehlen die älteren eocänen Lager nicht blos dem Tertiärge- biet der norddeutschen Niederung, sondern eben so sämmtlichen mittel- deutschen Tertiärbecken; sie zeigen sich in Deutschland erst südwärts in den Alpen, wie sie ostwärts im Gebirgssystem der Karpathen verbreitet (") Dahin gehörende Thatsachen beschreibt Lyell in seinem Aufsatz über die Belgi- schen Tertürbildungen im Quart. Journal of the geol. Soc. of London. Vol. VII, p. 310. sq. zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 11 sind. Erst in fernem Osten innerhalb des Rufsland durchziehenden Ter- tiärgebietes, welches für eine Fortsetzung des norddeutschen zu halten ist, weils man von dem Vorkommen tertiärer Conchylien, welche mit denen des Pariser Grobkalkes verglichen sind; sie wurden von Friedrich Dubois in der Ukraine bei Butschak am Dniepr oberhalb Kiew gesammelt, ihr Verzeich- nifs ist durch L. v. Buch bekannt geworden.(!) Räumlich getrennt durch den Granitzug der Ukraine von dem Volhynisch-Podolischen Tertiärbecken, welches gleich dem südpolnischen und dem oberschlesischen der längs der Alpen und Karpathen hinziehenden Zone von miocänen Tertiärbecken angehört, wurden jene Conchylien von Butschak für Murchison fast der einzige positive Anhalt, um ein grofses von Nord-Deutschland her nach Rufsland eintretendes eocänes Tertiärgebiet anzunehmen. Es dürfte jetzt wohl gewagt erscheinen, wenn man sich stützend auf eine so fern liegende und wohl einer erneuten sorgfältigen Prüfung zu unterwerfende Örtlichkeit den Schlufs ziehen wollte, dals trotz des Verschwindens wahrer eocäner Tertiärlager in der Mitte von Belgien eocäne Ablagerungen im Innern von Rufsland mit jenen belgischen auf einem uns unbekannt gebliebenen Wege dureh Norddeutschland hindurch in Verbindung ständen. Die mittlere Tertiärzeit, welcher die norddeutschen Lager angehören, theile ich in eine ältere oligocäne und eine jüngere miocäne Zeit. Die verschiedenen oligocänen Glieder, welche auf der Karte unterschieden wur- den, sind dieselben, deren Altersfolge in der Abhandlung über die Stellung der hessischen Tertiärbildungen festgestellt wurde. Ihre zusammenhängende und selbstständige, von dem Vorhandensein älterer eocäner Tertiärbildun- gen unabhängige geognostische Verbreitung ist der vornehmliche Grund, der mich abhält, sie mit Lyell nur als einen oberen Abschnitt der eocänen Tertiärreihe zuzuzählen; ihre mannigfaltige Gliederung und ihr grofser erst in Deutschland in seinem ganzen Umfange bekannt werdender Reichthum an ihnen eigenthümlich zukommenden organischen Resten bestimmen mich, sie lieber als einen besonderen Abschnitt der tertiären Periode getrennt zu betrachten, als sie dem miocänen Tertiärgebirge anzureihen, wie ich es frü- her mit d’Orbigny und andern Autoren gethan habe. (‘) Leonh. Br. Jahrb. 1836 p. 359. M. V.K. Russia I, p. 286. B2 49 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, Die ganze Folge der oligocänen Lager besteht aus 5 marinen und 2 Süfswasser-Bildungen, von denen eine deutsche marine und eine Süfswasser- Bildung in Belgien nicht vorhanden sind, während eine in Belgien vorhan- dene marine Bildung noch nicht mit Sicherheit in Deutschland nachgewiesen ist. Um die Folge leichter zu übersehen, läfst sich ein unteres, ein mittle- res und ein oberes Oligocän unterscheiden, wozu allein die Folge der ma- rinen Lager den Anhalt abgiebt, indem die Süfswasserbildungen sich den marinen unterordnen, ohne als selbstständige Vertreter eines besondern Ab- schnittes der tertiären Zeitfolge angesehen werden zu können. Das Unteroligocän wird zusammengesetzt aus der braunkohlen- führenden Tertiärbildung in der östlichen Hälfte des norddeutschen Ter- tiärgebietes — der nordostdeutschen Braunkohlenbildung — inVer- bindung mit dem marinen Lager, welches zwischen dem Harzrande und dem Magdeburgischen Grauwackenzuge in den Mulden von Egeln, Biere und Aschersleben die Braunkohle bedeckt — dem Lager von Egeln. — Der gewaltige Umfang des Wasserbeckens, in welchem sich die nordostdeutsche Braunkohlenbildung ablagerte, ist gewifs eine der merkwürdigsten Erschei- nungen in unserem Tertiärgebiet. Man hat in der That keinen Grund vor- auszusetzen, dals in dem grofsen Raum von Königsberg und Warschau im Osten bis zu den Elbgegenden hin, von dem Nord - bis zum Südrande des Tertiärgebiets die zusammenhängende Ausbreitung ein und desselben braunkohlenführenden Tertiärlagers durch irgend etwas anderes unterbro- chen werde, als durch kleine inselartige Hervorragungen der Unterlage des Beckens, die wir zum Theil noch jetzt zu Tage liegend beobachten. Nur im Süden blieben die Absätze des Braunkohlenbeckens, welches doch wohl nur ein grofser Süfswassersee gewesen sein kann, unbedeckt von den Nie- derschlägen des später denselben Raum zum Theil einnehmenden Meeres. Jenseits der Grenze des bedeckenden marinen Tertiärgebirges konnten die älteren Braunkohlenlager nur da sichtbar werden, wo ihre Decke von den darüber fortströmenden Diluvial-Fluthen weggerissen wurde, oder wo in ei- ner noch späteren Zeit in den Einschnitten breiterer Flufsthäler mit der durchschnittenen Decke zugleich die Unterlage blosgelegt wurde. Die Braunkohlenlager an der Warta von Konin und Kolo im Königreich Polen, die von Zirke und Wronki oberhalb Birnbaum im Grofsherzogthum Posen, zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 13 die an der Weichsel von Plock, Dobrzyn und von Bromberg bis Schwetz, und die bei Königsberg sind in gleicher Weise wie die in der Priegnitz bei Perleberg, womit die meklenburgischen bei Grabow und Parchim zusam- menhängen, für Absätze eines und desselben grofsen Braunkohlenbeckens zu halten, von welchem das thüringisch-sächsische und das niederschlesi- sche Becken nur kleine Ausbuchtungen sind. Man wird auch, so lange nicht entscheidende Gründe dagegen sprechen, des räumlichen Zusammen- hanges wegen dem ganzen böhmischen Becken als einem seitlichen Neben- becken die gleiche geologische Stellung anweisen. Das Auftreten des marinen Tertiärlagers von Egeln entscheidet über das Alter der nordostdeutschen Braunkobhlenbildung und über die Vorstel- lungen, die wir über Zeitäquivalente in den Ablagerungen anderer Tertiär- becken hegen können. In Belgien ruht das marine Tongrien inferieur von Dumont unmittelbar auf den marinen Lagern von Laeken, dem obersten Gliede der eocänen Reihe, welches Dumont dem Barton - Thon und dem darüber liegenden marinen Sande von Headen Hill im südlichen England parallel stellt. Über diesen obersten marinen Eocän - Lagern folgt in Eng- land auf der Insel Wight ein mannigfaltiger Wechsel von Süfs- und Brack- wasserbildungen, welche in die Headen - Lager, die Osborne- oder St. He- lens-Lager, die Bembridge- und die Hempstead-Lager getheilt werden. Die obersten Hempstead-Lager entsprechen den mittel-oligocänen Brack- und Süfswasserbildungen in Belgien ( Tongrien superieur Dumont). Hiernach fällt die nordostdeutsche Braunkohlenbildung in das Niveau eines unteren Theiles der Süfs- und Brackwasserbildungen der Insel Wight, das noch schärfer wird begrenzbar werden, wenn es gelingt, in der Reihe jener engli- schen Lager bestimmter den Horizont des belgischen Tongrien inferieur oder unseres deutschen Lagers von Egeln festzustellen. In Frankreich kann nichts anderes als die Süfswasserformation des Gypses von Mont-Martre, dessen Säugethierfauna in England in dem Bembridge- Lager wiedergefun- den ist, unserer nordostdeutschen Braunkohlenbildung parallel stehen. So wenig wie im südlichen England bedingt im nordöstlichen Deutsch- land das Auftreten einer dort so mannichfaltig gegliederten, hier so weit ausgebreiteten Süfswasserbildung einen schärferen Abschnitt in der Entwick- lung der marinen Faunen. Eben so wie in dem rein marinen Lager von 14 Berrıca über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, Egeln finden sich nach Lyell(') in England in den Brackwasser- Schichten unterhalb der mitteloligocänen Hempstead - Lager zahlreiche Arten des älte- ren eocänen Barton-Thones, so dafs, wenn man sich die Süfswasserlager fortdenkt, die letzten marinen Eocän- und die ältesten Oligocän-Faunen eine enggeschlossene Reihe der in ungestörtem Fortgang sich folgenden Mee- reslager darstellen würden. Die Fauna des Lagers von Egeln führt in en- gem Anschlufs an die des Barton - Thones aus der eocänen Zeit in die oligo- cäne hinüber, deren oberstes Glied sich eben so innig an die nachfolgenden miocänen Faunen anschliefst. Die mitteloligocäneReihe enthält 3 marine Lager, von welchen die beiden unteren die Brack- und Süfswasserbildungen des rheinisch-hessischen Tertiärbeckens — die rheinisch-hessische Braunkohlenbildung — einschliefsen. Auf das Verhalten der inneliegenden Sülswasserbildung zu den einschliefsenden Meereslagern läfst sich dieselbe Betrachtung anwenden, zu der die nordostdeutsche Braunkohlenbildung Veranlassung gab; das auf- und das unterliegende Meereslager sind in ihren Faunen so nahe mit einander verbunden, dafs die eingeschobene Süfswasserbildnng kaum einen besonde- ren Zeitabschnitt zu vertreten scheint. Die Reihe beginnt mit dem Lager von Alzey, der marinen Basis des Mainzer Tertiärbeckens. Weder in Belgien noch im nördlichen Deutsch- land ist ein gleichstehendes Lager gekannt. Den nachfolgenden Brack- und Süfswasser-Lagern der rheinisch- hessischen Braunkohlenbildung sind die Braunkohlen des Westerwaldes und die des niederrheinischen Beckens zugerechnet. Ich stelle sie dem Tongrien superieur in Belgien parallel, während Dumont auf seiner Übersichtskarte von Belgien die Brack- und Süfswasserbildung des Mainzer Beckens in Ver- bindung mit dem unterliegenden marinen Lager von Alzey für ein Äquiva- lent seines Rupelien inferieur, die Braunkohlenbildung in Hessen, im Wes- terwald und am Niederrhein für ein Äquivalent seines miocänen Bolde- rien erklärte. Die Beobachtungen in Hessen haben gezeigt, dafs wenigstens die letztere Deutung sicher falsch ist. Das zweite mitteloligocäne marine Lager von Kleyn-Spauwen (Dumont'’s Rupelieninferieur) fehltanscheinend in Deutschland, wie dasLager (‘) Manual of element. Geol. 1855 pag. 213. zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 15 von Alzey in Belgien. Nur das jüngste der mitteloligocänen Tertiärlager, äquivalent dem Aupelien superieur in Belgien oder dem Thon von Boom und Rupelmonde südlich von Antwerpen, ist in dem norddeutschen Ter- tiärgebiet in grofser Ausdehnung abgelagert; es wird vertreten durch den Septarienthon der Mark, welcher dem Thon von Boom identisch ist, und durch mit ihm verbundene Sandlager. Indem ich eine Übersicht folgen lasse über die Verbreitung, welche diesem mitteloligocänen Lager auf der Karte in der norddeutschen Niede- rung eingeräumt ist, will ich von der Gegend zwischen Havel und Oder aus- gehen, wo das Auftreten des Septarienthons bei Hermsdorf, Buckow, Frei- enwalde, Joachimsthal und Stettin zugleich die Grenze bezeichnet, bis wo- hin sich hier das marine Tertiärgebirge über der im Süden unbedeckt ge- bliebenen Braunkohlenbildung ausbreitet. Bei Stettin, wo in gröfserem Umfange als an irgend einem anderen Punkte im nördlichen Deutschland an den steilen Gehängen des Oderthales, — abwärts von Stettin bis nahe an Pö- litz, — das Tertiärgebirge beobachtbar blosliegt, wechsellagert der Septa- rienthon mit marinen Sanden, welche sich dadurch auszeichnen, dafs ein festes Tertiärgestein, petrographisch dem meklenburgischen von Sternberg sehr ähnlich, theils in Form von Kugeln oder grofsen Bomben, theils von flachen Platten, darin ausgeschieden vorkommt. Die Conchylien dieses Stettiner Tertiärgesteins sind aufser verbreiteten Arten des Septarienthones nur wenige neu hinzutretende, nicht gemischt mit jüngeren miocänen Arten, wie dies charakteristisch in den oberen oligocänen Lagern vom Alter des Sternberger Gesteins der Fall ist. Nur von diesem Stettiner Tertiärgestein, nicht von dem Sternberger, mit dem es früher verwechselt wurde, sind ein- zelne Blöcke im Diluvium zerstreut bis in die Gegend von Berlin und Pots- dam, von Frankfurt a.O. und selbst bis Breslau verspült worden; ein aus dem Breslauer Stralsenpflaster genommener Block des Stettiner Tertiärge- steins gelangte in L. v. Buch’s Sammlung. Blöcke desselben Gesteins, und beweisender noch lose Conchylien des Stettiner Sandes oder des Septarien- thones finden sich aber noch weiter westlich und östlich in Gegenden, wo sie nicht aus dem uns bekannt gewordenen anstehenden Lager hingespült sein können, sondern eine weitere westliche und östliche Verbreitung desselben unterhalb des bedeckenden Diluviums anzeigen. Westlich der Oder zeigt das Vorkommen von Conchylien des Septarienthones in einem von grofsen 16 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, nordischen Blöcken erfüllten Diluvial-Lehm bei Neu-Brandenburg und das Vorkommen des Stettiner Gesteins bei Woldegk, woher die Königliche Sammlung einen schönen Block desselben besitzt, dafs die Sande von Stet- tin und der Septarienthon sich nach Meklenburg bis in die Gegend hin ver- breiten müssen, wo sich das Sternberger Gestein zu zeigen anfängt. Zwei- felhafter ist es bis jetzt, ob die tertiären Conchylien, welche auf Rügen in den Kiesgruben bei Sagard und Bobbin gefunden werden, hierher zu rech- nen sind. Östlich der Oder hat bei Birnbaum der Lehrer des dortigen Gymna- siums Kade in einem Diluvialsande eine so grofse Zahl von wohlerhaltenen losen Tertiär- Conchylien aufgefunden, dafs von dem Vorhandensein mari- ner Tertiärlager von dem Alter derer bei Stettin in nördlicher Richtung von bier nicht zu zweifeln ist. Weiter ostwärts im Grofsherzogthum Posen berichtete Pusch(') von dem Vorkommen eines tertiären Thones von den petrographischen Charak- teren des Septarienthones der Mark; er beschrieb von Kloster Owinsk an der Warta, 1 Meile von Posen, einen „blauen reinen Thon mit einer Menge von Gypskrystallen und mit vielen hohlen 1 — 2 Fufs im Durchmesser hal- tenden Kalksteinkugeln, welche im Innern Kalkspathdrusen enthalten.” Dies ist der Thon, welchen später Girard als ein im Posenschen sehr ver- breitetes Tertiärlager beobachtete und nachher dem früher unbeachtet ge- bliebenen Septarienthon der Mark der petrographischen Übereinstimmung wegen gleich stellte. Dennoch sind organische Reste, welche die angenom- mene Übereinstimmung dieses östlichen Thones mit dem Septarienthone der Mark aufser Zweifel stellen, noch nicht bekannt geworden; er könnte nach Beobachtungen des Herrn v. Mielecki sehr wohl ein dem letzteren nur pe- trographisch ähnliches, jedoch in Wechsellagerung mit den Gliedern des älte- ren Braunkohlengebirges abgesetztes und diesem selbst noch angehörendes Gestein sein. Besondere Aufmerksamkeit wird in Zukunft der Gegend von Konin und Kolo, an der Warta aufwärts von Posen im Königreich Polen, zuzuwenden sein. Von hier kannte schon Pusch versteinerungsführende sandige Kalk- (') Geogn. Beschr. v. Polen II, p. 433. zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 17 steine(!) und Murchison(?) erzählt, dafs er auf der Reise von der preufsi schen Grenze nach Warschau „zwischen Kolin und Kola” kalkig-thonige Ge- steine gesehen habe mit Steinkernen von Pecten und anderen Muscheln. Bei diesen vielen zweifelhaften Daten ist es von besonderem Werth zu wissen, dafs an der Ostsee nordwestlich von Königsberg, an der Bern- steinküste des Samlandes bei Kuhren und Dirschkeim unweit Brüster Orth, ein mariner Sand von oligocänem Alter die bernsteinführende, über den Königsberger Braunkohlen liegende Lage des anstehenden Tertiärgebirges be- deckt. Wenn über das Alter des auf der Bernsteinlage liegenden Eisensan- des von Kuhren ein Zweifel obwalten könnte, so würde nach den daraus beobachteten marinen Conchylien die Frage nicht sein, ob er von jüngerem Alter sein könne als die oligocänen Tertiärlager überhaupt, sondern es würde sich nur darum handeln, ob er speciell für einen Vertreter des unter- oligocänen Lagers von Egeln oder für ein höheres Oligocän - Lager zu hal- ten sei. Die Folgerungen, welche Herr Göppert aus den vegetabilischen Einschlüssen des Bernsteins über sein Alter glaubte ziehen zu müssen, lassen sich hier nicht in Einklang bringen mit den Thatsachen, welche über die Lage- rung der bernsteinführenden Tertiärschicht zuletztnoch wieder durch genaue Beobachtungen von Gumprecht im vergangenen Jahre festgestellt wurden; sie stehen auch in Widerspruch mit den Aufschlüssen, welche die Untersu- chung der im Bernstein eingeschlossenen Insektenreste über die klimatischen Verhältnisse der Zeit, in welche der Bernstein zu versetzen ist, gegeben hat. Wendet man sich aus der Gegend von Berlin oder von der Havel westwärts, so trifft man den Septarienthon erst wieder in der Gegend von Magdeburg, wo er zu Pietzpuhl bei Burg, an der Elbe abwärts von Magde- burg bei Hohenwarte und gegenüber von Magdeburg bei Königsborn beob- achtet ist. Auf dem linken Elbufer bei Magdeburg selbst liegen am Rande des Magdeburgischen Grauwackenzuges, der Grauwacke unmittelbar aufge- lagert, glaukonitische thonige Sande, welche in ihrer petrographischen Ent- wickelung dem Lager von Egeln gleichen, ihrem organischen Inhalt nach aber, gleich dem Stettiner Sande, dem Septarienthon zuzurechnen sind. Wie von Hermsdorf bis in die Gegend von Burg die Grenze der marinen Lager laufe, läfst sich nur vermuthen. Vielleicht ist in dieser Richtung und (Drrara Oral. ts2! (°) Russia I, p. 285. Phys. Kl. 1855. C 15 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbildungen, durch das Havelland nach der West-Priegnitz hin das marine Tertiärgebirge weiter, als man es bis jetzt mit Bestimmtheit anzeigen kann, weggespült, so dafs das südliche unbedeckte Gebiet der Braunkohlenbildung nicht so weit, wie es die Karte darstellt, unter dem Diluvium von den Braunkohlen bei Perleberg getrennt liegt. Sicher ist, dafs sich aus der Gegend von Magde- burg und Burg eine vielleicht unterbrochene Verzweigung des marinen Ter- tiärgebirges bis nach Leipzig erstreckt. Während bei Wittenberg an der Elbe die Braunkohlenbildung noch unbedeckt zu Tage tritt, zeigen sich un- terhalb Roslau an der Elbe bei Brambach marine Lager mit Eisenerzen, welche zunächst den bei Magdeburg auf der Grauwacke liegenden glaukoni- tischen sandigen Thonen mit Conchylien des Septarienthones gleichen. Westwärts von hier legt sich der Septarienthon in der Mulde von Biere dem unteroligocänen Lager von Egeln auf, und südwärts ist durch Herrn Nau- mann das Vorhandensein eines in Leipzig bei einer Brunnenbohrung ge- troffenen marinen Tertiärlagers bekannt geworden. Dafs auch den westlichen Verzweigungen des thüringisch -sächsischen Beckens marine Tertiärlager nicht ganz fremd blieben, zeigt das Vorkommen von tertiären mit Conchy- lien erfüllten Eisensteinen bei Rothenburg an der Saale, welches dem von Brambach an der Elbe zu vergleichen ist, und das diluviale Vorkommen von losen Conchylien oligocänen Alters bei Schraplau westlich von Halle. Für die Abgrenzung der mitteloligocänen von den miocänen Tertiär- lagern westwärts von der Elbe war das Vorkommen des Septarienthones bei Malliss und das bei Walle in der Lüneburger Heide bestimmend; an beiden Orten, nahe Malliss bei Bokup und östlich von Wäalle bei Eversen, liegen die miocänen Lager so nahe, dafs hier die Grenze fast scharf zu ziehen ist. Dafs der Septarienthon oder ihm zugehörende Lager sich von dieser Grenze südwärts bis zum Flözgebirge ausbreiten, wird wahrscheinlich durch das Vorkommen kleiner isolirter Ablagerungen von Septarienthon noch im Ge- biet des Flözgebirges bei Holtensen am Deister und bei Salzgitter im Braun- schweigischen. Bei Söllingen südlich von Schöningen sind, wahrscheinlich je- doch nicht in anstehendem Lager, zahlreiche Conchylien gefunden worden, die vermuthen lassen, dafs auch das marine Lager über den Braunkohlen der Helmstädter Mulde mitteloligocän sei. Westwärts von Walle und von Holtensen am Deister bis nach Belgien hin ist bis jetzt weder Septarienthon noch irgend ein anderes mitteloligocä- nes Teertiärgestein gesehen worden, noch hat das Diluvium hierhergehörende zur Erläuterung einer geologischen Übersichtskarte. 19 Einschlüsse geliefert. Dafs dagegen südwärts über der hessischen Braunkoh- lenbildung der Septarienthon bei Cassel und wahrscheinlich noch bei Eckard- roth vorhanden ist, wurde an anderem Orte ausgeführt. Die Lager vom Alter des Sternberger Gesteins, welche ich oberoligocän nenne, zeigen sich in drei von einander ganz getrennten Abla- gerungs-Bezirken. Der eine ist der meklenburgische, dessen Begrenzung sich ausschliefslich auf eine kritische Zusammenstellung der diluvialen Vor- kommnisse theils des Sternberger Gesteins selbst, theils seiner Conchylien in losem calcinirten Zustande stützt. Der zweite mitteldeutsche Bezirk wird durch die isolirten dem Flözgebirge aufliegenden Mergellager von Os- nabrück, Bünde, Lemgo, Diekholzen, Bodenwerder und Luithorst gebil- det, mit welchen die gelben Sande der Gegend von Göttingen und Cassel, die jüngsten der hier vorhandenen marinen Ablagerungen, za vereinigen sind. Der dritte Bezirk liegt in der Niederung des Rheinthales, wo bei Crefeld und nach neueren Mittheilungen des Herrn v. Dechen bei Neufs in wunderbarer Fülle und vollständiger Übereinstimmung aller Gestalten die ganze Fauna des Sternberger Gesteins durch Bohrungen zu Tage gefördert ist. Von miocänen Lagern sind 2 Stufen unterschieden worden, von denen die ältere, gleich dem Lager des Sternberger Gesteins in Meklen- burg, nur durch das diluviale Vorkommen von Gesteinsblöcken angezeigt wird, welche sich durch die ganze östliche Hälfte von Schleswig und Holstein, dann weiter im Lübecker Gebiet verbreiten und südwärts im westlichen Meklenburg noch bis in die Gegend von Schwerin gefunden werden. Meyn hat das Verdienst diese Blöcke, deren Vorkommen ganz unbekannt geblieben war, zuerst beachtet zu haben; sie werden dem Sternberger Gestein petro- graphisch sehr ähnlich und enthalten eine aufserordentliche Menge von organi- schen Resten, aber von einer ganz verschiedenen, eigenthümlichen und jJünge- ren Fauna. Der Verbreitungsbezirk dieses holsteiner Tertiärgesteins schiebt sich ein zwischen den des Sternberger Gesteins und zwischen die an- stehenden Miocän-Lager im unteren Elbgebiet und im westlichen Holstein und Schleswig; er ergänzt somit die Reihe von Lagern, welche in regelmäfsiger Folge vom Älteren zum Jüngeren aus den unteren Odergegenden her durch Meklenburg bis zum unteren Elbgebiet sich aneinander schliefsen. Das jedenfalls aus Sand bestehende Lager, welchem das holsteiner Tertiärgestein angehört, ist specieller dem belgischen Sande des Bolderber- €e2 20 Berrıcn über d. Zusammenh. der norddeutschen Tertiärbild. u.s.w. ges (Systeme bolderien bei Dumont) oder, wenn man eine bestimmte Loka- lität des Wiener Miocän- Beckens zur Vergleichung heranziehen will, dem Sande von Grund parallel zu stellen, während die wahrscheinlich jünge- ren mehr aus thonigen Bildungen zusammengesetzten Lager des unteren Elbgebietes sowie die des westlichen Schleswig und Holstein mit Ein- schlufs der Insel Sylt dem Tegel von Wien vergleichbar sind. Die letzteren Miocänlager erstrecken sich in Norddeutschland durch Hannover und Oldenburg hindurch nach dem westlichen Westfalen und nach Holland hinein, wo die Thone bei Bocholt, Dingden und Winterswyk, und weiter östlich die bei Bersenbrück dieselben organischen Reste einschlie- fsen, welche östlich der Elbe im Sachsenwalde bei Reinbek und noch in der West-Priegnitz bei Gühlitz, dem östlichsten Ausläufer des nordwestdeut- schen Miocängebietes, vorkommen. Das Lager des Grafenberges bei Düsseldorf kann im Rheinthal allein dem belgischen des Bolderberges zugestellt werden; es bleibt in Betreff sei- ner Stellung nıtr zweifelhaft, ob es noch den älteren Ablagerungen vom Alter des Sternberger Gesteins angehören könne, deren Auftreten bei Crefeld und Neufs durch besser erhaltene organische Reste mit Sicherheit festgestellt werden konnte. In Belgien folgen auf das miocäne Lager des Bolderberges die pliocä- nen Lager von Diest und Antwerpen (Systeme diestien und Systeme scal- disien von Dumont), welche in Deutschland fehlen. Das Lager von Antwerpen entspricht dem englischen Crag; es ent- hält neben Conchylien, die aus der miocänen Zeit in diese jüngere Tertiär- bildung heraufragen, und neben anderen ausgestorbenen zuerst eine grofse Reihe von noch lebenden Arten, die jetzt eigenthümlich der nordeuropäi- schen Molluskenfauna angehören. In Deutschland folgt mit scharfem Abschnitt der miocänen Fauna des unteren Elbgebietes die nur aus Nordsee-Arten bestehende Mollusken-Fauna des Diluvialgebirges, die Fauna der sogenannten Glacialbildungen, der Muschelbänke von Tarbek und von anderen Orten, auf welche erst durch eine der letzten glänzenden Arbeiten L. v. Buch’s (,, Über eine Muschelumgebung der Nordsee”) die Aufmerksamkeit der deutschen Geologen gelenkt wurde. MT Fe —e au Herrn Beyrich's Abh. über den Ausammenhang der norddeutschen. Tertiärbild ungen Jahrg. 1833 j L wos Lager von Antwerpen —_ _ Ksculdüsin Dum. tas, Jura, krede-Kormatonen | „ 7 e' Pliocan.........: E Basıs Ter- 4 B o . . » | Kargeburges. £ Bi Lager von Diest. = a Sdiestien Dum Ialacoxorsche u primttioe Bor. eg s mationen se Lager des unteren Klbgebiets. Miocan _ Ba Lager vom.lter des Holsteiner bestens _____ Sbolderien Dum Ober - {| Lager om.lter d. Sternberger bestens | Jeptaren Thon ‚Sande v Magdeburg u. Stettin. Srupelten sup. Dum _ tm ® R pen ots! ” je - 5 x \ ar > > Bw Lager v.Iüleyn -Spaumen.-.Marın —_ _ frplimu Dim an ware Bu Va Nligocän RR Rheinisch - Hessische Braunkohlenbildung er longrien su, 7 2 4 vr Lager von Alzey. Dr ‚Lager von Egeln — Stongrıen inf Dum. er Nordostdeutsche Braunkohlenbildung. ee] In Belgien, schliessend mit dem Systeme lackenien, in England mit dem Barton-Tay u. den Hraden- [ © reienmalde*, AN % en k Hermaderf‘ FOR Walle \ ) Ruckem a i une Du] 4 (G Sg N © Holtensept & 0 Y Magdeburg N a Wire * Über Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. Non % H" BRAUN. mmnnannanNNNRnen [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 7. Juni 1855.] D. Befruchtungsgeschichte der Algen durch bewegliche, in eigenthümlichen Mutterzellen gebildete Spermatozoidien, die uns bis jetzt in drei vollständig beobachteten Beispielen, von Fucus durch Thuret(!), von Vaucheria durch Pringsheim (?), von Sphaeroplea durch Cohn(?) vorliegt, wird voraussicht- lich in der nächsten Zeit ein Feld vielfacher weiterer Nachforschungen sein. Es mag daher nicht zur Unzeit sein, auf eine Erscheinung ganz anderer Art aufmerksam zu machen, die bei den erwähnten Untersuchungen leicht zu Täuschungen Veranlassung geben könnte, nämlich auf das Vorkommen schmarotzerischer Gebilde, die den Spermatozoidien ähnliche Schwärmzellen entlassen und daher leicht mit Antheridien oder Spermaiozoidien-bildenden Zellen verwechselt werden können. Eine solche Verwechselung ist um so eher möglich, als die wirklichen Mutterzellen der Spermatozoidien nicht immer als Organe der entwickelten Pflanze, wie es bei Fucus, Vaucheria und Sphaeroplea der Fall ist, sondern nach unzweifelhaften Indieien in manchen Fällen an besondern, höchst kümmerlichen, der Mutterpflanze unähnlichen, und an diesen wie Schmarotzer sich ansetzenden Individuen auftreten. Ich habe solche schmarotzerähnliche, stets in der Nachbarschaft der Sporenmutter- zelle sich ansetzende Kümmerlinge, so wie ihre Entstehung aus einer zwei- ten kleineren Form von Schwärmzellen (Mierogonidien) zuerst bei mehre- ren Oedogonium-Arten beobachtet, wagte es jedoch, da alle Analogie in diesem Gebiete der niedern Algen fehlte, nicht den Gedanken auszusprechen, (') Recherches sur la fecondation des Fucacdes (Ann. des sc. nat. 4. serie, t. I). (*) Monatsber. d. Akad. d. Wiss. 1855. p. 133. (°) Ebendaselbst p. 335. [85] 2 Braun über Chytridium, eine Gaitung einzelliger dafs dieselben für männliche Pflänzchen zu halten sein könnten; nachdem je- doch durch Pringsheim die ohne Zweifel zur Aufnahme der Befruchtung be- stimmte Öffnung der Sporenmutterzelle der Oedogonien, ähnlich wie bei V aucheria, nachgewiesen ist, hege ich nicht das geringste Bedenken der Er- klärung beizustimmen, dafs in ihnen der Sitz der Spermatozoidienbildung zu suchen ist. Während bei Oedogonium diese schmarotzerähnlichen Männchen meist noch 2 — 3zellig sind, bestehen sie bei einigen Bulbochaete-Arten nur aus einer einzigen Zelle und haben in der That die gröfste Ähnlichkeit mit manchen Formen der Schmarotzergebilde, die den Gegenstand der folgen- den Mittheilung bilden. Von der andern Seite giebt es Fälle des Vorkom- mens wahrer Schmarotzer, nicht blofs an der Aussenfläche, sondern im In- nern der Zellen der Nährpflanze selbst; Fälle, in denen man leicht geneigt sein könnte, den Schmarotzer für ein inneres Microgonidien- oder Sperma- tosoidien-bildendes Organ der Mutterpflanze zu halten. Es ist daher leicht einzusehen, dafs in vielen Fällen nur eine sehr gründliche Erforschung der Abstammung und allseitige Erwägung der Verhältnisse zur Entscheidung füh- ren kann, was unter den äufserlich ähnlichen Gebilden als wirklicher Schma- rotzer, was als schmarotzerähnliche männliche Pflanze, was endlich als blofses Spermatozoidien-bildendes Organ zu betrachten ist. Abgesehen von dem Interesse, das diese sonderbaren Schmarotzergebilde durch ihr Vorkommen, ihren höchst einfachen Bau und ihre lebhaft beweglichen Fortpflanzungs- zellen bieten, gewinnen dieselben noch dadurch an Bedeutung, dafs sie auf die Nährpflanzen als Krankheitsursachen wirken und uns entschiedene Bei- spiele der Entstehung von Krankheiten durch schmarotzerische Gebilde an die Hand geben. Die ersten Beobachtungen über hierhergehörige einzellige Schma- rotzergebilde machte ich im Jahre 1846, als ich zu Freiburg die Entwicke- lungsgeschichte des Wassernetzes (Hydrodictyon) verfolgte. Bei durch mehrere Monate fortgesetzter Oultur dieser Pflanze beobachtete ich im Sep- tember eine eigenthümliche Erkrankung derselben, wobei kugelige, blasen- artige Gebilde an der Oberfläche der Zellen erschienen. Über die wahre Bedeutung dieser Blasen kam ich jedoch erst ins Klare, als ich im folgenden Jahre an einer der grölseren Oedogonium-Arten, dem ©. Landsboroughü Kütz (Vesiculifera — Hassall), welches ohne Zweifel identisch ist mit Le Clerk’s Prolifera rivularis, die ausgezeichnetste Form solcher schmarotze- Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 233 rischer Gewächse fand, an der es mir gelang, die Bildung und Entleerung _ der zahlreichen kleinen Schwärmzellen (Zoogonidien) zu beobachten. In der Folge hatte ich Gelegenheit noch zahlreiche andere, sich diesen bei- den anschliefsende Formen mehr oder minder vollständig zu beobachten, und meine Kenntnifs dieser Wesen wurde in neuster Zeit noch vermehrt durch die freundlichen Mittheilungen ähnlicher Beobachtungen von Prof. von Sie- bold, Dr. Meifsner, Dr. Pringsheim und Dr. Cohn, so dafs ich nun im Ganzen 25 Formen anführen kann, die sich unter 15 bis 16 specifische Typen reihen mögen und auf mehr als 30 verschiedenen Nährorganismen, die grofsentheils dem Pflanzenreich, einem kleinern Theile nach dem Thierreich angehören, vorgefunden haben. Manche in die nachfolgende Aufzählung aufgenommene Formen sind freilich noch nicht über alle Zweifel erhoben, indem sie nur selten und unvollständig beobachtet wurden, ich wollte jedoch keine derselben übergehen, um den bisher ermittelten Umfang des Vorkom- mens solcher Gebilde möglichst vollkommen darzulegen. Ich habe sämmtliche Formen, von denen hier die Rede ist, vorläufig in eine Gattung zusammengefafst, welche ich unter dem Namen Chytridium(!) schon früher kurz charakterisirt habe. Ein reicheres Material wird es künf- tig vielleicht zweckmässiger erscheinen lassen, die Chytridien als eine kleine Familie zu betrachten und in mehrere Gattungen zu vertheilen; ich werde mich für jetzt am Schlufse der Übersicht der einzelnen Formen mit einem Versuch, dieselben in einige Untergattungen zu gruppiren, begnügen. 1. Chytridium Olla (2). Tal. L £. 1—10. Wurde im Sommer 1847 und 1848 zu Freiburg beobachtet, wo es sich auf Oedogonium rivulare (Prolifera rivularis Le Clerk, Vesiculi- fera Landsboroughü Hassall, Oedogonium Landsboroughü Kütz, Tire- sias LeprevostüDerb. et Sol.) in den Wasserpflanzenkübeln des botanischen Gartens vom Mai bis September reichlich zeigte. Nach den Mittheilungen von Dr. Cramer und Dr. Wartmann hat es sich an derselben Stelle auch (') Verjüng. p. 198. Ableitung des Namens von yyrais, dim. «urgidiov, ein kleines Töpfchen. (?) Verjüng. p. 198; Monatsber. d. Akd. d. Wiss. 1855 p. 380. 24 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger später wiedergefunden. Das genannte Oedogonium gehört zu den ansehn- licheren Arten dieser Gattung, deren Fäden 4— 5 "" Dicke, die Zellen die 3- bis 4fache Länge besitzen; es zeichnet sich vor andern Arten durch sehr geräumige, verlängert birnförmige, am vordern halsartig verengten Ende mit 3—5 Querstreifen (Kappenrändern) versehene Sporenmutterzellen (Spo- rocylien oder Sporangien) aus, in deren Mitte oder hinteren Hälfte die die Mutterzelle lange nicht ausfüllende Spore sich befindet. Die Sporenmutter- zelle ist 4—1 "" lang, 4&— ""” dick, die kugelige Spore hat einen Durch- messer von ungefähr 4 ""; sie ist anfangs grün, wird später braun und läfst eine doppelte Zellhaut unterscheiden. Männliche Zwergpflänzchen, wie sie bei OÖ. echinospermum, apophysatum und einigen anderen Arten vorkommen, sah ich bei dieser Art niemals, dagegen geht die Bildung der Schwärmzellen aus den vegetativen Zellen in gewöhnlicher Weise vor sich. Die Schwärmzellen (t. I. f. 8) sind fast kugelig, 4— 4; "" lang, 5— dick und zeigen den der Gattung eigenthümlichen Wimperkranz. Keimende Pflänzchen (f. 9) sind stumpf, nicht wie bei Oed. capillare zugespitzt, in Folge davon bleibt auch die Endzelle entwickelterer Fäden (f. 10) stets stumpf und abgerundet. Die unterste Zelle ist, wie bei den meisten andern mm Arten, an der Basis in einen strahlig gelappten Fufs ausgebreitet, dessen Lappen auf einer kreisförmigen Scheibe ruhen, welche abwechselnd hellere und dunklere Schichten unterscheiden läfst. Der diese Art befallende kleine Schmarotzer, findet sich nur auf den Sporenmutterzellen, niemals auf den vegetativen Zellen des Fadens, und zwar findet er seine Stelle regelmässig in der Nähe des hintersten Querstreifens des Halses (des unteren Kappen- randes) der Sporenmutterzelle, wo man ihn bald einzeln, bald gesellig in 2—3 nebeneinanderstehenden, ja zuweilen in zahlreicheren, im Halbkreis oder fast im ganzen Umkreis dicht zusammengedrängten Exemplaren, deren ich einmal bis zwölf zählte, antrifft (f. 1.2.5. 7). Das ganze Pflänzchen be- steht aus 2 Theilen, von denen der eine, den ich als Wurzel bezeichnen will, innerhalb, der andere, der zum Keimbehälter sich ausbildet, ausserhalb der Zelle der Nährpflanze sich befindet. Die Wurzel ist ein länglicher, einfacher Schlauch, oft mit einigen unregelmässigen Erweiterungen und Verengerungen versehen; ihre Länge hängt von der Entfernung der äusseren Ansatzstelle des Chytridiums von der Spore des Oedogoniums, auf welcher sie mit ihrem un- teren Ende festsitzt, ab. In den meisten Fällen hat sie ungefähr dieselbe Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 25 Länge mit dem ausserhalb befindlichen Keimbehälter (f- 1. 2. 3. 5). Nur in einem Falle ist sie äufserst kurz und kaum wahrnehmbar, nämlich in dem seltenen Ausnahmsfalle, in welchem der Schmarotzer nicht vorn am Halse der Sporenmutterzelle, sondern seitlich an derselben, wo die Spore die Mut- terzellhaut fast berührt, ansitzt (f. 7). Ihre Dicke beträgt 4,—4"". Zu- weilen schien es mir, als ob bei geselligem Wachsthum die Wurzeln mehrerer Exemplare ein zusammenhängendes thallusartiges Gebilde darstellten, ich halte diefs jedoch für eine Täuschung, da es mir gelang aus einem solchen Büschel ein Exemplar mit völlig einfacher Wurzel unverletzt heraus zu ziehen (f. 3). Zuweilen sah ich im Innern der von Chytridien besetzten Sporen- mutterzelle ausser den beschriebenen Wurzeln noch andere, weit feinere, nur sn dicke Fäden, welche von der Spore strahlig zur Mutterzellhaut sich erstreckten, mit dem Chytridium aber in keiner Verbindung zu stehen schienen. Im Innern des Wurzelschlauches bemerkt man meist einige zer- streute, kleinere und gröfsere tropfenartige Massen, welche öliger Natur zu sein scheinen, zuweilen auch einige fleckenartige, körnig punktirte plasma- tische Parthien. Die Übergangsstelle zum Keimbehälter, welche die Durch- gangsstelle durch die Haut der Oedogonium-Zelle einnimmt, ist stark einge- schnürt. Ob sich an dieser Stelle eine den Keimbehälter von der Wurzel abscheidende Wand befindet, oder ob beide Abtheilungen durch einen engen Kanal communieiren, mit andern Worten, ob dieses Pflänzchen zweizellig oder einzellig ist, konnte ich nicht entscheiden. Der Anschein spricht für das erstere, die Analogie mit andern, fast wurzellosen, Formen der Chy- tridien für das letztere. An der Stelle, wo ein Chytridium sitzt, findet man bei Wegnahme desselben eine in die Quere ausgedehnte, beiderseits spitz auslaufende Öffnung. Der Keimbehälter ist eiförmig und sitzend, selten, wenn er im Gedränge zwischen anderen steht, nach unten stielartig ver- dünnt (f. 4). Ich fand ihn von ; bis 4, ja selbst 4;"" Länge, 4— 4 Dicke, im reifen Zustand 4— + lang, ,—;, dick. Schon im halbwüch- mm sigen Zustand zeigt er an der Spitze eine zitzenartige Verschmälerung, die im reifen Zustand sich deutlicher als ein flach gewölbter, in der Mitte in eine kurze, stumpfe, zitzenartige Spize auslaufender Deckel abgrenzt (f. 1. 2. 3), der endlich in scharfbegrenzter Linie sich ablöst, und oft im abgewor- fenen Zustand neben dem geöffneten Keimschlauch gefunden wird (f. 5 u. 7). Er läfst eine kreisrunde Öffnung von 4;—;/”” Durchmesser zurück, deren Phys. Kl. 1555. D 26 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger Saum sich etwas nach aussen umbiegt, wodurch der geöffnete Keimbehälter die Form eines Töpfchens erhält. Die Haut des erwachsenen Keimschlauchs ist derb, nicht gallertartig; sie erreicht eine Dicke von „1;"" oder auch etwas mehr und zeigt sich bei sehr starker Vergröfserung aus 2 Schichten zusam- mengesetzt, von denen die innere fast die doppelte Dicke der äufseren be- sitzt. Nach der Entleerung des Keimbehälters erhält sich die Haut unversehrt noch lange Zeit, weishalb man zahlreiche entleerte Exemplare beobachtet. Jod und Schwefelsäure färben sie nicht blau, während die Zellhaut des Oedo- goniums bei gleicher Behandlung eine dunkelviolette bis schwarzblaue Farbe annimmt. Der Inhalt ist fast farblos, trüb, mit einem kaum unterscheid- baren bräunlich- oder grünlichgelben Ton. In jugenlichen, etwa halb- wüchsigen Exemplaren sah ich in dem fein punktirten Plasma öfters eine gröfsere Vacuole, in einen vorgerückterem Zustand zuweilen zahlreiche hellere Räume oder auch eine wolkenartige Gruppirung des körnigen In- halts. In einem der Reife näheren Zustand ist durchaus keine Höhlung im Plasma zu unterscheiden, dasselbe scheint gleichmälsig durch den ganzen innern Raum vertheilt zu sein. Endlich zeigen sich, gleichzeitig erscheinend und gleichmäfsig durch den ganzen Inhalt vertheilt, zahlreiche schärfer be- grenzte Kügelchen; es sind die Kerne der entstehenden Keimzellen, deren äusserer Umrifs bei der zarten Begrenzung und dichten Zusammendrängung derselben selbst zur Zeit der völligen Reife kaum deutlich zu unterscheiden ist. Die Entleerung dieser Keimzellen, deren einige Hunderte in dem- selben Keimbehälter sich befinden, sah ich wiederholt; das erste Mal den 6b. August 1847 Morgens von 7—8 Uhr. Bald nachdem der Deckel sich abge- löst hat, fängt der Inhalt des geöffneten Schlauches an sich zu bewegen, je- doch anfangs schwach und wenig bemerkbar. Hie und da zeigt sich ein lang- sames Rücken und Schieben, wodurch allmählig eine oder einige Keimzellen aus der Mündung etwas hervortreten, jedoch ohne sich sogleich zu entfer- nen; vielmehr rücken sie ganz allmählig, wie durch unsichtbare Bande fest- gehalten, bald einzeln, bald 2 bis 3 neben und hintereinander, um das Ein- fache, Doppelte, ja selhst Dreifache ihres Durchmessers von der Mündung des Behälters weg, bis sie endlich, wie plötzlich abreifsend, mit Blitzes- schnelle davon eilen, so dafs sie meist in wenigen Augenblicken das Sehfeld verlassen haben (f. 5). In dem Mafse als die Entleerung des obern Theiles des Keimschlauchs zunimmt, wird die Bewegung im Innern merklicher und Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 27 lebhafter, so dafs die Keimzellen der tieferen Lagen schon innerhalb des Schlauches frei werden und ihre lebhaft hin und her schiessende Bewegung beginnen, um den Ausgang zu finden. Zur völligen Entleerung des ganzen Schlauches ist eine volle Stunde oder selbst mehr erforderlich. Die ausge- schwärmten Keimzellen sind wegen der grofsen Schnelligkeit ihrer Bewegung, in welcher Beziehung sie alle andern mir bekannten Schwärmzellen über- treffen, schwer zu verfolgen. Ich sah sie in grofsen Sprüngen weiterschiessen oder in lebhaft hüpfender Bewegung gleichsam tanzen, manchmal mit anderen kleinen Gegenständen sich verwickeln und gewaltsam wieder sich losreifsen. Ihre Gestalt ist fast kugelförmig, ihr Durchmesser beträgt „1;"" oder etwas weniges darüber; sie sind farblos, von höchst zartbegrenztem Umrifs, im Innern mit einem schärfer und dunkler begrenzten, stärker lichtbrechenden und sehr schwach geblich gefärbten (ölartigen?) Kern von ungefähr „1, — 1” Durchmesser versehen, der gewöhnlich nicht genau die Mitte der Zelle ein- nimmt, sondern einseitig und fast den Rand berührend bald mehr im vordern, bald mehr im hintern Theile derselben sich befindet. Die Behandlung mit Jod- tinktur läfst einen einzigen Flimmerfaden von aufserordentlicher Feinheit und Länge unterscheiden. Erist nach der Tödtung durch Jod gewöhnlich gerade ausgestreckt und übertrifft an Länge 4—5mal den Durchmesser der Keim- zelle, die an der Stelle der Insertion des Fadens eine unmerkliche kegelför- mige Zuspitzung besitzt (f. 6). Dieser Flimmerfaden ist es ohne Zweifel, der die Keimzellen beim Austritt einige Zeit zurückhält, indem er sich nur allmählig aus der dichten Masse der Keimzellen hervorzieht; ich glaube ihn bei den schon hervorgetretenen, aber noch festgehaltenen Zellen wie einen zarten Verbindungsfaden gesehen zu haben, allein bei einem so zarten und flüchtigen Gegenstande ist eine Täuschung leicht möglich, wefshalb ich diesen Punkt künftigen Beobachtern empfehle, zumahl da Cohn bei Chy- tridium globosum im Gegentheil ein Vorausgehen des Flimmerfadens gesehen zu haben glaubt. Wie lange die Bewegung der Keimzellen dauert und was das endliche Schicksal dieser kleinen Körperchen ist, habe ich noch nicht beobachten können, so wie mir auch die ersten Jugendzustände dieses Chy- tridiums entgangen sind, Lücken, welche auszufüllen, spätern Beobachtern gewils gelingen wird. Nach den in dieser Beziehung vollständigeren Beob- achtungen an andren Arten zweifle ich jedoch nicht, dafs die Keimzellen die jungen erst kürzlich gebildeten Sporenmutterzellen des Oedogoniums auf- D2 28 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger suchen, sich an diese dicht unter der Aufreifsungsstelle der früheren Mutter- zelle (dem Kappenrande) ansetzen und die um diese Zeit noch zarte Zell- haut durchbohren oder, was noch wahrscheinlicher ist, in die vielleicht gerade an dieser Stelle befindliche Befruchtungsöffnung eindringen, um sich an dem grünen Inhalte festzusetzen. Da sich nun später der grüne Inhalt Behufs der Sporenbildung von der Zellwand zurückzieht, so mufs das an ihm festsitzende untere Ende des jungen Chytridiums, wenn es nicht von der Inhaltsmasse abreifsen soll, sich verlängern, wodurch es zur schlauchförmi- gen Wurzel ausgezogen wird. Die von einem oder mehreren Chytridien befallene Spore rundet sich zwar in normaler Weise und umgiebt sich mit der ihr zukommenden doppelten Haut, allein der Inhalt zeigt mehr oder weniger Spuren der Erkrankung, indem er allmählig lückenhaft wird und nur noch einen Theil der kugeligen Blase ausfüllt, auch sich nicht so gleichmäfsig braun färbt, wie die normale reifende Spore (f. 7). Die Haut der Sporen- mutterzelle des Oedogoniums nimmt gleichzeitig häufig eine lichtbräunliche Farbe an, und in der wässrigen Flüfsigkeit, welche die Spore umgiebt, sah ich zuweilen äufserst kleine Körperchen von punktähnlichem Ansehen in höchst lebhafter, gleichsam fliegender Molecular-Bewegung, so wie einzelne gröfsere Körperchen in trägerer Oscillation (f. 7). Aus der gegebenen Beschreibung erhellt wohl zur Gegnüge, dafs Chytridium Olla kein zum Organismus von Oedogonium rieulare gehöriger Theil sein kann. Die constante Stelle, welche es an dem Sporenbehälter der Nährpflanze einnimmt, könnte zwar zu Gunsten einer solchen Auffassung angeführt werden, allein diese Erscheinung ist nicht wunderbarer, als der eigenthümliche Naturtrieb, der die zu männlichen Zwergpflänzchen sich ent- wickelnden Microgonidien der Bulbochaeten und mancher Oedogonium- Arten gerade an die zur Befruchtung geeigneten Stellen sich anzusetzen bestimmt. Dafs Chyir. Olla auch nicht für ein solches männliches Pflänz- chen zu halten ist, zeigt, abgesehn von den bedeutenden Unterschieden des Baus(!), der Umstand, dafs die Oedogoniumspore durch die Einwirkung des Chytridiums nicht befruchtet, sondern im Gegentheil allmählig getödtet (') Dazu kommt noch die gänzliche Verschiedenheit der Chytridium-Zoogonidien von den Spermatozoidien der Oedogonien. Man vergleiche über letztere die der Akadenie neu- erlichst mitgetheilten Untersuchungen von Dr. Pringsheim im Monatsberichte der Akad. d. Wiss. vom Mai 1856. (Spätere Bemerkung). Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 29 wird. Lassen sich die Zweifel an der selbständigen Natur des Chytridium beseitigen, so könnte dagegen die pflanzliche Natur desselben vielleicht noch bestritten werden. Die äufserst lebhafte Bewegung seiner monadenähn- lichen Zoogonidien könnte dem Gedanken Raum geben, dafs der sie erzeu- gende blasenartige Behälter nicht eine Pflanze, sondern blofs ein der vegeta- tiven Lebenssphäre eines seinem Wesen nach thierischen Geschöpfes ange- höriges Gebilde darstellt, und eine Vergleichung mit den schlauchförmigen Ammen der Cercarien, mit den Gregarinen ähnlichen Mutterschläuchen der Psorospermien (besonders aber mit den neuerlich von Lieberkühn an den Kiemen der Phryganeenlarven entdeckten Schläuchen, in welchen sich amoebenartige Thierchen entwickeln) liegt allerdings nicht ferne. Wenn ich nichts destoweniger Chytridium entschieden dem Pflanzenreiche zuzäh- len zu müfsen glaube, so stütze ich mich auf die gewifs weit gröfsere Analo- gie mit Achlya und Saprolegnia, auf die Derbheit der Zellhaut der Chytri- diumblase, so wie auf die, wie es mir scheint, unveränderliche Form und gleichmäfsig andauernde Bewegung seiner Zoogonidien, deren Ähnlichkeit mit Monaden sich wohl als eine nur oberflächliche herausstellen möchte. 2. Chytridium acuminatum. Tafel 1. fig. 11. An Oedogonium echinosperum A. Br., einer der Arten von mittlerer Dicke, fand ich, und zwar gleichfalls bei Freiburg im September 1847, an einer Sporenmutterzelle 3 Exemplare eines Chytridiums, das einem nicht ganz ausgebildeten Ch. Olla, mit Ausnahme der Gröfse, ähnlich war. Das gröfste derselben war nicht über 4"" lang. Die Abgrenzung des Deckels war noch nicht deutlich, die zitzenartige Zuspitzung nicht stärker als bei Ch. Olla; es waren mälsig verlängerte Wurzeln vorhanden, die sich an die der Spore entsprechende, zu einem unförmigen, von keiner Haut bekleideten Klumpen contrahirte Inhaltsmasse ansetzten. Ich kann nicht entscheiden, ob diese Form als kleinere Varietät zu C'h. Olla gehört, oder ob sie vielleicht derjenigen zuzurechnen ist, die ich in dem folgenden als Ch. acuminatum unterscheide. Ich führe sie, ungeachtet meiner nicht hinlänglichen Kennt- nils derselben, aus dem Grunde an, weil bei Oedogonium echinospermum 30 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger die männlichen Zwergpflänzchen bekannt sind(!), hier also jede Möglich- keit ausgeschlossen ist, das Chytridium für ein solches zu halten. Auf einer der feineren Oedogonium-Arten aus der Verwandtschaft des O. vesicaium, das ich für O. Rothü Breb. halte, dessen Fäden „1;"", die Sporenmutter- zellen etwa +""” dick sind, fand ich in derselben Gegend mit dem ebener- wähnten ein einziges, zudem entleertes Exemplar eines Chytridiums, das ganz die Gestalt von Ch. Olla hatte, aber ohne den Deckel nur {,”" lang war. Der neben anliegende Deckel war viel bedeutender zugespitzt, als bei Ch. Olla;, eine unterscheidbare Wurzel war nicht vorhanden, da das Exemplar nicht am Hals, sondern an der Seite der Sporenmutterzelle sals und die Spore den Raum der Mutterzelle, mit Ausnahme des Halses, ganz erfüllte. Die befallene Spore war von der Mutterzellhaut stellenweise etwas gelöst, ohne eigene Haut, schmutzig grün, während daneben befindliche normal gereifte Sporen mit glatter Haut und röthlichem Inhalt versehen waren. Da hier zu der geringeren Gröflse noch 2 andere Kennzeichen sich beigesellen, so glaube ich diese Form als eine zweite Art aus der Abtheilung der gedeckel- ten Chytridien unterscheiden zu dürfen. Die Stelle, die der Schmarotzer an der Sporenmutterzelle der Nährpflanze einnimmt, entspricht ohne Zwei- fel der Befruchtungsöffnung der letzteren (?). 3. Chytridium oblongum. Taf. I. f. 1 Ich habe es nur einmal auf einem Oedogonium aus dem Mooswalde bei Freiburg beobachtet, welches zu den schwer zu sondernden Formen ge- hört, die gewöhnlich als O. vesicatum bestimmt werden. Die Fäden dessel- ben sind ‚;"” dick, die Zellen 2—3mal so lang, die kugeligen Sporenmut- terzellen -,"" dick. Das Schmarotzergebilde findet sich auf verschiedenen Stellen der Oberfläche der letzteren und besteht aus einer aufrechten, läng- lichen, nach oben etwas verdickten und dadurch fast keulenförmigen Zelle, die an der Spitze abgerundet ist und keine deckelartige Abgliederung zeigt. die Dicke ungefähr 1-"". Es ist fast farblos und A. a Do a Die Länge beträgt ,— 4; Een (') Verjüng. p. 151; de Bary, über die Algengattungen Oedogonium und Bulbochaete. t. II. f. 13. 14. (*) Man vergleiche die Lage derselben an dem ähnlichen Oedogonium tumidulum (?) bei Pringsheim. Monatsb. der Akad. d. Wiss. 1855. fig. 26 und 27 der dort gegebenen Tafel. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 31 zeigt einen etwas körnigen Inhalt. Ich sah 10—12 Exemplare auf einer und derselben Sporenmutterzelle, deren grüner Inhalt von der Wand noch nicht abgelöst war; eine Wurzel war daher nicht zu unterscheiden. Das Auf- springen und die Entwickelung der Keimzellen sah ich nicht, wefshalb die Natur dieses Gebildes mir noch sehr zweifelhaft ist, doch glaube ich es so- wohl wegen der Einzelligkeit, als wegen des Mangels der grünen Farbe nicht für das Microgonidienpflänzchen des Oedogonium, sondern für ein schmarotzerisches Chytridium, das der Abtheilung der ungedeckelten anzuge- hören und sich dem nächstfolgenden anzuschliefsen scheint, halten zu dürfen. 4. Ch. Lagenula. Taf. II. 8. 2—7. Auf Melosira varians K. (f. 2) aus den kleinen Weihern an der Drei- sam unterhalb Freiburg fand ich im Oktober 1847 zwei Arten von Chytri- dium, von denen ich das eine unter Ch. globosum später erwähnen, das andere unter obigem Namen beschreiben will. Es gleicht in der Jugend einer kurzgestielten Keule mit schwacher Einschnürung in der Mitte (f. 3); später verlängert sich die Spitze halsartig (f. 4), so dafs es, abgesehn von der stielartigen Verdünnung nach unten, die Gestalt einer kurzhalsigen Wein- flasche annimmt. Die Länge im völlig entwickelten Zustand beträgt 4— 4 33 30° die Dicke über der Mitte ‚;,"". Es ist farblos, vor der Entwickelung der Keimzellen mit einem trüben, feinpunktirten Inhalt ganz erfüllt, reif mit sehr kleinen kugeligen 4,— ;5,"" dicken Keimzellen gefüllt, deren Zahl ich kaum über 30 schätze und welche schon vor Öffnung des Behälters in eine wim- melnde, hin und her schiessende Bewegung gerathen, endlich durch die ohne Deckel geöffnete Spitze hinausfahren und auch aufserhalb ihre heftige, eigenthümlich schnellende oder hüpfende Bewegung fortsetzen. Sie zeigen eine Spur von gelblicher Färbung und einen dunkleren, scharf umschriebenen Kern. Das Bewegungsorgan habe ich nicht unterscheiden können. Die Exemplare safsen oberflächlich den anscheinend gesunden, nur etwas inhalts- armeren Zellen des Melosira-Fadens auf, wenigstens konnte ich ein Eindrin- gen durch die Kieselschaale durchaus nicht wahrnehmen. Zu derselben Art gehört wohl ein Chytridium, das ich an derselben Localität und um dieselbe Zeit auf Conferva bombycina fand (f. 5). Es gleicht völlig den 32 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger jüngeren Exemplaren der auf Melosira beobachteten Form, scheint aber auch ausgewachsen der halsartig verlängerten Spitze zu entbehren. Ich sah es kaum über 4," lang, „1,—,}, dick. Es scheinen sich kaum über 20 Keim- zellen im Innern zu bilden, deren Ausschwärmen ich übrigens nicht beob- achten konnte. Da es in der Gröfse und Form mit den Keimpflänzchen der Nährpflanze, die oft auf dem Mutterfaden sich ansetzen, einige Ähnlichkeit hat, habe ich diese zum Vergleich (f. 8) dargestellt. Es entstehen diese Keimpflänzchen aus Zoogonidien, deren ich bei der vorliegenden „,— 5" dicken Form der Conf. bombycina nur zwei aus einer in der Mitte quer abbrechenden Mutterzelle hervortreten sah (f. 6. 7), während ich bei anderen Formen deren 4 beobachtete. 5. Ch. mammillatum. Taf. II. £. 9—12, An einer sehr eigenthümlichen kleinen Alge, welche ich unter dem Namen Coleochaete pulvinata beschrieben(!) und zuerst im Titisee des Schwarzwaldes beobachtet habe, wo diese Art die Blätter von Isoeies und Litorella lacustris überzieht, fand ich im August 1846 an manchen älteren Exemplaren eine Menge farbloser Zellen, welche seitlich an den Glieder- zellen der Fäden ansafsen, öfters 2 bis 3 an einer Zelle vereint (f. 12). Diese Zellen sind sitzend, von eiförmiger oder besser eitronenförmiger Ge- stalt, indem sie einen kurzen, zitzenförmigen Aufsatz besitzen, eine Warze, welche sich jedoch nicht wie bei C'hyıridium Olla deckelartig abgrenzt. Die Länge der ganzen Zelle beträgt kaum über 4, die Dicke 4"". Der fein- körnige trübe Inhalt zeigte zuweilen Molekularbewegung. Einige von diesen sackförmigen Zellen waren entleert. Ich war zur Zeit jener Beobachtung ungewifs, ob ich diese Zellen für Theile der Coleochaete oder für Schma- rotzer zu halten habe; da aber ihr Vorkommen durchaus nicht, wie das der Zweige, ein an bestimmte Stellen der Zelle geknüpftes und überhaupt ein zu- fälliges, später, obgleich ich Coleochaete pulvinata noch oft und reichlich fruktificirend untersuchte, nicht wieder bemerktes ist, kann ich sie für nichts (') Verjüng. p. 319 und anderwärts; Kütz Sp. Alg. p. 245. Ich habe diese Art später auch im Neuenburger See der Schweiz an der Unterseite der von Kuactis calcivora ausge- fressenen Steine, so wie bei Berlin an dem unter Wasser befindlichen Theil des Stengels von Equisetum limosum und an anderen Wasserpflanzen gefunden. Schmarolzergewächse auf Algen und Infusorien. 33 anderes, als für ein Chytridium halten, das ich als Ch. mammillatum bezeich- net habe, wiewohl ich eine zerstörende Einwirkung derselben auf die be- fallenen Zellen nicht bemerkt oder vielleicht nur nicht beachtet habe. Diese Auffassung wird bestätigt durch die Beobachtung einer ganz ähnlichen Form auf einer nicht näher bestimmten Stigeoclonium-Art bei Berlin, über welche mir Dr. Pringsheim nachstehende Notizen nebst Zeichnung (f. 9— 11) mit- getheilt hat. „Der kleine Schmarotzerpilz auf Stigeoclonium stellt eine 14mm länglich ovale Zelle vor, die eine Länge von „,” (etwa 4"") und eine Breite (4"") erreicht, und zuletzt eine nabelartig hervorragende Spitze er- 4 m von ‚!, Häjtderen Umgrenzung stets durch eine feinere Contour gebildet wird, als diejenige ist, welche von der Membran der übrigen Zelle herrührt. Es scheint daher, als werde die nabelartige Spitze dadurch gebildet, dafs eine innere Lamelle der Zellmembran, die äussere durchbrechend, hervorwächst, in ähnlicher Weise, wie ich diefs mit der gröfsten Bestimmtheit bei dem Sporangium von Achlya eintreten sah, bevor sich dieses öffnet und die Zoo- sporen entläfst. Jüngere Zellen zeigen einige grölsere ölartige Kügelchen im Innern, ältere blofs ein feinpunktirtes Plasma. Obwohl eines der gröfs- ten Exemplare, das ich fand, schon jene Beschaffenheit des Inhalts zeigte, die eine Sonderung in einzelne Zoosporen andeutet, so habe ich doch das Öffnen des Pilzes und das Austreten der Zoosporen nicht gesehen. Die jungen Pilze setzen sich (ohne Zweifel als Zoosporen) äufserlich an einzelnen Zellen des Stigeoclonium-Fadens fest. Zugleich mit dem Wachsthum der Pilzzelle bemerkt man, als Einflufs des Schmarotzers auf die Nährzelle, dafs diese nach und nach bauchig aufschwillt, während ihr Inhalt aus dem lebhaft Grünen ins Bräunliche sich verfärbt und zuletzt grofsentheils verflüssigt. Der schädliche Einflufs des Schmarotzers erstreckt sich meist nur auf die Zelle, der er aufsitzt, selten noch auf die benachbarte. Die übrigen Zellen des Algenfadens zeigen nicht die geringste anomale Veränderung ihrer Form und ihres Inhaltes. Der sicherste Beweis, dafs diese durch den Schmarotzer nicht angegriffen werden, zeigt sich in dem Umstande, dafs sie in normaler, dem Stigeoclonium eigenthümlicher Weise je eine Zoospore bilden und seit- lich entlassen (f. 10). Die Zoosporen des Schmarotzers setzen sich übrigens nicht blofs auf die vegetativen Zellen der schon entwickelten Alge, sondern auch auf die noch in lebhafter Bewegung begriffenen Zoosporen derselben fest. Ich habe oft die Zoosporen des Stigeoclonium mit der darauf sitzen- Phys. Kl. 1855. E 34 Braun über Chytridium, eine Gatlung einzelliger den Zoospore des Pilzes in rascher Bewegung sich herumtummeln gesehen. Es dauert lange bis die Pilzspore durch ihre Entwickelung die Algenspore ertödtet und ihrer Bewegung ein Ende macht. Es läfst sich übrigens, wenn man beide Sporen in gemeinschaftlicher Bewegung sieht, nicht mit genügen- der Schärfe entscheiden, ob in der That noch beide in sebstständiger Bewe- gung begriffen sind, oder ob nicht vielleicht die Pilzspore die schon ertödtete Algenspore nur mechanisch mit sich fortschleppt. Ich habe nicht gesehen, dafs der Pilz etwa wurzelartige Verlängerungen in das Innere der Algenzelle hineinschickt, er schien mir stets derselben nur äufserlich aufzusitzen”. Nach dieser von Pringsheim mitgetheilten Beschreibung ergiebt sich, eine kleine Differenz in der Gröfse abgerechnet, kein wesentlicher Unterschied der Chytridiumform auf Stigeoclonium von der auf Coleochaete pulvinata beob- achteten, wefshalb ich beide unter einer Art zusammenfasse. Ich glaubte früher auf Coleochaete puleinata noch eine zweite Chy- tridiumform beobachtet zu haben, für die ich den Namen Ch. minimum ge- wählt hatte('!): sehr kleine, längliche, zuweilen etwas einseitig bauchige oder auch in der Mitte eingeschnürte stumpfe Zellen von ‚„—5;"" Länge 80 und ungefähr ‚i,"" Dicke, deren gewöhlich mehrere gesellig auf der gerun- deten Spitze von nicht krankhaft veränderten Endzellen des Coleochaetefadens sitzen. Ich sah diese Zellen blofs entleert und stets an Coleochaete-Räschen, welche mit Sporenbildung versehen waren. Nach den Beobachtungen von Dr. Pringsheim sind diese Zellen keine Chytridien, sondern Spermatoidien- bildende Zellen ( Antheridien) der Coleochaete, welche sich nicht von aufsen ansetzen, sondern aus den vegetativen Zellen selbst hervorwachsen. Diese Entdeckung, welche die Streichung des vermeintlichen Chytridium minimum nothwendig macht, dient andrerseits zur Bestätigung des Ch. mammillatum. 6. Ch. globosum. (Taf. II. £. 14—18). Zu den Formen der Chytridien, welche auf der Sporenmutterzelle mehrerer Oedogonien ihren Wohnort haben und die ich unter 1 bis 3 auf- geführt habe, gesellt sich eine weitere, die sich oft in unsäglicher Menge auf (') Monatsb. d. Akad. 1855. p. 381. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 35 den vegetativen Zellen mehrerer Oedogonium-Arten findet. Ich beobach- tete sie zuerst genauer im Oktober 1847 auf der von mir als Oedogonium Fonticola(‘) unterschiedenen Art, welche die Wände der Bassins und Tröge laufender Brunnen zu Freiburg überzieht, nachdem ich dasselbe 2 Monate lang in einer Wasserschüssel cultivirt hatte. Manche Fäden zeigten sich der ganzen Länge nach mit Chytridium-Blasen von rein kugeliger Gestalt und sehr verschiedener Gröfse besetzt (f. 14). Die kleinsten hatten nicht über 4” Durchmesser, eine Gröfse, welche mit der der Schwärmzellen dieser und einiger anderer Arten übereinstimmt, ja selbst geringer ist, als die der Schwärmzellen von Ch. Olla. Die gröfsten hatten 4,"" Durchmesser und waren sicherlich noch nicht ausgewachsen, da sie keine Vorbereitung zur Gonidien- bildung zeigten. Die jüngeren fand ich farblos und durchscheinend, die älteren durch einen körnig punktirten, gleichmäfsig vertheilten Inhalt grau- lich getrübt. Die derbe, sehr scharf begrenzte und deutlich doppellinige Zellhaut zeigte einen kaum wahrnehmbaren Schimmer ins Röthliche und schien mir überdiefs von einem fast unsichtbaren, die Haut an Dicke über- treffenden gallertartigen Hof umgeben zu sein. Abgestorbene Exemplare zeigten einen von der Zellhaut zurückgezogenen, zur kleineren Kugel mit rauher Oberfläche geballten Inhalt. Die Anheftung dieser Blasen ist nicht sehr fest, so dafs sie sich leicht unverletzt abreifsen lassen. An abgerifsenen Exemplaren bemerkte ich einigemal deutlich eine sehr kleine warzenartige Vorragung (f. 15), deren Länge ungefähr der Dicke der Zellhaut der Nähr- pflanze entspricht. Ich vermuthe, dafs dieses Wärzchen die Stelle der Wurzel vertritt, die Zellhaut der Nährpflanze durchbohrt und mit dem In- halt der Zelle in Berührung tritt. Fadenartige Verlängerungen der Wurzel konnte ich durchaus nicht erkennen. Die mit Chytridien besetzten Oedo- goniumfäden waren offenbar krankhaft affieirt, indem der bei dieser Art sehr dunkelgrüne Zellinhalt vermindert und stellenweise von der Zellmembran abgelöst war. Ob ich gleich diese Gebilde an 3 aufeinanderfolgenden Tagen zu allen Tageszeiten untersuchte, gelang es mir doch nicht die Bildung und Entleerung der Gonidien zu sehen, auch fand ich keine entleerten Exemplare, was mir um so auffallender sein mulste, da eine grofse Menge ganz junger, (') Verjüng. p. 150; Kütz Sp. Alg. p. 368. Dieselbe Art findet sich auch in Wasser- behältern des botanischen Gartens zu Schöneberg. E2 36 Baaun über Chytridium, eine Galtung einzelliger offenbar erst vor Kurzem gekeimter Individuen vorhanden war. Die hieran sich knüpfenden Zweifel, ob diese Blasen wirklich einem Chytridium angehö- ren, wurden glücklicher Weise durch die vollständigeren Beobachtungen Cohn’s gehoben, denen ich jedoch noch Einiges über das von mir beobach- tete weitere Vorkommen dieser Art vorausschicke. In dem Sommer und Herbst desselben Jahres fand ich C’hytridium globosum auf einer zweiten Oedogonium-Art, dem schon oben erwähnten O. rivulare in den Wasserbehältern des Freiburger botanischen Gartens. Hier waren nur einzelne der sehr verlängerten Zellen von ganzen Schaaren des Chytridiums befallen, Zellen, welche einen unregelmässig vertheilten und spärlichen Inhalt hatten und offenbar leidend waren. Die Exemplare des Schmarotzers erreichten nicht ganz die Gröfse derer auf O. fonticola und liefsen mich gleichfalls vergeblich nach Gonidienbildung suchen. Bei Untersuchung des bereits oben beschriebenen Chytridium Lage- nula auf Melosira varians fand ich in Gesellschaft dieses eine zweite Chytridium-Art, welche ich von Ch. globosum der Oedogonien nicht spe- cifisch zu unterscheiden weils. Die Exemplare (Taf. II. fig. 2) waren von theils rein kugeliger, theils etwas niedergedrückter Gestalt und 1, bis 4," Durchmesser. Reichlicher fand ich dasselbe Chytridium auf einer andren Diatomacee, nämlich auf Eunotia amphioxys Ehrenb., im April 1848, und zwar in kleinen Regenpfützen bei Freiburg, in welchen ausserdem Penium curtum Ralfs reichlich vegetirte. Ich erwähne dieses Vorkommens in sehr vergänglichen Wassertümpeln defshalb besonders, da es darauf hinzudeuten scheint, dafs die Chytridien auf eine noch unbekannte Art, vielleicht durch ruhende Sporen nach Art von Achlya und Saprolegnia, im Trockenen fort- bestehen und sodann durch den Staub verbreitet werden können. Die Schmarotzer der Eunotia (f. 16—18), deren meist mehrere, selbst bis 10, auf einem Exemplare versammelt waren, wechselten von „,—;,"" Durchmesser; die gröfsten zeigten gröfsere Körnchen im Innern und schienen zur Gonidien- bildung vorbereitet, zeigten mir jedoch keine vollständige Entwickelung und Entleerung derselben. Die befallenen Eunotien zeigten einen spärlichen, auf 2 braune Kugeln reducirten Inhalt. Wurzelartige Gebilde konnte ich im Innern derselben nicht wahrnehmen. Meine in Beziehung auf Fortpflanzung des Ch. globosum mangelhaf- ten Beobachtungen wurden im Frühjahr 1852 durch Dr. Cohn ergänzt, dessen Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 37 ausführliche und fast in jeder Beziehung erschöpfende Untersuchungen über Chytridium globosum sich in den Act. nat. cur. XXIV. I. vom Jahr 1854 von p. 142 an niedergelegt finden. Ich führe daraus nur dasjenige an, was zur Ergänzung der Charakteristik und des Vorkommens dieser Art gehört, oder was mir zweifelhaft und wiederholter Untersuchung bedürftig erscheint. Dr. Cohn erhielt zu Ausgang des Winters 1852 durch H. Roese in Schnepfen- thal ein Fläschchen Wasser vom Thüringer Walde, das unter anderen Des- midiaceen besonders einen grofsen Reichthum an Closterien enthielt. Die- selben erhielten sich in lebhafter Vegetation, bis endlich nach einigen Monaten eine Epidemie ausbrach, in Folge deren die Closterien nach und nach ab- starben und fast ganz ausgerottet wurden. Als Ursache dieser Epidemie liefs sich mit aller Bestimmtheit ein kleines schmarotzerisches Wesen nach- weisen, das nach Cohns Beschreibung sicher mit dem von mir auf Oedogo- nien und Diatomaceen beobachteten Chytridium globosum identisch ist. Aus dem von Cohn mit Sicherheit ermittelten Umstande, dafs die Keimzellen dieses Chytridiums sich in der Regel an Olosterien von noch völlig normaler Beschaffenheit des Inhalts ansetzen, dafs bei zunehmendem Wachsthum des Schmarotzers die krankhaften Veränderungen von der Stelle ausgehen, die der Schmarotzer einnimmt, dafs endlich der Tod des Closteriums um so schnel- ler herbeigeführt wird, je zahlreichere Schmarotzer sich auf demselben ange- siedelt haben, schliefst Cohn gewils mit Recht, dafs die krankhaften und mit dem völligen Absterben endigenden Veränderungen der Closterien einzig und allein durch die Einwirkung der auf denselben schmarotzenden Chytri- dien herbeigeführt werden, die sich auf Kosten der Closterien ernähren, wel- che sie, Raubthieren gleich, aussaugen und tödten. Cohn führt die ver- schiedenen Arten der Closterien, auf welchen er das Chytridium beobachtet hat, nicht namentlich auf; in seinen auf Tafel 16 gegebenen Figuren glaube ich Closterium Dianae Ehrenb. und Ci. Digitus Ehrenb. zu erkennen. Einmal zeigte sich ein solches Chytridium auch auf einem Exemplar der un- ter den Closterien lebenden Navicula viridis. Das Maximum der Gröfse ausgewachsener Chytridium-Blasen wird von Cohn zu 4” (4”") angegeben, eine Gröfse, welche die von mir beobachtete um mehr als das Doppelte übersteigt; der Durchmesser der Schwärmzellen zu 45” (‚45”"), somit etwas kleiner, als ich ihn bei Ch. Olla gefunden, dagegen etwas gröfser als bei CA. Lagenula. Die Schwärmzellen besitzen einen excentrischen, dunklen, fast 38 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger schwarz erscheinenden Kern und einen einfachen Flimmerfaden, der wohl achtmal so lang als die Keimzelle selbst ist. Die Zahl der Schwärmzellen schätzt Cohn auf mehrere Tausend; die Entleerung derselben geschieht durch eine kleine, der Anheftungsstelle entgegengesetzte, oder auch durch zwei seit- liche Öffnungen mit etwas aufgeworfenen Rändern, aber ohne Abwerfung eines Deckels. Die hiebei stattfindenden Bewegungserscheinungen schildert Cohn ganz so, wie ich sie bei Ch. Olla beschrieben habe, wobei er namentlich auch des sonderbaren Umstandes erwähnt, dafs die Schwärmzelle, nachdem sie ausgetreten ist, vor der Mündung noch einen Augenblick still steht, bevor sie, gleichsam im Flug, die Stelle verläfst. Eine das Hervortreten der Schwärmzellen betreffende Angabe Cohns erlaube ich mir jedoch in Zweifel zu ziehen, nämlich die Angabe, dafs nach Öffnung des Keimbehälters zuerst einige Flimmerfäden aus der Mündung desselben hervortreten, durch deren Vibra- tion sich die Schwärmzellen zu befreien suchen. Mir schienen, wie ich bei Ch. Olla angeführt habe, die Flimmerfäden beim Austritt der Schwärmzellen nicht voranzugehen, sondern nachzufolgen, wodurch allein mir auch jenes sonderbare Stillstehen der mit dem Körper schon geborenen Zellen in eini- ger Entfernung von der Mündung seine Erklärung zu finden scheint. Die Bewegung der Schwärmzellen wird als eine ruckweise, in Zickzacklinien fortschreitende beschrieben und mit der Bewegung von Bodo saltans Ehrenb. verglichen. Cohn hat endlich die monadenähnlichen Schwärmzellen sich ansetzen und in Ruhe übergehen sehen, ohne jedoch über das Verhalten des Flimmerfadens hiebei Bestimmteres zu ermitteln. Die kürzlich zur Ruhe gekommene Keimzelle läfst noch den dunklen Kern erkennen, der unmittel- bar der Closterium-Membran anliegt. Dieser Kern geht bei zunehmendem Wachsthum auffallende Veränderungen ein, indem er sich in ein das Licht stark brechendes Tröpfchen, vermuthlich Öl, verwandelt, das sich bald in 2, dann in mehrere theilt und endlich in zahllose äufserst kleine Körnchen oder Tröpfchen zerfällt, die Anfangs auf der dem Anheftungspunkt zuge- kehrten Seite angehäuft sind, später sich gleichmäfsig durch den ganzen Zell- inhalt verbreiten. In Beziehung auf die Frage, in welcher Weise das Chy- tridium aus dem Closterium die Nahrung an sich zieht, gelangt Cohn, jedoch selbst nicht ohne Zweifel, endlich zu der Annahme, dafs dasselbe ein aus höchst zarten Fäden bestehendes Wurzelgeflechte aussende, dessen zahlreiche Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 39 Radien er von der Insertionsstelle der Chytridiumblase aus sich verbreiten und den innern Zellraum des Closteriums oft vollständig durchziehen sah. Diese Annahme scheint mir jedoch auf einem Irrthum zu beruhen. Sei es, dafs das von Cohn gesehene Fadengeflechte durch eine eigenthümliche Zer- setzung des Zellinhalts sich bilde, oder dafs es einem anderen pilzartigen Gewächse angehöre, mit dem Chytridium steht es wohl in keinem organischen Zusammenhang, da Ch. globosum auf andren Nährorganismen ein solches Wurzelgeflechte mir niemals gezeigt hat. Endlich verdanke ich neuesten brieflichen Mittheilungen von Dr. Cohn die Nachricht, dafs C'h. globosum oder eine ihm jedenfalls sehr nahe stehende Form auch die Sphaeroplea annulina befällt. Cohn schreibt mir hierüber folgendes: „das Chytridium, welches ich bei Untersuchung der Keimungs- und Entwickelungsgeschichte der Sphaeroplea auf dieser Alge beobachtete, bildet kugelige Blasen, gleichgrofs und wohl identisch mit Ch. globosum auf Closterium, aber offenbar ohne alle Wurzelverlängerung im Innern der Sphae- ropleakeimlinge, auf deren Oberfläche es sich festsetzt und auf deren Zellen es ebenso tödtlich wirkt, wie ich diefs bei dem Chytridium auf Closterium be- obachtet habe. Der Inhalt zeigt in der Jugend grofse Öltropfen, später zahl- reiche kleinere, hierauf eine gleichmäfsige feinkörnige Mafse, die endlich zu ausschwärmenden Keimzellen sich gestaltet. Auffallend war mir die Gestalt der jüngsten Chytridiumkeime, welche als längliche Bläschen mit einer klei- nen seitlichen Aussackung erschienen, wenn anders, wie ich nicht zweifle, diese Bläschen zu Chytridium gehörten. Die Gestalt und Lage der Öffnun- gen, durch welche die Schwärmzellen entleert werden, habe ich versäumt zu beobachten; leider sind meine Beobachtungen überhaupt nicht zum Ab- schlufs gekommen, indem das Wasser, in welchem das Chytridium sich be- fand, durch Zufall austrocknete, ehe die Untersuchung vollendet war.” 7. Ch. sporoctonum. Taf. II. £. 13. Während auf Oedogonium fonticola und rieulare das kugelförmige Chytridium nur auf den vegetativen Zellen vorkommt, obgleich die letztere der beiden Arten sehr reichlich Fruchtzellen bildet, habe ich auf einem Oedo- gonium, das im November 1847 in einer Wasserschüssel erschien, in welcher 40 Braun über Chytridium, eine Gallung einzelliger ich Nitellen aus der Gegend von Eimeldingen bei Freiburg cultivirte, und welches ich für O. Vaucherü (Prolifera Vaucherü Le Clerk, Vesiculifera Vaucherü Hassall) halte, ein sehr kleines kugeliges Chytridium gefunden, welches ausschlielslich auf der kugelig anschwellenden Sporenmutterzelle und zwar sehr gesellig vegetirte. Die Fäden der genannten Oedogonium- Art sind ,;—4”" dick, die Zellen 2—3mal so lang, die Sporenmutterzellen von der doppelten Dicke des Fadens, kugelig und beiderseits etwas halsartig verschmälert. Die beobachteten Exemplare des Schmarotzers waren nur Pd grofs, die kleinsten enthielten nur 2 ölartige Kügelchen im Innern, die gröfseren mehrere. Offenbar waren es nur Jugendzustände, die mit denen von Ch. globosum Ähnlichkeit haben, während das eigenthümliche Vor- kommen eine eigene Art vermuthen läfst, deren weitere Erforschung der Zukunft vorbehalten bleibt. Der grüne Inhalt der befallenen Sporenmutter- zelle war noch wandständigund von nicht merklich veränderter Beschaffenheit. 8. Chytridium pollinis Pini. Taf. III. £.1—15. An die kugeligen Formen der Chytridien reihe ich noch eine Art an, die mir durch das Abweichende ihres Vorkommens manche Zweifel gemacht hat. In den ersten Tagen des Juni fand ich nämlich auf ins Wasser gefalle- nen Pollenkörnern von Pinus sylvestris, deren ich an schwimmenden Binsen- stengeln und verschiedenen Algen anhängend eine grofse Menge aus den von Kiefernwaldungen umgebenen Seen des Grunewaldes mitgebracht hatte, häu- fig kugelige Blasen von verschiedener Gröfse (f. 1—6), die kleinsten „;— 4; die gröfsten „,— 4" im Durchmesser, in ihrer Form dem Chytridium glo- bosum sehr ähnlich, aber im erwachsenen Zustand durch eine schwache, warzenartige Vorragung am Scheitel abweichend. Die Haut scheint etwas dicker zu sein, als bei Chytridium globosum, und hat einen unverkennbaren röthlichen Schimmer. Ihr Durchmesser beträgt „,—;;"". Sie ist ohne Zweifel doppelt, doch konnte ich die Schichten nicht deutlich unterscheiden; unter der warzenförmigen Spitze verschwindet die doppelte Contour dersel- ben, was anzuzeigen scheint, dafs diese Spitze blofs von einer zarteren Innen- haut, welche die äufsere durchbricht, gebildet ist (f. 12. 13). Was diese Art besonders auszeichnet, ist ein im Innern befindlicher, glänzender Fett- Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 41 oder Öltropfen von ungewöhnlicher Gröfse, der sich in allen kleineren und den meisten mittelgrofsen Exemplaren findet, ja sich sogar häufig bei ausge- wachsenen, schon mit einer Warze versehenen Exemplaren noch vorfindet. Unter den mittelgrofsen Blasen findet man jedoch auch solche, welche 2 Öl- tropfen enthalten (f. 7); ferner solche, die einen gröfseren besitzen, der von mehreren kleinen umgeben ist (f. 9); selten solche, die blofs kleinere Öl- tröpfehen oder endlich einen fein punktirten Inhalt ohne unterscheidbare Öltropfen enthalten (f. 8). Die letztgenannten Modificationen finden sich häufiger bei nahezu erwachsenen Blasen (f. 12). Einmal sah ich den körni- gen Inhalt zu einer granulirten Kugel zusammengeballt (f. 10). Dafs dieses Gebilde zu den Chytridien gehört, wurde endlich durch die Beobachtungen der Entleerung der Zoogonidien aufser Zweifel gesetzt (f. 4 und 13). An der Stelle der bereits erwähnten Warze bildet sich eine einzige grofse ÖFE- nung, aus welcher sich die ziemlich zahlreichen Schwärmzellen, ähnlich wie bei Ch. Olla, langsam herausarbeiten, indem sie noch eine Weile zitternd vor der Mündung hängen, ehe sie ins Weite gehen. Ihre Bewegung ist etwas weniger lebhaft, als bei anderen Arten, hat aber denselben auf und nieder- tanzenden Charakter. Ihr Durchmesser beträgt 4,”"; sie haben den bereits bei Ch. Olla beschriebenen scharfbegrenzten dunkleren Kern und einen Flim- merfaden, den ich jedoch hier nur undeutlich sehen konnte. In der Art des Aufspringens spricht sich auch der specifische Unterschied dieser Art von Ch. globosum am deutlichsten aus, denn während Ch. globosum bald eine, bald mehrere, und manchmal seitliche, aber stets kleine Mündungen zeigt, öffnet sich Ch. pollinis Pini stets mit einer einzigen, grofsen und ziemlich ge- nau den Scheitel einnehmenden Mündung. Ob diese Art den Pollenzellen der Kiefer nur oberflächlich anhängt, oder ob sie einen Wurzelschlauch ins Innere derselben sendet, wie ich zuweilen zu sehen glaubte, ist mir bei der trüben und wenig durchsichtigen Beschaffenheit der durch das Wasser alterirten Pollenkörner sicher zu entscheiden nicht möglich gewesen. 9. Ch. laterale. Taf. 11. £. 16—26. Eine dem Ch. globosum gleichfalls verwandte, aber gewifs specifisch verschiedene Art fand ich auf Ulothrix zonata K. Diese niedliche, zur Beobachtung der Zoogonidien so besonders geeignete Alge gehört in den Phys. Kl. 1855. F 42 Bravn über Chytridium, eine Gattung einzelliger kühlen Gebirgsbächen des Schwarzwaldes zu den häufigsten; bei Freiburg erscheint sie als lieblich grüner Überzug der Steine in der rasch fliefsenden Dreisam mit dem ersten Frühling, verschwindet in den heifsen Sommer- monaten fast ganz und kehrt im Spätherbst reichlich wieder zurück (!). Im October 1847 und zum zweitenmale im Mai 1848 fand ich die frisch aus dem Wasser gebrachten Fäden dieser Alge krankhaft verändert und fast alle Zellen derselben reichlich mit Chytridien in allen Entwicklungsstufen besetzt (f. 20. 21). Manche der von Chytridien befallenen Zellen zeigten einen von der Zellhaut zurückgezogenen, in eine unförmige Mafse zusammengeballten Inhalt, wodurch die Umgestaltung in Zoogonidien vereitelt wurde, in ande- ren Zellen dagegen bildeten sich trotz der ansitzenden Chytridien 2—4 Zoo- gonidien, während die kräftig vegetirende Pflanze deren meist 8 oder 16 hervorbringt (f. 16). Die Schwärmzellen der kranken Fäden wurden sogar geboren, jedoch so dafs sie einzeln aus der seitlichen Öffnung der Zellen aus- traten, während bei gesunder Bildung die gesammten Schwärmzellen einer Mutterzelle beim Austritt von einer zarten Blase eingeschlossen sind, die erst einige Zeit nach der Geburt zerreifst um den Schwärmzellen freien Lauf zu lassen (f. 16)(?). Die abnorm geborenen Keimzellen verhielten sich auch in anderer Beziehung ungewöhnlich; sie waren kugelig aufgetrieben mit sehr lückenhaftem (wassersüchtigem) grünem Inhalt (f. 22), zeigten eine schwächere, mehr taumelnde und drillende Bewegung von kürzerer Dauer und schienen grofsentheils zum Keimen untauglich zu sein. Nur selten konnte ich an denselben den eigenthümlichen wandständigen rothen Kern unterscheiden, der den normalen Zoogonidien regelmäfsig zukommt (f. 17), beim Übergang zur Ruhe nabelartig vorragt (f. 18) und selbst an keimenden Pflänzchen (f. 19) noch sichtbar ist, bei welchen er, nach der ersten Zelltheilung, der oberen (') In der Gegend von Berlin ist sie selten, doch fand ich sie an Steinen festsitzend im Müggelsee und in der Havel. (?) Von der Anwesenheit dieser sehr zarten Blase, welche bereits früher (Verjüng. p. 172) von mir beschrieben worden ist, habe ich mich seither wiederholt überzeugt. 'Thuret bildet sie unverkennbar auch von Ulothrix rorida ab, bezeichnet sie jedoch als einen Schleimtropfen, der die Zoosporen einige Zeit zusammenhalte (Ann. des sc. nat. 3. ser. tom. 14. Pl. 18. f. 4). Schacht (Pfanzenzelle p. 122. t. II. f. 20) beschreibt dagegen eine innerhalb des Häufchens der Schwärmzellen befindliche und diese verklebende Blase, die er für einen veränderten Zellenkern hält. Was ich gesehen habe, war unzweifelhaft eine äulsere Blase; ob ausser dieser noch eine innere vorkommt, mögen künftige Beobachtungen entscheiden. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 43 Zelle verbleibt. Die kleinsten Chytridien erscheinen als farblose kugelige, Bläschen von kaum „4;”" Durchmesser und ununterscheidbarem Inhalt; in den gröfseren ist der Inhalt trüber und feinkörnig; die der Reife nahen, deren Durchmesser „;—;;"" beträgt, erhalten 1—3 stumpf kegelförmige, zitzenartige Vorragungen, durch welche die späteren Mündungen angezeigt werden. Nun erscheinen gröfsere Körnchen im Inneren; es sind die Kerne der sich bildenden Keimzellen, welche endlich durch eine oder mehrere Mündungen ausschwärmen (f. 24). Schon vor der Entleerung sieht man da und dort eine zuckende Bewegung im Gedränge der Keimzellen, nachdem jedoch durch theilweise Entleerung derselben freier Raum gegeben ist, wird auch die zuckende und schnellende Bewegung der noch in der Blase zu- gebliebenen lebhafter. Auch bei dieser Art bemerkte ich, dafs die Schwärm- zellen an oder selbst vor der Mündung noch einige Zeit stille stehen, mit- unter einigemal schwach zuckend, bis sie endlich plötzlich davon schiefsen. Sie sind von etwas länglicher Gestalt, kaum unterscheidbar gelblichgrüner Farbe und haben einen einseitig anliegenden, dunklen, fast schwarz erschei- nenden Kern. Durch Jodtinktur getödtet erscheinen sie kugelig, von „1;"" Durchmesser, gelb- oder rothbrauner Farbe und versehen mit einem ausge- streckten, höchst zarten Flimmerfaden, der 5—6mal so lang als der Körper ist. Eine Zellhaut hebt sich hiebei von dem Körper der Keimzelle nicht ab (f. 26), was dagegen bei jüngeren oder älteren ansitzenden Individuen der Fall ist (f. 27). Ich sah die Schwärmzellen in ihrer eigenthümlichen tanzen- den Bewegung in grofser Menge zwischen den Ulothrixfäden sich herum- tummeln und bei der Ähnlichkeit der Jüngsten schon ansitzenden Chytridium- bläschen mit den noch in Bewegung begriffenen Schwärmzellen kann über den Übergang der letzteren in die ersteren wohl kein Zweifel sein. Die Art der Befestigung des Schmarotzers auf seiner Nährpflanze konnte ich bei die- ser Art besonders deutlich sehen. Die Haut der Ulothrixzelle schwillt an der Stelle, die eine Chytridiumblase trägt, nach Innen höckerartig an; in diesen Höcker senkt sich ein dünner, fast walzenförmiger Forisatz der Chy- tridiumzelle ein, der doppelt bis dreifach so lang als dick wird, und den ich manchmal deutlich den Zellbauthöcker durchbohren und den grünen Inhalt der Ulothrixzelle berühren sah (f. 23). Die schmarotzerische Ernährung ist daher bei dieser Art aufser Zweifel und die krankhaften Veränderungen der Zellen der Mutterpflanze dadurch erklärlich. F2 44 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger 11. Ch. subangulosum. Taf. II. £. 27—31. Eine der vorigen Art sehr ähnliche Form fand ich im Mai 1848 in einem Brunnentrog der Stadt Freiburg auf einer schmutzig-grünen Oscillarie, die ich für Oscillaria tenuis var. subfusca K. halte. Ihre Fäden sind 4, —,14""” dick, an der Spitze öfters etwas verdünnt und ein wenig zur Seite gebogen; die Zellen zeigen bei ,—% Länge die beginnende nächste Theilung und sind an den Scheidewänden etwas körnig punktirt. Die Chy- tridien hatten sich sämmtlich die Spitzen der Oscillarienfäden ausgewählt, auf denen sie einzeln oder paarweise sich fanden. Die jüngsten erscheinen als Bläschen von -1;"" Durchmesser (f. 27); sie behalten ihre kugelige Ge- stalt bis gegen die Zeit der Reife, dehnen sich alsdann oft etwas weniges in die Länge und erhalten durch die Entwickelung von 2—3 vorspringenden Spitzen (den späteren Öffnungen) ein etwas eckiges Ansehen. Die ausge- wachsenen haben eine Länge von 4—4;"". Ihr Inhalt zeigt die gewöhnliche kleinkörnige Beschaffenheit; die Dicke der Haut schätze ich auf u—- 70" Die reifen Keimzellen sind fast wasserhell mit dunklerem, aber bei dieser Art weniger deutlichem Kern; sie haben ungefähr „;"" Durchmesser, wie bei den zwei vorausgehenden Arten, und zeigten sich schon innerhalb der Mutterzelle lebhaft bewegt, von Wand zu Wand hin und her springend, bis sie den Ausgang fanden. Es dauerte fast , Stunde bis alle entwichen waren. Den Flimmerfaden habe ich nicht gesehen. 12. Chytridium transversum. Taf. IV. £. 1-6. Aus einer Mistlache bei Freiburg schöpfte ich im Oktober 1847 ein grün gefärbtes Wasser. Dasselbe enthielt eine grofse Menge gesunder Eug- lena viridis, unter welcher sich spärlicher die grünen, beweglichen Zellen von Chlamidomonas Pulvisculus vorfanden. Diese waren fast sämmtlich von einer eigenthümlichen, der auf Ulothrix zonata beobachteten zunächst verwandten Chytridium-Art besetzt, die sie mit sich herumtrugen, wenn anders der Schmarotzer nicht schon das Absterben der Chlamidomonade herbeigeführt hatte. Chlamidomonaszellen, welche nur Ein oder auch Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 45 mehrere jugendliche Chytridien trugen, zeigten sich noch fast unverändert und bewegten sich lebhaft (f. 1), solche dagegen, welche mit zahlreicheren und herangewachseneren Chytridien besetzt waren, lagen stille, die grüne Farbe war grofsentheils verschwunden, der Umrifs uneben (f. 3—6). Sie waren offenbar dem Absterben nahe oder bereits abgestorben und im Be- griffe sich aufzulösen. Ich fand 1—12 Chytridien auf einer einzigen Chla- midomonade, bei gröfserer Zahl waren sie meist von sehr verschiedenem Alter. Die jüngeren sind rein kugelig oder etwas niedergedrückt, die älteren erhalten zwei seitlich vorgezogene, entgegengesetzte Spitzen, wodurch sie eine in die Quere gedehnte, beiderseits zugespitzte Gestalt erhalten. Der Quer- durchmesser beträgt in diesem Zustande ungefähr 4"", so dafs sie an Gröfse der Chlamidomonade ziemlich gleich kommen. Der Inhalt zeigt die gewöhn- liche feinkörnige Beschaffenheit; die gröfsten Individuen liefsen Körnchen von 745555“ Durchmeser unterscheiden. Das Ausschwärmen der Keimzellen sah ich nicht. Junge, etwas niedergedrückte Chytridien, die vielleicht zu dieser Art gehören, sah ich auch auf der von mir als Chlamidomonas obtusa(!) unter- schiedenen Art aus der Sandgrube beim Heidenhof unweit Freiburg, so wie auf einem nur aus 4 Zellen gebildeten Gonium, das ich als Gonium Tetras bezeichnet habe, von derselben Localität. Die hier beschriebene Chytridium-Art ist übrigens nicht die einzige, welche auf Chlamidomonas Pulvisculus schmarotzend gefunden wird, indem nach den Mittheilungen von Pringsheim bei Berlin eine Chytridienform auf Chlamidomonaden vorkommt, welche mit dem weiter unten folgenden CA. apiculatum übereinzustimmen scheint. 13. 14. Chytridium Chlamidococci et Haematococci Bei länger fortgesetzter Cultur von Chlamidococeus pluvialis im Früh- ling und Herbst 1848 kam mir wiederholt, aber immer nur sehr spärlich, an absterbenden ruhenden Zellen dieses vielbeschriebenen und vielfach benann- ten Wesens(?) ein meist geselliges Chytridium, von anfangs kugeliger, spä- (') Verjüng. p. 230. (2) Haematococcus pluvialis v. Flotow, Protococcus pluvialis K., Hysginum pluviale Perty, Discerea purpurea Morren et c. Vergl. Verjüng. p. 169. 46 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger ter etwas länglicher Gestalt vor. Ich sah es nicht über „1,"" lang, einmal mit einer schief nach oben vorragenden zitzenartigen Spitze. Da ich seine volle Entwickelung nicht verfolgen konnte, kann ich es vor der Hand nicht genauer charakterisiren. Diesem scheint sich ein Chytridium anzuschliefsen, das ©. Vogt auf den Zellen des sogenannten rothen Schnees, Haematococcus nivalis('), beobachtet und auf der Tafel, welche seinem in Desor’s Alpen- reisen enthaltenen Excurs über den rothen Schnee der Berner Alpen beige- geben ist, durch die Figuren 4’—4' dargestellt hat(?). Vogt hält zwar die von ihm gesehenen blasenförmigen Anhänge für eine zur Vermehrung des Haematococcus dienende Sprofsbildung; allein bei der nahen Verwandtschaft des Haematococcus nivalis mit Chlamidococcus pluvialis ist eine Sprofsbil- dung (nach Art der bei den Hefenpilzen gewöhnlichen) bei Haematococcus im höchsten Grade unwahrscheinlich, und der farblose Inhalt der von Vogt gesehenen Blasen spricht entschieden gegen eine solche Erklärung. Diese Blasen, die ich für nichts Anderes als für ein Chytridium halten kann, deh- nen sich nach Vogt gleichfalls etwas in die Länge; die Figur 4 stellt sogar eine solche vor, deren oberes Ende in einen conischen Fortsatz vorgezogen ist, eine Bildung, die einerseits an die flaschenartige Zuspitzung von Chytr. Lagenula, anderseits an gewifse Formen des vielgestaltigen Chytridium auf Euglena erinnert. 15. Ch. depressum. Taf. IV. £. 7. Auf Coleochaete prostrata, einer von Pringsheim unterschiedenen Art, die in mancher Beziehung die Mitte hält zwischen C. scutata und pulvinata, kommt ein Chytridium vor, über welches mir der Entdecker folgende Mitthei- lungen gemacht hat. „Ich fand nicht selten kleine pilzartige Schmarotzer, die den Zellen der Coleochaete mit verbreiteter Basis aufsalsen. Schon die jungen Exemplare zeigten eine kurze Spitze, welche bei den älteren oft in eine gekrümmte, schnabelartige Verlängerung auswuchs. Die älteren Pilze 4"") und eine Höhe sind breiter als lang und erreichen eine Breite von 4” (') Protococcus nivalis Ag., Discerea nivalis Vogt, Hysginum nivale Perty etc. (?) Siehe Desor, Excursions et sejour dans les glaciers et les hautes r@gions des alpes (1844) p. 215—219. tab. L. £ 2 —4. Schmaroizergewächse auf Algen und Infusorien. 47 von 75 (5""). Ein Heraustreten der Zoosporen habe ich nicht gesehen. Merkwürdiger Weise habe ich hier niemals die geringste anomale Ver- änderung des Inhaltes derjenigen Zellen, auf welchen die Pilze aufsafsen, bemerken können”. Da diese Gebilde in ihrer Gestalt von den Antheridien der Coleochae- ten wesentlich abweichen, auch das Ansehen des farblosen körnig-punktirten Inhaltes ganz das der Chytridien ist, so ist wohl kaum an der gegebenen Deutung zu zweifeln. Durch die vorgezogene Spitze erinnert diese Art einerseits an Ch. mammillatum, anderseits an das in einen längern Schlauch ausgezogene nächstfolgende Ch. Euglenae. 16. Chytridium Euglenae. Diese Art habe ich nicht selbst beobachtet, sondern verdanke die erste Kenntnifs derselben den Mittheilungen von Prof. C. Th. von Siebold und Dr. Meifsner, welche sie zu München im Frühjahr 1853 gemeinschaft- lich beobachteten. Nach den mir mitgetheilten Notizen und Zeichnungen fanden sich an Euglena viridis, und zwar an encystirten (verpuppten), so wie auch an kugelig contrahirten Exemplaren ohne Cyste häufig verschiedenartig gestaltete, meist aber schlauchartig verlängerte, farblose Gebilde, welche gleich Ausstülpungen aus dem Körper der Euglena hervorzuwachsen und die Hüllhaut, wo sie vorhanden, von Innen zu durchbohren schienen, wäh- rend sie in der That vielmehr von aufsen sich festgesetzt hatten, wie aus den späteren Beobachtugen hervorgeht. Es finden sich solche Schläuche bald einzeln, bald mehrere (3—4) gesellig vereint auf dem Körper der Euglena, den sie nach den mitgetheilten Zeichnungen im erwachsenen Zustande an Länge bedeutend, oft um das Doppelte, übertreffen. Zur Kugel contrahirte Euglenen zeigten mir ),—;5"" Durchmesser, die erwachsenen Chytridium- Schläuche mögen darnach ,— ;;"" Länge und etwa den dritten Theil Dicke besitzen. Die jüngeren Schläuche sind am Grunde verschmälert, später schwillt die Basis fast kugelig an und grenzt sich durch eine Einschnürung von dem dickeren Schlauche etwas ab. Manchmal befindet sich die kuge- lige Basis etwas seitlich an den Schlauch. Der Inhalt ist feinkörnig, später zeigen sich gröfsere, regelmäfsig vertheilte Körnchen, endlich bewegliche Keimzellen, die jedoch in dem kugeligen Bulbus zu fehlen schienen. Das 48 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger Ausschwärmen der Keimzellen geschieht aus der ohne Deckel sich öffnenden Spitze des Schlauchs. Die Keimzellen sind oval, viel stärker in die Länge gezogen, als bei anderen Arten, nach den Zeichnungen zu urtheilen über 1 _ mm 300 lang, ständigen Kern, etwas über der Mitte mit einem zartbegrenzten helleren Fleck am einen Ende mit einem scharf und dunkel begrenzten rand- (einer Vacuole?) versehen. An dem Ende, das durch den Kern bezeichnet ist, befindet sich eine Wimper, die ungefähr die dreifache Länge des Körpers besitzt. Ähnliche, aber noch stärker darmartig verlängerte Schläuche fanden sich auch auf abgestorbenen Rotatorieneiern. Vor Kurzem machte mir Herr Th. Bail in Breslau briefliche, von Zeichnungen begleitete Mittheilungen über ein von ihm daselbst beobach- tetes Schmarotzergebilde auf Euglena, das ich, ungeachtet einiger sonder- baren Abweichungen, doch nur für Chytridium Euglenae halten kann. Ich hebe aus den seit der Lesung meiner Abhandlung veröffentlichen Beobach- tungen Bail’s(!) besonders diejenigen Punkte hervor, durch welche die Kenntnifs der Chytridien im Allgemeinen erweitert wird, so wie diejenigen, welche den sonst bei dieser Gattung beobachteten Charakteren wider- sprechen und wiederholter Untersuchung zu bedürfen scheinen. Die von Bail an Fuglena viridis gesehenen Schläuche oder Säcke sind im Vergleich mit anderen Chytridien von bedeutender Gröfse, von Gestalt sehr verschieden, meist darm- oder wurstförmig, aber auch keulenförmig, birnförmig, eiförmig, zuweilen selbst fast kugelig. Sie machen sich kennt- lich durch Öltröpfchen im Innern, deren Zahl sich mit dem Alter vermehrt und die zuletzt zu den Kernen werden, um welche sich die Keimzellen bil- den. Das Ausschwärmen dieser kündigt sich zuweilen schon vor Durchbruch des Schlauchs durch ein langsames Drehen um die Längsachse an. End- lich entsteht eine scharfumschriebene, aber deckellose Mündung, durch welche die Keimzellen langsam nacheinander austreten. Welches Ende bei ihrer Geburt vorausgeht, hat Bail nicht ausdrücklich bemerkt, doch läfst sich nach dem über ihre Bewegung Angeführten wohl vermuthen, dafs sie die Wimper beim Hervortreten nachziehen. Die Form der Schwärmzellen ist stumpf oval; an dem in Beziehung auf ihre Bewegung hinteren und stumpferen Ende derselben befindet sich ein grofser kugeliger Kern, den ') Botanische Zeitung 1855. 39. Stück p. 678. 5 P Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 49 Bail als einen Öltropfen bezeichnet; an dem spitzeren vorderen Ende ist ein lichter Raum, von Bail als eine „Ausstülpung” bezeichnet, in der Mitte end- lich eine „Vacuole”. An dem bezeichneten hinteren Ende befindet sich eine lange, dicke, beständig oscillirende Wimper, welche bei der fortschreitenden Bewegung der Zelle nicht vorausgeht, sondern nachfolgt und wie ein „Steuer- ruder” wirkt, ein Umstand, über den ich bei anderen Chytridien wegen der Kleinheit der Schwärmzellen und der Schnelligkeit ihrer Bewegung keine Gewifsheit erlangen konnte. Bail verfolgte die Bewegung einzelner Schwärm- zellen eine Stunde lang, ohne dafs sie ihr Ende erreicht hatte. Endlich setzen sich die Keimzellen wieder an Euglenen an und nehmen, nachdem sie zur Ruhe gekommen, zunächst eine verkehrt-birnförmige Gestalt an, worauf sie nach Bail mehrere (oft 4 ins Kreutz gestellte) sehr zarte und lange Fäden, die den Eindruck von Spinnenfäden machen, aussenden, Fäden, die sich so- gar verzweigen und endlich ein „wahres Netzgeflechte” bilden. Diese Faden- bildung ist ein so sonderbarer und den übrigen Chytridien so fremder Um- stand, dafs ich, ungeachtet des bestätigenden Zeugnilses von Cohn, den Zweifel nicht unterdrücken kann, ob diese Fäden dem Chytridium wesentlich ‚angehören oder etwa eine zweite parasitische Vegetation auf Chytridium dar- stellen. Gleichzeitig entwickelt das Säckchen an dem einen (dem festsitzen- den?) Ende einen oft langen stielartigen Fortsatz, der sich jedoch später erweitert, so dafs die neu entstandenen Schläuche dem Mutterschlauch, aus dem sie entstanden, wieder ähnlich werden. Ausnahmsweise sah Bail auch verzweigte (mit Seitenästchen versehene) Schläuche und einmal einen ver- kehrt-herzförmigen, der mit zwei Mündungen sich öffnete. Wenn ich Herrn G. Gros als einen dritten und der Zeit nach ersten Beobachter des Ch. Euglenae anführe, so kann es bei dem gänzlichen Man- gel an naturhistorischer Schärfe und Genauigkeit seiner Beobachtungen (um nicht der fabelhaften Auslegung des Gesehenen zu gedenken) freilich nur mit einigem Bedenken geschehen. Indessen scheint mir eine von ihm in dem Bulletin der Moskauer naturforschenden Gesellschaft von 1851(') gegebene (') G. Gros, de Pembryogenie adscendante des especes ou generation primitive, &qui- voque et spontande et metamorphoses de certains animaux et vegetaux inferieurs. Bull. de la soc. imp. des naturalistes de Moscou XXIV (1851) p. 429. Die Erklärung der erwähn- ten Figur lautet p. 474 so: „Des millions d’Euglenes presentent la m@tamorphose endogene. Elles se decolorent quelque peu et poussent des utricules. Ici l’Euglöne n’en a pousse q’un Phys. Kl. 1855. G = 50 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger Figur, nämlich f. 7 auf Taf. C', unverkennbar das Ch. Euglenae darzustel- len. Eigenthümlich an dieser Figur ist der Umstand, dafs der kugelige Bul- bus selbst noch durch einen Stiel mit der Euglenenkugel in Verbindung steht, ein Fall, der bei der von den andern Beobachtern hervorgehobenen grofsen Vielgestaltigkeit des Ch. Euglenae übrigens wohl denkbar ist. In dem ver- längerten Schlauche bilden sich (ohne Theilnahme des Bulbus) längliche Schwärmzellen, bei deren Darstellung Gros von den andern Beobachtern nur darin abweicht, dafs er die Wimper an das dem Kern entgegengesetzte Ende setzt, was gewils auf einem blofsen Versehen beruht. Richtig dagegen ist es ohne Zweifel, dafs Gros das mit dem Kern versehene Ende der aus dem Schlauch hervortretenden Schwärmzellen nach hinten stellt. Vielleicht beziehen sich noch einige andere Figuren von Gros auf Chytridium Euglenae, namentlich könnte man versucht sein f. 13—16 auf Taf. D in dieser Weise zu deuten. 17. Chytridium cornutum (t). Taf. IV. fig. 8- 19. In Landseen und gröfseren Tümpeln erscheinen bekanntlich im Som- mer sehr häufig schwimmende miceroskopische Algen, welche das Wasser licht spahngrün oder auch matt gelbgrün färben und auf dem ruhigen Spie- gel desselben sich zu einem zarten Überzug sammeln. Es ist diefs die so- genannte Blüthe der See, die jedoch, wenn auch dem unbewaffneten Auge noch so ähnlich erscheinend, keineswegs immer von derselben Art und Gat- tung der Algen erzeugt wird. Die häufigsten Formen, welche die Seeblüthe in der Gegend von Berlin, so wie wahrscheinlich auch anderwärts in Deutsch- land, erzeugen (?), sind Anabaena Flos aquae K? (circinalis Rabenh.)(°) qui, A son tour, pousse son contenu vesiculeux dans une sorte d’Etui, ou les vesicules gran- dissent, s’animalisent davantage et finissent par &tre des Monadines qui s’&chappent de P’&tui perfore”. (') Diese erst im Juli 1855 aufgefundene Art wurde nach Lesung der Abhandlung eingefügt. () 2. B. bei Driesen (Rabenhorst Algen 209: Anabaena circinalis und Polycystis aeru- ginosa) und Dresden (Rabenh. No. 470: dieselben beiden Algen als Nodularia Suhriana und Microcystis Ichthyoblabe). (°) Ich kann es nicht mit Gewilsheit entscheiden, ob die hier als Anabaena Flos aquae bezeichnete Alge mit der Kützing’schen und der von Treviranus in der Linnaea 1843 be- Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 51 und Polycystis aeruginosa K.(!), von denen die erstere schon im Frühsom- mer erscheint, während die letztere im Spätsommer und Herbst mit dem Verschwinden der ersteren in gröfserer Menge sich einstellt. Aufser diesen hat Kützing ein Cylindrospermum circinale beschrieben, welches am Harz und in Mecklenburg in ähnlicher Weise schwimmend gefunden wurde, und eine Zimnochlide Flos aquae, die ein sehr ausgebreitetes Vorkommen hat. Die letztere habe ich in den Rheingegenden selbst beobachtet und möchte sie von Sphaerozyga nicht generisch trennen. Eine von allen diesen verschiedene Seeblüthe fand ich gegen die Mitte des Monats Juli im Tegelsee bei Berlin. Das Wasser des Sees zeigte eine gelblich-grüne Trübung oder schärfer be- trachtet Punktirung; in ruhigen Buchten sammelte sich die färbende Masse in Form eines dünnen Rahms an der Oberfläche. Die Untersuchung zeigte eine fadenartige Alge, welche mit Anabaena Flos aquae (eircinalis) und Cylindrospermum circinale in Beziehung auf zierliche Lockung und schnirkel- förmige Rollung der Fäden, so wie in Beziehung auf Gliederung, die gröfste Ähnlichkeit hatte, von beiden jedoch durch die Stelle, welche die Sporen ein- nehmen, sich wesentlich verschieden zeigte. Es war eine den beiden genann- ten analoge Art der Gattung Sphaerozyga, die ich als SpA. cireinalis bezeichne. Die Fäden haben eine Dicke von „1;— ,1,”"; sie sind bedeutend dünner, als bei der analogen Anabaena, dagegen fast doppelt so dick, als bei dem ana- logen Cylindrospermum. Die Zellen sind, wenn sie nicht gerade in Thei- lung sind, nicht länger als breit, an der Gelenkfläche etwas gerundet, der Inhalt deutlich punktirt (f. 8). Die Interstitialzellen sind etwas dicker als die übrigen, kugelig oder schwach länglich. Die Sporen (f. 9) finden sich regelmäfsig zu beiden Seiten der Interstitialzellen, also je 2 durch eine Interstitialzelle verbunden (?); sie sind walzenförmig, länger und schlanker schriebenen identisch ist, da beide Autoren nur sterile Fäden darstellen; ich lasse jedoch den angeführten Namen vorläufig der einzigen unter den mir bekannten Formen der See- blüthe, welche wirklich der Gattung Anabaena (nach dem rektificirten Charakter der Gat- tung) angehört. Die Fäden meiner Anab. Flos aquae sind dicker, als sie nach Kützing’s Angabe sein sollten; sie stimmen in dieser Beziehung ganz mit Rabenhorst’s Anabaena_ cir- cinalis überein, mit welcher die von mir als A. Flos aguae bezeichnete Art identisch ist. (') Ob diese von Polycystis Ichtyoblabe K. verschieden ist, ist mir zweifelhaft. (*) Bei Anabaena Flos aquae finden sich die Sporen von den Interstitialzellen entfernt, meist eine einzige in der Mitte jedes Fadenstückes; bei Cylndrospermum ceircinale bilden sie die vorletzte Zelle an einem oder auch an beiden Enden jedes Fadens. G2 52 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger als bei Anabaena Flos aquae, ,— 4" lang, 4;—74"" diek, mit dichtge- drängtem körnigem Inhalt erfüllt und von einer sehr deutlichen hyalinen Haut umschlofsen, aus welcher ich sie an im Zerfallen begriffenen Fäden öfters plötzlich ausschlupfen sah (f. 10). Auf der hier beschriebenen Alge, und zwar ausschliefslich auf den Instertitialzellen derselben, beobachtete ich einen Schmarotzer, der der Gattung Chytridium anzugehören scheint. Er stellt eine Zelle dar, die in der Jugend kugelig ist (f. 11), später mehr oder minder zahlreiche und ungleich lange hornähnliche Fortsätze ausschickt (f. 14—19), so dafs die ganze Blase fast das Ansehen einer Amoeba erhält, mit dem Unterschied, dafs die hornähnlichen Ausstülpungen oder Fortsätze, die oft die Länge des Körpers selbst erreichen, unbeweglich sind. Die kleinsten kugeligen Blasen zeigen mE (f. 11), gröfsere, mit entwickelten Hörnern, haben ohne diese einen Durchmesser von 4; — 4” (f. 14—19). Selten finden sich Exemplare von dieser Gröfse, die keine deutlichen Hör- ner entwickelt haben (f. 12). Der Inhalt ist bald feinkörnig, bald mit 2 oder mehreren ölartigen Tröpfchen versehen. Bildung und Ausschwärmen der Zoogonidien zu sehen glückte mir nicht. 18. Ch. Hydrodictyi. Taf. IV. £. 20—25. Bei der Untersuchung der Fortpflanzungsverhältnisse des Wassernetzes (Hydrodictyon utriculatum), das ich zu diesem Behufe während des Som- mers und des Herbstes 1846 cultivirte, bemerkte ich zuerst im Monat Sep- tember an durch Cultur erzogenen und der Reife nahen Netzen das Auftreten einer Chytridium-Art, die sich, ungeachtet der Ähnlichkeit mit mehreren der vorausgehenden Arten, durch die sonderbare und nicht ganz aufgeklärte Art des Eingreifens in den Organismus der Nährpflanze sehr auszeichnet. Die den Zellen des Wassernetzes meist gesellig aufsitzenden Chytridium- blasen (f. 20) gleichen anfangs sehr denen des Ch. globosum: als sehr kleine Bläschen beginnend schwellen sie allmählig zu gröfseren Kugeln an, welche sich zuletzt an der Basis etwas abplatten, nach oben dagegen etwas vor- strecken, wodurch sie eine kurz eiförmige oder verkehrt birnförmige Gestalt erhalten. Ihre Dicke beträgt im erwachsenen Zustand 4— 4"", die Länge ist um weniges bedeutender, so dafs die gröfsten Exemplare etwa ”” er- reichen. Der Inhalt zeigt dieselbe Beschaffenheit, wie Ch. globosum auf Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 93 Oedogonium; er ist fast farblos, fein punktirt oder granulirt (f. 21. 22), bei sehr jungen Blasen oft mit einigen ölartigen Körnchen, welche der Basis näher liegen, sehr selten mit einer einzigen gröfseren Ölkugel im Innern. In den entwickeltsten Exemplaren werden zahlreiche, regelmäfsig vertheilte, etwas gelblich oder grüngelblich gefärbte Körperchen sichtbar, die ich für die Kerne der sich bildenden Keimzellen halte (f. 23). Die völlige Entwick- lung und das Ausschwärmen der Keimzellen zu sehen ist mir nicht geglückt, allein Dr. von Frantzius, der dieselben schmarotzerischen Gebilde auf dem Wassernetze bei Breslau beobachtete, hat mir mitgetheilt, dafs er die Ent- leerung zahlreicher, sehr kleiner Zoosporen aus der Spitze der Chytridium- säcke gesehen habe, eine Beobachtung, die neuerlichst auch von Bail bestä- tigt worden ist(!). Geöffnete und entleerte Exemplare sah ich häufig und fand dabei stets nur eine einzige Öffnung an der vorgezogenen Spitze, niemals mehrere oder seitliche (f. 25). Die Hydrodictyon-Zellen, welche von Chytridien befallen sind, erkran- ken sichtbar; sie bleiben im Wachsthum hinter den gesunden Zellen zurück, so dafs sie meist um den dritten Theil dünner erscheinen, als die gesunden Zellen desselben Netzes; auch scheinen die befallenen Zellen niemals zur Gonidienbildung zu gelangen. Schon die kleineren Chytridien erscheinen mit einem erbleichten, helleren Hof der Nährzelle umgeben, die gröfseren findet man stets auf ausgedehnteren, chlorophylifreien Stellen, die als unre- gelmäfsige, bleich schmutziggelbe Flecken um so mehr um sich greifen, je grölser die Zahl der Schmarotzer ist und je mehr diese in ihrer Entwicklung fortschreiten. Untersucht man die von Chytridien besetzten Stellen näher, so zeigen sich nach dem Innern der Zelle zu sonderbare Veränderungen. Zunächst verdickt sich die Zellhaut unter jedem Chytridium mehr oder we- niger deutlich zu einer nach innen vorspringenden, abgeflachten, kreisförmi- gen Warze, während der unter ihr befindliche plasmatische Wandüberzug, der in der Umgegend des Chytridiums Chlorophyll und Amylonkörner ver- loren hat, zu einer sehr starken berg- oder buckelartigen Erhebung anschwillt, deren senkrechter Durchmesser oft die Länge des aussen befindlichen Chy- tridiums übertrifft. Im Inneren des Plasmahöckers bemerkte ich fast ohne Ausnahme eine kugelförmige Masse, die dem aussen befindlichen Chytridium (') Bot. Zeit. 1855 p. 682. 54 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger ähnlich ist, jedoch meist etwas kleiner, zwar wohl begrenzt, aber doch ohne unterscheidbare Zellhaut, oft mit einem helleren Hof umgeben (f. 21— 25). Im Umkreis dieser Kugel liegen manchmal einige Körnchen, die mir Öltröpf- chen zu sein schienen (f. 22). Die Anwendung von Jodtinktur färbt den Zellinhalt des Chytridiums intensiv rothbraun, die dem Chytridium im Innern correspondirende Kugel etwas lichter braun, jedoch weit dunkler als das umgebende gelbbraun gewordene Plasma. Eine häutige Umhüllung der Kugel kommt dabei nicht zum Vorschein, während an dem Chytridium selbst durch die eintretende Contraction des Inhalts die Haut sehr deutlich ist und zwar gleichfalls etwas gefärbt, licht schmutziggelb. Zwischen dem Chytri- dium und der entsprechenden inneren Kugel bemerkt man einen schmalen, zarten Verbindungsstreifen, der das Ansehen eines engen Kanales hat und vom Zellinhalt des Chytridiums auszugehen scheint. Schon bei den jüngsten Chytridiumblasen, unter welchen noch keine Kugeln bemerkbar sind, konnte ich einen zarten Streifen bemerken, der die Zellwand des Hydrodietyon senkrecht durchsetzt. Der erwähnte Verbindungsstreifen erinnert an den in die Ulothrixzelle eindringenden wurzelartigen Fortsatz des Chytridium la- terale; wie aber die Kugel am Ende desselben zu deuten sein mag, ist mir räthselhaft. Für eine blasige Anschwellung der Wurzel im Innern der Nährzelle möchte ich sie nicht halten, da sie keine besondere Haut zu haben scheint; auch der Vergleich mit der braunen Masse, welche am Fufs der Sciadien und einiger Characien, so wie am Fufs der Oedogonien ausgeschie- den wird, scheint mir gewagt zu sein('). 19. Ch. decipiens. (Taf. V. £. 1—4). Die bisher betrachteten Chytridien stimmen darin überein, dafs sie äufserlich auf den Zellen des Nährorganismus aufsitzen und höchstens mit einer wurzelastigen Verlängerung ins Innere der Zelle etwas eindringen; die nun zu betrachtende Art vegetirt zwar auch auf der Aussenfläche einer Zelle, aber im Innern der Mutterzelle dieser, also auf einer eingeschlossenen Zelle und somit selbst eingeschlossen. (') Vergl. A. Braun, Algarum unicell. genera nova et minus cognita t. IV (Sciadium arbuscula) et F (Characium acutum et subulatum). Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 55 Bei der Untersuchung von Oedogonium echinospermum (Sept. 1847) kamen mir öfters im Innern der Sporenmutterzelle neben einer verküm- mernden Spore 1—2 farblose, trüb und körnig punktirte, mit einer dicken, doppelten Haut umhüllte, comprimirt kugelige Körper vor, die ich kaum für etwas Anderes, als für encystirte Infusorien halten kann. Da nach den Ent- deckungen von Pringsheim die Sporenmutterzelle der Oedogonien, auf ähn- liche Art wie bei den Vaucherien, schon vor Bildung der Spore eine Öffnung bekommt, so kann auch ein Eindringen von Infusorien durch dieselbe nicht als unmöglich erscheinen. Einen fremden Körper anderer Art hat Pringsheim vor Kurzem im Innern der Sporenmutterzelle eines Oedogoniums entdeckt, das er in seiner Abhandlung über Befruchtung und Keimung der Algen(') als O. zumidulum bezeichnet, und welches ich für das bereits früher erwähnte Oedogonium Vaucherü zu halten geneigt bin. Der fremde Körper, den er an dieser Art beobachtete, ist nichts anderes, als ein wirkliches Chytri- dium, das innerhalb der Sporenmutterzelle (des sogenannten Sporangiums) auf der Spore selbst seine schmarotzerische Entwickelung durchläuft. Den Mittheilungen des Entdeckers verdanke ich hierüber die folgenden Bemer- kungen, so wie die auf Tafel V gegebenen Figuren: „Die Keimzellen dieses sonderbaren Schmarotzers müssen offenbar durch die Öffnung des Sporan- giums (f. 1. 2), durch welche die Befruchtung der Oedogonium-Spore er- folgt, eindringen und zwar, wie die bereits gebildete Membran dieser Spore es wahrscheinlich macht, erst nach der Befruchtung derselben. Hier keimt das meist nur in Einem, selten in 2 Exemplaren innerhalb des Sporangiums auftretende Chytridium auf der Oedogonium-Spore und erwächst zu einer grofsen, je nach der Form des Raums, den es im Sporangium einnimmt, mehr oder weniger von der Kugelform abweichenden Zelle, durch deren fort- schreitendes Wachsthum nicht nur der unterdessen braun gewordene Inhalt der Oedogonium-Spore theilweise zerstört, sondern auch die Haut derselben faltenartig eingedrückt wird, so dafs der erwachsene Schmarotzer mit seiner einen Hälfte sich in eine Vertiefung der Oedogonium -Spore einbettet (f. 3), ohne dafs jedoch die Membran der Spore zerrifsen oder aufgelöst würde. Aus dem Inhalte der Chytridium-Zelle bildet sich eine grofse Anzahl stark zusammengedrängter, jedoch scharf umschriebener Zoosporen, die mit einem (') Monatsb. d. Akad. d. Wiss. 1855. p. 133. 158. 56 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger dunklen Kern versehen sind, und bald eine wimmelnde Bewegung im Innern der Chytridiumzelle zeigen (f. 4). Nachdem eine gröfsere Anzahl dieser Zoosporen herausgetreten war, liefs sich die Bewegung der zurückgebliebe- nen mit völliger Bestimmtheit als eine wahre und sehr lebhafte Ortsbewe- gung erkenen, die mit der Molecularbewegung durchaus nicht verwechselt werden konnte(!). Ich habe in einem Falle, wo das Heraustreten der Zoo- sporen gehindert sein mufste, die Bewegung derselben vom 15. Mai Morgens 9 Uhr bis zum 19. Mai Abends 11 Uhr, also während 108 Stunden im In- nern der Chytridium-Zelle andauern sehen, am Schlufse welcher Zeit sie zwar verlangsamt, aber noch nicht beendigt war(?). Das Objekt ging leider durch einen Zufall zu Grunde, wefshalb es ungewifs bleibt, ob die Zoospo- ren endlich doch den Ausgang gefunden oder vielleicht innerhalb der Mut- terzelle gekeimt hahen würden. Der Durchmesser dieses Chytridiums er- reicht etwa die Gröfse von 4” (3;"”"); der Durchmesser der Zoosporen läfst m sich auf ‚4 (70) schätzen”. Es scheint, dafs dieses entophytische Chytridium schon früher ge- sehen worden ist und zu einer sonderbaren Täuschung Veranlassung gege- ben hat, die ich durch den dieser Art gegebenen Namen angedeutet habe. Derbes und Solier(°), denen es entging, dafs die Oedogonien sich auf dop- pelte Weise, nämlich durch bewegliche Gonidien (Zoosporen) und durch ruhende Sporen fortpflanzen und zwar so, dafs beide Arten der Fortpflan- zung meist an verschiedene Individuen vertheilt sind, begreifen die zoosporen- bildenden Oedogoniumpflanzen unter Tiresias Bory, während sie auf einige Formen mit ruhenden Sporen ihre neue Gattung Breionia gründen. Nach der Darstellung dieser Autoren soll der bei der zweiten von diesen bei- den vermeintlichen Gattungen vorkommende kugelige Körper, der sich in (') Ich habe diese Bewegnng bei H. Dr. Pringsheim selbst stundenlang mit angesehn; für Jeden, der die Bewegung der Zoogonidien anderer Chytridium-Arten gesehen, mulste die Deutung derselben unzweifelhaft sein. (?) Ein so lange andauerndes lebhaft bewegtes Lebensstadium könnte wohl für die thie- rische Natur der Chytridien zu sprechen scheinen, allein es ist hiebei nicht ausser Acht zu lassen, dafs die Schwärmzellen während der ganzen Zeit ihrer Bewegung nicht bemerkbar wachsen, noch viel weniger ihren Organismus in irgend einer Weise umgestalten und wei- ter entwickeln. Wenn sie zur gehörigen Zeit ins Freie gelangen, ist die Bewegungszeit höchst wahrscheinlich eine kürzere. (°) Me&moire sur quelques points de la physiologie des Algues p. 35, tab. 4 (Bretonia). Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 97 dem blasig angeschwollenen Sporangium befindet, und der allgemein und zwar mit dem unzweifelhaftesten Recht(') für eine einzige ruhende Spore gehalten wird, eine Anhäufung (glomerule) äufserst zahlreicher und sehr klei- ner Zoosporen sein, welche zuletzt durch eine kleine, etwas röhrenförmig verlängerte Öffnung des Sporangiums ausschwärmen, wie diefs Figur 15 auf Tafel 4 der genannten Abhandlung darstellt. Diese Beobachtung, die mit dem normalen Verhalten der Oedogonium-Sporen gänzlich unvereinbar ist, läfst sich erklären, wenn man annimmt, dafs D. und S. eine von Chytridium befallene Oedogoniumspore beobachtet und die ausschwärmenden Chytri- dium-Keimzellen für Zoosporen des Oedogonium gehalten haben. Die spitzige Form und der rothbraune Hintertheil der dargestellten Zoosporen scheinen zwar diese Annahme nicht zu unterstützen (?), wogegen die aus- drückliche Angabe, dafs immer ein Theil der braunen Masse im Sporangium zurückbleibe und sich nicht in Zoosporen auflöse(*) entschieden zu Gunsten einer solchen Auslegung spricht. Die Oedogonium-Art, an welcher Derbes und Solier ihre Beobach- tung gemacht haben, und welche als Breionia vesicata bezeichnet wird, stimmt mit der Art, an welcher Pringsheim das Chytridium deeipiens aufge- funden, nicht ganz überein, indem sie sich namentlich durch kürzere Zellen unterscheidet. Nach den Kützing’schen Diagnosen palst sie am besten auf Oed. fasciatum (Vesiculifera fasciata Hassall). 19. Ch. apiculatum. Taf. V. £. 5—20. In der Schrift über Verjüngung habe ich auf Seite 169 unter dem Na- men Gloeococcus eine Gattung aufgestellt, die sich durch die Aufeinander- (') Die Entwickelung der ruhenden Sporen von Oedogonium ist zwar noch unbekannt, allein bei der grofsen Ähnlichkeit dieser Gattung mit Bulbochaete ist nicht zu zweifeln, dafs sie auf ähnliche Weise vor sich geht. Vergl. Pringsheim im Monatsb. der Akad. 1855 p- 160 und f. 32—34 der zugehörigen Tafel. (?) Der von D. und S. dargestellte braune Theil dieser Zoosporen deutet wohl auf den dunkleren, ölartigen Kern derselben. (*) „I reste toujours une portion de la masse brune qui ne se r&sout pas en zoospore. N’acheve-t-elle pas son @volution? ou bien le rest est-il constitu@ par les debris de la cellule qui enveloppait le glomerule, ou par ceux d’une cellule placentaire? Nous ne pouvons pas encore decider cette question”. D. et S. I. c. p. 36. Phys. Kl. 1855. H 98 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger folge mehrerer anhaltend beweglicher Generationen an C'hlamidococcus, Hae- matococcus und Chlamidomonas anreiht, durch schön grüne Färbung und ein einziges sogenanntes Ohlorophylibläschen (das wahrscheinlich Amylon enthällt) im dickeren Hinterende der eiförmigen Zelle besonders der letzt- genannten Gattung ähnlich ist, sich aber von allen genannten durch eine weiche Gallertmafse auszeichnet, welche die Zellen zu grofsen Familien- stöcken verbindet, nach Art von Palmella und Gloeocystis(!). Schon inner- halb der Gallerte zeigen die mit 2 sehr langen, aus einer farblosen (einem. Ausschnitt ähnlichen) Stelle am vorderen Ende entspringenden Wimpern versehenen Zellen eine schwach zuckende Bewegung, welche nach dem end- lichen Hervortreten der Zellen letzter Generation aus der Gallertmafse in die gewöhnliche Bewegung der Schwärmzellen übergeht. Die Zellen der gröfseren von den 2 mir bekannten Arten dieser Gattug, des Gloeococcus mucosus (f. 5—7), wechseln in der Gröfse von 1;— 5””, selten bis „,""; der grüne Körper derselben umgiebt sich, ähnlich wie bei Chlamidococcus plu- vialis, mit einer etwas abstehenden, aber noch weit zarteren und daher schwer zu unterscheidenden Hüllmembran; bei Theilung der Zelle (f. 8. 9) er- weitert sich diese Membran und zerflielst in die allgemeine Gallerte, so dafs man nur selten um 2 oder 4 Tochterzellen die von der Mutterzelle herrüh- rende Hülle noch unterscheiden kann. Theils auf im Schwärmen begriffenen, theils auf schon zur Ruhe ge- kommenen Zellen des Gloeococeus mucosus beobachtete ich zu Freiburg von Mitte bis Ende Oktober 1848 ein Schmarotzergebilde, das durch seine Farb- losigkeit von den grünen Zellen des Gloeococcus, auf denen es bald einzeln, bald gesellig festsafs und in oft lebhafter Bewegung herumgetragen wurde, auf den ersten Blick abstach, und das ich wegen der Spitze, mit welcher es am Scheitel gekrönt ist, Chytridium apiculatum genannt habe. Erwachsene Exemplare dieses Schmarotzers (f. 18. 19) erscheinen als fast kugelförmige Blasen von 4, —4"" Durchmesser, deren ansitzender Theil, der fast die Breite der ganzen Kugel hat, etwas abgeflacht und mit seiner Wölbung in den grü- (’) Die Gallertmassen des Gloeococeus mucosus haben einige Ähnlichkeit mit den Gallert- kugeln von Ophrydium versatile, doch sind sie noch weicher als diese, ursprünglich fest- sitzend und weniger regelmälsig gestaltet, von mehr wolkenartigem Ansehen. Sie erscheinen in den kleinen Weiherchen an der Dreisam bei Freiburg besonders im ersten Frühling und im späten Herbst. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 59 nen Körper des Gloeococeus mehr oder weniger eingedrückt ist (besonders _ stark bei f. 19. 20). Der Scheitel der Blase trägt eine zitzenartig verlän- gerte, über -1,"" lange Spitze mit engerem Hals und etwas verdicktem, kopf- artig abgerundetem Ende. Der kugelige Theil des Chytridiums hat seinen Sitz innerhalb der zarten Hülle der Gloeococcus-Zelle, welche durch das An- schwellen der Chytridiumblase zu ungewöhnlicher Entfernung emporgehoben und straff ausgespannt wird; die zitzenartige Spitze dagegen befindet sich aufserhalb der Hüllhaut. Diese Abtheilung in einen von der Hüllhaut um- schlossenen Theil, und eine dieselbe durchsetzende Spitze findet sich auch schon bei jüngeren Exemplaren von fast halb-kugeliger oder niedrig kegelför- miger Gestalt (f. 12—15); ja selbst die jüngsten, die ich sah (f. 10. 11), lassen beide Theile unterscheiden: ein kugeliges Köpfchen von „1,"" Durchmesser auflserhalb, und einen verlängerten, kegel- oder walzenförmigen Theil, unge- fähr von derselben Dicke, innerhalb der Hüllhaut. Den Inhalt fand ich an den jungen Exemplaren fein und undeutlich punktirt; an den älteren, wie es schien zur Gonidienbildung sich anschickenden, mit zahlreichen, unter sich gleich grofsen Körnchen erfüllt. Die Entleerung der Schwärmzellen sah ich nicht, so wie es auch an Beobachtungen über die Art des Ansetzens dersel- ben an die Gloeococcuszellen fehlt. Nach den gesehenen frühsten Jugend- zuständen vermuthe ich, dafs die Zoogonidien an die Aufsenseite der Hüll- haut sich ansetzen und von hier einen zum grünen Körper durchdringenden Schlauch aussenden, der allmählig zur kugeligen Blase anschwillt. Verhält es sich wirklich so, und betrachtet man die zarte abstehende Hülle des Gloeo- cocceus als Analogon der Zellhaut, so würde Ch. apieulatum zu den inner- halb der Zelle der Nährpflanze sich entwickelnden, nur mit der Mündung aus derselben hervorragenden Arten gehören, deren ich im Folgenden noch einige zu beschreiben habe. Die schädliche Einwirkung dieses Schmarotzers auf den ernährenden Gloeococcus ist zwar minder auffallend, als in manchen anderen Fällen, oft aber doch unverkennbar, indem die befallenen Zellen oft milsgestaltet, verkrümmt und abgemagert erscheinen (f. 18—20), auch vor der Zeit ihre Beweglichkeit zu verlieren scheinen. Eine wahrscheinlich mit dem hier beschriebenen Ch. apiculatum identische Form hat Dr. Pringsheim bei Berlin auf Chlami- domonas Pulvisculus beobachtet. H2 60 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger 20. Ch. endogenum. DALAV-rLI21. Eine unzweifelhaft den innern Zellraum bewohnende Chytridiumform fand ich an einem Exemplar von Closterium Lunula unter einer an Desmi- diaceen reichen und namentlich durch den Gehalt an Spirotaenia condensata Breb. ausgezeichneten Mafse, welche Herr O. Bulnheim in der Gegend von Leipzig im Juli 1843 gesammelt hatte. Im Innern des Olosteriums fanden sich auf dem zu einem bräunlichgrünen Strang zusammengefallenen Inhalte aufsitzend ein Dutzend Exemplare eines offenbar zu den Chytridien gehöri- gen Schmarotzers. Es sind Blasen von niedergedrückt kugeliger Gestalt mit einem Querdurchmesser von 4""; aus der Mitte der Blase erhebt sich ein flaschenartiger Hals von „\,"" Dicke, ausgehend in einen etwas verdickten (;45”” dicken) Kopf, der an die Zellwand des Closteriums anstöfst. An die- sen schliefst sich eine engere, kaum über 4,"" dicke Röhre an, welche die Haut des Closteriums durchbohrt, aufserhalb derselben sich noch beträcht- lich verlängert und mit einer schwachen trichterartigen Erweiterung endigt. Sämmtliche Exemplare waren bereits geöffnet und entleert. Dafs aus die- sen Behältern sehr kleine bewegliche Schwärmzellen entleert werden, geht aus den Beobachtungen hervor, welche H. Dr. Focke bei der jüngsten Ver- sammlung der deutschen Naturforscher und Arzte in Göttingen mitgetheilt hat. Die Gebilde nämlich, die er bei dieser Versammlung als Micronidien- bildende Organe der Closterien schilderte, kann ich nicht umhin, für iden- tisch mit dem hier als Chytridium endogenum bezeichneten Schmarotzer zu halten. De Bary fand nach brieflicher Mittheilung dieses Chytridium auch bei Frankfurt a. M. nicht blofs in eigentlichen Closterien, sondern auch in Pleurotaenium Trabecula Näg., in Cosmarien, und selbst in einer grofsen Vaucheria (dichotoma?), welche er in Bächen salzigen Wassers bei der Nauheimer Saline gesammelt hatte; Pringsheim fand eine wahrscheinlich mit Ch. endogenum indentische Form mehrmals im Inneren von Spirogyra- Zellen. Die schnabelartige Verlängerung war bei derselben in eine längere Röhre ausgewachsen, welche die Membran der Spirogyrenzelle durchbohrt hatte. Der Inhalt der Spirogyrenzellen, in welchen sich solche Chytridien befanden, war verschiedentlich verändert oder zerstört. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 61 Wie Ch. endogenum in das Innere der Algenzelle hineingelangt, ob es, als Schwärmzelle eindringend, seine Entwicklung im Innern der Nähr- zelle beginnt und, röhrenartig sich verlängernd, die Zellwand nach aufsen durchbricht; oder ob es, äufserlich sich ansetzend, in Form eines Schlauches nach Innen wächst und am eingedrungenen Ende des Schlauchs sich zur Kugel ausdehnt: zur Beantwortung dieser Fragen fehlt es leider an allen di- rekten Beobachtungen, doch halte ich das letztere für wahrscheinlicher. 21. Ch. Saprolegniae. Taf. Vf. 23. Das unzweifelhaft im Inneren der Zellen von Closterium und anderen Algen lebende Chytridium endogenum könnte vielleicht den Weg bahnen zur Erklärung einer bei Saprolegnia ferax K. beobachteten, bisher höchst räthsel- haften Erscheinung. Nägeli beschreibt im dritten Hefte der Zeitschrift für wissenschaftliche Botanik S. 28 gelegentlich der Erörterung der freien Zellbil- dung eine doppelte Weise der Bildung von Keimbehältern (Sporangien) bei Saprolegnia ferax('): die eine durch Theilung („wandständige Zellbildung”), die andere durch freie Zellbildung. Im ersteren Falle bilden sich die bekann- ten, vielfach beschriebenen Keulen, welche, nachdem sie die Schwärmzellen entleert haben, häufig durchwachsen und so eine zweite Keule aus dem Boden der leeren Hülle der ersten hervorgehen lassen. In dem von Nägeli beschrie- benen zweiten Falle bilden sich nach dessen Darstellung(?) im Innern einer mehr kolbig angeschwollenen Fadenspitze durch Sammlung des körnigen In- halts 1, 2 oder 3 von Anfang an völlig freie Zellen, welche zuerst undeutlich begrenzt und von strahligen Protoplasmafäden umgeben sind, mit dem Ver- schwinden dieser Fäden sich schärfer begrenzen und zuletzt in Einen, selten (') Nägeli bezeichnet die Pflanze in Übereinstimmung mit vielen anderen Autoren als Achlya prolifera, allein, wie De Bary nachgewiesen hat, ist Achlya prolifera Nees nicht identisch mit Saprolegnia ferax, sondern eine davon wesentlich verschiedene Art und zwar dieselbe, welche ich früher als Sapro/egnia capitulifera bezeichnet hatte. Diese letztere ist nicht nur specifisch von Saprolegnia ferax verschieden, sondern lälst sich sogar generisch unterscheiden. Sie mufs daher den Namen Achlya prolifera in seiner ursprünglichen Bedeu- tung behalten, während die gemeinere und bekanntere, irrthümlich mit ihr verwechselte Art Saprolegnia ferax heilsen muls. Vergl. De Bary in der bot. Zeit. 1852 p. 508. (?) Zeitschr. f. wiss. Bot. 3tes u. 4tes Heft (1846) p. 29 und 92. t. IV. f. 1—6. 62 Baaun über Chytridium, eine Gattung einzelliger 2 entgegengesetzte enge Schläuche auswachsen, die als röhrenförmige Ver- längerungen, bald nach oben, bald nach unten, die Zellhaut des kolbigen Fadens durchbohren, um ihren Inhalt, eine Schaar beweglicher Keimzellen, nach aussen zu entleeren. Nach der von Nägeli unter Figur 6 gegebenen Darstellung scheinen die aus diesen Behältern austretenden Schwärmzellen beträchtlich kleiner zu sein, als die gewöhnlichen beweglichen Keimzellen der Saprolegnia. 'Thuret, Pringsheim, De Bary, so wie die übrigen Autoren, welche früher über Saprolegnia geschrieben haben, kennen diese von Nägeli beschriebenen Behälter nicht; mir kamen sie nach langem Suchen ein einziges Mal vor und zwar an einer besonders kleinen und, wie mir schien, eigenthüm- lichen Form von Saprolegnia, welche auf dem Körper eines kranken, aber noch lebenden Zimneus minutus wuchs. Unter zahlreichen, meist ganz ein- fachen aufrechten Fäden, welche an der Spitze die gewöhnlichen mit Zoo- sporen sich füllenden Keulen trugen, fand ich wenige kürzere, in dicke Kolben angeschwollene Fäden, welche 1 bis 2 der Nägelischen Schläuche enthielten, die theils mit dunklem körnigem Inhalt erfüllt('), theils bereits entleert waren. Bei den ersteren konnte ich noch keine Verbindung mit der Zellhaut des kolbigen Fadens wahrnehmen, die letzteren (f. 23) durchbohrten dieselbe mit einem schnabelartigen Röhrchen. Die Entleerung selbst konnte ich leider nicht beobachten. Wenn ich es nun wage, diese, wie es scheint, sehr selten und mehr zufällig vorkommenden Gebilde nicht für Organe der Saprolegnia, sondern für schmarotzerische Gebilde zu halten, so trete ich dadurch freilich in einen bei der Unvollkommenheit meiner eigenen Beob- achtungen vor der Hand nicht auflösbaren Widerspruch mit den Beobach- tungen Nägeli’s und kann für meine eigene Vermuthung nur Gründe der Analogie anführen. Man kennt von Saprolegnia mit Sicherheit bereits doppelte, mit Wahr- schemlichkeit sogar dreifache Fortpflanzungsorgane: 1) die in den bekann- ten endständigen Keulen sich bildenden beweglichen Keimzellen, als unge- schlechtliche Vermehrungsorgane, analog den Zoogonidien anderer Algen und insonderheit den grofsen Schwärmzellen der in morphologischer Be- ziehung so nahe verwandten Gattung Vaucheria; 2) ruhende Sporen, die (') Durch Jodtinktur wurde der Inhalt dunkel rothbraun gefärbt. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 63 zuerst von Schleiden beobachtet('), später von mir selbst(?), Pringsheim (°) und De Bary(*) beschrieben worden sind. Auch diese haben ihr Ana- logon bei Faucheria. Nach den Untersuchungen Pringsheim’s, welche von De Bary bestätigt wurden, sind die meist auf kürzeren Seitenzweigen befindlichen Behälter der ruhenden Sporen mit wirklichen Löchern (°) ver- sehen, ein Umstand, der es mehr als wahrscheinlich macht, dafs die ruhen- den Sporen in ähnlicher Weise, wie bei Jaucheria, befruchtet werden müfsen. Als wahrscheinlich dazu bestimmte Organe finden sich: 3) dünne, gekrümmte oder geschlängelte Zweigchen, den hornförmigen Antheridien der Vauche- rien ähnlich, deren eigenthümliches Vorkommen in der Nachbarschaft der Sporangien ich bereits früher beschrieben habe(°). Wenn, wie kaum bezwei- felt werden kann, diese Hörnchen (f. 22) dieselbe Bedeutung besitzen, wie die- jenigen der Vaucheria, d. h. Spermatozoidien in ihrem Inneren erzeugen (’), so erscheint damit der Kreis normaler Fortpflanzungsorgane geschlossen und es ist nicht abzusehen, welche Bedeutung ein vierter, von den 3 genannten wesentlich verschiedener Fortpflanzungs-Apparat bei Saprolegnia besitzen sollte. Diese Betrachtung ist es hauptsächlich, die, in Verbindung mit der unverkennbaren Ähnlichkeit, welche die Nägelischen Schläuche mit Chytri- dium endogenum besitzen, mich bei der gegebenen Deutung geleitet hat. Eine wiederholte Beobachtung der Entwickelungsgeschichte dieser proble- matischen Gebilde, so wie die genauere Untersuchung der Beschaffenheit der Schwärmzellen derselben, wird allein im Stande sein eine sichere Ent- scheidung herbeizuführen. Seit der Lesung der Abhandlung sind die von mir als Chyzridium ge- deuteten Gebilde der Saprolegnia von neuem gesehen worden. Die Be- schreibung, welche Prof. Cienkowski in St. Petersburg von denselben (') Schleiden, Grundzüge, 1ste Ausgabe, II. p. 36. (?) Verjüng. p. 288. (°) Act. nat. cur. Vol. XXIM. I. (*) Bot. Zeit. 1852. p. 413. (°) Pringsheim 1. c. p. 421. t. 47 und 48; De Baryl. c. t. VII f. 26. 27. (°) Verjüng. p. 318. (”) Ich habe einmal in einer endständigen Keule statt der normalen Zoogonidien kleinere längliche Schwärmzellen sich bilden sehen, die nur „4,"” Länge, also kaum den dritten Theil der normalen Länge der gewöhnlichen Schwärmzellen besalsen, auch mit lebhafterer Be- wegung begabt waren. Vielleicht waren es an abnormer Stelle entwickelte Spermatozoidien. 64 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger giebt('), enthält einiges Neue, ist jedoch immer noch nicht entscheidend, da auch hier eine genauere Beschreibung der Schwärmzellen vermifst wird. In Beziehung auf die Entwicklungsgeschichte der fraglichen Schläuche weicht Cienkowski von Nägeli nur wenig ab. Die Schleimschicht, welche die innere Wand des Kolbens („Sporangium” nach C.) auskleidet, sondert sich in einige dunklere Häufchen, die mit einander durch zahlreiche, netz- artig verzweigte Schleimströmchen verbunden sind. Die Häufchen grenzen sich schärfer ab, umgeben sich mit einer Membran, die Schleimströmchen verschwinden allmählich. Der Inhalt der so gebildeten, länglichen oder kugeligen Sporangien („Sporen” nach C.), deren in Einem Kolben nach C. manchmal bis 5 vorkommen, ist anfangs schaumartig, später wird er körnig, die Körner erhalten allmählich schärfere Umrisse und werden so selbst zu- kleinen Zellen, welche das Sporangium erfüllen. Dieses wächst unter- dessen in Eine oder mehrere, bald seitliche, bald endständige, dünne Schläuche oder Röhren aus, welche sich oft bedeutend verlängern um die Wand des Kolbens zu erreichen, zu durchbohren und sich ausserhalb der- selben zu öffnen, worauf die im Sporangium enthaltenen Schwärmzellen herausschlüpfen und mit grofser Geschwindigkeit nach allen Seiten davon- eilen. Cienkowski sagt ausdrücklich, dafs die so gebildeten Schwärmzellen eine geringere Gröfse haben, als die gewöhnlichen Zoogonidien der Saproleg- nia, nach seiner Darstellung (fig. 11.) haben sie eine längliche, fast walzen- förmige Gestalt; von einem Kern, wie er den Schwärmzellen der Chytri- dien eigen ist, zeigt die Abbildung nichts; Wimpern konnte C. nicht unter- scheiden. Die Chytridiumartigen Gebilde kommen nach C. an denselben Exemplaren mit gewöhnlich Schwärmsporen und mit ruhenden Sporen vor; so stellt z.B. fig. 13 ein Exemplar vor, dafs in dem kolbigen Ende des Fa- dens eine Chytridiumartige Kugel, in einem Seitenzweig ruhende Sporen trägt. Ich mufs gestehen, dafs die Beobachtungen von Cienkowski, soviel sie auch zu wünschen übrig lassen, mich in meiner früheren Ansicht, dafs die fraglichen Gebilde Chytridien sein könnten, sehr wankend gemacht ha- ben. Sollte vielleicht bei den Saprolegnien, ähnlich wie bei den Oedogo- nien, ein doppeltes Verhalten der männlichen Organe vorkommen? und sollte in diesem Fall die morphologische und physiologische Verschieden- (') Bot. Zeit. 1855. p. 801. t. 12. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 65 heit zugleich eine specifische oder selbst generische bisher vermischter For- men anzeigen? Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet würde ich, ge- stützt auf die aus den Beobachtungen Cienkowski’s zu entnehmende Ähn- lichkeit der Entstehung dieser Gebilde mit derjenigen der ruhenden Sporen, dieselben gleichsam als männliche Sporen betrachten, welche, ohne die Mutterpflanze zu verlassen, in den Zustand männlicher, Spermatozoidien er- zeugender Pflänzchen übergingen. Zur Gewifsheit würde diese Auffassung werden, wenn nachgewiesen werden könnte, dafs die Formen der Saproleg- nien, welche die Nägelischen Gebilde hervorbringen, keine Hörnchen be- sitzen, und dafs die in denselben erzeugten kleinen Schwärmzellen mit den in den Hörnchen erzeugten (bisher noch ganz unbekannten) Spermatozoi- dien übereinstimmen(!). Unterstützt könnte diese Ansicht schon jetzt durch eine Beobachtung Cienkowski’s werden, nach welcher die gewöhnlichen ru- henden Sporen zuweilen, ohne das Sporangium zu verlassen, direkt und ganz in Zoogonidien-bildende Behälter übergehen, wobei sie eine ähnliche Röhre nach aussen senden, wie die Nägelischen Behälter. C. hat diesen Fall in dem oberen Theil der fig. 3 dargestellt. Die Saprolegnien mit hornförmi- gen Antheridien würden, wenn dieser zweite Erklärungsversuch der richtige ist, denjenigen Oedogonien zu vergleichen sein, welche die Spermatozoidien direkt in Zellen der Mutterpflanze entwickeln; die Saprolegnien mit den freien Nägelischen Schläuchen denjenigen, welche aus besonderen (männli- chen) Microgonidien Spermatozoidien-bildende Zwergpflänzchen entwickeln. Schliefslich bemerke ich noch, dafs das von C. auf kranken Fliegen aufser- halb des Wassers beobachtete Schmarotzergebilde, an dessen ins Wasser ge- brachten Sporen er ein Auswachsen in Saprolegniafäden beobachtet zu ha- ben glaubt, die von Cohn beschriebene Empusa Muscae ist, die sicherlich mit Saprolegnia in keinem Zusammenhang steht(?). (') Für die Antheridien-Natur der Nägelischen Schläuche könnte auch die Ähnlichkeit derselben mit den von Pringsbeim beschriebenen Antheridien der Sphacelaria tribuloides (Monatsb. d. Akad. d. Wiss. 1855. fig. 25 der Tafel) sprechen; allein bei systematisch so entfernt stehenden Formen ist darauf wenig Gewicht zu legen. (*) Vergl. Cohn, Empusa Muscae und die Krankheit der Stubenfliegen. Nov. act. nat. cur. XXV. I. p. 299. Phys. Kl. 1855. I 66 Braun über Chytridium, eine Gaitung einzelliger 23. Ch. ampullaceum. Taf. V. fig. 21—27. Ich stelle dieses kleinste aller Chytridien ans Ende, weil es mir unter allen das-zweifelhafteste ist; übergehen wollte ich es nicht, da es ein sehr eigenthümliches und keineswegs seltenes Gebilde ist, das ich an keinem an- deren Orte, als bei den Chytridien, unterzubringen wülste und auf das ich die Aufmerksamkeit anderer Beobachter lenken möchte. Ich habe dieses kleine Wesen, das wohl eben wegen seiner Kleinheit bisher übersehen wor- den ist, zuerst im Sommer 1847 im Titisee des Schwarzwaldes an Fäden von Oedogonium vesicatum (?) und O. undulatum (!) beobachtet; später traf ich es wiederholt an verschiedenen Orten auf Oedogonien und neuerlich auch auf Fäden von Mougeotia in Tümpeln bei Moabit unweit Berlin und zwar hier sogar im Winter (zu Ende December 1854.) Es ist in seinem Vorkommen geselliger, als alle übrigen Arten, oft ganze Strecken des Fa- dens der Nährpflanze mehr oder minder dicht bedeckend (fig. 24). Das ganze Pflänzchen besteht aus einer kugeligen Zelle von höchstens „1, "" Durch- messer, welche der Nährpflanze meist dicht aufsitzt (fig. 25), seltener, bei in dichtem Gedränge stehenden Exemplaren, von einem zarten dünnen Stiel getragen wird (fig. 26). Vom Scheitel entspringt ein schmales, vom kuge- ligen Untertheil scharf abgesetztes, eylindrisches Röhrchen, das an Länge dem Durchmesser der Kugel meist gleichkommt und selbst wieder in eine höchst zartbegrenzte, kaum sichtbare, verlängert conische, manchmal schiefe Spitze ausläuft, die so durchsichtig ist, dafs man sie nur schwer deutlich unterscheiden kann. Diese Spitze, die man der Flamme auf einem Lichte vergleichen kann, scheint durch eine Art Absatz von der derberen und deut- licher sichtbaren Röhre getrennt zu sein (fig. 25.26). Der Inhalt der Kugel ist durchsichtig und homogen, in der Mitte etwas trüber. Nie konnte ich die für die reiferen Zustände der Chytridien so charakteristischen Körnchen (') Conferva undulata Breb., Cymatonema confervaceum Kütz. Sp. Alg. p. 375. Vergl. Cospary in bot. Zeit. 1853 p. 805; De Bary in Abh. d. Senkenb. naturf. Gesellsch. I (1854) p. 47. Diese sehr eigenthümliche und zierliche Art kommt auch bei Berlin vor, so wie bei Neudamm, wo sie Itzigsohn fand. Ich habe die kugeligen, runden Sporen in an- geschwollenen Sporangien gesehen, so dals an der generischen Bestimmung kein Zweifel sein kann. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 67 (Zoogonidien-Kerne) unterscheiden; ebensowenig sah ich entleerte Exem- plare. Bei Behandlung mit Jodtinktur zieht sich der Inhalt von der alsdann unterscheidbaren Zellhaut etwas zurück und bildet eine Kugel von rothgel- ber, ins bräunliche übergehender Farbe (flg. 27). Die Haut, nebst dem Röhrchen, nimmt eine lichter gelblichbraune Farbe an. Bei den früheren Beobachtungen schienen mir alle Exemplare von gleicher Gröfse zu sein, was gegen die Stellung unter den Chytridien sprach, allein ich habe mich neuerlich überzeugt, dafs unter den gröfseren Exemplaren auch kleinere vorkommen, dafs diese Gebilde also ein Wachsthum, wie andere Chytri- dien, zu besitzen scheinen. Eine krankhafte Veränderung der Nährpflanze konnte ich bei den befallenen Oedogonien nicht bemerken, wogegen bei den Fäden der Mougeotia (f. 24) der Inhalt der meisten Zellen bandartig zusam- mengefallen erschien. Dies ist Alles, was ich von diesem Gebilde angeben kann, das sich durch die Gestalt und die lang vorgezogene röhrige Spitze zunächst an Ch. endogenum anschliefst, durch das gesellige Vorkommen auf der Oberfläche der Nährpflanze an Ch. globosum erinnert. Schlufsbemerk ungen. Aus der vorstehenden Übersicht der bekannten Chytridium-Arten er- giebt sich, dafs, ähnlich wie es bei anderen, sowohl phanerogamischen, als eryptogamischen Gattungen von Schmarotzergewächsen vorkommt, einige Arten an eine einzige Art von Nährorganismen gebunden sind, andere dage- gen auf mehreren gedeihen können, die bald derselben Gattung oder we- nigstens Familie, bald aber auch ganz verschiedenen Familien angehören ('). Die angeführten 22 (oder, wenn man Ch. Chlamidococei und Haematococci für dasselbe hält, 21) Arten vertheilen sich hiernach auf folgende Weise: I. Nur auf Einer Art Nährorganismen gefunden: 1. Ch. Olla auf Oedogonium rivulare. 2. Ch. oblongum - Oedog. vesicatum? 3. Ch. sporoctonum - Oedog. Faucherü,. 4. Ch. pollinis Pini - pollen von Pinus sylvestris. (') Die Arten der Gattung Orobanche zeigen ein ganz analoges Verhalten. Vergl. Caspary in Flora 1854 p. 577 und Nachtrag 1855 p. 225. I2 68 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger 5. Ch. laterale auf Ulothrix zonata. 6. Ch. subangulosum - Oscillaria tenuis var. subfusca. 7. Ch. Chlamidococci - Chlamidococcus pluwvialis. 8. Ch. Haematococci - Haematococcus nivalıs. 9. Ch. depressum - Coleochaete prostrata. 10. Ch. cornutum - Sphaerozyga circinalis. 11. Ch. Hydrodictyi - Hydrodictyon utriculatum. 12. Ch. Saprolegniae in Saprolegnia ferax. II. Auf 2 Arten von Nährorganismen derselben Gattung: 1. Ch. acuminatum auf ? Oedogonium echinospermum(') Oedogon. Rothü. 2. Ch. decipiens - Oedogon. Faucherü. Oedogon. fasciatum ? III. Auf 2 Arten von Nährorganismen, die verschiedenen Gattungen derselben Familie angehören: 1. Ch. mammillatum auf Coleochaete pulvinata. Stigeoclonium —? 2. Ch. apiculatum - Gloeococcus mucosus. ? Chlamidomonas Pulvisculus. IV. Auf 2 Arten von Nährorganismen aus verschiedenen Familien: 1. Ch. Lagenula auf Melosira varians. Conferva bombycina. 2. Ch. Euglenae - Euglena wiridis. ? Eiern von Rotatorien. V. Auf 3 Arten Nährorganismen aus 2 verschiedenen Gattungen derselben Familie: 1. Ch. transversum - Chlamidomonas Pulvisculus. ? Chlamid. obtusa. ? Gonium Tetras. VI. Auf 3 Arten Nährorganismen aus 2 Gatt. verschiedener Familien: 1. Ch. ampullaceum auf Oedogonium wesicatum ? Oedogon. undulatum. Mougeotia —? (') Das Fragezeichen vor dem Namen zeigt an, dafs die Bestimmung der Chytridium- Art unsicher ist, das Fragezeichen hinter dem Namen, dafs die Bestimmung der Nähr- pflanze zweifelhaft ist. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 69 VII. Auf5 Arten Nährorganismen, welche 5 Gattungen aus 3 Fa- milien angehören: 1. Ch. endogenum in Closterium Lunula. Pleurotaenium Trabecula. ? Cosmarium —? ? Spirogyra —? ? Vaucheria dichotoma? VIII. Auf 8 Arten aus 6 Gattungen und 4 Familien: 1. Ch. globosum auf Oedogonium fonticola. Oedog. rivulare. Melosira varians. Eunotia amphioxys. Navicula viridis. Closterium Dianae. Clost. Digitus. ? Sphaeroplea annulina. Es sind hiernach 12 Arten nur auf Einem Nährorganismus, 10 Arten auf 2 oder mehreren beobachtet, ein Verhältnifs, das durch genauere Unter- suchung mancher nur zweifelhaft untergebrachter Formen, so wie durch neue Entdeckungen möglicher Weise noch sehr modifieirt werden kann. Von den Nährorganismen aus betrachtet zeigt sich, dafs in der Mehrzahl der Fälle Eine Nährpflanze nur von Einer bestimmten Chytridium-Art befallen wird, indem nur in 5 unter 38 Fällen 2 Arten Chytridien auf Einem Nähr- organismus vorkommen, wie aus der nachfolgenden systematischen Übersicht der Nährorganismen und der ihnen zugehörigen Chytridium - Arten er- sichtlich ist: I. Die Nährorganismen sind unzweifelhafte Pflanzen. A. Phanerogamen: 1. Pinus sylvestris (Blühtenstaub)............uee Ch. pollinis Pini. B. Cryptogamen, und zwar durchgehends Algen ('): a. Confervaceen: 22. Conjervabomby.cmaNE:.....ee Ch. Lagenula. (') Saprolegnia wird zwar häufig den Pilzen zugezählt, schlielst sich jedoch naturge- mälser an Faucheria an. 70 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger S.1DUlothrinizonata Klar... ed Ch. laterale. A..Stigeoelonium. —2 .u.:..ueicnieensessnersnn nern Ch. mammillatum. 5. Coleochaete pulvinata A. Br... Ch. mammillatum. 6:- “u Rrostrata Pringahin. een, Ch. depressum. 7. Oedogonium riyulare (Le Clerk)........unenee fa, ER, B:038: en „fonticola A. Besen Ch. globosum. IR- - Waucherü (Le Clerk).......euun...... ar Ch. sporoctonum. 10. = - echinospermum A. Br... Ch. acuminatum? A = - .. „Roikubren. More... Ch. acuminatum. VE - oesteatum lanka.... ea... Ch. oblongum; Ch. ampullaceum. 43. = = fascratuim (Hassall)r.... seen Ch. decipiens. 14, - ie undulatum ABTEI. See Ch. ampullaceum. 15. Sphaeroplea annulina Ag... ..... eh, Ch. globosum? b. Zygnemaceen: 16. Spırogyıra, — a un en Ch. endogenum ? 17. Mougeoman 0. Ch. ampullaceum. ce. Nostochaceen: 18. Sphaerozyga circinalis A. Br... au Ch. cornutum. 19. Oscillaria tenuis var. subfusca K...........e... Ch. subangulosum. d. Siphoneen: 20. Yaucheria dichotoma Lyngb.?.........ueeeee Ch. endogenum : 21. Saprolegnia ferax K (molluscorum Nees)............. Ch. Saprolegniae. e. Hydrocytieen (Hydrodictyeen): 22. Hydrodictyon utriculatum Rothe Ch. Hydrodictyi. II. Organismen, welche bald zum Pflanzen-, bald zum Thierreich gerechnet werden (!): a. Desmidiaceen: 23. Closterium Lunula Nitzsch........ruu.... OR. endogenum. DA - »Dianae Ehrenbye Ch. globosum. DH - Digitus Ehrenhnnt ee dene Ch. globosum. (') In Beziehung auf die Familie der Desmidiaceen scheinen mir die Gründe für die vegetabilische Natur überwiegend und entscheidend zu sein. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 74 26. Pleurotaenium Trabecula Näg. (Docidium Ralfs)..Ch. endogenum. 27: Cosmaru EN nk Ch. endogenum? b. Diatomaceen. 28. Melosira varians AB nnd BlObasun. Ch. Lagenula. 29. Eunotia amphioxys Ehrenb......... use une Ch. globosum. SDSSNameularaımdis Ka... en Ch. globosum. c. Chlamidomonadeen und Volyocinen: 31. Chlamidococcus pluvialis A. Br............. ML TIRRE RAR Ch. Chlamidococci. 32. Haematococcus nivalıs Ag. .....unnsesseesenssonsusessen en Ch. Haematococci. 33. Chlamidomonas Pulyisculus Ehrenb...................... In RT Ch. apiculatum ? DAR - obtusa A. Br... OR. LraNnsversum? 35. Gloeococcus mueosus A. Br.......mnssnenaeneeeenee Ch. apiculatum. Sb. GonıumTetras AND. a Ch. transversum ? II. Unzweifelhaft thierische Organismen: a. Infusorien: 37. Euslena wiridis Ehrenb.........ure...uninene Ch. Euglenae. 38. Rotatorien-Eier ................ .... ER Er FIR WONG Ch. Euglenae? Die schädliche, zuletzt selbst tödtliche Einwirkung der Chytridien auf die Pflanzen oder Thiere, an welche ihre Existenz gebunden erscheint, ist in vielen Fällen aufser Zweifel; in anderen, wo sie der Beobachtung bis- her entgangen, ist sie vielleicht nur schwächer oder später eintretend. Sie erscheint unzweifelhaft, und zwar auf den ganzen einzelligen Organismus sich erstreckend, bei Ch. globosum auf Closterium und Eunotia, Ch. trans- versum auf Chlamidomonas, Ch. apiculatum auf Gloeococeus, Ch. Chlami- dococci, Ch. endogenum auf Closterium. Bei mehrzelligen Pflanzen erstreckt sie sich gewöhnlich nur auf die von Chytridien direkt befallenen Zellen, so namentlich bei Ch. Lagenula auf Conferva, Ch globosum auf Oedogonien. Das Verhalten der von Ch. Hydrodictyi befallenen Zellen des Wassernetzes kann diesen Fällen zur Seite gestellt werden, wenn auch das Netz dieser Pflanze keine einfache Pflanze, sondern eine Verbindung ursgrünglich ge- trennter einzelliger Individuen ist. Ch. Olla, Ch. acuminatum, Ch. deci- piens und wahrscheinlich auch Ch. oblongum und sporoctonum haben blofs 72 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger auf die Spore verschiedener Oedogonium-Arten eine zerstörende Einwirkung. Nur bei Ulothrix zonata fand ich die von Ch. laterale befallenen Fäden im Ganzen von leidender und schwächlicher Beschaffenheit. Die Veränderungen , welche die Chytridien in den Zellen der Nährpflanzen veranlassen, sprechen sich zunächst durch eine Vermindrung des plastischen Inhaltes im Ganzen oder in einzelnen Theilen der Zellen aus, während an anderen Stellen An- häufungen desselben stattfinden (so bei Hydrodictyon); ferner durch Verfär- bung des Inhalts, namentlich häufig durch ein Verschwinden der grünen Farbe. Manchmal erscheinen die befallenen Zellen selbst in ihrer äufseren Gestalt monströs verändert, so die von Ch. mammillatum befallenen Zellen von Stigeoclonium, welche abnorm verdickt und blasig aufgetrieben; die von Ch. apiculatum befallenen Zellen von Gloeococcus, welche manchmal halb- mondförmig gekrümmt sind. Das auffallendste Beispiel dieser Art (wenn es nämlich wirklich hieher gehört) bietet Ch. Saprolegniae, das in abnormen Fadenspitzen vorkommt, die zu dicken Kolben angeschwollen sind. Dage- gen haben eine schädliche Einwirkung bis jetzt nicht gezeigt Ch. Lagenula und globosum auf Melosira, Ch. subangulosum auf Öscillaria, Ch. depressum auf Coleochaete prostrata, Ch. mammillatum auf Coleoch. pulvinata, Ch. ampullaceum auf Oedogonium. Hinsichtlich der Verbindungsweise der Chytridien mit den Nährpflan- zen und der Vermittelung der Nahrungsaufnahme aus denselben fehlt es noch an durchgreifenden Beobachtungen. Sicher ist es, dafs einige Arten mit wurzelartiger Verlängerung durch eine vorgefundene Öffnung ins Innere der Zelle eindringen, während andere die geschlossene Zellhaut mit einem zarten Wurzelspitzchen durchbohren, wogegen die Mehrzahl der Arten nur äufser- lich auf der Zellhaut aufzusitzen scheinen. Ein vorläufiger Versuch die Arten nach diesen Verhältnifsen zusammenzustellen kann übrigens nur we- nige Ansprüche auf vollkommene Richtigkeit machen: I. Chytridium-Arten, welche dem Nährorganismus nur äufserlich auf- sitzen, ohne die Haut zu durchdringen, also ohne sichtbare Wurzel; A. mit breiter Grundfläche aufsitzend oder gleichsam aufliegend; a, auf der freien Oberfläche der Zelle: Ch. depressum; b, auf einer in einer Mutterzelle eingeschlossenen Zelle: CA. decipiens; Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 73 B. mit kleiner Berührungsfläche, zuweilen selbst stielartig verschmä- lerter Basis: Ch. oblongum? Lagenula, mammillatum,, globosum ? sporoctonum? pollinis Pini? subangulosum, Chlamidoccoci, Hae- malococci, Euglenae? cornulum, ampullaceum; II. Arten, welche, ins Innere der Zelle eindringend, einen aufserhalb und einen innerhalb befindlichen Theil unterscheiden lassen; A. der äufsere Theil bildet sich zum Zoogonidienbehälter aus, der innere erscheint wurzelartig; a, die Wurzel schlauchartig oder bauchig erweitert, durch eine vorgebildete Öffnung (Befruchtungsöffnung) in die Zelle ein- dringend: Ch. Olla, acuminatum? b, die Wurzel dünn und nadelartig, die geschlossene Zellwand durchbohrend, bei der einen Art mit einer kugeligen Mafse endigend: Ch. laterale, Hydrodictyi; B. der innerhalb der Zellhaut befindliche Theil bildet sich zum Be- hälter der Zoogonidien aus, der äufsere (röhrig verlängerte) dient zur Entleerung derselben: Ch. apiculatum, endogenum, Sapro- legniae? Die Vertheilung der Arten in vorstehender Übersicht stimmt nahezu überein mit einer natürlichen Gruppirung der Arten, wie man sie nach all- seitigen morphologischen Rücksichten aufstellen kann. Dasjenige Merkmal, das in erster Linie zu einer Theilung der Chytridien in natürliche Gruppen benutzt zu werden verdient, ist die Art des Aufspringens mit oder ohne Deckel. Die gedeckelten Arten, welche sich aufserdem durch deutliche Scheidung eines Keimbehälters und einer Wurzel auszeichnen, repräsentiren den Typus der Gattung in seiner vollkommensten Ausbildung. Es sind bis jetzt nur 2 dieser Gruppe angehörige Arten bekannt. Die zahlreichen übri- gen, ungedeckelten Arten können selbst wieder getheilt werden in solche, deren Mündung nicht oder nur schwach röhrig vorgezogen ist, und in solche, die in eine entschiedenere, von dem blasigen Theil mehr abgesetzte Röhre ausmünden. Die ersteren, welche die artenreichste Gruppe bilden, haben bald nur Eine, bald mehrere Mündungen und sitzen (mit scheinbarer Aus- nahme einer einzigen Art) dem Nährorganismus äufserlich auf, wobei sie entweder ohne Wurzel sind oder mit einer sehr feinen, nadelartigen Wurzel- spitze mehr oder weniger tief eindringen; die letzteren zerfallen in äufserlich Phys. Kl. 1855. K 74 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger aufsitzende (nur eine Art) und in eingeschlossene, die, mit Ausnahme der vorragenden Mündung, im Innern der Nährzelle sich entwickeln. Will man diese Verschiedenheiten zur Bildung von Untergattungen benutzen, so kann man deren 4 unterscheiden, unter welche sich die Arten in folgender Weise vertheilen: A. Gedeckelte, welche mit einer schlauch- artigen Wurzel ins Innere der Nähr- pflanze eindringen: . . „WU. I. Euchytridium. 1. Olla! 2. acuminatum. B. Ungedeckelte: a. Mündung nicht oder nur schwach röhrig vorgezogen; der äufserlich der Zelle aufsitzende Keimbehälter ohne Wurzel oder mit einer sehr dünnen, nadelartig eindringenden:. . . . I. PAlyetidium. ®, Gestalt entschieden länglich, keulenför- mig, flaschenförmig, citronenförmig, schlauchförmig u. s. w.; Mündung ein- fach; keine (?) Wurzel: . oblongum ? . Lagenula! . mammillatum. naar w Euglenae. £, Gestalt kugelig oder kurz eiförmig; *) Mündung einfach; +) keine Wurzel: 7. pollinis Pini! 8. sporoctonum ? 9. Chlamidococcei. 10. Haematococci. ++) mit nadelförmiger Wurzel, die im Innern der Nährzelle eine Kugeltträgt: Moe Eon. 11. Hydrodictyi. *%*) Mündungen meist 2 oder mehrere, zuweilen in Form von Ecken, Zitzen oder Hörnern vorragend; +) keine oder eine kaum bemerk- bare VVurzel: em. 12. globosum! 13. subangulosum. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 75 14. transversum. 15. cornutum. ++) eine deutliche Wurzel: . . . 16. laterale! y, Gestalt niedergedrückt, Ansatzfläche sehr grols, Mündung einfach; *) auf der Aufsenseite der freien Nähr- zelle ansitzend; Mündung an einer etwas verlängerten Spitze: . . . 17. depressum! **) auf einer eingeschlossenen Zelle (einer Spore im Innern des Sporangiums) ansitzend; Mündung ohne Verlän- gern ee ee 18. decipiens! b. Mündung in eine längere, von dem bla- sigen Keimbehälter abgesetzte Röhre auslaufend; «, der kugelige Keimbehälter aulsen auf der Nährzell: . . . . .... . IH. Sphaerostylidium. 19. ampullaceum. £@, der Keimbehälter im Innern der Nähr- zelle, nur die Mündung nach aufsen SOrragend A AT ne Augen ae Ne Olpidium. 20. apieulatum. 21. endogenum. 22. Saprolegniae ? Ich habe mich zuletzt noch über die Stellung der Chytridien im System und ihre Verwandtschaften zu erklären. Nach der herkömm- lichen Unterscheidungsweise von Algen und Pilzen müfste Chytridium, als der Chlorophylibildung entbehrend und sich schmarotzerisch ernährend, ebenso wie einige andere im Wasser wachsende Hysterophyten, z. B. Achlya, Saprolegnia, Leptomitus, Hygrogrocis, Zoogloea, zu den letzteren gerechnet werden; allein frägt man sich, welcher Ordnung der Pilze diese sogenannten Wasserpilze zugezählt werden sollen, so ist offenbar keine vorhanden, in welcher sie nicht als Fremdlinge erscheinen würden. Besonders gilt diefs von denjenigen der genannten Gattungen, welche bewimperte und schwär- mende Keimzellen besitzen (Achlya, Saprolegnia, so wie Chytridium selbst), ein Charakter, der den Pilzen durchaus fremd ist. Wenn bei einigen der genannten Gattungen die fadenartige Gestalt noch ein gewifses Anhalten zur Vergleichung mit den Hyphomyceten bietet, so würde dagegen die Stellung K2 76 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger von Chytridium unter den Hyphomyceten nicht minder paradox erscheinen, als wenn man es unter die Coniomyceten oder Gasteromyceten verweisen wollte. Sehen wir von der physiologischen Ähnlichkeit mit den Pilzen ab und fassen dagegen die morphologische Seite ins Auge, so werden wir zu einer Vergleichung der sogenannten Wasserpilze mit den Algen geführt und hier verhält sich die Sache ganz anders, als bei der Vergleichung mit den Pilzen, indem sich die ungezwungendsten Anknüpfungspunkte bieten. Man hat mit Unrecht Kützing getadelt, dafs er unter dem Namen der Mycophy- ceae eine grofse Reihe solcher Gebilde unter den Algen aufgeführt hat(!); man könnte ihn im Gegentheil defshalb tadeln, dafs er die Mycophyceae, indem er sie als besondere Abtheilung der Algen behandelt, nicht innig genug mit den übrigen Algen verschmolzen hat. Cohn hat in seinen Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte miceroscopischer Algen und Pilze (?) ausführlich nachzuweisen gesucht, dafs die verschiedenen Gruppen oder „Familien”, welche Kützing in seiner Subordo Mycophyceae vereinigt, sich an verschie- dene Gruppen gefärbter und nicht schmarotzerischer Algen so innig an- schliefsen, dafs sie nicht von denselben abgesondert werden können. So reihen sich naturgemäfs die Cryptococcaceen an die Chroococcaceen und Pal- mellaceen, die Leptomiteen grofsentheils(?) an die Oscillarinen, die Saprole- gnieen an die Faucheriaceen (‘Siphoneen) an. Zu den Saprolegnieen glaubt Cohn (*) auch Chytridium rechnen zu dürfen, allein es ist dagegen zu erin- nern, dafs Chytridium nicht nur kein Spitzenwachsthum besitzt (wenigstens nicht nach der Oberseite), sondern auch durch seine Einzelligkeit von dem zweizelligen Typus der Saprolegnieen und Vaucheriaceen sich entfernt. Ich kann daher Chytridium nur der Gruppe der im strengsten Sinne einzelligen Algen(°) anreihen, in welche Protoccocus im Sinne Nägeli’s, Hydrocytium, Codiolum, Ophiocytium, Sciadium und Hydrodiciyon gehören, und in welche man wohl auch Botrydium rechnen mufs. In dieser Gruppe, welche man (') Es ist übrigens nicht zu zweifeln, dafs unter den von Kützing aufgeführten Gattun- gen sich auch noch wirkliche Hyphomyceten befinden. (?) Act. nat. cur. XXIV. I. p. 139. (°) Mit Ausnahme des Zeptomitus lacteus und anderer nur scheinbar gegliederter Arten, welche zu den Saprolegnieen gehören. ©) Le. p. 158. (°) A. Braun, Algarum unicellularium genera nova, p. 7. 9. et c. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 77 wegen der Vieldeutigkeit des Namens Protococcus besser Hydocytieen als Pro- tococcaceen nennen kann, mögen die Chytridieen eine eigene Unterabtheilung bilden. Die unbewurzelten Chytridien erinnern in der That entschieden an Hydrocytium, die bewurzelten können mit Bozrydium verglichen werden. Es ist mir keine zweite Gattung bekannt, welche ich mit Sicherheit an Chytridium anschliefen könnte. Cohn hat zwar unter dem Namen Pe- ronium eine kleine, auf keimenden Sporen von Pilularia schmarotzende Alge beschrieben , welche nach seiner Darstellung hieher gehören könnte, allein es scheint mir nicht undenkbar, dafs der aufrechte Stiel dieses Pflänz- chens aus einem kriechenden Faden entspringt und dafs das Köpfchen als besondere Zelle vom Stiel abgeschieden ist, in welchem Falle ich diese Gat- tung zu den Saprolegnieen rechnen würde. De Bary hat ein anderes dem Peronium nahestehendes Gebilde, das auf Bangia atropurpurea schmarotzt, beobachtet. Ein Schmarotzergebilde, welches vielleicht in die Verwandt- schaft von Chytridium gehören könnte, ist die von Leidy(!) im Magen von Insekten und Tausendfüfsen beobachtete Gattung Enterobryus, deren Arten in der äufseren Form theils an Codiolum, theils Ophiocytium erinnern, doch ist die Fortpflanzungsweise dieser Entophyten noch nicht hinreichend be- kannt, um über ihre systematische Stellung zu entscheiden, und das Vor- kommen von 1— 2 sich von der übrigen Röhre abscheidenden Endzellen (der „secundären” Zellen Leidy’s) spricht auch bei dieser Gattung mehr für eine Verwandtschaft mit Saprolegnia. Nachtrag. Während des Drucks vorstehender Abhandlung und zwar in den ersten Tagen des Monats Juni wurde Chytridium Olla von H. Dr. Prings- heim auch bei Berlin aufgefunden und zwar auf derselben Oedogonium-Art, auf welcher ich es bei Freiburg 9 Jahre zuvor beobachtet hatte, dem zuerst von Le Clerk beschriebenen Oedog. rivulare, welchem später von Hassall und Kützing der Name Landsboroughü beigelegt wurde. Es verdient be- merkt zu werden, dafs an dem Fundorte bei Berlin, in einem Tümpel des (‘) A Flora and Fauna within living animals (Smithsonian contributions to knowledge Vol. V). 78 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger Friedrichshains, 6 bis 7 Oedogonium- Arten gesellig beisammen leben, von denen, aufser der genannten, keine andere das Chytridium Olla beherbergt. Durch die Beobachtungen von Pringsheim erhalten 2 Punkte, die mir nicht zur vollen Gewilsheit geworden waren, eine willkommene Bestätigung. Der erste ist die nun aufser Zweifel gesetzte Einzelligkeit des Ch. Olla, indem eine Scheidewand zwischen Keimbehälter und Wurzel nicht vorhanden ist und in der bauchigen Erweiterung der letzteren sich ausnahmsweise sogar Schwärmzellen bilden, welche bei der Entleerung aus der Wurzel in den Keimbehälter vordringen; der zweite Punkt, welcher bestätigt wurde, be- trifft die Schwärmzellen, welche bei ihrem Hervortreten unzweifelhaft, wie ich es angegeben habe, die lange Wimper nach sich ziehen und eben dadurch noch eine Zeit lang, nachdem der Körper die Mündung bereits verlassen und sich beträchtlich von ihr entfernt hat, festgehalten werden. Erklärung der Tafeln. Taf. 1. 4—10. Oedogonium rivulare (Le Glerk), Landsboroughii (Hassall) mit dem darauf schmarotzenden Chytridium Olla. Die Figuren in 400maliger Vergrölserung mit Aus- nahme der f. 6, welche 800mal vergröfsert ist. 1. Ein Bruchstück vom Faden des Oedog. rivulare mit einem Sporenbehälter, an dessen Hals im Halbkreis eine Gruppe von 7 unreifen Chytridien sich befindet, die mit ihren im Innern des Behälters befindlichen Wurzeln an die noch grüne Spore sich ansetzen. Einige der Chytridien zeigen im Innern des fein granulirten, trüben Inhalts eine Vacuole. 2. Ein Bruchstück mit 2 reifen Chytridien, welche mit Keimzellen erfülllt sind. Der Faden des Oedogoniums zeigt zwischen den verlängerten vegetativen Zellen eine kürzere Zelle, welche nach den Pringsheim’schen Entdeckungen ohne Zweifel zur Spermatozoidien- bildung. bestimmt ist, da bei dieser Art männliche Zwergpflänzchen nicht vorkommen. 3. Ein aus dem Sporenbehälter herausgezogenes unreifes Chytridium. Der ge- deckelte Keimbehälter und die Wurzel sind durch eine starke Einschnürung getrennt. 4. Der aulserhalb des Sporenbehälters befindliche Theil eines noch jüngeren Chytri- diums, welches (im Gedränge anderer Individuen gewachsen) nach unten eine stielartige Verdünnung zeigt. Der Deckel ist noch nicht unterscheidbar. 5. .Ein Fadenstück, auf dessen Sporenbehälter sich 2 Chytridien befinden, von denen das eine entleert, das andere gerade in der Entleerung begriffen ist. Der abgewor- fene Deckel liegt seitwärts von der Mündung. 2 über die Mündung hervorgetretene Keim- zellen verweilen daselbst eine kurze Zeit, ehe sie in rascher Bewegung davon eilen. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 79 6. Ausgeschwärmte Keimzellen, den scharfumschriebenen Kern und die lange Wim- per zeigend. . 7. Ein Fadenstück, das am Sporenbehälter 3 entleerte Chytridien trägt, von denen 2, an normaler Stelle befindlich, die gewöhnliche Wurzelbildung zeigen; das dritte, an ungewöhn- licher Stelle, zeigt keine verlängerte Wurzel. Der Inhalt der befallenen Oedogonium-Spore ist gebräunt und von der Sporenhaut zurückgezogen; der Sporenbehälter hat eine licht röth- lichbraune Farbe angenommen und zeigt in seinem Innern sehr kleine Körperchen in leb- hafter Molecular-Bewegung. ; 8. Eine Schwärmzelle (Zoogonidie) von Oedogonium rivulare, das helle Ende und den Wimperkranz im Umkreis desselben zeigend. 9. Ein keimendes, noch einzelliges Plänzchen derselben Art. 10. Eine junge Pflanze mit 4 Zellen; sie zeigt die für diese Art charackteristische abgerundete Spitze und den schön gelappten, mit brauner Unterlage versehenen Wurzelfuls. 11. Ein Faden von Oedogonium Rothil Bre&b., welcher an einem der Sporenbehäl- ter ein entleertes Chytridium acuminatum trägt, dessen abgeworfener Deckel sich neben der Mündung befindet. Vergr. 9. Tat. 11. 1. Ein Fadenstück von Oedogonium vesicatum Link? Die beiden Sporenbehälter sind mit dem zweifelhaften Chytridium oblongum besetzt. Vergrölserung, wie bei den meisten Figuren der Tafel, *°, 2. Ein Faden von Melosira varians Ag., auf dessen Unterseite 2 unreife Exem- plare von Chytridium globosum, auf der Oberseite 3 Ex. von Ch. Lagenula, ein unreifes, ein reifes und ein in der Entleerung begriffenes. 3. Das mittlere von diesen stärker (°%°) vergrößsert. 3* Schwärmzellen !%° ver- grölsert, einen dunklen (ölartigen) Kern zeigend. 4. Ein reifes Exemplar des Ch. Zagenula von Conferva bombycina Ag. (Vergr. 800). 5. Ein Faden von Conf. bombycina, welcher 2 Exemplare des Chytr. Lagenula trägt. Die befallenen Zellen zeigen sich durch Verminderung des grünen Inhalts grolsen- theils entfärbt. 6. Fadenstück von Conferva bombycina, welches das quere Aufbrechen der Zellen bei Entleerung der Schwärmzellen zeigt. Eine der beiden Schwärmzellen ist noch in ihrer Zellhälfte festgehalten. 7. Ein anderes Stück, das Hervortreten einer Schwärmzelle zeigend. 8. Aus Schwärmzellen entstandene Keimpflänzchen von Conferva bombyecina. 9—11. Fäden eines unbestimmten Stigeoclonium mit aufsitzendem Chytridium mammillatum nach Zeichnungen von Dr. Pringsheim. 9. Ein Fadenstückchen mit 2 jüngeren Chytridien; die befallenen Zellen etwas anschwellend. 10. Ein Fadenstück, dessen Obertheil Schwärmzellen entleert hat, deren einseitig aufgerilsene Mutterzellhäute noch sichtbar sind; an dem unteren Theile ein reiferes Chytridium. 50 Bravs über Chytridium, eine Gattung einzelliger 44. Ein Fadenstück mit einigen jüngeren und einem älteren Chytridium; die ange- schwollene Zelle, welche das letztere trägt, so wie die ihr vorausgehende, ist entfärbt und zeigt eine Spur röthlichbraun gefärbten körnigen Inhalts. 42. Ein Stückchen von dem vielverzweigten Thallus der Coleochaete pulvinata A. Br., an welchem mehrere Zellen mit Chyir. mammillatum besetzt sind. 43. Fadenstück von Oedogonium Faucherü (Le Clerk) mit zwei Sporenbehältern; an dem oberen, dessen Spore noch nicht gebildet ist, sitzen junge Exemplare von Chytri- diurn sporoctonum. 14. Oedogonium fonticola A. Br. mit Chytridium globosum in verschiedenen Alters- stufen besetzt. Die befallenen Zellen sind krankhaft verändert, der Inhalt stellenweise von der Zellhaut zurückgezogen. 45. Ein unreifes Exemplar desselben Chytridiums 800mal vergrölsert; es zeigt ein kleines Spitzchen, mit dem es in die Zellhaut des Oedogoniums einzudringen scheint. 46—20. Eunotia amphiowys Ehrenb. besetzt mit Chytr. globosum in verschiede- nen Entwickelungsstufen. Der Inhalt der Eunotien ist auf 2 braune Massen redueirt. Taf. II. 4—6. Ins Wasser gefallene Pollenkörner von Pinus sylvestris, auf welchen sich Chytridium pollinis Pini in verschiedenen Entwickelungsstufen bis zur Entleerung (f. 4) be- findet. Vergr. °%. 7—15. Einzelne Exemplare desselben Chytridiums in 800maliger Vergröfserung. Über die dargestellten Inhaltsverhältnisse derselben ist der Text (p. 41) zu vergleichen. 46—26. Ulothrix zonata K. und das darauf schmarotzende Chyeridium laterale. Vergr. °®% bei f. 16. 20. 21; 8° bei f. 17—19 und 22—25; 1% bei f. 26. 16. Ein normaler und kräftiger Ulothrix-Faden, dessen Zellen zum Theil mit je 16 Zoogonidien gefüllt sind, zum Theil dieselben schon entleert haben. Eine der mittleren Zellen zeigt den Vorgang der Entleerung, die Geburt der in einer zarten Blase einge- schlossenen Zoogonidien. Unterhalb des Fadens ist eine schon geborene Blase sichtbar, in welcher die Zoogonidien eine wimmelnde Bewegung haben, so wie eine andere, aus welcher sie so eben ausgeschwärmt sind und sich zerstreuen. 17. Schwärmende Keimzellen von Ulothrix zonata; sie zeigen ein rothes, wand- ständiges Körperchen (Kern?) im grünen Inhalt, eine helle Spitze und 4 lange Wimpern. 18. Zur Ruhe gekommene Keimzellen, bei welchen das rothe Körperchen oft nabel- artig vorragt. 19. Keimpflänzchen derselben Art. Bei der ersten Theilung der keimenden Zelle verbleibt das rothe Körperchen der oberen Zelle. 20. 21. Schwächliche und krankhaft affıcirte Fäden von Ulothrix zonata mit Chy- tridium laterale in verschiedenen Entwickelungsstufen bis zur Reife und Entleerung besetzt. Einige Zellen der Ulothrix-Fäden zeigen einen contrahirten absterbenden Inhalt, in anderen Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. $1 haben sich 2—8 Keimzellen gebildet, noch andere sind bereits entleert. Der obere Faden ist von den ausgetretenen Keimzellen des Chytridiums umschwärmt. 22. Abnorme, aufgeblähte Keimzellen aus solchen Ulothrix-Fäden. 23. Ein der Reife nahes Chytridium laterale, welches die nadelartige, durch die Zellwand in den Ulothrix-Faden eindringende Wurzel zeigt. 24. Ein geöffnetes Exemplar desselben Chytridiums mit ausschwärmenden Keim- zellen, welche einen dunkleren Kern zeigen. 25. Wie £. 23, aber der Inhalt durch Jodtinktur zusammengezogen und braunroth gefärbt. Die Zellhaut vom Inhalt getrennt. 26. Durch Jodtinktur im Stadium des Schwärmens getödtete Keimzellen von Chy- iridium laterale. Der Körper hat sich etwas verkürzt; sie zeigen eine sehr lange Wimper. 27—31. Fadenspitzen von Oscillaria tenuis var. subfusca K., worauf theils sehr junge, theils ältere Exemplare von Chytridium subangulosum. Die letzte der Figuren zeigt das Ausschwärmen der mit einem dunkel erscheinenden Kern versehenen Keimzellen. Vergr. *?. Taf. IM, 1—6. Chytridium transversum auf Chlamidomonas Pulvisculus 400mal vergrölsert. Die Chlamidomonaden 1 und 2 waren in lebhafter Bewegung, 4 und 5 träge, 3 und 6 zur Ruhe gekommen und mit in Zersetzung begriffenem Inhalt. F. 3 trägt das reifste Chytri- dium, dals bei 3* stärker vergröfsert dargestellt ist. 7. Coleochaete prostrata Pringsh. mit aufsitzendem Chytridium depressum nach einer Zeichnung von Dr. Pringsheim. Vergr. °% (Die Angabe der Gröfse dieses Chytridiums im Text p. 46 ist wohl etwas zu hoch). 8—19. Sphkaerozyga circinalis A. Br. mit dem auf den Interstitialzellen dieser Alge vorkommenden Chytridium cornutum. Vergr. 00 bei f. 8—11, &%° bei 12—19. 8. Ein steriles Fadenstück der Sphaerozyga mit 3 Interstitialzellen. 9. Ein fertiles Fadenstück mit einer Interstitialzelle und 2 angrenzenden Sporen. 410. Durch Zerfallen des Fadens abgelöste Sporen, von welchen die eine sich so eben gehäutet hat und neben der abgestreiften Zellhaut liegt. 11. Fadenstück mit 2 Interstitialzellen, von welchen die eine ein sehr junges, noch ungehörntes, die andere ein älteres, mit entwickelten Hörnern versehenes Ch. cornutum trägt. 42—19. Exemplare von Chytr. cornutum mit theils mehr, theils weniger ent- wickelten Hörnern. Die schwächste Entwickelung der Hörner zeigt das f. 12 dargestellte Exemplar, bei dem sie, ob es gleich den übrigen an Grölse gleichkommt, nur durch undeut- liche stumpfe Ecken angedeutet sind. Mehrere Exemplare zeigen deutliche Öltröpfchen im Innern. 20. Eine Zelle des Wassernetzes, Hydrodiciyon utrieulatum Roth, mit Chytri- dium Hydrodictyi in verschiedener Entwicklung besetzt. Von den befallenen Stellen hat sich das Chlorophyll nebst den Amylonkugeln zurückgezogen. Vergr. *?. 21—25. Dasselbe Chytridium in stärkerer Vergröfserung (°%°). Sämmtliche Figuren lassen unter dem Chytridium zunächst die unveränderte Cuticula der Hydrodictyon-Zelle, so- Phys. Kl. 1855. L 82 Braun über Chytridium, eine Gattung einzelliger dann die nach innen höckerartig verdickte Cellulosehaut, endlich den noch stärker bergartig angehäuften plasmatischen Wandüberzug unterscheiden. Beide Häute werden von einer zar- ten nadelartigen Wurzel des Chytridium durchbohrt, an deren innerem Ende sich eine ku- gelige Mafse befindet, welche oft von einem hellen Hof umgeben wird (f. 21. 22). Die noch nicht erwachsenen Chytridien (f. 21. 22) sind kugelförmig, die erwachsenen (23) ver- kehrt birnförmig. F. 25 stellt ein entleertes Exemplar vor, f. 24 ein erwachsenes durch Jodtinktur behandelt. Der zusammengezogene rothbraun gefärbte Inhalt hat die Spitze des Behälters zerrilsen und ist etwas hervorgedrungen; die Basis des Inhalts setzt sich in den Wurzelkanal fort. Die Kugel im Innern der Hydrodictyonzelle hat gleichfalls eine braune Färbung angenommen. 26. Ein reifes Chytridium Euglenae, von der Euglena viridis, an der es wuchs, abgelöst, geöffnet und die Schwärmzellen entleerend. Vergr. ungefähr *%. Nach einer von Dr. Meilsner gefertigten und von C. Th. v. Siebold mitgetheilten Zeichnung, welcher auch die nächste Figur entlehnt ist. 27. Schwärmende Keimzellen derselben Art, eine lange Wimper, einen dunkleren Kern und eine Vacuole zeigend. Vergr. °°. Mat.ıN. 1. 2. Oedogonium Vaucherü Le Clerk (tumidulum Pringsh. Monatsb. der Akad. 1855 p. 165. f. 26. 27). Der Sporenbehälter zeigt etwas über der Mitte eine Öffnung (Befruchtungsöffnung). Vergr. *°. Diese, so wie die beiden folgenden Figuren nach einer Zeichnung von Dr. Pringsheim. 3. 4. Sporenbehälter derselben Art, deren Spore mit einem Schmarotzer, Chytri- dium decipiens, behaftet ist. Das Chytridium bei f. 3 ist der Reife nahe, aber noch ohne Bewegung der Keimzellen; im Innern des f. 4 dargestellten Exemplares dagegen sind die Keimzellen in wimmelnder Bewegung. Die befallene Spore ist bei beiden auf der Ober- seite eingedrückt, der Inhalt etwas verändert, gebräunt und der Haut nicht glatt anliegend. 5—20. Gloeococcus mucosus A. Br. mit seinem Schmarotzer: Chytridium apicula- zum. Vergr. *% bei f. 5—14; 200 hei f. 15—20. 5. 6. Einzelne Zellen des Gloeococcus ohne die umhüllende, die Zellen Familien- weise verbindende Gallerte dargestellt. Sie zeigen zwei lange Wimpern und eine höchst zarte vom Körper abstehende Membran. Im Innern befindet sich hinten ein „Chlorophyli- bläschen” (Amylonkugel?), vor derselben eine meist dreieckige Vacuole. 7. Eine ebensolche Zelle mit 2 Kugeln im hinteren Ende, was bevorstehende Theilung anzeigt. 8. 9. Vermehrung der Gloeococeuszellen durch einfaehe oder wiederholte Zweithei- lung (decussirte Viertheilung). 10. 11. Ausgeschwärmte Gloeococcuszellen mit groflsentheils noch ganz jungen Chytridien besetzt, deren kopfförmige Spitze über die zarte Hülle des Gloeococcus vorragt, während ein verlängerter Theil innerhalb derselben an den Körper sich ansetzt. Schmarotzergewächse auf Algen und Infusorien. 53 12—15. Desgleichen mit etwas älteren Chytridien, deren eingeschlofsener Theil fast halbkugelig angeschwollen ist. 16—17. Die Chytridien noch mehr herangewachsen, fast kugelig angeschwollen. 18—19. Ausgewachsene Chytridien mit deutlichen Körnern im Inhalt (den Kernen der Keimzellen?) auf einseitig eingedrückten und verkrümmten Gloeococcuszellen. 20. Eine sehr stark halbmondförmig verkrümmte Gloeococeuszelle mit einem jün- geren Chytridium. 21. Absterbendes Exemplar von Closterium Lunula, auf dessen zu einem braun- grünen Strang contrahirtem Inhaltskörper 12 Exemplare von Chytridium endogenum sitzen, welche die Zellhaut durchbohren und als Röhrchen über dieselbe hervorragen. Sie sind sämmtlich entleert. Vergr. *°. 22. Saprolegnia ferax K. und zwar nach einer eigenthümlichen, sehr schlanken Form, welche im August 1848 auf einem ins Wasser gefallenen Oniscus gewachsen war. Die Zoo- gonidienkeulen waren sehr lang und spitz, manchmal nach der Entleerung durchwachsend, in anderen Fällen durch einen unter der alten Keule hervorwachsenden Seitenzweig (wie bei Achlya prolifera) sich erneuernd. Das hier abgebildete Stückchen zeigt 3 Sporenbehälter, in deren mittlerem sich die Sporen bereits gebildet haben. Unterhalb der beiden noch nicht zur Sporenbildung gelangten befinden sich eigene hornförmige und geschlängelte Seiten- zweigchen (Antheridien?), die sich mit dem Vordertheil an den Sporenbehälter anlegen. Vergr. °. 23. Eine kolbig angeschwollene Fadenspitze einer anderen, auf Zimneus minutus wachsenden Form der Saprolegnia ferax K (molluscorum Nees), in welcher sich 2 entleerte Exemplare des problematischen Chytridium Saprolegniae befinden. Vergr. °%°. 24. Faden einer Mougeotia mit ganzen Schaaren des kleinen Chyzridium ampulla- ceum besetzt. Der Inhalt der starck besetzten Mougeotiazellen ist bandartig zusammenge- 400 fallen. Vergr. °?. 25. 26. Stärker vergrölserte (%°) Exemplare des Chytridium ampullaceum, von denen eines ausnahmsweise gestielt ist. 27. Ein solches nach der Behandlung mit Jodtinktur. Verbesserungen. Die fortlaufenden Zahlen, unter welchen Ch. subangulosum (p. 44), transversum (p- 44). Chlamidococci et Haematococci (p. 45), depressum (p- 46), Euglenae (p- 47), cor- nutum (p. 50), Hydrodietyi (p. 52), und decipiens (p. 54) aufgeführt sind, sind sämmtlich zu ändern, nämlich statt der Zahlen 11 bis 19 sind die Zahlen 10 bis 18 zu setzen. ANNNDBNNNNN RFER an senaneeng ai. ee Kr Anker mob dien lb DET) A Ben ahnen % “ ‚eibtndegd T iAve era, anal Bi An eh er „ur ei nah gg Au ne Sud um | % ıyela: We Wider? üsht. im Tardimi bi BE “ BE Er 02 us inik‘ 7 ‚ie VRKENONE = u v BEER di , a E Yu ‚ allen "mtb ie Ba Fl ash er K p l Auen Hireuhad Il nel Prasitongu M m Add ih R IE i Y x wi Wien ı { Pe We | u rl [9 7 ng ur u “ [i 2 > . fi 4 Hibol m a . 5 R2 N un in, ‚u aa LEN Sn AV Ka > + x R7 wunse fh ni Ur [0.Chyıridium Olla auf Dedogonium rivulare ‚I1.Ch acuminatum auf Oedog.Rothii. o ©o wi (= o = o oS Oosos Foo, © as oo 99.059 oo, el ae? (ee) oe LChytridium oblonsum auf Dedogonium vesicatum, 2-7.Ch Lagenula auf Melosira varians und Conferva floccosa, 9-12.Ch.mammillatum auf StiSeoelonium und Coleochaete pulvinata, B.Ch.sporoctonum auf Oedoß.Vaucherii, 1420.Ch. $lobosum auf Oedog.fontieola und Kunotia amphioxys. 5. Chytridium pollinis Pini , 16-26. Chytr. laterale auf Ulothrix zonata, - HL Chytesubangulosum auf Oscillaria tenuis. u aa Bere zn a Een no 7 Aut.deL. CESchmidt ler, k6.Chytridiumtransversum; 7.Chytr.depressum auf Coleochaete prostrata, 8-19. Chytr cornutum auf Sphaerozyga cireinalis; 20-25.Chytr Iydrodietyi, 26 27.Chytr.Euglenae. Aut.del. CF Schmidt li. H40edosonium Vaucherii mit Chytridiumdecipiens ; 520. Gloeococcus mucosus mit Chytr.apieulatum; 21.Chytr. endogenum inLlosterium Lunula 22-23. Saproleönia ferax und Chytr Saprolesniae ‚2427 Chytr ampullaceum auf Mouseotia. Über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. Von H"- EHRENBERG. nm E; werden hiermit mehrere Vorträge übersichtlich vereinigt und mit Abbildungen erläutert, welche seit dem 10. Juli 1854 in der Akademie der Wissenschaften gelesen worden und zum Theil ganz, zum Theil aus- zugsweise in den Monatsberichten zerstreut mitgetheilt worden sind. Es schien am besten, auf diese Weise die allmälige Entwicklung dieser Er- kenntnifs vor Augen zu legen und die neuesten immer einflufsreicher ge- wordenen Ergebnisse in genetischer Folge anzureihen. B Beitrag zur Kenntnils der Natur und Entstehung des Grünsandes. [Vorgetragen am 10. Juli 1854.] Der Grünsand ist eine der weit verbreiteten geognostischen Er- scheinungen. Alexander v. Humboldt sagt schon 1823 im inhaltschweren Greognostischen Versuch S.292; „Die grüne oder chloritische Erde, welche die der Kreide zunächst befindliche Sandschicht bezeichnet, findet sich in Formationen von sehr verschiedenem Alter wieder, im Kohlensandstein Ungarns (auf der Grenze von Gallizien), im bunten Sandstein und in dem ihm zugehörigen Gypse, im Quadersandstein und in den unteren Lagen des Grobkalkes von Paris.” Seitdem hat man den Grünsand bis in die untersten silurischen Schichten nachgewiesen. Klaproth und Vau- quelin hatten in ihren ersten chemischen Analysen der Grünerde mehr den erdigen Chlorit, welcher talkhaltiger ist, ins Auge gefafst. Erst seit Berthiers Analysen des Grünsandes im Grobkalk von Paris und anderer geognostisch wichtiger solcher Sande (Annales des mines Ser. I. VI. 1821) Phys. Kl. 1855. M 56 EHrENBERG weifs man, dafs die grünen, von der Grünerde abweichenden Sandkörn- chen der Gebirgsarten ein besonderes Protoxyd von Eisen und Eisen- silicat sind. Da es mir gelungen ist, einer nicht unwichtigen Art von Grün- sand mit Hülfe des Mikroskops einen neuen Charakter abzugewinnen, so halte ich es für nützlich, diefs der Akademie vorzutragen, obschon es sich noch viel weiter wird entwickeln lassen, als es bis heut schon gesche- hen. Dieser Grünsand erfüllt den Nummuliten-Kalk. Einige neuere Untersuchungen des Nummuliten-Kalks führten mich zuerst zu diesen Erkenntnissen. Es war mir nämlich auffallend und veranlafste mich zu immer neuen Nachprüfungen, dafs der lockere ägyptische Nummuliten -Kalk, welcher über dem Kreide-Kalk von Theben und des Mokkattam bei Ca- hira liegt, die ihn zusammensetzenden Polythalamien weit weniger gut erhalten zeigt, als die darunter liegende weit ältere und festere Kreide. Ähnliches hatten auch andere Nummuliten-Kalke gewöhnlich gezeigt. Immer waren in diesen, für bedeutend neuer als Kreide gehaltenen Ge- steinen, die sie ganz eben so zusammensetzenden Polythalamien weit mehr verändert, indem sich eine Orystallisation des Kalkes ihrer Formen be- mächtigt hatte, welche sie rauh und höckrig, meist ganz unkenntlich er- scheinen liefs. So hatte ich denn vor einiger Zeit wieder den Nummuliten -Kalk aus Traunstein am Chiemsee, welchen Dr. Roth selbst mitgebracht, der Untersuchung unterzogen und durch Herrn Ewald erhielt ich auf mein Ansuchen Proben des eocänen Nummuliten-Kalkes von Montfort in Frank- reich. In beiden geognostisch als entschieden der unteren Tertiärbildung zugehörig feststehenden Gebirgsmassen haben sich ganz dieselben Verhält- nisse des ägyptischen Nummuliten-Kalkes wieder erkennen lassen. Das heifst die ganze Gebirgsmasse erscheint so vorherrschend von Polythalamien und deren Fragmenten, sammt sehr kleinen Muschelfragmenten, den letz- teren weit in der Minderzahl, gebildet, dafs sie sich der Schreibkreide und dem Plänerkalk zur Seite stellt. Die Formen, welche diese Gebirgs- massen zusammensetzen, sind zwar schwer bestimmbar, aber ihre Existenz ist ganz leicht zu erkennen, wenn man die feineren Theile der Masse mit Canadabalsam überzieht. Es finden sich auch scheibenförmig gekörnte über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 87 Morpholithen, wie bei der Kreide, sie sind aber viel gröfser und dazwischen liegen auch sternförmige (6strahlige) kleine Crystall-Drusen, wie sie in der Kreide selten vorkommen. Das Neue und Wichtige bei diesen Untersuchungen war die Eigen- thümlichkeit der Steinkernbildung. Ich habe schon vor vielen Jahren der Akademie Mittheilungen über Steinkernbildung, sowohl in Polygastern - Schalen, als auch in Polythalamien-Schalen, gemacht. (Monatsbericht 1839. 5.157. 1846. S.164). Ja es giebt ganze grofse Gebirgslager solcher mi- kroskopischer Steinkerne, die sich noch mannigfach auf ihre Grundformen reduciren lassen, aber freilich nicht ohne Unsicherheit der Arten bleiben. Diese Steinkernbildung habe ich stets sehr im Auge behalten, weil die Umänderung des Organischen in scheinbar ganz Anorganisches dadurch leichter erklärlich und im Grofsen nachweisbar wird. Sehr überraschend und erfreulich war mir denn in mehreren Num- muliten-Kalken, denen ich mit Anwendung von Salzsäure ihren Kalkgehalt entzog, unter dem Mikroskop die Anwesenheit eines rückbleibenden grünen Sandes, der beim ersten Anblick sich sogleich als die meist vereinzelten Stein- kern-Glieder der Polythalamien erkennen liefs. Mehrere der Formen waren fast vollständig oder doch in den generischen Charakteren zu un- terscheiden, andere waren zusammengeballt, und eben noch als ähnliche Dinge zu erkennen. Hie und da liefs sich erkennen, dafs dieses Eisen- silicat sich leicht zerklüftet und dann in nie mehr zu erkennende Bruch- stücke zerfällt, welche ganz anorganische Formen haben. Ob in den gröberen Grünsandarten die Zusammenballung und Zer- klüftung das organische Element schon ganz verändert hat, ob es noch erkennbar ist, ob auch neben diesen organischen Erfüllungen noch an- dere Eisensilicat-Bildungen auf ganz unorganischem Wege statt finden, diese Fragen werden sich in der nächsten Zeit bald erledigen. Ich überzeugte mich noch durch polarisirtes Licht, dafs diese Eisen- silikatkerne nicht doppeltlichtbrechend sind, mithin ist es ein opalartiger, sogenannt amorpher Zustand der Kieselerde, wie die Kieselschalen der Polygastern. Die Genera, welche bis jetzt als schöngrüne Steinkerne erkennbar waren, sind: Rotalia!, Grammostomum!, Nodosaria!, Vaginulina?, Orbi- culina?, Geoponus?, Biloculina? und ein wohl neues Genus Mesopora, M2 83 EHurEnBER6 dessen Zellen, den Rotalien ähnlich, die Mündung und den Verbindungs- kanal nicht unten in jeder Zelle, sondern in der Mitte derselben haben. Es ergab sich zugleich, dafs diese farbigen Steinkerne ein höchst interes- santes Erkennungsmittel für den innneren Bau, besonders die Verbindungs- kanäle der Zellen unter sich sind. 11. Weitere Mittheilungen über die Natur und Entstehung des Grünsandes als Zeuge eines reichen organischen Lebens selbst im unteren Übergangs - Gebirge. Vorgetragen am 13. Juli und mit einigen Zusätzen publieirt im August 1854. getrag g IY g Die mikroskopische Steinkern- und Morpholithen-Bildung, von denen ich 1846 der Akademie als existirender und wahrscheinlich einflufsreicher Umwandlungsform der feinsten organischen Verhältnisse in grofse scheinbar unorganische Gebirgsmassen Meldung gethan, hat seit Kurzem einen neuen unerwarteten Wirkungskreis des organischen Lebens kennen gelehrt. Die fortgesetzten Nachforschungen über die Natur des weitverbreiteten Grün- sandes, als Steinkernen von Polythalamien, haben auf dem neulich in der Sitzung der physikalisch- mathematischen Klasse angezeigten Unter- suchungswege rasch hintereinander noch folgende auffallende Resultate ergeben: Nachdem in dem Nummuliten-Kalke von Traunstein am Chienisee, dem von Montfort und von Fontaine de la Medaille bei Montfort im Departement des Landes in Frankreich die Grünsandbildung nach Auf- lösung des Kalkes in Salzsäure als unlösliche Steinkerne von Polythalamıien erkannt worden war, welche aus einem einfach lichtbrechenden grünen Eisensilicate bestanden, und zum Theil in ganzen Formen völlig schön erhalten waren, so wurde unmittelbar darauf der Grünsand des Grobkal- kes, Glauconie tertiaire, bei Paris der gleichen Untersuchung unterworfen. Dieser Grünsand des Grobkalkes von Paris wurde nämlich 1821 von Berthier chemisch analysirt, und ist seitdem in den Handbüchern und Systemen der Mineralogie als Normalform des körnigen geologisch wich- tigen Grünsandes betrachtet worden. Auch hier fand sich nach Auflösung über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 89 des Kalkes, dafs viele grüne Körner die deutliche Gestalt von Polythalamien und die grofse Anzahl der übrigen ganz die Form einzelner Zellkerne hat- ten. Zwar erschien die grofse Masse des grünen Sandes in den Körn- chen beim ersten Anblick ohne organische Gestaltung, allein bei inten- sivem Vergleichen liefs sich allmälig so viel davon auf organische Verstei- nerung und besondere Steinkernbildung zurückführen, dafs das übrig blei- bende als die nothwendig existirenden Bruchstücke durch Zerklüftung und unvollkommene Verkieselung angesehen werden konnte. Steinkerne von Triloculina oblonga wurden in ganzer Gestalt als glasartiges grünes Eisen- silicat sofort erkannt. Quinqueloculina saxorum, Alveolina Boscü, Sori- tes (Orbitulites) complanatus waren andere schnell erkennbare durch Säure unveränderte Formen. Um aber die Vorstellungen von den vielen schein- bar unförmlichen Sandtheilen zu reguliren, wurde es nöthig, die Verkie- selungs-Gesetze etwas schärfer ins Auge zu fassen. Es liefs sich denn bald eine mehrfache Art der Verkieselung kleiner organischer Kalkformen in Übersicht bringen. Es finden sich nämlich dergleichen: 1) als volle Steinkernbildung, welche leicht erkannt wird; 2) als Umwandelung der Kalkschale in Kieselschale, ohne Steinkern- bildung, wie in den verkieselten Austerschalen dasselbe oft im Gro- {sen sichtbar wird; 3) als mangelhafte Erfüllung nicht aller Zellen der vielzelligen organi- schen Körper, sondern nur einiger derselben ohne Zusammenhang, ja zuweilen auch nur als theilweise Erfüllung einzelner Zellen. Auch rücksichtlich der Substanz fanden sich bald wesentliche Ver- schiedenheiten. Viele durch Salzsäure nicht lösliche Theile waren zwar offenbar verkieselte organische Kalktheile, sie waren aber nicht grünes Eisensilicat, kein Grünsand, sondern theils weils, theils orangegelb, hoch- roth oder schwarz. Diese oft grünen, aber auch anders gefärbten, un- zusammenhängenden sandkornartigen Silicate, welche nicht die Form von Polythalamien hatten, und die beim directen Auflösen solcher Polytha- lamien als verbindungsloser Inhalt einzelner Zellen frei wurden, erinnerten durch ihre Form entweder ganz deutlich an die Zellform aus der sie stammten, oder auch nicht. In letzterem Falle erschienen die Sandkörn- chen den traubenartig körnigen, concentrisch gestalteten und mannigfach anders gestalteten Meniliten im kleinsten Maafsstabe oft ähnlich, welche 90 EHurEnBErG ich sämmtlich auch als gesetzmäfsige Morpholithe früher (1840) in Über- sicht zu bringen versucht habe. Ferner wurde von mir bald bemerkt, dafs bei Anwendung von schwacher Säure mehr wohl erhaltene Formen sichtbar wurden, dagegen bei Anwendung von starker oft gar keine, vielmehr nur einzelne Zellen und kleine Morpholithe den rückbleibenden Sand bildeten. Die heftige Gasentwickelung beim Aufbrausen zerreifst und zersplittert die Formen in ihre nur mit sehr feinen Opalstäbchen (den zarten oft einzelnen Ver- bindungs-Canälen) zusammenhängenden Einzelglieder. Auf diese Weise war sowohl die Glauconie tertiaire von Pierre laie ohnweit St. Germain, als auch die ähnliche Gebirgsart von Pontoise ohnweit Paris beschaffen. Die diese Resultate gebende höchst einfache Methode besteht da- rin, dafs ich die (am besten unter Wasser) etwas zerdrückte und zer- bröckelte, nie aber gewaltsam zerriebene Stein-Probe in einem Uhrglase mit verdünnter Salzsäure übergiefse, und die Auflösung des Kalkes ab- warte. Wenn keine Blasen mehr aufsteigen, wird etwas neue Säure zu- gesetzt, bis keine Blasenbildung mehr, auch dann nicht erfolgt, wenn das Uhrglas mit dem Inhalte über der Spiritusflamme erwärmt wird. Hier- auf habe ich die Flüssigkeit abgegossen und den Rückstand mit etwas destillirtem Wasser ausgesüfst. Von dem feinsten Sande wird mit einem Federpinsel ein Wenig in etwas Wasser auf einem Glastäfelchen ausge- breitet, und mit 300maliger Vergröfserung, sorgfältig das Einzelne mu- sternd, betrachtet. Um die der Akademie vorliegenden fixirten Präpa- rate zu erhalten, habe ich ein Wenig des feinsten Rückstandes auf Glim- mer unter Wasser ausgebreitet, und dann das Wasser durch Wärme ver- dunstet. Die trockne feine Sandlage habe ich dann mit canadischem Balsam überzogen, und zuweilen mit einem zweiten Glimmerblättchen bedeckt. Durch kleine bunte Papierringe habe ich die Stelle bezeichnet, wo wohlerhaltene oder merkwürdige Formen liegen und mithin sogleich wieder aufgefunden und betrachtet werden können. Da sich Hrn. Murchisons neuesten geologischen Forschungen zu- folge Grünsande bis unmittelbar auf die metamorphischen Gebirgsmassen aufgelagert zeigen und zu jenen Übergangsschichten gehören, welche scheinbar vor dem Beginne des Lebens auf der Erde schon abgelagert wurden und über welchen zunächst die silurischen ersten versteine- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 9 rungsführenden Gebirgsmassen liegen, so wendete ich alsbald alle Auf- merksamkeit auf die Grünsande der tieferen Erdschichten. Da aber nicht zu erwarten war, dals in den tiefsten Schichten die Formen augenfällig gut erhalten wären, so wurde die Nachforschung von der Tertiärbildung abwärts in der Kreide und Jurazeit gleichzeitig angestellt und in Ver- gleichung gezogen, um durch die allmäligen Verwandlungsverhältnisse in so grofsen Zeiträumen nicht beirrt zu werden und sie beurtheilen zu können. Das Königliche Mineralien-Cabinet bot nun den weiteren For- schungen ein reiches Material. Zunächst wurde aber ein Grünsand ins Auge gefalst, welchen Dr. Koch der Sammler des Zeuglodon (Hydrar- chus) in Alabama (Nord-Amerika) von dort mitgebracht, mir in einer faustgrolsen Probe übergeben hat und welcher seiner Angabe nach unter den Hydrarchus-Schichten liegt. Ich habe von diesem Grünsande schon 1847 der Akademie eine kurze Anzeige gemacht, weil derselbe in mehr- facher Beziehung höchst eigenthümlich und merkwürdig erschien. Damals blieb es im Zweifel, ob er nicht zur oberen Kreide-Bildung gehöre, in- dem die Formen, mit Kreide-Polythalamien und Süfswassertheilen (Zitho- stylidien) gewischt, weit weniger gut erhalten sind als die der Tripel der mittleren Tertiärschichten in Virginien. Monatsber. 1847 S. 59. Note. 1849. S. 88. Die mehr oder weniger gute Erhaltung der Formen hat sich aber seitdem als Alters-Charakter nicht bewährt und es hat sich nun ergeben, dafs die Umwandlung vieler Formen besonders der Kieselpoly- gastern zu Steinkernen der Kalkschalen an solchen Erscheinungen eine Stütze der Erfahrung erhält. Der Grünsand unter den Zeuglodon-Schich- ten in Alabama ist, seinen mikroskopischen Charakteren nach, ein durch ein körniges grünes Eisensilicat gefärbter mürber Mergel, dessen Kalktheile häufig als wohl erhaltene Polythalamien erkennbar sind und dessen Kie- seltheile aufser den grünen Eisensilicat-Körnern auch viel Meeres-Poly- gastern, Festland- und Meeres - Phytolitharien, Steinkerne von Serpula?, Paludinen und kleinen Bivalven ähnliche Entomostraca, so wie vielen quar- zigen Trümmersand enthalten. Die organischen Kieselformen sind meist ohne Schärfe obschon deutlich erkennbar. Der Grünsand hat oft deut- lich die Gestalt von einzelnen Polythalamien - Zellen und hat sich mehr in den gröfseren Zellen entwickelt, während kleinere Polythalamien und 92 EHRENBERG auch Polygastern nicht selten farblose opalartige Steinkerne darstellen. Noch besonders zu bemerken ist eine öfter vorliegende doppelte Stein- kernbildung, bei welcher sich im Innern von farblosen Steinkernen (von Rotalien) schwarze Morpholithkugeln irgend eines schwarzen Eisen ?-Sili- cates traubenartig gebildet haben. Vielleicht waren diese Kugeln früher Luftbläschen, welche sich später erfüllt haben. Vielleicht waren auch diese Steinkerne ursprünglich grün und das Eisenprotoxyd hat sich beim Sam- meln in den hohlen Räumen in eine der schwarzen Oxydulformen ver- wandelt. So ungefähr müssen wohl die Processe sich gestalten. Dieser Grünsand ist demnach eine brakische Bildung, deren geognostische Ab- grenzung wahrscheinlich zu alten Flufsmündungen des Missisippi gehört und auch das Leben der Zeuglodonten etwas erläutern mag. Von den virginischen Tertiär-Biolithen unterscheidet sich der Grün- sand von Alabama durch seine Süfswassermischung sowohl als seine Kalk- mischung, welches beides jenen abgeht. Ob er als neuer oder als älter anzusehen ist, wird sich erst späterhin feststellen lassen. Mit der nord- amerikanischen Kreide stimmen seine Formen nur selten überein. Die vielen Polygastern dieses Mergels fehlen aller Kreide ganz, wie jede Süfs- wassermischung. Nach Untersuchung dieses nordamerikanischen Grünsandes, welcher noch den Tertiärbildungen angehören kann, bot das Königliche Cabinet zuerst Proben der chloritischen Kreide von Werl in Westphalen, welche dem böhmischen Plänerkalke gleichgestellt wird. Dieser Kalk zeigt viele Polythalamien der Kreide, wie gleiches beim Plänerkalk 1844 von mir angezeigt wurde, jedoch meist undeutlich durch Incrustation. Nach Auf- lösen des Kalkes blieben auch hier Körner von hellgrüner und schwärz- licher Farbe zurück, welche sehr oft ganz die Gestalt der Glieder von Textilarien und Rotalien oder auch die conische und scheibenförmige Ge- stalt der ganzen Formen hatten. Mit diesen Körnern war viel quarziger Trümmersand vereint. Ferner wurden mehrere Grünsande und grüne Sandsteine der Kreide- Periode geprüft, welche in England unter den Namen Upper- und Lower- Greensand sehr bekannt sind und deren Proben durch Hrn. Berghaupt- mann v. Dechen’s frühere geologische Sammlungen in dessen Original- Handstücken vorhanden sind. Es waren der Upper-Greensand von über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 93 Campton-Bay, von Haldon-Hill und von Handfast-Point, so wie der Lower-Greensand von Handfast-Point. Im oberen Grünsande von Campton-Bay, welcher ein sandstein- artiger mürber Kalkmergel mit gelblicher von schwärzlich grünen Sand- körnchen erfüllter Grundmasse ist, fanden sich deutlich erkennbare kleine Guttulinen zahlreich mit Textilarien, Rotalien und Planulinen, wie sie in der Kreide Englands gewöhnlich sind. Beim Auslaugen mit Säure ver- schwanden diese Formen, aber oft blieben die Steinkerne ihrer einzelnen Zellen, ohne Zusammenhang, zuweilen aber auch ganz in der Form der Kalkschalen zurück. Diese Steinkerne waren zuweilen grün, zuweilen wasserhell, immer aber einfach lichtbrechend, bei polarisirtem Lichte nicht farbig, beides war daher opalartig. Die etwas gröberen grünen oder schwärz- lichen Körner des Grünsandes erschienen weit überwiegend als vereinzelte Zellkerne von Polythalamien. Viele glichen auch dicken grofsen an einem Ende zuweilen abgerundeten Stäbchen, welche vielleicht Ausfüllungen der Röhren von in der Kreide sonst ungewöhnlichen Melonien sind. Der Grünsand von Haldon-Hill ist ein fester grüner Sandstein mit scharf muschlichem Bruch, der am Stahl Funken sprüht. In seiner gla- sigen wasserhellen mit Säure nicht brausenden Quarzmasse sieht man mit der Lupe dunkelgrüne Körnchen dicht beisammen überall die Masse por- phyrartig bilden. Reste verkieselter Bivalven erkennt man als Einschlüsse. In dem sehr dünnen durchsichtigen Rande scharfer Bruchstücke lassen sich die Formen der grünen Körner meist deutlich erkennen und derglei- chen mit Balsam überzogene sind, geschliffenen und polirten Täfelchen gleich, noch durchsichtiger. Alle Formen sind, wie beim lockeren grü- nen Mergel von Campton Bay, nur theilweis verkieselte Polythalamien, daher den vereinzelten Gliedern derselben gleich, und enthalten auch jene Stäbchen. Der obere Grünsand von Handfast-Point ist eine mürbe sandstein- artige Mergelart. Es ist eine Breccie von farblosem Quarzsand und Kalk mit schwarzgrünen schon dem blofsen Auge erkennbaren Körnern dicht erfüllt. Die mechanische Mischung ist der des feuerschlagenden Sandsteins von Haldon-Hill sehr ähnlich, aber die Gohäsion und der Kalkgehalt sind sehr verschieden. Der Kalkgehalt, chemisch durch lebhaftes Aufbrausen mit Säure bezeichnet, wird unter dem Mikroskop als durch undeutlich er- Phys. Kl. 1855. N 94 EHusENBERG kennbare Polythalamien bedingt erkannt, welche gewöhnlich wie mit klei- nen Crystallen incerustirt erscheinen. Viele von den schwarzgrünen Kör- nern sind aber recht wohl erhaltene Steinkerne von Rotalien und Texti- larien, während die Mehrzahl nur vereinzelte Zellenkerne derselben sind. Zu letzteren gehören auch die stabförmigen Gestalten. Unter allen bis- her untersuchten Grünsandarten ist diese Form die am öftersten im Zu- sammenhange der polythalamischen Bildung erhaltene. Die Körnchen sind meist glatt und glänzend, fallen aber bei schwachem Druck schon in ihre Zellentheile auseinander. Das Messer zerdrückt sie zu splittriger matt- grüner Erde. Der untere Grünsand von Handfast-Point ist eine dunkelgrüne mürbe Erde von feinerem Korn, welche mit Säure nicht braust. Das Mikroskop unterscheidet nur grünen Opalsand und farblosen quarzigen doppelt licht- brechenden Trümmersand, ersteren überwiegend. Die Körnchen des grü- nen einfach lichtbrechenden Opalsandes haben wieder sehr häufig die Ge- stalt der gebogenen und eckigen Polythalamien-Zellen, doch sind ganz im Zusammenhange erhaltene Polythalamien-Körper bisher nicht zum Vor- schein gekommen. Den feineren Sand bilden häufig Splitter der gröfse- ren Steinkerne. Vom Gault oder grünen Kalkmergel der mittleren Kreide von Es- cragnolles im Departement du Var in Frankreich übergab mir Hr. Ewald aus seiner Privatsammlung eine Probe zur Analyse. Die Masse ist eine sehr feste dunkelgrüne Gebirgsart welche mit Säure braust. Dieser Kalk- gehalt besteht aus inerustirten, daher oft undeutlichen Polythalamien, na- mentlich der Gattungen Planulina, Guttulina u. a. Daneben ist doppelt lichtbrechender quarziger Trümmersand und viel einfach lichtbrechender grüner körniger Opalsand. Die wohlerhaltenen Körnchen haben all die verschiedenen Gestalten der vereinzelten Polythalamien-Zellen. Ganze Po- Iythalamien-Formen sind als Steinkerne noch nicht beobachtet. Von der unteren Kreide, dem Neocomien von Lales im Departe- ment du Var in Frankreich, erhielt ich aus derselben Hand eine sichere Probe. Es ist ein grauer ziemlich fester Kalkstein, welcher mit schwarz- grünen Körnchen erfüllt ist. Säure giebt starkes Brausen, der Kalk zeigt die Polythalamien der Kreide in weniger scharfen Formen, weil alle etwas umgeändert sind. Einige sind farblose Steinkerne, andere haben noch über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 95 farbige Silicate im Innern. Die deutlichen schwarzgrünen Körnchen welche mit quarzigem Trümmersand den Kalk erfüllen, stellen sich unter dem Mi- kroskop in den Formen gröfserer Polythalamien-Zellen dar. Aus der mittleren Jura-Zeit bot das K. Mineralien- Cabinet Grün- sand von Moskau in zweierlei Formen, als einen lockeren und einen festen Grünsand. Der lockere Jura-Grünsand von Moskau ist lehmartig, mit den Fin- gern in einen groben gelblichen Sand zerreiblich und braust stark mit Säure. Das Mikroskop zeigt keine Kalkschalen von Polythalamien, son- dern einen groben meist quarzigen (doppelt lichtbrechenden) Trümmer- sand mit vielen schwarzgrünen einfach lichtbrechenden Körnern und da- zwischen feinen stänglichen Sand ebenfalls doppelt lichtbrechend. Der letztere verschwindet brausend durch Säure, ist daher Kalkspath, wahr- scheinlich aus Polythalamien entstanden. Die schwarzgrünen Körner ha- ben sehr häufig die besondere Gestalt von Zellkernen gröfserer Polytha- lamien. Der festere Jura-Grünsand von Moskau ist fast schwarz und mufs nit dem Hammer zerschlagen werden. Er braust ebenfalls mit Säure aber weniger lebhaft. Das Mikroskop zeigt auch hier keine Kalkschalen, son- dern späthige Theile, aber die sichelförmigen, nierenförmigen und halb- mondförmigen grünschwarzen Körner zwischen dem quarzigen Trümmer- sand erinnern völlig lebhaft an Polythalamien-Gliederkerne. Walzenformen mit einem Zapfen passen ganz auf Nodosarien-Glieder. Lange weifsliche einfache Kieselstäbe müssen als Geolithien angesehen werden. Beide Grün- sande zeichnen sich noch dadurch besonders aus, dafs viele der grünen Körner eine farblose Schale deutlich erkennen lassen, als wäre der be- treffende Theil der Polythalamien-Schale mit verkieselt, aber nicht in grünes Eisensilicat. Endlich ist die Untersuchungsreihe vorläufig mit der Analyse eines festen grünen Sandsteins der ältesten Übergangsschichten von Petersburg abgeschlossen worden. Es liegt nämlich im Königlichen Mineralien - Ca- binet in der geognostischen Sammlung von Petersburg ein vierzölliges schö- nes Handstück eines festen grünkörnigen Sandsteins Nr. 11., welches 44, Mei- len von Petersburg, vom Flüfschen Vopefka, als Probe des unter dem N2 96 EHrENnBERG untersilurischen, mit den bezeichnenden Versteinerungen wohl versehenen Kalkes liegenden versteinerungslosen Gebirgs. Die unmittelbar darüber liegende Gebirgsmasse, der untersilurische, noch charakteristische Muschel- Versteinerungen führende Kalk ist in gleichem schönen Handstück mit Pro- ben aller übrigen dortigen Verhältnisse über dem Grünsandstein vorhanden. Dieser feine grünkörnige, dem blofsen Auge schwarzkörnige Sandstein braust mit Säure und giebt keine Funken am Stahl, weil er dazu nicht fest ge- nug ist. Unter Wasser ohne Reiben zerdrückt, ergab er für das Mikros- kop eine Mischung aus quarzigem Sand, welcher theils Trümmersand, theils ein auffallend abgerundeter Rollsand war, und dazwischen sehr zahl- reiche grünschwarze einfach lichtbrechende Körner. Die grünen Körner betragen mehr als die Hälfte der ganzen Masse. Sowohl der gerundete doppelt lichtbrechende Quarzsand, als die grünen oft eckigen Körner lie- gen porphyrartig in einem weifslichen geringen Cäment. Dieses Cäment wird durch die Säure theilweis aufgelöst und ist daher kalkhaltig, ein an- derer Theil ist opalartig einfach lichtbrechend und unlöslich. In dop- pelt lichtbrechenden Cäment-Theilen fanden sich, doch bis jetzt nur erst in einer einzelnen Probe, die ich aber für rein hielt, mehrere in die Sub- stanz eingeschlossene deutliche Guttulinen und auch Planulinen. Andere sofort wiederholte Versuche gaben in der gleichen Substanz keine glei- chen so wichtigen organischen Reste. Den untersuchten Staub erhielt ich beim Absprengen der Cämenttheilchen durch Hammerschläge. Aufser diesen völlig deutlichen aber nicht wiederholt gesehenen Formen, waren noch die massebildenden grünen Körner eine überraschende Menge an Örganisches erinnernde Einzelheiten. Diese Körner waren keineswegs unförmliche Bruchstücke oder cerystallinische Theile. Es waren oft ganz offenbar sichelförmige, eiförmige, nierenförmige, helmartige, retortenför- mige, halbmondförmige und cylindrische, den Nodosarien-Gliedern ähn- liche Theile, welche, gleich den in der Glauconie tertiaire und den Num- muliten-Kalken vollkommen entwickelten Steinkernen, den Steinkernen von Polythalamiengliedern ganz vergleichbar waren. Hiermit wäre denn ein doppeltes wichtiges geologisches Resultat ge- wonnen, dafs die Lebensformen keineswegs in einer gewissen Tiefe der Schichten des felsigen Erdfesten da aufhören, wo man es bisher anzeigte und dafs sie auch nicht an Masse ärmer und weniger zahlreich werden. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 97 In dem neuesten wichtigen Werke „Siluria 1854” spricht sich der geistvolle Forscher und gründlichste Kenner des Urwelt-Lebens Hr. Mur- chison nach vorzüglicher Betrachtung der gröfseren Lebensformen folgen- dermafsen aus: S. 4. „Das Ziel dieses Werkes (Siluria) ist, die ältesten Schichten in denen Anzeigen von Niederschlägen oder Thätigkeiten des Wassers noch sichtbar sind hervorzuheben — die geologische Stellung soi- cher Lagen zu bezeichnen, welche in verschiedenen Gegendeu die ersten deutlichen Lebensspuren führen und die Aufeinanderfolge der Ablagerungen überall zu entwickeln, wo das was zu solchen protozoischen Gebieten gehört, nicht durch (vulkanische) Um- wandlung verdunkelt ist. Indem nur allein das berücksichtigt wird, was objectiver Untersuchung zugänglich ist, wird sich ergeben, dafs die unter den Wissenschaften so neue Geologie uns den Beweis geliefert hat, wie während gewisser Perioden lange vor Erschaffung des Menschen und während die Oberflächen - Verhältnisse der Erde sich veränderten, ganze Stämme der Thiere — jede Gruppe zu den physikalischen Zuständen ihrer Lebensperiode passend — allmälig erschaffen und ausgestorben sind. Nur die ersten Stufen dieser grolsen und langen Reihe früherer Niederschläge und die ersten darin begraben liegenden Geschöpfe bilden den Gegenstand, wel- chem die Aufmerksamkeit hier zugewendet wird.” Derselbe sagt S. 322: Ältestes geschichtetes Gebirg in Rufsland.(') „Die untersten Lager oder Schichten, welche sich von dem Bett der Newa zu Petersburg bis zu den Hügeln im Westen von Narwa (') Primeval Rocks of Russia. — Extending from the bed of Neya at St. Petersburg to the cliffs West of Narva the lowest strata are shales often unconsolitated in which little more than fucoidal remains have been found, or bodies which Pander has termed Platydolonites. This shale in which green grains and a few thin sandy courses appear is so soft and incoherent, that it is even used by sculptors for modelling, although it underlies the great mass of fossil bearing Silurian rocks and is therefore of the same age as the lower erystalline and hard slates of North Wales; so entirely have most of these oldest rocks in Russia been exempted from the influence of change, throughout these enormous periods, which have passed away since their accumulation! The shale is followed by a sandstone in parts coherent, which in other tracts is a green grained calcareous grit (as under the Castle of Narva) containing the little horney 98 EHRENBERG ausbreiten, sind oft unfeste Massen, welche wenig mehr als Fucoi- den-Reste gezeigt haben, oder Körper, die Pander Platydolonites nannte. Diese Schicht, in der grüne Körner und etwas feinsandige Lagen erscheinen, ist so weich und unfest (thonartig), dafs sie von Bildhauern zum Modelliren gebraucht wird, obgleich sie unter den grofsen Massen der versteinerungsführenden silurischen Felsen liegt und daher vom gleichen Alter mit den unteren crystallinischen und harten Schichten von Nord-Wales ist. So ganz unverändert sind diese ältesten Felsen in Rufsland in den so ungeheuren seit ihrer Ablagerung verflossenen Zeiträumen! Über dieser Ablagerung liegt ein theilweis zusammenbängen- der Sandstein, welcher in manchen Strichen einen grünkörnigen Kalksand bildet (wie unter der Festung von Narwa), der den kleinen hornigen Obolus Apollinis (Panders Ungulites), 1 oder 2 Species von Siphonotreta und die Aerotreta von Kutorga einschliefst. Diese Grünsandlagen sind bedeckt und zuweilen abwechselnd mit bitu- minösen Schiefern.” u. s. w. Diese scheinbar lebensarmen und lebensleeren, azoischen untersten Schichten erheben sich durch den Grünsand, welchen sie reichlich füh- ren, nun plötzlich zu biolithischen Gebilden, die sich in ihrem Lebens- reichthum der Kreide anschliefsen, und lassen erkennen, wie richtig doch der bewundernswürdige Verfasser der Siluria das durch Beobachtung wachsende Leben der untersilurischen Schichten schon voraussehend be- urtheilt hat. Es sind nun zwei Fragen besonders wichtig, die nämlich, ob der Grünsand anscheinend azoischer Gebirge wirklich für organische Bildung anzusehen ist, und ob aller Grünsand oder nur gewisse geringfügige Theile desselben in Verbindung mit dem organischen Leben zu denken sind. Was die azoischen Gebirgsmassen anlangt, so ist diese Ansicht der Felsarten in ihrer Entwicklung nur erst in der neuesten Zeit einigermafsen abgegrenzt und festgestellt worden und es wird ganz besonders nöthig sein, genau jene Gebirgsarten, welchen dieser Character zuertheilt wor- Obolus Apollinis (the Ungulite of Pander), one or two species of Siphonotreta and the Aöro- treta of Kutorga. These strata of Greensand are covered by and sometimes interlaced with bituminous schist. &c. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 99 den, zu prüfen. Dafs der von mir analysirte Grünsandstein von Peters- burg in diese Reihe gehört, scheint der im Königlichen Mineralien-Cabinet vorhandenen Reihe der Proben, sowie Hrn. Murchisons Darstellung nach, keinem Zweifel zu unterliegen und es handelt sich nur besonders um die Sicherheit und Ausdehnung der organischen Charactere des darin enthal- tenen Grünsandes. Wollte man als Einwurf geltend machen, dafs so lange keine Sicherheit für organischen Ursprung der Chlorit-Körner sei, bis nicht vollständig erhaltene Formen gerade als solche Körner darin nachgewiesen wären, nun so ist das ein Grund, welcher Berücksichtigung verdient, und natürlich von vornherein berücksichtigt worden ist. Mein Urtheil ist besonders durch folgende Umstände geleitet worden. Zuerst hatte ich neuerlich scharf ermittelt, dafs es wirklich eine Umwandlung von Polythalamien in grüne Steinkerne giebt, und dafs diese häufiger unvollkommen als vollkommen ist. Zweitens hatte sich dabei beobach- ten lassen, dafs einzelne verbindungslose Zellkerne weit häufiger vorkom- men, als deren wohlerhaltene Verbindung zu den bekannten systematischen Formen. Drittens hatte sich beobachten lassen, dafs kleinere Formen leichter ganz zu Steinkernen werden als gröfsere. Viertens war es schon seit 1843 (Monatsbericht S. 79. 100.) von mir erkannt worden, dafs im Hornstein des Bergkalkes von Tula, aus der Primärzeit Textilarien und Rotalien mit Melonien, also den jetzigen Geschlechtern gleiche Formen in grofser Menge als dicht gedrängte Massen vorhanden sind. Hierzu kam nun fünftens die Übereinstimmung der Form der ältesten Grün- sandkörner mit den sichelförmigen, flaschenförmigen, helmartigen, halb- mondförmigen, herzförmigen, sattelförmigen, kugelartigen und hakenartigen Einzelgliedern der Polythalamien, wie sie 1838 und 1839, nach Ablösung der Kalkschale durch Säure, von mir in Abbildung (Abhandl. d. Akad.) zum Theil längst dargestellt worden ist, und deren Formen dem Zufall zu übergeben schwerlich annehmbar ist, zumal der daneben liegende Roll- sand eher runde als so vielgestaltige, mit spitzen Anhängen versehene Formen erläutern würde. Endlich sechstens kam die directe Beobach- tung ganz wohl erhaltener Guttulinen und Planulinen in der Cämentmasse des alten Gesteins hinzu, die ich zwar ihrer Vereinzelung und auftallen- der Deutlichkeit halber, noch isolire, auf deren Spuren aber weiter zu forschen ich einlade und selbst nicht unterlassen werde. 100 EHRENBERG Ich habe mir auch sogleich die Frage aufgeworfeo, ob nicht diese sonderbar geformten Grünsandkörner den Meniliten gleich gestaltete Mor- pholithe sein könnten. Da ich die Morpholithbildung aber seit langer Zeit in ihren Gesetzen beobachtet habe, so bin ich veranlafst, eine solche Vorstellung für ganz gegen jene Bildungsgesetze anstofsend zu halten. Kugel-, Ring- und Trauben-artige Bildungen gehören in den Kreis der Morpholithbildungen, aber jene Sicheln, Sensen, Haken und Herzformen mit den mancherlei Spitzen der Grünsandkörner passen gar nicht dazu, sind jedoch so übereinstimmend mit den von der Schale befreiten Zellen der Polythalamien, dafs sie Genera characterisiren. Was endlich die Frage anbelangt, ob aller oder nur einiger weni- ger Grünsand der obigen Art als mit dem organischen Leben in Verhin- dung zu denken sei, so habe ich mir folgende Vorstellung begründet: Ich habe, wie es nöthig erschienen, die verschiedenen Grünerden ver- gleichend geprüft. Wahre Chloriterde (Talkchlorit) aus der Schweiz, als Nester im granitischen Urgebirge, besteht auch in ihren feinsten mikro- skopischen Theilen aus eylinderartig oder kettenartig aneinander gereihten sechsseitigen Tafelerystallen, welche zuweilen in ihren Räumen mehrere ähnliche kleine Crystalle einschliefsen, oder die in solche zu zerfallen streben. Die Ketten sind zuweilen Ring- und Fächer-artig, zuweilen Schlan- gen-artig gebogen, ähnlich den von mir (1836 in Poggendorffs Annalen) im Kaolin angezeigten Formen. Geglüht werden sie erst braun, dann schwarz. Die Ketten blähen sich im Glühen auf. Im farbig polarisirten Lichte sind die breiten Flächen der Crystalle farblos, die schmalen Flächen in den Ket- ten, daher alle Ketten, sind farbig. Klaproth’s Grünerde von Cypern besteht im Mikroskop aus unre- gelmäfsigen Körnern und dazwischen liegenden feinen Faser-Crystallen. Geglüht werden sie sämmtlich rostroth. Im farbig polarisirten Licht sind die Fasern doppelt lichtbrechend, farbig. Die Grünerde vom Fassathale in Tyrol besteht da wo sie erdig ist aus unförmlichen kleinen Splittern und Theilen. Geglüht wird sie röthlich und im polarisirten Licht erscheint sie doppelt lichtbrechend, wie erystallinischer Sand. Hiernach verhielten sich die verschiedenen Grünerden sehr ver- schieden, und es ist nöthig diejenigen Formen, welche nesterweis und über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 101 örtlich beschränkt vorkommen, von jener zu scheiden, die in körniger Form sandartig ganze Gebirgsmassen bilden hilft, und welche ein opal- artiges Eisensilicat ist, das sich beim Glühen rostroth färbt. Man mufs auch hier zunächst dem Zweifel noch Raum geben, dafs ja auch das opalartige Eisensilicat in der Form von Körnern verschiedenen Ursprungs sein kann. Wer möchte die Möglichkeit bezweifeln! Die Wahrscheinlichkeit ist aber für meine Vorstellung durch specielle Erfah- rung und Beobachtungen verschwunden. Die wahren körnigen Grünsande der Tertiärzeit zeigen überall, wo ich sie analysirte, eingestreute ganz wohl erhaltene Polythalamien-Kerne, und das Vereinzelte und scheinbar Formlose machte sich massenhaft als Zusammenballungen, Theile und Splitter der ähnlichen Formen geltend. Sehr genau übereinstimmend mit solchen mehr vereinzelten und mehr zusammengeballten Steinkernen fand ich den Sand der Gebirgsmassen in der Secundärzeit und der Primärzeit. Es ist schwer einzusehen, warum das Eisensilicat, wenn es in solcher Menge in den Gebirgsmassen ist, sich nicht in gröfseren Klumpen und Schich- ten vereinigt hat. Grund zu einer solchen Beschränkung liefern aber kleine leere Zellen organischer Kalkschalen. So wie sich die Kieselerde bekannt- lich oft in die Höhle der Muscheln und Echinen vorzugsweise eingebettet hat, so scheint doch auch hier die so gleichartige Substanz secundär nur in gleichartigen Räumen gebildet zu sein. Eine grofse Schwierigkeit war bisher für meine Vorstellung ein an- derer Umstand, der nämlich, dafs sich die Grünsandkörner meist als nackte Steinkerne zeigen, und das zwischen ihnen polythalamische Kalkschalen unverändert liegen. Der Procefs, welcher die Hüllen der Steinkerne auf- löste, sollte wohl auch die kernlosen Schalen mit weggenommen haben. Diese Erscheinung existirt aber auf sehr ähnliche Weise bei vielen ande- ren grölseren Fossilien. Ja es sind überhaupt die Steinkerne in älteren Gebirgsmassen häufiger als die Schalen, obschon die Gegirgsmassen koh- lensauren Kalk reichlich führen. Es scheint in solchen Fällen der Stein- kernbildungs- Procefs eine Auflösung der Schale zu erzeugen, welche gerade nur im Contact wirkt. Ein Element aus den kleinen organischen Schalen mag der Kernbildung zur Basis dienen, weiches bei seinem Aus- treten die organische Form der Schale zerstört. Dafs man dabei an or- ganische Häute zu denken habe ist mir nicht wahrscheinlich, weil deren Phys. Kl. 1855. ) 102 EHugEnBEre Zerstören beim Caleiniren die Kalkformen nicht auflöst, vielmehr mag mit der Steinkernbildung eine Tendenz der Schale zur Umerystallisirung des Kalkes der Schale erweckt werden, welche kalkspathige Erfüllungen da bildet, wo die Kieselerde sich zur Steinkernbildung entfernte. Ich habe mir wohl auch die Frage aufgeworfen, welche Art von Kieselerde dergleichen besondere grüne Opalbildung, die nur in gewissen Gebirgsarten erscheint, befördern möge. Wäre es Quarz, so sieht man nicht ein, warum nicht auch im granitischen Urgebirge dergleichen Opale vorkommen. Auffallend ist es jedenfalls, dafs überall in den ältern Ge- birgsmassen, wo sich farblose und grünfarbige Opalkörner zahlreich zu er- kennen geben, die kleinen Schalen der Polygastern fehlen. Man kann berechtigt erscheinen daraus zu schlielsen, dafs überhaupt in den älteren Gebirgsarten die kieselschaligen Polygastern fehlen, und dafs diese mithin ein Product späterer Bildungsperioden sind. Allein da ich in dem schwar- zen Kieselschiefer der Steinkohle Peridinien und Panzermonaden erkannt habe, so finde ich es unwahrscheinlich, dafs Bacillarien von der Kreide an fehlen sollen, zumal auch einzelne aus der Kreide sicher bekannt sind, und die geognostischen Abschätzungen des Alters der Gebirge sich häufig abändern und widersprechen. Wahrscheinlicher ıst meinen Erfahrungen nach, dafs irgend ein Umwandlungs- Verhältnifs sie in älteren Gebirgs- massen öfter verlarvt hat, und wie jetzt plötzlich der Grünsand viele un- kenntlich gewordene Polythalamien als Steinkerne unzweifelhaft zeigt, und noch weit mehr wahrscheinlich macht, so wird eine fortgesetzte überlegte Forschung das Licht gewifs bald hell und klar in jenes Dunkel führen. Der erystallinische Quarz und der Quarzsand als Crystallsplitter mögen die Kieselerde fester in ihre Form binden als die uncrystallinischen opal- artigen Bacillarien-Schalen es unter solchen Verhältnissen thun, die da- her der Auflösung anheim fallen mögen, wo der Quarzsand unverändert bleibt. Wenn der Kalk der Grünsand-Polythalamien aus den untersiluri- schen Schichten verschwunden ist, so erläutert diefs Verhältnifs die schein- bare Zunahme des Kalkes in den oberen Felsschichten der neusten Zeit durch zur Oberfläche strebende Wasserlösung nicht unbedeutend. Als Nachtrag bemerke ich noch, dafs ich zuletzt einen Tertiär- 5 Grünsand des K. Mineralien- Cabinets von Wester-Egeln in Hannover über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 103 zur Untersuchung erhielt, welcher die Entscheidung dieser Angelegenheit Vielen vielleicht sehr erleichtert. Es ist ein lockerer Sand aus Quarzkör- nern und fast vorherrschenden gröberen Grünsandkörnern worin kleine Seemuscheln und Kalkschalen von Polythalamien zerstreut vorkommen. Die Grünsandkörner sind hier oft sehr deutlich erhaltene grofse Rotalien, Guttulinen und Polymorphinen, auch Globigerinen. Bei schwachem Druck zerfallen sie in ihre Einzelglieder. Ihre Zerklüftung giebt den Anschein einer dem Opal fremden Weichheit, die aber nur leichte Sprengbarkeit ist, da die Splitter glasartig sind. Durch ein Cäment ver- bunden würden sie sehr genau die Grünsandsteine der verschiedenen geo- logischen Perioden darstellen. So mag denn die Steinkernbildung des Grünsandes in der Zeit früher, die Cämentirung zu Sandstein ein späterer Act gewesen sein. Zufolge einer nachträglichen Bemerkung im Anhange der mit er- staunenswerther, unübertrefflicher Mühe, Umsicht und Klarheit verfafsten Siluria sind neuerlich auch in England Spuren einer Art von Polythala- mien in einem silurischen Kalkstein gefunden worden, welche, und leicht mit Recht, mit neuem generischen Namen genannt sind. Die von mir seit 1843 bezeichneten massenhaften Formen der Polythalamien im Bergkalk und nun im Grünsande auch untersilurischer Gebirgsarten stehen aber den jetzt lebenden Familien und Gattungen nicht so fern, und wenn man die Graptolithen, anstatt für Cephalopoden, wohl für Bryozoen zu halten hat, wird man späterhin vielleicht geneigter auch andere Formen der tiefsten Erdschichten, Euomphalus und dergl., welche schwer festzustellende Cha- ractere haben, nicht der blofsen Lagerungsschichten halber allzuscharf von den jetzigen generisch zu trennen. Auch das jetzt Lebende der Meere ist noch lange nicht bekannt, und wann wird man seine Entwicklungskreise erschöpft haben? Übersicht der einzelnen Beobachtungen. Die Abtheilungen dieser Übersicht bedürfen nur einer Erläuterung in dem Abschnitt der grünen Steinkerne als einzelne Glieder. Diese Glieder sind nämlich mit besonderen Namen belegt worden, um sie festhalten zu können. Die hier genannten Formen sind in der Sammlung von Präparaten ebenfalls fixirt und die Zeichnungen entsprechen den Prä- 02 104 EHRENBERG paraten. Die ersten Jugendzellen der meisten Polythalamien sind rund- lich, sehr gleichförmig und erlauben selten eine besondere Characteristik. Kugeln, welche von Textilarien, Rotalien oder Globigerinen stammen, pflegen eine scharfe Ausrandung wie Niere zu haben. Kugeln mit einem Stiel pflegen Nodosarien-Glieder zu sein. Die eiförmigen Steinkerne können von Miliola oder Cenchridium sein, aber sie können auch Glie- der von Nodosarinen sein. Letztere pflegen einen geraden Stiel, den Ver- bindungscanal, zu zeigen. Die flaschenförmigen, halbmondför- migen, nierenförmigen, spatelförmigen und retortenförmigen Körper passen zu den Gliedern von Textilarien und Uvellinen. Die si- chelförmigen und sensenartigen Steinkerne gehören meist zu den Textilarinen (Grammostomum). Die sattelförmigen und herzförmi- gen sind aus der Familie der (Rotalien) Nautiloideen zumeist abzuleiten. Die helmartigen, quadratischen, rhombischen und trapezoi- dischen Formen, besonders wenn sie einzelne Zähne haben und ein- zelne Zapfen zeigen, lassen sich von der Familie der Rotalinen (Ammo- noiden und Turbinoiden) ableiten. Gekrümmte gleichförmige Stäbe sind Glieder der Plicatilien. Mehrfach gezahnte nierenförmige oder sichelartige Glieder bezeichnen die Helicotrochinen mit mehrfachen Ver- bindungscanälen. Die netzartigen Formen stammen von Asterodiscinen, Soritinen, Helicosorinen. Die, welche sehr feine und zahlreiche, oft lange Zähnchen kammartig an breiteren Stäben führen, sind auf Alveolinen zurückführbar. Hiernach lassen sich die folgenden Benennungen auf Po- Iythalamien-Familien deuten, wenn nicht gleichzeitig vorkommende, wohl- erhaltene Formen sogar Genus und Species erkennen lassen. I. GLAUCONIE TERTIAIRE von Pontoise, Frankreich. a) Grüne Steinkerne in ganzer oder erkennbarer Form erhalten (nach Aus- ziehen des Kalkes mit Säure): 1. Alveolina Bosci(‘), zerbrochen, 2. Quinqueloculina saxorum, 3. Rotalia —?, 4. Textilaria —?, 5. Grammostomum —? (') Die jetzt bei Neuholland im Meere lebende Alv. Novae Hollandiae ist von der Alv. Quoyi d’Orbigny, welche als leere Schale, daher unsicher, als jetzt lebend bekannt wor- den, durch rein spindelförmige Gestalt und nur 1 Reihe Öffnungen verschieden, deren 2 in jener Art gezeichnet sind. An den Steinkernen mancher Alveolinen erkennt man, dals einige dieser und der Fusu- lina genannten Formen einen gürtelartigen Canal in der Mitte zeigen, welcher der Schlund oder über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 105 b) Grüne Steinkerne einzelner Polythalamien-Glieder: 1. dreieckig, 2. helmartig, 3. netzförmig, 4. nierenförmig, 5. qua- dratisch, 6. sichelartig, 7. schaufelartig, 8. stabartig, 9. stumpf- zahnig. c) schwarze Steinkerne: 1. Rotalia —? d) Schalenverkieselung: 1. Quinqueloculina saxorum, weils, deutlich, 2. Sorites (Orbituli- tes) complanatus, gelblich, deutlich, 3. Polytripa elongata? weils, deutlich. I. GLAUCONIE TERTIAIRE von Pierre-Laie bei Paris. a) Grüne Steinkerne in ganzer oder erkennbarer Form erhalten: 1. Triloculina elongata, sehr schön. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. helmförmig, 3. kugelförmig, 4. netzförmig, 5. re- tortenförmig, 6. sattelförmig, 7. schaufelförmig, 8. sichelförmig, 9. stabförmig. III. TERTIAIRER GRÜNSAND von Wester-Egeln, Hannover. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form erhalten: 1. Rotalia —?, 2. Guttulina —?, 3. Textilaria —?, 4. Polymor- phina —?. b) Kalkschalige kleine Seeconchylien und Polythalamien. IV. NUMMULITENKALK von Traunstein, Baiern. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form erhalten: Verbindungscanal für je zwei fadenartige im rechten Winkel entgegengesetzt davon abgehende Leibeshöhlen ist, die daher von den vielmündigen Alveolinen sehr abweichende einmündige Gehäuse zu bilden scheinen. In der Mikrogeologie ist auf Tafel 37 die Structur mehrerer die- ser Formen aus dem Hornstein des Bergkalkes von Tula abgebildet. Da die Fusulinen des Bergkalkes von Wladimir zu den gürtelführenden gehören, so würde für jene Bildungen der Name Fusulina weiter verwendet werden können. Allein es giebt in den alten Bergkalken auch melonenartige, kugelrunde und linsenförmige Gürtel-Alveolinen, welche nicht wohl Spin- delthiere (Fusulinen) heilsen können. Andererseits giebt es wahre Alveolinen ohne Gürtel mit dem kürzlich von mir durch die jetzt lebende Form erläuterten vielmündigen Bau der Melonien oder Borelis im Bergkalke am Onega-See, welche ich ebenfalls am obigen Orte in Abbildung mitgetheilt habe. Der Gegenstand bedarf weiterer Sichtung, da auch die Gürtelbildung nicht überall gleichen Charakter zu haben scheint. 106 EHRENBERG 1. Mesopora Chloris nov. Gen.(!), sehr schön, 2. Geoponus —?, sehr schön, 3. Rotalia —?, sehr schön, 4. Aotalia mit grüner Erfüllung der noch erhaltenen Schaale, 5. Textilaria — ?, 6. Pla- nulina Lenticulina, Schale mit grünem Steinkerne in der letz- ten Zelle, 7. Orbiculina —?, 8. Borelis? —? 9. Alveolina? — ? b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. eiförmig (Miliola?), 2. flaschenförmig, 3. halbmondförmig, 4. herz- förmig, 5. kugelförmig, 6. kammförmig, 7. netzförmig, 8. nie- renförmig, 9. quadratisch. c) Leere Kalkschalen von Polythalamien: 1. Gutiulina —?, 2. Miliola laevis, 3. Planulina Lenticulina, 4. Ro- talia aspera?, 5. Strophoconus teretiusculus, 6. Textilaria glo- bulosa, 7. T. linearis?. d) Fragmente von Polygastern und Phytolitharien: 1. Eunotia? (Surirella?) Fragm., 2. Lithostylidium rude. e) Crystalle: 1. Grüne Crystallprismen, 2. weilse Crystallprismen. V. NUMMULITENKALK von Montfort, Depart. desLandes, Frankreich. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: 1. Rotalia incrassata, sehr schön, 2. Grammostomum attenuatum?, sehr schön, 3. Grammostomum angulatum?, vollständig, sehr schön, 4. Nodosaria Monile, sehr schön, 5. Yaginulina subu- lata?, ziemlich deutlich und schön, 6. Mesopora Chloris, 7. Uvi- gerina pygmaca, schön, 8. Guttulina, 9. Textilaria —? voll- ständig, etwas undeutlich. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. flaschenförmig, 3. nierenförmig, 4. retortenförmig, 5. schaufelförmig, 6. sichelförmig, 7. spatelförmig. c) Grüne Crystallprismen. (') Die Abbildung eines grünen Steinkernes dieses neuen Genus habe ich schon in der Mikrogeologie Tafel XXXVII dargestellt, habe aber seitdem weit schönere Exemplare gefunden. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 107 VI. NUMMULITENKALK von Fontaine de la Medaille bei Montfort. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: 1. Biloculina? —? (Spiroloculina?), 2. Orbiculina? —?, zerbrochen, 3. Geoponus? —?, zerbrochen, 4. Nonionina —?, ganz, mit um- gebender Kalkschale, zerfiel durch Säure in ihre grofsen, ein- zelnen, sattelförmigen, grünen Steinkerne der Glieder, 5. Tex- tilaria —?, 6. Rotalia senaria, Kalkschale mit grünen Stein- kernen in den ersten Zellen. 5) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. helmförmig, 3. kugelförmig, 4. netzförmig, 5. qua- dratisch, 6. schaufelförmig, 7. spatelförmig, 8. stabförmig. c) Leere Kalkschalen von Polythalamien, erystallinisch rauh: 1. Grammostomum siculum?’, 2. Gr. rhomboidale?, 3. Nodosaria laevis?, 4. Miliola laevis, 5. Rotalia aspera, 6. R. senaria, 7. Tex- tilaria globulosa. VII. GRÜNSAND von Alabama unter dem Zeuglodon-Kalke, Nord-Amerika. a) Grüne Steinkerne in ganzer oder erkennbarer Form: Es sind keine wohl erhaltenen bisher vorgekommen, allein als Er- füllung von Bruchstücken und einzelnen Zellen mit ihrer Schale sind von Polythalamien Aotalia — ?, von Polyeystinen Haliomma? und von Phytolitharien Spongolithis erkennbar vorgekommen. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. eiförmig, 2. helmförmig, 3. herzförmig, 4. halbmondförmig, 5. sichelförmig, 6. stabartig, 7. stumpfzahnig. c) Weifse Steinkerne in ganzer oder erkennbarer Form: 1. Rotalia, 2. Textilaria, 3. Planulina, überdies mehrere Poly- gastern. d) Deutliche Kalkschalen von Polythalamien: 1. Rhynchoplecta punclala, eine neue Gattung, Form wie Texti- laria dilatata mit einem kurzen, runden Schnabel an jeder Mün- dung, wie bei Piygostomum, 2. Textilaria globulosa, 3. T. costala, 4. Rotalia sepienaria, 5. Rot. senaria, 6. Planulina — ’, 7. Strophoconus Oliva, 8. Quinqueloculina —?. 108 EHRrRENBERG e) Kalkschalen von Annulaten: 1. Serpula Discus? f) Zoolitharien: 1. Coniostylus reticulatus (Asterien-Bruchstücke). g) Kieselschalen von Polygastern: 4. Actinoptychus senarius, 2. Amphitetras antediluviana, 3. Am- phora libyca, 4. Biddulphia? Fragm., 5. Campylodiscus Clypeus, 6. Coscinodiscus radiatus? grofse Form, häufig als Fragment, zuweilen fast ganz, 7. Denticella? aurita?, Steinkern ohne deut- liche Schale, sehr deutliche Form, mit stabartigen Crystallen erfüllt, 8. Dictyopyxis cruciata, häufig, meist fast unkenntlich verändert, zuweilen schön, 9. Discoplea? —?, 10. Gallionella laevis? (lineata?), 11. Gall. sulcata, häufig, meist schwer erkennbar, 12. Grammatophora —?, 13. Navicula gracilis?, Schale gut er- halten und einige schalenlos als weifse Steinkerne, 14. Syne- dra? —?, weifse Steinkerne, 15. Triceratium —?, 16. Zygo- ceros Rhombus? mit Schale und weifsem Steinkern aus Stäbchen. h) Polyeystinen und Geolithien: 1. Haliomma? — ? mit grünem Steinkern, 2. Dictyolithis megapora, 3. Diet. micropora, letztere ziemlich häufig. i) Phytolitharien : 1. Lithomesites ornatus, 2. Lithosphaeridium irregulare?, 3. Li- ihostylidium Catena, 4. L. denticulatum, 5. L. ovatum, 6. L. Piscis, 7. L. quadratum, 8. L. rude, 9. L. Trabecula, 10. L. Trapeza, 11. Spongolithis acicularis, eins der Fragmente mit grün erfüllter Röhre, 12. Sp. Gigas, 13. Sp. robusta. VIM. CHLORITKALK des Pläner bei Werlin Westphalen: a) Grüne Steinkerne in erkennbarer ganzer Form: 1. Nonionina —?, drei aneinander liegende, sattelförmige Glieder. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. eiförmig, 2. helmförmig, 3. herzförmig, 4. keulenförmig, 5. nie- renförmig, c) Kalkschalen von Polythalamien: 1. Textilaria globulosa, deutlich. Undeutliche, halbveränderte Bruch- 6. sattelförmig, 7. sichelförmig. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 109 stücke bilden die Masse mit quarzigem Sand und den sehr zahl- reichen grünen Steinkernen. IX. UPPER-GREENSAND von Campton-Bay, England: a) Grüner Steinkern in ganzer Form: 1. Guttulina turrita?, mit grünen Steinkernen erfüllte Kalkschalen. 5b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. eiförmig, 3. halbmondförmig, 4. hammerförmig, 5. kugelförmig, 6. netzförmig, 7. nierenförmig, 8. quadratisch, 9. sattelförmig, 10. spatelförmig, 11. stabförmig, 12. stumpf- zahnig. c) Kalkschalen von Polythalamien: 1. Guttulina turrita, 2. Planulina —? Viele Bruchstücke. X. UPPER-GREENSAND von Haldon-Hill, Exeter, England: a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Die Formen erscheinen nicht selten als ganz, aber die Undurch- sichtigkeit erlaubt keine scharfe Erkenntnifs der Gliederung. Nur schliefsen sich die ganzen Formen an die Familien der Textilari- nen und Uvellinen zumeist an. 5b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. eiförmig, 2. halbmondförmig, 3. keulenförmig, 4. nierenförmig, 5. sichelförmig. XI. UPPER-GREENSAND von Handfast-Point, Twanage-Bay, England. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Die Formen erscheinen zuweilen als ganz, aber die Undurchsich- tigkeit erschwert ihre systematische Benennung. Nicht selten glaubt man deutliche gröfsere Formen aus der Familie der Ro- talien und Textilarien mit allen Gliedern zu erkennen. 5) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. eiförmig, 3. hakenförmig, 4. halbmondförmig, 5. helm- förmig, 6. keulenförmig, 7. kugelförmig, 8. retortenförmig, 9. sat- telförmig, 10. spatelförmig, 11. stabförmig. c) Kalkschalen von Polythalamien: 1. Texülaria —”. Phys. Kl. 1855. B 110 EHrRENBERG XI. LOWER-GREENSAND von Handfast-Point, England. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Man erkennt deutlich Rotalienartige Formen, weniger deutlich Tex- tilarinen unter den Grünsandkörnern. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. halbmondförmig, 3. helmartig, 4. gebogen, d. nie- renförmig, 6. quadratisch, 7. rhombisch, 8. sattelartig, 9. sichel- artig, 10. spatelartig, 11. stabartig, 12. trapezisch. XII. GAULT von Escragnolles, Depart. du Var, Frankreich. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Rotalinen und Textilarinen sind nur undeutlich in gruppirten Stein- kerngliedern zu erkennen. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. eiförmig, 3. hakenförmig, 4. helmartig, 5. kugel- artig, 6. quadratisch, 7. retortenartig, 8. rhombisch, 9. sichel- förmig, 10. sattelförmig, 11. stabförmig 9, 12. trapezisch. c) Kalkschalen von Polythalamien: 1. Planulina eusticta?, 2. Guttulina turrita?. XIV. NEOCOMIEN von Lales, Depart. du Var, Frankreich. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Gröfsere scheibenförmige gegliederte Formen der Körner geben den Eindruck von Rotalien, und kegelförmige, am Rande wel- lige Formen den von Textilarinen. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. helmartig, 3. kugelförmig, 4. netzartig? (Alveo- lina?), 5. nierenförmig, 6. halbmondförmig, 7. quadratisch, 8. sen- senförmig, 9. sichelförmig, 10. rhombisch, 11. spatelförmig, 12. stabförmig, 13. stumpfzahnig. c) Weifse Steinkerne von Polythalamien in ganzer Form: 1. Textilaria globulosa mit weils verkieselter Schale und schwar- zen Steinkernkugeln. d) Schwarze Steinkerne von Polythalamien in ganzer Form: 1. Rotalia —? schalenloser, schwarzer, vielgliedriger Kern, deut- lich. Es sind oft schwarze Kugeln in den grünen Steinkernen zu finden. Br über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 111 XV. LOCKERER GRÜNSAND des mittleren Jura bei Moskau. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Gröfsere scheibenförmige, am Rande wellige Formen erinnern auch hier nicht selten lebhaft an Rotalien, und kegelförmige an Tex- tlarien oder Uvellinen, doch sind ganz schön erhaltene Formen noch nicht vorgekommen. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. eiförmig, 2. nierenförmig, 3. scheibenförmig, 4. trapezisch. Meh- rere dieser Formen haben einen hellen farblosen Rand, als ob die Kalkschale des betreffenden Polythalamiums mit verkieselt wäre, oder als ob die erste Lage des Steinkerns ohne Eisen ge- wesen wäre. c) Weifse Steinkerne von Polythalamien: Es ist in diesem Sande auffallend, dafs die Quarzkörner zum Theil abgerundet, nierenförmig 8 rend viele andere zerrissene Oberflächen, wie Trümmersand, und stumpf gezahnt erscheinen, wäh- haben. Die abgerundeten Sandkörner haben nicht selten Ähn- lichkeit mit den grünen Polythalamien-Gliedern, aber das pola- risirte Licht zeigt deutlich, dafs sie nicht auch Opal, sondern erystallinischer Quarz sind. Werden demnach die weifsen Opal- kerne der Polythalamien mit der Zeit cerystallinisch wie Quarz? Das würde freilich ein grofses, neues Licht auf den scheinbaren Rollsand der Gebirgsarten werfen. XVI. FESTER GRÜNSANDSTEIN des mittleren Jura beiMoskau. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Die rundlichen und dreieckigen gelappten gröfseren Körner spre- chen auch für Vorherrschen der Familie der Rotalinen und Tex- tilarinen als Steinkerne, sind aber undeutlich geblieben. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig mit Rand, 2. walzenförmig mit Rand und Zapfen (Vo- dosaria?), 3. halbmondförmig, 4. helmförmig, 5. hakenförmig, 6. kugelförmig, 7. stabartig. c) Geolithien?: 1. Weifse lange Stäbe, einfach, ohne Mittelkanal. P2 112 EHRENBERG XVII. UNTERSILURISCHER GRÜNSANDSTEIN von Petersburg. a) Grüne Steinkerne in ganzer Form: Die gröfseren grünen Körner des Gesteins haben zwar noch keine sichere generische Form erkennen lassen, allein sie schliefsen sich so genau an die früher verzeichneten Gestaltungen an, dafs sie offenbar als zunächst damit verwandt angesehen werden müs- sen. Runde, gelappte, kleine Scheiben erinnern auch hier an Rotalien, und dreieckige oder kegelförmige, gelappte an Texti- larinen als vorherrschende Typen, wie sie im Bergkalk schön erhalten sind. b) Grüne Steinkerne als einzelne Glieder: 1. dreieckig, 2. eiförmig, 3. beilförmig, 4. helmförmig, 5. herz- förmig, 6. kolbenförmig, 7. nierenförmig, 8. quadratisch, 9. re- tortenförmig, 10. sattelförmig, 11. sichelförmig, 12. schaufelför- mig, 13. stabförmig, 14. gebogen stabförmig, 15. sensenförmig, 16. stumpfzahnig, 17. trapezisch, 18. walzenförmig, mit Schale und seitlichem Nabel am Ende (Vaginulina?). Alle Formen sehr deutlich und scharf. c) Kalkschalen von Polythalamien: (Zu deutlich; einmal; ob fremd?) 1. Guttulina —?, 2. Textilaria —?, 3. Rotalia —?. d) Geolithien? verkieselte Molluskenschalen? 1. Dermatolithis punctulatus, Fragment einer schwach carinirten und fein punctirten Schale, die an die Unguliten-Substanz erinnert. 2. Solenolithis antiquus, Fragment einer organischen Röhre. Im. Erläuterungen über den Grünsand im eigentlichen Zeuglodon- Kalke Alabama’s in Nord - Amerika. [Vorgetragen am 5. Februar 1855. ] Dafs der Grünsand in all den zahlreichen Verhältnissen, in welchen er bisher von mir untersucht worden, sich als eine Ausfüllung organischer Zellen, als eine Steinkernbildung, meist von Polythalamien zu erkennen gegeben hat, wurde bereits in früheren Mittheilungen, im Juli vorigen über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 113 Jahres, angezeigt und hat sich seitdem noch weiter in gleicher Art ent- wickeln lassen. 4 Bisher hatte sich besonders der Nummuliten-Kalk von Traunstein am Chiemsee in Baiern als reich an grünen Opalsteinkernen wohler- haltener Polythalamien-Formen gezeigt, während dergleichen zwar auch in den neuen tertiären Glauconie-Kalken Frankreichs, aber doch seltener so schön erhalten erkennbar wurden. Die im Juli vorigen Jahres gegebene Analyse des unter dem Zeu- glodon-Kalke Alabama’s liegenden Grünsand -Mergels, nach Dr. Koch’s Materialien, hat mich von neuem angeregt auch den Kalkstein des Zeu- glodon selbst auf die darin vorkommenden Formen zu prüfen. Zwar habe ich schon 1847(!) den eigentlichen Zeuglodon-Kalk mannigfach untersucht und seine Polythalamien verzeichnet, allein die mir von Dr. Koch gegebenen Proben des Gesteins enthielten gar keinen Grünsand oder unbedeutend we- nig. Auch der angeblich darunter liegende, 1847 untersuchte Grünsand von Alabama bot damals, wie neuerlich im Juli(?), aufser Bruchstücken keine deutliche Ansicht von bestimmbaren in Grünsand umgewandelten Polytha- lamien-Formen, und erregte weit mehr Interesse durch die zahlreich bei- gemischten Polygastern. Als ich mir jedoch neuerlich von Hrn. Joh. Mül- ler Gestein aus den Wirbeln und Anhängen an den Knochen des Riesen- Zeuglodon, welche für das anatomische Museum zu Berlin angekauft sind, erbat und in grofser Menge erhielt, fand sich sogleich, dafs dieser ganze Kalkstein ein Chloritkalk von oft prächtig erhaltenen, braunen, grünen und weifslichen Steinkernen von bestimmbaren Polythalamien sei. Es scheint aus diesen verschiedenen Zuständen des Kalkes, welcher die Zeu- glodonten einschliefst, einmal ohne Grünsand, einmal mit Grünsand, sich hie und da ein Fingerzeig über die eigentliche Lagerstätte der einzelnen Knochen der in Cabineten befindlichen Skelete entnehmen zu lassen, die nicht stets beisammen gefunden worden sind. Da ich den Gegenstand weiter zu verfolgen beabsichtige, so erlaube ich mir vorläufig über den, nun an schön erhaltenen Polythalamien reich- sten, Zeuglodon-Kalkstein von Alabama nur einige kürzere Andeutungen zu machen. (‘) Monatsberichte p. 59. Note. (*) Monatsberichte 1854 p. 405. 4114 EHRENBERG Zunächst lege ich den Kalkstein selbst mit Zahn- und Knochen- Resten des Zeuglodon vor. Er ist gelblich und unter der Lupe sehr fein und dicht grünlich punktirt. Diese feinen Pünktchen sind die als Chlo- rit-Körner erscheinenden Polythalamien und man erkennt alsbald, dafs sie oft ziemlich % des ganzen Volumens der Masse bilden. Durch Auflösen der Masse mit schwacher Salzsäure erhält man eine doppelte Art von Rück- stand. Am Grunde sammeln sich die Chloritkörner mit etwas quarzigem Sand und darüber schwebt eine lockere und feinflockige, gelbliche Masse, welche einem thonigen abzuschlemmenden Mulme gleicht. Die Chloritkörner bringe ich unter den zwei Mikroskopen bei 300maliger Vergröfserung zur Ansicht und zwar in einigen der schön er- haltenen Formen, welche in den gleichzeitig vorgelegten Zeichnungen ab- gebildet sind. In Zeichnungen und den betreffenden Präparaten lege ich überdiefs 30 verschiedene Formen vor, deren Mehrzahl überraschend schön erhalten ist, so dafs nicht blofs das Genus, sondern öfter auch die Species in den Steinkernen erkennbar ist, wie letztere wohl bei der Mehrzahl der Formen allmählich wird festgestellt werden können. Die Gattungen Vaginulina, Textilaria, Grammostomum, Polymorphina, Rotalia, Planulina, Globige- rina, Geoponus? Quinqueloculina und Spiroloculina sind leicht, fast über- all sicher erkennbar. Sehr häufig sind kleine pfropfenzieherartige Körper dazwischen, deren letzte Spitzen, oder erste Anfänge einer Spirillina ähn- lich sind. Diese halte ich für Steinkerne junger Molluskenschalen, aus der in brakischen Verhältnissen oft ganze Sandlagen bildenden Gruppe der Siphonobranchen-Mollusken (Cerithien). Diese so überaus zierlichen und durch ihre lebhafte grüne, zuwei- len röthliche und bräunliche und auch schwarze Farbe überdiefs das Auge sehr angenehm berührenden Steinkerne von mikroskopischen Organismen, haben aber noch ein weit tiefer gehendes physiologisches Interesse. Obwohl ich nämlich schon im Jahre 1838 sehr ausführliche Über- sichten der Structurverhältnisse der Polythalamien - Thiere der Akademie mitgetheilt und durch Abbildungen, welche in den Abhandlungen publi- eirt sind, erläutert habe, so haben doch diese, sogar an todten, getrock- neten Thieren leicht zu wiederholenden und fortzusetzenden Structur-Er- läuterungen, auf die allein eine Systematik sich gründen läfst, die ge- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 115 wünschte Frucht nicht getragen. Ja es ist sogar ein neues grofses Werk in Aussicht gestellt und in Probe vorgelegt, worin als erster Grundsatz auch vor dieser Akademie ausgesprochen worden ist, dafs man die Stru- cetur zu kennen weit entfernt sei, und dafs auf ganz anderer Basis eine neue Systematik erst einzuleiten sei. Diese Basis ist, der Probe zufolge, Einfachheit der Structur, denn es ist weniger als zuvor angedeutet. So ist es denn erfreulich, dafs die Natur immer selbst wieder zu Hülfe kommt, wenn Widerspruch in grofsem Mafsstab gegenüber tritt. Es erscheint freilich wenig glaublich, dafs es der Naturforschung gelingen könne, in unsichtbar kleinen Organismen die noch weit unerreich- bareren organischen Canäle jemals zur festen Geltung zu bringen. Allein es hat sich doch gefunden, dafs die Organismen selbst im Stande sind, dergleichen anschaulich zu machen. Durch eine solche einfache Benutzung der inneren organischen Lebensthätigkeit gelang es 1830 und 1834 die Ernährungscanäle der Infusorien und Medusen zu injieiren. Es war die Indigo-Fütterung, welche diese Anschauungen und Erläuterungen gab. Das Leben selbst injieirt freiwillig das Ernährungs-System der für eine stru- eturlose Ursubstanz gehaltenen gröfseren und auch der unsichtbar kleinen Organismen unwiderleglich. Auf ähnliche, ja wie es scheint, noch man- nigfachere Weise kommt nun die Grünsandbildung der Physiologie des kleinen Lebens zu Hülfe. Die Bildung des Grünsandes besteht nämlich in einer allmäligen Er- füllung der inneren Räume der kleinen Körper mit grünfarbiger Opalmasse, ‘ die sich darin als Steinkern sammelt. Es ist eine besondere Art natür- licher Injection und sie erscheint, den neuesten Resultaten der Prüfung nach, so vollständig und so fein sich zu gestalten, dafs sich nicht blofs die gröfseren und gröberen Zellen, sondern oft auch die allerfeinsten Ca- näle der Zellwände und all ihre Verbindungsröhren versteinert und iso- lirbar darstellen. Nimmermehr würde es gelingen auf künstlichem Wege so feine Injecetionen je zu machen, als sie die Natur durch diese Stein- kernbildung selbst darstellt. Ich halte diesen neuen, den physiologischen Gesichtspunkt der Grünsandbildung für einen sehr folgenreichen und ent- wickelnden. Vorläufig erlaube ich mir zunächst auf einige wirkliche Zusätze zu den bisherigen Structur-Kenntnissen der Polythalamien aufmerksam zu 116 EHRENBERG machen, welche darin bestehen, dafs bei Formen der Rotalinen und He- licotrochinen nicht blofs stets Röhren - Verbindungen der nach vorn und hinten benachbarten Zellen, wie bei Nodosarinen, Textilarinen, Uvige- rinen, sondern auch Röhren-Verbindungen der oberen und unteren Zel- len in den verschiedenen Spiral-Windungen erkennbar geworden sind. Ja es haben sich sogar bei sehr grofsen Formen auch netzartige innere Oa- näle der Schalen-Wände versteinert erkennen lassen, welche die von den englischen Naturforschern Carter und Williamson bereits wahrscheinlich gemachten Höhlungen der Schalen gelegentlich prüfen, fester begründen und begrenzen lassen werden. Der unter dem Mikroskop vorgelegte sehr schön erhaltene Steinkern eines Geoponus, den ich G. Zeuglodontis nenne, zeigt deutlich, dafs je 2 Canäle von den Zellen der oberen Spirale zur unteren gehen. Auch bei den Helicosorinen sind neuerlich durch die Stein- kerne völlig deutlich 14, 2, 3-5 Canal-Verbindungen der Zellen anschau- lich und unwiderleglich geworden. So war also die Structur der Polythalamien in meinen früheren Mittheilungen nicht zu grofs, sondern noch viel zu gering angegeben und die neueren Naturforscher werden vielmehr Sorge zu tragen haben, nicht der bequemen Einfachheit der Sarcode, sondern der mühsam festzustel- lenden Zusammensetzung der kleinen Organismen weitere Rechnung zu tragen. IV. Neue Entwickelungen der Kenntnisse vom Grünsande und über massenhafte braunrothe und corallrothe Steinkerne der Polythalamien -Kreide in Nord- Amerika. [Vorgetragen am 8. März 1855.] 1 Weitere organische Erläuterung der grünen Polythalamien- Steinkerne. Die der Akademie seit dem Juli vorigen Jahres in 3 besonderen Mittheilungen vorgetragenen Untersuchungen über den organischen Ursprung des geologischen Grünsandes, haben sich seitdem noch weiter entwickelt über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 147 und es ist zu erkennen, dafs dieser Grünsand in mannigfacheren Bezie- hungen ein wissenschaftliches Interesse für eine längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Die zuerst Anfangs Juli mitgetheilte Beobachtung beschränkte sich auf die Erkenntnifs, dafs der sogenannte Grünsand der geologischen Ter- tiär-Kalke häufig und überall sich als grüne opalartige Steinkern-Bildung zu erkennen gebe, wenn man durch Anwendung von Säure die kleinen einhüllenden Kalktheile und Kalkschalen vorsichtig ablöse. In einer späteren zweiten Mittheilung am 13. Juli wurden die mul- migen oder blättrigen Grün-Erden vom körnigen Grünsande scharf unter- schieden und besonders charakterisirt. Dabei wurden eine Reihe von Untersuchungen der sogenannten Grünsande aus älteren geologischen Pe- rioden vorgelegt, welche sämmtlich in den organischen Charakter übergingen. Die Grünsande des Pläner-Kalkes der secundären Kreide -Periode, die Grünsandsteine von England, welche auch der Secundär-Zeit zugeschrieben werden, die Grünsande der Jura-Gebilde bei Moskau und des ältesten un- tersilurischen Grünsands bei Petersburg, zeigten so mannigfach überein- stimmende organische Charaktere in der Form und eine gleichzeitige Über- einstimmung in der opalartigen einfach lichtbrechenden Natur, wie in der besonderen grünen Farbe des Eisensilicates, dafs diese Übereinstimmung aller jener Charaktere keinem Zweifel Raum giebt, dafs gleiche Bildungs- Verhältnisse überall obgewaltet haben. Hierdurch waren aber nicht blos Lebensspuren in bisher als lebenleer erschienenen tiefen Schichten des Erdfesten nachgewiesen, sondern auch, was von besonderem Gewicht, ja von noch höherem Interesse ist, diese Spuren als nicht vereinzelt und ein- fach, sondern als sehr mannigfach und so massenhaft nachgewiesen, dafs dieselben als wesentlich constituirende Theile grofser Gebirgsmassen der ältesten erreichbaren Bildungszeit der Erde entgegentreten. ‚ Diese Resultate haben nur in sehr allgemeinen Bezeichnungen noch in die Mikrogeologie aufgenommen werden können, welche im August vo- rigen Jahres abgeschlossen wurde. Eine dritte Mittheilung ist in der Klassensitzung der physikalisch- mathematischen Klasse am 5. Februar als weitere Erläuterung vorgetragen worden. Sie betraf den Grünsand im Zeuglodon-Kalke Nord-Amerika’s, als die reichste Fundgrube wohlerhaltener Polythalamien-Formen in der Phys. Kl. 1855. Q 118 EHurEnBERG Gestalt grünfarbigen Kiesel-Sandes und die Wichtigkeit solcher organischen Steinkerne für die Kenntnifs sehr feiner Structur-Details der Polythalamien, wie sie auf anderem Wege schwerlich der Forschung zugänglich werden würden. Dieser letztere Gesichtspunkt, die weiter zu entwickelnde Organi- sation der so einflufsreich erscheinenden kleinen Thierkörper ist wegen ihres Eingreifens in wichtige geologische Fragen von grofsem Einflufs für die Begründung der Vorstellung vom Leben und seinem Wirken über- haupt und ich habe mich daher bemüht den Gegenstand weiter zu er- läutern. Ich habe zunächst eine mikroskopische Analyse derjenigen Grün- Erden in Zeichnung dargestellt, welche die in den Handbüchern der Mi- neralogie gewöhnlich als Normal-Substanzen aufgeführten Grün-Erden vor Augen stellt. Es sind sämmtlich erystallinische Verhältnisse und da diese Erden beim Glühen sich rostroth brennen, so scheint überall das Fär- bende ein Eisen-Protoxyd zu sein. Über die äufseren Charaktere der Sub- stanzen habe ich mich bereits im Juli ausgesprochen. Sehr interessant ist besonders die feinem Glimmerstaub ähnliche Grünerde, welche nester- weis in den Trapp-Gebirgen vorkommt, deren einfach stängliche Crystall- drusen gekrümmte 6seitige Stäbchen bilden, die nicht in Crystalle zer- fallen, sondern die durch queeres Zwischenschieben immer neuer 6seitiger Crystalltafeln zu wunderlich wurmförmigen oder fächerförmigen Bildungen heranwachsen. Offenbar sind in diesem Falle die dünnen Täfelchen die Grundform und in gleichem Plane mit ihnen entwickeln sich immer neue Täfelchen, die eigentlich, wenn sie alle fortwachsen, regelmäfsige 6seitige Säulen mit abgestuzten Enden bilden müfsten, deren unregelmäfsige, oft einseitige Vermehrung aber eine Krümmung der Säule hervorbringt, die zuweilen eine Kreisform, einen Halbkreis oder auch eine Schlangen- biegung derselben bedingt, wie sie auf Tafel I. abgebildet sind. Ganz anders als diese glimmerartig blättrigen oder fein faserigen erystallinischen Grünerden, welche sämmtliceh doppelt lichtbrechend sind, d. h. bei Anwendung des polarisirten Lichtes farbig erscheinen, verhält sich der körnige Grünsand. Ich lege hiermit nun 150 Abbildungen solcher Körner aus allen Bildungs-Epochen der Erde vor, mit denen ich eine Übersicht zu ge- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 119 winnen und zu geben versucht habe, welche eine naturgemäfse Vorstellung davon, wie ich hoffe, zu begründen geeignet sein wird. Bringt auch die Verschiedenheit vollendeter und unvolleudeter Stein- kernbildung in die Formen der Grünsandkörner eine grofse Mannigfaltig- keit und Unregelmäfsigkeit, so verschwindet doch unter günstigen Ver- hältnissen das Unregelmäfsige in so grofsem Mafsstabe, dafs es als gering- fügige Abweichung von sehr bestimmten Gesetzen erscheint. Freilich müssen viele zarte Bildungen dieser Art gestört werden, oder wegen Man- gels des zu den Kieselkernen nöthigen Materials und vieler anderer Hemm- nisse halber zusammenhanglos und unvollendet bleiben. Daher sind Örtlich- keiten, wo solche Hemmnisse und Störungen nicht stattgefunden, mit desto gröfserem Eifer und Umsicht aufzufassen. Der Alabama-Kalkstein, welcher die Riesenknochen vieler Zeuglo- don-Thiere einschliefst, scheint zu den sehr bevorzugten für die Entwick- lung der grünen Polytbalamien-Steinkerne zu gehören. Ich habe bereits in meinem letzten Vortrage des Reichthums an wohlerhaltenen Formen erwähnt und auch die Methode der Darstellung derselben angezeigt. Of- fenbar besteht aller Grünsand dieser grofsen Gebirgsmasse aus mehr oder weniger vollendeten, sehr zahlreich aber aus überraschend schön erhal- tenen Steinkernen von Polythalamien. Ebenso überraschend und besonders hervorzuheben ist hierbei, dafs diese Steinkernbildung im Zeuglodon-Kalke für eine keineswegs einfache, vielmehr sehr zusammengesetzte Structur der Polythalamien immer mehr, zuweilen ganz wunderbar erläuternd wird. In zahllosen Fällen sieht man mit der gröfsten Deutlichkeit die Hauptverbindungs-Canäle der einzelnen Körperzellen vollkommen ausgefüllt. Es giebt, je nach den von mir 1838 verzeichneten Familien, entweder nur 1 Hauptverbindungs- Canal der sich folgenden Zellen, oder es sind deren mehrere, ein Charakter, den ich nun mit neuen Gründen als wissenschaftlich festgestellt erachte. Allein es sind aufser diesen Hauptverbindungs-Canälen, welche von mir schon 1838 durch Ablösung der Kalkschalen von lebenden eingetrockne- ten Körpern gewonnen wurden, noch weit feinere andere Verbindungs- Canäle bei den Steinkernen sichtbar, welche höchst regelmäfsig verlaufen und oft von einer Zelle divergirend zu 2 darüber oder darunter liegenden gehen, so dafs bei concentrischen oder spiralen Anordnungen der Zellen Q2 120 EHrEnBERG die verschiedenen concentrischen Kammer-Systeme allseitig verbunden er- scheinen. Es giebt, wie sich nun erweist, concentrische oder horizontale Verbindungs-Canäle der meist in Spiralen gestellten Kammern und auch solche, die die Kammern vertikal oder in radiater Richtung verbinden. Das Resultat der Untersuchungen des verdienstlichen Gründers der ersten Systematik der Polythalamien, des überaus fleifsigen, auch durch Reisen in Amerika anderweitig verdienten französischen Naturforschers, Herrn Aleide d’Orbigny, war hinsichtlich der Organisation der Polythala- mien, die er Foraminiferen nannte, nicht erläuternd. Seine Systematik war nur auf das Äufsere der Form gegründet, wurde aber doch durch die fleifsige Behandlung der Formen zu einem dauernden Verdienst. Die Ver- suche des Herrn Dujardin den Organismus zu erläutern, waren weit we- niger glücklich, sie führten zur Aufstellung einer structurlosen thierischen Ursubstanz, die derselbe 1835 Sarcode nannte und der er die Fähigkeit zuschrieb, hohle Räume, Vacuoles, willkührlich zu bilden, aus den Po- lythalamien-Schalen hervorzutreten und sich aufserhalb zu verschmelzen, die auch den innern Raum der Schalen als einfacher Thierkörper allein erfülle. Derselbe stellte die Formen der Polygastern-Gattungen Difflugia und Arcella ihrer ähnlichen contractilen fadenartigen Füfse halber zur sel- ben Reihe und nannte die ganze Gruppe Rhizopoden. Diese Darstellungen wurden von mir vor nun 18 Jahren, 1838, durch neue vielseitige Nachforschungen bei den Polythalamien nicht be- stätigt. Ich stellte damals den älteren Namen Polythalamien her und wies vielmehr nach, dafs jene Fadenfülse, die ich bei den Polygastern 1831 als keineswegs einfache Ursubstanz, vielmehr als veränderliche oft meh- rere Magenzellen mit Speisegehalt in sich aufnehmende Körpertheile er- wiesen und als untergeordneten systematischen Charakter benutzt hatte (S. Abhandl. d. Akad. 1831 p. 79), nicht der alleinige Organismus der Po- Iythalamien sind, dafs vielmehr ein zusammengesetzterer Bau bei ihnen vorhanden sei. Ich wies direct und mit Vorlegung von Präparaten, die noch heut den Beweis führen, nach, dafs sogar Bacillarien als Nahrungs- stoffe sehr grober Arı bis in die innersten Zellen der vielkammerigen Po- lythalamien - Schalen aufgenommen werden, und selbst die dazu nöthigen weiten Verbindungs- Canäle der Kammern wurden direct anschaulich ge- macht. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 121 Um diese inneren Canäle direct darzustellen, empfahl ich 2 neue höchst einfache Beobachtungs-Methoden. Einerseits löste ich durch An- wenden schwacher Salzsäure die Kalkschale von den zarten Körpern im frischen Zustande, weit vortheilhafter aber, wie es bisher noch nicht angewendet war, im getrockneten Zustande ab und erhielt so von vielen sehr alten Körperchen vieler Gattungen und Arten, welche lebend schwer zu beobachten sind und deren innerer weicher Organismus auch noch nie- mals beobachtet war, die Form und Gliederung ihres weichen Körpers, sogar zuweilen mit der vor langer Zeit genossenen Nahrung und deren Be- hälter zur Ansicht. Die andere Methode bestand in der Anwendung von canadischem Balsam, welcher die kleinen Kalkschalen wohl ausgetrockneter Polythalamien überraschend durchsichtig macht, so dafs sich im Innern der Zellen ebenfalls die genossenen Bacillarien und andere organische Zu- sammensetzungen selbst bei Formen aus altem Dünensande erkennen lie- fsen. Mit Hülfe dieser beiden Methoden wurde sehr leicht und über- einstimmend ein breiter Speisebehälter (Darm) von einem farbigen wahr- scheinlichen Keimbereitungsorgane (Eierstock) unterschieden und es fan- den sich sogar mit einem Stiel äufserlich anhängende beutelartige oder kapselartige Behälter an mehreren Polythalamien gleichartig, welche sehr ansprechend Eierbeutel waren, wie dergleichen bei Mollusken und Krebsen vorkommen. Alle diese Verhältnisse, welche 1838 und 1839 vor der Akademie von mir erläutert wurden (siehe die Abhandlungen) sind von den neuesten Monographen ungewürdigt geblieben. In der neuesten der Akademie vorgelegten Schrift über diesen Gegen- stand (!) sagt Herr Max Schultze pag. 6: „Trotzdem, dafs ausgezeichnete fran- zösische Gelehrte, wie Deshayes und Milne Edwards die Angaben Dujardins über die einfache Organisation der Polythalamien, auf eigene Beobach- tungen gestützt, bestätigten (Lamark Animaux sans vertebres 2 edit. Tom. XI 1845 p. 248) und dieselben in Frankreich wie in England allgemein mit dem, dem Beobachter von Rennes gebührenden Vertrauen aufgenom- men wurden, fanden doch Ehrenbergs abweichende Anschauungen in Deutsch- land bei manchen Zoologen Eingang, anderen Naturforschern eine Erweiterung und Vervollkommnung der im- zumal weder von Dujardin noch von (*) Über den Organismus der Polythalamien von Dr. Max Sigism. Schultze. Leipzig 1854. Fol. 122 EHRENBERG merhin nur dürftig erscheinenden ersten Beobachtungen oder nur eine ein- zige brauchbare Abbildung veröffentlicht wurde.” Somit glaubt denn Herr Max Schultze, obwohl er den Vorgezogenen auch kein sehr schmeichelhaftes Zeugnifs ausstellt, mit seiner besseren Er- kenntnifs hervortreten und den von mir in Deutschland angerichteten Scha- den mit ausländischen Stoffen ausbessern zu müssen. Die Einsendung seiner Schrift an die Akademie und die mir obliegende Pflicht, dieselbe der Akademie selbst vorzulegen, nöthigt mich davon speciell Kenntnifs zu nehmen, und da ich nur das vor 16-18 Jahren Gesagte mit neuen Gründen unterstützt heut wiederholen kann, da ich ferner auch nicht eine der Gegen-Ansichten jenes Autors billigen kann, vielmehr ihn schlimmer Fehler in der Beobachtung und Folgerung zeihen mufs, so wünsche ich, dafs die abgedrungene ausführliche Vorlegung von Gründen für meine früheren nicht Meinungen, wie er glaubt, sondern Beobachtungen, gemäfs der mir auf- erlegten Mühe und dem Zeitverlust, hier und da wenigstens einigen Nutzen bringen mag. Der Verfasser jener Schrift beschreibt pag. 8 den Körper einer Amoeba, und zwar als Typus für die Polythalamien(!), gradehin wie eine Flüssigkeit. Er sagt: „Bestimmte Organe können nicht vorhanden sein in einem Körper, dessen Theile so durchaus gleichwerthig sind, dafs jedes Körnchen desselben in jedem Augenblick die Stelle mit einem jeden an- deren vertauschen kann. Die Substanz erscheint, wie sie gleichmäfsig con- tractil ist, so auch an jeder Körperstelle gleichmäfsig reizempfänglich. Die unbefangene scharfe Beobachtung läfst keinen Ausweg; sie lehrt die Nothwendigkeit dieser vielfach bestrittenen Thatsache, über deren Mög- lichkeit oder Denkbarkeit wir nicht weiter zu unterhandeln haben u. s. w.” Mit dieser Vorstellung eines Thierkörpers wird es freilich möglich das Verschmelzen der Pseudopodien als eine Kleinigkeit hinzunehmen, und die Ernährung, so wie alle thierischen Functionen, können somit überall sein. Ich sehe wohl, dafs alle meine Mühe seit 1830, den thierischen Ur- schleim durch Angabe und Erleichterung der Beobachtungs-Methoden aus der Wissenschaft zu verbannen, wie bisher in Frankreich, so auch nun in Deutschland bei ihm nutzlos gewesen. Es hätte wohl dem neuesten Beob- achter wenigstens auffallen können und sollen, dafs niemals noch zwei ne- beneinander liegende Amoeben wie Öltropfen in einander verschmolzen ge- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 123 sehen worden, obschon das gewöhnlich sein müfste, wenn die scheinbar verschmelzenden Pseudopodien, welche er sah, je wirklich verschmolzen wären. Dieselbe alte Vorstellung, das etwas was man nicht eiligst sieht, nicht vorhanden ist, welche dem freien Vogel in der Stube das Fenster- glas nicht bemerken läfst, woran er sich den Kopf einstöfst, welche noch im Jahre 1820 die Wimpern der Infusorien nicht zugab und ihnen daher eine Zauberkraft verlieh und welche neuerlich die Seele läugnet, weil sie noch kein Chemiker dargestellt und kein Auge gesehen hat, mag freilich wohl noch öfter wiederkehren. Es ist aber ein und derselbe Fehler in der Auffassung. Es ist die zu grofse hastige Zuversicht auf eigene volle Ergründung der Vorlagen. Der Herr Verfasser hat zuerst den Mifsgriff des Herrn Dujardin wiederholt, die Amoeba- und Difflugia-Formen, ihrer ähnlichen Pseudo- podien halber, als Typus mit den Polythalamien zu vergleichen und auf die bereits seit 1830 festgestellte polygastrische Structur der ersteren und die seit 1838 festgestellte gegliedert monogastrische Structur der letztern keine Rücksicht zu nehmen, obschon das innere Ernährungssystem erfah- rungsmäfsig überall einen höheren systematischen Werth beansprucht als das äufsere Bewegungssystem und jedenfalls anzeigt, dafs die Vorstellung von einfacher structurloser Substanz, die man mit Herrn Dujardin neuer- lich so oft Sarcode nennt, welche im Innern Maschen oder Löcher, va- cuoles genannt, beliebig bilde, nicht annehmbar ist. Ein Loch und eine Zelle ist freilich der andern mannigfach gleich und es könnte scheinen, als sei, wie der Verfasser oben vom flüssigen Organismus sagt, darüber nicht weiter zu unterhandeln. Dennoch sind Loch und Zelle gar sehr verschiedene Dinge und dennoch giebt es gar wohl einen Mafsstab, nach welchem die Richtigkeit der Vorstellung dieser oder jener Art abgemessen werden kann. Ja selbst wenn es keinen gäbe, so würde die Physiologie vor allen Dingen einen suchen und feststellen müssen. Zuvörderst ist der Ausdruck Vacuole oder Maschenräume oder Loch ohne eigne Wandung, im Gegensatz von Zelle mit eigner Wandung, klar vor Augen zu stellen. Für die Naturforschung sind dergleichen willkührlich gegebene Namen und deren allgemeine Begriffs-Erläuterung ohne allen Werth. Es handelt sich um concrete Feststellung der Erscheinung an einzelnen bestimmten Kör- pern. Die Structur des Amoeba-Körpers ist von mir bereits im Jahre 1924 EHurRENBERG 1830 als die nicht eines passiven Fluidums, sondern eines gefräfsigen Thieres mit täglich leicht zu wiederholenden Thatsachen und deutlichen Abbildungen dargestellt worden. Der Körper der Amoeben ist oft im gewöhnlichen natürlichen Zustande ganz erfüllt mit verschiedenartigen kieselschaligen Ba- cillarien als verschluckter Nahrung und meist ist jede von ihnen deutlich in einer besonderen Zelle. Die Aufnahme der Stoffe geschieht nur an Einer Stelle auf einmal, ebenso das häufig sichtbare Auswerfen der Stoffe. Die Veränderlichkeit der Gestalt erlaubt zwar nicht zu erweisen, dafs die Öffnung, wo Stoffe als Nahrung ein- und ausgehen, immer dieselbe sei, aber eben weil es nie an mehreren Stellen gleichzeitig geschieht, so liegt da- rin ein positiver Grund, dafs es eine unveränderliche contractile Stelle da- für giebt, wie sie bei vielen Polygastern erweislich ist. Ein anderer wichtiger Charakter für den Organismus der Amoeben ist zwar nicht von selchen Exemplaren zu entnehmen, die ungleich lange und dicke Bacillarien oder Öscillarien in ihren Magenzellen zeigen, wohl aber von solchen, die mit feinen Körnchen von Indigo-Farbe als Nah- rung erfüllt sind. Dieser Charakter besteht in der sehr übereinstimmend gleichen Gröfse dieser Magenzellen. Derselbe ist bei allen Polygastern ansprechend. Paramecium Aurelia, Leucophrys patula, Stentor und viele andere Formen erfüllen stets grofse Zellen; von mittlerer Gröfse sind sie bei Kolpoda Cucullus, Glaucoma scintillans, den Vorticellen und Kero- nen; auffallend verhältnifsmäfsig klein und sehr zahlreich sind sie bei Pa- ramecium Chrysalis, mehreren Trachelien und Trichoden. Die Amoeba- Arten, wie auch ihre gepanzerten Formen, die Arcellen und Difflugien — und bei den Naviculaceen ist es nicht anders — haben ebenfalls ein Nor- malmaafs der Magen, das zwar nicht nothwendig stets bei der ersten hastigen Aufnahme feiner Nahrung, aber bei gleichmäfsig fortgesetzter sich in die Augen fallend darstellt. Für willkührliche oder zufällige Vacuolen ist ein Grund solcher Gleichheit so wenig einzusehen, wie ein Grund für die An- wesenheit einer festen einzelnen Mundöffnung, welche jetzt auch der Un- geübteste bei den Vorticellinen leicht zugiebt und deren Läugnen bei der grofsen Mehrzahl der von mir als sichere Polygastern bezeichneten For- men, nur ein Zeugnifs mangelhafter Beobachtung ist. Wie es möglich ist, dafs ein mäfsig geübter Beobachter die grofse, freilich contractile, Mund- öffnung bei Actinophrys Eichhorni, unerkannt läfst, welche ganze Daph- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 125 nien verschlingt und die schon vor nun 79 Jahren (1777) der geniale Beobachter, Pastor Eichhorn in Danzig, sowohl in der Aufnahms- als in der Auswurfs-Thätigkeit erkannte, ist mir, wie so manche Urtheile der neue- sten Forscher unerklärlich. Freilich auch er ärgerte sich über Fuefsly, den keck Ungläubigen, war aber wackerer als dieser. Bei einem runden Thier mag sich über die Identität der Stelle streiten lassen, aber ein guter Beob- achter weils sich schon durch ruhiges Ausharren bis zur Wiederholung gleicher Thätigkeit sein Urtheil über die Function eines Organes zu ge- stalten. Es giebt aber noch directe Gründe, welche die Vacuolen- Lehre von den Polygastern, wozu auch die Amoeben gehören, als Typus der Polythalamien, abweisen. Schon vor nun 23 Jahren 1833 (Abhandl. d. Akad.), habe ich auf die sehr belehrenden Erscheinungen beim Zerfliefsen der Polygastern-Thiere aufmerksam gemacht und auf Tafel III. Fig. IV.d. sind damals Abbildungen solcher Erscheinungen gegeben(!). Nach jenen da- mals oft, seitdem zahllos wiederholten Erfahrungen konnte es mir nicht in den Sinn kommen, an das zu denken, was die Neueren Vacuolen nen- nen. Nicht nur freie, sich auflockernde, Speisekugeln sieht man beim Zer- fliefsen der Bursarien, Stentoren u. s. w. sich ausbreiten, sondern sehr oft sind, besonders die bereits verdauten und die feineren Stoffe der Spei- sen als mit Wandungen umgebene, frei gewordene Kugeln sichtbar, die deutlich genug nicht Löcher sein können, sondern Zellen genannt werden müssen. In diesen von ihrer Verbindung abreifsenden, noch mit Speise erfüll- ten wahren Zellen, den polygastrischen Speisebehältern, denen ähnlich auch die paternosterschnurförmigen Drüsenglieder der Stentoren sich abtren- nen, läfst sich aufser der Speise auch noch der meist wasserhelle, oft aber auch schön violette oder röthliche Verdauungssaft erkennen, welcher die Stelle der Galle vertreten mag. Ich übergehe eine weitere Erörterung der Ansicht des Verfassers der obigen Schrift, dafs eine Mundöffnung in der Schale der Polythalamien nicht überall vorkomme und nicht nöthig sei, weil eben Sarcode sich schon durch die Pseudopodien hinreichend ernähre p. 10. 24. Da sich starke Siphonen als Verbindungen der Kammern erkennen lassen, auch wo keine (') Im Infusorienwerke 1838 Tafel XXIII. F. I. 4. und XL. V. 4. sind noch andere Ab- bildungen. Phys. Kl. 1855. R 126 EHkENBERG äufsere grofse Mundöffnung erkennbar ist, so kann ich nur die frühere Meinung festhalten, dafs die harten Schalentheile der contractilen Mund- öffnungen sich dann wie die Thierzellen der Isis-Corallen verhalten, welche die Öffnungen, aus denen die weichen Thierkörper hervortreten, bei der Contraction mit verdichteten Kalkstäbchen ihrer Haut spurlos verschliefsen. Da meine frühere Vorstellung von den Polysomatien, welche ich 1838 der Akademie vorgetragen habe, zumal überall da, wo viele ÖFf- nungen an der letzten Zelle sichtbar sind, durch die neue Beobachtungs- Methode vollständig bestätigt wird, so überhebt es mich auch einer weiteren Kritik der pag. 32 vom Verfasser erhobenen Widersprüche und die vom Verfasser selbst in gleicher Art, wie von mir, beobachteten Baceillarien als genossene Nahrung, widerlegen die Nothwendigkeit der mystischen Wir- kung der Sarcode, obschon es jenem Verfasser (p. 24) nur gelungen war Bacillarien-Aufnahme bis in die dritte Kammer zu erkennen. Auffallend ist es ferner, dafs dem Verfasser der neuen Systematik der Widerspruch entgangen ist, in welchem die Vorstellung seiner Sarcode und der einfachen Organisation des Polythalamien-Körpers mit der so rei- chen geregelten Kalkausscheidung, der zierlich überaus mannigfachen Ge- staltung so wie Sculptur der Schale und dem steht, was derselbe die aus- kleidende Haut der Schale nennt, von der er sogar pag. 16 behauptet, ich habe sie, obschon genau abgebildet, mit dem Thiere verwechselt. Dafs ich sie verwechselt habe, wenn ich auf sie aufmerksam machte, wird An- deren vielleicht doch schwer glaublich erscheinen, besonders da ich da- mit gerade einen der wesentlichen Organisationstheile des Thieres zur Kenntnifs brachte. Es ist auch auffallend, wie Complicationen dieser Art nicht haben von der Idee der Einfachheit abziehen können und wenn die mäandrischen Zeichnungen in den Schalen der Calcarina, Amphistegina, Nummulites u. A., wie nun von mir nachgewiesen wird, nicht, wie jener Verfasser p. 14 behauptet, auf sich kreuzende Bündel der Porenkanäle zu deuten, sondern auf unterbrochene Kammern der gekrümmten Lateral- Loben (Seiten-Flügel, Schenkel) zu beziehen sind, so vermehren sich die Complicationen noch weiter. Es ist auch über die Fortpflanzungs-Verhältnisse Widerspruch er- weckt worden. Nachdem ich vor 18 Jahren der Akademie mitgetheilt habe, dafs sich bis dahin unbekannte äulserlich mit einem Stiele anhän- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 127 gende Eierbeutel, wie sie bei Mollusken und Krebsen vorkommen, an mehreren Polythalamien übereinstimmend haben erkennen lassen, ist bei dem neuesten Systematiker diese Mittheilung als eine so wenig zu beach- tende betrachtet worden, dafs derselbe pag. 28 behauptet, er habe an einzelnen Geoponus-Formen eine Cothurnia angeheftet gesehen und er „glaube in diesen Cothurnia-Hülsen ganz bestimmt die Eh- renberg’schen Eierkörbehen wieder zu erkennen.” Als Grün- der und Beobachter des ganzen Genus der Cothurnien seit 1831 sollte ich wohl diese Formen leichter unterscheiden als ein Anderer. Noch sind aber auch die schön erhaltenen der Akademie vorgelegten Präparate von 1839 in meinem Besitz und in der Mikrogeologie ist sogar überdiefs noch auf Tafel XIX Fig. 93 Planulina elegans aus äginetischem Tertiär-Mergel mit einem solchen Anhange abgebildet, wie sie beim lebenden 15 Jahre früher von mir abgebildet worden und auch dieses Präparat ist aufbewahrt. Da der neueste Systematiker keine organische Zusammensetzung in den kleinen Körpern liebt, so hat er auch die bräunlichen inneren, zu- weilen zerstreuten, zuweilen in je eine Kugel in den Kammern zusammen- geballten Massen lieber doch für Speise gehalten und meine versuchte Deutung derselben als Keimstöcke p. 24 beseitigt. Ich habe auf jene Deutung kein Gewicht gelegt, nur auf die organische Complication, wel- che sie anzeigen. Dafs die Bacillarien als Nahrung niemals zwischen den zusammengeballten bräunlichen Körnern, sondern stets aufserhalb in dem hellen Raume der Kammern, oft massenhaft liegen, ist mir noch immer ein wichtiger Grund, die braunen Stoffe im Innern nicht für Nahrung zu erkennen und ich kann mithin meine Meinung nicht abändern. Was die in der obigen Schrift ausgesprochene Ansicht und die Dar- stellung eines Doppel-Monstrums (p. 30) einer Polythalamie anlangt, so kann ich auch dieser Ansicht solcher Bildungen keinen Beifall schenken. Duplieitäten der Form würden wohl dann den Werth der Zwillings-Mifsbil- dungen haben, wenn die Formen sicher 2 Individuen zeigten. Da ich aber Polystomatium strigilatum für einen Polypenstock zu halten Grund habe, so ist jene Form nur eine verzweigte Familien-Bildung, wie auch von Peneroplis viele sehr unregelmäfsig sind und selten ein Exemplar dem andern gleicht, weil es eben Stöcke, keine Individuen sind. R2 128 EHRENBERG Endlich mufs ich noch der vermeinten wunderbaren metamorpho- sirten Keimkörner Erwähnung thun, welche scheinbar eine neue Mystik in die Polythalamien bringen. Es wird pag. 27 jener Schrift eine Bil- dung von zahlreichen schwarzen Kugeln in Rotalinen besprochen und abge- bildet, welche weder durch Schwefelsäure, noch durch Salz- und Salpe- ter-Säure, noch auch durch kochende Alkalien verändert wurden. Es wird als wahrscheinlicher dargestellt, dafs diese Kugeln den Stein’schen und Lie- berkühn’schen Cysten vergleichbare Keimkörner sind. Die übertriebene, die Logik der Physiologie nicht achtende Metamorphosen-Lehre der neuen Zeit treibt endlich zu so überschwenglichen Vorstellungen!! Freilich kann ‚ich mich mit diesen Darstellungen am wenigsten befreunden und junge Kräfte nur warnen, sich denselben anzuschliefsen. Diese mir sehr wohl und längst bekannten Kugeln sind nämlich nichts Anderes als die ersten Anfänge der Steinkernbildung, die in allem Meeresschlamme jenes schwarze Eisensilicat, denn das ist der Charakter dieser Kugeln, in den todien und leeren Polythalamienschalen morpholithisch anhäuft, welches hie und da in fossilen Verhältnissen die Schalen ganz erfüllt. So glaube ich denn meine vor 26 und 18 Jahren vorgetragenen Stu- dien über die Organisation und Systematik des kleinen Lebens den neuen anspruchsvoll vortretenden Ansichten gegenüber in keinem wesentlichen Punkte verlassen zu dürfen und was speciell die Polythalamien anlangt, so werden sie durch die Untersuchungen des Grünsandes in der von mir früher erkannten Organisation nur noch höher potenzirt. Nimmermehr wird man je die polygastrischen Amoeben, Arcellen und Difflugien,, wie es nach Herrn Dujardins Vorgange der neueste deutsche Systematiker nach- gethan, als den Typus der Polythalamien mit Glück betrachten. Wer alle Rhizopoden in Eine Gruppe vereinigen will, wird auch einen Theil der Bacillarien, die Acineten und die Actinophrynen mit noch anderen Dingen anschliefsen müssen und wird dann eine Formenklasse darstellen, wie sie ein Botaniker etwa durch Zusammenstellen aller fiederblättrigen Pflanzen erlangt, oder ein Zoolog gewinnt, der alle gepanzerten, oder alle rüssel- führenden, oder alle geflügelten Thiere in Eine üble Klasse bringt. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 129 Il: Über massenhafte braunrothe und corallrothe Steinkerne der Kreide in Nord-Amerika. Ich gehe nun über zur Mittheilung einer Analyse der gelben und röthlichen Kreide von Nord- Amerika. Schon seit dem Jahre 1842 be- sitze ich mancherlei Gebirgsarten, welche Herr Tuomey, der bekannte und verdiente nordamerikanische Geolog, mir zugesandt hat. Die Vergleichung meiner auf Alabama bezüglichen Materialien hat mich diesen Gebirgsarten wieder zugeführt und ich habe in denselben auffallende neue Entwicklungs- Verhältnisse der Steinkernbildung erkannt, die zu anderen führen werden. In der Mikrogeologie habe ich zwar die gelbliche Kreide des Missouri- und Mississippi- Gebietes mit Abbildungen ausführlich erläutert und dort schon auch auf gewisse Erfüllungen der Zellen mit gelben Einschlüssen aufmerksam gemacht, allein die ganzen neueren Vorstellungen über das Massenhafte und Eigenthümliche, tief Eingreifende der Steinkernbildung, hatte ich damals so lebhaft noch nicht erfafst. Daher sind nur wenige Formen nebenbei in diesem Charakter dargestellt. Die geschärftere Ana- lyse der von Herrn Tuomey gesandten Gebirgsarten, sowohl aus Alabama als aus Süd-Carolina und Maryland, hat ein neues grofses Feld für inter- essante Beobachtungen aufgeschlossen, von denen ich heut nur einen kur- zen Abrifs gebe. Es scheint keinem Zweifel zu unterliegen, dafs Herr Tuomey die mir übersandten Gebirgsarten rücksichtlich ihrer geognostischen Lagerung richtig beurtheilt hat. Der geübte englische Geolog, Sir H. Lyell, hat sich in seinem Reiseberichte über die Richtigkeit der Bestimmungen der kreideartigen und tertiären Gebirgsarten durch die nordamerikanischen Geologen nicht zweifelnd geäufsert, vielmehr im Wesentlichen dieselbe an- erkannt. So wird denn, was von Herrn Tuomey als Kreide-Formation bezeichnet ist, wohl durch die grofsen eingeschlossenen Thierformen als solche befestigt sein. Wenn diels aber auch nicht der Fall wäre, so ha- ben die mikroskopischen massebildenden Lebensformen eine so überre- dende Übereinstimmung mit der Kreide des Missouri und Mississippi er- kennen lassen, dafs ich veranlafst bin, die hier zu erwähnenden Verhält- nisse, der Bezeichnung gemäfs, als zur Kreidebildung gehörig anzunehmen. 130 EHRgEnBERG Die Kreide scheint, wie der zum Nummuliten-Kalk gehörige Zeu- glodon-Kalk, in Nord-Amerika besonders wohl begünstigt gewesen zu sein, um Steinkerne zu bilden. Diese Steinkerne lassen zwei interessante Ge- sichtspunkte zu. Einmal unterscheiden sie sich durch ihre carneol- oder corallrothe Farbe und dann durch ihre Entwicklung aus kugelichen trau- benartigen Anfängen. Die gelblichrothe oder rothbraune Farbe zeigt wohl eigene Oxydationsgrade des Eisenoxyds an. Durch Glühen lassen sich die- selben sehr leicht stark erhöhen, so dafs die rothe Farbe blutartig wird. Was die kugelichen und traubenarligen Anfänge anlangt, so sind mir diese zwar sehr bekannt von den häufig im Meeresschlamme liegenden leeren Schalen der Polythalamien, die aber gewöhnlich jene schwarzen, runden Körper in ihren Zellen enthalten, welche Herr Max Schultze neuer- lich für eiartige Theile und morphologische Übergänge des Polythalamien- Körpers gehalten hat, obschon sie durch Schwefelsäure, Salpeter- und Salz- säure unveränderlich waren. Es sind freilich Eisensilicate. Es ist begreiflich, dafs wenn man diesen mit so vereinzelten Par- tien der infiltrirten Opalsubstanz angefüllten Polythalamien durch Säure ihre Kalkschalen entzieht, nur vereinzelte meist formlose, oder gar nichts von dem Charakter ihres Bildungsverhältnisses zeigende, rothe Kieseltheil- chen erhält. Schliefslich bemerke ich, dafs alle die vorgelegten einzelnen Zeich- nungen nur treue Abzeichnungen aufbewahrter ebenfalls vorgelegter Prä- parate sind und dafs die späteren Beobachter sich selbst schaden, wenn sie die Meinung bei sich aufkommen lassen, als wären, so wie ältere, auch diese mikroskopischen Verhältnisse einer genauen Prüfung und eines Be- weises nicht zugänglich und als könne ein Beobachter sich, ohne Möglich- keit einer Widerlegung, jeder beliebigen Phantasie hingeben. V. Über neue Erkenntnifs immer grölserer Organisation der Poly- thalamien, durch deren urweltliche Steinkerne. [Vorgetragen am 3. und 14. Mai 1855.] Es bestätigt sich immer umfangreicher, dafs die Steinkerne der kalk- schaligen mikroskopischen Organismen, deren opalartige Zustände als kör- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 131 niger Grünsand, Braunsand und Rothsand vor Kurzem von mir in Über- sicht gebracht worden sind, eine unermelsliche Quelle neuer Organisations- Erkenntnifs für sonst unzugängliche Formen werden. So bin ich heute schon veranlalst zu den früheren Vorträgen einen wesentlich erweiternden Zusatz zu geben, der zum Theil auf denselben, zum Theil auf neueren Beobachtungs-Methoden beruht, welche anzuwenden versucht und ge- lungen ist. Der wichtigste Fortschritt in der Kenntnifs der Organisation der Po- lythalamien seit 1838 ist neuerlich von dem englischen Assistenz - Arzte Herrn Carter in Bombay gemacht worden, welcher 1852 eine von ihm Operculina arabica genannte Form des Rothen Meeres, durch eine sehr sinnreiche neue Beobachtungsmethode sich selbst injiciren liefs, indem er die leere Schale durch Capillar-Attraction und dieser zu Hülfe kommenden Verdunstungsprozefs mit Carmin injieirte. Die auf diese Weise zur Er- scheinung gekommenen Schalen-Canäle sind ein überaus klarer und wich- tiger Beweis sehr grofser Organisation aller Wände im ganzen Umfange der kleinen Schalen, die dadurch ihren besondern Organismus deutlicher zu Tage legen, als die grofsen Schalen der Mollusken, und welche auf den Reichthum und die Feinheit des übrigen Organismus der kleinen Thiere einen nicht gewagten einfachen Schlufs rechtfertigen. Ich habe Herrn Carters Beobachtungen nach einigen vergeblichen Bemühungen sehr glück- lich wiederholt und kann die Existenz des ganzen Reichthums jener Ca- näle vollständig bestätigen. Ja ich habe durch noch andere Beobachtungs- Methoden theils denselben Bau gleichartig aufser Zweifel gestellt, theils auch noch weiter und vielseitiger verfolgen können. Herr Carter ver- gleicht die Polythalamien, die er wieder Foraminiferen nennt, mit den Spongien und nimmt bei diesen auch den Amoebaeen (Proteus) gleichende Tbiere an. Hierdurch hält er die ganze Formengruppe der Polythalamien mit den Spongien beisammen und schliefst auch die Nummuliten an. In jenen beiden Punkten (Foraminiferen, Amoebaeen), mufs ich von seinen Ansichten ganz abweichen, was ich aber hier weiter zu erörtern nicht für nöthig halte, da ich meine abweichenden Ansichten und ihre Gründe schon oft mitgetheilt habe. Die Foraminiferen können weder so, noch Rhizopo- den, sondern nur Polythalamien heifsen, weil diefs der ältere Name ist, es auch in vielen Abtheilungen der Thiere Löcher (Foramina) und Pseu- 132 EHRENBERG dopodien (Rhizopoden) giebt, und wahre Amoebaeen sind entschiedene Po- lygastern, welche, meiner Ansicht nach, nur parasitisch in abgestorbenen Spongillen-Schwämmen, zuweilen wie Fliegenmaden in Pilzen, oder wie Cercarien in Schnecken, Schlupfwespenlarven in Raupen massenhaft vor- kommen. Den 1838 angezeigten Haupt-Ernährungs-Canal der Polytha- lamien, den die Steinkerne nun leicht zu jedes Beobachters Überzeugung bringen müssen, sah Herr Carter als Kammerverbindung bei Operculina auch. Er nennt es grand channel of intercameral communication. Es ist der Sipho mit dem Munde. Solche Siphonen zeigen die Steinkerne nun auch bei Orbitoiden sehr deutlich, die sich somit den Helicosorinen anreihen. a. Weifse Steinkerne. Die weitere Beobachtung der Steinkerne hatte mich zuerst veran- lafst eine weifse Steinart aus Java zu prüfen, welche Dr. Junghuhn mir vor mehreren. Jahren mit zahlreichen andern Gesteinproben zugesendet hatte. Sie war als Tertiärkalk von Gua Linggo manik bezeichnet, und liefs kleine orbitoidenartige Körper erkennen. In der Mikrogeologie, pag. 157, habe ich die Erdablagerungen vom Boden der dortigen Höhle als gelben Süfswasser-Letten ausführlich geschildert, die weifse, kalkige, marine Ge- birgsmasse aber noch nicht erläutert. Ich empfand beim Zerlegen und Präpariren des Gesteins eine ganz besondere Überraschung und Freude. Ich erkannte nämlich dafs unter den scheiben- und linsenförmigen Kör- perchen des Kalkes viele Amphisteginen- und Heterosteginen-artige waren, deren öfter sehr wohl erhaltene weifse Steinkerne ein unerwartet zierli- ches Netzwerk darstellten. Der so unerklärliche Bau der oft mäandri- schen Zeichnung dieser Polythalamien- Gattungen, wurde in den Stein- kernen, nach Ablösung des Kalkes durch Säure, plötzlich völlig klar. Sie bestehen nicht aus einer concentrisch doppelten Reihe von Kammern, wie diefs aus Herrn d’Orbigny’s Darstellungen und Modellen hervorging, sondern es sind zweischenklige in einfache Spiralform gestellte Kammern (cellulae equitantes), deren Schenkel jederseits bis zum Nabel reichen und wobei die neueren gröfseren Zellen die ältern kleineren ganz umschliefsen. Die Steinkerne zeigen aber jederseits die Schenkel eigenthümlich durch- brochen, netzartig, diese sind also nicht einfache hohle Theile, wie bei Nonionina und Geoponus, sondern haben in der Mitte solide Kalkzapfen, über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 133 welche ihre Höhlung abtheilen, die auf diese Weise oberhalb meist zwei, durch Anastomosen verbundene Canäle bildet. Die Steinkerne stellen nur die breiten anastomosirenden Canäle selbst vor, die durch die Säure aus- geäzten Kalkzapfen und Kalkhüllen lassen diese steinernen Schenkel durch- brochen erscheinen. So besteht denn jede Kammer aus 3 Flügeln, einem rückwärts gebogenen Dorsalflügel von meist schmaler Sichelform, woran jederseits ein meist 2 -förmig gekrümmter Seitenflügel (die Schenkel) sich anschliefst. Der Dorsalflügel ist steis einfach von solider Sensenform, aber die Schenkel sind nur höchst selten einfach. Manche dieser Schen- kel hatten eine 2 -förmige Durchbrechung, andere hatten deren 2, 3 und 4 kleinere, rundliche noch hintereinander. Herrn d’Orbigny’s Original- exemplaren von Amphisteginen und Heterosteginen des Wiener Tertiärlagers, die ich von Herrn v. Hauer in Wien vor mehreren Jahren schon gütigst zugesendet erhielt, schliefsen sich die javanischen Formen nahe an. b. Über eine fünffache Canal-Verbindung der einzelnen Kammern bei Polythalamien. S. Tafel IU. Da neuerlich die von mir im Jahr 1838 hier vorgetragenen Structurbeobachtungen der Polythalamien, wonach die einzelnen Kam- mern(theils Glieder von Einzelthieren, theils Einzelthiere), durch breite Canäle (Sipko, Darm) in Verbindung stehen, auch durch den Vicomte d’Archiac, ohne eigene Beobachtung, geradehin abgeleugnet werden, so geben die weilsen Steinkerne der Heterosteginen von Gua Linggo manik in Java eine vortreffliche Belehrung. Während im Februar dieses Jahres aus den grünen Steinkernen des Zeuglodon-Kalkes von Alabama bereits eine zweifache und dreifache Verbindung der Kammern bei Formen der Gattungen Aotalia (?) und Geoponus hervorgetreten war, deren eine die äufsere Spirale mit der inneren, oft doppelt, zuweilen vielfach verband, so zeigten sich hier deren sogar fünf unwiderleglich. 1) Der Haupt-Ver- bindungs-Canal der Kammern am Vereinigungspunkte ihrer 3 Flügel (der Darm), 2) einfache oder mehrfache Verbindungsröhren jedes Dorsalflü- gels mit dem zunächst hinteren, 3) einfache oder mehrfache Verbindungs- vöhren der Lateralilügel untereinander, 4) einfache oder mehrfache innere Anastomosen des doppelten Canales im Innern der Lateralflügel, 5) oft Phys. Kl. 1855. S 134 EHRENBERG zweifache Canalverbindung der einzelnen Kammern der äufsern Spirale mit den angrenzenden der inneren, resp. der oberen und unteren. Die mannigfachen Anastomosen der Lateralflügel der Kammern von Heterostegina und Amphistegina bilden jene Mäanderlinien der Aufsen- flächen, welche d’Orbigny besonders ins Auge gefaflst hat, die aber nun ganz anders erscheinen (!), indem beide Formen, die von mir schon 1838 nur zweifelhaft den Helicosorinen und Helicotrochinen angereiht wurden, sich der Gattung Geoponus nah anschliefsen und nur durch die lateralen Anastomosen der Höhlungen der Seitenflügel, welche bei Amphistegina auf einer Seite weit zahlreicher als auf der andern sind, unterscheiden. c. Über die Beobachtungsmethode der weifsen Steinkerne und die Porosität ihrer feinen Opalmasse. Ich habe früher schon zuweilen auch von farblosen durchsichtigen Steinkernen der mikroskopischen Organismen, selbst der Polythalamien berichtet, allein es haben sich neuerlich auch ganz kreideartig weilse erkennen lassen, welche Kalk-Gebirgsmassen bilden helfen, ohne dafs sie dem blofsen Auge sich auf irgend eine Art als vom Kalk verschieden zu er- kennen geben. So ist es mit dem Orbitoiden- und Heterosteginen-Kalke von Java. Isolirt man sie durch Auflösen des Kalkes, so lassen sich un- ter Wasser die zierlichen Polythalamien-Formen und die oben bezeich- neten Structurverhältnisse ganz schön erkennen, allein beim Trocknen zer- fallen sie gewöhnlich in ihre einzelnen gröberen Theile. Überzieht man sie mit canadischem Balsam, so werden sie durchsichtig wie Glas und verschwinden in ihren Umrissen. Wollte ich sie in Flüssigkeiten unter Deckgläsern aufbewahren, so zerdrückten die sich allmählich enger an- schliefsenden Deckgläser die linsenartigen convexen zierlichen Formen zu unkenntlichen Fragmenten, oder sie rollten und zerbrachen. So habe ich sehr schön erhaltene Formen verloren. Es war daher nöthig eine Me- thode aufzusuchen, welche erlaubte wohlerhaltene Formen zur Verglei- chung und zum Studium aufzubewahren. Ich bediente mich hierzu der Färbung nach Art der künstlichen Achat-Färbungen. Zunächst löste ich in einem Uhrglase etwas Zucker auf, worein ich die Körperchen (von Java) (') Die auch nicht, wie Herr Max Schultze p. 14 meint, Porenbündel sind. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 135 legte, damit sie von Zuckerlösung durchdrungen wurden, dann wurde das Zuckerwasser abgegossen, Schwelelsäure an dessen Stelle gebracht und diese über der Spiritusflamme erhitzt. Dadurch wurden alle weifse Opaltheil- chen schwarz wie verkohltes Elfenbein. Die schwarze Farbe war nicht, wie Carmin bei Operculina arabica, nur in Canälchen sichtbar, sondern zeigte noch weit feinere Porosität an, wie sie auch der Achat zeigt. Mit dieser das farblos Durchsichtige erkennbar machenden Beobachtungsmethode erkannte ich zuerst und sogleich deutlich, dafs der grofse sogenannte Nabel, wel- cher z. B. die Gattungen Ztodulina und Anomalina d’Orbigny’s charak- terisirt, und als erste Kammer viel zu grofs ist, kein Theil des Thierlei- bes, sondern ein Theil der Schale allein ist. Die erste Thierkammer ist klein und liegt immer neben dem Nabel. Der Nabel, dessen Bedeutung bisher unbekannt war, ist der Behälter eines starken Schalen-Gefäfses (Ca- nales), welches mit der ersten Zelle beginnend, Zweige zwischen je zwei Kammern sendet und mit den Nachbarkammern der ersten Windung am stärksten wächst. Ich habe mit Eisenchlorid und Blutlaugensalz auch blaue Färbungen versucht, die aber nur schwach gelingen wollten, während die schwarzen oft zu undurchsichtig wurden. Es ist hier noch eine Reihe von chemischen Versuchen zu machen, welche die am besten färbende Me- thode für farblose Kieseltheilchen ermittele, ohne deren Durchschei- nen ganz aufzuheben. dGefärbte lassen sich in canadischem Balsam erkennbar aufbewahren. Von nicht geringem Einflufs ist auch die neuerlich gewonnene Beob- achtung, dafs es farblose durchsichtige und auch weifse Steinkerne von Polythalamien giebt, welche nicht mehr einfach lichtbrechend sind, wie Opal, sondern doppelt lichtbrechend, wie Quarz, bei denen sich also der amorphe Opalzustand der Kieselerde in den cerystallinischen umgewandelt hat, ohne die Polythalamienform zu ändern. Es ist somit aus Polythalamiensteinkernen wahrer Quarzsand geworden. Ich habe diese Beobachtung zuerst neulich an den Salzbergschichten bei Quedlinburg aufser Zweifel gestellt, welche als dem untern Stockwerk der weilsen Kreide entsprechend angesehen werden, und deren Probe ich von Herrn Dr. Ewald erhielt. Der dortige Sand enthält viele Grünsand-Po- lithalamien und unter den farblosen Sandkörnern sind in polarisirtem 52 136 EHuRENBERG Lichte farbengebende erkennbare Rotalinenglieder, welche nicht selte grü- nen Opal einschliefsen. d. Über höchst feine Gefälse zeigende Grünsandsteinkerne von Traunstein in Baiern. S. Tafel II. Obwohl schon die Glaukonien von Frankreich und die Nummulit- Kalke Europa’s sehr wohl erhaltene Polythalamien als Grünsand erkennen liefsen, so war doch die Erhaltung und Durchbildung derselben bisher im Zeuglodon-Kalke von Alabama am schönsten erkanut und es wurden sehr zahlreiche Resultate daraus gewonnen und der Akademie neulich vorge- legt. Später sind dieselben durch das weifse tertiäre Gestein von Java überboten und ganz neuerlich hat der Traunsteiner Nummulit-Kalk wie- der noch zartere wunderbare Aufschlüsse gegeben, welche denn endlich wohl erlauben werden, die auffallenden Meinungsdifferenzen über Num- muliten und Polythalamien in feste Begründung und Einklang zu bringen. Ganz besonders belehrend ist ein nicht seltenes, im Mikroskop vor- gelegtes, grölseres Polythalamium? (Nonionina? bavarica), als Grünsard von Traunstein, welches vor Augen stellt, dafs jene baumartig verästeten Canäl- chen zwischen den Kammern der Operculina, die Carter angiebt, und die auch ich mit Carmin erfüllen konnte, feste typische Organe sind, welche nicht blofs bei Operculinen vorkommen. Das feinste Gewebe aus Canälchen ist als höchst zarte Steinkernerfüllung sichtlich. Dabei ist der dicke Ver- bindungs-Canal aller Zellen, Sipho, völlig deutlich. Auch breite, mehr- fache Verbindungscanäle der Kammern aufser dem Sipho, welche den Oper- culinen fehlen, sind hier unverkennbar. Ja es zeigen sich noch andere grofse Canäle, welche vom Centrum unter zwei- bis dreimaliger sparriger Verästung, mehrfach quer durch die Fläche der Schale laufen, und oft sehr feine parallele kammartige, dichtgedrängte Fasern (ursprünglich Röhr- chen), im rechten Winkel führen. Diese grofsen Canäle enden, ohne an Dicke abzunehmen, vermuthlich in den vereinzelten gröfseren Öffnungen, welche man an der Oberfläche und am äufseren Rande der Formen nicht selten erkennt, die auch Carter bemerkt hat und die er mit den gröfse- ren Öffnungen der Spongien, leider nicht richtig, vergleicht, indem ihn das bei diesen bekannte ähnliche Aus- und Einströmen der Flüs- sigkeiten bei den todten Schalen irregeleitet hat. Dasselbe hat auch ein über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 137 grüner Überzug gethan, der mir sehr wohl bekannt ist, den ich aber stets für zufällige Umhüllung fremder Dinge erkannt habe. e. Studien für die Structur der Orbitoiden, Orbituliten und Nummuliten. S. Tafel IV. Zu den anregendsten Verhältnissen, welche die Steinkernbildung ganz neuerlich dargeboten, gehört eine ganz besondere Structur der klei- nen zelligen, oft grofse Gebirgsschichten bildenden Scheiben, welche als Orbitoiden, Orbituliten und Sorites von den Nummuliten immer schärfer abgetrennt worden sind, wozu auch Amphisorus Hemprichi gehört. Deut- liche Grünsand-Soriten (Soriies complanaius)('), fanden sich in der Glau- konie von Pontoise und sind von mir 1854 angezeigt worden. Bei Mont- fort fanden sich 1854 Fragmente einer Form als Grünsand, die ich frag- lich Orbiculina? nannte, die aber auch Orbitoiden- Theile sein können. Diese Formen nun, welchen Herr Prof. Carpenter ein sehr intensives Stu- dium an geschliffenen Platten zugewendet hatte, haben durch die Stein- kerne ganz neue Vorstellungen ihres Baues gewinnen lassen. Sehr häufig zeigt der Kalkstein von Gua Linggo manik weifse kleine Scheiben mit qua- dratischen Kammern, welche in der Mitte einige sehr grofse Zellen ha- ben, die als Jugendzustände der Randzellen viel zu grofs erscheinen. Jede quadratische Kammer ist mit den beiden in gleichem Kreise benachbarten durch einen dem Sipho ähnlichen Canal (Kieselstiel) verbunden. Über- diefs hat jede Kammer 1, 2 oder 3 Verbindungsröhren mit den benach- barten des nächst äufseren und inneren Kreises. Auf der breiten Scheibe ('!) Die von mir 1838 Sorites Orbiculus genannten Körperchen, Nautilus Orbieulus Fors- käl, wozu als zweite Art eine der Formen gehört, die man in den tertiären Glaukonie-Kalken Frankreichs zu Orbitalites complanatus gezogen hat, unterscheiden sich durch eine einfache Zellenschicht, Amphisorus hat 2 Zellenschichten aneinander. Ich würde für zweckmälsig hal- ten, die ähnlichen fossilen Formen, welche mehr als zwei Zellenschichten in gleicher Anord- nung zeigen und dadurch ein mehr schwammiges Ansehn haben, als Orbituliten zu verzeichnen, da sie mannigfach unter dem Namen des O. complanatus früher verwechselt worden sind. Die Formen mit concentrisch, aber nicht regelmäfsig abwechseld gestellten Zellen, die daher keine guillochirten, sich kreuzenden Linien bilden, hat d’Orbigny neuerlich als Orbitoiden abgeson- dert. Manche dieser Formen haben sehr grolse Nabelzellen, andere sehr kleine. Beides wird späterhin noch andere generische Abänderungen veranlassen. Sorites, Amphisorus und Orbi- Zulites sind nicht spaltbar, haben keine grölseren Mittelkammern, Orbitoiden und Nummuliten sind spaltbar. 138 EHrRENBERG liegen von der Mitte ausgehende, sparrige, verzweigte, starke Canäle, die sich, ohne sich sehr zu verdünnen, am Rande der Scheibe plötzlich en- den, wie es bei der Nonionina? bavarica (Polystomatium?) vorhin auch angezeigt worden. Ich mufs diese Formen als Orbitoiden im Sinne der neueren Paläontologen ansprechen. Eine weit reichere Structur der Orbitoiden (O. Prattii) hat aber die wei- ter fortgesetzte Analyse des Nummuliten-Kalkes von Traunstein ergeben. Die Steinkerne der mittleren Kammern sind durch ihre grüne Farbe leicht erkennbar und wunderbar rein und schön ausgebildet. Sie bilden zu- weilen ganz im Zusammenhange erhaltene, concentrisch zellige, zarte Schei- ben, deren Mitte eine sehr grolse, etwas spiralgebogene Kammer ein- nimmt, an welche sich schnell abnehmende kleinere quadratische schlie- fsen, die meist schon in der dritten Reihe den übrigen gleich und nach der Peripherie hin abwechselnd wieder unregelmäfsig länger werden. Noch weit deutlicher sind hier bei allen grolsen und kleinen Kammern die sto- lonenartigen Hauptverbindungscanäle (Sipho), welche zuweilen deutlich doppelt sind. Ferner isoliren sich ganz scharf je 1, 2 bis 3 obere und untere Verbindungsröhren, aller einzelnen Kammern mit den in den ver- schiedenen concentrischen Kreisen ihnen nächst gelegenen Kammern. Aufser diesen Structurverhältnissen der mittelsten Schicht der grö- {seren Kammern, liefs sich aber eine noch bei weitem gröfsere Menge derselben feststellen. Deutlich sondern sich diese Körper in 6 Systeme, jederseits in zwei Zellmassen um die Mittelkammern, also in 5 Schich- ten, sowie in ein 6tes alle 5 verbindendes Gefäfsverhältnifs. Die äufsere Schicht unter der äufsersten dünnen Kalkschale, bildet ein mäandrisches flaches Zellnetz mit krummen, gebuchteten Zellmaschen und jede einzelne mit der anderen verbindenden 1-3 Canälchen. Diese besondere Ober- flächenschicht ist in ihrer Art meist einfach, doch scheinen auch hier und da ähnliche Zellen doppelt übereinander zu liegen. Darauf folgt ein schwammartiges Netzwerk von rundlichen und länglichen Zellen, die all- seitig durch Verbindungscanälchen verkettet sind. Durch dieses Netzwerk gehen mehrfache dicke, fadenartige Canäle, weitläufig verästet, und anasto- mosirend. Viele, oft alle diese Canäle sind rechtwinklich durch dicht ge- drängte, sehr zarte parallele Röhrchen, die oft wie ein Zaun erscheinen, kammartig gefranzt. Alles diefs ist von Kalk umhüllt. Solche spar- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 139 rige über alle Windungen der ganzen Schale greifende, starke Canäle, habe ich, aufser bei Nonionina? bavarica (Polysiomatium?), auch bei grofsen Rotalien und Triloculinen von Java gesehen und in Präparaten aufbewahrt. Bei einem Hinblick auf die erystallinisch erscheinende Queer-Fase- rung der dichten Nummulitenschalen ist diese grofse, nimmermehr blofs schwammige, Organisation der Orbitoiden und Orbituliten höchst über- raschend und abweichend. Auffallend übereinstimmend ist aber die mitt- lere Schicht von einfachen gröfseren Kammern bei diesen allen. Die Lösung der Nummuliten-Frage liegt jetzt in den Steinkernen. Es kann mit Hülfe der Steinkerne die Summe und der Zusammenhang ihrer organischen feinsten Canäle, mithin ihre wahre Natur allgemein aufser Zweifel gestellt werden, wenn auch lebende Verhältnisse solcher Nummu- liten, wie sie die Vorwelt so massenhaft zeigt, unzugänglich blieben. Ob- wohl ich noch keinen ganzen, frei abgelösten Nummulitenkern vorlegen kann, so haben doch die gewonnenen besonderen Erläuterungen wohler- haltener, frei abgelöster Theile, mehrerer zusammenhängender Kammern, schon wesentlich entschieden, und ich erlaube mir eine etwas weitere Aus- führung des mündlich vorgetragenen hier anzuschliefsen. Der Grund welcher bisher die Systematiker bewog, die Nummu- liten zu den Polythalamien zu stellen, lag in der äufseren Form-Verwandt- schaft und in der Unbekanntschaft mit der Structur beider. Blofs der äufseren Formähnlichkeit halber stellte sie Herr d’Orbigny zusammen in dieselbe Thierklasse und die systematisirenden Paläontologen und Geo- logen mufsten natürlich bis auf bessere Erkenntnifs ebenso verfahren. Seit- dem die Polythalamien (durch Herrn Dujardin) für höchst einfache und durch Herrn Laurent 1841 die Spongillen für mit den Amoebaeen der Infusorien völlig gleiche Thiere bezeichnet worden waren, nahm man einen neuen Grund aus der Structur, die Nummuliten als ähnlich einfach gebaute Kör- per da anzuschliefsen. Meine im Jahre 1830 gegebenen Erläuterungen der Amoebaeen blieben von diesen Forschern unbeachtet. Im Jahre 1838 wurde eine weit gröfsere Organisation der Polythalamien von mir nach- gewiesen, welche sich bei den Nummuliten nicht darstellen liefs. So entstand bei mir und Andern aus wissenschaftlichen Gründen das Bedürf- nifs, die Nummuliten „bis auf bessere Erkenntnifs” (das sind ausdrücklich die Worte meiner Abhandlung von 1838 pag. 114), als zweifelhafte Kör- 140 EHurEnBErG per von den Polythalamien auszuschliefsen. Ich ging damals in die schon vorhandene Meinung über, dafs es den inneren Kalkscheiben der Porpiten ähnliche Körper sein möchten, obschon ich diese als bedeutend abwei- chend selbst erläuterte, und ich verliefs die unfruchtbare Beschäftigung damit für längere Zeit. Da immer eine grofse Formähnlichkeit mit Polythalamien vor Augen lag und ein lebhaftes geologisches Bedürfnifs eintrat, die Nummu- liten in Übersicht zu bringen, so haben einige Forscher und Systematiker den alten Weg verfolgt, sie als Polythalamien zu betrachten, und andere haben dieselben mit mir als unklare Körper von den Polythalamien „bis zu besserer Erkenntnifs” abgesondert als Acalephentheile betrachtet. Nur die fossilen, oft schlecht erhaltenen, überall aber schwer aufschliefsbaren Kalkschalen derselben, liefsen ein weiteres Studium zu, indem sich keine le- benden Arten in den jetzigen Meeren auffinden liefsen. Ich glaube, dafs der von mir eingeschlagene Weg der durchaus wissenschaftliche war, da ich der wissenschaftlichen Forderung „gleicher Structurkenntnifs bei syste- matisch nahezustellenden Formen”, streng Rechnung getragen habe, ob- schon ich das Resultat jetzt, bei von mir gewonnener gröfserer Structur- kenntnifs, zu verlassen veranlafst bin. Wenn ein Tadel, wie in Herrn d’Ar- chiac’s Monographie, auszusprechen ist, so würde dieser für die eigene, alle tiefe Structur verneinende Systematik desselben gerechtfertigter erscheinen. Neuerlich haben nämlich die Herren d’Archiac und Haime in Paris, nachdem Prof. Carpenter in London durch geschliffene Plättchen, wie ich sie 1836 für die Organismen der Feuersteine anwendete und empfahl, 1850 einige grölsere Details des Baues der Nummuliten uud ihrer ver- wandten Formen geistvoll nachgewiesen hatte, diesem nachfolgend, bei einer umfassenden Übersicht aller ihnen bekannt gewordenen, zahlreichen fossilen Arten 1853 dasselbe Verfahren erweitert (Description des animaux ‚Fossiles du groupe nummulitique de UInde, par d’Archiac et Haime), allein nicht in gleicher Weise ist ihre sehr anspruchsvolle Vorstellung der Einfach- heit der Polythalamien von ihnen glücklich in Einklang gebracht worden. Die neueren Untersuchungen einiger lebenden Polythalamien des Herrn Williamson in London haben sich seit 1848 mit den meinigen von 1838 insofern in Widerspruch gestellt, als es nicht überall, und also nir- gends nothwendig, einen Varbindungs-Canal der spiralen Kammern bei Polythalamien gebe, welcher namentlich bei den häufig lebend vorkom- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 141 menden Polystomatium entschieden fehlen solle. (Ich habe seit 1838 S. Abhandl. d. Akad. S. 120 Tabelle II. unten und 1839 S. 107 den Na- men Polystomatium für Polystomella gebraucht, weil letzterer sprachwi- drig gebildet ist.) Da ich nun die lebenden Polystomatien, welche einen stark hervortretenden Nabel an ihrer Kalkschale haben, dieses schwer und niemals gleichförmig ablöslichen Nabels halber, nicht mit Glück unter- suchen und nachprüfen konnte, indem jedesmal der Thierkörper zerrifs, so konnte ich bisher gegen den behaupteten Mangel ihres Sipho nicht pro- testiren, glaube aber jetzt, dafs derselbe Umstand, welcher mich abhielt zu entscheiden, Herrn Williamson und neuerlich auch Herrn Schultze, in Irrthum geführt hat. Herrn Williamson’s Beobachtungen, die ich bisher nicht direct einsehen konnte, deren Wiederholung in anderen Schriften aber vorliegt, sind neuerlich vielfach als Basis der Polythalamienstructur aufgenommen worden, und so hat sich auch der Vicomte d’Archiac in sei- nem Specialwerk über die Nummuliten verleiten lassen, ihnen unbedingtes Vertrauen zu schenken, obwohl er selbst weder diese, noch Herrn Car- ters weit wichtigere Beobachtungen geprüft hat, wie er p. 53 ausdrück- lich mittheilt. Auf Williamson’s Bemerkung hin, hat man denn bei den Nummuliten einen Ernährungscanal gar nicht mehr suchen zu dürfen ge- glaubt, indem ja, nach den von Dujardin 1835 eingeführten Vorstellungen, jede kleine Schalen-Pore, die man zahlreich leicht nachweist, den sogenannten einfachen Gallert-Körpern der Polythalamien- Thiere Gelegenheit zum Hervortreten und die Ernährung zu vermitteln giebt. Nummuliten und Polythalamien seien aber verwandt und gleich. Herr von Archiac, wel- cher in nicht gerechter, nicht wissenschaftlicher Weise, mir, dem müh- samen Beobachter, (S. 35) das hart zur Last legt, was die Entwicklung der Wissenschaft und Andere verschulden, sagt auch 1853 S. 52 seines Kupfer- Werkes vom Hauptverbindungs-Canale (Sipho) der Polythala- mien, denen er die Nummuliten unbedingt anreiht, als Vorwurf: Aucun autre observateur que Mr. Ehrenberg ne parait avoir decouvert un sem- blable canal chez les foraminiferes vivants. So leicht wie Herr von Archiac, welcher die Nummuliten animaux completement homogenes nennt (p. 69) und wie derselbe meint, habe ich mir die physiologische Seite der Aufgabe nicht gemacht, aber er hat sich selbst geschadet, dafs er den Widerspruch ohne Prüfung so weit getrieben Phys. Kl. 1855. PB 449 EHRENBERG und als Monograph mir die wesentlichste Structurerkenntnifs der Nummu- liten zu erkennen überlassen hat, denn gerade die Existenz eines Verbin- dungskanals der Hauptkammern, der unwiderleglich allen untersuchten spi- ralen Polythalamien zukommt, und seit 18 Jahren, nach seinem Zeugnifs, meiner Erkenntnifs allein überlassen ist, schliefst auch die Nummuliten den Polythalamien erst an. Der unterhalb dicht an der inneren Spirale die einzelnen Kammern verbindende Canal ist öfter von mir von noch einer zweiten Verbindung der Kammern begleitet erkannt, die beide ein Ra- dialgefäfs durchkreuzt. Dafs die Schwierigkeiten des Erkennens dieses Ca- nales sehr grofs waren, ergiebt sich aus der Entwicklung der Kenntnifs. Jetzt ist seine Darstellung durch die von mir vorgelegte Methode leicht und nun schliefsen sich sogar einige (offenbar freilich zufällige) Abbil- dungen der Zeichner des Herrn d’Archiac, meine Darstellung bestätigend an. Hätte derselbe jenen Tadel gegen mich nicht so ausdrücklich vom Mangel des Verbindungscanals hergenommen und auch so ausdrücklich Herrn Carter’s gute Beobachtungen getadelt, so hätte man, nach jenen Abbildungen, ihm selbst einen Theil der Erkenntnifs zuschreiben können, was ohne Unrecht nicht mehr angeht. Übrigens lege ich ein ebenso gro- fses und gröfseres Gewicht auf die daneben liegenden freien verästeten Ca- näle, an deren Stelle bisher nur Furchungen der Kalkschale erkannt wa- ren, die jedoch das Abgeschlossene solcher Canäle (durch animalische Häute) nicht würden bewiesen haben, was nun die freien, feinen, ästigen Fäden der Steinkerne, nach Art der auslösbaren Häute lebender Polytha- lamien von 1838, entscheiden. Dieser Sipho, umgeben von verästeten Canälen, entscheidet über die polythalamische Natur der Nummuliten. Es ist aber auch noch die Stellung der Nummuliten unter den Po- lythalamien zugänglich und in’s Auge zu fassen. Obwohl Herr d’Archiac p- 52 seines Werkes sagt: Le mode d’accroissement des Amphistegina est trop different de celui des Mummulites, pour que l’on puisse appliquer a ces dernieres l’explication assez compliquee qu’il donne (Mr. Williamson), so habe ich doch kein Bedenken mehr zu erklären, dafs nach meinen neue- sten Ermittelungen die Amphisteginen und Heterosteginen allerdings nächst verwandte Formen der Nummuliten sind, deren verdeckte Mundöffnung, gleichviel ob die letzten Kammern anstatt zuzunehmen, abnehmen, durch Auffindung des Sipho scharf erwiesen und nothwendig ist. Auch bei über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 143 Operculina und anderen Formen kommen an Gröfse abnehmende letzte Kammern vor, wie es von Carter auch schon richtig erkannt worden ist. Es scheint sich im Wachsthum bei diesen der Mund zuerst zu verlängern und die neue Zelle sich dann von unten nach oben zu vergröfsern. Wahr- scheinlich gehören nun alle Nummuliten, sammt den Amphisteginen und Heterosteginen in die Familie der Helicotrochinen. Die Strahlung und mäandrische Zeichnung der Oberflächen der Nummuliten, pafst sehr zu den Oberflächen jener Formen und die höchst dünnen und grofsen Lateral- flügel der Hauptkammern mögen bald mehr bald weniger anastomosiren, daher aber auch schwierig für directe Forschung bleiben, indem sie nur selten im Zusammenhang durch Steinkerne erfüllt und zu dünn und zer- brechlich sein mögen, um beim Auflösen so dicker kalkiger Zwischen- platten unzerstört zu bleiben. Eine besonders günstige Lokalität kann aber leicht Gebirgsmassen herbeiführen, die allen weiteren Bedürfnissen der Wissenschaft vollends genügen. Ich spreche diefs um so zuversichtlicher aus, als ich bereits feine Platten der Lateralflügel der Kammern des gro- (sen Nummulites Dufrenoyi erkannt und in Präparaten fragmentarisch auf- bewahrt habe. Diese dünnen Lateraltheile, die sich von jeder Central- kammer bis zum Centrum erstrecken und die anastomosirende cellulas equitantes bilden mögen, zeichnen sich durch ein grobkörniges Gefüge aus, wie es die Heterostegina javana in allen Theilen ihrer Kammern zeigt. Auch diese groben Körnchen erscheinen zuweilen als Endpunkte feiner Röhren der Schale. Die von mir glücklich untersuchten Nummuliten aus dem Kalke von Adelholtzen und Traunstein in Baiern halte ich für N. Dufrenoyi (flach mit Sichel-Kammern), obesa und biaritzensis, nach d’Ar- chiacs Diagnostik. Ganz abweichend von diesen Nummuliten sind die Or- bituliten und Örbitoiden, die in zwei ganz getrennte Gruppen, vermuth- lich der Polythalamien gehören, erstere zu den Soritinen, letztere zu den Helicosorinen('). (°) Wenn die von mir bisher erläuterten Canäle und Gefäfse der Polythalamien keinen andern Nachweis erlaubten, als eben durch die Steinkerne der fossilen Formen, so möchte hier und da desto leichter ein Zweifel über die Realität dieser Ganäle eintreten, je grölser ihr Reich- thum wird und man könnte wohl die Vorstellung gewinnen, dals die Steinkernbildung überall da falsche Canäle darstelle, wo ursprünglich nur leere Zellen, Zellgewebe und Zellgewebsver- bindungen sind, so dals jedes schwammartige Netzwerk, als Steinkern, scheinbar gefälsreiche T2 444 EHrEenBErg Da nun also die neuesten gewonnenen Structurverhältnisse jene vor 18 Jahren von mir der Akademie vorgelegten nicht aufheben, sondern in Körper darstellen müsse. Obwohl es kaum glaublich ist, dafs ruhige Überlegung im vorlie- genden Falle dergleichen Vorstellungen Wurzel fassen lasse, so mag doch eine objective näher eingehende Erläuterung nützlich sein. Die durch den Grünsand von mir erläuterten Canäle und Gefälse sind strenger Prüfung zugänglich. Schon 1838 wurde von mir durch ganz andere Methode die Existenz der Hauptformen gerade derselben Canäle bei jetzt lebenden Polythala- mien nachgewiesen. Durch Ablösen der Kalkschale blieben die organischen häutigen Ausklei- dungen und die freien Häute der gleichartigen Canäle übrig. Die Vorstellung von oberhaut- losen, homogen gallertigen Thierkörpern ist also fehlerhaft. Unzweifelhaft häutige, gesonderte Canäle dieser Art sind der Sipho sowohl, als die Verbindungscanäle der Flügel der einzelnen Kammern. Andere Systeme von sicheren Canälen sind die durch Carter’s sinnreiche Carmin- Injectionen nachgewiesenen Schalen- Canäle. Beiden entsprechen die natürlichen Opal-In- jectionen vollständig. So ist also durch 3 ganz verschiedene Methoden der Beobachtung das- selbe in gleicher Form erkannt. Wer das Zellgewebe versteinerter Pflanzen mit diesen dicho- tomisch verästeten und anastomosirenden Canälen auch nur oberflächlich vergleicht, muls sich sofort überzeugt fühlen, dals dies unvergleichbare Gegenstände sind, und eben so wenig ver- gleichbar ist nun die Structur des unregelmälsigen, einfachen Knochengewebes der Thiere. Ein organisches Ineinandergreifen verschiedener Canalsysteme bei Polythalamien ist jetzt unver- kennbar, und unzweifelhaft bilden die Canäle der Schale einen wesentlichen Theil des Orga- nismus, gleich den Canälen der muschelartigen Schalen der Entomostraceen und mehr als diese. Während diese reichen Schalencanäle einerseits in constanter Form erkannt werden, sind die stolonenartigen Siphonen und anderen mannigfachen Verbindungen der Kammern unterein- ander, die als einfach durchbrochene Wände sich so nicht darstellen könnten, directe Structur- verhältnisse der eigentlichen Thierkörper, deren noch grölsere Gliederung im inneren Raume durch andere Beobachtungsmethode schon 1338 von mir nachgewiesen wurde. Farblose grofse Räume jeder einzelnen Kammer zeigten Einschluls von Bacillarien als genossener Nahrung und andere Räume derselben Kammern zeigten Erfüllung mit brauner, körniger Masse. Unter sol- chen Verhältnissen die Polythalamien noch homogene und dem Proteus der Polygastern und den Spongien verwandte Körper zu nennen, ist wissenschaftlich entschieden unstatthaft. Bei Amoeba und Spongia ist bisher bei weitem weniger Organisation nachweisbar geworden, ob- schon auch hier die Erkenntnils ein Zunehmen derselben in andern Kreisen wahrscheinlich macht. Ferner scheint es zweckmälsig über die einflufsreichen Formen des sogenannten Nummu- liten-Kalks von Alabama noch einige Erläuterungen zuzufügen. Eine vor mehreren Jahren mir durch Herrn Prof. Bailey zugesandte kleine Probe dieses nach Lyell über den Zeuglodon- Schichten liegenden nordamerikanischen Kalkes, erlaubt mir über den so merkwürdigen Num- mulites Mantelli, welcher neuerlich als Ordizalites und zuletzt auch von Carpenter als Orditoides d’Orbigny abgesondert worden ist, nun mit Hülfe der Steinkerne ein Urtheil abzugeben. Die Steinkerne desselben beweisen, dafs diese geognostisch einflulsreiche Form sich nicht völlig an Orbitoides anschlielst, obwohl sie mit dieser in die Gruppe der Helicosorinen wohl gehört. Eine grölsere Einfachheit des Schalenbaues und die rundliche nicht quadratische Form der Kam- mern scheidet diese Körper von den Orbitoiden und nähert sie der Gattung Sorites. Aber über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 145 völlig gleichem Sinne grofser wachsender Organisation und in derselben Weise noch um das Vielfache übersteigen und fortbilden, so werden ja auch an ‚Sorites lassen sie sich nicht unmittelbar anschlielsen, weil sie einen deutlichen Verbin- dungscanal, Sipho, der concentrischen Kammern haben, dessen characteristischer Mangel bei Sorites noch feststeht, obschon die fast einfache Schale und der Mangel an Spaltbarkeit eine grolse Verwandschaft zu Sorites begründen. In Steinkernen der amerikanischen Form liegt aulserdem zwischen je 2 Reihen von Kammern ein verästeter starker Canal in der sehr dünnen Schale selbst, auch haben die verschiedenen Reihen der Kammern Verbindungsröhren, nur weniger regelmälsig als bei Orbitoiden. Diese Bildung scheint mir eine generische Sonderung zu ver- langen, etwa in folgender Art: Sorites. Kammern rundlich ohne Lateral-Loben, nackt ohne zel- ligen Überzug, in einfacher Ebene concentrisch und zugleich in krummen Linien strahlig geordnet. SORITINEN. Amphisorus. Kammern rundlich, ohne Lateral-Loben, nackt ohne Kein erkennbarer Sipho, zelligen Überzug, in doppelter Ebene concentrisch und in noch geschlossene Ca- krummen Linien strahlig geordnet. Bei beiden füllen sich die näle.RundlicheKammern. ganzen kalkigen Verbindungsbögen der Kammern leicht durch Scheiben unspaltbar. Carmin und bei ersterem finden sie sich auch als Steinkerne in = Bryozoen? unveränderter Form. Orbitulites. Kammern rundlich ohne Lateral-Loben, inmehrfacher Ebene, ohne andersartigen Zellüberzug, concentrisch und zu- \ gleich in krummen Linien strahlig geordnet. Cyclosiphon. Kammern rundlich ohne Lateral-Loben, in einfacher Reihe concentrisch, mit dünnem einfachen oder undeutlich zel- ligen Überzug, mit Sipho und verästetem, abgeschlossenen Ca- HELICOSORINEN. nalsystem in der dünnen Schale. = Nummulites Mantelli. Deutlicher Sipho. Orbitoides. Kammern quadratisch, ohne Lateral-Loben, in ein- Quadratische oder rund- facher Reihe mitten zwischen 2 verschiedenartigen Zellschichten liche Kammern. Abge- und einem abgeschlossenen, verästeten Canalsystem in denselben. schlossene Canäle der Die mittelste Anfangskammer ist stets verhältnilsmäfsig grols, Schale. von unregelmälsiger Spiralform in kleinere Kammern überge- hend, die dann eine mehr oder weniger kurz- oder lang-quadra- tische Gestalt annehmen, bedingt durch meist 4, je 2, Verbin- dungscanäle. Unregelmäfsige Spirale. Scheibe spaltbar. HELICOTROCHL | Nummulites. Kammern quadratisch oder sichelförmig, in einfacher { NEN. Zweischenklige anasto- vollkommener Spiral-Reihe, ohne andersartigen Zellüberzug, mit Sipho und verästetem, dichten abgeschlossenen Canal-System der Schale um die Kammern. Die Lateral-Loben oft durchbrochen mosirende Kammern, £ e s h A und anastomosirend, wie bei Heterosteginen. Die jüngsten Kam- cellulae equitantes, in \ 5 Ki 7 N x mern stets kleiner als die etwas älteren. Scheiben spaltbar. einfacher, vorn abneh- ie Spralemitäinhe a. Erste Jugendkammern grölser und unregelmäfsig(Monezulites). b. Erste Jugendkammern klein regelmäfsig (Vummulites). 146 EHREnBERG auch diese Studien, welche mannigfache Gebirgsmassen zu erläutern ha- ben, allmälich von treuen Naturforschern, obschon noch vieles hinzuzu- fügen und das systematische Nebenwerk, da wo es über die eigene directe Beobachtung hinausgreifen mufs, stets hier und da zu ändern sein wird, in gleichem Sinne gefördert werden. Systeme sind nirgends etwas ande- res als zeitweilige scholastische Hülfsmittel zur Übersicht, die sich bei wachsenden Erkenntnissen mit ihren Fundamenten ändern müssen. Die höhere Aufgabe ist überall das Wachsthum wahrer Detailkenntnifs zu fördern, welche unvergänglich ist, und durch das Kleinere und Einzelne das Grofse, durch die Theile das Ganze, fafslich macht. y Über die gelungene Darstellung ganzer Steinkerne von Nummu- liten mit reicher organischer Structur. [Vorgetragen am 12. Juli 1855.] In der Mittheilung vom 3. Mai d. J. wurde bemerkt, dafs es mir gelungen sei, bei einigen wahren Nummuliten durch sorgfältige Auslösung von Steinkernen nicht blofs die bisher bekannte einfach kammrige Stru- ctur, sondern die mannigfach sehr zusammengesetzte Structur der gefäfs- reichen Heterosteginen unter den Polythalamien nachzuweisen. Es wurde im Monatsbericht Seite 281 gesagt: ‚obwohl ich noch keinen ganzen frei abgelösten Nummulitenkern vorlegen kann, so haben doch die gewonnenen besondern Erläuterungen wohlerhaltener frei abge- löster Theile, mehrerer zusammenhängender Kammern, schon wesentlich entschieden.” Die untersuchten fossilen Arten aus dem Nummulitenkalke von Traun- stein in Baiern sind ebenda, Seite 286, Nummulites Dufrenoyi, obesa und biaritzensis genannt. Die Steinkerne waren von grünem Eisensilicat oder Die Operculinen haben weder zweischenklige umschlielsende Kammern, noch mehrfache Canal-Verbindungen der Dorsalloben, sind daher keine Nummuliten. Da ich Herrn Williamson’s Aufsatz von 1848 nicht zur Ansicht erhalten konnte, aber aus einer Anzeige abnehme, dafs er wohl die Nabelcanäle des Polystomatium auch schon kannte, so verweise ich auf diese wichtige Mittheilung. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 147 Grünsand. Die erkannten Structur-Details wurden als aufbewahrte Prä- parate im Mikroskop vorgezeigt. Die fortgesetzten Prüfungen haben seitdem diesen Gegenstand ver- vollständigt und wissenschaftlich abgeschlossen. Besonders die Nummu- lites striata von Couizac bei Alet im Departement de l’Aude in Frank- reich, welche mir massenhaft unter dem Namen N. biaritzensis durch die Mineralienhandlung des Herrn Dr. Kranz in Bonn zugekommen, hat einen vollständigen Aufschlufs in dieser schwebenden Frage gegeben. Es bilden nämlich in jener Örtlichkeit, wie es nach den Handstücken erscheint, überall oder schichtenweis die zusammengehäuften Formen die- ser kleineren Nummuliten-Art den linsenartigen Hauptbestandtheil der Ge- birgmasse und unter ihnen sind nicht wenige, welche von einem braun- schwarzen Eisen-Silicat (vermuthlich Schwefel-Eisen) mehr oder weniger vollkommen infiltrirt sind. Aus sehr vollkommen infiltrirten ist es mir gelungen schwarzbraune Steinkerne in der vollkommenen Erhaltung mit sichtbar alle Kammern verbindendem, spiral durchlaufenden Sipho, zu erhalten. Die Lateral-Loben (Schenkel) der Kammern dieser Nummuli- tenart sind nicht netzartig hohl, wie bei Heterostegina, sondern einfach (hohl) wie bei Nonionina, und reichen nicht immer bis zur Mitte, lassen vielmehr oft die mittleren Spiralen theilweis unbedeckt, was eine abge- stufte, schwach geringelte Zeichnung der Kalkschale der Oberfläche gegen die Mitte veranlafst. Nicht selten sind sie durch seitliche Zapfen (Röh- ren) verbunden. Aber nicht blofs diese Loben und dieser verbindende Sipho wur- den erkannt, sondern in einigen Exemplaren wurden auch die radialen, höchst zart verästeten Canäle zwischen je 2 Kammern und deren den Sipho doppelt begleitende spirale und ästige Gefäfsstämme infiltrirt erkannt und erhalten. Ja mehrere sehr vollkommen infiltrirte und durch das Auslösen aus der Kalkschale weniger beschädigte Exemplare liefsen sogar einen zu- sammenhängenden, rings am Rande der Schale hinlaufenden Kranz eines dichten Gefäfsnetzes auf das deutlichste erkennen, wie es bisher nur durch Dr. Carters Karmin-Infiltrationen bei Operculina arabica beobachtet und von mir bestätigt worden war. Da dieser Gefäfskranz des Randes der Nummuliten und Opereulinen sich in den inneren Windungen der Spirale schwächer zeigt, so ist hier- 148 EHßENnBERG durch physiologisch die Einsicht gewonnen, dafs dieses Rand-Netz die Fortbildung des spiralen Körpers bei Nummuliten und Operculinen am meisten besorgen mag, während bei Orbitoiden ein solches Gefäfsnetz nicht den Rand, aber die ganzen Seiten überzieht, bei Soriten ganz fehlt. Die allein übrig bleibende Figenthümlichkeit der Nummulitenform, die ab- nehmenden letzten Kammern, scheint hierdurch ihre physiologische Er- läuterung zu finden, denn das Randgefäfsnetz kränzt auch, mit ablaufend, die äufsersten kleineren Zellen bis zum Munde und dient wahrscheinlich überall zur Ausscheidung des Kalkes bei der neuen Zellbildung, wie zur Resorption des älteren Rand-Netzes und Herstellung neuer Verbindungen. Sehr wohl erhaltene, schwarzbraune ganze Steinkerne von N. striata mit allen Kammern und dem sichtbaren Sipho, und auch einige mit den freien radialen, ästigen Zwischencanälen der Kammern, in schön erhaltene Randnetze übergehend, wurden unter dem Mikroskop, wo sie schon bei nur 25maliger Vergröfserung übersichtlich ganz deutlich sind, vorgelegt. vn. Über die gelungene durchscheinende Färbung farbloser organischer Kieseltheile für mikroskopische Zwecke. [Vorgetragen am 12. Juli 1855.] Methode. Bei den Untersuchungen der viele grofse Gebirgsmassen charakte- risirenden Steinkerne der mikroskopischen Organismen, war die Beobach- tung besonders im Bereiche des Grünsandes der leicht sichtbaren Farbe halber glücklich und rasch fortgeschritten. Rothe und braune Steinkerne hatten daneben eine ähnliche schnelle und sichere Auffassung erlaubt, schwieriger aber waren die farblosen glasartigen Steinkerne geblieben. Un- ter Wasser verschwinden fast selbst die gröfseren Formen der letzteren wegen dadurch erhöhter Durchsichtigkeit und der Versuch sie in Balsamen zu befestigen und aufzubewahren, macht sie noch durchsichtiger, so dafs oft keine Spur mehr erkannt wird, wie wenn man Glas-Geschirr unter Wasser legt. Eine weifse an organischen farblosen Kieselkörperchen sehr reiche Gebirgsart aus Java liefs diese Schwierigkeit für die Beobachtung beson- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 149 ders fühlbar werden, da die in ihr vorhandenen feinen Steinkerne man- uigfache sehr ansprechende Formen undeutlich zeigten, aber für die nö- thige Fixirung und Aufbewahrung ganz unzugänglich erscheinen liefsen. Im Mai d. J. habe ich bereits Versuche mitgetheilt, durch Färbung der mittelst Salzsäure isolirten Kieseltheilchen jene Schwierigkeiten für die wissenschaftliche Forschung zu überwinden. Es gelang mir, wie im Mo- natsbericht S. 276 mitgetheilt worden, zuerst schwarze Färbungen zu ma- chen, indem die Körperchen, wie gewisse Schichten des Achats, Zucker- auflösung einsaugen, weiche mit Hülfe von Schwefelsäure und Erhitzung eine intensive Schwärze erzeugt. Da diese schwarze Färbung aber die Theilchen ganz undurchsichtig macht, so blieben doch dabei mancherlei Verhältnisse unklar, besonders für den Zusammenhang. Ich schlofs da- her die Mittheilung darüber mit den Worten: „Es ist hier noch eine Reihe von chemischen Versuchen zu machen, welche die am besten färbende Methode für farblose Kieseltheilchen ermittele, ohne deren Durchscheinen ganz aufzuheben. Gefärbte lassen sich in canadischem Balsam erkennbar aufbewahren.” Dieses wissenschaftliche Bedürfnifs ist mir neuerlich zu befriedigen gelungen. Während Eisenchlorid und vielerlei andere Mittel keine deut- liche Färbung hervorbrachten, gelang es mit salpetersaurem Eisen, wel- ches nach einer Mittheilung des Herrn Magnus in den Achatschleifereien zum Röthlichfärben des weifsen Achats dient. Es war aber nicht allein die Färbung, welche das günstige Resultat gab, als vielmehr die Möglich- keit die Färbung so zu modifieiren, dafs dabei die oft in einander ge- schachtelten Structurtheile durchscheinend bleiben und mit ihren Verbin- dungen durchgesehen werden können. Eine vor dem Gelatiniren mit Wasser verdünnte salpetersanre Eisen- Auflösung färbte sehr schnell alle Kieseltheilchen der javanischen Gebirgs- art von Gua Linggo manik, nachdem dieselben durch Salzsäure vom Kalk isolirt worden waren, gelb und beim Erhitzen allmählich braunroth. Wurde die färbende Flüssigkeit durch Wasser verdünnt und allmählich entfernt, so blieben die gefärbten Theilchen rein liegen und liefsen sich so trock- nen. Auf Glastafeln angetrocknete isolirte kleine Formen liefsen sich dann leicht mit canadischem Terpentin überziehen, und dadurch zur Aufbe- wahrung fixiren, ohne dafs die durchdringende Eigenschaft des Terpentins Phys. Kl. 1855. U 150 EHRENBERG ihre Durchsichtigkeit zum Schaden der Erkenntnifs erhöhte. Ja es wurde diese neue Beobachtungsmethode sogleich eine Quelle sehr vieler neuer Structur- und Formenkenntnisse. Es fand sich bald, dafs die Durchsich- tigkeit bei diesen Färbungen nach Belieben und Bedürfnils modifieirt wer- den könne, je nachdem man das salpetersaure Eisen länger oder kürzer, kalt oder erhitzt, einwirken läfst. Einige bereits gewonnene Thatsachen. Wenn ich im Mai dieses Jahres (Monatsber. S. 274) aus dem wei- fsen Tertiärkalk von Gua Linggo manik auf Java schon ohne Färbung mit etwas mühsamer Behandlung das ganze innere Höhlen- und Canal-Gerüst von Polythalamien-Schalen darstellen konnte, die zu den Gattungen Am- phistegina und Heterostegina gehören, und vom Bau dieser Formen eine ganz neue, weit zusammengesetztere Vorstellung begründen konnte, so hat die neue Beobachtungsmethode auch hierbei noch in so fern wesentlich genützt, als es nun möglich ist, dergleichen damals vergängliche Produkte sorgsamer Behandlung für die wiederholte spätere Prüfung zu fisiren und aufzubewahren. Solche Präparate der wohl und fest erhaltenen Hetero- stegina javana mit ihren netzartig durchbrochenen Seitenflügeln der Kam- mern, lege ich jetzt hierbei vor. Ferner konnte ich schon im Mai dieses Jahres nach schwarzen Fär- bungen die starken Nabelgefäfse der Schalen von Arten der Gattung Po- Iystomatium, von denen Herr Williamson in London zuerst gesprochen, anschaulich vorlegen, daneben aber auch den von demselben geläugneten Sipho oder Verbindungscanal der Kammern, anschaulich machen. Jetzt lassen sich auch die neuerlich wieder von Herrn Max Schultze geläugneten mehrfachen seitlichen Verbindungs-Canäle der Kammern ebenfalls als Stein- kerne fixirt vorlegen. Vergl. Monatsbr. S. 283. — Siehe Tafel V. Durch die schwarze Färbung hatte ich auch bereits im Mai, über die ganze Schale greifende Canäle aufser bei Polystomatium, bei Trilocu- linen von Java erkannt (l. ec. p. 281.). — Siehe Tafel IV. Dergleichen Structur-Verhältnisse der für einfach erklärten einflufs- reichen Polythalamien sind nun jetzt viel vollständiger zur Ansicht gekom- men und ihre Auffindung ganz leicht geworden. Ja jede neue Beschäf- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 151 tigung mit dem Gegenstande in dieser Methode mufs nothwendig immer neue reichere Erkenntnisse gewähren. Zu dem Auffallendsten gehört, dafs bei 2 Arten der Gattung Po- Iystomatium des Gesteins von Java, die ich als P. LZeptactis und P. Pa- chyactis bezeichne, das Canalsystem des Nabels der Schale, in Verbin- dung mit den, von mir auch bei mehreren Nummuliten- Arten nachge- wiesenen, radienartigen, zwischen je 2 Kammern aufsteigenden ästigen Canälen, sich frei ablöst und als ein selbstständiges höchst zartes Gerüst isolirt, dessen zwischenliegende schwere Kammern, unbeschadet seines Zu- sammenhanges, abbrechen konnten. Eine solche Festigkeit so feiner, viel- fach verzweigter Canal-Ausfüllungen war höchst überraschend und es ist mir gelungen, 3 sehr schöne sich gleichende Präparate zu fixiren, welche ich mit den samt den Kammern schön erhaltenen ganzen Steinkernen der- selben Arten vorlege. P. Leptactis hat eine glatte Oberfläche der Stein- kerne, P. Pachyactis eine gekörnte, die oft am Rande in Röhrchen (die Poren) ausgeht. Vergl. Taf. V. Auch mit der neuen Färbungsmethode gelang es wieder und noch deutlicher die grofsen Gefäfsstäimme in der Längsrichtung der Schale bei Triloculinen zu sehen und zu fixiren. Bei dem grofsen Orbitoides javanicus, dessen Kammern im Diameter durchschnittlich dreimal gröfser sind als die des Orbitoides Prattü, ist das analoge Canal-System mit Sipho, sowie mit concentrischen und radien- artig strahlenden Gefäfsen vollständig deutlich geworden. Dagegen scheint das Zellsystem der Schalen einfacher zu sein, während das Gefäfsnetz der Schalen stärker und reicher entwickelt ist. Die Central- Kammern auch dieses Orbitoiden sind viel gröfser als die übrigen und zeigen deutlich, dafs die ersten Jugendzustände dieser Formen sich den spiralen Polytha- lamien (den Rotalinen) anschliefsen. Vergl. Taf. VI. Besonders die Aufmerksamkeit erregend war auch ein sichtbarer Längscanal bei Nodosarinen (Marginulina?), welcher den Sipho überall begleitet und in der Mitte verborgen liegt. Sein Verlauf ist sehr deut- lich durch alle Glieder, seine Verzweigungen aber verlangen weitere For- schung. Der Canal(?) erscheint sonderbar genug als eine Röhre überall am Rande des Sipho, aber alle Kammern, nicht seitlich, sondern in ihrer Mitte gerade durchlaufend und seitlich am Grunde des den Sipho bil- U2 152 EHurEnBEre denden Schnabels erweitert endend. Ein solcher innerer Canal als alle Glieder verbindendes Gefäfs, ist bisher völlig unbekannt geblieben und verändert wesentlich die Vorstellung des einfachen organischen Baues der Nodosarinen. —Vergl. Tafel I. Ebenso interessant waren die nun erst erkennbar gewordenen frei ausgelösten Steinkerne von Alveolinen des Tertiärgesteins von Java. Die von mir 1838 bei Gelegenheit der physiologischen Systematik der Poly- thalamien, aus der Zellenstellung entwickelte Ansicht über den Bau der Alveolinen, ist später zwar schon durch Steinkerne und auch durch jetzt lebende Formen des Austral-Oceans weiter gefördert worden, allein auch die Steinkerne, welche im Bergkalke Rufslands massebildend 1843 von mir aufgefunden worden, und die in der Mikrogeologie auf Tafel XXXVH zahlreich abgebildet sind, gaben noch keine hinreichend festen physiolo- gischen Charaktere. Mit geringerem Bedenken hat Herr d’Orbigny 1846 (Die fossilen Foraminiferen des Wiener Tertiär- Beckens) die scheinbar gürtelführenden Formen der Gattung Fusulina zu den Nonioninen gestellt und von den formverwandten Alveolinen weit getrennt. Begründet wurde diese Stellung von ihm nicht, aber es war eine glückliche Combination, der ich beitrete. Die Steinkerne aus dem Bergkalke, welche von mir seit 1843 bereits gezeichnet waren (S. Monatsbericht d. Akad. 1843 S. 79. 106.) und die in der Mikrogeologie veröffentlicht worden sind, hatten schon mehr Bürgschaft gegeben, allein ich zog vor, den Namen Fusulina nicht zu verwenden, weil ich auch kugelrunde Formen gleicher Structur kannte, auf welche der Name Fusulina gar nicht pafst und weil ich nach schärfer trennenden Charakteren suchte. Soviel war mir sogleich deut- lich geworden, dafs diese Fusulinen nur eine Mündung haben konnten und zwar am Ende des Gürtels, in der Mitte, dafs sie mithin Monosomatien waren, während die Borelis- Arten als wahre Alveolinen viele Mündun- gen zeigten, die sie als Polysomatien bezeichneten. Aber auch die von mir geprüfte und von ihrer Kalkschale befreite, jetzt lebende Alveolinen- Form Australiens, von der ich im vorigen Jahre Mittheilung gemacht (Al- veolina Novae Hollandiae Vergl. Monatsbericht 1854. S. 315. 402. Note) gab nicht den erwünschten hinreichenden Aufschlufs, obschon sie netzar- tigen Bau und weiche grüne Erfüllung der kleinen Zellen erkennen liefs. Durch die neue Beobachtungsmethode ist es nun aber gelungen, über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 153 nicht blofs die Kammern völlig deutlich, sondern auch die dieselben rei- henweis verbindenden Siphonen, so wie überdiefs die Schalengefäfse die- ser Formen kennen zu lernen. Alveolina gleicht fast einem aufgerollten Orbitoiden, oder besser Soriten. Die Siphonen verbinden die kleinen Kammern reihenweis in der Längsrichtung der Spindel und zwar liegen dieselben in den Kanten der vielkantigen (8-20-längsstreifigen) Spindeln. Diese fossile Form von Java hat 2 Reihen von hohlen Organen überein- ander, deren Öffnungen mithin 2 Reihen feiner Löcher in der Queersicht bilden würden, wie es bei Alveolina Quoyi bemerkt wird. Aber das sind nicht, wie man vermuthen sollte, 2 Reihen Mündungen für die Ernäh- rung, vielmehr gehört die obere Reihe den Mündungen der parallelen Schalengefäfse, und diese Gefäfse erscheinen auch als äufserlich sichtbare sehr feine Queerlinien. Unter ihnen liegen die Kammern mit ihren Mün- dungen. Die Kammern sind Blindsackartig (keulenartig), in gleicher Zahl wie die parallelen Schalen-Canäle, und gehen vom Sipho aus. Zuweilen schien es als wären 2 Reihen solcher Kammern übereinander, dann wür- den 3 Reihen von Öffnungen bei den Kalkschalen zu finden sein. An- dere Gefäfse oder Canäle habe ich aber nicht erkennen können und die Örbitoiden haben durch ihre die Kammern einhüllenden äufseren Zelllagen und Gefäfsnetze doch einen noch sehr abweichenden Bau, während die Soriten in der Organisation näher stehen. — Vergl. Tafel IV. Sehr bemerkenswerth wäre ferner die gewonnene Thatsache, dafs die Steinkerne des Orbitoides javanicus in den Kammern hie und da Kör- perchen enthalten, die den Kieselschalen von Bacillarien sehr ähnlich aus- sehen, in der Weise, wie es von mir bei Sorites 1838 bereits in den Ab- handlungen der Akademie abgebildet worden, und wie es bei lebend im Meeressande getrockneten Exemplaren durch Ablösen der feinen Kalk- schale mit Säure leicht nachzusehen und oft wieder gesehen worden ist. Bei fossilen mikroskopisch kleinen Formen das Futter noch zu erkennen, bleibt immer ein interessantes Curiosum, ist aber physiologisch mehr als dieses, da es mit wissenschaftlicher Schärfe die Function des betreffenden Organs als Nahrungsbehälter für grobe feste Stoffe aufser Zweifel stellt. In einem Falle scheint mir ziemlich unzweifelhaft eine Navicula in den Kammern des Orbitoiden zu liegen, in einem andern eine längliche mit Luft erfüllte andere Bacillarie. Übrigens finden sich noch mannigfache 154 EHrEnBErRrg scheinbar organische Fragmente darin, die öfter auch gekrümmten Pflan- zenfasern gleichen, und keineswegs Luftbläschen sein können. Aufserdem hat sich durch die neue Beobachtungsmethode eine weit gröfsere Zahl von Formen-Arten nun systematisch bestimmen lassen, welche den Tertiär-Kalk von Gua Linggo manik zusammensetzen. Ich kann be- reits folgendes Verzeichnifs geben: Polygastern: Orbitoides javanicus «a. (im Magen der Orbitoiden.) _ _ ßR. Bacillaria? _ _ y. Navicula? Polystomatium Leptactis. Polythalamien: Pachyadtis. Alveolina. Quinqueloculina. Amphistegina. Sorites. Aspidospira. Triloculina. Cristellaria. Mollusken: Cy.closiphon. Cerithium? Geoponus. Polycystinen?: Grammostomum sigmoideum. Spirillina? Heterostegina javana. Bryozoen: Marginulina ? Cellepora. Mesopora. Radiaten: Nonionina. ‚Asteriae fragmenta. MNummulites? Späterhin werden sich auch den generischen Namen hie und da noch mehr Special-Namen zufügen lassen, was ich jetzt aus wissenschaftlichen Gründen unterlasse. Nur möge noch betont sein, dafs ich einige doch wohl Nummulitenartige Fragmente daraus aufbewahre, die mit den Orbi- toiden dort zusammen vorkommen. Schliefslich erlaubt die neue Beobachtungs- und Färbungs-Methode einen Schlufs auf die Substanz der Steinkern - Masse, welcher beachtens- werth sein dürfte. Ich habe mit derselben Methode die fossilen und frischen Bacillarien-Schalen verschiedener Lokalitäten behandelt und auch die Phy- tolitharien so wie die Polyeystinen von Barbados. Alle diese Kieseltheile färbten sich nicht damit. Sie haben aber auch sämmtlich ein anderes Lichtbrechungs-Vermögen, da sie in Wasser und canadischem Balsam scharf über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 155 und schön sichtbar bleiben. Die Kieseltheile des Tertiärkalkes von Java verhalten sich gegen das salpetersaure Eisen gerade wie die damit sich fär- benden Lagen des weilsen Achates. Beide sind einfach lichtbrechend, wie amorphe Kieselerde (Opal); aber eben weil sie sich durch Aufnahme von Eisen und Zuckersolution porös zeigen, sind sie verschieden von der Sub- stanz der Bacillarien-, Phytolitharien- und Polyeystinen-Kieselerde, welche jede Aufnahme verweigert. Auch die in Grünsand umgewandelten Poly- thalamien saugen weder Zuckerwasser noch Eisensolution ein, so wenig als Milch-Opal. Jedoch ich habe schon im Jahre 1836 auf den Eisengehalt in feinen Zellen und die feine Porosität auch der eisenhaltigen Gallionellen aufmerk- sam gemacht. Ich stelle mir jetzt den Unterschied beider Substanzen vor- läufig so vor, dafs die javanischen fossilen Steinkerne, wie die betreffen- den Achatstreifen, feine parallele Röhrchen (Zwischenräume von Faser- bildung würden in letztern doppelte Lichtbrechung bei polarisirtem Lichte zeigen) besitzen, ähnlich dem mexicanischen Schiller-Obsidian, die Wände der natürlichen Kieselpanzer aber sich wie kurzzelliger Bimstein verhalten, dessen einzelne Zellen verschlossene Bläschen sind, welche beim Abkühlen nach dem Glühen an der Oberfläche platzen, und so erst ihren Eisengehalt als Füllung nicht auf einmal, sondern allmälig, wie sie zugänglich werden, den Säuren preifs geben, ohne die Form im Ganzen zu verlieren. 156 EHRENBERG Erklärung der Abbildungen. Die beigefügten 7 Tafeln Abbildungen erläutern zunächst den körnigen für das ge- wöhnliche Auge formlosen und bisher für anorganisch gehaltenen Grünsand als Opal-Steinkerne kleinster organischer Formen im Gegensatz der crystallinischen Bildung der Grünerden, und deren für die verstärkte Sehkraft überraschende Mannigfaltigkeit. Von den weit zahlreicheren von mir entworfenen der Akademie vorgelegten Zeich- nungen ist nur eine Auswahl in die Tafeln aufgenommen worden und diese ist nach mehr- fachen Gesichtspunkten getroffen. Einer der Gesichtspunkte betrifft die chemische Natur des Materials. Da die Unter- suchungen zu dem Resultate geführt haben, dafs nicht der grüne Opalsand allein ein bisher unbekanntes dem blolsen Auge unerreichbares grolses Gebiet des Lebens aufschlielst, sondern dafs auch anders gefärbte und farblose sandartige Steinkerne sich in gleicher Weise verhalten, so sind solche verschiedenartige Formen aufgenommen worden. Einige der letzteren stellen überdiels die angewendete Methode gelungener künstlicher Färbung farbloser Formen vor Au- gen. Grüne Füllungen der Zellen mit phosphorsaurem Kalk habe ich nie beobachtet. Ein zweiter Gesichtspunkt betrifft den Verbreitungskreis der grolsen organischen Zu- sammensetzung. Wer das Leben den physikalischen Kräften unterordnet, ist nicht geneigt die bei einzelnen Formen erkannten Organisations - Verhältnisse sofort auch durch Analogie auf andere, selbst nicht auf die nächstverwandten Formen zu übertragen. So wurde Dr. Carters Beobachtung bei Operculina arabica als specifische, nicht weiter malsgebende Erscheinung von Solchen am liebsten verdächtigt und beseitigt. Aus diesem Grunde wurde von mir der Verbreitungskreis der gleichen Organisation in der ganzen Gruppe der Polythalamien scharf ins Auge gefalst und die Abbildungen nicht in der Art zusammengestellt, dals viele der bestgelungenen Präparate zur Schau gebracht würden, vielmehr wurden die Structur- An- sichten aus den verschiedenen Familien der Polythalamien vorgezogen und wenn nicht überall die gleichgrolse Summe der Zusammensetzung dargelegt ist, so geschah es, weil auch ein weniger gelungenes Präparat einer nochunklaren Gruppe vorzüglicher, als ein schöneres einer schon sonst erläuterten erschien. So erstrecken sich denn die Darstellungen sehr absichtlich auf die ver- schiedensten Familien, besonders auch auf den zusammengesetzten Bau der Nummuliten und Orbitoiden. Zwar haben sich seit der Disposition der Abbildungen für die Tafeln noch manche besonders schön erhaltene Formen anderer Gattungen erlangen und fixiren lassen, allein das Vermehren der Darstellungen schien nicht nothwendig um den schon so einleuchtenden Be- weis zu verstärken. Ein dritter Gesichtspunkt für diese Darstellungen betrifft die geologische Verbreitung in den Gebirgsmassen der Erde. Da ich die Zahl der Tafeln nicht übermälsig vermehren wollte, so habe ich es aufgegeben den verschiedenen Örtlichkeiten und Gebirgsschichten, mit denen ich mich beschäftigt habe, dielsmal besondere Tafeln zu widmen, zumal die am schön- sten erhaltenen Steinkerne doch überall den sogenannten Tertiär-Gebilden angehören. Den- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 157 noch schien es nicht unwichtig Formen der alten Welt und der neuen Welt aus mannigfachen Lokalitäten zur Ansicht zu bringen und, durch eine besondere Tafel, die am tiefsten in den un- tersten Felsmassen der Erdrinde eingebettet liegenden vergleichbaren Formen darzustellen. Aus dieser Absicht ist Tafel VI gegeben. Es tritt bei diesem Gesichtspunkte hervor, dafs die den Gefäfsreichthum des Polythalamien-Lebens erläuternden Formen niemals der jetzigen Erdperiode angehören, sondern stets aus der fernen Urzeit stammen. Die Vorwelt er- läutert also den Organismus der jetzigen Lebensperiode, welcher, ohne jene, sparsamer erkennbar und beweislos zu bleiben den Anschein hat. Die ältesten Formen des tiefen Erdfesten, des untersilurischen Grünsandes, sind frei- lich bisher nicht in schöner Erhaltung mit aller Sicherheit nachgewiesen, allein das Erkenn- bare ist so tief anregend, dals die hier anschaulich und vergleichbar gemachten Verhältnisse und Formen ihrem Zwecke hoffentlich allgemein entsprechen und bei den ernsten Naturfor- schern Theilnahme finden werden. Ein vierter Gesichtspunkt endlich ist die allmälige Entwicklung und Gestaltung sol- cher Steinkerne. Diesem ist besonders Tafel VII mit gewidmet, welche den Rothsand der Kreide erläutert. Wer aus diesen Bildungs-Anfängen, Fortschritten und Vollendungen den Schlufs L. v. Buchs wieder aufnehmen wollte, dals nur organische Häute zur Silicification füh- ren, dem ist auf Tafel VI die Erscheinung zur Anschauung gebracht, dafs sich auch in mit Kalkspathdrusen vorher erfüllten erystallinisch gewordenen (Polythalamien-)Zellen in der leer gebliebenen Mitte grüne Opal-Kerne massenhaft entwickelt haben. Im Allgemeinen ist noch zu bemerken, dals die hier dargestellten Gefälsverhältnisse im Organismus der Polythalamien grölstentheils nicht dem eigentlichen weichen Körper dieser Thiere angehören, sondern dem Bau ihrer Schalen. Die Mehrzahl dieser Gefäfse liegt im Inneren der Schalen und der Scheidewände der einzelnen Thierzellen. Allein es wäre ein zu tadelnder Schluls, wenn jemand einen nur höchst einfachen Thierkörper in einer höchst zu- sammengesetzten Schale denken wollte. Solche Schalen sind erstens wesentliche Theile des Thierkörpers und dann ist auch in dem weichen für flüssig gehaltenen und scheinbar flüssigen Theile schon manche Gliederung der Structur erkannt und Anderes ist für eine sofortige Er- kenntnils, seiner Weichheit, Formveränderung und Durchsichtigkeit halber, mannigfach hinder- lich und verlangt offenbar immer mühsamere fortgesetzte Nachforschung. Der Schale nicht allein, sondern dem Körper mit zugehörende Gefälse sind aulser dem überall vorhandenen Sipho der gegliederten Formen, sowohl die Kammer-Verbindungen derer, die ich Polyso- matien genannt habe, als auch die vertikalen Canäle der dritten Ordnung, während die Kammerkerne undeutlichere Gliederung haben. Alle jene Steinfäden deuten auf häutige Umhül- lungen, welche vom weichen Körper in Substanz und Function verschieden sind. Dafs der Kalk dieser Schalen eine erystallinische Ausscheidung ist, habe ich 1848 durch polarisirtes Licht ermittelt, welches die Schalen doppeltlichtbrechend zeigt. Das höchst complicirte Gefälsnetz, welches den weichen Leib als äufserste Hülle der Haut der hartschaligen Polythalamien, über- zieht, besorgt offenbar die Kalkausscheidung, vielleicht auch die Aufnahme des Kalks unmittel- bar aus dem Meerwasser, dessen Strömungen durch diese Canäle unausgesetzt erfolgen mögen, wie Carter’s Versuch, den ich an der Operculina des rothen Meeres und Indiens richtig be- funden, direct lehrt. Phys. Kl. 1855. X 158 EHRENBERG Der Gefälskranz am Rande der spiralen Polythalamien, welcher jetzt schon samt den zweischenkligen Kammern und deren Sipho die Nummuliten den Nonioninen, Operculinen u. s. w. in so wesentlichen Organisations-Verhältnissen gleich stellt und welcher erstere nun auch nicht mehr blofs als wandloses Netz von Zwischenräumen zwischen spielsigen Crystallen gedacht werden kann, wie es durch Herrn Carters Darstellung bezeichnet wurde, wird bei fortgesetzter Beobachtung samt anderen Schalengefälsen, besonders der Nabelgegend, späterhin eine naturgemäfsere physiologische Systematik bilden lassen, welche eine immer klarere Einsicht in diese so wichtige die grölsten Gebirgsmassen der Erde seit ältester Urzeit charakterisirenden, oft diese Gebirgsmassen bedingenden Lebens-Elemente aufzuschlielsen ge- eignet sind. Tafel I. Diese Tafel giebt die allgemeine Massen-Ansicht der glimmerartig blättrigen und der staubartigen Grünerde, des Chlorits der mineralogischen Handbücher und Systeme, so wie des körnigen Grünsandes unter dem Mikroskop bei 300maliger Vergrölserung im Durchmesser, während die übrigen Tafeln die speciellen Formen des körnigen Grünsandes, so wie des aus ähnlichen mikroskopischen Steinkernen bestehenden Weilssandes und Rothsandes weiter erläutern. In Hausmanns gelehrtem Handbuche der Mineralogie von 1347 im 2ten Bande S. 5635 wird die Grünerde unter der Rubrik des Chlorits in folgender Art sorgfältig bezeichnet: „Mit dem Namen Grünerde sind offenbar verschiedenartige Silicate belegt worden, von wel- chen nur ein Theil zu den mehr oder weniger unreinen Abänderungen des Chlorits zu gehören scheint, manche davon aber wesentlich verschieden sein dürften. Zu den zweifelhaften Modi- ficationen der sogenannten Grünerde gehören namentlich die grünen Körner im Grünsande, in der unreinen Kreide, im Grobkalk, so wie überhaupt manches von dem, was im innigsten Gemenge mit verschiedenen Gebirgsarten, denselben eine grüne Färbung ertheilt.” Die ab- weichende chemische Zusammensetzung des körnigen Grünsandes nach den vorhandenen Ana- Iysen bewährter Chemiker bildet die Grundlage dieses Urtheils. In dem 2ten "Theile von Naumanns Geologie 1854 ist ein organisches Verhältnils der Chloritkörner noch nicht bezeichnet, aber in B. Cotta’s Gesteinslehre von 1855 ist desselben pag. 213, nach den von mir gemachten Beobachtungen bereits Erwähnung geschehen. Wenn jedoch daselbst gesagt wird, dafs ich in den Chlorit-Körnchen Polythalamien gefunden, so ist die Vorstellung dahin zu verstehen, dafs meinen Beobachtungen zufolge jene meisten Körner selbst Polythalamien sind, nämlich Steinkerne zusammenhängender oder vereinzelter Zellen. Die mikroskopische Analyse giebt aber folgenden Charakter: Fig.I. Feine (Talk-)Chlorit-Erde aus der Schweiz in der Bergemann’schen Sammlung im K. Mineralien-Cabinet. Die Farbe der Masse ist blafs berggrün und wird durch Glühen geröthet. Das Mikroskop zeigt darin gar keine Beziehung zu organischen Verhältnissen. Die Einzeltheilchen sind glimmerartige Plättchen in Form ö6seitiger sehr dünner Tafeln z. k. 7. welche sich oft vielfach aufeinander nach gleicher Axe entwickeln und dadurch stabartige 6seitige abgestutzte Säulen bil- den, an denen die einzelnen Täfelchen sich als feine Queerlinien bemerkbar machen Fig. a. e. Die 2 dunkeln Längsbänder sind die 2 oberen Kanten der 6seiligen Prismen. Die Entwicklung solcher Säulen erscheint so, dafs sich neben über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 159 Fig. I. Fig. III. Fig. IV. und zwischen den grölseren Taleln kleine bilden, oder dals die einzelnen Tafeln sich in mehrere kleine allmälig umgestalten, wie in Fig. %. — Wenn diels nicht gleichmälsig, sondern, wie es häufig vorkommt, einseitig geschieht, so krümmen sich die Säulchen durch die einseitig zwischengeschobenen Tafeln und ihre con- vexe Seite zeigt die Stellen an, wo neue Crystalle zwischen den alten entwickelt sind, wie in Fig. c. — Wenn die Einschaltung neuer kleiner Tafeln in den Säulen an verschiedenen Stellen überhand nimmt, so entstehen mehrfache Krümmungen oder S-förmige und schlangenartige Gestaltungen, bei denen jedesmal die con- vexen Seiten die Einschaltungsstellen bezeichnen, Fig. d. und d.* * — Da wo die Einschaltung neuer kleiner Crystalltafeln nur central ist, entstehen je nach der Regelmälsigkeit pinselartig oder kammartig klaffende und gespreizte Stäbchen, zu- weilen klaffen sie wirtelartig nach allen Seiten, Fig. f. — Diels ist das bisher un- erläutert gebliebene Bildungsgesetz auch des wurmartig gebogenen Kaolins, von dem ich 1836 berichtet habe und ähnlicher Körper. — Fig. g ist eine Seitenansicht eines Säulchens wie Fig. e mit halber Wendung. — Fig. m zeigt dals die grolsen Tafeln zuweilen einerseits unvollständig aus mehreren kleineren verschmolzen sind, oder sich in mehrere kleinere umzuändern vermögen. Klaproths (Talk-)Chlorit-Erde aus der Schweiz, nach einer Probe aus dessen Sammlung im K. Mineralien-Cabinet. Die sandartige schuppige Masse von intensiver grüner Farbe, besteht bei 300maliger Vergrölserung i. D. ganz aus mehr oder weniger vollständig auserystallisirten öseitigen Tafeln und hat eben- falls gar keine Beziehung zu organischen Verhältnissen. Fig. a. db. d sind einfache Tafeln, c ein Zwillingserystall, e eine unvollendete Tafel. Klaproths Grünerde von Cypern. Die bläulich-grüne feine Erde aus Klaproths Sammlung zeigt im Mikroskop bei 300maliger Vergrölserung i. D. kleine Crystallnadeln ohne deutliche Flächenbildung und dazwischen etwas unförmlichen Trümmersand. Auch hier ist keine Beziehung zu organischen Verhältnissen be- merkbar. Körniger Opal-Grünsand des Nummuliten-Kalkes von Traun- stein. Solcher Grünsand bleibt zurück wenn man den Nummuliten-Kalk unter Salzsäure bringt, die den Kalk auflöst. Ganz ähnlich, nur weniger in die Augen fallend, sind die Rückstände der G/auconie des Grobkalkes bei Paris, dessen grö- bere Polythalamien mit vielerlei anderen zelligen Formen gemischt sind und eben ihrer Grölse halber meist weniger im Zusammenhange befindliche grüne oder schwärzliche Steinkerne ergeben. Der Zeuglodon-Kalk von Alabama ist noch rei- cher an wohlerkennbaren Gestalten. Die festen Grünsandsteine unter der Schreib- Kreide und die älteren Gebirgsarten enthalten meist als Grünsandkörner nur zu- sammenhanglose Steinkerne einzelner Glieder von Polythalamien, wie sie auf Tafel VI. anschaulich gemacht sind. Bei weiterem Nachsuchen mit der angege- benen Beobachtungs-Methode wird man unzweifelhaft auch bald Lokalitäten finden, wo die ältesten Gebirgsarten! wohlerhaltene Formen ruhig ausgebildet und, sei es in Hornstein verkittet, sei esinKalk und Thon gebettet, zahlreich aufbewahrt haben. xX2 160 Fig. V. Fig. VI. Fig. VII. Fig. VII. Fig. XI. Fig. X. EHbrEnBERG a in der Mitte ist ein grüner Opal-Steinkern einer Roztalia mit 11 Gliedern im Zusammenhange durch den Sipho. — 3 ein Einzelglied eines Gesponus? Drei- eck. — c zaunartige oder kammförmige Schalen - Gefälse einer Nonionina. — a Flasche oder Kolben als Einzelglied einer Nodosaria? — e Einzelglied eines Grammostomum ? Retorte; — f Sichel, Einzelglied von Yaginulina? — g Einzel- glied von Rotalia mit Sipho; — A Sense; — i mondförmige durch den Sipho ver- bundene Kammern einer Nonionina?; — k Herz; Einzelglied einer Rozalia?; — 2 Stab, Gefäls-Fragmente aus Nonioninen? oder Nummuliten. Nodosaria —? des Zeuglodon-Kalkes von Alabama. Es sind die 3 ersten durch den dicken Sipho 8 verbundenen kugeligen Glieder. Vergrölserung 300. Nodosaria Monile des Chloritkalkes von Montfort. Essind die 2 er- sten durch den schlanken Sipho verbundenen kugeligen Glieder. Vergröfserung 300. Nodosaria javanica von Gua Linggo manik. Es sind 6 durch den dicken Sipho ‚S verbundene halbkuglige Glieder, deren letztes im Präparat schief liegt und die allesamt mittlere Glieder zu sein scheinen. Neben dem Sipho sind jederseits 2 helle Längsbinden in jeder Kammer sichtbar, deren je eine in jeder Kammer abwechselnd breiter und deutlicher ist und welche sich in jeder einzelnen Kammer oben und unten erweitern. Es scheinen da in die Kammern eingesenkte Kalkröhrchen eine starke Gefälsverbindung mit der äulseren Schale unterhalten zu haben, deren weitere Verbreitung sich nicht ausgefüllt oder nicht erhalten hat. Jedenfalls läfst sich ein bisher ganz unbekanntes Organisations-Verhältnils bei No- dosarien dadurch erweisen. Vergrölserung 100. Diese und die folgende Figur sind durch künstliche Färbung farbloser Steinkerne mit salpetersaurem Eisen zur Kenntnils gekommen. Vergl. vorn p- 149. Ein 300mal vergrölsertes Einzelglied der vorigen. S. Sipho, a 2 die breiten vor- hin bezeichneten hellen Bänder. Faginulina —? des Zeuglodon-Kalkes von Alabama. Vier durch den Sipho verbundene Glieder. Vergrölseruug 300. Yaginulina subulata aus dem Chloritkalke von Montfort. Drei durch den Sipho verbundene Glieder. Vergrölserung 300. Tafel II. Diese Tafel enthält Grünsandkörner als deutliche Steinkerne von Textilarinen, Uvel- linen, Rotalinen (Ammonoiden, 'Turbinoiden, Nautiloiden) und Helicotrochinen der Glauconie tertiare und des Nummuliten-Kalkes von Montfort, Depart. des Landes in Frankreich und von Traunstein in Baiern, so wie des Zeuglodonten-Kalkes von Alabama in Nord-Amerika. Sämmt- liche Steinkerne sind von grünem einfach lichtbrechenden Opal und zeigen aufser den Kammern der Polythalamien auch die mit Opal erfüllten Siphonen und verschiedene andere regelmälsige und starke Verbindungs-Canäle der Kammern, welche von Poren-Erfüllungen der löchrigen Schalen ganz verschieden sind. Solche Poren der Schalen sind aber auf Tafel V. erkennbar, während auf dieser ganzen Tafel gar keine Spuren davon vorhanden sind. Alle Darstellungen sind bei 300maliger Vergröfserung im Durchmesser uach aufbewahrten Präparaten gezeichnet, über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 161 die Gegenstände selbst sind dem blofsen Auge nur als feinste, formlose Sandkörperchen kaum sichtbar. So glatt und scharf auch alle diese Steinkerne in ihren Umrissen sind, so wird doch durch die auf den folgenden Tafeln dargestellten Verhältnisse die Vermuthung lebhaft erweckt, dafs aulser dem überall deutlichen Sipho und den sichtlich miterfüllten Verbindungs- Canälen der Kammern, noch andere Gefälse der Schale und auch des weichen Körpers vorhanden ge- wesen, welche von der Steinmasse nicht erfüllt, oder beim schäumenden Ablösen der Kalk- schalen durch die Gasentwicklung zerrissen und in unkenntlichen feinsten Staub verwandelt worden sind. Auch von Nonionina ? bavarica und den Plicatilien findet man öfter ganz glatte Steinkerne der Kammern im Zusammenhange, während einzelne zuweilen den ganzen Reich- thum ihrer Gefälse zeigen. Wo Poren-Canäle löchriger Schalen vorhanden waren und ihre Erfüllungen abgebrochen sind, sieht man die Oberfläche der Kammern gekörnt und somit eine deutliche Spur der vorhanden gewesenen Poren. Wo solche Spuren, wie bei allen Formen dieser Tafel, fehlen, ist man berechtigt auf ihre Nichtexistenz zu schliefsen, obschon sie bei ver- wandten anderen Formen vorkommen und untergeordnete Special-Charaktere bilden. Textilarinen: Fig. Il. Textilaria globulosa aus dem Nummuliten-Kalke von Traunstein. Die 7 ersten Kammern sind als Steinkern-Erfüllungen mit ihren sie als Canäle verbindenden Siphonen (Darm) wohl erhalten. Bei S ist der Anfang des Sipho — Mund, gleich- viel ob er als Öffnung der Kalkschale sichtbar, oder durch Contraction der weichen Randtheile geschlossen ist. Fig. Il Grammostomum attenuatum aus dem Nummuliten-Kalke von Montfort, Depart. des Landes in Frankreich. Die 10 Kammern vollständig. $ bezeichnet die Mündung des Sipho-Canales. Fig. II. Grammostomum angulatum aus dem Nummuliten-Kalke von Montfort. Zwölf Kammern vollständig. $ Mündung des Sipho. Fig. IV. Textilaria Euryconus? aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Die kleinste erste Kammer fehlt, 6 sind vollständig. $ Mündungsstelle des Sipho. Fig. V. Grammostomum — ? ebendaher. Es sind 7 wohlerhaltene grofse Kammern, die kleineren Jugendkammern fehlen. $ Anfang und abgebrochenes Ende des Sipho. Uvellinen: Fig. VL Oncobotrys Buecinum nov. Gen. aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Von dieser auffallenden Form sind mehrere Exemplare zur Aufbewahrung gekom- men. Es liegen, wie bei Guztulina, 3 Kammern in jeder Spiral-Windung. Die Gestalt schien Anfangs mehr dem Steinkerne eines Buccinum zu gleichen, doch entscheiden die Kammern. Der Haken 8 ist wohl der Mund, Anfang des Sipho. Rotalinen (Ammonoiden, Turbinoiden, Nautiloiden) : Fig. VI Rotalia umbilicata? aus dem Chloritkalke von Montfort in Frankreich. Dieser schön erhaltene Steinkern von / Kammern kann freilich zu sehr verschie- Fig. VII. Fig. IX. Fig. X. Fig. XL Fig. XI. EHRENBERG denen Polythalamien gehören. Es kann der Jugendzustand oder die Central- Spirale einer grolsen Nautiloidee der Rotalinen (Nonionina), oder einer Turbi- noidee (Planulina), oder auch einer Ammonoidee (Rozalia) sein. Ja er kann auch einer Helicotrochine angehören. Bis jetzt fehlt es noch an Charakteren der Ju- gendzustände der meisten Formen. Der Sipho ist zart nnd scharf. Andere Kam- merverbindungen fehlen. Mesopora Chloris nov. Gen. der Ammonoiden aus dem Nummuliten-Kalke von Traunstein. Die Form hat 15 zusammenhängende Kammern mit zartem schar- fen Sipho gegen deren Mitte, so dafs dieser vorn hoch über dem Rande der zweiten Windung steht. Die Kammern haben einen kurzen einfachen Vorsprung nach unten, der aber die untern Spiralen nicht umfalst, also nicht einem einseitigen Sei- tenflügel der Planulinen gleicht. Solche Formen giebt es viel in jenem Kalke. S ist die Mündungsstelle des Sipho. a.b. Planulina micromphala? aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama, Dasselbe Individuum ist von beiden Seiten dargestellt, um den Charakter des ein- seitigen Flügels der grolsen Kammern deutlich zu machen, a rechts, 5 links. Es ist hier der rechte Flügel vorhanden, während die linke Seite flügellos ist und durch Verkürzung bei der Seitenlage den Flügel auch der anderen Seite verbirgt. Ein einfacher schmaler Sipho verbindet allein alle Kammern am Grunde. Die Art der Gattung bleibt unsicher. Phanerostomum? —? aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Dieser Stein- kern ist wegen seiner im Ganzen ansprechenden, im Einzelnen aber doch man- nigfach unvollendeten und unklaren Erscheinung ausgewählt worden, wodurch noch unklarere Steinkerne sich erläutern lassen. Der Hauptzusammenhang aller 17 Kammern ist durch den etwas unklaren, aber doch bemerkbaren Sipho ver- mittelt. Die 3te, Ate, 5te und 6te Kammer der Mitte zeigen einzelne radiale Ver- bindungs-Canäle mit den Kammern der 2ten Spirale. Die ite Kammer hat 2 sol- cher Verbindungen (vergl. den Text pag. 149) und auf der sten und 9ten erkennt man die abgebrochenen Reste von ebenfalls 2 solchen Canälen. Die 12te und ı3te Kammer haben jede 2 solcher Canäle auf der Stirn, die übrigen 4 haben den Rand zu uneben, um deutliche Vorstellungen von ähnlichen Verbindungen zu erwecken, die aber damehrfach sein könnten. Bei S ist ein vorstehender Sipho. Planulina polysolenia n. sp. aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Die- ser Steinkern ist seiner vielen radialen Verbindungs-Canäle der Kammern halber aufgenommen worden. Die zu unterst stehende Kammer hat deren 6, zwei andere zeigen die Überreste von 3 Canälen und eine zeigt wenigstens einen erhaltenen. Die Mitte ist unklar, der Sipho ebenfalls nicht deutlich sichtbar, aber offenbar be- dingt letzterer als einfacher Canal das Zusammenhalten der Kammern und seine Mündung ist bei 8. Cristellaria eurythalama n. sp. aus dem Zeuglodon -Kalke von Alabama. Der Steinkern besteht aus den 6 ersten Kammern, welche alle sehr breit sind und durch einen sehr dicken Sipho am oberen Rande zusammengehalten werden. Bei $ ist die Mündungsgrenze des Sipho vorn. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 163 Fig. XII. Glodigerina crassa n. sp. aus demselben Gestein. Dieser Steinkern scheint aus den ersten 4 kugligen Kammern gebildet zu sein, die ein starker Sipho verbindet, dessen Mündung bei S angezeigt ist. Helicotrochinen: Fig.XIV. Geoponus Zeuglodontis n. sp. aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Dieses Grünsandkörnchen zeigt 17 Kammern im Zusammenhange und bildete, als ich es zuerst erkannte, das schönste meiner Präparate, hat aber weit schöneren wei- chen müssen. Es sind hier dreifache Kammer- Verbindungen der Steinausfüllungen sehr deutlich. Bis zur ersten in der Mitte sind alle Kammern durch einen unteren Sipho verbunden. Von der 7ten bis zur 11ten Kammer sieht man je 2 solche Ver- bindungen, von der |3ten bis zur ı6ten sind je 3 Verbindungen dieser Art vor- handen. Das sind die von vielen neueren Schriftstellern (d’Archiac, Williamson und Max Schultze) geläugneten, von mir schon 1838 gründlich erwiesenen polyso- matischen mehrfachen Siphonen. Aufserdem zeigen die 5te und 6te der mittleren Kammern radiale Verbindungs-Canäle in der Art, dafs diese einzeln zu 2 verschie- denen oberen Kammern, der 16ten und 17ten verlaufen. Auch die äufsere zweite Reihe der Kammern, welche mit der 10ten beginnt, zeigt 1 — 3 solcher, zum Theil sehr breiter Verbindungen mit einer dritten Spiralreihe, welche hier fehlt, oder mit einem ebenfalls abgebrochenen oder unerfüllt gebliebenen starken Gefälse des Ran- des. Im Text ist Seite 116 zu vergleichen. Tafel IM. Diese Tafel enthält aus Tertiär-Verhältnissen des Nummuliten-Kalkes von Traunstein und des Orbitoiden-Kalkes von Java entnommene Steinkerne von natürlichem grünen Opal und von weilsem, angefeuchtet wasserhellen Opal, welcher nach der im Texte pag. 134 angezeigten künstlichen Färbungs-Methode mit salpetersaurem Eisen bräunlich gefärbt ist. Die Abbildungen sind nach vorgelegten Präparaten abgezeichnet und lassen erkennen, wie schön zusammenhängend die zartesten Steinkerne der Kammern und Gefälse bei sorgfäl- tiger Behandlung aus urweltlichen Gebirgsarten zu erlangen sind. Es sind wichtige Docu- mente des feinen sehr zusammengesetzten organischen Lebens der uralten Schöpfung. Da sie, ungeachtet der noch deutlichen grolsen Zusammensetzung des Baues, doch nur Fragmente sind, deren feine organische Canälchen nur zum kleinen Theil erhalten vorliegen, so zeigen sie an, dafs selbst die Schalen-Organisation eine weit grölsere ist und veranlassen, dafs an Einfachheit eines in dieser Schale lebenden Körpers zu denken einem ruhigen Beurtheiler nicht möglich ist. Fig. I. Nonionina? bavarica n. sp. aus dem Nummuliten-Kalke von Traunstein in Baiern. Vergl. die folgende Tafel Fig. I. Es ist ein genau abgezeichneter schön erhaltener und zu jeder beliebigen Nachprüfung von mir aufbewahrter Verein von 10 Steinkern-Gliedern von grünem Opal, dessen Mittelglieder bei der Ablösung der Kalkschale abgebrochen oder nicht erfüllt gewesen sind. Ein Mittelstück, wie das hier fehlende, ist als besonderes Fragment in Fig. II. dargestellt und kann somit in diese Figur hineingedacht werden. Wahrscheinlich ist auch die äufserste gröfste Kammer nicht die natürliche letzte des Thieres gewesen, da der vorstehende Sipho 164 Fig. II. Fig. III. Fig. VI. EHrRENnBERG eine abgebrochene Kammer verräth. Alle Kammern sind 2schenklig (s. Fig. IIL.). Ein starker Sipho (Darm) verbindet deutlich alle. S* bezeichnet die ursprünglich von der Kalkschale umgebene, hier nackt vorstehende Mundröhre; v. a, 5, c, d sind je 2 dem Sipho in der ganzen Spirale begleitende Gefälsstäimme, welche zwischen je 2 Dorsal-Loben der Kammern ein starkes, verzweigtes Gefäls v. i (vas inter- camerale,) nach dem äufseren Rande hin senden. Dieses Radial-Gefäls oder Inter- kameral-Gefäls ist an der vordersten Kammer sehr schön erhalten und zwischen den meisten übrigen Kammern der Figur lassen sich Fragmente desselben erkennen. Dasselbe Gefäls ist auf Tafel V. bei Steinkernen von Nummulites striata weit all- gemeiner erhalten sichtbar und geht daselbst in ein grolses Randgefälsnetz über, welches alle Kammern am Aufsenrande eng verbindet. Bei Nonionina bavarica fehlt dieses Randnetz nicht. Ich besitze sehr schön erhaltene neuere Präparate, an denen es völlig eben so deutlich ist wie dort. Auch zeigen andere meiner Prä- parate ziemlich dicke vom Centrum nach der Peripherie leicht geschwungen ver- laufende und gering verzweigte Steinfäden (Canäle), welche meist durch im rechten Winkel sie durchkreuzende feinere Stäbchen kammartig erscheinen. Das alles sind Schalen-Canäle und auf der folgenden Tafel ist in Fig. I. ein Ge- sammtbild dieser Organisation, deren einzelne Theile klar erhalten vorliegen, zu- sammenzustellen versucht worden. Die gekörnte Oberfläche bezeichnet die abge- brochenen dicht gestellten Poren-Erfüllungen der Schale. Die hier gegebene Figur ist möglichst treue Abzeichnung eines einzelnen Präparates bei 100maliger Vergrölserung. Ist ein Mittelstück derselben Species, welches die mittelste Anfangs- oder Primoidial- Kammer mit den 7 ersten Jugendkammern enthält. Man erkennt den alle Kam- mern verbindenden Sipho S, das Interkameralgefäls v. i und 2 radiale Verbindungs- Canäle der 2ten und 7ten Kammer v. 5. Vergrölserung 100. Ist der Kern einer einzelnen isolirten Kammer derselben Form, welcher in halber Wendung fixirt werden konnte, wodurch seine 3 Loben oder Flügel sichtbar ge- worden. Reitkammer, Cellula equitans, mit oberem Dorsal oder Satteltheil c und den 2 Schenkeltheilen oder Flügeln; a. d. ala dextra, a. s. ala sinistra. In der Mitte steht vorn und hinten der Sipho $ hervor. Der Sipho ist glatt, die Kam- mern überall gekörnt. Vergrölserung 100. Spitze des Dorsaltheils einer Kammer bei 300maliger Vergröfserung. Man er- kennt hier deutlich die abgebrochnen Röhrchen der Schalen-Poren, welche bei a erhalten sind. Rotalia —? Es ist ein schöner Steinkern aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama mit deutlichem Sipho und in der Seitenansicht fast trapezoidischen Kammern, deren äufserste die Formen repräsentiren kann, welche von mir als vereinzelte stumpf- zahnige Grünsandkörner verzeichnet worden sind. — Hier dient er nun zur zweckmälsigen Ausfüllung. Vergröfserung 300. Eigenthümliches dreieckiges Grünsandkörnchen aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama mit 5 starken Zähnen an einer der Seiten. Wenn diese zahnartigen Fortsätze die Mündungen von 5 Siphonen an der Basis bezeichnen, so wäre das über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 165 Fig. VIL. Fig. VIIT. Fig. IX. Fig. X. Fragment einem bisher unbekannten Geschlecht angehörig. Vielleicht sind a5 c Siphonen, X kleine Seitenflügel. Arnphistegina javanica n. sp. aus dem Orbitoiden-Kalke von Java. Dieses Prä- parat ist ursprünglich ein weilses glasartig durchsichtiges Sandkörnchen von ein- fachlichtbrechender Kieselerde (Opal) aber durch künstliche Färbung deutlich ge- macht und nun als organische Form so schön und so zusammengesetzt, dals es durch genaues Nachzeichnen aller Theile zu unklar geworden wäre. Ich habe für rath- samer gehalten, den äufsersten Umgang der spiralen Kammern abzuzeichnen, aber das Innere, ebenfalls wohl erhalten durchscheinende nur anzudeuten. Die mitt- lere Primordial-Kammer ist frei, daher deutlich gehalten. Die im Texte pag. 132 angezeigte 5fache Canal- Verbindung der einzelnen Kammern bei Polythalamien ist hier anschaulich gemacht, ja sogar zu einer 6fachen gesteigert. Der alle Kam- mern verbindende Sipho mit dem anliegenden Hauptgefälsstamme bildet die Haupt- Canäle; v. 2 sind die mehrfachen Siphonen; — v. 3 siehe in Fig. VII. X. —v. 4 sind die Anastomosen der Schenkel-Canäle; — v. 5 sind vertikale oder radiale Ver- bindungs-Canäle der verschiedenen Spiralreihen; — v. 6 sind grolse Poren - Kerne der Schale. Die Oberflächen der Kammern sind überall gekörnt. Vergl. Fig. IX. Die Vergröfserung beträgt 100 im Durchmesser. Kern einer einzelnen zweischenkligen etwas gewendeten Kammer derselben Spe- cies von ebendaher. Der lange sensenartige schmale Dorsaltheil ist gleichartig solid, die Schenkel sind netzartig unterbrochen. Die Löcher bezeichnen die dage- wesenen Kalkzapfen der Schale, das Stein-Netz bezeichnet die so geformten hoh- len Räume der Schenkeltheile. S Sipho; v. Hauptgefäls am Sipho; v. i das von v. abgehende Interkameral-Geläls; a. d. ala dextra, rechter Flügel; a. s. ala sinistra, linker Flügel; v. 3 abnormer einzelner Verbindungs-Canal (Horizontal-Anastomose) zweier Schenkel verschiedener Kammern. Diese abnorme Bildung weist auf die nahe Verwandtschaft der Heterosteginen hin. Die gleichartige Bildung beider Schenkel ohne Anastomosen ist der Genus-Charakter. Spitze von 2 Dorsaltheilen einer Kammer mit dazwischen befindlichem sehr starken Interkameral-Gefäls v. i. zwischen Poren-Verbindungen der Kammern, bei 300ma- liger Vergrölserung. v. 2 sind Siphonen zweiter Ordnung, a sind Poren-Erfül- lungen der Schale, welche durch die schäumende Wirkung der Säure meist abge- brochen sind und welche überall die gekörnte Oberfläche bedingen. Heterostegina clathrata n. sp. aus dem Orbitoiden-Kalke von Java. Es sind, um Raum zu sparen, nur 2 nebeneinander liegende Kammern als Steinkerne dargestellt, deren ungleiche Schenkelbildung ihren Gattungs - Charakter ausmacht. Auch von ganzen Formen besitze ich schöne Präparate, welche der Figur VII. gleichen. Auf der rechten Seite wird jeder Schenkel durch 2 einfach anastomo- sirende Canäle gebildet, und sie anastomosiren nicht mit dem benachbarten Schenkel. Auf der linken Seite aber anastomosiren alle Schenkel aufser mit den eignen Üa- nälen auch mit denen der benachbarten Kammern so stark, dafs sich ein Canal-Netz bildet, welches gar nicht mehr erlaubt die einzelnen Schenkel der einzelnen Kam- mern zu unterscheiden. Diels ist der physiologische Grund der ungleichen mäan- Phys. Kl. 1855. Y 166 EurEnBERrRG drischen Zeichnung der beiden Seiten dieser und ähnlicher Formen, indem die Schalenwände da wo die Kalkzapfen (die Löcher in der Abbildung der Stein- kerne) liegen weilser, wo die Röhren liegen dunkler gefärbt sind. — S Sipho; v. Gefälsstamm am Sipho; v. 3. Anastomosen der rechten Schenkel; v. 5. radiale Verbindungs-Canäle von Kammern zweier Spiralen oder mit Öffnungen des Ran- des. a.d. ala dextra; a. s. ala sinistra. Vergrölserung 100; Offenbar deuten wohl die Canal-Verzweigungen in den Schenkeln der Kam- mern an, dals ihre physiologische Function nicht jener der eine einfache Höhle ent- haltenden, meist auch grölseren, Dorsalloben gleicht und specieller, dals sie nicht als erste Speisebehälter für rohe Stoffe dienen. Vielleicht haben sie die Function von Blinddärmen. Tafel IV. Orbitoiden und Plicatilien. Die Steinkerne dieser Tafel sind hauptsächlich zur Erläuterung der geologisch ein- Alufsreichen nnd bereits viel besprochenen Orbitoiden bestimmt und enthalten auch einige Darstellungen von Plicatilien und anderen Polythalamien. Zur Vergleichung sind mikrosko- pische Steinkerne junger oder sehr kleiner Mollusken beigesellt, welche sich häufig zwischen den Polythalamien des Nummuliten-Kalkes finden. Die neuesten Abbildungen der Orbitoiden-Structur, nach für mikroskopische Unter- suchung sehr dünn geschliffenen Platten, finden sich in Dr. Carpenters Buche "The Microscope and its revelations. London 1356 p. 753. Sie sind jedoch nur Wiederholungen der 1850 im Quarterly Journal ofthe Geological Society gegebenen Abbildungen desselben fleifsigen Beob- achters und Schriftstellers ohne wesentliche Zusätze. Diese Abbildungen der Zell-Structur sind noch ganz einfach und unklar in der Organisation, während die vorliegende Methode der sorgfältigen Auslösung von Steinkernen seit 1855 eine grolse Zusammensetzung und Klar- heit in diese Organisation bringt. Derselbe Verfasser behandelt am gleichen Orte auch die Structur der Orbituliten, welche hier des Raumes halber ohne specielle Darstellungen bleibt. Nur mufs bemerkt wer- den, dals Prof. Carpenter die von mir vor vielen Jahren als Sorites und Amphisorus abge- zweigten Genera mit noch anderen, wahren Orbituliten von Neuem, wie ich es auch heut nicht billigen kann, als Metamorphosen eins und desselben Thieres ansieht. Derselbe bemerkt da- bei in seiner in den Schriften der Londoner Königl. Gesellschaft der Wissenschaften für 1855 gedruckten, 1856 erschienenen Abhandlung, Philosophical Transactions Vol. 146. Part. I. p. 190 dals er sehr erstaunt sei über meine so unrichtige Darstellung der Structur derselben im Jahre 1838. Man könnte freilich noch mehr darüber erstaunt sein, dals der thätige Verfasser an eine Studie, welche vor 32 Jahren, im Jahre 1823, von mir im rothen Meere gemacht und im Jahre 1833-39 angewendet worden, die Anforderungen der jetzigen Zeit macht, an deren Entwicklung ich, gerade auch durch jene Studie, einigen Antheil zu haben meine und dafs derselbe meine Mittheilung darüber mit nicht grofser Sorgfalt gelesen hat. Er hat nämlich ganz übersehen und unbeachtet gelassen, dafs ich 1838 meine Beobachtung eines lebenden Thierkörpers in Ver- bindung mit dieser schwierigen, sonst den Nauzilis und Nummuliten zugesellten, Formen von über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 167 meiner Beurtheilung desselben (Abh.d. Ak. 1838 p. 102) streng geschieden habe. Die Beobachtung eines kleinen wechselfülsigen Thierchens, das aus einer nicht völlig unbeschädigten Zelle des Sorites Orbiculus (Nautilus Orbieulus Forsk.) hervorragte und das einzige Lebenszeichen des Orga- nismus dieser Dinge abgab, liels die Frage, ob es ein Parasit oder der richtige Bewohner sei, auf der Reise nicht entscheiden. Meine Anwendung der Beobachtung p. 144 ist nie anders als eine Vermuthung von mir betrachtet worden und hätte in richtiger Weise auch von den Neueren nur so angesehen werden sollen; dafs sie daraus eine positive Thatsache machten, ist nicht meine, sondern ihre Schuld. Die Erscheinung von bald s bald 6 Fäden (Armen) desselben Körper- chens führte zunächst auf eine parasitische Amoeda, obwohl Bryozoen-Natur der kleinen Schei- ben (Flustra) näher lag. Auch heut ist der Organismus derselben noch nicht aufgeklärt und die morphologische Ansicht des neuesten mühsamen Bearbeiters scheint mir doch nicht glück- lich. Ich besitze jetzt Steinkerne auch von Sorites, welche von den Orbitoiden sehr abweichen und auch Carmin-Injeetionen nach Carters Methode gelangen mir bei dem jetzt lebenden Sorites- Formen leicht. Es füllten sich niemals die Kammern mit Carmin, vielmehr wurden die ganzen breiten Zwischentheile derKammern roth. Die Randporen sind also keine Mundöffnungen. S.vorn p- 145. Auch solche Steinkerne sind mir vorgekommen, die anstatt der Kammern unausgefüllte Räume, Löcher, hatten und die ganzen breiten Wände der Kammern als Stein-Netz zeigten. Dals die grolsen Mittelzellen, den Primordial-Kammern der Orbitoiden gleich, eine einfach spirale An- ordnung haben, erinnert sehr an den Bau der letztern, doch fehlt jede zellige Umhüllung der Kammern. Noch sind manche Widersprüche bei diesen Formen, auch in der Unregelmäfsigkeit der mir zuweilen als ganz fehlend vorgekommenen, daher unwesentlich erschienenen Rand- poren (wohl Wasserporen, nicht Mundöffnungen). Die Schwierigkeit liegt nach meinem un- malsgeblichen Dafürhalten nicht in der morphologischen Verschiedenheit Einer Art, sondern in der Verwechselung sehr vieler ganz verschiedener Formen. Ich berühre nur noch den Namen, welcher von einigen Schriftstellern Ordizalites, von dem neuesten Orbitolites geschrieben wird. Ich schreibe absichtlich Ordizulites, weil ich das Wort nur von orbita, orbitula (parvus orbis) ableiten zu können meine. Fig. I. ist die aus meinen Präparaten der Steinkernbildung sich erweisende Zusammen- setzung eines vollständigen Steinkerns der Nonionina bavarica von Traunstein, von welcher auf Tafel III. genaue Abzeichnungen weniger vollständiger, schön erhal- tener Theile gegeben sind. Die Form der Kammern, das Randgefälsnetz, die Interkameral-Canäle, die grofsen kammartigen Gefäls-Strahlen der Schale, samt den Primordial-Kammern der Mitte sind zu einem ganzen organischen Bilde na- turgemäls zusammengestellt, welches sich mit Nummulites striata und Orbitoides Prattii vergleichen lälst. Die klare Zeichnung ist von Helene E. gefertigt. Fig. I. Orbitoides Prattii, Steinkern aus dem Nummuliten -Kalke von Traunstein. Diese Scheibe ist nach vielen sehr schönen Präparaten zusammengesetzt, die aber einzeln alle hier und da mangelhaft sind und kein volles Bild geben. Die Figuren IV., V., VI. und VII. sind genaue Abzeichnungen einzelner Theile. Die Durch- schnitts-Zeichnung Fig. III. ist ebenfalls nicht abgezeichnet, sondern aus vielen Präparaten construirt. Ich habe gegen 20 schöne Präparate, welche der Fig. II. fast gleichen, fixirt und deren sowohl nach Paris als nach London und Petersburg vertheilt. Es galt die verschiedenen Zellbedeckungen der Kammern anschaulich Yi2 168 Fig. IH. Fig. IV. Fig. V. Fig. VI. Fig. VII. Fig. VII. Fig. IX. Fig. X. Fig. XI. Fig. XII EHRENBERG zu machen. Die in der Mitte liegenden Kammern sind von 2 verschiedenartigen Zellschichten und einer kalkigen dichten Oberhaut bedeckt, was von einer Seite aus dargestellt ist. Über die Kammern verlaufen von der Centralkammer aus 4-5 dicke locker verästete Gefälsstrahlen, welche am Rande als grofse Poren zu münden scheinen (Wasserporen?). Vergröfserung 25 Mal. Die Einzelheiten (Fig. V., VI. und VII.) sind bei Vergröfserung von 100 i. D. gezeichnet. Dieses Steinkern-Object gehört zu den zierlichsten Erscheinungen im Mi- kroskop. Durchschnitts - Erläuterung einer Scheibe desselben Orbitoiden, in welcher die Kammern die Mitte einnehmen und jederseits 2 mehrfache Schichten von Zellen anderer Art unter der Oberhaut sind. Ist eine genau abgezeichnete grolse Primordial-Kammer mit den zwei ersten Kam- merkreisen. Vergrölserung 25 Mal. sind 2 Steinkerne der inneren Zellschicht mit ihren vielen Verbindungs-Canälchen, 300mal vergröfsert. sind einige der gelappten Zellen der oberen Zellschicht unter der Oberhaut. Ver- grölserung ebenso. sind 3 Reihen genau abgezeichneter Steinkerne von Randkammern des O. Prattii, mit ihrem concentrischen doppelten Sipho und je 1-2 radialen Verbindungs- Canälen. Letztere sind auch zuweilen je3. Vergröfserung 300. Zeichnung nach der Natur von Mathilde E. Diese 3 Abbildungen VIII-X. beziehen sich auf den 3mal grölseren Orbitoides javanicus von Gua Linggo manik, dessen sehr durchsichtige wasserhelle Substanz durch salpetersaures Eisen röthlich gefärbt ist. Fig. VII. sind 2 Randkammern bei 300 Vergröfserung mit ihrem Sipho, radialen Verbindungs-Canälen und den grolsen Gefälsstrahlen. ist ein genau nachgezeichneter Central- Theil derselben Art bei 25maliger Ver- grölserung, welcher die spirale Anordnung der Primordial-Kammern und Verklei- nerung derselben durch Knospung deutlich macht. Es sind 4 unregelmäfsig aus- laufende Spiralreihen von Kammern erkennbar. Sind die Primordial-Kammern eines anderen Specimens derselben Art, ebenfalls in deutlicher Spirale. Zuweilen ist jedoch bei anderen Exemplaren die Spiral- Anlage undeutlich. Verschiedenheiten dieser Art sind keine Milsgeburten. S.p. 126. Orbitoides microthalama. Auch diese Form ist im Kalkstein von Java. Sie zeichnet sich durch kleine Primordial- Kammern und weiter entwickelte Spirale derselben sehr aus. Zum Organismus der ersten Species scheinen diese Fragmente nicht gehören zu können. Vergrölserung 100. Die 2 Zellschichten unter der Oberhaut des Ordit. javanicus gleichen denen des Orbit. Prattii in der Form, sind aber auch, wie die Kammern, im Verhältnifs gröfser in ihren Theilen. Diese ebenfalls im Orbitoiden-Kalk von Java vorgekommene fragmentarische Form mit runden Kammern gehört vielleicht zu Cyclosipkon (ähnlich dem €. Mantelli in Alabama). Vergrölserung 100. über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 169 Fig. XII. Steinkern von Spiropleecta — ? aus dem Zeuglodon-Kalke von Alabama. Läfst bei 8 Kammern auch den Sipho erkennen. Vergröfserung 300. Fig. XIV-XVI. Die bier folgenden 3 Figuren aus dem Orbitoiden-Kalke von Java sind Stein- kerne einer ausgezeichneten Tewiilaria, die ich als 7. zrilobata verzeichnet habe. Fig. 14 ist die Seitenansicht mit den Siphonen; Fig. 15 Ansicht von oberhalb; Fig. 16 Ansicht 2 getrennter Kammern von vorn mit den verbindenden Siphonen. Die Körperchen sind künstlich gefärbt, sind nicht selten, aber nur in der Lage der Fig. 16 leicht zu erkennen. Vergrölserung 25mal. Fig. XVII Die nächstfolgenden 6 Formen von Steinkernen sind zur Erläuterung der Familie der Plicatilien aufgenommen worden und zeigen aulser dem Sipho noch mehrfache Verbindungs-Canäle der Kammern. Fig. 17 ist ein Grünsandkörnchen des Num- muliten-Kalkes von Traunstein, welches den Primordial-Kammern einer Spirolocu- lina anzugehören scheint und die Verbindung der Kammern bis zur Mitte deutlich macht, Die Primordial-Kammer ist nicht blasenartig verdickt. Vergrölserung 300. Fig. XVII Quinqueloculina —? Steinkern einer blasenartig verdickten Primordial-Kammer und ihrer Verbindung von einer grölseren Art. Ebendaher. Vergröfserung 300. Fig.XIX. Quinqgueloculina —? ebendaher. Vergrölserung ebenso. Eig. XX. Quingueloculina saworum? aus dem Grob-Kalke von Pontoise, sehr schön erhaltenes Specimen der ersten 4 Kammern. Vergrölserung 300. S.p. 104. Fig. XXL Triloculina —? aus dem Orbitoiden-Kalke von Java. Dieser Steinkern ist künstlich gefärbt und sehr belehrend durch das grolse aus der Schale frei gewor- dene von vorn nach hinten schief verlaufende, locker verzweigte Gefäls, welches den Strahlengefälsen der Orbitoiden und Rotalinen sich anschlieflst. Es sind 4 er- baltene Kammern erkennbar. Vergrölserung i00. Vergl. vorn p. 150. 151. Fig.XXI. Spiroloculina —? ebenfalls aus dem javanischen Kalke. Ein sehr vollständig erhaltener Steinkern von I0 zusammenhängenden Kammern, welcher zahlreiche feine Verbindungsröhren der Kammern erkennen lälst. $S Sipho; v. Grolses Gefäß. Fig. XXIII. Die beiden letzten Figuren stellen kleine Mollusken-Kerne dar, welche in dem Zeuglodon-Kalke häufig zwischen den Polythalamien liegen. Fig. 23 gleicht einem Pfropfenzieher und ist offenbar der Steinkern eines kleinen Cerithiums, oder einer ähnlichen Form. Von Alabama. Fig.XXIV. kann einer Spirillina, dem Jugendzustand verschiedener Mollusken, oder auch dem Röhrenkern eines schalenführenden Ringelwurmes angehören. Ebendaher. TateilaV. Structur der Nummuliten, Polystomatien und Alveolinen. Diese Tafel ist hauptsächlich der Nummuliten-Structur gewidmet und veranschaulicht (Fig. I- VIIL), neben einem in schwarzbraunem Eisensilicat ganz im Zusammenhange schr glücklich erhaltenen Steinkerne einer kleineren Art dieser Gattung auch mehrere gefälsführende Einzelkammern von noch 2 anderen grölseren Arten (Fig. IX. und XI.) als Steinkerne von grünem Opal. Diese grölseren Nummuliten - Kammern würden bei allseitig gleicher Ver- größserung den ganzen Raum des Blattes allein einnehmen, daher sind sie bei weit schwächerer Vergrölserung dargestellt, sind aber ebenfalls genaue Abzeichnungen von Präparaten. Die beiden Zeichnungen netzartiger Steinkerne (Fig. XIV. und XV.) sind das Gefäfs- netz, welches zwischen den Kammern der Polystomatien (Fig. XIII.) liegt und das so 170 EHRENBERG fest verbunden ist, dafs eher die grofsen Kammern von ihren Siphonen abbrechen und sich einzeln zerstreuen, als dieser Zusammenhang der feinen Gefälse sich löst. Ich habe mehrere solcher Gefälsnetze, die man im wohlerhaltenen Steinkerne des Ganzen liegen sieht, als frei abgelöste Theile isoliren und aufbewahren können. Diese Tafel zeigt ferner das Verhältnifs des Nabels bei den in der Mitte blasenartig aufgetriebenen Polythalamien (Fig. XVI.) und erläutert den Bau der Alveolinen rücksichtlich ihrer Kammern, so wie der bisher ganz unbekannten sie verbindenden Canäle (Fig. XVII.). Fig. I. Fig. II. Fig. II. Fig. IV. Fig. V. Fig. VI. Fig. VII. Fig. VII. Fig. IX. Nummulites striata von Couizac bei Alet im Departement de l’Aude in Frankreich. Die natürliche Gröfse dieser in dicht gedrängter Masse eine ganze Gebirgsart darstellenden Form ist mit der Kalkschale in Fig. V. und VI. abge- bildet. Fig. I. ist die Abzeichnung eines sehr schön erhaltenen vollendeten Stein- kernes von schwarzem Eisensilicat nach Ablösung der Kalkschale, dessen Aufbe- wahrung so gelungen ist, wie die Zeichnung darstellt. Der Übersicht halber ist nur eine 25malige Vergrölserung im Durchmesser angewendet. Die ganze Form besteht aus 110 wohl erhaltenen Kammern. Auch der sehr zusammengesetzte netz- artige feine Gefälskranz am Rande ist samt den Interkameral-Canälen fast ganz erhalten. Nur die Mundstelle bei *, die erste Kammer und das Gefälsnetz neben der 13ten sind etwas mangelhaft. Die ersten Anfangszustände solcher Steinkerne sind jene schwarzen durch Säuren und Glühen unzerstörbaren Kügelchen in den Kammern, welche nach pag. 126 des Textes neuerlich mystisch für metamorphosirte Keim- körner gehalten worden sind und welche bei Gelegenheit der Entwicklung der rothen Steinkerne auf Tafel VII. ausführlicher erläutert sind. sind 2 Kammern derselben Species in Seitenansicht 100mal vergröfsert, bei wel- chen die horizontalen den Sipho begleitenden und die radialen oder vertikalen Ge- fälse freier liegen. Die beigesezten Zeichen erhalten folgende Erläuterung ' r, rete, Randgefälsnetz; — c Kammer mit ihrem Dorsallobus und linkem Seiten- füügel; — S Sipho; — v. horizontaler den Sipho begleitender Gefäfsstamm ; — v. i. Interkameral-Gefäls, oberes und unteres, welches sich zuweilen deutlich dop- pelt, von jeder Seite eins erkennen lälst. Ein aus 18 Kammern bestehendes mittleres Bruchstück derselben Species, welches den verbindenden Sipho deutlich zeigt. Eine zweischenkliche einzelne Kammer derselben Form von vorn gesehen. In der Mitte am unteren Rande ist der Sipho kennbar. Vergrölserung ebenso. Nummulites striata in linsenartiger natürlicher nicht vergrölserter Gestalt mit der Kalkschale. 5 Exemplare verschiedener Grölse, von der breiten Seite. Dieselbe von der schmalen Seite. Viermal im Durchmesser vergrölserte Nummulites striata im natürlichen Zustande mit der Kalkschale. Man erkennt schon die Anordnung der Kammern. Dieselbe von der schmalen Seite d. i. von vorn gesehen im Durchschnitt. Nummulites Murchisonii aus dem Nummuliten-Kalke von Traunstein. Es sind 2, nur /4mal vergröfserte grüne Steinkerne sichelförmiger Kammern mit ihren linken durchbrochnen und anastomosirenden Schenkeln und dem Sipho, die auch unter sich durch einen breiten secundären Sipho anastomosiren. Die Bildung ist über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 171 den Heterosteginen ganz verwandt. Gewöhnlich zerreifst aber die Ablösung des Kalkes alle feineren Seitentheile und Canäle. c Dorsalflügel der Kammern. Fig. X. Grüne Steinkerne von zwei Kammern desselben von der rechten Seite gesehen mit deutlichem Sipho und Spur eines unteren Interkameral-Gefälses. Die Schen- kel sind abgebrochen. Vergrölserung ebenso. Fig. XI. Nummulites Dufrenoyi ebendaher. Grüne Steinkerne von 2 Kammern bei Amaliger Vergrölserung. Beide hängen durch den Sipho zusammen und zeigen Interkameral- Gefälse, auch Spuren eines Gefälsnetzes am Sipho. c Dorsalflügel der Kammern. v. i. vasa intercameralia; S Sipho. Ansicht der rechten Seite. Fig. XI. Polystomatium? ebendaher. Zweischenklige Kammer mit je 3 seitlichen Siphonen-Resten zweiter Ordnung. Der in der Mitte zu suchende Haupt-Sipho ist unkenntlich. Ansicht von vorn. Vergröfserung 300. Fig.XIII. Polystomatium Leptactis n. sp. aus dem Orbitoiden-Kalke von Java aus- gelöst. Es ist ein ziemlich vollständiger Steinkern von 39 sichtbaren, einigen ver- deckten Kammern in der Mitte und 4 leeren Bögen des Gefälskranzes vor der ersten Kammer. Der allen Kammern zur Basis dienende Gefälskranz löst sich frei aus. Es ist derselbe, welcher in Fig. XIV. und XV, einzeln dargestellt ist. Es ist auch hier völlig deutlich, dafs die seit 1838 von mir angezeigten mehrfachen sipho- nenartigen Verbindungs - Canäle der Kammern nicht überall blofse äulsere Ein- drücke der Schale sind, wie aus den Darstellungen und Abbildungen des Herrn Max Schultze hei Polysz. strigilatum hervorgehen sollte, sondern dafs es hier deut- lich mit Steinmasse erfüllbare wahre innere Verbindungscanäle sind. Alle Kam- mern sind nicht gekörnt. Den äulsersten Canal jeder Kammer v. 2. halte ich für den primordialen Sipho, die inneren für secundäre der polysomatischen Knospung. Die dunkle Stelle unterhalb rechts ist eine zufällige örtliche Trübung. Die Inter- kameral-Gefälse sind meist abgebrochen, bei v. :. ist eins lang erhalten. Bei v. zeigen 4 leere Gefälsbögen, dals die oberste lange Kammer (bei der Zahl) nicht die letzte war, vielmehr einige abgebrochen sind. An einigen Kammern sind oben nach rückwärts gekehrte Schnäbel *, welche bei anderen meiner Präparate weit vollständiger und hier durch punctirte Linien ergänzt sind. Dieser Apparat scheint nicht eine Fortsetzung der Kammerhöhle, sondern ein einfaches dickes Randgefäls zu sein, was seine durchsichtigere Substanz verräth. Bei ** ist noch eine Spur eines starken Schalen-Gefälses erhalten, welches einer ganz anderen Ordnung an- gehört, die übrigens nicht erhalten ist. Der blasenförmige durchbrochene Nabel erscheint als breite Gefälsblase, wie deutlicher in Fig. XVI. erkannt wird, von wel- cher die Primordial-Kammern der Mitte umbüllt sind. — Die ganze Figur ist ein künstlich gefärbter wasserheller Steinkern. Vergrölserung 100mal. Fig. XIV. und XV. sind zwei durch Auflösung der Kalkschalen aus der Gebirgsmasse von Java freigelegte Gefälsnetze vermuthlich beide des Polystomatium Leptactis bei 100 Vergrölserung. In Fig. XV. sind bei x noch 4 glatte Kammern, theilweis erhalten, in ihrer natürlichen Lage. Bei Fig. XIV. ist die Spirale der Mitte von der Primor- dial-Kammer an sichtbar, ohne blasenförmige Erweiterung, die aber bei Fig. XV. 172 EHrENnBERG vorhanden ist. Vielleicht gehört daher Fig. XIV. doch zu einer anderen im Äufsern ähnlichen Form. ». Hauptstamm;; v. i. Interkameral-Gefälse. Das in dem Kalkstein von Java häufige Polystomatium Pachyactis, wovon pag. 151 im Texte Erwähnung geschehen, hat dem Prysomphalus ähnliche breite Kammern, die aber Verbindungs-Canäle besitzen und an der Oberfläche, wie dieser, durch Spuren der Poren-Canälchen gekörnt sind. Fig. XVI. Physomphalus porosus n. Gen. aus dem Orbitoiden-Kalke von Java. Diese Form mit grolser Gefäls-Blase im Nabel hat keine Verbindung der Kammern durch sekundäre Siphonen, gehört mithin zu den Rotalinen, nicht wie Polystomatium Pachyactis, dem sie sehr nahe steht, zu den Helicotrochinen. Kammern mit ge- körnter Oberfläche c, Sipho ‚S und Interkameral - Gefälse von der nabelförmigen Gefäfsblase ausgehend v sind sehr deutlich. — Dieser Steinkern ist durch Blut- laugensalz bläulich gefärbt. Fig. XVII. Aloeolina — ? aus dem Orbitoiden-Kalke von Java bei Gua Linggo manik. Von der im Texte pag. 152 erwähnten Structur-Erkenntnils bei Alveolinen ist hier des Raumes halber nur eine Darstellung einiger Kammern derselben und deren durch die Steinkerne gewonnenen Gefälsverbindung aufgenommen. Die Structur ist der der Orbitoiden auf Tafel IV. sehr verwandt. Unter jeder Kammer-Reihe lie- gen 2 Siphonen SS. Jede Kammer ist überdiels durch 2 radiale divergirende Ver- bindungs-Canäle mit den 2 nächsten der oberen und unteren Reihe verbunden ». 5. und es finden sich auch mit den Siphonen parallele noch andere, porenartige Kam- merverbindungen v. *. Tafel VI. Untersilurischer Grünsandstein von St. Petersburg. Diese Tafel enthält Darstellungen der Elemente der Grünsandsteine und der Formen der grünen scheinbar anorganischen schalenlosen Körner des Grünsandes. Am meisten Rück- sicht ist auf die ältesten Erdschichten genommen, welche den festen und lockern Grünsand jener Gebirgsmassen am Flülschen Vopefka bei Narwa und Petersburg ausmachen, die nach Murchisons Siluria genannten Werke über die ältesten geschichteten Gebirgsarten von 185/, s. vorn S. 97, schon zum Theil zu den vororganischen, azoischen oder versteinerungslosen tiefsten Erd- schichten gerechnet worden sind, weil man in ihnen, als der Unterlage der ältesten versteine- rungsführenden Gebirge kaum Spuren organischer Verhältnisse mehr gefunden hatte und die Grünsandkörner für anorganisches, zufällig körniges Eisensilicat ansah. Im Falle, dals meine seit 1854 vorgelegte Beurtheilung auch der freien Grünsand-Körner, als ausschlielsliche oder überwiegende Steinkerne von vereinzelten Kammern zerfallener Polythalamien durch gegen- wärtige Veranschaulichung allgemeinere Billigung gewinnt, so hat jene untersilurische Lebens- grenze ihre Geltung verloren und muls nun ein azoisches Gebirg tiefer gesucht werden. Der von mir gewonnene und durch diese Tafel wesentlich zu erläuternde Gesichts- punkt bezieht sich aber nicht allein auf einige seltene uranfängliche Spuren des organischen Lebens. Wenn wirklich alle Grünsandkörner des Gebirgs bei Narwa Steinkerne von Poly- thalamien sind, nun so ist dieses uralte Gebirg, gerade so wie die weit neuere Schreibkreide, über- wiegend seiner ganzen Masse nach ein Produkt des organischen Lebens und es wäre ein Irr- über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 173 thum zu glauben, das Leben habe in der Urzeit mit vereinzelten Formen angefangen. Auch fehlt in dem Massenhaften des organischen uralten Lebens nicht etwa die Mannigfaltigkeit der Formen im Allgemeinen. Den Obolus-Substanzen ähnliche verscbiedenartige Fragmente sind als mikroskopische Gestalten vielfach zwischen dem Opal-Grünsande, dessen Körner sehr ver- schiedenartigen Polythalamien-Gattungen sich anreihen. Vieles mag unkenntlich sein, Im Speciellen enthält die Tafel 2 Darstellungen der Narwa-Petersburger Gebirgsmasse im Zusammenhange I. II. Eine, I, ist ein überwiegend kalkiges (zweifelhaftes) Theilchen mit einer ganzen Polytbalamie als Einschlufs, das andere II, ein überwiegend kieseliges Theilchen als geschliffenes Plättchen. Beide zeigen die porphyrartigen Einschlufs-Verhältnisse der Formen und des Grünsandes, den relativen Reichthum des Organischen in derMischung und die ungeregelte Lage der vereinzelten Grünsandkörner, vielleicht als Rollsand. Die Figuren 1-18 stellen viele einzelne verschiedene Formen der Grünsandkörner derselben Gebirgsmasse dar, welche man mit einzelnen Gliedern der zusammenhängenden Polythalamien-Kerne der anderen Tafeln vergleichen kann. Überdiefs sind 2 100mal vergr. Formen des englischen Kreide- Grünsandes aus geschliffenen Plättchen abgebildet, welche die Umwandlung der Kalkschalen in Kalkspath- Crystalle und die nachher erst erfolgte Bildung innerer grüner Opalkerne anschaulich macht. Fig. I. Das Theilchen ist ein kleiner durchscheinender Splitter des kalkhaltigen mit Säure brausenden Grünsandsteins von Narwa, welcher als Einschluls eine deutliche Tex- tilaria ? (globulosa ?) zeigt. Ich muls jedoch wiederholt bemerken, dafs es mir nicht gelungen ist von demselben Handstücke nochmals solche ganze Polythalamien-Ein- schlüsse, wie Fig. @-c. zu beobachten. Es bleibt mir bei der Wichtigkeit der That- sache der Zweifel, ob nicht doch der Mineralog, welcher die Handstücke am Orte geschlagen oder anderswo in Handstückform gebracht hat, gleichzeitig neuern Kalk- stein zerschlagen und ein unter dem Hammer befindliches fremdes Theilchen zu- fällig fest in dieses silurische Stück hineingeschlagen hat, welches mir wieder beim Abschlagen feiner Splitter als solche in dieHand gekommen. Hätte sich dieBeobach- tung wiederholen lassen, so wäre dieser Zweifel gehoben worden. Seinethalben die ganze so wichtige Erscheinung zu unterdrücken, schien mir nicht wissenschaft- lich gerechtfertigt. Der von mir in der Mikrogeologie abgebildete zollgrolse Yer- metus, als Trachytkern im Feueropal von Zimapan und mit dem Trachyt verschmol- zen, ist mir zu lebhaft im Original vor Augen, als dafs ich alle Möglichkeit wohl- erhaltener Kalk-Polythalamien im tiefsten kalkigen Urgebirg abweisen könnte und auch die in der Mikrogeologie abgebildeten vielen Formen der Polythalamien im Hornstein des Bergkalkes von Tula in Rufsland zeigen den jetzigen verwandte Gestalten. Die aufbewahrten Präparate sind weiterer Vergleichung zugänglich. Fig.a. Textilaria (globulosa?) im Innern eines kalkigen Splitters des untersilurischen, unter dem Orthoceratiten-Kalke liegenden Grünsandsteins von Narwa (Petersb.). "ig. b. Guttulina — ? aus einem anderen solchen Splitter desselben Gesteins. ig. c. Rotalia —? aus demselben Gestein. Die letzteren beiden Formen sind um Raum zu sparen ohne ihr Cäment dargestellt. Alle 3 Formen würden sich nach denen der Kreide leicht benennen lassen. Fig. II. ist ein Theil eines sehr dünn geschliffenen Täfelchens desselben Grünsandsteins bei Phys. Kl. 1855. Z 174 EHurEnBERG ı00maliger Vergrölserung, woraus ersichtbar ist, dafs die grünen Steinkerne in der Gebirgsmasse nicht mehr so in ihrer ursprünglichen Ordnung neben einander liegen, wie es oft der Fall in dem Zeuglodon-Kalke von Alabama ist. Der Sandstein scheint vielmehr aus einem chloritischen Rollsande verkittet oder aus einem all- mälig cämentirten, bewegten, noch älteren Trümmersand des Meeres gebildet zu sein. Sowohl die den polythalamischen Kammern in der Form entsprechenden Opal-Grünsandkörner, als die dazwischen liegenden deutlichen Kalkschalen-Theile erweisen, dals das organische Leben das vorherrschende, ja wohl alleinige Bildungs- Element auch dieser grolsen ältesten geschichteten Gebirgsmassen war. Fig. 1-18 sind verschiedene Formen der Grünsandkörner derselben Gebirgsart: 1 Ei- form; 2 Helm; 3 Viereck; 4 Retorte; 5 Sense; 6 Beil; 7 Haken; $s Walze, mit Schale versehen, Glied einer Nodosarie?; 9-10 Stumpfzahn; 11 zugespiztes Herz; 12 Rotalien ähnlich gelappter ganzer Steinkern; 13 abgerundetes Herz; 14 Spatel; 15 gebogener Stab; 16 Sichel ; 17 Niere; 18 Trapez. — Vergr. 300. Fig. 19-21 sind der Obolus-Structur verwandte mikroskopische Kalktheile, wie sie häufig überall in dem Grünsandstein von Narwa eingestreut sind: 19 Soleno- lithis simplex ; 20. Dermatolithis subtilis ; 21 Dermatolithis granulatus. — V8.300. Fig. 22 und 23 sind aus dem englischen oberen Grünsandstein der Kreidebildung ent- nommene Formen, wie sie in sehr fein geschliffenen Täfelchen massenhaft neben- einander die Grünsandkörner bilden. Auch in diesen Gebirgsarten sind die Formen der Polythalamien gewöhnlich nicht deutlich erhalten, ihre einzelnen Trümmer und Kammern liegen zerstreut als Steinkerne mit und ohne Schalen beisammen. Sie gleichen einem vom Meere bewegten Sande aus älteren Ge- birgstrümmern, deren Elemente die Polythalamien waren, die zusammenhanglos geworden und wieder verkittet sind. Viele Körner erscheinen als kalkschalige Zellen, welche nach ihrem innern Raume hin doppeltlichtbrechende Kalkspath- Crystalle angesetzt haben und der davon leer gebliebene mittlere Raum ist von grünem einfach lichtbrechenden Opal so erfüllt, dafs die Kalk-Crystalle vor der Erfüllung mit Opal dagewesen sein müssen. — Nodosarinen-Glieder ? — Vrg. 100. Tafel VI. Gelbsand, Rothsand und Braunsand gelber Kreide. Diese letzte Tafel enthält die Darstellung der gelben, rothen und braunrothen Stein- kernbildung als Eisensilicat-Hydrat in den wohl erhaltenen Kalkschalen der Kreide-Polytha- lamien einer gelblichen Kreide aus Alabama Nord-Amerika’s, welche auch nun am Mississippi verbreitet zu sein scheint. Hierbei soll die allmälige Entwicklung der Steinkerne anschaulich gemacht werden. Die Silicat-Steinkernbildung in den kalkschaligen Polythalamien fängt mit jenen Kügelchen in den hohlen Räumen der Kammern an, welche für Metamorphosen von Keim-Körpern derselben gehalten worden sind, die aber durch Säuren, Alkalien und Glühen unzerstörbar sind. Im jetzigen Meeres-Schlamme, wo das organisehe Leben beim massen- haften Absterben viel Schwefelwasserstoffgas entwickelt, sieht man nie andere als schwarze oder schwarzbraune Silicat-Kugeln in den Kammern und nie habe ich einen ganz ausgebildeten über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 175 vollen festen Kern gefunden. Erst in den urweltlichen Gebirgmassen der Diluvial- und Ter- tiärzeit treten sehr häufig volle Steinkernbildungen als hellgrüner oder schwarzgrüner Opal auf und diese finden sich bis zu den silurischen Tiefen. Auch die scheinbar schwarzen Opal- körner sind in den Bruchstücken durchscheinend und grün oder braungrün. Überdies kommen undurchscheinende dunkelbraune und schwarze vor, wie Tafel V. erläutert. Im Kreidegebirg giebt es oft gelbe, braunrothe und corallrothe Eisensilicate als Steinkerne der Polythalamien, welche hie und da, nicht überall, der ganzen Gebirgsmasse einen gelben und röthlichen, stets blassen Ton geben. Aus diesen Verhältnissen sowohl, als aus dem auf Tafel VI. erläuterten Umstande, dals in mit auserystallisirtem Kalkspath erfüllten Polythalamien-Zellen die leer gebliebene Mitte sich später erst mit Opal erfüllt hat, läfst sich erkennen, dafs diese Steinkernbildung aus Sili- caten nich[ nothwendig in organischen Häuten erfolgt. Die von mir in der Mikrogeologie 1854 Tafel XXX VII anschaulich gemachte, augenartig concentrische Silicatbildung im Innern der Kieselschalen fossiler Polygastern ist ein ähnlicher, aber doch sehr verschiedener Procels. So mag denn doch alle Steinkernbildung dieser so einflulsreichen Art zu den Morpholith - Ge- bilden gehören, welche die letzte Tafel der Mikrogeologie zu erläutern bestimmt war. Fig. 1-16. sind verschiedene Species von Kreide-Polythalamien und verschiedene Grade der Steinkern-Entwicklung in deren Kammern, in natürlichem Zustande. Fig. 7-9 sind durch Glühen fast blutroth geworden. Fig. 17 sind die aus Fig. 16, nach- dem sie genau gezeichnet worden, auf flachem Glase mit sehr verdünnter Salz- säure langsam ausgelösten Silicate. Die geringste Bewegung bringt dergleichen ans ihrer Lage und wer nicht vorher die Erfüllung der Schalen sah, wird nach Ver- schwinden der Schale nie eine Verbindung solcher Theile mit Organismen auch nur zu vermuthen Anlafls haben. Viele Steinkern-Formen sind in diesem Falle. — Vergrölserung überall 300mal. Die starken schwarzen Ringe in einigen Zellen sind Luftblasen. Fig. ı. Tewzilaria americana, deren vordere Kammer samtSipho zum Theil erfüllt, deren hintere Primordial-Kammern aber leer geblieben sind. Fig. 2. Dieselbe Species mit theilweis erfüllten unzusammenhängenden Kammern. Fig. 3. Textilaria striata, deren mittlere Kammern allein erfüllt sind. Fig. 4. Guttulina turrita @ mit grolsen Silicat-Kugeln nur in den 3 gröfsten Kammern. Fig. 5. Guttulina turrita & mit grobgekörnten Silicat-Massen in 3 der mittleren Kam- mern. Fig. 6. Spiroplecta americana ? mit unförmlichen Silicat-Massen nur in den grölseren Kammern. Fig. 7. Textilaria americana? mit unförmlich theilweis erfüllten Kammern, welche die Form eines Überzuges der inneren Wandung haben. Diese Form und die bei- den folgenden sind durch Glühen auf Glimmer in einen höheren Oxydationsgrad des Eisens zu erhöhter Färbung, dann unter Canadabalsam gebracht. Fig. 8. Textilaria Euryconus ? als fast vollendeter Steinkern. Geglüht. Fig. 9. Textilaria globulosa? mit theilweis stark und unförmlich erfüllten Kammern, nach dem Glühen. Z2 176 EHurEengBEre Fig. 10. Dimorphina saxipara? Textilaria? In vielen Kammern sind einzelne oder mehrere kleine Silicat-Kugeln. Fig. 11. Phanerostomum hispidulum? Nur die innersten Kammern sind mit blassem Silicat erfüllt. Fig. 12. Phanerostomum? —? Das Silicat ist an die Wandungen der grofsen Kammern angelegt. Fig. 13. Rotalia? —? Die Kammern sind zum Theil erfüllt, zum Theil an den Wan- dungen bekleidet, zum 'Theil mit Kügelchen besetzt. Fig. 14. Phanerostomum senarium? Die 5 Primordial-Kammern der Mitte sind dicht und ganz und die 4 folgenden mit vielen vereinzelten Kügelchen erfüllt. Fig. 15. Phanerostomum porulosum? Unförmliche theilweise Erfüllung einer Kammer. Fig. 16. Phanerostomum dilatatum. Die mittleren Kammern sind mit vielen verein- zelten Kügelchen besezt, nur die letzten beiden an den Wänden unförmlich bekleidet. Fig. 17. ist dasselbe Specimen (Fig. 16.) nachdem die Kalkschale durch Säure aufgelöst worden. Denkt man sich bei allen Formen dieser Tafel durch einen Säurungs- Procefs oder Crystallisations-Procels des Kalkes in der Gebirgsmasse die po- Iythalamischen Kalkschalen verschwunden, so bliebe ein unförmlicher Opalsand, der vielleicht nur bei Fig. $ die organische Bildung errathen lielse. So nimmt denn die Erkenntnils gro[ser Organisation im kleinsten Raume nicht ab, vielmehr wächst sie im Ganzen und Grolsen mit starken Schritten fort. Sieist seit 1830 aus den Polygastern allmälig von zahl- reichen geistvollen Mitarbeitern auf viele Verhältnisse des grolsen Thier- körpers und des Menschenkörpers durch intensivere Anwendung des Mi- kroskopes übertragen worden und stellt sich nun durch die mikroskopi- schen Steinkerne in der ganzen Klasse der Polythalamien, den Haupt- bildnern der geschichteten Kalkgebirge der Erde, fest. Noch möge hier darauf hingewiesen sein, dals auch diese Mittheilungen seit 1855 be- reits jüngere sehr lobenswerthe Kräfte angeregt haben, die Polythalamien - Steinkernbildung weiter zu verfolgen. Herr W. von der Mark in Hamm ist durch den Herrn Berghauptmann von Dechen in Bonn, Mitglied dieser Akademie, angeregt worden, die westphälischen Grün- sande auf gleiche Weise zu untersuchen und ein in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preufsischen Rheinlande und Westphalens XIIter Jahrgang Heft 3-4 S. 259. 1855. befindlicher Aufsatz giebt bereits glückliche Resultate, die ich um so sicherer empfehlen kann, als der Verfasser mir die Proben des Materials zur Ansicht gebracht hat und ich darin einen ganz in der Nähe liegenden reichen Stoff zu weiteren wichtigen Aufschlüssen erkannt habe. Schluls des Druckes mit einigen Zusätzen am 9, October 1356. ANNO ANNNNNNY WISTADE 11 IM ERDIGER GRENSAND Chloritdrde WN KÜRNIGER GR a VE ERS yarkı an (Hs Pr we Araber IL TENTILARINEN. HNM.ROTYLINEN. NE UELICOTROCIINEN. 1.NOF @EN HLIA.T EV RON ROSTTEC ARICH . 1 BAV NIX: STE IH. NONIO MH IX. AMPHN, 1 r INA OCLATHRAT r 4 STE AU HE ANA . INA JAl (Fr u Kihrenberg [Z f ER Ri v v Pr u j ar Wh. aibes Gh fat Sahig Abi, STORE ET EU , A ORBITOIDEN und PIICHTITIEN Fisr KR ‚Ss PHVSOMPHALTL 177 OMATIUM VOLINA 1 XTAF POLVS 715 MMELI ZMNM / NIT AL do Kehren e nutze e [ Greene UNTER-SILURISCHER GRÜNSANDSTEIN. WODL Klersbung . “ En I ZER Ehmbngs. Milben Grumfard, e Yahıry DLRER P ZI; . ROTHSAND BRAUNSAND. ? ß ) Y [d Ylı 7 ERTTER IL ” de 7 I 2 zZ Le , e Iolopldhiodaamıı CIE / U INA / F ER r / mul Zearlı gem Cide vet diral. / B : „yex. m Bhrenberg C Hans ger y „abet sa al ' Mathematische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. „manner Aus dem Jahre 1855. mann anna oonnnnnnnnnnn Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1856. In Commission in F. Diimmler's Verlagsbuchhandlung. regen. re ee lol Ar hun, bein da ah een ER. IF Sa oyaiaahmniaie eye EenbabE HAGEN über die Ausdehnung des destillirten Wassers unter verschiedenen Wär- MER 60 Won LH EB BE BEER DEV DOG Seite 1 ENCKE über die Hansensche Form der Störungen ... 2... 2222220000. - 29 —— mn ann ze HRG N 5 J I RETTEN | ‚nt N N v I. 159 Re N 72 Bye LADINn We a Pe Du SL FE Ar BET: ne rer j Re A h e“ hai | 9: “A 2 | er w; Aa 1a + RA j RU { kn N ie Linz Be h Be. De EN. i\ Über die Ausdehnung des destillirten Wassers unter verschiedenen Wärmegraden j gs H"- HAGEN. annnnannnnmAanU [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 8. Februar 1855.] On man die Ausdehnung und das specifische Gewicht des Wassers bei verschiedenen Temperaturen bereits vielfach mit grofser Schärfe gemessen hat, so sind die gefundenen Resultate doch nicht so sicher und so vollständig, dafs diese Untersuchung als abgeschlossen betrachtet werden könnte. Der Apparat, den ich anwendete, war wesentlich derselbe, den ich schon früher zu einer ähnlichen Untersuchung des Brunnenwassers benutzt hatte. (') Die Ausdehnung des Wassers läfst sich dabei aber nur finden, wenn man die des Glases kennt. Mit der Untersuchung der letzteren mufste daher der Anfang gemacht werden, und für beide war eine scharfe Messung der Temperatur nothwendig. " Berichtigung des Thermometers. Die beiden Thermometer, die ich anwendete, waren unmittelbar auf den Glasröhren getheilt. Das eine derselben, welches in den Hauptmessun- gen allein benutzt wurde, war mit der hunderttheiligen Scale versehn und aufserdem war jeder Grad noch in 5 Theile getheilt. Es gestattete nicht nur eine sehr scharfe Ablesung, sondern zeigte auch einen hohen Grad von Ge- nauigkeit, indem weder durch die Theilung, noch durch die verschiedene Weite der Röhre Correctionen bedingt wurden, die gröfser als 0,1 Grad waren. Nur auf eine kurze Strecke betrug der Fehler 0,11. (') Über den Einflufs der Temperatur auf die Bewegung des Wassers in Röhren. Ab- handlungen der Akademie der Wissenschaften. 1854. Math. Kl. 1855. A [597 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers Zur Untersuchung der Weite der Röhren bediente Er mich eines Ver- fahrens, das von dem gewöhnlichen etwas verschieden ist, und vor diesem den Vorzug hat, dafs es die Ungleichheiten der Querschnitte sehr übersicht- lich darstellt. Es ist auf keine andere Voraussetzung gegründet, als diejenige, die man auch sonst macht, nämlich dafs die Röhre in sanften Übergängen sich erweitert und verengt, und dafs keine plötzliche Veränderungen des Querschnittes vorkommen. Man nimmt also an, dafs die Röhre an jeder untersuchten Stelle entweder conisch, oder cylindrisch ist, und diese Hypo- these nähert sich der Wahrheit um so mehr, je kürzer der gelöste Queck- silberfaden ist. Ist der Faden sehr kurz, so erhalten freilich die Fehler beim Messen der Länge einen gröfsern Einflufs auf das Resultat, doch läfst sich diesem Übelstande durch Benutzung scharfer Mikrometer begegnen. Da ich noch den 1000“ Theil einer Linie ablesen konnte, so durfte ich die Länge des Fadens soweit beschränken, als die beiden Mikrometer sich einander nähern liefsen, das ist auf etwa 5 Grade oder 8 Linien. Beide Mikrometer waren durch Schrauben fest aufgestellt, und das zu untersuchende Thermo- meter wurde darunter an einem Lineale jedesmal so weit vorgeschoben, dafs die Enden des Fadens in die Gesichtsfelder beider Mikrometer fielen. Alle Räume, die der gelöste Faden nach und nach einnimmt, sind ein- ander gleich, und sonach verhalten sich seine Längen umgekehrt, wie die mittleren Querschnitte jedes dieser Räume. Die berichtigten Grade stehn in demselben Verhältnisse zu diesen Querschnitten. - Die Längen der Grade ergeben sich also leicht aus den Längen des Fadens, sobald man die Stellen kennt, wo die mittleren Querschnitte liegen. Annähernd fällt der mittlere Querschnitt eines abgestumpften Kegels in dessen halbe Höhe, der Fehler, den man bei dieser Annahme begeht, ist gleich 5(r—r)’hr wenn r’ und r die Radien der beiden Endflächen und A die Höhe des Kegels bedeutet. Dieser Fehler ist offenbar um so geringer, je kürzer der Kegel ist und je weniger derselbe sich von der eylindrischen Form entfernt. Eine einfache Untersuchung ergab, dafs der Fehler selbst bei einer sehr schlech- ten Röhre, wobei die Länge des Quecksilber -Fadens sich sogar im Verhält- nisse von 4 zu 5 ändert, dennoch nicht den tausendsten Theil dieser Länge beträgt. Bei den Thermometern, die ich benutzte, konnte ich demnach un- bedingt die erwähnte Voraussetzung einführen, woraus sich sogleich für jeden unter verschiedenen Wärmegraden. 3 Punkt der Scale die verhältnifsmäfsige Länge eines Grades bei richtiger Ein- theilung ergiebt. Trägt man für die verschiedenen Stellungen des Fadens die Orte des mittleren Querschnittes als Abseissen und die Längen als Ordinaten graphisch auf, so bildet sich eine Curve, welche die verschiedenen Weiten der Röhre anschaulich macht. Wenn die Endpunkte der ÖOrdinaten in eine gerade Linie fallen, so erweitert die Röhre sich gleichmäfsig und sie ist cylindrisch, wo die Curve zur Abseissen-Linie parallel gerichtet ist. Die Scheitelpunkte der Curve bezeichnen die engsten und weitesten Stellen. Indem man die Curve so zieht, dafs sie den Beobachtungen im Allge- meinen folgt, wobei also die kleinen, bald positiven und bald negativen Ab- weichungen als Beobachtungsfehler vernachlässigt werden, so kann man aus der Zeichnung unmittelbar die verhältnifsmäfsige Länge jedes Grades entneh- men, und hiernach die nöthigen Correctionen berechnen. Hätte man dage- gen statt der Längen des Fadens, die umgekehrten Proportionalen derselben, oder die relativen Querschnitte aufgetragen; so würde der ganze Inhalt der Röhre durch die von der Curve begrenzte Fläche dargestellt werden, und es käme nur darauf an, letztere gleichmäfsig einzutheilen und darnach die nöthige Länge jedes Grades zu bestimmen. Das zuerst angedeutete Verfahren führt zu einer einfacheren Rechnung und ist daher wohl das bequemere. Ist der Abstand des Eispunktes vom Siedepunkt in n gleiche Theile getheilt, deren jeder —v ist, so sind die Theilstriche vom Nullpunkte v, 2», 3v u. s. w. entfernt. Die Röhre hat aber nicht gleiche Weite, woher gewisse Correctionen für die einzelnen Theilstriche, nämlich @’, @’, @” u. s. w. an- gebracht werden müssen. Bezeichnet man ferner die mittleren Querschnitte der gleich langen Theile mit g’, g’, q” .... so ist der Rauminhalt der gan- zen Röhre zwischen den beiden Festpunkten S= (+g"+g"+...)v Führe ich, statt der mittleren Querschnitte die oben angegebenen entspre- chenden relativen Längen der berichtigten Theile ein, die nämlich einen glei- chen Rauminhalt abschliefsen, und nenne diese ?, A’, A" u. s. w. und die constanten Producie gr, ga, q”R” ....= m; so folgt 1 at: )J/ m 1 1 I (+5+ N I r 4 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers Der Rauminhalt jedes berichtigten Theiles ist ee n Hieraus lassen sich die Correctionen der Theilstriche oder a’, a’, a” .... leicht herleiten, nämlich m 7 Ss "„ ebenso d'’ = ME OR HAN ın n Aus den beschriebenen Messungen kann man weder den Rauminhalt der ganzen Röhre, noch denjenigen eines Theiles derselben, also weder 5 noch m bestimmen, das Verhältnifs beider oder —_ welches allein in diesen Ausdrücken vorkommt, ist dagegen aus der Summe der Brüche - leicht herzuleiten. Die vorstehende Untersuchung setzt voraus, dafs die Scale des Ther- mometers ganz gleichmäfsig getheilt ist. Bei Bestimmung der Längen des gelösten Quecksilber-Fadens hatte ich allerdings jede Bezugnahme auf die Scale vermieden, und den Abstand der beiden festen Mikrometer, so wie den Werth der Theilungen derselben gegen einen Maafsstab von Pistor bestimmt, der in Fünftel-Linien getheilt war. Die jedesmalige Lage der beiden End- punkte, und sonach der Mitte des Fadens, mufste aber an der Thermometer- Scale abgelesen werden. Indem ich diese Scale mit denselben Mikrometern prüfte, ergab sie sich als ziemlich richtig. Die Fehler waren möglicher Weise nur zufällig entstanden, nichts desto weniger stellte sich aber doch ein gewisser Zusammenhang zwischen den Anomalien der Theilung und denen der Weite der Röhre heraus, und zwar waren erstere zum Theil viel gröfser als letztere, woher das Thermometer bei gleichmäfsiger Eintheilung der Scale einen noch etwas höheren Grad von Genauigkeit erhalten haben würde. unter verschiedenen Wärmegraden. . b) Es ist nicht ungewöhnlich, dafs die Verfertiger von Thermometern die Fehler der Röhre dadurch zu beseitigen suchen, dafs sie die Scale der jedesmaligen Weite der Röhre entsprechend mit kleineren oder gröfseren Graden versehn. Obwohl hierdurch eine Verminderung der Fehler leicht erreicht werden kann und gewifs auch oft erreicht wird; so tritt dabei doch der grofse Übelstand ein, dafs man nicht weifs, in welchem Punkte eine Thei- lung in die andere übergeht, und dafs die Ungleichheit der Grade die Berich- tigung des Thermometers ungemein erschwert. Es ist in der That überaus unangenehm, neben den übrigen unvermeidlichen und grofsen Mängeln die- ses Instrumentes noch Fehlern zu begegnen, die der Künstler ganz willkühr- lich eingeführt hat, und deren wahre Gröfse man nur mit der äufsersten Mühe auffinden kann. Die erwähnten Berichtigungen waren keineswegs die einzigen, die ich an den Thermometern anzubringen hatte. Auch den Eispunct und den Siedepunkt kann der Künstler nicht so richtig bezeichnen, als deren Lage sich später gegen die fertige Scale prüfen läfst. Der Eispunkt lag, wie ge- wöhnlich, etwas zu niedrig und der Siedepunkt für die Benutzungsart des Thermometers, die ich wählen mufste, viel zu hoch. Beide Punkte pflegt man bekanntlich zu bestimmen, indem man nicht nur die Thermometer-Kugel, sondern das ganze Thermometer der Temperatur des schmelzenden Eises und des siedenden Wassers aussetzt. Dieses Verfahren rechtfertigt sich auch voll- ständig, wenn bei den spätern Beobachtungen wieder das ganze Thermo- meter die zu messende Temperatur annimmt, wie dieses bei den meteorolo- gischen Messungen wirklich geschieht. Wenn dagegen, wie im vorliegenden Falle, nur die Kugel in das zu untersuchende Wasser eintaucht, und der gröfste Theil der Röhre mit dem darin befindlichen Quecksilber einer andern Temperatur ausgesetzt bleibt; so ändert sich der Eispunkt und noch mehr der Siedepunkt sehr wesentlich. Eine einfache Rechnung ergiebt, unter Zugrundelegung der gewöhnlichen Annahmen über die Ausdehnung des Glases und des Quecksilbers, dafs wenn die Röhre oberhalb des Eispunktes in der Temperatur des schmelzenden Eises gehalten, und nur der untere Theil des Instrumentes in siedendes Wasser getaucht wird, dafs alsdann das Quecksilber nur auf 981, Grade Centesimal steigen kann, also volle 1%, Grade unter dem Siedepunkte bleibt. 6 Haczn über die Ausdehnung des destillirten Wassers Der Apparat zu den Messungen der Ausdehnung des Wassers war so eingerichtet, dafs das Thermometer in der Höhe von 5 Graden unter dem Eispunkte durch den Deckel des Gefäfses hindurchreichte. Damit aber der darüber befindliche Theil der Röhre nicht zu stark von den Wasserdämpfen afficirt würde, so schlofs ich ihn auch seitwärts durch eine Blechwand ein. In dieser Weise blieb der obere Theil der Röhre stets der Temperatur des Zimmers ausgesetzt, und es traf sich so günstig, dafs diese bei dem anhalten- den mäfsigen Froste während der ganzen Dauer der Beobachtungen sich con- stant zwischen 4 und 5 Graden C. erhielt. Bei einer genau gleichen Aufstellung des Thermometers und bei der- selben Temperatur des Zimmers wurde der Eispunkt und Siedepunkt be- stimmt. Der erstere mufste um 0,18 Grade gehoben, und der letztere mit Berücksichtigung des Barometerstandes um 0,80 Grade gesenkt werden. Diese Aufstellung des Thermometers bedingt noch eine vierte, und zwar sehr erhebliche Berichtigung. Wenn nämlich das wärmere Quecksilber in den kälteren Theil der Röhre tritt; so vermindert sich sein Volum und es bleibt unter derjenigen Höhe, welche der Temperatur entspricht. Wenn dagegen der Eispunkt und Siedepunkt, und mit denselben die ganze Scale für diese Art der Aufstellung bereits berichtigt sind, so giebt das Thermo- meter zwischen 0 und 100 Graden die Temperatur stets zu hoch an, und zwar um _Q—901°7)v 140,01 (7 —2)v r bezeichnet die Temperatur, der die Kugel ausgesetzt ist, 2 die Temperatur des Zimmers und v die Ausdehnung des Quecksilbers bei der Erwärmung vom Eispunkte bis zum Siedepunkte. Die Ausdehnung des Glases kommt hierbei aber nicht in Betracht, weil der obere Theil der Röhre sich nicht ändert, und die Ausdehnung des untern Theiles nebst der Kugel schon bei Bestimmung der Festpunkte vollständig berücksichtigt wird. Dieser Fehler wird genau bei 50 Graden ein Maximum, und seine Gröfse beträgt alsdann bei der oben bezeichneten Temperatur des Zimmers 0,458 oder nahe einen halben Grad. Ein ähnlicher Fehler tritt auch beim gewöhnlichen Gebrauche des Thermometers ein. Derselbe erreicht sein Maximum bei 49,9 Grad, und mifst alsdann 0,065 oder noch nicht den 15‘ Theil eines Grades, woher man unter verschiedenen Wärmegraden. 7 ihn unbeachtet zu lassen pflegt. Auf diesen Fehler hat bereits Herr Poggen- dorff im 31“ Bande der Annalen aufmerksam gemacht und das Maximum angegeben. Die vorstehend erwähnten vier Correctionen wurden in der bezeich- neten Weise besonders berechnet und alsdann vereinigt. Eine Tabelle er- gab für jeden einzelnen Wärmegrad die anzubringende Correction. In glei- cher Weise wurde auch das zweite kleinere Thermometer behandelt, das nur in ganze Grade getheilt war, und welches ich nur selten, vorzugsweise aber bei Bestimmung der Ausdehnung des Glases benutzte. 2. Untersuchung der Ausdehnung des Glases. Bei Ermittelung der Ausdehnung des Wassers bedient man sich jedes- mal gewisser Glasgefäfse, deren Verhalten in der Wärme man kennen mufs, um die Volum-Veränderung des Wassers zu finden. Wenn dieser Einflufs auf die Resultate bei höheren Temperaturen auch ziemlich geringe ist, indem die Volum-Zunahme des Glases alsdann von der des Wassers weit übertroffen wird ; so tritt bei niedrigen Temperaturen doch das Gegentheil ein, und die Bestimmung des Punktes der gröfsten Verdichtung des Wassers, in welchem die Volum-Veränderung desselben ganz aufhört, hängt vorzugsweise von der Kenntnifs des Glases ab. Hällström hat bekanntlich die Ansicht ausgespro- chen, dafs das Glas, ähnlich dem Wasser, bei gleicher Temperatur-Zunahme in höheren Wärmegraden sich stärker ausdehnt, als in der Nähe des Eispunktes. Von Andern ist dieses bezweifelt, und aufserdem eine grofse Verschiedenheit in dem Verhalten des Glases behauptet. Um diese Zweifel zu lösen, und um die Ausdehnung derjenigen Glasart zu ermitteln, die ich bei meinen Ver- suchen im Wasser wog, liefs ich mir eine Röhre geben, die zum spätern Aus- blasen der Kugel für geeignet erachtet wurde. Die Röhre war nahe 5 Fufs lang, 61, Linien im Lichten weit und in der Wand 1! Linien stark. Auf einem starken Rahmen spannte ich die Röhre in der Nähe des einen Endes horizontal ein, in der Nähe des andern Endes ruhte sie aber auf einer hölzernen Rolle, damit sie an der Ausdehnung nicht verhindert würde. In der Nähe beider Enden wurden schmale Papier- streifen auf die Röhre geleimt, so dafs sich hier Ringe bildeten, woran die Lothe sicher gehängt werden konnten. In diese Ringe schnitt ich auf deren b) Hagen über die Ausdehnung des destillirten Wassers oberen Flächen und zwar normal gegen die Axe der Röhre feine Spalten ein, und hierin ruhten flache stählerne Ringe mit Schneiden auf der innern Seite. Die letzten Ringe trugen die Lothe, deren Entfernung mittelst zweier Mikrometer gemessen wurde. Die Lothe schwebten in Gläsern, mit Wasser gefüllt, und waren mit Flügeln versehn, um starken Schwankungen zu be- gegnen. Die beiden Mikrometer waren auf einem zweiten starken Rahmen festgeschroben, und befanden sich 5 Fufls unter der Glasröhre, woher sie von der höhern Temperatur der Röhre nicht affıcirt werden konnten. Sie waren gegen die sehr feinen Fäden gerichtet, woran die beiden Lothe hingen, und um zufällige Änderungen in der Lage der Mikrometer zu bemerken und zugleich eine genaue Reduction auf deren frühere Lage zu ermöglichen, be- festigte ich am untern Rahmen, nahe zur Seite der Fäden, noch feine Nadeln, deren Stellung mit den Mikrometern gleichfalls gemessen wurde. Die beiden erwähnten Rahmen lagen auf einer Rüstung in der Fenster- nische und waren an ihren Enden gegen die Mauern gekeilt, wodurch der ganze Apparat eine sehr feste Aufstellung erhielt. Aufserdem hatte ich hier- bei den Vortheil einer kräftigen Beleuchtung, wodurch sowohl das Ablesen der Mikrometer, wie des Thermometers sehr erleichtert wurde. Die Erwärmung der Röhre geschah durch Wasser, welches hindurch- flofs. Ein grofses Blechgefäfs an der einen Seite war durch einen Gummi- schlauch mit der Röhre verbunden. Ein langer Gummischlauch an der andern Seite führte das Wasser ab. Letzterer war zur Regelung des Abflusses, und um denselben gelegentlich ganz unterbrechen zu können, mit einer Schrauben - Klemme versehn. Unter dem erwähnten Blechgefäfse befand sich eine kräftige Lampe, um theils das Wasser etwas zu erwärmen, theils aber auch um das eingegossene heilse Wasser nicht abkühlen zu lassen. Ich versuchte anfangs, die Temperatur der Röhre durch die des aus- fliefsenden Wassers zu bestimmen, das ich zunächst in einem engen Glas- gefäfse auffing, welches nur eben die Kugel des Thermometers umschlofs. Da ich jedoch die Temperatur in dem Speisebassin nicht constant erhalten konnte, weil grofse Wassermassen zur Erwärmung der Röhre erforderlich waren; so änderte ich den Apparat in der Art ab, dafs ich das kleinere Ther- mometer in die Röhre steckte, und zwar so, dafs seine Kugel sich genau in der Mitte zwischen beiden Lothen befand. Die Ablesung des Thermometers war hierbei noch sehr sicher zu machen. Sobald das Thermometer seinen unter verschiedenen WW ärmegraden. 9 Stand nicht mehr veränderte, las ich zuerst das Thermometer, hierauf die beiden Mikrometer und schliefslich wieder das Thermometer ab. Wenn die letzte Angabe mit der ersten ziemlich nahe übereinstimmte, so nahm ich das Mittel aus beiden, wenn dagegen die Abweichung gröfser als zwei Grade war, so verwarf ich die Messung ganz. Auf diese Art sind die folgenden Beobachtungen gemacht, wobei die Temperatur bereits mit denjenigen Cor- rectionen versehn ist, die für diese Art der Aufstellung nöthig waren: Temper. Länge Grade C. | beobachtet. | berechnet. 1,6 493,398 493,412 1,9 402 413 22 417 415 25 418 416 25 407 416 3,6 | 493,421 493,421 N 419 425 5,4 422 429 55 430 429 7.5 433 439 9,1 | 493,444 493,446 11,6 437 457 14,6 455 a7ı 15,0 461 473 17,9 495 486 19,1 | 493,475 193,491 19,4 493 493 29,4 561 538 30,6 562 544 35,0 578 564 37,6 | 493,591 493,576 40,7 633 590 41,2 61 592 42,7 634 599 43,7 619 604 44,6 | 493,598 493,608 46,4 639 616 48,7 610 623 49,2 640 629 52,0 650 641 54,4 | 493,645 493,652 55,5 660 657 58,9 675 672 63,0 698 | 691 63,4 674 693 Math. Kl. 1855. B 10 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers Temper. Länge Grade C. | beobachtet. | berechnet. 67,0 493,699 493,709 68,2 708 715 69,0 715 719 71,2 717 729 75,5 723 748 "810 | 493,750 | 493,773 Die Längen sind in Linien angegeben und die Zahlen der letzten Spalte be- zeichnen die berechneten Werthe, wenn man die Form l= a+bet zum Grunde legt, also die Zunahme in der Länge (2) der Temperatur (2) proportional setzt. Die wahrscheinlichsten Werthe der Constanten sind: a — 493,40443 d = 0,0045541 und die wahrscheinlichen Fehler der ersten 0,002826 und der letzten 0,00006660 der wahrscheinliche Beobachtungsfehler ergiebt sich gleich 0,010551 Linien in der Längen-Bestimmung oder 2,3168 Grade in der Temperatur. Vergleichungsweise zur Schärfe der Ablesung sind diese Beobachtungs- fehler übermäfsig grofs, der Grund davon lag aber in einigen Nebenumstän- den, welche eine genaue Messung unmöglich machten, und die ich nicht be- seitigen konnte. Vorzugsweise äufserte sich die grofse Stärke der Röhren- wand als höchst nachtheilig, indem das Glas nur unvollständig die Temperatur des Wassers annahm. Dazu kam noch, dafs ich bedeutende Wassermassen zur Füllung und Speisung der sehr weiten Röhre gebrauchte, und diese nicht während eines vollständigen Versuches dieselbe Temperatur behielten. Ob- wohl ich mich bemühte, durch verschiedenartige Zuleitung und Ableitung des Wassers eine schnelle und möglichst gleichmäfsige Erwärmung der Röhre herbeizuführen, so gelang dieses doch nicht, und ebenso wenig stellte sich eine gröfsere Übereinstimmung der Messungen heraus, wenn ich die Röhre mit roher Baumwolle bedeckte, um die schnelle Abkühlung zu verhindern. Es bleibt indessen noch zu untersuchen, ob vielleicht die Form des Ausdruckes unpassend gewählt und darin noch ein drittes Glied einzuführen sei. Ich setze daher l= arbt-+ci? unter verschiedenen Wärmegraden. 11 und finde aus den obigen Beobachtungen nach der Methode der kleinsten Quadrate 1 = 493,39087 + 0,0059836 + 2 — 0,000019778 + 2? Die wahrscheinlichen Fehler sind von a...0,002825 von 5... 0,0001932 und von c.. . 0,000002580 Der wahrscheinliche Beobachtungsfehler ist dagegen 0,008222, also noch nicht um den fünften Theil kleiner, als bei der einfacheren Annahme. Hier- nach stellt sich die Einführung des dritten Gliedes keineswegs als nothwendig heraus. Dabei tritt noch das grofse Bedenken ein, dafs nach dem letzten Ausdrucke die Ausdehnung des Glases bei der Erwärmung vom Eispunkte bis zum Siedepunkte nur 0,0008119 ist, während Laplace und Lavoisier die- selbe, und zwar gleichfalls am Röhrenglase 0,0009175 gefunden haben. Nach dem ersten Ausdrucke ergaben dagegen die vorstehenden Beobachtun- gen den Werth dieser Ausdehnung gleich 0,0009230, der sich an jene direc- ten Messungen sehr nahe anschliefst. Endlich wäre auch noch darauf auf- merksam zu machen, dafs meine Beobachtungen bei Einführung des dritten Gliedes oder der zweiten Potenz von i gerade das Gegentheil von dem er- geben, was Hällström gefunden hat, nämlich in höheren Temperaturen nicht eine Verstärkung, sondern eine Verminderung der Ausdehnung bei gleicher Zunahme der Wärme. Indem die Röhre, woraus später die Kugel geblasen wurde, theils wegen ihrer grofsen Weite und theils wegen der bedeutenden Wandstärke zu diesen Messungen nicht ganz geeignet erschien, so wiederholte ich dieselbe Untersuchung mit einer andern Röhre, die nur 2', Linien weit und in der Wand ! Linie stark war. Indem diese weit schneller die Temperatur des Wassers annahm, so konnte ich sie auch stärker erwärmen, als die erste, und die 42 Beobachtungen, die mit ihr angestellt wurden, erstreckten sich von 1,9 bis 90,6 Grade C. Wenn ich wieder die Ausdehnung der Röhre nur durch die erste Po- tenz des Wärmegrades ausdrückte, so ergab sich der wahrscheinlichste Werth der Länge in Linien ! —= 671,44353 + 0,0058861 »2 12 ° Hacen über die Ausdehnung des destillirten Wassers und der wahrscheinliche Fehler der ersten Constante war 0,002539 der zweiten 0,00005095 Der wahrscheinliche Fehler der einzelnen Beobachtung war 0,009475 Linien oder 1,544 Grad. Führte ich dagegen in einem dritten Gliede noch die zweite Potenz der Temperatur ein, so fand ich nach der Methode der kleinsten Quadrate 2 —= 671,44843 + 0,0054877 +2 + 0,0000042664 »2? mit den wahrscheinlichen Fehlern der ersten Constante 0,003588 der zweiten . . . . 0,0002035 der dritten... .. 0,000002220 Der wahrscheinliche Fehler der einzelnen Beobachtungen ergab sich gleich 0,009365 Linien. Vergleicht man nach diesen Resultaten die beiden Formen des Aus- drucks, so ergeben zunächst die wahrscheinlichen Beobachtungsfehler, dafs durch die Einführung der zweiten Potenz von £ sehr wenig gewonnen ist, indem der Fehler sich dadurch nur um den 86“ Theil vermindert. Aufser- dem ist der constante Factor dieser zweiten Potenz nur das Doppelte seines wahrscheinlichen Fehlers: eine sehr mäfsige Wahrscheinlichkeit spricht daher überhaupt nur für dieses dritte Glied. Endlich ist es noch auffallend, dafs das dritte Glied nach den letzten Beobachtungen sich unter positivem Zei- chen darstellt, während es nach den ersten negativ war. Aus diesen Umständen ergiebt sich mit grofser Sicherheit, dafs die Einführung des dritten Gliedes mit der zweiten Potenz von £, durch die Be- obachtungen sich nicht begründet, nach diesen vielmehr bei dem Glase in dem ganzen Intervalle vom Eispunkte bis zum Siedepunkte die Ausdehnung gleich- mäfsig zunimmt, und diese Zunahme der Temperatur proportional ist. Die vorstehende Untersuchung der Ausdehnung des Glases ist auf die Voraussetzung gegründet, dafs während der ganzen Messung der Abstand der beiden Mikrometer sich nicht änderte. Gegen zufällige Verstellungen waren sie theils durch ihre Befestigung, vorzugsweise aber durch die gleichfalls an den Rahmen befestigten feinen Stahlspitzen gesichert, die ich von Zeit zu Zeit mit den Fäden in Berührung brachte, und wobei ich mich in der That überzeugte, dafs keine Verstellung dieser Art eingetreten war. Dagegen unter verschiedenen Wärmegraden. MB blieb noch zu erwägen, ob vielleicht der hölzerne Rahmen selbst seine Länge verändert habe. Dieses konnte nur durch die Verschiedenheit der Tempe- ratur des Zimmers veranlafst werden, denn aus den darüber befindlichen Leitungen fiel nicht ein Tropfen Wasser auf den Rahmen. Die Änderungen der Temperatur im Zimmer betrugen im Maximum aber nur 3 Grade C., wie ein auf dem Rahmen liegendes Thermometer ergab. Die Änderungen waren also jedenfalls sehr geringe, doch kam es bei der nöthigen Genauigkeit darauf an, ihre mögliche Gröfse zu kennen. Der Rahmen bestand aus Kiefernholz, daher wurde ein recht gerade- faseriger und vollständig ausgetrockneter Stab desselben Holzes der Unter- suchung unterworfen. Die Messung seiner Länge geschah genau in gleicher Art, wie bei den Glasröhren. Die Erwärmung des Stabes mufste dagegen in andrer Weise erfolgen. Ich schlofs den Stab beinahe in seiner ganzen Länge in einen Kasten ein, aus dem die beiden Enden mit den Lothen her- vortraten. Sowol der Boden des Kastens, als auch die Seiten desselben waren 1 Zoll weit vom Stabe entfernt, und dieser Zwischenraum wurde, nachdem der Stab an mehreren Stellen unterstützt war, mit heifsem Sande angefüllt. Ich wählte hierzu den gewöhnlichen schwarzen Streusand, der an den Küsten der Ostsee sich häufig ablagert und aus sehr gleichen Körn- chen besteht. Unter vielfachem Umrühren erwärmte ich diesen Sand bis auf 65 Grade, alsdann schüttete ich ihn in den erwähnten Kasten und zwar so hoch, dafs er den Stab noch 1 Zoll überdeckte. Die in den Sand einge- stellten Thermometer ergaben die Temperatur durchschnittlich zu 62°. Hierauf wurden die Mikrometer abgelesen. Dasselbe geschah eine Stunde später, in welcher Zeit der Sand sich etwa um 15 Grade abgekühlt hatte. Am folgenden Tage hatte der Sand die Temperatur des Zimmers, nämlich 5 Grade angenommen, und die Ablesung der Mikrometer wurde nochmals wiederholt. Diese drei Messungen zeigten eine gleichmäfsige Ausdehnung, die der Temperatur nahe proportional war. Dieselbe stellte sich aber viel geringer als im Glase heraus, indem sie für die Erwärmung des Stabes vom Eispunkte bis zum Siedepunkte nur 0,0002337 ergab, wenn die Länge bei 0 Graden mit 1 bezeichnet wird. Es ergiebt sich hieraus, dafs die Aus- dehnung des hölzernen Rahmens bei den geringen Temperatur -Differenzen während der Untersuchung der Glasröhren keinen Fehler veranlassen konnte, der die Grenze des wahrscheinlichen Beobachtungsfehlers erreichte. Die 14 Hagen über die Ausdehnung des destillirten Wassers Einführung von besonderen Correctionen war aber um so weniger nöthig, als die Temperatur des Zimmers sich ganz unabhängig von der Erwärmung der Röhren veränderte und ziemlich gleichmäfsig auf gröfsere und kleinere Werthe von i einigen Einflufs hatte. Endlich erwähne ich noch, dafs ich mit demselben Apparate auch eine Messingröhre untersuchte, durch welche ich gleichfalls das erwärmte Wasser hindurchfliefsen liefs. Da die Ausdehnung dieses Metalles bekannt- lich viel stärker, als die des Glases ist, so gaben die Veränderungen der Länge sich auch viel auffallender zu erkennen. Die 41 einzelnen Beobach- tungen erstreckten sich von 4 bis 82, Graden, und indem ich sie zuerst graphisch darstellte, so gab sich eine so gleichmäfsige Zunahme der Längen zu erkennen, dafs die Einführung eines dritten Gliedes mit der zweiten Po- tenz von Zi sich nicht motivirte, und die Zeichnung sogar nicht erkennen liefs, ob ein solches Glied mit positivem oder negativem Zeichen zu versehn sei. Die Rechnung, die in gleicher Weise wie bei den Glasröhren gemacht wurde, ergab in der That, dafs der Coöffieient dieses dritten Gliedes kleiner sei, als sein wahrscheinlicher Fehler. Der Ausdruck für die Länge dieser Röhre stellte sich sonach auf U = 446,301 + 0,00792 1 der wahrscheinliche Beobachtungsfehler war sehr nahe 0,01 Linie und die Ausdehnung vom Eispunkte bis zum Siedepunkte für die Länge 1 ist gleich 0,0017726. 2) Untersuchung der Ausdehnung des Wassers. Nachdem ich die vorbereitenden Untersuchungen beschrieben habe, komme ich zu dem eigentlichen Gegenstande dieser Mittheilung, nämlich zu den Beobachtungen, welche zur Bestimmung der Ausdehnung des destillirten Wassers dienen sollten. Der Apparat stimmte mit dem schon früher zu ähn- lichem Zwecke von mir benutzten überein, und unterschied sich von diesem vorzugsweise nur dadurch, dafs er fester aufgestellt, und mit einer sehr empfindlichen Wage von Örtling verbunden war, die Zehntheile von Milli- grammmen erkennen liefs. Diese Wage war auf den bereits erwähnten obern Rahmen vor dem Fenster aufgeschroben und ein weit ausgedehnter Boden von Pappe schützte unter verschiedenen W. ärmegraden. 15 sie vor der Mittheilung der Wärme von dem darunter befindlichen Wasser- behälter, worin die Kugel hing. Nur eine feine Öffnung von 2 Linien Weite, durch welche der Draht gezogen war, befand sich in diesem Boden. Die Öffnung war aber in eine sehr starke Messingscheibe eingebohrt, welche die etwa aufsteigenden Dämpfe abkühlte und niederschlug. Das Gefäfs mit destillirtem Wasser, worin die Kugel schwebte, stand 5 Fufs ünter dem obern Rahmen. Es war von einem zweiten Gefäfse umgeben, das gleichfalls mit Wasser gefüllt und entweder durch die darnnter angebrachte Lampe er- wärmt, oder durch zugeleitetes kaltes Wasser, zuweilen auch durch einge- schüttetes Eis, abgekühlt wurde. Die Kugel, aus dem mittleren Theile der zuerst untersuchten weiten Glasröhre geblasen, hielt etwa 2!, Zoll im Durchmesser und war oben mit einer Oese versehn. Sie war zum Theil mit Schrot gefüllt, doch nur so mäfsig, dafs sie bei der stärksten Verdichtung des Wassers nur mit dem ge- ringen Drucke von einigen Grammen niedersank. Hierdurch erreichte ich den Vortheil, dafs selbst in der Nähe des Siedepunktes die Wage nur mit 13 Grammen belastet werden durfte, also ihre volle Empfindlichkeit behielt. Um jede überflüssige Belastung zu vermeiden, war die Schale an der Seite, wo die Kugel hing, abgenommen, und ein langer Draht ersetzte unge- fähr ihr Gewicht. Der untere Theil dieses Drahtes bestand aus einer feinen Stahl-Saite, von der 2 Fufs nur 0,112 Gramme wogen: der Gewichts- Verlust beim Eintauchen in das Wasser von einem Drahtstückchen dieser Art von 4 Linie Länge ist sonach nicht gröfser, als der 25° Theil eines Milligrammes, und hieraus ergiebt sich, dafs kein merklicher Fehler entstehn konnte, wenn auch der Draht um diese Länge mehr oder weniger tief eintauchte. Nichts desto weniger sorgte ich dafür, dafs ein solcher Fehler noch sicher vermieden wurde. Ich schlang nämlich den Draht wiederholentlich um eine kleine stählerne Klammer, die mit zwei horizontalen Spitzen versehn war. Der gegenseitige Abstand derselben betrug 2 Linien, und indem sie nahe über dem Wasser schwebten, so spiegelten sie sich auf der Oberfläche und ich sah vier Spitzen, von denen die erste und zweite genau eben so weit von einander entfernt waren, als die dritte und vierte. Hiernach liefs es sich sehr sicher beurtheilen, ob beim jedesmaligen Einspielen der Wage der Zwischenraum zwischen der zweiten und dritten Spitze eben so grofs war, 16 Hagen über die Ausdehnung des destillirten Wassers wie zwischen den äufsern. Sobald ein Unterschied sich zu erkennen gab, so wurde etwas Wasser hinzugegossen, oder abgezogen, bis alle drei Inter- valle gleich grofs waren. In der Nähe des Punktes der stärksten Verdichtung des Wassers mufste die Abwiegung durch Auflegen und Abheben der Gewichte und durch Ver- schieben des Hakens auf dem Wagebalken bewirkt werden, wobei aber die Arretirung immer so scharf eingestellt blieb, dafs die erwähnten Spitzen nicht eintauchen und sich benetzen konnten. Sobald dagegen die Änderung der Temperatur schon stärkeren Einflufs auf das Gewicht erhielt (etwa von 8 Graden ab) wurde die Beobachtung viel bequemer und sicherer, indem ich zuerst das Gewicht veränderte, und bei der langsamen Erwärmung oder Abkühlung des Wassers an der gegenseitigen Stellung der vier Spitzen sehr sicher die geringe Bewegung der Wage wahrnehmen konnte. Die Arretirung durfte dabei so eingestellt werden, dafs die Kugel bei dem Überschlagen des Wagebalkens sich nur um eine halbe Linie hob oder senkte. Bei Wei- tem der gröfste Theil der Messungen wurde auf diese Art angestellt, und zwar in vielfacher Abwechselung bei steigenden und fallenden Temperaturen. So lange die Temperatur des Wassers unter 50 Graden blieb, so er- folgte bei gleichen Gewichten das Umschlagen des Wagebalkens sehr genau bei derselben Temperatur, mochte das Wasser erwärmt, oder abgekühlt werden. Bei höheren Wärmegraden dagegen zeigten sich constante Diffe- renzen, die etwa bei 70 Graden sogar 0,5 Grad betrugen. Die Bewegung der Wage trat nämlich bei steigender Temperatur jedesmal in einem niedri- geren Wärmegrade ein, als bei der Abkühlung des Wassers. Den Grund hiervon darf man nicht im Mangel an Beweglichkeit der Wage suchen, da ein solcher augenscheinlich das Gegentheil veranlafst haben würde. Vielleicht liegt er darin, dafs das Thermometer nicht so schnell, als die Kugel, die Temperatur des Wassers annahm, doch ist es wahrscheinlicher, dafs die Strö- mungen im Innern des Wassergefäfses die Kugel herabdrückten oder hoben. Die Erwärmung und Abkühlung erfolgte nämlich grofsentheils durch die Seitenwände, und wenn die zunächst liegenden Wassertheilchen hier stiegen oder sanken, so mufsten sie im Innern des Gefäfses sich herab- oder herauf- bewegen, wobei die Kugel von ihrer Bewegung affıcirt, und dadurch der Druck des Gegengewichtes vermindert oder verstärkt wurde. Diese Erklä- 8 rung bestätigt sich auch dadurch, dafs bei noch höheren Temperaturen, so- unter verschiedenen Wärmegraden. 7 bald Dampfbläschen vom Boden sich lösten, diese Unterschiede in beiden Beobachtungsarten sich wieder verminderten. Das Wasser wurde nämlich alsdann in seiner ganzen Masse ziemlich gleichmäfsig erwärmt. Bei den höheren Temperaturen verursacht das Ansetzen von Luft- bläschen an die Kugel sehr grofse Schwierigkeit. Ich war gezwungen, nach jeder einzelnen Messung die Kugel auszuheben, wodurch sie schon gereinigt wird. Wenn ich aber nicht unmittelbar darauf die Beobachtung machen konnte; so mufste das Ausheben aufs Neue erfolgen, und es konnte nicht fehlen, dafs dadurch vielfach derjenige Wärmegrad, bei dem die Wage in Bewegung gekommen wäre, unbenutzt vorüberging Die Bläschen liefsen sich oft sehr deutlich sehen, ihre Anwesenheit ergab sich aber noch sicherer aus dem unregelmäfsigen Fortschreiten der gemessenen Wärmegrade bei glei- chen Gewichts-Veränderungen, und wenn ich in solchem Falle die Beobach- tung wiederholte, so zeigte sich jedesmal, dafs die Kugel vorher zu leicht gewesen, oder sie zum Theil durch die anhaftende Luft gehoben worden. Auch wenn ich das Wasser erkalten liefs, so bildeten sich noch Bläschen, und machten ein vielfaches Ausheben der Kugel nothwendig, doch geschah dieses nur bei sehr hohen Temperaturen. Über die Aufstellung des Thermometers habe ich mich schon oben ausführlich geäufsert, ich mufs nur hinzufügen, dafs die Mitte des-Queck- silber-Gefäfses in derselben Höhe schwebte, wie der Mittelpunkt der Glas- Kugel, sobald die Wage einspielte. Anfangs versuchte ich, zwei 'Thermo- meter abzulesen und das Wasser-Gefäfs hatte auch zu diesem Zwecke seine Form erhalten, da es jedoch immer darauf ankam, möglichst bald nach dem Einspielen der Wage, oder nachdem sie in Bewegung gekommen war, die Temperatur des Wassers abzulesen, so fehlte es an Zeit, um dieses an zwei Thermometern thun zu können. Dazu kam auch noch, dafs das eine Ther- mometer eine weit schärfere Ablesung, als das andere, gestattete, woher bei gleichmäfsiger Berücksichtigung beider, die Genauigkeit nur vermindert sein würde. Die Ablesung geschah nach Zehntel-Graden, zuweilen auch nach halben Zehnteln. Die Hundert- Theile von Graden, welche die folgende Tabelle angiebt, rühren von den oben beschriebenen Correctionen her. In der bezeichneten Art wurden während dreier Tage 192 Beobach- tungen gemacht, die sich auf Temperaturen von 0 Grad bis 95 Grad bezogen. Der gröfste Theil derselben fiel in die niedrigeren Wärmegrade, indem es Math. Kl. 1855. C 18 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers mir vorzugsweise darauf ankam, die Ausdehnung des Wassers in den ge- wöhnlichen Temperaturen und besonders in der Nähe des Punktes der stärk- sten Verdichtung kennen zu lernen. Häufig fielen zwei, und oft sogar meh- rere Beobachtungen in dasselbe Zehntel des Thermometer-Grades; diese wurden jedesmal zusammengezogen und als eine einzige Beobachtung be- trachtet, indem aus den nur wenig verschiedenen Gewichten das Mittel ge- nommen wurde. Auch in den höheren Temperaturen, wo die Gewichte vorher aufgelegt und die Wärmegrade gemessen wurden, waren die Tempe- raturen mehrfach genau dieselben. In einem Falle maafs ich bei derselben Temperatur (31,86 Grade) sehr verschiedene Gewichte: diese wurden nicht zusammengezogen, vielmehr besonders behandelt. Durch diese Gombina- tionen verminderte sich die Anzahl der Beobachtungen auf 125, dieselben sind, nachdem sie reducirt worden, in der nachstehenden Tabelle mitgetheilt. Über die Correction der Thermometer-Grade ist schon oben das Nöthige erwähnt, dagegen erfordert die Reduction der Gewichte noch eine nähere Erklärung. In derjenigen Temperatur des Zimmers, worin diese Beobachtungen sämmtlich angestellt sind, nämlich bei +5 Grad, wog die Glaskugel an der Luft 143,9065 Gramme. Das sehr feine Stückchen Stahl- draht, woran die Kugel befestigt war, wog dagegen, soweit es in das Wasser eintauchte 0,0042 Gramme und es verlor bei seinem Eintauchen ins Wasser noch nicht ein halbes Milligramm. Ich durfte daher die Veränderlichkeit dieses Gewichtsverlustes bei verschiedenen Temperaturen ganz unbeachtet lassen, oder das Verhalten dieser sehr kleinen Stahlmasse in gleicher Weise in Rechnung stellen, als ob dafür ein Glasfaden von gleichem Gewichte an- gewendet wäre. Aus den oben beschriebenen Beobachtungen ergiebt sich, dafs das Glas, woraus die Kugel besteht, bei der Erwärmung vom Eispunkte bis zum Siedepunkte sich lineär um 0,000923 ausdehnt, und dafs diese Ausdehnung dem Wärmegrade proportional ist. Die Ausdehnung im Volum beträgt also zwischen den beiden Festpunkten 0,002764, und wenn das Volum der Kugel im Eispunkte 7 genannt wird, so ist dasselbe bei 2 Graden = (1 + 0,00002764.1)F Aus dem Gewichtsverluste der Kugel im Wasser liefs sich ihr Volum ermitteln, und hieraus das Gewicht der Luft herleiten, welches die Kugel bei der Temperatur von 5 Graden verdrängte. Dasselbe ergab sich gleich unter verschiedenen Wärmegraden. 19 0,1730 Gramme. Das Gewicht der Kugel im luftleeren Raume ist also 143,9065 + 0,1730 — 144,0795 Gramme. Von der Wage war, wie bereits erwähnt, die eine Schale ausgehoben. Der statt ihrer eingehängte Draht mit allem Zubehör, soweit er über dem Wasser schwebte, hielt der andern Schale noch nicht das Gleichgewicht, sondern war um 1,8995 Gramme zu leicht. Das Gewicht der Kugel im Wasser betrug daher, wenn ich das aufgelegte Gegengewicht p nenne, p + 1,8995 und das Gewicht des verdrängten Wassers war bei jeder Beobachtung 144,0795 — p — 1,8995 — 142,1800 — p Bei der Bestimmung des Gewichtes p kam es auf den Verlust in der Luft nicht weiter an, da dieser Verlust immer gleichmäfsig blieb, indem weder der Barometerstand, noch die Temperatur der Luft während dieser Messungen sich merklich veränderte. Die ganze Untersuchung bezog sich auch nur auf die Ermittelung relativer Werthe. Indem nun die Beobachtungen jedesmal die Werthe von 7 und p er- geben, so findet man das Gewicht einer Wassermasse, deren Volum unbe- kannt, aber constant ist, oder das relative specifische Gewicht des Wassers 142,1800 — p cz 1-+ 0,00002764 «£ Wenn hiernach die einzelnen Beobachtungen berechnet werden, so ergeben sich die in der zweiten Spalte der folgenden Tabelle enthaltenen Werthe von c. Temper.| relatives Gewicht c t beobachtet. | berechnet. 0,02 133,6939 133,6947 0,12 6942 6956 0,22 6949 6965 0,32 6972 6973 0,42 6985 6981 0,62 133,6989 133,6996 0,82 7002 zo1l 1,13 7030 7031 1,23 7042 7037 1,33 | 7053 7043 C2 30 Hacken über die Ausdehnung des destillirten Wassers t le beobachtet. | c berechnet. 1,48 133,7065 133,7052 1,63 7061 7059 2,03 7079 7078 2,23 7080 7085 2,33 7094 7089 2,43 | 133,7096 | 133,7092 2,53 7097 7095 2,63 7103 7098 2,83 7100 7103 3,04 7107 7108 3,14 | 1337110 | 133,7109 3,34 7114 7112 3,44 7096 7113 3,54 7115 7114 3,64 7106 7114 3,714 | 133,7109 | 133,7115 3,94 7103 7115 4,04 7108 7115 4,14 7097 7114 4,24 7104 7114 4,34 | 1337109 | 133,7113 4,39 7098 7113 4,44 7108 7112 4,54 7117 7110 4,64 7102 7109 4,54 | 133,7100 | 133,7105 4,94 7093 7102 5,45 7100 7090 5,75 7080 7079 6,15 7065 7063 6,35 | 133,7056 |, 133,7054 6,45 7049 7049 6,55 7034 7044 6,75 7023 7033 6,85 7034 7027 6,95 | 133,7019 | 133,7021 7,16 7020 7008 7,36 7010 6995 7,56 7004 6981 7,61 6985 6977 7,66 | 133,6984 | 133,6974 7,86 6966 6959 7,96 6945 6952 8,75 6895 6984 9,86 6796 6771 unter verschiedenen WW. ärmegraden. t | ce beobachtet. | e berechnet. 10,02 | 133,6750 | 133,6753 11,15 6611 6614 11,27 6647 6597 11,87 6526 6514 12,04 6480 6488 12,71 | 133,6357 | 133,635 12,77 6394 6376 13,04 6345 6332 13,47 6270 6260 14,39 6098 6096 14,90 | 133,6020 | 133,5999 15,72 5852 5835 16,02 5782 5773 16,87 5612 5588 17,03 5546 5553 17,81 | 133,5379 | 133,5372 18,01 5312 5325 18,66 5149 5165 18,90 5081 5104 20,95 4570 4556 21,07 | 133,4506 | 133,4522 22,67 4010 4048 22,96 3941 3961 24,50 3387 3467 24,80 3437 3367 26,10 | 133,2892 | 133,2922 26,22 2828 2880 27,65 2339 2362 27,80 2273 2307 29,05 1790 1830 29,20 | 1331725 | 133,1773 30,45 1242 1276 30,55 1179 1233 31,86 0693 0691 31,86 0633 0691 33,17 | 133,0149 | 133,0128 33,27 0085 0086 34,39 | 132,9607 | 132,9588 34,47 9544 9550 35,43 9071 9113 36,58 | 132,8532 | 132,8572 37,70 7993 8033 38,86 7453 7462 40,00 6915 6884 41,00 6381 6368 22 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers t | c beobachtet. | c berechnet. 43,00 132,5313 132,5302 44,00 4779 4754 45,00 4245 4196 46,90 3180 sııl 48,70 2119 2035 50,20 132,1069 132,1145 52,00 0008 0035 53,71 131,895 1 131,8957 55,40 7894 7852 57,00 6841 6798 58,55 131,5789 131,5749 61,54 3690 3678 64,34 1598 1681 67,32 130,9499 130,9490 70,14 7407 7361 72,77 130,5321 130,5324 75,60 3228 3093 77,93 1154 1216 80,37 129,9076 129,9215 83,13 6986 6912 85,48 129,4911 129,4922 87,78 2838 2944 90,19 0761 0843 93,07 128,8670 128,8299 95,02 6609 6554 Indem ich die vorstehenden, aus den einzelnen Beobachtungen her- geleiteten Werthe von c in grofsem Maafstabe graphisch darstellte, oder sie als Ordinaten auftrug, während die Thermometer-Grade die Abseissen waren, so bildete sich eine Curve, die einer Parabel nicht unähnlich, ihren Scheitel- punkt etwa bei 4 Graden hatte. Sie zeigte nirgend eine plötzliche Änderung in ihrer Richtung, vielmehr schien es, dafs sie in ihrer ganzen Ausdehnung durch dasselbe Gesetz bedingt werde. Die Zeichnung ergab aber sehr deut- lich, dafs die Curve nicht symmetrisch sei, vielmehr der kurze Schenkel, der die Temperaturen unter 4 Graden umfafste, steiler abfiel, als der längere Schenkel. Es schien mir am angemessensten, den Scheitelpunkt als Anfangspunkt der Coordinaten zu wählen. Nenne ich x die Temperatur der stärksten Verdichtung des Wassers, und y denjenigen Werth von c, der dieser Tem- peratur entspricht, so war die Beziehung zwischen - x =r und c—y zu suchen. unter verschiedenen W ärmegraden. 23 Zuerst versuchte ich c—-—y= rer? zu setzen. Diese Annahme zeigte sich indessen als ungenügend, auch wurde durch die Einführung eines zweiten Gliedes, das r in der ersten Potenz ent- hält, beinahe nichts gewonnen. Viel passender und zwar nahe von gleichem Erfolge waren die beiden Formen c-y=rr:—sr und c-y=r A Nichts desto weniger blieben in beiden Fällen noch bedeutende und sehr regelmäfsige Abweichungen, die also augenscheinlich ergaben, dafs die ge- wählten Ausdrücke nicht die richtigen seien. Da jedoch die erste Form sich sehr gut an die Beobachtungen bis zu 20 Graden anschlofs, so berechnete ich für diese Grenze die wahrscheinlichsten Zahlenwerthe der Constanten r und s und benutzte diese, um die Coordinaten des Scheitelpunktes zu finden. Die 53 Beobachtungen von 0 bis 8 Graden ergaben x = 3,86981 und y= 133,7115 mit den wahrscheinlichen Fehlern 0,03026 für x und 0,0002 füry Der Werth von y bezieht sich auf eine Einheit, die sehr nahe mit der Ge- wichts-Einheit, also mit einem Gramme übereinstimmt, der wahrscheinliche Fehler von y beträgt also nur 0,2 Milligramme. Diese Resultate wurden der folgenden Untersuchung, zur Auffindung der Form des Ausdruckes zum Grunde gelegt. Ohne auf die nähere Be- zeichnung des höchst mühsamen Weges einzugehn, den ich verfolgte, be- merke ich nur, dafs ich nochmals die Beobachtungen graphisch darstellte in so grofsem Maafsstabe, dafs die Zeichnung noch die letzten Decimalen angab. Hiernach konnte ich mit grofser Sicherheit diejenigen Beobachtun- gen aussuchen, welche dem allgemeinen Zuge der Curve sich am besten an- schlofsen. Ich wählte 20 solcher Beobachtungen, und diese wurden allein bei der Bestimmung der Potenzen von r benutzt. Die directe Ermittelung der zu wählenden Exponenten bot grofse Schwierigkeiten, obwohl dieser Weg doch im Allgemeinen die Form des Ausdrucks andeutete. Für die 24 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers nähere Bestimmung der Exponenten fand ich es am bequemsten, willkürliche Wahlen zu treffen, und zuzusehn, welche Annahme zu den kleinsten Qua- draten der Fehler führte. Indem ich dabei noch die Absicht verfolgte, dem Ausdrucke eine möglichst einfache Form zu geben, so gelangte ich endlich zu dem folgenden Resultate: Vyr-e = re1r—sır'% Hierauf ging ich wieder zu den sämmtlichen Beobachtungen, mit alleiniger Ausschliefsung derer über, die zwischen r= —2 und r=-+2 liegen. Diese 98 Beobachtungen ergaben nach der Methode der kleinsten Quadrate r = 0,032479 s = 0,00052097 Mit Einführung der Zahlenwerthe hat man also V(133,7115 — c) = 0,032479 (t — 3,87) — 0,00052097 (t — 3,87)1% Hiernach sind die Werthe von c berechnet, welche die dritte Spalte der vorstehenden Tabelle enthält. Aus der Vergleichung der Werthe Yy—c ergeben sich aber die wahrscheinlichen Fehler von r gleich 0,000042133 und von s gleich 0,0000035270 Der Umstand dafs in diesem Ausdrucke nicht y— c, sondern Yy—c vorkommt, ist in sofern sehr günstig, als dadurch der überwiegende Einflufs der bei höheren Temperaturen angestellten Beobachtungen aufgehoben wird. Letztere waren nach den obigen Mittheilungen weniger sicher, als die Mes- sungen unter geringeren Wärmegraden. Was die Zeichen betrifft, so erge- ben sich diese am leichtesten, sobald man die Werthe auf beiden Seiten zum Quadrate erhebt. Man erhält alsdann y-c= r!.r? ars ser Der Exponent des zweiten Gliedes ist gleich . Wenn r negativ ist, so ist auch die fünfte Wurzel von r, und deren 13‘ Potenz negativ. Dagegen ist die 16° Potenz dieser fünften Wurzel, die im dritten Gliede vorkommt, jedesmal positiv. Bei negativen Werthen von r ändert demnach nur das zweite Glied das Zeichen, oder man hat alsdann Vy—c = r.r + ser'% Indem die Constanten r und s so bestimmt sind, dafs die berechneten Werthe von Vr—e sich möglichst an die beobachteten anschliefsen, so kann unter verschiedenen Wärmegraden. 25 es nicht fehlen, dafs in den Quadraten dieser Gröfsen, oder in den Werthen von y—c oder c, die Verschiedenheit eintritt, welche die obige Tabelle nach- weist. In niedrigen Temperaturen ist die Übereinstimmung der Werthe von c ganz befriedigend, sie läfst aber bei höheren Temperaturen sehr viel zu wünschen übrig, und würde sogar einen begründeten Verdacht gegen die Genauigkeit der Messungen oder gegen diese Form des Ausdruckes erregen, wenn die Unterschiede allein durch fehlerhafte Gewichts-Bestimmungen ver- anlafst wären. Dieses ist indessen nicht der Fall, vielmehr lassen sie sich vollständig erklären, wenn man die Fehler in der Bestimmung der Tempera- tur berücksichtigt. Um dieses näher zu zeigen, habe ich für die verschiedenen Temperaturen die wahrscheinlichen Fehler aus obiger Tabelle ermittelt und hieraus die Gröfse der Fehler sowol in der Gewichts-Bestimmung, als in der Ablesung des Thermometers entwickelt, die jenen entsprechen. Wahrscheinlicher Fehler in der Bestimmung des Gewichtes. der Temperatur. Milligramme. Grade C. Zwischen 2 und 6 Graden . . . 0,5265 Mr 0 u. 2und 6 u. 8 Graden 0,6457 0,1033 Y 8 und 14 Graden . . . 1,4162 0,1085 u © Se > in ar ee ENDAD 0,0479 > ala a \ 1 öe a N len, 0,0788 u: | a, 0. 289958 0,0439 ARTE er 1927, 0,0526 a 1 4,9108 0,0592 Be AR '5, m... 40,9220 0,1249 Es ergiebt sich hieraus, dafs die Abweichungen, welche die obige Ta- belle enthält, sich beinahe vollständig erklären, wenn man den wahrschein- lichen Fehler in der Ablesung des Thermometers gleich 0,05 Grade setzt. Diese Annahme würde auch noch für die letzte Gruppe der Beobachtungen genügen, wenn nicht eine einzelne Messung, nämlich bei 93,07 Graden über- mäfsig abwiche. Gegen diese hegte ich schon während der Beobachtung einigen Verdacht, doch mochte ich sie nicht fortlassen, weil unter den ange- führten Umständen nur selten eine Messung glückte und daher die Anforde- rungen ermäfsigt werden mufsten. In den Beobachtungen bei niedrigen Wärmegraden hat der Fehler in der Temperatur-Bestimmung weniger Ein- Math. Kl. 1855. D 36 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wasser flufs. Die Abweichungen rühren daher hier wohl grofsentheils von der Ge- wichtsbestimmung her, deren wahrscheinlicher Fehler etwa ein halbes Milli- gramm ist. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dafs der vorstehende Ausdruck sich in befriedigender Weise an die Beobachtungen anschliefst, habe ich nach demselben für jeden einzelnen Grad der hunderttheiligen Scale sowol die Dichtigkeit, als das Volum des Wassers berechnet, indem ich in beiden Fäl- len die Werthe dieser Gröfsen in dem Punkte der gröfsten Dichtigkeit des Wassers als Einheiten annahm. Es ergiebt sich hieraus die Ausdehnung des Wassers bei der Erwärmung vom Eispunkte bis zum Siedepunkte gleich 0,042839 was mit der üblichen Annahme 1:23 ungefähr übereinstimmt. Es mufs aber noch darauf aufmerksam gemacht werden, dafs diese Angaben sich auf Ge- wichtsbestimmungen im luftleeren Raume beziehn. Tabelle der Dichtigkeit und des Volums des Wassers für die einzelnen Grade der hunderttheiligen Thermometer-Scale. Grade. | Dichtigkeit. | Volum. 0 0,999 8732 | 1,000 1267 1 9310 0690 2 9711 0289 3 9939 0061 4 9999 | 0001 bi) 0,999 9903 1,000 0097 6 9660 0340 7 9275 0725 8 8754 | 1247 9 8098 1903 10 0,999 7311 | 1,000 2690 11 6396 3605 12 5357 4645 13 4195 5808 14 2913 7092 15 0,999 1513 | 1,000 8194 16 0,998 9998 | 1,001 0013 17 9368 1645 18 6627 3390 19 | 4776 5246 unter verschiedenen Wärmegraden. Grade. | Dichtigkeit. | Volum. 20 0,998 2817 ! 1,001 7212 LE} -=T 21 0752 9284 22 0,997 8584 | 1,002 1461 23 6313 3741 24 3941 6123 25 0,997 1470 | 1,002 8609 26 0,996 8902 | 1,003 1196 27 6237 3879 28 3477 6658 29 0624 9532 30 | 0,995 7679 | 1,004 2501 31 461 556 32 152 872 33 0,994 831 1,005 197 34 501 530 35 0,994 162 | 1,005 872 36 0,993 815 1,006 223 37 460 582 38 097 950 39 0,992 726 | 1,007 326 40 | 0,992347 | 1,007 711 al 0,991 961 | 1,008 104 42 567 505 43 165 914 44 0,990 756 | 1,009 331 45 0,990 339 | 1,009 756 46 | 0989915 | 1,010 158 47 484 628 48 046 | 1,011 076 49 0.988 601 531 50 0,958 148 | 1,011 994 51 0,987 689 | 1,012 464 52 224 941 53 | 0986753 | 1,013 424 54 275 917 55 10,985 791 | 1,014 415 56 300 920 57 0,984 805 | 1,015 432 58 300 951 59 0,983 791 | 1,016 477 60 0,953277 | 1,017 009 61 0,982 757 547 62 230 1,018 092 63 0,981 698 643 64 161 | 1,019 200 238 Hasen über die Ausdehnung des destillirten Wassers u. s. w. Grade. | Dichtigkeit. | Volum. 65 | 0,980618 | 1,019 764 66 070 | 1,020 334 67 | 0,979 517 910 6s ! 0,978959 | 1,021 493 69 396 1,022 081 70 0,977 827 1,022 675 253 | 1,023275 0,976 675 ss1 092 | 1,024 493 0,975504 | 1,035 111 0,974911 | 1,025 734 314 | 1,026 363 0,973 613 997 117 | 1,027 637 0,972 497 | 1,028 282 0,971852 | 1,028 932 263 | 1,029 587 0,959 486 1,042 224 0,958 801 1,042 969 82 0,970 641 | 1,030 248 83 015 914 54 0,969384 | 1,031585 85 0,968 749 | 1,032 261 86 110 942 87 0,967 467 | 1,033 628 ss 0,966 821 | 1,034318 89 171 | 1,035 014 90 0,965517 | 1,035 715 9 0,964860 | 1,036 420 92 199 | 1,037 130 93 0,963 535 845 94 0,962 868 | 1,038 564 95 0,962 198 | 1,039 287 96 0,961 525 ! 1,040 014 97 0,960 848 746 98 168 | 1,041483 Über dıe Hansensche Form der Störungen. Von H” ENCKE. mamnnnnnmNwwn [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 1. November 1855.] ie Jahre 1828 hatte die Akademie eine Preisfrage gestellt, über die Theorie der gegenseitigen Anziehungen des Jupiter und Saturn, mit besonderer Rücksicht auf die Glieder von der zweiten Potenz der Massen, mit dem Ar- gumente fünfmal die mittlere Bewegung des Saturn weniger zweimal der mittleren Bewegung des Jupiter. In diesen Gliedern hatte nämlich der ausge- zeichnete Mathematiker H. Plana in Turin, bei dem Nachrechnen einen star- ken Unterschied mit dem Resultate, was Laplace Mec. cel. Vol III pg. 140 angegeben hatte, erhalten. Der Erfolg dieser Preisfrage war ein recht günstiger, da es sich herausstellte, dafs in der That beide Resultate irrig waren. In der Mec. cel. mufsten die Zeichen geändert werden, zugleich aber war bei Plana ein Irrthum ähnlicher Art vorgekommen, so dafs jetzt erst der wahre Werth ermittelt ward. Die Preisfrage kam am 30. März 1830 zur Entscheidung. Ein halbes Jahr vorher publieirte Herr Direktor Hansen in Gotha: Disquisitiones eirca theoriam perturbationum, quae motum corporum coelestium afficiunt (Astr. Nachr. No. 166— 168. Oct. 1829.) Er bewarb sich auch um den Preis. Da aber seine Bewerbungsschrift einige Tage zu spät eingeliefert war, dage- gen eine französische Beantwortung von Herrn v. Pontecoulant zu rechter Zeit, so konnte Hansen nicht concurriren, sondern der Preis wurde dem Herrn v. Pontecoulant, der wirklich eine Berichtigung der beiden oben er- wähnten Resultate gefunden hatte zuerkannt, dem Herrn Direktor Hansen aber eine aufserordentliche Preismedaille.(!) (') Ich glaube diese Gelegenheit benutzen zu müssen, um einen ganz ungegründeten Vorwurf, der der Akademie im Jahre 1840 gemacht ist, zu widerlegen. Herr Arago ge- 30 EnckE In dieser Preisschrift bezog Herr Direktor Hansen sich auf die Ab- handlung in den astronomischen Nachrichten, und entwickelte die gegensei- tigen Störungen des Jupiter und Saturn, für den Jupiter bis auf die erste Ordnung in Bezug auf die Massen, für den Saturn bis auf die zweite, und selbst einen Theil der dritten Ordnung, mit einer Schärfe wie sie vorher nicht angewandt war. Es gründete sich darauf die Hoffnung, die gegensei- tigen Störungen der Planeten überhaupt vermittelst der neuen Hansenschen Methode ausgeführt zu erhalten, wenn sie erst bei den übrigen Astronomen und Mathematikern Eingang gefunden haben würde. Diese Hoffnung ist, so wie sie damals gehegt ward, leider nicht in Erfüllung gegangen. Zwar beschäftigte sich Herr Direktor Hansen fortwäh- rend mit dieser Methode, und aufser kleineren Aufsätzen, welche weniger die ganze Methode, als Theile der Ausführung betrafen, enthalten die Astro- nomischen Nachrichten No. 244—246, No. 258—260, No. 2834 —286, rieth um diese Zeit in einen persönlichen Streit mit Herrn v. Pontecoulant und schrieb in demselben eine Broschüre: Lettre de M. Arago ä M. Alexandre de Humboldt Paris 1840, in welchem er eine grolse Anzahl von Vorwürfen auf Herrn v. Pontecoulant häuft. Auf pag. 19 kommt er auf den in einer solchen Schrift allerdings schwierig zu behandeln- den Punkt, dafs Herr v. Pontecoulant, noch dazu auf den eigenen Rapport von Arago, von der Pariser Akademie einige Jahre vorher einen Preis erhalten habe und braucht dabei fol- gende Wendung: Depuis tantöt un an, je l’avouerai, j’ai plus d’une raison de supposer que nous fümes trop confiants; qu’en mon particulier, cet invincible besoin, que j’ai puise & ton ecole, d’encourager le zele, la bonne volonte, m’entraina au-delä des justes bornes; que nous eussions fait sagement, imitant en cela PAcademie de Berlin, de remettre la question au concours aussitöt apres avoir couronne la piece volumineuse qui fesait passer tant de chiffres sous nos yeux sans verifications possibles. Er fährt dann fort, Herrn v. Ponteceulant Irrthümer nachzuweisen. Es gehört die bei einer solchen Streitschrift allerdings erklärliche Aufregung dazu, um eine solche gar nicht zu billigende Inconsequenz einer befreundeten Corporation schuldzugeben, und diesen starken Vorwurf in einem Briefe an das hervorragendste Mitglied dieser Corporation auszusprechen. Die Preisfrage ist nie wiederholt worden, Herr v. Pontecoulant, der zur rechten Zeit seine Beantwortung eingesandt hatte, wenn- gleich er nur einen Theil der Aufgabe gelöst, hat den darauf gesetzten Preis erhalten, und die nicht zu rechter Zeit eingelieferte Preisschrift des Herrn Direktor Hansen in derselben Sitzung einen aulserordentlichen. Während der Zeitdauer des heftigen Streites habe ich die Äulserung nicht berichtigen wollen, nachher ist sie mir in Vergessenheit ge- kommen. Die gegenwärtige Veranlassung läfst sie mich hierdurch berichtigen. Man kann nur die Geschichte der Akademie in dem Bande von 1830 nachsehen. [53 über die Hansensche Form der Störungen. 31 No. 295— 297, No. 423—425 die Haupt-Abhandlungen darüber. Er legte sie sowohl bei seiner Mondtheorie: fundamenta nova investigationis orbitae verae quam luna perlustrat 1838, als bei seiner Schrift: Ermittelung der ab- soluten Störungen in Ellipsen von beliebiger Excentrieität und Neigung (welche von der hiesigen Akademie mit einem aufserordentlichen Preise aus- gezeichnet wurde), als auch seiner neuesten Pariser Preisschrift 1851 zum Grunde. Allein aufser Herrn Prof. Zech in Tübingen, der von Hansen selbst bei einem längeren Aufenthalte in Gotha die Anwendung überliefert bekommen hatte, und mir, der ich in dem astronomischen Jahrbuche für 1838, und in den Abhandlungen der Akademie vom Jahre 1837 versucht hatte, sie auf eine andere Weise abzuleiten, ein Versuch der meinen eige- nen Wünschen aber nicht entsprach, und der Anwendung die die Herren Professoren Galle und Wolfers in den Abhandlungen der Akademie 1840 auf die Vesta, und zwar nur unvollständig gemacht haben, ist nur noch eine Ableitung derselben von Remigio del Grosso: Rendiconto delle adu- nanze e de lavori dell’ Academia Napolitana delle Scienze. T. VII. zu mei- ner Kenntnifs gekommen. Von Tafeln welche sich darauf gründen, sind mir nur die Sonnentafeln von Hansen bekannt, indessen hat Herr Prof. Zech neuerdings die Störungen der Astraea darnach berechnet. Der Grund dieser langsamen Verbreitung kann in mehreren Umstän- den liegen. Zuerst ist die Form in welcher Hansen die Störungen aufstellt eine von den bisher angewandten verschiedene. Er giebt die Störungen nicht für die Elemente an, wie es bei der Variation der Constanten der Fall sein würde, auch nicht für die wirklichen Polar-Coordinaten, Länge in der Bahn, Radius vector und Breite, sondern er entwickelt sie für die mittlere Anomalie, einen Radius vector der mit der gestörten mittleren Anomalie be- rechnet ist und die Breite. In Bezug auf die Störungen der einzelnen Ele- mente bemerkt er, dafs die Reihen dafür viel weitläuftiger ausfallen würden, als bei den wirklichen Coordinaten, dafs man sechs gestörte Gröfsen statt dreier haben würde, und daher diese Form für die Planeten-Störungen un- zweckmälsig sei. Diesen Gründen läfst sich noch hinzufügen, dafs die Er- mittelung der Störungen in Bezug auf die zweite Potenz der Massen, bei dieser Form mit gröfseren Schwierigkeiten zu kämpfen haben würde. Dennoch glaube ich erwähnen zu müssen, dafs die letzte Unterhaltung welche ich im Jahre 1853 mit unserm unvergefslichen Gaufs hatte, gerade 32 Encks diesen Punkt betraf, und dafs er mit Bestimmtheit äufserte, er halte den Weg durch die Variation der Constanten die Störungen darzustellen für den geeignetsten, aus Gründen, die sich indessen in der Kürze nicht entwickeln liessen. Leider hat er auch nirgends etwas darüber veröffentlicht, obgleich er, wie ich aus früheren Arbeiten weils, die Pallasstörungen auf diesem Wege sehr weit schon berechnet hatte. So viel mir bekannt hat Niemand diesen Weg eingeschlagen, aufser dafs in der Abhandlung über die Störun- gen der Vesta durch Jupiter, Saturn und Mars (Abhandlungen der Akade- mie 1840) diese Entwickelung für die erste Potenz der Massen gegeben worden ist. Dagegen ist die von Hansen gewählte Form der Störungen der mitt- leren Anomalie und des davon abhängigen Radius vectors eine ganz neue, welche nur in der Entwickelung der grofsen Ungleichheit zwischen Jupiter und Saturn bei Laplace ihr Analoges hat. An mehreren Stellen deutet Herr Direktor Hansen an, ohne, so viel ich gefunden habe, einen strengen Beweis dafür zu geben, dafs die Reihen bei den Störungen der mittleren Anomalie convergenter ausfallen als bei der wahren. Wenn dieses der Fall ist, so wäre es allerdings ein erheblicher Grund für diese Wahl. Fast aber möchte ich glauben, dafs die wahrscheinliche Veranlassung zu seiner Bear- beitung des Störungs-Problems, die Preisaufgabe der Akademie, ebenfalls ihn zu dieser Wahl bestimmt hat. Die Preisaufgabe verlangte die Berück- sichtigung der zweiten Potenz der Masse. Es würde dem ersten Anblicke nach, da die Störungen nach Reihen entwickelt werden, welche von den vielfachen der mittleren Anomalien abhängen, für die zweite Potenz am einfachsten sein, die mittlere Anomalie statt der wahren bei den Störungen zu wählen, wenn man alle Störungen auf eine Störung der mittleren Ano- malie zurückführen könnte. Eine einfache Differentiation würde dann den Betrag der Störungen der zweiten Potenz in Bezug auf die Massen geben. Immer indessen kann man dabei bemerken, dafs diese einfache Form bei Hansen überhaupt und auch nur bei einer Coordinate stattfinden kann, und dafs für den Rad. vect. und die andern Gröfsen welche bei der zweiten Po- tenz zu varjiren sein werden, dafür wieder eine gröfsere Weitläuftigkeit her- beigeführt wird. Man wird nothwendig auf die Variation wenigstens eines Elementes Rücksicht nehmen müssen, weil der Ausdruck der Störungen der mittleren Anomalie ohne ein solches Element nicht gegeben werden kann. über die Hansensche Form der Störungen. 33 Es ist mir deshalb zweifelhaft ob ein Vortheil der Hansenschen Form, ge- gen die Form der reinen rechtwinklichten Coordinaten in diesem Punkte wirklich stattfindet. Indessen war es nicht sowohl diese Form welche die Verbreitung der Hansenschen Methode hinderte, als vielmehr die Art, wie er sie in die Rech- nungen einführte. Er bedient sich durchweg der rein analytischen Entwick- lungen, auf eine Weise und in einem Umfange, der nothwendig den, wel- cher diese Untersuchungen nicht zu seinem einzigen Geschäfte macht, den Faden leicht verlieren läfst, und was hier noch sehr in Betracht kommt, die Methode die er in den späteren Abhandlungen vorschlägt, gründet sich zwar auf seiner ersten Anschauung, ist aber wesentlich von der zuerst angegebe- nen Methode verschieden. Da nun die späteren Beweise sich an die aller- ersten anschliefsen, so bleibt es ein ungemein mühsamer Weg zuerst sich hindurcharbeiten zu müssen durch eine Reihe von Ableitungen, welche am Ende nur die Grundlage von den Ableitungen bilden, bei denen man zuletzt stehen bleibt. Da er selbst bei seinem Fortstudium für sich diesen Weg ge- macht hat, so ist es natürlich dafs ihm der Zusammenhang zwischen Anfang und Ende immer gegenwärtig ist. Aber das Gefühl es müsse eine einfachere Betrachtung geben, wodurch das einfache Endresultat erhalten wird, ohne durch die Umwege, auf welchen der Erfinder zu der Überzeugung gekom- men ist, es sei dieses das was den Vorzug verdient, sich zu ermüden, mufs nothwendig in Jedem der sich mit dem Studium der Methode beschäftigt, in sehr starkem Grade geweckt werden. Besonders wenn nirgends ein voll- ständig durchgeführtes Beispiel sich findet, bei einer Untersuchung wie diese, wobei Alles auf die möglichst grofse Bequemlichkeit in der Anwen- dung ankommt, welches die mitunter aus der Anwendung selbst sich erst ergebenden Gründe der Wahl dieses oder jenen Weges unterstützt. Der Wunsch eine solche einfache Ableitung zu erhalten wird dabei noch durch einen grofsen und sehr anzuerkennenden Vorzug der Hansenschen Arbeiten unterstützt, dafs er nämlich überall die vollkommene Strenge zu erreichen bestrebt ist, und deshalb die Hoffnung eine vollkommene Befriedigung zu erlangen erweckt, sobald der Gang selbst mit Klarheit erkannt wer- den kann. Die erste Anschauung in der ersten Abhandlung (Astr. Nachr. No. 166 ff.) beruht auf einer analytischen Annahme die niemals verwirklicht Math. Kl. 1855. E 34 EnckEe werden kann. Bei den Störungen findet immer eine Vergleichung des rein elliptischen Ortes und des mit gestörten Elementen berechneten wahren Or- tes statt, aber wohlverstanden wenn beide für dieselbe Zeit berechnet wer- den. Die Berechnung eines Ortes für eine gewisse Zeit, mit Elementen, deren Störungen für eine andere Zeit gelten, kommt bei der Untersuchung der Störungen der Natur der Sache nach nie vor. Dennoch geht der erste Aufsatz aus von der Ermittelung einer Funktion d, welche der Störung der mittleren Anomalie entspricht, wenn man irgend einen Ort für die Zeit r berechnen wollte, mit Elementen deren Störungen nicht für 7 sondern für £ gelten. Sie wird auch weiter nicht gebraucht, als dafs man für die wirkli- che Anwendung 7 mit i vertauscht. Aber sie führt, aufser der Vorstellung einer Verbindung die niemals stattfindet, den Nachtheil mit sich, dafs sich in ihr Glieder befinden die gerade der allzugrofsen Allgemeinheit wegen den Faktor r— enthalten, der wenn man { für r schreibt = o wird, und damit alle diese Glieder vernichtet. Dieselbe Form, wie in der Sect. Ill der Fun- damenta pg. 128 als Hauptgrund für die einzuführende Modifikation ange- geben wird, kommt für die zweite und höheren Potenzen der Massen in noch viel grölserer Zahl vor. Dabei'wird die Anzahl der Bezeichnungen unge- mein vermehrt, da zu den wirklich in Betracht kommenden Gröfsen, auch noch die Örter für r hinzukommen, welche mit Elementen der Zeit z an- gehörig berechnet sind. Man kann die Einführung von r vielleicht dadurch erklären, dafs bei der Integration der Differentialgleichungen zweiter Ordnung, die hier vor- kommen, Formen entstehen wie ySeQdt — xfy Qdt wo x,y,Q in Reihen, welche Funktionen von Z sind, entwickelt gedacht werden müssen. Unterscheidet man hier die x und y welche vor dem In- tegrale stehen, durch Einführung der Variabeln 7, von denselben Gröfsen unter dem Integralzeichen welche nach i entwickelt sind, so dafs für ht y=bt die Form entsteht er) SFWQd — Ser)So(t) Qdt so läfst sich analytisch das ganze zusammenfassen in SOnfo — FI (99) Qdt über die Hansensche Form der Störungen. 35 so bald man bei der Integration nach 7 die Glieder in r als constant ansieht. Die Rechnung scheint mir aber dadurch um nichts abgekürzt zu werden, wenn man nämlich die ursprüngliche Form auf die zweckmäfsigste Art behandelt. In der That hat auch Hansen seine Form in diesem Sinne geändert. Bei der ersten Aufstellung suchte er aus - ı()=0 dr zuerst durch eine Integration nach r die Gleichung zu erhalten ag __ds und dann 2 durch eine Integration nach 7. In der Sectio III der Fundamenta ändert er aber, gerade wegen der Glieder mit dem Faktor # — t, die Glei- chung so um dafs er aus a?‘ drdt durch eine Integration nach z, die Gröfse & erhält, dann durch Verwand- lung von r in Z daraus 22 endlich durch eine zweite Integration nach 7, die Grölse z, welche früher aus & erhalten wurde durch Verwandlung von + int. Die Bestimmung der Constanten hat aber wegen der beiden unabhängigen Variabeln eine gewisse Schwierigkeit. Wollte man auch in der analytischen Zusammenziehung der Inte- ySaQdı — zfyQdı einen Vortheil der durch die Einführung von r erreicht wurde finden, so ist gralform die Einführung dieser neuen Variabeln gleich vom Anfang an, wenn sie sonst weiter keinen Nutzen gewährt, gewils für die Übersichtlichkeit des Ganges, und für seine Kürze, ein wesentlicher Nachtheil, und wenn Han- sen immer wieder von der später doch aufgegebenen Vorstellung ausgeht, so liegt unstreitig in diesem Festhalten die Hauptursache warum seine Theo- rie so wenig Eingang gefunden hat. Die Änderung seiner ursprünglichen Form welche er in den Funda- mentis vorgenommen hat, die Umkehrung der Ordnung in welcher er ur- E2 36 EnckE sprünglich nach seinen beiden Variabeln r und ? integrirte, konnte um so mehr erwarten lassen dafs eine einfachere Ableitung sich werde finden lassen, als sie zeigte dafs wirklich der eigentliche Sinn von 7 in nichts Anderem be- steht, als gewisse Funktionen der Zeit von einer Integration auszuschliefsen, die man nach der Integration wieder ganz so behandelt wie die andern. In der That theilte auch Herr Prof. Zech in Tübingen im März dieses Jahres mir eine Herleitung mit, die in Bezug auf zwei Coordinaten, die Länge in der Bahn und den Radius vector, an Kürze und Übersichtlichkeit nichts zu wünschen übrig liels. Er hat sie in No. 969 der astronomischen Nachrich- ten veröffentlicht. Durch diese Ableitung glaube ich, dafs die Hansensche Form der Störungen der mittleren Anomalie und des Radius vectors so dar- gestellt ist, dafs sie zur Anwendung kommen wird, und halte es daher für angemessen, sie nach meiner Darstellung (welche indessen kaum von der des Herrn Prof. Zech verschieden ist) hier wiederzugeben, damit eine Form der Störungen welche einer gekrönten Preisschrift zum Grunde liegt, in den Abhandlungen der Akademie in ihrer einfachsten Gestalt aufgeführt werde, und damit zugleich eine Vergleichung mit der Form möglich ge- macht werde, welche ich bei rechtwinklichten Coordinaten gewählt habe. Diese Vergleichung kann aber nur vollständig angestellt werden wenn auch für die dritte Coordinate, die Breite, die Störung ermittelt wird. Hier hat, glaube ich, Hansen in seinen Fundamentis sich das grofse Ver- dienst erworben, zuerst eine vollständige Schärfe eingeführt zu haben, wäh- rend sonst gewöhnlich der kleinen Neigungen der Planetenbahnen wegen, nur eine für die Anwendung hinreichende Näherang beabsichtigt ward. In- dessen werde ich nicht die Form welche in den Fundamentis angenommen ist beibehalten, sondern statt deren diejenige eben so strenge, welche Hansen in einer kleinen Abhandlung über ideale Coordinaten, wie er sie nennt, und daraus in No. 799 der astronomischen Nachrichten, als die zweckmäfsigste für die kleinen Planeten, wie es scheint, anerkannt hat. Dieselbe ist auch von Herrn Prof. Zech gewählt worden. Ich glaube aber ihre wahre Bedeutung deutlicher nachgewiesen, und ihre Ableitung einfacher gemacht zu haben. Es werde zuerst die Störung in der Breite völlig getrennt von der der beiden andern Coordinaten. Zu dem Ende gehe man bei den andern beiden Coordinaten von der gestörten Bahn aus, welche durch die Drehung über die Hansensche Form der Störungen. 37 um den jedesmaligen Radius vector ihre Lage im Raume fortwährend än- dert. Zu der Zeit der Anfangs-Epoche 7°, seien die elliptischen Elemente: a° die halbe grofse Axe, e” die Excentricität, =° die Länge des Perihels, n° die Länge des aufsteigenden Knotens, »° der Abstand des Perihels vom Knoten, # die Neigung, M° die Epoche der mittleren Anomalie. Es sei aufserdem 4° die mittlere Bewegung der Anfangs-Epoche. Dieselben Buch- staben ohne ° mögen die gestörten Elemente bezeichnen. Hiernach wird der Abstand des Perihels vom Knoten »° = #° — 0°. Zerlegt man die stö- rende Kraft immer in zwei Componenten, welche in der jedesmaligen Ebene der Bahn liegen, und eine dritte senkrecht darauf, bestimmt man in der Ebene der Bahn selbst einen Punkt der für die Anfangs- Epoche um 0° von dem aufsteigenden Knoten, rückwärts gegen die Richtung der Bewegung gezählt, absteht, er möge mit dem Buchstaben % bezeichnet werden, und läfst man den Ort von k in der jedesmaligen Ebene der Bahn bei allen Drehungen derselben unverändert, so wird der Theil der Störung der Länge des Perihels der von den beiden Componenten der störenden Kraft in der Ebene der Bahn abhängt, den Winkel zwischen dem Perihele und dem Punkte k, oder die Richtung der Absiden-Linie nach dem Perihele zu und der Richtung welche durch k angegeben wird ändern. Man bezeichne den jedesmaligen Winkel zwischen diesen beiden Richtungen mit x, so dafs für die Anfangs - Epoche ze (A) ferner werde der Abstand des jedesmaligen gestörten Knotens von k mit s bezeichnet, so dafs immer uv=y—r (B) Es ist dann die wahre Länge in der Bahn vu +2=v+n— (Tr —9) wenn unter v die jedesmalige wahre Anomalie verstanden wird. Hier ist * — 2 der Einfluß, den die Kraft senkrecht auf der Ebene der Bahn, ver- möge der Drehung welche sie der Ebene mittheilt, auf die Länge des Peri- hels, gezählt auf der Grundebene der Ekliptik oder des Äquators für die man sich entschieden hat, ausübt. Durch diese Unterscheidungen wird man eine bequeme Bezeichnung für die strenge Darstellung der sämmtlichen Stö- rungen erhalten, eine Strenge, welche bei den Störungen der Breite Han- 38 Ecke sen, wenn auch Lagrange sie schon ausgesprochen, doch zuerst eingeführt zu haben das Verdienst hat. Man hat demzufolge (D) NA" .30 =g9, W =x’— 6°; für die Anfangs-Epoche. Dagegen (E) Tr=w—-(r—2) Ba ER, v—=ywn—7, dt dt für die jedesmaligen gestörten Werthe. Der Werth von = ergiebt sich aus den bekannten Formeln für die Variation der Constanten. Für die folgende Darstellung bedarf man noch einiger andern For- meln aus der Betrachtung der Variation der Constanten, die ich deshalb hier als bekannt voraussetzen und zusammenstellen will. Um mich dabei Han- sen’s Bezeichnungen zu nähern sei Pi Sul je. Alt 5% = 7 Bye) On ky(i+m) Fr ky(i-+-m) Be vr a Vr wo p°,p den halben Parameter für die bestimmte Zeit (° und die jedesma- lige £ bezeichnet, so wie k? die Sonnenmasse und mk? die Masse des ge- störten Planeten. Zerlegt man dabei die störende Kraft in drei andere, die erste in der jedesmaligen Ebene der Bahn in der Richtung der Verlängerung des Rad. vect., positiv genommen wenn sie den gestörten Planeten von der Sonne entfernt, sie möge A heifsen, die zweite in einer Richtung senkrecht auf den Rad. vector in der jedesmaligen Ebene der Bahn, positiv genom- men im Sinne der Bewegung, so dafs sie den gestörten Planeten nach der Seite hinzieht, wohin seine Bewegung geht, sie heifse S, die dritte senk- recht auf die jedesmalige Ebene der Bahn positiv genommen wenn sie den gestörten Planeten dem Nordpole der Grundebene der Ekliptik oder des Äquators nähert, sie heifse /W, so sind die sämmtlichen Formeln die man aus der Theorie der Variation der Constanten bedarf die folgenden, welche man mit ganz unbedeutenden Reduktionen in den hier gebrauchten Zeichen, unter andern auch im Berliner astronom. Jahrbuche für 1855 pg. 351 und 361 findet (G) dlgh h Me dt k?(1+- m) de h Bi P : ZEN = — k’G-+m) (+ —)cosv+e)rS+ = sinurA} über die Hansensche Form der Störungen. 39 d h ; em ler nv.rS— —cosv.r Al (6) ds . d2 Fi = cos: er di h an h sin (v + w) dt k°(1-+-m) sin ? W Die Ableitung der Hansenschen Endformeln, wie sie in den Funda- mentis Sect. VII, $ 1 für die Länge in der Bahn und den Log. des Rad. vect. gegeben werden, wird nach Herrn Prof. Zech die folgende sein: Der wahre Ort eines Planeten, mit den gestörten Elementen berech- net, erfordert folgende Bestimmungen E-esnE=uti + M rcosv=acosE— ae A) rsnv = aY(ı —e?)sinE A=v+y% wo E die excentrische Anomalie zur Zeitz, und Muaex, die gestörten Elemente bedeuten. Es wird damit r der wahre Rad. vect., und A die mo- difieirte Länge in der Bahn gefunden, verschieden von der wahren Länge in der Bahn, weil die von /W abhängige Störung bei A fehlt. Man nehme ein zweites System von Gleichungen derselben Form an, in welches statt der gestörten Elemente die constanten elliptischen eintreten, und bestimme in ihm eine Funktion von £, sie heifse z, so, dafs dieselbe Gröfse A erhalten werde. Es sei dieses rFZgosin E=u°z + M° r cosv—=a’cosE —a’e r snvVv=a’V(ı — e?)sinE 2) A=vV+7r° Zur Darstellung der andern Coordinate r wird z nicht hinreichen. Man be- stimme deshalb eine zweite Funktion von : (oder von z) so, dafs für die Basis des hyperbolischen Logarithmensystems c, diese zweite Funktion die Glei- chung gebe: rzure ler = lgr +w \ (3) 40 Encke Vermöge der obigen Definition von A hat man die Relation (4) h?p—= ho? p° Da in beiden Systemen A dieselbe Gröfse bezeichnet, so ist aus r? en der doppelten Flächengeschwindigkeit in der gestörten Bahn nach dem ersten Systeme 2 dA __ kY(i-Hm)Yp __ k’(1 + m) 0) Fe und nach dem zweiten Systeme wird dA _ _dAdz _k’(i-Hm) dz (6) Fr TR ee nad weil Z nur in z enthalten ist, und —- der Form nach denselben Werth im zweiten Systeme haben mufs wie dA in dem ersten Systeme. Man hat folg- dz lich die Gleichung k? (1 + m) ee Ri- zn) dz er ee di (7) oder dz Rare h° Erb we er ea a r Um r und r’ zu vergleichen oder eine ähnliche Gleichung für # zu finden betrachte man die beiden Gleichungen 8 1 1-Hecosv 1 1 + e® cosv’ (8) a p r p Es ist hier wegen vH y=V+r cosv = cosv cos (X, — 7°) + sin v’ sin (X, — 7°) und auch nach (4) ei zer 55 Bj m [p} w u) folglich wird 1 h? [ren Pen he ln = „02 6) r nz p NNRN [‘ + e° cos v’ + (ecos (4, — #°) — e°) cosv’ + esin (y—r°)sin [0] p h? 1 ecos(y,—a°) — e° n esin(g,— 7°) . = [+ BU cos + RI sin v} über die Hansensche Form der Störungen. 41 und also h? F ; re PAr' 2 en 0) er =, Sı + rcosv ER ZIZE Ars EZ) (9) h p p Substituirt man diesen Werth in (7) so wird man = durch die ge- störten Elemente ausgedrückt erhalten. Zur bequemeren Substitution nehme man el —e rom c-” (10) Hier ist (1 — c”") eine Gröfse der ersten Ordnung das Quadrat folglich eine von der zweiten. Schreibt man dieses Glied deshalb besonders hin, so wird Um} (11) und wenn man jetzt die Substitution von c”" in dem zweiten Gliede der rechten Seite macht so hat man dz 2h ho ’ ‚„ h ecos(y,— r°) — e° _—— — rcosv 2 — ——ı— Fe u ar n° p° DR: ‚„h esn(g— 7°) tr sınv?2 » BrT 7° + (1 — 2) nn Es sind folglich hier 3 Faktoren, welche blofs Funktionen der gestörten Elemente sind, respektive mit 1,’cos v’ und 7’sin v’ multiplieirt. Man wird aus den obigen Formeln (G) die Werthe derselben durch Integration finden können, und kann dabei noch weil = bei Vernachlässigung der Störungen = ı wäre, der bequemeren Form wegen + 1 — ı = 0 auf der rechten Seite hinzusetzen. Seien deshalb 2h h° Rn, 7 hecs(gw—a)—-e _ ee a hesiuny—r) _ Te und diese Werthe gefunden, so wird dz a 7 ; er Non at ritrzmns VI + zinvVY lic Mn (13) Math. Kl. 1855. F 423 EnckE Zur Ermittelung der Differentialformeln für diese, man kann sie nennen neuen, Elemente hat man zuerst dE h , M\algh an oder nach (G) Im) h°? - = — rn, fi 2% =) rS Für die beiden andern Y und Y wird man die Differentiale von h ecos (x, — 7°) und Aesin (x, — =°) zu suchen haben. Es ist aber d(hecos (4, — #°) dlgnr d : d les ZT) — %c0s(— 7°) fe rn +7 — hsin (y — 7°) ee: d(hesin (y,—”°)) _ R 5 m. de 5 dy, — —=hin&—-?) fe Fr ne al Ye, und aus (G) ergiebt sich algh de e 5 yaaBabın 12 Posi ee -) cosur S+ - sin v r R} so dafs man erhält wgenv+y— "=v a(necos(y— °)) _ h? ( Pp „ PD — "run { 1+ —) cos v rS+ 2 sinver R} d(resin(y, — °)) at p ——— = —— ee {(i +2) sin ve rS — cosv.r R\ führt man hier aus (4) statt A?p die gleichbedeutende Gröfse h°? p° ein, so erhält man EOTRR: 92,9 d(hecos(y—)) _ _$ IC + +) cosvVrS + sin v rR} dt —— #2 +m) Se d(kesin (— a) We he=p° 1 ) Din 1 ' I een FE) > —) sinv rs —— c08 v -R} Zu diesen DD hat man noch den Faktor rer) hinzuzufügen, und dann in =, damit zu verbinden 2e? dh __ 2e® d lg h Mi — N vi hi— e°?) ® dt h h e? = ir os k?((+m) A’ 1—e Das Endresultat wird also folgendes sein: Man bestimme über die Hansensche Form der Störungen. 43 dZz 2h? nn, Fam) (i “2 rs ie rer Fr er eis no? 5 125) cosv' + 702 (lc Za)rS (14) + — mai N so wird man als Integral erhalten die at, (12) = = —— —— 1 h° h y— 2 ecos (y— m’) — e° h° (1 — e°?) y 2h esin (y, — ”°) h° (1 gen e®?) und findet damit die Gleichung (13) ’ ’ z nn r' cos v r’ sin v’ Y+l-er)- wo das letzte Glied von der zweiten ea) erst berechnet werden kann wenn die der ersten ermittelt sind. Es bleibt jetzt noch übrig auch w zu finden. Führt man zu dem Ende in (9) die neuen Elemente ein, so wird die Gleichung nr tr en (15) RAS In der Theorie der Variation der Constanten wird gezeigt, dafs wenn man die gestörten rechtwinklichten Coordinaten in Bezug auf die Zeit voll- ständig differentiirt, im ersten Differentiale die sämmtlichen Glieder welche aus der Differentiation in Bezug auf die gestörten Elemente (da diese Funk- tionen der Zeit sind) entstehen, sich jedesmal aufheben, so dafs das erste Differential in Bezug auf die Zeit, allgemein auch auf die gestörten Ble- mente ausgedehnt, vollkommen identisch ist mit dem ersten Differentiale welches erhalten wird wenn man die Elemente als constant ansieht, oder die Tangente an der Bahn welche wirklich von der Zeit 2 an mit Rücksicht auf die künftigen Störungen durchlaufen wird, fällt ganz zusammen mit der Tangente der Bahn welche mit den gestörten Elementen zur Zeit 2 durchlau- fen würde, wenn diese unverändert beibehalten würden, aus dem einfachen F2 44 Enceke Grunde, weil die augenblickliche Geschwindigkeit die an irgend einem Punkte stattfindet, durch die fortgesetzte Einwirkung der störenden Kräfte nicht geändert werden kann. Versteht man also unter dx dy dz dt di dt die ersten Differentiale in Bezug auf die Zeit so fern sie in den variabeln Elementen enthalten ist, so werden alle drei Gröfsen identisch = Null. Daraus folgt dafs auch zu in diesem Sinne genommen = 0 ist und folglich bei dem allgemeinen Differentiale dieser Gröfse die Elemente als constant angesehen werden können. Da nun so wird man auch bei der Differentiation von c”" die Elemente als constant ansehen können, wenn man das allgemeine erste Differential in Bezug auf die Zeit haben will. Damit werden auch Y, Y, zu constanten Gröfsen bei dieser Differentiation. Betrachtet man folglich w als eine Funktion von z, was ge- stattet ist, so wird für das allgemeine Differential von c”* de * #1 de" dz dt m. dz dt oder nach dem Werthe von = in (7) de” Er de-* dt h ( dz ) in welchem letzteren Differential in Bezug auf z die Elemente als constant angesehen werden können. Es folgt hieraus wegen dcr Bi. _. dw u, 277 dw uns a, dCi EEE dz Nun aber ist, wie man aus den gewöhnlichen elliptischen Formeln sieht, wenn in ihnen z statt 2 geschrieben wird d(r'cosv') _ OOEBRN, d(r' sinv’) o ‚ c —, --#sinv —, =r7 (osvU+e) folglich wird alc23) NL hsın Um 2 1. AG e°) y dz 2 a 2 a über die Hansensche Form der Störungen. 45 und also dw abugk? > r h° 7 Zn ernze [sin v 7 eos 10] Y) (16) womit die Aufgabe gelöst ist. Wollte man übrigens die Anwendung des obigen Satzes hier bedenklich finden, so kann man auch vollständig diffe- rentiiren wie Herr Prof. Zech in No. 973 der astronomischen Nachrichten es gethan hat. Es ist dann das Differential von (15) h° dw Regler hadlen r' cosv’ dY rsnv dY A gi eg —_—_- a 212 0.0 nt da) h dt h dt h? dt 2 a di 2 a° dt (> os v’ (3 in v’ a 7 c0s v’) dem „la sinv) ap 2 dz dt 2 dz di Nun aber geben die Gleichungen (14) rcosv’ dY STORE + h? re cosv) cos v’) ER: a dt 2 a° dt Kk:(i + m) {7 Fer hr h° h° = — zZ: —— $ k®(1 ++ m) [e nr au 4 und wegen (G) wird h° _,dlen n° fi — - & - az h dt k"(1 + m) h dler h? ro: a en rS h dt Ah? k"(t-+ m) Substituirt man diese Werthe in die Gleichung (17), so heben sie sich gegenseitig auf und es bleibt nur übrig y ’ Zoe ‚(= cos’) ds m a(sinv’) 2% h RT RZ dz dt 2 dz dt was wegen ng u ee a TuR ganz mit dem obigen Ausdrucke übereinkommt. Auf diese Weise lassen sich die Endformeln in den Fundamentis von Hansen auf eine ungemein einfache und übersichtliche Weise ableiten, so dafs bei der Anwendung derselben durchaus keine Schwierigkeit bleibt. Bei den Integrationen durch welche =, Y, Y gefunden werden, sieht man dafs nach der für sie gewählten Form, alle drei für die Zeit 2°, von der man mit den osculirenden Elementen ausgeht, gleich Null werden müssen. Für z und hat man die Constanten so zu nehmen, dafs 5: =,Ww=0 und” — 0 wird. 46 EncekE Es fehlt nachdem auf diese Weise z und w, oder die Störung der mittleren Anomalie und des Rad. vectors gefunden sind, noch die der dritten Coordinate, die Störungen welche aus der geänderten Lage der Bahn ent- stehen; wenn man diese strenge haben will, so zeigt sich bei ihnen der Nachtheil der Polar-Coordinaten gegen die rechtwinklichten. Die Ände- rung der Ebene der Bahn erfordert ganz verschiedene Untersuchungen von den vorhergehenden bei 3 und w angewandten, und die symmetrische Be- trachtung welche bei den rechtwinklichten Coordinaten durchgeführt werden kann, wird aufgehoben. In der That hat auch Herr Direktor Hansen zu sehr verschiedenen Wegen seine Zuflucht genommen um diese Breitenstö- rungen strenge und doch anscheinend bequem einzurichten. Auch hier möchte ich glauben dafs der rein analytische Gang den er nimmt der Ver- breitung seiner Methoden geschadet hat. Die Vollendung der Vesta- Stö- rungen durch meine damaligen Gehülfen, glaubte ich wenigstens aussetzen zu müssen, bis die Gründe der ungemein weitläuftigen Transformationen mir völlig einleuchtend geworden wären. Nirgends fand ich auf einfache Weise es ausgesprochen, wie man sich den allmäligen Übergang der Ebene aus einer Bahn in die andere zu denken habe, und erst als ich gefunden dafs dieser dadurch geschieht, dafs vermöge der Kraft /V senkrecht auf der Ebene der Bahn eine Drehung der Ebene um den jedesmaligen Radius vector statt- findet, war mir dieser Theil der Störungen vollkommen deutlich. Unstrei- tig ist diese Betrachtung auch von Andern zum Grunde gelegt worden. Aber diese Erwähnung soll auch nur das ausdrücken, dafs die Störungstheorie und besonders ihre Anwendung, meiner Ansicht nach durchaus die Verbindung der Analysis mit geometrischen Anschauungen verlangt, und dafs die aus- schliefslich rein analytische Behandlung schon früher, namentlich aber bei Hansen, sehr nachtheilig gewesen ist. Sie hat höchst einfache Betrachtun- gen mit einem Gewande von Zeichen und Verbindungen bekleidet, welche das Wesen der Sache besonders für diejenigen denen die Anwendung am Herzen lag, vollkommen verdeckte. Mag die reine Mathematik in ihrem Rechte sein wenn sie mit der Form vorzugsweise sich beschäftigt. Die angewandte sollte nie vergessen, dafs die Form bei ihr zwar nicht hintan gesetzt werden darf, aber doch so weit zurückstehen, dafs das alleinige Auffinden von ver- schiedenen Formen, ohne dals eine derselben bis zur vollständigen Anwen- dung durchgeführt wird, nicht unbedingt als Vortheil angesehen werden kann. über die Hansensche Form der Störungen. 47 Bei der Anwendung auf die kleinen Planeten, welche ich vorzugs- weise hier immer im Auge habe, hat Herr Direktor Hansen in No. 799 der astronomischen Nachrichten eine Form gewählt, welche er der Leipziger Ges. der Wissenschaften am 14ten Juni 1851 mitgetheilt hatte. Sie scheint mir ebenfalls ansprechend zu sein, und da ich glaube eine einfachere, und der eigentlichen Grundidee entsprechendere Ableitung geben zu können, so will ich sie hier hinzufügen. Diese Methode, die Breitenstörungen in Rechnung zu nehmen, geht davon aus, den gestörten rechtwinklichten Coordinaten eine solche Form zu geben, dafs sie den rein elliptisch berechneten so viel als möglich entspricht, unter der Voraussetzung dafs die modificirte Länge in der Bahn A, und der gestörte Rad. vector r, nach den obigen Ableitungen gefunden sind. Un- terläge die Ebene der Bahn keiner Anderung, so würden wenn man der Kürze wegen den Faktor r, auf welchen die Anderung der Bahn keinen Einflufs hat, wegläflst, oder unter x y z den Werth — 2 — versteht, die Berechnung von x° y° z° oder der Coordinaten ohne Rücksicht auf die Brei- tenstörungen aus den Formeln hervorgehen 2° = cos 6° cos (IP — 0°) = cos (A — 0°) y° = cos d° sin (? — 0°) = sin (A — Q°) cos i° = — smiB- = sin (A — 9°) sin © und daraus die Länge /° und Breite 5°, aus dem ermittelten A ohne Rück- sicht auf die Breitenstörungen erhalten worden. Die wahren gestörten Co- ordinaten dagegen würden die Formeln verlangen x —=cosdbcos(l— 2) = cos (A — v) y=eosdbsin(!—2Q)=sin(A— ev) cosi 2 = sind = sin (A— rv)sini Die wirkliche Berechnung von Q — 2°, r — 2°, und i — i° würde un- zweckmäfsig sein, hauptsächlich deshalb, weil in = der Divisor sin i vor- kommt, und dieser bei den meisten Planetenbahnen sehr klein ausfällt. In einem solchen Falle übersieht man sogleich, dafs der Haupt-Einflufs sich in z äulsern wird. Kann man ihn deshalb darstellen, und den bei weitem kleineren Gröfsen x — y°, y — x° eine solche Form geben, dafs zu den Gröfsen x°, y° einfache Funktionen von z — 2° hinzugelegt werden müssen um x und y zu erhalten, so wird dieses eine bequeme Form geben. 48 EnckE Die Vergleichung beider Systeme giebt zuerst °=z—z°=sin (A — v) sini— sin (A — 9°) sin ® Schreibt man statt A — or... A— 0° — (sr — 0°), so wird s$° = sin (A — 0°) fsin i cos (r — 0°) — sin i°} — cos (A — 0°) sin i sin (er — Q°). Man setze hier pı = sinisin (er — 0°) .. g, = sin icos (er — Q°) — sin ® so werden p, und g,, ganz analog den obigen Gröfsen Z, Y und Y, neue statt zund r eingeführte Elemente sein, welche sich aus ihren Differentialen ergeben müssen. Man hat apı __ . 5 oy dr Ru o, di (19) 5: =sinicos(r —Q°) + cosisin (o NZ Er EBEN o\, dr ; N un sinisin(r — 2°), +cosicose— 57, Führt man hier aus (G) zufolge der Variation der Constanten die Werthe von 2 und 2 ein, wobei vr-ruwv—=A—r so wird dp, __ h DOCH, 5 AR re rW cosisin (A — 0°) 5 dyı _ u rate . o weren rW cosi cos (A — 9°) woraus der Divisor sin i verschwunden ist und welche deshalb durch Inte- gration p, und g, in allen Fällen ohne Schwierigkeiten entwickeln lassen. Hat man diese gefunden so wird (21) °—=g,sin(A—Q°) —p, cos(A — Q°) sind = sin 5° + s°. \ Um die bequemste Form zu finden wie man die Variationen der an- dern beiden Coordinaten durch das so erhaltene s° am einfachsten darstellen kann, betrachte man den einfacheren Fall zweier rechtwinklichter Coordi- naten in der Ebene. Sei in derselben die Gleichung einer Linie in einer bestimmten Lage gegen die Axe der y Pa 06 über die Hansensche Form der Störungen. 49 der Durchschnittspunkt derselben mit der Axe der y also als Anfangspunkt angenommen. Die Coordinaten eines beliebigen Punktes auf der Linie, dessen Abstand vorn Nullpunkt = r, werden dann sein yP=rcoi 2=rsun? Die Linie auf der der Punkt fest bleibt, bewege sich so, dafs sie in der neuen Lage, die Axe der yin,y° = a schneidet, und den Winkel i da- mit macht. Der auf der Linie ebenfalls feste frühere Nullpunkt sei jetzt um a von dem neuen Durchschnittspunkte entfernt. Es werden folglich jetzt die Coordinaten des obigen Punktes: y=a+(r—e)cosi z=(r — ae) sini Die Vergleichung beider Systeme von Coordinaten giebt: y-a—y°’=(r—.a)cosi—r cos i z— z=(r—e)sini—r sin i Da nun j A sn (der: cos i— cos ? = (sin — sin d) ad ? cos (i + i°) nen ee .o Uyfe ‚0 - . sa SIR TUTZ c0S — — cos? =— sini ae) en @ D cszZ (ii) c0sZ—(i + ı°) so wird Auen . sin+(+ © cos (ii — Yv-a—-y’)=—((r —e)sini—r sin) = & = et cos+(i + 7°) cos + (i + ı°) c0sz i—®) cos + (£+ ı°) Denkt man sich ein Dreieck in welchem die Seite « neben sich die Winkel i und :° hat, und bezeichnet die gegenüberstehenden Winkel und — 2 —- 2°) + (+) Seiten bei a i i mit 180 —y ß y so hat man B-yYsints=(B—ysint@+P)=esnt(üi—) (8 -+y) cos In=(B+y) cost(i+P)=acost(i—P) Es wird folglich year oder y-t-B-Yer-@-A)rn Math. Kl. 1855. G 50 Enck# Das y? des ersten Systems wird daher für alle Punkte der ganzen Linie er- halten aus der Differenz der z, mit einem constanten Faktor multiplieirt, und dem y des zweiten Systems vermindert um eine constante Gröfse. Auf der Sphäre wird die Gröfse a bei einer bewegten Ebene dem @ — Q° entsprechend, « dem v, und dis Gröfsen £& und y ebenfalls Kreis- bögen, welche aus einem ganz ähnlich gebildeten Dreiecke bestimmt wer- den. Geometrisch lassen sich die Formeln in der Ebene und Sphäre auf ganz gleiche Art construiren. Indessen ist die analytische Behandlung auch nicht im mindesten schwierig. Man hat die beiden Systeme cos b cos ((—Q)= cos (A — r) cosdsn(!—2)=sin (A—r)cosi sind = sin (A — eo) sini (22) und cos 5° cos (P — Q°) = cos (A — 0°) cos 5° sin (I? — 0°) = sin (A — Q°) cos sin 6° = sin (A — 0°) sin i° Man nehme einen unbestimmten Winkel w an um ihn nachher so zu be- stimmen, dafs, da das Endresultat doch eine Änderung des Anfangspunktes der Zählung der Winkel verlangen wird, (nach der Analogie des obigen Werthes y — (a — B — y)) diese Änderung möglichst bequem wird; es wird dann wegen I-w=1—- 2 +2 —w cos b cos (l— w) = cos b cos (1 — 2) cos (2 — w) — cos db sin (1 — 2) sin (Q— w) = cos (A — r) cos (2 — w) — sin (A — ro) cosisin (Q — w) Schreibt man statt A—0...A— 2° —(r — 0°) so wird cos b cos (l — w) = cos (A — Q°) cos (Fr — Q°) cos (2 — w) + sin (A — 0°) sin (r — Q°) cos (Q — w) + cos (A — 9°) sin (r — ©°) sin (Q — w) cosi — sin (A — 2°) cos (r — Q°) sin (Q — w) cosi und wenn man hier die Werthe des zweiten Systems substituirt über die Hansensche Form der Störungen. 51 cosb cos(l—w) = cos b° cos (I? — Q°) fcos (r — Q?) cos (R — w) + sin (7 — Q°) sin (Q — w) cos i} Br = o, (sin (7 — 2°) cos(R — w) — cos (sr — 2°) sin (Q— w) cos i +.cosd° sin (?—Q ge } Die in Klammern eingeschlossenen Faktoren erinnern an die Formeln der sphärischen Trigonometrie. Es werde ein Dreieck gebildet in welchem eine Seite » — @° und die anliegenden Winkel z und wären. Man be- zeichne die gegenüberliegenden Stücke mit w°, Q — w und 180° — x, so dafs gegeneinander überstehen BI i 2 180 — y w° 2D—w so hat man cos w = cos (Tr — OP) cos (Q— w) + sin (7 — 0°) sin (Q — w) cos i sin w° cos = sin (r — Q°) cos (Q — w) — cos (7 — ©°) sin (Q — w) cosi (23) sin ° sin ° = sın (Q — w) sin Damit wird sogleich cos 5 cos (L— w) = cos 5° cos (I? — 0° — w°) (24) Um bei den andern Coordinaten ähnliche Formen zu erlangen, ent- wickele man noch die andern Relationen in dem obigen Dreiecke: cos y = cos i cos i® — sin i sin i° cos (r — 0°) (25) sin y cosw° — cosi sin i° + sin i cos i° cos (r — 0°) sin y sin #° = sin (r — ©°) sin i aus den beiden ersten dieser Formeln hat man auch cosi= cos A cos i? + sin 9 sin i° cos w° (%6) cos (Tr — Q°) sinö= — cosy sin i° + sin n cos i? cos w° und also aus der ersten Gleichung cos i° — cosi= (1 — cos 4) cos i? — sin n sin i? cos w° (27) Wenn man jetzt entwickelt cos b sin ( — w) = cos b sin (— 2) cos (N — w) + cos b cos (/— 2) sin (Q — w) =sin (A — 7) cosi cos (R— w) + cos (A — rc) sin (Q — w) = sin (A — 0°) fcos (r — 0°) cosicos (N — w) + sin (r — 2°) sin (0 — w)} — cos (A — 0°) fsin (7 — 0°) cosicos (Q — w) — cos (r — Q°) sin (R — wyt cos (7 — @°) cos i cos (R— w) + sin (r — 2°) sin (Q — } cos © = cos 5° sin (1° — 0°) ! — cos 4° cos (I — 2°) $sin (F—R°) cosicos (r— w) — cos(Fr—Q°) sin (2—w)} G2 52 EnckE so wird für den Faktor von cos 2° sin (!° — 0°) aus (23) erhalten cos »° cosi + sin (er — @°) sin (Q — w) sin ı? cos ı° wofür man durch Hinzufügung von cos w® — cos w° schreiben kann nach (23) und (25) (28) cos w — cos w° (cos i° — cos i) — sin 7 sin »°? sin i° N II TA cos i° und für den Faktor von cos 5° cos (l° — 0°) aus (23) sin w° cos i cos i? — cos (r — ©°) sin (Q — w) sin i? wofür man schreiben kann sin w — {sin #° — sin w° cos i cos i? + cos (r — ©°) sin (0 — w) sin 5 oder sin # — [sin w° — sin w° fcos i cos i? — sin i sin © cos (e — 2°} und endlich (28)* sin #° — {sin w° — sin w° cos n} nach (23) und (25). Substituirt man beide Werthe, und benutzt die zwei ersten Gleichungen des zweiten Systems, so wird cos B sin(l — w) = cos 5° sin (I? — 0° — w°) — sin (A — 0°) fcos #° (cos i? — cos i) — sini? sin w°? sin n} + cos (A — 2°) (sin w° — sin w° cos n) oder wenn man den Werth von cos i” — cos i aus (27) substituirt cos b sin (l — w) = cos 5° sin (I? — 0° — w°) (29) — sin (A — 0°) $cosi? cos w° (1 — cos n) — sin sinn} + cos (A — Q°) sin w° (1 — cos n) Was endlich die dritte Coordinate betrifft, so wird sin b = sin (A — Q°) cos (r — @°) sin i — cos (A — 9°) sin (7 — 0°) sin i = sin 5° — sin (A — 0° $sin i° — cos (vr — Q°) sin i} — cos (A — 0°) $sin (r — ©°) sin i} oder nach (25) und (26) sin 5 —= sin 5° + sin (A — 0°) fcosi° cos w° sin y — sin i? (1+ cos n)} — cos (A — 2°) $sin w° sin n} Nimmt man die Form an (30) sind = sin 5° + s° über die Hansensche Form der Störungen. 53 wo also nach (30) s° = sin (A — 0°) {cos #° cos w° siny — sin (1 + cos n)} — cos (A — 0°) fsin w° sin n} so wird 8 2er 4 i o ;o (e) Bee s = sin (A — @°) Scos z° co Aygsa de 1+ cos ( 8 sw( cos 9) — sin i° sin n} — cos {A — 2°) fsin w° (1 — cos n)} oder es wird wegen (29) cos dan d — w) — cos 8° sin (P — 99 _ wP) — 2 ZT 1-+ cos % wenn sin 5 = sin 5° + s° Fafst man die Resultate zusammen, so wird, wenn das Dreieck dessen Seite a — Q° und die anliegenden Winkel i und z° aufgelöst ist cos 5 cos (L— w) = cos 5° cos (1? — 0° — w°) a u Of: OO ON sin y cos 5 sin (L— w) = cos d° sin (—Q we) — s 700 (31) sin 5 = sin 5° + s° woraus sich unmittelbar ergiebt cos 5 cos (l — (w — w°)) = cos 5° cos (1° — Q°) + tg + n sin w°. s° cos 5 sin (L— (w — w°)) = cos 5° sin (P — 0°) —tg4ncosw°. s° (32) sin 5 = sin 5° + s° Ist hier s° durch p, und g, ausgedrückt, so fehlt nur noch dafs man w — w°, tg tn sin w° und tg + n cos w° durch dieselben Gröfsen darstellt, um aus den Coordinaten des zweiten Systems die des ersten zu erhalten. Hier ist zuerst wegen (25) De RER sin y sin (r — 2°) sin i er + cosy sin y (33) Bo Pı Fasean zufolge (18) und wegen (25) sin y cos w tg -ncosw = 2 1#+cosy cos ı sin ? + sin 7 cos ? cos (sr — Q° ne at Fuck Ecalfiene ED) (34) 1+ cosy cos i sin i? + sin i? cos ® + g, cos ı? = ———————- ebenf. zufolge (18) 1 cos dabei wird 1+c0osy=1-+ c0si cos i? — sin i sin i@? cos (r — Q°) (35) = c0si cos i® + cos i? cos ? — q, sini® zufolge (18) 54 Encke Man kann deshalb auch setzen I (1 + cos 7) cos i? gtycswW=ti’+ Für cos i welches in dem Ausdrucke von (1 + cos ») vorkommt hat man vermöge (18) cosi=Vfı—p? — (g, + sin P)?} Der Ausdruck von w — w° kann durch eine Differentialgleichung ge- funden werden. Es sind in dem gebildeten Dreiecke i und » — 2° mit den Störungen veränderlich, i° ist constant. Sucht man aus den gewöhnlichen Differentialformeln für das sphärische Dreieck die Variationen von w° und Q@ — w, die demzufolge stattfinden, so hat man: sin n dw = sin (0 — w) di + cos (Q — w) sinide sinn d(Q — w) = — sin (R — w) cosn di + cos w° sinide Es folgt hieraus sinn d(Q — (w — WP)) = (1! — cos 9) sin (Q — w) di + (cos (Q — w) sin + cos w° sin ı°) de Nun aber ist cos (Q — w) sin i= cos i? sinn — sin i? cos n cos w cos w° sin # = cosisin„— sin i cos y cos (Q — w) aus deren Addition sich ergiebt (cos (Q — w) sin + cos w° sin P) (1 + cos) = (cos i + cos i?) sin n Da aufserdem sin (Q — w) sin y = sin i sin (r — O°) so erhält man den einfachen Ausdruck (38) d (Q Ba. we) za sin i sın (s — 2°) x cos’ + cos ı? 1+ cos y 1+ cos aR 1 ds woraus wegen EI — NE BE folgt dw—w°) _ sinisin (r— NP) di 1 cos? + cos i\ ds dt HER, 1+ cosy dt (a - 1+cosy ) at oder wenn man den Ausdruck von cos y aus (35) substituirt d(w — w°) sin isin (er —Q?) di ra (” ı— sin i° cos (r — =) sin?! ds dt 1#+ cosY% dt 1-4 c0osyY cos’ di über die Hansensche Form der Störungen. 55 Drückt man bier Ar “ und 2 nach (G) durch die Kraft IV aus, so wird d(w—w) _ sin i sin (A — c) — sin i? sin (A — 9°) dt = wi 1 cos y \ eine Form die unmittelbar durch p, und g, sich darstellen läfst, da aus den dpı dgı & B früheren Werthen von p, und q, so wie “2 und 7; sich ergiebt ER ag dw —w) Im Pi dt aT dam) (39) dt (1 + cosn)cosi dt wenn w — w° mit T bezeichnet wird. Aus der Integration dieser Gleichung findet man den Winkel LT womit die letzte Form sich so darstellt: Abe, (0) [e) [e) Or cosd cos (—- T) = cos 5° cos (P— 2°) +s Erb cos d sin (—T) = cos b° sin (I? — 0°) — s° (8° + + :) (40) (1 + cos ven COSpE sin 5 = sin 5° + s° Es geht aus ihr hervor dafs die Constante in dem Integrale von dT gleich Q° angenommen werden muls. Überhaupt aber wird dieses IT so wenig von Q° verschieden sein, dafs man nur in seltenen Fällen es davon zu unterscheiden nöthig hat. Der Un- terschied ist nur eine Gröfse der dritten Ordnung. Man kann sich davon überzeugen, wenn man die Gaufsischen Gleichungen auf das obige Dreieck anwendet. Diese werden die vier Gleichungen geben: sin Ltysint @Q—-—w— w)=sint+(r — O°)sn+(®—i) costysin+t a —-w+rw)= sin +(r —Q°)cos4 ( — i) sin Lycos LQ —w— w’)=cos5(r — @)sin zi+P) cos+4ncos LQ — w+w) = cos 4 (r — QP) cos 5 +) oder cos 4 (2 —w + w°) s+(@—w— w°) Eu, Cc+d - [e je} le ı U Entwickelt man in eine Reihe so wird n=i+P—2tg4wtgt (Q — w) sin Ü +) +tg + wrg+ (Q — w)’snz2iH).... oder nahe, nur um eine Gröfse zweiter Or dnung verschieden, ist y=i-+i Die Differentialgleichung ds Dal .d2 = ==.C0$ zZ FT 56 Encks wird näherungsweise bis auf Gröfsen der zweiten Ordnung dargestellt wer- den durch =D? +cos t+(a+P).(Q — 0) und eben so nahe folglich durch e=2°+cos Ly4-.(2 — 0°) Aus der zweiten der obigen Gaufsischen Gleichung cos +ysin4(Q@—w+w)=sin4 (r — 0°) cos4 (— i) folgt damit in —-w+w)=4+(2 —2°9)cs+(—) oder 2 — (ww) = (2 — 2°) cos + (P — i) en werde bezeichnet durch 2° +T’, so dafs I’ das reine Integral ohne Constante ist, so wird T=2sin4(i— P)? (@ — 0°) folglich T=9° +2sin + — 2 .(Q — 0°) Eine kleine Gröfse der dritten Ordnung drückt folglich den Unterschied zwischen IT’ und Q° aus, welche in der Regel kaum zu beachten sein wird. Das Integral von Stellt man also die sämmtlichen Formeln zusammen so werden es fol- gende sein: Man integrirt die drei Differentialgleichungen FE 1 p° dt ky(i + m)yp° {1+ 2 ae ar. Dun wet ee. = Das a ke + „) eos (A— a°) +e “rs + — sin (A— a°)rR} = = Terme * =) sin(A—r)rS— Z cos (A — 7°) rR\ so wird man damit die Integrale erhalten o Ey Va—i ey pP? ecos (y—a°)—e? = p (1— e°*) o 2 o ph p° esn(y—r’) pr —gon), : ee und hat damit über die Hansensche Form der Störungen. 57 dz = z) ER zu p „Hear, cos (A — 7°) T+ ZAPF (1-2)° V Fr algr —ier') __ ky(i+m) nl - Fr = umge 2 sin (A — =°)Y „0 (cos (A ”) +e)v} wo R und $ die in der jedesmaligen Ebene der Bahn in der Verlängerung des Rad. vectors und senkrecht darauf nach der Richtung der Bewegung zerlegte störende Kraft ist. Die dritte Componente F/ senkrecht auf der Ebene der Bahn greift erst in die folgenden Formeln für die Störungen der Breite ein. Die strengen Werthe werden dann gefunden werden aus E-esnE=yw°z-+M?° r sn v = a®VY(ı — e°?) sin E r cosv =a° cos E — a°e° A=vV+7r° Hat man A und 7 gefunden so integrire man eye v sin(A—Q°) cosi.rW dt ky(i + m)Yp dqı ui i _g? ; vertan cos (A—Q°)cosi.rW Die Integrale werden sein pı = sinisin (r — ©°) gı = sinicos (r — Q°) — sin i® und nehme cosi=YV(1— p? — (g, + sin ?)?) 1 + cosy = cos i? (cosi+ cos ) — gq, sin @ aa ar: 7ı di Pı dt dr N IE Zen (1 + cos 9) cos i so wird man die strengen Formeln erhalten, wenn: = g, sin(A — D°) — p, cos (A — OP) > — == i —— o° 2 e cosdbcos(—T)=cos(A— ©) +s 1+cosn BER & 2 PEN» A yo z 0 => o De) 2) DIEBE |; cosdb sin (—-T)= sin (A 2) cosi s (18; 67 (1 + cos 7) cos | sind = sin (A — Q°) sin i? + s° durch z, /, 5, sind dann die gestörten Polarcoordinaten vollständig scharf gegeben. —maa— ehrt Warlar Er it or o Alan Inegrirt BR 9 Per ne a, ıy r hl .. ı) Bar a 2 AR N 4 4 R Izsıl _ - 16% is Philologische und historische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. un. m——————annanan Aus dem Jahre =—_—enanan on nnanananan.an Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1856. In Commission in F. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung. NE Ya AN MN je ‚ ul % v Aal PR IT m * ee TE 2 zz i 5 u ü Pi lu Va ge]! N N IR I . } er a, ON hi ai, i na ah 5 ner ı a R ] j j ji Br - ibn Ka ar. a a © Inn re In ba W. Grimm: thierfabeln bei den meilterlängern . . 2... 2.222222 2eeene. DIRKSEN über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung römischer Rechts-Quellen. . JoGammmauhersdiegmarcellischen formelne „2. a. ep ee: Lepsıus über eine Hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu (Appollinopolis Magna) in welcher der Besitz dieses Tempels an Ländereien unter der Regierung Ptolemaeus XI Alexander I verzeichnet ist... . Schott: Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache .......... PERTZ über eine Rheinische Chronik des 13ten Jahrhunderts. ........... BUSCHMANN: Der athapaskifche Sprachltamm ..... 2.2... 2.222220 000. DiETERICI über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere ....... HoMEYER: Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel ..... -.. ce. 2 0.2. DiETERICI über die Fortschritte der Industrie und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern in besonderer Beziehung auf die ethischen Verhältnisse und die geistige Entwickelung der Menschen ... . GERHARD über Hermenbilder auf griechischen Vasen ..... 2... 22000. v. Do. Hasen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung nach Elfen- beingebilden und Gedichten des Mittelalters ........... BUSCHMANN: Die Sprachen Kizh und Netela von Neu-Californien ......... PınDEr über die Cistophoren und über die kaiserlichen Silbermedaillons der römi- schen-Provinz Asla oo ce «u ee 0 nen 0 0 ee te en ns Seite lg je Se u oR a Ha I 1 | ae bs A THIERFABELN BEI DEN MEISTERSÄNGERN. von h"" WILHELM GRIMM. ee 7 er [gelefen in der akademie der wilfenfchaften am 11. januar 1855] D: thierfage ift aus dem ununterbrochenen verkehr des menfchen mit den thieren und der dadurch erlangten innigen bekanntfchaft mit ihrem eigen- thümlichen und heimlichen leben hervor gegangen. diefer nahe umgang hob fie zu ihm herauf und bewirkte dafs er einen theil feiner geiftigen vor- züge auf fie übertrug. die hausthiere wurden als glieder der familie betrach- tet, gepflegt und geliebt: nomadifche völker nennen noch Jetzt ihre pferde brüderchen und freundchen, reden zu ihnen als verftänden fie jedes wort und beweinen ihren tod als fei ein verwandter geftorben. bei uns läfst der volksglaube die thiere in der chriftnacht mit einander reden, und die dich- tung gibt ihnen die fprache vollftändig zurück, die ihnen durch ein unglück- liches ereignis, oder zur ftrafe, wie die nordamerikanifchen Indianer von dem biber glauben, fcheint entzogen zu fein; fie läfst fie überhaupt in dem wi- derfchein menfchlicher verhältniffe leben. der inhalt der dichtungen geht hervor aus der fcharf beftimmten, unwandelbaren natur der thiere. der löwe oder der bär ift der ftärkfte und darum der herfcher, der wolf der graufamfte, der hirfch der flüchtigfte, der fuchs der liftigfte, der efel der geduldigfte, der hafe der furchtfamfte, das fchaf das unfchuldigfte. von laftern oder tugenden ift weiter nicht die rede, ihre handlungen find folge ihrer natürlichen triebe. die thierfage, wie fie auch neue zweige treiben, die überlieferung erweitern und neu geftalten mag, ihr wefen ändert fich nicht: fie fteht auf demfelben grund und boden und mufs, auch wenn fie fich einmal davon entfernt, dahin zurück kehren. Diele flätigkeit des thierepos bildet einen gegenfatz zu der beweg- lichkeit der götter- und heldenfage, wo nicht allein die freiheit des geiftes zu wahren und der unterfchied zwifchen gut und bös geltend zu machen ift, Philos.-histor. Kl. 18595. A 2 W. Grimm: fie mufs, wenn fie fortdauern will, auch den wechfelnden ftrömungen der gefchichte fich unterwerfen. die älteften lieder befingen die furchtbare her- fchaft der alten götter, aber diefe gehen unter und mildere fteigen auf, zu denen fich helden gefellen, die den kampf um die macht und den ruhm ihres volks als die höchfte aufgabe, tapferkeit als die gröfste tugend betrachten. ift der boden gewonnen, die heimat gefichert, find die verhältniffe geord- net, fo kommen andere gefchicke, und andere wünfche erfüllen das herz des menfchen. wir haben in der Gudrun ein glänzendes bild von der kraft, mit der fich die feele einer frau unter den widerwärtigften verhältniffen erhebt. zuletzt finkt, wie in dem Rofengarten, der ernft des kampfes zu einem blofsen {piel herab, und das epos hat fein ende erreicht. von diefen verfchiedenen ftufen in der entwickelung eines volkes wird die thierfage nicht berührt. fie kann lückenhaft werden, wenn äufsere zuftände, die ausbreitung des acker- baus, gewerbe und ftädtifches leben von dem unmittelbaren verkehr mit den thieren in wald und feld abziehen, aber fie beharrt in ihrer natur und hat keine veranlaffung an ihrem inhalt änderungen vorzunehmen. der fuchs übt feine liften wie der wolf feine graufamkeit in der fpäteften wie in der frühften diehtung: ihnen wird nichts angerechnet, man entfchuldigt die hin- terlift, ja man ergötzt fich daran, und der fuchs dem jede bosheit gelingt, geht am ende als fieger über alle hervor. Wer fucht nicht gerne die wege auf, welche die thierfage auf ihrem langen gang eingefchlagen hat? innere gründe ftellen ihr dafein in den früh- ften Jahrhunderten aufser zweifel: die trefflichen in Deutfchland, den Nie- derlanden und in Frankreich erhaltenen gedichte von Reinhart fuchs, wie einzelne in diefen kreis gehörige fabeln, weifen auf die im 12ten und 13ten jahrhundert noch reichlich ftrömende quelle der mündlichen überlieferung. bis in die mitte des 44ten jahrhunderts, bei Boner, Hugo von Trimberg, Heinrich von Müglin und Gerhard von Minden dauerte die fabeldichtung, wenn auch in minder belebter auffaffung, fort; unter diefen haben Boner und Gerhard nur weniges was nicht auf Äfop zurück zu führen wäre. In dem 15ten jahrhundert begegnen uns zwei, aber nicht in deutfcher fprache abgefafste werthvolle fammlungen, aus denen wir eine anzahl von thierfagen kennen lernen, die von den äfopifchen unabhängig find und fchon deshalb aufmerkfamkeit verdienen. die eine enthält die fogenannten extra- vaganten die in der erften ausgabe von Steinhöwels Äfop im jahr 1480 ans thierfabeln bei den meiflerfängern. 3 licht traten. ich glaube fie find urfprünglich aus dem munde des volks aufgenommen und gleich in lateinifcher profa niedergefchrieben worden. Steinhöwel fügte eine in den fpätern ausgaben allein beibehaltene deutfche überfetzung hinzu. der name des verfaffers ift ebenfo unbekannt als feine heimat und zeit: möglich dafs er ein paar Jahrhunderte früher gelebt hat. wenn er, wie man aus einigen ausdrücken fchliefst, im nördlichen Frankreich oder in Flandern zu haufe war, fo gibt uns die uralte verwandtfchaft der fran- zölifchen thierfage fchon ein anrecht darauf. aufserdem befinden fich unter den 17 fabeln mehrere die uns nicht fremd find, wie die fiebente und elfte (Hausmärchen 132 und 48), ja eine der eigenthümlichften, worin erzählt wird wie der wolf in dem wahn ihm sei glück verkündigt, überall ins unglück gerät, ift noch bei uns in verfchiedenen gegenden bekannt (I. W. Wolf Deutfche hausmärchen 419. Leo Haupt und I. E. Schmaler volkslieder der Wenden 2, 161—164). die andere fammlung befteht aus hebräifchen fa- beln, die der rabbi Barachja Nikdani, wie Melchior Hanel der fie ins la- teinifche überfetzte, ihn nennt, oder Berachja Hannakdan (punctator) nach Wolfs bibliotheca hebraica (1, 272. 4, 800), um das jahr 1260 dichtete(!). der titel kündigt erzählungen an vom fuchs, allein diefer hauptträger der thierfage tritt doch nicht in allen auf. Barachja fagt in der vorrede er habe den fabeln anderer feine eigenen zugefügt. was er unter jenen verfteht, ift bei dem gröfsern theil leicht einzufehen, es find die bekannten äfopifchen, die et- wa die hälfte des buches (es hefteht aus 108 ftücken) ausmachen. unter den übrigen find einige die er aus andern quellen mag genommen haben, (') Das zeitalter des Berahjah han-nigdan oder beffer han-nagdan ift von Wolf bibl. hebr. I, 167. 272 falfch um 1400 gefetzt worden. fchon J. B. de Roffi (codices hebr. vol. 2. Parma 1803. 8. p. 57. nr 482) hat mit beziehung auf Wolf (3,165) den wider- [pruch bemerkt, dals ein fohn (richtiger enkel) des genannten eine hebräilche bibelhandfchrift der Berliner bibliothek im jahr 1334 vollendet habe; Rofli fetzt daher den Berechjah in das 13te jahrh. Steinfchneider (in dem gewillenhaften artikel “"üdilche literatur in der allgemei- nen encyklop. von Erfch und Gruber II. 27, 433) fagt dagegen “den vorhandenen fabel- fchatz verarbeitete frei und ergänzte Berachja hanakdan in Burgund um 1160;’ es foll wol 1260 ftehen. I. Fürft in feiner bibliotheca judaica (Leipz. 1851) 2, 110 nennt ihn “Berechja Krispia hanakdan, ben Natronai in val Drome in Burgund’ und bemerkt dazu “er blühte um 1260 in Burgund, war punctator, geletz- und fittenlehrer, fabeldichter und überfetzer. um 1300 fetzt ihn der unbedeutende artikel von O. Fr. Hartmann in der encycl. von Erfch und Gruber I. 9, 61. ich verdanke hrn dr Richard Gofche diele nachweilungen. A2 4 W. Grimm: wie z.b. der mann in der grube (Altdeutfche wälder, 1, 177) und der maul- efel, der nur von feinem vater, dem pferd, fprechen will (Freidank LXXIX). einige mögen aus verlornen fammlungen ftammen, doch die extravaganten, wenn fie anders fchon vorhanden waren, haben nichts dazu geliefert. welche aber nennt Barachja feine eigenen? ich glaube diejenigen welche fonft fich nicht nachweifen laffen und die merkmale mündlicher überlieferung an fich tragen. mehrere diefer art find von entfchiedenem werth; eine davon an- zuführen, wird hernach gelegenheit fein. auch zeigt fich nichts verfälfchtes darin, und die erzählung, wenn man einige künftliche redensarten abrech- net, ift ganz erträglich. die verwandtfchaft mit deutfchen fagen wird beftä- tigt nicht blofs durch die zu der fage von Reinhart fuchs gehörigen ftücke (fie find dort CCLXXXIH ausgehoben) fondern auch durch zwei andere, mit märchen die noch bei uns umgehen, nah verwandte: die eine von dem kampf der wefpe und der bienen mit dem efel (f. 105 der lateinifchen über- fetzung), die andere von dem zaunfchlüpfer der durch lift könig wird; man vergleiche die hausmärchen nr 102. 171. Nähere unterfuchungen find noch nicht angeftellt inwiefern das 16te jahrhundert, in welchem fich der anfatz zu einer neuen, nicht idealen aber gefunden poefie bemerklich macht, zeugniffe von der fortdauer der einhei- mifchen thierfabel liefert. Burkhart Waldis und Erafmus Alberus gewähren leider nichts, obgleich fie fich nicht auf die ihnen zugänglichen äfopifchen fabeln befchränkten, fondern auch manches was ihnen fonft zur hand war und den namen einer fabel nicht verdiente, aufnahmen: ja der zuletzt ge- nannte geriet auf den feltfamen einfall die äfopifchen apologe an ihm be- kannte örtlichkeiten anzuknüpfen. befonders bei Waldis der an freiem blick und gewandtem ausdruck jenem weit vorfteht, ift zu beklagen dafs er die befte quelle nicht aufgefucht hat. der unermüdliche Hans Sachs der die augen überall hinwendete, wo er für feine gedichte paffenden ftoff fin- den konnte, hat zwar von dorther die fchönen erzählungen von dem jungge- glühten männlein und von des herrn und des teufels gethier (Hausmär- chen 147. 148) empfangen, leider aber kein thiermärchen. aus Rollenha- gens Frofchmeufeler wird hernach etwas mitzutheilen fein. aber in dem Mückenkrieg des Joh. Chriftoph Fuchs, der aus dem italienifchen überfetzt ift, fo wenig als in Wolfart Spangenbergs Ganskönig ift eine {pur des fagen- haften zu entdecken, und im Äfopus Hulderich Wolgemuts der an 361 fa- thierfabeln bei den meiflerfängern. 5 beln zufammengebracht und vieles aus Alberus und Waldis zugefügt hat, findet fich nichts neues vor. Indeffen bin ich durch einiges da überrafcht worden, wo ich es nicht erwartete, in den meiftergefängen des 16ten Jahrhunderts, deren erftarrte form felbft bei H. Sachs von einem frifchen luftzug felten bewegt wird. die mei- fterfänger holten ihren ftoff zumeift freilich aus der bibel, fie nahmen aber auch was fich fonft darbot, alte gefchichte aus den chroniken, erzählungen aus den überfetzungen des Boccaccio, der Cento novelle, des Bidpai, aus dem Phädrus, Avianus und Romulus: fie verfehmähten nicht die fchwänke Eulenfpiegels, berichteten auch wol ereigniffe die fie mit angefehen hatten, oder ftellten blofs moralifche betrachtungen an. das alles ward nach den peinlichften und engften gefetzen gleichmälsig zugefchnitten. Von den eigentlichen fchulgerechten meiftergefängen find natürlich die meiften noch ungedruckt: man erfchrickt vor diefer geiftlofen hand- werksmäfsigen dichtung, und doch würde ihre unterfuchung immer noch früchte bringen, vielleicht einige unerwartete. die hiefige königliche biblio- thek befitzt unter ihren handfchriften vier mit meiftergefängen angefüllte bände (ms. germ. fol. 22—25), die wahrfcheinlich der fingfchule in Nürn- berg zugehörten: in zweien find auch mufiknoten aufgezeichnet. die um- fangreichfte und gehaltvollfte ift nr 23, die ehemals Achim v. Arnim be- feffen hat. fie enthält 250 ftücke und ift von mehreren händen gefchrieben, aber im vergleich zu den drei andern fammlungen mit mehr forgfalt, fo dafs auch der text lesbarer ift. zuweilen ift das jahr der abfaffung an- gemerkt, und danach fallen fie in die erfte hälfte des Jahrhunderts zwifchen 1529-1551. In diefer handfchrift habe ich drei thierfabeln (nr 45. 160. 249) ge- funden, die meines wiflfens noch unbekannt find. ihr inhalt ift eigenthüm- lich, und da ich bei zweien ältere auffaffungen nachweifen kann, fo regen fie vielleicht nähere theilnahme an. Die erfte handelt vom wolf und ftorch. die beiden haben fich zufam- men gethan und errichten eine weinfchenke. das geld wird gemeinfchaftlich eingenommen, als aber der gewinn nach einem halben jahr foll berechnet wer- den, fieht es fchlecht aus: kaum die hälfte der gäfte hat gezahlt, das übrige fteht auf borg. der wolf zeigt fich grofsmütig, “ich will auf meinen theil verzichten’ fpricht er, ‘du follft keinen verluft erleiden: lieber will ich er- 6 W. Grimm: frieren als dafs man fpräche ich wäre gewaltfam mit dir verfahren’. der ftorch antwortet ‘ich mufs fort in ferne lande, liebfter gefelle, gib mir das baare geld, du kannft dafür die fchulden eintreiben. wenn die fchuldner nicht zahlen wollen, fo nimm ihnen gänfe kühe fchweine und fchafe und treib fie hinweg. “da du fo fehr nach dem geld verlangft’ fagt der wolf, ‘fo will ich es dir ohne zaudern geben‘. er bindet es in ein tüchlein das er dem ftorch um den hals hängt und das leicht über den fchmalen kopf geht. der ftorch erhebt fich in die luft und kommt auf feiner fahrt über einen fee, in welchem er eine menge fröfche erblickt. von hunger gequält läfst er fich herab. als er aber den kopf ins waffer fteckt, rutfcht das tüchlein mit dem geld darüber hinab und finkt auf den grund. der ftorch fucht mit feinem langen hals geraume zeit, doch vergeblich. er mufs endlich weiter fliegen, hafst aber die fröfche, weil er ihnen den verluft des geldes beimifst. Der inhalt der fabel ift hübfch, die erzählung einfach und natürlich, und der ausdruck verrät mehr gewandtheit als man bei meifterfängern diefer zeit erwartet. ich vermute dafs ein älteres gedicht zu grund liegt, etwa von Heinrich von Müglin, deffen fabeln in diefer weife aufgefafst find; unter den bekannt geworden findet fie fich jedoch nicht. ganz gefchickt ift an die äfo- pifche fabel angeknüpft, die den ftorch zur herfchaft über die fröfche ge- langen läfst. warum er fie [chlecht behandelt, wird dort nicht gefagt, hier erfahren wir den grund feines hafses. doch in einem umftand fcheint die überlieferung verderbt: nicht der wolf mufte darin auftreten, fondern der fuchs, mit dem der ftorch eher in gemeinfchaft leben konnte, und deffen na- tur es angemeflen war feinen gefellen liftig um fein geld zu bringen, wäh- rend er fich dabei noch fcheinheilig anftellen konnte. dem fuchs war es ein leichtes die fehuldner durch den raub der hühner und gänfe fchon hinläng- lich in fchrecken zu fetzen, der wolf war dazu nicht nöthig. Der zweite meiftergefang erzählt von einem alten löwen, der, bevor er ftirbt, jedem feiner beiden föhne einen grünen wald zuweift und ihnen drei lehren der weisheit ertheilt. erftlich follen fie mit dem menfchen der fie an ftärke übertreffe, keinen kampf beginnen, fodann mit ihren nachbarn in frieden leben, endlich die wälder in ehren halten, damit die thiere ihre jungen darin grofs ziehen. der ältefte befolgt diefe lehren, und es geht ihm wol: der jüngfte misachtet fie, fängt übermütig mit feinen nach- barn ftreit an, fo dafs niemand in feiner nähe bleibt, und würgt eine zahl- thierfabeln bei den meifterfängern. 7 lofe menge thiere, mehr als er verzehren kann: die übrigen fliehen, und der wald verödet. er beklagt fich bei feinem älteren bruder darüber, diefer macht ihm vorwürfe dafs er des vaters lehren nicht achte und fo wüte dafs niemand mehr bei ihm bleiben wolle. er führt ihn in feinen wald der mit wilden thieren angefüllt ift. da erblickt der jüngfte einen weidmann der fein garn ftellt, und verlangt alsbald von feinem bruder er folle ihn zer- reilsen. diefer führt des vaters gebot an, mit keinem menfchen den kampf zu beginnen. ‘was geht mich des alten gebot an’, ruft jener und läuft hin den jäger zu zerreifsen. er gerät aber in die ftricke die diefer gelegt hat, und wird mit einem knüttel aufs genick gefchlagen. “fchlag zu fpricht der löwe, ‘es gefchieht mir recht: warum habe ich auf die lehre meines vaters nicht geachtet: den narren mufs man mit kolben laufen. In Paulis Schimpf und ernft cap. 18 wird diefelbe überlieferung er- zählt, dem inhalt nach übereinftimmend, nur dafs der eingang etwas ver- fchieden lautet, ‘wir lefen von einem löwen, der hett zwen fön, die wolt er verforgen, und gab ieklichem ein frauwen. zu der ehefteuer gab er jedem einen wald und drei lehren, die folten fie behalten dieweil fie lebten‘. beide erzählungen find ziemlich gleichzeitig, da die erfte ausgabe von Schimpf und ernft im jahr 1522 erfchien. Pauli deutet auf eine fchriftliche quelle, und die wird auch der meifterfänger gehabt haben. ich kann fie nicht nachweifen, wol aber ältere darftellungen deren verwandtfchaft bei allen abweichungen unzweifelhaft bleibt. Zunächft eine etwa dreihundert jahr ältere. fie findet fich in den von Franz Pfeiffer (Haupts zeitfchrift 7, 349) bekannt gemachten beifpielen. der löwe hat hier nur einen fohn dem er bei annäherung des todes eine lehre ertheilt, ‘zuerft fei freundlich gegen die deinigen, fo wird dein leben glück- lich fein. alle thiere auf erden find dir unterthan, nur nicht der menfch, den follft du meiden. feiner ftärcke und kraft bift du wol gewachfen, aber nicht feiner klugheit, gegen die kommft du nicht auf”. der alte ftirbt, der junge löwe denkt ‘warum foll ich den menfchen nicht anfallen? ich bin jung und ftark, er ift fchwach und liftig: ich will mich fehon hüten’. er macht fich auf und fucht den menfchen fo lange bis er ihn findet. aber es gereicht zu feinem fchaden dafs er feines vaters rat in den wind gefchlagen hat: der menfch weifs es dahin zu bringen, dafs er feinen fchweif verliert. s W. Grimm: Diefe erzählung ift einfacher als der meiftergefang und hat einen an- dern fchlufs, aber fie ift unvollftändig, denn es mufte von der begegnung des löwen mit dem menfchen und von dem verluft des fchweifes umftändlich berichtet werden. vielleicht geriet der löwe in die von dem menfchen ge- legten fchlingen und rettete das leben nur dadurch, dafs er fich gewaltfam losrifs. Es trift fich glücklich, dafs die fabel auch in einer extravagante bei Steinhöwel (es ift die 16te in der Augsburger ausgabe von 1487 bl. 62. 63, in der Freiburger von 1555 bl. 72. 73) fich erhalten hat. fie weicht wiederum ab, aber fie vermittelt jene beiden, während fie das ein- zelne und zum theil trefflich ausführt. der löwe verläfst mit feinem fohn die heimatliche wildnis, weil ein kleiner mann darin fich niedergelaffen hat, der das feld anbaut, ihm aber, da er feine faat verwültet fieht, fchlingen legt. als der junge löwe erftarkt ift und hört aus welchem grund fie haben fliehen müffen, will er rache an dem kleinen nehmen. der vater rät ab und warnt ihn, zwar komme der mann ihnen an ftärke lange nicht bei, aber er fei klüger und liftiger. der fohn hört nicht darauf und geht fort feinen feind zu fuchen. unterwegs begegnet ihm das pferd, das ihm feinen von dem fattel und den gurten gefchundenen rücken zeigt, weil der kleine mann auf ihm reitet. dann erfcheint der ochfe und klagt dafs ihn der mann zwinge die erde aufzureifsen: dabei werde er mit gerten bis auf den tod ge- fchlagen. der löwe bemerkt die {puren von den fufstritten des mannes und wundert fich dafs fie nicht gröfser feien, da der menfch fo viel böfes vollbringe. indem erblickt er ihn, er fteht auf einer anhöhe, hat eine grabfchaufel in der hand, baut und befäet den acker. der löwe fordert genugthuung, aber der kleine droht, ‘kommft du herauf, fo fchlage ich dich mit diefem kolben todt, fchneide dir mit diefem meffer die haut ab und zerhacke mit diefem beil dein fleifch. der löwe macht den vorfchlag, mit ihm zu feinem vater zu gehen, damit diefer als höchfter richter über fie entfcheide. fie leiften einander den eid fich nicht zu verletzen, bis fie bei dem alten angelangt “ feien. fie machen fich auf den weg, aber der liftige menfch führt feinen feind dahin, wo er feine ftricke gelegt hat. der löwe ift bald mit feinen vorderfüfsen hinein verwickelt und verlangt hilfe, aber der mann verwei- gert fie, weil er gefchworen hat ihn nicht zu berühren. mühfam fchleppt fich der löwe weiter: nicht lange, fo gerät er auch mit den hinterfüfsen in Ihierfabeln bei den meijter fängern. 9 die ftrieke und kann fich nicht mehr regen. da haut der mann einen knüt- tel von einem baum und fchlägt mit allen kräften auf den löwen. “fchlag nicht auf meinen kopf, rücken und leib’, ruft diefer, “fchlag auf meine ohren, weil fie meines vaters gebot nicht hören wollten: fchlag auf mein herz, weil es feine lehre nicht achtete. das männlein thut wie er verlangt und fchlägt ihn todt. Wie manches der fpätere meiftergefang mit diefer erzählung gemein hat, fo ift doch feine unabhängigkeit davon nicht zu bezweifeln: die über- lieferung ift dort theils erweitert, theils eingeengt, hat aber an innerer voll- ftändigkeit und ausbildung verloren. man wird den gehalt diefer fabel nicht verkennen, der an [ich fchon ein höheres alter verbürgte, wenn fich diefes auch nicht hätte nachweilen laffen. wahrfcheinlich geht es noch weiter hin- auf, denn es lag in dem geift der älteften thierfage die zuftände zu [childern, die fich bildeten, als der ackerbau die wälder verdrängte, die einfamkeit der wildnis aufhörte und die thiere fich zurück ziehen multen: notwen- dig war damit die anerkennung menfchlicher klugheit und der fieg derfelben über die rohe kraft verbunden. Der extravagante an die feite zu ftellen, ift die fage wie fie fich bei Barachja erhalten hat (nr 106). der löwe, der könig der thiere, erkrankt, läfst feinen fohn vor fich kommen und ertheilt ihm gute lehre. 'herfche in frieden’ fpricht er zu ihm, ‘fei ftark und mutig. nimm deine nahrung aus den thieren, aber hüte dich vor dem menfchen: du bift ftärker, er aber ift liftiger: er trägt einen bogen in der hand, er legt dir fehlingen und gräbt dir eine grube. er hat keinen herrn über fich, und alle thiere müffen ihm dienen: pferde und maulthiere {pannt er vor feinen wagen, der efel mufs ihm feine laften tragen, der ochs feinen acker pflügen, das lamm führt er zur fehlachtbank’. danach ftirbt der alte könig, die thiere kommen und beklagen feinen tod, und der junge löwe wird auf den thron gefetzt. er wählt aus den thieren eine tapfere fehar und theilt die fehätze feines vaters unter fie aus. er kündigt feinen entfchlufs an einen raubzug zu unterneh- men, auch den menfchen will er gegen das verbot feines vaters angreifen und zerreifsen er geht aus dem wald heraus und begegnet dem wilden efel den er nicht kennt. er brüllt, aber der efel erfchrickt nicht, weicht auch nicht zurück. der löwe verwundert fich darüber: ‘ift das der menich‘’ fpricht er, ‘jetzt will ich thun was mich gelüftet’, fällt über ihn her und will Philos.-histor. Kl. 1855. B 10 W. Grimm: ri “ ihn zerfleifchen. der waldefel bittet um genade und unterwirft fich ihm als feinem könig. der löwe fragt ob er den menfchen kenne, der waldelel hat ihn nicht gefehen, rät ihm aber weiter zu gehen, da werde er den laftelel und den ochfen finden, denen fei der menfch bekannt. der löwe geht weiter und begegnet dem pferd. diefes erhebt fich auf feine hinterfülse, der löwe thut einen fatz und kommt hinter das pferd, das fchlägt aus, trift den lö- wen in die lenden, fo dafs er eine wunde empfängt. wütend fällt er auf das pferd und zerbricht es wie ein rohr. es unterwirft fich und bittet um genade. der löwe fragt ob es der menfch fei, das pferd verneint es, fagt aber wenn er mit dem menfchen kämpfen wolle, fo werde er ihn auf feinem felde fin- den. der löwe geht weiter und erblickt den menfchen, der das getreide in garben bindet. indem kommt der efel daher und ftürzt von feiner laft ge- drückt nieder: die fchafe die bei ihm find, geraten in angft und rufen nach ihrem herrn. der löwe tritt heran und fragt worin ihre arbeiten beftänden und wer ihr herr fei. fie antworten ‘wir find knechte des menfchen, ein jeder von uns erhält feine nahrung von ihm und verlangt nichts anders. der löwe erkundigt fich wo der gewaltige hingegangen fei. fie antworten "in den wald, dort holz zu hauen.’ da fchleicht der fuchs herbei, der löwe freut fich als er ihn erblickt und fpricht ‘der bringt gute botfchaft, aber ich weifs nicht welcher art fie ift. . der fuchs kommt näher, neigt fich und bit- tet um feine genade. “wo willft du hin”? fragt der löwe. ‘ich komme aus dem haus des königs (des menfchen), ich habe feinen jungen hühnern nachgeltellt und keins übrig gelaffen. “ift der menfch nicht vorlichtig?” fragt der löwe, ‘oder bift du ftärker als er’? ‘ich habe es durch lift erlangt, nicht durch tapferkeit; wir füchfe können nicht anders. “bleib bei mir’ fpricht der löwe, "bis ich zu dem menfchen gelange, mit einem fprung will ihn vernichten‘. ‘herr, ich gehorche deinem befehl und will hinter dir her- ö gehen, aber hüte dich vor der fchlinge. du wirft den menfchen zwifchen den bäumen des waldes finden: bezwingft du ihn, fo wirft du grofse beute machen‘. der löwe geht ftolz weiter, aber der fuchs ift auf feiner hut. Die überlieferung bricht hier ab, es fehlt wol der gröfsere theil, der zufammenftofs des löwen mit dem menfchen und das verderben des wilden thiers, doch ift der fchlufs dadurch angezeigt, dafs der fuchs vor den fchlin- gen des menfchen warnt. möglich auch dafs der ausgang ein anderer war als in der extravagante und in dem meiftergefang, und dafs der löwe durch thierfabeln bei den meifterfängern. 11 die lift des fuchfes aus den fallftricken gerettet wird. darauf fcheint mir das gedicht aus dem 13ten jahrhundert zu weifen, wo der löwe mit verluft fei- nes fohManzes entkommt; auch ift es dem geift der thierfage angemeflener dafs der menfch am ende noch den kürzern zieht. was fich bei Ba- rachja erhalten hat ift übrigens vollftändiger und beffer als in irgend einer der andern auffalfungen. finnvoll ift der gegenfatz zwifchen den waldthie- ren und den hausthieren hervor gehoben: fie erfcheinen nach einander ent- kräftet und erniedrigt von den dienften die fie dem menfchen leiften müffen. trefflich ift der zug, dafs der wilde könig das gezähmte allbekannte pferd nicht kennt und meint es fei der menfch. es wird von ihm überwältigt und unterwirft fich feinem natürlichen herrn. der ochfe hätte auch auftre- ten müllen, ift aber vergeffen. der efel finkt unter feine das geduldige fchaf befindet fich wol in der knechtfchaft r laft zur erde, nur nd will darin ver- bleiben. gefchickt ift der wolbekannte fuchs eingemifcht, der halbwilde halbgezähmte, den der löwe mit wolgefallen kommen fieht. noch einen merkwürdigen umftand will ich hervor heben, es weilt in die ältefte zeit zu- rück, wenn der junge löwe beim antritt der regierung die fchätze feines va- ters unter die verfammelten getreuen austheilt. hätten wir diefe auffaffung vollftändig, wir würden eins der fehönften und bedeutungsvollften thier- märchen belitzen. Ich kann noch eine darltellung nachweifen die leicht älter ift als das vorhin erwähnte gedicht aus dem 13ten jahrhundert. in dem erften viertel desfelben dichtete Marie de France und zwar in nordfranzöfifcher fprache ihren Äfop (Yfopet), deffen quelle eine aus dem lateinifchen überfetzte fa- belfammlung in englilcher fprache war. vielleicht hängen auch die extra- vaganten mit jener lateini[chen quelle zufammen, nur nicht unmittelbar, denn die fabel von dem hund und der katze, bei der Marie de France die 98fte, ftimmt in der ausführung nicht mit der extravagante (abgedruckt im Rein- hart fuchs f. 421. 422) fondern merkwürdiger weile näher mit einem alt- deutfchen gedicht, das im Reinhart fuchs f. 363 mitgetheilt ift. doch mit den fabeln des Romulus und des anonymus Neyeleti der die profa desfel- ben in elegien brachte, ift jene lateinifche quelle der Marie fchwerlich nä- her verwandt. ihr werk befteht in der ausgabe von Roquefort aus 103 ftücken, wovon nur der kleinere theil die bekannten äfopifchen fabeln er- zählt, unter den übrigen find 39, deren quelle man nicht kennt, und die B2 12 W. Grimm: aller wahrfcheinlichkeit nach fich auf urfprünglich normale überliefe- rungen gründen. eine davon (nr 92) enthält unfere fabel mit ir chen abweichungen. Eine hirfchkuh ertheilt eben ihrem kälbchen gute lehren wie es fich vor hunden und jägern und vor dem wolf in acht nehmen mülfe, als fie einen reiter daher kommen fehen, der bogen und pfeile in der hand hat. das kalb fragt wer das fei. “den muft du am meiften fürchten’ ant- wortet die mutter, “und wenn er dir nahe kommt, fo hüte dich’. ‘was foll ich ihn fürchten’? fpricht das kalb, ‘er will uns kein leid anthun: er ift von feinem pferd abgeftiegen, hat fich verfteckt und begnügt fich damit, uns zu betrachten’. “bleib zurück, liebes kind’, ruft die mutter, ‘vor feinem haupt liegt eine lange ftange (ein pfeil), kommt die auf uns zu, fo können wir dem dem tod nicht en: beffer ift wir laufen davon’. ich fliehe nicht, fpricht das junge, bevor er den pfeil abfchiefst, was mir auch gefche- hen mag. Dafs hier die warnung in den mund einer hirfchkuh gelegt ift, kann man eine glückliche änderung nicht nennen, da die thierfage den hirfch nicht zu den mutigen thieren zählt, und doch wird ein folches voraus ge- fetzt, da das junge kalb fchon gegen die gute lehre den trotz zeigt, der dem fohn des löwen angemelffener ift. auch der eigentliche fchlufs fehlt diefer lückenhaften überlieferung: das ungehorfame kind mufte von dem pfeil des menfchen getroffen werden. In dem dritten meiftergefang ift es eine wölfin, welche die ftelle des alten löwen einnimmt. wenn diefe ihr junges entläfst, führt fie es auf einen hohen berg, zeigt ihm die verborgenen waldwege und warnt es vor den nachftellungen des jägers. “hör mich an’ {pricht fie, “wenn dir einer be- gegnet, der ein kurzes holz trägt, das an der fpitze ein löchlein hat (fie meint eine büchfe), fo fall ihn nicht an, fondern lauf eilends hinweg, denn erreicht er dich auf offnem feld, fo reilst er dir ein loch in den pelz (trifft dich mit einer kugel). oder kommt in dem hag ein mann zu dir, der ein zwei klafter langes holz trägt, an dem ein hölzlein vorn gebunden ift (fie meint einen fchweinefpiefs), fo flieh weit weg, fonft macht er dir hinten eine tiefe wunde. oder kommt einer daher, der ein holz trägt mit viel zin- ken (einen morgenftern?), den erwarte nicht: er haut dir damit grofse fcharten in den leib, fticht und fchneidet. lauf immer zu und ruhe nicht clear funger r bis du in deiner höle bift. kommt aber einer mit einem langen holz (fie mefnkteiie lanzenfpiefs) hoffärtig durch den wald gegangen, dem fchleich nach in alle ecken, bis er fich verirrt. dann treibt ihn die angft fein natür- lichftes zu verrichten: er fetzt fich nieder und lehnt die lanze an eine hecke. jetzt kannt du über ihn herfallen: pack ihn mit deinen fcharfen zähnen und zerreils ihn ohne barmherzigkeit. damit läfst die alte ihr wölflein laufen, das fich mit den erlernten tücken zu nähren weils, bis endlich mutter und kind in der beize des kürfchners wieder zulammen kommen. Man fieht dafs diefe erzählung mit der vorhergehenden auf glei- cher grundlage beruht und nur andere verhältniffe darftellt. dort hin- terläfst das thier das als das edelfte gefchildert wird, feinen beiden föhnen heilfame rathfchläge, doch nur auf den älteften vererbt fich die beffere na- tur, in dem jüngften bricht die thierifche wildheit wieder durch, und er empfängt den verdienten lohn. hier ermuntert der bösartigfte bewohner des waldes fein kind zur graufamkeit und ermahnt es nur fie mit vorficht auszuüben. Ich weils nicht ob es noch eine thierfabel giebt, die mit folcher be- weglichkeit in fo verfchiedenartige, immer unabhängige bildungen überge- gangen ift und dabei ihre grundzüge feft gehalten nie nochmals zeigt fie fich mit einer neuen ergötzlichen, humoriftifchen oder, wenn man will, fati- rifehen wendung, und zwar mit lebendig/ter mannigfaltigkeit in weit ausein- ander liegenden zeiten. Ich will fie zuerft in der geftalt anführen, in welcher ich fie bei Hugo von Trimberg, alfo am ende des 13ten jahrhunderts gefunden habe. Ein agelfter zuo ir tohter fprach ‘kint, wiltü niht werden veige, J6 warte wä der man fich neige und mit der hant grif an die erden, daz dines lebens tage iht werden kürzer, wan fö wil er dich werfen; des gedenke an mich und fliuc von ime.’ "daz tete ich gern, und möhteft dü mich des gewern, daz er den ftein niht bi im hate verborgen under finer wae. 14 in gg AR ar an .diu agelfier /prach ‘var hin von EL 2 Ser [Zee ich kan niht mer geräten dir: $: ur u dü häft mer lifte danne ich hän! “ j Renner 14915 — 28.- Älter aber nicht beffer ift eine erzählung der Marie de France, (nr 93), wo die kluge bemerkung des kindes die fpitze verloren hat. Ein rabe ertheilt feinem kind die lehre fich vor dem menfchen zu hü- ten, von dem es nur böfes zu erwarten habe: “wenn du fiehft dals er fich bückt und einen ftock oder ftein erfaffen will, fo flieg fort, damit dir nichts fchlimmes widerfährt’. “wenn ich aber fehe’ fragt das kind, “dafs er fich nicht bückt und nichts in den händen hat, mufs ich mich da auch entfer- nen’? ‘lafs mich gehen’ fagt der alte, “du brauchft weiter keine lehre: flieg allein und hilf dir felbft, ich fürchte nicht für dein leben. ich will zu mei- nen andern kindern gehen und ihnen beiftand leiften’. Nach einem langen zeitraum taucht eine andere franzöfifche überlie- ferung auf. Bonaventure Des Pieres (7 1544) veranftaltete im füdlichen Frankreich eine fammlung von fcherzhaften und leichtfertigen gefchichten (contes ou nouvelles recreations et joyeux devis), gewis nach mündlichen erzählungen, zu welcher auch andere follen beiträge geliefert haben. ähn- liche bücher erfchienen in diefer zeit auch in Deutfchland, Freys garten ge- fellfchaft, Wickrams rollwagen und Kirchhofs wendunmut. glücklicher- weife ift auch unfere fabel darin aufgenommen worden. Eine elfter führt ihre kinder aufs feld, damit fie lernen felbft ihre nahrung zu fuchen. das gefällt ihnen nicht, fie wollen lieber ins neft zu- rück, wo fie es bequemer haben, weil die mutter die fpeife im fchnabel her- bei tragen foll. “meine kinder’, fpricht fie, “ihr feid grols genug euch felbft zu ernähren; meine mutter hatte mich viel früher ausgewiefen’. “aber die bogenfchützen werden uns tödten’ antworten die kinder. nein, nein’ fpricht fie, “es gehört zeit zum zielen: wenn ihr feht dafs fie die armbruft in die höhe heben und an das geficht legen um abzudrücken, fo fliegt da- von’. “das wollten wir wol thun, aber wenn einer einen ftein nimmt und will nach uns werfen, dazu ift kein zielen nöthig, wie dann’? “ihr könnt ja fehen wie er fich bückt’, fagt die alte, "wenn er den ftein aufheben will’. “aber wie, wenn er einen ftein beftändig in der hand trägt und jeden augenblick zum fchleudern bereit ift’? “ei! was ihr nicht alles wifst’! fpricht die mut- thierfabeln bei den meifter fängern. 15 ter, “ihr könnt fchon felbft für euch forgen’., damit fliegt fie weg und läfst fie allein. Diefe darftellung ift anmutiger als bei der nordfranzöfifchen dichte- rin, und bei Hugo von Trimberg, dem fie fonft näher fteht, während das zielen des fchützen hier, wie in der fabel von der hirfchkuh, hervor geho- ben wird. Nicht viel fpäter ift eine umftändliche und ausgebildete erzählung in Rollenhagens Frofehmeufeler, die uns, abermals in ganz andere verhältniffe führt. ein fperling erfcheint hier als vorforgender bedächtiger hausvater, der das zukünftige wol feiner vier kinder bedenkt und fie vor den gefahren warnen will, die ihnen drohen: er findet fie aber fchon gewitzigt und welt- klug. ganz fagenhaft ftimmt diefe auffaffung mit den andern fonft fo ver- fchiedenen in einzelnen zügen überein, dahin gehört die warnung vor dem fteinwurf, die befchreibung des feuergewehrs das an die ftelle des bogens und pfeils tritt: das fprichwort von dem zufammenkommen der pelze beim kürfchner zeigt die verwandtfchaft mit dem meiftergefang. Rollenhagen er- zählt font nicht fo gut, und man empfindet hier die einwirkung einer leben- digen quelle. da W. Wackernagel diefes ftück mit recht in fein lefebuch (2, 210— 214) aufgenommen hat, fo genügt eine angabe des inhalts. Ein fperling hat ein fchwalbenneft an einem kirchenfenfter in befitz genommen. während vater und mutter ausgeflogen find, futter für ihre jun- gen zu fuchen, kommt eine windsbraut und wirft das fenfter in die kirche hinab. drei von den jungen werden von dem wind weggetrieben, der jüngfte bleibt in der kirche. an einem warmen fommertag finden fich die eltern und die kinder auf einem feld zwifchen gemähter gerfte glücklich zu- fammen. der vater fpricht 'liebe kinder, bevor ihr in die welt geht, will ich euch gute lehren geben und euch warnen vor den gefahren die euch erwar- ten’. er fragt den älteften wie es ihm ergangen fei. diefer erzählt fein fehickfal, ‘der wind führte mich über das dach hinaus in das öde feld. ich fetzte mich in eine dornhecke am fahrweg und wäre hungers geftorben, wenn nicht ein bauer feinen fack geflickt und einige körner daraus verzettelt hätte, die ich zufammen las. wer arbeitet und fparfam ift kann fich ernähren’, ‘wol’, antwortet der vater, ‘wer das thut, der bringt etwas vor fich, wer aber müfsig auf dem wege geht, der macht manche erfahrung: fiehft du dafs ein junges mannthier die hand ausftreckt und einen ftein fafst, fo flieg da- 16 W. Grimm: von, es will nach dir werfen’. ‘wie dann aber’, erwidert der fohn, “wenn es den ftein fchon in der hand hat oder aus feiner tafche holt? da mufs ich fchnell wegfliegen; das hab ich täglich bei den bergknappen und hirten er- fahren. oder wenn fich das mannthier hinter den bufch legt und feine fchlingen ftellt? ich habe immer darauf acht gehabt. oder wenn aus einem bufch ein rauch in die höhe geht, als wär ein feuer angemacht? da liegt ein hund begraben, denn das mannthier läfst immer einen folchen dunft ausftrö- men, wenn es den mund aufthut’. ‘du lifiiger lauer’, fpricht der alte, “weifst du das, fo ift dirs fchon übel ergangen: gottlob dafs du vorfichtig bift’. der vater wendet fich zu dem zweiten, ‘wie haft du dich vor dem fturmwind gerettet, und wo bift du feither gewefen’? ‘ich fiel in ein haus, in welches fremde gäfte ein- und ausziehen, herrn und frauen, junker und reiter, fuhrleute, kärner, landsknechte und freibeuter. ich fah wie fie den hafer fchwungen, was die glucke mit den küchlein frafs, und habe da auch meine nahrung gefunden’. “gute nahrung’ antwortet der vater, ‘aber es ift grofse gefahr dabei. da wird die peitfche gefehwungen, mit ftrohgabeln ge- fchlagen, blaufüfse und fperber packen die kleinen vöglein: fieh dich vor, lieber fohn, dafs dirs nicht fchlimm ergeht’. ‘es ift wahr, ich bin da nicht ficher, doch hat das alles mir wenig fchaden gethan: aber die knaben ftel- len fallen, und wer fich darauf fetzt, den fchnappen fie weg. dazu haben fie ein blankes holz, darauf liegt eine eiferne kugel: wenn fie das an den mund halten, ehe man fich umfieht, blitzt es mit einem donnerfchlag, und wer getroffen wird, liegt todt, wer nur eine wunde empfängt und fort fliegt, mufs ein kleines bleikörnlein daraus ziehen. fo wie ich das glänzende holz erblicke, fo begebe ich mich auf die flucht’. ‘o lieber fohn’, fpricht der vater, ‘du bift an grofse gefahr gewöhnt: wenn dir folche leute nachftellen, fo mufst du dich hüten’. hierauf fragt der vater den dritten ‘wo bift du im fturmwind geblieben’? ‘ich ward in den luftgarten des pfarrers geworfen. ich dachte das wäre ein gottesmann und würde fich meiner annehmen: aber er gieng in gedanken darin auf und ab und hörte nicht auf mich. in der not verzehrte ich eine raupe die zu mir kroch, und fuchte noch andere auf. damit nährte ich mich bis die erbfen reif wurden, maulbeeren und kirfchen, und fo habe ich in guter ruhe meine nahrung gehabt’. ‘dich hat der wind wol geführt, aber hüte dich vor den grünen ftangen, die oben ein löchlein ha- ben und in der hand der jungen knaben {ind (er meint ein blasrohr), auch thierfabeln bei den meijterfängern. 17 vor dem meifenkaften und pechruthen’. ‘aber wie dann, wenn die ftange gefchwärzt ift und vor das loch ein blättlein geklebt (fo dafs man fie nicht erkennt)? für das käftlein hat man drahtgitter (vogelbauer die man nicht be- merkt), und das pech fehmiert man an die zweiglein (auf die wir uns fetzen): wer fich nicht vorfieht, wird gefangen’. “du bift klug’, fagt der alte, ‘aber des pfarrers knaben find liftig, fieh zu dafs fie dich nicht erwifchen. ftatt über den büchern zu fitzen, ftellen fie lieber den vögeln nach und fangen fifehe. der wolf frifst auch die klugen hunde, und fo liftig die füchfe find, am ende kommen doch ihre pelze in der beize bei dem kürfchner zufam- men’. endlich wendet fich der vater zu dem jüngften, ‘wo bift du geblie- ben, neftküchlein’? ‘ich als der jüngfte und fchwächfte konnte mich nicht erheben und im wind davon fliegen: ich ftürzte in die kirche hinab und blieb auf dem dach der kanzel fitzen. als der pfarrer die predigt hielt, da hörte ich dafs wir nicht kleingläubig fein und unfre forgen gott anbefeh- len follen, der alle creaturen erhält: fo gering man die fperlinge auf den hausdächern achte, fo folle doch ohne feinen willen keiner herab fallen, und die raben follen fpeife von ihm erhalten. ich ward getröftet und dachte “was haft du nun für not’. da kam eine fpinne daher gekrochen, ich afs fie und fuchte ihrer mehr und fäuberte damit die kirche von dem gefchmeifs. ihr gift that mir keinen fchaden, nur dafs einige von meinen federn kreideweifs wurden, weshalb mich die kinder ihren bunten kirchenfperling nennen’. der alte lobt ihn feines verhaltens wegen und ermuntert ihn feft an gottes wort zu halten, wenn auch die eulen kämen und ihn verfolgten. Abermals fpäter, etwa in der mitte des 17ten jahrhunderts, erfcheint die fabel bei I. Balth. Schuppius (Fabelhans s. 837). aus dem Frofchmeu- feler hat er fie nicht genommen, bei aller übereinftimmung im ganzen und in den grundzügen weicht er in der ausführung zu weit von ihm ab, und wir werden auch hier auf die mündliche überlieferung als quelle geleitet. da fie in den hausmärchen mitgetheilt ift (nr 157), fo kann ich dahin ver- weilen. Wir haben gefehen dafs das edelfte wie das graufamfte und wiederum das fchwächfte thier feinem kind bei dem eintritt ins leben väterliche lehren mit auf den weg giebt. man mufs darin eine abfpiegelung menfchlicher fitte erkennen: was ift natürlicher als dafs vater und mutter den fohn der feine laufbahn beginnen foll, oder der herr den diener den er ausfchickt, Philos.-histor. Kl. 1855. © 48 W. Grimm: vor den gefahren warnt die ihn bedrohen, und ihn belehrt wie er feine handlungen einrichten, wo er auf feiner hut fein müffe. kein zweifel dafs fich darin die fortdauer einer uralten fitte zeigt, bei der wahrfcheinlich wiederkehrende formeln angewendet wurden. waren doch auch, wenn der wandernde fremdling die gaftfreundfchaft in anfpruch nahm, die fragen be- ftimmt, die der wirth an den gaft richten, die antworten, in welchen diefer auskunft geben mufte. ich glaube dafs fchon in dem hohen lied (Aävamal) der Edda folche reifelehren aufbewahrt find, deren eindringlichkeit noch durch den höheren, den eddifchen dichtungen eigenen ausdruck gefteigert wird. aus diefem gefichtspunkt erkläre ich den inhalt eines andern eddi- fchen lieds (Sigurdrifumäl), worin Brünhild als walküre den Sigurd, der fie eben aus dem zauberfchlaf geweckt hat, und den fie zum erftenmal erblickt, aber als den herrn ihrer feele erkennt, beim abfchied über die geheimen kräfte der runen belehrt und fprüche der weisheit hinzufügt. fie fpricht da- rin nur die überlieferung aus, deren kenntnis nicht einem jeden zu theil ward, welche zu erlangen der uneingeweihte trachtete und höher als gold fchätzte, ja fie damit erkaufte. nur befonderer gunft verdankte man ihre mittheilung. noch einflufsreicher tritt die fitte hervor in dem lateinifchen gedicht von Rudlieb, das fchon vor der ausbildung der deutfchen dichtung des 12ten und 13ten Jahrhunderts entftand und von einem echtpoetifchen geift durchdrungen ift. als der jugendliche held zu feinem früheren herrn zurück zu kehren im begriff ift, fragt ihn der könig, deffen diener er bisher gewelen ift, ob er zum abfchiedsgefehenk gold oder lehren der weisheit zu empfangen wünfche. er zieht die letztern vor, und nun ertheilt ihm der könig in einfamem gemach zwölf lehren, an welche fich die nachherigen fchickfale Rudliebs knüpfen. es macht keinen unterfchied, wenn es bei Brünhild elf lehren find, und merkenswerth ift der ähnliche inhalt einiger darunter: beide raten die rache zu verfchieben und fich vor frauen zu hü- ten, zu denen man auf der reife kommt. acht räte find es, die in der Her- vararfaga der weife Höfundr feinem (ohne Heidrekr ertheilt, aber diefer, wie in unferer fabel der zweite fohn des löwen, geht darauf aus fie zu ver- eiteln. weitere nachweifungen find von Jacob Grimm in den lateinifchen gedichten des 10ten und 14ten jahrhunderts (f. 207.208) und von Schmel- ler in Haupts zeitfchrift (1, 407 folg.) gegeben. ich will noch eine zufügen, die Hans Sachs ({f. 3, 61. 62) überliefert. thierfabeln bei den meifterfängern. 19 in meiner jugend warnet mich ein alter mann gar tugentlich mich zu hüten vor dreien ftücken, wolt ich dafs es mir folt gelücken, die doch wären gemein auf erden, weil ir jedes brächt vil geferden. das erft das wär hurengebet, darfür folt ich mich hüten fpet: das ander wär auch in den tagen einer frommen frawen warfagen: und folt auch fliehen das dritt ftück, wär der alten weiber grofs glück. was dann finnreich ausgelegt wird, die letzte warnung folgender weife, wan fie zu allen böfen fachen allmal grofs glück daraufs machen: fellt eim ein kind zum fenfter raufs und fellt etwan ein [chenkel aufs, oder fellt einer vom gaul herab und er fellt elwan ein arm ab, /prechens 'grofs glück haben die allen, dafs keiner fich zu todt hat gefallen’. der könig Tirol und fein fohn, der Winsbeke und die Winsbekin zeigen wie im 13ten jahrhundert der gebildete, aber der überlieferung entfremdete, den eigenen betrachtungen hingegebene geift fich des gegenftands bemäch- tigte, keine rätfelhafte fprüche vorbrachte, fondern ein umftändliches lehr- gedicht. Gehört zu dem wefen der äfopifchen fabel eine dürftige, auf das notwendigfte befchränkte erzählung, und geht ihre ganze richtung nur auf belehrung, wobei freilich aller reiz der poefie fchwindet, oder mufs man darin nur ein erweitertes gleichnis erblicken, fo hat man recht fie als etwas von dem thiermärchen von grund aus verfchiedenes zu betrachten. wenn fie aber die thiere auftreten, reden und handeln läfst, und dabei ihr natürli- ches wefen beachtet, fo fetzt fie doch die fage von ihnen voraus, die wie- derum auf jenem eigenthümlichen verhältnis des menfchen zu den thieren beruht, das nicht konnte erfunden werden, fondern wirklich vorhanden C2 20 W. Grimm: fein mufte. war bei dem apolog die nutzanwendung im voraus fertig, wie kommt es, dafs fie nicht felten fo unbedeutend erfcheint, manchmal wie bei den haaren herbeigezogen? war doch die freie erfindung durch nichts be- fchränkt und konnte fich der lehre genau anfchliefsen. dennoch ift bei Äfop das märchenhafte lange nicht genug unterdrückt und oft noch mächtig ge- nug. wollte Äfop vor zweizüngigkeit warnen, fo durfte er die fabel von dem fatyr und dem menfchen nicht dazu erfinden, denn diefer thut nichts, unrechtes, fondern handelt ganz vernünftig, aber es ift ein hübfches mär- chen, in welches den mit dem menfchlichen leben unbekannten waldmann durch fein erftaunen über die verfchiedene, ganz entgegengefetzte wirkung des blafens vortrefflich fchildert. der inhalt der allbekannten fabel von dem lamm das dem wolf foll das waffer getrübt haben, ift fo natürlich und das wefen des fchüchternen thiers fo gut dargeftellt, dafs die poetifche theil- nahme nicht ausbleibt: aber an der dürren moral geht ein jeder gleichgül- tig vorüber. diefes märchen kann als gleichnis gelegentlich passend ange- wendet werden, aber auf einen folchen gebrauch hat es nicht nötig zu war- ten, um fich geltend zu machen. die echte griechifche fabel haben wir im Babrius kennen gelernt: in Hitopadefa, Pantcha tantra, bei Bidpai und Nechfchebi ift die abficht auf lehre und die einmifchung eigener erfindung deutlich, weshalb wenig rückficht auf die natur der thiere genommen wird. die cyrillifchen thierfabeln gehen am entfchiedenften zu werk, fie ftellen eine beftimmt ausgefprochene moral an die fpitze und knüpfen an ein paar dünne felbftgedrehte fäden eine reihe guter, oft finnreicher betrachtungen, die aber keinen anfpruch auf dichterifchen werth machen können. das echte thiermärchen dagegen kennt nur die unfchuldige und freie luft an der poefie: es will zunächft nur ergötzen und überläfst es feiner innern kraft in dem rechten augenblick auf das gemüt des menfchen zu wirken. hängt man auch ihnen epimythien an, fo find fie im beften fall oberflächlich und ge- haltlos: es ift ein zufall, wenn es einmal damit glückt, oder eine lehre wie eine reife frucht von felbft abfällt. fo entfchieden man alfo bei ihnen die abficht darauf zurück weifen muls, fo zeigen fie fich doch in gewifler be- ziehung lehrhaft: indem fie auf den unterfchied der thiere von dem men- fchen aufmerkfam machen, mahnen fie diefen den böfen thierifchen richtun- gen nicht blindlings nachzugeben, und wirken damit ficherer und dauernder als 5 durch eine abgezogene moralifche wahrheit. die paar fabeln deren um- thierfabeln bei den meifterfängern. 21 wandelungen wir hier betrachtet haben, gehören gewis zu den echten thier- märchen, aber welche moral will man aus der weinfchenke des wolfs und ftorchs ziehen? etwa dafs zwei fo verfchiedene naturen fich nicht in ein ge- meinfames gefchäft einlaffen follen? aber dichterifch behandelt könnte es die grundlage einer guten erzählung werden. oder was läfst fich erbauliches darüber fagen, dafs die wölfin ihren kindern anweifung gibt, wie fie ohne gefahr ihre blutgier befriedigen können? fie thut was ihre natur fordert und ermahnt fie zum böfen gerade fo wie der fperling feine jungen zum guten. beide fetzen die handlungen als notwendig voraus und empfehlen nur vor- ficht dabei. in.einem ehftnifchen volkslied (Neufs 3, 444) wird die war- nung einem wolmeinenden vöglein in den mund gelegt. Eilig gieng die geifs den berg an, hurtig hinter ihr der wolf drein: ‘komm zu mir, o komm, geifslein, neue [chuhe die [chenk ich dir, rothe abfätz unien dran, drüber find die feidenbänder.’ In der erle fang der vogel ‘nimmer glaub es, o du gei/slein, glaub den worten nicht des wolfes; ‚falfche reden führt der wolf, trüglich teufcht des bären wort. ‚feine [ehuhe nennt dein vliefs er, nennt dein blut die abfätz unten, bänder dran dein eingeweide.’ Babrius hat dem thiermärchen fein poetifches recht gelaffen und es nicht durch geiftlofe epimythien herab gewürdigt. ich nenne diefen treffli- chen dichter abfichtlich, weil ich zu einem feiner gedichte eine bemerkung machen will, die man als eine nicht weit abliegende zugabe zu diefer ab- handlung betrachte. fie gewährt wiederum ein überrafchendes beifpiel, wie der grundgedanke in einer durch zeit und raum weit getrennten über- lieferung fich erhalten kann, der hier fo befonderer art ift, dafs man eine zufällige übereinftimmung darin nicht erblicken, einen äufsern zufammen- hang nicht nachweifen, einen innern nicht abweifen kann. der inhalt (nr 74. Furia 278. Coray 194) ift einfach. pferd, ftier und hund kommen vor froft 2323 W. Grimm: zitternd zu dem haus des menfchen. er öffnet ihnen feine thüre, läfst fie am feuer fich wärmen und gibt ihnen nahrung: dem pferd gerfte, dem ftier hülfenfrucht, dem hund fpeife von feinem tifch. die thiere vergelten die erwiefene wolthat, indem fie als gaftgefchenk dem menfchen einen theil ihrer lebensjahre überlaffen. das pferd fogleich, deshalb ift der menfch in der jugend übermütig: hierauf der ftier, darum müht fich der menfch in der mitte des lebens mit arbeit und fammelt reichthümer: der hund fchenkt die letzten jahre, darum find die alten immer mürrifch, fchmeicheln nur dem der ihnen nahrung gibt, und achten die gaftfreundfchaft gering. damit ver- gleiche man was vor funfzehn jahren ein heffifcher bauer auf dem felde er- zählte und fchon im jahr 1845 in den hausmärchen (nr 167) mitgetheilt ward. nachdem gott die welt gefchaffen hat, beftimmt er als lebenszeit allen crea- turen dreifsig jahre. dem efel, dem das zu viel ift, werden achtzehn jahre abgenommen, ebenfo auf ihre bitten dem hund zwölf, dem affen zehn jahre. jetzt kommt der menfch, ihm find die dreifsig jahre zu wenig, und der herr legt ihm noch zu was er den thieren abgenommen hat. demnach lebt der menfch fiebenzig jahre, wenn feine dreifsig herum find, kommen die acht- zehn des efels, da wird ihm eine laft nach der andern aufgelegt : hierauf die zwölf des hundes, da liegt der menfch in der ecke knurrt und hat keine zähne zum beifsen: endlich die zehn des affen, da wird der menfch ein fpott der kinder. Man wird zugeben dafs die deutfche erzählung bedeutungsvoller und innerlich zufammenhängender ift als die griechifche: die abgabe der jahre wird natürlicher begründet, da man dort nicht weifs wie der menfch, deffen alter man nicht kennt, und dem mut und freudigkeit nicht fehlt, gebrauch von dem gefchenk des pferds machen foll. Ich theile den text der drei meiltergefänge mit ohne an den rohen fprachformen etwas zu ändern. thierfabeln bei den meijterfängern. In des harders fuefen thon der wolff und fiorch die wein fchenckten. 1 45 Ein wolff und auch Ein ftorch furware die [chenckten pede mit einander wein das gelt das namens vber tag ped mit einander Ein: — — — — — — b 5 Es fton pis auff Ein halbes jare Sy wollen pede wiffen iren gwin do was der halb tail kaum bezalt der ander tail porgt hn: — — — — — — $ Do /prach der wolff mein fach wil ich verkiefen 10 furwar an mir fo foltu nicht verliefen Ee wolt ich hie Erfriefen und das man /prech ich trib mitt dir gewalt So pleyb ich hie den fumer lanck vnd auch den wintter kalt: — — — — — — b 2 Do fprach der ftorch fo mu/s ich fliegen In fere lant draut liebfter gfelle mein Das par gelt foltu geben mir die [ehuld pring felber En: — — — -— — — $ 5 Ob dir die pauren wolten liegen vnd wollen dir bezallen nicht dein gelt Jo nim in gens kue [chwein und [chaff und treyb ins vber fell. — — — — — 5 Do /prach der wolff mein aller liebfter gfele 10 feit du dan nach dem gelt fo fer dueft tele Jo gib ich dir Es fehnele Er pant ims in Ein tuchlein da zw mal Er henkts dem ftorch an feinen hals 4, 3. 1. ftunt. 1, 8. 1. geborget. 2, 2. 1. ferre. 23 24 W. Grimm: 3 Der ftorch der fchwang das fein gefider vnd kam fo weit vber ein fee furwar darin fach er der fröfche vil Jo gar Ein grofe [7char: -— — — — — — 5 Der ftorch lies fich in lufften nider der pitter hunger zwang in da zw mal Er neigt fein kopff ims gelt Empfil fein haubt das was im [chmal — — — — Es fiel im in den fe alda zw grunde 10 der ftorch der [ucht Es lang mit feinem f[chlunde vnd floch hinweg zw ftunde. das pey /pil mercket ir auch alle [am drum er das gelt im fee verlor ift er den fröfchen gram: — — — — — — »b Inn des muglings langen thon von dem frechn jungen löben. 1 160 Man jaget von Eim loben weis als er war alt Het er zwen fun vnd gab iedem ein grunen walt det in dar zw drey guetter lere geben: — — — Zwm Er/ften folt er fechten mit keim men/chen nit 5 weil fein fterck aller thire ftercke vber trit auch thut mit den nachtpauren fridlich leben: Zwum dritten halt die weld in Eer auff das die thirlein Junge drin auff ziehen vnd fo ir volget meiner leer 40 fo mugt ir allem vngeluck Empfliehen nach dem der alte löb geftarb ‚fein Elter fun volget des vatters Ratte darmit gunft eer und guet erwarb der Jung löb vebt vil mutwilliger date 15 mit fein nachtpauren zanckt und palgt thierfabeln bei den meifter fängern. Niemant vmb in kunt wonen auch wurget er die thier an zal durch perg vnd thal mer dan er zw notturfft bedorfft 20 keines det er verfchonen: — — — — — — » 2 Die thierlein flohen daruon wurt der walt gar öd der halb fein narung in die leng wurt [chmal vnd fpröd Er kam zw feim pruder det Im das clagn:— — — — — — 5 Sein pruder fprach ich halt mich vnfers vatters leer 5 Dw wuetteft das vm dich kan niemant pleiben mer des muft dw ab nemen in alten tagen: — — — — — — b Er fuert in mit im in fein walt den fach er /pringen vol der wilden thire der jung löb fach ein waidman alt 10 fiellen fein garen in Waldes Riefire Er /prach den jeger Reis zw dot Er wil die thierlein in dem walde fahen Er fprach vnfer vatter gepot wir folten uns mit keinem men/chen fchlahen 15 Er fey ftercker vnd hab vil lift der Jung löb /prach verme//fen was get des alten pot mich an difen waidman wil ich zw Reiffen durch mein fterck 20 und wil in darnach Effen: — — — — — — »b 3 Der Jung löb loff viel vnfurfichtig in die ftrick der Jeger [ehlug in mit eim pengel auff fein knick der lob fprach waidlich fehlag mein hertzundoren:— — — Das ich meins vatters leer hab gehört und ver/chmecht 25 5 darum fint dife ftraich auff mich pillich und Recht 2, 4. l. an unfers. Philos.-histor. Kl. 1855. D 26 W. Grimm: mit kolben mu/s man laufen folchen dören: — — — — — — b Aus difer fabel nem drey leer Ein mon Er/ftlich mit iederman fey frid/am Zwm andern beweis zucht und eer 10 der nachtpaur/fchafft [ey in freuntlich und mitfam Zum dritten acht hab auff fein gut das er es meer doch mit gerechtem handel vnd wen er alfo leben dut /ridlich freuntlich in allem feinem wandel 15 So erlangt er guet er und gunft pey iedermon auff erden wer aber hadert zanck und greint dem wirt man feint das iedermon in f[cheucht und fleucht 20 des mues er Elent werdn: — — — — — — b Anno 1543 adj 24 feptembris Inn des hans fach/en kurtzen thon Die Wulffin mit irem Jungen. 1 249 Ein waidman fraget ich Ein mal der mer Was fur ein abfchid pei der wulffin wer W en fy ir Junges von ir hin wolt laffn: —— — — — — »b Er fprach do ftet Sy auff ein hohen perck " 5 Y’nd warnet das Jung vor allerlei waid werck Zaigt im in dem wald al verporgen firaffen: V'nd fpricht Hör dw ||wo dw kumft Zw Eim der ein kurtz Holtz dreckt den las mit Ru das foren hat ein lochlein in der fpitzen 10 vermeint ein puchfen von dem fleuch die weit Wan er Erraicht dich in dem felde preit Y'nd dut dir ein loch in den wolfs peltz [chmitzen: — — — — 3, 17. 1. zankt thierfabeln bei den meifterfängern. 2 Wo auch ein man Zw dir kumpt in dem hag Der zwaier klaffter lang ein holtz auch trag daran ein höltzlein voren ift gepunden:— — — — — — 5 darmit die wulffin vermaint ein [chwein fpis. 5 von dem fleuch weit wan er ftech dich gewis 27 Junft Hinden Ein macht dir ein dieffe wunden: — — — — — b Auch kumpt Einer || gegangen der Fin holiz dregt mit vil Zincken hin vnd her des Erwart nit es haut leichnam gros fchartten 10 Es fiicht und fchneit vor dem fleuch Imer zw pis in dein loch die weil hab dw kein Ru darmit maint die wulffin ein Helle partten: — — — — — — b 3 Kumpt aber Einer mit Eim langen holtz V'nnd drit her durch den wald hoffertig ftoltz dem fchleich den nach langfam in allen ecken: — — — — — E3 pis er Etwan im walde wirt verirt 5 als den vor Engften Im not [cheiffen wirt den laint er fein lantzen fpies an Ein Hecken: — — — — — — Auff das er fcheis || den felben peis V'nnd mit dein Zennen grimmiclich zw Reis Darmit left Sy ir Junges wolfflein lauffen 10 Das fich mit den ducken zw neren wais pis Entlich pey dem Kur/chner in der pais Muetter vnd kinder wider kumpt zw hauffen: — — — — — — 2, 9. 1. deim leichnam. A — D2 Nee: ı £ RL gen N er res ee [) ER REN EN t AT NRER Über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung . römischer Rechts-Quellen. Von V. H” DIRKSEN. mAnARnNRANRN NN [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 1. Februar 1855.] I. D as Studium der Entwickelung der juristischen Kunstsprache bei den Rö- mern hat sowohl die zahlreichen Beispiele von neuen Formen der Wort- bildung für die Bezeichnung rechtlicher Begriffe zu ermitteln, als auch die selbstständigen Bedeutungen festzustellen, welche den allgemein gültigen Ausdrücken des häuslichen und öffentlichen Verkehrs, bei deren Über- tragung auf eigenthümliche rechtliche Beziehungen, durch die Bildungs- Organe des einheimischen Rechts allmählig zugeführt wurden. In dieser zweiten Richtung seiner Thätigkeit ist für den Terminologen, beinahe noch mehr als in der zuerst angedeuteten, die umsichtigste Handhabung der hi- storischen Kritik unentbehrlich, um nicht auf Abwege zu gerathen bei der Abwägung der Quellen-Zeugnisse, nach dem Zeitalter und der Individuali- tät jedes einzelnen Gewährsmannes. Für beide genannte Richtungen bleibt ausserdem die gemeinsame Regel wohl zu beherzigen, dafs die Römer, auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Fortbildung gleichwie auf jenem der practischen Anwendung ihres Rechts, jederzeit nur in Folge der Überzeugung von der Unzulänglichkeit des vorräthigen Sprachschatzes fich haben beftim- men lassen zur Formulirung neuer Kunstausdrücke, so wie zur Aufstellung selbstständiger Bedeutungen für überlieferte Formen des allgemeinen Sprach- gebrauchs, und dafs sie bei diesem Verfahren stets bemüht gewesen sind, nicht in Widerspruch zu gerathen mit den leitenden Grundsätzen der con- 30 Dınksen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, creten Rechtsverhältnisse, für deren Anschaulichmachung eben die ent- sprechende Bezeichnung ermittelt werden sollte. Zur Bestätigung des so eben bemerkten wählen wir zunächst das Bei- spiel eines terminologischen Postulates, welches die Sprachforscher unserer Tage vielleicht, als einen kaum bekannt gewordenen, und deshalb unschäd- lich gebliebenen, verfehlten Versuch zur Bereicherung der juristischen Kunst- sprache, der Widerlegung für nicht bedürftig erachten möchten. Es wird in- defs gerade dieses Beispiel bei genauerer Prüfung als ein solches sich be- währen, das, nach den Gesetzen der Sprachentwickelung scheinbar gerecht- fertigt und durch classische Gewährschaft äufserlich unterstützt, thatsächlich bereits vor langer Zeit die vorzugsweis berechtigten Wortführer getäuscht hat und, ungeachtet der wiederholt erfahrenen Widerlegung, bis auf die Gegenwart herab voll reger Reproductions-Kraft geblieben ist. Solche Er- scheinungen dienen zur Stärkung der Überzeugung, dafs eine gründliche Methode terminologischer Forschung das wirksamste Mittel bildet zur Ver- hütung der Entstehung, gleichwie der Fortpflanzung, von derartigen be- klagenswerthen Verirrungen, und dafs die Widerlegung derselben nur als- dann des Erfolges versichert sein kann, wenn sie selbst methodisch zu Werke geht. Wir beabsichtigen nämlich die Würdigung der aufgestellten Behaupt- ung, dafs, gleichwie der Ausdruck patrimonium in ursprünglicher Bedeut- ung die den Kindern zugeflofsenen bona paterna bezeichnet, fo auch die Be- nennung matrimonium von den Römern benutzt worden sei, um die Ge- samtheit der Jona materna zu fchildern. Dieses Postulat ist in dem lateinischen Sprachschatz von Gessner !) mit Stillschweigen übergangen. Der gelehrte Verfasser hat, als classisch beglaubigte Wortbedeutungen von matrimonium, nur hervorgehoben die zu- nächst liegende Bezeichnung des Rechtsverhältnisses der Ehegatten, und so- dann in abgeleiteter Bedeutung die Beziehung desselben Ausdrucks auf die Person der Ehegatten, vornehmlich auf die Ehefrau. Dagegen bei For- cellini?) geschieht aufserdem auch der Anwendung derselben Bezeichnung ö auf das mütterliche Vermögen der Kinder Erwähnung, indem, mittels bei- (') Novus Thesaur. lingu. latin. v. Matrimonium. (?) Lexicon totius latinit. v. |. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 31 läufiger Verweisung auf des Casaubonus kritischen Apparat zu Sueton, die fragliche Wortbedeutung als abhängig von der bestrittenen Lesart einzel- ner Quellen-Texte, und daher als durch verschiedene Stimmführer sehr ab- weichend gewürdigt, geschildert wird. Gründlicher als seine Vorgänger und Nachfolger ist Ducange °®) bei der Prüfung des vorliegenden Sprach- gebrauches verfahren. Er weist nach, dafs die abgeleitete Wortbedeutung von matrimonium, für uxor, genügende classische Gewährschaft aufzuweisen habe, theils in directen Bescheinigungen dieser Bezeichnungs -Form, theils mittels der indireeten Beglaubigung durch entsprechende Beispiele anderer, von dem Ausdruck des Rechtsverhältnisses selbst anf dessen Theilnehmer übertragener, Wortbedeutungen. Freilich hätten für den zuletzt berichte- ten Punkt, neben den angezogenen Beweisstellen, zahlreiche und besser zu- treffende Beglaubigungen aus den römischen Rechtsquellen geschöpft wer- den können. Dagegen die Anwendung der Bezeichnung mairimonium auf die bona materna hat Ducange nur durch nicht - elassische Autoritäten der spätern Latinität unterstützt. Er bevorwortet gleichzeitig, mit Verweisung auf Christo. Coler’s Parergac. 6., dafs diejenigen Gelehrten, welche aus den Zeugnissen des Sueton, Valerius Max. und Seneca die Gewähr- schaft gleicher Geltung dieses Ausdruckes innerhalb des Gebietes der classi- schen Latinität herzuleiten versucht haben, durch die zwischen pairimonium und matrimonium schwankenden Lesarten einiger Handschriften von geringer Glaubwürdigkeit getäuscht, durch des Casaubonus kritische Ausführungen zu Sueton aber gründlich wegen ihres Irrthums zurechtgewiesen seien. In Coler’s Darstellung *) ist ausführlicher nachgewiesen, dafs Connanus und Cujacius als die ursprünglichen Vertheidiger einer Ausdehnung der Be- zeichnung matrimonium auf die bona materna betrachtet werden dürfen. Die Schrift des Connanus findet man daselbst zutreffend bezeichnet, °) nicht aber die des Cujacius: auch sind die Anhänger der Ansicht dieser beiden Führer nicht bei Namen genannt. °) Nur des Jan. Gruterus ist (°) Glossarium med. et infim. latinit. h. v. (*) Parerg. c. 6. (In Otto’s Thesaur. I. Civ. T. I. p. 359.) (°) Commentar. iur. civ. III. 2. n. 3. VII. 3. n. 6. (°) Unter diesen hätte angeführt werden können Rad. Fornerius rer. quotidian. I. 18. (Otto das. II. 146.) 32 Dınksen: über die Verdienstlichkeit meihodischer Sprachforschung, schliefslich in diesem Zusammenhange gedacht und die Beweisführung des Casaubonus als vornehmlich gegen denselben gerichtet bezeichnet. Als classische Belege für die postulirte Bedeutung von matrimonium werden ange- zogen Äufserungen von Sueton,’) Valerius Max.,°) Seneca,°) Cas- siodor!°) und Augustinus. !!) Die bezügliche Schrift des Cujacius ist nichtsdestoweniger ohne Mühe zu ermitteln. '?) Man findet daselbst die eben genannten classischen Gewährschaften angezogen, unter Ablehnung der 'schon durch Erasmus für nöthig erachteten Substituirung der Lesart pa- trimonium für matrimonium, in den Worten Seneca’s. Zwar ist Cassio- dor’s Aussage nicht berücksichtigt, dagegen wird Bezug genommen auf den, durch die Aufzeichnung in gewissen Glossen beglaubigten, verwandten Sprachgebrauch fratrimonium, dem daselbst die Bedeutung von bona fra- terna beigelegt ist. Es mag mit Recht befremden, dafs dem Cujacius bei dieser Ver- anlassung die Überzeugung fremd geblieben ist, wie dem Wagnis des termi- nologischen Postulates von einer gleichmäfsigen Beziehung der Ausdrücke patrimonium und matrimonium auf das von den Ascendenten beider Linien überkommene Vermögen der Kinder, unerläfslich die geschichtliche Prüf- ung hätte vorangehen sollen: ob, nach der Eigenthümlichkeit der römischen Rechtsbildung, ein gleiches, oder auch nur ein ähnliches, Bedürfnis zur Ermittelung von Collectiv-Bezeichnungen für das mütterliche, so wie für das väterliche, Vermögen der Kinder, vorauszusetzen sei? Es bedarf aber schwerlich einer umfangreichen Beweisführung, um dieses Resultat zu ge- winnen, dafs die ausgedehnte Wirksamkeit der väterlichen Gewalt bei den Römern, !3) gleichwie die Beschränkung des gesetzlichen Erbfolgerechts der (’) in Octav. 40. (°) Memorabil. VII. 8. (°) de benefie. I. 3. (‘°) Epist. VIII. 23. „De cuius fide et sinceritate praesumimus, ut sequenti tempore re- liqua supra memorati matrimonii cum adiecta quantitate mereatur.” ('') Sermon. 185. „Ibant ad passiones, obliviscentes facultates et adfectiones, patrimonia ac matrimonia sua.” ('?) S. dessen Notae prior. ad Inst. Iust. I. 1. Pr. (Opp. T.I.) ('?) Gaius Inst. comm. I. 55. 189. Vergl. Jos. Nerii analect. I. 31. (in Otto’s Thes. II. 366.) in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 33 Freigeborenen auf die agnatische Verwantdschaft, so dafs erst spät ein In- testat-Erbrecht zwischen Mutter und Kindern, allmählich auch gegenüber den entfernteren mütterlichen Ascendenten, zur Geltung gelangen konnte; (*) und neben diesem die thatsächlich geringfügige Erwerbsfähigkeit der Frauen, verbunden mit der durch die Geschlechtsvormundschaft beeinträchtigten Verfügungsfreiheit derselben,('?) von dem unmittelbarsten Einflufse sein mufste auf den Sprachgebrauch der römischen Rechtsquellen für die Be- zeichnung der, von ihren Eltern überkommenen, Güter der Kinder. Das Bedürfnis des rechtlichen Verkehrs führte nämlich, seit dem Beginne der römischen Geschichte, ganz von selbst auf die Bildung einer Collectiv - Be- zeichnung für das, vom Hausvater herrührende, Vermögen der Kinder, während zur Ermittelung eines entsprechenden Ausdruckes für das, von der mütterlichen Ascendenz überkommene, Gut derselben anfangs sogar der äufsere Anlafs fehlte und auch in späterer Zeit keine dringende Aufforderung dazu sich fühlbar gemacht haben kann. Wer dieses Ergebnis der einfachen Zusammenstellung bekannter That- sachen der Geschichte römischer Rechtsbildung beherzigt, wird auch von der Nothwendigkeit sich überzeugt halten, dafs bei der Abwägung der Zeug- nisse für die Bedeutungen von matrimonium und fralrimonium sowohl das Zeitalter jedes einzelnen Berichterstatters sorgfältig beachtet, als auch ein genauer Unterschied festgehalten werden müsse zwischen den Gewährschaf- ten aus dem Bereiche der Geltung des römischen Rechts und jenen Referen- ten, die auf dem Standpunkt einer verschiedenen nationalen Rechtsbildung sich befunden haben. Es würde, abgesehen von allen äufseren Autoritäten, nicht einmal als eine wahrscheinliche Vermuthung die Ansicht aufzustellen sein, dafs die Rechtsquellen aus dem Zeitalter der christlichen R. Kaiser, welche die dona materna et materni generis bei der Erbfolge der Kinder auszeichnen, ('6) dem Bedürfnis genügend, einen Collectiv-Ausdruck für solche Güter, nach dem Vorbilde der Bezeichnung patrimonium, zu formuliren, unbeirrt durch ('*) Ebendas. II. 1. folgd. Inst. Iust. II. 1.—4. ('?) Gaius a.2.0.1.115a. 190. fg. I. 80. fg. 112. fg. 118. 121.fg. Vlpian. Frr. XI. 27. Cic. Topic. c. 4. Vergl. Savigny’s Verm. Schriften. I. n. 10. ('°%) Theod. Cod. VIII. 18. de matern. bon. Just. God. De bon. matern. et mat. gen. 6. 60. Philos.-histor. Kl. 1855. E 34 Dınkszn: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, die Wahrnehmung dafs den classischen Rechtskundigen es an der entsprechen- den Aufforderung zu demselben Versuch durchaus gefehlt, sich damit soll- ten begnügt haben, zu diesem Behufe die Geltung einer eigenthümlichen Bedeutung von mairimonium in die Geschäftssprache einzuführen. Eine solche Voraussetzung hätte nämlich dem ernsten Bedenken zu begegnen, dafs die Ausdrücke patrimonium und matrimonium in dem Sprachgebrauche der Römer eine durchaus verschiedenartige Stellung behaupten.(!) Denn wäh- rend jener Bezeichnung die unmittelbare Richtung auf das Vermögen der Kinder vorweg überwiesen werden durfte, hatte man den andern Kunstaus- druck nur auffassen gelernt in der Beziehung auf den sittlichen Charakter der Ehe, und daneben wohl auch in der Anwendung auf die Persönlichkeit der Ehegatten. Eine Übertragung derselben Benennung auf die vermögens- rechtliche Seite des ehelichen Verhältnisses, und zwar nicht in der Richtung auf die Interessen der Ehegatten('°) sondern aufjene der Kinder, würde kaum zu erreichen gewesen sein ohne eine empfindliche Störung der ursprüngli- chen, mit dem fraglichen Kunstausdruck verknüpften, überlieferten Vor- stellungsweise. Von allen diesen so nahe liegenden Erwägungen und Bedenken hat die Ausführung jener nahmhaften Kenner des römischen Rechts, die als die eigentlichen Begründer des hier besprochenen terminologischen Postulates zu betrachten sind, keinerlei Einwirkung erfahren. Überdem aber ist ihnen selbst die Beachtung des zu Tage liegenden Sprachgebrauches der römischen Rechtsquellen bei dieser Gelegenheit durchaus fremd geblieben, obwohl die von ihnen ausschliefslich befolgte äufserliche Methode terminologischer For- schung sie darauf zunächst hätte leiten sollen. Die folgenden Belege stellen dies aufser Zweifel. Die römischen Rechtsgelehrten verbinden mit der Bezeichnung patri- monium bisweilen noch das Prädicat paternum,('?) während sie für das müt- terliche Vermögen der Kinder, statt einer direeten Collectiv-Benennung, nur die Ausdrücke anerkennen: Bona materna et avita, so wie Res mater- ('”) Vergl. Caes. Costa. var. ambiguitatt. iur. I. 33. (Otto Thes. IV. 1190. fg.) ('®) Für das Vermö res uxoria. ('?) Fr. 61. D. de condict. indeb. 12. 6. gen der Frau gebrauchten die Römer von jeher die Bezeichnung: in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 35 nae und Hereditas materna.(”) Auch das Constitutionen -Recht begnügt sich, zur Bezeichnung der, von der mütterlichen Ascendenz herrührenden Erbgüter, mit der Terminologie: Patrimonium maternum; Facultates, s. Res, maternae; Substantia malerna.(*') Von den, durch jene Vertheidiger der postulirten Bedeutung von ma- trimonium ausschliefslich beachteten, Zeugnissen der nicht- juristischen Re- ferenten entbehren einige aller Beweiskraft, während die übrigen jedenfalls nichts in Bezug auf das römische Recht zu erhärten vermögen. In den be- züglichen Mittheilungen des Sueton, gleichwie des Valerius Max. und Seneca,(”) haben nämlich, wie von Casaubonus nachgewiesen ist, die glanbwürdigen Handschriften durchweg die Lesart patrimonium statt matri- monium.(”') Dagegen die Voraussetzung, dafs in der Aufserung des H. Au- gustinus(”*) die abgeleitete Wortbedeutung von matrimonium, d.i. matri- monia für coniuges, zu Grunde gelegt sei,(”°) darf um so weniger bezweifelt werden, als hier ersichtlich die Benutzung einer rhetorischen Figur von dem Verfasser beabsichtigt wurde. Es sollte nämlich die unmittelbar vorange- gangene Bezeichnung: facultales et adfectiones, noch gesteigert werden mit- tels der rednerischen Wiederholung: patrimonia ac malrimonia sua. Die Deutung des fraglichen Ausdruckes in der ausgehobenen Stelle des Cassio- dor,(*°) auch wenn man die Textes-Kritik nicht weiter verdächtigt, ist für unsere Aufgabe deshalb ganz unerheblich, weil dieser Referent hier nicht von einem Gegenstande der römischen Rechtsbildung berichtet. Und glei- ches gilt auch in Bezug auf den, von Cujacius herbeigezogenen, analogen Sprachgebrauch: Fratrimonium. Denn die dafür benutzten und nicht nä- her von ihm bezeichneten Glossen dürften wahrscheinlich Nach - Römischen (°°) S. des Verf. Manuale latinit. v. Maternus. GOEnEbieoda@od: 272: O-nest.te.ie..6. (*?) S. zuvor Anm. 7.—9. (?°) Den zahlreichen Beispielen der in den Handschriften schwankenden Lesarten des Ausdrucks pazrimonium treten auch die Texte der Inschriften zur Seite, bei deren Entzifferung angeblich sogar bisweilen die Schriftspuren theils auf parcimonium theils auf patrimonium leiten. Gruter Thesaur. Inser. 804. n. 1. R. Fornerius a.a. O. II. 6. p. 200. (?*) a.a.O. (oben Anm. 11.) (*°) Vergl. Goler und Ducange a.a. O. (?°) S. zuvor Anm. 10. E2 36 Dırzsen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, Ursprungs sein. Ducange,(?”) der von dem nämlichen Sprachgebrauche Meldung thut, hat denselben gleichfalls nur durch die von ihm nicht gese- henen Glossen des Cujacius zu unterstützen vermocht. : Die uns überlieferten, aus Excerpten des römischen Juristen -Rechts und Constitutionen-Rechts zusammengesetzten, gemischten Compilationen der Vor-Justinianischen Zeit enthalten, theils äufserlich geschieden theils in bunter Zusammenstellung, Auszüge aus den Constitutionen der heidnischen R. Kaiser neben jenen der christlichen. Und noch wirksamer ist durch Jus- tinian’s Gesetzgebung, mittels der Redaction einer umfassenden Constitutio- nen-Sammlung, das Princip der äufserlichen Einigung jener beiden Elemente des R. Constitutionen-Rechts zur Geltung gelangt. In den, aus der Regierungs-Periode der ersten R. Kaiser bis herab auf die nächsten Nachfolger der Severe herrührenden, K. Constitutionen kann man die Spuren des unmittelbaren Einflusses der gleichzeitigen Rechts- doctrin auf den Inhalt und Wortlaut dieser Urkunden mit Sicherheit verfol- gen. Es ist daher der Vorschlag(?®) wohl zu rechtfertigen, dafs solche Überreste des R. Constitutionen-Rechts als Hülfsmittel des Studiums der Geschichte der römischen Rechtsdoctrin fortan sorgfältiger als bisher be- nutzt werden möchten. Dagegen für das Constitutionen-Recht der Con- stantinischen und Nach -Constantinischen Periode entzieht sich der äufseren Wahrnehmung durchweg die Einwirkung gleichzeitiger Rechtswissenschaft auf Form und Inhalt der bezüglichen kaiserlichen Erlasse. Nicht als ob die christlichen Kaiser, bei der Redaction ihrer eigenen Constitutionen und bei der Ausbeutung jener ihrer Vorgänger, befähigt oder geneigt gewesen wä- ren, des Beistandes rechtskundiger Beamten, der Sachwalter und Rechts- lehrer, sich zu entschlagen.(””) Allein eben diese Vertreter der Rechtskunde ihres Zeitalters bildeten schon lange nicht mehr das Organ einer selbststän- (2’) a.a. ©. v.Fratrimonium. Hier heilst es blos: „Bona fraterna.” In Glossis. V. Cuia- cıum ad lib. II. Instit. Iustin. (2°) S. des Verf. Abhdlg.: Ueb. d. geschichtl. Begründg. d. röm. Rechtsdoctrin. Abschn. I. 8.2. (In dessen Verm. Schriften. Bd. 1. S. 150. fg.) (2°) Es wird genügen, auf die Conceptions-Patente der 'Theodosischea Constitutionen- 5 Sammlung und der Rechtsbücher Justinian’s zu verweisen. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 37 digen, dem Leben der Gegenwart verbundenen, Wissenschaft. Die Satz- ungen des Juristen- Rechts, welche nunmehr in scharfer Sonderung dem Constitutionen- Recht, als dem verkörperten Ausdruck der Staats- Gesetz- gebung, gegenübergestellt erscheinen,(?°) wurden vornehmlich aus den durch die Praxis festgehaltenen literarischen Überlieferungen der Vorzeit geschöpft. Es dürfte demzufolge ein vergebliches Unternehmen sein, aus dem Zusam- menhange des Constitutionen - Rechts dieser späten Zeit bestimmte Einzel- heiten zu ermitteln, die als sichtbare Spuren des Einflusses einer gleichzei- tigen Rechtsgelehrsamkeit auf Inhalt und Sprache der dahin gehörigen Akten- stücke betrachtet werden könnten. Die Nutzanwendung dieser vorangestellten Bemerkungen auf die Tex- tes-Kritik und Auslegung, der Vor-Justinianischen gleichwie der Justiniani- schen Rechtsquellen, bewährt sich als eine nicht minder mannigfaltige wie umfangreiche. Die Parallelisirung nämlich, um nicht zu sagen Identifiei- rung, der Vorstellungs- und Ausdrucks- Weise, welche zwischen den Ver- tretern der classischen R. Rechtsdoctrin und den Urhebern der R. Kaiser- Constitutionen aller Zeitalter durch die Ausleger der R. Rechtsquellen, mehr oder minder unwillkürlich, postulirt und zur Geltung gebracht ist, hat nicht blos vereinzelte bedenkliche Resultate auftauchen lassen, sondern ist gelegentlich auch zum Stützpunkt einer durchaus verkehrten Methode für die Kritik der Chronologie jener Rechtsquellen benutzt worden. Man hat in den Überlieferungen des R. Juristen-Rechts diejenigen Elemente des Inhalts, welche von den Auslegern gewöhnlich in die Collec- tiv-Bezeichnung des doctrinären Apparates gegenüber den Satzungen von unmittelbarer gesetzlicher Geltung zusammengefafst sind, und zu denen, aufser den Begriffs- und Wort-Erklärungen, vornehmlich die ange- führten gefchichtlichen 'Thatsachen und beigebrachten Beispiele der An- wendung, gleichwie die entwickelten Beweggründe des fraglichen Regulativs gezählt werden, nicht selten zum Gegenstand einer wenig eindringlichen Prüfung gemacht, und ist dadurch mit leichter Mühe zu dem scheinbaren Resultat gelangt, dafs die logische Kunst der R. juristischen Classiker, gleichwie die Handhabung ihres Sprachgebrauchs, vielfache Blöfsen erken- nen lasse. Durch die umsichtige Vergleichung der Überreste des Constitu- (°°) S.Savigny’s System d. heut. R. Rs. Bd.1. $$.15. 22. fg. 38 Dırksen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, tionen-Rechts der Vor-Constantinischen Periode würde eine nachdrückliche Abwehr gegen solche leichtsinnige Verunglimpfung zu ermitteln gewesen sein. Indefs anstatt auf die Benutzung dieses nahe liegenden Hülfsmittels einzugehn, hat man vielmehr kein Bedenken getragen, aus den Überliefe- rungen des späteren R. Constitutionen-Rechts willkührliche Deutungen scheinbar entsprechender Aufserungen des classischen Juristen - Rechts abzu- leiten und auf solche Art den Sprachgebrauch weit aus einander liegender Zeitalter zu vermengen. Zur Beglaubigung dieser Anschuldigung einer unmethodischen Be- handlung des Sprachgebrauchs der römischen Rechtsquellen mögen die fol- genden Beispiele dienen. Es ist das Postulat aufgestellt worden,(°') dafs die R. Rechtsgelehr- ten, bei der ausdrücklichen Anführung von Motiven für die von ihnen mit- getheilten positiven Satzungen, zum Theil als schülerhafte Aitiologen sich bewähren. Diese Behauptung wird, abgesehen von einigen durchaus un- passenden Belegen, vornehmlich durch das Zeugnis des Callistratus(‘”) unterstützt, der die Rechtsregel, dafs dem Procurator Caesaris das Jus deportandi nicht zustehe, scheinbar begleitet von einem nichtssagenden Mo- tiv, hingestellt hat. Dem unbefangenen Beobachter fällt es schwer zu be- greifen, wie irgend jemand den vorliegenden Text dieses Pandekten- Ex- cerpts für den unverfälschten Ausdruck der Gedanken des Verfassers hat halten können.(*) Denn die Voraussetzung liegt nahe zur Hand, dafs, entweder durch Justinian’s Compilatoren oder durch die Abschreiber von @') R.Fornerius a.a. O. III. 23. p. 218. (S. oben Anm. 6.) (@?) Fr. 3. de offic. Procur. Caes. vel Rationalis. 1. 19. Callistratus Zid. 77. De cognitionibus. Curatores Caesaris ius deportandi non habent, quia huius poenae constituendae ius non habent. $.1. Si tamen, quasi tumultuosum vel iniuriosum adversus colonos Caesaris, prohibuerint in praedia Caesariana accedere, abstinere debebit, idque D. Pius Iulio rescripsit. $. 2. Deinde neque redire cuiquam permittere possunt, idque Impp. (nostri) Severus et An- toninus ad libellum Hermiae rescripserunt. @?) Nicht blos Ph. Berterius Pithan. I. 9. (bei Otto a. a. O. IV. 843.) hat die ge- meine Lesart vertheidigt, sondern auch A. D. Trekell: De orig. atq. progr. testam. fact. p. 302. Lips. 1739. 4. der den vorstehenden "Text gegen den Vorwurf der Tautologie in Schutz nimmt. Eben so ist der neueste Bearbeiter dieses Gegenstandes (A. de Pinto, Diss. de Callistrati I. Cti seriptis. p. 172. sqq. Lugd. B. 1835. 8.) von der gangbaren Abtheilung der vorstehenden Textesworte nicht abgewichen. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 39 dessen Rechtsbüchern, eine Störung des ursprünglichen Zusammenhanges sei verschuldet worden. Nun sind zwar allerdings Versuche angestellt zur Emendirung des Textes, gleichwie zur Beschränkung der Auslegung einzel- ner Ausdrücke; allein dieselben bewähren sich durchaus nicht als geeignet zur Abhülfe des Übels. Der Vorschlag nämlich von Haloander und an- dern,(°*) den Artikel (huius) vor poenae ganz zu tilgen, und dergestat das Anerkenntnis der Ausschliefsung des Procurator Caes. von jeder Betheiligung an der Strafgerichtsbarkeit als die genügende Rechtfertigung der Versagung des Jus deportandi für denselben gelten zu lassen, vermag wahrlich nicht den Ausdruck des Gedankens zu rechtfertigen. Uberdem verstöfst aber auch ein solches Postulat gegen die verbürgte geschichtliche Thatsache, dafs seit der Regierung des K. Claudius den gewöhnlichen Procuratores Oaesaris ein beschränkter Antheil an der.Strafrechtspflege, zwar nicht gesetzlich wohl aber thatsächlich, zugefallen war, nämlich durch die schrankenlose Geltend- machung der ihnen gewährten Jurisdietion bei der Wahrnehmung fiscali- scher Interessen.(°°) Nicht weniger unzulänglich ist die andere Voraussetzung, dafs nach dem Wortlaut unsers Fragments hier nur an die Curatores Caes. gedacht sei, nicht an die Procuratores. Denn diese Bezeichnung umfafst, theils überhaupt(°°) theils in dem vorstehenden Abschnitt der Pandekten insbesondere, unbestreitbar auch die Procuratores Caes., zumal da in dem fraglichen Excerpt jede Hinweisung auf eine anderweite vereinzelte Gattung kaiserlicher Commissarien vermifst wird. Es fehlt allerdings nicht an einer verläfslichen Abhülfe gegen jede irr- thümliche Auffassung der Worte des Callistratus; dieselbe ist indefs nur zu erreichen durch die Herstellung der einfachen Abtheilung des Original- Textes, welche von Abschreibern und Herausgebern systematisch in Ver- wirrung gebracht ist. Man braucht blos Pr. und $ 1., mittels Anwendung leichter Nachhülfe der Textes-Kritik, zu einem fortlaufenden Redesatz also zu verbinden: C*) z.B. I. F.de Retes ad Tit. D. de interd. et relegat. I. 2. (Otto Thes. V. 1194.) Bynkershoek Obss. II. 20. (°°) Sueton in Claud. ce. 12. Tacit. Ann. XH. 60. Vergl. Cuiacius obss. XIX. 13. Bynkershoek a.a. O. (°°) Ders. ebendas. und des Verf. Manuale latin. v. Curator. $. 1. 40 Dinxsen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, „Curatores Caesaris ius deportandi non habent. Qui huius poenae con- stituendae ius non habent, si tamen, quasi tumultuosum vel iniuriosum adversus colonos Caesaris, prohibuerint in praedia Caesariana accedere, abstinere debebit; idque D. Pius Julio rescripsit.” Damit gliedert sich das Ganze anschaulich als das vollständige Referat des, durch die am Schlufse genannte Constitution des Antoninus Pius genau be- grenzten Regulativs für die Disciplinar- und Straf-Gewalt der kaiserlichen Procuratoren. Und es schliefst sich daran der in dem folgenden $ enthal- tene Nachsatz, als die einfache Folgerung aus dem vorangestellten Principe. Durch dieses Verfahren wird überdem die fragliche Darstellung unsers Rechtsgelehrten in vollkommene Übereinftimmung gebracht mit den übri- gen zahlreichen Pandekten- Excerpten aus der nämlichen Schrift dieses Ver- fassers, welche gleichfalls als Referate und Auslegungen des Inhalts, gleich- wie einzelner ausgehobener Textes-Stellen, von verschiedenen kaiserlichen Constitutionen sich zu erkennen geben.(°’) Andererseits dient dies nunmehr ersichtlich in unserm Pandekten-Bruchstück hervortretende Resultat, der durch Pius beabsichtigten genauen Trennung der Disciplinar- von der Straf- gewalt der K. Procuratoren, gar sehr zur Bestätigung anderer classischer Zeugenaussagen,(?°) nach welchen die Verfügungen der Nachfolger des Claudius vielfach darauf gerichtet wurden, die seit der Regierung dieses Kaisers mehr geduldete als ausdrücklich anerkannte Betheiligung der K. Procuratoren an der Strafrechtspflege nicht weiter reichen zu lassen, als die Sicherstellung der unmittetbaren Interessen des Fiscus dies erheischte. Kehren wir nunmehr zu dem eigentlichen Angriffspunkte jener Aus- leger zurück, nämlich zu der Verdächtigung der Virtuosität der classischen R. Rechtsgelehrten bezüglich der Motivirung der durch sie geschilderten rechtlichen Einrichtungen oder einzelnen gelehrten Ansichten. Will man aufrichtig sein, so vermag man nicht die Begründung der erhobenen Anklage zu leugnen, wie entschieden auch immerhin gegen die gewöhnlich dafür herbeigezogenen Beweismittel Verwahrung eingelegt werden mag. Wir wol- len es nunmehr versuchen, sowohl einige beweiskräftigere Elemente für jene (°’) S. Hommel Palingenes. libror. iur. vet. T. I. p. 129. sggq. (?°) Vergl. die Nachweisungen in Anm. 35. und das Rescript Caracalla’s in c.2. de poen. 9. 47. („Procurator meus, qui vice Praesidis non fungebatur, exsilii tibi poenam non potuit irrogare.”) in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 41 Ausstellungen anzudeuten, als auch gleichzeitig das schon früher bezeichnete Correctiv zu besprechen, welches zur Rechtfertigung mancher scheinbar un- genauer und unzureichender Motivirungen der R. juristischen Classiker nicht ohne Aussicht auf Erfolg zu benutzen sein dürfte. Die rechtskundigen classischen Berichterstatter, über die Streitsätze der juristischen Schulen bei den Römern, begnügen sich grofsentheils mit der Hinstellung der nackten Resultate jenes Streites, oder sie versuchen deren Be- gründung lediglich in äufserlicher Weise und nach einer einseitigen Richtung. Diese Beschuldigung erreicht besonders die bezüglichen Mittheilungen des Gaius, in dessen Institutionen-Werk man freilich auch andern auffallenden Beispielen von einer versuchten Motivirung einheimisch-rechtlicher Satzungen begegnet. Das Urtheil nämlich dieses Rechtskundigen über die Zuträglich- keit alterthümlicher römischer Einrichtungen erscheint gewöhnlich aus- schliefslich bestimmt durch die äufserliche Auffassung derselben nach ihrer Erscheinung in der Rechtspraxis der Gegenwart, ohne dafs dem eigenthüm- lichen Bedürfnis der Vergangenheit genügend nachgeforscht wäre.() Und ähnlich ist zur Begründung von Institutionen neueren Ursprungs bisweilen nur ein vereinzeltes Motiv hervorgehoben, welches zufällig in dem Zeitalter des Referenten eine überwiegende Bedeutung erlangt hatte.(‘) Was aber von der Darstellung des Gaius, dasselbe gilt nicht minder auch von jener der übrigen juristischen Qlassiker, nur dafs deren Eigenthümlichkeiten in den Textes- Verkürzungen der Pandekten-Fragmente weniger leicht zu erken- nen sind. Eine Erklärung der hier geschilderten Thatsachen, welche mit der Geschichte der Entwickelung der römischen Rechtswissenschaft überhaupt, und der Streitigkeiten der juristischen Schulen insbesondere zusammenhängt, liegt unserer gegenwärtigen Aufgabe fern. Das hier allein zu besprechende Hülfsmittel zur Rechtfertigung einzelner blos scheinbarer Ungenauigkeiten der römischen Rechtsgelehrten, in den Angaben von Motiven für ihre Mit- theilungen, ist seiner Anwendbarkeit nach auf ein enge begrenztes Gebiet (°°) Es mag bier nur erinnert werden an die Würdigung der Perpetua feminarum tutela. S. Gaius inst. I. 115 a. 190. fg. vergl. II. 112. fg. 118. 121. fg. (*°) So z.B. bei der Pupillar-Substitution. Ebdas. II. 181. Philos.-histor. Kl. 1855. F 42 Dırksen: über die Verdiensilichkeit methodischer Sprachforschung, beschränkt. Es verhält sich damit nämlich in der nachstehend bezeichne- ten Weise. Man hat wiederholt (*!) die Aufmerksamkeit der Bearbeiter römischer Rechtsquellen auf die einfache Wahrnehmung geleitet, dafs die juristischen Classiker, sowohl in ihren ausführlichen dogmatischen und exegetischen Werken als auch in den summarischen Übersichten der Lehrsätze des einheim- ischen Rechts, bei der Angabe des Inhalts einer vereinzelten Rechtsquelle so viel als möglich getreu dem Wortlaute dieser Quelle sich anschliefsen. Darin liegt die ausreichende Erklärung für das Zusammentreffen der Textes- Redaction einzelner Referate über den gleichen Gegenstand, bei thatsächlich unabhängigen Berichterstattern. Ein solches Anschmiegen an den Redeaus- druck der behandelten Quelle erstreckt sich begreiflich auch auf die Be- zeichnung der Beweggründe für die durch dieselbe eingeführte Neuerung; vorausgesetzt nämlich, dafs das bezügliche Rechtsorgan zur Aufnahme von Motiven in den Text seiner Mittheilungen geeignet war: was bekanntlich unter den Organen der römischen Gesetzgebung nur von den Senatsbe- schlüfsen und den kaiserlichen Verordnungen galt, nicht aber von den Volks- gesetzen.(*”) Nun begegnet man in den Mittheilungen der römischen Rechts- gelehrten vielfach der Anführung solcher Motive, welche nicht als der Aus- druck wissenschaftlicher Begründung gelten können und die man vielmehr als blofse Textes-Referate der Rechtsquelle, aus welcher sie abstammen, an- zusprechen hat. Am anschaulichsten tritt dies in den Fällen uns entgegen, wo bei der Schilderung eines durch das Constitutionen -Recht ausgebildeten Institutes, z. B. des Soldaten - Testaments, in den Angaben der verschieden- sten Referenten die Motivirung übereinstimmend lautet, auch wohl aus- drücklich auf die Textesworte einer vereinzelten K. Verfügung gestützt wird.(“3) Indefs für nicht minder belehrend sind solche Beweisstellen zu er- achten, welche die Motive eines durch kaiserlichen Antrag vermittelten Se- natsbeschlusses vorführen, und zwar in denselben Redeausdruck gekleidet, (*') In des Verf. Versuchen. S. 50. fg. 106 fg. In dessen: Beiträgen. S. 264. fg. und Verm. Schriften. I. S. 106. (*?) Vergl. die angeführten Versuche. S.14.fg. S. 20. fg. (*?) S.die Citate in Anm. 41. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 43 der als das Eigenthum kaiserlicher Erlasse ausreichend bekannt ist.(*) Am zugänglichsten aber sind freilich diejenigen Referate, die den Inhalt kaiser- licher Rescripte mit solehen Worten einleiten, welche als solenne Eingangs- Phrasen dieser Rechtsorgane bekannt sind und die gleichzeitig als die allge- mein gehaltene Andeutung des Motivs der getroffenen Neuerung dienen sollten. (‘?) I. Uns verbleibt noch die andere Hälfte der zuvor gestellten Aufgabe zu lösen, nämlich durch schlagende Beispiele darzuthun, dafs bei kritikloser Übertragung des Sprachgebrauches der römischen juristischen Classiker, so- wie des denselben gleichzeitigen Constitutionen-Rechts, auf die entsprechen- den Ausdrucksformen der Constitutionen christlicher Kaiser, die greifbar- sten Misverständnisse für Textes-Kritik und Auslegung unvermeidlich sind. Voran stellen wir die Worte eines Edictes von Honorius und Theo- dos,(“°) das den Provinzial-Beamten höheren Ranges die Annahme von ver- zinslichen Gelddarlehnen untersagt, daneben auch gewissen Personen, deren Gewerbe die Betheiligung am Geldverkehr zum Gegenstand hatte, das Cre- ditgeben an künftige Provinzial-Beamte verbietet, unter Androhung der Verbannung für den Geber gleichwie für den Empfänger solcher Darlehne. Ein, gleichfalls in Justinian’s Compilation aufgenommenes, Excerpt aus des Paulus Libri sententiarum(*’) hat dagegen den Unterbeamten des Statthalters in der Provinz die volle Freiheit ausdrücklich zugesichert, Zins- (**) Gaius. II. 73. „Et quia hac constitutione videbatur effeetum etc. — D. Hadrianus iniquitate rei motus, auctor fuit S. Cti faciendi etc.” (°°) Ders. I. 84. „Sed postea D. Hadrianus, iniquitate rei et inelegantia iuris motus, re- stituit iuris gentium regulam etc.” $. 85. „Sed et in hac specie D. Vespasianus, inelegantia iuris motus, restituit etc.” Vergl. I. 53. und Fr. 12. pr. D. de iniusto rupto. 28. 3. (*°) ce. 16. Cod. Just. Si certum petat. 4. 2. Impp. Honorius et Theodosius A. A. Theodoro P. P. „Quisquis iudiei foenebrem pecuniam mutuaverit, si in provincia fuerit versatus, quasi emtor legum atque provinciae, vel si quis collectarius honoris pretium dederit ambienti, [al. ambigenti,] exsilii poena una cum ipso iudice plectetur.” Dat. XVII. Kal. Novemb. Basso et Philippo Coss. (408.) (*’) Fr. 34. D. de reb. cred. 12. 1. Paulus. Lib. II. Sententiar. „Praesidis provinciae officiales, quia perpetui sunt, mutuam pecuniam dare et foenebrem exercere possunt. $. 1. Praeses provinciae mutuam pecuniam foenebrem sumere non prohibetur.” F2 44 Dınzsen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, darlehne als Gläubiger zu contrahiren, während dem Statthalter selbst nur die Befugnis vorbehalten ist, dergleichen Rechtsgeschäfte als Schuldner einzugehn. Die Ausgleichung dieser beiden, (*°) scheinbar einander widersprechen- den, Quellen-Referate hat die Ausleger des römischen Rechts von jeher ernstlich beschäftigt.(‘*) Bis auf die jüngste Zeit herab reichen die Versuche derselben, (°°) aus dem Wortlaut der fraglichen Constitution einen verläfsli- chen Stützpunkt zu ermitteln für die Rechtfertigung einer, die Regel des Pandekten-Rechts beschränkenden und nicht aufhebenden, Auslegung. Es gehört dahin zuvörderst dieses Postulat, dafs die Benennung Judex hier nicht, wie überall in dem Constitutionen-Recht der spätern Zeit, den rö- mischen Staatsbeamten (Magistratus J. D.) bezeichne, sondern den blofsen Municipal-Beamten, gegenüber dem Praeses provinciae.(°!) Ferner die Be- hauptung, dafs der Ausdruck provincia in der abgeleiteten Bedeutung von munus aufzufassen sei; sowie dafs aus dem angezogenen Motive (quasi emtor legum atque provinciae,) jedenfalls die Beschränkung des Verbotes auf den Provinzial-Richter gegenüber der bei demselben Recht suchenden Parthei abgeleitet werden dürfe.(°?) Die sorgfältige Beachtung des Zusammenhanges der Darstellung, ver- bunden mit gründlicher Prüfung des Sprachgebrauchs jeder einzelnen Rechts- quelle, dürfte indefs ausreichen zur Beseitigung solcher bedenklichen Postu- (*°) Nur wenige beschränken sich, bei der Besprechung dieses Verbotes, auf das eine der beiden Quellen-Referate, nämlich entweder auf das Bruchstück der Pandekten, (S. Ot- to’s Thesaur. III. 888.) oder auf jenes des Constitutionen- Codex. (Unterholzner: Lehre v. d. Schuldverhh. I. $. 308. S. 12. Anm. h.) (*°) Die Nachweisung der Literatur in Glück’s Erläuter. d. Pandekt. XII. 1. $. 782. S. 56. fg. ist bei weitem nicht. ausreichend. Wir bezeichnen beispielsweis noch: Dissensiones dominorum. S. 220. Ed. G. Hänel. Lips. 1834. 8. und Alciati Parerg. I. 25. (°°) Mühlenbruch Lehrbuch d. Pand. $. 373. Anm. 4. (°') Alciat. a.a. O. Dieser Ansicht steht entgegen, dass nach dem Sprachgebrauche der R. Juristen zwar die Bezeichnung Magistratus ohne Apposition, nicht aber die Benennung Iudex, den Municipalrichtern beigelegt wird. Vergl. des Verf. Manuale latin. v. Magis- tratus. $. 3. (°?) Mühlenbruch a.a. ©. Es liegt auf der Hand, dass diese Postulate als unstatthaft erscheinen, sobald man mit Merille die Worte: si’ in provincia etc. auf den Contrahenten des Judex bezieht. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 45 late und den richtigen Weg andeuten zur Sicherung des Verständnisses beider Textes-Stellen, in ihrem Verhältnis zu einander. In der Mittheilung des Paulus nämlich erscheint es nicht als zufällig, dafs den Officiales die Eingehung von Zinsdarlehnen als Gläubiger freigestellt ist, während dem Praeses prov. nur gewährt wird, dergleichen Rechtsgeschäfte als Schuldner abzuschliefsen. Denn bei dem Statthalter der Provinz, er mochte nun ein eurulischer Promagistratus oder ein blofser R. Ritter sein, verstand es sich von selbst, dafs er der Betheiligung an dem verachteten Gewerbe des Zins- wuchers, mindestens in der unverschleierten Form von dessen Ausübung und ohne die Vermittelung einer Zwischenperson , sich zu enthalten habe. Das Verbot von Honorius und Theodos beschränkt sich auf den, die Rechtspflege und Verwaltung in der Provinz leitenden Staatsbeamten, (Ju- dex.) Die für den Collectarius beigefügte Strafandrohung ist, nach dem Zeugnis der, in den Scholien der Basiliken(°’) erhaltenen, wörtlichen Übertragung des lateinischen Textes, von den, den Geldverkehr in verschie- denen Provinzen gleichzeitig betreibenden Geldwechslern zu deuten, wel- chen die fragliche Benennung nach dem Sprachgebrauche jenes Zeitalters(°*) allerdings zukam. Nun ist durch Merille($) in überzeugender Weise darauf hingewiesen worden, dafs bei dem Verbot für den Judex die Ansprache der Kaiser nicht unmittelbar an denselben gerichtet ist, sondern an dessen Con- trahenten; mithin die Worte: „si in provincia fuerit versatus”, auf diesen zu beziehen sind, nicht aber auf jenen. Verbindet man damit das hinzuge- fügte Motiv, (quasi emtor legum alque provinciae,) so stellt sich einfach dies Resultat heraus, dafs dem Regulativ des Pandekten-Fragments lediglich eine Beschränkung beigesellt werden sollte für die, durch das Verbot des Con- stitutionen-Rechts ergriffenen, Ausnahmefälle. Für den Provinzial - Richter nämlich wollten jene Kaiser das Aufnehmen von Gelddarlehnen nur gegen- über solchen Gläubigern verhindern, die in der Provinz selbst angesessen waren und daher möglicherweise die amtliche Stellung ihres Schuldners mis- brauchen konnten. Dagegen dem Collectarius, ohne Unterschied ob er in derselben Provinz angesessen war oder nicht, wurde untersagt: honoris pre- tium dare ambienti” Dies darf auf das Creditgeben zur Bestreitung der (°°) Basilicor. XXIM. 1. c. 60. Vergl. Anm. 57. (°*) S.des Verf. Manuale h. v. und Ducange a.a. O. das. (°°) Edm. Merillii Obss. I. 30. Vergl. Glück a. a. O. 46 Dırnksen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, Candidatur für ein Provinzial- Amt bezogen werden, wodurch die Erstreck- ung des vorangestellten Verbotes auf den künftigen Judex provinciae ver- mittelt erscheint. Eine solche Auslegung wird durch den Text der Basili- ken(56) unterstützt; die in den Scholien erhaltene wörtliche Textes- Über- tragung(°) hat zwar der Beziehung des Verbotes auf den vom Amte abtre- tenden Judex den Vorzug gegeben, allein muthmafslich auf Grund der un- statthaften Lesart: abeunti, statt ambienti. Wir wenden uns jetzt zur Prüfung eines andern Belages für die Be- denklichkeit der oben gerügten Methode, bei dem Vorkommen. gleichlau- tender Bezeichnungen in den Organen des Juristen - Rechts und des spätern Constitutionen-Rechts, die Anwendbarkeit des nämlichen Sprachgebrauchs vorweg zu postuliren. Es handelt sich zunächst um den in unsern Tagen angestellten Ver- such, (53) durch die Aushülfe des bezeichneten terminologischen Verfahrens eine Bestätigung für die zweifelhafte Chronologie fremder Referate aus rö- mischen Rechtsquellen zu ermitteln. Die unter dem Namen der Consultatio veteris J. Cii bekannte, nach einem beschränkten Plane und mit geringer Einsicht redigirte, Compilation aus römischem Juristen-Recht und Constitu- tionen-Recht, hat nur wenige dürftige Auszüge aus den Lidri sententiarum des Paulus aufzuweisen, neben verschiedenen Excerpten aus den drei Con- stitutionen-Sammlungen, welche bis zum Anfange von Justinian’s Regierung in gesetzlicher Geltung bei den römischen Gerichtshöfen verblieben waren. An einer Stelle dieser Sammlung (in e. 7.) ist die Mittheilung eines Bruch- stückes jener Schrift des genannten Rechtsgelehrten mittels dieser Phrase ein- geleitet: „Secundum sententiam Pauli iuridici, cuius sententias sacralissimo- rum principum scita semper valituras ac divalis constitutio declarat.” Es dürfte die Voraussetzung kaum einem Bedenken unterliegen, dafs diese Verweisung auf vereinzelte Acte des röm. Constitutionen- Rechts von der, durch des Theodosius II. und Valentinian’s III. sg. Citirgesetz vom J. 426. (Theod. Cod. 1.4. c. 3. ed. Hänel.) bestätigten, älteren Verordnung Constantin’s v. J. 327. (Ebdas. c. 2.) über die vorzugsweis zu empfehlende Benutzung der Libri SUNBIRD Ti 1 51 DE REF EEE > 1 ee nn . ” ” \r x - (°) Nach Heimbach’s Redaction lautet dieser Text also: Ei de zu ueAAovrı euro aoyeıw Öavsirsı srv dosw TS AyAs De Ne y - m N ’ - (A) en 5 dpyugomgarıs TO Tılaniae TRGS AOXHS dedwzev dmovrı aUrW. (°®) In der Zeitschr. f. geschichtl. Rs. W. XIH. Abhdlg. 2. S. 50. fg. 65. fg. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 47 sententiarum des Paulus in den röm. Gerichtshöfen zu deuten sei. Dage- gen ist der entschiedenste Einspruch zu erheben gegen die, mit dieser Aus- legung in Verbindung gesetzte Behauptung, dafs die in diesem Citate den Urhebern der fraglichen Constitutionen beigelegten Prädicate einen verläfsli- chen Rückschlufs auf das Zeitalter des eitirenden Compilators verstatten. Zu dem Ende wird nämlich der Beisatz divalis für die Verfügung Constan- tin’s, als die Bezeichnung des bereits verstorbenen Verfassers derselben auf- gefafst, dagegen der Ausdruck sacratissimorum principum scita als die Schil- derung einer Verordnung der im Zeitalter des Compilators noch lebenden Kaiser angesprochen. Um indefs zu einem solchen Resultat zu gelangen, mufs begreiflich der Sprachgebrauch der R. juristischen Classiker zu Grunde gelegt werden, nach welchem das Prädicat Divus ausschliefslich den apotheo- sirten Kaisern vorbehalten war, während für den noch lebenden Kaiser, ne- ben andern gangbaren Bezeichnungen, ausnahmsweis auch diese: Sacratissi- mus Princeps, zur Anwendung gebracht wurde. (°°) Allein damit ist nicht gleichzeitig bewiesen, dafs die Bedeutung der fraglichen Prädicate auch in dem Constitutionen-Recht der christlichen Kaiser unverändert geblieben sei. Und ohne die Herstellung dieses Beweises würde für die Lösung der ob- schwebenden Frage nichts erreicht sein, indem in jener Äufserung des Redi- genten der Consultatio vet. J.Cti selbstverständlich die Festhaltung des Sprachgebrauchs von dessen eigenem Zeitalter, anstatt jenes einer ferne lie- genden Vergangenheit, vorauszusetzen ist. Nun aber steht die Thatsache fest, dafs dem Constitutionen-Recht der Constantinischen und Nach - Con- stantinischen Periode die Übertragung des Prädicates sacratissimus auf Ge- genstände, die zu der Person des Kaisers in Beziehung standen, (z.B. auf das kaiserliche Haus, auf die Kaiserstadt, auf die Acte der landesherrlichen Gesetzgebung u. dgl. m.) (°°) ungleich geläufiger geworden war, als wie die Anwendung derselben Terminologie auf die Persönlichkeit des Staatsober- hauptes selbst, wovon zwar allerdings Beispiele vorliegen, die jedoch voll- kommen frei sind von der Beschränkung auf den in der Gegenwart regieren- den Landesherrn. Dagegen erscheint der Sprachgebrauch der R. Juristen, bezüglich des Prädicates Divus, entschieden verlassen in den Constitutionen (??) S.des Vf. Manuale latin. v. Divus. v. Sacratus. (°°) S. ebendas. 48 Dırksen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, Constantin’s und seiner Nachfolger; was denn nicht minder von dem ver- wandten Ausdruck divinus gilt, sowie von der nachträglich hinzugekomme- nen Redeform divalis. Denn begreiflich wendete sich das Dogma der christ- lichen Kirche mit Abscheu von der überlieferten Deutung dieser Bezeich- nungen, die auf den heidnischen Ritus der Apotheose verstorbener Kaiser sich stützte. Nichtsdestoweniger mochte die Geistlichkeit die Anmafsung der weltlichen Macht nicht bekämpfen, welche jene Prädicate mit der öf- fentlichen Stellung des Staatsoberhauptes in Verbindung brachte und, sowohl die Persönlichkeit des lebenden Kaisers und seiner Familie, als auch die von demselben ausgehenden öffentlichen Acte, mit den fraglichen Prädicaten be- legte. (°') Die Übertragung der nämlichen Bezeichnungen auf jegliche Inhaber der kaiserlichen Gewalt, sowohl die gegenwärtigen als auch die bereits ver- storbenen Vertreter, folgte von selbst aus jener religiös-politischen Auf- fassung der weltlichen Hoheit. Das letzte, für unsere Aufgabe herbeizuziehende, Beispiel ist von ungleich geringerer Trageweite, als das so eben besprochene. Der Gegen- stand desselben ist eine, in Justinian’s Constitutionen-Sammlung aufgenom- mene, Verfügung des K. Constantius, welche den Eunuchen die freie Betheiligung an der Errichtung letztwilliger Verfügungen zu gewähren be- stimmt war. Die Wortfassung lautet also: Just. Cod. e.5. Qui testam. fac. poss. 6. 22. Imp. Constantius A. ad Ru- finum P.P. Eunuchis liceat facere testamentum, componere postremas exemplo omnium voluntates, conscribere codicillos, salva testamentorum observantia. Dat. V. Kal. Mart. Sirmii. Constant. A. V. et Constante C. Coss. (339.) Man hat (°*) dieses Gesetz freilich nur von den Verschnittenen, als der untersten Stufe der zeugungsunfähigen Personen (spadones.) gedeutet; (6°) dagegen in der Phrase: exemplo omnium, eine Unterstützung für dies Post- ulat zu entdecken geglaubt, dafs den Spadonen nach dem ältern röm. Recht erst nach vollendetem achtzehnten Lebensjahr (pubertas plena) die Hand- lungsfähigkeit der puberes, zumal in der Richtung auf Testamente, sei zu- (°') Das. v. Divalis v. Divinus. (°?2) Savigny: System d. heut. R. Rs. Bd. 3. $. 110. S. 76. fg. (°°) Vergl. Mühlenbruch, in Glück Erläut. d. Pandekt. Bd. 33. $. 1404. d. S. 419. fg. in Beziehung auf die Textes-Kritik und Auslegung r. Rechts-Quellen. 49 gestanden worden, und dafs erst das vorstehende Gesetz den regelmäfsigen Termin der Mannbarkeit, unmittelbar bei den Eunuchen und mittelbar bei allen Zeugungsunfähigen, zur Anwendung gebracht habe. Ohne in die viel- fach verhandelte Controverse hier von neuem einzutreten: ob das angebliche Zeugnis des Paulus(°*) ein solches Postulat, von wirklich anerkannter Gelt- ung einer puberlas plena der spadones, zu stützen vermöge? begnügen wir uns gegenwärtig, Verwahrung gegen die Folgerung einzulegen, als ob es die Aufgabe unsers Gesetzes habe sein können, eine solche Beschränkung auf- zuheben, wenn sie wirklich jemals bestanden hätte. Der Wortlaut der Verordnung beschränkt sich auf die Eunuchen (°°) und der hinlänglich be- kannte Sprachgebrauch des R. Constitutionen-Rechts der Nach-Constanti- nischen Zeit (°%) hat diese Bezeichnung von enge begrenzter Anwendbarkeit jederzeit den Castraten (°”) vorbehalten, ohne der Ausdehnung auf Zeugungs- unfähige überhaupt nachzugehn. (°°) Und eben so ist der Ausdruck Spado- nes in den Verfügungen der christlichen Kaiser regelmäfsig nur von den Verschnittenen zu deuten. (°°) Die Worte aber: exemplo omnium, sind kei- neswegs auf homines, v. puberes omnes, zu beziehen, sondern dienen hier als Verweisung auf die zur Testaments-Errichtung befähigten Personen, ent- sprechend der in andern Constitutionen des gleichen Zeitalters (7°) zu Tage ’ tretenden Phraseologie: „iestamenta omnium,” und „omnes privati et mili- tantes.” Es bedarf überdem selbstredend nicht des mühsamen Conjecturi- rens, um für die vorstehende Verordnung eine eben so einfache als befrie- digende Bestimmung zu ermitteln. Die Eunuchen waren nämlich im Abend- lande verachtet und manchen Benachtheiligungen ausgesetzt, so weit deren (°*) Rec. Sent. II. 4. A. $. 2. (°°) Die Basilic. XXXV. 3. c.5. geben dies übereinstimmend wieder: Kai &rı oi suvou- Kor 4. T. A. (°°) Vergl. Cod. Iust. IV. 42. De eunuchis, mit $. 9. I. de adoption. 1.11. Theo- phili Paraphr. eod. (°”) Begreiflich mit Einschlufs der s.g. hlibiae und thlasiae. (°°) Vergl. Ant. Augustini emendation. et opin. II. 5. (Otto Thes. IV. 1508. fg.) Brissonii sel. antiquit. II. 21. (°?) S. Cuiacius obss. XVII. 24. Vergl. Anm. 71. (”°) Theod. Cod. IV. 4. c.4. c.5. de testam. et cod. Vergl. Interpr. ad II. 5. c. 4. de sponsal. Philos.-histor. Kl. 1855. G 50 Dırzsen: über die Verdienstlichkeit methodischer Sprachforschung, rechtliche Verhältnisse unter dem Einflufse der öffentlichen Meinung stan- den.(’!) Die Sitten des Orients hatten dagegen eine mildere Auffassung vor- bereitet. Man wurde dort in solchen Unglücklichen nur die Opfer fremder Gewinnsucht gewahr und die Gesetzgebung hielt es für ihre Pflicht, diesel- ben, vornehmlich bei der Errichtung letztwilliger Verfügungen, gegen jede Rechtsverkürzung in Schutz zu nehmen. Dem steht nicht entgegen, dafs der Schimpfnamen Spadones den ketzerischen Eunomianern in den Constitutionen der christlichen Kaiser beigelegt ist. (?°) Denn man begegnet demselben nur in den Gesamt - Verfügungen der Gebieter beider Hälften der römischen Welt, und jene Terminologie mochte sich in der abendlän- dischen Kirche gebildet haben. Jedenfalls ist die von Cujacius (7?) vorgeschlagene Deutung nicht zu billigen, dafs unser Gesetz ausschliefslich vereinzelte Gattungen der Eunu- chen ins Auge gefafst habe, nämlich entweder die zur Bedienung in der kai- serlichen Hofburg bestimmten Verschnittenen, (?*) oder die zuvor genannten Eunomiani spadones. Denn abgesehen von andern nahe liegenden Ein- wendungen, (7°) würde schon die Formulirung der allgemeinen Bezeichnung Eunuchi jeder beschränukenden Auslegung der vorstehenden Textesworte in den Weg treten. (°') S. des Verf. Abhdlg. Von den Pflichten d. Pietät geg. d. Person d. regier. Kaisers. Anm. 63. (Jahrg. 1849. dieser Denkschriften.) (’?2) Th. Cod. XVI. 5. c. 17. Die abweichenden Lesarten laufen hier mehr oder minder auf Variationen der lateinischen Bezeichnung Spadones hinaus, welcher Text daher von Cu- jacius a.a.O. gleich wie von G. Hänel, in seiner Ausgabe des Theod. C., festgehalten ist. (”?) ebendas. (”*) Vergl. Iust. Cod. De praep. S. cubic. 12. 5. c. 4. (’?) z.B. dals den Eunomiani das Recht der Testamenti factio erst durch spätere Ge- setze ausdrücklich gewährt wurde. Th. C. XVI. 5. c. 23. vergl. c. 27. c. 36. ÜBER DIE MARCELLISCHEN FORMELN. VON HERRN JACOB GRIMM. mmnnnnnnnnnN ww [gelesen in der akademie der wissenschaften am 30. april 1855.] E: sind acht jahre, dasz ich vor der akademie eine von philologen und alterthumsforschern vernachlässigte schrift des Marcellus, leibarztes von Theodosius dem groszen, überschrieben de medicamentis empiricis, in dop- pelter absicht besprach. (') Die menge der in diesem buch überlieferten abergläubischen heilfor- meln und zaubersprüche wollte ich zusammenstellen, dergleichen von alters her in merkwürdiger einstimmung durch alle theile von Europa ziehen. schon früher(*) hatte ich aus offenbar noch heidnischer zeit den spruch vor- gelegt, wie Wodan Balders pferd einrenkte, unter welchem man sich wahr- scheinlich dasjenige dachte, das dem gott nach seinem tod auf den scheiter- haufen folgen muste. diese formel ist mir seitdem noch in acht andern jüngern fassungen bekannt geworden (einer deutschen, zwei norwegischen, zwei schwedischen, einer schottischen, einer finnischen, einer estnischen), wo Jesus und Maria oder blosz der herr gott an die stelle von Wodan und Balder treten. ohne zweifel begegnet sie auch noch anderwärts und war in der vorzeit weit verbreitet. sie ist das gelegenste, lehrreichste beispiel einer solchen wunderbaren gemeinschaft mythischer stoffe unter den völkern. Dann aber suchte ich die entdeckung geltend zu machen, dasz ein- zelne der von Marcellus, einem aus Aquitanien bürtigen Gallier, verzeich- neten sprüche in keltischer sprache abgefaszt, aus ihr zu deuten seien. was man sonst für sinnlose, ungewaschene reden hielt, die, wie ein deutsches sprichwort mit bezug auf jene verrenkung sagt, keinen lahmen gaul heilen e) könnten, erschien nun auf einmal als frühstes denkmal gallischer sprache, (') abhandlungen von 1847 s. 429—460. (?) abhandlungen von 1842 s. 1— 26. G2 52 J. Grimm: um dreihundert jahre den ältseten irischen handschriften vorausgehend, bei- nahe an die zeit der unsterblichen reste unsers Ulfilas reichend, deren edle fassung freilich unvergleichbar höheren werth besitzt. ganz wie die alte luxationsformel bei Cato keinen unsinn enthält, keine arzu« oder joculari- ter composita, sondern etwa in der sabinischen sprache gegründet war, sind auch viele der unverständlich scheinenden marcellischen sprüche aus gal- lischer zunge verstehbar. Wenn man erwägt, dasz der fund der schrift, einmal gemacht, nicht leicht wieder vergehen konnte und in der alten welt tiefer vorgedrungen war, als die gewöhnliche annahme ist; so bleibt zu bedauern, dasz auch be- gabtere stämme, zumal der keltische und deutsche, es unterlieszen dauernde denkmäler auf stein und erz einzugraben und der nachwelt dadurch sichere kunde von sich und ihrer sprache zu verleihen. zwar gehört zu solchen denkmälern auch die gunst des griechischen und italischen himmels, unter welchem die schrift kaum verwittert; doch hatten ja eben die Gallier lange vor beginn unsrer zeitrechnung einen groszen theil des obern Italiens inne, und nachbarn etruskischer, umbrischer, römischer völker konnten sie die- sen den brauch und die anwendung der schrift auf stein und erz ansehen. es ist aber keine spur einer gallischen inschrift aus so frühen zeiten vorhan- den, die uns den kostbarsten aufschlusz über den damaligen zustand der gallischen sprache gewähren und eine unzweifelhaft höhere formvollkom- menheit derselben darlegen müste. die oskischen inschriften verstehen wir jetzt beinahe ganz, die umbrischen zur hälfte oder zu zwei dritteln, das rätsel der verhüllten etruskischen wird sich wol noch einmal lösen. gallische aber würden wir aus den späteren keltischen sprachen eben so leicht oder leichter erklären können, als die oskische und umbrische sprache mit hülfe des lateins und des verwandten sanskrits zu ergründen war. denn alle diese sprachen fallen unter das gesetz der indoeuropäischen, möglicherweise selbst die etruskische. Bei so bewandten dingen schien es ein unverächtlicher gewinn kelti- sche sprachproben mindestens aus dem vierten Jahrhundert nach Chr. zu er- langen, deren ständige formeln sogar auf weit frühere zeit zurück weisen dürfen, nächstdem bestätigt zu finden, dasz die aquitanische mundart, glaublich die gallische sprache überhaupt der irischen näher müsse gelegen haben, als der welschen oder cambrischen. meiner frisch in die welt ge- über die marcellischen formeln. 53 schickten und der entfaltung fähigen entdeckung ist jedoch anfangs wenig dank zu theil geworden. Mone, ein verdienter, rastloser forscher, ruft mir die seltsame warnung zu (*), man dürfe das keltische nicht ungebührlich aus- dehnen; ich begreife von selbst, wie einem gelehrten, der viel keltisches sieht, wo es nicht ist, gerade da dessen anerkennung entgehe, wo es wirk- lich ist. von gröszerem gewicht scheint der ausspruch, welchen Zeusz am schlusz der vorrede seiner grammatica celtica, eines für die keltische sprache epoche machenden, vortreflichen werkes thut: quae apud Marcellum bur- degalensem, Virgilium grammaticum, in glossa malbergica leguntur pere- grina, inaudita vel incognita, si quis quaesiverit in hoc opere non inveniet, in his omnibus enim equidem nec inveni vocem celticam nec invenio. dem eindrucke dieses werkes erliegend und eigne forschung hintansetzend haben die berichterstatter nicht gesäumt, die hochfahrende stelle schadenfroh aus- zubeuten. (?) Der grammatiker Virgil, mit dem ich mich nie abgegeben habe, bleibe hier ganz bei seite, über die malbergische glosse sagt weder mir noch an- dern Zeusz etwas neues, da ich schon 1850 in einer eignen abhandlung ge- urtheilt hatte, dasz auch nicht ein sterbenswörtchen keltisch in ihr stecke. was den Marcellus anlangt, so führt dieser eilf (vielmehr zehn) pflanzen na- men und die benennung eines vogels immer ausdrücklich als gallische wör- ter auf, und ich gestehe nicht einzusehen, dasz man sie nach einer so be- stimmten angabe als solche verkennen kann oder darf. ein paar derselben stehn wiederum als gallische auch bei Cicero, Varro, Plinius, Dioscorides, welche Zeusz aus ihnen anführt, ohne den Marcellus, welchem er trotz bie- tet, zugleich als zeugen zu nennen. die übrigen, nur bei Marcellus vorhan- (?) die gallische sprache und ihre brauchbarkeit für die geschichte von F. J. Mone. Karlsruhe 1851 s. 172. nicht minder abgünstig urtheilt A. de Chevallet in seinem buche origine et formation de la langue frangaise. Paris 1853 s. 7. 8. er scheint aber mit frem- dem kalbe zu pflügen. (°) im literarischen centralblatt. Leipzig 1854 s. 14: “die vermutung, dasz alle continen- talen Kelten oder Gallier dem britischen sprachstamm angehören, ist durch Zeusz zur ge- wisheit geworden. verderblich genug lautet das urtheil: quae apud Marcellum etc. und Pott in der deutschen wochenschrift 1854 heft 15 s. 7: "her Zeusz sagt am schlusse des vorwor- tes sehr trocken, man finde von angeblich keltischen wörtern aus Marcellus etc. bei ihm nichts etc. ein aus solcher feder so gut wie vernichtendes und in dieser rücksichtslosen kürze etwas grausames urtheil’. 54 J. Grimm: denen pflanzen verschweigt er ganz, obgleich sie auf einem unverderbten text beruhn und für die gallische spracheigenheit merkwürdig sind. einige derselben blieben mir dunkel und ich werde bemerkungen dazu nachtragen. Freilich gewähren diese pflanzen nichts als namen, keine lebendigen sprachsätze; gallische eigennamen von menschen und örtern kennt man sonst aus den classischen schriftstellern der älteren zeit, so wie aus lateinischen inschriften in ziemlicher menge, die für die flexion und fügung der wörter kaum etwas entnehmen lassen. das älteste echte sprachdenkmal wären also die beschwörungsformeln bei Marcellus, wenn sie wahrhaft gallisches ent- halten und wenn sie alle oder doch zum theil aus dem dunkel gerissen wer- den können, in dem sie bisher vergessen blieben. mag ihr inhalt fremd, unerhört und unbekannt scheinen, das ist für die meisten leser auch ein groszer theil der zeuszischen grammatik selbst. ich that blosz den ersten anbruch oder anbisz und überliesz andern, wie ich mir damals zu sagen er- laubte, ihre zähne gleichfalls zu versuchen; Zeusz, der die gesammte kelti- sche sprachregel eben gründlich durchforschte und überschaute, wäre vor allen dazu im stand gewesen, hätte er nicht ein unscheinbares, ihm ich weisz nicht wodurch verleidetes denkmal von sich abgewiesen, zu dem er nun leicht wider seinen willen wird zurückkehren müssen. Rechte genugthuung war es mir, dasz ein andrer gründlicher und be- fugter kenner der keltischen sprache, herr Adolphe Pictet, professor zu Genf(‘) nicht nur meinen deutungen und ihrer grundlage beitritt, sondern dasz ihm auch gelungen ist, von mir noch unberührte oder vergeblich ver- suchte formeln auf eine weise zu erschlieszen, die beinahe keinen zweifel an der richtigkeit und dem erfolg des verfahrens übrig läszt. er hat mir eine reihe scharfsinniger auflösungen mitgetheilt und die erlaubnis gegeben darü- ber zu verfügen; ich säume nicht, im interesse der wissenschaft, sie dankbar zu veröffentlichen und ihnen einiges beizufügen, was mir selbst bei wieder- aufnahme des gegenstands eingefallen ist. dadurch dasz alles, was von Pictet herrührt, in französischer sprache abgefaszt ist, meine einschaltungen deutsch (*) er ist verfasser der bekannten, vom Pariser institut gekrönten schrift de l’affınite des langues celtiques avec le sanscrit. Paris 1837, so wie andrer geschätzten abhandlungen, unter denen ich nur le mystere des bardes de lile de Bretagne ou la doctrine des bardes gallois du moyen age sur dieu, la vie future et la transmigration des ames. Geneve 1853 hervorhebe. über die marcellischen formeln. 55 geschrieben sind, wird man auf der stelle unterscheiden was dem einen oder dem andern gehört. zur bequemlichkeit der leser ist auf die seitenzahlen meiner früheren abhandlung aus dem jahrgang 1847 verwiesen werden. Unter den kräuternamen wird seite 435 mit dem merkwürdigen aus- druck uisumarus für den klee angehoben, wie er heute im irischen seamar, seamrog nachhallt und selbst in das engl. shamrock übergegangen ist; den welschen und armorischen mundarten bleibt er hingegen fremd. der seam- rog ist ein emblem der nationalität geblieben und wird von den Irländern immer noch am hut getragen (°), die benennung dieser heiligen pflanze ver- steht man längst nicht mehr, ihren sinn scheint uns die vollere alte gestalt des wortes aufzuschlieszen. das ir. samh ist sowol sonne als sommer, die zeit der heiszen sonne; unser sommer, ahd. sumar, ags. sumor, altn. sumar stimmt zu jenem seamar klee. sum für seam wird der alten sprache gemäsz gewesen sein und auch andere wörter zeigen übergänge des kurzen u in a oder gebrochnes, inficiertes ea, z.b. mug puer, servus scheint sich zu berühren mit goth. magus, ir. mac; dula folium wird in der welschen sprache zu dal; druith druida lautet später draoi, noch häufiger ist ein solcher wech- selzwischen vund ain unsern deutschen sprachen, wo z.b. das goth. tunbus zu ahd. zand wird. in dem vorgesetzten ui von uisumarus erblicke ich das heutige ua oder o, kind, sohn, enkel, welches vielen eigennamen (O’Brien, O'Reilly, O’Donovan, O’Neil), wie sonst mac = sohn voran geht und wel- chem anomalen substantiv im gen., voc. sg. wie im nom. pl. ui, i gegeben wird (O’Donovan s. 108), wahrscheinlich galt aber in der früheren sprache ui auch für den nom. sg. (wie neben cno nux der nom. enu, cnui), und man möchte ihm das gr. vies vergleichen, zumal die aspirierte form hui, hi begegnet. wisu- mar, mit lateinischer endung uisumarus meint also kind, abkömmling (vgl. die praep. o, ua von) der sonne, des sommers, ein treffender ausdruck für die sommerwonne, vonder auch unsere deutschen dichter des mittelalters oft singen: ich klage dir ougebrehender kle. Ms. 1, 3°; ich brehender kl& wil dich mit schine rechen. daselbst; der kl& den sn& von hinnen vertriben hät. Ms. H. 1, 91°; sö mac der wirt wol singen von dem grüenen kle. Walth. 28, 9; (°) Lappenberg in dem artikel Irland (allg. encycl. der wissenschaften) s. 11®. 56 J. Grimm: ‘du bist kurzer ich bin langer’, alsö stritens üf dem anger bluomen unde kle. 51, 35; da sach ich bluomen striten wider den grüenen kle, weder ir lenger wsre. 114, 27; prüefe uns die bluomen und den kle. Ms. 1, 157°; brüevent daz, die bluomen und den kle. Neifen 48, 22; ich sazte minen fuoz an des sumers kle. frühlingslied bei Wiggert 1, 36. wenn heute wie vor alters der fund vierblättrigen klees als ein glückszeichen erfreut, in schwedischen landschaften der klee solgras, sonnengras heiszt und man daraus, dasz er seine blätter zusammenlegt, auch bei bewölk- tern himmel den eintritt von sonnenuntergang folgert; so darf er den Kel- ten, die vorzugsweise pflanzen für heilig hielten, die eigentliche frühlings- oder sommerblume gewesen und wie in den angezogenen deutschen lieder- stellen personificiert worden sein. hinzutritt, dasz in Schweden und Nor- wegen die benennung sm«ere, auf Island smäri für den klee vorkommt, wel- che sich nur aus dem keltischen seamar deutet und einen neuen zeugen altes zusammenhangs zwischen Scandinavien und Irland abgibt. in seamrag, seam- rog mag das angehängte og, ag die bekannte diminutivendung sein (O’Dono- van LXXIX) und durch das suffix nichts ausgedrückt werden, als was auch im praefix ui liegt, o, ua ist kind, enkel, og junger oder knabe. ich war sehr versucht, auch das gleichverdunkelte slavische wort für klee, russ. djatlina, serb. djetelina, poln. dziecielina, böhm. getelina mit russ. ditja kind, serb. dijete, poln. dzieci, böhm. djte in verbindung zu bringen; doch stim- men die feineren lautverhältnisse nicht völlig und alle beziehung auf sonne oder sommer gebricht. wie im irischen worte das o, kind schwand, wäre im slavischen kind geblieben, das wort für die sonne geschwunden. Auf derselben seite 435 steht odocos, yanaiarry, lat. ebulum, worin sich unverkennbar das verwandte ahd. atah, nhd. attich findet, os ist wie in uisumarus und im folgenden gigarus nichts als angehängte lat. endung. das gr. dur für arrea stellt blosz die buchstaben um und drxer, ddorer würde das keltische und deutsche wort erreichen. Zeusz, der von odocos nichts wissen will, bringt s. 27. 736 aus Dioscorides das verderbte deuswve bei und es bezeugt ihm die ableitung ön. über die marcellischen formeln. 57 p- 435, herba proserpinalis, quae graece dracontium, gallice gigarus appellatur. je crois qu’on peut le rapporter & l’irlandais geig, geag, membre, branche, d’ou geagach,, geaguighte, geagamhuil, branchu, qui a beaucoup de membres. geagar signifierait Ja m&me chose, et traduit assez bien centum- nodia et polygonum. man vergleiche unser knöterich von knote, gelenk, glied. s. 437, dritumum hatte ich aus Ellis Jones geiriadur llogell eymreig a seisonig, d.i. welschem und englischem taschenwörterbuch. Caernarfon 1840, welchem s. 319— 394 ein brauchbares botanisches wörterbüchlein bei- gegeben ist, entnommen. s. 332° wird bei Brytwn verwiesen auf Henwr, und 364° liest man: Henwr, field southern wood artemisia campestris, ab- rotonum. Aenwr will nun sagen alter mann, und hängt mit der benennung bryiwn nicht zusammen, die vielleicht aus abrotonum entstellt wurde. mög- licherweise ist also Marcells drieumum festzuhalten. Wir schreiten nunmehr fort zu den heilsprüchen. p- 439 no 12: qui crebro lippitudinis vitio laborabit, millefolium herbam radicitus vellat et ex ea circulum faciat, ut per illam aspiciat et dicat ter excicumacriosos et toties ad os sibi circulum eum admoveat et per medium exspuat, et her- bam rursus plantet. je divise la formule ainsi: exci cuma CriOSos et je traduis: vois la forme de la ceinture. Voiei comment je justifie cette traduction. exci peut s’expliquer de deux manieres sans changer le sens de vois! ex peut Etre le prefixe, ou la prepo- sition, devenu es, ess dans l’ancien irlandais (maintenant eas). dans ess la reduplication semble provenue de l’assimilation de la gutturale. la forme gauloise etait sürement ex, identique au latin (vid. Zeusz gr. celt. 57. 147. 865). c’est ce que prouye entr’ autres le nom de la centaurde, exacon, ainsi nommee par les Gaulois dit Pline, quoniam omnia mala medicamenta potum e corpore exigat per alvum. je compare acon avec lirlandais aice, aiceachd, action de conduire (leading); exacon est le remede qui conduit hors du corps, le purgatif, explication plus simple et plus preeise que celle que propose Zeusz (gr. c. p. 761). Nous retrouverons la preposition ex repetee plusieurs fois dans une des formules du no. 41. Il est a remarquer que l’x, Philos.-histor. Kl. 1855. H 58 J. Grimm: qui manque completement ä lirlandais moderne, se rencontre quelquefois dans les anciennes gloses de St Gall et de Würzbourg, ou elle remplace le groupe cs, ainsi foxlid ablativus, forroxul tulit, dixnigur appareo etc. (Zeusz g. c. 80). si ex est bien le prefixe, le second Element ci ne peut &tre que l’imperatif du verbe irlandais cim ou cighim, je vois (cf. sanser. ki, noscere). A cöte de cette interpretation, qui laisse intacte la forme exci, il sien presente une autre dans la racine irlandaise ec, voir, des mots ecet viderunt, ece, ecna, ecside, manifestus, clarus, que donne O’Reilly. comme cette racine ec se lie evidemment au sanscrit iksh, avec perte de !’s (cf. aksha et oc-ulus) on peut m&me soupconner que !’s se trouve encore dans exci, ou le c serait alors de trop. exi repondrait ainsi a l’imperatif sanserit öksha. les formu- les 18. 24 et 27 nous offriront d’autres exemples de limperatif en @eten ü cuma est encore identiquement l'irlandais cuma, cum, forme, modele. criosos ne peut etre qu’un genitif de crios, cris, ceinture, et cette forme est tres remarquable, parcequ’elle offre un reste du genitif masculin sanscrit en sya, qui d’ailleurs a complet&ement disparu des langues celtiques. deja dans Virlandais du 7° et S""* siecle, les noms termines par des conson- nes ne prennent au genitif singulier que la voyelle @ ou o (Zeusz g. c. 254). Virlandais cris, crios, repond a la racine sanscrite elish (primitivement krsh) amplecti, ligare, d’ou clesha, ligature, embrassement. le th&me complet de crios serait done crioso, et le genitif criosos, le sanscrit cleshasya. Le procede recommande est d’un caractere tout symbolique. les ceintures (cris), que nous retrouverons dans la formule no 27, paraissent avoir joue un grand röle dans la medecine celtique. (°) en faisant regarder Y’oeil au travers du cercle forme par la plante, on lui mettait en quelque sorte une ceinture, et c’est pour quoi la formule dit: vois la forme ou le modele de la ceinture. L’action de cracher ensuite au travers du petit cercle exprimait symboliquement l’expulsion du mal. p- 440 no 16. Le seul doute que je conserve sur la traduction de cette formule par Grimm est la maniere dont elle rend co dregan gresso, zu (°) voyez la curieuse formule intitulee wnochris, du manuscrit de Klosterneubourg du 44eme ou 12m siecle, que Zeusz a publie et traduite dans sa gr. celt. p. 933, et qui est surement beaucoup plus ancienne que le manuscrit. über die marcellischen formeln. 59 der lügen genoszen. La construction, en effet, n’est pas conforme a la regle irlandaise qui place toujours le genitif a la suite du nom qui le regit. Les sens varies que l’on peut donner soit a reg soit a gres ne permettent pas une interpretation bien süre. je crois qu'il faut prendre gresso dans le sens de greas, procede, fagon, maniere, d’autant plus qu’il correspond exacte- ment avec le gressa de l’ancien irlandais que cite O’Donavan p. 84. ri leora gressa, with three processes. Je lirais donc plus volontiers co breg an gressa, en irlandais co brigh an greasa, par la vertu, la force du procede, c-a-d. de la formule magique. Die unhaltbarkeit meiner früheren übersetzung der worte co dbreg an gresso habe ich längst eingesehen, gestehe aber, dasz mir auch die eben vorgeschlagne nicht zusagt, weil sie für eine verwünschung, wie sie den worten tet un cre son folgen musz, zu schwach und zu abstract klingt. ich bringe also einen gegenvorschlag. dreg scheint mir was sonst drech, breach geschrieben wird und wolf bedeutet, skr. vrka, goth. vargs, altn. vargr, in den slavischen sprachen vrag, und da der teufel helleware, höllewolf ge- nannt wurde, so gelangen wir auf ihn besser als durch die vorstellung der lüge, deren vater er auch heiszt. gres nehme ich für das heutige irländische greas, welches einen fremden, wiederum also hostis, feind ausdrückt und dessen gen. sg. nach Zeusz 254 greso, nach O’Donovan s. 93 greasa lauten würde, der ausgang —o ist aber alterthümlicher. das augenweh, der staub wird zum wolfe des fremden, des feindes, d. i. nach jedem dieser wörter zum teufel verwünscht, wie überhaupt die alten zauberformeln ein unheil von dem heimischen weg zu dem feinde, aus dem gebiet der stadt in die fremde bannen. so wird in estnischen bannsprüchen die geschwulst in den wald, in das dickicht, in den bau des wolfs, in die schneetrift verwünscht, s. die magischen lieder der Esthen von Kreutzwald und Neus. Petersburg 1854 s. 90. 91. p- 440 no 18. Varulis id est hordeolis oculorum remedium tale facias. anulos di- gitis eximes et sinistrae manus digitis tribus oculum circum tenebis et ter despues et ter dices rica rica soro. je traduis: viens, viens, o mal! c. a. d. sors de mon oeil! j’explique rica par le verbe irlandais roichim, riachaim, aller, venir, d’ou reac, rec, recne, H2 60 J. Grimm: prompt, rapide. la forme ancienne est exactement ric, comme on le voit par les exemples que cite Zeusz (g. c. p. 492) con rictar, donee veniunt, con ricci, donec attingit ete. rica est un imperatif en a, coincidant exactement avec ceux des verbes sanscrits de la 1” classe, comme bhara, fer, de bhr, bödha, scito, de budh ete. dans l’irlandais moderne la seconde personne de l’im- p6rativ est toujours la racine meme du verbe, comme en latin die, duc, fac fer, mais dans l’ancien irlandais on trouve encore la terminaison en e, ne dene, ne fac (rac. den), cuire, pone (r. cur), decce, vide (r. decc), cf. Zeusz g. c. 457, identique a l’e de peüye, fuge etc. La voyelle s’affaiblissait aussi en i, comme on le verra plus loin. ce qui lindique, c’est que les verbes anciens, qui ont d&ja perdu le suffixe, le remplacent par une flexion interne i, laquelle, comme dans d’autres cas, n’est que le suffixe deplac€ et incor- pore ä la racine. ainsi imcaib, devita, pour imcabi (rac. cab); leic, sine, pour lei (r. lec); tuic, sume, pour Zuci (r. Zuc), comtuairc, contere, pour comtuarci (r. tuarc) ete. (Zeusz l. c.). cetirepond ä celui du latin veni et de Jancien slave vezi, vehe. Soro est le vocatif de sor, en irlandais saor, mal, douleur, aussi sär, saraighim, je blesse, je nuis; d’ou probablement le nom du pou, sor, sar('). le cymrique a söri, saraü offendere, cf. goth. sair, douleur, ags. sär, ahd. ser. la racine sanscrite est sr laedere, occidere, d’ou sära, maladie=soro de la formule. en persan sär signifie aussi douleur, afflietion. Nous avons encore ici, dans soro, la forme de l’ancien vocatif, qui a disparu en partie de Virlandais moderne, et qui coincide avec le vocatif sans- crit des noms en a, lequel n’est que le thöme sans aucune flexion. dans l'ir- landais moderne le vocatif est toujours &gal au genitif des noms masculins, et il ne conserve ainsi sa voyelle finale que dans les noms de la 3° declinai- son qui prennent a au genitif, comme cath, bataille, gen. et voc. catha; dath couleur, datha; sruth, fleuve, srotha etc. JYidentite des formes pro- vient ici de ce que le genitif ayant perdu l’s debris du sanscrit sya, est reduit comme le vocatif au simple theme du nom. Je crois done que dans la forme arithmato, de la formule 48, que Grimm a interprete par ardmath, summum bonum (p. 460), il faut voir aussi un vocatif egal au theme pri- (°) nicht anders dSeig von PpSeigew und laus von liusan, vgl. geschichte der deutschen spr. s. 855. über die marcellischen formeln. 61 mitif, et non une transposition de l’o vocatif qui ordinairement precede le nom. page 441 no 20. Remedium efficax hordeolis. grana novem hordei sumes et de eo- rum acumine varolum purges, et per punctorum singulas vices carmen hoc dicas: Beüye Deüys, ngı9n ve diwnen. item digito medicinali varum contingens dices ter: vigaria gasaria varumque grano hordei ardenti aut stipula foeni aut palea ures. Le second mot gasaria est le plus clair et doit signifier charme, en- chantement, d’apres l'irlandais geasaim, je conjure, je predis l’avenir; geasa. charme, serment, divination, geasrög sorcellerie, geasroir, sorcier etc. ces deux dernieres formes derivent de geas par un suffixe r comme gasaria. il est impossible de reconnaitre si la terminaison ia est un singulier ou un pluriel. Figaria est d’un sens moins sür. en irlandais fiughar signifie attente vive, esperance, fiughairneach, qui espere, attend. on pourrait done tra- duire charme, plein d’attente, c. a.d. qui promet lefficacite. mais comme il est question de brüler l’orbet de loeil et qu’on le pique avec les grains d’orge, vigaria pourrait se rattacher a lirlandais feigh, aigu tranchant, feg, coupure, fegead, morsure etc. dont il deriverait par le suffixe ar. le sens serait alors celui de charme incisif ou mordant, au singulier ou au pluriel. Beide vorschläge liefern doch, wie mich dünkt, für die auszuspre- chende formel allzu abgezogne vorstellungen. wie wenn man vigaria von ‚fichim frangere leiten und darin einen imperativus passivi sehen dürfte? das keltische passivum hat, gleich dem lateinischen, den character R, Zeusz s. 472 legt dem imperativ ar bei, wenn aber dem des activums früher ein vo- calischer ausgang zustand, musz ein solcher auch für das passivum wahr- scheinlich werden und figaria oder ficharia gesagt haben frangere! ficharia würde aber ebenfalls in fichare abgeschliffen erscheinen können. nach die- sem imperativ müste gasaria der sg. sein und die formel übertragen werden frangere incantatio! zugleich nehme ich auch die neunzehnte formel hinzu und berichtige vor 62 J. Grimm: allen dingen einen übersehenen druckfehler, sie ist mit griechischen buch- staben geschrieben und lautet Kugiarupanaragıaneupwp (nicht weß:), was ich auflöse curia curia casaria sor obhi=uaibh, und übertrage: setze (lege) zauber das weh von euch, removeat, remove- at imprecatio dolorem a vobis! wenn rica rica formelhaft wie peüye peüye verbunden stehn, werden auch curia curia alte conjunctive oder imperative des ir. cuirim setzen oder legen sein, sor wurde vorhin zu no 18 gedeutet und casaria kam geschrieben gasaria in no 20 vor. sehr merkwürdig ist die schreibung ofbhi, obhi für das heutige uaibh (O’Donovan s. 144 Zeusz s. 340), wahrscheinlich lautete der dat. pl. früher -bhi für -bh und dem lat. -bis noch näher. wadib wäre ex eis (Zeusz 342). Nicht minder wichtig ist das von Pictet treffend gedeutete gasaria oder nach der älteren schreibung casaria. denn in geusaim oder gasam, zau- bern darf man unbedenklich unser deutsches kiesen, wählen, sehen erkennen, da sich die vorstellungen sehen und zaubern berühren und durch den blick gezaubert wurde, der zauber verblendete. ebenso führt wählen auf loszen, losz werfen und sortilegus ist ein zauberer, franz. sorcier. das schwedische tjusa zaubern scheint gleichviel mit kjusa, wählen, kiesen. vielleicht läszt sich auch im keltischen verbum der begrif des sehens, wählens und prüfens nachweisen. page 442 no 24. Carmen ad dentium dolorem mirificum de experimento, luna decres- cente, die Martis sive die Jovis haec verba dices septies; argidam margidam slurgidam. Je divise argi dam. margi dam. sturgi dam. et je traduis: chasse la dou- leur, deplore (ou maudis) la douleur, dissipe la douleur! Je vois dans argi, margi, sturgi wois imp£ratifs en i (vid. supra no 18) et qui se rapportent aux verbes irlandais airgim, je chasse, j'expulse, jenleve, mairghim (pour mairgnighim) je deplore, par consequent aussi je maudis, de mairg malheur, et stroighim, je dissipe, disperse. Quant a dam repete trois fois, c’est lirlandais damA souffrance, dou- leur (O'Reilly diet. suppl.), daimh, qui tourmente, daimhne, mal, dommage, de meme origine sans doute que damnum, et que le sanscrit dama, damana, über die marcellischen formeln. 63 contrainte, chätiment, de la racine dam, domare. man dürfte auch das alt- nordische Zion, damnum, amissio vergleichen, vielleicht zu margidam ein alt- welsches mergidhaham evanesco bei Zeusz 71, was zu andrer deutung des dam führen könnte. pag. 442 no 27. Carmen ad uvae dolorem, quod ipse sibi qui dolet praecantet et ma- nus supinas a gutture usque ad cerebrum conjunctis digitis ducens dicat: crisi crasi concrasi. quibus dietis rursum manus a gutture ducat et ter hoc faeiat. Je traduis: mets la ceinture jusqu’a la guerison. Le verbe a l’imperatif en ö est crasi, que je rapporte & l'irlandais ereasaim, je mets, je pose. crisi ceinture est au crioso de la formule no 12, comme /’irlandais cris a crios, ce qui semblerait indiquer deja dans le celtique de la Gaule un prin- eipe analogue & celui de la concordance des voyelles, ce que d’autres faits cependant paraissent contredire. crisi doit &tre un accusatif, et par con- sequent avoir perdu la flexion m pour revenir au theme nud. dans lirlan- dais ancien et moderne l’accusatif ne differe jamais du nominatif. (*) con pour co in, est la preposition actuelle go, aneiennement co, usque, usque ad, avec l’article in. crasi me semble devoir &tre l’irlandais greas, protection, salut, gue- rison, anciennement creas, comme gris, feu = cris, et beaucoup d’autres cas ou le c initial s’est affaibli en g. ce terme se rencontre dans les vieilles for- mules irlandaises publiees par Zeusz, mais qu'il n’a pas tente de traduire, vu leurs obscurites. & la suite de la formule intitulee argalar fuail, contre la maladie de l’urine, on trouve (Zeusz g. c. 926): forcertar inso do gres i maigin hitabair ihüal (—=do fhual). c. a. d. soit employee cette (formule) pour la guerison dans un petit coin (endroit) en lächant ton urine. cette traduction de do gres, pour la guerison pourrait en effet se defendre, il vaut cependant mieux attribuer a ces mots le sens de semper, qu’ils ont ordinaire- ment, et les rapporter a gres, memoria, gresach, continuus (Zeusz 565), ce do gres differe done du con crasi de notre formule 27. La preposition co, usque ad, regissait anciennement l’aceusatif (Zeusz g. ce. 986), crasi est done comme crisi un accusatif sans flexion. (°) vgl. die accusative sor und dam in formel 19. 24. 64 J. Grimm: Le procede de guerison rappelle celui de la formule no 12. on mettait symboliquement une ceinture a la gorge par le mouvement des mains. pag. 445 no 41. J’arrive aux deux formules les plus longues et les plus diffieiles, bien quelles ne semblent pas resister mieux que les autres a l’application de l’ir- landais. Omnia quae haeserint faueibus hoc carmen expellet. Heilen prosag- geri uome sipolla na buliet onodieni iden eliton. hoc ter dices et ad singula expues, Je commence par diviser et ponctuer comme suit: Heilen, prosag geri uome! sipolla, na buliet ono dieni! i den e liton! ce qui me parait signifier: ordure, sors promptement de moi! pars afın que ne (te) frappent pas les hommes! vas vite au large! Voici la justification detaillee. Heilen est Virlandais ei/ne, ordure, malproprete. 1’% prosthetique est d’un usage tr&s frequent dans lancienne langue et l’on trouve indifferemment uile et huile, omnis, aui et haui, nepotes (bei Zeusz 59, sonst ui, i, O’Do- novan s. 108, vgl. oben s. 56), iris et hiris, fides, etc. Il en etait de m&me dans le gaulois Esus et Hesus, le dieu de ce nom, Elvetius, Elvius et Helve- tü, Eleü, alus halus, nom de plante (p. 435) etc. O’Brien donne eilne, eil- ned, uncleaness, Zeusz lui m&me presente les deux formes «@lned (p. 51) et heelned (p. 766), illuvies, inquinatio, ce qui prouve V’anciennete du terme. Prosag est un imperatif compose du prefixe pro et de sag = irlan- dais saighim, je viens, saighsiot, ils vinrent etc. d’apres les observations deja faites sur limperatif il faudrait sagi ou sage, mais la voyelle pouvait faire defaut a quelques verbes comme en latin, ou bien elle a et€ omise par les copistes. (Quant au prefixe pro = sanser. pra, latin pro, ete. il s’est change en for, far deja dans l'irlandais ancien (Zeusz 583) et signifie tour a tour super, contra et ante. ainsi prosag ou prosagi serait maintenant forseigh come forth! komm hervor! le p initial est en general devenu rare en irlan- dais, ou souvent / le remplace. Geri est sürement lirlandais geir, gear, geur, anciennement ger, aigu tranchant, vif, prompt. le sens est ici adverbial. (2) (°) vgl. das den deutschen imperativen häufig vorausgehende oder folgende bald. deut- sches wörterbuch I, 1081. 1082. über die marcellischen formeln. 65 Uome est ’irlandais vaim, ex me, de la preposition ancienne ua (le sans- erit ava), maintenant 0, ex (Zeusz 588), et du pronom me qui a conserye sa voyelle. c’est la pendant de un, ex nobis dans la formule expliquee par Grimm, et tet un a un sens tout analogue a prosag uome. (!?) Sipolla est un imperatif en a, comme rica de la formule 18, et repond a lirlandais siubhal de siubhlaim, je pars, je m’en vais. en cymrique syfalu, se mouvoir, etre instable. cf. sanser. srp, ire, et sap, sequi. lep est af- faibli en 5A, comme cela arrive souvent dans l’interieur et a la fin des mots. Na Öduliet est la troisieme personne du pluriel du conjonctiv pr&cede de la negation avec le sens du latin ne. la racine bul s’ecrit bual dans Virlan- dais moderne, buailim je frappe, mais la disparait dans dwille, ietus. La terminaison el, at se trouve encore dans l’ancien irlandais, ar na epret, ne dicant, de epiur, dico; ar na erberat, id. (Zeusz 455). plus tard elle s’est changee en eadh. Ono dieni, homines. ono est l’article irlandais an, au pluriel na pour ana. la forme complete ono repond exactement au theme du pronom sans- erit ana, et mieux encore a l’ancien slave ono (v. Bopp vergl. gr. p. 537) (!'). Dieni est Yancien pluriel irlandais duini, homines, de duine, en cymr. dyn, en armor. den. I den. je crois reconnaitre dans i limperatif, identique au latin, du verbe eit, ei, ire, que presentent les anciennes gloses irlandaises: cach con eit, quemvis qui adit. (Zeusz 492). Zeusz admet que la racine puisse &tre €. dans l'irlandais plus moderne on trouve eathaim, je vais, eathadh, action d’aller; en cymrique athu, aller ete. Toutefois comme, en sanscrit m&me, on a les formes at, at, it a cöt€ de i ou i, il se pourrait que les deux racines entrassent dans la conjugaison du verbe ('?), ainsi que cela parait avoir lieu dans le slave ancien ou l’on trouye au present id-u, eo, et & linfinitif i-ti, ire. le russe Ecrit cependent it-Zi, et le polonais is-C, mais Villyrien i-t. le m&me fait semble se reproduire dans le goth. iddja, ibam a cöte d’un impe- ratif i, que Bopp a signal& dans Zir-i, hie veni (Bopp vergl. gr. 123). (‘°) vgl. uaibh, a vobis, formel 19, wofür nach O’Donovan s. 144 die südliche mund- art bhuaibh verwendet. ('') litt. anas, goth. jains, altn. inn und hinn, nhd. jener. wie die keltische und ro- manische sprache den artikel dem subst. vorangehen läszt, suffigirte ihn die nordische und die deutsche, vgl. gesch. der deutschen spr. s. 960. ('?) le participe passe eatha alle = sanser. ita semble appartenir a :. Philos.-histor. Kl. 1855. I 66 J. Grimm: Quant & den, je l’explique par Virlandais dein, deineachd, häte O’Reilly (suppl.), dian, prompt, agil, vehement etc. von diesem den gilt das oben bei ger gesagte. ] E liton est lirlandais i leathan, au large, au loin; en cymrique Zlyden. la forme lit se reconnait dans les noms gaulois ZLitana sylva, la vaste foret, Litavicus, Convicto -litanes etc. (Zeusz 103). Je fais observer, en terminant, que cette longue formule s’explique sans y changer la moindre lettre, ce qui est assurement remarquable. La seconde formule du no 41 a un aspect encore plus barbare que la premiere, et semble exiger deux legeres corrections. en voici le texte: Fauces quibus aliquid inhaeserit confricans dices: xi exu cricone xu crigrionaisus scrisumiouelor exugri conexu grilau. Je retablis d’abord comme suit la division des mots: xi ex u cricon, ex u crig rion aisus. scris u mi ouelor. ex u gricon. ex u grilau. Ce qui me parait signifier: sors, hors du gosier! hors de la gorge (par) la voie du vomissement! glisse hors de mon cou! hors du gosier! hors des entrailles! Je fais suivre l’analyse jJustificative. Xi ne donne aucun sens, et semble avoir perdu une voyelle initiale. je lis donc exi (ex-i) et j’y vois le prefixe ex, deja discute dans le no 12, et limperatif i, que nous venons d’examiner dans la formule precedente. la coincidence avec le latin exi est complete. Ex u. ex est encore la preposition, et u est le wa, 0, ab, a, de, que nous avons reconnu dans uome de la formule precedente. Cricon est une forme augmentee de cric, qui reparait tout de suite apres avec un g final. c’est l’irlandais craig gosier (O’Reilly suppl.), aussi graig, d’ou graigin, glouton. La purete de la forme gauloise cric est prouvee par le sanscrit krka, gorge larynx, et cricon repondrait a un theme krkana, irland. craigean. ('?) Ex u crig, meme interpretation. Rion est exactement l’irlandais rian, chemin, sentier, voie. Aisus se retrouve presqu’intact dans aisios, nausee, vomissement. & =) dem krka, krkana gleicht das ahd. kracho, guttur, gen. hrachin, welches wort Graff un- richtig 2, 385 im reinen R aufstellt. man vgl. litt. kaklas guttur, altn. kverkr, finn. kurkku und kulku. über die marcellischen formeln. 67 Scris est l’imperatif sans flexion du verbe irlandais seriosaim, balayer, frotter, essuyer la surface de quelque chose, applique a un corps arrete dans le gosier il exprime la frietion qu’il exerce en sortant contre les parois. la traduction glisse hors n’en rend pas tout & fait la force. U mi ouelor. Y’accumulation insolite des voyelles ioue indique ici une corruption. je lis u mi cuelor, et je compare l’irlandais coileir, cou, o mo coileir, ex meo collo. mi possessif pour mo actuel se rapproche plus du sanscrit me genitif de aham. Ex u grilau. c’est lirlandais grealach, entrailles, pris ici dans le sens general d’organes interieurs du corps. Le preposition u (ua) regissant le datif, on peu reconnaitre dans grilau un datif pluriel en z au lieu du suf- fixe ordinaire ib, ibh, comme dans l’ancien irlandais rigu, naemhu, slogu ete. (O’Donovan gr. irl. p. 84). Jene sais si je m’abuse, mais il me semble que ces interpretations si precises, si rationelles, obtenues, comme celle de Grimm, presque sans changement aux textes de Marcellus, confirment d’une maniere remarquable le resultat mis en lumiere par ce savant, a savoir l’existence d’un dialecte de la branche gaelique dans l’Aquitaine au 4° siecle, resultat d’une haute im- portance pour Y’histoire des langues celtiques. L’analyse de ces textes gaö- liques, les plus anciens que nous possedions, nous montre la langue en possession encore de quelques formes grammaticales perdues des lors et qui la rapprochent d’avantage du type primitif, que le sanscrit a le mieux con- serve. Il est bien probable que si nous avions des textes celtiques du temps de C6sar, tout le systeme des flexions s’y montrerait encore avec ses traits caracteristiques. Da hier noch raum für mich bleibt, komme ich abermals auf das an- ziehende wort uisumar. die gewonnene, vielmehr erst gewagte deutung würde sich bestätigen, stände in irischen urkunden irgend ein eigenname O’sumar, Ö’seamar, Mac’seamar aufzuweisen oder lieferte uns der irische volksglaube zeugnisse für die verwendung des klees beim eintritt und em- pfang des frühlings. ins irische wapen wird die pflanze doch nicht zufällig gerathen sein und am allerwenigsten mit ihren drei blättern den band der drei britischen reiche symbolisieren sollen, weil sie dann, was nicht der fall ist, ebenwol in England und Schottland gelten müste wie in Irland. doch. 12 68 J. Grimm: über die marcellischen formeln. mag zweifel walten, ob unter seamar bestimmt trifolium (welsch tairdalen, d.i. dreiblatt) verstanden werde oder eine andere den frühling zierende blume, zumal die caltha. möglich wäre sogar, dasz unser noch unaufge- helltes deutsches wort klee unmittelbar und buchstäblich zusammen hienge mit caltha, wenigstens die glossen bei Graff 4,540 setzen chl&o zu calta, cal- tha (calendula officinalis Linn.) und auch die Schletstädter glosse bei Haupt 6, 341 gibt rötiz cl&o calta. mit andern namen heiszt diese caltha dotter- blume, goldblume, ringelblume, butterblume, merkwürdig aber auf italie- nisch sposa del sole und mahnt sonnenbraut wieder an sonnenkind, sonnen- enkel? Die Finnen nennen den klee apilas und maitokukka, milchblume, wie die Schweden die caltha palustris tremjölksgräs, weil im mai dreimal täglich gemolken wird, der angelsächsische Thrimilei kann füglich den früh- ling personificieren und unser deutsches landvolk sagt auf den heutigen tag, dafs die weide der butterblume dem vieh reichliche und fette milch gebe; wie im altnordischen landnämabök 1, 2 von einem fetten fruchtbaren boden steht, dafs in dem lande butter aus jedem halme triefe. was apilas besage, entgeht mir noch, es ist das lettische ahbolites, dahboli, littauische dobilas, dobilatis, wahrscheinlich auch das schwedische väpling. die slavischen na- men wurden oben angeführt. Will man das ui in uisumar nicht dem alten nom. sg. gestatten, so dürfte man es auch als pl. collectivisch fassen: die söhne des sommers, die blumen, der klee, doch ziehe ich den sg. vor. Pic- tet, der meine erklärung gut heiszt, erinnert an den namen der Bituriges Vibisei, die gerade in Aquitanien hausten (s. meine erste abhandlung über Marcellus s. 434) und ui bescna wäre söhne des friedens, die endung isc also keine ableitung, wie Zeusz 775 meint. Uber eine Hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu (Appollinopolis Magna) in welcher der Besitz dieses Tempels an Ländereien unter der Regierung Ptolemaeus XI Alexander I verzeichnet ist. Von H” LEPSIUS. [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 15. März 1855.] mn [Über das von mir angewendete System der Umschrift altägyptischer Worte in lateinische Buchstaben, siehe die Bemerkungen am Schlusse der Abhandlung. ] D er Reiz unbekannte Schriften zu entziffern hat von jeher zahlreiche Ge- lehrte verführt, Unmögliches leisten zu wollen. Wenn der sichere Faden zu schnell und oft gerade an den unbequemsten Stellen abrifs, wurden erst scharfsinnige Möglichkeiten, bald willkürliche Phantasieen angesponnen, bis ein scheinbar zusammenhängendes Gewebe fertig war, welches so lange eine gewisse Geltung zu behaupten pflegte, als kein prüfender Finger es berührte. Ich erinnere an die unermüdlichen Entzifferungsversuche der Etruskischen und Umbrischen Inschriften und an die Richtung, welche leider auch das wichtige Studium der Keilinschriften jetzt vielfach zu nehmen scheint. So musterhafte Ausnahmen, wie die Untersuchungen über die Umbrischen In- schriften von Aufrecht und Kirchhof, über die Oskischen von Mommsen, oder in noch gröfserem Mafsstabe über die Zendschriften von Eug. Burnouf, beweisen dafs die neuere Kritik keineswegs unvermögend ist, auch die schwierigsten Aufgaben sprachlicher und sachlicher Entzifferungen bisher unbekannter Idiome zu befriedigender Lösung zu bringen, aber sie sind sel- ten und bilden noch viel zu wenig den Mafsstab, um ähnliche Versuche auf andern Feldern danach zu beurtheilen. Auch die Ägyptische Wissenschaft hat seit ihrem Beginn daran gelit- ten, dafs man viel mehr übersetzt und erklärt hat, als man verstand und 70 Lersıvs: verantworten konnte. Das hat einerseits bei dem ungelehrten Publikum viel Staunen erregt, und die Forderungen immer höher gespannt, anderer- seits bei den Besonnenen viel Mifstrauen erweckt und den Werth des wirklich Gewonnenen unterschätzen lassen. Allerdings hat Champollion in den die Wissenschaft begründenden Schriften selbst, seine grofsen und zahlreichen Entdeckungen und Entzifferungen fast nur in der Form von fertigen Resul- taten mitgetheilt, ohne den Weg und die Methode zu zeigen, die ihn dazu geführt hatten. Das lag theils in der bewundernswürdigen Fülle der ihm zur Gewifsheit gewordenen Erfahrungen, die er mitzutheilen hatte, und die ihm zu methodischer Entwickelung derselben in der That nicht Zeit liefsen, theils darin, dafs er nach der Eigenthümlichkeit seines Genies überhaupt nicht auf methodisch analysirendem Wege fortschritt, sondern Alles durch umfassende Kenntnifs des Einzelnen, und einen wunderbar richtigen Takt der Combination zu erreichen wufste. Seine glänzenden Erfolge rechtferti- gen bei ihm das Hingeben an diese immerhin nur einseitige Behandlung des vorliegenden wissenschaftlichen Stoffs; nicht so bei seinen Nachfolgern, de- ren nächste Aufgabe es vielmehr war, durch methodische Begründung das Gewonnene zu sichern, das Unrichtige oder Zweifelhafte auszuscheiden, und so auf dem Wege besonnener Kritik fortzuschreiten. Ich habe in meiner bereits 1836 erschienenen Schrift über das Hieroglyphische Alphabet zu zei- gen versucht, wie ich eine solche Behandlung verstehen würde. Von denen, welche den Ägyptischen Studien ferner stehen, ist öfters gefragt worden, warum nicht mehr aus der Ägyptischen Literatur, von der jetzt ein so reiches Material in den Inschriften der Tempel oder Gräber und in den Papyrusrollen vorliegt, mit vollständiger und philologisch genauer Analyse übersetzt worden sei. Und in der That, nicht einmal die Inschrift von Rosette ist bis jetzt einer philologischen Erläuterung unterzogen worden. Man hat immer nur die nackte Übersetzung nach Anleitung des Griechischen Textes gegeben. Salvolini’s Versuch, den hieroglyphischen Text zu analysiren gelangte nur bis zur dritten Zeile; de Sauley’s Arbeit über den demotischen Text bis zur fünften; auch sind beide Versuche ver- fehlt und andere bisher nicht gemacht worden. Es ist mir überhaupt nur eine Arbeit bekannt, welche Anspruch auf den Namen einer philo- logischen Analyse eines fortlaufenden ägyptischen Textes machen kann, die des Vicomte de Rouge über eine Inschrift aus dem Grabe des über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 74 Aahmes zu El Kab, dem alten Eileithyia. Sie beschränkt sich vorläufig auf die 7 ersten Zeilen der Inschrift. Auch Birch in London hat mehrere ver- dienstliche Untersuchungen über einzelne gröfsere Inschriften gemacht, ohne jedoch eine fortlaufende Begründung seiner Übersetzungen zu geben. Der Grund dieser sparsamen Kommentare zu einzelnen Inschriften liegt darin, dafs es bis jetzt eben noch nicht wohl möglich ist, längere Texte ohne grolse und wesentliche Lücken mit einiger Zuverläfsigkeit zu erklä- ren. Ja es giebt nicht wenige Inschriften, von denen wir nach unserer bis- herigen Kenntnifs noch gar nichts verstehen, und welche kaum ihren ober- flächlichen Inhalt errathen lassen. Auch die best erhaltene hieroglyphi- sche, hieratische und noch mehr demotische Inschrift gleicht für unser Ver- ständnifs einer durchlöcherten Handschrift. Wer es dann nicht liebt, die zahlreichen noch völlig dunkeln Stellen aus seiner Phantasie zu ergänzen, noch auch ein unerfreulich zerrissenes und deshalb zugleich wenig brauch- bares Gewebe vorzulegen, enthält sich lieber fortlaufender Übersetzungen und benutzt nur, mit der dadurch von selbst gebotenen Vorsicht, das Ein- zelne, das sich unzweifelhaft erklären läfst. Es ist nicht zu vergessen, dafs alle drei ägyptischen Schriften wesentlich ideographisch sind, und dafs der phonetische Theil, wenn er auch wegen der Zerspaltung der Worte in ihre einzelnen Laute, mehr als die Hälfte aller Zeichen im fortlaufenden Texte bildet, doch nur das hinzutretende Element ist, nicht das ursprüngliche und vorwaltende, dafs sich die Entdeckung Champollions zunächst nur auf den phonetischen Theil der Schrift bezog, und dafs nur für diesen Theil der Natur der Sache nach überhaupt von einem Schlüssel zum Verständnifs der Hieroglyphen die Rede sein kann. Jedes von den mehr als tausend ideo- graphischen Zeichen kann erst mittelbar durch die Verbindung mit den pho- netischen Zeichen oder auf andere Weise erklärt werden. Wiederum ist auch die koptische Sprache, die in anderer Beziehung die bei weitem wichtigste Vermittelung für unser Verständnifs der altägyptischen Sprache bildet, nur ein sehr unvollkommenes Hülfsmittel, weil wir nur einen geringen Theil des ganzen koptischen Sprachschatzes besitzen, und sehr viele Wörter der alten Sprache später durch andere ganz verschiedene ersetzt wurden. Dies sind einige von den Schwierigkeiten, die sich einem Verständnisse der alt- ägyptischen Texte entgegenstellen, wie es für zusammenhängende wörtliche TR Lepsıvs: auf eine wissenschaftliche Analyse sich gründende Übersetzungen erforder- lich wäre. Dies unumwunden zugestanden, dürfen wir andererseits ebenso be- stimmt behaupten, dafs wir nichts desto weniger bereits einen grofsen Schatz mannigfaltiger und völlig unbestreitbarer Kentnisse in der Hieroglyphik be- sitzen, deren Verbindung und methodische Benutzung schon zu den bedeu- tendsten Resultaten in allen Zweigen der ägyptischen Alterthumswissen- schaft geführt haben. Wir wissen genug von hieroglyphischer Grammatik und Sprache, um von zahlreichen Inschriften nicht nur den allgemeinen In- halt mit Leichtigkeit zu erkennen, sondern auch eine Menge der wichtigsten Einzelheiten mit aller wünschenswerthen Genauigkeit zu verstehen, und dieses Verständnifs nach den mannigfaltigsten Seiten hin auszubeuten. Die nähere Betrachtung der vorliegenden Inschrift wird vielleicht ge- eignet sein, hiervon einen Begriff zu geben. Der Gegenstand von dem sie handelt, ist leicht zu erkennen. Der grammatische Zusammenhang bietet wenig Schwierigkeit dar. Wir sehen jedoch vorläufig von der fortlaufenden Übersetzung ab, und gehen sogleich auf die Untersuchung und Erläuterung der einzelnen Theile selbst ein, wodurch sich dann allmählich der Gewinn, den wir nach verschiedenen Richtungen hin daraus ziehen können, übersehen läfst. Ich werde dann die Resultate, die sich für das Feldmessungssy- stem, das hier angewendet ist, für die dabei zum Grunde gelegten Längen- und Flächenmafse, dann für die Nomeneintheilung von Oberägypten und für die Topographie der Nachbarschaft von Edfu, ferner für die chronologischen Bestimmungen, die sich in der Inschrift finden, und für gewisse mythologische Verhältnisse, endlich für die Hieroglyphik, uns ergeben, gruppenweise zusammenstellen. Hierauf wird sich die am Schlusse versuchte zusammenhängende Übersetzung gründen. Edfu liegt in der Thebais, etwa halbwegs zwischen Theben und Assuan, auf dem westlichen Ufer des Nils. Der stattliche Tempel ist, so weit jetzt die Sculpturen sichtbar sind, erst unter den Ptolemäern angelegt und ausgebaut worden. Der älteste König, der in den Darstellungen er- scheint, ist Ptolemaeus IV Philopator I, der späteste Ptolemaeus XIII Neos Dionysos. (!) Doch sind die innersten Gemächer, namentlich die Cella noch (?) Auch eine Virsdseile Darstellung der Kaiser Tiberius und Claudius findet sich an der Vorderseite des Pylons. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 73 gänzlich mit Schutt angefüllt und unzugänglich. Es wäre daher möglich, dafs die erste Anlage des Tempels, welche stets mit der Errichtung der Cella begann, noch weiter als bis Philometor zurück ginge. Der ganze innere, von Euergetes II. nach vorn mit einer geräumigen Säulenhalle abge- schlossene Tempel wurde später mit einer besondern freistehenden Umfas- sungsmauer umgeben, welche vor dem genannten Hypostyl einen geräumi- gen Hof mit Säulenhallen an den Seiten bildet und sich vorn, das ist gegen Süden, an den hohen Pylonbau anschliefst. Diese Umfassungsmauer, wel- che an jeder langen Seite 402, an der Hinterseite 151 Pr. Fufs mifst, wurde von Ptolemaeus X Soter II und von Ptolomaeus XI Alexander I gebaut und mit Darstellungen versehen. Die Aufsenseite der Ostmauer trägt nur Skulp- turen von Ptol. Alexander. Zu ihnen gehören die in Rede stehenden drei grofsen Inschriften und die beiden zwischen ihnen stehenden Darstellungen. Die erste Inschrift, 7 Fufs hoch und nahe an 12 Fufs breit, beginnt an dem nördlichen Ende der Mauer, und enthält 24 verticale Zeilen (Taf. 1). Es folgt links davon eine Darstellung des Königs Ptol. Alexander, welcher dem Hauptgotte des Tempels, dem sperberköpfigen Hor-Het oder Horus von Edfu, in beiden Händen Korn-Ahren darreicht. (Taf. 2.) Daran schliefst sich links die zweite Inschrift von 20 Zeilen (Taf. 3), und dann eine Darstellung, in welcher der König dem ausnahmsweise sperberköpfi- gen Ammon und seiner Gemahlin der Göttin Mut ein Bild der Mat, der Göttin der Gerechtigkeit, auf einer Schale darbietet (Taf. 4). Hierauf folgt endlich die dritte Inschrift von 22 Zeilen (Taf. 5), deren linker Theil erst nach Wegräumung hoher Schutthügel zugänglich wurde. Champollion scheint diese Inschriften übersehen zu haben, da er sie weder in seinen Briefen erwähnt noch in den Notices descriptives, in denen er doch dieser Umfassungsmauer öfters gedenkt. Ebensowenig werden sie von Rosellini, oder von Wilkinson angeführt, obgleich die vielen Zahlen, die so- gleich ins Auge fallen und die Erwähnung von drei vorptolemäischen Köni- gen wohl geeignet gewesen wären, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bei genauerer Betrachtung des Textes ist leicht wahrzunehmen, dafs es sich hier im Allgemeinen um ein Verzeichnifs von Äckern handelt, wel- che den Göttern des Tempels, das heifst seiner Priesterschaft, zugehörten. Das besondere Determinativ der Bezeichnungen für Äcker und Äckermafse, die Ecke =, die sich in unsern Inschriften unzählıgemal wiederholt, ist be- Philos.- histor. Kl. 1855. K 74 Lersivs: kannt; ebenso die phonetische Gruppe N 5 ahe, oder femininisch re ahet, der Acker, dem koptischen soge, eswge, m, ager, entspre- chend, welches auch in einer weiblichen Form ovsog1, T, ager, arvum, vorkommt. Die erste Inschrift beginnt mit den Titeln und Namen des regieren- den Königs. Die zweite Zeile ist oben verletzt und spricht von einem Ge- schenk oder einer Besitzbestätigung des Königs „Ptolemaeus genannt Alexander” an den Horus und die andern Götter von Edfu. In der drit- ten Zeile wird der Bestand der Tempelgüter des Horus von Edfu angege- ben seit dem 18. Jahre des Königs NVeythorheb, der bisher mit Unrecht für den König Amyrtaeus der Manethonischen Listen gehalten zu werden pflegte. (') Dieser Tempelbesitz bestand in einer Anzahl von Äckern (ahe), deren Ziffern nach unsrer bisherigen Kenntnifs der ägyptischen Zahlzeichen 13200 gelesen werden würde. Hiervon wird ein Theil “ ma oder mit der weiblichen Endung mat, der andere Ai genannt; bei jenem findet sich die Zahl von 5600, bei diesem von 7540 ahe. Dies stimmt mit der Gesammtsumme nicht; es folgen aber auch hinter jeder der angegebenen Summen noch an- dere Gruppen und Zeichen, die zwar bisher noch nicht als Zahlzeichen be- kannt waren, deren Werth aber durch unsere Inschrift aufser Zweifel ge- setzt wird. Den späteren Bestätigungen vorgreifend, bemerke ich dafs die Sichel hinter der ersten Summe 9 bedeutet, das Quadrat OD hinter der zweiten Summe 60 und der Kopf & hinter der dritten 7, also mit dem hier noch folgenden Strich 8. Dadurch ergeben sich die beiden einzelnen Sum- men als 5660 und 7548, die Gesammtsumme als 13208. Auch jetzt bleibt noch ein Unterschied von 1. Dieser kommt daher, dafs hinter den angege- benen Summen noch Bruchtheile folgen, deren Bezeichnung bisher gleich- falls noch unbekannt war. Indem ich auch diese Werthe vorläufig schon als erwiesen annehme, bemerke ich, dafs hinter der ersten Summe die Gruppe N Du ; bedeutet, hinter der zweiten die Gruppe Us hesep und die Gans sit, endlich hinter der dritten die Vogelklaue "SS, un- 8 (') Es geht aus den Denkmälern unzweifelhaft hervor, dafs er der 30sten Dynastie ange- hört, und daher mit einem der beiden Nektanebos der Listen zu identificiren ist. Ich hielt ihn bisher für den zweiten König dieses Namens. Herr Mariette hat aber Inschriften des Serapeums gefunden, die es nach ihm aulser Zweifel setzen, dals er zwischen Nepherites und den Nektanebus der Monumente, also in die Stelle des ersten Nektanebus der Listen zu setzen ist. über eine hie 2 glyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 75 bekannter Aussprache 4, die darauf folgende Gans wieder wie oben !; und die schliefsende Gruppe su 4. So erhalten wir die Theilsummen 5660 1; % und 7548 4 ! 4, welche zusammen die Totalsumme von 13209; ahe, wie angegeben, richtig ausmachen. Es wird dann in der nächsten, der fünften, Zeile das 19. Jahr eines Darius, des ersten oder zweiten, genannt, wobei die 9 wieder durch das neue Zeichen der Sichel ausgedrükt ist, und in der sechsten Zeile wird die Gesammtsumme von vier Grundstücken auf 759%, angegeben. Hiervon werden im Folgenden die einzelnen Mafse verzeichnet, welche überall durch die häufig wiederkehrende Gruppe {| |, xü, im Plural X ı 177 nau yiu, ausgedrückt werden; dem koptischen wyr, m, mensura, entspre- chend. Es ist dies, so viel mir bekannt, das erste Beispiel, nicht nur aus dem ägyptischen, sondern auch aus dem griechischen und römischen Alter- thume, wo nicht nur der Flächeninhalt von Grundstücken im Allgemeinen verzeichnet ist, sondern wo auch die den Flächeninhalt ergebenden ein- zelnen Längenmafse der Felder, also die agrarische Berechnung selbst an- gegeben wird. Diese einzelnen Mafse werden nun in folgender Weise verzeichnet. „Die erste (Parzelle) von Süden, grenzend an die Aövon Hermonthis, 22: zu 23, 4 2u4 macht 90 die nördl. angrenzende 22 „ 21, 4 „ 4 211086 r 5 Hz 20 AL 2.2, N R iA yanAm 554 78 " ” a er 2 rn 4 65 ” ISA ir 4 270 a5 5 5 Fr een I SRRI Fe Sure 1 nur » » 16 „15, 4 „3% „ns er 5 Be ET Eee. BAT macht in Summa Äcker (abe) 651,4 Dazu nimm 107 5 Äcker als Geschenk vom Äten Jahre des Nextnebf (Nektanebus), macht (im Ganzen)". 790 RREREENN/ JO. wie oben (angegeben)”. Dieselbe Summe (für welche hier allerdings im Original, jedoch nur durch Versehen 659+ geschrieben ist) wurde näm- lich schon oben Z. 6 der Specifieirung vorausgeschickt. K2 76 Lersıvs: Wir lernen zunächst aus diesen sich immer gleichartig wiederholen- den Rechenexempeln wieder einige neue Zahlzeichen kennen. So ist in der zweiten Gleichung 80 durch das Zeichen SE ausgedrückt, welches sonst op gelesen wird und der darauf folgende Stern, (der von den Ägyptern im- mer mit 5 Strahlen gezeichnet wird) mufs nach derselben Rechnung 5 be- deuten. In der dritten Gleichung wird die Bedeutung von ST für 80 be- stätigt; in der vierten die oben angegebene Bedeutung der Sichel alsı9. In derselben erscheint wieder der Stern als 5, wie auch in der folgenden und vielen späteren. In der öten Gleichung begegnen wir wiederum einem neuen Zahlzeichen, das bisher noch unbekannt war; das Zeichen der Pane- gyrie II, sonst heb zu lesen, wird hier als 4 gebraucht. Das Zeichen kommt auch in unsern Inschriften nur in dieser Stelle vor, ist aber darum nicht weniger sicher in seiner Bedeutung. In der 7ten Gleichung erscheint der Kopf © als 7 und beweist hier gleich mehreren andern Stellen diesen schon oben angegebenen Werth. In derselben Formel wird die gleichfalls schon erwähnte Bedeutung des Quadrates O ‚als 60 bestätigt. In der Sten wird die Vogelkralle "S° für -, die Gans _ für & Miebibuchil und in der letzten erscheint nicht nur die Kralle wieder rerhän als 4, die Gruppe ge hesep als 4, und die Gruppe N»> su als {, wie ich che früher ange- geben habe, ha es erscheinen noch zwei neue Zeichen, nämlich der Wurfspiefs oder Pfeil ! als 1 oder dreimal wiederholt als 3, und die Gruppe ZZ, reme, für den Bruchtheil #,. Alle diese Zahlwerthe, welche in unseren Inschriften gröfstentheils sehr häufig wiederkehren, lassen eben deshalb begreiflicherweise keinen Zweifel an ihrer Bedeutung zu, obgleich sie bisher noch völlig unbekannt waren. Dafs sie sich zum Theil auch auf andern Denkmälern nachweisen lassen, wo sie jedoch vereinzelt sind, und daher schwerer zu erkennen waren, werde ich unten, wo ich den Gewinn für die Hieroglyphik zusam- menstelle, nachweisen. Es fragt sich nun zunächst wie die angegebenen Formeln selbst zu verstehen sind. Jede Formel besteht aus 4 Zahlen und einer fünften als Resultat. Zwischen der iten und ?ten, zwischen der 3ten und 4ten und zwischen der 4ten und öten steht das Zeichen des Mundes >, er. Wenn wir die 5 Zahlen a dc de nennen, so zeigt das Resultat, dafs die Formel folgende ist: über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 77 a-+b % c-+d 2 2 — oder a+bXc-+d 4 Dadurch ergiebt sich eine doppelte Bedeutung des eingeschobenen —> er. Zwischen den beiden ersten und zwischen den beiden folgenden Zahlen, entspricht es, wie es auch in andern hieroglyphischen Texten das Gewöhnli- che ist, der koptischen Präposition e, zu, und drückt im Allgemeinen, wie auch unser zu, ein Verhältnifs aus. Zwischen der 4ten und 5ten Zahl aber bedeutet es facit, was hieroglyphisch sonst durch —> iri bezeichnet zu wer- den pflegt. Auch im Koptischen sind beide Formen neben einander in derselben arithmetischen Bedeutung vorhanden, das vollere ıps und ep. Was in der Formel als Multiplikation und als Division durch 2 oder 4 er- scheint, ist hieroglyphisch gar nicht ausgedrückt. Es lassen sich nun verschiedene Vermuthungen aufstellen, wie die angegebene Formel sich auf Flächenmafse, (denn davon kann allein die Rede sein) anwenden läfst. Die Annahme einer Triangulation ist dadurch ausgeschlossen, dafs jedes Dreieck durch 3 Zahlen bestimmt werden kann, während hier immer 4 Zahlen gebraucht sind. Es mufs also von Vierecken die Rede sein. Man könnte dann an eine Berechnung nach Modien denken, wie wir nach Scheffeln Aussaat rechnen. (') Es war dies eine gewöhnliche Weise der Äckerangaben bei den Alten, und man nannte dies vodırucs, das Messen nach Modien. Der Modios enthielt zwei Schoinien. Wenn man sich da- her ein Quadrat oder Oblongum denkt, welches durch eine Parallele in zwei gleiche oder ungleiche Theile getheilt ist, und man nennt die beiden Theile der Grundlinie a und 5, die beiden ungetheilten Seiten c und d, so würde, wenn man die Seite des rxowiev bei der Rechnung als ‚„ Einheit zum Grunde legte, die Formel eh den Flächeninhalt an Schoinien ausdrücken, und da ,Scheinich 7 4 5 ’ ’ . 23 & gleich einem ucdios arogıucs ist, so würde alias KR A die Summe in solchen Scheffeln Aussaat angeben. Das Verfahren würde sich (') In einigen Theilen des nördlichen Deutschlands wird der Scheffel geradezu als ein Landmals gebraucht. 78 Lersıvs: gleich bleiben, wenn auch die eine der geschnittenen Seiten der andern nicht parallel liefe; dann würde jede der 4 constituirenden Zahlen von der andern verschieden sein können und die Formel doch richtig bleiben. Es würde in diesem Falle aber nicht einzusehen sein, warum überhaupt die beiden ersten Zahlen, da sie e eine einzige gerade Linie bezeichnen, getrennt und nicht gleich als Summe angegeben würden ; auch scheint es ab- % b gesehen davon unmöglich, sich in dieser Weise ein allge- meines praclisches System der Feldmessung zu denken. Das richtige Resultat in Modien würde sich auch ergeben, wenn wir Vierecke annehmen, deren Dia- sonalen senkrecht aufeinander stehen; die 4 Zahlen würden sich dann auf die 8 / ! ! B b d 4 Theile der Diagonalen beziehen können da = a ” gleich ist dem Flächeninhalte, und dessen Hälfte dem Wer- the in Modien gleich sein würde. Aber der Feldmesser x würde auch mit solchen Vierecken nichts anfangen kön- nen. Ueberhaupt würde man gegen die Annahme eines nodisucs geltend machen mülsen, dafs es sich hier nicht um eigent- liches Kornland allein handeln kann. Verständlicher werden sogleich die Mafsangaben, wenn wir die vier Zahlen auf die vier Seiten eines Vierecks, oder auf die aus den Winkeln desselben auf die gegenüberliegende Seite gefällten Perpendickel und deren Abstände beziehen. Das führt uns auf ein System von Abseissen und Ordinaten, wie es zu allen Zeiten und noch jetzt in der Feldmefskunst angewendet zu werden pflegt. Von den vier Zah- len bezeichnen dann die beiden ersten die parallel laufenden Ordinaten, die beiden folgenden das dazwischenliegende Stück der Abscisse und den von einem der beiden nicht angränzenden Winkel auf die gegenüberliegende Ordinate gezogenen Perpendickel. Einzelne kleinere Grundstücke pflegen in beiden Gliedern gleiche Zahlen zu haben, z. B. Inschr. I, Lin. 19: 13 zu 13, 8zu8= 104; I, 4: 5,4 zu 5, 4, 27 zu 7=1565,5 4; Ob 10:8 zu 8, 6zu6=48, II, 18: 104, zu 101, 20 zu 20—210; II, 6: 15,zu1‘, 4zu4=5,u.v.a. R Alle diese Formulare bezeichnen ohne Zweifel nur Parallelo- gramme, deren gegenüberliegende Seiten gleich sind, und de- ren Flächeninhalt folglich durch die Multiplikation der Hälften der Summen der gegenüberliegendenSeiten, oder was hier eben über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 79 so viel ist, durch die Multiplikation zweier angrenzender Seiten bestimmt wird. Von den übrigen Formeln sind die meisten so beschaffen, dafs wenig- stens zwei von den vierZahlen gleich sind, und dann fast immer die beiden letzten, z.B. I, 19: 25 zu 20,5 zu5 = 112}; ebendas.: 20 zu 10, 6 zu 6 =%; IL, BE, zu r Narz 7,; Az 2U rd, II, 7: ; zu {, 2zu2=$%/,u.a.m. Auch in diesen Fällen ist das Verständnifs leicht. Die beiden ersten ungleichen Zahlen bezeichnen die Abstände der Ördinaten, die so lange einander gleich sein müssen, als die Ördinaten paral- lel laufen; die eine der beiden letzten Zahlen ist dann die Abscisse, also eine Seite des Vierecks, die andere aber nicht mehr die gegenüberliegende Seite, wie im Parallelogram, sondern der Perpendickelvon einem nicht an der Abscisse liegenden Winkel auf die gegenüberliegende Or- dinate. Denn dann gibt wieder, wie unsere Formel verlangt, die 2 2° Hälfte der Summe der beiden Ordinaten multiplieirt mit der Hälfte 5 der Summe der beiden Abstände den Flächeninhalt. Zuweilen kommt es auch vor, dafs die Beinen ersten Zahlen gleich, die zweiten ungleich sind, z. B. I, 14: 48, zu 485, 5zu 4= 2175; III, 14: 5 zu 5, 10 zu8=45. Diese Flächen wären eibias wie die vorigen zu con- struiren, wenn wir annehmen wollten, dass hier umgekehrt, wie in allen übri- gen Fällen, die letzten Zahlen die Ordinaten, die ersten die Abstände seien. Dies anzunehmen hindert aber der Zusammenhang, in welchem diese Formeln einigemal vorkommen. Vielmehr ist es hier wahrscheinlicher, dafs die ersten beiden Zahlen wie immer die Ordinaten, aber nicht parallel und nur zufällig einander gleich sind, die beiden andern aber eine Aenderung in der Richtung der Abscifse anzeigen, die mit ihrer gegenüberliegenden Seite zufällig parallel läuft. Der Fall ist dann wesentlich derselbe, wie wenn alle vier Zahlen verschieden sind. Auch dieses kommt selten, doch einige mal vor, und dasRe- sultat wird auf dieselbe Weise gezogen, z.B. 1,3: 455 zu 335 4,17 zul5—= 632; II, 12: 195 4 zu 24, 6, ; zuß=154;+; I, 16: 48; zuö0, 6:25; zu 10 = 4134+4; II, 10: 95 zu 10}, 2455 zu 2255 = 236;. Hier ist die Erklärung schwierig, denn es giebt kein Mittel, den Flächeninhalt eines Vierecks durch eine Formel von 4 Linien, in der angegebenen Weise verbunden, auszu- drücken. Jedenfalls können in einem so bezeichneten Viereck keine paral- 80 Lersıvs: len Seiten vorkommen. Am nächsten würde sich der Inhalt durch 1 Seite und 3 Perpendickel ausdrücken lassen, und hier giebt es in der That auch einen bestimmten Fall, wo sich das gesuchte Resultat genau ergeben würde. Denken wir uns nämlich ein unregelmäfsiges Viereck, ad.cd, auf dessen Grundlinie ad aus den gegenüberliegenden Winkeln 5 und c Perpendickel bf und ce gefällt sind, und fällen wir ferner von 5 auf den Perpendickel c e, den dritten Perpendickel 5g, so wird, wenn die beiden ersten Perpendickel b fund ce gleiche Stücke von der Grundlinie a d abschneiden, so dafs af = ed ist, der Flächeninhalt sich unserer Formel gemäfs so ausdrücken lassen : ad -Hbg bf-H ce 2 =abcd oder, wenn die Grundliniead —=8, der erste Perpendickel5 f = 4, der zweite ce=5, der dritte dg = 4 ist, und aufserdem sowohl a f als ed = 2 ri „dr 2 2 =2% sind, so ergiebt die Formel für den Inhalt: Sobald aber die Abschnitte a fund ad ungleich werden, so pafst die Formel nicht mehr; ihr Resultat würde gröfser oder kleiner als der wirkliche Flächeninhalt sein. Völlig ungenau wäre natürlich die Berechnung, wenn unter den vier Zahlen einfach die vier Seiten verstanden werden sollten; der Inhalt würde dann immer zu grofs angegeben sein. Dennoch scheint es, dafs unwissende Agrimensoren das Problem zuweilen so aufgefafst haben. Wenigstens finde ich bei einem der Römischen Agrimensoren (deren Wissenschaft in ge- wissen Beziehungen über Kaiser Augustus zurück auf Aegypten zu weisen scheint) folgende Bestimmung ('), in einer Schrift De iugeribus metiundis: „Ager si fuerit inaequalis, ita ut habeat in latere uno perticas XL et in alio XXX et in alio XX et in alio VI, coniungo XL et XXX: fiunt LXX. divido in aequa: fit una pars XXXV. rursus iungo VI. cum XX.: fiunt XXVI. divido aequaliter: fiunt XIII. duco latus quod divi- (') Die Schriften der Röm. Feldmesser. hrg. v. Blume, Lachmann, Rudorff p. 355. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 81 si prius, id est XXXV, per XIII; fiunt perticae CCCCLV, quae faciunt iugerum unum, tabulas II, perticas XXIII.” Es ist schwer zu begreifen, wie solche Lehrsätze Autorität behalten, und immer wieder abgeschrieben werden konnten. In Bezug auf unsre Fälle nun scheint es mir, dafs man nicht mehr ein Viereck, sondern ein Fünfeck zu construiren hat, dessen Form sich aus sol- chen Beispielen näher nachweisen läfst, welche in Verbindung mit andern vorkommen. Aufser den erwähnten einzeln stehenden Fällen, in welchen vier un- gleiche Zahlen erscheinen, finden sich nämlich noch andere dergleichen in zusammenhängenden Reihen von Formeln, durch welche längere und sehr unregelmäfsig ausgedehnte Grundstücke bestimmt wurden. Hier zeigen sie immer eine Veränderung der Richtung der grofsen Abseissenlinie an, wie dies aus den einzelnen Constructionen hervorgeht. Es kommen in unsern Inschrif- ten hauptsächlich zwei solcher langgedehnter Grundstücke vor, die in klei- neren aneinandergrenzenden Parzellen gemessen werden. Das eine haben wir oben schon angeführt aus der ersten Inschrift, Lin. 7—9. Überblicken wir hier die auf einander folgenden Formeln, so fällt zu- nächst ins Auge, dafs durchgängig die zweite der vier Zahlen einer jeden Formel gleich ist der ersten Zahl der nächsten Formel, und dafs diese Zah- len im Ganzen regelmäfsig absteigen von 23 bis 15; nur sind die beiden ersten Zahlen der ersten Formel umgekehrt, und die der letzten Formel sind sich gleich. Das zweite Glied aller Formeln besteht aus zweimal 4, bis auf die vorletzten, wo es 4 zu 3, und die letzten, wo es 31, zu 24% & lau- tet. Was die erste Formel betrifft, so wird die umgekehrte Folge der bei- den ersten Zahlen wohl nur ein Irrthum der Aufzeichnung sein. Die glei- chen Zahlen lehren deutlich, dafs die erste Zahl oder Seite der nächsten Parzelle sich an die zweite Zahl oder Seite der vorhergehenden Parzelle an- schliefst. Dies giebt dann die ganze Reconstruktion des Grundstücks an die Hand. S. Tafel VI, No. I, A—D. Wir haben eine lange sich von Süden nach Norden erstreckende Grundlinie; auf dieser wird im südlichen Endpunkte ein Perpendickel er- richtet, 23 Einheiten hoch, als erste Ordinate. Dann werden, von 4 zu 4 Einheiten, Abscissen auf der Grundlinie abgeschnitten und von den Ab- schnittspunkten Ordinaten parallel mit den ersten gezogen; dann fallen ihre Philos.-histor. Kl. 1855. L 82 Lepsıvs: Endpunkte in eine gerade Linie, welche der Grundlinie gegenüber das Grund- stück begrenzt. Nur am nördlichen Ende neigen sich die Ordinaten an ihren Endpunkten ein wenig gegeneinander, weil ihr Abstand etwas geringer als 4 angegeben wird. Diese Wendung am schmalen Ende des Grundstückes hängt wahrscheinlich damit zusammen, dafs es von Osten und Norden durch einen Kanal begrenzt wurde, der sich in einen an der Westseite hinlaufen- den andern wahrscheinlich gröfseren Kanal ergofs, worauf wir noch bei der Erörterung der Angaben über die Nachbargrundstücke, welche sorgfältig hinter jeder Grundstücksberechnung, wie die yeiroves in den griechischen Papyrus, hinzugefügt sind, zurückkommen werden. Der andere Fall in der dritten Inschrift ist noch eigenthümlicher, weil es sich hier um ein schmales Uferland handelt, welches an einer Nilkrüm- mung lag. S. Tafel VI,No. V, E. Hier lautet die ganze Reihe der zusammen- hängenden Formeln folgendermafsen. „Mafse. Die erste (Parzelle) von Süden 0zu5, 17 zu 17= 42, dienördlich angrenzende5 „8, 19 „ 19= 123}, % n; N h „ 5,910, 8= 4 Eineandered „J, 4, 4= % 13 a = 8,„6, 10 „ 10= 70 2 6,7,10 ,10= 6 ss 7 „ 61,10 „ 10= 67%, (47%) a 6%,,785,100, 473% (Dann folgt eine besonders motivirte kleine Zwischengleichung von:) ER ” = I (Dann wird der Zusammenhang wieder auf- Eine andere: 5 zu 2, 5zu5 = 185} ” 2% ” 5 (od are macht 8151, 44 Den ersten Anfang bildet die Gruppe Tasien; welche sonst die Ne- gation non, zu bezeichnen pflegt, hier aber in der arithmetischen Bedeutung Null zum erstenmale erscheint. Die Gruppe kehrt in unsern Inschriften über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u. s. w. 83 öfters wieder, und ist daher aufser Zweifel. Geometrisch bedeutet sie hier offenbar, dafs die erste Ordinate = 0 ist, das heifst, dafs das Grundstück mit einem Dreieck anfängt, dessen Dimensionen aber nach der Formel der Vierecke bestimmt werden. (') Die Reihe 0 zu 5, 17 zu 17 = 424, bezeich- net also ein Dreieck, in welchem die Grundlinie, die nach Norden laufende Absecissenlinie, gleich 17, die im rechten Winkel anstofsende Seite, oder Or- dinate gleich 5 ist. In der folgenden Formel ist die Abscisse = 19, die neue ÖOrdinate=8; in der nächsten die Abscisse = 15, die hinzutretende Ordinate =5. Dann folgt aber die Gleichung 5 zu 5, 10 zu8S=45. Aus dem ersten Gliede geht hervor, dafs die Abscissenlinie und die gegenüberliegende Abstandslinie parallel laufen. Wenn man dann die erstere zu 10, die letz- tere zu 8 annimmt, so erhält man den richtigen Flächeninhalt. Die nächste Formel lautet aber: 5 zu 9, 4zu4= 20; das heifst die Grenzlinie zwischen beiden Parzellen war = 5. Nun ist aber nach der angegebenen Construktion wohl der Perpendickel von der rechts oberen Ecke auf die Grundlinie = 5, aber die Seitenlinie eben deshalb gröfser als 6. Ich glaube daher, dafs wir, von dem strengen Resultate der Rechnung abweichend, und nach der Ana- logie andrer Fälle, die dies bestätigen, die Construktion so machen müssen, dafs wir die Grundlinie 10 abtheilen in 8, (gleich der gegenüberliegenden Seite) und in 2, diese 2 aber zu einer neuen Grundlinie eines gleichschenk- lichen Dreiecks machen, dessen Schenkel = 5 ist, wie der Perpendickel vom obern Endpunkte der letzten Ordinate auf die Grundlinie. Dadurch geht eine Kleinigkeit von dem als Resultat angegebenen Flächeninhalt verlo- ren. Diesem Mangel wird aber die freie Abschätzung abgeholfen haben. Diese Annahme wird durch die gegebene Grenzlinie zwischen beiden Parzel- len nothwendig. Es folgt die Parzelle 5 zu 5, 4zu4= 20, d.h. ein Parallelogram, dessen Grundlinie — 4, die Höhe =5 ist. Die Richtung der Grundlinie hat sich nun aber geändert; sie mufs rechtwinklich auf dem äufseren Schen- kel des genannten gleichschenklichen Dreiecks stehen. Mit der nächsten Parzelle ändert sie sich noch einmal. Die Formel lautet: 5 zu 8, 20 zu 15 = 1134,%. Nach dem Gesagten kann dies nur so zu verstehen sein. Die Grundlinie der vorhergehenden Parzelle setzt sich fort bis zu 15; in dem (') Der erste Punkt, von dem der Geometer ausgeht heilst sz0r.Aos, welches als +2 2.0 avorsevov arısetov erklärt wird. L2 84 Lepsıvs: hier erreichten Endpunkte wird ein Perpendickel errichtet, der also parallel mit der anstofsenden Seite der vorigen Parzelle läuft. Dieser Perpendickel wird, nach Anleitung der Formel, auf 8 bestimmt. An diesen wird dann ein gleichschenkliches Dreieck gelegt, dessen Grundfläche = 5 ist, so dafs der Abstand des Perpendickels als Ordinate von der angrenzenden Ordinate der vorigen Parzelle, welcher gleich der Abseisse 15 ist plus der Grund- linie des gleichschenklichen Dreiecks, = % ist. Die so erhaltene Figur entspricht dann, bis auf einen geringen Unterschied dem angegebenen Werthe. Dann setzt sich die neue Abseissenlinie, um den Winkel an der Spitze des gleichschenklichen Dreiecks von der früheren Richtung abweichend, im rechten Winkel an die der vorigen Parzelle gemeinschaftliche Seite des Dreiecks an, und läuft 4 Parzellen hindurch, die durch verschiedene Ordi- naten abgetheilt werden, in gerader Richtung fort. Hierauf folgt ein sehr kleines Stückchen Land, welches 0 zu 2, 3 zu 3 = 3 bezeichnet wird, und also ein Dreieck bildet. Was zur Erläuterung hinzugesetzt wird, ist mir nicht genau verständlich. Es scheint, dals es eine östlich in den Flufs vorspringende Ecke war, die sich nicht bequem in die grofseren Parzellen aufnehmen liefs. Hierauf wird aber die frühere Richtung der Abscissenlinie wieder auf- genommen, wie die beginnende Zahl 5}; zeigt, die in der vorletzten Formel die zweite gewesen war. Die neue Abscisse beträgt 10, die gegenüberlie- gende Seite 11, d.h. es wird wieder ein gleichschenkliches Dreieck hinzuge- fügt, dessen Grundlinie gleich dem Unterschied von 10 zu 11, also 1 ist. Dies verändert die Richtung der Grundlinie zum zweitenmale. Die nächste 14 Parzelle 5 zu 24, 5zu5= 18%‘, ist einfach zu construiren und schliefst sich in gleicher Richtung an. Die letzte Parzelle 2, zu 4, 6zu5—= 7! 4 hat wieder einen Überschufs von 4 von der der Abscisse gegenüberliegenden Seite gegen die Abseisse. Die Construktion zeigt, dafs das Grundstück da- durch fast wieder in ein Dreieck endigte, wie es damit angefangen hatte. Es kann ungewifs scheinen, ob bei den Wendungen des Terrains, die gröfsere Zahl des zweiten Gliedes, die immer der kleineren vorangeht, die Abscissenlinie bezeichnet oder die gegenüberliegende Seite. Da die Zahlen- angaben nicht darauf berechnet sein konnten, eine genaue Reconstruction der Grundstücke, wie wir sie hier versucht haben, zu ermöglichen, sondern über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 85 ihre Verifieirung die allgemeine Kenntnifs des Terrains voraussetzte, so wür- den dergleichen Undeutlichkeiten nicht in Verwunderung setzen dürfen. Man könnte auch fragen, warum wir die Ordinaten nicht auf der andern Seite der Abseissenlinie angelegt haben. Für beides liegt aber ein bestimm- ter Grund vor. Es wird ausdrücklich angegeben, dafs die Parzellen von Süden nach Norden fortschreiten. Es wird auch im folgenden hinzugefügt, dafs das Grundstück im Süden, Norden und Osten, vom grofsen Flusse, d.i. vom Nile, begrenzt wird. Diese Lage bedingte gerade die vielen Ordinaten und die verschiedenartigen Bestimmungen kleiner Parzellen. Es ist daher einleuchtend, dafs die langen in einer Richtung fortlaufenden Abseissenli- nien links oder westlich, d.i. landeinwärts, liegen mufsten, und die sehr unregelmäfsigen gegenüberliegenden Seiten, die den Krümmungen des Nil- ufers folgen, rechts und östlich zu legen waren. Dasselbe war auch für die Lage der eingeschobenen Dreiecke ent- scheidend. Diese mufsten ihre Grundlinie dem Flusse zukehren, da sich im andern Falle landeinwärts sehr unregelmäfsige Grenzlinien bilden würden, was gegen alle Wahrscheinlichkeit wäre, da man diese Unbequemlichkeit so leicht vermeiden konnte. Wir lassen nun eine Übersicht der sämmtlichen Äckerangaben im Einzelnen folgen, um die Zahlen sicher zu stellen und die Unrichtigkeiten, die dem alten Berechner oder dem ausführenden Steinmetz untergelaufen sind, zu bezeichnen. Inschrift No. I. (Tafel 1.) Es werden hier hinter der oben angeführten Gesammtzahl 132091, zehn Grundstücke verzeichnet. Die vier ersten lagen zusammen und wur- den daher gemeinschaftlich vermessen. Grundstück A—D. Die Summe 759, wird vorausgeschickt; dann die einzelnen Zahlen: DEBITEL. TEN 2)2+21 4+4....=8 ZEFW I DAL... BR IN AR te AIEFHIS ARENA 13+17) 4+4....=70 36 Lersıvs: 17+16 A+4....=656 16+15 4 + 35....=58% 15+15 Str Wi dh. = ATi In Summa 6511,1, & 107, & macht 659%, (lies 759) Hier ist, wie schon früher bemerkt, das erste Glied der ersten Gleichung 92423 umzudrehen zu 23-+22, wie dies aus der Construktion (Taf. VI, No. A—D.) sich BRäIchE Die letzte Gleichung stimmt nicht genau; das Resultat würde sein 17% £ 4. Nehmen wir aber an, dafs die letzte der vier Zahlen BR 2,54 we d; gemessen war, so würde das Resultat gewesen sein 474444; Mit Absicht aber liefs man ohne Zweifel in den Registern alles weg, was unter 4, war. Daher erklärt sich die jetzige Rechnung. Die Summe ist dann ehe 6514,44. Dazu kommen 107% /,. Dies ergiebt die neue Summe 759%. Das Original hat dagegen 659, und dieselbe Zahl kehrt unten bei der Rekapitulation lin. 23 als 650%, wieder. Beide Zahlen sind aber nur verschrieben, wie die vorausgeschickte Summe und am Schlusse die Gesammtsumme ergiebt; es ist also 759", gegen das Original zu ver- bessern. Die eingeklammerten Zahlen in der 2ten und 6ten Gleichung sind im Original nicht vollständig erhalten, müssen aber, so wie geschehen, er- gänzt werden. ee folgen 3 Grundstücke E. F. G., deren Gesammtbetrag auf 1(1)51% 4 5 angegeben wird. Das Zeichen für 400 ist zu ergänzen. Das Grundstück E wird so berechnet: 451, +3341 17+5=632 ... . (632) 481 4481, 5+4= 17% Dazu: dd 481 632 macht 2181141.. (218 macht 850 5; Hier sind die beiden Gleichungen richtig. Die erste Summirung ae nicht. Um diese richtig zu machen müfste man 11,1, 4 5 zu 217 addiren. Dieser doppelte Fehler ist aber: nicht wahrscheinlich. Ren Be ferner, dafs auch die zweite Summirung nicht genau ist. Um 850%; ;; zu bilden, müfste die über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 87 zu 632 hinzukommende 2181, 14, sein. Diese würde sich ergeben, wenn 21632 wir 217 mit 11,114 addiren. Jedenfalls ist also wohl in der Angabe 2181, % +4, das !; und !; aus der unmittelbar vorhergehenden Position unrich- tig herüber genambae worden, und ist herauszuwerfen. Wenn wir dann auch die 1 ergänzen, so würde die Rechnung nun diese sein: . 632 7, re MBH. Rh s50, 44 Dann wird die gemeinschaftliche Summe der beiden nächsten Grundstücke F. und G. angegeben auf 300. Nämlich Grundstück F. auf 200 235420 5+5 = 112, 2 +10 6+6= 9% und Grundstück @. auf 100 1313 5+3=104 —-4 = 100 (300) wie oben. Hierauf folgt noch eine ee: der drei Grundstücke E. F.@G., und zwar wird diese auf 1(150)!, 4 angegeben. Diese Summe würde für Grund- stück E voraussetzen 8504 4,, also ; weniger, als wir oben gefunden; sie stimmt auch nicht mit der früher Lin. 13 auf 1151 5; angegebenen Summe, noch endlich mit der in der Rekapitulation Lin. 23 wiederholten, welche 1150 +4 lautet. Es ist nun die Zahl 1150 jedenfalls vorzuziehen, da diese zweimal wiederholt wird und ein drittesmal durch die Summe 850 bestätigt wird. Dagegen werden die Brüche, wie wir sie oben wiederherge- stellt, durch die Summe 11514 +4 bestätigt, so wie durch die Schlufssum- a welche 1100 #4 verlangt. Es ist also in der obigen Summe 1150%, 4, der Bruch ‚{, und in der zuletzt wiederkehrenden ee 1150.44 der Bruch *, unrichtig ausgelassen worden, und die Rechnung mufste voll- ständig lauten: 88 Lersıvs: Grundstück E. 8505 5 sis vehuinge ee) 115054 4 Grundstück H. wird ohne nähere Berechnung auf 120 angegeben; und ebenso weiter hin Lin. 23. Grundstück 1. betrug 92 41; ebenso unten Lin. 24. Grundstück Ä. betrug 120, wie unten wiederholt ist Lin. 24. Daran schliefst sich endlich die Gesammtübersicht der 10 Grundstücke, welche so verzeichnet ist: Grundstück 4—D. 650 lies 759 a E—G. 1150; „, lies 11505 ; 5 > H. 120 s L 9: 45 220 In Summa 2242: ;;; nämlich Am 212; Ki 2029: 5 (AN rs: Hier ist in der ersten Summe der schon oben berichtigte Fehler von Lin. 9, wo 6 statt 7 steht, wiederholt, und ein zweiter dadurch hinzugekommen, dafs die 9 weggelassen ist. Dafs im zweiten Posten 5 zuzufügen, ist gleich- falls nachgewiesen. Nach diesen Berichtigungen stimmt die Rechnung. Inschrift No. IH. (Tafel 3.) Es werden 8 Grundstücke verzeichnet, wie am Schlusse ausdrücklich angegeben ist. Grundstück A. 100. 181: 21820) Bi +55 98 n\- e\- e a: 100 Die Rechnung verlangt, dafs im ersten Gliede $ zugesetzt werde, wodurch die beiden ersten Zahlen gleich werden, so dafs die Fläche ein rechtwinkliches Parallelogram darstellt. Dann würde zwar die Summe um , gröfser sein müs- sen; dafs dies aber weggelassen wird, istin der Ordnung. Dazu wird ; und $ über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 89 hinzuaddirt, welche zusammen 1+ machen. Statt dessen steht nur } im Texte, die 1 mufs daher ergänzt werden. Dann stimmt die Summe 100. Grundstück B. 256: }; „; ri 7 NT == 156 521 1 VEIT AYFAS EUREN: — 100 256; () 3: Das Resultat der ersten Gleichung hat /, gegen die Rechnung zu viel. Die- ser Fehler ist aber in die späteren Rechnungen mit aufgenommen. In der zweiten Gleichung, in welcher die dritte Zahl 18 zu ergänzen ist, würde das Resultat sein 105;:; die fernere Rechnung zeigt aber, dafs die Summe 104: stehen bleiben mufs. Dieses wird erreicht, wenn wir dem ersten Gliede + zurechnen. Da nun die erste Zahl der zweiten Gleichung der zweiten Zahl der ersten gleich wird, und hierauf der Anschlufs der zweiten an die erste Parzelle beruht, die hier sehr wahrscheinlich ist, so mufs ohne Zweifel in jeder der beiden ersten Zahlen /, für ; geschrieben werden, wo- durch die Gleichung richtig wird. Endlich ei in der letzten Summe 256} -, ein vergessenes /, einzuschieben. Dies zeigt die Rechnung, ferner die vor- ausgenannte Summe, endlich dieselbe Zahl, die unter den ner geu des nächsten Grundstückes Lin. 8 wieder erscheint. re NT 1 Br 151510 4 — 400 I „ib, 8163 Grundstück €. 100. Grundstück D. 204; &,+ 8%; 8+5 = 85;-+(8) (8)+(8)= 67 8 +83 6 +6 =(4)8 8 + 3(clisd5) 3 +3 = 1% 204; Den Fehler in der letzten Gleichung ergiebt die Rechnung. Die eingeklam- merten Zahlen sind nothwendige Ergänzungen. Philos.-histor. Kl. 1855. M 90 Lepsıvs: Grundstück ne 261 (lies 260) BEE I uk 22E Amk EEE - = 105) 1944 + 24 ae a = 155 260 Die erste der beiden Gleichungen ist unvollständig erhalten, die zweite, in welcher die eingeklammerte 8 eine nothwendige Ergänzung ist, mufs einen Fehler enthalten, und die Endzahl stimmt nicht mit der Anfangszahl. Die erste Gleichung könnte man so wiederherzustellen versuchen. Da die Brüche der dritten und vierten Zahl, so weit sie erhalten sind, gleich sind, so ist die dritte wohl nach der vierten zu 65:5 ,, zu ergänzen, und wenn, wie es sehr wahrscheinlich ist, beide Parzellen an einanderlagen, so mufste die zweite Zahl der ersten Gleichung gleich sein der ersten der zwei- ten Gleichung. Wir erhalten daher folgenlie Glieder für die erste Gleichung aA ae a 4 ri: rar re = 105 Hieraus läfst sich auch & bestimmen. Dieses würde sein 107: - ,„;; denn 1 1 dann würde das Resultat = 105; - 5 — x»; Sein, und da die Brüche 1 unter „; wegfallen — 105; /;, wie verlangt wird. Dieser Ergänzung steht aber entgegen, dafs die Reihe (rd irrt 10 für den im Original zerstörten Raum zu grofs sein würde. Esmufs daher eine der obigen Voraussetzungen nicht eingetroffen sein, und dann schwindet die Möglichkeit der Wiederherstellung. Aber auch die zweite Gleichung enthält einen schwer zu bestimmenden Fehler, wenn wir das in die fernere Rechnung aufgenommene Resultat für richtig halten. So wie die Zahlen jetzt lauten, würde das Resultat sein: 15955 4 «7 #3: s»ı3 ro, , also mit Vernachlässigung der letzten vier Brüche, 1-; zu klein. Eine einfache Abhülfe scheint hier nicht möglich; sie mufs im ersten Gliede liegen; wenn wir diesem ; „, zufügen, so erhalten wir die gesuchte Summe und noch 5, zu viel. Hinter der Summe 1545 ist eine Gruppe weggebrochen;, mufste aber ; enthalten, da dies hinzugethan die Summe 155 ergiebt. Diese zu der Summe der vorhergehenden Parzelle, welche sich aus 1055 7, — +, auf 105 stellt, obgleich dies nicht besonders angegeben ist, macht dann die Totalsumme 260 aus. Hiernach ist daher die im Anfange genannte Summe 261 zu verbessern. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu usw 9 Grundstück F. 165. SET DEI =1H. Grundstück @. 41337 5 48:50 63::+10 = 431 L EN) 2 In der Summe sind nicht nur die kleinsten Brüche, sondern es ist auch +; weggelassen, und erscheint auch nicht in der Endrechnung. Grundstück H. 202; 10:+105 20 +20 = 210 — 7:3 = 202; Zum Schlusse wird nun diesen acht Grundstücken die Totalsumme 1(802)2 4 ; 5 zugeschrieben. Die Angabe der einzelnen Grundstücke ist folgende: Grundstück A. 100 en B. 256; z; 100 204% 260 165 4135 4 . 302; 18015 4 45 55 2 416 32 a\- nDoSnBUo ”» Die am Schlusse der Inschrift angegebene Summe ist sehr beschädigt. ee Deutlich ist nur der Anfang Jee d.i. 1700. In der beschädigten Stelle wird nun wohl noch ein e eesniden haben; dann folgen Spuren, die man n lesen könnte; es möchte aber ıı gewesen sein; die nächsten Zeichen wür- den dann nur 1> gewesen sein können. Die Restauration bleibt unsicher; die Einzelsummen scheinen aber um so sicherer zu stehen, daher wir uns an ihre Summirung halten. Die Zahl 13502 würde sich dadurch erklären, dafs man bei der Zusammenzählung das Grundstück E zu 261 statt zu 260 rech- nete. Die Abtheilung der Grundstücke ist klar und eine Bestätigung der- selben liegt auch darin, dafs die Brüche der Endsumme mit unsern Einzel- summen stimmen. M2 99 Lersıvs: Inschrift No. V. (Tafel 5.) Es werden in dieser Inschrift 6 Grundstücke verzeichnet, wie dies am Schlusse ausdrücklich gesagt ist. Grundstück A. 1395 4 (lies 13954 248 Die Berechnung ist abgebrochen bis auf das Ende der Schlufssumme, welches lautet... 44. Diese war also um £ gröfser als die vorher angege- bene Summe. Dafs wir in der That den Wegfall des ; für einen Irrthum halten müssen, ergiebt die letzte Summirung aller sechs Grundstücke. Es werden hierauf 3 Grundstücke (B. C. D.) zusammengefafst in der Summe 4(7)7:; wobei die 70 nicht vollständig erhalten ist; die einzelne Summirung ergiebt wieder + weniger, nämlich 4777, wie auch in der letzten Summirung berechnet wird. GrundstückB. . ...... 5 = 50 Mehr ist nicht erhalten. Grundstück C. 1, +1, 4+4= 14,+ 5 6+r6=4 + 4 2+2= &5 Dann folgt eine Zusammenzählung des Grundstücks B. (50) mis demWGrundstück CHE ad er I 1 Be 621, In der zweiten der obigen Gleichungen ist in der zweiten Stelle , statt ‘, zu setzen, damit das Resultat stimme. Dieses Versehen hat ohne Zweifel das andere herbeigeführt, dafs in der dritten Gleichung die beiden ersten Zahlen umgesetzt sind. Denn da die 4 Parzellen offenbar an einanderstiefsen, so mufs nun der zweiten Zahl der zweiten Gleichung die erste Zahl der drit- ten also !; entsprechen. Dadurch kommt in der dritten Gleichung % in die zweite Stelle, und entspricht nun richtig dem %, in der ersten Stelle der vier- ten Gleichung. Wir müssen demnach im Ganzen schreiben über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 93 A EN ur 242= &i 2 Grundstück D. 9%, +10, 241, + My = 2361, 10%, 410% 17+17 — 1783, 4141, Grundstück E. 75044, (ee Es ee 421 (5) +8 19-19 =1(2)3 (&) 8)+5 15+15= 97%, 6)+5 1+8= ee Er 1) 5 +5 2+15 = 1135! Ss +(6) 10+10 = 70 6+7 10+10= 6 7 +65,10+10 = 67%, 64 + 81 10 +10 = ‚] — 7(6)4 2.3 "U de, i 85+5 11+10 = 68511, (fehlt { in der Summe) (ies5)6 + 2, 5+65)= 1841, + 4 6+35= Ti (lies 2,+ 4) 815%, + 4, (fehlt 4) Über dieses Ufergrundstück ist schon oben gesprochen worden. Die ein- geklammerten Zahlen sind alle nothwendige Ergänzungen. In der 12ten Gleichung ergiebt die Rechnung !;, über die verzeichnete Summe. Dieses ı ist aber nicht weiter berechnet. In der folgenden Gleichung heifst die erste Zahl 6, mufs aber in 5 verbessert werden. In der letzten Gleichung sind ohne Zweifel die Brüche der beiden ersten Zahlen umzusetzen, da sich die letzte Parzelle an die vorhergehende anschliefsen mufste. Die Gesammt- summe endlich würde mit Berechnung des in der 12ten Gleichung ausge- 94 Lepsıvs: fallenen + genau 816, A Aber auch mit Übergehung des + müfste die Sure wenigstens 8155 4 ;; ;, betragen. Aus Irrthum ist hier eier wie- der $ ausgefallen, und nicht weiter in Rechnung gebracht. Die im Anfange genannte Summe betrug aber nur 750;;. Dieser Unterschied kam daher, dafs in der Vermessung zwei Parzellen von 50 und 15 mit aufgenommen sind, welche andern Göttern zugehörten. Es wird daher noch besonders bemerkt, dafs man die Summe von 7(50)+% „wie oben” (ER x) stand, erhält, wenn 50 und 15 von der ganzen Summe abgezogen werden. Genau genommen würde dies eine Gesammtsumme von 815; vor- aussetzen, während sie 815; ; ;; betrug; wahrscheinlich war dies aber nur eine Bequemlichkeit des Rechners, der hier 5 statt —,; setzte. Die be- zeichneten 65 lagen, wie es scheint, mitten in dem vermessenen Terrain und wurden deshalb nicht ausgeschieden. Wir finden in der Sten Gleichung eine Parcelle von 65 Einheiten, welche vielleicht diese ausgenommenen 65 sind. Grundstück F. 100:7 12+83 105+105 = 105 —4(5) = (100); % Die eingeklammerten Ergänzungen ergeben sich von selbst. Schliefslich werden die 6 Grundstücke zusammengefafst in der Ge- sammtsumme von 1467++-;. Auch hier ist wieder ein kleiner Irthum, in- dem * dabei übergangen ist. Die Übersicht ist folgende: Grundstück A 139: 4: 248 - bB 5 = & 62; - D 414; - E FR am am [er = n\- — m ei | a\- o\- all \ a 3 mn {=} I Addiren wir endlich die Endsummen der drei Inschriften, so erhalten wir die Summe 5512; über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u. s. w. 95 Im Anfange der ersten Inschrift aber war der Gesamtbesitz des Horus von Edfu auf 13209}; angegeben. Es fehlt daher der nähere Nachweis der grö- fseren Hälfte, nämlich von 7696; + /;. Unsere drei Inschriften enthalten aber auch nur das Verzeichnifs der in den drei nördlich angrenzenden Nomen gelegenen Äcker. Der übrige Theil lag aller Wahrscheinlichkeit nach theils in der Nähe von Edfu selbst, theils vielleicht in den südlich angrenzenden Nomen. Die nächste Frage ist nun, was liegt allen diesen Berechnungen für eine Einheit zum Grunde. Der bieroglyphische Text nennt die gemessenen Flächen ni ahe, und zählt zum Beispiel am Ende der ersten Inschrift 224272 5; ahe, am Ende der dritten 1467$: ; ahe. Man könnte also vermuthen, dafg hierdurch ein bestimmtes Gröfsenmafs ausgedrückt sein sollte, welches als Einheit betrachtet wurde, um so mehr, da ahe fast immer im Plural steht, aku oder nau-ahu. Es läfst sich aber nachweisen, dafs ahe hieroglyphisch nur ein allgemeiner Ausdruck für Acker oder Feld ist. Wenn von den ahu, den Äckern des Königs, im Gegensatz zu den Tempel- gütern der Götter die Rede ist, so würde man diese Bezeichnung schwerlich von einem bestimmten Mafse hergenommen haben. Auch findet sich gerade in der ersten Stelle (I, 3), in welcher der Ausdruck gebraucht ist, der Sin- gular, also „Feld 13209 ;”. Darauf weist auch der Gebrauch hin, ae mit dem Genitiv zu verbinden z. B. II, 8: „die Acker (na ahu) des Königs von (en) 913", ganz so wie auch gesagt wird z. B. II, 10 „die Tempel- güter (1) des {numu von (en) 3147’. Im Koptischen bezeichnet soge auch ganz allgemein ager, campus und der hieroglyphische Plural hat bei allen Kollektivbegriffen nichts Auffallendes, sondern ist das Gewöhnliche. Sollte aber auch ahe aufser der allgemeinen Bedeutung die besondere eines bestimmten Feldmafses gehabt haben, wie auch bei uns „Acker” zugleich als bestimmtes Feldmafs gebraucht wird, so würden wir doch dadurch hier nicht weiter belehrt werden, da sich im Koptischen diese besondere Bedeutung nicht erhalten hat. Wir finden noch eine zweite Mafsbezeichnung in unsern Inschriften, nämlich du (97 oder IN LF, nau yiu. Es pflegt dieses Wort immer vor der Angabe der Flächenberechnungen zu stehen. Es ist aber noch weni- ger Grund vorhanden in dieser Bezeichnung, welche ohne Zweifel dem kop- tischen ıyı, mensura, entspricht, mehr als die allgemeine Bedeutung „Mafse” 96 Lersıvs: zu sehen; es wird auch nie mit den Summen des Flächeninhaltes verbunden. Wir werden also als das Wahrscheinlichste annehmen müssen, dafs die eigent- liche Bezeichnung der zum Grunde liegenden Einheit gar nicht ausgedrückt ist, sondern als bekannt vorausgesetzt wurde. Es fragt sich, ob wir diese Mafseinheit auf anderm Wege finden können. Das kleinste Mafs, welches überhaupt bei Landvermessungen in Be- tracht kommen kann, ist der Fufs, rovs, der in Ägypten etwas kleiner als unser Fufs war. Es ist mir nur ein Beispiel bekannt, wo er wirklich als Unterabtheilung eines Landmafses erscheint. In den Herakleensischen Tafeln werden die Ländereien des Dionysos, nach rxivo: gemessen, davon jeder 30 ögeyuara enthielt; das ögeyu« enthielt 4 vodes, also der ayeivos 120 mödes. Dieses Mafssystem ist anderweitig ganz unbekannt. O4Müller (Etrusker II, 158) nahm die Angaben als Flächenmafse, so dafs der oxcivos gleich 120 "TIFufs gewesen wäre. Ebenso scheinen es stillschweigend auch Aufrecht und Kirchhoff (Umbrische Sprachdenkmäler II, 87) zu nehmen. Da weder 30 noch 120 eine quadratische Zahl ist, so müfste man den ryoivos etwa so weis off construiren, dafs er an einer Seite 5 an der andern H v OgE YA " bögeyuere gehabt habe. Dieser Annahme stehen aber erhebliche Bedenken entgegen. Die Gesammt- [> T summe der Äcker von 3284 r,vo: würde den sehr geringen Flächenraum von wenig über 14 Pr. Mor- FYOWOS 12 s gen betragen. Der rxeivos ferner kann seiner ur- ö sprünglichen Bedeutung (Strick, Mafsstrick) nach nur ein Längenmals anzei- gen. Dafs dann dieselbe Bezeichnung auch für das entsprechende Quadrat- mafs dient, ist natürlich; dafs sie aber auf einen ungleichseitigen Flächen- raum übertragen sein sollte, wodurch (wie bei unserm Morgen) jede Längen- bezeichnung zugleich aufgehoben würde, ist höchst unwahrscheinlich. Auch würde man weder für eine Seitenmessung von 140 noch von 12 Fufs einen Mafsstrick, sondern nur einen Mafsstab angewendet haben. Endlich ist im Alterthum nirgends weiter eine so kleine Feldmafsgröfse, wie 1 TIFufs nach- weisbar, nicht einmal bei Bauplätzen. Franz (Corp. Inser. III, p. 706) scheint die Annahme von O. Müller nicht gekannt zu haben, und nimmt ohne sich näher darüber zu erklären, die oxolvor, öpeyuara und rodes zunächst als Längenmaafse. Nach ihm war das ögeyua 4 Fufs lang, welche gleich den 5 Füfsen des Römischen passus über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 97 gewesen seien. Den ryeivos nimmt er als Längenmafs zu 120’, als Flächen- mafs zu 120x120 — 14400 DFufs d. i. 1 Röm. aczus, an. Das Gesammt- terrain ist daher c. 1716 Pr. Morgen, 122mal gröfser, als es nach der An- nahme von O. Müller sein würde. Wie er sich die ögeyuara und redes als Flächenmafs denkt, giebt er nicht an. Es ist aber einleuchtend, dafs es nicht möglich ist, alle drei Mafse zugleich als Längenmafse und als deren Quadrate in der Fläche anzusehen, da in der Fläche das Quadrat von 1 Fufs nicht mehr der vierte Theil von einem Oregma im Quadrat ist, sondern dessen 16ter Theil, und das Quadrat-Oregma nicht der 30ste sondern der 900ste Theil des Quadratschoinos ist. Die Annahme vom Quadrat-Schoinos bei Franz ist daher nur dann möglich, wenn wir annehmen, dafs 1 Oregma als Flächen- mafs gleichgesetzt ästzeiner Fläche, welche 1 Oregma von 4 Fufs an einer und einen Schoinos Bi 120 Fufs an der andern Seite hat, also gleich 4 x 120 d.i. 480 O’Fufs. Ebenso mufs 1 rovs als Fläche gleich sein einem Paral- logram, dessen eine Seite 1, die andere 120 Fufs hat, also gleich 120 DFufs ’ 120° an ist. Die Vergleichung a. der Längen- und } b. der Flächenmafse wäre dann so zu über- 3 E sehen: 12 a. b. 3 y,olvos eoeyua mols yelvos epeyua mous 1 30 120 1 900 14400 - 1 4 1 16 120 1 sycivos Ob das die Meinung von Franz war, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls ist es willkührlich, dafs hierbei die beiden kleinen Mafse auf den Schoinos als Einheit zurückgeführt sind; es müfste denn Ge- wicht darauf gelegt werden, dafs, die Gleichheit des Fufses vorausgesetzt, 1 oxeivos von 14400 TIFufs gerade gleich einem Römischen actus gewesen wäre. Offenbar mufs aber irgend eine Einheit in gleicher Weise wie hier der oxeivos zum Grunde gelegt werden, wenn sich die Auslegung von O. Müller nicht halten läfst. In den unten genauer anzuführenden auf Heron von Alexandrien zurückgeführten Schriften wird ein rous yeixcs erwähnt (s. Letronne, Recherches sur les fragmens d’Heron d’ Alex. p. 67), welcher eine Unterabtheilung der «zawa und des isvyegov war und 1 Fufs breit, eine azawe oder 10 Fufs tief war, also 10 T’Fufs als Fläche hielt. Nehmen wir auch in Heraklea als gemeinschaftliche Tiefe der drei Mafse die axzawe an, Philos. - histor. Kl. 1855. N 98 Lersıvs: so beträgt der Gesammtflächenraum der Dionysischen Felder c. 131 Morgen, also etwa 10mal mehr, als O. Müller, 13mal weniger als Franz annahm. Jedenfalls geht aus dem Gesagten hervor, dafs die kleinste Abtheilung auch des Herakleischen Ackermafses nicht 1 TJFufs sondern irgend ein Mul- tiplikat desselben war. Das nächst höhere Mafs ist die Elle, r7xus. An diese zu denken, könnte um so näher liegen, weil sie in der That nicht nur von Herodot II, 168 als Theil des ägyptischen Landmafses der @ecupa, welche 100 TIygIs am jeder Seite hatte, angeführt wird, sondern auch selbständig als ägyptisches Flächenmafs vorkommt. In verschiedenen griechischen Papyrus nämlich, in denen von Hausgrundflächen die Rede ist, wird das Mafs in Ellen ange- geben; z. B. in den von Peyron herausgegebenen Papyri graeci Taurinenses (Pars I. p. 34. P., p. 63 u. a.), so wie in den ee em, (Leemans, Pap. Lugd. p. 60. 69.) Bei den kleinen Zahlen, die hier öfters als beson- dere Parzellen vorkommen, wie 1!,, 2%, 31, Ellen, vermuthete Peyron mit Recht, dafs hier nicht an einfache Quadratellen zu denken sei; vielmehr seien diese Angaben auf die Arure, als Mafseinheit zu beziehen, so dafs 1 Elle, welche in einer Stelle (Peyron P.I, p. 34) den besonderen Namen zanxvs oinorsdixos führt, von oixorsdov, area domus, dem Flächenraum eines Paral- lelogramms entspreche, welches an einer Seite 1 Elle, an der andern aber eine Arure d. i. 100 Ellen, messe, an Inhalt also 100 TIEllen betrage. Diese P.I, p. 133 ff. begründete Ansicht, wurde ihm schlagend durch die ent- sprechenden Stellen der demotischen Papyrus bestätigt, in welchen er neben den einfachen auch die hundertfachen Zahlen ausdrücklich angegeben fand. (?) Wir haben hier also denselben Fall mit den Ellen, wie in den Hera- kleensischen Tafeln mit den Fufs. In unsern Inschriften kann aber weder von Quadratellen die Rede sein, welche viel zu klein wären, noch von #yxeıs oinomedinci, die eben nur als Mafs für Bauplätze angewendet worden zu sein scheinen weil den hieroglyphischen Berechnungsformeln offenbar ein Qua- dratmafs zum Grunde liegt. Als nächst höheres Mafs kommt nun die Orgyie, öpyv:«, in Betracht, welche 6 äg. Fufs lang ist, im Quadrat also 36 TIFufs enthält. Dafs mit C') S. Peyron, Pap. di Zoide, p. 37, 38 und die zugehörige Tabelle der demotischen Ausdrücke auf Tafel I. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 99 der Orgyie in Ägypten Land gemessen wurde, lehrt Herodot II, 6 ausdrück- lich: Taurus dv oi &fyzovra oygewar ein. "Oroı adv yap yenreval eirı dvSgwrwv, doyvincı HEuETgNRuTL av wen‘ To: de Aroov yenrsivar, radısırı- ci & moRNN Eyeumı, maparayyyrır ol dt abSovov Aw, ayolvorsı. Auvara d& ö ev magus ayyns Tomrovra oradıe 6 de ay,olvos Erarros, MErgov Euv Alyurrıov, E£ynovra radıc. Hier sind die beiden kleinsten Mafse die Orgyie und das Stadium. Die Orgyie hat 27110 (zwischen 6 und 7 Fufs) als Längenmafs, 42”452 als Flächenmafs. Daher ist auch diese Gröfse offenbar noch zu unbedeu- tend, als dals wir sie in unsern Inschriften als Einheit annehmen könnten. Der sämmtliche Tempelbesitz von 13,200 Orgyien würde ungefähr 21 Preu- fsische Morgen betragen. Damit hätten sich die Priester des stattlichen Tempels von Edfu nicht begnügen lassen. Der 32ste Theil einer Orgyie, der in unsern Formeln häufig in Rechnung kommt, würde etwa 24 Zoll lang gewesen sein, und dies würde eine so feine Vermessung bezeugen, wie wir sie nicht voraussetzen können. Das Stadium wieder, welches 211” an jeder Seite 4452102” als Fläche enthält, ist bei weitem zu grofs, um es als Einheit anzunehmen. Der Tem- pelbesitz würde dann gegen 224000 Morgen betragen haben. Unsre Einheit mufs also zwischen der Orgyie und dem als Längen- mafs 100 mal, als Flächenmafs 10000 mal gröfseren Stadium, liegen. Strabon p. 787 spricht von der Eintheilung Ägyptens und sagt: 9 d& Yuoa THv EV maweny Öuipenw eis vonous EIKE»... maAı Ö’ ol vouol Touas dAAas Eryov“ Eis yap TORapY,tas ol mAEITTOL dinanvro, zar abraı Ö’eis aAAaS Touas- EAayır- raı Ö’ ai ageugaı negides. Das ganze Land wäre in Nomen, Toparchieen, und in kleinstem Mafsstabe in Aruren eingetheilt gewesen. Es fragt sich ob wir bei unsern Vermessungen die Arure zum Grunde legen können. Die Arure hatte 52775 an jeder Seite, oder 27822" in der Fläche (!); war also gröfser als unser Morgen. Der Tempel hätte demnach über 15,000 Mor- gen Landes besessen, was noch immer einen bei weitem zu grofsen Besitz in dem engen und fruchtbaren Nilthale voraussetzen würde; denn das Ter- rain würde zusammen genommen, da wir die durchschnittliche Breite des (‘) Letronne, Rech. sur les fragm. d’Heron d’Alexandrie. Paris 1851. p. 264 tableau X. N2 100 Leesıus: Nilthals in jenen Gegenden höchstens auf eine halbe Meile schätzen dürfen, über eine Meile die ganze Breite des Thales zwischen Nil und Wüste einge- nommen haben. Wir lesen bei Herodot II, 168, dafs der einzelne Krieger (für sich und seine Familie) in früherer Zeit 12 Aruren Landes abgabenfrei erhielt. Der Tempel würde also soviel wie 1166 Personen (oder Familien) des Kriegerstandes besessen haben. Das scheint undenkbar, auch bei einer zahlreichen Priesterschaft, wenn wir die überaus grofse Zahl von Tempeln in ganz Ägypten bedenken. Auch wird von Strabon nur gesagt, dafs das Land in Aruren eingetheilt war, nicht dafs man danach die Äcker selbst ver- messen habe. Die Arure eignete sich auch deshalb nicht zur Vermessungs- einheit, weil sie ein vorwiegend decimales Mafs war, welches auf eine Thei- lung durch 10 oder 5 berechnet war und sich zu ar wiederhol- ter Theilung durch 2, wie dies unsre Brüche verlangen, nicht eignete. Nicht einmal die Zahl der Orgyien, die in der Arure enthalten sind, lassen sich durch 2 dividiren; denn die Arure ist als Längenmafs gleich 25 Orgyien und als Flächenmafs gleich 625 IQOrgyien; die 100 Ellen aber, welche in der Länge der Arure enthalten sind, lassen sich nur durch 2 und 4, nicht mehr durch 8 ee Die in unsern Rechnungen so häufig vorkommenden * wür- den:= 12 4=64; 4= 3% Ellen, und in Fufs % Arure= 375, %= 183; = nr liegende Einheit ieh die Arure gewesen sein kann. Wollte man aber vor- — 4! Fufs sein. Daraus geht klar hervor, dafs die zum En. aussetzen, dafs die Arure als Vermessungseinheit in besondere Unterabthei- lungen getheilt worden wäre, so würden wir nothwendig den Gebrauch eines Mafsstrickes von 100 Ellen Länge voraussetzen müssen, also von einer Länge, wie sie bei keinem andern Volke des Alterthums oder der neueren Zeit er- hört ist. Ferner würde der kleinste Theil, den man beachtete 4, = 5% Pr. Fufs oder als Flächenraum = 882 Pr. Quadratfufs, eine bei weitem zu grofse Ungenauigkeit zugelassen haben. Wir müssen uns also noch immer weiter nach einem Mafse umsehen, welches zwischen der Orgyie und der Arura liegt. Hierbei sind mehrere Stellen in den Auszügen, die sich von den Eirayuyaı rov yeuuergouuevuv, dem dritten Abschnitte der Mergız« des Heron von Alexandrien, in verschiedenen Kompilationen erhalten haben, von be- sonderer Wichtigkeit für uns, weil sie allein die vollständigen Listen der griechischen Längen- und Flächenmafse enthalten. Durch die gelehrten über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 101 Untersuchungen von Böckh (!), Letronne (?) und in neuester Zeit von Th. Henri Martin (?) ist die schwierige Frage über die Verfasser der sehr ver- schiedenartigen unter dem Namen des Heron erhaltenen mathematischen Schriften jetzt im Wesentlichen als gelöst zu betrachten. Martin nament- lich hat gegen die früheren Ansichten nachgewiesen, dafs aller Grund vor- "handen ist, den gröfsten Theil jener Schriften auf die Werke des alten Heron des Schülers des Ktesibios zurück zu führen, obgleich sie allmählich von den späteren Kompilatoren vielfach überarbeitet und interpolirt wurden. Heron lebte unter Ptolemaeus IX. Euergetes II. und nach Martin wahrscheinlich bis unter Ptolemaeus XIII. Neos Dionysos, am Ende des zweiten und An- fang des ersten Jahrhunderts vor Chr. In diese Zeit fiel auch die Regierung Ptol. XI. Alexander I., unter welchem die Inschriften von Edfu eingegraben wurden; Heron war also der Zeitgenosse des Ptol. Alexander. Die in Rede stehenden Fragmente enthalten nun aufser den griechischen Mafsen auch eine Vergleichung der römischen, daher die jetzige Abfassung höchstens bis in das erste Jahrhundert nach Chr. zurückgesetzt werden kann (*). Dem steht aber die Annahme nicht entgegen, dafs derselbe Heron auch hier die ursprüngliche Quelle war, und die italischen Mafse erst später zugefügt wur- den. Jedenfalls können wir sicher sein, in diesen sehr vollständigen Ver- zeichnissen aller damals bekannten Mafse, diejenigen mitzubesitzen, welche in Ptolemäischer Zeit in Gebrauch waren, da die unveränderte Geltung der altägyptischen Mafse nicht nur in den Zeiten der Ptolemäer sondern auch bis in die Römischen Zeiten hinein, von Letronne vollständig nachgewiesen worden ist. (°) Das erste der hier anzuführenden Fragmente ist zuerst von Montfaucon herausgegeben, dann von Letronne (°) verificirt und näher erläutert worden, (‘) Metrologische Untersuchungen. 1838. (*) Recherches sur les fragm. d’Heron d’Alexandrie, ou du systeme metrique &gyptien, ouyr. posthume, reyu par H. Vincent. Paris 1851. 4. (°) Recherches sur la vie et les ouvrages d’H£ron d’Alexandrie, disciple de Ctesibius, etc. Paris 1854. 4. (*) Dies wird von Böckh, Metrol. p. 10, und Martin, Rech. p. 225 für die älteste Mals- liste angenommen. (?) Rech. p. 209, 230, 259. (°) Rech. p. 47 ff. 102 Lersıvs: und zwar nach der Pariser Handschrift 1670, wo es "Howves eiraywyal über- schrieben ist. Es beginnt mit folgender Bemerkung über die Entstehung der Geometrie: (1) „Die Geometrie beschäftigte sich zuerst, wie uns die alte Überlieferung lehrt, nur mit Ausmessung und Abtheilung des Landes; daher ist der Name Geometrie entstanden. Denn die Mefskunst wurde von den Ägyptern erfunden, wegen des Steigens des Nils. Denn viele Felder, die vorher sichtbar waren, wurden von ihm bedeckt, und nachher von neuem sicht- bar; und so war es dem Einzelnen unmöglich, sein Eigenthum zu unter- scheiden. Daher dachten die Ägypter darauf, das vom Nil wieder ver- lassene Land auszumessen. Sie bedienten sich aber zum Ausmessen jeder Seite des Feldes bald des Mafsstrickes swxagıov, bald des Mafs- stabes zaAauos, bald der Elle, bald andrer Mafse, und da sich dieses Ge- schäft nützlich erwies, so wurde es später weiter ausgebildet.” (?) Darauf wird folgende Liste der Längenmafse gegeben und die einzel- nen näher bestimmt in ihrem gegenseitigen Verhältnisse: der Finger, da«ruAcs, ist das kleinste Mafs; was kleiner ist, wird als Bruch angesehen. Dann die Palme, raraırrys, von 4 Fingern; der diyas von 2 Palmen; die orıSauy von 3 Palmen; der königliche und philetairische Fufs, ö veüs 6 Barıdınos ai piRs- raigıos Aeyöuevos, von 4 Palmen; der italische Fufs, ö irarızes ovs, von 13% Finger; der ruywv von 5 Palmen; die Elle, m7xvs, von 6 Palmen; der Schritt, ra, von 10 Palmen; das Zurcv von 3 Ellen; die ögyvız, von 4 Ellen oder 6 philetairischen Fufs; der »«raucs von 6 Ellen; das aune von 40 Ellen; das mr29gov von 10 aravaı oder 100 philetairischen Fufs; die «zawa von 10 (') Dieser Anfang ist von Martin, Rech. 436 nach einer verschiedenen Redaktion publi- cirt worden; vgl. p. 122, 123. m 7 ’ \ (&) Hewrr YEWMETLL, zaSWs yuds 5 maraos dıdaszsı Aoyos, Fa mept Tyv YEwpergiev za 8 \ m 5 x Bu} 3 'S Hy \ 52 ’ en} E) 3 ’ LRVOILRS ARTNTY,OAEITO, OrTEV At YEWIETZLE ErAN Y. Yyap TS METENTEWG ETTLVOLE TOO Alyurrios N n ” u \ En m sUge>y die ryv Tod Neirov avaßasıv. Torre yag Xupie havsoa ovr& mo ri avaßasews, 7) > ’ e) Dr) )) \ \ \ \ > Ye) > U 2 Nr x > 7 awaßaseı aıbavi Emorsı" mor« de Meere ryv avabacıv (eroßesıw?) baveo« Eyivero’ za OUR Ert = 5 R\ & P “ ’ e 7 \ n yv Öuvarov Ezasrov dtamgıva FE 1dıa® ES ou emevoncav ci Alyumrıor Tyvde TuV Heroyaıw 778 m m - N‘ m , 4 Gmorsımonzung amd rod NeiAou NS. KoWvrar de ry keroncei moos eraoryv mAeuoev ” re » 07 \ \ ’ e Sa ’ e Tou Auolou, rs Ev Fu Aarovneuw Suzagiw, OrE de zur zaAanu, re de zar TYYE, öre de € LAN \ ni m 0 7 ’ \ ’ zo Erzgors Wergoig* Ygeındous de TOou ockyJacrros Tos AUZoWTrOoLs Umagyovros, em EAEov men Y,SN Ba : 70 yeyovos. Denselben Ursprung der Feldmelskunst, yewpsergiz, in Agypten berichten Hero- dot II, 109, Strabon p. 757, 787, Clemens Alex. Strom. I, 16 u. A. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 103 philetairischen Fufs; das icuyegov von 2 Plethren oder 20 Akänen oder 200 phil. Fufs in der Länge und von halb so vielen in der Breite; das Stadium, sradıov, von 6 Plethren oder 60 Akänen, oder 400 Ellen oder 600 philet. Fufs; das di«urov von 2 Stadien; das wiAıov von 7}, Stadien; die rxeives von 30 Stadien; und der persische ragarayıyns gleichfalls von 30 Stadien. Am Schlusse wird noch hinzugefügt, dafs diese Übersicht das ältere Mafssystem enthalte, im Gegensatze zu dem jüngern, welches zur Zeit des Kompilators in Gebrauch war (Ara raüra uEv zara ryv maraıav EnSerw- riv dE vov agurougav duvanır Ev Teis gas LIO‚S Fou Aoyau ÜreraZaner.) Dieses jüngere System findet sich in der Schrift, welche überschrieben ist ‘H ray Erıredwv zara riv EnIerıv "Howvos Kerencis, und zwar in der Einleitung dazu, welche den besondern Titel führt: "Howvos ETaywyal TaV YEWWETDSUME- vuv. (1) Diese Schrift handelt vorzugsweise von der Feldmefskunst, da- her sie auch in einem andern Auszuge ‘H reü "Howvos "Arekavdgwov yawdarcia genannt wird. In der Mafsübersicht, welche hier mitgetheilt ist, wird wieder vom danruros begonnen; dann folgen die übrigen Mafse: ö #ovÖuAos, 5 marusrys, f diygas, f omıSaun, 5 mous, 6 muyus, 70 Aiua 70 amrcuv von 10 Palmen, 73 Aau« 0 ömAcuv von 20 Palmen; ö wnxus ö AuSızes von 14, F. oder 6 Palmen; dann folgt eine nähere Erklärung der Orgyie, welche so lautet: (?) „Die doyvia, „mit welcher das Ackerland gemessen wird, hat 9!, (lies 9% s. Letronne, Rech. „Pp- 252) königliche Spithamen, oder 6 (Römische) Fufs 1!, Spithame, oder „27 FaraıTas Myouv ypovScus und ein dvrigeigev, .... Hiernach ist eine Orgyie „aus Rohr oder Holz anzufertigen; aus ihr ist das oyawiov oder awzagıoy zu bil- „den, welches 10 Orgyien hält, und hiermit ein beliebiges Feld zu messen; „denn das Twaagıov des Ackerlandes mufs 10 Orgyien haben; das für Wiesen- (‘) Letronne, Rech. p. 36 ff. 2 © > \ oa € rel, e ’ - ER QS x ß 2 x 9 ’ I ( ) H opyv@ ME 15 Mergeira 7 omogınos N, EYE: omıDanas Dasıdızas FEr@OToV [4E00S, R ’ de x Q q ’ ’ Eu x 4 , I 3 T L; > ’ n modes eG za omıTaumv a FErRgTOV, % MRÄRITTES YYoUv YoovTous EIHONERTE Hit GUFIX,Eigov* x x \ 2 y - x ) Na [ ms a Es € ’ FOUFESTL TOUG MEV eizosısE Encbiymeung ovoenS FRE Ysıg0S, Fov de reAsureov % MEWFoV, NTrAUEVOU \ n } \ 4 m \ a \ \ ’ ’ ie Q - ” ur D f zu TOV MEYAENOU ÖaATURoU TYS AEıg0S, 05 Ön za AEYETOL FETRITOV TALIRUNS, EY,EL de ÖwzrURoug y. Q 5} ‚’ > \ Ei na) ! 0 A ON n NE > en n_ ’ MeSo 02 momreis opyvıav ev zarauw, n Ev sv GuAw* JEr@ FoVro odsidAsıs Tome yY,owıov en x 2 \ 07 N Aa ’ = ’ \ rl ’ yyouv Fwzcigiov , Öszaogyviov, zu OUTWG MErgEIW 0v MEAAEIS METENTAL FOmoV“ To yap Fwzourgıov e , n ’ \ > ,. „ m \ \y \ m a , \ TYS FmopioU NS deze opyvias obeiAsı Eycıv" ToU de Arßadıov zur Fa mEQLOLLTAWV ı{B'. Kar > x x Pr ’ 3 7 [3 2 ’ > x 2 , : \ ’ > METE EV TOU Öezaogyviou Fy,owıov, EXE 0 TOmoS ToU jaodtov ogyvias Öi@zorias (za:) Movas er de Öwdezwopyviov Ey,sı Ooyvias am [HET DE OW ERROGYVIOU Eye 02% as TN. 104 Lersıvs: „land aber und für allgemeine Umfangsbestimmmungen (regugruc) 12. „Nach einem Schoinion von 10 Orgyien hat das Feld eines Modius nur 200 „Orgyien; nach dem von 12 Orgyien aber 288.” Hiermit schliefst die Übersicht der Mafse; sie geht nicht über das oy,ewiov oder vwzagıov hinaus. Hierauf folgen 22 Kapitel, welche mathema- tische Aufgaben enthalten, deren Lösung immer auf bestimmte Fälle der Feldmessung angewendet worden ist; z.B. Ms. 1670. fol. 103, verso: () . "Eregov roamedıev 6pIoywviov- cv vo nv Mellov Treros, ayowiwv E To de Arrov, Fyowiwv & A ÖE #0puBN, oyowiuv u. Eügeiv aurov 70 Eußador, nundes ra dena Kal rd mevre ylvovraı Te uv 76 Auıou, yweraı Erra Auru Tadra Emi Ta ıß vs nopudnss ylvovral Evevynovra nal Eomı TO zußadev Tov aurev rgameLlou y,aıviuv dvevfnovra: üv Tb Auıcu yıyeraı ME, nal &omı yis Modiwv ToTouruv. 2 „Ein andres rechtwinkliges Viereck, dessen gröfserer Schen- 5 „kel 10 Schoinien, und dessen kleinerer 5 Schoinien hat, „die Basis aber 12 Schoinien. Um den Flächeninhalt des- „selben zu finden, addire die 10 und die 5; das giebt 15; „davon die Hälfte, ist 74,; dieses multiplieirt mit der 12 der Basis, ist 90, und „der Flächeninhalt dieses Vierecks ist 90 Schoinien; davon die Hälfte ist 45, „und ebenso grofs die Zahl der Modien Landes.” Bei weitem die meisten Beispiele beziehen sich auf Schoinien als die 20 zum Grunde gelegte Einheit, einige auch auf Orgyien, deren dann 10 auf das ayowiov als Längenmafs, 100 als Flächenmafs gehen. Stets wird aber am Schlusse aufser dem Flächenmafse an Schoinien oder Orgyien auch hinzuge- fügt, wieviel dieser Umfang an Modien oder Litren (Aussaat) beträgt. Übersehen wir nun die verschiedenen Mafse, die wir in den angeführ- ten Schriften verzeichnet finden, so ist zunächst bemerkenswerth, dafs in beiden Listen die Arure gar nicht genannt wird und dafs in der zweiten vor- zugsweise der Feldmefskunst gewidmeten Schrift das längste Mafs nicht viel mehr als den vierten Theil der Arurenseite beträgt. Die Arure war also in späterer Zeit, und höchst wahrscheinlich auch zu Heron’s Zeit, bei prakti- schen Vermessungen gar nicht in Gebrauch; und aus ihrem Verhältnifs zu (‘) Ich verdanke der stets hülfreichen Güte des Hrn. B. Hase in Paris die Abschriften eines Theiles der angeführten Schrift aus dem Ms. 1670, aus welchem schon von Letronne, Rech. p. 39-41 mehrere Beispiele mitgetheilt worden sind. Dieser Abschrift ist auch das hier mitgetheilte Beispiel entlehnt. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u. s.w. 105 den bestehenden kleineren Mafsen ist dies sehr wohl begreiflich. Dies schliefst nicht aus, dafs man sich gleichzeitig der Arure als eines gröfseren Mafses für Rechnungen und Überschläge bediente, ganz wie wir nach Morgen zählen aber nie nach Morgen messen. Wir finden aber zwischen der Orgyie und der Arure noch 4 Mafse angegeben, die wir folglich in Betracht ziehen müssen, den z«Aauos, zwei verschiedene ryowia« und das mAESooV. Zunächst über der Orgyie wird in der älteren Liste der z«raucs, das Rohr, oder, wie es ebendaselbst (wohl später zugesetzt) genannt wird @xev« (@zawe), dieRuthe. Dieses Mafs hielt 10 ägyptische Fufs, und entspricht daher ungefähr unsrer Mefsruthe von 12 Fufs, oder der Römischen decem- peda; es war ein wirklicher Mafsstab von Holz oder Rohr, so lang, wie er sein durfte ohne unbequem zu werden. Die @zaw« steht in einem näheren Verhältnifs nach unten zum Fufse, nach oben zum Plethron. Das Plethron ent- hält 10 Akänen an Länge, 100 in der Fläche und die Akäne 10 Fufs an Länge, 100 in der Fläche. Dieses ausschliefsliche Decimalverhältnifs macht beide Mafse, wegen der unbequemen Theilung durch 2 in den kleineren Mafsen, und wegen des künstlichen Verhältnisses zur Elle, zur Orgie und zur Arure, noch ungeschickter zur Anwendung auf unsre Formeln, als die Arure. Es bleiben also nur die beiden Schoinien übrig. Dafs das ay,owiev in der That vorzugsweise zur Ackervermessung gebraucht wurde, und zwar zur Zeit des Heron und also auch zu der Zeit, als unsre Inschriften verfafst wurden, geht aus der Abhandlung über die Feldmefskunst, deren Ursprung als wesentlich Heronisch nicht mehr zweifelhaft ist, deutlich hervor; denn hier werden alle Beispiele, von denen eines oben mitgetheilt wurde, auf Schoinien zurückgeführt, mit wenigen Ausnahmen, die sich auf die nächste Unterabtheilung der Schoinien, auf Orgyien beziehen und in den eirayuyai wird das gleichbedeutende Furguov neben dem z«raucs und Zus, als gröfs- tes Mafs angeführt, mit welchem man die einzelnen Seiten des zu bestim- menden Feldes, wie es in unsern Inschriften geschieht, vermesse. Wir fin- den drei Ausdrücke für dasselbe Mafs, oxawıcv oder swxagıcv in der späteren, aune in der früheren Liste; syewiev ist wie yyeives ein Binsenstrick, und fwaagıcv wird ähnlieh von a@xcs, rxxes, ein Strick, eine Schlinge hergeleitet; auua pflegt Letronne (!) ammah zu schreiben und scheint dabei an das semi- (') Rech. p. 253, 257. Philos.-histor. Kl. 1855. = 106 Leersıvs: tische mas ammah, syr. ammo, äthiop. emmat) die Elle zu denken. Doch dürfte diese Vergleichung sehr kühn sein. Vielleicht ist vielmehr @uu« zu schreiben und als Band im Gegensatz zu den Mafsstöcken zu erklären. Jedenfalls war der ursprüngliche Sinn des Mafses der eines Mafsstrickes in einer Länge, wie er mit wenig Verschiedenheit bei allen alten und neueren Völkern in Gebrauch ist. (') Unmöglich konnte ein solches Feldmafs den alten Ägyptern fehlen, obgleich es zufällig weder von Herodot, noch in den ägyptischen Papyrus, noch von Strabo erwähnt wird. Es wird nun in der Heronischen Stelle ein doppeltes #xowıov genannt, eines von 10 Orgyien, ein andres von 12. Jenes wurde zur Vermessung des Saatlandes, rYs srogiuev Ya, gebraucht, dieses für Sumpfland oder Wiesen (Aıßadıov) und allgemeinere Grenzvermessungen (wepiogsuc). Es könnte hiernach zweifelhaft sein, welches xawvıov in unsern Inschriften gemeint ist, und es würde zunächst die Zwölftheilung unsern Formeln besser zu entspre- chen scheinen, als die Zehntheilung. Dennoch müssen wir uns für das klei- nere rycıwiov entscheiden. Eine Stelle, welche hinter der von Letronne (Rech. p. 43) mitgetheilten, sich unmittelbar anschliefst, von ihm aber über- gangen worden, enthält noch einiges Nähere zum Verständnifs der beiden Schoinien; daher wir sie hier nach Montfaucon (?) wiederholen: IHayv oi Beayyrarcı mai medwor romoı MEra Ted denaopyviou oryawiov äheiAcunı nergeir Ian oi de megiopimia Tav mooaFTEIWv nal TWV Kwpkuv Tav ÖRoyupws METgOUMEVWV, HET« Tod Öwderuogyviou ayowiov dia Fo eupiruenda ErwIer Tuv megiopinuwv alrav morrazıs Enpoyamapevs nal fUanas nal Aoyas nal dypmoreus romous. &i d& nal nETa ToU Öenaopyuiou y,aviou, HerenSwcw, öbsiAcurıv Umekaupeir Yu EITE Amo ToV waßıßarued rav Fwnagiwv nara dena Tuxapın Cumagıov ev, EiTe dmo TOD Modic- Med nara deru modıa modıov Ev, die eipyusvas airias. „Aufserdem müssen auch „sehr kleine Orte und solche die in der Ebene liegen mit dem Schoinion von „10 Orgyien gemessen werden; die Umfangsvermessungen aber von Vor- „städten und von Terrains, die in Pausch und Bogen gemessen werden, mit „dem Schoinion von 12 Orgyien, weil innerhalb des Umfangs selbst oft „Begen- und Giefsbäche und Gestrüpp und unbrauchbares Terrain gefunden (') Unsre Melsketten pflegen fast überall 5 Ruthen oder 60 Fuls lang zu sein; so hielt das ycııov 10 Orgyien oder 60 äg. Fuls. (2) Analecta Graeca Paris. 1688. 4. p. 310. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u. s.w. 4107 werden ; wenn man aber auch mit Schoinien von 10 Orgyien mifst, so mufs „man dann entweder von dem Überschufs der Sokarien auf je 10 Sokarien „1 oder von der Summe der Modien auf 10 Modien 1 abziehen, wegen „der genannten Ursachen.” Hieraus geht hervor, dafs die Verschiedenheit der beiden Schoinien nicht, wie dies zuerst scheinen könnte, in der decimalen oder duodecimalen Eintheilung ihren Grund hat, sondern in dem verschiedenen Werthe der Terrains. Saatfelder, kleinere Parcellen und ebene Flächen, also Alles was genau übersehen und als gleichartig für die Bestellung angesehen werden konnte, wurde mit dem Schoinion von 10 Orgyien gemessen; wo dagegen das Terrain nur theilweise bebaut war, wie in der unmittelbaren Umgebung der Städte, und wo grofse Strecken, die gute und schlechte Stellen enthiel- ten, zu allgemeiner Abschätzung kamen, da bediente man sich des gröfseren Schoinion, mit Rücksicht darauf, dafs man zur Bestellung solcher Strecken verhältnifsmäfsig weniger Modien Aussaat gebrauchte und auch ohne Zweifel weniger Abgaben davon zu bezahlen hatte. Der Unterschied beider Mes- sungen verhält sich wie die Quadrate von 10 und 12, wie 100 zu 144, also fast wie 1 zu 3; man rechnete also ein Terrain, das mit dem Schoinion von 12 Orgyien gemessen wurde, fast um den dritten Theil geringer. Ein Mittel- weg war, wenn man das Land mit dem kleinen Schoinion mafs, dann aber den zehnten Theil von der Summe zur Abschätzung abzog. Das gewöhnliche und genauere Mafs war also offenbar das Schoinion von 10 Orgyien; das zu 12 pflegte in der Anwendung darauf redueirt zu werden. Alle Beispiele in der Geodäsie sind auch stets von dem kleineren Schoinion hergenommen, und wo Örgyien berechnet werden, beziehen sie sich auf dasselbe Schoinion. Unsere Inschriften können sich daher offenbar auch auf kein anderes Mafs beziehen als aufdas Schoi- nion von 10 Orgyien, da es sich deutlich vorzugsweise um Saatfelder handelte; und zuweilen um ziemlich kleine Parzellen. Was nun die Bequemlichkeit der mathematischen Unterabtheilung für die Rechnungsweise in den Inschriften betrifft, so ist zwischen beiden Schoi- nien wenig Unterschied. Als Längenmafs stellt sich die Theilung des klei- nen Schoinions so dar: 02 108 ’ Lersıvs: —- 1 Sch. = 10 Org. = 40 Ell.J=60Fußs| = 80 Spith. |= 240 Palm. = 960 Fing.| = 21710 NEBEN 5 „ =W% „|=30 „|=40 „ |=120 „ =480 „ |=10,5 IN 2, = %, =5,=15,|=290 ,„ |=60, =24 „|= 527 Syn = ln = 3u|= 7%, |=10 „ |= 30. =120 „ |= 263 N» 5 " ie 5 „u |=15 „ = 00 „|= 131 Frkiaki - 4, = %,„ =3%0 „|= 065 Als Flächenmäafs ist die Übersicht folgende: —- 1 O0Sch. = 100 HOrg. = 1600 gEll. = 445°%72 a 4 ng Be Eee N ae Ver, Teil N nn dal 0 200, 5 BD kn = An =10. = 278 Sa er ae 13,9 Vom gröfsern Schoinion würde als Längenmafs 4, = 14, Elle = 3 Spitha- men, als Flächenmafs = 72 DIEllen gewesen sein. Wahrscheinlich hatte man beim praktischen Gebrauche die Melfssschnur in Ellen und halbe Ellen oder Spithamen abgetheilt. Dann konnte auch das kleinste Mafs von 21, Spitha- men leicht abgemessen werden. Der Fufs, welcher nur 0”477 von einem Preufs. Fufse enthielt, wurde im ägyptischen Systeme überhaupt wenig ge- braucht; das Hauptmafs war jederzeit die Elle, welche 0"527 lang war nach der genauen Untersuchung von Böckh und Letronne, und welche sich als älteste Bauelle der Ägypter mit vollkommenster Sicherheit durch noch jetzt erhaltene Ellenabtheilungen, die als solche bezeichnet sind, an den Wänden von Pyramiden und gleichzeitigen Privatgräbern, nachweisen läfst. (") Ebenso wichtig, oder wichtiger, als die Theilung im Kleinen, welche die Einzelrechnungen erleichtern mufste, war aber das Verhältnifs der ge- brauchten Mafseinheit nach oben, um die Multiplication der Summen zu er- leichtern und sie in Einklang mit den höheren Mafsen zu setzen. Hierbei war namentlich das Verhältnifs des Schoinion zur Arure von Wichtigkeit. (') Denkmäl. aus Äg. u. Äth. Abth. II, 39. über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. 109 Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs die Arure, wie unser Mor- gen, dem sie ziemlich gleichkommt, ein altägyptisches und viel gebrauchtes Landmafs war und bis in späte Zeiten blieb. Es ist schon erwähnt worden, dafs Herodot berichtet, jeder Krieger habe 12 Aruren abgabenfrei erhalten, und die Arure halte an jeder Seite 100 Ellen. Nach Strabon war das ganze Land in Aruren als kleinste Abtheilung getheilt. In der Inschrift von Ro- sette werden die Abgaben nach Aruren bestimmt; es heifst lin. 30, 31, dafs Ptol. V. Epiphanes die Priester von der Abgabe einer Artabe auf jede Arure des heiligen Landes, und eines Keramion auf die Arure Weinland befreit habe. In einem griechischen Papyrus zu Turin (?) wird unter der Regierung Ptol. IX. Euergetes II. ein Grundstück erwähnt von 20 Aruren Ackerland (yis sıropegov). In einem ungefähr gleichzeitigen Wiener Papyrus, den Pey- ron publieirt hat, wird ein Garten (ragadeırcs) im Memphis genannt von 63, Aruren (?) und in einem Leidner Papyrus (°) ein Nebengrundstück dieses Gartens von 31, Aruren. Eine hieroglyphische Inschrift vom 24. Jahre Ptol. VII. Philometor I. in Philae (*) bezieht sich auf ein Geschenk des Königs an die Priester des Isistempels von zwei Äckern, eines im Westen, das andre im Osten (des Flusses), deren jedes 12 Ar mafs, also von 24 Aru- ren. Auch Euergetes II. schenkt den Priestern von Philae ein Feld von 24 Ar (°) und ebenso Ptol. X. Soter II (°) 12 im Westen und Östen, eine immerhin auffallende Wiederholung derselben Zahl in derselben Gegend. Diese Gruppe des Ackermafses 7 ar mit dem Determinativ des Beines $ und der schreitenden Füfse A, wird von Champollion (Gramm. p- 339) durch Arure übersetzt. Es liegt diese Erklärung in der That am nächsten, obgleich die Ähnlichkeit im Laute auffallend ist, und eher dagegen als dafür sprechen würde. Denn agovpa ist ein altes griechisches Wort, des- sen Ableitung von ägew nicht zu bezweifeln ist. Eine ägyptische Wurzel für ar, welche auf die Bedeutung der Arure leiten könnte, ist mir nicht bekannt. Die Determinative weisen auf ein Abschreiten des betreffenden (‘) Peyron, Pap. Taurin. P. I, p. 30. Vgl. Pap. di Zoide p. 29. (°) Peyron, Pap. di Zoide. p. 6, lin. 10. p. 14, lin. 10. Vgl. p. 29. Peyron übersetzt agovasv = und die Göttin 2S würden beide Net zu schreiben und daher nicht zu Philos.-histor. Kl. 1855. B 114 Lepsivs: über eine hieroglyphische Inschrift am Tempel von Edfu u.s.w. unterscheiden sein. Diesem Übelstande läfst sich unbeschadet der strengen Genauigkeit der Umschrift dadurch mit manigfachem Vortheile abhelfen, dafs wir überall die koptischen oder griechischen Vokale einführen, wo sie uns bekannt sind, diese aber durch den untergesetzten Ringel von den hiero- glyphisch geschriebenen Vokalen unterscheiden. Auch hierbei kommen noch Fälle genug vor, in denen man bei der Wahl des Vokales schwanken kann; dann wird aber das Urtheil und die das Passendere treffende Kennt- nifs des Umschreibenden entscheiden, ohne dafs ein Mifsgriff der wissen- schaftlichen Genauigkeit grofsen Eintrag thun kann, sobald das Abzeichen nicht fehlt, welches andeutet, dafs der Vokal nicht aus der hieroglyphischen Schrift genommen ist. Die Vase © schreiben wir nu, weil ihr in der That ursprünglich immer dieser Vocal zu inhäriren scheint, obgleich sie zuweilen auch mit „» wechselt und im Koptischen das w nicht immer erhalten ist. Die alte feminische Endung =, /, müssen wir überall schreiben, da dieses Zeichen, obgleich die Endung im Koptischen nicht mehr vorhanden ist, sicher in der alten Sprache gesprochen wurde, und es nicht mit Champollion nur für ein schriftliches Determinativ zu halten ist. In zahlreichen Fällen ist die Umschreibung zur Unterscheidung unentbehrlich, wie in son der Bruder, sont, die Schwester; si, der Sohn, sit die Tochter, ebenso bei den Adjekti- ven. Wir behalten auch für alle Pronominal-Beziehungen die hierogly- phische Stellung bei, während sie Champollion mit der koptischen Stellung zu vertauschen pflegte. Wir schreiben daher AD YopS (WWrnW), AT korh (zupe), von Zatbi (zarke); — neb (unb); on nub (nowb); “2 Nit (Nirwagis, NniS), 2S Nut; lie Aahmas (Anarıs); = Ramessu (Pausreys); 5, Amun (amosı, "Aunwv); (be: Amunbhotep (Auzvwors); ih Hosiri (Origıs); |, Hıset (Iris); I sü; I” sont (com); ef (gU; N rana (na pa); Th roa (por); Gr Agtif (grug). — Lafer # SKEIEE ee! ek TE I: m DIE R ae ar ER c „ANT & IM £ = E Mi = = Zur Abhandlung a SER = Er Re: EN " Ede! Neo =: DE Sanct Era Bien" seit ae? = | S = = ce = S=-eN So INC >e dfu NH. \ 4 Jnschrift von F Tafel 1% Er SHEELSTERDE SET LEN TE 7 EN: Ä 2 a Ai: Eh NER REETEETITCNINEN SEN IN ITEDERSIINFISERST : | r aaE il SENAT EEMER ES 2 = 22 SS 3ENeREE Fr & & ELTA NEIN SSIElE EEE. Spa Sally D EEEEIERTEEEEITEERIEEN TE ME SSN { a SAESEALFEN EITNEDANEIT EEE RERL SR SET 5 EEE ENT THAUSTBIE. ENSENEIRE FERN INT SEEN SEMEIRTESIERS RE: EISEN ESEEEENITERSÄERISIEN : = REIHE SEINEN EN STEENETLOINEL. : > HI HraRsE NIE eek INES AANTEL EN E) 5 ° Ö. ei m we | N/A EBENEN GE FE SSIEEEHFIESCEDISSEEEMNSEST TR BAEN: ESTER SER WERE ee Tier ee 7: pn z —e = 18 BERNER FE | 1 er Er Inschrift Hi e SELEIEESEN SE ZUBlle Er Ib Ri EESENSRÄ ae : - <= = eo ER ot @& aka —— Tafel 2. Zur Abhandlung des Herrn Lensias über ane hteroglyphische Inschrift von kafir: ul \ / Ne, Y } at Al: 3 Ne IN =: BE. Afu \ 4 Jnschrift von F KERLE EINEN SEM IMIKEAIIHER RESEXKS en SE SEE En SE Tatelt3. ES ENIIEEN unSEiE at BSR ENE Zur Abhandlung des q a u \ u. 2 ar a e £ ” Ba RN | Al) N N in Klon Fa N An gi SHESTER Ken jesaR. ke Ad INA los \x Ei I. ins OxwV n_; P de + über eine hieroglyphische Inschrift von Edfir. Tarelts. MERILIEESEFIN SEIEN IR, SSMEMESIRRTBEIVEERISESSIERNE Nas UMERSEIEIENE SENT SE RER REIENE u = RI NE OVN = en — TEILEN WIE ER SEE. ROEN Em NEIRRERTER AN“ = Keisskiehlede SE ERURHISEYDISESEOSEE ER TEN IST NE FERN] INS SIE] Ns siele RERECSNKLENESEHREIEISTFE NEE » Au Ag ie aneget : | TBESZINKFTSITTERTRER. TUN: = NE: — Te - 1 * 2 SERIEN ale IB-IErE 0 ERSETZEN ES ES HT ea N NEERTSCSAKNNE En E ENT: NEROEIENEHENSIEMIIENNELR e= b*. Br ers InSEU: n LEN KÜESSEESEHENDIESIHERE ee ESaTe are = == Pe Bee = dfu N® Be 4 Jnschrift von FE Tafel 4. De esamarui NEW. Tarel-s- Zur Abhandlung des Herrn Lonsia ZEN TEN SErER DR N a \ Sri Nas]: ke. an = | : BIER ne LT HEAT % EE ESTER | ARE HEEEs je OO< N RER RS SS:168 z el) NIAN IeT-eTKl| ISA = OR R W R MN, Tafel5. FEN EILIGRSINZIIE se Ei = Bf N ( ST Ei | E= ALlssesit] FERIEN | ee EN ENEITDRE ICHS IRMEDIEE RN TERN FREE ERSISIREIEN-TER DENKE ERS MEERRIERTFEREN N KSBslR Ess: ERS Ne STAR ÜITLERESIRKE Es IX ll! LERNEN RETUNE I: > act plre| EEE BIETE ET [BE BERRIE (esse tele las ll = NEREIRESSS En HAST | E EEE EN el ER RNE east Bel Di HESS WIRER N EEE KESI-STSIEHR- SR =! ze Ye] FERTTEEERRRFIHEN DE rn ER NElREe hai : mt ES | Ü za Ill u ZS I > AK & Rhni Inschrift von Edfu N® \V. 23. ud a 2 SO NS . "ÄREGSE \ In IS: AUKTRETE ZIuGSG- : | Hl | sell Sup I iz u des Herrn Lopsius über eine hieroglypkische Inschrift von Elfi: sl, Sun mann I ıW f Ne Int w M Ik Dan j AR. Be, ni BO, MN Na N EN AN N t Ui j E . r h NIRCH u * 2 = VAN ro 683 ad 7 a. ! . > ‚des Herrn lopsins übereine hieroglyphische Jnschrifi zu Edfa Es a Inschrift N® I | er - LAD. LEIEZT 105 b% [u Tafel 6. Inschrift N®\V. ZZ 048) 13944 CR) fo 683 In y) 7 27 032 7 VE (EEE N) ZZ 44 217% 5 186 le N 0 ze, 222 =— LA Ba9h 92:4 6.26 1.J. 1.K. 1 22 1065 22, i N 2 [7] # h n 104 4 ‚| i “ I B R ! EZE | ! 1 1 3 1 # 70 8 ; . > i Il.F , SE BE I.B.g61 4% I1.D.204% Er so 1 ne une = GE? Al3sAA0ıh) ELEG 11.6. so8 mooMätren inte a! 2,0 EN 1 Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. on h”- SCHOTT. [gelesen in der academie der wissenschaften am 18. januar 1855.] D. sprache, schrift und litteratur der Chinesen haben auf drei nachbar- völker, welche eben so sefshaft sind wie die “leute des mittelreichs’, einen starken und bleibenden einflufs ausgeübt. Japanesen, Koreaner und An- namiten verdanken China ire geistige bildung, die jedoch nur den zwei ersten ein antrieb zu eignen litterarischen leistungen wurde, während dem Annamiten jede eigne litteratur fehlt oder fehlen soll; die schöpfungen der chinesischen denker sind ihm nur gegenstände des ehrerbietigen erlernens, nicht muster zu belebung eigner tätigkeit. Die gelehrten der Japanesen und Koreaner schreiben manches bände- reiche werk in rein chinesischer sprache und schrift; aber für ihre landes- sprachen besitzen sie daneben eigne schriftarten, die denselben viel angemes- sener sind. Japan gebraucht eine gewisse anzahl von zeichen der chinesi- schen wort- oder begrifschrift (meist in mehr oder weniger stark veränderter gestalt) als silbenzeichen; Korea aber bedient sich wahrer buchstaben, die aufserdem keineswegs den character chinesischer abkunft tragen. (') (') Das koreanische alphabet soll ums jahr 374 u. z. erfunden sein und zwar von einem könige des alten States Sin-lo (Sinra) auf der halbinsel Korea. die buchstaben kommen senkrecht unter einander; doch wird ein teil der vocale mit dem vorhergehenden consonanten in gleiche linie gestellt. die vocale a, 6 (ö), o und ö unterscheiden sich für das auge nur durch verschiedene lage eines und desselben buchstabens; ebenso die doppellaute ia, id (16), io, id. zugabe eines kurzen striches unterscheidet diese diphthonggen von den an- geführten einfachen vocalen, auch gewisse aspirirte consonanten von den entsprechenden tenues. ds und zs sind augenscheinlich aus s entstanden; eine form des ds ist fast iden- tisch mit der japanischen silbe sw in Katakana-schrift. P2 116 ScnHorr: Der Annamite schreibt seine muttersprache mit characteren, die er teils ohne veränderung den Chinesen abgeborgt, teils selbst gemacht hat; in lezteren ist aber nur die eigentümliche verbindung sein werk: kein einfaches bild oder symbolisches zeichen hat in Annam dasein erhalten. irer bestimmung nach ist die schrift hier wie bei den Chinesen immer eine wort- schrift, die ganze grundwörter, keine lautelemente darstellt. Eine wortschrift war auch vor jeder anderen dem idiom des landes angemessen; denn die annamitische sprache trägt ganz in demselben grade wie die chinesische das gepräge der erstarrung und vollkommensten unbild- samkeit. Ir lautsystem ist, was die abschattungen der vocale betrift, reicher entwickelt, als das der Chinesen, und auch jener bedeutsamen stimbiegun- gen der einsilbigen sprachenclasse, die wir unrichtig accente nennen, finden sich im annamitischen mehr als im chinesischen. die grundwörter selbst sind grofsenteils consonantenreicher als die der nördlichen Chinesen, und die häufigkeit irer consonantischen auslaute macht die sprache den dialecten des südlichen Chinas am ähnlichsten. da nun Annam das nächste südwestliche nachbarland von China ist, so läge die vermutung sehr nahe, sein idiom sei eine schwester oder auch eine tochter des chinesischen und im lezteren falle etwa aus den dialecten Südchinas entstanden. Aber bald überzeugen wir uns von der unmöglichkeit, eine nähere oder auch nur entferntere leibliche verwandtschaft beider sprachen nachzu- weisen. Das wörterbuch bietet uns zwar auf jeder seite ächt chinesische wör- ter, (') deren oft sehr bedeutende lautveränderung sie als annamitische könte erscheinen lassen; aber für die von ihnen ausgedrükten Begriffe giebt es (wenn wir viele abgezogene begriffe ausnehmen) immer noch ganz ver- schiedne wörter der landessprache, mit welchen jene öfter um den vorrang zu kämpfen scheinen. die grundzahlen und fürwörter, die meisten partikeln, und alle ausdrücke die nicht gerade höhere abstractionen bezeich- nen, haben mit den entsprechenden der chinesischen sprache nichts gemein (') Die zahlreiche anwesenheit derselben im Annamitischen erklärt sich sehr natürlich aus den vielhundertjährigen berührungen beider völker und noch mehr aus dem eifrigen studium chinesischer geisteswerke, besonders seit dem 15t" jahrh. unserer zeitrechnung. vgl. Ritters Erdkunde, Asien, band II, s. 972 ff. Zur beurteilung der annamilischen schrift und sprache. 417 als die einsilbigkeit, oder, sofern sie composita sind, das zusammensprechen zweier wurzeln ohne die mindeste veränderung. L Unabhängig von diesen tatsachen bietet uns die schrift ein untrüg- liches mittel zur unterscheidung des einheimischen sprachgutes und des {rem- den, chinesischen. so oft ein wort dieselbe bedeutung hat, die das ent- sprechende schriftzeichen bei den Chinesen ausdrükt, ist es ursprünglich ein chinesisches (wie sehr es auch im munde des Anna- miten sich verändert haben mag), d. h. jedes den Chinesen abgeborgte wort schreibt man in Annam mit demselben schriftzeichen, dessen sich der Chinese dafür bedient. will aber der Annamite ein wort seiner landessprache schreiben, so hält er sich gewöhnlich an eine der folgenden zwei methoden: 1. Er wählt ein chinesisches schriftzeichen das bei gleicher oder ähn- licher aussprache eine von dem annamitischen worte verschiedne be- deutung ausdrükt. beispiele: kö (annamit.) hals, bezeichnet er mit dem lautähnlichen chines. Fr kü, was (chines.) altertum bedeutet; k’% zeit, mit Hk kibetrügen; dem nacht, mit IE tian (in Canton dim) laden, bude. u (in China) cü rubrum bezeichnet in Annam ein wort für geben (als partikel für) das c'o lautet; Nik ma (in China cannabis) ist in Annam eine partikel ma sed, vero; ne pa (65 magnum), in Annam va simul, et. das offenbar selbständig aus dem indischen Budd’a gebildete dut idolum schreibt man Fe (in China p’ö, p’ot: ein gewisses sternbild etc.). hätten die Anna- miten dieses dut erst nach der chines. umformung fü oder fo& (in Canton ‚fat) gebildet, so würden sie ihm ohne zweifel das bei den Chinesen ent- sprechende schriftzeichen Ah gelassen haben. (') (') auch in der neupersischen sprache finden wir «> u? idolum! Perser und Anna- miten haben also das indische wort in gleicher art abgekürzt und beide völker gebrauchen es in gleich weiter bedeutung. eine blose verderbung jener persischen form ist das türkische © put, was auch der türk. Verfasser des wörterbuches Lehg’et-ül-logät anerkent in- dem er (s.277) sagt: „ususo Kipa do) rim US wa d.h. “ur ist die richtige form des im Türki gebräuchlichen puz’. vermöge eines missverständnisses sagt Bianchi in seinem “Dictionnaire Turc-frangais’ (s. 234) das gegenteil. ganz andern ursprungs (aus Wuo- tan) ist das sehr ähnliche vu der Romanen welches ebenfalls die weitere bedeutung idolum erhalten hat. vgl. Grimms Deutsche Mythologie, s. 120. 418 ScHorr: Doch komt auch ein und dasselbe schriftzeichen bei den Annamiten bald in seiner ursprünglichen (chinesischen) bedeutung vor, bald in einer oder mehren von jener ganz verschiednen, die es nur in Annam erhalten hat. in übereinstimmung damit pflegt dann auch die aus- sprache sich zu verändern. beispiele: JE heifst in China die nördliche himmelsgegend; (!) in Annam bald dasselbe, bald schritt (passus), auch stufe (gradus); aber im ersten falle lautet es dak (wie bei den Canton- Chinesen), im anderen dyök, im dritten däk. yis heifst abwechselnd wur- zel und viel (multum). jene bedeutung ist die chinesische und insofern lautet es bun (wie in Canton); diese ist die annamitische und insofern spricht man bön. 7 wird djek und d@ ausgesprochen: als djek (aus dem südchines. ek für t) bewahrt es die chines. bedeutung ‘mutare’; als de hat es die anna- mitische “contemnere'. A mei supercilium heifst ebenso in Annam, wenn es dort mai lautet, ist aber, mdi gesprochen, ein pronomen zweiter person. (?) von 7|U werden folgende bedeutungen aufgeführt: arbor (die chinesische, mök); aduncum (muvk); oriri (mok). (?) 3 ist abwechselnd frühling (wie im chines.), blind, und ‘cumulate plenum’; der ersten bedeutung entspricht suän (chines. c’ün), der zweiten 5oan, und der dritten sün. TH vereinigt mit der chines. bedeutung donner (Zw) die annamiti- sche zihen (trahere); aber in beiden fällen spricht man /öi. (*) 2. Er schaft sich durch zusammensetzung zweier schon vorhandenen schriftzeichen ein drittes, in welchem gewöhnlich der eine bestandteil die bedeutung, der andere aber die aussprache anzeigt: ersterer ist alsdann das den begriff darstellende chinesische bild oder compositum, lezterer ein an- deres dergleichen, von dessen etwaniger bedeutung abgesehen wird. bei- spiele: nase heilst mi: das entsprechende schriftzeichen der Annamiten ist (') urspr. rükseite, denn der Chinese kehrt das gesicht gegen süden wenn er die himmelsgegenden bestimt. (?) beide mai haben gleichen accent (—), aber der vocal & ist etwas dumpf, vielleicht mittelton zwischen @ und o. (°) die drei mok unterscheiden sich im accente, das erste auch ım vocal, denn 6 ist mittelton zwischen o und u. (*) ausnahmsweise hat das gewählte chines. zeichen doch eine verwandte bedeutung, so z. b. wenn c’ez sterben +7 (c’E, get) geschrieben wird, was im chines. zwar gewöhnlich biegen und brechen, aber auch vorzeitig sterben bedeutet. Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. 119 aus folgenden zwei chinesischen gebildet: 3 nase, und mei oder mui (singuli); lezteres, der phonetische teil, wird hier rechts beigegeben. in Yilj bö ochse haben wir links ch für #F-) das chines. bild des begriffes und rechts H (pulerum, bonum etc.), was in China fü lautet. eine ver- bindung von synonymen findet statt, wenn „.% und 4, sich vereinigen um den begriff weib und seinen laut gdi wiederzugeben; denn das hier phone- tisch fungirende ıE (chinesisch mendicare) hat in Annam die bedeutung weibliches tier, wie % in China der weibliche mensch ist. für sich allein gebraucht lautet jenes kdi, wie bei den Chinesen. In diesen drei beispielen steht der phonetische bestandteil rechter hand; er kann aber ebensowol die linke, die obere oder untere stelle ein- nehmen; ngai gerade z. b. schreibt man mit i% dem zeichen des begriffes, und einem links beigesellten Ei (i, ngi, conveniens); if wenig, zeigt uns das chines. > (wenig) im bauche eines sehr vergröfserten phonetischen a (i, it), von dem es links und unten eingeschlossen wird; Zen ascendere, ist in der schrift ein kleines Fr (ascendere) über einem grofsen phonetischen SH (lian, lin, conjungere) u. s. w. Dafs die chinesischen wörter für die dargestellten begriffe ganz andere sind, als die annamitischen, davon kann sich jeder überzeugen, wenn wir ihm sagen, dafs z.b. weib (X) in China niü oder nü;, nase Eh) pi; ochse (F") nieu und ngau; gerade AK) cing und c’eng; wenig ch) sao und siu; hinansteigen Fh sing und seng heifst. wer nur die aussprache der Chi- sen, zumal der nördlichen, kent, der wird freilich oft kaum begreifen können wie ein in Annam phonetisch gebrauchtes zeichen den verlangten annamitischen laut ausdrücken soll. allein vor allem mufs man wissen, dafs der Annamite, mag er nun das chines. zeichen in seiner ursprünglichen be- deutung nehmen, oder mag er es ein wort seiner landessprache bezeichnen lassen, immer die sprache Südchinas, besonders die ihm nächsten dialecte der beiden Kuang (') im ohre hat. unabhängig davon verdanken jedoch gewisse auffallende veränderungen chines. grundwörter erst annamitischem = munde ir dasein. davon weiter unten ein mehreres. rätselhaft ist mir ya (in China pie und dit) für ein annamit. fran oder lan, (?) ferner dan für (') d. ı. der provinzen Kuang-tung (Canton) und Kuang-si. (?) in zran geht sonst das chinesische ging über, wie ling in Zar. das chines. 7 be- deutet diversus, alter, dividere; das annamitische declinare. 120 ScHsorntm: FT (chin. za), und am meisten 4 H ngyöi (mensch) aus dem bilde des menschen (4 für N) und einem bestandteil der auch in China nie selbständig gebraucht wird und in einigen zusammensetzungen den laut /& (dek) ausdrükt. Bisweilen hat ein von den Annamiten gebildetes halb-phonetisches compositum noch eine kleine zugabe. so bezeichnet den mond (träng) eine zusammensetzung des bildes }] mit dem lautgebenden E ling oder leng, welches sich im munde des Annamiten zu iräng gestaltet hat, und da- mit konte man, so scheint es, sich befriedigen. allein über den beiden, ein- ander nebengeordneten bestandteilen schwebt noch das lautzeichen 82 ba als fünftes rad am wagen. auch schriftzeichen, die nach der ersten methode herübergenommen sind, erhalten zuweilen einen solchen (weder zur bedeu- tung äöch zur aussprache etwas tuenden) zusatz: das chines. AR li ge- setz etc. hat in Annam mit der aussprache löi die bedeutung ‘verbum, sermo’ erhalten, aulserdem noch die überdachung —.., vielleicht waren additamenta solcher art ein (nicht durchgedrungener) versuch, das aufgenom- mene chinesische zeichen von sich selbst zu unterscheiden, sofern es entweder seine in China erhaltene bedeutung behielt oder sie in Annam mit einer anderen vertauschte. In allen selbständigen annamitischen zusammensetzungen, die wir bis jezt erwähnt, sagt das ganze eigentlich nicht mehr als derjenige teil, wel- cher in China den begriff darstellt; denn der andere teil ist eben nur beigegeben um den annamitischen laut desselben begriffes zu fixiren. composita dieser art sind gerade bei den Chinesen sehr selten, da der Chi- nese, wenn er zusammensezt, fast immer die bildung eines neuen, von keinem der bestandteile rein ausgedrükten begriffes bezwekt. (!) doch finden wir auch im annamitischen beispiele dieser methode: HE giö z. b., za stunde bedeutet, ist aus dem bilde der sonne und dem lautgebenden Ars giö (chin. jü) construirt. 22) voi elephant, zerlegt sich in ;: (für KR) das bild eines hundes (hier für säugetier überhaupt) und ein den laut vor ausdrückendes 5 (chines. wei), u. s. w. (') unter den wenigen ausnahmen erwähne ich E pı nase und er €ı vorderzähne. in dem ersten zeichen ist ie das alte bild der nase; der andere bestandteil ((pı schenken) aber phonetischer zusatz. das andere besteht aus dem bilde eines geöfneten mundes mit beiden zahnreihen, welches schon genügen könte, und einem in phonetischer eigenschaft beigegebenen IE c' (stehen bleiben). Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. 121 Viele schriftliche composita der Chinesen enthalten gar nichts phone- tisches, sind blose definition des begriffes den sie darstellen. wenn z. b. sonne (F] si) hinter baum (7 mü) das compositum Hr giebt, welches osten bedeutet und Zung ausgesprochen wird, so siht man gleich dafs hier nur eine definition anzunehmen ist. (') von dieser methode haben die zu selbständigem denken wenig aufgelegten Annamiten sich fern gehalten; als einzige sichere ausnahme erscheint mir, wenn sie ir eigenes wort für himmel (tröi) durch senkrechte verbindung des chines. Ä. rian (himmel) mit „le sang (hoch, erhaben) darstellen; denn sang wird in Annam zwar ian, aber niemals Zröi, es kann also hier nicht phonetisch sein. zugleich findet auf dieses Zeichen auch anwendung, was oben von überflüssig scheinenden zugaben gesagt ist. (?) Über den grund gewisser anderen zusammensetzun- gen, wie wenn der begriff vergleichen durch pin (aussprache vz) oder durch die verbindung von ‚IP und Z (aussprache san) dargestellt wird, will ich keine vermutung wagen. iL In den grundwörtern des annamitischen gewahren wir dieselbe starke neigung zu triphthonggen, die das nordchinesische auszeichnet. (°) nur in diesem puncte ist das wurzelsystem Annam’s der Kuan-hoa ana- loger als den dialecten des südens, von welchen gerade die sprache Canton’s gar keine triphthonggen kent. Das annamitische hat alle dem chinesischen süden eigentümliche con- sonantische auslaute (d. h. aufser n und ng noch m, n, p, t, k) und c’ dazu. ein f fehlt dieser sprache, wie dem dialecte der chines. provinz Fu-kian; es wird in chines. wörtern durch p oder d ersezt, wie dort durch p oder A. (') die ursprüngliche bedeutung war ohne zweifel frühmorgen (wenn die sonne noch hinterm walde ist). so hat NY kao (sonne über baum), ein ausdruck für hell, weiland offenbar den vorgerükten morgen und AT jao (sonne unter baum), ein wort für dunkel, den späten abend bezeichnet. (?) wenn AR: die chinesische aussprache behält, ist es nie in begleitung jenes "D- (°) oft wird ein triphthonggisches grundwort der Chinesen im munde des Annamiten vollkommen zweisilbig. beispiele: Aujen für hiuan; hujet für Aiue; Zujen für giuan und so überhaupt, wenn man es mit der verbindung iu@ oder ise zu tun hat, die beiläufig ge- sagt, in Canton einfacher vocal (ü) wird: hün, hüt, gün u. s. w. Philos.-histor. Kl. 1859. Q 122 Scnort: auch in Canton mufs f dem A nicht selten weichen. andere fehlende laute sind c’ (isch) und e (is). (1) dagegen besizt der Annamite anlaute wie ir, tl, bl, ml; nach Taberd wäre indefs nur Zr allgemein; tl, bl, ml spricht man ihm zufolge nur in Tung-king (dem nördlichen Annam) für das sonstige einfache 1. wo ir ein den Chinesen erborgtes wort anfängt (was gar nicht selten der fall) da steht es bald für 2-+s oder ?-+5 (c', c), bald für 2. der name jenes unseli- gen getränkes (thea), chinesisch Ca, ga und t£, lautet in Annam gewöhn- lich zra.(2) wo ir ein / vertritt, da mufs einfaches r die mittelstufe sein, und auch mit diesem beginnen viele, teils einheimische, teils den Chinesen ab- geborgte grundwörter. in lezteren vertritt r übrigens nicht allein 7, sondern gelegentlich auch c’ oder ts (also für tr), sogar bloses s, und zuweilen t. Wenn chinesische grundwörter mit m-+i anlauten, so verwandelt der Annamite dieses häufig in dj, (?) obschon m vor i seinem organe eben nicht widerstrebt. die mittelstufe bildet hier wol ein 5-+i, das vor einem andern vocale zunächst dj ward; der übergang von diesem in dj ist aber sehr ein- leuchtend. (*) schon unter den dialecten Chinas hat wenigstens der von Fu-kian sehr häufig 5 statt m, z. b. b&= ma (pferd); bek = m£ (in Canton mek) tusche; (°) deng = ming (licht); bi= mi (reis); biau (bjau) = miao (pflanzenkeim); dien (bjen) = mian (gesicht) ; Biet (bjet) = mi (löschen). (') des g entbehrt auch der dialect von Fu-kian. ein e’ (sch) scheinen die Annamer zwar in demjenigen laute zu besitzen, den Taberd mit ch schreibt; aber die von ihm ge- gebene definition der aussprache: ‘ch pronuntiatur ac si esset Ai, proferendo k modo dulei, et brevissime literam i’, läfst auf ein palatinales 5 (etwa gleich dem magyari- schen zy?) schliefsen. ich schreibe c’, mag es nun anlaut sein oder auslaut. vgl. was wei- ter unten zu dj bemerkt ist. (?) te ist die aussprache von Fu-kian, wo man dem c’ oder g öfter ein bloses z, dem a öfter ein e substituirt. in dieser form ging das wort zuerst an die Malajen über, die es z.b. auf Malakka x5 schreiben. (°) dj muls palatinal sein wie ce’ (s. vorher), nur weicher und ungefär wie das gy der Magyaren lauten. dies ergiebt sich aus der folgenden sehr umständlichen beschreibung Ta- berd’s: “in prolatione hujus vocis debet linguae extremitas ad palatum oris attolli et statim amoveri, absque eo quod ullo modo dentes attingat; etiam poni debet post d lit- tera i, modo, ut ita dicam, quasi obscuro et brevissimo. (*) im heutigen tibetanischen schreibt man 2j, pj, und spricht respective ge (d-+s), e(t+S). (’) die form dieses wortes im dialecte von Fu-kian zeigt uns am deutlichsten, dafs das mongolische und osttürkische deke (tinte, schwärze) aus China komt. ob das magyar. fekete Zur beurteilung der annamilischen schrift und sprache. 123 Beispiele des dj für mi: djen=mien; djao und djeu = miao (meu); djän = min (män) , djän = ming (min), dji= mi; djet = mi (met). Dj vertritt auch oft das chinesische k: djam = kan. ferner c: djam = cin. endlich wird es gern statt des einfachen initialen z oder j gesprochen: dja=je; djiam = in; (') djian=jen; djep = je (ip) , dic‘ = i (ik). S vertritt öfter Z: so in sap=lap; sen=lien, sau = lao und leu. chinesische dialecte zeigen diese erscheinung meines wissens niemals; dagegen finden wir zuweilen, dafs die Chinesen selbst ein schriftzeichen welches zu- nächst einem mit / anlautenden grundworte entspricht, sofern es entweder eine andere bedeutung erhält oder als phonetischer bestandteil eines gröfseren verwendet wird, auch ein mit einem sauselaut anfangendes grundwort dar- stellen lassen. beispiel sei ie lung (drache); dieses giebt als phonetischer teil der zusammensetzung YıR den laut suang. (?) T steht: a) für p: pin wird tan; pi, ti, pt, tat. b) für s: sin (in Can- ton sam) wird tan, auch Zzam; sang, tang oder tan; si, tap; si auch tai (in C. sai); sui, tui, sfy wieder ai. c) für c (is), wie häufig in Fu-kian: cai wird Zai; cao, tau, can und cin, tam; cian, tan; ci, te; ci, tat. — D findet sich für $ in däm untertauchen (chines. sin, säm). T mit folgendem hauche steht: a) für c: is’ian wird tan. b) für ce‘: cin wird gleichfalls an. (°) c) für s: sin wird t’an, auch !’am; sing, tan; s7, lac'. so verwandelt sich sing-sin (der heilige geist) in !’an-t'an. mittelbar denselben ursprung hat? schwerlich, denn dieses heilst schwarz überhaupt und ihm entspricht das pegda der Ostjaken. hier könte man also eher an urverwandtschaft mit dem chinesischen Ae' (schwarz, in Canton Ahak, ob auch fak?) denken. A es kann also z. b. djam an die stelle eines kan, cin und in treten! diese werden in J $ Canton respeclive karn, gam und Jam. (?) viel weniger kühn verfahren also die Annamiten wenn sie das chinesische FF lung, sofern es mit vereinigt wird, um dessen bedeutungen auf vious, erudus, vivere einzu- schränken, den laut song ausdrücken lassen. vergleichen wir dieses mit Sue verbundene HE und das für sich allein und nur in der bedeutung generare gebrauchte (alsdann sin ausgesprochene) HB: so ergiebt sich uns, dals man hier aus einem chines. schriftzeichen zwei gemacht und seine verschiednen bedeutungen (auch mit veränderung der aussprache) unter beide verteilt hat; denn in China vereinigt H alle diese bedeutungen, ohne dafs auch nur die aussprache (seng) sich veränderte. (°) daneben auch Zram (in Canton gam). Q2 124 ScHuort: Hier breche ich ab, da es mir nur darum zu tun war, die wichtigsten verwandlungen aufzuzählen. hinsichtlich der endconsonanten sei bemerkt, dafs man n dem ng vorziht, und dafs m, p, k, t in den meisten fällen stehen wo sie der dialect von Canton hat, doch statt des k auch jenes den Annami- ten eigentümliche c’, z.b. bac’ für bäk (pe) weils; fac für sjak (57) stein. (!) Viele chinesische wörter die wenigstens in der Kuan-hoa lautlich zusammen- fallen, unterscheidet der Annamite sorgfältig durch den wechsel irer auslaute: so verwandelt sich pE hundert, in pa; pe chinesische ceder, in bya; pe norden, in bak;, pe weifs, in bac'. IN. Um den grammatischen character der annamitischen sprache zu beur- teilen sind wir auf überaus dürftige hülfsmittel angewiesen. dem wörter- buche Taberd’s (?) geht eine einleitung voraus, die eine skizze der gram- matik, dann einen abschnitt über verschiedne ‘partikeln’, endlich einige wenige texte in gebundener und ungebundner rede enthält. der zweite abschnitt ist ein dem wörterbuche getaner abbruch; denn es werden hierüber den gebrauch einer grofsen anzahl wörter erläuterungen gegeben die viel passender in den betreffenden artikeln des wörterbuches, wo man sie nun vermifst, ire stelle gefunden hätten. was aber die texte betrift, so bestehen diese aus einer kleinen anweisung zur annamit. verskunst mit einigen christlichen versen als probe, und ein par längeren christlichen leichen-carmina nebst ausführlichen anweisungen zu irer anfertigung. Wenn die Annamiten keine eigne und keine übersetzungslitteratur besitzen, so mufs es doch wenigstens briefe, be- kantmachungen, obrigkeitliche verfügungen in irer nationalsprache geben; und sollte die geistige verdumpfung dieses volkes so weit gehen, dafs es ganz ohne (selbständige oder erborgte) erzählungen oder mährchen wäre? wenn solcherlei vielleicht nur im gedächtnis der eingebornen existirte, konten es die bischöfe Pigneaux und Taberd in irer vieljährigen amtstätigkeit als seelsorger nicht sammeln und aufzeichnen? Die unpassend gewählten texte (') welches wort sich also im munde des Annamiten dem türkischen zas‘ oder zas sehr nähert! (?) Diectionarium Anamitico-latinum, primitus inceptum ab illustrissimo Pigneaux ... dein absolutum et editum a J. L. Taberd. Serampore 1838. grols 4. Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. 125 sind aufserdem sehr schwer zu verstehen, da der verf. oder herausgeber sie nur in lateinischer schrift mitteilt und keine übersetzung folgen läfst; er be- 'gnügt sich den sinn einiger verse in hexametern und pentametern wiederzu- geben (s. w. u.). Nach dem wenigen was uns verständlich vorliegt, zu urteilen, mufs die annamitische sprache an zeichen zum ausdruck grammatischer verhältnisse noch ärmer sein als die chinesische. betrachten wir Ostasien aus sprach- lichem gesichtspuncte, so offenbart sich uns vom annamitischen und chine- sischen ab eine graduelle entwiklung des grammatischen bewustseins über Siam, das Barmanenreich (dessen sprachen von den stimbiegungen schon emancipirt sind) und Tibet bis zum grofsen tatarischen geschlechte. in den sprachen von Annam und China ist die grammatik beinahe nur negativ vor- handen und was von dem gebrauche gewisser partikeln gesagt werden kann, das gehört eigentlich ins wörterbuch. Wie im chinesischen, so kann man auch im annamitischen durch ver- einigung zweier grundwörter neue begriffe bilden oder schon vorhandne ver- deutlichen. die verdeutlichenden ausdrücke werden vorangestellt, was im chinesischen bekantlich umgekehrt ist. es sind vorzugsweise HR kon (filius) beilebenden, (') 4, kai (animal femininum) bei leblosen dingen. das lez- tere giebt z. b. wenn es mit Jan (mensa) zusammentritt (kai-ban), wieder nur den begriff tisch. seltner fügt man ein wort bei das auf die figur des ge- genstandes anspielt, wie wenn mät-träng (gesicht-mond) statt /räng (mond) schlechthin gesagt wird, oder däu-gö'i (kopf-knie) statt göi allein. (2) Das verhältnis des genitivs wird in der höheren büchersprache Chinas oft, in der gebildeten umgangssprache immer oder fast immer und zwar durch eine partikel bezeichnet, die für beide stile verschieden ist, jedoch in beiden auf ein deutewort zurükgeht. schon im dialecte von Canton er- giebt sich aber dieses verhältnis ohne ausnahme nur aus der stellung der wörter. (°) ebenso ist es im annamitischen; nur wird hier, im gegensatze zum (') bei den Chinesen begleitet ir wort für sohn (F gy), wenn es solch ein amt hat, vorzugsweise leblose dinge. (?) däu ist hier ein erborgtes chinesisches wort, das übrigens auch bei den Chinesen so verwendet werden kann, wie wenn sie z. b. s?-!eu (jät-tau) sonne-kopf statt 5’ (jät) sonne sagen. (°) beispiel: AR 2 N Hk ni lou-kei mui tuae amasiae soror-minor. dieser satz 126 ScHorrt: chinesischen, das regirende wort vorangestellt, wie auch die substan- tiven ee iren adjectiven vortreten, z. b. #2 Er sac öng liber domini; HH AR küatöt resbona. das unmittelbare objeet ergiebt sich zur genüge aus seiner stellung hinter dem verbum (wie meist auch im chinesischen) ; ein mittelbares durch eine partikel zwischen beiden. den dativ z.b. bezeichnet Z£ co was im grunde selbst verbum ist und geben bedeutet; (1) also gerade diejenige bedeutung, die der lateinische name die- ses verhältnisses ausdrükt: yi7 Ei = x Ä H. Jam s/y gi Co ngyöi facere rem aliquam dare homo d.i. facere aliquid alicui. (?) Das verbum hat nichts was dem chinesischen sprachgebrauche nicht sehr analog wäre. wie esmitrelativenzwischensätzen gehalten werde, darüber erhalten wir mom aufschlufs. im Be findet sich beiläufig der satz: ++ & ER TER 25%) H cua Gi-gin la töi möl ngyöi dao-kiep döng din cung, welcher folgenden sinn geben soll: ‘herr Jesu, der du einem mit dir gekreuzigten räuber seine sünden verzihen hast.‘ diesen sinn kann er aber nicht geben ohne einen vervollständigenden zusatz; denn wir haben nichts vor uns als die worte: “dominus J. remittere peccata dare unus homo [uni homini] latro [latroni] simul erucifigere und‘, und können folglich mit gröfserem rechte übersetzen: ‘der herr J. hat einem »... die sünden verzihen” angenommen es folgte noch “miserere etiam nostrum’ oder was ähnliches als ergänzung:: so würden die worte von remit- tere bis dahin wenigstens logisch einen relativen zwischensatz bilden, wie dies jedenfalls mit den drei lezten worten (döng din kung) in irer engern sphäre der fall. die beiden zwischensätze sind vor den augen des Annami- ten nur umständlichere adjectiven zum ‘herren Jesus und zum 'räuber? In seiner grammatischen skizze en Taberd 2 erden angebliche ee a, namentlich IL ke, Kir KU la-ke, Sie Ei la-sfy, vie x la- däng Ef A 7 tuök-ve. allein er bringt sehr dürftige beispiele enthält zwei von einander abhängige genitive und doch haben wir nakte wortstellung vor uns. (') in beiderlei sinne kann das chinesische El jü gebraucht werden. (°) aus diesem satze erhellt auch, dafs die Annamiten des chinesischen Zu (ei, gi, in Annam 5?) im sinne von irgendwas sich bedienen. # hat seine chinesische bedeutung sache behalten. Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. 427 ires gebrauchs. sie werden dem worte, auf welches sie sich bezihen, nach- gesezt, wie die demonstrativen. (1) ke ist öfter mit irgend wer, je- mand zu übersetzen, und in verbindung mit N no (iste) und Er kia (ille) bildet es energische deutewörter. vi la ist verbum substantivum. der von Taberd angeführte satz Du AR IL A an la ke noi (frater est qui dieit) mag so gefafst werden: frater (major) est ille (oder quidam) dieit. er dä'ng (das chinesische töng gradus) wird immer auf eine höhere person oder ein höheres wesen bezogen; den gebrauch desselben beleuchtet der verfasser mit dem satze = Bir = ZA = RHH cua ı dä’'ng dyng-nen tröi dät (nach ihm) deus qui creavit coelum (et) terram. derselbe satz kehrt im wörterbuch (s. 127) wieder; da ist aber qui in der übersetzung fortgelassen! man tut wol am besten wenn man die sache so denkt: “deus estille, creavit coelum (et) terram’. wenn E# sfy (das chines. wort sache) in solcher ver- bindung gebraucht wird, ist der gegenstand der bezihung wohl nur sach- lich. Was Zuök-ve' betrift, so bedeutet dies eigentlich pertinere, und der von Taberd citirte satz: 1} 3 AH 5 2 sac' luök-ve‘ käu töi, den er so wiedergiebt: “liber qui est avunculi mei’, kann nichts anderes heifsen als liber pertinet avunculo meo’. hätte der verfasser noch etwas hinzu- gesezt, so dafs etwa gesagt wäre: ‘das meinem oheim angehörende buch ist sehr kostbar’, so könten wir !’uök-ve' käu töi als einen zwischensatz be- trachten. Ich lasse nun die christlichen verse folgen, jedoch nur in alphabeti- scher umschreibung der wörter, da manches entsprechende schriftzeichen von annamitischer zusammensetzung bei uns typisch nicht vorhanden ist. Ar Döi-ön c’ua-ca ba-ngöi, gratias-ago domino supremo trino, A A A U As “ \ dyng nen muön vätl co töi hyöng dung. creavit omnes res ad nostros usus. C'ua la vö ti vö dung, dominus est sine principio, sine fine, (rzan! 14 JE, ngyöi nai homo iste; Hr Er ki @i tempore illo. 128 ScHorr: Üyöng sin Üyöng vyöng k’öng cung k’öng sai. semper vivus semper rex Omnipotens. cua la toan dy'k toan tdi dominus est summe (?) perfectus summe (?) peritus, suöt trong tröi dat k’ong-ai vi tai. (!) penetrat (?) coelum terramque, ubique (est) sine simili. Dasselbe in distichen des bischofs Taberd: Trino unique Deo promo de pectore grates, usus ad nostros clemens cuncta creans, omnipotens sine principio sine fine manebit, morte carens, sceptro frenat cuncta suo. numen perfectum numen summeque peritum, non similis coelo vel qua terra patet. 6) ie Häi-hüng kin-k'iep höi ngyöi-ta perterrefacti, timore-exanimati, heu! (erunt) homines. G [4 Du A ad Is ’ ’ ’ cua set cöng-bin cäng !'y-ta. Dominus examinat juste, non indulget. cöng büng müi-löng kKöng k’udt-läp meritum etsi minutissimum, non absconditur. töi däu höi-t’ö cüng ngiem-tra. peccatum etsi suspirium, etiam severe scrutatur. bäi-giö ngäi-ty giao tän-tan tunc Justi consociantur angelis, ki-di töi-nön pü küi-ma. tune peccatores traduntur daemonibus. böi-do myöi rän tua näam-giy. ideo decem praecepta (nos) oportet caute custodire. (') döi ist vertice capitis ferire; es giebt in verbindung mit ön gratia, bene- ficium, die bedeutung gratias agere. als unmittelbares object gehört dazu c'u@ dominus, welches durch e# supremus und da-ngöi dreieinig (aus da drei und ngöi persona) qualificirt wird. dyng-nen ist creare; muön-vät (chinesisch) decies mille (omnes) res; c’o, dare, ad, und zeichen des dativs; zöi, ego und nos. dieses muls man zu Ayöng- dung (usüs) im genitiv-verhältnisse denken; es geht also hier das regirende wort ausnahms- weise voran. Z& ıst esse. Zrong der lezten zeile ist intus, in. Zur beurteilung der annamitischen schrift und sprache. 129 ryön tra kö-bak c’ö m& sa. (t) vino, theae, aleae ne simus dediti! Dasselbe in Taberd’s distichen : Hei mihi! cunctorum subitus tremor occupat artus, ecce venit judex stricte jura ferens, ut meritum vitas hominumque et crimina quaerat. ipsum etiam fugiet nusquam culpa levis. turba ministra Dei fidos assumit amicos, aufert peccato foedum inferna cohors. ergo jussa Dei servemus mente fideli: alea luxuries vinumque ite procul! Anhang. Über die namen Annam, Tung-king (Tonquin) und Cochinchina. Der chinesische name a2] An-nan oder Ngan-nan (ruhiger süden), welcher in Canton On-nam, im lande selbst An-nam ausgesprochen wird, umfafst alle drei provinzen eines schmalen aber sehr in die länge sich zihenden states, der ursprünglich drei besondere staten bildete. das herschende, die ana- mitische sprache redende volk wohnt in der nördlichen und mitleren dieser pro- vinzen, von denen die erste Hr I Tung-king (auch Tong-king), die andere aber Hi HK C'een-cing (Tschen-tsching) heifst. diese beiden namen sind eben- falls chinesisch: Tung-king bedeutet östliche residenz. (?) in C’en-cing ist Cing s. v. a. feste stadt. auch dieser name war zuerst der einer resi- denz; früher hatte hier ein ort gestanden der schlechthin C’en hiefs. (3) (') ngyöi-ta ist aus ngyöi homo, und Za, was dem wörterbuche zufolge wir bedeutet. der verfasser fügt hinzu: ‘sic etiam de se loquuntur superiores” er führt unter z@ auch ngyöi-ta an, übersezt es aber mit homines (als wäre /a pluralzeichen) und alii. ein be- sonderes wort für wir ist unter den fürwörtern nicht erwähnt. Aöi-2ö suspirium, wol im sinne von res levissima. ngiern-tra penitus examinare. giao convenire und con- sociari. ki äi tempore illo. p% tradere muls hier passivisch gefalst werden. c’ö ist noli, ne. zn& excaecatus, deditus. sa? (2) nach annamit. aussprache Döng-kin. über die veranlassung zu diesem namen s. Ritters Erdkunde (Asien) band II, s. 976. (?) das schriftzeichen bedeutet im chinesischen, wenn es den gleichen ton hat: ‘sortes consulere, abdita scrutari', mit dem fallenden tone aber “aliena usurpare.’ Philos.-histor. Kl. 1855. R 130 Scuorrt: Zur beurteilung der annamiltischen schrift und sprache. dem sinlosen, von Europäern geschmiedeten namen Cochinchina mufs jenes c’en-cing und zwar nach chinesischer (genauer nordchinesischer) aussprache, zum grunde liegen. die vorn hinzugekommene silbe co kann nicht wol etwas anderes vorstellen als das chinesische ko, go, kuö, kue, kuok oder gok, welches, sofern ihm [63] oder die variante entspricht, regnum bedeutet; so oft aber dieses wort einen namen begleitet, steht es nicht vor, sondern hinter demselben und zwar nicht blos bei den Chinesen, sondern (meines wissens) auch bei den Annamiten, in deren sprache es gleichfalls eingebür- gert ist. es mufs also wol erst durch Europäer die ihm nicht geeignete stelle erhalten haben. Zu seite 117 zeile 25. das schriftzeichen Ah welches dem bei den Chinesen aus budd’a entstandenen fü, fo&, fat oder hut entspricht, ist zwar auch in Annam eingeführt, bezeichnet aber dort, wie in China, nur die Buddha’s und hat also einen viel eingeschränkteren gebrauch als Er but. ———zaiua—— Über eine Rheinische Chronik des 13'* Jahrhunderts. - H” PERTZ. BARAANANARAARAAN [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 22. Februar 4855.] | Kine anderen Bereicherungen welche der Königl. Bibliothek unlängst zu- gekommen sind, findet sich ein kleines Doppelblatt Pergament, das von einem Band alter Rechnungen oder einem Bücherdeckel abgelöst, und da- bei eines Theils seiner Schrift beraubt ist. Diese besteht aus Versen, ge- hört wie die anliegende Tafel zeigt, in die zweite Hälfte des 13ten Jahrhunderts, und ist der Überrest eines gröfseren geschichtlichen Werkes, welches bisher unbekannt blieb, und dem Bruchstücke nach zu schliefsen die Begebenheiten in Deutschland und namentlich am Niederrhein zum Ge- genstand hatte. Es sind im Ganzen 157 Hexameter, wovon die erste Seite 34, die folgende 36, die Vorderseite des zweiten Blattes 48, die Rückseite 39 ent- hält. Jeder Vers ist gereimt, und zwar so, dafs entweder die Mitte, d.h. die letzte Sylbe des zweiten nebst der ersten Sylbe des dritten Fufses, und das Ende des Verses auf einander reimen, oder aber dafs sie der Mitte und dem Ende eines oder mehrerer andern Verse entsprechen; auch findet sich wohl beides zugleich, was dem Wohlklange nicht sehr günstig ist. Gewöhn- lich bilden vier Hexameter eine Strophe, in der ohne Unterschied die in sich oder die mit einander reimenden Verse voranstehen oder folgen; eini- gemal besteht die Strophe aus 6, einmal aus 2 Hexametern. Ihr Beginn wird jedesmal durch ein kleines Paragraphzeichen vor der Zeile, die grofsen Ab- schnitte der Erzählung werden durch stärkere Paragraphzeichen angedeutet. Das Pergament hat, wie der Augenschein ergiebt, von seiner frühe- ren Breite und dem oberen Rande wenig verloren, der Text hat hier nicht gelitten; unten hingegen bemerkt man, dafs die Verse durchschnitten sind. R2 132 Pertz Es fragt sich, wie viel hier verloren gegangen ist. Der Sinn ergiebt, dafs der Verlust nicht unbedeutend seyn kann; nach den Stichen, oben zwei, nach unten drei, zu schliefsen, ist fast die Hälfte des Pergaments unten ab- geschnitten, so dafs am Ende jeder Seite ungefähr 26 Verse fehlen. Der Text zerfällt demnach in vier Bruchstücke; wir wollen sie nach einander betrachten. A. Die erste Seite enthält die zweite Hälfte einer Strophe und 4 ganze Strophen, welche den Schlufs eines Abschnittes ausmachen dessen gröfster Theil verloren ist, und sodann den Anfang eines zweiten Abschnittes in 4 Strophen. Die ersten Strophen schildern die Verdorbenheit der damaligen Menschen, der Geistlichkeit wie der Laien, und zwar wie sich sogleich er- giebt, zu der Zeit des grofsen Streites zwischen Kaiser Friedrich Il und dem Papste Gregor IX. Die Geistlichkeit giebt das Beispiel der ärgerlichsten Unsittlichkeit. Ihrer Gelübde uneingedenk sündigen sie durch Übermuth, Schwelgerei, und wählen dazu nicht geheime sondern öffentliche Orte. (!) Die ärgerliche Habsucht zeigt sich in der Mehrheit der Pfründen, curae, welche in einer Person vereinigt werden. Das Verderbnifs theilen Kanoniker, Pfarrer, Mönche. (2) Diese Gräuel rottet Christus aus, indem er die irrenden Sün- der durch schwere Kriege zu sich zieht; so der Übergang zum zweiten Abschnitt. Der Papst nämlich befiehlt den mit ihm verschworenen deutschen Prälaten den Krieg gegen den Kaiser zu beginnen. Sie gehorchen dem Be- fehl; ihre Führer sind die Erzbischöfe von Mainz und Cöln, welche einst Friedrichs vorzüglichste Freunde waren, jetzt aber seine heftigsten Wider- sacher werden; der Erstere Siegfried war König Konrads Pfleger gewesen. Konrad führte in Deutschland für seinen abwesenden Vater die Regierung, Friedrich hatte den Erzbischof ihm zur Hülfe zum (procurator imperü) Reichsverweser ernannt. Um den Zusammenhang zu verstehen, mufs man sich erinnern, dafs Gregor IX den Kaiser am 29. März 1239 im Lateran ex- communicirt und dessen Unterthanen von der Treue gegen den Kaiser ent- (*) Ducunt bis multiplicantur. (2) Ut bis viciosı. über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. 133 entbunden, am 7ten April diese Eidesentbindung öffentlich verkündigt, und im November den Albert Böhme als seinen Abgeordneten nach Deutsch- land gesandt hatte um den Widerstand zu leiten. Die deutschen Fürsten zö- gerten jedoch den Wünschen und Erwartungen des Papstes zu entsprechen, und sandten im Jahre 1240 den Deutschmeister Conrad als Friedensver- mittler nach Rom. Nachdem dessen Bemühungen gescheitert waren, schrieb Gregor ein allgemeines Concil nach Rom gegen Friedrich aus; der Kaiser verbot den Bischöfen die Beschickung und verlegte ihnen den Weg; die Prälaten unter der Leitung dreier päpstlicher Legaten versuchten auf der Genuesischen Flotte die Überfahrt, fielen jedoch am 3ten Mai 1241 in einer grofsen Seeschlacht in die Hände des Kaisers. Am 10ten September des Jah- res schlossen dann die Erzbischöfe Siegfried von Mainz und Conrad von Cöln einen Bund gegen den Kaiser und bereiteten sich zum Angriff. Die Aufforderung des Papstes mufs also in die Sommermonate fallen; im Juli stieg die Bedrängnifs Gregors auf das Höchste, als der Kaiser vom Cardinal Johann von Colonna gerufen vor Rom rückte und die Campagna verheerte, und Gregor selbst starb noch vor dem Abschlufs des Bündnisses, am 21. August. (?) Obwohl nun in den Regesten Gregors, welche gegen das Ende seiner Regierung weniger vollständig gehalten zu seyn scheinen als in den früheren Zeiten, eine bestimmte Aufforderung an die Erzbischöfe nicht vorkommt, so wird sich an der Wahrheit der von unserm Erzähler berichteten That- sache doch nicht zweifeln lassen, und erledigtsich nun dadurch die in neuerer Zeit aufgeworfene Frage, wer den wirklichen Ausbruch des Krieges in Deutschland veranlafst hat. Hier stofsen wir auf die erste Lücke von 26 Versen. Sie ent- hielten wahrscheinlich die weitere Schilderung der beiden Erzbischöfe und ihrer Vorbereitungen zu dem allgemeinen Brande, und beschrieben die Ge- genmafsregeln und Thaten des Kaisers in Italien. Denn mit dem zweiten Bruchstück B. wendet sich der Verfasser wieder nach Deutschland. Hier schlossen am 13. December Graf Wilhelm von Jülich und die Stadt Aachen einen Bund (') Quid plus? bis Cesaris ac v 134 PErTz für den König Conrad und gegen den Erzbischof von Cöln, indessen am Oberrhein der Pfalzgraf Otto das Reich vertheidigte. Unser Verfasser be- richtet, wie die Geschenke des Kaisers den Grafen gegen den Erzbischof zu den Waffen trieben, und das Rheinland verwüstet worden. Der Erzbischof von Mainz hat den Angriff der oberrheinischen, der Cölnische den Angriff der niederrheinischen Feinde auszuhalten. Die Völker entzweien sich und wüthen gegen einander, in jeder Stadt bilden sich Parteien, jeder zieht seine Vasallen und Ministerialen in den Kampf, die Schlechten machen Gewinn, dem Gerechten wird keine Treue gehalten, der Bruder hafst den Bruder, der Freund verschont den Freund nicht, der Sohn führt die Waffen gegen seinen Vater.(!) In einem neuen Abschnitte geht der Erzähler anf das Ein- zelne über. Die Kaiserlichen versammeln sich, und machen unter Anführung des Grafen Wilhelm von Jülich einen Einfall in das Erzbisthum Cöln. Sie er- obern und plündern Bonn, und begehen dort viele Gräuel. Als sie mit Beute beladen unter Anführung des Grafen den Rückzug antreten und ohne Sorge vor Gefahr in Brühl übernachten, greift sie der Erzbischof mit seinen Truppen an, und schlägt sie. Der Graf entflieht, schmählich beraubt, und erzürnt über die Schande dafs sein Heer durch ihn eine Niederlage erlit- ten hat. — Hier wird die Erzählung wieder durch eine Lücke unterbrochen. Es fehlen wenigstens 26 Verse; möglich, aber nicht wahrscheinlich, dafs nun auch noch ein Doppelblatt ausgefallen ist. Denn die Erzählung fährt auf der folgenden Seite neun Monat später fort; da sie jedoch im Ganzen nicht sehr ausführlich ist, so möchte ich glauben, dafs die dazwischen fal- lenden Ereignisse in 26 Versen abgehandelt waren. Der Graf von Jülich nämlich kämpft, wie wir wissen, hinwieder mit dem Erzbischof von Cöln, nimmt ihn gefangen, und führt ihn nach seinem Schlosse Nideck. Die Zwi- falter Annalen schreiben im Jahre 1242: Coloniensis et Moguntiensis epis- copi inpugnant imperatorem; captus autem est Coloniensis episcopus in Badua, oceisi sunt quingenti sexaginta quinque homines ab imperatore. (?) (') Post hec accedo bis favetur iniquo. (2) Monumenta Germaniae SS. T. X. p. 60. über eine Rlsinsche Chronik des A3ten Jahrhunderts. 135 Die mit ihnen aus derselben Quelle geflossenen noch ungedruckten Freiburger Annalen haben fast unverändert: 1241. Mogontinus et Coloniensis episcopi imperatorem inpugnant. Captus est autem Coloniensis episcopus. In Badua occisi sunt DLXV ho- mines ab imperatore. Die Salzburger Annalen (!) erzählen ausführlicher von den Angriffen der beiden Erzbischöfe auf die Reichsgüter. Quibus occurrerunt comites barones et auxiliarii imperatoris, conflietu cum ipsis inito, vieissim multis interfectis. Quorum potior fuit dux Walrab de Lintpurch, archiepiscopo Coloniensi in eadem congressione a comite de Gulich captivato et graviter vulnerato. Viel kürzer die um jene Zeit geschriebene Lüneburger Chronik, und die grofse Belgische und die Chronik der hilligen Stadt Cöln aus dem Ab- laufe des 15ten Jahrhunderts: Des(?) anderen Jares de Bischop van Megenze unde de van Oolne de- den den Keiser to banne, unde orlogeden up ene; des quam de bischop van Colne to stride unde ward gevangen van des Keisers helperen. Conradus... per Wilhelmum comitem Juliacensem ...in conflictu bel- lico captus, in castro ipsius comitis, scilicet Nydecke, per novem menses ia- euit in vinculis. (°) In den iairen uns heren 1242 do braechen die burger van Coellen die Burch tzo Duyisch aff mit willen bysschoff Conraitz vurscreben. Item he kriegede eyn lange tziit mit greve Wilhelm van Guylche, ind bysschoff Conrait wart gefangen, ind lach 9 maende im Slofz zo Nidecken. He quam uyss ind koer zo eym Roemschen Konynck ... . Henrich lant- greve van Hessen. Der Ort wo dies Treffen und die Gefangennahme des Erzbischofs vorfiel, Badua, war bisher nicht zu bestimmen. Den Umständen nach hatte man am Niederrhein, etwa zwischen Cöln und Jülich zu suchen, dort findet sich aber kein ähnlich lautender Name. Erst unsere Erzählung führt auf die richtige Fährte. Der Graf von Jülich kehrte von Bonn nach seinem Lande zurück, als der Erzbischof ihm aus Cöln entgegenkam und ihn in (') ibid. T. XI. p. 788. (?) Eccard. Corpus SS. IL, p. 1410. (°) Magnum Chronicon Belgicum (—1474 Pistorius III 259.) 136 Perrz Brühl überfiel. Der Graf war dadurch von seinem Zuge abgedrängt; er konnte nicht nach Norden auf der östlichen Seite des Gebirges gegen Cöln oder Jülich vorgehen, sondern sah sich auf die Wege nach Süden oder Westen gewiesen; hier stand ihm entweder die Strafse nach Bonn auf der er so eben gekommen war, oder der Zülpicher Weg, oder die Strafse queer über das Gebirge nach der Erfft offen; er mufste einen der beiden letzten wählen, welche für ihn den Vorzug hatten, seiner Rückzugslinie näher zu seyn. Hier findet sich nun südsüdwestlich von Brühl in geringer Entfernung der Ort Badorf. Der Name hat solche Ahnlichkeit mit Badua, dafs man ihn dafür nehmen darf. Man wird sich also den Zusammenhang der Begebenheit so denken, dafs der Erzbischof den Grafen über Brühl hinaus verfolgte, aber dabei mit Verlust von 565 Todten selbst in die Gefangenschaft fiel. Dafür dafs dieser Vorfall sich in jener Gegend, wenn auch vielleicht nicht gerade in dem jetzigen Orte Badorf selbst ereignete, findet sich in einer handschriftlichen Chronik der Erzbischöfe von Cöln eine Bestätigung. In dieser Pergamenthandschrift nämlich welche ehemals dem Stifte St. Pe- ter und Paul in Erfurt gehörte, sind der älteren Chronik, welche mit dem Erzbischof Engelbert schliefst, in der zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts selbständige Lebensabrisse der Erzbischöfe Heinrich, Con- rad von Hochstaden, Engelbert II und Siegfried von Westerburg hinzu- gefügt. Conrad wird keinesweges als ein der Kirche heilsamer Fürst, son- dern als vir furiosus et bellicosus und unvorsichtiger Zerstörer von Deutz dargestellt; dann fortgefahren: Hie primus contra vassallum, comitem scili- cet Juliacensem, apud Leggenich pugnavit, ubi captus cum pluribus fuit. Leggenich, jetzt Lechenich, nun liegt eine Meile westlich von Badorf, jen- seits des Höhenzuges, über welchen die Strafse von Brühl dahin führt. Der Schauplatz der Begebenheit wird also dadurch im Wesentlichen gleichmäfsig nachgewiesen, jedoch auf die andere Seite des Höhenzuges versetzt. Viel- leicht hiefs der bewaldete Höhenzug selbst damals Badua, womit der Aus- druck, dafs der Erzbischof und seine Leute in Badua gefangen und getödtet seyen, sehr gut stimmen würde; doch habe ich nicht finden können, dafs jener Name dort damals oder jetzt gebräuchlich gewesen sey, und an die sylva Baduhenna des Tacitus(!) darf man hier nicht denken, da sie am Mee- resufer in Friesland gesucht werden mufs. () Tacit. Ann. IV. über eine Rheinische Chronik des A3ien Jahrhunderts. 137 Der Tag des Treffens ist unbekannt; einen ungefähren Anhaltspunkt giebt die Nachricht der späteren Chroniken, dafs der Erzbischof neun Mo- nate im Gefängnifs zugebracht habe. Der Vertrag über seine Freilassung ward am 3ten November 1242 ausgestellt. (') Da der Erzbischof noch am 97sten März in Freiheit war, wie wir aus einer von ihm vermittelten Ur- kunde(?) Siegfrieds von Mainz für dessen Vasallen ersehen, so kann das Treffen frühestens an diesem Tage erfolgt seyn, so dafs also der neunte Mo- nat der Gefangenschaft nicht voll sondern nur begonnen war; es mülste denn die Befreiung des Erzbischofs selbst nach Ausstellung seiner Urkunde noch Anstand gefunden haben. Nach der unklaren Angabe in den Gestis Trevirorum, dafs Herzog Walrab in jener Schlacht verwundet und nach Ostern gestorben sey, würde, wenn auch nicht die Verwundung und die Schlacht, doch der Tod nach dem 20sten April fallen, auf welchen Os- tern damals fiel. Die Neueren(?) haben deshalb an der Dauer der Gefan- genschaft gezweifelt. Da aber unsere Erzählung unabhängig, und viel älter als die bisherigen Nachrichten, ausdrücklich angiebt, dafs der Graf erst im neunten Monate die Anerbietungen des Erzbischofs angenommen habe, so mufs man sich an diese Angabe halten, und der Tag des Treffens vor dem 2ten April angenommen werden. Die Erzählung von des Erzbischofs Gefangennahme wird auf dem verlorenen Theil der zweiten Seite enthalten gewesen seyn. C. Der Anfang der dritten Seite unterrichtet uns von dem bisher unbe- kannten Anschlage eines Getreuen des Erzbischofs, mittelst Gefangen- nahme des Königs Konrad ein Pfand zu erhalten, wogegen der Erzbischof ausgewechselt werden könnte; der Entwurf war jedoch nicht ausführbar, da Niemand den König in Gewahrsam haben wollte. Konrad reiste im April von Aachen über Coblenz nach den Maingegenden; es war also wohl darauf abgesehen, ihn auf dieser Reise zu überfallen. Hierauf folgt ein neuer Abschnitt, von 18 Versen. (‘) Der neueste Abdruck desselben findet sich bei Lacomblet II. 139—141. (?) Guden Cod. dipl. I. 570. (°) Jacob Burckhardt: Conrad von Hochstaden Erzbischof von Cölln 1238—1261. Bonn 1843 S. 19, Anmerkung 23; und Böhmer Regesta Imperii von 1198—1254 S. 390. Philos.- histor. Kl. 1855. Ss 138 Perrtz Da der päpstliche Stuhl durch Gregors IX und Cölestins Tod erle- digt, Cöln seines Erzbischofs beraubt war, und das Schiff der Kirche unsi- cher umherschwankte, als der Erzbischof keine Hülfe für sich erblickt, und die Verwüstung des Landes sieht, geht er den Grafen um seine Befreiung an; seine Bitten unterstützt Arnold von Diest; im neunten Monate weicht der Graf, und entläfst den Erzbischof gegen Zahlung von 5000 Mark sei- ner Haft. (') Die Erzählung weicht von der über den Vertrag ausgestellten Urkunde hinsichtlich der Höhe des Lösegeldes ab; dieses betrug nicht 5000 sondern 4000 Mark, welche in verschiedenen Terminen bezahlt werden sollten. Arnold von Diest, der Vermittler des Vertrags, war einer der bedeutenderen Vasallen des Grafen von Jülich, der als Zeuge und Bürge für ihn, in Urkun- den der Jahre 1236, 1237, und seit 1248 bis 1252 als Ritter, dominus de Dist, Diest, Diste, in Urkunden Königs Wilhelm und des Grafen Wilhelm von Jülich vorkommt. (?) Der von ihm vermittelte Vertrag war von ganz eigener Beschaffenheit. Der Erzähler sagt: der Erzbischof habe dadurch für sich, die Kirche und das Vaterland gesorgt. Denn der Graf verstand sich zu einem Verbande mit dem Erzbischofe und zu gemeinsamen Mafsregeln sowohl in Beziehung auf die Kirche als auf des Erzbischofs Aussöhnung mit dem Kaiser, und ge- währte dadurch dem Erzbischofe eine festere Stellung als derselbe vor dem Kampfe eingenommen hatte. In dem folgenden Abschnitte, wovon die ersten 20 Verse vor- handen sind, vernehmen wir, wie Christus den Übeln der kaiserlichen Ty- rannei ein Ende setzt; Papst Innocenz IV. wird erwählt, der schon durch seinen Namen vorherbestimmt ist, die Schäden der Welt zu entfernen. Als der Kaiser die Hoffnungen welche er auf diesen scinen alten Freund gesetzt hatte, nicht erfüllt sieht, verhärtet er sich noch mehr, und bietet nun dem Clerus gegenüber alle Mittel auf; er verbündet sich mit den mächtigsten Sultanen jenseits des Meeres und den übrigen Heiden, mit den schis- (') Cum sie bis abivit. (2) S. Lacomblet II. N. 217—382; derselbe Name erscheint schon 1242 in Otto IV Urkunden, und Arnolds Bruder Gerbard 1246 und 1250. über eine Rheinische Chronik des 13ten Jahrhunderts. 139 matischen Griechen und den gotteslästerlichen Feinden Christi und des Kreuzes. (') Dafs dieses ein eigener Abschnitt sey, ergiebt der Zusammenhang; in der Handschrift beginnt er jedoch mit einem gewöhnlichen Anfangsbuch- staben; indem der Schreiber eine Anzahl von 12 Versen übersah, die erst nach Vollendung der Seite neben dem Texte nachgetragen sind. In den nächstausgefallenen 26 Versen hatte sich der Erzähler fortwäh- rend mit dem Kaiser Friedrich II. und dessen Verfahren gegen die Kirche im Ablauf des Jahres 1243 und in der ersten Hälfte 1244 beschäftigt; es mag die Belagerung von Viterbo und die vergebliche Friedens-Unterhandlung zu Rom erwähnt und einzelne Mafsregeln welche die Kirche für ungerecht und unbarmherzig erklärte, dargestellt seyn, wie der Anfang des folgenden Abschnitts auf der vierten Seite darlegt. D. Wie der Kaiser die Italiänische, so unterdrückt König Konrad die Deutsche Kirche. Die vom Papste öfters angerufenen Könige, Grofsen und Völker gewähren keine Hülfe, nur die gequälten Prälaten in Deutschland. Der Papst fürchtet das Unterliegen der erschöpften Kirche, und obwohl er immer an nahen göttlichen Schutz glaubt, so verachtet er doch auch die menschliche Hülfe nicht; wohl wissend dafs es schwer sey einen König ohne Beistand eines Königs zu besiegen, beschliefst er seinen Aufenthalt zu verän- dern, und vollführt seinen Plan unter dem Deckmantel der Friedensverhand- lungen. Während ihn die Kaiserlichen zu einer Unterredung erwarten, ent- flieht er rasch und wird von der Genuesischen Flotte froh aufgenommen. Nach Lyon geführt, schreibt er eine Kirchen-Versammlung aus, um der Noth der erschöpften Kirche abzubelfen (1245 den 3. Januar). (?) Der Erzähler übergeht dabei den fünfmonatlichen Aufenthalt des Papstes in Genua, und läfst ihn auf seiner Flucht gleich über das Meer nach Lyon führen. Der nächste Abschnitt wendet sich weiter zu dem Kaiser. Als dieser sich hintergangen sieht, mifsbraucht er noch mehr das Schwerdt der (') Tunc eternalis bis conamine ducis. (?) Dum sic Augustus bis agenda necesse. 140 Pexrrtz Gewalt, tödtet viele Anhänger der Kirche, dem Herodes gleich, und bereitet sich zum Angriff des Papstes. Gegen ihn erhebt sich König Ludwig von Frankreich, ermuthigt den Papst und bewirkt Friedrichs Umkehr, der sich nun gegen das rebellische Parma wendet. (') So überspringt der Erzähler also eine Reihe der wichtigsten Begeben- heiten, das Verfahren des Papstes auf dem Lyoner Coneil, die Absetzung des Kaisers 1245, die auf des Papstes Betrieb gegen ihn eingeleitete Verschwörung und deren Folgen, die Erwählung des Landgrafen Heinrich Raspe zum Ge- genkaiser in Deutschland, wobei die Erzbischöfe von Cöln und Mainz so thä- tig mitwirkten, die Schlacht bei Frankfurt und des Pfaffenkönigs Tod im Februar 1247; und das Bruchstück endigt im Junius 1247 in dem Zeitpunkte als Friedrich auf dem Zuge nach Lyon zur Aussöhnung mit dem Papste be- griffen, zu Turin von dem Abfall der Stadt Parma Kunde erhält und sich gegen sie umwendet. Die Bemühungen dieses Bruchstück durch weiteres Nachsuchen am Fundorte zu vervollständigen sind fruchtlos geblieben. Betrachten wir nun das Vorhandene, so sehen wir darin wohl unzweifelhaft nur einen klei- nen Theil eines gröfseren Gedichts, einer Erzählung in metrischer Form, die im Grofsen dem Fortgange der Begebenheiten folgte, ohne sich jedoch ihnen genau anzuschmiegen oder eine gewisse Vollständigkeit anzustreben. Über den Umfang des Ganzen läfst sich nichts vermuthen, da weder An- fang noch Ende bekannt sind, auch die Behandlung des Stoffes selbst in unserm Bruchstücke so sehr verschieden ist, wo die Erzählung der Jahre 4241 bis 1245 ohne allen ersichtlichen Grund einen vielfach gröfseren Raum einnimmt als die wenigen den ereignifsreichen Jahren 1245 bis 1247 gewid- meten Verse. Indessen steht das Bruchstück wohl dem Schlusse sehr viel näher als dem Anfange, da der Verfasser darin das Selbsterlebte darstellt, und auch der Schrift nach zu urtheilen, welche, wie die nachgetragenen Strophen der dritten Seite beweisen, nicht Original sondern Abschrift ist, das Gedicht schwerlich über die Sechziger Jahre des 43ten Jahrhunderts herabging. Dazu pafst, dafs er von den Zuständen des Jahres 1240 als ehe- malig spricht; die Entsittlichung sagt er Zune tanta fuit — es war also seit- (') Tune est delusum bis deficientes. über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. 141 dem eine Änderung eingetreten, eine Reihe Jahre verflossen; während er doch an den Ereignissen jener Zeit lebhaft, wenn auch nur leidend Theil nimmt. Er fügt am Ende jener Schilderung hinzu: „dieses Unkraut jJätete Christus aus, indem er uns Sünder durch schwere Kriege reinigt und an sich zieht.” Er steht in dem grofsen Kampfe seiner Zeit entschieden auf Seite der Kirche, der Geistlicbkeit, des Papstes, dem Kaiser und der welt- lichen Macht und deren Trägern gegenüber. Die Sache des Clerus ist nach seiner Ansicht die Sache des Rechts, des Kaisers Bestrebungen sind Tyran- nei. Der Graf von Jülich, des Kaisers Kämpfer, handelt seiner Ansicht nach unbillig, dafs er für des Erzbischofes Freiheit ein Lösegeld nimmt. Aber ungeachtet seiner Stellung in diesem Kampfe um die Alleinherrschaft auf Erden, erscheint der Verfasser doch keinesweges als ein blinder Partei- mann; vielmehr schildert er selbst das äufserste Verderben, welches durch jene Kämpfe zunächst bei dem Clerus eingerissen war, und das sich durch dessen Beispiel auch über die Laien verbreitet hatte. Es fehlt ihm nur der eine Schritt, dafs er auch das Unrecht der Kirche erkannt hätte, welche in dem angeblichen Kampfe für ihre Rechte nicht sowohl ihre eigene Frei- heit, als die Unterwerfung der weltlichen Macht unter ihren unbeschränkten Willen sucht und erringen will; aber die seit Gregor VII. für diesen Zweck aufgewandten Mittel, die Loslösung des Geistlichen von seiner Familie und seinem Volke, machen es ihm sehr schwer, ja fast unmöglich, den richtigen klaren Standpunct über den Parteien zu gewinnen. Und als Geistlichen haben wir unsern Erzähler zu denken. Er spricht von der Aufgabe des Papstes die pericula eleri zu überwinden, und von dem Kaiser, dafs er sich nicht scheue dem Clerus zu widerstreben: clero nee obesse pavescit. Er ist ein Deutscher, lebt im Rheinlande, der terra Rheni, in der Cölner Erzdiöcese; er spricht von dem heiligen Cöln: sanclaque Colonia capto de patre dole- ret. Bei dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den Kaiserlichen und den Kirchlichen in jener Gegend bezeichnet er sie als seine Erlebnisse (!), als ihm sehr nahes Unglück; den Grafen Wilhelm von Jülich und sein Heer als Plünderer der Stadt Bonn und Todtengräber des Vaterlandes. Obwohl nun der Ausdruck patria hier auch in einem weiteren Sinn von dem ganzen Landstrich um Bonn gebraucht seyn könnte, wie er es später- hin vom ganzen Erzstift Cöln ist, und auch bei Innocenz IV. Flucht ex- (') eventus, ruina nobis vicina. 142 Perrtz patriare das Verlassen eines Landes für ein anderes bedeutet, so räth man doch wohl nicht fehl, wenn man sich den Erzähler als Geistlichen in Bonn denkt. Dafs er dabei ein angesehener Mann war, erhellt aus seiner genauen Kenntnifs der Dinge, z. B. der Vermittlerrolle Arnolds von Diest; nament- lich konnte nur ein getreuer Freund des Erzbischofs und seiner Partei Kennt- nifs von den geheimen Ansıhlägen auf Gefangennahme des Königs Konrad haben, einer Thatsache, die auch damals als die Erzählung geschrieben ward, wie er versichert, noch unbekant war, und wovon uns bisher jede Nachricht fehlte. Unter den Geistlichen, welche damals an den Kirchen von Bonn standen, darf man also zunächst an den Propst von Bonn denken, einen der Archidiaconen der Cölnischen Kirche, der als solcher dem Erzbischof nahe genug stand, um in die Geheimnisse der Zeitgeschichte eingeweiht zu seyn. Der nächste Vorgänger Konrads von Hochstaden, Heinrich, war als Propst zu Bonn zum Erzbischof erwählt worden. Damals in den Jahren 1243 bis 1259 erscheint in den Cölnischen Urkunden „der ehrwürdige Mann Gotfried” als Propst von Bonn (!); er war im ersten Jahre Zeuge der Verleihung des Stadtrechts an Bonn, welches der Erzbischof dem Orte in Anerkennung der Treue seiner Bewohner, wofür sie so vieles, noch zuletzt durch den Grafen von Jülich, gelitten hatten, und zu tüchtigem besserem Schutze verlieh; im Jahre 1259 empfing er den Verzicht einer Edelfrau Jutta von Hukinswage und ihrer Töchter auf das Patronat der Kirche zu Hanrode; im Jahre 1284 (?) finden wir an seiner Stelle einen Propst Reynard. Wir bleiben also bis auf weiteres bei dem Propst Gotfried von Bonn als muthmafslichem Ver- fasser der Erzählung stehen. Ich habe den auf der letzten Seite sehr verstümmelten Text durch Anwendung chemischer Mittel wieder herzustellen gesucht, und übergeben nun das Ganze der Öffentlichkeit mit dem Wunsche, dafs dadurch der Eifer der Geschichtskenner und Freunde am Niederrhein zu ernstlichen Nach- forschungen in dortigen Bibliotheken und Archiven angeregt werden und es gelingen möge, die übrigen Theile dieses für deutsche und insbesondere niederdeutsche Geschichte wichtigen Werkes wieder aufzufinden. (') Lacomblet II. 284 und 475. (?) Lacomblet II. 796. über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. Die Bruchstücke selbst lauten so: 1 1241 ee N A ET Her ve . . . . . . . . . . . . . . . Que tunc tanta fuit, quod ad instar presbiterorum In peccata ruit erebro populus laicorum. 1 Nam contra votum clerum corrupcio totum Tunc fere possedit, plerosque superbia ledit, Et luxus talis, populi quod obinde locuntur; s Nec secreta malis loca, set manifesta petuntur. Ducunt uxores publice qui canonicantur, Arma ferunt, mores laicales communicantur, Plebis pastores mulieribus associantur; ı2 Nee iuris memores sunt, eure multiplicantur. Ut taceam, quanta fecerunt religiosi Fetida: vix tanta poterant glutire gulosi, Ventre Deo sacrata fedabant luxuriosi, 16 Vertice cum planta vix sunt sani viciosi. Hos summus primus, qui pro nobis homo factus Est, magnus minimus, tribularum eliminat actus, Dum nos peccantes purgando per aspera bella 20 Attrahit errantes, adhibens pietate flagella. 1. Quid plus? iuratis sibi papa (!) Theotonicorum Mandat prelatis, ut cum probitate virorum Invadant artem per belli denique partem 4 Cesaris, austero que corde sit obvia clero. Defendant humiles fidei, sint mente viriles, Ne male perdantur, armis sua, se, tueantur; Vel bona, castra, viros frustra videantur habere. s Hostes tam diros fidei studeant removere. (') Gregorius IX. 143 144 Perrtz 1241 Tandem prelati per papam sollicitati Sept. 10. Sic Germanorum, bellum capiunt; reliquorum Sunt bini flores virtutibus anteriores ı2 Maguntinensis et presul Coloniensis, Quos sibi pacificos tenuit prius inter amicos Cesar maiores, modo sensit eos graviores. Quorum Sifridus primus, fovit quasi nidus 16 Conradum natum tunc Cesaris ac v[eneratum ?] m. Post hec accedo nostris eventibus, edo Nobis vicina quantum fuit ista ruina. Dee. 1. Munera cesarea comitem sibi Juliacensem Armant interea donis in Coloniensem 1242 Prelatum, guerra vastantur et omnia rure; 6 Turbatur terra Rheni per bellica dure. Maguntinensis fert hostes anteriores, Agrippinensis quoque sustinet inferiores; Gens furit in gentem, contradicunt sibi turbe, ıo Flens agit in flentem, sunt partes qualibet urbe. Quivis invitat (!) vassos que ministeriales, Proximus irritat vicinos atque sodales; Omnia turbantur, nemo securus habetur, 14 Pravi lucrantur, iustis nec treuga tenetur. Quis dolor antiquus queat hunc equare dolorem, Dum nec pacificus est maior ad inferiorem, Frater odit fratrem, non pareit amicus amico, ıs Filius in patrem gerit arma, favetur iniquo. IV. Tandem conveniunt vir ut unus cesareani, Perdere concipiunt terram metropolitani (') imueitat c. über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. 1242 Agrippinensis, opidi sevi Veronensis 4 Facti predones, patrie quoque vispiliones. Cumque suis urbis intrando suburbia turbis Omnia vastabant possessoresque fugabant, Horrida fecerunt et multis dampua dederunt, 3 _ Raro pepercerunt sacris; miseri perierunt. Inde suo capite ductore redire volentes Predicto comite, nichil adversi metuentes Dum sic grassati redeunt spoliis honerati ı2 Castraque metati Brüle pernoctare parati: Illos prelatus soporatos premeditatus Visitat armatus, ita milicia comitatus, Quod populus stratus fuit, et comes ante fugatus; 16 Qui gemit iratus et turpiter exspoliatus Est infamatus, per eum quod sit trucidatus Traditus, orbatus exercitus, immo gravatus Set quidam notus vir prudens atque fidelis Capto devotus, multis divesque sequelis, Hunc voluit capere qui pro domino veniebat; 4 _Quod potuit facere, set detentore carebat. Si consangwineum fidumve sibi reperisset, Cesaris ydoneum pignus natum tenuisset, Ut qui captivum dominum sie insequeretur, $ _Donec eum vivum quitasset, idem pateretur. Set per defectum retinentis et hoc remanebat; Et manet id tectum, quia res fructum nec habebat. N. Cum sic ecclesia summo pastore careret, Sanctaque Colonia capto de patre doleret, Philos.- hist. Kl. 1855. At 145 146 Perrz 1242 Et mundus pariter quasi lapso sole gemebat, Per mare navis iter nautä velut orba timebat, Nemoque clamantem: Salva! Petrum relevaret 6 Eius nutantem vel naviculam repararet, Cernens tardari presul sibi quodque iuvamen Et desolari patriam nimis, hine relevamen Cogitat ipse sibi: comitem rogat ut redimatur, 10 Cum sit parvus ibi fructus quod plus teneatur. Astat consilio de Diist Arnoldus eidem, Ut domino proprio capto parcatur ibidem. Mense nono cedit precibus comes, ante nequivit; Noy.2. 14 Milia quinque dedit marcharum presul, abivit. Fertque: Moram cohibe! scribenti pacta petitus; Quidquid vult seribe comes, ut sim carcere quitus! Consulit ecelesie rerum per dampna sibique ıs Non minus et patrie, licet alter sumpsit inique. 1243 Tune eternalis ovium pastor generalis Jan. 25. Finem dando malisque tyrannidis imperialis, Ex insperato miserans custos animarum Patrum patre dato gemitus tulit ecclesiarum Christus, qui propriam sponsam non deserit umquam 6 Et sinit ecclesiam sanetam subcumbere numquam. Sit licet in celis secum Petrus ille fidelis, Per successores ad oves videt inferiores. Scito suum nomen In- iunge -nocencius. Iste Quartus, habens omen te dante nocencia, Christe, Tollere de mundo, pacem per bella mereri, 12 _Omine fecundo superare pericula cleri. Quem velut antiguum*) dum Cesar sperat amicum, Inveniens durum pro iure Dei quasi murum, Plus indurescit, monitis mansuescere nescit; 16 Totus inardesecit, clero nec obesse pavescit. *) äatiqü ce. 1 über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. 447 1243 Undique pacatis et amore sibi solidatis Trans mare soldanis summis, reliquisque paganis, Grecis scismaticis, blasphemis ac inimieis 20 Christi sive crucis, pleno conamine dueis VI. 1244 Dum sic Augustus nec erat miserans neque iustus Ipse per Ytaliam, Germanam filius eius 3 _ Opprimit ecelesiam, facit omni tempore peius. Pellit in exilium prelatos, religiones Opprimit (1); auxilium pape reges que barones Sepe requisiti non dant populique petiti, 7 Preter prelatos in Theutonia tribulatos. Ecclesie partem per vim seu Cesaris artem Papa timet pressam nimium subcumbere fessam. Quamvis divinum summum quoque presidiorum 11 ÖCredat vicinum sibi, non tamen auxiliorum Despicit humanum, certus quod rex dominorum Mittet ei sanum, tamen officio populorum 14 Quo gens et cleri plus possint iure mereri, Pensans difficile regem sine vincere rege, Miliciam facile sub Christi ducere lege, Tempus mutare quandoque locum variare, 18 ÜUtile, migrare disponit et expatriare. Clam facit optatum, palam sibi forte negatum; Jun. 28. Pacis tractatum simulans, peragit meditatum. Hunc dum colloquio spectabant cesarienses, Jun.29. 22 Leti navigio cito suscipiunt Januenses. Dec. 2. Per mare Lugdunum ductus, mox mandat in unum 1245 Concilium patrum prelatorum quoque fratrum, Jan.3. Ut simul unati faciant et posteritati 26 Ecelesie fesse que dictat agenda necesse. « (ee 12 448 Pexrz über eine Rheinische Chronik des A3ten Jahrhunderts. IX. Tum se delusum Cesar dolet, auget abusum Ense potestatis multis de parte necatis Ecclesie, publicum se demonstrans inimicum, 4 Predecessorum superans mala cesareorum: Herodi similis, qui non redeunte magorum Cetu fit fragilis turbe lictor puerorum. Sic parat inyasum papam, set eum cito casum s Noscens Francorum Ludowicus rex dominorum Surgit ab opposito, collecto milite tanto | Obviat, et pape mandat constanter habere Se papam, sciat sibi succurrendo venire, 12 Augustum mire faciens cepto retroire. 1247 Tune in Parmenses . . . . deficientes ——EID—— an ee m a Ir —m,u0D sa Se Gegen oyniun > sm.| gear: fonds 21% ne; iz 5 n ” I) Iınaylıı a A Drehbien se Salat Er ST, Et a Z Jong nl Sumavt haemd Ge ; Ohr Ve, ne ar j ab ” \ EI ERT BE ZZUE SE av m za BA E 0 must: ruf dar So uam za hwen, La nen malmAngun, nd D 6 um mr Yusı Pa Sol N _monuv anioct) Alarıg aber mn aan ed non Drug DE ap mirp vn en mug : Amel) cMeredea | 2 vopou, nung EM vg len Jan Dhga a r F ho Be. ae, gemen une. uf gen am] ans md nem. & eds eg | Std ang Joe gruen) mans wur Jay Damon) vente Ira Insekten Sanphnd Pimala er snpalen onbum ua) auf a hats vı It sum) Wan re + war J rn un _m dp A se SsAR ‚puomehn bp Zar \aegs En Van denen | 983, eundlu ee „mus oda es am mg Alf Ei) en b.Ayrın eyuug 2 Fund R una un namen Ban), Ey Iyrasz van on Lone and vn ae air , m 2 .w a ara den . en N RER Very aarmeR kb om u Sr] hr a w ic Ai yes se Ned AAvıı Be zug > arm ei T et er PART ERNeE =: o) 5r way amnımd hm zu a .y Eee yet km 7 Any, mm) Be Ss 2 EEHRS: Mar ls 2 ee am jo - Invoss ee 5 mm, IR se he ERT, aarı N u Sarnen We belfen sure Ve / | Tat ı a mama Sragpemba mm mp ano ho) ne 2 \$» AA £ en re er ; mache mban re u. lo | 7 j 2 re Tee En EI nagk SR) a2... ee | # As vupdr vuina Bi u = we, zrueitnlee ve | ld are en m ae K haaı ei mb a atmen mal Mann u an, | ee ) I ‚Yınıw vun ge ” A ng er en £3 52 Bi ee Be U — Es Der athapaskıifehe Sprachftamm, vw dargeltellt von H" BUSCHMANN. (!) munwnnwuinnurrnnn [Gelefen in der Gefammtlitzung der Akademie der Wiffenichaften am 11 November 1854.] 6 332, b. Einige in meinem Wege liegende Glieder, im alten Ge- biete von Mexico, und wieder an der Küfte des ftillen Meeres oder ihr zugeneigt, haben mich bewogen, in der grofsen Mufterung, die ich, nord- wärts fuchend nach den Spuren des Azteken-Idioms und der Herkunft des Nahuatlaken-Volkes, über die Völker und Sprachen Mexico’s und der Weftfeite Nordamerika’s unternommen habe, auf den ATHAPASKISCHEN SPRACHSTAMM einzugehen, obgleich derfelbe wefentlich dem tiefen Inneren des ungeheuren Welttheils angehört. Das Unternehmen ift belohnt und vollftändig gerechtfertigt worden durch die mir geglückte Entdeckung eines zweiten Aftes des grofsen Stammes in dem hohen Nordweften der ruflifchen amerikanifchen Befitzungen. Unfre bisherige Kunde von den inneren Haupigliedern des athapaski- fchen Völker- und Sprachftammes ift durch Sir John Richardfon’s Reife zur Auffuchung Franklin’s fehr bedeutend vermehrt worden. Den Namen der Athapascas (fonft auch Athabascans) hat der ganze Stamm von Gallatin er- halten, welcher ihn hergenommen hat von dem Namen eines Sees und Be- zirks im Innern des Landes der Chepewyans. Chepewyans ift die allgemeine Bezeichnung, welche Richardfon gewählt hat. Ich führe in den Gegen- ftand ein, indem ich zunächft kurz das mittheile, was Richardfon’s Werk (') Da diefe Abhandlung nur die Vereinigung dreier ausgefonderter, an drei verfchiedenen Stellen liegender Stücke meiner grofsen Arbeit der: „SPUREN DER AZTEKISCHEN SPRACHE im nördlichen Mexico und höheren amerikanilchen Norden” ift, fo erfcheint fie mit den Ziffern der Paragraphen und Abfchnitte bezeichnet, welche diefe Stücke in der Ordnung des Werkes tragen. R 4150 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. über das grolse Gebiet, über den ganzen Complex von Völkern und Sprachen, wie über die einzelnen enthält. $ 333. Sir John Rıcnaroson hat uns in feiner Arctic searching ex- pedition (!) Vol. 2. Lond. 1851. 8° p. 1—33 zunächst ausführliche Nach- richten über das Volk der Cuerzwyans mitgetheilt. Er stellt diesen Namen gleich dem von Athabascans (pag. 1) und behandelt fo diefen ganzen Völker- und Sprachftamm; fie heifsen auch 'Tinne oder 'Dtinne (d. h. Menfchen oder Volk, pag. 2). Ihre Südgränze bildet der Churchill-Flufs oder Mif- finipi. Überall öftlich vom Mackenzie gränzen die "Tinne-Länder mit der Eskimo-Küfte zufammen (p. 2), und weftlich von den Rocky Mountains mit den Kutchin-Ländereien. Da die Etymologen die Tä-kuli und faft die ganze Bevölkerung von Neu-Caledonien zu diefem Volksftamme rechnen, fo erftrecken fich die "Tinne queer durch den nordamerikanifchen Continent, Die Zweige diefes Volks zeigen in ihrer äufseren Erfcheinung ufw. wenig Unterfchied (p. 3). Der Verf. nennt: die Hafen-Indianer (Kächo -dtinne) am Mackenzie-Flufs, vom Sklavenfee herab; und die Dog-ribs (Thing-&- ha-’dtinn®) im Innern nach Often, vom Martin-See zum Kupferminen-Flufs. Diefe beiden Stämme find in nahem Verkehr mit einander, ihre Sprache ift kaum fogar im „Accent” verfchieden. Beide können ziemlich als Ein Volk gelten. Öftlich von den Dog-ribs (p. 4) find die Red-knives, von ihren füdlichen Nachbaren Tantfa-ut-’dtinne (Birkenrinden-Volk) genannt; fie bewohnen einen Strich nördlich vom grofsen Sklavenfee, zwifchen dem grolsen Fifch- und Kupferminen -Flufs. Diefe 3 Stämme ftreifen nordwärts bis zur Eskimo-Gränze. Andere Glieder des "Tinn&-Volks wohnen an der Mündung des Miffinipi, fie fetzen ihr Pelzwerk im Fort Churchill an die Eskimos ab. Ein grofser Strich unfruchtbaren Landes liegt zwifchen den Churchill-Tinn& und Red-knives, und den Stämmen am Sklaven- und Elk-Flufs, welche nach Fort Chepewyan gehn; feine dünne Bevölkerung heifst Sa-i- fa-’dtinne (öftliches Volk; p.5). Die Athabasca-"Tinne heilsen auch Chepewyans. Ihre Sprache ift etwas von der der Stämme am Mackenzie verfchieden, aber nicht fehr viel. Der Name Chepewyan hat (') Arctie searching expedilion: a journal of a boat-voyage through Rupert’s land and the arclic sea, in search of the discovery ships under command of Sir John Franklin. By Sir John Richardson. Vol. I. Lond. 4854. 8°. — Er nennt das Volk auch Chepewyan of Alhabasca. XII, 333, 334. athapaskifche Völker nach Richard/on. 151 nichts zu thun mit Chippeway, er fcheint ihnen von den Crees aus Verach- tung gegeben zu werden, wie die Dog-ribs von diefen auch „Sklaven” ge- nannt werden. Die Sarfis oder Circees (p.6), nahe den Rocky Mountains, zwifchen den Quellen des Athabasca- und Saskatchewan -Fluffes follen auch zum "Tinn&-Stamm gehören. Der Dialect der Biber-Indianer, zwifchen dem Peace-River und dem weftlichen Zweige der Rocky Mountains, foll fanfter feyn. Andere Stämme diefes Gebirgszweiges unterfcheiden fich in der Sprache etwas von dem öftlichen Theile des Volkes. Solche find die Noh’hanne; die ’Dtcha-ta-ut-"inne, Berg-Indianer oder Strong-bows; die Tfilla-ta-ut-’tinne. — Zwifchen Mackenzie und Rocky M. find die Dahä-’tinne oder Noh’-hai-& (p. 7); fie werden von den Dog-rib-Dol- metfchern fehwer verftanden, und fcheinen mit den Strong-bows eins zu feyn. Weiter herab den Mackenzie ind die Amba -ta- ut -"tinne (Schaf-Volk); ihr Dialect wird von den Hafen -Indianern gut verftanden. Diefs find die Stämme an der Öftfeite der Rocky M. 6334. Die eigentlichen Athapascans oder Chepewyans find lange bekannt, von Hearne vielfach befchrieben. Richardfon verbreitet fich daher (p. 8) vielmehr über dieDog-ribs undHafen-Indianer: über deren Cha- rakter, Lebensweife, Sitten, Religion ufw. er p.8—31 ausführliche Mit- theilungen macht. Sie find fehmutzig, unkriegerifch, lügenhaft; und ftehen überhaupt auf einer fehr niedrigen Stufe der Menfchheit. Von den Weibern fagt er (p. 11): The Hare Indian and Dog-rib women are ceriainly at the bottom of the scale of humanity in North America. Von der’Tinne-Sprache bemerkt Richardfon (p. 28), dafs diefelbe kaum fich durch das englifche Alphabet ausdrücken laffe, und dafs manche Laute derfelben unmöglich von einem Engländer ausgefprochen werden können. Wörter, die man gleich fchreiben möchte, klingen verfchieden und ihre Bedeutungen gehen fehı weit aus einander. Ein Dog-rib oder Athapaske fcheint dem an die Sprache nicht Gewöhnten zu ftottern. Einige Töne gleichen dem Schnalzen der Hottentotten (ihe Hottentot eluck); und von Gaumen- wie Gurgellauten ift die Sprache voll. Wortverzeichniffe diefer Sprache find nach dem Verf. wenig zuverläffig, da keine zwei Nationen in der Schreibung (p. 29) „über- einftimmen werden”. Catholifche Miffionare haben fchon viele Eingeborene bekehrt, auch canadifche Priefter von der Red River-Colonie haben in Methy Portage viele getauft. Unterricht im chriftlichen Glauben fehlte jedoch noch. 152 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. Diefer hat aber begonnen feit der Errichtung einer catholifchen Miflion im J. 1846 unter La Fleche; er und fein Genoffe Tafch& legten fich auf das Studium der "Tinne-Sprache. Das Volk beginnt in einen befferen Zuftand einzutreten (f. näher p. 30 — 31). Unter den Völkern des "Tinn&- Stammes (p. 31), welche das Land weftlich von den Rocky Mountains bewohnen, nehmen die Ta-kuli (Waf- fervolk) oder Carriers den gröfsten Theil von Neu-Caledonien ein. Zu diefem Stamme follen auch die Tfitka-ni gehören: wohnend zwifchen dem Stikeen- und Simpfons-Flufs, nördlich von den Carriers. Latham erwähnt aufserdem (p. 32) einen Stamm der ’Tinne als füdliche Athabascans; fie be- wohnen die Meeresküfte vom Nordufer des Oregon füdwärts, bis zum Fluffe Umqua in 434°N.B. Siehe über fie Latham und die Transact. of the Amer. ethnol. soc. Latham nennt auch noch 4—5 vereinzelte Sprachen zwifchen den nördlichen und füdlichen Athabascans im W der Rocky Mountains, und redet über die Bewohner des Archipels an diefer Küfte. Eines diefer vereinzelten Völker find die Chenooks. — Die Schrift Latham’s, in welcher diefe Mittheilungen fich befinden follen (Varieties of Man), ift mir nicht zugänglich. Die Chinuks gehören nicht zum athap. Stamme. $ 335. Über die kleinere weftliche und füdliche maritime Hälfte des athapaskifchen Sprach- und Völkerftammes hat uns die Erforfchungs-Expe- dition der Vereinigten Staaten einen vorzüglichen Stoff geliefert. In Hale’s ethnology der United States EXxPLorınG EXxrzpırıon bilden die drei füdlichften Glieder des athapaskifchen Sprachftammes, welche in das Ländergebiet diefes Werkes fallen und über deren merkwürdige weite Abtrennung ich anderwärts gefprochen habe, die {te Familie, genannt die Tahkali- Umkwa-Familie (p. 201 — 204). Sie beginnen die 2te der 4 grolsen geographifchen Gruppen deffelben: die Nord-Oregon- Abthei- lung. Ihre drei Glieder find: A. Tahkali (Tayköli) oder Carriers: das Land der Tahkali oder Tacullies (201) begreift die Gegend nördlich vom Oregon-territory, von den Engländern Neu-Caledonien genannt. Es geht von 52° 30’ Br., wo es an das Land (202) der Shoufhaps ftöfst, bis 56°, eingefchloffen den Simpfons-Flufs. Im O trennen fie die Rocky Mountains von den Sicani; und im W ift die rauhe Bergkette, welche parallel mit der Seeküfte läuft. Die Nachrichten über diefes Volk rühren von einem Gliede der Hudfonsbai- XII, 335-6. athapaskifche Völker nach d. expl. exp.; Aufzählung. 153 Gefellfchaft her. Die Tahkali zerfallen in 11 Clans oder Unterftämme: Taütin oder Talkötin, Tfilkötin oder Chilcotin, Naskötin, Thetliötin, Tfatsnötin, Nulaautin, Ntfhaautin, Natliäutin, Nikozliäutin, Tatfhiäutin. Alle fprechen diefelbe Sprache, mit kleinen Dialect- Verfchiedenheiten. The Sikani (or Secunnie) nalion has a language radically Ihe same, but with greater difference of dialect, passing gradually into that of Ihe Beaver and Chippewyan Indians. Die Tahkali find ein Zweig des grofsen Chippewyan- oder athapaskifchen Stammes. Über ihre Sitten f. 0 —4%('). Die Carriers find nicht kriegerifeh. Die Sikani, obwohl fie eine Sprache derfelben Familie reden, find von den Tahkali fehr verfchieden. B. a) Tlatskanai b) Kwalhioqua (Kwölyiökwa): zwei kleine ifolirte Schaaren (204), jede von 100 Individuen, fchwärmend in den Ber- gen zu beiden Seiten der Columbia-Mündung: aim N, bim S. Die Chi- nooks trennen fie vom Fluffe und von einander. C. Umkwa (Ömkwa, ö kurz) oder Umpquas: fie bewohnen den oberen Theil des gleichnamigen Fluffes; die Kalapuya find ihnen im N, die Lutuami (Clamets) im O, die Sainftkla zwifchen ihnen und dem Meere. Es find ihrer 400 Köpfe. $ 336. Ich lege nachfolgend in einer grofsen vergleichenden Worttafel den ganzen uns bekannt gewordenen Sprachftoff diefes eigentlichen atha- paskifchen Völkerftammes vor, zulammengefetzt aus 7 Sprachen, die da find: Chepewyan, Tahkali oder Tacullies oder Carriers, Kutchin, Suffee, Dogrib, Tlatskanai, Umpqua. Alles wichtige alter und neuer Hülfsmittel ift hier vereinigt. Wir haben in den vorhin mitgetheilten Auszügen aber eine Reihe anderer Völker und Sprachen vernommen, welche aufserdem zu dem grofsen Verbande gehören. Solche find in dem weiten Oftgebiete vom Felfengebirge ab: die Hafen-Indianer (f. oben 150" und 151""), die Red-kni- ves (150”'), Völkerfchaften an der Mündung des Miffinipi (150°), Saifa (150); Biber-Indianer (151°), von denen uns (151°) 4 Zweige genannt werden, darunter die Strong-bows; die Dahä oder Nohhaie (151”), deren (') Ich verweile auf meine Erklärung in meinen „aztekilchen Ortsnamen” S.5 Anm. 1 über die von mir den Seitenzahlen eigner und fremder citirter Schriften beigeletzten Buch- ftabenzeichen: a, aa, af; m, mm, mf; n, nn, nf; durch welche ich, nach einer Theilung der Seite in 3mahl 3 (= 9) Theile, immer ganz be- ftimmte Stellen der Seite bezeichnen kann. Philos.- hist. Kl. 1859. U 154 Buscnmann: der athapaskifche Sprach/tamm. Sprache bedeutend verfchieden vom Dogrib; Ambataut (151”). Im Welten von den Rocky Mountains kommen hinzu: die Tflitkani oder Sikani (Secunnie; 152“, 153°“); wenn Latham hier noch 4—5 weltliche Sprachen nennen foll (152”), fo ift aus der Nennung des Chenook unter ihnen zu fol- gern, dafs fie nicht alle zu unferm Sprachftamme gehören mögen. Den athapaskifchenSprach- und Völkerftamm im engeren Sinne hat Richardfon fchon (150“") in feiner grofsen Ausdehnung bezeichnet; ich hoffe durch die umftändliche Bearbeitung, welche ich dem ganzen uns überlie- ferten Wortfchatze habe angedeihen laffen, den Beweis für die fefte Verwandt- fchaft der zu ihm gezählten Sprachen zu führen: die Befehränkung des Rau- mes, welche ich mir auferlegen mufs, hat mich aber nicht dazu kommen laffen die einzelnen Züge und Gruppirungen diefer Verwandtfchaft vollftändig zu fammeln und vorzulegen; Bruchftücke habe ich genug an verfchiedenen Stellen gegeben. Ich habe aber vermocht den athapaskifchen Völker- und Sprachftamm durch Glieder zu vermehren und auszudehnen, an welche in der obigen Darftellung noch Niemand gedacht hat. Zunächtt fchliefsen fich zwei Sprachen wilder mexicanifcher Völker als fehr füdliche Glieder an den grofsen nördlichen Stamm an: die apachifche Völkerfchaft der Ticorillas, deren athapaskifche Natur Turner zuerft behauptet; und das Volk der Na- vajos, deren Sprache ich als Glied diefer grofsen Familie dargeftellt und wie die Ticorilla erwiefen habe (f. Abfchn. XIII $ 327— 331). Die athapaskifche Verwandtfchaft des ganzen grofsen Apachen - Volkes hat Turner nach einigen Wortvergleichungen behauptet. Sie ift, nach den Ticorillas gefchloffen, wahrfcheinlich: jene, wenigen Wörter liegen aber nicht vor; auch mufs man den Beweis von den verfchiedenen Zweigen diefes vieldeutigen Völkernamens zu finden wünfchen. Aufserdem habe ich das ungeheure Gebiet des alhapaskifchen Stammes um einen grolsen Schauplatz und weite Länder- firecken gegen den äufserften Nordweften von Amerika und das Polarmeer ausgedehnt durch die mir im Anfang diefes Jahres (1854) gelungene Ent- deckung eines eigenen nordweltlichen Zweiges: meine Entdeckung der Ver- wandtfchaft der 6 Kinai-Sprachen des ruflifehen Nordamerika’s mit dem athapaskifchen Sprachftamme. Ich habe diefelbe in einem grofsen Abfchnitte bei dem ruffifehen Gebiete (XVI $ 787—796) entwickelt und durch eine grolse Wortvergleichung des ganzen athapaskifchen Sprachftammes in allen feinen Gliedern bewiefen, in welcher die unten zu gebenden Worttafeln und XII, 336-8. Mängel der Verwandifchaft; fernere Wölker u. Spr. 155 Wortverzeichniffe der 7 eigentlichen oder füdlicheren athap. Sprachen, die ich den continentalen Zweig nennen will, im kleineren Umfange wieder- kehren. Diele Entdeckung mufste erft die, fo nahe liegende Identität der 2 Benennungen der Kinai- und der Tinne-Sprachen, wie Richard[on ein- mahl ( Tinne languages, Vol.Il. p.396") den ganzen continentalen Zweig nennt, an das Licht ziehen (f. $ 789). $ 337. Die allgemeine und durch eine Menge von wichtigen Wörtern zu belegende Stammverwandtfchaft diefer Sprachen, noch inniger und ftär- ker, wenn wir, von dem, weit in die Ferne hingeltreckten, nordweltlichen Zweige abfehend, hier nur von den athapaskilchen Sprachen im engeren Sinne reden, ift aber nicht ganz ungeftört. Es thun fich viele und welent- liche Unterfchiede zwifchen den einzelnen Sprachen in dem Gebrauche von Wörtern für einen Begriff auf: nach welchen fie fich in den verfchiedenften, bunt wechfelnden Gruppen vereinigen und abfondern, anziehn und abftofsen; es offenbaren fich Befonderheit und Fremdheit als Gegenfätze der Einheit in allen möglichen Abftufungen und bis zu hohen Graden. Ich mufs diefes, von mir bei den Kinai- Sprachen ($ 792, 794—6) näher gefchilderte Element der Befonderung oder Entfremdung dem Beobachter überlaffen, eben fo wie das günftige der Einheit, in den mannigfaltigen Formen und Wörtern der Tafel felbft zu erkennen und in Züge zu fammeln, da ich nicht darauf ein- gehn durfte. 6 338. Von den einzelnen Sprachen und Völkern will ich aber eini- ges angeben. Zunächft will ich für das Geographifche der 5 continentalen Völker auf Stellen des oben aus Richardfon Mitgetheilten verweilen: über das Hauptvolk der Chepewyan oder Athapasken, von welchem der ganze Völker- und Sprachftamm feinen Namen erhalten hat, war geredet oben 150°" "'_43, 451""; über die Suffee oder Sarfis, Circees 151°; über die Dog-ribs oder Slaves (Sklaven) 150”", 151% ""-"", über die Tahkali handelt neben der exploring exped. (152""-3”) auch Richardfon (152”). Nach der expl. exp. find die Sulfees oder Sarfi (Sörfi) eines der 5 Völker der Confö- deration der Satfikaa (expl. exp. 219, f. bei den Satfikaa XIV $ 599); f. noch den Mithr. 251—2 über fie nach älteren Nachrichten. Zu allen diefen kommen noch die Kutchin; das Wortverzeichnifs bei Rich. ift vom Fluffe Yukon oder Kwichpack („Kutchin of the Yukon or Kutchi-Kutchi', I, 382; vgl. II, 205—7; fie befuchen das Fort am Peel’s river: II, 206°). Rich.'s U2 156 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. Karte zeigt das Volk der Kutchin nördlich über dem Yukon, dem Breiten- kreife von 65° (nördlich über ihm) folgend von 130°— 150° W. L.; die Hafen-Indianer find noch ein wenig nördlicher, unter dem 66ten Breitengrade. 6 339. Folgendes find die Reihenfolge der 7 bis 8 Sprac#en in meiner Worttafel, die Abtheilungen, und die Quellen, aus welcher fie zufammen- geftellt ift, in der Kürze: 1. Chepewyan oder Athapasca ('): a) Dobbs b) Mackenzie c) Richardfon: und zwar «) ohne Zeichen die 2 grofsen Verzeich- niffe II, 332—5 und 387 —395 (letzteres hinter Cree geltellt) werden von mir als eins betrachtet; £) mit der Bezeichnung S: das Verz. 400—1, aufgenommen im J. 1844 aus dem Munde des Dolmetfchers am grofsen Sklavenfee (zufammenftehend mit Dog-rib der Nanette vom Fort Simpfon) . Tacullies oder Tahkali: a) Mackenzie b) Harmon c) exploring expedition (No.1, A) . Kutchin: aus Richardfon p. 382—5 (mit Chep. zufammengeftellt) . Suffee: aus Umfreville [85) Do Eee Se Dog-rib, alles von Richardfon, vielgetheilt nach Gegenden: a) C — Fort Confidence (Rich. 395 — 6) | b) M-— Mawvais Monde: die Sprache eines Volksftammes, der nahe den Quellen des river of the Mountains wohnt (399 — 400) c) S— Fort Simpfon (gewils; 398) | d)?S — wohl vom Fort Simpfon (ungewils; 397) e) SN — 1844 aus dem Munde der Dolmetfcherinn Nanette zu Fort Simpfon entnommen (a. zufammengeltellt mit einem kleinen Ver- zeichnifs von Chepewyan 400-1 A. allein fortgefetzt 401 — 2) f) SI— „Dog-rib oder Slave”, von welcher Gegend? (mit Mawais Monde zufammengeltellt, 399 — 400) (') Bei dem Verzeichnils p. 387—395 nennt Richardfon die Sprache „Chepewyan of Athabasca”. XII, 339, 340. Spr.u. Quellen d.athap. W orttafel; Verz. v. Chepewyan. 157 6. Tlatskanai: exploring exped. (No. 1, B); diefe Quelle giebt 1) allgemeine Wörter (ohne Zeichen) 2) Wörter der 2 Dialecte: (a), ich A=Tlatskanai; (b), ich B= Kwalhioqua 7. Umpqua oder Umkwa: a) exploring exped. (No. 1, C; diefe Wörter bezeichne ich durch nichts) b) G— ein Wortverzeichnifs von Tolmie, bei Scouler im journal of the geogr. soc. 6 340. Ich werde nun die QweLLen näher bezeichnen und fie mit Bemerkungen begleiten: 1. Cuerewyan: a) Dobbs — Diefes Verzeichnils ilt aus: An Ac- count of the Countries adjoining to Hudson’s Bay, in the North-west Part of America. By Arthur Dobbs. Lond. 1744. 4° p. 206—211. Das Wort- verzeichnils ift überfchrieben: A short Vocabulary of the Language spoke among the Northern Indians inhabiting the North-west Part of Hudfon’s Bay; und es ift dabei gefagt, dals es vom surgeon des Schiffes, Edward Thompfon, zu verfchiedenen Zeiten aus dem Munde der 2 Indianer Nabiana und Zazana entnommen wurde, welche im J. 1742 am Bord des englifchen Kriegsfchiffes the Furnace waren. In Vater’s Litteratur der Lexica (1815 S. 42) ift es als Chepewyan an- gegeben, was auch die Wörter beweilen; doch darf man aufmerkfam auf einiges fremde [eyn wegen der Gegend: einige abweichende Ausdrücke finde ich auch darin (vgl. Zahl 2); auch fcheinen noch manche Unkenntnils und Irrthümer in der Sprache obzuwalten, welche die Späteren nicht haben. Diefer Quelle ift auch das pron. praef. tene ([. nachher $ 350) allein eigen. Die Schreibung ift ächt populär englifch: fo ift pace Melier zu fprechen pehfs, saw Sonne ift bei den Anderen sah, sd. Man bemerkt bisweilen Vorfchläge vor Subft.: ein e; ah in plover, i in water. Ein abenteuer- licher Fehler ift, dafs der Verf. zene-law, welches er an Einer Stelle rich- tig als Hand hat, an einer zweiten für woman angiebt. Überhaupt kommen einige Wörter an 2 Stellen vor, und dann gewöhnlich mit einer kleinen Ab- weichung in der Form oder mit einem kleinen Fehler an Einer Stelle. b) Mackenzie — aus: Voyages from Montreal, on ihe river St. Lau- rence, through the Continent of North America, to the Frozen and Pacific Oceans; in the Years 1789 and 1793. By Alexander Mackenzie. Lond. 458 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1801. 4° p. CXXIX—XXXNH. Das Verzeichnifs ift überfchrieben: Example of the Chepewyan Tongue: es ift ohne Ordnung. — Aus diefer Sammlung hat die archaeologia americana (Vol.U. 1836) ihr Verzeichnifs gezogen (p. 307— 367: No. III, 6 Cheppeyans). c) Richardfon — Ich habe fchon vorhin näheres über die 3 Samm- lungen angegeben, muls aber zu der grölsten von ihnen noch mehreres bemerken: Das Wortverzeichnifs des Chepewyan p. 387 — 395 fteht mit Oree zufammen, und ift nur der Anfang einer grölseren beablichtigten Sammlung. Sie wurde (f. pag. 386) aus dem Munde der Frau Mac-Pherfon, der diefe Sprache von Jugend auf geläufig war, in der Weife entnommen: dafs Richardfon ein reiches, 1820 in Carlton Houfe aufgeletztes, alphabetifch (nach dem Cree) geordnetes Cree-Wörterbuch vornahm, der Frau das Oree- Wort fagte, nöthigenfalls mit franzöfifcher Überfetzung, und fie ihm darauf das Chepewyan-Wort fo lange vor[prach, bis er den Laut fo weit gefafst hatte, es nach[prechen zu können; dann fchrieb er es nieder und las es ihr nochmahls vor. Die, nicht wenigen Wörter, welche er nicht zu ihrer Zu- friedenheit ausfprechen konnte, liefs er ganz aus. So nahm das fo kurze Verzeichnifs einige Wochen in Anfpruch. Es wurde durch eine Änderung in der Reife-Einrichtung unterbrochen, als erft 4 der Cree-Sammlung durchgemacht war; Richardfon bemerkt: er habe die Fortfetzung unter- laffen, weil die Sprache doch zur Schriftfprache würde, unter der thätigen Auflicht der catholifehen Millionare zu Isle @ la Crosse. 8341. 2. Tacvruıes oder Tahkali: a) Mackenzie bietet in feiner Reife (Lond. 1801. 4° p. 257—8) ein kleines Wortverzeichnils eines athapaskifchen Dialeets, in erfter Columne neben einem anderen, dar. Er nennt jenen Volksftamm Nagailer oder Chin- Indians, diefen Atnah oder Carrier-Indians. Ich habe über alle diefe Verhältniffe bei den füdlichen Atnah (XIV $ 597) umftändlich gehandelt, namentlich, dafs der Verf. die zweiten Namen feiner 2 Völker verwechlelt hat und man zu dem 1ten Car- rier-Indianer lefen mufs. Danach wäre diefs die Tahkali-Sprache: und dafür kann man die Wörter auch wohl annehmen; denn vor allen Dingen können fie nicht der nördlichen Atnah-Sprache angehören, wozu die von Mackenzie begangene Verwechslung eben so gut leiten kann: fie unterfchei- den fich, trotz vieler durch den Stamm gegebenen Übereinftimmungen, durch XIH, 341. über die Wortverzeichniffe des Tahkali, Kutchin. 159 beftimmte Kennzeichen vom Atnah. Dagegen paffen fie in weit höherem Grade zu den Tahkali- Wörtern der neuen Sammlungen: vgl. belonders: Zunge, Biber, Frau, Mann; mehr ähnlich find auch: Feuer, Hund; ganz ver[chieden von unfren bisherigen Tahkali- Wörtern find aber: Holz, ja. Wir müllen daher aus Mackenzie Nagailer als einen anderen, uns fonft nicht angegebenen Namen für den Volksftamm der Tahkali oder Carriers entneh- men. Ich habe Mackenzie’s Wörter in meinen beiden Worttafeln unter dem Zeichen M = Mackenzie in die Columne von Harmon gebracht. Merkwürdig ift an Mackenzie’s Wörtern, dafs er die Körpertheile in reiner Geltalt, ohne pron. poss. praef., giebt. b) Harmon — aus: Daniel Williams Harmon, journal of voyages and travels in the interiour of North America, between the 47h and 58th degrees of north latitude. Andover 1820. 8° p.403—413: a specimen of the Tacully or Carrier tongue. Es ift diefs ein fehr fchönes, reiches Ver- zeichnils: daher diefe Sprache in allen meinen Gruppen bis zu ihrer Ver- einzelung viel wichtiges enthält. Aus Harmon hat die archaeol. amer. ihre Wörter (p. 307—367, No.IIl, 5: Tacullies).. Die archaeol. hat genau Harmon’s Orthographie beibehalten, welche englilch ift (ay=eh ulw.). Ob vielleicht auch in der Mitte ftummes, verlängerndes e ftatt findet? da er öfter date-nee trennt (dehtni?). Ein paar kleine Fehler hat die archaeol.: einmahl /z ftatt z; nee du für Hne: A niyak,Hniyah. Die arch. unter- läfst die Sylbentheilung: aber auch die Andeutung, wenn ein Confonant die Sylbe fchlielst und die folgende mit einem Vocal anfängt. c) exploring expedition — Man erhielt die Tahkali- Wörter ((. p- 534) von A. Anderfon von der Hudlonsbai - Gefellfchaft, welcher mehrere Jahre ein Amt in Neu-Caledonien hatte. Die Sammlung ift dürftig, fie läfst einen grolsen Theil der Wörter leer (wogegen die EE viel mehr Wörter vom Tlatskanai und Umpqua hat). Manchmahl klammert die EE das Wort der archaeol. ein, indem fie felbft keins zu geben weils oder ein anderes giebt. Öfter find die Wörter zwifchen beiden letzten Quellen fehr ähnlich. 3. Kuren: ein ganz dünnes, nur wenige Wörter enthaltendes Verzeichnifs, gelammelt von Mac Murray (in Rich.). 160 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. 4. Susser: die Wörter diefer Sprache, noch weniger als vom Kutchin, gab fchon Edw. Um freville, the present state of Hudson’s Bay, Lond. 1790. 8%, auf einer Tafel nach p. 202, in der letzten Columne. Diefe Tafel ent- hält eine kleine Anzahl von Wörtern in: Neheth-a-wa oder Kalifteno, Affin-epo-etuc oder Stone Indians, Fall Indians, Black Foot Indians, Sussee Indians. Die Suffee- Wörter find wiederholt in der archaeol. amer. II, 374. 6342. 5. Doc-rıs: diefe Sprache in ihrer Vieltheilung nach Ge- genden verdanken wir allein der Mittheilung Sir John Richardfon’s. Alle Theile bieten wenig Wörter, grofs ift nur SN. a) C— Das Verzeichuifs vom Fort Confidence fammelte Richard- fon felbft im Fort; er mufste aus Mangel eines guten Dolmetlchers die Sammlung einftellen; b) M— Nlauvais Monde: aufgefetzt von O’Brian, von der Hud- fonsbai - Gefellfchaft ; c) S — ift wirklich vom Fort Simpfon: von O’Brian; d) ?S — von diefem Verzeichnils fagt Richardfon : „es wurde, wie ich glaube, im Fort Simpfon verfafst, von einem Offieianten der Hud- fonsbai- Gefellfchaft zu feinem eigenen Gebrauch; da ich aber vergeflen habe mir die Umftände aufzumerken, unter denen es aufgeletzt wurde, fo kann ich keine weitere Aufklärung darüber geben.” e) SN = A ken bel ige f) SI — 6. Trarskanar — Diefe Sprache verdanken wir allein der United States exploring eapedition; die Wörter von ihr und vom Umpqua erhielt man von Einzelnen diefer Stämme. 7. Umrowa oder Umkwa: a) explor. exp. — f. beim Tlatskanai; b) G — ein Wortverzeichnils Tolmie’s, mitgetheilt von Scouler in feinem Auffatze im: journal of the royal geographical society of London Vol. 11. 1841 p. 236 — 241: 6te und letzte Columne; zufammen mit: Kliketat, Shahaptan, Okanagan, Kalapooiah, Yamkallie; „gelprochen am Fluffe Umpqua”. Tolmie’s Wörter find grofsentheils ganz gleich oder ähn- lich denen der expl. exp., nur dafs er nach englifcher Orthograpbie fchreibt: was immer belehrend ift; auch ift die Laut- Auffaffung oft intereffant verfchieden. XIH, 343-4. Abkürzungen im athap. Woriverz.; Orthographie. 161 $ 343. Ich will jetzt die Abkürzungen angeben, die ich für die Sprachen und Quellen meines Wortverzeichniffes wähle: Ch = Chepewyan; Db= Dobbs, Mk = Mackenzie, R—= Richard- fon, A=urcharologia; in der Vereinigung: ChDb, ChMk, ChR; Ta —= Tacullies oder Tabkalı; M = Mackenzie, H = Harmon, E= exploring expedition, A= archaeologia; in der Verbindung: TaH; K = Kutchin; Su = Suflee ; D = Dog-rib; die Zeichen für die einzelnen Gegenden und Quellen habe ich fchon S. 156 angegeben, als: C, M, S, ?S, SN, Sl; mit der Sprache zulammen würden fie fo erfcheinen: DC, DM, DS, D?S, DSN, DSI; Tl = Tlatskanai; U = Umpqua; E= exploring expedition, G= Tolmie im geogr. journal. $ 344. Eine Bemerkung zu einzelnen Wörtern habe ich zu machen: dafs im Tahkali in den 4 Jahreszeiten nach der expl. exp. die zweite Form (auf a) bedeutet: der vergangene Winter ufw. oder: im vergangenen Winter? Die Orthograpbie ift bei den älteren Quellen, wie ich auch fchon angegeben habe, die (pecififch englifehe; fie bleibt es auch für alle übrigen mit gewillen Ausnahmen. Am meilten frei und kühn, forgfältig und fyfte- matifirend tritt die exploring expedition in ihrer ganz eigenen Wahl von Schreibung auf; ich habe ihr ganzes Syltem und die von ihr benutzten oder hinzu erfundenen Buchltabenzeichen an der Stelle (XIV $ 513), wo ich von diefem Sprachwerke im allgemeinen handle, entwickelt. — Sonderbarerweife fcheint es, als wenn die archaeol. amer. durch e unfern Laut fch aus- drücke: denn die expl. exp. fechreibt in ihrer Klammer das ce der archaebol. durch ihr Zeichen e mit Cedille (No. 2 meiner Tafel in $ 518); fie macht auch einmahl A der arch.zu c: tobacco (dacä): ferner fchreibt liech der arch. durch ch. — Richard fon macht p. 400" zu dem Verzeichnils Athapascan, und Dogrib vom Fort Simplon der Nanette p- 400-2 die Bemerkung: “ bedeute breit, “ nafal, ° guttural, " nafal und guttural; diefe Zeichen kommen jedoch nur in diefem und in einigen anderen Verzeichnillen vor, einiges davon viel- leicht in allen. Die 2 Striche ” finde ich auch über ce: €; diefer Buchltabe Philos.- histor. Kl. 1855. X 162 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. fcheint mir dem th ähnlich zu feyn. Richardfon macht die Bemerkung: dafs die Wortverzeichnilfe von p. 397 an von Perfonen gemacht feien, deren Schreibung von der in den Sammlungen vor 397 mehr oder weniger ab- weiche; unter diefer abweichenden Schreibung wird wahrfcheinlich die national-englilche zu verftehen feyn. Ihr würde allo das ganze Dogrib aufser Fort Confidence (C) angehören; eine geläuterte Orthographie würde im Kutchin und im ganzen Chepewyan, aulser S (vom Sklavenfee), herrfchen. 6 345. Ich wende mich nun für einige Zeit zu den Sprachen felbft. Die Rauheit der meiften derfelben, durch ftarke Kehllaute, durch wun- derbare, abgeftofsene oder gewürgte Töne, hat Richardfon (f. oben 151""') nachdrücklich genug gefchildert; vieles davon, wie die Häufung harter und fchwieriger Confonanten lehrt der Augenfchein; ich habe, um die Arbeit nicht mehr auszudehnen, unterlaffen mülfen von diefen Lauten, wie ich es bei anderen Sprachen gethan, eine Sammlung zu machen und vorzulegen. — Im Chepewyan bezeichnet Richardfon (II, 386) als fchwer zu fprechen das fo häufige nalale n; dann the burring sound des r, vereint mit einer aspirata. Die Tlatskanai-Sprache ift äufserlt rauh, guttural, und voll Confonanten- Maffen ; nur fehwache Beifpiele: B kösetylmaiu Axt; Bogen: töryltohwa, B tsötlt&; yaiitylkante Tag. Wie in diefer Sprache einfache Mitlauter in einen Klumpen von Confonanten mit Gutturalen fich verwandeln, zeigen: Feuer zylkane, ellen datyl. tyl ift häufig genug; fehr viele Wörter (be- fonders adj.) fangen mit /ylo an. Von der allgemeinen Rauheit des Sprach- ftammes weicht das Umpqua theilweife ab, indem es fanfter als die anderen Sprachen ift; zu diefer Sanftheit wird von Rich. der Belitz eines ng und r gerechnet. Bei aller Einfachheit im Laute kommen doch auch bei ihr Gut- turale und harte Confonanten-Maffen zum Vorlchein: schtetylschö Bär, atlyi oder ötylki Bogen. — Die Sprachen befitzen auch gelegentlich recht lange Wörter; befonders viele kann man in der Tlatskanai finden, fo in den Namen der Körpertheile; Beifpiele: yoayastlsökai Fuls, votscho- tylischitylisaha Zunge. $ 346. Ich liefere einzelne Data über die Verwandtfchafts- Ver- hältniffe der athapaskifchen Mundarten unter fich. Das Chepewyan ilt, wie ich oben (150"') aus Rich. angegeben, etwas von der Sprache am Mackenzie- Fluffe verfchieden. Die athapaskifchen Wörter vom Sklavenfee (S) und die Dogrib der Nanette vom Fort Simpfon (SN) find öfter ganz oder fehr XII, 346-7. innere athap. Verwandtfchaft; athap. Wörter in and. Spr. 163 gleich (wie fie auch Rich. 400-1 in 2 Columnen neben einander behandelt). Die Kutchin-Sprache, von welcher Richardfon ein Wortverzeichnifs in 2 Columnen neben Chepewyan giebt, zeigt fich mit Chepewyan verwandt; Rich. bemerkt fogar eine „enge Verwandtfchaft” zwilehen dem: Kutchin und Tinne (396-7). Die Zahlwörter zeigen, dafs die Ähnlichkeit auch Ab- bruch erleidet: Chepewyan Kutchin 1 nihlare tihlagga 2% nakkhe nak-hei 3 kthare, takke thieka 4 tinghe,tingee tanna 9 zazunlare illakon-elei 6 elcathare neckhki-et-hei Die Suffee- Sprache erweift fich auch als ohne Frage verwandt (Rich.’s Ur- theil oben 151° lautet noch unficher). Die beiden Dialecte innerhalb des Dogrib: Maurais Monde und Sl (das, was ich Slave nenne, ohne die Gegend zu wiffen), finde ich genau verwandt, in vielen Wörtern ähnlich oder gleich, wie fie Rich. auch in 2 Columnen neben einander behandelt (399- 400); beide Dialecte weichen wieder in den Zahlwörtern vom Chepewyan bedeutend ab. Die nahe Ahnlichkeit der Sprache der Hafen-Indianer mit dem Dogrib bemerkt Rich. oben S. 150"". — Das Umpgqua finde ich vielfach abweichend in der Verwandtfchaft. Auch im allgemeinen findet fich oft im einzelnen Fremdheit zwifchen nahen Dialecten; fo ift ich im Chep. ne, im Tac. se; auch mehrere Zahlen find zwifchen beiden abweichend. $ 347. Es würde vergebens seyn nach einzelnen Ähnlichkeiten der athapaskifchen mit den fonorifchen Sprachen zu fuchen; denn eine Ver- wandtfchaft zwifchen ihnen befteht gar nicht. Die Thatfache jedoch, dafs das Wort für Feuer und vielleicht auch für Bogen in der Sprache der Co- manchen und Schofchonen, Feuer auch in der Yutah (f. XIII $ 395), das allgemeine athapaskifche ift, hat mich zu einer grölseren Prüfung zwilchen beiden Sprachmallen geführt, deren Refultat, eine nicht zu verachtende kleine Anzahl von Ahulichkeiten, ich bei den Comanchen (XIII, 445) ver- zeichnet habe; einige verwickeln die füdlichen fonorifchen Sprachen mit in diefen Kreis. Das Eindringen athapaskifeher Wörter in verfchiedene andere Sprachen mu/s überhaupt immer ein Gegenftand unferer Auf- xX2 164 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. merkfamkeit feyn. Eben fo laffen fıch in zwei anderen fon. Sprachen, der Kizh und Netela von Neu-Californien, einige athapaskifche Analogien auf- weilen; und wenn diefe dem Zufall angehören, fo feheint wirklich die Ne- tela-Sprache, wie die fehofchonilche, das weltliche athapaskilche Wort See zu befitzen (f. XIII, 488). Dalfelbe Wort See fcheint auch die Kala- puya-Sprache, vielleicht auch Bogen Chinuk und Molele zu befitzen (f. XIV, 557). Man darf aber nicht die Betrachtung von dem grolsen Körper weit weggeltreckten athapaskilchen Glieder, die vernachlälligen, dafs die dem weltlichen Meere genäherten: Tahkali, Tlatskanai, Umpqua, auch von der dortigen fremden Umgebung Einflüfle erfahren und von folehen Sprachen etwas in fich aufgenommen haben werden; zu diefer Vermuthung regen viele Wörter an, in denen die 2 füdlichften Glieder fich von den übrigen abfondern: ich habe leider aus Furcht vor zu grofser Ausdehnung diefe Analyfe der athapaskifchen Sprachen auf ihre innere Verwandtfchaft und Abftofsung zurückhalten müflen. Ein Beifpiel diefes fremden Einfluffes finde ich in der merkwürdigen, fehon Abfchn. II $ 35 angegebenen Überein- fiimmung des Tlatskanai- Wortes fa öse Sonne mit tasse der Tepeguana; ich würde meinen, dals erftere das Wort aus einer fonorilchen Sprache auf- genommen habe; die Tlatskanai fondert fich in ihm von dem athap. Sprach- ftamme ab, in welchem das Wort sa, sah Sonne allgemein herrfchend ift. 6 348. Aztekifche Wortähnlichkeiten laflen fich allerdings in den athapaskifchen Sprachen aufzeigen; und das durch den ganzen Sprachltamm in naher Ähnlichkeit gehende azt. teil Stein (!hay,tse ulw.; f. Verz. No. 1022) ift geeignet uns mit ftaunender Verwunderung zu erfüllen; wir ftehn hier rein rathlos da: man hat nicht den Muth diefs für blofsen Zufall zu er- klären, und doch ift diefes zunäch[t das Vernünftige und Wahrfcheinliche. Das Wort des Tlatsk. {sche-tse fcheint uns die mex. Endung / (= ise) zu zeigen, welche die anderen Dialecte verloren haben. Diefes aztekifche Element fetzt fich in den hohen Norden der Kinai-Sprachen fort (f. $ 821 No. 75) und tritt auch noch im Kolofchifchen (XVI $ 685) auf. — Weniger ernfthaft find folgende Anklänge: Dogr. vom F. Simpfon (DS) kai Schuhe, Tacully catell socks kommen dem azt. cactli Schuh fehr nahe; Chep. ihles Weizenmehl, azt. +Zeatli Mehl; Dogrib SN yehhoa geltern, azt. yalhua id. (yohuac bei Nacht). Zu diefer Sammlung kann man auch das Präfix zene Jemandes —= mex. Ze fetzen ([. nachher p. 166"). XIH, 349. pronomina possessiva praefixa der athap. Sprachen. 165 $ 349. Bei dem Gebrauch der Wörter, wie fie die Sammlungen in den athapaskifchen Sprachen darbieten und fie unten ebenfalls geboten werden, für die ver[chiedenen Zwecke und befonders zu Sprachvergleichungen würde man grolsen Irrthümern unterliegen, und über die Verwandtfchaft diefer Idiome unter fich würde man fehr unzulängliche Relultate erreichen ohne die Kenntnils davon, dafs ein grofser Theil der Subltantiva: nämlich die, welche die Theile und Glieder des Körpers ('), und diejenigen, welche die Verwandtfchaftsgrade ausdrücken; an ihrer Spitze, in ihrem Anfange meift mit einem fremdartigen Stoff behangen find, der von ihnen abgelondert oder weggedacht werden mufs. Nach dem Geifte der ganzen Sprachmalfe des Welttheils führen diefe zwei Gattungen der Hauptwörter nämlich vor fich Präfixa der PrRowomınA Possessır4. Wie der Lefer im Verlaufe‘ meiner grölseren Arbeit an verfchiedenen Stellen, befonders aber an den Idiomen des ruflifchen Nordamerika’s, fehen wird, fo find diefs verfchiedene Prono- mina: mein, Jemandes, fein (im Mex. ilt es oft auch un[er). Diefe Präfixa erf[chweren das Verfahren mit dem unten vorzulegenden Wortftoff des Sprachltammes, wie es auch in den anderen Sprachen fichtbar wird, recht fehr; wir erhalten durch fie, nach den Adjectiven und Verben, von denen ich anderwärts (XVI $ 795) gefprochen habe, einen neuen ungünftigen Be- ftandtheil, mit dem fchwer bei Sprachvergleichungen zu verfahren ift. Der angewendeten Pronomina find, wie gefagt, mehrere; fie find zwifchen ein- zelnen Mundarten verfchieden; für dalfelbe pron. haben diefelben, ja hat die einige Sprache in fich eine Mannigfaltigkeit von Formen, welche die Beftimmung und Sicherung fchwer machen; wie foll man zwifchen prono- minalen Präfixen, und Lautzufätzen ent(cheiden, welche die Wörter dialec- tifch vorn erhalten können? Endlich bieten die Sammlungen auch öfter diefe Begriffe ohne ein pron. poss. praefixum, in wirklich reiner Geltalt. Die immerwährenden Fragen find daher bei diefen Wortformen: 1) ift der Anfang ein Pronominal - Vorfatz oder gehört er dem Worte an? 2) wie viel gehört zu dem Vorfatze? ift es ein oder [ind es 2, 3 ulw. Buchftaben? Ich habe mich daher vielfach und unbeftimmt fchwankend von dem Gebrauche des Zeichens entbunden, das ich gewählt habe, um in den amerikanilchen Wörtern das pron. poss. praef. abzulondern; es ift diels ein Doppel-Trenn- (') Falt immer ilt es der menfchliche; Fälle vom thierifchen find: Bruft No. 149. 166 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. ftrich (=): er ift unfchädlich, weil er mit nichts verwechfelt werden kann; ift er unrichtig angebracht: fondert er Lauttheile ab, die ganz oder theil- weife dem Worte felbft angehören, fo kann man ftets über ihn hinweglefen. Wie ich es bei den in anderen Regionen liegenden Gliedern des grofsen athapaskifchen Sprachftammes: den Kinai-Sprachen (hier ganz zerftreut) und den Mundarten der Navajos und Ticorillas (XII $ 329), gethan habe, fo liefere ich hier für den Hauptzweig die präfigirten Pronominal - Formen für jede Sprache befonders, und meilt in alphabetifcher Folge. Die Ziffern beziehn fich nicht auf die laufende Nummer der hiernächft folgenden atha- paskifehen Wortverzeichniffe, fondern auf die der kinai-athapaskilchen Worttafeln beim ruflifchen Amerika, bei denen ich diefen Gegenftand mit ausarbeitete. Die Beziehung auf diefe gewährt den Nutzen, dals man das zu prüfende Wort in einer grölseren, ihm angehörenden Gemeinfchaft an- trifft. Das nicht namerirte ift im athap. Verzeichnifle aufzufuchen. 6 350. Chepewyan — ein No. 14, 23, 184 (Kopf, Zunge, Bein); i? soul ni mein: land; na dein: land ssa? Schwelter 97 iza: Vater 47; tzo? Bruder 91 zi ift ausgemacht mein: Vater 47, Mutter 45, Sohn 59, Tochter 458, Bruder 91, Ausband, Frau (uxor) 188 In dem Wortverzeichnilfe von Dobbs haben die Körpertheile regel- mäfsig das Präfix Zene vor fich; dieles ift das poss. indef. Jemandes, und trifft in einer merkwürdig engen Verwandtfchaft mit dem Vorfatz /yna der In- kilik-Sprache des rullifchen Nordamerika’s zufammen; fie find wahrfcheinlich aus dem Subft. Menfch entftanden, und die Ähnlichkeit diefes zene mit dem, ganz gleich gebrauchten azt. Präfix Ze, Jemandes, ift wenigftens merkwürdig genug; alles diels habe ich in Abfchn. XVI $ 779 entwickelt. Es ilt fehr auffallend und zeugt von dem unficheren Verlafs diefer Präfixe, dafs die anderen Sammler der Chepewyan-Sprache diefes Präfix nicht haben, fon- dern uns die Körpertheile meift ohne pron. liefern; nur Amahl hat Richard- fon tinni in Finger, und überletzt es man's; 1mahl hat Dobbs die Form zena: 160. Vielleicht kommt auch im Dogrib einmahl Zinne vor. Ohne Präfix ift Blut 73. XIH, 350-1. pron.poss.praef. des Tahk., Kutch., Suff., Dogr., Tlatsk. 167 Tahkali — a? entrails, ay? wife? ba? Frau 188, be? Auge 1, bi 24 e: Nagel 94, Tochter 158, Schwelfter 97 e oder ey: Sohn 59, Bruder 91, hushband o (teht vor einigen Körpertheilen, wo das Chepewyan nichts hat; 1,4, 1,5160 184 pani 7, pi 14 u: H 50 Das Kutchin bleibt hier ganz aus, weil das einzige Wortverzeichnifs (Rich. 382-5) nicht Ein Wort aus den beiden hier waltenden Begriffs - Ca- tegorien enthält. Suffee — se Auge 1; nur diefs eine Wort kommt aus beiden Ca- tegorien vor. 6351. Dogrib — a— ?S — Fufs 18, Bruft 149 (von Thieren) bai — ?S— 11, 48; dd — ?S — 151; de — ?S — 8, 14, 160, brain; bet? — 160, brain e— ?S— 23, 73, entrails? Knie, liver, milk, skull, thigh ei— C — Bruft 149 (von Thieren); et? — skull me —S—1; mi —S — 1%; ?S — 5, 7, 134 nö — 18 In dem Dialect SN müffen zze und se, auch ?za, ssa, setz mein be- zeichnen: da fo viele, vielleicht alle Glieder des Körpers fo anfangen; das Nähere laffe ich nachfolgen : sa — SN — Schwelfter 97; /sa — SN 5 setz? — 4, 8 tinne — C — Nafe 7 (würde = dem obigen Präfix des Chep. seyn) iza — SN — Kopf 14, Arm 148; Vater 47, Bruder 91, Schwe- fter 97, Freund 62 tze, ize — SN tzo? — SN — Bruder 91 Tlatskanai — dalaäi —B— 7 ii? — B — husband ko? — B — Zahn 11, Stim 22 nö? — Fufs, Zahn? 139, Schwelfter? 97 o — Blut 73, body B, husband A 168 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. s — Hand 5, Bart 127, Mutter A 45, Vater B47 si — husband; sikötes Vorlatz? — wife 188 sö— A Arm 148, body; Schwelter? 97 st? — A 158; sts oder s’— AundB5, 184 ischi? — B 94; tschö? — 150 uni — B 151 uö? — B Zunge 23, A Frau 188; wö? — Mund 21; A Vater 47, Mutter 45 wo, w? — Name 155 xo — ilt ganz allgemein, und man follte es für mein halten, auf den erften Anblick feheinen Einem beinahe alle Subft. mit yo anzu- fangen, scheint ihnen yo mit noch mehreren Buchftaben vorgelchlagen zu feyn; ich nenne nur Bart 127, bone befonders; noch mehr als yo erfcheint in /oe Im allgemeinen und wegen Abwelfenheit eines Präfixes weile ich noch hin auf No. 23, 48, 59, 92, husband, wing. Umpqua — cu — 11, 48; kw? — 94 e? — Tochter 158; i? — Bruder 91, Fleifch? 150 mi— 7 i sa? — Zunge 23 sch — die auf diefem Grunde beruhenden Vorfätze der Sprache bedeuten mein, da in ihr schi das pron. ich ift. Am häufigften ift das sch felbft: 1) Bart 128, Blut 73, body, bone, Finger 120, Fufs? 18, Geficht 189, Hand 5, Nagel 94; 2) Bruder? 91, Frau? 188, Freund? 62, Sohn? 59, Tochter 158, Vater 47; — sch oder schy? — Zehe 139, husband sche? — beard; schö? — Hals 151; schi — Hand 5, Sohn? 59 tschi? tschö? — Ohr 8 u — Zahn Ich verweife noch auf Mutter 45 (6? sch?); ob ein Präfix fich findet in: Ei 161? Ohne Präfix find Mund 21, Stirn? 22. $ 352. So wenig ich beablfichtige diefe Unzahl von auseinander- gehenden Formen abfchlielsend zu ordnen, fo will ich doch die alphabetifche Reihe aus allen Sprachen zufammenftellen und einiges erläuternde zu meh- reren Formationen fagen. Das volle Bild würde aber erft hergeltellt werden, XIH, 352. allg. alphab. Verzeichnifs der athap. pron. poss. praef. 169 wenn in diefe Reihe die 2 mexicanifchen Idiome und die 6 Kinai-Sprachen aufgenommen würden. Zunächft erinnere ich an die Stellen meiner Arbeit, wo ich die uns überlieferten pronomina pers. oder poss. im Zufammenhange mitgetheilt habe: beim Kinai (XVI $741 am Ende) die poss. des Chepewyan nach der archaebol. amer. (f. auch unten No. 662-5); in meinem nachfolgenden Wortverzeich- niffe wird man nach der Verzeichnung alle diefe Pronomina der athap. Spra- chen zufammen finden. Eine dritte Stelle ift in der United States exploring exped. Vol. VI. p. 535”, wo mein und dein in 3 Sprachen angegeben wer- den; es wird da nämlich gefagt: im Tahkali und Tlatskanai, welche hierin ganz diefelben Formen haben, find s’2z meine Hand, n'l@ deine Hand, (s= mein, n— dein); im Umkwa heifst erfteres sch’la, letzteres nanla (pron. sch; nan, vielleicht eher na). Indem ich mein alphabetifches Verzeichnifs vorführe, laffe ich die Vocale der Confonantenreihe vorangehn. Viele hier genannte Präfixa kom- men, ganz oder in einigen Sprachen, nur vereinzelt vor. a— D?S e— Ch Körpertheile, Ta, D?S Körpertheile oft, U; e kommt auch im Tic. vor ei— DC; ey — Ta (zu beiden vgl. das im Nav. fo häufige hay,) et? — D; aus mehreren Formen (bet, bit, iti,nit) wird erfichtlich, dafs z ein Augment zur Bildung wirklicher poss. aus pers. ift öi— U; im Ugalenzifchen ift ö fein, im Tic. ift z nicht felten ii? — TIB o — Ta oft in Körpertheilen, Tl manchmahl in denfelben u— Ta, U; im Ch wird hoo für ihr (leur) angegeben; im Nav. ift Au allgemein, daneben kommt auch ho vor; vgl. noch nachher yo uni — Tl (vgl. unten ni) uö — f. wö Die Präfix- Formen mit 5 und p find ohne Frage das pron. 3. pers., fein; im Ch wird freilich de als pers. pl., fie (ü), angegeben: aber dee und dit als fein: be — D?S öfter; Ta: da? be? bi, pi; diefes Präfix ift eins mit dem im Tie. allgemeinen wi, woneben felten pi, pe vorkommt; wiederum fcheint diefer ganze Typus gleiche Geltung mit zu haben Philos.-histor. Kl. 1955. % 170 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. bai — D?S;, bd — D?S; bet? — D xo — allgemein im Tl; ich hegte bei der einzelnen Überficht diefer Sprache (168") die zweifelnde Vermuthung, es möchte mein bedeuten (wozu eine ruffifche Sprache Analogie giebt); die oben beim u ver- zeichneten Data fprechen für die 3. pers.; — cu und kw — U find wohl gleichartig; ko — ? TIB dalai — TIB ko, kw — f. bei c (Yo) me — DS; mi — DS, D?S öfter, U; — beide find mit de und pi verwandt n — ilt die Grundlage des pron. dein; in diefer Bed. haben wir oben genannt gefunden: n felbft Ta und TI, na Ch, na-n U, nee und nit (arch. amer.) Ch; — als feft gebundenes, triviales Präfix in Voca- bularen erfcheint nur nö — D, Tl; man vgl. noch oben uni p — f. beid Die Buchftaben s, sch, tz, z find der Haupttypus des pron. 1. pers. mein: s — Ta und Tl mein, nur nach der Angabe der expl. exp. sa — DSN, U; /sa — DSN sch — U mein: allgemein in beiden Categorien (auch nach Angabe der expl. exp.) sche? — U, schi — U; schö? — U se — Su; setz? — DSN;, s — Tl; sö — TI Sales tene Jemandes — unterbricht diefe Reihe des pron. 1. pers. — es ift allgemein im Ch bei Dobbs; Amahl zena, Amahl Zinni; D 1mahl tinne tschi und tschö — TI? U? iza — Chin Verwandtschaftsnamen, DSN fehr häufig mein tze, tze mein — DSN tzo — Ch Verwandtfchaft, ? DSN w, wo? — Tl; wö oder uö — TI oft zi mein — ift im Ch allgemein $ 353. Ich habe hiernach über die Einrichtung meiner Wort- tafel, der grolsen Sammlung des ganzen uns überlieferten Woriftoffes der 7 athapaskifchen Sprachen, Bericht zu erftatten. Zuerft kommen die Wörter XII, 353-4. Einricht. des athap. W ortverz.; üb.die alph.Verzeichnung. 171 (Begriffe), welche nur in Einer Sprache gegeben werden können, und die einzelnen Sprachen für fich. Die Anordnung ift hierbei nicht ganz fyftema- tifch, auch kehrt eine Sprache an verfchiedenen Stellen wieder; es kommt diefs daher, dafs ich im Anfang den Gang der Anlage nicht überfehen konnte, nachher zu Zufätzen genöthigt war. Dann kommen 2, 3, 4 Sprachen ver- einigt (derfelbe Begriff in mehreren Sprachen); hierin habe ich eine fylte- matifche Reihenfolge annehmen können. Darauf folgt zuletzt die grofse allgemeine Tafel mit denjenigen Wörtern, die in 5, 6 oder allen 7 Sprachen fich angeben liefsen. Manchmahl kommt aber ein Wort auch noch aufser diefen Gruppirungen: in einer Sprache der Gruppe oder noch in einer an- deren, vor; .was in der alphabetifchen Verzeichnung zu fehen if. Durch die ganze Wortreihe habe ich eine laufende Nummer geführt; in den Ver- zeichniffen von Einer Sprache erleiden die Nummern manche Lücke, weil ich fpäter die Wörter habe in die Verbindungen von 2, 3, 4 Sprachen hinein- nehmen müffen. $ 354. Da ein grofser Theil der Wortverzeichnilfe Einer Sprache (Abth. 1-6, No. 1-532) unalphabetifch, in der Ordnung der Quellen, ift, und, trotz der von mir mit dem Übrigen (Abth. 7-12 oder No. 533-722 der einzelnen Sprachen; den Sammlungen von mehreren Sprachen: Abth. 13-42 oder No0.723-1059) vorgenommenen alphabetifchen Einrichtung nach dem Englifchen, die ungeheure Zerfplitterung in kleine Liften (6 ungeordnete und 36 alphabetifche) das Auffinden eines Wortes unmöglich macht; fo habe ich der grofsen Worttafel eine alphabetifche Verzeichnung beigegeben; d.h. fie ift, wie immer, nur für die 3. erften Redetheile: Subft., Adj. und Verbum, alphabetifch; für die übrigen fyftematifch. Eine eingeklammerte Nummer in diefer Verzeichnung bedeutet indirectes: wo das Wort in einer Zufammenfetzung, einer grammatifchen Form oder in einem Satze vorkommt. Vor die Ziffer der laufenden Nummer habe ich die Chiffre der Sprache und der Quelle gefetzt. Bei 2 Sprachen habe ich beide Sprachen durch & ver- bunden: z.B. Ch& Ta; bei 3 und 4 Sprachen habe ich die Chiffren für die Sprachen unmittelbar in einander verfchlungen: z.B. DTIU. Bei 5 bis 7 Sprachen, den Wörtern der grölsten und letzten Worttafel (Abth. 42), benenne ich die Sprachen nicht mehr, fondern fetze ein Kreuz ++ vor die Ziffer; öfter find zu ihnen noch Zufätze (andere Ziffern) hinzugekommen : diefe find aber nur Nebenfachen. Ich habe auch befondere Wörter der Y2 17 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. Navajos und Ticorillas (aber nur befondere, nicht die gemeinfchaftlichen) in die alphabetifche Verzeichnung aufgenommen. 6 355. Folgendes ift die Üsersichr der 5 Crassen (A—E) und der, durch die vielen Combinationen, welche 7 Elemente erlauben, herbeige- führten, oft fehr kurzen 42 AsrheıLungen des, hier nun unmittelbar nach- folgenden Wortverzeichniffes der 7 bis 8 athapaskifchen Sprachen: ma A. Eine Sprache: . Chepewyan aus Richardfon: a) ae a 2. a) Tahkali von Mackenzie byan ss von Harmon NER der exploring expedition . Kutchin aus Richardfon \ . Dogrib aus Richardfon: a) grofses Ve tt Sa ee den (in Abfätzen) . Umpqua von Tolmie . . Chepewyan von Mackenzie 5 von Thompfon in Dekbs ; = aus der archaeol. amer. ” aus Richardfon: b) Nachtrag . . Dogrib aus Richardfon: b) ae ohne Trennung ‚de Gegenden . Suffee, Umpqua . Chepewyan: Wörter Sch den 3 Bellen, B. 2 Sprachen: . ChTa: a) Ch nach allen 3 Quellen b) ,, nach Dobbs c) nach Mackenzie ') Ri chardfon . Eei\..e. S.0 {ae use tee CHE CuCBS)., . ChD . Chr} BERG, ATaD.t, laufende No. 3—217 218— 220 235— 365 366 367—383 393—477 478—504 505532 533 — 661 662—665 666688 689— 711 712—713 714—722 723—725 726— 740 741— 759 760-781 782—784 785-787 788—798 CC) u DD Do I XII, 355. Abtheilungen des athap. W ortverzeichni/fes. 173 C. 3 Sprachen: D. 4 Sprachen: . ChTaKD ChEatilue mn , . ChTa mit 2 andern Sprachen . ChK mit 2 andern Sprachen . . ChDTIU. . TaKSD sTaD EN. E. 5, 6 oder 7 Sprachen: . die grofse allgemeine Worttafel . laufende No. 799— 800 801 — 802 803 804— 809 810 — 824 825 — 832 833 — 848 849 — 850 851 — 561 862 — 864 865 — 373 874 875— 851 852 — 893 894 — 896 897 — 900 901 — 913 914— 928 929 — 936 937 — 941 942 — 947 948 — 949 950— 955 . 959— 1059 174 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. Wortverzeichnifs der athapaskilchen Sprachen. $ 356. 3 blunt arrow A (blanket or) cove- ring 5 large blanket 7 covered kettle 8 beaver house 9 small or ground squirrel [day 40 mid-day, half a 42 leathern tent-co- ver 43 Hutchins’s goose 45 my native land 16 your native land 47 his land 48 holes in the ice 419 ice breaking up 20 tin kettle 21 Rocky Mountains 23 shed canoes are built in which 24 sunshine 25 fiddle 26 puppy 27 a rocky country 28 very steep bank 29 calm (s.) [paud) 30 large frog (era- 31 raspberry 32 trading stock 34 platter A. Eine Sprache. 4. Cuerewyan aus Richardfon p. 387 - 395: a) grolse Sammlung sis-there tsirre, tchirre tsirre-kai-cho tille-arakai-inka ekhke, tza bekong tillel-kuze [tan-ni-se ’tchi-en-tize, tchinne- ni palle kai-yaze, kai-guse ni-tanninne na-hinne be-anninne ien-de-ila (i. e. ice hard not),zen-nailer kin-the-leuk sampas-tlle shet, the-she isi-ye tsa-ne-tum klewlghe-elting thling-yaze the-minne-u-ye hokar-ritha tethi-el tsai-el-cho ta-kalle-chi-a yu thai-i 35 chest lock key, auch key im allg. 36 across 37 on the other side 38 it is mouldy 40 already 44 this very day 42 this night 43 in the middle 44 it is useful 45 useful 46 sometimes 47 since such a time 48 it is difhicult 49 more 50 nearer, very near 51 further, very far 52 heistroublesome, badly disposed 53 keep it, have thou ib 54 I possess it, it is [mine 55 it is yours 56 it has a broad bill 57 speak thou 58 he talks 59 speak to me 60 let us talk toge- ther 61 they talk to one another 62 he spoke to him denti-lita-thil-tile nanne yanna tit-sa kaltune ti-dzinne terri-kitha tanize bet-arutha bet-taritha athke ekku-aze sutu-ye ona-hadzün edzun-kuthe hona-hedza-nitha hul&-ho nitsa-ula [zoni se-itza-heila, hune- nelze petothe-karth yan-ihi yalti zedzun-yar-ilti althlai-yalthi (tog. let us speak) elthney-alti ‚yedzonne-alti XII, 356. grofses Chepewyan-W ortverz. aus Richard/on; 63-124. 175 63 Italk 64 I talk to him 65 he spoke to me 66 he talks to you 67 do not tell it [relate thou now 68 tell us the news, 70 it is full of parti- tions 71 another house 72 he is tired (with walking) 73 they are tired (it.) 74 1 am tired (it.) 751 am tired with paddling 76 areyoutired with paddling? 77 he is there 78 he is sick or ill 791 am sick 80 he is wet 811 am 82 knot 83 tie a knot! 84 he has tied a knot 85it has become loose, it is loose 86 he has untied it [open it 87 loose it (a knot), 88 Ihave loosened it wet 89 I have untied it 90 I gave him a blue eye [eye 91 he gave me a blue 92 warm it (a gar- ment at the fire) 93 he warms it e-ästi bedze-asti zedzun-alti nedzune-alta zedzun ye-inne-alti- hila-kula nu-hei-lune peye-onla-honne nu-anku kalye-ni-nan-idza kalye-ni-tan-idza kalye-ne ninna-chä toth-ne-zin-alnilza teth-ne-ni-nan-ilza- uza? nu-a-edzon-illa ey-a-hilla ey-a-hezle edzil dzedzil chäs-inninne-ai chas-nos-al! chäs-ninne-al tey-kunne-takh tey-kunne-arlth, ney- ke-urth pey-ke urth kalthonna-pey - ke urth ey-ke-urrth peino-harre-kluk zunno-arre-kluck per-i-thilth ! ‚yi-er-il-thilth 941 have already warmed it 95 sit down! 96 sithere! (heresit) 97 he sits 98 they sit 991 sit 100 are you sitting? 101 do you wish to sit? feat! 102 give me food to 103 I will give you food to eat 104 he is niggardly (of his vietuals) 105 minglethem,add one to another 106 I willhidemyself from you 107 it is in (a bag) 108 he puts it in 109 I put it in 110 beonyour guard against him 111 beonyour guard against me 1121 will be on my guard against him 113 he gives a side glance to a girl 114 it is broad [ing 115 heis wise, know- 116 he is wise orpru- 117 he labours [dent 418 I labour 119 barter! trade! 120 will you barter? 122 tell a story or 123 astory [fable 124 he grows bigger kuda-ber-il-thilth thein-tä! ey-er-thein-ta! neltä hed-nilthi thi-ta thin-ta-uzang ? unta-uzang? bega-van-ilehu ! ne-a-urchu d-d-ontzun eltan-nile necha-itus -"i te-ye-thella te-ye-yella te-ye-ıla bega-etu-u-elne zethe-sekor-u-elne pa-us-o-elne na-seil-hitche ne-etel hung-ya, huya hong-she-a e-hul-ana e-walasna na-inni! na-ukh-uneuza? sel-honninne! honne necha-ladi-nelthun 176 125 itis ripe or mellow 126 she dyes ortingesit 127 1 dye it 1428 I overtook him 429 Iwillovertake him 130 they fly from us (birds) 131 he is choking 4321 am choking 1331 wish to be your friend [alone! 134 keep off! let me 135 Indians ofa strange nation 136 dawn of day 1437 horn comb 438 the last or little finger [(une cote) 439highground, abank 140 hoar frost 4441 ants 442 ha! (interj.) 143 not heavy 444 it stirs not 145 by day 446 at that time 147 only that 148 last 449 a little above 151 truly 152 by night 153 beaver lodge 154he breaks up a beaver lodge 155 it is opened 156 open ye it 157 mix it, stir it 158 he is wise,knowing 159 small spruce fir (abies balsamea) neuth-lurth udedza uridza ne-ni-esha ben-nisha-lille nar-helteth tchirr-ilte tchirr-este et-te-to-tin-in-uste nuse! et-dunni-"tinne ‚yelkon edte-thidzi tinne - la - dthaille - dzilla kokkarritha ne-edja tchanti ey! ned-tarrilla ne teille dzithe klasing-tinge-vaiye ashmoh no-onte i-yaze-beke oti-a-elthe hedkleghe za-kin dza-kin-nannelya [ha-elta peta-harelta, peta- peta-kleli bethna-ilkis huya eln 160 stock duck (Anas boschas) 161 pike or jack 463 what is his name? 164 whatis your name? 165 he has an eye on one side 166 whatis thematter? 167 my head aches 168 my head 169 come hither! 170 go there orthither! 171 where are you go- 172 a wart ling? 173 a hatchet helve 174 a dead body, the deceased 175 aurora borealis 176 dawn of day 177 a hash or haggis 179 anchor (auch but- 182 it is short [ton) 183 a blackbird (Scole- phagus) 185 true, truly, verily 186 do you doubt it? it is true 187 close to the shore 188 hist! listen! look! 189 below, underneath 190 hepoked it(afinger or stick) into my eye 191 it has run into my eye (a stick) 192 it tapers 493 wait! wait alittle! 194 he or it has short [hatchet 495 he hews with a nails Buscnmann: der athapaskifche Sprach/tamm. tchith-tcho ultai-ye etla-hulye ? ey-la-hunlye ? nakith etla-djah ? zedthi-ey-a zedthi e-o-kü-si! e-o-kü-si-nek-iltkh! etla-se-nek-ältkh? shith thell-tchinne ethi-a ne-elkai ‚yel-kon pernatal pan-neyla, luneyle ned-tu-a tadzon-zelle ta-tu-ahadde ta-tu? ne-o-ka I tchu! pei-ya-thi dzenoy-inke dze-noy-cke kai-intchuthe karre! pe -"kunne-neltu-ye [thelth thelth -ta-nai-ilkh- XII, 356-7. Woriverz.d.Chep.v. Rich., d. Tacullies v. Harmon; 196-281. 177 496 I hew with a hat- thelth-ta-nai-ilkh- | 205 salmo Mackenzii bekh-hulla chet [draughts thell 206 dore ettchu-e 197 he plays at _dezere-hai-elle 207 anAmerican crow dadsang 198 he cerumbles the belekh-hered-ye | 208 coregonus Artedi the-tchuthe leaves (rubs them 210 hiodon [(tullibee) thlu-dathe to powder) 211 sail tsini-ball 199 it is light blue tell-klükk 213 thaw nahalgi 200 I put it with my thilk-tas 215 a great happiness su-sinne 201 the wapiti [arrow tse-thil 216 the great bear ya-eetelli 202 a skunk [mophile zult-si-ai (Sternbild) 203 a marmot or sper- tel-leh 217 cross fox naghirhe-netlizze 6 357. 2. a) Wörter der Tacvruızs bei Mackenzie 218 plains thoughoud 220 ground-hog thidnu 219 elk ‚yezey 2. b) Wörter der Tacvurrıes von Harmon A—Bram 260 feel oanton 235 aunt aki 261 depart ninetell 236 bracelet nalton 262 fall nalchet 239 avaricious kanechee 240 I am angry son-echee Fr— Huns 241 arrive natell 264 grand mother utsoo 242 assist me sly-en-elay 265 grand child echi 243 beat [®) chiltulta 266 frock or robe naltay 244 arise from bed tädeenyal 267 goat or sheep spye 268 water hen chel Braun ed 269 hay (auch grass) clo 245 cariboo ochee 270 heat ozell 247 chimney pakonetaskone 273 gun-case altee-zus (altee gun) 249 deaf otsohoolah 274 home e-yok 275 gooseberries tongueese Dee—Fo 276 french neddo 250 excrement chou 278 halloo .) cdanni 251 ferret nahpye 279 hate ochadussene 254 dish tsi 255 fort or house yock Hunt — Maq 257 drunken toonisto 280 loon tadjoy 258 distant neezolt 281 letter or book dushlush Philos.- histor. Kl. 1855. 7 178 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. 282 keep honelay 283 know atdy-etay 284 lie down sintee 285 lie onchit Mar—-Pah 286 nephew quäze 287 melancholy choletnee 288 orphan tll-inyaze 289 outard hok 290 miserable tillen 291 be merry ousta Pai— Shot 292 path or road tee 293 petticoat chacachute 294 robe f. frock 295 sun setting ndah 296 sheep f. goat 297 porcupine cho 298 fish roes okoon 299 powder allacha 300 shot bag nodotobostlä 302 quick utchointin 303 pregnant elchon 304 sensible hona 305 shameful clouchaä 306 shallow toohooskaä 307 road f. path Shou—-Su 308 sun setting f. setting 309 sledge sclusa 310 socks catell 311 portage sling kanalta 312 stench illchun 313 skin 0zuss 314 spirits konetoo 315 strawberries ingee 316 smell .) inchis 317 suck eitook 318 starve necho-alhoolah 319 steal wayto Sw-Y 320 urine alluze 322 whortleberries 323 world chilcho ton-atesuck 324 trunk or box chinkale 325 steel trap chäco 326 vegetables hon-eltya 327 windy days-chee 329 whistle yool 330 weep achuck pron. 332 my own se-iltsun 333 your own 3354 our own 335 enough 336 too little 337 too much 338 because 339 formerly 340 how 341 immediately 342 not yet 343 truly 344 yet nene-iltsun wane-tltsun coola od. atesel stän-sool stän-clyne adv. adoo-aw ultä tuch-ah antıt katch-ah-owntoo alldtene kachä Redensarten 345 it is done 346 I will go 347 1 do not know 351 I thank you 352 what is that? achel-istla ochetoseah tuch-ahoony senachalleah tee 353 what is the mat- tahoweha ter? XII, 357-9. Wortwerz. des Tahkali, Kutchin, grofses des Dogrib ; 354-433. 179 354 who is there? 355 what is name? [going? 356 where are you 397 let us depart 358 will you trade? 359 whenceareyou? your teweental bazee necha-en-egal näzotell bacheokate nechasültal Nachtrag 361 Zahl 22 362 Zahl 1000 363 bread 364 death 365 life 4 notwonnezy -oat [änezy lännezyo lännezyo nongki clays (auch: flour) tässi (auch: dead) anna (auch: alive) 2. c) Wörter der Taukarı aus der exploring expedition 366 light (s.) $ 358. 367 chisel 368 seal 369 cross fox $ 359. hütylin soittse nättchuk nakath-so 375 duffle coat 376 tape gartering 383 Zahl 15 4. Doc-rıs nach Richardfon: a) grolses Verzeichnils nach Gegenden: C. vom Fort Confidence; Rich. p.395-6 393 large kettle 394 little kettle 396 no meat! [indeer 397 dried ribs of re- 398 a crooked knife 399 a knife sheath 400 leg, bone or knuckle 404 firebrand 402 transverse poles to hang meat upon 406 rein deer tongue 407 deer-skin hose 408 deer head 409 pole for hanging a kettle upon 410 encampment 411 the e. is distant tille-tcho (tille Kel- ulle-yaze [fel) par-ulla ! atcharna, etchanka bess-ha bess-the ak-kai-tchinna halai-kun tane-ai et-thu et-thidda et-thi telle-kaiza zules in-tu-E-zules 3. Wörter des Kvurcuıs aus Richardfon p- 392-5 chai-ik lekath-at-hai-e [ga ülakon-elei-mikki-tag- 412 the encampment thi-si-te-zutes is near 413 awarm woollen kow-i-tchitha collar, a com- forter M. Mauvais Monde, Rich. p. 399-400; Sl. Slave, ibid. 417 white man 421 white man niton, M monalla, Sl ?S. fraglich Fort Simpfon; Rich. p: 397 422 rump [milk) 423 udder (auch 424 butter 425 sugar 426 tea [want? 429 what do you 431 tell! 432 tetrao umbellus 433 tetrao canadensis etchin-nai et-tuzai edgiddai-thlissai suka [ter) suka-tu (sugar wa- addow-adlis? adin-dai! edza-zinne th 22 180 434 coregonus albus thlu-ai 435 Back’s grayling tsai-teu 437 columba migra- emmu-i-u-ai 439 then [toria ye-won 444 waistcoat memba-ulai 443 castoreum tsa-thu-ai 448 crooked knife Dbat-huch 449 clasp bai-chin-ai-i SN. Fort Simp/[on Nanette;Rich. p. 402 450 the great Bear ya-tha (Sternbild) 4541 wise koo-rac-yon 454 my companion tza-onenya 455 when kkonde 456 which mee 457 what? et-cloy ? 458 to me tzen-ez-etze 459 to him ne-ghon-em-etze 460 to you ne-nin-etze 461 to us $ 360. 4621 don’t under- stand 4631 won’t give it you [you 464 1 will give it to 465 what shall give you for this? 466 take care 467 make haste 468 get out fort!) 469 where is it? 474 do’nt touch that 472 what do want? 473 what do you want for this? (gek you 474 give me a piece oftobacco [co 4751 have no tobac- e-e-cla-toon-nim-etze | 477 whose is this? Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. ne-ad-hear-des-tha- helili na 'rha tchou-heli na 'rha ochou-eze than-etcha-na- rha- ocla-häze ? ca-re agä-annite or-rhink-la ‚ye-in-kon-ecla perrone-te-sonna nanu-ät-cloy etcha-nette-ousa-nou= sa-ou-sinne tza-twe-tza-gan-a- two tza-twe-ta-00-Lwe me-etze-hande 5. UmrovA- Wörter von Tolmie wascheh tche-wuscheh tehe-unchwha tai te lalh thle ta chinteh ta hautasta (han?) neghushoh zah-thith naby-ai-thith 478 Zahl 50 ishwhai 495 well (gefund) 484 mat mutseh 496 happy 486 rich uchus-cheh 497 sorry 487 poor 1ota whuntil(whim?)\501 what are you 489 round tchow-ulh doing? [saying? 490 tall man teitza neunk 502 what are you 494 hunter eetlagheh 503 where is it? 493 thief uchailea 504 let me see it $ 361. 6. Cuerewyan: Wörter aus Mackenzie voy. through North Amer. p- COXXIX— CXXXI 505 hot edowh (auch: warm) |513 beaver-skin 506 me or my see 514 otter-skin 507 side [ket kac-hey 515 moose-skin 909 clothes or blan- etlunay 510 robe or blanket thuth 511 sleeves bah 519 pickerel 523 trade or barter 924 not good deny-ai-thith o'gah nahounny leyzong houlley XII, 361. Wortverzeichnifs des Chepewyan bei Dobbs; 525-616. 525 stinking geddey 527 now, to-day ganneh 528 by-and-bye, or carahoulleh presently 530 mine 531 his 932 yours 181 zidzy bedzy nuntzy 7. Cuerewyan: Wörter aus dem Wortverzeichnifs des surgeon Edward Thompfon in Arthur Dobbs, Account of the Countries adjoining to Hudson’s Bay 1744. 4° p. 206-211 533 afraid isaat-hoola 535 arse tene - clangh, 538 beaver coat charrough 540 belly-ach eiyah 541 buckles @calicalacoon 543 shirt button petabatha 545 bottle [mouth coliaut-helle 546 blow with the 547 blow the nose 549 blue cloth connelugh te-eetche etheloon delzinne 550 brush petacanatachildi 551 come hither oudezza 552 copper chachanalcozee 553 copper mine chachanalcozee-hau 554 chip 6.) nocoththee 555 cat cheyahzoo 556 wild cat ha-edah 557 cough (v.) zetcoth 558 captain belahugina 559 can 6.) helle 560 hoops ditto ahigh 561 lid ditto helledaucaunehonne 562 bottom ditto helleclaw 563 call [this? clay 565 what do you call nick-claw-diddee althun-chizza theoballe-clule tattelchee 566 deer’s fat 568 door lock 569 drum 572 Eskimaux at-heena 576 fart ®.) say-etsun 577 fight helchooit-hel 582 get you gone onniouonna [elough | 583 give it me tene- | 584 gimblet 985 grease the skin et-inclauet-hensoo chan-etthee shuna-eltshun parts belonging to a gun: 587 ram-rod 588 gun-lock 589 gun-barrel 590 gun-stock 591 hammer 592 feather-spring 593 fore-plate 594 black plate (sic) 595 serew-nail 596 cock 597 plate 598 muzzle 599 guard 600 britch 601 britch plate üÜkecocotha ilke-the-solla ilke-the-soola ülke-the-alcaugh ilke-the-electha thaode tholado tülke-the-thaunec doodeldothee üke-the-naatanan hooelth-onee kethedy taunaune-aulee üke-the-eecauna sonssonitthan 602 cap on the ram- ilke-the-nandaonne 603 pipes [mer caucauoth-idde-onne 606 hickup (®.) 607 heade-ach 608 ink 609 key 610 launce (.) 611 leather 612 lips 614 lick 615 lose (v.) or lost 6416 liar shuzz eiyawh petidaclisse sachallee atheicoo helcoll tene-atough torobah hoola att-thunthuee 182 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftanm. 617 nail (elavus) hootsal 642 s---t @.) say-etsuna 618 nostrils thanceah 643 table [ring bed-helkenau 619 nothing seehoola 644 tenting or cove- ne-oballe 620 palmofthehand thae-a-ctohoi 645 tinder-box cla-elthodde 622 pen aa-aicana [öher | 646 tinder cla-elth 623 picture tene-yoi-ac-eddicli-| 647 I thank you gonnazoo 625 piss ethcluzz 648 thirsty toohoolee 626 pillow theeall 650 vomit claacoi 627 pocket elkonnah 651 watch (.) sarıya200 629 man’s privities tene-yotha 652 walking-stick or 'tthelth 630 bed-quilt hell cane 631 ruler for books ediclisheana 653 whet-stone pesocoll 632 red cloth eccloondelcozee 654 white eloth ethcloon-dellcoz 633 sand hodeh 655 what onna 634 seratch[littlebag eis-eitsal 656 whaway (S.) hoocah 636 shot-pouch or ilkkethetha 657 periwig "tsah 637 smack with the hodatthoi 658 window ey-ah 638 sore 6.) [lips tene-caw 659 wash shunnaeltshun 639 shirt-button petabathacanaclude |660 rabbit (vgl.hare) cauchoi-azou 641 sneeze ‚ya-ice 661 spit heesa 8. Cuersewyan: Wörter aus der archaeol. amer. 662 my si, see, sit (Mk: see; | 664 his bee, bit auch me) 665 their hoo, noot 663 thy nee, nit 9. Cuerzwyan: Wörter aus Richardfon: b) Nachtrag 666 alder kaithlin-sinne 676 liquor tua-will (auch: soup, 667 bee klize, tiranna drink) 668 flag ‚yualanepalle 677 midnight thirnize 669 fog etzil _[drink, vietuals) |678 noon tsindessai 670 food bet-ho (auch: meat and |679 oar toth, toa (auch: paddle) 671 frog tsai-elle 680 paint t'shee 672 frost hätkin, hothin 681 soul i-yune 673 fur the: fur skin 682 sword bess-tcho (big knife) 674 gull bessgai-e 683 track ekeighe (auch: foot 675land (gl. kwotles; ni-tanninne:my mark) earth) native |., na -hinne: your n.l. 684 wasp 685 not ther-onna hila XII, 361-3. Nachtrag zum Dogrib, Chep. Wörter d.3 Quellen; 686-722. 183 686 goods trade) 687 horn 689 birch 690 brain 691 bright 692 brisket 693 empty 694 hard 695 hunt 696 left 697 liver 698 milk 699 new 700 owl 712 seraper 714 \ermine 715 |louse 716 |plover 717 \back 743 |\fat 6.) 749 |fish-hook 720 |fish-line od. fishing line 721 |pistol 722 |Englishman (for you(auch: trading stock) | 688 teal, small elgarre, elkarre (pine- duck (Anas leaf duck), elkurre, etle discors) tchikhth-iase-akhth $ 362. 10. Dockıs aus Richardfon: b) Nachtrag, ohne Trennung der Gegenden Ski 701 pan C thai: tin pan, S tha ?S be-ttheghu 702 pepper ?S tennitsi SN atzza [PS aethin |703 pot S beddo-aidu C anaräne, ei yıdda; |704 right SN nochnesse [(pl.) S tutai 705 shoulder C akkanna, ?S aikonnai SN taa-y-eet 706 skull ?S e-tthithuine ?S nosai: hunt! 707 snare SN intzesse ?S e-t-hut 708 soft ?S erttuzai (auch: udder) | 709 spark SN eöyes-e 710 none S bettheu 711 ptarmigan 6 363. 411. Susser, UmpouA Su wwiltey | 713 pigeon 12 Thompflon bei Dobbs Mackenzie delkathle: delcoi-ayen e-yah ahcollee losseh icah (wohl s.) tene-losse,tene-tossee gee-eth edacluth ge-eth clulez ilkethe-oola belahooli S whoghi; wire-snare: satsu-wai |eet: hard) SN taa-yeet-heli (taa-y- C kantida S hulai M kagkalai, Sl kam’ba Ugq maiko Cheprewyan nach den 3 Quellen Richard[on yah kallei h’erha: im allg., chiz- za (auch: grease), althun - chizza : | deer’s fat telgurthe-yaze the -ut-"tinne 184 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. Bi 2 Sprachen $. 364. 13. Cuerewyan und "Tankarı a) Chepewyan nach allen Quellen G ihr jenspmellwiy. ‚auın Ti afcrunlalare s Br: _.__Dobbs | Mackenzie | Richardfon nach Harmon nn 723 | erow taatsau dadsang: ame- | tätesun rican crow 724 | grease chizza (auch: fat) thless kaneloo 725 | hat chawcauk-hollee "'tsa-kalle: man’s| tchä (auch: cap) od.chaw-ellcol- hat lee; isat-ilco= zee (auch: cap) 726 ashes 127 bed 728 book 729 breast 730 broth 731 deep 732 ship 733 touchwood 734 grandfather 735 little 736 partridge 737 robe 738 hear 739 mouse 740 above b) Chep. nach Thompfon bei Dobbs Chepewyan nach Thompfon bei Dobbs Tahkali nach Harmon encalihooza clees et ssalthecnec kustee ediclish dushlush (auch: letter) tene-caujau, tenescawjaw t5oo (pl.) sonsonchize tazell shoocan takull chaco cheecho keneltthee kelcha ce) Chep. nach Mackenzie Chepewyan nach Mackenzie Tahkali nach Harmon zi-unai (my) utcheyan chautah (auch: small) ensoole (auch: small) cassbah: white, deyee: grey | teel thuth (auch: blanket) naltay (auch: frock) d) Chep. nach Richardlon Chepewyan nach Richardfon Tahkali nach Harmon ureltha-nelsi: to hear from | attadezuck tlunne, kleune [you | tennetay beke yatook XI, 365-6. PWörter in 2 athapaskifchen Sprachen; 741-765. 185 $ 365. 14. Cuerewyan und Kurcnis (felten Susser) Kutchin Suto che-a nünn seizekwetsik. tzenn tchi at-elke Su sistler (pl.) kai-i akhtail chetlukh tuggath-vlla-e thieka-mikkitagga tanna-mikkitagga [ethien nakkaggo chow-ethien chow- thieka chow-ethien chow- kei-asethelthkrei [ethien rsi-tcha tleukhkotak-hei Dogrib SN äattige SN etcherri: male, e. ettzae: female ?S mi-ta (pl., auch: chin) ?S mi-ta (auch: cheeks) Chepewyan 741 brandy D clahooze, co-athoi 742 erane R dhell 743 ground R nih 744 hungry D pabath-hit, R seth-ithu 745 musquash R tzen, tshen 746 rock R thittsunne-cho 747 shoot D isketh; ein Wild: chael col, at-hellcoth; R. thel guth 748 | stocking Dthigh(pl.), Rtel (auch: sock) 749 willow R Akaithsinne [dikh, elkati 750 grouse R white: kasba; pin-tailed: 71 methy (lota) | R tintellei 752 rest R thilleh 753 Zahl 13 RC takeh-juthet 754 a RC tingee-juthet 755 200 RC nacki-onnuna-onnuna 756 1011] RC takhi-onnuna-onnuna 757 fatigued R ni-nitsau 758 blue - fish R thlu-e-detla (grayling) 759 white - fish | M slouey, R thlu, thlew (coregonus) 6366. 15. CuerEewyan und Docarıs | | Chepewyan 760 air RS nutze 761 buffalo M giddy; R ettirre- yane: bison bull, ettirre-sutaha : b. cow; S etcherre: male buffalo 762 cheek D tene-clotten (vgl. chin) 763 chin D tene=ottan, tene-ottaw (vgl. cheek) 764 cry D tsaatsau 765 eut D susula Pihlos.-histor. Kl. 1555. ?S azel: cıy! ?S bekan-nethu: cut! Aa 186 766 767 768 769 770 774 772 773 774 775 776 777 778 779 780 781 782 783 784 785 786 787 788 789 790 Bvuscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. Chepewyan Dogrib eagle R deddonne-tcho; black or | M easai, Sl taitonna-tcho white headed e.: tannone- tcho (big bird) fork R pe-okoyl C pakwa [incha large(f.great)| M unshaw ?S naitcha, SN natzakonde, smoke: 1)su.| D kanaclude C thlet » 2)vb.| D chechelloot (f. tobacco) ?S uszud (imp.) snow-shoes | R akhe, akh, akhi, S ahhe Sah, SN ae squirrel R tlü, tchille [(vgl. tent) | S Alogai tent-poles R thai-ye, nepalli-tetchun | C thai-e thighs D tene-wough'l ?S e-dzaddai [for me carry D honnehough SN sse-ragh-di-ach: c. this catastomus | R zill-zulei S tai-tellai hold D attough SN ounetton: hold this ice-chisel R etle (eig. Horn) S aitai looking-glass | D etfinee-e-au S menidiedai paper D eddiclishtha ?S eddithi shot-pouch | Dickketheethee, ilkkethetha | C telkeiha (auch: little bag) 6 367. 16. Cuerewyan und UmrgqvaA Chepewyan Umpqua berries M gui-eh G tchetcheh few R yaze (not many) G yo-at-leitha (scareity) long ago M galladinna: long since G tee-ah 6368. 17. Taskauı und Kurcaın Tahkali Kutchin Zahl 70 H teekalty-otäte wonnezy ataitsa „ 80 H alketing-otate wonnezy | nichki-etanna chow-ethien 30 H clohooly-otäte wonnezy muntchaniko chow-ethien 18: Ta a, A urlnund . Disscteirze ea a bag azeläd: sack or bag C.naltche, klelthe dark E tsaholkös: darkness SN telzen entrails a-tzee ?S e-tsiai 801 802 803 804 805 806 807 808 809 XII, 368-9. Wörter in 2 athapaskifchen Sprachen; 791-809. | | | full give medicine musk-rat sinew here there foolish 19. fisher, fisher- man love (®.) MD AuHuR AUT Tacullies od. Tahkali nach Harmon deespun wonnellay you chakate tsay (pl.) nechan enchan wossenay Tahkali H chinnecho [kulya: lover) H quisee, kanechee (näho- 187 Dogrib S tau-ai-on ?S minekai: give! ?S nadiddu S tzin S thai SN d-jahn SN a-c-ya SN nä-aghal und Umregavaı Umpqua G thlugiantata natyliotyl 6 369. 20. Kurcnın und Dockıs hose (vgl. breeches) tobacco-box 21. horse 22. bring fat (adj.) high low half lean chechenuntoer Kutchin illeiik : trowsers tseltrow-tiak Dogrib Gras She: trowsers [kenne Sl seltu- M ataikaitenney, Susser und Umroava Suflee Umpqua G thlintilkaitch (er [chreibt house, das er [chon einmahl hatte) Docrıs und Umroaävaı Dogrib ?S sinekai: bring! ?S tlaika ?S yutegai, SN tanneetha ?S u-al, SN neotzin-ik S taudezzei ?S tlaikahelai Umpqua nach Tolmie ‚yaqua-eenhah qua-whalh-ah neis Jehy-ehalka (heil?) owungh taqua-whimtil Na? 188 810 811 812 813 814 815 816 817 818 819 320 821 822 823 824 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. BR 6 370. 23. Tuarskanaı und Umrqua bird body bone elk face hail leaf name snake stand (®.) toe tortoise village warrior wing $ 371. hare lodge swan walk (vgl.go) Zahl 21 „ 40 » 90 » 60 M cah (auch: rabbit), hat (auch: rabbit) Tlatskanai | ° Umpgta ‚ons tfcheöse, t/chidse naake en R ‚xo-nöstea, B o-nöste, A sö- | fehno'ste Be nöste [A tso’ne xo-tsöne, B tfchamöfchho, PL -yani, kog } tfchötson indkalak ar ‚xo-nentsönö Jehznii tsötsen önldusö; iloose, io; G un: toshie (Schnee) men-chowa tdtske mö'snah woose, wOose orüi nasose öydfchtfcho, tylawanjchtyle nilkös nihilököfch ‚xo-aydtylifchöne, nökaty Jeh-xetsöne irlokwaityo önthetyl, so'yös B kwönhontykot (auch: town) | mamäsan, tylane (beide auch: town), G mamaasanie xoatseite, A lökato'tko'sse irlraifch, kwetayö'Ine, G thli> wiatstötko"se tfchöne [ghanti teilthla 0. Km Siptr alckhre nr 24. Cuepewyan, Tankarı und KurcHın Tahkali Chepewyan | nach Hnon Kutchin ke (amerikanifcher) R ka (amerikanifcher) Mcooen (auch house), |ydhı (auch: tent) zitia (auch: tent) n’abalay: leather ]., R neballe, nepalle (auch: tent) M kagouce, R khagoss | chincho taarrzyne R nathall ni-yah ka-whot-el RC nacke -onnuna, |notwonnezy o= | nak-howchow-ethüin- nathetsin sthlage ätclo unslatikhlagga RC tingie-onnuna titwon-nezyah |tannaha chow-ethien RC sasulagi-onnuna | skooneelot-won-| atlakonelei chow-e- nezy [zy| thien [thier RC alkitakhe-onnuna | alketäte-wonne- | nikhkiat-hei chow-e- XII, 371-2. Wörter in 3 athapaskifchen Sprachen; 833-854. 189 25. Cuerpewyan, Tauxratı und Docaıs - Tahkali ! Chepewyan I: Dogrib 833 | belly [hose)| Diena-but, tene-buk; | o-put [oth | ?S be-tchuki 834 | breeches (vgl.| D clohee [M bite | chon: breech cel- | C tAlai 835 | far D watho: afar off |neezolt: distant | ?S nitha 836 | flour R thles: wheaten f. |clays (auch: |?S hatai-kotliss 837 knee Dtene-chacut, M cha= | o-kate [bread) | C e-t-thetha [perat.) 838 | laugh D nachenclaw [gutt | atlo ?S menathi-uka (im- 839 | leggings M thell cachy M theth (auch: belt), Sl theth (id.) 840 "needle D thalooncanhelle aabäteso M tatie, SI tati 841 | net R tabith climpelt S tami 842 Baeissors D tha-obess clay-yee M et-hai-ai, S etthai- 1 ai, Sl baithlaika 843 | shot Delgish-hee: small s. | nodotone € telkitheka (vgl. gun- h ’ ( powder), M zitaiton, 844 | spoon i D cloos chinnesko Cthlus, slus [Sl thaithi 845 | tent (vgl. | Dyahothy yah (auch:lodge)! C nepalle (vgl. tent- 846. | trout [lodge)| M slouyzinai pilt S samba [pole) 847 | where? „| D eiyaguze enchay SN djahntin 848 | garter D conellicothee (pl.), | chalchase (pl.) | M aikathaitai (pl.), SI R dzatkhulth | sakathaitai 26. Chuerewyan, Tauxkıarı und Umpova Chepewyan Tahkali Umpqua 849 dance (.) D hela H natetah, E | fchalina [presently) | bartfehin 850 | by-and-bye |M carahoulleh (auch: | H kuddah G ahtoh 6 372. 27. Cuerewyan, Kurcnm und Dockıs Chepewyan Kutchin Dogrib 851 | fox M naguethey, RS no- Muthai, SN eetthatha, kikithe, (Rnaghirhe) Sl nogithi 852 „ red R naghirhe-gosse nakath 853 „ black R naghirhe-sin 854 „ white R naghirhe-gai etchi-athwi: wh. (arctic) fox 190 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. Chepewyan Kutchin Dogrib 855 | goose D hah, Mgah, R tcha | kre M ogha-tehai, Sl ogha 856 | mink (muste-, R ül-chuse, tekh-tuse | tchith-ei S taitchesi la lutreola) 857 | pike (Hecht), | M uldiah; R uldai, | alletiin M utadja, Sl ut pike-fish ultai-ye 858 | bonnet (vgl. | Rtsd ([. näher cap) | tsatil-ek-ha M settsatai (auch: cap), cap) Sl zsa (it.) 859 | button D borodeli; R bun.eil- | yeikaititle (pl.) | C paülla (pl.), S mad- lay, pa-i-lay; pan- deli (pl.) neyla, luneyle 860 gun - worm | D cauothdeth, caw- | koggote M ekadzi, Sl kuddai (worm for| othdeth, R ko-Edeh a gun) a 861 | wolvereneod.| M naguiyai, R nakh- | lekh-ethu-e S noga a wolvereen ei 938. Cuerewyan, Dockrızs und UmrpgavaA Chepewyan Dogrib Umpqua 862 clouds R kothe S kose G eeshteugh-uk 863 | light (adj) | R nedtha (oder su.?) | ?S naikel-helai, SN | G tatuk 864 | now M ganneh (auch: to- | S do [Rinkaheli | G hoh day), R zuhu i 29. CHEpEwyan, Truarskanaı und Umrova Chepewyan Tlatskanai Umpqua 865 | forehead D tene-tseanhaw, | yo-stömaie, B ko- | teko, e-nimale tene-seanhau nase, A s:nen 866 | island D ca-owdez, M | noquaiköty nohilaway, klong, G nouey shachaltom 867 | lightning R isinago-thethi | yltäne-wiyitsö ninggai-ilököfch, xw- anga, Gnning-eilkush 868 | salt D teeththy ndtkawe tlefchtöng, tenfchtfche 869 | sky R yaha id (auch: heaven) | ijchtfchi, idng (auch: heaven), G ya-amee 870 | wind D elkker, R niltsi | nästsehi, nastsie |tjchi, nafchtfche 871 | you M nun (du?) noyonek nohni, G nohnee 872 | they M be yinek, koiotok axio, G ach-eeya 873 | this D diddee titik, tete idti XII, 373-4. Wörter in 3 athapaskifchen Sprachen; 874-893. 191 874 6 373. 30. Tarkarı, Kurcaın und Dockız fire-steel | Tahkali H kone (auch: Feuer) Kutchin Dogrib U-ia M hai, Sl kun 31. Tanxarı, Docrıs und UmrpoviA Tahkali nach Harmon ee H nezo, E nzu | SN bur-a-oonde und | E niwaäjchye 882 883 884 885 886 887 888 889 890 891 892 893 handsome heavy long short take weak how many? $ 374. alive bark child (auch infant) ess fly (Fliege) iron musquito sturgeon we that who all tzoonaeti: beautiful Umpgua nach Tolmie meintaya meen-eineh shto-atleitleh nah-alh: t. away tor-tlheish taagh-attie (athe?) Umpqua nindstsa pole, ildatfche kaio, möfchye, G teets-ech-eitte iyo're, eya mo'sna, po'njch- tfeho natlmi, G natli- mie pö'nfehtyli , pöt= selie [etfcho trleeltfchi, tele» niyo, G nee-yoh layi tonti naäkull ?S tai-it, SN netta, enyeaze ?S nundeth [hinka entook ?Snundeth-helai(nun- deth:: long) illshute ?S hitcho: take! attoondchet SN paa-tthato-rghelli tänılsuck ?S tannaitai 32. Tankarı, Tratskanaı und Umpova Tacullies | Tahkali n. Harmon |d.expl.exp. Tlatskanai m /\_ —\ annd (auch: natylidle life) la tfchilatautsa, skeityö chutun beye astogwe ogaze (pl.) wöskaidke tsiy nalad clestay(auch teye knife), M thlisitch tsir tsötnakaitfchi, tchiase claycho tyluitfcho | tylokwaitfcho wane naiokwa intee leie mpela tsaiena, ienek aatyl tcheow tsia tahui 192 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. 6 375. 33. Kurcnm, Sussee und Dockız | Kutehin Suffee Dogrib 894 awl iha chalthe M aitchut, Sl aitchut 895 | beads nakkai-e ucechitler S aitchusai 896 | vermilion lingitatseikh utiel-eecher(auch: su. | S tsi paint) 34. Docrıs, Tuarskanaı und Umrgva Dogrib Tlatskanai Umpgqua 897 | beard C tarra xo-tamayaie, s-ta- | fehe-tawa, fche-taya [(my) | mayaie [fehle 8398 friend SN tza=telegga | tylhoe,nsone-kanane | fch= t0'tai, tfehönd- 899 | pine S 1zu taytsöltemo'niy töfchinata, töfchfche 900 | he Sottinai(ige:it) | ianök, wisaie hatake, G hahtadz: DD 45 pr,a.chgem: 6 376. 35. Cuerewyan, Tankarı, Kurcnın und Dockız Tahkali Chepewyan |pejHarmon| Kutchin Dogrib 901 |lynx R ghise wäassay niütchi M ustaidge, Sl nota 902 |marten, M thah, R tha chinnee tsuko M ustai, Sl nothai martin (vgl. lynx) 903 | moose-deer)M dinyai, R du | tennee tin-djiuke | M wollon (männl.), nikh, S dennee: intsei (weibl.); SN moose dennea: moose; Slieudie (männ!.), teudi-etse (weibl.) 904 | otter D nabbee, M na- | abay tsu-e M kasho, Sl nom: [horn | by-ai,Rnapi-ekh beai [giddai 905 | powder- D agrada dakä aküitche S edgeiddai, Sl ed» 906 |sled R bet-tchinnai, S | sclusa: sle- | latchan- M kluchuinai, SN bethchinne dge vultl bachenne, Sl bai- tchinai 907 |thread D petanelcoz adbätesay |athitli-itchi | S thai-ontithei (athithi : 908 | belt D iththou say tho [ecloth) | Gihan: Schurz der Männer, M theth (auch: leggings), SI theth (it.) XI, 376-7. Wörter in 4 athapaskifchen Sprachen; 909-919. 193 Chepewyan re. Kutchin Dogrib 909 | blanket D elclunee, M et- | aapi tselta C zidda; tel: dress- lunay (auch: elo- ed leathern b.; thes),thuth (auch: S tzuddie robe), R tsurai; . tsirre od.tchirre 910 |cap (wgl.|D i'sat-ileozee |\tchä: hat |tsakol-u M settsatai (auch: bonnet) (auch: hat), M| or cap bonnet), Slisa (it.) sah; R tsakalay; tsa: ladies’ cap or bonnet (beaver) 911 | coat D scoracai, Meeh, | chute ik(auch:ca-|C i (auch: capot), R ekh (auch: ca- pot) M Aestu-ai (it.), pot) Sl ai (it.) 912 | flint Dela-elcol; R klell- | sazoen: gun | bechtsi: gun | Methathai-on: gun thelth, tletell, \ flint flint £., Sl haiko: id. thlehkon: gun f. 913 |rein-deer |M edthun; R bed- | E yolsi bet-zey M wodsu - tchu zi, etthin, S eet- (männl.), wodsu- than monbedsai (wbl.), SN etthun (€. ett- zae: weibl.), Sl bedsu (männl.), bedsu-tsi (weibl.) 6 377. 36. Cueprewyan, Tankarı, Trarskanaı und Umpova Chepewyan Tahkali Tlatskanai Umpqua 914 |chief M buchahudry |Hmöutee, E mi: | ko'skai, B sköske,| yo'/chye uti A koske 915 |daughter |M zi-lengay |H eacha sikö-tsökaisla, B | ete, fehie, Geit- (my) izee, A s-tsee | atla (atta?) 916 | dead D zohela H tassi (auch: | &fchisle, ayain- | fehtfcheenk [rein-deer) death), E tat- | toie [echeh: red d. 917 \deer (vgl. |D allıhun | E yestfchi [sai | tfchesle intfchi, G ent: 918 |feathers |D eithetau |Eta t/chtsös,tsotsoqu| nakewa 919 |flesh M bid (auch: 'H utson (auch: tfchötso'n (auch: | isöng,isang(auch meat); R bet, | meat) per-eline(auch | meat) | Philos. - histor. Kl. 1855. meat) meat) Bb Tlatskanai 1 1000002020200 rer | m | mm 194 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. Chepewyan Tahkali 920 | great (wgl. |M unshaw E tfcho 924: | husband large) M zi-dinnie (my)| H e-ki 924° |Indian,peo-|R 'dtinne: an I. 'E täykile, tach- 922 923 924 925 926 927 928 tsine, A xkuön ‚ganane noqueaköt yalin taiyenö ’ .. D 07 si-köte-tein, tsO- nösla, Byaase, A see tfchötnaika sikötes-at, A 2% uo-at tfchile, teneuai mintfchaye Jehhzänga, syön töne, mahane sisyami yinöi tindyi Seh = afchai, Jehinge oder ‚fehie, G sh-as- kehaia etni, itötne, G eet-in-eh Seh -’at, 'ak (?) tylemasyai Seh = mit 2 anderen Sprachen 932 ple of the speak- | Aöli er’s nation sea Dictoo-oz-unne, | H eäpack R tu-tcho (tu: Walfer) see R etethi Haneetlen, Eatin sing R netghin H utchin son M zi-azay (my) | H öyaze thunder R edıhi H datenee, E to'tnik wife M zi-zayunay |H ay-eye, E ba- (my) at young M quelaquis: y.|Hochilk: y.man man, quela- quis chequoi: y. woman 6 378. 37. Cuerewyan und Tankarı Chepewyan Tahkali nach Harmon comb D thec-itsec chilcho dagger R lathuth pasheal door D theoballe, M| tatee theoball handker- |Decoth-ecoth-ee, | zazo chief R kothi-ghirre Ku tcheirzug Ku nil-eisho Do C kulatche: tent d.,thidai- nepälle: lea- thern d. for Suseesuler [tent Sucharuceechey Uqg G washea- mane Ug G tunweh Do M kotheget- tai, Sl kothegat XII, 378-9. Wörter in 4 athapaskifchen Sprachen; 933-944. 195 Chepewyan Tahkali er: nach Harmon 933 | mittens Delagish (auch: | pat Su seuteeser Do Cgis, Msun- gloves), M baddei, Sl . geese dsheth 934 | paddle R toth, to-a|chell (s.), atto|Do SN ola, tho | Ug G meitoh (auch: oar) (v.) 935 | sick R ai-a’ (ey-a) | tuttay Ku eth-ull-seyk | Ug teenchak 936 | ugly R slieney nechay DoSN pachiri |Uq ni-nfch- Awang 6 379. 38. Cuepzwyan und Kvrenm mit 2 anderen Sprachen Chepewyan Kutchin 9377 | duck D ehoocah, M keth, | tetsun Tla gloyl | Uq nakefchtyli R Yurrth-tcho 938 | file D ohcoll, R hogulth, | kuk-i Suüillethee|Do C koketha, hok-kelth tecosey M thaika, Sl kokasse 939 | kill D isketh (auch: mur- | beshei-en- 'Tla muinet- Ugq yalehi der); att-helcoth: | iecha ılwaa Wild fchiefsen; R thega-thul 940 shirt D ehee, R tsetsi-eh, | azuei-ek |Su sichowe-! Do S taisiai thisitei cher 941 | valley R shegusse kratanne |Tlatayökil- Ug tlomi, nö- tsc’te no'ntafch 39. Curpewyan, Dock, Trarskanaır und Umpova | Chepewyan Dogrib Tlatskanai | Umpqua 942 | arm D tene-a-ickthe-ou |SN tze-intchinne| yo-lda, Bkdane, | kwan, kane od. tene -ickthe- A. sö-latya ow; Unterarm: tene-ickthena 943 | blue D delsecnan, RS |SNten-e-cle entso'se halso = black 944 | evening |Rtchilsin, S eetz- |SNeya-kkaözza | yioy, ioyöt | yöiyinaa son Bb 2 196 945 | finger 946 | mouth 947 | neck Chepewyan (man’s toe) D tene-aw-vauh |SN tze-tha’ D tene=cassan, tene=cassau Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. Dogrib Tlatskanai | Umpqua D tene=laclathec, |?S mi-la-tchin- | tylayayatesa, B | feh-latsöne tene-laclather, R "unni=la-theylle nai (pl.; mi-la: Hand) tfchakankane (vgl. Hand) ‚xo-kwaitfchaale,| ta wö-nayd ?S bd-ikorh, S | yo-tesaie, B u- | kw-ajch, tze-eecottle ningwös, A| Jehö-soatyl go0ös 6 380. 40. Taukarı, Kurcnın, Susser und Dockıs Tahkali Kutchin Suflee 948 | cloth 949 | ring 41. 950 | come 951 | drink 952 | go (%gl. walk) 953 | heart 954 | near 955 | old H tellkuzza H nelataah Tauxarı, Dockıs, Tahkali M andezei: come hither! H annee: ec. with me, E ani H ateni Husse: go a-|?S aga: go! way!Ewusti= ‚[ehian : gehn H o-gee, E bi- ist Hnilltook: nigh, E nilytuk H o-yun: old E atd (long ago) man, athitli M tachill- ai (strouds), SI etleynai (id.) seelar-otarny | S mallionai (pl.) (pl.) chewesey vlat-thekk Tıarskanaı und UmrovaA Dogrib Tlatskanai Umpqua ?S yakusi: come! | nanas yokwo, G yuk- qua ?S ath - uluston | täntöna thodtna (mp) tanas ndtatyl, iokyo, G nahtailh ?S e-dzai ‚xo-tylnainöksö- | feh-tfchi te, B s-tseie ?S whäyai xönet, pökati | yoyo-tätyle SN eeranna isityalan, sa= | mastsäne, G tank(longago), | ulchaioh: old tsatakote man XTHO, 380. Wörter in 4 athapaskifchen Sprachen; 956-958. 4197 Tahkali Dogrib Tlatskanai | Umpqua 956 | spring E olte; last: | S klukai tanlet, idtske | iya -tfchago - olta(vgl. sum- hö’ltsö mer) trlhafch, G tla- Hnächet, E ltös | SN na-tz-ap ntrlötse 957 | strong neish tfchitäyat, xlo- | yainoyaltsa H tacatd, Eta- | S aitonkai kwö 958 | autumn kete, taketa 198 ee ss es FE 961 962 963 964 965 966 967 968 969 970 971 972 973 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. arTow CHErEwyANn oder ÜHEPPEYAN Dobbs sayyosayhoo axe,hatchetitha - elth: bad hatchet ball (Kugel)| assinnee (ball bear „ ‚black „ ‚„ white „ ‚grizzly beaver black blood or shot) large dell boat, canoe{chaluzee bow boy brother (auch canoe) atheike enol-0z0u Mackenzie thynle slieney (auch: ugly) 2ass zah dellzin dell shaluzee (canoe) zisraing (my) Richard/[on thell, thelth; kongkwi, RS ihanthye neso-ulla tell-gith -tcho, S thelkethe- chou (vgl.gun- powder) sasz sass-delgai tlize tza, isha S telzonne tetsin-tsi boat; tsi canoe, al- le it. elthi, elte dunne - yaze (dunne: man), S tchillaquie Stzoonnoi elder $ 381. E. 42. Tacvıuies oder Tunkarı Harmon (und Mackenzie) ka, M igah chachill nikatel H cätee (pl.) SUss chä, M zah telkuzzay sko allächee (bark canoe), tuch- inchee (wood- en canoe) altung, M net- tuny echill explor. exped. nikahitay SÖSS tfcha dölkös skai tsi; wooden: tsintsi (auch: canoe) dinias XII, 381. Wortverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 959-973. 199 oder mnusprachen: Dockrıs Kurcnın SUSsEE aus verfchiedenen Trarskanar Umrgqua No. Gegenden ‚ki-e hiltunney söpömo'n, törl- | ayös, G taneowitlin | 959 taywe (?) (pl.) ta-€ chilthe (hatchet) | C thelth, M thei, SN | katstön, B kö= | senötl, seyötl, Gskei- | 960 quaaqui, SC thei setylmaiu nil bets-he-te ?S tlenai, SN naazo- | latso'te nfchrwa, G munch» | 961 heli (naazo: good), whuneh dzounde tegga-atcho |tilthethetanny | telkethi-'tcho (vgl. 962 shot &e.), M baika, SN thekeechou, Sl telkithi-tcho so tölso'nö 963 S säs (sataikuze fehtetylfchö, G kaneh | 964 [brown b.) nundyefchöö [wita | 965 'si-i M Klaisi: grey b. 966 se S ısa [tölöko'se | fcha, G ushah 967 SN tazun trlso'ne; niakts- | holdji 968 |?S ettillai tötrl, B oto le ‚Jehtole 969 \tri canoe S taichin - ala boat, | tseod.tsei(auch | {fchi (auch: canoe), | 970 kiala canoe canoe) G tchee canoe ‚alt-heikh tarney tötyltohwa, B | atlyi,ötylki, Gulhneh | 971 tsötlte, A sa- pamo'ne tsea Mtesonnai,SNtenai-u | laiin; B skiye, | syaieye, G un-gai- | 972 (tenai-u-azze little | A afchtkwa- | alluk b.), Sl tchillawe titsin SN tzoonnoi elder, | söskaetey (vgl.| itletle, fechityle, G| 973 tzachilli younger | Schwelter), B| Aeit-leitla (leitta?) deetze (auch: Schwelfter),slo- ane, A sonaka 200 No. 974 975 976 977 978 979 980 981 982 983 984 985 986 987 988 989 I90 Buscnmann: der athapaskifche Sprach/tamm. cold day dog ear earth eat eye father fire fish (of. sal- mon) foot girl good grass green gun gunpowder itelkithy CuerrEwyAn oder ÜHErPEYAN Dobbs Mackenzie en edzah anelwosh sliengh tene ="tsaw (pl.) chechellee tene-nan(pl.) nackhay (pl.) tenne-naw (sing.) zi-tah (my) cun; odel- | counn chat clooheza tene:crah cuh (pl.) leyzong ilkerthee telkühy counna (telk. gun); elcona Richardl[on Tıcvsuıes oder Tankarı Harmon (und Mackenzie) etdza (cf. warm) tzinna, dzine thling, thline, S Cling kwotles (land), otles (mud, earth), $S wa- tchei [kklas S tzatah S kkon tluetcho (auch Lachs; thlu white-äsh), S cloua tsekwe - aze, S etter-eka: little g. nesu, neso, nazu tlo S ta-ecloze tel-gürthe, S thelkithe telgürre - koun- S thelki- theconne ne, nazeslay : be cold Janess cling (arch.), M sleing, Helee- chay: bitch ocho (plur.), M zach oteluss (auch: land),clispaw: white earth a-al ‚[keia onow (plur.), M nah appd kone, M coun cloolay ; white fish: clo oca (pl.) oochoh clo (auch: hay) altee explor. exped. hungkoz di C, [chling) otso (ofchho) keia aiye beni apd kwön iyluk (fchloo- lay) ifchekias Sehu, sütfchon iylo dölkloj XIII, 381. Wortverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 974-990. 201 Sl telkihıkun | Docrıs Kurcam SussEE ausl verzhieleren Trarskanaı Uurgua No. L, Gegenden ‚konni - eka kwatsayo'towa, | skais 974 (ef. warm) koskötse tzin S zeunai xaütylkante Jehaütlti, yestylya 975 ‚tleine tley S kling, SN cle tylin trli, tylinge, G thleh \ 976 ?S bedzegai, SN setz-r-rgha | yotsye, B yond- | tfchiye, tfehöye 977 (mein?) de, A stsayai SN koecela nee (auch: land) | ndnee, nöe (auch: 978 land) ?S shanai-tai (imper.) eatyl indya 979 senou-woh | ?S mendi, SN tzen-nhae | yondyai, nayai, | naye 980 (wohl: (wohl: mein) söndyai (my) mein) SN tzatah mama, B staa, | stanli, fchtani; nta, | 981 A wötd od.ta | G stangteh coo C cun, S khun (tzus: wood | tylkäne, ytäne | yong, xwöng 982 f£.), SN kkon tleukhı - ko SN cloua Lachs: selokwa,| Lachs: tylee 983 (auch: trlokwa Lachs) ?S akkai, SN tze-ka (wohl: | yoayastlsökai, | fehre 984 mein) nökaty mitchet-ei S etuai, SN tzekqui-azze: | tsekesle, iteit; | eti; G eit-eh 985 little g. (tzekqui: woman) | B skiyete neirzi ?S naisou, SN naazo nösön,t/chöfche | [cho, G whalcheh 986 tlo, irlo, qluyo trlo 987 SN taöckcles käse, sowaläts= | halso 988 te-egga tiltetha M ettonnai, SN quakahe, | [ xö (auch gelb) 989 SI telkithe teggakon |tiltethetu- | C telkithekün (vgl. shot), M 990 ser ellaizai, SN thikeeconne, Philos.-histor. Kl. 1853. Ce 202 No. 991 992 993 994 995 996 997 998 999 1000 1001 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. CHEPEwWyANn oder ÜHEPPEYAN Pe Dobbs |Mackenzie Richard[on hair tene - tthea- | Ihiegah caw(Kopf ift darin) hand tene-law(pl.) law head tiene-tihee |edthie edthi house cooen (auch: | ye lodge) ice claw thun tienn kettle irlle, S tille knife pace bess bess, S paas lake ictoorough |touey theutut leg tene-chathee edıihen nepalli: a man's (pl.) legs man dinnie "dünne, duneh, 'tin= ne, S denne moon eccleesaw |sah (auch: | eltsi, S etchaaza Sonne) morning kambi, S kompe mother zi-nah(my) | S enne mountain zeih sheth (mountain), (hill) (shethi-aze: knoll, small hill) nail (am |ten=eeconee, Finger) ten=eecon= night [rer hetleghe nose tene:chee pipe (d.h. ij cheltohugina seltu-ye-thekh, tche- tobacco (cheltohee: tut-thekh: stone pipe) Tabak) pipe, calumet rain thinnelsee | dsha red delicouse S tel-kkosse Tacvıuıes oder Tankarı mn Harmon __(und Mackenzie) earplsaEl otezega, M thigah old (pl.), M lah la pitsa, M hie bitsa ‚yock(auch: hut, fort) | Au; clum, ton tön osd ofcha clestay (vgl. iron) |teifch pöngkat; fro- zen: töngkaı ocachin (pl.), M kin | keitfechin tennee, M dinay dini chäolcussä (i.e. night | tsa (fchhaol sun) Sehussa) pun-etä unnungcool chell (fehhell) eläki_(pl.) alcheese paninchis, Mnenzeh dakdtesay (daka : | tekatsi Tabak) ndolton ten-ilcun dölkon } Kurcam SussEE mistutey Docrıs aus verf[chiedenen Gegenden C theoya, SN setz-the-rgha (mein?) ?S mila, SN ssa-la (mein?) Ca, ?S betthie, SN tzatthe S teu, SN t-than C tille, Mutha, SN thanne, [SC bess C bess, M bess, SW paas, SI tiunie SN tze-thunna (pl.) SN tchel-aqui S tethisa, SN tthethaza SN satcho SN enne ?S mila-konnai (pl.; mila Hand) S tethi C tinnetze, ?S migou, SN ize-etze (mein?) S tchon SN ettelkkos Trarskanaı ‚xotsö sea, B soay- tlane, A stso'se xolaa, slä [stsie xosto'ma, Bnin, A kontöy, B kotay kwölo, io yös B tsökönatskös teye, B tfchöho mö'nkat Unmrouva zuga, sala [(mein?) Sehlaa, fehila söga, si ma, mön, G mäh [untley whe hwäthang, Gtahoh nalylmeöya, nat:- xImexdtsa natlmi mö'ngkök, G feha- chaltoh xoqwaletya,Bstsd-| tsöne, stse te, A stsetya xanane, talitsen fe ao se kalawöy, iaway [wo an naa, Bsnana, A "| sös, söstay yoaisöltsc'tle, B tfehileo kleaköt, gleakate xointsös, B da- lainstfchetfche wekatsatsaliwa, B tsapakös natkay,wötsolkaite irlısohwe, tfchölt- seöke titsön,töne, Gteetza iyaltfchi, 0) ölöfche, G ee-walhtchee amanto, yasmutyl- tön [ungteh önla, fchkaka, G nantsa, ndatsang, G nuntza Sehkandiok, kwiniu cıl, kleak | mintfche/ch, Jehifch atfche, ötlfcha natylhika, xlıfcha, G nalh-eik tötyl Ge XII, 381. Wortverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 991-1010. 203 No. 991 992 993 994 995 996 997 998 999 1000 1004 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 . 204 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. CHEPEwyAn Oder ÜHEPPEYAN ' Tacvzuıes oder Tankarı No. Dobbs |Mackenzie Richardfon a ekenie) explor. exp. 4011 |river seebeela tesse dessh dkor 4042 |run thebakall kutylkai 1013 | salmon (cf. tluetcho H talloo talo fish) 1014 | shoe kinneechee | kinchee ke kiscoot (Indian shoes) | keskut (pl.) el.) 1015 | sister S ssara elder etaze 1016 | sit theda sintaw sit down sint« 1017 | sleep (w.) litsaltheenee belkh (s.) ndmistee 1018 |small (cf. chautah ensoole önsal little) (auch: little) 14019 | snow yath yath yath nachdze yies 1020 | speak yalthi yaltuck (auch: talk) | do'sni 1021 | star thin (sing.), thun |clum (pl.) (pl.), Sthun (sing.) 1022 | stone thaih thi (in:rockNo.746)!tsay, M zeh tse 1023 | summer Jattoughoana oleolta j tsinte, den vergangene: 1024 | sun saw sah sakh, S ssa sd isa [tsinta 1025 | tobacco cheltohee seltui,, seltu-ye, S |daka teka tzatwe 1026 | tongue tene-thoon, | edthu tsoola, M thoula tene-tthoon 1027 | tooth tene-hough |goo (plur.) ohgoo (plur.),, M (pl.) gough (it.) 1028 | tree tsu tuchin (auch: Holz) 1029 | warm edowth etu hünzil (auch: hot) XII, 381. Woriverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 1011-1029. Docrıs Kuremx Sussee aus ver[chiedenen Gegenden ‚han ‚shatocha \tleukh-ko S kaze siscau (pl.) | C ku, S kai (pl.) SN sarah od.tzarah elder, satezzah od. tzatazze younger itchith -u- etcha nokhtchi (s.) ?S notai (imp.) ?S tiula, SN tzoota C izill, tchill, Syah, SN IY4 ?S betha (imp.) thun (pl.) S thiu (pl.), SN thun (sing.) tchi rook C thai S senai r'sey-e S sa, SN ssa se’ei-i-tüit |mecutchiner M aitaikai, SN tzatwe, Sl seltue ?S eththadu, SN tze=tthou (mein?) ?S bai-ghu, SNtze-w-who ? tetch-hau S taitchin (pl.) konni-etha (ef. cold) taseke, natowaka teltylä selokwa, tylokwa ke, B natsiai (pl.) nökskaetsöy (vgl. Bruder), Bdeetse (auch: Bruder), A söltso'stse nintsat ‚xexkole astekwö yaxs; io, yös auwityltsone tfchetse sentöt taö'se, B sfehlaya- töt/chane [laya ‚rotfehö yylifchitgl tsaha, B uötda, A segindkal xotsiakatatylısin, B koute tokon, tsoty = & trlokwone, wöld xdnee, xo’nöe, G uchun aitcha hinggook, G heen- tylee [goak xe, tylsös (pl.) stet/che, G steitcha nintsak lindla stsotyletyle tätyliyügl,ids, Gun- loshie (untoshie?) yaılhik, Gwhaatie xdtlatfche, G halk- at-chee (pl.) seh, se Jehintö feha, yangfche, G setylio [koatle lasom, säntylo us, cuyl sintfchundta, sinz ifcho hoszötyl 205 nn ea Tre Te | 206 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. CHEPEWYAN oder ÜHEPPEYAN Tıcvruies oder Tankarı No. YOU iibmuumn |/ - ee | Dobbs |Mackenzie Richardfon 2. explor. exp. 4030 | water ictoo toue tu, to, S tto too, M tou tu 4031 | white S telka-ye yell tylauöl 1032 | winter adz-ahalla yasca xeiti, yeita 1033 | wolf Yess ‚yess, nuni-e yes (large) 4034 | woman chequois tshekwe, S tzaquüie |chaca, M chigoui | tfcheko (chaca) 1035 | wood dethkin tuchin (auch: Baum), | tsöfch M dekin 1036 | yellow S telthoi datleese B) Zi. acht uw or tier Tr 1037 4 zodeneah |slachy sthlagi clottay etyla 1038 2 chellatelle |naghur nakke nongki nangkay 1039 3 at-hoi tagh-y takke toy ta, takı 1040 4 tenetthee |dengk-y tingee tingkay linggi 1041 5 shashaloi |sasoulachee | sasulagi skoon-ely skünlai 1042 6 lelcak-hoi ER alkitakhe alketäte ölkitdke 1043 7 |sashant-hoi sthlasitingie tekalti tdkalte 1044 8 lelcadre alki-deing- | alketingie alketinga ölkitinggi hy 1045 9 [eeccloi-ahant- cakina - ha | katchine-onnuna |clohooly lanizi-etyla: hoi nothna hula Docrıs aus ver[chiedenen Gegenden XI, 381. Wortverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 1030-1045. 207 EEE KL [17 Ds EEE, EEE, En ee tih-lagga mak-hei thi-eka tänna illakon-elei nak - hei- etanna ko | vttegar untcha-ni- Cto, Stu, SN two SN telka S yaklı-kai S teki M setsa-on, SN tzekqui, SI tchikwe GC sus: fire w. SN telthoi C 'nthlare, M thelgai, SN endlai, Sl thlie Cnakhke, M olkie, SN nü- kka, SI olkie C khtarre, M tadette, SN tta-rgha, Sl tie C’'tinge, M tinghi, SN tting, vkkeer taukey tachey Sl tinghe cucelter M sazelli, Sl sazelli, C zazunlarre, SN sasoola, lakithe (Hand) wcetunnee | C elkatharre, SN utke - ttai, seuti M etseuti, Sl et- checheta C nthlazintinge, M thlad- zadıe, SN kkosingting, SI handie tartitchey | C alkatinge, M etzandie, SN etzenting, Sl etzan- dıe kekutchee | G ’nthla-otta, M etthleihu: gar lai, SN kkahooli, Sleıth:> liehoulai TLATSKANAI UnrouvaA to tyo od. to, Gtuhoh itesina, t/chanas- | halökai ‚Yeaitöt [koye | yaitö, yintat ndtyleta intdtan/ch; small: seyi, Geintatame exe, G eichee Sa ; tseökeia, B oat, A tseake tsöts ‚xonalfchi, to'yös sowalatsyö sefchönfchtee trlie dityla, Gaylh-thla ndtöke nakhök, G nnakkyk tdge tak, G taak töntfehe tontfchik, G san- chee tsökwalde Schwölak, G ish= wheilap | kwöstanahe | wösthäne, G wha= staanie Jehöstfchita hoitahi, G wheytye tfehaniwaha nakanti, G nakatie trleweet aitylanti, G eilth- lantie 1032 1033 1034 1035 1036 1037 1038 1039 1040 1041 1042 1043 1044 1045 208 1052 1053 1054 1055 1056 1057 1058 Dobbs Meckehrie Richardlon 10 anothnoo, |canothna onnuna onothnoo 14 ecoltre sthlagi-juthet 12 nacke-juthet 20 cunanoth- |naghun-cha- nackhe-onnuna noo noihna 30 cuth-anana tacke-onnuna 100 onnuna-onnuna C. Pr 0m orEmeenga I she (auch: |ne (wohl: myself) du) thou nin (ne [.I, you) much, ma- clyne ny D; A da wi ven a to-day ganneh yesterday the-dzini-ghe (dzi= ni Tag), S ou-ah- tatzenke to-moIrow gambeh S kompee E. 1 n.st te rojnewert i 'o®nzeen yes hekh, Se-h no S heli 1059 Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. CHEPEWYANn oder ÜHEPPEYAN Tıcvıuıes oder Tankarı Harm on ] (und Mackenzie) expior. exp. lännezy lanizi ounna clottay lanizi-oat- etyla ounna nongki lanizi- oat- nangkang notwonnezy nat-lanizi H tätwonnezyah _|tat-lanızi H nänezy-onezeah | lanizi-tlani= zi se (auch: me) st ne, ye (auch: thee) | yır clyne: much tylai untit hultä antil (jetzt) puntay ah-ah, amd, M nesi ahd, atyla= dini aungtu owntloo XII, 351. Woriverz. von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen; 1046-1059. 209 & Docrıs Kurcmm SussEE Susveriäedenen Trarskanar Uurouva No. ) Gegenden a ikh - lagga -| cuneese= C’nthla-una, M kennatai, | kwöne/chin hwöneza, Gwhun- | 1046 chow-ethi-| nunnee SN honanna, SI onai- neya = unon tikh-lagga- aityle- dtang, G| 1047 mikki-tagga ayttha-yatta nak-hei-mik- nakaidtyla, G tai- | 1048 ki-tagga yatta nal - how - SN nou-nanna nat-kwanefche natahwena, Gtin: | 1049 chow-ethi-en , che thi - eka - takt-kwanefche tatahwena 1050 chow-ethi-en tikh - lagga, kwanefchan-tkwa= | tylatafchi, Gwhul: | 1051 chow-ethi-en nese thanie chow-ethi-en S sinnai sik fehi, G shee-iya 1052 S tlinnai nanök na oder nang, G| 1053 noo-iyeh S tlon irları zootyle; Gwhalh- | 1054 an: plenty S id-zeunai (zeunai Tag) | tiktsen, nogwaale | tit/chi 1055 SN yehho-a kanton dntö 1056 S kambai, SN koume trlokan ahmö 1057 S edetata anik ehe 1058 | S helai, odelis, SN heli laatfch to 1059 Philos. - histor. Kl. 1853. Dd Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. $ 382. Alphabetifche und (yftematilche Verzeichnung zu den Wortverzeichniffen der athapaskifchen Sprachen. ache afraid air alder alive anchor angry ant , arise arm arrive arrow arse ashes assist aunt [realis aurora bo- aulumn ayaricious awl axe back bad bag ball bank bark barrel barter beads bear beard beat A. subst., adj., verba ChR (167) ChDb 533 Ch & D 760 ChR 666 TaTlU 882 ChR 179 TaH (240) ChR 141 TaH (244) ChDTIU 942 TaH 241 + 959, ChR (3, 200) ChDb 535 Ch & Ta 726 TaH (242) TaH 235 ChR 175 TaDTIU 958 TaH 239 KSD 894 + 960; vgl. hatchet Ch 717 + 961 ChDb 636, Ta & D 788 + 962 ChR 28, 139 TaTlU 883 ChDb (589) ChR (119-120), Mk 523 DTIU 897 + 963-6; ChR 216, DSNA50 KSD 895 TaH 243 beaver bed bee belly belt berries big bill birch bird bison black blackbird blanket blood blow blue blunt boat body bone bonnet book bottle bottom bow box boy bracelet brain brandy bread break + 967; ChR (8, 153-4), Mk (513), Db (538) Ch & Ta 727, TaH (244) ChR 667 ChDb (540), ChTaD 833 ChTaKD 908 Ch & U 782 ChR (124) ChR (56) DS 689 ChR (183), TI & U 810 [. buffalo + 968 f. bird ChTaKD 909, ChR (5) + 969 ChDb 546-7 ChDTIU 943, ChR (90, 91, ChR (3) [199) + 970 ChR 174, TI& U 811 TI & U 812 ChKD 858 Ch & Ta 728 ChDb 545 ChDb (562) + 971 ChDb (645), TaH 324 + 972 TaH 236 D?S 690 Ch& S 741 TaH 363 ChR (19, 154) XII, 382. Verzeichnung zu den athapaskifchen Wortverzeichniffen. 214 breast breeches bright bring brisket britch broad broth brother brusk buckles buffalo butter button call calm camp can (s.) cane canoe cap caplain care carıboo carry castoreum cat catastomus cheek chest chief child chimney chin chip chisel choke clasp Ch & Ta 729 ChTaD 834 DSN 691 D & U 804 DC und ?S 692 ChDb 600-1 ChR (56, 114) Ch & Ta 730 973 ChDb 550 ChDb 541 Ch & D 761 D?S 424 ChKD 859, ChDb (543, 639) ChDb 563 (565) ChR 29 DC 410 ChDb 559 ChDb 652 [. boat + ChTaKD 910, ChDb 602 ChDb 558 DSN (466) TaH 245 Ch & D 775 DS 443 ChDb 555-6 Ch & D 776 Ch & D 762 ChR (35) ChTaTlU 914 TaTIU 884 TaH 247 Ch & D 763 ChDb 554 K 367 ChR (131-2) DS 449 cloth clothes cloud coat cock cold collar columba comb come companion copper coregonus cough covered covering crane crooked crow crumble ery cut dagger dance dark darkness daughter dawn day dead deaf death deceased deep deer dep art die (färben) dıfficult dish TaKSD 948, ChDb (549, 632, ChMk 509 [654) ChlU 862 ChTaKD 911, ChDb (538), K ChDb 596 [(375) 7 974 DC 413 DS 437 (vgl. pigeon) ChTaKS 929, ChR (137) TaDTIU 950, ChR (169), Db DSN 454 [51) ChbDb 552-3 DS 434 ChDb 557 ChR (7) ChR 4, Db 644 Ch & K 742 DC (398), DS (448) Ch & Ta 723, ChR 207 ChR (198) Ch &D 764 Ch &D 765 ChTaKU 930 ChTaU 849 Ta & D 789 [. dark ChTaTlU 915 ChR 136, 176 7975, ChR (10, 41) ChTaTIU 916, ChR 174 TaH 249 TaH 364 ChR 174 Ch Dar7aA ChTaTlU 917, ChDb (566), TaH 261 [DG (407-8) ChR (126-7) ChR 48 TaH 254 Dd2 212 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. disposed ChR (52) ferret TaH 251 dıstant Tall 258, DC (411) ‚fiddle ChR 25 dog + 97 ‚fight ChDb 577 done TaH (345) ‚le ChKSD 938 door ChTaDU 931, ChDb (568) | finger ChDTIU 945; einzelne: ChR dore ChR 206 fir ChR 159 doubt ChR (186) ‚fire + 982 draught ChR (197) firbrand DC 401 drink TaDTIU 951 fire-steel TaKD 874 drum ChDb 569 fish ++ 983 drunken TaH 257 blue f. Ch & K 758 duck ChKTIU 937, ChR 160 white f. Ch & K 759 duffle K (375) ‚fisher,fisher- Ta & U 799 man eagle Ch & D 766 ‚fish-hook Ch 719 ear 1977 ‚fish-line od. Ch 720 earth + 978 ‚fishing line eat + 979, ChR (102-3) fish-roes TaH 298 egg TaTIU 885 flag ChR 668 elk TI & U:813, TaM 219 flesh ChTaTlIU 919 empty DS 693 Flint ChTaKD. 912 encampment DC 410-2 Jlour ChTaD 836 /ly: 4)Fliege TaTlU 886 Englishman f. Eigennamen entrauls Ta & D 790 2)fliehn ChR (130) ermine Ch 714 Jog ChR 669 evening ChDTIU 944 Jood ChR (102-3), 670 excrement TaH 250 foolish Ta & D 798 eye 980, ChR (90-91, 165,190-1) | foot 7 984 Jorehead ChTIU 865 fable ChR 122-3 fore-plate ChDb 593 face TI & U 814 fork Ch & D 767 fall TaH 262 Jort TaH 255 far ChTaD 835, DC (411) Jox ChKD 851-4, ChR 217, fart ChDb 576 K 369 jat 4)su. Ch 718 friend ChR (133), DTIU 898 2) adj. D & U 805 Jrock TaH 266 father + 981 frog ChR 30, 671 Jatigued Ch & K 757 frost ChR 672 Feather ChTaTIU 918, ChDb (592) | full Ta &D 791, ChR (70) el Tai 260 fur ChR 673 XII, 382. Ferzeichnung zu den athapaskifchen W: ortverzeichniffen. 213 garter gartering get gimblet girl give glance glove go goat god good goods goose gooseberry grand-child grand-father grand - mo - ther grass gra ıyling grease great green ground ground-hog grouse grow guard gull gun gun-barrel gun-case gun-lock gunpowder gun-stock gun-worm ChTaD 848 K (376) DSN (468) ChDb 584 985 Ta &D 792; ChR (90, 91, 102-3), Db (583); DSN (463-5, 474) ChR (113) f. mittens TaDTIU 952; ChR (170-1), Db (582); TaH (346, 356) TaH 267 f. Navajo r 986, ChMk (524) ChR 686 ChKD 855, ChR 13 TaHl 275 TaH 265 Ch & Ta 734 TaH 264 + 987 DS 435 Ch &ıRa72 ChTaTlU 920, ChR (215) + 988 Ch & K 743 TaM 220 Ch & K 750 ChR (124) ChR (110-2), Db 599 ChR 674 989 ChDb 589 Dat 273 ChDb 588 + 990 ChDb 590 ChKD 860 Qı haggis ChR 177 hail TI & U 815 hair 991 half ChR (10), D & U 809 halloo TaH 278 hammer ChDb (591) hand 992 handkerchief ChTaSD 932 handsome TaDU 875 happiness ChR (215) happy UG 496 hard DSN 694 hare ChTaK 825 hash ChR 177 haste DSN (467) hat Ch & Ta 724 hatchet [. axe 7, ChR (173, 195-6) hate TaH 279 have ChR (53, 56, 165, 194), DSN hay TaH 269 [(475) head 7993; ChR (167-8), Db (607); hear Ch & Ta 738 [DC (408) heart TaDTIU 953 heat TaH 270 heaven [. sky heavy ChR (143), TaDU 876 helve ChR (173) hew ChR (195-6) hickup ChDb 606 hide ChR 106 high ChR (139), D & U 806 hill f. mountain >r hiodon ChR 210 hoar-frost ChR 140 hold Ch & D 777 hole ChR 18 home TaH 274 hoop ChDb 560 horn ChR (137), 687 horse S & U 803 214 hose hot house hungry hunt hunter husband hut ice ice-chisel Indian infant ink iron island Jack keep kettle key kill knee knife knot know knuckle labour lake land large laugh launce leaf lean leather left leg Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. K & D 801, DC (407) ChMk 505 + 994, ChR (8, 71) Ch & K 744 D?S 695 UG 491 ChTaTIU' 9212 [. house + + 995, ChR (18, 19) Ch & D 778 f. Eigennamen f. child ChDb 608 TaTlU 887 ChTIU 866 ChR 161 ChR (53, 134), TaH 282 996, ChR (7,20), DC 393-4, [(409) ChR 35, Db 609 ChKTIU 939 ChTaD 837 + 997; DC (398-9), DS (448) ChR 82 (83, 84) Tal 283 (347) DC 400 ChR (117-8) + 998 ChR (15-17), 675 Ch & D 768, ChR (5) ChTaD 838 ChDb 610 ChR (198), TI& U 816 D & U 809 ChDb 611 DSN 696 7 999, DC (400) leggins let letter liar lick lid lie: 1)liegen 2)lügen life light 1) su. 2) adj. lightning lip liquor little liver lock lodge long looking-glass loon loose loosen lose lost louse love low Iyn& man marmot Marten, mar- mat [Ein matter meat medicine melancholy Merry methy ChTaD 839 ChR (134) TaH 281 ChDb 616 ChDb 614 ChDb 561 TaH 284 TaH 285 TaH 365 TaE 366 ChDU 863 ChTIU 867 ChDb 612 ChR 676 Ch & Ta 735 D?S 697 ChR (35), Db (568, 588) ChTaK 826, ChR (153-4) TaDU 877 Ch & D 779 TaH 280 ChR (85, 87) ChR (86-89) ChDb 610 ChDb 615 Ch 715 Ta & U 800 D & U 807 ChTaKD 904 "1000, UG (490) ChR 203 ChTaKD 902 UG 484 ChR (166), TaH (353) [. flesh; DC (396) Ta & D 793 Tall 287 TaH 291 Ch & K 751 XII, 382. Verzeichnung zu den athapaskifchen Wortverzeichniffen. 215 mid-day ChR 10 var ChR 679 middle ChR 43 old TaDTIU 955 midnight ChR 677 open ChR (87, 155-6) milk D?S 698 orphan TaH 288 mine ChDb (553) otter ChTaKD 904, ChMk (514) mingle ChR (105) outard Tall 289 mink ChKD 856 overtake ChR (128-9) miserable TaH 290 owl DS 700 mittens ChTaSD 933 mix ChR (157) padidle ChTaDU 934 moon 1001 paddling Ch (75, 76) moose-deer ChTaKD 903, ChMk (515) | paınt ChR 680 morning + 1002 palm ChDb 620 mother + 1003 pan DC und S 701 mouldy ChR 38 paper Ch & D 780 mountain 7 1004 partition ChR (70) mouse Ch’'& Taı739 partridge Ch & Ta 736 mouth ChDTIU 946 path TaH 292 musk-rat Ta & D 794 pen ChDb 622 musquası Ch & K 745 people ChTaTIU 921 musquto TaTlU 888 pepper D?S 702 muzzle ChDb 598 periwig ChDb 657 petticoat TaH 293 nail + 1005, ChR (194), Db 617 | pickerel ChMk 519 name ChR (163-4), TaH (355), | pieture ChDb 623 DIR UNSIT piece DS (474) native land ChR 15-17 pigeon (vgl. U 713 near ChR (50), DC (412), | columba) TaDTIU 954 ‚pike,pike-fish ChKD 857 neck ChDTIU 947 pillow ChDb 626 needle ChTaD 840 pine DTIU 899 nephew TaH 286 pipe + 1008, ChDb 603 net ChTaD 841 piss ChDb 625 new DSN 699 pistol Ch 721 news ChR (68) plains TaM 218 niggardy ChR (104) plate ChDb (593-4), 597 (601) night 7 1006, ChR (42) platter ChR 34 noon ChR 678 play ChR (197) nose 7 1007 plover Ch 716 nostrils ChDb 618 pocket ChDb 627 216 poke pole poor porcupine possess pot powder: 4) Staub 2) Pulver powder-horn pregnant privities prudent piarmigan Puppy put quick quilt rabbit rain rammer ram-rod raspberry rattle-snake red rein -deer relate rest rib rich right (ad).) ring ripe river road robe rock [ry rocky count- Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. ChR (190) DC 402, 409 UG 487 TaH 297 ChR 54, 55 DS 703 TaH 299 f. gunpowder + ChTakD 905 TaH 303 ChDb 629 ChR (115-6) DM und SI 711 ChR 26 ChR (108-9, 200) TaH 302 ChDb 650 ChDb 660 + 1009 ChDb 602 ChDb 587 ChR 31 f. Navajo + 1010 ChTaKD 913, DC (397, 406) ChR (68) Ch & K 752 DG (397) UG 486 DSN 704 TaKSD 949, ChR (125) 7 1014 Tall’ 292 Ch & Ta 737 Ch & K 746 ChR 27 roe round ruler rump run sail salmon salt sand say SCLSSOTS scraper scratch screw sea seal see sensible setting of the shallow [sun shameful sheath shed sheep ship shirt s---t shoe shoot shore short shot shot-bag shot-pouch shoulder sick side sinew sung . fish- roes UG 489 ChDb 631 D?S 422 »r 1012, ChR (191) ChR 211 + 1013, ChR 205 ChTIU 868 ChDb 633 UG (502) ChTaD 842 Ss 1742 ChDb 634 ChDb (595) ChTaTlU 922 K 368 ChTaTlU 923, UG (504) TaH 304 [. sunset TaH 306 Tal 305 DC (599) ChR 23 TaH 267 Ch & Ta 732 ChKSD 940, ChDb (543, 639) ChDb 642 7 1014 Ch & K 747 ChR (187) ChR (182, 194), TaDU 878 ChTaD 843 TaH 300 Ch & D 781 DC und ?S 705 ChTaKU 935, Ch (78, 79) ChR (165), Mk 507 Ta & D 795 ChTaTlU 924 XII, 382. Verzeichnung zu den athapaskifchen Wortverzeichniffen. 247 sister + 1015 stick ChDb 652 sit + 1016, ChR (95-101) stinking ChMk 525 skin ChMk (513-5), Db (585); TaH | str ChR (144, 157) skull DC u.?S 706 [313, DC (407) | stock ChR 32, Db (590) skunk ChR 202 stocking Ch&S 748 sky ChTIU 869 stone + 1022 sled ChTaKD 906 story ChR 122-3 sledge TaH 309 strange ChR (135) sleep + 1017 strawberry TaH 315 sleeves ChMk 511 strong TaDTIU 957 sling TaH 311 sturgeon TaTIU 889 smack ChDb 637 suck TaH?317 small + 1018 sugar D?S 425 smell TaH 316 summer 7 1023 smoke 1) su. Ch&D 769 sun [setting + 1024 2)vb. Ch&D 770 sun-set, sun- TaH 295 snake TI&U 818 sun-sline ChR 24 snare DS 707 swan ChTaK 827 sneeze ChDb 641 sword ChR 682 snow + 1019 snow-shoes Ch&D 771 table ChDb 643 sock TaH 310 take TaDU 879 soft DSN 708 talk [. speak *F son ChTaTIU 925 tall UG 490 sore ChDb 638 tape K (376) SOTTY UG 497 taper ChR (192) soul ChR 681 tea D?S 426 spark DC 709 teal ChR 688 speak (auch: + 1020, ChR (57-66) tell ChR (67-68, 122), D?S (431) spirit [talk) TaH 314 tent ChTal) 845 spit ChDb 661 tent-cover ChR (12) spoon ChTaD 844 tent-deor DC (403) spring TalTIU 956 tenling Chbb 644 squirrel Ch&b 772, ChR 9 tent-poles Ch&D 773 stand TI&U 819 tetra DS 432-3 star + 1021 thank ChDb (647), TaH (351) starve TaH 318 thaw ChR 213 steal TahH 319 thief UG 493 steep ChR (28) thigh Ch&D 774 stench TaH 312 thirsty ChDb 648 Philos.-histor. Kl. 1853. Ee 218 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. thread ChTaKD 907 wait ChR (193) thunder ChTaTIU 926 walk ChTaK 828 tie ChR (83-84) want D?S (429), DSN (472-3) tin ChR (20) wapiti ChR 201. ? tinder ChDb 646 (645) warm r 1029, ChR (92-94) tired ChR (72-76) 224 warrior TI&U 823 tobacco + 1025, DSN (474-5) wart ChR 172 tobacco-box K&l) 802 wash ChDb 659 tobacco-pipe S. pipe 'F wasp ChR 684 toe TI&U 820 watch ChDb 651 tongue + 1026, DC (406) water + 1030 tooth + 1027 water-hen Tal 268 tortoise TI&U 821 weak TaDU 880 touch DSN (471) weep TaH 330 touch-wood Ch&Ta 733 well(gelund) UG 495 town S. village wet ChR (80-81) track ChR 683 whaway _ChDb 656 trade ChR (119-120), Mk 523; | whet-stone ChDb 653 trap TaH 325 [TaH (358) | whistle TaH 329 tree + 1028 white + 1031; DM 417, DS1 421 troublesome ChR 52 white fish S. fish trout ChTaD 846 whortleberry TaH 322 trowsers [. breeches, hose wife ChTaTlU 927 trunk TaH 324 willow Ch&K 749 tullibee ChR 208 wind ChTIU 870 window ChDb 658 udder D?S 423 windy TaH 327 ugly ChTaDU 936 wing TI&U 824 understand DSN (462) winter + 1032 untie ChR (86-89) wise ChR (115-6, 158), DSN 451 urine TaH 320 wish ChR (101, 133) useful ChR (44) 45 wolf + 1033 wolverene ChKD 861 wvalley ChKTIU 941 woman + 1034 wegetables TaH 326 wood + 1035 wermilion KSD 896 world [gun TaH 323 village TI&U 822 worm for a ChKD 860 womit ChDb 650 yellow r 1036 waistcoat DS 441 young ChTaTlU 928 XTH, 352. Ferzeichnung zu den athapaskifchen Wortverzeichniffen. 249 Englishman Esquimaux B Eigennamen a) der Völker: Ch 722 French Chbb 572 Indian b) andere geographifche: Rocky Mountains ChR 21 1—12 13 14 15 20 21 22 30 40 thou you (oblq. Cal.v.du) he him G Z aöähilwöorte + 1037 -48 50 Ch&K 753 60 Ch&K 754 70 K 383 80 7 1049 90 ChTaK 829 100 TaH 361 200 + 1050 300 ChTaK 830 1000 De #Rerr0r non 1) pers. + 1052 she ChR (59, 65, 411), Mk 506, | ie Db (583); DSN (458) »r 1053 we ChR (66), DS (460) us you DTIU 900 [(459) | they ChR (62, 64, 110, 112), DSN TaH 276 ChTaTIU 921% r ChTaK 831 ChTaK 832 Ta&K 785 Ta&K 786 Ta&K 787 7 1051 Ch&K 755 Ch&K 756 TaH 362 a ChR (126) ChR (53, 56, 67), Db (583); Dogrib f. bei he TaTIU 890 ChR (68), DSN (461) ChTIU 871, DSN (460) ChTIU 872 f. noch im allgemeinen wegen der pron. das Verbum, be, Sätze my mine thy 2) poss. Ch 662, ChR (15, 167-8, | his 190-1, 200); TaH 332, | our ChR (54), Mk 530 [DS (454) | your Ch 663, ChR (16, 133); | yours TaH 333 their Ch 664, ChR (17), Mk 531 Tall 335 ChR (55) ChMk 532 Ch 665 Ee2 220 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 3) demonstr. this ChTIU 873, ChR (41-42); | that TaTIU 891, ChR (147), TaH DSN (470, 473, 476-7) (352), DS (471) 4) interr. who TaTIU 892, TaH (354), (429), DSN 457 (472-3), DSN (477) UG (501-2) what ChR (163-4, 166), Db (565) | which DSN 456 655, TaH (352-4), D?S 5) indef. all TaTlU 893 more ChR 49 other ChR (71) little (wenig) ChR (149) none, no DC (396), DS 710 few Ch&U 783 (kein) how many? TaDU 881 nothing ChDb 619 too much TaH 337 enough TaH 335 too little TaH 336 much, many + 1054 last ChR 349 E. UAlld vleirub ia 1) des Orts: here Ta&D 796, ChR (96) [(354) | in (drinnen, ChR (107-9) there Ta&D 797, ChR (77), TaH hinein) where? ChTaD 847, ChR (171), TaH | above Ch&Ta 740, ChR (149) (356), DSN (469), UG (503) | below ChR 189 hither ChR (169), Db (551) on the other ChR 37 thither ChR (170) across [side ChR 36 whence? TaH (359) Jurther ChR 51 2) der Zeit: now ChDU 864 immediately, ChMk 528, TaH 341 then ChR 146, DS 439 presently when DSN 455 by and bye ChTaU 850 Jormerly TaH 339 sometimes ChR 46 already ChR 40 (94) t0o-day +1055, ChR 41 yet TaH 344 yesterday _r 1056 not yet TaH 342 io-morrow + 1057 long ago, Ch&U 784 by day ChR 145 long since by night ChR 152 XIH, 381. Verzeichnung zu den athapaskifchen Wortverzeichniffen. 224 3) andere: so UG 478 very ChR (50-51) how? Tall 340 truly ChR 151, 185, TaH 343 only ChR (147) BR... Präpofitiomen to DS (458-61) with ChR (195-6, 200) Jrom ChR (214) against ChR (110-2) close to ChR (187) since ChR 47 G. Conjunctionen not ChR (143) 685, Mk (524); [.noch den verbiet. Imper. because TaH 338 H. Interjectionen ha! ChR 142 hist! ChR 188 yes r 1058 no -r 1059 ll Grammatiflches grammatifche Nachrichten im allgemeinen über Chepewyan [.in archaeol. amer. II, 215-6 4) subst. su. mit adj. ChR 3, 5, 7, 135, 152, 173, | su. compo- ChR 8, 20, 35, 137; Db 566, 215 sita 568; DC 399, 403, 406-8 2) adj. Comparativ ChR 50, 51, 124 3) verba praes. ChR 54, 55, 58, 61, 63, 64, | imper. sing. ChR 53, 57, 59, 68, 83, 87, 66, 93, 97-100, 108-9, 92, 95, 96, 102, 110, 119, 117-8, 126-7, 130-2, 192; 122, 134, 156-7, 169-70, Db 647; TaH 351 193; Db 582-3, 585; TaH imperf. ChR 62, 65, 90, 91, 128 242; D?’S 431, DS 466-8, perf. ChR 84, 86, 88, 89, 94 476 wollen oder ChR 103, 106, 112, 120, plur. ChR 60, TaH 357 fut. 129; TaH 341, 358; DS | verbiet. im- ChR 67, DS 471 463-4 perat. 999 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. verb. nega- ChR 144, TaH 342, DS 462 tivum Frage ChR 101, 163-4, 166, 186; TaH 352-6, 358 Sätze verb. reflex. ChR 106 Verba unter ChR 61 einander be (feyn) ChR 44, 48, 54, 55, 72-81, 85, 104, 107, 114-6, 125, 433, 155, 158, 182, 199; TaH 240, 340, 352-5, 359; DC 411-2, DSN 469, 477, UG 501-3 ChR 56, 70, 75-76, 83-91, 94, 101-6, 110-3, 122, 124, 130, 133, 154, 165, 167, 171, 190-1, 194-8, 200, 214; Db 565; D?S 429, DSN 464-5, 469-77; UG 504 $ 732. Ich verlaffe das Gebiet des unteren, continentalen Zweiges; und gehe von den athapaskifchen Sprachen im engeren Sinne über zu den Gliedern, welche ich von dem grofsen Stamme, als einen anderen Zweig, im fernen Nordweften des ruffifchen Nordamerika’s aufgefunden habe, Das Haupt-Idiom deffelben, das Kınar, habe ich, unterftützt durch ein vielgliedriges Material, in wünfchenswerther Ausführlichkeit behandeln können; die 5 anderen Sprachen find meiner gröfseren Arbeit der Spuren der aztekifchen Sprache im nördlichen Mexico und höheren amerikanifchen Norden einverleibt, und erfcheinen in diefer Abhandlung nicht. Die Kinai, Kenai oder Kenaizen wurden bisher fchon als ein Hauptvolk und ihre Sprache als eine hauptfächliche des ruffifchen Nord- amerika’s betrachtet. Sie umziehen in ihren Wohnungen an jener Küfte die grofse Kinai-Bucht oder den fogenannten Cooks-Flufs. Ihr Idiom galt bisher als eine felbftftändige und urfprüngliche Sprache, Trägerinn mehrerer anderer. Nach meinen Entdeckungen ift es ein Glied des grofsen athapaskifchen Sprachftammes, und feine Verwandten im rufüfchen Nord- welften find andere Glieder deffelben. $ 733. Nach Krufenftern (Wörter-Samml. 1813) bewohnen die Kinai, ruff. nach feiner deutfchen Schreibung Äinaizi, die NWKüfte von Amerika ungefähr vom 59ten bis zum 62ten Grade; fie find dafelbft Nach- baren der Aläkfa, Konägi und Tfchugatfchi. Der Mithridates handelt über die „Kinaitze” und ihre Sprache III, 3. S. 229”-235. Adm. von Wrangell befpricht die „Kenayer” S. 103-116 feines grofsen Auflatzes über die Völker des ruflifehen Amerika’s. Er fagt (103): „Die Kenayer nennen [ich felbft Tnaina, von inai Menfch; den Einwohnern von Kadjack find fie unter dem Namen Kinajut bekannt, der auch von den Ruffen angenommen ift. Diefes, 460 Familien ftarke, an den Ufern und in den Umgebungen von Cook’s Inlet und um die Seen Iliamna und Kis- fhick (Keiskurp) lebende Volk gehört zu demfelben Stamme wie die Koltfchanen, Atnaer und Kolofchen.” Diefe Verwandifchaft fei „freilich 294 Busenmann: der athapaskifche Sprachftamm. in der Sprache der Kolofchen kaum noch merkbar und faft gänzlich ver- fchwunden”.(') „Es ift zu vermuthen (112), dafs die Kenayer zu den jetzt von ihnen eingenommenen Wohnfitzen über die Berge gekommen find. Es ift ein nomadifches Bergvolk, welches fich in der Folge an der Seeküfte niedergelaffen hat und zur Hälfte anfäflıg geworden ift.” „An den Mün- dungen kleiner Flüffe oder an der Küfte des Golfs felbft .... . fchlagen die Kenayer, des Fifchfanges wegen, ihr Sommerlager auf.” Die kenaiifche Sprache (Renaüeriit A3b1RB) giebt nach Wenjami- now (über Kolofchifch und Kadjak p. 6"') der Kadjak-Sprache (im weiten Sinne = ruff. Eskimo) an Ausbreitung wenig nach; fie wird nach ihm ge- fprochen von den Kenaizen, Atnachten (Atnah, f. nachher XVI $ 723-6 befonders), Koltfehanen (Ro.ısyane), Kuskokwimen (Kyerorsumnpt) und Kwichpaks (Keuxnarnsi). Die Sprache zerfällt in 4 Mundarten, die ich nachher befonders abfetzen werde: das eigentliche Kenaiifche, die vom Kupferflufs (mjednowifche, Mb Aanoreroe Hapbuie) oder atnachtifche, die kuskokwimifche (nach meiner genauen Prüfung durchaus nicht dem Kinai ähnlich oder verwandt) und kwichpakifche (wohl eben fo irrthümlich ;, Wran- gell nennt fie eine Kadjak-Sprache) (?). Die eigentliche Kenai-Sprache (die im engeren Sinne) [prechen die Anwohner des kenaiifchen Meerbufens (Kenaitcrii sau; von anderen Völkern Cooks-Sund, Cook’s inlet oder river, genannt), welche nicht über 450 Familien betragen. $ 734. Wenjaminow nennt die Kinai-Sprache (7°) die [chwerfte in der Ausfprache von allen ruflifch - amerikanıfehen, wegen der Menge der Guttural-Laute; er fagt, dafs fogar die Nachbarvölker, obgleich felbft nicht mit fanften Mundarten begabt, die kenaiifchen Wörter nicht ausfprechen können. Ich werde mittheilen, was ich über das Lautfyftem und die Confonanten- Verbindungen an den verfchiedenen Wortverzeichniffen be- obachtet habe. Über die Vocale habe ich anzumerken, dafs der Laut y (ruff. sr) fehr häufig in der Sprache ift. z6 ift eine Combination nach Dawydow’s Schrei- bung, welche bei ihm fehr häufig ift; auch yö (s1’0) kommt vor. (') Ich habe durch meine Arbeiten bewielen, dafs eine Verwandtfchaft mit der Sprache der Kolofchen nicht vorhanden ilt. (@) Vielleicht meint Wenj. mit diefen beiden von den Flüffen hergenommenen Namen die Sprachen der Inkilik und Inkalit. XVI, 734. Häufung fehwerer Confonanten = der Kinai-Sprache. 225 en und x find häufig in der Sprache; von beiden wie von z find mehrere Stufen der gutturalen Steigerung anzunehmen. Lifiansky gebraucht ein /h im Anfange der Wörter (den Anfang werde ich nachher durch A an- deuten, die Mitte durch M, die Endung durch E): z.B. hAhece Winter; ferner ein y4 (d.h. bei ihm *%kA): paxhool arm, yleanyheen Nadel, skooyha Wunde. kch Aund M; kchk: Dawydow tokchke drei. Diefe Kehllaute werden wir öfter andern Confonanten vorgelchlagen (ehn; fie folgen aber auch Confonanten nach oder nehmen folche vor fich: /A M und E kommt oft bei Lif. vor; lch: f. Zahl 9 Daw. (No. 26 des Wortverzeich- nifles); chlk A: Wrangell chlkynj Regen; glceh M, nlhk M: Lif. inlhkit fangen; isk, ifehk A: Wr. tfehkimo, Lif. tskeel-oo fünf. Auch kg kommt im Anfang der Wörter vor. Ein zweiter herrfchender Laut in der Sprache ift das z: allein, wie in ftarken und fchweren Verbindungen, z. B. mit Z; ein Beifpiel feiner Häufig- keit giebt Ref.’s (/ch-tuktakta Grofsvater. At und kt kommen im Anfang beiLLif. vor; fs A; 2 A: Daw. ztukumytli Vielfrals. lt ift ein fehr häufiger Laut in der Mitte; er kommt auch im Anfang vor: f. Zahl 8 (No. 25) DRL. Der dritte charakteriftifehe Confonant ift z, in ftarken und zum Theil feltfamen Verfehlingungen mit Confonanten vor und nach fich; hier wird nur die Vorfetzung anderer vor ihn behandelt. Hiervon find befonders die fo häufigen Verknüpfungen des / mit Hauch- und K-Lauten wie mit £ vor fich zu bemerken, welche der Sprache eine bedeutende Ähnlichkeit mit der aztekifchen wie mit den anderen rauhen Sprachen der Weltfeite Nord- amerika’s verleihen. yZ kommt im Anfang vor; hAkl M: Lif. teenhklute brennen, {kl M: W tut-kljujun 30. Eine [chwere Verbindung ift n/gj: K nan/gja Kopf. 1 ift oft allein Endung, oft mit einem Vocal nach fich. 8; Im Anfang find zu nennen chdl, kıl, sl; klj und {]j: dagegen als Endungen tlja, Ilja (z.B. D ktultlja, W tfehutlj Olt), /slja. Häufige Endungen find befonders: Ali, dli, [stli, [sli und fchli: auch fehtle: alle diefe den En- dungen mexicanifcher Subft. fo ähnlich. Im Anfange kommen n/, und noch ftärker beladen m! vor: W m-ljcehny trinken. Das dem / fo nahe verwandte x geht ähnliche und organifch fchwierige Verknüpfungen ein. in kommt im Anfang vor (L /noonleah wafchen) und /ni als Endung; z/n: Rudeoztni unwahr; {/na und ini als Endung: Rjfeh-katlna,K kallnja Fuß; R kiaaltatlni fchiefsen, chln und lchn Philos.- histor. Kl. 1855. Ff 226 Buscnmann: der alhapaskifche Sprach/tamm. in der Mitte: R kachlniki, D kalchniki Stein; Ihn, Ichn, Ikn, lin am Ende zeigt das eine Wort Walfer: L veelhnee, K wilehn, R pilkne, D piltni, W miljtni; knt M: Dkydykntjafsnifs) ich höre. Die übrigen Quellen zeigen kein z in der Sprache, aber Lifansky hat es einige Mahle: sh=reek-ha Zähne, trelteet dünn, Zrelt-han weit. Die Herrfchaft der Zifehlaute ift bedeutend in der Sprache: s, fs, z, [eh, 'j; kz A: D kzjaofsja Zobel; zw A; s’j’j (338;R): W s’j’ji kalt. ifch ift häufig: Rifchatfcheeint/[chichku fürchte dich nicht; ptfeh M: Riafch-ptfchullhell. Lifiansky hat einige feltene Confonanten-Verbindungen gegen die Anderen; z.B. isb im Anfang: tsbalacooya Baum. — Ein Beifpiel einer (ehr mannigfaltigen und fehwülftigen Confonanten-Häufung, wür- dig den fchwierigen Maflen der Nutka-Sprache an die Seite geltellt zu werden, bietet dar das Wort D /sjulfstlja Beinkleider. — Es fehlt der Sprache nicht an langen Wörtern: R wafchechteinifch gelund, R Lafchtytaltafchifchwarz, D kotfchutfchejifstik kühn, D zekatu- kalkefsa Schnepfe; befonders ift die Verbal-Formation ergiebig daran, von der wir fogar nur noch das Einfachlte kennen: R uafchtakkynna= Jehirede, Dnaktut-niltufs undRniktuknaltufch rieche, R titlja- angiltufch [chneide, D kazikatejityfsny ich weils nicht. 6 735. Unfere Kenninilfe der Kinai-Sprachfamilie find durch ein neues rullifches Werk, L. Sagoskin’s Reife im ruflifehen Amerika, we- fentlich vermehrt worden. Ich konnte bis vor kurzem nur den, fehr ver- dienftlichen Auszug benutzen, welchen Hr. Wilh. Schott in dem Auffatze: „über ethnographifche Ergebnilfe der Sagoskinfchen Reife” in A. Erman’s Archiv für willenfchaftliche Kunde von Rufsland Bd. 7. Berl. 1849. 8° S. 480-512 gegeben hat; erft lange nach der Vollendung meiner Arbeit habe ich dielen Reilebericht in der deutfchen Übertragung der „Denkfehrif- ten der rullifchen geographifchen Gelellfchaft zu St. Petersburg”, Bd. I. Weimar 1549. 8° S. 308-374, noch viel fpäter im ruffifchen Original kennen gelernt ([. näher unten XVI $ 772). Ich las bei Sagoskin zuerft auch den ächt athapaskifchen Namen des Kinai-Volkes, Tiynai, welcher den Beweis der von mir entdeckten und unten bewielenen genauen Verwandt/chaft der Kinai-Idiome des ruflifehen Amerika’s mit dem grolsen athapaskifchen Sprachftamme abfchlielst; denn "Tinne oder XVI, 735-7. Name der Kinai; über Wortverzeichniffe der Sprache. 227 "Dtinne ift nach Richardfon (f. oben S. 150%) der allgemeine Name, den fich das Athapasken - Volk felbft giebt. Durch Sagoskin find wir fehr genau mit den 2 Sprachen Inkilik und Inkalit bekannt geworden, und der von ihm dargebotene Sprachftoff zeigt uns in ihnen zwei neue Glieder der Kinai- und athapaskifchen Sprachen (f. in meiner grolsen Arbeit Ablchn. XVI $ 772-782). Im Kinai nannte ich fcehon (in meiner Schrift über die aztek. Ortsnamen S.69"") kania Hütte gegen das mex. calli als eine zufällige Ähnlichkeit. 6 736. A.J.von Krufenftern hat uns in feinen „Wörter - Samm- lungen aus den Sprachen einiger Völker des öftlichen Afiens und der Nord- weft-Küfte von Amerika”, St. Petersb. 1813. 4°, S. 59-68, ein dreifaches Worrveszeicnnsss der Kinai gegeben. No.I find die Wörter Dawydow’s, No. II aus dem ungedruckten Wortverzeichnilfe Refanow’s (f. XVI $ 691), No. III aus Lifiansky; diefer No. III {ind mit einem Stern einige Wörter beigemifcht, welche aus einer kleinen Sammlung entlehnt find, die im Jahre 1807 in St. Petersburg aus dem Munde eines Kinai niedergefchrieben wurde. Ein grofses Wortverzeichnils der Kinai von Dawroow findet fich in Chwoftow’s und Dawydow’s Reife: Asykpamnoe nymemeemsie BT Amepuky MopeRuXb O®HIepoBb XBOCcmoBa u JaBbl40Ba, nHeannoe cum» nocrbauume. Macme IH. St. Petersb. 1812. $° append. p. XIII- XXVII: erosaps napbuili napoA40BB 0o6nmarmınuxb 0K0A10 Kumalieroü ryöbı; ein fchönes und grolses Wortverzeichnils gab Urey Li (iansky in: a voyage round Ihe world, in the years 1803-6... in the ship Neva; London 1814. 4° p. 329-337 Col. 3. Ein Verzeichni(s von 95 Wörtern giebt Adm. von Wrangell in Col. 5 feiner grofsen $fachen Worttafel. Ein Wortverzeichnifs liefert die archaeol. amer.11, 307-367, No. II, 4: angeblich nach Refanow, in Wahrheit aber nach Dawydow. 6 737. Ich biete in einem vielgliedrigen, aus Gründen der Raum- Erfparung und der Sicherheit gefchaffenen Gefolge dem Lefer, mit geringen Ausnahmen des zu fern Liegenden, den ganzen Inhalt der 5 Quellen, zu einem grolsen Worrtvarzeıcnnisse der Kinai-Sprache vereinigt; eine am Schluffe folgende alphabetifche Verzeichnung falst die einzelnen Glieder oder Verzeichnilfe zu einem Ganzen zulammen. Die fünf Quellen oder Urueser find in ihrer Reihenfolge und mit den von mir angenommenen Zrıcnen diele: Ff2 228 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1. D=Dawydow: von mir felbft ausführlich, da Krufenftern (in Columne ]) nur eine reiche Auswahl gegeben hat, aus dem rufli- fchen Original überfetzt und übertragen: eine ungemein reiche und wichtige Sammlung; 2. R=Refanow: die von Krufenftern in feiner Col. II aus dem grofsen handfchriftlichen Wortverzeichnifle ausgezogenen Wörter; 3. K=Kinaize: die im J. 1807 in St. Petersburg aus dem Munde eines Kinai gefammelten Wörter, von Krufenitern (einer Col. II (fonft für Lifiansky beftimmt) unter einem Stern * beigemifcht; 4. W = Wrangell: die Wörter von Wrangell’s 8gliedriger Worttafel ; 5. L=Lifiansky: die ganze, höchft reiche und fchätzenswerthe Wortfammlung, von mir, da Krufenftern (in Col. HI) nur einen grofsen Auszug gegeben hat, aus dem englifchen Original übertragen. 6 738. Die Einrichtung meiner einzelnen Wortverzeichniffe ift diefe: dafs ich zunächft Wörter (Begriffe) gebe, welche in allen 5 Quellen; dann, in den verfchiedenen Combinationen oder Verbindungen, diejenigen, welche in 4, 3 oder 2 Quellen; endlich die, welche nur in einer der 5 Sammlungen, nach der obigen Reihenfolge, vorkommen. Innerhalb jedes diefer vielen Glieder, Stücke oder Verzeichniffe find die deutfchen Wörter (Begriffe) nach dem Alphabete geordnet. Die 14 Glieder oder Wort- verzeichnilfe find: 5 Quellen: 1) DRKWL . . . . No. 41- 27 Wörter 27 4 Quellen: 2) DRKW, DRKL. . ,„ 283— 36 ” 9 3) DRWEMN.NI Sala Dr, a7 Aal 3: Quellen:('4)’DRWe nee ra W418 SNDREHN. TER 0192| „45 6) DRK oderDWL.. 0,128 —132 x 8 2.:Quellen.: 7) DRue WTB 182 „64 SYKDER.HAR EN BET ETEOEIE N >) 9) DW, Ru. RR. WL „» 232 — 248 Aral 1:17 1 Quelle! 40, DARK Ri „ 249—329 nn ol 1y)Rı ta 0 Bee 12 WIN ee ee NA 13, Lo an en ee im GRREERFAIL Wörter XVI, 738-9. Bemerkungen über Kinai-Wortverzeichn.; Fehler in denf. 229 Als 14) find einige Verbalformen und kleine Sätze (No. 460 — 465) angehängt. Die Unregelmäfsigkeiten in den beigegebenen laufenden Nummern, Auslaffungen auf der einen und Zufätze vermittelft Buchftaben auf der andern Seite, find durch Veränderungen des Schema’s bei der Ausarbeitung entftanden. $ 739. Ich gehe dazu über einige Bemerkungen über die früheren Wortverzeichnilfe zu machen, und zwar über Krufenftern und die archaeol. amer. In Krufen(tern’s Sammlung habe ich einige wunderbare Verfehen zu bezeichnen: der Vorficht halber, aber um alles in der Welt nicht mit der Ablicht, diefe herrliche und wichtige Arbeit zu verkleinern. Es findet fich da ein Artikel Fifchreufen (S. 60), der vielmehr Seehund oder Robbe lauten muls; das Kinai-Wort, identifch und eins, ift aus D, R und L angegeben; bei Dawydow fteht nepswa, bei Lifiansky seal: und beide heilsen Seehund und nicht Filchreufe. Ein andrer Artikel lautet Hammer: Ein Wort, aus D, R und L angegeben; er mufs: Beil oder Axt heifsen; Dawydow hat monop®; Lihansky hat weder einen Artikel Hammer noch Beil: die dritte Quelle mufs der Kinaize feyn. Es fcheint nämlich ein paar Mahl in Col. III der Stern vor den Wörtern zu fehlen, welcher die Wörter des Kinaizen von dem grolsen Verzeichniffe Lifiansky’s unterfcheidet; fo giebt Kruf. rede aznukilnak als von Lif. an (Col. III ohne Stern): aber ein folches Kinai- Wort kommt im ganzen Lif. nicht vor. Dawydow bringt einige rullifche Wörter an zwei Stellen vor, und giebt ihnen dann ganz andere oder in der Form abweichende Kinai- Aus- drücke bei. Ich hatte gehofft, aus dem Wortverzeichnifs der archaeol. amer., welches der Angabe nach (p. 305") aus Refanow gefchöpft feyn foll, eine Bereicherung meiner Sammlung ziehn zu können, da die Auswahl einige neue Wörter zu der Krufenftern’s geboten hätte; aber jene Angabe ift ganz falfch: die Wörter der archaeol. find nicht die Refanow’s, fondern Dawy- dow’s, und blols aus Krufenfiern ausgelchrieben; der ruflifcehe Dawydow ift gar nicht angelfehn. Dabei thut es mir leid, in diefer Übertragung eine Anzahl (o arger Feuer und Unrichtigkeiten in den kinaiifchen Wörtern auf- decken zu mülfen, dafs man dadurch fehr ängftlich im Gebrauch der in dielem fo fleilsigen und wichtigen Werke gegebnen Wortfammlungen, und 230 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. derfelbe fehr gefährlich gemacht wird. Einige Fehler find abenteuerlicher Art: für Waller giebt die archaeol. p. 332 das Wort /hunagalgus: diefs bedeutet aber warm, und geht in Krufenftern’s Wortverzeichnils dem Worte Wafier unmittelbar vorher: der Arbeiter it allo in eine falfehe Zeile gera- then; Waffer heilst nach Daw. piltni; für Baumrinde (dark) giebt die archaeol. (p. 338) ssinich, diels heilst aber bei Kruf. Daw. Rücken: ein Arbeiter hat back gelchrieben und das ift dark gelefen worden! kamo Wolf (p. 341) ift ein Unding, und wahrfcheinlich entftanden aus Kruf.’s kasno Luchs; Wolf heifst bei Kruf. Daw. tekin: zu fchwarz ilt (346) vor das richtige talfan noch ilchatl geftellt, das dunkel bedeutet. In den Wortformen kann ich gar viele, grofse oder kleine, Fehler nachweifen; ich bringe die (unriehtige) Form der archaeol. in die erlte, das richtige Wort Kruf. Daw.’s in die zweite Stelle: p.314 szaga Ohren muls heilsen: szoga, 321 kiijaska chief: kyjaska (die archaeol. giebt Kruf.’s ü meilt, und das fehr unglücklich, durch u; felten durch y, fehr felten durch üö); ib. tagul- tschaukür Krieger: ---kün, 322 kanin Haus: kania Hütte, 326 nuSonne: nii, 333 tukaarownutu Meer (sea): iykaa roio nuty, 336 kulchniki Stein: kalchniki, ib. ikotij lain Eilen: ikotje tain, 338 kitschon Gras: kitfehen, 339 zutla Tanne: zatla oder genauer zjatlja, 343 kakassh Vogel: kakassli, ib. kqusä Ei: kgasä, 351 trchitschok todt: /schi---, ib. ktckchuzkalt: krekchuz, 352 sü ich: ssii, 364 ugatalkuss laufen: uga Iylkuss, 36b noneajestjut lieben: nanaa= jezjut: nucheilnuk (365) heilst nicht fprechen, fondern erzählen: [prich, rede heilst kyjinafs. $ 740. Was die Schreisung der Kinai-Wörter betrifft, fo haben wir es bei den 4 rulfifchen Quellen mit dem deutfchen Laut/yftem zu thun; {fo febrieb Krufenftern für Rund K, und fo habe ich meine Übertragung aus der ruflifchen Schreibung Dawydow’s und Wrangell’s gemacht. Lifiansky fchreibt nach englifchem Lautfy/tem und Ausfprache, und weicht daher fehr ab; er bedient fich eines befonderen Buchftabens, k mit einem Stern davor, welchen er p. 337 dahin erläutert: dieles k habe eine Art Doppellaut, dem Kluckern eines Huhnes ähnlich; ich habe dafür y gefehrieben. Ich habe noch näher zu berichten über die Ausdrucksweile für einige ruffifche Buchftaben. Ich laffe Refanow [ein einfaches s, doch finde ich bei ihm auch /s; ich habe in den 2 von mir übertragenen ruflifchen Quellen XVI, 740-1. Orthogr. der Kinai-FW ortverz.; V erba: pron.poss.praef. 231 (Dawydow und Wrangell) das rufl. e immer durch fs gegeben. z bei mir und bei Ref. bedeutet u; auch zz kommt bei ihm vor: zsenn Knochen (No. 169). sAh in den 2 Quellen Krufenitern’s (Ref. und Kinaize) drückt das sk aus, ich habe diefen Buchltaben (franz. j, in jour) bei Daw. und Wr. durch ’j ausgedrückt. 4 fchreibe ich ja, und st: y: und in diele Zeichen habe ich auch Kruf.’s @ und ö umgeändert. Das rulf. e gebe ich gewöhnlich durch blolses e wieder: doch wo nach ruflifchen Gefetzen die Ausfprache je zu nahe liegt (z. B. nach Vocalen), durch je. Daw. wendet 5 neben e an; ich fetze dafür auch e, fcehreibe aber 5 in Klammern daneben. Das Zeichen » hat Wrangell manchmahl (aufser am Ende) auch in der Mitte nach einem Confonanten; ich fchreibe es durch Trennftrich oder Verdopplung des Confonanten, fetze es aber in Klammern dabei; Refanow drückt die unna- türliche Sylbentheilung mit anfangendem Vocal nach Einem Confonanten durch Trennftrich aus, K und D aber nicht. Wrangell hat fehr forgfältig gefchrieben; er beachtet auch gegen die Anderen den weichen Confonanten, fowohl am Ende als in der Mitte des Worts (nach Z, n, /s ulw.), und hat oft fo 5; ich fetze dafür j. Die Verba liefert Dawydow meift im Imperativ; öfter giebt er auch andere Formen von ihnen an. Auch Lifiansky meint wohl mit feinen Verben den Imperativ, da er ihnen kein to beifetzt; ich habe diefs anzugeben unter- laffen, man hat feine Verba folglich wohl fo bei mir zu verltehn. 6 741. Wie in allen athapaskifchen Sprachen und in der kolofchi- fchen, werden die zwei Clallfen der Subftantiva, welche Verwandtfchafts- grade und Theile des Körpers ausdrücken, für das Erkennen fchwierig durch Beimifchung von Pro». P0SS. PRAEFIXIS, deren, nicht nur nach den verfchie- denen Sammlern, fondern auch nach den Wörtern, mannigfache und fchwan- kende Formen fich nicht immer ficher beftimmen und abfondern lalfen. Diefe Subft. werden auch oft ohne Präfix geliefert; fo: Mutter bei Mehreren; D: Oheim, Vetter, Schwiegervater? Bruder, Schwelter; R Eingeweide; K: Vater, Auge, Fufs, Haar, Mund; W Haar; L: Vater, Grofsvater, Grols- mutter, Lippe; DL Schwefter, WL Nafe. Darf man unter diefen Um- ftänden jedes Anfangs-s oder -/ch ulw. für das pron. halten? — Das vorge- fetzte Pronomen ilt allgemein das der 1. pers. sing., mein; es fcheint identifch mit ich zu feyn, welches (f. No. 35) RK /chi, D ein, W /s/chi lautet. Das gewöhnliche Präfix folcher Subft. ift /cA: Rel., Wr.; Lil. sh; Wr. fsfch in 232 Busenmann: der athapaskifche Sprachflamm. No. 12, 247. Öfter ift es auch f: Ref.; WK Zahn; Lif. 12, 355 und öfter; /s ift ziemlich allgemein Daw.’s Form, während Ref. mehr variirt. Man fragt, ob nicht auch st das Präfix feyn könne? f. Haar, L 406; /sz ift wohl auch Präfix: f. Glied. — Ofter lautet das Präfix aber fchi, allo=ich: Ref.; Lil. shi: Backe, 81, shee 107, W fchy in Freund, Feind. Es lautet ferner see? L 386; fziR, /ssy D und stsee L in Zunge; ehe W Kopf, se D Tochter; sha? L 8. Manchmall ift es /chiu oder fehju: R Sohn, Tochter; und vorzüglich fehu: R Kopf, Bauch, RW Mutter. D zeigt gar ajifs in Kopf. — Man fragt fogar, ob vielleicht i Präfix fei in R Kind; ob vielleicht ky Präfix der 3ten Perfon fei: vgl. Fleifch; oder ku: Blut, oder u: Schwe- fter. Übrigens erftreckt fich das pron. praef. auch noch etwas weiter: fo hat es Lif. in Ohrringe, Nafenringe, Kleid; ob es in Wunde liegt? — Durch das pron. 1. pers. sing., allein wie in feiner Präfigirung als mein, bekundet die Kinai-Sprache übrigens auf eine böchft beitimmte Weile ihre Stamm- verwandtfchaft mit den athapaskifchen Sprachen, in denen ich allo lautet: Chep. she (D, fprich /chi), Uq [chi, Tac. si (se), Tlatsk. sik. Die pron. poss. des Chepewyan giebt die archaeol. amer. fo an: mein si, see, sit: dein nit, nee; fein bit, bee; ihr (leur) noot, hoo: und daflelbe Aoo wird wohl auch pron. praef: sing. (fein) leyn, wie wir Au in den Sublt. der Navajos vorgeletzt finden. $ 742. Die vielfchichtigen einzelnen Verzeichniffe, aus welchen ich mein Wortverzeichni(s der Kinai-Sprache zufammengeletzt habe, werden zulammengehalten und zu Einem Ganzen gemacht durch die alphabeti- fche Verzeichnung, welche ich ihnen beigegeben habe: d.h. nur die Subft., Adj. und Verba find alph.betilch; das Wenige der übrigen Rede- theile folgt auf fie in einer fyltematilchen Anordnung. Diele Verzeichnung weilt die Nummer jedes Wortes in der fortlaufenden Numerirung nach, und vermittelt fo augenblicklich die Auffindung unter den 13 kleinen Alphabeten. XVI, 743. Wortverz. der Kinai- Sprache nach allen 5 Quellen; 1-27. $ 743. Eifen Feuer Haar: 1)des Kopfes (d. h. Haare) 2) der Thie- re, Wolle Himmel kommen Kopf Mond Mutter Nacht Ohr | Sonne ı Tag Vater Waller ‚ Zahn NA won m Die} 10 233 Wortverzeichnifs der Kinai- Sprache. 1) Arts al len 5 Dawydow| Relanow | Kinaize Ssnaga taf Js:zygo kgygo Jujan uga: komm her [(au) ajifsjagge tljakaannu anna tljak Js-zoga niji (sin) t/chan Js-tukta piltni Sss-akojifstli zelkei tycha tokchke tenki zieljalo ko’jfsini kanzeogi Itakolli|(w%) lchezetche kolju'jun Jehi-naga (ikotje) tajn| tain tafch-i Sifehago kag-o [etl alljuonulch- unt/chaa : komm her Sehu-ngaje tfchan-e Sehu:nkta ıljak Jeh-tul-u tlao jugan un: komm her nanlgja needa ana nuglchat mt/chü nee ifchanna Jeh-tukt-a piülkne [ehi-akaftli zylk-e tech-a tok-je tenk-e zkell-u koizyn-e kanzau-e ltakall-e ilkaitfchet- need talkon tadak wilchn Jachesdlja zellkai techa tukche Quellen Wrangell|l Lifiansky fehrnaga | sh-nash-a: Auge, sh=nashaika : tayrı tayeen [Augen tafy taaz-ee tfchycha s:tseahoo Jujanj youyan unj: komm| oontsa: komm tinkä tfchkillu [gä \ko fchtfehunz, kantsagiu tokollä | kljufhun[cho Philos.- histor. Kl. 1855. krotzetchy | kytfchitu klufek | her,natfch-| her neju: er kam her Sehe n-y(uv)) sha-ngg-e goljtfchagi | ne-e (vgl.Sonne) Jehu-n-ta (»)| annd tlak xaay Jsfeh = tfehe= | s-tseel-oo: Ohr, ga (cm) noolteehas- tseel-0o0:Ohren ny-i channoo (vgl. tfehaanj chaan |[Mond) Seh-tuta tookta miljtni veelhnee f-okasdy(pl.)| sh-reek-ha ifchiljki tseelgtan techa (%) nootna tugi tooy-e tijinjki (in) | tany-e tSchkimo tskeel-oo kus’jini Xoojtonee kynjzyguni | kants-ehe tachuli Itakool-e lkeetseet-hoo klju'jun AXlujoon G5 234 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. $ 744. 2) aus 4 Quellen: Dawydow, Refanow, Kinaize, Wrangell oder Lifiansky Dawydow Refanow Kinaize 28 | gefund pajinsilja (au), | wa/chechtet- |gagne L pohallen (eig. tfchtatnutfchok| nifch gut) 29 | kalt ktekchuz (nagol | [slekoz slehuz W sjji kyzy: kaltes Waller) 30 | Kind zkaniken ifchynnaka teilskafhin L shareehkahan 31 |Kleid,Rock)| napra: togaa, | toch-a laga L sh=etak-a: (vgl.auch| /stgjajika (an) gown or parka, Rock) L keystah -a: gown made of intestines 32 | Mund Ssysjak fehi-aka wsak L sh-naan 33 | [chwarz taltan tafchtytaltafchi | taltas L taltashe 34 | weils talkei (4) talt/chil tollkai L talkae 35 ich Ssji (cin) Jehi Sehi W Ssfchi 36 | du nan nin ee W nennj $ 745. 3) Wörter nach Dawydow, Refanow, Wrangell und Lifiansky Dawydow Relanow Wrangell Lifiansky 37° | Adler datlika tallika taljlika youkh 37®| Bär anichta: rother, | anikta gnita hank-ta altafsi: [chwar- 38 | Beere kenka (pl.) [zer | kyka (pl.) kyka kakka 39 | Boot, Kahn | baaty (6ainapa),| pati; kleines: | kaitfchy ktsekooa kleines:kajach-| kajachwak wan(Öaunapka); Kahn von Bir- kenrinde:bakaa 40 | Erde altnen alfslin aljtnjan (auch: | alshnan 41 | elfen nlylkat: ils tikyljachke keljkatj [|Land) | yeeoolh 42 |Flufs kyfchnu [xena) | tagatlin katnu ‚Yatnoo 43 | Frau (mu- | fsioo (uxor? | fchoo kyfsynj mokelan 45 | Fuchs[lier)| kagwyjak, kan- | kawogak kanulifcha ‚xanoolsha 47 | Gras kitfehen [julza | kytfchaan katfchan yatshan 48 | Hand Ss-kona(auch pl.)| Jeh-kuina ‚Jeh-kuna sh-coona 49 | Kupfer tfchutfchuna tfchutfchuna tfchetfchuna choochoona XVI, 745-6. Wörter der Kinai- Sprache nach 4, 3 Quellen; 50-75. 235 Dawydow | Relanow Wrangell Lifiansky 50° | Meer tykaa roiö nuty | nute tika noot-he 50% | Otter: [@erapa) 1)Flufs-O. tachten: Otter | tachten: Otter | taktynj: Otter | tact-hin 50° | 2)See- od. tafchit/cha: tahalteley : See- Sumpf-O. Sumpf-O.(sop- Otter 51 | Pfeil isin [xa) | ritfchk-a isynj izzeen 52 | Schnee assach en/hach sjach ajjah 93 | See bon pyin mann ban 94 | Stein kalchniki kachlniki kaljniki kaleekneekee 95 | Sterne sin Jehin Ssyrj | sceen 56 | trinken nytnun: trink | pyklenaktat m-hchny ‚Xeetnoo 57 | Wald zwalja tfchuallja zwalja kankya (bush) 58 20 zelioolna zylchatna zyljkeina tsilhatna 60 100 | otaofsljan tgaftljun tgafstlynj tgastlun 6746. 4) aus 3 Quellen: Dawydow, Refanow, Wrangell Dawydow Relanow Wrangell 61° | Biber: 4) Flufs-B. | tupy ß toka/chi 64b 2) See-B. knuja kynuja knjuja: Biber 64° | Donner ktytni kaletatl m-Ijtany 62 | Eis ten efechtle iterın 63 Fett zinty, tliögy kyzynte leg (%) (sap) 64 | Fifch tlioka tljuk-a tluka 65 | Gans nutake njut nutaki 66 | Hund tlika od. fskogolo | tlik-a chlika 67 | Regen alkun ülkin chlkynj 68 | [chlafen nogagofstani; [chlaf: | taldak: katfchuljja nyltejiltak 69 | Schwan kokyfs kokafch kukifch 70 | Sohn Ssija Sehiuzfha Sehija 71 | Tabak kytgon: Tabak in | pljufchka tabak Blättern 72 | Vogel kakafsli kakafchli kakafchlja 73 warm üchatl, tkynagal: | fsyll aba E94 75 | Wolke kchafs (pl.) k-afs kjaifsj Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. 6 747. 5) Wörter nich Dawydow, Refanow und Lifiansky 236 76 | arm 77 | Augenbrau- 78 | Bauch [nen 79 | Bruder 80 älterer Br. 81 | Eingeweide (ku) 8% | Ente 82° | fürchten 83 geben 84 | gelb 84 | Gott 85° | Heidelbeere (Brombeere) 85 | Himbeere: 1) gewöhn!. 86 2) gelbe, Moltebeere 87 3) rothe, nordifche (KHSSKeHuNa) 88 | jung 89 krank 90 Löffel 91 lügen 92 Mädchen 93 Meer[chwein 94 Menfch 95 Möwe (vaiiza) 99 roth 100 Ruder 101 [chiefsen Dawydow uch: ein Armer Ss:kasytli Ss Zjutlja kylja agalja Ssinzika agafslja tSchedytfchel tfchi- ku: fürchte dich nicht anta od.ynda: gieb, ichonda: gieb mir Ufchlzjagi nackchtylfchane kanzja: Heidelb. (gepunka) kolkaa (mama) kytlja (mopomxa) naujan-kytlja kitl tfchitasny taga gyjüfchit: du lügft kifsna; junges M.: kifsenkoja zilwi (csunka) kochtaana batfchj tfchitfcha= tigaltil [koja kanipty ktejiltefsja: [chiels Refanow aneinljan Jeh-kasle Jeh-kokefch, fechu= Jeh-anga [wata kazntfchika kakajchlja t/chatfcheein- tfchichku id. Jehoknelkit: gieb kytyltenlja naktaltanı kant/ch-a:Schwarz- beere (nach Kruf.) kolkaa nketl kategafchlin afifchiut afchuata tfchinachtu:dulüglt kifsyn; junges M.: kifsnykoa ifcheljue: Meer- fehweinchen kochtannja patjchtfchi tagaltele tazche ktaaltatlni Lifiansky paxhool sh-eentook ‚Jeh:boot shi-ntsika: guts tinaaltga (pl.) tsatsaeentsk: was fürchteft du? shlayanhoot taltsahe nayteltaane kaantsa: Brombee- re (blackberry) koolhkaha (rasp- [berry) kooteehazalheen cheennah spata heentseet xeisen kooya: jun- ges M. kooushee: porpoise teennad (man) baach: sea-gull tahalteley khaneetste teehkat XVI, 747-8. Wörter der Kinai- Sprache nach 3 Quellen; 102-132. 237 102 103° 1035 104 105 106 107 108 109 112 115 114 115 116 117 118 119 120 fehnell Schwelter ältere Sch. Seehund, Robbe fetzen, fich ftark Stirn trocken Wind Zunge 14 12 13 14 19 Ss jantuch Dawydow uga tylkufs: lauf tatfcha utalja [fehnell kuzjaatli nizjut: fetz dich hin tfchagejifsty, adv. [uga atnaalkan Jutalnon ‚Sszyliö zelkoikty tychaokty tokajukty tinkeochfsty zeliookty kulzynokty kanzaiökty ltakaliokty Ikazechtokty Dawydow 132? 132: aufftehn Beil, Axt Bogen Fuls Geift, böfer [prechen, re- den weggehn 30 kyjinafs: ktanilzit: [teh auf kytljafsi (monopr) zylten Ss -kajetlna(auch pl.) | R feh-katlna nufstat-tlja: Geilt, derin derZauberei angerufen wird [prich, kanfsjafsja: ich [preche tasno: erilt wegge- gangen, untyni: fie find wegg. GYatchuljujun W kanyljtfehit Refanow Lifiansky uafchta "naheyIhkeet Jeh-utta ootalla kotfchtfchatli kootsaheyls-e tatljudinfchut neetsoot: [etz dich naaltaje talt-hey [hin Jehizntok shee-nt-hooboonoo analkane nooletsooh kanitfchich kakneeoon Fzillju s=tseelue kljufhun-zylk-e k. tech-a tok-e tenk-e zkellju kanzau-e ltakull-e k. ükaitfchetcho k. k. 2 k. koizyn-e k. k. . 6) Dawydow, Refanow, Kinaize; od. Dawydow, Wrangell, Lifiansky L htaneelcheet R Ayltfchatli (Kruf. | K kakafchla (Krul. Hammer) Hammer und als ein Wort L’s) W tehiljtynj L tsalthan K katlnja W njufstatnja L tskannash: devil R kynnafchi: ich | K aznukilnak: rede rede, ua/fchtak- kynnafchi: rede W taga: geh weg |L tsaneeltoosh: geh weg W tut-kljujun L toot-klujoon 133 134 135 156 139 140 142 143 144 145 146 147 148 149 150 451 153 154 155 156 158 159 160 161 162 163 164 165 166° 1665 167 168 169: $ 749. Buscuhmann: der athapaskifche Sprach/tamm. alte Frau alter Mann, Greis Arbeiter Augenwimpern (pbeunusı) Bettdecke Bette binden bitter blau Blaubeere, Trunkel- beere, (ro.ıyöuka) Blitz [Raufchbeere Bruft myenHa) Butte (Fifch) (na.ı- Daunen, Flaumfe- Ei faul, träge [dern (uyx®») Fliege Froft Glasperlen Häring heifs hell Hemde Hinterer Hirfch (vgl. Renn- hören [thier) Holz Hütte (riopma) Johannisbeeren (emopo ua) rothe Johannisbeere kahl (nıbuumon) Kehle (ropao) Knochen Dawydow kifsinta ufsinta ten-a Ssnootutlja zta Sstjilja nulchalja: binde tfehogolnek okyn-ilkei (%) zykika Sstobylja Ss-ita Ssjagik ktuk kajetkenj kgasja (pl.) zkeket-niken kyliyze ktekchoz naalıtfchetkoja, fsjafskofs- kuznakocha (pl) [koja nagolgo/sj talkon Ssifssyowa Ss-kchy pytzich (oem) kydykntjafsni/sj : ich höre zika kania nuulgynj ziolnuntlia kozynulkaten Ss: saka zinzju (pl.; auch: Rippen) 7) aus 2 Quellen: Dawydow und Refanow Refanow kafchikt/ch-a ufchint-a cheitnu Jeh:noofch zytta: Decke taatl Sehlechal tawolkan taaltetfche, taltyfchi kyka nufchltanita Jehzita Jehejek kankitfcha ktlafhtle zdedidniki by ktekoz tfchenfchka/ch kozyn-ak-ocha kynaal-kach tafch-ptfchull ljumagak Jeh-Ituje nutlfchi kadoktyfchnifch: ich höre, Stfchigackkol: ich h. nicht ifchika kank-a nutchin kotfchinuljukten Jehi-jakka zzcehn XVI, 749. Wörter der Kinai-Spr.nach Dawydow u. Refanow; 169-204. 239 169 170 171 172 173 174 175 176 378 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 kochen (w. a.) können kühn lachen laufen Leib, Körper lieben Marienglas Maus Meffer Mücke nals Nebel Preifselbeere (öpye- rein [kuya) riechen Rücken falzig faugen Schale, Tafle Schiff, Fahrzeug fehneiden Schultern Segel fehn Steinhafe, fcherHale(egpauxa) Stockfilch (mpeexa) füls Thon Tochter todt dauri- tödten Wallfifch willen Dawydow ljatfechj : koche tfehinach: ich kann nicht tagyliyjen, kotfchutfche= tfchaaglech (6) _ [jifstik uga tylkufs: lauf fchnell Bigipß nanaajezjut: ich liebe dich kuzjakty (e.mona) tlinnaa kisjaki zych (pl) nokejiljak (en) njaniki chykka badkajalzel naktut-niltu/s: rieche Ssünich nutejenyfs (ee) letjehj (4) nusgi aljutak kodylzjut: fchneide Ss-afsyk tugi/s nijintljantu kujifsja (yu) atkıjak toolnefs takejitline Se zaa tfchitfchok; getödtet: ti- kejitliök tfchitnach tatlın kazikatejityfsny: ich weils nicht, fsjun: er weils nicht Refanow killjatfch tfehinnach : ich kann nicht pinikilen: dreift tfehantlech anjutufch ‚Jeh-zunna panengtfchin talkoz-e zuchankli kifhake z-ech nuitljak-a njunek-e chekyk-a taifchun niktuknaltufch Sehi:nnjaka njutindljan kalt-ek kakale aljutak: Fahrzeug titljaangiltufch Jeh-takka chaon tyfehtanetljan konfchi atchelk talkan tal:fchleka Sehj u-t/cha ifchitfchok Jekfchaktentlja tatlin zunzin: ich weils nicht 206 209 210° 210b 210° 211 212 213 214 215 216 218 219 220 221 224 225 226 227 229 231? 231° 231° 231! 2318 251% 231: 231% 231! Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. wollen zornig alles nichts viel wenig nein $ 750. Bad Birke Dieb feige graben gut heilsen Hermelin Pappel [chlagen [ehlecht Schwiegervater [tehlen werfen wohnen Zauberer 40 50 60 70 80 90 Dawydow zetafsju: ich will, kutfehu uztafsja: ich will nicht kyznanichja tanzcho, tajenjzko kykcholja tynalatofsa maaltfchak kykolj 2) kotfcho Dawydow nli t/chukchuja kneteji/sin (en) ifchagitfchek: Feigling (mpye®») kekat (»): grabe tygagytlja (vgl. [chön) ntfchatu Üjykilja: wieheilst kaolzina [du? afsni badeino: [chlag ziögychta: [chl. Menfch zjaa/stun (Vater der Frau) nyniltatlja: ltiehl, z/sjak- net-ji/ski: ftiehl nicht Junkanitlifs: wirf ntatu kajachtana: wo wohnlt du? yleken (&-%-) tet-Kuljajun zkeliö-k. kufs-k. kanzioo-k. ltakol-k. Jezitko-k. (em.) Refanow nifchfchin: ich will; zke- tafchnifch: ich w. nicht; ich will fchlafen: nifch- Sehin taldak kofchenatuljan tantfchk-o kotfchochke tinaalta naaltfchok kokol 8) Wörter nach Dawydow und Lifiansky Lifiansky nallee tshooyia ‚xaneesh chaitsk (coward) kookeelia pohallen nteeneegee: wie heilst du? kaholgena esnee neelchah tsooheelta sh-patssa Anazzeen ‚yatsteeltuh ndah tokee-eetgan: wo wohnlt du? chaanchoo tange-klujoon tskil-oo k. koojts k. kankehoh k. XVI, 751-2. Kinai-Wörter nach 2 gemifcht. Qu.; n.Dawydow; 232-270. 241 $ 751. Wrangell und Lifiansky 232 | Backe R fkafchfch 234 | Baum W tehyka 235 | Blut W ku-daljteny 237 | Grofsvater R fch-tuktakta 238 | Häuptling, Ober- | D kyjefska (sie) haupt (uaua.ısune) 239 Jahr W chai, nuktatfchik 240 | Luft R kıltfehutfch 241 | Nale W tfehintfchi'j 242 | Nord D zinjani 243 | Oft D ktultlja 244 | Rabe W tfchijifchlja (im) 245° | Rennthier (vgl. | W motfchich 245° | Rulfe [Hirfch) | D Kasjachtan 246 | Süd D kychkaz 247 | Vetter D usja 248°: | Welt D Ssuduzini 248 | Wolf D tekin 6752. 10) Wörter aus 1 Quelle: 249 abreilen tasno: er ift abgereilt | 261 cacare 9) Dawydow und Wrangell oder Kinaize, Refanow und ein And. : L shi-nkoosha L tsbalacooya L koo-taalthin L chata W kyfchka: Häuptling L shantto K kıs, ks L tsanalleetga W zyttnuni (ms) W tfchuth; L cheenshla L patchih W Kaifstana, Tachtna W tutut/chni W ssfeh:u‘ja W ah’ W kykıny nach Dawydow Sstyjikchat (sın) 250 ankommen toasnik: er ilt ange- | 262 Eberelche, Vo- fskonja kommen gelbeerbaum 252 Beinkleider ‚SSulfstlja (pa6ma) (mopöackt) 265 Eichhorn leka 253 Birkenrinde tfchokchoja 264 eilern S500/s 254 Bilamratte tut/chjuta 265 Elennthier tanakja 255 Blei tajin toga (auch: Zinn) (10e» oder 256 Branntwein nagolychfsi wylini coxamoiı) 257 braten kiltifs: brate 266 Erle kankyja 258 brechen, fich njantwach 267 ertrinken nudalkat: er ilt er- (vomere) 268 Farnkraut och [trunken 259 bringen Ssjanukajilkit, Ssjujl: (nanopomunk) kafch,, Jsjatunkche- 269 Feder kizja (pl.) 260 Buckellachs (ropöyma) Jlkit: bring 270 Fleifch kogona Philos. - histor. Kl. 1855. kytfchonna, kyzyn; an einer ?ten Stelle: Ss:zyn Hh 242 Dawydow 271 fliehn jenifchaaltan: er ift 272 Frofch nogoja [entflohn 273 Gefangener ultfchana 274 gielsen mankejitlet (a3): giels 275 Glied: 4) männliches /sz-kofsa 276 2)weibliches /sz-ina 277 häfslich zjugolta: häfsl. Mäd- 278 Hals Ss:chka‘j [chen 279 handeln(Han- kenkat: handle del treiben) 280 Harz: 1) Baumharz tfchach 2)Bergharz tfchiltykehofs 281 hauen ynzjatlj: haue (pyön) 282 Jäger (mpo- tkogojilten (vom) MBINL.SCHHHKTB) 284 Kranich untatlja 285 Krieger [us) tagylifchaakyn 286 Küche (nozap- katlifst 287 Lärchenbaum kalkty 288 Lanze tagin, tatfchim 289 Lilienzwiebel kynajstli (ecapana) 290 lölen kodyltjud: löfe, binde 291 Luchs kasno [los 292 Made(naesors)tomm 293 Mafsholder, tYfehunjzja Steinbeere (kanıma) 294 Nordkaper zykinka (kocamıka) 295 öffnen t/chaknelkat: öffne, mach auf 296 Oheim asja od. sjalja 297 Peterfilie kyntyntli 298 Prielter takinljafs (nonw; d.h. der tauft) 299 Rauch tafskyty ee — Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. Dawydow 300 Rippen zinzju (auch: Knochen) 301 Rock (f. auch nlekoja (aynaus) 302 rudern [Kleid) takeizych: rudre 303 rufen muchonsil: ruf 304 Salz nuty (auch: Seewaller) 305° Sandbeere, tynzisi Steinbeere (MOAOKHAHRA) 305° Sandweide tundelkiji (maAbHuKB) 306 Sauerampfer kfchi 307 [chaben kissioch: [chabe 308 Schaf(Sapaus) zuiötfchi 309 Schellfifch tlioantite (Baxua) 310 Schmidt nukazten 311 Schnepfe zekatukalkefsa (kyauuoR%6) 312 [chnupfen ifsnych tyk tWylıyfs: fchnupfe Tabak 313 [ehön, hübfch zygagajitha: h. Mäd- chen (vgl. gut) 314 Schütze tkofsin-kteltefsen 315 Schwager s-lin (Bruder der Frau; auch: Schwie- [fohn ger[ohn) 316 Schwieger- 317 Seewaller Ss-lin (auch: Schwager) nuty (auch: Salz) 318 Stör (öb.ayra) kojufsi 319: tagen kogol ziölja: es wird 319 Tanne zjatlja [Tag 320 Thee ‚ynda 321 Trog mokalıi 322: verkaufen 322° verftehn kchoniltatlja: verkauf kozion - fselten: ich verftehe nicht 323° Verwandter si-tni 3235 Vielfrals ztukumytli (poccomaxa) XV, 752-4. Kinai-MWörter n. Daw., Ref, Wrangell, Lifiansky ; 324-378. 243 Dawydow Dawydow 324 weglaufen jenifchaaltan: er ift | 327 Zinn tajintoga (auch: Blei) [ra) entlaufen 327° Zobel kzjao/sja 325 Wetter (noro- kanizy,talkozit kanizy | 327° zumachen, kajuknelkat: mach zu, 326° Widder (6a- niötfchi verfchliefsen _verfchliefs paı») [Dorf) | 328 zu mir, mir Sinta: xo mırk 326° Wohnung kajach (vgl. Inkilik: | 329 Niemand kykcholja: Niemandes? 327° Zelt (ropma) kania oder acc.? (umuero) 6 753. 411) Wörter nach Refanow 331 Arm ‚Seh-kuina (auch: Hand) | 334 furchtfam tfcheentfchikto 332 betrügen chaint/ch-it 335 Hitze nilkain [udeoztni 333 finfter chtlitalnen: dunkel 336 wahr kofchiz-e; nicht wahr: 12) Wörter nach Wrangell 341 Feind Jehy-fehagajeljny (a6) | 345 klein taljtfehych 342 Fremder y-yljna 346 Mann (wir) nufchen 343 Freund Sehy-Ijtna 347 Nordlicht njujkut 344 grols tyljkei 348 Schamane Iykynj $ 754. 13) Wörter nach Lifiansky 349 Abend haalts 364 Bucht botnoo 350 Ader tsah 365 Dach kanya 351 alt keychee 366 Daumen s=lukts 392 Angelhaken ekshak 367 dünn trelteet 353 Arbeit (work) heetnoo 368 ertränken, er- tgataalnan 394 Alt (knotofa kzeekna fäufen tree) 369 fangen inlhkit 395 Augenlieder s-noutootsa 370 Fichte (pine- tspaalla 336 Berg teheyle 371 finden [fir) nooinlheesh 357 berühren tgaa: rühre nicht an, | 372 Finger s-lutska ltoosilhan: r. mich | 373 Finfternifs heelhakle 358 bezahlen kiushilhnah [nicht an | 374 Fifchrogen kin 359 Blale (im Kör- ybis 375 freuen, fich nookooeelthoonh per; bladder) 376 Frühling? klek 360 Blatt Xat-oon (spring) 361 Block (block keyheytsakh 377 Funke chatalahi of wood) 378° Garn (thread) kattsah: aus den Ein- 362 brennen teenhklute geweiden des Wall- 363 Brett (board) opitgaale fifches Hh 2 244 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. 378° gehn 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 394 395 396 397 398 399 400 401° gerade Grofsmutter grün Hagel Hand, flache; Handlläche Haus Herbft Herz hoch Hügel huften, Hu- ften? (cougk) kennen Kinn Kiffen klug Knabe Knie Korb langlam Laus lebe wohl! Leber 404 legen 402 Leute, Men- koht-ana (vgl. Menfch) fchen (people) 403 404 405 406 407 408 409 410 Licht? (light) Lippen los (loose) Lungen Mörder Moos Mütze (cap) Lifiansky go: htsaneeltooh, walk: ‚yanoontoosh tsehalkhe choota ‚xteelt-heen choochoon kaltya s-lyaya youiah nak-le see-ytee treelhnoz koonalthishi khas heet-a sh-toonee tset-aazdeen heet-aneezzan isyanik-na s:cheesh hakki tsoonaheylkeet you nootheetoosh s-ezzcet neeneeltalh : nieder keetsool ezak keeliahtoonah s-tsat-tska cheekilhuhe naan stcheekeetsa Nadel (needle) yleanyheen shitneetoo : kenn/[t du mich nicht? en nn : [chweig Liliansky 411 Nägel (an den s-kanna Fingern) 442 Nafenlöcher sh-neek 413°Nalenringe s-neeh-a 413° Neffe sh-00ja 444 nehmen ühkeet 445 Netz tahveelh 416 niedrig tzeelhkats 417 Ohrringe s-tsakeel-a 418 rauh (rude) tggeeknash 419 reich [(tear) kaslıkanlan 420 reilsen, zerr. chaanhklut 421 Sack oolks 422 Sand soohoo 423 [chlummern neeltseelh 424 Schnupftabak ktoona 425 [chreien nchah. 426 [Schwach xtakhooleen 427 [chwanger halkhoon 428 Schwanz pka 429 [chweigen rtooteelcheet 430 Schwieger- sh-o mutter 431 fchwimmen niba 433 Seelöwe atahhlut 434 fingen katalyash 435 Sommer shaan 436 [pielen cheenleool 437 Sterben cheennah 438 Stiefel sestlia (pl.) 439 Stock tgats 440 Strick ‚xeelh 441 tapfer (brave) kalld 442 Thür tookay 443 Volk people) koht-ana 444 Vulkan tokoge-hnoohalley 445 walchen tnoonleah 446 wegnehmen ktooshecheet 447 weit (wide) treli-han XVI, 754-6. Kinai-PWörter n. Lif., Formen u. Sätze: 448-465; Verzchng. 245 Lifiansky Liliansky 448 Winter hhee 454 was? tsatoo 449 wifchen, abwi- Aninyash 455 wie viel? toonaalt-he 450 Wunde [fchen skooyha 456 wo? wohin? ndah 451 Wurzel chan 457 heute chaan (fonft: Tag) 452 er, fie (ea) hhoon 458 morgen neelkoonda 453 jener (that) keenee 459 warum? tsatskoo 6 755. 14) Verbalformen und kleine Sätze a) bei Dawydow: 460 tfchitnach tödten, tfchitlion er hat | 462 nijintljantu fehn, nijintljant fieh, getödtet, tfchekitliok fie haben g. natljaachije ich fehe, kutjfchju 461 jenifchaaltan er ilt entilohn, tynata snatljaakije ich [ehe nicht jenita altatl fie find entflohn 463 kydykntjafsnifsj ich höre, kudu ku- tfchju kidukyfsnik ich höre nicht b) bei Liliansky: 464 shish-iti das ift mein, non-iti das | 465 ndah teenue wo gehlt du hin? ndah ift dein toozitoo wo warlt du? 6 756. Alphabetifche Verzeichnung zu den Kinai-Wortverzeichniffen A. Subltantiva, Adjectiva und Verba Abend 349 Augenbraunen 77 Bettdecke 139 abreilen 249 Augenlied 399 Bette 140 Ader 350 Augenwimpern 136 bezahlen 358 Adler 37,a | Axt [. Beil Biber: alt 351 4) Fluls-Biber 61,a alte Frau 133 Backe 232 2) See-Biber 61,b alter Mann 134 Bad 213 binden 4142 Angelhaken 352 Bär 37,b | Birke 214 ankommen 250 Bauch 78 Birkenrinde 253 Arbeit 353 Baum 234 Bilamratte 254 Arbeiter 135 Beere 38 bitter 143 Arm 331 Beil 128,b | Blafe (im Körper) 359 arm 76 Beinkleider 252 Blatt 360 Alt 354 Berg 356 blau 144 aufftehn 128,a | berühren 357 Blaubeere 445 Auge 1 betrügen 332 Blei 259 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. 246 Blitz 146 Block 361 Blut 235 Bogen 129 Boot 39 Branntwein 256 braten 257 brechen, ieh (vo- 258 brennen [mere) 362 Brett 363 bringen 259 Brombeere [.Heidel- Bruder [beere 79 älterer Bruder 80 Bruft 447 Bucht 364 Buckellachs 260 Butte (Fifch) 148 cacare 261 Canot [. Boot Dach 365 Daumen 366 Daunen 449 Dieb 215 Donner 61,c dunkel f. finfter dünn 367 Eberefche 262 Ei 150 Eichhorn 263 Eingeweide 81 Eis 62 Eifen 2 eilern 264 Elennthier 265 Ente 82,a Erde 40 Erle ertränken ertrinken ellen fangen Farnkraut faul (träge) Feder feige Feind Fett Feuer Fichte finden Finger finfter Finfternils Fifch Fifchotter [. Otter Filchrogen Fleifch Fliege fliehn Flufs Frau (mulier) Fremder freuen, Jich Freund Frofch Froft Frühling Fuchs Funke fürchten furchtlam Fuls Gans Garn 266 368 267 44 me en geben Gefangner gehn Geift, böler gelb gerade gelund gielsen Glasperlen 83 273 378,b 131 84, a 379 28 274 155 Glied: 1)männliches 275 2)weibliches 276 Gott 84,b graben 218 Gras 47 Greis [.alter Mann grols 344 Grolsmutter 380 Grolsvater 237 grün 381 gut 219 Haar:41)desKopfes 4 2)derThiere, 5 Wolle Häring 156 käfslich 2NT, Häuptling 238 Hagel 332 Hals 278 Hand 48 flache Hand 383 handeln 279 Harz:1)Baumharz 280 2)Bergharz 280 Hafe, daurifcher, [. Steinhafe hauen 281 Haus 384 Heidelbeere 85,a heifs 458 XV1,756. alphabetifche V erzeichnung zu den Kinai-Wortverzeichniffen. 247 heilsen hell Hemde Herbft Hermelin Herz Himbeere: 1) allg. 2) gelbe ö)rothe,nordilche Himmel Hinterer Hirfch Hitze hoch hören Holz Hügel Hund huften Hütte Jäger Jahr Johannisbeere rothe Jung kahl Kahn [. Boot kalt Kehle kennen Kind Kinn Kiffen Kleid klein Klotz f. Block klug Knabe 220 159 160 385 221 386 85,b 86 Knie Knochen kochen (w. a.) können Körper f. Leib kommen Kopf Korb Kranich krank Krieger Küche kühn Kupfer lachen Lärchenbaum langlam Lanze laufen Laus lebe wohl! Leber legen Leib Leute Licht lieben Lilienzwiebel Lippe Löffel löfen los Luchs Luft lügen Lunge Made Mädchen 396 169, a 169,b 170 Mann (ir) 346 Marienglas 176 Malsholder 293 Maus 477 Meer 50,a Meerfchwein 93 Meerwaller [.Wal- Menfch [fer 94 Menfchen [. Leute Meffer 178 Mörder 407 Möwe 95 Moltebeere [. gelbe Mond [Himbeere 9 Moos 408 Mücke 179 Mund 32 Mutter 10 Mütze 409 Nacht 11 Nadel 410 Nagel (an d. Fing.) 411 Nale 241 Nafenlöcher 412 Nafenring 413,a nals 180 Nebel 151 Neffe 443,b nehmen 414 Netz 415 niedrig 416 Nord 242 Nordkaper 294 Nordlicht 347 Oberhaupt [.Häupt- öffnen [ling 295 Oheim 296 Ohr 12 248 Buschmann: der athapaski/che Sprachftamm. Ohrring 447 fchaben 307 fehn Oft 243 Schaf 308 fetzen, fich Otter: 1) Fluls-O. 50,b | Schale (Taffe) 188 fingen 2)See-od.Sumpf- 50,e | Schamane 348 Sohn [O. Schellfifch 309 Sommer Pappel 224 [ehielsen 101 Sonne Peterhilie 297 Schiff 189 fpielen Pfeil 51 [chlafen 68 [fprechen Preifselbeere 182 fchlagen 225 Stark Priefter 298 [chlecht 226 [tehlen [chlummern 423 Stein Rabe 244 Schmidt = Steinhafe Rauch 299 Schnee fterben rauh 4418 fchneiden ” Stern reden [. [prechen fehnell 102 Stiefel Regen 67 Schnepfe e. Stirn reich 449 fehnupfen Stock rein 183 Schnupftabak Stockfifch reilsen 420 fehön 313 Stör Rennthier 245,a | [chreien 425 Strick riechen 184 Schulter 191 Süd Rippe 300 Schütze 314 füls Robbe [. Seehund [ehwach 426 Rock: 1)[.Kleid 2) 301 Schwager Er Tabak roth 99 Schwan Tag Rücken 185 fcehwanger tagen Ruder 100 Schwanz Tanne rudern 302 [chwarz tapfer rufen 305 [chweigen oo Thee Ruffe 245,b | Schwelter 103,a | Thon ältere Schwelter N b | Thür Sack 424 Schwiegermutter Tochter Salz 304 Schwieger[ohn i. todt falzig 186 Schwiegervater 227 tödten Salzwaller [. Waller [fchwimmen n trinken Sand 422 See trocken Sandbeere 305,a | Seehund a Trog Sandweide 305,b | Seelöwe Sauerampfer 306 Seewaller = Vater faugen 187 Segel 192 verkaufen 193 105 434 70 435 13 436 132, a 106 229 54 194 437 55 438 107 439 195 318 440 246 196 71 14 319, a 319,b 444 320 197 442 198 199 200 56 108 321 15 322, a XV1,756. alph.u.fyftem.V erzeichnung zu den Kinai- Wortverzeichniffen. 249 verf[chliefsen f. zu- Wolf 248,b verftehn [machen 322,b | Wolke 75 2) demonstr. Verwandter 323,a | Wolle f. Haar jener 453 Vetter 247 wollen 206 Vielfrafs 323,b | Wunde 450 3) interr. Vogel 72 Wurzel 451 a 454 Volk 443 Zahn 47 Vulkan 444 Zauberer 231,c 4) indef. 6) wahr 336 ,| Zion ET 210,4 } Niemand 329 Ne 87 | Zohel Mc» Wallfifch 203 | zornig a elte 210,b viel 210,c war 73 zumachen 327,d e 5 wafchen a Kor re 241 Waller 16 TE wie viel? 455 weggehn 132,b weglaufen 324 B. Zahlwörter D. Adverbia wegnehmen 446 1-10 18-27 | wo? wohin? 456 weils 34 11-19 M3A pe 457 weit 447 20 58 morgen 458 werfen 231,a 30 1 Kl yes 459 Welt 248,a | 40-90 231, £-1 Wetter 325 100 60 a $ Widder 326,a : Jesu nen Wind 19 | Pronomina| yein 212 Winter 448 1) pers. wifchen 449 ich 39 F. Verbalformen und willen 204 zu mir, mir 328 KlemeSzere: wohnen 231,b | du 36 460-465 Wohnung 326,b | er 452 Die ähnliche Bearbeitung der fünf anderen Sprachen des nord- weftlichen Athapasken - Zweiges mit geordneter Darlegung des Sprachftoffes (Spuren der aztek. Sprache Abfchn. XVI $ 710-786, mit fremden Idiomen dazwifchen) zeigt, bei dem geringen Umfange des letzteren, die einzelnen Gruppen in einem gegen das Vorbild fehr verkleinerten Maafsftabe. Philos.-histor. Kl. 1855. Ti 6 787,b. Nachdem ich, meine beiden Arbeiten: die grofse der aztekifchen Spuren und die gegenwärtige Abhandlung, als Eine gedacht, in dem ruffifchen Nordamerika, in meinem regelmäfsigen Laufe von Süden gen Norden, die fechs Kinai-Sprachen, untermifcht mit anderen: zuerft das Idiom der Ugalenzen oder Ugaljachmuzen ($ 710-8), dann Atnah ($ 723-6), Kinai ($ 732-756), Inkilik, Inkalit ($ 772-782), endlich die Spra- che der Koltfchanen ($ 783-6); durchgegangen: bin ich an die Stelle ge- kommen, wo ich nach meinem Plane diefelben mit einander zufammen- ftellen, die von mir entdeckte VerwanprscuArrt der Kinai-Sprachen mit den athapaskifchen entwickeln, und den ganzen grofsen ATHAPASKISCHEN SPRACH- stamm in feiner vollftändigen Entfaltung und in allen feinen Gliedern vor die Augen führen will. $ 788. Alsich mich mit den Sprachen des ruffifchen Nordamerika’s befchäftigte, fagte ich mir: es könnte vielleicht eine der dafelbft herrfchen- den, angeblich 6, Stammfprachen eine Verwandte des athapaskifchen Sprachftammes feyn. Meine Erwartung wurde unterftützt durch die Erin- nerung, dafs ich in irgend einem ruffifch -amerikanifchen Idiome das Wort iynni für Men{ch, gleich dem athapaskifchen "Zinne, gelefen habe. Ich zog bei dem darauf angeftellten Verfuche die Kinai-Sprache allen anderen vor, und ich fand fogleich ihre genaue Verwandtfchaft mit dem Athapasken- Stamme; fünf, theilweife fchon als zur Kinai-Sprache gehörig bekannte, andere Idiome vom ruffifchen Amerika ergaben gleich darauf daffelbe Refultat. Ift es gewils, dafs viele Wörter diefer 6 Sprachen der behaupteten Ver- wandtfchaft nicht zufagen: fo ift erftlich die Durchmifchung der nördlichen, rufüfch-amerikanifchen Idiome insgemein mit verfchiedenartigem Sprachltoff und aus einander eine erwiefene Thatfache; ferner ift der uns bekannte Wortvorrath der Athapasken-Sprachen noch befchränkt: in ihnen herrfchen XVI, 788-9. meine Entdeckung der athap. V erwandt/ch.; Tinne u. Kinai. 251 auch viele Ver[chiedenheiten, mehrere Wörter für denfelben Begriff; weiter ift es bekannt, dafs man fogar in den nächften Dialecten an allen Punkten der Erde einen bedeutenden nicht gemeinfamen Wortbeftandtheil antrifft. Ich wage daher die 6 Sprachen des ruflifchen Nordamerika’s, welche uns als Kinai-Idiome bisher bekannt waren, und unter ihnen das bis jetzt als eine felbftftändige Stamm/prache und Repräfentant der anderen angefehene Kinai für Glieder des athapaskifchen Sprachftammes zu erklären. (!) 6789. In eben dem Maafse als der fremde Beftandtheil uns beun- ruhigt und fchwanken läfst, beruhigt und befeftigt uns in jener Überzeugung die merkwürdige Thatfache, welche ich gleichfalls hier zuerft ans Licht ziehe: dafs, wie nach Sir John Richardfon (arctic searching expedition Vol. IH. 1851. p. 2) das athapaskifche Hauptvolk, von ihm Chepewyan, von Anderen Athapasken genannt, fich felbft "Tinne oder ’Dtinne, d.h. Menfchen oder Volk, benennt; fo das ruffifch-amerikanifche Volk in ver- fehiedenen Stämmen fich denfelben Namen beilegt. Ich fpreche zunächft (') Ich theilte meine Entdeckung der Akademie der Wilfenfchaften am 18 Mai diefes Jahres (1854) mit; und diefer Bericht, den ich hier, mit gewillen Veränderungen und Zufätzen, wiederhole, betitelt: über die Verwandtlchaft der Kinai-Idiome mit dem grofsen athapaskilchen Sprachftamme, findet fich abgedruckt in den Monatsberichten der Akademie 4854 S.231-6. Ich unterltützte meine Behauptung durch eine Worttafel (dafelbft nach S. 236) von 66 durch die 6 Kinai- und durch 7 athapaskifche Sprachen durchgeführten Wörtern; in den eingeletzten Formen berückfichtigte ich nur die wirkliche, — freilich auch manchmahl unvollkommene, problematifche, fragend und verluchsweile aufgeftellte —, Ähn- lichkeit; die nicht verwandten Ausdrücke wurden weggelaffen. — Ich finde mich genöthigt meine dort gegebene kurze Erinnerung über die Einrichtung jener Worttafel hier zu wie- derholen, weil ich fe durch mehrere Zufätze zu ergänzen habe: Ich bemerke für diefe Worttafel, dals die Kreuze (+) in den Feldern ausdrücken ([ollen, die Sprache habe für den Begriff ein anderes, vom athapaskilchen verlchiedenes Wort; wo- gegen die ganz leeren Felder den, weit häufigeren Fall andeuten, wo ich in den Sprachen den Ausdruck für das verglichene Wort nicht habe herbeilchaffen können. Diels bezieht fich jedoch nicht auf die athapaskifchen Sprachen, deren leere Felder häufig nur fagen, dafs die in fie gehörenden und bekannten Wörter, wegen ihrer entfernten oder mangelnden Ähnlichkeit, die hier bezweckte Nachweifung der Verwandtfchaft der Kinai-Sprachen nicht zu unterltützen vermögen; folche Wörter der athapaskilchen Sprachen habe ich nämlich von diefer Tafel fern gelallen. Bei den Gliedern des Körpers und den Verwandtfchaftsnamen find in beiden Sprachzweigen, dem kinaiilchen und dem athapaskifchen, die polleffiven Pro- nominal-Vorlätze, freilich für uns noch vielfach dunkel, für die Vergleichung abzuziehn. Ich kann nicht läugnen, dafs das Refultat für einige, in diefe Vergleichung aufgenommene Wörter fchwach ift; bei einem reicheren Verzeichnifs könnten fie wegbleiben. Ii 2 252 Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. aus, dafs Kinai nichts anderes als Tinai, athapask. Menfch, ift (') und dafs der Name Menfchen bedeutet; Kinajut nennen auch die Eskimo-Bewohner von Kadjak das Kinai- Volk (Adm. von Wrangell in feiner inhaltreichen Schrift: ftatift. und ethnogr. Nachrichten über die Ruffifchen Befitzungen an der Nordweftküfte von Amerika, St. Petersb. 1839. S. 103). In diefer Schrift fagt fchon Wrangell (S. 119"): dafs die Kenayer diejenigen Inkü- lüchlüaten,, „welche an der Chulitna wohnen, Tntnen nennen, fo wie auch die Kijaten und Agolegmüaten, welche um die Flüffe und Seen von Nufchagack herum leben: obgleich dielfe letzteren zu einem, von den Inkü- lüchlüaten gänzlich verfchiedenen, Stamme gehören.” In diefen Tntnen erkenne ich das Wort iynai. Endlich gebraucht Herr L. Sagoskin (Reife im ruffifchen Amerika; f. Prof. Schott’s Auszug in Erman’s Archiv VII, 480 und Weimar’fche Denkfchr. oben S. 226”'-7°) den Namen Titynai als all- gemeine Bezeichnung der Kinai-Volksftämme im ruffifchen Amerika. (?) Menfch heifst nach Sagoskin in der, von ihm befonders behandelten Inkilik- Sprache tiynaij, nach Wrangell zynni; in der Inkalit-Sprache nach Sa- goskin Zynni. Wunderbar einfach ift es wirklich, dafs, wie man bisher nach Bequemlichkeit und aus Übereinkunft den nordweftlichen ruffifchen Zweig die Kinai-Sprachen zu nennen pflegte, Richardfon an einer Stelle (I, 396") für die Gefammtheit der continentalen und füdlichen Glieder des athapaskifchen Sprachftammes den Namen Tinne-Sprachen (Tinne languages) gebraucht. (‘) Adm. von Wrangell (S.103”) fagt diels beinahe, aber doch nicht wirklich. Er fagt: „die Kenayer nennen fich felbft Tnaina von Tnai, Menfch.” (Ich habe diefe Worte fchon in ausführlicher Stelle oben S. 223"! angeführt.) Es wird hier keine Verbindung zwilchen Kenai und inai bezeichnet, fondern Kenai erlcheint wie etwas ganz anderes. Wrangell fährt fort: „den Einwohnern von Kadjack find fie unter dem Namen Kinajut be- kannt, der auch von den Ruffen angenommen ilt.” — In den athapaskilchen Sprachen werden für einen oder die Eingebornen (Indian, people) gröfstentheils die Formen für Menfch an- gegeben: Chep. ’dtinne, Umpqua zöne, Tlatsk. yanane. (2) Nachdem ich das rufffche Original der vollftändigen Reifebefchreibung Sagoskin’s: NelIexoAnaa ouHch yacmn pycckux6 BAaAbHiit 86 Amepnkb. Yacms I. II. St. Petersb. 1847.48. 8°, erhalten, habe ich in ihr Ttynai als allgemeinen Namen für diefe Volksftämme an mehreren Stellen gefunden. So werden gleich Yacms I. p. 3°» " die Tiynai als eine grolse Völker- familie erwähnt, welche den Ruffen unter verfchiedenen Benennungen bekannt feien: als Jug-eljnut, Tutna, Golzanje oder Kyltfchanje, Kenaizen, Inkalit, Inkalichljuat. XVI, 790. Völker und Ausdehnung des athapaskifchen Sprach/tamms. 253 $ 790. Folgendes find, von Süden nach Norden, die 6 neuen Glie- der, welche ich, aus dem ruflifchen Nordamerika, dem athapaskifchen Sprachftamme einverleibe: 1) Usarenzen: im N der Berings-Bai, nördlich über dem St. Elias- Berg, auf dem Feftlande um den Prinz-Williams-Sund. Nach Wenjaminow foll diefe Sprache ein Dialeet der, von ihm unter den 6 Hauptfprachen des Landes genannten Sprache Jakutat feyn: befind- lich an der Berings-Bai, in der Nähe des St. Elias-Berges, in c. 60°N.B.; das Jakutat mülste danach ebenfalls ein athapaskifcher, 7ter, Dialect feyn: doch ift das dem Verf. des Mithr., vielleicht irrthümlich, als Ja- kutat zugelchickte Vaterunfer eskimoifch. 2) Arnan: die Anwohner des Kupferminen-Fluffes, in 61°N.B.; 3) Kınar: um die grofse Kinai- Bucht oder Cook’s inlet, vom 59° bis 61° N. B.; 4) und 5) die zwei Völker und Sprachen Inkızır und Inkarır: nach Wrangell am Fluffe Chulitna und an den oberen Zuflüffen der Ströme Kuskokwim und Kwichpak ; Völkerfchaften, fich hinziehend nach beiden Seiten vor den Norton-Sund, in 62—63° N. B.; 6) Kortscnanen: ein grolses Volk des Inneren, welches fich von dem oberen Atnah und deffen Nebenflüffen bis zum 65° N. B. ausdehnt. So erhält der ungeheure athapaskifche Sprach- und Völker- ftamm, von dem fchon Richardfon (p. 2“) hervorgehoben hat, dafs er queer den ganzen amerikanifchen Continent durchläuft('), beide Meere: die Hud- fonsbai in O, und in 3 [ehr füdlich abgeftofsenen Gliedern den ftillen Ocean berührend; eine neue bedeutende Ausdehnung in den fernen Nordweften, wie er weiter im Often, zu beiden Seiten des Mackenzie-Fluffes, fchon nahe das Polarmeer erreicht. Der weit nach Norden hingeworfene Nebenftamm ift nicht ganz ohne Verbindung mit dem Hauptkörper; denn der athapaski- fche Volkszweig der Tacullies, wohnhaft in Neu-Caledonien, von 52° 30’ bis 56° N. B., zieht fich nahe an das Volk der Atnah heran. Näher freilich noch reicht dem Hauptftamme das Volk der Kolofchen die Hand, deffen felbft- ftändige Sprache zu einem gewillen kleinen Beftandtheile mit athapaskifchem Sprachftoff verletzt ilt: wie ich diefs unter diefem Volke durch eine Wort- (') The ’Tinne - - - extend across the continent, since the Tä-kuli and almost the entire population of New Caledonia have been referred by ethnologists to their nation. 254 Buscnmann: der athapaskifche Sprachfiamm. vergleichung dargethan habe. Im Süden tritt der Sprachftamm, obwohl nur in abgetrennten Gliedern, noch in 46° und 43° N. B. auf. Wenn wir nun bisher fchon 7 Sprachen des athapaskifchen Stammes in meiner grofsen vergleichenden Worttafel auftreten fehen: Tacullies oder Tahkali oder Carriers (in Neu-Caledonien, 52° 30° bis 56°), Chepewyan, Kutchin, Suffee, Dogrib; die füdlich abgefonderten, mit den Tacullies verwandten Sprachen: Tlatskanai nebft dem Volke Kwalhioqua, beide an der Mündung der Columbia, c. 46°; und Umpqua am gleichnamigen Fluffe, in 43° N. B.;, wenn zu ihnen nach zwei kleinen Wortfammlungen Simpfon’s noch 2 Völker des mexicanifchen Nordens, die Navajos und Ticorillas, und in Folge diefer wichtigen Aufklärung (welche fich zwifchen Turner und mir theilt; f. XIII $ 326) vielleicht überhaupt das grofse Apachen-Volk hinzu- zufügen find: fo gelangen wir durch die 6 kinaiifchen Idiome der ruffifchen Befitzungen in Nordamerika fchnell von 7 auf wenigftens 15 Sprachen und Völker als integrirende Glieder des athapaskifchen Stammes. $ 791. Die Verwandtfchaft, welche ich hier beftiimmt ausfpreche und begründe, ift den zısuerıGen BEoBACHTERN nicht ganz entgangen, aber fie ift ihnen nur in unbeftimmten Bruchftücken entgegengetreten. Die Zeugniffe, welche ich hier hiftorifch beibringe, haben mir nicht zu meiner Auf- findung verholfen. Ga llatin konnte die athapaskifche Stammverwandt- fchaft der Kinai-Sprache entdecken. In feinem grofsen gemeinfamen Wort- verzeichniffe der Sprachen Nordamerika’s in Vol. II. der archaeologia ame- ricana (1836) fteht die Kinai-Sprache (als Hauptftamm II) dicht vor drei athapaskifchen Idiomen (alsNo. III); verfchiedene ungünftige Umftände haben aber die Analogien ihm entzogen oder verdeckt. Gallatin ift daher nur (vgl. auch Wrangell S. 284") zu der Anficht von einer Verfetzung der Kinai- Sprache, die er als eine eigene Stammfprache hinftellt, mit dem weftlichen Eskimo und dem Athapaskifchen, von „einigen Affinitäten” fowohl mit der einen als mit der anderen Sprache, gelangt. (') Von Wenjaminow, den ich der Zeit nach erft hinter Wrangell (') Gallatin in feiner grolsen Arbeit: a synopsis of the Indian tribes im Vol. II. der archaeologia Americana, Cambr. 1836. 8°, p. 14: Two tribes are found, on the Pacific Ocean, whose kindred languages, though exhibiling some affınities both with that of the Western Esquimaux and with that of the Athapascas, we shall, for the present, consider as forming a distinct family. They are the Kinai ... and the Ugaljachmutzi ... XVI, 791. bisherige Kunde über die allgemeine athap. Verwandt/fchaft. 255 nennen mülste, kann ich nur feine Erkenntnifs von dem Zufammenhange der Kinai-Idiome in fich angeben; denn von athapaskifcher Verwandtifchaft findet man bei ihm nichts. Beide, Wenjaminow und Wrangell, verwirren aber und zer(tören zum Theil das viele Richtige, zu dem fie fich fchon er- hoben haben, durch Beimifchung von Falfchem, und lalfen den Lefer daher zu keiner Erkenntnifs kommen. Wenjaminow (ruff. Schrift über die ko- lofchifehe und Kadjak-Sprache, St. Petersb. 1846) giebt an als Einer Sprache: Kenai, Atnacht, Koltfchanen; fälfchlich auch Kuskokwim und Kwichpak (f. oben S. 224”), welches Eskimo -Dialecte find. Wiederum (p. 5) nennt er die kenaiifche und die jakutatifche Sprache als zwei (einer Hauptfprachen des rullifchen Amerika’s; da er unter Jakutat auch die ugalenzifche Sprache verfteht, fo hat er die Verwandtfchaft diefer mit dem Kinai und die Einheit diefer feiner beiden Hauptfprachen nicht erkannt oder gekannt. Die Einheit der Kinai-Sprachen unter fich hat Wrangell beinahe in ihrem vollftändigen Umfange in einer Stelle (288) ausgefprochen, in welcher er, von diefer Völker-Familie redend, fagt: „Die Atnaer, Ugalenzen, Kenayer und die Inkülüchlüaten fcheinen Glieder derfelben zu feyn, auch wohl ein Theil der Galzanen” (Koltfchanen). Wenn er ähnlich wiederum (f. oben S. 223‘) fagt: „Die Kenayer gehören zu demfelben Stamme wie die Koltfchanen, Atnaer und Kolofchen”; fo wird durch den Zufatz der Kolofchen alles wie- der verdorben: und auch der erftere, in fich fo richtige Satz wird zerrüttet, wenn man mit den dort genannten Inkülüchlüaten eine andere Stelle (S. 281”, f. XVI $ 776) in Verbindung fetzt, in welcher der Verf. die (ihnen fo nahe verwandten) Inkaliten zur Eskimo-Familie zu fchlagen geneigt ilt. — Ich habe hiermit zugleich gelehrt, wie weit man nach allgemeinen Aus{prü- chen (denen aber die Beweile fehlten) in der Erkenntnifs der Verwandtfchaft der Kinai-Idiome unter fich bisher gekommen war. Diefe Stellen Wrangell’s betrafen auch nur die Kinai-Sprachen unter fich. Seine Forfchung berührt aber auch das grölsere Gebiet. Der Adm. von Wrangell (Nachr. über die Rufl. Befitzungen an der Nordweftküfte von Amerika 1839 S. 283) weift nach den Berichten von Reifenden die Ausdehnung des athapaskifchen Stammes, zwilchen dem 52° und 58°, nach Weften über das Felfengebirge und bis zu dem Küften-Gebirge nach; und wirft ferner die Frage auf: ob diefer Stamm nicht noch weiter nach Nor- den, jenleits des 60ten Breitengrades, weftlich über die Rocky Mountains 256 Buscamann: der athapaskifche Sprach/tamm. hinaustrete? ob vielleicht (284) das Volk der Tfchinkat zu ihm gehöre? (') 6 792. Die von Wrangell nur hingeworfene Frage ift von mir jetzt beantwortet. Ich kann die Unvollkommenheit der von mir behaupteten Stammverwandtfchaft zwifchen den Kinai-Idiomen und den athapaski- fchen Sprachen nicht vermindern; ich habe die entfchuldigenden und erklä- renden Momente oben fchon angegeben: aber es bleibt wahr, dafs die Abweichungen aller einzelnen Sprachen des ganzen grofsen Stammes in feinen beiden Äften gegen einander gröfser find, als man es wünfchen möchte. Diefe Lage der Dinge gab mir den Wunfch ein, durch eine ver- einzelte, vielgliedrige Betrachtung meiner unten folgenden Worttafeln die ungünftigen und die günftigen, und überhaupt die mannigfaltigen Verhält- niffe der ganzen Sache und der einzelnen Sprachen zur allgemeinen Prüfung vorzulegen. Die Lage, in welcher ich diefe, fchon überall über die Ge- bühr ausgedehnte Schrift veröffentliche, hat mir aber diefes Unternehmen, fowohl für die Kinai-Sprachen wie für die athapaskifchen unter fich, und beider Zweige gegen einander, ftreng verboten; ich kann daher nur einzelne Bruchftücke an die Stelle reicher Überfichten treten laffen: und von ihnen findet fich weniges hier, mehreres unter den einzelnen Kinai-Idiomen im zunächft Vorhergehenden zerltreut. (') „Aber noch vollftändiger (282) ift der bisherige Mangel an Nachrichten aus der Län- dermafle, welche nördlich vom Elias-Berge (283) bis zum Eismeere und dem Felfengebirge fich erftreckt. Sie ift auf Galatin’s Karte ganz leer geblieben, da die nächlte andere Völker- Familie in diefer Breite nur bis zum Felfengebirge fich ausdehnt. Es zeigt nämlich Herr Galatin, dafs alle Indianer, welche im S der Eskimos und im O des Fellengebirges bis zum Miffnnippi (der in die Hudfonsbay fich ergielst), in der Mitte des WVelttheiles aber bis zu 50° n. Br. wohnen, zu Einem Hauptftamme gehören, welchen er nach dem See Athapasca benennt. Zwilchen dem 52° und 58° n. Br. fcheint diefer Stamm fogar bis über das Felfen- gebirge nach W, und bis zu dem Küftengebirge fich ausgedehnt zu haben; denn Mackenzie, der auf feiner Reife nach der Weltküfte den Flufs Unijah, welcher, das Fellengebirge durch- brechend, von W kommt, verfolgte, fand bis in die Nähe der Weltküfte nur dialektifche Verfchiedenheiten in der Sprache. Auch hat Hr. Harmon, ein Amerikaner, der mehrere Jahre in dieler Gegend (Neu-Kaledonien genannt) verlebte...., es beltätigt, dals die Be- wohner derfelben zu Einem Stamme mit den Athapascas gehören. Hiernach würden allo die öftlichen Nachbaren unfrer Kolofchen wahrfcheinlich Eines Stammes mit den Anwohnern der Weftküfte der Hudfonsbay feyn. — Es bleibt nur vor allen Dingen die Frage zu löfen, ob nicht auch weiter nach Norden, jenfeits der Breite von 60°, die Athapascas nach Welten über das Felfengebirge hinausgetreten find und an die Eskimo-Stämme angränzen.” XVL 793-4. wicht. Ähnlichkeiten, Mängel in der athap. Verwandt/fchaft. 257 6 793. Bei dem Ausbleiben fo manches Wünfchenswerthen blicke ich mit Befriedigung auf mehrere Hauptzüge, welche die Eısurır des rulfi- fcehen Nordweft-Zweiges und des oft-füdlichen (vom grofsen Inneren Nord- amerika’s und von der füdlichen Seeküfte) des Athapasken-Stammes beweifen. Dahin gehören mehrere Pronomina, vorzüglich die praefixa der Subftantiva der Verwandtfchaft und der Theile des Körpers: unter ihnen befonders das fo allgemein verbreitete fchi, fch und /s für mein; fo wie tene im Che- pewyan und Zyna im Inkilik: ein poss. indef. (Jemandes), in welchem diefe weit getrennten Glieder auf eine merkwürdige Weife zufammentreffen. Mehrere Worttafeln zeigen auch auf eine fehr günftige Art die Allgemein- heit eines Wortes durch alle oder beinahe alle Stammfprachen;, fo für die Begriffe: Fuchs, Hund, Menfch, Nafe, Stern, Waffer, weils, Zahn. 6 794. Betrachten wir die Gegenfeite, fo finden wir nicht felten Wörter der Kinai-Sprachen, einzelner oder mehrerer, ganz vERSCHIEDEN von denen des athapaskilchen Stammes; Beifpiele geben: Adler, Kopf, Otter, Sonne; Inkilik &e.: Beinkleider, Biber, Ente, Mund, fchlafen; fo hat Kinai für Stein ein fremdes Wort (kalchniki), während Atnah, Kolt- t[fchan und Kolofch. das te ulw. des Athap. haben. Recht deutlich, in einem bedeutenden Umfange, und auf eine fchmerzliche Weife habe ich diefe Ungunft der Lage gegen die von mir feft behauptete athapaskifche Stammverwandtfchaft an einer reichen Zahl der in der einzelnen Kinai- Sprache, dem Haupte des nordweltlichen Zweiges, von welcher ich einen fo grofsen Wortvorrath befitze, fremd fich ausfchliefsenden Wörter empfinden den können. Die einzelne Kinai-Sprache, wo ich fie fonft als Glied eingereiht habe, und befonders in der Gattung XI, in welcher ich fie als alleinigen Ver- treter des Zweiges vom ruffifchen Littorale mit den continentalen athapaski- fchen Sprachen zufammenftellen mufste, hat das von mir gehoffte günftige Refultat für die Wortverwandtfchaft nicht geliefert, fondern vielmehr ein ungünftiges. Ich fand im Kinai mit den athapaskifchen Sprachen nicht ähnlich, wenigltens nicht klar erfichtlich ähnlich, die Wörter: Abend, ab- reifen, alt, alter Mann, Angelhaken, Arbeit oder arbeiten, arm; berühren, Blatt, Branntwein; cacare; Dieb, dunkel; Erle; Feder, Froft, Funke; ge- fund, Glasperlen, Grofsmutter, Grofsvater; häfslich, Hagel, flache Hand, Heidelbeere, hell, Hitze, hören, huften; Jäger, Johannisbeere; Kiffen ; Philos.- histor. Kl. 1855. Kk 258 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. laufen, Luchs, Luft; nafs, Nebel; Rauch, reich, riechen, Rippe, Rücken, Ruder, rufen; Salz, Sand, Schale (dish), Schiff, Schlaf, fchlagen, fchneiden, fchnell, fchön oder hübfch, fchreien, Segel, fich fetzen, fingen, Sommer, fprechen, ftehlen, Stock, Stör; tagen, Thee, Thür; Winter; — die Zahlen 50 bis 90; alles; heute, morgen. 6 795. Das Mangelhafte in den Refultaten der Vergleichung wird dadurch vermehrt, dafs die Verba in dem ganzen Sprachftamme fehr un- günftig zum vergleichen find. Schon in jeder Sprache felbft erkennt man in dem Wuft keine Form; innerhalb jedes der zwei Äfte des Stammes, der kinaiifchen und der athapaskifchen Idiome, fieht man im Verbum keine or- dentliche Ähnlichkeit; fo ift es natürlich auch zwifchen beiden Maffen gegen einander: man ergreift nirgends ein Refultat. Diels zeigen z. B. fchlafen (No. 29) und gehn (No. 27); doch erfcheinen in letzterem einige Sprachen verwandt. $ 796. Folgende wichtige Bemerkungen geben Auffchlüffe über die Ungunft des Schauplatzes und flöfsen, indem fie die unvollkommenen Refultate entfchuldigen, uns den Muth ein feft bei der Sache zu beharren. Viele Wörter und Formen find in jedem der beiden Zweige fo befchaffen, dafs man fchon vorausfagen kann, ein Zufammenftimmen könne nicht Statt finden; diefs fahen wir fchon bei den Verben. Wenn man wahrnimmt, wie verfchiedene Wörter die einzelnen athapaskifchen Sprachen zeigen, oder ein Berichterftatter gegen den anderen, befonders im Kinai, vorbringt; fo kann man auf kein gutes Ergebnifs der Vergleichung rechnen. Zu den un- günftigen obwaltenden Verhältniffen gehört folgendes: die athapaskifchen Sprachen find mangelhaft zu überfehen, oft ift für ein Wort nur Eine Spra- che da; die Dinge kommen von einer und der andren Seite fehr unvortheil- haft und indirect in den Gefichtskreis; die Ausdrücke werden auf Einer oder jeder Seite auf eine Weife befchafft, dafs fie nicht wohl übereinftim- men können; öfter fehlen mir die einfachen Ausdrücke auf Einer oder beiden Seiten. $ 797. Die Gröfse des Schauplatzes, welchen der durch frühere und zuletzt durch meine Forfchungen und Entdeckungen zufammengebrachte neue athapaskifche Sprachftamm in den ungeheuren Dimenfionen der Nordhälfte des Neuen Welttheils einnimmt, entfchuldigt mich, wenn ich es unternehme diefe Gröfse entfprechend in VERGLEICHENDEN WORTTAFELN XVL 797-9. Zahl d. Sprachen, Kolofchifch, Wiederhol.im athap. W ortvz. 2359 darzuftellen. Ich führe alle 15 Glieder vereinigt auf; und habe ein Ver- gnügen darin gefucht unter jedem Worte fo viele Sprachen, als die Hülfs- mittel erlauben, erfcheinen zu laffen. Da das Kwalhioqua-Idiom, unter einer befonderen Bezeichnung (B), dem Tlatskanai angefchloffen ift, fo darf man der athapaskifchen Sprachen fogar 16 zählen. Die zwei mexicanifchen Glieder, die Sprache der Navajos und die der Ticorillas, nehmen hier die ihnen gebührende Stelle unter ihren Verwandten ein; die Refultate aus der hier gebotenen Vergleichung für fie habe ich bei ihrer Gegend (f. Abfehn. XIII 6 330-1) verzeichnet. $ 798. Die reiche Zahl der Glieder des grofsen Körpers ift für das Auge noch am Schlufs durch einen Fremdling, das Koroscnische, ver- mehrt. Ich habe das kolofchifche Idiom der grofsen Familie nicht darum beigefügt, weil es mit den athapaskifchen Sprachen verwandt wäre: denn es ift es nicht; fondern mein Hauptgrund ift: weil fo oft eine der Kinai-Spra- chen ein kolofchifches Wort ftatt des athapaskifchen hat; dazu kommt ein kleiner, zweiter Grund: dafs einige (aber wenige) kolofchifche Wörter atha- paskifch find. Die gewaltige Eigenthümlichkeit, Fremdheit und Abftofsung der wichtigen Sprache in allem übrigen gegen die athapaskifche Maffe vor Augen zu fehn, ift, dünkt mich, ein nicht zu verfehmähender Nutzen ihrer Aufnahme. Ich habe aber die Theilnahme diefes fremden Gliedes dadurch gemäfsigt, dafs ich in fpäteren Strecken der Worttafel, da, wo die Zahl der Sprachen fchon geringer ift (in den Claffen 30 und 31), in die kolofchifche Columne nur dann das Wort eingefetzt habe, wenn es eine Ähnlichkeit hatte. Das Zeichen O hier bedeutet, dafs mir das kol. Wort für den Be- griff fehlte; in allen übrigen Tafeln hat die Leerlaffung des Feldes diefe Bedeutung. $ 799. Der geäufserte grofse Zweck einer vollgliedrigen Gemein- fchaft und Vergleichung; und die zweite Beftimmung, dafs, was ich alles an vielfeitigen Refultaten aus ihnen ausgezogen dem Publikum felbft vorlegen wollte, der eignen Erforfchung des Lefers überlaffen bleiben mufs: fichern mich auch vor dem Vorwurf, nutzlos und in müfsigem Überflufs in den nachfolgenden Worttafeln den Stoff zu wiederholen, welchen ich bisher an verfchiedenen Stellen: in den Wortverzeichniffen der athapaskifchen Spra- chen im engeren Sinne, in dem der Navajos und Ticorillas, in denen der Kk2 260 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. einzelnen Kinai-Sprachen und in dem grofsen kolofchifchen Verzeichnifs; fchon vorgeführt habe. 6 800. Die Reihenfolge der Spracuen, nebft den möglicherweife für fie zu gebrauchenden Abkürzungen ift: A. athapaskifche Sprachen B. Kinai-Sprachen im engeren Sinne: des ruffifchen Nordamerika’s: Ch = Chepewyan Ki = Kinai Ta = Tahkali A = Atnah Ku = Kutchin Ug= Ugalenzen Su Suffee Ik = Inkilik D = Dogrib It = Inkalit Tl = Tlatskanai Ko= Koltfehanen Ug= Umpqua a C. fremd, zur Vergleichung: Ti = Ticorillas Kolofchen 6 801. Ich biete dar etwa 260 Wörter (Begriffe) (1) in eben fo vielen Wortreihen: vertheilt in 37 Crassen oder Sprachgruppen in fyftematifcher Fol- ge, deren allgemeines Gefetz das Herabfteigen von der vollftändigen Zahl der 16 Sprachen bis zur geringften ift. In der Füllung diefer Claffen mit Wör- tern und in ihrer Reichhaltigkeit an Sprachen bin ich ganz abhängig von dem zwifchen den Extremen der Gröfse und Kürze fich bunt bewegenden Stoff der vorhandenen Wortfammlungen und ihrer fo ungleichen Auswahl; diefe zwei Elemente haben die grofse Zerfplitterung von 37 Sprachgruppen herbei- geführt. In Folge diefer Mängel erreicht kein Wort die volle Reihe von 16 Sprachen; in jedem verfagen eine oder mehrere den Dienft. Mehr als diefe etwa 260 Wörter habe ich auch nicht zur Vergleichung ftellen können, weil von dem Wortverzeichnifs jeder Sprache Wörter (Begriffe) wegbleiben müffen, die in keiner zweiten Sprache aufgeltellt find. Eben (o entbehrt im grofsen die athapaskifche Maffe eine Anzahl Wörter, welche in der Kinai- Maffe vorkommen (gefammelt find). Mehrere Claffen vereinigen fich zu ABTHEILUNGEN oder Gattungen, indem Ein leitendes Element durch fie hin- (') Spätere Veränderungen haben die Verdoppelung mancher Nummer (durch a, b), und im Gegentheil die Unterdrückung einzelner (z. B. 50) veranlalst: was ich zu entlchul- digen bitte. XVI, 801-2. über die Abtheilungen, Kutchin u. Suffee im athap. Wortverz. 261 durchgeht; folcher Abtheilungen find 14. Ich will diefe Grundlagen der Gruppirung angeben, um den fich durch die Reihung fchlingenden Faden erkennen zu laffen: Navajo und Ticorilla (die von ihnen vorhandene kleine Wort- Auswahl) gaben mir die Gattungen I, II, III; dann bricht diefer Stoff ab und erfcheint erft wieder als IX; die eigenthümlichen Wörter, welche Nav. und Tic. vor den 6 Kinai-Sprachen voraus haben, liefern XI; noch liefern beide Sprachen XIII, aber nur in Einem Worte; die 6 Kinai-Sprachen (darin Wrangell’s fo entfprechende, ganz gleichmäfsige Tafel für 4 von ihnen als Hauptfache) gaben mir die Gat- tung oder Abtheilung IV, blofs die 4 Sprachen Wrangell’s V; Inkilik und Inkalit gaben mir die Abtheilungen VI, VII, VII; auch XIV, 35 und 36; die eigenthümlichen Wörter der Ugalenzen, welche der Mithr. aus Refanow ausgehoben und welche er vor Wrangell voraus hat, gaben die Gattung X. Immer geringer wird beim Fortfchreiten die Zahl der Glieder, d.h. der Sprachen; und bei den fchon wenigen Sprachen werden die fpäteren Wörter noch dadurch gefchwächt, dafs das Kinai oder Kolofchifche aus- bleibt: wo dann zu wenige Elemente zur Vergleichung vorhanden find. Mit der XIVten Gattung verlaffe ich ganz den Zweck, welchem diefe grofse Dis- ceuffion, die ich in die Betrachtung der Idiome des ruflifchen Nordamerika’s eingefchoben habe, gewidmet ift. Die letzten 5 Claffen (33-37) find blofs der einen Seite, den Kinai-Sprachen unter fich, gewidmet; der athapaskifche Hauptzweig ift für diefe Wortzahl entfchwunden. $ 802. Ich werde nach diefen allgemeinen Bemerkungen über das Schema die Verhältniffe einiger Sprachen im einzelnen befprechen. Die beiden athapaskifchen Idiome Kutchin und Suffee find, der geringen aus ihnen gefammelten Wortzahl nach, für die grofse hier fowohl als früher in den athapaskifchen Worttafeln gebotene Auswahl leider fehr fchwach befetzt; für die meiften Begriffe find beide leer, oder wenigftens eine. Diefs ift einer der Gründe, warum fchwer für irgend ein Wort die volle oder überhaupt eine hohe Zahl von Sprachen zufammenkommt. Beide Sprachen zugleich find befetzt in den Begriffen: Axt (No. 90), Hund (13), Keffel (115), Meffer (100), Pfeil (15), Tabak (30); fo wie in den Zahlen 962 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. 1 bis 10. In den vielgliedrigen Claffen, mit welchen ich die kinai - atha- paskifche Wortvergleichung eröffne, und fpäter erfcheinen trotz diefer Dürftigkeit beide Sprachen unter der athapaskifchen Familie; in den ver- fchiedenen Claffen von Abth. IV aber habe ich Rückficht darauf genommen, ob Kutchin und Suffee dabei find oder nicht: in Claffe 4 find beide oder eines von beiden (hier ift dasSchema alfo voller, es find eher 7 oder 6 athap. Sprachen zufammen); Cl.5 und 10 find ohne Kutchin und Suffee; Cl. 6 ift noch genauer, beftimmt nur Kutchin (nicht Suffee); in Cl. 9 ift auch wenigftens Eine der 2 Sprachen ficher ausgefüllt; in Cl. 14 ift nur Kutchin aufgenommen, und jedes Wort in ihm vorhanden. 6 803. Viele Begriffe konnte ich unter den 6 ruffifchen Idiomen nur in dem grofsen, von mir zufammengebrachten Kinai-Wortverzeichnifs auf- bringen, und in ihnen nur diefe Kinai-Sprache allein mit den athapaskifchen Sprachen vergleichen. Diefs hat die XIIte Abtheilung der Wortvergleichung ergeben. Hierin habe ich aber eine abgekürzte Weife angenommen: ich habe nicht eine blofs materielle Aufzählung aller Begriffe mit ihren Wörtern in allen athapaskifchen Sprachen, fo viele ihrer find, gegeben; fondern 1) ich gebe nur diejenigen Begriffe, in welchen fich zwifchen beiden Zweigen Ähnlichkeit findet; 2) ich gebe von den athap. Sprachen und ihren Wörtern nur das Wort und die Sprache, welche eine Ähnlichkeit oder Verwandtfchaft mit dem Kinai darbieten; 3) ich laffe dasKolofchifche auch ganz weg, aufser, wo es ein ähnliches Wort bietet. — Selten hat mich die Kinai-Sprache im Stich gelaffen, dafs ein Begriff mir in ihr fehlte; die fehlenden find: Bart, Dorf, Elennsfell, Fell, Handfchuhe, Haut, Infel, Keffel, Kragen, Lachs, Matte, Meifsel, Name, Pfanne, Rebhuhn, Schlitten, Schuh, Staub, ftehn, tanzen, tragen, Zehe; wir, ihr, fie; alle pron. poss. Bei den nicht in Wrangell’s Sfacher Tafel befindlichen Wörtern, wie in den befonderen des Inkilik und Inkalit thun fich fchon Lücken des Kinai auf. Der Umftand der mangelnden Kinai-Wörter hat auch Abth. XI erzeugt, wo eine gewilfe Anzahl von Wörtern der Navajos und Ticorillas nur mit den athapaskifchen Sprachen hat zufammengeltellt werden können. 6 804. Zu dem Ugalenzifehen bemerke ich, dafs ich die Wörter Wrangell’s nicht bezeichne, aber die Refanow’s durch R kenntlich mache. $ 805. Über die Aufnahme des letzten, fremden Gliedes, der ko- lofchifchen Sprache, in die kinai-athapaskifche Worttafel habe ich mich XVI, 805-6. über das Kolofchifche, die Kinai-Sprachen allein im Wortvz. 263 bereits oben ($ 798) ausgefprochen. Die Gemeinfamkeiten, wirkliche oder zweifelhafte Ähnlichkeiten, welche fie mit den athap. Sprachen darbietet, fo wie ihr ganzes Verhältnifs gegen fie, habe ich bei der Kolofchen - Sprache felbft (XVI $ 688) verzeichnet und auseinandergefetzt. Bei der Reichhaltigkeit der von mir zufammengebrachten kolofchifchen Wortfammlung hat diefe Sprache mich felten im Stich gelaffen, dafs mir der Begriff gefehlt hat; diefe fehlenden Wörter find: bezahlen, bringen, Brodt, Büffel, Eberefche, Fliege, Handfchuhe, Kragen, Kranich, Meifsel, Moltebeere, Pfanne, Pferd, Sandweide, faugen, Schlitten, Vetter, Wolle, Zehe; nichts. 6 806. Mit der XllIten Abtheilung oder der Claffe 32 der Wort- tafel hat diefelbe ihre Beftimmung einer Wortvergleichung der zwei Äfte des athapaskifchen Stammes durchlaufen; mit einer XIVten Abiheilung und den 5 letzten Olaffen oder Sprachgruppen (No. 33-37) ziehe ich mich auf das Ge- biet des ruffifchen Amerika’s zurück: fie liefern Worttafeln (No. 223-260) der Kinai-Idiome allein. Nachdem nämlich der Wortfchatz, welchen ich in den athapaskifchen Sprachen befitze, erfchöpft ift, behalte ich noch einen nicht unbedeutenden kleineren Schatz von Begriffen übrig, für die ich in allen oder in einigen der 6 Kinai-Sprachen die Ausdrücke angeben kann. Wie fchon in der grofsen allgemeinen Vergleichung des ganzen athapaskifchen Sprach- ftammes, in der Zufammenhaltung der 6 ruffifchen Idiome mit dem grofsen centralen Körper, die Beobachtung des Verhaltens der erfteren unter ein- ander ein Gegenftand meiner Aufmerkfamkeit gewefen ift (obwohl ich feine einzelnen Züge nicht habe in Worten vorführen dürfen); fo ift es wichtig, diefes Verhalten und diefe Proportionen: bald das Zufammenftimmen der ruffifchen Glieder unter fich, bald ihr merkwürdiges Auseinandergehn, weiter in ihrem engeren Kreife zu verfolgen. Die vortreffliche Wort- Aus- wahl Wrangell’s, auf feiner Sgliedrigen Worttafel, in 4 diefer Sprachen ; das fchöne Wortverzeichnifs der 2 Dialecte Inkilik und Inkalit in Sagoskin’s Reife, die Auswahl ugalenzifcher Wörter aus Refanow im Mithridates, und die reichen, von mir ganz erfchöpften Quellen für die einzelne Kinai- Sprache felbft haben das Material zu diefer zweiten Reihe von Wortver- gleichungen dargeboten; und es ift merkwürdig, dafs von allen diefen Be- griffen nicht einer in der, doch fo beträchtlichen Wortfammlung vorkommt, welche ich von den unteren oder eigentlich fo genannten athapaskifchen Sprachen zufammengetragen habe. 264 Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. $ 807. Ich laffe in diefe zweite Gallerie die kolofchifche Sprache wieder ganz eintreten, da das Verhältnis der Kinai-Sprachen gegen fie, wenn es fich um fie allein handelt, der eigentliche Punkt der Beobachtung ift, die Beobachtung weniger zwifchen den athapaskifchen Dialecten im enge- ren Sinne und der Kolofchen-Sprache fchwebt. Wo die Stelle leer ift, fehlt mir das kolofchifche Wort für den Begriff. $ 808. Schliefslich habe ich die Bedeutung einiger von mir in der Worttafel gebrauchten Zeichen zu berichten: ? Da ich öfter Formen anführen mufs, welche verwandt feyn können, aber bei denen diefs doch ungewifs bleibt, fo fetze ich dann hinter dem deutfchen Worte ein Fragezeichen. Doch auch über diefe Bezeichnung durch ? hinaus ift die Verwandtfchaft der von mir aufge- nommenen Wörter öfter zweifelhaft. ++ Durch diefes Zeichen nach dem deutfchen Worte drücke ich aus, dafs andere athapaskifche Sprachen unähnliche Wörter haben; die Chiffren der unähnlichen Sprachen fetze ich in einer Klammer dahinter. Wenn die athapaskifche Sprache, von der ich ein Wort ver- gleiche, auch andere Ausdrücke für den Begriff hat, welche nicht ver- wandt find, fo fetze ich das Zeichen + vor das ähnliche Wort diefer Sprache. Bei mehreren athap. Sprachen (Claffe 29 und 30) find aber auch viele unähnliche Wörter aufgeführt. © in der kolofchifchen Columne bedeutet gelegentlich, wie ich fchon einmahl (oben S. 259") erinnert, dafs ich das Wort in der ko- lofchifchen Sprache nicht befitze ; gewöhnlich ift aber die Leerlaffung das Zeichen dafür. 6 809. Überficht der kinai-athapaskifehen Worttafeln 16 Spr. I die 7 athap. Sprachen, Nav. und Tic., 6 Kinai-Sprachen, Kolofchen No. 1-11 14 Spr. TI die 7 athap. Sprachen, Navy. und Tic., 4 Kinai-Sprachen, Kolofchen No. 12-17 14 Spr. III die 7 athap. Sprachen, Nav. und Tic., Kinai, re Inkilik und Inkalit, Kolofchifch . . . . ER EETRNO. 18-23 14-8 Spr. IV die7athap. Sprachen, die 6 Kinai- Sprachen, Kolofchifch: 44-13 Spr. 4 die 7 athap. Sprachen vollftändig oder beinahe vollftändig.. - . No, 24-42 12 Spr. 5 mit 5 athap. Sprachen: ohne Kutchin und Suflee . . .» . - No. 43-52 XVI, 809. Überficht der Worttafeln des athap. Sprachftamms. 12 Spr. 6 mit 5 athap. Sprachen: ohne Suflee und Dogrib 41 Spr. 7 mit /4 athap. Sprachen Een 10, 9, 8 Spr. 8 mit 3,2, 1 athap. Sprache . . 12-6 Spr. V die 7 athap. Sprachen, 4 Kinai- Kirn (ohne Ik und It), Kolofchifch:: Philos. - histor. Kl. 1855. L1 265 . No. 53- 57 . No. 58- 61 . No. 62- 67 12-11 Spr. 9 die 7 athap. Sprachen vollftändig oder beinahe vollftändig No. 68- 72 10 Spr. 10 mit 5 athap. Sprachen: ohne Kutchin und Suflee « Nor ae 7 10 Spr. AiaE,; r » ohne Sullee und Dogrib Now 9 oder 8 Spr. 12 mit 4 oder 3 athap. Sprachen Er: . No. 78- 84 7 oder 6 Spr. 13 mit 2 oder ı athap. Sprache . . No. 85- 89 12 oder 11 Spr. VI, 14 die athap. Sprachen, Ugalenzen, Inkilik und u Kinai, Kolofchifch z . No. 90- 97 16bis5Spr. VI die athap. Sprachen, Inkilik er Inkalit, Kinai, Kolofchifch: 11 oder 9 Spr. 15 mit 5 (1mahl 7) athap. Sprachen . . No. 98-102 8 oder 7 Spr. 16 mit 4 oder 3 athap. Sprachen . . . No. 103-108 6 oder 5 Spr. 17 mit 2 oder 1 athap. Sprache . « N0.109-112 10-4Spr. VII die athap. Sprachen, Inkilik (felten Inkalit), Kinai, Kolofchifch: 10 oder 9 Spr. 18 mit 7 oder 6 athap. Sprachen . No.113-117 = Spr. 49 mit 4 athap. Sprachen . No. 118-127 6 Spr. 20 mit 3 athap. Sprachen . No.128-133 9 Spr. 21 mit 2 athap. Sprachen . No. 134-139 4 Spr. 92 mit ı alhap. Sprache . . No. 140-147 4 Spr. u.weniger IX, 23 die athap. Sprachen, Nav. und Tic., Kinai, Kolofchifch No. 148-153 7-4 Spr. X athapaskifche Sprachen, Ugalenzen (Refanow im Mithr.), Kinai, Kolofchilch:: 7 Spr. 24 mit A athap. Sprachen . No. 154-159 6 Spr. 25 mit 3 athap. Sprachen - No. 160-171 5 Spr. 26 mit 2 athap. Sprachen . N0.172-174 4 Spr. 27 mit 1 athap. Sprache . . No.175-183 8-4 Spr. XI, 28 die athap. Sprachen, Nav. und Tie., Kolofehifch . No. 154-192 7-3Spr. XU die athap. Sprachen, Kinai, Kololchifch: 7 oder 6 Spr. 29 mit 5 oder A athap. Sprachen Fe öllsnst . No. 193-202 3 (4) Spr. 30 mit 2 (auch 3) athap. nn S « N0.205-210 3 Spr. 31 mit 1 athap. Sprache . - . No. 211-226 4 Spr. XIII, 32 Navajo und Ticorilla, Kinai, Kolofchifch . . . . No.227 266 7-3 Spr. 7 Spr. 5 Spr. 4 Spr. 3 Spr. 3 Spr. $ 10. Adler arbeiten Arm aufltehn Auge Augenbraunen Augenwimpern Axt Backe Bär Bart Bauch Baum Beere Beil Bein Beinkleider Berg Beutel bezahlen Biber Birke Bilamratte Bilon blau Blitz Blut Bogen XIV Buscumans: der athapaskifche Sprachftamm. 33 6 Kinai- Sprachen SR. 34 die 4 Kinai- Sprachen Wrangell’s die Kinai- Sprachen allein, Kolofchifch: . No.228-232 . No.233-239 35 Inkilik, Inkalit und Kinai . No. 240 36 Inkilik (felten Inkalit) und Kinai . No.241.-250 37 Ugalenzilch undKinai . . des athapaskifchen Sprach[tamms A. Subftantiva, Adjectiva und Verba « No.251-260 Alphabetifche Verzeichnung zu den Worttafeln 85 Boot 70 Fichte 103 251 bringen 136 Finger 120 148 Brodt 185 Fifch 26 86 Bruder 91 Fifchrogen 211 1 Bruft 149 Fleifch 15 241 Büllel 186 Fliege 212 242 Flinte 187 90 Daumen 243 Flufs 53 Decke 15%b Frau: a) femina 2) Ja * ee 24 Doxf 137 Fremder 88 128 Eberefche 244 Freund 63 160 Bi 461 Frofeh 141 68 Prchhorn 203 Frühling 213 87 Eingeweide 204 Fuchs 64 90 Eis 7A Fufs 18 184 Eifen 62 118 Elennsfell 440,a | Gans 65 193 Elennthier 113 Garn 121 129 Ente 154 geben 92 252 Erde 12 gehn 27 25 Erle 140,b Geift, böfer 234 109 lan AA gelb 194 435 Gelieht 189 186 Farnkraut 253 Gewehr 187 119 Feind 233 Glied: a) männl. 142 78 Fell 162 b) weibl. 245 73 Fett, fett 79 Gott 227 69 Feuer 2 Gras 76 XVI, 810. alph. Verzeichnung zu d. Worttafeln d. athap.Sprachflamms. 267 grols 45 Knabe 153 Nagel (an d. Fing.) 94 grün 98 Knie 206 Name 155 gut 114 Knochen 207 Nafe 7. kochen 257 Nafenlöcher 145 Haar: a)des Kopfes 4 kommen 58 Neffe 221 ng us ag Kopf 14 nehmen 167 Ban. 254 Kragen 175 Netz 431 Bing 0 | Kranich 438 | niedrig 222 ni “ krank 199 Nord 229 er ; Kupfer 66 Nordlicht 67 handeln 214 Ben 122 lachen nr Ohr 8 Hafe, daurifcher g: Leit 1 Oft 230 Haus 99 Länge | OR 59 Haut 162 Land 12 Heidelbeere 255 lang 164 Pföße 177 heifs 143 L.aus 216 Pfeil 45 Hemde u Leber 204 Pferd 191 BHerktt ii hehen 2: Priefter [(.Schamane Herz 197 Lippe 218 ; a 1 Himbeere 144 Battel 1 Rabe 236 gelbe 247 lügen 219 RiEhuhn 4110 Himmel 81 Rah 28 Hinterer a A eier 16 Hirfh 46 Mann 228 ® Robbe 146 Boch 205 Matte 159,b Rock 156 Holz 198 Maus 208 > roth 95 Hügel 193 Meer 82 Hund 43 Meifsel 166 & Hütte 99 Menfch 20,b = z h _ Meffer 400 Sandweide 249 Infel 104... | Möwe a re SE 235 Mölfäheere 947 Schamane(Priefter) 237 jung 123 Mond 6 mes 209 Mas 248 fehlafen 29 kalt 54 Mücke 105 Ei 96 Katze en mo A RN itten 106 u gi Mutter a7, | He ın « Schuhe Kinn 152 Nacht 71 Schulter 178 klein 46 Nadel 130 Schwan 83 L12 268 fchwanger [chwarz [chweigen Schwelter See Seehund fehn Sohn Sonne Stadt ftark Staub ftehn Stein Steinhafe fterben Stern Stirn Süd Tabak Tag Tanne tanzen Tafche Tochter todt tödten tragen trinken Vater verkaufen Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. 224 200 Vetter Vielfrals Vogel Wald warm wafchen Waller wegnehmen weils Welt Wind willen Wolf Wolke Wolle Zahn Zehe Zelt Zobel Zunge Zwirn 238 107 89 B. Zahlwörter 4-10 11 12 15 20 30 40 100 32-41 125 C. Pronomina 1) pers. hie (ea) wir ihr fie (ü, eae) 2) poss. mein dein fein unfer euer ihr (leur) 3) indef. nichts viel, viele 51 52 168 168 159, a 169 170 rl 174 180 181 182 183 226 127 wie viel? wie viele? 210 D. Adverbia, Con). nicht 102 E. Interjectionen nein 102 mW I > 10 11 12 13 14 15 16 Grofses Wortverzeichnils des athapaskifchen Sprachftammes oder der athapaskilchen und Kinai-Sprachen. $ 811. I. Die 7 athapaskifchen Sprachen, Navajo und Ticorilla, die 6 Kinai- Sprachen und Kolofchifch; zufammen 16 Sprachen CHEPEWYAN _ TaHkRALı Korcam SUSSEE Dockıs TLATSKANAI Unroua Navaso TicorıLLa Kınaı ATNAH UÜGALENZEN InkıLıg InkALıT KoLTscHAneNn - KoroscaıscH 1 Auge tenne=naw (sing.); pl. tene=nan,Mnackhay M.nah, Ho=now (pl.), E be-ni se-nou-woh "128 mee=ndi, SN tze-n- nhae 'nayai, xo-nayai, sö- nayai naye husnnah pindah /s-naga Ssmega ka=lljag 4 [yna=noga Lfchizntagi xd-uak, D cha=wak 269 2 3 Feuer Frau (femina) RS kkon, M counn; |R ishekwe, S tzaguü, D odelchat M chequois M coun, H kone, E|M chigoui, H chaca, kwön E 1feheko trendjo coo C cun, Skhun, SN kkon ixlkane, xtane xong, xWwöng elchin cone tasi tkchon takak, takgak llakuna kchun xhchan, kchan, kan SN izekqui, Sltchikwe tseökeia, A. tseake exe, G eichee estennay laykay /sioo, fehoo, W) ky- SSH Jehaat syet, syot moot, zoltan woot, nukoltachl t[chakei Wj /chaüat, Sehaawyt Wr 270 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. CHEPEWYAN TaAHkALı Kourtchin SUSSEE Docrız TLATSKANAL UmrouA Navaso TıcosıLLA Kınaı ATNAH ÜGALENZEN IxKıtLıe IxKALIT KoLTscHANEN KoroscHiscH 4 5 Haar Hand M thiegah, D tene- |M law, D Lene-law ttheacaw (Kopf ilt darin) M thigah, H orlezega, M /ah, E la, H o-lä Ctheoya,SN setz=the-|?S mi-la, SN fsa-la rgah xo=lsösea, A s-tsöse | yo-laa, s-ld zuga, sala Jeh-laa, fehi-la ho=tse hu-llah i-Ise wis-lah 6 Mond R elisi: D eccleesaw, S etchaaza (Nacht- fonne) H chävleuss@ (Nacht- fonne), Eisa (Schhä- olfchussä) Siethisa,SNtlhethaza (Nachtfonne) lLaöse iyaltfchi, öyolöfche, G ee-walhtchee oldchay D /“-zygo, R s-tfcha: | /s-kona, W fehzkuna D Tjakaanu,Rtfchan- go, W ifehycha Sszega Js-la Iilejel kazjak-az Ujuch Iyna-kona Sf chiga kun Wj/chachai,D ach: | ya-tfchin /sjachau, R feha: chagu e,Kneeda, L ne-e; W goljıfehagi goljzei kacha toltolja Ssattfechetli Wjgifsthifs; alle übr. 8 fs XVL 811. Wortverzeichnifs d. athap. Sprachftamms I: 16 Spr.; No.7-10. 274 7 8 Nale Ohr Lene=chee tene= saw M zach, H o=cho, E 0150 (o=fchho) M nenzeh, H pani: nchis C tinne-ize, ?S mi: ?S be=-dzegai, SN gou, SN tzezeize selzer-rgha xosintsös, B dalai- | yo-isye, B yo=nade, nsifchelf[che A setsayai mizntfchefch, ([chiye, t[chöye Schifeh hu=tchin huzstchah wi-tchchess wisckyah D /s-zoga, R fch- til-u, L s=iseel-oo, K mifchü Sszega ka-tfch-ech Ifehient[chi’j Jsosntfchi, 5 kazljuatfi ch Iynaznizych Iyna-zga Ssasntfchifs Y£ S=2l xa-lhju,Wr ka=chlju| ya-kık 9 Sonne 10 Waller Dsaw, Msah, R/R zu, to, Sto, M sakh, S ssa H s&, E isa r’sey-& S sa, SN ssa taöfse, B s/chlaya= laya cha, xangfche, G hoatle chohaehaei D nijji, W ny-i, R nee, K need; L channoo naai W kaketlchj, R ka- takyl nooja nooi naailfchete xakan loue, D ictoo M zou, H too, E tu tchu C to, S zu, SN two lo io od. to, G tuhoh loe ko D pilini, K wilchn, W miljtni, L veelh- nee ltuu kaja Lu te tokatfchj jin (jetlh und jelhy Salzwaller) 272 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. 11 Zahn 4 | Cuerewran |tene-hough, M goo 2 | Taukauı M gough (pl.), H o- hgoo 3 | Kurtcaın 4 | SussEE 5 ı Dockıs ?S bai-ghu, SN tze- w-who? 6 | Trarskanaı xo-tsiakatatylisin, B ko-uie 7 | Umpouva U-0, cusyl 8 | Navaso ho:wgo 9 | TicorıLLA e-gho 40 | Kınaı D /ss-akojifstli, R Jehi=akaflli; L sh- reek-ha 41 | ArwaH ggu 12 | ÜGALENZEN 13 | Inkırır tyna-ljodIjo (vgl. ko- lofch. Zunge) 144 | InkaLıt 15 | KoLTtscHAnen | no=gju 16 | Koroscnisch | kasuchh, W uch XVI, 812. Wortverzeichnifs des athap. Sprachftamms II: 14 Spr.; IVo.12-14. 273 6812. I. Die 7 athapaskifchen Sprachen, Navajo und Ticorilla, 4 Kinai- Sprachen und Kolofchifch; 14 Sprachen [82) 14 12 Erde, Land 13 14 Hund Kopf Cuerzwyan |R otlös, kwotles, S|R thling, thline, M|Re-dthi, M e-dthie, wa-kklas; ni=tan= ninne mein Vater- sliengh, Danelwosh | D tene-tthee land TaAHkALı H oteluss, E keia M sleing, H cling,\M thie, H piztsa, BE bi- E iylö (cleechay | tsa Hündinn) KurcHın tleine SUSsEE tley Dockıs SN koeccla S kling, SN Cle C ia, ?S be-tthie, SN tza=tthe Tıarskanaı | nee tylin x0-stöma, B nin, A s= tsie UnpovA nänee, nöd idli, tXlinge, G thleh | söga, si Navaso ne klaycho huztse TıcorıLLa nay klinchaah i-tse Kınaı D altnen, R alfslin,\D tlika, R tlik-a, W | R fehuengaje,W fche= L alshnan chlika n-y, L shangg-e ATNaH nann tchlikja iza Ucarenzen |Ran,Wa chau-a R fchi-fchage KourtscHanen | nynkakit liki Ss-la Koroscussch |tUlhjaküyhh, R tlek- kak, Wr klechk; D llin-kitaanny etc. Philos.- histor. Kl. 1855. Wj ketlh, DW kjetlj \ya=fcha, WrN ach- ja Mm [82] (0) ee m ee urn Fe 10 Buscnmann: der athapaskifche Sprach/tamm. ÜHEPEWYAN TaHkarı Korcaim SUssEE Dock TLATSKANAIL Unmpova Navaso TicorıLLA Kıraı ATNAH ÜGALENZISCH KoLTscHAnEn KoroscHiscH 15 Pfeil R kah, D sayyosay- hoo M igah, H kä ki-e hiltunney söpömön, we (?) ayös, G taneowitlin hohuck D isin, W isynj, R nit[chk-a kcha teklj nugka D ata: ein grofser; ein kleiner: Zfehu- net 16 Rennthier (Hirfch) M edthun, R £tthin, S eeithan, D all thun: deer; Rbedzi E xolsi; deer: yes- Lfchi bet-zey M wodsu, Sl bedsu, SN etthun tfchesle: deer intfehi: deer, G ent- cheh: red deer (vgl. Elennthier) pay-ye: deer pay-ah: deer W mot/chifch, Lpat- chih; Hirfch: Dpyt- zich, R nutfchi annaji chajane batfchich WN wotzych,Ltavve; Hirfch: üezich, D wotzich, R tfchen- nu 17 Stern R thin, thun H clum thun S zhiu, SN thun xätlatfche, G halk- atchee delgayhe shah D /sin, W Ssynj, Jehin sjun tacheklj son Wj kutchaganata (leuchtend bei Nacht), D kut- chanaga ar oo» 13 14 XVI 813. Wortverzeichnifs des athap. Sprachftamms III: 14 Spr.; N0.18-20. 275 $ 813. II. Die 7 athapaskifchen Sprachen, Navajo und Ticorilla, Kinai, Ugalenzifch, Inkilik und Inkalit, Kolofchifch; 14 Sprachen ÜCHEPEWYAN Tankarı Kurcuin SUssEE Docrıs TLATSKANAI Unrova Navaso TicorILLA Kımaı ÜGALENZISCH Inkivıe InkALıT KoroscHiscH 18 19 0a Fuls Kind (vgl. No. 202) | Mädchen (vgl.No.19) M cuh, D tene=crah R isekwe-aze; etter- eka: kleines M. H o=ca H chutun, E beye E tfchekias mitchet-ei ?S a-kkai, SN tze-ka S etuai, SN tzekqui- azzeE kleines M. (izekqui Frau) xo-ayastlsökai, nö- | astogwe tsekesle, iteit; B ski- katy yete Jeh-xe kaio,möfchye,Gteets-\ eti, G eit-eh ech-eitte hu-tkay cheyaz: männl, chay= | (f. No. 19) way: weibl. wi-tkay D /s-kajetlna, Kkatl- | Dzkaniken,Rifchyn-|D kifsna, R kifsyn; nja naka,K teilskafhin | kifsenkoja, kifsny- koa: junges M. R ka-gafch R sukekeit-toju R keel tyna=-kcha tynakachljon, Wr ty- nakanachlön Jehakchaios xa:chhhufs,Rka-gofs| atkigazhhku, L too= | /chatyh, D fsjakt, M konaheeete.;männl.:| saguesani M kesani Mm 2 10 11 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. ÜHEPEWYAN TaAHkALı Kovrcam SUssEE Doris TLATSsKANAI Unroua NavaAso TicorILLA Kınaı UÜGALENZISCH InkıLıx IskAaLır KoroscniscH 20b 31 22 25 Menfch Mund Siirn Zunge | Mdinnie, R’dün: | tene-aw-vauh tene=tse-anhaw | Me-dthu, Dtene= ne, duneh, ’tin- ithoon ne, S denne M dinay,H ten- Mithoula, Htsoo- nee,Edini; India- la ner (people): E taykile, tachköli tenghi SN ichel- aqui: |SN tze-tha’ ?S e-ththadu, SN man tze-tthou yandne (auch: | yo-kwaitfchaale, | yo-stömaie, A s- | xo-tfchötylifchi- Indianer), Zai- | wö-naya nen, B ko-nase | tylisaha, B uö- ıtsen taa, A seginakal titsön, töne, G|ta teko, enimale lasom, sa=ntylo teetza;, Indianer: „ d töne, mahane tennay hu-zzay hu-tiah ho-tso tinlay huzzzay | pinnay (vgl. pi: | e-zahte ndah Auge) Dkochtaannaete., D /s-ysjak,Rfchi-) D /s;jantuch, R\D /-zyliö, R /- L teenna; Men-| aka, Kwsak, L| fehintok,Lshee-| zillju, L s-tsee- fchen:LkoAt-ana\ sh-naan nt-hooboonou lue Rkodeltfchachal-| R kaz=satll Hacheklj R ka-n-at lilja ity,tynni;, Sag. | tyna=ljot iyna-kata tyna-tljulja itynaij; Leute, Volk: Zynani- zy-chotana tynni thlinkit, DN tlin= | ya-Ihjaka,Dach- ya-kayhh xa-tlhjutlh, D tu= kit etc.;: Men-| ke, L ka:k-e, N tjut, N tljut, M fchen, Leute: | ach-t/che,R ka- ka-tslout nna, na ch-eta, M ka: tsaska XVI 814. Woriverzeichnifs des athap. Sprach/tamms IV ,4: 14 Spr.; No.24-26. 277 $ 814. IV. Die 7 athapaskifchen Sprachen, die 6 Kinai-Sprachen, Kolofchifch ; 14-8 Sprachen : 4) die 7 athapaskifchen Sprachen vollftändig oder beinahe vollftändig; 14 0d.13 Sprachen ee — CHEPEWYAN Taskarı Kortcuin SussEE Docks, TLATSKANAI Umpoua Kınaı Arnau ÜGALENZISCH InkıLık InkALıIT KoLTscHAnEn KoroscaıscH 24 25 26 Bär Biber Filch M zass, R sasz; sass-|R tza, tsha, Mzah |R thlu (Weifshifch), delgai weilser, tlize S cloua; tluetcho(eig. grauer Lachs), D clooheza H suss, E söss Mzah,Hchä, Eifcha | H clo (Weifsfifch), E iyluk; H cloolay so se tleukh-ko (auch: Lachs) S säs: fchwarzer, sa= | S isa SN cloua taikuze: brauner tölsönö Lachs: selokwa, tylo- kwa fchwarzer: jehtetyl | feha, G ushah tylee: Lachs Jehö, G kaneh wita; weilser: nundye- Jechöö D altafsi: fchwarzer, | Flufs-B.: D zupy/s,\D tlioka, R tjuk-a, D anichta: rother R tokafchi; See-B.:| W tluka D knuja, W knjuja (Biber überhaupt) tfehaane man-jate tchlukjaji lecha kochafchk Ljajeja ‚/sekgo/ha;röthlicher:| noja, W nujak tljagafchfch, W chol: tljagu’ja Jagki nylji:fchwarzer, tfcho-| nuja tjolchuna gose: röthlicher ’jofs techkuni lukje chuzh (bef. brauner), | Meer-B. od. überh.: | chhat (Lachs: kwask) WrN z/syk: fchwar- Jucht[ch, D juch- zer tfchi; Flufs- Biber: zhhketi, D /spyjty 278 14 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. CHEPEWYAN TaAHrALI Korcamm SussEE Dockıs TLATSKANAI Unmrpoua Kınaı ATNAH ÜGALENZISCH InKıLık InkALIT KoLTscHAnEN KoroscaiscH 3 gehn R.nathall E wustischian, H ni- yah ka-whot-el ?S aga: geh! tanas natatyl,iokyo, Gnah- tailh L hisaneeltooh, xa= noontoosh ta/s etel: wohin gehft du? 28 239 Regen [chlafen M thinnelsee, Rdsha|D itsaltheenee; R belkh: Schlaf näolton nämistee akhtsin nokhtchi: Schlaf Stcehon ?S notai: fchlaf natkay, wötsolkaite | xexkole natylhika, yli/cha, G | tindla nalh-eik D alkun, Rilkin, W |D nogagofstani, R chlkynj taldak,W katfchuljja kiaanj mo/stja kule R azut, W zuutj alkchon mmyljaga ’jofs (auch: Schnee) | /snate Wj anchaküt, jufch- | [siü,Rfsiggu,Lseerva| Wj chhata, D nata- ket chuthikut; L kooshte, haacacoo poje,Rt-a, L naita XVI, 814. Wortverzeichnifs des athap. Sprachftamms IV, 4: 14 Spr.; N0.30-33. 279 30 Tabak 1 |Dccheltohee, R sel: | yess, nuni-e ui, S tzatwe 2% \dakä, teka 3 | seei-itül 4 !mecutchiner 5 |M aitaikai, SN 1za- iwe, Sl seltue tölfchane setylio 8 | Dkyigon,Rplufch- ka, W tabak; 9 | Yafchki 10 |tawaku 11 |W kytun 42 13 | kun 14 |D kant/fchj Schnupft.L ktoona 31 32 Wolf Zahl 1 D zodeneah; M sla= chy, R sthlagi yes (grofser) H clottay, E etyla 20 tih-lagga vllegar S teki C’nthlare, Mihel gai, SN enclai, Sl thlie natyleta tylie intatanfch, G ein: däityla, G aylh-thla tatame; kleiner: seyi D tekin, W kykinj |D zelkei, Rzylk-e, W ifchijki, L tseelgtan takchande Jehtfchelkai kuutfchi R ilink-e, tleki, W tchinke nukuguna, W ny: | kifsleka kugna nekogon kifsleka tykante dite xütfch tlech, L klek 33 Zahl 2 D chellatelle; M na: ghur, R nakke H nongki, E nang- kay nak-hei vkkeer C nakhke, SN na- kka, Mu.Sl o/kie natöke nakhök, G nakkyk Diycha, RKW tech- a, Lnoona nateakcha R Zjaat-te, lati, W loate inteka inteka lakeji thech m———— 0 el Buscnmann: der athapaskifche Sprachftamm. 34 35 36 Zahl 3 Zahl 4 Zahl 5 Cuerzwyan |D at-thoi; M tagh-y,| Dienetthee; Mdengk- | D shashaloi; M sasou- R zakke y, Riingee lachee, R sasulagi Tarkarı Hioy; E ta, taki Hiingkay, Etinggi |H skoon-ely, E skun- lai Kurtcais thi-eka tänna üllakon-elei SUSSEE taukey tachey cucelter Dosis C khtarre, M tadette, | C 'tinge, Mtinghi, SN |C zazunlarre, M sa- SN tta-rgha, Sl tie tting, Sl tinghe zelli, SN sasoola, Sl lakithe (Hand) Tratskanaı |täge töntfche tsökwalae Umpova tak, G taak töntfchik, G sanchee | [chwölak, G ishwhei- lap Kınaı D tokchke, R tok-je, | D tenki, Rtenk-e, K|D zieljalo, R zkell-ju, L tooy-e tinkja, W tünjki, L| Kifchkillu,W tfchki- tany-e mo ATNAH taakei Lijinjki aljt[cheny Usarexzısch | R zoolkoa, tulkua, W \ W kalakakua W zoan-e totlkoa Inkıtık toka tenki kitfchitnalja InkALıt (die Zahlwörter | follen denen des | Inkilik gleich feyn) KouTtschHanen | takei lani taljt/chani Koroscnisch \nazk, W njufsk, L|tachin, W takun ketfchin,WJkytfchin, nolsk, MC nötchk LM kitfchin XVI 814. Woriverzeichnifs des alhap. Sprachftamms IV ,4: 14 Spr.; No. 37-40. 281 37 Zahl 6 38 Zahl 7 39 Zahl 8 40 Zahl 9 D elcak:-hoi, Malki-|D shashant-hoi, R|Delcadre, M alki-|D eccloi-ahant-hoi, sthlasilingie tarhyy, R alkita= khe H alketäte, E ölki: ‚H tekalti, E takalte take neckhki-et-hei alailtsa-newk-he checheta C nthlazintinge, Sleiseuti,SN ulke- | M ihladzadie, SN Hai kkosingting x Sl handie kwöstanahe Jehöstfechita wösthane, G wha= hoitahi, G wheytye slaanie D ko’jfsini, R koi- zyn-e, Lyoojtonee D kanzeogi, R kan- veelunnee C elkatharre, Mu. zau-e, W kynjzy= guni kafstaany konzegai W zynj W laatezynj tonankelke lonanteka (die Zahlwörter follen denen kifstani kontfchagi Llje-tufchu, W klje- Zuujeju, MC kle- toufchou Philos.- histor. Kl. 1855. Ihacha-tufchü deing-hy, R alke= lingie M cakina- hanoth- na, R katchine-on= nuna H alkelinga, E öl= | Helohooly, Elanizi- kilinggi nak-hei-etanna tarlitchey elylahula nunlcha-niko kekulchee gar C alkatinge, SNu. |C ’nthla-oita, M SN SI eizandie, elzenling /fehaniwaha nakanli, G nakalie D liakolli,R ltakall- e, W tachuli tkch ladenjki W katezynj nyngantenke des tany Inkilik nhezka-tufchü etthleihulai (Sl ähnlich), SN kka- hooli iyleweet aitylanti,G eilthlan- lie D Ichezetche, R il- kaitfchei-cho, K krolzetchy, W ky- fchitu Iklakolei W kutkte inko'jnal -toljaky= Ikalja gleich feyn) Lakolei kufchuk,R kufchok, W kuufsiok, JL ku- Jchak Nn 282 14 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. 4 42 Zahl 10 Zahl 20 CuerEwyAn |D anothnoo, M cano- | D cunanothnoo, Mna- ihna, R onnuna ghur-chanothna, R nackhe-onnuna TAHKALI H lännezy, E lanizi | Hnoiwonnezy, E nat- lanızi Kvurtcaım tikh-lagga-chow- |nak-how-chow- ethi- ethi-en en SussEE cuneesenunnee Dockıs GC ’nthla-una, M ken- | SN nou-nanna natai, SN honanna, Sl onai-unon Trarskanar | kwöne/fchin nat-kwane/fche UmrpovA hwöneza, G whun- |naltahwena, G tin- neya che Kınaı D koljujun, W klju- |D zeliooina, R zyl- jun chalna, W zyljketna ATNAH pla’ja natom-pla’ja Usarznzisch | W takakch | W tlekakch Inkırır inko’jnalja kelkontuje InkALır (wie im Inkilik) KourscHAnen | natitlja natchotetlij Koroscnisen | 2/chinkat tleya, D tlejeka, W Lljeka, L klekka; R tech-L[chinkat XVI, 815. Wortverzeichnifs des athap. Sprachftamms IV ,5: 12 Spr.; No.43-45. 283 $ 815. 5) mit 5 athapaskifchen Sprachen: ohne Kutchin und Suffee; 12 Sprachen [oo ES | 10 11 CHEPEWYAN TanHxauı Docrıs TLATsKkAnAI Unrova Kınaı ArnanH ÜGALENZISCH IxkiıLıe IxkALIT KoLTscHAnen KoroscuiscH 43 Donner R edihi H datenee, E tötnik tfehötnaika eini, itölne, G eet- in-eh D ktytni, R kaletatl, W m-Jjlany litany kagjaulj nyltyna niljtyni chhetlh 44 ellen D cÄechelle, R tcheli H a-al, E aiye ?S shanai-tai: ils Eatyl + , iyore, eya D nIylkat: ifs, R ti W ke= ljatj, L yeeoolh kyljachke, tkofsjan tafchi- [chet]j: will eflen kitli kchat: ich will ellen ich koch/san chhachhä, R atch-a, L hha, L chagya- nu, B chatchany 45 grols M unshaw E ifcho ?S naitcha, SN natzakonde, in- cha large: r wane, selookwa mint[chaye W tyljkei taljkchach kulege mikfsech nifchoch linjt[chagi gake, atlhen Nn2 254 46 |klein 47 | Mutter 48 |Schnee 49 | Vater 51 ich 52 |du 53 Flufs 54 |kalt 55 |See 56 |Zahl 30 57 Zahl 100 Busenmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1 2 3 A CHEPEWYAN TAHRALT Docrıs TLATskAnaı M chautah H ensoole, E|small: ?S zula, önsul SN tzvota D zi-nah, Senne unnungcool SN enne naa, B s:nana, A wö:nan yath H nachäze, E|Cizill, tchill; S | yays, io.yös yies yah, SN yya M zi-tah, S tza:| Happa, Eapa |SNtza-tah mama, B s-taa, tah A wö-td od.ta D she Hse, E si S sinnai sik D nin (Mne?) |Hne, ye, E yin | S tlinnai nanök $ 816. 6) mit 5 athapaskifchen 1 2 3 A CHEPEWYAN Taakarı Kurcuım TLATskanaı D secbeela; M E akor han a natowd- tesse, R dessh ha D adzak, M ed- | E hüungkohz; H | konni-eka (vgl. kwatsayotowa, zah, R etdza| nazeslay: kalt | warm) koskötse (vgl. warm) feyn D ictoorough; |E pöngkat van mönkat M tuey, R theutui H tatwonnezy- | thi- eka-chow- ah, E tat-lanı: na zi D cuth-anana, Lakt-kwanefche R tacke-onnus= ethi-en R onnuna-onnu- | H nanezy -one- | tikh-lagga, kwanefchan- na zeah, Elanizi-| chow-ethi-en | tkwanese tlanizi chow-ethi-en 5 Umrova small: dstekwö | small: stsotyle- trle önlä, fehkaka, G ungteh tatgliyüyl, ids, Gunloshie (un- toshie ?) | s-tanli, [eh-tani, | nta, G s-tangteh | Schi, G shee-iya na od.nang, G noo-iyeh Sprachen: 5 Umrgqua xanee, ‚ö'nöe F G uchun aitcha skais de >. mongkök, G Jehachaltoh tatalhrwena tylatäfchi, G whlulthanie XVI, 815-6. Wortverz. des athap. Sprachftamms IV, 5 u. 6: 12 Spr.; No.46-57. 285 Kınaı Arnau 6 | 7 8 9 Ucarexziısch Inkırıe 10 Inkauır 11 Kortscuan. 12 Koroscaisch W talji/chych taljtfchuune jaakutfehk. ae nyfstlja tenıfcholei W kozki DLarna, Rfehu:| naakte nkta, W fchu= n-ta Dassach, Ren- Shach,W s’jach, L ajjah D ß-tukta, R Jeh-tukt-a, K tadak D fü, RKfchi, | ffchi W fsfehi D nan, W nenn), Rnin, Kee nataga twakte nenn ohne Suffee und 6 7 Kınar ArTnaH D kyfehnu, W |ttuu (d.h. katnu, L yat-| Waller) noo; Rtagatlin D ktekchuz, R|atl-he Sslekoz a slchuz; Wsyji D bon, L ban, | bben W mann; A pyin D tjatchulju jun, | taadom- W tut-kljujun | pla’ja D otaofsljan, R tsa,ıljun, W tgafsılyny trejek RW anıma | nakalja won chetlj nataga nataga Rata, W et- takalja wottoo ta Rchu, W si chuu Bez WW % Dogrib; 12 Sprachen 8 9 10 Usarenzisch| InkıLık Inkarır W tutfeht- Jehgala R Aateitle, | nagljun nagljun W kotitl: cha maa mynkchat tutlok- Sschakch takakch-le= kakch niji joß (auch: | Regen) Ss:ta tynta 41 Korrschan. alalnala Ssrliyfehi= tan mynkchat | tfehinta tachtona= teile injnilin ach tlhjda, R a= li, L a-klee det, B tlynt, L kleyıl ach-ifch, DWN US, chat uaje od. uje, D weje, J mag, W maje 12 KoroscaiscH tleganini, D inn= tak, W inntlen, L hateen ete. Ssiäth ; J kufsiat, W kufsyat etc. tleya ka-tfchin= kat, R nezke- tfchinkat; D tachka xüfchinga, W kyifchinjka 47 48 49 51 52 55 56 57 286 Buschmann: der athapaskifche Sprachflamm. 1 $ 817. 7) mit 4 athapaskifchen | 1 2 3 4 5 Kınar 58 |kommen |Tac. H annee: | Docr.?Syakusi: | Tra. nanas Ug. yokwo, Gjkomm her: Dus kommmitmir!| komm! yukqua ga, W unj, Run- Eani; Mande- ichaa; W na= zei: kommher! tfchneju: er kam her 59 |Otter Cuer. Dnabbee, | Tac. Habay Kv. tsu-e Docr. M kasho, | Fluls-O.DRtach- M noby-ai, R Sl nombeai ten, W taktynj; napi-ekh D tafchitfcha: Sumpf-O. Lia= halteley :See-O. 60 |Sohn Cuer. Mzi-azay | Tac. He-yaze | Tra. siköte-tein- | Ua. fch-afchai, | D Ssi-ja, W Jchi= tsonösla, B Jchiznge od.} ja, R ‚[ehiuzfha yaase, Asece | fchi-e, G sh-a: skehaia 61 |trinken Tıc. H ateni Docr. ?S ath-u= | Tra. tanlöna Uo. thodtna Lyeetnoo, W m- luston: trink Ijehny, R py= klenaktat; trink: D nzytnurn 6818. 8) mit 3, 2 oder 1 athapaskifchen 1 2 3 4 Kınaı 62 |Eifen Tac. M thlisitch, H| Tra. teye Ug. natlmi, Gnas! Dtajn, W tayn,Rtain, clestay (vgl. Meller) tlimie Ltayeen;, K tigan 63 | Freund Docr. tza-telegga Tra. tylhoe, nsone- | Ug. jeh-tötai, W fehy-ljina kanane tSchöno fehle 64 | Fuchs Cuer. M naguethey, | Ku.nakath: rother, | Docr. M uthai, SN}Dkagwyjak, kanjulza, R naghirhe, Snoki- | etchi-athwi: wei-| eeuhathaä, Slno- Rkawogak, W kanu= kithe [ser gühi lifeha, Lyanoolsha 65 | Gans Cuer. Dhah, M gah, | Kv. kre Door. Mogha-tchai, | D nutake, W nutaki, R tcha Sl ogha R njut 66 |Kupfer | Cuer. chachanalcozee DRL tfehutfchuna, W tfehetfehuna 67 |\Nordlicht | Carr. ne-elkai W nyjujkut XVI 817-8. Wortverz. des athap.Sprachflamms IV,7 u.8: 11-8 Spr.; IVo0.58-67. Sprachen; 11 Sprachen 7 8 9 10 11 Arnan UGALENZIScH Inkırır Iskauır \Kortschanen KoroscaIsch ‚any: komm her! | aantfchija: natuga öni: untacha : ani: komm |!kuchakak: an- tanyja: (er)| komm her! komm her! komm her!| her! kommen; kam her komm her: D ete. aku, BP aky takkotjai katlezetlj mylja’jopa: Ot- | tegetan tichtei Otter: Wj,R,L ter (sur apa), la= küfchta,DW rku- kud’ja: Sumpf- Ssta;NLjuchtfeh: Otter (zopxa) See-O.,Wjtlene- kucht:Sumpf-O. tzenen Rsy-afch (auch: | choznokocho- | fsija Ssise ach it, DB ach- Tochter), W| tolja yit, WN ag: Ssi-fsakchen 1git to/stnjan kajakuchtala: |tu kehat: ich | te kchat: ich | tukutfchj chatana, Litan= ich will tr. willt. (tu Wal- will t. (te nd, D inchitu, | [er) Waller) B chitiki ete. Spuache; 10, 9 oder 8 Sprachen 5 6 m 10 Arnau UÜGALENZIScH IskıLır | InkaLıt a, ANEN KoroscuiscH kettfchi tetetlutfch; | ka'j'jaga ka'j'jaga tfchat/chei | kijefshh, W kıjefs ete.; D kajetfs, L kayez tafskanaan | sekoanak W chutaifsi klyn ach-gayau, DWNach- taglyk ekawu nakattfche nakatze Wsogolökoi, | tfehuglkchuja | nakatfchi nakazhe, WNnakaze, nakostai L nakatse chach nagak tazynna chach thhauay, DR taagok, W taaok, B kakant tfchety keitfchach tatljaka’ja tfchitfchan | ir, DW ik, Lesk; R ekenatfche, B knatu ajakchafs; | jaatfchila Jekchoi ljkafs kifshluik 287 98 59 60 61 66 67 288 Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. V. Die 7 athapaskifchen Sprachen, 4 Kinai- $ 819. 9) die 7 athapaskifchen Sprachen vollftändi 1 2 | 3 | 4 5 6 CHEPEWYAN Tankarı Kurcnm SussEE Docrıse |TLATSKANAL Baum R isu H tuchin (auch: | tech-hau S taitchin |\tökon, Holz) (pl.) 1soly 69 | Bogen D atheike, R_|M nettuny, Hal: |alt-heikh |tarney tötyltohwa, elthi, elıe tung Btsöulte, A | sapamo ne 70 | Boot D chaluzee, M | Hallachee (vonRin- | tri S taichin- |\ise od. tsei h shaluzee;Rısi;| de), tuch - inchee ala: boat, tetsin-tsi, alle | (von Holz), E si, kiala: ca- von Holz: tsintsi noe | Nacht R hetleghe H alcheese tatha S tethi kleaköt, gleakdte Tag Rtzinna, dzine | H janess izin S zeunai |yaiitylkante | | 6 820. 1410) mit 5 athapaskifchen Sprachen: 1 2 3 4 | CHEPEWYAN Tankauı Doris Trarskanar 73 | Blut DM dell H sko, E skai ?S e-tillai tölyl, B o.1ole 74 |Eis D claw; Mithun, R|Hclum, ton; Etön |Steu, SN t-than | kwölo, iv'chös tienn 75 | Stein Mthaih (Rthi) | M zeh, Htsay, E tse | C thai (Ku. tchi) | tfehetse 6 821. 11) mit 5 athapaskifchen Sprachen: 1 2 3 4 CHEPEWYAN Tankarı Kurcain TLATSkANAr 76 | Gras R tlo H clo, E ıylo tlo txlo, gluyo 77 | warm Medowrh (auch:heifs), E hunzil konni-etha (vgl. | trlokwo'ne, wöld R etu kalt) XVI, 819-821. Wortverz. des athap. Sprach/lamms V, 9-11: 12-10 Spr.; No. 68-77. 289 Sprachen, Kolofchifch, 12-6 Sprachen: oder beinahe vollftändig; 12 oder 11 Sprachen 7 8 9 10 411 12 Unmroua he Kın Al Arnau ‚Ücarenzisch | Korrtscuan. Koroscnisch Bi sintfehundta, W tfchyka, L tsba- | tken Sehtfcha "lnjugi, D tljugu; | 68 sintfcho lacooya PWN afs (Tanne, Wald), L shaak atlyi, ötlyi,) D zylien, W tychilj= |tfehiltchen |\chotlchotl |tfehiljtalj || fsak/s (allg.); R atta 69 G ulhneh Yynj, L tsalthan tfchi,Gtchee, D baaty, R pati, W | kaitfche ach tfchi A)tfchakuch, Dtfchat, | 70 kaitfchy, Lkıisekooa; B tofchy ; 2) jaku D bakaa: vonRinde; kleines: D kajach- | wan, R kajachwak ce, kleak | DR uljak, W tlak, L | tatfche R sylchatl, | tatfchj tat od. taat (allg); D| 71 xaay; K nuglchat W chatlj chaanna,R koutfchi- kyt, chligoatte fehaütlti, Difehan, Wtfchaanj, tfchajane |R kak-ech, | tiljkan kid; Jjakee, Pjakgi,| 72 yestylya R ıfchanna; K tal- Wa Bekygi, Rekkyge; kon | D kejuwaja ohne Kutchin und Suffee;, 10 Sprachen 5 6 7 8 9 10 UmrguA KınAaı Arnau |Üsarenzısch KortscHan. KoroscuiscH Jeh-to'le W ku-daljtenj, Lkoo: | tellj ifchinkani 1 [che 73 taalthin hwathang,G|D ten, W ttenn; R | tten ttez lot thhichh, DW tyk; | 74 tahoh un-| efchtle R kakak tley whe seh, se D kalchniki, W kaljni: | tzefch tza zi the, DRLte, BWNitte,| 75 ki, R kachlniki ete. | MC tee, MR tehee ohne Suffee und Dogrib; 10 Sprachen 5 6 7 | 8 9 10 Umrgua K 1 NnsA.1I Arnau ‚Üscauenzisch | KortscHan. KoroscHiscH m; a, Däitfchen,Rkytjchaan, tlj-loo tlech tljuch tfchukän ete.‚Difchuu=:| 76 Rkat/chan, Lyatshan kon ete., B kin hoszötyl Dilchatl,ıkynagalgyfs, noaljkchon | katefsteko= | fstfcheljfsilj | gatlıd 77 Rfyli, W aba | x | Philos.-histor. Kl. 1855. Oo 87 88 39 Beere, Beeren | Curr. M gui-eh Fremder Cuer. R et-dunni-tinne Indianer (pl.) von ei- nem fremden Volke I Vogel Tıa. tfeheöse, tfchiase Bette aufltehn Un. G tchetcheh W kanyljtfchit, L htaneelcheet D kenka, RW kyka, L kakka W y-yljna D kakafsli, R kakafchi, W kakafchlja | 2390 Bvuscenmann: der athapaskifche Sprachflamm. 6 822. 12) mit 4 oder 3 athapaskifchen 1 3 4 78 Blitz Cuer. R isinago-Ihe= Tra. Yltäne-wiryitso, | Ug. ywanga, G thi Uo.ninggai-ilököfch| ning-eilkush 79 | Fett, fett | Cuer. Fett: Dh’erha, | Tac. H kaneloo: | Dock. fett: ?S tlaika | Ug. fett: G qua- chizza, M thless, | grease whalh-ah fat: icah 80 | Häuptling | Cuwr. M buchahudry | Tac. H mäutee, E Tra.ko'skai, Bsköske, | Un. xo'fehre miuti A koske 81 | Himmel | Carr. R yaha Tıa. ia Ue. ifchtfchi , iang, G ya-amee 82 | Meer Cuer. D ictoo-oz-un- | Tac. H eapack Tıa. noqueaköt Un. sisyami ne, R tu-tcho (u: Waller) 83 Schwan Curr. M kagouce, R Tac. H chincho Kv. taarrzyne khagoss 84 | Wolke Carr. R kothe (pl.) Doecr. S kose (pl.) Un. Geeshteugh-uk (pl.) 6 823. 13) mit 2 oder 1 athapaskifchen 1 2 3 Kınıı 85 | Adler Cher. R deddonne-tcho; | Docr. Measai, Sltaiton- | D datlika, R tallıka, eine Art: tannone-tcho W taljlika; L youkh (dicker Vogel) 86 | aufftehn Tac. H tadeenyal: vom | D ktanilzit: fteh auf, XVI, 822-3. Wortverz. des athap. Sprachftamms V,12 u.13: Sprachen; 9oder 8Sprachen 5 Kuna ı D fsiöbylja, R nufchl- tanita Fett: D zinty, tliögy, R kyzynte, W tleg D kyefska, W kyjchka DWL jujan, K jugan, R alljuonulchatl D tykaa, roio nuty, Wuka; Rnute, L noot-he D kokyßs, W kukifch, R kokajfch D kcha/s (pl.), Rk-afs, W kjaifsj Sprache); 7 4 ArnAu tfchkuljak tkja keke koltfchanjai tfchijtfcha 9-6 Spr.; No.78-89. 291 6 ff 8 9 ATNAH UsALEnzIscH Korrtscnantscn Koroscnısch iknakone Jattjatkacha | Ychnakoni galhlhjukuk (d.h. es | 78 hat geleuchtet) ch-chja: Fett |chche: Fett chilju: Fett Fett: jichh, Wich, R| 79 eech; fett: gatha, gunich, utlinatlh chafskeje kulachjaite tfchtejin anydu, W ankao; | 80 anzhäti Jaat R Aoas (vgl. |jat kufshh(Wolke),chhhe-| 81 Wolke), W kahufshh; D kıijwa, Jaa (vgl.No.82) B kygoo, W kıjprak; JP Ar, L haats Jaa (vgl.No. 81) jatgtokakitj thjeki, L teyke, W | 82 tankitt-aki chakofs R kochtl, W | tykofs kuklh, Rkokl, Bko-| 83 kochtlj kol; DW koktlj Janiljai kojafs (vgl. Him- jjud kufshh.(vgl. Himmel), | 84 mel) | W kuzj, D kukwaz ondielr 6 YS’pr ac.hiein 5 | 6 L USALENZISCH KortscHAnisch Koroscuısch R Akutfchkoljuk, W | tfehiljkaje tfchhay, D tchaak, W| 85 tkotfchkalak lfchak, R Ychaak-a, B ıfchakti alikkaa Jsta Jehachtanikuy, kekutagan; | 86 fteh auf: D /sjanyu, W fehejennu, B fehenny; L keetan lamat tfchike tleku, W tljeku, L knatag- | 87 get kulakaju kifsytachtani kunagikuan, W kunaka 88 kann-ny tfchoje Jufchket kautlitfchigijet; | 89 gazinet 002 292 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. $ 824. VI. 14) die athapaskifchen Sprachen, Ugalenzifch, Inkilik 1 2 3 4 5 6 CHEPEWYAN Tankauı | Kurcaım SUSSEE Doerıs TLATSKANAI 90 | Axt, Beil |D tha-elth, M |Hochachill | ta-e chilthe Cthelth, Mthei, | katsıon, B köse: thynle, Rthell, SN quaaqui, | tylmaiu thelth,kongkwi, Sl thei RS thanthye 91 |Bruder |M zi-raing, RS | Hechill SN tzo-onnoi: |söskaetey (vgl. tzo-onnoi: ält. ält., tza:chilli: | Schwelter), B Br. Jüng. deetze (auch: Schwelter),slo= ane, Asonaka 92 | geben D et-inclauet- | H wonnel: ?S minekai: gieb, hensoo: gieb| lay SN no 'rha o= mir chou-eze: ich will es dir g. 94 |Nägel(and. Dien-eeconee | He-lakı ?S mi:la-konnai ‚xo-aisöltso'tle, B Fingern) (mi:-la Hand) | tfchi-leo 95 |roth M delicouse, RS |Hten-ileun, SN ettelkkos iyltsohwe, tfchöl- tel-kkosse E dölko'n 1seöke 96 |fchlecht |M sliepey (auch: | H nikatel, | bets-he-te ?Stlenai,SNnaa-: | latso'te häfslich), Rze-| Enikahi- zoheli (naazo: so-ulla tay gut), dzounde 97 | Schwelter | RS fsa-ra: ält. | He-taze SN sa-rah od. |nö-kshaetsöy(vgl. tza»rah: ält.,| Bruder),Bdeetse sa-tezzah od.| (auch: Bruder), | | tza-tazze:jüng.| A sö:ltso'stse VO. Die athapaskifchen Sprachen, Inkilik und 6 825. 15) mit 5 (einmahl 7) athapaskifchen 1 2 3 4 5 CHEPEWYAN TaukaLı Kurcaın SUSSEE Docrıs 98 | grün RS ta-ecloze E dölkloj SN taöckcles XVI, 824-5. Wortverz. des athap. Sprachft.V Tu. V IT, 14 u.15: 12-9 Spr.; N0.90-98. 293 mit oder ohne Inkalit, Kinai, Kolofchifch; 12 oder 11 Sprachen % 8 9 10 441 12 UmpouA Kınar Usarenziscn! Inkıuık Inkauır Koroscaisch senötl, seyötl, G|D kytljafsi, Rkyl:\R ljakata: | W zynalch Jehinachuagi, D fsen | W + skeinil tfchatli, Kkaka: | katl chwawi, kleines: Jehla(Kruf.:Ham- chutta; M krota: mer) eine Art ütletle, feh-ityle,|D kylja, R fch- ka:chaoch |fsy:kytlja |ega ält.:ach unüch; jüng.: 9 G heit-leila| anga; ält. B.: D ach kirh, Rach:aik, (deitta ?) agalja B ach:yika gieb:Danda,ynda; | chufhitfcha:| inta: gieb | nta: gieb ! tutfchiyhati, L ah-| 92 R fchoknelkit, L| gieb her her cheete; Datei: gieb shlayanhoot Jeh-kandiok, kw- | L s-kanna Rka-jachazl tyna-neljo- xa-chhhuß, N ach-| 94 inid NagelamFuls| kuna chaku, L ka-hakoo tötzl D tigaltil, R tagal- Rtakakuete | mykytyna- | bytykykat|| tuafchka xhhehani, | 95 tele, L tahalteley ka’ja D kan, kaane-chety, Rchane, Jchan, L haniahete; P fseku nfehrwa, G ID ziögychta: fehl. Rkofehijat: | W tfchdua- tlheklhufchke, Ihtu= | 96 munch whuneh] Menfch, L tsoo- | Böfes tak ufchke (alle ähnlich; heelta L sliakooshhe) s-tetfehe, G s-|D tatfcha, R fch- | sy-tok-eja | ß-tatfeha | wy-tjtasa \i ach-tUjayh (alle ähnl.) | 97 teitcha utta, L ootalla; ält.: D utalja Tokalıt, Kinai, Kolofechifich; ‚11. bis 5,Sprachen; Sprachen; 11 oder 9 Sprachen 6 7 8 b) 10 Trarskanaı | UmrguA Kınaı Inkırıe InkauLıt 11 KoroscaIscH kase, sowa-| hulso L xteelt-heen nzukatliza tokchoi zhhujechati, Dnechen- | 98 lätsyö(auch: tok-jechety, Retlech- gelb) Ssyıte, J iknatfchk, P zokl 294 Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. A 1 2 ak 4 5 4 CHEPEWYAN Taukauı Kurcam SUSSEE Docks 99 | Haus, Hüt- Dyahothy: Zelt; Haus: H yock (Haus, Hütte, | izze: Haus, G nepälle: te, Zelt | Mcooen(auch:lodge), | Fort), yah: lodge, | Fort; ni- Zelt R ye; M n’abalay:| Zelt, E kur: Haus tia: lodge, leather lodge, R ne= | Zelt balle: lodge, Zelt 100 | Meffer D pace, M bess, R | H.clestay (vgl. Eifen), | r’si marsh C,M, Sl bess bess, S paas E teifch SN paas 101 | weils RS telkay-e H yell, E tylavöl SN telka 102 |nein(nicht) RS heli: nein, R hila: | H owntoo, E aungtu S helai, ode= nicht lis, SN heli $ 826. 16) mit 4 oder 3 athapaskifchen 1 2 3 4 103 Fichte, Cuer. R ein: small Docrk. S tzu: | Tra. taytlsöltemoniy: Un. Fichte: to/chindta, Tanne spruce fir Fichte Fichte tö'fchfche 104 | Infel Cuer. nouey Tra. noquaiköty Ug.nohilaway, klong, G shachaltom 405 , Mücke Tac. E tsiy Tra. tsötnakait/fchi, | Ue. pönfchrgli, pötse- | Ychiase lie 406 ‚Schlitten | Curr. sled: R Bet- | Tac. H sclusa: | Ku. latchan-wulul: |Docr.sled: M kluchui- tchinnai, S beth: | sledge sled nai, SN bachenne, chinne SI baitchinai 107 | Vielfrals | Curr. wolverene,wol- | Ku.lekh-ethu-e: | Docr. Snoga: wolve- vereen: Mnaguiyai, | wolverene rene R nakh-ei 108 | Wind Curr. D elkker, R Tra. nästsehi, nastsie Uo. tfchi, nafchtfche niltst 6 7 8 9 10 TLatskanaı Kınar Inkıır InkALır Haus: kön- | Haus: ma, | Lyouiah: Haus; | W jach: Hütte; | jachch: töy, Bkos| mön, G| Dkania:Hütte,| Sag. kunno:| Sommer- tay mäh Zelt, Rkank-a: | Winterhütte hütte Hütte teye,Bt/chö-| natlmi D kisjaki, R ki- | tfchawyk tfchawyk ho Shake tesina,tfcha-, halökai D talkei, Ltal- | koljchijtu ugafchkan nastoye kae, K tollkai, R taltfehil laatfch to D kykolj, R ko- |my kchalja:: ich |my kchalja: kol; D kotfcho | habe nicht ich habe | nicht Sprachen; 8 oder 7 Sprachen 5 | 6 7 Kınaı Inkınır Inkarır 44 Koroscnisch lm it: Haus, jin: Haus, Zelt, an: Wohnung Ihita, D tlita, P tllitta, R klitta, B kyltai u, tlhiü, P kliu; D tlejete-chety, Rtlja- chtletechate, L kle- tyahete tljechkud, D tljek, R tleek; JP al; nicht: tlheklh 8 KoroscaiscH zuma: Tanne | zuma: Tanne L tspaalla: pine-fir, D zjatlja: Fichte: gann, Laase; Tan- ne: Da/s (bei And.: Baum, Wald) xhhchath, D kaat tarhhä (d.h. fie fticht), M tak-hä Tanne nu nu D zych, R z-ech kchleich zzyija tlik: Hunde- | chotlj: id. Schl. (srapıma) D ztukumytli nytfehfchil nylt/chesa chatyzych D jutalnon, R Aanitfchich, en L kakneeoon nüfsk, N nuufsk keltfchd od.kiltfchad, B kylfch- tfcho, R kenaken | VI, 825-6. Wortverz. des athap. Sprachftamms 12 IL 15 u. 16: 11-7 Spr.; No.99-108. 295 99 100 101 102 107 108 | 296 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. & 6 827. 147) mit 2 oder 1 athapaskifchen 1 2 3 Kınaı 109 | Birke Docr. S ki D tfchukchuja, L tshooyia 410 | Rebhuhn Carr. Mcassbah: wei- | Tac. H teel [ses, deyee: graues 4411 | [tehn Tra. nilkös Ug. nihilköfch | 112 | willen Tac. H atdy -etay: ich weils nicht: D kazikateji- know, tuch-ahoo- iyfsny, R zunzin; er weils ny: ich weils nicht nicht: D /sjun VII. Die athapaskifchen Sprachen, Inkilik (felten 6 828. 18) mit 7 oder 6 athapaskifchen a! 2 3 4 CHEPEWYAN Tankauı Kurcaın SUSSEE 113 | Elennthier | moose-deer,moose:| M yezey: elk, H | tin-djuke: Mdinyai, R du-| tennee: moose- | moose- nikh, S dennee deer deer 114 | gut Mleyzong; Rnesu, |H oochoh; E fchu, | neirzi neso, nazu sul/chon 415 | Keffel tille H osd, E ofcha thia vssaw 416 | Lachs R tluetcho (vgl. |Htalloo, Etalo |tleukh-ho Fifch) 417 | Schuhe D kinneechee, M |H kiscoot: indian. siscau kinchee, R ke; | Schuhe, E keskut Schnee-Sch.: R akhe, aklı ete. 5 Doscrıs moose-deer: M wollon (männ!.), intsei (wbl;; vgl.Hirfeh); Slteudie (männl.), teudi-etse (weibl.); SN dennea: moose ?S naisou, SN naazo Ctlle, M utha, SN thanne, Sl tiunie S kaze Schuhe: Cku, S kai; Schnee-Sch.: S ah, SN ae XVI,827-8. Wortverz.des athap. Sprachft.V 1Iu.V IIL17 u. 18: 5-10 Spr.; N0.109-117. 297 Sprache; 6 oder 5 Sprachen 4 5 6 InkıLık Inkarır Koroscnaısch kchcheich ke athitägi, L attagge talmokä kujaltachl kayhıh ntoch: Steh ntoch: [teh chaan mmynaga: ich weils, a fchu: | a fchu: ich weils nicht tachachanüuku ich weils nicht Inkalit), Kolofchifch; Kinai, Sprachen; 40 oder 9 Sprachen 6 7 ne 9 Trarskanar UnrgauA InkıLık Ve | ee a tfchörsön: elk |inakalak: elk |D tanakja ttanıka, junges: taak (kokkoja ?) nöson, tfchöfche | [cho, G wha= |Dtygagytlja(vgl.| W nyfehsin Icheh fchön), L po= hallen B tsököndtskös | natylmeöya, W issyk natylmeyatsa selokwa,tylokwa | tylee tchjal, nuljaga; Ar- ten: kehchalch, zochl u.a. ke, Bnnatsiai | xe, tylsös D /sjulfstlja: |kcha: moromssı mopö6acsı (vgl, mopO0acoB& Beinkleider) Philos.- histor. Kl. 1855. 10 bis 4 Sprachen: 10 Koroscaısca 109 110 111 112 00200 zifskhh, DN zy/sku gexre, Rgekk-e, geka- üge, B gekky, J jad- kee, D ekje D konılj, R kottl D kwask D kan, Riyli 113 114 115 116 117 298 Buschmann: der athapaskifche Sprachflamm. S 829. 1 2 CHEPEWYAN 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 Beinkleider blau Finger Garn, Zwirn (engl. thread) Handfchuhe jung tödten Zahl 11 Zahl 12 viel, viele Bart Docris: C tarra Tıc. H chon: breech- cloth D clohee: breeches D delseenan, RS telzonne | Dock. ten-e-cle (fehwarz) D tene:laclathec od. —ther, | Dock. S mi-la-tehinnai R 'tinni-la-theylie (man's | (mi-la: Hand) toe; d.h. /a it: Hand) D petanelcoz Tac. H aabatesay D elagish: gloves, mittens, | Tac. H pat: mittens M geese: mittens M quelaguis: junger Mann Tac. H chilk: j. Mann D isketh, att-helcoth (Wild | Kv. beshei-en-i-echa [ehiefsen), R thega-thul D ecoltre, R sthlagi-juthet Tac. H ounna clottay, E lanizi-oat-etyla R nacke-juthet Tac. H ounna nongki, E lanizi-oat-nang= kang Tac. H clyne: viel, E iglai: viel, viele M clyne: viel, viele $ 830. 20) mit 1 CHEPEWYAN 49) mit 4 athapaskifchen 3 Kr. vlleiik: trowsers Ta. entsö'se Tra. tylayayatesa, B tfchakankane (vgl. Hand) Kv. athitk-itchi (athili: cloth) Sv. seuteeser: mittens Tra. tfchile, teneuai Tra. muinetylywaa Ku. tikh - lagga - mikki- tagga Kv.nak-hei-mikki-tagga Tra. tylan: viel, viele 3 athapaskifchen 9 . TıAuaxkarı Tra. yo-tamaydie, s-tamayale XVI, 829 u. 830. Wortverz. des athap. Sprachft. V IIL, 19 u. 20: 7-6 Spr.; No.118-128. 299 Borachen;®7 Sprachen 4 5 Kınaı Doecr. Cthlaii: breech- | D /julfsılja: es, thelih: Indian hose, et-thidda: deer-skin-hose; S hai-ai: trowsers Un. halso Un. Sch-latsöne Dock. S thai-ontithei Docr. mittens: C gis, M sunbaddei, Sl dsheıh Un. tylemasyai Un. yalehi Ug. nakaidtyla, Gtai- yalta Ug. natahwena, tinche mopÖackı (ind nachAnd. Schuhe; wohl Beinkleider mit Schuhwerk daran; vgl. No.117) D okyn-ilkei, R taalte- tche, taltyfchi L s-lutska L kattsah: aus den Ein- geweiden des Wall- filches D kitl, R kategafchlin, L kooteehazalheen D iychitnach, R jek- Jehaktentlja D zelkoikty, R klju/hun- zylk-e G | Diychaokty, R kljufhun tech-a 6 Iskırır katfchich : kagy Ijtak : mopOaca NITTAHBT, zygja tyna lljo tljach: aus Rennthier- Sehnen mantaka kchilja Inkaum: si nuja afs- Ujat inko’jnal-kelke inko’jnal-inteka Ug. zootyle: viel, viele; | D tynalatofsa, R tina- | Gwhalh-an: plenty Sprachen; 3 alta 6 Sprachen 4 Kınar Un. Jch-etawa, [ch:etaga | 5 Inkıuıe tyna»ijada 7 Koroscaisch D Den er D tollo; R zugujachatte, J zujachgete, P fsuu xa-tlheki, RLM ka:tlek; D ach-ku/sy (pl.) tafs (auch: Ader), Lteh- katasse: aus den Ein- geweiden des Wallf. gifßsuat, Lisvat; j. Mann: chua, DN chwa kukat,chdk ifchinkdt ya - tleyhh, L cheenkaat avan- hak klek t/chinkat ya-thech, L cheenkaat avanlhak tch viel: /chagathijen, D Ssjagetegin, R fehy- gültigen 6 Koroscnisch chhatazagh, Mkaktatahi; Sehnurrb. : zagi, M asgni Pp2 atchhata: 118 119 120 121 122 126 127 128 300 Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1 2 CHEPEWYAN Taukarı 129 | Beutel, Sack, | shot-pouch: D ickketheetee, iülkke- | H azela: sack, bag; nodotobostld: f -Tafche thetha (auch: little bag) shot-bag N 130 | Nadel (d. h. | D thalooncanhelle H aabateso Nähnadel) 131 | Netz R täbith H climpelt ' 132 | tanzen D hela H nätetah, E baytfchin 133 | Zahl 40 RC tingie -onnuna H titwon-nezyah 6 831. 21) mit 2 athapaskifchen 1 2 134 | Backe Carr. D tene -clotten Docr. ?S mi=ta (pl.; auch: Kinn) 135 | Bifamratte Tıc. H chakate Door. S tzin 136 | bringen Doecr. ?S sinekai: bring Ug. G yaqua-eenhah 137 | Dorf (Stadt) Tra. B kwönho'nty kot (auch: Stadt) | Ug. mamasan, tylane (beide auch: Stadt), G mamıaasanie 133 ı Kranich Cner. R dell Krv. che-a 139 | Zehe Ta. yo-ayatylifchöne, nö-katy Ug. ch = yetsöne $6 832. 22) mit 1 athapaskifchen il 2 CHEPEWYAN Karınaaer 140° | Elennsfell M deny-ai-thith 440: | Erle R Aaithlin-sinne D kankyja 141 | Frofch R tsai-elle; grofser F., Kröte: tsai- | D nogoja el-cho 142 | männl. Glied D tene-yotha D /s2-kofsa 443 | heils M edowh (auch: warm) D nagolgofsi, R kynaal-kach [rothe (kytlja: gelbe) 444 | Himbeere R ta-kalle-chia DR kolkaa: gew., D naujan-kytlia: 145 | Nafenlöcher D ıthanecah L sh-neek 446 | Seehund,Robbe | Kurcuın: nät-tchuk D kuzjaatli, R kotfchtfehatli ete. 447 | Zahl 15 | Kuren: takon-elei-mikki-tagga D zeliookty, R kljufhun-zkellju / XVI, 830-2. Wortverz. des athap. Sprachftamms V III, 20-22: 6-4 Spr.; No.129-147. 304 3 4 5 6 Kınar Inkıuıe | Koroscuisch Docr. C bag: naltche, klel- | L oolks: sack nokotlja:Filchlack j| Sack, Ranzen: Aujelh, L | 129 the; shot-pouch: tel- (psı6iü mbmoRT) koelh ketha Docr. M tatie, Sl tati L rleanyheen W tylakchoni takalhk (eine kleine), RL | 130 taakatl, D taaketl, B ti- kalt Docr. S tami L tahveelh tamytl xejegu 131 Ug. fchalina kuzali achhatlhechh ; tanze: L | 132 atleh, R anatlech, D ne= getlech Kuv. tanna-ha-chow-ethi-en | D tet-kulja’jun, L | inteljt/chuguje tachka, MC terrkat 133 tange-klujoon Sprachen; 5 Sprachen 3 4 5 Kınaı Inkıvı KoroscuIsc#H | R kafchfch, L shi=nkoosha tyna .natlja xa-üafchd, L ka-wvosh 134 D tutfchjuta [jiülkit ete. | mykynalja, W wytjchinoi N zyyn 135 bring: D fsjujlkafch, fsjanuka: | Inkauır: wochongo: bring 136 D kajach: Wohnung W kchajak an (überh. Wohnung, bewohn- | 137 ter Ort) D untatlja taljtulja 138 iyna-nalkchua: grolse Zehe 139 Spwiache; 4 Sprach.e:n 3 4 Inssıe — Koroscuısc# gannoja 140° kehafchj kefchin, D kijfsifs 140% W choljagki, Sagosk. noggoija,; Ir: it. chaydu, N chychtfch 141 iyna -goja tIhjalh, D tlimlj, M ka-tgligz 142 ‚Jehann kafsagitfcha, gathha, tıhan, kaüatan; D getta, | 143 P kuatta; etc. [Uheküazh nytakai-tykina D tleko, R tleeku, L kleakoo; H.-Strauch: Wj | 144 tyna=nykatljoch xa=Ihjakutfchh, L ka- slutoo 145 koggo zä 146 tynakakalji ifchinkdt ya-ketfchin 147 302 TBB IR. 148 | Arm 449 | Bruft 450 | Fleifch 451 Hals 452 Kinn 453 | Knabe X. 154 | Ente 455 | Name 156 , Rock | coat) 457 | fehn 458 | Tochter Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 23) Die athapaskifchen Sprachen, Navajo und 1 2 3 4 5 6 CHEPEWYAN Tanrkarı | Kurcam | Susser Dosrıs TLATSKANAI D tene-=ickthe- SNtze-intchinne yo-laa(vgl.Hand), ow; Unterarm: B kaane, A sö- tene-ickthena latya D tene-cawjaw | Htsoo (pl.) brisket: C ana= rane, ei:yidda; ?S a-ethin Mbid, R bet; ro- | Hutson C par-ulla: no | tfch-ötso'n hes od. frifches: meat! R per-eline D tene-cassan ?S bd-ikorh, SN yo-tesaie, B uni- od. -cassau tze=eecottle ngwös, A goös D iene=ottan od. PS mi=ta (auch: -oltlaw Backen) D enoi-ozou, R | Edinias |tsea M tesonnai, SN laiin; Bskiye, A dunne - yaze tenai-u,Slichil- | afchıkwa-tütsin (dunne:Menfch), lawe S tchillaquie Athapaskifche Sprachen, Ugalenzifch (Refanow G 834. 24) mit 4 athapaskifchen 1 2 3 Cuerewyan Tankauı D ehoocah, M keth, R yurrth- | Kv. tetsun Tra. gloyl tcho (tchith-tcho: stock duck, el-kurre: teal) R etla-hulye: wie ift fein N.?|H bazee: wie ift dein | TrA. w-oose, w=ose ey-la-hunly: wieiltdeinN.? | N.? (engl. D scoracai, Meeh, R ehhi |H chute; frock, robe: | Ku. ik (auch: capot) (auch: capot) naltay; _ petticoat: chacachute R etethi H neetlen, E alın Tra. yalın M zi-lengai H e-ächa Tıa. sıkö-tsökaisla, B t-zee, A st-see XVI, 833-4. Wortverz. des athap. Sprachft. IX u.X, 23 u.24: 11-7 Spr.; No.148-158. 303 Bieor#lla,’Kinai, Kolofchifch; 11 Sprachen und weniger ri 8 9 10 41 Unroua ' Navaso | Ticorinea Kınar Koroscnisch kwan, kane hustcon | wi-tse R jeh- kuina M ka-ssy; Vorderarm: C ka- | 148 (auch: Hand) tchin, R ka:tisscisou, Schultern und Arme: ka= rigue hay-yete \kojay-ae |D /s-ita, R feh- || ya>yit, ya-üm, MC ka-kill, L | 149 lta key isöng, isang etse itse D kytfchonna, || tlg, D tligi, B ılygi 150 kyzyn, fs-zyn kwajch, fchö-sodtyl {hu-ckquoss| wi-ckcost | D fs:chka’j xa-lhithiyhh, L ka-setd, M ka- 151 tslata hi-otze e-zaytah \L sh-toonee xa-tachazhagi, L kaskatatsahi, 152 M katty syaieye, G un-gai-al- iskee L tsyanik-na kufsikha, thukuneghi, D gettuk, 153 luk R atkigezk-u, L hattakoo; M kesani: männl. Kind KasMithr.), Kanai, Kolofchifch;. 7. bis 4 Sprachen Sprachen; 7 Sprachen 4 5 6 Er Kınaı UÜGALENZISCH KoroscniscH Un. nakefchtyli D agajslja, R kaka- | kach D kaachu, L koohoo, N | 154 Sehlja, L tinaalıga kachu, R kach, B kich Uno. orü kedetudee kafsagi 455 M kestu-ai, Sl ai jJajika, R toch-a, koutesk, Bkygafs; Ober- K taga; D nlekoja: kleid: D kannatia, J kan= ZKyLaHB natla ete. chatin, zulehn: chatljatin; 157 fieh: D tetyn ach: fsi, D nach=fsyji, B | 158 ach = fsik Un. yinöi; G neghu= | D nijintljantu, R ty- | utfchtfchüllia shoh: lals es mich [, | fehtanetljan Un. E-te, feh-ie, Geit- |D fse-zaa, R fehju- | sy-afch Doc. coat,capot: Ci, j napxa: Diogaa, fstg- | kech-afch: Überrock kuttez, L kootost, M | 156 atla (alta?) tfcha N 304 459 | wir 459%) Decke, Matte (ethap Hlänken) | 460 | Bauch 161 | Ei 462 | Haut, Fell 163 | lachen 164 | lang 165 | Löffel 166 | Meifsel 167 | nehmen, weg- nehmen 168 | er (hie; ea) 169 | ihr (vos) 170 | fe (@ü; auch: eae) 171 | mein 472 | lieben 173 | tragen 1474 | dein Buscenmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1 CHEPEWYAN Tac. H wane 2 Tankarı Docr. Sto us: eecla= toonnim-etze Mthuth (auch: robe), Rtsurai, | Ku. tselta tsirre; D hell: bed-quilt S 835. Cuer. D tene-buk, tena-but, M bite Tac. H o-gaze (pl.) Curr. Mthith? Rıhe: fur, skin; D shuna-eltshun: grease the skin Curr. D nachenclaw Tac. H enyeaze Carr. D eloos Caer. R etle: ice-chisel Tac. H illshute: nehmen Dock. S ottinai: er; neghon- em-etze: to him Cuer. M run (du?) Cuer. M be Cuer. archaeol. si, see, sit; Tac. H quisee, kanechee Carr. D honnehough Curr. archaeol. nee, nit; Rna=? 2 Tac. H o-put Tra. wö-skaiake Tac. H ozuss Tac. H atlo Dock. ?S nundeth Tac. H chinnesko Kv. so-ittse Dock. ?S hitcho: nimm Tıa. ianök, wtsaie Tıa. noyonek Tıa. yinek, koioto k Tac. H se-iltsun: mein Rni-? ze:, dze-; M see| eigen | (auch: mich), zidzy: mine 6 836. Ta. naiokwa Doecr. C zidda, S tzud- die 25) mit 3 athapaskifchen 3 Docr. ?S be=tchuki Un. i-yo're, eya (Door. et-thidda: deer- skin hose) [lache Docr. ?S menathi-ukla: Uo. G meen-eineh Dock. C thlus, slus Doc. S ai-tai: ice-chisel Ug. G nah-alh: nimm weg Uo. hatake, G hahtadzi Ug. nohni, G nohnee Uo. ayıo, G ach-eeya Docr. Stza-, SN tzes oder tze=- 26) mit 2 athapaskifchen 2 UQ. natylisryl Docr. SN feraghdi-ach: trag mir diels Tac. H nene-ilisun: dein eigen XVI, 834-6. Wortverz. des athap. Sprachft. X, 24-26: 7-5 Spr.; NN0.159-174. 4 5 6 K ranaası UGALENZISCH Ug. niyo, G nee-yoh kajuk Ua. G mutseh D zta: Beitdecke; R | kaatfch zytta: Decke Sprachen; 6 Sprachen 4 Kern ar D £#-zjuutlja, R feh- kokefch, Jehu:wata, L fch- boot D kgasja (pl.), R ktlafhıle D tfchaaglech, R tfehantlech D taga, R afchuata, L spata L ilhkeet: nehmen, ktooshecheet: wegnehmen L hhoon: er, fie feh-, fehi=, fzi- ete. 5 UGALENZISCH ka - gott kota- ut katti lech-enne; lache: lechlik-al kuaua: Länge fehitl takleljüke aukat/chetochatle: wegn., aukachechote: nimm weg chynge: er, anfch: fie kajıku chengeochsatlil: ii, kelkain: tu: eae kak-os Sprachen; 5 Sprachen 3 Kınaı 4 UGALENZIScH D nanaajezjut: ich liebe dich, | uljakechulen; ich liebe: ul- R panengtfchin Jakesli ilta ijak-alle Philos.-histor. Kl. 1853. Xa-jugü, L ka-yu, M ka-jou, 7 KoroscniscH ur uan L toots 6 Koroscaısca N ach=chyju kuth, DP kot, R kott-a, L kıoto (pl.) xa=tukü: Haut des Menfchen, athituku: Fell der Thiere atfchafchik,R atfchiuk, D atfsiok gagath, jakuathh D Ssetlj, R fchetll, L shelh u (utfch): er, L youta: er, fie ..r an a/s, jutaafs (jüta dieler) ach-, achagi b) Koroscnisch 305 15% 159% chafshichan, B fsachan; Rich- | 172 sachan: ich liebe ganchathin ; er ig= od. ’i=, 'iagi Qq 173 174 306 Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. $ 837. 27) mit 4 athapaskifchen 1 2 3 4 Kınaı ÜGALENZISCH Koroscaisch 175 | Kragen Doer. C kow-i-tchitha: tejak a warm woollen col- lar, a comforter 177 | Pfanne Docr. Cthai: zinnerne, Jehin S ıha 178 | Schulter |Docr. C akkänna, ?S|D fs-afsyk, R| ka-kaljachatag xa=chikfcha, N ach: aikonnai (pl.) feh -takka chyk, MC ka-kig $ 838. XI. 28) Die athapaskifchen Sprachen (5-1), Navajo 1 2 3 CHEPEWYAN TAHKALI Docrıs 184 | Bein (athap.im- | D tene-chathee, M e-dthen, R |M kin, H o-cachin, |SN tze-thunna mer pl.) nepalli: a man's legs E keitfchin 185 | Brodt H clays (auch: Mehl) 186 | Büffel, Bifon M gıddy; Rettirre, S etcherre: SN etcherri: männl., männl. e. eitzae: weibl. 187 | Flinte, Gewehr | Dilkerthee, Rel-gürthe, S thel- |H altee M ettonnai, SN quaka- kithe he, Sl telkithe 188 | Frau (uxor) M zi-zayunay H ay-eya, E ba-at 189 | Gelicht 190 | Katze D cheyahzoo; wilde: ha-edah 191 | Pferd Su. chechenuntoer 192 | Schlange XU. Die athapaskifchen Sprachen, $ 839. 29) mit 5 oder 4 athapaskifchen 1 % 3 Currewyan (bisweilen Tarsauı) | Tankarı (bisw. and.) | Trarskanaı (bisw. and.) 193 | Berg, Hügel M zEeh\ R EA. kleiner Hi INT cRE sös, söstay; Ku. tha gel: shethi-aze, kokkarritha: high ground, a bank XVI, 837-9. Wortverz. des athap. Sprachft. XTu. XII, 27-29: 3-8 Spr.; N0.175-193. 307 Biprathle;, #4 Sprüachen 14 2 3 4 Kınaı UÜGALENZISCH KoroscaiscH 479 | Staub Tac. Hallacha: powder tuzn tantfcha (upax®) 480 | [ein Caer. arch. bit, bee ül (auch: ihm) tu-, tuagi 481 | unfer Tac. H wane=iltsun: kajüukaja a, aagi unler eigen 182 | euer kowanakaju ’i= und ’iagi (= dein) 483 | ihr (leur) |Cner. arch. noot, hoo chechenuja afs tu=, afstuagi und Ticorilla, Kolofchifch; 8 bis 4 Sprachen 4 b) 6 7 8 TLATsKANAI Unpoua Navaso Ticorızra Koroscaısch xo-gwaietya,B s-|tsöne, s=tse hu-tyah wi: tchate MC ka-tseyouha, R ka= | 184 tsate, A s-iseiya [pan) tseijou pah (wohl [pan. | klaytunchechay 185 a-yanne yahnay 186 Kr. te-egga St. tiltetha paydilston Jehkay WjD una, RB unna, | 187 P tfehunet sikötes-dt, A uö- [ch’-at, fch'’-ak| cha-at pe -aug-oole ach-jchat, P tu-/fehat, | 188 at | D ach: lchfset, N ach-= lfehet x0 -nentsönö Jeh=nü hu=nne xa:gd, RJ ka-ga, D | 189 igga, N ach:yga moose moosah N tufs 4190 G thlintilkaitch | kle shle 191 nasose öyafcht/cho,tyla-\ kotso ko-oh 192 wanjchtyle Kinai und Kolofchifch, 7 bis 3 Sprachen: Sprachen; 7 oder 6 Sprachen 4 5 6 Umrova (bisw. and.) Kınaı Koroscaısch ne | Tesla; Haglıt zoonknaäl| eiserne ah Air Qq2 308 194 195 196 197 198 199 200 201 202 Hemde Herbft Herz Holz krank [chwarz ftark todt Eichhorn Eingeweide hoch Knie Knochen Fifchroggen Flieger (TIU) Frühling ?F (TaTIU) handeln ?F (barter,; Ch) Hinterer ? Laus Leber Lippen Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 1 CHEpEWYAN (bisweilen TAHkALI) | Tankaıı (bisw. and.) | Trarskanaı (bisw.and.) RS telthoi R tsetsieh, thisitei Tac. H iacata, E takete, taketa Tac. H o-gee, E bi: tsi M dethkin R ai-a’ (ey-a) M dellzin, RS telzonne Tıac. H nachet, E lös D zohela 2 H datleese Docr. SN telthoi so= walatsyö Kr. azuei-ek Su. sichowecher (Docr. S aitonkai) |tfchitdyat, y okwö Door. ?S e-dzai xo-tylnainöksöte, B s= tseie M dekin, Htuchin, E Dock. C sus; Tra.tsöts H zuttay [tsöfeh | Ku. eih-il-seyk Htelkuzzay,Edölkös; | tylsöne, niakts-tölököse Docr. SN tazun Docr. SN na-tz-ap ntylötse H tassi, E tatsai efchisle, ayaintoie $ 840. 30) mit 2 (auch 3) athapaskifchen 1 1 Caer. R tki, tehille Tac. H a-=tzee Dock. ?S yutegai, SN tanneetha Carr. D tene=chacut, M cha= gutt Tıa. yo -tsone, A tso'ne 2 3 Kınaı Dock. S klogai D leka Dock. ?S e=tsiai D /si-nzika etc. Uo. neis L treelhnoz Tıac. H o=Aate; IL s=cheesh Docr. Cee-t-thetha Ug. Jch-yani, kog \D zinzju, R zzenn $ 841. 31) mit 1 athapaskifchen 1 2 3 athapaskilche Sprache Kınaı Koroscaisc# Tac. H o-koon L kin (kagdku od. ka» Tac. E tsıy R ıly (D Aylkyze) ©) [aku) Docr. S klukai L klek (wenn spring nicht Quelle bedeutet) Tıc. H bacheokate: will you | D kenkat: handle trade? [elangh Cuer. D tene-clough od. tene- | D fs-kchy, R fch:ltuje Cuer. D e-yahı, M yah you Dock. ?S et-hut L s-ezzeet Cuer. D tene-atough L ezak XVI, 839-841. Wortverz. des athap. Sprachft. X1I, 29-31: 7-3 Spr.; NNo.194-226. 309 j 4 5 6 UmrquaA (bisw. and.) Kınaıı KoroschHiscH sefchönfchtee D tifehlzjagi, R kytyltenlja, || zechuni, L kandgeheenya- | 194 L taltsahe hente Doecr. S taisiai D Ssifßyowa [R ljumagak] ©) 195 yainoyalısa L nak-le L takooneehate [W/j jefsi] 196 Jeh= tfchi L see tee (va:techh, L ka:teh) 197 ‚xonalfchi, to'yös D zika, R tfchika 198 teenchak D ifchitasny, R afifchiut, L 199 cheennah ho ldji D taltan, K taltas, L taltashe || thhutfchhechati; J tolufchi 200 tylhafch, G tlaneish D tfehagejifsty, R naaltaje, 201 L talı-hey ‚Sehtfcheenk DR tchitfchok 202 Sprachen; 3 (4) Sprachen 1 2 3 Kınaı 208 Maus Caer. R tlunne, kleune Tac. H tenınetay D tlinnaa, R zuchankli 209 [ehielsen Care, Disketh; Wild: chael: | Ku. at-elke D ktejilte/sja: [chiels; ı eol, at-hellcoth, R thel- R ktaaltatlni, Lteeh- guth kat 210 wie viele (wie | Tac. H tanilsuck Dock. ?S tannaitai; IL toonaalt-he: wie viel)? Uo. G taagh-attie viel? Sprache; 3 Sprachen 2 3 athapaskifehe Sprache Kınaı KoroscaiscH 219 | lügen Tac. H onchit Lheentseet; du lüglt: D gyjı- Ychit, R tfchinachtu 220 | Möwe Curr. R bessgai-e: gull R patjchtfchi, L baach (sea- gull), D batfchj ete. 221 | Neffe Tac. H qu=aze L sh-oja 222 | niedrig*+(D) |Ug. fehy-chalka (heil?) L tzeelhkats 223 | [augen Tac. H eltook D let/chj, L kalt-ek oO 224 | Schwanger Tac. H elchon L halkhoon 225 | wafchen ? Cuer. D shunnaeltshun L inoonleah 226 | nichts ? Curr. D seehoola D kykcholja, R kotfchochke (@) Buschmann: der athapaskifche Sprach/tamm. 6 842. XI. 32) Navajo und Ticorilla 1 2 Nıavarso TıcorızLra Yuahdelkill Dios XIV. Die Kinai®Sprachen alle 6 843. 33) 6 Kinai-Sprachen; 310 227 | Gott 1 2 3 KınaAkı Arnau UÜsALENZISCH 228 | Mann W nujchen tkichl R sykka, W togoon 229 | Nord D zinjani, W zyttnuni teljkoatt/che 230 | Oft D Atultlja, W ifchutlj tfchaatljeh 231 | Süd D Aychkaz, W tututfchni taat/chene 232 | Welt D /suduzini, W a’j’ji utaatt/cheny 233 | Feind 234 | böfer Geift 235 | Jahr 236 | Rabe 237 | Schamane 238 | Vetter 239 | Wald 240 | Zobel 8 844. 34) die 4 Kinai-Sprachen 1 | 2 Kınaı Arnau W jchy = fchagajeljny kekkunan D nujstat-tja, W njufstatnja, L kijege tskannash W chai, nuktatfchik, L shantto chaje W ychijifchlja, L cheenshla Jehachgane W Iykynj tijennan D usja, W fifch-uja Js ja’je DW zwalja, R tfchuallja, L kan- zwajale | kya: bush 6 845. 35) TInkilik, Take 1 2 Kınaı InkıLık D kzjaofsja kazogeja, W kyzgari VI, 842-5. Wortverz. des athap. Sprachft. XIlIu.XIV,, 32-35: 7-4 Spr.; No.227-240. 311 Bir Kim ai; rd 5 piriach em 3 4 Kınaı Koroscnısch D nakchtylfchane, R naktaltani ete. afchakün, Wr anytan, L els 227 Bebals 8 Sprachen: 7 Sprachen 4 5 6 7 Inkıuıe Inkauır KoLTscHanIscH KoroscaiscH J5oot, fehakfchaja JSsuut, fchakfchaija | tfehilje ıxd, And. ka 228 junizy, tozzyzynny | tyzynzy uljkanaijafsja chun 229 Juguzy toozyn Ssakatefsan Ssanachhet, D fsjaalachet | 230 Jutazy, tonnizyny üllozen taafsjtfchani gantejat (vom Meere | 231 her), D gendy, Wr gendyet Junlizy | tetean Uhjakakachhet 232 Wrangell’s,;, 5 Sprachen 3 4 | 5 Usarenzısch nach Wrangell KorTscHAnIsch Koroscaıscah tekfsekonachalek Jsota gand, Wr ka-ganagy 233 kateleninu tfchefsjeki zhkekau, jeki, L tseekiekaou | 234 chlatchatalj Ssanij idk, Wr taakku 235 tfchijile tatfchan jelh, D elyllj, Wr jelj, | 236 L els chijila lisenne ichht 237 jitten Ssasi 238 lifs litfchj afs 239 und Kinai; 4 Sprachen 3 4 InkaLırt Koroscaısch kyzogai DN kuch 240 312 | SS - 247 248 249 250 | Buschmann: der athapaskifche Sprachftamm. $ 846. 36) Inkilik (felten Inkalit) und Kinai; 3 Sprachen Augenbraunen | | 1 Kınaı kasle, L sh-eentook Augenwimpern | D /s nootutlja, Rjch- Daumen | Eberefche weibl. Glied noofch L s-lukts D fskonja D /sz-ina daurifcherHafe, D Aujifsja, R konfchi Steinhafe Moltebeere,gel- | D Aytlja, R nketl be Himbeere Moos | Sandweide verkaufen S 847. arbeiten bezahlen Farnkraut Häring Heidelbeere Kehle kochen fchweigen L naan D tundelkiji D kchoniltatlja (imp.) 2 3 InkıLıe Koroscuısch D Sskasyıli, R feh- tyna-tljoklkua ya-zıhe,M ka=tsy, ka= isere, L kazatsd tyna-joso xa uchachhechhu (d.h. Augenhaare) tynaskehytl L kaa-koosh takanfcha a/szyda kufs chantaka’ja D zhalhk, zetljk kchotl tjotlj zhlikka, L tsikaha tagatl [(imp.) ı kentylchotyny |, L ihoon 37) Ugalenzifch und Kinai; 3 Sprachen 1 Kınaı L heetnoo : work: Ar- beiter: Dien-a, Reh- L kiushilhnah [eitnu D och D kuznakocha (pl.), R kozyn-ak-ocha (od. Brombeere?): D kanzja, R kantfch-a, L kauntsa D fs-saka, Rfehijak- ka D datfchj (imp.), R killjatfeh L tooteelcheet (imp.) fterben [Thiere | L cheennah Wolle, Haar der | Dkgygo, R kag-o Fr N Hegpaning ‚ kench kokotlija D kotlch gagu gaum (pl.) 2 3 UÜGALENZISCH (Wörter ausRe- fanow im Mithr.) Mithr.) Koroscaisch njet kanald ka-tkakl ‚ra-t/chintäk, MR ka- chaikatchoucou .a.: atchafsai, kafs- Nik (imp.); v.n.utliuk chuthikatlh; imp.: D itcketl, R tafch/che kous: ftirbt, sys: || the koch-o |[ftarb coatk lechtadeate, imp.: :jatadech | XVI, 848. Rückblick auf den grofsen athapaskifchen Sprachftamm. 313 6 848. Diefs ift meine Schilderung und Bearbeitung des grolsen athapaskifchen Völker- und Sprachftammes, deffen ungeheure Raum- verhältniffe dadurch ausgedrückt werden: dafs er in feinem Hauptgürtel von der nördlichen Hudfonsbai aus faft die ganze Breite des Continents durchläuft; und dafs er in abgefonderten, in die Ferne gefchleuderten Gliedern, gen Süden nicht allein unter dem 46ten (Tlatskanai und Kwalhioqua) und 43ten Grade nördlicher Breite (Umpqua) das ftille Meer berührt, fondern auch tief im Inneren in den Navajos den 36ten Grad trifft, ja, wenn das ganze Apachen-Volk gleich der einen uns gewiffen Horde der Ticorillas zu ihm gehört, gegen den 30ten Breitengrad hinftreben würde: während er im Norden und Nordweften den böten Grad und beinahe die Geftade des Po- larmeers erreicht. Philos. - histor. Kl. 1855. Rr 314 Buscumann: der athapaskifche Sprachftamm. Inhalts-Überlicht. A. Die athapaskifchen Sprachen im engeren Sinne. XII 8 332,b Einleitung . . 3 5 $ 333 athapaskilche Völker N Richardfon. R $ 334 n ” Er n ah Pe AR $ 335 über die athapaskifchen Völker nach der Sn orlee expedition . $ 336 athapaskifche Völker und Sprachen, meine Ausdehnung des Sprachftammes $ 337 Mängel der Verwandtlchaft athapaskilcher Sprachen . $ 338 über einige einzelne athapaskilche Sprachen und Völker $ 339 Sprachen und Quellen der athapaskilchen Worttafel . $ 340 über die Wortverzeichnilfe des Chepewyan ; L Saale, n des Tahkali, Kutchin, Suffee 9 $ 342 5 des Dogrib, Tlatskanai, Umpqua . $ 343 Abkürzungen für Sprachen und Quellen des athap. Wortverzeichnifles $ 344 über einzelne Wörter; Orthographie der athap. Wortverzeichnille $ 345 Rauheit und fchwere Laute der athapaskilchen Sprachen $ 346 WVerwandtfchaft der athapaskifchen Sprachen unter fich . . $ 347 athapaskilche Wörter in den fonorifchen, in anderen Sprachen $ 348 aztekilche Wörter in athapaskilchen Sprachen . & $ 349 pronomina possessiva praefixa der athapaskilchen Sprachen $ 350 En 5 > des Chepewyan, Tahkali, Kutchin, Suffee $ 351 es » a des Dogrib, 'Tlatskanai, Umpqua . $ 352 allgemeines alphab. Verzeichnils der athap. pronomina possessiva praefixa $ 353 Einrichtung des athapaskifchen Wortverzeichnilles SUR 8 354 über die alphabetifche Verzeichnung zum athap. Wortverzeichnils $ 355 Überficht der Abtheilungen des athapaskilchen Wortverzeichnilles Wortverzeichnifs der athapaskifchen Sprachen: A. 1 Sprache $ 356 41) grolses Wortverzeichnils des Chepewyan aus Richardfon $357 2) Wörter der Tahkali von Mackenzie . cn „ von Harmon „ » aus der exploring expedition Seite 149-150 150-151 151-152 152-153 153-155 155 155-156 156-157 157-158 158-160 160 161 161-162 162 162-163 163-164 164 165-166 166-167 167-168 168-170 170-471 171-172 172-173 174-177 177 177-179 179 XIII $ 358 8 359 $ 360 $ 361 $ 362 $ 363 $ 364 $ 365 $ 366 $ 367 $ 368 $ 369 $ 370 $ 371 Inhalts-Überficht 3) Wörter des Kutchin . A Aral an Aal a) BRrh Zur, 4) grolses Wortverzeichnils des Dogrib. A ee AERO 5) Wörter des Umpqua von Tolmie ak 6) Wörter des Chepewyan bei Mackenzie. . . 2) 5 n bei Dobbs 8) = er aus der archaeologia americana . : 9) Nachtrag zu dem Wortverzeichnils des Chepewyan aus Richardfon 10) Nachtrag zu dem Wortverzeichnils des Dogrib 41) Wörter der Sullee und Umpqua . - rs me 142) Wörter des Chepewyan ar den drei Quellen unrellt B. 2 Sprachen 13) Wörter des Chepewyan I eleld Se Br ° 44) Wortverzeichnils des Chepewyan und Kutchin (felten Sud 15) en des Chepewyan und Dogrib - 16) Wörter des Chepewyan und Umpqua . » . ... 17) = » Tahkali und Kutchin SA: 18) ” ” ” » Dogrib . 49) = er ” Pu Ulmpeuager- Den. 20) Wörter des Kutchin und Dogrib. . 21) e » Sulfee und Umpqua . 22) ” „» Dogrib und Umpqua 23) Wörter des Tlatskanai und Umpqua C. 3 Sprachen 24) Wörter des Chepewyan, Tahkali und Kutchin . 25) 2) ” 2) ” » Dogrib 26) ” ” ” ” » Umpqua 27) » Fr == Kutchin und Dogrib 28) „ -, > Dogrib und Umpqua 29) „ „ a Tlatskanai und Umpqua 30) Wörter des Tahkali, Kutchin und Dogrib . & 31) e " » Dogrib und Umpqua . 32) > 2 » Tlatskanai und Umpqua . 33) Wörter des Kutchin, Sullee und Dogrib 34) = » Dogrib, Tlatskanai und Umpqua. D. 4 Sprachen 35) Wörter des Chepewyan, Tahkali, Kutchin und Dogrib 36) = > 55 Tlatskanai und Umpqua 37) > = Chenelesn und Tahkali mit 2 anderen Sprachen 38) en » Chepewyan und Kutchin mit 2 anderen Sprachen . 39) = „» Chepewyan, Dogrib, Tlatskanai und Umpqua . 40) oe » Tahkali, Kutchin, Sullee und Dogrib & 41) = » Tahkali, Dogrib, Tlatskanai und Umpqua . Rr2 315 Seite 179 179-180 180 180-181 181-182 182 182-183 183 183 183-184 184 185 185-186 186 186 186-187 187 187 187 187 188 188 189 189 189-190 190 190 194 191 191 192 192 192-193 193-194 194-195 195 195-196 196 196-197 316 XII $ 381 $ 382 xVvI$ 732 8 733 Buscumann: der athapaskifche Sprach/tamm. E. 5, 6 oder 7 Sprachen 42) Wortverzeichnils von 5, 6 oder 7 athapaskifchen Sprachen . alphabetifche und [yftematifche Verzeichnung zu den athapaskifchen ‚VWVortyerzeichnilfen ",., zumsl. Wire us. B. Die Kinai- Sprache. über das Volk und die Sprache der Kinai Wrangell, Wenjaminow u. A. über Volk und Se En Kinai . Laute und [chwere Confonanten, wie deren Häufung in der Kinai-Sprache . . . mie Sagoskin’s Reile; Name der Kinai; EE Anklinde & über Wortverzeichnille der Kinai-Sprache E Beftandtheile und Zeichen des Kinai- Wortverzeichnilfes a Einrichtung und Überficht der Kinai-Worttafeln Bemerkungen über einige Wortverzeichnille der Kinai-Sprache; Fehler in Aeeinen befonders in dem der archaeologia americana . Orthographie der Kinai-Wortverzeichnille; Verba . pronomina possessiva praefixa der Kinai-Subltantiva . 0 über die Verzeichnung zu dem Wortverzeichnils der Kinai- Spricht h Wortverzeichnifs der Kinai-Sprache: Wörter . . . „. . d) nach allen 5 Quellen Wörter nach 4 Quellen: 2) nach Dawydow, Refanow, dem Kinaizen, WVrangell oder Lifansky . 3) nach Dawydow, Eelnom Wrangell Be Likandky £ Wörter nach 3 an 4) nach Dawydow, Refanow und Wrangell 5) nach Dawydow, Relanow und Lifiansky . 6) nach Dawydow und 2 Anderen . . Su. Wörter nach 2 Odelle: 7) nach Dawydow und Refanow . 8) nach Dawydow und Lifansky . 9) nach zwei gemifchten Quellen . £ Wörter nach 1 OaeN 10) nach Dawydow 41) nach Refanow . . 42) nach Wrangell . 13) nach Lifansky . Ahr ach, HERNE: Nr 14) Verbalformen und kleine Sätze EEE ME Seite 198-209 210-222 223 223-224 224-226 226-227 227 227-228 228-229 229-230 230-231 231-232 232 233 234 234-235 235 236-237 237 238-240 240 241 241-243 XVI$ 756 XVIS oder die kinai-athapaskifchen Sprache $ 788 ei >) == Te) SS 00% aprpuD - I ST ST SIERT ST ST ET SI STENT sooo ( eo non UNRUNR UR UN UN URN UN URN UN UN UN UN UN UN UN Un Un un un un vor Un =) grofses Wortverzeichnils des athapaskifchen Sprachftamms: Inhalts-Überficht alphabetilche Verzeichnung zu den Kinai-Wortverzeichnilfen: Subft., A dis undinVerba u Cu TIRRTT, [yftematilche Verzeichnung: übrige Redetheile : über die Bearbeitung der 5 anderen Kinai-Sprachen . . . C. Der athapaskilche Sprachftamm 787,b über die Zufammenfälfung des athapaskifchen Sprachftammes . meine Entdeckung und Darltellung der allgemeinen athapaskifchen Sprachverwandtfchaft . Tinne und Kinai Völker und Ausdehnung ab athayakkifeten ern De: was bisher über die Aidah ee athapaskilche Verwandtfchaft bekannt war Unvollkommenheit der allgemeinen athapaskifchen Sprachverwandtfchaft wichtige Ähnlichkeiten im athapaskilchen Sprachltamm 2 Mängel in der allgemeinen athapaskifchen Sprachverwandtfchaft Verba des athapaskifchen Sprachltammes . ° ne Gründe der mangelnden Verwandtfchaft im auapabkifchen race Anzahl der Sprachen in dem allgemeinen athapaskilchen W ortverzeichnils die kolofchilfche Sprache A: ” „ Wiederholung des Früheren ,, ” „ Reihenfolge und Chiffren der Sprachen „, a, N über die Abtheilungen e. „ ” über Kutchin und Sulfee bs e) ” über das Kinai er „ ” über das Ugalenzilche = + „ über das Kolofchilche er „ über die Kinai-Sprachen allein „, er ” über das Kolofchilche bei den Kinai-Sprachen im allg. athap. „, Zeichen im Wortverzeichnils des athapaskilchen Sprachltamms . Überficht der Worttafeln alphabetifche Verzeichnung zu den Worttafeln des athap. SERIhEAEmE &) ch) „ $s11 I die 7 athap. Sprachen, Navajo und Ticorilla, 6 Kinai-Sprachen, Kolofehifch; 16 Sprachen $ 812 II die 7 athap. Sprachen, Navajo und Ticorilla, 4 Kinai- nen Kolofchifeh; 14 Sprachen $ 813 III die 7 athap. Sprachen, Navajo und Tiecorilla, Kinai, Healenzifch; lokilik und Inkalit, Kolofchifch; 14 Sprachen . 317 Seite 245-249 249 249 a ie DO DD DD = LEE SEE SE SE So] SZ -T 1 9 au [0] 260-261 261-262 262 262 262-263 263 264 264 264-266 266-268 318 xXVI Buschmann: der athapaskifche Sprach/ftamm. IV die 7 athap. Spr., 6 Kinai-Sprachen, Kolofchifch; 14-8 Spr.: $ 814 4) die 7 athap. Sprachen vollftändig oder beinahe vollft.; 14 od. 13 Spr. 8 815 5) mit 5 athap. Sprachen: ohne Kutchin und Suffee, 12 Sprachen . S 816 6) es = ohne Suffee und Dogrib; 12 Sprachen $ 817 7) mit 4 une Sprachen; 11 Sprachen . > $ 818 8) mit 3, 2 oder 1 athapaskifchen Sprache; 10, 9 oder 8 . V die 7 athap. Sprachen, 4 Kinai-Sprachen (obne Inkilik u. Inkalit), Kolofchifeh; 12-6 Sprachen: $ 819 9) die 7 athapaskifchen Sprachen vollftändig oder beinahe vollftändig; 142 oder 11 Sprachen . . - $ 820 40) mit 5athap. Sprachen: ohne Kiutchihl au Suffee; 10 Sa 2 $821 11) ne Br ohne Sulfee und Dogrib; 10 Sprachen $ 822 12) mit 4 oder 3 athap. Sprachen; 9 oder 8 Sprachen $823 13) mit 2 oder 1 athap. Sprache; 7 oder 6 Sprachen $ 824 VIL,14) die athap. Sprachen, Ugalenzifch, Inkilik mit oder es Ins kalit, Kinai, Kolofehifch; 12 oder 11 Sprachen . VII die athap. Sprachen, Inkilik und Inkalit, Kinai, Kolofchifch; 11 bis 5 Sprachen: $825 15) mit 5 (einmahl 7) athapaskilchen Sprachen; 11 oder 9 Sprachen $826 16) mit 4 oder 3 athapaskilchen Sprachen; 8 oder 7 Sprachen . 8827 47) mit 2 oder 1 = Sprache; 6 oder 5 Sprachen VIII die athap. Sprachen, Inkilik (felten Inkalit), Kinai, Kolofchifch; 10 Lis 4 Sprachen: $ 828 1418) mit 7 oder 6 athapaskifchen Sprachen; 10 oder 9 Sprachen $ 829 19) mit 4 athapaskifchen Sprachen; 7 Sprachen . . . . $ 830 20) mit 3 cn 5 6 Sprachen $ 831 21) mit 2 ss > 5 Sprachen $ 83 22) mit 1 sn Sprache; 4 Sprachen 8 = 8 IX,23) die athap. Sprachen, Navajo u. Ticorilla, Kinai, Kolofchifch; 11 Sprachen und weniger X athapaskifche Sprachen, Ugalenzifch (Ret.i im Mithr), Kinai, Kolofchifeh; 7 bis 4 Sprachen: S 834 24) mit 4 athapaskilchen Sprachen; 7 Sprachen . . 2 2... F P | $835 25) mit 3 ee n5 5 Sprachen 8836 26) mit 2 hr s 5 Sprachen 8837 27) mit 1 er Sprache; 4 Sprachen . $ 838XI,28) die athap. Sprachen, " und Ticorilla, Kolofchifch; 8 bis 4 Sprachen . \ XI die athapaskilchen Sprachen, Kan! Kolofehifch; 7 bis 3 Sprachen: $ 839 29) mit 5 oder 4 athapaskifchen Sprachen; 7 oder 6 Sprachen . $ 840 30) mit 2 (auch 3) e a 3 (4) RT - $ 841 31) mit 1 athapaskilchen Sprache; 3 Sprachen B - Seite 277-282 283-285 284-285 236-287 " 286-287 288-289 283-289 288-289 290-291 290-291 292-293 292-295 294-295 296-297 296-297 298-299 298-301 300-301 300-301 302-303 302-305 304-305 304-305 306-307 306-307 306-309 308-309 308-309 Inhalts-Überficht XVI $842XII,32) Navajo und Ticorilla, Kinai, Kolofchifch; 4 Sprachen XIV die Kinai-Sprachen allein, Kolofchifch; $ 843 $ 844 $ 845 $ 846 $ 847 $ 848 Sprachen: 33) 6 Kinai-Sprachen; 7 Sprachen x 34) die 4 Kinai-Sprachen Wrangell’s; 5 Shrmcken ä 35) Inkilik, Inkalit und Kinai; 4 Sprachen . 36) Inkilik (felten Inkalit) und Kinai; 3 Sprachen 37) Ugalenzilch und Kinai; 3 Sprachen Rückblick auf den grofsen athapaskifchen Sprachltamm I — 7 bis 3 319 Seite 310-311 310-311 310-311 310-311 312 312 313 Berichtigungen. 5.177 No.206 ift ftatt dore (wie freilich Richardfon fchreibt) lieber zu [etzen: dore, wie ich auch S. 212 gethan habe. S.203 No. 997 knife in Col. Dogrib ift ftatt SW zu fetzen: SN, ftatt SC: SI. S.208 No. 1049 Mackenzie ift für naghun-chanotha zu letzen: naghur-ch. S.213 ilt bei grease Statt 725 zu letzen: 724, bei hat ftatt 724: 725. S.277 muls $ 814 nicht in Z.1 vor die IV, [ondern in Z.3 vor 4) geletzt werden. Über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsichen Staate insbesondere. Von y” H” DIETERICIL nrw [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 1. und 12. December 1853.] Wem Süfsmilch in der göttlichen Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechtes aus der Geburt, aus dem Tode und der Fort- pflanzung desselben erwiesen, bei den verschiedenen Lebensverhältnissen darzuthun sich bemüht, dafs ein allgemeines Naturgesetz den Verhältnifszah- len für Todesfälle, Geburten, Heirathen zum Grunde liege, und demgemäfs auch bei den Geburten (Theil I sechstes Capitel S. 227 der 4. Auflage) der Ansicht ist, dafs man für ganze Länder 26, 27 oder 28 Lebende auf Eine Geburt rechnen könne, so ist er bei dieser ganzen Darstellung doch gerade bei den Geburten bedenklich. Er wagt fast nur das genannte Zahlenver- hältnifs auszusprechen als das nach den damaligen, ihm bekannt gewordenen Verhältnissen wahrscheinliche, fügt aber mit der ihm eigenen Vorsicht und Sorgfalt hinzu, dafs die Frage noch nicht abgeschlossen sei, es müssten noch mehr Beiträge gesammelt werden, obige Durchschnittssumme beruhe zum Theil auf Angaben eines einzigen Jahres in fremden Ländern; die Grundlage seiner Annahme sind folgende von ihm in seinem Werke ausführlicher ange- gebene Zahlen. conf. $. 116. in 39 holländischen Dörfern, wie in 15 Dörfern bei Paris, wie in 10 brandenburgischen Städten, wie . in ganz Schweden, wie in England nach King in England nach Short R% Philos.- histor. Kl. 1855. Ss en DD WW e 332 Dierterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen in 1056 brandenburgischen Dörfern, wie 1 : 30 inRom;mie ı re We 009 va = eigen in Berlin, wie . . a en ae Hi: 98% meist 1 : 29 Die erste Ausgabe N göttlichen Ordnung von Süfsmilch erschien 1761, seine Studien liegen gegen jetzt etwa Ein Jahrhundert zurück. Da- mals hatte man über statistische Fragen der hier in Rede stehenden Art nur einzelne, meist aphoristisch zusammengebrachte Nachrichten, indefs bleibt für alle Zeit zu bewundern, wie Vieles Süfsmilch aus solchen Notizen mit Umsicht, Scharfsinn und Kritik herausgefunden hat. — Die Statistik hat erst im laufenden Jahrhundert einen neuen Auf- schwung genommen. Man hat jetzt aus vielen Staaten des gebildeten Europa vollständigere Nachrichten über die Zahl der Geburten gegen die gleichzeitig Lebenden; doch darf ich nicht unbemerkt lassen, dafs diese Nachrichten immer noch nicht vollständig sind und in manchen Ländern erst mit 1820, ja in manchen erst 1830 und später beginnen. Ich will versuchen aus den neuern vorliegenden Nachrichten Beiträge zur Beantwortung der Fragen zusammen zu stellen, ob und welches Verhält- nils zwischen der Anzahl der Geburten und der Lebenden stattfindet; wobei ich wiederhole, dafs nur von einem Theil der Staaten Europa’s zuverlässige Nachrichten vorhanden sind. Giebt es nach diesen Nachrichten ein allge- meines Naturgesetz, nach dem man etwa sagen könnte: es gilt für das Men- schengeschlecht die Regel, dafs auf je 26 oder je 30 Lebende Eine Geburt kommt? Wird es nach den natürlichen Verhältnissen der körperlichen und geistigen Entwickelung der Menschen, in der Welt überall zutreffen, dafs auf 26 oder 28 gleichzeitig Lebende Eine Geburt kommt, und wird wenig abwei- chend von diesem Verhältniss die Zahl in den einzelnen Ländern schwanken, weil sie der Natur der Menschen entspricht? So liegt es nicht. Allerdings kann man sagen, dafs ein gewisses natürliches Verhältnifs obwalten müsse. Es wird nicht vorkommen, dafs auf 5 oder 10 Lebende schon Eine Geburt kommt, oder umgekehrt auf 100 oder 150 gleichzeitig Lebende erst Eine. Gewisse Grenzen sind durch die natürlichen Verhältnisse gesetzt, aber diese Grenzen müssen weit gegriffen werden; sie schwanken, wenn nicht in ganzen Ländern, so doch in Distrikten zwischen 20 und 50. Die Civili- sation, der Wohlstand, die Sitte, die Lebensgewohnheit und die Lebensan- sichten, der Fortschritt in verständiger Auffassung der Verhältnisse und Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 323 in ethischer Bildung der Nationen sind für diese Fragen von entscheidendem Einflufs. England und Wales. Die Nachrichten über die Geburten sind in Schottland und Irland erst in aller neuester Zeit genauer ermittelt. Irland giebt wegen der zur Zeit aufserordentlich starken Auswanderung keinen sicheren Halt im Vergleich zur Bevölkerung; in Schottland sind die Parochialverhältnisse nicht so geordnet, dafs sichere Vergleichungen, auch nur wenige Jahre zurück, mit Zuversicht sich anstellen liefsen. In dem grofsen 1852 in 3 Bänden erschienen Werk „Census of Great Britain 1851” sind daher zu Vergleichungs -Verhältnissen nur die Bevölkerungen und Geburten von England und Wales mit Sicherheit zu benutzen. Nach diesen sind die Resultate seit 1841 folgende: Eine Geburt Zahl der berechnet sich auf Baar Einwohner FU RIESNERE nachstehende Zahl | Menschen I en Lem I 15,947,249 512,158 31,14 16,148,598 517,739 31,19 16,349,822 527,325 31,01 16,566,238 510,763 30,63 16,786,194 543,521 30,88 17,018,600 572,625 29,72 17,236,817 539,965 31,92 MIA Denen. anenennesewesunsusnnetntannnadsnnennezuos 17,376,386 563,059 30,86 EITHER EEE 17,571,744 578,159 30,39 ER ee 17,735,871 593,422 29,89 Im 10jährigen Durchschnitt 30,76 Bemerkung. Die Zahlen der Einwohner und der Geburten sind entnommen aus dem Werk’',‚Census of Great Britain, 1851. Population Tables I Numbers of the inha- bitans in the Years 1501, 1811, 1821, 1831 18/1 und 1851. Vol. I. 1852.” und zwar: die Einwohnerzahlen Seite XXIX und die Geburtenzahl Seite CXXXI. Hiernach wäre der Durchschnittt auf 30,76 Lebende Eine Geburt. Es befinden sich in dem oben erwähnten grofsen englischen Werke, soweit dasselbe erschienen ist, bis jetzt distriktweise die Geburten noch nicht mitgetheilt. Diese sind zwar in den Annual Reports of the Registrar- General of Birihs, Deaths and Marriages, in England Jahr für Jahr nach Ss2 394 Dıirrterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen den 11 Distrikten, nach welchen in der Regel England statistisch eingetheilt wird, enthalten; bei diesen Angaben fehlt aber die Bevölkerung für jeden Distrikt. Indessen vermag ich für das Jahr 1844 aus dem Census of Great Britain 1851 S. CCVIH und CCIX die Population für diese 11 Distrikte zu ergänzen, und stellen sich die Bevölkerungs -Verhältnisse und die Zahl der Geburten der Distrikte, wie folgt: Regel statistisch eingetheilt wird, hatte im Jahre 1841 Auf nachstehende in den Distrikten Einwohner Geburten an. rauen berechnet sich Eine Geburt enden... 1,948,417 58,362 33,39 2. South Eastern. 1,479,863 43,731 33,84 3. South Midland.. 1,141,494 37,333 30,58 ABasternnee. ee 1,040,616 32,197 32,32 | 5. South Western 1,740,032 51,844 33,56 6. Western ........... 1,902,125 61,650 30,85 7. North Midland 1,110,203 36,591 30,34 8. North Western 2,067,009 75,539 27,36 9,, VWork..aech.e 1,584,116 54,210 29,22 10. Northern............ 826,710 28,339 29,17 11. Welsh... 1,068,547 32,362 33,04 Quelle. Die Einwohnerzahlen sind entnommen aus dem Werke: Census of Great Britain, 1851. Seite CCVII. Die Zahlen der Geburten befinden sich aufgezeichnet Seite 20 im Annual Report of the Registrar-General of Births, Deaths and Marriages in England. Wenn in den 10jährigen Verhältnissen von ganz England und Wales die Grenzen der Geburten gegen die Bevölkerung liegen, zwischen 29,72 und 31,92, so die Grenzen in den Distrikten zwischen 33,54 und 27,36, Letzteres in North Western Division (enthaltend Cheshire und Lancashire) und Ersteres, d. i. 33,34 in South Eastern Division (Berkshire, Hampshire, Sussex, Surrey und Kent, beide letztere ohne Hauptstadt.) Ja, Herr Graham giebt in dem 5ten Annual Reports Seite 53 die Verhältnifszahl der Geburten zu den Le- Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 325 benden für die 3 Jahre 1839, 1840 und 1841 nach den einzelnen Grafschaf- ten (Shires), wie die Anlage zeigt: Eine Ge- Bevölke- burt auf rung auf nachste- \Jer geogra- Wichtigere Städte. hendeEin-| |. pbischenQ - wohner- Meile. zahl 4. London er... 1 33 2. Surrey (part Of)... 37 15,748 |Soutwark,Guiltford,Epsom, Kingston. 3. Kent (except Greenwich)| 34 8,514 ‚Canterbury, Rochester. AS A 34 4,929 Brigthon, Lewes, Hastings, Arundel, Chichester. 5. Hampshire... 36 5,204 Portsmouth, South-Hampton, Win- chester. 6. Berkshire... 34 5,574 |Beading, Hungerford. 7. Middlesex (part of).......... 39 6,000 Stratford , Uxbrigde (die Bevölkerung ohne London ist geschätzt). 8. Hertfordshire ......... 31 7,032 St. Abans, Hertford. 9. Buckinghamshire 3l 4,121 Aylesbury, Buckingham. 10. Oxfordshire ......... 32 4,820 Oxford, Wootstock. 11. Northamtonshire 29 4,464 |Northamton, Roothwell. 12. Huntingtonshire................ 28 3,503 |Huntington, Ramsey. | 13. Bedfordshire 28 5,908 |Bedford, Woburn. 14. Cambridgeshire 29 4,731 |Cambridge, Newmarket. | NEE 33 4,809 \Colchester, Chelmsford, Harwich. 16. Suffolk ............... 32 4,596 |Ipswich, Bury, St. Edmunds. 17. Norfolk ............ 34 4,421 |Norwich, Harling. 18. Wiltsbire... nenn 34 4,063 |Cricklade, Salzburg, Marlborough. 19. Dorsetshire.......nn. 33 3,864 |Dorchester, Shaftsbury. 20. Devonshire .........ann.... 36 4,684 ‚Plymouth, Weymouth, Exeter. ' lo Earl 30 5,650 jFalmouth, Bodinin. | 22. Somersetshire...... R 34 5,910 ‚Bath, Taunton, Bristol, Bridge. 23. Gloucestershire ..............) 34 7,004 ‚Gloucester, Cheltenham, Hampton. 24. Herefordshire ............ 2 WArE:T) 2,479 Hereford, Rofs. 25. Shropshire..... une. 37 3,943 |Wendlock, Shrewsbury, Newport. 26. Worcestershire................ 28 7,715 |Worcester, Evesham. 27. Staffordshire 27 11,715 |Wolverhampton, Stafford, Leek. 28. Warwikshire 30 11,214 |Birmingham, Warwik, Stratford. 29. Leicestershire ......... 30 6,173 |Leicester, Ashby. 30. Rutlandshire ....................... 32 2,482 |Oakham, Uppingham, 34-Lincolnshirer..su..zi...r 3l 3,123 |Lincoln, Boston. 32. Nottinghamshire 30 8,087 |Nottingham, Southwell. 83. Derbyshire....unneeen 31 5,375 ‘Derby, Chesterfield. 134. Gheshirer..:.:s# 224; 31 | 8,605 \Stockport, Chester, Northwich. 336 Dierterıcıüder die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Buzz Bevölke- burt auf Tung auf nagheie. der geogra- Wichtigere Städte. hende Ein- L phischen Puclinge= Q.-Meile. zahl. 35. Lancashire.......u....... 27 24,816 |Manchester, Lancaster, Liverpool, Breston. = a Leeds, York, Hull, Sheffild, Halifax 36. West-Riding Aa IR! Bradford, Scarborogh, Siby, Abber- 37. East-Riding fYorkshire| 34 6411 | Gord Wackefild.D SO Hudd 38.North- Riding 33 ord, VVackelild, oncaster,Hudders- R Do field, Richmond. 392Durham er ne es 27 9,057 Sunderland, Durham, Stockton. 40. Northumberland ................ 3l 3,315 [Newcastle, Belford, Berwick. 41. Cumberland................ 33 2,348 |Carlisle, Whitehaven. ‚42. Westmoreland........... .... 35 1,633 \Appleby, Kendel. Monmoutshire ............ 29 7,578 Newport, Monmouth. 44. South-Wales.............. 32 3,088 Merthyr-Tydfil. las. North -Wales ..................... 38 2,803 ‚Caernarvon. Die Grenzen der Geburten liegen zwischen 1 : 39 Herefordshire und part of Middlesex (ohne London) gegen 1: 27 Staffordshire, Lancashire, West-Riding, Durham. Die Tabelle zeigt zugleich, dafs die Dichtigkeit der Bevölkerung in England keinesweges dahin führt, dafs die Verhältnifszahl der Geburten ab- nähme. Sehr dicht bevölkerte Gegenden haben eine starke Verhältnifszahl von Geburten; Lancashire mit mehr als 20,000 Einwohner pro Quadratmeile 1 : 27, Staffordshire mit mehr als 11,000 auf der Quadratmeile auch 1 : 27; wogegen Westmoreland mit nur etwas mehr als 1,600 auf der Quadratmeile 1:35, Cumberland mit etwas über 2,300 1:33. Umgekehrt kann man aber auch wieder nicht sagen, dafs mit der Dichtigkeit der Bevölkerung die Zahl der Geburten stiege, denn Surrey, Kent mit resp. 18,000 und 8—9,000 haben ein Verhältnifs von 1: 37 und 1 : 34. Man könnte der Ansicht sein, dafs Gegenden der Fabrikation viel, und Ackerbau-Dristrikte wenig Geburten hätten, und Lancashire und Staffordshire scheinen dies im Vergleich mit Westmoreland und Cumberland zu bestätigen. Aber der sehr industrielle Bezirk Warwick mit Birmingham hat ein Verhältnis, nur wie 1 : 30, Surrey und Kent sind sehr fabrikreich und haben ein Verhältnifs wie 1 : 37 und 1 : 34, also wenig Geburten. Staaten Europa’s überhaupt, und impreufsischen Staateinsbesondere. 327 Frankreich. In Frankreich ist die Anzahl der Geburten die geringste in Europa, wie denn kein Land in der Population so langsam fortschreitet als Frankreich. Für das ganze Land ergiebt der 10jährige Durchschnitt, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, ein Verhältnifs wie 1 : 36,19, und es schwanken die Diffe- renzen zwischen 1 : 35,04 und 38,62. Zahl der k Menschen, auf Zahl der Einwohner. | Zahl der Geburten. welche kommt Eine Geburt. 34,464,495 982,896 35,06 34,698,812 983,107 35,30 34,933,129 967,324 36,11 35,167,446 992,033 35,45 35,401,761 983,473 35,90 35,477,734 918,581 38,62 35,553,707 948,748 37,47 35,629,680 995,466 35,79 35,705,653 962,972 37,08 10jähriger Durchschnitt. 36,19 34,230,178 976,929 35,01 | Nach dem Annuaire publie par le bureau des longitudes. Die Jahre 18/41 und 1846 sind Jahre, in denen Volkszählungen stattgefunden haben ; für die übrigen Jahre sind die Zahlen der Einwohner interpolirt. Es ist die Differenz der Einwohnerzahl zwischen den Zählungen 1841, 1546 und 1851 auf die Zwischen- jahre gleichmälsig vertheilt worden. Vergleicht man aber die einzelnen Departements, so zeigen sich aufser- ordentlich viel gröfsere Schwankungen. Die nachfolgende Tabelle ergiebt die Zahlen vollständig. 3938 Diererıcıüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Einwohnerzahl. Zahl der — Menschen , Departement im Jahre im Jahre 1845 Fi ne und volkreichste Stadt desselben. Be überhanpt. 1a TC EIRn Eine Geburt. a AN (DO) an ar Berne car 3,499 367,362 10,778 34,08 2. Aisne (St. Quentin)... 4,094 557,422 14,307 38,96 3. Allierx(Moulis)eree en: 2,489 329,540 10,659 30,92 4. Alpes (bas) (Manosque)............ 1,126 156,675 4,588 34,15 5. Alpes (hautes) (Gap)...... ”= 1,309 133,100 4,123 32,28 6. Ardeche (Annonay,)..... ER 3,856 379,614 12,478 30,42 7. Ardennes (Sedan)...... ar 3,563 326,823 8,265 39,54 8r-Arjese (Bamiers)).meneremeereee 2,771 270,535 7,741 34,95 92Aube (Troyes)an®...e.ne 2,384 261,881 6,221 42,07 10. Aude (Carcassonne)... 11. Aveyron (Rodez).... 2,517 289,661 7,970 36,34 5 2,452 389,121 11,647 36,41 12. Bouch-du-Rhöne (Marseille)... 3,910 413,918 13,590 30,46 13. Calvados (Caen)............- 4,725 498,385 9,916 50,26 Wcantal(Ausllace re 2,421 260,479 6,963 37,1 15. Charente (Angouleme)............. 3,568 379,031 8,904 42,57 16. Charante-Inferieur (Rochefort) 3,598 468,103 11,221 41,2 114.Cher.(Bournzes)eRr................00.he 2,270 294,540 10,502 28,05 183GCorreze (DNME)BE..........2% 2,960 317,569 9,621 33,01 199Gorse (Bastia)ecenn en een 1,322 230,271 6,793 33,90 20. Cöte-d’Or (Dijon) 2 2,505 396,524 9,725 40,77 21. Cöte-du-Nord (St. Brieux)......... 4,665 628,526 19.200 32,74 22. Creuse (Aubusson).............- 2,718 285,680 8,277 34,51 | 23 Dordogne (Perigueux).......... 3,076 503,557 14,043 35,86 24. Doubs (Besancon)................ 2,974 292,347 8,141 35,91 25. Dröm (Valence)...... x 2,653 320,075 9,062 35,32 26. Eure (Evreux).... 3,660 423,247 8,455 50,06 27. Eure-et-Loire (Chartr es)... Bea 2,684 292,337 7,311 39,9 28. Einistere (Brest)... 4,888 612,151 21,871 27,99 DIN Gard (NImes) ee 3,734 400,381 13,266 30,18 30. Garonne (H) (Toulouse)............. 4,113 481,938 11,798 40,85 SleiGers (Auch)r.2. nn EN 2,704 314,885 6,394 49,25 32. Gironde (Bordeaux)... ” 3,114 602,444 14,452 41,69 33. Herault (Montpellier)... 3,385 386,020 10,854 35,56 54. Ille-et-Vilaine (Rennes)................ 4,623 35.Indre (Chäteauroux)......... > 2,126 36. Indr eet-Loire (Tours)...... 2,827 37. Isere (Grenoble).............. m. 3,936 38. Jural(Dole)eee re 3,415 3 9.Tandes (lan) run 1,841 40. Loir-et-Cher (Blois)............. 2,383 562,958 16,667 33,78 263,977 8,190 32,23 312,400 7,110 43,94 598,492 17,125 34,9 316,150 8,215 38,18 298,220 9:067 32,89 256,833 7,518 34,16 Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 329 Departement und volkreichste Stadt desselben. 41.Loir (St. Etienne)............. habe 42. Loir (Haute) (Le Puy).............. 43. Loire-Inferieure (Nantes)... 44. Loiret (Orleans) 45. Lot (Cahors).... Re 46. Lot-et- Garonne (Agen).. 47. Lozere (Mende)...........ssesssenereosen 48. Maine-et-Loire (Angers)... 49 Manche (Cherbourg).......... Ä 50. Marne (Reims)... 51. Marne (Haut) (Langres).... 52. Maynne,(laval)........useonseeseeenarenne 59. Meuxthe, (NAaney))..-ceaeassernseerengseenze 54. Meuse (Bar-le-Duc) 55. Morbihan (Lorient)..... 56. Moselle (Metz)........... BIINIEvNENEVELS)Rerenennerearnressnensuen BERNordI IH le nn... 59. Oise (Beauyais)....... 60. Orne (Alencon)............... . Pas-de-Calais (Boulogne).. 2. Puy-de-Döme (Clermont)........ . Pyrenees (Bas) (Bayonne).............. . Pyrenees (Haut) (Tarbes)................ . Pyrenees-(Orientales)(Perpignan) .Rhin (Bas) (Strassburg)... .Rhin (Haut) (Mühlhausen) ne. TH LT er nn . Saöne (Haut) (Gray)......... . Saöne-et-Loire (Chälon) . Sarthe (le Mans).................. NSeiner(Banıs)e Ar einen . Seine-et-Marne (Melun)........... . Seine-et-Oise (Versailles)...... 75. Seine-Inferieure (Rouen)... 76. Sevres (Deux) (Niort)........... 77. Sommes (Amiens).........unenee 78. Tarn (Castres) 79. Tarn-et-Garonne (Montauban)...... BOSVarl(Koulon) ze sn Philos.-histor. Kl. 1855. Einwohnerzahl. Zahl der 3 An Img Menschen, R Zahl der auf welche im Jahre Jahre 1845| Geburten schihe3 de En überhaupt. 1845 rechnet Q.-Meile. überhaupt. Ei ine Geburt. 5,228 453,786 14,888 30,48 3,371 307,161 9,280 33,10 4,161 517,265 14,990 34,51 2,775 331,633 10,277 32,27 4,101 294,566 7,494 39,31 3,905 346,260 6,891 50,25 1,558 143,331 4,366 32,83 3,935 504,963 12,114 4l,cs 4,879 604,024 13,865 43,56 2,497 367,309 9,939 36,96 2,326 262,079 6,321 41,46 3,961 368,439 9,856 37,38 3,929 445,991 12,542 35,56 2,984 325,710 8,749 37,3 3,848 472,773 14,425 32,7 4,135 448,087 13,523 33,13 2,614 322,262 10,719 30,06 10,930 1,132,980 36,041 31,44 3,809 406,028 9,761 Al,oo 3,741 442,107 8,526 50,09 5,678 695,756 19,198 36,21 4,123 601,594 15,906 37,82 3,245 457,832 11,400 40,16 2,964 251,285 6,267 40,10 2,427 180,794 6,487 27,87 7,724 580,373 20,952 27,70 7,074 487,208 17,323 28,12 11,663 545,635 16,549 32,97 4,119 347,096 9,780 35,49 3,677 565,019 16,981 33,27 4,060 474,876 10,857 43,74 168,891 1,364,933 42,648 32,00 3,177 340,212 8,745 38,90 4,509 474,955 11,428 41,56 7,042 758,852 | 21,429 35,11 3,034 320,685 8,466 37,88 5,180 570,529 14,804 38,54 3,454 360,679 9,947 36,36 3,676 242,498 5,462 44,40 2,692 349,859 9,599 36,45 Ti 330 Dirrerıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Einwohnerzahl. Zahl der Zahlldee Menschen , auf welche Departement im Jahre im Jahre 1845 Geburten be. | und volkreichste Stadt desselben. 1851 pro h 1845 2 überhaupt. L rechnet Q.-Meile. überhaupt. : Eine Geburt. | 81. Vaucluse (Avignon)... nee. 4,309 259,154 8,172 ala | | 82. Vendee (Fonteney)...... 3,117 376,184 11,497 32,714 | 83. Vienne (Poitiers).......... 2,522 308,391 8,117 37,99 84. Vienne (H.) (Limoges) 3,140 314,739 10,733 29,32 85.8V/.osees’(Epınaljk nenn. Lt ne 3,989 427,894 11,759 36,39 86.’Yonne (AUZEITE)..- nenne 2,868 374,803 9,632 38,91 Hier sind die Differenzen von 1 : 27,70 Niederrhein mit Strafsburg, 1:27,57 in den Pyrenees orientales mit der Hauptstadt Perpignan und 1 : 27,99 Finistere mit Brest; gegen 1 : 50,09 Departement Orne mit Alencon, 1 : 50,06 Departement Eure mit Evreux, 1 : 50.25 Lot-et-Garonne mit Agen, 1 : 50,26 Departement Calvaldos mit Caen. Auch hier ist keinesweges die Dichtig- keit der Bevölkerung, welche viel Geburten hervorruft. Der Niederrhein mit Stralsburg hat viel Geburten, bei 7724 Einwohnern auf der Quadrat- meile, aber die Ost-Pyreneen mit Perpignan haben ein eben so grofses Ver- hältnifs der Geburten und nur 2427 Einwohner auf der Quadratmeile; das Departement Orne hat eine mittlere dichte Bevölkerung von 3741 und ein Verhältnifs der Geburten wie 1 : 50,09. Es geht auch nicht nach den Fabri- kations-Gegenden. In dem fabrikreichen Departement Oberrhein mit Mühl- hausen sind sehr viel Geburten 1 : 28,12, wogegen in dem sehr fabrikreichen Departement der Ardennen mit der aufserordentlich lebhaften Tuchfabrikation in Sedan das Verhältnifs nur ist 1 : 39,54. Man rühmt sich in Frankreich des geringen Fortschritts der Bevölke- 8 rung und der geringen Anzahl der Geburten. Es geht durch das ganze Land die Ansicht, dafs nicht mehr als zwei Kinder in der Ehe sein müfsten. Fran- eis d’Jvernois hat sich in mehreren Schriften von dem Gesichtspunkte aus, dafs wenige Kinder in der Ehe wünschenswerth seien, über diese Zahlenver- hältnisse ausführlich geäufsert. Der Sinn des Volkes, dafs wenig Geburten vorkommen mögen, ist in Frankreich in einzelnen Provinzen heimisch und gesteigert. So namentlich in der alten Normandie, wie die Zahlen der Ge- Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 331 burten in den Departements Calvados, Orne, Eure darthun. Ich bin auf dieses Verhältni(s zuerst von meinemFreunde, dem Akademiker Hrn. Villerm& in Paris aufmerksam gemacht worden. Oben erwähnte Zahlen bestätigen die Ansicht Villerme’s. In den von Guizot angeregten historischen Studien widmet man auch diesen Verhältnissen, aus der früheren Zeit, jetzt grölsere Aufmerksamkeit, Herr Villerme hat mir gesagt, dafs ein grölseres historisch- statistisches Werk der Normandie gerade in dieser Richtung vorbereitet werde. In einem Annuaire der Normandie finde ich das Verhältnifs schon für 1721 auf 1 : 44 berechnet; le Pecg de la Cloture, den mir Herr Villerme nannte, hat in seinem im Jahre 1778 erschienenen Werke: Collection d’obsersations sur les maladies et constilulions epidemiques für die Normandie, nur Sterb- lichkeits- nicht Geburts-Verhältnisse angegeben; er sagt sogar Th. I. S. 37: les Normands sont generalement feconds et enclins ä la r&production de l’es- pece, welches den Zahlenverhältnissen jetzt und bis 1721 zurück widerspricht. Belgien. Das kleine Belgien ist viel dichter bevölkert als Frankreich und Eng- land. Es hat 8245 Menschen auf der Quadratmeile im Gesammtdurchschnitt. Ginge die stärkere Zahl der Geburten nach der Dichtigkeit der Bevölkerung, so mülste Belgien eine viel gröfsere Verhältnifszahl der Geburten zeigen als Frankreich oder England, vielleicht 1 : 20 oder 1 : 25; steigerte sich umge- kehrt die Verhältnifszahl der Geburten, wenn wenige Menschen auf der Quadratmeile wohnen, so müfste der Durchschnitt von Belgien viel weniger Geburten zeigen als Frankreich und England, vielleicht auf 40 bis 50 Men- schen erst Eine. Keines von Beiden ist der Fall, Belgien hat im Gesammt- durchschnitt weniger Geburten als England, mehr Geburten als Frank- reich. Das 10jährige Verhältnifs ist 1 : 33,15, wie die nachfolgende Tabelle zeigt. 12 333 Dirrterıcrüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen En EEE Eine Geburt Im Jahre. Zahl der Zahl der Geburten. berechnet sich auf Einwohner. nachstehende Anzahl Menschen. 4,138,382 138,135 29,96 4,172,706 135,027 30,00 4,213,863 132,911 31,70 4,258,426 133,976 31,78 4,298,562 137,012 31,37 4,337,048 119,610 36,26 4,338,447 118,106 36,73 4,359,090 120,383 36,21 ISIN. en hkensnncanesssiac hier BE 4,380,239 133,105 32,91 Te Try Selena Be 4,426,202 131,416 33,68 Im 10jährigen Durchschnitt 33,15 Statistique generale de la Belgique. | Expos£& de la situation du Royaume. (Periode decennale de 18411—1850. Bruxelles. — Imprimerie de Th. Lesigne 1852). Die Zahl der Einwohner findet sich aufgezeich- net: Titre II. Population S. 4 und 5; die der Geburten S. 22. | Das umfangreiche, ausgezeichnete Werk, welches 1852 unter dem Titel: Statistique generale de Belgique in Brüssel erschienen ist, giebt die Verhältnisse genau auch nach den Provinzen. Sie sind mit der Angabe der Dichtigkeit der Bevölkerung auf der Quadratmeile in der nachfolgenden Tabelle berechnet. Nach 10jährigem lan Einwohner pro [Durchschnitt berech- Provinzen. Jahre 1850. geographische nete sich Eine Ge- Q.-Meile. burtaufnachstehende Einwohnerzahl. Antwerpen... 420,556 8,146 32,97 Brabant Na ee 734,617 12,276 30,50 West-Flandern .............. 631,137 10,706 34,09 Ost-Flandern ................. 783,450 14,338 35,29 Hennegau 733,740 10,817 33,30 Lüttich ........ 467,843 8,872 31,43 Limburg 188,198 4,279 35,29 Vnxembure nme 192,588 2,392 32,7 Namund ae. 274,073 4,107 33,33 Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 333 Die Schwankung ist von 30,s0 in Brabant zu 35,29 in Ost-Flandern und Limburg; Letzteres hat 4279 Menschen auf der Quadratmeile, Brabant 12,276, Ost-Flandern 14,338. Von diesen 3 Provinzen haben die dichteste und schwächste Bevölkerung Ost-Flandern und Limburg verhältnifsmäfsig wenige Geburten; das in der Mitte liegende Brabant vielmehr. Brabant und Ost-Flandern sind voller Fabriken, Limburg nicht. Also auch in Belgien scheint die Beschäftigung der Menschen, ob gewerbliche oder fabrikative oder landwirthschaftliche nicht über die Verhältnifszahl der Geburten allein und überwiegend zu entscheiden. Niederlande. In den officiellen Tabellen wird die Bevölkerung ohne Limburg und Luxemburg angegeben: für #830lauf md yaondala.sı.) 427,206; fürs ati er 266355: für 41850 aufs "rer lan EEE Für 1830 finden sich in den officiellen Jahrbüchern, die ich habe er- halten können, keine Angaben der Geburten, welches aus den damaligen politischen Verhältnissen der Niederlande sich wohl erklärt. In dem Jahr- buch von 1840 sind die Geburten angegeben auf 101,312, welches sich zur Bevölkerung verhält, wie 1 : 26,29. In den neuesten officiellen Tabellen werden die Geburten von den sechs Jahren 1844 bis 1849 folgendergestalt angegeben. im Jahre 1844 .. . . .....:103,334, NN. 2. 408:986 er BB N a9, I BAT. 2 2 8 5 MRSARn. spiele, 9 DEV EBAB I 2 ei 0A Es ist aber ausdrücklich bemerkt, dafs die Zahl der Geburten ohne Todtgeborene ist. Da aber alle übrigen Angaben, die ich vergleichen werde, die Todtgebornen mitenthalten, so wird es nothwendig sein, diese hinzuzu- zählen. Für 1849 sind mit den Todtgebornen in dem Statistik Jaarboekje voor het Koningrijk der Nederlanden. Tweede Jaargang angegeben 110,919. 334 Dierzriıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen In den anderen officiellen Tabellen in grofs Folio, die den Titel führen: „Uitkomsten der derde Tienjarige Volkstelling in het Koningrijk der Neder- landen op den Negentienden November 1849” sind die Geburten für 1849 ohne die Todtgebornen Seite IX. angegeben auf 104,449. Die Differenz von 104,449 und 110,919 ist 6,470 d. h. 6 pCt. von 104,449. Diese Ver- hältnifszahl bestätigt sich auch aus anderen Angaben in den genannten beiden Schriften. Durch Hinzurechnung von 6 pÜCt. ergiebt sich hiernach die Ge- sammtzahl der Geburten in den Niederlanden: für 1844.12 2. EU ASS, 1843 11.1 ee: oe SSURTBAER N) in nm, TER NEL LR ZU. 1 10% Pr a SABRINA 33 14849) ur. 7 00 Ferner kommt es zur Kerlerchne der Geburten gegen die Bevölke- kerung darauf an, die Bevölkerung der Jahre 1844 bis 1849 festzustellen, da solche nur 1840 und 1850 gezählt ist. Da es für die Verhältnifszahl auf äufserste Genauigkeit nicht ankommt, so wird es genügen, von der Diffe- renz der Gesammtbevölkerung zwischen 1840 und 1850 den 10ten Theil als jährlichen Zuschufs zu berechnen. Hiernach waren die Bevölkerung der Niederlande excl. Limburg und Luxemburg und die Geburtsverhältnisse folgende: Eine Geburt kommt auf nachstehende Im Jahre. Bevölkerung. Geburten. Anzahl Menschen. 1844 0. 2,7873070.°.°. 2, LOMABS er NED. 00, 1845... 2,776,460: .*. © . 110,225 eu 2a, 1846 ..'.12795,202.2°. . . 10704 8 208 270m 1847... vr 814,042 7. : . * I2DAUD. ur 202 30.0, 1848. 2,832, 831 a 2 TESTER. 2 23R08 1849 „2°? 9%851,618. 27. . . IR II ar 8 2a im Darehsenie)) ATsıse Nach den Provinzen berechnen sich für das Jahr 1849 folgende Ver- hältnisse: Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 335 Niederland im Jahre 1849. Einwohnerzahl Einwohnerzahl, Provinzen. auf der Zahl der auf welche sich be- geograph. überhaupt. rs rechnet Eine Geburt. Q.-Meile. Nordbrabaut............... 4,255 396,420 11,621 34,11 Geldern 4,011 370,716 12,485 29,69 Süd-Hollande. 10,184 563,425 23,796 23,68 Nord-Holland............ 10,495 477,079 18,583 25,67 ER 5,308 160,295 6,797 23,58 Utrecht 5,972 149,380 5,539 26,97 Eriesland ma 2 4,153 247,360 8,658 28,57 Ober- Yssel.. 3,506 215,763 7,308 29,52 Gröningen.... 4,418 188,442 6,894 27,33 Drenthe ..... “ 1,709 82,738 2,770 29,87 Himbureus...22 0... 5,107 205,261 6,468 31,73 Anmerkung. Die officiellen Tabellen grofs Folio, betitelt: „Uirkomsten der derde Tienjarige Volkstelling in het Koningrijk der Nederlanden op den Negentienden No- vernber 1849” geben die in vorstehender Übersicht enthaltenen Zahlen der Einwohner überhaupt, wie der auf der Quadrat-Meile lebenden Seite II. an. Die Zahl der Geburten findet sich aufgezeichnet in dem Statistisch Jaarboekje voor het Koningrijk der Nederlanden, Tweede Jaargang 1851. Seite 9. Man kann hiernach den Durchschnitt annehmen für Niederland in run- der Summe wie 1 : 27 mit einer Schwankung nach den Provinzen wie 1: 23 und 1: 34. Seeland I Die Schweiz, Es ist in neuerer Zeit eine Statistik der Schweiz von Stephan Frans- cini, schweizerischem Bundesrath, erschienen, welche grofsentheils officiellen Charakter hat. Die Geburten sind Seite 83 der Ausgabe von 1851 nur von einigen Kantonen angeführt. Indessen sind diese Zahlen der Geburten meistentheils aus einer Reihe von Jahren entnommen, so dafs nur nach Durchschnitten gerechnet werden kann. Auch scheinen die Angaben für Schwyz und Lu- cern nicht sicher, wie ich denn auch für Neuenburg die officiellen Nachrich- ten im statistischen Büreau für das Jahr 1846 suppeditirt habe. 336 Dierrterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Hiernach ist die nachfolgende Tabelle zusammengestellt. Zahl der Einwohner —— —— — —_ ——n Zahl der Menschen, Namen der Kantone, auf der a auf welche kommt geograph. überhaupt. N Eine Geburt. Q.-Meile. TRan er 5,782 | 91,535 2,742 33,4 4,629 169,625 5,606 30,3 8,204 250,678 9,975 25,1 4,808 69,674 2,324 30,0 3,581 446,523 18,595 24,0 4,892 68,247 2,028 33,7 12,757 61,871 1,729 35,8 3,228 93,889 3,651 25,7 8,042 199,852 6,212 32,2 3,753 196,595 6,245 31,5 | en Kae aeeleees 27,89 Anmerkung. Neue Statistik der Schweiz von Stephan Franscini, 1851. In diesem Werke, welches grofsentheils officiellen Charakter hat, finden sich Seite 83 von vorstehend angeführten Kantonen die Geburten angegeben. Indessen sind diese Zahlen meistentheils aus einer Reihe von Jahren entnommen, so dals nur | nach Durchschnitten gerechnet werden kann. Die Angaben für Schwyz und Lucern scheinen unsicher und sind hier weggelassen. Für Neuenburg sind die officiellen | Nachrichten im statistischen Büreau für das Jahr 1846 suppeditirt. Im Ganzen berechnet sich hiernach ein Verhältnifs von 1 : 27,89. Francis dJvernois giebt in seiner kleinen Schrift: Enquete sur les causes patentes ou occultes de la faible proportion de naissances a Montreux, das Gesammtverhältnifs der Geburten gegen die Bevölkerung in der Schweiz auf 4 : 28 an, welches mit obigem Durchschnitt übereinstimmt. Ebenso rechnet Bernouilly. Herr d’Jvernois bemerkt in der oben erwähnten Schrift: dafs in dem Dorfe Montreux, welches meist aus Weinbauern besteht, ein jeder dieser Bauern einen kleinen Theil eines Weinbergs als Eigenthum besitze, (der Ort liegt am östlichsten Rande des Genfer See’s) das Verhältnifs der Geburten zu den Lebenden sei 1 : 46, Herr d’Jvernois lobt dies Verhält- nifs; nach der Auskunft des Ortspredigers gäbe es in Montreux keinen Ar- men, sehr viel alte Leute. Auf die Anfrage des Herrn d’Jvernois, woher Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 337 das glückliche Verhältnifs der so wenigen Geburten komme, habe ihm der Ortsgeistliche geantwortet: „La cause patente, prepond£rante, et a mes yeux suffisante pour l’ex- pliquer, est une tendance tres prononcee, generale et deja ancienne, & ajour- ner le plus possible l’epoque du mariage. De generations en gen£rations, notre jeunesse est fortement exhortde par les vieillards, a ne point y songer avant d’etre en etat, soit d’en soutenir les charges, soit d’elever ses enfans dans la crainte de Dieu, et de soigner assez leur education pour qu’ils ne fassent jamais deshonneur ä la famille.” (S. 12.) Herr d’Jvernois giebt an (Seite 31), dafs man im Kanton Thurgau durch ein Gesetz bestimmt habe, dafs Niemand Genehmigungzur Verheirathung bekomme, wenn die Verlobten nicht aufser einem guten Sittenzeugnifs, ein Vermögen von 700 Franken, Kleidung nicht gerechnet, aufzeigen können, und dafs sie überhaupt den nöthigen Nachweis des zur Erhaltung einer Fa- milie nothwendigen Einkommens führen müssen. Herr d’Jvernois bezieht sich, jene Gesetze Thurgau’s lobend, auf die Meinungen des Aristoteles und Plato, denen auch Ricardo und Say sich anschlössen;, als Prineip aufstellend, „que la societe a le droit de reculer plus ou moins l’äge des conjoints.” Plato hat News: VI (am Schlusse des Buchs) eine Ausführung, nach welcher der Mann zwischen 30 und 35, die Frau zwischen 16 und 20 Jahre alt sein sollten, wenn sie heirathen. Die Vorschriften Plato’s gehen, wie in dem ganzen Abschnitt an mehreren Stellen ausgesprochen und angedeutet ist, da- hin, dafs die Ehe so gegründet werden müsse, dafs eine kräftige Nachkom- menschaft erzeugt werde. Plato will, dafs wenn die Ehe Kinder giebt, nach 10 Jahren die Eheleute nicht weiter in ehelicher Gemeinschaft leben dürften. Unfruchtbare Ehen sollten getrennt werden. In der Republik (V.) will Plato in seinem vollkommenen Staat, die Weiber sollen vom 20sten bis 40sten, die Männer vom 30sten bis 5östen Jahre Kinder zeugen. Aristoteles verlangt Politik VII., dafs der Mann 37, das Mädchen nicht unter 18 Jahren bei der Verheirathung seien. Aristoteles rechnet, dafs der Mann bis 70 Jahren, die Frau bis 50 Jahren in dem Alter seien, Kinder zu erzeugen, von resp. 70 und 50 liegen 35 zurück 35 Jahre und 15, für 15 ist 18 gewählt. Plato hat ähnliche Gedanken. Beide Philosophen wollen die Verheirathung ziemlich gleich weit ab von dem Endtermine der Zeugungskraft stellen, auch Hesiodus sagt eoya Au Auegau. V. 695 bis 700: der Mann müsse, wenn er sich verheirathen Philos.- histor. Kl. 1855. Uu 338 Dierterıcrüder die Anzahl der Geburten in den verschiedenen wolle, mindestens 30 Jahr alt sein, die Mädchen sollen erst 4 Jahr nach dem Eintritt der Pubertät in die Ehe treten dürfen. Die griechischen Philoso- phen gehen in ihren Vorschlägen von der antiken Auffassung des Staats aus, nach der Alles für den Staat, zum Zwecke des Allgemeinen geschehen soll, während die christliche Auffassung die Person, die persönliche Freiheit, die persönliche Entwickelung des Einzelnen als Hauptzweck des Lebens und aller gesellschaftlichen Einrichtung hervorhebt. In Rulsland wird in der Bevölkerung, insofern sie der griechischen Kirche angehört, nach officiellen Zählungen von Schubert angegeben: 1825 Einwohner 40,934,760, Geburten 1,705,514, Verhältnifs 1 : 24. 1828 h 42,096,000, a 1,771,346, + 17 23488 1830 5 43,292,000, kr 1,844,266, ” 1: 23,5. Bei den Zuständen in Rufsland halte ich die Zahlen nicht für unbe- dingt sicher, glaube aber 1 : 24 als Durchschnitt annehmen zu können. Für Schweden giebt Forsell Statistik für Schweden (1835) an für das Jahr 1825. (S. 10.) Volkszahl 2,771,252, Geburten 100,315, Verhältnifs 1 : 27,6. Die bis jetzt bei dem statistischen Büreau eingegangenen officiellen Zählungen ergeben: 1831 Volkszahl 2,901,061, Geburten 88,253, Verhältnifs 1 : 32,9. 1832 "5 2,922,845, 3 89,862, a 1 : 32,5. 1833 ® 2,959,207, 5 100,309, a 1:23022 Man wird 1 : 30 als Durchschnitt annehmen können. Dänemark. In dem officiellen statistischen Tabellenwerk, welches 1850 in Kopen- hagen erschienen ist(!), finden sich sehr detaillirte Angaben über Geburten (') Statistik Tabelvaerk. Ny Raekke, Förste bind indeholdende en detaillerei Frem- stilling af Folkemaengden i Kongeriget Danmark i Aaret 1850. Kopenhagen 1850. S. LXVII. Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 339 im Vergleich zur Bevölkerung. Die Durchschnitte sind für Dänemark mit Ausschlufs der deutschen Herzogthümer, der Faröer-Inseln und Islands folgendergestalt berechnet. Es kam nach dem Durchschnitt der Jahre 1845—1849 — 1 Geburt auf 31,21 Individuen, 1840-1849 — 1 ,„ „1.381557 R 183595 —18544 — 1 ,„ „I 81,65 5 Die Gröfse des hier bezeichneten Theils von Dänemark ist 680,9662 geographische Quadratmeilen. Die Gesammtbevölkerung ist 1,407,747, wonach die Dichtigkeit der Bevölkerung sich berechnet pro Quadratmeile auf 2,067. Italienische Staaten. Die Nachrichten sind sehr unvollständig in Bezug auf die Geburten. Was ich darüber aus einigen Ländern, namentlich Königreich Neapel, Sar- dinien und Toscana habe zusammenbringen können, ist in der nachfolgen- den Tabelle zusammengestellt. Köngreich Sicilien Dominii al di qua del’karo (Neapel) im Jahre 1832 | (aus dem officiellen Journal für beide Sicilien). Einwohnerzahl aufder Zahl der | Ana Menschen geograph. überhaupt. Seßurten, | nmyEineigehrie Q.-Meile. | | Stadt Neapel................ 358,994 | 13,933 25,8 Provinz Neapel.......... 27,404 386,396 12,354 31,3 Terra di Lavoro......... 6,326 675,349 21,115 32,0 Prineip-Citeriora ...... 3,344 492,228 15,116 32,6 Prinecip-Ulteriora ....... 4,806 370,930 12,506 29,7 Basıleata.2........... 2,486 458,242 18,981 24,1 Gapitanata .... u 1,955 296,793 13,172 22,5 Hera -E 3,952 425,706 17,234 24,7 Terra di ÖOtranto........ 2,025 357,205 13,885 25,7 Calabria-Citeriora .... 2,561 385,360 14,954 25,8 Calabria-Ulteriora Il 4,053 333,017 | 12,387 26,9 | Calabria-Ulteriora 1. 4,299 250,802 8,721 28,8 | | Prineip-Molise ........ 3,801 331,328 14,445 22,9 | Abruzzo-Citeriora.... 3,447 266,948 10,743 24,8 Abruzzo-Ulteriora II 5,462 283,694 9,248 30,7 Abruzzo-Ulteriora I. 1,687 185,144 6,338 29,2 Königreich Neapel... 3,746 5,858,136 215,132 7.23 340 Dierterıcıüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Sieilien (aus Balbi Miscellanea Italiena Milano 1845). Zahl der In den Städten. Zahl der Einwohner. | Zahl der Geburten. Menschen, auf welche kommt Eine Geburt. Catania sch JE ae 54,167 2,279 23,88 Messina. nu 56,466 2,156 Palermo RN 175,197 6,047 Grofsherzogthum Toscana (Miscellanea Italiena, von A. Balbi 1845, pag. 99). Eine Geburt kommt Jahre. Zahl der Einwohner. Geburten. auf nachstehende Anzahl Menschen, 1,348,752 53,328 25,3 1,421,927 54,779 26,0 1,494,991 51,841 28,8 1,513,826 56,629 26,7 Nachrichten aus dem Königreich Sardinien. In dem Annuario economico politico. Torino 1852 sind nur angegeben: Geburten in den 10 Jahren 1828 bis 1837: 1,457,493; also durchschnittlich Ein Jahr 145,749. Volkszählung von 1830: 3,992,490; 1838: 4,125,735; das Jahr 1832; das mittlere in Bezug auf Volkszählung und En ie also Fi an Menschen- | & zahl gehabt haben 4,025,801. Es ist 145,749 : ‚01 = 41 22756. won: Toscana, Florenz insbesondere, nach der Sa del Granducato di Toscana \.L di Toscana. Vol. ]. DT Geburt Zahl d Jahre Br > Zahl der Geburten a Einwohner nachstehende An- zahl Einwohner 101,524 4,026 25,2 e 102,154 4,026 25,97 102,836 4,076 25,2 103,224 . 4,086 25,26 104,192 4,123 PER] 104,503 4,259 24,54 105,738 4,502 23,49 | 106,629 4,426 24,09 106,654 4,663 22,87 106,096 4,649 22,82 Im er Fe Durchschnitt | ee 24,42 Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 341 Das Durchschnittsverhältnifs ist 1 : 27 bis 14 : 28. In der Stadt Florenz 1 : 24 bis 1 : 25. Von Spanien finden sich neuere amtliche Ermittelungen über die Geburten nirgend ange- geben. Herr General Ramon de la Sagra, bekannt durch ein Prachtwerk über Cuba, der von Seiten Spaniens auf dem Congrefs in Brüssel im Sep- tember 1853 anwesend war, erklärte in heiterer und liebenswürdiger Weise, dafs in Spanien es bis jetzt an statistischen Angaben fehle, er sei eben nach Brüssel gekommen, um zu lernen, was in anderen Staaten geschehe. Auch in Herrn v. Minutoli’s Spanien findet sich nicht das Geringste über die Zahl der Geburten. Von Portugal berechnet Balbi, dem Bickes und Schubert folgen, Essai statistique sur le royaume de Portugal et d’ Algarve, Th. I. S. 216, das Verhältnifs der Ge- burten zur Bevölkerung, wie 1 : 26,57. Es beruht indessen diese Angabe nur auf Nachrichten aus einem kleinen Theile Portugals und bezieht sich auf das Jahr 1819. Für 1822 glaubt Balbi das Verhältnifs 1 : 26,6 anneh- men zu können. In Ermangelung irgend einer späteren Angabe mag dies Verhältnifs, mit ausdrücklicher Hervorhebung, dafs solches unsicher sei, hier aber mit angegeben werden. Österreichische Staaten. Aus den officiellen Tabellen, die Herr von Czörnig herausgiebt und sonstigen amtlichen Nachrichten ist von dem Ministerial-Sekretär in der Dienstleistung bei der k. k. Direktion der administrativen Statistik Joseph Hain 1852 in Wien ein Handbuch der Statistik des österreichischen Kaiser- staates erschienen, aus dem ich folgende Darstellungen entnehme. Es ist Seite 187 angeführt, dafs nach den Zählungen Behufs der Conscription die Jahre 1830, 1831, 1834, 1837, 1840, 1843 und 1846 als Ermittelungen wirklicher Zählung in den sogenannten conscribirten Provinzen zu betrach- 342 Dierteriıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen ten seien. Die Geburten sind Seite 384 für alle Jahre von 1830 ab bis 1850 angegeben. Für die 10 Jahre 1837 bis 1846 incl. stellen sich nun die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Verhältnisse heraus. Von Östreich die Kronländer: Land unter und ob der Ems, Salzburg, Steiermark, Kärnthen, Krain; Görz, Gradiska und Istrien; Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien (ohne Krakau), Bukowina, Tyrol u. Vorarl- grenze (sammt der ehemaligen siebenbürgischen). Zahl der Menschen, Zahl der Civil- Zn tälR Geboren auf welche sich berg, Lombardei, Venedig, Triest sammt Gebiet, Dalmatien, Militär- Im Jahre ; Einwohner, berechnet Eine Geburt. 21,798,829 898,843 24,25 22,009,545 881,683 24,95 22,220,261 891,383 24,93 22,430,977 898,032 24,98 22,651,417 908,853 24,92 22,871,857 962,316 23,16 eh - 23,092,298 936,984 24,54 ty ke Bo ee error nero 23,333,244 956,193 24,40 3 Kol ee tiere 23,574,190 963,842 24,46 TEE L INES BRELL ESTER INN AR 23,815,137 918,528 25,09 Im 1 Ojährigert' Durchschnitt gay mac 0 24,11 Anmerkung. Aus dem Handbuch der Statistik des österreichischen Staates von Joseph Hain, Ministerial-Sekretär in der Dienstleistung der k. k. Direktion der administrativen Statistik, Wien 1852 ist entnommen: 1. die Zahl der Einwohner S. 190. Nach S. 187 sind die Jahre 1837, 1840, 1843, 1846 Zählungsjahre; aus welchen für die übrigen Jahre hier die Einwohnerzahlen in der Art berech- | net und gebildet worden sind, dafs die von Zählung zu Zählung erhaltene Differenz gleichmälsig auf die dazwischen liegenden Jahre vertheilt ist. 2. die Zahl der Gebornen von S. 384, wo solche für jedes einzelne Jahr angegeben ist hier benutzt. Es ergiebt sich im 10jährigen Durchschnitt ein Verhältnifs, wonach 1 Geburt auf 24,7ı Menschen kommt. Berechnet man aber nach derselben Quelle die Differenzen in den einzelnen Prozinzen, so zeigen sich, wie die S. 343 nachfolgende Tabelle für das Jahr 1846 ergiebt, nach den äufsersten Grenzen folgende Differenzen: Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 343 Triest sammt Gebiet 4724 Einwoh. pr. Q.-M. 1 Geburt zu 21,55 Menschen. Bukowina ..... 14956 Einwoh. pr. Q.-M. 1 Geburt zu 22,25 Menschen. Land ob der Enns . 3274 Einwoh. pr. Q.-M. 1 Geburt zu 33,33 Menschen. Kärnthen ..... 1695 Einwoh. pr. Q.-M. 1 Geburt zu 33,06 Menschen. | Von Österreich im Jahre 1846. | Einwohnerzahl. Zahl der ——— Menschen, Zahl der jauf welche Pe auf der i Die Kronländer. geograph. überhaupt. en sich be- Q.-Meile. |(') Ö) rechnet Eine Geburt. Land unter der Enns................ 4,134 1,494,399 58,725 25,45 Land ob der Enns...................... 3,274 713,005 21,390 33,33 Salzburg.................. 1,102 143,689 4,415 32,55 Steiermark... 2,454 1,003,074 32,088 31,26 Kärnthen .. a 1,695 318,577 9,635 33,06 Te ee VAR RREER Dee 2,570 466,209 | 15,548 29,99 | Görtz, Gradiska und Istrien... 2,938 419,801 15,410 27,24 De) TOT Er 4,606 4,347,962 172,778 25,17 Schlesemmmm = Kr 4,980 466,002 16,886 27,61 Galizien (ohne Krakau) .......... 3,342 4,734,427 185,822 25,48 Bukowina 1,956 371,131 16,680 22,25 Tyrol und Vorarlberg............. 1,643 859,250 | 27,828 30,88 Ra 6,811 2,670,833 | 111,690 23,91 Venediet > 5,202 2,257,200 86,947 25,96 Triest sammt Gebiet 4,124 80,300 3,727 21,55 1,768 410,988 12,248 33,56 | Militärgrenze...........une. 2,104 1,282,309 | 57,325 22,37 4,419 1,784,592 69,392 25,72 Anmerkung: 1. Effective Civilbevölkerung ist entnommen aus dem „Handbuch der Statistik des österreichischen Kaiserstaates” von Joseph Hain 1852. Seite 188 bis 190. 2. Die Zahlen der Geburten finden sich aufgezeichnet in dem eben gedachten Werke, Seite 375 bis 384. Ich mag für alle einzelnen Provinzen, namentlich Dalmatien, Militär- grenze und andere, die Richtigkeit der Zahlen bis auf das Genaueste nicht verbürgen, so viel aber geht aus der Tabelle und den oben bemerkten Zah- len unzweifelhaft hervor, dafs die Bevölkerungsverhältnisse nach ihrer Dich- 344 Diererıcıüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen tigkeit, die Verhältnifszahl der Geburten nicht bestimmen. Triest sammt Gebiet, Lombardei, selbst Böhmen, haben bei sehr dichter Bevölkerung eine starke Anzahl von Geburten; ebenso die sehr dünn bevölkerte Bukowina, Militärgrenze. Umgekehrt haben die verhältnifsmäfsig dünn bevölkerten Provinzen Salzburg, Steiermark, Kärnthen, und Krain, auch Tyrol eine ver- hältnifsmäfsig schwache Vermehrung der Bevölkerung; wie Gleiches bei dem verhältnifsmäfsig dicht bevölkerten Land ob der Enns der Fall ist. Das Königreich Bayern. Nach den 1850 erschienenen Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern von dem dortigen Direktor des statistischen Büreaus Dr. v. Hermann ist die Verhältnifszahl der Geburten gegen die Lebenden 1 : 30,13; nach den Provinzen schwankend zwischen der stärksten Zahl der Geburten der dicht bevölkerten Pfalz 1 : 25,61, und dem weniger dicht bevölkerten Mittel- franken (worin Ansbach und Nürnberg) mit 1 : 35,05. Näheres ergiebt die nachfolgende Tabelle. en ge u EEE Königreich Bayern im Jahre 1343. Zahl der Einwohner N 2 WI nr Een, Hd Zahl der Menschen, Kreise. auf der Er “: auf welche kommt geograph. überhaupt. Mauren Eine Geburt. Q.-Meile. Dun ur nt 1 ST TE FEIERT LE Hi er Ober-Bayern....une- 2,282 694,344 23,432 29,63 Nieder-Bayern.......... 2,790 535,499 17,277 30,99 Pfalze.. nee 5,623 595,193 23,237 25,61 Oberpfalz u. Regensburg..| 2,669 463,187 15,141 30,59 Oberfranken nenn 3,998 496,783 14,817 33,53 |Mittelfranken..............- 3,804 518,478 16,505 35,05 | [| Unterfrankenu Aschaffen-| 3,647 587,887 16,993 34,60 ur Schwaben u. Neuburg....... 3,215 548,956 19,964 27,50 Im ganzen Königreich........ | 3,200 4,440,327 147,366 30,13 Ä— — Tr ‚A A_‚—aäöm„mmmTwT = > Das Königreich Hannover. In der 1846 officiell erschienenen Schrift von Tellkampf über die Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 345 Verhältnisse der Bevölkerung und der Lebensdauer im Königreich Hannover sind die Einwohnerzahl und Geborne von 1834 bis 1843 angegeben und stellt sich nach der nachfolgenden Tabelle Jahr für Jahr sehr übereinstim- mend für das ganze Land die Zahl der Geburten zur Bevölkerung wie 1:31 höchstens 1 : 32. Das Königreich Hannover. Zahl der TmWYahre: Zahl der Ziifder Cehomien; Menschen,anf welche Einwohner. sich berechnet Eine Geburt. 1,670,755 55,530 30,09 1,679,041 55,070 30,49 1,688,285 54,282 31,10 1,698,212 53,071 32,00 1,709,142 56,239 30,39 1,722,107 54,882 31,38 1,733,633 54,148 32,02 1,745,053 54,702 31,90 1,755,592 55,559 31,60 1,766,353 54,420 32,46 Immejahrigen#Durchschnitt m 31,34 ı Die Zahl der Einwohner und der Gebornen ist aus dem Werke „die Ferhältnisse ı der Bevölkerung und der Lebensdauer im Königreich Hannover.” Ein Beitrag zur Statistik Deutschlands von Dr. Adolph Tellkampf, etc. Hannover 1846: resp. von Seite 23 und 98 entnommen. Etwas anders verhält es sich nach den Landdrosteien, wie die nach- folgende Tabelle ergiebt. Hannover im Jahre 1843. Einwohnerzahl | Zahl der Menschen, Zahl der pro 2 auf welche kommt geograph. überhaupt. Geburten. Eine Geburt. Q.-Meile. LanddrosteiHannover.. | 3,124 343,468 | 10,393 | 33,04 Fr Hildesheim 4,502 369,562 11,834 31,23 55 Lüneburg.. 1,570 321,463 9,208 34,91 > Stade.......... 2,104 261,727 8,823 29,66 3: Osnabrück 2,370 270,171 7,984 33,54 es Aurich... ... 3,159 169,438 5,089 33,29 Berghauptmannschaft Olänsthalir 2.53:0% 2,534 30,524 1,089 28,03 Philos.-histor. Kl. 1855. Xx 346 Dieterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen In vorangeführtem Werke vonDr. Adolph Tellkampf, „Beitrag zur Statistik Deutsch- lands. 1846,” findet sich verzeichnet die Zahl der Einwohner, Seite 23, die der Geburten Seite 98, welche zu dieser Tabelle benutzt sind. In Lüneburg ist verhältnifsmäfsig die kleinste Zahl der Geburten, in Clausthal die gröfseste; doch gehen die Differenzen nur von 1 : 28,03 zu 34,91. Königreich Sachsen. In diesem dicht bevölkerten Königreich ist mit alleiniger Ausnahme Rufslands von allen bisher behandelten die gröfseste Anzahl von Geburten, und sie ist sogar gestiegen von 1840 zu 1849 in runden Summen von beinahe 26 zu 23, wie die nachfolgende Tabelle näher ergiebt. Das Königreich Sachsen. Zahl der Menschen, auf welche kommt Eine Geburt. Te ses] z,—Z, ZZ — — — Zahl der Zahl der Einwohner. Gebornen. Im Jahre. 1,706,276 | 689727. | 240 1,723,451 70,094 24,59 1,740,626 75,047 23,19 1,757,800 67,929 25,88 1,784,011 70,932 25,15 1,810,222 77,483 23,36 1,836,433 77,204 23,79 1,855,766 73,684 25,19 1,875,099 72,362 25,91 1,894,431 82,068 23,08 Im 10jährigen Durchschnitt | aaa | 24,51 Bemerkung. 1. Die unterstrichenen Jahreszahlen sind Jahre, in welchen eine Zählung stattgefunden hat. Die Einwohnerzahl für die übrigen Jahre ist einfach so berechnet, dafs die von Zählung zu Zählung beobachtete Differenz gleichmälsig auf die dazwischen liegenden Jahre vertheilt wurde. („Statistische Mittheilungen aus dem Königreich Sachsen, herausgegeben vom statistischen Büreau des Ministe- riums des Inneren. Dresden 1851” Seite 234 und 235). 2. Die Zahl der Ge- bornen ist entnommen aus dem Werk: „Statistische Mittheilungen aus dem Königreich Sachsen 1852.” Statistisches Büreau in Dresden. Seite 15. un nn en Staaten Europa’s überhaupt, und im preu/sischen Staate insbesondere. 347 Nach den vier Kreisdirectionen ist überdies in derjenigen, in welcher die Menschen am dichtesten wohnen (Zwickau), die verhältnilsmäfsig stärkste Zahl der Geburten, und in denjenigen Kreisdirectionen, in welchen die we- nigsten Menschen auf der Quadratmeile wohnen (Dresden und Bauzen), die geringste Zahl der Geburten, wie die nachfolgende Tabelle ergiebt. nn nn III nn Königreich Sachsen im Jahre 1849. Zahl der Einwohner Zahl der Menschen, Kreisdirectionen. auf der Zahl der auf welche kommt geograph. überhaupt. "RRehnEen. Eine Geburt. Q.-Meile. |(°) a) Dresden ............ 6,107 481,042 19,251 24,99 Leipzig. 6,787 428,532 17,956 23,31 Zwickau ........... 8,242 694,268 33,814 20,53 Bauzen 6,382 290,589 11,047 26,30 Bemerkung. Aus dem Werk: „Statistische Mittheilungen aus dem Königreich Sachsen,” vom statistischen Büreau etc., Dresden 1852, sind die hier, in den mit (°) bezeichneten Rubriken, befindlichen Zahlen von Seite 18 entnommen. Königreich WVürtemberg. Nach den würtembergischen Jahrbüchern für vaterländische Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie (Jahrgang 1848. Erstes Heft) war 1848 die Zahl der Geburten: 68,379; die Volkszahl 1,767,843; ein Verhält- nils wie 1 : 25,55. Nach den Kreisen stellen sich die Verhältnisse wie folgt (S. 232 und 233): Neckarkreis. . . 1 : 24,9 auf der geogr. Q.-M. leben 8,152, Schwarzwaldkreis 1 : 26,3 „ 2. ® „9908, Jagstkweisi. nn. rd Be ” a; ER. 0 Donaukreisir., 1 223575,00° 35 a > >.103,980; Im ganzen Land . 1 : 25,5, „ ” ” >. I Xx2 348 Dierteriıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Der preulsische Staat. Die nachstehende Tabelle zeigt, dafs die Verhältnifszahl der Gebur- ten ähnlich ist, wie in Sachsen 1 : 25,50 im Durchschnitt. Im Jahre 1848 und schon in dem Nothjahre 1847 waren erheblich weniger Geburten als 1849 und 1850. Die Preufsische Monarchie. Zahl der Zahl der Menschen, Einwohner ZH Sr: Gebomen. auf welche sich einschliefslich berechnet Eine Militair. Geburt. 15,104,750 591,505 25,54 15,293,271 623,703 24,52 15,471,084 604,472 25,59 15,690,433 623,191 25,18 15,904,737 647,369 24,57 16,112,938 626,424 25,12 16,184,050 583,348 27,74 16,219,245 576,937 28,11 (*)16,331,187 691,562 23,02 16,552,336 676,984 24,45 Im 10jährigen Durchschnitt 25,50 Anmerkung. Die unterstrichenen Jahreszahlen sind Jahre, in welchen gezählt worden ist. Die Einwohnerzahlen der übrigen Jahre sind gebildet, indem der Ueberschuls der Gebornen über die Gestorbnen eines jeden Jahres der für das Vorjahr festgestellien Einwohnerzahl zugezählt worden ist. (*) Hierunter 46,174 ausserhalb des Staats stehender preufsischer Militairpersonen. Nach den Provinzen ergeben sich für das Jahr 1849 die nachfol- genden Resultate; welche ein Schwanken zeigen von 19,42 Provinz Preufsen zu 26,75 Rhein. Speciellere Angaben wird die nachfolgende besondere Darstellung enthalten. Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 349 Der Preußsische Staat im Jahre 1849. Einwohnerzahl | Ä Zahl der Zahl der Einwohner, Provinzen, auf der Gohnten auf welche kommt geograph. überhaupt. f Eine Geburt. Q.-Meile. Preufsen .... 2,111 2,487,293 128,101 19,42 Posen... 2 2,520 1,352,014 64,783 20,87 Brandenburg.......... 2,900 2,129,022 81,383 26,16 Pommern... 2,077 1,197,701 50,913 23,52 Schlesien................ 4,128 3,061,593 134,457 22,71 Sachsen 3,866 1,781,297 71,748 23,43 Westphalen............ 3,981 1,464,921 55,074 26,60 Epic 5,771 2,811,172 105,052 26,16 Für die nordamerikanischen Freistaaten wäre die Beantwortung der Frage von dem Verhältnifs der Geburten zu den Bevölkerungen von besonderem Interesse. Es fehlt aber darüber an allen Nachrichten, wie in Amerika selbst anerkannt wird. Von Massachusetts liegen grofse Verhandlungen statistischer Commissionen vor, die darauf drin- gen, dafs ein Gesetz erlassen werde, um die Zahl der Geburten zu ermitteln. In dem amtlichen Aeporttothe committee of the city council appointed to oblain the census of Boston for the year 1845 ist das Verhältnifs S. 128 berechnet auf 1: 35,11, mit dem ausdrücklichen Zusatz, dafs wegen der sehr vielen nicht angegebenen Geburten das Verhältnifs wahrscheinlich 1 : 20 sei. Für Cuba berechnet (Historia fisicay natural de la isla de Cuba) Gen. Ramon de la Sagra (S. 151 und 161) ein Verhältnifs von 1 : 23,1 für das Jahr 1827. Nämlich: Weifse ... . 12,928 Geburten 311,051 Einw. 1 : 25,1, freie Farbige 4,826 R 1065294 5 a 92 Sklaven . . 13,729 „36,942 „ 1:95, 30,483") + mr704, 487 REITER Ordnet man jetzt die bis hierher betrachteten verschiedenen Länder 350 Diererıcıüder die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Europa’s erst nur im Allgemeinen, nach der Verhältnifszahl der Geburten zu den Bevölkerungen, so erhält man folgende Resultate: 1: Frankrachn Sl. 0% 1 : 36,19. ZUBEREITEN! 1 : 39,15. 3. Dinemanlemimn, vu 9 1 : 31,65. 4... Hannover » . 2... 1: 31,5. 5. England und Wales . 1 : 30,76. 6. Bayern . 2 ..... 1:88. 7.XSchweden MIN. 023 1:30. 8. ,Schwälz ah 1: 127,89: 9. Italienische Staaten . 1: 27,5. 10. Niederlande... . . 1 Ding: TISTOMUEaLTTT EIER. 177"26,6. 42. Würtemberg . . . . 1: 25,8. 13 +Preußenttikngea.it 1:25,50: 14. Österreich ..... NR 15.Sachsen Ammann. 1: 24,5. 164 Rulskndume. MU 1:24. und nimmt man kleinere Distrikte, so treten Differenzen heraus wie 1 : 19,42 Provinz Preufsen gegen 1 : 50,26 Departement Calvados in Frankreich. Woher kommen diese aufserordentlichen Verschiedenheiten? Liegt es in der Naturbeschaffenheit der Menschen, in ihrer gröfseren Kraft, gröfserem Zeugungs- und gröfserem Empfängnifs-Vermögen? Gewils nicht. Schwerlich wird irgend ein Mediciner nachweisen können, dafs, um nur in demselben Lande zu bleiben, die Einwohner des Elsafs so viel kräfti- ger seien als die daneben wohnenden Lothringer, dafs im Elsafs das Verhält- nifs sich stellt, wie 1 : 27 und in Lothringen, wie 1 : 37 etwa. Schwerlich ist der Hannoveraner körperlich so verschieden organisirt vom Sachsen, dafs bei jenem das Verhältnifs ist wie 1 : 31, bei diesem wie 1 : 24; dafs in den aneinander liegenden Provinzen Posen und Brandenburg, in jenem das Ver- hältnifs ist wie 1 : 21, in diesem wie 1 : 26. Liegt es, was mit dieser Betrachtungsweise zusammenfällt, in der Stiammverschiedenheit? Auch nicht. Die Franzosen sind mit Ausschlufs der deutschen und vielleicht flandernschen Grenz-Provinzen, Romanen; das Departement Lot-et-Garonne mit der Hauptstadt Agen hat ein Verhältnifs Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 351 von 1 : 50,25, das daran grenzende Departement Landes hat ein Verhältnifs von 1 : 32,59. Die Lombarden sind auch Romanen, und in der Lombardei ist das Verhältnifs wie 1 : 23,91, Engländer und Sachsen sind Germanen, bei jenen ist das Verhältnifs 1 : 31 und bei diesen wie 1 : 24. Liegt esin der Dichtigkeit der Bevölkerung? Ganz in grofsen Zügen wird man allerdings sagen können, dafs unter sonst ähnlichen Verhältnissen, da wo die Bevölkerung schon dicht ist, verhältnifsmäfsig etwas weniger Ge- burten vorkommen, als wo sie noch dünn ist, wie z. B. in der dünner be- völkerten Provinz Pommern, etwas mehr Geburten kommen (1 : 23,52) als in der dichter bewohnten Provinz Brandenburg 1 : 26. England ist dichter bewohnt als die Niederlande und in England sind verhältnifsmäfsig etwas weniger Geburten als in den Niederlanden. Aber keinesweges ist dieses Verhältnifs ganz allgemein und durchgreifend. England hat dichtere Bevöl- kerung als Frankreich, und in England ist eine erheblich gröfsere Zahl der Geburten als in Frankreich; Sachsen hat eine viel dichtere Bevölkerung als Hannover und Bayern, und es sind in Sachsen viel mehr Geburten als in Hannover und Bayern. Liegt es in der Vertheilung der Bevölkerung zwischen Stadt und Land? Haben die grofsen Städte vielleicht eine sehr geringe Zahl von Ge- burten, so, dafs dieses Verhältnifs einwirkt auf die niedrige Zahl von Gebur- ten im ganzen Lande? Es mag sein, dafs hie und da eine solche Einwirkung eintritt, doch ist keinesweges auch diese Betrachtung von allgemeiner Entscheidung. Eng- land und Belgien haben verhältnifsmälsig mehr städtische Bevölkerung als Frankreich, und in England und Belgien kommen mehr Geburten vor als in Frankreich. Das Königreich Hannover hat weniger städtische Bevölke- rung als das Königreich Sachsen, oder die Preufsische Rheinprovinz, und im Königreich Sachsen und der preufsischen Rheinprovinz sind mehr Ge- burten als im Königreich Hannover. Unter den österreichischen Provinzen hat das Land unter der Enns mit Wien verhältnifsmäfsig mehr städtische Bevölkerung als etwa Tyrol und Vorarlberg, und im Lande unter der Enns kommen auf 25 bis 26, in Tyrol und Vorarlberg 30 bis 31 gleichzeitig Le- bende Eine Geburt. Auch haben die sehr grofsen Städte keinesweges ein von der Verhältnifszahl des ganzen Landes erheblich abweichendes Verhält- nifs der Zahl der Geburten. 352 Dıierrerıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen London hat eine Verhältnifszahl der Geburten von 1 : 33, Paris hatte 1846 eine Bevölkerung von 1,053,897 und eine Anzahl von Geburten von 33,387, das ist 1 : 31,57; Wien hatte nach von Czoernig im Jahre 1846 eine Civil-Einwohnerzahl von 408,980 und Geburten 19,191, das ist ein Verhält- nifs von 1 : 21,26; Berlin hatte mit dem Militair 1849 Einwohner 423,902, die Anzahl der Geburten war 13,760, d. i. wie 1 : 30,s1, rechnet man aber ohne Militair, so war die Bevölkerung 401,154 und das Verhältnifs 1 : 29,15, welches immer etwas geringer ist, als für die Provinz Brandenburg, welche beträgt 1 : 26,16 aber doch keine erhebliche Differenz, während Wien sogar eine stärkere Zahl der Geburten zeigt, als Land unter der Enns. Liegt die Erklärung der verschiedenen Geburtsziffern vielleicht in der Beschäftigung der Menschen mit Fabrication oder Landbau, so, dafs wo viel Fabrication ist, viel Geburten vorkommen, wo der Ackerbau überwiegt weniger? Allerdings möchte Sachsen mit Hannover verglichen einer solchen Ansicht entsprechen; auch in England und Belgien ist mehr Fabrication als in Frankreich, und ich mag dieser Ansicht ganz ihre Geltung nicht versagen, indessen finden sich doch auch die erheblichsten Abweichungen von dieser Ansicht; im Departement du Nord ist in Frankreich die gröfseste Fabrica- tion, das Verhältnifs der Geburten zu der Bevölkerung ist wie 1 : 31,44, in dem auch im nördlichen Frankreich, wenn auch etwas davon entfernt liegen- den Departement Finistere ist viel weniger Fabrication und das Verhältnifs ist 1 . 27,99; in den österreichischen Staaten ist grofse Fabrication in Böh- men, das Verhältnifs der Geburten ist wie 1: 25,17, in Galicien ist das Ver- hältnifs 1 : 25,4, also nahezu gleich, und in Galicien ist gegen Böhmen ver- glichen, sehr wenig Fabrication; im Preufsischen Staat ist in Schlesien sehr viel, in Posen viel weniger Fabrication, in Schlesien sind weniger Geburten als in Posen. Es giebt in manchen Ländern seit langer Zeit eingewurzelte Volksan- sichten, welche auf das Verhältnifs der Geburten zur Bevölkerung von Ein- flufs sein können. So ist es ganz gewils in Frankreich, wo seit langer Zeit eine grofse Anzahl von Kindern in den Familien für nicht wünschenswerth gehalten wird. Abgesehen von solchen Anomalieen scheint mir das Richtige in der Sache Folgendes zu sein: Wo der Fortschritt im Wohlstand, Entwickelung der Industrie, Mög- lichkeit des Erwerbes durch vermehrte Gelegenheit zur Arbeit vorhanden Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 393 ist, werden viel Geburten kommen, es kann daher deren Zahl stark sein, wo schon eine dichte Bevölkerung lebt; umgekehrt wird bei dünner Bevöl- kerung, wenn irgend Fortschritt in der Nation zum Bessern und Trieb zur Thätigkeit vorhanden ist, viel Gelegenheit zum Erwerb sein, und werden daher auch in solchen Ländern viel Geburten vorkommen. Allerdings aber kann es nicht wünschenswerth erscheinen, dafs viel geboren werden und viel sterben, nicht unbesonnen darf die Zahl der Geburten stärker sich vermeh- ren, als die Gelegenheit des Erwerbs steigt. Ich glaube aber nicht, dafs, wo solche Verhältnisse sich zeigen, der Staat befugt sei, wie Plato und Aristo- teles wollen, positive Vorschriften über das eheliche Leben zu erlassen, oder, wie der Kanton Thurgau in der Schweiz in neuster Zeit gethan hat, durch Gesetz vorzuschreiben, dafs keine Jungfrau vor 26 oder 28 Lebensjahren sich verheirathen dürfe, denn alles das wäre ein zu starker Eingriff in die persön- liche Freiheit, und überhaupt unseren ganzen Lebensverhältnissen und Zu- ständen nicht angemessen, wohl aber wird es gut sein, wenn da, wo solche Verhältnisse wirklich sich zeigen und nicht neue Erwerbsquellen sich öffnen, wie der greise Bauer in Montreux verständig rieth, die Eltern in der jüngeren Generation den Sinn erwecken, dafs Ehen nicht zu früh, nicht leichtsinnig geschlossen werden. Verständige Bildung, ernstes Auffassen sittlicher Ver- hältnisse, Verbreitung solcher Ansichten in der Nation ist die Aufgabe des Staats, und wenn er sie richtig lös’t, wird die Zahl der Geburten zur Bevöl- kerung sich von selbst in das richtige Verhältnils stellen. Es wird zur näheren Bestätigung dieser Ansichten zweckmäfsig sein, wenn wir hier einige statistische Verhältnisse, die specieller übersehen wer- den können, folgen lassen. Die verschiedene Zahl der Geburten im Preufsischen Staate. Die in der Anlage abgedruckte Tabelle enthält die Berechnung, wie sich die Anzahl der Geburten gegen die Bevölkerung nach den Pro- vinzen, Regierungsbezirken und landräthlichen Kreisen stellt. Vergleicht man die Provinzen, so ordnen sich diese folgendergestalt: Philos.-histor. Kl. 1855. Yy 354 Dierterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen 1. Provinz Preufsen . . . 1 : 19,42, 2 m Posen’ ir ver 20 3. 048. Schlesien ii. 22% 4. „tu Sachsen Hr A Ba b) 14223,52, 6 1 7 1 : 26,16, »» Pommern »» Brandenburg . . » Westphalen : 26,60, 81.2.1359 « Biheinn sy) ini Tre: Die Provinzen ordnen sich nach der Dichtigkeit der Bevölkerung auf der geographischen Quadratmeile, wie folgt: 4."Pommern m.9.77, 2,077, WPreufsentaluniiaiiit 2,111, 3 Posen aldhaggenan, 2,520, 4. Brandenburg . . . . 2,900, 9:0Sachsen inie.ntu 3,866, 6. Westphalen. .... 3,981, 7.»Schlesien'.wsiren #% 4,128, 8. Rhein eh Dr 5,771. Die Zahlen zeigen deutlich, dafs aus der Dichtigkeit der Bevölkerung allein kein Schlufs auf die Zahl der Geburten gezogen werden kann. Preufsen ist dichter bewohnt als Pommern, und Preufsen hat mehr Geburten als Pom- mern; Schlesien ist dichter bewohnt als Brandenburg, Pommern, Sachsen, Westphalen, und Schlesien hat mehr Geburten als Brandenburg, Pommern, Sachsen, Westphalen. Der Factor der Bevölkerung und zwar in dem Sinne, dafs, wo wenig Menschen noch leben, der Geburten mehr vorkom- men ist nicht allein entscheidend; es tritt wesentlich der Factor hinzu, ob und in wiefern in dem dicht oder dünn bevölkerten Lande mehr oder weni- ger Gelegenheit zum Erwerbe sich finde, welchen beiden Hauptfactoren allerdings noch andere, als da sind: Genügsamkeit des Lebens, geringere Bedürfnisse der Existenz, Art der Nahrungsmittel, im gröfseren oder geringe- ren Zusammenhange mit den oben angegebenen beiden Hauptfactoren störend oder fördernd hinzutreten. Nur ganz im Allgemeinen kann man sagen, dafs in der Regel die dichtest bevölkerten Gegenden, wie der Rhein, weniger Gebur- ten haben werden, alsdie dünner bevölkerten, wie Preufsen, Posen, Pommern. Die Differenz in den Provinzen zwischen derjenigen, die am meisten Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 355 und der, welche am wenigsten Geburten hat, ist indessen doch nicht sehr erheblich. Preufsen mit der Zahl 19,42 und Rheinland mit 26,76 stehen zu einander, wie 100 : 138,8. Bedeutender treten die Differenzen heraus, wenn man die Regie- rungs-Bezirke vergleicht. Von diesen hatten Münster eine Verhältnifs- zahl von 1 : 31,10 und Gumbinnen von 1 : 18,70. Beide Regierungsbezirke verhalten sich gegeneinander wie 100 : 166,2 in der Ziffer der Geburten. Ordnet man nach diesen die 25 Regierungsbezirke, so ergiebt sich folgende Reihe: 1. Regierungsbezirk Gumbinnen. . . . 1: 18,70, 2. ” Marienwerder. . . 1:19,46, 3 5; Königsberg . . . . 1:19,48, 4 eh Oppeln. 1:619,975 9. 3 Brombergeimuuk ı 11:-19;98; 6. 5 Danzig wurd 1: 20,38, 7 Ä Posen is meam.rkn 1:1 213355 3 ER Köslimmih. werten 1:1:22;75; 9: AR Breslau. Ir dw. 1: 23,27; 10. z Stettin 1 : 23,53, 11. 2 Minden 11.0.3 1 3,2386, 12. 4 Merseburg .. . . 1: 24,36, 13. 5% Magdeburg... 4:2925,11, 14. Js Frankfürts>.0.m. 1 : 25,16, 15. 7 Erfurtisdsitint ans 1.4::25430; 16. mn Kölner msriwstie 122047; 47. T Stiälsindi. „mie 123458, 18. ” Kieenitzii he 1 : 25,58, 19% y, Arnekierg; iamrız 1:26,24, 2. 2 Düsseldorf ... . . 1:26,45, 21 = Koblenzu ser even: 13 26,89; 22. A Potsdam mit Berlin 1 : 26,59, 23. R rien ER TE 24. „ Aäthentandihrs 9: 1 : 28,35, 25. & Minsteridunn ons 1731510; Der Regierungsbezirk Münster zeigt seit einer Reihe von Jahren eine Yy2 356 Diererıcıüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen sehr kleine Vermehrung der Bevölkerung, eine geringe Anzahl von Gebur- ten. Es erklärt sich diese Erscheinung aus der eigenthümlichen Art des Lebens und der Bewirthschaftung der ackerbautreibenden Bevölkerung. Diese ist die bei Weitem überwiegende, Fabrications- und Handels-Verhält- nisse sind in diesem Regierungsbezirk nicht das Vorherrschende. Im Land- bau aber besteht neben dem grofsen Besitz einiger bedeutenden adlichen Familien, aufser den Dörfern, das hier ganz eigenthümliche Colonat- Verhältnifs; ein solcher Colonus wohnt einzeln mitten in seiner Besitzung auf seinem westphälischen Bauerhofe; auch in der innern Einrichtung im Be- treff der Wohnung für die Menschen und der Stallung für die Hausthiere ganz nach alter Art eigenthümlich eingerichtet. Einzelne, sogenannte Kathen, liegen in oft weiter Entfernung vom Bauerhof und isolirt. Hier wohnen Arbeiter des Colonat-Besitzers, die in der Regel eine sehr kümmerliche Existenz haben, andere Arbeiter miethet der Colonatbesitzer aus den Dör- fern. Solche Colonatbesitzungen haben oft den Werth von 40 bis 50,000 Thalern. Bei den Erbtheilungen gilt als allgemein üblich, dafs nur an einen Sohn das Colonatgut kommt. Die anderen Geschwister werden oft sehr spärlich abgefunden. Es ist im Regierungsbezirk Münster eine starke Aus- wanderung nach entfernten Weltgegenden; auch besteht (und dies ist eine sehr alte Sitte) das sogenannte Holländern. Viele der arbeitenden Klasse gehen zum Torfstich und anderen ländlichen Beschäftigungen auf längere Zeit des Jahres nach Holland. Die Besitzverhältnisse zeigen in vieler Be- ziehung eine sehr ausgesprochene Bauern -Aristokratie, bei welcher es aller- dings einerseits an einem ländlichen Proletariat fehlt, andererseits aber ein rascher Fortschritt, eine Bewegung und Entwickelung der arbeitenden Kräfte nicht bedeutend hervortritt. Es bleibt in der Agricultur, die bei gutem Boden oft reichlichen Ertrag giebt, in Bezug auf Besitz- und ähnliche Ver- hältnisse meist bei dem Alten. Viele Gegenden erinnern an die Beschrei- bung, die schon Tacitus in der Germania 16 giebt: colunt discreti ac diversi ut fons ut campus ut nemus placuit. Ein Regierungsbezirk, der gleichfalls sehr wenig Fabrication, sogar sehr wenig Städte hat, und in welchem gleichfalls die Bevölkerung fast nur vom Ackerbau lebt, ist Gumbinnen. Hier sind die meisten Geburten. Im Regierungsbezirk Münster wohnen zwar auf der Quadratmeile 3192 Men- schen, in Gumbinnen nur 2059. Indessen ist seit einer Reihe von Jahren Staaten Europa’s überhaupt,und im preufsischen Staate insbesondere. 357 im Regierungsbezirk Gumbinnen die Bevölkerung sehr im Steigen; es sind in diesem Bezirk viel Domainen, wenig Privatpersonen gehörige Rittergüter. Das meiste Land ist im Besitz kleiner, freier Eigenthümer, unter denen die eingewanderten Salzburger in besonders günstigen Verhältnissen sich befin- den. Die Separationen, die Ablösungen der Dienst- und Real-Lasten sind im vollsten Gange; es ist viel Bewegung in den Besitz- und wirthschaftlichen Verhältnissen; aus dem Regierungsbezirk Gumbinnen findet keine Auswan- derung statt, und das fruchtbare Land hat, wenn erst mehr Communicatio- nen werden vorhanden sein, sicherlich eine Zukunft grofser Entwickelung. Sehr merkwürdig ist die starke Zahl der Geburten in den schlesischen Regierungsbezirken, namentlich in Breslau, wo neben Ackerbau sehr viel Fabrication ist, und besonders in Oppeln. In diesem Regierungsbezirk ist weniger Weberei und Spinnerei als in Liegnitz und Breslau. Die vorherr- schende fabricative Beschäftigung knüpft sich an die bergmännische Pro- duction und an die Hüttenwerke. Die meisten Bewohner des Landes näh- ren sich vom Landbau. Es ist viel fideicommissarischer Besitz in Oppeln. Aufser den Diensten, welche die arbeitende Klasse auf den grofsen Gütern leistet, giebt es vielen ganz kleinen Besitz, der den Eigenthümer nicht nährt. Es ist sehr viel Armuth in diesem Regierungsbezirk. Die gewöhnlichen Ge- nüsse der fast ganz slavischen Bevölkerung, von der gesagt wird, dafs ihr ein recht lebendiger Trieb zur Arbeit nicht innewohne, sind Kartoffeln und lei- der auch Branntwein. Bei der hier dichten Bevölkerung von 3974 Menschen auf der Quadratmeile, ist das starke Verhältnifs der Geburten von 1 : 19,97 hier keine günstige Erscheinung. Von den fabrikreichen Regierungsbezirken des westlichen Theils des Preufsischen Staats mag zunächst nur Minden hervorgehoben werden. Es zeigt eine sehr starke Anzahl von Geburten, bei einer sehr dichten Bevölke- rung von 4841 Personen auf der Quadratmeile. Wie viel Klagen wir auch hören über die Noth der Spinner und Weber im Regierungsbezirk Minden und wie wenig ich in Abrede stellen will, dafs wirklich viele Familien in Noth sich befinden, so liegen die Verhältnisse hier doch ganz anders und um sehr Vieles glücklicher als etwa im Regierungsbezirk Oppeln; ja die starke Zahl der Geburten kann immerhin auch als ein Zeugnils des Wohlseins und der fortschreitenden Entwickelung in diesem Regierungsbezirk bezeichnet werden. Minden ist ganz und gar von Völkern germanischen Ursprunges 358 Dirrterıcrüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen bewohnt, es herrscht überall im Bezirke rein deutsche Cultur. Die Weber haben neben 2 und 3 Webestühlen, auf denen sie mit Frau und Kind arbei- ten, in der Regel Garten und einige Morgen Ackerland. Sie sind ganz selbst- ständig und bei. dem Verkauf ihrer Waare nicht in solcher Abhängigkeit von dem Bielefelder Kaufmann, als der Weber in Schlesien von dem Hirschber- ger Fabricanten. Allerdings nehmen die grofsen Häuser in Bielefeld in der Regel von denselben Webern ihre Waaren, doch ist der Weber ganz selbst- ständig, und wenn der grolse Kaufmann, an welchen er gewöhnlich seine Leinwand absetzt, zu schlechte Preise bietet, so sucht er auf freiem Markte bessere Gebote zu erhalten. Geht das Geschäft einigermafsen gut, so ist der Weber nicht eigentlich in Noth. Diese trifft vielmehr den Spinner; für diesen ist der Weber der grofse Mann, der Abnehmer, und allerdings drücken diese Weber den Lohn des Gespinnstes möglichst herab. Die Spinner wohnen zusammen in sogenannten Spinnerdörfern. In diesen geben ihnen die Bauern Wohnung, sehr selten gar Weniges an Land, und verpflich- ten sie für diese Wohnung und vielleicht ein ganz kleines Stückchen Garten, die Woche 2, 3 Tage und mehr für einen äulserst geringen Tagelohn auf dem Bauernacker zu arbeiten. Ihre freie Zeit benutzen sie mit ihrer Fa- milie zum Spinnen, kaufen den Flachs oder erhalten ihn vom Weber, und diese Weber zahlen für das Gespinnst, eine Nebenarbeit dieser Tagelöhner, sehr wenig. Hier liegt die Noth in dieser ganzen Einrichtung. Sie wird ver- mehrt durch die jetzt eingetretene Concurrenz des Maschinengarns. Für gewisse Gattungen der Leinwand wird das feine Handgespinnst immer seine Bedeutung behalten; es ist möglich, dafs diese grofse Klasse von Spinnern eben wegen der Concurrenz des Maschinengarns, nach und nach sich ver- mindert, und diese Menschen zu lohnendern Beschäftigungen übergehen. Ein Unglück ist es immer nicht zu nennen, dafs diese armen Tagelöhner der Bauern, denn das ist eigentlich ihre Stellung, noch nebenbei durch Spinnen einen Nebenverdienst haben, den der das Gespinnst kaufende Weber aller- dings aufserordentlich herabdrückt. Keinen Falls darf wegen dieser einen Klasse von Einwohnern der ganze Regierungsbezirk arm genannt werden. Der Boden ist fruchtbar und in der ganzen Monarchie ist keine Gegend, in welcher so völlständiger Abbau herrscht, als bei Bielefeld, Herford, der Porta westphalica. Der Reisende wird überrascht durch den Anblick der anmuthigen Gegend, die überall freundliche Wohnungen zerstreut, mit rings Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 359 um dieselben liegenden Äckern, zeigt. Die Gegend spricht für Wohlhaben- heit ihrer Bewohner, und die starke Zahl der Geburten spricht für diese Annahme. In der Rheinprovinz zeigt Aachen, das sehr fabrikreich, aber zugleich fast ganz hohes Bergland ist, auf dem die Existenz schwer wird, die nie- drigste Zahl von Geburten; Düsseldorf, viel bevölkerter und noch viel fabrik- reicher hat viel mehr Geburten. Wenn bei den Regierungsbezirken die Differenz sich herausstellte wie 100 : 166,2, so tritt noch eine viel gröfsere bei den landräthlichen Kreisen ein. Die anliegende Tabelle giebt die Auskunft nach den landräthlichen Kreisen für die Jahre 1849 und 1852. In dem Regierungsbezirk Oppeln sind, wie die königliche Regierung zu Oppeln auf Befragen später angezeigt hat, im Jahre 1849, bei einzelnen Regierungsbezirken unrichtige Angaben, deren Berichtigung aber zu bewirken jetzt nicht mehr möglich ist. Sonst zeigen 1849 und 1852 sehr übereinstimmende Zahlen. Dies läfst um so zu- versichtlicher Schlüsse aus den Verhältnifszahlen entnehmen; wir wählen aber das Jahr 1852, da dasselbe richtiger auch im Regierungsbezirk Oppeln ist, zu Vergleichungen. Hier zeigen sich Differenzen, wenn die äufsersten Grenzen in den 335 Kreisen ausgesucht werden von 15,10 Kreis Beuthen, Regierungsbezirk Oppeln, oder 17,3: Kreis Strasburg, Regierungsbezirk Marienwerder gegen 37,55 Landkreis Münster, oder 37,18 Kreis Warendorf, Regierungsbezirk Münster. Dies sind Differenzen von 100 : 249 oder doch 100 : 215. Es ist indessen bei diesen Kreisverhältnissen nöthig, die Differenzen nach den einzelnen Regierungsbezirken zu betrachten. Im Regierungsbezirk Königsberg sind diejenigen Kreise, welche die meisten Geburten zeigen, Ortelsburg, Allenstein, Rössel, Heilsberg, Osterode, Neidenburg, Mohrungen. Dies sind meist Gegenden, welche fast nur von Ackerbau leben und nur sehr dünne Bevölkerungen haben. Chausseen, Ei- senbahnen, erhebliche Fabricationen sind im Allgemeinen nicht in diesen Kreisen. Sie sind meist noch mehr in den Anfängen der Cultur; wogegen in den Kreisen Memel, Fischhausen, Landkreis Königsberg, Welau, Heiligen- beil, Braunsberg, Preuss. Holland, in denen Handel, mancherlei gewerb- liche Thätigkeit, auch einzelne Fabrikunternehmungen vorhanden sind, eine 360 Dirrerıcıüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen etwas geringere Zahl der Geburten zeigen. In der Stadt Königsberg war das Verhältnifs wie 1 : 25,99 im Jahre 1852. Im Regierungsbezirk Gumbinnen sind die Zahlen der einzelnen Kreise nahezu gleich. Das ganze Land hat denselben Charakter. Städte sind sehr wenige. Im Regierungsbezirk Danzig tritt nur der Stadkreis Danzig verhält- nifsmäfsig abweichend von den übrigen Zahlen hervor. Er hat ein Verhält- nifs von 1 : 23,15. Im Regierungsbezirk Marienwerder sind in den einzelnen Kreisen auch sehr wenig von einander abweichende Ziffern. Deutsch Krone, an der Grenze von Brandenburg und mit mehr deutscher Cultur, wenngleich sehr gering bevölkert mit 1285 Einwohnern auf der Quadratmeile, hat ein Verhältnifs von 1 : 22,77, wogegen Löbau, südöstlich des Regierungsbezirks Königsberg, in der Nähe von Osterode und Neidenburg eines zeigt von 1 : 17,93, Strasburg 1 : 17,31. Der Kreis Lö- bau hat übrigens mit 2019 Menschen auf der Quadratmeile eine viel dichtere Bevölkerung als deutsch Krone. Im Regierungsbezirk Posen zeigt nicht der Kreis Posen mit der Stadt gleichen Namens, sondern Fraustadt und Meseritz, das an der Grenze der Neumark liegt, die geringste Zahl der Geburten, diese sind viel stärker in den eigentlich polnischen Gegenden; die grölseste Zahl ist im Kreise Samter mit einer Bevölkerung von 2245 Menschen auf der Quadratmeile, nämlich 1: 20,50. Im Regierungsbezirk Bromberg, der eine stärkere Zahl von Gebur- ten hat als der Regierungsbezirk Posen stehen die Geburten nahezu gleich in den einzelnen Kreisen; selbst der Kreis Bromberg mit der Stadt gleichen Namens, ist sehr wenig von den übrigen Kreisen unterschieden. Von den Kreisen des Regierungsbezirks Potsdam mit Berlin, zeigt nicht Berlin 1852 mit 28,11 und 1849 mit 30,31, sondern Potsdam 1852 mit 33,05 und 1849 mit 31,09 die geringste Zahl der Geburten. In der Stadt Potsdam verhielt sich 1849 die Militairbevölkerung zur Civilbevölkerung wie 8470 : 31,394 d. h. wie 100 : 371; in Berlin war das Verhältnifs im Jahre 1849 wie 22,748 : 401,154 d. h. wie 100 : 1763. Ein viel gröfserer Theil der Bevölkerung gehört daher in Potsdam zum Militär, und bei dem bei weitem gröfseren Theile desselben sind keine geordneten Familien, in Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staale insbesondere. 361 welchen doch immer die mafsgebende Anzahl der Geburten sich befindet. Berlin hatte 1849 unter 13,760 Geburten 2122 uneheliche, d. h. 14,7 pCt; Potsdam hatte unter 1246 Geburten 136 uneheliche, d. h. 10,9 pCt. Es zeigt sich dafs dieser kleine Theil nicht von Einfluls sein kann für die Ge- sammtbetrachtung, überdies waren in Berlin mehr uneheliche Geburten als in Potsdam. Die übrigen Kreise des Regierungsbezirks haben eine ziemlich gleiche Anzahl von Geburten 1:23 oder 24 bis 1:26 und 27,71; die Ucker- mark die meisten, die Priegnitz die wenigsten. Im Regierungsbezirk Frankfurt zeigt wiederum nicht die Stadt Frank- furt die niedrigste Zahl der Geburten, vielmehr in der Lausitz die Kreise Lübben und Kalau; die gröfseste Zahl der Geburten ist in dem Kreise Arnswalde. Der ganze Regierungsbezirk Stettin hat in allen Kreisen fast eine gleiche Anzahl von Geburten, selbst Stettin, Kreis Randow zeichnet sich darin nicht aus. Im Regierungsbezirk Köslin hat der Kreis Bütow an der Grenze Westpreulsens die stärkste Zahl der Geburten im Verhältnifs wie 1 : 21,39; in Schiefelbein, das sonst zur Neumark gehörte, ist die geringste Zahl wie 1: 28,27. In dem kleinen Regierungsbezirk Stralsund sind die 4 einzelnen Kreise sehr gleich in der Zahl der Geburten; die Insel Rügen hat sehr gleiche Verhältnisse mit Franzburg und Greifswald. | Im Regierungsbezirk Breslau dagegen zeigen sich Verschiedenheiten 1852 von 1 : 22,61 Kreis Striegau bis 1 : 28,74 Kreis Brieg. Am meisten Ge- burten sind in den Kreisen Striegau, Militsch, Waldenburg, Neumarkt, die wenigsten in den Kreisen Brieg, Habelschwerdt, Frankenstein, Münsterberg, Nimptsch. Weder die Populationsverhältnisse noch die der Fabrication oder des blofsen ländlichen Betriebes entscheiden. Man mülste, um auf die Gründe der Verschiedenheiten zu kommen, in jedem einzelnen Kreise untersuchen, ob und in welcher Weise in dem einen mehr Gelegenheit zum Erwerbe wäre als in dem andern, mit wie viel mehr oder weniger Mitteln in dem einen oder dem andern eine Familie erhalten werden kann u. s. w. Die Stadt Breslau selbst zeigt viel Geburten, ein Verhältnis von 1 : 25,4. Philos.-histor. Kl. 1855. Zz 362 Diererıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Im Regierungsbezirk Oppeln zeigt der Kreis Beuthen eine auffallend starke Ziffer der Geburten; alle übrigen Kreise zeigen zwar weniger, aber doch fast alle starke Zahlen von Geburten. Im Regierungsbezirk Liegnitz hat nicht die Stadt Liegnitz, sondern der Kreis Sagan die wenigsten Geburten. In den Gegenden, wo die Lein- wandfabrication recht eigentlich ihren Sitz hat, in Landshut, Hirschberg, Bolkenhain ist eine starke Zahl der Geburten. Im Regierungsbezirk Magdeburg ist eine Differenz von 1 : 20,96 in dem sehr fruchtbaren Kreise Wanzleben, zu 1 : 30,51 in dem viel weniger fruchtbaren Kreise Salzwedel, d. h. eine Differenz von 100 : 144. Die Altmark, die keineswegs zu den bevölkertsten Theilen des Regierungsbezirks gehört, zeigt die wenigsten Geburten, die Kreise Wanzleben, Wolmirstedt, Oschersleben die meisten, die Stadt Magdeburg selbst hat ein Verhältnifs von 1 : 24,05. Im Regierungsbezirk Merseburg sind die gröfsesten Differenzen zwischen Saalkreis 1 : 23,11 und Naumburg 1 : 31,44; Differenzen von 100 : 136. Es sind nicht die Fabrikgegenden, in denen wenig Geburten sind, denn Zeitz hat ein Verhältnifs von 1 : 26,55. In der goldenen Aue (Kreis Sangerhausen) ist ein günstiges Verhältnifs der Geburten, aber dasselbe ist noch etwas günstiger in den wenig fruchtbaren Gegenden von Schweinitz und Liebenwerda. Im Regierungsbezirk Erfurt hat der Kreis Erfurt selbst die ungünstigste Verhältnifszahl 1 : 30,50, sehr günstig stehen Nordhausen, Weissensee. Im Regierungsbezirk Münster sind, wie schon früher bemerkt wor- den, die wenigsten Geburten im preufsischen Staate. Die Verhältnifszahlen sind ziemlich gleich; nur mag hervorgehoben werden, dals der Kreis Teck- lenburg, der nicht zum eigentlichen Münsterlande gehört, evangelisch ist, das Land der früheren Grafen von Tecklenburg, voller Leinwand-Industrie, Berggegend, in vielen Beziehungen ähnlich der Gegend von Minden, von allen Kreisen des Regierungsbezirks Münster, mit alleiniger Ausnahme von Recklinghausen, die meisten Geburten hat, 1 : 28,35. Viel mehr Geburten zeigen sich im Regierungsbezirk Minden, er ist schon oben besprochen worden, und mag hier nur noch angeführt werden, dafs die allermeisten Geburten in den fabrikreichsten Gegenden Bielefeld Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 363 und Herford vorkommen, mit Ausnahme von Höxter, die ungünstigsten im Paderbornschen. Im Regierungsbezirk Arnsberg sind die allermeisten Geburten in den aller fabrikreichsten Gegenden, in den Kreisen Hagen, Iserlohn, Dort- mund, Bochum. In dem aufserordentlich sich hebenden Dortmund, wo neben der Steinkohle jetzt auch Eisenstein gefunden ist und bearbeitet wird, eine höchst grolsartige Fabrik-Industrie in Eisen, Maschinen und Koble sich entwickelt; wo 6721 Menschen bereits auf der Quadratmeile wohnen, sagte mir noch im September d. J. ein Minenbesitzer: „uns fehlt hier nichts als Menschen, 1500 können, wenn sie arbeiten wollen, hier sofort reichlichen Unterhalt finden.” In dem armen Kreise Wittgenstein dügegen, welcher von bewaldeten Berghöhen bedeckt ist, wo viel Armuth herrscht, ist eine geringe Anzahl von Geburten 1 : 30,96, ähnlich ist sie in Olpe und Siegen. Der Regierungsbezirk Köln umfafst einen Theil des fruchtbaren Rheinthals. Landwirthschaft und Handel sind die wesentlichsten Beschäfti- gungen der Bevölkerung, und der Handel selbst bat in der Stadt Köln seinen Sitz. Diese, die Stadt Köln, hat die gröfseste Zahl der Geburten von allen Kreisen des Regierungsbezirks. DasVerhältnifs ist in der Stadt Köln wie 1 : 23,93, in keinem andern Kreise unter 25 und steigt bis zu 30,67 Kreis Rheinbach. Der Regierungsbezirk Düsseldorf hat etwas weniger Geburten als Köln; aber die fabrikreichsten, am dichtesten bewohnten Kreise: Solingen, Lennep, Elberfeld, Duisburg auch Gladbach und Krefeld zeigen die meisten Geburten, wogegegen diejenigen Kreise, welche mehr im Norden, wo der Rhein sich mehr seinem Ausflufs nähert, auf Landwirthschaft, besonders Wiesenkultur und Viehzucht angewiesen sind, Kleve, Geldern, Rees die niedrigsten Zahlen der Geburten zeigen. Im Regierungsbezirk Koblenz ist die Fabrication nicht so vorherr- schend als im Regierungsbezirk Düsseldorf. Sie fehlt nicht, doch ist Land- wirthschaft und insbesondere Weinbau an Mosel, Rhein und Nahe vorherr- schend. In den Kreisen Mayen und Adenau sind die meisten, in Simmern, Kreuznach die wenigsten Geburten. Der Regierungsbezirk Trier hat auch viel Weinbau, die Mosel mit ihren Wein bekränzten Ufern, Piesport und Zeltingen giebt der Gegend den Hauptcharakter, doch ist im Norden auf der Eifel rauheres Klima, und bei Saarbrück bis Saarlouis sind es die Steinkohlengruben, welche der Bevölke- Zz2 364 Dierterıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen rung die meiste Beschäftigung gewähren. Im Kreise Merzig, meist auf Land- wirthschaft angewiesen, an der Saar, so wie in Saarbrück und Saarlouis, ist die stärkste Zahl der Geburten; die geringste Zahl von Geburten ist im Kreise Berncastel 1 : 34,34. Der Regierungsbezirk Aachen ist ein hohes Bergland, voller Fabri- cation in Tuch und wollenen Zeugen in Aachen und Montjoie, in Gerbereien in Malmedy und Eupen, in bergmännischer Industrie, besonders in den Krei- sen Schleiden und Aachen; der nördliche Theil des Regierungsbezirks ist Ebene, es ist das fruchtbare Jülicher Land. Hier in den Landbau treiben- den Kreisen Erkelenz, Jülich, Heinsberg sind die wenigsten Geburten; es sind ihrer viel mehr in den südlichern bergigen, fabrikreichen, landwirth- schaftlich von der Natur viel weniger begünstigten Kreisen Düren, Aachen, Eupen, Montjoie. Diese Durchsprechung der einzelnen landräthlichen Kreise dürfte den schon früher ausgesprochenen Satz bestätigen, dafs nicht nach einem Zeichen, Fabrik oder Ackerbau, gröfserer oder geringerer Dichtigkeit der Bevölkerung, Nahrungsmitteln, städtischer oder ländlicher Einwohnerzahl, Stammverschie- denheit und dergl. mehr, die gröfsere oder geringere Zahl der Geburten sich bestimmt. Es müssen alle diese verschiedenen Gesichtspunkte in das Auge gefafst werden, wenn man eine gegebene Zahl von Geburten im Vergleich zu einer anderen erklären will. Die Hauptsache bleibt aber immer, ob und in wie fern Gelegenheit zum Erwerb und Trieb der Thätigkeit in der Ein- wohnerzahl vorhanden ist. Ich scheue mich fast mit der trivialen Äufserung eines Jägers zu schliefsen, wenngleich sein Ausspruch die Sache trifft; er äufserte, als von vielem oder wenigem Wildstand in diesem oder jenem Walde die Rede war: „Es ist damit wie mit der menschlichen Bevölkerung, wo das Wild viel Nahrung findet, da ist es, und wo es keine findet, da fehlt es.” Die Nahrung begründet sich jedoch bei den Verhältnissen der Menschen in civilisirten Staaten nicht allein und nicht einmal immer hauptsächlich durch die Fruchtbarkeit des Bodens, — Fabrication und Handel treten hinzu, und eine nach natürlichen Verhältnissen arme Gegend kann durch die Industrie und den Verkehr viel Gelegenheit zum Erwerb geben, und dann sehr viel Geburten haben. — Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 365 S 1849 1852 5 Kreise ENT RNIT 2 mit Einschluls Menschen Einwohner- Fer Eine &e- Einwohner- nn Sc Menschen s ig a Fende | aa | nee Re ra "Er Städte. Q. Ki Nlilair, anche Es Bulllın: EDER a Q.Muile Rn nerzalıl. nerzahl. 1.\Memeliin. 20% is banal aurre |. 44,174 | 2,144| 20,60 | 46,915 | 1,939 | 24,20 | 2,413 3 Fischhansen.. IR IT 1,158 | 37,624 | 1,676| 22,45 | 39,214 | 1,620 | 24,21 | 1,207 3.Königsberg(Stadt) 75,240 | 2,776| 27,10 | 79,887 | 3,074 | 25,99 4 Königsberg(Land) | 1,700 | 40,375 | 2,047 | 19,2 | 43,110 | 1,842| 23,40 | 1,815 5. BEabiau a: 1,82, 1,716 | 42,376 | 2,392 | 17,2 | 42,919 1,718| 24,98 | 1,738 6. Welau.... 2,519 | 42,098 | 2,060 | 20,44 | 43,906 | 1,709 25,69 | 2,419 7. Gerddneh., Re 2,074 | 32,039 | 1,724 | 18,58 | 32,676 | 1,377 | 23,73 | 2,115 Br er Rastenburg............ 2,355 | 36,291 | 1,962 | 18,50 | 38,440 | 1,633 | 23,11 | 2,494 E 9. Friedland............... 2288 | 35,917 | 1,901 | 18,89 | 37,629 | 1,679 22,11 | 2,397 | 10 Preufs. Eilau......... 2,035 | 44,573 | 2,256 | 19,6 | 47,371 | 2,097 | 22,59 | 2,160 = | 11. Heiligenbeil.......... 1,830 | 36,544 | 1,780 | 20,53 | 39,013 | 1,563 | 24,96 1,954 3| 12 Braunsberg... 2,135 | 43.607 | 2,098 | 20,0 | 45,142 | 2,007 22,00 | 2,520 „| 13. Heilsberzg............... 2,188 | 44,358 | 2,261 | 19,62 | 46,065 | 2,208 | 20,86 | 2,273 MAROSSelN.....2.:; 2,522 | 37,428 | 2,113| 17,71 | 40,031 | 1,940 | 20,63 | 2,698 15. Allenstein............... 1,674 | 39,940 | 2314| 17,26 | 42,444 | 2,181| 19,46 | 1,779 | 16. Ortelsburg........... 1,709 | 48,738 | 2,963| 16,45 | 48,932 | 2,371 | 20,64 | 1,716 17. Neidenburg re 1,263 | 37,405 | 2,077 | 18,01 | 38,804 | 1,841 | 21,08 | 1,312 | 182Osteroder u. 1,649 | 46,173 | 2,626 | 17,58 | 49,239 | 2,401 | 20,51 | 1,759 19. Morungen............. 2,038 | 45,296 | 2,416| 18,5 | 47,887 | 2,309 | 20,74 | 2,154 20. Preufs. old 2,345 | 37,337 | 1,909 19,56 | 39,443 | 1,717 | 22,97 | 2,478 Summa | 2,077 | 847,533 43,495 | 19,48 | 899.067 | 39.226 22,67 | 2,178 1. Heidekrug......... 1,714 | 31,513 | 1,876| 16,50 | 32,426 | 1,446 | 22,12 Fizes 2. Niederung anal 2,244 | 46,524 | 2,591 | 17,96 | 46,899 1,984 | 23,64 | 2,262 SIDISIEAERE.N SE 3504 | 52,670 | 2,782 | 18,93 | 55,133 | 2.146 | 25,69 ! 3,668 4. Ragnit......... 2,022 | 44,061 | 2,344| 18,50 | 47,405 | 1,921 | 24,68 | 2,176 5. Pillkallen er 2,117 | 40,037 | 2,056 | 19,47 | 42,595 | 1,616 | 26,36 | 2,253 | & 6. Stallupönen .... 2,995 | 37,194 | 1,918! 19,39 | 38,590 ı 1,654 | 23,51 | 3,131 | = 7. Gumbinnen...... 3,109 | 40,693 | 2,028 | 20,07 | 42,053 | 1,659 | 25,55 | 3,213 | E 8. Insterburg te 2,561 56,397 2,786 | 20,21 1 59,046 2,370 ! 24,91 | 2,681 = 9. Darkehmen....... 2,326 | 31,376 | 1,639 | 19,14 | 32,980 | 1,330) 24,50 | 2,445 &| 10. Angerburg........ 1,781 | 31,310 | 1,653 18,94 | 32,877 | 1,510 | 21,77 | 1,870 = 11. Goldapp ........... 1,945 | 35,896 ı 2,054 | 17,18 | 37,701 | 1,668 22,60 | 2,042 12. Olezkolr..2...% 1,973 | 30,839 | 1,693 | 18,22 | 32,192 | 1,467 | 21,94 | 2,060 13. EyK nen. 1,774 | 35,215 | 1,928| 18,27 | 37,180 | 1,541) 24,18 | 1,873 14. Lötzenete.. 2 1,700 | 28,157 | 1,574| 17.59 | 30,036 | 1,354 | 22,18 | 1,814 15. Sensburg.......... 1,642 | 36,874 | 2,066 | 17,55 | 37,903 | 1,699, 22,31 | 1,688 | 16. Johannisburg... 1,110 | 35,291 | 1,846| 19,12 | 36,889 | 1,792 | 20,59 | 1,160 Summa | 2,059 | 614,047 32,834 | 18,70 [62205 27157] 23,65 | 2,154 366 Dierrerıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen ® 1849 1852 5 Kreise =: ER % wit Einschluls MEN SER ohne Er Eine Ge Einwohner- rn Eine Ce. nen : je a ee | Pesch elta, | ee En Städte. a Militair. ie ‚berden Militair, eahurnen Rn or © | nerzahl, nerzahl. ON nern 4,270 | 55,118 | 2,532 21,77 | 59,622 | 2,699 | 22,09 | 4,611 2. Marienburg........ 3,559 | 53,843 | 2,598) 20,» | 55,549 | 2,741) 20,27 | 3,671 .! 3. Danzig( Stadt)... 63,917 | 2,625 | 24,5 | 67,016 | 2,895 | 23,15 | 4.Danzig (Land)... | 2.682 | 62,739 | 2,965, 21,16 | 61.607 | 3,007 | 21,00 | 2,762 e 5. Stargardt site 1,941 | 49,507 | 2,696 | 18,36 ! 53,572 ! 2,670! 20,06 |! 2,101 = 46. Berenti.l..k...... 1,360 | 31,212 | 1,718| 18,17 | 32,857 | 1,619 20,29 | 1,432 | .7.Karthaus .... 1,518 | 40,361 | 2,292 | 17,61 | 42,426 | 2,020: 21,00 | 1,627 8. Neustadt .......... .. 1,522 | 47.970 | 2,432| 19.2 | 48,279 | 2,184 22,11 | 1,834 Summa | 2,658 | 401,667 19,558 20.38 | 123.928 | 19,835 | 21,37 | 2,784 Stohm ee 3,028 | 34,847 | 1,825 | 19,09 [| 36,462 | 1,775 | 20,54 , 3,168 2. Marienwerder. 3,281 56,790 | 2,725 | 20,84 | 59,057 | 2,899 | 20,37 | 3,412 3. Rosenberg 2,255 | 42,668 | 2,363 | 18,06 | 43,752 | 2,237 | 19,51 | 2,313 Anlobaukz ren 2,019 | 36,570 | 2,219 | 16,48 | 37,409 | 2,070 | 17,93 | 2,066 5 5. Stralsburg........ 2,047 | 50,086 | 2,780| 18,02 | 52,078 | 3,009 | 17,31 | 2,128 2 6. Thorn ...... 2,507 | 51,491 | 2,497 | 20,62 | 53,549 | 2,812| 19,04 | 2,607 = 7. Kulm....... 2,759 | 45,373 | 2,419 | 18,76 | 46,440 | 2,558| 18,15 | 2,854 5| 8. Graudenz. 3,111 | 49,185 | 2,400 | 20,10 | 51,212 | 2,573| 19,00 | 3,239 S 9. Schweiz ............ 1,913 | 56,359 | 3,043 | 18,52 | 60,383 | 3,193 | 19,38 | 2,099 Po Konz... 1,240 | 51,588 | 2,686, 1921 | 54,469 | 2,635 | 20,67 | 1,309 =| 11 Schlochau........ 1,181 | 45,934 | 2,195 | 20,93 | 48,160 | 2,147 | 22,58 | 1,246 12. Rlatow......r.. 1,790 | 50,008 | 2,489 20.09 | 52,794 2,384 | 22,15 | 1,590 13. Deutsch-Krone 1.285 | 50,147 | 2,273 22.06 | 52,983 | 2,327 | 22,77 | 1,358 Summa | 1.944 621,046 31,914 | 19,46 | 649.545 | 32,919 19,91 2,034 1. Wreschen 2,902 36,629 | 1,879, 19,49 | 35,917 , 1,689 | 21,27 | 2,846 2. Pleschen .... 3,030 | 57,926 | 2,975) 19,17 | 54,984 | 2,524 | 21,18 | 2,876 3. Schrodda.......... 2,423 | 45,016 | 2,061 | 21,54 | 45,261 | 2,121 | 21,34 | 2,1436 4. Schrimm)4....8 2.697 | 50,241) 2518| 19,95 | 51,483 | 2,427, 21,21 | 2,763 5. Kosteni%.+.....* 2,567 | 54,411 | 2,700 | 20,15 | 55,878 | 2,664 | 20,98 | 2,636 6: Buok..A.ı.. 2.978 | 49,948 | 2,422 | 20,62 | 50,654 | 2,388 21,21 | 3,021 7.Bosent..08 4,648 | 90,476 3,873 | 23,36 | 89,935 3,840 | 23,42 | 4,570 4 8. Obornik....... | 2.067 | 41,383 | 2,072 | 19,97 | 42,284 | 1,939 | 21,81 .| 2,112 © OSamier 2,245 | 42,875 6,293 | 18,70 | 43,382 2,116 | 20,50 | 2,271 2| 10. Birnbaum ......... 1,684 | 42,105 | 1,896 | 22,21 | 41,013 | 1,882) 23,39 | 1,760 ‚@| 11. Meseriz 1,742 | 39,684 ! 1,593) 24,92 | 41,277 | 1,624 25,42 | 1,812 12. Bomst 2,559 | 49.286 | 2,132) 23,12 | 51,506 | 2,198 | 23,43 | 2,674 13. Fraustadt.......... 3,232 | 58,050 | 2,314 24,” | 59,945 | 2,305 | 26,01 | 3,338 14 Kröben.............. 3.671 | 70,081 | 3,292 | 21,29 | 72,034 | 3,039 | 23,70 | 3,773 15. Krotoschin....... 3,530 | 62,127 | 2,913 | 21,33 | 61,475 | 2,708 22,0 | 3.193 16. Adelnau. ............ 3,121 | 52,530 | 2,515) 20,80 | 51,494 | 2,153 | 23,92 | 3,060 17. Schildbereg........ 3,131 | 54,571 | 2,546 21,48.| 55,221.| 2,401 | 23,00 | 3.168 Summa | 2,790 |897,339 | 42,024| 21,35 | 906,743 | 40,018 | 22,66 | 2,519 = 1849 1852 3 Brese Mr | Es kam | Es kam TE En mit Einschlufs Menschen Einwohner- an Eine Ge-| Einwohner- ae ine: Ge-| Menschen s s. Er Er rn ee © Saale cite | Mir. [arbemen | hend, | tie. | armen | he, [gar & nerzahl. nerzahl. Br N a en m 1. Czarnikow......... 2,054 | 57,667 | 2,771 | 20,81 | 60,015 | 2,863 | 20,96 | 2,137 2. Chodziesen........ 2,302 | 46,353 | 2,318 | 20,00 | 47,554 | 2,352 | 20,22 | 2,361 S:WiIrsiz HR... 2,199 | 47,286 | 2,402| 19,69 | 50,156 | 2,383 | 21,01 | 2,333 sc| 4. Bromberg......... 2,198 | 59,584 | 2,764 | 21,56 | 64,001 | 3,077 | 20,50 | 2,361 al .55Schubmttru.z. 2,192 | 46,480 | 2,364 | 19,66 | 49,121 | 2,496 | 19,68 | 2,317 = 6. Inowrazlaw ....... 2,088 | 63,533 | 3,352 | 18,05 | 64,556 | 3,423 | 18,66 | 2,122 3| 7.Mogilno 1,925 | 34,593 | 1,830 | 18,00 | 37,528 | 1,910 | 19,65 | 2,088 .5| 8. Gnesen......... 2,200 | 52,660 | 2,587 | 20,36 | 53,332 | 2,609 | 20,44 | 2,228 9. Wongrowiz 1,901 | 46,519 | 2,371 | 19,62 | 48,739 | 2,458| 19,53 | 1,992 Summa | 2,116 | 454,675 22. 59 | 19,95 | +75, 002 | 23,571 | 20,15 | 2,211 1. Berlin mit d.Weich- | bilde. lt, .ERhN 333,871! 423,902] 13,760 | 30,sı | 438,958) 15,615 | 28,11 345,628 2. Prenzlow.................. 2,575) 534481 2242| 23,54 | 54,087] 2,216 | 24,1 | 2,605 3. Templin... 1,643] 43,659] 1,845 | 23,66 | 44,935] 1,883 23,866 | 1,691 4. Angermünde............. | 2369| 55,640) 2,356 | 23,62 | 58,504) 2,459| 23,79 | 2,491 5. Ober-Barnin ............ 2,641| 58,209| 2,409 | 24,16 60,368] 2,479| 24,35 | 2,739 6. Nieder-Barnim ......... 2,158| 69,610 2,867 | 24,28 76,173) 3,246 | 23,47 | 2,358 Buibeltovverme mern een 2,308| 71,046) 2,978| 23,86 | 69,401) 3,074 | 22,58 | 2,255 = 8. Beeskow-Storkow..| 1,659) 38,478, 1,547 | 24,87 39,234 1,534 | 25,58 | 1,692 7 | 9. Jüterbok - Lucken-| * r-) walde. A m&.t. al! 1,989| 48,364 1,923| 25,5 | 50,131] 1,984| 25,27 | 2,061 = |10. Zauch-Belzig........... 1,695 60,218) 2,410| 24,00 | 61,417) 2,414) 25,4 | 1,729 ” I11. Stadt Potsdam .......... 159,456) 39,864, 1,246 | 31,00 | 40,617| 1,229 | 33,05 |162,468 12. Ost-Havelland ..........| 2,297| 52,147, 2,011| 25,03 | 54,472! 2,134 | 25,53 | 2,400 13. West-Havelland ...... 2,329| 56,878 2,109 | 26,97 | 60,394). 2,308 | 26,17 | 2,473 14. Rüppmertr.......:4.! 2,156) 69,222 2,586| 26,7 | 71,046). 2,800 | 25,37 | 2,213 15. Ost-Priegnitz............ 1,798) 63,566) 2,485 | 25,55 | 64,767) 2,337 | 27,1 | 1,832] 16. West-Priegnitz ........ 2,358 64,684) 2,419 | 26,74 | 65,659] 2,435 | 26,06 | 2,394 Summa 3,3171,268,935 47,193 | 26,89 6,0 In310,108| 50,117 | 26,0 | 2.25 50,147 | 26,13 | 2,425 Staaten Europa’s überhaupt, und im preu ıfsischen Staate insbesondere. 367 368 Dirreaxıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen E 1849 1852 5 Kreise * | Es kam im| Esk % mit Einschlufs DrsBehen Einwohner- ERDE Eine Ge-| Einwohner- ine Be Menschen = 3 | en aan act || | ne ee Er Städte. 6 ar Militair. ecburnen eh Militair. gchurnen een & nerzahl. nerzall. 1. Königsberg Be 2,891! 80,307 | 3,350| 23,97 | 83,485 | 3,507 | 23,51 3,005 24Soldin!®2......4* 2,048) 42,900 | 1,871 | 22,93 | 44,646 | 1,768 | 25,55 | 2,131 3. Arnswalde........ 1,623 37,905 | 1,710) 22,17 | 39,857 | 2,206 | 18,07 | 1,707 4. Friedeberg........ 2,555 51,186 | 2,189 | 23,38 | 52,425 | 2,286| 22,93 | 2,617 5. Landsberg........ 2,951) 66,431 | 2,665 | 24,95 | 68,255 | 2,812| 24,27 | 3,032 GAlebust:.... M 13,562 74,643 | 3,061 | 24,39 | 78,438 | 3,258 | 24,08 Naar 7.Stadt Frankfurt y 29,969 | 1,059 28,30 | 31,599 | 1,034 | 30,56 ; = 8. Sternberg 1 1,867) 78,441 | 3,645 | 21,52 | 82,035 | 3,525 | 23,27 1,953 = 9. Züllichau .......... 2,371) 39,810 | 1,507 26,42 | 41,583 | 1,473| 28,22 | 2,477 z 10. Krossen............. 2,247| 52,732 | 2,039 | 25,86 | 54,206 1,941 | 27,93 2,309 = NAGUben“.2t....... 2,269 46,412 | 1,751 | 26,51 | 48,887 | 1,740) 28,10 | 2,391 = #12. Lübben... 1,609 30,470 | 1,030 | 29,58 | 31,436 | 1,111 | 28,30 | 1,660 130Buckau en 2,195 52,379 | 2,015 | 25,90 I 54,724 | 2,019 | 27,10 | 2,294 1AnKalausrar 2,355| 43,363 | 1,490 | 29,10 | 44,490 | 1,428 | 31,16 | 2,447 15. Kottbus.......... .. 3,267| 51,944 | 1,936 | 26,88 | 53,605 | 1,914 | 28,01 | 3,371 I64Soraufe.a...e 2,944| 65,821 | 2,296 | 28,67 | 69,278 2,345 | 29,54 | 3,104 17. Spremberg ... ... 2,693| 15,374 6576| 26,69 | 15,928 | 586| 27,18 | 2,789 Summa 2,446, 860,087 | 34,190 | 25,16 | 904.577 | 34,953 25,00 | 2,545 1. Demmin ..... ...... 2,719 | 48,417 | 1,987 | 24,37 | 49,377 | 1,957 | 25,23 | 2,772 Den Klame 2,378 | 28,507 | 1,112 | 25,64 | 30,064 | 1,138 | 26,42 | 2,507 3.Usedom-Wollin 1,545 | 32,057 | 1,304 | 24,58 | 34,348 | 1,355 | 25,35 | 1,655 4. Ueckermünde... 1,977 | 39,428 | 1,652| 23,84 | 40,834 | 1,686 | 24,22 | 2,048 | 5. Randow... ........ 4,159 | 109,994 | 4,740 | 23,21 | 120,756 | 5,281 | 22,87 | 4,565 = 6. Greiffenhagen. 2.585 | 45,111 | 2,048 | 22,03 | 46,863 | 2,014 | 23,27 | 2,686 = TAPNRIZIEEN. 1,973 | 39,029 | 1,761 | 22,16 | 40,801 | 1,750 | 23,31 | 2,063 07 8. Saazig ee 2,411 54.046 | 2,317 | 23,33 | 56,577 | 2,264 | 24,99 | 2,523 $ 9. Naugard............ 2,150 | 48,656 | 2,085 | 23,31 | 50,599 | 1,926 | 26,27 | 2,236 10. Kammin '-........ 1,654 | 38,989 | 1,570| 24,83 | 39,931 | 1,471 | 27,15 | 1,694 11. Greiffenberg... | 2,538 | 35,579 | 1,482| 24,01 | 36,312 | 1,314, 27,63 | 2,590 12. Regenwalde..... 1,941 | 42,314 | 1,830| 23,12 | 43,964 | 1,768| 24,87 | 2,017 Summa | 2,355 | 562,127 | 23,888 | 23,» | 590,426 | 23,924 | 24,6 | 2,474 || Staaten Europa’süberhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 369 Philos.- histor. Kl. 1855. Aaa $ 1849 1852 = Kreise 2 " . Zahl | Es kam Zahl der il Es kam &0 zue Einschluls en Einwohner- | Laufe des |Eine Ge-| Einwohner- | Laufe des Eine Ge- Menschen E ww ee lat | relgene [106 ® a. eogr. lie li überhau de schlie hei überhau e e 5 u Städte. Q.-Meile. | Militair. rg Hinwch- Militair. Ge Ei | ei 1. Schiefelbein..... 1,763 | 16,746 646| 25,92 | 17,357 | 614| 28,2 | 1,827 2. Dramburg......... 1,391 | 29,827 | 1,306| 22,s4 | 31,240 | 1,327| 23,54 | 1,456 3. Neustettin ........ 1,548 | 57,525 | 2,662| 21,cı | 60,823 | 2,355 | 25,83 | 1,636 r 4. Belgard ............. 1,664 | 34,849 | 1,606| 21,10 | 36,127 | 1,454| 24,85 | 1,725 = 5. Fürstenthum.... 2,096 | 91,393 | 3,813| 23,97 | 95,390 | 3,659 | 26,07 | 2,187 5 6. Schlawee............. 2,096 | 64,939 | 2,824 | 23,00 | 67,701 | 2,792| 24,25 | 2,185 = 7. Rummelsburg.. 1,253 | 25,258 | 1,140 | 22,16 | 26,209 | 1,124 | 23,32 | 1,301 = 8JStolpe.... 1,794 | 72,980 | 3,052| 23,01 | 75,982 | 2,838 | 26,77 | 1,868 9. Lauenburg....... 1,608 | 35,608 | 1,657 | 21,40 | 37,067 1,549! 23,93 | 1,673 10. Bütow................ | 1.643 | 19,391 | 1.005 | 19,0 | 20,581 962 | 21,39 | 1,744 Summa | 1,736 j448,516 | 19,711! 22,75 |468,477 | 18,674 | 25,09 | 1,813 Z |1- Bergen (Insel Rügen) 2,029 | 41,446 | 1,601 | 25,0 | 43,525 | 1,686| 25,82 | 2,130 = 2. Franzburg... Ber 2,651 61,068 | 2,277 | 26,82 | 63,459 | 2,400 | 26,44 | 2,754 = 3. Greifswald.. | 2,651 | 48,465 | 1,926 | 25,16 | 50,298 | 2,915 | 26,26 | 2,752 2 1 Grimme... 2 2,022 | 36,079 | 1,510 | 23,89 | 37,719 | 1,615 | 23,36 | 2,104 |= Summa | 2,348 [187,058 | 7.314] 25,5% ]195,001 | 7,616] 25,00 | 2,447 I Namslau....... 3,119 | 33,659) 1,507 | 22,36 | 34,117| 1,398, 24,40 | 3,159 2. Wartenberg....... 3,286 | 48,700) 2,345 | 20,7 | 50,777| 2,070| 24,53 | 3,426 leisen. 3,629 | 58,614) 2,442 | 24,00 | 60,452] 2,324 | 26,01 | 3,743 4ulrebnitz..... 3,476 52,208) 2,232 | 23,39 53,442] 2,090 | 25,57 | 3,558 5. Militsch............... 3,073 53,317) 2,467 | 21,61 55,562] 2,333 | 23,2 | 3,202 6. Gurau..... 2,992 38,084 1,516 | 25,12 38,824| 1,399 | 27,75 | 3,050 7. Steinau ..... 3,166 | 23,935) 1,112| 21,52 | 24,732] 979| 25,26 | 3,271 8. Wolau...... 3,241 48,222 2,097 23,00 | 49,436) 1,941 | 25,17 | 3,322 9. Neumarkt... 4,092 53,399; 2,416 | 22,10 | 55,612] 2,348 | 23,68 | 4,261 „| 10. Breslau ..... 11,712 | 168,666] 6,640 | 25,410 | 182,154 7,204 | 25,29 112,650 =| 11.Olau... 4,422 | 50,059| 2,266 | 22,00 | 51,471) 2,127 | 24,20 | 4,547 S 12. Brieg....... 4,278 | 46,976) 1,762 | 26,66 | 48,562] 1,700 | 28,74 | 4,450 Mal 13. Strehlen............. | 4,749 | 31,104| 1,349 | 23,06 | 32,240| 1,251 | 25,77 | 4,922 | 14. Nimptsch........... 4,200 | 29,441) 1,236| 23,2 | 30,001! 1,133) 26,18 | 4,280 15. Münsterberg...... 5,211 33,505| 1,361 | 24,62 | 34,449] 1,295 | 26,60 | 5,358 16. Frankenstein... 5,625 48,659 2,016 | 24,14 49,745, 1,904 | 26,13 | 5,751 17. Reichenbach...... 8,617 57,907| 2,633 | 21,99 60,346) 2,427 | 24,s6 | 8,980 18. Schweidnitz....... 6,553 70,248 1,999 | 23,42 73,965 2,930 | 25,24 | 6,900 | 19. Striegau Tenssskäheueee 4,715 28,333) 1,275 | 22,22 29,562) 1,306 | 22,64 | 4,919 20. Waldenburg... | 8,141 | 57,961) 2,680| 21,8 | 62,255] 2,625 | 253,72 | 8,744 DI late 5,977 92,169 4,148| 22,0 | 97,394 3,913| 24,8 | 6,296 | | 22.Habelschwerdt. | 3,415 | 49,183) 1,989| 24,» | 51,597! 1,984 | 26,01 | 3,583 | | Summa | 4,734 |1,174,679 50,488 | 23,27 |1,226,995; 48,681 | 25,21 | 4,945 | 370 Diererıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen $ 1849 1852 E Kreise BB: jan 2 mit Einschlufs Menschen are ap ldeein Eine en N zahldenim Er B Menschen = be ee WR 1 Ba ee Mn. 2 20 5 Eh Städte. a Militair. echornen Ken Militair. gobornen en. ae © nerzahl. | nerzahl 1. Kreuzburg Re 3,521 | 37,184 863 | 43,09 37,207 1,445 | 25,75 | 3,523 2. Rosenberg .......... 2,622 | 42,784 | 2,915| 14,68 | 44,012! 1,874 | 23,49 | 2,697 3. Oppeln... 3,204 | 83,073 | 5,389 | 15,2 | 87,142) 3,776 | 23,08 | 3,361 4. Gr. Strelitz ........ 2,946 | 48,663 | 1,306 | 37,26 51,317] 2,361 | 21,74 | 3,106 5. Lubliniz .............. 2,245 | 40,969 | 2,015 | 20,53 | 42,117) 1,841 | 22,88 | 2,308 6. Tost-Gleiwitz... | 3,817 | 63,321 | 3,4541 | 18,33 | 66,152) 3,071 | 21,54 | 3,987 5 7. Beuthen .............. 6,018 | 85,152 | 5,076| 16,73 | 94,544| 6,261 | 15,10 | 6,682 5 s#Pleisterrer. 18.8 3,194 | 62,342 | 3,143 | 19,84 64,427| 2,847 | 22,63 | 3,301 =7,9. ylnickn...... 3,537 | 55,348 | 3,088| 17,92 | 58,182) 2,559 | 22,4 | 3,718 Q 5,596 | 88,025 | 4,335 | 20,31 90,506| 4,151 | 21,80 | 5,754 Er) 4,330 | 53,823 | 2,604 | 20,67 | 54,865] 2,567 | 21,37 | 4,414 5,503 | 71,046 | 3,348| 21,2 | 72,868| 3,124 | 23,33 | 5,644 5,057 | 73,654 | 3,500 | 21,04 76,387| 3,214 | 23,77 | 5,246 14. Falkenberg........ 3,329 | 37,050 | 1,762| 21,03 | 38,562] 1,684) 22,00 | 3,465 15: NeissentwJ.....H. 6,258 | 83,574 | 3,811 | 21,93 85,021] 3,373 | 25,21 | 6,397 16. Grottkau. ............ 4,194 | 39,924 | 1,770 | 22,56 | 42,300. 1,772 | 23,87 | 4,443 Sumima | 3,974 | 965,912 | 18,379 19,97 [1.005,08 45,920 | 21,90 | 4,138 I 1, Grünberet........ 3,129 | 49,789 | 1,845 | 26,09 | 51,093 | 1,734| 29,47 | 3,211 2. Freistadt... ..- | 3,126 | 51,047 | 1,830 | 27,88 | 52,040 | 1,726| 30,15 | 3,187 B.SaBanta ern. 2,500 | 50,423 | 1,677 | 30,07 | 52,175 | 1,624| 32,13 | 2,587 4. Sprottau er 2,447 | 32,765 1,188 | 27,58 | 33,150 1,123 | 29,52 | 2,476 5./Glocamen..... 4,225 | 72,832 | 2,555 | 28,51 | 74,827 | 2,516 | 29,74 | 4,340 6. Irubensere ‚Ne 2,734 | 31,853 | 1,284 | 24,51 | 32,459 | 1,247! 26,03 | 2,786 7. Bunzlau.................. | 2,966 | 57,027 | 2,232 25,55 | 58,345 1,999 | 29,19 | 3,034 8. Hainau-Goldberg | 4,698 | 51,871 | 1,927 | 26,92 | 52,150 | 1,806 | 28,88 | 4,724 9. LiegnitZ............ | 5,355 | 61,800 | 2,458 25,14 | 64,349 | 2,407 | 26,73 | 5,576 10. 5,056 | 31,550 | 1,222 | 25,2 | 32,319 | 1,275 | 25,35 | 5,179 4,207 | 27,598 | 1,079 | 25,58 | 27,630 969 | 28,51 | 4,212 14. Liegnitz. 12. Bolkenhain ............ 5,329 | 32,720 | 1,373 | 23,83 | 33,689 | 1,369 | 24,61 | 5,487 18Jlandshutz.. a8 5,401 | 39,917 | 1,809 | 22,07 | 40,023 | 1,666 | 24,02 | 5,416 14. Hirschberg..... ....... 5,252 | 57,242 ı 2,299 | 24,90 | 57,214 | 2,134 | 26,81 | 5,249 15. Löwenberg .......... „15,105 | 70,447 | 2,712| 25,98 | 70,919 | 2,568) 27,62 | 5,139 16. Lauban. ................... | 6,893 | 65,002 | 2,813 | 23,11 | 65,923 | 2,508 | 26,29 | 6,991 _ -1 NGOrltza N 61,085 | 2,367 | 25,51 | 64,125 | 2,244 | 28,58 | 3,980 . Rothenburg.......... 46,655 | 1,805 | 25,85 | 48,085 | 1,828 | 26,30 | 2,260 . Hoyerswerda........ 29,379 | 1,115 | 26,355 | 30,052 | 1,137 | 26,43 | 1,856 u] Li= Eule >) — Ä | Summa 3,676 | 921,002 35,590 | 25,88 |940,567 | 38,880 27,76 | 3,754 Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 371 F 1849 = Kreise = BAR Zahl derim| Es kam ER mit Einschlufs Menschen |; wohner- | Laufe.des [Eine Ge- E = rn shi ae lan E13 E77 rgeo; seisin übe, Fa De a 1. Osterburz............ 2,074 | 41,331 | 1,540 | 26,84 2. Salzwedel............... 2,066 | 45,733 | 1,617 28,28 3. Gardelegen ............. 1,874 | 45,467 | 1,725 | 26,36 4. Stendal! .....ut 2,589 | 42,485 | 1,505 | 28,23 5. Jerichow II 1,869 | 47,019 | 1,889 | 24,89 sl 6. Jerichowl....... | 2,193 | 57,149 | 2,415 | 23,66 2| 7. Kalbe 5,314 | 53,618 | 2,237 | 23,97 | 8. Wanzleben 5,301 | 50,039 | 2,378 21,04 | 9. Stadt Magdeburg.. 70,488 | 2,723 | 25, & | 10. Wolmirstädt ......... 3,198 | 40,554 | 1,770| 22,91 | tı. Neuhaldensleben. | 3,351 | 42,293 | 1,674 | 25,2 12. Oschersleben ........ 3,559 | 35,483 |: 1,512| 23,47 13. Aschersleben ........ 6,211 | 49,816 | 1,992 | 25,01 14. Halberstadt............ 6,041 ! 51,044 | 1,869 | 27,31 15. Wernigerode........ 3,864 | 18,855 5 | 684) 27,5: | 18,96 “ —"Summa | 3,290 | 691,374 | 27,530 | 25,11 | 714,261 1. Liebenwerda......... 2,549 | 37,033 | 1,589 | 23,31 2. BoTBausel......hl 3,074 | 54,285 | 2,549 | 21,20 3. Schweinitz............. | 1,897 | 37,456 | 1,602 | 23,3s 4. Wittenberg ............ | 3,117 | 48,181 | 2,029 | 23,:5 5. Bitterfeld ................ | 3,409 | 44,625 | 1,846 | 24,17 6. Delitsch................... 3,686 | 51,931 | 2,172 | 23,91 se| 7. Saalkreis............... 4,592 | 45,002 | 1,897 | 23,72 2| 8. Stadt Halle............. 33,848 | 1,277 | 26,51 | 9. Mannsfeld-See...... 4,419 | 47,900 | 1,885 | 25,41 S | 10. Mannsfeld-Gebirg | 4,081 | 36,643 | 1,474, 24,s6 z 11. Sangerhausen........ 4,052 | 56,816 | 2,315 | 24,54 = | 12. Eckartsberga........ 3,688 | 38,284 | 1,405 | 27,25 13. Querfurft................. 3,673 | 46,319 | 1,838 | 25,20 14. Merseburg.............. 5,226 | 55,500 ! 2,249 | 24,68 15. Weissenfels........... 5,154 | 49,063 | 2,013 24,37 16. Naumburg.............. 8,447 | 24,495 844 | 29,02 N AN | 7.502 35.263 | 1,506 | 23,41 Summa | 3,934 | 742,644 | 30,490 Einwohner- zahl ein- schliefslich Militair. 41,856 46,890 46,157 42,910 47,970 53,029 56,687 53,171 76,146 42,065 42,783 36,880 52,217 51,543 18,964 | 714,268 38,074 55,375 38,451 48,684 44,977 53,664 49,184 35,520 50,564 37.192 58,645 38,183 47,162 56,443 50,888 24,522 35,555 24,36 | 763,683 1852 Zahl der im Laufe des Jahres überhaupt gebornen Kinder. 1,534 1,547 1,710 1,566 2,117 2,297 2,441 2,537 3,166 1,890 1,692 1,626 2,117 1,925 673 | 28,838 | 1,573 2,089 1,484 1,828 | 1,752 2,143 1,316 2,069 1,493 2,232 1,390 1,855 2,219 1,853 780 1,339 29,543 | Aaa? Es kam Eine Ge- Menschen burt auf | lebten auf nachste- bende der geogr. Einwoh- | | | Q.-Meile. nerzalıl. 27,29 30,31 26,99 27,40 22,66 2,100 2,118 1,903 2,615 1,907 25,26 | 2,227 23,2 | 5,618 20,96 |. 5,633 24,05 22,26 | 3,317 25,29 | 3,390 22,68 | 3,692 24,67 | 6,512 26,78 , 6,100 28,18 | 3,886 24,77 | 3.399 24,20 | 2,620 26,51 | 3,136 25,9ı | 1,948 26,63 | 3,149 25,67 | 3,436 25,04 | 3,809 23,11 | 5,019 27,22 24,58 | 4,692 24,91 | 4,142 26,27 | 4,183 27,47 | 3,679 25,42 | 3,740 25,44 | 5,315 27,46 | 5,345 | 31,44 | 8,456 26,55 | 7,866 25,55 | 4,046 372. Dierexıcrüber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen $ 1849 "R Kreise 3 s ” Zahl der im| Es kam eo wit Einschlufs DIEDAEHER Einwohner- | Laufe des |Eine Ge-| Finwohner- E En le "Eh Städte. a Militair. schurnen EN Militair. [7 nerzahl. | 1. Nordhausen........ 6,545 | 55,568 | 2,351 | 23,64 | 56,573 2..VVorbis.t.t......® 5,156 | 42,589 | 1,797 | 23,70 | 42,936 3. Heiligenstadt... | 5,730 | 42,631 | 1,704 | 25,02 | 42,368 =| 4. Mühlhausen......... 5,592 | 46,302 | 1,747 | 26,50 | 47,143 =| 5. Langensalza ....... 4,470 , 32,899 | 1,296 | 25,39 ! 33,232 | 6. Weissensee......... 4,456 | 24,417 | 1,047 | 23,32 | 25,011 = | 7. Erfurt... | 9,142 | 51,928 | 1,691) 30,11 | 52,391 8. Ziegenrück 3,844 | 13,647 547| 24,95 | 13,734 9. Schleusingen....... 5,180 | 37,298 | 1,548 24,09 | 37,393 Summa | 5.625 [347,279 | 13,728| 25,90 |350,781 | 12,567] 27,01 | 5,682 1. Teklenburg ....... 3,124 | 42,143 | 1,485 | 28,38 | 42,256 2. Warendorf........ 2.918 | 33,581 | 1,042| 32,23 | 33,681 3. Beckum............... 2,931 | 36,519 | 1,181 | 30,92 | 37,061 3 4. Lüdinghausen... | 2,998 | 38,133 | 1,272 | 29,98 | 38,903 S 5. Münster (Land) | 2,365 | 37,067 | 1,150 | 32,23 | 38,302 =| 6. Münster (Stadt) 24,664 708 | 34,84 | 25,222 = 7. Steinfurt 2,919 | 41,131 | 1,361| 30,22 | 42,498 e 8. Koesfeld .... 2,948 | 40,385 | 1,240 | 32,57 | 41,184 ri 9, AhanspaRak... 3,218 | 40,069 | 1,210| 33,11 | 41,000 10. Borken................ 3,487 | 41,284 | 1,305 | 31,64 | 42,095 11. Recklinghausen | 3,298 | 46,959 | 1,613 | 29,11 | 47,661 Summa | 3,192 | 421,935 | 13,567 | 31,10 | 429,863 i 6,020 | 64,536 | 2,624 | 24,59 | 66,353 4,792 | 49,162 | 2,009| 24,47 | 50,276 8,689 | 69,512 | 3,141 | 22,13 | 69,820 Ri 5,733 | 31,703 | 1,264 | 25,08 | 31,578 S 9,567 | 47,739 | 2,125 | 22,47 | 48,541 = 4,398 | 39,492 | 1,564 | 25,25 | 40,601 = 3,246 , 35,937 | 1,387 | 25,91 | 37,926 = 2,808 | 38,584 | 1,586 | 24,33 | 38,688 3,704 | 34,668 | 1,431} 24, | 36,083 3,983 | 51,896 a 22,74 | 51,909 Summa | 4,841 | 463,229 | 19,413 1852 Zahl der im Laufe des Jahres gebornen Kinder. Es kam Eine Ge-| Menschen burt auf | lebten auf überhaupt | Nachste- | der geogr. T Pr Q.-Meile. hende Einwoh- nerzahl. 2,240 | 25,26 1,529 | 28,07 1,449 | 29,24 1,667 | 28,28 1,208 | 29,17 1,718 | 30,50 471 1,286 | ae 999 | 25,04 29,16 29,08 | 12,567 | 27,91 1,337 906 1,054 1,145 1,020 691 1,231 1,204 1,133 1,317 1,549 | 12,587 2,651 1,831 2,820 976 1,936 1,339 1,401 1,388 1,223 1,751 31,61 37,18 35,16 33,98 37,55 36,50 34,52 34,21 36,19 31,96 30,77 | 34,15 25,03 27,46 24,76 32,35 25,07 30,32 27,07 27,87 29,50 29,65 56,573 | 2,210| 25.26 | 6,663 5,198 5,695 5,694 4,515 4,564 9,224 3,869 5,193 5,652 3,132 2,926 2,974 3,058 2,144 3,016 3,006 3,293 3,555 3,347 3,252 6,190 4,900 8,727 5,710 9,730 4,521 3,426 2,816 3,855 3,984 ’ „e b r ’ > r ’ , 2 ’ % ’ ’ ‚ , ’ B ) 5, ’ B 23,86 | 471,775 | 17,316 | 27,25 | 4,931 l_——— m — on PERRUTEHERHTTE — Staaten Europa’s überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 373 $ 1849 1852 3 Kreise nn (Gun EEE Tess > >> mean #- 5 Zahl derim| Es kam Zahl der im| Es kam &o mit Einschlufs Menschen Einwohner- | Laufe des |Eine Ge-| Finwohner- Tahas Eine Ge-| Menschen E . ee (en P3 ı1elsli übe chlielstic über] e & die» cine. | Sul. (echnnen | end | Gar. [alarm | km, IQ. [1 nerzahl. nerzahl. 1. Arnsberg Denn nun 2,736 | 33,489 | 1,254 | 26,71 | 34,660 | 1,220 | 28,41 | 2,832 2 Meschede............ 2,022 | 28,899 | 1,026 | 28,17 | 29,463 973 | 30,28 | 2,062 3:Bilon#ti...... 2,616 | 37,565 | 1,430 | 26,27 | 37,543 | 1,258 | 29,84 | 2,614 4. Lippstadt ............ 3,534 | 32,161 | 1,184) 27,16 | 33,199 | 1,096 | 30,29 | 3,648 BUSOest..... 4,601 | 44,628 | 1,560| 28,6ı | 45,127 | 1,448| 31,16 | 4,653 | 6. Hamm... 5,370 | 44,301 | 1,733 | 25,56 | 45,862 | 1,562 | 29,36 | 5,559 = 7. Dortmund 6,721 | 54,242 | 2,197 | 24,60 | 60,431 | 2,424 | 24,93 | 7,488 2 8. Bochum... 8,517 | 55,874 | 2,309 | 24,20 | 59,498 | 2,285 | 26,04 | 9,070 < 9. Hagen ..... 9,675 | 73,435 | 3,179 23,10 | 77,088 | 3,200 24,09 110,157 s 10. Iserlohn. . 1 6,565 | 39,652 | 1,550| 25,58 | 41,314 | 1,534 | 26,03 | 6,840 11: Altena. 3% 3,555 | 43,054 | 1,582 | 27,21 | 44,424 | 1,592 | 27,00 | 3,668 12: Olpe... 2,302 | 25,917 858 | 30,21 | 26,385 875 | 30,15 | 2,343 ÜSADIEZENE N a. 3,878 | 45,059 | 1,457 | 30,93 | 46,071 | 1,489 | 30,94 | 3,965 14. Wittgenstein... | 2,408 | 21,481 | | | 21,548 696 | 30,96 | 2,416 Summa | 4,138 | 579,757 | 22,094 | 26,24 | 602,613 | 21,652 | 27,3 | 4,301 % T 1. Wipperfürt u 4,599! 26,121 | 1,082| 24,14 | 26,653 | 1,000| 26,65 | 4,692 2. Gummersbach .. 5,059) 29,999 | 1,161 | 25,84 | 29,850 | 1,054 | 28,32 | 5,034 3. Waldbroel.... 3,584] 19,609 787 | 24,92 | 19,576 708| 27,65 | 3,579 4. Siegkreis............. 5,602] 78,147 | 3,007 | 25,99 | 78,310 | 2,611| 29,09 | 5,614 ö 5. Mühlheim... en 5,971] 42,277 | 1,717 | 24,62 | 44,108 | 1,591 | 27,72 | 6,230 £>) 6. Stadt Köln.......... 729,146) 94,789 | 3,964 | 23,91 |101,091 | 4,224 | 23,93 |777,623 “| 7.Köln (Land) ...... 6,299| 51,147 | 2,077 | 24,63 | 54,354 | 2,165 | 25,11 | 6,694 a 8. Bergheim............ 5,800) 38,394 | 1,403 | 27,37 | 38,423 | 1,416| 27,13 | 5,804 0 Euskirchen ER 4,699| 31,341 1,164 | 26,23 | 32,607 | 1,183 | 27,55 4,889 10. Rheinbach.......... 4,104| 29,634 | 1,077| 27,51 | 30,206 985 | 30,67 | 4,184 11. Bonn... MERAR 04 10,103) 55,872 | 2,087 | 26,7 | 57,807 | 2.082 | 27,7 | 10,453 Summa | 6,869, 497,330 | 19,526 | 25,47 | 512.955 | 19,019 | 26,97 | 7,085 RL Bleveisti.... 2 5,433 | 49,335 | 1,601 | 30,82 | 50,071 | 1,477 | 33,90 | 5,514 2. Rees........... 5,777| 52,918 | 1,797 | 29,45 | 54,521 | 1,728| 31,55 | 5,952 3. Duisburg... Mi 9,449 111,307 | 4,775| 23,31 | 120,489 | 4,639 | 25,97 | 10,228 4. Geldern. ERBE | 4,934 | 96,161 | 3,170) 30,33 | 98,536 | 3,135 | 31,43 | 5,056 en 5. Kempen.............. 8,691 | 61,621 | 2,085 | 29,55 | 65,971 | 2,213) 29,sı | 9,305 Se 6. Kreleld®...... ER. 15,577 | 61,216 | 2,399 | 25,52 | 66,723 | 2,708) 24,64 | 16,978 © 7. Düsseldorf.......... 10,982 | 80,718 | 2,994 | 26,90 | 84,954 | 2,881 | 29,40 | 11,558 2: 8. Elberfeld ............ 23,388 |126,831 | 5,144 | 24,66 [135,031 | 5,304 | 25,16 | 24,686 fen) 9. Lennep...... 12,156 | 67,224 | 2,757| 24,38 | 70,850 | 2,847 | 24,50 | 12,812 | 10. Solingen ........... 12,566 | 67,227 | 2,778| 24,20 | 71,918 | 2,874 | 25 02 | 13,443 11. Neufs .. “ 6,947 | 36,959 | 1,326 | 27,87 | 38,085 | 1,325 | 28,74 | 7,159 12° na 8124| 35,095 | 1,202| 29,20 | 36,161 | 1,247 | 29,00 , 8,371 13. Gladbach............ 13.604 | 60,539 | 2,263 | 26.5 | 65.504 | 2,304 | 28.43 | 14,720 Summa | 9,227 | 907,151 | 34,291 | 26,45 | 958,814 | 34,652 | 27,65 | 9,752 374 Disererıcı über die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Fi 1849 1852 S Kreise 3 mit Einschlufs Menschen Einwohner- ae Kine Ge Einwohner- Bee Eine Ce. Menschen S ir Frohe ehr ae > mis 6) Städte. a a I Er hende® 5 a ri 5 AN: Bupt Bene der BEogr- E a 1. Koblenz.............. 13,380 | 65,831 | 2,181| 30,18 | 66,979 | 2,198 | 30,47 |13,612 2.8t. Goar..... ...... | 4,175 | 35,404 | 1,335 | 26,52 | 35,100 | 1,149 | 30,55 | 4,139 3. Kreuznach.......... 5,523 | 55,731 1,940 | 28,73 | 56,282 | 1,755 | 32,07 | 5,578 4. Simmern .... 3,652 | 37,985 1,360 | 27,93 | 36,963 | 1,161 | 31,84 | 3,554 S 5. Zell... ee... 4,297 | 29,090 | 1,116 | 26,07 | 28,117 949 | 29,63 | 4,155 5) 6. Kochen............... 3,700 | 33,859 | 1,317 | 25,11 | 33,827 | 1,170| 28,91 | 3,697 = 7. Mayenn........2. 4,615 | 48,689 | 2,028| 23,sı | 50,325 | 1,897 | 26,53 | 4,770 Sn 8. Adenau... 2,188 | 21,882 912 | 23,99 | 22,130 773 | 28,63 | 2,213 Be} 9. Ahrweiler. 4,855 | 32,820 | 1,205 | 27,24 | 33,067 | 1,084 | 30,50 | 4,892. 10.N 1 5,502 | 62,170 | 2,458| 25,28 | 63,830 | 2,249, 28,38 | 5,649 11. Altenkirchen ..... 3,258 | 37,857 | 1,428| 26,51 | 38,597 | 1,246 | 30,98 | 3,322 12. Wetzlar............. | 4,310 | 41,666 | 1,420) 29,34 | 42,446 | 1,410 | 30,10 | 4,421 Summa | 4,585 502,984 | 18,700 | 26,89 1 507,663 ı 17,041 | 29,79 | 4,630 MDauniaat 2,221 | 24,680 930 | 26,54 | 25,371 898 | 28,25 | 2,284 Sn 1,939 | 32,423 | 1,144 | 28,34 | 33,189 | 1,184 | 28,03 | 1,985 3. Bitburg... 3,042 | 42,830 | 1,519 | 28,19 | 43,815 | 1,505 | 29,11 | 3,112 4. Wittlich.............. 3,042 | 35,496 | 1,139 | 31,16 | 36,256 | 1,139 | 31,83 | 3,107 5. Bernkastel.......... 3,599 | 43,698 | 1,445 | 30,24 | 44,130 | 1,285 | 34,34 | 3,635 e 6. Trier (Stadt)...... 25,179 | 27,697 929 | 29,81 | 28,820 950 | 30,34 126,200 = 7. Trier (Land)...... 3,410 | 59,170 | 2,058| 28,75 | 59,933 | 1,996 | 30,03 | 3,454 es 8 Saarburg Se 3,703 | 30,552 1,073 | 28,47 | 30,782 | 1,019| 30,21 | 3,731 & 9. Merzig................ 4,352 | 33,072 | 1,366 | 24,21 | 33,493 | 1,246 | 26,88 | 4,407 10. Saarlouis ............ 6,292 | 50,714 | 2,011| 25,22 | 52,384 | 2,024 | 25,88 | 6,499 11. Saarbrück .......... | 6,164 | 43,022 | 1,748| 24,6ı | 45,446 | 1,759| 25,4 | 6,511 12. Ottweiler............ 5,528 | 30,793 | 1,211 | 25,43 | 32,317 | 1,229 | 26,30 | 5,802 13. St. Wendel........ 3,622 | 38,035 | 1,444 | 26,4 | 38,816 | 1,249 | 31,08 | 3,697 Summa | 3,753 | 492,182 | 18.017 | 27,32 | 504,752 | 17,483 | 28,87 | 3,849 1. Erkelens ..... ....... 6,852 | 35,932 | 1,115 | 32,23 | 37,288 | 1,204 | 30,97 | 7,102 2. Heinsberg........... | 7,606 | 33,618 | 1,095 | 30,0 | 34,040 | 1,109 | 30,69 | 7,701 3. Geilenkirchen... | 7,212 | 26,109 868 | 30,08 | 26,585 ı 929 | 28,62 | 7,344 4. Jülich... 6,775 | 39,431 | 1,270| 31,05 | 39,210 , 1,154 | 33,98 | 6,737 = Düren... 5,185 | 53,047 | 1,930 | 27,49 | 54,249 | 1,852| 29,20 | 5,303 5 6. Aachen (Stadt).. 50,533 | 1,843 | 27,42 | 52,687 | 1,979 | 26,62 < 7. Aachen (Land).. |10,352 | 63,458 | 2,474 | 25,65 | 67,506 | 2,524 | 26,75 |11,012 E 8. Eupen............... 6,988 | 22,363 751| 29,78 | 23,147 sıı | 28,54 | 7,233 2 9. Montjoie............. 3,040 | 20,062 790 | 25,39 | 20,571 758| 27,14 | 3,117 10. Schleiden........... | 2,397 | 35,979 | 1,348 | 26,60 | 36,303 | 1,202 30,20 | 2,419 11. Malmedy ............ 2,091 | 30,993 | 1,034 | 29,97 | 30,696 954| 32,18 | 2,071 Summa | 5,440 |411,525 | 14,518] 28,3 | 422,282 | 14,476| 29,17 | 5,582 Staaten Europa's überhaupt, und im preufsischen Staate insbesondere. 375 1849 1852 Regierungsbezirke im} Es kam ai im|_Es kam und ad Einwohner- er Eine Ge-| Einwohner- en Eine Ge-| Menschen n lebtenauf | zahl ein- Jahres | burt auf Zahlen Jahres | burt auf | lebten auf Provinzen. der geogr. er BPTERBRRN yarı a en arg der geogr. Q.-Meile. itair. gebornen Findch- ilitair. gebornen Einwoh- Q.-Meile. Zus ai | Bu | nerzahl. l Zusammenstellung. 1. Königsberg.............. 2,077 ! 847,533] 43,495| 19,48 889,067; 39,226| 22,67 | 2,178 2. Gumbinnen.............. 2,059 | 614,047 | 32,834| 18,70 | 642,205| 27,157) 23,65 | 2,154 3.4Dauzie. BEL... 2,658 | 404,667 | 19,858| 20,38 423,928! 19,835) 21,37 | 2,784 4. Marienwerder.......... 1.944 | 621,046 | 31,914) 19,46 649,548| 32,619' 19.91 | 1,034 I. Provinz Preussen......... | 2,111 | 2,487,293 128,101] 19.22 | 2,604,748|118,537, 21,92 | 2,211 re: 2,790 ı 897,339, 42,024 | 21,35 | 906,743 40,018 | 22,66 | 2,819 | 6. Bromberg ................ 2,116 | 454,675| 22,759 | 19,98 475,002: 23.571 20,15 | 2,211 II. Provinz Posen............. | 2.520 | 1,352.014 64,783 | 20,97 | 1,381,745 63,589 | 21,13 | 2,575 7. Potsdam mit Berlin] 3,317 | 1,268,935| 47,193 | 26,89 | 1,310,163. 50,147 | 26,13 | 2,425 8. Frankfurt.................. 2,446 860.087| 34,190 | 25,16 894.877| 34,953 | 25,60 | 2,545 II.ProvinzBraudenburg]| 2,900 | 2,129,022 81,383 | 26,16 | 2,205,040| 55,100 | 25.91 | 3,004 OISTEHEIN make. 2,356 562,127, 23,888 | 23,53 | 590,426 23,924 | 24,68 | 2,474 MRoslin....aten... 1,736 | 448,516) 19,711 | 22,75 | 468,477) 18,674 | 25,09 | 1,813 u. Stralsund... .....2. 2,348 | 187,058| 7,314 | 25,58 | 195,001) 7,616 | 25,60 | 2,447 IV. Provinz Pommern....| 2.077 | 1,197,701| 50,913 | 23,52 | 1,253,904| 50,214 | 24,97 | 2,174 12. Breslau 4,734 | 1,174,679! 50,488, 23,27 | 1,226,995) 48,681| 25,51 | 4,945 13. Oppeln... ..| 3,974 965,912) 48,379, 19,97 | 1,005,609 45,920) 21,90 | 4,138 TAT Teemieze en... 3,676 921,002] 35,590| 25,88 940,567, 33,880| 27,76 | 3,754 V.Provinz Schlesien......] 4,128 | 3,061,593 134,457| 22,77 | 3,173.171]128,481| 24,70 | 4,278 15. Magdeburz.............. 3,290 | 691,374| 27,530 | 25,11 714,268| 28,838 | 24,17 | 3,399 16. Merseburg... ..| 3,974 742,644| 30,490 | 24,36 763,683) 29,543 | 25,85 | 4,046 KaBKlune re. 5,625 347,279) 13,728 | 25,30 | 350,781| 12,567 | 27,91 | 5,682 VI. Provinz Sachsen.......| 3,866 | 1,781,297, 71,748 ı 23,13 | 1,828,732| 70,948 | 25,78 | 3,970 18. Münster. 3,192 421,935, 13,567 | 31,10 429,863] 12,587 | 34,15 | 3,252 19. Minden... 4,841 463,229) 19,413 | 23,86 | 471,775| 17,316 | 27,25 | 4,931 20. Arnsberg 4,138 | 579,757| 22,094 | 26,24 602,613| 21,652 | 27,83 | 4.301 VII.ProvinzWestphalen]| 3,981 | 1,464,921] 55,074 | 26,60 | 1,504,251] 51,555 | 29,18 | 4,061 DIAKONIE 6,869 497,330, 19,526| 25,47 512,985) 19,019, 26,97 | 7,085 | 22. Düsseldorf............... 9,227 | 907,151! 34,291| 26,45 | 958,814) 34,682) 27,65 | 9,752 23. Koblenz............... 4,588 | 502,984) 18,700 26,9 | 507,663) 17,041| 29,79 | 4,630 SAHNE 3,753 | 492,182] 18,017) 27,32 | 504,752] 17,483| 28,87 | 3,849 25 Machen..ae..... 5,440 | 411,525| 14,518) nl 422,282] 14,476| 29,17 | 5,582 VII. Rheinprovinz. ........ 5,771 | 2,811,172)105,052| 26,76 | 2,906,496, 102,701) 29,27 | 5,966 Von in Mainz garnisoni- | rendem Militair ............ | | 51 69 Im Preufsischen Staat ohne d. Hohenzollern- (>) (2) schen Lande .................. 3,212 |16,331,187 691,562| 23,62 |16,869,786 671,494| 25,12 | 3,319 Bemerkung. 376 Dirrexıcı über d. Anzahl d. Geburtenind.versch. Staat. Europa’s etc. Bemerkung. (1) Incl. der am Ende 1849 in Baden, Hamburg, Holstein etc. befindlich gewesenen 46,17‘ Personen Preufsischen Militairs. (2) Incl. der Preufsischen Garnison in Mainz, Luxemburg und Frank- furt am Main, 11,699 Personen einschlielslich der Familien-Glieder. — > Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. ve H” HOMEYER. AnnnnnAnnNNAn we [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 22. März 1855.] B De Erwachsen eines deutschen Reiches aus freiem Zusammentreten gleichmächtiger Glieder, und der Lagerung des Volkes in dem Herzen Europas ist es gemäls, dafs in unserem Wesen das Gesammte stets mit dem Besonderen, und wiederum das Eigene mit dem allseitig es umgebenden Fremden zu ringen hat. Nur in der letztern Richtung soll hier der lange, wechselvolle und erscheinungsreiche Kampf, und zwar zur Zeit des spätern Mittelalters, auf dem Gebiete des Rechts berührt werden. In diesem Felde trat damals das Auswärtige nicht im Kleide einer fremden Eigenthümlichkeit auf. Es ist keine Rede davon, dafs etwa italisches, französisches, skandinavisches, slavisches Recht einen Eingang ge- wonnen oder nur gesucht hätte. Deutsche Grundsätze und Rechtsquellen dringen ihrerseits siegreich weit über die Gränzen des Reiches, ja der deut- schen Zunge hinaus. Die hansischen Kaufleute in Nowgorod und in Wisby, die Sachsen in Siebenbürgen leben nach heimischem Rechte; der Sachsen- spiegel und das Magdeburgische Weichbild gelten in ganz Polen; es giebt Schwabenspiegel in böhmischer und französischer Sprache. Das Fremde zeigte sich vielmehr unsern Vorfahren in der Gestalt allgemein waltender Satzungen, als gemeines Christenrecht und als Recht der vierten Welt- monarchie. Sein äufseres Ansehen stand für die deutsche Nation fest, seit sie der Träger des römischen Reiches geworden, seit ihre Könige zugleich als Nachfolger des Theodosius und Justinian galten. Aber nicht geringer wirkte eine innere Macht der Ordnungen des alten weltlichen wie des neuen geistlichen Roms. Die Lehre eines gleichen Erbrechts beider Geschlechter, Philos -histor. Kl. 1853. Bbb 378 HoMmeEYeEr: der freien Verfügung der Person über ihre Güter, der Trüglichkeit eines Beweises durch glühendes Eisen, wie sollten sie und ihnen gleiche Ge- danken nicht früher oder später die Überzeugungen der empfänglichen Deutschen gewinnen. Dazu treten die formellen Bedürfnisse des Rechts um den Beginn des 13. Jahrhunderts. In den sich mehrenden Gesuchen der Gerichte an ihre Ober- höfe um Rechtsbelehrungen zeigt sich, dafs Gedächtnifs und gesunder Sinn des Volkes nicht mehr vermögen, die Masse des überlieferten Rechtes zu beherrschen; der grofse Haufe der Urtheilsfinder begehrt zu seinem Halt einen Überblick der gemeingültigen Sätze in fester, schriftlicher Fassung. Nun war ja der reiche Schatz des classischen Rechts auf den hohen Schulen Italiens von neuem aus den ächten Quellen zu Tage gefördert und lag zum Gebrauche wohl bereitet vor. Schon die staufischen Kaiser des zwölften Jahrhunderts haben eine Stütze ihrer Ansprüche darin gefunden. So drohte allerdings den einheimischen in grofser Vereinzelung gehandhabten, in ihrer Gemeinsamkeit nirgends zusammengefalsten Gewohnheiten von weitem her nicht geringe Gefahr. Ihr wehrte, vielleicht ohne seiner ganzen Aufgabe sich bewulst zu sein, der Verfasser des Sachsenspiegels noch im günstigen Augenblick. Dies gelang ihm, indem er dem Sachsenlande sein gemein- sames, altes Herkommen in der Volkssprache umfassend treu und klar vor Augen stellte und damit zugleich die Einheit des deutschen Rechtes über- haupt zur deutlichern Erkemntnifs brachte, indem er ferner auf Carl den Grofsen als den Gründer und Beschützer des Landrechtes hinwies. Und das zu einer Zeit, wo die Normen der alten Imperatoren, jenseits der Berge in fremder Zunge gelehrt, doch noch vielfacher Vermittelung bedurften, um in den Genossengerichten gäng und gebe zu werden. Ein Jahrhundert später reichten diese Vorzüge des Rechtsbuches und seine Verbreitung weit über die Gränzen des Sachsenlandes hinaus zur Ab- wehr nicht mehr hin. Jene Vermittelung war für die auswärtigen Satzungen in beträchtlichem Maasse erfolgt. Der Schwabenspiegel hatte viele einzelne Sätze des Kaiser- und des geistlichen Rechtes zur allgemeinen Kunde ge- bracht; eine Anzahl höherer Richter kannte und ehrte es in seinem vollen Umfange mit seinem ganzen gelehrten Apparat. Ja die geistlichen Gerichte, welche, aufser den Streitigkeiten der Geistlichen selber, auch die Ehesachen, die Legitimitätsfragen, die Testamente, eidliche Versprechen und so viele Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 379 andere Händel der Laien an sich gezogen, wollten von dem Landesrecht gar nichts wissen. Foro ecclesiastico si debes litigare Haberis pro fantastico si velis allegare Jura huius speculi klagt der Prolog zur Glosse des Sachsenspiegels. Doch zum andern Mal stemmt der dem Heimathlichen noch treu an- hangende Sinn sich dem Andrange des Fremden entgegen, wiederum durch die That eines Einzelnen, und nun bei näherer Gefahr mit vollem Bewufst- sein, auf eigenthümlichem Wege. In Johanns von Buch um das Jahr 1330 verfalsten Glosse, (!) sucht der märkische Staatsmann das Sachsenrecht, falls er es mit Kaiser- oder geistlichem Recht in Einklang zu bringen weils, durch deren Autorität, falls es ihnen widerspricht durch Kaiser Carl zu decken, der kraft seines Privilegii, als welches der Sachsenspiegel nun kühnlich hin- gestellt wird, die Sachsen aus dem gemeinen Recht genommen habe. Diese Auskunft, wesentlich durch die Zähigkeit unterstützt, mit welcher der deutsche Norden erst nach und nach die starken Eigenheiten seines Rechtes aufgab, hat diesem noch bis ins 15te Jahrhundert zum äufsern Schilde gedient. Je- doch mit unbestrittenem Erfolge nur gegen das Kaiserrecht, wo der grofse Carl, der sagenhafte Urheber alles guten Rechts, einem weltlichen Ge- setzgeber entgegengestellt werden konnte. Von Seiten des geistlichen Rechtes aber erhob sich, etwa gleichzeitig als Johann von Buch zum Schutze des Sachsenspiegels schrieb, ein eifriger Kampf wider das Rechtsbuch. Diesen nehme ich zum Gegenstande des heutigen Vortrages. Ein Augustinermönch, von Geburt selber ein Sachse, wagt es den Spiegel seiner Landsleute, auf der Höhe des Ansehens, im Mittelpunkte der Geltung als ketzerisch anzugreifen. Trotz der Verfolgung weltlicher Obrig- keiten, trotz des Abwehrens und des Widerspruchs geistlicher Brüder führt er unerschrocken und beharrlich die Anfechtung so weit durch, dafs er am Abend seines Lebens vom Pabste selber eine feierliche Erklärung gegen das allverehrte Rechtsbuch seiner Heimath erwirkt. (') Homeyer. Prolog zur Glosse des sächsischen Landrechts, in den philol. Abhandl. der Academie 1854 S. 166—176, im besonderen Abdruck S. 14—24. Bbb2 380 Homsyer: 1I. Zunächst gedenke ich der frühern Ansichten über diesen Act der Kirchengewalt. Seit Gryphiander und Conring, dem Vater der deutschen Rechtsgeschichte, bis über die Mitte des 18ten Jahrhunderts hinaus wurde, mit mancher Unsicherheit über das einzelne, folgendes gelehrt. Eine Bulle des Pabstes Gregor, nach einigen des Neunten (1227—1248)(?), nach an- ‘dern des Eilften (1370—1378)(*), verdammte das Werk Eikes von Repkow, sei es gänzlich oder in 14 Artikeln.(*) Später erfolgte unter Pabst Eugen auf dem Basler Concil 1431 eine neue Verurtheilung, entweder von jenen 14 oder auch von 22 Sätzen,(°) wobei ein Dr. von Bocksdorf in verschiedent- lich aufgefafster Weise thätig war.(°) Der erste, welcher von diesen schwankenden Meinungen sich zu be- freien suchte, war der gelehrte und kritische Grupen ( 1767). Er be- zweifelte überhaupt die Ächtheit der Bulle Gregors, welche ihm in den Rechtsbücher-Handschriften nicht vorgekommen war. Vorzüglich aber wollte er an eine zweite Verurtheilung auf dem Basler Concil nicht glauben. In einem Mainzer Codex des Ssp. von 1423 mit eigenthümlichen Zuthaten Tammo’s von Bocksdorf hatte er die Notiz gefunden, dafs ein Meister Jo- hann Klenkok, welchen Grupen als Augustiner des vierzehnten Jahrhun- derts kannte, wider den Sachsenspiegel geschrieben habe. Er vermuthete daher, die angeblich Basler Urkunde sei nichts als ein Auszug, welchen Bocksdorf aus einer Schrift des Klenkok gemacht. Grupens immer schätz- (2) Gryphiander de Weichbildis Saxonieis, Francof. 1625, 4 p. 170. (°) Conring de origine iuris Germ. 1645 c. 31. Gärtner Vorw. zum Sachsensp. $. 14. Heineccius, antig. Germ. T. I p. 441. Kind de artt. speculi Saxon. reprobatis, Lips. 1761. &. V. (*) Vergl. Conring und Gärtner a a. O. (?) Gryphiander 1. c. Schilter exercit. ad Pand. e. 14 $. 44. Struvii historia juris p. 475. Hoffmann de origine legum germanicarum, Lips. 1715, 4. p. 109 c. Gärtner a. a. O. Heineccius p. 443. Kind I. c. $. VI. Ausgabe des Sachsensp. Zamosce 1602, S. 512. (°) Gryphiander: improbavit eosdem articulos etiam Dr. Tammo Boxtorfius, additis ratio- nibus. Ebenso Ludovici Sachsensp. 1720, S. 620 und Kind I. c. Hoffmann: articuli re- probati a Bucksdorfio colleeti, vgl. Gärtner a. a. ©. Heineccius p. 443: quum Tammo Boxtorfius pro bulla calamum stringeret. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 381 bare Untersuchung ist jedoch erst 1822 mit seinem Tractat über die Rechts- bücher in Spangenbergs Beiträgen zu den D. R. des MA. S. 94—99 veröf- fentlicht worden. Inzwischen war Christian Ludwig Scheidt, früher Professor zu Göt- tingen, der von 1748—1761 mit Grupen zu Hannover lebte, glücklicher ge- wesen. In einer dortigen Handschrift fand er aufser der Bulle Gregors ein umständliches Werk Decadicon magistri Johannis Clenckok contra XXI er- rores speculi Saxonum betitelt. Darauf gestützt führte er umständlich in den Hannöverschen gel. Anz. 1753 St. 84—86 (Schott jurist. Wochenbl. II 568—617) aus, dafs allerdings Gregor XI im J. 1374 eine Bulle gegen den Ssp. und zwar auf Anstiften Klenkoks ergehen lassen, dafs aber an einer spätern Verdammung zu Basel nicht zu glauben sei. Später gab er in der Bibliotheca historica Gotting, Th. I 1758 einige Nachträge und den Abdruck des Decadicon selber. Ihm haben sich die Neuern, ich nenne nur Dreyer Beitr. z. Lit. des D. R. 120, Biener Comm. II 1. p. 272, Eichhorn R. G. $. 281 durchgängig angeschlossen. Einige der Neusten zwar gedenken noch einer Verurtheilung von 22 Sätzen durch das Basler Concil(?), allein ohne damit gegen Scheidt polemisiren zu wollen, auf den sie sich vielmehr beru- fen. Wenn ich nun den Gegenstand nach hundert Jahren noch einmal wieder in nähern Betracht ziehe, so ist es gleichfalls nicht, um die Hauptergebnisse Scheidts zu bekämpfen, sondern weil mir in den Rechtsbücher-Handschriften einige Schriftstücke begegnet sind, die über den geschichtlichen Hergang noch manches Licht verbreiten. Um dies anschaulich, ja nur verständlich zu machen, reicht es nicht hin das einzelne Neue für sich allein beizubrin- gen. Vielmehr ist der ganze Verlauf der Sache zu prüfen und darzulegen, wobei sich denn auch aus den schon bekannten Quellen einiges an jenen Ergebnissen zu berichtigen finden wird. In. Der Held uuserer Begebenheit stammt, wie Scheidt Bibl. Gott. XXXIV. und p. 110 sq. dargethan, aus einer Hoyaschen Ritterfamilie, (”) Zöpfl, D. Staats- und Rechtsgesch. I, 1, 1846 S. 119. Gauph, german. Abhdl. 1853 S. 119. Hillebrand, Lehrbuch der D. Staats- und R.-G. 1854 S. 324. 382 Homsyver: welche seit dem 15. Jahrhundert statt Klenkok sich Klenke nennt. Sein Vater kommt im Jahre 1290 als Burgmann des Erzbischofs von Bremen zu Thedighausen vor und besals ein Haus zu Goderstorp, Parochie Hitzenfelde, Grafschaft Hoya. Ich kann aus einer unten zu erwähnenden Bremer Hand- schrift hinzufügen, dafs der Sohn Johannes zu Bucken, nahe bei Hoya ge- boren wurde; nach seinen spätern Lebensumständen und jener Angabe über den Vater wohl um den Anfang des 14. Jahrhunderts. Urkundlich wird er in seinem Heimathlande seit 1342 genannt. In diesem Jahre versprechen sein Bruder Conrad und sein Neffe Dietrich bei einem Gutsverkauf die Ge- nehmigung des Johannes, frater et patruelis venditorum, zu erwirken. Im Jahre 1346 erfolgt diese Genehmigung seitens des Johannes als clericus ordinis Heremitarum D. Augustini, natus Henriei dieti Klenkok. Dazwischen im Jahre 1343 entsagen 5 Gebrüder Klenkok zu Hoya alten An- sprüchen, die sie gegen Tidericum militem et Johannem clericum fratrem wegen deren Erbgüter ex diversis capitibus statutorum et iuris Saxonum er- hoben hätten. Bibl. Gott. 112, 113. Aber schon mindestens ein Jahrzehnt früher war er Mitglied des Or- dens und hatte er schon für die Grundsätze gelitten, welche er sein Leben hindurch verfocht. Der Schauplatz seines ersten Kampfes ist Magdeburg. Eine Notiz in eines Anonymi des 16. Jahrhunderts, von J. J. Mader Helm- städt 1660, 4 edirten scriptorum insignium, qui usque ad a. 1515 floruerunt, centuria No. XCV], sagt darüber: Johannes Klenklot, natione Saxo, patria Magdeburgensis, ordinis Heremitarum . . . . S. Theol. professor scripsit . . . super speculum Saxonum lib. I, ob quod scriptum pulsus est civitate. Der Anonymus folgert den Geburtsort Magdeburg wohl aus der Vertreibung von dort. Allerdings aber scheint Klenkok dem Magdeburger Augustiner- Convent angehört zu haben. Genauer und zuverlässiger erzählt Johannes Schiphower, selbst ein Augustiner, in seiner etwa 1505 geschriebenen Chronic der Grafen von Olden- burg (Meibom script. II 124, 162): Johannes Clenke de conventu Hervor- diensi ....... ob veritatis defensionem ac falsitatis impugnationem multa per- pessus est in civitate Magdeburgensi, tandem ad instar Apostoli Pauli sporta per murum submissus evasit manus insidiantium, prout testatur in epistola Joanni XXII directa et in decadicon libello suo. Das Schreiben an Pabst Johann XII. der im Jahre 1334 starb ist nicht bekannt. Auch das decadicon Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 383 enthält über solche Verfolgung und Flucht nichts näheres. Dagegen bestä- tigt die Sage von den Händeln des Augustiners mit den Magdeburgern über- haupt und von den Unbilden, die er erlitten, ein anderer Aufsatz Klenkoks, welchen ich in einer Münsterschen Handschrift, s. meinen Sachsensp. II, 1. S. 30 No. 71, gefunden. Darin folgen einem sächs. Landrecht von 1407 und dessen Register Reprobationes magistri Johannis Clenkoc. Der Aufsatz, welchen die Beilage No. II vollständig liefert, ist bis auf Überschrift und Epiphonem niedersächsisch und spricht im Namen unsers Mönches, der sich darin broder Johan Clenkoc orden der enzedel sünte Aug‘, unwerdich ge- nomet eyn lerer der hilgen schrift nennt. Der merkwürdige Inhalt der Erzählung geht dahin. Klenkok habe sich an den Predigermönch Walter Kerlinger gewendet mit der Bitte zu prüfen, ob nicht einige Stücke des Sachsenspiegels wider das Christenrecht seien, und ihm nach dessen Aufforderung eine schriftliche Aufzeichnung der Bedenken mitgetheilt, damit Kerlinger das unrichtige bessere. Von diesem aber sei ohne weiteres die Schrift den Rathleuten zu Magdeburg übergeben worden, die darob ihre Unhuld gegen den Vf. gekehrt hätten. Doch was er auch von ihnen gelitten und leide, bete er doch für sie; er würde um den Christenglauben mit Gottes Stärkung auch den Tod erleiden. Hierauf folgen 20 Artikel aus dem Sachsenspiegel mit dem Nachweise, wie sie ge- gen das geistliche Recht streiten. Wer diese Stücke halte, verfalle dem päbstlichen Banne. Auch nach Kaiserrecht sei dasjenige nichtig, was in sel- bigem wider das Recht der Kirche streite; der Pabst möge auch Kaiserrecht aufheben; der Sachsenspiegel setze sich über Pabst und Kaiser. Dann wendet die Erzählung sich wieder zu den Magdeburgern. Die Rathleute hätten, als Kerlinger ihnen das Buch übergeben, den dreifachen Rath, d.i. 36 Personen nebst den hundert s. g. Kormännern aus der Bürger- schaft berufen, auch die Ältesten „van unsen clostere” der Augustiner geladen. Diesen sei in der Versammlung verkündigt worden, wie ein Bruder ihres Ordens, der ihr Oberster wäre, ein Buch dem Meister Walter mitgetheilt habe, darin und in andern Werken auf den Schaden und die Zerstörung der Städte, Fürsten und Grafen des Sachsenlandes hinarbeite und ihnen Schmach und Schande anthue. Sodann habe der Rath schwere Briefe an 400 Städte, Fürsten und Herren mit der Aufforderung geschrieben, nicht zu dulden, dafs Klenkok das Sachsenrecht kränke. Hierauf antworte er nun, er sei 384 Homeyver: selber ein Sachse und wolle Sachsen nicht schänden. Nach einer kleinen Lücke (hic modicum deficit) heifst es weiter, dem Vf. sei von Magdeburg geschrieben, dafs die Rathleute auf ihn erbitterter seien als die Magdeburger gegen den Erzbischof Burchard gewesen, welchen sie mordeten. Noch viele andre schwere Sachen hätten die Rathleute gegen ihn geübt; doch wünsche er ihnen das Beste. Er thue nun diese Stücke allen guten Leuten kund; mögen sie seine Rede in Liebe, nicht in Hafs bessern. Behaupteten die Mag- deburger, dafs Carl den Sachsen das Recht gegeben, damit sie Christen wür- den und blieben, so hoffe dagegen er, dafs die Sachsen nur um Gottes und ihrer Seligkeit willen Christen geworden seien. Von den persönlichen Leiden erfährt man nichts weiter; überhaupt ist die ganze Haltung, wie entschieden in den Grundsätzen, doch versöhnlich und milde gegen die Widersacher selber. Der Erzbischof Burchard wurde im Jahre 1325 ermordet. Die Ver- fassung Magdeburgs mit drei Räthen zu 12 Mitgliedern und hundert Aus- schufsmännern aus der Bürgerschaft bestand seit 1330(°). Nimmt man das obige Datum über den Brief Klenkoks an Pabst Johann XXII. hinzu, so würde die ganze Begebenheit bald nach 1330 fallen. Andrerseits möchte auf eine spätere Zeit deuten, dafs der Dominicaner Walter Kerlinger, Klen- koks Angeber, noch im Jahre 1367 als Ketzerinquisitor die Überreste der Begharden in Magdeburg vertilgte(?), und dafs Klenkok selber, den die Magdeburger schon als einen Obern im Orden bezeichnet haben sollen, noch nach 1370 thätig war; doch sprechen mir diese Umstände nicht entschieden genug, um jenes Zeugnils Schiphowers zu beseitigen. Aus dem ganzen Vorgange ist noch in nähern Betracht die ungemeine Wichtigkeit zu ziehen, welche die Stadt dem Treiben Klenkoks beilegt. In der That war Magdeburg ein Mittelpunkt für die Geltung des Sachsen- spiegels und vorzugsweise zur Vertretung seines Ansehens berufen. Von hier, dem Sitze des Erzbisthums für die Marken gen Osten, war das sächsi- sche Recht rings in die den Slaven abgewonnenen Gebiete gewandert und (°) Rathmann, Geschichte von Magdeburg II 265, 489. Hoffmann Geschichte von Mag- deburg I. 148. (°) Rathmann a. a. O. II 366. Collatio Chron. Magdeb. Meibom. ap. Menken III 370, 371, „per inquisitorem heretice pravitatis vid. magistrum Walterum Kerlinger ord. predica- torum, sacre theol. doctorem.” Lacuna Chron. Magdeb. ap. Leibnitz script. Brunsy. III 749. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 385 damit das weithinreichende Ansehen des Magdeburger Schöffenstuhls ge- gründet. Eike von Repkow wirkte wenigstens eine Zeit lang, als Schöffe zu Salbke, in der Nähe der Stadt. Gewils ist, dafs hier sein Werk als äch- ter Ausdruck des Sachsenrechts eine frühe und ausgedehnte Anerkennung fand; das Weichbildrecht Magdeburgs schliefst sich eng dem Sachsenspiegel an; seine Schölfen haben schon im Jahre 1261 ihren Mittheilungen über das Stadtrecht lange Stellen dieses Rechtsbuches wörtlich einverleibt. Schon vor Johann v. Buch mögen die Magdeburger den Gedanken, dafs Eike we- sentlich ein Privilegium Carls des Grofsen wiedergebe(!°), gefafst haben. Gegen Klenkok vertheidigten sie, wie er berichtet, die Geltung des Sachsen- rechts durch die Behauptung: dat (welches) gewaret seven hundert yar ses yar myn (also 694 Jahre), do et konyng karl de grote gaff den Sassen mit wytschap des paves, der vorsten und der heren. Diese Zahl bleibt wunder- lich, mag man die Aufserung der Magdeburger in eine frühere oder spätere Zeit des 14ten Jahrhunderts und andrerseits den Act Carls in dieses oder jenes Jahr seiner Regierung setzen. Merkwürdiger Weise kehren die sieben- hundert Jahre noch viel später einmal in folgender Weise wieder. Bei den Berathungen über die PHGO Carls V. im Jahre 1530 verwahrte der Kurfürst von Sachsen sich gegen dieselbe, in sofern sie gegen das Sachsenrecht stritte, in folgender Art: so wäre dasselbige (Sachsen) Recht beschrieben und von den vorigen kaysern privilegiret und vordem 700 Jahre in Gebrauch gehal- ten(!!). Immerhin zeigt jene Aulserung, wie über alle Anfechtung erhaben man die Autorität des Rechtsbuches stellte. Und dieses Ansehn wulsten die Magdeburger in wichtigen Lebensfällen gar wohl geltend zu machen. Als z. B. die Stadt im Jahre 1358 vom Kurfürsten Rudolph v. Sachsen vor dem kaiserlichen Hofgericht belangt worden war und wegen ihres Nichter- scheinens in Ungelegenheiten kam, suchten die rechtsverständigen Bürger eine Hülfe in dem Grundsatz des Sachsenspiegels, dafs der Kaiser über Sachsen nur im Lande selber richten, und sie nicht aufser Landes fordern könne('?). Sahen also die Magdeburger in dem Buche den gemeinsamen ('°) Vgl. über die Bildung dieses Gedankens aus Eikes Äufserungen die „Stellung des Sachsenspiegels.”” 1853 S. 19 Note, und den „Prolog zur Glosse” S. 20, 21. ('') J. P. Krels comnı. in constit erim. Hanov. 1730, praef. XXI. ('?) Die noch immer nicht vollständig heransgegebene Magdeburger Schöffenchronik sagt darüber nach der Berliner Hdschr. Bl. 90 ff. u. a. „De borgere begunden de lade- Philos.-histor. Kl. 1855. Cce 386 Homerver: uralten Hort für ihre und aller Sachsen Gerechtsame, so darf es nicht Wun- der nehmen, dafs ein Angrilf, der zunächst wider einzelne Sätze gerichtet doch in seinem Prineip die ganze Grundlage jenes Ansehns erschütterte, umfassende und wie es scheint gewaltsame Maafsregeln gegen den Aufsatz und dessen vom Landrecht abtrünnigen Verfasser hervorrief. IV. Es ist ferner anziehend zu sehen, auf welche Stücke die Anfechtung des Augustiners gieng. Sie zerfallen dem Gegenstande nach in fünf Grup- pen, welche auch die Schrift zusammen geordnet hat (vgl. Beilage I). A. Die ersten sieben Artikel treffen das allerdings sehr eigenthüm- liche sächsische Recht des Beweises und der Urtheilsfällung, No. 1 nem- lich das Abschwören einer Beschuldigung, 118 $ 3; No. 2, 3, 6, 7 den gericht- lichen Zweikampf, 1 18 $ 3, 164, 163 $ 4; No. 4 die Entscheidung des Rechtsstreites durch die Mehrheit II 12 $ 10; No. 5 die Gottesurtheile der Rechtlosen, I 39. B. Die Artikel 8 und 9 halten die heiligende Kraft der Ehe auf- recht gegen Ssp. 137, der die Kinder aus der Ehe mit einer adultera oder violata nicht für echte hält, und gegen I 38 $ 3, welcher den von der Reichs- oberacht betroffenen auch für unfähig erklärt, echte Kinder zu gewinnen. C. Vier Artikel greifen ins Erbrechtein. No. 10, 11, 12 wollen die Verfügung des Erblassers erweitern, gegen I 6 $ 2, der den Erben nur in sehr beschränkter Weise für die Schulden des Erblassers haften läfst, ge- gen 152 $$ 1, 2, welche die Veräufserungen an die Einwilligung des Erben und an Leibeskraft binden. No. 15 tadelt, dafs 117 83, I18 $ 1 den Schwaben das Erbrecht gegen ihre mütterlichen Verwandten entziehen. D. Die Gruppe der sechs Art. 13, 14, 16—19, die dem Verfasser wohl besonders am Herzen lag, betrifft die Kränkungen des päbstlichen An- sehens und der Rechte der Geistlichen. Der Art. 13 verwirft die Lehre breve overwegen und to metende na dem rechte und sochten winkele in dem sassenrechte, de men vor nicht hadde vorslagen und vunden dat me on unrecht naginge.” Besonders hielten sie Sachsensp. III 52 82 de keyser mach und III 60 $ 2 ihren Ansprüchen günstig, und „do de borger vunden so vele beschrevens rechtes vor sik” beschlossen sie, die Sache weiter zu treiben; vgl. über den Verfolg Rathmann a. a. O. II 305 ff. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 387 des Ssp. I 25, dafs der Mönch nicht erbe, u. a. deshalb, weil es unredlich sei sein Kind ins Kloster zu geben und von Almosen leben zu lassen, wäh- rend man dessen Gut zu seinem Überflusse behalte. Eine spätere Erläute- rung will jedoch den Mönch nicht seinen Brüdern im Erbe gleichgestellt, sondern nur so weit bedacht wissen, dafs sein Orden von ihm nicht beschwert werde; auch nehme der Orden das Gut, nicht der Mönch, der ja nichts eigenes haben möge. Art. 14 tadelt, dafs nach I 25 $ 2 der Novize, auch wenn er binnen Jahr und Tag wieder austritt, doch Land- und Lehnrecht verliere. Art. 16 widerlegt den berühmten Satz I 3 $ 3, dafs der Pabst der Sachsen Land- und Lehnrecht nicht zu schwächen vermöge; Art. 17, dafs der geist- liche Bann ohne des Königs Acht Niemanden an Land- und Lehnrecht schade (II. 63 $ 2); Art. 18, dafs der Pabst den Kaiser nur aus drei Gründen in den Bann thun könne (III 57 $ 2). Art. 19 endlich will nicht, dafs der Geistliche, wenn er Waffen führt, den besondern Königsfrieden verliere (UI 2). E. Der Art. 20 erklärt sich noch wider den Satz 159 2a. E., dafs eine unkeusche Frau nur ihre Ehre, nicht ihr Recht und Erbe verliere. Es darf hier schon darauf hingewiesen werden, dafs Klenkoks An- fechtung der Beweisregeln und des starken Erbenrechts Hand in Hand mit der Richtung des 14. Jahrhunderts geht, wie sie namentlich in der Entwicke- lung der deutschen Stadtrechte sich zeigt. Klenkok nennt sich Lehrer der heiligen Schrift, oder in den unten zu erwähnenden lateinischen Aufsätzen sacrae paginae oder s. theologiae professor; Über- und Unterschrift des Decadicon heifsen ihn magister; Be- zeichnungen für denselben academischen Grad(!?), den er, wie unten glaub- lich zu machen, in Paris erwarb. Nennt ihn aber die Bremer Schrift Doc- tor der beiden Rechte, so erhebt sich das Bedenken, dafs im 14. Jahrhundert weder in Paris noch auf den hohen Schulen Deutschlands diese Würde zu erlangen war(!?). Glaubwürdiger ist es, wenn Schiphower ihn dem Her- ('?) Passow, Gesch. der D. Univers. im 14 Jahrh. 1836 S. 48. ('°) Passow a. a. O. S. 60 ff. Eichhorn RG. HITS 441. — Über die Bezeichnung doctor Pragensis, welche Tritheim catal. illustr. vir. dem Joh. Dencock (so) ord. fratr. Heremit. S. August. ex Saxonia oriundus beilegt, und über die etwaige Verwechselung des so verschriebenen Klenkok mit einem Pragenser Professor Joh. Magirus oder Kock vgl. Scheidt a. a. ©. $ 10. Cce2 388 Homeyver: vorder Convent zuschreibt, wohin er nach seiner Vertreibung aus Magde- burg gegangen sein mag. Die Bezeichnung als Provincial der Augustiner in Sachsen, deren sich u. a. Grupen bei Spangenberg 99 bedient, scheint sich auf die Angabe des späten Elssius('!*) zu gründen. Derselbe nennt ihn, um hier gleich die Würden Klenkoks zu erschöpfen, noch poenitentiarius papae 1372, und der Bremer Aufsatz inquisitor hereticorum und auditor camere papae. V. Wichtiger ist es für uns, den weitern Bestrebungen des gelehrten Gegner Eikes von Repkow zu folgen. Jene Aufzählung der 20 Artikel mit der kurzen Widerlegung war schwerlich das Buch, welches durch Kerlin- ger in die Hände der Magdeburger kam, sondern etwa ein Auszug desselben. Dagegen liegt dieses wesentlich, wenn gleich umgearbeitet, wohl in dem vorher genannten Decadicon vor. Das Werk wird unter diesem seltsamen Titel('°), einigemale im 15. Jahrhundert (s. unten) und dann von Schiphower erwähnt; jetzt ist es nur in zwei Handschriften bekannt(!°). Die eine in derK. Bibl. zu Hannover, 26 Bl. Papier in 4. oder gr. 8., s. gel. Anz. a.a. 0.$ 2, woraus Scheidt seinen Text in der Bibl. Gott. gegeben. Das beigefügte Facsimile zeigt eine Cursiv des 15. Jahrhunderts. Die zweite, deren Bruns in dem Beitr. z. d. D. R. 134 gedenkt, befindet sich jetzt zu Wol- fenbüttel, Cod. Helmstad. 732 Papier 4., und enthält nach vielen andern vermischten Stücken Bl. 261 —282 in einer Cursiv des 15. Jahrhundert das Decadicon, wesentlich mit dem Hannoverschen Texte stimmend, und ohne dafs sich die eine Hdschr. deutlich als Abschrift der andern ergäbe. Die Überschrift lautet gleichförmig: Ineipit Decadicon Magistri Johannis Clen- ('*) Encomiasticum Augustinianum ed. Brux. 1654 p. 339, Scheidt a. a. O. ('°) Da ötz« nicht zu der Zahl der angefochtenen Artikel des Ssp. palst, so möchte Scheidt, Hann. Anz. $ 13, Bibl. Gott. p. 63, „dicadicon” von din und «dızov lesen und ius iniustum deuten, während der von ihm angeführte Gruber an öt«dızov impugnatio oder an dızavızov libellus forensis dachte. Das alles scheint mir gewagt, obwohl ich keine bessere Vermuthung an die Stelle zu setzen weils, als, dals der Name, zuerst für eine Streitschrift in 10 Nummern gebraucht, später als Streitschrift überhaupt genommen worden sei. ('°) In der 1793 zerstörten Bibl. des Domcapitels zu Mainz gab es eine refutatio arti- culorum in speculo Saxonico contentorum nach Dreyer Beitr. 121 No. 9. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 389 kock contra XXI errores Speculi Saxonum (nicht Saxonici wie Scheidt druckt); das Epiphonem:: Explieit Decadicon per Rev. Mag. Johannem Clen- kok sacre theol. prof. ordinis Herem. S. Augustini editum. Das Werk selbst beginnt mit einem Schreiben an Pabst Gregor XI.; dieses nimmt einen Brief an Cardinal Vernio in sich auf, dem wiederum die eigentliche Streitschrift einverleibt worden. Von dieser (Scheidt p. 67—102) zuerst. Sie ist lateinisch, bei weitem ausführlicher als jene Vertheidigung ge- gen die Magdeburger, und richtet sich wider ein und zwanzig Artikel. Den- noch fehlt der dortige Art. 9 von den Folgen der Reichsoberacht; die um eins gröfsere Zahl ist nur dadurch gewonnen, dafs die Art. 8 und 10 hier je in zweie gespalten sind. Aufserdem ist die Ordnung geändert; namentlich stehen in characteristischer Weise die drei Art. über die Rechte des Pabstes (16, 17, 18) hier als No. 4, 2, 1 voran, s. die Beilage I. Am Schlusse wer- den 6 consequentiae aufgestellt. Wer einen Eid geleistet hat, den Sachsen- spiegel zu halten, darf ihn brechen. Wer, gehörig ermahnt vom Sachsen- spiegel abzustehen dem nicht folgt, ist ein Ketzer. Wer weils, dafs sein Beichtkind sich nach dem Sachsenpiegel richte, darf es vor dem Versprechen davon abzulassen nicht absolviren. Deshalb mufs der Beichvater auch nöthigenfalls fragen ob der Beichtende sich zu dem Sachsenspiegel halte. Alle Irrthümer im Glauben und Handeln sind gefährlicher als die im blofsen Glauben. Die ganze ausgedehnte Beweisführung ruht wesentlich darauf, dafs das besondre Recht eines Volkes nicht gegen die allgemeinen Normen und wiederum die weltliche Satzung nicht gegen Christenrecht und kirchliche Gesetzgebung bestehen könne. Woraus sich denn, bei dem in den obigen Fragen meist handgreiflichen Widerspruche des Ssp. gegen das geistliche Recht, zu einer Verdammung seiner Sätze leicht gelangen liefs. Dabei verschmäht der überhaupt wohl belesene und gewandte Verfasser auch nicht, allgemeine Prineipien der Billigkeit und des Naturrechts so wie die Aussprüche weltlicher Gesetzgeber herbeizuziehen. So kommt ihm zur Vertheidigung der päbstlichen Gewalt gegen I 3 $ 3 des Ssp. das freilich unächte Capitular in Benedikts Sammlung II (VI) C. 366('7), welches unter (7) Es ist nebst der const. Theodosii (l. 1. Extravag. de episcop. iud. $ Quicunque Ritter VI p. 340) oder vielmehr Constantini (Haenel XVII constitt. praef. p. 434 sq.) 390 Homerer: allen Nationen des fränkischen Reichs auch die Sachsen auf das Cap. XI ex 16mo Theodosii Imp. libro über die Competenz der Bischöfe hinweist, sehr gelegen zu dem Argumente: Theodosius sanxit et Carolus Magnus renovavit, quod omnes naciones Cesaree Maiestati subiecte, inter quas Saxones nomi- nantur, stare non debent non solum summi Pontifieis, sed eciam episcoporum iudiciis (Scheidt Bibl. p. 60). Anziehender als das bisherige ist es, wenn er damalige deutsche und europäische Händel einflicht, um die praktische Bedeutung des gelehrten Streites zu zeigen, ferner, wenn er seiner Gegner erwähnt. Beides läfst auch die Zeit, da er die letzte Hand an das Decadicon gelegt, ziemlich genau bestimmen. Zu Art. 1 wird gegen den Satz III 57 $ 2, dafs der Pabst den geweih- ten Kaiser nur in drei Fällen excommuniciren dürfe, p. 67 bemerkt, dafs die- ser Satz auch angezogen werde: contra ecclesiam in processibus Dni Lodeviei de Bavaria pro Zune rebellantis ecclesie scti Dei. Da diese „Rebellion” bis zum Tode K. Ludwigs dauerte, so darf auf eine Vollendung nach 1347 ge- schlossen werden. Bei dem im Art. 6 gedachten Recht, eine Beschuldigung abzuschwören, wird p. 75 eine gemeine Rede in Sachsen getadelt: quod liber Saxo furtum tenere potest in manu sinistra, de quo se purgat iurans, elevans manum dextram ... . . Credo si quis talis esset, liber foret iusticie sed servus peccati. Zu demselben Art. heifst es p. 76: alicubi ubi sequuntur hoc speculum, sicut in Westfalia, statutum est, quod, quando tres scabini, qui vulgariter Vemenoten dieuntur, concordart, unum hominem non auditum suspendunt. Ich vermag diesen Satz der Vemgerichte nicht auf eine bestimmte ältere Norm als die der sogen. Fragen des K. Ruprecht v. J. 1408 zurückzuführen(! 8), in das Decretum aufgenommen, ec. 35, 36 C. XI qu. 1. Knust in der Zurückführung der Sammlung Benedikts auf ihre Quellen, Pertz Monum. Leg. II Pars 2 begnügt sich p. 24 mit der Angabe des Cod. Theodosianus, wo doch nur die in das angebliche Gesetz des fränkischen Herrschers eingerückte Constitution stehen kann. Das übrige ist sicher ein Fig- ment, vgl. R. Guil. Dove diss. inaug. de jurisd. eccles. Berol. 1855, p. 16 sq. ('?) Nach dem Abdruck in der N. Sammlung der Reichsabschiede I S. 109 No. 29, 30, von den Neuern minder richtig als Vehmgerichtsordnung bezeichnet, s. v. Wächter Beitr. zur D. Gesch. 131. Die Ordnung der Freigerichte bei Senkenb. C. J. Germ. I 2 p. 92 ff, wo p. 111, 112 gleichfalls der Satz zu finden, ist eine spätere Compilation, s. v. Wächter a. a. O. 122, 123. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 391 wo ihn aber auch die antwortenden Freigrafen als Regel verwerfen, und nur für den Fall des Ergreifens auf handhafter That zugeben. Die Frage aber des Kaisers selber: ab dry addir vier frygeschepphen ... . eynen offenbaren missetetigen man ... vorrommen mogen und darnach obir in richten(!?) weiset darauf hin, dafs er nicht so beschränkt im Schwange war, und dafür giebt nun Klenkoks Schrift aus dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts ein willkommenes Zeugnifs. Zu Art. 16 vertheidigt Klenkok das gleiche Erbrecht der Geschlech- ter nach Kaiserrecht, und sagt u. a. p. 29: Unus vult Imperialem, alius legem terre. Propter hoc discordia fuit inter Anglicanum et Francorum regna, dicente enim Edwardo Anglorum rege, quod sibi debetur regnum Franecie, quia fuit filius filie regis Francie, oppositum fuit a Philippo comite de Wallesio.... . quia filius esset fratris regis Franciae; inter quos duravit bellum eirca XX VI annos, unde strages .. . quod non oporteret, si sieut su- mus geniti unius Regis, viveremus sub una regula sue legis. Propter simi- lem discordiam legum per istos de Tekeneborch et de Lippia fere tota West- phalia est devastata. Der Kampf um die Geltung des salischen Gesetzes für Frankreich begann im J. 1328, folglich schrieb Klenkok nach 1354. Die westphälische Fehde bezieht sich auf folgenden Vorgang. Die Brüder, Bernhard und Otto von der Lippe theilten die Grafschaft Lippe im J. 1344. Nach Ottos Tode 1360 folgte ihm sein Sohn Simon. Bernhard starb Ende 1364 ohne Söhne. Eine seiner Töchter war an den Grafen Otto von Tecklenburg verheirathet. Dieser nahm für seine Frau und Schwägerin Besitz von dem Bernhardischen Antheil. Auf denselben machte als Agnat Bernhards Brudersohn Anspruch. Beide Theile fanden zahlreiche Verbün- dete. Zu Thätlichkeiten, über welche unsre Nachrichten dürftig sind, soll es erst im J. 1369 gekommen sein. Sicher ist, dafs Simon v. der Lippe a. E. des J. 1371 (nach Andern 1373) von seinem Gegner gefangen genommen wurde, und dals nach dem um 1375 geschlossenen Frieden Simon seine Tochter dem Grafen v. Tecklenburg mit der Grafschaft Rehda als Braut- ('?) In dem niederdeutschen Texte der Fragen in einer Soester Handschrift (Homeyer Rechtsb. No. 625) lautet der Satz (No. XXV): War dre off veyr vrye scheppen enen mys- dadigen man yn verscher daet an quemen u. dar over antasteden u. angrepen, wo se sick dar mede holden salden. 392 HomeEyver: schatz zur Gemahlin gab(?°). Das Decadicon kann, wie sich später erge- ben wird, nicht nach 1373 geschrieben sein; wie weit man bis 1365 zurück- zugehen habe, ist nicht wohl zu bestimmen. Übrigens würde der Ssp. in diesem Falle keinesweges den Anspruch des Brudersohns begünstigt haben, denn nach I 17 $ 1 geht auch in Eigen zwar der Sohn der Tochter, aber die Tochter dem Bruder, um so mehr dem Brudersohn vor. Als Gegner Klenkoks lehrt die Schrift uns besonders den Rudolph Block kennen. Sie gedenkt seiner mehreremal. Zuerst zum Art. 6 (p. 74), wo Klenkok dem sächsischen Recht des Losschwörens den Spruch Matth. 18 V. 16 „in ore duorum vel trium testium stat omne verbum” entgegensetzt, und dann den Einwurf des magister Rudolphus Block, universitatis Parisien- sis Dr. sacrae theologiae, „quod haec lex possit intelligi de personis divinis scil. patris et filii et spiritus sancti” widerlegt. Ferner zum Art. 21, wonach Block, reverendus pater et Dr. meus oder magister meus, zunächst p. 96 für den Satz Ssp. I, 55 über die Folgen der Unkeuschheit eines Weibes re- spondirt, dals Carl den Sachsen dieses bei ihrer Bekehrung eingeräumt habe, um, wie Moses auch gethan, gröfseres Übel zu vermeiden, und sodann p. 98 die Meinung vertheidigt, dafs nach besonderm Rechte etwas gültig sein könne, was es nach canonischem Rechte nicht sei, eine Meinung, welcher Klenkok eine replicatio des „magister Albertus Halberstadensis” entgegenstellt. In einer später zu erwähnenden Schrift heifst Block „frater Rudolphus nos- trae religionis” und „nationis Saxonum”. Grupen bei Spangenberg 97 giebt ohne Nennung einer Quelle an, er sei 1350 — 1360 professor theologiae aca- demiae Parisiensis nationis Saxonicae gewesen. Albert von Halberstadt ist ohne Zweifel der gelehrte Albert von Berg aus dem Hause Rikmarsdorf bei Helmstädt, welcher zu Paris Jurisprudenz und Philosophie lehrte und im J. 1366 den bischöflichen Stuhl von Halberstadt bestieg(?!). Denn nicht nur passen diese Umstände zu seiner Erwähnung im Decadicon, sondern es er- giebt sich auch sonst eine nahe Beziehung Klenkoks zu Albert gerade in die- ser Frage. Eine Membranhandschrift aus dem Ende des 14. Jahrhunderts (2°) S. Fr. Müller Gesch. der Grafen v. Tecklenburg, 1842 S. 189, 190, und besonders A. Falkmann Beitr. z. Gesch. des Fürstenthums Lippe, Heft I, Lemgo 1847 S. 166 — 199. Erdmann, Chron. Ösnaburg. bei Meibom II 234 erzählt: nobilis Simon de Lippia in /onga guerra per Ottonem comitem de Teckenenborg captus fuit. (?') Lucanus, Gesch. des Bisthums Halberstadt S. 246. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 393 (Homeyer Rechtsb. No. 186), welche im J. 1841 zu Haag feilgeboten wurde, aber jetzt nicht zu ermitteln ist, enthält aufser Essenschen Rechten, dem Richtsteige u. s. w. Bl. 120—125 eine an den Bischof Albert von Halber- stadt gerichtete Schrift Klenkoks wider den Sachsenspiegel. Daraus, dafs Klenkok seinen Freund im Decadicon nur magister nicht episcopus nennt, mag auf die Abfassung des Werkes vor 1366 geschlossen werden. Freilich stimmt hiezu nicht recht die Erwähnung der Lippischen Fehde, oben S. 391 Doch mochte Klenkok zu dieser Arbeit seines Lebens fortwährend einzel- nes nachtragen, ohne grade jeden Ausdruck nach den Umständen zu ändern. Ein zweiter bedeutender Gegner wird gegen den Schlufs des Ganzen p- 93 so eingeführt. De premissis articulis mihi scripsit frater Jordanus de Quedlingeborch lector nostrae religionis: quod si morieris pro dietorum articulorum veritate, tune non morieris pro fide ecclesiae, und quod in evan- gelio quaedam ponuntur ut concilia, quaedam ut praecepta. Worauf Klen- kok u. a. äufsert: vellem, quod idem lector conaretur rationibus his positis oppositum probantibus respondere. Dieser Jordan ist von vielen Seiten her bekannt. Die Magdeburger Schöffenchronik berichtet über die Lösung der Stadt von dem Banne, den sie durch die Ermordung des Erzbischofs auf sich geladen, zum J. 1331 (Berl. Hdschr. 78): de borgere vorwonnen ok gnade by dem pawese, also dat de pawes de walt gaf dem proveste van unser leven vruwen, dem provinciale der prediker orden und dem provin- eiale der Augustiner orden. De provincial der A. gaf sine gewalt eynem erbaren broder de heydt broder Jordan von Quedlingeborch de volbrachte der losinge etc.(?*). Schiphower a. a. O. führt unter vier gleichzeitigen ausgezeichneten Augustinern den Jordanum de Quedelinburg s. theol. lec- torem auf. Endlich hat Casimir Oudin im Supplem. de seriptoribus etc. eccles. Paris 1686. 8. p. 639— 641: Jordanus de Saxonia cognomento de Quedlinburg . . . professione Eremita Augustinianeus. Claruit ab a. c. 1327 ad a. 1380. Und nach Aufzählung mehrerer seiner Schriften: Item seripsit collectaneum quoddam ad suos fratres Augustinianos Eremitas Parisienses Ms. in bibl. August. maioris conventus ad Pontem novum. Ineipit: quia (??) Vgl. Rathmann Gesch. v. Magdeb. II 266, der den Jordan Lector zu Erfurt nennt, und Scheidt Hann. g. A. $. 9 Note n. Nach Jöcher wäre er schon 1325 lector theol. zu Magdeburg gewesen. Philos.-histor. Kl. 1855. Ddd 394 Homeyver: 2... ., hinc est, quod ego frater Joannes(??) de Saxonia dietus de Quede- lingborg inter scholares Parisienses minimus etc. Jordan steht also wie es scheint unserm Klenkok als Altersgenosse noch näher als Rudolph Block, dem eine gewisse Ehrerbietung bezeugt wird. Beide Gegner sind gleich Klenkok Augustiner, und beide nebst Albert von Halberstadt haben zu Paris studirt und gelehrt. VI. Klenkok wurde durch den Widerspruch naher Bekannter und Or- densbrüder in seinen Überzeugungen eben so wenig irre, als früher durch die Verfolgungen der Magdeburger. Im J. 1370 oder 1371 (Scheidt $ 3 N. e) war Petrus de Belforte als Gregor XI. zum Pabst gewählt worden. Im J. 1372 erhob er den Peter de Vernio, früher Canonicus zu Poitou, zum Cardinal(?*). Zugleich war dieser ein auditor sacri palatii und papae referendarius, auch sonst bei ihm, vielleicht als Verwandter(?°) so angesehen, dals Gregor ihn 1374 zum executor testamenti ernannte. Zu ihm stand auch Klenkok in Beziehungen, die sich gleich ergeben werden. Er sandte dem Cardinal bald nach dessen Erhebung das Decadicon nebst einem Schreiben, welches uns mit der Streitschrift überliefert worden, Scheidt p. 65 sp. Es schildert den verderblichen Einfluls des Ssp. in Deutschland und bittet den Cardinal und doctor decretorum als einen Kenner der heiligen canones, sei- nen Einflufs beim Pabste zu verwenden, damit dieser den Häuptern und dem Volke jenes Landes gebiete, von ihren Irrthümern abzustehen, auf dafs nicht ihr Blut dereinst von Gregor gefordert werde. Der Eingang nun erinnert den Cardinal an eine frühere Bekanntschaft mit den Worten: Petro de Vernio..... frater Johannes Clencok, sacre pagine professor, noticia scolastica tironum noticie comparata, dum idem domnus esset gynasüs ei notus. Scheidt liest für das herausgehobene (?°) Ist Joannes ein Druckfehler statt Jordanus, oder hat Oudin fälschlich zwei ver- schiedene Personen zu einer gemacht? (?°) Die nähern Beläge giebt Scheidt H. g. A. $ 4. (*°) Klenkok bedient sich nemlich gegen den Cardinal der Worte: Gregorio pontifici summo, vobis plus quam sanguinis, devocionis sciencie necessitudine copulato. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 395 Wort „geruasiis” und nimmt dies für „Parisiis” (Bibl. p- 65, H. g. A. 575). Die Wolfenbüttler Handschrift hat deutlich wie ich angegeben. Auch abgesehen von dieser Variante ist die Art der Bekanntschaft seltsam ausgedrückt. Der Sinn wird doch wohl, wie auch Scheidt annimmt, am Ende der sein, dafs Vernio Klenkoks Schüler gewesen. Dafür spricht noch, dafs dieser am Cardinal rühmt: „ab infancia mandata Dei sincerissime quesi- vistis”; Klenkok muls auch bedeutend älter sein, er nennt sich um diese Zeit senex, Vernio starb erst im J. 1403. Scheidt kommt direct zu Paris als dem Orte der Lehrerthätigkeit unseres Augustiners; ich erst durch folgende Schlüsse. Klenkok, der schon bei seinem Streite mit den Magdeburgern Lehrer der heiligen Schrift war, konnte die Befähigung dazu damals nur aulserhalb Deutschlands gewonnen haben. Sein Schüler de Vernio war ein Franzose aus dem Geschlechte de Vergne zu Tulle (apud Tutelenses). Nord- deutsche Geistliche und namentlich auch Augustiner studirten im 14. Jahrh. häufig zu Paris, wo es unter der vierten Nation dite de !’Allemagne eine be- sondere Provinz dite des bas Allemands gab, welche u. a. Sachsen begriff(? °). Wir haben drei solcher Geistlicher, worunter zwei Augustiner, als nähere Bekannte Klenkoks kennen gelernt. Ja, nach der Weise wie das Decadicon den Rudolph Block als einen dem Verf. Respondirenden und wiederum Albert von Halberstadt als Replieirenden darstellt, scheint es fast, als ob die sächsischen Landsleute zu Paris über die Orthodoxie des Ssp. mit einander disputirt hätten. Sicherer läfst sich annehmen, dafs Vernios Bekannter gleich jenen seinen Genossen zu Paris gelehrt habe, wenn auch nicht gesagt werden kann, in welcher der verschiedenen Stellungen (Baccalaureus, Li- centiat, Magister), welche dazu befähigten. Klenkok blieb bei diesem Aufrufe an die Unterstützung seines vor- nehmen Schülers nicht stehen. Er wandte sich an Gregor selber, und legte wiederum das Schreiben an den Cardinal nebst Anhang bei. Die eindring- liche Zuschrift erinnert den Pabst daran, wie sein Name mit vigilans gedeu- tet werde. Die Hauptstelle lautet (p. 64): Quare nuper quosdam articulos per certos Almanie partes preserliim per Saxoniam pro legibus observatos, quorum plurimi divine legi repugnant, evangelio, libertati ecclesiastice ac recte racioni, scripsi Rey. patri et domno, Petro de Vernio... dyacono (2°) Du Breul theatre des antiquitez de Paris, 1639 p. 457. Ddd2 396 Homesever: Cardinali . . . . corrigendos examinandos ac tue Beatudini praesentandos . . . Juxta doctrinam autem evangelicam hec ecclesie indicando, cuius ut Petri navicule nauclerus es positus, meam animam liberavi. Das „nuper” beziehe ich nicht auf das Niederschreiben des Decadicon, wie Scheidt, wenn er $ 10 Note 3 dafür 1372 oder 1373 ansetzt, sondern auf die Zuschrift an de Vernio, sehe also darin kein Moment für die oben erörterte Zeitbe- stimmung. Gregor war selber ein gelehrter Jurist, ein Schüler des Baldus, als dieser 1347—1357 zu Perugia lehrte. Er ging auf die Scahe, sei aus eig- nem, sei es auf des Cardinals Antrieb eifrig ein, prüfte selber die Anschul- digungen, erholte sich der Theologen und Rechtsgelehrten Rath und erliefs dann die Bulle, welche als das Ziel des beharrlichen Strebens unsers Augusti- ners gelten darf. vi. Das Hauptzeugnifs für diese Bulle bietet sie selber. Zwar giebt Raynaldus in der continuatio Annal. Ecelesiast. Baronii ad a. 1374 n. 12 eine Nachricht über ihren Erlafs (Scheidt $ 2); doch gehört er dem 17. Jahr- hundert an und erzählt nur, was in der Bnlle und den dazu gehörigen Acten- stücken selber steht. Die Urkunde liegt jetzt mehrfach vor, zunächst in folgenden Handschriften. 1. Breslauer Centralbibl. II F. 6 (Homeyer, die D. Rechtsbücher 1856 No. 83), nach verschiedenen Rechtsbüchern Bl. 290 ff. unter: sequun- tur leges Saxonum per sedem apostolicum reprobate. 2. Ebd. IQ. 4 (Homeyer No. 91) mitten im sächsischen Lehnrecht Bl. 115, 116. 3. Bernhardinerbibl. zu Breslau 1423 (ebd. No. 96) vor den sächs. Distinctionen. 4. Herzogl. Bibl. zu Wolfenbüttel, Extrav. No. 112. 3, 15. Jahrh. (ebd. No. 701), nach dem lateinischen Ssp., jedoch unvollständig. 5. Ebd. Ms. Aug. fol. 30. 1, (ebd. No. 716) nach dem lateinischen Ssp. Bl. 252. 6. Stadtarchiv zu Salzwedel, 15. Jahrh. (ebd. No. 596) zwischen Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 397 einem Landfrieden des Erzbischofs von Magdeburg, und einem Schreiben des Basler Coneils an D. Bischöfe. 7. K. Bibliothek zu Hannover, nach dem Decadicon, s. t. Revoca- torium errorum in speculo Saxonum contentorum Gregorii XI. Scheidt Bibl. p- 102 sq. 8. Eine mir gehörige Hdschr. des 15. Jahrh. enthält aufser einem später zu erwähnenden Stücke die Bulle auf 3 Bl. 9. Universitätsbibl. zu Halle, Ye No. 76, 15. Jahrh. (Homeyer No. 307), nach dem lateinischen Ssp. Bl. 26 ff. 10. Bibliothek des Michaelisklosters in Lüneburg, 15. Jahrh., (ebd. No. 427), nach einem Remissorium. Jetzt verschollen. 11. Archiv des Ratzeburger Stifts: „bulla S. S. Papae super librum scandalosum speculi Saxonum cccrxxr”, laut einer Registrande von 1508, s. Dreyer Beiträge 119 No. 8. 12. Universitätsbibliothek zu Giefsen, B. S. Ms. 133, 18. Jahrh. (ebd. No. 219). 13. Dem Exemplar des Basler Drucks des Ssp. von 1474 auf der Universitätsbibl. zu Leipzig ist a. E. die Bulle beigeschrieben s. t. Hec sunt excerpta Bulle dni Gregorii XI. reprobant. speculum Saxonum 14 conclu- sionibus inibi contentis. Gedruckt wurde sie schon auf einem mir unzugänglich gebliebenen Blatte a. E. des 15. Jahrh., welches Dreyer, Beitr. 121 No. 10, aus der Bibl. des Joh. Christ. Beselin kannte. Sodann hat die s. t. Commune privile- gium etc. Cracov 1506 gedruckte Sammlung polnischer Gesetze sie nach dem lat. Ssp. Bl. 172’—174 aufgenommen, aus welcher Goldast coll. con- suetudinum 1674 in den prolegomenis sie giebt. Ferner steht sie in deut- schen Ausgaben des Ssp. von 1517—1614, woraus sie Gärtner entnommen, nicht minder in der von Nicolaus Jaskier besorgten Ausgabe des lat. Ssp. Cracau 1535, Zamosk 1602. Auch anderweitig kommt sie noch vor, s. Biener Comm. I 1 p. 273, Dreyer Beitr. 119 N. 8. Über die Gestalt der Bulle ergiebt sich zunächst. Sie beginnt „Gre- gorius etc. Salvator humani generis”, und schliefst unter der Rubrik „tenor autem scriptorum seu legum sive effectus earum talis est” vierzehn Artikel als reprobirte dergestalt ein, dafs nachher noch die Schlufsformel „Nulli ergo hominum — se noverit incursurum” und das Datum folgt. Das comm. pri- 398 Homesrer: vilegium und Goldast heben jedoch die 14 Artikel aus der Bulle heraus und stellen sie unter Quatuordecim articuli erronei ete. für sich auf, mit dem eig- nen Nachwort: Haec in quadam extravagante beati Gregorii Papae Noni po- nuntur et reprobata sunt pro eo, quod non continent conditiones suppositas ad legem requisitas, sed magis militant contra pietatem et salutem animarum. Aufserdem gestatten sich die Texte manche Kürzungen in der Schlufsformel und im Datum, welchem häufig Jahr und Tag, selbst der Ort fehlt. Varian- ten kommen in der Bulle selber wie in den Artikeln vor. Dort sind sie nicht so erheblich, dafs es der Besorgung eines neuen kritischen Abdrucks lohnte. Hier verdienen sie mehr Beachtung. Die Hdschr. nebst dem comm. privil. schliefsen sich am meisten dem Texte des Decadicon an; der bei uns verbreitetste Abdruck in den deutschen Ausgaben des Ssp. hat einige meist feblerhafte Abweichungen; Jaskier endlich hat sich erlaubt, theils die Folge der Artikel, nach ihrer Ordnung im Ssp., umzuwerfen, theils die mehrsten derselben nach der versio vulgata des Ssp. zu ändern. Die Beilage C. liefert das Ergebnils einer Vergleichung der verschiedenen Formen. Dals Gregor der Elfte die Bulle erliefs, bedarf, wiewohl der Ein- gang zuweilen Gregorius schlechthin, oder nach meiner Hdschr. Gregorius nonus liest und trotz des Nachworts im comm. privil., kaum eines Beweises. Klenkok richtet sein Schreiben ausdrücklich an Gregor XI.; nur unter einem Gregor dieser Zahl war de Vernio Cardinal; ihn geben auch die Hdschr. 7 u. 12 und der später zu erwähnende Erlafs des Breslauer Bischofs vom J. 1397 an. Das Datum lautet in den Hdschr. 7, 8, 12: Avinione sexto (in No. 12 XI, Ydus Aprilis Pontificatus nostri anno quarto, welchem No. 8 noch hinzufügt: annis vero decurrentibus millesimo trecentesimo quinquage- simo (!) quarto. Im comm. privil. und bei Goldast heifst es: pont. n. a. Zertio. Den Hdschr. ist doch mehr zu trauen, und danach mit Raynaldus und Scheidt ($ 3N. e) die Bulle ins Jahr 1374 zu setzen, während Heineccius und Dreyer nach Goldast das Jahr 1373 annehmen. Der Inhalt der Bulle ist wesent- lich dieser. Dem Pabste sei glaubwürdig berichtet worden, dafs „in Saxonia et nonnullis alliis partibus quaedam detestabilia scripta, leges seu speculum saxonum vulgariter appellata et inferius annotata” beobachtet würden. Er spricht über dieselben: quae nos mature vidimus et per nonnullos....S. R. Eccl. Cardinales ac etiam alios in sacra pagina magistros ac utriusque iuris Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 399 doctores diligenter examinari fecimus(?’), das Verdammungsurtheil aus, erklärt die Richtersprüche, welche auf dieselben sich gründen, für ungültig, befiehlt allen Christen sich derselben nicht mehr zu bedienen, den geistlichen und weltlichen Fürsten ihren Gebrauch nicht zu gestatten, und fordert diese noch auf, gleichfalls die Anwendung bei harten Strafen zu untersagen, auf dafs „eorundem scriptorum seu legum detestanda de terris eorum totaliter extirpetur”. Es ist die Frage erwachsen, ob die Verdammung auf den ganzen Ssp., wie Conring und Gärtner meinten, oder nur auf die 14 Artikel gehe. Scheidt entscheidet sich zuletzt Bibl. p. 105 Note x für das erstere, weil doch die Bulle von dem Werke überhaupt spreche, auch Klenkok mehr als 14 Arti- kel denuncirt habe; es möge wohl ein polnischer Erzbischof oder Bischof, da man den ganzen Ssp. nicht füglich habe abschaffen können, diese 14 Ar- tikel ausgezogen haben. Ich halte dies mit Grupen und Eichhorn für irrig. Die Bulle enthält stets die 14 Artikel; sie wurden wie sich zeigen wird, be- sonders an verschiedene Erzbischöfe geschickt; es hätte also zu jener, im- mer sehr eigenmächtigen That der Übereinstimmung aller dieser Kirchenobern bedurft. Der Umstand, dafs Klenkok überhaupt nur 21 Artikel dem Pabste zur Prüfung hingab, spricht ja viel mehr dafür, dafs eine geringere Zahl denn diese, als dafür, dafs sämmtliche 232 Artikel des Ssp. verdammt wur- den. Schliefslich ist auch der Ausdruck der Bulle keinesweges stringent für Scheidts Ansicht. Welche scripta detestabel seien, wird durch den Hin- weis auf die inferius annotata näher bestimmt, und nur diese scripta werden als falsa, temeraria, iniqua, iniusta reprobirt. Die 14 Artikel stehen nun zu den 21 des Decadicon folgendergestalt. Der Verdammung sind nicht würdig befunden: die Artikel über das Recht der Geistlichen No. 5, 19, 20, über den gerichtlichen Zweikampf No. 11, über den Beweis einer Schuld nach todter Hand No. 18, über das Erbrecht der Schwaben No. 16 und über die Folgen der Unkeuschheit der Weiber No. 21. Verurtheilt werden dagegen die Sätze über die päbstliche Gewalt, No. 1, 2, 4, über das gerichtliche Verfahren No. 6, 7, 8, 9, 10, 12, über die (?’) Dafs unter ihnen auch Baldus gewesen, behauptet Kind de art. reprob. p. 11 ohne weitern Belag, doch nicht ohne Wahrscheinlichkeit; denn allerdings blieb Gregor auch als Pabst in genauer Verbindung mit seinem berühmten Lehrer; Scheidt H. g. Anz. $ 3, von Savigny Gesch. d. Röm. R. VI, 217, 221, 231. 400 HomEYeERr: Wirkung der Ehe, No. 3, 14 und über die Erbenpflichten No. 13, 15, 17. Die Ordnung des Decadicon wird hinsichtlich der Gruppen befolgt, nur ist mit einer bemerkenswerthen Zurückhaltung ein Art. aus dem gerichtlichen Verfahren als No. 1 den Artikeln vom Pabste als No. 2, 3, 4 vorangestellt. Allerdings fand also wohl, wie die Bulle sagt, eine deliberatio matura statt, damit die Verdammlichkeit über allen Zweifel erhaben dastehe. Daher ist auch bei den einzelnen Artikeln eine Rechtfertignug des Urtheils weiter nicht gegeben, und nur bei den Art. 9, 11—14 bemerkt, in welcher Beziehung sie irrig seien. VIM. Für die Vollführung des Urtheils sehen wir in doppelter Weise gesorgt. Erstens durch besondere Erlasse an die Erzbischöfe der betheiligien Länder. Die Bulle, wie wir sie kennen, ist in ein Schreiben eingefafst, welches jedoch die Texte in mannigfacher Gestalt geben. Bei Scheidt lau- tet der Eingang: „Gregorius u. s. w. Venerabilibus fratribus Archiepiscopis ..... . eorundemque Suffraganeis salutem et benedictionem.” Dann wird kurz der Verdammung der execrabilia scripta leges seu speculum Saxonum ap- pellata(?°) gedacht, welche geschehen sei: prout continetur in nostris litteris .. . quorum tenor talis ist, worauf die Bulle folgt. Ebenso das comm. privil.; doch steht Archiepiscopo Rigensi statt Archiepiscopis. Der Cod. Vratisl. II F. 6 und die deutschen Ausgaben des Ssp. kürzen einerseits den Gruls, indem sie nach fratribus ein etc. setzen, andrerseits haben sie nach dem Schlufs der Bulle noch einen Schlufs des Schreibens, welcher, mit Quocirca frater- nitati Vestrae beginnend, die Publication der Bulle in der Diöcese, die Ein- sendung eines Instruments über die erfolgte Bekantmachung, und die Zufer- tigung eines Transumts der Bulle an die Suffraganen vorschreibt, cui tran- sumto adhiberi volumus velut ipsis literis originalibus plenam fidem. Ein Datum fehlt dem Schreiben. Meine Hdschr. läfst nicht nur den Schlufs fort, sondern zieht auch den Anfang des Schreibens mit dem der Bulle so zusammen: Gregorius Nonus 28) Scheidt liest eigentlich execrabilia legum seu speculi Saxonum apparencia. Das obige 5 5 pP pP 5 ist die richtige Lesart der übrigen Texte. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 401 archiepiscopo Rigensi eiusque per livoniam et prussiam suffraganeis et ubili- bet per provinciam constitutis ad perpetuam rei memoriam Salvator etc. Die Wolfenbüttler Hdschr. (5) hat im Schreiben: vener. fratribus archip. Pra- gensi eiusque suffraganeis. Es leidet wohl keinen Zweifel, dafs das Schreiben an einen einzelnen bestimmten Erzbischof und seine Suffraganen, wie beispielsweise in meiner und in der Wolfenb. Hdschr. gerichtet wurde, und dafs der Schlufs nicht fehlen darf. An welche Erzbischhöfe ergiebt zweitens ein päbstliches Schreiben an Kaiser Carl IV. Es ist nicht aus Handschriften, sondern nur aus dem Drucke des commune privil. be- kannt, wo es der Bulle folgt, danach bei Goldast a. a. O., und ferner aus Raynaldus, der es anderswoher genommen zu haben scheint(*°?). Der Pabst gedenkt wieder der verabscheuenswerthen „scripta, quibus nonnulli de par- tibus tuarum — — terrarum uti seu potius abuti dieebantur, und wie er illa ex eis quae falsa, temeraria... . . reperimus” verdammt habe, „prout ex literis nostris ..... quarum tenorem praesentibus inclusum, quasque ..... Mogunti- nensi Coloniensi Bremensi Magdeburgensi Pragensi et Rigensi Archiepis- copis eorumque suffraganeis dirigimus, videre poteritis”. Dann die Bitte um Unterstützung für Publication und Befolgung der Bulle, und das Datum Avi- nione, Idus Octobris pont. nostri a. tertio, (vgl. oben S. 000). Es erhellt, wie gut das Gebiet der Herrschaft des Ssp. durch die Sprengel jener sechs Erzbischöfe getroffen wird, und zugleich bestätigt sich, dafs die Verurthei- lung nur auf die bestimmten 14 Artikel geht. Von einer Befolgung des päbst- lichen Erlasses seitens der Kirchenobern finden sich nur wenige Spuren. Der oben unter 3 erwähnte Bernhardinereodex enthält nach der Bulle folgendes Schreiben des Bischofs Wenceslaus von Breslau an seinen Archidiaconus v. J. 1397: Dudum literas apostolicas domini Gregor. XI. emanasse cognovimus, in quarum tenore reprobantur ..... . quidam errores execrabilia scripta, leges seu speculum Saxonum appellata. Sed quia dictos errores in nonnullis ipso- (??) Er liest nemlich im Texte des Schreibens Rhemensi statt Bremensi und erzählt des- halb: tum (Gregorius) Germaniae Livoniae Boemiae Gallize pluribus Archiepiscopis stimulos addidit. Dagegen mag der später zu erwähnende schlesische Chronicant Waymknecht, wel- cher von den päbstlichen Schreiben an verschiedene Erzbischöfe und an den Kaiser erzählt, schon das Comm. privil. (1506) vor Augen gehabt haben, denn er schrieb erst nach 1507; Gaupp Germanist. Abhdl. 1853 S. 135. Philos.- histor. Kl. 1855. Eee 402 Homerer: rum articulis et praecipue in XIIII in plebibus nostrae pastorali sollicitudini commissis damnabiliter emergere conspicimus, dictas literas Apostolicas non- dum per nostram dioecesin publicatas per eandem duximus publicandas ete.(?°) Und eine sonst undeutliche Randnotiz zur Bulle im Cod. Vratisl. I Q. 4 Bl. 115 ergiebt wenigstens die Worte: In Vratisl. dioec. publicatur ..... anno dm. mccexcvur und Weczlaus ep. vratisl. confirmavit. IX. Ich halte hier inne zu ein Paar rückblickenden Bemerkungen. In welcher Gestalt wird der Text des Ssp. von Klenkok und in der Bulle gegeben? Der deutsche Text in der Schrift gegen die Magdeburger stimmt in den Maafse mit dem uns sonst bekannten überein, dafs nicht zu zweifeln, Klenkok habe ihn unmittelbar aus einer deutschen Hdschr. genom- men. Der lateinische Text dagegen, welcher im Decadicon und in den Hdschr. der Bulle wesentlich gleich lautet, trifft mit keiner der übrigen Ver- sionen zusammen. Diese demnach Klenkok eigenthümliche und aus dem Decadicon vom Pabste angenommene Übersetzung ist wohl die treueste von allen. Ihr Verhältnifs zu den übrigen geht z. B. für den vierten Art. (Ssp. I 3$3a. E.) aus der Zusammenstellung in den „Rechtsbüchern des D. Mit telalters” 1856 S. 13, für Art. 1 aus der Beilage C hervor(°'). Ferner, wie leuchtet doch aus allen Angriffen und Verurtheilungen um so heller das Ansehen und die Geltung hervor, welche die Privatarbeit des einfachen Schöffen im Laufe von anderthalb Jahrhunderten gewon- nen hatte. Im Decadicon (zu Art. 4 p. 70) warnt Klenkok: attendatur quantum periculum sit, quod homines terre predicte iuventutis temporibus talibus legi- bus imbuantur. In dem Schreiben an den Cardinal führt er diese Gefahr (°°) Abgedruckt in Klose N. lit. Unterhalt. 1775, S. 518, 545. Waymknecht setzt die Vollstreckung der damnatio durch Wenzeslaw in das J. 1407, Gaupp Germ. Abhdl. 135. (?') Die im Decadicon zu den Artikeln des Ssp. gegebenen Zahlen weils ich nirgends hinzubringen. Sie mülsten aus einem Texte ohne Büchereintheilung sein, aber auch dann passen sie weder zu einer der bekannten Eintheilungen, noch zu der üblichen Ordnung. Bei I 63 wird 57 ceitirt, bei II 2 — 32, bei III 57 — 82, bei III 63 — 40. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 403 weiter aus (p. 66): tenentur autem ii articuli per magnam Almanie partem et maxime per Saxoniam et ponuntur in eorum quodam libro quem vocant Saxonie speculum, pocius iuste legis obumbraculum vocando. Seducun- tur etenim iuvenes nobiles et ignobiles in predictis legibus. Unde contingit, eos frequenter ymo semper easdem servando leges s. matris ecclesie tranquil- litati pariter et legibus rebellare. Docent enim tempora praeterita quanta propter dissensionem inter ecclesiam et imperium cum principibus Germanie, predietis legibus utentibus pericula sunt suborta, quorum causam estimo le- gum divinarum abusionem, in qua propter errores infra scriptos predieti prineipes ab annis puerilibus imbuuntur. Gemeint ist hier der Kampf zwischen geistlicher und weltlicher Macht unter Ludwig von Baiern, in welchem ja u. a. die Kurfürsten die Unabhängigkeit des Kaiserthums von einer päbst- lichen Verleihung feierlich aussprachen. Auf diesen Streit wies schon das Decadicon ausdrücklich hin, ja es bemerkt, s. oben S. 390, dafs in demsel- ben der Art. III 57 $ 1 des Ssp. über die Schranken des päbstlichen Excom- municationsrechtes allegirt worden sei. Ich habe indessen eine Berufung auf bestimmte Sätze des Rechtsbuches weder seitens Ludewigs noch seiner und des Kaiserthums zahlreicher Vertheidiger gefunden, namentlich nicht bei dem in der Geschichte und dem positiven Recht bewandertsten Lupold von Bebenburg, (Eichhorn RG. $ 393). Hier in dem Briefe begnügt sich auch Klenkok, den Einflufs der Grundsätze des Ssp. auf die deutschen Fürsten allgemeinhin hervorzuheben. Die Bulle selber erklärt: scripta ... „in Saxonia et nonnullis aliis partibus (Scheidt multis aliis partibus mundi)... . apud nonnullos tam nobiles quam plebeios reperiuntur, quae iudices et incole ..... omissis canonibus aliisque scripturis sacris com- petentibusque naturae et eivilibus legibus et bonis moribus procul pulsis, a longis retro temporibus observarunt et observant de presenti. Aus diesen Zeugnissen tritt hervor: einmal die Geltung des Ssp. über die Gränzen des Landes zu Sachsen hinaus, wofür ja auch die Zahl der mit Aus- führung der Bulle betrauten Erzbischöfe spricht. Sodann der schon sehr alte Gebrauch und das Eindringen der Sätze in die Überzeugungen aller Stände und von Jugend auf, so dals Klenkok seinem Andringen beim Cardinal selber den Einwand stellt: qualiter predicte leges possint corrigi tam diu communi- ter obseryatae. Nicht minder die geringe Anwendung des fremden Rechtes in den weltlichen Gerichten jener Gegenden. Endlich die mehrmals wie- Eee2 404 Homerer: derkehrende Bezeichnung des Ssp. mit scripta und leges, welche vorsichtig- lich zwischen seiner Natur als Privatarbeit oder als kaiserlichen Privilegii nicht entscheidet. Den Schwabenspiegel hat eine gleiche Verurtheilung nicht getroffen. Vielleicht schon weil der Ankläger fehlte, weil Klenkok die süddeutsche im Sachsenlande weniger verbreitete Bearbeitung des Rechtsbuches nicht kannte. Aber iin der That gab auch diese Bearbeitung weit geringern Anstofs. Wie viel der Schwabenspiegel von der Alterthümlichkeit und Strenge des Heimischen aufgiebt, wie sehr er sich dem römischen und geistlichen Recht hinneigt, zeigt sich auch hier. Von jenen vierzehn Artikeln kennt er nur dreie, die Art. 2, 7, 9 oder die Lehren, wie man den Kaiser bannen soll (Lafsb. Cap. 128), wie die Mehrheit das Urtheil fällt (C. 116°) und wie die Rechtlosen durch Gottesurtheil sich vertheidigen (C. 48). Dies würde doch, bei jener sonst so annehmlichen Richtung des Rechtsbuches zu einem feierlichen Verdammungsacte, wie er über den Sachsensp. ergieng, nicht ge- nügt haben. IX. Gregor nennt den Kämpfer nicht, dessen Wissen und Beharrlich- keit doch sein eignes Einschreiten hervorgerufen. Er gedenkt nur in der Bulle einer „sane fide digna admodum molesta pluriesque inculcata relacio plurimorum”, und in dem Schreiben an den Kaiser einer Kunde „per fide dig- nas intelligentes personas” als des Anlasses seiner Prüfung. Dennoch tritt in Deutschland Klenkoks Name und Thätigkeit nicht völlig und sofort in der literarischen Behandlung der Frage zurück. Von ihm selber, der bald nach diesen Vorgängen sein Leben beschlossen haben wird, ist eine spätere Schrift nicht bekannt, aber es finden sich in den Hdschr. des 15. Jahrh. Aufsätze seiner Richtung, welche sich auf seine Arbeiten, nicht etwa lediglich auf die Bulle gründen. 1. Eine Membranhandschrift der Bremer Stadtbibliothek (Homeyer Rechtsb. No. 80) hängt dem a. 1417 dort geschriebenen sächsischen Land- recht auf den beiden letzen Bl. mit kleinerer Schrift einen Aufsatz „Subscripta denunciavit frater Johannes Klenkock, an, der wohl gleich dem Hauptstück des Codex aus der Nachbarschaft der Klenkokschen Heimath stammt. Auf einen kurzen lateinischen Eingang folgt über den Verfasser und die Veran- Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 405 lassung der Arbeit, (s. oben S. 382) eine niederdeutsche Erzählung, die nach dem mangelhaften Bau und dem steifen Ausdruck auch aus dem latei- nischen übertragen zu sein scheint. Sie bezeichnet den Bruder Joh. Klenkok als einen „meyster der Ketter, vorhorer der cameren des paweses, doctor der beyden rechte u. professor der hiligen scrift to Bucken in deme stichte van Bremen gheboren, van ridderschop dar sulves utgesproten echte u. recht”. Ihm als vom sächsischen Herkommen (vorvarnicheit) habe der Pabst, den einige Prälaten auf die Irrthümer des Ssp. aufmerksam gemacht, die Auf- zeichnung der betreffenden Artikel aufgetragen, und diese hierauf durch eine Bulle widerrufen. Es folgen dann aufser den 14 Art. der Bulle in deren Ordnung noch sechse des Decadicon, so dafs von diesem überhaupt nur Art. 11 fehlt. Man sieht, dals der Aufsatz, was aus dem Decadicon und aus der Tradition über Klenkoks Thätigkeit bekannt war mit den An- gaben der Bulle zu vereinigen suchte. Die zwanzig Artikel sind lateinisch und niederdeutsch gegeben; im letztern wendet sich der Vf. nicht wieder un- mittelbar zum Texte des Ssp. hin, sondern müht sich mit einer sprachlich bemerkenswerthen, wiewohl zuweilen völlig mifsrathenen Rückübersetzung. Dem Schlufsartikel, über die Strafe unkeuscher Weiber, ist eine, dem Deca- dicon fremde Rechtfertigung der Verurtheilung beigefügt, welche der deut- sche Text noch weiter ausführt als der lateinische. Die Beilage D giebt diese kleine Arbeit, mit Auslassung des lateinischen Textes der Artikel. 2. Der Cod. Jenensis v. J. 1410 (Homeyer Rechtsbücher No. 346) hat a. E. unter: Isti sunt articuli de speculo Saxonum extracti, qui repugnare videntur legi Dei canonibus sanete Romane ecclesie ac legibus saneti Imperii, zehn Artikel, von denen sieben sich auch in der Bulle, alle aber im Decadi- con finden, s. die Tabelle in der Beilage A. Der Schreiber verfährt inso- weit selbstständig, als er in seinen No. 2, 3, 4 die drei Stellen des Ssp. I 18 $1,$2, $ 3 zusammenstellt, und nun die Bemerkung anhängt: ista tria sta- tuta citra primum, sicut dieit idem liber, Saxones obtinuerunt contra regis Karoli voluntatem, credo amplius contra divini regiminis equitatem, sicut enim Anselmus et Marcius in eronieis subponunt, circa annum domini sep- tuaginta novem Karolus regnavit xxx annis bella (bellans ?) contra Saxoni- cam gentem ferocem ydolis deditam nulla federa tenentem frequenter spon- dentem religionem christianam et semper ab ea rebellantem. Tandem fina- liter a Karolo subiecta contra federa promissa tamen paganismi preteriti 406 HomeErer: predicta si sic dicam retinuit iura sua. Im übrigen giebt das Stück nur die Artikel allein nach Klenkoks Text. 3. Nahe der vorigen Arbeit verwandt ist ein Stück, welches in meiner Hdschr. (oben No. 8) noch der Bulle vorangeht s. t.: Item isti sunt arti- culi qui non tenentur etc. Es folgen nun auch zehn Artikel s. Beilage E, fast ganz in der Ordnung des Cod. Jenensis. Aber sie enthalten zusammen nur acht von seinen Artikeln und (in der No. 3) ein Stück aus jener Bemer- kung nach Jen. No. 4, sind deutsch, geben nicht den Text wörtlich sondern mehr den Inhalt, und verweisen endlich vollständiger auf die Stellen des Sachsensp., wie auch des Weichbildes. Das Jenenser Stück lag doch wohl vor Augen. 4. Klenkoks selber erwähnt wieder einmal der Cod. Moguntinus ar- chiep. Guntheri des Ssp. v. J. 1421. (Homeyer Rechtsb. Nr. 434). Laut einer Notiz, welche darin am Schlusse des sächs. Landrechts der Dr. und Dom- herr zu Merseburg Tammo oder Damian von Bocksdorf giebt, fügte dieser dem Landrechte Concordanzen und Randbemerkungen (Grupen 43) bei.(??) Dabei äufsert er, Grupen 127, ap der numerus velte uff dy glosen, torste ich (getraute ich mich) so volkomenlich dy concordancien nicht setzcen, dor umme das sich disse glosen mit den mynen czweyen und nicht obireynigen. Die Glosse des Ssp. war also in diesem Codex eine eigenthümliche. Zu I A. 3 über die Befugnifs des Papstes das sächsische Recht zu ändern, steht nun auch ein der gewöhnlichen Glosse fremder Satz, (Grupen 98): Ouch sage wor umme wolde der babist unse alden recht ergern, wen her sie wol vorbessern mag, nach dem male dafs der keyser diese rechte gesetzt hat. Wente der keyser macht hat werltlich recht zu setzen, u. der babist das geistliche. Unde die altvarende Saxen vernemen düssen art. also: al hedde der babist wib erloubt zeu nemen in deme funften lede, da mach er unse (°?) Tammo v. Bocksdorf ist, wie Grupen 76, 77, Heineccius Antiquit. I 431, aber nicht Scheidt $ 5 bemerkt, von Theodorich v. B., Professor zu Leipzig und Bischof von Naumburg durchaus zu scheiden. 'Tammo blühte unter dem Magdeburger Erzbischof Günther (1403—1445) und wird 1431 unter den Gliedern des Merseburger Capitels bei der Wahl des Bischofs Bose genannt, Ludewig Rell. Msp. IV 447. Nach Brotuf Chron. Merseb. II 47 fertigte er die Concordanzen im J. 1426, welche demnach der schon vorgefundenen Glossen- handschrift von 1421 hinzugeseizt wurden. Nach demselben Autor war Theodorich, der im Jahre 1449 ein Remissorium des Sachsenspiegels verfalste und 1466 starb, ein Bruder des Tammo. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 407 lantrecht u. lenrecht nicht mede geergert haben, das man sich müge in dem fünften lede nemen. Unde alsus was meister Älenkoch der monch von deme orden heremitarum der dussen Artikel strafede, dusses artikels sin nicht yrvaren. Bemerkenswerth ist sodann, dafs die alten Ausgaben des sächsischen Landrechts von 1474 bis 1501 am Schlusse Zusätze zur Glosse enthalten, welche auf den Titeln der Augsburger Drucke von 1496 und 1501 als additiones bockstorff bezeichnet werden, und dafs sich unter diesen auch zu I 3 a. E. jener Satz des Cod. Mag. findet, mit Entstellung freilich unsers Klenkok in Kilenkoch. Nicht unwahrscheinlich also, dafs die additiones von Tammo von Bocksdorf herrühren, der doch jedenfalls jenen Tadel gegen Klenkok aus dem Mainzer Codex kannte, nicht aber von dem bekanten Theodorich v. Bocksdorf, dessen „corrigirten Sachsenspiegel” gleichfalls schon die Drucke seit 1474 geben, und dessen etwanige Zusätze zur Glosse wohl sofort in diese selber aufgenommen worden sind. Erheblicher für die Geschichte unsers Gegenstandes ist 5. eine Arbeit, welche handschriftlich bis jetzt nicht, aber in Drucken folgendergestalt aufgetaucht ist. Die Augsburger Ausgabe des sächsischen Landrechts in hochdeutscher Sprache von 1517, welche sonst der im J. 1516 daselbst niedersächsisch erschienenen sich anschliefst, enthält unter der Bulle Gregors noch die Bemerkung „Isti sunt articuli speculi Saxonum reprobati in concilio Basileensi.” Nach einem Zwischenraum und auf einer neuen Columne folgt unter der Aufschrift „Artieuli iuris Saxonici reprobati ex typo Doctoris Bocksdorffs colleeti sub hac forma”, mit einem Eingange über das Irrige gewisser Sätze des Sachsenspiegels, erst eine Aufzählung von zwei und zwanzig Artikeln, sondann die Bekämpfung dieser Artikel nach der Reihe. Am Schlusse: Ex praegustatis igitur patet, praenotatos articulos re- probatos nec cum animae salute tenendos. Quare secundum eosdem mise- ricorditer ceuilibet iudiei sententiam promulgare licet. Ein Aufschlufs des Herausgebers, woher er diese Stücke genommen, fehlt gänzlich; ob etwa aus dem oben S. 397 erwähnten fliegenden Blatte, welches nach Dreyer 118 auch die 22 Artikel enthält’ Die Leipziger Ausgabe Alexanders v. Zweym von 1528 giebt schon auf dem Titel an „mit tzwey und Zwentzigk Artickeln und ursachen wurumb dieselbigen yn dem Sachsenspiegel vorworffen”, und enthält sie nebst der Bulle am Schlusse des Ganzen nach dem Richtsteige Lehnrechts. Die spä- 408 HoMmeErYer: tern alten Drucke, noch der letzte Zobelsche von 1614 geben sie gleich dem von 1517 am Schlufs des sächsischen Landrechts(?3), so jedoch dafs das Epiphonem der Bulle und die Aufschrift der 22 Artikel näher an einander gerückt sind. Und das hat wohl Gärtner verleitet, p. 529 beides zu folgen- der Rubrik der 22 Art.: Articuli juris Saxonieci quondam in Concilio Basi- leensi reprobati et ex typo Dr. Bucksdorffs collecti etc. zu verschmelzen. Dies ist nun der Grund der oben S. 380 gedachten Meinung, dafs das Basler Concil von neuem jene 14 Artikel oder diese 22 Artikel und zwar unter einer gewissen Mitwirkung Bocksdorfs verurtheilt habe! Ein Act des Coneils hinsichtlich der vierzehn Artikel widerspräche als erster schon dem ganzen geschichtlichen Hergange; als ein erneuerter, hat er nur jenes Epipho- nem in der Ausgabe von 1517 für sich, ohne dafs die Handschriften der Bulle oder die Acten des Coneils (Grupen bei Sp. 97) einer solchen Bestätigung ge- dächten. Die Beziehung der zwei und zwanzig Art. auf das Concil ist rein willkührlich. Was aber ihr Verhältnifs zu einem von Bocksdorf be- wifft, so erhellt zunächst nicht, was die Ausgabe von 1517 unter einem typus des Dr. B. verstanden habe. Druckschriften, welche von den Bocksdorfs selber noch herausgegeben wären, sind nicht bekannt. Derälteste datirte Druck des Ssp., „den der erwirdig in Got... . theodericus von Bockszdorff Bischof zu neunburg gecorrigieret hat”, ist zu Basel 1474, also 8 Jahr nach (??) Der erste Zobelsche Druck von 1535 führt gleich dem von 1528 die 22 Art. auf dem Titel an, ohne dafs jedoch die 3 Exemplare, die ich eingesehen, sie lieferten. Jaskiers Ausgabe des lateinischen Sachsenspiegels, Zamose 1602 Bl. 512 ff., geht so zu Werke. Unter Articuli speculi Saxonum in concilio Basileensi reprobati erzählt sie zunächst, zwar hätten Constantin und Carl den Sachsen die Artikel zur Verhütung grölseren Übels verwilligt, spä- ter aber habe das Basler Concil dieselben iuxta bullam Gregor papae desuper confectam verurtheilt. Nun folgt die Bulle mit den 14 Art. in der oben S. 398 bemerkten Form; dann stehen die 22 Art. unter Art. iur. Sax. ex typo Dr. Bucksdorff sub hac quae sequitur forma collecti et per eundem supposita correctione ... . eccl. Romanae et aliorum quorum interest iuxta intentionem legum et canonum erronee declarate. Also freilich nicht die falsche Beziehung der zwei und zwanzig Art. auf das Concil, aber doch die bestimmtere Angabe seiner Thätigkeit für die 14 Art, und eine Zurückführung der 22 Art. auf eine Wirksamkeit Bocksdorfs. Auch bei den 22 Art. gestattet Jaskier sich sowohl eine Um- stellung derselben, als auch Änderung ihres Textes mit Rücksicht auf seinen lateinischen Sachsenspiegel. Ludovici’s Sachsenspiegel S. 618 ff führt die von Gregor und „Bocksdorf” ver- worfenen Artikel deutsch auf, giebt aber seltsamer Weise deren sechszehn, von welchen 11 Nummern 12 Artikeln der Bulle entsprechen, 5 aber aus den 22 Art. entnommen sind. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 409 dessen Tode erschienen. Scheidt $ 6 a. E. vermuthet, typus möge ein exemplar editionis Bocksdorfianae bedeuten und weist auf den handschriftli- ehen Zusatz in dem Leipziger Exemplar der Basler Ausgabe, oben S. 397 No. 13 hin, allein nach einer Erkundigung enthält dieser Zusatz lediglich die Bulle. Auch an ein, einem Bocksdorf gehöriges Exemplar des Ssp., welchen etwa die 22 Artikel hinzugeschrieben worden, kann nicht gedacht werden, da selbst der jüngere, 1466 verstorbene Theodorich v. B. schwerlich einen Druck des Ssp. (man kennt nur eine Ausgabe s. 1. e. a.) erlebte. Immerhin fehlt es für eine Wirksamkeit eines v. Bocksdorf im Sinne Klen- koks an jedem Anlafs. Denn jene Aufschrift sagt nicht, dafs der Aufsatz von dem Dr. herrühre; und die Additiones Bocksdorfii lassen vielmehr um- gekehrt schlielsen, dafs ihr Sammler Klenkoks Meinungen verwarf. Seinem Gehalte nach erscheint nun dieser Aufsatz als eine Bearbeitung der Schrift Klenkoks wider die Magdeburger, die aber zugleich dem Deca- dicon sich anschlielst. Aus jener nimmt er den Art. 9 der dem Decadicon fehlt; ihr folgt auch die Ordnung der fünf Gruppen, mit der Besse- rung, dafs der Art. von dem Erbrecht der Schwaben, welcher dort unter die Gruppe D gerathen (oben S. 386), hier an seine rechte Stelle unter C gebracht worden. Dagegen sind mit dem Decadicon zwei Artt. jener Schrift in je zweie getheilt, daher die Zahl 22. Insbesondere giebt die Rechtfertigung des Angriffes wesentlich die Gründe des Decadicon in Kürze wieder. So ist zu Art. 1 und 22 von den Einwendungen des Rudolph Block und ihrer Widerlegung in derselben Weise die Rede. Zuweilen findet sich ein Zusatz; wie zu Art. 18 = Dee. 4 die Stelle: item in forma condemnatur iste art. in constitutione Caroli quarti, ubi eum tenentes infames declarat(°*). Bei dem im Decadicon fehlenden Artikel über die Unechtheit der Kinder eines Reichsächters (hier Art. 10) schliefst die Begründung sich dann wieder jener ältern Schrift an. Gar wohl denkbar ist, dafs die Arbeit von Klenkok selber herrührt. Dafür spricht einigermafsen, dafs zu Art. 22 der Rud. Block auch als „nostrae religionis” und „nationis Saxonum” bezeichnet wird, was im Decadicon nicht (°*) Liegt dem etwas thatsächliches zu Grunde? Die Constitt. a. 1359, 1379 bei Goldast Coll. Const. Imp. II 92, III 415 enthalten Verbote der von weltlichen Obrigkeiten gegen die Cleriker ergangenen Anordnuungen. Aber eine Verurtheilung des Ssp. I 3 $ 3 und eine Ehrlosigkeit derer, die ihn halten, sprechen sie nicht aus. Philos.-histor. Kl. 1855. Fff 410 HoMmEYeER: vorkommt. Das pafst ganz wohl auf Klenkok als Autor, der im Decadicon den Jordan als lector nostrae religionis nennt. Vielleicht haben wir einen ersten lateinischen, dem Decadicon vorangehenden Entwurf vor uns. — Das Verhältnifs aller bisher genannten Stücke in Ordnung und Inhalt zeigt die Beilage A. An Klenkoks Schriften schliefst sich bei seinem Leben und späterhin noch eine mehrfache literarische Thätigkeit Andrer, sei es als Freunde oder als Gegner an. Folgendes ist mir aufser der schon erwähnten Glosse im Mainzer Codex bekannt geworden. 1. In einer Hdschr. der Wolfenbüttler Bibl. 11 Bl. 4 (Scheidt $ 12 N. x) finden sich Additamenta ad errores speculi Saxoniei, deren anonymer Verfasser sich an Klenkok mit den Worten wendet: satis pauca libello vestro Decadicon intitulato mihi per vestram paternitatem gratiose tradito addenda decrevi et benigne corrigenda. 2. In einer zweiten Hdschr. daselbst, Helmst. 732 oben S. 388 wird am Schlusse des Decadicon bemerkt: Habetur etiam responsio mgri Herboto- nis alias Herbordi super decadicon mgri Jo. Clenchok, sacre theol. profess. Jste H. erat praepositus ecel. sti Teueri et prothonotarius oppidi Erforden- sis et baccalaureus deccatorum. 3. Der catal. abbatum Saganensium in Stenzel script. rer. Siles. I 206 sagt vom Abte Ludolf I. (1394— 1422): seripsit etiam quandam repro- bacionem 14 articulorum speculi Saxonici dudum reprobatos et dampnatos per Gregorium papam XI. 4. Eine Benutzung des Decadicon wenigstens zeigt sich in einer gleichfalls zu Wolfenbüttel befindlichen von Scheidt $ 12 N. x erwähnten Schrift des Dr. theol. und Inquisitors Jacob de Susato vom Predigerorden, der in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. lebte. Er führt gegen den Satz des Ssp. I 25, dafs kein Mönch erben könne an: ad istud respondet Magister Joh. Clenkoe s. theol. prof., ordinis heremitarum Scti Aug. dicens quod iste art. repugnat legi Dei, und meint, nach dem Citat der Sachsenspiegel- stelle Cap. 30, das Decadicon. Dafs Klenkok überhaupt bei seinen Ordensgenossen noch lange in gu- tem Andenken blieb, ist oben erwähnt worden. In dem Kreise der Juristen aber erlischt im 16. Jahrh. sein Name, trotz der freilich flüchtigen und ent- stellenden Erwähnung in den additiones, unter dem Ansehen Gregors und Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 411 der Wirksamkeit, welche man seit 1517 dem Basler Coneil und dem v. Bocks- dorf beilegte, bis dann um die Mitte des 18. Jahrhunderts Grupen und Scheidt ihn wieder hervorzogen. XI. Wie steht es schliefslich mit dem praktischen Erfolge der durch Klen- kok hervorgerufenen Bulle? Ein Einschreiten der weltlichen Machthaber liegt mir nur in zwei Fäl- len vor. Nach Kretschmann Gesch. des Churf. Sächs. Oberhofgerichts zu Leipzig (1804) S. 4 gebot die OHGOrdnung v. 1493, das sächsische Recht zu halten, „ausgeschlossen die Artigkell von der heiligen Kirche abgethan und reprobirt”, vgl. Sachfse Handb. des GH. Sächs. Privatrechts $40 N. 3, 6 43. In Polen liefs König Alexander bei Bestätigung der von Johann Lasco veranstalteten, s. t. commune privilegium etc. 1506 edirten Sammlung der statuta regni, worunter auch der lateinische Ssp., den verurtheilten Artikeln, welche hier von der Bulle getrennt stehen, voransetzen: Quatuordecim arti- euli erronei juris Saxoniei seu theutonici et Magdeburgensis, per sedem Apos- tolicam condemnati, tanquam iuri naturali et divino contrarii, quos etiam nos Alexander etc. Apostolico deereto innitentes reprobamus, condemnamus ...; ac per quoslibet judices et subditos nostros..... distrietius sub poenis nostris eosdem teneri inhibemus. Im Wege der Jurisprudenz, namentlich bei den Bearbeitern und Her- ausgebern des Sachsenspiegels zeigt sich aufser dem blofsen Abdruck der Bulle seit 1517 nur folgendes. Es giebt zu dem lateinischen Ssp. eine lateinische Glosse, welche schon im Cod. Vratisl. II F. 6 vorkommt, daraus in den Augsburger Druck von 1516 und dann in die spätern Ausgaben aufgenommen worden ist. Sie bemerkt zu mehreren von der Bulle verurtheilten Artikeln, dafs sie irrthüm- lich seien oder,, hoc est per jus canonicum damnatum”, ohne jedoch die Bulle anzuführen, s. Grupen bei Spangenberg, 96, 97, so dafs deshalb und weil doch nicht bei allen 14 Art. die Bemerkung zu finden, es zweifelhaft bleibt, ob gerade deren Autorität wirkte. Die Zamosker Ausgabe des Ssp. weift nicht nur, wie N. 33 bemerkt worden, in dem Vorwort zur Bulle auf das Verbot der Kirche hin, sondern bemerkt auch noch a R. der betreffenden Fff2 412 Homerver: Stellen „iste reprobatus est”. So weit aber geht kein Herausgeber, auch nicht Lasco, dafs er die verpönten Sätze gänzlich fortliefse. In der That war es im sechszehnten Jahrhundert für die Sache selber ziemlich gleichgültig, dafs die Ausgaben des Ssp. die Bulle aufnahmen und andrerseits die verurtheilten Sätze gänzlich stehen liefsen. Die Entwickelung des Rechts, durch andere Einflüsse bestimmt, hatte längst über Werth und Geltung der vierzehn Artikel entschieden, obwohl in verschiedener Richtung und auch bei gleicher Richtung doch in mannigfacher Weise. Die erste Gruppe der Artikel begreift die drei Sätze über des Pabstes Gewalt. Die Lehre des Ssp. III 57 $ 1 (Bulle Art. 2), dafs der Pabst den Kaiser nur wegen Ketzerei, Verstofsung seiner Gemahlin und Zerstörung von Gotteshäusern bannen dürfe, welche das Gedicht de destitutione Ottonis IV. (Leibnitz Rer. Brunsv. Script. II 530) mit den Gründen conjux dimissa, minutus imperialis honor, heresis wiedergiebt, hat allerdings keinen bestimmt erkennbaren rechtlichen Halt für sich; aber der Fall einer Excommunication des Kaisers überhaupt war der Zeit schon in weite Ferne gerückt. — Die Sätze des Ssp. II 63 $ 2 (B. Art. 3), dafs der Bann nur der Seele, nicht dem Leibe schade und niemanden an Land- und Lehnrecht kränke, wenn nicht wie sich gebühre des Kaisers Acht folge, hatten ihre nähere Be- stimmung schon in der confoederatio Frideriei II cum prine. eccles. a. 1220 gefunden, welche, sobald nur der Act glaubhaft kund gethan worden, ver- spricht, theils die Excommuniecirten nicht zum Klagen, Urtheilfinden und zum Zeugnifs zu verstatten ($ 6), theilsnach 6 Wochen dem Banne die Acht fol- gen zu lassen ($ 7). — Der Ausspruch endlich 13 $ 3a. E., dafs der Pabst kein Recht setzen möge, wodurch er sächsisch Land- und Lehnrecht kränke, sollte zunächst nur diese gefährliche Folgerung abwehren: der Pabst verbietet die Ehe nur innerhalb der fünften Sippzahl, also reicht auch nur so weit Verwandschaft und Erbrecht. Aber auch als Ausdruck des allgemeinen Theorems, dafs kirchliche und weltliche Gesetzgebung in ihren eigenen ge- schiedenen Gebieten walten, hatte er, nachdem die Unabhängigkeit des im- perii von päbstlicher Verleihung reichsgesetzliche Anerkennung gefunden, seine Geltung behauptet, mochten immerhin die Gränzen dieser Gebiete nicht scharf gezogen sein. Unter der zweiten Gruppe der verurtheilten Artikel, die das Gerichts- wesen betrifft, waren die Sätze von dem Vorrecht des Beklagten, eine Be- Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 413 schuldigung durch seinen Eid abzulehnen (B. Art. 1), von dem gerichtli- chen Zweikampfe (Art. 5, 6, 8) und von den Gottesurtheilen des heifsen Wassers und des glühenden Eisens (Art. 9), am Schlusse des Mittelalters schon längst vermöge einer inneren durch die fremden Rechte freilich ge- förderten Entwickelung des deutschen Beweisrechts gebrochen. — Die Bulle verwirft aber auch den ansprechendern Satz des Ssp. II 12 $ 10, dafs bei verschiedenen Meinungen der Urtheilsfinder die Mehrheit entscheide (B. Art. 7), und Klenkok hatte ihm vornemlich das c. 3 X de consuetudine entgegen- gesetzt. Allerdings tadelt hier Innocenz Ill a. 1198, dafs in geistlichen Streit- sachen „a praesentibus litteratis et illitteratis, sapientibus et insipientibus quid juris sit quaeritur, et quod illi dietaverint vel aliquis eorum, praesentium consilio requisito, pro sententia teneatur”, und billigt dem Bischofe das Ur- theil zu. Im diesem treffend geschilderten germanischen Verfahren ist dem Pabste besonders anstöfsig, dafs nicht der vorsitzende Richter, sondern die Dinggenossen, gelehrte oder ungelehrte, das Urtheil finden, oder einer von ihnen dasselbe nach gehabter Berathung einbringt, wobei denn im Falle des Zwiespalts die Entscheidung durch die Mehrheit sich von selbst ergiebt. In diesem letzten Punkte, welchen allein Gregors Bulle hervorhebt, verblieb jedoch in Deutschland die alte Weise der Urtheilsfindung. Denn wenn gleich seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. die höheren Landesgerichte und das Reichskammergericht zu einem Theil mit „der Rechte Gewürdig- ten” besetzt worden, so gilt doch noch vorerst der Satz, dafs nicht der Richter, sondern die Beisitzer, und diese natürlicherweise nach der Mehr- heit das Urtheil fällen. So schreibt die Reichskammergerichtsordnung von 1495 vor: „was die sechzehn urtailer” (von denen die Hälfte „der recht gelert u. gewirdigt) oder der merer tail in sachen erkennen, und ob sy spen- nig und auf yeglichem tail gleich wären, welchem dann der Richter einen Zufall thut, dabei soll es bleiben.” Also nur bei gleicher Stimmenzahl stimmt der Richter und dann freilich in entscheidender Weise mit. In der dritten Gruppe (B. Art. 10, 11) gewann die Lehre des kano- nischen Rechts, dafs eine Heirath solcher, die vorher miteinander die Ehe gebrochen, unter gewissen Beschränkungen zulässig, und dann die Kinder aus dieser Verbindung ehelich seien (vgl. Schulte, kathol. Eherecht, 1855, S. 308 ff.), leicht den Sieg. Sie war die mildere gegen die römische Be- stimmung, dafs solche Ehe nichtig sei, die folgerechtere gegen den Ssp. 414 Homerver: I 37, welcher die Ehe zuläfst, aber den Kindern die Rechte der echten ver- sagt, und der das gleiche sogar für die Ehe der violata mit dem Manne bestimmt. Endlich waren die in der vierten Gruppe, Art. 12, 13, 14, betroffe- nen strengen Grundsätze des Ssp., dafs der Erbe nicht für Diebstahl und Raub des Erblassers einsteht (I 6 $ 2), dafs die Verfügungen des schon lei- beschwachen Erblassers auch über fahrende Habe nicht binden (I 52 $ 2), und dafs niemand seine Grundstücke und eignen Leute ohne Erben Laub vergeben kann (I 52 $ 1), doch seit dem 13. Jahrh. allgemach dem durch das fremde Recht unterstützten Andringen des Verkehrs auf freiere Verfü- gung des Besitzers und ausgedehntere Haftung des Erben als gemeine Regel gewichen, um nur als besonderes Recht gewisser Güterarten oder einzelner Gegenden festgehalten zu werden. Dagegen hatte das durch die Verurthei- lung mit getroffene Erfordernifs der gerichtlichen Auflassung von Eigen weit und breit seine Kraft bewahrt. Kurz, alle die mannigfachen Wege, welche der deutsche Rechtsgeist den Ansprüchen des Fremden gegenüber eingeschlagen hat, finden sich auch hier zusammen, sei es in Abwehr oder in Annahme, und sei diese gänzlich oder theilweise, für Kaiser- oder für geistliches Recht, ohne oder unter Mitwir- kung der einheimischen Richtung erfolgt. Im Ganzen aber hätte Klenkok, um mit ihm zu schliessen, sich dieses Ganges der Dinge wohl erfreuen mögen. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 415 Beilage A. Tafel über die in den verschiedenen Schriften wider den Sachsenspie- gel bekämpften Artikel. M. bezeichnet Klenkoks Vertheidigung gegen die Magdeburger, oben S. 386; D. das Decadicon S. 389; B. die Bulle Gregors in der gewöhnlichen Ordnung, S. 399, Z. dieselbe in der Zamoskischen Ausgabe, S. 398; Br. den Bremer Aufsatz, S. 404; J. den Jenenser Aufsatz, S. 405; H. die Arbeit in meiner Hdschr. S. 406; XXI die 22 sog. Bocksdor- fischen Artikel S. 407. Sachsenspiegel. | M. | D. | B. | 2. | Br. | J. | H. xx] Inhalt. 11582 1 6 A B 1 a a Abschwören der Schuld. 11883 2 ©) 5 23 5 3 4 Appellation an die rechte Hand. 164 Büt aver 3 7 6m 6 2 Vertheidigung des Todten durch aaa ER Zweikampf des Verwandten. 1112810 4 8 7| 12 7 3 Entscheidung durch die Mehr- heit der Urtheiler. 139 ZnmMZ 9 7 9 8 Du rl Wehre des Rechtlosen durch Got- tesurtheil. 163 83 670720, 2 87 on men 7 5 Nöthigung zum Zweikampf mit einem Ebenbürtigen. 1 63 $4. Vor den richtere. ügj||eti üs Eide der Parteienim Zweikampfe. 137 g 3! 10 5|ı0 8 Ehe mit einer Entehrten oder 14 11 6 | Aı 9 Ehebrecherin. 138 83 9 10 Echtlosigkeit des Reichsächters. 168 2 de scult 18 16 15 Beweis der Schuld nach todter 10 Hand. 1682 Düve Ara ET en Zu 12 14 Nichthaftung wegen Diebstahls des Erblassers. 15281 1,13 |14| 8) 14 | 6 5u.6|12 Vergebung von Eigen mit Erben- laub und vor Gericht. 15282 42 155], 13 9]|13 Gl ini Gesundheitsprobe zur Veräufse- rung. 125 51 13 |) 20 19 | 9 | 10 117 | Ein Mönch erbt nicht. 12583 14 | 19 > 1417 |10 9 116 Verlust des Lehnrechts durch Ein- tritt ins Kloster. 117 82,118$1 Bro zz dat svevische 15 |, 16 15 4 4 113 Mangelndes Erbrecht d.Schwaben. 1383aE. 16 4 / 1 4 1 1 [18 Wirkung päbstlicher Gesetze für Land- und Lehnrecht. IH 638 2 17 2)| 3 | 144 3 20 Wirkung des Kirchenbannes. 115781 18 a a ET 19 Excommunication des Kaisers. Ill 2 19 5 18 21 Vom Geistlichen, der sich welt- lich hält, 15 82 Wif mach 20 | 21 20 22 Rechtliche Folge weiblicher Un- keuschheit. 118 8 1 Drierhande 3 | Dreierlei Rechtder Sachsen wider Pe | 11T 1 Carls Willen. 416 Homerver: Beilage B. Vertheidigung Klenkoks gegen die Magdeburger. Aus der Hdschr. der academischen Pauliner Bibliothek zu Münster, Ms. 215 gr. 8. D&D Reprobationes magistri Johannis Clenkoc. Dit sint de ftucke andeme Sallenfpegel de mek duncket fin tegen de chriften ee und weder gotlich gheiftlich und keyserrecht. Dar ume ich broder Johan Clenkok orden der enzedel fünte Augustini unwer- dich genomet eyn lerer der hilgen fchrift, sprak to melter walter kerlin- ger predekers orden eime wroger des orden in der chriftenheit van des paves macht, dat he provede of itlich fticke, de hir na gefereven ftan ind halden find vor recht in deme Saffenfpegel, icht fin weder de chriften ee, vnd weret dat en des duchte, dat he dat beterde. Do bat mek defelve mefter, datich eme de ftucke fchreve und redde weder de ftücke, dat dede ich dor gotlike warheit ind falicheit der feile vnd hor- sam der chriften ee, ind ich dede des mesters bede und schref dat ich ene bede, of ich ierne unrecht ge[chreven hedde, dat he dat beterde. Dar na nam de felve mefter dat bok dat ich eme fchreven hadde unde ghaf dat den erborn Ratluden to Maydeborch, und de felven ratlude hebbet gekart er unhulde tegen mek hir umme. Doch weit got dat ich nu‘) eres ergheften beghert en hebbe, dan ich hebbe in mime innyge bede got vor fei gebeden. Watich van en geleden hebbe und lide, lede ich ok den dot, dat is um den chriften gheloven, dar mote mek got to sterken. . Wat ein man vor gerichte nicht en doit, wo witlich dat fi, dat he des ent- gheit mıt finer unfchult und men en mach en nicht overtughen. Hir weder is chriftus, de [preket in fyner ee dar alle christen lude to vor- bunden fint, dat in twier eder in drier tüghe munde vafte fta alle rede. Hir is ok weder paves recht de chrifto rechte volget und der redelicheit. . Dat ander, dat men ordel fo recht binnen Sa/fen vor deme rike nicht en vint, wil et ein faffe [chelden uud thut des an fine vorderen hant und de meren menninge und an vechten felff fevede weder ander fe- vene, war de mere menninge hin [echt ), de behelt dat ordel. Na *) d. ı. nie. Mrd. ü.isiegte 4. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 417 duffen ftucke volget dat, worde ein ordel gegheven dat openbare recht were na lere und geloven der chriften ee, dat men dat fette an twivel eines campes und helpe deme de unrecht hedde teghen den christen . gheloven. War ein flagen wirt an duve eder an rove, budet fek vor en des doden maich tho kampe vor des doden recht, de vorleget alle tughe, und fo en mach men den doden ane kamp nicht vorwinnen. Dit ftücke helt weder alle recht, dat men unwilfe provinge eines kampes fette vor warhafftige tughe. Ok mochte de ftarke den kranken unfchul- dichliken vorwinnen und vorderven, dat et openbare were dat de ftarke unrecht hedde. HMint ein man ein ordel vor recht des he gevraget is, und /preket ein ander dat weder ind vindet ein ander ordel, we de meren volge hevet de behelt dat ordel, Na duflen ftucke fo were chriftus rechte vorordelt, winte de mere menninge rep crucifige over chriftum. . Ok we mer gefelfehap hedde de hedde mer rechtes. De er recht mit duve eder mit rove vorloren hebt, Jehuldiget men de anderworve düve eder roves, fei en moghen mit eden nicht los werden, dan fei hebben kore dat heile yferen to dregende eder in einen heiten ketel mit watere to gripende efte des kampes fek to werende. Weder dit ftucke is dat ein ftark man mochte vriliken ftelen und roven, den men tho kampe nicht beftan endorfte. Ok weder dat heite iferen und ketel ind des gelikes (is) dat: were ein menfche dar umme fchuldich, dateme na erme lope naturliker crafft we dede efte fchadede, fo were fünte laurentius rechte gebraden. Ok were chrift mit rechte gecruciget, winte de joden fpraken, were he godes fone dat he van deme cruce stege, des he nicht endede. Des gelik vint men alle vele hilgen. Hir umme fint fodane provinge in der alden ee vnd in Chriftus ee vnd in gotliken rechte vor- boden. Dar umme fprak chriftus to dem bofen gheifte do he feghede, biftu godes fone fo lat di hir neder, du en falt dinen got nicht bekorn. 6. Ein man en mach nicht kampes weigeren, wan hena der wife des Saffen- Jpegels wird gegrot van deme de beter efte gelik eme geborn is. Weder dit ftucke is recht der hilgen kerken, lerer der hilgen fchrifft vnd eheift- 5 5 8 likes rechtes, de eindrechtliken halden, dat alle de unbedwungen eren 8 willen to kampe gheven, heren, rittere, knechte, de don alle weder dat pe s gebot godes und don unerlike und untruwelike teghen eren rechten heren de got is, des recht fei breken, winte na kriftliker ee on mach 5 ’ ’ Philos.-histor. Kl. 1855. Gag 418 Homever: men neinen man to kampe dwingen. We kempet de vorlufet fine ere, wattan dat he wenet dat he erlike do. Hir umme helt de hilge kerke 7. alle kempen vor mordere. Fan iwe kempen folen, fo fal de eine /weren dat he den anderen rechte an/preke, de undere dat he unfchul- dig fi der an/prake. An duflen ftücke ordelt men einen unrechten eit. 8. We eines mannes wif behoret openbare eder wif eder maget nodiget, nemet he fei na lo echte, echte kindere en winnet he nummer bi er. Dit ftücke is weder dat hilghe facramente der efchap, winte na gotliken rechte, hevet ein man to donde mit eines anderen mannes wive, und en lovet he er neine truwe fei to nemende na eres mannes dode, noch en- ghift neinen rat noch willen dar tho dat des wives man gedodet werde, de man mach dat wif na eres mannes dode to echte nemen ind echte kindere van deme wive winnen. Ok welik man ein wif nodiget, nemet he fei dar na mit eren willen to echte, fei moghen echte kindere winnen 9. na gotliken rechte. Echte kindere en mach de unechte man nicht winnen, he en dufiere vor des keifers eder koninges fchare, dar hei einen anderen koning mit ftride befteit. Dit ftücke is openberliken we- 10. der godes recht des hilgen facramentes der efchap. Düve noch roiff en is de erve plichtlich to geldene vor den des erves he nemet. Dit ftücke is weder gheiltlich recht und gotlich rechte, winte wat men mach bewisen dat de man was fchuldich to gheldene do he levede, dat fal men gelden van deme fime na finen dode. Ok fteit in deme artikele dat de erve fal de fchult ghelden eff he es gheinnert wirt als recht is, dat is mit twen und seventich tüghen de alle fchepenbare fin eder echte lude. Dit is ein openbar unrecht und maket dat ein mensche deme anderen mit borge nicht to helpe en kome, winte felden eder nummer 11. kan men sodane tüghe hebben. Ane erven geloff ind echte ding en mach ein man fin eghen efte fine lude nicht gheven ete. Dit ftücke vorbudet, dat ein man nicht en moge gheven dat he plichtich is to ghe- vende na finer famwitticheit, wattan dat (he) finen erven genoch late, 2. dat is weder gotlich ind weder keiferrecht. Wan ein man nicht en mach gheghort mit eime [werde ind mit eime f[childe up ein rois fligen van eime flene eder ftocke einer dumelen ho funder hulpe, ane dat men eme den thom und den fteghereip halde, fo en mach he nicht gheven laten noch lenen, dat he et eme entfore de des na fime dode wachtet. 13. 16. #7: 2 Die Hdschr. st’uet. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 419 Dit ftücke vorbudet, dat ein menfche in finer krancheit nicht en moghe don werke der barmherticheit, de chriftus hevet geboden kranken und ftarken bi den ewigen dode. Dit ftücke vorbudet ok alle teftament in krancheit weder gotlich und keiserrecht. De monik en nemet nein erve. Dit ftucke is weder gheiftlich recht, winte als wi lesen, we fek to der famminge der Apoftelen ghaf de brachte fin gud to erer gemeinheit. Ok is et weder de redlichkeit, dat ein menfche fin kint gheve ind fette van almefen to levende, und behalde des kindes gut to finer overvlo- . dicheit. Ok is dit ftucke weder paves und keifers recht. Beghift fek ein man de to finen iaren gekomen ist, de vorlufet lantrecht und len- recht, al gheit he wol ut in deme irften iare. An duflen ftucke kreinket men godes denft vil mer dan men krenket eines wertliken heren denft, winte ein man mach funder finen fchaden eines wertliken heren denft ein iar proven. Ok na gotliken rechte ind gheiftliken rechte fo en vor- lufet ein pape fin len nicht, de in dem irften iare gheit ut deme orden . der monike, min folde ein man fin leen vorlesen. De fwave en mach ok van wif halven nein erve nemen. De faffen hebben dat fuaven recht dor der wive hait, dat is dat in der fwaven flechte fin alle wive ervelos gemaket dor erer vorvaren miffedait. Dit ftucke fterket‘) to den irften ein unrecht dar an, dat et dor hait gefat is, to den anderen is et ein bofe fake de millfedait der vorvaren, winte na der wife were wie alle ervelos des hemels umme unfer irften alderen miffedait. Ok is mer noit erves den wiven dan den mannen, winte fei krank fint und drade mochten to valle kommen. Ok is dit ftucke weder godes paves und keisers recht und menfchelike redelichkeit. De paves en mach nein recht fetten dar he der Saffen lenrecht und lantrecht mede ergere. Dit ftucke is weder den kriften geloven, winte de paves fal alle unrecht vorergeren und vor- nichten. Nu haldet de Saffen de den fpegel halden vele ding vor recht eres landes de unrecht fint, hir umme fint fei dicke unhorfam gode deme pavese und der hilgen kerken. Ban en krencket neimande an lanı- rechte noch an lenrechte, dar en volge des konings achte na. Dit ftucke is weder gheiltlich recht, dat budet dat nein wertlich richtere, wan et eme kundiget were, en [al einen bennigen man eflte menschen laten vor- deren helpen, efte tughen in fime gerichte. Ok na chriften geloven fint 6) Ggg2 420 18. 49. 20. HomeEyer: bennige lude berovet aller lude‘ gefellfchap. Den keifer en mot de paves noch nein man bannen na der lit da he gewiet is ane umme dre Stucke, eff he an deme rechten geloven twivelde, efte fin echte wif vor- lete, eder godes hus vorfluret. Dit ftucke is weder dat gotlike recht dar dem pavele ane bevolen is, dat he moge binden alle chriften lude umme ere openbare milfedait. Sinte Ambrofius bifcop to meilan ben T’heo- dofium den keifer dar umme, dat he hadde gheven ein fnel ordel des dodes der lude van Teffalonican und is dar umme gelovet an gotliken ind keifers rechte. Doch fo enwas dit duffer drier fake nein. We einen papen gewelde dait de wapene vorel und nicht en is ge/choren vor einen papen, de en darf eme nicht beteren dan als eime leien. Dit ftucke is weder gheiftlich recht, winte de einen papen floge und wilte dat he ein pape were, de were to banne. Hir antworden lude, dat ein ftucke fi wal recht na gheiftliken rechte, dat nicht recht en fı na wertliken rechte. Dat is unmogelich, winte wat weder recht is, dat fi gheiftlich eder wert- lich recht, dat is unrecht. En wif mach mit unkujfcheit erewifliken ere kreinken, doch en mach fei dar mede nicht vorlefen er recht noch er erve. Dit is weder gheiftlich recht, dat hevet funderlich duffe fake to richtende. Hir umme fpreket dat gheiltlike recht, dat welich wif van erme echten manne gefcheden wirt vor deme gheiftliken gerichte umme unkufcheit, dat fei mit eren echten manne nicht en wonet, de vorlufet ere medeghave, dat is de er mede gheven was do fei to erem manne quam, und ok wat er de man ghegeven hevet in morgengave ind des gelik, und blivet all dem manne. De lerer gheven fake des rechtes, winte enwere dit alfo nicht, fo envrochtede dat wif nicht unkufcheit to donde; dorch den vorlues eres gudes ind ere vrochtet fei. Merket dat de ftucke van dem wive und monike erve de en vorfta ek nicht alfo, dat in allen faken wif und monike folen likent werden in erve den an- deren broderen, dan ich meine, dat men na gotliken rechte gheve deme wive van deme erve na des erven macht, dat dat wif eren ftait und ere nottroft hebbe. Deme monike fo vele dat fin orde van eme nicht be- {weret enwerde, vnd dat falmen gheven deme cloftere, nicht den monike bifunder, winte de monik bifonder nicht egenes hebben en moit na deme lofte fines horfammes. Ok merket dat an deme gheiftliken rechte is van deme pawele ein ban ghegeven oppe alle de ghene, de fetten, hal- Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 421 den ind [chriven gefette vor recht weder de vriheit der hilgen kerken. Nu fint hir vele alfodaner ftucke, de fint weder der hilgen kerken vri- heit, als de ding de weder dat hilge evangelium fint und weder dat hilge kerken recht, als van den tughe, van dem pavefe und van deme heiten iferen und des gelik, van deme hilgen facramente der eifchap, van deme teftamente und ander mere. Hir umme alle de dufle ftucke vor recht hal- den de fint in des paves banne, und en mogen van dem banne nach van eren funden nicht gelofet werden, de wile fei duffe ftucke vor recht hal- den. Hir umme hevet de keiser in fime rechte gefat, war men an des keifers boken des rechtes vinde ienich gefette weder dat recht der hilgen kerken, dat fole vornichtet fin. Hir merket dat de paves mach vor- nichten und hevet vornichtet de gefette, de an deme keifer rechte vor recht ftunden, als van wokere, van amien und vele des ghelikes, und der Saffenfpegel an den puncten hir vorgefat, als dat de paves nein recht fetten en moge, dar he der faffen lantrecht und lenrecht mede ergere. Hir duncket mi dat der Saflen fpegel fi gefat boven den paves und boven den keifer, dar na volget dat he fi gefat boven got. Ich hope dat dat felve ftucke an ertdome mit lucifer fole vallen. Merket ok de ratlude van Meideborch. Do en mefter Walter predekers orden vor- genant geantwortet hadde dat bok, dat ich dor des felven mefters bede gefereven hadde weder artikele de hir vorgefat fint, fammeden (fe) uppe dat Raithus to Meideborch drei Raide, dat waren 36 Raitlude, dar to hundert ere koreman der ftat van meideborch, und vorbodden dar to de aildeften brodere van unfen cloftere der duguftinere, und kundigheden vor den allen, dat ein broder eres orden de ere overfte were hedde ge- fchreven ein bok und ghegheven mefter FF alter predekers orden wrogere der kerken. In dem boke hedde de felve broder und in anderen finen werken ghearbeidet to einer ergeringe (und) to einer vorfturinge (der) stedden, vorften, greven ind heren van Saflen lande. Hir umme fprak de andere Raitmefter, dat fei moften clagen ind kundigen duffe fchande und fmaheit, de en dufle broder gedan hedde und anderen van Saflen, ftedden, heren und anderen luden. Dar umme fereven de vorfproken ratlude van Meideborch vierhundert ftedden eder mer und den vorften und den heren de dar bi weren fo {werlike breve, und under anderen artikelen fchreven fei, dat ich mi gefat hedde weder der Saffen recht 422 HomeEYeEr: dat gewaret fevenhundert iar (es iar min, do et koning karl de grote gaf den Salfen mit witfchap des paves, der vorften und der heren, uppe dat de faffen chriften worden und bleven. Und einen artickel fchreven fei, dat hir umme folden ftedde ind heren forchvoldig wefen, dat mi des nicht geftadet enworde, dat ich der Saffen recht kreinkede. Hir antworde ich to, ich were ein Saffe geboren und en welde Saffen nicht fehenden, dan gerne wolde ich, dat in mi ind in allen anderen luden nnrecht worde vornichtet. Wi lefet dat de paves ind de keifer hadden gefat vor ein recht: de eine maget nodigede eder entforde mit gewalt, dat he de na nicht en mochte to echte nemen, dat weder fchref funte Jheronimus, dat na gotliken rechte de man mochte de maghet to echte nemen, dar umme wandelden de paves ind keifer ere gefette. Hic modicum deficit. Wol is mi gefchreven van Meideborch, dat de vorgenanten ratlude mer fin upp mek vorbittert und vortornet, dan de van Meideborch weren uppe eren ertzebifcop heren borcharde des greven fone van Scrapelo den fei mordeden. Vele anderer fwarer fake hebben de vorgenanten ratlude teghen mek ghedan. Doch bidde ich io gode vor fei und beghere en des beften. Duffe ftucke do ich kundich allen guden luden und bidde, ef ich ierne unrecht gefchreven eder gefproken hebbe, dat fei leifliken nicht hetliken mine rede beteren. Ok is {war dat de felven ratlude fereven, dat de Saffen chriften fin geworden und bleven dar umme dat en koning karel dufle ftucke vor recht gheve. Ich hope dat fei criften geworden fin und bleven nicht hir umme, dan dor godes recht und erer ewighen falicheit und heil erer zele. Hec funt dicta magiftri Joh. Clenkoc facre theologie profe/foris. Worterklärung. Bekoren verluchen. Ben S. 420 Z. 6 bannte, also bannen stark, wie im Mhd. und Ags. Bennigh excommuniceirt, Drade bald. Dusteren (diusteren) den Zweikampf mit der iusta bestehen. Enzedel Eremit. Ertdom S. 421 Z. 18, nach dem Zusammenhange, vgl. Offenb. Joh. 12 V. 9, nicht Irrthum, sondern Erde. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 423 Hetlihen S. 422 Z. 21 leifliken nicht hetliken, in Liebe, nicht in Hals. Jerne irgend. Ind häufig für und. Min S. 419 Z. 15 um so weniger. Nu S. 000 Z. 00 nicht nun, sondern nie. Summinge Versammlung. Samwitticheit S 418 Z. 7 v. u. Gewissen. VV attan obgleich. VFroger der Inquisitor. Beilage €. Die vierzehn in der Bulle Gregors XI. verworfenen Artikel des sächsischen Landrechts. Text nach meiner Handschr. s. oben S. 397 unter M., V arianten unter C nach dem commune privilegium und Goldast, D nach dem Decadicon, H nach dem Scheidtschen Abdruck der Hannoverschen Hdschr., I nach den deutschen Drucken des Ssp., Z nach Jaskiers Ausg. des lateinischen Ssp., s. oben S. 398. Primus articulus continet, quod quidquid homo fecerit extra iudicium, quantumlibet sit notorium, se liberare poterit per suum iuramentum, nec contra tale valeat aliquod testimonium (118 $ 2). C I quantumque. I se purgare et liberare p. ab hoc. DA talem valet. H aliud. Z Tertius. Quidquid Saxo quantumcunque notorium sit extra iudicium fecerit, si saeramentaliter negare voluerit, hoc eidem facere licet, convin- eibili probatione aliqua non obstante, nec contra illum aliquod valebit testimonium. Zum Belag des oben S. 402 über die Klenkoksche Übersetzung und den Jaskierschen Text gesagte füge ich noch drei andre lateinische Versionen des im Art. 1 verworfenen Satzes hinzu. 1. Fersio vulgata: Quiequid Saxo in iudicio non fecerit, si sacramentaliter (al. sacramento mediante) negare voluerit, hoc facere potest, convineibili probatione aliqua non obstante. 2. F. Fratisl. (Cod. IL F. 8): Quiequid fecerit non coram iudicio quantumque sit probabile vel notorium, se ipsum exuit sacra- mento et non poterit convinci. 3. /. Sandomir. (Cod. Vratisl. I Q. 4): Quiequid factum fuerit non coram iudicio, quamyis sit publicum, quod 424 HoMmEYeERr: ipse per innocentiam suam evadere potest, et alius eam non potest protestari. Secundus. Quod papa non potest nec aliquis alius Imperatorem ex- communicare, postquam consecratus et inunctus est, nisi solum in tribus ca- sibus: si dubius sit in fide, repudiet uxorem legitimam vel destruat ecclesias (III 57 $ 1). aliquis f.inl. eti.est. mD. Irefutat. D suam st. legitimam. Z Tredecimus. Imperator a tempore consecrationis ab Apostolico aut alio non nisi in tribus casibus excommunicari potest, qui sunt, haeresis, si refutat uxorem legitimam aut ecclesias destruat. Tertius. Quod excommunicatio neminem debilitet in iure terre vel feudi, nisi sequatur regalis proscriptio (III 63 $ 2). D fh. in corpore nach debilitet. Z in suo iure tam terrestri quam feudali. IZ fh. eam nach nisi. D regis, C regularis. Quartus. Quod papa non potest aliquod ius condere vel statuere, per quod valeat ius, hoc est statutum terre vel feudi Saxonum deteriorari (1 3 63a. E.). C aliquo modo. I maius si. ius, © ius nostrum. statt hoc est I vel, H hoc et. H deteriorare. Z. Primus. Papa seu Apostolicus decretalem seu ius condere minime potest, in praeiudicium iuris Saxoniei civilis seu feudalis. Quintus. Quod nulla sententia tam iusta dari poterit in Saxonia co- ram regno vel iudicio regali, quin si Saxo talem reprehendat sententiam, te- stans in manum suam dexteram et maiorem communitatem, met septimus volens contra alios septem pugnare pro dieta sententia, tunc ubi maior pars triumphaverit talis sententiam obtinebit (1 18 $ 3). D reperiri st. dari. C I rege. Veli. reg. . inD. M reprehendens. I testans seu appellans. I m. partem com- munitatis. D septimus velit, I septenus volens. H I purgare predicta. DH quin tune, I ubi. D communitas si. pars. H retinebit. Z. Quartus. Nulla sententia in terra Saxoniae co- ram imperio tam vera et iusta promulgari potest, si eam Saxo increpare voluerit, deferens manui sux dextr® multitudinique maiori, et si sep- tenus alios septem debellaverit, maior pars vincentium sententiam ob- tinebit. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 425 Sextus. Quod si quis fuerit interfectus in spolio vel in furto, pro quo consanguineus interfecti se praebeat ad duellum, talis per duellum re- pellit omne testimonium, nec talis mortuus tunc sine duello poterit con- vinci (I 64). C vinci seu convinci. Septimus. Quod si duo dicant in iudicio sententias contradictorias, tunc quicumque talium habuerit maiorem sequelam, talis sententiam obtine- bit (IL 12 $ 10). C dietant ... simul. C I contrarias. I fh. communitatis populi nach maiorem. Z. Duodecimus. Sententiam inventam si Saxo reprobaverit, deferens manui sux dextre et multitudini maiori consentientium, ipse pugnabit septenus cum suis similibus adversus totidem, et vincentes sententiam obtinebunt (Il 12 $ 8). Octavus. Quod quicunque fuerit appellatus ad duellum secundum istius libri formam, talis non potest negare duellum, nisi appellans minus bene natus fuerit quam appellatus (I 63 $ 3). I speculi Saxonum si. istius libri. M eum nach appellans. Z. Decimus. Quilibet homo duellum sibi in generatione deteriori, sed non deterior meliori denegare poterit. Nonus. Quod quicunque perdidit ius suum ratione furti vel spolii, talis incusatus secundo de furto vel de spolio non potest se liberare suo iura- mento, sed electionem habebit ad ferrum ignitum, ad aquam bullientem vel duellum (I 39). Huiusmodi artieuli pars ultima, quae electionem ad ferrum concedit, erronea est. Statt C D Lt. incus. secundo, H t. inquam s., M vel incusatus. C dilationem st. des ersten electionem. Hujusm. dis zum Schlufs f-inDH. Z. Septimus. Qui iuris beneficia per furtum aut spolium perdiderit, denuoque furta vel spolia commisisse dieatur, ipse iuramento se excu- sare non poterit, sed vel ferrum candens manibus portabit vel in aquam bullientem brachium usque ad cubitum immittet, vel contra pugilem proprio corpore decertet. Philos.-histor. Kl. 18595. Hhh 426 Homerver: Decimus. Quod quieunque cognoverit mulierem aliquam violenter, si postea ducat eam in matrimonium, nunquam ex ea prolem legitimam po- terit generare (1 37). H fh. vivente marito nach postea. Z superducat. Z. procreare. Undecimus. Quod quicunque cognoverit publice uxorem alicuius vivente marito, si post mortem mariti eum ducat in uxorem, nunquam ex ea prolem legitimam generabit (137). Iste enim articulus indistincte et in omni casu intellectus non distinguendo prout canones distinguunt, erroneus est. D dum viveret talis maritus.. Quod — marito] Z. Uxorem alicuius manifeste adulterans vel vivente eius marito publice eandem cognos- cens. Z habebit st. generabit. H tamen si. enim. Iste — erroneus et MH. /.nCDIZ. Duodecimus. Quod heres non tenetur de furto vel spolio respondere perpetrato per illum, cui succedit in hereditatem (I 6 $ 2), quod erroneum est, saltem in foro conscientix. Z patrato. quod — conse. f. inD. Tertius deeimus. Quod quicunque vir suceinctus gladio clypeum tenens non potest de lignovel lapide, pollicis ulnam quantum altitudinem habente, supra dextrarium scandere, talis non potest cedere, dimittere, infeudare, nec etiam mobilia sua dare, sic quod iste custoditus sit, qui talia post mortem ex- pectat (152 $ 2). D quando si. quicunque. M valitudinem. J Z ascendere. D dare st. cedere, Z donare nach dimittere. nec-dare] I aut bona sua alteri donare, Z bona sua, D n. e. m. dare potest bona. sic-il CDHM. Der Übersetzer mu/s statt dar het ieneme mede ge- verne etwa gelesen haben dat het ieneme beware. I quod noceat isti. sic-expectat] Z ita quod heredibus eius id nocere posset. C p. mortem dantis, I p. m. alienantis, D p. m. suam. Quartus decimus. Quod nullus sine licentia suorum heredum et iudicio quod saxonice dieitur hegedingk potest dare proprietatem suam vel homines suos. Et si talia daret alicui, heredes acquirerent illa per iudicium ac si dans illa mortuus esset (152 $ 1). Statt et, D etin, Hin, © sine. C iudicio bannito. I legi- gilimo et confirmato iudicio. I donare alicui st. dare. D nach esses: quia dedit ea, quae non potuit dare. Z Octavus. Sine he- Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 427 redum consensu et legitimo termino iudiciali nulli servum alienare licet a proprietate, alios heredes ipsius repetere ea potuerint ac si do- nator mortuus fuisset. Isti enim duo ultimi articuli erronei sunt, in quantum eleemosinas et alia pietatis opera prohibent. Der letzte Satz f. in D H. et — proh. I Z testamenta et a. pia opera respiciunt. Beilage D. Der Aufsatz der Bremer Handschrift s. oben S. 404. Ich gebe ihn mit Weglassung des lateinischen Textes der 20 Artikel, welcher mit dem entsprechenden der Bulle und des Decadicon bis auf we- nige Varianten stimmt, die hier zur Erklärung der deutschen Übertragung vermerkt sind. Subseripta denunciavit frater Johannes Klenkock, inquisitor heretico- rum, auditor camere domini pape, et deferre sibi voluit ut cognosceret super istis, et reprobati sunt per sedem apostolicam sub bulla. Dusse upscrevene articulos Broder Johan Klenkock ein mester der ketter, ein vorhorer der cameren des heren paweses, heft uthghekundighet nae vordrage des gheistliken unde werliken bestentliken rechtes. Unde wolde de sulve broder Johan, doctor der beiden rechte unde professor der hilligen scrift, t0 Bucken in deme stichte van Bremen gheboren, van ridderschop dar sulves uthghesproten echte unde recht, alse, (alse) he hadde der Sassen vorvarnicheit, eme ward bevolen van deme hilligen vader deme pawese, nae ambringhinge itliker erwerdigen heren unde prelaten, dat dat spegel van sassen hadde itlike articulos de ieghen bestentlick recht weren. Also schref de upbenompt doctor Johan dusse underserevenen artikel uth deme vor- screven spegel, dar de hillige vader de pawes eine bullen der wedderropinghe bestentliken up ghaf. De erste articulus holt, dat allent dat de mensche deit buthen deme rechte, wat dan dat is opembare, mach sik des entfrigen mit sineme eede; jegen deme sulven en schal nen tuchnisse dogen. De ander a. is, dat de pawes ene mochte nicht edder en ander den - keiser to banne doen, nae deme dat de keiser consecreret unde oljet were. Hhh2 428 HomEvYer: Behalven in dren saken, als wan he were twivelaftich in deme kristen ghe- loven; de ander sake vorkore he sine husvrouwen de eme to der echte were; de drudde ofte he vorstorde de kerken. De drudde a., dat de ban nummende ene krenket in dem lantrechte edder leenwarschop, dat en wer sake dat nae deme banne volgede eine konelike vorvestinghe. De verde a., dat de pawes ene mochte neen recht maken ofte setten, dar mochte der sassen recht ofte ere lantsate mede vorerghert werden. De vifte a., dat nin ordel schal ghegheven werden in sassen vor deme rike edder vor dem koneliken richter, sunder de sasse ene beschelde dat ordel unde tuchnisse mit siner vorderen hant unde de groteste selschop*), seven de sik eintschuldigen willen jegen andere seven. Went dat ordel ghe- sproken is, wor dene de meste partie dat hore beholt’”), desulve beholt dat ordel. *) Der lateinische Text liest comitatum und in dem folgenden irrig purgare praedicta sententia. *%*) dat hore beholden für triumphare kann wohl nur als „das höhere behalten” ge- deutet werden. De seste a. Is dat sake dat we dodet worde in deme rove efte in deverie, dar sik sin vleslike maech bode to campvechtige, dar he mede vor- wesen scholde alle tuchenisse. Ok so en mach sodanne dode nicht vorwun- nen werden (ane) mit kamp vechtinghe. De sevede a. Were sake dat twe seden in deme richte ordele, de sik nicht vordroghen sunder mit allen sik en jeghen weren, de jenne de dat meste na volghent heft, de beholt dat ordel. De achtede, dat alle de jenne, de sik to campe beropen heft nae der wise desses bokes, en mach des campes nicht weigeren. Dat en were dat de jenne, de sik beropt des campes, min in ghebort were dan de jenne de gheesschet is. De neghede a. is, dat alle de jenne, de vorlesen ere recht umme roves edder deverie willen, de sulve en mach sik nicht enschuldigen mit sineme eede, sunder den kore heft he to deme vurighen iseren, efte sedighen watere efte to kampvechtinghe. Desse isliker articule, de to deme kore des heten iserens unde anderen sik ghift, so danne kore is dwelaftich. De teiende a. is, dat alle de jenne, de sulfweldigen bekennen ene vrouwesname, nimpt he se achterna in ene husvrouwen, so en scholde he van eer nene echte kindere telen. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 429 De elfte a., dat alle de bekennen opembar eines anderen wif vleesli- ken*) der wile dat er man levet, unde nae sineme dode he se nimt in ene husvrouwen, nummer meer scholden se echte kindere telen. Desse artikel nae lude des gheistliken bestentliken rechtes is he dwelaftich. *) Auch der lat. Text fh. carnaliter. De iwelfte a., dat de erflinge de ene scholden nicht antworden vor deverie unde rof, den ere vorvaren den see nae volghen in erftale*), dat doch dwelerige is to der sele salicheit. *) Es fehlt etwas für perpetrato. De derteinde a., dat en jewelik man de umme begord is mit dem swerde unde holt den schilt, de eine mach nicht springhen*) van deme holte efte stene, unde dat wan se reinighet sint’*) unde dat to der hoghe to hebbene up to stighene; sodanne man ein mach nicht sin egen vorlaten efte herwede ) vorgheven, so dat ok de bewaret de des halffte nae sineme dode wes wachten were. E2 za efte ok unbewechlike guder *) Lat. saltare. **) unde-sint] völliges Mifsverständnils des lat. pollicis ulnam (Daum- elle), wofür der Vf. etwa politis iisdem gelesen hat. ***) Lat. immobilia sua. De verteindeste a. is, dat numment sunder orlef siner erven in deme richte den de Sassen heten heghedinck ene mach den eghendum sines ghudes vorgheven edder siner lude. Wer overst dat we dusser welik vorgheve weme, de erflinge de kreghe dat wedder mit deme richte ghelik oft de vor- ghever doet were. Dusse twe artikel sint twivelaftich in dem dat see horen to almissen unde anderen milden werken. De vefteindeste a. De Sassen hebben Suaven recht in deme dat den wiven gheweigert werd erffrecht. Der dem Decadicon No. 16 entsprechende Satz Ssp. I 18 $ 1 wird hier nach dem lat. „Saxones habent ius Suevorum in hoc quod mulieribus hereditas denegatur” zwei- deutig wiedergegeben. De sesteinde a. is, dat de erflinge de ene sint nicht plichtich to ant- worden vor de schulde des jenen, deme se nae volghene sint in sineme ghude, he ene worde vorwunnen vormiddels twe unde seventich tughen, de bequeme sint schepen to wesen efte echt gheboren. De seventeide a. is, de jenne de olt ghenoch is wanner he gheit in einen ghestliken orden, dat de vorlesen scholde sin leengud dat he hadde 430 Homever: thovorne, nicht to achtene dat de sulve sick wedder ghift to der werlde bin- nen sinem provejare. De achteinde a. is, de jenne de sleit enen klerick de nine bescheringe der klerikezie ene heft, sunder wapene drecht, de ene scholde anders nene beteringe doen dan he enen leigen sloghe. De neghenteinde a. is, dat men nenen moniken scholde erftael gheven. De twintegheste. Neen wif en schal vormiddelst erer unkuscheit ere erftal unde rechtichkeit vorlesen. Istud ultimum est contra istud veritatis quod habetur Mathei quinto, quod mulier dimittitur causa fornicacionis, quia ibi sie habetur: ego autem dico vobis, quia omnis qui dimiserit uxorem excepta fornicacionis causa facit eam moechari. Ecce quomodo däs ihesus in lege pietatis concedit libellum repudii, si alter coniugum fuerit adulteratus. Similiter lex imperialis dampnat eosdem ad mortem. Dusset leste is jeghen dusse warheit, de me heft in deme hillighen ewangelio sancti Mathei in deme viften, dat dat wif vorlaten wert umme sake der unkuscheit. Dar sulves steit ghescreven: ick segge iuw, dat alle de jenne de ere husvrouwen vorlaten, uthesproken umme sake der unkuscheit, de vorlet see to unkuscherie.. Su wo unse here ihesus criftus in der milden ee de inschrivinghe der ansprekende vorsmadinghe, in deme dat erer ein over- spil doit. So ok in gelijk oldinghes dat keiserlike bot vordomede see to deme dode, dar doch sachtinghe des strengen rechtes in velen tiden up ghe- geven is, so doch van pawesen unde keiseren vele van tiden to tiden over menigher hande strenge recht is ghemetighet. Worterklärung. Behalven Art. 2 ausgenommen. Bestentliken rechtes A. 11 positiven Rechts. Diwelaftich A. 9, 11 irig. Dwelerige A. 12 Irrthum. Echte A. 2 die Ehe. Ene, eine für die Negation ne, en. Erftael A. 19, 20 Erbtheil. Halfte, des h. A. 13 deshalben. Hore, dat h. beholden A. 5 den Sieg (das Höhere) behalten. Konelik A. 3, 5 königlich. Lantsate A. 4 Statut. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 431 Lenwarschop A. 3 Lehnsgewere, Oljen A. 2 salben. Sedich A. 9 siedend. Telen A. 10, Kinder erzielen, A. 9 auch von der Frau gesagt. Ütersproken a. E. ausgenommen. Utgesproten Eingang, entsprossen. Ferhorer Eing. auditor. Verkoren A. 2 verstolsen. Forwesen A. 6 in der seltenern Bedeutung für vertreiben: die Zeit verwesen Frisch. Porwarnicheit Eing. Abstammung. Frouwesname A. 10 Weib. Wachten A. 13 erwarten. Beilage E. Die zehn Artikel aus meiner Handschrift, s. oben S. 406. Item isti sunt articuli, qui non tenentur et in quibus punctis hoc ius Saxonum est contra sacros canones et contra ius pontificium et imperatorium s. positivum. I. Der Babist magk kein recht setezen, do mit er moge unser lant- recht schwechen addir krencken. Das hast du li. 1 ar. 3, und da selbst in der glose hast du gar hubsch argument dar vor und auch dar widder. II. Die sachsen magk man nicht obertzugen wie offenbare ein sache ist, es sei danne das es vor gerichte geschehen were, das hast du li. I ar. 18. Das ist den sachsen sunderlich tzugegeben van karolo dem grossen, das sie mit erer unschuldt entgehen mogen und das man sie nicht ubertzeugen magk. III. Die sachsen haben beholden drij sunderlich rechte widder Ka- rolus willen, und dar zcu alle ire alde recht und gewonheit, die hastu li. I ar. 18. IV. Der schwaben weibe sein alle erblofs durch irer vorfarn misse- tadt, und wie das kumpt das hast du li. Iar. 17 u. 18. V. Ane echte dingk magk niemanth sine erbe vorgeben, als hast du li. Iar. 52, wich. 22. VI. Gabe in gehegtem dinge magk man geben mit erben glauben. li. Iar. 52 etar. 34. Wich. ar. 30 et ar. 54 etar. 60. Et li. IIar. 83. 432 Homerenx: Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. VII. Kampf magk mit rechte gsein. Li. I ar. 18 in fi. glo. et Li. III ar. 36. VII. Rechtlose die mogen sich nicht also leichtlichen entschuldigen alfs ander leuthe. L. Iar. 39. Auch haben sie dreierlei kor. IX. Begibet sich ein man der zcu seinen jaren kommen ist, {so sol man seine farnde habe dem, uff den sie gestorben mochte sein, geben. Li. Lar. 25. X. Der monich nimpt kein erbe. Li. Iar. 25. Do hast du, das ein monich vorleust sein lantrecht und lehenrecht. Inhalt. I. Einleitung. II. Literargeschichte. HI. Klenkoks Streit mit Magdeburg. IV. Seine Vertheidigung. V. Das Decadicon. VI. Klenkoks Schreiben an de Vernio und an den Pabst. VII. Die Bulle Gregors. VII. Ihre Verbreitung. IX. Rückblick. X. Verwandte Arbeiten, insbesondere die XXI Artikel. XI. Die spätere Wendung. Beilagen. Tafel zur Vergleichung. Klenkoks Vertheidigung gegen Magdeburg. Die 14 verurtheilten Artikel. Der Bremer Aufsatz. Die 10 Artikel. Bee ur Nachträge vom 5. Juni 1856. I. Durch die Güte des Hrn. Professor Stenzler in Breslau ist mir noch ein lateinischer bisher unbekannter Aufsatz Klenkoks aus der Hdschr. der dortigen Centralbibl. IVF.57 S.XV. Bl. 81" bis 84 zugekommen. Der Eingang lautet: Universis Christi fidelibus, ad quos praesentes litterae pervenerint, frater Johannes Klenkot sacrae theologiae professor minimus ordinis heremitarum Sancti Augustini cum omnibus sedulis ac devotis in Christo patribus(?) unitatem fidei legis et pacis servare. Quoniam etiam praedicat orthodoxa, quoniam(?) iniqua convalescente consuetudine error pro lege custoditus est ut seribitur Sap. XIIII®, hine anno praeterito dum essem erfor‘ '), quosdam errores, repugnantes evangelio Christi sancetaeque matris ecclesiae determinationibus ac Romanae ecclesiae, pro legibus reputatos et in quodam libello, qui nuncupatur Saxoniae speculum inser- tos, in quo libro statuta Saxonum continentur, reperi. De quibus erroribus cum venerabili S. theologiae doetore magistro Walthero Kerlinger ordinis fratrum praedicatorum, pro tune inquisitionis haereticae pravitatis officium peragente, con- tuli sibi propositiones, quid in talibus erroribus propter pacis vinclum et salutem animarum expediret de remedio providere. Qui doctor me rogavit ut eosdem er- rores cum suis improbationibus sibi colligerem, per ipsum ut remedium fieret Ro- manae curiae praesentandos. Cuius ad rogatum eidem doectori scripsi quendam tractatum nominatum Detriadecon (sic) de decem erroribus, eiusdem doctoris cor- rectioni tractatum subiiciens supradietum. Cuius tractatus sententiam suceinetim in praesenti liltera seribo vobis eosdem errores, ut eos quilibet vestrum valeat evi- tare. Errores sunt isti. Primus ete. Es folgen zehn gezählte Artikel, (vgl. S.415.) nemlich 1) Decad. 4. Jen. 1. 2) D.9..J.3. 3). D.6. J. 2, 4)'D.16,. J.A. 5).D.12. 3.82 65:0... 7):D.15. 8.5. 8) D.13. J.6. 9) D.19. J.10. 10) D.20. J.9. Der Text, wenn auch im Einzel- nen abweichend, stimmt im Ganzen mit dem des Decadicon, oben S. 388. Hierauf: Isti sunt errores principales. Postmodum ponitur XXXVII ca° quod si quis violenter cognoscens mulierem .. . . legitimos filios procreare. [Dec. 3.] Item quod pereutiens elerieum ..... laicum pereussisset, [Dee. 5.1 Dann die Widerlegung dieser 10 + 2 Artikel, häufig ausführlicher als in der deutschen Schrift gegen die Magdeburger, aber kürzer als inn Decadicon, und (') i. e. Erfordiae. 432b Homesver: in diesem, wenn auch mit andern Wendungen, meist mit enthalten, ohne dessen historische Beziehungen. Endlich noch eine allgemeine Rechtfertigung des Verfah- rens des Autors: Causa maxime, quare contra praedictos articulos seripsi, fuit dissolutio vin- culi caritatis ..... . . . Exemplum. Unus posset alium convincere testibus sufhi- cientibus et idoneis de certo contractu extra iudicium facto. Judex ecclesiasticus testes admitteret et iuramentum, si iuramentum exhiberet, reiiceret. In simili casu per omnia iudicans secundum hoc speculum iuramentum admitteret et testes refu- taret. Similiter fieret in pluribus artieulis, unde nunquam posset se plene diligere, quorum unus iudicat alterum iniuste iudicare. Haec est causa quare tenentes hoc speculum clero frequenter rebellant et ecclesiae Romanae, quoniam aliqua iudieat ecclesia esse non lieita quae secundum statuta praedieti libri sunt lieita. Quando tunc ecelesia praeeipit fugienda talia, rebellant tenentes hoc speculum, credendo quod ecclesia non possit ius id est statutum terrae Saxoniae annihilare per pri- mum articulum. Quare contra praedictos articulos scripsi, legi, disputavi. Neseio qualiter informati domini magistri eivium et consules civitatis Mag- deburgensis scripserunt pluribus dominis et civitatibus Saxoniae, quod eorum ius Saxonieum annullare vellem, quod habuerunt Saxones quadringentis quatuor an- nis(?) et fuit eis datum per Karolum magnum de seitu papae, ut Christiani efhi- cerentur et Christiani manerent. Idem patet ius per plures prineipes et dominos sie confirmatum. Quare significant hoc dominis et civitatibus, si ego velim ius eorum annullare quod non permittant hoc facere. Hie respondeo et probo, quod non contra ius Saxonum sed contra quosdam articulos erroneos ut mihi apparet, donec argumentis meis sufficiat, me oppono. Sed primo dico quod sicut patet in XIX° cap’ Speculi Saxonum, hos artieulos hie tactos Saxones obtinuerunt contra voluntatem Karoli magni, quia tales non dedit Karolus [Ssp. I, 18.] Item istorum articulorum aliqui repugnant legi Dei evangelio et determinationibus sanctae ma- tris ecelesiae, quare per nullum tales potuerunt confirmari. Item quod diu- turnitas temporis peccata non minuit sed auget. Dicitur mihi tamen, quod eidem domini Magdeburgenses mihi in morte minati sint propter improbationem articu- lorum praedietorum. Spero namque quod statuta Christianorum non aequantur Alcorano Machameti, contra quem quieunque utitur ratione debet gladio perire. Item seripserunt quod ego scripserim, quod hoc speculum tenentes comburi debe- rent in eivitate (l. erate). Nego plane. Sed scripsi quod hoc sufficienter bis mo- niti, quod hoc speculum quantum ad errores et ecclesiae determinationibus re- pugnantes se pertinaciter defenderent, crimen heresis incurrerent, sieut opponens se prineipi erimen ineideret perduellationis, et talis secundum sententiam istius (?) Die 404 Jahre passen eben so wenig, als die 694 in der deutschen Schrift, s. oben S. 385. Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. 432° speculi deberet comburi [Ssp. I, 13 $ 7], quam sententiam speeuli non approbavi. Item seripserunt quod hoc potissime scripserim, ut monachis detur hereditas, quia per speculum illa negatur monachis, solummodo quod homines infirmi possent sine licentia suorum heredum sua bona dare monachis. Hie respondeo, quod salva eorum licentia reverentia articulos praedietos per amplius praedicavi, ut ap- paret intuentibus. Novit enim qui nihil ignorat, utrum de aliqua causa scripserim, nisi quod peccata vitarentur, et dei populus qui suus est, sicut unius regis rege- retur unico caritatis regimine sine lege, quam sive vixero sive moriar cupio pro mercede. Ad praemissa quidam respondet unus nuper coram domino meo Hal- berstadensi, quod aliquid est iustum secundum ius canonicum quod non est ius- tum secundum ius seculare. Cui idem opposui dicens, quod esset simile dietum sieut quidam dixerunt, quod aliquid esset verum secundum philosophiam quod non est verum secundum theologiam. Quem articulum quoniam implicat Universitas Pragensis condemnavit.(') Et arguitur, hoc est iustum secundum ius canonicum, ergo hoc est iustum; oppositum est: iniustum est iustum secundum ius seculare. Item propter hoc quod scripserim, quod ammoniti bis debite quod desisterent ab his erroribus, et pertinaciter desistere nolentes inciderent erimen heresis, et secun- dum speeulum Saxonum tales deberent comburi in crate, dixerunt et seripserunt praedieti domini Magdeb., quod appellassem eos hereticos et dixissem eos combu- rendos, qui tale speculum non dimitterent. Patet quod hoc non sequitur, quia sententia mea non fuit, quod aliquis deberet eomburi, sed fuit sententia speculi per me reprobati, nec quod aliquis censeatur hereticus, nisi pertinaciter defenderet errores contra veritatem evangelicam vel determinationem sanctae matris eccle- siae, quales non sunt praedieti domini Magdeb. In quibus dietis mea dieta subiicio correcetionibus cuiuslibet et quorumli- bet me docentium et valentium informare, nec pertinaeiter aliquid praedictorum assero, quoniam dieta mea quod sint erronea pluries et corrigenda verum et possibile reputo. Quare bonorum in his correetionibus me submitto, spectans si profecero Deum pro mercede. Amen. Wir haben hier also eine Schrift gleicher Richtung wie die oben S. 416, gegebene deutsche vor uns, eine Berufung Klenkoks an die Christenwelt in sei- nem Streit mit den Magdeburgern. Die lateinische ist die ältere. Denn der erste Anlafs, die Bekanntschaft Klenkoks mit den Irrthümern des Ssp. soll jüngst, praete- (°) Die ganze Stelle Ad praemissa sq. erläutert und berichtigt sich aus dem Decadicon oben S. 392, wo es p. 98 heifst: Idem magister (Block) dixit, quod aliquid esset iustum secundum ius seculare quod non esset iustum sec. ius Canonicum . . . Replicando dixit alias magister Albertus Halberstadensis, quod hoc esset simile sicut dieitur, aliquid est verum sec. philosophiam, quod non est verum sec. theologiam, quod multiplicat contradictionem et est Parisius dampnatum. 4324 Homerver: Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel. rito anno, erwachsen sein; die Zahl ferner der ursprünglich dem Kerlinger bezeich- neten 10 Irrthümer ist erst auf 12 gesteigert, während die deutsche Schrift 20 zählt. Endlich, Kl. gedenkt hier nicht Kerlingers Mittheilung des ihm anvertrauten Aufsatzes an die Magdeburger, oben S. 416, 421, er weils noch nicht, wie diese von seinem Angriffe auf den Ssp. Kunde erhalten haben. Jede der Vertheidigungsschriften, obwohl wesentlich im Inhalt und Gange stimmend, hat doch eigenthümliche Züge. Ich hebe aus der lateinischen hervor. 1) Der vielgedeutete Ausdruck für Klenkoks gröfseres Werk, S. 388, N. 15, erklärt sich nun einfach daraus, dafs die allererste, nur 10 Irrthümer rü- gende Schrift von ihm Decadicon (so ist ohne weiteres statt „Detriadecon” zu lesen) genannt wurde. Zugleich erhellt, dafs die beiden S. 405, 406 unter 2 und 3 erwähnten Schriftstücke noch unmittelbar an die älteste Gestalt anknüpfen, nicht nur weil sie die gleiche Zahl, sondern auch weil sie, besonders das Jenen- ser Stück, fast denselben Inhalt der Artikel geben. 2) Die S. 384 mit einigem Bedenken geäufserte Meinung, dafs die Vor- gänge mit den Magdeburgern bald nach 1330 fallen, gebe ich nunmehr auf. Nicht etwa weil unser, ein Jahr nach dem ersten Anlasse zu diesen Vorgängen verfalster Aufsatz der 1348 gestifteten universitas Pragensis gedenke, denn diese Lesung ver- werfe ich, s. Note 3, sondern weil er schon die Disputation Alberts v. Halberstadt mit Block kennt. Albert aber, Bischof im J. 1366, starb erst im J. 1390, Lucanus S. 253. Schwerlich hätte ihn also Klenkok schon etwa 60 Jahre früher als dominus meus anführen können. Wir dürfen wohl, Schiphowers Nachricht bei Seite stellend, die Begebenheit der Mitte des 14ten Jahrh. näher rücken, wodurch wir zugleich in bessern Einklang mit der Lebensstellung Kerlingers, Blocks (S. 392) und Klen- koks selber (S. 334) kommen. 3) Bemerkenswerth ist die Abrede, dals die von Klenkok aufgefalsten Ar- tikel durch Kerlinger der römischen Curie vorgelegt werden sollen. Dafür dals dies allerdings und zwar nicht erfolglos geschehen, giebt II. eine Notiz, auf welche Hr. Archivar Dr. Wattenbach zu Breslau mich aufmerksam gemacht hat, willkommene Bestätigung. In Dudik, Iter Romanum II, 125 heilst es aus den päpstlichen Regesten: 1356 15. Oct. Innocent. VI. Karolo imp. notificat excommunicationem et prohibitionem seriptorum quae leges seu Speeulum Saxonieum appellantur, et rogat ut huic mandato invigilet. d. Avin. Idib. Oct. an. 4. Ut supra epist. 370. Über diese ep. 370 ist leider nichts mitgetheilt. Also eine der Bulle Gre- gors XI um 18 Jahre vorhergehende päpstliche Verurtheilung des Ssp., welche doch gleichfalls wohl durch Klenkoks Auftreten herbeigeführt worden war. Dann dient diese Nachricht zugleich dazu, die Zeit vor welcher Klenkoks Fehde begann, zu begränzen. —HANANIINE— Uber die Fortschritte der Industrie und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern in besonderer Beziehung auf die ethischen Verhältnisse und die geistige Entwickelung der Menschen. Von H” DIETERICI. nnnnnnnnnnnnn [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 8. November 1855.] N ee in einer Abhandlung, die ich am 16. Mai 1850 in der Königl. Akademie zu lesen die Ehre hatte, suchte ich nachzuweisen, wie bedeutend der Unterschied im Wohlstande, dem Besitz und dem Verbrauch äufserer Güter in den civilisirten Staaten Europas sei, wenn man etwa die Zeit von 1850 gegen die Zeit von 1750 vergleicht. Es mag, was in jener Abhand- lung nur in allgemeinen Beobachtungen ausgesprochen ist, für den vorlie- genden Zweck für einige Gegenstände der Verzehrung und des Verbrauchs in bestimmten Zahlen, in so weit solche besonders für ein Jahrhundert zurück beschafft werden können, hier näher ausgeführt werden. 1750 kamen etwa 2} Millionen Centner Zucker nach Europa, welches wenige Loth für den Kopf auf das Jahr giebt, wenn man etwa nur England, Frankreich, Spanien, Deutschland, die Niederlande, Dänemark und Schweden beachtet, wogegen 1850 mit Einschlufs des Rübenzuckers in Deutschland etwa 5 Pfd., in Frankreich 6 Pfd. in den Niederlanden und den scandinayischen Rei- chen 8—10 Pfd., in England gar 20 Pfd. aufden Kopf in runder Summe sich berechnen. Von Kaffee schätzt Hr. v. Gülich 1750 alle Einfuhr auf 60-— 70 Mill. Pfd., schon 1835 war sie nach Hamburger Handelsberichten 253 Mill. Pfd. Al. v. Humboldt macht in dem kleinen aber inhaltreichen Aufsatz: „Über die Schwankungen der Goldproduction mit Rücksicht auf staatswirthschaft- liche Probleme” in der deutschen Vierteljahrsschrift von 1838 auf die aufser- Philos.-histor. Kl. 1855. Tii 434 Die terıcı über die Forischritie der Industrie ordentliche Vermehrung des Gebrauchs von Gewürzen aufmerksam. Man kann nach den Angaben von Mac Culloch in Grofsbritannien allein die Con- sumtion des Pfeffers von 1810 nur zu 1832 von 11,180 Ctr. auf 22,255 Ctr., also um das Doppelte gestiegen annehmen. Baines in der History of the Cotton Manufacture giebt an, dafs 1730 1 Million 545,000 Pfd. rohe Baum- wolle in England eingeführt sei. 1850 betrug die Einfuhr über 350 Millio- nen Pfd. in England allein; Luxusartikel war, was an baumwollenen Waaren aus Ost-Indien nach Europa kam; 1850 schon verbrauchte der Kopf in Eng- land jährlich etwa 25 Ellen, bei uns 15. Der Verbrauch von Leinwand ist von 1750 gegen 1850 auf den Kopf in Europa nicht geringer geworden; von Tuch ist es bekannt, dafs der Landmann noch zu Anfang dieses Jahrhunderts im leinenen Kittel im strengen Winter bei uns zur Gerichtsstelle kam, jetzt hat fast ein jeder Tagelöhner auf dem Lande seinen tuchenen Mantel. Macaulay (die Geschichte Englands seit dem Regierungsantritte Jacobs II. Bd. I S. 252—382; vgl. insbes. S. 376 u. f.), giebt für London und England noch folgende interessante Vergleichungspunkte an: Am Ende des 17. Jahrhunderts war der Tagelohn auf dem Lande in England 5, 6 bis 7 Schilling die Woche. Er ist jetzt mindestens doppelt so hoch; Fleisch war wohlfeiler als jetzt, aber immer noch so theuer, dafs Hunderttausende von Familien kaum den Geschmack davon kannten. Er bemerkt, dafs nach King’s Forschungen von 880,000 Familien 440,000 kaum zweimal die Woche animalische Nahrung genossen, Viele von ihnen keine oder höchstens nur einmal die Woche. Nach den Todeslisten der Haupt- stadt sei 1685 von 23 Einwohnern Einer gestorben, jetzt stirbt von 40 Einer. Wenn im 17. Jahrhundert noch viel wildes Land als Gemeingut lag, und ein oder der andere Landmann sich von diesem Lande, welches jetzt Baum- gärten sind, irgend eine Zuthat zu seiner groben Kost verschaffen konnte, so wird dies bei Weitem aufgewogen durch reichlichere und bessere Nahrung, die er jetzt hat, durch die Früchte der Civilisation, gesundere Wohnung, ge- pflasterte und erleuchtete Strafsen, bessere Kleidung, Schulunterricht der Kinder. Ebenso erzählt Vauban in Bezug auf Frankreich für die Zeit von 1698 in seinem Projet d'une dixme royale, dafs er bei seinem vielen Umherreisen in Frankreich die gröfseste Noth gefunden habe: les grands chemins de la cam- pagne et les rues des villes et des bourgs etant pleins de mendians que la und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 435 faim et la nudit@ chassent de chez eux. — Specieller sagt er von dem Be- zirk Vezelay, dafs drei Viertheil der Einwohner desselben „etaient reduits au pain d’orge et d’ayoine, et a m’avoir pas pour un &cu d’habits sur le corps”. Alle statistische Ermittelungen beweisen, dafs seit einem Jahrhundert eine aulserordentliche Vermehrung der materiellen Güter in Europa statt- gefunden hat. Der Fortschritt des Wohlstandes, der Verzehrung und des Verbrauchs liegt allerdings auch in den ersten Nahrungsmitteln, im Brod, in so fern so viel Haferbrod nicht mehr verzehrt wird als früher, die Kar- toffel als ein Hauptnahrungsmittel dem Getreide zu Hülfe kommt, die Eisen- bahnen Versendung von Getreide aus weiter Ferne möglich machen; im Fleische, in sofern doch etwas mehr, als früher, auch dem Taglöhner zu ver- zehren möglich wird, wie denn auch unsere Resultate der Schlachtsteuer eine, wenn auch geringe Vermehrung zeigen, wiewohl gerade in der Fleisch- verzehrung bessere Verhältnisse noch höchst wünschenswerth wären; — vor- züglich aber zeigt sich der Fortschritt des Wohlstandes in gewählteren Ge- nüssen und Bekleidungsgegenständen; in Zucker, Kaffee, Gewürzen, Wein, in Branntwein und Bier, auch Tabak, in seidenen, leinenen, wollenen und ganz besonders baumwollenen Waaren. Man hat sich aber diesen Fortschritt nicht so zu denken, als ob, wenn auf den Kopf 1750 materiell an Gütern aller Art 100 kam, und 1850, was zu hoch gerechnet sein mag, 200, das Plus von 100 sich so vertheilte, dafs in jedem der zwischen 1750 und 1850 liegenden Jahre 1 mehr gekommen wäre, es ist von 1750 bis 1500 vielleicht nur ein Plus von $ oder ! im Durch- schnitt auf den Kopf jährlich mehr gekommen, wogegen in die Zeit von 1800 bis 1850 oder 1855 jährlich ein Fortschritt von 1, 2, 3 bis 4 fallen mag. Wenn sich Malthus des Bildes bedient (denn nur als Bild kann die Vor- stellung benutzt werden, wirkliche factische Wahrheit ist sie nicht), dafs die Populationen sich im geometrischen Verhältnifs vermehren, so möchte man nach Allem, was aus statistischen Zahlen hervorspringt, viel eher aussprechen, dafs wenigstens in der neuesten Zeit die materiellen Güter sich im geo- metrischen Verhältnils vermehren; denn in sehr vielen Objecten wenigstens vermehren sich die Waaren, die Gegenstände der Verzehrung und des Ver- brauchs, in einem höheren Grade als die Bevölkerung; dies läfst sich erken- nen theils an den Verbrauchs-Öbjecten selbst, theils an der Vermehrung der lii2 436 Diererıcı über die Fortschritte der Industrie Arbeitskräfte, der technischen Hülfsmittel zur Darstellung der Waaren, und an ähnlichen statistischen Vergleichungszahlen. Die Bevölkerung des ver- einigten Königreichs Grofsbritannien und Irland stieg von 1841 zu 1851 von 27,036,450 auf 27,724,849, d. h. von 100 zu 102,54 (Irlands Bevölkerung hat abgenommen, sonst würde die Zunahme der Bevölkerung des vereinig- ten Königreichs viel gröfser sein). Die Einfuhr von roher Baumwolle, nach Abzug des Exports war 1841 450,316,770 und 1851 645,399,355 d. h. sie stieg von 100 auf 143,32; ebenso stieg die Einfuhr roher Seide von 1841 zu 1851 von 3,176,860 Pfd. auf 4,059,449 Pfd. d. h. von 100 auf 127,75; Kaffee für die inländische Verzehrung (Quantities retained for home con- sumption) stieg von 1841 zu 1851 von 28,370,857 auf 32,504,545 Pfd. d. h. von 100 auf 114,57; Zucker Cwts von 4,057,628 auf 6,571,626 d. h. von 100 auf 161,96; Thee von 36,675,667 Pfd. auf 53,949,059 Pfd. d. h. von 100 auf 147,09. In Frankreich war die Bevölkerung 1841 34,230,178 und 1851 39,783,059;, sie stieg also von 100 zu 104,54. Der in den officiellen sta- tistischen Tabellen Frankreichs angegebene Geldwerth der Ausfuhr betrug 1843 991,962,213 Fr. und 1850 1,531,049,307 Fr., d. h. eine Steigerung von 100 zu 154,35. Zucker stieg von 1843 auf 1849, Rübenzucker und Colonialzucker zusammengenommen, von 1,182, 155 auf 1,251,029 Quintaux 1843 1849 291,550 Rübenzucker 500,730 90,605 Colonialzucker 750,299 -1,182,155° 4,251,029 d.h. von 100 zu 105,53; Kaffee zur Consumtion von 145,300 Quintaux 1843 zu 153,635 Ot. 1850, d. h. von 100 auf 105,74. Die Production von Steinkohle stieg von 31,132,525 Qt. 1838 auf 42,020,919 Qt. im Jahre 1845, d. h. von 100 auf 134,97. In Belgien war 1841 die Anzahl der Dampfmaschinen zur Heraus- schaffung der Kohle 436 mit 18,333 Pferdekraft und 1850 605 mit 28,406, d. h. eine Steigerung der Maschinen von 100 zu 138,76 und der Pferdekraft von 100 zu 154,94, während die Bevölkerung 1840 war 4,080,000 und 1850 4,400,000, ein Steigen von nur 100 zu 107,54; Kaffee stieg von 1841 zu 1849 von 14,471,000 Kilogrames auf 18,559,000 d. i. von 100 zu 128,35; und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 437 Thee von 42,087 Kilogr. auf 69,743 Klg., d. ivon 100 zu 165,71; Wein von 90,754 Hektoliter auf 102,977 d. h. von 100 zu 113,47. Im Preufsischen Staate aber stieg die Bevölkerung von 1849 zu 1852 von 16,331,187 auf 16,869,786 ohne die Hohenzollernschen Lande, d.h. von 100 zu 103,3. In den Maschinenspinnereien aller Art, also in Wolle, Baumwolle, Flachs und Werg stieg die Zahl der Feinspindeln von 697,485 in 1849 auf 821,963 in 1852, d. h. von 100 zu 117,35, und die der Arbeiter von 25,420 in 1849 auf 28,241 in 1852, d. h. von 100 zu 111,10. Die Zahl der gewerblich gehenden Webstühle aller Art betrug 1849 178,933 und 1852 188,740 und stieg mithin von 100 zu 105,4s. Die Zahl der Arbeiter in den Bleichereien und Färbereien stieg von 8,518 in 1849 auf 10,130 in 1852, d. h. von 100 zu 118,92. Die Zahl der Dampfmaschinen stieg von 1963 im Jahre 1849 auf 2833 in 1852 d. h. im Verhältnifs von 100 zu 144,32. Die Arbeiterzahl in den Eisenwerken stieg von 18,687 auf 24,128, d. h. von 100 zu 129,12. Die Zahl der Arbeiter in den Zuckerfabriken aller Art stieg von 17,906 in 1849 auf 28,147 in 1852, d. h. von 100 zu 157,19; in den Tabaks- und Cigarren-Fabriken von 11,620 zu 15,131, d. h. wie 100 zu 130,22; Leder und Lederwaaren von 3361 auf 3707, d. h. von 100 zu 110,29. Mit Ausnahme sehr weniger Gewerbe und Fabriken, von denen ich nur Branntweinbrennereien und Brauereien nenne, bei denen von 1849 zu 1852 eine Abnahme der Zahl der Arbeiter sichtbar ist, stieg in allen Gewer- ben und Fabriken, meist erheblich stärker als die Bevölkerung, die Zahl der Arbeiter, der gröfseren Maschinen. Wie auch einzelne Jahre schwanken mögen, die statistische Berech- nung dürfte durchaus beweisen, dafs insbesondere der aufserordentliche Auf- schwung der Industrie die Erfindung von Maschinen, Anwendung von Naturkräften, Benutzung der Fortschritte der Naturwissenschaften, Erweite- rung und Vervollkommnung des Fabrikwesens, die Masse von Gütern in den gebildeten Nationen in neuester Zeit in bedeutend höherem Grade ver- mehrt hat als die Bevölkerung steigt, woraus mit mathematischer Gewifsheit folgt, dafs im Ganzen und Grofsen der Zustand der Völker in Bezug auf Erwerb und Besitz materiellen Gutes sich erheblich in jüngster Zeit ver- bessert hat. Wenn diese Erscheinung im Allgemeinen unbedenklich sehr erfreu- lich ist, und einzelne Jahre der Theurung, wie das gegenwärtige, das Total- 438 Dierterıcı über die Fortschritie der Industrie bild nicht trüben können; wenn zuversichtlich überall in Europa ein gröfseres Quantum von Verzehrungs- und Verbrauchsgegenständen jetzt auf den Kopf im Durchschnitt kommt, als vor 50 oder 100 Jahren, so kann man doch fragen, ob dieser Zustand der Dinge nicht auch Nachtheile habe für die Menschen? Im Allgemeinen ist es sicherlich eine unrichtige Auffassung, wenn man meint: Entbehren sei die Aufgabe, bedürfnifslos sein, wie Diogenes lehrte, müsse das Bestreben der Menschen sein, wenn man ein Wort der Bibel: Es sei dem Reichen schwer in das Himmelreich zu kommen, so mifs- versteht, dafs man daraus folgert, den ethischen Fortschritten der Völker entspreche, wenn sie arm blieben. Wie gewils bei dem Einzelnen der Reich- thum moralisch nachtheilig sein kann, so ist es doch gar nicht nothwendig, dafs er nachtheilig werden muls; er kann bei wohlwollender Anwendung des Überflusses auch von ethischer Seite auf den Character sehr wohlthätig wir- ken. Für die Nationen im Ganzen aber führt der Wohlstand auch ethisch zum Bessern. Noth und Armuth sind für die Völker im Ganzen nicht der Weg zur Tugend. Ehrlicher Erwerb, durch Anstrengung und Arbeit er- rungener Wohlstand führen bei den Einzelnen und bei ganzen Nationen zur Bildung, zur Ordnung, zur glücklicheren Existenz, zu geregeltem Familien- leben, zur besseren Sitte, zum Fortschritt auch in ethischer Beziehung. Es ist nur zu wünschen, dafs die Menschen geräumige, gesunde Wohnung, wär- mende und genügende Kleidung, hinreichende Nahrungsmittel haben. Die Berechnung, dafs nach allen Wahrnehmungen jetzt mehr an Verzehrungs- und Verbrauchs-Gegenständen auf den Kopf in den gebildeten Völkern sich ergiebt, als vor 100 Jahren ist an sich eine nur erfreuliche Erscheinung. Man kann indessen die Frage aufwerfen, ob in der Vertheilung der Güter nicht sich mit der Vermehrung derselben ein schlimmeres Verhältnifs entwickele, als in früheren Zeiten stattfand, ob es nicht jetzt einige Wenige gebe, die sehr viel reicher seien, als in früherer Zeit, dagegen aber auch mehr Arme als früher, und auch so, dafs die jetzigen Armen viel ärmer seien, als die Armen in früheren Jahrhunderten? Ich theile die Ansicht nicht, glaube vielmehr, dafs der Ärmste jetzt noch mehr Lebensgenufs hat, als der Ärmste vor Jahrhunderten, ich glaube auch nicht, dafs die Anzahl der Armen, wenn man die Berechnung richtig anstellt und auf je 100 Menschen die Zahl der Armen berechnet, und also aus der Verhältnifszahl, nicht aus der absoluten, und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 439 seine Schlüsse zieht, jetzt eine gröfsere Verhältnifszahl von Armen sich her- ausstellen wird, als vor 50 oder 100 Jahren der Fall war, mufs aber die specielle Behandlung dieser Fragen, die in dem gegenwärtigen Versuche nur nebenbei berührt werden können, einer besonderen Untersuchung vorbehal- ten; hier stelle ich die Fragen allgemeiner dahin: ist zu besorgen, dafs der unzweifelhaft vorliegende Fortschritt im materiellen Gut, und zwar vorzüg- lich durch den Aufschwung der Industrie, dem geistigen und sittlichen Fort- schritt der einzelnen Arbeiter und der Bevölkerung überhaupt nachtheilig werden kann? Abgesehen von trivialen, ohne allen Beweis oft hingestellten Äufse- rungen, es gehe den Fabrikarbeitern schlecht, Noth und Elend habe sich verbreitet, seitdem die Industrie mächtig in das Leben eingetreten sei, ist auch wissenschaftlich das Bedenken, dafs die Industrie dem geistigen und sittlichen Fortschritt der Menschen nachtheilig sei, schon vor längerer Zeit von staatswirthschaftlichen Schriftstellern angedeutet und zum Theil mit Leb- haftigkeit aus diesem Grunde gegen den industriellen Aufschwung in den Nationen gesprochen worden. Schon Sismondi, wie verständig und besonnen in seinen Urtheilen er sonst auch ist, eifert doch in seinem „Nowveaux principes d’economie poli- tique ou de la richesse dans ses rapports avec la population” gegen zu grofse Ausdehnung der Maschinen „es sei kein Glück, wenn ein Land mit Dampf- maschinen statt mit Menschen besetzt sei”. Am schärfsten sind aber die angeblichen Nachtheile der Maschinen, der Arbeitstheilung und der Fortschritte der Industrie schon vor 50 Jahren aufgestellt von Lemontey in seiner Schrift: Influence morale de la division du travail, consideree sous le rapport de la conservation du gouvernement et de la stabilite des institutions sociales (Tit. I der oeuvres de Lemontey S. 193 bis 218). Schon der Titel der Schrift zeigt, dafs Lemontey sie in einer be- stimmten Absicht schrieb. Lemontey hatte die Stürme der Revolution er- lebt und durch sie gelitten. Als Ruhe wiederkehrte, suchte er in seinen academischen Schriften nach dem Grund der Revolution: er glaubte diesen in dem Verlassen aller früheren Einrichtungen des Staats, und insbesondere in der Gewalt der Industrie für das bürgerliche Leben zu finden. Er wollte auf die früheren Zustände, auf die Verhältnisse der alten Zeit zurück; wie denn bemerkt wird, dafs obige Schrift nur ein Theil eines gröfseren Werkes 440 Dir rerıcı über die Fortschritte der Industrie von ihm sei: Des moyens conservaleurs en politigue. — Er sagt nun in jener Abhandlung: die Einführung der Maschinen müsse die Intelligenz des Arbei- ters verkümmern, es sei traurig, wenn eine menschliche Kraft etwa auf das Öffnen von Pumpen, von Ventilen, oder das Verfertigen des 18. Theils einer Stecknadel reducirt sei (an welchem Beispiel Ad. Smith bekanntlich die Vor- iheile der Arbeitstheilung nachweist); durch die Theilung der Arbeit, die Einführung von Maschinen geräth der Arbeiter in vollkommene Abhängigkeit von dem Fabrikherrn, da er nichts anderes verstehe, als eben nur die kleine ihm in der Fabrik aufgetragene Arbeit, also dem Untergang hingegeben sei, wenn der Fabrikherr ihn entlasse, weshalb er sich jede Behandlung, jede Verkürzung des Lohnes gefallen lassen müsse. Auch sei die Arbeit in den Fabriken der Sittlichkeit der Arbeiter nachtheilig. J. B. Say sucht Lemontey zu widerlegen, er meint, die Beschränkung auf eine kleine Arbeit schärfe die Beobachtung für diese Arbeit und so den Verstand, gebe Veranlassung zu neuen Erfindungen, zu Verbesserungen. Gegen die Abhängigkeit von dem Fabrikherrn sagt Say allerdings in seiner Beantwortung nichts, in Bezug auf die Moralität führt er kurz an, dafs es auf dem Lande mit der Sittlich- keit wohl nicht besser aussehe als in den Fabriken. Es scheint mir nicht, dafs Lemontey von Say vollständig widerlegt sei, ich glaube nicht dafs es ausreicht, die Einwendungen gegen die etwanigen Nachtheile des Fabrikwesens obenhin abweisen zu wollen. Die Nachtheile, welche Lemontey der Industrie vorwirft, werden noch heute oft wiederholt und noch andere werden hinzugefügt. Vielleicht lassen sich die Haupteinwen- dungen gegen Fabriken, Maschinen, Theilung der Arbeit, Industrie über- haupt auf folgende fünf, als die zunächst und unmittelbar vorliegenden reduciren: 4. Mancher Arbeiter wird durch Beschränkung auf eine sehr kleine mechanische 'Thätigkeit geistig stumpf. Einen Menschen auf eine so kleine Thätigkeit beschränken ist der menschlichen Würde nicht entsprechend, 9%. Da manche kleine Arbeit auch von Kindern verrichtet werden kann, und die Disposition über die verschiedenen Arbeitskräfte den Fabrik- herrn veranlafst, so viel als möglich Kinder, die nur geringen Lohn erhalten, zu Arbeiten, welche sie verrichten können, heranzuziehen, so wird dadurch die heranwachsende Jugend der Fabrik-Bevölkerung in körperlicher und geistiger Beziehung zurück gehalten, ja sie wächst wohl ganz ohne Ausbildung und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 441 auf und wird von früher Jugend an dem Elend Preis gegeben. Änliches gilt von Heranziehung des weiblichen Geschlechts zur Arbeit. 3. Die Abhängkeit des Fabrikarbeiters von dem Herrn führt, jemehr die Arbeit getheilt ist, zu einer Art moralischer Sclaverei. Der Arbeiter mufs sich Alles gefallen lassen, und leidet, wenn er alt und schwach wird, die bitterste Noth. 4. Der Aufschwung der Industrie, die Vereinigung vieler Arbeiter beiderlei Geschlechts in denselben Räumen führt zunächst zur Unsittlichkeit unter den Geschlechtern, ebenso zu leichtsinnigen Ehen und zahlreichen Kindern. Die so heranwachsende Generation, in Elend geboren, im Elend erzogen, kommt wieder in die Fabrik, es vermehrt sich die Anzahl körper- lich und geistig niedergedrückter, schwacher und armer Menschen. 5. Die Arbeit in den Fabriken ist auch ungesund; die stickige Luft, welche bei dem Zusammensein vieler Personen, und dem Mangel an frischer Luft in den geschlossenen Räumen entsteht, zehrt, bei kümmerlicher Nah- rung, die Kräfte auf. Selten, so sagt man, erreichen die Fabrikarbeiter hö- here Lebensjahre, und die wenigsten erreichen das 40. oder 50. Lebensjahr. Ich verkenne nicht, dafs solche Schattenseiten bei der Fabrication her- vortreten können, aber theils sind die Übel genauer angesehen, oft nicht so schlimm, als sie geschildert zu werden pflegen, theils giebt es wenigstens ge- gen manche dieser Übel wirklich abhelfende Maafsregeln. ad i. Gegen die Verstumpfung und Verdummung des Einzelnen, wenn seine Thätigkeit auf eine geringfügige Arbeit beschränkt ist, lälst sich allerdings anführen, dals wenn der weniger Begabte auf ein kleineres Stück Arbeit beschränkt ist, er seine Kraft und Aufmerksamkeit gerade hierauf schärfen, Vorrichtungen erdenken wird, wie die kleine mechanische Arbeit ihm erleichtert, ganz abgenommen werden könnte. Man kann ferner wohl sagen, dals auch bei vielen kleineren Gewerben, selbst bei ländlichen Arbei- ten, es ganz erwünscht sei, dafs für solche, die nur eben sehr beschränkte Gaben haben, durch die Theilung der Arbeit bei den Fabriken Gelegenheit für ihre Subsistenz durch eine sehr einfache Arbeit gegeben sei. Es darf auch nicht vergessen werden, dafs wenn sich die ganze Fabrication so günstig gestellt hat, und der Arbeiter so gesetzt ist, dafs er nach dem anstrengenden Tage im Kreise der Familie, in leidlicher Wohnung, vielleicht im kleinen Garten, seine Erholung finden kann, auch solche Verhältnisse gegen die ein- Philos.-histor. Kl. 1853. Kkk 449 Dirrerıcı über die Fortschritte der Industrie seitige Geistesrichtung wirksam sein werden; wie schon Say anführt, dafs der Dichter Sedaine ein Steinsäger gewesen sei, der in seinen freien Abendstun- den die anmuthigsten Lustspiele schrieb. Ferner führt die Theilung der Arbeit und die immer weiter beschränkte Thätigkeit des Einzelnen erfahrungs- gemäfs dahin, dafs statt solcher kleinen mechanischen Arbeit Maschinen und zweckmäfsige Vorrichtungen eintreten, Dampf- und Naturkräfte an Stelle menschlicher Arbeit treten. Bei manchen Fabricationen (wie mir z. B. von dem technischen Vorstand einer grofsen Zuckersiederei versichert ist) weckt die complieirte und künstliche Einrichtung des Ganzen, die Masse der ver- schiedenen Vorrichtungen und die sinnige Anordnung des Eingreifens einer Arbeit in die andere, den Verstand der Arbeiter, sie bekommen einen Ein- druck von dem Zusammenhang der verschiedenen Operationen, finden sich leicht in eine oder die andere kleine Veränderung ihrer bisherigen Thätig- keit, wenn die Maschinen verbessert und anders angewandt werden, sie wer- den geistig gehoben durch den Anblick der ganzen Fabrik und werden an- stelliger für vielerlei Arbeit, als sie früher waren. ad 2. Mit der Benutzung der Kinder in den Fabriken ist allerdings besonders in früherer Zeit, namentlich in England, entsetzlicher Mifsbrauch getrieben worden, und so weit ging die Verhärtung des Sinnes und der Ein- flufs der Fabrikherren, auch aufserhalb ihres eigentlichen Gebiets, dafs als im Parlament die Klagen laut und Beauftragte (Commissioners) ernannt wurden, die Wahrheit besonders vom ärztlichen Standpunkte aus zu er- mitteln, ein Arzt Edward Hulme in Manchester (vgl. Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde gesammelt und mitgetheilt, herausge- geben von Froriep Berlin, 18. März 1837) auf die Frage, ob es einem Kinde nachtheilig sei, täglich 23 Stunden zu stehen, antwortete: „er würde sich nicht getrauen, diese Frage ohne vorhergehende Untersuchung der näheren Umstände zu beantworten”, und auf die Frage, ob es einem Kinde nachthei- lig sein würde, während der Mahlzeit fortwährend körperliche Arbeit zu verrichten, sagte: seiner Ansicht nach würde die Speise, wenn dabei gearbei- tet würde, jedermann ebenso gut nähren, als wenn die körperliche Hand- habung des Messers und der Gabel statt der Arbeit verrichtet würde. Der Staat hat die Verpflichtung, alle Anordnungen dahin zu treffen, dafs Jedermann seine körperliche und geistige Ausbildung erhalten könne, und dafs namentlich keine Einrichtungen bestehen, welche den Kin- und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 443 dern, dem heranwachsenden Geschlecht, körperliche und geistige Ausbil- dung verkümmern oder solche wohl gar ganz verhindern. Im Interesse der Humanität, in der Sorge des Staats für die persönliche Freiheit eines Jeden und für die freie Entwickelung der Kräfte mufs der Staat durch positives Ge- setz verbieten, dafs Kinder nicht in zu frühem Alter und ohne die nöthige Schulbildung erbalten zu haben, zur Fabrikarbeit herangezogen werden, wie dies in neuester Zeit in England, Frankreich und in noch ausgedehnterem Grade im Preufsischen Staate geschehen ist. Villerme hebt in seinem vor- trefflichen Werke: Tableau de l’etat physique et moral des ouvriers employes dans les manufactures de coton, de laine et de soie Bd. 2 S. 361 ausdrücklich hervor, dafs im Preufsischen Staat nach dem Gesetz vom 6. April 1839 kein Kind vor dem vollendeten 9. Lebensjahre, und nur, wenn es drei Jahre die Schule besucht habe, beschäftigt werden dürfe, und aufserdem die Arbeits- zeit in den Lebensjahren 9 bis 16 auf 10 Stunden beschränkt sein müsse. Ein neueres Gesetz vom 16. Mai 1853 enthält noch durchgreifendere Vor- schriften, von denen ich nur hervorhebe, dafs vom 1. Juli 1855 an, nur Kin- der vom vollendeten 12. Lebensjahre an in den Fabriken beschäftigt werden dürfen, und zwar bis zum vollendeten 14. Lebensjahre nur sechs Stunden des Tages. Sind aber diese Rücksichten gewahrt, so ist andererseits wieder kein Nachtheil abzusehen, weshalb nicht auch Kinder von 12 bis 14 Lebensjahren, wie in den Gewerben als Burschen, so in den Fabriken leichtere Arbeit ver- richten und für sich und vielleicht ihre Ältern sich Geld verdienen sollen. Der Übelstand der Heranziehung von Kindern ist übrigens nach der Art der Fabrication sehr verschieden. Nach den Aufnahmen vom Jahre 1852 waren im Preufsischen Staate bei den metallischen Fabricationen meist nur 4, 1, 2 pCt. der Arbeiter Kin- der, nur bei den Stahlwaaren und Nähnadelfabriken 15 bis 20 pCt. Bei der Maschinenspinnerei sind es bei Wolle und Flachs 5 bis 8 pCt. und nur bei dem Baumwollengarn 15 pCt. Bei den Fabriken für Gewebe sind es bei Wolle 5, bei Baumwolle 10, bei seidenen Zeugen aber 17 pCt. Beiden übrigen Fabriken ist nur bei Tabaks- und Cigarrenfabriken eine Betheiligung der Kinder von 11 pCt.; bei Zucker-Raffinerieen und den meisten andern Fabriken von I oder 2 pCt. Kkk2 444 Dirrerıcı über die Fortschritte der Industrie Man sieht also, dafs es um den Mifsbrauch der Kinder bei dem Fa- brikwesen zu verhindern, wesentlich nur darauf ankommt, diejenigen Fabri- cationen schärfer zu beobachten, bei denen eine gröfsere Kinderzahl be- schäftigt zu werden pflegt, und wenn sich Mifsbräuche zeigen, gegen diese einzuschreiten. Diese Beobachtung wird sich am Ende auf Gewebe, Maschi- nenspinnerei, Nähnadel-Fabriken und einige andere beschränken. Nach der Natur der Fabrication selbst wird auch nur bei diesen wenigen die Tendenz der Fabrikherrn, Kinder heranzuziehen, andauernd bleiben. Es kommt für alle diese Fragen vor Allem andern immer darauf an, die factischen Verhält- nisse genau zu übersehen und ist es daher ein zweckmäfsiger Vorschlag, der bei unserem Handelsministerio schon in unsern westlichen Provinzen ausge- führt, und neuerlich auch wissenschaftlich von Roscher (die Gegenwart. Eine encyclop. Darstellung der neuesten Zeitgeschichte. Aufsatz: die grofse und kleine Industrie) vorgeschlagen ist, dafs in den Fabrikgegenden eigene Fabrikencommissarien angestellt werden, um sich genaue Kenntnifs von allen in ihrem Gebiet vorkommenden Fabriken zu verschaffen und der Regierung Anzeige erstatten, wenn das Interesse des Staats in seiner Sorge für das her- anwachsende Geschlecht durch viele und zu frühe Heranziehung der Kinder berührt wird. Das Gesetz vom 16. Mai 1853 ordnet im $ 11 ausdrücklich an, dafs zur Überwachung der gesetzlichen Bestimmungen über Heranziehung jugend- licher Fabrikarbeiter eigene Fabrikinspectoren als Organe der Staatsbehör- den mit allen Befugnissen der Ortspolizeibehörden in den Fabrikgegenden angestellt werden sollen. Übrigens denkt man sich oft das quantitative Verhältnifs im Ganzen in Bezug auf die Kinder, welche bei den Fabriken beschäftigt werden, zu hoch. Wenn man nach der Fabrikentabelle des Preufsischen Staats für 1852 (excl. zünftige Weber) alle in den wirklichen Fabriken beschäftigten Kinder unter 14 Jahren zusammenrechnet, so erhält man 21,369; die Gesammtzahl aller Arbeiter in diesen Fabriken aber ist 321,953, d. h. die Zahl der Kin- der beträgt 6,64 pCt. Wenn man nun dabei erwägt, dafs alle Kinder unter 14 Jahren die Zahl der 21,369 constituiren und die Mehrzahl der 21,369 nahe an 14 Jahr wirklich alt sein mögen, in welchem Lebensalter Knaben und Mädchen bei manchen Fabricationen, unbeschadet ihrer Gesundheit und ihrer Ausbildung immerhin wohl schon können beschäftigt werden, so mil- und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 445 dert sich die Vorstellung von dem schrecklichen und grausamen Heranziehen kleiner Kinder zu den Fabriken, das bei uns wohl niemals so schlimm ge- wesen ist, als in England besonders in früheren Jahren der Fall war. Wesentlich anders stehen die Betrachtungen in Bezug auf die Heran- ziehung des weiblichen Geschlechts. Es sind unter der Totalsumme der Arbeiter von 321,960, erwachsene weibliche Personen über 14 Jahr alt 68,503, d. h. von der Gesammtarbeiterzahl 21,23 pCt. Der fünfte Theil etwa der Arbeiter in den Fabriken kann daher als erwachsene weibliche Ar- beiterinnen angenommen werden. Sind dies Ehefrauen der arbeitenden Männer, so ist doch nicht recht abzusehen, warum diese nicht, wie ja Gleiches bei dem Landbau geschieht, für ihre Familie in der Fabrik durch ihrer Hände Arbeit sollen erwerben dürfen, wenn nur sonst alle nöthige Rücksicht für Gesundheit in Bezug auf Räumlichkeit und Luft genommen ist, zumal die körperliche Anstrengung, welche von den Frauen in den Fabriken gefordert wird, in der Regel nicht einmal so grofs ist, als bei dem Landbau. Sind unter den erwachsenen weiblichen Arbeiterinnen von 68,503 viel unverhei- rathete junge Mädchen, so wird für diese bei der Arbeit in den Fabriken immer die Gefahr von Verführung und Liederlichkeit bei dem Zusammensein mit vielen jungen Arbeitern männlichen Geschlechts hervorgehoben. Die Gefahr ist allerdings vorhanden, indessen können in grofsen Fabriken doch sehr wohl, und es geschieht ja auch, diese weiblichen Arbeiterinnen in abge- sonderten Räumen, getrennt von den männlichen Arbeitern, beschäftigt wer- den. Der eigene Wille dieser Personen, der Grad von Sittlichkeit und Bildung, den sie mitbringen in die Fabrik, wird immer hauptsächlich ent- scheiden, ob sie der Liederlichkeit verfallen oder nicht und tritt auch hier, wie so oft in staatswirthschaftlichen Betrachtungen, die Ueberzeugung her- vor, dafs der Staat keine grölsere wichtigere Sorge hat, als die für Bildung, Sittlichkeit und Ordnung für alle Stände. Mich. Chevalier erwähnt im 13. Brief sur ’Amerique du Nord der tadellosen Führung der Arbeiterinnen in den Baumwollenfabriken in Lowell. Unter den Arbeitern der Fabriken seien 5000 weibliche von 17— 24 Jahren. Es seien Pensionate unter älteren Wittwen errichtet, bei denen diese Arbeiterin- nen wohnen, streng sittlich sich führen, worauf auch die Unternehmer der Fa- brik mit Ängstlichkeit wachen. Wöchentlich sparen sie von ihrem Lohn 13, 446 Dierterıcı über die Fortschritte der Industrie Dollar, (etwa 1 Thlr. 20 Sgr.) und verheirathen sich, wenn sie die Fabrik verlassen, meist an kleine Farmer. Ähnlich äufsert sich Fr. v. Raumer in seinen Briefen über Nordamerika. Dals also auch bei Beschäftigung in Fabriken Sittlichkeit unter den jungen Mädchen bestehen könne, dürfte nicht abgeläugnet werden können. Auf dem Lande ist übrigens in gar gleicher Weise auf dem Felde und in den Scheunen das Zusammensein des weiblichen und männlichen Ge- schlechts sehr häufig und es fragt sich noch, ob die Ausschweifung und Ver- letzung sittlicher Gebote in Betreff der beiden Geschlechter dort nicht noch häufiger ist als in den Fabriken. ad 3. Die Abhängigkeit der Fabrikarbeiter bei weit getriebener Ar- beitstheilung vom Fabrikherrn ist an sich nicht wegzuleugnen. Allerdings führt die Theilung der Arbeit dahin, dafs jedem Arbeiter nur eine bestimm- tere, kleinere Arbeit obliegt. Man sagt nun wohl, der Lohn ist zu gering, es ist doch Fabrikarbeit, die geleistet wird, diese, der gewerblichen Thätig- keit zugehörig, mufs höher bezahlt werden. Man darf hierbei doch nicht vergessen, dafs die Fabrikarbeiter nicht in eine Reihe zu stellen sind mit Gesellen. Sie stehen höher oder niedriger, höher, wenn sie zu Werkmeistern werden, weil sie dann das Ineinandergreifen der Arbeiten erkennen müssen, niedriger, in so- fern sie blos Handarbeit thun. Dann sind sie gleich mit Tagelöhnern, denen es oft noch schlechter geht. Fabriken entstehen erst wo eine starke Population ist, viel Handarbeiter vorhanden sind, die dies Unterkommen suchen; und dadurch vor Noth gesichert werden. In solchen Fällen ist die Errichtung einer Fabrik oft eine Wohlthat für die Arbeitslosen in einer Ge- gend, und dem verständigen Fabrikherrn giebt auch selbst die Rechnung, dafs er besser fährt, wenn seine Arbeiter in guter Lage sich befinden, als wenn sie Noth leiden. Gute Arbeit kann gut bezahlt werden. Der Profit des Fabrikunternehmers wird steigen, wenn guten Arbeitern guter Lohn ge- geben wird und sie, im Interesse für die Fabrik und weil sie sich wohl füh- len, mit frischem Muthe thätig sind, vorzügliche Arbeit liefern, die einen guten Preis hat. Ein bedeutender Baumwollenwaaren-Fabrikant in Chem- nitz sagte mir, dals er ein Thor sein müsse, wenn er diejenigen Weber, wel- che längere Zeit schon für ihn arbeiteten, und dauernd contractlich zu seiner Fabrik gehörten, darben liefse. „Es mufs den Leuten gut gehen,” sagte der und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Wölkern etc. 447 Mann, „damit sie mich nicht verlassen und mit angestrengtem Fleifs mir viel und gute Waaren liefern. Die Noth unter den Webern sei nicht unter denen, die andauernd für die Fabrik arbeiteten, sondern nur unter denen, die keine feste Arbeit hätten und bald für diesen, bald für jenen Fabrik- herrn arbeiteten.” Übrigens ist es sehr zweckmäfsig und geschieht jetzt allgemein am Rhein, wenn durch tüchtige Beihülfe der Fabrikherrn und aller- dings auch durch Beiträge der Fabrikarbeiter selbst, damit sie ein Interesse zur Sache haben, Unterstützungskassen für alt und schwach werdende Fa- brikarbeiter sich bilden; bei den Bergleuten sind dergleichen Knappschafts- kassen schon seit langer Zeit sehr allgemein. Im Preufsischen Staate ord- nen die Gesetze vom 3. und 10. April 1854 die Bildung von Vereinen und Knappschaften zu solchen Unterstützungen an, und geben ihnen die Rechte juristischer Personen. Ein Truck- und Cottage-System, durch welches den Fabrikarbeitern, Wohnung und Nahrungsmittel vom Fabrikherrn gegeben, und der Betrag der Miethe und der Naturalien gegen Arbeitslohn abgerech- net wird, kann, wenn Mifsbräuche sichtbar werden, vom Staate schon, weil die persönliche Freiheit des Einzelnen (hier des vom Fabrikherrn abhängigen Arbeiters) durch solche Einrichtungen verletzt wird, geradezu verboten, oder doch so beschränkt werden, dafs Druck und Nachtheile vermieden wer- den. Es ist in England vorgekommen, dafs für die Wohnung ganz unver- hältnifsmäfsig hohe Miethe gefordert, die Waaren schlecht und gegen über- mäfsig hohen Preis geliefert worden. Im Preufsischen Staat bestimmt das Gesetz vom 9. Februar 1849, betreffend die Errichtung von Gewerberäthen und verschiedenen Abänderungen der allgemeinen Gewerbeordnung $ 50 u. f., Fabrikinhaber sollen ihre Arbeiter in baarem Gelde befriedigen; sie dürfen ihnen keine Waaren creditiren; sie können zwar ihnen Wohnung, Land, Beköstigung, Feuerung, Arzneien, Werkzeuge und Rohstoffe unter Anrechnung bei der Lohnzahlung in natura gewähren, der Arbeiter kann aber jederzeit ($ 53) die Bezahlung seiner Forderungen in baarem Gelde verlangen. Am Empfindlichsten tritt die Abhängigkeit der Fabrikarbeiter hervor, wenn eine Fabrik eingeht, überhaupt das betreffende Gewerbe stockt und nun Viele entlassen oder auf sehr geringen Lohn gesetzt werden müssen. Solch ein Fall war in Berlin, als durch Überschwemmung mit englischer Baumwollenwaare 1815 die hiesigen Baumwollen-Weber aufser Brod kamen. 448 Dıiererıcı über die Fortschritte der Industrie Solch ein Fall ist jetzt im Eichsfelde, in Schlesien, seitdem die englische Flachsspinnerei das Leinen-Handgarn zu verdrängen beginnt. Dann ent- steht, wie Mohl es nennt, Massen - Verarmung d. h. nicht Einer oder der Andere, sondern ganze Ortschaften, Gegenden verarmen. Sind es vorüber- gehende Umstände, wie Krieg oder politische Stürme, die solche Übel her- beiführen, so sind Beispiele nicht selten, bei denen wohlwollende Fabrik- herrn durch ein zeitweiliges Opfer von einigen tausend Thalern die Arbeiter über die Zeit der Noth hinweghelfen. Sind es aber dauernde allgemeine Weltverhältnisse, welche ein solches Rückgehen ganzer Fabricationszweige veranlassen, so kann die wahre Hülfe nur geschafft werden, wenn die Arbei- ter zu andern Beschäftigungen übergehen, welches immer um so leichter möglich sein wird, je ausgebreiteter das Fabrikwesen überhaupt ist, je mehr Fabriken verschiedener und verwandter Art in einer Gegend vorhanden sind, Wo die Baumwolle die Leinwand mehr und mehr verdrängt, wird aus dem Leinwandweber leicht ein Baumwollenweber; Handgarnspinner, die Noth leiden, werden gute Arbeiter in grolsen Flachsgarnspinnereien, wenn diese im Lande errichtet werden. Man dehnt den Nachtheil der Abhängigkeit der Fabrikarbeiter von den Fabrikherren so weit aus, dals man sagt: der Landmann ist abhängig von dem Weiter, von der Natur, sein Wohl und Wehe führt ihn alle Tage auf Gottes Allmacht. Dem Fabrikarbeiter geht es gut oder übel, je nachdem der Fabrikherr ihm wohl will oder nicht, ihm viel oder wenig zu thun giebt, viel oder wenig bezahlt. Was dem Landmann der liebe Gott, ist dem Fa- brikarbeiter der Fabrikherr. Ich will die Vortheile ländlicher Beschäftigung durchaus nicht herabsetzen; ich schätze die Landwirtbschaft als das aller- wichtigste Gewerbe im Staate, sie wird selbst gewinnen durch Fortschritte der Industrie; ich will nicht Landleben und Fabrikation gegen einander abwägen und vergleichen, ich will nur abwenden die Einwürfe, welche dem Fabrik- wesen wenigstens nicht immer gerecht gemacht werden. Gegen die Ansicht nun, dafs die Gottesfurcht mehr bei dem Landleben als in Fabriken hervor- trete, läfst sich sagen, dafs pietistische Richtungen, welche, wie verkehrt sie seien, doch in der Regel ein drängendes religiöses Gefühl andeuten, erfah- rungsmäfsig häufiger noch bei Fabrikarbeitern, Webern insbesondere ent- standen sind, als bei Landleuten. Wahre Gottesfurcht entsteht durch Ehr- furcht vor dem Sittengeseiz, durch gute Erziehung und Führung; durch und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 449 Hebung eines frommen Sinnes in der ganzen Nation. Dahin gehende Maafs- regeln sind für Land und Stadt gleich anwendbar, und dafs die Fabrikarbei- ter auch an sich selbst arbeiten müssen, um besser zu werden, gilt für sie wie für alle Einwohner eines Staates. ad 4. Der schwere Angriff gegen die Industrie, dafs die Unsittlich- keit unter den Geschlechtern leichtsinnige Ehen und in diesen eine grofse Schaar armer Kinder herbeiführt, ist zum Theil schon oben erwähnt bei der Ausführung der Heranziehung des weiblichen Geschlechts zu Fabrikarbeiten. Es mag hier nur hinzugefügt werden, dafs gegen leichtsinnige Ehen eben nur Bildung, Verstand, Sinn für Ordnung Hülfe gewähren kann. Es ist Pflicht des Staats, wie schon früher bemerkt ist, für diese allgemein auf das kräf- tigste zu wirken, so dafs sie durch alle Stände geht und auch den Fabrikar- beitern nicht fremd ist. Dafs in den Familien der Fabrikarbeiter viel Kinder erzeugt werden, will ich vom statistischen Standpunkte aus zwar nicht ent- schieden leugnen, da ein directer Beweis darüber in Zahlen mir nicht vor- liegt; indem die Kinderzahl der Fabrikarbeiter gegen die Kinderzahl der Tagelöhner auf dem Lande in statistischen Tabellen nicht getrennt angegeben wird. Die Geburten werden nur nach Kreisen und Regierungsbezirken an- gegeben. Nach diesen allgemeinen Angaben aber sind weniger Geburten in den fabrikreichen als in den frabrikleeren Gegenden, in den fabrik- reichen Regierungsbezirken Düsseldorf und Arnsberg kommen resp. auf 27,64 und 27,53 Menschen, und in den fabrikleeren Regierungsbezirken Bromberg und Marienwerder auf resp. 20,15 und 19,01 Menschen Eine Ge- burt nach der Zählung von 1852. Ist ein rechtschaftener Sinn für Ordnung, Sittlichkeit, Religiösität in der Nation nur allgemein verbreitet, so werden bei vernunftmäfsig geschlossenen Ehen auch diese Übel sich mindern. Auch hier kommt es darauf an, wie sich die Fabrication gestaltet, ob der Fabrik- arbeiter nicht in der grolsen Stadt, in grolsen Familienhäusern, oder Keller- räumen wohnen muls, sondern auf dem Lande, in freier Wohnung frische Luft genielst und mit seiner Familie ärmlich aber gesund lebt. Bei Crefeld arbeiten in nahe gelegenen Dörfern, namentlich dem Dorfe Hüls eine Menge für die Seidenfabrication beschäftigte Seidenarbeiter, sogenannte Winder und Winderinnen. Allerdings ist eine grofse Kinderschaar bei diesen Familien, aber diese Kinder springen fröhlich und gesund auf der Stralse umher, ar- beiten in den Gärtchen an den Häusern. Auch in dem fabrikreichen Kreise Philos.-histor. Kl. 1855. Lil 450 Die rerıcı über die Fortschritte der Industrie Solingen sieht man viel Kinder, aber unter ihnen keine das Mitleiden erre- gende Gestalten, die Cholera, als sie einbrach und viele Stellen des Vater- landes verwüstete, hat nicht in diesen fabrikreichen Gegenden, sondern in den kleinen Städten Westpreufsens, der Provinz Posen, Oberschlesiens die meisten Opfer gefordert. Ebenso sind die Verhältnifszahlen über die To- desfälle unter den Kindern in den ersten Lebensjahren viel gröfser in den fabrikleeren Theilen unserer östlichen Provinzen, als in den fabrikreichsten Kreisen Rheinlands und Westphalens. Nach dem Durchschnitt der Jahre, in denen die Cholera im preufsi- schen Staate epidemisch war, 1831, 1832, 1837, 1848, 1849, 1850 und 1852 starben an der Cholera im Regierungsbezirk Danzig Einer von 151; im Regierungsbezirk Marienwerder Einer von 121 Lebenden; im Regierungs- bezirk Düsseldorf Einer von 2011. Von den Kindern vor vollendetem ersten Lebensjahre starb Eines im Regierungsbezirk Danzig von 4,7; im Re- gierungsbezirk Marienwevder von 4,32; im Regierungsbezirk Düsseldorf von 7,42 nach dem Durchschnitt von 182, ad 5. Dafs Arbeit in den Fabriken ungesund sei, weil viele Menschen in geschlossenen Räumen zusammen arbeiten, kann an sich allerdings auch nicht geleugnet werden; aber solche Übelstände treten insbesondere in den Fabriken nach alten Einrichtungen auf. In neuester Zeit richten verständige Fabrikherren bei Anlegung einer neuen Fabrik ganz vorzüglich ihr Augen- merk darauf, grofse, gesunde, luftige Räume für die Stätten der Fabrication zu schaffen: wie denn in diesem Augenblick eine grofsartige Bauwollenspin- nerei nach solchen Rücksichten in ganz vortrefflicher Art in Cöln errichtet wird. Es ist in der That ein grofser Unterschied, wenn man in neuester Zeit errichtete Maschinenspinnereien gegen solche Fabriken aus früherer Zeit mit einander vergleicht. Dafs übrigens die Lebensdauer der Fabrik- arbeiter sehr viel kürzer sei, als die Lebensdauer armer Landleute bezweifle ich. In den fabrikreichsten Kreisen der preufsischen Monarchie Gladbach, Lennep waren 1853 unter 100 Todten resp. 15,7 und 9,6 über 70 Jahr alt geworden; in den ganz fabrikleeren landräthlichen Kreisen Strafsburg und Stuhm des Regierungsbezirks Marienwerder waren unter 100 Todten nur resp. 5,5 und 5,7 über 70 Jahr alt geworden. Wenn also auch nicht geleugnet werden soll, dafs durch das Fabrik- wesen mancherlei, dem menschlichen Wohlsein Gefahr drohende Übel her- und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 451 beigeführt werden können, so sind solche nach factischen Verhältnissen und Zahlen schärfer betrachtet, nicht so schlimm, als eine lebhafte Phantasie sie auszumalen oft geneigt ist, und gute Gesetze und Einrichtungen können viele Übel beseitigen. Die Frage: Wie ist der Zustand der arbeitenden Klassen, wie können die Übel, welche hervortreten, beseitigt werden, beschäftigt übrigens jetzt das ganze eivilisirte Europa. Herr Le Play hat wohl mit Unterstützung des französischen Kaisers und des französischen Gouvernements jetzt ein Werk in Folio herausgegeben: Les ouvriers Europeens, etudes sur les travaux, la vie domestique et la condition morale des populations ouvrieres de Ü Europe; es bespricht die Zustände der ländlichen und der Fabrikarbeiter mit vielen Detail-Angaben in ganz Europa; es zeigt, wie Vieles für beide Klassen zu wünschen bleibt, und man erkennt aus diesem im conseryativsten Sinne ge- schriebenem Werke, und auch anderweit tritt aus der Beobachtung der Ver- hältnisse die Überzeugung hervor, dafs das Fabrikwesen als ein neuer, bedeu- tender Factor in die Welt getreten ist, der Fabrikherr ähnlich wie früher der Gutsherr, nur freilich mit Aufrechthaltung voller persönlicher Freiheit, gleich- sam ein Patronat über seine Arbeiter übernehmen, sich um ihre Zustände be- kümmern, und selbst Abhülfe treffen müsse, wo sie möglich ist. Ist einmal der Sinn der Nation für Fabrication rege, so ist der Fortschritt nicht zu hemmen; dann denken die gebildeteren Unternehmer fort und fort auf Er- weiterung der Fabrication, und die arbeitende Klasse, die dann in ihren Be- strebungen und Ansichten, in Sitte und Lebensweise mit dem Fabrikwesen, wenn ich so sagen soll, immer mehr verwächst, durch dasselbe eine Menge Bedürfnisse befriedigt, die sie sonst nicht kannte, will aus diesem Leben und Treiben nicht heraus und sucht, wenn die eine Fabrik zurückgeht, bei der andern Arbeit. Eben aber, wenn der Sinn für fabricative Thätigkeit in der Nation immer mächtiger und mächtiger wird, entsteht die Meinung, dafs dieser Sinn und diese Tendenz in den Völkern ihrer geistigen und sittlichen Ent- wickelung nachtheilig sein müsse. Da schwindet, sagt man, der frühere pa- triarchalische Sinn, der Gehorsam, die schlichte Sitte, die zufrieden ist, wie beschränkt ihr das Loos dieses Lebens gefallen sein möge. Der Sinn auf Er- werb beherrscht das Gemüth des Unternehmers und Reichen wie des Arbei- ters und des Armen. Edle Aufopferung für grolse Zwecke, für das Wohl L112 452 Dierreaıcı über die Fortschritte der Industrie des Vaterlandes, finden keinen Anklang, sind nicht zu erwarten bei Völkern, in denen die Industrie herrscht. Wie der einzelne Mann zu tadeln ist, unserem moralischen Gefühl mifsfällt, wenn alles Sinnen und Trachten in ihm nur auf Erwerb geht und auf Eigenthum, und edlere Gefühle anderer Art ihm fremd werden, so kommen in diese Richtnng ganze Völker durch den Auf- schwung der Industrie. Man will solcher Richtung die Nordamerikanischen Freistaaten zeihen; Schlosser eifert in seiner Geschichte des 18. Jahrhunderts wiederholt gegen England und dessen hauptsächlich durch den Aufschwung der Industrie hervorgerufene Plutokratie. Wenn ein Volk, sagt man, in die Richtung der Industrie gekommen ist, so geht der Sinn für Wissenschaft und Kunst unter und wenn auch einzelne Reiche Sammlungen anlegen, selbst Gelehrte unterstützen, so schafft eine solche Nation doch nicht selbst pro- ducirende Geister für Wissenschaft und Kunst. Höchstens Mathematik und Naturwissenschaft, zumal sie dem Erwerb nützlich werden können, wer- den befördert; Humaniora vernachlässigt. Wo der Sinn auf Erwerb vor- herrscht, ist keine Stätte für das Studium der Alten, für die Sprachen, für die Philosophie. Ja selbst milder denkende ältere Männer machen wohl die Bemerkung: in unserer Jugend ging auch der ärmere Jüngling muthig an die Wissenschaft ihrer selbst willen, sie zu treiben, den Lorbeer zu er- ringen; jetzt denkt die J ugend viel mehr allein daran, wie sie erwerbe, welche Thätigkeit sie ergreife, um Geld und äufseren Wohlstand zu erreichen. Sa- gen so denkende auch nicht unmittelbar, dieser veränderte Sinn kommt durch die Industrie; ja meinen sie selbst, dafs diese Veränderung des Sinnes in der ganzen Gestaltung der Lebensverhältnisse seinen Ausgangspunkt und Grund haben müsse, nicht gerade in dem Aufschwung der Industrie, so kann man doch nicht abweisen, dafs gerade in dem Fortschritt der fabricativen 'Thätig- keit wenigstens ein Hauptmoment liege, für die Gesammtveränderung des Sinnes der Völker, der eben auch von früh an die ängstliche Sorge für Er- werb und materielles Gut herbeiführt. In wie weit sind diese Ansichten richtig? In wie fern wirkt die In- dustrie auf ein Herabziehen der Gesinnung in den Völkern? Ist es wahr, dafs durch den Fortschritt der Industrie es in geistiger und sittlicher Bezie- hung jetzt in den Nationen betrübender aussieht, geistige und sittliche Zu- stände zurückgegangen sind gegen die Zeit vor 50 oder 100 Jahren bei den eivilisirten Völkern Europas? und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 453 Ich vermag durch Statistik nicht positiv die Gröfse des Muthes, der Tugend, der ethischen und geistigen Entwickelung in Zahlen darzustellen. Nach der negativen Seite hin aber giebt die Statistik doch Fingerzeige und Anzeigen, nach denen es scheint, als ob die sittlichen Zustände der civi- lisirten Völker Europas nicht schlechter, sondern wirklich besser gewor- den seien. Das Verhältnifs der unehelichen Kinder ist im Preufsischen Staate seit 40 Jahren gleich geblieben; es stand 1816 1 : 13,42 und steht jetzt 1854 1:13,84. Auch in Frankreich ist es fast gleich geblieben, 1820 war es 1 : 14,45 und 1850 1 : 13,96. Für ganze Länder ist es in diesen Beziehun- gen immer am schlechtesten gewesen in Bayern; hier haben sich aber die Ver- hältnisse sogar etwas gebessert, es stand daselbst 1824 1 : 3,93, 1850 1 : 4,65 und 18% wie 1 : 5,07. Für England sind die Zahlen früherer Jahre insofern sehr ungenau, als die Dissenters ihre Verhältnisse nicht genau angegeben haben. Die Statistiker Englands und die Verwaltung des Landes ist in neuester Zeit auf diese Fragen sehr aufmerksam geworden. Die genaueren Ermittelungen der neueren Zeit ergeben (Tables of revenu etc. Bd XV Jahr 1847) für 1846 das Resultat, dafs das Verhältnifs sich stellt wie 1 : 14,64 also etwas besser noch als in Frankreich und Preufsen, während doch gerade in England der Aufschwung der Industrie am allergröfsesten ist. Im Re- gierungsbezirk Düsseldorf ist das 32., im Regierungsbezirk Königsberg das 41. Kind unehelich; und wenn hier auch andere Verhältnisse noch zu be- rücksichtigen sind, so ist doch gewils, dafs im preufsischen Staat die fabrik- reichen Gegenden nicht die gröfsere Zahl unehelicher Kinder haben. In Bezug auf den preufsischen Staat ist es ferner für die Sittlichkeits- Zustände der Nation doch jedenfalls eine sehr merkwürdige Erscheinung, dafs, während die gesetzlichen Bestimmungen unseres allgemeinen Landrechts die Ehescheidungen aufserordentlich erleichtern, namentlich in den pro- testantischen Theilen unseres Staats, auf welche jene landrechtlichen Bestim- mungen vorzüglich ihre Anwendung finden, die Zahl der Ehescheidungen gegen die Zunahme der Bevölkerung verglichen, ganz aufserordentlich ab- genommen hat. Im Jahre 1818 fiel in der Provinz Brandenburg auf je 247 Ehen eine Scheidung und im Jahre 1851 erst auf je 485; in Pommern fiel 1818 eine Scheidung auf je 411 Ehen, 1851 erst auf je 617; in Sachsen fiel auf je 439 Ehen 1818 eine Scheidung und 1851 erst aufje 726 Ehen; in der Provinz 454 Diererıcı über die Fortschritte der Industrie Preufsen, in welcher im Ermellande und in Westpreufsen allerdings eine be- deutende katholische Beimischung ist, kam 1818 eine Scheidung auf 423 Ehen und 1851 auf 618 Ehen; in Schlesien, welches nur halb evangelisch ist, kam 1818 auf 927 Ehen und 1851 erst auf 1036 Ehen eine Scheidung. In allen diesen Provinzen stellt sich demnach heraus, dafs 1851 auf sehr viel mehr Ehen eine Scheidung fällt, als 1818, also der Ehescheidungen sehr viel weniger geworden sind. Das Schliefsen vieler Ehen ist allerdings zu wünschen, doch aber mit dem Hinzufügen, dafs die Schliefsung zu vieler Ehen wohl auch auf einen gewissen Leichtsinn bei Eingehung der Ehen deutet. Nun kamen im Preufsi- schen Staat 1818 auf 95,49 Einwohner eine neu geschlossene und 1851 auf 109,68 Einwohner erst eine neu geschlossene Ehe. Das ist immer noch viel, aber dies Verhältnifs zeigt, dafs die Bevölkerung doch etwas vorsichtiger im Eingehen neuer Ehen ist und leichtsinnige Ehen 1851 mehr mögen vermie- den worden sein, als noch 1818 der Fall war. Früher kam es häufiger vor, als jetzt, dafs in den niederen Ständen Wittwen von mehr als 45 Jahren junge Männer heiratheten, die auf dem Lande die Wirthschaft, in den Städten die Werkstatt durch ihre Heirath er- hielten. 1818 waren unter 100 neu geschlossenen Ehen 5—6 solcher Ehen, jetzt nur 2—3; in der Rheinprovinz sind noch jetzt solcher Ehen unter 100 nur 2,7; in der Provinz Posen 4,95. Es scheint aus diesen und ähnlichen statistischen Wahrnehmungen wohl hervorzugehen, dafs in den industriereichen Gegenden, auch in Bezug auf allgemein menschliche Verhältnisse meist bessere Zustände hervortreten, als in Gegenden, in denen die industrielle Thätigkeit noch nicht geweckt ist. Man hört sehr oft das Gegentheil behaupten. Man rühmt das patri- archalische Verhältnifs zwischen Gutsherrn und Arbeiter; da werde nicht alles zu Geld gerechnet, da sei persönlicher Einflufs, da würde in natura ge- liefert. Schon Taeitus (Germania V.) eitirt man wohl, sage von unsern Vor- fahren, ihr Reichthum bestehe in ihrem Viehstand. Numero gaudent. Eaeque solae et gratissimae opes sunt. Argentum et aurum propitii an irati dii nega- verint, dubito. Lasse man sich nicht täuschen durch idyllische Vorstellun- gen. Es ist ein Fortschritt in der Civilisation, es ist ein Vortheil, wenn die Geldwirthschaft an Stelle der Naturalwirthschaft überall und auch selbst in der Landwirthschaft vorherrscht. Dann kann ein Jeder bei Eingehung der und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 455 Ehe sich in der Rechnung und in Zahlen klar machen, ob und inwiefern er sich und die Seinigen wird erhalten können, dann werden weniger auf gut Glück hin in den niederen Ständen Ehen geschlossen werden. Die hier angedeutete Ordnung im Familienleben bei möglichst schar- fer Berechnung der Einnahmen gegen die Ausgaben führt in den industrie- reichen meist dicht bevölkerten Gegenden auch dahin, dafs die Kinderzucht geregelt wird, medicinal-polizeilich durch eine hinreichende Zahl von Ärzten kleinere Übel beseitigt werden können, so dafs, wie ich schon in meiner Ab- handlung vom 22. Juli 1852 ausgeführt habe, die mittlere Lebensdauer in der Rheinprovinz länger erscheint, als in der Provinz Posen. Wie im Allgemeinen das bei dem Fabrikwesen für den Arbeiter noth- wendig nach Einnahme und Ausgabe streng geregelte Leben zu einer ge- wissen Ordnung in der Häuslichkeit führen mufs, und er in dieser Beziehung oft weiter kommen dürfte, als der Tagelöhner auf dem Lande, der allerdings voraus hat, in freier Luft zu leben, so wird der Fabrik-Unternehmer, so wer- den Techniker und Werkmeister, alle, die irgend in der Fabrik auch in klei- nerem Grade Arbeiten zu leiten haben, zu einer vorzüglichen Aufmerksam- keit auf ihr Geschäft, zu einer ganz besonderen geistigen Thätigkeit ange- regt. Es ist überwältigend, wenn man in eine grofse Fabrik tritt und sieht das Ineinandergreifen vieler Maschinen, sehr vieler einzelner Arbeiter, die doch alle zusammenwirken, für welche Alle nur ein Zweck, die endliche Darstellung des Fabricats, die Aufgabe ist. Wie die Dampfmaschine allein gleichsam eine Niederlage ist, von einer Menge Gedanken der scharfsin- nigsten Männer, so ist die Leitung eines Fabrikwerks nur dem denkenden, geistig aufserordentlich angestrengten und thätigen Menschen möglich. Sollte in fabrikreichen Gegenden die in denselben das ganze Leben beherrschende Aufgabe so vieler Tausende, die theils Vorstände ganzer Fabriken, theils einzelner Abschnitte derselben sind, der geistigen Kraft, der Bildung, dem Fortschritte in der Intelligenz nachtheilig sein? Ich kann es nicht glauben, und das um so weniger, als die Erfahrung lehrt, dafs man in Fabrikgegenden durch alle Klassen der Gesellschaft verhältnifsmäfsig mehr gebildete Personen trifft, als in Gegenden in denen alle Fabrication fehlt. Der menschliche Geist aber ist ein Ganzes und wird die Denkkraft durch die herrschende Thätigkeit fabrikativen Lebens geweckt und gefördert, so muls das von wohl- 456 Dir terıcı über die Fortschritte der Industrie thätiger Folge sein für den ganzen Zustand der intellectuellen Bildung einer Bevölkerung. Auch auf die Landwirthschaft wirkt dieser mehr geweckte Sinn zu- rück. Sie ist in den gebildeten Staaten Europas und namentlich im Preufsi- schen Staate in den letzten Jahren aufserordentlich gestiegen. Sie stieg durch die Bildung der Landwirthe selbst. Erst durch Thaer ist der Begriff ratio- neller Landwirthschaft recht zur Anwendung gekommen. Aber sie steigt auch durch den Zusammenhang mit der Industrie; sie verbessert sich mit dem Aufschwung derselben. Je mehr sinnreiche Maschinen für den Acker- bau erfunden und in Anwendung gebracht werden, um so mehr wird aus dem Boden gewonnen, je stärker aber die ländliche Production wird, um so mehr wird auch Beschäftigung für den ländlichen Arbeiter sich finden, sein Zustand sich verbessern. Dafs deshalb, weil Mathematik und Naturwissenschaft von unmittel- barem Einflufs auf Fabrication sind, in Gegenden, in welchen die Fabrication herrscht, nur diese befördert und humaniora vernachlässigt würden, ist theils factisch nicht richtig, theils auch in der Natur der Sache nicht begründet. Die Wissenschaften sind alle zusammen ein grofser Blüthenkranz des mensch- lichen Geistes. Mathematik und Naturwissenschaften kränkeln, wenn Forschungen in Geschichte, Sprachkenntnifs und Philosophie stillstehen oder zurückgehen. In Methode, Art und Weg der Untersuchung und Forschung lernt eine Wissenschaft von der anderen. Die grölsesten Geister in der Wissenschaft, dehnen sich nach allen Seiten derselben hin aus, ohne dafs der Forscher deshalb ungründlich wird. Leibnitz war der gröfseste Mathe- matiker seiner Zeit und ebensogrols als Philosoph, als Jurist, als Historiker. Der Kosmos konnte nicht geschrieben werden, ohne Vereinigung grofser naturwissenschaftlicher und philologischer Kenntnisse. Und ist es denn wahr, dafs in Ländern, in denen die Fabriken blühen, die humanen Wissen- schaften zurückgehen? Hat die Sprachwissenschaft nicht gerade jetzt eine glänzende Epoche in der Erweiterung ihrer Forschungen durch verglei- chende Sprachkunde, durch Erscheinen der correctesten Editionen, durch Darstellung der Zustände des Lebens unter den Alten, wie sie nie in früherer Zeit gegeben worden, durch Eröffnung ganz neuer Sprachgebiete? Sind wir, ist England und Frankreich denn arm an Historikern? und wenn man auf Nordamerika zeigt, so möge man nicht vergessen, dals dort ein jüngeres und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 457 Staatengebilde ist, in welchem zuerst allerdings für das materielle Gut ge- sorgt werden mufste, aber nachdem dies geschehen, wissenschaftliche Unter- nehmungen und Leistungen in jener Hemisphäre angebahnt werden und zu Tage kommen vom allergröfsesten Maafsstabe. Wird geäufsert, dafs der Sinn in der gebildeten Jugend sich früher rücksichtsloser, sorgloser und weniger bekümmert um die Zukunft in die Wissenschaft warf, als jetzt der Fall ist, so fehlt es im eigenen Vaterlande ja nicht an vielen jungen Gelehrten, die gerade in den Humanitäts-Wissen- schaften sich mit aller Kraft in die Forschung werfen, lediglich aus Liebe zur Wissenschaft, sehr oft ohne auch nur entfernte Aussicht auf ein sicheres Unterkommen, Jahrelang durch Noth, Entbehrung und die kümmerlichste Existenz sich hindurchwindend, lediglich im Interesse ihrer Wissenschaft und wissenschaftlichen Forschung. Sagt man endlich, die ganze Nation wird verweichlicht, es verschwin- det der muthige Aufschwung, wenn das Fabrikleben herrschend wird, so liegt auch diese Consequenz nicht nothwendig in der Natur des Fabriklebens und die Annahme wird auch nicht durch die Erfahrung bewiesen. Es giebt viele Fabrikzweige, welche die Körperkraft stählen, es gehören dahin alle Maschinen-Fabriken, ja fast alle metallischen Fabricationen; ja selbst in grofsen Maschinenspinnereien, in Tuchfabriken und anderen giebt es viele Arbeiten, welche eine tüchtige Kraft erfordern, und es liegt auch recht eigent- lich im Wesen der Fabrication, dafs ganz leichte Arbeiten immer mehr und mehr durch Maschinen verdrängt werden. Wenn in Bezug auf kriegerischen Muth der Nation Ad. Smith aus- führt, (3. 1.) stehende Armeen allein verschaffen den Nationen Sieg, so er- kenne ich die Nothwendigkeit tüchtiger stehender Heere unbedingt an. Wenn aber Ad. Smith Milizen und ähnliche Einrichtungen gering achtet, so beweisen unsere Landwehren das Gegentheil. Sie sammelten sich 1813 vom Pfluge und von der Werkstatt und schlugen sich tapfer. Auch in Frankreich und England blühen die Fabriken, die Heere dieser Verbündeten zeigten in dem jetzt beendeten schweren Kriege gegen Rufsland gewifs nicht Mangel an Muth. Der kriegerische Geist einer Nation hat eine andere Wurzel, will für sich betrachtet sein und ist er vorhanden, so wird er sich zeigen, wenn es das Philos.-histor. Kl. 1855. Mmm 458 Dierterıcı über die Fortschritie der Industrie Vaterland gilt, mögen die Einzelnen, aus denen das Heer besteht, bis dahin bei dem Ackerbau oder bei Gewerben und Fabriken thätig gewesen sein, Nach allen diesen Ausführungen bin ich der Meinung, dafs der Auf- schwung der Industrie in einer Nation eine Wohlthat für dieselbe sei, dafs der Staat sie in aller Weise zu befördern und zu begünstigen habe, dafs die Übel, welche man diesem Gang der Entwickelung oft nachsagt, theils über- trieben, theils zu beseitigen und zu mildern sind. Die Industrie schafft eine solche Menge von Gütern in vielen Zweigen menschlicher Lebensbedürfnisse, dafs dieser Überflufs in andererer Weise gar nicht zu erreichen ist und der einem Volke in dieser Weise gewährte Wohlstand schon an sich eine sehr grofse Wohlthat für sie ist. Der Aufschwung der Industrie wirkt vortheilhaft auch auf die Land- wirtbschaft, welche der Erfindung und Anwendung zweckmäfsiger Maschinen für ländliche Arbeiten grofsen Fortschritt verdankt. Der Zustand der ganzen Nation und so auch aller ländlichen Arbeiter wird besser, wenn Fabriken in einem Lande blühen. Der Nachtheil, welcher durch Heranziehung der Kinder und des weib- lichen Geschlechts zur Arbeit, durch ungesunde Luft in den Fabrikgebäuden, durch zu niedrigen Lohn herbeigeführt werden kann, ist an sich nicht noth- wendig, kann und wird durch humanere Bildung und gute Einrichtungen vermindert oder ganz beseitigt werden. Ebenso ist die Herabdrückung des Geistes einzelner Arbeiter durch Be- schränkung auf einen zu kleinen Thätigkeitskreis oft übertrieben dargestellt worden, der Fortschritt in den Erfindungen selbst ist das beste Mittel gegen solche Mifsbräuche. Dafs die Zustände der Sittlichkeit durch das Fabrikwesen verschlech- tert würden, ist im Ganzen und Grofsen nicht nachzuweisen. Dafs die Nation durch Fabriken entnerve und den Muth verliere, wird durch die Erscheinungen des Lebens und die Kriegsgeschichte der neuern Zeit widerlegt. Die Fabriken zwingen den Arbeiter zur Ordnung und Häuslichkeit, sie erwecken bei Vielen in der Fabrication etwas höher stehenden ein Nach- und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern etc. 459 denken und Anstrengen des Geistes, wie in keiner andern Beschäftigung, und das um so mehr, als jeder Fehlschlufs in der Ausführung hier baaren Geld- verlust bringt. Sie häufen die Capitalien in der Nation und geben durch diese und durch den Vertrieb ihrer Waaren selbst unmittelbare Veranlassung zum aus- wärtigen Handel und wirken auch dadurch und die Verbindung mit andern Völkern zur Verbreitung neuer Ideen, zum Fortschritt der Bildung. Dieser Vortheil erstreckt sich auch auf die Landwirthschaft. Wächst der Wohlstand durch die Fabriken, wird erhöht die Thätig- keit und Anstrengung in der ganzen Nation zum Erwerb neuer Güter, so theilt sich diese erhöhte Thätigkeit nach der Natur der Dinge allen übrigen Bestrebungen mit, auch der Fortschritt der Künste und Wissenschaften tritt ein, und ein besserer Zustand des Lebens verbreitet sich allgemein. Möge man daher nicht unbedacht den Fortschritt in den Fabriken angreifen, möge man abzustellen suchen, was in einzelnen Erscheinungen betrüben mag, deshalb aber den Gang der Entwickelung, des Fortschritts in der Fabrikation, nicht aufhalten oder gar hemmen wollen. Auch in dieser Erscheinung und in ihr recht eigentlich zeigt sich die Güte der göttlichen Vorsehung, welche das Menschengeschlecht, je thätiger und erfolgreicher es arbeitet, immer weiter zur Vervollkommnung führt. ——uui— | wer.“ PN Naar 2 WE ee u - een er 02 er Zn. er RN anna RT Hu FF UEERRNRRIENONG ya N ae Aa bee Ni re wer ne EPRSTBE TER PETER." an 1 ef u. 2 Bu en Ten gr \ EUIDenT Pete 2, ee 7 PIREENN "eu er unten Bi a re AR R U sa ER er ae > ee Sud) uk le va > ERTL TEZ nat A am RE er ee ale a ar Ka a a 3 ANÄEN (ia ‚rs PETER NT 7" si ya BR ERRTRIEER? = It AR £ Mack 3 ; Der KR zer war ur. 2 27 aan ee rom r ieh pe. er A Über Hermenbilder auf griechischen Vasen. on Var H” GERHARD. nnnannnnNNNmN [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 12. Juli 1855.] E.. ansehnliche Klasse von Kunstdenkmälern, im Einzelnen und von Sei- ten des Kunstwerths andern nachstehend, in ihrer zahlreichen Gesammtheit aber, zumal für Kunst- und Religionsgeschichte, unschätzbar, ist in den viereckten Bildern des Gottes Hermes und anderer in Hermenform darge- gestellter Personen uns überliefert, aus denen Herodot die verbreitetste Sitte der samothrakischen Mysterien, Winckelmann die Anfänge der bildenden Kunst ableiteten(!). Die Mehrzahl der dahin einschlagenden Marmorwerke findet in offener Räumlichkeit römischer Gärten, zu deren Einfassung sie schon im Alterthum vielfach dienten, oder an untergeordneten Stellen römi- scher und sonstiger Sculptursammlungen sich vor; selten nur von vorzüg- licher Ausführung, pflegen jene viereckten Götterbilder, die man von ihrer ersten Bestimmung für den Gott Hermes gemeinhin als Hermen bezeichnet, mit ihrer meist sehr fabrikmäfsigen Arbeit nur dann und wann auch den Reiz mannigfaltiger Darstellung zu verbinden. Vielmehr pflegt dem, oft an und über Mannshöhe reichenden, glatten Mamorschaft, den nur die Andeutung der Männlichkeit unterbricht, am häufigsten ein bärtiger, oft mit einem Stirn- band geschmückter, Kopf alterthümlichen Ansehens aufzuruhen, dessen Züge es ungewifs lassen, ob Hermes selbst als eigenster Gott aller Hermen- bildung und alles öffentlichen Verkehrs im ausschliefslichen Besitz jener Kunstform geblieben, oder ob auch Dionysos, dem Übergewicht dieses Got- tes in aller späteren Kunstbildung gemäls, vielleicht in noch gröfserer Aus- dehnung damit betheiligt worden sei. Jene erstere Meinung hatte als die an und für sich wahrscheinlichere nicht nur Otfried Müller, sondern vor 462 GERHARD ihm bereits Zoega geäufsert, und wenn es mir aus der eigenen Rüstkammer dieses umfassendsten Kenners römischer Marmorwerke nächstdem gelungen war, die Einseitigkeit seiner von Müller befolgten Annahme zu widerlegen, dergestalt dafs an einer Berechtigung dionysischer Hermenbildung nicht mehr zu zweifeln ist(?), so darf diese Untersuchung doch erst alsdann für abgeschlossen gelten, wenn auch die Hermenbildungen rein griechischer Werke, namentlich der Gefäfsmalereien, mehr als bisher verglichen worden sein werden. Eine Vergleichung dieser Art habe ich, nachdem der Vorrath grie- chischer Vasenbilder mehr und mehr sich gesteigert hat, aus Denkmälern dieser Kunstgattung seit längerer Zeit vorbereitet(?) und glaube manchen neuen Stützpunkt für diesen Kreis monumentaler Untersuchungen gewonnen zu haben. Zu eröffnen ist jede neue Besprechung derselben mit dem zwar allbekannten Zeugnisse Herodots(*), durch welches wir angewiesen sind, die Kunstbildung der ithyphallischen Hermen als eine von Samothrake über Lemnos nach Athen, von Athen aus ins übrige Hellas gelangte Sitte zu be- trachten. Erkunden wir demnächst die Bedeutung dieser Sitte, so vermag der von Herodot gleichfalls bezeugte Zusammenhang dieses Kunstgebrauchs mit den samothrakischen Mysterien die Hermenbildung, sowohl des Hermes im Sinn eines zeugungskräftigen Werkmeisters der Schöpfung, als auch der neben ihm in jenen Mysterien hochgestellten Gottheiten, zu rechtfertigen; daher denn, wie Hermes, auch Dionysos und Aphrodite-Kora samt andern begriffsverwandten Gottheiten, nicht leicht aber Zeus oder andere Gotthei- ten eines nicht mystischen Dienstes, in hermenförmiger Bildung sich nach- weisen lassen(°). Die Marmorhermen römischer Gärten und Sammlungen stimmen in positivem sowohl als negativem Bezug hiemit wohl überein; indefs läfst sich zweifeln ob jene herodotische Auslegung auch allen römischen Hermen, des gräeisirenden Archaismus ihrer Kunst ungeachtet, zukomme, wie es denn vielleicht nicht einmal feststeht, dafs sie für alle Zeiten und Ver- hältnisse des griechischen Lebens dieselbe Gültigkeit gehabt habe. Die Vasenbilder, in denen Kampfspiele und Liebesbezüge in offenkundigem Übergewicht über die Gegenstände offenen oder vollends geheimen Götter- wesens sich dargestellt finden, kommen vielmehr der Ansicht zu gute, dafs wenigstens in der älteren griechischen Kunst die Hermenform sich fast ledig- lich auf Hermes beschränkte. Dafs in der Mehrzahl bärtiger Hermen über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 463 dieser Gott und kein anderer gemeint sei, wird uns in mehreren jener Vasen- bilder (Taf. I, 1—3. III, 2. 3. IV, 1. a. 5. c. 2) durch den am Schafte der Hermen abgebildeten Heroldstab, wie auch durch den die Herme bekrönen- den Petasus augenfällig, und die jenen Hermen verknüpften, grofsentheils religiösen(°), Darstellungen aus dem Gebiet jugendlichen Männer- und Frauenlebens stimmen mit dieser Ansicht vollkommen überein. Nur wenig gemischt mit seltnen archaischen Darstellungen des Hermendienstes (Taf. I, 1. 2), sind die gedachten Hermenbilder unserer Thongefäfse meist in der gefälligen röthlichen Zeichnung vollendeten Styls dargestellt. Obwohl es befremden kann, dafs sie nicht leicht die auf Kampf oder Sieg der Palästra gerichtete Wirksamkeit des Hermes andeuten, so ist die Einwirkung dieses Gottes doch um so schlagender im Bilde behaglichen Verkehrs, der Kampf- plätze sowohl als der in ihrer Nähe befindlichen Bäder, am liebsten in Momenten anschaulich gemacht, welche den kräftigen Gott jugendlicher Gymnastik zugleich als den Schützer persönlichen Jugendlebens, als den Vermittler der dabei obwaltenden geheimen Neigungen und als den Ge- währsmann ihrer Erfüllung darstellen. So finden wir in einem Gefäfsbild alterthümlichen Styls (Taf. II, 1) eine bärtige Herme um Rath und Weis- sagung angegangen; eine andere finden wir in gefälliger Zeichnung von Lie- besgöttern (Taf. II, 4), auch wol mit Saitenklang, umschwebt; wir ahnden leicht den erotischen Sinn noch anderer ähnlicher Gruppen, namentlich im Umkreis und Personal der Bäder (I, 4. II, 5. 5°), erblicken hie und da Frauen- liebe (Taf. II, 3) samt den Verirrungen ihres Mifsbrauchs dem Schutzgotte junger Männer empfohlen, und erlangen somit für die allgemeiner gehalte- nen Scenen eines am Bart gefafsten oder sonst nah angesprochenen Hermen- gottes einen bei löblichem oder unlöblichem Anlafs leicht auszufüllenden Hintergrund. Während nun diese Vasenbilder meistens in der gefälligsten Zeich- nung altgriechischer Zeit dem von Hermes geleiteten Jugendleben der Palästra entsprechen, zeigen andere nicht minder unverkennbare, bärtige, viereckte und ithyphallische Hermen dieses Gottes ihn in der minder erwar- teten Umgebung bacchischer Festlichkeit. Es ist dies der Fall auf einer Oenochoe mit schwarzen Figuren (Taf. II, 2), auf welcher ein scurriler Silen einer Herme zur Seite steht; die quer von ihm gehaltene Hacke gilt vielleicht den zur Bekränzung des Gottes von ihm abgeschnittenen und um 464 GERHARD die Herme desselben in reichlichem Umfang verbreiteten Zweigen. Aber auch in wohlgezeichneten Vasenbildern mit röthlichen Figuren, denen zumal die einer späteren unteritalischen Fabrik angehören, erblicken wir Hermen mit bacchischer Weihung (Taf. I, 5), Musik (IH, 1. IV, 1) und Begleitung, dergestalt etwa dafs eine bärtige Mantelfigur nach Art der Palästra mit einem Thyrsus versehen ist und mit ihr zugleich auch ein silenesker Thyrsusträger die Umgebung der Herme bildet (Taf. I, 2), oder so dafs einer mit dem Heroldstab am Schaft bezeichneten Herme und dem vor ihr stehenden Altar eine opfernde Frau von einem jungen Satyr begleitet sich nähert (Taf. IH, 2; vgl. IV, 1a. d. cc. 3.). Noch ein anderes unteritalisches Gefäfls zeigt in Umgebung seiner eben so unverkennbar dem Hermes geltenden obwohl un- bärtigen Herme eine darauf gestützte und eine Schale erhebende Frau nebst zwei bacchischen Gruppen, rechts einen Silen der einem bekränzten Jüng- ling eine Binde zeigt, links den jugendlichen seinen Thyrsus haltenden Gott Dionysos, dem ebenfalls ein Silen traulich sich anschmiegt (Taf. IV, 1 a). In allen diesen Darstellungen baechischen Hermendienstes ist aufser den augenfälligen Vertretern der bacchischen Weihe auch manche opfernde Frau zu bemerken; so zeigt uns ein Vasenbild eine Frau mit Opfergaben vor einer bärligen Herme sitzend, die durch den ihr Haupt bedeckenden Modius auf Gräberdienst, sei es für Hermes oder für Dionysos, hinweist (Taf. IV, 3). Ähnlicher Frauendienst neben Hermen findet aber auch in gröfserer Ge- sellschaft sich vor: so ist auf einem anderen Gefäls (Taf. III, 1) neben Herme und Altar eine den Schaft umfassende bekränzte Frau nebst drei an- dern theilnehmend zuschauenden Personen, Jünglingen und Jungfrauen, zu sehn, und diese Frauenscenen wiederholen sich in noch anderen ähnlichen Gefäfsmalereien. So finden, in einem unedirten Tischbeinschen Vasenbild, einer bartlosen Herme, auf deren Untersatz Opferschale und Lorberzweig bemerkt werden, zwei Frauen sich beigesellt, von denen die eine, mit Schüssel und Schale versehen, der Herme opfernd sich naht; ihre Begleite- rin stützt einen nach Art des Thyrsus bekrönten Stab auf (Taf. IV, 2). In einem andern aus gleicher Quelle bekannten Gefälsbild (Taf. IH, 1) bleibt das Hauptmotiv seiner Darstellung, ein Spiel mit kleinen Beeren, noch zu erklären; unzweifelhaft aber ist als Mittelpunkt des Ganzen wiederum eine Herme samt deren bacchantischer, aus Tympanumschlägerinnen und deren Begleitern zusammengesetzter, Umgebung. Aus allen diesen Beschreibungen über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 465 geht zur Genüge hervor, dafs eine gewifse den viereckten Hermenbildern geweihte Verehrung im gemeinsamen Verein von Jünglingen und Frauen (vgl. noch III, 2. IV, 3), aber auch in engem Zusammenhang mit dem bacchischen Dienst hier gemeint ist, der nicht nur durch Thyrsus und Tym- panum sondern auch durch die Gegenwart bacchischen Personals, der Silene sowohl als auch des Dionysos, sich kund giebt. Eine ganz ähnliche Gesell- schaft bleibt aus einem Wiener Gefäfsbild (Taf. IV, 1) zu erwähnen noch übrig; aus drei Jünglingen und zwei Frauen bestehend, deren jede ein Tym- panum hält, wird diese Versammlung bacchischer Hermesdiener hier zuletzt genannnt, weil das dort dargestellte Idol den vorgedachten Hermen zwar ähnlich, aber durch zweideutiges Geschlecht, bauschige Brust und weibischen Kopfputz, bei männlich bezeichnetem Schaft, von jener vorigen auch wesent- lich verschieden ist. Einige ähnliche Hermenbildungen hatten in Denkmälern statuarischer Art schon früher sich vorgefunden, in denen ich die Iydisch-kyprische Vorstel- lung des mannweiblichen Hermaphroditos erkannte(”). Auf den bemalten Gefälsen, in denen jene weibische Hermengestalt den vorher erwähnten nicht seltenen Bildern des mannhaften Gottes der Palästra eben auch hie und da (Taf. IV, 1. fa. 15. 1c. 3), obwohl nur bei unteritalischer Herkunft, zur Seite rückt, wird sie im Zusammenhang des Mysterienwesens erklärlich, welches, in die Gefäfsmalereien der älteren griechischen Kunst oft sehr un- zeitig eingedrängt, um so unfehlbarer in dem Mysteriendämon (°) der ungleich jüngeren unteritalischen Vasen uns vorliegt. Wenn nämlıch die monumen- talen Beweise, welche durch eben diese Vasen für die Verbreitung bacchi- schen Dienstes in Apulien und Lukanien uns gegeben sind, einer vor- sichtigen Kritik noch ganz neuerdings nicht genügend erschienen um die Einwirkung des bekannten römischen Senatsverbots der Bacchanalien vom Jahr 568 Roms weiter als nach Etrurien und Kampanien(°) auszudeh- nen, so zeugen doch selbst Worte des Livius’ dafür, dafs jenes für uns aus Bruttien‘ erhaltene Senatsverbot für ganz Italien galt, zumal der Dionysosdienst Unteritaliens? reichlich auch sonst bekannt ist und an einen Wechselbezug so leidenschaftlicher Kulte für die einander benachbarten Landstriche Kam- paniens, Apuliens und Lukaniens sich auch aus inneren Gründen kaum zwei- feln läfst. Zur Feststellung unteritalischer Bacchusmysterien kommt es je- doch auf die Feststellung solchen Wechselbezuges nur wenig an; denn der Philos.-histor. Kl. 1555. Nnn 466 GERHARD eigentliche Ursprung jener Mysterien Grofsgriechenlands ist nicht sowohl auf Landschaften Italiens als auf das griechische Mutterland, namentlich auf Athen, zurückzuführen: eine ziemlich einleuchtende Annahme, wenn anders der sehr entwickelte, von Athen aus auch sonst noch nach Norden und Süden getragene, Kunstgebrauch jener Vasen in Übereinstimmung mit dem darauf sichtlichen Einflufs attischer Sitte und Dichtung, namentlich des Dramas, unwidersprechlich auf Athen zurückweist, und auch der cerealisch-bacchische Dienst apulisch-lukanischer Vasen nirgend treffender als in Attika sein Vor- bild findet. Nachdem Ritschl in einer vor längerer Zeit zu Rom geschrie- benen Vasenerklärung die dunkele Eigenthümlichkeit der grofsgriechischen Mysterien denen von Eleusis und Samothrake gegenüber betont hatte (1), blieb das Bedürfnifs einer ins Einzelne gehenden Untersuchung jenes schwie- rigen Gegenstandes bis auf die neueste Zeit unerfüllt, in welcher der oben- gedachte Einspruch Otto Jahn’s das geschichtliche Dasein der unteritalischen Mysterien samt deren Mysterienbildern und Hermaphroditen schlechthin bestreitet. Bei dieser Sachlage läfst sich an dieses weite Gebiet grofsgrie- chischer Religion und Mystik nun wol nicht mehr streifen, ohne den Ein- zelheiten der darauf bezüglichen Vasenkunde durch allgemeine Erkundung der ihr zur Grundlage dienenden Erscheinungen des Götterwesens und Götterdienstes, mehr als bisher geschah, Rechnung zu tragen. Ob und welcherlei Mysterien in jenen grofsgriechischen Landen statt- fanden, könnte vielleicht schon dadurch aufser Zweifel gesetzt erscheinen, dafs Demeter sowohl als Kora, Triptolemos nicht minder als Dionysos, im religiösen Ideenkreis jener Gefäfsbilder obenanstehn. Dies allbekannte, von Hermes und Hekate als Ministranten begleitete, göttliche Personal der eleusinischen Weihe(!'!) war jedoch in Attika selbst von der Einmischung mannigfachen sonstigen Götterwesens nicht frei geblieben, so wenig als der dabei unvermeidliche Rückschlag auf die Beschaffenheit des cerealisch-bacchi- schen Dienstes ausbleiben konnte. In Bezug auf phrygische Einwirkungen lassen Euripides und Demosthenes dies in einem Umfange uns erkennen, dessen, die Cista mystica mit sich führender, Einflufs auf die Kunstdenkmäler am deutlichsten in der sabazischen Sitte römischer Sarkophage sich kund- giebt('’). Zahlreiche andere Religionsmischungen, ausgegangen vom Ar- temis-Herakles- und Dioskurendienst attischer Demen, zeigt uns ein apulisches Gefäfsbild('°) des eleusinischen Heiligthums durch jener Gottheiten Ver- über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 467 einigung mit Demeter Kora und Dionysos, ohne dafs der von Athen nach Eleusis nicht selten hinübergetragene Athenadienst (') oder ein anderer sehr wesentlicher Bestandtheil des an Eleusis geknüpften späte- ren Mysterienwesens dabei zu bemerken wäre. Es kann nämlich nicht feh- len, dafs eine solche Anknüpfung von Seiten der in attischen Küstenorten zugleich mit Eros Adonis und dem Hermaphrodit verehrten Aphrodite ('%*) stattfand, zumal deren nicht unbezeugte Paarung mit Dionysos, und zumal auch ihre sepulerale Bedeutung von Thessalien Korinth und Delphi her? zur Verschmelzung mit der eleusinischen Persephone-Kora aufforderte. Eine solche Hochstellung Aphroditens ist im Ideenkreis unteritalischer Vasen zu- gleich mit den ihr eng verbundenen Gottheiten Pan und Eros‘ leicht zu verbürgen, deren Herkunft aus anderen attischen Demen eben so leicht vor- ausgesetzt werden darf als es nahe liegt, dem aus Kleinasien stammenden Aphroditedienst des Vorgebirgs Kolias, vielleicht zugleich mit dessen Töpfer- gilden, auch nach Italien verbreitet zu glauben. Jener Einmischung Aphroditens und ihres Flügelknaben in religiöse Satzungen der eleusinischen Art mag es nun vorzugsweise zu Schulden kom- men, wenn das Mysterienwesen der unteritalischen Vasen, in Übereinstim- mung mit ähnlichen des späteren Athens, von der älteren attischen, aus Nola Sieilien und Eturien uns oft vorgeführten, Sitte sich unterscheidet. Die heilige Ehe, durch welche der mit Demeter und Kora vereinigte Diony- sos, von einem mystischen Spröfsling begleitet, in mystischer Form densel- ben Sinn des Naturlaufs ausdrückt, der anderwärts in der heiligen Hochzeit von Zeus und Hera sich kund gab, war für die italischen Hellenen nicht minder als für Athen und Eleusis ein Glaubenssatz, welcher jedoch im Fort- gang seiner Entwickelung mancher Änderung, namentlich durch jene aphro- disischen Elemente, unterlag. Die dionysische Braut(!%), in welcher nach Mafsgabe örtlicher Verschiedenheiten Kora® sowohl und Ariadne? als auch Aphrodite‘ erkannt ward, finden wir in den unteritalischen Vasen im euphe- mistischen Charakter einer aphrodisisch reizenden Kora? dargestellt, in deren Begleitung demnächst der von Aphrodite unzertrennliche Eros’ zum Dämon jener Mysterien ward und neben den Liebesscherzen anakreontischer Art seine ernstere Bedeutung in Hochzeitsbildern, wie auch in Thronsetzungen einer nach Art der Dionysosehe gefeierten Braut, dann und wann uns er- kennen läfst. Nnn? 468 GERHARD Im Zusammenhang solcher Einmischung von Aphrodite und Eros ins eleusinische Götterwesen, dessen spätere, etwa nach Alexanders Zeit eingetretene, Zustände wir in den grofsgriechischen Vasenbildern erblicken, wird es denn auch erklärlich, weshalb wir auf dem bereits oben erwähnten Vasenbild der Wiener Sammlung (Taf. IV, 1), statt des Stammvaters eleusi- nischer Herolde und Opferer Hermes, ein mit Hermes sowohl als mit Aphro- dite verknüpftes Idol vorfinden, welches theils durch seine Gestalt und Be- nennung, theils auch durch die ringsum bemerkliche Schaar von Verehrern, unsre genauere Betrachtung in Anspruch nimt. Durch Heroldstab und Hermenform giebt es einen Hermes, durch Frauentracht aber eine Göttin uns zu erkennen, und zwar eine solche welche, wie Hekate oder auch Aphro- dite, mit dem einer ähnlichen Figur zugetheilten Attribut einer Strahlen- krone(!7°) verträglich ist. Die Benennung eines Hermaphroditen, zupassend zu den in häuslicher Andacht bekränzten Göttergestalten die Theophrast? in einer viel besprochenen Stelle erwähnt, kann hier mit demselben Recht angewandt werden, mit welchem sich ähnliche Darstellungen in Marmor und Erz, trotz ihrer Hermenform und Männlichkeit mit weiblichem Kopf und auch wol mit dem Modius, dem Abzeichen der Erdgottheiten und des Dio- nysos, verknüpft‘, schon früher als Hermaphroditen bezeichnen liessen. Ohnehin kann der eigenste Sprachgebrauch dieses Wortes” nur einen Aphro- ditos in Hermenform, dem Hermeros und ähnlichen Wortbildungen gemäfs, uns bezeichnen; der Mythos vom androgynen halikarnassischen Sohn Hermes’ und Aphroditens ist, ebenso sehr wie die verzärtelten Kunstbildungen des- selben, hievon unabhängig. Welche religiöse Geltung aber konnte der aphrodisische Gott oder Dämon, dessen merkwürdigen attischen Festesbrauch das vorliegende Bild wiederholt, in der Gesammtheit der unteritalischen Gefäfsbilder haben, denen das gegenwärtige angehört? Zweierlei Lösungen bieten zu Beantwortrng dieser Frage sich dar. Zuvörderst wäre es nicht undenkbar, im weiblichen Kopfe jener mit Hermesstab bezeichneten Idole die Hekate ('°) gemeint zu glauben, die man, unabhängig von ihrer attischen Dreigestalt‘, von Samothrake her mit Aphrodite vermischt weils’; es wäre dann in der fraglichen Zwittergestalt das gemeinsame Pförtneramt dargestellt, welches Hermes sowohl als Hekate in den Mysterien bekleideten‘, und welches ein andermal auch in vierköpfiger Hermenbildung? verschmolzen erscheint. Andererseits aber wird man, ausgehend von dem geflissentlich weibischen Cha- über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 469 rakter des Idols und von der kurz vorher berührten aphrodisischen Verweich- lichung der als Dionysosbraut gedachten Kora, es auch nicht unwahrscheinlich finden, dafs man das Kind dieser mystischen Ehe mit aphrodisischem Antlitz und hermesähulicher Pfeilerbildung sich dachte; dieses vorausgesetzt, würde unser apulischer Hermaphrodit vielmehr der Idee des eleusinischen Iacchos entsprechen, der bei den Orphikern in der That auch für mannweiblich galt('”). Ein längst durch Tischbein bekanntes Vasenbild kommt dieser Gleichsetzung des Hermaphrodit mit Iacchos’ in überraschender Weise zu Hülfe (es ist das bereits vor längerer Zeit von mir auf Iacchos gedeutete Bild eines von Greif und Panther gezogenen Hermaphroditen), und auch die Strahlenbekränzung‘, die einem jener Idole zugetheilt ist, kann dieser Vermuthung zu Gunsten gereichen. Hermaphroditen im Personal des griechischen Mysterienwesens nach- zuweisen (2°), fehlt es auch sonst keineswegs an Belegen. Obenan ist zu solchem Behufe aus den drei einander verbundnen Mysterienreliefs im Hause Colonna zu Rom das Bild eines stehenden Hermaphroditen zu nennen, den Eros bekränzt; diese auch statuarisch vorhandene Gruppe?!) ist in einer bacchischen Umgebung dargestellt, deren Bezug auf Mysterien sich unmög- lich verkennen läfst. Noch andere Kunstwerke mehr werden in gleichem Sinn zu erklären sein, ohne der üppigen Kunstrichtung schlummernder und enthüllter Hermaphroditen anheimzufallen. Ueberdies kommt, den Antheil des Hermaphroditen an den Eleusinien Grofsgriechenlands nachzuweisen, die, wenn nicht androgyne, doch überaus weibische (??) Bildung des von der aphrodisischen Kora unzertrennlichen Eros in Anschlag, ihres und des auch für ihre Mysterien geeigneten Dämons, welcher jedoch mit dem Hermaphro- diten nicht verwechselt werden darf. Statt aber diesen Ideen- und Bilderkreis des mystischen Hermaphro- diten und Eros hier weiter zu verfolgen, liegt es für unsern Zweck näher, das Wiener Vasenbild (Taf. IV, 1), von dem wir ausgingen, auch in Betreff des um sein Hermenidol versammelten Personals ins Auge zu fassen. Nicht nur das von zwei Frauen gehaltene Tympanum bacchischen Paukenschlags ist dort beachtenswerth und zu unserer Deutung des dort gefeierten Götter- bildes wohl stimmend, sondern es ist auch die Mischung beider Geschlechter hervorzuheben, welche in der religiösen Sitte der Italioten mehr als in Athen stattgefunden zu haben scheint und, wie bei dieser Darstellung einer Ado- 470 GERHARD ration, auch in dem oft mit Festgeräth um ein Grabmal versammelten Per- sonal ähnlicher Vasenbilder (?*) bemerkt wird. Während ein älterer Myste- rienbrauch, in den Thesmophorien wie in den Festen der Bona Dea noch spät fortdauernd, zur derben Symbolik agrarischer Ehefeste geschlossene Frauenversammlungen heischte, legte die Sitte der Eleusinien dem Beisam- mensein beider Geschlechter kein Hindernifs in den Weg, und dieser attischen Festsitte gemäfs liefs auch der unteritalische, mit cerealisch - bacchischem Dienst durchgängig verknüpfte, Götterdienst seine gymnastische, Hochzeits- und Gräbersitte in freier Geselligkeit beider Geschlechter bestehen. Von diesem grofsgriechischen Ritual und den für dasselbe besonders lehrreichen Vasenbildern wenden wir uns zu den bärtigen Hermenbildern andrer Gefäfsmalereien zurück, von denen diese Erörterung ausging. Nach Mafsgabe des älteren oder jüngeren Styles dieser Hermendarstellungen ge- lang es uns, eine durchaus volksmäfsige und nüchterne Auffassung der Hermen, im Sinne des kräftigen zugleich und listigen Gottes der Palästra, von der späterhin eingetretnen des mystischen Hermes und des ihm verwand- ten Hermaphroditen zu unterscheiden. Die wichtige Stellung, die wir hie- bei dem letztern beimessen, erklärt sich theils aus der Gleichsetzung der mystischen Kora mit Aphrodite, theils aus der Stellung des Hermes zu den Mysterien (*) von Samothrake und Eleusis: als samothrakischer Kadmilos und Freier der Brimo°, als Ahn priesterlicher Keryken?, aber auch als Stell- vertreter und Pförtner‘ des cerealisch-bacchischen Dienstes durfte er eine gleich hohe Geltung beanspruchen, wenn auch Hekate oder die ihr gleich geltende Artemis-Propylaia bald eine Führerin zur Kora bald eine derselben entsprechende selbständige Göttin darstellte. Dafs eine solche, aus innern Gründen wahrscheinliche, Hochstellung dem Hermes wirklich zu Theil ward, finde ich weniger als man noch neulich vorausgesetzt hat bezeugt; doch scheint sie den einzigen Ausweg darzubieten um die gleichmäfsige, viereckte sowohl als bärtige, Hermenbildung des Hermes(*5) und des Dionysos zu er- klären, deren Verwechselung vielleicht nicht unabsichtlich bereits im Alter- thum anhob. Die Erscheinung, den Mystagogen und Mittler mit gleichem Eifer verehrt zu sehn als den höchsten Gott selbst, hat in aller Religions- geschichte zahlreiche Analogien; auf das Verhältnifs des Hermes zum Diony- sos sie anwendbar zu finden, kommt jene räthselhafte Thatsache der beiden Göttern zupassenden Hermenbildung uns zu statten. über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 471 Die Deutung bärtiger Hermen des bacchischen Bilderkreises auf Her- mes wird uns zuvörderst in einem der drei Mysterienreliefs des Hauses Co- lonna zu Rom durch Gegenüberstellung der Artemis-Propylaia und durch den Umstand aufgedrängt, dafs ein Hermaphrodit vermittelst eines von ihm gehaltenen Eros jene Herme mit Lorbeer oder mit Myrten umkränzt. An- dere dem Dionysos, der Aphrodite oder auch einer Frühlingshore gepaarte bärtige Hermen können mit gleichem Fug dem Dionysos selbst oder dem seine Mysterien ordnenden Hermes-Kadmilos zugerechnet werden; um so entschiedener aber gehören zahlreiche andere ähnliche dem Dionysos(°°). Es ist dies der Fall in der dreifachen Herme Chablais‘, wo dem bärtigen Kopfe des Dionysos der weibliche Kopf der Kora und ein bartloser des Her- mes verbunden sind; dionysisch sind ferner noch manche andere Marmor- hermen” samt andren der Sarkophagbilder‘ und Thonreliefs‘, dionysisch die Hermen lesbischer Münzen‘ und manches Gemmenbild/, und ebenso unbe- streitbar dem Dionysos geltend ist aufser dem uns vorliegenden Hermenpaar von Dionysos und Kora (Taf. V,4) vermuthlich noch eine oder die andre Ge- fäfsmalerei®. Diese Belege hermenförmiger Bildung des Dionysos lassen sich noch weiter fortsetzen. Ein bisher unedirtes Gefälsbild von roher Zeichnung (Taf. V, 2) zeigt auf ithyphallischer Stele einen darauf gelegten behörnten Men- schenkopf, den Gefälsbildungen des Baechus-Hebon entsprechend; ein Jüng- ling mit Speer und eine Frau, die ein Kästchen hält, bilden die Umgebung. Denkt man jenen Kopf sich als aufgesetzt auf die ihm zur Grundlage die- nende Stele, so gewinnen wir, vermöge einer bei Hermen nicht unerhörten Zusammenfügung, die Vorstellung einer gehörnten Bacchusherme (*’), für welche es ebenfalls an Analogieen nicht fehlt. Die aus ganz Italien, inson- derheit aus Kampanien, vielbezeugte Hochstellung des Dionysosdienstes giebt auf den unteritalischen Vasen auch in Verknüpfung mit der Gymnastik des Jugendlebens sich kund, und wenn es auch trüglich war die auf alter Badesitte beruhenden Mantelfiguren (??) aus diesem Ideenkreis zu erklären, so kann doch in Landen so ausgedehnter Verehrung des Dionysos auch dessen mit der Idee des Gemeinde- und Freiheitsgotts wohl verknüpfter Bezug zur Gymnastik nicht leicht bestritten werden. Selbst die Verbindung der rö- mischen Liberalien mit Anlegung der Toga ist dafür zu zeugen geeignet(?°), und kann, wie mancherlei Nebenumstände zu vollem Verständnifs dieser Sitte uns auch mangeln mögen, ebenfalls es bestätigen, dafs die bärtigen 472 GERHARD Marmorhermen, die man in mitten griechischen Gymnasien- und Strafsen- verkehrs sofort für Bilder des Hermes zu halten bätte, bei gleicher italischer Anwendung vielmehr dem griechischen Dionysos oder italischen Liber-pater zugedacht waren. Die gemeinsame Hermenbildung des Hermes und Dionysos läfst end- lich, neben einander gestellt, auch in einem Vasenbilde des hiesigen kgl. Museums sich erkennen, dessen sehr räthselhafte Darstellung erst an dieser Stelle zu einiger Befriedigung sich wird lösen lassen. Auf einer Pelike von bester nolanischer Art sind zwei Hermenopfer vertheilt: einerseits in Vor- deransicht eine hoch aufgestellte bärtige Herme, vermuthlich des Hermes, deren aufrechten Phallus ein herantretender, auch mit einer Opferplatte ver- sehener, Jüngling mit Weihrauch bestreut; anderseits aber eine gleichfalls bärtige, einem brennenden Altar benachbarte, Herme, auf deren übertrieben langen Phallus ein Rabe sitzt, dessen Schnabel den Mund des Gottes berührt. Diese Besonderheit des vorzugsweise apollinischen Orakelvogels erweckt den Gedanken an apollinische Weissagung und gab der Vermuthung Raum, dafs in der gedachten Herme ein Apollo Agyieus gemeint sein könne, für dessen viereckte Darstellung einige, wenn auch spärliche, Analogieen vor- handen sind(3°); indefs ist die bärtige und derb phallische Bildung der Herme, verbunden mit den etwas süfslich verzerrten Zügen ihres Ange- sichts, eher zur Annahme eines priapischen Landgotts oder, da dieses Bild guter Zeit angehört, des gleichfalls orakelkräftigen(?') Dionysos geeignet: der Rabe kann sich alsdann, wie sonst auch der Lorbeer, durch bacchischen Eintausch apollinischer Symbole, die Zusammenstellung mit Hermes aber aus mancher in Doppelköpfen nachweislichen ähnlichen Häufung erklären. Eine solche, soviel mir bekannt ist, allzeit in eckiger Doppelform ab- schliefsende Paarung (2) geht von der äufsern Bedingung mehrseitigen Stand- punkts, wie von der ideellen Darstellung mehrfacher aber gleichmäfsig wirkender Göttermacht aus; sie ist dem Hermes und Janus im Sinne des hundertäugigen Argos gegeben, der selbst zuweilen zweiköpfig erscheint, und pflegt in den Götterbildungen alter Sitte nur in durchgängiger Überein- stimmung beider Köpfe sich vorzufinden. Eine scheinbare Ausnahme hievon bildet der aus Falerii nach Rom gewanderte und in einem Abbild trotz aller Verwahrlosung auch bis auf uns gelangte vierköpfige Janus quadrifrons, be- ruhend auf einem, vielleicht aus dem Brauch zweier Städte verschmolzenen, über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 473 Doppelkopf des bärtigen und einem andern des bartlosen Janus: diesem zwiefachen Doppelbild eines und desselben Gottes, oder auch dem Doppel- bild eines thebischen und eines ammonischen Dionysos, kann dann auch jenes, auf einem und demselben Gefäfs befindliche, zwiefache bärtige Hermenbild des Hermes und Dionysos, vermöge der mannigfachen Begriffsverwandtschaft beider Gottheiten, entsprechend befunden werden. An unterscheidenden Zügen der Hermes- und Dionysosbildung fehlt es dem hiemit erörtertern Gefäflsbilde zwar nicht ganz; doch läfst die archaische Zeichnung beider Hermen eine untrügliche Charakteristik ihrer Gesichtsbildung auf einem Gelälsbild begreiflicher Weise nicht minder ver- missen als es auch bei den bereits besprochenen Marmorhermen der Fall war. Die oben im Eingang uns vorgelegte Frage, ob das von griechischer Kunstbildung erfüllte Rom, so oft es in Tempeln, Hallen und Strafsen jenen fast gleichförmigen Hermen eines und desselben bärtigen Gottes begegnete, den Hermes oder den Dionysos in ihnen erkannte, war von Zoega und Müller nach allgemeinen Wahrscheinlichkeitsgründen für Hermes entschieden wor- den; diese Gründe sind in der vorstehenden Abhandlung aus dem Bereiche der griechischen Vasenbilder durch manche Einzelheit verstärkt worden, wie denn auch das öfters bemerkliche Stirnband ähnlicher Hermen dahin sich rechnen läfst. Meine vor längerer Zeit für eben jene Hermen zu Gunsten des Dionysos beigebrachten Gründe haben aber ebenfalls ihr Gewicht: sie beruhen auf der von mir nachgewiesenen Gewilsheit unbestreitbarer Hermen des Dionysos sowohl als auch seines Gefolges, und finden überdies in rö- mischem Bezuge des Liber-pater auf Jugendleben eine Stütze. Manche Be- stimmungsgründe, die meinen Vorgängern noch nicht zu Gebote standen, liegen zu neuer Entscheidung jener Frage nun vor, von welcher die Benen- nung und Auslegung unzähliger noch vorhandener Marmorwerke für uns 8 abhängt. Sobald, wie ich nachwies, die in Rede stehende bärtige Hermen- bildung für einen sowohl als den anderen Gott zuläfsig bleibt, wird man nach Mafsgabe örtlicher und sonstiger Umstände bald für Hermes selbst als ältesten und eigensten Inhaber dieser Kunstform, bald aber auch für Dio- nysos, den römischen Liber-pater sich zu entscheiden haben, auf welchen in Jugendleben und Mystik das Wesen des Hermes mannigfach überge- gangen war. Philos.-histor. Kl. 1855. Ooo 474 GERHARD Der somit noch immer rückbleibende Zwiespalt dieser Entscheidung wird minder empfindlich, wenn man sie durch örtliche und geschichtliche Wechselfälle bedingt sieht; jedenfalls hat sie, in dem Bemühen darüber uns aufzuklären, durch manches minder erwartete Ergebnils uns gelohnt. Die stylistischen Unterschiede der Vasenbilder haben sich hülfreich erwiesen, aus älterer Zeit die gymnastische, aus einer jüngeren die auf bacchische Mystik bezügliche Weihung der Hermen anschaulich uns darzuthun, und wenn die bewundernswürdige Forschung, der wir es danken die Philologie von ungründlichen Vorstellungen über das griechische Mysterienwesen vielfach befreit zu sehn, ihren mehr kritischen als positiven Charakter nach- haltig selbst bei denjenigen ausübt denen die Kunstdenkmäler ganz wohl bekannt sind, so ist es vielleicht nicht überflüfsig gewesen, Hauptzüge der unteritalischen Mysterienfeier, genauer als bisher geschah, hier aufzustellen. Den religiösen Irrwegen des Alterthums nachzugehn ist selten erfreulich; den Alterthumsforscher jedoch darf keine Unlust verleiten, aus blofsem Mifsbehagen die Existenz sowohl als die Verbreitung so wichtiger Stiftungen zu bestreiten wie die Mysterien, nicht nur für Attika und das übrige Hellas sondern, mehr oder minder entartet, auch für das alte Italien es waren. Wagt man, der Fülle monumentaler Thatsachen ohngeachtet, in jene grofsgriechi- schen Mysterien sich nur sehr ungern hinein, so wird man begreiflicher- weise auch die Dunkelheiten des eleusinischen und samothrakischen Götter- wesens gern auf sich beruhen lassen. Allerdings war in Auslegung des letzteren, des Götterwesens von Samothrake, die philosophische Forschung, nicht ohne Nachtheil, einer kritischen Feststellung der Thatsachen voraus- geeilt, und allerdings wird dieser Thatbestand auch in Welckers und Lobecks gründlicher Forschung nur auf literarischer Grundlage dargestellt; wenn jedoch hiezu, in engstem Anschluss an Herodots Zeugnils, die Kenntnifs der samothrakischen Götterbilder tritt, so dürfte vermöge dieser monumentalen Grundlage einerseits die genauere Kenntnifs der Mysterien Samothrake’s er- heblich gefördert, andererseits die Wichtigkeit und Verbreitung der samo- thrakischen Hermenform neu dargethan sei. über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 475 ANMERKUNGEN. (') Über die Hermen im Allgemeinen ist, nach Zoega (de origine et usu obeliscorum. 4797. p. 217 £f.), Sluiter (Lectt. Andocid. p. 32 ff.) und Anderen, zuletzt, mit besondrem Bezug auf Herodot (IH, 51) und Winckelmann (Gesch. d. Kunst I, 1, 11. 12), meinerseits in den hyperboreisch-römischen Studien (II. Berl. 1852 S. 197—283) durch eine Abhandlung gehandelt, neben welcher die früher erschienene Abh. de religione hermarum (Berol. 1844. 4) überflüssig geworden ist. Zu vergleichen bleibt Müllers Handb. d. Archäol. $ 67. C. F. Hermann in der Abh. de terminis (Gott. 1842) und in den Gottesdienstl. Alterth. $ 15, 9. Preller in Pauly’s Encyklopädie IV, 1857 f£. (?) Die ohne Attribut vieldeutigen bärtigen Hermen wollten Zoega (obel. p. 222) und Müller (Hdb. d. Archäol. $ 379, 1) ausschliefslich dem Hermes beigelegt wissen, wo- gegen ich die für Dionysos sprechenden Gründe geltend machte (H. R. Stud. I, 217. 270; unten Anm. 26). Für Hermes läfst neben anderen Gründen auch noch die Benennung des „Janus pater” sich unterstützend anführen, die Plinius (XXXVI, 4, 8. Zoega 1. c. 222, 36) einer griechischen Doppelherme des Skopas ertheilt; der Zutheilung jener Hermen an Dio- nysos schlielst dagegen Visconti’s (Pio- Clem. VII, 6; vgl. Ghd. Abh. Eros Anm. 58) Deu- tung gewisser Doppelhermen auf Phanes sich an. Unsicher über Entscheidung dieser Frage äulserten noch neuerdings sich Stephani (Tit. graec. V. Dorpat. 1850 p. 20, indem der Mo- dius beiden Göttern zustehe) und Preller (Mythologie I, 253), unsicher auch Braun, indem er, bei Beschreibung der auf drei Doppelhermen ruhenden vatikanischen Schale aus Paonazetto (Ruinen u. Museen Roms. 1854 S. 324), die Flügelchen, die ein bärtiger archaischer Kopf dem eines jugendlichen Dionysos gegenüber zeigt, eben so zulälsig für Hermes als für Dio- nysos Psilax findet. (°) Hermen auf Vasenbildern dargestellt weist zunächst die am Schlufs dieser Ab- handlung folgende Erklärung der beigegebenen Abbildungen nach, in welcher man aulser den darin abgebildeten Denkmälern noch die Notiz mehrerer anderer an geeignetem Ort eingereiht finden wird. Vgl. auch meine Abh. über die Hermen in den Hyp. röm. Stu- dien II, 229. 231 £. 269. (*) Herodot II, 51: Fr yag ZanoSgyienv o2E0V mgorsgov Iraeryor ovro, Forma ’ASY- varcırı Fuvoızoı Eryevovro, za mezc Tourwv Nano Ignizes re oayı masaraußavous:. 00° av Eyygıv Ta wldoe Tayarnarıe FoU "Egnew "ASyveioı meWror “Errrvon mac Hsrasysv naSovreg Zmowrsavro. 0 de Mlerasyor igov Tv Acyov wege ro) Erekav, Ta Eu Toisı &u SamoSgnien KUTFralCTL deöy2wreı. Vgl. H. R. Stud. II, 249 ff. (?) Hermen des Zeus und anderer dem Mysterienwesen fern stehender Gottheiten sind selten oder gar nicht vorzufinden; vgl. HR. Stud. I, 217 ff. Ausnahmsweise ist ein den Zügen des Zeus ohne überzeugenden Unterschied beider Köpfe entsprechender Doppel- kopf im Palast Spada zu Rom (Braun Bull. 1840 p. 47. Marmorwerke I Taf. 3) hier anzu- führen; näherer Untersuchung bedarf die aus Pompeji erwähnte Doppelherme des Zeus und einer demselben verbundenen Göttin (Bull. 1841 p 98). (°) Ein religiöser Hermendienst erhellt auf den gedachten und grölstentheils hier in Abbildung beifolgenden Gefälsbildern theils @) aus dem Zusatze eines Altars (Taf. I, 1. 2. 0002 476 . GERHARD II, 2. 3. IH, 2) zur Herme, theils aus 6) den dargebrachten Oblationeu (Taf. II, 2. 3. IV, 2. 3. V, 1. 2), denen auch Yotivtäfelchen (1, 1. 4. 5) oder Musik (Paukenschlag IV, 1) sich beigesellen, theils auch c) durch bittende (II, 5. 55) oder schmückende (III, 1) Be- rührung der Herme und durch Weihrauchspenden für deren Männlichkeit (Taf. V, 1). (’) Androgyne Hermen in Marmor und Erz: Ghd. Abh. Eros (Berl. Akad. 1848) Taf. IV, 3. 7. Aufser dem nach Ausdruck und Kopfputz schlechthin weibischen Aphroditos (DakisTV nd 4a, 4b. 1c. 3; zu betrachten als ein auf einen viereckten Hermespfeiler gesetzter Aphroditekopf. Vgl. Heinrich de hermaphrod. p. 8 ff. 31 ff. Ghd. Abh. Eros Anm. 103. 104. HR. Stud. II, 221. 279 f. Preller Myth. I, 252 £.) fallen demselben Grundbegriff auch einige Ephebenbildungen mit schlaffem Glied anheim, wie auf unserer Tafel II, 2 (kurzbärtig mit Pileus) und IV, 2 (bartlos mit Petasus). (®) Eros als Mysteriendämon: nach Böttiger Archäol. d. Malerei S. 224 ff. Ritschl Annali dell’ Inst. XI, 186 ff. Gbd. Abh. Eros Anm. 94. Die von Böttiger auf vermeintlichen Androgynismns basirte, von Ritschl (a. O. XII, 189) und Müller (Handb. $ 392, 2) befolgte, Benennung eines hermaphroditischen Eros wird theils durch die Körper- bildung des weibischen Eros, theils durch die ausdrückliche Unterscheidung des Hermaphro- diten von Eros (Relief Colonna: Anm. 20) widerlegt; hermenförmige Bildung ist auf den Vasen für jenen, nicht aber für diesen nachweislich. Zwar kann ein solcher Mangel wirk- licher Eroshermen auf unsern Vasenbildern zufällig sein; doch wird auch das einzige dafür angenommene Beispiel, auf der Karlsruher Bellerophonvase (Mon. d. Inst. II, 49; ein “Amore infernale” nach Braun Ann. IX, 250) durch das chthonische und Gräbersymbol auf dem Kopf jener Herme bedenklich, die ich demnach vielmehr den bald bärtig bald vielleicht auch androgyn gebildeten Sepuleralhermen des Hermes beizähle. (°) Das unteritalische Mysterienwesen, seit Böttiger mit einer noch immer dankens- werthen Fülle monumentaler Thatsachen der kritischen Forschung überliefert und seit den etruskischen Vasenfunden auf seine örtlichen Grenzen beschränkt (Ghd. Rapporto vole. p- 36), ist ganz neuerdings durch a) Oto Jahn’s Skepsis bis zu einer völligen Negation des Daseins, grolsgriechischer Mysterien sowohl (a. ©. S. 137 Anm. 1011) als Mysterien- bilder, getreten. “Wer die Vasenbilder mit den Mysterien in Verbindung bringen will’, heifst es dort S. 138, “wird noch den ersten haltbaren Grund beizubringen haben’; auch beweisen ihm die Zeugnisse kampanischer Mysterien durchaus nichts für Lukanien und Apulien, wo diese angeblichen Mysterienvasen sich doch ausschliefslich finden. Dagegen weils aber doch b) Livius (XXXIV, 14. Böttiger a. ©. 206) von der Mysterien Verbreitung per totam Ita- liam; unser noch vorhandenes Exemplar des c) Senatusconsultum de Bacchanalibus kommt aus Terioli im unteritalischen Bruttierland, und für des 4) Dionysosdienstes überwiegende Ent- wickelung in Grofsgriechenland (Bött. Archäol. d. Mal. 206. Ghd. Myth. $ 445, 2) ist selbst ein bekanntes Zeugnils det Sophokles (Antig. 1105) vorhanden. (‘°) Unterschied der Mysterien Unteritaliens: in Vergleich zu denen von Eleusis und Samothrake hervorgehoben von Ritschl in den Annali dell’ Instituto XII, 186 ff. ('') Eleusinisches Personal auf unteritalischen Vasen: am häufigsten in Darstellungen der Triptolemossage (Ghd. Auserl. Vas. I, 216 ff.) ausgesprochen, denen zuweilen auch Hekate beigeht, wie Hermes den Rückführungen der Kora. ('?) Phrygische Einflüsse auf Eleusis und Athen: aus der Mischung von Demeter und Kybele bei Euripides (Hel. 1321 ff.) wie aus den sabazischen Gebräuchen bezeugt, von über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 477 deren schon aus Demosthenes (de cor. p. 313 ff.) bekannten, bis in die späte Sitte rö- mischer Sarkophagbilder (Ghd. etrusk. Spiegel I, S. 69 ff.) hinabreichendem, Ritual die mystische Schlangencista sich nicht wohl trennen läfst. ('?) Eleusinischer Götterkreis, mit Inbegriff von Artemis Herakles und den Dios- kuren: Vase Pourtales (Panofka Cab. Pourt. XVI. Müller Denkm. II, 112). ('*) Athenadienst mit dem eleusinischen verschmolzen: im Sinne des von Demeter und Kora stehend umgebenen Sitzbildes der Burggöttin (Abh. Minervenidole, Berl. Akad. 4842, Taf. I, 1). Vgl. Ghd. Prodr. S. 31. 114. Myth. $ 264, 2a. ('?) Aphrodite ward a) hie und da mit Dionysos (Myth. $ 379, 15), im attischen Demos Alopeke auch mit Adonis und Hermaphrodit verehrt (Engel Kypr. I, 481); neben einer 5) bärtigen Herme mit Modius, doch wol des Dionysos, findet sie sich als Gräber- göttin in einem schönen Thonrelief aus Kertsch (Ghd. Abh. Eros II, 4). Häufig auf unter- italischen Vasen ist ihre Verbindung ec) mit Pan und Eros (Panofka Musde Blacas pl. 7 p- 27. Braun Ann. del Inst. IX, 249. Ghd. HR. Stud. II, 2557. Mythol. $ 379, 4), dem korinthischen Verein von Aphrodite, Helios und Eros (Engel Kypr. IL, 484 ff. Ghd. Myth. $ 364, 2) entsprechend. Aus dem d) ihr geweihten Vorgebirg Kolias ist sowohl Thesmophorien- und Aphroditedienst, lediglich durch Frauen geübt (Herdt. VII, 96. De Witte Nouy. Ann. I, 75 ff. Engel Kypros II, 328. Ghd Myth. $ 363, 25. Preller Myth. I, 231. 481) als auch berühmte Töpferarbeit (Krater Kwr1&dos y7s Athen. XI. 482) bekannt. ('°) Als dionysische Braut, im italischen Ausdruck als Libera, sind sowohl Kora und Ariadne als Aphrodite nachweislich; einen Hauptbeweis hiefür bildet die auf den Kunst- darstellungen Unteritaliens durchgehende aphrodisische Bildung der Kora, aus welcher die erotische Gestalt ihres Lieblings und Ministranten, des mithin ganz wohl so zu nennenden, Mysteriendämons (Anm. 8), ungezwungen hervorgeht. Vgl. überhaupt meine Abh. Venus- Proserpina in den HR. Studien I, 118 ff. ('”) Der Hermaphrodit a) mit Strahlen, den die androgyne Herme eines Neapler Vasenbildes (Taf. IV, 15) verbürgt, entspricht dem nicht seltenen Strahlenschmuck etrus- kischer Venusidole (Micali XXXV, 1. Ghd. etrusk. Gotth. Anm. 86a. 5) aus Erz; die Analogie des Aphroditebegriffs gibt aber eben so sehr auch den Grund an die Hand, warum jene mehrfach von mir nachgewiesenen viereckten Hermaphroditosidole (oben Anm. 1. Ghd. Abh. Eros Taf. I. II, Anm. 100 ff. HR. Stud. II, 279 £. Vgl. die Marmorherme mit Gans und Traube in Deser. Br. Mus. X, 30, oder mit Kanne und Fackel Clarac 659, 1448 B. p. 139. Rathgeber Nike S. 100), deren Kultus man 5) bei Z’heophrast im orscbavodv sous Eaumpgodirous EArv vr Hinegeev (char. 25=16. Bei Heinrich de Hermaphrod. p. 8 ff. als Venushermen) nun leicht wiedererkennt, nicht selten auch c) das tellurische Symbol des Modius an sich tragen. Über 4) die sprachliche Deutung des Wortes Hermaphroditos als hermenförmiger Aphroditos ward mit Vergleichung der Wortbildungen Hermeros, Herma- ihena u. a. schon früher (HR. Stud. II, 269. 276 f.) von mir gehandelt. ('?) Hekate ist a) dreigestaltig erst seit dem Götterbild zu denken, welches Alkamenes für die athenische Burg anfertigte (Rathgeber, Hekate Epipyrgidia: Ann. d. Inst. XII, 45 ff.); als 5) einfach gedachte Zerinthische Göttin ist sie von Samothrake her in Gleichgeltung mit Aphrodite ($ 364, 4e) bekannt. Ihre Geltung als c) Pförtnerin (Rathg. a. O.), der Geltung des Hermes meomUA«IOS (Anm. 24d) entsprechend, könnte ganz wohl zu einheitlich verschmolzener Darstellung beider Gottheiten geführt haben, bevor man zu der vierköpfigen 478 GERHARD Bildung, aus einem bärtigen Hermes und den drei Hekateköpfen zusammengesetzt, gelangte, wie solche durch eine im Piräeus entdeckte Marmorherme (bei Stephani Tit. Graec. V, 6 p- 20 skizzirt als Nymphenbild, doch vgl. Bull. 1851 p. 71) uns aufbewahrt ist. ('?) Im Hermaphrodit den Iacchos zu erkennen wird theils durch a) androgyne Auf- fassung des letzteren bei den Orphikern (dupvf Auzeıov "I«#%ov Orph. H. 42. Ghd. Myth. $ 419, 36. Wie auch Dionysos androgyn ist: Suid. dvögcyuvos. Rochette Pompeji p. 142. 151, 1) nahe gelegt, theils durch #) den mannweiblichen Jüngling wit Greif- und Panther- gespann (Tischb. IV, 22. Ghd. Bildwerke Taf. 313, 3. Prodr. S. 84 f. Abh. Eros Taf. II, 2. HR. Stud. II, 280 “Iaechos’), theils durch die c) kurz vorher (Anm. 174) erwähnte Strahlenbekränzung des Hermaphroditen, die dem lichtbringenden (Hwsogos drrng Arist. Ran. 343) Iacchos nicht minder entspricht. (2°) Hermaphroditen auf Vasenbildern nachzuweisen, in der Geltuug von Myste- riengenien, verzweifelte Jahn (Einl. a. O. S. 136. A. 1004), ohne 5) des mystischen Her- maphroditen mit Greifengespann auf der eben erwähnten Tischbeinschen Vase (Anm. 195) oder des einem hochzeitlichen Paar zuschauenden auf einem grolsen Hochzeitsbild (Ghd. Mysterienbilder Taf. V. Bildw. S. 380 f.) sich zu erinnern, deren Zusammenstellung bereits früher (Abh. Eros Taf. III) von mir erfolgte. (?') Mysterienreliefs ım Palast Colonna zu Rom: Ghd. Bildw. XLH, I S. 287. Abh. Eros Taf. II, 1. HR. Stud. II, 280. Als statuarische Gruppe ist derselbe Herma- phrodit, einen Flügelknaben im Schurze tragend, aus einem Chablais’schen Marmor (HR. Stud. I, 102) bekannt. (??) Nur auf dieser weibischen Bildung des Eros, die in Verirrungen grols- giechischer Sitte ihren tieferen Grund haben mag, beruht der seit Böttiger an allgemein vorausgesetzte, meinerseits bereits oben (Anm. 8) bestrittene, Androgynismus dieses Myste- riendämons, welcher nach aller meiner Wahrnehmung nirgend mit völlig weiblicher Brust sich vorfindet und deshalb auch vom Hermaphrodit unterschieden bleiben muls. Als “mannweib- licher’ Genius der mystischen Hochzeit von Dionysos und Aphrodite ward jene räthselhafte Gestalt noch neuerdings von Rathgeber (Nike S. 15) bezeichnet. (°°) Beide Geschlechter: zu Todtenopfern (Jahn Einl. S. 135) und sonst in unter- italischer Sitte vereint. (°*) Hermes als Mysterienherold ist a) aus Samothrake im Kadmilos und Freier der Brimo (HR. Stud. II, 256. Ghd. Myth. $ 159, 4), ferner durch die 5) attischen Keryken beglaubigt, deren Ahnherr Keryx, wenn nicht vom eleusinischen Eumolpos, von Hermes und der attischen Aglauros stammen sollte (Paus. I, 38, 3). Sein c) Pförtneramt als g0- zUrcıos ist, wie im Allgemeinen, so auch für den eleusinischen Dienst, dem er die Kora zurückführt, unzweifelhaft; es gewinnt Bestätigung durch die ihn in Gemeinschaft mit Hekate darstellende vierköpfige Herme (Anm. 18e). (°°) Dals Hermes und Dionysos vermöge gemeinsamen Antheils an den Mysterien durch die ihnen gemeinsam zustehende Hermenform a) geflissentlich verwechselt sein können, hat neuerdings Rathgeber (Nike S. 30) gemeint. In der That häufig sind die Fälle, in welcher beide Gottheiten mit gleichem Recht sich erkennen lassen, wenn nicht im 5) Relief Colonna, wo die gegenüberstehende Artemis als rgorvAaı« für Hermes spricht, doch um so mehr c) in der Gruppirung mit einer Hore (Ghd. Bildw. Taf. 87, 5. 6 Elfenbeinbild) und sonst öfter. über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 479 (*°) Sichere Dionysoshermen (Müller Handb. $ 383, 3. HR. Stud. II, 270) ge- währt a) statwarisch die dreigestalte Herme Chablais (Ghd. Bildw. XLI S. 286. HR. Stud. I, 45. II, 260. Abh. Venusidole IV, 1—3. Müller Hdb. $ 345, 2) und mancher 5) ein- zelne oder gedoppelte Marmorkopf (Mus. Chiaram. I, 31. 32; ein mit Stephane Diadem und Trauben bekrönter vom Monument des Eurysaces bei Stephani Tit. graec. V, 5 p. 20). Von ce) Reliefdarstellungen gehören hieher manche Hermen bacchischer Sarkophagreliefs (Mon. d. Inst. IN, 18; unten Anm. 32. Vgl die gehörnten Pans- oder Faunushermen im Bona- Dea-Dienst: Ghd. Bildw. CXI, 2). Den auf d) Thonreliefs befindlichen Hermen (bei Combe T. €. pl. 75 u. a.) ist auch ein Relief aus Kertsch beizuzählen, darstellend eine bärtige Herme mit Modius, woneben Aphrodite Eros und Eroten (Abh. Eros II, 4). Aus den e) Münz- typen gehören gewisse lesbische (Pellerin II, 103, 19) mit Modius hieher; aus der Reihe der f) Gemmenbilder bietet die einem Palästriten beigesellte bärtige Herme mit Modius, eines Steins der Berliner Sammlung (Tölken VI, 103 vgl. Winck. Stosch V, 17),zur Vergleichung sich dar. Aus einem archaischen g) Gefäßbild liegen die Hermengestalten von Dionysos und Kora uns vor (Taf. V, 4). Im Allgemeinen bleibt übrigens, zu umsichtiger Beurthei- lung dieser bacchischen Hermenform, theils der Kultus bacchischer Masken samt deren Auf- satz und Untersatz (Lekythosbild Taf. V, 3), theils die puppenähnliche Gestalt mancher auf Gefäfsbildern erscheinender Dionysosidole zu erwägen, deren unterer Abschlufs (auch in der Berliner Schale No. 1758. Trinksch. und Gefälse Taf. IV, V), dem säulengestalten Dionysos (Anm. 30) anderweitiger Sitte entsprechend, zum Theil säulenförmig erscheint. (’) Gehörnte Bacchushermen: im Vatikan (Pio-Clem. VI, 6, 1. HR. Stud. II, 271) und sonst. Eine jugendliche, mit einem Kopfe des Stierbacchus gepaart, soll in Pom- peji (Bull. 1847 p. 133) zugleich mit Hermen von Hermes und Hestia, Dionysos und Kora gefunden sein. Ähnliche Verbindungen dürften auch mit den ammonischen Köpfen nach- weislich sein, deren PFidderhörner neuerdings auch dem Dionysos zupassend befunden wurden. Vgl. Ammon und Bacchus als Doppelherme: Mon. d. Inst. IV, 49. Ann. XX, 486 ff. tav. H. J. HR. Stud. II, 268. Beide Gottheiten auch an zwei Bigen eines Relief- gefälses aus Pompeji: Bull. 1841 p. 98. (2°) Die Mantelfiguren griechischer, hauptsächlich unteritalischer, Thongefälse nicht, wie Böttiger that, aus Einkleidungssitte, oder, mit Müller, aus dorischer Tracht mit gebotner Verdeckung der Hände, oder mit Rathgeber (Nike S. 16, 28) durch Ausschreiten der Palästriten zum Gräberdienst, sondern vorzugsweise aus alter Badesitte zu erklären, wird uns durch Darstellungen vormaligen Badeverkehrs (Ghd. Auserl. IV, 282 u. a.) nicht selten nahe gelegt. (2?) Den Dionysos selbst in der Palästra verehrt zu wissen, wie es ihm etwa als Gemeindegott ionischer Apaturien (Welcker Satyrspiel 195 ff. 200. Ghd. Myth. $ 264, 65) und als Freiheitsgott Liber zukäme, sind keine bestimmten Andeutungen mir bekannt; doch ist aus grofsgriechischen Gefäfsbildern und Terracotten mancher Bezug bacchischer Dämonen auf Palästriten hieher zu ziehn, als Sitte der gleichfalls aus Unteritalien stammen- den oder erweiterten Liberalien die römische Ertheilung der Toga an denselben (Ovid. Fast. II, 761) zu erwähnen, endlich als römischer Kunstbeleg auch die statuarische Dar- stellung eines dem thronenden Gott schutzbefohlenen Mädchens (in Villa Borghese: Braun Ruinen und Museen Roms $. 552 f., vgl. Mus. Chiar. I, 29 “Bacco e Ninfa’) hieher gehörig. (°°) Über etwanige Hermengestalt des Apollo Agyieus (HR. Stud. II, 275) lälst neben der sonst ihm vorherrschend bezeugten Kegelgestalt sich zweifeln; beiderlei Bildung ihm 480 GERHARD einzuräumen, könnte durch Analogie des bald in Säulengestalt (rrü%os Clem. Strom. I, 24 p- 418; vgl. Paus. IX, 12, 3 Evrov EE ovgavoö) bald viereckt nachweislichen Dionysos wahr- scheinlicher werden, zumal wenn wir lesen, dals der Agyieus nicht nur dem Apoll sondern auch dem Dionysos (Schol. Ar. Vesp. 870) gleichgeltend hiels. (°') Dionysos orakelnd: Herodot. VII, 111. Paus. X, 33, 5. (?) Zwei Hermen, neben der mit Fell oder Kränzen umgürteten des vermuthlichen Dionysos etwa noch eine des Hermes, scheinen auf dem Sarkophagrelief Mon. d. Inst. III, 48 (aus Villa Medici) dargestellt zu sein. (') Über doppelköpfige Götterbildung ist anderwärts (HR. Stud, II, 281 ff.), obwohl keinesweges erschöpfend, von mir gehandelt worden. Der doppelköpfige Argos ist aus einem Gefälsbild (Bull. Napol. III tav. 4), der Janus quadrifrons aus der Nähe der von ihm benannten Tiberbrücke (Ponte quattro capi) bekannt. ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN. I. VIERECKTER HERMES. 1. Bärtiger Hermes mit langem Haarwuchs, rechtshin blickend, auf einem ithy- phallischen, mit Zapfenloch und aufrechtem Zeroldstab versehenen Schaft, der auf zwei jederseits vorspringenden Stufen ruht. Davor steht ein Altar, oberhalb dessen ein Votiv- täfelchen, etwa mit einer Sirene bemalt, angebracht ist; noch höher sind eine andere Tafel und die Hörner eines Stirnschädels bemerklich. Lekythos mit röthlichen Figuren im Besitz des Herausgebers (*). 2. Bärtiger Hermes mit Tänia, rechtshin blickend, aufruhend auf einem mit Zapfenloch und aufrechtem Aeroldstab verschenen ithyphallischem Schaft, dem ein breiter Untersaiz zur Grundlage dient. Ein auf den Gott blickender Mann mit Thyrsus entfernt sich mit kecker Geberde, während andrerseits eine gleichfalls mit Thyrsus versehene bärtige Mantelfigur dem Vorgange ruhig zuschaut. A. Drei junge Mantelfiguren mit Stäben. Sogenanntes Oxybaphon mit röthlichen Figuren, nach einer zu Neapel genommenen Zeichnung. 3. Bärtiger Hermes mit einem Peiasus bedeckt, linkshin blickend; sein derber, zu breiten Schultern gehöriger, Kopf ruht auf einem gleichfalls mehr breiten als hohen, mit Zapfenloch und stehendem Glied versehenem, Schaft. 7. Ephebe im Bademantel. Skyphos mit rothen Figuren, aus Neapel, vom Herausgeber der kgl. Sammlung zu Berlin überwiesen. Vgl. dessen Neuerworbene Denkmäler d. kgl. Vas. no. 2000 (wo die Überschrift mit no. 1999 irrthümlich vertauscht und auch die Herkunft zu berichtigen ist). 4. Bärtiger Hermes mit Tänia und langem, hinten und seitwärts bemerklichem Haarwuchs, rechtshin blickend; sein ithyphallischer, mit Zapfenloch versehener, Schaft steht im Vordergrund eines Wasserbeckens, an welchem ein Karos gelesen wird. Oberwärts ist, (°) 15. Ähnliches Gefälsbild, worauf eine Herme mit Zeroldstab am Schaft, rechtshin blickend. Vor ihr ein Altar, worüber ein Votivtäfelchen; hinter ihr ein kahler Baum, Abgebildet bei d’Hancarville II, 97. Inghirami II, ‚237. Elite ceramogr. III, 78. ’ über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 481 jederseits von der Herme, ein Votivtäfelchen mit darauf gemalter, beidemal linkshin gewandter, ithyphallischer Herme angebracht. Nach Rochette Lettres arch@ol. sur la peinture des Grecs pl. I. Elite c&ramogr. III, 80. 5. Bärtiger Hermes mit lang herabfallendem Haarwuchs, rechtshin blickend, auf ithyphallischem Schaft, welcher oberwärts in punktirter Weise verziert ist und einer hohen Basis aufruht. Vor dieser Herme steht ein breiter und verzierter Altar, in seiner Mitte von einer schmalen dorischen Säule überragt, neben welcher rechts und links Votivtäfelchen, eines mit vorgebücktem bärtigen und ithyphallischem Silen, das andre mit einer ihm zugewandten ithyphallischen Herme bemalt. Nach Hancary. I, 72. Inghirami II, 236. Elite c&ram. II, 79. 1. HERMENDIENST. 4. Gebet und Weissagung. Von einer bärtigen, lang behaarten und ithy- phallischen linkshin gewandten Herme mit schmalem und hohem Schaft und dahinter befind- licher Schwelle steht ein bärtiger, mit Stirnband und leichter Chlamys versehener, übrigens nackter Mann und erhebt, den rechten Arm in die Seite stemmend, linkerseits einen Becher gegen das Götterbild. Mitten inne steht ein Altar, den statt der Flamme ein künstlich aufgepflanzter Yogel, wie es scheint eine Taube, überragt; grüne Zweige sind vor dem- selben und sonst ringsumher angebracht. Weiter rechts steht im Hintergrund, mit aufge- stütztem Stab und umhüllendem Mantel, die linke Hand an die Seite gestemmt, ein bärtiger Mann, dessen gesenkter Blick der vorgedachten Handlung spähend zugewandt ist. Oenochoe mit schwarzen Figuren, vormals bei dem Kunsthändler Depoletti zu Rom. Vgl. oben S. 463. 2. Umkränzung und Satyrspiel. Eine in Vorderansicht dargestellte, aber durch linkshin gewandten bärtigen Kopf befremdliche Herme, versehen mit Zapfen und einem Untersatz, ist am Haupt sowohl als auf der Stelle der Brust mit grünen Zweigen geschmückt; ein mit Früchten versehener grüner Zweig überragt auch den linkerseits dargestellten ver- zierten Altar. Rechts von der Herme aber bemerkt man einen kleinen Silen, der, nach der Hacke in seiner Rechten zu schliessen, jenen Zweig abgehauen und aufgepflanzt haben mag; in seiner linken Hand erhebt er ein Äpfelchen oder eine sonstige Frucht jener Zweige, die man nach ähnlichen Vasenbildern sonst für Efeuzweige gehalten hätte. Oenochoe mit schwarzen Figuren in der kgl. Sammlung zu Berlin (Ghd. Neuerworbene Denkmäler no. 1983). 3. Hermes Dolios. Vor einer bärtigen und ithyphallischen, mit einem Stirnband und lang herabfallendem Haarwuchs, Zapfenloch und Untersatz versehenen, linkshin ge- wandten Herme steht eine mädchenhafte, mit Stirnband Chiton und Peplos angethane, Figur; in der Linken zwei Zweige, Lorbeer und Efeu einander verbunden, haltend, erhebt sie die Rechte mit zwei emporgehobenen Fingern wie zu betheuernder Begleitung eines dem Gott ausgesprochnen Gebets und Gelübdes. Während sie solchergestalt, etwa den Mann ihrer Wahl und ihrer Zuneigung vom listigen Gott der Palästra sich erbittet, ist sie von dem als Gegenbild desselben Gefälses dargestellten bärtigen, auf seinen Stab gestützten, Mann beobachtet zu denken, der, seine Rechte anstemmend, durch den in seiner Rechten Philos.-histor. Kl. 1555. Ppp 482 GERHARD erhobenen Beutel als lauschender Verführer sich kundgibt. Pelike mit röthlichen Figuren nach einer im napolitanischen Kunsthandel entnommenen Zeichnung. 4. Erotisch. Einer linkshin gewandten ithyphallischen Herme, welche bei mälsi- gem Bart durch Haarknauf am Hinterkopf, wie auch durch seltsam skizzirten Aufbau des Ganzen, von andern ähnlichen sich unterscheidet, schwebt Eros (*) mit ausgebreiteten Armen zu; ob er in seinen Händen etwas halte, läfst sich nicht bestimmen. Dafs jener Eros den Epheben der Palästra uud ihrer Bäder gelte, wird durch das Gegenbild, zwei knabenhafte Mantelfiguren, wahrscheinlich, deren eine oberhalb eines Pfeilerchens eine Striegel hält. Becher mit röthlichen Figuren in der kaiserl. Sammlung zu Wien, nach einer Hrn. Reg.Rath Arneth und Hrn. Professor Otto Jahn verdankten Zeichnung. 5. Ephebe. Eine rechtshin gewandte ithyphallische Herme mit langem Haar- wuchs, Zapfenloch und Untersatz wird von einem vorgebückten Jüngling, der seinen Bade- mantel um sich geschlagen hat, beim Bart gefalst. Innenbild einer Schale mit röthlicher Zeichnung, aufsen mit Reiterübungen, in der Feolischen Sammlung zu Rom (Campanari, Vasi Feoli no. 60) (**). II. BACCHISCHER HERMENDIENST. 4. Hermendienst durch Jünglinge und Jungfrauen. Oberhalb eines Beckens oder Dreifulses erhebt sich, ohne sichtlichen Zusammenhang mit dem üblichen Untersatz, eine rechtshin blickende Herme mit mäfßsigem Bart und Glied, unterhalb des Zapfenloches vielleicht mit einem Efeublatte verziert, wie ein solches auch oberwärts mit Andeutung von Efeubeeren angebracht ist. Die sonst nicht gewöhnliche Andeutung solcher Beeren ist hier auch in Umgebung des vorgedachten Beckens und oberhalb der hienächst zu erwähnenden Figuren nicht gespart, welche damit zu tändeln scheinen, indem ihre rechte Hand mit ge- spitzten Fingern ähnliche Beeren hält: diese näher zu bezeichnenden Figuren sind rechts eine reich bekleidete, mit langem Chiton, Peplos und Kopftuch, Stirn- und Armschmuck ver- sehene, mit der gesenkten Linken ihr Gewand fassende Frau und ein mit unterbundenem Petasus bedeckter, mit einer Chlamys bekleideter, unter der Wade mit Fulsringen versehener Jüng- ling, der in der linken Hand ein Stäbchen hält, Ebenfalls aus beiden Geschlechtern ge- (*) 4b. Als Gegenbild einer ihm ganz ähnlichen Vorstellung finde ich zwei schwebende Eroten, einen mit einer Leier, aus einem Casuceinischen Skyphos r. Fig. zn Chiusi notirt. (**) 55. Auf einer anderen clusinischen Schale der Berliner Sammlung (Neuerw. Denkm. no. 1943) ist eine ithyphallische bärtige Herme nebst Altar in der Nähe badender Palästriten aufgerichtet; im Ge- genbild legt bei ähnlicher Umgebung einer ähnlichen Herme ein Jüngling vor ihr gebückt sein Gewand um. Im Innern ein Jüngling, der seine Chlamys ausbreitet. 5c. Auf einer elusinischen Schale des Berliner Museums (Neuerw. Denkm. No. 200. Erwähnt auch HR. Stud. II, 232, 19) erscheint als Innenbild eine lang bekleidete Frau, über einen hohen Altar gebeugt, vor einer darüber hoch aufgerichteten bärtigen und ithyphallischen Herme; sie umfalst an der Stelle der Brust den Hermenschaft des befruchtenden Gottes. Aufserhalb Palästriten. 5d. Nolanische Amphora r. Fig. Bärtige Herme, vor der ein rückblickender Hund. Links davon ein auf seinen Stab gestützter Mann, die Rechte ausstreckend, wie zur Bitte. Als Gegenbild ein junger Mann, ebenso aufgestützt, einem Epheben gegenüber. Abg. Ghd. Auserl. Vas. a HESS 1. 2. über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 483 mischt ist die Umgebung zur Linken der Herme: sie besteht aus einem hochauftretenden, an seinem Stirnband mit Blättern und Beeren geschmückten Jüngling, der in der Linken ein Tympanum erhebt, und aus einer langbekleideten Jungfrau mit Kopftuch, deren Hände an die Rückseite der obengedachten Herme gelegt und etwa mit deren Schmückung beschäf- ‚ügt erscheinen. Aus einer unedirten, durch Prof. Jahn mir mitgetheilten, Tischbeinschen Zeichnung. 2. Frau und Satyr. Eine mit Chiton und Peplos bekleidete, mit einer Stirn- binde geschmückte, Frau läfst in der zurückgehaltenen Rechten eine zierliche Kanne bemer- ken, während sie mit ihrer Rechten dem vor ihr stehenden linkshin gewandten Hermenbild eine grolse und platte Schale darbringt; darüber ist ein kleiner Altar mit darauf gelegter Frucht und spitzem Kuchen zu sehen. Der hier dargestellte Gott jener Herme zeigt langen Haarwuchs bei schwachem Bart und Glied; er ist mit einer Mütze bedeckt, welche an ihrer Spitze wie zum Aufhängen durchlöchert ist; oben am Schaft ist ein Zapfenloch, weiter unten, daran gelehnt, ein Heroldstab zu bemerken. Von der andern Seite her tritt ein Satyr heran und bringt mit beiden Händen einen henkellosen gefüllten Becher herbei. Eben- falls aus den bei Hrn. Geh. R. von Thiersch in München befindlichen unedirten Tischbeinschen Zeichnungen durch Prof. Otto Jahn mitgetheilt. 3. Opfernde Frau. Eine unterhalb bekleidete Frau, mit Schnüren von Perlen oder Beeren um Brust Hals und Ohren geschmückt, mit einem Kopftuch und mit Arm- bändern versehen, im Ganzen an die mit bacchischen Symbolen verknüpften Todtenopfer erinnernd, hält mit der rechten Hand ein Eimerchen, mit der Linken eine mit Früchten be- setzte Platte der Herme entgegen, deren Eigenthümlichkeit uns einen chthonischen Hermes anzudeu- ten scheint. Wir erblicken auf ithyphallischem, mit Zapfenloch und breiter Unterlage versehenen, kurzen Schaft einen vollbärtigen dicken Kopf, überdeckt von dem als Merkmal der Erdgott- heiten bekannten Getreidemals; rechts und links sind Gewächse angedeutet, in denen Lor- beer gemeint sein mag. Oenochoe r. Fig. lukanisch, vormals in der Durandschen Sammlung (Cab. Durand No. 472. Dubois Coll. Pourtales No. 253), abg. Elite c@ramogr. III, 82 (&*) (*) 35. Den Darstellungen bacchischen Hermendienstes ist wol auch das bei Mazocchi (Tab. Heracl. p 139 not. V. tab. no. 4. Vgl. Zoega obel. p. 222) abgebildete, aus S. Agata de’ Goti herrührende, krater- förmige (sog. Oxrybaphon) Gefäls folgenden bildlichen Inhaltes anzureihen. Einer linkshin gewandten bärtigen Herme mit Tänia, Zapfenloch und langem Caduceus am Schaft (das Glied hat der Zeichner aus- gelassen), schreiten von linksher drei Personen entgegen; voranschreitend, neben einem wie umhüllten niedrigen Untersatz anstatt des Altars, eine züchtig bekleidete Frau, die in der Rechten ein fast vierecktes Geräth (eine Schale?), links aber ein anderes hält, das man für die mystische Phallusschwinge erkennen würde, wäre dieselbe aus anderen Gefälsbildern guter Fabrik bezeugt. Als zweite Person folgt ein an- dächtig vorgebückter mit Mantel umhüllter Mann, der in der erhobenen rechten, wie in der gesenkten linken Hand ein kleines Büschel von Ähren oder sonstigem Gewächs trägt. Ihm folat, ebenfalls bekleidet, aber geringeren Ansehens, ein bärtiger Diener mit einem, auf seiner linken Schulter gehaltenen, Krater und in der rechten Hand mit einem Krug. Alle drei Figuren erscheinen in der Zeichnung lorbeerähnlich be- kränzt, wogegen Mazocchi (a. O. p. 139 not. V) Efeubekränzung, sowohl an diesen drei Figuren als auch an der Herme selbst, zu bemerken glaubte. Oberhalb, nahe bei der Herme, ist ein Stierschädel aufgehängt; aulserdem ist über der mittelsten Figur ein Karss Yrrwy zu lesen. Ppp2 484 GERHARD IV. VIERECKTER HERMAPHRODIT. 41. Bacchischer Dienst eines Hermaphroditen, vielleicht des Iacchos (Vgl. oben S. 465.468). Auf zwiefacher Basis erhebt sich in diesem Bild eine am Schaft mit dem Herold- stab bezeichnete Herme, deren bauschige Brust und weibisches Antlitz dem ebenfalls wei- bischen Kopfputz entspricht. Rechtshin blickend wird diese Herme zunächst von einer langbekleideten Bacchantin gefeiert, welche das Tympanum schlägt; sie scheint mit Beeren bekränzt zu sein, wie solches noch deutlicher bei dem neben ihr stehenden nackten, mit leichten Chlamys versehenen, Jüngling der Fall ist. Linkerseits ist, im Rücken der Herme an deren Stufen auf seinem Gewande sitzend, ein mit dem Petasus bedeckter nackter Jüugling zu sehen, der seinen Blick nach der rechten Seite des Bildes umwendet und in der rechten Hand einen Hirtenstab, einer Keule ähnlich, erhebt. Noch eine Tympanistria, der vorgedach- ten auch durch ein geblümtes Brustgewand ähnlich, doch ohne ihr Instrument bereits zu schlagen, tritt, ebenfalls in den Vordergrund dieses Bildes blickend, hinzu und wird von einem nackten Jüngling begleitet, dessen erhobene Rechte Staunen verräth; als Kopfputz desselben sind wieder die obigen Beeren zu bemerken. Auf der Rückseite drei Mantelfiguren. Oxybaphon mit röthlichen Figuren in der kaiserl. Sammlung zu Wien: vgl. Arneth’s Beschr. V, 4. A. 106. Archäol. Anzeiger 1854 S. 450. 494 (*). 2. Hermenopfer durch Frauen. Oberhalb eines bekränzten Altars, auf dessen Vorsprung ein Myrtenzweig und eine Schale steht, erhebt sich, rechtshin blickend, eine schlanke jugendliche mit Petasus bedeckte Herme, am Schafte mit einem Zapfenloch und mäfsiger Angabe der Männlichkeit versehen; zwei viereckte Geräthe, etwa ein Spiegel und Kästchen, sind oberwärts angebracht. Diesem viereckten Hermes naht sich eine bekleidete und mit Kopftuch versehene Frau; sie hält in der Linken eine grolse Schüssel und streckt (*) In nahem Bezug zur Darstellung dieser Vase stehen auch die hienächst anzugebenden Darstellungen zweier kraterförmiger Vasen (sogenannte Orybapha) des Museo Borbonico, welche im jetzt unzugäng- lichen dortigen Zimmer der Phallika sich befinden und früher (Neapels Bildw. $. 457. 458) folgendermalsen von mir beschrieben wurden. 1b. Unbärtige Here mit stehendem Glied, bei weibischem Kopfputz, am Schaft ein Caduceus; eine auf-diese Herme gestützte Frau erhebt eine Schale. Rechts hievon steht, halbbekleidet, ein bekränzter Jüngling, dem ein Silen eine Binde zeigt, links von der Herme aber Dionysos, unbärtig, mit Thyrsus und ein den Gott umarmender Silen. A. Drei Mantelfiguren mit Bällen. 1ec. Mitten eine Herme mit Strahlenbekränzung bei weibischem Kopfputz, Bartlosigkeit bei stehendem Glied und einem Hermesstab an dem Schaft. Davor steht ein Altar; eine daneben stehende Frau falst an den Schaft der Herme; hinter ihr sitzt ein bekränzter Jüngling. Rechterseits drei Jünglinge, deren einer sitzt, mit staunender Geberde; darüber aufgehängt sind fünf Rollen und ein Stierschädel. Z. Drei Mantel- figuren mit Bällen. 1d. Eben hierher gehört auch das durch Minervin (Bull. Nap. V. 4. p. 36 ff. 72. Ghd. Eros III, 6) bekannte Bild eines ähnlichen Gefälses, darstellend eine rechtshin gewandte weibische Herme mit schlaffem Glied, am Schaft ein Caduceus. Vor einem Altar steht ihr gegenüber rechts ein Silen, Thyrsus und Rhy- ton haltend; links eine bekleidete und behaubte Bacchantin, die einen 'Thyrsus aufstützt. über Hermenbilder auf griechischen Vasen. 485 in der Rechten eine Schale aus. Hinter ihr sitzt in ähnlicher Tracht eine zweite Frau auf einem Altar; einen thyrsusähnlichen, oben dreieckt bekrönten Stab mit der Linken auf- stützend, streckt sie die-Rechte voll Antheil am Opfer der andern aus. Unteritalisches Ge- fäfsbild mit röthlichen Figuren, aus Tischbeinschen Zeichnungen herrührend. 3. Bacchischer Dienst. Vor einer linkshin blickenden Herme mit weibischem Antlitz und unförmlicher Männlichkeit steht ein Satyr, ein Trinkhorn erhebend, rechterseits ihm gegenüber eine mit Chiton und Peplos bekleidete, mit einem Stirnband geschmückte, Bacchantin, die einen Thyrsus aufstützt. Gefälsbild mit röthlichen Figuren, nach Laborde Vases Lamberg I, 61. Elite c&ramogr. II, 81. V. HERMEN DES DIONYSOS. 1. Hermes und Dionysos. Eine mit Stirnband, langem, spitzen Bart und lang herabhangenden Locken, heraustretendem Zapfen und doppelten hohem Untersatz versehene Herme des Hermes ist hier in der Vorderansicht und in dem Augenblick dargestellt, in welchem ein geschürzter, scheinbar auch mit Beinkleidern versehener, mit einem Stirnband geschmückter, Opferdiener, der in seiner Liuken einen dreizackigen Kuchen hält, mit den ge- spitzten Fingern seiner Rechten das hoch stehende Glied des Gottes, etwa Weihrauch darauf zu streuen, berührt. Als Gegenbild hiezu sehen wir eine zweite, rechtshin blickende, Herme abgebildet, welche bei kleinerem Bart einen nach Frauenart geordneten Haarknauf am Hinterkopfe bemerken läfst; sie ist mit einem Stirnband, an dem auf einer Stufe ruhen- den Schafte mit einem Zapfenloch, aufserdem aber mit einem überaus langen männlichen Glied versehen, von dessen Ende aus ein darauf sitzender Rabe den Mund des Gottes mit seinem Schnabel berührt. Vor derselben Herme steht ein brennender Altar. Pelike mit röthlichen Figuren, etruskischen Fundorts, in der kgl. Sammlung zu Berlin (Neuerworbene Denkmäler no. 1990). Eine frühere Deutung auf Agyieus (HR. Stud. II, 275), als dem mit Dionysos gleichgesetzten Apoll (Schol. Arist. Vesp. 870), ist durch die gegenwärtige zurückgenommen. Vgl. oben S. 472. 2. Dionysos Hebon. Auf einem schräg gestellten, einem Untersatz aufruhenden Pfeiler, an welchem ein stehender Phallus angebracht ist, ruht ein Stierkopf mit Menschen- gesicht. Ein daneben stehender lorbeerähnlicher Baum breitet nach allen Seiten seine Zweige aus: links über eine Frau, die bei langem dünnem Gewand verschleiert ist, ihre Rechte im Ausdruck der Trauer an die Brust legt und in der Linken ein Kästchen hält. Rechterseits aber ist auf hohem Felsensitz, an dem Lorbeer sprielst, ein sitzender nackter Mann mit leichter Chlamys zu sehn; seine Rechte ist vorgestreckt, seine Linke mit einer Lanze ver- sehen, auch ist er beschuht, während die gedachte Frau nackte Fülse zeigt. Auf der Rück- seite Mantelfiguren. Gefäls mit röthlichen Figuren im Besitz des Geh. Rath von Thiersch zu München. 3. Bacchantin vor einer Maske. Eine kolossale vollbärtige efeubekränzte, auf dem Haupte mit einer grolsen Rosette und darüber erst mit einem modiusähnlichen Kopfputz bedeckte, über und unter dem Haupt überdies noch mit reichlichen Zweigen und 436 Germaro über Hermenbilder auf griechischen Vasen. »eeren geschmückte, bacchische Maske ist fast auf derselben Fläche aufgerichtet, auf welcher eine Bacchantin, den umgekehrten Thyrsus in ihrer Linken, den von ihrer Rechten ge- falsten Opferkrug gegen das Götterbild gerichtet hält. Archaisches Lekythosbild, nach einer zu Neapel von mir entnommenen Zeichnung. ! 3 4. 5. Dionysos und Kora. Zwischen grofsen Thieraugen ist linkshin blickend in streng archaischem Styl ein Paar von Gottheiten hier dergestalt abgebildet, dals beide in vierecktem Abschlufs ‚mit der Brust enden. Kora ist zur Rechten des Dionysos, dieser Gott selbst mit reichlichem Haarwuchs und spitzem Bart zu sehen; beide sind mit Stirnbändern geschmückt, das Haupt des Dionysos ist oben und unten mit weilsen Beeren eingefalst. Als Ge- genbild (no. 5) ist, ebenfalls zwischen Augen, ein schnurrbärtiger Mannskopf in Vorder- ansicht zu sehen; das Innere ist leer. Schale etruskischen Fundorts, mit schwarzen Figuren, im Besitz des Herausgebers. EI — areleltzllelreltellzlelrzlrz EI CHAT = LEER: 4 RE LE CH . RTL Eh RR 2 g u ' A B SH » u M s vu . KK .. h } 4 » T f i > ; a I az — N Tara ° »ono° SIIKLIRTF > LEUTE) Bon00% oe» 00 EI BED LE 6, % £ Da 2 WERTE TE m L — 00 cc 5 60 0009600008 2) r a2“ 2 A ILIDPEGUS 2, Ph NEN E TER HT Se Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. o H"” v. no. HAGEN. mnnnnnnAnNnAwe [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 21. December 1854.] im ausgeführte Schilderung des Ritterlebens in seiner Blütezeit des 12ten bis 14ten Jahrhunderts, aus gleichzeitigen Quellen, ist, bei mancherlei Vorarbeiten, noch eine gute Aufgabe, nachdem das Rittertum um seiner selbst willen, mit gehöriger Unterscheidung der verschiedenen Zeitalter seines tausendjährigen Bestehens, erforscht ist. Die grofse weltgeschicht- liche Erscheinung des Rittertums in seiner innigen Verbindung mit dem Christentum, und in der in sich vollendeten Bildung des Lebens und der Kunst in allen Richtungen, bildet ja das anerkannte Gegenbild des antiken Altertums in andrer harmonischer Gestaltung, und ist in diesem Gegensatze auch romanisch genannt, weil das Rittertum sich in den romanischen Ländern früher ausbildete; obgleich der tiefere Grund desselben bei den seit der Völkerwanderung Alles umgestaltenden Germanen, die ihn aus dem Mor- genlande mitbrachten, zu suchen ist. Wie die antike Zeit, hat auch die Ritterzeit ihre manigfaltige Lichtge- stalten, und die glänzendste, eben die des 12ten bis 14ten Jahrhunderts, war früher weniger für sich erkannt und gewürdigt, als die Zeit der Entartung und Verwilderung in der wüsten Fehde- und Faustrechtszeit. Und aus die- ser Zeit zunächst ging auch meist die dichterische Darstellung desselben in neuer Zeit hervor, für welche überhaupt das Rittertum erst nach seinem Untergange Gegenstand der Dichtung ward. So geschah es zumal in Deutschland, wo Luthers Glaubensläuterung, bald nach Erfindung des Buchdrucks und der Feuergeschosse, gleichzeitig und im geheimen Bunde mit der allgemeinen Ausbreitung der klassischen Litteratur und Entdeckung 488 v. 0. Hasen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung beider Indien, die neue Weltumwälzung vollendete, und die Ritterzeit, welche überhaupt mit dem Namen des finstern Lehns-Mittelalters abgethan ward, völlig unterging. In den romanischen Ländern, namentlich in Italien, fand dagegen noch in dieser spätern Zeit des 15ten bis 16ten Jahrhunderts die Ritterdichtung eine eigenthümliche Ausbildung durch die Kunstpoesie, zwar nicht so lebendig im Ernst, als im Scherz und Spott. Und in Spanien begeisterte ein ächtes altes Ritterbuch, mit den daran gereihten ausschwei- fendsten Ritterromanen, den scharfsinnigen Landjunker zum erhabenen tragikomischen Wahnsinne, das versunkne Rittertum wieder zu beleben, welches schon mit dem „Ritter ohne Furcht und Tadel” erschossen ward. Die gut gemeinten allegorischen Ritterromane Frankreichs und Englands konnten die Ritterzeit noch weniger wieder hervorrufen, als das ebenfalls allegorische Gedicht des letzten ritterlichen Kaisers von seinem eignen ritter- lichen Leben. Mehr würde dieser Kaiser gewirkt haben, wenn sein schon zum Drucke vorbereitetes Unternehmen, die uralten vaterländischen Hel- dendichtungen und ächten Rittergedichte zu erneuern ausgeführt wäre. So geschah es denn, dafs eben erst aus seiner Zeit eine neue Ritterdichtung in die deutsche Litteratur trat. Es war ja das mit der eignen Eisenhand ge- schriebene Lebensbild des starken Selbsthelfers in der Reichsnoth der wüsten Fehdezeit, welches unsern gröfsten Dichter bewog, das erste wahre Ritter- schauspiel vorzuführen, welches gewaltig, nicht allein in Deutschland, nach- wirkte. Freilich folgte ihm eine ungeheuerliche Schaar von Ritterschau- spielen und Ritterromanen, so dafs sie diese neue Dichtungsart wieder etwas verleideten. Und wenn derselbe erste Dichter erzählt, wie eine geistvolle Gesellschaft über die Vorlesung eines solchen ersten Ritterschauspiels bei der Bowle dermafsen begeistert worden, dafs sie Gläser, Flaschen und Bowle aus dem Fenster geworfen, weil niemand würdig sei, fürder dar- aus zu trinken, so schildert das sehr treffend den ihm nachrasselnden tollen Ritterspektakel. Ebenso erzählt er, dafs Knaben, die ein Ritterschauspiel aufführen wollten, ohne den Inhalt überlegt zu haben, sich begnügten, hin und her schreitend, mit den Rüstungen zu rasseln und auf die Schilde zu schlagen und mit Kraftsprüchen Humpen zu leeren. Die Ritterschauspiele und Romane sind nun längst verschollen, erst verdrängten sie die Räuber, dann die englischen Lords, die Edlen Spaniens und noch mehr Italiener, französische Abenteurer, dazwischen deutsche nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. 489 Hausväter, Familiengemälde u. s. w. Immerhin blieb die ferne Ritterzeit das poetische, romantische Zeitalter und -Coftüm, so dafs unser Dichter des Octavian und Übersetzer des Don Quixote, und der englische Dichter des Iwan Hoe das heimische Rittertum wieder zu Ehren brachten, durch wahre Darstellungen desselben, und damit auch vornämlich die gründliche Erfor- schung desselben in seinen Dicht- und Bildwerken anregten. Ich habe hier seit 1840 in mehreren Vorträgen eine Reihe solcher Bildwerke, meist aus Handschriftgemälden, zunächst der Liederdichter- oder Minnesängerhandschriften, bekannt gemacht und erläutert; wie sie zum Teil in den Akademieschriften stehen. Heute bringe ich eine Reihe solcher Elfenbeinbildwerke('), in Urbildern, Abgüssen und Zeichnungen, wel- che ein glückliches Zusammentreffen mir zugeführt hat. Alle haben eben- falls das deutsche Rittertum der besten Zeit, das 12te bis 14te Jahrhundert zur Mitte ihres Kreises. Sie bewähren dabei noch im stärkern Mafse als die Handschriftbilder die hohe Ausbildung der Kunst jener Zeit auch in die- ser kleinen und feinen Darstellung und Ausführung. Und einige darunter zeugen zugleich von der erstaunlichen Gröfse der urweltlichen Thiere, aus deren Zähnen sie geschnitten sind. Aus dem ersten Alter des Ritters, der Knabenzeit, die der Knabe meist im Frauenzimmer durchlebte, dann der Edelknappenzeit, meist im Hause und Dienste eines verwandten Ritters (vornämlich des mütterlichen Oheims), wie unsere besten Rittergedichte: Nibelungen und Tristan diese ritterliche Jugendzeit schildern, davon liegen uns noch keine solche Bildwerke vor. Sie zeigen alle des schon ausgelernten Ritters Leben, Trachten und Tichten. Den Reigen hebt an: 8 Der heilige Georg. (Taf. IV. V. No. 3. Vgl. Bildersaal S. 6). Dieser ritterliche Jungfrauenbefreier, der Schutzheilige der gesammten Ritterschaft, als der christliche Perseus und Sigfrid; welcher Heilige sel- (') Nachweis solcher Bildwerke im Germanischen Museum zu Nürnberg, und mit Holz- schnitt eines solchen gibt Freiherr von Aufsels im Anzeiger des Mittelalters 1855, No. 8. 11. Andere weist mein Vorbericht zum Bildersaal altdeutscher Dichter [1856] S. 81-90 nach, die darin beschrieben sind; darunter auch Arbeiten aus Wallrolszahn, z. B. die Schachbilder. Philos.-histor. Kl. 1855. Qaq 490 v.o. Hıcenx: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung ber noch in das heidnische Heidentum hineinreicht und auch dadurch seine Verwandschaft mit gefeieten, unverwundbaren Helden (Achill, Sig- frid, Rustan u. a.) andeutet, dafs sein Hemde (Waffenhemde) ebenso ge- gen Wunden fest machte (namentlich den Wolfdietrich), wie der in die Heldendichtung verwobene ungenähte Rock Christi und der vermutlich noch fortdauernde Kriegerglaube an die Passauer Kunst. Unser Elfen- beinbildchen, dessen Kehrseite eine gemütliche Darstellung der Anbetung des Christkindes durch die heiligen drei Könige enthält, zeigt den Ritter Georg im Panzerhemde oder Ringpanzer, der sich eng anschmiegt und mit gleicher Panzerkappe unter dem Helme, Panzerhandschuhen und Panzer- hose bis zur Fulsspitze (nicht aber der spätere krebsartige Schirmharnisch), die wahre Rittertracht dieser Zeit ist, wie solche Tracht auch auf allen hier vorkommenden Elfenbeinbildern erscheint und auch dadurch ihr Alter be- kundet, in völliger Übereinstimmung mit den Siegeln derselben Zeit, welche diese Zeit genau bestimmen. Durch die beiden auf einer Tafel verbundenen Vorstellungen erscheint das Rittertum christlich geweiht. Die königliche Verehrung des Christkindes mit der Mutter (No. 4) weiset auf die höchsten Ritterpflichten, die Verteidi- gung des Christentums, der Frauen und des Lehnsherrn. Der von dem Speere des Ritters in den Rachen nidergestofsene und vom Hufe des Pferdes geschla- gene Drache, dem die flehende Königstochter zur Beute werden sollte, ist hier der Höllendrache selber (wie die neuste hiesige Darstellung dieses Kampfes ihn sogar zum neusten revolutionären Prinzip andeutete), und bezeichnet zugleich den Kampf der christlichen Ritterschaft gegen Sünde, Tod und Teufel. So als allgemeiner Schutzheiliger der Ritterschaft, ist der heilige Georg auch der besondere Namensheilige mannigfaltiger Ritterorden. Zu dem im Jahre 1807, aus damals meiner einzigen Handschrift, von mir zuerst heraus- gegebenen grofsen heiligen Georgs-Gedicht des bairischen Rainbot von Dorn, nach Eschenbach, habe ich alles mir damals bekannte über die Geschichte dieser Dichtung zusammengestellt, was seit dem fast halben Jahrhundert freilich bedeutend vermehrt werden kann. Ich erwähne davon hier nur, dafs ein kürzeres, mehr volksmäfsiges Gedicht vom heiligen Georg vom verst. Dr. Stiglitz zu Leipzig in dem Jahrbuch der dortigen deutschen Gesellschaft angezeigt, ohne nähern Nachweis der Handschrift, welche gegenwärtig aus nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Alittelalters. 491 v. Soltaus Nachlafs hier im Besitz der königlichen Bibliothek ist. Der Ab- schreiber des 15. Jahrhunderts nennt sich am Ende Matthis von Kreuz- burg. Es enthält hauptsächlich nur diesen Drachenkampf. Vorliegendes Elfenbeinbild, wol eines der jüngern, wie schon unge- achtet des älteren Rundbogens der Einfassung, die Schinen an den Schinbeinen verrathen, gehört auch nicht zu den fein und ebenmäfsig ausgearbeiteten: die Gestalten sind meist etwas kurz und die Gliedmafsen sind nicht immer im rechten Ebenmafs, namentlich Kopf, Hände und Füfse. HI. Lanzenrennen, Turnir. (Taf. VI, No. 3. Vgl. Bildersaal S. 6). Das folgende Rundbild (aus der königlichen Kunstkammer) zeigt einen ritterlichen Zweikampf, zwar keinen ernsten, sondern ein Lanzen- rennen (tjost, tschost — aus dem Französischen jouste, joüte) in den Schran- ken des Turniers: das erhellt aus der Bühnenbrüstung über den Rittern mit den Preis und Dank erteilenden Frauen. Beide Ritter sind ganz ebenso gerüstet, wie der heilige Georg, im Ringpanzer, doch ohne Beinschinen, auf den oberst tief mit Panzerdecken (covertiure) behangenen Rossen, auch ohne Wappen, wie die gleichen dreieckigen, unten spitzbogigen Schilde. Die am Oberrande des einen Schildes dreiteilige Leiste kann wohl nicht als Wappen gelten. Die Helme sind auch ohne Kleinod oder Helmschmuck. Auffallend sind die baumstarken, beide gegen die geschlossenen, bis auf die Schultern reichenden Helme gerichteten Lanzen, deren eine den Helm etwas gelüftet und das jugendliche Antlitz sichtbar gemacht hat. Die an den Turnirlanzen „zum Schimpf und Glimpf” abstumpfenden „Krönlein” anstatt der scharfen Spitzen des Ernstes, sind vor den Helmen nicht zu sehen, obschon ein Teil der mit Rauten bezeichneten Fähnlein. Hinter jedem Ritter, über dem Rücken ihrer Rosse, bläst ein Spielmann, der rechte mit Kaputze, der linke kurzlockig, die Trompete zum Kampfe. Die oben an der gegitierten Brüstung in der mit einem Teppich behangenen Mitte stehende Jungfrau, einfach gekleidet, mit einem Band um die kurzen Locken, reicht mit der Linken einem neben ihr stehenden kurzlockigen Jüngling einen solchen Kranz wie sie selber trägt, zum Danke des Siges, welcher unten erst noch erfochten wird. Als ein solches fortschreitendes Doppelbild mufs Qqq2 492 v.o. Hasen; Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung man doch wol die ganze Darstellung betrachten. Dabei scheint die preiser- teilende Jungfrau selber der Preis des Siges zu sein, indem der junge Siger nicht nach dem gebotenen Kranze greift, sondern mit beiden Händen Kinn und Wangen des ihn besigenden lieblichen Angesichts liebkoset. Sehr an- mutig sind die neben diesen beiden erscheinenden Gruppen: rechts ein Fräu- lein, der Herrin ähnlich gekleidet, auch kurzlockig; die zur Linken mit einem Falken auf der linken beschuhten Hand, also einem Jagdfalken, womit auch die Frauen selber auf die Reiherbaize ritten, wie wir hier gleich noch sehen werden. Das Fräulein zur Rechten steht in lebhaftem Zwiesprach mit einem Männlein, den die geöhrte Kappe auf dem Kopf als den Hof- oder Hausnarren ankündigt. Derselbe hat sich eine etwas zu starke Rede-Freiheit herausgenommen, so dafs sie die rechte Hand zu einer schweigenden Maul- schelle ausholt. Das Ganze bildet eine wohl abgerundete Darstellung, und nichts hindert, es für das Gedenkbild eines wirklichen Vorganges in einem edlen Hause zu halten. Am obern Rande sind zwei fratzenhafte, fast ohne Leib langschwänzige Thierköpfe geschnitzt, deren Durchborung sie zu An- hängseln des Bildwerkes bestimmt. Die Ausführung ist im Ganzen dem Schnitzwerke vom heiligen Georg ähnlich, besonders unten die Ritter; oben erscheint dagegen eine eigenthümliche Änlichkeit, zumal der Frauenbilder, wie noch mehr auf den folgenden Elfenbeinbildern. LIT. Jagd. (Tafel IV. V. Bildersaal S. 46). Die ritterliche Jagd, zu Rosse, mit Lanze, Schwert und Bogen, wie sie vor allen von Sigfrid, und weiter in Jagdgerechter Folge von Tristan er- zählt wird, und die Reiherbeize durch Edelfalken, wie sie in Krimhildens Traume den Tod des herrlichen Jägers selber vorbildet, — sie alle finden eine reiche Zusammenstellung auf einem der mächtigsten Stücke Elfenbeins, in der fürstlich Öttingen -Wallersteiner Sammlung, dessen Gypsabgufs ich dem überaus gefälligen Bewahrer dieser reichen Sammlung, Freiherrn von Lööffelholz, verdanke, nebst drei anderen Elfenbeinbildern dieses Kreises. In gröfserer Gestaltung reitet hier das Jagdgefolge aus dem Burgthore, an dessen Zinnen zwei bekränzte Fräulein verwundert nachschauen. Aus dem Thore sprengt eben noch zu Rosse ein junger rüstiger Jagdgesell, fröh- nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. 493 lich in das einfach gekrönte Hifthorn stofsend. Ein andrer kleinerer Hornblä- ser zu Fufs ist schon hinaus: beide folgen dem Herrn und der Herrin, die auf stattlichen Rossen im Walde reiten. Es ist ein junges, liebliches Paar; beide mit unbedeckten Locken, welche dem Fräulein ein Kranz (Schapel) zusam- menhält (vgl. Nibel.). Sie haben auch ähnliches einfaches Gewand, anschmie- genden Rock, die engen Ärmel mit Knöpfen besetzt. Darüber ein weiteres Gewand mit Halbärmeln und weitem, faltigen Kragen, zur etwa nöthigen Kopfbedeckung. In lebhafter Unterhaltung reiten sie neben einander. Der junge Mann zeigt mit der Rechten auf die Jagd vor ihnen, und hält den Bo- gen in der Linken. Die Frau hat auf der beschuhten Linken ihren Edel- falken, dessen Kopf sie mit der Rechten noch bedeckt hält, bis sich ein Wild zur Baize darbiete. Sie reitet schrittlings, und auch dadurch, wie durch die übrige Zusammenstellung erinnert dieses Jagdpaar sehr an das Gemälde zu Hugo v. Werbenwag in der Manessischen Handschrift. Mit ihnen, etwas weiter vor und tiefer im Walde, reitet ein anderes junges Jagdpaar, ähnlich ge- kleidet; das Fräulein, das zu dem Kranze noch ein Band um das Kinn trägt, hat seinen Falken schon fliegen lafsen, hält ihn aber noch an einem Bande fest. Der etwas ältere Mann, der den Kragen über den Kopf gezogen hat, stöfst, vorn über geneigt, sein Schwert in den feisten Rücken eines starken Hirsches, welcher von vier gröfseren und kleineren Hunden gepackt und im Laufe gehemmt wird. Noch weiter vorwärts stöfst ein einzelner junger Jä- ger zu Fufs einem ähnlichen Hirsche, der eben aus einem Bächlein säuft, das Schwert in den Hals. Jeden der blumenartigen Waldbäume beleben man- cherlei Vögel. Neben dieser Luftjagd ist auch die unterirdische angedeutet, indem ein Hund einen Dachs in seinen Bau jagt. So erscheint hier ein sehr manigfaltiges und lebhaftes Jagdbild, dessen kunstreiche Ausführung des kostbaren Stoffes würdig ist. Thiere und Men- schen sind gleich wahr gebildet. Dafs der Wald schon dicht vor dem Burg- thor anfängt, ist dem gegebenen engen Raume solcher Bildwerke nachzugeben, fand sich damals auch oft wirklich, so dafs der Burghag schon zum Walde gehörte. Sonderbar ist noch am rechten Ende, welches, wie gegenüber die Burg, durch eine Leiste abgetheilt ist, über dem Hirsch am Bache, unter den Bäumen, auf einer schlanken Säule ein grofses rundes Gefäfs, von dessen Seiten aus zwei Thiermäulern zwei Wasserströme zum Bache hinabfliefsen, als wenn 494 v.n. Hasen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung sie dessen Quelle wären, und an die Urnen der alten Quellgottheiten erin- nern; vielleicht ist hier jedoch ein Springbrunnen vorgestellt. Ly. Schachbilder. Von ihnen, meist aus Wallrofszahn, ist schon früher ausführlich die Rede gewesen; nunmehr auch im Bildersaal S. 13. 114. Y, Minneburg. Minnekloster. (Taf. VI, No. 1). „Im Museum zu Darmstadt(') wird unter andern Sehenswürdigkeiten des Mittelalters auch ein kleines Elfenbeinschnitzwerk aufbewahrt, welches, nach der runden Form seiner Kehrseite, entweder der Deckel einer Siegel- kapsel oder eines zu irgend einem andern Zwecke bestimmten Büchschens gewesen zu sein scheint. Obschon nun demnach dessen eigentliche Bestim- mung nicht nachgewiesen werden kann, so ist doch die darauf befindliche halberhabene Darstellung von so eigner Erfindung und schön gedachter An- ordnung, dafs eine Abbildung und kurze Erklärung davon in diesen Heften nicht überflüssig erscheinen möchte. Auf den Zinnen einer mit Thürmen wohl verwahrten Burg sieht man in der Mitte eine Frauengestalt mit einer Krone auf dem Haupte, und vor derselben einen Ritter mit gefalteten Händen, in ehrerbietiger Stellung, gleichsam derselben huldigend; auch scheint diese Huldigung von ihr wohl- gefällig aufgenommen zu werden, denn sie fafst ihn beim Arme, als wollte sie ihn zu sich erheben. Eine Jungfrau hinter der Hauptfigur, links, ist eben im Begriff, derselben einen zweiten Ritter vorzustellen, welcher diesen Mo- ment, ebenfalls mit gefalteten Händen, ehrerbietig erwartet. Ein dritter Ritter erscheint rechts in derselben Stellung, und wie es scheint, ebenfalls in der Absicht, der Hauptfigur seine Huldigung darzubringen; nach ihm (') „Beiträge zur teutschen Kunst- und Geschichtskunde mit vorzüglicher Berücksichti- gung des Mittelalters in vierteljährigen Heften. Bearbeitet und herausgegeben von Dr. Franz Hubert Müller, Grofsherzoglich Hessischem Galleriedirector. Erster Jahrgang mit 20 theils illuminirten Abbildungen. Darmstadt (bei Leske) 1832. gr. 4. Zweiter Jahrgang mit 21 Abbildungen (Jahrg. 2, Taf. 13. S. 82). nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. 495 schaut aus dem entgegengesetzten Eck schalkhaft eine zweite Jungfrau. Alle drei Ritter haben das Haupt unbedeckt und sind ohne Rüstung. Unten aber, aulserhalb der Burg sieht man drei Jungfraun ihre Ritter eine kleine Treppe hinauf, unter welcher ein blühender Rosenstrauch steht, zur Burg einführen. Die erste davon schiebt ihren sich ihrem Willen gutmüthig fügenden Ritter vor sich her zum Thore hinein, indem sie mit der Rechten einen grolsen Schlüssel emporhebt, womit sie dasselbe aufgeschlossen zu haben scheint. Dieser folgt die zweite Jungfrau, ihren Ritter bei der Hand führend; sie macht jedoch mit der aufgehobenen Linken eine nicht unzwei- deutige Bewegung, um eine kleine Freiheit zu bestrafen, welche sich dieser erlaubt hat. Diesem folgt der Ritter, den die dritte Jungfrau, welche den Zug beschliefst, mit der auf seine Schulter gelegten Linken ebenfalls zum Vorwärtsgehen bestimmt; in der Rechten hält diese einen Zweig mit Rosen. Alle drei Ritter haben schwere Helme auf den Häuptern und tragen Panzer- hemden unter den Kleidern; beides scheinen sie ablegen zu müssen, ehe sie hinauf gelangen. Auch rechts und links stehen Rosenbüsche. Das Ganze in einer Einfassung von zehn sich berürenden Kreisstücken, aus deren Ecken Köpfe von menschlich-thierischen Ungeheuern hervorgucken. Aufsen sind vier zierliche, bewegte Blätter angebracht, die die innere runde Form zum Viereck umschaffen. Fragt man nun nach der Deutung dieser sonderbaren Darstellung, so mögte wol dabei zunächst die grolse Verehrung in Betracht zu ziehen sein, welche man der heiligen Junfrau Maria allgemein im Mittelalter zu bezeugen pflegte. Sie erscheint, wie bereits schon öfter in diesem Werke erwähnt wurde, als das Ideal holder Weiblichkeit, als das Muster der Frauen, als der Inbegriff himmlischer Reinheit und Milde. Obschon nun auf unserer Dar- stellung die Maria nicht mit dem Christkinde auf dem Arm erscheint, und eben so wenig von Engeln umgeben in der himmlischen Glorie, welches schon allein die Einfacheit dieser Darstellung nicht zugelassen haben würde, so ist es doch unverkennbar, dafs hier keiner irdischen Königin gehuldigt wird. Im Gegentheil aber ist darauf hingedeutet, wie der rauhe ungebun- dene Sinn der lebenskräftigen Ritter durch die Verehrung der heiligen Jung- frau gemildert und gezügelt, und wie ihre irdische Liebe zu den Jungfrauen durch die erhabene Himmelskönigin zu einer himmlischen erhoben und ver- edelt werden soll, wovon jene ihr zeitliches und ewiges Heil erwarten. Wer 496 v.2. Haczen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung mögte darum nicht geneigt sein, in dieser Darstellung die religiös-poetische Tendenz des Mittelalters wiederzufinden? Die aufserhalb der Zehnecks- Construction erscheinenden Ungeheuer sind demnach als die aus heiligem Kreise verbannten Laster zu betrachten, um so mehr als diese Zehnecks- Construction, aus dem doppelten Pentagon entsprungen, diese Darstellung doppelt heilbringend umgibt. Denn dafs die Figur des Fünfecks im Mittel- alter in diesem Sinne vorkommt, ist bereits früher in meinem „Architekto- nisch-bistorischen Werke über die St. Katharinen-Kirche zu Oppenheim” mehrfach nachgewiesen worden, indem schon bei Pythagoras das Pentagon als heilbringend, vor Unglück schützend galt, so wie das Pentalpha (der soge- nannte Trudenfufs), und dieses gibt eigentlich zehn Punkte, worin sich die Linien vereinigen, im Mittelalter sowohl, als selbst noch heute, auf Thüren, Bettstellen und Wiegen angebracht, alles Böse und Unheilbringende ver- scheuchen soll. Wahrscheinlich war dieses kleine Schnitzwerk, welches die Abbildung in der Gröfse des Originals wiedergibt, an irgend einer Urkunde, an einem Gefäfs oder Kleinod angebracht, welche einer sogenannten Mutter- gottesbrüderschaft angehörten, einer Vereinigung von Jungfrauen und Jung- gesellen zu bestimmten, durch das ganze Jahr laufenden Andachtsübungen zu Ehren der heiligen Maria. Zu bedauern ist noch, dafs der scharfen Linie der Radiernadel die Lieblichkeit der kleinen Köpfe mitunter unerreichbar blieb, die um so schwieriger wiederzugeben war, als dieselben nicht in der hohen Kunst- vollendung, sondern, bei einer oft sehr mangelhaften Zeichnung, in einer unnachahmlichen Gemüthlichkeit besteht.” Schon die Beschreibung, und noch mehr diese Anschauung widerspricht der christlich-mystischen Auslegung. Die Darstellung hat durchaus ein welt- liches, ritterlich-minnigliches Ansehen. Zuvörderst erscheint sie als eine reichere Variation der vorigen; unten sind die Ritter nicht mehr im Kampfe um die Schönen, sondern diese schon gewonnen, und werden von ihnen in die Burg geführt, in welcher sie oben wieder ohne Rüstung neben ihnen er- scheinen. Eine zum Schlagen ausholende weibliche Hand ist auch hier, wie auf jenem Bilde zu sehen, aber unten, gegen einen vorgreifenden Ritter. Die fratzenhaften langohrigen Gesichter in dem mystischen Zweimal-Fünfeck nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. 497 sind keine Laster oder ernsthafte Teufel, und haben wol nicht mehr Bedeu- tung, als die beiden Fratzen am obigen Rundbilde; allenfalls verspotten sie die armen Ritter, als besiegte Sieger, wie etwa der obige Spötter in der Narrenkappe. Bedeutsamer, wie umfassender, ist hier die ganze Darstellung allerdings; aber keine Madonna ist hier oben in der Mitte die gröfsere ge- krönte Herrin, sondern die Frau Minne, und die Einführung der Ritter ist die Einführung in die Minneburg, in das weltliche oder Minne-Kloster, zu welchem eine der minniglichen Nonnen, als vorangehende Schliefserin, den mächtigen Schlüssel führt, während die den Zug beschliefsende einen Blumenzweig trägt. Blumen und blumige Bäume umgeben auch die Burg, und obschon es sichtlich keine eigentlichen Rosen sind, so haben sie doch die Bedeutung sub rosa. Dafs diese weltlich-allegorische Erklärung die richtige sei, bestätigt das folgende Seitenbild dazu. VT, Minneburg. (Taf. IN). Hier ist, auf etwas grölserer Elfenbeinscheibe, eine noch weit reichere Darstellung, bei etwas kleineren Gestalten eine reiche Fülle von Frauen und Rittern, eine gröfsere Mannigfaltigkeit der Gruppen und der Handlung. Das Ganze stellt sich eben so deutlich wie anmutig dar, und ist wie eine kleine Glorie, bei minniglichem Frauen- und Männer-Streit, zu schauen. Es sind keine ernstlich streitbare Amazonen, sondern eben wider das Gefolge der Minne-Königin oder -Göttin. Auf ihrer durch zwei Zinnen über einander erhöhten und gefestigten Burg, steht sie zu oberst in der Mitte auf der Zinne, in einfachem Kleide, allein geflügelt und gekrönt, mit Pfeil und Bogen (wie sie in den folgenden Bildwerken, auch mit Speer erscheint) und schiefst herab auf die unten die Minneburg bestürmenden Ritter. Der Pfeil ist aber ein Blumenzweig, wie alle in diesem Sturme vorkommenden Geschosse, Wurf- speere und Lanzen. Rechts rennen zwei Ritter zu Rofse, völlig gerüstet, jeder mit drei Blumen im Schilde, gegen das Burgthor an, über welchem auch drei Blumen als Wappen stehen. Unter dem aufgezogenen Fallgatter reiten ihnen zwei Fräulein schrittlings, mit Lanzen entgegen, welche Blumen anftatt der Turnier-Krönlein haben, und ein Fräulein über dem Burgthore, Philos.-histor. Kl. 1855. Rrr 498 v.o. Hasen: Bilder aus dem Ritterleben und aus der Ritterdichtung von einer andern mithelfenden gehalten, schüttet einen grofsen Blumenkorb über die Anstürmenden aus. Links sind zwei Ritter, von denen der eine aber mit den Füfsen auf den hohen Sattel seines Rosses gestiegen ist, so dals er ein aus dem Gitterfenster schauendes Fräulein liebkoset, wärend eine andre aus ihrem Fenster noch Blumen auswirft, der andre Ritter, der auch auf seinem Rosse zu stehen scheint, einen Blumenpfeil von der Armbrust emporschiefst. Über diesem Ritter ist ein dritter schon noch höher bis an die Zinne hinaufgeklommen und fafst ein Fräulein freundlich in den Arm. Auf der rechten Seite des Thors sind auch zwei Fräulein an Gitterfenstern: eine wirft Blumen aus, die andre umarmt ebenfalls ein, es scheint auf einem Baumzweige emporgestiegener Ritter. Dieser, sowie alle übrigen Ritter, aufser den beiden unten rechts rennenden Rittern, sind ohne den grofsen völlig geschlossenen Helm, nur mit der Kappe des Ringpanzers auf dem Kopfe und im Waffenrocke. Auf jeder Seite über der Zinne bläft ein Burgwächter die lange Lärmtrompete, bei der grofsen Gefahr. Denn zwei Ritter sind sogar schon über die Zinne gestiegen, und haben durch ihre Lieb- kosungen zwei mit Blumen bewaffnete Fräulein wehrlos gemacht. Ja, ein andrer Ritter hat auch die höchste Zinne erstiegen und steht mit einem Fräu- lein, dicht neben Frau Minne, Hand in Hand, wärend noch drei andre Fräu- lein sich noch mit Blumen verteidigen. Man sieht wol, dieser Sturm und Streit mufs sich in allseitiges Wol- gefallen auflösen. Die siegreichen Eroberer der Minneburg sind doch zu- letzt wieder die Besiegten, und jeder von ihnen wird seine erwünschte Hälfte finden. Das Ritterlich-minnigliche wird nun erst recht regieren und fort- während auf änliche Weise wie die Helden in Walhall in stäten Kämpfen und Festen mit den Walkyrien fortleben. Die Anordnung des Ganzen ist so deutlich, wie schön. Die Arbeit ist noch feiner und kunstreicher als auf allen vorigen Bildwerken, die Zeich- nung ist überall richtig, und vor allen die Köpfchen wunderlieblich und innig. Es ist vielleicht das schönste gröfsere Bildwerk dieser Art und Zeit. Die drei folgenden kleineren Bilder stehen mit demselben auf gleicher Höhe, bei grölseren einzelnen Gestalten. Sie stellen in einzelnen Paaren von Gelieb- ten, zugleich in gröfserer Gestalt die Macht der Frau Minne dar. nach Elfenbeingebilden und Gedichten des Mittelalters. 499 VI. VII. IX. Minnepaare. Das schöne Bildchen der hiesigen Königl. Kunstkammer, früher Nag- lers, habe ich schon 1840 bekannt gemacht(') und hier vorgezeigt; heute tritt es in die Reihe von zwei ähnlichen Elfenbeinbildern der Öttingen- Wallersteinischen Sammlung, die sich gegenseitig ergänzend erläutern. Alle drei sind in baulicher Einrahmung, unser Berliner Bild noch im Rundbogen (Anfang des 13ten Jahrhunderts), die beiden Wallensteiner im Spitzbogen. Dort erscheint in Einer Darstellung, was hier in zwei zerteilt ist, welche jedoch auf beiden Seiten einer Tafel stehen. Dort erscheint Frau Minne gekrönt und geflügelt in den Bauzieraten über dem edlen Paare und vereint sie durch Speerschüsse, die zugleich verwunden und heilen, aus jeder Hand, und der Ritter in einfacher Haustracht, nur mit dem Dolch an der Seite, sitzt neben dem eben so einfach gekleideten Fräulein, die aus den Blumen in ihrem Schofse ihm den Kranz des Minnesanges windet. Auf dem Waller- steiner ersten Bilde erscheint Frau Minne (?) ebenso in den Zweigen eines blu- migen Baumes, und nicht scharfe Speere, sondern es scheint Blumenge- schosse, wie dergleichen auf dem vorigen Bilde zu sehen, wirft sie auf die Gelieben herab. Diese können auf beiden Seiten des Baumes freudig ver- ehrend hinaufblicken. Er hält einen Falken (das Zeichen des Friedens) auf der Linken, und stützt die Rechte auf das linke Knie; sie, auf dem rechten Knie liegend, hält die Linke betheuernd empor und die Rechte an die Brust. Beide sind auch in ganz einfachem Gewande, dessen weiten Kragen sie über das Haar gezogen hat; er trägt einen Kranz auf den kurzen Locken. Auf der Kehrseite stehen Beide, allein und umgestellt, dicht neben einander. Er, in gleicher Tracht wie vorn, hält wieder den Falken mit dem Bande auf der Rechten, und mit der Linken bietet er ihr einen Kranz auf die Locken; sie macht mit dem rechten Zeigefinger eine deutende Gebärde, und hält mit der Linken in angelehnter Stellung das weite Obergewand zusammen. Der Kranz ist hier also wol der Brautkranz. Dieses köstliche Bilderpaar ist nicht nur von der gemüthlichsten Lieb- lichkeit der Gesichter und Gebärden, sondern auch von trefflicher Modelli- (') Bildersaal Taf. 34. (?) oder Amor mit Fackeln mit übergeschlagenem linken Beine, d. i. männlichem Sitzen. Rrr2 500 v.o. Hıcen: Bilder aus dem Ritterleben Ar aus der Ritterdichtung etc. rung der stark erhabenen Gestalten und Durchzeichnung der Gliedmafsen durch die edle einfache Gewandung und deren antiken Faltenwurf. Den Übergang zu den gröfsern ritterlichen Minnedichtungen von der Minneburg, dem Minnekloster, Gott Amur u. a. bildet das merkwürdige zum Geschenk für die Geliebte bestimmte Kästchen, welches inwendig, wie auswendig mit Schnitzwerk bedeckt ist, und einen kleinen Liebesroman in Bildern darstellt, von der ersten Begrüfsung bis zum Brautbette. Ich habe auch hievon schon in einem früheren Vortrage gehandelt, und Zeich- nungen der dritten Hand vorgezeigt. Heute kann ich die ursprünglichen Zeichnungen mittheilen. Die, besonders innerhalb die bildlichen Darstellun- gen begleitenden und erläuternden Minnelieder, reihen sich nun zunächst den genannten folgenden gröfsern Gedichten an, welche zum Theil noch un- gedruckt und unbekannt sind, und zur völligen Bestätigung der obigen Deu- tung der reichen runden Elfenbeinbilder dienen. Minnegeschenke. Minnekästchen. Von solchen Kästchen, mit bezüglichen Bildern und Wappen aus Holz und geprefstem Leder, sind schon vier umständlich beschrieben, wie nunmehr auch im Bildersaal S. 81-86, und auf die Abbildungen dabei hin- gewiesen. Zu dem ersten werden hier nachträglich auf Tafel III, IV genaue Steindrücke geliefert. Andre solche Kästchen, auch aus Elfenbein, zum Teil mit einzelnen Minnepaaren, zwischen Bäumen stehend, oder wandeln], bewahrt die hiesige Kunstkammer, wo auch jene vier sich befinden. Bei der Schilderung dieser vier sind auch Auszüge aus alten Gedichten mit verwandten Handschriftbildern gegeben, dergleichen noch mehrere folgen werden. Hier erinnere ich nur vorläufig noch an das schon 1850 erwähnte erhobene Bildwerk der hiesigen Kunstkammer, das gröfste mir bekannte seiner Art, welches in lang aneinander gereihten Bildern wahrscheinlich einen ursprünglich morgenländischen Roman darstellt, worin Luftreisen in einem riesenhaften Zaubervogel vorkommen. Noch viele andere solche Kästchen von mancherlei Stoff, Gestalt und Gebilde befinden sich im Germanischen Museum zu Nürnberg, und von dieser bedeutend alten Kunstart gibt des Freiherrn von Aufsefs Anzeiger des Mittelalters 1855, No. 7 eine Über- sicht und Holzschnitt von einem derselben mit den Apostelbildern umher, auch die fromme Bestimmung (die Gottesminne) solcher Geschenke andeutend. [a Zu der Abh.des Hrn od Hagen. Taf LIE, e) IPSIIISIIIIIIIIT, e] [0107018] VOCOO00e0000000 a 3 = een — 4 s (SISTOTSTeTeLeTeTa’®eTe70/8/8-0.0,0,870,0,6,878/W, 07070 N SODOROLLOSSOCOII0000. 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E j PR - Ah. a De N we INN an Ay Die Sprachen Kızh und Netela von Neu - Californien, dargeftellt von HTBUSCHITATN.Y) mmnannan anne [Gelefen in der Gelammthitzung der Akademie der Willenfchaften am 25 October 1855.] $ 465, a. Vo hoher Wichtigkeit für meine gegenwärtigen Forfchun- gen find zwei Sprachen Nev-Carırornıens: die KIZH (Krzs) oder die der Miffion SAN GABRIEL; und die NETELA,von der Miffion SAN JUAN CAPISTRANO. Nach Poirfon’s carte du Mexique, welche, im übrigen eine Verkleinerung der grofsen, in zwei Blättern erfchienenen, Karte Neu- fpaniens von Alexander von Humboldt (carte generale du royaume de la Nouvelle Espagne), diefe norweftdlichen Theile nach anderen Materialien hinzugefügt hat(?), liegen diefe beiden Miffionen nördlich über San Diego, am (') Diele Abhandlung ift ein kleines Stück aus meinem Werke: DIE SPUREN DER AZTEKISCHEN SPRACHE im nördlichen Mexico und höheren amerikanilchen Norden, welches ich- wie viele andere Theile, aus Gründen, die ich im Werke $. 119 an- gegeben, davon ausgelondert habe; fie er[cheint daher mit den Ziffern der Paragraphen und des Abfchnittes verfehen, welche das Stück in der Ordnung des Werkes trägt. (?) Beide KARTEN, die grolse Alexanders von Humboldt in 2 Blättern und die verkleinerte Poirlon’s in 1 Blatte, beginnen den: Atlas geographique et physique du royaume de la Nowvelle-Espagne, fonde sur des observations astronomiques, des mesures trigonome- triques et des nivellemens barometriques; par Al. de Humboldt. Paris 1822. fol. max. Die grolse Karte Humboldt’s führt den Titel: Carte generale du royaume de la Nowvelle Es- vagne depuis le Parallele de 16° jusqu’au Parallele de 38° (Latitude Nord), dresse sur des Observations Astronomiques et sur l’ensemble des Materiaux qui existoient & Mexico, au com- ımencement de l’annee 1804. Par Alexandre de Humboldt. Beide Blätter begreifen die Länder zwilchen 95° und 117° weltlicher Länge; das ite Blatt den Norden, von 30° bis 38° nördlicher Breite: mit dem See Zimpanogos als nördlichftem, und mit den Mündungen des Gila und Colorado nahe als südlich(tem Punkt; das 2te Blatt den Süden, von 15° bis 30° N. B.: vom Ifthmus von Zehuantepec (mit etwas von der Küste Chiapa’s) im Süden bis 902 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. Canal de S. Barbara: San Gabriel nördlicher, in beinahe 34° N. B.; die En- senada de San Juan Capistrano in 33°4. Neue, beftimmte Angaben fetzen die letztere Miffion in 33° 35°, die von San Gabriel in 34° 1% N. B.; San Juan liegt nach der United States exploring expedition (VI, 222") gegen San Gabriel 20 miles weiter an der Küfte abwärts. Nach Dvrror de Morras (exploration du territoire de l’Oregon, des Californies et de la mer vermeille, execulde pendant les annees 1840—42. T.1.1I. Par. 1844. 8°. maj.) liegt die Miffon San Juan Capiftrano (T. 1. p. 347-9), gegründet 1776, in einer fchönen Ebene 1 legua vom Meere entfernt, an einem kleinen Fluffe; von San Luis el Rey ift fie 13, von der Miffion San Gabriel (die gen N liegt) 10 leguas entfernt. 9 leguas in NNO gegen San Gabriel zu liegt eine Meierei, welche der alte rancho de $. Ana der Miffion von S. Gabriel ift. Die Miffion de San Gabriel Ar- cangel (f. I, 349-353), gegründet 1771, liegt nach Duflot 18 leguas (vor- hin fagte er 10!) nördlich von San Juan Capistrano, 9 in OSO von San Fer- nando, 10 vom Meere, 12 vom Hafen San Pedro, 4 vom pueblo de Nuestra Senora de los Angeles. Er nennt fie die gröfste und reichfte Milfion in bei- den Californien; fie liegt am Fufse einer waldigen sierra, mitten in einer herrlichen und grofsen Ebene, auf der Stelle der Indianer- Dörfer von den Stämmen Juyubit. Caguillas und Sibapot. Hier ift das Flüfschen Rio de San Gabriel. Von den Namen der haciendas (352°=") hebe ich die nicht- fpani- fchen heraus: Asusa, Cucamonga, Jurupa, Jesapita. Die beiden Miflionen liegen fo den Mündungen der Flüffe Gila und Colorado verhältnifsmäfsig nahe, in nordweftlicher Richtung, nur aller- dings durch die Cordilleren -Kette von dem Völker- Theater zu beiden Sei- ten des Gila getrennt. 6465, b. Wir verdanken der United States exploring expedition zwei WoORTVERZEICHNTSSE diefer Sprachen; fie bilden die letzten des grofsen gemeinfchaftlichen Schema’s im 6ten Bande des Werks (1846): die Num- mern 16 und 17; aber fchon früher, im J. 1841, lieferte Scouler ein vom zur Infel Tiduron in Sonora als höchftem Punkt im Norden. — Poirfon’s Karte, betitelt: Carte du Mexique et des pays limitrophes situes au nord et a l’est, dressee d’apres la grande Carte de la Nowvelle-Espagne de M. de Humboldt, et d’autres materiaux, par J. B. Poirson. 4811; begreift die Länder vom 15ten bis zum 42ten Grade nördlicher Breite (bis über Cap Mendocino, bis cabo de San Sebastian), und von 75° bis 130° weltlicher Länge. XII, 465, b. frühere Urtheile über die Kizh und Netela. 503 Dr. Covrrex gefammeltes Wortverzeichnifs beider, im journal of the geogr. soc. of London. Bercmaus fagt in feinem geogr. Jahrbuch (III, 1851 S. 59), Gallatin fei geneigt gewefen, nach jenen Wortverzeichniffen der explor. exp. die Kizh- und Netela-Sprache für Schwefterfprachen des SCHOSCHONISCHEN zu halten; die Ähnlichkeit fei ihm zu grols, um fie einem zufälligen Verkehr zu- fchreiben zu können. Berghaus hat, mit lobenswerther Zurückhaltung, diefe Verwandfchaft bezweifelt und die grofse Ähnlichkeit in Abrede geltellt, „Meines Erachtens”, fagt er, „ift diefe Ähnlichkeit etwas weit hergeholt, Beide Sprachen, die Kidfch und die Netela, haben, mit Ausnahme der Zahl- wörter, unter fich nur Ähnlichkeit bei fehr wenig Wörtern; und fehr ent- fernt ift die Ähnlichkeit mit Schofchoni - Wörtern gleicher Bedeutung, was felbft von den Zahlwörtern gilt.” Über die beiden Volksftämme bemerkt er weiter: dafs „fie an der Stelle, wo wir fie im Californifchen Küftenlande fin- den, nicht als Urbewohner anzufehen find, fondern nur als Fremdlinge‘‘: in- dem „die fpanifchen Priefter diefes Landes ihre Neophyten oft aus fehr wei- ter Ferne von jenfeits des Gebirgs mit Gewalt der Waffen herbeiholten, um fie in den Miffionen dem Namen nach zu Chriften zu machen.” Gallatin’s Name wird aber in den obigen Urtheilen von Berghaus mit Unrecht gebraucht ; fie gehören nicht ihm, fondern uaue an. Mag der Auszug, welcher im 2ten Bande der transactions of the american ethnologi- cal society nach der grofsen, mit römifchen Seitenzahlen verfehenen, Einlei- tung Gallatin’s aus Hale’s ehnology unter arabifcher Paginirung geliefert ift, auch von Gallatin herrühren;, fo giebt er faft immer, und fo auch hier, nur Hale’s Urtheile, Angaben, ja Worte wieder. Die Worte jenes Auszuges über den vorliegenden Gegenftand find aufser Nebenfachen ganz die von Hale im Vol. VI. (ethnology) der exploring expedition.(!) Hier wird, zunächft bei (') In dem Auszuge aus HALE’S e/hnology, im Vol. II. der zransactions of the American ethnological society, New York 1848. 8°, heilst es zuerlt kurz p- 18": The vocabulary of the Netelas Indians, on the coast of California, latitude 34°, shows evident traces of con- nexion with the Shoshonees. Die Worte shows ev. traces of. c. w. the Shosh. find die Hale’s, der vordere Theil des Satzes ilt eine kürzere Fallung von dem Eingange bei Hale (expl. exp. Vol. VI. p. 219°). Dann heilst es an einer zweiten Stelle (p. 62°) über die Sprachen Kij und Netela: The similarity which exists between many words in these two languages and in the Shoshonee, is evident enough from a comparison of the vocabularies. The re- semblance is too great to be attributed to a mere casual intercourse; but it is doubtful, 504 Bvscumann: die Sprachen Kizh und Netela. den Scnoscnonxes (p. 219°), bemerkt: „man wird auch fehn, dafs das Wort- verzeichnifs des von den Netela-Indianern an der Küfte von Californien, un- ter dem 34ten Breitegrade, gefprochenen Idioms shows evident traces of con- nexion with the Shoshoni;” und an einer fpäteren Stelle, bei den zwei cali- fornifchen Sprachen felbft (567”"), heifst es: „Die Ähnlichkeit zwifchen vielen Wörtern in diefen 2 Sprachen (Xij und Netela) und im Shofhoni geht deutlich genug aus einer Vergleichung der Wortverzeichniffe hervor. Die Ähnlichkeit ift zu grofs, als dafs man fie einem blofsen zufälligen Ver- kehr zufchreiben könnte; aber es ift zweifelhaft, ob die Erfcheinung uns be- rechtigt fie als Zweige derfelben Familie hinzuftellen.” $. 466. WORTVERZEICHNISS der Kızu- und NETELA-Sprache A. -Subftiantiva, ,Adjeetiya und,Verba Kızu Nereıa (San Gabriel) (San Juan Gabriel) on nskulSan Juan Gapifirano) alive yait arm a-män, män na-mä arrow tschüar, ni-hun, G touarr hul, G ul bad mohöräi, möhai, G chaile | hitoigötö bear hünar hünot beard aöng, pehen nu=zmüs bird re eheymat black yupiya, yomäxpe, G yupixa adihugol, G yübatexanut blood ayain no-0 (no:0,) blue saschässcha boat f. canoe body G a-tatax G pe&-taxo bone a-Ent, can no-hüksen whether the evidence which it affords will justify us in classing them together as branches of the same family. Diefe ganze Stelle ift, bis auf ein paar Buchftaben, vom erften Worte bis zum letzten, aus Vol. VI. der expl. exp. (p. 567"m-mf) wiederholt. Von einem Urtheile Gal- latin’s über die Aijj- und Netela-Sprache kann allo nicht die Rede feyn. bow boy brave brother canoe, boat cheek chief cold come daughter day dead deer dog door drink (v.) ear “earth, land eat e55 elk enemy eye father feathers fingers Kızh (San Gabriel) paityöar, paityuar, paitoy, G paitxoarr kwitt, G kobatso G 1tako ni-pe-ets trainye, nikın tomer, tomiar, G tomearr otschö, G ötso (vergl. winter) kima, kemä aiarok oronga, G örödxe ameya schukät waust, wasi G ahü-nün pay, paa a-näna, nüjas, G a-nanax toöanga, G üngxür kway, kwaa a-häynehe, a-kakan G nikait a-tschötschon, tsölson a-nak, ni-nak (!) (566'), G a-mak a-mäschan, a-pehan XII, 466. Wortverzeichnifs der Kizh und Netela. 505 Nerera (San Juan Capistrano) küputsch, G kütäpsh amaitekela, G amaigomal G shehuüshuit na-pas wayxel,ıy (Gramm. 567”) ni-kiwalöm (pl.) (Gramm. 967°) nöt, G nöl G shöbobüt (= winter) akwatschöm na=sudm ieme (vgl. sun und morning), naanük sukot, sukmal aywal G püpük pae na-näköm (pl.), G pa-nakwn G exel nätschyon popan pälut G nääquani no-pülum (pl.) na-nd, G ne=neh po-mösch | walschköt (') Vielleicht lautet das Subst. inak; f. unten $ 474 gegen das Ende. Philos.- histor. Kl. 1855. Sss 506 Buscumann: die Sprachen Kizh und Netela. Kızu Nerera (San Gabriel) (San Juan Capistrano) fire tschäwot, toina muyät fish kwaiing muyüt foot nee (vgl. leg) friend G nisye-hiya ne-hueh-lo girl tayai nawitmal go mea, tankomöko hatee good tihöröet, tihörwait polou great yöit, wariajeren, G yo-oite | oboloo, G ahüuloot hand a-man, G a=man na-täkalom (pl.), G po-ma head a-poän, G d-puan nuyü, G tchumyuh heart a-hüng, sün, G a-shün no-sun, G no=shun hill, mountain | züle, G xa-ux mountain haiy (!), G ka-hui mountain hot G örö (auch warm) G xalek house kitsch, kin, G kit ni-ki, G kecha island pausch knee ne-temelum (pl.) (Gramm. 567°) lake G pal-mokat (pal Waffer) land f. earth leg a-nef, neneö nee light G küt man woröit, G ngoro-ite yüls, G yei moon mödr, G müuarr moil, G mioil morning temek (vgl. day) mother a-ok (a>ok), G a=-ükö no-yo, G ne=-yoh mountain f. hill mouth a-tongin name todian neck aengen, payon na-painkonom (?) night yauket, G ya-uke tukmöt, G tuenenga (‘) In der Gramm. (p. 566"") wird Raiy, als Kizh angegeben. (*) om möchte Plural-Endung leyn: f. unten S. 513°. nose old pipe rain red river salt sea see sister sleep (v.) small Snow son star stone strong summer sun tobacco tongue tooth, pl. warm water white wind winter wolf woman wood yellow young Kıza (San Gabriel) XIII, 466. Worterzeichnifs der Kizh und Netela. 507 Nerera (San Juan Capistrano) a=mepin, müpin eraypo akwäkit, waköro kwauöya, räure G paxait G üngurr G möhönöt ni-pills yatamkoa ischinüi, G isinuch yoät, tonit a-ıkok suon, G shosho-huoot lotä, G tölä apüsterot, G huuka oröriöe tamet, G taamet a-nongin aslatöm oro (auch heifs) bar, akwäken, G paära ärawaätai ahrkain, ahöken otschötschiöe (otschö kalt) zschot, 7sot tokor, G tokor lumai payü-uwi mor1öails no-müöum mayaumal nuhükop kwäst koiäkuiet G huani G engel G moomt teliwe ne-keis küpla olütäkalä, G elühmal yüıit na-kam süuol, G shul tot, G 10öt pa-alwitsch nänat temet, G temet (tem& Tag) piöot no-t0 päl, G pal hwaiynot, G huaiyazxnut hüngol soöout (= kalt) 1sot sungwäl, G shüngäl kutä kehat Sss?2 508 1 2 3 4 9 6 10 you they Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. B. Zahlwößktler, denen ich die von Duflot unter dem Zeichen D gleich beifüge: Kıza (San Gabriel) pukü (auch G u. D) weht, G huehe, D guepe pähe, G pai, D pagi watsä, G huatsa, D guaicha G maharr, D makai G patahi, D pabai G huatsakabea, D guacha- cabia G huehesh-huatza, D gue- guacha G maher-kabea, D majai- cavia G hushesh-mahev, D gue- jemajai Pronomina noma oma ahe, paema ayohin (bed. auch: viele), eyomoma asöin, omöma pämümöe I Nersra (San Juan Capistrano) pukü, G u. D supuhe wehe, G u. D huah päahe, G pahai, D paai watsä, G u. D huasah mahär, G maharr, D maha paöadhe, G pömkalillöh, D pomkalilo aywohuitsch, watsäkaöia (G huäsäkäbiä u. D ouasakabia f. bei8), G u.D ehueohui weheswatsä, siulenga (G huö- sakabid u. D ouasakabia find ein Irrthum für 7) pehelenga, mahärkaöia, G huasa-yvicohiall- maharr, D ouasamaha wekkun-mahär, G hui-keen- maharr, D ouikinmaha personalia no om wanal tscham omom wanalam Pronomina possessiwva f. beider Gramm. andre Pronomina: this that wanal ono XTI, 466-7. Wortverzeichnifs, Vaterunfer der Kizh und Netela. 509 Kızu NETELA (San Gabriel) (San Juan Capistrano) all 08 schhoonom many (much) ayöin, aiden, G aye-oin much | muiokom (vergl. wir) who hakt | hays D:m Ad wer. ba near momoa to-day mitema pükala yesterday poäna lükof to-morrow | hiamte | potokwala Dvrtor de Morras liefert von den 2 Sprachen von San Gabriel (I, 393) und San Juan Capiftrano (II, 394) das Vaterunfer und (II, 401) die Zahlwörter. Letztere habe ich fchon oben eingefügt; die von San Juan Capiftrano find fichtlich von Coulter entlehnt. VATERUNSER: San Gabriel Y yonac y yogin tucupugnaisd sujucoy moluanıan masarmı magin tu- cupra maimand muisme milleosar y ya tucupar jiman bxı y yon! masaxmı mitema coy aboxmi y yo mamainatar momojaıch milli y yaxma abonac y yono,y yo ocaihuc coy jaxmea main itan momosaich coy jama juexme hue- memesaich. Amen Jesus. San Juan Capiftrano Chana ech tupana ave onench, otune a cuachin, chame om reino, libi yb chosonec esna tupana cham nechetepe, micate tom cha chaom, pepsum yg cai caychame y i julugcalme cai ech. Depupnn opco chame chum oyote. Amen Jesus. 310 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. 6 467. Ich beginne meine genaue Arbeit ÜBER DIESE WORTVER- ZEICHNISSE und die aus ihnen hervorgehenden VERHÄLTNISSE DER BEIDEN SPRACHEN KIZH und NETELA. Die expl. exped. fchreibt Capestrano; Humboldt (essai politique sur le royaume de la Nowvelle- Espagne T.I. Par. 1811. 4°. p. 326) fo wie Poirfon’s Karte, Scouler (Coulter) und Duflot de Mofras fchreiben C4- PISTRANO. E: Die Hauptgrundlage meiner obigen WÖRTERSAMMLUNG ift das Wortverzeichnifs der United States BXPLORING EXPEpırıon Vol. VI. p- 570-629, von mir in alphabetifche und zum kleineren Theil fyftematifche Folge nach dem Englifchen gebracht; Aizh (San Gabriel) bildet No. 16, NVe- tela (San Juan Capiftrano) No. 17 in der dortigen grofsen Worttafel. So dankenswerth und wichtig diefe Sammlung ift, ift das Verzeichnifs doch ziem- lich dünn: es fehlen viele Wörter in beiden Sprachen oder in einer. Den Wörtern und Formen diefes Verzeichniffes gebe ich kein Zeichen, felten E. G: Unter diefem Buchftaben habe ich in jene Sammlung eingefügt ein werthvolles Wortverzeichnifs derfelben beiden Sprachen, welches Scou- ler herausgegeben hat im journal of the royal geographical society Vol. Xl. 1841. Lond. p. 246-250; fie bilden da Col. 4 (San Juan Capistrano) und 5 (San Gabriel) einer Wortfammlung aus der Pima und 6 Sprachen Neu- Californiens, deren Folge diefe ift: Col. 1 engl., 2 Pima, 3 San Diego, 4 San Juan Capistrano, 5 San Gabriel, 6 S. Barbara, 7 San Luis Obispo, 8 San Antonio. Scouler erhielt diefe Wortfammlungen von feinem Freunde Dr. CovLrer, der mehrere Jahre fich in dielen Gegenden Amerika’s aufge- halten hatte.(!) Diefe Wörter, welche ich ftets durch vorgefetztes G unter- fcheide, find denen der expl. exp. öfter gleich oder fehr ähnlich, manchmahl aber von ihnen verfchieden. — Die Buchftaben anlangend, fo ift bei Coul- ter merkwürdig das häufige x in den Wörtern; es ift gemeiniglich = dem x, der expl. exped., einmahl aber ihrem ng; noch ift zu bemerken Coulter’s 2. 6 468. Indem ich jetzt auf die zwei Sprachen felbft eingehe, theile ich zunächft eine Reihe GRAMMATISCHER BEOBACHTUNGEN mit, welche ich aus den Wortverzeichniffen gezogen habe; wozu Nachrichten über die Plural-Bildung und die pronomina possessiva kommen, von mir ge- (') S. über ihn XIIT $ 459 im Anfange, und Anm. am Ende. XII, 468. Xizh und Netela: Subftantiv-Endungen. 511 » wonnen aus den materiellen Formen, welche Hale in der expl. exp. (VI, 566" - 7'* Kizh, 577“ "" Net.) gegeben hat; aus den Beifpielen hier habe ich noch einige Wörter zum Wortverzeichnifs hinzufügen können. Ich beobachte meift an Subftantiven, aber auch Adjectiven, eine Reihe von Endungen, welche alle eine grammatifche Reliquie der 2 aztekifchen SUBSTANTIV-ENDUNGEN TZ und TZI feyn können: zi, te, 1,15 und isch: ta; l,n und r. Ich kann oft durch Vergleichung der verfchiedenen Data und durch die verwandten Sprachen diefen vollen Formen die Form ohne Endung entgegenftellen, oder fonorifche ähnliche Endungen an die Seite letzen: 71 könnte im X kwitz Knabe Subftantiv-Endung feyn TE ift nur eine Schreibung Coulter’s ftatt 2 der expl. exp.: KG yo-oite grofs (E yöit), KG ngoroite Mann (E woröit) 7 höchlt verbreitet durch Subftantiva und Adjectiva, meift dem K an- gehörig, felten dem N; es fteht nicht nur nach Vocalen, fondern auch nach n,m; — Kizh: aent und zan Knochen, G pikait Feind, woröit Mann; yauket Nacht, G ya-uke; Haus, Flufs; yait lebendig; gut; — Netela: wa- chet Boot gegen Kträinye, Schofch. schake; pälut elk: Sch paröi, W patit; tot Stein (= azt. te-tl); Fifch;, — im Kizh und Netela: Wolf K tschot, K und N zsot: W ischä: Sonne durch alle Formen und Angaben, wogegen tem& Tag das Wort ohne Endung, zeme&k Morgen k zeigt; Meer (G fogar nach m: moomt), Schnee, Feuer; grofs; weiter noch werde ich £ zeigen im Wechfel mit /und 2 und beim Plural (512"”‘) zs und zsca in Subft.; K und N: HausK kitsch, kin, G kiit: ift daffelbe Wort wie tepeg. qui (Net. ni-kr mein H.); Mann N yizis, G yei; Schwefter K 174: Kotä Stein (N 2ot, azt. te-tl) z und x; Z gehört der N, r der Kan; Z! kommt in Subft., Adj., ja im pron. vor; anomal gegen das Azt. ilt, dafs es fich auch vor der Plural - En- dung hält: wanal er, diefer, wanalam fie, auch in der Compoßition: pal- mokat See (f. $ 477); wir finden das Z auch in den unten (S. 512"-') ver- zeichneten Pluralen, mit einziger Ausnahme von Ohr; — Wind höängol= azt. ehecatl; alt; — IN im Wechfel mit r K: Salz N engel, KG üngurr; Te onne, Co una-ti; Waller (hier KG r&), woman, Erde; in Mond möchte man Zund r zum Stamme rechnen, doch fie find wohl auch Endung mit verftümmeltem Stamm; r kommt noch öfter vor: in Bogen neben dem 512 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. Wort ohne Endung, in Bär neben N i ufw.; — l erfcheint auch neben z im N: Häuptling E nöt, G nöl; deer E sükot, sukmal; — es wechfelt mit n des K: Wind, mit n und i desK: Stern » ift Subft. Endung der K; nur 1 mahl kommt es im K und N zugleich vor: Herz; wir haben es eben im K mit 2 und z wechfeln fehn; K: Arm «a- män, NG po-ma; Hand man, a-män,N na=mä; Federn a-mäschan: N p0-mösch, Ca *masa; a-poan Kopf, vielleicht = Ta moola, Te mo; Haus kin: G kiit, N ni-k7, Te qui; a-tongin Mund, toaian Name, a= nöngin Zunge; Wind ahrkain, ahöken= arzt. ehecatl; n wechfelnd mit i:Kakwäken Waller, akwäkit Regen; — noch fehr oft kommt n als En- dung von Subft. vor: ich habe nur Beifpiele mit aufklärenden Parallelen an- gegeben. 6469. Die PLURAL-Bildung der Subft. und Ad). hat uns Hale in Beifpielen vorgeführt, von welchen ich folgende allgemeine Züge abnehme: Kızn: Der Plural wird gebildet: 1) durch Verdopplung der erften Sylbe (= Ta und Te): k7tsch Haus, krkitsch; haiy Berg, hahaiy; tokor femina, totokor; paityuar Bogen, papaityuar; — mohai fchlecht, momohai; tschinui klein, tschitschinui; — Befonderheiten dabei: wasi Hund, wausi (Hale: „gu. wawasi?”);ischot Wolf, ischischot; 2) durch Verkürzung im Innern: tihörwait gut, tiri wait; 3) durch die, nahe ähn- lichen Endungen nöt und rot, denen Stücke vom Ende des Worts weichen und deren 2 als die allgemeine Subft. Endung zu erachten ift; nöf nur in Adj.: yuprya fchwarz, yupinöt; arawätai weils, rawänöt (a vom An- fange verloren); kwauöya roth, kwauyönöt (oy in yo umgelfetzt); — rot: woröit Mann, wor oröt. — Ob nicht die Plural-Endung öm des Netela auch im Kizh vorkommt? fie könnte liegen in a-tatöm Zähne; [. ferner unten pron. Nerera: Es wird nur Eine Bildungsart, auch für Pronomina, durch M mit verfchiedenen Vocalen davor, fichtbar: 4a, om, öm, vm; in allen Bei- fpielen aufser Einem: na-naköm, meine Ohren, fteht ein z vor diefer En- dung: das man für die Subft. Endung des sing. halten müfste (f. S. 511”-2°), obgleich deren Bleiben im Sinne der azt. Sprache eine grofse Anomalie wäre: wanaler, wanalam fie (im Wortverzeichnifs); na=-t@kalom meine Hände, ni-ktwalöm meine Backen; ne-i{&emelum meine Kniee, no-pülum meine Augen; szol Stern, salum (mit Verkürzung des Stammes) Sterne. Mir XIII, 469, 470. Kizh und Netela: Plural, Schema der pron. poss. 513 fcheint die Plural- Endung auch zu hangen an na-painkonom Hals, gegen Kpayon; na-näköm, G pa=nakwn Ohr. Ich habe felbft in den Proxonmınen diefe Art von Plural-Bildung beobachtet, welche da auch im Kizh erfcheint; Netela hat die Endungen: min tscham wir, ischom unfer; ompom ihr (leur), vom sing. po fein; fonft om (ohne !): om du, omom ihr, euer; schhöonom alle (n mag Nomi- nal-Endung feyn), mziokom viele; — Kizh hat mo und om zum Plural - Zeichen: oma du, omöma ihr (hier halte ich om für Pl. Zeichen, da ma in diefer Sprache als ein Ausgang der Pronomina erfcheint); eyöomoma wir; pomo ihr (leur; angeknüpft an N po fein); noch ift zu bemerken mo in: pa- ema er, pamümöe fie. Ich habe zu bemerken, dafs bis auf diefe von mir im pron. aufgedeckte Übereinftimmung die 2 Sprachen in der Plural-Bildung eben fo unter einander verfchieden find, als die von ihnen angewandten 3 Endungen ohne Anklang in den 4 fonorifchen Sprachen bleiben. $ 470. Die PRONOMINA pers. zeigt das Wortverzeichnifs. — Die pron. poss. find der zweite und letzte Gegenftand der grammatifchen Notizen der expl. exped.;, ich werde ihren Zufammenhang mit den pron. pers. erörtern; das pron. 1. und 3. pers. sing. habe ich vollftändiger durch die Präfixa des Wortverzeichniffes ermittelt. Schema der pronomina possessiva Kizh Netela mein ni (n7), ne! ni,ne°::no,nu°; na” dein mo, mu? oma® fein a’ po? unfer ayo,eyo” ischom'! euer aso'! omom (omom-om") ihr pomo® ompom'“ Beispiele: mein Haus ni=skin ni=ki dein „ mu-kın oma®"-ki fin „ a-kinga" po'"-ki Philos.-histor. Kl. 1855. Tit 514 Buscumann: die Sprachen Kizh und Netela. Kizh Netela unfer Haus eyö'"-knga” tschom=ki euer „ aso-knga omom-om’"-ki ihr PR pomo-knga ompom"=ki mein Vater ni-nak mein Boot nö’-y” dein..d mö-nak dein, 0.000 42 fein, a-nak Veima u unfer Vater ayöi”-nak unfer Boot {schom-iy euer „ asoi”-nak euer „ omom-om”ziy ihr " p ihr „ ompom”-ıx 6471. Ich werde mich nun mit BEMERKUNGEN über diefe Pro- womına und Beifpiele verbreiten: Die Subft. felbft erleiden nach dem pronomen possessivum praefixum gelegentliche Form-Veränderungen: Knak Vater und N k7 Haus nicht; aber K k7n Haus verwandelt in 3. sing. das Schlufs-n in nga (16), im ganzen plur. des pron. wird diefes krnga in knga zufammengezogen (19); in N7y Boot wird der Anfangs-Vocal nach nö mein verfchluckt (22). Die Wortverzeichniffe der 2 Sprachen find voll vom pron. poss. 1. und 3. pers. sing. (mein, fein) prrarrıxum. Diefe präfigirten Pronomina begleiten, nach amerikanifchem Geifte und ähnlich wie im Comanche und Schofchonifehen, die Verwandtfchafts-Grade (auch Freund), wie die Theile und Glieder des Körpers: dafs fie aber auch manchmahl vor an- dern Subftantiven ftehn, ift ein Irrthum bei der Wort-Aufnahme, der von der Lifte verfchwinden müfste. Öfter kommt der Körpertheil ohne pron. praef. vor: z. B. N ne£ Fuls, Bein (dagegenK: ne-neö, a=nef);, Herz sun neben mehreren präfigirten Formen; befonders oft fteht im K die reine Form neben der mit präfigirtem a (fein): Arm Kmän neben a=män, K ean und a=ent Knochen, K {sötson und a-ischötschon Auge; Nafe K müpin neben a- mepin; Ohr K a-nana, najas. Ich ANALYSIRE nun vır EINZELNEN PronomınaA, und habe von mein befonders die von mir im Wortverzeichnifs gefammelten Formen und Beifpiele der Präfigirung anzugeben: XII, 472. Kizh und Netela: pron. poss. 1. und 2. pers. sing. 515 6472. 1. PERS. SING. meıs: v1 (ni) und w£ (nö, ne) (1, 2) — beide Formen wechfeln im Wort- verzeichnifs in beiden Sprachen immer mit einander ab; die Gramm. hat K ni bei Vater, ni bei Haus, N ni bei Haus; Verwandtfchaft: K ni-pe-ets Bruder; Vater Nna=na, G ne-neh, K a:näk, Gramm. ni=nak('); Freund KG nisye-hiya,N n&-hueh-lo; Mutter NG ne-yoh, Eno=yö; Schwe- fter K n7=ptits, N ne=keis: — Körpertheile: Bein Kne-neö, a:nef, N nee; ne-lemelum meine Kniee (Gramm.) ni=k7walöm meine Backen (Gr.); — ni als unnöthiges Präfix: Pfeil N Aul, K ni=-hun (gewils: mein Pfeil); Haus K k7n, G kiit: N ni=ki (mein Haus, wie auch die Gramm. beibringt). — Das pron. poss. vr und wz findet keinen Anhalt im pron. pers., aber im fonorifchen Sprachftamme. vo und vv (3) gehören allein der N an; no gleicht dem pron. pers. N (ich), und findet {ich als folches auch im K, nur mit dem durch viele pron. pers. des K gehenden Anhang ma: noma. no als mein kommt auch in einem der 2 Beifpiele der Gramm., nö-=y mein Boot (22), vor; Wortverzeichnifs: Verwandtfchaft: Mutter no-yö, G ne-yoh; — Körpertheile: no-to Zähne; Bart nu=smüs, Com. motz; no=0 Blut, no-hüksen Knochen, no-püalum Augen (nach der Gr.: meine A.), Kopf nu-yü; in Herz vollftändig bewie- fen; Nafe no-muöum. — xo mein ift mit dem azt. poss. identifch: was ich, fehon im Hinblick auf ich, für zufällig halte. v4(4) kommt als N im Wortverzeichnifs oft vor; Verwandtfchaft: na- pas Bruder (K ni-pe-ets), na-suam Tochter; Vater na-na: G ne-neh, K a-nak: na-kam Sohn; — Körpertheile: Ohren na-naköm (nach der Gr.: meine Ohren), G pa:nakwn: na-täkalom nach der Gr.: meine Hände; Hals. 2.»PE R:S: (S-LN G. ine: K uö, mv (5) fteht mit dem pron. pers. nicht in Verbindung, ift aber fonorifch ; Vater hat mo, Haus mu; — N om4 (6), angeblich auch om-om: f. bei euer; oma ift = K du, ähnlich N on du. (') Wenn das Subft. (nach einer Erörterung unten S. 517%) inak lautet, fo würde das Präfix vor i n leyn oder ein Anfangs-i verfchlucken können. Ttt2 516 Buscumann: die Sprachen Kizh und Netela. 6473. 3. PERS. SING. seın: 4 (auch ä,&) (7) ift das Präfix der Kizh-Sprache; es fteht in Verbin- dung mit dem pron. pers. K ahe er. Die beiden Beifpiele der Gramm., Haus und Vater, haben das a; aber angefüllt mit dem Präfix find die Kizh-Wörter des Wortverzeichniffes; Verwandtfchaft: aiarok Tochter; Vater a-nak (nach der Gr.: fein Vater), G a-mak: Nna=na,G ne=neh; Mutter a-ok, G a-ükö; a-ıkok Sohn; — Körpertheile: Arm a-man, man: N na- mä; Leib G a-tatax, NG p&-täxo; a=ent und an Knochen; Ohr a=na- na,Ga-nanax; a=tschötschon und tsötson Auge; Federn a-mäschan, a-pehan: N pö-mösch; Ca*masa, W apihı; Bein a-n£f, ne=neö: N nee; Hand a-män: (Arm id. und män), NG po-ma; Kopf a=-poän, G ü- puan; in Herz vollftändig bewiefen; a-iongin Mund, a-ngen Hals; Nafe a-mepin, müpin; a=nongin Zunge, a-tatöm Zähne. Über diefe Kategorien hinaus (wohin auch fchon Federn gehörte) und fogar ganz fremdartig fteht das Präfix a in Ei; in Regen, neben 2 Formen ohne a. PA, P&, po (po) find die Formen der Netela-Sprache; die häufigfte ift po (8), welche allein in der Gramm. vorkommt: d. h. nur in Haus (17), denn in Bo ot (24) ift ähnlich wie in omom für dein (f. bei ihr) der Fehler begangen, dafs das Plural-Pron. fteht: ompom-izy wird für ihr Boot (28) an- gegeben, und für fein Boot fteht gefetzt: „ompom-7y (qu. pom-iy)'.— Im Wortverzeichniffe habe ich vorgefunden: Körpertheile: Federn pö-mösch: K a-mäschan, Ca *masa; Hand G po-ma, K a-män; — Ohr G pa- nakwn, Ena-naköm; Leib G pe-iaxo, KG a-tatax. — Im pron. pers. findet fich nur pa vor: und zwar im K pa@ma er, wo ma eine pronominale Endung ift; mit diefem pa wird Nwanaäl er zulammenhangen; — pa und pe finden nur eine athapaskifche Ähnlichkeit, aber po eine fonorifche; f. Wortvergleichung. $ 474.15 B ER S« RLUR. ıunsza:: Die Kizh zeigt in Einem Beifpiel (Vater, 25) ayö, im andren (Haus, 18) eyö (9); in derfelben Weife liefert das Wortverzeichnifs für wir neben einander ayöhin und eyömoma (moma ift darin als Plural-Endung zu betrachten). Sehr fonderbar aber ift, dafs das erftere Wort nach, kaum zu verwerfendem, XII, 474-6. Kizh und Netela: pron. poss. plur. 917 übereinftimmendem Zeugnifs beider Sammler eigentlich oder auch viel und viele bedeutet: wofür nämlich E ayöin und aioden, G aye-oin (much) angeben; diefe Deutung wird dadurch beftätigt, dafs jene Formen als wir, unfer keinen Anklang im fon. Sprachftamme finden. Auffallend ift das z, wel- ches im Beifpiel Vater zu ayö unfer und asö euer hinzutritt: ayoi, asöi (25,26); ich möchte es angehörig dem Subft. glauben, welches allo inak und nicht nak feyn würde, wie fo übereinftimmend alle Präfixformen of- fenbaren. rscaoMm ift das Netela-Wort (10), und ift beinahe gleich wir: tscham; diefes pron. ift fonorifch (f. Wortvergleichung S. 521, No. 194). 279. DR UON. ZI PEUTSTEURR: 450 im Kizh (11), woher asdin ihr (vos); über asöi im Beifpiel Va- ter (26) f. bei ayö unfer. Das Wort asö fteht ganz fremd im Sprach- ftamme da. omom (d. h. om-om): fo mufs das pron. praefixum naturgemäfs im Netela heifsen: nach dem Vorgange von oma dein und dem pers. omom ihr (vos); aber Hale giebt in beiden Beifpielen (20, 27) die überladene Form omom-om, mit doppelter Plural-Endung: confequent hiermit wird für dein Boot omom: om-om=ix, angegeben (23), da doch in dem Beifpiel von Haus richtig oma gefetzt ift (15). Ich halte, mit Hinblick auf den ähnlichen Vor- gang beim pron. 3. pl., omom dein und omom-om euer für Irrthümer. — Wenn beide Sprachen im pron. poss. 2. pl. auseinandergehn, fo nimmt doch K Theil am Net. Worte, indem es für das pron. pers. (ihr) neben asöin noch das zweite Wort omöma zeigt. 6476. PRON. 3. PLUR. ıur: romo im Kizh (13); diefe Form gründet fich auf das Netela -poss. 3. sing. po (auch pa), an welchem K fchon durch fein pron. pers. pa&ma Theil nahm; fein pron. pers. 3. pl. pamümöe fie (ü), bleibt auch beim pa ftehn; mo ift als Plural-Endung zu betrachten. omrom im Netela (14); es ift zu conftruiren = pomo mit einem Vorfchlag om; vom po des sing. ift durch m der Plural gebildet. ompom fteht als ihr (Plural-Pron.) in Haus (21) und Boot (28); aber bei letzterem 518 Buscnumann: die Sprachen Kizh und Netela. ift der deutliche Fehler begangen, dafs es auch als Sing. Pron. (fein, 24) ge- fetzt ilt (f. bei 3. sing.). 6477. Beweife der Wort-Zusammenserzung finde ich in den Proben: N pal Waffer, Tlatskanai (athapaskifch) mönkat See: NG pal- mokai See; Kotschökalt, otschötschiöe Winter. $ 478. Ich habe über die VERWANDTSCHAFTS-VERHÄLTNISSE DER ZWEI SPRACHEN mein eigenes Urtheil und meine Entdeckungen mitzu- theilen, ehe ich fie durch eine ausgebreitete und detaillirte Wortverglei- chung erweife. Beim erften Anblick des Wortverzeichniffes der exploring expedition erkannte ich einen ziemlichen Vorrath AZTEXISCHER Wörterin ihnen; ich fand zugleich, neben einem bedeutenden eigenthümlichen Beftandtheil, in beiden einen genügenden Theil sonoxıscuer Wörter: fo dafs ich beide Sprachen augenblicklich für zwEeı NEUE GLIEDER meines SONORISCHEN SPRACHSTAMMES erklärte. In diefe höhere Wahrheit gehen die FRÜHEREN URTHEILE über ihre Verwandtfchaft mit der Scno- scmoxen-Sprache auf. Diefe Ähnlichkeit war von Hale (nicht Gallatin, wie Berghaus fagt) nach einigen feiner Ausdrücke übertrieben worden (1. oben S. 503°). Prof. Berghaus ftellte diefe grofse Ähnlichkeit in Abrede und erklärte fie für fehr entfernt (ib.503**). Auf der anderen Seitehatfich aber Hale doch fehr gemäfsigt verhalten (S.503 Anm. u. 504°”): er redet von einer „deut- lichen Verknüpfung mit dem Schofchonifchen” ufw.; hält es aber noch für zweifelhaft, ob beide Seiten zu Zweigen derfelben Familie gemacht werden dürften. Ich billige die Befchränkung zu weit gehender Behauptungen; dafs aber der Sprach-Complex Comanche, Schofchonifch und Wihinafcht (denn nicht blofs von dem mittleren Idiom darf hier die Rede feyn) manch- mahl mit befonderer Berechtigung gegen die zwei californifchen Sprachen auf- tritt, kann man aus der 3ten Rubrik meiner Wortvergleichung ($ 483) erken- nen. Bei der, genug[am von mir aufgezeigten Gemeinfchaft der zwei califor- nifchen Idiome, fo lautet meıs Urrueır, hofft man auch hier vergebens auf ein genaues, glückliches Zutreffen eigenthümlicher Formen diefer Sprachen mit dem Comanche und Schofchonifchen oder mit den füdlicheren fonorifcehen Hauptfprachen, ein Zufammentreffen in etwas recht Befonde- rem Einer Sprache mit einer anderen: fo nahe liegen die Sprachen [ich nie, fie find alle fremd genug gegen einander. Über alle Erwartung grofs, das dem fonorifchen Idiom zu Gewinnende weit überragend, ift der gänzlich XII, 478-9. Kizh u. Netela: über Verwandt/fch.V erh. u. Wortvergl. 519 unbekannte Beftandtheil der zwei californifchen Sprachen; fein Ge- wicht ift fo niederdrückend, dafs die ängftliche Zurückweifung jener weiten Prätenfionen durch Prof. Berghaus vollkommen gerechtfertigt wird. Über das VERHÄLTNISS BEIDER SPRACHEN UNTER sıcH hat Berghaus auch fchon (503°) mit vielem Rechte gefagt, dafs fie nur in fehr wenigen Wörtern einander ähnlich find. Ich kann, geftützt auf meine Operationen, weiter ge- hen, aber ich komme feinem Urtheil dennoch nahe. Ich fage diefs: beide Sprachen find genau mit einander verwandt; fie haben viele Wörter ge- meinfchaftlich, wenn gleich oft in verfchiedener Geltalt: aber in vielen find fie verfchieden, für viele Begriffe haben beide Sprachen ganz verfchiedene Wörter gegen einander; fie ftehen daher gar nicht einander fo nahe. Diefes abftofsende Verhältnifs wird auch darin fichtbar, dafs die Netela mehr fremdartige Wörter zeigt, die mit nichts Ähnlichkeit haben, als das Kizh. Bei diefer bedeutenden Scheidung ift aber merkwürdig die Übereinftim- mung beider Sprachen in den Zahlwörtern: welche fo grofs ift, als wären fie aus Einer Sprache und nur herrührend von verfchiedenen Berichterftat- tern. Die expl. exp. giebt die Kizh-Zahlen zwar blofs von 1-4, aber Coulter hat fie vollftändig. In der Verfchiedenheit der zwifchen beiden Sprachen ge- meinfamen Wörter meine ich den Vorgang zu beobachten, wie leicht und ftark in den amerikanifchen Sprachen die Wörter ihre Form verändern; ich verweile auf diefe Maffe, und bemerke nur befonders das Wort roth. $ 479. Meine Behaupiungen und Entdeckungen über die Ver- WANDTSCHAFTS-VERHÄLTNISSE der Sprachen Kizh und Netela, zu denen noch eine kleine athapaskifche Einmilchung gehört, unterftütze ich nun durch eine weitfchichtige WORTVERGLEICHUNG, wie ich fie beim Moqui begonnen und im gröfsten Maafsftabe mit dem Comanche und Schofchonifchen betrieben habe, deren Einrichtung beim Moqui angege- ben wurde. Zur Vergleichung ftelle ich hier pır vıEr sonorı- SCHEN HAUPTSPRACHEN, das CoMANCHE und SCHOSCHONISCHE. A. fonorilche Wörter. In den Hauptrubriken, welche ich ftelle, und welche an fich fchon allmählich von der Fülle bis zur Fremdheit herabfteigen, gehe ich einen ftufenmäfsigen Gang von bedeutender und gewiffer Form-Ähnlichkeit 520 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. oder Wort-Identität abwärts bis zum ungewiffen Anfchein. Auf jeder diefer kleinen Stufen gebe ich durch ein kurzes Zeichen das Verhältnifs der bei- den californifchen Sprachen unter einander und das vollere oder gerin- gere Gewicht der Vergleichung an, für die Darftellung diefen befonderen Vortheil gewinnend: I Kizh und Netela haben daffelbe Wort | 3 DS 5 773 „» baben verfchiedene Wörter III der Begriff wird nur in Einer Sprache angegeben 6.480. 1) Kizh und Netela find ähnlich oder identifch mit den 4 fo- norifchen Sprachen (oder einigen oder einer derfelben), fo wie mit dem Comanche und (oder) Schofchonifchen (mit Wihinafcht): a) Wörter identifch oder ähnlich unter aLen Sprachen: I — !8°(!) senzecut KG chaite, N hitoigötö; W schitayu, Ta tseti, *cheti; !3! Vater Ka=nak, ni-nak, Ga-mak; Nna:na, G ne=neh; W una (C und Sch haben ein anderes Wort); Ta nono (andre fon. Sprachen haben andere Wörter); !%? Sınz KG üngurr, NG ?ngel; CB onahap, N(?) onaevit-er (Sch und W find fremd); Ta Aonaca, Te onne,Ca *ona,Counati; 1°? Sonne: hier treten beide Sprachen mit der Befonderheit von m auf: Ktämet,G taamet; Ntemet,G iemet:tem&T.ag, tem ek Morgen; C und Sch haben d: CB zabih,N tah-arp (auch Tag); Sch und W zava,taba, Atabba, PM tahbe, Ser tarpe; die fon. Spr. haben s oder nichts: Ta taica, Tetasse, Ca*taa; '°* Wassen K bar, G päärä; N päl,Gpal; CB pa, N pah-ar:;Sch Epa,A pah, Ser. paah; W pa; Yu- tah pah; Ca baa, Ta pauguiki,*bagüı; '°5 die Zahl zweı(befonders ähn- lich dem W, weniger den andren Sprachen), !°® preı (fehr vollftändig fich allen Sprachen anfchliefsend) ; 1%’ ıcn Knoma (ma ift Pron. Endung des Kizh), Nno; fo wie das pron. poss. praef. no und nu, auch na der Net., niund ne K und N, vor Verwandtfchaftsnamen und Körpertheilen: find am ähnlich- ften dem ne von Ta, Co, Ca, und CN nur, när; !5°pu Koma,N om du, oma dein wären am ähnlichsten dem CN un, Ca em, Sch emöe: wenn man (') Die laufende Nummer der hier anhebenden Wortvergleichung liegt innerhalb der oben erwähnten zufammenhangenden Wortvergleichung aus den nördlichen Sprachen des fonori- [chen Stammes, welche vom Moqui (XIII $ 307) ihren Anfang genommen hat. (*) Ich befürchte nicht, dals die doppelte Bedeutung der Chiffre N: 1) Netela 2) Neigh- bors Comanche-Wortlammlung, hier eine Verwechslung herbeiführen werde. XII, 480-2. Kizh und Netela: fon. W ortvergl.: allg. Ähnlichkeit. 521 nicht ma, m als Endung betrachten und nur o beachten müfste; aufserdem Te u dein; 13% ımx (vos) Komöma,N omom ihr, euer (darin ift om, oma Plural-Endung); Ta emi, em&; Co ammo; euch: Co amua (amoa euer), Ca emo; Te um euer II -- !°° Bırr N nu-müs; CB motz, N mo-orcho; Sch mün- tschu, W musui: Co m“‘'ziti (andre fon. Sprachen haben andere Wör- ter); 12%! der 2te Theil von scuwanz N: yaöa-tynot, G yubäa-texanut findet die Ähnlichkeit: W tokano Nacht, Dunkelheit; das ganze fon, fchwarz: Te zucu,tuco, Ca *chuculi ufw. 2) Cotexuma3) Te tucaga- m oe finfter 4) mit dem folgenden Worte Nacht: 1?? Nacut N tükmöt (G tuenenga: vgl. das vorige Wort fchwarz); CN tookana; Sch tukwön od. tuguön, W tokano; das fon. Wort Nacht: Tazucaguo, Te tucagui, Ca *tucabe; '°° AucE N no-pülum (meine Augen; Z ift Subftantiv-, um Plural-Endung); CB puile, Sch und W pui; Te buy, Ca *pusi, Ta pusiki; 194 wır N itscham, unser N {schom: wir: W tami, Ta tami,tame, Te atem, atum: unfer: Ta *famu, Ca itom und iton III — !925 Fıncen N watschköt; CB massit, Sch maschö: Te massaquiga; '?° Knır N ne-temelum (meine Kniee: / fubft., um Plu- ral-Endung); CB tamap, ne-rannup Kniefcheibe, N tunnop; Te tonna, tona, Ca*tono, Co tunuti; 1?’ sener N ono;: Wöo; Co‘"’ueese; Ca hunuca vıEss, es, hume er, derfelbe $ 481. b) identifch mit fon., vielleicht auch mit Comanche und Scho- fehonifchem: I — !?®Fevenn Ka-mäschan,N pö-mösch; Feder: CB she-ah, Sch wöschia, Ta mashaca, Ca *masa; Kamäscharot Vogel bedeutet wohl vielmehr: feine Federn (rot Plural-Endung, S. 512”) c) mit Com. und Schofch., wie mit fon. eine gewiffe Ähnlichkeit: II — !?° Licur NG küt; W kutaöido, Te cuda-xare candela d) i. eine ungewiffe Ähnlichkeit: I — 20% Prsın Kni-hüun,N hul, Gül; Sch wöna; Te vu oder u, Ca *huihua, Co euruti oder “*riti II — :°% Knocnen K a-ent, gan; Sch Auto, W aoho; Te oo, 000 (Co hat ein andres Wort); 2°! Knase K kw7t7; Sch tuwitsi, Ta to- gui; 202 gurKtihöröet,tihörwait, CB zaart ufw., Ca turi $ 482. 2) Kizh und Netela find Änntıcn oder ınenrtısch mit den 4fonorifchen Sprachen (einigen oder einer derfelben), aber rremp ge- Philos.- histor. Kl. 1859. Uuu 922 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. gen das Comanche und Schofchonifche (einmahl fehlt mir nur in ihnen das Wort): a) identifch mit den fon. Sprachen, einigen oder einer derfelben: I — 2°3 der Kschukät, N süukot, sukmal; (W suyus deer ift vielleicht auch ähnlich); Te suimali Hırscu, Ta tschomali Reh, *cho- mari Hirfch; 2°% trınken K pay, paa,N pae; Ta pahi, Ca*baquepta; 205 Bens KG wä-ux,N haiy (auch Hüczı), G kahui; Hügel: Ta *ca- güı, Te cabulica; ?°% HausK kitsch, kin, G küt; N ni=ki (mein H.), G köcha; Te qui, Co chihti; 2°? die Zahlwörter rünr und secns nähern fich denen der Ta und Ca; 2°5 N po seın, pomo K und ompom N ihr (leur): Ta pu er 2) fie (i) 3) fein; hierher gehört auch der Anfatz pu im Co: aehpue und aehp er, aehpu jener (vgl. No. 213) II — 20% aross N o5öloo, G ahüuloot; Ta guelü, Ca bueru (buru viel); ?2!° Fuss KG pawxati (darin pa Wafler), Ta paugui; 211 gestern N tukof; Ca *tuca, Te tacabo, Co tahcai, Ta tapaco (Te zucaguer geftern Abend hängt unmittelbar mit Nacht zufammen); 212 pzın K mo, mu, Ta mu; ?2!3 Ka seın (Präfix), ahe er: Co achpue und aehp er, aehpu jener; a fein (Präfix); mit «he kann man auch Te eg- gue er vergleichen III — 2!4 our K ameya (im Com. und Schofch. fehlt mir leider das Wort); tödten: Ta und Co mea ufw. b) einige oder eine gewiffe Ähnlichkeit mit den fon. Sprachen: I—:!5wer?K haki, N hays; Caachim, achin, hachin welcher? was? ?!6 die Prurar-Endung om, öm: im N im Subft. allgemein (hier auch am, um), vielleicht auch etwas im K, beiden Sprachen im pron. gemeinfam: N om (m), K om und mo (f. alles diefes ausgeführt oben S. 512-3): alfo in abstracto eine Plural-Bildung durch angehängtes m; findet einen Anklang im Pron. einiger fon. Sprachen: 1) Te u dein, um euer; api du, apum ihr; eggue er, eggama,eggam fie, huggue jener, pl. huggama, huggam; 2) Ca hunuca diefer, pl. hunume; ica dielfer: ime, in diefer: inime (auch sing.), inome (doch ift hume er wieder, trotz der Endung me, sing.); eme diejenigen II — ?2!7 weıss N hwaiynot, G huaiyazxnut; Co quaina (fonft geht durch die fon. Sprachen, Com. und Schofch. Ein Wort: Ta tosac+, Te zoxa ufw.) XIII, 482-3. Kizh und Netela: fon. Wortvergl.: einfeitige Ähnl. 523 c) eine geringe Ähnlichkeit mit den fon. Sprachen oder einer von ihnen: II — ?!% Brur N no-o (d. h. no=6 mein B.), Te vure oder uure; ?1%2 EıKashäynehe, a-käkan;, Ta kauguaca (fon. noch andere Wör- ter); ?2?° Fıscn N muyüt, Co hudat;, °°:! MivcuznK tayaiı, Ta te- gueke; ??22 Korr K a-poän, G ä-puan;, Te mo, Co miuti ufw.; 223 Mans K woröit,G ngoroite;, Ta rehoje, Te teodi ufw.; ??* stark KG huuka, Te gubuca+ (alles übrige lauter andere Wörter) d) eine ungewiffe Ähnlichkeit mit den fon. Sprachen oder einer von ihnen: I — ??5 Bruder K ni=pe-ets, Nna=spas; Ta batschi; °?° Re- GEN K a-kwäkit,wakoro;, N kwäst; Ta jukiki, Te dugui; Co viteri (aber es kann aztek. feyn, f. No. 272); ??’ roruKkwauoya,N koia- kuiet; Te vuggui (aufserdem andre fon. Wörter) $ 483. 3) Kizh und Netela find ähnlich oder haben daffelbe Wort mit dem ComancHe und (oder) Scnoscnonıscnen, find aber fremd ge- gen die 4 sonorıscHEn HauPpTspracHen: a) identifch: d. h. vollkommene und gewiffe oder ziemliche Wort- Ähnlichkeit: | I— 2° Nase K a-möpin, müpin,;, Nno-müöum; CB muule (ähnlicher und mit dem KWorte auffallend ähnlich: Nafenlöcher ne-mo- bitain, Nültern des Pferdes mamobita), Nmo-opee; Sch mui, W moöi (die fon. Sprachen haben das azt. yacatl); ?”® Wour K7schot, zsot, N 7sot; CN ish, W ischä, iza (jede fon. Spr. hat ein andres Wort); 230 yıer = Sch und W II — ?3!xıur K oischö, G ötlsö, Winter otschölschiöe; CB eischo, N urch-ate, Sch ötschöin, W izits, 23? kommen K kima,kemä; CB kim (komm), SchA keemah,W kima; ?33 Fevens K a-pehan, W a=pihı III — 234 elk N pälut; Sch paröi, A paree; W patit b) eine gewiffe Ähnlichkeit: IT — ?35 grau Ksaschässcha, Sch schakwakar (Ta schioga-meke) c) eine entfernte oder ungewiffe Ähnlichkeit: IT— :35BoorK trainye, N wachet (die Identität beider ift fehr fraglich); Sch schake,Wsakı; :?’ Bin K hünar, N hünot; CN to-onah (aufserdem andre Wörter, auch im Schofch.) II — 23° essen N nätschyon, Sch PM mahrichkia (K und die Uuu2 524 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. fon. Spr. haben azt. qua); ??° Fıscu Kkwaiing; CB bek(uih), N pa- gue; Sch payötsi? W ayai; ?4% mipcnen N nawitmal, Sch nain- isöts; ?*! ceun K mea; CB miaro geh weg! Sch Anumeearo geh! W miakwi; ?*? auue K og, CN o-yet (B ojet fie), Sch PM oyette; ?*3 VIEL, VIELE Kayoin, aioen, Gaye-oin viel: aber warnend identifch mit E ayöhin wir (vgl. 5.526”); W iwaiu; ?**4 ensternn Kpoäna, W moa; 245 MorGEN N potokwala; CB poitzka, N pa-archqua;, °*° Huno K wausti, wasi;, CBzari, Nsharde; Sch schari (oder foll man das Kizh-Wort für azt. = Te gogosci halten?) Diefs ift das, was ich günftiges für die sonorıscHE SprAcH- GEMEINSCHAFT des Kizh und Netela habe zufammenbringen können; es ift ein befchränkter Vorrath, wie die Folge fogleich lehren wird, aber er beruhigt uns über die Thatfache. $ 484. Ich eröffne nun die dunkle Seite der zwei Sprachen, und führe jenen UNBEKANNTEN BESTANDTHEIL von erfchreckendem Um- fange vor, welcher uns die mächtige EIGENTHÜMLICHREIT auch diefer fonorifchen Glieder anfehaulich macht. Seine Deutung und Erklärung wird, wie überall in diefer Schrift der über das Erreichbare hinausgehende fremd- artige Sprachftoff, mir für jetzt keine Sorge machen; aber in der Partheilich- keit, welche der Zweck derfelben mir eingiebt, fühle ich das Gewicht diefer langen Wortreihen, die das befreundet Errungene weit überflügeln, in feiner vollen Schwere. 4) Kizh und Netela find FREMD Gegen AuLLes: gegen die fonori- fchen Sprachen, wie gegen den Bund Comanche, Schofchonifch und Wi- hinafcht: Leichtere Stufen als die entfchiedene, welche den Schlufs machen wird, müffen vorausgehen: nämlich die, wo uns die Ausprücke für den Begriff auf Einer Seite der zur Vergleichung gezogenen Stammfprachen oder gar auf beiden Seiten renten; wir mülfen folche Wörter ohne Ähnlichkeit mechanifch hierher ftellen, können aber nicht wilfen, ob nicht die Offnung der uns noch fehlenden Sprachen ihnen zu den vermifsten Analogien verhilft: a) die leichtefte Stufe diefes Unbekannten ift, wo der Begriff uns in allen diefen fonorifchen Sprachen vorenthalten ift: II — tapfer (drave) b) fremd gegen Comanche und Schofchonifch, indem mir das XII, 484-5. Kizh und Netela: Wortvergl.: fremd gegen alles. 525 Wort in den fon. Sprachen fehlt: II — jung Kmortöaits,N kehat; II — Pfeife Nnuhükop c) fremd gegen die fonorifchen Sprachen, indem mir das Wort im Comanche und Schofchonifchen fehlt: II — Thür KG ahu-nün, NG püpük $ 485. d) fremd GEGEN ALLES: gegen die 4 fonorifchen Sprachen, gegen Comanche und Schofchonifch: I — :#7 scuwarnz Kyuprya, Gyupixa;, yomaype; N der ite Theil des Wortes yaöatynot, G yübatexanut (der 2te Theil hat fon. Ähnlichkeit, f. No. 191); ?*3 Envpe, Lanp KG üngxür, NG zwel; 249 Fzınp KG nikait, NG naaguäni (lehr unähnlich); ?°° Bzın K a- nef, ne=neö, N nee (auch: Fufs); vielleicht ift das Wort eins mit dem com. fchofch.: CN nahap, Sch nampa ufw. (f. Yutah $ 392 No. 293); :5t Hans Kpayon,N na-painkonom; *°? Merr KG möhönöt, NG moomt; °°° SternnK suon, Gshosho-huoot;, N suol, G shul (jede fon. Sprache hat ein anderes Wort); ?°* zıns K und N pukü, NG supu- he; 2°° naN meın; no Nich, mein, noma K ich, nu N mein; ?°° pa N SEIN (pron. poss. praef.), wovon herkommt K pazma Er und womit auch wohl zufammenhängt N wanal er, diefer, pl. wanalam (über die athapask. Ähnlichkeit diefes Pron. Stammes £.S.529); die Endungen / und rim N, n im K für Subft. (doch ift im Com. eine Spur von r); die Plural- Endungen K nöt und rot (oben S. 512"”) II — Bart Kaöng,pehen; Pfeil Kischüar, G toüarr; fchlecht K mohöräi, möhai;, Vogel N eheymat; Blut K ayain, Knochen N no-hüksen; Bogen K paitöy, paityöar, G paitxoarr, N kü- putsch, G kütapsh; Knabe KG kobatso; N amaitekela, G amai: gomal; Häuptling N nöt, G nöl; kalt NG shoböbüt (K oLschö), Winter N soööut; kommen N akwatschöm; Tochter K a-iarok,N na-suam; Tag K orunga, Göröaxe, NG naanük;, Hund N aywäl; Erde, Land K toöanga; Ei N popän; Auge K a=tschötschon, tsötson;, Feuer K tschäwot (wenn es nicht = azt. tletl), N muyät;, Freund KG ni-ye- hiya, N ne-hueh-lo; gehn K tankomöko,N hatee; gut N polöu, grofs Kwartzajeren: Hand N na-takalom (pl); Kopf N nu=-yüu,Gtchumyuh; Berg, Hügel K tüle; heifs KG Orö (E orö warm), NG xalek; Mann N yitits, G yei, Mutter RK z=ok, G a-ükö; N no=y0,G ne=yoh (C und Sch 526 Buscamann: die Sprachen Kizh und Netela. haben Ein eignes Wort); Hals Ka-ngen; altK eraxypo, N mayaumal; roth K räure; Flufs N huani; Schwefter K n7=pzits, N ne=keis; fchlafen Kyatamkoa,N küpla (CSchW haben ein eignes Wort, fon. das azt. co- chi), klein Ktschinüi, G tsinuch;, N olütakälä, G elühmal; Sohn K a-ıkok, N na-kam; ftark K apüsterot, N pa-alwitsch (alle Spr. haben andere Wörter); Sommer K oröriöe, N nänat; weils Kärawätai; Frau (femina) Ktokör, Gtokor, N sungwäl, G shüngäl; Holz Krumai (vgl. CN koo-one, W kuna); K ayöund eyöunfer, ayöhin und eyö- moma wir (aber die erftere Form fcheint eigentlich viele zu bedeuten und hat in diefem Sinne Verwandtfchaft im Sprachftamme; f. oben S.516"-7° und 524 No 243); K asö euer, asöin ihr (vos; doch W ischu?); alle N schhöo- onom; heute K mitema, N piikala;, morgen K hiamte III — lebendig K yait; Boot N zy, Backen N ni-kzwalöm; Infel K parisch (Sch und W fangen aber auch mit pa an); fehn N zelöwe (CSchW haben Ein Wort: pun:), Tabak N piöot (f. jedoch unten aztek.); gelb K payü-uwi; nahe Kmomoa. B. aztekifche Wörter. $ 486. Der zweırz Taueın meiner Entdeckungen an den merkwürdigen zwei neu -californifchen Sprachen der Kizh und Netela, dem Zeitmomente nach der erfte, ift ein werthvoller kleiner Schatz AZTERI- SCHER oder MEXICANISCHER Wörter, welchen fie als ein altes Erbe in fich bergen. Diefer Beftandtheil ift, gegen die gröfsere Dürftigkeit des Co- manche und Schofchonifchen, ziemlich reichlich zu nennen (f. die Rubrik No. 2), wenn er auch die Verhältniffe der 4 fon. Hauptfprachen nicht erreicht: 4) die 2 Sprachen haben das aztekifche Wort mit aLLen fo- norifchen Sprachen: den vieren, wie dem Comanche und Schofchoni- fchen, gemein: 257 Oun (aztekifch nacaz-tli): Ka-näna, najas, G a- nanax, N na-nüköm, G pa=snakwn (öm, wn ift wohl Plural-En- dung); CB nak(i), Nnahark; Sch nöngkawa, W i-naka; Ta nachca- la, Tenaxa, naja, naca;, Oo nawaih-ti,Ca*naca; ?°° Han (azt. ma-itl): Ka-män, G a=eman; NG po=-ma (reiner als in allen Sprachen); AnmK a-män, män, Nna-mä;, CB ne-ana, Co moamati; ?5° Mon (azt. metz-tli): Kmoar, G müärr; N moil, G mioil; CB mea halber XIH, 486-7. Kizh und Netela: aztekische Wörter. 527 M., N mush; Sch munga, W muschha; Te massade, Ta* und Ca* mecha ufw.; 26° Muno (azt. ten-tli Lippe): K a-töngin (im Net. fehlt uns der Ausdruck); CN t£ppa, Sch timpa, W tupa, Yutah timp; Co ten- niti, Ca *teni, Te tuni; ?6'! Sreın (azt. te-tl): Ktota, G töta;, N töt, G tööt; CN terp; Sch timpi, W tipı; Yutah timpa; Ta teeke, *rete, Co teletn, Ca *leta, Tejodde; ?°° Zaun (azt. {lan-tli): K a-tatöm (pl.), N no=to (pl.); CB tam, tama, N tahnee;, Sch tangwa, W tama;, Ta rame-la,teme-la, Te tatamo, Co tame-ti, Ca *tami; ?2°3 Wıno (azt, ehecatl, ecatl): Kahrkain (ungemein ähnlich), ahöken, N hüngol; W hikwä (C und Sch haben Ein eignes Wort); Ta heicala, Co acate;, 264 den azt. Endungen 22 und id find gleich die Endungen z, ze, ti, taim K und N für Subft. (auch Adj.); wie die feltenen isch und zs K und N 2) Kizh und Net. befitzen das aztekifche Wort gemeinfam mit den SONORISCHEN Sprachen; Com. und Schofch. haben es nicht, fondern ein- heimifche: ?°% £ssen (azt. qua): Kkwäy, kwaa; fon. allgemein cua, coa ufw.; ?°% Fever (azt. tle-tl): K töina, vielleicht auch K ischäwot (N muyät);, (C und Sch haben das athapaskifche Wort); Te zay, Co tait; 267 Name (azt. Zoca-itl): RK roaian (fehr nahe ähnlich); Co teahua-rit, Ca teuam, *tehua ufw.; ?°° Zunge (azt. ein deriv. von nene-il): K a- nongin (C und Sch haben Ein Wort: aku); ?°° vıEL, VIELE (azt. miee): N müiokom (worin om Plural-Endung) ; Te muy, Co muü $ 487. 3) vielleicht befitzen Kizh und Net. ein azt. Wort vorzugs- weife, da es die fon. Sprachen nicht haben: ?7° Nacht (azt. yohualli oder yoalli): Kyauket,Gya-uke; 27! Tapax (azt. pieietl): N piöor (CSch haben ein Wort: pahm, pahmu); ?7? Resen (azt. quiahuitl): K akwüäkit (worin a im Vergleich zu andren Formen deutlich Präfix ift); die 2 andren Formen liegen weiter ab, fcheinen aber daffelbe Wort: K waköro, N kwäst; einen Verfuch das Wort fonorifch zu deuten habe ich oben No. 226 gemacht 4) vielleicht befitzen beide das azt. Wort der fon. Sprachen (gele- gentlich auch im Com. und Schofch. zu finden): ?7° Leıs (azt. tlac-tli): KG a-tatax, NG pe-täxo; Ca tacaua, tacahua, Te tucuga; ?"4 Häivprruıng (azt. teuc-tli od. tecu-tli Herr, Fürft): K zomer, tomiar,G tomearr; vgl. CN taquin-e-waph, Sch taıwa; Co ti-tecual Herr (des 97 Sclaven), Te queigui Fürft; 275 Hunp (azt. chichi): Kwaus7, was7;, Ta 528 Buscumann: die Sprachen Kizh und Netela. cocotschı, Te gogoseci;, 27° gross (azt. huei): Kyoit, Gyo-oite; ??7 Herz (azt. yoli): Ka-hüng, sun, G a-shün, N no-sün, G no-shun, Ta sula-la, Te jura; ?7? Scunse (azt. cetl Eis): Kyoäz, lorit; N yüit; Co cerit, 27? Wasses (azt. atl): Kakwäken (neben dem fon. pa), vergl. SchPM ohksche (neben pah);, Co ahti, ?3° Hoırz (azt. quahuitl): N kutä; Ta cauguiki Wald, Te coagui, Co c’*yet; 2°! in dem su von NG supuhe zıns gegen E pukü möchte ich azt. c e finden. Bis hierher haben wir die zwei Sprachen in ihrem aztekifchen Befitz auffallend begünftigt gefehn; fie zeigen aber auch Minser, und einen Ausfall mehrerer wichtiger Wörter: 5) dem Kizh und der Netela rent tr das aztekifche Wort, welches die fon. Sprachen befitzen: heifs (warm) tona (die beigefetzten Wörter find die azt.); Haus calli (es herrfcht, wie in einigen fon. Spr., das fon. Wort qui), Nafe yacatl (beide Sprachen haben das einheimifche Wort von C und Sch mu+);fchlafen cochi;, Sonne tona+ (beide Spr. haben das fon. Wort). C. athapaskilche Wörter. 6488. Die Sprachen Kizh und Netela bleiben nicht ohne einige ATHAPASKISCHE Anklänge, die wir im Comanche und Schofchonifchen zur Wirklichkeit und zu einigem Umfange haben anwachfen fehen; fie blei- ben hier auf der Stufe des Zufälligen ftehn, mit Ausnahme des Wortes See, welches Aufmerkfamkeit erregt: Boot Kirainye (vielleicht =N way£t); Chep. tsi und alle, beide — Boot, Ku ri, Tla ise, tsei, Uq tschi, auch, mit Vorfatz des Wortes Baum oder Holz: Chep. Letsin-tsi, Tac. tuch-inchee, tsintsi,D tai- chin-ala See NG pal-mokat: lockt die Analyfe an zu fagen, pal fei das Wort Waffer der Sprache (päl); der 2te Theil wäre dann unläugbar das athapaskifche Wort für See in den dem weltlichen Ocean zugeneigten oder ihm anliegenden Gliedern, wie in 2 Mundarten des ruflifchen Gebiets: Tac. pöngkat, Tla möngkat, Ug möngkök; Inkilik und Inkalit mynk- chat. Ich würde diefe Auflöfung und Deutung für ein Kunftftück halten, wenn fie nicht auf zwei Seiten durch unmittelbare Analoga unterftützt würde: einmahl dadurch, dafs das athapaskifche Wort See, in der Form mit p, auch XII, 488. Aizh und Netela: athapaskifche Wörter. 529 der Schofchonen-Sprache (pikau,f. $ 445) anzugehören fcheint; und wieder dadurch, dafs in der Tarahumara der Ausdruck für See, paugui-manila oder paugui-maniki, auf diefelbe Weife wie in der Netela aus den Wör- tern Waffer und Sumpf zufammengefetzt ift: paugui-ki Waffer (paugui Flufs), durch die fonorifche Sprachverwandtfchaft als identifch mit pä@l der Netela erwiefen; und mani, nach Steffel (360): „der Ort, wo eine Feuchtig- keit ift, Sumpf”; wobei jedoch noch folgende Momente der tarahumarifchen Wörter zu beachten find: dafs jenes Compofitum auch felbft Sumpf bedeutet (Steffel: pauguimanila Moraft, Pfütze, See; pauguimaniki Pfütze, See), und der eigentliche Sinn des Grundwortes mani ungewifs bleibt: von wel- chem Steffel zu fagen fcheint, es bedeute feyn (= fich befinden) von einer fliefsenden Materie, da doch feine Derivata für den unmittelbaren Sinn des Nals zeugen: maniameke flülfig, pauguimaniameke Brunnen, und jene 2 Formen von See und Sumpf felbft. N pa und pe fein (pron. praefixum), woran fich fchliefsen Kpaema er, wanal er: finden keine fonorifche Ähnlichkeit (f. oben S. 525 No. 256); aber in den athap. Sprachen find de und pe; bi, pi, wi, auch ba: häufige Prä- fixa der Körperglieder, als Formen des pron. poss. 3. sing. (fein). —— DANN — Philos.- histor. Kl. 1855. Xxx 530 Buschmann: die Sprachen Kizh und Netela. Inhalts-Überlicht. Seite XIII $ 465, a über die Milfonen San Gabriel und San Juan Capistrano, wie ihre Sprachen Kizh und Netela; geographifche Beftimmung: nach Hum- boldt’s (Poirfon’s) Karte von Neufpanien u. a.; Nachrichten bei Duflot de Mofras . . 501-502 8465, b lee eiihnilten frühere Tale. üben die Yersandikhie, Bester Sprachen mit der fchofchonifchen . . » 2» 2 2 2.2.2.2... 502-504 $ 466 Wortverzeichnils beider Sprachen . . . » » 2» 2.2.2.2... 904-509 Natermler Ken? PR ala Sea han ur a ul 0) $ 467 über die Moinerzeihniile; Baekfahen SL NN N REN) N 468 grammatifches: Subltantiv-Endungen . . » » .2..2.2..2......510-512 SEAN OHR nral e Eye ae De ea $ 470 pronomina possessiva: REN I Ye BR Da EN 8471 a n Praefixak) alleerueintNn E DrW. CH EuL ARE oil. 8 472 er, ” en 1rund2.\pers. ung. Wh ae 8 473 a >> Br B-YPERS- SIT EA ae 8 474 ” N en 4. pers: plur: „©. Sn 2 Eos $ 475 se > > DeVDenseupluns on SL 2 SL nee EEE 7 8 476 es an ar Bupers..plür. em eo 178 $ 477 Spuren von Zufammenletzung der Wörter . . oe ON like! 8478 Verwandtf[chafts-Verhältniffe der zwei Sen RE Re ohlecalC) $ 479 fpecielle Wortgleichung: allgemein; A. [onorilche Wörter: allgemein . . le) $ 480 ähnlich mit fon., Gomihälle Auf Schofch.: in höherem Grade . 520-521 8 481 Ay „ Mn s in geringerem Grade 521 $ 482 ähnlich mit fon., fremd gegen Comanche und Schofchonilch . . 521-523 8 483 ähnlich mit Comanche und Schofch., fremd gegen fon. . . . 523-524 8 484 fremd gegen alles: leichtere Stufen, wo das fon. Wort fehlt. . . 524-525 $ 485 „ un \VWVarklichkeitune. pe 2. 2. 825-926 $ 486 B. une Eilohe Wörter: vollere Glieder der Varsleieliune 8205920027. 8 487 ss n [chwäch. Glieder ‚, > 0. u » Bl 8 SAB8/G. athapaskilichessyVöörter, . me 22 22 Er 029 Erklärung der Buchftaben-Zeichen. [Da die in dieler aus dem grolsen Werke herausgeriffenen Abhandlung zur Abkür- zung für Sprachen und Wortverzeichnille gebrauchten Buchftaben - Zeichen aus ihr lelbft nieht verftändlich find, fo wird ihre Erklärung hier beigeletzt.] A bezeichnet die fchofchonilchen Wörter im Vol. II. der archaeologia americana C Comanche Ca Cahita CB das vom Prof. Berghaus herausgegebene Comanche-W ortverzeichnils, herrüh- rend von Hrn. Kriewitz in Texas Chep. Chepewyan Co Cora D Dogrib E die Wortverzeichniffe in Vol. VI. der United States exploring expedition: 1) von Kizh und Netela 2) vom Schofchonilchen G Coulter’s Wortverzeichnils der Kizh und Netela in dem journal of the royal geographical society; [. S. 510.Fm K Kizh Ku Kutchin N 1) Netela 2) das Comanche-Wortverzeichn. von Neighbors bei Schooleraft PM die fchofchonilchen Wörter des Prinzen Maximilian zu Wied Sch Schofchonifch (wenn kein zweites Zeichen dabei (teht: das Wortverzeich- nils der U. St. expl. exped.) Ser das fchofchonilfche Wortverzeichn. in Vol. I. von Schoolcraft’s Indian tribes Ah Tarahumara Tac. Tacullies Te Tepeguana Tla Tlatskanai Ugq Umpqua W Wihinafcht oder weltliche Scholchonen Xxx?2 AR I st ras IE aA E AN! BEN PIENN" UM Dnetlatld, PR Über die Cistophoren und über die kaiserlichen Silbermedaillons der römischen Provinz Asıa von HR4PPNTDIER: mn I. Über die Cistophoren. [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 4. November 1852.] D. alten Schriftsteller erwähnen öfters eine vielverbreitete Münzart, die Cistophoren. Cicero und Livius nennen sie als die gewöhnliche Landes- münze Kleinasiens. Livius erzählt von den grofsen Summen in Cistophoren, welche durch römische Siege aus Asien nach Rom gebracht wurden, und Ci- cero giebt den Betrag des Geldes an, welches er in Cistophoren in Asien liegen habe('). Er hatte selbst als Proconsul Ciliciens dort prägen lassen, und wir besitzen noch solche Münzen, die seinen Namen Marcus Cicero proconsul, Marcus Tullius imperator, aufgeprägt tragen(?). Dafs wir in (') Cicero schreibt im Jahre Roms 706 an Attieus in seiner damaligen Bedrängniss, er habe doch noch etwa zwei Millionen und zweimalhunderttausend Sesterzien in Asien in Ci- stophorengelde: Ego in cistophero in Asia habeo ad IIS bis et vicies; huius pecuniae per- mutatione fidem nostram facile tuebere (ad Att. XT 1). Nach einem Briefe vom vorher- gehenden Jahre (ad famil. V 20) hatte er diese Summe, den Gewinn von der Verwaltung seiner Provinz, in Ephesus niedergelegt, und betrachtete sie damals als verloren: Simul id cogitare debes, me omnem pecuniam, quae ad me salvis legibus pervenisset, Ephesi apud pu- blicanos deposuisse; id fuisse IIS XXI; eam omnem pecuniam Pompeium abstulisse. (°) Diese Münzen sind in Phrygien, das damals der Provinz Cilicien hinzugefügt war, unter Ciceros Verwaltung und mit seinem Namen geprägt. Als provinzielle Gepräge gehö- ren sie der römischen Behörde, deren Namen sie tragen, in einem anderen, beschränkteren 534 Pınmver ihnen so wie überhaupt in der ganzen Classe ähnlicher noch vorhandener Silbermünzen die von den Schriftstellern erwähnten Cistophoren zu erken- nen haben, leidet keinen Zweifel. Von ihrem Typus, dem halbgeöffneten Schlangenkorbe, der bacchischen cista mystica, heifsen sie cistophori. Man kann in der Anwendung des Wortes zırropcgos auf die Münze etwas befremdliches finden. Denn ähnlich wie zaumbogos und Arzvopogos bezeichnet eigentlich xırre®oges eine Person, welche die heilige Cista trägt, sei es bei My- sterien des Dionysos, der Demeter und Persephone, oder auch bei dem Cultus anderer Gottheiten. Auf diese eigentliche Bedeutung geht Harpokrations Glosse nur rohopes- Tas Yag Asyousvas KITTas iegas elvaı Ereyov rov Auovurov nal raiv Seaiv, womit die Stellen bei Photius und Suidas übereinstimmen. Anderer Erwäh- nungen zu geschweigen, wird in einer römischen Inschrift ein Cistophorus aedis Bellonae genannt. Die Worte L. LARTIO ANTHO CISTOPHORO AEDIS BELLONAE PVLVINENSIS FECIT C. QVINTIVS RVFINVS FRATRI ET DOMINO SVO PIENTISSIMO etc. bilden die Unterschrift eines Grab- denkmales, welches die ganze Figur des genannten Cistophorus, eines Mitglie- des der Brüderschaft der Bellona (daher frater), mit seiner geweihten Cista vor- stellt ('). Indem nun die für Personen geläufige Benennung, Träger des heiligen Korbes, auf die Münze, die das Bild des Korbes trägt, ange- wendet wird, so ist dies allerdings ein ganz anderer Fall, als wenn Münzen einfach mit dem Namen des aufgeprägten Gegenstandes oder des Prägeherren bezeichnet werden, wie die äginäischen xsauvaı, oder die goldenen Philippi Macedoniens. Die Benennung der Cistophoren gehört eben, wie die Münzart selbst, einer etwas späteren Periode an. Betrachten wir die auf uns gekommenen Cistophorenmünzen, so er- kennen wir auf der einen Seite derselben innerhalb eines bacchischen Kran- zes von Epheublättern und Epheudolden (?) einen runden geflochtenen Deckelkorb, textam de vimine cistam, wie Ovid (Met. II 554) den ähnlichen Sinne an, als dies bei den eigentlich römischen Münzen der Fall ist, welche den prägenden Magistrat, später den Machthaber nennen. (') Io. Bapt. Doniıi Inscript. antiquae notis illustr. ab Ant. Fr. Gorio. Flor. 1731. fol., tab. VIII No. 2, pag. LX. (2) Der hier dargestellte aus dem Orient stammende Epheu, Hedera poetarum, Tenore, mit goldgelben Früchten, hat ungebuchtete herzförmige Blätter, wie sie sich an den blüten- tragenden Zweigen auch bei Hedera helix finden. über die Cistophoren. 535 Korb nennt, in welchem Pallas den Erichthonius einschlofs. Unter dem halb gehobenen Deckel des Korbes windet sich links eine Schlange hervor, und gleitet herab auf den Boden, von dem sie den Kopf wieder in die Höhe richtet. Das Bild nimmt unsere Aufmerksamkeit um so mehr in Anspruch, als es eine Beziehung zu den Mysterien hat. Bekannt ist die Bedeutung des mystischen Korbes, der levis oceultis conseia cista sacris (Tibull I 7 48), in verschiedenen Geheimdiensten. Clemens Alexandrinus berichtet die Erken- nungsformel der Eleusinien, 70 suvSyua ’EAsurwiwv uusTAplav EvnFreuna, Emiov ToV kureuva, EAacv Er ziorns, Eyysvransvos amsSsunv eis zaraSov nal Er zuraIov eis Ki- oryv (Protr. p. 18 Potter). Dafs aber die cista mystica unserer Münzen auf den Dienst des Baechus Bezug habe, wird nicht blos durch den umgebenden Epheukranz bezeugt, sondern auch durch die häufige Verbindung eines bacchischen Kopfes mit diesem Korbe auf Münzdarstellungen(!). Dazu kommt, dass die Heimath der Cistophoren Kleinasien ist, wo Bacchus als Hauptgottheit verehrt wurde, so dass die Zeichen höchster Macht, wie ander- wärts von Zeus, so hier von Dionysos hergenommen zu werden pflegten (°). Die Schlange, welche wir hier dargestellt sehen, spielt bekanntlich im Dienst des Dionysos eine vorzügliche Rolle. Mit Schlangen bekränzen und gürten sich die Mänaden. Auch darf an Plutarchs Erzählung von Alexanders Mutter Olympias erinnert werden, welche in bacchischen Orgien Schlangen mit sich herumführte, die aus dem Epheu und aus dem mystischen Korbe bervorglitten (Plut. Alex. c. 2). Sie meinte von einer Schlange den Alex- ander empfangen zu haben; und hierauf deutet auf späteren Münzen mit dem Bildnifs Alexanders des Grofsen der Typus des mystischen Schlangenkorbes, während andere Gepräge die Olympias selbst im Umgange mit der Schlange darstellen (Dio Chrysost. IV 19 vergl. mit Plut. Alex. c. 2). Die Schlange ist nach Clemens Alexandrinus geradezu das Abzeichen der bacchischen Or- gien und Mysterien: snusiov egyıwv RBaryızav opıs Erri Tereresuevors (so ist zu lesen statt rereesueves, Protr. p. 11 Pott.), und Saßadıwv yeiv uusrngiwv ounßeorov Teis uuovusvas 6 dia HcAmeu Seos' Ögaxwv de Errıv ouros deAromevos ToV ncAmou rav reAovusvwv (ebenda p. 14). (') Unter andern bei der nach eben diesem Gotte benannten phrygischen Stadt Diony- sopolis: Mionnet T. IV p. 281 no. 496; planche LXXVII no. 3. Vgl. Sidon, Amisus. (?) Daher lielsen sich z. B. Antigonus als König Asiens, Mithridates VI, der Triumvir Antonius, mit dionysischen Insignien und Beinamen schmücken. 536 Pınver Wir kehren zur weiteren Betrachtung unserer Cistophoren zurück. Die andere Seite derselben zeigt uns zwei gegen einander aufgerichtete Schlangen, die mit den Enden fest in einander verschlungen sind. Die eine der Schlangen, dem Betrachter zur Linken, unterscheidet sich stets durch eine eigenthümliche Windung oder Schleife des Halses(!), meist auch durch den höher ragenden Kopf. In diesem ebenfalls auf bacchische Mysterien be- zogenen Schlangenpaar eine männliche und eine weibliche Schlange zu er- warten, liegt nahe, wenn auch die von Solinus (c. 27) nach antiker Anschau- ung angegebenen Unterscheidungszeichen „subtiliora sunt capita feminis, alvi tumidiores.. ., masculus aequaliter teres est, sublimior” ete., hier nicht so deutlich hervortreten wie auf Alexandrinischen Münzen, die ein ähnliches Schlangenpaar zeigen. Auf einer solchen Münze aus Hadrians zehntem Re- gierungsjahre (L AEKATOY) sehen wir in charakteristisch unterschiedener Bildung ebenfalls links die männliche, rechts die weibliche Schlange aufge- richtet; jede trägt eine bezeichnende Kopfzierde; in ihren Windungen hält die erstere den Schlangenstab des Hermes, die letztere das Sistrum der Isis; die Enden beider Schlangen sind wie auf den Cistophoren in einen Knoten geschürzt, und zwar um die Keule des Herakles. Die männliche Schlange hat hier die Gestalt der Viper, die weibliche die der Brillenschlange (Taf. I 32). Auf unseren Cistophoren nun befindet sich zwischen dem Schlangen- paare, und von dessen Verschlingungen fest gehalten, ein Gegenstand, über dessen Bedeutung man in Zweifel gewesen ist. Noch in neuerer Zeit hat man darin den von den Schlangen gezogenen Wagen der Demeter zu erken- nen geglaubt(?). Es ist aber unzweifelhaft der Behälter eines Bogens, r0£o- Syrn. Der Bogen selbst ist links darüber herausragend angedeutet (°). Ich bemerke dafs wir hier nicht einen Köcher wie den des Apollo oder der Ar- temis sehen, welcher eine gerade und schlanke Form hat, sondern den sky- (') Ganz dieselbe Eigenthümlichkeit unterscheidet die beiden Schlangen am Wagen der Demeter und des Triptolemos auf dem bekannten Cameo der Pariser Sammlung (Millin Gal. mythol. XLVIIIT 220 und anderwärts). (°) Stieglitz in Grotes Blättern für Münzkunde II p. 9. (°) Der Bogen ist oft undeutlich; er findet sich fast immer links bei dem gewundenen Hals der Schlange, und steckt zuweilen mehr neben dem Behälter als in demselben. Er ist aber wesentlich und erscheint selbst auf Cistophoren welche statt der Toxotheke einen andern Typus haben, auf solchen des T. Ampius und C. Fannius. Manchmal fehlt er, besonders bei Ephesus in späterer Zeit, oder steckt rechts z. B. im Jahr ME, MH, M®. über die Cistophoren. 537 thischen Köcher, welcher Bogen und Pfeile zugleich enthält, wie ihn z. B. Münzen der sarmatischen Olbia, des taurischen Panticapaeum darstellen, und wie er dem Herakles eigen ist (Mus. Pio Clem. IV 43, Millin Gal. myth. CIX 480). Die Zierathen, welche den Gegenstand auf unseren Cistophoren etwas undeutlich machen, und oft als Acrostolium beschrieben worden sind, finden sich ganz ähnlich an sicheren Darstellungen eines Bogenbehälters oder Köchers, z. B. auf Münzen von Erythrae. Dafs der Bogen mit seinem Behälter ein wesentlicher und unterschei- dender Typus der Cistophoren ist, geht mit Bestimmtheit schon daraus her- vor, dafs mehrere der Städte, von welchen wir Cistophoren besitzen, auch fremden Münzen durch einen eingeschlagenen kleinen Stempel, der eben diesen Typus des Bogens in der 70£0Syxn enthält, einen Curs neben den eigentlichen Cistophoren zu ertheilen pflegten. Hievon sind viele Beispiele noch vorhanden, die unten weiter besprochen werden sollen. Der Bogen erscheint auf unseren Cistophoren mitten unter Abzeichen bacchischer Mysterien. Ihn als bacchisches Attribut zu erklären, genügt es nicht dafs man, wie Eckhel gethan hat, an die Darstellung des Bacchus auf Münzen von Maronea in Thracien erinnert, wo der Gott Pfeile oder vielmehr Wurfspielse in der Hand hält. Man mufs allerdings aus unseren Cistophoren lernen dafs der Bogen zu dem Dienst des Bacchus in einer Beziehung steht. Aber diesem Gott selbst ist er nicht eigen. Ich bin überzeugt dafs es der Bo- gen des Herakles ist, und zwar nicht blos wegen der Gestalt des damit ver- bundenen skythischen Bogenbehälters, der dem Herakles zukommt und sich z.B. auf den oben erwähnten Münzen von Erythrae und vielen anderen, na- mentlichden Alexandermünzen neben seiner Keule findet, sondern weil eine Be- ziehung derCistophoren zu Herakles aus einem anderen Grunde unleugbar ist. Es sind nämlich, was bis vor kurzem noch nicht bekannt war, von den Cistophoren auch Hälften und Viertel ausgeprägt worden; Gleichheit des Stils, der Prägstädte, des Fundortes, und was entscheidend ist, genau entsprechen- des Gewicht, bezeugen dals diese kleineren Stücke bestimmt zu den Cistopho- ren gehören. Diese Cistophorentheile nun zeigen immer einerseits eine Wein- traube auf Blättern oder einem Blatte liegend, andererseits innerhalb eines Kranzes die Keule undLöwenhaut des Herakles. Hier sind also unzweifelhaft zu den bacchischen Abzeichen die des Herakles gesellt, und ein gleiches haben wir bei den ganzen Cistophoren anzuerkennen. Wesentlichen Antheil an Philos.-histor. Kl. 1855. Yyy 538 Pınper den bacchischen Mysterien dem Herakles zuzusprechen, was bei der auffal- lenden Vereinigung seiner Symbole mit dem Schlangenpaar und dem mysti- schen Korbe der Cistophoren nahe liegt, und auch durch andere Monumente unterstützt wird, überlasse ich denen welche in die Mysterien tiefer einblicken. Aufser den angeführten Typen befindet sich auf der Rückseite der Cistophoren auch der abgekürzte Name der Prägstadt. Eckhel kannte solcher Prägstädte sechs, nämlich in Mysien Pergamum, in Ionien Ephesus, in Lydien Sardes und Tralles, in Phrygien Apamea und Laodicea. Jetzt lassen sich deren elf nachweisen. a er Parium- (?) : P ah, Ol Adramyıtium u ’ % I u c Pergamum © Thyatira a =. o Ephesus X Tralles Nysa © Laodicea ° Apamea © Diese Cistophorenprägstädte sind Parium, Adramyttium und Perga- mum in Mysien; Smyrna und Ephesus in Ionien; Thyatira, Sardes und über die Cistophoren. 539 Tralles in Lydien; Apamea und Laodicea in Phrygien; Nysa an der Grenze Kariens. Alle diese Städte Kleinasiens gehören dem pergamenischen Reiche an, aus welchem später die römische Provinz Asia gebildet wurde. Dieses Reich ist es, in dessen ganzer Ausdehnung der Cistophorus die gangbare Landesmünze war. Wie die Städte anderer Gemeinschaften, z. B. des achäischen oder des lycischen Bundes, so hatten auch die Städte des pergame- nischen Reichs eine gemeinsame Münze, und hierdurch erklärt es sich dafs aus der Zeit in welcher die Cistophoren geprägt sind, wenigstens seit dem zweiten Jahrhundert vor Chr., die grofsen und reichen Städte jener Gegend keine eige- nen Silbermünzen hinterlassen haben. Eben diese Städte prägten für das ganze Land mit dem gemeinsamen Cistophorentypus, und fügten nur in wenigen zuweilen monogrammatisch verschlungenen Anfangsbuchstaben die Andeu- tung ihres Namens hinzu, gerade wie dies bei den Münzen des achäischen und des lyeischen Bundes und in anderen ähnlichen Fällen zu gesche- hen pflegte. Ganz sicher ist das Verständnifs dieser Abkürzungen wo sie, wie bei allen Städten der südlicheren Gegenden, Smyrna, Ephesus, Thhyatira, Sar- des, Tralles, Apamea, Laodicea, Nysa, gewöhnlich aus deutlich geschrie- benen drei oder vier Buchstaben bestehen: ZMYP, E®bE, OYA, ZAP, TPAA, ANA, AAO, NYZA. Dagegen pflegen die Städte des nördlichen Landestheils, Mysiens, nur durch Monogramme angedeutet zu sein, deren einige einen Zweifel übrig lassen. Das aus MEPFT zusammengesetzte Monogramm rfe (seltener fE und ppB) zeigt sicher Pergamum an. Die deutlichen Buch- staben des Monogrammes lassen keinen Zweifel darüber, auch wenn man das gewöhnlich hinzugefügte Nebenzeichen des Schlangenstabes nicht auf den pergamenischen Asklepios deuten will (!). Ein anderes Monogramm, Fl das ein A umschliefst (MW), ist früher auf Apamea bezogen worden. Neuerlich hat man diese Zutheilung beseitigt und sich für Parium entschieden (?). Allerdings haben die sicheren Cisto- (') Dieser Schlangenstab ist etwas anders gebildet als der beim Asklepios gewöhnliche. Wenn man ihn, wie jetzt geschieht, als einen von der Schlange umwundenen Thyrsus be- zeichnet, so muls man beachten, dals der oben mit einer Kugel versehene Stab auch nicht die gewöhnliche Form des 'Thyrsus hat. (?) S. Dumersan im Num. Chron. IX p. 7. Was dort über das Vorkommen dessel- ben Monogrammes auf Erzmünzen von Parium gesagt ist, das ergiebt sich, genauer betrach- Yyy2 “id 540 Pıwoder phoren von Apamea, mit der Aufschrift ATIA, einen anderen Charakter, sie nennen stets einen Magistratsnamen, der hier fehlt, und fügen als constantes Nebenzeichen die Flöten des Marsyas hinzu, während hier die Nebenzeichen wechseln. Auch läfst der Gebrauch des Monogrammes auf Mysien schliefsen; und wenn der nördliche Theil des Landes eine Cistophorenprägstätte ha- ben sollte, so scheint das damals blühende Parium wohl dazu geeignet. In- dessen ist die Sache keinesweges sicher. Wer annähme, die älteren Cisto- phoren von Apamea hätten die wechselnden Nebenzeichen und das Mono- gramm, die jüngeren hätten das constante Nebenzeichen und die deutliche Aufschrift ANA, der könnte die Analogieen von Pergamum, Ephesus und Laodicea anführen, wo auch erst in späterer Zeit ein constantes Nebenzei- chen aufkommt, und könnte den Wechsel zwischen Monogramm und deutlich geschriebenem Stadtnamen bei mehreren anderen Cistophorenstädten nach- weisen; er könnte geltend machen dafs auch auf einer langen Reihe der Cistophoren von Pergamum und Tralles keine Magistratsnamen stehen, und dafs sie dann auf einer anderen Reihe eintreten. Auch eine sogleich zu er- wähnende charakteristische Eigenschaft anderer Cistophorenstädte läfst sich bei Parium nicht nachweisen. Nur in Ermangelung sicherer Entscheidungs- gründe lasse ich die jetzt gebräuchlich gewordene Zutheilung gelten. Ein drittes Monogramm, welches aus A A P zusammengesetzt ist, AP, wird jetzt auf Dardanus gedeutet. Allein Dardanus war in der Zeit der Ci- stophoren eben keine bedeutende Stadt. Wir können aber aus der Reihe deutlicher Namen von Städten, welche Cistophoren prägten, eine Norm für minder deutliche entnehmen. Es sind nämlich lauter Städte welche einen Mittelpunkt der Verwaltung bildeten. Fast von allen läfst sich nachweisen dafs sie in der römischen Zeit, welcher die meisten Cistophoren angehören, der Sitz des Conventus iuridicus waren. Diese Centralstädte sind es, die für ihren Sprengel die gemeinsame Münze, die Cistophoren prägten. Plinius sagt z. B. über diese Gerichtssprengel (Hist. nat. V 31) Smyrnaeum conven- tum magna pars Aeoliae... frequentat, (V 31) Ephesum vero alterum lu- men Asiae remotiores conveniunt, (V 29) tertius (conventus Phrygiae) Apa- miam vadit, ebenso spricht er (V 28) von Laodicea; dann (V 30) Sar- tet, als irrig; auch die Nebenzeichen weisen ebenso sehr auf Apamea hin, wo z. B. die Dioskurenhüte ein gewöhnlicher Typus sind. über die Cistophoren. 541 diana nunc appellatur ea iurisdictio; ferner sagt er von einem Theile My- siens (V 33) Pergamena vocatur eius tractus iurisdietio, und indem er in einem anderen Theile Mysiens Adramyttium nennt (V 32), fügt er hinzu quae sinum cognominavit et conventum. Diese Hauptstadt der Verwal- tung Adramyttium ist ohne Zweifel durch die Buchstaben des Monogram- mesAAP angedeutet, und man hat Unrecht gehabt, es lieber durch Dardanus zu erklären. (Nach Abschlufs dieser Untersuchung habe ich bei der mir durch Herrn P. Tessieri in Rom gestatteten Durchsicht der päbstlichen Münzsammlung im Vatican die volle Bestätigung dieser Ansicht gefunden in einem Cistophorus mit der deutlichen Aufschrift AAPA, den ich mit Sicher- heit Adramyttium zutheilen darf. Davon wird man aber die Cistophoren mit der monogrammatischen Verbindung derselben Buchstaben gewifs nicht trennen wollen.) Noch ein Monogramm, das sich auf einigen Cistophoren findet, „A; ist bisher für einen Stadtnamen erklärt worden, und zwar für Atarneus. Al- lein es steht an der Stelle, oben über dem Köcher, wo sich auf den übrigen Cistophoren ohne Ausnahme nie der Stadtname findet, sondern nur der Name oder das Monogramm des Magistrates. Dabei haben die Cistophoren, welche dieses Monogramm tragen, im Felde stets das charakteristische Nebenzeichen (') Alle mir bekannte Exemplare dieses ungewöhnlichen Cistophorus tragen rechts im Felde, an der Stelle, wo auf den pergamenischen Cistophoren der Schlangenstab, auf den ephesischen die lange Fackel zu stehen pflegt, eines dieser beiden für die genannten Haupt- städte charakteristischen Abzeichen. Dabei findet sich links vom Typus, wo sonst Städte- namen und aulserdem nur bei Ephesus auch Buchstaben und Abzeichen stehen, der römische Buchstabe Q ganz in der Form, wie er z. B. auf Tetradrachmen des römischen Macedo- niens mitten im Felde steht und dort Quaestor bedeutet. Diese macedonischen Tetradrachmen mit dem Namen eines unbekannten Quaestors Aesillas sind zuletzt für eine Art moneta ca- strensis aus den Bürgerkriegen erklärt worden. Auch auf unseren Cistophoren kann das Q, welches sich auf keinen Stadtnamen beziehen lälst, Quaestor bedeuten. Alsdann hätte man in dem Monogramm, das die für den Magistratsnamen bestimmte Stelle einnimmt, wohl den Namen des Quaestors zu suchen. — Die Stadt Atarneus, auf welche dieses Monogramm bezogen worden ist, kann, soweit wir die Eigenschaften sicherer Cistophorenstädte kennen, nicht in deren Reihe gehören. Atarneus war damals nichts weniger als eine bedeutende Stadt, geschweige denn ein Mittelpunkt der Verwaltung. Strabo erwähnt sie, das ehemalige sugevveiov des Hermias, an mehreren Stellen, ohne ihr Wichtigkeit beizulegen. Sie war, wie Pausanias (7 2 11) erzählt, wegen einer Landplage verlassen worden, und Plinius (Hist. nat. V 32) führt sie unter denjenigen Städten auf, welche zu seiner Zeit nicht mehr existirten. 542 Pınpder Von den Nebenzeichen und Magistratsnamen der Cistophoren ist nun ferner zu sprechen. Bei der sonstigen Gleichmäfsigkeit des Typus haben doch die Cistopho- ren der verschiedenen Prägstädte in dieser Rücksicht gewisse charakteristische Unterschiede. Die rechts vom Typus im Felde der Münze stehenden Neben- zeichen sind bei einigen Städten abwechselnd, bei anderen während einer langen Zeit sich gleichbleibend. So pflegen die Cistophoren von Pergamum an dieser Stelle den Schlangenstab zu haben, die von Laodicea den geflügel- ten caduceus, die von Apamea die Doppelflöte des Marsyas, die von Ephesus verschiedene meist der Artemis zugehörende Abzeichen, vorzüglich aber, und während einer langen Reihe von Jahren ausschliefslich, die Fackel. Be- sonders bei Ephesus ist es deutlich dafs die wenigen Cistophoren mit ab- wechselnden Nebenzeichen der früheren Zeit angehören, und dafs man spä- ter bei einem constanten Nebenzeichen verharrte. Alle ephesische Cisto- phoren welche nachweislich aus der Zeit der römischen Provinz Asia stammen, haben die lange Fackel der Artemis. Ueber die Bedeutung der Nebenzeichen läfst sich etwas vollkommen sicheres nicht wissen. Man hat, wo sich verschiedene Nebenzeichen bei einer und derselben Prägstadt finden, dieselben auf einzelne Städte eines mehr oder weniger ausgedehnten Prägsprengels, für welche geprägt worden sei, gedeutet, jedoch ohne überzeugende Gründe; wenigstens dafs für ent- fernte Orte, z. B. für Aradus Cistophoren geschlagen worden seien, wie Du- mersan in seinem Verzeichnifs der in der Pariser Sammlung befindlichen Ci- Ihr sicheres Monogramm auf einer Erzmünze mit ihren Typen ist ein ganz anderes als das unsrige. — Auch eine andere Erklärung unseres Monogrammes durch ATPAuvrryv@v (eine Schreibung die mit "Aög«— wechselt) oder durch TPAANIANGv würde keine Berechtigung haben, da alles dagegen spricht einen Stadtnamen hier zu erwarten. — Wenn diese Cisto- phoren keine Prägstadt und keinen griechischen Magistrat nennen, so haben sie dies mit den bekannten muthmalslich ephesischen Cistophoren des 'Triumvir Antonius gemein; sie tra- gen aber noch das Abzeichen einer der beiden Hauptstädte Ephesus und Pergamum, und bilden so einen Uebergang zu diesen Cistophoren des Antonius. Es ist mir am wahrschein- lichsten dafs sie um die Zeit der römischen Bürgerkriege zu Pergamum und Ephesus unter einem römischen Quaestor geprägt worden sind. Es trat der Fall ein, dafs die Provinz, an- statt einem Proconsul oder Proprätor, einem Quästor zur Verwaltung überlassen wurde, der nun nicht, wie seine Vorgänger, den Titel PROCOS auf die Cistophoren setzen konnte. Ein solcher Fall wird unten, aus dem Jahr 704-705, angeführt werden; doch vermuthe ich dafs diese Cistophoren ohne Stadtnamen in ein noch späteres Jahr gehören. über die Cistophoren. 543 stophoren annimmt (Num. Chron. IX p. 78), wird ihm Niemand zugeben. Zur Beantwortung der Frage, ob die Nebenzeichen den einzelnen Beamten angehören, dient die Bemerkung dafs öfters derselbe Magistratsname mit dem- selben Nebenzeichen zugleich erscheint. So kommt bei der Stadt Tralles der Name (nicht Titel) MPYT sowohl auf einem Cistophorus als auf einem hal- ben Cistophorus vor, beidemale mit dem Nebenzeichen des Füllhorns; und ebenso der Name MTOA auf Cistophorengeprägen aus muthmalslich vier verschiedenen Amtsjahren, immer mit dem Nebenzeichen eines stehenden Bacchus. Der Trallische Beamte "Agırronäfs erscheint in verschiedenen Jahren, unter der Verwaltung von Q. Cicero, C. Pulcher, C. Fannius, jedes- mal mit dem Nebenzeichen einer Hand welche einen Zweig hält. Will man aus diesen und anderen Beispielen eine Regel entnehmen, so ist dadurch nicht ausgeschlossen, dafs gleichnamige Personen verschiedene Abzeichen, und ver- schiedene Personen dasselbe Abzeichen haben können. Die constanten Nebenzeichen von Pergamum, Laodicea, Apamea, Ephe- sus, können natürlich nichteiner bestimmten Person angehören, wohl aber einem Präglocale oder einem Amte, unter dessen Auctorität geprägt wurde, was dann so gut ist als seien sie Abzeichen der Stadt selbst. Von einer Art wechselnder Abzeichen, die auf ephesischen Cistopho- ren noch aufser der Fackel, mit derselben zugleich, vorkommen und geradezu die Stelle der sonstigen Magistratsnamen einnehmen, soll sogleich dieRedesein. Wie schon erwähnt, stehen auf den Cistophoren aufser dem Typus selbst, dem Stadtnamen und dem Nebenzeichen, auch Magistratsnamen, und zwar zunächst blofs griechische. Diese Magistratsnamen, deren Stelle immer über dem Köcher zwischen den Köpfen der emporgerichteten Schlan- gen ist, werden auf verschiedene, für die einzelnen Cistophorenstädte charak- teristische Weise genannt. Auf den Cistophoren der phrygischen Hauptstädte Apamea und Laodicea sind diese Namen vollständig, auch mit Nennung des Vaters, selbst des Grofsvaters angegeben, z. B. bei Laodicea Zev£ıs"ArcArwviev 700 Auvvrou, oder "OAuumiodwgos "Egmoyevou, — wobei zu bemerken ist dafs die entsprechende Genitivform stets ou lautet, z. B. Zwnpareu, daher auch das pergamenische Monogramm des Eumenes El nur Eüuevev zu lesen ist. In- schriften geben bekanntlich ähnliche Beispiele dieser späteren Form, welche dem Zeitalter der Cistophoren zukommt. Dafs ein Magistrat das Amt zum zweiten Mal bekleidet, ist durch ein beigesetztes B ausgedrückt, AIOANPOY B, 544 Pısver wofür auf einer Erzmünze von Laodicea vollständiger TO AEYTEP(ON) steht. — Auch bei Tralles scheinen die über den Namen MTOA gesetzten Buchstaben A oder E oder H neue Amtsjahre zu bezeichnen, wie wir schon oben die während einer Anzahl von Jahren wiederholte Amtsführung noch eines anderen Magistrats von Tralles auf Cistophoren bemerkten. Bei dieser Stadt wird der Magistratsname auf dieser Klasse von Cistophoren immer durch seine vier Anfangsbuchstaben bezeichnet, z. B. AMOA, APTE, A!ION(!). — Bei Pergamum ist der Magistrat meistens durch zwei Anfangsbuchstaben ange- deutet, wie AP, BA, AH (zu einer Ausnahme veranlafst z. B. der Diphthong in TEY), aber auf einer langen Reihe von Cistophoren dieser Stadt ist der Amtstitel rguravıs, auch wohl mgUravıs zewros, in monogrammatischer Abkürzung (rPY und rff A) hinzugefügt; wo dieser Titel steht, fehlt nie das Nebenzeichen des Schlangenstabes. Bei anderen Städten steht der Magistratsname selbst nur im Monogramm oder fehlt ganz. Auch bei Ephe- sus stehen keine Magistratsnamen, sondern deren Stelle über dem Köcher ist entweder leer oder durch ein vermuthlich vom Magistrat gewähltes und vielleicht seinen Namen vertretendes Symbol besetzt. Ein solches findet sich immer auf denjenigen ephesischen Cistophoren welche sicher der römischen Provinz Asia angehören; zuweilen bleibt es während einiger Jahre dasselbe, oder es kehrt auch einmal nach ein paar Jahren wieder, wie anderwärts der Magistratsname. Es stehen nun aber auf ephesischen Cistophoren aufserdem noch im Felde einzelne Buchstaben, welche ein weit gröfseres Interesse darbieten; es sind nämlich Zahlen. Eckhel sprach die Hoffnung aus, dafs die Aera, wel- cher sie als Jahrzahlen angehören, einmal gefunden werden könne. Er hatte Recht. Es ist keine andere als die Aera der römischen Provinz Asia; sie beginnt im Jahre 621 Roms, 133 vor Chr., dem Jahre in welchem das pergamenische Reich durch das Testament seines letzten Königs Attalus III den Römern zufiel(?). Diese Jahrzahlen, welche sich auf den Cistophoren (') ATTANOY, das auf einem Cistophorus von Apamea steht, aber bei d’Ennery und nachher bei Knight unter Tralles angeführt ist, würde die einzige Ausnahme bilden, und bedarf um so mehr der Bestätigung, als auch die Art, wie der Stadiname genannt ist, eine Verwechslung vermuthen läfst. (?) S. meinen Aufsatz „Die Cistophoren des T. Ampius Balbus und die Aera der Pro- vinz Asia” in den Beiträgen zur älteren Münzkunde, Bd. I S. 26ff. — Gleich die ersten über die Cistophoren. 545 von Ephesus als der eigentlichen Residenz des römischen Statthalters der Provinz Asia finden, und welche sonst nur noch auf den seltenen Cistopho- ren von Nysa vorkommen, gewähren uns nun wesentliche chronologische Be- lehrungen. Es folgt nämlich auf die bisher besprochenen rein griechischen Cisto- phoren eine Reihe von solchen, welche aufser den einheimischen griechischen Magistraten der einzelnen Städte zugleich die römischen Proconsuln der Pro- vinz nennen, jene in griechischer, diese auf derselben Seite der Münze in la- teinischer Schrift; und zwar nicht blofs die Proconsuln (eigentlich Proprätoren) der Provinz Asia, sondern zuweilen auch die ProconsulnCiliciens, weil ihnen eine Zeit lang die phrygischen Prägstädte Apamea und Laodicea zugehörten. Diesem letzteren Umstande verdanken wir die Nennung des M. Tullius Ci- cero auf Cistophoren. Einige Proconsuln Asiens sind nun schon auf den datirten Cistophoren von Ephesus gefunden, wodurch die Zeit ihrer Statthalterschaft zum Theil erst bestimmt wird, zum Theil das sicherste monumentale Zeugnifs erhält; über andere werden wir noch künftig eine gleiche Belehrung erlangen kön- nen, sobald mehr dergleichen ephesische Cistophoren neu entdeckt oder in den Cabinetten beachtet werden. Ich kenne bis jetzt auf Cistophoren die nachstehenden Proconsuln oder Proprätoren der Provinz Asia, und for- dere auf, die bezeichneten Lücken der Reihe zu füllen. In den Jahren Roms 693-696 Q. Tullius Cicero proconsul, auf einem Ci- stophorus von Tralles. 696-697 C. Fabius M. f. proconsul, auf Cistophoren von Ephesus mit der Jahrzahl OZ (77 der Aera der Provinz Asien, 697 Roms) und von Tralles und Apamea. 697-698 T. Ampius T. f. Balbus proconsul, auf Ci- stophoren von Ephesus mit der Jahrzahl OZ, von Tralles und von Laodicea. 698-699 Der Proconsul dieses Verwaltungsjahres ist Jahrzahlen dieser Aera, AB FT A, finden sich auf ephesischen Cistophoren, und bezeugen dals Ephesus gegen Aristonicus, dem sich andere Städte in diesen Jahren angeschlossen hat- ten, auf römischer Seite stand. Philos.- histor. Kl. 1855. Zzz 546 PıwnvdeEer unbekannt; ephesische Cistophoren mit den Jahrzahlen OH und O® würden ihn uns nennen. In den Jahren Roms 699-701 C. Claudius Ap. f. Pulcher proconsul, auf Ci- stophoren von Pergamum, von Ephesus(') mit der Jahrzahl M (80 der Aera der Provinz Asien, 700 Roms) und von Tralles. 701-703 unbekannt, und aus Cistophoren noch nach- zuweisen; die ephesischen müfsten die Jahr- zahlen MA, MB, MT tragen. 703-704 Q. Minucius Thermus, von welchem noch keine Cistophoren publicirt sind. 704-705 war kein Proconsul oder Propätor in der Provinz, sondern der bisherige Proprätor Thermus hatte dieselbe seinem Quaestor Lu- cius Antonius zur Verwaltung überlassen. Diesem könnte man gewisse mit dem grofsen Q, dem üblichen Zeichen des Quaestors, ver- sehene Cistophoren zuzutheilen versucht sein (*). Doch wahrscheinlich gehören sie in ein etwas späteres Jahr. 705-706 C. Fannius pontifex praetor, auf Cistophoren von Ephesus mit der Jahrzahl NE (85 der Aera der Provinz Asien, 705 Roms), von Tralles und von Apamea. 706 Q. Caecilius Metellus Pius Scipio imperator; sein Name steht auf Cistophoren von Perga- mum, wo erin den Monaten vor der Phar- (') In der auserlesenen Sammlung des Generallieutenant Fox in London; leider ist die Zahl M undeutlich. (2) Es wäre zu willkürlich, wollte man aus dem Monogramm dieser Cistophoren nicht blofs den Namen Antonius, ANT, herauslesen, sondern auch die Hauptbuchstaben seines Mottos Pietas, welches auf Denaren seines Consulatjahres statt seines Namens steht, und welches er, nach Dios Meinung, von einem späteren Anlals geradezu als Beinamen ange- nommen haben sollte. über die Cistophoren. 947 salischen Schlacht, statt eines rechtmäfsigen Statthalters von Asien, mit seinen Legionen herrschte. Desgleichen werden die folgenden Proconsuln Ciliciens, aus Jahren in welchen Phrygien dieser Provinz beigegeben war, auf Cistophoren genannt. In den Jahren Roms 698-701 P. Lentulus P. f. imperator, auf Cistopho- ren von Apamea und Laodicea. 701-703 Ap. Pulcher Ap. f. proconsul, auf Cistopho- ren von Laodicea, und derselbe als impera- tor, nach einem Siege für welchen er den Triumph verlangte, auf Cisiophoren von Apamea. 703-704 M. Tullius Cieero proconsul auf einem Ci- stophorus von Apamea, imperator auf einem Cistophorus von Laodicea. Durch die ver- schiedenen Titel, welche Cicero auf diesen Cistophoren führt, gewinnen sie ein noch bestimmteres Datum. Der erstere derselben ist vor dem 13ten October des Jahres 703 (7. Sept. 51 v. Chr.) geprägt, der letztere nach diesem Tage, an welchem Cicero von seinem Siege den Titel Imperator annahm (!). Wie auf diesen Münzen nennt er sich in den Aufschriften seiner Briefe von nun an nicht mehr Proconsul sondern Imperator. Wir haben also bis jetzt mit Namen der römischen Statthalter verse- hene Cistophoren von Pergamum, Ephesus, Tralles, Apamea und Laodicea, denjenigen Städten, welche überhaupt die meisten der erhaltenen Cistopho- ren geprägt haben. Diese Münzen zeigen uns an der obersten Stelle, über dem Typus, in lateinischer Schrift den Namen des römischen Statthalters, wogegen der Bueebischz geschriebene Name des ERBEN Magistrats, der e ) RR schreibt (ad famil. II 10) ita victoria iusta en appellatus apud En quo in loco, saepe ut ex te audivi, Clitarchus tibi narravit Dareum ab Alexandro esse su- peratum, abduxi exercitum ad infestissimam Ciliciae partem. Zzz?2 548 Pınpder auf den früheren Cistophoren oben stand, an den unteren Rand herabgedrängt ist(!). Hinsichtlich der Typen bilden sie schon einen Uebergangzu den späteren Cistophoren, welche von der ursprünglichen Darstellung gänzlich abweichen. Denn auf manchen dieser proconsularischen Cistophoren finden wir, unter Beibehaltung der übrigen Typen, zwischen dem aufgerichteten Schlangenpaar statt desKöchers einen andern, wie es scheint von dem Proconsulselbst gewähl- ten Typus: bei T. Ampius Balbus stets einen Dreifufs (?), beiC. Fannius einen Tempel mit einem darüber stehenden Standbilde. Dabei ist, ungeachtet der Köcher fehlt, doch der Bogen noch beibehalten. Auch dieser fällt hinweg auf den Cistophoren des Q. Metellus Scipio, welcher, der Herrschaft gemäfs die er durch seine Legionen ausübte, den römischen Legionsadler an die Stelle des früheren Typus von Köcher und Bogen setzte. Wir haben bisher zwei Klassen von Cistophoren betrachtet, die rein griechischen und die proconsularischen. Als proconsularische be- zeichne ich solche, welche den Namen des römischen Proconsuls, oder Pro- prätors mit proconsularischer Macht, ausdrücklich nennen, seinen lateinischen Namen mit dem griechischen des einheimischen Magistrats verbinden, wäh- rend die früheren Cistophoren, auch wenn sie unter proconsularischer Ver- waltung geprägt sind, deren keine Erwähnung thun, sondern den rein grie- chischen Charakter bewahren. Der späteste mir bekannte Cistophorus der eine Jahrzahl aber noch keinen Namen eines römischen Statthalters trägt, ist vom Jahr der Provinz Asia 67 (ZZ), das heifst 687 Roms, 67 vor Chr., in welchem Manius Acilius Glabrio als Consul Asien verwaltete. Er enthielt sich noch der Nennung seines Namens auf den Cistophoren. Nach diesen zwei Klassen haben wir noch von einer dritten und vierten Klasse von Cistophoren zu handeln, aus der Periode des Untergangs der Republik, und aus der Kaiserzeit selbst. Die früheren Typen der Ci- stophoren, welche den Namen dieser Münzart veranlafst haben, verschwin- den jetzt allmählich, aber die Münzart besteht fort, vornehmlich erkennbar aus ihrem eigenthümlichen Gewichte. Von dem Gewichts- und Werthverhältnifs der Cistophoren ist (') Bei Q. Metellus Scipio fehlt der griechische Magistrat ganz. (2) Schon deshalb wäre bei Mionnet (Suppl. VII 460 656) auf einem Cistophorus von Tralles, welcher den Dreifufs darstellt, der Name des Proconsuls T. Ampius zu suppliren; er ist aber auch noch völlig lesbar. über die Cistophoren. 549 nun zunächst zu sprechen, um diese dritte und vierte Klasse als zum Cisto- phorensystem gehörig nachweisen zu können. Aufser den vorhandenen Münzen selbst belehrt uns darüber eine ent- scheidende Stelle bei Festus de verborum significatione, p. 359 ed. C. ©. Mueller. Sie lautet: Talentorum non unum genus. Atticum est sex milium denarium, Rhodium et cistophorum quattuor milium et quingentorum dena- rium. Die Stelle ist vollkommen deutlich. Festus macht, wie andere späte Schriftsteller, keinen Unterschied zwischen dem lateinischen Worte Denarius und dem fast gleich bedeutenden griechischen Worte Drachme; denn das bekannte attische Talent von 6000 Drachmen giebt er zu 6000 Denaren an. Von diesem attischen unterscheidet er ein Talent, das er als das rhodische und Cistophorentalent bezeichnet; es enthält nur 4500 Denare oder attische Drachmen, also nur ’, des attischen Talentes. Aber wie ein jedes Talent so hat auch das Cistophorentalent an eigenen Drachmen 6000, mithin ist auch jede Cistophorendrachme 3, der attischen Drachme; und ein gleiches gilt nach Festus auch von dem rhodischen Gelde. Wägen wir nun beliebige der zahlreichen uns erhaltenen Cistophoren, so finden wir dafs sie in der That stets solche Tetradrachmen sind, welche 3, der gleichzeitigen attischen Te- tradrachmen wiegen. Die wohlerhaltenen Cistophoren der hiesigen Königl. Sammlung wiegen meist 12,4 bis 12,5 Gramme. Eine ihnen entsprechende attische Tetradrachme mufs also etwa 16,6 Gramme wiegen; und dies ist ge- rade das Gewicht der gleichzeitigen nach attischem System geprägten Vier- drachmenstücke, z. B. der gewöhnlichen Tetradrachmen von Athen selbst, oder (um eine chronologische Bestimmung zu haben) die der syrischen Kö- nige aus dem zweiten und ersten Jahrhundert vor Chr. So deutlich nun und mit der Wirklichkeit übereinstimmend die Stelle des Festus ist, so hat doch der Herausgeber Otfried Müller sie, weil er die Sache milsverstand, gewaltsam zu emendiren versucht. Er will mehrere Worte einsetzen und lesen Rhodium et eistophorum quattuor milium et sep- tem milium et quingentorum denarium,. Nach dieser seiner fingirten Lesart sollen 7500 Denare auf das Cistophorentalent gehen, und die Münzen welche die Numismatiker als Cistophoren kennen, sollen lauter doppelte Cisto- phoren sein. Demnach wären ihre Hälften die eigentlichen Cistophoren. Aber wenn nicht schon alles andere gegen O. Müllers Ansicht spräche, so hätte man dagegen anzuführen, dafs diese Hälften, welche wir noch haben, 550 Pınver gar nicht die Cista darstellen, also gar nicht den Namen Cistophoren hätten erhalten können. Festus spricht vom Cistophorus noch an einer andern Stelle (p. 78 ed. Mueller), welche für gründlich verdorben gilt. Sie ist nur in den Excerpten des Paulus erhalten. Wie man diese Stelle bisher verstand und interpun- girte, sollten nach ihr 7500 Cistophoren gleich 4000 Denaren sein, was un- möglich ist: Euboicum talentum nummo graeco septem milium et quingen- torum cistophorum est, nostro quattuor milium denariorum. Zur Berich- tigung der Stelle genügt es fast schon, sie mit Anwendung von Ziffern zu schreiben EUBOICUM TALENTUM NUMMO GRAECO VIIM D, CISTOPHORUM EST NO- stro ımım vd, wobei est bequemer vor cistophorum (vor dem Komma) gele- sen würde: die Berliner Pergamenthandschrift könnte dazu Anlafs geben, sie hat quingentor € cistoforü € nostro. Denar durch den Anfangsbuchsta- ben zu schreiben ist nicht ungewöhnlich; unser Zeichen für Pfennig ist be- kanntlich aus dieser Abkürzung entstanden. — Der Grammatiker setzt hier das Cistophorentalent, talentum cistophorum, dem euböischen Talente entge- gen, wie er in der vorigen Stelle das talentum cistophorum von dem talentum atticum unterschied. Er fügt zwei ihm vorliegende Notizen zusammen, die eine über das alte euböische Talent, natürlicher Weise ursprünglich nach griechischen Drachmen berechnet, nummo graeco, die andere über das Ta- lent derCistophoren, die dem römischen Verkehr angehörten, — daher ganz richtig in römischen Denaren ausgedrückt, nummo nostro. Aber zu der Zeit desGrammatikers selbst war, wie wir schon oben sahen, Drachme und Denar so gut wie gleichbedeutend ; Drachme nur der griechische Ausdruck, Denar der römische; oder die Drachme so zu sagen ein Denar eines griechischen Münzfufses. — Ueber das euböische Talent nun giebt uns Appian (Rom. V 22) die richtige, durch die neuesten Untersuchungen (') bestätigte Nachricht, es enthalte 7000 der in seiner Heimath Alexandrien gebräuchlichen Drach- men, &ysı d& ro Euüßosınov raravrev "Arekavdpeisus Ögaynas Erranızyırllas, und von dem Cistophorentalente wissen wir aus der mit unseren Wägungen über- einstimmenden Angabe des Festus selbst, dafs es eine Summe von 4500 De- naren ist, quattuor milium et quingentorum denarium (p. 359). Also auch an unserer Stelle gehört die Zahl 500 nicht hinter septem milium son- ') Boeckh, Metrol. Unters. S. 107. 159. Vgl. Mommsen Verfall S. 206. 8 über die Cistophoren. 551 dern hinter quattuor milium, — mit andern Worten, nicht das erste D ist 500 zu lesen, sondern das zweite. Somit enthält die Stelle statt zweier fal- schen Angaben, über das euböische und über das Cistophorentalent, zwei richtige ; ohne eigentliche Veränderung lautet sie Euboicum talentum nummo graeco septem milium denariorum est, cistophorum nostro quattuor milium et quingentorum('). Was Festus an der ersteren Stelle über die Identität des Cistophoren- gewichtes mit dem Gewichte des rhodischen Geldes sagt, bestätigt sich augen- scheinlich durch eine interessante Münze, welche ich in London für unsere Königliche Sammlung aus dem Nachlafs des englischen Consuls Borrell in Smyrna erstand. Es ist ein Cistophorendidrachmon von Tralles, geprägt auf ein rhodisches Didrachmon, von dessen Typus noch Reste, die Haare und Strahlen des Sonnenhauptes, deutlich zu erkennen sind. Ein solches Überprägen von gleichwiegenden Stücken kommt öfters vor; hier gewährt es den anschaulichsten Beweis für die Richtigkeit der von Festus erhaltenen Nachricht. Das Gewicht dieses Stückes ist 6,205 Gramme, genau die Hälfte der Cistophoren. (Tafel I 16.) Solche halbe Cistophoren, die von Pergamum, Ephesus und Tralles vorliegen, so wie die Viertel, dergleichen ich von Pergamum, Ephesus, Tral- les und Nysa kenne, geben im Zusammenhange mit der Nachricht des Festus den Beweis, dafs der Cistophorus als Tetradrachme angesehen wurde, wozu jene Theile als Didrachmen und Drachmen gehörten. Aber in den Nachbarländern, wo attisches Münzsystem galt, mufste der Cistophorus drei dortige Drachmen werth sein; und das Wort reidgay,uov bei Pollux IX 60, dem kaum eine andere Münze entspricht, konnte dort auf den Cistophorus angewendet werden(?). Die Cistophorentetradrachme war zugleich ein Tridrachmon attischer Währung. In Galatien zum Beispiel hatte der Cistophorus, ohne Zweifel als Dreiviertel der dort geltenden attischen Tetradrachme, grofse Verbreitung, wenn wir dies aus dem Berichte des Li- vius entnehmen dürfen. Nach ihm wurden von dem Siege über die Galater (') Wer an dem Ausdruck denariorum für die griechische Münze Anstofs nähme, würde lesen Euboicum talentum nummo graeco septem milium drachmarum est, cistophorum nostro quattuor milium et quingentorum denariorum. (?) vv de 0) Ögaeyum VORITIE MOVOV, AA ze MEVTHAOVTRÖDRy 0V zu MEUTEÖDEY KoV Fugc \ ; ” Yo © eQ Kugyvalcıs, za FEraEOgRYMoV EraeAeiro zu TeLrögey,ov za Örögeyuov. Vgl. Müller Alex. P- 258. 552 Pınoder vom Jahre Roms 565 (189 vor Chr.) durch Cn. Manlius Vulso 127000 atti- sche Tetradrachmen, 16000 goldene Philippi, und 250000 Cistophoren im Triumphe nach Rom gebracht (Livius lib. 39 ce. 7). Während so die Cistophoren im Auslande ihre Geltung hatten, wurde andererseits auch den fremden Tetradrachmen von attischem Fufse im Be- reiche der Cistophoren ein Curs ertheilt. Besonders finden wir die zahlreichen zunächst für die Landschaft Pamphylia geprägten Tetradrachmen, welche den Granatapfel, das redende Wappen der Stadt Side zum Kennzeichen haben, nicht selten mit dem schon oben erwähnten später eingeschlagenen kleinen Stempel versehen, welcher den Typus der Cistophoren, den Bogen in seinem Behältnifs, nebst dem Namen einer der Cistophorenstädte Adramyttium, Apa- mea, Pergamum, Sardes, Tralles, zeigt(!). Auf ähnlichen einzelnen Drach- men von Side ist später die Biene der Cistophorenstadt Ephesus eingeschla- gen(?). Eine solche Drachme mufste im Bereiche der Cistophoren acht Obo- len gelten. Auch auf Alexanders des Grofsen Tetradrachmen findet sich zu- weilen die Contremarque von Cistophorenstädten, der kleine eingeschlagene Cistophorentypus des Bogens im Behälter, nebst Städtenamen, z. B. von Apa- mea, von Tralles(°). Alle diese Stücke von attischem Fufs wurden auf solche Weise im Bereiche der Cistophoren in Curs gesetzt. Und doch ist das Ver- hältnifs zwischen dem attischen und dem Cistophorengelde ein sehr unbe- quemes, denn eine attische Tetradrachme ist 5% Cistophorendrachme. Das auffallendste aber ist, dafs neben den in den pergamenischen Städten geprägten Cistophoren die pergamenischen Könige selbst ihre berühmten Schätze nur nach dem Fufse der attischen Tetradrachmen (') Eine Anzahl von Beispielen mit der Inschrift ANA, MEPFA, XAP, TPA (s. Taf. I 31) liegen aus verschiedenen Sammlungen vor; undeutlich ist (A)APAM auf einem Pariser Exem- plar, auf welchem Mionnet ZANH las, aber AAPA steht deutlich auf dem Exemplar la Tour- Maubourg. Man kann hieraus einen Beweis mehr für Adramyttium als Cistophorenstadt ent- nehmen. — Nebenbei sei bemerkt dals man nach Stephanus "Adoamurrıov oder "Adgamursıov zu schreiben hat; die von ihm bezeugte Form "Aögauvrryvos ist auf Münzen nicht gebräuch- lich, sie haben AAPAMYTHNB®N. (?) Exemplare z. B. in Berlin, in Paris. (?) Mit der Aufschrift AMA in München, mit TPAN in Berlin; diese beiden Tetradrach- men Alexanders sind ebenfalls in Pamphylien, zu Aspendus, geprägt. Der für Smyrna cha- rakteristische weibliche Kopf mit der Mauerkrone, welchen auch der Cistophorus von Smyrna als Nebenzeichen trägt, findet sich als kleiner Einschlag auf einer Tetradrachme Alexanders des Grolsen in der Pariser Sammlung; vielleicht mit Beziehung auf Smyrna als Cistophorenstadt. über die Cistophoren. 553 ausmünzten. Wenn man mit diesen schönen und zahlreich erhaltenen Mün- zen der Attaler hinsichtlich des Stils die Cistophoren vergleicht, so möchte man letztere gern für jünger halten, und annehmen dafs von Rhodos, Carien, Phrygien aus, erst etwa unter gemeinsamer römischer Verwaltung sich der Münzfufs der Cistophoren durch die Provinz Asien verbreitet hätte. Bei der grofsen Bedeutung von Rhodos wäre eine solche Verbreitung sei- nes Münzfufses glaublich. Allein diese Annahme widerspräche ganz den Zeugnissen des Livius, welcher schon bei den Siegen über Antiochus den Grofsen erzählt, im Jahre Roms 564 (190 v. Chr.) habe Manius Acilius Gla- brio in seinem Triumphe 248000 Cistophoren aufgeführt, dann L. Aemi- lius Regillus 132300, und L. Cornelius Scipio 331070 (Liv. lib. 37 ce. 46, 58, 59). Man müfste denn so kühn sein zu behaupten dafs Livius an allen diesen Stellen und in der Erzählung des galatischen Triumphes (lib. 39 e. 7) irrthümlich für asiatisches Geld den später damit zusam- menfallenden Ausdruck Cistophoren gebraucht hätte('). Gleichzeitige Verbreitung von Ganzen und Dreiviertelstücken (und dies ist das Verhältnifs zwischen attischen Tetradrachmen und Cistophoren) fand auch eine Zeit lang Statt im römischen Freistaate, dessen Victoriati Dreiviertel des Denars waren. (Vergl. Borghesi, Osservaz. numism., Decade (') Allerdings hat Livius durch eine ähnliche Übertragung den von einem römischen Gepräge hergenommenen Ausdruck Victoriati für die gleichwiegenden illyrischen Drachmen, die in Masse nach Rom kamen, angewandt, und damit die irrige Meinung hervorgerufen, man habe solche mit der Victoria bezeichnete Münzen unter den Geprägen Illyriens zu suchen. (Livius, lib. 41 c. 13 verglichen mit lib. 45 ce. 43, und Plin. Hist. nat. lib. 33 c. 13.) — Gewils ist dals die Cistophoren keine altherkömmliche Münze in den Ländern des pergamenischen Reiches waren. Der Stil der ältesten unter ihnen läfst sich nur auf das zweite, höchstens auf das dritte Jahrhundert vor Chr. deuten; ein noch höheres Alter würde bei den Cistophoren von Apamea und Laodicea schon wegen der Gründungszeft die- ser Städte unmöglich sein. Die ersten Erwähnungen der Cistophoren im Jahre 190 vor Chr. und in den nächstfolgenden Jahren sind durch keinen gleichzeitigen Schriftsteller, son- dern nur durch Livius überliefert. Ja, ich habe das Wort Cistophorus, das in seiner. ur- sprünglichen Bedeutung dem Demosthenes geläufig ist, als Namen der Münze vergeblich bei griechischen Autoren gesucht, und finde es zuerst bei Cicero. Die Jahrzahlen, welche auf ephesischen Cistophoren selten fehlen, bezeugen stets die Prägung nach dem Ende des pergamenischen Reiches, und geben einen chronologischen Anhalt auch für andere Cisto- phoren von gleichem Stile. Die schönen attischen Tetradrachmen von Smyrna, welche an Stil und Gewicht den Königsmünzen der Attaler gleichen, scheinen auch gegen die gleich- zeitige Prägung der Cistophoren von Smyrna zu sprechen. Philos.- histor. Kl. 1855. Aaaa 954 Pınver XVII, osserv. 1 sq.) Aber dies war immer noch nicht ein zwiefacher Münz- fufs, wie er nach Livius im pergamenischen Reiche bei gleichzeitiger Prä- gung der Königsmünzen und der Cistophoren bestanden haben soll. Ahn- liches aber geschah im Reiche der Seleuciden; mit demselben Königskopfe wurde in Antiochia nach attischem, in Tyrus nach phönieischem Fufse für einen ausgebreiteten Verkehr geprägt. Indessen lieferte doch nicht eine Prägstadt, wie dies bei Pergamum sein soll, zugleich beiderlei Münzen. Oder sollten die Münzen der Attaler nicht in ihrer Hauptstadt Pergamum, nicht für den einheimischen Verkehr geprägt sein? Wir haben das Verhältnifs der Cistophoren zum attischen Fufse be- trachtet, der neben ihnen wenigstens in einem Theile Kleinasiens und in Nachbarländern galt. Aber sie standen auch als Landesmünze der Provinz Asia in naher Beziehung zu Rom. In Rom hatten die Cistophoren, welche durch Triumphe und Abgaben dahin kamen, als ausländische Münze neben dem allgemein gültigen Denar keinen zünstigen Curs(!). Cicero will in einer Angelegenheit seines Bruders Quintus ungern gestatten, dafs demselben vom Staate eine Zahlung in Cistophoren, die eben durch des Pompejus asiatische Siege nach Rom gekommen waren, anstatt in Denaren geleistet werde. Er schreibt an Atticus (II 6) scripsi ad quaestores urbanos de Quinti fratris negotio; vide quid narrent, ecqua spes sit denarii, an cistophoro Pompeiano jaceamus. Nur im äufsersten Falle will er sich mit Cistophoren begnügen; er schreibt daher später (II 16) quaestores autem, quaeso, num etiam de eistophoro dubitant?” Nam si aliud nihil erit, cum erimus omnia experti, ego ne illud quidem contemnam quod extremum est(?). Man mufs das eigenthümliche Werth- und Gewichtsverhältnifs, wel- ches die Cistophoren nebst dem rhodischen Gelde von allen übrigen Münz- arten unterscheidet, sich vergegenwärtigen, um den späteren Münzen gleichen (') Offenbar pflegten die Geldsummen in der Regel aus Asien nach Rom nicht in Cistophoren gesendet zu werden; der Geldverkehr zwischen Orient und ÖOccident geschah durch Wechsel. In der oben S. 533 angeführten Stelle über eine in Asien liegende Summe in Cistophoren heilst es huius pecuniae permutatione fidem nostram facile tuebere. (*) Aber die cibyratische Berechnung einer früheren rhodischen Drachme (Spratt and Forbes Travels II 287) nöthigt nicht zu einem allgemeinen Schlufs auf einen niedrigen Curs der Cistophoren. Bei einem Legalcurs derselben von 2%, Denaren hätte Cicero durch ihre Annahme noch 20 Procent gewonnen; und ebensoviel Zubulse hätte ihre Prägung unter Proconsuln und Kaisern stets erfordert. über die Cistophoren. 555 Gewichtes, obwohl sie gröfstentheils abweichende Typen tragen, als dem Cistophorensystem angehörig zu erkennen. Es folgen nämlich auf die bis jetzt behandelten rein griechischen und proconsularischen Cistophoren noch eine dritte und vierte Klasse dieser Münzen, aus der Periode der Auflösung des römischen Freistaates, und aus der Kaiserzeit. Die Cistophoren der dritten Klasse sind unter dem Triumvir Anto- nius und unter Octavianus geprägt. Hier ist die letzte Spur der einzelnen Prägstädte verschwunden; weder der Name einer Stadt noch auch ihr grie- chischer Magistrat wird fürder genannt, die griechische Sprache ist durch die römische ganz verdrängt. Reste der Cistophorentypen, Epheukranz, Schlangenpaar, Cista mystica sind noch geblieben, aber gleich auf der ersten Münze dieser Art (Taf. II 1) hat der Portraitkopf des Antonius von der Vorderseite die Cista mystica verdrängt, welche nun auf der Rückseite zwi- schen den Schlangen die Stelle einnimmt, die früher der Köcher des Herakles, dann ein vom Proconsul gewähltes Abzeichen inne hatte. Auf einem zwei- ten Cistophorus des Antonius (Taf. II 2) ist auch der Epheukranz, welcher die Kopfseite umgab, verschwunden, und auf der Rückseite steht Bacchnus, der Gott des Antonius, über der Cista zwischen den Schlangen. Dann zeigt ein Gepräge Octavians (Taf. Il 3) auf dem Korbe zwischen den Schlangen die Vietoria, und nimmt als eine Art Vietoriatus einen noch römischeren Cha- rakter an. Zuletzt erscheint auf einem Cistophorus Octavians (Taf. II 4) nur als letzter Rest der früheren Typen der Schlangenkorb im Felde, wie ein blofses Nebenzeichen. Einen Übergang zu dieser dritten Klasse hatte eine schon oben er- wähnte Art von Cistophoren gebildet, welche zwar noch die Cistophoren- typen, aber keine griechischen Magistratsnamen und keine Städtenamen, sondern nur die Abzeichen von Ephesus und Pergamum tragen, und welche mit der Chiffre eines Quästors bezeichnet sind (Taf. I 30). Mit der dritten Klasse, die noch einen Theil der Cistophorentypen aber zugleich das Bildnifs des römischen Machthabers und nur lateinische Inschrift zeigt, ist die Reihe der Cistophoren im engeren Sinne geschlossen. Wir haben auf dieser Landesmünze Kleinasiens während eines Jahrhunderts politischer Abhängigkeit von Rom die griechische Sprache erst noch allein herrschen, dann neben sich die römische aufnehmen, endlich ihr weichen und Aaaa2 556 Pınpver vor ihr verschwinden sehen. Der griechische Geist war aus Kleinasien, der Heimath der ältesten griechischen Poesie, verscheucht. Es folgt die kaiserliche Periode. Von Augustus bis Hadrianus reicht die vierte und letzte Klasse der nach dem Cistophorensystem geprägten Münzen, woran sich nur ein paar vereinzelte Beispiele aus noch späterer Zeit anschliefsen. Hier sind nun die früheren bacchischen Typen gänzlich verschwunden, ja es kommt sogar, unter zahlreichen Götterdarstellungen, gar nichts mehr auf bacchischen Cult bezügliches vor. Den Avers nimmt der Kaiserkopf ein, den Revers eine Darstellung, welche zwar oft noch ein- zelne Prägstädte der Cistophoren, Pergamum, Ephesus, Smyrna, Laodicea erkennen läfst, oft aber auch ganz römischen Inhaltes ist. Die nähere Betrachtung der römischen Cistophoren, welche diese dritte und vierte Klasse bilden, bleibt einer andern Abhandlung vorbehalten; und es folgt hier ein Verzeichnifs solcher zu den ersten beiden Klassen ge- hörender, also rein griechischer und proconsularischer Cistophoren, welche, zum gröfsten Theil in Originalen oder Abdrücken vorliegend, gegenwärtiger Abhandlung als Material gedient haben. Es soll dies nur eine Reihe von Beispielen sein, nicht ein Verzeichnifs alles Vorhandenen. Doch wird man in dieser Liste mehr finden, als sonst wo vereinigt ist. Auch wurden einzelne frühere Beschreibungen durch Vergleichung mehrerer Exemplare berichtigt oder vervollständigt. Bei den von Mionnet und Dumersan aus dem Pariser Cabinet schon beschriebenen Münzen, deren viele auch aus an- deren Sammlungen vorlagen, schien es unnöthig immer die Stelle, wo sie sich befinden, namhaft zu machen. Da der Typus selbst, auf der Vorderseite die Cista mystica im Epheu- kranze, auf der Rückseite der Bogen und Bogenhalter zwischen dem Schlan- genpaar, den Cistophoren gemeinsam ist, so bleiben hier blofs die unterschei- denden Kennzeichen aufzuführen, welche zu dem Typus der Rückseite hinzukommen. Auch die halben und Vierteleistophoren haben einen ge- meinsamen Typus, auf der Vorderseite das über der Keule hangende Lö- wenfell im Kranze, auf der Rückseite eine Weintraube auf Blättern oder einem Blatte, und es sind also auch hier nur die auf der Rückseite hinzu- kommenden Aufschriften und Beizeichen anzugeben. Der Kranz der Vor- derseite, meist als Eichenkranz beschrieben, gleicht auf manchen Exempla- ren mehr dem Epheu- oder dem Eppichkranze. über die Cistophoren. 557 ADRAMYTTIUM. Links AAPA, oben AY, rechts Ähre (in der päbstlichen Sammlung im Vatican; s. Taf. 11). Links AP, oben KAZ, rechts Ähre (Paris). Links desgl., oben AIOF, rechts Eule (München; s. Taf. I 2). Links desgl., oben Z®, rechts geflügelter Caduceus (Wien). Links desgl., oben M, rechts Weintraube (München, Paris). y (I u Se APAMRA. Links immer AMA, rechts Doppelflöte (welche bei einigen Exempla- ren nur nicht mit ausgeprägt ist), oben Magistratsnamen, z. B.: 6 AMIOA- AQNIOY, 7 ATTAAOY (München), 8 ATTAAOY TIMR (s. Taf. 13), 9 TYOY (v. Prokesch), 10 AIOANPOY (Fontana), 11 KEAAI und Stern, 12 KNKOY (und links noch B), 13 MANTI AIOAO (Leake), 14 ZN- KPATOY. Hieran schliefsen sich in chronologischer Reihe die unten beschrie- benen proconsularischen Cistophoren dieser Stadt: No. 173, 174 von C. Fabius mit den Magistratsnamen ANAPONIKOY und ATTAAOY BIA- NOPOZ; No. 193, 194 von P. Lentulus mit ATTAAOY BIANOPOZ und MYIZKOY; No. 196, 197, 198 von Ap. Pulcher mit HPA KIM2NOZ, mit OEOMPOMOZ AMOAARNIOY, und mit einem undeutlichen Namen; No. 200 von M. Tullius Cicero mit OEOMPONOZ AMOAARNIOY; und No. 188 von ©. Fannius mit MANTIOEOZ MANTIOEOY. Noch ist zu bemerken dafs nach der früheren, noch nicht genügend widerlegten Ansicht auch die unter Parium aufgeführten Cistophoren nach Apamea gehören. EPHESUS. 15 Links Strahlenhaupt des Sonnengottes von vorn, rechts EVE (Wien). Alle folgenden haben E®E links. 16 Rechts Victoria mit Kranz (nach Dumersan) ; 17 rechts Vordertheil eines rechts gewandten Hirsches (Wiczay, Neumann); 18 rechts Köcher; 558 PıspdeEr 19 rechts Statue der ephesischen Diana von vorn; 20 rechts Kopf der ephe- sischen Diana von vorn und darüber B. 24 Links oben Stern, rechts Zweig mit herabhangendem Gewinde (d’En- nery, Knight). 22 Links oben Biene, rechts Cista aus welcher sich eine Schlange erhebt, ganz wie auf der Cistophorendrachme No. 56 (Berlin, s. Taf. 14). 23 Links oben A, in der Mitte Biene, rechts doppeltes Füllhorn und darüber K. 24 Links oben K, in der Mitte Schlange, rechts Dianenbüste rechtshin (die Schlange nach Mionnet; Dumersan erwähnt sie nicht). Alle folgenden 25—54 haben rechts eine lange aufgerichtete bren- nende Fackel, aufserdem befindet sich bei allen (No. 28 ausgenommen) links, etwas höher als der Stadiname EbE, eine Jahrzahl der Aera der Provinz Asia, und oben über dem Köcher zwischen den Schlangenköpfen ein Nebenzeichen, zum Beispiel: 25 Links oben A, in der Mitte Biene (Sestini Hederv. II 161). 26 B, Biene (Leake; Wien wo das B fast für ein Monogramm angesehen werden kann, wie Mionn. Suppl. VI. 119. 272). 27 FT, Biene (in der Brera zu Mailand). 28 Links oben nichts, in der Mitte A (Wien). 29 H, Hirsch (Berlin; da H nah am Rande steht, so könnte der Stempel noch ein Zahlzeichen davor enthalten haben). 30 IF, ... (v. Prokesch). 31 IS, Füllhorn (München). 32 KA und links davor P, in der Mitte ein Dioskurenhut mit dem Stern darüber (Vatican). 33 AA, Dreifufßs. 34 MT, das gemeinhin als persea beschriebene Zeichen der Isis, eine mit zwei emporstehenden Federn geschmückte Kugel zwischen zwei Hör- nern, von deren unterem Ende zwei Ähren nach beiden Seiten ragen (München; F könnte vielleicht C gelesen werden; aus anderem Stempel als No. 37). 35 MA, Blitz. 36 37 38 39 40 41 über die Cistophoren. 559 ME, ein Stab um welchen sich eine aufgerichtete Schlange windet (nach dem Berliner Exemplar: der Bogen ragt rechts heraus). MG, das Zeichen der Isis wie No. 34, bei Mionnet nach Hunter irrig als Lotosblume beschrieben (München). MH, weiblicher Kopf von vorn, über welchem sich der No. 34 beschrie- bene Schmuck der Isis zwischen zwei Ähren erhebt (Wien; der Bogen ragt rechts heraus). MO, Vietoria mit Palmzweig (nach Dumersan). MO, rechtshin stehende Victoria, mit der Rechten einen Kranz empor- haltend, von welchem Bänder herabhangen (München; der Bogen ragt rechts heraus). NA, Mercur von vorn stehend und linkshin gewendet, die Rechte links- hin vorstreckend und in der Linken einen grofsen Caduceus emporhal- tend (Wien, München). Der Bogen bleibt hier und bei den folgenden hinweg. NB, das No. 34 beschriebene Zeichen der Isis mit den Ähren (Wien). NT, der geschlossene Köcher der Artemis mit dem Gehänge (Mailand, Wien, Leake). NZ, linkshin stehender Priap. ZT, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen eine Ähre emporsteht (v. Vest in Triest). ZF, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen ein Palm- zweig emporsteht (Wien). ZA, .... (Greppo no. 935). ZE, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen eine Ähre emporsteht. ZE, zwei unten verbundene Füllhörner und ein Palmzweig. ZT, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen ein Köcher (2) emporsteht (München; auch Knight, wo ausdrücklich pharetra inter duo cornua copiae; auf einer sonst gleichen Münze ist an der Stelle des Gegenstandes zwischen den Füllhörnern, der leicht als Fackel angese- hen werden kann, eine solche beschrieben worden, was vielleicht auf einer wirklichen Verschiedenheit beruht; die Lesung ZI bei Mionnet und Dumersan ist durch die seltnere Form des C veranlasst). 560 Pınder 51 =G (?), zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen ein Palm- zweig emporsteht (Knight). 52 ZZ, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen ein Köcher (?2) emporsteht, wie No. 50 (Fontana; hievon ist die bei Knight p. 126 angeführte Münze mit blofsem Z vielleicht nicht verschieden). 53 ZZ, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen eine Ähre emporsteht. 54 ZZ, zwei unten verbundene Füllhörner zwischen welchen ein Palm- zweig emporsteht (diese Münze ist von Borrell, der das unvollständige E®E als ®I las, der Stadt Philomelium zugetheilt worden, im Num. Chron. VII. 32). 55 Ein halber Cistophorus hat links (Eb)E, rechts einen Dioskurenhut (Wien; s. Taf. I 12; dasselbe Abzeichen hat auch der ephesische ganze Cistophorus No. 32). Beispiele von dem Viertel des Cistophorus, oder der Cistophoren- drachme von Ephesus sind: 56 Links unten E®E und darüber Biene, rechts Cista aus welcher eine Schlange sich emporrichtet, wie auf dem ganzen Cistophorus No. 22 (Palin Observ. numism. p. 17, Abbild. 9; s. Taf. I 13). 57 Links unten E®E, rechts unten A (Generallieut. Fox; s. Taf. I 14; aus Borrells Sammlung publicirt im Num. Chron. VII 63). Hieran schliefsen sich in chronologischer Reihe die unten beschrie- benen proconsularischen Cistophoren dieser Stadt: No. 175 von C. Fabius mit dem Magistratsnamen KNW..; No. 177, 178, 179 von T. Ampius mit FAYKWNTIR MEPIKAH“, mit AIONYCIOC ..Yl.., und mit EPMIAC KAIYCTP; N. 183 von C. Pulcher mit MENEKAHZ; No. 189 von C. Fannius mit APXEAHMOC; endlich ein unvollständig erhaltener proconsularischer Cistophorus in Paris, auf welchem der Name des Procon- suls und die Jahrzahl nicht zu erkennen |sind, sondern nur links E®E, oben PRO COS, unten ZNMATPOZ, rechts aufgerichtete brennende Fackel, in der Mitte der gewöhnliche Typus. Muthmafslich ist auch in Ephesus, etwas später als diese proconsula- rischen Cistophoren geprägt No. 202. über die Cistophoren. 561 LAODICEA. 58 Links AAO, rechts Hund über einem Frauenkopf rechtshin. Alle folgenden haben links AAO, rechts einen geflügelten Caduceus, oben einen Magistratsnamen, zum Beispiel: 59 ANOAAQNIOZ EYAPXOY, 60 AIOANPOY, 61 AIOANPOY B (Thomas, dann Leake), 62 ZEYZIE AMOAARNIOY TOY AMYNTOY (s. Taf. 15), 63 OAYMMIOANPOZ EPMOTENOY, 64 ZQZTPATOY, 65 Al....NIKOAHMOY (aus Cousi- nery’s Sammlung angeführt von Mionnet). Hieran schlie(sen sich in chronologischer Reihe die unten beschriebe- nen proconsularischen Cistophoren: No. 180 von T. Ampius mit dem Magistratsnamen THAEKPATHZ, No. 195 von P. Lentulus mit APTEMI- AQDPOTZ AAMOKPATOY; No. 199 von Ap. Pulcher mit ANOAAQNIOZ AAMOKPATOY IQRZIMOZ; und No. 201 von M. Tullius Cicero mit AABAZ TIYPPOY. NYSA. ANTI 66 Links NY und darüber ein Blitz, oben 0xoz , rechts die Jahrzahl ANE IE und tiefer ein stehender Bacchus von vorn, der in der Rechten den Thyrsus hält, in der Linken, wie es scheint, eine Weintraube über einem Panther. Zwei in der Nähe der Aufschrift NY zwischen den Windun- gen der Schlange befindliche Buchstaben, der erste von Sestini Z gele- sen, der zweite deutlich A, vervollständigen vielleicht den Namen NYZA. (In der Herzogl. Sammlung zu Gotha.) AN 67 Links NY%-A, oben NERTE, rechts die Jahrzahl KT und tiefer eine POZ bekleidete rechtshin stehende weibliche Figur. (In der Kais. Sammlung zu Wien, s. Taf. I 6.) 65 Ein Viertel des Cistophorus, eine Cistophorendrachme aus der Arun- dell’schen Sammlung, hat bei der Weintraube die Aufschrift NYCA ohne weitere Nebenzeichen. Die Anführung zweier ähnlicher Stücke in Mionnets Supplement unter Nysa, no. 392 393, beruht auf einem Irrthum desselben. Philos.-histor. Kl. 1855. Bbbb 562 Pınver PARIUM. (Die folgenden Cistophoren, welche jetzt Parium zugetheilt zu werden pflegen, ge- hören nach einer früheren Ansicht nach Apamea, wofür auch die S. 540 entwickelten Gründe sprechen). Links immer A, rechts ein Nebenzeichen, zum Beispiel: 69 Elephantenkopf rechtshin (München, Knight). 70 Stierkopf von vorn mit herabhangenden Bändern geschmückt. 71 Rechtshin sitzende Eule in einem Viereck, an welches sich unten ein A anschliefst. 72 Rechtshin gewendete Prora (Wien, s. Taf. 17). 73 Dreifufs von einer Schlange umwunden. 74 Parazonium. 75 Zwei Dioskurenhüte (Cousinery bei Mionnet; auf dem Münchner Exem- plar ist nur ein Dioskurenhut nahe am Rande ausgeprägt; vielleicht ent- hielt der Stempel nicht mehr, wenigstens No. 32 und 55 haben sicher nur einen Dioskurenhut). PERGAMUM. 76 Links B, rechts NI. 77 Links rp£, rechts Thyrsus mit Bändern (Berlin, s. Taf. I 8). Alle folgenden, No. 78—125, haben links rf£. Rechts: 78 Victoria; 79 Palmzweig; 80 Füllhorn (v. Vest); S1 Ähre (München); 82 Keule; 83 Stern (Berlin); 84 Brennende rechtshin liegende Fackel und aufserdem links unten X, (München; ähnlich ohne das untere Monogramm, Knight). 85 Oben AZ, rechts Medusenhaupt. 86 Oben EP, rechts Blitz (Cousinery). 57 Oben MH, rechts Löwenfell über einer Keule hangend. 88 Oben A, rechts Keule die oben in einen Caduceus endigt. Alle folgenden, No. 89— 124, haben rechis den von einer Schlange umwundenen Thyrsus. Oben: 89 A; 90 AM; 91 5 92 & (in Berlin, mehr wie 4 erschei- nend); 93 AZ (nach Dumersan); 94 BO; 95 Al (Berlin); 96 KA; 97 AY; über die Cistophoren. 563 98 MA; 99 NI; 100 A; 101 MA (v. Prokesch); 102 7; 103 MH (Berlin). Bei allen folgenden 104—120 steht oben ff (d. i. zgur) und darüber der abgekürzte Magistratsname, zum Beispiel: 104 AP; 105 BA; 106 AH; 107 Al; 108 EY; 109 IE; 110 KA; 111 KP; 112 KT; 113 ME; 114 MH; 115 MA; 116 NZ (wohl ME); 117 TEY; 118 TH; 119 01,120 M. Hievon unterscheiden sich nur durch einen Zusatz zu dem Mono- gramm zgur die vier folgenden: 121 gurA und darüber ME; 122 gur* und darüber AM (Berlin); 123 rgur im Kranze und darüber AM (Berlin, s. Taf. 19); 124 rgur im Kranze und darüber MOZ. AN 125 Oben [ff*, rechts Thyrsus ohne Schlange (?) (nach Dumersan). 126 Einen halben Cistophorus, ein Cistophorendidrachmon beschreibt Borrell (Num. Chr. VI 159) unter Pergamum, ohne weitere Aufschrift oder Nebenzeichen zu erwähnen: Gewicht 91! grains. Damals in Borrells Besitz, auch in der Bank von England. 127 Viertelcistophorus oder Cistophorendrachme mit dem Monogramm rE und der Angabe des Magistrats AH gur (wie auf dem ganzen Cistophorus No. 106) und mit schlangenumwundener Keule (Thyrsus?), 45 grains wiegend, ebenda beschrieben, in denselben Sammlungen. Hieran schliefsen sich in chronologischer Reihe die unten beschriebe- nen proconsularischen Cistophoren dieser Stadt: No. 184, 185, 186 von C.Pulcher mit dem Magistratsnamen BIWN, mit MHNOAWPOC, und mit MH- NO®ANTOC; und No. 192 von Q. Metellus ohne einen Magistratsnamen. Zu bemerken ist, dafs nur bei diesem letztgenannten Cistophorus, dem des Q. Metellus, das Monogramm von Pergamum aufrecht steht; bei allen übrigen Cistophoren dieser Stadt steht es so pP. Muthmafslich ist auch in Pergamum geprägt No. 203. SARDES. 123 Links ZAP, oben 4, rechts eine linkshin stehende langbekleidete männliche Figur, in der vorgestreckten Rechten einen undeutlichen Gegenstand haltend. Bbbb2 564 Pıwoer 129 Links ZAP, oben pp, rechts Thyrsus von einer Schlange umwunden (nach Dumersan). L OD 3 : ne 130 Links 3; rechts cortina von einer Schlange umwunden, die sich dar- über emporrichtet (Paris; die Echtheit scheint mit Unrecht angezwei- felt worden zu sein). 131 Links &, rechts Keule (Töchon). 132 Links dasselbe Monogramm, rechts ein rechtshin gewandter Pfeil, oder das obere Ende einer Lanze (in der Brera zu Meiland, s. Taf. I 10). 133 Links &, rechts ein rechtshin gewandter Pfeil ganz wie No. 132, links unten AN (München; dieses Exemplar, dessen Monogramm minder deut- lich nach Sardes weist, das aber ganz den Charakter der anderen sar- dischen Cistophoren hat, wurde von Sestini ungenau beschrieben un- ter Dardanus, da er über dem obern Monogramm noch A zu sehen glaubte: Hederv. T. II p. 134. Tav. 18 No. 2). 134 Ein Cistophorus, welcher links ZAP und rechts einen Pfeil zeigt, liegt einer entstellten Abbildung bei Goltz und nach ihm bei Beger de num- mis Cretensium p. 1 zum Grunde(!). SMYRNA. 135 ZMYP, im Felde A und weiblicher Kopf mit Zinnenkrone; Gewicht 1822, grains (Bank von England; publicirt von Borrell, Num. Chron. VII 70). (') Zu den berüchtigten Goltzischen Münzen findet man bekanntlich zuweilen Originale, echte und falsche. In Beziehung auf die angeblich kretensischen Cistophoren von Goltz, die Beger ausführlich behandelt hat, glaube ich eine Notiz hersetzen zu dürfen, welche der um die Numismatik hoch verdiente Freiherr v. Prokesch mir mittheilte: „In meinen Auf- merkungen vom Jahr 1846 finde ich in Athen den folgenden Cistophor gesehen zu haben: KYAAZ KPH zwischen den Schlangen TAPX Jupiter aufrecht, Az Adler auf der Linken, E Blitz in der Rechten z KPHTAPX X ı.? Ein ähnliches Stück mit KYAAZ KPHTAPXAZ hat Goltz, Insulae, Tab. IV. Der Titel Kretarch kommt vor, z. B. ANO KPHTAPX2N in einer Inschrift bei Richter p. 423 136 über die Cistophoren. 565 THYATIRA. Links ©OYA, oben Blitz, rechts weiblicher Kopf, im Felde einzelne Buchstaben BA B und EY (nach Borrell im Num. Chron. VIII 13 von demselben der Pariser Sammlung überlassen). Ähnlichkeit hie- mit hat 137 ein Cistophorus der Königl. Sammlung in München von ungewöhnlichem Charakter; die Stelle links, wo der Stadtname zu stehen pflegt, ist leer, oben Blitz, im Felde zwischen den Schlangen undeutliche Buchstaben und EY, unten AMOA. — Thaytira als Cisto- phorenprägstadt bedarf noch weiterer Bestätigung. TRALLES. Links TPAA, rechts ein Nebenzeichen, zum Beispiel: 138 unbeklei- dete jugendliche Gestalt rechtshin stehend (München); 139 Juno Pronuba (Mionnet; cf. No. 160); 140 fechtender Krieger; 141 rechtshin stofsender Höckerstier; 142 Höckerstier über dem Mäander; 143 Mäander (Kopen- hagen; Berlin s. Taf. I 11); 144 Mohnkopf (Fontana etc.); 145 schlanke Diota; 146 Stern im Kreise (Berlin, subaerat); 147 Helm über einem Blitz; 148 Dreifufs. Andere haben links TPAA, oben einen Magistratsnamen und rechts ein Nebenzeichen, zum Beispiel: 149 150 151 152 153 154 155 156 157 AMOA und Adler. APTE und Pallaskopf rechtshin (bei dieser Münze ist der Stadtname monogrammatisch gebildet FM). AION und Lyra (Berlin, München, Leake). AION und Keule (?) (nach Dumersan). OEOA und Krieger. MENA und rechts nichts erkennbar. MPYT und Füllhorn (T. Combe). MTOA und stehender Bacchus, in der Rechten Thyrsus, in der Linken ein Weingefäfs (?). NToN und rechtshin stehender Bacchus, der in der Rechten einen langen Thyrsus, in der Linken eine bärtige Maske hält. ed. Franck, cf. p. 426; und Cicero erwähnt, als unter die römischen iudices gewählt, Cydam Cretensem, portentum insulae, hominem audacissimum et perditissimum (Phil. V c. 5). 566 Pınver 158 NTOA und Bacchus ebenso. 159 160 FITOA und Bacchus ebenso, doch ist die Linke nicht erkennbar. TIME und Juno Pronuba (vgl. No. 139). Beispiele des halben Cistophorus oder des Cistophorendidrachmon von Tralles sind: 161 162 163 164 165 166 167 168 169 TP, im Felde ein Krieger mit einem Bogen (Arundell). TP, im Felde unbekleidete Figur (Thomas). TPA, rechts im Felde ein weiblicher Kopf rechtshin (in einer römi- schen Sammlung; Paste in Berlin, s. Taf. I 15). TPAA, im Felde weibliche Figur, Gewicht 90 grains (Borrell im Num. Chr. VIII 13 aus seiner Sammlung). TPA, im Felde weibliche Figur mit Füllhorn (Paris, nach Dumersan). TPA, im Felde links Adler über einem Blitze, rechts weibliche Figur mit Füllhorn (Arundell). Desgl., unter der weiblichen Figur ein Monogramm, welches den Na- men MPYT, wie No. 155 168, zu enthalten scheint. Auf ein Didrach- mon von Rhodos geprägt. Gewicht 6,205 Gramme (Berlin, s. Taf. I 16). Die Beschreibung eines ähnlichen aber nicht überprägten Stückes von fast genau demselben Gewicht bei Thomas hat statt des Mono- grammes TP. TPAA, MPYT, im Felde Füllhorn, Gewicht 91!, grains (British Mu- seum; Borrell im Num. Chr. VII 13). TPA/, oben AMOA, rechts im Felde ein nicht vollkommen deutli- ches Nebenzeichen. Wird von Hrn. Friedlaender, dem ich die Mit- theilung verdanke, publicirt mit einer Abbildung in unseren Beiträ- gen zur älteren Münzkunde. Der oben unter No. 149 aufgeführte Ci- stophorus hat denselbe Namen AMIOA und rechts im Felde einen Adler. Die folgenden beiden sind Viertel des Cistophorus, Cistophoren- drachmen: 170 171 TPAA, ohne weitere Aufschrift oder Beizeichen, Gewicht 45 grains (Borrell im Num. Chron. VIII 13 aus seiner Sammlung). Unten TPAA, oben ®IAI, im Felde rechts eine Biene (Sest. Hederv. II p. 327 Tav. XXV 6 ex museo R. Bavariae). über die Cistophoren. 567 Hieran schliefsen sich in chronologischer Reihe die unten beschrie- benen proconsularischen Cistophoren von Tralles: No. 172 von Q. Tul- lius Cicero mit dem Magistratsnamen APIETOKAHZ; No. 176 von C. Fa- bius mit AHMHTPIOZ ZTE®BANH®POPOZ; No. 181, 182 von T. Ampius mit AAMONIKOZ A IEPEYZ AAEZANAPO*, und mit AIOFENHZ AIO- NYZIOZ MA (oder MA); No. 187 von C. Pulcher mit APICTOKAHC; No. 190, 191 von C. Fannius mit APICTOKAHC, und mit MENANAPOC SisPEME: PROCONSULN (PROPRAETOREN) DER PROVINZ ASIA. 172 173 Q. TULLIUS CICERO, Jahr Roms 693 — 696. Tralles. Links TPA, oben TVLLI PRO COS, unten APIZTO- KAHZ, rechts eine Hand, in der Mitte der herkömmliche Typus. (Theupoli I p. 101, vgl. Borghesi Össerv. num. Dec. V 10 im Giorn. Arcad. T. 14 p. 393; vielleicht steht APICTOKAHC wie bei C. Pul- cher und C. Fannius No. 187 und 190; eine genaue Untersuchung dieser Münze ist zu wünschen, sie unterscheidet sich von No. 187 nur dadurch, dafs hier rvrLı, dort pvLcHer steht.) C. FABIUS M. F., Jahr Roms 696 — 697. Apamea. Links AMA, oben C-FABI-M:F PRO COS, unten ANAPONIKO., rechts Doppelflöte, in der Mitte der herkömmliche Typus (in der Brera zu Mailand, s. Taf. I 17). Apamea. Ebenso, doch unten ATTAAU(Y) (B)JIANOP(OZ). (Bei Dumersan Abbildung.) Ephesus. Links E®E und darüber OZ, oben FABI M (F) PRO COS, unten KNW.., rechts eine emporgerichtete brennende Fackel, in der Mitte der herkömmliche Typus und darüber stehende Diana mit dem Bogen (de la Goy). Tralles. Links TPAA und darüber ein rechtshin stehender Höcker- stier, oben C-FABIMF PRO COS, unten AHMHTPIOZ woran sich rechts (ZJTEBANHPOPO anschliefst, in der Mitte der herkömmliche Typus und darüber ein rechtshin sitzender und zurückschauender Adler. 181 183 Pınoder (In der Brera zu Mailand, s. Taf. 118. Auf einem ähnlichen Cisto- phorus von Tralles, auf welchem der Name des Proconsuls verstüm- melt ist, las Millingen, Recueil Pl. IV 10, AHMHTPIOY ZTE®A- NH®OPOY.) T. AMPIUS T. F., Jahr Roms 697 —698. Ephesus. Links E®E und darüber OZ, oben T :AMPI-T- FR PRO COS, unten FTAYKWNTIA MEPIKAH“ , rechts eine emporge- richtete brennende Fackel, in der Mitte zwischen dem verschlunge- nen Schlangenpaar ein Dreifufs, über welchem Apollo linkshin steht, den linken Arm auf eine Säule gelehnt, in der vorgestreckten Rechten einen Zweig haltend, von welchem Bänder herabhangen (München). Ephesus. Ebenso, doch unten AIONYCIOC ..Yl.. (München, s-‚Dat: I 19) Ephesus. Ebenso, doch unten EPMIAC KAIYCTP (Pembroke). -Laodicea. Links AAO, oben T-:AMPI-T:F PRO COS, unten THAEKPATHZ, rechts geflügelter Caduceus, in der Mitte zwischen dem verschlungenen Schlangenpaar, hinter welchem links der Bogen hervorragt, ein Dreifufs (Berlin). Tralles. Links TPAA und darüber ein rechtshin stehender Höcker- stier, oben T-AMPI-T:- F PRO COS, unten AAMONIKOZ ALIE- PEYZ, woran sich rechts AAEZANAPO* anschliefst; in der Mitte zwischen dem verschlungenen Schlangenpaar, hinter welchem links der Bogen hervorragt, ein Dreifufs auf welchem ein rechts gewandter und zurückschauender Adler sitzt (Fontana, s. Taf. I 20). Tralles. Ebenso, doch links TPA und unten AIOFENHE. woran sich rechts AIONYZIOZ MA (oder MA) anschliefst (bei Dumersan, Abbildung). C. CLAUDIUS PULCHER AP. F., Jahr Roms 699 — 701. Ephesus. Links £®E und darüber ein undeutlicher Buchstab (M), oben (C) PVLCRI AP FPRO COS, unten MENEKAHZ, rechts eine em- porgerichtete brennende Fackel, in der Mitte der herkömmliche Ty- pus mit dem links hinter den Schlangen hervorragenden Bogen ; Dop- pelschlag (Generallieut. Fox in London; s. Taf. I 21). 184 185 186 187 188 159 190 über die Cistophoren. 569 Pergamum. Links = ‚„ oben C: PVLCHER PRO COS, unten BIWN, rechts Thyrsus von einer Schlange umwunden, in der Mitte der herkömmliche Typus (Pembroke). Pergamum. Ebenso, doch unten MHNOAWPOGC (Rollin, Panel). Pergamum. Ebenso, doch unten MHNO®ANTOC (Florenz). Tralles. Links TPA, oben PVLCHER PRO COS, unten APICTO- KAHC, rechts eine rechte Hand mit einem Zweige von welchem Bän- der herabhangen, in der Mitte der herkömmliche Typus mit dem links hinter den Schlangen hervorragenden Bogen (Berlin, Wien, Paris etc., s. Taf. I 22). C. FANNIUS, Jahr Roms 705—706. Apamea. Links AMA, oben C: FAN PONT PR, unten MANTI- OEOZ MANTIOEOY, rechts Doppelflöte, in der Mitte zwischen dem verschlungenen Schlangenpaar, hinter welchem links der Bogen hervorragt, ein runder Tempel mit vier Säulen, auf dessen Spitze links- hin eine lang bekleidete Figur steht, die in der Linken ein langes Scepter, in der Rechten eine Schale hält (Wien, Paris, s. Taf. I 23). Ephesus. Links EdE und darüber ME, oben C- FAN PONT PR, unten APXEAHMOG, rechts eine emporgerichtete brennende Fackel, in der Mitte zwischen dem verschlungenen Schlangenpaar ein Tempel mit vier Säulen, auf dessen Spitze eine Figur steht. (Knight, wo jedoch von der Aufschrift links nur die vier Buchstaben ME®E sich finden, indem vermuthlich, wie öfter, das erste E von E®E über den Rand der Münze hinausgefallen ist; die vollständige Aufschrift, EVE und darüber NE, steht auf dem Exemplar von d’Ennery, wo der verstüm- melte Magistratsname in der Beschreibung IAHIAOC lautet, und leicht die Endung .... AHMOC erkennen läfst.) Tralles. Links (T)PA, oben (C: F)JAN PONT PR, unten APICTO- KAHC, rechts eine Hand welche einen Zweig hält, in der Mitte zwi- schen dem verschlungenen Schlangenpaar ein runder Tempel mit vier Säulen, auf dessen Spitze linkshin eine lang bekleidete Figur steht, die in der Linken ein langes Scepter, in der Rechten eine Schale hält. Anima subaerati (Eckhel Syll. I Tab. V 7). Philos--histor. Kl. 1855. Cecc 570 191 Pınper Tralles. Links TPA, oben C-FAN PONT PR, unten MENAN- APOC ...PEYC, rechts ein links gewandter und zurückschauender Adler auf einem Blitze, in der Mitte wie auf der vorigen Münze. (Florenz, München, s. Taf. 124. Zu...PEYC, was auf dem Münch- ner Exemplar als zu tief stehend nicht mit ausgeprägt ist, vgl. den Trallischen Cistophorus des T. Ampius no. 181.) Es folgt, wenngleich nicht als Proconsul: Q. CAECILIUS METELLUS PIUS SCIPIO, Jahr Roms 706. 192 Pergamum. Links ffE, obenQ - METELLVS - PIVS-, unten SCI- 193 196 497 198 PIO IMPER, in der Mitte zwischen dem verschlungenen Schlangen- paar ein rechts gewandter Legionsadler (Paris, München, s. Taf. I 25). PROCONSULN DER PROVINZ CILICIEN. P. LENTULUS P. F., Jahr Roms 698 — 701. Apamea. Links ATIA, oben P LENTVLVS P (F) IMPERATOR, unten ATTAAOY BIANOPOZ, rechts Doppelflöte, in der Mitte der herkömmliche Typus mit dem links hinter dem Schlangenpaar hervor- ragenden Bogen (Paris). 4 Apamea. Ebenso, doch unten MYIZKOY (Paris, s. Taf. I 26). 5 Laodicea. Links AAO, oben P LENTVLVS P F IMP, unten AP- TEMIANPOZ AAMOKPATOY, rechts geflügelter Caduceus, in der Mitte der herkömmliche Typus mit dem links hinter dem Schlangen- paar hervorragenden Bogen (Paris, München, s. Taf. I 27). AP. PVLCHER AP. F., Jahr Roms 701—703. Apamea. Links AMA, oben PVLCHER IMP, unten HPA KIMQ- NOZ, rechts Doppelflöte, in der Mitte der herkömmliche Typus mit dem links hinter dem Schlangenpaar hervorragenden Bogen (Gotha). Apamea. Ebenso, doch unten OEONPONOZ AMOAARNIOY (Hunter). Apamea. Ebenso, doch oben vollständiger PVLCHER AP (F) IMP, unten der griechische Name unlesbar (Paris). über die Cistophoren. 571 199 Laodicea. Links AAO, oben AP PVLCHER AP F PRO COS, unten ANOAANNIOZ AAMOKPATOY INZIMOZ, rechts geflügelter Caduceus, in der Mitte der herkömmliche Typus mit dem links hinter dem Schlangenpaar hervorragenden Bogen (Paris, s. Taf. 1 28). M. TULLIUS CICERO, Jahr Roms 703— 704. 200 Apamea. Links ANA, oben M - CICERO PRO COS, unten OEONPO- MNOZ AMOAAQNIO(Y), rechts Doppelflöte, in der Mitte der herkömm- liche Typus mit dem links hinter dem Schlangenpaar hervorragenden Bogen (nach Dumersan). 201 Laodicea. Links AAO, oben M TVLL. IMP, unten AABAZ MYPPOY, rechts im Felde ist der geflügelte Caduceus nicht ausge- prägt, in der Mitte der herkömmliche Typus (Paris, s. Taf. I 29). Muthmafßslich um die Zeit, in welcher auch die macedonischen Tetra- drachmen des unbekannten Quästors Aesillas, unter Brutus und Cassius, geprägt sein sollen, sind die Cistophoren zu setzen, welche das Zeichen des (Juästors und ein Monogramm tragen, das verschieden gedeutet werden kann, z. B. Pinarius Natta, oder auf andere Weise. 202 Links Q, oben ‚A, rechts lange emporgerichtete brennende Fackel, ganz wie sie das Abzeichen von Ephesus bildet (Königl. Sammlung in Berlin, Allier de Hauteroche, Leake, Manussi dann Lambros). 203 Links Q, oben AA, rechts der von einer Schlange umwundene Thyr- sus, ganz wie er das Abzeichen von Pergamum bildet (Kaiserl. Sammlung in Wien, v. Prokesch, etc., s. Taf. I 30). Alle vorstehend verzeichnete Silbermünzen No. 1—203 sind, wo nicht ausdrücklich etwas anderes angemerkt ist, ganze Cistophoren, also Tetradrachmen des Cistophorensystems.. Halbe Cistophoren sind die Nummern 55 126 161—169, Viertel die Nummern 56 57 68 127 170 171. Hinzuzufügen ist No. 40°: N, Adler rechtshin (Bl. f. Münzk. II 9). Cecc? Pısver Qu u | [82] II. Über die kaiserlichen Silbermedaillons der römischen Provinz Asia. [Gelesen in der Gesammtsitzung der Akademie am 3. Mai und in der öffentlichen Sitzung am 18. October 1855.] | denjenigen antiken Münzen, welche in ihrer Aufschrift keinen Prägort nennen, und deshalb zu den unbestimmten gerechnet werden, bilden die sogenannten Silbermedaillons der ersten Kaiserzeit eine ansehn- liche Reihe. Solchen Stücken bleibt ihr Interesse gröfstentheils benommen, so lange sie nicht an ihrer geographischen und historischen Stelle im numis- matischen System eingefügt sind. So lange sie selbst keine Erläuterung erhal- ten, belehren sie auch nicht. Diese nummi incerti, welche man an den Schlufs der Sammlungen verweist, reizen aber die Forschung, ihnen Eigenschaften abzugewinnen, durch welche sie ihre Herkunft und nähere Bedeutung ver- rathen müssen. Die kaiserlichen Silbermedaillons, von welchen hier die Rede ist, tra- gen sämmtlich römische Aufschrift, finden sich aber nicht in Italien noch sonst in den westlichen Theilen der römischen Welt, sondern in Asien. Dafs sie dort geprägt sind, hat man wenigstens bei der Mehrzahl längst rich- tig erkannt; wiewohl Eckhel darüber nicht im Klaren ist, und sie meist nur als nummi extra urbem signati bezeichnet. Mionnet, welcher sie am Schlusse seines umfassenden Werkes unter den unbestimmten Münzen aufführt, unter- läfst selten hinzuzufügen: „medaillon frappe en Asie”. Leicht erkennt man auch dafs sie von anderen kaiserlichen Silbermünzen Asiens, wie den pon- tischen, kappadoeischen, syrischen, sich wesentlich unterscheiden. Vor- nehmlich aus ihrem Gewichte darf man schliefsen dafs sie zum System der Cistophoren gehören. Die Cistophoren, die in den Ländern zu Hause sind aus welchen die römische Provinz Asia gebildet wurde, nennen in früherer Zeit stets ihren Prägort. Sie haben anfangs nur griechische Aufschrift. Zu dieser über Silbermedaillons. 973 kommt dann unter der römischen Verwaltung noch eine lateinische Auf- schrift hinzu, und diese zweite Klasse von Cistophoren ist durch die Nennung der römischen Statthalter der Provinz besonders wichtig. Noch unmittelbar vor der pharsalischen Schlacht wurden solche Cistophoren zu Pergamum geprägt, auf welchen noch der griechische Name der Prägstadt, aber schon kein griechischer Magistrat mehr genannt ist, während der Name des Q. Me- tellus Pius Scipio imperator in römischer Weise die Umschrift bildet. In der nächstfolgenden Zeit nach der Prägung dieser Cistophoren er- scheint nun eine lange vom Triumvir Antonius bis auf Hadrian herabgehende Reihe von Silbermedaillons mit blofs lateinischer Aufschrift, welche keine Prägstadt nennen, und deshalb für nummi incerti gelten. Die ersten der- selben, aus der Zeit der Auflösung des Freistaates, zeigen noch einen Rest der Cistophorentypen, und können mit Sicherheit als eine dritte Klasse der Cistophoren bezeichnet werden. Aber während der Kaiserzeit haben sie keine Spur mehr von dem Schlangenpaar und der Cista mystica. Gleich- wohl lassen sie sich durch ihren kleinasiatischen Fundort, durch Localtypen der ehemaligen Cistophorenstädte, welche nunmehr die Mittelpunkte der römischen conventus iuridiei bildeten, namentlich aber durch das eigenthüm- liche Gewicht, welches sie mit den Cistophoren gemein haben, als eine Fort- setzung dieser Münzart, als meist denselben Prägstädten angehörig erkennen. Dazu kommt noch dies. Bei genauer Untersuchung zahlreicher Exemplare habe ich bemerkt dafs fast auf allen Silbermedaillons des Kaisers Hadrian ein Rest der alten überprägten Cistophorentypen und Inschriften durchscheint, wie die erste Schrift der codices rescripti; woraus man zu schliefsen hat dafs unter Hadrian die alten Cistophoren eingezogen aber nicht eingeschmolzen sondern umgeprägt worden sind('). Vorzüglich haben die Cistophoren des Antonius zu Schrötlingen unter Hadrian gedient. Diese Stücke liefern den materiellen Beweis für die Identität der Cistophoren und der kaiserlichen Silbermedaillons. Man kann diese uneigentlichen Cistophoren aus der Kai- serzeit als eine vierte Klasse dieser Münzart betrachten. (') Das Einziehen und Umprägen der Cistophoren unter Hadrian steht im Zusammen- hange mit einer Malsregel Trajans, welcher in seinen späteren Regierungsjahren die repu- blicanischen Denare einschmelzen und dafür die bekannten Restitutionsmünzen prägen liels (re FE vonsue mäv ro 2EiryAov ouveywveurev: Dio, Xiphil., 68 15. Borghesi Osservazioni numism., Dec. III Ossery. 9). 574 Pınver Um eine nähere Erforschung dieser Münzen beginnen zu können, handelt es sich nun zunächst darum das vollständige Material zu überblicken, was bei jeder Specialuntersuchung in der antiken Numismatik noch äufserst schwierig und ohne die eigene Durchsicht vieler Sammlungen nicht möglich ist. Das auf Vollständigkeit berechnete unentbehrliche Buch Mionnets, welches, mit Ausschlufs des eigentlich römischen 'Theils, in 16 Bänden etwa 50000 verschiedene Münzen des Alterthums umfafst, bleibt als das vor Jah- ren abgeschlossene Werk eines Einzelnen natürlich hinter dem Ziele zurück, welches nur vereinigte Kräfte durch Benutzung sämmtlicher zugänglicher Sammlungen erreichen könnten; auch im gegenwärtigen Falle enthält es nicht die Hälfte des Vorhandenen. Ein Corpus, welches die antiken Münzen mög- lichst vollständig gesammelt, kritisch gesichtet, systematisch geordnet be- schriebe, darstellte, erläuterte, wäre ein würdiges Unternehmen einer Akademie, wie die Corpora der Inschriften es sind. Ich habe die mir bekannt gewordenen kaiserlichen Silbermedaillons welche nach dem Cistophorensystem geprägt sind zusammengestellt. Sie sind nicht eben häufig, und man hat sie ganz vereinzelt in den Cabinetten aufzusu- chen('!). Es waren überhaupt nur 40 verschiedene Gepräge dieser Art in Mionnets oben erwähntem Werke beschrieben; jetzt liegen mir allein ausHadri- ans Regierung 56, im Ganzen aber 106 theils im Original, theils in Abdrücken vor, undich hoffe durch gegenwärtige Publication Anlals zu geben, dals bald von verschiedenen Seiten her die Reihen weiter vervollständigt werden. Diese Silbermedaillons sind geprägt für: Antonius, Augustus, Claudius, dessen Gemahlin Agrippina, Nero als Knabe unter der Regierung des Claudius, Titus, dessen Tochter Julia, (') Wenn meine Zusammenstellung vollständiger ist als eine frühere, so wird dies den Sammlern und den Vorstehern öffentlicher Sammlungen Deutschlands, Dänemarks, Englands, Frankreichs und Italiens verdankt, welche mir gestattet haben Abdrücke zu nehmen und zu publiciren. In der hiesigen Königlichen Sammlung waren, als ich sie übernahm, 4 Stücke dieser Art; seitdem ist es geglückt die Zahl derselben hier auf 47 zu bringen, über Silbermedaillons. 575 Domitian, dessen Gemahlin Domitia, Nerva, Trajan, Hadrian, dessen Gemahlin Sabina ('). Aufserdem kommen noch in beträchtlich späterer Zeit ein paar ähn- liche Stücke vor, dergleichen ich von Septimius Severus und Caracalla kenne. Es fällt auf, dafs in dieser Reihe zwei grofse Lücken sind, hinter Augustus und hinter Claudius. Denn es fehlt diese Münzklasse gänzlich unter Tiberius und Caligula (14—41 nach Chr.) und unter Nero, Galba, Otho, Vitellius und Vespasianus (54—79 nach Chr.). Näher betrachtet ist dies nicht zu verwundern, und man hat vielmehr nach dem Grunde zu suchen aus welchem unter einer Anzahl von Regierungen eine solche provinzielle & nach einheimischem Münzfufse habe Statt finden dürfen. Denn 5 Augustus hatte ausschliefslich römische Münze, Mafs und Gewicht im Prägun ganzen römischen Reiche eingeführt. Im ganzen Occident, in Hispanien, Gallien u. s. w. kommt auch wirklich seit August keine andere Silbermünze vor als der Denar. Aber in Asien und Aegypten liefs sich aus Gründen, welche Mommsen(?) deutlich entwickelt hat, das einheimische Geld nicht so leicht völlig ausschliefsen. Daher die Erlaubnifs zur Silberprägung vom Kaiser, und in nachaugusteischer Zeit von der höchsten Provinzialbehörde, nur für den einzelnen Fall, ertheilt wurde. In der Regel aber durften die zahlreichen Städte des Orients nur ihre kupferne Scheidemünze, für den städtischen Verkehr, selber prägen. Am leichtesten, scheint mir, konnte in der Provinz Asia der Cisto- phorus beibehalten werden, weil derselbe hier schon in der langen römischen Verwaltung seit 133 vor Chr. gegolten hatte und unter römischer Auctorität geprägt worden war, weil die Beamten in Rom selbst danach rechneten so dafs z. B. die Quaestores urbani eine Geldsumme an Quintus Cicero in Cisto- (!) Vespasians Gemahlin Domitilla in obige Reihe aufzunehmen habe ich nicht gewagt; der mir bekannte Silbermedaillon derselben ist mit dem Grabstichel bearbeitet und gleicht übrigens dem der Domitia. (?) Über den Verfall des röm. Münzwesens, in den Berichten der Ges. d. Wiss. zu Leipzig, philol.. histor. Classe Bd. 3 S. 194. 576 Pınvder phoren anstatt in Denaren auszahlen wollten, namentlich aber weil das Ver- hältnifs des Cistophorus zum Denar ein sehr einfaches war. Wie in der vorigen Abhandlung dargelegt worden ist, war der Cistophorus die Tetra- drachme eines Talentes welches drei Viertel des attischen Talentes enthielt, also ein Stück von drei attischen Drachmen. Die Drachme ging im Ver- laufe der Zeit herunter und wurde dem römischen Denar gleich gerechnet. Drei Denare, das heifst zur Zeit der ersten römischen Kaiser } des römi- schen Pfundes von 327,45 Grammen, sind 11,7 Gramme. Als dann bald un- ter den Kaisern der Denar auf 4 des Pfundes heruntergegangen war, mufsten 3 Denare 10,2 Gramme wiegen. Dieses Gewicht haben richtig, oft reichlich, die kaiserlichen Silberstücke der Provinz Asien, immer dem etwas schwan- kenden Gewichte der Denare entsprechend. Da sie auch ungefähr gleich reines Metall mit den römischen Denaren haben, so ist ihr Werth wie ihr Gewicht 3 Denaren gleich, und bei diesem einfachen Verhältnifs konnte man sie leicht in der Provinz Asien neben der Staatsmünze zulassen, mit welcher sie auch die römische Aufschrift gemein haben, während ihre Prägstädte, die sich auf ihnen nicht nennen, ihre städtische Kupfermünze mit grie- chischer Aufschrift versahen. Bei einem etwa niedrigeren Legalcurs hätte man sie nicht ohne grofsen Verlust ferner prägen können (vgl. S. 554 Anm. 2). Dafs sich unter Hadrian die Silberprägung nach dem Cistophoren- system selbst noch über die Grenzen der Provinz Asia ausdehnte erkennt man aus einigen Silbermedaillons der bithynischen Hauptstadt Nicomedia. Es drängt sich die Bemerkung auf, dafs eine Vereinfachung der asia- tischen Geldverhältnisse aus folgendem Umstande hervorging. Durch Heron und Pollux wissen wir dafs das andere in Asien vorzüglich verbreitete Sil- berstück der Kaiserzeit, die antiochische Tetradrachme Syriens, welche einen starken Zusatz unedlen Metalles hat, bei einem Gewichte von 4 De- naren eine Geltung von 3 Denaren hatte('!). Folglich galten diese beiden kaiserlichen Silbermünzen Asiens, der kaiserliche Cistophorus Kleinasiens und die kaiserliche Tetradrachme Syriens, einander ganz gleich; beide waren vom Werthe dreier römischer Denare. Noch ist eines eigenthümlichen Umstandes zu gedenken. Die oben erwähnte Lücke zwischen Claudius und Titus (34—79 nach Chr.) wird in (') DBöckh, Metrol. Unters. 71. 149. Mommsen, Verfall des römischen Münzwesens 197. über Silbermedaillons. 577 gewisser Weise gefüllt durch Silbergepräge anderer Art, die ebenfalls aus der Provinz Asia herrühren. Es sind Silbermünzen Neros und Vespasi- ans die das lateinische Monogramm der ehemaligen Cistophorenprägstadt Ephesus, EPE, tragen. Einige Beispiele sind auf Taf. II 13—18 zusam- mengestellt. Unter Nero giebt es solche Drachmen und Didrachmen, welche wie die proconsularischen Cistophoren lateinische und griechische Aufschrift verbinden, nur dafs jetzt gerade der Stadtname, der sonst griechisch war, lateinisch zrm= geschrieben ist, hingegen der römische Kaisername griechisch, NEPQNOZ KAITAPOZ ZEBATZTOY. Auf der Rückseite, wo der Stadt- name zur steht, ist auf diesen Münzen der Werth APAXMH oder Al- APAXMON hinzugefügt, und dieser Angabe entsprechend haben sie das einfache und das doppelte Denar- oder Drachmengewicht jener Zeit(!). Denselben Namen der Prägstadt rer: tragen Denare (oder wenn man sie so nennen will Drachmen) aus dem Anfang der Regierung Vespasians mit dem Kopfe dieses Kaisers so wie auch seiner Söhne Titus und Domitian. Diese Denare haben rein lateinische Aufschrift wie die kaiserlichen Silber- medaillons der Provinz Asia, von welchen sie ein Drittel wiegen (°). (') Mehrere Münzen dieser Art bei Mionnet Suppl. VI 128. Bei Pembroke III 18 APAXMH 3,3 Gramme, AIAPAXMON 7,3 Gramme; bei Eckhel D. N. VI 279 AIAPATMON von ungefähr demselben Gewicht in Wien. (°) Einige ähnliche Denare haben nicht das lateinische erme, sondern statt dessen &; da sie sonst den andern völlig gleichen, so theilt man sie auch Ephesus zu, ohne eine sichere Erklärung. dieses liegenden griechischen Buchstabens ® zu wissen. Eine Deutung auf eine andere Prägstadt der Provinz Asia bietet sich nicht dar. Eine Beziehung auf die Flavier, auf deren Münzen allein dieses liegende ® erscheint, bedürfte eines Beweises. — Aber auch ein Monogramm aus ® und A oder aus ® und Y findet sich auf diesen Münzen, z. B. auf zwei Exemplaren des folgenden Silberdenars der Königlichen Sammlung: IMP CAESAR VESPAS AVG COS I TR P P P Lorbeergekränzter Kopf Vespasians rechtshin, Rücks. PACI AVGVSTAE Victoria linkshin schwebend, in der Rechten Kranz, in der Linken Palmzweig, links unten vor ihren Fülsen &. Auch besitzt die Königliche Sammlung von frühester Zeit her den folgenden bemerkenswerthen Aureus: IMP CAESAR VESPAS AVG COS I TR PP P Lorbeergekränzter Kopf Vespasians rechtshin, Rücks.. CONCORDIA AVG Linkshin thronende weibliche Gestalt mit Füllhorn in der Linken und Ähren und Mohnhaupt in der Rechten, im Abschnitt 9%. Das Gewicht ist das gewöhnliche von 7,3 Grammen. — Für eine weitere Untersuchung, welche diese Münzen noch verdienen (wobei vorzüglich auch auf die Unterschiede der Consulatsjahre zu achten ist), hat man auch Denare wie die folgenden beiden, die sich in der Königlichen Sammlung finden, zu be- Philos. - histor. Kl. 1855. Dddd 578 PıspveEer Man kann nicht umhin diese Silberprägung, welche weder früher noch später vorkommt, und gerade in die Lücke zwischen die Prägung der Silbermedaillons hineinfällt, zu diesen in eine Beziehung zu setzen. Die eine dieser Prägweisen tritt in die Stelle der anderen. Unter Claudius prägte man in der Provinz Asien die seit den ursprünglichen Cistophoren dort ge- bräuchlichen Stücke von drei attischen Drachmen oder Denaren, unter Nero Stücke von zwei Drachmen und von einer Drachme, unter Vespasian sol- che von einer Drachme oder einem Denar, unter Titus trat dann wieder die alte Sitte der Dreidrachmen- oder Dreidenarstücke ein und dauerte bis in die Regierung Hadrians fort. Es folgt nun die Beschreibung einer Reihe von Silbermünzen welche in Asien seit Antonius nach dem System der Cistophoren geprägt worden sind. M. ANTONIUS. 1 M- ANTONIVS - IMP - COS -DESIG: | I11-VIR R-P-C Kopf der Octavia rechts- ITER ET: TERT Kopf desM. An- | hin auf der Cista mystica zwischen tonius mit Epheu bekränzt rechtshin, | zwei verschlungenen und sich em- darunter Augurstab, umher Epheu- | porrichtenden Schlangen. kranz. Königl. Sammlung: 11,775 11,645 11,54 11,375 Gramme. Taf. II 1. rücksichtigen: IMP CAESAR VESPAS AVG COS V TR P P P Lorbeergekränzter Kopf Vespasians rechtshin, Rücks. CONCORDIA AVG Concordia linkshin thronend, im Abschnitt * ; und dieselbe Vorderseite, ebenfalls aus dem fünften Consulat, Rücks. PACI AVGVSTAE Victoria rechtshin, unten *. Hinsichtlich des Stils gleichen sie vollkommen denselben Ge- prägen aus einem früheren Consulatsjahre Vespasians mit der Aufschrift rrme. — Alle mir vorliegende Exemplare dieser Art von Denaren, mit der Concordia, mit der Vietoria, mit dem Kopf der Pax, mit AVG im Kranze, mit den liberis imperatoris, haben folgendes ge- meinsam, wozu möglicher Weise andere Exemplare nicht stimmen mögen: & und keine Angabe des Consulats, % oder & und COS II, rrnE und COS IH, * und COS V. Auch dieselben Gepräge von Titus und Domitian passen hiezu, z. B. aus Vespasians fünf tem Consulat (74 n. Chr.) IMP T CAESAR COS III Lorbeergekr. Kopf des Titus rechts- hin in fremdem Stil, Rücks. PACIAVGVSTAE Victoria rechthin, unten *. Dagegen bemerke ich dafs Eckhel die Aufschrift erıe dem 2., 3. und 4. Consulat Vespasians zuschreibt. — Endlich ist noch, bei Gelegenheit dieser Münzen der ehemaligen Cistophorenprägstadt Ephesus, zu er- wähnen dafs ebenfalls unter Vespasians Regierung dessen Sohn Titus im Jahr 75 nach Chr. den ehemaligen Cistophorentypus Octavians, Victoria auf der Cista mystica zwischen dem verschlungenen Schlangenpaar stehend, auf Golddenaren wiederholte (s. Taf. I 5). über Silbermedaillons. 979 2 M-ANTONIVS-IMP-COS-DESIG- | II - VIR:R- P-C- Bacchus mit ITER-ET-TERT- Kopf des Antonius | Kantharus in der Rechten und Thyr- mit Epheu bekränzt rechtshin, und, | sus in der Linken linkshin stehend halb von ihm verdeckt, der Kopf der | auf der Cista mystica zwischen zwei Octavia in gleicher Richtung. verschlungenen und sich emporrich- tenden Schlangen. Königl. Sammlung: 11,865 11,732 11,62 10,81 Grm. Taf. I 2. Eine angebliche dritte Art von Cistophoren des M. Antonius, welche noch in den neuesten Ausgaben der Werke sowohl von Riccio als von Mionnet angeführt wird, ist mir gleich- wohl in keinem wirklich vorhandenen Exemplar bekannt. Nach Rieccio’s Abbildung (Tav. L no. 1) wäre die Vorderseite gleich der oben unter No. 1 beschriebenen, doch ohne Au- gurstab; die Rückseite wäre die der gewöhnlichen Cistophoren, nämlich Köcher zwischen den aufgerichteten Schlangen, ohne Aufschrift, rechts als Beizeichen ein Caduceus, links ein Dreizack. Statt dieses Dreizacks zeigen frühere Abbildungen das Monogramm von Perga- mum; so bei Panel de cistophoris p. 69, wo in der Beschreibung noch die Aufschrift der Rückseite IIVIR R P C hinzugefügt ist. Riccio, le monete delle antiche famiglie di Roma, II° ediz., p. 20, legt dieser angeblichen dritten Art von Cistophoren des Antonius keinen höheren Grad von Seltenheit, keinen höheren Preis, als den beiden anderen Arten bei. Mionnet, Med. Rom. T. I p. 92, schätzt sogar diesen angeblichen Cistophorus des Anto- nius nicht einmal ebenso hoch wie einen der beiden bekannten (No. 2). Bei Joh. Jac. Gefsner, numismata antiqua imperatorum Rom. Tab. X no. 37, wird der nach Panel und Morel dargestellte angebliche Cistophorus des Antonius wenigstens für seltener als die bei- den anderen Arten ausgegeben. Ich will nicht unerwähnt lassen dafs ein geschätzter Münz- händler in Rom mir mündlich mittheilte, er habe ein Exemplar dieses Cistophorus gehabt und an eine ausgezeichnete Sammlung in Neapel überlassen. Bei Patin Famil. p. 23 ist von einem vorliegenden bedenklichen Exemplar die Rede. OCTAVIANUS, seit dem Jahre 27 vor Chr. AUGUSTUS. 3 CAESAR IMP -VIl Unbekränzter | ASIA RECEPTA Vietoria mit Kranz Kopf des Octavianus rechtshin. und Palmzweig linkshin stehend auf der Cista mystica zwischen zwei ver- schlungenen und sich emporrichten- den Schlangen. Halbe Cistophorendrachme. Königl. Sammlung: 1,52 1,41 1,39 Grm. Taf. II 3. 4 IMP » CAESAR DIVI - F : COS- | PAX Die Friedensgöttin linkshin VI - LIBERTATIS - P - R- VINDEX: stehend auf einer liegenden verlö- Lorbeergekränzter Kopf ÖOctavians schenden Fackel, mit dem Caduceus rechtshin. ‚in der Rechten; zu ihrer Linken im Dddd2 580 Pınder Felde die Cista mystica aus welcher eine Schlange sich erhebt; umher Lorbeerkranz. Königl. Sammlung: 11,14 Grm. Taf. I 4. 5 AMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Steinbock mit dem Kopf des Augustus rechtshin. Die | Füllhorn rechthin; umher Lorbeer- Inschrift steht unter dem Kopfe. kranz. Königl. Sammlung: 11,94 Grm.; 11,92 Grm.: Taf. I 6. Ebenso Paris; British Museum etc. Mit der Inschrift der Vorderseite hinter dem Kopfe bei Herrn Will. Webster in London; vergl. No. 6. 6 IMP » CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Steinbock mit dem Kopf des Augustus rechtshin, davor | Füllhorn rechtshin, von schlanker Augurstab, die Inschrift links hinter | Form; umher Lorbeerkranz. dem Kopfe. British Museum: Taf. II 7. 7 AMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Steinbock mit Füll- Kopf des Augustus linkshin, davor | horn rechtshin, von schlanker Form; Augurstab, die Inschrift rechts hinter | umher Lorbeerkranz. dem Kopfe. Königl. Sammlung: 12,11 Grm. Taf. II 8. S IMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Weibliche Sphinx Kopf des Augustus rechtshin, die In- | rechtshin sitzend. schrift hinter dem Kopfe. Inschrift der Kopfseite von oben nach unten, die Sphinx mit dreifacher Federreihe am Flü- gel, in der Fontana’schen Sammlung zu Triest: Taf. II 9. — Inschrift von unten nach oben, zweifache Federreihe, Paris; British Museum: Taf. II 11. 9 1MP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Weibliche Sphinx Kopf des Augustus rechtshin, davor | rechtshin sitzend. Augurstab, die Inschrift hinter dem Kopfe. Königl. Sammlung: 12,155 Grm. Taf. II 10. Die Sphinx ist nach diesem Exemplar abge- bildet; der Kopf gleicht völlig dem unter No. 6 beschriebenen. 10 IMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Ein mit Blumenge- Kopf des Augustus rechtshin, die In- | winden und Bändern geschmückter schrift unter dem Kopfe. Altar, an welchem zwei einander über Silbermedaillons. 581 zugewendete Hindinnen dargestellt sind. Königl. Sammlung: 11,25 12,15 Grm.: Taf. II 12. Ebenso Paris; British Museum. 11 1IMP » CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Ein Bündel von sechs Kopf des Augustus rechtshin. vollen Aehren. Mit der Inschrift der Vorderseite unter dem Kopfe, Königl. Sammlung: 11,4 Grm. Taf. III 1. Ebenso Paris; British Museum. — Inschrift hinter dem Kopfe, Königl. Sammlung: 11,91 Grm. Taf. IT 2. Ebenso Bologna; British Museum. 12 IMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Ein Bündel von sechs Kopf des Augustus rechtshin, davor | vollen Aehren. Augurstab, die Inschrift hinter dem Kopfe. Bei Beger Thes. Brand. TI 606 abgebildet. Paris. Taf. II 3. 13 IMP - CAESAR Unbekränzter | AVGVSTVS Ein Bündel von sechs Kopf des Augustus linkshin, davor | vollen Aehren. Augurstab. | Sabatier Catal. St. Pötersb. 1852 No. 778, London 1853 No. 223, Icon. S. I 24. Ich habe kein Exemplar gesehen; es ist eine Verbindung der Rückseite Taf. II 3 mit der Vor- derseite Taf. II 8. 14 IMP- IX: TR: PO :V Unbe- | Quadriga auf einem Triumphbo- kränzter Kopf des Augustus rechts- | gen, dessen Pfeiler durch zwei Le- hin; die Inschrift unter dem Kopfe. | gionsadler geschmückt sind, und an dessen Fries steht IMP-IX-TR POT V, darunter $P-R- SIGNIS RECEPTIS. Königl. Sammlung: 10,39 Grm. Paris; British Museum: Taf. IV 1. Mit PO statt POT am Triumphbogen, in Paris: Taf. IV 2. — Die Angabe SPOQR, statt SPR, bei Mionnet M£d. Rom. I p. 100 und anderwärts beruht auf Irrthum. 15 IMP - IX- TR- PO-V Unbe- | MART VLTO Runder Tempel kränzter Kopf des Augustus rechts- | des Mars Ultor mit vier Säulen, in hin; die Inschrift unter dem Kopfe. | der Mitte desselben ein Feldzeichen. Königl. Sammlung: 11,66 Grm. Paris; British Museum: Taf. IV 3. — Mionnet führt im römischen Werke (I p. 100), aber nicht im griechischen, unter den Silbermedaillons des Augustus auch die Rückseite an MARS VLT Mars in einem Tempel; und bei Vaillant (II p- 33) wird dem Denar MART VLTO Mars in einem runden Tempel auch Ar. max. mod. hinzugefügt. Ebenso verzeichnet Mionnet nur im römischen Werke (ebenda) unter den Me- daillons die Rückseite S PQ R SIGNIS RECEPTIS Mars zwei Feldzeichen haltend; und bei Vaillant (II p. 34) findet sich dem bekannten Denar mit dieser Rückseite hinzugefügt max. 582 Pınper mod. rariss. et elegantiss. Morel Tab. XII no. 10 hat den Medaillon CAESAR AV- GVSTVS Unbekränzter Kopf des Augustus rechtshin; Rücks. SIGNIS RECPETIS Behelmter Mars linkshin schreitend und zurückblickend, in der Rechten Legionsadler, in der Linken ein Feldzeichen. Der Zusatz „Goltzius quamvis minori modulo” ist eine schlechte Beglaubigung. 16 IMP-IX- TR-PO -V Unbe- | COM ASIAE Sechssäuliger Tem- kränzter Kopf des Augustus rechts- | pel; am Fries desselben ROM - ET- hin; die Inschrift unter dem Kopfe. | AVGVST. Königl. Sammlung: 12,17 Grm. Taf. IV 4. Oft liest man nur ‚COM ASIA, indem der letzte Buchstab nicht mit ausgeprägt ist, wie auf dem von Mionnet beschriebenen Pariser Exemplare. Im British Museum COM ASIAE, was bei Campana no. 1209 publicirt war. Kleine Unterscheidungszeichen der Stempel sind z. B. in der Mitte des Tempels ein Punkt, oder drei Punkte, oder ein Strich. Die Münze gehört in die Jahre 735 736 Roms. Hin- gegen würden die Jahre 734 735 bezeichnet sein durch TR PO- IV auf der Abbildung einer sonst gleichen Münze bei Sabatier, Iconographie II 23, doch wird in dem später er- schienenen Katalog der Sammlung vielmehr TR’ POT- V gelesen. Einen runden Tempel statt des sechssäuligen beschreibt Mionnet auf einem Medaillon (auch mit TR’ POT- V) nur im römischen Werke (I 100), nicht im griechischen. Auf keiner besseren Auctorität scheint der Medaillon zu beruhen, dessen Rückseite Mionnet auch nur im römischen Werke (I 100) aufführt: FORT. RED. CAES. AVG. S. P. Q. R. Altar. Bei Vaillant II p. 30 wird zu eben dieser Rückseite des gewöhnlichen Denars hinzugefügt „sed m. m. inter rarissimos adscribitur”. Abgebildet bei Morel, August tab. XIII 7 (der Kopf mit Eichenkranz linkshin ohne Aufschrift) nach Goltz, der das Stück aber nur klein darstellt. „Sed tamen J. Valens in rarioribus argenteis p. 36 eum max. mod. rarissimis adscribit” fügt der Text hinzu. Auch die Rückseite „C. CAES. AVG. F Gaius Caesar zu Pferd und drei Feld- zeichen” führt Mionnet nur im römischen Werke (I p. 100) unter den Medaillons von asiatischem Gepräge auf; der ähnliche Denar ist bekannt. Ein Medaillon mit Kopf und Inschrift des Augustus, unter Hadrian geprägt (Taf. VIII 15), wird unten No. 103 beschrieben. Aus den Regierungen von Tiberius und Caligula sind keine zu dieser Klasse ge- hörenden Münzen bekannt. Ein in der Kaiserlichen Sammlung in Wien befindlicher gröfserer Sılbermedaillon des Tiberius, — TI CAESAR DIVI AVG FAVGVSTVS IMP VII P M Unbekränzter Kopf des Tiberius rechtshin, Rücks. DIVVS AVG IMPER OCTAVIA Die einander anschauenden Köpfe des Augustus und seiner Schwester Octavia, über ersterem, der rechts steht, Sonne, über letzterem Mond, — gehört nicht in die Reihe der Cistophoren. Das Gewicht dieses Medaillons, der in Italien durch den florentinischen Bibliothekar Du-Val angekauft wurde, beträgt 233 Gräne. Vgl. auch Mus. Lefroyan. p. 47. CLAUDIUS. 17 TI CLAVD CAES -AVG Un-! COM ASI Zweisäuliger Tempel bekränzter Kopf des Claudius links- | mit der Aufschrift ROM ET AVG, hin. darin steht der Kaiser mit der Lanze über Silbermedaillons. 383 in der Rechten, und neben ihm zu seiner Linken eine weibliche Figur die ihn mit der Rechten bekränzt und in der Linken ein Füllhorn hält. Königl. Sammlung: 9,15 10,48 10,65 Grm.: Taf. IV 5. Paris; British Museum. 18 TI CLAVD CAES -AVG Un- | DIAN EPHE Viersäuliger Tempel, bekränzter Kopf des Claudius rechts- | in dessen Mitte das Standbild der hin. ephesischen Diana. Königl. Sammlung: 9,98 Grm. Paris; British Museum: Taf. V 6. — Bei Thomas p. 16 no. 101 DIANA EPHE; bei Mionnet Med. Rom. I p. 129 DIAN EPHESIA, was erst der Bestätigung bedarf. — Mionnet führt auch nur im römischen Werke, ebenda, unter Claudius die Rückseite auf DIAN EPHE Standbild der ephesischen Diana. Bei Vaillant II 54 steht diese Rückseite unter Claudius (mit DIAN EPHES), aber ohne Angabe der Vor- derseite, welche also den bekannten Typus der beiden Köpfe von Claudius und Agrippina haben kann. Ein etwas kleinerer Silbermedaillon: TI CLAVD CAESAR AVG GERM PM TR P Lorbeergekränzter Kopf des Claudius linkshin, Rücks. DE BRITANNIS Der Kaiser mit dem Scepter in der Linken in einem Triumphwagen mit vier Pferden rechtshin fahrend, — wovon zwei Exemplare sich im British Museum befinden, gehört sicher nicht in die Reihe der Cistophoren. CLAUDIUS und AGRIPPINA. 19 TI CLAVD - CAESAR -: AVG : P- | AGRIPPINA - AVGVSTA - CAESARIS: M-TR-P-X-IMP-XlIX Lorbeerge- | AVG Kopf der Agrippina rechtshin. kränzter Kopf des Claudius rechtshin. | Königl. Sammlung: 10,725 Grm. Taf. VI 1. Paris; British Museum. 20 TICLAVD:-CAES: AVG-AGRIPP: | DIANA EPHESIA Das Standbild der AVGVSTA Die vereinigten linkshin | Diana von Ephesus. gewendeten Köpfe des Claudius und der Agrippina, beide mit Lorbeer gekränzt. Königl. Sammlung: 10,55 Grm. München; Wien; British Museum: Taf. V 1. Von Agrippina wird noch folgender Silbermedaillon angeführt: AGRIPPINA-AVGVSTA -CAESARIS-AVG | DIAN EPHE Die Ephesische Diana in einem Kopf der Agrippina. viersäuligen Tempel. Mionnet Med. Rom. I p. 132, aber nicht in dessen Katalog griechischer Münzen. Es ist eine Verbindung des Kopfes Taf. VI 1 und der Rückseite Taf. V 6. Ich habe einen sol- chen Medaillon nirgends gesehen; er bedarf erst der Beglaubigung. 584 Pınver NERO als Knabe, unter Claudius. 21 NERONI- CLAVD- CAES: DRVSO- | COS DES | PRINC | IVVENT in drei GERM Jugendliches Brustbild Neros | Zeilen geschrieben auf einem runden linkshin. Schilde innerhalb eines Lorbeer- kranzes. British Museum aus der Sammlung von Borrell no. 592: Taf. VI 2. Ein Gepräge Vespasians mit der Strahlenkrone scheint nicht in diese Reihe zu gehören. Von Vespasian führt Mionnet (Med. Rom. I p. 151) nach Vaillants Vorgang (II p. 85) als Silbermedaillon an: DIANA EPHESIA Standbild der Diana von Ephesus. In seinem Werke über griechische Münzen hat Mionnet diese Münze nicht, welche mir auch nicht zur näheren Beurtheilung vorliegt; so wenig als der von Mionnet (Med. Rom. I p. 156) beschriebene Silbermedaillon von Vespasians Gemahlin Fl. Domitilla mit der Rückseite PIETAS AVGVSTA Sitzende Frau. Es ist kein Anzeichen da dals dieses Stück zu unserer Münzklasse gehöre. Eckhel der, wie auch Vaillant (II p. 95), ein solches Ge- präge auf Münzen der Domitilla von gewöhnlicher Grölse aufführt, sagt (D. N. VI p. 349) commatis peregrini non exstant nisi Alexandrini. Das British Museum besitzt folgenden Silbermedaillon der Domitilla: DOMITILLA ...... Kopf der Domitilla | (VENVS) AVG Venus halbbekleidet, rechts- rechtshin. hin stehend, mit dem linken Arm auf eine Säule gestützt, hält in der Rechten einen Helm, in der Linken eine Lanze. Da Kopf und Buchstaben bearbeitet scheinen, ein anderes Exemplar mir aber nicht vorliegt, so glaube ich nicht, diesen Medaillon, der sich leicht aus einem ganz ähnlichen der Domitia machen läfst, mit Sicherheit in diese Reihen aufnehmen zu können. Vgl. no. 33. TITUS. 22 IMP TITVS CAES VESPASIAN |, Legionsadler zwischen zwei Feld- AVG P M Lorbeergekränzter Kopt | zeichen. des Titus rechtshin. British Museum: Taf. VI 9. Apostolo Zeno; Mus. Lefroyanum, Livorno, p. 49; Borrell no. 594. Über einen von Mionnet (Med. Rom. I p. 158) angeführten Silbermedaillon des Titus mit der Rückseite PRINCIP IVVENTVTIS Der Kaiser zu Pferd, habe ich keine nähere Kenntnils. Eine solche Rückseite eines Silbermedaillons wird auch bei Domitian an- geführt; s. unten nach no. 30. JULIA, des Titus Tochter. 33 IVMLIA AVGVSTA DIVI TITI F | VESTA Vesta linkshin sitzend und Kopf der Julia rechtshin. auf der ausgestreckten Rechten das über Silbermedaillons. Königl. Sammlung: 10,2 Grm.: Taf. VI 6. 585 | Palladium, in der Linken das Scep- | ter haltend. Paris; British Museum. Das Exemplar von Borrell No. 595 hat IVLIA AVGSTA TITI DIVI F. DOMITIANUS. 24 CAES DIVI F DOMITIANVS cos vu Lorbeergekränzter Kopf Domitians rechtshin. Königl. Sammlung, subaerat: 7,21 Grm. 25 IMP CAES DOMITIANVS Lor- beergekränzter Kopf Domitiansrechts- hin. München: 26 IMP CAES DOMITIAN AVG P M COS Vi Lorbeergekränzter Kopf Domitians rechtshin. Königl. Sammlung: 10,355 Grm. 27 IMP CAESAR DOMITIANVS AVG Lorbeergekränzter Kopf Do- mitians rechtshin. DIVO VESP Altar. München; Paris; British Museum: Taf. VI 8. Zweisäuliger Tempel mit der Auf- schrift ROM ET AVG, in demselben steht der Kaiser mit der Lanze in der | Rechten, neben ihm zu seiner Linken eine weibliche Figur die ihn mit der Rechten bekränzt und in der Linken ein Füllhorn hält. Im Abschnitt G. IIaRFVeIO: CAPIT RESTIT Der capitolini- sche Juppitertempel mit vier Säulen; in der Mitte thront Juppiter, zu seiner Rechten steht Pallas, zu seiner Lin- ken Juno; über dem geschmückten Giebel erhebt sich eine Quadriga etc. Paris; British Museum: Taf. VI 7. Legionsadler zwischen zwei ande- ren Feldzeichen. Paris: Taf. VI 10. 238 IMP CAES DOMITIAN AVG P M COS VII Lorbeergekränzter Kopf Domitians rechtshin. Sabatier Iconogr. X 29 1IMP CAES DOMITIAN AVG P M COS VIll Lorbeergekränzter Kopf Domitians rechtshin. Königl. Sammlung: 10,627 Philos.- histor. Kl. 1855. Legionsadler zwischen zwei ande- ren Feldzeichen. IX 3... VE: Legionsadler zwischen zwei ande- ren Feldzeichen. Paris. Eeee Grm.: Taf. VI 12. 886 Pısver 30 IMP CAES DOMIT AVG GERM | COS XVII CENS PPP_ Legions- PM TR P XIlll IMP XXIl Lorbeer- | adler zwischen zwei anderen Feld- gekränzter Kopf Domitians rechtshin. | zeichen. Königl. Sammlung: 9,505 Grm.: Taf. VI 13. — Bei einem Exemplar der Königl. Sammlung in München steht unter dem Legionsadler G, s. Taf. VI 13°. Ebenso auf einem verletzten Exemplar des British Museum. Mionnet führt in dem römischen Werke, I 165, die Rückseiten zweier Silberme- daillons von Domitian auf, von welchen mir kein Exemplar zu näherer Beurtheilung vorliegt, und welche, wenn sie auch richtig beschrieben sind, vielleicht nicht in diese Reihe gehören. 4, Ohne Aufschrift: Viersäuliger Tempel. 2, PRINCIP IVVENTVT Der Kaiser zu Pferde. Vaillant II 107 hat ausführlicher CAES DIVI F DOMITIANVS COS VII Lorbeergekränzter Kopf Domitians; Rücks. PRINC IVVENTVT Domitian mit der Toga bekleidet, rechtshin reitend, mit ausgestreckter Rechten, in der Linken die kurze Lanze; aus der Sammlung des Abbe de Rothelin. Die Abbildung bei Morel Tab. VIII no. 1 zeigt einige Abweichungen: es steht IVVEN- TVTIS, der Reiter hält in der Linken einen Legionsadler, er ist linkshin reitend dar- gestellt, während in der Beschreibung, wie bei Vaillant, steht rechtshin. Ein Silbermedaillon Domitians, welcher das doppelte Cistophorengewicht haben soll, ist publicirt und abgebildet in Dichiarazione di un’ antico medaglione dell’ imperatore Domi- ziano posseduto dal Signor cayaliere Artaud letta nell’ adunanza del 20 Aprile 1826 dal dottore Alessandro Visconti, in den Dissertazioni del’ Accademia Romana d’Archeologia, Tomo 3, Roma 1829 4°, p. 121 ff. Der Medaillon ist in der Gegend von Rom gefunden, wird aber vom Verfasser Kleinasien zugeschrieben, und zwar Ephesus. Die Beschreibung ist: IMP- CAES: DOMIT- AVG: GERM: P- M: TR: POT V Lorbeergekränzter Kopf Domitians rechtshin; Rücks. IMP VIII COS XI CENS POT P P Pallas linkshin thronend, auf der ausgestreckten Rechten eine links gewendete Victoria, in der Linken die Hasta hal- tend, den linken Arm auf ein rundes Schild gelehnt an welchem zwei Tempel über vier kleinen Figuren dargestellt sind; das Schild ruht auf einem Gefangenen, der linkshin auf dem Vordertheile eines Schiffes sitzt. Gröfse 9, der Mionnet’schen Scala. Dafs dieser Medaillon in einer Beziehung zu den Cistophoren stehe, wage ich nicht zu behaupten. DOMITIANUS und DOMITIA. 31 IMP CAESAR DOMITIANVS | DOMIT DOMITIAN AVG PM COS AVG Lorbeergekränzter Kopf Do- Vill) Kopf der Domitia rechtshin. mitians rechtshin. | Paris: Taf. VI 3. Ein niedrigeres Consulat als das siebente ist nicht möglich, da Domitian in demselben erst Augustus und Pontifex Maximus wurde. In seinem achten Consulat er- hielt Domitia den Titel Augusta, den sie hier noch nicht trägt; doch kann das Gepräge auch vom Anfang des achten Consulates sein. über Silbermedaillons. 987 32 IMP CAES DOMITIAN AVG P | DOMITIA AVGVSTA Kopfder Do- M cos vın Lorbeergekränzter | mitia rechtshin. Kopf Domitians rechtshin. Königl. Sammlung: 10,575 Grm.: Taf. VI 4. British Museum. DOMITIA. 33 DOMITIA AVGVSTA Kopfder | VENVS AVG Venus halbbekleidet Domitia rechtshin. rechtshin stehend, mit dem linken Arm auf eine Säule gestützt, hält in der Rechten einen Helm, in der Lin- ken eine Lanze. Wien; Paris; British Museum: Taf. VI 5. — Mionnet M£d. Rom. I 170 führt von Domi- tia noch einen Silbermedaillon auf: „Sine epigr. Bel &difice”, der mir nicht zur näheren Beurtheilung vorliegt. NERVA. 34 IMP NERVA CAES AVG P M | COMASI Zweisäuliger Tempelmit TR POT P P COS Ill Lorbeerge- | der Aufschrift ROMAET AVG, in kränzter Kopf Nervas rechtshin. demselben steht der Kaiser mit der Lanze in der Rechten, neben ihm zu seiner Linken eine weibliche Figur ' die ihn mit der Rechten bekränzt und | in der Linken ein Füllhorn hält. Paris; British Museum: Taf. IV 7. — Desgleichen, aber nur eine weibliche Figur im Tem- pel, bei Mionnet Med. Rom. 1173, ist vielleicht milsverstandene Abkürzung von Vaillant II 113. 35 IMP NERVA CAES P M TR|COS Ill Bildaifs der Diana von POT P P_Lorbeergekränzter Kopf | Perga in einem zweisäuligen Tem- Nervas rechtshin. pel, an dessen Fries steht DIANA PERG. British Museum; Paris: 10,13 Grm. Taf. V 11. — Statt PERG liest Eckhel D. N. VI 410 nach Vaillant PERGENSIS, was ich nicht bestätigen kann. 36 Ebenso. Ebenso, aber ohne Aufschrift am Fries, und mit eimem Adler im Giebel. British Museum: Taf. V 12. Eeee2 588 Pınver 37 IMP NERVA CAES AVG P M | COS Ill Ein Bündel von sechs vol- TR POT P P_ Lorbeergekränzter | len Ähren. Kopf Nervas rechtshin. Königl. Sammlung: 9,745 Grm. Taf. II 4. British Museum. — Auch mit der Aufschrift der Rückseite COS I bei Vaillant IT 113 nnd Mionnet Med. Rom. I 173, welcher be- schreibt: ‚„‚modius plein d’epis”; wovon mir kein Exemplar vorliegt. 38 IMP NERVA CAES AVG GERM | COS Ill Ein Bündel mit sechs vol- PM TR POT P P Lorbeerge- | len Ähren. kränzter Kopf Nervas rechtshin. Wien; British Museum aus Borrells Auction No. 603: Taf. IT 5. Auch Sabatier XXI 18. 39 IMP NERVA CAES AVG P M| TR POT COS II Legionsadler TR POT P P Lorbeergekränzter zwischen zwei anderen Feldzeichen. Kopf Nervas rechtshin. Königl. Sammlung, subaerat: 9,16 Grm. Taf. VI 15. 40 IMP NERVA CAES AVGPMTR | COS Ill Legionsadler zwischen POT P P Lorbeergekränzter Kopf | zwei anderen Feldzeichen. Nervas rechtshin. Königl. Sammlung: 9,92 Grm. Taf. VI 14. British Museum aus Borrells Auction No. 601. TRAIANUS. 44 IMP CAES NERVA TRAIAN | TR POT COS Il Zweisäuliger AVG GERM P M Lorbeergekränzter | Tempel mit der Aufschrift ROMAET Kopf Trajans rechtshin. AVG, darin steht der Kaiser in Krie- gertracht mit der Lanze in der Rech- ten, neben ihm zu seiner Linken eine weibliche Figur die ihn mit der Rech- ten bekränzt und in der Linken ein Füllhorn hält; im Abschnitt COM- ASI. Paris; British Museum aus Borrells Auction No. 605: Taf. IV 8. 42 IMP NERVA CAES TRAIAN | COS II Bildnifs der Diana von AVG GERM PM TR P P P Lor- | Perga in einem zweisäuligen Tem- beergekränzter Kopf Trajans rechts- | pel, an dessen Fries steht DIANA hin. PERG- München; Paris: 11,3 Grm. Taf. V 13. über Silbermedaillons. 43 AVG GERM P M _ Lorbeergekränz- ter Kopf Trajans rechtshin. IMP CAES NERVA TRAIAN | TR POT COS II 589 Das Bildnifs der Diana von Perzga. München: Taf. V 14. Die Schrift ist auf beiden Seiten sehr verwischt und lälst sich zum Theil nur errathen. Eine Inschrift wie DIANA PERG, die man etwa am Unterbau des Bildnisses erwarten könnte, ist daran nicht zu lesen. 44 IMP CAES NERVA TRAIAN AVG GERM PM Lorbeergekränz- ter Kopf Trajans rechtshin. TR POT COS II Ein Bündel von sechs vollen Ähren. Königl. Sammlung: 9,22 Grm. (durchlöchert): Taf. IT 6. Dieselbe Rückseite auch Borrell 606. 45 IMP NERVA CAES TRAIAN AVG GERM PM TRPPP Lor- beergekränzter Kopf Trajans rechts- hin. COS li Ein Bündel von sechs vol- len Ähren. Paris; British Museum: Taf. III 7. 46 IMP CAES NERVA TRAIAN AVG GERM PM TR PP P Lor- beergekränzter Kopf Trajans rechts- hin. COS II Ein Bündel von sechs vol- len Ähren. Königl. Sammlung: 10,22 Grm. Taf. III 8. 47 IMP NERVA CAES TRAIAN AVG | COS Il GERM PM TR P P P Lorbeerge- kränzter Kopf Trajans rechtshin. Legionsadler zwischen zwei anderen Feldzeichen. British Museum aus Borrells Auction 605: Taf. VI 16. HADRIANUS. 48 HADRIANVS AVGVSTVSP P Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- hin, ohne Gewand. COS Ill Linkshin stehender Juppi- terLaodicenus, in der Linken das Scepter, auf der Rechten den Adler haltend. Königl. Sammlung 9,34 Grm.; Leake 10,92 Grm.; Paris; British Museum, mit Spuren des früheren Gepräges, auf der Rückseite der auf Taf. II 12 dargestellte ephesische Altar des Augustus und darüber ef VS: TaESVIIEEE 49 (HADRIA)NVS AVGVSTVS PP | COS Ill Juppiter Labrande- 590 Pınwver Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | nus stehend von vorn mit Stützen hin, mit wenig Gewand. unter den Armen, in der Rechten ' Doppelaxt, in der Linken Lanze. Leake: 10,8 Grm. Taf. VII 2. Die Kopfseite ist aus demselben Stempel mit dem auf "Taf. VII 7 abgebildeten Pariser Exemplar des Zenoposeidon; wodurch die gemeinsame Prägstätte dieser beiden Typen bezeugt wird. Spuren des früheren Cistophorengepräges des Antonius (s. Taf. II 1), nämlich auf der Kopfseite Schlangen, auf der Rückseite der Augurstab zwi- schen TERT und M: ANTONIVS IMP. 50 HADRIANVS AVGVSTVS P P| COS Ill Der karische Juppiter Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | linkshin stehend, auf der Rechten hin, mit wenig Gewand. den Adler, in der Linken die Dop- pelaxt haltend. Wien: 150 Gräne. Taf. VII 3. Auf der Rückseite Reste des Lorbeerkranzes von einem früheren Gepräge, dem Steinbock des Augustus (s. Taf. II 6 7). 51 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill DBärtige bekleidete Figur Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | (Zeüs rrgarıos) von vorn, die Rechte hin, ohne Gewand. auf die nach unten gekehrte Lanze gestützt, mit der Linken den am Bo- den stehenden Schild haltend, an welchem ein Adler. British Museum: Taf. VII 4. 52 HADRIANVS AVGVS(TVS P P) | (C)OS Il Linkshin thronender Jup- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | piter, auf der vorgestrecktenRechten hin, ohne Gewand. die Victoria haltend, die Linke auf das lange Scepter gestützt. British Museum: Taf. VII 5. Spuren des früheren Gepräges, auf der Vorderseite Kopf des Augustus mit dem Anfang der darunter stehenden Aufschrift IMP.., auf der Rückseite Ährenbündel (s. Taf. II 4). 53 HADRIANVS AVGVSTVS F P| COS Ill Juppiter auf einem ver- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | zierten Thron rechtshin sitzend, die hin, mit dem Feldherrnmantel. Rechte auf das Scepter gestützt, auf der vorgestreckten Linken eine auf dem Weltball rechtshin stehende Vic- toria haltend, welche mit der Rechten einen Kranz emporstreckt und in der Linken einen Palmzweig trägt; vor über Silbermedaillons. 591 seinen Füfsen ein rechts gewendeter und zurückschauender Adler. München: Taf. VII 6. 34 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Bärtige langbekleidete Fi- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | gur (Zuvorcrsıdav) rechtshin stehend hin, mit wenig Gewand. und auf der vorgestreckten Linken einen rechts gewendeten Adler hal- tend, die Rechte auf den langen Drei- zack gestützt, neben welchem am Bo- den ein Seekrebs liegt. Paris: Taf. VII 7. Mionnet, welcher diese Münze als Neptunus a@tophorus beschreibt (VI 698 574), nennt als von diesem Neptun verschieden in den Med. Rom. I 189 noch „Plu- ton avec son trident et cerbere”; und nach Vaillants (IT 141) Vorgang beschreibt Eckhel VI 514 „figura barbata stans d. tridentem, s. aquilam, pro pedibus cerberus” mit der Deu- tung auf Juppiter, Neptun und Pluto. Wahrscheinlich ist blols die kleine Darstellung des Seekrebses milsverstanden. 55 HADRIANVS AVGVSTVS P p COS Ill Bärtige langbekleidete Figur Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | (Zuverorsıd@v) rechtshin stehend, hin, ohne Gewand. auf der vorgestreckten Linken einen rechtsgewendeten und zurückschau- enden Adler haltend, die Rechte auf den langen Dreizack gestützt, an wel- chem auf dem Boden ein emporge- richteter Seekrebs liegt. Königl. Sammlung: 10,3 Grm. Taf. VI 8. Von der vorigen Münze nur durch die Vorder- seite, durch die Wendung des Adlers und die Stellung des Seekrebses verschieden. 56 HADRIANVS AVGVSTVS P P| COS Ill Adler auf einem Blitze, Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | wenig nach links gewendet und zu- hin, ohne Gewand. rückschauend. Florenz; München; British Museum aus Borrells Auction 618: Taf. VII 9. Dieses Exemplar hat auf der Rückseite Spuren des früheren Gepräges von Augustus, Tempel des Commune Asiae mit COM (s. Taf. IV 4). — Der Irrthum Mionnets, Med. Rom. I 189, in Angabe der Aufschrift dieser und der zunächst von ihm aufgeführten Münze ist aus Vaillant II 141 wiederholt. 57 AVGVSTVS HADRIANVS P P | COS Ill Stehender Neptun von Lorbeergekränzter Kopf Hadrians | vorn, linkshin blickend, in der Lin- rechtshin, ohne Gewand. ken den langen Dreizack haltend, in 592 Pısver der Rechten eine Schale über den Flammen eines Altars. British Museum: Taf. VII 10. Die ungewöhnlich gestellte Aufschrift der Vorderseite ist vielleicht zu verstehen HADRIANVS P P AVGVSTVS, vgl. No. 75 83. Das Exemplar zeigt Reste des früheren Gepräges von Augustus: auf der Vorderseite Augustuskopf, auf der Rückseite MART zum Marstempel gehörend (s. Taf. IV 3). 58 HADRIANVS AVGVSTVS Lor- | COS I Neptun rechtshin stehend, beergekränzter Kopf Hadrians rechts- | mit dem linken Fufs auf einem Schiffs- hin, mit geringer Andeutung des Ge- | vordertheil, die Rechte auf den lan- wandes vor dem Halse. gen Dreizack gestützt, auf der Lin- ken einen Delphin haltend. München: Taf. VII 11. 59 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Rechtshin stehender unbe- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | kleideter Apollo (Aıdvuevs), auf hin, ohne Gewand. der Rechten einen Hirsch, in der Lin- ken den Bogen haltend. Königl. Sammlung in Kopenhagen: Taf. VII 12. Reste vom Cistophorentypus des Anto- nius: auf der Kopfseite Schlange, auf der Rückseite Epheukranz, Kopf des Antonius und .. TONIVS- IMP- COS: DESIG- ITE (s. Taf. II 1). 60 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Viersäuliger Tempel, in Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | welchem der unbekleidete Apollon hin, ohne Gewand. Didymeus nach vorn steht, auf der Rechten einen Hirsch, in der Linken den Bogen haltend. Königl. Sammlung: 9,12 Gr. Taf. VII 13. Geringe Spuren eines früheren Cistophoren- gepräges. 61 HADRIANVS AVGVSTVS P P| COS Ill Der bekleidete Apollo Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- von Actium rechtshin stehend, in hin, mit dem Feldherrnmantel. der Linken die Lyra, in der Rechten das Plectrum. British Museum: Taf. VII 14. Ein anderes Exemplar im Brit. Mus. zeigt auf der Rückseite eine Schlange vom früheren Cistophorentypus. Ein Pariser Exemplar hat Reste eines über- prägten Cistophorus von Antonius, ANT auf dem Kopfe und eine Schlange auf dem Revers. Auch das Münchener Exemplar hat Spuren der Überprägung. Das Exemplar der Königl. Sammlung ist etwas barbarisirt, subaerat: 9,23 Grm. über Silbermedaillons. 593 62 HADRIANVS AVGVSTVS P P| COS !il Stehender Aesculap von Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | vorn, linkshin blickend und mit der hin, ohne Gewand. rechten Hand den am Boden aufste- | henden Schlangenstab haltend. Taf. VII 15. Das Pariser Exemplar hat Reste vom Cistophorengepräge, auf der Kopfseite Schlangen, auf der Rückseite NIVS und Kopf des Antonius. 63 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Stehender Aesculap von Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | vorn, linkshin blickend und mit der hin, mit dem Feldherrnmantel. rechten Hand den am Boden aufste- henden Schlangenstab haltend. Königl. Sammlung, mit leisen Spuren der Überprägung, 11,006 Grm. Taf. VII 16. British Museum. 64 HADRIANVS AVGVSTVS P P| COS Ill Lunus linkshin stehend, Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | in der Rechten eine Schale, die Linke hin, mit Gewand. auf ein langes Scepter gestützt. British Museum aus Borrells Auction 614, mit geringen Spuren der Überprägung. Taf. VI 17. 65 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill HalbbekleideterFlufsgott Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | linkshin am Boden sitzend, in der hin, mit Gewand. Rechten ein Schilfrohr, den linken Arm auf einen Felsen gelehnt, aus welchem Wasser strömt. British Museum aus Borrells Auction 617, mit den Schlangen des früheren Cistophoren- gepräges auf der Rückseite. Taf. VII 18. 66 HADRIANVS AVGVSTVS P P | DIANA EPHESIA Das Standbild der Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | ephesischen Diana zwischen den bei- hin, ohne Gewand. den Hirschen. Paris; etwas barbarisirt, das D in HADRIANVS fast wie V; subaerat: Taf. V 2. 67 HADRIANVS AVG COS Ill P P | DIANA EPHESIA Das Standbild der Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | ephesischen Diana zwischen den hin, ohne Gewand. beiden Hirschen. Paris; British Museum: Taf. V 3, mit geringen Spuren der Überprägung. 68 HADRIANVS AVGVSTVS P P | DIANA EPHESIA COS III DasStand- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | bild der ephesischen Diana zwischen hin, ohne Gewand. den beiden Hirschen. British Museum: Taf. V 4. Geringe Spuren früheren Gepräges. Philos.- histor. Kl. 1855. Ffff 594 Pınver 69 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Das Standbild der ephesi- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | schen Diana zwischen den beiden hin, ohne Gewand. Hirschen.: Das Exemplar der Pariser Sammlung und das des British Museum sind beide aus denselben Stempeln. Auf der Rückseite des Londoner Exemplars leise Spuren einer Schlange vom früheren Cistophorengepräge. Taf. V 5. 70 HADRIANVS AVG COS Ill PP | DIANA EPHESIA: Das Standbild Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | der ephesischenDiana in einem vier- hin, ohne Gewand. säuligen Tempel. Im British Museum, mit Spuren des Augustuskopfes auf der Rückseite: Taf. V 7. Das Pa- riser Exemplar zeigt auf der Vorderseite Spuren vom Augustuskopf im glatten Reife, ande- rerseits vom Lorbeerkranze der den Capricornus umgiebt (s. Taf. II 6). Eine kleine Stem- pelverschiedenheit, z. B. am Giebel, zeigt das Exemplar des Hrn. v. Werlhof, ohne Punct hinter EPHESIA, mit Spuren der Überprägung: 10,11 Grm. Ob dieselbe Rückseite auch mit der Vorderseite No. 69 verbunden vorkomme, läfst sich aus den mir vorliegenden Exemplaren nicht entscheiden, indem auf einem Berliner und einem Pariser Exemplar wegen der Überpräguug nicht zu erkennen ist, ob AVG COS II oder AVGVSTVS stehe; im letzteren Falle würde, wie auf dem Subaerat No. 66, die An- gabe des dritten Consulates auf beiden Seiten fehlen, was sonst nur bei den bithynischen Medaillons (Taf. IV 9-15) vorkommt, wo die Aufschrift die Dedicationsform hat. Das Ber- liner Exemplar, 11,19 Grm., zeigt vom früheren Gepräge auf der Kopfseite den Capricornus und Lorbeerkranz, auf der Rückseite den Kopf des Augustus; das Pariser auf der Kopfseite die Schlangen, auf der Rückseite den Kopf und ANTONIVS IMP COS DES von einen Ci- stophorus des Antonius (s. Taf. I 1). 71 HADRIANVS AVG COS Ill P P | DIANA EPHESIA Das Standbild der Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | Diana von Ephesus in einem sechs- hin, ohne Gewand. säuligen Tempel. Königl. Sammlung: 10,4 Grm. Taf. V 8. Sehr starke Reste des früheren Cistophorengepräges des Antonius, nämlich auf der Vorderseite, in umgekehrter Stellung, eine sich aufrichtende Schlange und neben ihr der Kopf der Octavia über der Cista; auf der Rückseite der Hin- terkopf des Antonius mit dem herabhangenden Diadem, unter dem Halse der Lituus, An- fang und Ende der Umschrift M- ANTONIVS- IM......ERT. Das Exemplar stammt aus der Pembrokischen Sammlung. Auf der unvollkommenen Abbildung in dem Pembrokischen Ka- talog P. 3 tab. 114 fehlt das Dianenbild, und sowohl der französische als der englische Ka- talog der Sabatier’schen Sammlung, in welche die Münze übergegangen war, erwähnen das- selbe nicht (No. 1373, 239). Der neue Pembrokische Katalog von 1848 p. 223 no. 1059 wiederholt die irrige Angabe des alten Katalogs „nummus tertio signatus” mit der näheren Erklärung, es seien aulser dem Gepräge des Antonius auch noch von dem des Octavianus die Buchstaben ERTAT (libertatis) vorhanden; es ist aber Ende und Anfang der Umschrift des Antonius ERT M. 595 über Silbermedaillons. 72 HADRIANVS AVGVSTVS P P | Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- hin, ohne Gewand. COS I! Diana in langem Gewande, mit dem alterthümlichen Haupt- schmuck der ephesischen Göttin, aber in bewegter Stellung, etwas linkshin, mit dem Bogen in der Linken und einer Schale in der Rechten; vor ihr ein Hirsch. Königl. Sammlung: 10,105 Grm., mit Resten des Cistophorengepräges, auf der Vorderseite -.T- M: ANTONIVS und Hinterkopf des Antonius, auf der Rückseite Schlange (s. Taf. II 2). Das Exemplar des British Museum hat Reste vom Cistophorengepräge Octavians, auf der Vorderseite stehende Friedensgöttin, Cista, Lorbeerkranz und PAX, auf der Rückseite IMP etc. VINDEX: Taf. V 9. 73 HADRIANVS AVGVSTVS P P Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- hin, ohne Gewand. München: 74 HADRIANVS AVGVSTVS P P Lorbeergekränzter Kopf Hadrians rechtshin, ohne Gewand. Königl. Sammlung: 10,25 Grm. Taf. VII 1. COS II Diana hochgeschürzt links- hin stehend, in der Linken die lange Fackel, in der Rechten eine Schale, vor ihren Füfsen ein Hirsch. Taf. v0: PM TR P COS Ill’ CGeres mit Ährenkranz und Schleier linkshin stehend, in der herabhangenden Rech- ten zwei Ähren, mit der Linken die lange auf dem Boden aufstehende brennende Fackel haltend. Spuren des früheren Gepräges besonders auf der Rückseite. 75 AVGVSTVS HADRIANVS Un- bekränzter Kopf Hadrians rechtshin, mit dem Feldherrnmantel. British Museum: Taf. VIII 2. Spuren früheren Gepräges. PM TR P COS Il Geres mit Ährenkranz und Schleier linkshin stehend, in der herabhangenden Rech- ten zwei Ähren, die Linke auf das lange Scepter gestützt. Zur Aufschrift der Vorderseite vgl. No. 57 83. 76 HADRIANVS AVGVSTVS P P Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- hin, ohne Gewand. ı cos Ill Idol der Proserpina; zu ‘ihrer Rechten steht am Boden eine | Ähre, zu ihrer Linken eine Ähre und | ein Mohnhaupt. Ffff2 596 Pınver British Museum: Taf. VIII 3, mit Resten des früheren Gepräges, auf der Vorderseite dem ephesischen Altar und ...... VS, auf der Rückseite dem Kopf Augusts und IMP (s. Taf. I 12). Das Pariser Exemplar, mit HADRINVS ..GVST, zeigt auf der Vorderseite noch den Kopf Augusts, auf der Rückseite die sechs Ahren. 77. HADRIANVS AVGVSTVS P P COS Ill Viersäuliger Tempel, darin Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | das Idol der Proserpina zwischen hin, ohne Gewand. einer Ähre auf ihrer rechten Seite und Ähre und Mohn zu ihrer Lin- ken. Im Abschnitt SARD. München: Taf. VIII 4. Reste vom Cistophorengepräge, auf der Vorderseite NIVS - IMP und Kopf des Antonius, auf der Rückseite Schlange. 78 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Pallas linkshin stehend, in Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | der vorgestreckten Rechten eine hin, mit dem Feldherrnmantel. Schale, in der Linken Lanze und Schild am Boden. Paris: Taf. VIII 5. Reste vom Cistophorengepräge Octavians, auf der Vorderseite .OS VI LIBER und Stirn, auf der Rückseite Lorbeerkranz und Cista (s. Taf. II 4). 79 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Zweisäuliger Tempel, in Lorbeergekränzter Kopf Hadrians | welchem Pallas linkshin steht, in rechtshin, mit dem Feldherrnmantel. | der vorgestreckten Rechten eine Schale haltend, in der Linken Lanze und Schild am Boden. Paris: Taf. VIII 6. Die Vorderseite zeigt die Spur eines anderen Stempels oder Einschlags, auf der Rückseite ist die Schlange eines Cistophorus zu erkennen. 80 HADRIANVS AVG(VSTVS) PP | COS Ill Cybele mit der Zinnen- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | krone linkshin thronend, eine Schale hin, ohne Gewand. in der vorgestreckten Rechten, den linken Arm auf das Tympanum ge- lehnt, zu ihren Füfsen ein Löwe. British Museum: Taf. VII 7. Reste vom Cistophorengepräge des Antonius, auf der Vor- derseite Kopf, Augurstab und MA....... IMP etc. .TER ET: TERT, auf der Rückseite Schlange (s. Taf. II 1). 81 IMP CAES TRA HADRIANO | COS Ill Cybele mit der Zinnen- AVG PP Unbekränzter Kopf Ha- | krone linkshin thronend, eine Schale drians rechtshin, ohne Gewand. in der vorgestreckten Rechten, den über Silbermedaillons. 997 linken Arm auf das Tympanum ge- lehnt, zu ihren Füfsen ein Löwe. Paris, subaerat: Taf. VIII 8. Zu bemerken ist die Dedicationsform in der Aufschrift wie auf den bithynischen Medaillons (Taf. IV 9-15). 82 HADRIANVS AVGVSTVS P P|COS Il Die doppelte Nemesis Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | von Smyrna: zwei einander zuge- hin, ohne Gewand. wandte Figuren, deren eine einen Zaum, die andere einen Stab in der Linken hält, während bei beiden der gebogene rechte Arm mit der das Gewand lüftenden Hand das Mafs (rnxvs) andeutet. München; British Museum: Taf. VIII 10, mit Spuren des früheren Gepräges, auf der Vor- derseite ...VSTVS und ephesischer Altar, auf der Rückseite Kopf des Augustus (s. Taf. II 12). Wohl statt dieser Münze hat Mionnet Med. Rom. I 189 „deux furies”. 83 AVGVSTVS HADRIANVS Lor- |PM TR P COS II Tyche links- beergekränzter Kopf Hadrians rechts- | hin thronend, in der Rechten Steuer- hin, mit wenig Gewand vor dem | ruder, in der Linken das lange Halse. Scepter. München: Taf. VIH 11. Vom Cistophorengepräge des Antonius ist auf der Rückseite noch M-ANTONIVS erkennbar. Die umgestellte Aufschrift der Vorderseite, statt HADRIANVS AVGVSTVS, findet sich mit derselben Aufschrift der Rückseite verbunden bei No. 75. 84 HADRIANVS AVGVSTVS P(P) | COS Ill Stehende weibliche Figur Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | von vorn, linkshin schauend, auf der hin, ohne Gewand. Rechten einen Raben, in der Linken einen Lorbeerzweig haltend: viel- leicht die erythräische Sibylle. British Museum aus Borrells Auction 615: Taf. VII 12. Spuren des früheren Gepräges, auf der Vorderseite IMP und Augustuskopf, auf der Rückseite ephesischer Altar (s. Taf. II 12). 85 HADRIANVS AVGVSTVS P P |COS Ill Linkshin stehende weib- Lorbeergekränzter Kopf Hadrians | liche Figur in langem Gewande, mit linkshin, ohne Gewand. dem Modius auf dem Haupte, in der Rechten einen gesenkten Ölzweig, in der Linken das Füllhorn haltend, und den rechten Fufs auf eine Prora 598 Pınver setzend, im Felde vor ihr Anker (Pax). Paris: Taf. VII 13. Ähnlich in der Darstellung, aber nicht in die Reihe dieser Medaillons gehörig, ist der etwa doppelt so grolse, aus der Sammlung des Cardinal Albani stammende Silbermedaillon im Katalog von H. C. v. Gabelenz, Altenburg 1830 8° p. 27 no. 19 mit Abbildung: IMP CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG Lorbeergekränzter Kopf Ha- drians mit dem Feldherrnmantel linkshin; Rücks. PONT MAX TR POT COS IH Linkshin stehende weibliche Figur, in der Rechten einen Caduceus, in der Linken ein Füllhorn hal- tend; 9% der Mionnet’schen Scala, so wie der oben bei No. 30 angeführte Medaillon Domi- tians. Er gehört in dieselbe Gattung mit dem bei Mionnet Med. Rom. I 187 abgebildeten Medaillon. COS Il Roma victrix linkshin sitzend. Campana (Catalogue 1846) p. 177 no. 1419: wurde von Herrn H. Hoffmann in Paris erworben. 87 HADRIANVS AVGVSTVS P P | COS Ill Ein Bündel von sechs vol- Lorbeergekränzter Kopf Hadrians | len Ähren. rechtshin, ohne Gewand. 86 Inschrift und Kopf Hadrians. Paris: Taf. III 9. 88 HADRIANVS AVG COS (Ill P |, COS Ill Ein Bündel von sechs vol- P) Unbekränzter Kopf Hadrians | len Ähren. rechtshin, ohne Gewand. Wien: Gewicht 2 Dr. 6 Gr. Ein Theil der Aufschrift ist verwischt, doch kann über COS III, das etwas auffallend auf beiden Seiten steht, kein Zweifel sein. Die Kopfseite Taf. V 3 ist mit der Rückseite Taf. III 9 (doch mit engerer Stellung der Ähren) verbunden. 89 HADRIANVS AVGVSTVS P P ı COS Ill Ein Bündel von sechs vol- Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- | len Ähren. hin, mit dem Feldherrnmantel. Paris: Taf. III 10. Die Aufschrift der Rückseite ist anders gestellt als auf den beiden vorigen. 90 IMP CAES TRA HADRIANO | COS Ill Ein Bündel von fünf vol- AVG P P Lorbeergekränzter Kopf | len Ähren. Hadrians linkshin, ohne Gewand. British Museum: Taf. III 14. Die Rückseite war bei Thomas p. 29 no. 197 publicirt. Die Inschrift der Vorderseite gleicht der der bithynischen Medaillons (Taf. IV 9-15). 91 HADRIANVS AVGVSTVS Lor- | COS Ill Mohnkopf in der Mitte beergekränzter Kopf Hadrians rechts- | von vier Ähren. über Silbermedaillons. 599 hin, mit schwacher Andeutung des Gewandes. München: Taf. III 12. 92 HADRIANVS AVGVSTVS P P Lorbeergekränzter Kopf Hadrians rechtshin, ohne Gewand. Wien: Gewicht 2 Dr. 6 Gr., Taf. VI 17. Auf der Rückseite eine Spur vom Augustus- kopf des früheren Gepräges. 93 HADRIANVS AVGVSTVS P P Unbekränzter Kopf Hadrians rechts- hin, mit Gewand. British Museum aus Borrells Auction 619: Taf. VI 18. Reste des früheren Gepräges, Au- gustuskopf auf der Rückseite, Marstempel und ..RT VLT auf der Vorderseite (s. Taf. IV 3). 94 HADRIANVS AVGVSTVS P P Lorbeergekränzter Kopf Hadrians linkshin, ohne Gewand. British Museum aus Borrells Auction 620: Taf. VIII 14. 95 IMP CAES TRAI HADRIANO | COM BIT Viersäuliger Tempel AVG P P Lorbeergekränzter Kopf | mit der Inschrift ROM $ P AVG, in Hadrians rechtshin, mit etwas Ge- | welchem der Kaiser rechtshin steht, wand (ägidenähnlich) vor der Brust. | die Rechte auf die Lanze gestützt, auf der Linken Victoria. Über dem Gie- bel als Schmuck zu beiden Seiten Victorien auf Wagen. Königl. Sammlung: 11,035 Grm. Taf. IV 9. 96 1IMP CAES TRA HADRIANO | COM BIT Viersäuliger Tempel AVG P P_ Lorbeergekränzter Kopf | mit der Inschrift ROM S P AVG, in Hadrians rechtshin, ohne Gewand. welchem der Kaiser rechtshin steht, die Rechte auf die Lanze gestützt, auf der Linken Victoria. München: Taf. IV 10. Auch Allier de Hauteroche Pl. X no. 18. 97 IMP CAES TRA HADRIANO |ı COM BIT Viersäuliger Tempel AVG P P_ Unbekränzter Kopf Ha- | mit der Inschrift ROM $ P AVG, in drians rechtshin, ohne Gewand. welchem der Kaiser rechtshin steht, COS Ill Legionsadler zwischen zwei anderen Feldzeichen. COS Il Legionsadler zwischen zwei anderen Feldzeichen. COS Ill inmitten eines Lorbeerkran- zes. 600 Pınper die Rechte auf die Lanze gestützt, auf der Linken Victoria. München: Taf. IV 11. COM BIT Viersäuliger Tempel wie der vorige, darin der Kaiser der von der Göttin Roma bekränzt wird. 98 Aufschrift und Kopf Hadrians. Thomas p. 82 no. 583. Wurde von Herrn Rollin erworben. 99 1IMP CAES TRA HADRIANO |ı COM BIT Achtsäuliger Tempel AVG P P Lorbeergekränzter Kopf | mit der Inschrift ROM S P AVG. Hadrians rechtshin, mit dem Feld- herrnmantel. Paris: Taf. IV 12. 400 IMP CAES TRA HADRIANO | COM BIT Achtsäuliger Tempel AVG P P Lorbeergekränzter Kopf | mit der Inschrift ROM S P AVGC. Hadrians rechtshin, ohne Gewand. British Museum: Taf. IV 13. 401 1IMP CAES TRA HADRIANO COM BIT Achtsäuliger Tempel AVG P P_Unbekränzter Kopf Ha- | mit der Inschrift ROM S P AVG. drians rechtshin, ohne Gewand. München: Taf. IV 14. 4102 IMP CAES TRA HADRIANO , S PR COM BIT Achtsäuliger Tem- AVG P P Lorbeergekränzter Kopf | pel mit der Inschrift ROM S P AVG. Hadrians rechtshin, ohne Gewand. Paris: Taf. IV 15. 103 IMP CAESAR AVGVSTVS Un- | HADRIANVS AVGPPREN Links- bekränzter Kopf des Augustus |hin stehende männliche Figur mit der rechtshin, ohne Gewand. Toga bekleidet, in der Linken ein kurzes Stäbchen, in der Rechten Ähren. In der Sammlung von Apostolo Zeno, jetzt zu St. Florian. Desgleichen in der Sammlung des Etatsraths Thomsen in Kopenhagen: Taf. VIII 15. Auf diesem Exemplar ist zwischen HADRIANVS und AVG, wie es scheint, eine Spur von ..T, wie OPT, was auf dem Exemplar zu St. Florian nicht steht. Die Buchstaben P P REN sind durch das letztgenannte Exem- plar gesichert. P P AEN steht bei Haym Thes. Br. 2. ed. T. II tab. 32 12. über Silbermedaillons. 601 Über einen vergoldeten und etwas verdorbenen Silbermedaillon Hadrians, mit der Rückseite COS III der Kaiser zu Pferde rechtshin, bei Campana p. 167 no. 1358, kann ich nicht aus eigener Anschauung urtheilen ob er zu dem Cistophorensystem gehört. SABINA, Gemahlin Hadrians. 104 SABINA AVGVSTA HADRIANI | COS Ill Cybele mit der Zinnen- AVG P P Kopf der Kaiserin Sabina | krone linkshin thronend, eine Schale rechtshin. in der vorgestreckten Rechten, den linken Arm auf das Tympanum ge- lehnt, zu ihren Füfsen ein Löwe. British Museum: Taf. VIII 9. Einen Anhang zu der vorstehenden Reihe bilden einige ähnliche Silbermedaillons aus späterer Zeit, von welchen es sehr ungewils ist ob man sie noch hieher rechnen darf. Ich führe nur zwei auf: Septimius Severus. 105 IMP C L SEPTISEVERVSPPAVG | ROMAE VRB Die behelmte Roma linkshin Lorbeergekränzter Kopf des Septimius Severus | sitzend hält mit der Rechten eine Schale über rechtshin. einen Altar, und stützt die Linke auf ein lan- ges Scepter. British Museum: Taf. VII 16. Mionnet M&d. Rom. I 281 hat zwei Silbermedaillons von Septimius Severus, deren einer dieselbe Darstellung zeigt wie der folgende des Caracalla. Caracalla. 106 IMP-C M AVR ANTONINVS AVG | COS II Legionsadler zwischen zwei ande- Lorbeergekränzter unbärtiger Kopf des jun- | ren Feldzeichen. gen Caracalla linkshin, ohne Gewand. British Museum: Taf. VI 19. Ähnlich, mit Hinweglassung von AVR, beschrieben bei Tho- mas p. 82 uo. 584. Mionnet Med. Rom. I 309 hat einen Silbermedaillon Caracallas mit VICTORIA AVGVSTI. Es wird nun zur Betrachtung einzelner Münzen dieser Reihe, nach ihren Typen geordnet, übergegangen. Letzte Cistophorentypen. (Taf. II 1-4.) Das erste der hier beschriebenen Stücke (No. 1, Taf. II 1) zeigt inner- halb eines Epheukranzes den bacchisch bekränzten Kopf des Triumvir Mar- cus Antonius, welcher bekanntlich in Asien sich als Dionysos verehren Philos.- hist. Kl. 1855. Gagg 602 PıwoeEr liefs, und als solcher, wie Plutarch erzählt, von Bacchantinnen und Satyrn umschwärmt in Ephesus einzog. Als neuer Dionysos, wie er sich nach dem Vorgang eines griechischen Königs nennen liefs, behielt er doch das Symbol seiner ernsten römischen Augurwürde bei, den Krummstab den wir hier unter seinem Kopfe abgebildet sehen. Die Umschrift lautet Marcus An- tonius imperator consul designatus iterum et tertio; woran sich die Legende der Rückseite anschliefst triumvir rei publicae consti- tuendae. Diese Rückseite zeigt über einer Cista mystica, die von zwei verschlungenen Schlangen umgeben ist, den Kopf der Octavia, der Ge- mahlin des Antonius, der Schwester des Augustus. Man hat diesen Kopf, welcher auch auf der folgenden Münze in etwas grölserem Mafsstabe neben dem Kopfe des Antonius wiedererscheint, früher auf Cleopatra gedeutet. Aber, anderer chronologischer Gründe zu geschweigen, unterscheiden sich die Gesichtszüge dieses weiblichen Kopfes völlig von dem anderwärts durch Beischrift bezeugten Portrait der Cleopatra, und sind hingegen den Zügen des Augustus so ähnlich, dafs man dessen Schwester darin nicht verkennen kann. Octavia ist die erste Römerin, deren Portrait auf der Münze er- scheint. Die Stelle auf der Münze war bekanntlich im Alterthum den Göt- tern geweiht. Bei den Griechen verharrte man hiebei bis auf Alexander den Grofsen, welcher zuerst selbst, wenngleich als Gott idealisirt, auf einem Theil seiner Münzen abgebildet ward. Bei den Römern ist Julius Cäsar der erste dessen Bildnifs bei Lebzeiten auf die Münze gesetzt wurde, wäh- rend vor ihm aufser Göttern und Heroen anf den Denaren der römischen Geschlechter nur deren Ahnenbilder dargestellt waren. Dem Beispiel Cä- sars folgten Brutus, Cassius, die Söhne des Pompejus, Lepidus, Antonius. Neben Antonius erscheint nun auf diesen, mehr griechischer als römischer Sitte folgenden, Cistophoren auch seine Gemahlin Octavia, und diese fremden Gepräge bilden den Übergang zu dem Gebrauche der römischen Kaiserzeit, die Gemahlin, die Tochter, die Mutter, die Schwester des Kai- sers auf der Münze darzustellen, und mit ihrem Portrait wie mit dem des Kaisers selbst zu prägen. Ein zweiter Cistophorus des Antonius (No. 2, Taf. II 2) mit der- selben Inschrift, aber ohne den die Vorderseite umgebenden Kranz und den Augurstab, zeigt ebenfalls den bekränzten Kopf des Triumvirs als Dionysos, und neben ihm, gleichsam als Ariadne, den Kopf der Octavia. Auf der über Silbermedaillons. 603 Cista mystica der Rückseite, zwischen den Schlangen, steht Bacchus (oder wenn man will Antonius als Bacchus) mit cantharus und thyrsus. Diese beiden Cistophoren des Antonius gehören in die Jahre 715-719 Roms, 39-35 vor Chr. Sie wurden in grofser Masse in der Provinz Asien vermuthlich in deren Hauptstadt Ephesus geprägt, und blieben in jenen Ge- genden im Curs bis auf Hadrian, der sie umprägen liefs. In nächster Beziehung zu diesen Cistophoren steht nun eine nur we- nige Jahre jüngere Münzart (No. 3, Taf. II 3), welche Octavian als Sieger über Antonius in denselben Gegenden Kleinasiens prägen liefs. Die Vor- derseite zeigt den Kopf Octavians mit der Umschrifi Caesar imperator septimum, die Rückseite, wie auf der vorigen Münze des Antonius, die vom Schlangenpaar umgebene Cista mystica, auf welcher aber statt des Bacchus hier Victoria steht. Sie deutet die Besiegung des Antonius an, in deren Folge dem Octavianus im Jahre Roms 724 (30 vor Chr.) die Pro- vinz Asia zufiel; Asia recepta ist die Umschrift. Victoria pflegte in Rom der Typus der halben Denare zu sein, welche daher Victoriati heilsen. Dem entsprechend ist auch hier für den Typus der Victoria die halbe Cistopho- rendrachme gewählt. Diese kleinen Münzen sind nämlich an Gewicht Ach- tel des Cistophorus, der, wie wir wissen, als eine Tetradrachme galt ('). Dieses Gepräge aus der Zeit der Stiftung der Monarchie wurde ein Jahrhundert später von Titus auf seinen Goldmünzen wiederholt (s. Taf. II 5), offenbar mit Beziehung auf den Stifter, dessen persönliches Abzeichen, der Steinbock, auch von Titus in demselben Jahre auf seine Goldstücke gesetzt wurde. Es geschah dies im Jahr 75 nach Chr., gerade nach Ablauf eines Jahrhunderts seitdem der Kaisertitel Augustus bestand (*). Unmittelbar nach diesem asianischen Victoriatus, dieser Siegesmünze Octavians, wurde eine Friedensmünze desselben mit der Darstellung der Pax in Asien geprägt (No. 4, Taf. IL4). Sie zeigt Octavians Kopf mit dem Lorbeerkranze und mit der Umschrift Imperator Caesar divi filius (') So sicher es, schon durch den Cistophorentypus, ist, dals diese kleinen Silbermünzen Theile des Cistophorus sind, so läfst sich doch ihr Gewicht oft nicht wesentlich von dem Gewichte augusteischer Quinare unterscheiden. (?) Eckhel VI 355 bemerkt, dals er für diesen Typus des Titus, so wie für den stolsen- den Stier, aus demselben Jahre, keine Deutung wisse. Auch der Stier ist ein Typus Au- gusts; manche Denare desselben haben auf der Vorderseite CAESAR bei dem unbekränzten Kopfe rechtshin; auf der Rückseite AVGVSTVS über einem rechtshin stehenden Stier. Gag32 604 PınpdEr consul sextum, libertatis populi romani vindex. Aufder Rück- seite steht neben der Cista mystica, aus welcher eine Schlange sich erhebt, die Friedensgöttin mit dem Caduceus und mit der Beischrift Pax. Sie tritt auf die liegende, verlöschende Fackel des Krieges. Nicht mehr der bacchi- sche Epheukranz, sondern der Lorbeerkranz umgiebt das Ganze. Dieser Cistophorus ist im Jahre Roms 726 (28 vor Chr.) geprägt, in welchem Octa- vianus das Reich in den Formen des Freistaates friedlich zu ordnen be- gann. ÖOctavian trägt hier noch nicht den Namen Augustus; er nahm ihn im folgenden Jahre, 727 Roms, 27 vor Chr., an. Hier schliefst die dritte Klasse der Cistophoren, und mit dem Kaiser- thum beginnen auf den fernerhin geprägten Münzen des Cistophorensystems solche Darstellungen, welche mit den ursprünglichen Cistophorentypen nichts mehr gemein haben. Steinbock. (Taf. II 6-8.) Der Steinbock, das Himmelszeichen unter welchem August ge- boren ist, sein glückbedeutendes Horoskop, erscheint auf Cistophoren (') und Denaren, deren Sueton (c. 94) ausdrücklich Erwähnung thut in den Worten tantam mox fiduciam fati Augustus habuit ut thema suum vulgaverit, nummumque argenteum nota sideris eapricorni, quo natus est, percusserit. Das Füllhorn als Zeichen des Glückes ist auf unseren Münzen dem Stein- bock hinzugefügt, und das Ganze mit dem Lorbeerkranz umgeben, wel- cher auch ebenso das vorige Cistophorengepräge Octavians vom Jahre Roms 726 (Taf. II 4), die Friedensgöttin neben der Cista mystica, umschliefst. Über die Zeit, in welcher diese Cistophoren mit dem Steinbock ge- prägt sind, läfst sich nichts sicheres wissen. In dem genannten Jahre 726 wurde der Steinbock zuerst auf Denaren bei dem Kopfe Octavians darge- stellt, unmittelbar ehe derselbe zu Anfang des Jahres 727 den Namen Au- gustus annahm. (') Des Ausdruckes Cistophoren bedienen wir uns ferner der Kürze und Deutlich- keit halber für die kleinasiatischen nach dem Cistophorensystem geprägten Dreidenarstücke, welche man sonst, wie jedes römische Silberstück das grölser als der Denar ist, Medaillons zu nennen pflegt. über Silbermedaillons. 605 Aus dem Umstande dafs dieser neue, höchste und heilige Ehrentitel Augustus auf den vier undatirten Cistophorengeprägen Augusts, dem Stein- bock, der Sphinx, dem Altar und dem Ährenbündel, in sonst nicht eben ge- wöhnlicher Weise zu dem Typus gesetzt ist, möchte man schliefsen, dafs diese Stücke, ebenso wie der Aureus des Jahres 727 mit der Aufschrift AVGVSTVS S C, mit besonderer Beziehung auf diesen neuen Titel geprägt wären, und muthmafslich in die früheren Regierungsjahre Augusts gehörten. Dem fünften Tribunatsjahre Augusts, 735-736 Roms, welchem seine drei datirten Cistophorengepräge, der Triumphbogen, der Marstempel und der Tempel von Pergamum angehören, auch die vier undatirten zuzuschrei- ben, hat man bei ihrer charakteristischen Verschiedenheit keinen ganz genü- genden Grund. Doch hätte Augusts Anwesenheit in Asien (733-735) zu ihrer Prägung Anlafs geben können ('). Gerade bei diesen Münzen, deren Typen die Beischrift AVGVSTVS tragen, kommt auch der Augurstab des Augustus vor. Man würde sich scheuen hierin eine spielende etymologische Andeutung zu finden, wäre nicht eine solche ganz im Charakter römischer Münzsprache, ja selbst durch Schriftsteller der Zeit bezeugt(?). Ovid schreibt in den Fasten (I 609) bei den Idus des Januars, an welchen Augustus diesen Titel annahm: Sancta vocant au gusta patres: augusta vocantur Templa sacerdotum rite dicata manu. (') Eine Goldmünze mit dem Steinbock wird wegen der Aufschrift SIGNIS RECEPTIS dem Jahr 734 oder den nächstfolgenden zugetheilt. Bei Denaren mit demselben Typus be- zeugt der Beisatz imperator undecimum, dafs sie dem Jahre 743 angehören. Sie gewähren keinen sicheren Schlufs auf die Gleichzeitigkeit der Cistophorenprägung. — Eckhel VI 139 erwähnt eine nichtrömische Erzmünze des Augustus mit der Rückseite AVGVSTVS Stein- bock mit Füllhorn im Lorbeerkranze, ganz wie auf den Cistophoren; ähnliche pflegen jetzt Parium zugeschrieben zu werden. Den Steinbock zeigt auch folgende griechische Erzmünze der Königlichen Sammlung: ZEBAZTO(N) Strahlenhaupt des Augustus rechtshin; Rückseite AYTOKPATOPA OEON Steinbock mit der Weltkugel rechtshin, darüber Traube, Ae. 7; wozu Eckhel VI 131 zu vergleichen ist. — Zu den aufserhalb Roms geprägten Münzen, auf welchen der Name des Augustus eine vorzügliche Stelle einnimmt, gehören auch die Erzmünzen deren Rückseite nur die Inschrift AVGVSTVS im Kranze enthält, wobei die Kopfseite eines Exemplars der Königlichen Sammlung die Aufschrift CAISAR trägt. (?) Hiegegen kann es natürlich nicht sprechen, wenn der Augurstab in anderen Fällen eine solche Andeutung nicht enthält. 606 Pınver Huius et augurium dependet origine verbi Et quodeunque sua Juppiter auget ope. Mit Dio (53 16) übereinstimmend sagt Sueton (c. 7) Augusti cognomen ad- sumpsit.... cum quibusdam censentibus Romulum appellari oportere, quasi et ipsum conditorem urbis, praevaluisset ut Augustus potius vocaretur, non tantum novo sed etiam ampliore cognomine, quod loca quoque reli- giosa etin quibus augurato quid consecratur, augusta dicantur, ... sicut etiam Ennius docet scribens „Augusto augurio postquam incluta condita Roma est” (!). Am vollständigsten erscheint die hier besprochene Darstellung des Steinbockes auf Denaren und Aureis, wenn dem Steinbock, als dem Sym- bol des Augustus, aufser dem Füllhorn des Glückes auch das Steuerruder der Weltregierung und die beherrschte Weltkugel hinzugefügt sind, da denn die vier Theile des Typus, Steinbock, Füllhorn, Steuerruder und Welt- kugel, die vier Worte ausdrücken: Augustus felix gubernator orbis. Der Steinbock, welcher den Augustus bezeichnet, erscheint als eine Art redenden Wappens auf den autonomen, d. h. ohne Angabe eines Kai- sers geprägten Münzen der Stadt Augusta in Cilicien. Ihn liefsen, als ein Zeichen der Verehrung des Augustus, Könige von Thracien und von Mau- retanien auf ihren Münzen darstellen. Die Stadt Parium pflegte als Co- lonie des Augustus den Typus des Steinbockes mit der Beischrift AVGVSTVS, ganz wie auf unseren Cistophoren, aufihre Münzen zu setzen. Dort kann man diese Cistophoren geprägt glauben, und hierin eine Bestätigung der An- nahme finden, dafs Parium schon früher eine Cistophorenprägstadt war. Aber in anderen Städten, z. B. in Pergamum wo der Augustustempel stand, findet sich der Steinbock als Abzeichen des Augustus ebenfalls (?). (‘) Die Meinung, dals die Worte quod loca quoque etc. ein später Zusatz wären, wird von O. Müller zum Festus pag. 1 mit guten Gründen bestritten. (*) So auf den folgenden pergamenischen Erzmünzen der Königl. Sammlung: CEBACT MEPFTAM Lorbeergekränzter Kopf des Augustus rechtshin, davor Steinbock; Rückseite KAICAPA AYTOKPATOPA Viersäuliger Tempel in welchem der Kaiser steht, im Abschnitt Le Ae. 4. Desgleichen noch unter Trajan: MEPTA Viersäuliger Tempel in welchem August als Heros unbekleidet steht, im Giebel der Steinbock, umher AY- FOYCTOC,;, Rück. TPAIANOC CTP I MRAAIRNOC Ein ähnlicher Tem- pel ohne den Steinbock, darin der Kaiser in Kriegertracht stehend; Ae. 4. — Unter den Cistophorenstädten hat auch Tralles auf autonomen Erzmünzen der augusteischen Zeit den Steinbock. Auch Smyrna hat ihn unter Augustus. über Silbermedaillons. 607 Auf zwei verschiedene Prägstätten oder auf verschiedene Zeiten der Prägung scheint der Umstand zu deuten, dafs auf diesen Cistophoren zweier- lei merklich unterschiedene Stilarten sich finden. Bei Geprägen des einen Stiles (Taf. II 6) steht die Inschrift unter dem Kopfe, umher ist ein glatter Kreis, kein Perlenrand, und auf der Rückseite ist sowohl der Steinbock als das Füllhorn kurz und dick gebildet. Bei den anderen, meist etwas fei- neren Geprägen (Taf. II 7 8), mit der Inschrift hinter dem Kopfe und mit Perlenrand, bei welchen allein auch der Augurstab vorkommt, sind Stein- bock und Füllhorn schlank und sorgfältiger gearbeitet; der Buchstab G pflegt sich hier durch einen länger herabhangenden Strich zu unterscheiden. Noch mehr Beispiele dieser Unterschiede finden sich bei den folgenden Cistophoren Augusts auf Tafel II III IV; besonders pflegt die Stellung der Inschrift unter dem Kopfe mit dem glatten Umkreis verbunden zu sein. Sphinx. (Tafel II 9— 11.) Die Sphinx hat wie der Steinbock eine unmittelbare Beziehung auf Augustus. Die Sphinx war das Wappenbild welches er in seinem Siegel trug. In diplomatibus libellisque et epistolis signandis initio sphinge usus est, berichtet Sueton (c. 50). Zwei vollkommen gleiche Exemplare dieses Siegels rührten aus dem Besitze seiner Mutter Atia her; mit einem derselben liefs er in seiner Abwesenheit die in seinem Namen erlassenen Edicte durch seine Freunde Maecenas und Agrippa besiegeln, wie Dio (51 3) und ebenso Plinius erzählt (37 4): Divus Augustus inter initia sphinge signavit: duas in matris anulis tam indiscretae similitudinis invenerat; altera per bella ci- vilia absente eo amiei signavere epistolas et edicta quae ratio lemporum no- mine eius reddi postulabat, non infaceto lepore accipientium, aenigmata afferre eam sphingem. Dieses damalige Staatssiegel geben also unsere Mün- zen wieder. Es ist somit kein genügender Grund vorhanden, diese Cisto- phoren oder kleinasiatischen Silbermedaillons des Augustus gerade für Ge- präge von Chios zu halten, wo das Bild der Sphinx (und zwar in etwas an- derer Gestalt) auf Münzen einheimisch ist, oder sie gar Agypten zuzuschrei- ben, wie Schlegel gethan hat, — um so weniger als auch ächt römische Denare des Augustus die Sphinx, sein Wappenbild, zeigen. 608 PınDer Was die Zeit der Prägung betrifft, so möchte man, wie bei dem vori- gen Typus, so auch hier die früheren Jahre des Augustus vermuthen; spä- ter legte er dieses Wappen ab. Augustus postea, ad evitanda convicia sphingis, Alexandri magni imagine signavit, sagt Plinius an der angeführten Stelle (' ). Die Sphinx auf unseren Cistophoren, welche sich durch einen schö- nen Stil sowohl des Augustuskopfes als der Rückseite auszeichnen(?), ist weiblich gebildet, aber nicht mit Frauenbrust wie die Sphinx von Chios, sondern mit Vogelbrust. Aus derselben Zeit stammen die ebenso gestal- teten eleganten Sculpturwerke, welche die Sphinx so zu sagen in Lebens- gröfse darstellen, im Vatican, im Museo Borbonico aus der Casa del Fauno zu Pompeji, und anderwärts. Altar des Augustus. (Taf. TI 12.) Einer jeden der beiden Provinzen Asien und Bithynien hatte August gestattet in ihrer vornehmsten Hauptstadt, damals Ephesus und Nicaea, der Roma und dem Divus Julius einen Tempel zu erbauen, in einer zweiten Stadt aber, in Pergamum und Nicomedien, der Roma und ihm selbst, dem Augustus. So erzählt Dio(°). Also in Ephesus hatte Augustus wohl kei- nen Tempel. Aber ein Altar wurde ihm sicherlich hier wie in vielen Städten (paene oppidatim(*)) errichtet. Unsere Cistophoren Augusts zei- gen diesen ephesischen Altar. An ihm sind in Relief unter Blumenge- winden zwei Hirsche oder vielmehr Hindinnen dargestellt, das bekannte Ab- zeichen von Ephesus. Dafs die Münzen der alten Cistophorenprägstadt Ephesus zugehören, wird nicht bezweifelt. Aber man kann, wie Eckhel thut, den Altar auf die (') Auf das Jahr Roms 734 oder 735, dieselbe Zeit in welcher er sich in Kleinasien aufhielt und welcher auch eine Goldmünze mit dem Steinbock zugetheilt wird, könnte ein Aureus mit der Aufschrift Armenia capta und dem Bilde der Sphinx hinweisen (Eckhel VI 98, Mionnet Med. Rom. I 101). (?) Die Cistophoren mit der Sphinx stehen daher hoch im Preise; während Mionnet sie 24 francs schätzt, wurde z. B. das Exemplar von Loscombe im J. 1855 von Hrn. Burn mit 7 Guineen bezahlt. (°) Dio Cass. 51 20 vgl. mit Tacitus Ann. 4 37, Sueton Oct. 52. (*) Sueton Oct. 59. über Silbermedaillons. 609 ephesische Diana selbst beziehen, anstatt auf Augustus, dessen Name dar- über steht. Allein es ist mir nicht wahrscheinlich dafs man, zur Verherr- lichung der ephesischen Göttin, statt des berühmten eigenthümlichen Bildes derselben, das auf den Cistophoren der folgenden Kaiser erscheint und meistens noch die Beischrift Diana Ephesia trägt, nur deren Altar vorge- stellt haben würde, den man sich sogar nach Strabos Andeutungen über seine Ausschmückung mit Werken des Praxiteles wohl anders als den hier abgebildeten denken mufs ('). Auch würde der Artemisaltar die einzige Darstellung auf den Cistophoren des Augustus sein, die sich nicht auf den Kaiser sondern nur auf die Prägstadt bezöge. Dafs die Aufschrift Augustus, welche hier über dem Altar sich findet, in unmittelbarer Beziehung zum Typus steht, haben wir bei den Geprägen des Steinbocks und der Sphinx, die geradezu Symbol und Wappen des Augustus sind, bereits gesehen. Wie andere rein persönliche Typen des Augustus verschwindet dieser Altar unter den folgenden Kaisern. Ich bemerke, dafs bei allen mir bekannten Exemplaren dieses ephe- sischen Gepräges die Aufschrift unter dem Kopfe steht, womit auch die schon oben ($. 607) erwähnten Eigenschaften des Stiles verbunden sind. Sechs Ähren. (Taf. III.) Einen der kleinasiatischen Typen des Augustus bilden sechs volle Wei- zenähren, welche gesegnete Zeit, Fülle und Gedeihen ausdrücken. Dabei steht der Name desAugustus, mit welchem man die Vorstellung des Segens verband und welchen man ab auctu herleitete(?). Die Darstellung der Ähren ist auch sonst dem Alterthum nicht fremd; bekannt ist die Ähre der von Demeter begünstigten Stadt Metapont, und das goldene Ährenbündel welches die Metapontiner nach Delphi stifteten. Unwillkürlich wird man bei dieser Darstellung gesegneter Zeit an die sieben vollen Ähren in Pha- raos Traum erinnert, und an die sieben gesegneten Jahre auf welche Joseph sie deutete. Aber die Zahl der Ähren auf unseren Cistophoren ist sechs. (‘) Strabo 14 1 23 p. 641. (2) Nach den einem Grammatiker zugeschriebenen Worten bei Sueton Octav. 7, womit die oben angeführte Stelle Ovids, quodcunque Juppiter auget, übereinstimmt, — Ähren erscheinen als ein Attribut in der Hand des Augustus auf Taf. VIII 15. Philos.- hist. Kl. 1855. Hhhh 610 PınpeEer Die Siebenzahl der Ägypter und Hebräer hat nicht dieselbe durchgängige Bedeutsamkeit im classischen Alterthum, welches auch die siebentägige Woche nicht kennt, und welches gerade mit der Sechszahl in sechzig und sechshundert öfter den allgemeinen Begriff des Vielen verbindet('). Die Cistophoren des Augustus mit dem Ährenbündel, welche wie die drei zuvor beschriebenen undatirt sind, scheinen in zwei verschiedenen klein- asiatischen Prägstätten oder in zwei verschiedenen Perioden geprägt zu sein; sie haben zwei Stilarten, welche mit denselben Eigenthümlichkeiten ver- bunden sind, die schon oben beim Typus des Steinbocks besprochen wurden. Der Typus des Ährenbündels wurde später unter Nerva, Trajan und Hadrian oftmals wiederholt. Bei Nerva ist die Aufschrift COS Ill oder Ill (vielleicht auch II), welches quer im Felde steht (Taf. II 4 5). Unter Trajan steht ebenfalls COS II quer im Felde, oder TRIB POT COS II rings umher (Taf. IH 6-8). Unter Hadrian steht COS Ill ebenfalls in zweierlei Weise (Taf. III 9 10). Unter diesem Kaiser, unter welchem überhaupt eine grofse Abwechselung und Mannigfaltigkeit in den Typen eintritt, kommen einmal auch fünf Äh- ren vor, wobei der Kopf die auf den bithynischen Cistophoren gebräuch- liche Beischrift hat (Taf. III 11), — ein andermal ein Mohnhaupt zwischen vier Ähren (Taf. III 12), welches an die gleichzeitige Darstellung der Pro- serpina zwischen Ahren und Mohnhaupt (Taf. VIII 3 4) erinnert. Unter den bekannten alten Prägstädten der Cistophoren haben Nysa und Apamea auf griechischen Erzmünzen der Kaiserzeit ein Ahrenbündel, worauf man etwa eine Vermuthung gründen könnte, dafs dort auch die ähn- lichen Cistophoren geprägt wären. Apamea stand damals in hoher Blüte; Strabo (12 8 15 p. 577) sagt dafs zu seiner Zeit Ephesus die erste, Apa- mea die zweite Handelsstadt Asiens war. Nach Ägypten diese Cistophoren zu verweisen, wie man gethan hat, ist irrig, wenngleich ein so allgemeiner Typus wie die sechs Ähren unter Augustus auch in Alexandrien vorkommt (?). (') Natürlich konnte die eigenthümliche Bedeutung der Sieben auch den Griechen und Römern nicht entgehen, wovon unter andern Varros Buch über die Siebenzahl, aus wel- chem Gellius 3 10 berichtet, ein Zeugnils giebt. (?) Auch auf einem griechischen Silbermedaillon Trajans mit der Aufschrift der Rück- seite AHMAPX EZ YNATO CT sind die sechs Ähren, aber in anderer Stellung und anderem Charakter, abgebildet. Das Exemplar der Königlichen Sammlung wiegt 9,5 Grm. über Silbermedaillons. 611 Triumphbogen. (Taf. IV 1 2) ER neAyTos &s Tyv moRw ErnAare zal ünbidı TooraLobopw erıun Sn, be- richtet vom Augustus Dio 54 8. Dieser Triumphbogen, welcher dem Au- gustus errichtet wurde, als er nach Wiedererlangung der an die Parther ver- lornen Kriegszeichen nach Italien zurückkehrte, und durch welchen er in Rom bei seiner Ovation am 12. October 735 einreiten sollte, ist auf unserer Münze dargestellt. Jetzt ist unter den Ruinen Roms seine Stelle nicht mehr zu finden. Die Legionsadler an den Pfeilern bezeichnen die von den Par- thern wiedererstatteten Feldzeichen des Crassus und Antonius. Signis receptis besagt die Inschrift; signis Parthicis receptis lautet sie noch vollständiger auf einem römischen Denar, dessen Rückseite ohne Typus von dieser Inschrift gefüllt wird. Dem heimkehrenden Kaiser, der zum neun- tenmale den Titel Imperator erworben hatte, in seinem fünften Tribunats- jahre, IMP IX TR POT V wie am Friese des Triumphbogens steht, wid- met denselben der Senat und das Volk von Rom, SP R. Ich bemerke dafs diese Abkürzung $S P R zu den Eigenthümlichkeiten gehört, durch welche diese in Kleinasien geprägten Münzen sich von den römischen unter- scheiden, welche stets SP Q Rhaben. So (SP OR) steht auf einem rö- mischen Aureus desselben Jahres mit sonst ganz gleicher Darstellung und Aufschrift. [Noch durch zwei Seitenbogen vervollständigt erscheint der Triumphbogen des Augustus im folgenden Jahre auf einem Denar mit der Aufschrift CIVIBus ET SIGNis MILITaribus A PARTHis RECVPeratis, und ähnlich auf einem Denar des L. Vinicius. Die Demüthigung der Parther, welche August erlangt hatte, mufste für das früher von ihnen bedrohte Asien von besonderer Wichtigkeit sein, daher diese Provinz die hierauf bezüglichen Ehren des Augustus in eben dem Jahre 735 auf ihre Münzen setzte, in welchem sie auch selbst die Wohl- thaten seiner persönlichen Anwesenheit genossen hatte. Tempel des Mars Ultor. (Taf. IV 3.) Aus der ancyranischen Inschrift, aus Ovid und Sueton wissen wir, dafs Augustus in Rom einen Tempel des Mars Ultor auf dem Forum Augusti errichtete. Im Kriege gegen Brutus und Cassius hatte er diesen Hhhh2 612 Pınpver Tempel zu bauen gelobt; als einer der gröfsten Prachtbaue Roms wurde der- selbe nur langsam vollendet. Auf diesen Tempel des Mars Ultor bezieht Eckhel die Darstellung unserer Münze. Er neigt sich zur Ansicht derje- nigen, welche die Nachricht des Dio Cassius (54 8) von einem Tempel des Mars Ultor, den Augustus auf dem Capitol erbaut habe, einem Irrthum des Autors oder einem Verderbnifs seines Textes zuschreiben, dessen Worte vewv "Ageos Tıuwgod &v rö KarırwAiy nark To Tod Aös rou begerpiov ÖnAwua Moos TAv Tav oamneiwv avaserıv nal \indırIrvar EneAevre zal Eromeev in der Weise berichtigt werden sollten, dafs &v #3 KarırwAıw hinter die Erwähnung des Juppiter Feretrius gestellt würde. Mit Unrecht. Unsere Münze beweist die Richtigkeit der Angabe des Dio Cassius. Stefano Piale in seiner Ab- handlung über den Tempel des Mars Ultor, wo er die drei herrlichen noch vorhandenen korinthischen Säulen neben dem Arco de’ Pantani nach Palla- dios Vorgang dem grofsen Tempel des Mars Ultor auf dem Forum Augusti zuschreibt, unterscheidet von diesem Tempel richtig den kleinen runden Tempel unserer Münze, welcher nach Dios Bericht für die Aufstellung der aus Parthien wiedererlangten Kriegszeichen dem Mars Ultor auf dem Ca- pitol, als ein Gegenstück zu dem eben dort von Augustus wiederherge- stellten kleinen Tempel des Juppiter Feretrius, erbaut wurde. Aufser den architectonischen Gründen des Stefano Piale scheint mir ein chronologischer Grund völlig entscheidend zu sein, dessen derselbe nicht gedenkt. Unsere Münze nämlich ist nach ihrer Bezeichnung imperator nonum tribu- nicia potestate quintum in dem Jahre vom 27. Juni 735 bis 736 ge- prägt; der grofse Marstempel des Forum Augusti ward aber erst am 12. Mai 752 eingeweiht(!). Es ist nicht glaublich, dafs er ganze 16 Jahre vor der Beendigung seines Baues auf der Münze schon dargestellt worden wäre. In dem Tempel sieht man auf unserer Münze eines der aus Parthien zurückerhaltenen Feldzeichen, zu deren Aufstellung der Tempel errichtet war: moös Tv Tuv omueiwv dvaSerw, wie Dio sagt. Aufserdem aber befand sich im Tempel das Standbild des Gottes selbst, der in der Rechten einen Legionsadler, in der Linken ein anderes Feldzeichen trug, wie wir ihn auf römischen Denaren derselben Zeit entweder allein dargestellt oder inmitten dieses seines Tempels erblicken. Hingegen in dem grofsen Tempel des (') Ovid Fast. V 551. Fasti Maffeiani. Sueton Oct. 29. Vellej. IT 100. über Silbermedaillons. 613 Mars Ultor auf dem Forum Augusti stand, wie wir aus einem durch Haupt vortrefflich emendirten Ovidischen Verse (Trist. II 296) wissen, eine Gruppe von Mars und Venus: stat Venus Ultori iuncta, vir ante fores(!): eine Gruppe in welcher man sich die Stamm-Mutter des Julischen Geschlechts etwa wie die Venus von Capua zu denken hat. Auch aus diesem Umstande ergiebt sich dafs der Tempel unserer Münze nicht der des Augustischen Fo- rums ist, sondern der capitolinische: in dem letztern stand nur Mars mit den Feldzeichen. Dieser kleine capitolinische Tempel wurde, wie unsere Münze lehrt, sogleich errichtet, und war im Jahre nach der Zurückgabe der Feldzeichen aus Parthien, im fünften Tribunatsjahre Augusts, in welchem dieser nach Rom zurückkehrte, und in welchem unsere Münze geprägt ist, schon vollendet. Tempel der Roma und des Augustus. (Taf. IV 4-15.) Bekannt ist, dafs dem Augustus nur in Gemeinschaft mit der Göttin Roma Tempel in den Provinzen errichtet werden durften. Templa .. in nulla .. provincia nisi suo Romaeque nomine recepit, sagt Sueton (c. 52). Dafs der Tempel der Roma und des Augustus in der Provinz Asien zu Per- gamum stand, bezeugt Tacitus in den Worten: cum divus Augustus sibi atque urbi Romae templum apud Pergamum sisti non prohibuisset, und aus der schon oben angeführten Stelle des Dio (51 20) ersieht man dafs dies der einzige Augustustempel der Gesammtheit der Provinz Asia war. Diesen Tempel also, welchen in der alten königlichen Residenz des pergamenischen Reiches, einer Hauptstadt der Provinz, das Kowöv ’Arias errichtet hatte, zeigt unsere Münze (Taf. IV 4), wie die Aufschrift des Tempelfrieses Romae et Augusto und die Beischrift im Felde der Münze Commune Asiae lehrt. Dio erwähnt die Erlaubnifs zur Erbauung dieses Tempels beim Jahre Roms 725, aber die Aufschrift Romae et Augusto weist auf keine frühere Zeit als 727. Das Bestehen des Tempels im Jahr 735 bezeugt unsere Münze durch das Datum imperator nonum tribunicia potestate quintum. Es ist dasselbe Jahr, in welchem Augustus nach Einrichtung der Provinz (‘) Die Gruppe von Mars und Venus stand im Tempel; Vulcan befand sich unter den aufsen aufgestellten Statuen. S. Lachmanns Commentar zum Lucrez p. 199. 614 Pınoder Asia aus derselben nach Rom zurückkehrte, und in welches auch die Cisto- phoren mit den beiden römischen Bauwerken dieses Jahres, dem Triumph- bogen und dem Marstempel, gehören. Von den Tempeln, welche in jener Zeit der Roma und dem Augustus in den Provinzen errichtet wurden, ist noch der schöne Tempel zu Pola in Istrien vorhanden, über dessen Vorhalle von vier korinthischen Säulen die Reste der vollständigeren Aufschrift kenntlich sind ROMAE ET AVGVSTO CAESARI DIVI F PATR PATR TRIB POT. Seine Dedication kann nicht vor das Jahr 752 Roms fallen, wenn richtig patri patriae gelesen wird (). Unser Cistophorus des Augustus zeigt im pergamenischen Tempel keine Statue. Doch ist bei Augusts Lebzeiten eine Bildsäule desselben mit dem Scepter in der Rechten daselbst errichtet worden; denn eine gleichzeitige pergamenische Erzmünze stellt ihn so im Tempel dar mit der Aufschrift BEON ZEBATTON. ‘ Der pergamenische Tempel der Roma und des Augustus, der Mittel- punct der asianischen Verehrung des Kaisers und der ihm gefeierten Fest- spiele, ludi quinquennales, blieb nun auch unter den folgenden Regierungen ein vorzüglicher Typus der kaiserlichen Cistophoren. Wir finden auf ihnen diesen Tempel unter Claudius, Domitian, Nerva und Trajan dargestellt (Taf. IV 5-8); aber etwas verschieden: er zeigt nicht mehr wie unter Au- gust sechs Säulen, sondern nur zwei, und darin erscheint nun stets die Sta- tuengruppe des Augustus und einer ihn bekränzenden weiblichen Gestalt(?). (') Ähnliche Dedicationen sind in griechischer Sprache erhalten. Eine Inschrift welche sich auf der Burg zu Athen befand, und nicht vor dem Jahre Roms 727 gesetzt ist, beginnt 5 Öruos Sek ‘Pupun zer Zeßarra Keiragı (Corp. Inser. gr. 478). Dagegen nimmt der Name der Roma die zweite Stelle ein in einer nicht vor dem Jahr 742 gesetzten Inschrift zu My- lasa: 6 Öykos auroxgarogı Kaisagı Seov vin Neßaorı LE neyiorw za Set “Poun (Corp. Inser. gr. 2696). (?) Kleinere Verschiedenheiten sind diese. Am Fries des Tempels steht unter Augustus ROM :ET AVGVST, unter Claudius und Domitian ROM ET AVG, unter Nerva und Trajan ROMAET AVG, wobei das E doppelt zu lesen ist, ROMAE ET AVG(usto), denn man hat nicht ROMA für den Nominativ zu halten. — Im Felde steht unter Augustus COM ASIAE, unter Claudius und Nerya COM ASI, was unter Trajan in den Abschnitt gesetzt ist während das Feld von der Umschrift TR POT COS II eingenommen wird. Auf dem mir vorliegenden Cistophorus Domitians (Taf. IV 6) ist im Felde nichts von Schrift zu finden, aber im Abschnitt steht G, was sich auch auf einem anderen Cistopho- über Silbermedaillons. 615 Dieser Augustus ist, wie eine genaue Untersuchung dieser Münzen lehrt, stets der jedesmal regierende Kaiser, dessen Statue also immer an der Stelle der Statue seines Vorgängers im Tempel aufgestellt zu sein scheint. Clau- dius und Domitian sind als Krieger abgebildet, Nerva steht friedlich, heroen- artig da, ganz im Gegensatz dazu Trajan als Feldherr im Panzer und in leb- hafter Bewegung. So klein diese Darstellungen sind, so charakteristisch unterschieden sind sie. Hingegen bleibt die den jedesmaligen Augustus be- kränzende weibliche Gestalt immer dieselbe. Während sie mit der Rechten den Kranz erhebt, hält sie im linken Arm das Füllhorn. In dieser zur klein- asiatischen Tyche passenden Darstellung würde ich Bedenken tragen die Göttin Roma, die man doch hier erwarten mufs, zu erkennen, wenn nicht auf anderen pergamenischen Münzen mit der Aufschrift OEAN PQMHN das Haupt der Göttin mit der Mauerkrone eine überhaupt unrömische Auffas- sung der Roma in Kleinasien bezeugte. Dieselbe Statuengruppe erscheint auf pergamenischen Erzmünzen des Trajan mit der Umschrift ©EA PQMH KAICAPI CEBACTN, und bestätigt, wenn es noch weiterer Bestätigung be- dürfte, dafs unsere Cistophoren mit der Gruppe im Tempel nach Pergamum gehören. Auffallend ist es, dafs der von Augustus bis auf Trajan so häufig dar- gestellte pergamenische Rom- und Augustustempel der Provinz Asia unter Hadrian nicht mehr vorkommt, und dafür unter diesem Kaiser auf den Cistophoren ein Tempel eintritt, welcher, wie die Aufschrift besagt, der Roma und dem Augustus von dem Commune Bithyniae errichtet ist (Taf. IV 9-15). Dies mufs einen historischen Grund haben. Der Tempel der Provinz Asia erscheint unter Hadrian zurückgesetzt, der bithynische bevorzugt. Dieser bithynische Tempel, welchen unsere Cistophoren Hadrians dar- stellen, stand in Nikomedien. Dio sagt(51 20) dafs August den Asianen in Pergamum, denBithyniern in Nikomedien einen solchen Tempel zu bauen ge- BE \\ An m.» ’ e n / RN wo. stattete: rols de dm Zevais ("EAAyvas Fpas Erınaderas) Eaurw Tıva, Tols uev "Arıavors Ev rengepräge Domitians, den drei Feldzeichen, wiederholt (Taf. VI 13°). Den Prägort kann es nicht füglich bedeuten, wie SARD(es) auf Taf. VII 4. — Die Zeit der Prägung. ist bei Claudius und Domitian nicht angegeben, wohl aber bei Augustus (Jahr R. 735-736), bei Nerva (97 nach Chr.) und bei Trajan (98-99 nach Chr.). 616 Pıwver Ilepyauw, reis dt BiSuvols Ev Ninoumdeig reuevisau Emergerbev. Aber weder unter Au- gust noch unter den folgenden Kaisern bis aufHadrian sind Münzen mit diesem bithynischen Tempel, noch auch überhaupt Silbermünzen von der Gemein- schaft Bithyniens geprägt worden, wozu, wie schon erwähnt, es einer beson- deren Erlaubnifs bedurft hätte. Dafs freie Vereine und Versammlungen in Bithynien wenigstens unter Trajan nicht erlaubt waren, ersehen wir aus Schreiben des jüngeren Plinius und Trajans (Plin. Ep. X 36 u. 96). Dazu kommt, dafs Nikomedien, wo der Augustustempel stand, im Anfang der Kaiserzeit noch nicht die vorzüglichste Stadt Bithyniens war, sondern Nicäa, wie Dio (51 20) ausdrücklich sagt. Später aber änderte sich dies. Nach- dem noch unter Trajan Bithynien aus einer Senatsprovinz in eine kaiser- liche Provinz verwandelt worden war, blühte unter Hadrian die Heimat seines Lieblings Antinous, Bithynien, und deren nunmehrige erste Haupt- stadt Nikomedien, durch kaiserliche Unterstützung in hohem Grade auf. Kein Wunder also, dafs die Silberprägung in Nikomedien nun gestattet wurde, wovon unsere Cistophoren mit dem nikomedischen Tempel das Zeugnifs geben. Sie sind für das »owev r7s BerSuvias &v Neiroundeig geprägt, dessen Festspiele auch in einer griechischen Inschrift (no. 1720 des Corpus Inser. gr.) erwähnt werden. Durch diese Münzen nimmt Bithynien Theil an der Prägung von Cistophoren, welche bis dahin, so viel sich wissen läfst, nur der Provinz Asia eigenthümlich waren. Hiezu stimmt auch der Um- stand, welchen ich wenigstens bei den mir bekannt gewordenen Exemplaren bemerkt habe, dafs Hadrians bithynische Cistophoren auf neue Schröt- linge, nicht, wie so viele der übrigen, auf alte Cistophoren geprägt sind. Die von Eckhel (D. N. I 404) besprochene Frage, ob der Tempel auf den Münzen des Commune Bithyniae dem Augustus oder dem Hadrianus ge- widmet sei, erledigt sich von selbst, da auch hier wie bei dem pergameni- schen Tempel der Augustus der eben regierende Kaiser ist. Die Darstellung des bithynischen Tempels ist im Wesentlichen von zweierlei Art. Entweder erscheint er, wie auf Erzmünzen Hadrians welche die Aufschrift KOINON BEIOYNIAC tragen, achtsäulig ohne dafs die Sta- tue sichtbar wird (Taf. IV 12-15), oder die mittleren vier Säulen sind hin- weggelassen, so dafs man im Innern des Tempels die Statue des Hadrianus Augustus erblickt, welcher in Kriegertracht dieRechte auf dieLanze stützend über Silbermedaillons. 617 auf der Linken eine Victoria hält(Taf. IV 9-11)('). ImFelde stehtCom mune Bithyniae, ganz ebenso wie beim pergamenischen Tempel Commune Asiae; aber die Inschrift am Tempelfries lautet ein wenig verschieden. Zwischen ROM und AVG steht nicht wie dort ET sondern $ P. Dies ist räthselhaft. Fast scheint es als seien Senatus und Populus mit in die Inschrift aufge- nommen(*). Dabei ist aber zu beachten dafs auf einem dieser Stücke (Taf. IV 15) aufser der Inschrift am Fries des achtsäuligen Tempels ROM S P AVG, im Felde über COM BIT noch steht S P R, was nach einem schon oben bemerkten asianischen Gebrauche auf anderen Cistophoren ganz sicher für das römische Senatus populusque Romanus gesetzt wird. Dafs dem Senat unter Hadrian eine neue weit höhere Bedeutung und Ehre ertheilt wurde, ist durch Dio (9 2 7) und Spartianus (c. 6 8 18 22) be- zeugt(°). Ein etwas anderes Verhältnifs, als bei Roma und Augustus im pergamenischen Tempel, ist in dem nikomedischen auch dadurch ange- deutet, dafs hier die Göttin Roma nicht mit dargestellt zu werden pflegt, sondern der Kaiser allein. Auch ist die Dedicationsform in der Umschrift des Kopfes zu bemerken: Imperatori Caesari Traiano Hadriano Augusto patri patriae. Diana von Ephesus und von Perga. (Taf. V.) Nicht mehr der ephesische Altar des Augustus, sondern das berühmte alterthümliche Bildnifs der ephesischen Diana erscheint auf den Cistophoren, (') Nach der Beschreibung eines mir nicht vorliegenden Exemplars (No. 98 auf S. 600) soll auch der Kaiser von der Roma bekränzt vorkommen. (°) Der einheimische Senat, JEPA BOYAH oder JEPA TEPOYCIA und das Volk JEPOC AHMOC sind bekanntlich als Personificationen in Asien verehrt und oft- mals dargestellt; aber auch der römische Senat und das römische Volk erscheinen dort abgebildet und genannt, z. B. zusammen auf einer Münze von Synnada: JEPAN CYN- KAHTON Jugendlicher Kopf mit Diadem, Rückseite AHMOC PNMAINN Stehender Mann in der Toga mit einer Schale. Also unmöglich scheint es nicht, dafs dieser Tempel in Bithynien, welches bisher Senatsprovinz war, auch dem Senat und Volk gewidmet wäre, die dem Wesen nach von der Roma kaum zu trennen sind. (?°) Spartian sagt unter andern (c. 8) Senatus fastigium in tantum extulit, ... ut cum Tatianum ex praefecto praetorii, ornamentis consularibus praeditum, faceret senatorem, nihil se amplius habere quod in eum conferri posset, astenderit. Vom Senat als höchster Be- hörde gab es nach Hadrians Anordnung keine Appellation mehr an den Kaiser. Philos.- histor. Kl. 1855. Tiii 618 Pınver welche unter Claudius und Hadrian in Ephesus geprägt wurden. Das alte Tempelbild mit hohem Aufsatz über dem Haupte steht bewegungslos mit eng geschlossenen Beinen und nach beiden Seiten ausgestreckten Armen, welche von zwei Stützen gehalten werden. Durch den mumienartigen Leib ähnelt es dem ältesten ephesischen Münztypus der Biene. Das Bildnifs er- scheint nicht anders als es vor dem Brande Herostrats gewesen sein mufs. Wirklich berichtet Plinius nach dem Zeugnifs seines Zeitgenossen Lieinius Mucianus, der es noch eben betrachtet hatte, dafs es das ursprüng- liche uralte Xoanon sei, welches siebenmal die Wiederherstellung des Tem- pels überdauert habe. Es sei vom Holz des Weinstocks (vitigineum), nicht, wie einige sagen, von Ebenholz; Einreibung von Nardensalbe trage zu sei- ner Erhaltung bei: multis foraminibus nardo rigari, ut medicatus humor alat teneatque iuncturas (Plin. H. N. 16 79). Mucianus sah und beschrieb es, genau in derselben Zeit in welcher unsere Münzen des Claudius geprägt sind; gerade unter dessen Regierung lebte er in Asien, verbannt vom römi- schen Hof. Dafs übrigens die ephesische Diana bei dem zerstörenden Brande ihres Tempels in jener Nacht, in welcher Alexander geboren ward, selbst unversehrt davon gekommen sei, hat nichts unwahrscheinliches. Es erinnert an das Witzwort des Timaeus beim Cicero, da ihr Haus abbrannte sei sie nicht zu Haus gewesen; als Göttin der Geburt habe sie eben der Olympias beigestanden (de nat. deor. II 27). In der That war das Holz- bild leicht aus dem brennenden Tempel zu entfernen. Dieses Idol mit der Umschrift Diana Ephesia erscheint nun unter Claudius auf ephesischen Cistophoren, deren Vorderseite die vereinten Köpfe des Claudius und seiner Gemahlin Agrippina zeigt (Taf. V 1). Unter Hadrian finden wir es wieder, aber hier sind zu dem sonst völlig unver- änderten Bilde noch zwischen dem Körper und den Stützen der Arme zwei Hirsche hinzugekommen, welche in ebenmäfsiger Stellung zu der Göttin hin- aufblicken. Die Umschrift ist Diana Ephesia, oder Diana Ephesia consul tertium, oder blos consul tertium (Taf. V 2-5). Unter denselben beiden Regierungen, von Claudius und von Hadrian, ist nun die ephesische Göttin auch in ihrem Tempel dargestellt. Sie steht, genau wie sie oben beschrieben ist, aber auch unter Hadrian stets ohne die beiden Hirsche, in einem viersäuligen Tempel. Unter Claudius ist die Ar- beit sorgfältiger (Taf. V 6). Der Tempel, welcher sich über vier Stufen über Silbermedaillons. 619 erhebt, zeigt deutlich die ionischen Säulencapitäle. An seinem Giebel hal- ten zwei Figuren einen Medaillon empor, von der Art wie er auch am per- gamenischen Augustustempel und noch am Tempel in Pola zu sehen ist; zwischen und neben den Figuren sind drei architektonische Abtheilungen wie Nischen oder Thüren, und in den beiden Ecken erkennt man noch eine ausschmückende Sculptur. Im Felde steht DIAN EPHE. Dieselbe Dar- stellung ist unter Hadrian etwas roher gearbeitet (Taf. V 7); der Tempel, welcher auf drei Stufen steht, hat im Giebel nicht mehr die beiden Figuren oder sonstigen Schmuck der Sculptur, wiewohl die Andeutung des Medail- lons und der Nischen geblieben ist, aber über dem Dache ist ein auffallender architektonischer Zierath hinzugekommen. Es steht jetzt im Felde DIANA, im Abschnitt der Münze EPHESIA. Einmal ist unter Hadrian, bei derselben Inschrift, der Tempel, in wel- chemDiana steht, sechssäulig, auf vierStufen, gebildet (Taf. V 8). Diese Verschiedenheit in der Abbildung desselben Gegenstandes darf nicht befrem- den. Die antike Kunst verschmäht es, die ganze Wirklichkeit im engen Raume unvollkommen wiederzugeben (wie es auf modernen Medaillen geschieht), und zieht eine abgekürzte, vereinfachte, aber klare und in sich vollendete Darstel- lung vor. Je nach derGröfse der Stücke und der Anordnung des Typus hat der ephesische Dianentempel auf Erzmünzen der Kaiser 8 oder 4 oder 2 Säulen. In Wirklichkeit zeigte er in der Fronte 8 Säulen und an jeder Seite 15, in doppelter Reihe, als Muster eines vollkommenen ionischen Tempels, wofür ihn Vitruv ansieht; die Gesammizahl seiner Säulen betrug nach Plinius 127, eine ungleiche Zahl, deren Richtigkeit gegen Hirt und Leake, die 123 lesen wollen, von Guhl (Ephesiaca p. 172) vertheidigt wird. Die Darstellungen der ephesischen Diana und ihres Tempels auf den Silbermünzen Asiens finden sich nie unter denjenigen Kaisern, welche zwi- schen Claudius und Hadrian regiert haben(!). Gleichwohl wurden unter einigen derselben viele Cistophoren geprägt, namentlich unter Nerva und Trajan. Diese Bemerkung wird noch auffallender dadurch, dafs unter Nerva und Trajan auf diesen Münzen statt der Diana von Ephesus die Diana von Perga vorgestellt wird, welche wieder nicht früher noch später (') Ein dem Vespasian zugeschriebener Medaillon entbehrt, wie oben S. 584 bemerkt worden, der Beglaubigung. Tiii 2 620 Pıswver auf ihnen erscheint. Auch dies mufs einen historischen Grund haben. Schwankungen in der Bevorzugung des einen oder des anderen Cultus kom- men vor, wozu es auch aus der späteren Geschichte Parallelen giebt. Dafs Hadrian den Cultus der ephesischen Diana, wenn er in Verfall gerathen war, wieder hob, ist bei seiner Vorliebe für alterthümliche, auswärtige Gott- heiten nicht anders zu erwarten(!). Das Wiedererscheinen der ephesischen Diana auf seinen Münzen stimmt sehr wohl dazu, dafs die grofsen Marmor- statuen dieser Göttin, wie sie im Vatican und im Museo Borbonico stehen, ebenfalls dem Zeitalter Hadrians ihre Entstehung verdanken. Die vatica- nische wurde in der Villa Hadrians bei Tivoli gefunden. Warum aber fehlt auf unseren Münzen die ephesische Diana vor Hadrian? warum seit Claudius? In den letzten Regierungsjahren des Claudius war der Apostel Pau- lus nach Ephesus gekommen, hatte dort über zwei Jahre gelehrt, und eine christliche Gemeinde gegründet, welche schnell in dem Grade angewachsen war, dafs der Dienst der ephesischen Diana schon vernachlässigt wurde. Ihre Verehrer machten einen Volksaufruhr. An ihrer Spitze stand ein an- gesehener Silberschmid (dgyvgoxoros) Namens Demetrius, welcher eine Fa- brik von silbernen Modellen des Dianentempels (wie wir ihn im Kleinen auf unseren Münzen sehen) besafs, und bisher viele Arbeiter damit beschäftigt hatte. Er schilderte seinen Gesellen und Zunftgenossen den Verfall ihrer Religion und ihres Gewerbes: „der Tempel der grofsen Göttin Diana wird für nichts geachtet und wird dazu ihre Majestät untergehen” sagt er in der Apostelgeschichte c. 19 v. 27. Es gab ein Getümmel des Pöbels. Aber die Behörden zeigten schon dabei keinen Eifer für die Göttin; ja selbst einige der Asiarchen, welchen doch die Aufsicht über die Gottesdienste ob- lag, standen auf der Seite des Paulus und waren seine Freunde. Der Kanz- ler derStadt, wieLuther den Yoauuareus übersetzt, beschwichtigte die Menge. Wir wissen nur im Grofsen welche Übermacht bald das Christenthum in Asien über die heidnischen Culte gewann, und einige Zeit später bezeugt (') Dals dies nicht durch Spartians Äufserung (c. 22) widerlegt wird, sacra Romana diligentissime curavit, peregrina contempsit, ersieht man schon aus der Menge fremder, zum Theil ägyptischer Gottheiten, die Hadrian in seiner Tiburtinischen Villa um sich versam- melt hatte, und die jetzt die römischen Sammlungen zieren. über Silbermedaillons. 621 der jüngere Plinius in den Berichten, welche er aus Bithynien an den Kaiser Trajan sandte, dafs dort die Göttertempel verödet stäinden. Für Ephesus, dessen Geschichte unmittelbar nach Paulus Anwesenheit wir wenig ken- nen, giebt nun die aus den Münzen gezogene Bemerkung hierüber ein eigen- thümliches Zeugnifs. Später suchte Trajan durch Staatsmafsregeln das Hei- denthum wieder zu heben. Er soll auch (nach Cedrenus I 565 ed. Bonn.) dem ephesischen Dianentempel neue Thüren geschenkt haben; und unter seinem Nachfolger Hadrian erscheint die ephesische Göttin wieder auf den Silbermünzen. Aufser den schon besprochenen streng ephesischen Darstellungen die- ser asiatisch- griechischen Göttin kommt sie auf Hadrianischen Cistophoren noch in zwei anderen Weisen vor, einmal (Taf. V 9) aus der strengen Form sich lösend, zwar noch mit dem hohen steifen Kopfaufsatze und in dem lan- gen Gewande, aber in etwas bewegter Stellung, in der Linken den Bogen, in der Rechten die Opferschale, vor ihren Fülsen die Hirschkuh; das andere Mal (Taf. V 10) völlig dem alterthümlichen Typus fremd, hochgeschürzt, mit Bogen und Köcher, in der Linken die lange Fackel, in der Rechten Opferschale, vor ihr die Hindin. Nur der Kopfschmuck erinnert an die ephesische Herkunft. Roher und unförmlicher als die ephesische Diana ist die pergäische auf den erwähnten Cistophoren des Nerva und Trajan (Taf. V 11-14). An der conischen verhüllten Gestalt ist nur der von hohem Aufsatz über- ragte Kopf über einer Mondsichel erkennbar und darunter mehrere verzierte Zonen, — das Ganze innerhalb eines zweisäuligen Tempels, meist mit der Auf- schrift am Fries DIANA PERG. Unter 'Trajan erscheint dieses Bild auch ohne den Tempel (Taf. V 14). Die Gestalt dieser seltsamen pamphyli- schen Göttin, deren gleich den Bettelmönchen herumwandelnde Priester bekannt sind, ist uns nur durch die Münzen überliefert(!). (‘) Man kann um so weniger bestimmt behaupten, dafs diese provinziellen, nicht städti- schen Münzen in Perga selbst, aufserhalb des ursprünglichen Bereiches der Cistophoren, ge- prägt sind, als eine mit griechischer Inschrift (AHMAPX €Z YNATO 5) versehene Silbermünze Trajans mit derselben Vorstellung der pergäischen Diana im Tempel, einen an- deren Charakter hat. Letztere wiegt (Exemplar der hiesigen Königlichen Sammlung) 8,95 Gramme, der Cistophorus aber (Pariser Exemplar) 11,3 Gramme. — Während von Hadrian kein Cistophorus mit der Darstellung der Diana von Perga vorliegt, findet sich dieselbe un- 622 Pınver Portraitköpfe aus der Kaiserfamilie. (Taf. V 1... VI:.2-6.) Unter Claudius erscheint zum ersten Male auf dieser Münzart zu- gleich mit dem Portrait des Kaisers das Bildnifs der Kaiserin, wozu des Antonius Cistophoren schon ein Vorbild geliefert hatten. Der Kopf der Agrippina mit der Umschrift Agrippina Augusta Caesaris Augusti nimmt die eine Seite, der Kopf ihres Gemahles Claudius die andere Seite der Münze ein (Taf. VI 1). Diese interessanten Gepräge zeigen die be- rüchtigte Agrippina (welche am 6. November des Jahres 16 nach Chr. ge- boren war) in einem Alter von drei und dreifsig Jahren, ein Jahr nach ihrer Verheirathung mit Claudius. Sie gehören, wie die Umschrift des Kaiser- kopfes lehrt, in das Jahr 50 nach Chr., dasselbe Jahr in welchem Agrippina den Titel Augusta erhielt, und in welchem der Ort ihrer Geburt, Cöln am Rhein, als römische Colonie mit ihrem Namen Colonia Agrippina benannt wurde(!). Sie erscheint hier, im Anfang ihrer Macht, unbekränzt. Aber auf den schon oben erwähnten ephesischen Cistophoren mit den gepaarten Köpfen des Claudius und der Agrippina (Taf. V 1), wo ihre älteren Züge ein späteres Prägejahr bezeugen, trägt sie, gleich dem Kaiser neben ihr, einen Lorbeerkranz, ihrer Herrschaft über den Herrscher der Welt ent- sprechend (?). Wie man um dieselbe Zeit, in welcher die früheren Cistophoren der Agrippina in Asien geprägt wurden, dort auch ihrem vierzehnjährigen Sohn Nero, der durch das proconsulare imperium extra urbem damals eine be- sondere Beziehung zu den Provinzen erhielt(°), durch Münzen schmeichelte, zeigt der mit dem Kopfe des Knaben geprägte Cistophorus aus dem Jahre 51, der die Inschrift trägt Neroni Claudio Caesari Druso Germa- nico, und ferner consuli designato principi iuventutis, welche ter seiner Regierung auf griechischen Erzmünzen dieser Stadt, z. B. auf dem folgenden vorzüglichen Stück, dessen Erwerbung für das Königliche Cabinet, zugleich mit einer grö- (seren Sammlung von Capranesi in Rom, Herrn Julius Friedlaender verdankt wird: AAPIA- NOC KAICAP OAYMNMIOC Lorbeergekränzter Kopf Hadrians rechtshin, Rückseite AP- TEMIAOC MEPFAIIAC Das alterthümliche Idol der Artemis in einem sechssäuligen Tempel, Ae. 10. (') Tacitus Ann. 12 27. (?) Römische Denare zeigen sie als Ceres ährenbekränzt. (°) Tacitus Ann. 12 41. über Silbermedaillons. 623 letztere Worte auf einem lorbeerumkränzten Schilde geschrieben stehen (Taf. VI 2). Ein ähnlicher Schild auf einer Erzmünze Neros in der Kö- niglichen Sammlung, einem Sestertius aus derselben Zeit, trägt die Auf- schrift Equester ordo principi iuventutis, und ist dadurch als das übliche Geschenk des Ritterstandes an den Princeps iuventutis bezeichnet ('). Wie unterClaudius Agrippina, so erscheint unter Domitianus seine Ge- mahlin Domitia auf der einen Seite der Cistophoren abgebildet, während die andere Seite das Bildnifs ihres Gemahles trägt. Beide auf diese Weise vom Kaiser geehrte Kaiserinnen, Agrippina und Domitia, haben es mit ein- ander gemein, dafs ihnen die Ermordung ihrer Gatten schuld gegeben wird. Ein Cistophorus der Domitia (Taf. VI 3) ist gegen Ende des Jahres 81 nach Chr. oder zu Anfang des Jahres 82 geprägt; sie heifst hier noch nicht Au- gusta sondern Domitia Domitiani Augusti. Auf einem zweiten (Taf. VI 4) ist das Ste Consulatsjahr Domitians genannt, also das Jahr 82 nach Chr., in welchem Domitia einen Sohn gebar, und zur Augusta erhoben wurde, ein Ehrentitel welcher ihr auf diesem Cistophorus beigelegt ist(?). Auf einer hiervon verschiedenen Art ihrer Cistophoren bildet nicht der Kaiserkopf das Gepräge der andern Seite, sondern Domitia selbst als Venus Augusta, während die Vorderseite von ihrem Kopf mit der Umschrift Do - mitia Augusta eingenommen wird (Taf. VI 5). Sie sind im Jahr 82 oder später geprägt. Aufser der Domitia wurde unter dem Kaiser Domitian auch seine von ihm geliebte Nichte Julia, des verstorbenen Titus Tochter, Julia Au- gusta divi Titi filia, wie die Umschrift ihres Kopfes lautet, auf Cisto- phoren abgebildet (Taf. VI 6). Die Rückseite zeigt die sitzende Vesta, deren reine Gottheit zu dem ehebrecherischen Verhältnifs zwischen Julia und Domitian wenig pafst. Gerade die am meisten vermifsten Tugenden wurden den Kaiserinnen beigelegt, den ausschweifendsten die Pudicitia, welche daher einen vorzüglichen Typus der jüngeren Faustina bildet. In Kleinasien, wo dieser Cistophorus zwischen den Jahren 81 und 90 geprägt (') Dieses vorzügliche und in keinem Exemplar weiter bekannte Stück, dessen Erwer- bung Herrn J. Friedlaender verdankt wird, ist abgebildet in meiner Schrift über die antiken Münzen der Königlichen Sammlung, Tafel II 2. (?) Eckhels chronologische Auseinandersetzung (VI 400) wird durch diese beiden da- tirten Münzen, welche er noch nicht kannte, vollkommen bestätigt. 624 PınpDer ist, wurde Julia namentlich zu Ephesus geradezu wie eine Gemahlin Do- mitians gefeiert(!). Drei Feldzeichen. GERN 9-49) Ein häufiger Typus der Medaillons, welcher unter Titus beginnt, und unter Domitian, Nerva, Trajan und Hadrian sich wiederholt, sind die drei Feldzeichen, ein allgemeines Symbol der römischen Kriegsmacht. In der Mitte steht immer der Legionsadler, meistens mit einem Kranz im Schnabel, unter Hadrian auch mit einem Blitz in den Klauen (Taf. VI 17). Zu beiden Seiten sind zwei Cohortenzeichen, das linke mit einer Hand, das rechte mit einem Fahnentuche; doch ist unter Titus diese Anordnung um- gekehrt (Taf. VI 9), und unter Hadrian kommen auch beide Cohortenzei- chen mit dem Fahnentuche vor (Taf. VI 18). Wo eine Beischrift vorhan- den ist, enthält sie nur das chronologische Datum, aus welchem man ersieht, dafs unter Domitian in seinem isten, 2ten und 45ten Regierungsjahre mit diesem Typus geprägt wurde (im J. 81 82 95 nach Ch.), unter Nerva in seinem sten und 2ten Regierungsjahre (96 und 97 nach Chr.), unter Tra- jan in seinem 2ten Regierungsjahre (99 nach Chr.), und unter Hadrian seit seinem 3ten Regierungsjahre (119 nach Chr.). Eine dieser Münzen Do- mitians aus dem Jahre 95 (Taf. VI 13°) hat unten dieselbe Bezeichnung G, welche auch auf seinem Cistophorus mit dem pergamenischen Tempel sich findet (Taf. IV 6). Der Typus der drei Feldzeichen, welcher auch auf einer griechischen Silbermünze Trajans vorkommt, wiederholt sich noch in später Zeit (205-207 nach Chr.) auf einem Silbermedaillon Caracallas von ähnlichem Charakter, den man vielleicht nicht mehr zu dieser Münz- klasse rechnen darf (Taf. VI 19). Von ganz anderem Charakter sind die dünnen Silbermünzen mit den Feldzeichen aus noch späteren Regierungen. Consecrationsaltar. (Taf. VI 8.) Dem Domitian eigenthümlich ist als kleinasiatischer Typus der Altar für seinen vergötterten Vater. DivoVespasiano ist die Inschrift bei diesem (‘) Philostr. Vita Apollon. 7 7. über Silbermedaillons. 625 Consecrationsaltar, dessen Beziehung auf den Verstorbenen durch die ge- schlossenen Thürflügel, welche er zeigt, angedeutet zu werden scheint. Diese Cistophoren sind gleich beim Regierungsantritt Domitians, in den letzten Monaten des Jahres 81 nach Chr., seit dem 13ten September, geprägt. Capitolium restitutum. (Eak& VI, 7.) Unter den verschiedenen Cistophorengeprägen Domitians bildet eines der bedeutendsten der von Domitian wiederhergestellte Tempel des capito- linischen Juppiter. Der Tempel war beim Kampfe gegen Vitellius ein Raub der Flammen geworden; er war alsbald von Vespasian wieder hergestellt, und schon unter Titus durch die grofse Feuersbrunst des Jahres 80 von neuem zerstört worden. Die von Titus begonnene Wiederherstellung voll- endete Domitian, — man würde nicht wissen in welchem Jahre, wenn es nicht unser Cistophorus lehrte, der beim Kopfe Domitians die Aufschrift trägt COS VIII, das ist im Jahre 82 nach Chr. Der viersäulige Tempel mit der Beischrift Capitolium restitutum zeigt zwischen seinen Säulen in der Mitte den thronenden capitolinischen Juppiter, zu seiner Linken die stehende Juno, zu seiner Rechten Pallas, an dem Ehrenplatze, welcher ihr nicht blos als der bevorzugten Göttin Domi- tians, sondern nach allgemein römischer Ansicht zukam : proximos illi tamen occupavit Pallas honores. Mannigfaltige Typen Hadrians. (Taf. VIL VIIL) Während unter Nerva und Trajan auf diesen Münzen keine neuen Typen, aufser der pergäischen Diana, zu den früheren hinzukommen, er- scheint hingegen auf den Cistophoren Hadrians die ganze Fülle und Man- nigfaltigkeit der heidnischen Götterwelt, mit dem besonderen Localcharakter Kleinasiens. Auf diesen Geprägen sind die längst zertrümmerten Tempel- statuen der kleinasiatischen Städte in Abbildungen erhalten, der karische Zeus Osogoa und Zeus Labrandeus von Mylasa, Zeus Stratios mit Schild und Lanze, der milesische Apollon Didymeus mit dem Hirsch auf der Hand, Äsculap von Pergamum, Persephone von Sardes, Cybele und die doppelte Nemesis von Smyrna u. s. w., eine lange Reihe von Göttern und Philos.- hist. Kl. 1855. Kkkk 626 Pınver Halbgöttern, welche unter Hadrian noch einmal in Kunst und Cultus aufge- frischt eine neue Geltung gewannen. Nicht mythologische Erklärungen, sondern nur einige numismatische Notizen, vorzüglich über die Prägstädte welchen diese Typen angehören, sollen hier folgen. Es ist schon bei Gelegenheit des bithynischen Tempels von Nikomedien bemerkt worden, dafs unter Hadrian die Prägung von Sil- bermedaillons nach dem Cistophorensystem sich nicht blos auf die früheren Prägstädte der Cistophoren beschränkte. Wir werden aufser Nikomedien hier auch den Prägstädten Milet und Mylasa begegnen. Von den Vorstellungen, welche die Regierung Hadrians mit den frühe- ren Regierungen gemein hat, der ephesischen Diana, den Ähren und denFeld- zeichen, auch dem bithynischen Tempel, ist schon oben gesprochen worden. Der langbekleidet stehende Juppiter Laodicenus mit dem Adler auf der Rechten und dem Scepter in der Linken (Taf. VII 1) ist der be- kannte unterscheidende Typus der Cistophorenprägstadt Laodicea in Phrygien, welcher ebenso auch auf Erzmünzen Hadrians sich findet, die diese Prägstadt ausdrücklich nennen. Das karische Idol des langbekleideten Juppiter Labrandenus mit Modius, Doppelaxt und Speer, und mit Stützen unter den Armen (Taf. VII 2) ist das Gepräge der Stadt My.lasa in Karien, auf deren Erzmedaillons dieses £savev, von dem Strabo spricht (p. 659), genau ebenso abgebildet er- scheint. In etwas freierer Haltung steht bekanntlich die Gottheit mit dem Doppelbeil auf den karischen Königsmünzen. In Hadrians Zeit war man ausdrücklich auf die urälteste Gestalt zurückgegangen, welche auf der Münze unverändert nachgeahmt wurde. — Doch erscheint der karische Juppiter auf einem anderen Medaillon Hadrians (Taf. VII 3) auch in bewegterer Stellung, unbekleidet, nur mit dem leichten Gewand über dem Arme, und hält hier Doppelaxt und Adler; ebenso sehen wir ihn auf einem späteren Erzme- daillon der Stadt Mylasa(!), als deren Typus auch der Adler allein vor- kommt. Es giebt öftere Beispiele einer wechselnden, mehr oder minder strengen Münzdarstellung einer alterthümlichen Localgottheit, wie man dies bei der Diana von Ephesus (s. Taf. V 9) und von Perga sehen kann. Doch könnte man geneigt sein, in diesem karischen Juppiter mit dem Adler das (') Mionnet Suppl. VI 513 378. über Silbermedaillons. 627 Tempelbild des bei Strabo angeführten dritten Zeustempels von Mylasa zu erkennen, während die beiden anderen Zeustempel dieser Stadt sicher dem Labrandenus und dem sogleich zu erwähnenden Osogoa angehörten: rgirov 6° Erriv iepöv ToU Kagicu Ausg zowov dravruv Kagav, 00 uereoTi zul Audeis zal Murcis us @derdeis (Strabo 14 p. 659). Zu der bärtigen kurzbekleideten Figur mit Lanze, Schild und Adler (Taf. VII 4) würde der Name eines Zeus Zrgarıos oder "Ageıos passen. Dafs es auch einen vom Labrandeus verschiedenen Zeus Stratios in Kleinasien gab, ersieht man aus Appian('). Der thronende Juppiter Nicephorus, von welchem zwei ver- schiedene Darstellungen vorliegen (Taf. VII 5 6), ist unter den Cistophoren- städten vorzüglich für Tralles und Smyrna charakteristisch(?). Zenoposeidon, dessen karisches Hieron zweimal bei Athenäus er- wähnt wird(?), und der bei Strabo (p. 659) und auf Inschriften von Mylasa auch den einheimischen Namen Osogoa trägt(*), ist in der langbekleideten bärtigen Gestalt zu erkennen, welche auf der Linken den Adler des Zeus, in der Rechten den Dreizack des Poseidon hält, und zu deren Füfsen ein Seekrebs liegt oder sich aufrichtet (Taf. VII 7 8). Der Tempel dieses Got- tes befand sich, wie der des Labrandenus, zu Mylasa, und zwar in der Stadt selbst, während der Labrandenische aufserhalb stand, wie Strabo sagt Ey,ounı 0° oi MuAareis ieg« duo Tod Aıcs, rev TE OToyua wuAounevou xal Aaßgavvönvoo, To uEv Ev rn more, vw 8 Aagauvda zwun ärrivete. Dafs dort auch die Münzen geprägt sind, hat man nicht zu bezweifeln. Ein eigenthümlicher Beweis da- für, dafs die Darstellung des Zeus Labrandeus (Taf. VII 2) und die des Ze- noposeidon (Taf. VII 7) aus einer und derselben Prägstätte hervorgegangen (') Appian Mithrid. 66. Vgl. Plutarch Eumen. 17. (?) Als charakteristisches Gepräge einer Stadt giebt sich eine solche Darstellung kund, wenn sie bei einer Homonoia eben diese Stadt bezeichnet, z. B. Mionn. III 103 317 EBECINN KAI TPAAAIANDN OMONOIA Diana von Ephesus und thronender Juppiter Nicephorus von Tralles; oder Mionn. III 232 1299 CMYP AAO etc. Thro- nender Juppiter Nicephorus von Smyrna und stehender Juppiter Laodicenus. (?) Athen. II p. 42 und, aus Machon, VIII p. 337. (*) Auf zwei Inschriften von Mylasa: Legeüs Ars ’Oroyaa Ars Zyvororsiößvos, s. Henzen im Bullet. Archeol. 1849 p. 187. Die Form des Namens ist verschieden gefalst worden; Meineke Vind. Strab. 226 entscheidet sich für 'Orsysa. — Vgl. über die Gottheiten von Mylasa auch O. Jahn in den Annali XIV 209. Kkkk2 628 Pınver sind, liegt in dem Umstande dafs die Kopfseiten der beiden hier abgebildeten Münzen, der ersteren im Besitze des Colonel Leake in London, der letz- teren in der kaiserlichen Sammlung zu Paris, aus einem und demselben Stempel geprägt sind. — Erzmünzen mit dem Namen der Stadt Mylasa zeigen auf ihren beiden Seiten die beiden Symbole des Zenoposeidon, Adler und Dreizack, welchem letzteren zuweilen auch der Seekrebs hinzugefügt ist; andere vereinigen die Andeutung des Labrandenus und des Osogoa, wie eine kleine Erzmünze der Königlichen Sammlung: Doppelbeil, Rückseite MYAAZENN Dreizack, Ae. 1. Der auf Taf. VII 9 dargestellte emporblickende Adler auf dem Blitze läfst sich natürlich nicht einer bestimmten Cistophorenprägstadt aus- schliefslich beilegen; in ganz gleicher Gestalt findet er sich z. B. auf Mün- zen von Pergamum. Auch die Darstellung des Neptun, der hier sowohl in ungewöhn- licherer Weise an einem Altar opfernd abgebildet ist (Taf. VII 10), als auch in seiner typischen Stellung mit Dreizack und Delphin einen Fufs auf das Schiffsvordertheil setzend (Taf. VII 11), ist nicht auf eine einzelne Präg- stadt zu beschränken. Unter den Cistophorenstädten pflegten Ephesus und Apamea, wo Poseidon vorzüglich verehrt wurde, ihn nicht auf ihren Mün- zen darzustellen; aber auf Münzen von Thyatira findet er sich in derselben Auffassung wie hier Taf. VII 11. Der berühmte milesische Apollon Didymeus mit dem Bogen in der Linken und dem Hirsch auf der Rechten (Taf. VII 12 13) ist ganz wie auf diesen Medaillons, im Tempel oder auch allein, auf Erzmünzen mit dem Namen der Prägstadt Milet oder mit der Beischrift AIAYMEYC MIAHCIQN dargestellt, und man hat keine Ursache zu zweifeln, dafs auch diese Medail- lons daselbst geprägt sind. Der langbekleidete Apollo mit Lyra und Plectrum (Taf. VII 14) ist in ganz gleicher Darstellung auf Denaren Hadrians durch die Unterschrift ACT als Apollo von Actium bezeichnet. Er ist keiner Cistophorenstadt eigenthümlich; ihn Parium zuzutheilen hat man keinen genügenden Grund; er kommt in Lampsacus vor. Äsculap (Taf. VII 15 16) weist nach seiner vorzüglichen Heimath Pergamum. über Silbermedaillons. 629 Lunus (Taf. VII 17) ist unter Hadrian und den folgenden Kaisern der charakteristische Typus der Cistophorenprägstadt Nysa, während er ebenso auch in Sardes vorkommt. Der unbenannte Flufsgott (Taf. VII 18) eignet natürlich vielen Städten; er ist ähnlich dargestellt auf Erzmünzen von Tralles, Ephesus, Smyrna, Sardes, Thyatira. Ceres, welche hier aufser den Ähren die Fackel oder das Scepter hält (Taf. VIII 1 2) kann ebenfalls keiner Stadt ausschliefslich zugeschrieben werden; sie findet sich in ganz gleicher Weise auf Kaisermünzen von Nysa, während sie auch auf autonomen von Thyatira, Sardes, Parium vorkommt. Das zwischen Ähren und Mohn stehende verhüllte Idol der Proser- pina (Taf. VIII 3 4) ist der charakteristische Typus von Sardes; eines dieser Gepräge nennt ausdrücklich diese Stadt in der Aufschrift SARD (Taf. VIII 4). Die Attribute der Proserpina Ähren und Mohnhaupt sind auf einem Silbermedaillon Hadrians auch allein dargestellt (Taf. III 12). Kaisermünzen von Sardes zeigen die Cista, aus welcher eine Schlange sich emporrichtet, zwischen Ähre und Mohnhaupt. Andere stellen den Raub der Proserpina dar oder nennen ihr Fest KOPAIA. Pallas mit Schale, Schild und Lanze (Taf. VIII 5 6) kommt in gleicher Weise auf Erzmünzen Hadrians von Thyatira, auch sonst in der Kaiserzeit zu Pergamum vor. Cybele, wie sie hier auf zwei Geprägen Hadrians und auf einem sei- ner Gemahlin Sabina dargestellt erscheint (Taf. VIII 7-9), ist als charak- teristischer Typus in Smyrna unter Hadrian und anderen Kaisern ge- wöhnlich. Ebenso ist die doppelte Nemesis (Taf. VII 10) ein unterschei- dendes Gepräge von Smyrna. Es kommt unter andern mit der Cybele vereinigt vor auf einer smyrnäischen Münze des Septimius Severus, auf wel- cher Cybele die doppelte Nemesis auf ihrer vorgestreckten Rechten hält. Die sitzende Tyche, welche hier aufser dem Steuerruder nicht das Füllhorn, sondern das Scepter hält (Taf. VII 11), läfst sich ihrer Natur nach keiner bestimmten Stadt zutheilen. Wenn man Bedenken trägt, die weiblich gekleidete Figur mit Rabe und Lorbeerzweig (Taf. VIII 12) für den weissagenden Apollo selbst anzu- sehen (wie auf späteren Münzen von Patara in Lycien, Mionn. III 441 58 ff.), 630 Pınper so könnte man, bei dem völlig weiblichen Charakter dieser Gestalt, darin etwa die erythräische Sibylle vermuthen. Die auf Tafel VIII 13 dargestellte weibliche Figur mit Modius, Füll- horn, Ölzweig, Schiffsschnabel, und Anker im Felde, erinnert bei dieser Häufung der Attribute zugleich an die PAX und an die ASIA auf Denaren Hadrians, und scheint die Begriffe beider zu verbinden, also den Segen des Friedens mit besonderer Beziehung auf die Provinz Asien, wo die Münze geprägt ist, zu bezeichnen. Die sitzende Roma (S. 598 No. 86), welche auf Denaren Hadrians mit der Aufschrift ROMA FELIX oder ROMAE AETERNAE gebräuchlich ist, kommt ähnlich auf Städtemünzen Asiens, z. B. in Thyatira, vor. Die- ser Typus von allgemein römischer Bedeutung wurde, wie die drei Feld- zeichen, auch später wiederholt, und findet sich auf einem Silbermedaillon noch unter Septimius Severus (Taf. VIII 16). — Auch der Lorbeerkranz der nur die Inschrift COS Ill umgiebt (Taf. VIII 14) läfst sich natürlich keiner Prägstadt mit Bestimmtheit zuweisen. Die Kopfseite ist aus demsel- ben Stempel mit Taf. VIH 13. In ganz ungewöhnlicher Weise ist unter Hadrian ein asiatischer Sil- bermedaillon mit Kopf und Inschrift des Augustus (Imperator Caesar Au- gustus) geprägt worden (Taf. VIII 15), dessen Rückseite eine Statue in der Toga mit Ähren in der Rechten und einem kurzen Stäbchen in der Linken darstellt. Eckhel (V 103) vermuthet darin eine der in Asien dem Augustus geweihten Statuen, welche, zufolge der Inschrift Hadrianus Augustus pater patriae renovavit, von Hadrian erneuert und wiederhergestellt worden sei. Das auf Münzen ungewöhnliche renovavit, auf einen wiederhergestellten Tempel oder dessen Statue bezogen, könnte kein Bedenken erregen. Ci- cero sagt: vides Honoris templum a M. Marcello renovatum (nat. deor.2 23). Ein ausdrückliches Zeugnifs eines Schriftstellers für diese Wiederherstellung darf man nicht erwarten. Spartianus erzählt nur (Hadr. ce. 13) per Asiam iter faciens templa sui nominis consecravit; aber bei der hispanischen Reise Hadrians erwähnt er (c. 12) Tarracone ... sumptu suo aedem Augusti resti- tuit; und dafs er ähnliches in Asien gethan ist ganz glaublich. Die einzige römische Restitutionsmünze Hadrians hat es mit unserm Medaillon gemein, auch nicht, wie die Mehrzahl der Restitutionsmünzen, nur einen früheren Münztypus zu wiederholen; sie zeigt den Kopf Trajans mit der Umschrift über Silbermedaillons. 631 DIVVS TRAIANVS PATER AVGVSTVS, und auf der Rückseite den an einem Altar opfernden Hadrian mit der Umschrift IMP HADRIAN DIVI NER TRAIAN OPT FIL REST (t). Ungeachtet, wie wir gesehen haben, für viele der kaiserlichen Cisto- phoren oder Silbermedaillons sich die Prägstadt angeben läfst, so bleibt doch eine Anzahl von solchen übrig, bei welchen dies entweder gar nicht oder doch nicht mit Sicherheit geschehen kann. Fragt man nun, an wel- cher Stelle man diese Münzen im numismatischen System einordnen, wo man sie in den Sammlungen hinlegen soll, so scheint es sehr unzweckmäfsig, die einen zu ihren Prägstädten zu legen, die unbestimmten aber von ihnen zu trennen. Sie sind überhaupt nicht für eine Stadt sondern für ein Land geprägt, ebenso wie dies bei den eigentlichen Cistophoren der Fall ist, un- geachtet diese eine kurze Andeutung des Stadtnamens enthalten. Da auch aus noch früherer Zeit die anonymen Stateren, welche einen gemeinsamen Curs in Kleinasien hatten, einzelnen Prägstädten höchstens nach Vermuthung zugetheilt werden können, so erscheint es als das Zweckmäfsigste, eine Ab- theilung, welche die gemeinsamen Münzen Kleinasiens enthält, mit diesen Stateren zu beginnen, darauf die eigentlichen Cistophoren folgen zu lassen, und daran die kaiserlichen Silbermedaillons des Cistophorensystems anzu- schliefsen. (') Sollte, was sich nicht deutlich ersehen lälst, auf einem Exemplar unseres Medaillons OPT stehen, welches sonst in der Dedicationsform vorzukommen pflegt, so wäre dies dem pro- vinziellen Gepräge und insbesondere dieser Darstellung ganz angemessen. 632 No. 1 No. 2 No. .3 No. 4 No. 5 No. 6 No No. 8 No. 10 No. 11 No. 12 No. 13 No. 15 No. 16 No. 17 No. 18 No. 19 No. 20 No. 21 No. 22 No. 23 No. 24 No. 25 No. 26 No. 27 No. 28 No. 29 No. 30 No. 31 No. 32 PınvEr Verzeichnifs der Abbildungen. Tafel I. Cistophorus von Adramyttium, s. S. 557 No. 1. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. von Adramyttium, s. S. 557 No. 3. von Apamea, s. S. 557 No. 8. von Ephesus, s. S. 558 No. 22. von Laodicea, s. S. 561 No. 62. von Nysa, s. S. 561 No. 67. Parium zugeschrieben, s. S. 562 No. 72. 9 desgl. von Pergamum, s. S. 562 No. 77 und S. 563 No. 123. desgl. desgl. von Sardes, s. S. 564 No. 132. von Tralles, s. S. 565 No. 143. Halber Cistophorus von Ephesus, s. S. 560 No. 55. 14 Viertel des Cistophorus von Ephesus, s. S. 560 No. 56 57. Halber Cistophorus von Tralles, s. S. 566 No. 163. desgl. von Tralles, auf ein Rhodisches Didrachmon geprägt, s. S. 566 No. 167. Cistophorus von C. Fabius, zu Apamea geprägt, s. S. 567 No. 173. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. von C. Fabius, zu Tralles geprägt, s. S. 567 No. 176. von T. Ampius, zu Ephesus geprägt, s. S. 568 No. 178. von T. Ampius, zu Tralles geprägt, s. S. 168 No. 181. von C. Pulcher, zu Ephesus geprägt, s. S. 168 No. 183. von C. Pulcher, zu Tralles geprägt, s. S. 569 No. 187. von C. Fannius, zu Apamea geprägt, s. S. 569 No. 188. von C. Fannius, zu Tralles geprägt, s. S. 570 No. 191. von Q. Metellus Scipio, zu Pergamum geprägt, s. S. 570 No. 192. von P. Lentulus, zu Apamea geprägt, s. S. 570 No. 194. von P. Lentulus, zu Laodicea geprägt, s. S. 570 No. 195. von Ap. Pulcher, zu Laodicea geprägt, s. S. 571 No. 199. von M. Tullius Cicero, zu Laodicea geprägt, s. S. 571 No. 201. von einem römischen Quästor, zu Pergamum geprägt, s. S. 571 No. 203. Tetradrachme von Side, mit dem Einschlag von Tralles (Rückseite: Victoria links- hin mit einem Kranz in der Rechten, im Felde Granatapfel und AEIN), Exemplar der Sammlung von $. Marco in Venedig, s. S. 552 Anm. 1. Alexandrinische Erzmünze Hadrians in Berlin, mit der Vorderseite AYT KAI TPAI AAPIA CEB Lorbeergekränztes Brustbild Hadrians rechtshin mit dem Feldherrn- mantel, s. S. 536. über Cistophoren und Silbermedaillons. 633 Tafel I. No. 1 Cistophorus von Antonius und Octavia, s. S. 578 No. 1 und S. 601. No. 2 desgl., s. S. 579 No. 2 und S. 602. No. 3 Halbe Cistophorendrachme von Octavianus, s. S. 579 No. 3 und S. 603. No. 4 Cistophorus von Octavianus, s. S. 579 No. 4 und S. 603. No. 5 Aureus mit Cistophorentypus, von Titus, Exemplar der Kön. Sammlung in Berlin, s. S. 603. No. 6-8 Silbermedaillons des Cistophorensystems, von Augustus, mit dem Steinbock, s. S. 580 No. 5-7 und S. 604. No. 9-11 desgl. von Augustus, mit der Sphinx, s. $. 580 No. 8 9 und S. 607. No. 12 desgl. von Augustus, mit dem ephesischen Altar des Augustus, s. S. 580 No. 10 und S. 608. . 13 Ephesische Silberdrachme von Nero, in Paris, mit der Vorderseite NEPNQNOZ KAIZAPOX ZEBA Lorbeergekränzter Kopf Neros rechtshin, s. S. 577. . 14 Ephesischer Silberdenar von Vespasian, in Berlin, mit der Vorderseite IMP CAE- SAR VESPAS AVG COS IH TR P PP Lorbeergekränzter Kopf Vespasians rechts- hin, 2,56 Gramme, s. S. 577. No. 15 desgl. von Vespasian, in Berlin, mit derselben Vorderseite, 3,3 Gramme, s. S. 577. No. 16 desgl. von Domitian, in Berlin, mit der Vorderseite DOMITIANVS CAESAR AVG F Unbekränzte Büste Domitians in Feldherrntracht rechtshin, 3,13 Gramme, s. S2 900: No. 17 desgl. von Vespasian mit Titus und Domitian, in Berlin, mit der Vorderseite ımPp CAESAR VESPAS AVG COS II TR P P P Lorbeergekränzter Kopf Vespasians rechtshin, 3,22 Gramme, s. S. 577. No. 48 desgl. von Domitian, in Berlin, mit der Vorderseite DOMITIANVS CAESAR AVG F Unbekränzte Büste Domitians in Feldherrntracht rechtshin, 3,18 Gr., s. S. 577. Tafel II. No. 1-3 Silbermedaillons des Cistophorensystems, mit sechs Ähren, von Augustus, s. S. 581 No. 11 12 und S. 609. No. 4 5 desgl. von Nerva, s. S. 588 No. 37 38 und S. 610. No. 6-8 desgl. von Trajan, s. S. 589 No. 44-46 und S. 610. No. 9 10 desgl. von Hadrian, s. S. 598 No. 87 89 und S. 610. No. 11 desgl. mit fünf Ähren, von Hadrian, s. S. 598 No. 90 und S. 610. No. 12 desgl. mit Mohnkopf und vier Ähren, von Hadrian, s. S. 598 No. 91 und S. 610. atel IV. No. 1 2 Silbermedaillons des Cistophorensystems, mit dem Triumphbogen, von Augustus, s. S. 581 No. 14 und S. 611. No. 3 desgl. mit dem Tempel des Mars Ultor, von Augustus, s. S. 581 No. 15 und Ss: 614: Philos.-histor. Kl. 1855. Lill 634 Pınper No. 4 Silbermedaillon des Cistophorensystems, mit dem pergamenischen Tempel, von Au- gustus, s. $S. 582 No. 16 und S. 613. No. 5 desgl. von Claudius, s. S. 582 No. 17 und S. 614. No. 6 desgl. von Domitian, s. S. 585 No. 25 und S. 614. No. 7 desgl. von Nerya, s. S. 587 No. 34 und S. 614. No. 8 desgl. von Trajan, s. S. 588 No. 41 und S. 614. No. 9-15 desgl. mit dem nikomedischen Tempel, von Hadrian, s. S. 599 600 No. 95-97 99-102, und S. 615. Tafel V. No. 1 Silbermedaillon des Cistophorensystems, mit dem ephesischen Dianenbilde, von Claudius und Agrippina, s. S. 583 No. 20 und S. 618. No. 2-5 desgl. von Hadrian, s. S. 593 594 No. 66-69 und S. 618. No. 6 desgl. mit dem ephesischen Dianentempel, von Claudius, s. S. 583 No. 18 u. S. 618. No. 7 8 desgl. von Hadrian, s. S. 594 No. 70 71 und S. 619. No. 9 10 desgl. mit dem Dianenbilde, von Hadrian, s. S. 595 No. 72 73 und S. 621. No. 11 12 desgl. mit dem Tempel der Diana von Perga, von Nerva, s. S. 587 No. 35 36 und S. 621. No. 13 desgl. von Trajan, s. S. 588 No. 42 und S. 621. . 14 desgl. mit der pergäischen Diana, von Trajan, s. S. 589 No. 43 und S. 621. Tafel VI. No. 1 Silbermedaillon des Cistophorensystems, von Claudius und Agrippina, s. S. 583 No. 19 und S. 622. No. 2 desgl. von Nero, mit dem Schilde des Princeps iuventutis, s. S. 584 No. 21 und $..622. No. 3 4 desgl. von Domitian und Domitia, s. S. 586 587 No. 31 32 und S. 623. No. 5 desgl. von Domitia, mit der Venus, s. S. 587 No. 33 und S. 623. No. 6 desgl. von Julia des Titus Tochter, mit der Vesta, s. S. 584 No. 23 und S. 623. No. 7 desgl. von Domitian, mit dem capitolinischen Juppitertempel, s. S. 585 No. 26 und S. 625. No. 8 desgl. von Domitian, mit dem Consecrationsaltar Vespasians, s. S. 585 No. 24 und S. 624. No. 9 desgl. mit drei Feldzeichen, von Titus, s. S. 584 No. 22 und S. 624. No. 10-13 desgl. von Domitian, s. S. 585 586 No. 27-30 und S. 624. No. 14 15 desgl. von Nerva, s. S. 588 No. 40 39 und S. 624. No. 16 desgl. von Trajan, s. S. 589 No. 47 und S. 624. No. 17 18 desgl. von Hadrian, s. S. 599 No. 92 93 und S. 624. No. 19 Silbermedaillon mit drei Feldzeichen, von Caracalla, s. S. 601 No. 106 u. S. 624. Tafel VI. No. 1 Silbermedaillon des Cistophorensystems, von Hadrian; Rückseite: Juppiter Laodi- cenus, s. S. 589 No. 48 und S. 626. über Cistophoren und Silbermedaillons. 635 No. 2 3 Silbermedaillons des Cistophorensystems, von Hadrian; Rückseite: Juppiter von My- lasa, s. S. 589 590 No. 49 50 und S. 626. No. 4 desgl. kriegerischer Juppiter, s. S. 590 No. 51 und S. 627. No. 5 6 desgl. thronender Juppiter, s. 'S. 590 No. 52 53 und S. 627. No. 7 8 desgl. Zenoposeidon, s. $. 591 No. 54 55 und S. 627. No. 9 desgl. Adler, s. S. 591 No. 56 und S. 628. No. 10 11 desgl. Neptun, s. $. 591 592 No. 57 58 und S. 628. No. 12 desgl. Apollon Didymeus, s. S. 592 No. 59 und S. 628. No. 13 desgl. Tempel des Apollon Didymeus, s. S. 592 No. 60 und S. 628. No. 14 desgl. Apollo von Actium, s. S. 592 No. 61 und S. 628. No. 15 16 desgl. Äsculap, s. S. 593 No. 62 63 und S. 628. No. 17 desgl. Lunus, s. S. 593 No. 64 und S. 629. No. 18 desgl. Flulsgott, s. S. 593 No. 65 und S. 629. Tafel VII. No. 1 2 Silbermedaillons des Cistophorensystems, von Hadrian; Rückseite: Ceres, s. S.595 No. 74 75 und S. 629. No. 3 desgl. Idol der Proserpina, s. S. 595 No. 76 und S. 629. No. 4 desgl. Tempel mit dem Idol der Proserpina, s. S. 596 No. 77 und S. 629. No. 5 desgl. Pallas, s. S. 596 No. 78 und S. 629. No. 6 desgl. Pallas im Tempel, s. S. 596 No. 79 und S. 629. No. 7 8 desgl. Cybele, s. S. 596 No. 80 81 und S. 629. No. 9 desgl. von Sabina, Rückseite: Cybele, s. S. 601 No. 104 und S. 629. No. 10 desgl. von Hadrian, Rückseite: doppelte Nemesis, s. S. 597 No. 82 und S. 629. No. 11 desgl. Tyche, s. S. 597 No. 83 und S. 629. No. 12 13 desgl. Figuren mit Abzeichen der Weissagung und der Segnungen des Frie- dens, s. S. 597 No. 84 85 und S. 629 630. No. 14 desgl. Kranz, s. S. 599 No. 94 und S. 630. No. 15 desgl. mit Augustuskopf und Statue, s. S. 600 No. 103 und S. 630. No. 16 Silbermedaillon des Septimius Severus, mit der Roma, s. S. 601 No. 105 u. S. 630. INN DANN (S. 561 No. 62 lies IEYZI£. — S. 565 No. 136 abgebildet in Revue num. 1846 p- 266. — S. 578 unten lies Taf. II 5. — S. 597 No. 82 lies #7%»s.) - a and oh angnuigeä a Pa rg } ’ KEN: BU ö 3 er ut ‚off &0 Di Pr Be Fap I. 4 Pinder über Cistonhoren und Silleermedaillons 1833. 4 r n h | alt, R Er chd sc Hugo Iros Taf H. Finder über Gstenheren und Sillermedarllons IS3D, schel sc ze Irı Hr Taf I. Findis über Üstonhoren und Sibermedarllons 1855. SINN DD; SS, Hugo Iroschd sc 7 LA Bin. ü yo # Tafı IV. Finder über Gstonhoren und Sülbermedaillons 1833. 6} VORSTOOH,, Hugo Jroschel sc [2 Linder über Gistonhoren und Siltermedaillons 1655. Zap V. 1; Hurzo Iroschel s Taf W. Finder über Cistonhoren und Sülbermedaillons IS53, NT — SEN 13« Froschet sc Züga Taf I. Linder über Cistonhoren und Silbermedachons ISIS. Huge Trosche sc I) Taf WM. 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